Christen und Heiden: Quellentexte zu ihrer Auseinandersetzung in der Antike 3534157907, 9783534157907

Die vorliegende Quellensammlung dokumentiert erstmals umfassend die intellektuelle Kontroverse zwischen Heiden und Chris

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Inhalt
Vorwort
Erster Teil: Historischer Überblick
A) Ansätze und Modelle in der Schrift, im Judentum und in nachapostolischer Zeit
I. Ansätze im Neuen Testament
II. Jüdische Modelle
III. Das „Kerygma Petri“
IV. Die Martyrerakten
B) Das Entstehen der ersten Apologien (2. Jh.)
I. Historischer Kontext
II. Die ersten Apologien
1) Quadratus
2) Aristides
3) Justin
4) Miltiades, Apollinaris von Hierapolis, Melito von Sardes
5) Athenagoras
C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur (Wende vom 2. zum 3. Jh.)
I. Die Anfänge literarischer Polemik
1) Lukian
2) Apuleius
3) Aristides Rhetor
4) Marc Aurel
II. Celsus: die erste systematische Kritik
III. Neue Formen der christlichen Apologie
1) Tatian
2) Theophilus von Antiochien
3) Der Brief an Diognet
4) Clemens von Alexandrien
5) Ps.-Justin
6) Hermias
7) Tertullian
8) Minucius Felix
9) Cyprian
10) Commodian
11) Origenes
D) Die Auseinandersetzung mit dem Neoplatonismus und Synkretismus
I. Anti-christliche Propaganda
II. Porphyrius
III. Christliche Reaktionen
1) Widerlegungen griechischer Apologeten
2) Arnobius
3) Laktanz
4) Firmicus Maternus
5) Rufin
6) Augustinus
7) Staatliche Reaktionen
IV. Neue Angriffe
1) Hierokles
2) Die Replik des Eusebius
E) Die Apologie in der diokletianisch-konstantinischen Epoche
I. Laktanz
II. Eusebius von Cäsarea
III. Ps.-Justin (Marcell von Ancyra?)
IV. Athanasius
V. Firmicus Maternus
F) Die pagane Restauration unter Kaiser Julian Apostata (361–363)
I. Julians Abwendung vom Christentum
II. Christliche Reaktionen
1) Ephraem der Syrer
2) Gregor von Nazianz
3) Johannes Chrysostomus
4) Cyrill von Alexandrien
5) Sozomenus
6) Socrates
7) Lateinische Autoren
III. Weitere Auseinandersetzungen mit dem Hellenismus: Theodoret von Cyrus
G) Die Auseinandersetzung mit der römischen Senatsaristokratie (Ende 4. Jh.)
I. Aristokratischer Konservativismus in Rom
II. Christliche Entgegnungen
1) Ambrosiaster
2) Anti-pagane Gedichte
III. Die Kontroverse um den Victoria-Altar
1) Die 3. Relatio des Symmachus
2) Die Intervention des Ambrosius
IV. Die Gewinnung der „letzten Heiden“
1) Zosimus
2) Themistius
3) Die Consultationes Zacchaei et Apollonii
4) Rufin
5) Prudentius
H) Geschichtstheologische Apologetik gegenüber neuen Angriffen nach dem Fall Roms (410)
I. Augustinus
1) Werke über Religion, Glaube und Schrift
2) Briefe
3) De civitate Dei
II. Orosius
Zweiter Teil: Systematische Darstellung
A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung
I. Grundorientierungen der Apologeten
1) Konfrontation
2) Dialog
3) Die Allianz mit der platonischen Philosophie
4) Die Weisheit der Heiden
II. Formen christlicher Selbstdarstellung
1) Präsentation des Christentums mittels paganer Kategorien
2) Betonung der Gemeinsamkeiten
3) Gebrauch der Rhetorik und Dialektik
III. Das Bemühen um Argumente
1) Der Vorwurf eines Glaubens ohne Logos
2) Die Vernünftigkeit des Glaubensaktes
3) Die Begründung der Glaubensinhalte
4) Zitate paganer Autoritäten
IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis
B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument
I. Die Moralität der Christen
1) Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Immoralität
2) Der moralische Wahrheitsbeweis zugunsten des Christentums
3) Die Martyriumsbereitschaft als Glaubwürdigkeitskriterium
II. Die Religiosität der Christen
1) Auseinandersetzung mit dem Atheismusvorwurf
2) Die Christen als Ursache aller Katastrophen
3) Das Schicksal des Gottesverächters
III. Die Loyalität der Christen
1) Auseinandersetzung mit politischen Verdächtigungen
2) Das Gebet für den Kaiser und das Reich
IV. Das Christentum als Förderer des Staates
1) Vor-konstantinische Zeit
2) Nach der konstantinischen Wende
V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie
1) Die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Imperiums
2) Das Roma christiana-Konzept
C) Geschichte als apologetisches Argument
I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs
II. „Warum so spät?“
III. Der Altersbeweis
IV. Die Plagiatsthese
1) Die Abhängigkeit griechischer Denker von den Schriften der Bibel
2) Die These dämonischer Imitationen
V. Die Schwächen des Altersbeweises und der Plagiatstheorie
VI. Die Verteidigung der Neuheit des Christentums
1) Fortschritt und Wahrheit contra Tradition
2) Praeparatio evangelica
VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument
VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie
D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument
I. Die Option für den Logos gegen den Mythos
1) Eine Grundentscheidung des Christentums
2) Christliche Kritik der antiken Religion
a) Rezeption vorchristlicher Ansätze
b) Anachronistische Polemik?
c) Kritik der Kultpraxis
d) Kritik der paganen Gottesvorstellungen
e) Kritik der Idolatrie
f) Entlarvung der dämonischen Einflüsse
3) Das Christentum als die „wahre Religion des wahren Gottes“
II. Der Disput mit der Philosophie
1) Philosophischer Monotheismus und christliches Gottesbild
a) Anknüpfung und Korrektur
b) Trinitätsglaube und Logosbegriff
2) Griechische Kosmologie und biblischer Schöpfungsglaube
3) Philosophischer Gottesbegriff und christlicher Inkarnationsgedanke
a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen Gottes?
b) Universale Logos-Manifestation oder historisch einmalige Offenbarung?
4) Kontroverse Deutungen der Gestalt Christi
a) Wunder
b) Die Geburt Christi
c) Das Kreuz
d) Die Auferstehung
5) Einwände gegen die christliche Eschatologie
a) Weltuntergang und Gericht
b) Die leibliche Auferstehung der Toten
III. Die Kontroverse um die Bibel
1) Pagane Bibellektüre
2) Die literarische Qualität der biblischen Schriften
3) Die Glaubwürdigkeit der biblischen Autoren
4) Das Prophetie-Argument
a) Evidenz der Erfüllung?
b) Die Konkurrenz paganer Orakel
5) Die Kontroverse um die Allegorie
a) Pagane Kritik an der allegorischen Bibelinterpretation
b) Differenzen zwischen paganer und christlicher Allegorese
IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“
1) Die Differenzen zwischen paganer und christlicher Philosophie
a) Widersprüchlichkeit – Kohärenz
b) Partikularität – Totalität der Wahrheitserkenntnis
c) Vermutung – Gewissheit
d) Theorie – Praxis
e) Elitärer Charakter – universaler Weg
2) Offenbarungscharakter der christlichen Philosophie
E) Der universale Wahrheitsanspruch des Christentums
I. Konfrontation mit dem religiös-philosophischen Pluralismus und Synkretismus
1) Vielfalt der Heilswege
2) Synkretistischer Henotheismus
3) Erkenntnistheoretisch begründeter Relativismus
II. Der christliche Absolutheitsanspruch
1) Begründung aus dem Offenbarungsgeschehen
2) Die Einzigartigkeit Christi
3) Das Christentum als Synthese von religio und philosophia
Kommentar
Quellen- und Literaturverzeichnis
Register
Stellen
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Sachen und Begriffe
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Christen und Heiden: Quellentexte zu ihrer Auseinandersetzung in der Antike
 3534157907, 9783534157907

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Michael Fiedrowicz Heiden und Christen

Michael Fiedrowicz

Heiden und Christen Quellentexte zu ihrer Auseinandersetzung in der Antike

Wissenschaftliche Buchgesellschaft

Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn. Einbandbild: Masaccio (1401–1428): Der heilige Petrus tauft die Proselyten. Florenz, Santa Maria del Carmine © 1990, Photo Scala, Florenz.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2004 by Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de

ISBN 3-534-15790-7

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erster Teil: Historischer Überblick A) Ansätze und Modelle in der Schrift, im Judentum und in nachapostolischer Zeit . . . . . . . . . . I. Ansätze im Neuen Testament . . . . . . . . II. Jüdische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . III. Das „Kerygma Petri“ . . . . . . . . . . . . . IV. Die Martyrerakten . . . . . . . . . . . . . .

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B) Das Entstehen der ersten Apologien (2. Jh.) . . . . . . . . . . . . I. Historischer Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die ersten Apologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Quadratus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Aristides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Justin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Miltiades, Apollinaris von Hierapolis, Melito von Sardes 5) Athenagoras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur (Wende vom 2. zum 3. Jh.) I. Die Anfänge literarischer Polemik . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Lukian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Apuleius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Aristides Rhetor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Marc Aurel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Celsus: die erste systematische Kritik . . . . . . . . . . . . . . . III. Neue Formen der christlichen Apologie . . . . . . . . . . . . . . 1) Tatian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Theophilus von Antiochien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Der Brief an Diognet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Clemens von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Ps.-Justin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6) Hermias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

7) 8) 9) 10) 11)

Tertullian . . Minucius Felix Cyprian . . . Commodian . Origenes . . .

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D) Die Auseinandersetzung mit dem Neoplatonismus I. Anti-christliche Propaganda . . . . . . . . . . II. Porphyrius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Christliche Reaktionen . . . . . . . . . . . . 1) Widerlegungen griechischer Apologeten 2) Arnobius . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Laktanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Firmicus Maternus . . . . . . . . . . . . 5) Rufin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6) Augustinus . . . . . . . . . . . . . . . . . 7) Staatliche Reaktionen . . . . . . . . . . . IV. Neue Angriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Hierokles . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die Replik des Eusebius . . . . . . . . .

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und Synkretismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E) Die Apologie in der diokletianisch-konstantinischen Epoche I. Laktanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eusebius von Cäsarea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ps.-Justin (Marcell von Ancyra?) . . . . . . . . . . . . . IV. Athanasius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Firmicus Maternus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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F) Die pagane Restauration unter Kaiser Julian Apostata (361–363) I. Julians Abwendung vom Christentum . . . . . . . . . . . . II. Christliche Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Ephraem der Syrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Gregor von Nazianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Johannes Chrysostomus . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Cyrill von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Sozomenus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6) Socrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7) Lateinische Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere Auseinandersetzungen mit dem Hellenismus: Theodoret von Cyrus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

G) Die Auseinandersetzung mit der römischen Senatsaristokratie (Ende 4. Jh.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aristokratischer Konservativismus in Rom . . . . . . . . II. Christliche Entgegnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Ambrosiaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Anti-pagane Gedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Kontroverse um den Victoria-Altar . . . . . . . . . . . 1) Die 3. Relatio des Symmachus . . . . . . . . . . . . . . 2) Die Intervention des Ambrosius . . . . . . . . . . . . . IV. Die Gewinnung der „letzten Heiden“ . . . . . . . . . . . 1) Zosimus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Themistius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Die Consultationes Zacchaei et Apollonii . . . . . . . . 4) Rufin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Prudentius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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H) Geschichtstheologische Apologetik gegenüber neuen Angriffen nach dem Fall Roms (410) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Augustinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Werke über Religion, Glaube und Schrift . . . . . . . . . . . . 2) Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) De civitate Dei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Orosius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zweiter Teil: Systematische Darstellung A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . I. Grundorientierungen der Apologeten . . . . . . . . . . . . . 1) Konfrontation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Die Allianz mit der platonischen Philosophie . . . . . . . 4) Die Weisheit der Heiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Formen christlicher Selbstdarstellung . . . . . . . . . . . . . 1) Präsentation des Christentums mittels paganer Kategorien 2) Betonung der Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . 3) Gebrauch der Rhetorik und Dialektik . . . . . . . . . . . . III. Das Bemühen um Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Der Vorwurf eines Glaubens ohne Logos . . . . . . . . . . 2) Die Vernünftigkeit des Glaubensaktes . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3) Die Begründung der Glaubensinhalte . . . . . . . . . . . . . 232 4) Zitate paganer Autoritäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis . . 246 B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument . . . . . . . . I. Die Moralität der Christen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Immoralität . . . . 2) Der moralische Wahrheitsbeweis zugunsten des Christentums 3) Die Martyriumsbereitschaft als Glaubwürdigkeitskriterium . II. Die Religiosität der Christen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Auseinandersetzung mit dem Atheismusvorwurf . . . . . . . 2) Die Christen als Ursache aller Katastrophen . . . . . . . . . . 3) Das Schicksal des Gottesverächters . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Loyalität der Christen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Auseinandersetzung mit politischen Verdächtigungen . . . . 2) Das Gebet für den Kaiser und das Reich . . . . . . . . . . . . IV. Das Christentum als Förderer des Staates . . . . . . . . . . . . . 1) Vor-konstantinische Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Nach der konstantinischen Wende . . . . . . . . . . . . . . . V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie . . . . . . . . 1) Die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Imperiums . . . 2) Das Roma christiana-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C) Geschichte als apologetisches Argument . . . . . . . . . . . . . I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs . . . . . . . . . . . . . . II. „Warum so spät?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Altersbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Plagiatsthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Die Abhängigkeit griechischer Denker von den Schriften der Bibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die These dämonischer Imitationen . . . . . . . . . . . V. Die Schwächen des Altersbeweises und der Plagiatstheorie VI. Die Verteidigung der Neuheit des Christentums . . . . . . 1) Fortschritt und Wahrheit contra Tradition . . . . . . . . 2) Praeparatio evangelica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie . . .

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D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument . . . . . . . . 393 I. Die Option für den Logos gegen den Mythos . . . . . . . . . . . 393 1) Eine Grundentscheidung des Christentums . . . . . . . . . . 393

Inhalt

2) Christliche Kritik der antiken Religion . . . . . . . . . . . . . a) Rezeption vorchristlicher Ansätze . . . . . . . . . . . . . . b) Anachronistische Polemik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik der Kultpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kritik der paganen Gottesvorstellungen . . . . . . . . . . . e) Kritik der Idolatrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Entlarvung der dämonischen Einflüsse . . . . . . . . . . . 3) Das Christentum als die „wahre Religion des wahren Gottes“ . II. Der Disput mit der Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Philosophischer Monotheismus und christliches Gottesbild . a) Anknüpfung und Korrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Trinitätsglaube und Logosbegriff . . . . . . . . . . . . . . 2) Griechische Kosmologie und biblischer Schöpfungsglaube . . 3) Philosophischer Gottesbegriff und christlicher Inkarnationsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen Gottes? . . . . . . . . . . b) Universale Logos-Manifestation oder historisch einmalige Offenbarung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Kontroverse Deutungen der Gestalt Christi . . . . . . . . . . a) Wunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Geburt Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Kreuz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Auferstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Einwände gegen die christliche Eschatologie . . . . . . . . . a) Weltuntergang und Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die leibliche Auferstehung der Toten . . . . . . . . . . . . III. Die Kontroverse um die Bibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Pagane Bibellektüre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die literarische Qualität der biblischen Schriften . . . . . . . 3) Die Glaubwürdigkeit der biblischen Autoren . . . . . . . . . 4) Das Prophetie-Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Evidenz der Erfüllung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Konkurrenz paganer Orakel . . . . . . . . . . . . . . . 5) Die Kontroverse um die Allegorie . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pagane Kritik an der allegorischen Bibelinterpretation . . b) Differenzen zwischen paganer und christlicher Allegorese IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“ . . . . . . . . . . . 1) Die Differenzen zwischen paganer und christlicher Philosophie a) Widersprüchlichkeit – Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . b) Partikularität – Totalität der Wahrheitserkenntnis . . . . . c) Vermutung – Gewissheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

d) Theorie – Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 e) Elitärer Charakter – universaler Weg . . . . . . . . . . . . 592 2) Offenbarungscharakter der christlichen Philosophie . . . . . 599 E) Der universale Wahrheitsanspruch des Christentums . . . . . . . . . I. Konfrontation mit dem religiös-philosophischen Pluralismus und Synkretismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Vielfalt der Heilswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Synkretistischer Henotheismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Erkenntnistheoretisch begründeter Relativismus . . . . . . . II. Der christliche Absolutheitsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . 1) Begründung aus dem Offenbarungsgeschehen . . . . . . . . 2) Die Einzigartigkeit Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Das Christentum als Synthese von religio und philosophia . . Kommentar

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Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 Register . . . . . . . . . . . . Stellen . . . . . . . . . . . Namen . . . . . . . . . . . Sachen und Begriffe . . .

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Vorwort Die vorliegende Quellensammlung dokumentiert erstmals umfassend die intellektuell-argumentative Kontroverse zwischen Heiden und Christen während der ersten Jahrhunderte. Seitdem die neue Religion aus dem Lebensraum des Judentums herausgetreten war und ein eigenständiges Profil entwickelt hatte, sahen sich ihre Anhänger mit Skepsis, Kritik und Polemik seitens der paganen Umwelt konfrontiert. Im Unterschied zu allen sonstigen vergleichbaren religiösen Strömungen jener Zeit entschied sich das frühe Christentum bewusst für einen Disput mit dem nichtgläubigen Denken. Seit dem 2. Jahrhundert suchten daher einzelne Christen das Gespräch mit Vertretern der antiken Bildungsschicht, um Einwänden gegen den Glauben zu begegnen und christliche Auffassungen zu plausibilisieren. Diese Entscheidung, den eigenen Wahrheitsanspruch vor dem Forum der Vernunft argumentativ zu begründen, manifestiert sich literarisch erstmals in den Schriften der Apologeten. In ihren Werken vollzog sich eine umfassende Auseinandersetzung des frühen Christentums mit der antiken Kultur, Religion und Philosophie. Die apologetische Literatur der Alten Kirche bezeugt daher sowohl die Fremdwahrnehmung des Christentums seitens der paganen Welt als auch den Prozess christlicher Identitätsfindung, den die Kontroverse mit dem Heidentum vorantrieb. Da viele nichtchristliche Zeugnisse dieser Diskussion nur durch Zitation der Apologeten erhalten blieben, sind deren Schriften eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion des religiös-philosophischen Denkens der Spätantike. Die hier zusammengestellten Texte illustrieren zunächst in einem historischen Überblick vom 2. bis 5. Jahrhundert die verschiedenen Anlässe, Phasen und Protagonisten der Auseinandersetzung zwischen Heidentum und Christentum. Anschließend werden in einem systematischen Teil die wichtigsten Argumentationsstrategien und Themen jenes Disputs dargestellt. Die Gliederung dieser Quellensammlung ist somit weitgehend identisch mit dem Aufbau meiner Monographie: Apologie im frühen Christentum. Die Kontroverse um den christlichen Wahrheitsanspruch in den ersten Jahrhunderten, Paderborn 22001. Die bewusst gewählte Entsprechung ermöglicht es, die dort gebotenen Ausführungen anhand des hier vorgelegten Quellenmaterials zu veranschaulichen und zu vertiefen bzw. das Studium der Quellen durch weitere Informationen zu ergänzen, die den Rahmen des vorliegenden Bandes sprengen müssten.

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Vorwort

Zahlreiche Texte wurden erstmals ins Deutsche übersetzt, vorhandene Übertragungen wurden berücksichtigt bzw. anhand der im Quellenverzeichnis angegebenen Ausgaben überarbeitet. Nur in Einzelfällen wurden Übersetzungen unverändert übernommen. Die chronologische Anordnung der Auszüge wurde auch in den einzelnen Abschnitten des systematischen Teils beibehalten, um die Entwicklung oder Kontinuität von Gedanken hervortreten zu lassen. Zahlreiche Querverweise in den Einleitungen und Kommentaren sollen Parallelen aufzeigen und Zusammenhänge herstellen, um ein fragmentarisiertes Verständnis einzelner Autoren, Werke oder Argumente zu vermeiden. Über den Kreis von Theologen hinaus erhalten somit auch Philosophen, Historiker, Klassische Philologen und Religionswissenschaftler ein Kompendium zentraler Quellentexte, die durch Einleitungen, Kommentare und Bibliographien für das eigene Studium erschlossen werden, aber auch im akademischen Unterricht, der zunehmend auf Übersetzungen angewiesen ist, Verwendung finden können.

Erster Teil: Historischer Überblick

A) Ansätze und Modelle in der Schrift, im Judentum und in nachapostolischer Zeit I. Ansätze im Neuen Testament Schon im Neuen Testament finden sich erste Spuren einer Auseinandersetzung mit dem Heidentum. Die Areopag-Rede des Apostels Paulus in Athen (Nr. 1) enthält in nuce bereits die wesentlichen Argumente und Methoden der späteren Apologien. Das hier beschriebene Modell einer Verkündigung vor nichtchristlichen Adressaten bestimmte weitgehend die apologetische Praxis der folgenden Jahrhunderte. Anders als alle sonstigen vergleichbaren Religionen der damaligen Zeit suchte das Christentum bewusst den Dialog mit den Repräsentanten der antiken Kultur und Bildung. Es bestand die Überzeugung, die Wahrheit der neuen Lehre umso glaubwürdiger nachweisen zu können, je deutlicher Übereinstimmungen mit gewissen Auffassungen des Heidentums hervortraten. Die Christen versuchten, das Neue dadurch zu legitimieren, dass sie dieses als die von den Heiden immer schon gesuchte, teilweise bereits gefundene, nie aber restlos und unverfälscht erkannte Wahrheit präsentierten. Ebenso wie der Apostel in Athen schlossen die Apologeten eine Allianz mit der Philosophie, um Polytheismus und Idolatrie der Völksfrömmigkeit einer Kritik zu unterziehen. Ebenso wie Paulus stellten die frühchristlichen Autoren die Verkündigung des einen Gottes in den Vordergrund, da der Monotheismus zumindest bei gebildeten Heiden auf Einverständnis rechnen konnte. Ähnlich wie in Athen wurde auch in den folgenden Jahrhunderten das christologische Kerygma, neben dem Inkarnationsgedanken insbesondere die Auferstehungsbotschaft, zum umstrittensten Glaubensinhalt, an dem sich die Geister schieden. Nr. 1 Apostelgeschichte 17,16–34 (16) Während Paulus auf sie in Athen wartete, ward er innerlich tief erregt, als er die Stadt voller Götzenbilder sah. (17) Er hielt Ansprachen in der Synagoge an die Juden und Gottesfürchtigen, aber auch täglich auf dem Markt an jene, die er dort gerade antraf. (18) Dabei gerieten einige epikureische und stoische Philosophen mit ihm in Streit. Einige meinten: „Was will dieser Schwätzer?“ Andere: „Er scheint ein Verkünder fremder Götter zu sein“, weil

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1. A) Ansätze und Modelle in der Schrift

er Jesus und die Auferstehung verkündete. (19) Sie nahmen ihn nun, führten ihn auf den Areopag und fragten: „Dürfen wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du verkündest? (20) Du gibst uns ja seltsame Dinge zu hören. Darum möchten wir gerne wissen, was es damit auf sich hat.“ (21) Alle Athener und die dort ansässigen Fremden hatten ja für nichts mehr Zeit, als Neuigkeiten zu erzählen oder zu hören. (22) So trat denn Paulus in die Mitte des Areopags und sprach: „Ihr Männer von Athen, ich finde, dass ihr in jeder Hinsicht sehr religiös seid; (23) denn als ich umherging und eure Heiligtümer betrachtete, fand ich auch einen Altar mit der Inschrift: Dem unbekannten Gott. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das verkündige ich euch1. (24) Der Gott, der die Welt und alles in ihr erschaffen hat, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand erbaut sind; (25) auch läßt er sich nicht von Menschenhand bedienen, als ob er etwas bedürfe, gibt er doch selber allem Leben und Odem und alles. (26) Er hat aus einem einzigen (Ursprung) das ganze Menschengeschlecht hervorgehen lassen, dass es wohne auf der ganzen Erde, und hat bestimmte Zeiten und die Grenzen für ihre Wohnsitze festgesetzt. (27) Sie sollten die Gottheit suchen, ob sie ihn fühlen und finden könnten, ist er doch nicht fern von einem jeden von uns. (28) Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. So haben ja auch einige von den Euren gesagt: ‚Wir sind von seinem Geschlecht‘2. (29) Sind wir also von Gottes Geschlecht, so dürfen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich dem Gold, Silber oder Stein, einem Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung. (30) Nun hat Gott über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen; jetzt aber läßt er den Menschen kundtun, dass überall alle sich bekehren sollen. (31) Denn er hat einen Tag bestimmt, an dem er die Welt in Gerechtigkeit richten wird durch einen Mann, den er dazu bestellt und durch die Auferstehung von den Toten bei allen beglaubigt hat.“ (32) Als sie von der Auferstehung der Toten hörten, spotteten einige, andere sagten: „Darüber wollen wir dich ein anderes Mal fragen.“ (33) So ging Paulus aus ihrer Mitte hinweg. (34) Einige aber schlossen sich ihm an und wurden gläubig. Nr. 2 1 Petrus 3, 14–16 (14) Aber auch wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leiden müsstet, selig seid ihr. Ihren Schrecken fürchtet nicht, und lasst euch nicht verwirren. (15) Haltet vielmehr den Herrn Christus heilig in euren Herzen, und seid allezeit bereit zur Verantwortung jedem gegenüber, der von euch die Angabe eines vernünftigen Grundes fordert hinsichtlich der Hoffnung, die euch erfüllt. (16)

II. Jüdische Modelle

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Aber (tut das) mit Sanftmut und Ehrfurcht, im Besitz eines guten Gewissens, damit die, welche euren guten Wandel in Christus schmähen, gerade darin beschämt werden, worin ihr verleumdet werdet.

II. Jüdische Modelle Bereits im 2. Jh. v. Chr. entstanden im Judentum als Reaktion auf heidnische Polemik eigene apologetische Werke, die sich zugleich als missionarische Propagandaliteratur verstanden. Als bedeutendster Vertreter dieser jüdischen Apologetik gilt neben Philo von Alexandrien (13 v. Chr. – 45/50 n. Chr.) Flavius Josephus (37/8 – ca. 100 n. Chr.). Sein Werk Contra Apionem (Nr. 4) zielt auf die Widerlegung der gegen die Juden erhobenen Vorwürfe (Atheismus, Partikularismus, Hass auf das Menschengeschlecht, mangelnde politische Loyalität) sowie auf den Nachweis des höheren Alters des jüdischen Volkes, von dem auch die griechische Kultur abstamme. Die in der alexandrinischen Diaspora ausgearbeiteten Argumente (Überlegenheit des Monotheismus, Altersbeweis) und Methoden (allegorische Bibelinterpretation; Zitation der griechischen Literatur zugunsten der eigenen Auffassungen) konnte unschwer von den christlichen Apologeten übernommen werden, um sich mit ähnlichen Vorwürfen seitens der Heiden auseinanderzusetzen. Nr. 3 Hieronymus, epistula 70,3 Josephus schrieb, um das hohe Alter des jüdischen Volkes zu beweisen, zwei Bücher gegen den Grammatiker Apion aus Alexandrien1. Darin zitiert er so zahlreiche Zeugnisse profaner Autoren, dass es mir wie ein Wunder erscheint, wie ein Hebräer, der von Kindheit an in der hl. Schrift unterrichtet war, die gesamte griechische Literatur so durcharbeiten konnte. Das gilt erst recht von Philon2, den die Kritiker den zweiten oder den jüdischen Platon nennen. Nr. 4 Flavius Josephus, contra Apionem 2,1.40–41 1 In dem vorigen Buch, sehr geehrter Epaphroditos1, habe ich das hohe Alter unseres Volkes aufgewiesen und die Wahrheit meiner Darlegungen durch die Schriften der Phönizier, Chaldäer und Ägypter wie auch durch viele griechische Geschichtsschreiber, die ich als Zeugen anführte, zu erhärten

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1. A) Ansätze und Modelle in der Schrift

versucht; sodann widerlegte ich Manetho, Chairemon2 und einige andere. Jetzt will ich beginnen, die restlichen Autoren, die gegen uns geschrieben haben, zurückzuweisen. Ob ich mir allerdings Mühe geben sollte, den Grammatiker Apion zu widerlegen, darüber war ich im Zweifel. Denn ein Teil dessen, was er schreibt, ähnelt dem von anderen bereits Gesagten, ein weiterer Teil besteht aus seinen eigenen überaus geistlosen Zusätzen, das meiste aber verrät einen so schlechten Geschmack und, um den richtigen Ausdruck zu gebrauchen, einen so hochgradigen Mangel an Bildung, wie es sich von dem niedrigen Charakter eines Mannes, der sein ganzes Leben nur ein Marktschreier war, erwarten ließ. Weil jedoch die meisten Menschen infolge ihres Unverstandes sich durch derartiges Geschwätz mehr einnehmen lassen als durch gewissenhaft verfasste Schriftwerke, und an Schmähungen ihre Freude, gegen Lobsprüche aber Widerwillen haben, so hielt ich es doch für geboten, auch ihn, der öffentlich wie vor Gericht eine Anklage gegen uns verfasst hat, nicht unbeurteilt zu lassen. Denn es ist auch, wie ich sehe, die Art der meisten Menschen, sich gewaltig zu freuen, wenn jemand, der zuerst einen anderen geschmäht hat, wiederum seiner eigenen Schwächen überführt wird. Zwar ist es nicht so leicht, seine Schrift zu lesen und sich darüber klar zu werden, was er denn eigentlich sagen will. Soviel sich aber bei der großen Unordnung und dem Gewirr von Lügen erkennen lässt, bezieht sich der eine Teil seiner Darlegungen auf die schon oben untersuchte Frage, nämlich den Auszug unserer Vorfahren aus Ägypten, während der zweite Anklagen gegen die in Alexandria wohnenden Juden und der dritte Beschuldigungen gegen uns enthält, die mit den beiden vorigen Themen verbunden sind und unseren Tempelgottesdienst sowie die anderen gesetzlichen Einrichtungen betreffen. 40 Übrigens habe ich von unseren Gesetzen und unserer Verfassung bereits in meinen „Altertümern“ eine genaue Darstellung gegeben. Hier wollte ich nur, soweit es nötig war, daran erinnern, nicht in der Absicht, fremde Gebräuche zu tadeln oder die bei uns geltenden herauszustreichen, sondern um den Schriftstellern, die uns Unrecht getan haben, den Nachweis zu liefern, dass sie die Wahrheit selbst schamlos angegriffen haben. Ich glaube nun, mein Versprechen durch die vorliegende Schrift hinreichend eingelöst zu haben. Denn ich wies das überaus hohe Alter unseres Volkes nach, von dem die Ankläger behaupten, dass es erst in jüngster Zeit aufgetreten sei. Zu dem Zweck führte ich eine Reihe alter Zeugen an, die uns in ihren Werken erwähnen, während jene versichern, kein einziger habe dies getan. Ferner behaupten sie, unsere Vorfahren seien Ägypter gewesen; es wurde aber gezeigt, dass sie von auswärts nach Ägypten kamen. Und was die Lüge betrifft, sie seien wegen körperlichen Siechtums ausgewiesen worden, so ergab sich klar, dass sie freiwillig und in voller Körperkraft in ihr Heimatland zurückkehrten. End-

III. Das „Kerygma Petri“

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lich beschimpften jene Menschen unseren Gesetzgeber, indem sie ihn als durch und durch lasterhaft hinstellten; wir aber fanden, dass zuerst Gott und dann auch die Zeit für seine moralische Vollkommenheit Zeugnis gab. 41 Über die Gesetze waren nicht viele Worte nötig. Vielmehr zeigte es sich an ihnen selbst, dass sie nicht Gottlosigkeit, sondern die authentischste Religiosität lehren; dass sie nicht zum Menschenhass, sondern zur Gütergemeinschaft auffordern; dass sie, dem Bösen feind, auf Gerechtigkeit bedacht sind, Müßiggang und Luxus verbannen, Genügsamkeit und Liebe zur Arbeit einschärfen, von Eroberungskriegen abhalten, dagegen Tapferkeit einflößen, wo es gilt, für sie selbst einzutreten; dass sie unerbittlich sind im Strafen, durch Wortklauberei sich nicht umgehen lassen und stets durch die Tat bekräftigt werden; denn wir haben immer Werke aufzuweisen, die noch deutlicher reden als die Schrift. Deshalb wage ich zu behaupten, dass wir sehr viele und schöne Ideen bei anderen eingeführt haben. Denn nichts ist vortrefflicher als unwandelbare Religiosität, nichts gerechter als der Gehorsam gegen die Gesetze. Und was könnte es Nützlicheres geben als gegenseitige Eintracht, infolge deren es weder im Unglück zur Trennung noch im Glück zu Streitereien aus Hochmut kommt, als jene Gesinnung, die im Krieg Todesverachtung, im Frieden Interesse an Handwerk und Ackerbau, überhaupt aber die Überzeugung bewirkt, dass Gottes Vorsehung alles in der Welt regiert? Wenn derartige Lehren bei anderen früher niedergeschrieben und treuer befolgt wurden als bei uns, gut, so sind wir als Schüler ihnen zu Dank verpflichtet; wenn wir jedoch am meisten von allen, wie man sehen kann, ihnen folgen, und wenn von mir dargelegt wurde, dass auch die erste Entdeckung derselben uns zuzuschreiben ist, dann sind Menschen wie Apion und Molon3 sowie alle, die am Lügen und Lästern ihre Freude haben, als widerlegt zu betrachten. Dir aber, Epaphroditos, dem begeisterten Freund der Wahrheit, und allen, die durch dich ebenso mit unserem Volk näher bekannt werden möchten, sei dieses und das vorige Buch gewidmet.

III. Das „Kerygma Petri“ Die „Verkündigung des Petrus“ entstand in der ersten Hälfte des 2. Jh. wahrscheinlich in Ägypten und dokumentiert den Übergang von der urkirchlichen zur apologetischen Literatur. Zwar richtet sich die dem Apostel zugeschriebene Verkündigung primär an die christliche Gemeinde, doch wird die christliche Identität durch Abgrenzung vom Judentum und Heidentum definiert und als etwas grundsätzlich Neues gegenüber dem Bisherigen klassifiziert. Damit war ein zentrales Anliegen der späteren Apologien vorweggenommen.

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1. A) Ansätze und Modelle in der Schrift

Nr. 5 Kerygma Petri 2d (= Clemens v. Alexandrien, stromateis 6,41,4–6) So lernt auch ihr fromm und gerecht das, was wir euch überliefern, und bewahrt es, indem ihr Gott durch Christus auf neue Weise verehrt. Denn wir haben in den Schriften gefunden, wie der Herr sagt: „Siehe, ich errichte euch einen neuen Bund, nicht wie ich ihn geschlossen habe mit euren Vätern auf dem Berg Horeb“ (vgl. Jer 31,31f.). Einen neuen hat er mit uns geschlossen. Denn das, was Griechen und Juden betrifft, ist alt, wir aber sind die Christen, die ihn auf eine dritte Weise verehren.

IV. Die Martyrerakten Die Verfahren der Christenprozesse ließen kaum Raum für zusammenhängende Plädoyers, sondern gestatteten allenfalls kurze, von Fragen und Drohungen unterbrochene Äußerungen. Aus dieser Situation entstand das Bedürfnis, solche ansatzhaften Argumentationen in literarischer Gestalt rhetorisch-reflektierend zu entfalten. Dennoch können die Martyrerberichte einen Einblick verschaffen, wie Christen versuchten, ihre Glaubensüberzeugungen vor einem nicht-christlichen Forum verständlich zu machen. Im Vergleich zur sonstigen forensischen Praxis bestand das Paradox der christlichen Verteidigungsreden darin, nicht den Anklagepunkt, die Tatsache des Christseins, zu bestreiten, sondern die Notwendigkeit einer Lebenshingabe um des Glaubens willen zu begründen. Mit ihren Plädoyers suchten die angeklagten Christen nicht ihr eigenes Leben zu retten, sondern ihre Religion und Lebenspraxis angesichts der religiös-politischen Anschuldigungen zu verteidigen, wobei durchaus auch eine Kritik der heidnischen Wertvorstellungen dazu gehören konnte. Nr. 6 Hieronymus, de viribus illustribus 42 Ein Sklave des Apollonius, eines Senators 1 der Stadt Rom, verriet unter Kaiser Commodus, dass sein Herr Christ war 2. Als man Apollonius dazu gebracht hatte, von seinem Glauben Rechenschaft abzulegen, verfasste er ein ausgezeichnetes Buch, das er im Senat vorlas3; nichtsdestoweniger wurde er aufgrund eines Senatsbeschlusses für Christus enthauptet; denn bei ihnen galt ein altes Gesetz, dass Christen, die einmal vor ihr Gericht gezogen waren, nicht ohne Leugnung ihres Glaubens frei gelassen wurden.

IV. Die Martyrerakten

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Nr. 7 Acta Apollonii 30–37; 42–44 30 Apollonius: „Ich lebe gerne, Perennis1. Aber so, dass ich den Tod nicht fürchte aus Liebe zum Leben. Ja, es gibt nichts Kostbareres als das Leben, das heißt als das ewige Leben, das die Unsterblichkeit der Seele ist, die in diesem irdischen Leben gut gelebt hat!“ 31 Prokonsul Perennis: „Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Du proklamierst wie ein Gesetzeslehrer, aber ich komme nicht mehr mit!“ 32 Apollonius: „Warum sollte ich Mitgefühl für dich empfinden, der du so unverständig bist angesichts der Schönheit der Gnade. Ja, Perennis, nur für Herzen, die sehen können, ist der Logos des Herrn, so wie das Licht nur dem nützt, der offene Augen hat! Denn ein Mensch, der zu Unverständigen spricht, richtet ebenso wenig aus, wie das Licht, das auf Blinde scheint.“ 33 Da warf ein kynischer Philosoph dazwischen: „Apollonius, jetzt machst du dich selbst zum Gespött. Du bist nämlich weit in die Irre gegangen, selbst wenn du dunkel und tiefsinnig zu reden scheinst!“ 34 Apollonius: „Ich habe beten gelernt und nicht spotten! Aber die Heuchelei, die in dir steckt, zeigt die Blindheit deines Herzens, mehr als alle langen und unnützen Reden, die du halten könntest. Wahrhaftig, den Unverständigen muss die Wahrheit immer als Spott vorkommen!“ 35 Prokonsul Perennis: „Auch wir sind überzeugt davon, dass der Logos Gottes der Erzeuger der Seele und des Leibes der Gerechten ist und dass er redet und lehrt, was immer der Gottheit gefällt.“ 36 Apollonius: „Dieser ist unser Erlöser Jesus Christus, der als Mensch im Land Judäa geboren wurde. Er war vollkommen gerecht und mit göttlicher Weisheit erfüllt. In seiner Menschenliebe hat er uns gelehrt, wer der Gott des Weltalls ist, hat uns das Ideal der Tugend für ein heiliges Leben gezeigt und sich dabei der Fassungskraft des menschlichen Geistes angepasst. Und durch sein Leiden hat er der Herrschaft der Sünde ein Ende bereitet. 37 Er hat uns gelehrt, vom Zorn abzulassen, die Begierde zu mäßigen, das Vergnügen zu zügeln, den Trübsinn aus dem Herzen zu reißen. Wir sollten auf die Gemeinschaft bedacht sein, die Liebe wachsen lassen, uns rein halten von leerer Einbildung, nicht Rache suchen gegen Beleidiger. Wir sollten die gesetzlich verordnete Todesstrafe verachten – nicht weil wir Unrecht tun, sondern weil wir das Unrecht gelassen ertragen. Er hat uns gelehrt, das Gebot, das er selbst gab, zu befolgen, nämlich: den Kaiser zu ehren, aber Gott allein anzubeten. Wir sollen an die Unsterblichkeit der Seele glauben, von einem Gericht nach dem Tod überzeugt sein, auf die Belohnung für alle Mühen der Tugend hoffen, die Gott nach der Auferstehung denen verleihen wird, die gewissenhaft gelebt haben2. …

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1. A) Ansätze und Modelle in der Schrift

42 Ja selbst wenn es ein Irrtum wäre, wir ihr meint, was wir behaupten von der Unsterblichkeit der Seele, dem Gericht nach dem Tod, der Belohnung der Tugend bei der Auferstehung, der Richtergewalt Gottes: gerne würden wir dennoch diesen Irrtum auf uns nehmen. Denn durch ihn haben wir gelernt, schön zu leben, Ausschau zu halten nach jenseitiger Hoffnung, auch dann, wenn wir Widriges erleiden!“ 43 Prokonsul Perennis: „Ich dachte, dass du dich jetzt von dieser Richtung abgewandt hast, Apollonius, und zusammen mit uns die Götter verehren würdest!“ 44 Apollonius: „Und ich, Prokonsul, habe gehofft, es könnten dir diese religiösen Erörterungen vielleicht etwas nützen, oder die Augen deiner Seele könnten erleuchtet werden von meiner Verteidigungsrede, so dass dein Herz, als Frucht des Ganzen, Gott, den Schöpfer des Alls, anzubeten beginnt und durch tägliche Almosen und ein menschenfreundliches Leben ihm allein Gebete empor sendet als reine und unblutige Opfergabe.“

B) Das Entstehen der ersten Apologien (2. Jh.) I. Historischer Kontext Nachdem die heidnische Umwelt auf die Christen aufmerksam geworden war, kam es in fast allen Regionen des römischen Imperiums zu Pogromen und Denunziationen. Auslösendes Motiv war ein Christenhass, der wiederum aus dem christlichen Nonkonformismus resultierte. Zu Beginn des 2. Jh. wurde das Christentum in den ersten literarischen Zeugnissen paganer Autoren – Plinius (ep. 10,96,8), Tacitus (ann. 15,44,3) und Sueton (Nero 16,2) – übereinstimmend als superstitio bezeichnet. Im Gegensatz zu religio, der offiziellen römischen Staatsreligion, bezeichnete dieser Begriff fragwürdige Vorstellungen und Praktiken, bei denen Aberglaube, Magie, geheime Zusammenkünfte, unrömische Gesinnung und umstürzlerische Absichten im Spiel waren. So wahrgenommen, konnte das Christentum nur als gefährlicher Störfaktor innerhalb des römischen Reiches erscheinen. Insofern dessen politische Stabilität und wirtschaftliche Prosperität nach antiker Überzeugung von den Göttern als Gegenleistung für ihren Kult garantiert wurden, drohte das Christentum mit seiner Kultverweigerung – Konsequenz des kompromisslosen Monotheismus – die religiös-politischen Fundamente der Gesellschaft zu untergraben. Im Unterschied zu anderen Kulten und religiösen Strömungen, die in das Pantheon des römischen Weltreiches integrierbar erschienen, da sie weder einen exklusiven Wahrheitsanspruch erhoben noch die polytheistische Staatsreligion in Frage stellten, sahen sich die Christen sehr bald mit den Grenzen der römischen Toleranz konfrontiert. Zwar blieb vor Kaiser Decius (249/51) die Christenfrage ohne grundsätzliche juridische Regelung. Doch setzte sich seit Kaiser Trajans Reskript an den Statthalter Plinius (111/2) die Auffassung durch, die bloße Tatsache des Christseins sei unabhängig von sonstigen nachweisbaren Delikten prinzipiell strafwürdig. Allerdings sollte nach Christen nicht gezielt gefahndet, sondern nur auf Anzeigen reagiert werden. Wurde in einem Prozess das Christsein nicht widerrufen bzw. der Kultvollzug vor den Staatsgöttern und Kaiserstatuen verweigert, so galten die fehlende Religiosität und politische Loyalität als erwiesen, um die Hinrichtung des Angeklagten zu legitimieren. Die grundsätzliche Frage, weshalb das Christsein prinzipiell strafwürdig sei, war damit nicht geklärt. Das Trajans-Reskript regelte nur die Vorgehensweise der Behörden. So war es das Verlangen nach Rechtssicherheit, das in der ersten

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1. B) Das Entstehen der ersten Apologien

Hälfte des 2. Jh. Christen auf eine grundsätzliche Klärung ihres Status drängen ließ. Seit Kaiser Hadrian (117–138) bestand für Privatpersonen die Möglichkeit, mit schriftlichen Petitionen an die höchste politische Autorität heranzutreten und ein von der kaiserlichen Kanzlei erarbeitetes Prozessreskript zu erwirken, das zusammen mit der Bittschrift veröffentlicht wurde. Sofort wurde dieser Amtsweg von den Christen genutzt, um rechtlichen Schutz für ihre Glaubensgemeinschaft einzufordern. Damit verband sich die Hoffnung, durch die offizielle Publikation der Petitionen zugleich eine breitere Öffentlichkeit mit dem Christentum bekannt zu machen.

II. Die ersten Apologien 1) Quadratus Die älteste, nur in einem Fragment bei Eusebius überlieferte Apologie wurde von ihrem nicht weiter bekannten Verfasser Quadratus wahrscheinlich 125/126 n. Chr. bei Kaiser Hadrian anlässlich seines Aufenthaltes in Athen eingereicht. Nr. 8 Orosius, historia adversus paganos 7,13,1–2 (1) Im Jahre 867 von der Gründung der Stadt an (114 n. Chr.) erhielt Hadrian, ein Sohn einer Cousine Trajans, als zwölfter nach Augustus den Prinzipat. (2) Er herrschte 21 Jahre. Durch von dem Apostelschüler Quadratus, dem Athener Aristides – einem Mann voll Glauben und Weisheit – und dem Legaten Serenus Granius1 verfasste Bücher unterwiesen und belehrt, verordnete er in einem Brief an Minucius Fundanus, den Prokonsul von Asien2, dass es niemandem erlaubt sein solle, Christen ohne Benennung eines Verbrechens und dessen Nachweis zu verurteilen. Nr. 9 Quadratus (= Eusebius, historia ecclesiastica 4,3,1–2) (1) Nachdem Trajan neunzehneinhalb Jahre regiert hatte, folgte ihm in der Herrschaft Aelius Hadrian. Diesem überreichte Quadratus eine Rede, die er an ihn gerichtet hatte1. Er hatte die Apologie zugunsten unserer Religion verfasst, da einige schlimme Menschen die Unsrigen zu belästigen versucht hatten. Bei den meisten Brüdern, auch bei uns, ist diese Schrift noch immer in Umlauf. Man kann in ihr glänzende Beweise der Intelligenz und apostoli-

II. Die ersten Apologien

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schen Rechtgläubigkeit dieses Mannes finden. (2) Dass er in die Frühzeit gehört, gibt er selbst in folgenden Worten zu erkennen: „Die Werke unseres Erlösers waren ständig gegenwärtig, da sie wahrhaftig waren: nämlich die Geheilten und die von den Toten Auferstandenen. Sie wurden nicht nur im Augenblick ihrer Heilung und ihrer Auferstehung gesehen, sondern waren immer zu sehen, nicht nur solange der Erlöser auf Erden weilte, sondern noch geraume Zeit, nachdem er fortgegangen war. Sogar in unserer Zeit leben noch einige von ihnen.“ So war Quadratus.

2) Aristides Ebenfalls an Kaiser Hadrian richtete der Athener Philosoph Aristides eine Verteidigungsschrift zugunsten des Christentums. Nach einer kritischen Prüfung der ihm bekannten Religionen anhand eines aus der Betrachtung des Kosmos gewonnenen philosophischen Gottesbegriffs (apol. 3–14) zeichnet der Apologet mit der Schilderung der christlichen Lebenspraxis (apol. 15–16) ein ansprechendes Bild seiner Glaubensgemeinschaft, das deren Anhänger dem Kaiser als vorbildliche Bürger empfehlen sollte (Nr. 179). Eusebius (chron. a. 127 p.Chr.) führt ein entsprechendes Reskript Hadrians u. a. auf die Apologie des Aristides zurück. Nr. 10 Eusebius, historia ecclesiastica 4,3,3 Aristides, ein Manns des Glaubens und Anhänger unserer Religion, hat uns wie Quadratus eine Apologie zugunsten des Glaubens hinterlassen, die er an Hadrian gerichtet hatte. Auch seine Schrift ist noch jetzt bei den meisten erhalten. Nr. 11 Hieronymus, de viris illustribus 20 Aristides aus Athen, ein überaus beredter Philosoph und Schüler Christi, obwohl er sein früheres Gewand beibehielt, hat gleichzeitig mit Quadratus Kaiser Hadrian ein Buch übermittelt, das eine Erklärung unserer Lehre enthält, das heißt, eine „Apologie zugunsten der Christen“1, die bis auf den heutigen Tag erhalten ist und bei den Philologen als Beweis seiner Begabung gilt.

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Nr. 12 Aristides, apologia 1,1–2; 2,1–2; 15,1–3; 16,3–5; 17,2–8 [Apologie, die der Philosoph Aristides an Kaiser Hadrian bezüglich der Gottesverehrung richtete]1 An den Imperator Caesar Titus (Aelius) Hadrianus Antoninus Augustus Pius der Philosoph Marcianus Aristides aus Athen. (syr.)2 1 (1) Ich bin, mein Kaiser, durch Gottes Vorsehung auf die Welt gekommen und, als ich den Himmel betrachtete, die Erde und das Meer, Sonne, Mond und das Übrige, da staunte ich über ihre Anordnung. (2) Als ich sah, wie sich die Welt und alles, was in ihr ist, entsprechend einer Notwendigkeit bewegt, begriff ich, dass Gott es ist, der sie bewegt und erhält. Alles Bewegende ist ja stärker als das Bewegte und das Erhaltende ist stärker als das Erhaltene. 2 (1) Nachdem so über Gott gesprochen wurde, soweit es mir möglich war, über ihn zu sprechen, wollen wir nun zur Menschheit übergehen, um zu sehen, welche hiervon an der Wahrheit teilhaben und welche am Irrtum. (2) Es ist ja ersichtlich, mein Kaiser, dass es in dieser Welt drei Gattungen von Menschen gibt. Dazu gehören die Anbeter eurer sogenannten Götter, die Juden und die Christen. Die Verehrer der vielen Götter aber werden wiederum in die Gattungen eingeteilt: Chaldäer, Griechen und Ägypter. Diese sind nämlich für die übrigen Völker Urheber und Lehrmeister der Verehrung und Anbetung der vielnamigen Götter geworden. … 15 (1) Die Christen leiten ihre Abkunft vom Herrn Jesus Christus her3. Dieser wird als Sohn des höchsten Gottes bekannt, der durch den Heiligen Geist vom Himmel herabstieg zum Heil der Menschen. Und er wurde von einer heiligen Jungfrau geboren, ohne Samen und Vergänglichkeit, nahm Fleisch an, und es wohnte in eines Menschen Tochter der Sohn Gottes. Dieses ist von dem Evangelium, das vor kurzer Zeit gesprochen wurde bei ihnen, da es gepredigt wurde, gelehrt; von dem auch ihr, wenn ihr es lest, die Kraft erkennen werdet, die über ihm ist. (2) Dieser Jesus nun wurde aus dem Volk der Hebräer geboren. Er hatte aber zwölf Jünger, damit seine Ökonomie in etwas vollendet würde. Dieser wurde von den Juden durchbohrt (und starb und wurde begraben), und sie sagen, dass er nach drei Tagen erstanden und empor gefahren ist zum Himmel. Und dann gingen diese zwölf Jünger in die Provinzen der Welt hinaus und lehrten seine majestätische Größe in aller Ehrbarkeit und Bescheidenheit; daher nennt man die, die noch jetzt der von ihnen verkündeten Gerechtigkeit dienen, Christen, die allgemein bekannt sind. (3) Die Christen aber, o Kaiser, da sie umhergingen und suchten, haben die Wahrheit gefunden. Und wie wir aus ihren Schriften entnommen haben, sind sie der Wahrheit und der genauen Erkenntnis nahe, mehr als die übrigen Völker. Denn sie kennen Gott, den Schöpfer und Bildner des Alls, durch

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den alles ist und von dem alles ist, durch den eingeborenen Sohn und den Heiligen Geist, und sie verehren keinen anderen Gott außer ihm. Sie besitzen die Weisungen des Herrn Jesus Christus, die in die Herzen eingeprägt sind, und beachten sie in Erwartung der Auferstehung der Toten und des Lebens der künftigen Welt. 16 (3) Ihre Worte aber und ihre Gebote, o Kaiser, und die Herrlichkeit ihres Dienstes und die Erwartung des Lohnes ihrer Vergeltung gemäß der Betätigung jedes einzelnen von ihnen, den sie erwarten in der anderen Welt, kannst du aus ihren Schriften kennen zu lernen. (4) Uns genügt es aber, dass wir in Kürze Eurer Majestät Mitteilung gemacht haben bezüglich des Wandels und der Wahrheit der Christen, denn wirklich groß und wunderbar ist ihre Lehre für den, der sie erwägen und verstehen will, und wirklich neu ist dieses Volk, und eine göttliche Mischung ist in ihm. (5) So nehmt nun ihre Schriften und lest in ihnen und dann werdet ihr sehen, dass ich nicht von mir aus dieses vorgebracht oder als ihr Anwalt dieses gesagt habe, sondern, da ich es in ihren Schriften gelesen habe, so habe ich fest diese Dinge geglaubt und auch die zukünftigen. Und deshalb war ich genötigt, die Wahrheit denjenigen kundzutun, die Neigung zu ihr haben und die zukünftige Welt suchen. … 17 (2) Die Griechen aber, o Kaiser, weil sie schändliche Dinge tun in Schlafen mit Männern und mit der Mutter und Schwester und Tochter, projizieren das Lächerliche ihrer Unsauberkeit auf die Christen. Die Christen aber sind gerecht und heilig, und die Wahrheit ist vor ihre Augen gestellt, (3) und ihr Geist ist geduldig. Und deshalb, indem sie ihren Irrtum erkennen und von ihnen misshandelt werden, ertragen und erdulden sie sie, und mehr noch, sie erbarmen sich über sie als über Menschen, die der Erkenntnis ermangeln, und sie bringen um ihretwillen Gebet dar, auf dass sie sich von ihrem Irrtum bekehren. (4) Wenn aber es geschieht und einer von ihnen sich bekehrt hat, so schämt er sich vor den Christen wegen der Taten, die von ihm getan wurden, und er lobt Gott, indem er sagt: in Unwissenheit habe ich dieses getan. Und er reinigt sein Herz, und seine Sünden werden ihm vergeben, weil er in Unwissenheit sie getan hat in der früheren Zeit, da er lästerte und schmähte die wahre Erkenntnis der Christen. (5) Und wirklich, selig ist das Geschlecht der Christen vor allen Menschen, die auf Erden sind. (6) So mögen nun aufhören die Zungen derer, die Nichtigkeiten reden und die Christen verleumden, und sie mögen nun die Wahrheit sagen, denn es ist ihnen nützlich, dass sie den wahren Gott anbeten, mehr als dass sie einen Schall ohne Sinn anbeten. (7) Und wahrhaftig ist Gottes, was gesagt wird durch den Mund der Christen, und ihre Lehre ist das Tor des Lichtes. (8) Es mögen sich ihr also alle diejenigen nahen, die Gott nicht erkannt haben, und

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empfangen unvergängliche Worte, die sind von jeher und Ewigkeit. Mögen sie also zuvorkommen dem schrecklichen Gericht, das durch Jesus den Messias bereit ist zu kommen über die ganze Menschheit.

3) Justin Nachdem Justin (ca. 100 – ca. 165) von der Philosophie zum Christentum gefunden hatte, wirkte er bis zu seinem Martyrium in Rom als freier christlicher Lehrer. Seit der weitgehend friedlichen Regierung Hadrians hatte sich inzwischen durch zunehmende Ausschreitungen gegen Christen deren Lage verschärft, so dass eine Reaktion unumgänglich wurde. Vermutlich zwischen 153 und 155 richtete Justin daher eine Petition an den Kaiser Antoninus Pius, um durch eine umfassende Information über die christliche Religion eine Verbesserung der ungesicherten Rechtsstellung ihrer Anhänger zu erreichen. Der Apologet erwartete nichts Geringeres als eine grundlegende Änderung der kaiserlichen Religionspolitik, die dem Christentum den Status einer religio licita zuerkennen sollte. Das erhoffte Reskript blieb zwar aus, doch hatte Justin über die bloße Forderung nach Rechtssicherheit hinaus den ersten Versuch unternommen, Glaube und Vernunft, Evangelium und Philosophie, Christentum und griechische Kultur miteinander ins Gespräch zu bringen.

Nr. 13 Justin, 1 apologia 1–2; 3,1–5; 4–4,5 1 An den Kaiser Titus Aelius Hadrianus Antoninus Pius Caesar Augustus, an Verissimus, seinen Sohn, den Philosophen, und an Lucius, den Philosophen, Caesars leiblichen Sohn und des Pius Adoptivsohn1, den Freund der Kultur, sowie an den ehrwürdigen Senat und das ganze römische Volk, zugunsten der Menschen aus jeder Nation, die zu Unrecht gehasst und verfolgt werden, richte ich Justin, einer von ihnen, Sohn des Priscus und Enkel des Bacchius, aus Flavia Neapolis in Syro-Palästina, folgende Ansprache und Bittschrift2. 2 (1) Wer wahrhaft fromm und philosophisch empfindet, dem gebietet die Vernunft, allein die Wahrheit zu ehren und zu lieben; er wird es ablehnen, den Meinungen der Alten zu folgen, wenn diese schlecht sind3. Die gesunde Vernunft gebietet nämlich, denen, die Unrecht tun oder lehren, nicht nur nicht zu folgen; vielmehr muss der Freund der Wahrheit4 auch auf jede Weise und ohne Rücksicht auf sein Leben, selbst wenn der Tod droht, es vorziehen zu sagen und zu tun, was gerecht ist. (2) Ihr hört nun von allen Seiten, wie man von euch sagt, dass ihr fromme Menschen, Philosophen, Hüter der Ge-

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rechtigkeit und Freunde der Kultur seid; ob ihr es aber wirklich seid, wird sich zeigen!5 (3) Wir sind nämlich nicht an euch herangetreten, um euch mit dieser Schrift zu schmeicheln oder nach eurem Gefallen zu reden, sondern um eine Forderung vorzubringen: ihr sollt nur nach genauer und sorgfältiger Prüfung euer Urteil fällen, ohne euch von Vorurteilen leiten zu lassen oder vom Verlangen, abergläubischen Menschen zu gefallen, oder von unvernünftiger Leidenschaft und üblen Gerüchten, die sich im Laufe der Zeit ausgebreitet haben, so dass ihr schließlich gegen euch selbst das Urteil sprecht. (4) Wir sind ja überzeugt, dass wir von niemandem irgendein Übel erleiden können, sofern wir nicht als Übeltäter überführt oder als verbrecherische Menschen erwiesen werden. Ihr aber, ihr könnt uns wohl töten, schaden aber könnt ihr uns nicht6. 3 (1) Damit aber niemand meine, dies sei eine unvernünftige und dreiste Äußerung, fordern wir, dass die Anschuldigungen gegen uns geprüft werden und, wenn sie sich als begründet erweisen, man uns bestraft, wie es sich gehört. Wenn man aber nichts nachweisen kann7, dann verbietet die wahre Vernunft, wegen eines üblen Gerüchtes unschuldigen Menschen Unrecht zu tun, oder vielmehr euch selbst, wenn ihr meint, die Angelegenheiten nicht mit überlegtem Urteil, sondern nach Leidenschaft regeln zu können. (2) Denn für eine angemessene, ja für die einzig gerechte Forderung wird jeder vernünftige Mensch die erklären, dass die Untergebenen von ihrem Leben und Denken eine unangreifbare Rechenschaft ablegen, dass ihrerseits aber auch die Regierenden bei Abgabe ihres Urteils sich nicht von Gewalt und Tyrannei, sondern von Frömmigkeit und Philosophie leiten lassen. Auf diese Weise könnten Regierende wie Regierte das Glück genießen. (3) In der Tat hat einer der Alten irgendwo gesagt: „Wenn nicht Regierende und Regierte Philosophen sind, dann können die Städte nicht glücklich sein“ (vgl. Plat., resp. 473d–e)8. (4) Unsere Aufgabe ist es also, jedermann in unsere Lebensführung und in unsere Lehren Einblick zu gewähren, um nicht an Stelle derer, die gewöhnlich von unseren Angelegenheiten keine Ahnung haben, die Strafe für Verfehlungen auf uns selber zu laden, die sie in ihrer Blindheit begehen9. Eure Aufgabe aber ist es, uns, wie die Vernunft es fordert, anzuhören und euch als gute Richter zu erweisen. (5) Denn wenn ihr, einmal unterrichtet, keine Gerechtigkeit walten lasst, werdet ihr fortan ohne Entschuldigung vor Gott stehen. 4 (1) Die bloße Namensbezeichnung ist weder ein positives noch ein negatives Kriterium, wenn man von den Handlungen absieht, die diesem Namen zugrunde liegen. Übrigens, soweit es auf den Namen ankommt, den man uns zum Vorwurf macht, sind wir die ehrenwertesten Menschen.10 (2) Da wir es aber nicht für Recht halten, wegen des Namens Freispruch zu verlangen, wenn wir als Verbrecher überführt werden, ist es wiederum eure Aufgabe,

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wenn feststeht, dass wir weder durch die Namensbezeichnung noch durch unser Verhalten ein Unrecht begehen, darauf hin zu wirken, dass ihr nicht selber eine gerechte Strafe auf euch ladet, indem ihr diejenigen, die nicht überführt sind, ungerechterweise bestraft. (3) In der Tat, aus dem Namen kann sich vernünftigerweise kein Grund für Lob oder Tadel ergeben, sofern sich nicht aus den Taten etwas Lobenswertes oder Schlechtes erweisen lässt. (4) Alle nämlich, die vor euch angeklagt sind, bestraft ihr nicht, ehe sie überführt sind. Bei uns aber nehmt ihr schon den Namen als Beweis an11, obwohl, soweit man nach dem Namen urteilen kann, ihr eher unsere Ankläger bestrafen müsstet. (5) Man klagt uns ja an, Christen zu sein; das Vortreffliche aber zu hassen ist nicht gerecht. Nr. 14 Justin, 2 apologia 14,1; 15,2–5 14 (1) Und nun ersuchen wir euch, diese Petition1 zu veröffentlichen, nachdem ihr eure Ansicht hinzugesetzt habt, damit auch den andern Menschen unsere Sache bekannt werde und sie sich von falschen Meinungen und der Unkenntnis des Guten befreien können. 15 (2) Wenn ihr nun diese Schrift veröffentlicht, könnten wir sie allen bekannt machen, damit sie womöglich anderen Sinnes werden; einzig zu diesem Zweck haben wir die vorliegenden Reden abgefasst. (3) Unsere Lehren sind, wenn man sie besonnen beurteilt, nicht schlecht, sondern aller menschlichen Philosophie überlegen. Selbst wenn es nicht so wäre, so gleichen sie doch jedenfalls nicht den Lehrsprüchen eines Sotades, einer Philainis, eines Archestratos, Epikur2 und den anderen Dichtern dieser Art, Lehren, mit denen sich jeder aus Vorträgen oder Büchern bekannt machen kann. (4) Und so schließen wir denn hier, nachdem wir getan haben, was in unseren Kräften stand, und auch gebetet haben, dass alle Menschen überall der Wahrheit gewürdigt werden möchten. (5) Möget denn nun auch ihr entsprechend eurer Frömmigkeit und eurer Philosophie in eurem eigenen Interesse ein gerechtes Urteil sprechen! Nr. 15 Eusebius, historia ecclesiastica 4,8,5–9,3; 11,11–13,8; 16,1–9; 18,1–6 8 (5) In der gleichen Schrift (2 apol. 12,1–2) berichtet Justin, dass seine Konversion von der griechischen Philosophie zur wahren Gottesverehrung nicht ohne Überlegung, sondern nach reiflichem Erwägen erfolgt sei. Er schreibt: „Denn auch ich selbst kam, als ich noch an Platons Lehren Gefallen hatte und von den verleumdeten Christen hörte, aber sah, dass sie furchtlos

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waren angesichts des Todes und allem anderen, was als entsetzlich gilt, zu der Einsicht, dass sie unmöglich in Lasterhaftigkeit und Sinnenlust leben konnten1. Denn welcher Lüstling und Schlemmer, der sogar Menschenfleisch für eine Delikatesse hält2, könnte den Tod willkommen heißen, um so seiner Güter beraubt zu werden? Würde er nicht vielmehr auf jede Weise versuchen, sein Leben hier auf immer fortzuführen und den Beamten zu entgehen, anstatt sich selbst anzuzeigen, um dann hingerichtet zu werden?“ (6) Justin erzählt auch, Hadrian habe von Serenius Granianus3, einem ganz ausgezeichneten Beamten, ein Schreiben zugunsten der Christen erhalten mit dem Inhalt, es sei nicht gerecht, diese ohne jegliche Anzeige und ohne gerichtliches Urteil auf das Geschrei des Pöbels hin zu töten. Daraufhin habe Hadrian dem Minucius Fundanus, dem Prokonsul Asiens in einem Antwortschreiben den Befehl gegeben, niemanden zu verurteilen, wenn nicht eine Anzeige und ein begründeter Vorwurf vorliegen. (7) Justin gibt eine Abschrift des Briefes unter Beibehaltung der lateinischen Sprache4, in der er abgefasst war. Er schickt ihm folgende Einleitung (1 apol. 68,3–5) voraus: „Schon aufgrund eines Briefes des größten und hochberühmten Kaisers Hadrian, eures Vaters, hätten wir von euch die Anweisung verlangen können, dass die Gerichtsverfahren in der von uns erbetenen Form vollzogen werden. Doch haben wir darum nicht so sehr deshalb gebeten, weil Hadrian dies angeordnet hatte, als vielmehr aus dem Bewusstsein, mit unserem Appell Gerechtes zu fordern. Damit ihr erkennt, dass wir die Wahrheit sagen, fügen wir auch noch die Abschrift des Briefes Hadrians bei. Er lautet wie folgt …“ (8) Der erwähnte Schriftsteller zitiert nun das Reskript in lateinischer Sprache. Wir aber haben es so gut wie möglich ins Griechische übersetzt. Es lautet: 9 (1) „An Minucius Fundanus. Von dem ganz ausgezeichneten Serenius Granianus, deinem Vorgänger, habe ich ein an mich gerichtetes Schreiben erhalten. Es scheint mir nun nicht gut zu sein, die Angelegenheit ohne Untersuchung hingehen zu lassen; denn die Leute sollen nicht beunruhigt werden, und die Denunzianten sollen keine Gelegenheit erhalten, ihrer Bosheit freien Lauf zu lassen. (2) Wenn sich nun die Provinzbewohner für ihre Forderung gegen die Christen auf klare Gründe stützen können, so dass sie sich auch vor dem Richterstuhl verantworten können, dann sollen sie sich allein dieses Mittels bedienen. Nicht aber sollen sie sich auf Forderungen und auf bloßes Schreien verlegen5. Denn es ist viel besser, dass du, falls jemand eine Anklage erheben will, die Sache selber untersuchst. (3) Wenn also jemand Anklage erhebt und nachweist, dass sie in irgendeiner Weise gegen die Gesetze handeln6, dann fälle dein Urteil entsprechend der Schwere des Vergehens! Wenn aber, bei Herakles, jemand dies in denunziatorischer Absicht vorbringt, dann ziehe ihn wegen seiner Frechheit zur Verantwortung und sorge für dessen Bestrafung!“ Dies ist der Wortlaut von Hadrians Reskript.

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11 (11) Nachdem Justin eine ausgezeichnete Schrift gegen die Griechen und weitere Bücher, die eine Apologie unseres Glaubens enthalten, ausgearbeitet hatte, wandte er sich damit an Kaiser Antoninus mit Beinamen Pius und den römischen Senat7; er hatte nämlich in Rom seinen Aufenthalt genommen … Da der selbe Kaiser auch von anderen Brüdern Asiens, die von den dortigen Bewohnern alle möglichen Ausschreitungen zu erleiden hatten, angegangen worden war, hielt er es für richtig, an die Provinzialvertretung Asiens8 folgende Anordnung9 ergehen zu lassen: 13 (1) „Der Kaiser Cäsar Marcus Aurelius Antoninus Augustus Armenius, oberster Priester, zum fünfzehnten Male Volkstribun, zum dritten Male Konsul10, entbietet der Provinzialvertretung Asiens seinen Gruß. (2) Ich weiß, dass auch den Göttern daran gelegen ist, dass solche Leute nicht verborgen bleiben. Denn den Göttern kommt es weit mehr als euch zu, diejenigen zu bestrafen, die sie nicht anbeten wollen. (3) Ihr wiegelt sie auf, denn ihr bestärkt sie in der Auffassung, die sie haben, wenn ihr sie der Gottlosigkeit anklagt. Wenn sie angeklagt werden, ziehen sie es vor zu zeigen, dass sie um ihres eigenen Gottes willen lieber sterben als leben. Daher gehen sie auch als Sieger hervor, da sie eher ihr Leben hingeben, als dass sie auf eure Forderungen eingehen. (4) Bezüglich der Erdbeben, die sich ereignet haben und noch ereignen, ist es nicht unangebracht, euch zu erinnern, dass ihr bei solchen Ereignissen mutlos seid und damit unsere Sache ihnen gegenüber preisgebt. (5) Die Christen setzen ihr Vertrauen erst recht auf Gott, während ihr offenbar die ganze Zeit hindurch den Kopf verliert und euch weder um die übrigen Götter noch um die Verehrung des Unsterblichen kümmert, wegen dessen Verehrung ihr die Christen bedrängt und bis zum Tod verfolgt. (6) Bezüglich dieser Leute hatten sich bereits viele Statthalter brieflich an unseren göttlichen Vater gewandt, der ihnen in einem Reskript befahl, diese Leute nicht behelligen11, es sei denn, dass sie offenkundig etwas gegen die römische Regierung unternähmen12. Auch ich habe über diese Leute von vielen Seiten Berichte erhalten, auf welche ich ganz im Sinne meines Vaters geantwortet habe. (7) Sollte aber jemand darauf beharren, einen Christen vor Gericht zu führen, weil er Christ ist, dann soll der Angeklagte, auch wenn er wirklich Christ ist, freigesprochen, der Kläger aber bestraft werden13. Promulgiert zu Ephesus vor der Provinzialvertretung Asiens.“ (8) Dass sich die Dinge so ereignet haben, dafür ist Zeuge Melito, Bischof von Sardes, der damals gut bekannt war. Es ergibt sich aus dem, was er in einer an den Kaiser Verus zugunsten unserer Lehre gerichteten Apologie sagt14. 16 (1) Als damals der weiter oben erwähnte Justin an die genannten Herrscher zugunsten unserer Lehren eine zweite Schrift gerichtet hatte15, wurde

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er mit einem herrlichen Martyrium ausgezeichnet. Der Philosoph Crescens, der einem Lebensstil nacheiferte, welcher ihn des Namens eines Kynikers würdig machte, hatte nämlich gegen ihn gehetzt. Da Justin ihn in Diskussionen wiederholt in Gegenwart von Zuhörern kritisiert hatte, wurde er schließlich durch sein Martyrium mit dem Siegespreis der Wahrheit, deren Vertreter er war, gekrönt. (2) Justin selbst, der wirklich ein vollendeter Philosoph war, sagte sein Ende genauso, wie er es bald erfahren sollte, in der erwähnten Apologie (2 apol. 3,1–6) voraus, und zwar mit folgenden Worten: (3) „Auch ich erwarte, von einem der Genannten16 verfolgt und in den Block gespannt zu werden, vielleicht von Crescens, dem unphilosophischen Angeber. Man darf doch nicht einen Mann als Philosophen bezeichnen, der uns Christen, die er gar nicht kennt, öffentlich des Atheismus und der Gottlosigkeit bezichtigt. Er tut dies ja nur, um der irregeführten Masse einen Gefallen zu erweisen und Freude zu machen. (4) Wenn er, ohne in die Lehren Christi Einblick genommen zu haben, uns angreift, dann ist er ein nichtswürdiger Mensch und steht viel tiefer als die Ungebildeten, die sich meist davor hüten, über Dinge, die sie nicht verstehen, zu diskutieren und falsche Behauptungen aufzustellen. Hat er aber Kenntnis von den Lehren genommen, ohne ihre Erhabenheit zu verstehen, oder versteht er sie zwar, handelt aber in dieser Weise, um nicht in den Verdacht zu kommen, Christ zu sein, (5) dann ist er noch viel gemeiner und nichtswürdiger, weil er sich von einer primitiven und unvernünftigen Meinung und Furcht beherrschen lässt. Denn ihr sollt wissen, dass ich ihm einige diesbezügliche Fragen forschend vorgelegt, dabei aber erfahren und nachgewiesen habe, dass er tatsächlich nichts versteht. Zum Beweis dafür, dass ich die Wahrheit sage, bin ich, falls euch die Unterredungen nicht mitgeteilt worden sind, bereit, in eurer Gegenwart die Fragen noch einmal vorzulegen. Dies wäre eine Aufgabe, die eines Kaisers würdig wäre. (6) Wenn ihr aber von meinen Fragen und seinen Antworten erfahren habt, dann ist euch klar, dass er von unseren Angelegenheiten nichts versteht. Sollte er jedoch etwas davon verstehen, aber aus Scheu vor den Zuhörern nicht zu sprechen wagen, dann erweist er sich, wie ich schon oben erklärte, nicht als Freund der Weisheit, sondern des Ruhmes, und achtet nicht einmal das schöne Wort des Sokrates.“17 (7) Soweit Justin. Dass er entsprechend seiner Voraussage infolge der Intrigen des Crescens den Tod fand, berichtet Tatian, der in jungen Jahren in den griechischen Wissenschaften Unterricht erteilte, hierin nicht wenig Ruhm erntete, und in seinen Schriften zahlreiche Denkmäler seines Wissens hinterließ. In seiner Schrift „Gegen die Griechen“ erzählt er folgendes: „Der überaus bewundernswerte Justin hat mit Recht erklärt, dass die zuvor erwähnten Männer Räubern gleich seien.“ (8) In seinen folgenden Bemerkungen über die Philosophen fährt er fort: „Crescens, der sich in der Hauptstadt eingenistet hatte, war mehr

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als alle der Päderastie ergeben und von Geldgier ganz gefesselt. (9) Obwohl er riet, den Tod zu verachten, fürchtete er selber den Tod so sehr, dass er über Justin, weil dieser in Verkündigung der Wahrheit die Philosophen als Schlemmer und Betrüger überführt hatte, den Tod zu bringen trachtete, als sei er ein großes Übel“ (or. 19,2)18. Dies also ist der Anlass zum Martyrium des Justin gewesen. 18 (1) Justin hat uns sehr viele und in jeder Hinsicht nützliche Denkmäler seines gebildeten, auf die göttlichen Dinge gerichteten Geistes hinterlassen. Wir werden die Lernbegierigen darauf verweisen, nachdem wir zum Gebrauch die uns bekannt gewordenen Schriften19 angegeben haben, damit sie von den Lernbegierigen verwertet werden. (2) Eine Schrift Justins zugunsten unserer Lehren ist an Antoninus mit dem Beinamen Pius, seine Söhne und den römischen Senat gerichtet, eine andere Schrift enthält eine zweite Apologie unseres Glaubens und ist an den Nachfolger des erwähnten Kaisers, den gleichnamigen Antoninus Verus20 gerichtet, dessen Zeit wir gerade jetzt behandeln. (3) Es gibt noch eine andere Schrift „An die Griechen“21, in der er nach ausführlicher Darlegung sehr vieler von uns und den griechischen Philosophen behandelten Fragen die Natur der Dämonen erörtert; es dürfte nicht nötig sein, hier darauf einzugehen. (4) Ferner ist noch auf uns gekommen eine andere Schrift „Gegen die Griechen“, die er auch „Widerlegung“22 betitelte, außerdem eine Arbeit „Über die Monarchie Gottes“, die er nicht nur aus unseren Schriften, sondern auch aus griechischen Werken aufweist, (5) schließlich eine Abhandlung mit der Überschrift „Psalmist“ und eine Lehrschrift „Über die Seele“, worin er verschiedene Forschungen über das in der Überschrift genannte Thema darstellt und die Ansichten der griechischen Philosophen anführt mit dem Versprechen, in einer anderen Schrift diese Ansichten zu widerlegen und seine eigene Auffassung darzulegen. (6) Auch verfasste Justin einen „Dialog mit den Juden“, den er in Ephesus mit Tryphon, dem bedeutendsten Hebräer jener Zeit geführt hatte. In diesem Werk teilt er mit, wie ihn die göttliche Gnade zur Lehre des Glaubens gedrängt, welchen Eifer er zuvor auf die Philosophie verwandt und mit welch feuriger Begeisterung er sich der Erforschung der Wahrheit gewidmet hatte.

4) Miltiades, Apollinaris von Hierapolis, Melito von Sardes Das ungebrochene Vertrauen der Christen auf die Rechtsstaatlichkeit des politischen Systems zeigt sich in der Abfassung weiterer Petitionen unter Kaiser Marc Aurel (161–180). Während die Apologien des kleinasiatischen Rhetors Miltiades (ca. 125–195) und des Bischofs Apollinaris von Hierapolis nur durch Hinweise bei Eusebius bekannt sind, ist eine 171/2 oder 176 an den

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Kaiser gerichtete Bittschrift des Bischofs Melito von Sardes fragmentarisch erhalten. Mit der hier formulierten Erwartung einer Allianz von Christentum und römischem Imperium nahm der Apologet die spätere Entwicklung des 4. Jh. bereits vorweg. Nr. 16 Eusebius, historia ecclesiastica 5,17,5 Miltiades … schrieb sowohl gegen die Griechen als auch gegen die Juden, und zwar trat er an jede der beiden Fragen in zwei Büchern heran. Gegen die weltlichen Machthaber verfasste er ferner eine Apologie zugunsten seiner Philosophie1. Nr. 17 Hieronymus, de viris illustribus 26,1–2 (1) Apollinaris, Bischof von Hierapolis in Kleinasien, lebte unter Kaiser Marcus Antoninus Verus1, dem er ein berühmtes Buch „Zur Verteidigung des Glaubens“ der Christen übermittelte. (2) Es gibt von ihm noch fünf weitere Bücher „Gegen die Heiden“ und zwei „Über die Wahrheit“.

Nr. 18 Eusebius, historia ecclesiastica 4,26,1.4–11; 27 (1) Zu jener Zeit taten sich auch Melito, Bischof der Kirche von Sardes, und Apollinaris, Bischof der Kirche von Hierapolis, hervor. Jeder von ihnen richtete für sich an den erwähnten damaligen römischen Kaiser apologetische Schriften zugunsten des Glaubens. …1 (4) … In seiner Schrift an den Kaiser berichtet Melito von manchen Angriffen, die unter dessen Regierung gegen uns geschehen waren. Es heißt da: (5) „Jetzt wird, was noch niemals vorgekommen ist, auf unerhörte Weise das Geschlecht der Gottesverehrer verfolgt und infolge neuer Gesetze überall in der Provinz Asien bedrängt2. Unverschämte Denunzianten und Leute, die auf fremden Besitz aus sind, benutzen die Erlasse, um ganz offen zu rauben und solche, die kein Unrecht getan haben, Tag und Nacht auszuplündern.“ (6) Später fährt er folgendermaßen fort: „Geschieht dies auf deine Anordnung hin, so soll es gut sein! Denn ein gerechter Kaiser wird niemals ungerechte Verordnungen erlassen. Und gerne nehmen wir die Ehre eines solchen Todes hin. Doch tragen wir dir die eine Bitte vor, dass du erst die Verursacher dieser Rivalität kennenlernst und dann gerecht urteilst, ob sie Tod und Be-

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strafung oder ein gesichertes Leben verdienen. Wenn aber der Erlass und diese neue Verordnung, die man nicht einmal gegen Feinde aus Barbarenvölkern anwenden sollte, nicht von dir stammen, dann bitten wir dich umso mehr, dass du es nicht ruhig mit an siehst, wenn man uns offen beraubt.“ (7) Diesem fügt Melito noch folgende Worte bei: „Unsere Philosophie ist einst bei den Barbaren entstanden3, unter der ruhmreichen Regierung deines Vorgängers Augustus unter deinen Völkern zur Blüte gereift und hat vor allem deiner Regierung Glück und Segen gebracht. Von da ab nämlich erhob sich die römische Macht zu Größe und Glanz. Ihr ersehnter Thronfolger bist du geworden und wirst du sein mit deinem Sohn, sofern du diese Philosophie beschützt, die zugleich mit dem Reich groß geworden ist, mit Augustus ihren Anfang genommen hatte und von deinen Vorfahren neben den übrigen Religionen geachtet wurde. (8) Dass unsere Lehre zugleich mit dem Reich, das glücklich begonnen hatte, zu dessen Wohl erblühte, ergibt sich am deutlichsten daraus, dass ihm von den Zeiten des Augustus an nichts Schlimmes widerfahren ist, dass im Gegenteil alles voller Glanz und Ruhm gewesen ist, entsprechend den Gebeten aller Menschen. (9) Die einzigen unter allen, die, von böswilligen Menschen verführt, unsere Lehre in üblen Ruf zu bringen suchten, waren Nero und Domitian; sie sind die Ursache jener lügnerischen Denunziationen, die gegen die Christen zur vernunftlosen Gewohnheit geworden sind. (10) Deine frommen Väter4 haben allerdings die Unwissenheit jener wieder gutgemacht, indem sie wiederholt die vielen, die bezüglich der Christen neue Praktiken einzuführen wagten, in Reskripten zurechtwiesen. Unter ihnen hat bekanntlich dein Großvater Hadrian sich außer an viele andere auch an den Prokonsul Fundanus, den obersten Beamten Asiens, schriftlich gewandt5. Und dein Vater hat, als du mit ihm die Staatsgeschäfte führtest, in einem Schreiben die Städte angewiesen, uns gegenüber keine neue Praxis einzuschlagen. Unter diesen Anweisungen finden sich Schreiben an die Bewohner von Larissa, von Thessaloniki, von Athen und an alle Griechen6. (11) Da du von den Christen die gleiche Meinung wie diese Kaiser, ja eine noch menschenfreundlichere und philosophischere hast, sind wir von dir erst recht überzeugt, dass du alles tun wirst, worum wir dich bitten.“ 27 Von den zahlreichen Schriften des Apollinaris, die noch bei vielen erhalten sind, sind folgende bis auf uns gelangt: „Die Rede“ an den oben erwähnten Kaiser, fünf Bücher „Gegen die Griechen“, zwei Bücher „Über die Wahrheit“, zwei Bücher „Gegen die Juden“, sodann ein Werk gegen die Häresie der Phrygier, …

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5) Athenagoras Ebenso wie Justin war Athenagoras nach seiner Konversion zum Christentum Philosoph geblieben, der seine intellektuellen Fähigkeiten nun in den Dienst der neuen Religion stellte und diese als Vollendung der Philosophie präsentierte. Wahrscheinlich im Jahr 177, nachdem es zum Martyrium zahlreicher Christen in Gallien gekommen war, richtete er in Athen eine Apologie an Kaiser Marc Aurel und seinen Sohn Commodus, um gesetzlichen Schutz gegen die Auschreitungen und Verfolgungen zu erbitten. Athenagoras bediente sich hierbei der literarischen Form einer Gesandtschafterrede, um in Form eines offenen Briefes den Kaiser und die nicht-christliche Welt insgesamt anzusprechen und eine rechtliche Gleichstellung des Christentums mit den anderen Religionen und Kulten zu fordern.

Nr. 19 Codex Baroccianus graecus 142, fol. 216 Wie Philippus von Side in seinem 24. Buch1 sagt: Athenagoras leitete als erster das Didaskaleion von Alexandrien, und er lebte zur Zeit des Hadrian und Antoninus, an die er eine Gesandtschaftsrede2 zur Verteidigung der Christen richtete. Dieser Mann bekannte das Christentum, ohne den Philosophenmantel abzulegen, und er war Vorsteher der Schule der Akademie3. In der Absicht, noch vor Celsus, gegen die Christen zu schreiben, vertiefte er sich in die heiligen Schriften, um sie durch bessere Sachkenntnis zu bekämpfen. So geschah es, dass er vom Heiligen Geist ergriffen und, wie der große Paulus, aus einem einstigen Verfolger zu einem Lehrer des Glaubens wurde, den er verfolgt hatte. Philippus fügt hinzu, dass Clemens, der Verfasser der Stromateis, sein Schüler war4 und Pantänus der des Clemens. Pantänus, ebenso Athener5, war ein pythagoreischer Philosoph. Eusebius6 (h.e. 5,10,1) sagt im Gegenteil, dass Pantänus der Lehrer des Clemens gewesen sei, der ja in seinen Hypotyposes ihn als seinen Lehrer zitiert.

Nr. 20 Athenagoras, legatio 1–2; 3,1; 37;1–3 An die Kaiser Marcus Aurelius Antoninus und Lucius Aurelius Commodus, Sieger über die Armenier und Sarmaten, vor allem aber Philosophen. 1 (1) Die Bewohner eures Reiches, ihr mächtigen Herrscher, folgen unterschiedlichen Bräuchen und Gesetzen; und niemand von ihnen sieht sich

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durch ein Gesetz oder die Furcht vor Strafe gezwungen, den Traditionen untreu zu werden. Der Trojaner nennt Hektor seinen Gott und betet Helena an, in der er Adrasteia erkennt; der Lakedämonier verehrt Agamemnon als Zeus und Phylonoe, die Tochter des Tyndareos, unter dem Namen der Enodia; der Athener opfert dem Erechtheus, den er mit Poseidon identifiziert; und die Athener vollziehen Initiationen und Mysterien zu Ehren der Agraulos und Pandrosos, die als gottlos galten, weil sie die Kiste geöffnet hatten; mit einem Wort, in jeder Nation, in jedem Volk vollziehen die Menschen nach ihrem Belieben Opfer und Mysterien. Die Ägypter halten sogar Katzen, Krokodile, Schlangen, Nattern und Hunde für Götter. (2) Und all diese Menschen lasst ihr und eure Gesetze gewähren; ihr haltet es ja für gottlos und frevlerisch, überhaupt keinen Gott anzuerkennen, hingegen für notwendig, dass jeder Götter nach seiner Wahl haben kann, damit die Furcht vor der Gottheit die Menschen abhält, Unrecht zu verüben. Was aber uns angeht – lasst euch nicht wie die große Masse von Gerüchten beeindrucken –, so sind wir wegen des bloßen Namens verhasst. Denn nicht die Namen verdienen Hass, sondern das Vergehen verdient Strafe und Vergeltung1. Daher bewundert auch alles eure Güte und Milde, eure friedliche Gesinnung allen gegenüber und eure Menschenfreundlichkeit. Denn jeder einzelne erfreut sich der Gleichheit vor dem Gesetz, die Städte genießen die ihrer Stellung entsprechende Anerkennung, der ganze Erdkreis verdankt eurer Weisheit einen tiefen Frieden. (3) Leider aber erstreckt sich eure Fürsorge nicht auch auf uns, die sogenannten Christen. Obwohl wir kein Unrecht verübten, sondern, wie im Laufe der Rede gezeigt werden soll, gegenüber der Gottheit und gegenüber eurer Herrschaft uns überaus religiös und gerecht verhalten, lasst ihr dennoch zu, dass man uns misshandelt, ausplündert, vertreibt, indem der Pöbel auf den bloßen Namen hin Krieg gegen uns führt. Daher haben wir es gewagt, unsere Angelegenheiten zur Sprache zu bringen – diese Rede soll euch den Nachweis liefern, dass wir widerrechtlich und gegen alles Gesetz und alle Vernunft bedrängt werden –, und bitten euch, auch in unserer Sache nach dem Rechten zu sehen, damit wir nicht länger mehr Opfer der Denunzianten sein müssen … 2 (1) Kann uns jemand ein kleines oder größeres Vergehen nachweisen, dann sind wir die letzten, die um Abwendung der Strafe bitten, ja wir verlangen in diesem Falle die schärfste und schonungsloseste Ahndung. Wenn sich aber die Anklage nur auf den Namen bezieht – bis zur Stunde besteht ihr Gerede über uns nur aus Gerüchten, die die Menschen ungeprüft in die Welt gesetzt haben2, und es ist noch keinem Christen ein Unrecht nachgewiesen worden3 –, so ist es nunmehr an euch, den so mächtigen, menschenfreundlichen und geistig für alles aufgeschlossenen Herrschern, uns durch ein Gesetz gegen die Feindseligkeit in Schutz zu nehmen. Denn wie der ganze Erd-

II. Die ersten Apologien

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kreis eurer Wohltaten teilhaft ist, die einzelnen Bürger und die Städte, so möchten auch wir euch danken können und es euch hoch anrechnen dürfen, dass wir endlich einmal vor den Denunziationen Ruhe haben. (2) Es entspricht nämlich keineswegs eurer Gerechtigkeit, dass bei uns der Name schwerer ins Gewicht fällt als die in den Prozess eingebrachten Beweise. Während die Richter über andere Angeklagte nicht eher eine Strafe verhängen, als bis diesen ein Unrecht nachgewiesen ist, untersuchen sie bei uns nicht, ob der Angeklagte ein Unrecht begangen hat, sondern greifen den Namen an, als handele es sich hierbei schon um ein Verbrechen4. Und doch gilt sonst kein Name als solcher an sich schon als gut oder schlecht, sondern erst wegen der schlechten oder guten Handlungen, die sich dahinter verbergen, erscheinen die einen Namen als schlimm, die andern als gut. (3) Ihr selbst wisst dies sehr gut, da ihr sozusagen eure Inspiration der Philosophie und jeglicher Form von Kultur verdankt. Daher kennen auch alle, die vor eurem Richterstuhl erscheinen, selbst wenn sie der größten Verbrechen angeklagt sind, keine Furcht; wissen sie doch, dass ihr ihren Lebenswandel prüft und weder auf die Namen etwas gebt, wenn nichts dahintersteckt, noch auf die in den Anklagen enthaltenen Beschuldigungen, wenn sie falsch sind. So nehmen sie dann die verurteilende Stimme mit der gleichen Gelassenheit hin wie die freisprechende. (4) Von der gegen alle geübten Unparteilichkeit5 erwarten nun auch wir, dass wir nicht deshalb gehasst und bestraft werden, weil wir Christen heißen – wie kann denn der Name uns schlecht machen? –, sondern dass bei jeder Anklage, die man gegen uns erhebt, eine Untersuchung stattfindet und dann die von der Anklage Freigesprochenen entlassen, die als schlecht Befundenen bestraft werden, nicht auf den Namen hin – denn kein Christ ist schlecht, es müsste denn sein, dass er sich heuchlerisch so nennt –, sondern auf Grund des Vergehens6. (5) Das gleiche Gerichtsverfahren sehen wir den Philosophen gegenüber beobachtet. Vor der Untersuchung erscheint keiner von ihnen dem Richter wegen seiner Wissenschaft oder Kunst gut oder schlecht; erst wenn sich bei einem herausgestellt hat, dass er ein Unrecht begangen hat, wird er bestraft; damit bringt er aber keineswegs die Philosophie in Misskredit; schlecht ist nur, wer nicht im Einklang mit dem Gesetz philosophiert, die Wissenschaft als solche trifft keine Tadel; kann sich dagegen einer gegen die Verleumdungen rechtfertigen, wird er frei entlassen. So mache man es auch bei uns; man prüfe den Lebenswandel der Angeklagten, der Name selbst aber bleibe vor jeder Anschuldigung verschont. (6) Wenn ich nun beginne, unsere Lehre zu verteidigen, muss ich euch, mächtigste Herrscher, bitten, uns unparteiisch anzuhören, und, anstatt euch durch das öffentliche, absurde Gerücht zu einem Vorurteil hinreißen zu lassen, euren Wissensdrang und Eure Wahrheitsliebe unserer Lehre zuzuwenden. Dann werdet weder ihr aus Unkenntnis Fehler machen, noch werden

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wir länger bekämpft werden, wenn wir uns des Gerüchtes der unkritischen Menge entledigt haben. 3 (1) Drei Vorwürfe erhebt man gegen uns: Atheismus, thyesteische Mahlzeiten, ödipodeische Verbindungen …7 37 (1) … Ihr aber, die ihr euch in jeder Hinsicht durch euer ganzes Wesen und eure Bildung auszeichnet, maßvoll, menschenfreundlich und der Herrschaft würdig seid, neigt uns euer Herrscherhaupt zu, nachdem wir die Anschuldigungen widerlegt und bewiesen haben, dass wir religiös und moralisch integer sind sowie Selbstdisziplin üben. (2) Denn wer verdiente es mehr, Erfüllung seiner Bitten zu finden, als Menschen wie wir, die wir für eure Herrschaft beten, damit die Regierung in aller Gerechtigkeit vom Vater auf den Sohn übergehe und eure Herrschaft wachse und sich ausbreite, indem alle Welt euch untertan wird?8 (3) Dies ist auch in unserem Interesse, damit wir ein ruhiges und friedliches Leben führen9 und allen Anordnungen bereitwillig Folge leisten können.

C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur (Wende vom 2. zum 3. Jh.) I. Die Anfänge literarischer Polemik Neben die staatlichen Repressionen traten in der zweiten Hälfte des 2. Jh. auch literarische Angriffe gegen die neue Religion. So unterschiedlich die Gegner waren, so einhellig war ihr Urteil über das Christentum. Fanatismus, mangelnde Rationaliät, blinder Glaube an absurde Lehren, immoralisches Leben charakterisierten dessen Anhänger in den Augen ihrer Kritiker. Der griechische Satiriker Lukian von Samosata (ca. 120–180), der nordafrikanische Anwalt, Philosoph und Romanautor Apuleius von Madaura (geb. ca. 125 n. Chr.), der kleinasiatische Rhetor Aelius Aristides (geb. 117 n. Chr.) sowie der römische Kaiser Marc Aurel (reg. 161–180) gehören zu den ersten, die die Christen zwar eher noch beiläufig erwähnten, aber gerade mit ihren flüchtigen Skizzierungen umso treffender die Fremdwahrnehmung dieser religiösen Minderheit widerspiegelten.

1) Lukian Nr. 21 Lukian, de morte Peregrini 13 Die unseligen Menschen sind davon überzeugt, dass sie ganz und gar unsterblich werden und für ewige Zeit leben werden, weswegen die meisten auch den Tod verachten und sich freiwillig ausliefern. Ferner hat ihr erster Gesetzgeber1 sie davon überzeugt, dass sie alle untereinander Brüder seien, wenn sie erst einmal übergetreten sind, die griechischen Götter leugnen, jenen gekreuzigten Sophisten2 anbeten und nach seinen Gesetzen leben. Sie verachten auch allen Besitz unterschiedslos und glauben, er gehöre der Allgemeinheit, wobei sie solche Lehren ohne irgendeinen genauen Beweis angenommen haben. Wenn also ein raffinierter Betrüger, der es verstand, die Lage auszunützen, zu ihnen kam, so wurde er gleich in kurzer Zeit sehr reich, wobei er den naiven Menschen höhnisch ins Gesicht lachte.

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1. C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur

2) Apuleius Nr. 22 Apuleius, metamorphoses 9,14 (1) Der Müller, der mich1 für Geld zu seinem Eigentum gemacht hatte, ansonsten ein anständiger und überaus bescheidener Mann, hatte durch das Schicksal eine sehr böse und unter allen Frauen bei weitem die schlimmste Gattin bekommen und musste entsetzliche Qualen in Ehe und Haus ertragen, so dass auch ich, beim Hercules, für ihn im Stillen häufig seufzte. (2) Denn auch nicht ein einziges Laster fehlte jener völlig liederlichen Frau, vielmehr waren alle schändlichen Eigenschaften, wie in einer schmutzigen Kloake, in ihrem Herzen zusammengeflossen. Sie war unbeherrscht und dümmlich, verrückt nach Männern und Wein, zänkisch und trotzig, gierig nach schändlich zusammengerafftem Geld und maßlos im Geldausgeben für schimpfliche Zwecke, sie hielt nichts von Treue und war eine Feindin aller Schamhaftigkeit. (3) Dann verachtete und verspottete sie die göttlichen Mächte, und an die Stelle einer sicheren Religion setzte sie die erlogene, frevelhafte Annahme eines Gottes, von dem sie bekannte, er sei der Einzige2. Während sie mit vorgespielter Einhaltung sinnentleerter Gebräuche alle Menschen täuschte und ihren armen Gatten betrog, hatte sie sich schon früh am Morgen dem Wein und ständiger Unzucht hingegeben.

3) Aristides Rhetor Nr. 23 Aristides Rhetor, oratio 3 (671) … Denn sie heucheln wie Schmeichler, polemisieren aber, als wären sie die überlegenen Leute, wobei sie die beiden schlimmsten und gegensätzlichsten Laster in sich vereinigen, nämlich Kriecherei und Arroganz, und in ihrem Verhalten den gottlosen Leuten in Palästina1 gleichen. Denn auch bei jenen ist es ein Zeichen ihrer Gottlosigkeit, dass sie nicht an die glauben, die über ihnen stehen, und diese Leute haben sich in gewisser Weise von den Griechen abgesondert, ja darüber hinaus von allem, was besser ist. (672) Im übrigen sind sie stummer als ihr eigener Schatten, wenn es aber gilt, gegen irgend welche Leute in niederträchtiger Weise zu reden und zu verleumden, dann kann man sie wohl nicht mit dem Klang des bronzenen Beckens von Dodona2 vergleichen, nein, o Zeus, sondern mit den im Dunklen summenden Stechmücken. Sie sind völlig unfähig, an den Aufgaben der Allgemeinheit

II. Celsus: die erste systematische Kritik

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mitzuwirken, aber die Hausgemeinschaft zu untergraben und in Unordnung zu bringen und ihre Mitglieder gegeneinander aufzuhetzen und zu behaupten, sie müssten alles anordnen, darin sind sie äußerst geschickt.

4) Marc Aurel Nr. 24 Marc Aurel, in semet ipsum 11,3 Was ist das doch für eine großartige Seele, die bereit ist, wenn sie sich endlich vom Körper lösen und entweder verlöschen oder sich zerstreuen oder weiter existieren muss! Diese Bereitschaft ist vorhanden, wo sie auf dem eigenen Urteil gründet1, nicht aufgrund bloßer Parteigängerschaft2, wie bei den Christen, sondern mit Überlegung und Würde und so, dass man auch einen anderen überzeugen kann, untheatralisch3.

II. Celsus: die erste systematische Kritik Der konservative Intellektuelle Celsus sah die bewährte religiöse, moralische und politische Ordnung durch die Ausbreitung des Christentums gefährdet, das in seinen Augen weitgehend aus kulturlosen, naiven Menschen der Unterschicht bestand (Nr. 154), mit sämtlichen heiligen Überlieferungen (nomos) brach (Nr. 249) und vernunftgeleitetem Denken (logos) angeblich nur den eigenen Anhängern offenbarte Paradoxien entgegensetzte (Nr. 154, 364, 371). Mit seiner wahrscheinlich gegen Ende des 2. Jh. verfassten und nur fragmentarisch bei Origenes (contra Celsum: Nr. 40) erhaltenen Kampfschrift Alêthês logos beanspruchte er, die griechischen Ideale von Logos und Nomos gegenüber der anti-intellektuellen und aufrührerischen Bewegung des Christentums zu verteidigen. Der programmatische Titel „wahrhaftige Rede“ bzw. „wahre Rede“ zeigt ein doppeltes Ziel. Einerseits wollte Celsus die eigentliche Wahrheit über die Christen aufdecken, die nur eine zweifach korrumpierte Version der bei den ältesten Völkern überlieferten Urweisheit besitzen konnten, insofern sie sich von den Juden, diese wiederum von den Ägyptern abgespalten hatten (Nr. 154, 276). Andererseits sollte die wahre Lehre im Denken des Mittelplatonismus nachgewiesen werden, der nur eine universal zugängliche und unveränderliche Wahrheit kannte, die auf den Ur-Logos zurückging, seit Jahrtausenden in der Menschheit tradiert wurde, niemals aber durch offenbartes Wissen überboten oder aufgehoben werden konnte (Nr. 371). Indiz für das nachhaltige Echo, das diese Polemik im zeitgenössi-

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schen Heidentum, aber auch innerkirchlich fand, ist die Tatsache, dass noch ein halbes Jahrhundert später Origenes sich zu einer Widerlegung dieser Kampfschrift veranlasst sah.

III. Neue Formen der christlichen Apologie Zunehmender Widerstand gegen das sich ausbreitende Christentum führte auf dessen Seite zur Entfaltung einer formenreichen apologetischen Literatur, die sich nun nicht mehr an die höchste politische Autorität richtete, von der keine Änderung der Rechtsordnung im Sinne der Christen zu erwarten war. Stattdessen wandten sich die Apologeten an einzelne Amtsträger, die mit der Christenfrage konfrontiert waren, aber auch an Privatpersonen, die oft zwischen Ablehnung oder Interesse an der neuen Religion schwankten.

1) Tatian Um 120/30 im mesopotamisch-syrischen Raum geboren, fand Tatian nach langem Suchen zum Christentum. In seiner „Rede an die Griechen“, 165/72 in Rom oder 176/7 in Athen verfasst, werden sämtliche Bereiche der hellenistischen Welt einer schonungslosen Kritik unterzogen. Nur auf dem Weg der Polemik meinte Tatian angesichts des Selbstbewusstseins der Griechen, die höchste Kulturstufe zu repräsentieren, den christlichen Anspruch einsichtig machen zu können, die wahre Weisheit zu besitzen und über eine AlternativKultur (paideia) zu verfügen. Nr. 25 Hieronymus, de viris illustribus 29,1–4 (1) Tatian, der zuerst als Lehrer der Beredsamkeit sich keinen geringen Ruhm aus der Kunst der Rhetorik erworben hatte, war ein Schüler des Märtyrers Justin und besaß Ansehen in der Kirche, solange er sich nicht von ihr trennte1. (2) Später aber hatte er, vom Stolz über die Beredsamkeit aufgeblasen, eine neue Häresie begründet, die ihren Namen von den Enkratiten herleitet …2 (3) Darüber hinaus verfasste Tatian unzählige Schriften, von denen nur das berühmteste Buch „Gegen die Heiden“ erhalten ist, das unter allen seinen Werken als hervorragend gilt3. (4) Auch er lebte unter den Kaisern Marcus Antoninus Verus und Lucius Aurelius Commodus4.

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Nr. 26 Tatian, oratio 1,1.5; 2,1–3; 3,1.7; 4,1–2; 29,1–3; 35,1; 42,1–2 1 (1) Verhaltet euch nicht völlig feindselig gegenüber den Barbaren, ihr Griechen, und beurteilt ihre Lehren nicht so missgünstig! Denn welche eurer Einrichtungen nahm ihren Ursprung nicht bei den Barbaren?1 … (5) … So haben wir uns von eurer Weisheit distanziert, obwohl mancher (von uns) darin sehr berühmt war. Denn nach dem Wort des Komikers sind diese Dinge „Stoppelernte, leeres Geschnatter, Schwalbengezwitscher, Stümpereien“ (Aristoph., Ran. 92 f.) und deren Anhänger schreien aus vollem Halse und krächzen wie die Raben. Die Rhetorik habt ihr zum Zweck des Unrechts und der Verleumdung erfunden, ihr verkauft eure Redefreiheit für ein Entgelt und häufig stellt ihr das, was heute als Recht gilt, morgen als Unrecht hin. Die Poesie habt ihr erfunden, um Kämpfe und Liebschaften der Götter zu besingen, alles Dinge, die die Seelen verderben2. 2 (1) Was habt ihr nun Großartiges in der Philosophie hervorgebracht? Wer von ihren bedeutendsten Vertretern hat angeberische Selbstdarstellung vermieden? Diogenes, der seine Selbstgenügsamkeit präsentierte, indem er sich seines Fasses rühmte, starb wegen seiner Unmäßigkeit an einer schmerzhaften Darmverschlingung, nachdem er einen Oktopus roh verspeist hatte3. Aristippus, der im Purpurmantel umherging, ergab sich der Ausschweifung unter dem Deckmantel der Seriosität4. Platon wurde als Philosoph von Dionysius wegen seiner Völlerei verkauft5. (2) Und Aristoteles, der in seiner Unwissenheit der Vorsehung eine Grenze setzte6 und die Glückseligkeit in dem bestehen ließ, woran er selbst Gefallen hatte7, schmeichelte ganz unkultiviert dem unbändigen Jungen Alexander, der nun echt aristotelisch seinen Freund8, weil er ihn nicht anbeten wollte, in einen Käfig sperrte und wie einen Bären oder Panther mit sich herum führte. Allerdings befolgte er vollkommen die Lehren seines Meisters, indem er seine Tapferkeit und Tüchtigkeit bei Gelagen bewies, seinen Vertrauten und engsten Freund9 mit dem Speer durchbohrte und anschließend weinte und unter dem Vorwand der Trauer durch Hunger sterben wollte, um von den Freunden nicht gehasst zu werden. (3) Lachen möchte ich über die, die noch heute den Lehren des Aristoteles folgen und behaupten, im Bereich unter dem Mond gebe es keine Vorsehung, aber trotzdem, obwohl sie der Erde näher sind als der Mond und tiefer stehen als seine Bahn, die Rolle der Vorsehung für die Dinge übernehmen, die außerhalb der Vorsehung existieren. Die weder Schönheit noch Reichtum noch Körperkraft noch edle Abstammung besitzen, verfügen nach Ansicht des Aristoteles nicht über die Glückseligkeit10. Lassen wir solche Leute ruhig weiter philosophieren! 3 (1) Auch Heraklit kann ich nicht akzeptieren, der behauptete „Ich bin mein eigener Lehrer gewesen“, weil er ein arroganter Autodidakt11 war; auch kann ich

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nicht loben, dass er sein Werk im Tempel der Artemis versteckte, damit später dessen Herausgabe etwas Geheimnisvolles an sich habe12. Die sich für diese Dinge interessieren, sagen, der Tragödiendichter Euripides sei gekommen, habe es gelesen und nach kurzer Zeit aus dem Gedächtnis die Dunkelheiten Heraklits den Wissbegierigen mitgeteilt13. Seine Unwissenheit hat der Tod erwiesen. Er bekam die Wassersucht und, da er die Heilkunst wie die Philosophie praktizierte, bestrich er sich mit Kuhfladen; als sich aber der Mist verhärtete und den ganzen Leib zusammenzog, starb er an Krämpfen14. … (7) … Das große Aufgebot dieser Leute, die Liebhaber des Lärmes, nicht der Weisheit sind, möge euch also nicht mitreißen, denn ihre Lehren widersprechen einander; jeder redet, wie es ihm gerade einfällt15. Zahlreich sind die Kontroversen unter ihnen. Einer hasst den anderen, Meinung stellen sie gegen Meinung, aus Geltungssucht wählen sie sich herausragende Plätze aus. Sie sollten den führenden Leuten nicht schmeicheln, selbst wenn sie vom Herrscheramt eine hohe Meinung haben, sondern warten, bis die Großen zu ihnen kommen. 4 (1) Warum wollt ihr denn, ihr Griechen, wie in einem Faustkampf die Institutionen gegen uns ausspielen ? Auch wenn ich mir nicht die Bräuche16 gewisser Leute zu eigen machen will, warum bin ich dann gleich wie der verruchteste Mensch verhasst? (2) Der Kaiser befiehlt, Steuern zu zahlen; ich bin bereit, sie zu entrichten. Der Herr verlangt, ihm zu dienen und zu gehorchen; ich weiß, was Dienen bedeutet. Denn den Menschen muss man auf menschliche Weise ehren, Gott allein aber fürchten, ihn17, der den menschlichen Augen unsichtbar ist und sich von keiner Kunst erfassen lässt. Nur wenn man mir befiehlt, ihn zu verleugnen, werde ich nicht gehorchen, sondern lieber sterben, um mich nicht als Lügner und Undankbarer zu erweisen. 29 (1) Da ich nun dies alles gesehen hatte18, außerdem noch in die Mysterien eingeweiht worden war und überall die Kulte, die von weichlichen Eunuchen19 besorgt werden, geprüft und schließlich erfahren hatte, dass bei den Römern ihr Zeus Latiaris an Menschenopfern und Menschenblut Gefallen fand20, dass Artemis nicht weit von der großen Stadt Praktiken der gleichen Art vollzog21 und dass der eine Dämon hier, der andere dort hinter Auswüchsen frevelhaften Tuns steckte: Da ging ich in mich und suchte, auf welche Weise ich das Wahre ausfindig machen könnte. Wie ich nun über das Erstrebenswerte nachsann, geschah es mir, dass ich auf gewisse barbarische Schriften22 stieß, viel älter als die Lehren der Griechen23 und viel göttlicher als ihr Irrtum. (2) Und es geschah mir, dass ich von diesen überzeugt wurde durch ihren unprätentiösen Ausdruck, die ungekünstelte Einfalt ihrer Verfasser24, durch die Leichtfasslichkeit der Weltschöpfung, das Vorherwissen der Zukunft, die Vortrefflichkeit der Weisungen und die Lehre von der alles beherrschenden Monarchie Gottes. (3) Da

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wurde meine Seele göttlich belehrt, und ich verstand, dass jene Lehren der Griechen eine Art haben, die zur Verdammnis führt, diese Schriften aber die Versklavung in der Welt lösen, uns den vielen Herrschern und Tausenden von Tyrannen25 entreißen und uns geben, nicht was wir nicht empfangen hätten, sondern was wir, nachdem wir es empfingen, durch unsere Verirrung zu behalten gehindert wurden26. 35 (1) Dies habe ich nicht durch Kenntnis aus zweiter Hand dargelegt, sondern nachdem ich viele Länder bereist und sowohl eure Rhetorik betrieben als auch viele Künste und Erfindungen zu sehen bekommen hatte, bis ich zuletzt in der Stadt der Römer Aufenthalt nahm27 und die von euch dort hingebrachten Statuen aller Art aus eigener Anschauung kennen lernte. Auch suchte ich nicht, wie die Mehrzahl zu tun pflegt, meine Sache durch fremde Ansichten zu stützen, vielmehr will ich eine Aufzeichnung von all dem zusammenstellen, was ich persönlich kennen gelernt habe. Deshalb habe ich sowohl der Arroganz der Römer als auch dem bombastischen Stil der Athener mit ihren inkohärenten Lehren den Abschied gegeben und Anspruch auf die Philosophie erhoben, die euch als barbarisch gilt28. 42 (1) Dies, ihr Griechen, habe ich für euch zusammengetragen, der Barbarenphilosoph Tatian, im Land der Assyrier geboren und anfangs in euren Studien gebildet, dann aber in denjenigen, die ich jetzt zu verkünden verspreche. (2) Da ich seitdem das Wesen Gottes und seiner Schöpfung kenne, so stelle ich mich zur Prüfung meiner Lehrsätze gern, aber mit dem Vorbehalt zu eurer Verfügung, dass ich meinen auf Gott ausgerichteten Lebenswandel niemals verleugnen werde.

2) Theophilus von Antiochien Dass es zumindest im Freundeskreis zu Diskussionen über den christlichen Glauben kam, wie es Tatian am Ende seiner Oratio ad Graecos angeboten hatte, bezeugt die aus einem solchen Gespräch hervorgegangene Schrift des antiochenischen Bischofs Theophilus (gest. 181/8). Indem er die zunächst in mündlicher Form beantworteten Angriffe seines heidnischen Freundes Autolycus noch einmal schriftlich aufgriff, suchte er nicht nur den zwischen Ablehnung und Interesse schwankenden Diskussionspartner für das Christentum zu gewinnen, sondern auch einen weiteren Leserkreis anzusprechen.

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Nr. 27 Theophilus von Antiochien, ad Autolycum 1,1.14; 2,1; 3,30,4 1,1 (1) Elenden Menschen mit verdorbenem Sinn verschafft ein beredter Mund und eine wohlklingende Ausdrucksweise Gefallen und Lob, um eitlen Ruhm zu ernten. Wer aber die Wahrheit liebt, achtet nicht auf geschminkte Worte, sondern prüft Art und Eigenschaft der dem Wort zugrunde liegenden Wirklichkeit. (2) Nun aber, mein Freund, hast du mich betroffen gemacht, da du dich mit leeren Worten deiner Götter rühmtest, die aus Stein und Holz sind, getrieben und gegossen, geschnitzt und gemalt, weder sehend noch hörend – sie sind ja nur Bilder und Werke von Menschenhand. Ferner nennst du mich auch einen Christen und meinst, ich trüge damit einen schlechten Namen. Nun, ich bekenne, ein Christ zu sein; und ich trage diesen gottgeliebten (theophiles) Namen in der Hoffnung, ein für Gott brauchbarer Mensch zu sein1. Es ist ja nicht so, wie du meinst, dass dieser Name Gott zuwider ist. Weil du vielleicht für Gott noch nicht zu gebrauchen bist, denkst du so über Gott. 14 (1) Sei also nicht ungläubig, sondern gläubig. Denn auch ich glaubte einst nicht, dass es so sein wird; jetzt aber habe ich es bedacht und glaube, denn gleichzeitig fielen mir auch die heiligen Schriften der heiligen Propheten2 in die Hand, die im Geist Gottes verkündeten, auf welche Weise die Vergangenheit geschah, wie die Gegenwart geschieht und in welcher Ordnung sich die Zukunft verwirklichen wird. Ich habe also den Beweis, dass Dinge geschehen sind, nachdem sie vorausgesagt wurden, daher bin ich nicht mehr ungläubig, sondern gläubig und gehorsam gegen Gott. Möchtest doch auch du dich ihm glaubend unterwerfen, damit du nicht einst durch ewige Strafen wegen deines jetzigen Unglaubens zum Glauben kommen musst. (2) Diese Strafen sind von den Propheten voraus verkündet worden. Und die später lebenden Dichter und Philosophen haben diese aus den heiligen Schriften gestohlen, damit ihre Lehren glaubwürdig würden3. Doch auch sie sagten die künftigen Strafen der Gottlosen und Ungläubigen voraus, damit dies für alle bezeugt sei und niemand sagen könne „Davon haben wir nichts gehört und gewusst.“ (3) Lies doch bitte auch du eifrig die prophetischen Schriften, damit sie dir noch genauer den Weg weisen, wie du den ewigen Strafen entgehen und die ewigen Güter Gottes erlangen kannst. (4) Der den Mund gab zum Sprechen, die Ohren gebildet zum Hören, die Augen erschaffen zum Sehen, wird alles zur Rechenschaft ziehen und ein gerechtes Urteil fällen und jedem nach Verdienst seinen Lohn geben. Denen, die in Beständigkeit in guten Werken die Unsterblichkeit suchen, wird er ewiges Leben, Freude und Friede, Ruhe und eine Fülle von Gütern geben, wie sie kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, noch in eines Menschen Herz gekommen sind. Den Ungläubigen aber

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und Verächtern, die der Wahrheit nicht folgen, sondern sich dem Unrecht ergeben, die in Ehebruch, Unzucht, Knabenschändung, Habsucht und frevelhaften Götzendienst verstrickt sind, wird Zorn und Empörung, Drangsal und Angst erfassen und zuletzt das ewige Feuer. (7) Mein Freund, du hast mir gesagt: „Zeige mir deinen Gott“; dies ist mein Gott, und ich rate dir, ihn zu fürchten und ihm zu glauben. 2,1 (1) Als wir vor einigen Tagen miteinander ins Gespräch kamen, hast du, bester Autolycus, mich gefragt, wer mein Gott sei, und meiner Ausführung für kurze Zeit dein Ohr geliehen, da ich dir meine Religion darlegte. So schieden wir auch in bester Freundschaft voneinander und gingen nach Hause, obwohl du anfangs gegen mich erbittert warst; du weißt und erinnerst dich ja, dass du unsere Lehre als Torheit bezeichnet hast. (2) Da du nun selber mich später auffordertest, will ich dir nun, obwohl ich kein Meister der Sprache bin, durch diese Schrift deine unnütze Beschäftigung und den nichtigen Götzendienst, worin du befangen bist, eingehender darlegen und sogleich anhand einiger deiner Berichte, die du liest4, wahrscheinlich jedoch noch nicht verstanden hast, die Wahrheit dir einsichtig machen. 3,30 (4) Nimm also bitte diese Schrift fleißig zur Hand, damit du an ihr einen Ratgeber und ein Unterpfand der Wahrheit besitzt.

3) Der Brief an Diognet An der Schwelle vom 2. zum 3. Jh. verfasste ein anonymer Autor, möglicherweise an einer der hellenistischen Kultur gegenüber aufgeschlossenen christlichen Lehrstätte (didaskaleion) Alexandriens tätig, in protreptischer Absicht fiktiv für einen intellektuellen, interessierten Heiden eine Darstellung des Christentums in Form eines Briefes.

Nr. 28 Diognet-Brief 1; 7,1–6; 10 1 (1) Wie ich sehe, hochverehrter Diognet1, bist du mit ungewöhnlichem Eifer bestrebt, die Religion der Christen kennen zu lernen und zwar ganz genau, und fragst sorgfältig nach ihrem Inhalt: Welchem Gott sie gläubig vertrauen, wie sie alle, die ihn verehren, die Welt gering schätzen und auch den Tod verachten2 und weder die von den Griechen geglaubten Götter als solche ansehen noch den Aberglauben der Juden befolgen; ferner was für eine Liebe sie zueinander haben3 und warum jemals dieses neue Volk oder diese neue Lebensweise4 erst jetzt und nicht schon früher ins Leben getreten ist5. (2)

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Daher gehe ich auf deinen Wunsch ein wegen deiner Bereitwilligkeit und bitte für mich von Gott – der sowohl das Sprechen als auch das Hören uns gewährt –, dass mir gegeben werde, so zu sprechen, dass nach Möglichkeit du als Hörer besser werdest, und dir, so zuzuhören, dass der Sprecher nicht betrübt wird. 7 (1) Nicht als eine irdische Erfindung wurde ihnen dies überliefert, noch bestehen sie darauf, einen sterblichen Gedanken so sorgfältig zu bewahren, noch wurde ihnen die Verwaltung menschlicher Geheimnisse anvertraut. (2) Vielmehr hat wahrhaft er selbst, der Allherrscher und Allschöpfer, der unsichtbare Gott von den Himmeln her die Wahrheit und das heilige und den Menschen unbegreifliche Wort in ihre Herzen eingepflanzt und darin verwurzelt. Und das nicht, wie man meinen könnte, indem er den Menschen irgendeinen Diener sandte, einen Engel oder Fürsten, oder einen Vorsteher weltlicher Dinge, oder einen von denen, die mit den Verwaltungen im Himmel betraut sind, sondern ihn selbst, den Baumeister und Bildner des Alls, durch den er die Himmel erschuf, durch den er das Meer in seine Grenzen wies, dessen Geheimnisse alle Elemente zuverlässig bewahren, von dem die Sonne die Maße empfing, ihren täglichen Lauf einzuhalten, nach dessen Befehl der Mond in der Nacht erstrahlt, dem die Sterne gehorchen, indem sie der Bahn des Mondes folgen. Von ihm ist alles geordnet, begrenzt und unterworfen: die Himmel und was in den Himmeln ist, die Erde und was auf der Erde ist, das Meer und was im Meer ist, Feuer, Luft, Abgrund, was in den Höhen, was in den Tiefen, und was immer dazwischen sich befindet. Diesen sandte er ihnen. (3) Nicht aber so, wie ein Mensch es ausdenken könnte: um eine Tyrannenherrschaft mit Furcht und Schrecken aufzurichten. (4) Nein, keineswegs. Sondern in Milde und Sanftmut sandte er ihn, dem König gleich, der den Königssohn sendet. Als Gott sandte er ihn zu Menschen; als einer, der rettet, sandte er ihn; als einer, der überzeugt, nicht Gewalt anwendet, denn bei Gott gibt es keine Gewalt6. (5) Er sandte ihn als ein Rufender, nicht als ein Verfolgender; er sandte ihn als ein Liebender, nicht als ein Richter. (6) Aber einst wird er ihn als Richtenden senden, und wer wird dann bei seiner Ankunft bestehen? … 10 (1) Wenn auch du nach diesem Glauben verlangst, so gewinne zuerst Erkenntnis des Vaters. (2) Denn Gott hat die Menschen geliebt. Ihretwegen erschuf er die Welt, ihnen ordnete er alles auf Erden unter, ihnen gab er Redefähigkeit und Einsicht, ihnen allein gestattete er, zu ihm hinauf zu blicken, sie gestaltete er nach seinem Ebenbild, zu ihnen sandte er seinen eingeborenen Sohn, ihnen versprach er das Himmelreich und er wird es denen geben, die ihn geliebt haben. (3) Wenn du das aber erkannt hast, von welcher Freude, meinst du, wirst du erfüllt werden? Oder wie sehr wirst du den lieben, der dich so zuvor geliebt hat? (4) Wenn du ihn aber liebst, wirst du Nachahmer

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seiner Güte sein. Und wundere dich nicht, dass ein Mensch Nachahmer Gottes sein kann; er ist dazu imstande, da Gott selbst es will. (5) Denn das Glück besteht nicht darin, über seine Mitmenschen zu herrschen, noch im Willen, mehr zu besitzen als die Schwächeren, noch im Reichtum und in der Unterdrückung der Geringeren: Auf solche Art kann niemand Gott nachahmen, sondern all das ist seiner Majestät fremd. (6) Wer hingegen die Last des Nächsten auf sich nimmt, wer in der Sache, in der er überlegen ist, dem Schwächeren Gutes tun will, wer das, was er von Gott empfangen hat, den Bedürftigen gewährt und damit für die Empfänger zum Gott wird, der ist Nachahmer Gottes. (7) Dann wirst du schauen, obwohl du noch auf Erden lebst, dass Gott in den Himmeln waltet, dann wirst du die Geheimnisse Gottes zu verkündigen beginnen, dann wirst du die lieben und bewundern, die bestraft werden, da sie Gott nicht verleugnen wollen, lieben und bewundern, dann wirst du die Täuschung und den Irrtum der Welt verurteilen, wenn du verstehst, was wahrhaft im Himmel zu leben bedeutet, wenn du den scheinbaren Tod hier auf Erden verachtest und wenn du den wirklichen Tod fürchtest, der denen vorbehalten ist, die zum ewigen Feuer verurteilt sein werden, das die ihm Übergebenen bis ans Ende peinigen wird. (8) Dann wirst du diejenigen bewundern und selig preisen, die um der Gerechtigkeit willen dieses Feuer ertragen, wenn du jenes andere Feuer erkennst.

4) Clemens von Alexandrien Um 140/50 vermutlich in Athen geboren, hatte sich Clemens auf langen Reisen ein reiches Wissen erworben, das ihn nach seiner Konversion zum Christentum befähigte, zwischen 180 und 190 in der Metropole Alexandrien eine Schule (didaskaleion) zu errichten. Deren Ziel bestand nicht allein darin, gebildeten Christen auf akademischem Niveau die Möglichkeit einer Glaubensvertiefung zu bieten, sondern auch mit suchenden Heiden in einen missionarisch motivierten Dialog zu treten. In seinem eventuell 195/7 verfassten Erstlingswerk (protrepticus) beweist der Autor eine bislang unbekannte Anpassungsbereitschaft an die Vorstellungen seiner hellenistischen Umwelt. Die Mahnschrift appelliert an den heidnischen Leser, zugunsten der Wahrheit mit der Tradition zu brechen (Nr. 246), Christus den Heilbringern der Mythen und Mysterien vorzuziehen (Nr. 30) und im Christentum die wahre Philosophie zu entdecken (Nr. 488), die das Verlangen nach Wahrheit und Leben erfüllt sowie eine logoskonforme Existenz ermöglicht (Nr. 145).

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Nr. 29 Eusebius, praeparatio evangelica 2,2,63–64 (63) Dies soll nun für unsere Auszüge aus der griechischen Theologie genügen, denen man sinnvollerweise die geheimen Initiationen derselben Götter und ihre unsagbaren Mysterien anfügt, um zu sehen, ob sie von einer wahrhaft göttlichen Theologie zeugen und dem Göttlichen angemessen sind oder ob sie aus der Tiefe, aus einem lang währenden und dämonische Irrtum stammen, lächerlich oder eher schändlich sind und es noch mehr verdienen, dass man Mitleid mit den Verblendeten empfinde. (64) Dies deckt der bewundernswerte Clemens in seiner „Mahnschrift an die Griechen“ ausdrücklich auf, jemand, der alles selbst erfahren1 hat, sich aber recht schnell vom Irrtum distanzierte, da er vom Bösen durch das Wort des Heils und die Lehre des Evangeliums befreit wurde.

Nr. 30 Clemens von Alexandrien, protrepticus 1,1; 2,1; 3,1–2; 4,1; 84,1–3; 86,1; 93,1–2; 117,3–4 1 (1) Amphion von Theben und Arion aus Methymna waren beide Sänger, beide aber Gestalten des Mythos, obwohl man dieses Lied immer noch im Chor der Griechen singt; mit Musik lockte der eine einen Fisch herbei, erbaute der andere die Mauern von Theben1. Ein weiterer Künstler, ein Thraker – dies ist ein anderer griechischer Mythos – zähmte mit seinem bloßen Gesang die wilden Tiere; ja sogar die Bäume, die Eichen, verpflanzte er durch die Musik2. 2 (1) Wie könnt ihr denn nichtigen Mythen glauben und annehmen, dass sich die Tiere durch Musik bezaubern lassen, während ihr, wie es scheint, allein das glänzende Antlitz der Wahrheit für geschminkt haltet und mit ungläubigen Augen betrachtet? … 3 (1) Nach meiner Meinung waren jener Thraker Orpheus und der Thebaner sowie der Methymnäer Menschen, die diesen Namen nicht verdienten, Betrüger, die unter dem Deckmantel der Musik Unheil über das Menschenleben brachten und, selber von Zauberkunst wie von Dämonen zum Verderben besessen, Freveltaten als Mysterien feierten, menschliches Leid vergöttlichten, erstmals die Menschen zur Idolatrie verführten, ja tatsächlich mit Stein und Holz, das heißt mit Statuen und Bildern einen pervertierten Brauch begründeten und jene wahrhaft herrliche Freiheit derer, die unter dem Himmel als freie Bürger lebten, durch ihre Lieder und Zaubergesänge der tiefsten Sklaverei unterwarfen. (2) Aber nicht so ist mein Sänger3; er ist gekommen, um binnen kurzem die harte Sklaverei der tyrannischen Dämonen aufzuheben und, indem er uns zu

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dem sanften und menschenfreundlichen Joch der Frömmigkeit hinführt, ruft er die auf die Erde Gestürzten zum Himmel zurück. 4 (1) Er allein unter allen, die hier lebten, zähmte die unbändigsten Tiere, die Menschen: Vögel, das sind die Leichtfertigen; Kriechtiere, das sind die Betrüger; Löwen, das sind die Jähzornigen; Schweine, das sind die Wollüstigen; Wölfe, das sind die Raubgierigen. Stein und Holz aber sind die Unvernünftigen; ja noch gefühlloser als ein Stein ist ein Mensch, der im Unverstand versunken ist. 84 (1) … Der Herr wird nicht müde zu ermahnen, zu erschrecken, zu ermuntern, aufzuwecken, zu belehren. Ja, er weckt tatsächlich aus dem Schlaf auf und lässt die Verirrten aus der Finsternis sich erheben. (2) „Wach auf“, sagt er, „du Schläfer, und stehe von den Toten auf, und Christus, der Herr, wird dich erleuchten“ (Eph 5,14), er, die Sonne der Auferstehung, der „vor dem Morgenstern“ (Ps 110,3) erzeugt wurde, der durch seine Strahlen Leben spendet. (3) Niemand achte also den Logos gering, damit er nicht unvermerkt sich selbst verachte. 86 (1) … Ihr könnt, wenn ihr wollt, das kostbare Heil mit einem Schatz erwerben, der euch selbst gehört, mit Liebe und Glauben; dies ist der angemessene Preis für das Leben. Diese Bezahlung nimmt Gott gern an. 93 (1) Wir wollen also unseren Sinn ändern und uns von der Unwissenheit zur Kenntnis bekehren, von der Unvernunft zur Weisheit, von der Unmäßigkeit zur Enthaltsamkeit, von der Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeit, von der Gottlosigkeit zu Gott. (2) Schön ist das Wagnis, zu Gott überzulaufen! 117 (3) … Wozu ermahne ich dich denn? Ich dränge darauf, dass du dich retten lässt. Dies will Christus. Mit einem Wort schenkt er dir das Leben. (4) Und welches Wort ist dies? Lerne es in aller Kürze. Es ist das Wort (Logos) der Wahrheit, das Wort der Unvergänglichkeit, das den Menschen wiedergebiert, indem es ihn zur Wahrheit zurückführt, der Ansporn zum Heil, das Wort, das das Verderben vertreibt, das den Tod verjagt, das in den Menschen einen Tempel erbaut, damit es in den Menschen Gott wohnen lässt.

5) Ps.-Justin Der unbekannte Verfasser der wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 3. Jh. verfassten Oratio ad Graecos hatte durch Bibellektüre zum christlichen Glauben gefunden. Mit seinem Angriff auf die griechischen Bildungsinhalte wollte er die Vernünftigkeit der eigenen Konversion erweisen, zugleich aber auch an die heidnischen Leser appellieren, sich ebenfalls vom göttlichen Logos unterweisen zu lassen. Ganz anders war der Ansatz des Traktates De monarchia, den ein anderer anonymer Autor etwa zur gleichen Zeit verfasste. Gerade anhand der griechischen Literatur – Tragödie und Komödie, orphische und pythagoreische Dich-

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tung – sollten der Monotheismus erwiesen, Polytheismus und Idolatrie widerlegt werden. Nr. 31 Ps.-Justin, oratio ad Graecos 1,1–2; 5 1 (1) Meint nicht, ihr Griechen, dass meine Abwendung von euren Traditionen unvernünftig oder ungeprüft ist1. Denn ich fand in ihnen nichts, was heilig oder gottgefällig wäre. Die Kompositionen eurer Dichter sind ja Denkmäler der Verrücktheit und Ausschweifung. (2) Wer nämlich ein Schüler des bedeutendsten Vertreters eurer Bildung ist2, befindet sich in der schwierigsten Lage von allen Menschen3. … 5 (1) Kommt nunmehr, ihr Griechen, und habt Anteil an einer unvergleichlichen Weisheit. Lasst euch vom göttlichen Logos unterweisen und lernt einen unvergänglichen König kennen. Erkennt dessen Heroen an, die kein Blutvergießen über die Völker bringen. (2) Denn dieser unser Herrscher will nicht körperliche Kraft, Schönheit der Gestalt, Stolz auf edle Abkunft, sondern eine reine Seele, die durch Heiligkeit gefestigt ist. (3) Der göttliche Logos, der uns beständig leitet, lehrt auch die Anordnungen unseres Königs und göttliche Taten. (4) Welche Ruhe, die durch die Kraft des Logos in die Seele einströmt! Welche Friedenstrompete für eine kriegerisch bedrängte Seele! Welch Mittel, um heftige Leidenschaften zu vertreiben! Welche Lehre, die das Feuer in der Seele löscht! (5) Sie bringt nicht Dichter hervor, macht nicht zu Philosophen oder berühmten Rhetoren, sondern durch Unterweisung macht sie aus Sterblichen Unsterbliche, und die sterblichen Menschen führt sie wie Götter von der Erde zu den Gegenden, die jenseits des Olymps liegen. (6) Kommt, lasst euch unterweisen. „Werdet wie ich, da auch ich wie ihr war“ (Gal 4,12). (7) Dies hat mich ergriffen, die göttliche Inspiration der Lehre und die Wirksamkeit des Logos. Denn wie ein guter Beschwörer eine gefährliche Schlange vertreibt, indem er sie aus ihrer Höhle hervorlockt, so entfernt der Logos die gefährlichen Leidenschaften der Sinne aus dem Innersten der Seele. Zunächst die Begierde, wodurch alles Gefährliche entsteht. „Feindschaften, Streitereien, Neid, Selbstsucht, Zorn“ (Gal 5,20) und Ähnliches. (8) Ist die Begierde vertrieben, dann wird die Seele ruhig und still. Ist sie von den Leidenschaften, die ihr im Nacken sitzen, befreit, dann geht sie zu ihrem Schöpfer fort. Sie muss nämlich zu dem Zustand zurückkehren, von dem sie sich entfernt hat.

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Nr. 32 Ps.-Justin, De monarchia 1 (1) Nachdem die menschliche Natur am Anfang eine Verbindung von Einsicht und Heil zur Erkenntnis der Wahrheit und zur tätigen Verehrung des einen Allherrschers empfangen hatte, schlich sich Neid ein, der die außerordentliche Größe der Menschen zur Schaffung von Idolen verführte. Und da die vermessene Gewohnheit schon lange Zeit fortdauerte, vermittelt sie diesen Irrtum der Menge als die angemessene und wahre Gottesverehrung. Wer die Menschen liebt oder besser Gott liebt, dessen Aufgabe ist es, diejenigen zu erinnern, die ignoriert haben, was man wissen muss. Die Wahrheit ist zwar aus eigener Kraft fähig, aus dem, was unter dem Himmelsgewölbe zusammenhängt, die Ordnung dessen aufzuzeigen, der dies gestaltet hat. Da aber wegen der Langmut Gottes Vergessenheit die Erkenntnis der Menschen überwältigte, verübte sie eine Fälschung, indem sie den Namen, der allein dem wahren Gott zukommt, auf die Sterblichen übertrug1. Und aufgrund Weniger wurde die große Menge von der Schlechtigkeit angesteckt, so dass ihnen durch populäre Gewohnheit die Erkenntnis des sicheren und unveränderlichen Namens verdunkelt wurde. Die nämlich am Anfang zur Ehre hervorragender Menschen Mysterien und Gottesdienste eingeführt hatten, ließen ihre Nachkommen die allgemeine Auffassung vergessen. (2) Ich aber will, wie kurz zuvor angekündigt, da ich über eine gottliebende Gesinnung verfüge, nun mich einer menschenliebenden Stimme bedienen und denen, die Einsicht besitzen, helfen, obwohl diese bei allen, die sich der Ordnung des Universums bedienen, vorhanden sein müsste, entsprechend der alten, unveränderlichen Art, die Verehrung des Garanten des Universums zu praktizieren. Dies will ich darlegen, nicht indem ich es durch die Rede ausschmücke, sondern indem ich mich eines Beweises bediene, der vollständig der Dichtung der griechischen Geschichte entnommen ist, und zwar aus den Schriften, die dem allgemeinen Gebrauch zur Verfügung stehen. Denn woraus die großen Kenner der Verehrung der Idole für die breite Masse ein Gesetz aufstellten, eben daraus werden sie lernen, die ohne Einsicht sind, und von ihren eigenen Dichtern und Liederschreibern überführt werden.

6) Hermias Mit der „Spottschrift auf die heidnischen Philosophen“ unterzog der nicht näher identifizierbare Autor Hermias um 200 n. Chr. die griechische Philosophie einer satirischen Kritik. Ein positiver Aufweis der christlichen Lehren fehlt. Das Werk richtet sich an eine christliche Leserschaft, der ironisch-kari-

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kierend die Widersprüchlichkeit heidnischen Denkens über die Seele, über Gott und die Welt vor Augen geführt wird.

Nr. 33 Hermias, irrisio 1–2; 19 Des Philosophen Hermias Verspottung der nichtchristlichen Philosophen 1 Der selige Apostel Paulus erklärte in seinem Brief an die Korinther, die Lakonien in Griechenland bewohnen: „Geliebte, die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott“ (1 Kor 3,19); er hat nicht unüberlegt gesprochen; diese Weisheit hat nämlich, wie mir scheint, ihren Ursprung mit dem Fall der Engel genommen1. Dies ist die Ursache, dass die Philosophen in ihren Diskussionen Lehren vortragen, die weder übereinstimmend noch kohärent sind. 2 Die einen2 von ihnen behaupten nämlich, die Seele sei Feuer, die anderen sie sei Luft; andere wiederum sagen, sie sei der Verstand oder die Bewegung, die Ausdünstung oder eine von den Sternen ausgehende Energie oder eine Bewegung hervorrufende Zahl; wieder andere behaupten, sie sei das Wasser als Erzeuger, ein Element oder eine Zusammensetzung von Elementen, sie sei eine Harmonie oder das Blut, der Hauch oder die Einzahl, die Alten sagten, sie bestehe aus Gegensätzen. Wie viele Äußerungen gibt es hierüber! Wie viele Beweise hierzu! Ja, wie viele Beweise von Sophisten, die mehr streiten als die Wahrheit finden. 19 Dies alles bin ich deshalb durchgegangen, um die Widersprüche darzulegen, die in ihren Lehren herrschen, um zu zeigen, wie sich ihre Erforschung der Dinge ins End- und Raumlose verliert, wie ihr Resultat ohne Begründung und Nutzen ist, da es sich auf keine feste Tatsache und keinen klaren Grund stützt.

7) Tertullian Nachdem Ende des 2. Jh. auch in Nordafrika Christen zunehmend Opfer staatlicher Gewaltmaßnahmen geworden waren, schuf Tertullian (ca. 160 – nach 220), erst kurz zuvor zum Christentum konvertiert, als prominentes Mitglied der Gemeinde von Karthago mit seinem Apologeticum eine der bedeutendsten Verteidigungsschriften lateinischer Sprache. Das Ende 197 publizierte Werk trägt die literarische Form eines fiktiven Gerichtsverfahrens, in dem der Apologet sämtliche Mittel der forensischen Rhetorik gebrauchte, um nicht nur die Ankläger argumentativ zu entwaffnen, sondern selber der Vergehen zu überführen, die sie den Christen vorwarfen. Nicht Dialog, sondern Konfrontation ist der Grundzug seines Plädoyers.

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Nr. 34 Tertullian, apologeticum 1,1–2.4–5; 2,1–8 1 (1) Wenn es euch nicht erlaubt ist, Statthalter des römischen Reiches, die ihr an freier und herausragender Stelle, ja beinahe am höchsten Punkt der Stadt den Vorsitz bei Gericht führt1, offen zu prüfen und vor aller Augen zu untersuchen, was es in Wahrheit mit der Sache der Christen auf sich hat; wenn einzig bei diesem Fall eure Autorität sich fürchtet oder sich schämt, mit sorgfältiger Gerechtigkeit die Untersuchung öffentlich zu führen; wenn schließlich, wie es kürzlich bei einheimischen Prozessen geschehen ist, die allzu sehr engagierte feindselige Gesinnung gegen unsere Gemeinschaft ihr die Verteidigung verwehrt – dann möge es der Wahrheit erlaubt sein, wenigstens auf dem verborgenen Weg einer stummen Schrift an euer Ohr zu dringen. (2) Sie bittet nicht für ihre Sache, weil sie sich auch über ihre Situation nicht wundert. Sie weiß, dass sie auf Erden eine Fremde bleibt und unter Außenstehenden leicht Feinde findet, dass sie aber Heimat und Wohnung, Hoffnung, Freundschaft und Ansehen im Himmel hat2. Eines indessen verlangt sie: Sie will nicht ungekannt verurteilt werden. … (4) Dies ist daher der erste Vorwurf, den wir vor euch erheben: die Ungerechtigkeit des Hasses gegen den Namen der Christen3. Gerade das Motiv, das sie zu entschuldigen scheint, erschwert und beweist diese Ungerechtigkeit, nämlich die Unkenntnis. Denn was ist ungerechter, als dass Menschen etwas hassen, was sie nicht kennen, selbst wenn es den Hass verdiente? Denn erst dann verdient es ihn, wenn erkannt wird, ob es ihn verdient. (5) Fehlt aber diese Erkenntnis, womit lässt sich dann die Berechtigung des Hasses begründen, die nicht einfach faktisch, sondern durch die innere Überzeugung bewiesen werden muss? Wenn also deshalb Menschen hassen, weil sie nicht wissen, was genau sie da hassen, warum könnte es nicht etwas sein, was sie nicht hassen dürfen? 2 (1) Wenn schließlich sicher ist, dass wir die größten Verbrecher sind, warum werden wir dann von euch selbst anders behandelt als unseresgleichen, das heißt die übrigen Verbrecher, da doch dem gleichen Verbrechen auch die gleiche Behandlung zuteil werden müsste? (2) Wenn all das, was von uns behauptet wird, von anderen behauptet wird, ergreifen sie selbst das Wort und mieten sich einen Anwalt zum Nachweis ihrer Unschuld. Die Möglichkeit einer Replik, eines Wortwechsels steht ihnen offen, da es ganz und gar nicht erlaubt ist, jemanden ohne Verteidigung und ohne Verhör zu verurteilen. (3) Den Christen allein aber wird nicht zugestanden zu sagen, was den Vorwurf widerlegen, was die Wahrheit verteidigen, was den Richter vor Ungerechtigkeit bewahren könnte; sondern das allein wird erwartet, was für den allgemeinen Hass erforderlich ist: ein Bekenntnis zum Namen, nicht eine Untersuchung des Verbrechens. (4) Wenn ihr dagegen über irgendeinen Ver-

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brecher zu befinden habt, so genügt euch, um ein Urteil zu fällen, nicht schon sein Geständnis allein, er sei ein Mörder, ein Tempelräuber, ein Blutschänder oder ein Staatsfeind – um nur von den Anklagen gegen uns zu sprechen –, vielmehr wollt ihr erst herausbekommen, was damit zusammenhängt: Art des Verbrechens, Häufigkeit, Ort, Zeit, Mitwisser, Komplizen. (5) In unserem Fall geschieht nichts dergleichen, obwohl uns ebenso durch die Folter entrissen werden müsste, was fälschlich von uns behauptet wird: wie oft jeder schon vom Blut ermordeter Kinder gekostet, wie oft er im Schutz der Dunkelheit Inzest begangen hat, welche Köche, welche Hunde dabei gewesen sind4. Wie groß wäre der Ruhm eines Statthalters, wenn er jemanden ausfindig machte, der schon hundert Kinder verzehrt hat! (6) Stattdessen entdecken wir, dass sogar die Fahndung nach uns verboten worden ist. Als nämlich Plinius Secundus eine Provinz verwaltete und einige Christen verurteilt, einige von ihrem Glauben abgebracht hatte, fragte er, weil ihre große Zahl ihn doch verunsicherte, den damaligen Kaiser Trajan um Rat, wie er sich weiter verhalten solle; er fügte hinzu, außer ihrer Weigerung zu opfern habe er nichts anderes von ihren Riten erfahren, als dass sie vor Tagesanbruch sich versammelten, um Christus als ihrem Gott Loblieder zu singen und sich in ihren Lehren zu bestärken und dass man dabei Mord, Ehebruch, Betrug, Untreue und alle anderen Verbrechen verbiete. (7) Darauf schrieb Trajan zurück, nach diesen Leuten solle man nicht fahnden; würden sie aber vor Gericht gestellt, müssten sie bestraft werden5. (8) Welch notgedrungen verworrene Entscheidung! Sie verbietet die Fahndung, als handele es sich um Unschuldige, und verlangt die Bestrafung, als handele es sich um Schuldige. Sie ist milde und grausam, sie schließt die Augen und passt auf. Warum bringst du dich, Urteil, selbst zu Fall? Wenn du verurteilst, warum fahndest du nicht auch? Wenn du nicht fahndest, warum sprichst du nicht auch frei?

8) Minucius Felix Im Gegensatz zu Tertullian bemühte sich der ebenfalls aus Nordafrika stammende Jurist Minucius Felix in der ersten Hälfte des 3. Jh., die Distanz zwischen heidnischer und christlicher Welt zu mindern, indem er stilistisch wie argumentativ auf die Denkvoraussetzungen der gebildeten römischen Oberschicht einging und das Christentum weitgehend als rational einsichtigen Monotheismus präsentierte, der die wahre Religion zur Geltung brachte. Als literarische Form wird der klassische Dialog gewählt, die Verknüpfung von Apologetik und Protreptik dient dem Ziel, den im Dialog angebahnten Schritt der Konversion des heidnischen Gesprächspartners zum Christentum rational nachvollziehbar zu machen.

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Nr. 35 Minucius Felix, Octavius 1,4–5; 2,4–3,2; 4,2–5,3; 13,5–14,2; 16; 38,6–40 1 (4) Octavius war der einzige Vertraute in den Dingen der Liebe, war Gefährte selbst im Irrtum. Und als die Nebel zerrissen und ich aus tiefster Finsternis zum Licht der Weisheit und Wahrheit emporstieg1, da weigerte er sich nicht, mir zur Seite zu bleiben, sondern schritt mir, was noch rühmlicher ist, sogar voran! (5) Wenn ich nun in Gedanken die ganze Zeit unseres freundschaftlichen Zusammenseins an mir vorüber ziehen lasse, dann fesselt meine Aufmerksamkeit vor allem jenes Gespräch, in dem er Caecilius, damals noch im Wahn des Aberglaubens befangen, in einer tiefgehenden Auseinandersetzung zur wahren Religion bekehrte2. 2 (4) Im Morgengrauen schlugen wir den Weg zum Meer ein, um am Strand spazieren zu gehen. Eine leichte Brise belebte mit sanftem Wehen alle Glieder und mit Hochgenuss drückten wir unsere Spuren in den weich nachgebenden Sand. Da bemerkte Caecilius ein Bildnis des Serapis3 und warf ihm nach Art des abergläubischen Volkes eine Kusshand zu. 3 (1) Darauf sagt Octavius: „Das passt aber nicht zu einem ordentlichen Mann, mein lieber Marcus4, einen Menschen, der zu Hause und in der Öffentlichkeit stets in deiner Gesellschaft zu finden ist, in der unwissenden Blindheit des gewöhnlichen Volkes stecken zu lassen! Wie kannst du es mit ansehen, dass er an einem so strahlenden Tag Steinen verfällt, mögen sie auch von Künstlerhand geformt und gesalbt und mit Kränzen geschmückt sein. Du musst doch wissen, dass dir sein Irrtum nicht weniger Schande macht als ihm selbst!“ (2) Während dieser Worte hatten wir das Zentrum der Stadt bereits durchschritten und kamen zum freien Strand. … 4 (2) „Was ist denn mit dir, Caecilius“, fragte ich ihn, „wo bleibt deine gewohnte Lebhaftigkeit, dein heiteres Gesicht, das du doch sonst auch bei ernsten Anlässen bewahrst?“ (3) Er gab zur Antwort: „Schon lange ärgern und quälen mich die Worte unseres Octavius. Es hat mich indessen sehr verdrossen, dass er dich beschuldigt hat, nachlässig zu sein, mir aber, zwar verstohlen, doch dafür umso verletzender, Unwissenheit vorgeworfen hat. (4) Deshalb möchte ich weiter darauf eingehen; die Sache muss zwischen mir und Octavius grundsätzlich geklärt werden. Lass nur einmal mich, der ich nicht derselben philosophischen Richtung angehöre wie er, mit ihm diskutieren; dann wird er allerdings bald einsehen müssen, dass es leichter ist, unter guten Freunden einmal ein Wortgefecht auszutragen als den Kampf der Weltanschauungen. (5) Setzen wir uns doch auf den zum Schutz für die Bäder aufgeworfenen und weit ins Meer vorspringenden Steindamm, damit wir uns da vom Weg ausruhen und besser diskutieren können.“ (6) Wir setzten uns, wie er vorgeschlagen hatte, nieder, und zwar so, dass die beiden sich zu meinen Seiten setzten und mich in die Mitte nahmen. Natür-

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lich nicht aus Höflichkeit oder aus Rücksicht auf Rang oder Würden; die Freundschaft nimmt ja stets nur Gleiche auf oder aber stellt die Freunde einander gleich. Vielmehr sollte ich als Schiedsrichter den beiden als Nachbar Gehör schenken können und in der Mitte sitzend die beiden Kontrahenten trennen. 5 (1) Darauf begann Caecilius: „Lieber Marcus, du hast natürlich über die Frage, die wir jetzt genauer untersuchen wollen, eine feste Meinung; da du doch beide Lebensformen gründlich kennen gelernt und dann die eine aufgegeben und die andere angenommen hast. Wenn du aber jetzt die Waagschalen hältst, musst du deine Seele ganz auf den Standpunkt eines unparteiischen Richters stellen, damit du keine der Parteien begünstigst! Sonst könnte der Verdacht entstehen, dass dein Richterspruch mehr deiner eigenen Überzeugung entspringt und weniger auf dem Resultat unserer Diskussion beruht. (2) Wenn du aber ohne jede Voreingenommenheit zu Gericht sitzt, so als wärest du noch mit beiden Parteien unbekannt, dann ist es auch nicht mehr schwer zu beweisen, dass alles Wissen im Bereich des Menschen unsicher und zweifelhaft ist und eigentlich immer in der Schwebe bleibt; dass alles nur als wahrscheinlich, nicht als wahr gelten darf5. (3) Umso unbegreiflicher ist es deshalb, wenn einige, die einer eindringlichen Erforschung der Wahrheit überdrüssig sind, sich blindlings irgendeiner beliebigen Ansicht anschließen, anstatt gründlich und unermüdlich weiter zu forschen6. … 13 (5) Und so ist es auch meine Meinung, dass man unlösbare Fragen auf sich beruhen lassen soll und sich nicht blindlings und unüberlegt für die eine oder andere Ansicht entscheiden darf, da doch so viele große Männer bei bloßen Mutmaßungen stehen geblieben sind; denn sonst macht sich entweder ein fragwürdiger Aberglaube breit, oder aber die Religiosität geht gänzlich zugrunde.“ 14 (1) Damit schloss Caecilius, und mit einem triumphierenden Lächeln – der schwungvolle Redefluss hatte seiner Empörung Luft gemacht – fügte er hinzu: „Nun? Wagt Octavius, dieser Mann vom Schlage eines Plautus, bei den Mühlknechten der erste und bei den Philosophen der letzte, noch gegen all das etwas vorzubringen?“7 (2) „Höre auf, diesen zu verhöhnen“, sagte ich. „Es ist nicht recht, dass du jetzt schon mit deinen gewiss bestechenden Formulierungen triumphieren willst, ehe noch beide Seiten mit ihren Darlegungen in aller Ausführlichkeit ans Ende gelangt sind. Denn euer Redekampf sucht ja nicht irgendwelche Ehrungen, sondern gilt der Erkenntnis der Wahrheit.“8 16 (1) Darauf entgegnete Octavius: „Ich werde also, so gut ich es vermag, nach meinen besten Kräften sprechen. Aber du musst dich mit mir bemühen, diesen Unrat übler Verleumdungen durch den Strom wahrer Worte hinweg zu spülen. Ich kann nicht verhehlen, dass die Meinungen meines Natalis so sehr ins Irrige, Vage, Unhaltbare abgeglitten sind, dass wir eigentlich im Zweifel sein müssten, ob er sie absichtlich so verwirrend dargestellt hat oder ob sie

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ihm nur versehentlich durcheinander geraten sind. (2) Denn abwechselnd glaubte er bald an das Dasein der Götter, bald wieder stellte er es in Frage9, so dass infolge der Unsicherheit seiner Thesen unsere beabsichtigte Gegenrede auf umso unsichereren Boden geraten muss. Aber Verschlagenheit bei meinem Natalis kann und will ich nicht annehmen. Seinem schlichten Wesen ist solch durchtriebenes Raffinement fremd. Wie verhält es sich aber dann? (3) Es ist wie bei einem Menschen, der den rechten Weg nicht kennt, sobald er nun, wie es ja geschieht, an eine Weggabelung kommt, bleibt er, eben weil er den Weg nicht weiß, ängstlich stehen: weder wagt er einen Pfad auszuwählen, noch kann er alle für richtig halten. Genauso schwankt die Meinung eines Menschen, der kein sicheres Kriterium zur Wahrheitsfindung besitzt, haltlos hin und her, je nachdem ob irgendeine zweifelhafte Hypothese auftaucht. (4) Und so ist es kein Wunder, wenn unser Caecilius immer wieder in Gegensätzen und Widersprüchen geradezu wie in der Brandung hin und her geworfen wird. Damit das aber nicht weiter so bleibt, will ich all seine Behauptungen, und mögen sie noch so gegensätzlich sein, durch die eine, unumstößliche und allgemein anerkannte Wahrheit zurückweisen und widerlegen. So wird er in Zukunft nicht zweifeln noch schwanken können. (5) Wenn also mein Bruder mit allem Nachdruck Verstimmung und Ärger, Entrüstung und Schmerz hat laut werden lassen darüber, dass ungebildete, arme und unwissende Leute über Fragen der jenseitigen Welt diskutieren, so soll er jedoch wissen, dass alle Menschen, ohne Unterschied des Alters, Geschlechtes und Ranges, zum Besitz und zum Gebrauch von Vernunft und Bewusstsein erschaffen worden sind10 und ihnen die Weisheit nicht durch ein günstiges Geschick zuteil geworden, sondern von Natur aus eingepflanzt ist. Hat man doch sogar Philosophen und andere, die als Wegbereiter der Wissenschaften in die Geschichte eingegangen sind, als ungebildete, halbnackte Plebejer missachtet, ehe sie sich durch ihre geistigen Fähigkeiten einen großen Namen erworben hatten. Ja, mehr noch: während das Interesse der Reichen, die von ihren Schätzen besessen sind, mehr dem Gold als dem Himmel gilt, haben unsere Glaubensgenossen in ihrer Armut den rechten Weg im Denken gefunden und den anderen ihre Lehre überliefert. Daraus folgt, dass besondere Begabung weder durch Geld zu erwerben noch durch Anstrengungen zu erlangen ist, sondern dass sie unmittelbar mit der Erschaffung des Geistes gegeben ist. (6) So darf es denn auch keine Entrüstung und keinen Schmerz geben, wenn ein gewöhnlicher Mensch nach dem Überirdischen fragt, es beurteilt und auch ausspricht; kommt es doch nicht auf das Ansehen des Disputierenden an, sondern auf die Wahrheit der Aussage. Und außerdem: je einfacher die Rede ist, desto einleuchtender tritt ihr Sinn hervor, da er ungeschminkt und ohne den Prunk prächtiger Phrasen und gefälliger Formulierungen durch die Richtschnur der Wahrheit in seiner Einfachheit erhalten wird.

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38 (6) Wir tragen unsere Weisheit nicht im „Philosophenmantel“ zur Schau, sondern zeigen sie in unserer Gesinnung. Wir reden nicht von großen Dingen, wir leben sie und dürfen uns deshalb schließlich rühmen, das erreicht zu haben, was jene mit größter Anstrengung suchten und doch nicht finden konnten. (7) Warum sollten wir also undankbar sein, warum es uns selbst missgönnen, wenn die Wahrheit über Gott in dieser unserer Zeit zur Vollkommenheit gelangt ist?11 Genießen wir vielmehr unser Glück, fällen wir über das Rechte ein ausgewogenes Urteil: der Irrglaube soll gebannt, Gottlosigkeit gesühnt, die wahre Religion aber bewahrt werden.“ 39 (1) Octavius hatte geendet. Wir waren überwältigt und schwiegen, wobei unsere Mienen noch eine ganze Weile angespannte Aufmerksamkeit zeigten. Ich für meinen Teil war vor Bewunderung ganz hingerissen. Hatte er doch Dinge, die leichter zu fühlen als zu formulieren sind, mit Beweisen, Beispielen und Zitaten aus der Literatur zu bekräftigen vermocht und so die Widersacher mit ihren eigenen Waffen, den Pfeilen der Philosophie, zurückgeschlagen12. Ja er hatte die Wahrheit nicht nur leicht fasslich, sondern geradezu faszinierend darzustellen gewusst. 40 (1) Während ich mir dies stillschweigend überlegte, brach Caecilius aus: „Ich muss meinem Octavius von ganzem Herzen gratulieren, aber ebenso auch mir selbst! Ich warte nicht mehr auf den Schiedsspruch: wir haben beide gesiegt! Ja, es mag euch ungerechtfertigt erscheinen, aber ich beanspruche den Sieg auch für mich! Denn wie er über mich gesiegt hat, so triumphiere ich über meinen Irrtum! (2) Was nun die zentralen Punkte unseres Problems betrifft, so stimme ich ihm hinsichtlich der Vorsehung bei, ich gebe nach in der Frage des Gottesbegriffs und gestehe ihm auch die Unbescholtenheit seiner Glaubensgemeinschaft zu; sie soll nun auch die meine sein! Aber auch ich habe noch einiges auf dem Herzen, was nicht eigentlich der Wahrheit widerspricht, aber doch zu einer vollkommenen Einführung notwendig ist. Darüber wollen wir morgen unser Gespräch weiterführen, heute neigt sich die Sonne schon zum Untergang. Es wird dann leichter vorangehen, da wir ja im Grundsätzlichen schon übereinstimmen.“ (3) „Und ich freue mich umso mehr für uns alle“, sagte ich, „weil Octavius auch für mich gesiegt hat, da er mich doch der so undankbaren Aufgabe einer richterlichen Entscheidung enthoben hat. Ich kann sein Verdienst mit Worten gar nicht genug loben; das Zeugnis eines Menschen, und noch dazu eines einzelnen, ist zu schwach. Er besitzt eine besondere Gabe Gottes: denn von ihm inspiriert hat er gesprochen und mit seiner Hilfe den Sieg errungen.“ (4) So gingen wir froh und heiteren Herzens auseinander. Caecilius freute sich, weil er gläubig geworden war, Octavius, weil er gesiegt hatte, ich selbst war glücklich über die Bekehrung des einen und den Sieg des anderen13.

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9) Cyprian Als Bischof von Karthago (249–258) sah sich Cyprian veranlasst, den Vorwürfen zu begegnen, die ein Angehöriger der vermögenden Oberschicht dieser Stadt, Demetrianus, im Namen der öffentlichen Meinung gegen die Christen erhoben hatte, denen infolge ihrer Missachtung der Götter die Schuld an den Katastrophen der Zeit zugeschrieben wurde. Cyprian interpretierte seinerseits diese Misstände einerseits als natürliche Phänomene des Greisenalters der Welt (Nr. 213), andererseits als göttliche Vergeltung für die Gottlosigkeit der Heiden (Nr. 221).

Nr. 36 Hieronymus, epistula 70,3 Cyprian, ein Mann, dessen Beredsamkeit ihn ebenso berühmt machte wie sein Martyrium, wurde, wie Firmianus1 berichtet, deshalb angegriffen, weil er in seinem Brief gegen Demetrianus sich nur solcher Beweise bediente, die er den Propheten und Aposteln entnommen hatte. Dem Demetrianus galten diese ja als erdichtet und erfunden. Er hätte sich vielmehr auf die Philosophen und Dichter berufen sollen, gegen deren Autorität der Heide nicht angehen konnte. Nr. 37 Cyprian, ad Demetrianum 2 … Aber da du behauptest, dass sich sehr viele beklagen und uns dafür verantwortlich machen, dass immer häufiger Kriege ausbrechen, dass Seuchen und Hungersnöte wüten, dass lang anhaltendes heiteres Wetter die Niederschläge und Regen fern hält, darf man nicht länger schweigen1; sonst würde die Tatsache unseres Schweigens allmählich nicht mehr als Zeichen der Zurückhaltung, sondern mangelnden Selbstvertrauens gelten; und wir würden, indem wir die Widerlegung falscher Anschuldigung gering achten, den Eindruck erwecken, den Vorwurf anzuerkennen. Ich erwidere also ebenso dir, Demetrianus, wie den Übrigen, die du vielleicht erst aufgereizt und durch das Sprossen deiner Wurzel und deines Stammes in größerer Zahl zu deinen Anhängern gemacht hast, indem du mit verleumderischen Worten Hass gegen uns sätest. Dennoch glaube ich, dass sie die Argumentation unserer Rede annehmen werden2. Denn wer sich durch eine trügerische Lüge zum Bösen verleiten ließ, wird sich von der Wahrheit umso leichter zum Guten bewegen lassen3.

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1. C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur

10) Commodian Als erster christlicher Dichter der lateinischen Sprache verfasste Commodian Mitte des 3. Jh. vermutlich in Nordafrika zwei Werke, in denen sich Götter- und Kultkritik mit der Werbung für das Christentum verbinden.

Nr. 38 Commodian, carmen apologeticum 1–14 Wer wird jemals den wahrhaft einzigen Gott des Himmels erkennen können, wenn dieser ihn nicht dem frevelhaften Irrtum entrissen hat? Ich irrte ziellos und unwissend umher, in nichtiger Hoffnung gefangen, während jugendlicher Enthusiasmus mich in die Höhe trug. Ich war leichter als die Spreu; als hätte ich hundert Häupter auf den Schultern, stürzte ich kopfüber in alle möglichen Richtungen. Damit nicht zufrieden, wäre ich schließlich beinahe ein verbrecherischer Marsus geworden, indem ich schädliche Kräuter beschwor. Doch danke ich dem Herrn – meine Stimme allein genügt nicht, ihm zu danken –, der endlich mir Elendem und Schwankenden sein Licht aufleuchten ließ. Als mir das Buch der Schrift übergeben war, machte ich mich auf die Suche, was ich dort lernen könnte; sogleich strahlte mir das Licht auf. Da erkannte ich nun den höchsten Gott im Himmel, und deshalb fordere ich alle auf, die sich in ähnlicher Situation befinden, den Irrtum aufzugeben. Nr. 39 Commodian, instructiones I, praefatio Dieses unser Vorwort zeigt den Irrenden den Weg und die schöne Perspektive, auf ewig zu leben, wenn das Ende der Welt gekommen ist; das ist es, was unwissende Herzen nicht glauben wollen. Ich irrte lange Zeit, besuchte die heidnischen Tempel, waren doch auch meine Eltern selber unwissend. Davon befreite ich mich schließlich, indem ich einige Stellen der Schrift las. Ich rufe den Herrn zum Zeugen an: mich schmerzt die Menge der Bürger,

III. Neue Formen der christlichen Apologie

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weil sie in ihrem Unwissen und zu ihrem Verderben fortfährt, nach nichtigen Göttern zu suchen. Deshalb lehre ich, nachdem ich selber darüber belehrt wurde, die Unwissenden die Wahrheit.

11) Origenes Indiz der nachhaltigen Wirkung, die die von Celsus verfasste Kampfschrift Alêthês logos besaß, ist die Tatsache, dass mehr als ein halbes Jahrhundert später der bedeutendste Theologe der Epoche, Origenes (ca. 185–254), eine umfangreiche Gegenschrift entwarf. Diese Apologie richtete sich weniger an Heiden als an solche Christen, die in ihrem nicht hinreichend gefestigten Glauben von den Argumenten des Celsus verunsichert waren. Kaum ein anderes Werk der apologetischen Literatur gibt so unmittelbaren Einblick in die Konfrontation von Antike und Christentum, deren Protagonisten durch Zitat und Widerlegung auf hohem intellektuellen Niveau die Grundauffassungen der alten hellenistischen Tradition und der neuen christlichen Religion zu Wort bringen. Nr. 40 Origenes, contra Celsum, Prolog 1–4.6; 8,76 1 Unser Herr und Erlöser schwieg, als man falsches Zeugnis gegen ihn ablegte, und antwortete nichts, als man ihn anklagte1; er war überzeugt, dass sein ganzes Leben und die unter den Juden vollbrachten Taten wirkungsvoller seien als eine Rede zur Widerlegung des falschen Zeugnisses und als Worte zur Verteidigung gegen die Anklagen. Ich weiß nun nicht, mein gottliebender Ambrosius2, wie du wünschen konntest, dass wir auf die von Celsus in seiner Schrift gegen die Christen vorgebrachten falschen Zeugnisse und auf die in seinem Buch gegen den Glauben der Gemeinden erhobenen Anklagen mit einer Verteidigung antworten. Als ob nicht in den Tatsachen3 selbst eine klare4 Widerlegung und ein allen Schriften überlegenes Plädoyer bestünde, das die falschen Zeugnisse zunichte macht und den Anklagen keinerlei Plausibilität einräumt, um irgend etwas auszurichten … 2 … Jesus wird nun immer von falschem Zeugnis belastet und ohne Unterlaß angeklagt, solange Bosheit unter den Menschen herrscht. Auch jetzt schweigt er dazu und antwortet nicht mit Worten, doch hat er seine Verteidigung im Lebenswandel seiner wahren Jünger, der die Tatsachen laut hinausruft, stärker ist als jedes falsche Zeugnis; so widerlegt er die falschen Zeugnisse und Anklagen und weist sie zurück. 3 Ich wage daher zu behaupten, dass die Apologie, deren Abfassung du von

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1. C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur

uns erbittest, die in den Tatsachen selbst bestehende Apologie abschwächen und die Macht Jesu verdunkeln kann, die jedem einleuchtet, der nicht völlig blind ist. Doch um nicht den Eindruck zu erwecken, angesichts deines Auftrages zu zögern, haben wir nach Möglichkeit versucht, jedem der von Celsus schriftlich vorgebrachten Punkte eine uns geeignet erscheinende Widerlegung entgegenzusetzen, obwohl seine Argumente keinen Gläubigen ins Wanken bringen können. … 4 … Trotzdem, da sich in der Menge derer, die als Gläubige gelten, wohl einige von der Art finden dürften, dass sie durch die Schriften des Celsus wankend gemacht und verführt, durch eine entsprechende Apologie aber geheilt werden können, wenn der Inhalt eine Widerlegung des von Celsus Gesagten und eine positive Darstellung der Wahrheit bietet, haben wir uns entschlossen, deinem Auftrag nachzukommen und der Schrift, die du uns gesandt hast, zu entgegnen5. Doch denke ich nicht, dass irgendjemand, der auch nur den geringsten Fortschritt in der Philosophie gemacht hat, zugeben wird, dass diese Schrift ein „wahres Wort“ ist, wie sie Celsus betitelte6. 6 Ich entschloss mich, diese Vorrede vorauszuschicken, nachdem ich mit meiner Entgegnung bis zu dem Punkt gekommen war, wo Celsus einem Juden einen Angriff auf Jesus in den Mund legt. Ich tat das, damit der Leser meine Entgegnungen auf Celsus damit beginnen und sehen kann, dass das vorliegende Buch durchaus nicht für Gläubige geschrieben ist, sondern für solche, die entweder keinerlei Erfahrung mit dem Glauben an Christus besitzen oder, wie es der Apostel nannte, im Glauben noch schwach sind. Er sagte nämlich: „Den Schwachen im Glauben nehmt auf“ (Röm 14,1). Diese Vorrede soll mich dafür entschuldigen, dass wir den Anfang unserer Entgegnung auf Celsus nach einem anderen Plan verfassten als das, was dem Anfang folgt. Zunächst planten wir, die Hauptpunkte und kurz gefassten Antworten darauf zu skizzieren, anschließend die Abhandlung zu einem organischen Ganzen zu machen. Später aber legte uns das Material selbst nahe, Zeit zu sparen und uns mit den anfangs vorgetragenen Entgegnungen zu begnügen, im folgenden aber möglichst detailliert mit den von Celsus gegen uns erhobenen Anschuldigungen auseinanderzusetzen8. Daher erbitten wir Nachsicht wegen des Anfangsteiles, der auf die Vorrede folgt. Wenn du dich aber auch nicht von dem anschließend Vorgetragenen tiefergehend beeindrucken lässt, dann bitte ich auch hierfür um die gleiche Nachsicht und verweise dich, wenn du immer noch Widerlegungen zu Celsus’ Einwänden in schriftlicher Form erwartest, an solche, die mehr verstehen als wir und durch Wort und Schrift die von Celsus gegen uns erhobenen Anschuldigungen widerlegen können. Indessen ist es besser um den bestellt, der, selbst wenn er die Schrift des Celsus liest, von vornherein keine entsprechende Apologie benötigt, sondern den Inhalt seines Buches gering schätzt, da es auch der durchschnittliche

III. Neue Formen der christlichen Apologie

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Christgläubige wegen des ihm innewohnenden Geistes mit gutem Grund gering schätzt. 8,76 So hast du nun, ehrwürdiger Ambrosius, in diesen Worten die Ausführung deines Auftrags, soweit es das Maß der uns verliehenen Kraft erlaubte. In acht Büchern haben wir alles zusammengefasst, was wir für geeignet hielten, um der Schrift des Celsus mit dem Titel „Wahres Wort“ zu entgegnen. Wer jene Schrift und unsere Entgegnung darauf liest, kann nun urteilen, welches beider Werke mehr den Geist des wahren Gottes atmet, Ausdruck echter Religiosität ist und die Wahrheit besitzt, die zu den Menschen kommt, um sie mit hilfreichen Weisungen zu einem gelingenden Leben zu motivieren. Du musst allerdings wissen, dass Celsus angekündigt hat, er wolle „noch ein anderes Werk nach diesem“ abfassen, „in dem er lehren wolle, auf welche Weise die leben müssten, die ihm folgen wollten und könnten.“ Wenn er nun trotz seines Versprechens dieses zweite Buch nicht geschrieben hat, so könnten wir uns wohl mit den acht Büchern begnügen, die wir gegen seine Schrift abgefasst haben. Wenn er aber auch jenes zweite Werk begonnen und vollendet hat, dann suche es und schicke es mir zu, damit wir auch darauf erwidern, was der Vater der Wahrheit uns eingibt, und die darin enthaltenen falschen Ansichten widerlegen, aber auch, sollte darin etwas Wahres gesagt sein, wir dies ohne Streitsucht als treffende Äußerung anerkennen können.

D) Die Auseinandersetzung mit dem Neoplatonismus und Synkretismus I. Anti-christliche Propaganda Zwar hatte nach dem Ende der Christenverfolgung durch Kaiser Valerian (259) für die Kirche eine etwa 40jährige Friedenszeit begonnen, doch sammelte sich unter der Regierung Kaiser Aurelians (270–75) auf heidnischer Seite eine geistige Elite, die die religiösen Traditionen neu zu beleben suchte und einen anti-christlichen Propagandafeldzug eröffnete, zu dessen Protagonisten Porphyrius zählte.

II. Porphyrius Der aus dem phönizischen Tyrus stammende Neoplatoniker Porphyrius (234–302/5) hatte selber zunächst Kontakte zur Christengemeinde in Cäsarea gehabt, von der er sich jedoch aufgrund persönlicher Auseinandersetzungen distanzierte (Nr. 53–54). Nicht zuletzt deswegen kannte er seinen Gegner besser als frühere Polemiker. Als Erlösungsreligion stand das Christentum in diametralem Gegensatz zum Bemühen des Neoplatonismus, den Menschen auf dem Weg der Philosophie zu erlösen. Porphyrius versuchte daher vor allem in seiner wahrscheinlich nach 270 in Sizilien entstandenen (Nr. 49), nur fragmentarisch erhaltenen Kampfschrift Contra Christianos, durch Bibelkritik (Nr. 43, 424, 445) die historische Fundamente dieser Religion zu untergraben (Nr. 435), die Absurdität des christlichen Credo bloßzustellen (Nr. 365, 419) und dem vermeintlichen Abstieg des inkarnierten Logos den Auftstieg der vom Leib befreiten Seele entgegenzusetzen (Nr. 63–66, 421). Der von Porphyrius dem christlichen Erlösungsverständnis als konstruktive Alternative entgegengestellte Heilsweg (Nr. 45) beruhte jedoch nicht nur auf philosophischer Erkenntnis, sondern auch auf Offenbarungen in Form von Orakeln, deren göttliche Autorität dem neoplatonischen Denken verbürgt war und zur biblischen Offenbarung in Konkurrenz trat (Nr. 44). Heidnische Orakel wiesen auch der Gestalt Jesu einen Platz im porphyrianischen Weltbild zu, wenn dieser als Weisheitslehrer interpretiert wurde, der die Menschen zur Verehrung der höchsten Gottheit führen wollte, von den Christen jedoch irrtümlich für Gott selbst gehalten wurde (Nr. 66). Die vielfach bezeugte Weisheit war auch, aber weder exklusiv noch unüberbietbar in der Person Jesu sichtbar gewor-

II. Porphyrius

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den. Religiöse Größe wurde ihr zugestanden, Einzigartigkeit jedoch abgesprochen. Ihrer Relativierung bzw. Überbietung diente nicht zuletzt die Biographie des asketisch-intellektuell überlegenen Plotin (207–270), der in Rom philosophischer Lehrer des Porphyrius war (Nr. 46). Möglicherweise begab sich Porphyrius im Vorfeld der diokletianischen Christenverfolgung Ende 302 an den Kaiserhof von Nikomedien, um an den dortigen Beratungen teilzunehmen, durch Propagandavorträge aus seinen Kampfschriften eine christenfeindliche Stimmung zu schüren (Nr. 58) und angesichts des religiösen Traditionsbruchs jegliche Toleranzforderung seitens der Christen abzulehnen (Nr. 250). Nr. 41 Suda, Lexicon Porphyrius, schrieb gegen die Christen, hieß eigentlich Basileus, Philosoph aus Tyrus, Schüler des Amelius1, des Schülers Plotins, Lehrer des Iamblichus2, wurde zur Zeit Aurelians geboren und lebte noch unter Kaiser Diokletian. Er schrieb zahlreiche Werke: … „Gegen die Christen“ fünfzehn Bücher …

Nr. 42 Eunapius, vitae sophistarum 4,1–2 (1) Porphyrius stammte aus der Heimatstadt Tyrus, der ersten Stadt der alten Phönizier; seine Vorfahren waren angesehene Leute. Er erhielt eine angemessene Bildung, kam schnell voran und machte solche Fortschritte, dass er – er war Schüler des Longinus – innerhalb kurzer Zeit auch dem Lehrer Ehre machte1. Zu jener Zeit war Longinus eine lebendige Bibliothek und eine wandelnde Schule; er war beauftragt, die alten Autoren zu interpretieren, wie vor ihm viele andere, so auch Dionysius von Karien, der Berühmteste von allen. Porphyrius hieß zunächst entsprechend der syrischen Stadt Malchus, das bedeutet König. Longinus aber gab ihm den Namen Porphyrius und verwandelte so die Anrede in die Farbe des Königsgewandes. Bei ihm empfing er die höchste Bildung, er erreichte wie jener äußerste Perfektion in der ganzen Grammatik und Rhetorik2, obwohl er sich ihr nicht widmete, und wurde von jeder Art von Philosophie geprägt. Longinus war in allen Disziplinen bei weitem der Beste unter den Männern jener Zeit, und von seinen Büchern ist eine große Zahl nicht nur verbreitet, sondern findet auch Bewunderung. Und wenn jemand einen von den alten Autoren verurteilte, so setzte sich diese Meinung nicht eher durch, bis sich das Urteil des Longinus voll-

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

ständig durchgesetzt hatte. So ausgestattet mit einer erstklassigen Bildung und von allen geachtet, verlangte er (Porphyrius) das großartige Rom zu sehen, um die Stadt durch sein Wissen für sich zu gewinnen. Kaum war er in ihr eingetroffen und mit dem hoch bedeutenden Plotin in Kontakt getreten, vergaß er alles andere und schloss sich ihm sogleich an3. Unersättlich verschlang er dessen Unterweisung und Reden, die wie Quellwasser und von göttlicher Inspiration waren, und begnügte sich einige Zeit mit dem Zuhören, wie er selbst sagt; dann wurde er von der Erhabenheit der Reden überwältigt und begann den Körper und das Menschsein zu hassen; er segelte nach Sizilien durch die Meerenge von Charybdes, wo Odysseus zurück gesegelt sein soll; er ertrug weder eine Stadt zu sehen noch Stimmen von Menschen zu hören; auf diese Weise vermied er ihr Gefühl von Trauer und Freude. Er wandte sich nach Lilybaion; von den drei Vorgebirgen Siziliens ist es dasjenige, das sich nach Libyen erstreckt und dorthin blickt. Dort lag er seufzend und wollte sich durch Hungern das Leben nehmen, indem er nicht nur Nahrung verweigerte, sondern auch die Pfade der Menschen mied4. Doch der große Plotin war kein blinder Wächter hinsichtlich dieser Dinge, sondern folgte seinen Spuren und spürte ihn auf, oder suchte nach dem jungen Mann, der geflohen war, und fand ihn, wie er dalag. Er richtete nicht nur zahlreiche Worte an ihn, die seine Seele ins Leben zurückriefen, die gerade aus dem Körper entweichen wollte, sondern stärkte auch den Körper zur Bewahrung der Seele. Und Porphyrius atmete wieder und richtete sich auf, Plotin aber notierte in einem der von ihm geschriebenen Bücher die gesprochenen Worte5. Und während einige Philosophen ihre geheimen Lehren durch Dunkelheit verbergen, wie die Dichter mit den Mythen, lobte Porphyrius das Heilmittel der Klarheit, das er auch durch eigene Erfahrung verkostet hatte, schrieb einen Kommentar und veröffentlichte ihn6. Er kehrte nun wieder nach Rom zurück7 und widmete sich voller Eifer den Diskussionen, so dass er auch öffentlich auftrat, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Jede Versammlung, jede Menge aber führte den Ruhm des Porphyrius auf Plotin zurück. Denn Plotin schien wegen der himmlischen Qualität seiner Seele und der Unergründlichkeit und Rätselhaftigkeit seiner Worte schwierig und schwer anhörbar. Porphyrius hingegen, wie eine Kette des Hermes, die zu den Menschen herabhing8, legte aufgrund seiner vielfältigen Bildung alles so dar, dass es klar und leicht verständlich war. Daher sagt er selber, – vielleicht schrieb er dies, als er noch jung war, wie es scheint, – dass ihm keines der gewöhnlichen Orakel begegnet sei. Und in demselben Buch9 schrieb er nieder – anschließend behandelt er vieles andere –, dass man diesen Orakeln Aufmerksamkeit schenken müsse. Er sagt auch, dass er ein dämonisches Wesen von einem Bad verjagt und vertrieben habe10. Die Einwohner nannten es Kausatha.

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(2) … Er scheint ein hohes Alter erreicht zu haben. In jedem Fall hinterließ er viele Spekulationen, die zu den schon früher veröffentlichten Büchern im Gegensatz standen. Diesbezüglich kann man nur vermuten, dass er mit fortschreitendem Alter andere Ansichten vertrat. In Rom soll er gestorben sein11.

Nr. 43 Eusebius, historia ecclesiastica 6,19,1–8 (1) Für das erfolgreiche Wirken des Origenes als Lehrer legen auch zeitgenössische griechische Philosophen Zeugnis ab. In ihren Schriften finden wir nämlich diesen Mann häufig erwähnt. Bald widmen sie ihm ihre eigenen Arbeiten, bald schicken sie ihm wie einem Lehrer ihre eigenen Schriften zur Begutachtung. (2) Wozu soll ich aber davon sprechen? Ich nenne Porphyrius, der noch zu unserer Zeit in Sizilien gelebt hat und gegen uns Schriften verfasste, in denen er die göttlichen Schriften zu lästern suchte und die Bibelexegeten erwähnte. Da er an den Lehren keineswegs etwas aussetzen konnte, verlegt er sich aus Mangel an Beschuldigungsgründen darauf, zu schmähen und die Exegeten zu verleumden, vor allem Origenes. (3) Nachdem er gesagt hat, er habe ihn in seiner Jugend kennen gelernt, sucht er ihn zu verlästern, empfiehlt ihn aber, ohne es zu merken. Wo er nicht anders konnte, berichtet er über ihn die Wahrheit; wenn er aber glaubte, dass man es nicht merke, ersinnt er über ihn Lügen. Bald macht er ihm den Vorwurf, dass er Christ sei, bald verwirft er seine Hingabe an die philosophischen Studien. Vernimm seine eigenen Worte: (4) „Da einige, statt sich von der Erbärmlichkeit der jüdischen Schriften abzuwenden, nach befriedigenden Lösungen suchten, verfielen sie auf verworrene, dem Text nicht entsprechende Erklärungen, die nicht so sehr eine Verteidigung des Befremdlichen als vielmehr Anerkennung und Lob der eigenen Sache zum Ziel haben. Diese Exegeten reden groß daher, die klaren Worte des Mose seien Rätsel und erklären sie zu göttlichen Orakeln voll verborgener Mysterien; haben sie durch ihren Schwindel die Fähigkeit zur Kritik betört, dann tragen sie ihre Erklärungen vor.“1 (5) Später fährt Porphyrius fort: „Diese Art von Absurdität stammt von einem Mann, dem auch ich in meiner frühen Jugend begegnet bin, nämlich Origenes2, der in hohem Ansehen stand und noch heute durch seine hinterlassenen Schriften im Ansehen steht und dessen Ruhm bei den Lehrern dieser Auffassungen weit verbreitet ist. (6) Er war Hörer des Ammonius, der in unserer Zeit sehr großen Erfolg in der Philosophie hatte3. Wissenschaftlich hatte Origenes von seinem Lehrer sehr viel gewonnen, doch schlug er – was die rechte Entscheidung für das Leben angeht – einen entgegengesetzten

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

Weg ein. (7) Ammonius nämlich wandte sich, obwohl von seinen Eltern als Christ im Christentum erzogen, sobald er zu denken und zu philosophieren anfing, sofort der den Gesetzen entsprechenden Lebensweise zu4. Origenes aber irrte, obwohl als Grieche in griechischen Studien erzogen, zu barbarischer Dreistigkeit5 ab. Ihr zuliebe verkaufte er sich und seine Bildung. Sein Leben war das eines Christen und widersprach den Gesetzen. In seiner Auffassung von der Welt und von Gott dachte er wie ein Grieche und schob den fremden Mythen griechische Ideen unter. (8) Ständig beschäftigte er sich nämlich mit Plato. Er war vertraut mit den Schriften des Numenius, Cronius, Apollophanes, Longinus, Moderatus, Nikomachus und der berühmten Männer aus der pythagoreischen Schule. Er benutzte aber auch die Bücher des Stoikers Chairemon und des Cornutus6, von denen er die allegorische Auslegung der griechischen Mysterien erlernte, und wandte diese Methode auf die jüdischen Schriften an.“ Nr. 44 Porphyrius, philosophia ex oraculis (= Eusebius von Cäsarea, praeparatio evangelica 4,7,1–2) (1) Sicher und unerschütterlich ist, wer seine Hoffnungen auf Heil aus dieser Quelle schöpft, der einzigen, die in seinen Augen sicher ist. Sie sind es, denen du meine Orakel mitteilen wirst, ohne etwas davon fortzunehmen1. Denn auch ich selbst nehme die Götter zu Zeugen, dass ich weder etwas hinzugefügt noch etwas fortgenommen habe von den Gedanken der Orakel, es sei denn, ich habe ein falsches Wort korrigiert oder etwas um größerer Deutlichkeit willen umgestellt oder einen unvollständigen Vers vervollständigt oder etwas nicht zum Thema Gehörendes getilgt. Ich schwöre, dass ich den Sinn der Aussagen unversehrt bewahrt habe, wobei ich mich mehr von der sich daraus ergebenden Gottlosigkeit in acht genommen habe als vor der strafenden Gerechtigkeit, die den Frevel verfolgt. (2) Die vorliegende Sammlung wird die Darstellung einer großen Zahl philosophischer Lehren bieten, die den Orakeln der Götter zufolge die Wahrheit enthalten. Wir werden kurz das Orakelwesen behandeln, das zur Kontemplation und zur sonstigen Reinigung des Lebens förderlich sein wird. Diese Sammlung hat einen Nutzen, wie vor allem diejenigen erkennen werden, die unter Schmerzen die Wahrheit zu gebären versucht und gewünscht haben, dass eines Tages infolge einer göttlichen Erscheinung ihre Aporie ein Ende habe durch die glaubwürdige Lehre derer, die da reden.

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Nr. 45 Porphyrius, ad Marcellam 24 Vier Grundprinzipien sollen am meisten gelten in dem, was Gott betrifft: Glaube, Wahrheit, Liebe und Hoffnung1. Glauben muss man nämlich, weil die einzige Rettung die Hinwendung zum Gott ist, und der, der zum Glauben gelangt ist, muss möglichst intensiv danach streben, die Wahrheit über ihn zu erkennen, und der, der erkannt hat, den Erkannten lieb gewinnen, der aber, der ihn lieb gewonnen hat, mit guten Hoffnungen die Seele, solange das Leben währt, ernähren. Durch gute Hoffnungen nämlich sind die Guten den Schlechten überlegen. Diese also und so viele Prinzipien sollen gelten.

Nr. 46 Porphyrius, vita Plotini 1,1; 23,129–131 1 (1) Plotin, der Philosoph, der zu meiner Zeit lebte, glich einem Menschen, der sich dessen schämt, im Leib zu sein. 23 (129) Hier1 ist also gesagt, dass er mild war und sanft und liebenswürdig und freundlich, was wir aus Augenschein bezeugen können; es ist ferner gesagt, dass er wachsam war ohne einzuschlafen, dass seine „Seele rein“ war und dass er immer zum Göttlichen strebte, nach dem er mit ganzer Seele verlangte, dass er ferner alles tat, um loszukommen, „zu entrinnen der beißenden Woge“ des „blutig mordenden Lebens“ hier auf Erden. (130) So ist denn gerade diesem dämonischen Mann „schon oft“, wenn er sich hinaufhob zum ersten, jenseitigen Gott mit seinem Denken und auf den Wegen, die Platon im Symposium gewiesen hat, jener Gott erschienen, der weder Gestalt noch Form hat und oberhalb des Geistes und der ganzen geistigen Welt thront. Von diesem bekenne ich, Porphyrius, dass ich ihm nur einmal nahe kommen und mich mit ihm einen konnte; und ich stehe im achtundsechzigsten Jahr. (131) Es erschien also dem Plotin diese „Richte ganz in der Nähe“. Denn sein Ziel und Richtpunkt war, nahe und eins zu sein mit dem Gott, der über allem ist. Während der Zeit aber, die ich bei ihm verbrachte, erlangte er dieses Ziel wohl viermal, dank seiner unsagbaren Kraft.

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

III. Christliche Reaktionen 1) Widerlegungen griechischer Apologeten Wie gefährlich in den Augen der Christen die porphyrianische Kritik war, beweist die große Zahl apologetischer Werke Contra Porphyrium. Diese Schriften sind jedoch ebenso wie die ihres Gegners verlorengegangen. Nr. 47 Methodius, Eusebius, Apollinaris (= Hieronymus, epistula 70,3) Gegen uns haben Celsus und Porphyrius geschrieben. Dem Ersten hat Origenes, dem Zweiten haben Methodius1, Eusebius2 und Apollinaris3 geantwortet. Origenes hat acht Bücher geschrieben, Methodius erreichte fast 10 000 Zeilen, Eusebius und Apollinaris verfassten 25 und 30 Bücher.

Nr. 48 Eusebius (= Hieronymus, de viris illustribus 81,1–2) (1) Eusebius … verfasste zahllose Bücher; zu ihnen gehören: (2) … 25 Bücher „Gegen Porphyrius“ (contra Porphyrium), der zur selben Zeit, wie einige meinen, in Sizilien schrieb1. Nr. 49 Eusebius, praeparatio evangelica 10,9,11 Über die erwähnten Zeugnisse für das hohe Alter des Mose hinaus will ich jetzt noch denjenigen heranziehen, der unter allen der übelste Feind ist, was sowohl die Hebräer als auch uns betrifft; ich spreche von dem zeitgenössischen Philosophen, der im Übermaß seines Hasses ein Pamphlet veröffentlicht hat, wo er nicht nur uns, sondern auch die Hebräer und Mose selbst sowie die ihm folgenden Propheten mit Verleumdungen überschüttet hat.

Nr. 50 Apollinaris (= Philostorgius, historia ecclesiastica 8,14) Apollinaris, der gegen Porphyrius schrieb, übertraf bei weitem das, was Eusebius gegen ihn ins Feld geführt hatte, aber auch die Schriften des Methodius, in denen er sich intensiv mit derselben Lehre auseinander setzte.

III. Christliche Reaktionen

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Nr. 51 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 2,44; 10,12 2,44 … Porphyrius …, der zum Vorkämpfer der Gottlosigkeit geworden ist, regte seine freche Zunge gegen den Gott des Universums. 10,12 Glaubt also, da ihr uns, wenn wir von euren Orakeln reden, nicht glaubt, unserem schlimmsten Feind, der euer bester Freund ist. Er ist unser unversöhnlicher Gegner, der den offenen Kampf gegen die Religion aufgenommen hat. Nr. 52 Philostorgius, historia ecclesiastica 10,10 (= Photius, epitome) Dieser Autor (Philostorgius) sagt, dass er zugunsten der Christen gegen Porphyrius gekämpft habe. Nr. 53 Socrates, historia ecclesiastica 3,23,38 Nun aber hat, wie es scheint, (Julian) dasselbe erlitten wie Porphyrius1. Denn als dieser im palästinischen Cäsarea von einigen Christen Schläge einsteckte und mit seinem Zorn darüber aufgrund seiner Melancholie nicht fertig wurde, verließ er das Christentum, verfiel aber aus Hass gegen die, die ihn verprügelt hatten, darauf, eine Blasphemie gegen die Christen zu verfassen2, so dass Eusebius, der Schüler des Pamphilus, ihn widerlegen musste, indem er seine Ausführungen entkräftete. Nr. 54 Tübinger Theosophie 2,25 Porphyrius war anfangs einer von uns, ist aber wegen der Schläge in Privatangelegenheiten, die ihm, wie gewisse Heilige berichten, von einigen Christen im palästinischen Cäsarea zugefügt worden waren, von uns abgefallen. Da er aber geldgierig war, heiratete er eine reiche Frau, eine Mutter von fünf Kindern, die schon alt und eine Jüdin war.

2) Arnobius Als Rhetoriklehrer der nordafrianischen Stadt Sicca hatte Arnobius (vor 250 bis nach 305) zunächst das Christentum selber bekämpft und sich dabei vermutlich der anti-christlichen Propaganda des Porphyrius bedient, dessen

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

Werke er aufgrund eigener Lektüre kannte. Durch einen Traum zur Konversion bewogen, stieß der prominente Christengegner zunächst auf Ablehnung seitens des Bischofs von Sicca. Möglicherweise motivierte dessen Forderung, sich von den früheren Positionen zu distanzieren, Arnobius zwischen 302/5 zur Abfassung seines Werkes Adversus nationes (Nr. 56). Die Polemik gegen das Heidentum dominiert und zielt letztlich auf den namentlich nicht erwähnten Porphyrius. Die Auseinandersetzung mit seiner Suche eines allgemeinen Befreiungsweges für die Seele sowie seiner Bestreitung der Göttlichkeit Christi stehen dabei im Mittelpunkt.

Nr. 55 Hieronymus, de viris illustribus 79 Arnobius lehrte unter Kaiser Diokletian sehr erfolgreich Rhetorik in Sicca in Afrika und schrieb die Bücher „Gegen die Heiden“, die weit verbreitet sind.

Nr. 56 Hieronymus, Chronik a. 327 n. Chr. Arnobius gilt in Afrika als berühmter Rhetoriklehrer. Als er in Sicca junge Männer in der Redekunst ausbildete und noch als Heide durch Träume zur Glaubensannahme gedrängt wurde, vom Bischof aber nicht den Glauben empfing1, den er stets bekämpft hatte2, arbeitete er gegen die frühere Religion sehr beachtliche Bücher aus und erlangte schließlich, nachdem er sozusagen bestimmte Bürgen gestellt hatte, den Bund der Frömmigkeit3.

Nr. 57 Arnobius, adversus nationes 1,27.36.39.42; 2,15–16.62 1,27 Es ist hier nicht der Ort darzulegen, wer all diese sind, die uns verurteilen, woher sie kommen, welches Ausmaß ihr Können und Wissen hat, weshalb sie zittern, wenn man Christus erwähnt, warum sie dessen Schüler für hassenswerte Feinde halten; aber denjenigen, die menschlichen Sinn bekunden, wollen wir ein für allemal mit einer einzigen Definition einprägen: wir sind nichts anderes als Christen, als Verehrer des höchsten Königs und Herrschers, wie es Christus lehrt; nichts anderes wird man in dieser Religion entdecken, wenn man sie genau betrachtet. 36 Aber nicht deswegen, sagt man, sind euch die Götter feindlich gesinnt,

III. Christliche Reaktionen

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weil ihr den höchsten Gott verehrt, sondern weil ihr behauptet, ein Mensch, der geboren und, was selbst für niedrige Personen eine Schande ist, am Kreuz hingerichtet wurde, sei Gott gewesen, und weil ihr glaubt, er lebe noch, und ihn in täglichen Gebeten anbetet1 … 39 Ich verehrte unlängst – welche Blindheit! – Bildnisse, die gerade aus den Öfen geholt worden waren, Götter, die auf Ambossen und Hämmern fabriziert worden waren, sowie Elfenbein, Gemälde, Bänder an alten Bäumen; sah ich irgendwann einen geglätteten und mit Olivenöl beschmierten Stein, so verehrte ich ihn, sprach zu ihm, als ob eine Kraft in ihm gegenwärtig wäre, und erbat Wohltaten von einem gefühllosen Block; und die Götter, von deren Existenz ich überzeugt war, beleidigte ich heftig, indem ich glaubte, sie seien Holzstücke, Steine und Gebein oder würden in solcher Materie wohnen2. Jetzt aber, nachdem ich von einem so großen Lehrer auf die Wege der Wahrheit geführt wurde, weiß ich, wie es um diese Dinge steht, denke würdig über das Würdige, beleidige nicht mehr den göttlichen Namen, erweise jeder Person und jedem Wesen, was ihnen gebührt, ohne Rang und Ansehen zu verwechseln. Sollte angesichts dessen Christus von uns also nicht für Gott gehalten werden oder sollte ihm nicht jede göttliche Ehre erwiesen werden, und zwar die größte, die sich denken lässt, da wir schon seit langer Zeit so große Gaben während unseres Lebens von ihm empfangen haben und noch reichere erwarten, wenn der Tag gekommen ist? … 42 „Ihr verehrt einen Menschen, der geborenen wurde!“ – Selbst wenn dies wahr wäre, so müsste er doch, wie weiter oben gesagt wurde, wegen der zahlreichen großzügigen Gaben, die uns von ihm zugekommen sind, als Gott bezeichnet und angerufen werden. Da er aber ganz gewiss und ohne den geringsten Zweifel Gott ist, meint ihr etwa, wir wollten leugnen, dass wir ihn aufs höchste verehren und als Vorsteher unserer Gemeinschaft bezeichnen? Also ist, so könnte jemand voller Wut, Zorn und Empörung sagen, jener Christus Gott? Ja, er ist Gott, werden wir antworten, und zwar Gott der Himmelsmächte und, was die Ungläubigen mit noch heftigerem Schmerzgefühl quälen wird, er wurde um der wichtigsten Angelegenheit willen vom höchsten König zu uns gesandt. Vielleicht fordert unser Gegenüber, nun noch verrückter und rasender geworden, es möge bewiesen werden, dass sich die Sache so verhält, wie wir behaupten. Es gibt keinen stärkeren Beweis als die Glaubwürdigkeit seiner Taten, als das Ungewöhnliche seiner Wunder, als die Überwindung und Auflösung sämtlicher Schicksalsbestimmungen; auch dies haben die Völker und Nationen vor ihren Augen sich ereignen sehen, ohne dass jemand widersprach; selbst diejenigen, deren alte, von den Vätern überkommende Gesetze er als völlig nichtig und haltlos abergläubisch erwiesen hatte, wagen es nicht, dagegen den Vorwurf des Betrugs zu erheben. 2,15 Daher brauchen wir uns nicht zu täuschen oder falsche Hoffnungen

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machen zu lassen, wenn gewisse neue Leute3 in maßloser Selbstüberschätzung behaupten, die Seelen seien unsterblich, dem Herrn und Herrscher über alle Dinge nach dem Grad ihrer Würde am nächsten, von ihm als Erzeuger und Vater hervorgebracht, sie seien göttlich, mit Weisheit und Wissen ausgestattet, durch keinerlei Körperkontakt berührbar. Da dies wahr und sicher ist, sind wir aus dem Vollkommenen in unverbesserbarer Vollkommenheit hervorgegangen und leben ohne Schuld und daher tadellos, gut, gerecht und richtig, völlig fehlerlos; keine Begierde überwindet uns, keine Leidenschaft entehrt uns, wir bewahren und vereinen den Zusammenhang aller Tugenden. Und da unser aller Seelen einer einzigen Quelle entströmen, darum denken wir ganz übereinstimmend, sind weder in den Verhaltensweisen noch Ansichten voneinander verschieden; wir kennen alle Gott, und keineswegs gibt es so viele und unendlich voneinander abweichende Meinungen, wie es Menschen auf Erden gibt. 16 Sobald wir aber in die menschlichen Körper hinabsinken, ergeben sich für uns aus den irdischen Verhältnissen die Ursachen, wodurch wir böse und sehr schlecht werden, von Leidenschaften und Zorn entbrennen, das Leben in Schandtaten verbringen und durch die Prostitution käuflicher Körper dazu verurteilt werden, der allgemeinen Begierde zu dienen. … 62 Doch weder dies soll euch täuschen und mit trügerischer Hoffnung schmeicheln, dass von einigen Halbwissenden und überaus arroganten Menschen behauptet wird, sie stammten von Gott ab und seien den Gesetzen des Schicksals nicht unterworfen; wenn sie ein asketisches Leben geführt hätten, würde ihnen sein Himmel offen stehen, und nach Vollendung des Menschenlebens würden sie, ohne dass jemand sie hinderte, gleichsam in das väterliche Haus zurückkehren. Noch was die Magier verheißen, dass sie empfehlende Gebete hätten, durch die was weiß ich für Mächte besänftigt würden und denen, die zum Himmel aufsteigen wollen, bequeme Wege bereiteten. Noch was Etrurien in den Acherontischen Büchern verspricht: wenn das Blut bestimmter Tiere bestimmten Göttern geopfert werde, würden die Seelen göttlich werden und von den Gesetzen der Sterblichkeit befreit. Dies sind nichtige Schmeicheleien und Nährstoff vergeblicher Wünsche4. Die Seelen retten kann niemand anders als der allmächtige Gott, und darüber hinaus gibt es niemanden, der langes Leben verleihen und den Geist der Unsterblichkeit gewähren kann, außer ihm, der allein unsterblich und ewig ist und durch keine zeitliche Begrenzung eingeschränkt ist. Denn da alle Götter, ob sie nun wirklich existieren oder nur dem Gerücht oder der Meinung zufolge existieren sollen, durch seinen Willen und das Geschenk seiner Güte unsterblich und ewig sind, wie sollte es da möglich sein, dass sie anderen gewähren können, was sie selber sind, da sie dies doch als etwas Fremdes und von höherer Macht Verliehenes besitzen? Mag Etrurien noch so viele Opfertiere

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schlachten, mögen die Weisen sich alles Menschliche versagen, mögen die Magier alle Mächte besänftigen und erweichen: wenn nicht vom Herrn der Dinge den Seelen das gegeben wird, was das Wesen fordert, und zwar nach seiner Anordnung, so wird es sie später, wenn sie fühlen, dass das Ende kommt, sehr reuen, sich dem Gespött preisgegeben zu haben.

3) Laktanz Ein Echo der anti-christlichen Propaganda, die am Vorabend der diokletianischen Christenverfolgung am Kaiserhof von Nikomedien eventuell von Porphyrius selbst vorgetragen wurde, findet sich bei Laktanz (Nr. 74), der möglicherweise Ohrenzeuge jener Polemik war (Nr. 58) und sich in seinem apologetischen Hauptwerk mit der porphyrianischen Deutung der Gestalt Jesu, der Möglichkeit verschiedener Heilswege (Nr. 520) sowie der Ablehnung religiöser Toleranz (Nr. 210–211) auseinandersetzte.

Nr. 58 Laktanz, divinae institutiones 5,2,2–11 (2) Als ich in Bithynien, wohin man mich berufen hatte, Rhetorik lehrte1 und zur selben Zeit der Tempel Gottes niedergerissen wurde2, traten dort zwei Männer auf, die die schon am Boden liegende und niedergeschlagene Wahrheit verspotteten, wobei ich nicht weiß, ob ihr Hochmut oder ihre Unverschämtheit größer war. (3) Der eine bezeichnete sich als Priester der Philosophie3, doch war er so lasterhaft, dass er als Lehrer der Enthaltsamkeit nicht weniger vor Habgier als vor sinnlichem Verlangen brannte; sein Lebensstil war so verschwenderisch, dass er in der Schule als Verteidiger der Tugend, als Lobredner der Sparsamkeit und Armut auftrat4, im Kaiserpalast aber schlechter speiste als zu Hause. Dennoch verbarg er seine Laster unter seiner Haartracht, seinem Mantel und, die wirksamste Verschleierung, seinem Reichtum5. Um ihn zu mehren, drang er in erstaunlichem Ehrgeiz in die Freundeskreise der Richter ein und verpflichtete sich diese augenblicklich durch das Prestige seines falschen Titels, nicht nur um ihre Urteile zu verkaufen, sondern auch um seine Nachbarn, die er von ihren Häusern und Feldern vertrieben hatte, an der Rückforderung ihres Eigentums dank dieser Macht zu hindern. (4) Der Mann also, der seine Erörterungen durch seinen Lebenswandel diskreditierte bzw. seinen Lebenswandel durch seine Erörterungen bloßstellte, indem er gegenüber sich selbst ein strenger Zensor und ein überaus scharfer

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Ankläger war, hat zur selben Zeit, als das gerechte Volk in frevelhafter Weise zerfleischt wurde, drei Bücher gegen die Religion und den Namen der Christen ausgespieen6. (5) Er behauptete, „die Pflicht eines Philosophen bestehe vor allem darin, den Irrtümern der Menschen zu Hilfe zu kommen, sie auf den wahren Weg, das heißt zum Götterkult, zurückzurufen, durch deren Macht und Majestät die Welt regiert wird, und nicht zuzulassen, dass unkundige Menschen durch die Betrügereien gewisser Leute verführt werden, damit ihre Naivität sie nicht zur Beute und zum Opfer skrupelloser Menschen werden lässt. (6) Daher habe er diese der Philosophie würdige Aufgabe übernommen, denen, die nicht sehen, das Licht der Weisheit vor Augen zu führen, nicht nur damit sie den Götterkult mit vollziehen und dadurch wieder gesunden, sondern auch damit sie ihre hartnäckige Verstocktheit ablegen, Folterungen des Körpers vermeiden und nicht sinnlos die grausame Zerfleischung ihrer Glieder erdulden wollen.“ (7) Damit aber deutlich werde, weswegen er jenes Werk verfasst hatte, spendete er reiches Lob den Kaisern, „deren Frömmigkeit und Vorsehung“, wie zumindest er selbst sagte, „sich sowohl in den übrigen Angelegenheiten als auch besonders in der Verteidigung der Götterkulte glanzvoll manifestierte. Endlich sei für die menschlichen Interessen Sorge getragen worden, dass einem gottlosen und weibischen Aberglauben Einhalt geboten wurde, alle Menschen uneingeschränkt die legitimen Opfer vollziehen und das Wohlwollen der Götter erfahren konnten.“ (8) Sobald er aber die Vernünftigkeit der Religion, gegen die er plädierte, entkräften wollte, wirkte er ungereimt, nichtssagend, lächerlich, da er, der sich fremder Interessen so engagiert annahm, nicht nur darüber in Unkenntnis war, was er angriff, sondern auch was er sagte. (9) Denn wer von den Unseren dabei war7, obwohl er wegen der Zeitverhältnisse die Augen schließen musste, lachte dennoch im Stillen, sah er doch einen Menschen, der beanspruchte, er werde andere aufklären, während er selbst blind war, er werde andere vom Irrtum zurückführen, während er selbst nicht wusste, wohin er seine Füße setzen sollte, er werde andere zur Wahrheit erziehen, von der er niemals auch nur einen Funken geschaut hatte, – ja überhaupt, weil dieser Professor der Weisheit sich abmühte, die Weisheit zugrunde zu richten! (10) Alle Welt aber machte es ihm zum Vorwurf, dass er sich gerade zu der Zeit an dieses Werk gemacht hatte, da hasserfüllte Grausamkeit wütete. Welch ein Philosoph, ein Schmeichler und Opportunist! (11) Doch wurde er wegen seiner eigenen Gehaltlosigkeit verachtet; die Sympathie, die er erhoffte, erlangte er nicht, der Ruhm, dem er nachjagte, schlug um in Anschuldigung und Tadel.

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4) Firmicus Maternus Nachdem sich Firmicus Maternus (Nr. 81) noch als Heide in seinem Werk über die Astrologie (Nr. 59) anerkennend über Porphyrius geäußert hatte, distanzierte er sich als Konvertit um 346/7 in scharfer Form von dessen theurgischen Praktiken (Nr. 60). Nr. 59 Firmicus Maternus, mathesis 7,1,1 Auch Pythagoras und unser Porphyrius meinen, unser Geist werde durch religiöses Schweigen geheiligt; daher folge auch ich dem Gesetz dieser Männer … Nr. 60 Firmicus Maternus, de errore profanarum religionum 13,4–5 (4) Aber in diesem Götterbild wie in den anderen sammeln sich infolge der ständigen Opfer die unreinen Geister der Dämonen. Denn nichts anderes bewirken die Opfer und das infolge des fortgesetzten Schlachtens von Tieren vergossene Blut, als dass die Substanz der vom Teufel gezeugten und hervorgebrachten Dämonen aus diesem Blut Nahrung empfängt. Denn dass das so ist, hat Porphyrius, der Verteidiger der heidnischen Kulte, der Feind Gottes, der Gegner der Wahrheit, der Lehrer frevlerischer Künste1, uns mit offenkundigen Beweisen verraten. In den Büchern nämlich, die er „Über die Philosophie aus den Orakeln“ betitelt, hat er, da er deren Erhabenheit preisen will, vielmehr deren Ohnmacht eingestanden. Denn in den ersten Teilen der Bücher, das heißt bei der Einleitung, hat er gesagt: „Serapis, gerufen und in den Leib des Menschen versetzt, gab folgende Antwort.“2 (5) Nun mögen mir die verderbten Menschen sagen, wer stärker ist, derjenige, der ruft, befiehlt und einschließt, oder derjenige, der gerufen wird, erscheint und nach seinem Kommen in den Leib des ihn aufnehmenden, kraft seiner Gewalt ihm gebietenden Menschen eingeschlossen wird. Wir danken deinen Büchern, Porphyrius: du hast uns das Wesen deiner Götter verraten. Wir haben durch dich erfahren, wie deine Götter den ihnen gebietenden Menschen dienen. Dein Serapis wird von einem Menschen gerufen und kommt, und wenn er gekommen ist, empfängt er sofort seinen Befehl und wird eingeschlossen, und der Zwang, zu reden, wird ihm vielleicht sogar wider seinen Willen aufgenötigt.

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5) Rufin Nr. 61 Rufin, contra Hieronymum 2,9 … Porphyrius … ist ein spezieller Feind Christi; er versuchte, soweit es ihm möglich war, mit seinen Schriften die christliche Religion vollständig zu vernichten …

6) Augustinus Selbst ein Jahrhundert nach seinem Tod besaßen die Lehren des Porphyrius nach wie vor zahlreiche Anhänger. Noch zu Beginn des 5. Jh. vertraten heidnische Kreise in Nordafrika die porphyrianische Deutung der Gestalt Jesu als eines Weisheitslehrers ohne göttlichen Anspruch (Nr. 62, 66). Klar erkannte Augustin die unüberbrückbare Differenz zwischen dem neoplatonischen Erlösungsweg einer Befreiung der Seele vom Leib (Nr. 63–65) und der christlichen Soteriologie, die in der Inkarnation und Auferstehung Christi gründete, daher auch die leibliche Dimension des Menschen umfasste, nicht nur einer intellektuellen Elite zugänglich war, sondern allen Menschen offenstand (Nr. 66). Im Eingeständnis des Porphyrius, eine universal gültige Alternative zum christlichen Erlösungsweg historisch nicht nachweisen zu können, sah Augustin den Wahrheitsanspruch der platonischen Philosophie verwirkt. Im Unterschied dazu konnte das Christentum beanspruchen, das Problem der religiösen Vermittlung zwischen Gott und Mensch durch den universalen Mittler und Gottmenschen Jesus Christus gelöst zu haben und daher der einzige Heilsweg für alle Menschen zu sein (Nr. 66).

Nr. 62 Augustinus, de consensu evangelistarum 1,23 Was soll man nun dazu sagen, dass diese nichtigen Lobredner Christi und neidischen Widersacher der christlichen Religion deshalb nicht wagen, Christus zu schmähen, weil einige ihrer Philosophen, wie Porphyrius aus Sizilien in seinen Büchern berichtet, ihre Götter befragten, welche Antwort sie über Christus geben, diese aber gezwungen wurden, in ihren eigenen Orakeln Christus zu loben1. Kein Wunder, da wir auch im Evangelium lesen, dass die Dämonen ihn bekannt haben. Bei unseren Propheten steht nun aber geschrieben: „Die Götter der Heiden sind Dämonen“ (Ps 96,5) Deshalb halten diese Leute, um nichts gegen die Antworten ihrer Götter zu unternehmen,

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ihre Blasphemien von Christus zurück und ergießen sie über seine Jünger. Mir aber scheint, dass jene Götter der Heiden, die die heidnischen Philosophen befragen konnten, sogar, wenn man sich bei ihnen über die Jünger Christi erkundigt hätte, auch diese zu loben genötigt gewesen wären.

Nr. 63 Augustinus, de trinitate 4,20 Es gibt einige, die glauben, sich aus eigenem Vermögen reinigen zu können, um Gott zu schauen und sich mit ihm zu vereinigen; der Hochmut selbst ist ihr schlimmster Makel. … Der Grund, dass diese sich Reinigung aus eigenem Vermögen versprechen, liegt darin, dass einige von ihnen die Spitze des Geistes über jegliches Geschöpf hinaus zu erheben und das Licht der unveränderlichen Wahrheit ein klein wenig zu berühren vermochten1. Sie machen sich darüber lustig, dass die Menge der Christen, die während dieser Zeit allein aus dem Glauben leben, dies noch nicht erreicht hat. Doch was nützt es einem Hochmütigen, der sich deswegen schämt, das Holz zu besteigen, wenn er aus der Ferne die Heimat sieht, die jenseits des Meeres liegt? Und was schadet es einem Demütigen, wenn er aus so großer Entfernung sie nicht sehen kann, aber auf dem Holz zu ihr gelangt, von dem sich tragen zu lassen jener verschmäht?2 Nr. 64 Augustinus, sermo 241,7 „Alles Leibliche ist zu fliehen.“1 Porphyrius, einer ihrer großen Philosophen aus der jüngsten Zeit, der schärfste Feind des christlichen Glaubens, obwohl er schon während der christlichen Epoche lebte2, sagte und schrieb, auch wenn er sich seines unsinnigen Geschwätzes schämte und von den Christen zumindest teilweise scharf kritisiert wurde, diese Worte: „Alles Leibliche ist zu fliehen.“ Er sagte „alles“, als sei alles Leibliche eine lästige Fessel der Seele. Und gewiss, wenn man das Leibliche in welcher Form auch immer fliehen muss, so gibt es keine Möglichkeit, dass man ihm den Leib rühmt und erklärt, wie nach Gottes Lehre unser Glaube den Leib rühmt. Obwohl wir aus dem Leib, den wir jetzt haben, Strafe aufgrund der Sünde empfangen, und es ein Leib ist, der vergeht und die Seele belastet, so hat dieser Leib dennoch seine Schönheit, eine Ordnung der Glieder, eine Verschiedenheit der Sinne, eine aufrechte Statur und weiteres, worüber man staunt, wenn man es nur genau betrachtet. Trotzdem wird dies einmal völlig unvergänglich, völlig unsterblich, völlig frei und leicht beweglich sein.

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Nr. 65 Augustinus, retractationes 1,4,3 Die Stelle, an der es heißt: „Diese Sinnenwelt zu fliehen ganz und gar“ (sol 1,24) hätte mehr Vorsicht gebraucht, damit ich nicht in den Verdacht komme, der Meinung des falschen Philosophen Porphyrius beizustimmen, der gesagt hat, alles Leibliche sei zu fliehen. Nr. 66 Augustinus, de civitate Dei 10,24.27–28.32; 19,22–23 10,24 … Porphyrius war nun einmal den neidischen Mächten verfallen, schämte sich ihrer zwar, aber wagte nicht, sie offen anzugreifen, und wollte nicht einsehen, dass der Herr Christus der Urgrund ist, durch dessen Inkarnation wir gereinigt werden. Ja er verachtete ihn gerade im Fleisch, das er um des Opfers unserer Reinigung willen angenommen hat, und begriff das große Geheimnis nicht. Daran hinderte ihn sein Stolz, den der wahre und gütige Mittler durch seine Demut niederwarf, indem er sich den Sterblichen in seiner Sterblichkeit zeigte. Die boshaften und betrügerischen Mittler1 erhoben sich in ihrem Stolz umso mehr, weil sie diese Sterblichkeit nicht besaßen, und verhießen als Unsterbliche den sterblichen und elenden Menschen trügerische Hilfe. Der gute und wahre Mittler aber zeigte, dass die Sünde das Übel ist und nicht etwa die Substanz oder Natur des Fleisches2, die er ohne Sünde zugleich mit der Seele des Menschen annehmen und tragen, im Tode ablegen und in der Auferstehung umwandeln und vervollkommnen konnte. Er zeigte ferner, dass man selbst dem Tod, obwohl er Sündenstrafe ist, den er jedoch um unseretwillen ohne Sünden auf sich nahm, nicht durch Sündigen aus dem Weg gehen darf, ihn vielmehr, wenn es sich so ergibt, für die Gerechtigkeit ertragen soll. So konnte er durch seinen Tod von Sünden erlösen, weil er starb, aber das nicht wegen seiner Sünde. Ihn hat jener Platoniker nicht als Urgrund erkannt, sonst hätte er ihn auch als Grund unserer Reinigung erkennen müssen. Denn nicht das Fleisch, auch nicht die menschliche Seele ist der Urgrund, sondern das Wort, durch das alles geschaffen ist (Joh 1,3). Und das Fleisch reinigt nicht durch sich selbst, sondern es reinigt durch das Wort, von dem es angenommen wurde, als das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte (Joh 1,14). … 27 … Du aber hast das nicht von Platon, sondern von den chaldäischen Lehrern gelernt, dass du menschliche Schwächen zu den ätherischen, lichtdurchfluteten Höhen der Welt und den himmlischen Firmamenten erhobst, nur damit eure Götter den Theurgen Göttliches mitteilen können. Trotzdem machst du dich durch deine Intellektualität dieser Art von Göttlichem überle-

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gen, da du als Philosoph die Reinigungen der theurgischen Kunst durchaus nicht nötig zu haben meinst. Aber anderen bürdest du sie auf, um dich damit deinen Lehrmeistern gewissermaßen erkenntlich zu zeigen, und verführst die Leute, die nicht philosophieren können, zu Dingen, die dir, dem zu Höherem Berufenen, als nutzlos gelten. So veranlasst du alle, denen die Befähigung zur schwierigen, nur einigen wenigen vorbehaltenen Philosophie abgeht, sich an die Theurgen zu wenden, damit diese zwar nicht ihre intellektuelle, aber wenigstens ihre spirituelle Seele reinigen3. So zwingst du viel mehr Menschen zu deinen geheimen und verbotenen Lehrern als in die platonischen Schulen zu gehen; denn die Menge derer, die mit der Philosophie nichts im Sinn haben, ist nun einmal unvergleichlich größer. Haben dir doch diese unreinsten Dämonen, die sich als ätherische Götter aufspielen, deren Verkünder und Bote du geworden bist, verheißen, dass die, deren spirituelle Seele durch theurgische Kunst gereinigt ist, zwar nicht zum Vater zurückkehren, aber über den Luftregionen bei den ätherischen Göttern wohnen werden. Doch davon will die große Menschenmenge, zu deren Befreiung von der Macht der Dämonen Christus kam, nichts mehr hören. Denn in ihm finden sie die erbarmungsvollste Reinigung ihres Geistes, ihrer Seele und ihres Leibes. Darum wurde er ja voll und ganz Mensch ohne Sünde, um das ganze Menschenwesen von der Sündenpest zu heilen. Hättest doch auch du ihn kennen gelernt und deine Heilung eher ihm anvertraut statt deiner Geisteskraft, die menschlich, gebrechlich und schwach ist, oder gar deiner so verderblichen Neugier! Es wäre dir besser ergangen. … Es genügt, dass du selber zugibst, durch theurgische Reinigung könne die intellektuelle Seele, das ist unser Geist, nicht gereinigt werden, und die spirituelle, also unser niederer Seelenteil, der durch diese Kunst rein werden soll, könne auf diese Weise nicht unsterblich und ewig werden. Christus aber verheißt das ewige Leben; deshalb strömt zu ihm die Welt zusammen, was euch zwar ärgert, aber doch in Verwunderung und Erstaunen versetzt. … 28 … Die Unwissenheit wenigstens und viele daraus resultierende Fehlhaltungen, so sagst auch du, können durch keine Zeremonien gereingt werden, sondern allein durch den väterlichen Nous, das heißt, den väterlichen Verstand oder Intellekt, der um den väterlichen Willen weiß. Dass dies aber Christus ist, willst du nicht glauben, denn ihn verachtest du wegen seines Leibes, den er von einer Frau angenommen hat, und wegen der Schmach seines Kreuzes. Du hältst dich für fähig, alles Niedrige zu verschmähen und zu verwerfen und die erhabene Weisheit aus höheren Sphären herab zu holen. Er aber erfüllt, was die heiligen Propheten wahrheitsgemäß von ihm vorausgesagt haben: „Ich will die Weisheit der Weisen zunichte machen und die Klugheit der Klugen verwerfen“ (Jes 29,14) … 32 Das ist die Religion, die den universalen Weg zur Befreiung der Seele

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zeigt. Nur auf ihm kann sie Befreiung finden. Das ist gewissermaßen der königliche Weg zu nennen, der allein zu dem Reich führt, das nicht in seiner zeitlichen Größe schwankt, sondern in ewiger Festigkeit gesichert dasteht. Wenn aber Porphyrius gegen Ende seines ersten Buches „Von der Rückkehr der Seele“ sagt, noch bei keiner Schule habe Eingang gefunden, was den universalen Weg zur Befreiung der Seele ausmache4 – weder die wahrste Philosophie5 noch die Lebensregel und Anweisungen der Inder6, noch die Initiation der Chaldäer7, noch sonst ein Weg, wüssten etwas davon –, und ihm wenigstens sei durch historische Forschung von solch einem Weg nichts bekannt geworden, nun so gibt er zweifellos zu, dass zwar ein solcher Weg existiert, dieser ihm aber noch nicht zur Kenntnis gekommen ist8. Demnach genügte ihm all das nicht, was er sich über die Befreiung der Seele so eifrig angeeignet hatte und was er, wie er selber und noch mehr die anderen glaubten, davon wusste und kannte. Er fühlte nämlich, dass ihm noch eine ganz überragende Autorität fehlte, der er bei einer so wichtigen Frage folgen müsste. Wenn er aber sagt, keine sei es auch noch so wahre Philosophie habe ihm bisher eine Schule zeigen können, die über den universalen Weg zur Befreiung verfüge, so gibt er damit, meine ich, deutlich genug zu verstehen, dass entweder die von ihm selbst vertretene Philosophie nicht die wahrste sein könne oder doch über diesen Weg nicht verfüge. Aber wie kann das die wahrste Philosophie sein, die nicht über diesen Weg verfügt? Denn welches sonst wäre der universale Weg zur Befreiung der Seele, wenn nicht der, auf dem alle Seelen befreit werden und ohne den keine befreit wird? Wenn er aber hinzufügt: „noch die Lebensregel und Anweisungen der Inder, noch die Initiation der Chaldäer, noch sonst ein Weg“, bezeugt er so klar wie nur möglich, dass auch das, was er von den Indern und Chaldäern gelernt hatte, diesen universalen Weg zur Befreiung der Seele nicht enthielt, konnte er doch nicht verschweigen, dass er von den Chaldäern göttliche Orakelsprüche empfangen habe, die er immer wieder erwähnt. Was meint er also mit diesem universalen Weg zur Befreiung der Seele, der noch nicht bekannt geworden sei, weder durch die wahrste Philosophie noch durch die Lehren derjenigen Völker, die auf religiösem Gebiet besonderes Ansehen genießen, weil bei ihnen das neugierige Fragen nach den Engeln und ihrem Kult solche Rolle spielt – diesem Weg, der ihm durch keine historische Forschung bekannt geworden sei? Welches ist dieser universale Weg, wenn nicht der, den Gott nicht jedem Volk für sich allein, sondern allen Völkern gemeinsam eröffnet hätte? Dass ein solcher existiere, daran zweifelt der mit ungewöhnlichen Geistesgaben ausgestattete Mann doch nicht. Er glaubt nicht, dass die göttliche Vorsehung die Menschheit ohne diesen universalen Weg zur Befreiung der Seele gelassen haben könnte. Er sagt ja nicht, es gebe ihn nicht, sondern nur, dieses große Gut, diese große Hilfe habe noch nicht Eingang gefunden, sei noch

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nicht zu seiner Kenntnis gelangt, und das ist nicht verwunderlich. Denn Porphyrius lebte zu einer Zeit, in der der universale Weg zur Befreiung der Seele, der kein anderer ist als die christliche Religion, noch von den Verehrern der Abgötter und Dämonen und den irdischen Herrschern bekämpft werden durfte, damit die Zahl der Märtyrer, das heißt der Wahrheitszeugen, gesichert und geweiht würde, die uns vor Augen führen sollten, dass man alle körperlichen Leiden um des frommen Glaubens willen und zur Verbreitung der Wahrheit zu erdulden bereit sein muss. Diese Verfolgungen sah Porphyrius und glaubte, dass durch sie diesem Weg rasch ein Ende bereitet werden würde und er deswegen nicht der universale Weg zur Befreiung der Seele sein könne. Aber er begriff nicht, dass gerade das, was ihn beunruhigte und was er bei der Erwählung dieses Weges zu erdulden fürchtete, gerade zu seiner Festigung und umso wirksameren Empfehlung dienen sollte. Das ist also der universale Weg zur Befreiung der Seele, der allen Völkern durch Gottes Erbarmen eröffnet ist. Aber niemand von all denen, die inzwischen von ihm Kenntnis gewonnen haben und künftig noch gewinnen werden, durfte und darf sagen: Warum gerade jetzt? und: Warum erst so spät? Denn der Ratschluss dessen, der ihn bekannt gab, ist für den Menschengeist unergründlich. Das hat auch Porphyrius empfunden, als er sagte, diese Gabe Gottes habe noch keinen Eingang gefunden und sei ihm noch nicht bekannt geworden. Denn er bestritt ja nicht deswegen ihre Wirklichkeit, weil er sie noch nicht gläubig angenommen oder Kenntnis von ihr gewonnen hatte. … Dieser Weg reinigt den ganzen Menschen und bereitet den Sterblichen in allen Teilen, aus denen er besteht, für die Unsterblichkeit vor. Denn damit man nicht nach einer besonderen Reinigung für den intellektuellen Teil, wie Porphyrius ihn nennt, suchte, nach einer anderen für den von ihm sogenannten spirituellen und noch nach einer anderen für den Körper selbst, hat der wahrhaftigste und mächtigste Reiniger und Erlöser das ganze menschliche Wesen angenommen. Außerhalb dieses Weges, der der Menschheit niemals fehlte, da alles teils als künftig vorausgesagt, teils als bereits geschehen verkündigt wurde, ist niemand jemals erlöst worden, wird niemand erlöst, wird auch niemand erlöst werden. … Wer nun nicht glaubt und infolgedessen auch nicht einsieht, dass dieser Weg, der zum Schauen Gottes und zur ewigen Vereinigung mit ihm führt, wie ihn die heiligen Schriften wahrheitsgemäß verkünden und bezeugen, der rechte ist, der mag ihn bekämpfen, niederkämpfen wird er ihn nicht. … 19,22 … Porphyrius, der gelehrteste der Philosophen, wenn auch der erbittertste Feind der Christen … 23 Denn in den Büchern, die er „Philosophie aufgrund von Orakelsprüchen“ nennt und in denen er angebliche Götterworte über philosophische Probleme anführt und zusammenstellt, sagt er, um seine eigenen Worte, aus

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der griechischen in unsere Sprache übersetzt, hier anzuführen: „Als jemand fragte, welchen Gott er versöhnen solle, um seine Frau wieder vom Christentum abzubringen, antwortete Apollon in folgenden Versen.“ Nun also der Bescheid, den Apollon gegeben haben soll: „Eher kannst du in lesbarer Schrift auf Wasser schreiben oder wie ein Vogel leicht beschwingt durch die Lüfte fliegen, als den Sinn der befleckten, gottlosen Gattin zu ändern. Möge sie nach Belieben in ihrem nichtigem Wahn verharren und einen toten Gott in Klageliedern feiern, den nach gerechtem Urteilsspruch in den besten Jahren ein schändlicher Tod mit rauher Gewalt dahingerafft hat.“9 … Doch auch Gutes sagt dieser Philosoph von Christus, und es ist, als hätte er seine von uns soeben erwähnte Schmähung vergessen oder als hätten seine Götter Christus nur im Schlaf gelästert, aber beim Erwachen erkannt, wie gut er ist, und ihn nun gebührend gerühmt. So erklärt er wie jemand, der etwas Wunderbares und Unglaubliches verkünden will: „Gewiss wird für manch einen unerwartet erscheinen, was wir nun sagen wollen. Die Götter haben nämlich Christus selbst für überaus fromm erklärt und unsterblich geworden und mit Lobsprüchen seiner gedacht. Die Christen aber, sagen sie, sind besudelt und befleckt und in Irrtum verstrickt, und noch viele ähnliche Schmähungen bringen sie gegen sie vor.“10 Dann fügt er angebliche göttliche Orakelsprüche mit Schmähungen der Christen hinzu und fährt anschließend fort: „Auf die Frage aber, ob Christus ein Gott sei, antwortete Hekate: Dass die unsterbliche Seele, vom Leib gelöst, ihren Wandel fortsetzt, weißt du, doch von der Weisheit getrennt, irrt sie immer umher. Seine Seele aber ist die eines überaus frommen Mannes, nur ihre Verehrer sind von der Wahrheit weit entfernt.“11 Zu diesen angeblichen Orakelworten bemerkt er selber noch: „Sie sagte also, er sei ein überaus frommer Mann und seine Seele sei wie die anderer Frommer nach seinem Tod der Unsterblichkeit würdig befunden, aber Unwissenheit sei es, wenn die Christen sie verehren.“ Und weiter: „Auf die Frage aber: Warum wurde er denn verurteilt? erwiderte die Göttin durch Orakelspruch: Der Leib ist ständig aufreibenden Qualen ausgesetzt, doch die Seele der Frommen hat ihre Wohnstätte im Himmel. Jene Seele aber wurde anderen Seelen zum Verhängnis, denen das Schicksal nicht gewährte, Gaben der Götter zu empfangen und die Kenntnis des unsterblichen Jupiter zu erlangen, und sie verstrickte sie in Irrtum. Darum sind sie den Göttern verhasst, weil sie, denen das Schicksal die Erkenntnis Gottes und den Empfang göttlicher Gaben versagte, durch diesen Mann in verhängnisvollen Irrtum verstrickt wurden. Er selbst aber war fromm und ist wie andere Fromme in den Himmel eingegangen. Darum sollst du ihn nicht lästern, wohl aber die Naivität der Menschen bemitleiden, infolge derer er ihnen so leicht zur größten Gefahr werden konnte.“ Wer wäre nun so naiv, nicht einzusehen, dass diese Orakelsprüche von einem gerissenen, dazu den Christen höchst feindlich gesinnten Menschen

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erfunden oder in ähnlicher Absicht von unreinen Dämonen vorgebracht worden sind, um durch Lobsprüche für Christus ihre gegen die Christen gerichtete Kritik glaubhaft zu machen und so womöglich den Weg zum ewigen Heil zu versperren, auf dem man ein Christ wird? Die Dämonen empfinden es nicht als Gegensatz zu ihrer List, die tausendfältig schaden will, wenn man ihrem Lob Christi glaubt, sofern man nur auch ihrer Kritik an den Christen Glauben schenkt. Denn dem, der beides glaubt, machen sie zu einem solchen Lobredner Christi, dass er aber gar kein Christ mehr werden will, und den darum Christus, obwohl von ihnen gelobt, von der Herrschaft dieser Dämonen nicht befreien kann. Zumal sie Christus in einer Weise loben, dass der, der an ihn glaubt, so wie sie ihn verkünden, kein wahrer Christ ist, sondern ein photinianischer Häretiker, der Christus nur als Menschen, nicht auch als Gott kennt und deshalb weder von ihm gerettet werden noch die Schlingen jener lügnerischen Dämonen vermeiden oder zerreißen kann. Wir aber können ebenso wenig dem Apollon zustimmen, der Christus kritisiert, noch der Hekate, die ihn lobt. Jener will, dass man Christus für einen Verbrecher hält, der von gerecht urteilenden Richtern getötet sei, diese aber, dass man ihn für einen überaus frommen Menschen, doch eben nur für einen Menschen hält. Dennoch ist die Absicht beider die gleiche. Sie wollen die Menschen nicht Christen werden lassen, denn wenn sie es nicht sind, können sie auch nicht ihrer Macht entrissen werden. Unser Philosoph also oder vielmehr die, die solchen angeblichen Orakeln gegen die Christen glauben, mögen zunächst einmal zusehen, wie sie Hekate und Apollon in ihrem Urteil über Christus in Einklang bringen, so dass sie ihn entweder beide verdammen oder beide loben. Aber brächten sie das auch fertig, so würden wir nichtsdestoweniger die trügerischen Dämonen meiden, ganz gleich, ob sie Kritiker oder Lobredner Christi sind. Da aber ihr Gott und ihre Göttin einander widersprechen, indem er Christus kritisiert, während sie ihn lobt, werden Menschen mit gesundem Urteilsvermögen ihren Schmähungen der Christen gewiss keinen Glauben schenken.

7) Staatliche Reaktionen Nr. 67 Kaiser Konstantin, epistula 22 (= Sokrates Scholasticus, historia ecclesiastica 1,9,30) Der Sieger Kaiser Konstantin der Große an Bischöfe und Volk1. Arius, der böse und gottlose Menschen nachahmte, hat mit Recht auch deren Schande zu erleiden. Wie Porphyrius, der Feind der Religion, frevel-

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hafte Schriften gegen die Religion verfasst und dafür den gerechten Lohn gefunden hat, dass er von der Nachwelt geschmäht und in Verruf geraten ist, und dass seine gottlosen Bücher fast ganz verschwunden sind, so beschlossen wir, dass Arius und seine Genossen von jetzt an Porphyrianer heißen, damit sie den Namen derer tragen, deren Sitten sie nachahmen. …

Nr. 68 Kaiser Theodosius II. und Valentinianus III. (17. Febr. 448) (= Codex Justinianus 1,1,3) Wir verkünden, dass alles, was Porphyrius, von seinem eigenen Wahnsinn getrieben, … gegen die fromme Religion der Christen niedergeschrieben hat, bei wem auch immer es sich findet, dem Feuer übergeben wird. Wir wollen nämlich, dass alle Schriften, die Gott erzürnen und den Seelen schaden, den Menschen nicht mehr zu Ohren kommen.

IV. Neue Angriffe 1) Hierokles Kaiser Diokletians Versuch vom Jahr 303, die Christen zu den religiösen Traditionen Roms zurückzuführen, wurde von einer Propagandaoffensive flankiert, zu deren Protagonisten neben Porphyrius (Nr. 58) auch der hohe Staatsfunktionär Sossianus Hierokles gehörte. Während er zunächst als Berater am Kaiserhof im Hintergrund des diokletianischen Christenedikts stand, trat er nach Ausbruch der Verfolgung durch Vorträge aus seiner Propagandaschrift „Wahrheitsliebende Reden“ in der Residenzstadt an die Öffentlichkeit. Dieses bei Laktanz (Nr. 69) erwähnte und eventuell bei Macarius Magnes (Nr. 70) fragmentarisch erhaltene Werk beinhaltete eine minutiöse Bibelkritik, aber auch den Versuch, durch einen Vergleich mit dem legendenumwobenen Wanderprediger und Wundertäter Apollonius von Tyana die Gestalt Jesu in ihrer Bedeutsamkeit zu relativieren.

Nr. 69 Laktanz, divinae institutiones 5,2,12–17; 3,1–26 2 (12) Der andere schrieb über dasselbe Thema noch bissiger1. Er gehörte damals zur Zahl der Staatsbeamten und war insbesondere Anstifter der Verfolgung. Mit diesem Verbrechen nicht zufrieden, verfolgte er auch mit seinen

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Schriften diejenigen, die er angegriffen hatte. (13) Er verfasste nämlich zwei Bücher, nicht „Gegen die Christen“, um nicht den Eindruck zu erwecken, in feindseliger Gesinnung eine Hetzjagd zu veranstalten, sondern „An die Christen“, um als menschenfreundlicher und gütiger Ratgeber zu gelten2. Hierin versuchte er, die Unwahrheit der heiligen Schrift nachzuweisen, als sei sie als Ganze in sich widersprüchlich. (14) Er legte nämlich einige Passagen aus, die sich zu widersprechen schienen, zählte dabei so viele Details, so verborgene Dinge auf, dass es so aussieht, als hätte er einmal zur selben Lehre gehört. (15) Wenn er das tatsächlich gewesen ist, welcher Demosthenes könnte vor der Anklage der Gottlosigkeit den Menschen verteidigen, der an der Religion, der er zugerechnet worden war, an dem Glauben, dessen Namen er angenommen, und an dem Sakrament, das er empfangen hatte, zum Verräter geworden ist ? Es sei denn, dass ihm die göttlichen Schriften durch Zufall in die Hände geraten sind. (16) Welche Kühnheit war es also zu wagen, das zu zerstören, was ihm niemand erklärt hatte! Gut, dass er entweder nichts gelernt oder nichts begriffen hat. Widersprüchlichkeit liegt nämlich den göttlichen Schriften ebenso fern, wie er dem Glauben und der Wahrheit fern stand. (17) Dennoch hat er insbesondere Paulus und Petrus mit der Behauptung zerrissen, sie würden „die Lüge aussäen“, obwohl er ihnen gleichzeitig attestierte, sie seien „kulturlos und ungebildet gewesen, denn einige von ihnen hätten ihren Lebensunterhalt durch den Beruf von Fischern verdient.“ Man möchte meinen, er habe sich schwer damit getan, dass kein Aristophanes oder Aristarch3 diese Sache niedergeschrieben hat. 3 (1) Fern lag ihnen also Täuschungsabsicht und Verschlagenheit, weil sie ja gerade ungebildet waren4. Oder wie könnte ein Ungelehrter Passendes und Stimmiges erdichten, wo doch die gelehrtesten Philosophen Platon, Aristoteles, Epikur und Zenon selbst Widersprüchliches und Unstimmiges gesagt haben? Das nämlich ist das Wesen der Lügen, dass sie nicht ‚stimmen‘ können. (2) Weil aber deren Überlieferung wahr ist, passt sie rundum, ist ganz mit sich in Einklang und überzeugt deswegen, weil sie auf einer durchgängigen Vernünftigkeit beruht. (3) Sie haben also nicht um des Gewinnes oder Vorteils willen diese Religion ersonnen, zumal da sie ja in den Weisungen und der Sache selbst das Leben befolgt haben, das kein sinnliches Vergnügen kennt und alles, was zu den Gütern zählt, gering schätzt, und da sie nicht nur für den Glauben den Tod auf sich genommen haben, sondern auch wussten und vorhersagten, dass sie sterben würden und später alle, die ihrer Lehre folgten, Widriges und Unsägliches erleiden würden. (4) „Nachdem aber Christus selbst“, behauptete er, „von den Juden vertrieben wurde, sammelte er eine Schar von 900 Männern und unternahm Raubzüge.“5 (5) Wer wollte es wagen, einer so großen Autorität zu widersprechen? Wir wollen es ihm ohne weiteres glauben, denn vielleicht hat ihm dies ein

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

Apollon6 im Traum mitgeteilt! Zu allen Zeiten sind zahllose Räuber zugrunde gegangen und täglich gehen welche zugrunde, ja, auch du selbst hast viele verurteilt; wer von ihnen wurde nach seiner Kreuzigung, ich will nicht sagen „Gott“, sondern „Mensch“ genannt? (6) Aber vielleicht hast du es aufgrund der Tatsache geglaubt, dass ihr den Menschenmörder Mars in den Rang der Götter aufgenommen habt7. Doch hättet ihr dies nicht getan, wenn ihn das Tribunal des Areopags ans Kreuz gebracht hätte! (7) Indem derselbe Mann die Wundertaten Christi abzuwerten suchte, ohne sie jedoch zu leugnen, wollte er zeigen, dass „Apollonius ähnliche oder sogar bedeutendere vollbracht habe.“8 Erstaunlich, dass er Apuleius9 überging, dessen zahlreiche Wunder man gewöhnlich erwähnt. (8) Weshalb also, du Schwachkopf, verehrt niemand Apollonius als Gott?10 Es sei denn du allein; zweifellos bist du eines solchen Gottes würdig, mit dem zusammen der wahre Gott dich auf ewig bestrafen wird. (9) Wenn Christus ein Magier war, „weil er Wundertaten vollbrachte“11, dann war „Apollonius“, der, wie du schreibst, „plötzlich aus dem Gerichtssaal verschwand, als Domitian ihn bestrafen wollte“12, auf jeden Fall ein noch kundigerer als jener, der sich ergreifen und ans Kreuz schlagen ließ. (10) Aber vielleicht wollte er ja deswegen Christus Selbstüberhebung vorwerfen, weil er sich als Gott ausgegeben habe, damit jener ehrfurchtsvoller gewesen zu sein scheint, der zwar Größeres vollbrachte, wie er meint, trotzdem aber daraus keine Ansprüche ableitete. (11) Ich unterlasse es, jetzt die Werke selbst miteinander zu vergleichen, da ich im zweiten und vorangegangen Buch über den Trug und die Täuschungsversuche der magischen Kunst gesprochen habe. (12) Ich behaupte, dass es niemanden gibt, der nicht vor allem wünscht, nach dem Tod vor allem das zu erlangen, was auch die größten Könige begehren. (13) Warum verschaffen sich denn Menschen prächtige Grabmäler, warum Statuen, warum Porträts? Warum bemühen sie sich durch Heldentaten oder sogar durch den Lebenseinsatz für ihre Mitbürger die Achtung der Menschen für sich zu gewinnen? Warum sonst hast schließlich du selbst dieses fluchwürdige Denkmal deines Geistes errichten wollen, das auf Dummheit gebaut ist wie auf Mist, wenn nicht deshalb, weil du von der Erinnerung an deinen Namen Unsterblichkeit erhoffst? (14) Es ist also dumm zu meinen, Apollonius habe nicht gewollt, was er gewiss gewünscht hätte, wenn er es gekonnt hätte, da es niemanden gibt, der die Unsterblichkeit ablehnt, zumal du behauptest, „er sei von einigen als Gott angebetet worden und seine Statue, die unter dem Namen des Herkules Alexicacus errichtet wurde, werde auch jetzt noch von den Ephesern verehrt.“13 (15) Man konnte ihn also nicht nach seinem Tod für einen Gott halten, da feststand, dass er ein Mensch und ein Magier war; daher strebte er nach göttlichem Rang, unter einem fremden Namenstitel, weil er es unter dem eigenen weder konnte noch wagte. Den unseren hingegen konnte man für

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einen Gott halten, weil er kein Magier war, und man hielt ihn tatsächlich dafür, weil er es wirklich war. (16) „Ich behaupte nicht“, sagt er, „dass man Apollonius deswegen nicht für einen Gott hielt, weil er es nicht wollte, sondern damit deutlich werde, dass wir, die wir den Glauben an Göttlichkeit nicht unmittelbar an Wundertaten geknüpft haben, weiser sind als ihr, die ihr wegen unbedeutender Wunderzeichen schon glaubt, dass er ein Gott sei.“ (17) Es ist nicht erstaunlich, wenn du, der du von der Weisheit Gottes weit entfernt bist, überhaupt nichts von dem verstehst, was du gelesen hast, wenn schon die Juden, die von Anfang an immer wieder die Propheten gelesen hatten und denen das Mysterium Gottes anvertraut worden war, trotzdem nicht begriffen, was sie da lasen. (18) Nimm also zur Kenntnis, wenn du nur ein wenig gutwillig bist, dass wir nicht deshalb glauben, er sei Gott, „weil er Wundertaten vollbrachte“, sondern weil wir in ihm alles erfüllt gesehen haben, was uns durch die Vorhersage der Propheten angekündigt wurde. (19) „Er hat Wundertaten vollbracht“: Wir hätten ihn für einen Magier gehalten, wie ihr ihn dafür haltet und die Juden ihn damals dafür hielten, wenn nicht sämtliche Propheten infolge ein und derselben Inspiration vorausgesagt hätten, dass er gerade jene Dinge tun werde. (20) Daher halten wir ihn für Gott, nicht so sehr aufgrund der wunderbaren Taten und Werke als gerade aufgrund des Kreuzes, das ihr wie Hunde beleckt, da auch jenes zugleich vorausgesagt worden ist. (21) Nicht aufgrund seines eigenen Zeugnisses also – denn wem kann man glauben, wenn er über sich selbst spricht? –, sondern aufgrund des Zeugnisses der Propheten, die alles, was er tat und erlitt, weit im Voraus verkündeten, hat er den Glauben an seine Göttlichkeit erlangt, was weder einem Apollonius noch Apuleius noch sonst einem Magier zuteil wurde oder irgendwann einmal zuteil werden kann. (22) Nachdem er also derartige Phantastereien seiner Unwissenheit verbreitet hatte und nachdem er versucht hatte, die Wahrheit völlig zu vernichten, wagte er es, seine frevelhaften und gottesfeindlichen Bücher „Freunde der Wahrheit“14 zu nennen! (23) Welch ein verblendeter Sinn, welch ein Verstand, der noch dunkler ist als die sprichwörtliche Finsternis der Kimmerer! Er hätte gut ein Schüler des Anaxagoras sein können, für den die Schneeflocken Tinte waren15. Nun zeugt es aber von derselben Blindheit, dem Wahren den Namen der Falschheit und der Lüge den Namen der Wahrheit zu geben. Offenkundig wollte dieser verlogene Mensch den Wolf im Schafsfell verbergen, um mit dem trügerischen Titel den Leser zu umgarnen. (24) Doch zugestanden, du hast dies aus Unwissenheit, nicht aus Bosheit getan: Welche Wahrheit hast du uns denn nun gebracht außer der Tatsache, dass du als Verteidiger der Götter gerade sie selbst am Ende verraten hast?

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1. D) Neoplatonismus und Synkretismus

(25) Indem du nämlich dem „höchsten Gott“ Lob gespendet hast, den du „als König, als Höchsten, als Bildner der Welt, als Quelle der Güter, als Vater aller, als Schöpfer und Nährer der Lebenden“ bekannt hast, hast du deinem Iupiter die Königswürde genommen, ihn von der höchsten Macht vertrieben und in die Schar seiner Diener versetzt. (26) Daher klagt dich dein Schlusswort der Torheit, der Gehaltlosigkeit und des Irrtums an. Du versicherst nämlich, dass es Götter gibt und unterwirfst sie dennoch und gibst sie dem Gott in die Hand, dessen Religion du zu vernichten suchst16.

Nr. 70 Hierokles (?), philalêthês logos (= Macarius Magnes, apocriticus 3,16) Prüfe aber auch den Abschnitt genau, der da lautet: „Denen, die gläubig geworden sind, werden diese Wunderzeichen folgen: auf die Kranken werden sie die Hände legen, und diese werden gesund werden, und wenn sie tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden“ (Mk 16,17 f.). Daher müssen die Auserlesenen der Priesterschaft und insbesondere die, die nach dem bischöflichen Amt oder dem Vorsitz streben, folgenden Wahlmodus anwenden: einen tödlichen Gifttrank würde man ihnen vorsetzen müssen, damit der, dem der Trank nichts schadete, den anderen vorgesetzt werde. Haben sie aber nicht den Mut, sich diesem Modus zu unterziehen, so müssen sie bekennen, dass sie den Worten Jesu nicht glauben. Denn wenn es dem Glauben eigen ist, die Schädlichkeit des Gifts zu überwinden und den Schmerz des Kranken zu vertreiben, so fehlt dem, der glaubt und doch solches nicht vollbringen kann, entweder der echte Glaube oder er besitzt ihn zwar, aber er hält den Inhalt des Glaubens nicht für etwas Mächtiges, sondern für etwas Schwaches.

2) Die Replik des Eusebius Wenige Monate nach dem ersten Toleranzedikt des Galerius (311) kam es zu neuen Repressionen unter Kaiser Maximinus Daia. Innerhalb der von ihm organisierten Propagandaoffensive dürfte die anti-christliche Polemik des Hierokles neue Aktualität und ein breiteres Publikum erreicht haben. Da auch nach der letzten Verfolgungswelle im Jahre 312 die Gestalt des Apollonius von Tyana vor allem in Kleinasien durch fortwährende Wundertätigkeit kultische Verehrung genoß, sah sich Eusebius genötigt, weniger dem Christengegner Hierokles als dem „heiligen Heiden“ Apollonius mit einer apologetischen Schrift entgegenzutreten. Deren kritische Exegese der ApolloniusBiographie und Entmythologisierung seiner Person richtete sich zwar primär

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an gebildete Heiden, sollte jedoch auch Christen vor einer Infiltration der paganen Religiosität schützen, die in jenem Wundertäter einen beeindruckenden Konkurrenten Christi vorweisen konnte.

Nr. 71 Eusebius, contra Hieroclem 1–2.4 Von Eusebius Pamphilus gegen die Schriften Philostrats zugunsten des Apollonius aufgrund der zwischen diesem und Christus von Hierokles vorgenommenen Parallelisierung. 1 Du hältst also, lieber Freund1, die Berichte dieses Schriftstellers für bewunderungswürdig, die er wie ein Märchen erzählt hat, um unseren Erlöser und Lehrer mit dem Mann von Tyana zu vergleichen. Gegen die übrigen Behauptungen, die im „Freund der Wahrheit“ enthalten sind – denn so schien es ihm gut, seine Schrift gegen uns zu betiteln – Stellung zu nehmen, wäre für den Augenblick nicht nötig, da es nicht seine eigenen sind, sondern sie völlig schamlos von anderen gestohlen wurden, nicht nur hinsichtlich der Ideen, sondern sogar der Worte und Silben. Auch diese Behauptungen könnten zu gegebener Zeit eine angemessene Widerlegung erfahren. Der Sache nach sind sie bereits, schon ehe ihnen eine besondere Schrift entgegnet, im Voraus widerlegt und des Irrtums überführt worden in sämtlichen acht Büchern des Origenes, die gegen das Werk des Celsus verfasst wurden, das den Titel „Wahre Lehre“ trägt und noch anmaßender ist als „Der Freund der Wahrheit.“ Der genannte Autor unterzieht jenes Werk in dem von uns schon erwähnten Umfang einer lückenlosen Untersuchung, wobei er ein für alle Male alles, was immer zu diesem Thema von irgendjemandem gesagt worden ist und gesagt werden kann, im Voraus entkräftet hat. Nachdem wir darauf alle verwiesen haben, die, aus Wahrheitsliebe, unsere Lehre genau kennen lernen möchten, wollen wir für den Augenblick, wenn du gestattest, die Parallelisierung untersuchen, die die Schrift „Freund der Wahrheit“ bezüglich unseres Herrn Jesus Christus vornimmst. Wir halten es nämlich nicht für nötig, die übrigen Argumente zu bekämpfen, die er von anderen Autoren gestohlen hat. Zu Recht werden wir uns momentan auf die Berichte über Apollonius konzentrieren, da Hierokles als einziger unter den Autoren, die uns jemals angegriffen haben, unlängst die Parallelisierung und den Vergleich zwischen diesem Mann und unserem Erlöser in den Mittelpunkt gestellt hat. 2 Voller Bewunderung nimmt er beispielsweise an, dass dieser Mann, wie er sagt, nicht durch Zaubertricks, sondern durch eine göttliche und geheimnisvolle Weisheit Wunder gewirkt habe, und er glaubt, dass sie sich wirklich so zugetragen haben, obwohl er keinen Beweis für seine Behauptung vor-

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bringt. Vernimm daher seine eigenen Worte: „Sie machen lang und breit großes Gerede, um Jesus zu glorifizieren, dass er Blinde sehend machte und gewisse andere Wunder dieser Art vollbrachte.“ Etwas weiter fügt er Folgendes hinzu: „Wir wollen indessen betrachten, wie viel besser und vernünftiger die Art ist, in der wir solche Dinge auffassen, und welche Ansicht wir über Männer haben, die mit wunderbaren Kräften ausgestattet sind.“ Anschließend lässt er Aristeas von Prokonnesos2 und Pythagoras3 beiseite, da sie zu alt sind, und fährt fort: „Doch zur Zeit unserer Vorfahren, unter der Regierung Neros, trat Apollonius von Tyana glanzvoll auf, der, von frühester Jugend an, in Aigai in Kylikien zum Priester des menschenfreundlichen Apollon geworden, viele Wunder vollbrachte, von denen ich die größere Zahl übergehen werde, um nur wenige zu erwähnen.“ Daraufhin zählt er von Anfang an die erstaunlichen Taten auf, und fügt anschließend wörtlich Folgendes hinzu: „Weswegen habe ich dies nun erwähnt? Damit es möglich sei, unser eigenes, gewissenhaftes und sicheres Urteil bei jedem Punkt mit der Leichtfertigkeit der Christen zu vergleichen, da wir denjenigen, der solche Dinge vollbracht hat, nicht für einen Gott, sondern für einen den Göttern gefälligen Mann halten, während diese wegen einiger weniger Gaukeleien Jesus zum Gott erklären.“ Diesem fügt er später hinzu: „Auch dies muss bedacht werden, dass Petrus und Paulus und einige andere, die ihnen ähnlich waren, die Taten Jesu groß herausgestellt haben, aber Lügner, Ungebildete, Scharlatane waren, während es bei den Taten des Apollonius Maximus von Aigai, der Philosoph Damis, der ständig mit ihm zusammen lebte, und der Athener Philostrat waren, Männer von höchster Bildung, voller Respekt vor der Wahrheit, die aus Menschenfreundlichkeit die Taten eines edlen Mannes und Götterfreundes nicht in Vergessenheit geraten lassen wollten.“4 Dies sind die genauen Worte des Hierokles, die er gegen uns in seinem Werk niederschrieb, dem er den Titel „Freund der Wahrheit“ gab. 4 … Wir wollen nun die Schrift des Philostrat untersuchen, wodurch wir richtig stellen werden, dass Apollonius es nicht verdient, nicht nur unter die Philosophen, sondern selbst unter vernünftige und normale Menschen gerechnet, ja noch viel weniger mit unserem Erlöser Christus verglichen zu werden5, soweit es sich aus der Schrift eines Autors ergibt, der zwar in dem „Freund der Wahrheit“ von höchster Bildung scheint, die Wahrheit jedoch nicht respektiert. Ein solcher war für ihn ja unter anderem auch der Athener Philostrat. Ausgehend von ihm können wir uns leicht eine Vorstellung auch von den übrigen Autoren machen, die, obwohl sie seiner Meinung nach überaus gebildet waren, sich dennoch nicht imstande sahen, den Kern der Erzählungen über Apollonius durch genaue Prüfung herauszuarbeiten. Wenn wir diese Tatsachen gründlich untersucht haben, wird einerseits die Sicherheit und, wie er sich selber einbildet, minutiöse Gewissenhaftigkeit der Verurtei-

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lung der Christen durch den „Freund der Wahrheit“, der das höchste Richteramt über die Gesamtprovinz eingenommen hat, sichtbar werden, andererseits bei uns, die wir ihnen als naiv und irregeführt gelten, die von ihnen uns vorgeworfene Unbedachtheit und Leichtfertigkeit sich gleichzeitig manifestieren6.

E) Die Apologie in der diokletianisch-konstantinischen Epoche I. Laktanz Der aus Afrika stammende Laktanz (ca. 250–325) wurde von Kaiser Diokletian zwischen 290/300 als Rhetoriklehrer in die Residenzstadt Nikomedien berufen, wo er im Jahr 303 den Beginn der letzten großen Verfolgung erlebte und Zeuge der christenfeindlichen Polemik wurde, wie sie Hierokles (Nr. 69) und vermutlich auch Pophyrius (Nr. 58) verbreiteten. Der inzwischen zum Christentum konvertierte Laktanz legte sein Lehramt nieder, um sich der Verteidigung der christlichen Religion zu widmen. Während der Verfolgungszeit entstand 304/11 das Hauptwerk Divinae institutiones, in dem der Autor programmatisch seinen apologetischen Neuansatz beschrieb (Nr. 74). Anders als frühere Apologeten wollte sich Laktanz nicht auf die Defensive beschränken, sondern eine systematische Einführung ins Christentum bieten, dessen Wahrheitsanspruch er letztlich darin begründet sah, dass hier die in der vorchristlichen Antike unerreichte Synthese von Religion und Philosophie verwirklicht war (Nr. 424–425). Nach 310 wurde Laktanz von Konstantin nach Gallien, vermutlich an die Kaiserresidenz Trier, berufen (Nr. 72), wo er wahrscheinlich 325 starb. Nr. 72 Hieronymus, de viris illustribus 80 Firmianus, auch Laktanz genannt, ein Schüler des Arnobius, lehrte zu Nikomedien die Kunst der Rhetorik; dorthin war er unter Kaiser Diokletian berufen worden1, zusammen mit dem Grammatiker Fabius, von dem es ein in Versform abgefasstes medizinisches Werk gibt. Aus Mangel an Schülern, weil die Stadt nämlich griechisch sprach, nahm er die Schriftstellerei auf. Von ihm haben wir ein „Symposium“, das er in seiner frühen Jugend in Afrika geschrieben hat, und eine in Hexametern gehaltene Reisebeschreibung von Afrika nach Nikomedien, ferner ein Buch mit dem Titel „Grammaticus“2 und die besonders hübsche Schrift „Vom Zorn Gottes“3; dazu die gegen die Heiden gerichteten sieben Bücher „Göttliche Unterweisungen“4 und eine Kurzfassung (Epitome) desselben Werkes in einem Buch5, bei dem der Anfang fehlt, zwei Bücher an Asclepiades6, eines über die Verfolgung7, vier Bücher Briefe

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an Probus, zwei Bücher Briefe an Severus, zwei Bücher Briefe an seinen Schüler Demetrianus8, an denselben auch das Buch „Vom Werk Gottes oder von der Gestaltung des Menschen.“9 In seinem hohen Alter war er in Gallien Erzieher des Cäsars Crispus, des Konstantinsohnes, der später von seinem Vater umgebracht wurde10. Nr. 73 Hieronymus, epistula 58,10 Hätte doch Laktanz, dieser Strom ciceronianischer Beredsamkeit1, unsere Lehren so festigen können, wie es ihm leicht fiel, fremde Lehren zunichte zu machen2. Nr. 74 Laktanz, divinae institutiones 1,1,1–12; 5,1,1–5.8–2,2; 4,1–8 1,1 (1) Nachdem sich Männer von großer und überragender Begabung völlig der Wissenschaft gewidmet hatten, haben sie sämtliche privaten wie öffentlichen Aktivitäten gering geachtet und alle erdenkliche Mühe auf die intensive Erforschung der Wahrheit verwandt. Sie meinten, es sei weitaus bedeutender, den Zusammenhang der menschlichen und göttlichen Dinge zu erforschen und zu kennen, als sich mit der Ansammlung von Reichtümern und der Anhäufung von Ehren zu beschäftigen. (2) Da diese Dinge vergänglich und irdisch sowie nur für den Körper von Interesse sind, kann hierdurch niemand besser, niemand gerechter werden. (3) Gewiss waren jene Menschen überaus würdig, die Wahrheit zu erkennen, da sie so sehr nach Wissen verlangten, und zwar in dem Maße, dass sie diese Erkenntnis allem voranstellten. (4) Denn es steht fest, dass einige ihren Besitz aufgegeben und allen Vergnügungen entsagt haben, um frei und unbeschwert allein der ebenso freien Tugend zu folgen. Solches Ansehen besaß Name und Autorität der Tugend bei ihnen, dass sie meinten, in ihr selbst liege der Lohn des höchsten Gutes!1 (5) Doch haben sie nicht erreicht, was sie wollten, und zugleich ihre Mühe wie ihren Einsatz vergeudet, da sich die Wahrheit, das heißt das Geheimnis des höchsten Gottes, der alles erschaffen hat, nicht allein mit Intelligenz und den eigenen Sinnen ergreifen lässt; andernfalls gäbe es zwischen Gott und Mensch keinen Unterschied, wenn menschliches Denken Pläne und Entschlüsse jener ewigen Majestät erfasste. (6) Da dem Menschen aus eigener Kraft das göttliche Wesen unmöglich erkennbar werden konnte, ließ Gott es nicht zu, dass der Mensch auf der Suche nach dem Licht der Wahrheit länger umherirrte und mit erfolglosem Mühen in undurchdringlicher Finsternis ziel-

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los hin und her laufe. Er öffnete ihm schließlich die Augen und machte es zu seiner Aufgabe, ihm die Erkenntnis der Wahrheit zu vermitteln, sowohl um zu zeigen, dass die menschliche Weisheit bedeutungslos sei, als auch um dem ziellos Umherirrenden den Weg zur Erlangung der Unsterblichkeit kundzutun2. (7) Nur wenige aber profitieren von dieser himmlischen Wohltat und Gabe; die Wahrheit, in Dunkel gehüllt, bleibt nämlich verborgen und wird entweder von den Gebildeten verachtet, weil sie keine geeigneten Verteidiger besitzt, oder von den Ungebildeten wegen der ihr innewohnenden Strenge gehasst, die die zu Lastern neigende Natur der Menschen nicht ertragen kann. Da ja mit den Tugenden Bitterkeit vermischt ist, die Laster aber mit dem Vergnügen gewürzt sind, werden die Menschen, vom Einen abgestoßen, vom Anderen verführt, in den Abgrund getrieben, und vom Anschein des Guten getäuscht, ergreifen sie das Schlechte anstelle des Guten. Deshalb glaubte ich, diesen Irrtümern abhelfen zu müssen, damit die Gebildeten zur wahren Weisheit und die Ungebildeten zur wahren Religion geführt werden. (8) Diesen Beruf muss man für weit besser, nützlicher und ruhmvoller halten als jenen des Rhetors, den wir lange praktizierten, wobei wir junge Menschen nicht zur Tugend, sondern eher zu raffinierter Gemeinheit erzogen. Weitaus richtiger ist es nun, wenn wir die himmlischen Gebote darlegen, wodurch wir den Geist der Menschen zur Verehrung der wahren Majestät formen können. (9) Wer die Kunst des guten Redens lehrt, macht sich nicht so sehr um die Menschheit verdient wie der, der rechtschaffen und unschuldig zu leben lehrt. Daher standen bei den Griechen die Philosophen in höherem Ansehen als die Rhetoren. Jene galten nämlich als Lehrer des rechten Lebens, was bei weitem wichtiger ist, denn gut zu reden ist Sache einiger weniger, gut zu leben aber geht alle an. (10) Trotzdem hat uns diese Praxis fiktiver Rechtsfälle insofern großen Nutzen gebracht, dass wir jetzt mit größerer rhetorischer Fülle und Fertigkeit für die Sache der Wahrheit plädieren können. Zwar lässt diese sich auch ohne Beredsamkeit verteidigen, wie sie tatsächlich von vielen häufig verteidigt worden ist. Dennoch muss sie von der Klarheit und dem Glanz der Rede erhellt und in gewisser Weise systematisch dargelegt werden, um den Geist machtvoller zu durchdringen, wobei sie sowohl mit eigener religiöser Stärke als auch mit stilistischem Glanz ausgestattet ist3. Folglich handelt unsere Darlegung von der Religion und den göttlichen Dingen. (11) Denn wenn einige der bedeutendsten Redner, sozusagen Veteranen ihres Berufes, sich nach Beendigung ihrer Aktivitäten schließlich der Philosophie widmeten und meinten, hier für ihre Mühen die angemessenste Ruhe zu finden, wenn sie ihren Geist auf die Erforschung dessen lenkten, was sich nicht finden ließ, so dass sie für sich nicht so sehr Muße als Beschäftigung gesucht zu haben schienen, und zwar eine weitaus beschwerlichere als die vor-

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angegangene, mit welch größerem Recht kann ich mich wie einem völlig sicheren Hafen jener frommen, wahren und göttlichen Weisheit zuwenden, wo sich alles mühelos ausdrücken, angenehm hören, leicht verstehen und ehrenhaft ausführen lässt. (12) Und wenn einige Sachkundige und Richter über die Gerechtigkeit „Unterweisungen des bürgerlichen Rechtes“ verfassten und veröffentlichten, um Prozesse und Auseinandersetzungen streitender Bürger beizulegen, wie viel besser und richtiger handeln wir dann, wenn wir eine Abhandlung „Göttliche Unterweisungen“ verfassen, wo wir nicht von Dachtraufen oder dem Verhindern von durchsickerndem Wasser oder Eigentumsansprüchen4, sondern von der Hoffnung, dem Leben, dem Heil, der Unsterblichkeit und von Gott sprechen werden, um verderblichen Aberglauben und schändliche Irrtümer beizulegen? 5, 1 (1) Für mich gibt es keinen Zweifel, Kaiser Konstantin5; wenn dieses unser Werk, worin jener einzige Weltschöpfer und Lenker des Universums erwiesen wird, in die Hände eines dieser Menschen gerät, deren Religiosität absurd ist – infolge ihres exzessiven Aberglaubens sind sie intolerant –, dann wird er es mit Schmähungen überhäufen und, vielleicht hat er kaum den Anfang gelesen, scharf angreifen, es fortwerfen, verfluchen, sich durch untilgbaren Frevel besudelt und darin verstrickt glauben, wenn er dieses entweder geduldig liest oder anhört. (2) Dennoch fordern wir nach Möglichkeit von ihm im Namen der Menschlichkeit, uns nicht eher zu verurteilen, bevor er alles kennen gelernt hat. Denn wenn man Menschen, die Sakrilege begingen, Hochverrätern und Giftmischern die Möglichkeit einräumt, sich zu verteidigen, und niemand im voraus verurteilt werden darf, solange der Fall nicht untersucht ist, verlangen wir offensichtlich nicht zu Unrecht, dass, falls jemand auf dieses Werk stößt und es ließt, er es bis ans Ende liest, ebenso dass er, falls er es sich anhört, sein Urteil bis zum Schluss aufschiebt. (3) Doch ich kenne die Rechthaberei der Menschen. Niemals werden wir dies erreichen. Sie fürchten nämlich, dass sie, von uns besiegt, irgendwann einmal gezwungen sind, angesichts der Stimme der Wahrheit zu kapitulieren. (4) Sie wettern also dagegen und erheben Einspruch, um nicht hören zu müssen, sie halten ihre Augen zu, um das Licht nicht zu sehen, das wir ihnen anbieten. Dadurch bekunden sie in aller Deutlichkeit das Misstrauen gegenüber ihrer hilflosen Vernunft, dass sie weder sich zu informieren noch zu diskutieren wagen, da sie wissen, wie leicht sie zu besiegen sind. (5) Und daher, ist man der Diskussion ausgewichen, „wird die Weisheit beiseitegeschoben und die Angelegenheit mit Gewalt geregelt“ wie Ennius (ann. 268) sagt. … (8) Mit solchen Menschen versuchen wir nun ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren, sie von ihrer absurden Überzeugung zur Wahrheit hinüberzuführen, die eher das Blut als die Worte der Gerechten in sich aufsaugen. (9) Wozu also? Wird unsere Mühe vergebens sein? Keineswegs. Denn auch

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1. E) Diokletianisch-konstantinische Epoche

wenn wir diese Menschen nicht vor dem Tod bewahren können, dem sie mit großer Eile entgegen streben, wenn wir sie von ihrem Irrweg nicht zum Leben und Licht zurückrufen können, da sie sich ihrem Heil selbst widersetzen, so werden wir dennoch die Unseren stärken, deren Urteil nicht fest, solide verwurzelt und begründet ist. Die meisten schwanken nämlich, besonders diejenigen, die etwas mit der Bildung in Berührung gekommen sind. (10) Denn was die Philosophen, Redner und Dichter gefährlich macht, ist die Tatsache, dass sie die Sinne der Unvorsichtigen leicht durch den Charme ihrer Prosa und ihrer in angenehmem Rhythmus dahinfließenden Gedichte fesseln. Dies ist Honig, der das Gift verbirgt6. (11) Gerade aus diesem Grund wollte ich Weisheit mit der Religion verbinden, damit sich jene nutzlos gewordene Gelehrsamkeit den Lernwilligen nicht in den Weg stellen kann, so dass nun die literarische Kenntnis der Religion und Gerechtigkeit nicht nur nicht schadet, sondern ihnen möglichst weitgehend nutzt, wenn der, der sie sich angeeignet hat, in der Tugend besser unterwiesen, in der Wahrheit weiser ist7. (12) Außerdem, selbst wenn niemandem sonst, uns wird es gewiss nutzen. Das Gewissen wird daran Gefallen finden, auch der Geist wird Freude daran haben, sich im Licht der Wahrheit zu bewegen; für die Seele ist dies eine Nahrung von unglaublich lieblichem Geschmack. (13) Doch darf man nicht verzweifeln, vielleicht „singen wir nicht für taube Ohren“ (Verg., ecl. 10,8). Die Situation ist nämlich nicht derart schlecht – die unreinen Geister haben nicht mehr Macht als der Heilige Geist –, dass es keine gesunden Denker mehr gäbe, die an der Wahrheit Gefallen haben und die den ihnen gezeigten rechten Weg sehen und ihm auch folgen. (14) Der Becher möge nur mit dem himmlischen Honig der Weisheit bestrichen werden, damit die Unkundigen die bitteren Arzneien ohne jegliches Widerstreben trinken, wenn die erste verführerische Süße die Schärfe des bitteren Geschmacks unter der Hülle des Lieblichen verbirgt8. (15) Denn der Grund, weshalb bei den Weisen, Gebildeten und führenden Männern in dieser Welt die heilige Schrift keinen Glauben findet, liegt darin, dass die Propheten in gewöhnlicher, schlichter Sprache wie zum einfachen Volk geredet haben9. (16) Daher werden sie von denen verachtet, die nichts hören oder lesen wollen, was nicht rhetorisch ausgefeilt ist, und in deren Geist nichts haften bleibt, wenn es die Ohren nicht mit schmeichelndem Klang bezaubert; was ihnen hingegen als unschön erscheint, gilt als altmodisch, absurd und vulgär. (17) So halten sie nichts für wahr, was nicht angenehm anzuhören ist, nichts für glaubhaft, was kein Vergnügen zu bereiten vermag. Niemand bemisst eine Angelegenheit nach ihrem Wahrheitsgehalt, sondern nur nach ihrer Ausstaffierung. (18) Sie glauben also den göttlichen Worten nicht, weil ihnen die Schminke fehlt10, ja nicht einmal ihren Auslegern, weil auch diese entweder jeglicher Kultur entbehren oder mit Sicherheit zuwenig gebildet sind. Denn

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dass diese wirklich wortgewandt sind, kommt äußerst selten vor. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. (19) Die Beredsamkeit dient nämlich der Welt, sie verlangt danach, sich selber vor dem Volk zu präsentieren und mit negativen Dingen Gefallen zu finden, versucht sie doch vielfach, die Wahrheit zu besiegen, um ihre eigene Stärke zu beweisen. Sie erstrebt Besitz, verlangt nach Ehren, fordert schließlich den höchsten Rang an Würde. (20) Folglich verachtet sie diese Schriften als niveaulos, sie flieht vor unseren Mysterien, da diese ihr völlig entgegengesetzt sind, da sie Freude an einem Publikum hat, nach Masse und Zulauf verlangt. (21) So kommt es, dass Weisheit und Wahrheit nicht über geeignete Verkünder verfügen. Und wenn sich schon einmal einige Gebildete ihr gewidmet haben, dann waren sie zu ihrer Verteidigung nicht imstande11. (22) Von denen, die ich kenne, war Minucius Felix12 unter den Rechtsanwälten keineswegs unbedeutend. Sein Buch mit dem Titel „Octavius“ zeigt, was für ein kompetenter Verteidiger der Wahrheit er hätte sein können, wenn er sich dieser Aufgabe ganz gewidmet hätte. (23) Auch Septimius Tertullian13 war in jeder literarischen Gattung kundig, doch sein Stil war zuwenig eingängig, weniger gefällig und sehr dunkel. Folglich fand nicht einmal er hinreichenden Anklang. (24) Nur einer überragte die anderen und wurde berühmt, Cyprian14, da er sich großen Ruhm als Rhetoriklehrer erworben hatten und in diesem Bereich zahlreiche bewundernswerte Werke verfasst hatte. (25) Er besaß nämlich die Begabung, leicht zugänglich, reich, ansprechend und – die wichtigste stilistische Qualität – klar zu formulieren, so dass man nicht entscheiden kann, ob er eher elegant im Ausdruck oder glücklich in der Darlegung oder stark im Überzeugen war. (26) Trotzdem kann er, von der Sprache abgesehen, bei denen keinen Gefallen finden, die das heilige Geheimnis nicht kennen, da seine Aussagen einen tieferen Sinn haben und dazu bestimmt sind, nur von Gläubigen gehört zu werden; daher wird er gewöhnlich von den Gebildeten dieser Welt, die zufällig seine Schriften kennen gelernt haben, verlacht. (27) Ich selbst habe einen recht wortgewandten Mann gehört, der ihn durch Veränderung eines einzigen Buchstabens Coprian15 nannte, so als habe er seine edle Begabung, die besserer Themen würdig war, Altweibermärchen gewidmet. (28) Wenn dies aber bei einem Mann geschieht, dessen Beredsamkeit durchaus gewinnend ist, was soll dann erst bei denen geschehen, deren Stil zugleich nüchtern und ohne Charme ist? Diese konnten weder Überzeugungskraft noch Scharfsinn in der Argumentation noch die geringste Durchsetzungsfähigkeit haben. 2 (1) Da also bei uns geeignete und kompetente Lehrer fehlten, die energisch und scharf die populären Irrtümer widerlegten und das ganze Anliegen der Wahrheit mit schmuckvollem und reichhaltigem Stil verteidigten, verlockte gerade dieser Mangel gewisse Leute dazu, dass sie es wagten, gegen

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die ihnen unbekannte Wahrheit zu schreiben. (2) Ich lasse diejenigen beiseite, die sie in früheren Zeiten erfolglos attackiert haben. Als ich in Bithynien, wohin man mich berufen hatte, Rhetorik lehrte und zur selben Zeit der Tempel Gottes niedergerissen wurde, traten dort zwei Männer auf, die die schon am Boden liegende und niedergeschlagene Wahrheit verspotteten, wobei ich nicht weiß, ob ihr Hochmut oder ihre Unverschämtheit größer war16. 4 (1) Als diese erwähnten Männer in meiner Gegenwart und zu meinem Schmerz ihre frevelhaften Schriften entfaltet hatten, da habe ich, angetrieben sowohl durch ihre arrogante Gottlosigkeit als auch durch das Wissen um die Wahrheit selbst und, wie ich glaube, auch durch Gott, es mir zur Aufgabe gemacht, mit allen Kräften meines Geistes die Ankläger der Gerechtigkeit zu widerlegen, nicht um gegen diejenigen zu schreiben, die man mit wenigen Worten zunichte machen konnte, sondern um alle, die überall dasselbe Werk betreiben oder betrieben haben, mit einem einzigen Schlag gleichzeitig niederzustrecken. (2) Denn ich zweifle nicht, dass noch zahllose andere an vielen Orten durch ihre Schriften nicht nur in griechischer, sondern auch lateinischer Sprache ihrer Ungerechtigkeit ein Denkmal gesetzt haben. Da ich nicht allen Einzelnen erwidern konnte, meinte ich diese Sache in der Weise angehen zu sollen, dass ich sowohl die älteren Autoren mit all ihren Schriften zunichte machte als auch den künftigen jegliche Möglichkeit nahm, etwas zu schreiben oder zu entgegnen. Sie mögen mir nur Gehör schenken. Ich will tatsächlich erreichen, dass jeder, der diese Dinge zur Kenntnis genommen hat, entweder sich zu eigen macht, was er zuvor verurteilt hat, oder, was das nächstliegende ist, endlich aufhört, es zu verspotten. (3) Zwar hat Tertullian dieselbe Sache schon umfassend in seinem Buch mit dem Titel Apologeticum erörtert; da es jedoch eine Sache ist, Anklägern zu erwidern, was allein auf Verteidigung oder Bestreitung beruht17, eine andere Sache, sie zu unterweisen – was wir tun, wobei die Substanz der ganzen Lehre enthalten sein muss –, habe ich trotzdem die Mühe nicht gescheut, das Thema erschöpfend zu behandeln, das Cyprian in der Rede nicht zu Ende geführt hat, in der er versucht, Demetrianus zu widerlegen, der, wie er selbst sagt, gegen die Wahrheit „bellt und lärmt“. (4) Er ging mit diesem Thema nicht so um, wie er es hätte tun müssen. Denn nicht mit Zeugnissen der Schrift, die jener doch für bedeutungslos, erfunden und erlogen hielt, sondern mit Vernunftargumenten musste er widerlegt werden18. (5) Da er sich nämlich mit einem Mann auseinander setzte, der die Wahrheit nicht kannte, hätte er die göttlichen Schriftstellen eine Zeitlang zurückstellen müssen, ihn wie einen Anfänger von Grund auf unterweisen und ihm nach und nach die Anfänge des Lichtes zeigen sollen, damit er nicht, dem vollen Licht ausgesetzt, geblendet sei. (6) Denn wie ein Kleinkind die Konsistenz fester und kräftiger

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Speise wegen der Schwäche des Magens nicht aufnehmen kann, sondern durch die weiche Flüssigkeit der Milch ernährt wird, bis seine Kräfte gefestigt sind und es sich von kräftigerer Kost ernähren kann, so hätte man auch diesem Mann, da er das Göttliche noch nicht erfassen konnte, zunächst Zeugnisse von Menschen vorlegen müssen, das heißt von Philosophen und Historikern, damit er gerade durch seine eigenen Autoren widerlegt würde. (7) Da jener dies nicht tat und sich von seiner außergewöhnlichen Kenntnis der göttlichen Schriften hinreißen ließ, sich allein damit zu begnügen, worauf der Glaube beruht, habe ich mich, von Gott dazu inspiriert, daran gemacht, dies nun selber zu tun und zugleich anderen den Weg zu eröffnen, meinem Beispiel zu folgen. (8) Und wenn durch unseren Appell gebildete und wortgewandte Menschen beginnen, sich dieser Aufgabe zu widmen, und es vorziehen, ihre geistige Begabung und die Kraft ihrer Beredsamkeit auf dem Kampfplatz der Wahrheit einzusetzen, dann wird niemand daran zweifeln, dass in kurzer Zeit die falschen Religionen verschwinden und die ganze Philosophie untergehen wird, wenn alle überzeugt sind, dass unsere sowohl die einzige Religion als auch insbesondere die einzig wahre Weisheit ist19.

II. Eusebius von Cäsarea Zwar verstand sich Eusebius (vor 264/5–339/40) primär als Historiker und Exeget, doch konnte er seine gründliche Kenntnis von Bibel und Geschichte auch in apologetischer Absicht nutzen. Mit seinen Kampfschriften gegen Porphyrius (Nr. 47–48) und Hierokles (Nr. 71) sowie einem zweibändigen Werk „Widerlegung und Verteidigung“ (Nr. 76) hatte sich Eusebius bereits als Apologet profiliert, bevor er etwa 313 bis 318, spätestens 323 mit dem Doppelwerk Praeparatio evangelica („Vorbereitung des Evangeliums“) und Demonstratio evangelica („Beweisführung zugunsten des Evangeliums“) die umfangreichste Apologie der christlichen Antike schuf. Trotz des Endes der blutigen Verfolgung im Jahr 311 war weder die tolerante Religionspolitik des Staates dauerhaft garantiert noch jegliche Polemik gegen das nun anerkannte Christentum erloschen. Angesichts der vor allem in der östlichen Reichshälfte anhaltenden christenfeindlichen Stimmung, die sich im Namen von Vernunft und Tradition der neuen Religion widersetzte, bemühte sich Eusebius ähnlich wie Laktanz um eine neue Form christlicher Selbstdarstellung. Indem alle Einwände gegen das Christentum dem Vorwurf des Traditionsbruchs untergeordnet wurden, hatte Eusebius klar den neuralgischen Punkt der zeitgenössischen Kontroverse erfasst, wie die Tendenz der diokletianischen Restaurationspolitik, Formulierungen des Galerius-Edikts und Stimmen heidnischer Propagandisten (Nr. 58) bestätigen. Der Apologet entwarf eine groß ange-

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legte Theologie der Geschichte, deren Ablauf die Loslösung vom Irrtum des heidnischen Polytheismus, den Vorrang des Glaubens der Hebräer, schließlich die Erfüllung der alttestamentlichen Prophetien in der Person Christi, im Niedergang des Judentums und in der Ausbreitung des Evangeliums einsichtig machen sollte. Lässt für Eusebius erst die christliche Religion den Sinn der Weltgeschichte erkennen, so bestätigt umgekehrt der Geschichtsverlauf das Christentum als die wahre Religion. Dieser apologetische Neuansatz verdankte sich nicht zuletzt der konstantinischen Wende, die Eusebius zur Überzeugung führte, historische Fakten wie die unaufhaltsame Ausbreitung des Christentums (Nr. 298, 522) und seine offenkundig weltverändernde Macht (Nr. 240) seien ein überzeugenderer Wahrheitsbeweis als die zunächst betonte Glaubensbegründung durch Vernunftargumente (Nr. 166).

Nr. 75 Photius, bibliotheca 13 Von Eusebius habe ich zwei Bücher „Widerlegung und Verteidigung“ gelesen sowie zwei weitere, die sich von den ersten beiden in einigen Passagen unterscheiden, aber sonst mit ihnen identisch sind, sowohl was den Stil als auch was die Gedanken betrifft1. Er diskutiert einige Aporien, die von den Griechen stammen und sich gegen unsere untadelige Religion richten, und löst sie erfolgreich, wenn nicht vollständig.

Nr. 76 Eusebius, praeparatio evangelica 1,1,1–2.11–13; 2,1–2.5; 5,10–12; 15,1,1–8 1 (1) Was das Christentum eigentlich bedeutet, beabsichtigte ich denen, die es nicht wissen, mittels des vorliegenden Werkes darzulegen, das eine Beweisführung anhand des Evangeliums1 zu enthalten beansprucht; ich habe es dir, mein Theodotos, du vortrefflicher Vertreter des Bischofsstandes2, du Haupt, Gott teuer und heilig, gewidmet unter Gebeten, dass ich bei dir Unterstützung fände, denn durch deine frommen Opfer zu unseren Gunsten bist du mir eine große Hilfe für den gefassten Plan, die Lehre des Evangeliums darzulegen. (2) Doch zuallererst wäre es gut zu präzisieren, welche Bedeutung das hat, was wir Evangelium nennen. Dieses verkündet allen Menschen die frohe Botschaft von der Gegenwart der höchsten und bedeutendsten Güter unter uns, die schon seit langem vorausgesagt waren, jüngst aber allen Menschen erschienen sind; es empfiehlt weder den blinden Reichtum noch dieses kurze und leiderfüllte Leben noch was zum Körper gehört und zum Unter-

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gang bestimmt ist, sondern was Seelen eigen ist und entspricht, die eine intellektuelle Natur besitzen, wovon auch das Körperliche abhängig ist und wie ein Schatten folgt. … (11) Weshalb aber soll man vor Eifer schnell die logische Ordnung von Überlegungen überspringen, die dazwischen gehören, wo man doch alles von den Grundlagen her aufarbeiten und sämtliche Hindernisse beseitigen muss?3 Einige meinen in der Tat, dass das Christentum keinerlei Vernunft respektiere4 … Angesichts der Aufgabe einer Beweisführung anhand des Evangeliums halte ich es zur Vorbereitung des ganzen Themas mit gutem Grund für notwendig, sich zuvor kurz mit den Fragen auseinander zu setzen, die uns mit Recht die Griechen, die Menschen aus der Beschneidung und alle stellen können, die unsere Überzeugungen einer eingehenden Prüfung unterziehen. (12) Auf diese Weise, so scheint mir, wird sich meine Erörterung geordnet zu einer vollständigeren Darstellung der Beweisführung anhand des Evangeliums entfalten und zur Einsicht in die Lehren von tieferem Gehalt gelangen lassen, vorausgesetzt die Vorbereitung erschließt uns einen Zugang, indem sie als Elementarbildung und erste Einführung dient und sich denen anpasst, die erst vor kurzem aus den Heiden zu uns gekommen sind. Denen, die diese Stufe durchschritten haben und schon für die Aufnahme höherer Lehren geistig vorbereitet sind, wird das Folgende5 die eingehende Kenntnis der wesentlichen Inhalte der mysterienhaften Heilsökonomie vermitteln, die sich auf unseren Erlöser und Herrn Jesus, den Christus Gottes, bezieht. (13) Wir wollen also mit der Vorbereitung beginnen, indem wir die Einwände vorstellen, die uns mit Recht die Griechen, die Menschen aus der Beschneidung und alle machen, die unsere Überzeugungen einer eingehenden Prüfung unterziehen. 2 (1) Zunächst könnte man ja begreiflicherweise die Frage aufwerfen, welche Identität wir besitzen, die wir uns ans Schreiben gemacht haben, ob wir Griechen oder Barbaren6 sind, oder was es zwischen ihnen geben könnte, was wir nach unserer eigenen Aussage sind, nicht der Bezeichnung nach, die allen bekannt ist, sondern hinsichtlich der Lebensform und Denkweise. Man sieht ja, dass wir weder wie die Griechen denken noch wie die Barbaren leben. (2) Was ist nun das Fremde an uns, worin besteht die neue Art unseres Lebens?7 … (5) Diese Fragen könnte nun begreiflicherweise uns gegenüber ein Grieche aufwerfen, der weder von den eigenen noch von unseren Überzeugungen eine wahre Kenntnis besitzt. … 5 (10) … Dass wir, Griechen der Abstammung nach und Griechen der Mentalität nach8, aus unterschiedlichen Völkern gekommen, wie die Elitetruppe eines neu einberufenen Heeres, vom Aberglauben der Väter desertiert sind, möchten auch wir selbst keineswegs bestreiten. Dass wir uns aber darüber

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hinaus auf die jüdischen Schriften stützen und unsere Lehre zum größten Teil anhand ihrer Propheten konstituieren, es jedoch nicht für wünschenswert halten, wie die Menschen aus der Beschneidung zu leben, können wir ebenfalls ohne weiteres zugeben. (11) Daher ist nun der Moment gekommen, hierfür eine Begründung zu geben. Auf welche Weise sonst könnten wir den Eindruck erwecken, richtig gehandelt zu haben, wenn wir die Traditionen der Väter aufgaben, als dass wir zunächst sie selbst darlegen und den Lesern vor Augen stellen?9 Auf diese Weise könnte nämlich auch die göttliche Kraft der Beweisführung anhand des Evangeliums deutlich werden, wenn man allen vor Augen führt, von welcher Art und Natur die Übel sind, deren Heilung sie verkündet. (12) Wie könnte deutlich werden, dass es vernünftig ist, sich den jüdischen Schriften anzuschließen, ohne zugleich auch deren Vollkommenheit aufgewiesen zu haben?10 Ebenso wäre es gut zu erklären, weshalb wir zwar ihre Schriften schätzen, aber eine ähnliche Lebensweise ablehnen11, und vor allem, welche Begründung wir für die Grundidee des Evangeliums bieten und was man im eigentlichen Sinne als Christentum bezeichnen könnte12, das weder Griechentum noch Judentum ist, sondern eine neue und wahre Gottesweisheit13, die durch ihre Bezeichnung selbst die Neuheit zum Ausdruck bringt. 15,1 (1) Schon am Anfang des Werkes „Vorbereitung des Evangeliums“ habe ich großen Wert darauf gelegt, den polytheistischen Irrtum aller Heiden zu widerlegen, um die Trennung von ihnen zu rechtfertigen und zu verteidigen, die wir aufgrund einer vernünftigen Entscheidung vollzogen haben. Deshalb habe ich in den ersten drei Büchern nicht nur die Mythen, die die Theologen und Dichter bei ihnen von ihren Göttern aufgebracht haben, einer gewissenhaften Kritik unterzogen, sondern auch deren tiefsinnige und geheimnisvolle kosmologische Deutung14, die von der edlen Philosophie auf den Himmel und die Teile der Welt bezogen wird, obwohl ihre Theologen selber erklärt haben, dass man dies keinesfalls ernst nehmen dürfe. (2) Es ist jedenfalls zu beachten, dass man vor allem ihren ältesten Theologen bezeugt hat, dass sie nicht mehr von der Geschichte wussten und nur den Mythen Beachtung schenkten. Daher war es ganz natürlich, dass nach den Erzählungen der Alten in allen Städten und Dörfern Kulte der Götter und Mysterien in Einklang mit den mythischen Erzählungen der Vorfahren überliefert wurden, so dass sie bis auf den heutigen Tag Ehebündnisse der Götter, Zeugungen von Kindern, Trauerklagen, Trunkenheit, Verirrungen der einen, Liebesaffären der anderen, Zornesausbrüche, die ganze Vielfalt ihrer Geschicke und Nöte, entsprechend der Erinnerung der Alten, in Zusammenhang der Kulte in den Hymnen und den zu Ehren ihrer Götter verfassten Gesängen annehmen. (3) Außerdem habe ich im weiteren den wortreichen Aufwand in ihren physischen Erklärungen ans Licht gebracht, die die Sophisten und

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Philosophen erfunden haben. Weiterhin habe ich in den nächsten drei Büchern mit klaren Beweisen die Problematik der berühmten Orakel und des in der großen Menge so verbreiteten Schicksalsglaubens offengelegt. Ich habe mich dabei zu ihrer Widerlegung nicht nur eigener Argumente bedient, sondern auch und vor allem der Äußerungen der griechischen Philosophen. (4) Von dort bin ich zu den hebräischen Orakeln übergegangen, ihrer Gotteslehre und der Gesamtdarstellung ihrer Geschichte, um wieder mit der gleichen Zahl von Büchern zu zeigen, welche Überlegungen uns dazu geführt haben, die darin enthaltenen theologischen Lehren und die ganze Geschichte dieses Volkes zu übernehmen, so wie sie die Griechen selbst bezeugt haben. (5) Anschließend, nachdem ich die Haltung der Griechen widerlegt hatte, die alles von den Barbaren übernahmen und keine ernst zu nehmende Wissenschaft von selbst hervorbringen15, und nachdem ich eine vergleichende Chronologie der Griechen und der berühmten hebräischen Propheten vor Augen geführt hatte, habe ich wiederum in den folgenden drei Büchern die Übereinstimmung der namhaften Philosophen Griechenlands mit den Überzeugungen der Hebräer aufgewiesen, wobei ich wiederum die Äußerungen dieser Leute zum Zeugnis heranzog. (6) Außerdem habe ich nachgewiesen, dass diejenigen unter den griechischen Philosophen, die andere Lehrmeinungen vertreten als wir, nicht nur zu uns, sondern auch zu ihren Landsleuten im Gegensatz standen und von ihren Schülern widerlegt wurden. Dies war der Gegenstand des voran gegangenen Buches, wo ich durch all diese Beweise den Lesern das unangreifbare Kriterium unserer Auffassung zeigte. Mittels der Fakten sozusagen und mittels der Realität selbst habe ich diesen Beweis erbracht. Nicht unbedacht, sondern mit gründlicher und reiflicher Überlegung haben wir die ebenso alte wie wahre Philosophie und Religion der Hebräer der Philosophie und Religion der Griechen vorgezogen. Dies ergibt sich auch aus dem Vergleich der griechischen Auffassungen. (7) Hierfür haben wir bis jetzt den letzten Teil reserviert, das fünfzehnte Buch der vorliegenden Abhandlung, wo wir unsere Untersuchung zu Ende führen werden, indem wir ein weiteres Mal die ehrwürdigen Lehren der edlen griechischen Philosophie ans Licht ziehen und vor aller Augen die Nichtigkeit ihrer Wissenschaft demaskieren und indem wir vor allem darlegen, dass, wenn wir ihnen so wenig Beachtung geschenkt haben, der Grund hierfür nicht in der Unkenntnis der bei ihnen bewunderten Studien liegt, sondern in der Geringschätzung der Zeit, die sie damit nutzlos verbringen. Wir widmen unsere Seelen der Beschäftigung mit besseren Dingen. (8) Wenn mit Gottes Hilfe die Wahrheit selber unser Werk besiegelt hat, wird die Abhandlung der „Vorbereitung“ dort ihr Ende finden. Ich werde zu dem vollkommeneren Thema der „Beweisführung anhand des Evangeliums“ übergehen, indem ich den Anfang der zwei-

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ten Abhandlung mit der unvollständigen Untersuchung der gegen uns erhobenen Vorwürfe verknüpfe. (9) Was man uns vorhielt, war die Tatsache, dass wir zwar die Orakel der Hebräer denen unserer Väter vorziehen, aber uns nicht entschieden um ein ähnliches Leben wie die Juden bemüht haben. Dieser Kritik werde ich mit Gottes Hilfe entgegnen, wenn ich die vorliegende Abhandlung vollendet habe. Auf diese Weise, glaube ich, wird die zweite Darstellung, wenn sie sich wie durch ein einziges Band an die erste anschließt, der umfassenden Absicht des ganzen Stoffes die innere Einheit verleihen.

Nr. 77 Eusebius, demonstratio evangelica 1,1,11–18 (11) Meine Schrift richtet sich nicht, wie man behaupten könnte, gegen die Juden. Keineswegs, sie ist weit davon entfernt. Sie spricht zu ihren Gunsten, wenn diese richtig überlegen würden. Sie stellt nämlich einerseits die Sache der Christen mittels des Zeugnisses der alten Prophetie, andererseits deren Sache mittels der vollkommenen Erfüllung der bei ihnen erfolgten Prophezeiungen zusammen. (12) Sie könnte sich wohl auch gut für die Söhne der Griechen eignen, wenn diese richtig überlegen würden, und zwar wegen des außergewöhnlichen Vorherwissens der zukünftigen Dinge und des Ausganges der Ereignisse, die entsprechend der Voraussagen eintrafen, sei es, dass sie das göttliche und untrügliche Wesen unserer Wahrheit erkennen lässt, sei es, dass sie zugleich die Zungen der Lügner zum Schweigen bringt durch eine sehr vernünftige Beweisführung. Dass wir über eine solche verfügen, bestreiten die Verleumder entschieden, die sich tatsächlich Tag für Tag nach Kräften in Verleumdungen gegen uns ergehen. Sie behaupten beispielsweise, dass wir nichts mittels eines Beweises vorbringen könnten, vielmehr verlangen würden, dass diejenigen, die sich uns anschließen wollen, sich nur an den Glauben halten. (13) Angesichts einer solchen Verleumdung dürfte unsere gegenwärtige Abhandlung wohl nicht unbegründet sein; ja sie wird darüber hinaus auch die falschen Ansichten und Blasphemien der gottlosen Sekten bezüglich der göttlichen Propheten widerlegen, und zwar mittels des Einklanges der alten Wirklichkeit mit der neuen1. (14) Die umfassendere und eingehende Interpretation der prophetischen Worte wird der gegenwärtige Traktat aufschieben und es denen überlassen, die solche Forschungen anstellen wollen, auf eine Weise, zu der sie fähig sind. Wir hingegen nehmen die göttliche Weisung zum Lehrer, die sagt: „Fasse es in wenigen Worten zusammen“ (Sir 32,8); wir werden unseren Ehrgeiz daran setzen, danach zu streben, wobei wir, nur als Anhaltspunkt für die Untersuchung der Stellen

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und für die Probleme des Textes, eine Interpretation hinzufügen, die der Klärung dient. (15) Soweit die Vorrede. Nun will ich mit den Beweisen beginnen. Groß ist die Menge der Verleumder, die sich auf uns stürzt. Sie behaupten, wir könnten keinen evidenten Erweis der Wahrheit durch Beweisführungen erbringen, würden vielmehr verlangen, dass diejenigen, die sich uns anschließen wollen, sich nur an den Glauben halten; wir würden sie auch zu nichts mehr überreden, als dass sie wie vernunftlose Tiere mit geschlossenen Augen gutwillig und mutig, ohne Fragen zu stellen, allem folgen müssten, was von uns gesagt wird. Deshalb würden wir sie auch Gläubige nennen, wegen des vernunftlosen Glaubens2. Nachdem wir die gegen uns gerichteten Verleumdungen mit Recht differenziert haben, habe ich in der „Vorbereitung“ der ganzen Abhandlung als Erstes die Verleumdung seitens der polytheistischen Völker dargelegt, die uns vorwerfen, dass wir uns von den Göttern unserer Väter losgesagt haben, und die schwerwiegende Behauptung aufstellen, dass wir die Überzeugungen der Barbaren denen der Griechen vorgezogen hätten, seitdem wir die Schriften der Hebräer uns zu eigen gemacht hätten. (16) Als Zweites will ich den Vorwurf der Juden behandeln, aufgrund dessen es scheinen könnte, dass sie mit Recht gegen uns aufgebracht sind, weil wir zwar ihre Schriften gebrauchen, aber nicht die gleiche Lebensweise mit ihnen teilen. (17) Nachdem diese beiden Fragen von uns gut unterschieden worden sind, haben wir uns mit der ersten soweit möglich in der „Vorbereitung des Evangeliums“ auseinandergesetzt, indem wir bekannten, zunächst Griechen gewesen zu sein und, auch wenn wir anderen Völkern entstammten, entsprechend der griechischen Mentalität empfunden zu haben, wobei wir seit den Zeiten der Väter Sklaven des polytheistischen Irrtums waren. Wir hätten aber unsere Überzeugung geändert, allerdings nicht aus einem irrationalen und ungeprüften Impuls heraus, sondern erst nach Prüfung und besonnener Abwägung, und für die Schriften der Hebräer in kritischer und vernünftiger Weise Interesse gezeigt. (18) Hinsichtlich der zweiten Frage ist es jetzt an der Zeit, Überlegungen anzustellen und das noch ausstehende Problem in Angriff zu nehmen. Diese Sache bezieht sich auf diejenigen, die zur Beschneidung gehören, und ist bisher noch nicht untersucht worden, wird aber jetzt in den Abhandlungen der „Beweisführung anhand des Evangeliums“ zum Abschluss gebracht werden. (19) Nachdem wir den Gott aller, Juden wie Griechen, durch unseren Erlöser angerufen haben, wollen wir jetzt zunächst betrachten, welches bei uns die Art der Gottesverehrung ist. Dabei werden wir auch die Lösungen für alle Fragen liefern.

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III. Ps.-Justin (Marcell von Ancyra?) Auch die etwa zur selben Zeit wie Eusebs apologetisches Doppelwerk ca. 312/22 entstandene „Mahnrede an die Griechen“ befasst sich mit dem Problem des Traditionsbruchs. Der wahrscheinlich mit Bischof Marcell von Ankyra (ca. 280–374) identische Verfasser der im 5. oder 6. Jh. Justin zugeschriebenen Apologie will Vorbehalte der heidnischen Adressaten überwinden, sich von der Religion ihrer Vorfahren zu distanzieren. Der Appell, durch genaue Prüfung den Irrtum aufzudecken und die Wahrheit der Konvention vorzuziehen, wird durch den Nachweis des höheren Alters der biblischen Religion (Nr. 266) und die These der Abhängigkeit der griechischen Dichter und Philosophen vom Alten Testament untermauert (Nr. 277).

Nr. 78 Pseudo-Justin (Markell von Ankyra?), ad Graecos de vera religione 1 1 (1) Zu Beginn der an euch gerichteten Ermahnung, ihr Griechen, bete ich zu Gott, dass es mir möglich sei, die richtigen Worte zu euch zu sprechen, und euch, die frühere Streitsucht aufzugeben, euch von der Verirrung der Vorfahren zu distanzieren und jetzt zu wählen, was vorteilhaft ist, ohne dabei zu meinen, ihr würdet euch euren Vorfahren gegenüber in irgendeiner Weise verfehlen, wenn euch jetzt genau das Gegenteil dessen, wovon sie früher zu Unrecht überzeugt waren, als nützlich erscheinen sollte1. Denn die genaue Untersuchung des Sachverhaltes kann auch bei lang gehegten Meinungen zu einer anderen Einsicht führen, wenn die Wahrheit einer genaueren Prüfung unterzogen wird2. (2) Da das Thema unserer Rede also die wahre Religion ist – für Menschen, die zu einem risikolosen Leben entschlossen sind, gibt es, wie ich glaube, nach allgemeiner Ansicht nichts Wichtigeres im Hinblick auf das nach dem Ende dieses Lebens kommende Gericht, das nicht nur unsere Vorfahren in Gott, die Propheten und Gesetzgeber, im voraus verkünden, sondern die bei euch als Weise Geltenden, nicht allein die Dichter, sondern ebenso auch die Philosophen3, die bei euch beanspruchen, die Erkenntnis des Wahren und Göttlichen zu besitzen –, schien es mir richtig, zunächst die Lehrer eurer und unserer Religion einer Prüfung zu unterziehen: wer sie sind, wie viele an Zahl und zu welcher Zeit sie gelebt haben, damit diejenigen, die früher die fälschlich sogenannte Religion von den Vorfahren übernommen haben, es jetzt wenigstens bemerken und sich von jener alten Verirrung distanzieren, wir aber klar und deutlich aufzeigen, dass wir selbst der Religion unserer Vorfahren in Gott folgen.

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IV. Athanasius Die Neuorientierung der staatlichen Religionspolitik zugunsten des Christentums manifestiert sich in dem Triumpfgefühl, das die zweiteilige Apologie des Athanasius bestimmt. Möglicherweise kurz vor oder nach dem ersten Exil des alexandrinischen Bischofs in Trier (335–7) oder aber später unter der Regierung Konstantius II. (337–361) wurden die beiden Werke „Gegen die Heiden“ und „Über die Menschwerdung des Wortes“ vollendet. Athanasius sah, wie der unaufhaltsamen Ausbreitung des Christentums ein zwar schwer angeschlagenes, aber noch nicht endgültig überwundenes Heidentum gegenüberstand. Die Einsicht, dass die Kritik Außenstehender den Glauben der Christen gefährden konnte, führte zur Abfassung der Apologien, die sich primär an einen innerkirchlichen Adressatenkreis richteten und einer Vertiefung des christlichen Selbstverständnisses dienen wollten (Nr. 79). Noch überzeugender als Eusebius unter Konstantin konnte Athanasius auf die Gegenwart verweisen, um die Kraft des Kreuzes Christi und die Manifestation des Auferstandenen in der Welt aufzuzeigen (Nr. 80, 523).

Nr. 79 Athanasius, contra gentes 1 Zur Erkenntnis der Religion und der Wahrheit überhaupt bedarf es nicht so sehr der Unterweisung durch Menschen, insofern sich eine solche unmittelbar gewinnen lässt. Fast Tag für Tag erhebt sie in den Werken laut ihre Stimme1, und heller als die Sonne zeigt sie sich in der Lehre Christi. Dennoch möchtest du von ihr reden hören. Nun gut, du Glücklicher, soweit wir dazu imstande sind, wollen wir einige wenige Themen des christlichen Glaubens darlegen. Zwar kannst du diesen Glauben anhand der göttlichen Schriften entdecken, doch hörst du es recht gern auch von anderen. Es genügen ja die heiligen und inspirierten Schriften zur Verkündigung der Wahrheit; doch gibt es daneben auch viele Abhandlungen, die unsere seligen Lehrer zu diesem Zweck verfasst haben. Wer diese liest, wird Einblick in die Interpretation der Schriften bekommen und die Erkenntnis gewinnen können, nach der er verlangt. Da wir aber die Abhandlungen der Lehrer augenblicklich nicht zur Hand haben2, so müssen wir das, was wir von ihnen gelernt haben, dir schriftlich mitteilen – ich meine nämlich den Glauben an Christus den Erlöser –, damit man nicht die bei uns vorgetragene Lehre für banal ansehe noch auch den Glauben an Christus für unvernünftig halte3, wie etwa die Griechen, die mit verleumderischer Zunge spotten und offen über uns lachen, obwohl sie uns immer nur das Kreuz Christi vorzuhalten wissen. Gerade in dieser

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Hinsicht möchte man ihre Wahrnehmungsunfähigkeit4 am meisten bedauern, weil sie das Kreuz verspotten, ohne zu sehen, wie seine Kraft die ganze Welt erfüllt hat, und wie durch das Kreuz die Wirkungen der Erkenntnis Gottes allen offenbar geworden sind5. Denn wenn auch sie ernsthaft ihren Blick auf seine Gottheit gerichtet hätten, dann würden sie über etwas so Grandioses nicht spotten. Nein, vielmehr würden auch sie ihn als Erlöser des Universums anerkennen und einsehen, dass das Kreuz der Schöpfung nicht zum Verderben, sondern zum Heil geworden ist. Denn wenn seit Aufrichtung des Kreuzes in der Welt die Idolatrie vernichtet wurde, wenn alle trügerischen Erscheinungen der Dämonen durch dieses Zeichen vertrieben wurden und allein Christus angebetet und durch ihn der Vater erkannt wird, wenn die Widersprechenden beschämt werden, er aber täglich die Herzen derer, die ihm widersprechen, im stillen umstimmt, wie kann man da noch – so darf man sie wohl mit Recht so fragen – an ein Menschenwerk denken, anstatt zu bekennen, dass es der Logos Gottes und der Erlöser des Universums ist, der das Kreuz bestiegen hat? Mit diesen Leuten scheint es ähnlich zu stehen wie mit einem Menschen, der über die Sonne spottet, die hinter den Wolken sich verbirgt, und doch ihr Licht bewundert, weil er sieht, wie die ganze Schöpfung davon erhellt wird. Denn wie das Licht schön ist und schöner noch die Sonne als Quelle des Lichtes, so muss auch, da die Erfüllung des ganzen Erdkreises mit der Erkenntnis Gottes eine göttliche Tat ist, der Urheber und Lenker einer solchen Wirkung Gott und Gottes Logos sein. Wir wollen also reden, so gut wir es können, und zunächst den Ungläubigen ihre Unwissenheit nachweisen, damit dann nach Widerlegung ihrer Lügen die Wahrheit von selbst leuchte, und auch du, mein Freund, die Zuversicht gewinnst, der Wahrheit geglaubt zu haben und mit der Erkenntnis Christi nicht getäuscht worden zu sein. Ich halte es für richtig, mit dir, einem Freund Christi, über Christus zu reden, da ich überzeugt bin, dass du seine Erkenntnis und den Glauben an ihn höher als alles wertest.

Nr. 80 Athanasius, de incarnatione Verbi 1; 46–48; 54; 56 1 Im vorangehenden Teil dieser Schrift haben wir aus der Menge der Fragen bezüglich des heidnischen Götterwahnes und Aberglaubens einige wenige hinreichend erörtert, so die Frage, wie man im Anfang auf diese Verirrungen kam, und dass die Menschen aus Bosheit sich ihren Götterkult ersannen1. Doch haben wir mit Gottes Gnade auch schon über die Gottheit des Logos des Vaters einige wenige Andeutungen gemacht sowie über seine allumfassende Vorsehung und Macht und gezeigt, dass der gütige Vater durch

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ihn alles ordnet und dass alles von ihm bewegt wird und in ihm Leben erhält. Nun, seliger und wahrhaftiger Christusfreund2, wollen wir der Reihenfolge nach, dem frommen Glauben treu, auch die Fragen der Menschwerdung des Logos behandeln und uns klar werden über seine göttliche Erscheinung unter uns, die die Juden verwerfen, die Griechen verspotten, wir aber anbeten. So soll dann die scheinbare Niedrigkeit des Logos dir geradezu Anlass geben zu einer noch größeren und stärkeren Ehrfurcht vor ihm3. Denn je mehr sie bei den Ungläubigen verspottet wird, desto größer ist das Zeugnis, das sie seiner Gottheit verschafft, weil er das als möglich erweist, was Menschen für unmöglich und darum unbegreiflich halten, weil er in seiner Güte das ehrenhaft macht, was Menschen als anstößig verspotten, weil er in seiner Macht das als göttlich erweist, was die Menschen in ihrer Weisheit als menschliche Schwächen verhöhnen, insofern er die prunkvolle Erscheinung der Abgötter in seiner vermeintlichen Niedrigkeit durch das Kreuz zerstört und die Spötter und Ungläubigen unvermerkt überzeugt, so dass sie seine Gottheit und Macht anerkennen4. Zur Erläuterung dessen ist es notwendig, an das bereits Gesagte zu erinnern, damit du auch den Grund der in einem Leib erfolgten Erscheinung des so großen und erhabenen Logos des Vaters einsehen kannst und nicht etwa meinst, der Erlöser hätte aufgrund natürlicher Notwendigkeit einen Leib getragen; vielmehr sollst du erkennen, dass er, obwohl er von Natur unkörperlich und Logos war, dennoch gemäß der Menschenfreundlichkeit und Güte seines Vaters um unseres Heiles willen im Menschenleib uns erschienen ist. … 46 Wann begannen denn die Menschen, den Kult der Abgötter aufzugeben, wenn nicht von dem Augenblick ab, da der wahre Logos Gottes unter den Menschen erschienen ist?5 Wann haben denn die Orakel bei den Griechen und überall ein Ende genommen und sind verstummt, wenn nicht in dem Augenblick, da der Erlöser sich bis auf die Erde offenbart hat? Wann erwachte die Erkenntnis, dass die sogenannten Götter und Heroen bei den Dichtern einfach nur sterbliche Menschen sind, wenn nicht damals, als der Herr über den Tod triumphiert und den Leib, den er angenommen, unvergänglich bewahrt hatte, indem er ihn von den Toten auferweckte? Wann sagte man sich los vom Dämonentrug und -wahn, wenn nicht eben damals, als die Kraft Gottes, der Logos, aller und auch ihr Gebieter, wegen der Schwäche der Menschen herabgestiegen und auf Erden erschienen ist? Wann begann man, Zauberkunst und Zauberlehre zu zertreten, wenn nicht eben damals, als sich die Theophanie des Logos unter den Menschen vollzogen hat? Wann hat sich überhaupt die Weisheit der Griechen als Torheit erwiesen, wenn nicht damals, als sich die wahre Weisheit Gottes auf Erden offenbarte? (vgl. 1 Kor 1,21) Früher war der ganze Erdkreis und jeder Ort im Wahn des Kultes der Abgötter befangen; und nur in den Abgöttern wähnten die Menschen ihre

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Götter. Jetzt aber geben die Menschen auf dem ganzen Erdkreis ihre abergläubische Verehrung der Abgötter auf, flüchten sich zu Christus, beten ihn als Gott an und lernen durch ihn auch den Vater erkennen, den sie zuvor nicht kannten. Erstaunlich! Es gab verschiedene und abertausend Gegenstände der Verehrung, und jeder Ort hatte seinen eigenen Abgott; aber keiner ihrer sogenannten Götter vermochte auch nur im nächsten Nachbarbereich Eingang zu finden, so dass er auch die Menschen aus der Nachbarschaft zu seiner Anbetung bewogen hätte; vielmehr fand er kaum in seinen eigenen Gebieten die gebührende Verehrung, – denn niemand verehrte den Gott des Nachbarn, sondern ein jeder behütete seinen eigenen Abgott in der Meinung, dieser wäre der Herr aller. – Nur Christus wird von allen und überall als ein und derselbe angebetet. Und was der Schwachheit der Abgötter nicht gelungen ist, wenigstens die in der Nachbarschaft Wohnenden zu gewinnen, das hat Christus erreicht, indem er nicht nur die in der Nachbarschaft Lebenden, sondern einfach die ganze Erde dahin brachte, einen und denselben Herrn anzubeten und durch ihn Gott, seinen Vater. 47 Auch war früher alles vom Trug der Orakel erfüllt, und die Orakel in Delphi, Dodona, Böotien, Lykien, Libyen, Ägypten, bei den Kabiren und die Pythia fesselten die Phantasie der Menschen. Jetzt aber, seitdem Christus überall verkündet wird, hat auch dieser Wahn ein Ende genommen, und es gibt bei ihnen keinen Wahrsager mehr6. Früher täuschten die Dämonen mit ihren Erscheinungen die Menschen, indem sie Quellen oder Flüsse, Holzstücke oder Steine in Besitz nahmen und so mit ihren Gaukeleien die Einfältigen erschreckten. Jetzt aber, nach der göttlichen Erscheinung des Logos, hat dieser Spuk aufgehört. Denn mit dem bloßen Kreuzeszeichen verscheucht der Mensch ihren Trug. Früher hielten die Menschen die bei den Dichtern erwähnten Götter Zeus, Kronos, Apollon und die Heroen für wirkliche Götter und irrten sich in ihrer Verehrung. Kaum aber war der Erlöser unter den Menschen erschienen, da wurden jene bloßgestellt als sterbliche Menschen, und Christus allein wurde unter den Menschen als Gott erkannt, als göttlicher Logos des wahren Gottes. Was soll man aber von ihrer so bewunderten Zauberkunst sagen? Ehe der Logos erschienen war, spielte sie eine große Rolle bei den Ägyptern, Chaldäern und Indern und setzte die Zuschauer in Staunen. Doch mit der Ankunft der Wahrheit und der Erscheinung des Logos wurde auch sie widerlegt und völlig entmachtet. Was aber die Weisheit der Griechen und das Wortgepränge der Philosophen anlangt, so glaube ich, dass wir darüber kein Wort zu verlieren brauchen, da doch die wunderbare Tatsache allen vor Augen steht, dass die Weisen bei den Griechen mit all ihren Schriften nicht einmal ein paar Leute aus den Nachbargebieten von der Unsterblichkeit zu überzeugen und zu einem tugendhaften Leben zu führen vermochten, während allein Christus in einfachen Worten und mit Menschen, die nicht re-

IV. Athanasius

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degewandt waren, auf dem ganzen Erdkreis übervolle Versammlungen von Menschen dahin brachte, den Tod zu verachten, an das Unsterbliche zu denken, über das Zeitliche hinwegzusehen, auf das Ewige zu schauen, das Ansehen auf Erden als nichtig zu betrachten und nur nach der Unsterblichkeit zu streben7. 48 Was wir aber hier behaupten, sind keine leeren Worte, sondern wird auch gerade durch die Erfahrung als wahr bezeugt8. Komme, wer da wolle, und betrachte den Beweis der Tugend in den Jungfrauen Christi und den enthaltsam lebenden jungen Männern sowie den Beweis der Unsterblichkeit in dem so großen Chor seiner Märtyrer. Wer das vorhin Gesagte aus Erfahrung feststellen will, der soll kommen und über den Dämonenspuk, den Orakeltrug und über die Gaukeleien der Zauberkunst das Zeichen des von ihnen verlachten Kreuzes machen und dabei nur den Namen Christi aussprechen, dann wird er sehen, wie dadurch die Dämonen fliehen, die Orakel verstummen, alle Magie und Zauberei ihrer Kraft beraubt sind. Wer ist also dieser Christus und wie groß ist er, wenn er schon mit der Nennung seines Namens und seiner Gegenwart überall alles in Schatten stellt und seiner Kraft beraubt und allein über alle Gewalt hat und den ganzen Erdkreis mit seiner Lehre erfüllt? Sie sollen doch Rede stehen, die Griechen, die laut lachen, ohne zu erröten! Denn ist er ein Mensch, wie konnte ein Mensch die Macht aller ihrer Götter überbieten und deren Nichtigkeit mit seiner Kraft erweisen? … 54 Wie also einer, der den von Natur unsichtbaren und überhaupt nicht sichtbaren Gott schauen will, ihn aus seinen Werken erkennt und begreift, so möge auch der, der mit seinem Geist Christus nicht sieht, ihn wenigstens aus den Werken des Leibes erkennen und prüfen, ob es Menschen- oder Gotteswerke sind. Sind es Menschenwerke, so mag er spotten; lässt sich aber erkennen, dass es nicht Menschen- sondern Gotteswerke sind, dann soll er nicht lachen über das, was keinen Spott verdient. Nein, er soll sich vielmehr wundern, dass uns das Göttliche durch eine so geringfügige Sache offenbar geworden ist, durch den Tod allen die Unsterblichkeit zuteil wurde und in der Menschwerdung des Logos die allwaltende Vorsehung und ihr Urheber und Schöpfer, der Logos Gottes, erkennbar wurde. Denn er wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden. … 56 Diese kurze Abhandlung sei dir, Freund Christi, als erster Basisunterricht und Abriss des Glaubens an Christus und seine göttliche Erscheinung unter uns gewidmet! Wenn du aber dies zum Anlass nimmst, dich mit den Worten der Schriften befasst und ihnen die Aufmerksamkeit richtig widmest, dann wirst du aus ihnen in vollkommenerer und reinerer Weise die genaue Bedeutung des von uns Gesagten erkennen. Denn jene Worte wurden durch inspirierte Männer von Gott gesprochen und geschrieben. Wir aber übermitteln dir und deiner Wissbegierde, was wir von den Theologen, unseren Leh-

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rern gelernt haben, die die Schriften gelesen haben und sogar Zeugen für die Gottheit Christi geworden sind.

V. Firmicus Maternus Nachdem der aus Sizilien stammende Anwalt Firmicus Maternus, einst überzeugter Anhänger des Porphyrius (Nr. 59), Zeuge wurde, wie die Söhne Konstantins die weitgehende Toleranz ihres Vaters gegenüber dem Heidentum aufgaben und seit 341 gesetzlich gegen die heidnischen Opfer vorgingen, schwenkte er, inzwischen zum Christentum konvertiert, ganz auf die neue Religionspolitik der christlichen Herrscher ein. Ähnlich wie Arnobius (Nr. 56) wollte er mit einer anti-paganen Kampfschrift seine Loyalität bekunden und drang auf eine kompromisslose Ausrottung der Religion seiner eigenen Vergangenheit. Das an die Kaiser Konstantius II. und Konstans gerichtete Werk besitzt die Form einer Anklagerede. Die in den frühesten Apologien formulierte Bitte um Toleranz für das Christentum war nun in die Forderung der Intoleranz gegenüber dem Heidentum umgeschlagen. Erstmals in der Geschichte der Apologie wurde an die Staatsgewalt apelliert, um das Ziel, die Bekehrung der Heiden, durchzusetzen. Unter christlichem Vorzeichen argumentierte Firmicus mit der klassisch-römischen Ideologie, wenn er den politischen Erfolg der Herrscher mit ihrer Protektion der neuen Religion providentiell verknüpfte. Erst einige Jahrzehnte später wurden diese radikalen Forderungen politisch umgesetzt, als Kaiser Gratian und Theodosius scharfe anti-pagane Edikte erließen und das Christentum zur Staatsreligion (381) erklärt wurde. Nr. 81 Firmicus Maternus, de errore profanarum religionum 1; 8; 20,7; 28,6; 29,1–2 1 … Wir werden durch evidente Gründe und signifikante Beispiele beweisen, dass vom Teufel erfunden worden sind1, um dadurch das Denken des Geistes mittels der Hoffnung auf eine falsche Glückseligkeit2 zu besudeln und durch Pervertierung des Unterscheidungsvermögens mittels einer pervertierten 3 die unglücklichen Menschen in ewiges Unheil zu verstricken. 8 (1) Wenn die Sonne die ganze Menschheit zusammenriefe4, eine Versammlung hielte und redete, so würde sie vielleicht euren hoffnungslosen Zustand noch mit diesen Worten erschüttern: „Wer hat euch, vergängliche Menschen, die ihr euch alle Tage auf unterschiedlichste Art und Weise gegen den höchsten Gott auflehnt, zu so einer ungeheuerlichen Frevlertat aufge-

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reizt, dass ihr mit gottloser Verirrung und frevelhafter Leidenschaft willkürlich von mir sagt, ich würde sterben und leben?5 Möchten sich doch Erfindungen eures törichten Denkens wenigstens nach gewohntem Brauch oder auf eine einzige Weise entwickeln, möchte sich doch die Verruchtheit eures verbrecherischen Denkens ohne Beleidigung für mich austoben! Nun aber schont ihr auch mich nicht, wenn ihr euch in den Abgrund stürzt, und euer Gerede kennt keinerlei Ehrfurcht, sondern mit meiner Entehrung rennt ihr in euer Verderben und in den Tod. (2) Einige versenken mich aus der hartnäckigen Raserei ihres Herzens heraus in Ägypten in die Wellen und reißenden Strudel des Nils6, andere beklagen mich, indem sie mich entmannen7, wieder andere töten mich erst grausam und kochen mich dann entweder in einem Topf oder stecken die zerfleischten Glieder meines Leibes auf sieben Bratspieße8. Wer mir kurz zuvor mit gefälliger Rede geschmeichelt hat, erdichtet dann, dass ich der Lenker eines Viergespanns sei. Werft doch einmal die Verderblichkeit solchen Wahnsinns von euch und sucht, durch heilbringende Überredung gemahnt, den wahren Weg des Heils! Der Feind Gottes ist, der das ausgedacht oder erdichtet hat, und keine einfache oder gewöhnliche Strafe droht dem Täter dessen, der die Geheimnisse durch ruchlosen Irrglauben befleckt, der über das herrliche Werk Gottes solches erfindet9. (3) Trauert um eure Toten, ihr, die ihr ebenfalls eines gleichen Todes sterben werdet, bringt euren Königen nach Belieben Totenopfer dar, und tröstet sie über den Verlust ihrer Kinder durch eine andere Art von Heilmitteln hinweg. Trauert um Liber, trauert um Proserpina, trauert um Attis, trauert um Osiris, aber ohne Beleidigung unserer Würde! Ich will nicht, dass ihr mich durch ihre Grabhügel und ihre Asche zerrt, ich will nicht meinen Namen zur Förderung eures Irrwahns hergeben. Zum Beginn des Tages bin ich von Gott geschaffen worden, dies allein genügt mir. Warum beraubt ihr mich der Würde eines ehrenvollen Amtes? Zu etwas anderem hat mich Gott geschaffen, etwas anderes zu sein hat er mir befohlen, und ihr zerteilt mich nach euren Gelüsten, zerfleischt mich nach dem Begehren eurer Willkür! Was ich bin, als das erscheine ich in aller Schlichtheit, und ich will nicht, dass ihr euch unter mir etwas anderes vorstellt, als was ihr von mir seht10. Das ist Gott genehm, das nimmt Gott gerne an, das führt die Menschen zum Weg des Heils, wenn ihr die Irrtümer von euch werft und schlicht und gläubig Gottes Gnade schöpft.“ (4) Soviel, allerheiligste Kaiser, möge von meiner Seite genügen, was in einer Rede zu sagen wäre, die einen bestimmten Charakter zum Ausdruck bringt. Doch jetzt will ich, durch die Lehre der heiligen Schriften unterwiesen, die verlorenen Menschen mit einer religiösen Rede mahnen. Wenn es Götter sind, die ihr verehrt, warum betrauert ihr sie dann?11 Warum beklagt ihr sie in alljährlichen Trauerfeiern? Wenn sie eurer Tränen und Trauer wert

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sind, warum überhäuft ihr sie mit göttlicher Ehre? Tut darum also eins von beiden: Unterlasst es entweder, sie zu betrauern, wenn sie Götter sind, oder wenn ihr sie der Trauer und der Tränen für würdig haltet, dann unterlasst es, sie Götter zu nennen, damit nicht durch eure Trauer und eure Tränen die Majestät des göttlichen Namens entweiht wird. (5) Doch weil der verdorbene und in die Schlingen frevelhafter Leidenschaft verstrickte Sinn auf keine Weise wiederhergestellt werden kann, so will ich das Übrige behandeln, damit die Barmherzigkeit Gottes nach Bekanntmachung und Aufdeckung alles dessen, was heidnische Verruchtheit zum Gegenstand des Gottesdienstes gemacht hat, im Namen unseres Herrn Jesus Christus die Gefallenen aufrichtet, die Fliehenden zu sich zurückruft, die Zweifelnden stärkt, die Irrenden bessert und, was die Hauptsache ist, den Sterbenden das Leben schenkt. 20 (7) Jetzt müssen auch wir euch, Konstantius und Konstans, allerheiligste Kaiser, und die Kraft eures verehrungswürdigen Glaubens anrufen. Wer in allen seinen Handlungen, soweit er kann, den Willen des höchsten Gottes befolgt, erhebt sich über die Menschen, löst sich von der irdischen Vergänglichkeit und vereinigt sich im Bund mit himmlischen Dingen. Nur wenig fehlt noch daran, dass dank eurer Gesetze12 der Teufel ganz und gar zu Boden gestreckt daliegt, dass die verhängnisvolle Ansteckung der Idolatrie vergeht. Die schädliche Kraft dieses Giftes ist geschwunden, und von Tag zu Tag erlischt der Grundbestand der gottlosen Begierde. Richtet auf das Banner des Glaubens, euch hat dies die Gottheit vorbehalten. Durch die Gunst des allmächtiges Gottes seid ihr Sieger über alle eure Feinde, durch deren Wirken das römische Reich entehrt wurde. Richtet das Zeichen des verehrungswürdigen Gesetzes auf, setzt fest und verkündet, was Nutzen bringt! Es sei glück- und heilbringend für den Staat, dass ihr unter Scharen von Opfern das feindliche Heer niedergestreckt habt!13 Glücklich ihr, die Gott zu Teilhabern seiner Herrschaft und seines Willens gemacht hat! Die Vernichtung der Idolatrie und die Zerstörung der heidnischen Tempel hat die gnädige Majestät Christi euren Händen vorbehalten14. Er hat den geistigen Übeln widerstanden, ihr habt die irdischen Übel besiegt. Richtet auf die Trophäen des Sieges, und vorangetragen werde das lange Verzeichnis eurer Triumphe! Frohlockt stärker und voller Freude über den Untergang der heidnischen Macht, frohlockt zuversichtlich! Euer Glück verbindet sich mit Gottes Kraft, ihr habt unter Christus im Kampfe für das Heil der Menschen gesiegt. 28 (6) Entfernt, entfernt unbedenklich, ihr allerheiligsten Kaiser, den Schmuck der Tempel! Diese Götter möge das Feuer der Münze oder die Flamme der Erzhütten schmelzen, alle Weihgeschenke verwendet zu eurem Nutzen und macht sie zu eurem Eigentum! Nach der Vernichtung der Tempel seid ihr dank der Kraft Gottes zu Größerem fortgeschritten. Ihr habt die

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Feinde besiegt, das Reich erweitert, und damit eure Heldentaten noch größerer Ruhm begleite, habt ihr mit Umkehrung und Verachtung der Jahreszeitenfolge im Winter – was noch nie geschehen ist noch geschehen wird – die schäumenden und tobenden Wogen des Ozeans unter euren Füße bezwungen. Unter euren Rudern erzitterte die Woge des uns schon fast unbekannt gewordenen Meeres, und der Brite entsetzte sich vor dem unverhofften Anblick des Kaisers15. Was wollt ihr mehr? Vor eurem Mut sind die Elemente besiegt zurückgewichen. 29 (1) Aber auch euch, allerheiligste Kaiser, wird die Verpflichtung, dieses Übel zu züchtigen und zu strafen, auferlegt, und dies wird euch durch das Gesetz des höchsten Gottes geboten, dass eure Strenge den Frevel der Idolatrie auf jede erdenkliche Weise verfolge. Hört und vertraut euren heiligen Sinnen an, was Gott in bezug auf diesen Frevel befiehlt. Im Deuteronomium (13,6–10) ist dieses Gesetz aufgezeichnet, es lautet nämlich: „Wenn dein Bruder dich bittet oder dein Sohn oder deine Gattin, die an deiner Brust ruht, oder dein Freund, der dir so lieb ist wie dein Leben, und heimlich sagt: Lass uns gehen und anderen Göttern, den Göttern der Heiden dienen, so sollst du ihm nicht beistimmen und nicht auf ihn hören, und dein Auge soll ihn nicht schonen, und du sollst ihn nicht geheim halten. Laut verkünden sollst du es von ihm; deine Hand soll zuerst über ihm sein, ihn zu töten, und die Hand des ganzen Volkes danach, und sie sollen ihn steinigen, und er soll sterben, weil er versucht hat, dich von deinem Herrn abtrünnig zu machen.“ (2) Weder den Sohn befiehlt er zu schonen noch den Bruder, und durch die geliebten Glieder der Gattin führt er das rächende Schwert. Auch den Freund verfolgt er mit erhabener Strenge, und das ganze Volk wird bewaffnet, um die Leiber der Gottlosen zu zerfleischen. Auch über ganze Städte wird der Untergang verhängt, wenn sie bei diesem Frevel angetroffen werden. Und damit eure Fürsorge das genauer erfährt, will ich den Spruch des gegebenen Gesetzes anführen. Im selben Buch hat der Herr sogar für ganze Städte die Strafe mit folgendem Worte festgesetzt, er sagt nämlich: „Oder wenn du in einer von den Städten, die der Herr, dein Gott, dir gibt, um darin zu wohnen, Leute sagen hörst: Lasst uns gehen und anderen Göttern dienen, die ihr nicht kennt, so sollst du alle mit dem Schlag deines Schwertes hinschlachten und töten, die in der Stadt sind und du sollst die Stadt mit Feuer verbrennen, und sie soll ohne Wohnung sein, sie soll nicht aufgebaut werden in Ewigkeit, damit der Herr sich von dem Grimm seines Zornes abwende. Und er wird dir Barmherzigkeit gewähren und sich deiner erbarmen, und er wird dich mehren, wenn du auf die Stimme des Herrn deines Gottes hörst und seine Gebote hältst“ (Dtn 13,12–18) (3) Den Lohn seiner Barmherzigkeit verheißt euch, allerheiligste Kaiser, der höchste Gott und beschließt Zuwachs von größtem Umfang. Tut also, was er befiehlt, vollzieht, was er gebietet! Eure ersten

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Schritte sind schon mit größeren Gaben überhäuft worden. Noch im Anfang des Glaubens stehend, habt ihr schon die Zunahme der göttlichen Gunst gespürt. Niemals hat euch die verehrungswürdige Hand Gottes im Stich gelassen, niemals hat sie euch, wenn ihr in Notsituationen wart, ihre Hilfe versagt. Niedergestreckt sind die Heerscharen der Gegner, und die wider euch streitenden Waffen sind stets vor eurem Anblick niedergesunken. Unters Joch gebeugt sind die stolzen Völker, und die Wünsche der Perser sind in sich zusammengesunken16. Die mit ihren Übeln gerüstete Grausamkeit konnte gegen euch nicht standhalten. Gottes Kraft habt ihr beide durch einen zweifachen Erfolg erfahren: euch wurde ein himmlischer Siegeskranz verliehen, und durch euer Glück wird unser Unglück aufgehoben. (4) Diesen Lohn hat euch der höchste Gott, allerheiligste Kaiser, für euren Glauben verliehen17, mit diesen Auszeichnungen einstweilen geschmückt, lädt er euch zu den Geheimnissen des verehrungswürdigen Gesetzes18 ein. Mit reinem Sinn, mit gläubig ergebenem Gewissen, mit unverdorbenem Herzen möge eure Milde immer zum Himmel aufblicken, von Gott immer Hilfe erwarten, die verehrungswürdige Gottheit Christi anflehen und zum Heil des Erdkreises und für das eurige dem heilbringenden Gott geistliche Opfer darbringen! So wird euch alles glücklich zuteil werden, Siege, Reichtum, Friede, Fülle, Gesundheit und Triumphe, so dass ihr, durch die göttliche Majestät gefördert, den Erdkreis in glücklicher Herrschaft regiert.

F) Die pagane Restauration unter Kaiser Julian Apostata (361–363) I. Julians Abwendung vom Christentum Julian, ein Neffe Kaiser Konstantins, hatte sich in einem längeren inneren Prozess von der christlichen Religion distanziert, die ihm als Kind anerzogen worden war. Umso mehr zogen ihn die heidnischen Mythen in ihren Bann. Als Julian im Jahr 361 Alleinherrscher im römischen Reich wurde, sah er die Stunde gekommen, den traditionellen Götterkult neu zu beleben und die von seinen Vorgängern eingeleitete Annäherung von Kirche und Staat zurückzunehmen. Als Staatsmann war Julian überzeugt, dass das Imperium vom Christentum wie durch eine schleichende Krankheit zersetzt werde. Julian glaubte sich von den Göttern selbst beauftragt, das Heidentum und das Reich durch eine Rückkehr zur alten Religion zu retten (Nr. 82, 85, 88). Der Kaiser erkannte, dass er auch das Bildungswesen auf seinen religionspolitischen Kurs verpflichten musste, sollte sein Restaurationsprogramm Erfolg haben (Nr. 91). Für Julian waren die klassischen Autoren nicht allein Vorbild in sprachlich-stilistischer Hinsicht, sondern boten auch Normen religiöser Natur. Er betrachtete die Literatur als Vermittlungsinstanz von spezifisch paganen Werten. Das Unterrichtswesen wurde daher der staatlichen Kontrolle unterstellt (Nr. 86–87). Angesichts des anhaltenden Widerstands der Bevölkerung gegen seine Religionspolitik sah sich der Kaiser genötigt, seine administrativen Maßnahmen zugunsten des Heidentums auch ideologisch zu untermauern und über das Wesen der neuen Religion aufzuklären. So verfasste er 362/3 in Antiochien seine Kampfschrift Contra Galilaeos (Nr. 83, 89), in der er den christlichen Glauben, den er besser als bisherige Gegner kannte, mit dem von der stoisch-neoplatonischen Philosophie entwickelten Gottesbegriff und Religionsverständnis konfrontierte (Nr. 373, 509). Ebenso verstand es Julian, seine persönliche Kenntnis der Bibel für die Kritik des Christentums umfassend auszuwerten (Nr. 426–427, 436, 444). Der Tod des Kaisers auf dem Perserfeldzug (Nr. 90, 224) setzte zwar dem paganen Restaurationsversuch ein abruptes Ende, doch zeigen die zahlreichen Reaktionen von christlicher Seite, wie tiefgreifend die Ideen des Apostaten, der die bekämpfte Religion aus eigener Anschauung kannte, die Zuversicht eines vermeintlich irreversiblen Triumphes des Christentums erschüttert hatten.

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Nr. 82 Ammianus Marcellinus, rerum gestarum libri 22,5,1–4 (1) Zwar war er (Julian) von frühester Jugend an dem Kult der Götter überaus zugetan; und je mehr er heranwuchs, umso mehr brannte er vor Sehnsucht danach1 . Da er jedoch vielerlei zu befürchten hatte2, vollzog er seine gelegentlichen rituellen Betätigungen in diesem Sinne in aller Heimlichkeit. (2) Erst als seine diesbezüglichen Befürchtungen gegenstandslos geworden waren und er bemerkte, dass er sich nun frei fühlen dürfe zu tun, was ihm beliebte, ließ er seine geheimen Neigungen an die Öffentlichkeit dringen und ordnete in unzweideutigen und unbedingte Geltung beanspruchenden Dekreten an, die Tempel wieder zu öffnen, Opfertiere den Altären zuzuführen und den Kult der Götter wieder herzustellen3. (3) Und um seinen Anordnungen mehr Nachdruck zu verleihen, ließ er die unter sich zerstrittenen Vorsteher der Christen samt ihren ebenfalls uneinigen Anhängern im Palast vor und redete ihnen leutselig zu, doch ja ihre Streitigkeiten zu begraben und jeweils unbehelligt und ohne Furcht der eigenen Glaubensüberzeugung nachzugehen4. (4) Dies betrieb er freilich aus dem Grund mit solcher Beharrlichkeit, damit die gewährte Freiheit die Zerstrittenheit vermehre und er selber infolgedessen nicht später beim Volk die Einmütigkeit befürchten müsse. Wusste er doch aus eigener Erfahrung, dass kein wildes Tier dermaßen feindselig gegen Menschen ist, wie die meisten Christen einander mit tödlichem Hass verfolgen! Nr. 83 Libanius, oratio 18,178–179 178 Als der Winter die Nächte ausdehnte, griff der Kaiser die Schriften an, die den Mann aus Palästina zum Gott und Gottessohn machen, und er zeigte in einer langen Auseinandersetzung und mit der Stärke der Beweise, dass das, was da verehrt wird, lächerliches Geschwätz ist1. Darin hat er sich kenntnisreicher erwiesen als der Alte aus Tyrus2. Dieser Mann aus Tyrus sei mir gnädig und nehme das Gesagte wohlmeinend an, ist er doch vom Sohn übertroffen worden. 179 Auf diese Weise genoss der Kaiser die Länge der Winternächte, während andere Leute sich gewöhnlich nur für Liebesangelegenheiten interessieren.

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Nr. 84 Julian, epistula 30 Julian, der Christus abtrünnig gewordene Kaiser, schreibt an den Erzhäretiker Photinus gegen Diodor folgendermaßen1: Du, Photinus, hast sicherlich den Anschein der Wahrheit für dich und bist dem Heil am nächsten, denn du hast Recht, wenn du den, der nach deinem Glauben ein Gott ist, nicht im Leib einer Mutter wohnen lässt2. Diodor aber, der Magier des Nazareners, hat mit schminkenden Gauklerkünsten dessen Unsinn als Scharfsinn zurecht gemacht und ist als gewitzter Sophist einer primitiven Religion aufgetreten. Und kurz darauf: Ich will ihn, wenn die Götter und Göttinnen, alle Musen und auch Fortuna mir beistehen, als schwache Figur, als Verfälscher der Gesetze und Einrichtungen, der heidnischen Mysterien und der Unterweltsgottheiten entlarven; von seinem neuen Gott aus Galiläa3, den er fabelnd als den Ewigen verkündet, werde ich nachweisen, dass er durch ein würdeloses Sterben und Begräbnis seiner von Diodor erfundenen Gottheit entkleidet ist. So wie aber Irrende, wenn man sie widerlegt, vorzutäuschen pflegen, dass sie mehr durch Kunstgriffe als durch die Wahrheit überwunden seien, sagt er anschließend: Denn zum Schaden des allgemeinen Interesses fuhr dieser Mensch zu Schiff nach Athen, widmete sich der Philosophie, nahm ohne Verständnis an den musischen Disziplinen teil und wappnete seine hassenswerte Zunge mit den Fertigkeiten der Rhetorik zum Kampf gegen die himmlischen Götter. Dabei zeigte er eine hochgradige Unkenntnis der heidnischen Mysterien und sog sich, wie man sagt, mit dem ganzen Irrwahn seiner primitiven, unwissenden Fischer-Theologen voll. … Nr. 85 Julian, epistula 49 Es ist, bei den Göttern, mein Wille1, dass die Galiläer2 weder getötet noch widerrechtlich misshandelt werden oder sonst irgendetwas Schlimmes erleiden; wohl aber erkläre ich, dass ihnen die Verehrer der Götter unbedingt vorgezogen werden müssen. Denn durch die Naivität der Galiläer wäre beinahe alles umgestürzt worden; durch die Huld der Götter aber sind wir alle noch einmal gerettet worden. Daher soll man den Göttern wie Menschen und Städten, die sie verehren, Ehre erweisen.

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Nr. 86 Edikt Magistros studiorum (codex Theodosianus 13,3,5) Schulmeister und Professoren müssen sich in erster Linie durch ihre Sitten, sodann durch ihre Redekunst auszeichnen. Weil ich aber nicht persönlich in allen Gemeinden anwesend sein kann, ordne ich an, dass jeder, der sich als Lehrer betätigen will, sich nicht auf der Stelle und ohne weiteres auf diesen Beruf verlegen darf, sondern durch einen Ratsbeschluss anerkannt sein muss und ein Dekret der Ratsherren mit einstimmigem Votum der Vornehmsten unter ihnen zu erlangen hat. Dieses Dekret wird mir nämlich zur Bearbeitung vorgelegt werden, damit sie durch unsere Bestätigung mit erhöhtem Ansehen in die Schulen der Gemeinden eintreten können.1

Nr. 87 Julian, epistula 55 Rechte Bildung besteht, so meinen wir, nicht im eindrucksvollen Ebenmaß der Satzgefüge und der Sprache, sondern in der gesunden Verfassung eines vernünftigen Denkens und in richtigen Auffassungen über Gut und Böse, Schön und Hässlich. Wer also seine Schüler anderes lehrt als er denkt, scheint mir von der Bildung ebenso weit entfernt zu sein wie vom Charakter eines anständigen Mannes. Sofern die Diskrepanz zwischen Denken und Rede nur Kleinigkeiten betrifft, ist das zwar etwas Negatives, aber doch noch irgendwie zu ertragen; lehrt aber jemand in den zentralen Fragen das Gegenteil von dem, was er denkt, ist das dann etwa nicht die Handlungsweise von Krämerseelen, die Lebensart nichtswürdiger, grundschlechter Menschen, die am lautesten die Ware anpreisen, die sie für die minderwertigste halten, indem sie mit ihren Anpreisungen jene betrügen und ködern, an die sie, so meine ich, ihre schlechte Ware loswerden wollen? Deshalb müssen alle, die Unterricht irgendwelcher Art anbieten, in ihrer Haltung untadelig sein und keine Ansichten in ihrer Seele tragen, die ihrem öffentlichen Auftreten widerstreiten; doch weit mehr als alle anderen müssen meiner Meinung nach von dieser Art diejenigen sein, die zur Behandlung literarischer Werke mit der Jugend zusammenkommen, als Erklärer der Schriften der Alten, seien sie Rhetoren, Grammatiker oder gar erst Sophisten1; denn vom anderen abgesehen wollen sie nicht nur Lehrer sprachlicher Stilgesetze, sondern auch sittlicher Prinzipien sein, und sie behaupten, die politische Philosophie sei ihr Spezialgebiet. Ob das zutrifft oder nicht, sei hier dahingestellt. Wenn ich sie aber schon für ihr Streben nach einem so schönen Beruf lobe, so könnte ich sie noch

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mehr loben, wenn sie nicht lügen und sich selbst dadurch überführen wollten, dass sie ihren Schülern anderes vortragen als das, was sie denken. Wie steht es nun damit? Für Homer und Hesiod und Demosthenes und Herodot und Thukydides und Isokrates und Lysias waren die Götter Führer zu jeglicher Bildung. Hielten sich nicht die einen für die Geweihten des Hermes, die anderen für die der Musen? Ein Unding ist es deshalb nach meiner Auffassung, dass die Interpreten ihrer Werke den von ihnen verehrten Göttern keine Ehre erweisen. Wenn ich diesen Zustand auch für abwegig halte, so fordere ich damit keineswegs, dass diese Lehrer zunächst ihre Gesinnung ändern und erst dann die Jugend unterweisen sollen. Ich stelle sie aber vor die Wahl, entweder nicht zu lehren, was sie nicht ernst nehmen, oder, wenn sie schon unterrichten wollen, zuerst durch die Tat zu lehren und auf diese Weise ihre Schüler zu überzeugen, dass weder Homer noch Hesiod noch sonst einer der Schriftsteller, bei denen sie bisher als ihre Interpreten Ehrfurchtslosigkeit, Unverstand und Verwirrung in ihren Vorstellungen von den Göttern angeklagt und verurteilt haben, ohne Einsicht gewesen sind. Denn da sie sich von den Schriften jener Autoren durch honorierte Arbeit ernähren, geben sie zu, dass sie sich von schmutziger Gewinnsucht leiten lassen und für wenige Drachmen zu allem bereit sind. Bisher gab es ja nun viele Gründe, die heiligen Stätten nicht zu besuchen, und der überall drohende Schrecken machte es verzeihlich, wenn man auch die zutreffenden Anschauungen über die Götter verbarg2. Nachdem uns aber die Götter die Freiheit gegeben haben, scheint es mir nicht mehr angebracht, die Menschen zu lehren, was man selbst nicht für richtig hält. Wenn sie aber diejenigen für Weise halten, deren Interpreten sie sind und als deren Propheten sie sozusagen thronen, dann sollen sie zuerst ihrer Ehrfurcht vor den Göttern nacheifern. Wenn sie hingegen von ihnen meinen, dass sie in ihrer Auffassung von den verehrungswürdigsten Wesen geirrt haben, dann sollen sie in die Kirchen der Galiläer gehen, um Matthäus und Lukas auszulegen, denen ihr gehorcht3 und daher die Teilnahme am Opfermahl untersagt. Es ist mein Wille, dass sowohl euer Ohr, wie ihr wohl sagen würdet, wiedergeboren werde als auch eure Zunge, indem sie sich dessen enthalten, woran beständig teilzuhaben ich mir selber wünsche und jedem, der denkt und tut, was mir lieb und teuer ist4. Somit ist für die Dozenten und Lehrer ein allgemeines Gesetz erlassen5. Wer von den jungen Leuten zur Schule kommen will, ist dadurch nicht ausgeschlossen6. Es wäre ja weder angemessen noch sinnvoll, wollte man den Jungen, die noch nicht wissen, welche Richtung sie einschlagen sollen, den besten Weg versperren, aus Furcht, man werde auch Widerstrebende zum traditionellen Glauben führen. Allerdings wäre es berechtigt, wie die Geistes-

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kranken so auch diese trotz ihres Widerstrebens zu heilen, wobei man freilich mit allen, die an dieser Krankheit leiden, Nachsicht haben muss. Belehren nämlich, so meine ich, nicht bestrafen soll man die Unvernünftigen.

Nr. 88 Julian, epistula 58 … Mit Vernunft muss man die Menschen überzeugen und belehren, nicht mit Schlägen, nicht mit Beleidigungen, nicht mit körperlicher Misshandlung1. Erneut und wiederholt mahne ich die Anhänger der wahren Religion, die Scharen der Galiläer nicht zu verletzen, sie nicht anzugreifen, ihnen keine Beleidigungen zuzufügen. Eher bemitleiden als hassen muss man die Menschen, die in den wichtigsten Fragen so übel daran sind. Denn das höchste aller Güter ist in Wahrheit die Gottesverehrung; das größte aller Übel hingegen die Gottlosigkeit. Nr. 89 Julian, contra Galilaeos frg. 1; 3; 48; 55 frg.1 Es scheint mir richtig, allen Menschen die Gründe darzulegen, die mich zu der Überzeugung gebracht haben, dass die Machenschaften der Galiläer1 eine Erfindung2 von Menschen sind, die in böser Absicht geschaffen wurde. Obwohl sie nichts Göttliches enthält, hat sie sich des Teils der Seele bemächtigt, der Mythen liebt, kindisch sowie unverständig ist3, und die Menschen zu dem Glauben gebracht, dieses Hirngespinst sei die Wahrheit. frg. 3 Es ist der Mühe wert, kurz die Frage aufzugreifen, woher und wie zunächst die Gottesidee zu uns gekommen ist, dann die Aussagen der Griechen und Hebräer über die Gottheit einander gegenüberzustellen und zuletzt die Leute zu fragen, die weder Griechen noch Juden sind, sondern zur Sekte der Galiläer gehören, weshalb sie die jüdischen Ansichten den unseren vorgezogen haben, und ferner, warum sie denn nicht einmal den Juden treu bleiben, sondern auch von diesen sich losgesagt und einen eigenen Weg eingeschlagen haben4. Sie haben weder bei uns Griechen noch bei den Hebräern des Mose irgendetwas Schönes oder Gutes gelten lassen, sich vielmehr von den einen wie den anderen das abgepflückt, was diesen Völkern wie ein Verderben anhaftet, nämlich die Gottlosigkeit von der Selbstgefälligkeit der Juden sowie ein gemeines und heruntergekommenes Leben aus der bei uns herrschenden Zügellosigkeit und Ausschweifung6. Und sie wollten, dass man dies als die beste Form von Religiosität bezeichnet. frg. 48 Ihr wisst nicht einmal, ob er die strikte Beachtung religiöser Pflich-

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ten erwähnt hat7. Ihr eifert ihrer (der Juden) Leidenschaft und Erbitterung nach, indem ihr Tempel und Altäre verwüstet, und ihr habt nicht nur diejenigen von euch niedergemetzelt, die der Tradition ihrer Väter treu bleiben, sondern auch von denen, die euren Irrtum teilen, die Häretiker, die den Toten nicht auf dieselbe Weise wie ihr beklagen Die Verantwortung hierfür liegt aber vor allem bei euch. In keiner Weise hat euch Jesus solche Vorschriften überliefert8, ebenso wenig Paulus. Der Grund hierfür liegt darin, dass sie niemals erwartet haben, ihr würdet ein solches Ausmaß der Macht erlangen. Sie begnügten sich damit, wenn sie Diener und Sklaven täuschen konnten und durch diese auch die Frauen und Männer wie Cornelius und Serpius9. Wenn man mir einen einzigen namhaften Menschen jener Zeit aufweisen kann, der diese Leute erwähnt hat – dies hat sich ja unter Tiberius und Claudius ereignet –, dann nennt mich den größten Lügner. frg. 55 Wenn euch wirklich die Lektüre eurer Schriften genügt, warum nascht ihr von den Lehren der Griechen? Es wäre ja doch besser, die Leute davon fern zu halten, als sie am Verzehr des Opferfleisches zu hindern10. Von diesem hat der Geniessende keinen Schaden, wie Paulus (Röm 14,21; 1 Kor 8,7–13) selbst sagt; nur das Gewissen des Bruders, der es sieht, könnte nach eurer Meinung ein Ärgerniss daran nehmen, ihr überaus weisen Leute! Dank dieser Lehren hat sich alles Edle, was die Natur bei euch hervorgebracht, von der Gottlosigkeit abgewandt. Denn jeder, der auch nur ein Minimum an guten Anlagen besaß, musste sich schleunigst von eurer Gottlosigkeit abwenden. Daher wäre es besser, die Leute von diesen Lehren als vom Opferfleisch fernzuhalten. Aber ihr wisst es selbst, wie mir scheint, welch großer Unterschied zwischen euren inspirierten Schriften und den unsrigen in der Wirkung auf den Verstand sich findet, und dass niemand anhand eurer Literatur ein edler oder auch nur tüchtiger Mensch wird, dass dagegen unsere einen jeden, auch wenn er ganz talentlos ist, besser macht11. Ist er aber gut veranlagt und wird ihm noch dazu die Bildung durch unsere Literatur zuteil, so wird er geradezu ein Geschenk der Götter für die Menschen, mag er nun die Leuchte der Wissenschaft entflammen, eine neue Staatsordnung begründen oder Feindesmengen in die Flucht schlagen oder auch viele Länder und viele Meere durchqueren und so seinen heroischen Charakter zeigen . . . Folgendes wird ein deutliches Zeichen sein. Wählt aus eurer Gesamtheit Kinder aus und lasst sie sich dem Studium der Schriften widmen; wenn diese Kinder, zu Männern erwachsen, brauchbarer sind als Sklaven, so haltet mich für einen Schwätzer und Schwarzseher. Ferner seid ihr so verrannt und unvernünftig, dass ihr Schriften für göttlich haltet, durch die niemand besonnener, tapferer und besser wird, als er zuvor war; andere dagegen, aus denen man Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit lernen mag, schreibt ihr dem Satan und Satans Anhängern zu.

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II. Christliche Reaktionen 1) Ephraem der Syrer Kurz nach dem Tod des Kaisers auf dem gescheiterten Perserfeldzug im Juni 363 verfasste der syrische Dichter Ephraem (gest. 373) vier „Hymnen gegen Julian“, in dessen tragischem Ende er ein göttliches Exempel statuiert sah, das alle heidnischen Irrtümer zunichte machen sollte.

Nr. 90 Ephraem der Syrer, hymni contra Julianum 2,1–3.11–12; 4,6–7.26 2 (1) Der Wolf entlieh sich das Kleid eines Lammes der Wahrheit, – und es beschnupperten ihn die Schafe, die arglosen, und erkannten ihn nicht. – Gar sehr täuschte er jenen Hirten, der starb1; – und da trat der Wolf hervor aus dem Lamm. – Er legte ab, warf weg seine Schönheit. Die Böcke spürten ihn aus, – hassten die Schafe und liebten ihn als Hirten. Responsorium: Gepriesen sei, der ihn vernichtet und alle Söhne des Irrtums betrübt hat! (2) Sie freuten sich über ihn, weil er Chaldäer, sie jubelten über ihn, weil er Weissager war. – Sie wurden überheblich, weil er König, sie frohlockten, weil er Priester wurde. – Sie freuten sich, dass er ausfüllte den Platz von vielen, – von Königen und Königinnen derart – eines Achab und Jeroboam, eines Joathan und Manasse, einer Jezabel und Athalia, (dieser) Quellen des Heidentums2. (3) Sie verwarfen den Erlöser, den Zeugen des wahren (Gottes), – der, da man ihn fragte, lehrte: Einer allein ist Gott. – Sie kreuzigten ihn, indem sie Heiden wurden3 und dem Irrtum der Viel(götterei) verfielen. – Und sie freuten sich über das Pfand, das hässliche4; – durch seine Opfer verdingte er, brachte er die (Zehn)-zahl der Götter herbei, – damit sie Garben aufhäuften, (Garben) von Dornen für die Gehenna. … (11) Er war die Distel, von der geschrieben steht (2 Kön 14,9), dass sie stolz und übermütig wurde, – Zedern und Zypressen zu erniedrigen beschloss, – und Dornen und Unkraut erheben wollte. – (Gott) machte ihn zu einem Besen …; – der Gerechte hat mit ihm zusammengekehrt den heidnischen Gräuel, – und hat sein Heidentum an einen fernen Ort weggeworfen. (12) Etwas Kleines wäre es gewesen, wenn die Wahrheit sie einzeln besiegt hätte. – Sie fasste und band zusammen die Zauberer und Weissager in dem einen König, – gab ihnen die Möglichkeit, Helm und Waffen anzulegen, – und in dem einen besiegte sie alle. – Und über alle wurde die Mess-

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schnur der Schmach ausgestreckt; – denn die Söhne des Irrtums logen alle in allem. … 4 (6) Wer hat (je) so viele Altäre errichtet, – wer hat so sehr alle Teufel geehrt, – wer hat so sehr alle Dämonen versöhnen (wollen)! – Nur den Einen erzürnte er, und er wurde zerschmettert. – Durch ihn wird überführt die ganze Anhängerschaft der Linken, – dass sie eine Macht ist, unfähig ihre Anbeter zu schützen. (7) Die Häupter der Zauberer, die Besten der Chaldäer, – die geschicktesten Söhne des Irrtums wählte er sich aus, damit es (ja) nicht geschehe, – dass sie etwa aus Unerfahrenheit (die Wahrheit) verfehlten und nicht erfassten. – Und sie mühten sich ab alle Tage in allem, – tauchten hinab und durchforschten die verborgensten Winkel der Geheimnisse. – Und als sie erfasst zu haben glaubten, war ihr Fund (ihre) Beschämung. …5 (26) Wer wird noch einmal Glauben schenken dem Schicksal und dem Horoskop! – Wer wird noch einmal vertrauen den Weissagern und Beschwörern! – Wer wird noch einmal irren wegen Zauberei und Tierkreisbilder! Denn siehe sie alle haben gelogen, in allem! – Und um nicht die Irrenden einzeln belehren (zu müssen), hat der Gerechte – jenen Irrenden zerschmettert, damit an ihm, die (mit ihm) irrten, lernen möchten.

2) Gregor von Nazianz Der schon bald nach Julians Tod auf heidnischer Seite einsetzende Kult des Verstorbenen veranlasste Gregor v. Nazianz (330–390), seinem wohl noch zu dessen Lebzeiten gefassten Plan einer schriftlichen Auseinandersetzung mit dem zum Imperator avancierten ehemaligen Kommilitonen der Athener Studienzeit eine stark ins Persönliche gehende polemische Note zu verleihen. Zwischen Ende 364 und Anfang 365 veröffentlichte er zwei Invektiven gegen Julian, um eine Verklärung seiner Person zu einem Mythos sowie ein gefährliches Wiederaufleben seiner Gedanken zu verhindern (Nr. 91–92). Julians geplante Reform des Bildungswesens (Nr. 86–87) erschien in Gregors Augen als vermessener Versuch, Wissen zu monopolisieren und die Christen entweder ideologisch zu indoktrinieren oder intellektuell zu marginalisieren. Kritisch wurde der Lektürekanon des kaiserlichen Unterrichtsprogramms durchmustert, ein wörtliches Verständnis der klassischen Mythen als moralisch gefährlich, eine allegorische Interpretation als absurd bezeichnet (Nr. 91, 460). Gregor demaskierte das pagane Restaurationsprogramm als hilflosen Versuch, die Stärken des Christentums nachzuahmen, um sie für die Regeneration des Heidentums zu nutzen (Nr. 91, 96).

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Nr. 91 Gregor von Nazianz, oratio 4,4–6; 111–112; 115; 120 4 … Obwohl die Literatur allen vernünftigen Wesen gemeinsam ist, missgönnte sie Julian, gerade als wenn sie sein persönliches Eigentum gewesen wäre, den Christen. Er, der sich einbildete, der allervernünftigste zu sein, dachte am unvernünftigsten über die Literatur. 5 Denn zunächst manipulierte er listig den Begriff so, wie er es für richtig hielt, als ob das Wort „Griechisch“ zur Religion und nicht zur Sprache gehöre. Dadurch grenzte er uns von der Bildung aus, als hätten wir uns diebisch fremdes Eigentum angeeignet1. Indem er handelte, als hätte er uns auch den Gebrauch aller von den Griechen erfundenen Künste untersagt, glaubte er, aufgrund der identischen Bezeichnung auch auf diesen Bereich einen Anspruch zu haben … 6 Wenn Julian uns von der Literatur fern halten wollte, so war es ein Beweis, dass er weder auf die Richtigkeit seiner Religion noch auf seine Bildung vertraute. … Er wollte schon zu Beginn seiner Regierung besonders durch Monopolisierung der Bildung seine Unvernunft proklamieren lassen. 111 … Julian plante2, in allen Städten Lehrstätten zu errichten; dazu gehörten Lesepulte und ein Klerus mit höheren und niederen Rängen, die Verlesung und Erklärung hellenischer Dogmen, sowohl solcher, die moralisch erziehen, als auch solcher, die verborgene Bedeutungen enthalten. Ferner eine Art von Gebeten in abwechselnder Reihenfolge, eine Art von Bestrafung der Sünder nach dem Grad der Verfehlung, eine Art von Vorweihen und Weihen, und was sonst noch offensichtlich unsere Organisation kennzeichnet. Außerdem wollte er Gästehäuser und Hospize, Herbergen, Asyle für Jungfrauen und Meditationsstätten errichten und die Wohltätigkeit gegenüber den Bedürftigen fördern, die übrigen Formen der Fürsorge, und insbesondere die Hilfeleistung durch Empfehlungsbriefe, die wir denen mitgeben, die sie benötigen, um von Provinz zu Provinz zu reisen. Dies ist es, was Julian insbesondere bei uns bewunderte. 112 Dies waren die Pläne des neuen Theologen und Sophisten. Es ist fraglich, ob der Umstand, dass sie unvollendet blieben und sich das Vorhaben dieses Mannes nicht verwirklichte, uns zum Vorteil war, sofern wir von ihm und seinen Plänen recht schnell befreit worden sind, oder aber ihm selber Nutzen brachte, da er nicht über einen Traum hinaus kam. Es hätte sich nämlich gezeigt, welches die Aktionen von Menschen und welches die Imitationen von Affen sind. Affen sollen nämlich menschliche Handlungen nachahmen, wenn man ihnen in listiger Absicht schmackhafte Brocken vorwirft. Gerade dadurch aber werden sie auch überführt, da ihre Nachahmungskunst unsere Fertigkeit nicht erreicht. Thessalische Pferde, spartanische Frauen und aus der Arethusaquelle trinkende Männer – ich meine die Sizilianer – haben dem

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Orakel zufolge den Vorrang vor ihren Artgenossen3. Noch weit mehr kommen die erwähnten Bräuche und Einrichtungen in ganz besonderer Weise den Christen zu und können von niemand sonst, der uns folgen wollte, nachgemacht werden; denn sie verdanken nicht so sehr menschlichem Planen als vielmehr göttlicher Macht und langer zeitlicher Dauer ihren Erfolg4. 115 … Was wird aber von nun an geschehen? Du wirst ihnen Interpreten der göttlich inspirierten Orakel präsentieren, wie ihr selber sagen würdet, und du wirst theologische und ethische Schriften aufschlagen. Sage mir, was für Bücher werden es sein, und wer wird sie verfasst haben? Es wird sich gut machen, wenn ihnen Hesiods Theogonie mit ihren Kämpfen und Wirren, den Titanen und Giganten samt ihren schrecklichen Namen und Taten vorgesungen wird: Kotus, Briareus, Gyges, Enceladus, eure Drachenfüssler, Blitze schleudernde Götter, Inseln, die diesen entgegengeworfen wurden als Geschosse und zugleich als Gräber für die Entgegenstürmenden, ihre schlimmen Kinder und Sprösslinge, die Hydren, Chimären, Cerberen, Gorgonen, dem Ausbund aller Schlechtigkeit. Solche schönen Geschichten aus Hesiod sollen den Zuhörern vorgetragen werden5. … 120 Was soll man über ihre Moral sagen? Auf welcher Basis, nach welchen Prinzipien, mit welchen Argumenten werden sie zur Tugend erziehen können und zu einem verdienstlichen Leben durch Ermahnungen anleiten? Ein überaus hoher Wert ist die Eintracht und Übereinstimmung der Staaten, der Völker, der Familien, der Einzelpersonen im Gehorsam gegen die Gesetze und die Ordnung der Natur, die alles trennt und verbindet und dieses All aus vielen Elementen zu einem einzigen Kosmos gestaltet hat. Anhand welcher Beispiele können sie diese Dinge lehren?6 Etwa dadurch, dass sie von Kriegen, Zwistigkeiten und Empörungen der Götter und von der Unmenge der Übel reden, die diese selbst privat und öffentlich erdulden und anderen zufügen und von denen es in fast allen ihren Erzählungen und Dichtungen wimmelt? Durch solche Paradigmen können sie eher aus friedfertigen Menschen aggressive und aus weisen Verrückte machen, als dreiste und ungebildete Menschen zu ausgeglichenen und einsichtigen umgestalten. Wer vermag die, die selbst dann, wenn keine Verführer wirken, nur mit Mühe vom Bösen abgehalten und vom Schlimmeren zum Besseren geführt werden können, Milde und Mäßigung zu lehren, wenn ihnen die Götter Führer und Erzieher zu Leidenschaften sind?7 Dort bedeutet Sünder zu sein sogar etwas Ehrenhaftes, da es unter dem Schutz eines der Götter steht, dessen Leidenschaft auf Altären und durch Opfer ausgezeichnet wird und eine Freizügigkeit angenommen hat, die heiligem Brauch entspricht. Dies ist nämlich das schlimmste, das als göttlich zu verehren, was gesetzlich bestraft wird. Soweit ist es mit eurer Ungerechtigkeit gekommen.

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Nr. 92 Gregor von Nazianz, Oratio 5, 23–25.42 23 Den Charakter Julians lernten die anderen kennen, als ihm die Herrschaft Handlungsfreiheit gewährte. Mir allerdings war er in mancher Beziehung schon längst bekannt, seitdem ich mit ihm in Athen zusammengetroffen war. Er war dorthin gekommen kurz nach den neuen Anordnungen, die seinen Bruder betrafen, und nachdem er die Erlaubnis des Kaisers erbeten und erhalten hatte1. Ein doppelter Zweck hatte ihn dorthin geführt. Der eine, ehrenwerte, war, Griechenland und seine Bildungsstätten zu besuchen. Der andere, geheim gehaltene und nur wenigen bekannte, war, die dortigen Priester und Betrüger über sein Schicksal zu befragen2. Denn seine Gottlosigkeit konnte sich noch nicht offen zeigen. Ich habe mir damals von dem Mann kein unrichtiges Bild seiner künftigen Entwicklung gemacht, obwohl ich ja nicht zu denen gehöre, die für diese Dinge besonders begabt sind. Sein anomales Benehmen und sein ganz exaltiertes Auftreten verliehen mir seherische Fähigkeiten, wenn jedenfalls „der beste Seher derjenige ist, der zutreffende Voraussagen zu machen versteht“ (Eurip., frg. 973). Auf nichts Gutes nämlich schienen mir hinzuweisen sein wackelnder Hals, seine zitternden und zuckenden Schultern, seine leidenschaftlichen, unruhigen Augen, sein manischer Blick, sein nervöser, unsteter Gang, seine Nase, die Arroganz und Geringschätzung zeigte, sein verächtlicher Gesichtsausdruck, der die gleiche Gesinnung verriet, sein ungezügeltes, aufbrausendes Lachen, sein unbegründetes Kopfnicken und Kopfschütteln, seine stockende, durch Atemholen unterbrochene Redeweise, sein zusammenhangloses, unverständiges Fragen, seine nicht besseren Antworten, die sich überschlugen und nicht in der Ordnung erfolgten, wie sie die Schule lehrt3. 24 Soll ich mich auf Einzelheiten einlassen? Ich hatte mir Julian schon vor seinem Auftreten so vorgestellt, wie ich ihn nun aus seinen Taten erkannt habe. Wenn einige von denen, die damals bei mir waren und mich gehört hatten, jetzt hier wären, würden sie es unschwer bezeugen können. Kaum hatte ich nämlich Julians Verhalten beachtet, sagte ich zu ihnen: „Welch ein Unglück zieht sich der römische Staat heran!“ Nach dieser Vorhersage wünschte ich, mich als falscher Prophet zu erweisen. Denn dies wäre besser gewesen, als dass die Erde mit solchen Leiden überhäuft wurde und man ein solches Schreckensbild sehen musste, wie noch nie zuvor trotz der bekannten vielen Überschwemmungen, trotz der vielen Brände, trotz der Erdbeben und Erdspalten, trotz all der rohesten Menschen und trotz der seltsamsten, aus verschiedenen Gestalten zusammengesetzten Tiere, die die Natur erfunden hat. Daher fand er auch ein Ende, das seiner geistigen Verwirrung würdig war4. An seinem Ende behielt Gott nicht mehr seine gewohnte Langmut. Denn da-

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mals wäre Güte Versündigung an der Masse gewesen, damals hätte sie die Guten recht mutlos, die Sünder recht verwegen gemacht; damals hätte es den Anschein erweckt, als gäbe es keine Vorsehung, keine Weltregierung, keine Vergeltung, sondern als würde das Weltall von einem blinden Zufall bald in die eine, bald in die andere Richtung getrieben. Dies ist die Ansicht eines verkehrten Denkens, das in den bedeutendsten Fragen eine überaus gefährliche Auffassung hat. 25 Wir, die so berichten, sind, wie man sagt, Galiläer, verachtete Menschen, beten den Gekreuzigten an, sind Jünger von ungebildeten Fischern, sitzen Psalmen singend bei alten Weibern, sind von langem Fasten abgezehrt und halbtot, berauben uns unnützerweise des Schlafes und vergeuden mit sinnlosem Gerede ganze Nächte bei Gebetsversammlungen und setzen euch herab. Wo sind jetzt eure Grammatiklehrer, wo sind eure Ratgeber? Einem unserer „Dummköpfe“ – wie es euch scheint – entnehme ich dieses Siegeslied (vgl. 1 Kor 1,20). Wo sind die Opfer, die Weihen, die Mysterien? Wo sind die öffentlichen und geheimen Opferschlachtungen? Wo ist die gerühmte Kunst der Wahrsager? Wo sind die beeindruckenden Zeichen der Weissagung, wo die Wunder der Bauchredner? Wo ist das viel gepriesene Babylon? Wo der Erdkreis, den du dir durch ein wenig Opferblut vorgestellt hast? Wo sind die Perser und Meder, die du in der Hand haben wolltest, wo sind die Götter, die voraus geschickt wurden und euch begleiteten, die vor und mit euch kämpften? Wo sind die Orakel, die gegen die Christen sprachen, wo die gegen sie gerichteten Drohungen? Wo ist unsere schon auf einen bestimmten Termin festgesetzte Ausrottung, die sich sogar auf unseren Namen erstrecken sollte?5 Alles ist dahingegangen, alles ist vereitelt, zerronnen; die Großsprecherei der Gottlosen erschien als Traum. 42 Hiermit haben wir gegen dich eine Säule errichtet6, die höher und bedeutender ist als die Säulen des Herakles. Diese stehen an einer bestimmten Stelle und können nur von denen gesehen werden, die sich dorthin begeben. Jene aber ist beweglich und kann überall von allen geschaut werden. Ich bin gewiss, auch die Zukunft übernimmt diese Säule, die dich und deine Pläne stigmatisiert und alle belehrt, dass sie sich nicht in gleicher Weise gegen Gott zu erheben wagen und nicht durch gleiches Tun gleiches Schicksal ernten.

3) Johannes Chrysostomus Der aus Antiochien stammende Bischof Johannes Chrysostomus (gest. 407) hatte selber die konfliktreichen Versuche Julians miterlebt, die mehrheitlich christliche Bevölkerung dieser Stadt wieder für das Heidentum zu gewinnnen. Noch 25 Jahre später gestaltete er zwei Reden über den antiocheni-

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schen Martyrerbischof Babylas (gest. 250), dessen Reliquien der Kaiser aus der Nähe des Apollon-Tempels zu Daphne hatte fortschaffen lassen, zu einer polemischen Generalabrechnung mit Julian und dem Heidentum („Über Babylas gegen Julian und die Heiden“; „Über den heiligen Martyrer Babylas“) (Nr. 93–94). Nr. 93 Johannes Chrysostomus, de s. Babyla contra Iulianum et gentiles 76; 119–121 76 Nach dem Tod des Cäsaren … setzte derjenige, der ihm zuvor die Macht verliehen hatte, den Bruder des Verstorbenen öffentlich als Nachfolger in die Herrschaft1 ein. Dieser empfing die Herrschergewalt mit Ausnahme des Diadems – dieses waren auch die Grenzen der Autorität seines verstorbenen Bruders. Da er ein Scharlatan und gottloser Mensch war, gab er zunächst heuchlerisch vor, den Glauben an Christus zu bekennen, mit Rücksicht auf den, der ihm die Macht verliehen hatte. Als auch dieser aus dem Leben geschieden war, ließ er die Maske fallen und trat von nun an ganz unverhohlen mit dem Aberglauben, den er seit langem verborgen hatte, an die Öffentlichkeit und machte ihn allen bekannt2. Und er ließ in alle Welt Weisungen ergehen, die Tempel der Götzen wieder herzustellen, die Altäre wieder aufzurichten, den Dämonen die frühere Verehrung wieder zu erweisen und ihnen von überall her reichliche Einnahmen zu verschaffen3. 119 Um das übrige beiseite zu lassen: Müsste nicht jeder, der nicht völlig unempfindsam ist, betroffen sein von dem Zeichen, das bei den Fundamenten des alten Tempels von Jerusalem vor Augen geführt wurde?4 Worin bestand es? Als der Tyrann sah, dass sich der Glaube an Christus in dem ganzen Reich, das ihm unterstand, ausgebreitet, schon die Perser erreicht hatte sowie andere Barbaren, die hinter ihnen lagen, ja noch tiefer vorgedrungen war, und sozusagen über die ganze Erde unter der Sonne herrschte, grämte er sich voller Erbitterung und rüstete sich zum Krieg gegen die Kirchen. Doch verkannte der Unselige, dass er gegen den Stachel ausschlug. Zuerst versuchte er, den Tempel von Jerusalem wieder aufzubauen, den die Macht Christi bis zum Boden zerstört hatte; und er, der Grieche, schmeichelte der Sache der Juden, da er auf diese Weise die Macht Christi auf die Probe stellen wollte. Er bestellte einige Juden zu sich und befahl ihnen zu opfern; er sagte, dass ihre Vorfahren diese Art von Zeremonien praktiziert hätten. Da jene zum Vorwand Zuflucht nahmen, dass sie nicht das Recht hätten, dies zu tun, nach dem Fall des Tempels, außerhalb ihrer alten Hauptstadt, befahl er, Geld aus dem kaiserlichen Schatz zu nehmen sowie alles andere, was zum Aufbau notwendig war, und fortzugehen, um den Tempel aufzubauen, und zur alten Gewohnheit

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der Opfer zurückzukehren. Diese Unverständigen, völlig dem Irrtum verfallen und bis ins hohe Alter kleine Schulkinder geblieben, gingen fort, um mit dem Kaiser zu kollaborieren. Kaum hatten sie für ihn begonnen, den Schutt zu beseitigen, ließ ein Feuer, das aus den Fundamenten aufloderte, sie alle zusammen zugrunde gehen. Als dem Kaiser dies gemeldet wurde, versuchte er weder, seine Vermessenheit weiter voranzutreiben – er wurde nämlich von der Furcht zurückgehalten –, noch wollte er sich vom Irrtum der Dämonen lösen, nachdem er einmal von ihnen beherrscht wurde. 120 Für den Augenblick aber verhielt er sich ruhig. Als jedoch ein wenig Zeit vergangen war, griff er sein unverständiges Vorhaben wieder auf. Er wagte zwar nicht mehr, den Tempel wieder aufzubauen, lancierte aber von anderer Seite Angriffe gegen uns. Er hatte bis dahin nämlich gezögert, einen offenen Kampf zu beginnen; zunächst und vor allem, weil er klar überzeugt war, damit etwas Unmögliches zu unternehmen; dann, weil er uns keinerlei Gelegenheit bieten wollte, den Märtyrerkranz anzulegen5. Es war ihm nämlich unerträglich und schlimmer als jedes Unglück, wenn jemand, der vor Gericht gestellt war, bis zum Tod die Folterqualen um der Wahrheit willen ertrug. Derart war der Hass, den er aus tiefster Seele gegen uns äußerte. Bösartig und gerissen wie er war, rehabilitierte er alle an welchem Ort auch immer, die von den Vorstehern der Kirche wegen einiger Verfehlungen bestraft und aus dem Amt entlassen worden waren. Auf diese Weise verlieh er den Schlimmsten Autorität, untergrub die Gesetze der Kirche und hetzte alle Gegner gegeneinander auf. So würde es anschließend leicht sein, sie zu unterwerfen, wenn sie sich zuvor im Kampf gegeneinander aufgerieben hätten6. Einem Mann, der wegen abweichender Lehren und des unwürdigen Lebenswandels seines kirchlichen Amtes enthoben worden war – sein Name war Stephanus7 –, befahl er, seinen Lehrstuhl wieder einzunehmen. Den Namen des Herrn versuchte er unterdessen nach seinen Möglichkeiten auszulöschen, indem er uns in seinen Edikten Galiläer anstatt Christen nannte und die Magistrate anhielt, dasselbe zu tun8. 121 Während sich all diese Zeichen ereigneten, von denen ich im Hinblick auf die Hungersnot und Dürre sprach9, verharrte er weiter in dieser Unverschämtheit und Verhärtung. Als er im Begriff war, gegen die Perser zu Felde zu ziehen, und gegen sie mit einem solch großen Hochmut marschierte, als sei er dabei, die Völkerschaft der Barbaren vollständig zu vernichten, stieß er zahlreiche Drohungen gegen uns aus. Er sagte, dass er nach seiner Rückkehr von dort uns alle bis auf den letzten Mann vernichten werde10. Dies sei nämlich für ihn ein schwierigerer Krieg als der gegen die Perser, und er müsse erst diesen, den unbedeutenderen, gut zu Ende bringen, um sich dann diesem zu widmen, der der bedeutendere sei11. Dies ist, was uns diejenigen berichteten, die in seine Pläne eingeweiht waren.

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Nr. 94 Johannes Chrysostomus, de s. Hieromartyre Babyla 3–4 3 Nachdem Julian, der alle Menschen an Gottlosigkeit übertraf, den kaiserlichen Thron bestiegen und das Szepter der Tyrannei an sich gerissen hatte, erhob er sogleich die Hand gegen Gott, seinen Schöpfer, und verweigerte seinem Wohltäter die Anerkennung; wenn er unten von der Erde zum Himmel blickte, bellte er nach Art tollwütiger Hunde, die mit ihrem Gebell ebenso die verfolgen, die sie nicht füttern, wie jene, die sie füttern. Doch war seine Raserei noch wilder als die ihrige. Diese Tiere richten ja ihre Abneigung und ihren Hass gleichermaßen auf Vertraute und Fremde. Julian hingegen näherte sich schmeichlerisch den Dämonen, die seinem Heil fremd waren, und versuchte sie durch jede Form von Verehrung für sich einzunehmen. Seinen Wohltäter und Erlöser aber, der selbst den eingeborenen Sohn seinetwegen nicht geschont hatte, verschmähte und hasste er; über das Kreuz machte er sich lustig, jene Tatsache, die die Welt, mit dem Gesicht auf dem Boden liegend, aufgerichtet, die Dunkelheit von überall vertrieben und uns ein Licht gebracht hat, das leuchtender ist als das Strahlen der Sonne. Sein Wahn aber machte nicht einmal hier Halt. Vielmehr kündigte er an, dass er das Gehabe der Galiläer vom Angesicht der Erde vertilgen würde. So nämlich pflegte er uns zu bezeichnen. Wenn er aber meinte, der Name der Christen sei etwas Verabscheuenswertes und die Sache sei etwas ganz Schändliches, weshalb bezeichnete er uns dann nicht entsprechend, wenn er uns schon verunglimpfen wollte? Doch wusste er sehr genau, dass die Bezeichnung, die auf der Zugehörigkeit zu Christus beruht, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Engel und himmlischen Mächte eine große Auszeichnung ist. Deshalb setzte er alles in Bewegung, um uns dieser Auszeichnung zu berauben und unserer Verkündigung ein Ende zu machen. Aber dies war unmöglich, du Elender und Unglücklicher …! 4 Was sagen denn die Ereignisse? Christus sprach, dass eher Himmel und Erde vergehen, als dass eines seiner Worte verloren geht (Mt 24,35). Dagegen erhob der Kaiser Widerspruch und drohte, die Lehren zu vernichten. Wo ist jetzt der Kaiser, der dies androhte? Er ist tot und vernichtet und befindet sich nun in der Hölle und erleidet die unerbittliche Strafe. Wo ist dagegen Christus, der jene Worte sprach? Im Himmel, zur Rechten des Vaters, sitzend auf dem höchsten Thron der Herrlichkeit. Wo sind die Blasphemien des Kaisers und seine freche Zunge? Sie sind zu Asche, Staub und Würmerfraß geworden. Wo ist die Rede Christi? Sie strahlt von der Wahrheit der Ereignisse selbst, sie leuchtet vom Ausgang der Geschehnisse wie vom Glanz einer goldenen Sonne. …

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4) Cyrill von Alexandrien Die letzte und umfangreichste Auseinandersetzung mit Julian unternahm etwa 70 Jahre nach dessen Tod Bischof Cyrill von Alexandrien (ca. 380–444), der erkennen musste, wie sich immer noch Gläubige von Julians bibelkundiger Kritik verunsichern ließen, aber auch heidnische Intellektuelle, die sich vom bildungsfeindlichen Fanatismus alexandrinischer Mönche abgestoßen fühlten, in der philosophischen Kultur, mystischen Religiosität und moralischen Strenge des verstorbenen Kaisers eine Identifikationsmöglichkeit fanden. Die wahrscheinlich 324 abgeschlossene Apologie „Zugunsten der heiligen christlichen Religion gegen die Bücher des gottlosen Julian“ (Nr. 95) setzte sich im ersten Buch mit dem Vorwurf des Traditionsbruchs auseinander und widmete sich anschließend einer systamatischen Widerlegung der Vorwürfe Julians. Cyrill griff hierbei die gegnerische Fiktion eines Tribunals auf, ohne jedoch in der den Christen zugewiesenen Rolle des Angeklagten zu verbleiben. Vielmehr setzte er selber den von Julian propagierten Hellenismus auf die Anklagebank, um ihn kritischen Fragen bezüglich des Gottesbegriffs, Weltbildes und Mittlergedankens zu unterziehen und die tiefgreifenden Differenzen zwischen griechischer und christlicher Weisheit zu markieren. Nr. 95 Cyrill von Alexandrien, contra Iulianum, Prolog 3–5; 1,3; 2,2–8; Prolog (3) … Demzufolge müssen die von Christus eingesetzten Mitstreiter der heiligen Dogmen, das heißt wir selbst, denen, die seine Herrlichkeit herabsetzen wollen, Argumentationen entgegenstellen, die seine Sache verteidigen und sich für die Leser als hilfreich erweisen können; auch müssen sie denen, deren Herz sich leicht zu unangebrachten Handlungen hinreißen lässt, einen überaus wirksamen Schutz zu bieten, hingegen denen, die fest im Glauben stehen, als eine Art Stab dienen, der sie aufrecht zu erhalten vermag, damit die Tradition des rechten Glaubens tiefer gefestigt und unerschütterlich bewahrt bleibe. Wer ist es denn nun, der gegen die Herrlichkeit Christi in einen Krieg eingetreten ist? Überaus viele sind es, die zu verschiedenen Epochen von der Perversität des Teufels dazu getrieben wurden, allen voran aber Julian, der einst mit dem Prestige des Kaisertums ausgezeichnet war, Christus aber nicht anerkannte, der das Kaisertum und die Herrschermacht verleiht. Bevor er den Kaiserthron bestieg, gehörte er zur Zahl der Gläubigen; er war sogar zur heiligen Taufe zugelassen worden und mit den heiligen Schriften vertraut1. (4) Gottlose und abergläubische Menschen traten auf unerklärliche Weise zu

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ihm in Beziehung und suggerierten ihm Gedanken an die Apostasie2. Sie verbündeten sich zu diesem Zweck mit Satan als Waffengefährten, zogen ihn zu den Praktiken der Griechen hin und machten denjenigen zu einem Diener unreiner Dämonen, der in den heiligen Kirchen und Klöstern aufgezogen worden war. „Schlechter Umgang verdirbt ja gute Sitten“, wie der sehr weise Paulus (1 Kor 15,33) sagt. Wer sich einen soliden Sinn bewahren will und die Tradition des rechten Glaubens wie eine kostbare Perle bewahrt, darf, so behaupte ich, denen, die Aberglaube betreiben, keinerlei Möglichkeit bieten, sich unbemerkt in sein Denken einzuschleichen, das heißt frei reden zu können. Es steht ja geschrieben: „Mit dem Heiligen wirst du heilig sein, mit dem Unschuldigen unschuldig, mit dem Erwählten erwählt, doch mit dem Falschen verkehrt“ (Ps 18,26 f.). Das rednerische Talent, das der überaus mächtige Julian besaß, richtete er gegen Christus, den Erlöser von uns allen. In der Tat verfasste er sogar drei Bücher gegen die heiligen Evangelien und gegen die reine Religion der Christen3, von denen er viele dadurch verunsicherte und zutiefst verletzte. Die Wankelmütigen und Verführbaren glauben leicht an seine Auffassungen und werden zu einer attraktiven Beute für die Dämonen. Es kommt vor, dass zuweilen sogar die im Glauben Gefestigten sich verwirren lassen. Sie meinen nämlich, er kenne die heiligen und göttlichen Schriften, da er in seinen eigenen Werken sehr zahlreiche Zeugnisse aus ihnen zusammenträgt, obwohl er nicht versteht, was er sagt4. (5) Sehr viele Anhänger des Aberglaubens überhäufen, wenn sie auf Christen treffen, diese mit Schmähungen aller Art. Dabei stützen sie sich auf die gegen uns gerichteten Schriften jenes Mannes, die ihrer Behauptung nach eine unvergleichliche Wirksamkeit besitzen, insofern auch keiner unserer Lehrer jemals imstande war, etwas dagegen zu sagen, das heißt seine Ansichten zu widerlegen. Von vielen dazu ermuntert und im Vertrauen auf Gott, der auch jetzt spricht: „Mach dich auf den Weg, und ich werde deinen Mund öffnen“ (Ex 4,12), habe ich mich ans Werk gemacht, diese griechische Vermessenheit, die sich gegen die Herrlichkeit Christi erhoben hat, zu Boden zu strecken, den Irregeführten so weit als möglich zu Hilfe zu kommen, und denjenigen, der Christus, den Erlöser von uns allen, angeklagt hat, des Irrtums und der Unkenntnis der heiligen Schriften zu überführen. … 1,3 Dies sage ich, nachdem ich die Bücher Julians gelesen habe, der unsere reine Religion einer unerträglichen Kritik unterzogen hat; er behauptet, wir seien in die Irre gegangen, hätten aus Mangel an Einsicht den geraden und tadellosen Weg verlassen, wir liefen wie durch Felsgestein, wir würden dem höchsten Gott einen völlig unsinnigen Kult erweisen, der weder mit den Gesetzen übereinstimmt, die der überaus weise Mose überliefert hat, noch mit den religiösen Empfindungen der Griechen, das heißt ihren Bräuchen und Riten; wir hätten eine neue Lebensform eingeführt, die sozusagen in der

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Mitte steht und von beidem abweicht5. Ich aber möchte behaupten, dass wir von der Absurdität der Griechen befreit sind und gründliche Überlegung das Christentum von ihrem Blendwerk abgrenzt: „Denn es besteht keine Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis, noch weniger hat der Gläubige mit dem Ungläubigen einen gemeinsamen Anteil“ (2 Kor 6,14 f.). Wir weichen von den Büchern des Mose nicht ab, die Lebensweise, die wir befolgen, steht keineswegs im Gegensatz zu seinen göttlichen Weisungen. So weit als möglich werde ich versuchen, dies vollständig nachzuweisen, weil dies für uns eine günstige Gelegenheit ist, uns in der Diskussion zu üben. 2,2 Man muss nun zu seiner Schrift selbst übergehen. Wir werden ihren Text wörtlich zitieren und in der erforderlichen Ordnung unsere eigenen Argumente seinen unkorrekten Aussagen entgegenstellen, da wir uns bewusst sind, dass man sie mit aller Entschiedenheit zurückweisen muss. Da er aber, wie gesagt, seinen Mund weit aufgerissen und Verleumdungen aller Art gegen Christus, den Erlöser von uns allen, verbreitet hat und infame Ausdrücke gegen ihn schleudert, so werde ich solche Dinge nicht erwähnen; ich übergehe klugerweise das, wodurch man schon durch den bloßen Kontakt mit seinen Ausdrücken besudelt werden könnte, und werde dort, wo es notwendig ist, entgegentreten, indem ich bei jeder Gelegenheit nachweise, dass er ein Spötter ist, haltlose Behauptungen aufstellt und völlig unfähig ist, irgendetwas Wahres zu sagen. Man muss allerdings auch Folgendes wissen: Im ersten Buch verfolgt er viele Gedankengänge und lässt nicht nach, dasselbe ständig hin und her zu wenden und zu wiederholen. Was sich bei ihm am Anfang findet, legt er auch in der Mitte und am Ende dar. So könnte der Eindruck entstehen, dass die Argumente der Widerlegung eventuell ungeordnet erfolgen. Zwangsläufig scheinen nämlich diejenigen, die sich mit seinen Äußerungen auseinandersetzen wollen, nicht nur einmal, sondern wiederholt über dieselben Dinge zu reden. Wir werden daher seinen Text in einer geeigneteren Systematik aufgliedern, dessen Gedanken nach Kategorien zusammenstellen und auf jeden nicht mehrfach, sondern einmal in ausreichender Weise und nach allen Regeln der Kunst eingehen. Zu Beginn seiner Abhandlung gegen uns sagt er also: „Es scheint mir richtig, allen Menschen die Gründe darzulegen, die mich zu der Überzeugung gebracht haben, dass die Machenschaften der Galiläer eine Erfindung von Menschen sind, die in böser Absicht geschaffen wurde. Obwohl sie nichts Göttliches enthält, hat sie sich des Teils der Seele bemächtigt, der Mythen liebt, kindisch sowie unverständig ist, und die Menschen zu dem Glauben gebracht, dieses Hirngespinst sei die Wahrheit.“6 3 „Galiläer“ nennt er also, glaube ich, die heiligen Apostel, „Hirngespinst“ die Schriften des Mose, die Weissagungen und göttlich inspirierten Aussagen der heiligen Propheten. Und wahrscheinlich war er sich gar nicht bewusst

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– besser gesagt: nicht ohne göttliches Eingreifen – hat er eine Kritik seines eigenen Aberglaubens geschaffen. Es gibt nämlich ein zweifaches Galiläa, das eine in Judäa, das andere unmittelbar an die Phönizischen Städte grenzend. So steht beispielsweise in den Evangelien über Christus, den Erlöser von uns allen, geschrieben, dass er am Meer von Galiläa, das heißt am See von Tiberias, entlang lief und die Jünger berief (vgl. Mt 4,18 f.). Gott sprach einmal durch einen der heiligen Propheten: „Was wollt ihr mir denn, Tyrus und Sidon, und du Galiläa, das ganz von Fremden bevölkert ist?“ (Joel 4,4)7. Ebenso sagt auch der göttlich inspirierte Jesaia: „Das Land Sebolun und das Land Naphtali, und all ihr anderen, die ihr am Rande des Meeres wohnt, Galiläa der Heiden, das Volk, das im Finstern saß, hat ein großes Licht gesehen“ (Jes 9,1 LXX). Unter Galiläern waren also sicherlich nicht nur die Bewohner von Judäa zu verstehen, sondern auch sämtliche Heiden. Er sagt ja „Galiläa der Heiden“. Man erkennt also nicht klar und eindeutig, gegen welche Menschen sich seine Abhandlung eigentlich und wirklich richtet. Gegen uns oder gegen ihn selbst und diejenigen, die dem dummen und ihm so teuren Aberglauben anhängen? Auch sie sind ja Galiläer! Mehr noch, niemand könnte im geringsten zweifeln, dass der Sinn seiner Aussagen auf die Absurditäten der Griechen zutrifft. 4 Wo findet man denn diesen ganzen Katalog von Mythen, diese Torheit und dieses Kindische, Nichtssagende und Unbedachte, dieses Ausmaß an Unverstand jeglicher Art, wenn nicht bei ihnen allein, die raffiniert etwas vorgaukeln und versuchen, der Lüge die Glaubwürdigkeit der Wahrheit zu verleihen? So groß und verbreitet ist bei ihnen die Schändlichkeit, dass auch ihre geistige Elite, die über ihre eigenen Angelegenheiten hervorragend zu philosophieren pflegte, lautstarken Protest gegen die Begeisterung ihrer Dichter erhob, die nicht gotterfüllt, sondern eher abwegig war, und offen erklärte, dass man sich von ihrem Blendwerk distanzieren müsse. Platon duldet nämlich nicht die Dichtungen Homers8, der Götter und Göttinnen dargestellt hat, die der Lüsternheit überführt waren und sich von sehr menschlichen Begierden beherrschen ließen, die weiterhin laut klagten und über den Tod derer betrübt waren, die von ihnen abstammten, nach Frauenart „Ich Ärmster“ ausriefen, weil sie jemanden dem Tode entreißen wollten, dazu aber nicht imstande waren, sich vielmehr den Moiren beugten und dem Schicksal nachgaben, da es offenbar mächtiger war als selbst der Herr der übrigen Götter, den sie auch den „erhabensten Zeus“ nennen. Doch übergehe ich, was man noch alles zu diesem Punkt anführen könnte, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass ich mich von dem abbringen lasse, worauf es ankommt; so werde ich zum Ziel des vorliegenden Themas zurückkehren. 5 Das Mythische stammt von den Griechen, und sie sind es, die sich bemühten, den phantasievollen Erzählungen die Glaubwürdigkeit der Wahrheit

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zu verleihen, nicht aufgrund ehrlicher Überlegungen, sondern solcher, die einer gottlosen Absicht und der Freude an der Verdrehung entstammen. Sie sind es, die gegen die unaussprechliche Herrlichkeit des allmächtigen Gottes diese boshafte „Erfindung“ ersonnen und die „böse Absicht“ wie eine Schlinge für die einfacheren Seelen ausgelegt haben. Sie haben nämlich alle Welt in die Irre geführt, als sie behaupteten, der Himmel und die übrigen Elemente seien Gott. Wie der überaus weise Paulus schreibt: „Indem sie behaupteten, weise zu sein, wurden sie zu Toren; sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit dem Abbild der Gestalt eines vergänglichen Menschen, von Vögeln, Vierfüßlern und Gewürm“ (Röm 1,22 f.). Um aber seine Überlegungen einmal nicht zu bestreiten, wollen wir das Gesagte nicht anderen vorwerfen, sondern lassen diesen Angriff sogar gegen die heiligen Apostel gerichtet sein, das heißt gegen den überaus weisen Mose und die heiligen Propheten. Dann soll er vortreten und klar nachweisen, was die „in böser Absicht geschaffene Erfindung“ ist, von welcher Art „das Hirngespinst“ ist, von dem er spricht, und worin „das Mythenliebende und Kindische“ der christlichen Religion besteht! Hat Mose für uns Mythen verfasst, als er erklärte, vom Wesen her und in Wahrheit gebe es nur einen einzigen Gott, ungezeugt, ewig, unvergänglich, ohne Quantität, unsichtbar, unveränderlich, unkörperlich, ein Gott, der das Leben ist und Leben spendet, der Weisheit ist, Macht, Schöpfer, König und Herr des Universums. Hat die Rede der heiligen Propheten die Wahrheit verfehlt, die sich bemühte, den Spuren der mosaischen Lehre zu folgen? Werden wir eine abweichende Lehre bei den heiligen Aposteln finden? Sicherlich nicht! 6 Wie kann er ferner behaupten, die Ansichten der Galiläer „enthalten nichts Göttliches“, und sagen, sie seien im übrigen gehaltlose Mythen und Hirngespinste? Wer wollte nun aber nicht zugeben, dass es nichts Besseres für die Menschen geben könnte, als den Schöpfer und Herrn des Universums, der vom Wesen her und in Wahrheit einzig ist, klar und irrtumslos zu erkennen? Unsere Gegner selbst würden, wie ich weiß, behaupten, dass der schönste und bedeutsamste Teil der Philosophie der theoretische sei und dies auch gesagt werde, dadurch könnte denen, die zu einem besseren Verständnis fähig sind, mit Mühe und soweit es für Menschen erreichbar ist, ein Erfassen des göttlichen Wesens zuteil werden. Da er selber behauptet, davon überzeugt zu sein, soll er darlegen, woher oder von wem er diese Überzeugung hat. Er soll sich nämlich nicht rühmen, dass er der Einzige ist, der dies weiß. Wenn er aber sich selber davon überzeugt hat und dies für einen völlig unanfechtbaren Beweis genügt – wie zumindest er meint und behauptet –, dass das Christentum keinen Wert habe, so werde ich mich nicht damit aufhalten zu sagen, dass es sich auch bei ihm um reines Geschwätz handelt. Er soll sich ruhig als Einziger damit vergnügen, uns anzugreifen; wir werden uns näm-

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lich nicht eines so feindseligen Richters bedienen. Wenn er hingegen meint, die Urteile der Richtenden, gegen wen auch immer, müssten auf der Wahrheit beruhen und frei von Lüge sein, dann soll er nicht von sich allein behaupten, dass er sich selber überzeugt habe; vielmehr soll er es durch Fakten nachweisen! Dass er mit Recht eher sich selbst und nicht uns der Erdichtung von Mythen bezichtigt und die Anschuldigung nicht gegenstandslos ist, werden wir nochmals anhand seiner eigenen Worte erkennen. 7 „Da ich im Begriff bin, die Rede auf alle ihre sogenannten Dogmen zu bringen, will ich zunächst Folgendes sagen: Wenn meine Leser mir widersprechen wollen, dürfen sie wie vor Gericht keine Argumente verwenden, die außerhalb der Sache liegen, und auch nicht das Gesagte selbst wieder zum Gegenstand einer Anklage machen9, bis sie sich bezüglich der ersten Punkte verteidigt haben. Auf diese Weise werden sie ihr eigenes Anliegen besser und deutlicher verwirklichen, sooft sie eine unserer Positionen kritisieren wollen; wenn sie sich aber gegen unsere Kritik zu verteidigen haben, werden sie nicht umgekehrt eine Anklage erheben.“10 Stumm muss also sein, sag es mir, wer von dir angeklagt wird; du forderst, dass der Angeklagte schweigt, wenn er verurteilt wird, und ohne ein einziges Wort auf deine Aussagen zu entgegnen, soll er die Anklageschrift gegen sich selbst bestätigen. Indessen ist die Ablehnung, dass wir etwas zu deinen Behauptungen sagen, Zeichen eines Menschen, der die Untersuchung fürchtet und nicht verkennt, wie misslich die Schwäche seiner Position ist. Wenn dieser Mensch nun die christliche Religion anklagt, gar nichts daran für anerkennenswert hält und den griechischen Aberglauben mit den höchsten Ehren krönt, dann soll er das Gleiche auch von uns einfordern. Wenn er sich aber mit seinen Reden gegen uns brüstet, irrigen Auffassungen den Vorzug gibt und uns die griechischen Auffassungen als die überlegenen gegenüberstellt, wie kann er von uns verlangen, dass wir schweigen, überhaupt nichts von ihren Auffassungen erwähnen, da wir, in der Absicht, unsere eigenen Lehren zu verteidigen, gerade dies zum Thema unserer Ausführungen machen? 8 Wenn wir es nicht für notwendig hielten, deine Äußerungen anzugreifen, und unsere Absicht dahingehend geändert hätten, allein die griechischen Auffassungen zu erwähnen, dann könnte ich behaupten, dass seine Abhandlung über dieses Thema gut ist und den Rahmen des Wahrscheinlichen nicht übersteigt. Da wir uns aber verteidigen und auf alle seine Behauptungen etwas entgegnen wollen, welches Recht hätte er da, uns Vorwürfe zu machen, wenn wir es unternommen haben, für unsere eigenen Überzeugungen zu plädieren und die schändliche Gottlosigkeit der Griechen zu demaskieren? Denn wie man Farben deutlicher erkennen kann, wenn es einen Kontrast gibt – „Das Licht leuchtet nämlich in der Finsternis“ (Joh 1,5), heißt es –, ebenso,

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glaube ich, manifestiert sich wohl die mit den Tugenden verbundene Schönheit dem Geist der einfacheren Menschen nicht anders als allein durch die Hässlichkeit ihrer Gegensätze. Was mich nämlich zu dem Urteil veranlasst, dass das Gute siegen müsse, ist die Tatsache, dass das Schlechte ohne Schönheit ist. Deswegen fürchtet er mit gutem Grund das, was sich auf ihn selbst bezieht, will das, weswegen er sich schämt, nicht ans Tageslicht kommen lassen und verlangt von den Angeklagten, darüber zu schweigen.

5) Sozomenus Nr. 96 Sozomenus, historia ecclesiastica 5,16,2 Da Julian begriff, dass die Stärke des Christentums auf der Lebensweise seiner Anhänger beruhe, beschloss er überall in den griechischen Tempeln die Ausstattung und Organisation des christlichen Kultes zu übernehmen. Dazu gehörten Lesepulte, ein höherer Klerus, Lehrer und Lektoren für Unterweisungen in den griechischen Dogmen und Moralprinzipien, ein Tag für Tag geregeltes Stundengebet, Meditationsstätten für Männer und Frauen, die sich der Philosophie weihten, Asylstätten für Fremde und Bettler sowie menschenfreundliche Werke aller Art für Bedürftige. Auf diese Weise wollte er den griechischen Überzeugungen Ansehen verleihen1.

6) Socrates Nr. 97 Socrates, historia ecclesiastica 3,23,1–15 (1) „Als der Winter“, sagte er, „die Nächte ausdehnte, griff der Kaiser die Schriften an, die den Mann aus Palästina zum Gott und Gottessohn machen, und er zeigte in einer langen Auseinandersetzung und mit der Stärke der Beweise, dass das, was da verehrt wird, lächerliches Geschwätz ist. Darin hat er sich kenntnisreicher erwiesen als der Alte aus Tyrus. (2) Dieser Mann aus Tyrus sei mir gnädig und nehme das Gesagte wohlmeinend an, ist er doch vom Sohn übertroffen worden.“ (3) Dies sind die Worte des Rhetors Libanius1. Ich behaupte, dass er ein hervorragender Rhetor war. Ich weiß aber, dass er, wenn er nicht mit dem Kaiser in der Religion einer Meinung gewesen wäre, alles gesagt hätte, was die Christen sagen, und als Rhetor die Äußerungen wahrscheinlich noch ge-

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steigert hätte. (4) Denn auch über Konstantinus verfasste er zu dessen Lebzeiten Lobreden2. Den Verstorbenen aber überhäufte er mit vorwurfsvollen Beleidigungen. (5) So hätte er auch, wenn Porphyrius Kaiser gewesen wäre, dessen Bücher denen Julians vorgezogen. Und wenn Julian ein Rhetor gewesen wäre, dann hätte er ihn auch einen schlechten Rhetor genannt, wie den Ekebolios in der Leichenrede auf Julian3. (6) Da jener nun als Gleichgesinnter, als Rhetor und als Freund des Kaisers von dessen Ansichten berichtete, wollen auch wir dem, was er schrieb, nach Kräften entgegnen. (7) Zunächst sagte er ja, als der Winter die Nächte ausdehnte, habe dieser die Schriften angegriffen. (8) Das Wort „angreifen“ bedeutet aber, dass er sich bemühte, eine Schmährede zu verfassen, wie es die Rhetoren gewöhnlich bei der Einführung der Anfänger tun. Zwar kannte er die Schriften ja schon lange, doch griff er sie dann erst an. (9) Er widmete sich einer langen Auseinandersetzung, aber nicht, wie Libanius sagt, mit der Stärke der Beweise, sondern aus Mangel an Wahrheit machte er sich wie ein Spötter über das lustig, was in jenen Büchern gut aufbewahrt ist. (10) Jeder nämlich, der mit jemandem kämpft, verleumdet den, gegen den der Kampf geführt wird, indem er die Wahrheit bald verdreht, bald verbirgt. (11) Und wer jemandem gegenüber feindselig gesonnen ist, versucht wie ein Feind nicht nur alles gegen ihn zu tun, sondern auch zu äußern. Und das Schlechte, das in ihm selbst steckt, überträgt er gerne auf den, gegen den die Feindseligkeit besteht. (12) Dass nun sowohl Julian als auch Porphyrius, den er den Alten aus Tyrus nennt, beide Spötter waren, lässt sich aus ihren eigenen Schriften nachweisen. (13) Porphyrius machte sich nämlich in der von ihm verfassten Philosophiegeschichte4 über das Leben des hervorragenden Philosophen Sokrates lustig. In seiner Schrift gibt er über ihn solche Dinge preis, wie es weder Melitos noch Anytos, die Ankläger des Sokrates, zu äußern gewagt hatten. … (14) Julian aber eiferte dem Vater nach und verriet seine eigene Leidenschaft in der Schrift über die Kaiser, indem er alle Herrscher vor ihm schmähte und nicht einmal den Philosophen Marcus5 schont. Dass also beide Spötter waren, lässt sich aus ihren Schriften nachweisen. (15) Und es bedarf nicht vieler starker Argumente, vielmehr genügt dies, um ihren Charakter zu verdeutlichen. (16) Ich schreibe dies also, indem ich aus den Äußerungen beider Männer diese Schlussfolgerung über ihren Charakter ziehe.

7) Lateinische Autoren Im Unterschied zu den vielfältigen Reaktionen, die Julians paganes Restaurationsprogramm bei christlichen Apologeten des griechisch-syrischen Raumes hervorrief, finden sich bei den lateinischen Autoren nur vereinzelte Hin-

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weise auf den Apostaten und Christenverfolger, dessen gewaltlose Repressionen des Christentums als besonders raffinierte Art von Verfolgung verstanden wurden (Nr. 99, 101, 103), während sein gewaltsamer Tod als Zeichen der göttlichen Vorsehung galt (Nr. 100, 103).

Nr. 98 Ambrosius, de obitu Theodosei 51 (Julian) verließ den Urheber seines Heiles, indem er sich dem Irrtum der Philosophie preisgab. Nr. 99 Hieronymus, chronicon a. 361 p. Chr. Nachdem sich Julian dem Götzenkult zugewandt hatte, gab es eine sanfte Verfolgung, die zum Opfern eher verführte als nötigte, wobei viele von uns aus eigenem Willen umfielen1. Nr. 100 Hieronymus, epistula 70,3 Kaiser Julian verfasste während des Feldzugs gegen die Parther sieben Bücher1, in denen er seine Schmähungen gegen Christus ausspie und zerfleischte sich, um einen Ausdruck der Dichter (Ter., adelph. 958) zu gebrauchen, dadurch mit seinem eigenen Schwert. Wenn ich es nun versuchen sollte, gegen ihn zu schreiben, möchtest du mir am Ende gar verbieten, den tollwütigen Hund mit den Lehren der Philosophen und der Geschichtsschreiber, das heißt mit der Keule des Herkules, niederzuschlagen? Nun ja, unseren Nazaräer oder, wie er sich auszudrücken pflegte, den Galiläer, dürfte er bald nachher in der Schlacht kennen gelernt haben, als er, von einem Wurfspeer in die Weichen getroffen, den Lohn für seine verpestete Zunge entgegennahm. Nr. 101 Rufin, historia ecclesiastica 1,33 Nachdem Julian im Osten eingetroffen war, um gegen die Perser Krieg zu führen, begann er seine Hinneigung zum Götzenkult auch öffentlich zu zeigen, während er diesen Wahn zuvor verborgen hatte. Er war ein raffinierterer Verfolger als die sonstigen, da er nicht mit Gewalt oder Folter, sondern

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durch Belohnungen, Ehrungen, Schmeicheleien und Überredungskünste fast einen größeren Teil des Volkes zu Fall brachte, als wenn er es mit aller Schärfe gezwungen hätte. Nr. 102 Prudentius, liber apotheosis 449–454 Doch es fehlte der eine auch nicht in der Reihe der Herrscher; In meiner Kindheit, wie ich mich erinnere, war er der tapferste Führer der Waffen Ebenso ein Gesetzgeber, hochberühmt in Wort und Schrift, ein Ratgeber für das Vaterland, kein Ratgeber für die Pflichten der Religion, verehrt er an Göttern an die dreihunderttausend Treulos war er gegen Gott, wenngleich nicht treulos gegen das Reich.

Nr. 103 Augustinus, de civitate Dei 5,21; 18,52 5,21 Gott war es auch, dem die Macht verdankten, um nicht alle einzelnen aufzuzählen, Konstantin, der Christ, und Julian, der Abtrünnige, den trotz ausgezeichneter Gaben seine gotteslästerliche und abscheuliche Neugier infolge seiner Herrschsucht um den Erfolg brachte, da er ihren nichtigen Orakelsprüchen vertraute, als er, seines Sieges gewiss, die Schiffe mit dem nötigsten Proviant verbrannte. Mit hitzigem Eifer stürzte er sich dann in ein Wagnis nach dem anderen und wurde bald zur Strafe für seine Verwegenheit getötet; das hungernde Heer ließ er in Feindesland zurück, so dass es sich nicht anders retten konnte als durch Zurückverlegung der Grenzen des römischen Reiches … 18,52 Was sagen sie ferner von Julian, den sie unter den zehn Verfolgern nicht mitzählen? Hat er etwa die Kirche nicht verfolgt, da er den Christen verbot, die freien Wissenschaften zu lehren und zu lernen?1

III. Weitere Auseinandersetzungen mit dem Hellenismus: Theodoret von Cyrus Neben Cyrill von Alexandrien war Theodoret von Cyrus der bedeutendste Theologe des 5. Jh. Noch vor Übernahme des Bischofsamtes verfasste er 420–423 mit seinem Werk „Heilung der hellenischen Krankheiten“ die letzte umfassende Apologie in griechischer Sprache. Hierin ging es nicht mehr um

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eine unmittelbare Auseinandersetzung mit Julian, sondern mit dem unter ihm neu belebten und ihn selber überlebenden Geist des Hellenismus. Dieser manifestierte sich in einem exklusiv paganen Kulturbewusstsein, das sich an den großen Denkern und Literaten der Vergangenheit orientierte, gleichzeitig alle christlichen Wertvorstellungen als irrational und barbarisch ablehnte (Nr. 104, 433). In dieser hellenisierenden Mentalität, die sich mit der Illusion eines vermeintlichen Wissens dem Glauben verschloss und infolge der Selbstgenügsamkeit nur menschlichen Erkennens und Meinens den letzten Wahrheiten fremd blieb, sah Theodoret eine geistige Erkrankung des Heidentums, deren Therapie darin bestand, die ungläubige Seele für die von Gott kommende Wahrheit zu öffnen (Nr. 178). Dies geschah durch den Nachweis, dass es eine wahre Kultur des Glaubens gebe, der allen Menschen eine höhere Erkenntnis vermittele (Nr. 161) und moralische Vollkommenheit ermögliche (Nr. 479). Wie kein anderer Apologet zuvor verstand es Theodoret, die profane Literatur heranzuziehen, um seinen Adressaten das Evangelium mit Zeugnissen ihrer eigenen Denktradition nahezubringen (Nr. 178). Mit seiner geistigen Weite und Aufgeschlossenheit für alle wahren Werte des Menschen zeigte Theodoret exemplarisch, welche Haltung er selber auch von seinen heidnischen Lesern gegenüber dem Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens erhoffte. Nr. 104 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum, Prolog; 12,95–98 Prolog (1) Ich habe häufig Anhänger der griechischen Mythologie getroffen, die unseren Glauben mit der Begründung verspotteten, wir würden von denen, die wir in den göttlichen Dingen unterweisen, nichts anderes fordern, als dass sie glauben1, und die die mangelnde Bildung der Apostel kritisierten, sie als Barbaren einstuften, da sie keine geschliffene Beredsamkeit besaßen2. Die Verehrung der Märtyrer bezeichneten sie als lächerlich; es sei völlig absurd, dass die Lebenden versuchten, von den Verstorbenen Hilfe zu erlangen. Sie fügten noch weitere Einwände derselben Art hinzu, die dieses Werk darlegen wird. (2) Ich habe ihnen gegenüber die Themen behandelt, die nötig waren, um ihre Kritik zu entkräften. Ich aber meinte, es sei ein wirkliches Vergehen gegen die Religion, wenn man sich nicht für die einfachen Menschen interessiert, die von jenen getäuscht werden, und nicht schreibt, um die Haltlosigkeit ihrer Kritik nachzuweisen. (3) So habe ich meine Abhandlung in zwölf Unterredungen gegliedert und meinem Stil einen ungezwungenen Charakter gegeben, da ich annahm, dass dies der Unterweisung dienlich sei, vor allem aber weil bei Verwendung der Zeugnisse Platons und der anderen Philosophen ein

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Stil gebraucht werden musste, der nicht völlig von dem ihrigen abwich, sondern eine gewisse Ähnlichkeit damit besaß. (4) Die erste Unterredung unternimmt eine Verteidigung des Glaubens und der mangelnden Bildung der Apostel, wobei die Argumente anhand der griechischen Philosophen vorgebracht werden3. (5) Die zweite Unterredung zieht eine Bilanz der Ansichten über den Ursprung des Universums, die die namhaftesten Weisen Griechenlands und anschließend diejenigen vortrugen, die den Titel Philosophen verdienten. Und nachdem sie die wahre Theologie des Mose, der der Älteste von allen jenen ist, dazu in Parallele gesetzt hat, widerlegt sie deren falsche Behauptungen und präsentiert die strahlende Wahrheit ihrer eigenen Lehren. (6) Die dritte Unterweisung legt dar, was man bei den Griechen an Mythen über die Götter erzählt hat, die sie die Zweiten4 nennen, und was im Unterschied dazu die göttliche Schrift über die unkörperlichen, aber erschaffenen Naturen lehrt, so dass sich einerseits durch diesen neuen Vergleich zeigt, wie lobenswert das ist, was wir verehren, und andererseits nachgewiesen wird, wie hässlich und übelriechend ihre schmutzigen Mythen sind. (7) Die vierte Unterredung hat die Materie und die Welt zum Inhalt und zeigt, dass unsere Kosmogonie weitaus sinnvoller ist als die Platons und die der anderen. (8) Die fünfte Unterweisung unternimmt eine Debatte über die Natur des Menschen, indem sie die griechischen und die christlichen Ansichten darlegt und aufweist, welcher Unterschied zwischen Licht und Finsternis besteht. (9) Den sechsten Platz erhielt die Abhandlung über die Vorsehung. Den Studien über Gott und die Kreatur Gottes musste nämlich die Abhandlung folgen, die den Atheismus des Diagoras widerlegt, die Blasphemien Epikurs, die Kleinlichkeit des Aristoteles bezüglich der Vorsehung, hingegen die Lehren lobt, die Platon und Plotin sowie die anderen vertreten, die deren Meinung teilen. Mit Beweisen, die der Natur entnommen sind, zeigt diese Abhandlung auch, dass sich die Vorsehung in der Schöpfung betrachten lässt und in jedem einzelnen Werk Gottes manifestiert. (10) Da auch die Nutzlosigkeit der Opfer aufzuzeigen war, hat die siebente Unterredung diese zum Inhalt. Sie kritisiert mit Aussagen der Philosophen die griechischen Opfer, zeigt hingegen mit Aussagen der Propheten den noch unmündigen Charakter der jüdischen Gesetzgebung. (11) Die Anschuldigung derer, die die siegreichen Märtyrer verehren, und natürlich auch ihre Verteidigung ist der Inhalt der achten Unterredung. Sie bedient sich der Zeugnisse der Philosophen und Historiker, ja sogar der Dichter, und zeigt, dass die Griechen nicht nur mit Trankspenden, sondern auch Opfern die Toten ehrten, die sie teils Götter, teils Halbgötter, teils Heroen nannten, wobei die meisten von ihnen ihr Leben in Ausschweifung verbracht hatten.

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(12) Es schien mir sinnvoll, die berühmtesten Gesetzesgeber Griechenlands mit den unseren zu vergleichen – ich spreche von den Fischern, dem Zeltmacher und den Zöllnern – und wiederum mittels eines Vergleiches den Unterschied aufzuweisen, wie jene Gesetze samt ihrer Urheber ins Dunkel der Vergessenheit geraten sind, die Gesetze der Fischer hingegen nicht nur bei den Griechen und Römern in Blüte stehen, sondern auch bei den Skythen, Sarmaten, Persern und anderen Barbaren. Diesen Vergleich enthält die neunte Unterredung5. (13) Die Zehnte lehrt, was für Dinge die göttlichen Orakel weissagten, wie sie Gott angemessen waren und sich den einsichtigen Menschen anpassten, und welche Weissagungen andererseits das Orakel von Delphi und das von Dodona und die anderen falschen Wahrsager Griechenlands verkündeten, die der Lüge und völligen Unkenntnis der Zukunft überführt wurden, als sie solche Dinge weissagten, wie sie vorzutragen kein vernünftiger Mensch bereit gewesen wäre. (14) Da auch über das Weltende und Gericht diejenigen etwas erfahren mussten, die nicht wissen, was wir und was jene lehren, legt die elfte Unterredung eine entsprechende Unterweisung denen vor, die sie lesen möchten. (15) Aber ich zeige auch den Unterschied in der Praxis der Tugend, da ich sehe, wie sich die griechische Gesellschaft mit den damaligen Philosophen brüstet und in ihren Darstellungen versucht, deren Leben zu rühmen. Die zwölfte Unterweisung wird daher zeigen, dass deren Leben nicht den Respekt verdient, den man nicht nur Philosophen, sondern auch Sklaven schuldet, dass hingegen das Leben der Apostel und ihrer Anhänger die menschliche Natur übertrifft und denen gleicht, die sich vom Körper gelöst haben und den Himmel bevölkern6. (16) Das Buch trägt den Titel „Therapie der griechischen Krankheiten“7 oder „Erkenntnis der Wahrheit des Evangeliums mittels der griechischen Philosophie“8. (17) Ich habe nun diese Aufgabe auf mich genommen, um die Kranken zu behandeln und den Gesunden zu nutzen. Diejenigen aber, die Werke anderer lesen, bitte ich eindringlich, wenn ihnen die Schrift insgesamt gefällt, deren Urheber zu preisen und durch ihre Gebete denen zu danken, die sich um ihre Abfassung bemüht haben; wenn es aber einige Mängel gibt, sollen sie deswegen nicht das Ganze verurteilen, sondern aus dem Gewinn ziehen, was gut gesagt ist. 12,95 So habe ich nun für euch, meine Freunde, die zwölfte Unterredung vollendet. Ich habe dargelegt, was über Gott, die Materie, die Schöpfung und auch über die Tugend und das Laster die Ansichten der griechischen Philosophen waren und was uns die göttlichen Worte lehrten. Ich habe auch gezeigt, wie alle ihre Theorien erloschen und dem Dunkel des Vergessens anheim gefallen sind, während unsere Lehre aufblüht und sich entfaltet, in allen Städ-

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ten und ländlichen Gegenden zahllose Hörer hat und Lehrer, die zwar nicht die Beredsamkeit eines Platon besitzen, dennoch aber das Heilmittel der Wahrheit bringen. Ich habe gezeigt, wie, nachdem einmal der Irrtum der falschen Götter zurückgewiesen war, die Lehren unseres Erlösers verkündet worden sind. 96 Genau dies hat selbst Porphyrius in seiner gegen uns gerichteten Schrift gesagt: „Jetzt aber wundert man sich, wenn die Seuche seit so vielen Jahren die Stadt fest im Griff hält, da es keinen Aufenthalt des Asklepios und der anderen Götter mehr gibt; denn weil Jesus verehrt ist, hat niemand mehr irgendeine öffentliche Hilfeleistung von Göttern wahrgenommen“ (Chr. frg. 80). 97 Dies hat Porphyrius, unser größter Gegner, gesagt. Er hat offen bekannt, dass Jesus, seitdem man an ihn glaubte, die Götter vertrieben hat und nach dem Kreuz und der erlösenden Passion weder Asklepios9 noch sonst einer der sogenannten Götter die Menschen mehr täuschen. Denn das aufgehende Licht hat deren ganzen Schwarm wie Nachteulen in die Finsternis geschickt. 98 Ich wünsche, dass auch ihr einen Teil seiner Strahlen empfangt. Deswegen habe ich die Mühe auf mich genommen und euch wie mit hier und dort gesammelten Kräutern ein Heilmittel zubereitet, das die Übel vertreibt.

G) Die Auseinandersetzung mit der römischen Senatsaristokratie (Ende 4. Jh.) I. Aristokratischer Konservativismus in Rom Während im östlichen Reichsteil Kaiser Julian zum Protagonisten der heidnischen Restauration geworden war, bildete im Westen die stadtrömische Senatsaristokratie das Zentrum der Opposition gegen das Christentum. Die bekanntesten Repräsentanten dieses durchaus heterogenen, aber in der Ablehnung des christlichen Glaubens geinten Kreises waren einerseits religiöse Traditionalisten wie Symmachus (Nr. 114), der allen unrömischen Einflüssen mit Skepsis begegnete, andererseits Senatoren wie Vettius Agorius Praetextatus (Nr. 105–106) und Virius Nicomachus Flavianus (Nr. 107–108, 113), die sich in die orientalischen Mysterienkulte einweihen ließen und mit den synkretistischen Spekulationen des Neoplatonismus sympathisierten. Der zunehmenden Favorisierung des Christentums durch die kaiserliche Religionspolitik setzten die Vertreter der römischen Nobilität die bewusste Rückbesinnung auf altrömische Traditionen entgegen. Die neue Religion wurde entweder selbstbewusst ignoriert oder gezielt attackiert, sei es dass die Verbreitung der Biographie des Apollonius von Tyana den Gegenspieler Christi auch im Westen populär zu machen suchte (Nr. 108), sei es dass aus Orakelsprüchen ein baldiges Ende des Christentums herauslesen und propagiert wurde (Nr. 451).

Nr. 105 Hieronymus, contra Iohannem 8 Der elende Praetextatus1, der als designierter Konsul starb, ein Frevler und Verehrer von Götzenbildern, pflegte im Spaß dem seligen Papst Damasus zu sagen: Macht mich zum Bischof der Stadt Rom und unverzüglich werde ich ein Christ. Nr. 106 Grabmonument von Praetextatus und Paulina Vorderseite1: Den Manen. Vettius Agorius Praetextatus, Augur, Priester der Vesta, Priester des Sol, quindecimvir, curialis des Hercules, geweiht dem Liber und eingeweiht in die eleusinischen Mysterien, Hierophant, Tempel-

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aufseher (neocorus), Eingeweihter des Taurobolium, Vater der Väter (= Priester des Mithras); aber im öffentlichen Dienst: Vorläufig ernannter Quaestor, städtischer Praetor, amtlicher Leiter (corrector) von Tuscien und Umbrien, Konsular von Lusitanien, Prokonsul von Achaea, Stadtpräfekt, siebenmal abgeordnet vom Senat als Legat, zweimal Prätorianerpräfekt von Italien und Illyrien, designierter consul ordinarius, und Aconia Fabia Paulina, c(larissima) f(emina), geweiht der Ceres und eingeweiht in die eleusinischen Mysterien, geweiht bei Aegina der Hekate, Initiierte des Taurobolium, Oberpriesterin. Diese beiden lebten 40 Jahre lang zusammen. Rückseite: (Paulina an Praetextatus) Der Glanz meiner Eltern gab mir nichts Größeres als das, was ich schon damals meines Ehemannes würdig schien; aber das ganze Licht und der Ruhm ist der Name meines Mannes. Agorius, der du, einer stolzen Linie entsprossen, deine Heimat, den Senat und dein Weib erleuchtest durch deine Redlichkeit, deinen Charakter und deine Gelehrsamkeit zugleich. Hierdurch hast du den höchsten Gipfel der Tugend erlangt. Denn was auch immer in beiden Sprachen durch die Sorgfalt der Weisen überliefert worden ist, denen das Himmelstor offen steht, sowohl was die Kundigen an Gedichten verfasst haben als auch, was in Prosa herausgegeben wurde, hast du in einen besseren Zustand versetzt als wie du durch Lesen aufgenommen hattest. Aber all das ist unbedeutend: Als frommer Myste birgst du das, was du durch heilige Weihen fandest, im geheimen Herzenswinkel und verehrst, gebildet wie du bist, das vielgestaltige göttliche Wesen2. Die Gattin nimmst du gütig als Gefährtin dir bei den Opfern, die der Menschen und Götter bewusst und dir treu ist. Was soll ich jetzt von deinen Ehren sprechen oder der Macht und den durch die Wünsche der Menschen erstrebten Freuden? Das galt dir immer als hinfällig und unbedeutend; du wirst als Priester der Götter durch deine priesterlichen Kopfbinden als der höchste gepriesen. Du befreist mich, mein Gatte, durch das Gute deiner Lehren als Reine und Keusche von dem Los des Todes, führst mich in die Tempel und weihst mich den Göttern als ihre Dienerin. Durch dich als Zeugen werde ich in alle Mysterien eingeführt. Als der Göttermutter (Dindymene = Kybele) und des Attis Priesterin ehrst du mich als frommer Gatte durch die Riten des Stieres (d. h. durch

I. Aristokratischer Konservatismus in Rom

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das Taurobolienopfer, das der Gatte für Paulina darbrachte). Du lehrst mich als Dienerin der Hekate das dreifache Geheimnis und machst mich würdig für die Opfer der griechischen Ceres. Deinetwegen preisen mich alle glücklich und fromm, weil du selbst meine Güte in der ganzen Welt verbreitest: Obwohl unbekannt, bin ich allen bekannt. Denn warum könnte ich mit dir als meinem Ehemann nicht gefallen? Die Mütter der Romulusstadt suchen mich als ein Vorbild und betrachten ihre Nachkommenschaft als schön, wenn sie der deinigen ähnelt. Bald wünschen und billigen es die Männer, bald die Frauen, was du, mein Lehrer, für Auszeichnungen mir erwiesen hast. Da dies nun alles weggenommen wurde, werde ich, deine traurige Gattin, gequält, die glücklich gewesen wäre, wenn die Himmlischen es gewährt hätten, dass mein Ehemann mich überlebt hätte. Aber dennoch bin ich glücklich, weil ich die Deine bin und war und bald nach dem Tode sein werde.

Nr. 107 Nicomachus Flavianus Der Göttermutter, der Großen Isis, und dem Attis, dem heiligen Gebieter der Monate, hat Q. Clodius Flavianus v.c.1, Pontifex maior des Fünfzehn-Männer-Kollegiums für Kulthandlungen, Mitglied des Sieben-Männer-Kollegiums für die feierlichen Mähler, Pontifex des Sonnnengottes, nach Empfang des Taurobols (Stieropfers) und Criobols (Widderopfers) einen Altar geweiht an den Nonen des April2. FF.LL unter dem Konsulat des Merobaudis II und Saturninus.

Nr. 108 Sidonius Apollinaris, epistula 8,3,1 Ich sende dir, wie du gefordert hast, das „Leben des Pythagoräers Apollonius“, nicht jenes, das Nicomachus der Ältere vom Manuskript des Philostrat abgeschrieben hat, sondern die darauf basierende Version des Tascius Victorianus1.

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1. G) Die Auseinandersetzung mit der römischen Senatsaristokratie

Nr. 109 Marius Victorinus (= Augustinus, confessiones 8,2,3) Der alte Mann war hochgelehrt und besaß eine vollendete Kenntnis aller Wissenschaften1. Er hatte die Meinungen vieler Philosophen gelesen und beurteilt, war der Lehrer zahlreicher edler Senatoren, ja er hatte für seine glänzende Lehrtätigkeit etwas von den Bürgern dieser Welt Höchstgeschätztes erhalten, ein Standbild auf dem römischen Forum. Er war aber bis in die hohen Jahre ein Verehrer der Abgötter geblieben und hatte an den frevlerischen Riten teilgenommen2, worauf sich damals fast der gesamte römische Adel eifrig einließ, der selber das Volk begeisterte für Osiris3 und allerhand göttliche Ungeheuer, und den Kläffer Anubis, die einst „gegen Neptun und Venus und gegen Minerva“ (Verg., Aen. 8,698 f.) die Waffen erhoben hatten4, Götter, die Rom einst besiegt hatte, nun aber anbetete. Das hatte der alte Victorinus viele Jahre lang mit donnernder Rede verteidigt5, und doch errötete er nicht, zum Knecht Christi zu werden und zum Kleinkind an deinem Taufbrunnen, den Nacken unter das Joch der Demut zu beugen und die Stirn zu senken vor der Schmach des Kreuzes.

II. Christliche Entgegnungen 1) Ambrosiaster Der in Rom schreibende, nicht näher identifizierbare Autor widmete im Jahr 384 eine Quaestio seiner „Fragen zum Alten und Neuen Testament“ einer Widerlegung heidnischer Polemik, indem er einerseits christliche Grundüberzeugungen verteidigte (Nr. 381), andereseits aber auch das Befremdliche paganer Kulte, Mysterien und Gottesvorstellungen mit Spott bedachte. Nr. 110 Ambrosiaster, quaestio 114,31 Solange die Heiden Christus nicht kennen, lehnen sie ihn ab, haben sie ihn aber erkannt, verehren sie ihn um so intensiver aus Freude, dass sie vom Bösen zum Guten übergewechselt sind. Wer nämlich in einer so wertlosen und ungehörigen Sache hartnäckig gewesen ist, wie viel entschiedener und engagierter wird er erst sein, nachdem die Wahrheit erkannt worden ist! Von welcher Art ist also unser Christus, der, solange man ihn nicht kennt, gehasst wird, wenn man ihn aber erkennt, geliebt wird? Denn jeder schlechte Mensch

II. Christliche Entgegnungen

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wird geliebt, wenn man ihn nicht kennt, aber gehasst, wenn man ihn kennt. Wie viele haben früher Christus gehasst, die ihn jetzt lieben und bereuen, dass sie gehasst haben, was sie nicht kannten! Denn es ist Zeichen eines Unverständigen zu hassen, was man nicht kennt, da zu prüfen ist, ob die Sache Hass verdient. Die heute also Widerstand leisten, verteidigen es morgen schon, indem sie es bereuen, dass sie so spät erkannt haben, was wahr ist. Wenn aber die Sache Hass verdiente oder irgendetwas Trügerisches an sich hätte, dann würden täglich aus Christen Heiden. Nun aber, da dies die Wahrheit ist, verlassen sie täglich zu jeder Stunde ohne Unterbrechung Iuppiter, darunter Rhetoriklehrer und in der Welt renommierte Persönlichkeiten1, die diesen Gott sich erdacht hatten, und fliehen zu Christus, dem Ehre und Herrlichkeit sei in alle Ewigkeit.

2) Anti-pagane Gedichte Das überzeugte Glaubensbekenntnis eines römischen Aristokraten, der vor seiner Konversion zum Christentum vergeblich die Wahrheit auf vielen Irrwegen gesucht hatte, bekundet sich in dem Carmen ultimum (Nr. 111), das eventuell von dem italischen Präfekten und Konsul Flavius Claudius Antonius bald nach 380 gedichtet wurde. Vermutlich ebenso von ihm stammt das ca. 384/94 in Rom verfasste Carmen ad quendam senatorem (Nr. 112), das durch die Apostasie eines nicht näher identifizierbaren Senatoren und einstigen Konsuls veranlasst wurde, der sich vom Christentum abwandte, um Priester der orientalischen Magna Mater und Isis zu werden. Bald nach 393/4 richtete sich das anonyme Schmähgedicht Carmen contra paganos (Nr. 113) gegen einen Präfekten, entweder Vettius Agorius Praetextatus (Nr. 105–106) oder wahrscheinlicher Nicomachus Flavianus (Nr. 107–108), der als Anhänger eines religiösen Synkretismus Christen zum Glaubensabfall verführt hatte, jedoch durch seinen plötzlichen Tod als Exempel der strafenden Vorsehung Gottes betrachtet wurde. Nr. 111 Carmen ultimum 1–9.149–157.204–224.232–240.243–245 (1–9) Alle Sekten, das gestehe ich, Antonius, habe ich kennen gelernt; Sehr vieles habe ich gesucht, bin alles Einzelne durchgegangen, doch habe ich nichts Besseres gefunden, als an Christus zu glauben. Dies in gefälliger Versform zu beschreiben, habe ich mir vorgenommen; und damit es nicht Missfallen errege, dass ich solche Gedichte verfasse: David selbst hat zu Gott in dichterischer Sprache gebetet.

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Nach dessen Beispiel werden wir anstelle großer Dinge kleine besingen und verkünden, was man fliehen, suchen, verehren muss, wobei doch bei allem der Sachverhalt und Grund nachgewiesen wird. … (149–157) In welcher geistigen Verfassung sind die Menschen, dass sie Falsches anstelle des Wahren reden, verehren, was man verlassen muss, wiederum verlassen, was man verehren muss! Doch soll es uns jetzt genug sein, die nichtigen Formen des Aberglaubens zu beschreiben. Bevor ich zum klaren Licht gelangte, habe ich all dies erfahren; und mich, der lange ohne Gewissheit von so vielen Stürmen umhergetrieben wurde, hat die heilige Kirche im heilbringenden Hafen aufgenommen und nach unbeständigem Schwanken an einen ruhigen Platz geführt, so dass ich nun, nachdem die Wolke des Unheils vertrieben ist, zu der verheißenen Zeit heiteres Licht erwarten darf. … (204–224) Der Heide rühme sich nicht, wenn er die Idole meidet oder meint, es genüge, dass er an ein einziges göttliches Wesen glaube. Wie soll derjenige Gott verehren, der nicht sein Wort verehrt, der nicht seiner Macht die gleiche Ehre erweist? Und wer bekennt, Gott sei unsichtbar und unfassbar, der wird, wenn er nachdenkt, auch Christus so finden, da das Wort niemand erfassen, niemand sehen kann, allein seine Werke sind sichtbar. Er ist nämlich im Vater geboren, im Geborenen schuf der Vater alles, und was immer er durch seine Macht gegeben hat, schützt er mit seiner Güte. So war, ist und wird auf ewig der wahre Erlöser sein, der die Irrtümer beseitigte, der das Wahre sehen ließ und dem besänftigten Vater die zugrunde gehende Welt zurückgab. Es ist nicht verwunderlich, wenn alles der regiert, der alles erschuf, der aus dem Nichts alles hervorbrachte, vom Licht die Finsternis vertrieb und den Tag der Nacht folgen ließ und, weil er im Fleisch gewesen ist, die Sünden des Fleisches vergibt. Er sieht ja, dass der schwache Mensch leicht zu Fall kommt, doch wird er ihn emporheben und allen eine einmalige Vergebung gewähren. Ich will etwas Ungewohntes sagen und werde es nicht bereuen, es gesagt zu haben: Er wird mehr gütig als gerecht sein. … (232–240) Dann werden die Seligen ins Himmelreich eintreten dürfen, dann wird der Tod selbst sterben können, wenn es beständig ein unvergängliches Leben geben wird; an diesem seligen Ort

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gibt es keine Möglichkeit zur Sünde, da es keine Begierde gibt. So große Herrlichkeit ist für das treue Volk in der Zukunft aufbewahrt. Noch mehr hat er gewährt, ein noch größeres Geschenk dadurch gemacht, dass er den Sünder, der seinen früheren Fall bereut, nicht zur Schar der sündigen Menge zählen lässt. … (243–245) Was kann besser oder was maßvoller sein? Es richtet, erforscht, züchtigt, schont, ehrt, wer alles besiegt, doch vom Zorn selbst sich nicht besiegen lässt.

Nr. 112 Carmen ad quendam senatorem 1–14; 25–47; 70–85 (1–14) Da ich dich wieder verschiedenen törichten Kulten dienen und vom alten Irrtum gefangen gehalten sah, erstaunt ich ob dieser Entwicklung. Doch weil du Gedichte liebtest, antworte ich mit einem Gedicht und mache mich eilends daran, Verse zu schreiben, um dich anzugreifen, dass du die Finsternis vorziehst dem Licht. Wer sollte denn auch hinnehmen, dass du glaubst, die Mater Magna1 könne Göttin genannt werden, und meinst, sie wieder verehren zu müssen, deren Verehrern sich schimpfliche Schande einbrennt? Denn ihre Priester künden mit der Frauentunica denselben tief inneren Frevel wie mit dem äußeren Kult und sehen Unerlaubtes für erlaubt. Deshalb stolzieren sie durch die Stadt langsam und reden mit weibisch gewordener Stimme und spreizen ihre erschlafften Lenden mit mächtigem Hintern und ändern mit gemeiner Schandtat das eigene Geschlecht. (25–47) Wenn ein Konsul vom Isisheiligtum in die Stadt einzöge, so würd’ es ein Gelächter der Welt! Wer aber soll nicht über dich lachen, der du Konsul gewesen bist, jetzt ein Diener der Isis?2 Was im ersten Beispiel beschämend ist, scheint für dich im zweiten nicht so zu sein, nämlich deinen Verstand durch garstige Lieder zu verfluchen, sodass das Volk dir Antwort gibt und der Senat dich verunglimpft, dich, der du zuvor im eigenen Haus mit den Fascen gemalt warst, jetzt aber mit dem Sistrum das Hundegesicht trägst3. Das also ist deine Demut und der Demut Bild! Doch jene herrliche Würden werden deinem Hause immer verbleiben. Als gängiges Geschwätz kam es auch uns zu Ohr, du habest gesagt: „Göttin, ich irrte, verzeih, ich kehre zurück!“

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Sag mir, wenn du es kannst: Als du oft solches betetest und um Verzeihung batest, welche Göttin sprach mit dir? Du bist in der Tat nicht bei Verstand, der du Leuten ohne Verstand folgst. Dies wiederholst du immer wieder und merkst nicht, dass du dich schuldig machst. Was dürftest du schuldig sein? Schau: du wärest vielleicht weniger zu tadeln, wenn du nur dies eine wüsstest und in diesem Irrtum verharrtest. Aber da du die Pforte des Gesetzes des wahren Kultes durchschritten und es in wenigen Jahren auf dich zukommen wird, Gott kennenzulernen, warum hältst du dann an Dingen fest, die es zu verlassen gilt, und verlässt das, was festgehalten werden muss? Nichts verehrst du, wenn du alles verehrst, noch ergreifst du mit dem Herzen wieder das Wahre, was nämlich vom Falschen, was nämlich von den Schatten die Lichter für einen Abstand haben. (70–85) Wähle, was du willst, um die angemessene Sühne zu vermeiden! So soll auch einmal der Gläubige diese Verzeihung empfangen, wenn das Verzeihen leicht ist. Wenn du aber das Wahre nicht wissen willst, so wird es kein leichtes Vergehen sein, wenn du die erkannte Wahrheit wieder verlassen solltest. Aber auch dich wird vielleicht das reife Alter korrigieren und zum Besseren zurückrufen, wenn du jene Irrtümer satt hast, denn die Zeit verändert, alle Übel entwirrt die Zeit. Denn lerne dann, wenn das überlegende Alter dich reduziert hat, Gott den Glauben zu bewahren, dass du nicht zweimal in dieselbe Falle fällst, weil mit Recht es gesagt ist: Wer sich den Fuß stieß und beim zweiten Mal nicht den Stein zu meiden weiß und sich unvorsichtig wieder die Glieder verletzte, der soll es sich selbst und keinen Zufällen zuschreiben. Mach dein Vergehen durch den Glauben wieder gut, bring deine Gedanken in Ordnung! Es reicht einmal zu sündigen. Hab keine Furcht: Der wird nicht in Schuld stehen, den das, was er vorher war, reut.

Nr. 113 Carmen contra paganos 25–66; 78–84; 115–121 (25–66) Sagt: Euer praefectus – was hat er für die Stadt beigetragen, als er zu Jupiters geraubtem Thron im Staatskleid herangegangen war, da er doch die Strafen für seine Verbrechen, nachdem der Tod kaum verzögert worden ist, bezahlt1.

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Nach drei Monaten ist jener, nachdem er aufgehetzt die ganze Stadt gereinigt hat, ans Ziel seines Lebensweges gekommen2. Was war dies für eine Raserei des Geistes? Was für eine Tollheit des Verstandes? Sicherlich könnte ja Jupiter eure Ruhe stören! Wer hat dich in Staatstrauer getrieben, sehr schöne Stadt Rom? Hätten sie etwa zu den Waffen fliehen sollen, die das Volk längst nicht mehr hat? Aber war auf Erden keiner heiliger als jener, den Numa Pompilius3, unter vielen der erste Wahrsager, genau lehrte durch nichtigen Brauch und Blut der Schafe, zu besudeln (was für ein Wahnsinn!) durch stinkenden Leichenbrand die Altäre? Ist er selbst es nicht, der den †Wein des Vaterlandes einst preisgegeben hat, der altehrwürdige Häuser, Türme und die Obdächer der Vorfahren zerstörte, als er der Stadt die Zerstörung zufügen wollte, mit Lorbeer die Pfosten schmückte, Gastmähler gab, beschmutztes Brot, behaftet mit Weihrauchdampf4, anbot, zum Scherz fragend, welche er hinrichten lassen sollte, mit Halseisen plötzlich deren Glieder zu umgeben war er gewohnt, durch immer neuen Betrug Elende5 zu besudeln bereit? Ich bitte euch – euer Geweihter, was hat er für die Stadt geleistet? Der gelehrt hat Hierius, unter der Erde die Sonne zu suchen6, als ihm zufällig der Grabenarbeiter einen Birnbaum aus dem Landgut behauen hatte, und vom dem er sagte, dass er ein Gott sei, ein Begleiter des Bacchus und Lehrer7 er, des Sarapis Verehrer, stets der Etrusker Freund: Der sich darum bemüht, hat auszugießen über Sorglose gesammelte Gifte, weil er tausend Wege zu schaden, ebenso viele Künste erforschte, diejenigen, die er verderben wollte, hat er zerschlagen, die bleiche Schlange, gegen den wahren Gott vergeblich Krieg zu führen ist er bereit, der im stillen doch immer betrauert die Zeiten des Friedens, und den eigenen Kummer nicht weiter bekannt machen konnte8. Welcher Tauroboliatus9 hat dir geraten, das Kleid zu wechseln, so dass du – obwohl aufgeblasen (und) reich – plötzlich bettelarm warst, und bedeckt mit Lumpen, durch geringe Gabe zum Bettler geworden, unter die Erde geschickt, besudelt vom Blut des Stieres, schmutzig, verfärbt, die blutbespritzten Kleider aufzubewahren, während du gleichzeitig hoffst, zwanzig Jahre lang rein zu leben?

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Du hast dich als Zensor darum bemüht, das Leben Besserer10 zu opfern, daher im Vertrauen darauf, dass deine Handlungen verborgen sein könnten, weil du durch Hunde der Megale11 immer umgeben warst, du, den die lüsterne Meute (Ungeheuerlichkeit!) als einen Triumphierenden begleitet. (78–84) Viele Christusverehrer wollte er so in seinem Wahn verderben, die ohne Gesetz sterben wollten. Er hätte (denen) Ehren verleihen sollen, die er durch die Kunst eines Dämons wieder betörte, als sie ihn vergessen hatten, da er doch mit Geschenken die (christlichen) Gesinnungen gewisser (Menschen) zu brechen, oder andere zu entweihen durch schmählichen Lohn, und zu schicken wünschte die Unglücklichen als Opfer für die Unterirdischen hinunter in den Tartarus mit sich. Der auflösen wollte … Gesetze, fromme Satzungen. (115–122) Alle Ungeheuer, die du so zahlreich in Tempeln stehend verehrt hast, beschwört selbst mit Opferschrot in den Händen die Gattin am Brandaltar, während sie (ihn) überschüttet mit Geschenken, und die Gelübde auf der Schwelle des Tempels, einzulösen den Göttern und Göttinnen sie sich anschickt, und die oberen Götter bedroht, wobei sie durch magische Formeln wünscht den Acheron zu bewegen, kopfüber hat er den Unglücklichen als Opfer für die Unterirdischen hinunter in den Tartarus geschickt. Hör auf, nach solcher Wassersucht den Gemahl zu beweinen, der von Jupiter herab das Heil für Latium erhoffen wollte12.

III. Die Kontroverse um den Victoria-Altar 1) Die 3. Relatio des Symmachus Nach dem Tod Kaiser Gratians (383), der den Altar der Göttin Victoria aus der Senatskurie entfernen ließ und die staatliche Unterstützung des paganen Kultes eingestellt hatte, intervenierte die heidnische Senatsmehrheit bei dessen Nachfolger Valentinianus II. (383–392), da sich mit jenen Maßnahmen das Imperium von der alten Göttern Roms distanziert hatte und die traditionelle Religion zur Privatsache erklärt worden war. Sprecher der Senatsdelegation war der römische Stadtpräfekt Quintus Aurelius Symmachus (ca. 345–402). In einer Denkschrift an den Kaiser (relatio 3) forderte er die Respektierung der

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in der Vergangenheit bewährten Religion (Nr. 114), verwies auf die negativen Auswirkungen ihrer Missachtung (Nr. 216) und führte gegen den sich herausbildenden, staatlich unterstützten christlichen Absolutheitsanspruch das Toleranzprinzip ins Feld, da nur ein religiöser Pluralismus angesichts der Unergründlichkeit des göttlichen Wesens angemessen sei (Nr. 114, 501).

Nr. 114 Symmachus, relatio 3,1.3.8 Den kaiserlichen Herren Valentinianus, Theodosius und Arkadius, den steten Mehrern des Reiches Symmachus, hoher Senator und Stadtpräfekt 1 Sobald der hohe und euch immer ergebene Senat erkannte, dass Verbrechen wieder den Gesetzen unterworfen sind1, und sobald er sah, dass religiöse Herrscher sich bemühen, den guten Ruf der allerjüngsten Zeit von Makeln zu reinigen, ließ er im Vertrauen auf die Autorität unserer guten Zeit, dem lange unterdrückten Schmerz freien Lauf, und ich erhielt den Auftrag, euch die Klagen der Senatoren vorzutragen. … 3 Wir bitten also um die Wiederherstellung der Religion in der Form, wie sie dem Staat so lange nützlich war. Gewiss, man kann Herrscher nennen von dieser und jener religiösen Ausrichtung, mit dieser und mit jener Meinung: aber die früheren haben die Bräuche der Väter gepflegt, die späteren haben sie nicht abgeschafft. Wenn ihr euch die Religion der älteren Herrscher nicht zum Vorbild nehmt, so haltet euch wenigstens an die Toleranz der letzten!2 Wer ist den Barbaren so gewogen, dass er den Altar der Victoria3 nicht vermisst? Wir denken mit Sorge an die Zukunft, deshalb versuchen wir, warnende Vorzeichen weiterer schlimmer Ereignisse zu vermeiden. Man soll wenigstens dem Namen Ehre erweisen, wenn man die Gottheit nicht ehren will! Schon vieles schuldet eure Ewigkeit der Victoria, und noch mehr wird sie ihr in Zukunft schulden. Einer solchen Macht sollen sich verweigern, die keinen Nutzen von ihr hatten, ihr aber dürft diesen Schutz nicht verlassen, der euch den Triumph über eure Feinde verleiht. Allen ist ihre Macht erwünscht, und es gibt wohl niemanden, der sich weigert, sie zu verehren; denn jeder gibt zu, dass er nach ihr verlangt. 8 Jeder hat seinen eigenen Brauch, jeder seinen eigenen Ritus. Verschiedenartige Kulte hat der göttliche Geist den Städten zu ihrem Schutz zugeteilt4. Wie jeder Mensch bei der Geburt eine Seele erhält, so erhalten die Völker Schutzgottheiten des Schicksals. Dazu kommt der Nutzen, der Menschen und Götter am meisten verbindet. Denn da jede Vernunfterklärung dunkel bleibt, wodurch könnten wir mit größerem Recht die göttlichen Mächte erkennen als durch die Erinnerung und dokumentierbare Erfolge?5 Wenn eine lange Zeit

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einer Religion Autorität verschafft, dann sollten wir so vielen Generationen die Treue halten und unseren Vätern folgen, die zu ihrem Heil den ihrigen gefolgt sind6.

2) Die Intervention des Ambrosius Als Bischof von Mailand erfasste Ambrosius (ca. 333/4–397) sogleich die Konsequenzen, die die Petition der römischen Senatsaristokratie für die Stellung des Christentums in der Gesellschaft haben musste. Noch vor eigener Lektüre der Bittschrift wandte er sich an den erst zwölfjährigen Kaiser Valentinian II., um den christlichen Regenten in deutlichster Weise an seine Herrscherpflichten zu erinnern, insofern der persönlichen Glaubensüberzeugung auch die Amtsführung, konkret die Religionspolitik entsprechen müsse. Religiöse Neutralität oder Toleranz, wie sie Symmachus gefordert hatte, sei mit der Verehrung des wahren Gottes unvereinbar (Nr. 115). Nachdem Ambrosius die Petition selber studieren konnte, verfasste er ein zweites Schreiben, das im kaiserlichen Rat verlesen wurde und den offiziellen abschlägigen Bescheid auf die senatorische Bittschrift argumentativ untermauern sollte, zugleich aber auch weitere Kreise für die eigene Position gewinnen wollte (Nr. 116). Da Ambrosius selber der stadtrömischen Aristokratie entstammte, lag es ihm fern, sich von der großen Tradition Roms zu distanzieren. Vielmehr modifizierte er die Rom-Ideologie in dem Sinne, dass er die Größe dieser Stadt nicht mehr dem heidnischen Götterkult zuschrieb, sondern erst im Christentum zu ihrer Erfüllung gekommen sah. Dem Konservativismus des Symmachus stellte Ambrosius einen religionsgeschichtlichen Fortschrittsgedanken entgegen, der die Ablösung der alten Opferkulte durch die neue Religion einsichtig machen wollte (Nr. 291). Das entscheidende Argument gegen den von Symmachus geforderten religiösen Pluralismus sah der Bischof von Mailand im Offenbarungsgeschehen, in dem sich das von den verschiedenen Kulten auf unterschiedliche Weise gesuchte höchste Eine für den Glauben selber enthüllte und an die Stelle menschlicher Vermutungen die von Gott selbst verbürgte Wahrheit trat (Nr. 494). Aufgrund dieser entscheidenden Differenz im Zugang zum Geheimnis Gottes könne sich das Christentum als Offenbarungsreligion nicht mit der traditionellen Ritusreligion in das von Symmachus konstruierte Pantheon einfügen.

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Nr. 115 Ambrosius, epistula 17,1–3.10.12–13 Dem glücklichsten Herrscher und dem christlichsten Kaiser Valentinianus der Bischof Ambrosius 1 Während alle Menschen, die sich unter römischer Gewalt befinden, euch, den Kaisern und Beherrschern des Erdkreises, dienen, dient ihr selbst dem allmächtigen Gott und dem heiligen Glauben. Ein sicheres Heil gibt es nur, wenn jeder den wahren Gott, das heißt den Gott der Christen, der die ganze Welt regiert, aufrichtig verehrt. Er ist nämlich allein der wahre Gott, der aus innerstem Herzen angebetet wird. Denn „die Götter der Heiden sind Dämonen“ (Ps 96,5), wie die Schrift sagt. 2 Jeder dient diesem wahren Gott, und wer ihn annimmt, um ihn mit innigster Liebe zu verehren, ist nicht tolerant und gleichgültig, sondern voll Eifer im Glauben und in der Frömmigkeit1. Wenn er das nicht ist, so darf er wenigstens nicht damit einverstanden sein, dass die Götterbilder der Heiden verehrt und ihre gottlosen Kulte praktiziert werden. Denn niemand täuscht Gott, der alles sieht, selbst die Geheimnisse des menschlichen Herzens. 3 Da du also, christlichster Kaiser, dem wahren Gott Glauben erweisen und in diesem Glauben Eifer, Vorsicht und Frömmigkeit beweisen sollst, frage ich mich, wie manche Leute von dir erwarten konnten, du müsstest durch deine Anweisung den heidnischen Göttern die Altäre wieder errichten lassen und sogar den Vollzug der gottlosen Opfer finanzieren; denn dieses Geld ist schon längst für die Kasse des Staates und der Kaiser eingezogen worden2, und es wird daher eher so aussehen, als ob du aus deinem eigenen Vermögen etwas beisteuerst, als dass du ihnen ihr Vermögen zurückerstatten wolltest. … 10 Aber dieses kann nicht ohne Sakrileg beschlossen werden. Ich bitte dich deshalb, dass du einen solchen Beschluss weder fassen noch verkünden noch unterschreiben mögest. Als Priester Christi wende ich mich an deinen Glauben. Alle Bischöfe hätten sich mir angeschlossen, wenn die Nachricht, dass etwas Derartiges in deinem Rat vorgeschlagen oder vom Senat gewünscht wurde, nicht so unglaubhaft und plötzlich gekommen wäre. Doch soll man nicht behaupten, dass der Senat darum gebeten habe. Wenige Heiden beanspruchen ja einen gemeinsamen Namen für sich allein. Denn schon vor ungefähr zwei Jahren, als sie dasselbe zu erbitten versuchten, schickte mir Damasus3, der heilige Priester der römischen Kirche, durch göttliche Entscheidung erwählt, ein Schreiben, das ihm christliche Senatoren, und zwar in sehr großer Zahl, überreicht hatten. Darin erklärten sie, dass sie einen solchen Auftrag nicht gegeben hätten, dass sie mit diesen Bitten der Heiden nicht einverstanden seien und dass sie ihre Zustimmung versagten. Sie beklagten sich auch öffentlich und privat darüber, dass sie in der Kurie nicht mehr erscheinen könnten, wenn etwas

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Derartiges beschlossen werden sollte. Passt es in eure Zeit, das heißt ist eine christliche Zeit, dass man christlichen Senatoren ihre Würde nimmt, um heidnischen Senatoren die Verwirklichung ihrer gottlosen Wünsche zu ermöglichen? Dieses Schreiben habe ich dem Bruder eurer Milde zugesandt. So ergab sich, dass die Gesandten gar nicht von dem Senat beauftragt wurden, als sie sich an euch um Unterstützung der falschen Religion wandten4. … 12 Auch deshalb, weil ich mich an die Gesandtschaft erinnere, die sich mir kürzlich anvertraut hat, wende ich mich wiederum an deinen Glauben. Denke nicht, du müsstest jetzt eine ähnliche Petition der Heiden günstig bescheiden! Setze deine Unterschrift nicht unter einen solchen Bescheid; denn das wäre ein Sakrileg. Berichte davon wenigstens dem väterlichen Beschützer deiner Frömmigkeit, dem Kaiser Theodosius, mit dem du dich in allen wichtigen Fragen zu beraten pflegst! Denn nichts in wichtiger als die Religion, nichts steht höher als der Glaube. 13 Wenn es um einen Zivilprozess ginge, so erhielte auch die andere Seite das Recht zu antworten. Da es aber um die Religion geht, wende ich mich an dich als Bischof. Man überlasse mir eine Abschrift der überbrachten Relatio, damit ich sie ausführlicher beantworten kann und damit der väterliche Beschützer deiner Milde, über alles informiert, sie einer Antwort würdigt! Wenn aber etwas anderes beschlossen wird, können wir Bischöfe dies nicht gleichgültig hinnehmen und darüber hinweg sehen. Du kannst zwar noch in die Kirche kommen, aber du wirst dort keinen Priester antreffen, oder einen, der dir widersteht. … Nr. 116 Ambrosius, epistula 18,1–3.10–11.22.39 Dem glücklichsten Herrscher und mildesten Kaiser Valentinianus Augustus der Bischof Ambrosius 1 Als der angesehene Stadtpräfekt Symmachus bei deiner Milde beantragt hatte, dass der Altar, der aus der Kurie der Stadt Rom entfernt worden war, an seinen Platz zurückgebracht werde, und als du, Kaiser, den inständigen Bitten der Heiden nicht zustimmtest – du bist zwar noch unerfahren am Beginn deines jungen, blühenden Lebens, aber schon bewährt in der Tugend des Glaubens –, habe ich im gleichen Moment, als ich davon erfuhr, dir ein kurzes Schreiben überreichen lassen. Wenn ich auch darin schon zusammengefasst habe, was mir als Empfehlung notwendig erschien, dir zu raten, so habe ich trotzdem noch eine Kopie der Relatio für mich verlangt. 2 … Ich bitte dich, überdenke und prüfe die Grundsätze der Heiden. Prächtige und großartige Worte lassen sie ertönen, aber was sie verteidigen, entbehrt der Kraft der Wahrheit. Sie sprechen zwar von Gott, aber ein Götterbild beten sie an.

III. Die Kontroverse um den Victoria-Altar

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3 Drei Gedanken hat der angesehene Stadtpräfekt in seiner Relatio vorgebracht, die er für wirksam hielt: Dass die Stadt Rom ihre alten Kulte, wie er sagt, zurückverlange, dass den Priestern und den Vestalischen Jungfrauen Vorrechte zugestanden werden müssten und dass eine allgemeine Hungersnot eingetreten habe, weil den Priestern diese Vorrechte verweigert wurden. … 10 Aber man muss, so sagt er, den Götterbildern ihre alten Altäre und den Tempeln ihren Schmuck zurückgeben. Das soll er von dem fordern, der mit ihm der falschen Religion anhängt. Ein christlicher Kaiser hat gelernt, allein den Altar Christi zu verehren. Warum wollen sie fromme Hände und gläubige Lippen zwingen, ihren Sakrilegien einen Dienst zu leisten? Aus dem Mund unseres Kaisers soll nur der Name Christi zu hören sein, und nur von diesem soll er sprechen, da er ihn anerkennt; denn „das Herz des Königs ist in Gottes Hand“ (Spr 21,1). Hat es jemals einen heidnischen Kaiser gegeben, der Christus einen Altar errichtet hat? Sie fordern einen Zustand zurück, der der Vergangenheit angehört. Durch eigenes Beispiel machen sie bewusst, wieviel Ehrfurcht die christlichen Kaiser der Religion, der sie folgen, erweisen müssten, da die heidnischen Herrscher für ihre falschen Religion alles aufgeboten haben. 11 Wir sind erst vor nicht allzu langer Zeit aufgetreten, und schon treten die Heiden hinter uns zurück, die sie einst ausgegrenzt haben. Wir rühmen uns des vergossenen Blutes, jene erregt das verlorene Geld. Wir halten unseren Verlust für einen Sieg, jene den ihren für ein Unrecht. Niemals haben sie uns mehr gefördert als damals, als sie die Christen schlagen, ächten und töten ließen. Unsere Religion hat das in eine Belohnung verwandelt, was die Perfidie unserer Gegner für eine Strafe hielt. Seht doch, wie selbstbewusst sie sind! Wir haben uns unter Ungerechtigkeit, Not und Bestrafung ausgebreitet, jene meinen, dass ihre Kulte ohne Unterstützung nicht fortbestehen können. … 22 Es bleibt noch die letzte und wichtigste Frage, ob ihr die hilfreichen Mächte, die euch so nützlich waren, Kaiser, wieder unterstützen sollt. Er sagt nämlich: Euch sollen sie beschützen, von uns verehrt werden. Das ist es, gläubigste Herrscher, was wir nicht dulden können; denn sie halten uns vor, es geschehe in eurem Namen, wenn sie zu ihren Göttern flehen. Da ihr es aber nicht befohlen habt, begehen sie ein ungeheures Sakrileg; denn sie interpretieren eure Toleranz als Einverständnis. Sie sollen ihre Mächte für sich allein behalten; diese sollen die Ihrigen beschützen, falls sie es können. Wenn sie nämlich denen, die sie verehren, nicht helfen können, wie sollen sie dann euch beschützen, die ihr sie nicht verehrt? … 39 Diese Anwort habe ich denen gegeben, die mich angreifen, und zwar so, als ob man mich gar nicht angegriffen hätte; denn es war meine Absicht, die Relatio zu widerlegen, nicht die falsche Religion zu erörtern. Aber dich, Kaiser, soll ihre Relatio recht vorsichtig machen. Indem Symmachus über die

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Kaiser der Vergangenheit den Satz einfügte, dass die früheren die Zeremonien der Väter selbst vollzogen und dass die späteren sie nicht abschafften, und indem er sogar noch sagte: „Wenn ihr euch die Religion der älteren Herrscher nicht zum Vorbild nehmt, so haltet euch wenigstens an die Toleranz der letzten“ (rel. 3,3), hat er deutlich zu verstehen gegeben, was du sowohl deinem Glauben als auch der Liebe zu deinem Bruder1 schuldig bist. Es ist dir nicht erlaubt, dem Vorbild der heidnischen Riten zu folgen, und du darfst auch nicht die Beschlüsse deines Bruders verletzen. Wenn sie nämlich nur im Interesse der eigenen Sache die Toleranz der Herrscher gerühmt haben, die trotz ihrer Zugehörigkeit zum Christentum Entscheidungen ihrer heidnischen Vorgänger nicht umgestoßen haben, wie viel mehr musst du erst der brüderlichen Liebe gehorchen, indem du die Beschlüsse deines Bruders nicht abschaffst, da du sie, selbst wenn du einiges nicht billigen solltest, zumindest tolerieren müsstest. Jetzt halte die Entscheidungen aufrecht, von denen du meinst, dass sie sowohl mit deinem Glauben als auch mit der Pflicht der brüderlichen Liebe in Einklang stehen.

IV. Die Gewinnung der „letzten Heiden“ Durch die staatliche Protektion des Christentums zunehmend in die Defensive gedrängt, verteidigten sich die Wortführer des Heidentums mit der Forderung eines religiösen Pluralismus (Nr. 114, 118, 501–502). Vertreter des schließlich zur Staatsreligion erhobenen Christentums (381) sahen hingegen die religiöse Menschheitsgeschichte providentiell an ihr Ziel gekommen, so dass jegliche Toleranzforderung seitens des Heidentums als illegitimer Existenzanspruch des Irrtums im Namen der Offenbarungswahrheit rigoros abgelehnt wurde (Nr. 116, 494, 506). Die strikte Verwerfung der paganen Religion implizierte jedoch keineswegs auch eine Infragestellung der politisch-kulturellen Bedeutung Roms. Gerade mit dem Gedanken einer Roma christiana wollten Christen wie Ambrosius (Nr. 244) und Prudentius (Nr. 121, 245) den noch heidnischen Angehörigen der Aristokratie und Bildungsschicht eine Identifikation mit dem Christentum ermöglichen, das als neue Staatsreligion römische Wertvorstellungen nicht nur bewahrte, sondern sogar zu ihrer Vollendung führte.

1) Zosimus Wie langlebig die pagane Resistance war, beweist der heidnische Historiker Zosimus, der noch in der zweiten Hälfte des 5. Jh. den Niedergang Roms als Konsequenz der Untreue gegenüber der religiösen Tradition betrachtete.

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Nr. 117 Zosimus, historia nova 4,59,1–3 (1) So hatte sich die Lage zugunsten des Kaisers Theodosius1 entwickelt; er aber nahm seinen Aufenthalt in Rom und ernannte seinen Sohn Honorius zum Kaiser. Gleichzeitig bestellte er Stilicho zum Befehlshaber über die dortigen militärischen Einheiten und ließ ihn als Vormund für seinen jugendlichen Sohn zurück. Er rief auch den Senat zusammen2 und hielt eine Rede an jene Mitglieder, die noch den von alters her überlieferten väterlichen Traditionen anhingen und keine Gemeinschaft mit denen wollten, die sich der Missachtung der Götter verschrieben hatten. Dabei forderte er sie auf, von dem zuvor gepflegten Irrglauben, wie er sich ausdrückte, zu lassen und dafür den Glauben der Christen zu wählen, der Befreiung von jeglicher Sünde und aller Gottlosigkeit verheiße. (2) Kein einziger der Senatoren folgte indessen seinem Appell und wollte von den alten, seit Gründung der Stadt überlieferten Traditionen abgehen und diesen gegenüber einer sinnlosen Unterwerfung den Vorzug geben. Indem sie diese treu bewahrt hätten – so ihre Worte –, bewohnten sie fast schon zwölfhundert Jahre ihre Stadt, ohne dass diese jemals verwüstet worden sei; tauschten sie aber an deren Stelle eine andere religiöse Praxis ein, so wüssten sie nicht, welche Konsequenzen dies hätte. Darauf erwiderte Theodosius, der Aufwand für die religiösen Zeremonien und die Opfer belaste die Staatskasse und er wolle dem ein Ende setzen, zumal er auch dieses Tun nicht billigen könne und im übrigen der Bedarf für militärische Zwecke größere Geldmittel erfordere. (3) Die Senatoren betonten, dass die Riten nicht ohne staatliche Unterstützung ordnungsgemäß durchgeführt werden könnten. … Aus diesem Grund fand der Opferritus damals sein Ende und all die anderen von den Vorfahren überkommenen Kulte verfielen der Missachtung. Die Folge aber war: Das Römerreich wurde Stück für Stück kleiner und zu einem Wohnsitz der Barbaren3, es verlor schließlich seine Einwohner und geriet in einen Zustand, dass man nicht einmal die Plätze mehr erkennen konnte, wo einst die Städte gestanden hatten.

2) Themistius Mit Reden vor Kaiser Jovian im Jahr 364 (Nr. 118) und Kaiser Valens im Jahr 365 (Nr. 502) plädierte der heidnische Rhetor Themistius (ca. 317–388) für eine Politik des religiösen Pluralismus.

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Nr. 118 Themistius, oratio 5,9–11 (67b–70a) (9) Die Gesetzgebung in Religionsfragen bildete sodann den Beginn deiner Fürsorge für die Menschen1. Damit ist meine Rede wieder auf den Anfangspunkt zurück gekommen. Allein du nämlich weißt anscheinend, dass der König auf die Untertanen nicht in allen Angelegenheiten Zwang auszuüben vermag, dass es vielmehr Bereiche gibt, die sich dem Druck grundsätzlich entziehen und jeglicher Drohung und jeglichem Befehl überlegen sind, wie die Sittlichkeit überhaupt und insbesondere die Gottesfurcht. Und dass an der Spitze dieser Güter, wenn man sie denn nicht nur scheinbar besitzen soll, der ungehinderte, selbständige, freie Impuls der Seele stehen muss, hast du mit deiner großen Weisheit eingesehen. Wenn es nämlich nicht einmal dir, mein Kaiser, möglich ist, allein durch ein Dekret den loyal zu stimmen, der sich nicht schon von sich aus dafür entschieden hat, wie sollte es dir dann gelingen, jemanden religiös und gottgefällig zu machen, weil er Furcht vor menschlichen Erlassen hat, also vor flüchtigen Zwängen und kraftlosen Schrecknissen, die die Zeit oft bringt und oft wieder nimmt? Dann werden wir in lächerlicher Weise bloßgestellt als Leute, die den Purpur, nicht aber die Gottheit verehren, die die religiöse Praxis schneller wechseln als Euripos seine Fließrichtung2. Früher gab es dann nur einen Theramenes, heute wären alle wetterwendische Menschen; beinahe gestern noch zu den zehn Gesandten gehörend, heute zu den dreißig Tyrannen3; dieselben wären bei Altären, bei Opferhandlungen, bei Kultbildern und bei Tischen zu sehen4. Du aber, gottähnlichster Kaiser, der du in allen übrigen Bereichen der Alleinherrscher bist und bis zum Ende bleiben wirst, handelst so nicht, sondern legst fest, dass ihre Form der Kultausübung allen Menschen zukommt5. Auch darin folgst du der Gottheit, die zwar die Anlage zur Religiosität zu einem gemeinsamen Merkmal aller Menschen gemacht hat, die Art der Verehrung aber der Entscheidung des Einzelnen überlassen hat. Wer Zwang ausübt, zerstört die Freiheit, die die Gottheit gewährt hat. Deswegen haben die Gesetze des Cheops und des Kambyses kaum das Alter ihrer Urheber erreicht6, während das Gesetz der Gottheit, das auch das deine ist, in alle Ewigkeit unveränderlich bleibt. Die Seele eines jeden muss die Freiheit haben, sich ihren eigenen religiösen Weg zu wählen. Weder Konfiskation noch Folter noch Feuer haben diesem Gesetz je etwas anhaben können. Den Körper kann man zwar, wenn es denn geschieht, inhaftieren und töten, die Seele aber entflieht und trägt gemäß dieses Gesetzes die freie Entscheidung in sich, auch wenn der Zunge Gewalt angetan worden ist. (10) Ich bin überzeugt, mein Kaiser, dass du den Spuren dieser göttlichen Gesetzgebung folgst, weil du ihren Grund begriffen hast. Der Mensch ist ja so

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beschaffen, dass er alles, was er im Wettstreit unternimmt, mit größerem Einsatz durchführt, während er das, was er ohne Konkurrenz tut, nachlässig verrichtet. Was ohne einen Gegner geschieht, erfüllt uns mit gähnender Trägheit. Die Seele wird nämlich durch den Wettkampf leicht zu Anstrengungen motiviert. Deswegen beschränkst du auch nicht den förderlichen Streit um die Religion und lässt auch nicht den Stachel des religiösen Eifers abstumpfen, das heißt den Kampfgeist und Wettstreit der Menschen untereinander. Im Stadion laufen zwar alle unter Aufsicht desselben Kampfrichters, aber nicht alle auf derselben Bahn, vielmehr läuft der eine hier, der andere dort, und nicht einmal der Unterlegene bleibt ohne jegliche Anerkennung. Dementsprechend bist du dir darüber im Klaren, dass zwar der große und wahre Richter ein Einziger ist, dass aber nicht ein einziger Weg zu ihm hinführt7, da es ebenso einen schwierigeren wie leichteren Weg gibt, einen steinigeren und einen sanfteren, dass alle aber auf jenen einzigen Zielpunkt gerichtet sind; dass ferner unser leidenschaftlicher Wettstreit keinen anderen Grund hat, als dass wir nicht denselben Weg einschlagen. Wenn du nur einen Weg zulässt, die übrigen aber versperrst, verengst du den Entfaltungsraum für den Wettkampf. Dies ist seit alters die Natur des Menschen, und das Wort, dass „jeder einem anderen Gott opferte“, ist älter als Homer (Il. 2,400). Vielleicht wünscht der Gott nämlich gar nicht, dass jemals darin eine Übereinstimmung unter den Menschen entstehe. Nach Heraklit (frg. 123) liebt es die Natur, sich zu verbergen, und mehr noch als die Natur deren Schöpfer, den wir vor allem deswegen verehren und achten, weil die Kenntnis von ihm nicht einfach zu erlangen noch oberflächlich ist und auf der Straße liegt und weil es auch nicht möglich ist, sie ohne Anstrenung und „mit links“ zu fassen. Dieses Gesetz halte ich für nicht weniger bedeutsam als die Freundschaft mit den Persern. Dank ihrer werden wir nicht gegen die Barbaren kämpfen müssen, dank des Gesetzes werden wir ohne inneren Streit leben. Schlimmer als die Perser verhielten wir uns gegeneinander. Gefährlicher als ihre Überfälle waren die Anklagen aufgrund der beiden Kulte von Seiten des Staates. Die Vergangenheit hat dir, gottgefälligster Herrscher, dafür deutliche Beispiele geliefert. Überlass die Waage sich selbst, zieh nicht die eine Seite herunter, lass von überallher die Gebete für dein Herrscheramt zum Himmel aufsteigen. (11) Ebenso wenig ist dein Heer als Ganzes, mein Kaiser, nach ein- und demselben Prinzip aufgestellt, sondern es gibt Schwerbewaffnete und ebenso Reiter, Bogenschützen und Schleuderer, die einen sind zu deinem unmittelbaren Schutz aufgestellt, andere befinden sich in der Nähe, wieder andere in sehr großer Entfernung; die einen müssen sich glücklich schätzen, wenn sie deinen Leibwächtern bekannt sind, für andere ist nicht einmal dies möglich. Von dir und deinem Willen hängen dennoch alle ab, nicht nur die Soldaten,

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sondern auch alle übrigen Menschen, selbst jene Untertanen, die mit Waffen nichts zu tun haben, die Bauern, die Redner, die Ratsherren, die Philosophen. Du kannst glauben, dass auch der Herrscher über das All sich an dieser Vielfältigkeit freut. Er will, dass die Syrer ein anderes Leben führen als etwa die Hellenen und Ägypter, und dass nicht einmal bei den Syrern alles einheitlich ist, vielmehr hat er sie bereits in kleine Gruppen zerteilt8. Es gibt nämlich keinen einzigen Menschen, der die Dinge genauso auffasst wie sein Nachbar, sondern der eine so und der andere so. Warum aber soll man Unmögliches erzwingen?9

3) Die Consultationes Zacchaei et Apollonii Ende des 4. Jh. verfasste ein anonymer Autor in den „Unterredungen zwischen Zacchäus und Apollonius“ einen fiktiven Dialog zwischen einem Christen und einem heidnischen Philosophen, dessen Konversion am Ende steht. Möglicherweise richtete sich die Schrift an den römischen Stadtpräfekten Ceionius Rufius Albinus, der für das Christentum gewonnen werden sollte, dessen Konversion jedoch im Unterschied zur apologetischen Fiktion des Dialoges nicht bezeugt ist. Nr. 119 Consultationes Zacchaei et Apollonii, praefatio; 1; 38 Praefatio (2) Es schien uns sinnvoll, eine große Abhandlung, wenn auch in schlichtem Stil, zu verfassen und Dinge, die zuvor viele schon recht klar, aber unsystematisch gesagt haben, in einer Art Gesamtdarstellung dessen, was wir glauben, zu erklären. Dabei bedienen wir uns der Person eines Fragenden und eines Antwortenden, um schrittweise aus den Widerreden Anfragen zu machen. (3) Aus diesem Grund, damit nicht das Heidentum sich beklagt, gleichsam in Abwesenheit im Voraus verurteilt zu sein, und, wie es ein bekannter Autor (Cic., Lael. 1,3) formuliert, „um nicht allzu häufig ‚ich sage‘ oder ‚er sagt‘ einzufügen“, haben wir beschlossen, einen Philosophen des Heidentums heranzuziehen. Als dieser zu Beginn seiner Darlegung mit einer gewissen Arroganz unseren Glauben infrage stellt, beschreibt er kurz, was wir glauben sollen. Anschließend untersucht er alles Punkt für Punkt und wird angesichts der immer zahlreicher werdenden Gründe für kritische Anfragen erkennen, dass es für den Menschen keinerlei Schicksal gibt. (4) Obwohl er sich insbesondere wegen der Astrologie bezüglich dieses Problems, ebenso wie bei anderen, eine gewisse Zeit zurückhaltend zeigt, wird er sich schließlich dem Glauben ergeben. (5) Unser Vertreter aber, der behutsam und schrittweise zur Darlegung der ehrwürdigen Religion übergeht, wird

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unter zahlreichen und unmöglich darzustellenden Themen eine kleine Zahl von Fragen, und zwar die bedeutendsten, berühren. Dabei wird er zeigen, dass die Vernunft, die allein von denen gesucht wird, die sich mit solchen Diskussionen befassen, wenn sie manchmal dem irdischen Intellekt fehlt, mit dem Glauben in spiritueller Weise verbunden ist; und zwar wird er bei der tieferen Bedeutung der Dinge, nicht bei ihrer materiellen Gestalt verweilen, da man das Licht, das blinden Augen nahe gebracht wird, durch seine Wärme wahrnimmt, wenn man es nicht dank seines Glanzes sehen kann. 1 Der Philosoph Apollonius: (1) Zur rechten Zeit hat dich, Zachäus, eine günstige Gelegenheit zu mir und den Anwesenden geführt, damit wir das, wovon wir schon früher, aber nur nebenbei sprachen, nun in aller Freiheit vortragen und beweisen können. (2) In der Tat lässt sich leicht einsehen, wenn man sorgfältig nachforscht, dass alle religiösen Richtungen und sämtliche heiligen Riten vernünftigen Ursprüngen entstammen. Eure Glaubensrichtung hingegen sprengt diesen Rahmen und ist so irrational, dass es mir scheint, sie könne nur aus Dummheit angenommen werden. (3) Was ist denn so absurd und so wider die menschliche Vernunft, als dass Christus, den ihr Gottessohn nennt, als ein und derselbe gleichermaßen Gott und Mensch sein soll? Dass eine Jungfrau ihn, ohne einen Samen empfangen zu haben, gebiert? Dass Gott von einer Frau geboren wird? Dass er später in den folgenden Altersstufen die Erniedrigung einer irdischen Existenz kennen lernt, erfährt, erduldet und erträgt? Dass er schließlich ans Kreuz geschlagen den Tod auf sich nimmt und zu guter Letzt nach seinem Tod von sich selbst auferweckt wird? (4) Und es genügt den Urhebern dieser Überzeugung nicht, einer so dummen Überlieferung Zustimmung zu verschaffen, vielmehr verdammen sie auch mit wichtigtuerischer Anfeindung die unsterblichen Götter der Heiden; außerdem verachten sie die Welt, die durch ihre Ewigkeit voller Lebenskraft ist, als zeitlich und vergänglich; sich selbst versprechen sie, die ohne einen Ratschluss des Schicksals ihr Leben verbringen, nach Auferstehung der toten Leiber die Seligkeit der Unsterblichkeit. (5) Wenn du für diese Religionsform eine vernünftige Begründung zu bieten vermagst oder wagst – falls man überhaupt eine dumme Überzeugung von Menschen vernünftig nennen darf –, dann lege den hier Anwesenden zur Untersuchung einen Beweis vor, sodass du entweder, des Irrtums überführt, dich davon distanzierst oder mich, unter denselben Bedingungen besiegt, nach gründlicher Überlegung deiner Überzeugung zuführst. Der Christ Zachäus: (6) Jeder beliebige Mensch könnte leicht die Wahrheit hören und über Gott die Wahrheit aussprechen, wenn sich zumindest etwas von den Lehren über das Göttliche vortragen ließe, was eurer Weisheit entspräche und einer solchen Gerechtigkeit nicht widerspräche. (7) Eurer Ansicht nach stellt ja der Weise keine Vermutungen an, glaubt nichts, täuscht

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sich nicht, weiß alles durch sich selbst, duldet nicht, was verborgen oder unbekannt ist, räumt dem Schöpfer keine größere Macht als dem Geschöpf ein, beurteilt das Denken Gottes gleich wie das des Menschen und hält diese Orientierung der Diskussion insbesondere gegen die Christen aufrecht. (8) Daher beginnt auch diese deine Argumentation so, dass du zuerst etwas verurteilst und es anschließend kennen lernen willst1. 38 Der Philosoph Apollonius: (1) Dass die Majestät Gottes einzig und einfach ist und Sichtbares wie Unsichtbares von ihm geschaffen wurde, empfinden zwar alle, aber alle können es auch verstehen. (2) Wer nicht glaubt, dass ebenso unser Glaube von seinem Gesetz, seinen Verheißungen und der Gerechtigkeit geprägt ist und die Verwirklichung der Auferstehung zurecht von der göttlichen Macht abhängt, soll sie auf ewig entbehren. (3) Und wer bestreitet, dass du, Christus, Sohn Gottes bist und im Menschen Gott bleibst, und nicht bekennt und verkündet, dass du der Erlöser der Menschheit bist, nachdem der Triumph des Kreuzes in den Himmel erhoben wurde, und wer nicht hofft, dass du derjenige sein wirst, der heiliges Wirken belohnt oder Verbrechen bestraft, der möge zusammen mit dem Teufel seufzend in die Verbannung der ewigen Finsternis gehen und, eingetaucht in die Schrecken gottloser Nacht, sich im Feuer glühenden Schlammes wälzen. (4) Jetzt aber sei es fern von mir, mehr Kenntnisse als über Gott und die ihn betreffenden Dinge zu besitzen sowie etwas wissen oder erforschen zu wollen, worüber man von ihm nicht belehrt worden ist. Nur, dass keine Strafe der Schuld der Unwissenheit oder späten Gläubigkeit folge. (5) Die besudelten Wohnstätten der Idole mögen einstürzen, die Tempel des fluchwürdigen Gräuels mögen sich leeren und die Weissagungskunst selbst, die, wie ich sehe, aufgrund der vielfältigen Täuschungen der Dämonen entweder trügerisch oder falsch ist, gehe infolge der Achtung der heiligen Religion zugrunde. (6) Ich will Christus, dem Gott und Heilsweg folgen, indem ich ihn mehr als meine Seele und all mein Innerstes liebe, und will in mir nur das lieben, was jener geliebt hat. (7) Du aber, der du für mich Diener der göttlichen Gabe gewesen bist, vermittle mir, so bitte ich dich, damit du den Dank des Schöpfers empfangen kannst, die Fülle des Glaubens, vermittle mir die Geheimnisse des verborgenen Mysteriums und lass über die vergängliche Materie die Erneuerung einer höheren Hoffnung strömen. (8) Wenn wenigstens ihr glaubt, die ihr unseren Diskussionen beigewohnt habt, so haben die Freuden des wahren Lichtes meine Seele ganz erfüllt, so dass ich, trotz der Reue, den göttlichen Christus und seine Güte lange verkannt zu haben und erst spät an ihn geglaubt zu haben, dennoch hoffe, an der ewigen Seligkeit teilzuhaben, nachdem ich ihn erkannt hatte.

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4) Rufin Seit 392 als Alleinherrscher regierend, führte Kaiser Theodosius die Ablösung des römischen Imperiums von der heidnischen Religion konsequent zu Ende. Noch einmal sammelte sich im selben Jahr eine heidnische Oppositionsbewegung unter dem Usurpatoren Eugenius, der sich zum Kaiser des Westreiches ausrufen ließ, jedoch 394 mit seinen heidnischen Truppen vom christlichen Kaiser Theodosius in der Schlacht am Frigidus unweit von Aquileia besiegt wurde. In seiner apologetisch motivierten Schilderung des Geschehens stellte der christliche Historiker Rufin 402/3 den Sieg des wahren Gottes über die falschen Götter, des Christentums über das Heidentum in den Mittelpunkt. Der politische Konflikt galt zugleich als Kampf der Religionen, da auch das heidnische Lager sich demonstrativ unter den Schutz von Jupiter und Herkules gestellt hatte. Nr. 120 Rufin, historia ecclesiastica 2,32–33 32 Theodosius aber, schnell zur Rache entflammt, ergriff die Waffen gegen Eugenius, der die Stelle des Verstorbenen eingenommen hatte. …1 33 Daher rüstete man zum Krieg nicht so sehr mit Hilfe von Waffen und Geschossen als von Fasten und Gebeten; und nicht so sehr durch Nachtwachen der Posten als durch betend verbrachte Nächte gesichert, zog er mit den Priestern und dem Volk zu allen Gebetsstätten, warf sich im Büßergewand vor den Reliquiaren der Märtyrer und Apostel zu Boden, lag dort und erbat sich zuverlässige Hilfe durch die Fürbitte der Heiligen. Die Heiden hingegen, die ihre Irrtümer durch ständig neue Irrtümer beleben, erneuerten die Opfer, befleckten Rom mit dem Blut todgeweihter Opfertiere, betrachteten tierische Innereien und sagten aufgrund des Vorherwissens, das aus Eingeweiden stammte, dem Eugenius einen sicheren Sieg voraus. Mit noch größerem Aberglauben und aller Leidenschaft trug der damalige Stadtpräfekt Flavianus zu dieser Mentalität bei2. Aufgrund seiner Behauptungen – seine Erfahrung in diesen Dingen war nämlich hoch angesehen – hatten sie es schon im Voraus für sicher gehalten, dass Eugenius siegreich sein werde. Sobald aber Theodosius im Vertrauen auf den Beistand der wahren Religion begann, die Alpenpässe zu überwinden, wurden zunächst die Dämonen, denen man vergeblich so viele Opfer dargebracht hatte, in die Flucht geschlagen, waren sie doch im Bewusstsein ihres Truges von Angst erfüllt. Ihnen folgten die Meister und Lehrer dieser Irrtümer, insbesondere Flavianus, mehr schamerfüllt als schuldbewusst; obwohl er fliehen konnte, war er, ein überaus gebildeter Mann, der Ansicht, er würde mit größerem Recht den Tod für

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den Irrtum als für das Verbrechen verdienen3. … Als Theodosius sah, wie die Schlachtreihe der Seinen kehrtgemacht hatte, während er auf einem erhöhten Felsen stand, von wo aus er umherblicken und von beiden Heeren gesehen werden konnte, legte er die Waffen fort, wandte sich der verlässlichen Hilfe zu und warf sich vor das Angesicht Gottes nieder, indem er sprach: „Allmächtiger Gott, du weißt, dass ich im Namen Christi, deines Sohnes, den Kampf für eine gerechte Rache, wie ich meine, aufgenommen habe. Wenn es anders ist, so vollstrecke deine Strafe an mir. Wenn ich aber aus einem anerkennenswerten Grunde und im Vertrauen zu dir hierher gekommen bin, dann reiche den Deinen die Hand, damit nicht etwa die Heiden fragen ‚Wo ist ihr Gott?‘ (Ps 115,2)“. Da die anwesenden Heerführer sicher waren, dass dieses Gebet des frommen Kaisers von Gott angenommen sei, fühlten sie sich zum Kampf ermutigt. Und insbesondere Bacurius, ein außergewöhnlicher Mann, was Glaube, Frömmigkeit sowie geistige und körperliche Stärke betraf, sodass er es verdiente, Begleiter und Gefährte des Theodosius zu sein, streckte alle, die in der Nähe standen, mit dem Wurfspieß, mit Dolch und Schwert überall nieder und durchbrach die vereinten und zusammengedrängten Kampfreihen des Feindes. Er bahnte durch Tausende von Gefallenen einen Weg bis zum Tyrannen selbst, nachdem die Kampfreihen durchbrochen und die Gegner scharenweise zu Boden gestreckt waren. Die Gottlosen mochten wohl kaum glauben, was geschehen war. Man erfuhr nämlich, dass nach jenem Gebet des Herrschers, das er an Gott gerichtet hatte, ein so heftiger Sturm aufkam, dass er die Geschosse der Feinde zu denen zurückkehren ließ, die sie geschleudert hatten. Als der Sturm mit großer Stärke anhielt und jeder von den Feinden geworfene Speer wirkungslos blieb, war der Mut der Gegner gebrochen oder eher durch göttliches Eingreifen zunichte gemacht; und Arbogast, der Feldherr, richtete trotz seiner Anstrengung nichts aus, da Gott entgegenwirkte. Eugenius wurde, die Hände auf dem Rücken gebunden, Theodosius zu Füßen geführt. Dort fanden sein Leben und der Kampf ein Ende. Der Sieg aber war für den religiösen Kaiser ruhmvoller aufgrund der zunichte gemachten Überzeugungen der Heiden als aufgrund des Todes des Tyrannen. Die nichtige Hoffnung und falsche Weissagung brachten den Heiden eine geringere Strafe im Tod als eine größere Beschämung im Leben.

5) Prudentius Kurz nach dem Tod des Symmachus (402) griff der spanische Dichter Prudentius (348 – nach 405) die schon zwanzig Jahre zurückliegende Kontroverse zwischen dem Wortführer der heidnischen Senatsaristokratie und dem

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Mailander Bischof Ambrosius (Nr. 114–116) noch einmal auf. Die SymmachusRelatio galt als Manifest des römischen Heidentums, das, wie Prudentius bei einem Rom-Aufenthalt im Jahr 401 erlebt hatte, nach wie vor lebendig war. Da die anti-pagane Gesetzgebung des Theodosius weitgehend unwirksam geblieben zu sein schien, gleichzeitig die jüngsten Germaneninvasionen eine christenfeindliche Stimmung aufkommen ließen, die der neuen Staatsreligion die Verantwortung für die Niederlagen des Reiches zuschrieb, erkannte Prudentius die Notwendigkeit einer neuen und grundsätzlichen Auseinandersetzung. Einerseits unterzog der Dichter das von Symmachus im Namen religiöser Toleranz beschworene Bild vieler Wege zum göttlichen Geheimnis einer schonungslosen Kritik (Nr. 506), andererseits bemühte er sich in protreptischer Absicht, die Vereinbarkeit von Romanitas und Christianitas nachzuweisen (Nr. 121), um den heidnischen Aristokraten eine Identifikation mit dem christlichen Staat zu ermöglichen. Jeglicher anti-römischen Gesinnung fremd, wies Prudentius der Vergangenheit Roms eine providentielle Bedeutung zu, zugleich präsentierte er das Christentum als Garant der Roma aeterna-Idee (Nr. 245). Nr. 121 Prudentius, contra Symmachum 2,35–38.643–650.655–659.684–714.756–772 (35–38) Fragst du, wer Herrin ist über den Sieg? Für einen jeden ist es die eigene Rechte und der allmächtige Gott, keineswegs eine heldische Jungfrau mit gekämmtem Haar, auf nacktem Fuß schwebend, mit einem Brustband gegürtet, und wehendem Gewand über den prallen Brüsten1. (643–650) (Rom) fleht auch nicht mit so entarteter Stimme die ehrwürdigen Fürsten an, wie es jener hochedle Senator will, der die Redekunst beherrscht und es versteht, schlaue Worte zu finden sowie einer bedeutsamen Person erheucheltes Ansehen sich zuzulegen2, wie ein Tragödienspieler verdeckt er sein Angesicht mit gebogenem Holz3, durch dessen Öffnung er ein gewaltiges Verbrechen hinausschnaubt. Wenn man aber eine Stimme nachahmen darf, dann ist doch angemessener die folgende Rede der Roma, die nun ich in ihrem Namen verkünden will: … (655–659) „Seid gegrüßt, ihr ruhmvollen Führer, ihr edlen Nachkommen des unbesiegten Fürsten4, unter dem ich, mich verjüngend, alles Alter abgelegt und gesehen habe, wie nochmals blond wurde mein ergrautes Haar; denn wenn auch das Alter alles Sterbliche schwächt, so bringt mir mein langes Leben jetzt ein neues Dasein.

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(684–714) Es gibt auch solche, die uns unglückliche Kriege vorzuwerfen nicht zögern, nachdem wir die Altäre der Tempel verachtet haben5. Und sie behaupten, dass von der Angel des Collinischen Tores der Libyer Hannibal durch Jupiters und Mars’ Befehl einst vertrieben wurde, dass die siegreichen Senonen von der Burg des Kapitols einst verjagt wurden, weil die Götter vom hohen Fels herab kämpften6. Sie, die mir vergangene Niederlage und frühere Schmerzen wiederum einhämmern, sie sollen doch sehen, wie ich in eurer Epoche solches nicht mehr erleide. Kein barbarischer Feind schlägt mit dem Speer an meine Pforten7, nicht, durch Waffen, Kleidung und Haartracht fremd, streunt er unstet umher überall in der eroberten Stadt und führt meine Jugend in die Sklaverei jenseits der Alpen. Unlängst versuchte ein gotischer Tyrann8, zu verwüsten Italien; er kam vom väterlichen Donaustrom mit dem Schwur, diese Burgen dem Erdboden gleich zu machen, die goldenen Dächer in Flammen zu schmelzen, die vornehmen Togaträger in Felle zu kleiden. Schon hat er mit seinen Truppen die Felder Venetiens verwüstet und die Güter der Ligurer zerstört; er hielt unterdrückt des tiefen Po anmutige Gebiete und das Tuskerland nach Überwindung des Stromes. Vertrieben hat diese Reiterscharen nicht eine wachsame Gans, die in düsterer Nacht die drohende Gefahr verriet9, sondern die rauhe Gewalt der Männer, der Kämpfer durchbohrte Brust, ihr Mut, der nicht zitterte, sich dem Tod preiszugeben für das Vaterland und herrlichen Ruhm durch ihre Wunden zu erwerben. Hat etwa jener Tag durch Jupiters Schutz gebracht so großen Lohn der Tugend? Anführer des Heeres und Reiches war uns ein junger Mann, durch Christus mächtig, sowie sein Gefährte und der Vater Stilicho10; der einzige Gott war Christus für beide. Seine Altäre wurden verehrt und das Kreuz auf die Stirn gezeichnet; erst dann erklangen die Trompeten. Die erste Lanze zieht den Drachen voraus, sie trägt das Zeichen Christi hoch an der Spitze11. (756–772) Lebendiger Ruhm gebührt dir, o Fürst12, lebendiger Lohn der Tapferkeit, der du unsterbliche Ehre errungen hast. Als Herrscher der Welt wirst du mit Christus auf ewig vereint sein, unter seiner Leitung führst du mein Reich zum Himmel empor. Nicht möge dich bewegen des großen Redners Stimme, so bitte ich dich, der als Gesandter tote Kulte beklagt, der mit Geschossen des Geistes und mit Kräften des Wortes es wagt,

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tatsächlich, unseren Glauben anzufechten; der nicht sieht, wie du, Augustus, und ich Gott ergeben sind, dem wir die schmutzigen Tempel geschlossen und die bluttriefenden Altäre umgestürzt haben. Einzig Christus lenke und schütze unsere Paläste, damit kein Dämon mehr des Romulus Burgen kenne, damit allein dem Herrn des Friedens mein Hof diene.“ So sprechend beschwor Roma die frommen jungen Prinzen, den Gesandten abzuweisen, der Unerfüllbares forderte, jenen Gesandten, den aus Jupiters Tempel der Haruspex geschickt, nicht jedoch das Vaterland; des Vaterlands Ruhm ist nur Christus.

H) Geschichtstheologische Apologetik gegenüber neuen Angriffen nach dem Fall Roms (410) I. Augustinus 1) Werke über Religion, Glaube und Schrift Als überragender Theologe und profiliertester Bischof der nordafrikanischen Kirche sah sich Augustin (354–430) im Laufe seines Lebens immer wieder mit apologetischen Themen konfrontiert. Zu seinen frühen Werken (um 390) gehört der Traktat De vera religione („Über die wahre Religion“), der eine erste Gesamtdarstellung des christlichen Glaubens in Anknüpfung und Abgrenzung gegenüber der platonischen Philosophie versucht (Nr. 344, 477, 485, 526). 391/2 entstand die Schrift De utilitate credendi („Über den Nutzen des Glaubens“), die den Glauben als Grundlage der menschlichen Existenz erweist und das Problem diskutiert, welcher Autorität konkret zu glauben sei. Die Wunder (Nr. 382) und die weltweite Ausbreitung des Christentums werden dabei als entscheidendes Glaubwürdigkeitskriterium genannt. Zwischen 406/11 klärte Augustin in seinem Traktat De divinatione daemonum („Über die Weissagung der Dämonen“) den grundsätzlichen Unterschied zwischen christlichen Prophetien und heidnischen Orakeln, die dem Wirken der Dämonen zugeschrieben wurden (Nr. 452). Mit den vermeintlichen Widersprüchen der Schrift und der porphyrianischen Deutung der Gestalt Jesu befasste sich das 399/400 oder kurz nach 404 entstandene Werk De consensu evangelistarum („Von der Übereinstimmung der Evangelisten“) (Nr. 62, 122, 327, 447, 510). Einen eigenen kleinen Traktat bildet der um 408/9 geschriebene Brief 102 (Nr. 122; 425), in dem aus heidnischen Kreisen stammende Anfragen bezüglich christlicher Glaubensinhalte diskutiert werden.

Nr. 122 Augustinus, retractationes 2,16; 31 16 Während der Jahre, in denen ich nach und nach die Bücher „Über die Dreifaltigkeit“ diktierte, schrieb ich kontinuierlich in freien Zwischenzeiten auch an anderen Büchern. Unter ihnen befinden sich die vier Bücher „Über die Übereinstimmung der Evangelisten“, verfasst wegen jener, die sie ver-

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leumderisch der Widersprüche anklagen. Das erste dieser Bücher wendet sich gegen jene, die Christus als einen überaus Weisen verehren oder zu verehren vorgeben und deshalb den Evangelien nicht glauben wollen, weil sie nicht von Christus selbst verfasst sind, sondern von seinen Jüngern, von denen sie behaupten, sie hätten irrtümlich ihm seine Göttlichkeit zugesprochen, der zufolge er als Gott geglaubt wird1. 31 In der Zwischenzeit wurden mir aus Karthago sechs Fragen zugesandt2. Ein Freund hatte sie mir gestellt, dessen Konversion zum Christen ich wünschte. Ihm lag an der Lösung dieser Fragen den Heiden gegenüber, zumal einige von ihnen, wie er sagte, von dem Philosophen Porphyrius aufgeworfen worden waren. Ich glaube aber nicht, dass es sich hier um jenen Sizilianer Porphyrius gehandelt hat, dessen Ruhm sehr verbreitet ist. Ich vereinigte die Diskussion dieser Fragen zu einem einzelnen Buch von entsprechender Kürze mit dem Titel: „Erörterung von sechs Fragen gegen die Heiden.“ Die erste dieser Fragen geht um die Auferstehung, die zweite um den Zeitpunkt, in dem die christliche Religion in Erscheinung trat3, die dritte um die Unterscheidung der Opfer, die vierte über die Schriftstelle bei Matthäus (7,2): „Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch gemessen werden“, die fünfte über den Gottessohn nach Salomon, die sechste über den Propheten Jonas4.

2) Briefe Dass die traditionelle Religion in den oberen Schichten der nordafrikanischen Stadtbevölkerung ähnliche Anhänger besaß wie im römischen Symmachus-Kreis, zeigt die augustinische Korrespondenz, die sich häufig einer philosophisch geprägten Religiosität aristokratisch-intellektueller Zirkel gegenüber sah. Als Geistesverwandter des Symmachus lehnte der Grammatik-Lehrer Maximus von Madaura den christlichen Absolutheitsanspruch ab, musste sich aber von Augustin die Inkohärenz seiner synkretistischen Auffassungen nachweisen lassen (Nr. 123–124). Mit dem Bild verschiedener Heilswege, das der gebildete Heide Nectarius von Calama ins Gespräch gebracht hatte, befasste sich Augustin 408/9 in einer eingehenden Antwort, die ehrliches Suchen nach Gott im Heidentum anerkannte, das Erreichen des Zieles aber nur im Christentum verwirklicht sah (Nr. 504). Demselben Adressaten war ein weiterer Brief gewidmet, der die pagane Mythenallegorese kritisierte (Nr. 326). Nochmals wurde die Frage nach dem wahren Weg zur Glückseligkeit im Briefwechsel mit dem philosophisch interessierten Longinian aufgegriffen, der sich für die Gestalt Christi interessierte, aber infolge mangelnden Wissens über ihn dem platonischen Weg zur Gottheit den Vorzug gab (Nr. 126–128). Der vor dem Barbareneinfall (410) von Rom nach Nordafrika

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geflüchtete Senator Volusianus wandte sich, von Augustin dazu ermutigt, mit verschiedenen Fragen an ihn, die ein Kreis gebildeter Heiden in Karthago im Jahr 411 erörtert hatte (Nr. 125). Der Bischof von Hippo beantwortete diese Fragen im Jahr 411/2 mit einem sorgfätigen Schreiben (Nr. 369, 374, 384, 495). Volusianus bekehrte sich 437 auf dem Sterbelager zum Christentum.

Nr. 123 Augustinus, epistula 16,1.3–4 Maximus von Madaura an Augustinus 1 Da ich wünsche, häufig durch Nachrichten von dir und deinen spitzen Worten erfreut zu werden, mit denen du mich kurz vorher auf so angenehme Weise, ohne Verletzung des Taktes, angegriffen hast, so unterlasse ich es nicht, dir in demselben Geiste zu antworten, damit du mein Schweigen nicht als Eingeständnis meiner Niederlage auslegst. Doch bitte ich dich: leihe diesen Sätzen ein freundliches Gehör, auch wenn du in ihnen die Schwäche des Alters spüren solltest. Die griechische Mythologie berichtet uns, allerdings ohne genügende Sicherheit, dass der Olymp die Wohnung der Götter sei. Aber tatsächlich sehen und erfahren wir, dass das Forum unserer Stadt von einer Menge gütiger Götter in Besitz genommen ist. Wer könnte denn auch so verrückt und verblendet sein, in Abrede zu stellen, dass es einen höchsten Gott gibt, ohne Anfang, ohne Erzeugung, der in der Tat der große und mächtige Vater des Alls ist? Seine Kräfte, die durch das ganze Weltall verteilt sind, sind es, die wir unter vielen Namen anrufen, da wir ja alle seinen eigentlichen Namen nicht kennen. Denn ,Gott‘ ist ein allen Religionen geläufiger Begriff. So kommt es, dass wir uns sozusagen einzelnen Gliedern von ihm mit verschiedenen Riten nähern, in Wirklichkeit aber offenbar ihn, in dem sich all diese Teile vereinigen, verehren1. 3 Aber, du weisester Mann, ich beschwöre dich: lass doch beiseite jene Kraft der Beredsamkeit, durch die du bei allen berühmt bist, und verzichte auf sie; lass auch die Argumentationen eines Chrysipp, die du in der Debatte zu verwenden pflegtest; lass auch auf kurze Zeit die Dialektik, die doch niemandem etwas Sicheres sagen kann, auch wenn sie alle Kräfte aufbietet. Zeige mir lieber ganz konkret, wer jener Gott ist, den ihr Christen wie euer exklusives Eigentum für euch in Anspruch nehmt und den ihr an verborgenen Orten gegenwärtig zu sehen behauptet. Denn wir verehren unsere Götter im hellen Tageslicht, offen, vor aller Sterblichen Auge und Ohr, mit frommen Gebeten, wir stimmen sie uns durch wohlgefällige Opfer gnädig, und wir tragen Sorge, dass das von allen gesehen und gebilligt wird.

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4 Doch Erörterungen darüber hinaus muss ich ablehnen, da ich alt und krank bin2, und gern pflichte ich der Meinung des gelehrten Mantuaners bei: „Denn jeglichen zieht sein Vergnügen“ (Verg., Bucol. 2,65). Zum Schluss noch eins. Ich zweifle nicht, mein Vortrefflicher, der du dich von meiner Religion abgewandt hast, dass dieser Brief von irgendeinem Dieb gestohlen werden oder durch Feuer oder auf andere Weise verloren gehen kann. In diesem Fall ist nur es nur ein Verlust des Papiers, nicht meiner Worte, deren Inhalt ich bei allen wahrhaft Religiösen stets bewahren werde. Mögen dich die Götter behüten, mit deren Hilfe wir alle, die wir sterblich sind, auf der Erde wandeln, auf tausendfache Weise in harmonischer Verschiedenheit, ihn, der da ist der gemeinsame Vater der Götter und aller Sterblichen, verehren und anbeten. Nr. 124 Augustinus, epistula 17,1.4–5 An Maximus von Madaura 1 Wollen wir eine ernsthafte Diskussion führen, oder möchtest du scherzen? Denn nach der Sprache deines letzten Briefes bin ich unsicher, ob es der Schwäche deiner Sache oder der Höflichkeit deiner Formen zu verdanken ist, dass du lieber witzig als argumentativ gewappnet sein wolltest. Denn zuerst kann ich nicht einsehen, was der Vergleich des Olymps mit eurem Forum, den du gezogen hast, soll1; es sei denn, er sollte mich erinnern, dass Jupiter auf diesem Berg sein Lager aufschlug, als er mit seinem Vater Krieg führte, wie das eure sogenannte heilige Geschichte lehrt. Ich würde mich auch erinnern, dass auf jenem Forum in zwei Bildsäulen Mars dargestellt ist, einmal nackend, das andere Mal bewaffnet, und dass eine menschliche Figur, die diesen gegenüber aufgestellt ist, mit drei ausgestreckten Fingern deren dämonische Wut, die den Bürgern so verderblich ist, abwehren machen sollte. Konnte ich denn noch glauben, dass du durch die Erwähnung jenes Forums beabsichtigtest, in mir die Erinnerung an diese Götter wieder wachzurufen, wenn du nicht wünschtest, dass wir die Diskussion in scherzhaftem statt in ernsten Tone führten? Doch was deinen Satz anbetrifft: Solche Götter seien sozusagen nur Glieder des einen höchsten Gottes, so ermahne ich dich doch jedenfalls, da du es mir ja gestattet hast: halte dich entschieden von sakrilegischen Scherzen dieser Art frei! Denn sprichst du von dem einen Gott, über den Gelehrte und Ungelehrte, wie die Alten sagen, übereinstimmen, behauptest du dann, dass die, deren Grausamkeit, oder wenn du es vorziehst, deren Macht das Antlitz eines toten Mannes in Zaum hält, Glieder dieses Gottes sind?2 Ich könnte mehr hierüber sagen, und deine eigene Einsicht muss dir zeigen, welch großer Spielraum sich hier für die Widerlegung

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deiner Ansichten bietet. Doch ich halte mich zurück, um nicht von dir beschuldigt zu werden, mehr rhetorisch als der Wahrheit gemäß die Verteidigung zu führen. 4 Ferner meinst du: eure Riten seien deshalb den unseren überlegen, weil ihr die Götter öffentlich verehrt, wir aber heimliche Versammlungen abhalten. Da frage ich dich nun, ob du ganz den Bacchus vergessen hast, den nach eurer Meinung nur die Augen von wenigen Eingeweihten erblicken dürfen. Dann bestätigst du selbst, dass du nur deshalb die öffentliche Feier eurer Riten erwähntest, damit wir uns das Schauspiel vor Augen stellen, wenn eure hohen Beamten und die Häupter der Stadt bei den Bacchanalien durch eure Straßen toben und rasen. Wenn ihr bei dieser Feierlichkeit wirklich von einer Gottheit ergriffen seid, seht ihr sicher, welcher Art sie ist, da sie euch des Verstandes beraubt. Wenn ihr aber solchen Wahnsinn nur erheuchelt: welche Bedeutung haben diese eure Mysterien, die sogar in der Öffentlichkeit dargestellt werden? Oder was beabsichtigt ein so gemeiner Betrug? Noch mehr: warum sagt ihr nicht die Zukunft vorher, wenn ihr Seher seid? Oder warum beraubt ihr die Zuschauer der Kleider, wenn ihr gesunden Sinnes seid? 5 Hast du also die Erinnerung an diese und andere Dinge, die ich vorläufig noch übergehen will, durch deinen Brief in uns aufgefrischt, warum sollten wir nicht über eure Götter lachen, die von dir selbst so subtil verspottet werden, wie jeder weiß, der deinen Geist kennt und deinen Brief liest? Willst du also, dass wir uns über irgendein Problem unterhalten, das deinem Alter und deiner Klugheit angemessen ist und das gerechterweise unserem Vorsatz gemäß von unseren teuersten Freunden gefordert werden kann, so suche eines, das unsere Diskussion verdient. Und trage Sorge, dass du nur Aussagen von euren Göttern machst, aufgrund derer wir dich nicht für einen Verräter der eigenen Sache halten, wenn du uns mehr an das erinnerst, was sich gegen sie sagen lässt, als dass du etwas zu ihren Gunsten vorträgst. Zum Schluss noch folgendes, damit es dir nicht verborgen bleibe und dich unwissend zu sakrilegischen Schmähungen hinreiße: du sollst wissen, dass von katholischen Christen, die auch in eurer Stadt eine Kirche gebaut haben, kein Toter angebetet, nichts schließlich, was von Gott geschaffen und ins Leben gerufen ist, als Gottheit angerufen wird3, sondern Gott allein, der alles geschaffen und ins Leben gerufen hat. Diese Fragen sollen mit Hilfe des alleinigen wahren Gottes selbst ausführlicher behandelt werden, sobald ich erkenne, dass du ernsthaft mit mir zu diskutieren bereit bist.

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Nr. 125 Augustinus, epistula 135 Volusianus an Augustinus 1 Du, der du ein redlicher Mann und ein Beispiel der Gerechtigkeit bist, lädst mich ein, dich bezüglich einiger zweifelhafter Stellen, die mir bei der Schriftlektüre aufgefallen sind, zu befragen, um darüber unterwiesen zu werden. Ich nehme diese Aufgabe an, die mir entgegenkommend angetragen wurde, und begebe mich gerne in deine Schule, wobei ich der Autorität eines alten Ausspruchs folge, dass es kein Alter gibt, indem sich nicht noch etwas lernen ließe (Plaut., Trucul. 22). Und nicht zu Unrecht hat dieser Weise dem Bemühen um Kenntnis keine Grenzen und kein Ende gesetzt, da die Tugend, von ihren Anfängen weit entfernt, sich denen, die sich ihr nähern, niemals so sehr erschließt, dass sie sich sogleich vollständig der Erkenntnis darbietet. Mein wahrhaft ehrwürdiger Herr und zu Recht hochverehrter Vater, es ist der Mühe wert, von einem Gespräch zu erfahren, das unlängst zwischen uns stattgefunden hat. Wir nahmen an einigen Zusammenkünften von Freunden teil; dabei wurden zahlreiche Ansichten entsprechend den geistigen Voraussetzungen und Interessen vorgetragen. Das Thema der Diskussion war die rhetorische Gliederung des Redestoffs. Ich spreche zu einem Kenner, denn nicht lange zuvor hast du auch dies gelehrt. Hinzu kam die Frage, worin die Stärke der Materialsammlung bestehe, welche Mühe die Gliederung mache, welches Gefallen eine Metapher bereite, welche Schönheit Bilder besitzen, schließlich welcher Redestil dem Charakter und dem Wesen des Gegenstandes entspreche. Andere wiederum favorisierten die Poesie und hoben sie in den Himmel. Und nicht einmal dieser Teil der Beredsamkeit bleibt für dich stumm oder unbekannt, sagt doch der Dichter ganz richtig: „Mit dem Lorbeer des Sieges möge der Efeu deine Schläfen umranken“ (Verg., ecl. 8,13). Man sagte also, welch großer Schmuck in der Anordnung des Stoffes liege, welchen Reiz Metaphern besäßen, welchen Vorzug der Vergleich habe. Darauf sprach man von leichten sowie geschmeidigen Versen und, wenn ich so sagen darf, von der geregelten Variation der Pausen. Dann wandte sich das Gespräch der dir vertrauten Philosophie zu, die du selber nach Art des Aristoteles als etwas für Eingeweihte zu betreiben pflegtest. Wir fragten auch, was der Lehrer des Lyzeums1 vollbracht hatte, was das komplizierte und beständige Zögern der Akademie2, was der berühmte Dialektiker aus der Säulenhalle3, was die Kenntnis der Naturphilosophen, was das Lustempfinden der Epikureer, was das bei allen Richtungen verbreitete Verlangen, endlos zu diskutieren, wobei die Wahrheit gerade noch unbekannter war, nachdem man beansprucht hatte, dass sie sich erkennen lasse. 2 Als unsere Konversation bei diesem Thema verweilte, sagte einer unter

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den vielen: „Wer ist in der Wahrheit des Christentums so vollkommen unterrichtet, dass er mir die Zweifel, in denen ich befangen bin, ausräumen und das Schwanken meiner Zustimmung durch wahre oder wahrscheinliche Glaubwürdigkeitsgründe festigen kann?“ Sprachlos schwiegen wir. Da brachte er spontan weiterhin Folgendes vor: „Ich frage mich, ob der Herr und Lenker der Welt den Leib einer unversehrten Frau erfüllt hat; ob die Mutter jene langen Beschwernisse der zehn Monate ertragen hat und ob sie ihn, obwohl Jungfrau, in der gewöhnlichen Geburtsweise zur Welt gebracht hat und anschließend die Jungfräulichkeit unversehrt fortdauerte.“ Daran schloss er noch anderes an: „Im winzigen Körper eines schreienden Kindes ist derjenige verborgen, mit dem sich kaum das Universum vergleichen lässt? Er erduldet die Jahre der Kindheit, wächst heran, reift zum jungen Mann; so lange bleibt jener Lenker seinem Thron fern und überträgt die Regierung der ganzen Welt in einen winzigen Körper? Daraufhin überlässt er sich dem Schlaf, nährt sich mit Speisen, empfindet alle Gefühle der Sterblichen, ohne dass Indizien einer solch großen Majestät anhand irgendwelcher angemessenen Zeichen deutlich würden. Die Austreibung der Dämonen, die Heilung der Kranken, die Erweckung Toter – all dies ist, wenn man bedenkt, dass es noch andere taten, für einen Gott sehr wenig.“ Wir unterbrachen ihn, als er noch weitere Fragen stellte; die Versammlung löste sich auf, und wir überließen die Probleme jemandem mit größerer Kompetenz, damit nicht, wenn allzu unvorsichtig Geheimnisse verletzt werden, ein noch schuldloser Irrtum sich in eine Schuld verwandle. Du hast, der du jemand bist, der jeden Ruhm verdient, das Eingeständnis der Unkenntnis vernommen; du weißt, was man von eurer Seite erwartet. Es ist für dein Ansehen von Bedeutung, dass wir auf unsere Fragen eine Antwort erfahren4. Weitgehend ohne Schaden für den göttlichen Kult wird bei den anderen Priestern Unkenntnis toleriert. Wenn man sich aber an Bischof Augustinus wendet, braucht man nur zu lesen, was immer man nicht wissen sollte. Die höchste Gottheit möge deine Hoheit unversehrt bewahren, mein wahrhaft ehrwürdiger Herr und zu Recht hochverehrter Vater. Nr. 126 Augustinus, epistula 233 Augustinus an Longinianus Man erzählt, einer von den Alten pflegte zu sagen, für diejenigen, die hinreichend überzeugt seien, dass sie nichts lieber wollten, als gute Menschen zu sein, wäre alles Übrige leicht zu lernen. Dieser Sentenz – wenn ich mich richtig erinnere, stammt sie von Sokrates – ist schon ein viel älteres Prophetenwort vorausgegangen, das den Menschen kurz und prägnant gebot, nicht

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nur nichts lieber zu wollen, als gut zu sein, sondern ihn auch lehrte, wodurch er gut werde. Es sagt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft“ (Dtn 6,5). Und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev 19,18). Wer davon überzeugt wäre, für den wäre nicht alles Übrige leicht, vielmehr wäre dies schon die ganze Lehre, und zwar eine nützliche und heilbringende. Es gibt nämlich viele Lehren, wenn man sie überhaupt Lehren nennen darf, die entweder überflüssig oder schädlich sind. Christus bestätigt die Bücher des Alten Testamentes, indem er sagt: „An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mt 22,40). Mir scheint, als habe ich sozusagen im Spiegel deiner Unterredung mit mir gesehen, dass auch du nichts lieber willst, als ein guter Mensch zu sein. Daher wage ich zu fragen, auf welche Weise du glaubst, dass Gott verehrt werden müsse; im Vergleich zu ihm gibt es nichts Vollkommeneres, durch ihn empfängt die menschliche Seele die Fähigkeit, gut zu sein. Denn dass du glaubst, er müsse verehrt werden, halte ich für gewiss. Ich frage auch, was du über Christus denkst. Dass du ihn nicht für bedeutungslos hältst, habe ich bemerkt. Doch ob du meinst, dass man einzig und allein auf dem Weg, der von ihm gewiesen wurde, zum seligen Leben gelangen könne, und du es aus irgendeinem Grund zwar nicht ablehnst, ihn zu beschreiten, es aber aufschiebst, oder ob du denkst, es gebe noch einen oder mehrere andere Wege, um einen so kostbaren und höchst erstrebenswerten Besitz zu erlangen, und du glaubst, einen von ihnen jetzt schon zu betreten, das möchte ich erfahren, wobei ich meine, nicht indiskret zu sein. Ich schätze dich nämlich wegen des schon zuvor Erwähnten und glaube nicht ohne Grund, auch von dir geschätzt zu werden. Und über kein anderes Thema geschieht unter denen, die sich wohlwollend begegnen, ein fruchtbringenderer Austausch durch Senden und Erbitten sowie wechselseitigen Empfang (von Briefen) als über die Frage, wodurch wir gut und glückselig sind.

Nr. 127 Augustinus, epistula 234 Longinianus an Augustinus 1 Ich bin darüber glücklich, dass ich von dem reinen Licht deiner strahlenden Tugend beschienen werde und du mich für würdig gehalten hast, mir die Ehre deines göttlichen Wortes zu erweisen. Doch legst du, verehrter Herr, mir eine schwere Last und die äußerst schwierige Aufgabe auf, vor allem deine Anfragen zu beantworten und zugleich solche Probleme nach meinem, das heißt eines Heiden, besten Wissen und Gewissen zu erklären. Es gibt doch schon genug Fragen bei den Themen, worüber entweder schon lange

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Übereinstimmung zwischen uns besteht oder jetzt durch unsere Korrespondenz mehr und mehr Einklang erzielt wird, und zwar über die Weisungen, ich will nicht nur sagen die sokratischen, auch nicht nur die von dir, dem wahrhaft besten Römer, vorgetragenen prophetischen oder die wenigen aus Jerusalem stammenden; sondern auch über die des Orpheus, des Tages und des Trismegistos1, die weit älter sind als jene und den frühesten, fast noch primitiven Zeitaltern entstammen und sich der Autorität der Götter verdanken und nach göttlichem Willen dem ganzen Erdkreis, durch feste Grenzen in drei Teile gegliedert, offenbart wurden, bevor Europa oder Asien diesen Namen erhielten oder Libyen einen so guten Mann empfing, wie du es – wahrhaftig – immer gewesen bist und sein wirst. Seit Menschengedenken nämlich, falls du nicht meinst, das von Xenophon geschaffene Porträt sei nur das einer imaginären Gestalt2, habe ich bisher niemanden gehört, gelesen oder gesehen, oder zumindest nach diesem einen – was ich, Gott sei mein Zeuge, zu behaupten wage, ohne Furcht mich zu täuschen – keinen, der sich wie du ständig bemühte, Gott kennen zu lernen und wegen der Reinheit des Geistes und der Distanzierung von der Last des Körperlichen ihm ganz mühelos folgen und mit der Zuversicht eines vollkommenen Gewissens und unangefochtenem Glauben an ihm festhalten konnte. 2 Aber auf welchem Weg sich dies erreichen lässt, so wäre es besser, dass du darüber nicht in Unkenntnis wärst und mir erklärtest, ohne dass dabei irgendetwas aus einer fremden Schule mitgeteilt würde, als dass du, verehrter Herr, es von mir erfährst. Denn nur dann, so gestehe ich, werde ich imstande sein, zur Stätte dieses Gutes aufzubrechen, wie es meine priesterlichen Aufgaben verlangen; doch bin ich noch lange nicht so weit; und wenn ich doch einmal dazu in der Lage sein werde, so sammle ich jetzt Proviant für diesen Weg. Aber ich will dir, soweit ich vermag, kurz sagen, welche heiligen und altehrwürdigen Traditionen ich einhalte und beachte. Der bessere Weg, um zu Gott zu gelangen, ist der, den mit Einsatz von Geist und Seele zu beschreiten sich beeilt, wer ein guter Mann ist und geschätzt wird in Wort und Tat entsprechend der Frömmigkeit, Reinheit, Gerechtigkeit, Sittsamkeit und Aufrichtigkeit, ohne sich vom Wandel der Zeiten erschüttern zu lassen, von der Begleitung der Götter geschützt, da er sich das Gefallen der göttlichen Mächte erworben hat, die von der Kraft dieses einzigen, umfassenden, unbegreiflichen, unaussprechlichen und unermüdlichen Schöpfers erfüllt sind, die ihr, wie es euch eigen ist, Engel nennt oder irgendein anderes Wesen, das Gott untersteht oder von Gott stammt oder in Gott existiert oder zu Gott führt. Dieses ist der Weg, wiederhole ich, auf dem die Menschen, durch die frommen Weisungen alter Riten und die heiligsten Sühnehandlungen gereinigt sowie durch Enthaltsamkeitsübungen geläutert, in leiblicher und seelischer Harmonie dahin eilen.

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3. Was aber Christus betrifft, deinem Glauben nach ein Gott aus Fleisch und Geist, durch den du sicher bist, zu jenem höchsten, seligen, wahren Wesen, dem Vater aller, zu gelangen, so wage und vermag ich nicht, meine Meinung zu äußern, verehrter Herr und Vater. Denn ich halte es für überaus schwierig zu definieren, was ich nicht weiß. Insofern du mich aber als Bewunderer deiner Vorzüge gewürdigt hast, mir, der es schon lange weiß, verstehen zu geben, dass du mich schätzt, halte ich dies für ein ausreichendes Zeugnis eines guten Lebens. Wenn ich daran festhalte, um dir nicht zu missfallen, der du dich und deine Seele täglich Gott anvertraust, so wirst ohne Zweifel begreifen, dass ich dich mit Freuden schätze, da ich mich bereitwillig an die Norm und Weisung deines Urteils über mich halte. Vor allem aber bitte ich dich, dass du meiner sehr bescheidenen Meinung Nachsicht gewährst und mein Antwortschreiben, das vielleicht nachlässig und unangemessen ist, gerne verzeihst, weil du mich dazu genötigt hast, und bereit bist, falls ich es verdiene, durch deine ehrwürdigen Schriften, „süßer nicht nur als Honig, sondern auch als Nektar“ (Ovid, trist. 5,4,29 f.), wie der Dichter sagt, mich zu informieren, was du darüber denkst oder was deine Ansicht ist. Mögest du dich der Güte Gottes erfreuen, mein Herr und Vater, und beständiger Heiligkeit, wie es nötig ist, Gott gefallen. Nr. 128 Augustinus, epistula 235 Augustinus an Longinianus 1 Ich habe die Frucht meines Schreibens geerntet, das heißt das Antwortschreiben, das du in freundschaftlicher Gesinnung verfasst hast. Daraus ist schon, wie ich sehe, sozusagen die Saat einer langen Diskussion zwischen uns über ein so bedeutendes Thema hervorgetreten und aufgegangen. Genau dies ist es, was ich anfangs gewollt habe; was ich weiterhin will, dazu wird nun Gott helfen. Es geht darum, dass dieser Beginn seinen Abschluss findet, wie es sich gehört und heilsam ist. Wenn du also gemeint hast, du dürftest nichts unreflektiert bestreiten oder behaupten, so möchte ich diese Zurückhaltung in der Seele eines Heiden nicht ungern akzeptieren. Dass du aber sogar durch meine Schriften darüber belehrt werden möchtest, will ich keineswegs zurückweisen und nicht nachlassen, deinem so guten und mir überaus teurem Verlangen zu entsprechen. Doch zuvor muss deine Meinung über die alten Riten in gewisser Weise geklärt werden, um sie deutlich zu erfassen. Nachdem du nämlich gesagt hattest, der Weg zu Gott sei der bessere, „den mit Einsatz von Geist und Seele zu beschreiten sich beeilt, wer ein guter Mann ist und geschätzt wird in Wort und Tat entsprechend der Frömmigkeit, Reinheit, Gerechtigkeit, Sittsamkeit und Aufrichtigkeit, ohne sich vom Wandel

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der Zeiten erschüttern zu lassen, von der Begleitung der Götter geschützt, da er sich das Gefallen der göttlichen Mächte erworben hat, die von der Kraft dieses einzigen, umfassenden, unbegreiflichen, unaussprechlichen und unermüdlichen Schöpfers erfüllt sind, die ihr, wie es euch eigen ist, Engel nennt oder irgendein anderes Wesen, das Gott untersteht oder von Gott stammt oder in Gott existiert oder zu Gott führt“ – diese Worte erkennst du aus deinem eigenen Brief wieder –, fügtest du hinzu: „Dieses ist der Weg, wiederhole ich, auf dem die Menschen, durch die frommen Weisungen alter Riten und die heiligsten Sühnehandlungen gereinigt sowie durch Enthaltsamkeitsübungen geläutert, in leiblicher und seelischer Harmonie dahin eilen.“ 2 Diesen Worten entnehme ich, falls ich mich nicht täusche, dass es deiner Ansicht nach nicht genügt, wenn auf dem Weg, auf dem man zu Gott gelangt, ein guter Mensch in Wort und Tat entsprechend der Frömmigkeit, Reinheit, Gerechtigkeit, Sittsamkeit und Aufrichtigkeit sich das Gefallen der Götter erwirbt, durch deren Begleitung geschützt er zu jenem höchsten Gott, dem Schöpfer aller, zu gelangen eilt, wenn er sich nicht auch durch die frommen Weisungen und Reinigungshandlungen der alten Riten reinigt. Daher möchte ich wissen, was deiner Ansicht nach durch Riten in dem gereinigt werden muss, der durch ein frommes, gerechtes, sittsames und aufrichtiges Leben sich das Gefallen der Götter erwirbt und durch sie auch das des einen Gottes der Götter. Wenn er nämlich durch Riten noch gereinigt werden muss, ist er jedenfalls nicht rein; wenn er aber nicht rein ist, lebt er nicht fromm, gerecht, aufrichtig und sittsam. Wenn er nämlich schon so lebt, ist er schon rein. Wozu muss nun aber jemand, der schon in jeder Hinsicht rein ist, sich noch durch Sühneriten reinigen? Dies ist also der Knoten unserer Diskussion. Wenn dieser gelöst ist, werden wir die Konsequenzen erkennen. Muss der Mensch gut leben, um sich durch Riten zu reinigen? Oder reinigt man sich durch Riten, um gut zu leben? Oder ist der Grad des guten Lebens, wie groß auch immer er bei einem Menschen sein mag, unzulänglich für das selige Leben, das man von Gott empfängt, wenn nicht die Unterstützung der Riten hinzukommt? Oder ist es sozusagen ein Teil des guten Lebens, auch die Riten zu vollziehen, so dass also gut zu leben und heilig zu leben nicht zwei verschiedene Dinge sind, sondern auch das heilige Leben im guten Leben eingeschlossen ist? Es möge dir bitte nicht unangenehm sein, mir in einem Brief Aufschluss zu geben, welcher dieser vier Positionen, die ich vorgetragen habe, du am meisten zustimmst. Dies ist ja von sehr großer Bedeutung, um unser Vorhaben durch wechselseitige Unterredung voran zu bringen, damit ich mich nicht abmühe, vieles Unnötige zu widerlegen, als würdest du diese Ansichten vertreten, die du vielleicht gar nicht vertrittst, so dass kostbare Zeit für Überflüssiges verbracht wird. Ich wollte also diesen Brief nicht überladen, damit du schnell antworten kannst und wir dann mit weiteren Themen fortfahren.

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3) De civitate Dei Die Einnahme Roms im August 410 war nur der unmittelbare Anlass für die monumentale Schrift „Über den Gottesstaat“, mit deren Abfassung Augustin mehr als ein Jahrzehnt (413–426) beschäftigt war. Angesichts der neu aufflammenden Polemik, die dem Christentum die Schuld an jener Katastrophe gab, insofern es die bewährten Götterkulte unterdrückt und damit die Stadt schutzlos den Barbaren preisgegeben habe, sah sich der Bischof von Hippo zu einer apologetischen Replik genötig, die bald zu einer grundlegenden Positionsbestimmung des Verhältnisses von Religion und Staat, von Christentum und weltlich-politischer Realität wurde. Über den geschichtlichen Anlass hinaus bot diese Apologie eine große Gesamtdarstellung des christlichen Glaubens überhaupt (Nr. 129–130). Die Kontroverse mit Vertretern römischer Religiosität wie Varro (Nr. 345) fehlte dabei ebenso wenig wie die mit den platonischen Positionen eines Porphyrius (Nr. 66, 368, 421).

Nr. 129 Augustinus, retractationes 2,43 1 In der Zwischenzeit wurde Rom durch den Einfall der Goten unter König Alarich und durch eine katastrophale Niederlage zerstört. Die Anbeter einer Vielzahl falscher Götter, jene Menschen, die wir gewöhnlich Heiden nennen, versuchten, das Unglück auf die christliche Religion zurückzuführen und begannen mit ungewohnter Schärfe und Bitterkeit den wahren Gott zu lästern. Das war es, was mich, verzehrt vom Eifer für das Haus Gottes, beschließen ließ, gegen die Lästerungen und Irrtümer die Bücher „Über den Gottesstaat“ zu schreiben. Dieses Werk beschäftigte mich während mehrerer Jahre, weil vielerlei dazwischen kam, was nicht verschoben werden durfte, und dessen Erledigung Vorrang beanspruchte. Schließlich ist das gewaltige Werk „Über den Gottesstaat“ mit seinen 22 Büchern abgeschlossen worden. Die ersten fünf Bücher weisen die Ansicht zurück, der Kult der vielen, von den Heiden verehrten Götter sei zum irdischen Glück notwendig. Das Verbot dieses Kultes, so wurde behauptet, hätte den Ausbruch und das Wachstum der gegenwärtigen Übel veranlasst. Die folgenden fünf Bücher richten sich gegen jene, die zwar zugeben, dass die Sterblichen stets mit solchen Übeln rechnen müssten, denn es hätte sie seit jeher gegeben, wenn auch nach Orten, Zeiten und Menschen verschieden, einmal weniger, einmal mehr. Der Kult der vielen Götter aber, mit dem man ihnen opfert, sei wegen des Lebens nach dem Tode nützlich. In den zehn Büchern werden diese zwei unsinnigen und der christlichen Religion entgegengesetzten Meinungen zurückgewiesen.

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2 Damit uns aber niemand vorhält, wir hätten nur die Aufassungen der anderen widerlegt, ohne die eigenen zu begründen, beschäftigt sich mit ihnen der zweite Teil des Werkes, der aus zwölf Büchern besteht, obwohl wir, wo es nötig ist, auch in den zehn vorangegangenen unsere Auffassungen vertreten und in den zwölf folgenden die gegnerischen bekämpfen. Die vier ersten Bücher von den folgenden zwölf behandeln den Ursprung der beiden Staaten, deren einer der Staat Gottes, deren anderer der Staat dieser Welt ist. Die vier anschließenden beschreiben Fortschritt bzw. Entwicklung der beiden. Die anderen vier, die auch zugleich die letzten sind, zeigen die verdienten Endziele. So haben die 22 Bücher in ihrer Gesamtheit, obwohl sie von den beiden Staaten handeln, doch den Titel von dem vorzüglicheren Staat erhalten, das heißt das Werk wurde nach dem Gottesstaat benannt.

Nr. 130 Augustinus, de civitate Dei, Vorwort; 1,36 Vorwort. Den glorreichsten Gottesstaat habe ich, mein liebster Sohn Marcellinus, mit diesem Werk zu verteidigen unternommen. Es ist dir gewidmet, und ich löse damit ein Versprechen ein1. Ich will ihn verteidigen, so wie er in diesem Zeitenlauf noch aus dem Glauben lebt und unter Gottlosen pilgert, und ebenso wie er einst sein wird in der Beständigkeit seines ewigen Wohnsitzes, den er vorerst nur in Geduld erwartet, bis sich die Gerechtigkeit ins Gericht verwandelt, und den er dann mit seinem letzen Sieg und im vollkommenen Frieden durch Herrlichkeit erlangen wird. Ich will ihn gegen jene verteidigen, die ihre Götter seinem Gründer vorziehen; eine große und schwierige Aufgabe, aber Gott ist unser Beistand. 1,36 Doch will ich noch etwas denen erwidern, die die Niederlage des römischen Staates insofern auf unsere Religion zurückführen, als sie ihnen verwehrt, ihren Göttern zu opfern. Es muss nämlich hingewiesen werden auf die vielen Übel, soweit sie uns in den Sinn kommen, oder soweit es angebracht scheint, ihrer zu gedenken, die jener Staat sowie die seiner Herrschaft unterstehenden Provinzen erlitten haben, desgleichen die zu ihm gehörigen Provinzen, schon ehe ihre Opfer verboten waren. Auch diese würden sie zweifellos uns in die Schuhe schieben, wenn schon damals das Licht unserer Religion geleuchtet und sie, so wie jetzt, an ihren gottlosen Opferfeiern gehindert hätte. Sodann ist zu zeigen, um welcher sittlichen Eigenschaften willen und aus welchem Grund der wahre Gott, dessen Gewalt alle Reiche unterstehen, sie zur Ausdehnung ihrer Herrschaft unterstützen wollte; und dass ihre vermeintlichen Götter ihnen nicht im geringsten dabei geholfen, vielmehr durch Betrug und Täuschung nur geschadet haben. Endlich muss auch denen ent-

II. Orosius

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gegnet werden, die immer noch, obwohl längst durch schlagendste Beweise widerlegt, behaupten wollen, nicht zum Nutzen des gegenwärtigen, sondern des künftigen Lebens nach dem Tod müsse man die Götter ehren. Diese Frage wird, wenn ich mich nicht irre, weitaus die mühsamste sein und einer besonders sorgfältigen Erörterung bedürfen, weil bei ihrer Behandlung auch gegen die Philosophen gestritten werden muss, und zwar nicht gegen irgendwelche, sondern gerade die, die bei ihnen im höchsten Ansehen stehen, auch mit uns in vielem übereinstimmen und wie wir lehren, dass die Seele unsterblich ist, der wahre Gott die Welt geschaffen hat und durch seine Vorsehung das geschaffene Weltall lenkt. Aber da auch sie in den Punkten, worin sie von uns abweichen, widerlegt werden müssen, dürfen wir uns dieser Aufgabe nicht entziehen und wollen mit den Kräften, die Gott verleihen wird, nach Zurückweisung ihrer unfrommen Einwände den Gottesstaat sowie die wahre Frömmigkeit und Gottesverehrung darstellen, durch die allein uns in Wahrheit ewige Seligkeit verheißen ist. …

II. Orosius Da Augustin nach dem Fall Roms die heidnischen Angriffe gegen das Christentum zwar auf theologischer Ebene eingehend und tiefsinnig widerlegt hatte, sich jedoch bewusst war, dass seine apologetische Replik auch durch profangeschichtliche Fakten untermauert werden müsse, beauftragte er den spanischen Priester Orosius (ca. 380 – nach 418), systematisch die Geschichte zu erforschen, um den Vorwurf zu widerlegen, die Christen seien für den Untergang Roms verantwortlich. Mit eingehenden Quellenforschungen wies Orosius in seiner 416/7 verfassten „Weltgeschichte gegen die Heiden“ anhand des profanen Geschichtsverlaufs nach, dass die Katastrophen der Gegenwart nicht nur nicht schlimmer als die der Vergangenheit waren, sondern in den christlichen Zeiten weitaus seltener eintraten. Mit seinem Fortschrittsoptimismus, der anhand historischer Fakten eine Besserung der Zeiten seit dem Auftreten des Christentums nachweisen zu können glaubte und damit einen empirischen Wahrheitsbeweis zugunsten der neuen Religion vorzubringen beanspruchte, ging Orosius weit über Augustins Auftrag hinaus, der nur eine Widerlegung des heidnischen Vorwurfs gewünscht hatte, die Idee eines kontinuierlichen Fortschritts der christlichen Geschichte jedoch nicht teilen konnte.

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1. H) Geschichtstheologische Apologetik

Nr. 131 Orosius, Historia adversus paganos, Vorwort 1,9–15 (9) Du hattest mir aufgetragen, gegen die lügenhafte Verkehrtheit derer zu schreiben, die, dem Gottesstaat fremd, nach den Kreuzungspunkten der ländlichen Bezirke und den Dörfern Heiden genannt werden oder Ungläubige heißen1, weil sie nur an Irdisches denken. Obwohl sie nach dem Zukünftigen nicht fragen, das Vergangene aber entweder vergessen haben oder nicht kennen, beschimpfen sie dennoch die Gegenwart, als ob sie allein deswegen über das gewohnte Maß von Unruhen stark erschüttert sei, weil an Christus geglaubt und Gott verehrt wird, die Götterbilder aber weniger Verehrung finden. (10) Aufgetragen hast Du mir also, geordnet und kurz gefasst in einem Buch darzustellen, was ich in allen jetzt verfügbaren Aufzeichnungen der Historien und Annalen aus den vergangenen Jahrhunderten fand an Beschwernissen durch Kriege, Verderbnissen durch Krankheiten, Traurigem durch Hunger, Schrecken und Erdbeben, Ungewohntem durch Überschwemmungen, Befürchtungen durch Vulkanausbrüche, furchtbaren Folgen von Blitzschlag und Hagel oder auch Elend durch Verwandtenmorde und Verbrechen. (11) Da du eifrig dabei bist, gegen diese Heiden selbst das elfte Buch zu vollenden, nachdem bereits zehn Bücher als aufgehende Strahlen vom hohen Gipfel kirchlichen Lichtes ausgesandt wurden und in kurzer Zeit auf der ganzen Erde leuchteten, (12) schien es nicht angemessen, Deine Verehrungswürdigkeit mit einem leichten Traktätchen in Anspruch zu nehmen. Außerdem fordert Dein gottgefälliger Sohn Julianus von Karthago2, ein Diener Gottes, seiner Bitte in dieser Angelegenheit mit gleichem Selbstvertrauen zu entsprechen, wie er sie vorgebracht hatte. (13) Darum habe ich mich an die Aufgabe gemacht und bin in große Verwirrung geraten. Als ich intensiv nachdachte, schienen die Katastrophen der Gegenwart über das Normalmaß gestiegen zu sein. Freilich gelangte ich dann dahin, dass die vergangenen Tage nicht nur gleich schwer waren, sondern um so viel elender, je weiter sie vom Heilmittel der wahren Religion entfernt lagen. Aus gutem Grund wird durch diese Untersuchung deutlich, dass der blutrünstige Tod geherrscht hat, solange man die Religion nicht kannte, die vom Blutvergießen abhält. Als diese Religion dann aufzuleuchten begann, wurde jener gelähmt. Der Tod ist eingeengt, da diese Religion schon die Vorherrschaft hat, und er wird gar nicht mehr sein, wenn sie allein herrscht. (15) Ausgenommen natürlich jene weit enfernten und allerletzten Tage am Ende der irdischen Zeit sowie bei Erscheinen des Antichrist oder auch beim Abschluss des Jüngsten Gerichtes, für die der Herr Christus in der Heiligen Schrift durch sein Zeugnis künftige Drangsale vorausgesagt hat, wie es sie vorher nicht gab.

Zweiter Teil: Systematische Darstellung

A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung I. Grundorientierungen der Apologeten Bereits im Neuen Testament findet sich einerseits die Konfrontation von Weltweisheit und Evangelium (1 Kor 1,17–25; 2,1–5), anderseits das bewusste Anknüpfen an religiös-philosophische Vorstellungen der nichtchristlichen Umwelt. Beide Tendenzen zeigen sich auch in der apologetischen Literatur, obwohl sich nur wenige Autoren eindeutig einer Position zuweisen lassen. Vielmehr kam es situations- und adressatenbedingt nicht selten zu methodischen Variationen oder Mischformen im Argumentationsansatz.

1) Konfrontation Konsequenz der heidnischen Polemik gegen die neue Religion war häufig eine ebenso scharfe Replik seitens ihrer Anhänger, die nun selber das Heidentum in allen seinen Aspekten undifferenziert verwarfen. Diese Distanzierung besaß vielfach eine autobiographische Komponente, insofern nicht wenige Apologeten erst im Erwachsenenalter zum Christentum konvertiert waren und sich nun mit der eigenen heidnischen Vergangenheit kritisch auseinandersetzten. Nr. 132 Tertullian, apologeticum 46,7.18 (7) Die Wahrheit, die die Philosophen als ihre Verhöhner und Verderber feindselig sich anmaßen und durch diese Anmaßung verderben – denn ihnen geht es um den Ruhm –, diese Wahrheit erstreben die Christen mit Notwendigkeit und treten aufrichtig für sie ein – denn sie sind um ihr Heil besorgt. … (18) Was also haben gemeinsam der Philosoph und der Christ, der Schüler Griechenlands und der des Himmels, der seinen Ruhm und der sein Heil betreibt, der nur Worte macht und der Taten vollbringt, der Erbauer und der Zerstörer, der Freund und der Feind des Irrtums, der Verfälscher der Wahrheit und ihr Erneuerer und Darleger, ihr Dieb und ihr Wächter?

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

Nr. 133 Theophilus, ad Autolycum 3,3,1 Alle diese Männer strebten nur nach hohlem, nichtigem Ruhm und kannten die Wahrheit weder selbst, noch führten sie andere zur Wahrheit. Denn gerade ihre eigenen Worte überführen sie, dass sie Widersprüche vorgebracht und dass die meisten von ihnen ihre eigenen Lehrsätze selbst wieder umgestoßen haben.

2) Dialog Viele Apologeten erkannten, dass sich das Christentum durch die rigorose Ablehnung des Heidentums gesellschaftlich zu isolieren drohte und selber um die Chance brachte, neue Anhänger aus diesem Lager zu gewinnen. Daher suchten sie den Dialog mit der nichtchristlichen Umwelt1, deren Kultur sie differenzierend beurteilten und in vielen Aspekten als Anknüpfungspunkt betrachteten, um die eigenen Auffassungen desto überzeugender vermitteln zu können, je deutlicher Entsprechungen zu paganen Vorstellungen erkennbar waren. Nr. 134 Consultationes Zacchaei et Apollonii, Praefatio 1 Weil die Widerrede der Heiden der wahren Weisheit in jeder Hinsicht völlig entbehrt, scheint sie in den Augen einiger eher verachtet als widerlegt werden zu müssen, obwohl in ihrer Geringschätzung ein Gefühl der Abneigung liegt, das keinen Nutzen bringt, eine informative Abhandlung dagegen einen doppelten Vorteil besitzt: zum einen wird unsere Religion, heilig und schlicht, wie sie nun einmal ist, allen eingeprägt, zum anderen pflegen die solchermaßen Belehrten zu glauben, was sie in ihrer Unkenntnis verschmähten.

3) Die Allianz mit der platonischen Philosophie Während die pagane Religion von den Apologeten fast einhellig abgelehnt wurde, galt die Philosophie häufig als Verbündete, um die christliche Option für den Logos gegen den Mythos zu vertreten. Insbesondere der Mittel- und Neoplatonismus besaß Auffassungen über das Wesen Gottes, die Natur der Seele und ihre Vereinigung mit Gott als Ziel menschlichen Lebens, die mit christlichen Lehren durchaus vereinbar schienen.

I. Grundorientierungen der Apologeten

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Nr. 135 Augustinus, de civitate Dei 8,5.9–10 5 Wenn also Platon sagte, weise sei, wer diesen Gott nachahme, erkenne und liebe, und glückselig, wer an ihm teilhabe, wozu dann noch die Übrigen durchmustern? Keine anderen sind uns so nahe gekommen wie er und seine Schule1. 9 Alle Philosophen also, die vom höchsten und wahren Gott urteilten, dass er Schöpfer des Geschaffenen, Licht der Erkenntnis und Ziel des Handelns sei, dass bei ihm der Ursprung der Natur, die Wahrheit der Lehre sowie das Glück des Lebens für uns liegt, mag man sie nun passend Platoniker nennen oder ihrer Schule irgendeinen anderen Namen beilegen, mögen nur die besten Köpfe der ionischen Richtung so gedacht haben, also Platon selbst und die ihn richtig verstanden, oder auch die der italischen, wie Pythagoras und die Pythagoreer und etwa noch andere, die derselben Ansicht waren, oder mögen sich auch unter den Angehörigen anderer Völker – den atlantischen Libyern, Ägyptern, Indern, Persern, Chaldäern, Skythen, Galliern, Spaniern2 – Weise oder Philosophen finden, die das erkannt und gelehrt haben: sie alle ziehen wir vor den Übrigen vor und erklären, dass sie uns näher gekommen sind. 10 Mag nun ein Christ, der nur in den kirchlichen Schriften unterrichtet ist, den Namen der Platoniker überhaupt nicht kennen, auch nichts davon wissen, dass es zwei philosophische Richtungen griechischer Sprache gibt, die ionische und italische, so wird er doch nicht derartig unerfahren in den menschlichen Dingen sein, um nicht zu wissen, dass sich Philosophen entweder zum Streben nach Weisheit oder aber zur Weisheit selbst bekennen. Doch hütet er sich vor denen, die beim Philosophieren nur nach den Elementen dieser Welt fragen und nicht nach Gott, der die Welt geschaffen hat. Denn er gedenkt der apostolischen Mahnung und hört aufmerksam, was geschrieben steht: „Hütet euch, dass euch niemand täusche durch Philosophie und leeren Trug nach den Elementen der Welt“ (Kol 2,8)3. Damit er aber nicht meint, alle seien von dieser Art, hört er, wie derselbe Apostel von einigen unter ihnen sagt: „Denn was erkennbar ist von Gott, ist ihnen offenbar, denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein unsichtbares Wesen, seine ewige Macht und Göttlichkeit, lässt sich seit Erschaffung der Welt an den Werken erkennen“ (Röm 1,19 f.). Ebenso hört er, wie der Apostel in seiner Rede an die Athener, nachdem er das große und nur wenigen verständliche Wort von Gott gesprochen hat: „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, hinzufügt: „Wie auch einige bei euch gesagt haben“ (Apg 17,28). Aber auch vor ihnen weiß er sich zu hüten, wo sie irren. Denn an derselben Stelle, wo es heißt, Gott habe sie durch die Vernunft an den Werken sein un-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

sichtbares Wesen erkennen lassen, ist auch ausgesagt, dass sie Gott nicht auf rechte Weise verehrt haben, da sie auch anderen Dingen, denen das nicht zukam, die nur dem Einen gebührenden göttlichen Ehren erwiesen: „Obwohl sie Gott erkannten, haben sie ihn nicht als Gott geehrt noch ihm gedankt, sondern sind in ihren Gedanken töricht geworden, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Toren geworden und vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit dem Abbild der Gestalt von vergänglichen Menschen, von Vögeln, vierfüßigen und kriechenden Tieren“ (Röm 1,21–23). Hier lässt er uns an die Römer, Griechen und Ägypter denken, die mit dem Namen der Weisheit angegeben haben. Doch darüber wollen wir uns mit ihnen später auseinandersetzen. Soweit sie aber mit uns übereinstimmen und den einen Gott und Schöpfer dieses Weltalls anerkennen, der nicht nur erhaben über allen Körpern unkörperlich, sondern auch erhaben über allen Seelen unwandelbar ist, unser Urgrund, unser Licht, unser Gut, soweit ziehen wir sie den anderen vor. Und auch wenn der Christ, unkundig der philosophischen Schriften, bei seiner Auseinandersetzung die Fachausdrücke nicht gebraucht, also nicht den Teil der Philosophie, der sich mit der Erforschung der Natur beschäftigt, auf lateinisch natural oder auf griechisch physisch nennt, und rational oder logisch den anderen, in dem man untersucht, wie sich die Wahrheit erfassen lässt, moralisch oder ethisch den dritten, wo es um die Sitten, die Erlangung des höchsten Gutes und die Vermeidung des höchsten Übels geht, ist ihm darum doch nicht unbekannt, dass wir vom einen, wahren und besten Gott unsere nach seinem Ebenbild geschaffene Natur empfangen haben, ebenso die Belehrung, wodurch wir ihn und uns erkennen, sowie die Gnade, durch die wir ihm verbunden und selig sind4. Das also ist der Grund, weshalb wir diese Philosophen den anderen vorziehen, die all ihre Begabungen und Bemühungen im Suchen nach den Ursachen der Dinge und der rechten Weise des Lernens und Lebens aufrieben, während diese Gott erkannten und nun fanden, welches der Grund der Weltentstehung, das Licht der Wahrheitserfassung und die Quelle der Glückseligkeit ist. Mögen es also Platoniker sein oder irgendwelche Philosophen irgendwelcher anderer Völker, die dies von Gott denken, so denken sie jedenfalls wie wir. Doch halten wir uns bei der Besprechung unseres Themas lieber an die Platoniker, weil deren Schriften am geläufigsten sind. Denn sowohl die Griechen, deren Sprache unter den Völkern den ersten Platz einnimmt, haben sie mit hohem Lob bedacht, als auch die Lateiner, beeindruckt von ihren Vorzügen und ihrem Ruhm, haben sie eifrigst studiert und durch Übertragung in unsere Sprache noch bekannter und verständlicher gemacht.

I. Grundorientierungen der Apologeten

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4) Die Weisheit der Heiden Die apologetische Praxis, Anknüpfungspunkte im paganen Denken zu suchen und Korrespondenzen zu christlichen Überzeugungen aufzuzeigen, warf die Frage auf, welchen Ursprung die außerhalb des Offenbarungsraumes gefundenen Wahrheitselemente besaßen. Die Lehre vom Logos spermatikos (Nr. 136–137), die These einer praeparatio evangelica durch die Philosophie, deren Weisheit sich göttlicher Inspiration verdanke (Nr. 138), die Übernahme des stoischen Konzepts allgemeiner Grundauffassungen der Menschheit (Nr. 139), schließlich die von lateinischen Apologeten vertretene Ansicht einer Konnaturalität der unverbildeten Seele mit christlichen Elementarlehren (Nr. 140–143) waren unterschiedliche Antwortversuche auf jene Frage.

Nr. 136 Justin, 1 apologia 28,3; 46,1–4 28 (3) Von Anbeginn erschuf er die Menschheit vernunftbegabt und fähig, das Wahre zu wählen und gut zu handeln, so dass es für niemanden eine Entschuldigung vor Gott gibt (Röm 1,20), weil sie als vernünftige und erkenntnisfähige Wesen auf die Welt gekommen sind. 46 (1) Unverständige werden, um unsere Lehren zurückzuweisen, vielleicht einwänden: Wenn wir behaupten, Christus sei vor 150 Jahren unter Quirinius geboren und habe das, was wir als seine Lehre ausgeben, noch später unter Pontius Pilatus gelehrt, dann seien alle Menschen, die vorher lebten, ohne Verantwortung. Wir werden diese Aporie im Voraus lösen. (2) Wir wurden gelehrt, dass Christus der Erstgeborene Gottes sei, und wir haben weiter oben schon erwähnt, dass er der Logos ist, an dem die ganze Menschheit Anteil erhalten hat. (3) Die gemäß der Vernunft gelebt haben, sind Christen, selbst wenn sie als Atheisten galten, wie bei den Griechen Sokrates, Heraklit1 und Leute ihresgleichen, und bei den Barbaren Abraham, Ananias, Azarias, Misael, Elias und viele andere, deren Taten und Namen aufzuzählen wir jetzt unterlassen wollen im Wissen, dass es zu weit führt2. (4) Daher waren auch die, die vorher ohne Vernunft gelebt haben, schlechte Menschen, Feinde Christi, Mörder derer, die gemäß der Vernunft lebten. Die aber gemäß der Vernunft gelebt haben und noch leben, sind Christen, ohne Furcht und Unruhe.

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

Nr. 137 Justin, 2 apologia 8,1–3; 10,8 8 (1) Auch die Anhänger der stoischen Lehren sind, da sie auf Grund des der gesamten Menschheit eingepflanzten Logos-Keimes zumindest in ihrer ethischen Lehre der rechten Ordnung entsprachen, gehasst und getötet wurden, wie wir wissen; der schon früher erwähnte Heraklit, unter unseren Zeitgenossen Musonius und noch andere. (2) Wie schon dargelegt, haben die Dämonen immer darauf hingearbeitet, dass alle, die sich irgendwie bemühten, gemäß der Vernunft zu leben und das Böse zu vermeiden, gehasst wurden. (3) Es ist aber kein Wunder, dass die Dämonen nach ihrer Entlarvung noch weit mehr diejenigen verhasst zu machen suchen, die nicht nur entsprechend einem Teil des Keime ausstreuenden Logos, sondern entsprechend der Erkenntnis und Schau des gesamten Logos, der Christus ist, leben. … 10 (8) … Christus wurde teilweise auch von Sokrates erkannt; er war und ist ja der Logos, der jedem innewohnt …

Nr. 138 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,28,3; 80,6; 94,1–7; 5,29,4–6; 5,133,9–134,1; 6,157,4–158,3 1,28 (3) Vielleicht wurde die Philosophie aber auch um ihrer selbst willen den Griechen gegeben zu jener Zeit, bevor der Herr ebenfalls die Griechen berufen hatte; denn auch sie erzog das Volk der Griechen für Christus wie das Gesetz die Hebräer. Demnach bahnt die Philosophie den Weg und bereitet den vor, der von Christus vollendet werden soll. … 80 (6) Aber auch wenn die griechische Philosophie die Wahrheit nicht in ihrer ganzen Größe erfasst und außerdem nicht die Kraft hat, die Gebote des Herrn zu erfüllen, so bereitet sie doch wenigstens den Weg für die im höchsten Sinn königliche Lehre, indem sie irgendwie zum Nachdenken veranlasst, den Charakter zuvor prägt und den, der eine Vorsehung annimmt, zur Aufnahme der Wahrheit bereitet. 94 (1) Sagt man nun1, durch Zufall hätten die Griechen einige Lehren der wahren Philosophie ausgesprochen, so gehört der Zufall zu Gottes Weltlenkung, denn niemand wird den Zufall zu einem Gott machen wollen, nur um gegen uns Recht zu behalten; nennt man es ein glückliches Zusammentreffen, so kann ein solches Zusammentreffen nicht ohne die Vorsehung erfolgen. (2) Sagt man nun andererseits, die Griechen hätten eine natürliche Einsicht gehabt, so wissen wir, dass nur Einer der Schöpfer der Natur ist, und es ist gerade so, wie wir auch von einer natürlichen Gerechtigkeit gesprochen

I. Grundorientierungen der Apologeten

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haben2. Wenn man ferner sagt, sie hätten einen allgemeinen Menschenverstand gehabt, so wollen wir bedenken, wer dessen Vater sowie der Vater der durch Verteilung des Verstandes vermittelten Gerechtigkeit ist. (3) Wenn aber jemand von Vorhersage spricht oder ein Zusammentreffen in den Aussagen3 als Grund angibt, so nennt er damit Formen von Prophetie. Andere freilich behaupten, dass manche Aussagen der Philosophen ein Spiegelbild der Wahrheit seien. (4) Der göttliche Apostel schreibt ja von uns: „Wir sehen jetzt wie in einem Spiegel“ (1 Kor 13,12), von dem unser Bild zurückgeworfen wird, so dass wir uns selbst erkennen und infolge des in uns vorhandenen Göttlichen damit zugleich den schöpferischen Urgrund, so weit es möglich ist, erblicken können. (5) Denn es heißt: „Du sahst deinen Bruder, du sahst deinen Gott.“4 In diesem Fall wird, wie ich glaube, der Erlöser für uns als Gott bezeichnet. (6) Nach dem Ablegen des Fleisches aber (werden wir schauen) „von Angesicht zu Angesicht“, dann endlich völlig scharf und richtig, wenn unser Herz rein geworden ist. (7) Sowohl in der Art von Spiegelbildern als auch in der Art von Bildern, die durch einen Stoff hindurch schimmern, erblicken die sorgfältigen Forscher unter den griechischen Philosophen Gott. Infolge des Unvermögens ist nämlich die Vorstellung der Wahrheit so, wie ein Bild im Wasser zu sehen ist und wie man manches durch transparente Körper hindurch sieht. 5,29 (4) Und indem sie gewissermaßen „der richtigen Seherstimme ihres Inneren“ (Plat., leg. 792d) folgten, stimmten sie nicht ohne Gottes Hilfe überein, um in einigen Worten der Propheten die Wahrheit partiell und unter bestimmten Aspekten zu erfassen5. Sie ehrten sie mit Bezeichnungen, denen es nicht an Klarheit fehlte und die sich von der richtigen Erfassung der Dinge nicht entfernten, da sie einen Reflex der Vertrautheit mit der Wahrheit empfangen hatten. (5) Daher gleicht die griechische Philosophie dem mit Hilfe eines Dochtes brennenden Licht, das die Menschen anzünden, „Das Licht geschickt sich stehlend von der Sonne Licht.“6 (6) Nachdem aber das Wort Gottes verkündet worden war, strahlte jenes heilige Licht in seinem vollen Glanz auf. Daher ist bei Nacht das gestohlene Licht im Haus ganz nützlich, bei Tage aber wird das Feuer überstrahlt, und die ganze Nacht wird durch die so mächtige Sonne des geistigen Lichtes erleuchtet. 133 (9) Deshalb hat jedes Volk, das im Osten oder im Westen an die Meeresgestade grenzt oder im Norden wohnt oder im Süden seine Heimat hat, eine einzige und dieselbe Vorstellung von dem, der die Weltherrschaft begründet hat, insofern die allgemeinsten seiner Wirkungen in gleicher Weise alles durchdrungen haben. 134 (1) Weit mehr aber gaben die eifrigen Forscher bei den Griechen, die Philosophen, von der barbarischen Philosophie7 angeregt, dem Unsichtbaren und Einzigen und Mächtigsten und Kunstreichsten und dem Urheber des Schönsten den Vorrang, während sie von dem, was weiter daraus folgt, nichts

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

wussten, wenn sie nicht von uns unterrichtet wurden; aber auch von Gott selbst wussten sie nicht, wie man sich ihn seinem Wesen nach vorstellen muss, vielmehr stellten sie sich ihn, wie wir schon oft gesagt haben, nur so vor, dass es nur annäherungsweise wahr ist. 6,157 (4) Aber auch die Vorstellungen der tugendhaften Menschen entstehen durch göttliche Inspiration, wenn die Seele sich in einer gewissen Disposition befindet und der göttliche Wille in die menschlichen Seelen eingesenkt wird, wobei die für die einzelnen Aufgaben bestimmten göttlichen Diener zu solchen Verrichtungen hinzugezogen wurden. (5) Denn auf die Völker und Städte ist die Fürsorge der Engel verteilt; vielleicht sind aber auch einigen einzelnen Menschen einzelne Engel zugeordnet8. 158 (1) Der Hirt sorgt jedenfalls auch für jedes einzelne seiner Schafe, und vor allem wird all denen unmittelbarere Aufmerksamkeit zuteil, die durch ihre Naturanlage hervorragen und fähig sind, der großen Menge zu nützen. (2) Das sind aber die zum Regieren und zu Erziehern Geeigneten, durch die sich die Wirkung der Vorsehung besonders deutlich zeigt, wenn Gott entweder durch Erziehung oder durch besondere Führung und Leitung den Menschen etwas Gutes tun will. (3) Er will dies aber zu jeder Zeit. Deshalb regt er die Geeigneten dazu an, in nützlicher Weise das auszuführen, was zur Tugend und zum Frieden und zur Wohltätigkeit anleitet.

Nr. 139 Origenes, contra Celsum 1,4; 3,40 1,4 Wir wollen auch sehen, wie er meint, die Moral mit dem Argument herabsetzen zu können, dass sie etwas ganz Gewöhnliches sei und im Vergleich zu den anderen Philosophen keine beeindruckende oder neue Lehre enthalte1. Darauf ist zu antworten: Wer ein gerechtes göttliches Gericht annimmt, für den müsste die den Sündern drohende Vergeltung ausgeschlossen sein, wenn nicht alle Menschen in den allgemeinen Vorstellungen2 ein gesundes Vorverständnis im Bereich der Moral besäßen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass derselbe Gott in die Seelen aller Menschen eingepflanzt hat, was er durch die Propheten und den Erlöser lehrte. So soll im göttlichen Gericht jeder Mensch ohne Entschuldigung sein, da ihm der Wille „des Gesetzes in sein Herz eingeschrieben ist“ (Röm 2,15). 3,40 Sieh aber, ob nicht die Lehren unseres Glaubens, von Anfang an in Übereinstimmung mit den allgemeinen Vorstellungen, diejenigen umwandeln, die das Vorgetragene verständig hören. Denn wenn auch die Verwirrung, von ausgiebiger Unterweisung unterstützt, der großen Menge die Auffassung einpflanzen konnte, dass die Statuen Götter seien und die Produkte

I. Grundorientierungen der Apologeten

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aus Gold, Silber, Elfenbein und Stein anbetungswürdig seien, so verlangt doch die allgemeine Vorstellung die Einsicht, dass Gott keinesfalls vergängliche Materie ist und nicht, von Menschenhand geformt, in leblosen Materien verehrt wird, die nach seinem Bild oder als sein Symbol entstanden sind.

Nr. 140 Tertullian, de testimonio animae 1,5–2,1.6; 5,1–2 1 (5) Ein neues Zeugnis rufe ich jetzt an, besser gesagt: ich rufe ein Zeugnis an, das bekannter als alle Schriften ist, ständiger besprochen als alle Theorien, verbreiteter als jede Publikation und größer als der ganze Mensch, das heißt: als alles, was zum Menschen gehört. Tritt hervor, Seele!1 Ob du nun nach der Meinung der Mehrzahl der Philosophen etwas Göttliches und Ewiges bist, dann wirst du dich umso mehr des Lügens enthalten, oder keineswegs göttlich, weil sterblich – wie nur Epikur meint: dann wirst du umso weniger lügen dürfen. Ob du nun aus dem Himmel genommen oder von der Erde empfangen, ob du aus Zahlen oder Atomen gebildet wirst, ob du zusammen mit dem Körper zu bestehen beginst oder nach der Entstehung des Körpers darin eingeführt wirst, von woher und in welcher Weise auch immer du den Menschen zu einem vernunftbegabten Wesen machst, das zur Wahrnehmung und zum Wissen imstande ist. (6) Aber ich rufe nicht dich, Seele, an, die du in Schulen herangebildet, in Bibliotheken bewandert bist, dich in attischen Akademien und Säulengängen gemästet hast und Rülpser der Weisheit von dir gibst. Ich wende mich an dich, die du einfach, ungebildet, ungeformt und ohne Kenntnisse bist – wie jene dich besitzen, die dich allein besitzen –, eine Seele, ganz wie sie von der Gasse, den Straßenecken und der Werkstätte herkommt. (7) Deine Unerfahrenheit brauche ich, weil deiner Erfahrung, so gering sie auch ist, niemand Glauben schenkt. Das fordere ich an dir heraus, was du mit dir in den Menschen hineinbringst, was du aus dir selbst oder durch deinen Schöpfer, wer er auch sein mag, zu empfinden gelernt hast. Du bist, so viel ich weiß, keine Christin, denn eine Seele pflegt christlich zu werden und nicht als solche geboren zu sein. Dennoch fordern jetzt die Christen von dir das Zeugnis einer Außenstehenden gegen die Deinen2, damit sich jene wenigstens vor dir schämen, weil sie uns hassen und aufgrund von Dingen verspotten, die dich jetzt als Mitwisserin einer Anklage aussetzen können. 2 (1) Wenn wir Gott verkünden unter diesem einzigen Namen als den Einzigen, aus dem alles hervorgeht und unter dem alles steht, so finden wir keine Zustimmung. Gib nun ein Zeugnis, ob du dieser Meinung bist, dass es so ist. Denn wir hören dich auch öffentlich und in völliger Freiheit, wie es uns

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

nicht gestattet ist, zu Hause und draußen dies so zu äußern: „Gott gebe es“ und „Wenn Gott es will“. Durch jene Äußerung deutest du erstens an, dass es einen Gott gibt, und zweitens erkennst du an, dass er die Allmacht besitzt, auf dessen Willen du Rücksicht nimmst; zugleich leugnest du auch, dass die anderen Götter sind, indem du jene Wesen mit ihren eigenen Namen benennst: Saturn, Jupiter, Mars, Minerva. Damit bestätigst du nämlich, dass er der alleinige Gott ist, den du als Gott schlechthin bezeichnest. Wenn du jene anderen gelegentlich auch Götter nennst, machst du daher den Eindruck, dich dieses Wortes aus fremdem Besitz und gleichsam als Leihgabe bedient zu haben. … (6) Woher vermagst du das, wenn du doch keine Christin bist? 5 (1) Diese Zeugnisse der Seele sind ebenso einfach wie wahr, ebenso volkstümlich wie einfach, ebenso allgemein als volkstümlich, ebenso natürlich als allgemein, ebenso göttlich als natürlich. Ich glaube nicht, dass sie jemandem als unbedeutend und lächerlich vorkommen können, wenn er an die Erhabenheit der Natur denkt, von der die Autorität der Seele herrührt. Wieviel du der Lehrerin zuerkennst, soviel wirst du auch der Schülerin zuschreiben. Lehrmeisterin ist die Natur, die Seele ist ihre Schülerin. Alles, was jene gelehrt oder diese gelernt hat, ist von Gott übermittelt worden, der ja der Lehrmeister der Lehrmeisterin ist. (2) Was die Seele über ihren allerhöchsten Lehrer ahnen kann, vermagst du durch sie abzuschätzen, die in dir ist. Nimm sie wahr, die deine Wahrnehmungen ermöglicht macht! Beobachte sie, wie sie in Vorahnungen als Seherin, bei Vorzeichen als Deuterin, bei Ereignissen als voraussehende Kraft auftritt. Ist es verwunderlich, wenn sie, die ja von Gott dem Menschen verliehen worden ist, zu prophezeien versteht? Ist es so verwunderlich, wenn du den kennst, durch den sie verliehen wurde? Auch wenn sie vom Widersacher umgarnt ist, so erinnert sie sich doch ihres Schöpfers, seiner Güte und seines Ratschlusses sowohl ihres Schicksals wie ihres Widersachers selbst. Ist es dann verwunderlich, wenn sie, die von Gott verliehen ist, das verkündet, was Gott den Seinigen zu wissen gewährt hat?

Nr. 141 Tertullian, apologeticum 17,4–6 (4) Soll ich ihn euch aus dem Zeugnis der Seele selbst beweisen? (5) Diese mag zwar vom Kerker des Körpers eingezwängt, von verkehrten Lehren umgarnt, von hemmungslosen Trieben und Begierden ausgezehrt, von falschen Göttern versklavt sein; aber wenn sie wieder zu sich kommt – wie aus einem Rausch, wie aus einem Schlaf, wie aus einer Krankheit – und ihren heilen Zustand wiederfindet, nennt sie ihn „Gott“, mit diesem einen Wort, weil dieser allein der eigentlich wahre ist. „Gott ist gut und groß“ und „Das gebe Gott“

II. Formen christlicher Selbstdarstellung

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sind Formulierungen, die jeder gebraucht. (6) Auch als Richter bezeugt sie ihn, wenn sie sagt: „Gott sieht es“ und „Ich überlasse es Gott“ und „Gott wird es mir vergelten“. Welch Zeugnis der von Natur aus christlichen Seele!1 Und wenn sie dies ausspricht, blickt sie nicht hin zum Kapitol, sondern zum Himmel. Sie kennt ja den Sitz des lebendigen Gottes; von ihm und von dort her ist sie herabgestiegen. Nr. 142 Minucius Felix, Octavius 18,11 Und bin ich nicht der Zustimmung aller gewiss? Ich höre das Volk: wenn die Leute die Hände zum Himmel erheben, so sagen sie nichts anderes als „Gott“ und „Gott ist groß“ und „Gott ist wahr“ und „So Gott will“. Ist das die natürliche Sprache des Volkes oder schon das Wort eines Christen, der seinen Glauben bekennt? Und wer Jupiter als Höchsten ansieht, der täuscht sich zwar im Namen, hinsichtlich der Vormacht eines einzigen aber stimmt er mit uns überein. Nr. 143 Laktanz, divinae institutiones 2,1,7 Denn wenn sie schwören, wenn sie Bitten äußern, wenn sie Dank sagen, dann ist es nicht Jupiter oder eine Vielzahl von Göttern, sondern Gott, den sie nennen. So sehr bricht die Wahrheit unter dem Druck der Natur selbst auch gegen ihren Willen aus den Herzen hervor!

II. Formen christlicher Selbstdarstellung 1) Präsentation des Christentums mittels paganer Kategorien Um christlichen Glaubensinhalten den Eindruck des Befremdlichen zu nehmen, bedienten sich manche Apologeten gewisser Analogien zu den paganen Mythen (Nr. 144) oder der Terminologie der Mysterienkulte (Nr. 145), da sie überzeugt waren, dass auf diese Weise eine erste Annäherung zwischen Christentum und heidnischer Vorstellungswelt ermöglicht werden könne.

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

Nr. 144 Tatian, oratio ad Graecos 21,1–3 1 Wir sind ja keine Narren, ihr Griechen, und wir reden keinen Unsinn, wenn wir verkündigen, dass Gott in Menschengestalt erschienen ist. Die ihr uns verspottet, vergleicht doch eure Mythen mit unseren Erzählungen! 2 Hektors wegen soll Athene die Gestalt des Deiphobos angenommen haben und um Admetos’ willen weidete der ungeschorene Phoibos die schleppfüßigen Rinder und als alte Frau kam zu Semele die Gattin des Zeus. Als Leute, die solche Dinge im Kopf haben, wollt ihr uns verlachen? 3 Gestorben ist euer Asklepios und der Mann1, der zu Thespiae in einer Nacht fünfzig Mädchen entjungferte, hat sich selbst den Flammen zum Fraß überliefert und ist gleichfalls dahingegangen. Prometheus wurde an den Kaukasus geschmiedet und erduldete Strafen für die Wohltat, die er den Menschen erwiesen hat. Neidisch ist Zeus eurer Auffassung nach, er verbirgt das Feuer und schickt den Traum, wenn er die Menschen verderben will. Betrachtet daher eure eigenen Legenden, akzeptiert uns, selbst unter der Voraussetzung, dass wir nur ähnliche Mythen erzählten2. Nr. 145 Clemens von Alexandrien, protrepticus 119,1; 120, 1–3 119 (1) Komm, … ich will dir den Logos zeigen und die Mysterien des Logos, und ich will sie dir erklären in Bildern, die dir vertraut sind … 120 (1) O wahrhaft heilige Mysterien!1 O unvermischtes Licht! Erleuchtet durch Fackeln, vermag ich den Himmel und Gott zu schauen, ich werde durch Einweihung heilig. Der Herr enthüllt die Mysterien; er zeichnet den Mysten durch Erleuchtung mit seinem Siegel2; er übergibt ihn, wenn er gläubig geworden ist, dem Vater, damit er für alle Zeit bewahrt bleibt. (2) Dies sind die Bakchosfeste meiner Mysterien! Wenn du willst, so lasse dich ebenfalls einweihen, und du wirst im Chor der Engel tanzen um den ungezeugten und unvergänglichen und einzig wahren Gott, und der Logos Gottes wird einstimmen in unseren Lobgesang. Also betet der ewige Jesus, der eine große Hohepriester des einen Gottes, seines Vaters, für die Menschen und ermuntert sie: „Höret, unzählbare Völker“, oder besser: So viele der Menschen vernunftbegabt sind, ob Barbaren oder Griechen; die ganze Menschheit rufe ich, der ich durch den Willen des Vaters ihr Schöpfer bin. (3) Kommt zu mir, damit ihr euren Platz unter der Ordnung des einen Gottes und des einen göttlichen Logos erhaltet; übertrefft nicht nur die vernunftlosen Tiere durch eure Vernunft, vielmehr gewähre ich euch von allen Sterblichen allein, die Frucht der Unsterblichkeit zu genießen.

II. Formen christlicher Selbstdarstellung

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2) Betonung der Gemeinsamkeiten Der Wunsch, das Christentum innerhalb eines fremden Denkhorizontes verständlich zu machen, stellte in der apologetischen Argumentation oft jene Aspekte der eigenen Religion in den Vordergrund, die auch heidnischen Vorstellungen vertraut waren. Das Christentum präsentierte sich daher zunächst als vernunftgemäßer Monotheismus, während andere spezifisch christliche Dogmen zunächst in den Hintergrund traten.

Nr. 146 Ambrosius, Expositio Evangelii secundum Lucam 6,104–105 (104) … Wir müssen, wenn irgendwelche Heiden zur Kirche berufen werden, den Gang der Unterweisungen so einrichten, dass wir zuerst darlegen, dass es einen einzigen Gott als Schöpfer der Welt und aller Dinge gibt, in dem wir leben, sind und uns bewegen, von dessen Art wir sind, und dass er von uns nicht bloß wegen der Gaben des Lichtes und des Lebens, sondern auch wegen einer gewissen Artverwandtschaft von uns geliebt werden muss. Sodann sollen wir mit jenem Aberglauben, der sich an die Götzenbilder knüpft, aufräumen, da doch das Material von Gold, Silber oder Holz keinerlei göttliche Kraft besitzen könne. Sobald man sie nun überzeugt hat, dass es nur einen einzigen Gott gibt, fährt man anhand seiner Offenbarung fort darzulegen, wie uns durch Christus das Heil geschenkt worden ist, ausgehend von jenen Taten, die er im Leib vollführte, und diese als göttliches Wirken aufzeigend, so dass er als mehr denn als bloßer Mensch erscheine; wie ferner durch des einen Kraft der Tod besiegt und der Tote vom Totenreich auferweckt wurde. Denn nur allmählich wächst der Glaube, so dass erst wenn Christus als ein übermenschliches Wesen erscheint, seine Gottheit Glauben finden wird. Wenn man also nicht zuerst beweist, dass er jene Dinge nicht ohne göttliche Kraft vollbringen konnte, wie ließe es sich dann beweisen, dass ihm göttliche Macht innewohnte? (105) Doch mangelt es uns wohl an Autorität und Glaubwürdigkeit. So lies die Rede des Apostels bei den Athenern, der die Ohren der Heiden beleidigt hätte, wenn seine Rede von Anfang an die Idolatrie hätte umstoßen wollen. Also geht er von einem einzigen Gott als Schöpfer der Welt aus, wenn er erklärt: „Der Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was in ihr ist …“ (Apg 17,24). Sie konnten nicht leugnen, dass es nur einen Schöpfer der Welt gibt, einen einzigen Gott, nur einen Schöpfer aller Dinge. Diesem fügte er hinzu, dass der Herr des Himmels und der Erde sich nicht herabließ, in Gebilden von Menschenhand zu wohnen, und dass es ferner nicht sehr wahrscheinlich

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

sei, dass sich die Kraft der Gottheit durch Menschenkunst in die nichtige Materie von Gold und Silber eingrenzen lasse, wobei er als Heilmittel dieses Irrglaubens den Bußeifer aufzeigte. Dann erst kam er zu Christus, zog es aber dennoch vor, ihn noch nicht als Gott, sondern als Mensch zu bezeichnen, indem er sprach: „Durch einen Mann, durch den er allen den Glauben bestimmt hat, indem er ihn von den Toten erweckte“ (Apg 17,31). Ein Lehrer muss nämlich die Personen seines Hörerkreises sorgfältig in Augenschein nehmen, damit er nicht ausgelacht wird, noch bevor er überhaupt gehört worden ist. Hätten die Athener denn je geglaubt, dass das Wort Fleisch geworden ist und eine Jungfrau vom Geist empfangen hat, wo sie schon lachten, als sie sie von der Auferstehung der Toten hörten? Und dennoch glaubten der Areopagite Dionysius und noch andere an den „Mann“, um zum Glauben an seine Gottheit zu gelangen. Was spielt es für eine Rolle, auf welche Weise einer zum Glauben kommt? Man kann nicht von Anfang an Vollendetes verlangen, sondern gelangt erst von diesen Anfängen ausgehend zum Vollendeten. An diese Lehrweise nun hielt sich der Apostel in seiner Unterweisung an die Athener; diese Methode müssen auch wir bei den Heiden beibehalten.

3) Gebrauch der Rhetorik und Dialektik Die Bedeutsamkeit einer rhetorisch-literarischen Ausgestaltung ihrer Werke wurde von den Apologeten kontrovers beurteilt. Einerseits gab es Vorbehalte, die die Antithese von Beredsamkeit und Wahrheit, von menschlicher Überredungskunst und Gotteskraft ausspielten (Nr. 148, 150, 483), anderseits die Überzeugung, dass die Kennntnis von Rhetorik und Dialektik im intellektuellen Disput hilfreich (Nr. 147) und die Wahrheit in einem schönen Sprachgewand noch anziehender sei (Nr. 149).

Nr. 147 Minucius Felix, Octavius 14,3–7; 16,6 (3) Deine Rede hat mich mit ihrem feinsinnigen Ausdrucksreichtum sehr angesprochen; dennoch fühle ich mich in einem tieferen Grund beunruhigt, aber nicht bloß wegen unseres gegenwärtigen Gespräches, sondern wegen der Methode überhaupt, der man in Diskussionen begegnet1. Denn häufig erscheinen durch die Geschicklichkeit der Streitenden und durch ihr rednerisches Können selbst augenscheinlichste Tatsachen in anderem Licht. (4) Bekanntlich kann dies nur infolge der großen Beeinflussbarkeit der Zuhörer geschehen, die sich durch den Zauber der Wortspiele vom eigentlichen Inhalt

II. Formen christlicher Selbstdarstellung

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der Dinge abhalten lassen. Kritiklos stimmen sie allem zu, was man ihnen sagt, und können Wahres und Falsches nicht auseinander halten. Sie bedenken einfach nicht, dass auch im Unglaublichen Wahrheit und im wahrscheinlich Klingenden Lüge enthalten sein kann. (5) Und deshalb werden sie dann auch, je öfter sie irgendwelchen Behauptungen Glauben schenken, desto häufiger von Klügeren widerlegt. Ständig durch ihre eigene Leichtgläubigkeit getäuscht, schieben diese Menschen dann die Schuld von der Person des Urteilenden weg und beklagen sich über die allgemeine Ungewissheit. Die Folge ist, dass sie alles verwerfen und lieber jedes Problem in der Schwebe lassen, als über so heikle Fragen ein Urteil zu wagen. (6) Darum müssen wir uns vorsehen, dass wir uns nicht in ähnlicher Weise von einem grundsätzlichen Widerwillen gegen jegliche Diskussion anstecken lassen, so wie sich allzu arglose Leute meist zu Verwünschungen und Widerwillen gegen ihre Mitmenschen hinreißen lassen. Denn wer unvorsichtig sein Vertrauen verschenkt, wird leicht gerade von den Menschen hintergangen, die er für gut gehalten hatte. Danach fassen sie – was genauso verkehrt ist – Misstrauen gegen alle Welt und fürchten als unehrliche Menschen auch diejenigen, die sie als durchaus rechtschaffen hätten kennen lernen können. (7) Seien wir also auch hier auf der Hut, da der Streit auf beiden Seiten mit aller Kraft geführt wird und die Wahrheit aber oft nur ganz verborgen auf der einen Seite zu finden ist, während auf der anderen eine so außerordentliche formale Gewandtheit herrscht, dass sie nicht selten durch ihren Wortschwall geradezu die Glaubwürdigkeit zuverlässiger Beweise gewinnt. Wir wollen darum Punkt für Punkt mit der größtmöglichen Sorgfalt prüfen, damit es uns gelingt, den Scharfsinn als solchen zwar zu würdigen, vor allem aber die richtigen Gedanken herauszufinden, anzuerkennen und uns zu Eigen zu machen. 16 (6) … Und außerdem: je einfacher die Rede ist, desto einleuchtender tritt ihr Sinn hervor, da er ungeschminkt und ohne den Prunk prächtiger Phrasen und gefälliger Formulierungen durch die Richtschnur der Wahrheit in seiner Einfachheit erhalten wird. Nr. 148 Cyprian, ad Donatum 2 … Bei Gerichtsverhandlungen, bei Ansprachen auf der Rednerbühne mag sich wortgewaltige Beredsamkeit mit umtriebiger Effekthascherei zur Schau stellen. Wenn hingegen von dem Herrn und von Gott die Rede ist, dann stützt sich die reine Lauterkeit der Rede für die Beweise des Glaubens nicht auf die Macht der Beredsamkeit, sondern auf Tatsachen. So vernimm denn nicht beredte, sondern gehaltvolle Worte, die nicht mit einem ausgefeilten Stil aufgeputzt sind, um die Aufmerksamkeit der Menge zu erregen, sondern in natür-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

licher und schlichter Wahrheit dazu dienen, die göttliche Gnade zu verkünden! … Nr. 149 Laktanz, divinae institutiones 3,1,1–7; 13,12 1 (1) Da man meint, die Wahrheit liegt noch im Dunkeln verborgen, entweder wegen des Irrtums und der Unkenntnis der Masse, die verschiedenen und törichten Formen des Aberglaubens huldigt, oder wegen der Philosophen, die sie durch ihre verkehrte Denkweise eher in Frage stellen als erhellen, so wünschte ich, mir würde die Redegabe zuteil werden, wenn auch nicht so, wie sie Marcus Tullius1 besaß, denn bei ihm war sie hervorragend und bewundernswert, aber doch sehr ähnlich, so dass die Wahrheit sich ebenso, wie sie aus eigener Kraft stark ist, nun auch auf die Kräfte der natürlichen Begabung gestützt, endlich einmal zeigte, sowohl die allgemein verbreiteten Irrtümer als auch die vermeintlich Weisen in der Diskussion widerlegte und der Menschheit klarstes Licht schenkte. (2) Dass dies geschehe, wollte ich aus zwei Gründen: entweder weil der schön ausgestalteten Wahrheit die Menschen mehr glauben könnten, die sogar der Lüge glauben, wenn sie vom Schmuck der Rede und der Verführung der Worte gefangen sind, oder gewiss, damit die Philosophen selber gerade durch ihre eigenen Waffen, mit denen sie sich gefallen und auf die sie zu vertrauen pflegen, von uns überwunden werden. (3) Aber da Gott es so eingerichtet hat, dass die schlichte und schmucklose Wahrheit strahlender ist, da sie durch sich selbst hinreichend geschmückt ist, aber, durch äußerlich hinzugefügten Schmuck aufgeputzt, verfälscht wird, die Lüge jedoch durch fremden Glanz Gefallen erweckt, da sie, durch sich selbst verfälscht, sich auflöst und vergeht, wenn sie nicht durch herbeigeholten Schmuck umkleidet und ansehnlich gemacht wäre, so ertrage ich es gleichmütig, dass mir nur eine durchschnittliche Begabung gewährt worden ist. (4) Ich habe aber nicht im Vertrauen auf die Beredsamkeit, sondern auf die Wahrheit dieses Werk übernommen, das vielleicht größer ist, als es meinen Kräften entspricht. Dennoch wird, auch wenn ich versagen sollte, durch Gottes Hilfe, dessen Aufgabe dies ist, die Wahrheit selbst es vollenden. (5) Denn da ich weiß, dass häufig die bedeutendsten Redner von mittelmäßigen Rechtsanwälten besiegt wurden, weil die Macht der Wahrheit so groß ist, dass sie sich selber auch in geringfügigen Angelegenheiten durch ihren eigenen Glanz verteidigt, warum sollte ich dann meinen, sie würde in der bedeutendsten Angelegenheit von jenen zwar begabten und beredten Männern, die aber doch das Falsche sagen, überwunden werden? Warum sollte sie nicht vielmehr, weniger durch unsere Rede, die recht dürftig aus einer kleinen Quelle rinnt, so doch durch ihr eigenes Licht hell und glanzvoll in Erscheinung tre-

II. Formen christlicher Selbstdarstellung

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ten? Und wenn Philosophen aufgetreten sind, die aufgrund ihrer literarischen Bildung bewundernswert waren, so will ich ihnen dennoch nicht auch das Wissen und die Erkenntnis der Wahrheit zugestehen, die niemand durch Reflexion oder Disputation erlangen kann. (7) Doch tadele ich jetzt nicht das Bemühen derer, die die Wahrheit kennen wollten, da Gott die Natur des Menschen als überaus wahrheitsbegierig erschuf, vielmehr erhebe ich in aller Deutlichkeit den Vorbehalt, dass ihre ehrenwerte und hervorragende Absicht nicht ans Ziel gekommen ist, da sie weder wussten, was das Wahre selbst sei, noch, wie oder wo oder mit welcher Einstellung es zu suchen sei. 13 (12) Obwohl ich mich bemüht habe, mir auch nur in geringem Maße die Redefähigkeit anzueignen wegen des Wunsches zu lehren, so bin ich selber doch niemals beredt gewesen, da ich ja das Forum nicht einmal betreten habe. Doch notwendigerweise muss mich die gute Sache selbst beredt machen; um diese wortgewandt und umfassend zu verteidigen, genügt die Kenntnis der Gottheit und der Wahrheit selbst.

Nr. 150 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 5,62–64 62 … Die Namen der sieben Weisen, die nach den Propheten lebten, sowie ihrer Nachfolger kennen nicht einmal die begeisterten Anhänger der griechischen Sprache. 63 Was rede ich von den heute Lebenden? Auch bei den früher Lebenden gab es über sie zahlreiche Kontroversen. Die einen zählten nämlich Periander von Korinth dazu, die anderen Epimenides von Kreta, oder Akusilaos von Argos oder Anacharsis von Skythien oder Pherekydes von Syros, während Platon Myson von Chenea dazu rechnet. 64 Auch ihre Zeitgenossen kannten diese also nicht. Matthäus hingegen, Bartholomäus, Jakobus, Mose, David, Jesaja sowie die übrigen Apostel und Propheten kennt man mit Namen so genau wie die eigenen Kinder. Jene verspotten nun aber wiederum diese Namen, weil sie barbarisch seien. Wir aber bedauern die Dummheit dieser Leute. Denn sie sehen sehr wohl, wie Menschen barbarischer Sprache die griechische Beredsamkeit besiegt haben und die schönen Mythen vollständig verbannt sind, wie die Soloezismen1 der Fischer die attischen Syllogismen vernichtet haben; anstatt zu erröten und sich zu verstecken, kämpfen sie unverschämt für den Irrtum; und dies, obwohl sie wenige sind, sich leicht zählen lassen und nicht einmal am schönen griechischen Stil teilhaben, vielmehr so viele Barbarismen2 begehen, wie sie Worte reden; sie halten es für die höchste Bildung und eine glanzvolle Sprache, wenn sie beschwörend rufen „Bei den Göttern!“ und „Bei der Sonne!“ und solche Eidesformeln über ihre Rede streuen.

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

III. Das Bemühen um Argumente 1) Der Vorwurf eines Glaubens ohne Logos Die vom Christentum erhobene Forderung des Glaubens als Heilsbedingung stand im Gegensatz zu dem antiken Ideal des Weisen, der sein Leben allein am Logos orientiert. Der biblische Glaubensappell erschien daher als provozierende Logosmissachtung (alogia). Nach den groben Diffamierungen der Christen in der ersten Zeit ihres Auftretens konzentrierte sich die pagane Kritik zunehmend auf die vermeintliche Irrationalität des christlichen Glaubens. Nr. 151 Galen, de differentiis pulsuum 2,4 Jedenfalls wäre es besser, der Behauptung über die acht Eigenschaften1 wenn schon nicht eine stringente Beweisführung, so doch zumindest eine bestätigende und ausreichende Erklärung hinzuzufügen, so dass man nicht unmittelbar am Anfang, als wenn man in die Schule von Mose und Christus eingetreten wäre, das Gerede von unbewiesenen Gesetzen hörte, insbesondere dort, wo dies völlig unpassend ist. Nr. 152 Galen, in Hippocratem de natura hominis Sie vergleichen diejenigen, die ohne wissenschaftliche Kenntnisse die Medizin praktizieren, mit Mose, der die Gesetze für den Stamm Israel machte. Es ist nämlich seine Methode in seinen Büchern zu schreiben, ohne Beweise zu bringen; er sagt einfach: „Gott gebot, Gott sprach.“

Nr. 153 Theophilus, ad Autolycum 3,4,2 Sie sagen auch, … wir hätten zum Beweis der Wahrheit, die wir vertreten und lehren, nichts vorzubringen, vielmehr sei unsere Lehre eine Naivität.

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 154 Origenes, contra Celsum 1,9; 3,44 1,9 Danach mahnt er, „bei der Annahme von Lehren der Vernunft und einem vernünftigen Führer zu folgen; denn wenn man ohne diese Maßnahme gewissen Dingen zustimme, sei Täuschung unausweichlich.“ Und zum Vergleich zieht er Leute heran, „die ohne Vernunft den Bettelpriestern der Kybele und Zeichendeutern glauben, den Verehrern des Mithras und Sabazios und was immer sonst man noch treffen kann, Erscheinungen der Hekate oder eines anderen oder sonstiger Dämonen1. Denn wie bei jenen oft nichtswürdige Menschen die Unkenntnis der Leichtgläubigen ausnutzen und sie an der Nase herumführen, gehe es“, sagt er, „ebenso auch bei den Christen zu.“ Er behauptet, „einige wollen von dem, was sie glauben, weder Rechenschaft geben noch annehmen; sie folgen dem Grundsatz ‚Prüfe nicht, sondern glaube‘ und ‚Dein Glaube wird dich retten‘. Er behauptet, sie würden sagen: ‚Die Weisheit in dieser Welt ist ein Übel, die Torheit aber ein Gut‘.“2 … 3,44 Anschließend führt Celsus dann die in völligem Widerspruch zur Lehre Jesu stehenden Äußerungen weniger vermeintlicher Christen an, nicht „der Verständigeren“, wie er meint, sondern der Unwissendsten. Er sagt: „Folgendes wird von ihnen verlangt: ‚Kein Gebildeter trete heran, kein Weiser, kein Verständiger3. Denn solche Eigenschaften sind in unseren Augen ein Übel. Wenn aber einer unwissend ist, wenn einer unvernünftig ist, wenn einer ungebildet ist, wenn einer einfältig ist, soll er ruhig kommen.‘ Indem sie nämlich solche Leute aus diesem Grund ihres Gottes für würdig erklären, geben sie zu erkennen, dass sie nur die Dummen, Primitiven, Stumpfsinnigen, nur Sklaven, Frauen und Kinder überreden wollen und können“.4

Nr. 155 Eusebius, praeparatio evangelica 1,1,11 (= Porphyrius) Diejenigen, die den Titel Christen beanspruchen, würden zu ihren Ansichten durch einen Glauben kommen, der sich nicht auf den Verstand stützt, sowie durch eine Zustimmung, die der Prüfung entbehrt. Sie behaupten weiter, niemand könne durch einen klaren Beweis eine Bestätigung des Wahrheitsgehaltes der Verheißungen erbringen. Die Anhänger hielten es für richtig, sich nur für den Glauben zu interessieren. Aufgrund dessen hätten sie auch den Namen Gläubige, wegen des unkritischen und ungeprüften Glaubens1.

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

2) Die Vernünftigkeit des Glaubensaktes Angesichts des Vorwurfs eines vernunftlosen Glaubens (alogos pistis) bemühten sich die Apologeten, den Glaubensakt mit Kategorien der zeitgenössischen Erkenntnistheorie zu erläutern (Nr. 156), seine Bedeutung auch im Vollzug des Philosophierens nachzuweisen (Nr. 157–161) und seine Unabdingbarkeit in der Praxis des täglichen Lebens aufzuzeigen (Nr. 157–159, 161).

Nr. 156 Clemens von Alexandrien, stromateis 2,8,4–9,6; 13,2–14,3; 16,1–17,1; 24,3; 27,4–28–1 2,8 (4) Der Glaube aber, den die Griechen schlecht machen, da sie ihn für unbegründet und barbarisch halten, ist eine Vorwegnahme aus freiem Entschluss, eine Zustimmung1 der Religiosität, „ein zuversichtliches Vertrauen auf das, was man erhofft, ein festes Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“, nach den Worten des göttlichen Apostels (Hebr 11,1). Insbesondere „durch einen solchen Glauben haben sich die Alten ein gutes Zeugnis erworben; ohne Glaube aber ist es unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr 11,2.6). 9 (1) Andere aber definierten den Glauben als eine einigende Zustimmung zu einer unsichtbaren Sache, wie etwa der Beweis die evidente Anerkennung einer bis dahin nicht gewussten Sache ist. (2) Wenn nun der Glaube eine Wahlentscheidung ist, das heißt eine Art des Strebens, so handelt es sich hier um ein reflektiertes Streben. Da aber die Wahlentscheidung Ausgang des Handelns ist, so erweist sich der Glaube auch als Ausgang des Handelns, als dessen Grundlegung durch eine vernünftige Wahl, indem man sich durch den Glauben schon im voraus den Beweis verschafft2. (3) Freiwillig dem Nützlichen folgen, ist Anfang der Einsicht. Einen großen Einfluss auf das Erlangen der Erkenntnis hat jedenfalls eine unerschütterliche Wahlentscheidung. So wird die Übung des Glaubens zu einem auf fester Grundlage aufgebauten Wissen. (4) Was nun das Wissen betrifft, so definieren es die Schüler der Philosophen als einen Zustand, der von Vernunftgründen nicht erschüttert werden kann. Gibt es nun eine andere derart wahrhafte Verfassung als die der Religiosität, deren einziger Lehrer der Logos ist? Ich für meinen Teil glaube es nicht. (5) Theophrast (frg. 13) aber sagt, die Sinneswahrnehmung sei der Ausgang des Glaubens; denn von ihr gehen die ersten Wirkungen auf unsere Vernunft und Überlegung aus3. (6) Wer also den göttlichen Schriften glaubt, hat einen unumstößlichen Maßstab für sein Urteil und erhält als unwiderleglichen Beweis die Stimme Gottes, der die Schriften gegeben hat. Der Glaube ist also nicht mehr etwas, das durch einen Beweis gestützt wird. „Selig sind also, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh 20,29).

III. Das Bemühen um Argumente

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13 (2) Da es nun vier Dinge gibt, worin sich die Wahrheit zeigen kann, die Sinneswahrnehmung, das Denken, das Wissen, die Meinung4, so ist von Natur aus das Erste das Denken, für uns und mit Beziehung auf uns ist es die Sinneswahrnehmung; aus der Sinneswahrnehmung und dem Denken entsteht das Wesen des Wissens; dem Denken und der Sinneswahrnehmung gemeinsam ist die Evidenz. (3) Aber die sinnliche Wahrnehmung ist eine Vorstufe zum Wissen; der Glaube dagegen, der durch die sinnlich wahrnehmbaren Dinge seinen Weg nimmt, lässt das Meinen hinter sich und schreitet rasch zum dem Untrüglichen voran und bleibt schließlich bei der Wahrheit stehen. (4) Wenn aber jemand behauptet, das Wissen lasse sich mit der Vernunft beweisen, so soll er sich sagen lassen, dass die Prinzipien unbeweisbar sind5; denn sie sind weder der Kunst noch dem Verstand erkennbar. Denn dieser hat es nur mit dem zu tun, was sich auch anders verhalten könnte, jene aber ist nur fähig, etwas zu machen, nicht auch fähig, etwas wissenschaftlich zu betrachten. 14 (1) Es ist also allein durch den Glauben möglich, zu dem Uranfang aller Dinge zu gelangen. Denn jedes Wissen ist lehrbar; alles Lehrbare aber beruht auf vorher Bekanntem. (2) Der Uranfang aller Dinge aber war den Griechen nicht vorher bekannt, weder dem Thales, der im Wasser den ersten Urstoff sah, noch den übrigen Naturphilosophen der Reihe nach. Denn wenn auch Anaxagoras als Erster den Geist an die Spitze aller Dinge stellte, so sah auch er nicht das alles bewirkende Prinzip, da er das Bild von gewissen, vernunftlosen Wirbeln vor die Augen malte, in Verbindung mit der Untätigkeit und Geistlosigkeit des Geistes6. (3) Deshalb sagt auch das Schriftwort: „Ihr sollt auf der Erde niemand euren Lehrer nennen!“ (Mt 23,8). Denn das Wissen ist ein Verhalten, das mit Beweisen vorgeht; der Glaube dagegen ist ein Gnadengeschenk, das aus Unbeweisbarem zum Allgemeinen das Einfache emporführt, das weder mit Stoff verbunden noch selbst Stoff noch vom Stoff abhängig ist7. 16 (1) Fälschlich gibt sich als Glaube die Vermutung aus, die nur eine schwache Annahme ist, ähnlich wie sich der Schmeichler als Freund und der Wolf als Hund ausgibt. Da wir aber sehen, dass der Zimmermann nur dadurch, dass er etwas lernt, Meister in seinem Fach wird, und der Steuermann erst, wenn er in seinem Beruf ausgebildet ist, das Schiff wird steuern können, wobei er sich sagt, dass der Wille allein, gut und tüchtig zu werden, nicht genügt, so ist es in der Tat notwendig, dass man gehorcht und lernt8. (2) Wenn man aber dem Logos gehorcht, den wir als unseren Lehrer anerkannt haben, so bedeutet das, dass man ihm selbst Glauben schenkt und sich ihm in keiner Weise widersetzt. Wie sollte es denn auch möglich sein, sich gegen Gott aufzulehnen? Die Erkenntnis wird also gläubig und der Glaube erkennend durch eine Art göttlicher Wechselwirkung. (3) Indessen hält auch Epikur, der vor

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

allem die Lust höher einschätzte als die Wahrheit, den Glauben für ein geistiges Vorverständnis; das Vorverständnis definiert er aber als die auf etwas Evidentes und auf den evidenten Begriff eines Gegenstandes gerichtete Aufmerksamkeit9; niemand aber könne weder untersuchen noch Fragen aufwerfen noch gar eine Meinung aufstellen, aber auch nicht etwas widerlegen ohne ein Vorverständnis. 17 (1) Wie könnte jemand, der kein Vorverständnis von dem hat, wonach er strebt, das lernen, was er erforschen will? Wenn er es aber gelernt hat, dann macht er aus dem Vorverständnis ein sicheres Erfassen10. 24 (3) Es wäre auch ungereimt, wenn zwar die Anhänger des Pythagoras von Samos bei ihren Untersuchungen Beweise ablehnen und das Wort „Er selbst hat es gesagt“ für eine Beglaubigung halten11 und sich an diesem einzigen Wort für die Bestätigung dessen, was sie gehört haben, genügen lassen, dagegen diejenigen, „die die Wahrheit zu schauen bestrebt sind“ (Plat., resp. 475e), es wagen sollten, dem glaubwürdigen Lehrer, dem alleinigen Erlöser-Gott den Glauben zu versagen und von ihm Beweise für das Gesagte zu fordern. 27 (4) Wenn nun Glauben ein Vermuten ist, wie können dann die Philosophen ihre Thesen für gewiss halten? Denn die freiwillige Zustimmung, bevor ein Beweis vorhanden ist, ist kein Vermuten, sondern die Zustimmung zu etwas Starkem. 28 (1) Wer sollte aber mächtiger als Gott sein? Der Unglaube dagegen ist die schwache und negative Vermutung zugunsten des Gegenteils, so wie die Schwergläubigkeit ein Verhalten ist, das nur schwer den Glauben annimmt. Und der Glaube ist ein freiwilliges Vermuten und ein verständiges Vorwegnehmen vor dem sicheren Erfassen, ist aber die Erwartung von dessen Eintreten. Während in den anderen Fällen die Erwartung die Meinung von etwas Unsicherem ist, so ist die Zuversicht die feste Annahme irgendeiner Sache. Nr. 157 Origenes, contra Celsum 1,9–11; 3,24 1,9 … Er behauptet, sie würden sagen: „Die Weisheit in dieser Welt ist ein Übel, die Torheit aber ein Gut.“ Darauf ist zu antworten: Wenn es möglich wäre, dass sich alle von den Aufgaben des Lebens freimachten und Zeit zum Philosophieren hätten, so dürfte niemand einen anderen Weg einschlagen als diesen allein. Im Christentum wird sich nämlich, um nicht vermessen zu reden, keine geringere Prüfung der Glaubensinhalte sowie Erklärung der dunklen Stellen bei den Propheten, der Gleichnisse in den Evangelien und tausend anderer Ereignisse oder Weisungen mit symbolischer Bedeutung finden lassen. Wenn dies aber nicht möglich ist, da sich, teils wegen der Not-

III. Das Bemühen um Argumente

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wendigkeiten des Lebens, teils wegen der Schwäche der Menschen, nur ganz wenige zu geistiger Tätigkeit aufschwingen, welche geeignetere Methode ließe sich sonst finden, um der großen Menge zu helfen, als diejenige, die Jesus den Völkern vermittelt hat? Hinsichtlich der Menge der Gläubigen, die der großen Flut des Lasters, in der sie sich früher wälzten, entkommen sind1, fragen wir, was besser für sie ist: Zwar unreflektiert zu glauben, aber ihr sittliches Leben in irgendeiner Weise geordnet und Hilfe aus dem Glauben an die Bestrafung der Sünden und die Belohnung der guten Werke erfahren zu haben; oder: ihre mit schlichtem Glauben verbundene Bekehrung solange nicht zu akzeptieren, bis sie sich einer Prüfung der Lehren widmen können? Offensichtlich wird dann die Gesamtheit, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht die Hilfe erhalten, die sie aus dem schlichten Glauben erhielt. Vielmehr wird sie in einem überaus lasterhaften Leben verharren. Wenn es nun irgendeinen anderen Beweis dafür gibt, dass die Menschenliebe des Logos nicht ohne göttliche Absicht in das Leben der Menschen eingetreten ist, dann muss man auch dieses dazurechnen. 1,10 Da sie nun über den Glauben herziehen, muss man antworten: Wir lassen ihn gelten, insofern er für die große Menge nützlich ist, und räumen ein, auch unreflektiertes Glauben diejenigen zu lehren, die nicht alles aufgeben und sich einer Prüfung der Lehre widmen können. Jene hingegen räumen dieses zwar nicht ein, tun jedoch praktisch dasselbe. Wer sich nämlich der Philosophie zugewandt und irgendeiner Philosophenschule in die Arme geworfen hat, entweder wahllos oder weil er einem bestimmten Lehrer begegnete, kommt er aus einem anderen Grund dazu als durch den Glauben, dass jene Schule die bessere sei?2 Er wartet nicht, bis er die Lehren aller Philosophen und der verschiedenen Schulen und die Widerlegung der einen und die Begründung der anderen gehört hat, um erst dann die Wahl zu treffen, ob er Stoiker oder Platoniker oder Peripatetiker oder Epikureer oder Anhänger irgendeiner anderen philosophischen Schule sein will. Es geschieht vielmehr durch einen unreflektierten Impuls, auch wenn sie es nicht zugeben wollen, dass sie beispielsweise die stoische Lehre praktizieren und die übrigen beiseite lassen, oder die platonische, weil sie die anderen als zu unbedeutend geringschätzen, oder die peripatetische, weil diese den menschlichen Bedürfnissen am besten entspricht und mehr als die übrigen Schulen die Güte des menschlichen Lebens einsichtsvoll anerkennt. Die erste Konfrontation mit dem, was auf Erden schlechten und anständigen Menschen widerfährt, verunsichert einige im Blick auf die Vorsehungslehre so sehr, dass sie voreilig der Ansicht zustimmen, es gebe überhaupt keine Vorsehung, und sich dann für die Lehre der Epikureer und des Celsus entscheiden. 11 Wenn man also, wie die Argumentation lehrte, irgendeinem der Schulgründer bei den Griechen oder Barbaren glauben muß, warum sollte man dann nicht noch mehr

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

dem über allem waltenden Gott glauben und dem, der lehrt, dass man diesen allein verehren, alles übrige aber unbeachtet lassen müsse, da es entweder nicht existiert oder zwar existiert und Achtung verdient, nicht aber Anbetung und Verehrung. 11 Wer nicht nur glaubt, sondern auch mit der Vernunft diese Fragen betrachtet, wird hierzu die Beweise anführen, die ihm eingefallen sind und sich durch eingehendes Forschen finden ließen. Da nun alle menschlichen Angelegenheiten auf Glauben beruhen, ist es da nicht vernünftiger, Gott eher zu glauben als ihnen? Wer fährt denn aufs Meer, heiratet, zeugt Kinder oder streut Saat auf die Erde, ohne an einen guten Ausgang zu glauben, obwohl auch das Gegenteil eintreten kann und bisweilen tatsächlich eintritt?3 Dennoch lässt der Glaube an einen guten und wunschgemäßen Ausgang alle Menschen selbst Dinge wagen, die ungewiss sind oder sich auch ganz anders ergeben können. Wenn aber bei jedem Unternehmen mit ungewissem Ausgang die Hoffnung und der Glaube an eine bessere Zukunft das Leben tragen, wird sich dieser Glaube nicht mit noch besseren Gründen von dem akzeptieren lassen, der mehr als der See, die man befährt, und der Erde, die man besät, und der Frau, die man heiratet, und den übrigen menschlichen Angelegenheiten dem Gott glaubt, der all dies erschaffen hat, und dem, der mit überaus kühnem Denken und göttlicher Seelengröße es wagte, diese Lehre den Bewohnern der ganzen Erde kundzutun und dabei große Gefahren sowie einen als ehrlos geltenden Tod für die Menschen auf sich nahm? … 3,24 Und wieder, wenn es von Asklepios heißt, dass „eine große Anzahl von Menschen, Griechen und Barbaren, bekennt, ihn häufig gesehen zu haben und noch zu sehen, nicht als ein Phantom, sondern ihn selbst, wie er heilt, Wohltaten wirkt und die Zukunft voraussagt“, so fordert Celsus, dass wir dies glauben, und macht denen, die an Jesus glauben, keinen Vorwurf, wenn wir diesen Dingen Glauben schenken wollen. Wenn wir aber den Jüngern Jesu, den Augenzeugen seiner Wunder, die die Aufrichtigkeit ihrer Überzeugung deutlich bekundet haben, zustimmen, da wir ihre lautere Gesinnung sehen, soweit man aus Schriften eine Überzeugung erkennen kann, werden wir von Celsus als naive Leute bezeichnet. Er ist indessen nicht in der Lage, die unsagbar große Menschenmenge, wie er sagt, von Griechen und Barbaren nachzuweisen, die sich zu Asklepios bekennen. Wenn er dieses für bedeutsam hält, so können wir eine unsagbar große Menge von Griechen und Barbaren deutlich vorweisen, die sich zu Jesus bekennen.

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 158 Arnobius, adversus nationes 2,4.8–11 4 … Ihr sagt: „Wir glauben nicht, dass das, was Christus sagt, wahr ist.“ – Wie solltet ihr auch? Wie kann das, dessen Wahrheit ihr leugnet, euch einleuchten, da Künftiges und noch Ungeschehenes durch keinerlei Gründe widerlegt werden kann? – „Aber er beweist auch nicht, was er verheißt!“ – So ist es; es kann nämlich, wie gesagt, für Zukünftiges keine Bestätigung geben. Da das Zukünftige von solcher Art ist, dass es nicht im Voraus erfasst und begriffen werden kann, ist es da nicht vernünftiger, von zwei unsicheren Dingen, deren Ausgang ungewiss in der Schwebe ist, eher das zu glauben, was irgendwelche Hoffnungen gewährt, als das, was überhaupt keine Hoffnungen vermittelt? Im ersten Fall besteht nämlich keine Gefahr, wenn das Künftige sich als unzutreffend und nichtig erweist; im zweiten Fall kommt es zum größten Schaden, das heißt zum Heilsverlust, wenn sich zu einer bestimmten Zeit herausstellt, dass es keine Lüge gewesen ist1. 8 Weil ihr gewöhnlich unseren Glauben verlacht und über die Leichtgläubigkeit selbst mit lächerlichen Witzen herfallt, so antwortet, ihr vornehmen Herren, reich gesättigt vom Trank der reinsten Weisheit, ob es im Leben irgendeine Art von Beschäftigung gibt, die man beginnt, ohne dass der Glaube vorausginge? Ihr geht auf Reisen zu Land und auf dem Meer: glaubt ihr nicht, dass ihr nach Erledigung eurer Angelegenheiten nach Hause zurückkehren werdet? Den Acker bearbeitet ihr mit dem Eisen und besät ihn mit verschiedenartigen Samen: glaubt ihr nicht, dass ihr zur rechten Zeit die Ernte einbringen werdet? Ihr schließt Ehebündnisse: glaubt ihr nicht, dass sie rein und von verpflichtender Kraft für die Partner sein werden? Ihr erzeugt Kinder: glaubt ihr nicht, dass sie gesund bleiben und durch die Stufen des Lebens ein hohes Alter erreichen werden? Eure leiblichen Gebrechen vertraut ihr den Ärzten an: glaubt ihr nicht, dass man Schmerzen lindern kann und die Krankheiten nachlassen werden? Ihr führt Kriege mit euren Feinden: glaubt ihr nicht, dass die Folge eurer Kämpfe der Sieg sein wird? Den Göttern erweist ihr Ehre: glaubt ihr nicht, dass sie gnädig eure Bitten erhören werden? 9 Was ihr über die Dinge, die der menschlichen Erkenntnis entzogen sind, selber schreibt, was ihr darüber lest, habt ihr es mit eigenen Augen gesehen und mit den eigenen Händen berührt? Glaubt nicht jeder von euch diesem oder jenem Autor? Beruht nicht die Überzeugung, dass der andere die Wahrheit sagt, auf dem Fundament des Glaubens? Wer behauptet, dass der Urstoff aller Dinge das Feuer oder das Wasser ist, glaubt er dann nicht Thales oder Heraklit? Wer in der Zahl die Ursache erblickt, glaubt er dann nicht Pythagoras aus Samos oder Archytas? Wer die Seele aufteilt und körperlose Formen annimmt, glaubt er nicht Platon, dem Schüler des Sokrates? Wer den Grund-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

ursachen ein fünftes Element hinzufügt, glaubt der nicht dem Aristoteles, dem Vater der Peripatetiker? Wer der Welt mit Feuer und Verbrennung droht, wenn die Zeit gekommen ist, glaubt er nicht Panaitios, Chrysipp und Zenon? Wer die Welt aus Atomen zusammensetzt und in diese wieder zerfallen lässt, glaubt er nicht Epikur, Demokrit und Metrodorus? Wer behauptet, dass der Mensch nichts erkennt, sondern alles in tiefes Dunkel gehüllt ist, glaubt er nicht Arkesilaos und Karneades oder schließlich einem Anhänger der alten oder neuen Akademie? 10 Was endlich die Begründer und Väter der genannten Schulen angeht, beruhen nicht ihre eigenen Behauptungen auf dem Glauben an ihre Vermutungen? Sah denn Heraklit die Entstehung der Dinge infolge des Feuers, Thales infolge der Verdichtung des Wassers? Sah Pythagoras die Zahlen als Fundament der Dinge, erblickte Platon stofflose Formen und Demokrit den Zusammenprall der Atome? Oder diejenigen, die behaupten, überhaupt nichts lasse sich erfassen, wissen sie, ob es wahr ist, was sie da sagen, so dass sie sicher sein können, dass ihre Definition der Wahrheit entspricht? Da ihr nun nichts Sicheres und mit Gewissheit Erkanntes besitzt und alles, worüber ihr in tausend Büchern schreibt, einem allgemeinen Glauben folgend behauptet, wie ungerecht ist da euer Urteil, dass ihr unseren Glauben verspottet, mit dem auch ihr, wie ihr seht, etwas Gemeinsames habt! Ihr glaubt weisen Menschen, die in allen Zweigen der Wissenschaft gebildet sind? Das heißt doch Skeptikern, die kein sicheres Urteil abgeben und zur Verteidigung ihrer Anschauungen mit ihren Gegnern Krieg führen und unerbittlich auf Leben und Tod kämpfen. Dies sind Menschen, die einander ihre Anschauungen untergraben, zerstören und umstoßen, die alles unsicher machen und durch diesen Streit bewiesen haben, dass man nichts wissen könne. 11 Doch angenommen, dies sei kein Einwand und Hindernis, dass ihr ihnen glauben und auf sie hören müsst. Aber warum habt ihr in dieser Hinsicht mehr Recht als wir? Ihr glaubt Platon, Cronius, Numenius2 oder wem es euch gefällt, wir aber glauben Christus und stimmen ihm zu. Welch eine Ungerechtigkeit, wenn beide Seiten sich auf Autoritäten stützen und ihre gemeinsame Basis der Glaube ist, dass ihr verlangt, man müsse euch zugestehen, das von ihnen Gesagte zu akzeptieren, hingegen nicht wollt, dass wir Christi Lehren hören und beachten. Wenn wir nun die einen und die anderen Voraussetzungen vergleichen, können wir eher darlegen, warum wir Christus gefolgt sind, als ihr es bezüglich der Philosophen könnt. Uns haben nämlich folgende Dinge zu ihm geführt: seine herrlichen Werke, die gewaltige Kraft, die er durch verschiedene Wunder offenbarte, die fähig waren, in jedem die Glaubensbereitschaft und das gläubige Urteil zu erwecken, dass dies alles nicht infolge menschlicher Stärke geschehen ist, sondern mit Hilfe verborgener, göttlicher Kraft. Welchen Wundern der Philosophen seid ihr gefolgt, so dass

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ihr mehr ihnen als Christus glauben musstet? Gab es auch nur einen unter ihnen, der mit einem Wort, mit einem Gebot – ich sage nicht: die Stürme des Meeres oder die Wut der Wogen besänftigte, den Blinden das Augenlicht wiedergab oder die von Geburt Blinden sehend machte, Tote zum Leben erweckte, oder von langjährigen Leiden befreite, sondern, was noch die einfachste Sache ist, wenigstens Geschwüre und Aussatz zu heilen oder die Haut vom Dorn zu befreien vermochte? Wir wollen ihnen dadurch nicht lobenswerte sittliche Integrität oder Bildung in allen möglichen Zweigen der Wissenschaft absprechen; es ist uns nämlich bekannt, dass sie die Sprache glänzend beherrschen und ihre Reden glatt dahin fließen, dass sie mit Scharfsinn logische Schlüsse ziehen und folgerichtig Induktionsbeweise aufbauen, sich in Definitionen und Unterteilungen auskennen, viel über die Gattungen der Zahlen, über die Musik dozieren und die Geometrie mit Lehrsätzen und Vorschriften zu erläutern verstehen. Aber was tut das zur Sache? Garantieren Enthymeme, Syllogismen und ähnliche Dinge, dass sie die Wahrheit kennen? Verdienen sie es deshalb, dass man ihnen in verworrenen Fragen unbedingten Glauben schenken muss? Der Wert einer Person hängt nicht von ihrer Beredsamkeit ab, sondern von der Bedeutsamkeit ihrer Taten.

Nr. 159 Eusebius, praeparatio evangelica 1,5,2–9 (2) … Die fähig sind, logischen Beweisführungen zu folgen, ermuntern und ermahnen wir, sich um Einsicht zu bemühen, die Beweisführungen für unsere Lehren in reflektierterer Weise aufzunehmen und „bereit zu sein, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von uns einen vernünftigen Grund für die Hoffnung fordert, die uns erfüllt“ (1 Petr 3,15). (3) Nun sind aber nicht alle von dieser Art; da der Logos menschenfreundlich ist und niemanden in irgendeiner Form zurückweist, sondern jeden Menschen mit entsprechenden Arzneien heilt und Leute ohne Wissen und Bildung zu einer Therapie ihres Lebenswandels ermuntert, ist es angemessen, wenn wir in einer ersten Einführung die allzu unwissenden Anfänger, Frauen, Kinder und die Schar der zur breiten Masse Gehörenden an die Hand nehmen und zu einem religiösen Leben führen und den heilsamen Glauben als Arznei verwenden, indem wir ihnen die richtigen Ansichten über die göttliche Vorsehung, die Unsterblichkeit der Seele und die Vollkommenheit des Lebens einflößen. (4) Sehen wir nicht, wie auch diejenigen, die sachkundig körperliche Krankheiten heilen, sich durch lange Praxis und Ausbildung die Grundlagen der Heilkunst angeeignet haben und alles mit Vernunftüberlegungen behandeln, während diejenigen, die sich zu ihnen in Behandlung begeben, sich dem Glauben und der

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

Hoffnung auf Besserung überlassen und keinerlei genauere Kenntnis der wissenschaftlichen Theorien besitzen, sondern sich allein an die heilsame Hoffnung und den Glauben klammern? (5) Und der Beste unter den Ärzten tritt auf den Plan und schreibt wie ein Herrscher und Gebieter kompetent vor, was man vermeiden muss und was man nützlicherweise tun soll; der Patient aber gehorcht ihm wie einem König und Gesetzgeber im Glauben daran, dass ihm die Vorschriften nutzen werden. (6) Ebenso nehmen auch Schüler von ihren Lehrern Unterweisungen an, da sie glauben, dass diese Kenntnis gut für sie sein wird; ja gewiss, niemand würde sich der Philosophie widmen, wenn er nicht zuvor glaubte, das, was sie verspricht, werde ihm nutzen. Der eine wählte spontan den Epikurismus, ein anderer erstrebte die kynische Lebensweise, wieder ein anderer philosophiert nach der Art Platons, ein anderer nach der Art des Aristoteles, noch ein anderer schließlich zieht die stoischen Lehren allem vor. Hoffnung auf Verbesserung und Glaube waren es, aufgrund derer ein jeder sich für das entschied, was er für nutzbringend hielt. (7) Ebenso wandten sich die Menschen den mittleren Künsten zu, und einige dem Leben eines Soldaten, andere dem Leben eines Händlers, da sie wiederum zuvor im Glauben angenommen hatten, diese Beschäftigung werde ihnen einen Lebensunterhalt gewähren. Auch bei Vermählungen haben die ersten Zusammenkünfte und die gemeinsam geteilte Hoffnung auf Kindererzeugung ihren Ursprung im zuversichtlichen Glauben. (8) Und segelt wiederum jemand in eine unbekannte Gegend, dann stützt er sich zuvor auf keinen anderen Rettungsanker als allein auf den Glauben und die zuversichtliche Hoffnung. Und wieder ein anderer treibt Ackerbau, hat die Saat in die Erde gestreut, sich niedergesetzt, um den Wandel der Jahreszeit abzuwarten, da er glaubt, dass die Saat, die in der Erde vergangen ist und von Regenfluten bedeckt wurde, wie von den Toten neu wieder aufleben werde. Und wer sich für eine weite Reise rüstet, die ihn aus der Heimat in die Fremde führt, nimmt wiederum die Hoffnung und den Glauben als gute Führer mit sich. (9) Was lässt sich also daraus anderes ersehen, als dass das ganze menschliche Leben auf diesen beiden Dingen beruht, nämlich auf Hoffnung und Glaube? Warum wundert man sich daher, wenn auch die höheren Wahrheiten, die sich auf die Seele beziehen, den einen durch den Glauben vermittelt werden, die nicht die Muße haben, auf mehr rationale Weise detailliert unterwiesen zu werden, während die anderen in die Überlegungen selbst eintreten und die Beweisführungen für die dargestellten Inhalte kennen lernen können?

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 160 Gregor von Nazianz, oratio 4,102 Julian wendet ein: „Nur uns gehört die Literatur und die griechische Sprache, denen auch die Verehrung der Götter gehört1. Euch dagegen gehört Unvernunft und Primitivität; eure Weisheit geht nicht über den Grundsatz hinaus: sei gläubig!“ Diejenigen, die unter euch der pythagoreischen Philosophie anhängen, würden wohl darüber nicht lachen. Denn ihr erstes und wichtigstes Dogma ist: „Er selbst hat es gesagt.“2 Diese Worte gelten ihnen mehr als die „Verse aus Gold“3, oder besser aus Blei. Den in die Philosophie des Pythagoras Eingeweihten wurde, nachdem sie zuerst das viel gepriesene Silentium beobachtet hatten, um sich durch das Schweigen im mäßigen Gebrauch des Wortes zu üben, vorgeschrieben, dass sie, wenn sie über irgendeinen Punkt der Lehre befragt und nach ihrer Antwort um eine Begründung gebeten würden, nur das Eine antworten, dass es Pythagoras so richtig scheine. Was seine Ansicht sei, das sei die Begründung der Lehre, die man ohne Rechenschaft und Prüfung anzunehmen habe. Mit anderen Silben und anderen Worten wird durch die Erklärung: „Er selbst hat es gesagt“ das gleiche ausgedrückt wie durch unsere Formel „Glaube!“, mögt ihr euch auch darüber lustig machen und darüber spotten. Für uns besagt die Formel, dass wir den Worten der von Gott inspirierten Männer nicht misstrauen dürfen, dass vielmehr ihre Glaubwürdigkeit die Wahrheit ihrer Lehre garantiert, und zwar besser als jede Argumentation pro und contra. Nr. 161 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 1,54–84.90–110.114–116 54 Wenn ihr den Begriff des Glaubens selbst angreift – ich hörte euch nämlich sagen, dass wir keinen Beweis für unsere Lehren bringen, sondern unsere Schüler auffordern, ausschließlich zu glauben –, dann verleumdet ihr geradezu unsere Lehre. Denn in Wirklichkeit fügen wir zu unseren Worten das Zeugnis der Tatsachen selbst hinzu. Einmal mehr seid ihr, wie das Sprichwort sagt, von euren eigenen Federn verwundet!1 55 Denn jener berühmte Pythagoras, der Sohn des Mnesarchos, Schüler des Pherekydes, Gründer der italichen Sekte, gab seinen Schülern als Regel, für fünf Jahre Schweigen zu wahren und allein seinem Wort Gehör zu schenken, um die Aussagen ohne Widerspruch und Diskussion zu akzeptieren, im Glauben, dass es sich so verhalte, ohne, als hätten sie Zweifel, mehr darüber wissen zu wollen. 56 Daher pflegten auch dessen Anhänger, wenn jemand einen Beweis für ihre Behauptungen verlangte, zu antworten: „Er selbst hat es gesagt“; sie waren der Mei-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

nung und forderten diese Haltung auch von anderen, dass das Wort des Pythagoras gewichtiger sei als jeder Beweis. 57 Wenn diejenigen, die sprachen oder die zuhörten, meinten, um zu glauben genüge es, dass es sich um Ansichten und Lehren des Pythagoras handele, wer wäre dann so naiv, besser gesagt so verblendet, dass er, wenn der Gott des Universums lehrt, darüber Zweifel hätte, den Äußerungen nicht glaubte und dem Gott des Universums nicht so viel Verehrung entgegenbrächte, wie sie dem Pythagoras die Anhänger seiner Lehre erweisen? 58 Ist es nicht eigensinnig, meine lieben Freude, während Platon fordert, sogar den Dichtern zu glauben, dass ihr über uns unwillig seid, da es doch der lehrende Gott ist, dem zu glauben wir auffordern? 59 Oder sind dies nicht die Worte Platons: „Bezüglich der übrigen Dämonen aber den Ursprung zu schildern und zu kennen übersteigt unsere Fähigkeiten. Man muss denen glauben, die darüber vor uns gesprochen haben. Als Abkömmlinge der Götter, wie sie sagten, mussten sie wohl ihre Vorfahren gut kennen. Unmöglich also kann man den Götterkindern nicht glauben, selbst wenn sie ohne wahrscheinliche und zwingende Beweise reden. Da sie aber beanspruchen, ihre eigenen Angelegenheiten zur Sprache zu bringen, muss man dem Herkommen folgen und glauben.“ 60 Dies hat Platon im Timaios (40d–e) über die Dichter gesagt und vorgeschrieben, Homer, Hesiod und den anderen Dichtern, die Mythen verfassten, zu glauben2, und er scheute sich nicht zu sagen, dass sie ohne wahrscheinliche und zwingende Beweise reden. Und dies, obwohl er an anderer Stelle ihre Äußerungen lächerlich macht, wie wir andernorts deutlich zeigen werden. 61 Wenn schon Platon empfiehlt, den Mythendichtern, die dieses Geschwätz vortragen, und denen, die die schändlichsten Mythen gestalten, zu glauben, und von ihnen nicht den geringsten Beweis fordert, wie viel religiöser und gerechter ist es dann, den inspirierten Aposteln und Propheten zu glauben, die nichts Schändliches, nichts Mythisches, nichts Unglaubhaftes sagen, vielmehr alles so lehren, dass es Gott angemessen, überaus heilig und heilbringend ist! 62 Dass aber auch diejenigen, die den Ansichten der Philosophen gefolgt sind, sich vom Glauben leiten ließen, wobei die einen den Auffassungen dieser, die anderen den Auffassungen jener sich anschlossen, ließe sich leicht erkennen, wenn man die Unterschiede der Lehren untersucht hat. 63 Die einen bezeichneten nämlich die Seele als unsterblich, die anderen als sterblich, wieder andere definierten sie als etwas Zusammengesetztes, wobei nach ihrer Aussage der eine Teil sterblich, der andere unsterblich sei. Was die sichtbaren Dinge angeht, so sind sie für die einen ungeschaffen, für die anderen geschaffen, für die einen bestehen sie aus der Erde, für die anderen aus der Materie, für wieder andere aus Atomen. 64 Für einige ist das All beseelt, für andere unbeseelt. Doch obwohl sie sich widersprechen, fanden doch die

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einen wie die anderen Menschen, die ihren Aussagen glaubten. Von letzteren hätten nicht die einen diese, die anderen jene Lehre für richtig gehalten, wenn sie nicht ein gewisser Glaube bewogen hätte, die Aussagen zu akzeptieren. 65 Daher hat Platons Sokrates im Gorgias (524a–b), nachdem er vieles über die Bestraften im Hades gesagt hatte, indes auch über die als Glückselige Bezeichneten hinzugefügt: „Dies ist es, Kallikles, was ich gehört habe, und ich glaube, dass es wahr ist.“ 66 Nun handelte es sich aber weder um offenkundige noch um sichtbare Dinge, sondern um solche, die den meisten Menschen verborgen sind und von wenigen anerkannt werden. Aber dennoch sagte er, dass er glaube, es sei wahr, und weder bot er selbst einen Beweis für seinen Glauben noch forderten seine Hörer einen solchen. 67 Ja, im ersten Buch seiner „Gesetze“ (634d) sicherte Platon die Begründung für den Glauben mit folgenden Worten: „Bei euch ist die Gesamtheit der Gesetze gut verfasst, aber eines der schönsten ist wohl das, welches alle jungen Leute daran hindert zu erforschen, welches von ihnen gut oder schlecht ist, damit alle mit einer Stimme und aus einem Mund einhellig bekennen, dass sich alles richtig verhält.“ 68 Auch in diesem Abschnitt gestattet Platon also nicht, viel herumzuforschen, vielmehr will er, dass die Einrichtungen gläubig akzeptiert werden, ohne dass man erkunden wolle, ob sie gut oder schlecht seien. 69 Auch Theognis, der Dichter aus Sizilien, verkündet die lebenswichtige Kraft des Glaubens und sagt: „Ein Mann voll Glaubens, Kyrnos, ist es wert, mit Gold und Silber aufgewogen zu werden zur Zeit der schlimmen Zwietracht“ (77 f.)3. Wenn der Mensch, der in der Aufruhr voll Glaubens bleibt, seiner Aussage nach mehr wert ist als Gold und Silber, womit könnte man dann denjenigen vergleichen, der ohne Schwanken den göttlichen Unterweisungen glaubt? 70 Mir scheint aber, dass auf die Kritiker eurer Art ohne weiteres das Wort des Heraklit von Ephesus (frg. 34)4 passt: „Sie verstehen es nicht, auch wenn sie es vernommen; so gleichen sie Tauben. Ihnen bezeugt es der Ausspruch: Anwesend sind sie doch abwesend.“ 71 Übereinstimmend mit dem Mann aus Ephesus sagt Empedokles aus Agrigent (frg. 4)5 folgendes: „Freilich Niedrigen liegt es nur zu sehr am Herzen, Machtvollen zu misstrauen. So lautet die Versicherung unserer Muse.“ Dem Mann aus Agrigent zufolge bilden die Ungläubigen einen Teil der Schlechten. Nach Heraklit sind sie unverständig und gleichen Tauben. 72 Aber auch Parmenides von Elea (frg. 4)6, Schüler des Xenophanes von Kolophon, empfiehlt, sich den geistigen Dingen durch Glauben zu nähern. Er sagt nämlich: „Betrachte, wie durch den Geist das Abwesende mit Sicherheit nahe ist.“ Allein mit dem Geist nämlich kann man sich den geistigen Dingen nähern. Aber ohne den Glauben kann auch der Geist nicht das Intelligible sehen. 73 Dies deutet auch Solon (frg. 16)7 an: „Es ist überaus schwierig, das verborgene Maß des Wissens zu erkennen, denn es allein bestimmt die Grenzen aller Dinge.“ 74 Wenn es überaus schwierig ist

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

zu erkennen, dann ist es völlig unmöglich, davon zu sprechen. Auch Empedokles (frg. 133) sagt über die unsichtbaren Dinge: „Es ist nicht möglich, sich anzunähern, sie mit unseren Augen zu erfassen oder mit den Händen zu ergreifen. Für die Menschen ist der Glaube der große Weg, der bis in die Tiefen der Seele hinabreicht.“ 75 Und Antisthenes (frg. 24)8, ein Schüler des Sokrates, dann Leiter der Schule der Kyniker, ruft über den Gott des Universums aus: „Durch ein Bild lässt er sich nicht erkennen, von einem Auge nicht sehen; er hat nichts seinesgleichen. Daher kann niemand ihn sich anhand eines Bildes vorstellen.“ 76 Der Glaube ist also für diejenigen notwendig, die die geistigen Dinge betrachten wollen, da sich tatsächlich nicht einmal ein Bild finden lässt, das mit ihnen übereinstimmt. Und der Athener Xenophon (mem. 4,3,13)9, Schüler des Sokrates, Sohn des Gryllos, hat ganz in demselben Sinn geschrieben. 77 Er sagt nämlich: „Der alles in Bewegung setzt, selber aber unbeweglich bleibt, ist offenkundig groß und mächtig. Welche Gestalt er aber hat, ist verborgen.“ Die danach streben, das Verborgene zu erforschen, bedürfen also des Glaubens. 78 Man kann noch hören, was Bakchilides (frg. 14)10 in seinen Päanen sagt: „Es ist auch nicht leicht, die Tore deiner geheimnisvollen Worte zu entdecken.“ Wir bedürfen also der Augen des Geistes zur Erkenntnis der geistigen Dinge; und wie wir die Augen des Leibes zur Wahrnehmung der sichtbaren Dinge brauchen, ebenso müssen wir uns auf den Glauben stützen, um zur Schau der göttlichen Dinge zu gelangen. 79 Was nämlich das Auge im Leib ist, das ist demzufolge der Glaube im Geist. Besser besagt, wie das Auge des Lichtes bedarf, das die sichtbaren Dinge zeigt, so bedarf wiederum auch der Geist des Glaubens, der die göttlichen Dinge zeigt und die Ansicht darüber fest bewahrt. 80 Hört, wie Platon (Tht. 155e) die kritisiert, die die geistigen Dinge nicht betrachten wollen. Er sagt: „Gib ja acht und sei wachsam, dass niemand von den Uneingeweihten uns höre. Dies sind Leute, die nur das für existent halten, was sie mit den Händen fest greifen können. Das Handeln, das Werden und alles Unsichtbare schließen sie aus dem Bereich des Seins aus.“ 81 Zu dieser Kategorie gehört auch ihr. Doch seid über den Vorwurf nicht unwillig. Ihr haltet euch ja ausschließlich an die sichtbaren Dinge und verehrt handgemachte Götterbilder, akzeptiert aber nicht die Lehre über die Natur des Unsichtbaren. 82 Vielleicht sind es Leute von dieser Einstellung, auf die der Komödiendichter Epicharmos (frg. 246)11 jenen jambischen Vers bezog: „Das Wesen der Menschen? – Aufgeblasene Schläuche!“ Verständigen Menschen hingegen ist es eigen, nicht Sklaven eines Vorurteils zu sein oder an Bräuchen der Vorfahren zu hängen, sondern die Wahrheit zu suchen und von überall her das Wertvolle zu sammeln. 83 Ist es nicht genau das, was Sokrates zu Kri-

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ton sagte: „Was mich angeht, so ist es nicht nur heute, sondern stets meine Devise, bei meinen eigenen Angelegenheiten auf nichts anderes als auf die Vernunft zu vertrauen, denn sie scheint mir, wenn ich es bedenke, das Sicherste zu sein“ (Plat., Crit. 46b). Er zeigt dadurch, wie er sich der Vernunft bedienend seine Interessen verfolgte und es sich zum Gesetz machte, nicht Sklave des Vorurteils zu sein. 84 Auf diese Weise überzeugt er Alkibiades, sich ans Lernen zu machen, nachdem er zuvor das vermeintliche Wissen beiseite getan hat. Zuvor hatte er ihn nämlich seines Unwissens überführt. Nachdem dieser gefragt hatte: „Aber meinst du nicht, dass ich finden könnte?“, hat er geantwortet: „Gewiss doch, wenn du nur suchtest.“ Als jener entgegnete: „Meinst du etwa, ich würde nicht suchen?“, antwortete Sokrates: „Doch, vorausgesetzt du wärst der Ansicht, nichts zu wissen“ (Plat., Alc. 109e). Der Anfang der Erkenntnis ist also die Erkenntnis des Unwissens. … 90 Daher, meine Freunde, soll niemand den Glauben kritisieren! Denn auch Aristoteles bezeichnete den Glauben als Kriterium der Wissenschaft. Epikur (frg. 255) bezeichnete ihn als ein geistiges Vorverständnis. Das Vorverständnis aber, das die Kenntnis hinzunimmt, wird zum Begreifen. 91 Nach unserer Lehre ist der Glaube die willentliche Zustimmung der Seele oder die Schau eines unsichtbaren Gegenstandes oder ein Standpunkt gegenüber dem Seienden oder ein Erfassen des Unsichtbaren im Einklang mit unserer Natur oder eine nicht zweideutige innere Verfassung, die in den Seelen derer verwurzelt ist, die sie besitzen. 92 Der Glaube bedarf indessen der Erkenntnis, wie wiederum die Erkenntnis des Glaubens bedarf. Denn weder könnte es Glaube ohne Erkenntnis geben noch Erkenntnis ohne Glauben. Doch geht der Glaube der Erkenntnis voran, während die Erkenntnis dem Glauben folgt. Das Streben hält sich an die Erkenntnis, ihm folgt aber das Handeln. 93 Man muss nämlich zunächst glauben, dann sich kundig machen, wissend streben, strebend handeln. Denn nicht einmal die ersten Elemente kann man erlernen, wenn man nicht dem Elementarlehrer Glauben geschenkt hat, dass man den ersten Buchstaben mit diesem Namen bezeichnen muss, den zweiten mit jenem, und ebenso das weitere. 94 Wollte man nämlich sogleich widersprechen und sagen, dass man den ersten Buchstaben nicht Alpha nennen dürfe, sondern ihm einen anderen Namen geben müsse, dann könnte man nicht die Wahrheit lernen, sondern würde notwendigerweise in die Irre gehen und das Falsche für das Wahre halten. Wenn man hingegen dem Lehrer Glauben schenkt und nach seinen Weisungen den Lehrinhalt akzeptiert, wird sehr schnell dem Glauben die Erkenntnis folgen. 95 So ist es auch richtig, dem Geometer zu glauben, wenn er lehrt, es gebe den Punkt, der absolut unteilbar ist, und es gebe die Linie, eine Länge, die der Breite entbehrt. Dies könnte aber niemand jemals mit Vernunft beweisen. Denn wenn man der Linie die Breite nimmt, wird mit Sicherheit zusammen mit ihr auch die Linie ver-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

schwinden. Aber trotzdem verlangt der Geometer so zu denken, und wer danach strebt, jene Figuren zu erlernen, gehorcht und glaubt bereitwillig. 96 Ebenso glauben die Schüler den Astronomen; sie geben die Zahl der Sterne an, berechnen die Distanzen, die sie voneinander trennen, und schätzen, wie viel tausende von Stadien der sichtbare Himmel von der Erde entfernt ist. Obwohl es in der Berechnung große Unterschiede gibt, und die einen von 4 700 000 Stadien reden, andere von weniger, wieder andere von weit mehr, folgen die Schüler dennoch den Lehrern und glauben ihren Äußerungen. 97 Auch über die Sonne gibt es bei ihnen zahlreiche Kontroversen. Anaximander und Anaximenes behaupteten nämlich, sie sei siebenundzwanzigmal größer als die Erde, für Anaxagoras war sie größer als der Peloponnes, für Heraklit aus Ephesus hatte sie einen Fuß Durchmesser. 98 Wer wollte da nicht mit Recht über diese Widersprüchlichkeit lachen? Denn ihre Meinungsverschiedenheit bezog sich nicht auf ein unbedeutendes Ausmaß, sondern auf etwas Unbegrenztes, wie man es mit Worten gar nicht ausdrücken kann. Wer könnte ein Maß um die ganze Erde legen, um dann das Ausmaß mit siebenundzwanzig zu multiplizieren, die Summe auszurechnen und diese mit einem menschlichen Maß auszudrücken, wie es der Fuß ist? 99 Und dennoch gibt es einige, die teils für diese, teils für jene Leute Position ergreifen. Da sie glauben, akzeptieren es die einen, dies zu sagen, die anderen jenes. Weshalb in aller Welt seht ihr über jenen völlig vernunftlosen Glauben hinweg und kritisiert allein den unseren, der von solchen Phantastereien und Albernheiten weit entfernt ist und die göttlichen wie geistigen Wahrheiten mit Überlegung annimmt? 100 Zu dem Gesagten lässt sich noch folgende Überlegung hinzufügen. Jeder Mensch, der eine Fertigkeit erlernen will, begibt sich zu jemandem in die Schule, der es zu lehren versteht, und hält sich an die Lehren, die jener vorträgt. Der Schuster zeigt, wie man das Messer halten und das Leder zerschneiden muss, wie man es zusammennähen und in die richtige Form bringen muss. Der Schüler aber glaubt den Worten und widerspricht dem Lehrer nicht. Dieser besitzt die Kenntnis der Dinge, jener hält sich an den Glauben, erwirbt aber in kurzer Zeit dank des Glauben die Kenntnis. 101 Ebenso unterweist der Schiffszimmermann den, der lernen will, wie man die Richtschnur ausspannen muss, wie die Säge zu halten ist, wie man sich des Beils, des Hand- und Drillbohrers bedient. Der Schüler lernt all diese Einzelheiten, verrichtet alles, was ihm aufgetragen wird, macht sich die Worte des Lehrers zum Gesetz und glaubt, dank seiner sich die Fertigkeit anzueignen. 102 Ebenso lehrt auch der Arzt nicht nur die Wissenschaft, sondern heilt auch die Kranken. Er selbst kennt die Theorie der Heilkunst, während der, der mit der Krankheit kämpft, sie nicht kennt, aber glaubt, dank der Heilkunst von der Krankheit befreit zu werden. 103 Und das

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Schiffsruder zu führen, verstehen allein diejenigen, die die Kunst des Steuermanns beherrschen, dank ihrer aber glauben die Passagiere, die angestrebten Küsten zu erreichen. 104 Folglich ist, meine Freude, der Glaube in gewisser Weise eine allen gemeinsame Sache, er findet sich bei denen, die eine Fertigkeit erlernen wollen, bei den Seefahrern, bei den Bauern und denen, die sich zu den Ärzten begeben. Die Erkenntnis hingegen ist nicht Sache aller, sondern kommt allein den Experten zu. 105 Wenn wir beispielsweise wissen wollen, ob das Gold echt und geläutert ist, unterziehen wir es nicht selber der Probe, sondern bitten einen Experten, der solche Dinge zu prüfen versteht. Indem dieser es an den Stein oder das Feuer hält, zeigt er, ob es unecht oder echt ist. Ebenso, wenn wir kostbare Steine kaufen, verlassen wir uns nicht auf uns selbst, um sie zu erkennen, sondern auf die, denen die Zeit und die Erfahrung diese Kompetenz verliehen haben. 106 Auch wenn man ein Gewand aus Seide kaufen will, bestickt und vergoldet, dann überlässt man es den Textilexperten, den angemessenen Preis dafür festzusetzen. Wer schließlich das Gewicht bestimmter Gegenstände aus Gold oder Silber oder von Münzen erfahren will, bringt sie zu einem Experten, der die Kunst des Wiegens beherrscht, lässt sich von ihm über das Gewicht belehren und glaubt seinen Auskünften, ohne zu widersprechen. 107 Das Wissen kommt folglich nicht allen zu, sondern denen, die es sich durch Unterweisung, Zeit und Erfahrung angeeignet haben. Der Glaube kommt hingegen all denen zu, die die Absicht haben, etwas zu lernen. Mehr noch, der Glaube ist Basis und Fundament des Wissens. Auch eure Philosophen haben ja den Glauben als willentliche Zustimmung der Seele definiert12 und das Wissen als unveränderlichen Zustand, der das Werk der Vernunft ist. 108 Es ist also absurd und völlig unzulässig, dass bei allen sonstigen Fertigkeiten die Lehrer das Wissen besitzen und die Schüler den Glauben, während man allein bei den göttlichen Unterweisungen die Ordnung umkehrt und vor dem Glauben das Wissen fordert. Denn für die unsichtbaren Dinge bedürfen wir vor allem der Augen des Glaubens. 109 Daher ruft auch der göttliche Apostel ausdrücklich aus: „Wer sich Gott nähert, muss glauben, dass er existiert und denen, die ihn suchen, zum Vergelter wird“ (Hebr 11,6). Deshalb tragen wir auch denen, die zu uns kommen und die göttlichen Dinge kennen lernen wollen, vor allem anderen die Lehre über den Glauben vor; anschließend, wenn sie eingeweiht sind und die Initiation empfangen haben13, zeigen wir ihnen den verborgenen Sinn der Vollzüge. 110 Auch bei euch wissen nicht alle, was der Hierophant14 sagt, vielmehr betrachtet die große Menge die Handlungen, und die sogenannten Priester vollziehen die rituellen Zeremonien, während allein der Hierophant den Sinn der Vollzüge kennt und ihn denen verrät, bei denen er es für richtig hält. …

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

114 … Wenn also der Sinn dieser gottlosen und sakrilegischen Riten nicht allen bekannt ist, allein die sogenannte Hierophanten ihn kennen, dann ist es offenkundige Verblendung, die Erkenntnis der heiligen und göttlichen Mysterien vor dem Glauben zu erstreben. 115 Es sei denn, ihr wolltet dem Lyriker Pindar (frg. 180)15 nicht folgen, der eindeutig verbietet, „aller Welt das alte Wort zu erschließen.“ Auch Platon (ep. 2,314a) gibt dieselbe Empfehlung. Er sagt nämlich: „Nimm dich in acht, dass dies niemals ungebildeten Menschen zu Ohren kommt. Denn meiner Meinung nach ist es den meisten unter ihnen fast unmöglich, solche Dinge zu hören, ohne sie völlig lächerlich zu finden, während es für die kultivierten Menschen nichts Bewundernswerteres und Inspirierteres gibt. Doch häufig wiederholt, ständig viele Jahre lang gehört, lassen sie sich nur mühsam wie Gold unter großer Anstrengung reinigen.“ Ihr habt auch gehört, was auf den vorangegangenen Seiten Orpheus (frg. 245,1) gesagt hat: „Ich werde zu denen sprechen, denen es gestattet ist; Uneingeweihte, schließt die Türen!“ 116 Demnach gehe der Glaube voran, und die Erkenntnis wird folgen. Denn denen, die schlicht und lauter glauben, verleiht der Herr, dem man glaubt, die Erkenntnis, und die zum Glauben hinzutretende Erkenntnis macht das Wissen der Wahrheit vollkommen.

3) Die Begründung der Glaubensinhalte Nicht allein die christliche Glaubensforderung, auch die Glaubensinhalte stießen auf Widerstand, da sie in heidnischen Augen das Absurd-Befremdliche der neuen Religion nochmals zu bestätigen schienen. Die Apologeten stellten sich daher der Aufgabe, auch die Inhalte des geforderten Glaubens argumentativ zu begründen. Sie waren überzeugt, dass auch die christliche Glaubenslehre dem Begründungsanspruch der zeitgenössischen Philosophie durchaus genügen könne. Nr. 162 Justin, 1 apologia 20,3 Wenn wir nun auch einiges in Übereinstimmung mit den bei euch geschätzten Dichtern und Philosophen sagen, manches sogar besser und gotteswürdiger und so, dass wir allein auch einen Beweis bringen1, warum werden wir dann vor allen anderen zu Unrecht gehasst?

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 163 Athenagoras, legatio 8,1 Dass also Gott, der Schöpfer dieses Alls, von Ewigkeit her nur einer ist, dafür nehmt, damit ihr auch eine rationale Rechtfertigung1 unseres Glaubens habt, folgende Überlegung entgegen …

Nr. 164 Origenes, contra Celsum 1,2; 4,9; 6,7.10 1,2 Anschließend behauptet er, „die Lehre sei von ihrem Ursprung her barbarisch“; er meint offensichtlich das Judentum, von dem das Christentum abhängt. Einsichtsvoll macht er diesem Denken den barbarischen Ursprung nicht zum Vorwurf, denn er äußert lobend, dass „die Barbaren fähig seien, Lehren zu entdecken“1. Doch fügt er hinzu, dass „die Griechen fähiger seien, das von den Barbaren Entdeckte zu beurteilen, zu begründen und in die Praxis der Tugend umzusetzen“2. Ausgehend von seinen Worten können wir nun folgendes zur Verteidigung der Grundwahrheiten des Christentums sagen: Wenn jemand von griechischen Lehren und Disziplinen her zur christlichen Lehre kommt, dann wird er diese nicht nur als wahr beurteilen, sondern durch die Praxis auch erweisen, dass sie ebenfalls bietet, was, gemessen am Kriterium eines griechischen Beweises, zu fehlen schien. So wird er die Wahrheit des Christentums erweisen. Ferner muss man hierzu noch sagen, dass es für die Lehre einen spezifischen Beweis gibt, der göttlicher ist als der mittels der Dialektik geführte griechische. Diesen göttlicheren Beweis nennt der Apostel „Erweis von Geist und Kraft“ (1 Kor 2,4); „von Geist“ wegen der Prophetien, die geeignet sind, den Leser zum Glauben insbesondere an das zu führen, was sich auf Christus bezieht; „von Kraft“ wegen der außergewöhnlichen Wunder, deren Tatsächlichkeit sich sowohl durch vieles andere als auch durch das Faktum erweisen läßt, dass Spuren davon noch bei denen erhalten sind, die nach der Weisung dieses Wortes leben3. 4,9 … der Philosophierende muss die Inhalte dieser Lehre mit vielfältigen Beweisen begründen, die teils aus den göttlichen Schriften stammen, teils Schlussfolgerungen wissenschaftlicher Überlegungen sind. Der einfachere Mann aus dem Volk hingegen, der den komplizierten Aspekten der Weisheit Gottes nicht zu folgen vermag, muss sich Gott und dem Erlöser unserer Menschheit anvertrauen und an der Aussage „Er selbst hat es gesagt“ mehr Genügen finden als an dem Wort irgendeines beliebigen anderen. 6,7 … Da er noch eine andere Stelle aus Platon (ep. 7,344b) zitiert, wo er sagt, „ ‚durch Anwendung von Fragen und Antworten‘ erhelle er die Einsicht

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

derer, die nach seiner Art philosophieren“, so wollen wir aus den heiligen Schriften nachweisen, dass uns auch der göttliche Logos zum Gebrauch der Dialektik auffordert. Bald sagt Salomo: „Unterweisung ohne Prüfung geht in die Irre“ (Spr 10,17); bald sagt Jesus, der Sohn Sirachs, der uns das Buch der Weisheit vermacht hat: „Die Erkenntnis des Unverständigen sind ungeprüfte Worte“ (Sir 21,18). „Wohlwollende Widerlegungen“ (Plat., ep. 7,344b) finden sich nun vielmehr bei uns, die wir gelernt haben, dass der Vorsteher der Lehre fähig sein muss, „die Widersprechenden zu widerlegen“ (Tit 1,9). Selbst wenn es einige Leichtfertige gibt, die es unterlassen, sich der Lektüre der göttlichen Bücher zu widmen und die Schriften zu durchforschen und nach der Weisung Jesu den Sinn zu suchen und ihr Verständnis von Gott zu erbitten sowie an ihre verschlossenen Tore anzuklopfen, so folgt daraus nicht, dass die christliche Lehre der Weisheit entbehrt4. 10 Dann sagt er: „Du siehst, wie Platon (ep. 7,341c), obwohl er fest versichert, das Gute sei unaussagbar, dennoch eine Begründung für diese Schwierigkeit gibt, um nicht den Eindruck zu erwecken, in den Bereich des weder zu Beweisenden noch zu Widerlegenden auszuweichen. Denn vielleicht könnte selbst das Nichts aussagbar sein.“ Aber weil er dies vorbringt, um den Standpunkt zu vertreten, dass man nicht einfach glauben dürfe, sondern eine Begründung für das Geglaubte geben müsse, wollen auch wir eine Aussage des Paulus anführen, die den unüberlegt Glaubenden kritisiert, wenn er sagt: „Es müsste denn sein, dass ihr unüberlegt gläubig geworden seid“ (1 Kor 15,2) … Wir sagen also nicht jedem, der zu uns kommt: Glaube zunächst, dass der, den ich dir präsentiere, der Sohn Gottes ist. Vielmehr stellen wir für einen jeden die Lehre so dar, wie es seinem Charakter und seiner Fassungskraft entspricht, da wir gelernt haben „zu wissen, wie wir einem jeden antworten sollen“ (Kol 4,6). Es gibt solche, die nicht mehr aufnehmen können als die Aufforderung zu glauben, und dies ist es, was wir ihnen verkündigen; an andere wenden wir uns nach Kräften mit Beweisen durch Fragen und Antworten5. Wir sagen aber nicht das, was Celsus mit Spott erwähnt: „Glaube zunächst, dass der, den ich dir präsentiere, der Sohn Gottes ist, auch wenn er auf schmachvollste Weise gebunden oder auf schimpflichste Art bestraft worden ist, auch wenn er gestern oder vorgestern vor aller Augen sich in verwerflichster Weise herumgetrieben hat.“ Wir sagen auch nicht: „Gerade deshalb glaube umso mehr!“ Denn wir bemühen uns, einen jeden dieser Punkte noch eingehender zu besprechen, als wir dies oben getan haben.

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 165 Laktanz, divinae institutiones 3,1,11–12 (11) Die Worte Gottes sind in kurzer und schmuckloser Form überliefert. Es war nicht angemessen, dass Gott, wenn er zum Menschen sprach, seine Äußerungen mit Argumenten bestätigte, als ob ihm sonst kein Glaube geschenkt würde; vielmehr hat er so, wie es sich gehört, gesprochen, als höchster Richter über alle Dinge, dem nicht das Argumentieren, sondern das Verkünden zukommt. (12) Er sprach also als Gott; bei uns ist es anders; obwohl wir zu den einzelnen Themen Zeugnisse des göttlichen Wortes besitzen, zeigen wir doch, mit wie viel sicheren Argumenten man das Wahre verteidigen kann, da sogar das Falsche so verteidigt wird, dass es gewöhnlich als wahr erscheint. Nr. 166 Eusebius, praeparatio evangelica 1,3,1–6 (1) Dies sind die Probleme, die sich uns mit Recht in erster Linie stellen. Lasst uns also den Gott des Universums durch unseren Erlöser, seinen Logos, wie durch einen Hohepriester anrufen und die erste der gestellten Fragen klären, nachdem wir zuvor nachgewiesen haben, dass es Verleumder sind, die behaupten, wir könnten nichts durch eine Beweisführung darlegen, sondern würden einem irrationalen Glauben anhängen. (2) Dies können wir aus der Sache selbst und ohne großen Aufwand widerlegen, und zwar anhand der Beweisführungen, die wir bei denen verwenden, die zu uns kommen, um eine Belehrung über unsere Glaubensgründe zu empfangen, sowie anhand der Widerlegungen, die wir bei denen gebrauchen, die uns in Untersuchungen von systematischerer Art angreifen, und anhand der Diskussionen, die wir sehr gerne in mündlicher und schriftlicher Form führen, ebenso in privater Weise mit jedem, der uns Fragen stellt, wie in öffentlicher Weise vor einem ganzen Publikum1. (3) Ja schließlich auch aufgrund der Schrift, die wir augenblicklich verfassen, und die im ganzen die Materie der Beweisführung anhand des Evangeliums enthält, in der meine vorliegende Darstellung allen Menschen die Frohe Botschaft von jeglicher Gnade Gottes und der himmlischen Wohltätigkeit verkündet, indem sie auf mehr vernunftgemäße Weise durch eine große Zahl evidenter Beweisführungen die Heilsökonomie beglaubigt, die sich auf unseren Erlöser und Herrn Jesus, den Christus Gottes, bezieht. (4) Viele unserer Vorgänger haben gewiss eine große Aktivität entfaltet, indem sie bald Schriften zur Widerlegung gegen uns gerichteter Thesen2 verfassten, bald die gotterfüllten und heiligen Schriften mit exegetischen Werken

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

und detaillierten Erörterungen3 auslegten, bald sich mehr auf polemische Weise zum Anwalt unserer Glaubensüberzeugungen machten. (5) Unser Vorhaben aber, mit dem wir beschäftigt sind, wird eine besondere Stellung einnehmen. Als erster von allen erklärt der heilige Apostel Paulus, indem er trügerische und sophistische Argumentationen zurückweist, sich aber unbestreitbarer Beweisführungen bedient: „Unser Wort und unsere Verkündigung geschah nicht in überredenden Weisheitsworten, sondern im Erweis von Geist und Kraft“ (1 Kor 2,4). Er fügt hinzu: „Weisheit aber verkünden wir unter den Vollkommenen, jedoch nicht die Weisheit dieser Welt noch jene der Herrscher dieser Welt, die abgetan werden. Nein, wir verkünden die Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist“ (1 Kor 2,6 f.). Und wiederum sagt er: „Unsere Befähigung stammt von Gott, der uns befähigte, Diener eines neuen Bundes zu sein“ (2 Kor 3,5 f.). (6) Und ganz zu Recht ist uns allen aufgetragen, „bereit zu sein, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von uns einen vernünftigen Grund für die Hoffnung fordert, die uns erfüllt“ (1 Petr 3,15). Daher stammen aus der Feder von Autoren der jüngeren Zeit, wie ich schon sagte, all diese Beweisführungen, die man kennen lernen kann, voller Weisheit und Klarheit, auf logischen Schlussfolgerungen basierend und auf unsere Lehre bezogen. Weiterhin nicht wenige Kommentare zu den heiligen und göttlichen Schriften, die mit exakten Beweisführungen wie in der Geometrie die Wahrhaftigkeit und Unangreifbarkeit derer erweisen, die uns von Anbeginn die Lehre der göttlichen Religion verkündet haben.

4) Zitate paganer Autoritäten Auf Zeugnisse namhafter Autoritäten zurückzugreifen, um eigene Positionen zu stützen oder gegnerische Thesen zu widerlegen, gehörte zur antiken Rhetorik ebenso wie zur philosophischen Tradition. Seit der Areopag-Rede des Paulus (Nr. 1, 174) bildete die Zitation paganer Dichter und Denker einen festen Bestandteil apologetischer Argumentation. Solche Testimonien konnten in protreptischer Absicht verwendet werden, indem die Übereinstimmung zwischen den Aussagen der heidnischen Literatur und den christlichen Glaubensüberzeugungen nachgewiesen wurde (Nr. 168, 171–173, 175). Daneben gab es einen polemischen Gebrauch nichtchristlicher Texte, durch die der Gegner mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden sollte, indem dieser mit einer von ihm selber anerkannten Autorität widerlegt wurde (Nr. 167, 171). Skepsis gegenüber diesem Testimonien-Beweis äußerten ebenso Heiden, die den Christen eine Fälschung angeführter Zeugnisse vorwarfen (Nr. 170, 172), wie christliche Autoren, die die Überzeugungskraft solcher Zitate bezweifelten (Nr. 169).

III. Das Bemühen um Argumente

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Nr. 167 Tatian, oratio 31,2 Zu Zeugen werde ich nicht unsere eigenen Autoren nehmen, vielmehr mich auf Helfer aus dem griechischen Lager zum Beweis berufen; denn das Erstere wäre unklug, weil nicht einmal wir dies akzeptabel fänden, das Letztere aber dürfte doch wohl erstaunlich wirken, wenn ich euch nämlich mit euren eigenen Waffen entgegentrete und Beweise vorbringe, die in euren Augen über jeden Verdacht erhaben sind.

Nr. 168 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,16,2; 5,108,2–3 1,16 (2) … Wir müssen also die ihnen vertrauten Anschauungen und Worte vortragen, die mit ihren Stimmen bei jedem einzelnen Punkt die Hörer leichter zur Bekehrung motivieren. 5,108 (2) Ähnelt es nicht dem Schriftwort „Lasst uns den Gerechten beseitigen, denn er ist uns lästig“ (Weish 2,12), wenn Platon beinahe den erlösenden Heilsplan prophezeit, indem er im zweiten Buch des Staates (361e–362a) sagt: (3) „Wenn der Gerechte sich so verhält, wird er gegeißelt, gefoltert, in Ketten gelegt, an beiden Augen geblendet und schließlich nach allen Martern noch ans Kreuz geschlagen werden“? Nr. 169 Tertullian, de testimonio animae 1,1–4 (1) Starke Wissbegierde und ein noch weit stärkeres Gedächtnis sind zum Studium nötig, wenn man aus den am meisten anerkannten Schriften von Philosophen, Dichtern oder sonstigen Lehrern der weltlichen Wissenschaft und Weisheit Zeugnisse für die christliche Wahrheit sammeln will, um deren Feinde und Verfolger auf Grund ihrer eigenen Literatur des Irrtums gegenüber sich selbst und der Ungerechtigkeit gegen uns zu überführen. (2) Zwar haben einige, die von früherer Beschäftigung mit der Literatur her noch die Energie der Wissbegierde und die Treue des Gedächtnisses beibehalten hatten, in unserem Lager kleinere Schriften in diesem Geist verfasst. Dabei haben sie detailliert Sinn, Ursprung, Überlieferung und Begründung ihrer Meinungen erwähnt und mit Zeugnissen ausgestattet. Daraus lässt sich ersehen, dass wir nichts Neues und Außergewöhnliches unternommen haben, nichts worin nicht auch die allgemein und öffentlich bekannten Schriften uns beipflichten und in Schutz nehmen, wenn wir entweder einen Irrtum verwor-

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

fen oder etwas Richtiges aufgenommen haben. (3) Aber sogar ihren eigenen Lehrern, die sonst am meisten anerkannt und gelesen sind, hat die menschliche, dem Unglauben entstammende Hartnäckigkeit kaum Glauben schenken wollen, sobald jene sich mit Argumentationen der christlichen Apologetik berühren. Dann reden die Dichter Unsinn, wenn sie die Götter mit menschlichen Leidenschaften und in Mythen schildern. Dann sind die Philosophen schwer zu genießen, wenn sie an das Tor der Wahrheit klopfen. Nicht länger gilt als weise und vernünftig, wer etwas verkündet, das fast christlich klingt, während er, wenn er etwas Vernünftiges oder Weises anstrebt, indem er entweder die heidnischen Zeremonien abweist oder die Klugheit der Welt widerlegt, als Christ gebrandmarkt wird. (4) Darum wollen wir nichts mehr mit einer Literatur und Lehre zu tun haben, die einen verkehrten Erfolg haben, da man diesen eher glaubt, wenn sie Unwahrheit als wenn sie Wahrheit enthalten. Mögen einige Heiden Aussagen über den einzigen und alleinigen Gott gemacht haben, so ist mir das gleichgültig. Oder vielmehr, es soll gar nichts dort berichtet sein, was ein Christ anerkennen kann, so dass er es nicht zu kritisieren braucht. Denn auch das, was dort berichtet wird, ist weder allen bekannt, noch halten diejenigen, die es kennen, es für vollkommen begründet. Um so weniger stimmen die Menschen unseren Schriften zu, auf die niemand stößt, wenn er nicht schon ein Christ ist.

Nr. 170 Origenes, contra Celsum 7,56 Ferner wünschte er – ich weiß nicht weshalb –, dass wir eher die Sibylle1 zum Kind Gottes erklären als Jesus, und er behauptet, dass wir in ihre Schriften viele Blasphemien hineingeschrieben hätten, ohne sie nachzuweisen und zu zeigen, was wir denn hineingeschrieben hätten. Er hätte es nachgewiesen, wenn er gezeigt hätte, dass die ältesten Handschriften einen reineren Text böten und nicht die von ihm vermuteten Interpolationen enthielten. Er hat aber weder das noch das andere nachgewiesen, nämlich dass es sich dabei um Blasphemien handle. Nr. 171 Arnobius, adversus nationes 2,13–14; 3,6–7 2,13 Doch frage ich euch, die ihr die Grundsätze der Gelehrten und Philosophen bewundert und anstaunt, müsst ihr es nicht für überaus unrecht halten, uns anzufeinden und als solche zu verspotten, die Dummes und Unsinniges reden, da sich herausstellt, dass auch ihr dasselbe oder Ähnliches behauptet,

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weswegen ihr uns, wenn wir es behaupten und verkünden, verlacht? Ich habe es nicht mit denen zu tun, die sich sektiererisch auf verschiedenen Seitenwegen zerstreut haben und im Wechsel der Meinungen bald zu dieser, bald zu jener Richtung gehörten. An euch wende ich mich vielmehr, die ihr Merkur1, Platon und Pythagoras folgt, auch an die übrigen unter euch, die ihr einer Meinung seid und in der Einheit der Lehren auf denselben Wegen wandelt. Wagt ihr uns zu verlachen, weil wir den Urheber der Dinge und Herrn ehrfürchtig verehren und auf ihn unsere Hoffnungen setzen? Was anders tut denn euer Platon im Theaetetos (173e), um ihn vor allen anderen zu erwähnen, rät er nicht der Seele der Erde zu entfliehen und, soweit es möglich ist, denkerisch und geistig stets bei ihm zu verweilen? Wagt ihr uns zu verlachen, weil wir eine künftige Auferstehung der Toten behaupten? Wir bekennen zwar, dass wir dieses behaupten, auch, dass es von euch anders verstanden wird, als wir es meinen, was lehrt derselbe Platon im Politikos (270d)? Schreibt er nicht, dass, wenn die Welt beginnt, aus den abendlichen Regionen aufzutauchen und sich der Himmelsgegend zuzuwenden, wo die Sonne aufgeht, dann die Menschen aus dem Schoß der Erde hervorkommen werden, Greise, Grauhaarige, Altersschwache, und dass, wenn für sie allmählich die späteren Jahre anbrechen, sie auf denselben Stufen, durch die man jetzt wächst, zu ihren ersten Kinderjahren zurückkehren werden? … 14 Wagt ihr uns zu verlachen, wenn wir behaupten, dass es eine Hölle und ein unauslöschliches Feuer gebe, in das die Seelen, wie wir erfahren haben, von ihren Feinden und Widersachern geworfen werden? Was lehrt nochmals euer Platon (Phd. 113) in dem Buch, das er über die Unsterblichkeit der Seele verfasste; erwähnt er nicht die Flüsse Acheron, Styx, Cocytus und Pyriphlegeton, behauptet er nicht, dass die Seelen dort hineingestürzt, darin untergetaucht und verbrannt werden? 3,6 … Ihr hättet uns vielleicht zum Kult dieser Gottheiten2 einladen können, wenn ihr nicht selbst zuerst in schändlichen und entehrenden Meinungen solche Dinge von ihnen erdichtet hättet, die nicht nur ihre Würde verletzten, sondern durch die ihnen zugeschriebenen Eigenschaften ihre Nichtexistenz erwiesen. Denn zunächst können wir nicht dazu gebracht werden, dass wir glauben, jene unsterbliche und höchst vollkommene Natur sei nach Geschlechtern geteilt und umfasse teils männliche, teils weibliche Wesen. Diesen Punkt haben schon längst beherzte Männer ebenso in römischen wie in griechischen Schriften umfassend erörtert, und vor allem hat Tullius3, der Beredteste unter den Römern, ohne Furcht vor dem gehässigen Vorwurf der Gottlosigkeit, offenherzig, beständig und freimütig mit großer Pietät dargelegt, was er von solch einer Vorstellung hielt. Wenn ihr von ihm die mit wahrheitsgemäßem Urteil niedergeschriebenen Tatsachen, nicht den Glanz der Worte annehmen wollt, wäre dieser Fall schon erledigt, ohne von uns, die wir

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

hierin noch keine Rednergabe besitzen, eine nochmalige Verhandlung, wie man sagt, zu fordern. 7 Doch was rede ich davon, dass man die Jagd nach Worten und den Glanz der Rede von ihm verlange, da ich doch weiß, dass es nicht wenige gibt, die seine Schriften zu diesem Thema zurückweisen und meiden sowie eine Lektüre seiner Ansichten nicht zulassen möchten, weil sie vorgefasste Meinungen widerlegt. Andere höre ich unwillig murren und sagen, der Senat hätte beschließen müssen, dass diese Schriften vernichtet würden, weil durch sie die christliche Religion bestätigt und die Autorität des Altertums zersetzt wird. Ja, wenn ihr euch zutraut, etwas Erwiesenes über eure Götter auszusagen, dann überführt Cicero des Irrtums, weist ihn zurück und widerlegt ihn, beweist, dass er fortwährend verwegene Gottlosigkeiten behauptet. Denn Schriften unterdrücken und eine öffentliche Lektüre unterbinden zu wollen, heißt nicht, die Götter zu verteidigen, sondern das Zeugnis der Wahrheit zu fürchten. Nr. 172 Laktanz, divinae institutiones 1,5,1–2; 4,15,22–28; 7,25,1; 27,5–6 1,5 (1) Aber wir wollen meinetwegen die Zeugnisse der Propheten beiseite lassen, damit nicht der Beweis weniger geeignet erscheine von denen her, denen man überhaupt nicht glaubt. (2) Wir wollen zu denjenigen Autoren kommen und gerade diese als Zeugen zum Beweis der Wahrheit zitieren, von denen man gewöhnlich Gebrauch gegen uns macht, ich meine die Dichter und Philosophen. Aus diesen müssen wir den einen Gott beweisen, nicht weil jene die erkannte Wahrheit in ihren Besitz gehabt hätten, sondern weil die Kraft der Wahrheit so groß ist, dass niemand so blind sein kann, den sich den Augen aufdrängenden Glanz nicht zu sehen. 4,15 (22) Als er im Boot eingeschlafen war und der Sturm zu wüten begann, so dass sie in die äußerste Gefahr gerieten, befahl er, aus dem Schlaf gerissen, dem Sturm, unverzüglich zu schweigen, und den sich hoch auftürmenden Wogen, sich zu beruhigen; und sogleich setzte auf sein Wort hin Stille ein (Mt 8,23–26). (23) Doch vielleicht lügen die heiligen Schriften, wenn sie lehren, er hätte über so gewaltige Macht verfügt, dass er die Stürme zwang, seinem Befehl zu folgen, das Meer zu dienen, die Krankheit zu weichen, die Unterwelt zu gehorchen. (24) Was aber, wenn die Sibyllen1 dasselbe in ihren Gesängen schon zuvor gelehrt haben? Eine von ihnen, die wir oberhalb schon erwähnt haben, sagt folgendes: „Die Stürme wird er mit seinem Wort beruhigen / das tosende Meer wird er glätten, wenn er / es mit den Füßen des Friedens im Glauben betritt“ (Orac. Sib. 8,273–275). (25) Es gibt noch eine andere, die sagt: „Er wird über die Wogen schreiten, die Krankheiten der Menschen hei-

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len, / Tote auferwecken, viele Schmerzen vertreiben, / aus einem Korb Brot wird er die Menge sättigen“ (Orac. Sib. 6,13–15). (26) Durch diese Zeugnisse in die Enge getrieben, nehmen einige Zuflucht zu dem Argument, dass jenes nicht Gesänge der Sibyllen seien, sondern von den Unseren erfunden und verfasst worden seien. (27) Dies wird gewiss nicht meinen, wer Cicero, Varro und andere alte Autoren gelesen hat, die die Sibylle von Erithräa und die übrigen erwähnen, aus deren Büchern wir diese Beispiele vortragen; diese Autoren sind gestorben, bevor Christus dem Fleisch nach geboren wurde. (28) Ich bezweifle aber nicht, dass jene Gesänge in früheren Zeiten als Phantastereien galten, da niemand sie verstand. Sie verkündeten nämlich gewisse außergewöhnliche Wunder, von denen weder Sinn noch Zeit noch Urheber bezeichnet werden. 7,25 (1) Was ich sage, will ich nicht nur durch unsere, sondern vor allem durch fremde Schriften bestätigen und lehren, dass nicht nur bei uns, nein, bei ihnen selbst, die uns verfolgen, die Wahrheit versiegelt erfasst ist, die anzuerkennen sie sich weigern. 27 (5) Unser Vater und Herr, der den Himmel schuf und festigte, der die Sonne mit den übrigen Sternen herbeiführte, der die durch ihre Größe in der Schwebe gehaltene Erde mit Bergen schützte, mit dem Meer umgab und durch Flüsse schied, und alles, was zu diesem Werk der Welt gehört, bereitete und aus dem Nichts vollendete, hat, nachdem er die Irrtümer der Menschen erkannte, einen Führer gesandt, der uns den Weg der Gerechtigkeit erschließen sollte. (6) Ihm wollen wir alle folgen, ihn hören, ihm ganz ergeben gehorchen, denn von ihm allein gilt, was Lukrez (rer. nat. 6,24–28) sagt: „Mit Wahrheit kündenden Worten also reinigte er die Herzen der Menschen / und setzte eine Grenze für Begierde und Furcht / und zeigte uns das höchste Gut, nach dem wir alle streben, / und wies uns den Weg, auf dem wir, wenn es auch nur ein schmaler Pfad ist, / in geradem Lauf dem Ziel zustreben könnten.“2

Nr. 173 Konstantin, oratio ad coetum sanctorum 18–19 18 (1) Es drängt mich aber1, auch von den nichtchristlichen Zeugnissen über die Gottheit Christi etwas anzuführen; denn daraus erkennen doch offenbar auch die Lästerer in ihrem Herzen, dass er Gott und Gottes Sohn ist, insofern sie ihren eigenen Schriften glauben. (2) Die erythräische Sibylle also, die ihren eigenen Worten zufolge im sechsten Zeitalter nach der Sintflut gelebt hat, war eine Priesterin des Apollon und trug ebenso wie der von ihr verehrte Gott eine Binde. Den Dreifuß hütend, um den sich die Schlange wand, weissagte sie denen, die sie befragten; denn in ihrer Einfalt hatten ihre Eltern

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

sie einem solchen Dienst geweiht, bei dem sich unschöne Leidenschaft und nichts Heiliges findet, eben so, wie es von Daphne erzählt wird. (3) Als diese also einmal in das innerste Heiligtum des sinnlosen Aberglaubens vordrang und wirklich von göttlicher Inspiration erfüllt war, weissagte sie in Versen über Gott, was geschehen sollte, indem sie klar durch die Anfangsbuchstaben ihrer Verse, was man Akrostichon nennt, die Geschichte von der Herkunft Jesu offenbarte2. Ja, es wird schwitzen die Welt, kommt das Zeichen des Gerichtes: Es wird vom Himmel her der König der Zukunft erscheinen, Selbst in Person allem Fleisch und aller Welt das Urteil zu künden. Ob Gläubige oder Ungläubige, es werden die Menschen Gott schauen, Und auch die Heiligen ihn, den Höchsten, am Ende der Zeiten. Seelen der Menschen ruft er vors Gericht, mit ihren Leibern umkleidet. Kahl wird der ganze Kosmos dann sein, nur Disteln wird es geben, Rückwärts wird der Mensch die Abgötter und allen Reichtum werfen. Erde und Himmel und Meer wird das Feuer völlig verbrennen. In des Hades Verließ wird es finden und die Pforten sprengen. So zum befreienden Licht wird alles Fleisch der Toten dann kommen, Trennen wird das prüfende Feuer Heilige und Frevler für immer. Ob auch verborgen blieb die Tat, alles wird man dann gestehen, So sich ein Herz auch verschließt, wird Gott es durchleuchtend eröffnen. Trostloses Klagen wird bei allen sein und Knirschen der Zähne, Es wird verlieren den Glanz die Sonne und der Reigen der Sterne. Oben den Himmel durchbebt er, der Schein des Mondes vergeht, Unten erhebt er die Schluchten, er senkt die Höhe der Berge. Und so wird es schaurige Höhen unter den Menschen nicht geben, Ist ja jeder Berg der Ebene gleich, kein Meer wird mehr sein Offen und frei zur Fahrt, denn vom Blitzschlag wird die Erde verbrannt Samt den Quellen versiegen die rauschenden Flüsse. Schallen vom Himmel her wird die Posaune mit jammerverkündendem Klang Offenbarend das elende Los, das Unheil des Weltalls. Tartarustiefen wird zeigen die auseinander klaffende Erde. Es werden sämtliche Herrscher zum Richterstuhl Gottes treten. Regnen vom Himmel her wird es dann einen Strom von Feuer und Schwefel. So wird ein Zeichen dann sein, allen Sterblichen verständlich, Trägt eines Holzes Gestalt, ersehntes Panier für die Treuen, Allen Frommen bedeutet es Leben, ein Anstoß hingegen der Welt, Und mit einen Strom aus zwölffachem Quell erleuchtet es die Erwählten. Reichlich gibt Weide der Hirt und herrscht mit eisernem Stabe. O unser Gott, den wir jetzt akrostichisch besungen, Selber gelitten hat er für uns, unser Erlöser und unsterblicher König!

III. Das Bemühen um Argumente

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(5) Dieses zu verkünden wurde der Jungfrau offenbar von Gott auferlegt. Für glücklich aber halte ich sie, weil der Erlöser sie als Prophetin seiner über uns waltenden Vorsehung auserwählt hat. 19 (1) Doch die meisten der Menschen glauben nicht daran und, obwohl sie darin übereinstimmen, dass es eine weissagende erythräische Sibylle gegeben hat, haben sie doch den Verdacht, ein Anhänger unserer Religion, der nicht ohne dichterisches Talent gewesen sei, habe diese Verse verfasst; sie seien also unecht und würden nur als Weissagung der Sibylle ausgegeben, weil sie sehr nützliche Gedanken enthielten, die die übermäßige Ausschweifung der Lüste hemmten und zu einem besonnenen und geordneten Leben anleiteten. (2) Es liegt aber die Wahrheit zutage, haben doch unsere Gelehrten mit Sorgfalt die Chronologie so genau erforscht, dass niemand mehr vermuten kann, es sei das Gedicht nach der Herabkunft und Verurteilung Christi entstanden und es werde nur die Lüge verbreitet, als ob die Verse eine alte Prophezeiung der Sibylle seien. (3) Es ist allgemein bekannt, dass Cicero auf das Gedicht gestoßen ist und es ist in die lateinische Sprache übersetzt und seinen Schriften eingefügt hat3; dieser aber wurde ermordet, als Antonius die Gewalt an sich gerissen hatte; denn Antonius überwältigte wiederum Augustus, der 56 Jahre regierte. Auf diesen folgte dann Tiberius, und erst zu dessen Zeit erstrahlte die Gegenwart des Erlösers, verbreitete sich das Geheimnis seiner heiligen Religion und erstand die neue Nachkommenschaft des Volkes, von dem, wie ich glaube, (4) der Fürst der italischen Dichter4 singt: „Darauf wird eine neue Schar von Menschen dem Erdkreis sich zeigen“ (Verg., ecl. 4,7) Und wiederum an einer anderen Stelle der Bucolica: „Lasst von großer Kunde uns singen, sizilische Musen!“ (4,1) Was ist deutlicher als dies? Er fügte hinzu: „Schon ist ans Ende gelangt der Spruch des Orakels von Cyme“, (4,4) mit der Cumäerin meint er offenbar die Sibylle. (5) Und er begnügte sich nicht damit, sondern er ging noch weiter, als ob die Not ein Zeugnis von ihm verlangte. Wie sprach er also? „Wieder erhebt sich für uns eine heilige Folge der Zeiten; wieder auch kehrt die Jungfrau, die bringt den lieblichen König!“ (4,5 f.) (6) Wer ist nun wohl die Jungfrau, die wiederkehrt? Nicht etwa jene, die voll und schwanger des göttlichen Geistes geworden ist? (Lk 1,35) Und was hindert daran, dass die Jungfrau, die mit dem göttlichen Geiste schwanger geht, allezeit Jungfrau ist und bleibt? Wiederkehren wird sie aber zum zweiten Male, wenn auch der Gott zum zweiten Male kommt, um den ganzen Erdkreis aufzurichten5. (7) Und der Dichter fügt hinzu:

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

„Strahlender Mond, begrüße das neugeborene Kind, das eine goldene Zeit an Stelle des eisernen Alters spendet der Welt! Denn unter seiner Gewalt wird Heilung jeglicher Wunde, gelindert wird das Leid der armen sündigen Menschheit“ (4,8–14). (8) Wir erkennen da, dass dies deutlich und dunkel zugleich in allegorischer Weise ausgesprochen ist; denn denen, die tiefer die Bedeutung der Verse zu erforschen suchen, wird die Gottheit Christi vor Augen geführt, (9) doch verhüllt der Dichter die Wahrheit, damit keiner von den Machthabern in der Kaiserstadt ihn beschuldigen könne, als schreibe er gegen die väterlichen Gesetze und als wolle er die alten Satzungen der Vorfahren über die Götter ausrotten. Er wusste nämlich, glaube ich, von der seligen und nach dem Erlöser benannten Lehre; um aber der wilden Grausamkeit auszuweichen, lenkte er den Geist seiner Zuhörer auf die ihnen vertrauten Vorstellungen hin und sagte, man müsse dem neugeborenen Kinde Altäre errichten, Tempel bauen und Opfer darbringen.

Nr. 174 Hieronymus, epistula 70,2.4–5 (2) Am Schluss Deines Briefes1 stellst du die Frage, warum wir in unseren Werken zuweilen Beispiele aus der Profanliteratur anführen und so den Glanz der Kirche durch den Schmutz des Heidentums besudeln. Darauf sollst Du eine kurze Antwort erhalten. … Wo der Apostel bei den Athenern in der Kurie des Mars (Areopag) disputiert, beruft er sich auf Arat (Phaenom. 5) als Zeugen, wenn er sagt: „Wir sind von seinem Geschlecht“ (Apg 17,28). Der griechische Text sagt: „tou gar kai genos esmen; er bildet den Abschluss eines Hexameters. Aber hierbei bleibt der Führer des christlichen Heeres und der unbesiegte Anwalt Christi nicht stehen. Wo er dessen Sache vertritt, kehrt er eine Inschrift, die er zufällig an einem Altar wahrnimmt, in einen Beweis für den Glauben um. Denn er hatte von dem wahren David gelernt, den Gegnern die Waffen aus ihren Händen zu entwinden und das Haupt des stolzen Goliath mit dessen eigenem Schwert abzutrennen (1 Sam 17,50 f.). (4) Gehen wir einmal die einzelnen Schriftsteller durch!2 Quadratus, ein Schüler der Apostel und Bischof der Kirche zu Athen3, hat dem Kaiser Hadrian, als er die eleusischen Mysterien besuchte, eine Schrift zur Verteidigung unseres Glaubens übergeben. Sie erregte in dem Maß die allgemeine Bewunderung, dass seine außergewöhnliche Begabung das Ende dieser sehr schweren Verfolgung herbeiführte. Der Philosoph Aristides, ein Meister des Wortes überreichte dem gleichen Kaiser eine Apologie zugunsten der Christen, die

III. Das Bemühen um Argumente

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aus Aussprüchen der Philosophen zusammengestellt war. Ähnlich wie er machte es später Justin, der selbst Philosoph war. Er richtete an Antoninus Pius, dessen Söhne und an den Senat ein „Buch gegen die Heiden“ und verteidigte hierin die Schmach des Kreuzes und verkündete mit allem Freimut die Auferstehung Christi. Ich könnte noch Melito, den Bischof von Sardes, Apollinaris, einen Priester der Kirche von Hierapolis, Dionysius, den Bischof der Korinther, Tatian, Bardesanes und Irenäus, den Nachfolger des Märtyrers Pothinus, anführen, die in zahlreichen Büchern dargelegt haben, welches der Ursprung der einzelnen Irrlehren ist, auf welche Philosophen als ihre Quelle sie sich zurückführen lassen. Pantänus, ein Anhänger der stoischen Philosophie, wurde wegen seiner hervorragenden Gelehrsamkeit von Demetrius, dem Bischof von Alexandrien, nach Indien gesandt, um bei den Brahmanen und Philosophen dieses Landes Christus zu verkünden. Clemens, ein Priester der alexandrinischen Kirche, meines Erachtens der Gelehrteste von allen, verfasste acht Bücher Stromateis und ebenso viele unter dem Titel Hypotyposen, ein weiteres Buch gegen die Heiden4 und drei Bücher, die er „Erzieher“ nannte. Was wäre in seinen Schriften auch nur im entferntesten unwissenschaftlich? Was sie bieten, ist gleichsam das Herzblut der Philosophie. Ihn nahm sich Origenes zum Vorbild, der zehn Bücher Stromateis verfasste5. In ihnen verglich er die Anschauungen der Christen mit denen der Philosophen und untermauerte alle Lehren unserer Religion mit Stellen aus Platon und Aristoteles, aus Numenius und Cornutus. Auch Miltiades schrieb ein hervorragendes Werk gegen die Heiden; ferner haben Hippolyt und Apollonius, ein Senator der Stadt Rom, eigene Schriften verfasst. Außerdem gibt es die Bücher des Julius Africanus, der die Geschichte seiner Zeit schrieb, und des Theodor, der später Gregor genannt wurde, ein Mann, der es an Wundern und Machttaten den Aposteln gleichtat. Weiter erwähne ich Dionysius, den Bischof von Alexandrien, Anatolius, einen Bischof der Kirche von Laodicea, dann die Priester Pamphilus, Pierus, Luctanus, Malchon, die Bischöfe Eusebius von Cäsarea, Eustathius von Antiochien, Athanasius von Alexandrien, Eusebius von Emesa, Triphyllus von Cypern, Asterius von Skythopolis und den Bekenner Serapion, zuletzt den Bischof Titus von Bostra sowie die Kappadokier Basilius, Gregor und Amphilochius. Sie alle haben ihre Schriften so sehr mit Lehren und Ausführungen der Philosophen gespickt, dass man nicht mehr weiß, was man an ihnen mehr bewundern soll, die eingehende Kenntnis der Profanliteratur oder die Vertrautheit mit der Hl. Schrift. (5) Ich komme nun zu den Lateinern. Wer war gelehrter, wer war scharfsinniger als Tertullian? Sein Apologeticum und seine Bücher gegen die Heiden6 enthalten die gesamte Profanwissenschaft. Minucius Felix, der auf dem römischen Forum als Anwalt wirkte, hat in seinem Buch Octavius und in dem

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

anderen gegen die Astrologen7 – vorausgesetzt, dass die Aufschrift den Verfasser richtig angibt – nichts aus der heidnischen Literatur unerwähnt gelassen. Arnobius hat sieben Bücher gegen die Heiden veröffentlicht und ebenso viele sein Schüler Lactanz, der außerdem zwei Bücher über den Zorn und über das Schöpfungswerk Gottes schrieb. Wenn du sie lesen willst, dann wirst du in ihnen einen Auszug aus Ciceros Dialogen wieder erkennen. Mag auch den Büchern des Märtyrers Victorinus8 die gründliche Gelehrsamkeit abgehen, so ist doch der Wille, wissenschaftlich zu sein, vorhanden. Mit welcher Knappheit, mit welch umfangreicher Geschichtskenntnis, mit welchem Glanz der Sprache und der Gedanken hat nicht Cyprian bewiesen, dass die Götzenbilder keine Götter sind!9 Hilarius, ein Bekenner und Bischof aus meiner Zeit, nahm sich, was Stil und Zahl der Bücher angeht, Quintilian zum Vorbild. In einem kleinen Büchlein gegen den Arzt Dioscurus hat er gezeigt, wie sehr er in der Literatur zu Hause ist. Der Priester Juvencus, ein Zeitgenosse Konstantins, hat das Leben unseres Herrn und Erlösers in Versen dargestellt und sich nicht gescheut, die Erhabenheit des Evangeliums unter die Gesetze der Metrik zu beugen. Von den übrigen, die in ihren Schriften gezeigt haben, dass sie die profane Literatur gebrauchen konnten und gebrauchen wollten, will ich schweigen, mögen sie nun tot sein oder noch leben.

Nr. 175 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 1,127 Die Ärzte bereiten wirksame Medikamente aus giftigen Tieren, selbst aus Vipern, gewisse Teile tun sie beiseite, das Restliche kochen sie auf, um damit viele Kranke zu heilen. Ebenso halten auch wir es: Wir haben die Werke eurer Dichter, eurer Historiker und eurer Philosophen zur Hand genommen; das Schädliche lassen wir beiseite, das Restliche bereiten wir durch unsere didaktische Kenntnis auf und bieten euch ein Gegenmittel an. Wir beweisen, dass sogar diejenigen, die ihr für unsere Gegner haltet, unsere Lehren verteidigen, und wir zeigen, dass sie Lehrer des Glaubens sind1.

IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis Eine unvoreingenommene Prüfung ihrer Argumente, wie sie die Apologeten von den Adressaten ihrer Werke erwarteten (Nr. 12–13, 20, 26–27), blieb häufig aus, da Rechthaberei (Nr. 176–177), Selbstgenügsamkeit (Nr. 178) und eingewurzelte Überzeugungen (Nr. 169, 176) eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben verhinderten. Daher thematisierten die

IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis

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Apologeten häufig die moralischen Voraussetzungen einer objektiven Würdigung des Christentums, ohne die ein Dialog nicht gelingen konnte.

Nr. 176 Origenes, contra Celsum 1,52.71 52 Rechthaberei und Voreingenommenheit lassen Menschen nur schwer selbst evidenten Tatsachen ins Angesicht blicken, um nicht Ansichten aufgeben zu müssen, an die sie sich irgendwie gewöhnt und die ihre Seele imprägniert und modelliert haben. Lieber dürfte wohl ein Mensch Gewohnheiten in anderen Bereichen aufgeben, auch wenn er sich nur schwer von ihnen trennen mag, als jene, die in den Bereich der Ansichten gehören. Indessen geben diejenigen, die sich daran gewöhnt haben, nicht einmal jene Dinge gern auf. Wer davon eingenommen ist, will sich daher nicht gern von Häusern, Städten, Dörfern oder vertrauten Menschen trennen. … 71 Dann sagt dieser Mensch, der wegen seiner Gottlosigkeit und erbärmlichen Lehre, wenn ich so sagen darf, gottverhasst ist, mit einer Schmähung gegen Jesus: „Dies waren die Taten eines gottverhassten Menschen und erbärmlichen Zauberers.“ … warum soll man zur Verteidigung einem Menschen etwas entgegnen, der zwar glaubwürdige Argumente verspricht, aber meint, hierbei Schmähungen und Verleumdungen gegenüber Jesus gebrauchen zu sollen, der als erbärmlicher Mensch und Zauberer hingestellt wird. Ein solches Vorgehen charakterisiert einen Menschen, der nicht Beweise erbringt, sondern sich von einem primitiven und unphilosophischen Affekt fortreißen läßt. Er hätte den Sachverhalt darlegen, ihn objektiv untersuchen und nach Kräften die Einwände formulieren müssen, die ihm dazu einfielen.

Nr. 177 Cyprian, ad Demetrianum 1 Wenn du1 dich ereifertest und gegen Gott, der der Eine und Wahre ist, mit frevlerischem Mund und in ruchlosen Worten dich ergingst, dann hatte ich dich, Demetrianus, unbeachtet gelassen, da ich es für ehrenhafter und besser hielt, die Unkenntnis des Irrenden stillschweigend zu übersehen, als durch Worte die Wut des Verblendeten noch mehr zu provozieren. Und das tat ich nicht, ohne durch die göttliche Lehre dazu ermächtigt zu sein; denn es steht geschrieben: „Dem Toren sage nichts in die Ohren, damit er nicht, wenn er es hört, deine verständigen Reden verlache“ (Spr 23,9), und wiederum: „Antworte dem Toren nicht nach seiner Torheit, damit du ihm nicht ähnlich

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2. A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung

wirst!“ (Spr 26,4). Es wird uns ja auch befohlen, das Heilige in unserem Innersten zu behalten und nicht den Schweinen und Hunden zum Zertreten hinzuwerfen, wenn der Herr mahnend spricht und sagt: „Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht vor die Schweine, damit sie sie nicht mit ihren Füßen zertreten!“ (Mt 7,6) Denn da du oft mehr in der Absicht zu widersprechen als mit dem Wunsch zu lernen zu mir kamst und lieber deine Ansichten mit schreiender Stimme mir unverschämt aufdrängen als unsere Gedanken ruhig anhören wolltest, so schien es mir unangebracht, mit dir zu streiten, da es leichter und müheloser wäre, die erregten Wogen des stürmischen Meeres durch lauten Zuruf zur Ruhe zu zwingen, als deine Unbeherrschtheit durch sachliche Verhandlungen zu zügeln. Sicherlich ist es doch vergebliche Arbeit und ein erfolgloses Bemühen, dem Blinden Licht, dem Tauben Worte, dem Unvernünftigen Weisheit zu bieten, da weder der Unvernünftige zu denken noch der Blinde Licht aufzunehmen noch der Taube zu hören vermag. Nr. 178 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 1,1–6; 2,5 1 Wenn es eine Heilbehandlung für den Leib gibt, dann gibt es auch eine für die Seele, denn dem einen wie der anderen widerfahren zahlreiche Übel, unfreiwillig für diesen, meist selbstverschuldete für jene. 2 Daher hat Gott, der dies sehr wohl wusste, da er allweise und der Schöpfer der Seelen und Leiber ist, beiden Naturen geeignete Heilmittel zugewiesen und tatsächlich sogar teils auf den Leib, teils auf die Seele spezialisierte Ärzte eingesetzt und ihnen aufgetragen, gegen die Krankheiten zu kämpfen und sie zu besiegen. 3 Die sich nun aber körperlich nicht wohl fühlen, über ihre Krankheit unwillig sind und nach Gesundheit verlangen, überlassen sich den Ärzten, nicht nur wenn sie angenehme Heilmittel darreichen, sondern auch wenn sie schneiden, brennen, Diät auferlegen müssen und bittere und unangenehme Getränke verabreichen. Haben sie einmal durch solch eine strenge Behandlung die Gesundheit erlangt, dann entrichten sie denen das Honorar, die sie so geheilt haben. Sie nehmen die Therapie an, ohne sich dabei um die Zubereitung der Medikamente zu kümmern. Denn Heilung wollen sie, nicht die Methode ergründen. 4 Die hingegen den Makel des Unglaubens an sich tragen, verkennen nicht nur die Schwere ihrer Krankheit, sondern bilden sich ein, das größte Glück zu genießen. Wenn aber jemand von denen, die dies zu behandeln verstehen, dem Leiden ein wirksames Heilmittel verabreichen wollte, entziehen sie sich sofort wie Geisteskranke, weisen die ihnen angebotene Therapie von sich, fliehen vor der Heilung als sei es die Erkrankung. 5 Indessen müssen die Ex-

IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis

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perten die schwierigen Personen ertragen und ihre Beleidiger aushalten, selbst wenn sie mit Fäusten schlagen und mit Füßen treten. Denn so aggressiv gebärden sich die Verrückten. Die Ärzte sind in solchen Fällen nicht entrüstet, sondern legen Fesseln an, benetzen mit Gewalt die Köpfe und denken sich jede Methode aus, um die Krankheit zu vertreiben und dem Ganzen die frühere Harmonie der einzelnen Organe zurückzugeben. 6 Dies müssen auch wir tun und uns nach Kräften um solche Menschen kümmern. Denn auch wenn es recht Wenige sind, die dem Leiden unterworfen sind und einem dicken Bodensatz gleichen, der wegen seiner Dicke nicht durch die Poren eines Filters gelangt, so darf man sie dennoch nicht vernachlässigen oder darüber hinwegsehen, wie sie von der Krankheit zugrunde gerichtet werden; vielmehr muss man nach jedem Mittel suchen, um das auf ihnen lastende Dunkel zu vertreiben und den Glanz des geistigen Lichtes zu zeigen. 2,5 Was sie hindert, das Dunkel von ihren Augen zu vertreiben, ist das Leiden der Selbstgenügsamkeit. Sie meinen nämlich, die Wahrheit besser als alle anderen zu kennen, da sie in den Lehren der angesehensten Personen aufgezogen wurden; sie wollen auch nicht einsehen, dass sich die Meeresfische in einem Wasser entfalten, das so salzig wie möglich ist, dass sie aber dennoch Salz zur Zubereitung benötigen.

B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument I. Die Moralität der Christen 1) Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Immoralität Die frühesten Diffamierungen der Christen bezogen sich hauptsächlich auf sittliche Verfehlungen während ihrer Kultfeiern (Nr. 185–187). Die Verbreitung solcher Gerüchte wurde durch Unkenntnis, Argwohn gegen Geheimbünde, Missverständnisse liturgischer Riten, die Übertragung antijüdischer Polemik auf die Christen sowie die Verwechslung mit libertinistischen Sekten der Gnostiker gefördert. Die Apologeten begegneten diesem Vorwurf mit dem Argument, er sei bislang unbewiesen (Nr. 181, 185), oder lenkten ihn in Form einer rhetorischen retorsio, gestützt auf das Belegmaterial von Mythos, Theater und Zirkus, auf die Heiden oder ihre Götter selbst zurück (Nr. 182, 186, 188). Schilderungen der Integrität des christlichen Lebenswandels erhielten einen festen Platz in den Apologien (Nr. 179, 184–185). Neben den Nachweis faktischer Schuldlosigkeit trat das Bemühen, die Vorwürfe argumentativ zu entkräften, indem ihr Widerspruch zur christlichen Glaubenslehre und Lebenspraxis aufgezeigt wurde (Nr. 181, 185). Mit dem Verweis auf den theonomen Charakter der christlichen Moralität und die vor Gott abzulegende Rechenschaft für das eigene Leben begründeten die Apologeten ihren Anspruch, dass das Ethos der Christen strengeren Maßstäben und höheren Ansprüchen folge als die Lebenspraxis ihrer heidnischen Zeitgenossen (Nr. 181, 185).

Nr. 179 Aristides, apologia 15,4–12 (4) Sie (die Christen) begehen nicht Ehebruch und Unzucht, legen kein falsches Zeugnis ab, unterschlagen kein hinterlegtes Gut, begehren nicht, was ihnen nicht gehört, ehren Vater und Mutter, erweisen ihren Nächsten Gutes und richten gerecht. (5) Götzen in Menschengestalt beten sie nicht an; und was sie nicht wollen, dass es ihnen andere tun, das tun auch sie niemandem; von der Speise der Götzenopfer essen sie nicht, denn sie sind rein. Denen, die ihnen Unrecht zufügen, reden sie ins Gewissen und machen sie sich zu

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Freunden, während sie den Feinden Gutes zu erweisen bemüht sind. (6) Ihre Frauen, mein Kaiser, sind rein wie Jungfrauen und ihre Töchter anständig. Ihre Männer enthalten sich jedes ungesetzlichen Verkehrs und aller Lasterhaftigkeit, in der Hoffnung der künftigen Vergeltung, die sie in der anderen Welt erwartet. Die Sklaven und Sklavinnen aber oder die Kinder, die Einzelne von ihnen haben mögen, überzeugen sie aus Liebe zu ihnen, Christen zu werden. Und wenn sie es geworden sind, nennen sie sie ohne Unterschied Brüder. (7) Die fremden Götter beten sie nicht an. Sie wandeln in aller Demut und Freundlichkeit; Lüge findet man bei ihnen nicht. Sie lieben einander. Die Witwen missachten sie nicht, die Waise beschützen sie vor dem, der sie misshandelt. Wer hat, gibt neidlos dem, der nicht hat. Wenn sie einen Fremden sehen, führen sie ihn unter ihr Dach und freuen sich über ihn wie über einen wirklichen Bruder. Denn sie nennen sie nicht Brüder dem Leib nach, sondern im Geist und in Gott. (8) Wenn aber einer von ihren Armen aus der Welt scheidet und ihn irgendeiner von ihnen sieht, so sorgt er nach Kräften für sein Begräbnis. Und wenn sie hören, dass einer von ihnen wegen des Namens ihres Christus gefangen oder bedrängt ist, so sorgen alle für seinen Bedarf und befreien ihn, wenn möglich. (9) Und wenn bei ihnen jemand bedürftig oder arm ist und sie über nichts Überflüssiges verfügen, so fasten sie zwei bis drei Tage, damit sie den Bedürftigen den Bedarf an Nahrung decken. (10) Die Gebote ihres Christus beachten sie gewissenhaft, indem sie anständig und gerecht leben, wie der Herr ihr Gott ihnen befohlen hat. Jeden Morgen und zu allen Stunden sagen sie ihm Dank für alle Speise, den Trank und die übrigen Güter. (11) Und wenn ein Gerechter von ihnen aus der Welt scheidet, so freuen sie sich und danken Gott und geben seinem Leichnam das Geleit, als zöge er von einem Ort zu einem anderen. Und wenn einem von ihnen ein Kind geboren wird, so loben sie Gott; und wenn es schon in seiner Kindheit stirbt, so loben sie Gott überaus, ist es doch ohne Sünde aus der Welt geschieden. Und wenn sie wiederum sehen, wie einer von ihnen in seiner Gottlosigkeit und seinen Sünden stirbt, so weinen sie über ihn bitter und seufzen, da er ja im Begriff ist, zur Strafe hinzugehen. (12) Das, mein Kaiser, ist das Gebot des Gesetzes der Christen und ihre Lebensführung.

Nr. 180 Justin, 1 apologia 16,8 Die nun, bei denen man entdeckt, dass sie nicht so leben, wie er es gelehrt hat, sollen nicht als Christen anerkannt werden, auch wenn sie mit der Zunge die Lehre Jesu bekennen. Er hat nämlich gesagt, dass nicht die gerettet werden, die nur reden, sondern die, die auch die Werke vollbringen.

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Nr. 181 Athenagoras, legatio 3; 12; 31; 35–36 3 (1) Drei Vorwürfe erhebt man gegen uns: Atheismus, thyesteische Mahlzeiten, ödipodeische Verbindungen1. Sollte dies aber wahr sein, so schont keine Menschenklasse, schreitet gegen die Verbrechen ein, rottet uns mit Frauen und Kindern bis auf die Wurzel aus, wenn denn ein Mensch wirklich nach Art von Tieren leben sollte! Doch auch die Tiere berühren ihre Verwandten nicht und paaren sich nach dem Gesetz der Natur und nur zu einer bestimmten Zeit, um für Nachkommen zu sorgen, nicht nach Belieben; sie kennen aber auch ihre Wohltäter. Wenn nun jemand wilder als die Tiere ist, welche Strafe wird dieser wohl für solche Ungeheuerlichkeiten verdienen, um angemessen gezüchtigt zu sein? (2) Wenn aber diese Dinge nur Erfindungen und haltlose Verleumdungen sind – denn nach dem Gesetz der Natur ist die Schlechtigkeit der Tugend entgegengesetzt, und die Gegensätze bekämpfen einander nach göttlichem Gesetz – und wenn ihr selbst Zeugen dafür seid, dass wir keines dieser Verbrechen begehen, indem ihr nur fordert, dass wir den Glauben nicht bekennen, dann bleibt es noch eure Aufgabe, eine Untersuchung über unseren Lebenswandel, unsere Lehren, unsere Ergebenheit und unseren Gehorsam gegenüber euch, eurem Haus und eurer kaiserlichen Herrschaft durchzuführen und somit uns nicht mehr entgegenzukommen als denjenigen, die uns verfolgen. Denn wir werden sie besiegen, indem wir für die Wahrheit entschlossen sogar unser Leben hingeben. 12 (1) Würden wir uns denn so rein bewahren, wenn wir nicht glaubten, dass Gott über der Menschheit walte? Kaum; da wir vielmehr überzeugt sind, dass wir Gott, der uns und die Welt erschaffen hat, für unser ganzes Leben hier auf Erden einst Rechenschaft ablegen müssen, entscheiden wir uns für ein Leben der Mäßigung, Menschenfreundlichkeit, Zurückhaltung, im Glauben, dass uns hier auf Erden, selbst wenn man uns das Leben nimmt, kein Übel widerfahren wird, das vergleichbar wäre mit den Gütern, die wir dort für unser sanftmütiges, menschenfreundliches und anständiges Leben von dem großen Richter erhalten werden. (2) Platon (Gorg. 523c–524a) sagte, Minos und Rhadamanthys würden die Bösen richten und strafen2; wir sagen, selbst wenn ein Minos, ein Rhadamanthys oder deren Vater existiert, wird nicht einmal dieser dem Gericht Gottes entgehen. (3) Denn gibt es noch Leute, die dieses Leben nach der Devise auffassen: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen müssen wir sterben“ (1 Kor 15,32); den Tod betrachten sie als tiefen Schlaf und vollständiges Vergessen: „Schlaf und Tod sind Zwillingsbrüder“ (Hom., Il. 14,231; 16,672). Solche gelten als fromme Menschen!3 Wir dagegen sind Menschen, die dieses Erdenleben für unbedeutend und gering halten, die sich ausschließlich von dem Ver-

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langen leiten lassen, den wahren Gott und seinen Logos zu erkennen, zu wissen, worin die Einheit des Sohnes mit dem Vater besteht, worin die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohn besteht, was der Geist ist, worin deren Vereinigung und die Unterscheidung der Geeinten besteht, das heißt des Geistes, des Sohnes, des Vaters; wir wissen, dass das Leben, das uns erwartet, noch viel besser ist, als es sich mit Worten ausdrücken lässt, sofern wir uns von jedem Unrecht rein gehalten haben; wir sind bis zu einem solchen Grad menschenfreundlich, dass wir nicht nur die Freunde lieben; – „wenn ihr nur liebt, die euch lieben, und nur denen leiht, die euch leihen, welchen Lohn werdet ihr dann erhalten?“, heißt es (Mt 5,46). Von dieser Art sind wir also und ein solches Leben führen wir, um dem Gericht zu entgehen. Zweifelt man da an unserer Frömmigkeit? (4) Dieses Kleine aus dem Großen, dieses Wenige aus dem Vielen soll genügen, um euch nicht zu lange aufzuhalten. Denn auch wer Honig oder Molken prüft, prüft anhand eines kleinen Teils das Ganze, ob das Ganze Qualität besitzt. 31 (1) Ferner bringen sie gegen uns das Gerücht gottloser Mähler und Verbindungen auf, einerseits um sich einzureden, uns mit gutem Grund zu hassen, andererseits, weil sie der Meinung sind, dass sie uns durch Einschüchterung von unserer Lebensweise abbringen oder durch die Außergewöhnlichkeit der Anklagen die Beamten streng und unerbittlich machen können. Sie begehen da nur einen dummen Scherz gegenüber Menschen, die wissen, dass der Kampf der Schlechtigkeit gegen die Tugend ein Phänomen ist, das schon uralt ist, nicht erst in der Gegenwart auftritt und einem göttlichen Gesetz und Plan folgt. (2) So wurde auch Pythagoras zusammen mit dreihundert Gefährten im Feuer verbrannt, Heraklit und Demokrit wurden vertrieben, der eine aus der Stadt Ephesus, der andere aus der Stadt Abdera, des Wahnsinns angeklagt; auch Sokrates verurteilten die Athener zum Tode. So wenig aber die öffentliche Meinung den Grad der Tugend jener Menschen beeinträchtigte, so wenig wirft die unkritische Verleumdung seitens gewisser Leute einen Schatten auf die Rechtschaffenheit unseres Lebens, denn bei Gott stehen wir in gutem Ansehen. Aber trotzdem will ich auch diesen Vorwürfen begegnen. (3) Für euch habe ich mich freilich schon durch meine bisherigen Ausführungen, wie ich weiß, selber verteidigt. Denn da ihr alle an Einsicht übertrefft, wisst ihr, dass diejenigen, deren Leben sich an Gott wie an einer Richtschnur orientiert, damit ein jeder von uns schuldlos und untadelig vor ihm sei, niemals auf den Gedanken auch nur der geringsten Sünde kommen werden. (4) Wären wir nämlich überzeugt, dass es nur das Leben hier auf Erden gebe, dann könnte man uns verdächtigen, zu sündigen, indem wir Sklaven von Fleisch und Blut sind und der Gewinnsucht oder Begierde unterliegen. Da wir aber wissen, dass Gott Tag und Nacht über unsere Gedanken und Worte wacht, das Innerste unseres Herzens sieht, da er selber ganz Licht

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

ist, und da wir ferner überzeugt sind, dass wir, haben wir einmal dieses Leben hier auf Erden verlassen, ein anderes führen werden, entweder ein besseres als das gegenwärtige, ein himmlisches, kein irdisches, insofern wir bei Gott und mit Gott sein werden, durch nichts mehr in der Seele bewegt und beirrt, wo wir nicht mehr Fleisch sein werden, obwohl wir es behalten, sondern himmlischer Geist, oder, wenn wir mit den anderen zusammen fallen, ein schlechteres, und zwar im Feuer – denn Gott hat uns nicht wie Herdenvieh oder Zugtiere erschaffen, als Nebensache, dass wir umkommen und verschwinden –; angesichts dessen ist es unwahrscheinlich, dass wir bewusst Schlechtes tun und uns selber der Bestrafung des großen Richters ausliefern. 35 (1) Welcher Verständige könnte also behaupten, dass wir, Leute mit solchen Prinzipien, Menschenmörder seien? Menschenfleisch essen kann man ja nur, wenn man zuvor jemanden getötet hat. (2) Wenn sie also im ersten Fall lügen, so lügen sie auch im zweiten. Fragt man sie, ob sie gesehen haben, was sie sagen, dann ist niemand so dreist zu behaupten, er habe es gesehen. (3) Indessen haben wir auch Sklaven, die einen mehr, die anderen weniger, vor denen man nichts verheimlichen kann. Doch auch von diesen hat niemand gegen uns solche Dinge auch nur erlogen. (4) Von denen man nämlich weiß, dass sie es nicht ertragen, selbst eine gerechte Tötung auch zur anzusehen, wer könnte diese des Menschenmordes oder Menschenfraßes bezichtigen? Wer findet nicht weniger Gefallen an den Gladiatorenspielen und Tierkämpfen, insbesondere an denen, die ihr veranstaltet?4 (5) Da wir also der Ansicht sind, dass es keinen großen Unterschied macht, ob man bei einer Tötung zusieht oder selber umbringt, haben wir das Anschauen solcher Szenen verboten. Wie sollten wir also töten können, die wir es nicht einmal mit ansehen wollen, um uns nicht mit Blutschuld und Frevel zu besudeln? (6) Wie sollten wir, die behaupten, dass die Frauen, die Medikamente zur Abtreibung nehmen, einen Menschen töten, und sich einmal vor Gott für die Abtreibung verantworten müssen, selber Menschen töten können? Es wäre doch inkonsequent zu denken, der Embryo sei ein Lebewesen und deswegen Gegenstand göttlicher Fürsorge, ihn aber dann, wenn er zur Welt gekommen ist, zu töten und die Aussetzung des Neugeborenen zu verbieten, weil Kindesaussetzung einer Kindestötung gleich kommt, es dann aber, wenn es herangewachsen ist, umzubringen. Im Gegenteil, wir sind in jeder Hinsicht und in allen Punkten konsequent und mit uns selbst in Einklang, denn wir dienen der Vernunft anstatt sie zu unterwerfen. 36 (1) Wer erst, der an eine Auferstehung glaubt, könnte sich für Leiber, die einst auferstehen sollen, zum Grab machen? Denn es wäre wieder nicht konsequent, von der Auferstehung unserer Leiber überzeugt zu sein und diese zu verzehren, als ob sie nicht auferstehen sollten, oder zu glauben, dass die Erde ihre Toten wieder hervorgebe, dass aber diejenigen nicht zurückgefordert

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werden, die man in sich selbst begraben hat. (2) Es ist im Gegenteil wahrscheinlich, dass diejenigen, die glauben, dass sie sich nicht für ihr irdisches Leben, sei es gut oder schlecht, einst verantworten müssen, der Ansicht sind, dass es keine Auferstehung gebe, dass auch die Seele zusammen mit dem Leben zugrunde gehe und sozusagen mit ihm erlischt, sich von nichts zurückhalten lassen werden. Die dagegen überzeugt sind, dass bei Gott nichts ungeprüft bleiben wird und der Leib, der den unvernünftigen Trieben und Begierden der Seele gedient hat, ebenfalls bestraft werden wird, begehen logischerweise auch nicht die geringste Verfehlung. (3) Wenn man es aber für völliges Geschwätz hält, dass der verweste, aufgelöste und vergangene Leib wieder zusammenkommt, so würden wir doch wegen der Ungläubigen keinen schlechten Ruf verdienen, sondern höchstens als naiv gelten dürfen. Denn mit der Lehre, wodurch wir eine Selbsttäuschung begehen, fügen wir doch niemandem Unrecht zu! … Nr. 182 Tatian, oratio 25,5 Was tun wir euch zu Leide, ihr Griechen? Warum hasst ihr die, die dem Wort Gottes folgen, als ob wir von grässlicher Blutschuld befleckt wären? Bei uns gibt es keine Menschenfresserei. Trotz all eurer Bildung seid ihr falsche Zeugen. Bei euch wird Pelops den Göttern zum Mahl zubereitet, obwohl er der Liebling Poseidons war, und Kronos verschlingt seine Söhne, und Zeus verschluckt die Metis1. Nr. 183 Theophilus, ad Autolycum 3,4,1 Ich bräuchte unsererseits nämlich auch diese Dinge nicht zu widerlegen, wenn ich nicht sähe, dass du jetzt im Zweifel bist über die Lehre der Wahrheit. Denn obwohl du klug bist, erträgst du Dummköpfe gern, sonst hätten dich unverständige Menschen nicht dazu gebracht, dass du dich durch leere Worte verführen und durch voreingenommenes Gerücht überzeugen ließest. Gottlose Zungen verleumden uns, die wir gottesfürchtig sind und Christen genannt werden, indem sie behaupten, dass unsere Frauen allen gemeinsam gehören und in ihrem Leben unterschiedslos mit allen Geschlechtsverkehr haben, ja dass wir sogar mit unseren eigenen Schwestern verkehren und, was das gottloseste und grauenvollste von allem ist, dass wir Menschenfleisch anrühren.

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Nr. 184 Diognet-Brief 5–6 5 (1) Die Christen unterscheiden sich weder durch Land noch durch Sprache noch durch Sitten von den übrigen Menschen. (2) Denn sie bewohnen nirgends eigene Städte, bedienen sich nicht irgendeiner abweichenden Sprache und führen kein auffallendes Leben. (3) Ihre Lehre wurde nicht durch irgendeinen Einfall oder die Bemühung vielgeschäftiger Menschen erfunden, noch vertreten sie eine menschliche Lehre wie so viele andere. (4) Sie wohnen zwar in den Städten der Griechen und der Barbaren, wie es einen jeden traf, und sie fügen sich den Sitten des Landes in Kleidung, Speise und übriger Lebensart, zeigen aber zugleich die erstaunliche und anerkannterweise paradoxe Beschaffenheit ihrer Lebensweise. (5) Sie wohnen im eigenen Vaterland, jedoch nur wie Beisassen (Eph 2,19; 1 Petr 2,11), sie haben an allem Anteil wie Bürger, und erdulden doch alles wie Fremdlinge1. Jegliche Fremde ist ihnen Heimat, und jegliche Heimat Fremde. (6) Sie heiraten wie alle, zeugen Kinder, setzen aber das Neugeborene nicht aus. (7) Sie halten gemeinsam Tisch, das Bett jedoch teilen sie nicht2. (8) Sie weilen im Fleisch, leben aber nicht nach dem Fleisch (1 Kor 10,3). (9) Sie verbringen ihr Dasein auf Erden, haben aber ihre Heimat im Himmel (Phil 3,20). (10) Sie gehorchen den erlassenen Gesetzen und überbieten durch ihre Lebensart die Gesetze. (11) Sie lieben alle und werden doch von allen verfolgt. (12) Man kennt sie nicht und verurteilt sie doch; sie werden dem Tod überliefert und dadurch zum Leben gebracht (2 Kor 6,9). (13) Sie sind arm und machen doch viele reich (2 Kor 6,10). An allem leiden sie Mangel und haben doch an allem Überfluss (Phil 4,12). (14) Sie werden verachtet und bei aller Verachtung doch geehrt. Sie werden gelästert und erweisen sich doch als gerecht. (15) Sie werden beschimpft und sie segnen (1 Kor 4,12). Sie werden verspottet und erweisen doch die Ehre. (16) Sie tun Gutes und werden dafür wie Übeltäter bestraft. Wenn sie bestraft werden, freuen sie sich wie Menschen, die lebendig gemacht werden. (17) Sie werden von den Juden als stammesfremd bekämpft und von den Griechen verfolgt; aber den Grund ihrer Feindschaft können die Hasser nicht nennen. 6 (1) Um es kurz zu sagen: Was die Seele im Leib ist, das sind die Christen in der Welt. (2) Denn die Seele ist über alle Glieder des Leibes ausgestreut, und die Christen sind es über alle Städte der Welt. (3) Die Seele wohnt zwar im Leib, doch stammt sie nicht vom Leib3; auch die Christen bewohnen die Welt, sind aber nicht von der Welt (Joh 17,11.14.16). (4) Die unsichtbare Seele wird im sichtbaren Leib aufbewahrt; auch bei den Christen erkennt man zwar, dass sie in der Welt sind, unsichtbar aber bleibt ihre Religion. (5) Das Fleisch hasst die Seele und bekämpft sie, ohne dass ihm Unrecht geschah,

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weil sie es hindert, sich Lüsten hinzugeben; ebenso hasst auch die Welt die Christen, die ihr kein Unrecht taten, weil sie den Lüsten entgegentreten. (6) Die Seele liebt das Fleisch, obwohl es sie hasst, und die Glieder; und auch die Christen lieben die, die sie hassen. (7) Die Seele wird zwar im Leib eingeschlossen, doch ist sie es, die den Leib zusammenhält; auch die Christen sind auf Erden wie in einem Gefängnis gehalten, aber sie sind es, die die Welt zusammenhalten4. (8) Unsterblich wohnt die Seele in einer sterblichen Behausung, und auch die Christen wohnen als Beisassen im Vergänglichen, auf das Unvergängliche im Himmel harrend. (9) Schlecht versorgt mit Speise und Trank, wird die Seele besser; auch die Christen werden täglich mehr an Zahl, indem sie gestraft werden. (10) In eine so hohe Stellung hat Gott sie gesetzt; sie haben kein Recht, diese zu verlassen.

Nr. 185 Tertullian, apologeticum 3,1–3; 7,1–2.4–5; 8,1–5; 38,1; 39,1–7; 44,2–45,3; 46,2–3 3 (1) Und warum überlassen sich viele geschlossenen Auges dem Hass gegen diesen Namen so weit, dass sie, auch wenn sie jemandem von uns ein gutes Zeugnis ausstellen müssen, ihm doch zugleich den Namen zum Vorwurf machen?1 „Gaius Seius“, heißt es da, „ist ein anständiger Mann – abgesehen davon, dass er Christ ist.“ Ebenso sagt ein anderer: „Ich wundere mich, dass Lucius Titius, ein so intelligenter Mann, plötzlich Christ geworden ist.“ Niemand denkt darüber nach, ob nicht deshalb Gaius anständig und Lucius intelligent ist, weil er Christ ist, oder ob er deshalb Christ ist, weil er intelligent und anständig ist. (2) Man lobt, was man kennt, man tadelt, was man nicht kennt, und das, was man kennt, greift man an mit dem, was man nicht kennt, während es richtiger wäre, das Verborgene vom Offenkundigen her vorgreifend zu beurteilen, als dieses wegen des Verborgenen im voraus zu verwerfen. Andere rechnen jenen, die sie vor der Annahme des christlichen Namens als unstet, erbärmlich, charakterlos kannten, eben das als Fehler an, was sie loben müssen; in ihrem blinden Hass verrennen sie sich in das Urteil: „Was für eine Frau! Wie freizügig sie war, wie ausgelassen! Was für ein junger Mann! Wie liebte er Luxus und Frauen! Nun sind sie Christen geworden.“ So wird ihrer Besserung der Name zum Vorwurf gemacht. 7 (1) Man sagt, wir seien die größten Verbrecher wegen des rituellen Kindermordes, der daraus bereiteten Speise und wegen des dem Mahl folgenden Inzestes; durch das Umstürzen der Leuchter würden die Hunde – offensichtlich die Kuppler der Dunkelheit – dafür sorgen, dass die frevelhaften Ausschweifungen mit allem Anstand vonstatten gingen2. (2) Man sagt es jedoch

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immer nur, ohne dass ihr Interesse zeigt, das, was man solange schon sagt, einmal zu untersuchen. Also untersucht es entweder, falls ihr es glaubt, oder aber glaubt es nicht, wenn ihr es nicht untersucht! Euer eigenes ständiges Hinwegsehen berechtigt zu der Einrede, dass gar nicht wahr ist, was ihr auch selbst nicht zu untersuchen wagt. … (4) Täglich werden wir ausspioniert, täglich verraten, sehr häufig mitten in unseren Versammlungen und Zusammenkünften überfallen. (5) Wer wäre dabei jemals auf solch ein wimmerndes Kind gestoßen? Wer hätte die blutigen Kyklopen- und Sirenenmäuler3 so, wie er sie fand, für den Richter aufbewahrt? Wer hätte da an verheirateten Frauen die geringsten unreinen Spuren entdeckt? Wer hätte solche Untaten, nachdem er sie einmal gefunden hat, verheimlichen können oder sich abkaufen lassen, wenn er die Personen selbst doch vor Gericht zog? 38 (1) Ebenso hätte man auch nicht in etwas freundlicherer Weise unsere Gemeinschaft unter die illegalen Organisationen einreihen dürfen4, da sie nichts von dem verübt, was man von illegalen Organisationen gewöhnlich befürchtet. 39 (1) Ich will nun selbst die Praktiken der christlichen „Organisation“ darlegen, um zunächst zu widerlegen, dass sie schlecht sind, dann zu zeigen, dass sie gut sind. Eine Körperschaft5 bilden wir durch die gemeinsame religiöse Überzeugung, durch die Einheit unserer Lehre, durch den Bund unserer Hoffnung. (2) Wir versammeln uns gemeinschaftlich, um Gott gleichsam in geschlossenem Trupp im Gebet mit Bitten zu bestürmen. Solch eine Gewaltsamkeit ist Gott willkommen. Wir beten auch für die Kaiser, für ihre Beamten und die Mächtigen, für den Bestand der Welt, für allgemeine Ruhe, für Aufschub des Endes. (3) Wir versammeln uns zur Lesung der göttlichen Schriften, wenn die augenblickliche Lage Weisungen für die Zukunft oder Erklärungen der Vergangenheit verlangt. Zumindest geben wir unserem Glauben mit den heiligen Worten Nahrung, richten unsere Hoffnung empor, festigen unsere Zuversicht und stärken gleichermaßen unsere Lehre durch Einschärfung der Gebote. (4) Ebenda ist auch der Ort für Ermahnungen, für Bestrafungen und für die Prüfung im Namen Gottes. Denn es wird auch gerichtet mit großem Ernst – wir wissen dabei Gottes Augen auf uns ruhen –, und höchste Vorwegnahme des künftigen Gerichtes ist es, wenn jemand so schwer gesündigt hat, dass er von der Teilnahme am gemeinsamen Gebet, an den Zusammenkünften und jeglichem heiligen Verkehr ausgeschlossen wird. (5) Den Vorsitz führen jeweils Ältere, die sich bewährt und diesen Ehrenplatz nicht durch Geld, sondern durch das Zeugnis ihres Lebens erlangt haben; auch sonst ist ja nichts, was Gottes ist, für Geld erhältlich. Auch wenn es eine Art Kasse gibt, wird sie nicht aus Antrittsgeldern wie bei euren Ämtern zusammengebracht, so als wäre die Religion käuflich. Eine bescheidene Spende steuert jeder einzelne bei an einem bestimmten Tag im Monat oder wenn er will und falls er überhaupt will und falls er überhaupt kann. Denn niemand

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wird gezwungen, sondern man gibt freiwillig. (6) Dies ist gewissermaßen das Depot der Frömmigkeit. Denn davon wird nichts für Schmausereien und Trinkgelage oder unnütze Fresswirtschaften ausgegeben, sondern für den Unterhalt und das Begräbnis Armer, für Jungen und Mädchen, die kein Geld und keine Eltern mehr haben, und für alt gewordene Diener, ebenso für Schiffbrüchige und für jene, die in Bergwerken oder die auf Inseln oder in Gefängnissen – vorausgesetzt sie sind dort wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft Gottes – zu Schützlingen ihres Bekenntnisses werden. (7) Doch gerade die so handelnde Liebe brandmarkt uns in den Augen mancher. „Seht“, sagen sie, „wie sie einander lieben“ – sie selbst nämlich hassen sich einander – „und wie sie füreinander zu sterben bereit sind“ – sie selbst nämlich wären eher einander umzubringen bereit. … 44 (2) So viele Verbrecher werden euch unter verschiedenen Anklagepunkten zur Untersuchung vorgeführt: wer dort als Mörder erscheint, wer als Taschendieb, wer als Tempelschänder oder als Verführer oder als Baderäuber, wer von denen wird zugleich als Christ bezeichnet? Oder aber wenn die Christen unter ihrem Namen vor Gericht gezogen werden, wer von ihnen ist dann in solcher Weise schuldig wie all jene Verbrecher? (3) Aus euren Reihen stammen alle die, von denen der Kerker überquillt, alle die, von deren Seufzen die Bergwerke widerhallen, alle die, mit denen die Tiere der Arena gefüttert werden, alle die, aus denen die Veranstalter der Spiele ihre Verbrecherherden mästen. Keiner, der dort ist, ist Christ, es sei denn eben nur Christ – oder aber, wenn er auch noch etwas anderes ist, so ist er nicht mehr Christ. 45 (1) Wir allein also sind unschuldig! Was wundert euch das, wenn es so sein muss? Und in der Tat muss es so sein. Die Unschuld hat Gott uns gelehrt; daher kennen wir sie vollkommen, denn sie ist von einem vollkommenen Lehrer offenbart, und daher wahren wir sie treu, denn sie ist von einem Richter auferlegt, den niemand missachten darf. (2) Euch aber hat nur menschliches Ermessen die Unschuld überliefert, ebenso menschliche Gewalt sie befohlen; daher besitzt ihr weder eine allumfassende noch so furchtgebietende Lehre, die zur wahren Unschuld führt. Ebenso weit reicht die Klugheit des Menschen, das Gute vor Augen zu stellen, wie seine Autorität, es zu erzwingen; ebenso leicht lässt sich die eine täuschen wie die andere missachten. (3) Und was ist umfassender, zu sagen: „Du sollst nicht töten“, oder zu lehren: „Du sollst nicht einmal zürnen“? (Mt 5,21). Was ist vollkommener, Ehebruch zu verbieten, oder auch schon der bloßen Begehrlichkeit der Augen zu wehren? (Mt 5,27). Was ist die bessere Erziehung, eine böse Tat oder schon ein böses Wort zu untersagen? (Mt 5,22). Was ist die bessere Unterweisung, Unrechttun nicht zuzulassen oder nicht einmal Vergeltung für empfangenes Unrecht zu dulden? (Mt 5,38). … 46 (2) Doch wenn einem jeden auch unsere Wahrheit handgreiflich vor Augen tritt, so will doch die Ungläubigkeit – auch

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wenn sie den guten Charakter unserer Gemeinschaft einsehen muss, der durch Umgang und Austausch deutlich geworden ist – diese Gemeinschaft nicht für ein göttliches Werk halten, sondern eher für eine Art Philosophie. „Zu denselben Haltungen“, sagt man, „fordern auch die Philosophen auf und bekennen sich dazu, zu Unschuld, Gerechtigkeit, Geduld, Nüchternheit, Keuschheit.“6 (3) – Nun, warum werden wir dann, wenn wir der Lehre nach mit ihnen verglichen werden, nicht auch auf eine Stufe mit ihnen gestellt, was die Erlaubtheit und Straflosigkeit der Lehre betrifft?

Nr. 186 Minucius Felix, Octavius 8,4–9,6; 30,1–4 8 (4) (Caecilius:) Aus dem untersten Abschaum der Gesellschaft sammeln sich da die Ungebildeten und die leichtgläubigen Frauen, die wegen der Schwäche ihres Geschlechtes leicht zu beeinflussen sind; sie bilden eine gemeine Verschwörerbande, die sich in nächtlichen Zusammenkünften, bei regelmäßigem Fasten und unmenschlicher Speise nicht im Kult, sondern im Verbrechen verbrüdert; eine obskure, lichtscheue Brut, stumm in der Öffentlichkeit, nur in den Winkeln geschwätzig; Tempel verachten sie, als wären es Grabmäler, vor den Göttern speien sie aus und verlachen die heiligen Opfer; selbst bemitleidenswert, schauen sie – darf man das überhaupt erwähnen? – mitleidig auf unsere Priester herab; selbst halbnackt, verachten sie Ämter und Würden1. Welch unfassliche Dummheit, welch unglaubliche Frechheit! (5) Sie achten gegenwärtige Foltern für nichts, weil sie ungewisse in der Zukunft fürchten; weil sie Angst haben, nach dem Tod zu sterben, fürchten sie jetzt das Sterben nicht2. So sehr täuscht und tröstet sie die trügerische Hoffnung auf eine Auferstehung über jede Angst hinweg. 9 (1) Und da das Böse immer besonders üppig gedeiht, wuchert dieser Sittenverfall Tag um Tag weiter über den ganzen Erdkreis hin, mehren sich die abscheulichen Kultstätten dieser gottlosen Sekte. Ganz und gar verfluchen und ausrotten sollte man diese Bande! (2) Sie erkennen sich an geheimen Zeichen und Merkmalen und lieben einander, noch ehe sie sich kennen. Ohne Unterschied verkehren sie alle sexuell miteinander in einer Art Kult der Begierden; sie nennen einander unterschiedslos Brüder und Schwestern, so dass die bei ihnen übliche Unzucht durch den Gebrauch eines so heiligen Wortes sogar zum Inzest wird. So verherrlicht ihr sinn- und gehaltloser Aberglaube noch seine Schandtaten. (3) Wenn dem nicht auch etwas Wahres zugrunde läge, würde die scharfsichtige öffentliche Meinung wohl kaum über diese Leute so verschiedene ungeheuerliche Dinge berichten, für deren bloße Erwähnung man schon um

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Entschuldigung bitten muss. Hört man doch, dass sie den Kopf des schändlichsten Tieres, eines Esels, aus ich weiß nicht was für einem Wahn heraus als heiligen Gegenstand verehren. Ein Kult, würdig solcher Sitten und wie für ihn geschaffen3. (4) Andere wiederum berichten, dass sie sogar die Genitalien ihres eigenen Vorstehers und Priesters anbeten, um so symbolisch die Zeugungskraft ihres Schöpfers zu verehren4. Das mag vielleicht ein falscher Verdacht sein, immerhin passt er gut zu ihren nächtlichen Geheimriten. Und wenn es heißt, dass im Mittelpunkt ihrer Zeremonien ein für seine Verbrechen mit der härtesten Todesstrafe bestrafter Mensch samt den todbringenden Kreuzeshölzern steht5, dann werden damit diesen verlorenen, verbrecherischen Menschen eben die Altäre zugeschrieben, die zu ihnen passen, so dass sie verehren, was ihnen selbst gebührt. (5) Und dann erst die Gerüchte, die man sich über ihre Initiationsriten erzählt! Verabscheuungswürdig ist es und nur zu bekannt. Um die Ahnungslosen zu täuschen, bedeckt man ein Kind mit Teig und legt es dem vor, der in ihren Mysterien eingeweiht wird. Dieses Kind wird von dem Neophyt durch Wunden getötet, die dem Auge verborgen bleiben; er selbst hält, durch die Teighülle getäuscht, die Stiche für unschädlich. Das Blut dieses Kindes – welch furchtbarer Frevel! – lecken sie gierig auf und verteilen mit wahrem Wetteifer noch die zerstückelten Glieder. Durch dieses Opfer also und durch die Mitwisserschaft verbrüdern sie sich und verpflichten sich zu gegenseitigem Stillschweigen. Schlimmer als jede Schändung der Religion sind Riten solcher Art. (6) Auch über ihr Mahl weiß man Bescheid6; man spricht allgemein davon, und die Rede unseres Mannes aus Cirta ist ein weiteres Zeugnis dafür7. An Festtagen versammeln sich sie zum Gelage, mit all ihren Kindern, Schwestern und Müttern, Menschen beiderlei Geschlechts und jeglichen Alters. Ist dann nach vielen Gängen die Tischgesellschaft erhitzt und in der Trunkenheit die Glut unzüchtiger Begierde erwacht, wird ein Hund, der an einen Leuchter gebunden ist, durch vorgeworfene Bissen, die außerhalb der Reichweite seiner Leine fallen, zu ungestümen Sprüngen gereizt. Ist so das verräterische Licht umgestoßen und ausgelöscht, dann stürzen sie sich schamlos im Schutz der Dunkelheit in unerhörter Gier in die Umschlingungen, wie der Zufall es gerade bringt. Und wenn auch nicht durch die Tat, so sind sie doch durch die Mitwisserschaft alle gleichermaßen des Inzestes schuldig; denn was auch immer sich bei den Handlungen der einzelnen ereignen mag, es liegt ja in dem Wunsch aller. 30 (1) (Octavius:) Nun möchte ich mich aber einmal mit dem auseinandersetzen, der behauptet oder glaubt, dass wir unsere Einweihung durch das Blut eines ermordeten Kindes empfangen würden8. Wie kannst du denn auch nur annehmen, dass es möglich sei, dass einem so zarten, winzigen Körper

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Todeswunden zuzufügen? Dass jemand das frische Blut eines Neugeborenen, das noch kaum Mensch ist, mordend verspritzt oder gar schlürft? Niemand kann so etwas glauben, außer, wer es selbst fertig bringt. (2) Ich sehe vielmehr euch, wie ihr eure eigenen neugeborenen Kinder bald wilden Tieren und Vögeln aussetzt, bald durch Erwürgen eines elenden Todes sterben lasst. Und es gibt Frauen, die im eigenen Leib den Keim des künftigen Menschen durch Einnahme von Gift zum Absterben bringen; sie begehen Kindesmord, noch ehe sie gebären. (3) Und auch diese Dinge stammen aus der Schule eurer Götter! Saturn hat ja seine Kinder nicht etwa nur ausgesetzt, er hat sie aufgefressen. Dementsprechend wurden ihm denn auch mit Fug und Recht in manchen Teilen Afrikas von Eltern die eigenen Kinder geopfert9, wobei man mit Liebkosungen und Küssen ihr Wimmern unterdrückte, um nicht ein schluchzendes Opfer darzubringen. (4) Bei den pontischen Tauriern, bei Busiris10, dem Ägypter, war es ritueller Brauch, Fremdlinge zu opfern, die Gallier pflegen dem Merkur menschliche, nein, oder vielmehr, unmenschliche Opfer darzubringen. Römischer Opferbrauch war es, einen Griechen und eine Griechin, einen Gallier und eine Gallierin lebendig einzugraben11, ja sogar heute noch wird Jupiter Latiaris von den Römern durch ein Menschenopfer verehrt12. Sie mästen ihn, wie es denn auch so recht für den Sohn des Saturn passt, mit dem Blut eines verbrecherischen Bösewichts. Nr. 187 Origenes, contra Celsum 6,27.40 27 … Als man anfing, das Christentum zu lehren, haben die Juden versucht, diese Lehre in Verruf zu bringen, indem sie sagten, die Christen opferten ein kleines Kind und äßen sein Fleisch; und wiederum, die Anhänger dieser Lehre löschten, um Werke der Finsternis zu begehen, die Lichter aus, ein jeder triebe Unzucht mit der Ersten, auf die er stieße. So absurd diese Verleumdung auch war, hat sie so doch einstmals auf Unzählige Eindruck gemacht und die dem Christentum Fernstehenden überzeugt, die Christen wären wirklich solche Menschen; und selbst jetzt noch gibt es Leute, die sich dadurch täuschen und aus diesem Grund davon zurückhalten lassen, mit Christen in Kontakt zu treten, sei es auch nur durch ein einfaches Gespräch. 40 Darauf scheint mir Celsus etwas Ähnliches zu tun wie diejenigen Leute, die aus großem Hass auf die Christen gegenüber Menschen, die überhaupt nichts vom Christentum wissen, fest versichern, sie hätten aufgrund eigener Erfahrung bemerkt, dass die Christen Fleisch von kleinen Kindern verspeisen und hemmungslos mit den Frauen, die bei ihnen sind, geschlechtlichen Umgang haben. Denn wie diese Behauptungen schon von den meisten Men-

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schen, die unserer Religion völlig fremd gegenüberstehen, als Verleumdungen gegen die Christen verurteilt werden, so dürften sich auch solche Äußerungen des Celsus als Verleumdung erweisen, wo er gesagt hat, er habe bei „einigen Priestern“ unseres Glaubens „Bücher gesehen, in denen fremdländische Namen von Dämonen und Zauberformeln standen“; und er hat behauptet, diese – nämlich die Priester unseres Glaubens – würden „nichts Nützliches verheißen, sondern nur lauter Schaden für die Menschen“. Wenn doch alles, was Celsus gegen die Christen sagt, von dieser Art wäre, damit es von den meisten Menschen widerlegt werden könnte! Denn sie würden aufgrund eigener Erfahrung begreifen, dass solche Äußerungen Lügen sind, da sie mit sehr vielen Christen zusammengelebt und nichts dergleichen über sie auch nur gehört haben. Nr. 188 Laktanz, divinae institutiones 3,27,1–3; 5,10,15–18 3,27 (1) Was also? Schreiben sie denn nichts Ähnliches vor? Ja, sehr vieles sogar, und häufig kommen sie der Wahrheit nahe, doch haben jene Vorschriften keinerlei Nachdruck, weil sie von Menschen stammen und keine höhere, das heißt göttliche Autorität besitzen. (2) Niemand schenkt daher Glauben, weil der, der es hört, ebenso Mensch zu sein meint, wie es derjenige ist, der dies vorschreibt. (3) Außerdem gibt es bei ihnen keinerlei Gewissheit, nichts, was aus einem Wissen stammt; da im Gegenteil alles auf Vermutungen beruht, sogar vieles Gegensätzliche und Unterschiedliche vorgetragen wird, wäre es Zeichen eines überaus naiven Menschen, ihren Weisungen gehorchen zu wollen, von denen man zweifelt, ob sie wahr oder falsch sind; und daher gehorcht niemand, weil niemand aufs Ungewisse hin sich abmühen will1. 5,10 (15) Auch ist es nicht schwer zu erklären, weshalb die Verehrer der Götter nicht gut und gerecht sein können. Wie sollen denn diejenigen sich des Blutvergießens enthalten, die blutbefleckte Götter wie Mars und Bellona2 verehren? Wie sollen diejenigen ihre Eltern schonen, die Jupiter verehren, der seinen Vater vertrieb, oder diejenigen ihre eigenen Kinder, die Saturn3 verehren? Wir sollen diejenigen ihre Sittsamkeit bewahren, die eine nackte und ehebrecherische Göttin verehren, sozusagen eine Prostituierte bei den Göttern?4 (16) Wie sollen diejenigen sich der Räuberei und Betrügerei enthalten, die um die Diebstähle eines Merkur wissen, der lehrt, dass Täuschen nicht Betrug, sondern Schlauheit sei? Wie sollen diejenigen ihre Begierden zügeln, die Jupiter, Herkules, Liber, Apollon und die Übrigen verehren, deren Ehebrüche und Schändungen von Männern und Frauen nicht nur den Gebildeten bekannt sind, sondern auch im Theater dargestellt und besungen werden, um allen noch bekannter zu werden?

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(17) Kann es unter solchen Umständen gerechte Menschen geben, die, selbst wenn sie von Natur aus gut sind, dennoch von den Göttern selbst zur Ungerechtigkeit erzogen werden?5 Denn um die Gottheit, die man verehren soll, gnädig zu stimmen, bedarf es solcher Handlungen, von denen man weiß, dass sie daran Freude und Gefallen findet. (18) So geschieht es, dass eine Gottheit das Leben ihrer Verehrer entsprechend der Qualität ihres göttlichen Charakters prägt, da die Nachahmung der Kult ist, der die tiefste Religiosität ausmacht6. Nr. 189 Julian, Caesares 336 A–B … Jesus trieb sich dort1 herum und rief allen Leuten zu: „Wer ein Sittenverderber, wer ein Meuchelmörder, wer ein Verfluchter, wer ein Schandkerl ist, der komme ohne Scheu zu mir. Denn indem ich ihn mit diesem Wasser hier wasche, werde ich ihn sofort rein machen. Und wenn einer dieselbe Schuld erneut auf sich lädt, werde ich ihm, sofern er sich an die Brust schlägt und sich das Haupt rauft, erneut rein werden lassen.“

Nr. 190 Julian, contra Galilaeos frg. 59 Dass aber nicht nur die jetzigen Christen, sondern auch die ältesten, die zuerst die Lehre von Paulus annahmen, so gewesen sind1, ergibt sich klar aus dem, was Paulus selbst bezeugt, wenn er ihnen schreibt. Denn er ist meines Erachtens doch nicht so unverschämt gewesen, dass er, ohne sich dessen sicher zu sein, ihnen in einem Briefe diesbezüglich so schwerwiegende Vorwürfe gemacht hätte. Auch wenn er große Lobessprüche über diese Leute niederschreibt, so müsste man vor solchen Vorwürfen doch erröten, sollten auch die Lobessprüche wahr sein; sind diese aber falsch und ungegründet, so müsste man sich verstecken, um den Eindruck zu vermeiden, in maßlose Schmeichelei und unwürdige Speichelleckerei zu geraten. Folgendes aber sind die Worte des Paulus über seine Anhänger, die er an diese selbst richtet: „Lasst euch nicht verführen! Weder Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Weichlinge, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden am Reich Gottes Anteil erhalten. Und ihr wisst wohl, Brüder, dass auch ihr solche gewesen seid; aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt im Namen Jesu Christi“ (1 Kor 6,9–11). Siehst du, wie Paulus sagt, auch diese seien so gewesen, sie seien aber geheiligt und abgewaschen, denn das Wasser, das bis zur Seele dringen

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werde, habe die Fähigkeit, den Schmutz zu entfernen und zu reinigen? Die Taufe schafft keinen Aussatz des Aussätzigen fort, keine Flechten, keinen Ausschlag, keine Warzen, kein Podagra, keine Ruhr, keine Wassersucht, keinen Nietnagel, kein großes oder kleines leibliches Übel – Hurerei und Räuberei aber, kurz alle Vergehen der Seele sollte sie tilgen?

2) Der moralische Wahrheitsbeweis zugunsten des Christentums Im Hintergrund dieses Argumentes steht die Überzeugung, dass der Wahrheitsanspruch einer Lehre sich an den Auswirkungen auf die Lebenspraxis prüfen lasse. Der Vergleich des Lebenswandels vor und nach der Bekehrung zum Christentum (Nr. 191, 194, 196), des Verhaltens von Heiden und Christen (Nr. 192), der biblischen und pagan-philosophischen Schriften unter dem Aspekt ihrer moralischen Konsequenzen (Nr. 193–195) diente dem Nachweis, dass die Wahrheit des Christentums auch anhand der aus dem Glauben resultierenden Praxis aufgezeigt werden könne.

Nr. 191 Justin, 1 apologia 14,2–3 (2) Hatten wir früher an unzüchtigen Dingen Gefallen, so schätzen wir jetzt allein die Sittsamkeit; praktizierten wir Künste der Magie, so haben wir uns selber jetzt dem guten und ungezeugten Gott geweiht; liebten wir Geld und Besitz über alles, so stellen wir jetzt, was wir haben, der Allgemeinheit zur Verfügung und teilen jedem Bedürftigen davon mit. (3) Hassten und mordeten wir einander und ließen wir die, die nicht zu unserem Stamm gehören, wegen der Lebensformen nicht in die Hausgemeinschaft ein, so teilen wir nun nach dem Erscheinen Christi das Leben miteinander, beten für die Feinde, versuchen die, die uns zu Unrecht hassen, zu überzeugen, dass auch sie nach Christi schönen Weisungen leben und voller Hoffnung sind, zusammen mit uns dieselben Güter von dem allherrschenden Gott zu erlangen.

Nr. 192 Athenagoras, legatio 11,1–4 (1) Dass ich unsere Lehre detailliert darlege, möge euch nicht befremden. Denn ich gehe deswegen ins Detail, damit Ihr euch nicht von der unvernünftigen öffentlichen Meinung mit fortreißen lasst, sondern Einblick in die Wahr-

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heit bekommt. Schon durch die bloßen Lehrsätze, an denen wir festhalten – diese kommen eben nicht von Menschen, sondern sind göttliche Aussprüche und Unterweisungen –, können wir euch überzeugen, dass wir keine Atheisten sind. (2) Welches sind also unsere Lehren, in denen wir erzogen werden? „Ich sage euch: Liebt eure Feinde, segnet, die euch verfluchen, betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder werdet des Vaters in den Himmeln, der seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute und regnen lässt über Gerechte und Ungerechte“ (Mt 5,44 f.). (3) Gestattet an dieser Stelle, da diese Lehre weithin hörbar mit lautem Schall ergangen ist, von der Redefreiheit Gebrauch zu machen, da ich vor Philosophen-Herrschern meine Verteidigung vortrage. Welche unter denen, die die Syllogismen analysieren und die äquivoken Ausdrücke lösen und die Etymologien erhellen oder die Homonyme und die Synonyme, die Prädikate und die Axiome, die Substanz und das Attribut erklären und dabei versprechen, ihre Schüler durch diese und ähnliche Lehren glücklich zu machen, besitzen eine solche Reinheit der Seele, dass sie ihre Feinde nicht hassen, sondern sogar lieben und denen, die ihnen zuerst eine Beleidigung zugefügt haben, nicht Übles nachreden, was schon sehr maßvoll wäre, sondern sie sogar segnen und für die, die ihnen nach dem Leben trachten, sogar beten? Im Gegenteil, sie sind ständig damit beschäftigt, in böser Absicht die genannten Geheimnisse zu ergründen und wollen stets etwas Böses vollbringen, da sie sich kunstvolles Spiel mit Worten, nicht aber den Aufweis von Taten zur Aufgabe gemacht haben. (4) Bei uns dagegen könnt Ihr ungebildete Leute, Handwerker und alte Frauen finden, die zwar nicht imstande sind, argumentativ die Nützlichkeit ihrer Lehre darzulegen, aber praktisch den Wert ihrer Grundsätze aufzeigen. Denn nicht auswendig gelernte Worte sagen sie her, sondern eine gute Lebenspraxis zeigen sie vor: geschlagen nicht zurück zu schlagen, ausgeraubt nicht zu prozessieren, den Bittenden zu geben, die Mitmenschen wie sich selbst zu lieben.

Nr. 193 Origenes, contra Celsum 1,18; 2,79; 3,42 1,18 Wir könnten ihn auffordern, Bücher mit Büchern zu vergleichen, und sagen: Bring doch, mein Bester, die Gedichte des Linus, Musaius, Orpheus sowie die Schrift des Pherekydes1, und konfrontiere sie mit den Gesetzen des Mose, indem du Geschichten mit Geschichten, Sittenlehren mit Gesetzen und Anordnungen vergleichst. Dann sieh, welche besser imstande sind, die Hörer unverzüglich zu verwandeln, und welche von ihnen den Zuhörer sogar verderben können. …2 2,79 Der Jude3 schließt daraufhin all dies mit der Bemerkung über Jesus ab:

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„Jesus war also ein Mensch, und zwar von der Art, wie es die Wahrheit selbst an den Tag bringt und die Vernunft nachweist.“ Ich weiß nicht, ob ein Mensch, wenn er sich entschlossen hat, seine Religion und Lehre in der ganzen Welt zu verbreiten, imstande ist, seinen Plan ohne göttliche Hilfe auszuführen und allen, die sich der Ausbreitung seiner Lehre widersetzen – Königen, Feldherren, dem römischen Senat sowie Herrschern und Völkern auf der ganzen Erde – überlegen werden kann. Wie kann auch eine menschliche Natur, wenn sie nichts Stärkeres in sich hat, eine so gewaltige Menge bekehren? Es wäre nicht erstaunlich gewesen, wenn es nur die Verständigen gewesen wären; aber es waren auch die völlig Unvernünftigen, Sklaven ihrer Leidenschaften, die sich aufgrund ihrer Unvernunft nur recht schwer zu größerer Besonnenheit wandeln. Weil aber Christus Kraft Gottes und Weisheit des Vaters war, deswegen hat er dieses vollbracht und vollbringt es noch, auch wenn es Juden und Griechen nicht wollen, die seiner Lehre keinen Glauben schenken. Wir werden daher nicht aufhören, entsprechend den Unterweisungen Jesu an Gott zu glauben und uns für die Bekehrung derer einzusetzen, die in religiöser Hinsicht blind sind, auch wenn die wahrhaft Blinden uns schmähen, als ob wir blind seien, und Juden oder Griechen, die ihre Anhänger verführen, uns vorwerfen, dass wir die Menschen verführen. Es ist schon eine schöne Verführung, wenn aus zügellosen Menschen besonnene werden sollen oder solche, die in Richtung Besonnenheit Fortschritte machen, aus ungerechten Menschen gerechte oder solche, die in Richtung Gerechtigkeit Fortschritte machen, aus Unverständigen Verständige oder solche, die auf dem Weg zur Einsicht sind, aus Furchtsamen, Untauglichen und Unmännlichen Tapfere und Standhafte, die dies insbesondere in den Kämpfen erweisen, die sie wegen der Ehrfurcht vor Gott, dem Schöpfer des Universums, auf sich nehmen. … 3,42 … Celsus sagt daher weiterhin über die Umwandlung des Leibes Jesu: „Aber hat er einmal dieses Fleisch abgelegt, wird er dann folglich ein Gott geworden sein? Warum denn nicht eher Asklepios, Dionysos und Herakles?“4 Darauf wollen wir entgegnen: Was haben denn Asklepios oder Dionysos oder Herakles ebenso Großes vollbracht? Um Götter zu werden, welche Personen werden sie vorweisen können, die sie durch ihr Wort und Leben moralisch gebessert und voran gebracht haben? Wir wollen die vielen Geschichten, die von ihnen handeln, lesen und sehen, ob sie frei waren von Zügellosigkeit, Ungerechtigkeit, Unbesonnenheit oder Feigheit. Und wenn sich nichts Derartiges bei ihnen finden sollte, dann hätte das Argument des Celsus, der die Genannten mit Jesus auf eine Stufe stellt, Gewicht. Wenn aber klar ist, dass abgesehen von einigen wenigen ehrenhaften Handlungen, die man über sie erzählt, Aufzeichnungen über zahllose andere Handlungen existieren, die sie

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entgegen der rechten Vernunft vollbracht haben, wie willst du noch vernünftigerweise behaupten, dass diese weit eher als Jesus Götter geworden seien, nachdem sie den sterblichen Körper abgelegt hatten?

Nr. 194 Laktanz, divinae institutiones 3,26,1–13 Was also jene als Forderung der Natur erkannten, aber weder selbst tun konnten noch sahen, dass es von den Philosophen geleistet werden könne, das bewirkt die göttliche Lehre, weil sie die einzige Weisheit ist1. (2) Werden jene irgend jemanden überzeugen können, wenn sie sich selbst nicht überzeugen konnten? Oder werden sie jemandes Leidenschaften zügeln können, den Zorn beschwichtigen, die Begierde hemmen, wenn sie selbst den Lastern unterliegen und noch dazu verkünden, dass die Natur stärker ist? (3) Was aber in den Seelen der Menschen einfache und wahrhafte Gebote Gottes ausrichten können, zeigt die tägliche Erfahrung. (4) Gib mir einen Menschen, der jähzornig, lästernd, zügellos ist; mit wenigen Worten Gottes werde ich ihn friedlich wie ein Lamm machen. (5) Gib mir einen Begierigen, Habsüchtigen, Geizigen; bald werde ich ihn dir zu einen freigebigen Menschen machen, der das Geld mit vollen Händen verteilt! (6) Gib mir einen, der Schmerz und Tod fürchtet; bald wird er die Kreuzigung, das Feuer und den Stier des Perillus2 verachten! (7) Gib mir einen Ausschweifenden, Ehebrecher, Prasser; und du wirst ihn bald maßvoll, keusch und enthaltsam sehen. (8) Gib mir einen Grausamen und Blutdürstigen; bald verwandelt sich seine Raserei in reine Milde. (9) Gib mir einen Ungerechten, Unbesonnenen und einen Sünder; sogleich wird er gerecht, umsichtig und unschuldig sein. Ein gewisses Bad reinigt nämlich von jeglicher Schlechtigkeit. (10) So groß ist die Stärke der göttlichen Weisheit, dass sie, in die Herzen der Menschen eingeflößt, die Unwissenheit, die Mutter der Vergehen, mit einem einzigen Angriff hinaustreibt. Um dies zu erreichen, bedarf es keiner Bezahlung, keiner Bücher, keiner beschwerlichen Nachtarbeit. (11) Ohne Aufwand geschieht das, leicht, schnell, wenn nur die Ohren offen sind und die Herzen nach Weisheit dürsten. Niemand habe Scheu! Wir verkaufen kein Wasser, noch vermieten wir die Sonne gegen Bezahlung. Die überreiche und volle göttliche Quelle ist offen für alle, und das göttliche Licht geht über alle auf, die Augen haben. (12) Hat schon einmal irgendein Philosoph das vollbracht oder kann er es vollbringen, auch wenn er es wollte? Diejenigen, die ihre Lebenszeit beim Studium der Philosophie vergeudeten, können weder einen anderen noch sich selbst bessern, wenn die Natur auch nur ein wenig Widerstand leistet. Daher ist es schon sehr viel, wenn ihre Weisheit die Verfehlungen nicht beseitigt, sondern

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verbirgt. (13) Die wenigen Gebote Gottes aber verwandeln den ganzen Menschen und machen aus einem alten einen neuen, so dass man gar nicht erkennt, ob es noch derselbe Mensch ist.

Nr. 195 Augustinus, de civitate Dei 2,4.6–7 4 Zunächst muss man fragen, warum ihre Götter nie sich darum kümmern wollten, sie vor Sittenlosigkeit zu bewahren. Mit Recht nimmt der wahre Gott sich derer nicht an, die ihn nicht verehren. Aber jene Götter, an deren Verehrung diese äußerst undankbaren Menschen sich beschweren gehindert zu werden, warum haben sie ihre Verehrer durch keinerlei Gesetze unterstützt, gut zu leben? Es wäre jedenfalls angemessen gewesen, dass, wie die Verehrer sich um die Opfer der Götter, so die Götter sich um die Werke der Verehrer gekümmert hätten. Doch man entgegnet, dass jeder aus eigenem Willen böse ist. Wer bestreitet das? Aber dennoch wäre es Sache treu sorgender Götter gewesen, den sie verehrenden Völkern Vorschriften für ein gutes Leben nicht vorzuenthalten, sondern in klarer Verkündigung darzubieten, dass sie durch ihre Seher an die Sünder herangetreten wären und sie ermahnt hätten, dass sie den Übeltätern öffentlich Strafen angedroht und den Rechtschaffenden Belohnungen verheißen hätten. Wann wäre jemals solch eine Stimme in den Tempeln jener Götter klar und vernehmbar zu hören waren? … 6 Daher kommt es, dass jene Gottheiten sich um Lebensführung und Sitten der Staaten und Völker, die sie verehrten, nicht kümmerten. Ohne abschreckendes Verbot, ließen sie es zu, dass über ihre Verehrer die furchtbarsten, entsetzlichsten Übel hereinbrachen, Übel, die nicht etwa Acker und Weinberg, Haus und Vermögen oder auch den Leib, der dem Geist unterworfen ist, sondern den Gebieter des Leibes, die Seele selber trafen. Und zwar in einer Fülle, dass sie völlig verdorben wurden. Oder sollten sie es doch gehindert haben, müssten man es uns aufzeigen und nachweisen. Doch soll man uns nicht die heimlichen Einflüsterungen rühmen, die einigen wenigen ins Ohr geraunt und als heiliges Geheimwissen anvertraut sein mögen1, die Rechtschaffenheit und Keuschheit lehrten, sondern man zeige uns irgendwie oder nenne uns Stätten, die irgendwann einmal zu Zusammenkünften geweiht waren, bei denen nicht Schauspiele mit anstößigen Worten und Gebärden von Komödianten aufgeführt, auch nicht mit entfesselter Schändlichkeit „Fluchtfeste“2 gefeiert wurden – wirklich Fluchtfeste, bei den Scham und Ehrbarkeit entflohen –, wo vielmehr die Völker zu hören bekamen, dass die Götter gebieten, Habgier zu zügeln, Ehrgeiz zu bändigen, Genussucht einzuschränken, wo die Unglücklichen lernen konnten, was Persius (sat. 3,66–72) so eindringlich zu

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lernen empfiehlt: „Lernt, ihr Unglücklichen, und erkennt die Gründe der Dinge, / wer wir sind, wozu wir geboren und in welche Reihe wir gestellt sind, / wie leicht und von wo sich das Ziel umlenken lässt3, / wie man mit Geld umgeht, was wünschbar, welches der Nutzen / des Goldes sei, wie viel man dem Vaterland und teuren Verwandten / schuldet und wie du nach göttlichem Willen sein sollst, / wo sich dein Platz im menschlichen Leben befindet.“ Man sage uns, an welchen Kultstätten solche Vorschriften belehrender Götter verlesen und vom Volk, das sie verehrte, regelmäßig angehört wurden, sowie wir darauf hinweisen können, dass überall, wohin sich die christliche Religion ausbreitet, zu diesem Zweck Kirchen errichtet worden sind. 7 Oder werden sie uns auf die Schulen und Untersuchungen der Philosophen verweisen? Nun, zunächst sind diese nicht römisch, sondern griechisch; oder wenn auch römisch, weil Griechenland römische Provinz geworden ist, so handelt es sich hier doch nicht um Vorschriften von Göttern, sondern Erfindungen von Menschen, die, mit scharfsinnigem Geist begabt, auf dem Weg vernünftigen Denkens zu erforschen suchten, was der verborgene Kern der Natur ist, was auf sittlichem Gebiet zu erstreben und fliehen ist, und was nach Denkgesetzen der Vernunft aus gegebener Voraussetzung notwendig folgt, oder was nicht folgerichtig oder sogar widersprechend ist. In der Tat haben einige von ihnen, soweit sie göttlichen Beistand erfuhren, manches Große ausfindig gemacht. Soweit sie jedoch durch menschliche Unzulänglichkeit gehindert wurden, gingen sie in die Irre, zumal dann, wenn ihrem Hochmut die göttliche Vorsehung von Rechts wegen widerstand, um auch durch ihr Beispiel zu belegen, dass der Weg der Frömmigkeit nur aus den Tiefen der Demut zu den Höhen emporführt. Doch darüber nachzudenken und uns zu verbreiten, wird nach dem Willen Gottes, des wahren Herrn, später noch Gelegenheit sein. Wenn aber wirklich die Philosophen etwas ausfindig machten, was zu rechter Lebensführung und Erlangung der Glückseligkeit verhelfen kann, mit wie viel mehr Recht hätte man dann ihnen göttliche Ehren erwiesen? Wie viel besser und anständiger wäre es doch, wenn in einem Tempel Platons dessen Schriften verlesen würden, als wenn in Tempeln der Dämonen Kybelepriester sich entmannen, Buhlknaben sich weihen, Rasende sich verstümmeln, und was sonst Schändliches oder Grausames, schändlich Grausames oder grausam Schändliches, bei den festlichen Veranstaltungen zur Ehre solcher Götter getrieben wird! Wie viel nützlicher, die Jugend zur Gerechtigkeit zu erziehen, wäre es doch, Gesetze von Göttern öffentlich vorzulesen, als Gesetze und Einrichtungen der Vorfahren erfolglos zu rühmen! Denn alle Verehrer solcher Götter schauen, sobald die Begierde „mit brennendem Gift getränkt“, wie Persius (sat. 3,37) sich ausdrückt, sie hinreißt, mehr darauf, was Jupiter getan als was Platon gelehrt oder Cato geurteilt hat. So lässt denn Terenz (Eun. 584 f., 590 f.)4 einen verkommenen Jüngling ein gewisses Wand-

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gemälde betrachten, „wo man den Jupiter sah, der einst ließ in der Danae Schoß, so sagt man, goldnen Regen strömen“, und lässt ihn durch Berufung auf solch hohe Autorität seine eigene Lasterhaftigkeit verteidigen, da er sich rühmt, damit nur dem Vorbild eines Gottes zu folgen: „Welch ein Gott“, so spricht er, „der des Himmels Hallen mit lautem Donner erschüttert! Und ich kleiner Mensch sollte das gleiche nicht tun? Doch erst recht: und ich tat es und tat es mit Lust.“ Nr. 196 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 4,1–3 1 Demokrit von Abdera, der Sohn des Damasipp, sagte, so berichtet man, die beste Lehre stimme mit der Natur überein, denn sie verwandele die Seele, bessere sie und erneuere die alten Züge, die ihr die Natur am Anfang verliehen hatte (frg. 33). 2 Ich meinerseits halte diesen Gedanken für überaus zutreffend. Denn auch Sokrates, der Sohn des Sophroniskos, neigte nach Aussage des Porphyrius (phil. hist. frg. 12) in seiner Jugend zur Ausschweifung, doch löschten persönliche Anstrengung und Unterweisung diese Züge aus, um die der Philosophie einzuprägen. Viele solcher Dinge haben uns auch die göttlichen Aussprüche gelehrt. Denn es waren Zöllner, die einem Leben voller Habgier und Ungerechtigkeit verfallen waren, es waren eine lüsternde Prostituierte, ein gesetzesbrecherischer Räuber und viele andere mit schlechtem Lebenswandel (Mt 9,10; Lk 7,36–50; 23,39–43), die unser Erlöser durch Ratschläge und Ermahnungen aus dem Abgrund der Schlechtigkeit herauszog, um sie zu Menschen zu machen, die die vollkommenste Tugend praktizierten. 3 Aber was rede ich von drei, vier, zehn oder fünfzehn Fällen? Die ganze Welt nämlich, die sich in gewisser Weise in diesem Zustand befand, veränderte er auf einmal mittels jener kleinen Anzahl, die er selbst verwandelt hatte, und ließ diejenige verständig werden, die früher aus Verrückten und Wahnsinnigen zu bestehen schien. Da wir dies unbezweifelbar wissen, tragen wir euch die Lehre vor, die euch retten kann. Und obwohl wir sehen, wie ihr euch verweigert, widersprecht und die Therapie zurückweist, geben wir nicht auf, sondern reinigen mit dem Schwamm des Wortes die Wunde des Unglaubens.

3) Die Martyriumsbereitschaft als Glaubwürdigkeitskriterium Die Bereitschaft der Christen, für ihre Überzeugungen Verfolgung und Martyrium zu erleiden, galt den Apologeten als weiteres Argument zugunsten der Glaubwürdigkeit der christlichen Lehre (Nr. 197, 202–203). Das Paradox, dass

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Repressionen die Anhängerzahl der neuen Religion nicht minderten, sondern mehrten, wurde als Beweis ihres göttlichen Charakters betrachtet (Nr. 198– 200, 203). Nr. 197 Justin, 2 apologia 10,8; 12,1–2 10 (8) Von Sokrates nämlich ließ sich niemand überzeugen, für diese Lehre zu sterben; von Christus aber, den auch Sokrates teilweise erkannt hatte – denn er war und ist der Logos, der jedem innewohnt, der auch das Zukünftige durch die Propheten und durch sich selbst vorhergesagt hat, als er leidensfähig wie wir geworden war und uns dies lehrte –, ließen sich nicht allein Philosophen und Gelehrte überzeugen, sondern auch Handwerker und ganz gewöhnliche Leute, insofern sie Ansehen, Furcht und Tod verachteten. Denn er ist die Kraft des unsagbaren Vaters und nicht das Produkt menschlicher Vernunft. 12 (1) Denn auch ich selbst bin, als ich noch an Platons Lehren Gefallen hatte und von den verleumdeten Christen hörte, aber sah, dass sie furchtlos waren angesichts des Todes und allem anderen, was als entsetzlich gilt, zu der Einsicht gekommen, dass sie unmöglich in Lasterhaftigkeit und Sinnenlust leben konnten. (2) Denn welcher Lüstling und Schlemmer, der sogar Menschenfleisch für eine Delikatesse hält, könnte den Tod willkommen heißen, um so seiner Güter beraubt zu werden? Würde er nicht vielmehr auf jede Weise versuchen, sein Leben hier auf immer fortzuführen und den Beamten zu entgehen, anstatt sich selbst anzuzeigen1, um dann hingerichtet zu werden? Nr. 198 Justin, dialogus 110,4 Dass niemand uns, die wir auf der ganzen Erde an Jesus glauben, in Schrecken versetzt und knechtet, ist klar. Wenn wir nämlich auch enthauptet, gekreuzigt, den wilden Tieren vorgeworfen, gefesselt, dem Feuer und all den anderen Martern preisgegeben werden, so fallen wir doch offensichtlich nicht von unserem Bekenntnis ab. Im Gegenteil, je mehr wir verfolgt werden, desto größer wird durch den Namen Jesus die Zahl der Gläubigen und Gottesfürchtigen. Gleich wie ein Weinstock dann, wenn jemand seine Fruchtzweige beschneidet, treibt und an ihm neue Zweige mit Blüten und Früchten entstehen, ebenso ist es auch bei uns; der von Gott und dem Erlöser Christus gepflanzte Weinstock ist nämlich sein Volk.

I. Die Moralität der Christen

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Nr. 199 Diognet-Brief 7,7–9 (7) Siehst du nicht, wie sie wilden Tieren vorgeworfen werden, damit sie den Herrn verleugnen, wie sie sich aber nicht überwinden lassen? 8 Siehst du nicht, dass, je mehr sie gestraft werden, desto mehr sie andere wachsen lassen? (9) Dies ist offenbar nicht Menschenwerk, dies ist Gotteskraft, dies sind Beweise seiner Gegenwart. Nr. 200 Tertullian, apologeticum 50,12–15 (12) Doch nur zu, ihr guten Statthalter, die ihr dem Volk noch viel besser erscheint, wenn ihr ihm die Christen opfert; kreuzigt, martert, verurteilt uns, reibt uns auf – eure Ungerechtigkeit ist nur ein Beweis unserer Unschuld! Daher duldet Gott, dass wir all dies erdulden. Erst kürzlich, als ihr eine Christin lieber zum Bordell als zur Arena verurteiltet, habt ihr ja eingestanden, dass der Verlust der Keuschheit bei uns für schrecklicher gilt als alle Strafe und alles Sterben. (13) Und doch hilft all eure noch so ausgeklügelte Grausamkeit nichts; sie macht unsere Gemeinschaft eher attraktiver. Zahlreicher werden wir, so oft wir von euch niedergemäht werden: ein Same ist das Blut der Christen. (14) Viele gibt es bei euch, die zu standhaftem Ertragen von Schmerz und Tod auffordern, wie Cicero in den Gesprächen in Tusculum, wie Seneca in der Schrift über die Zufälle, wie Diogenes, Pyrrho, Kallinikos1; und doch finden ihre Worte nicht so viele Schüler wie die Christen, die durch Taten lehren. (15) Eben jenes eigensinnige Beharren, das ihr uns vorwerft, ist eine Lehre. Denn wer wird nicht bei seinem Anblick aufgerüttelt zu ergründen, was dahinter steckt? Wer wird nicht, hat er es ergründet, sich anschließen und, hat er sich angeschlossen, zu leiden wünschen, um die volle Gnade Gottes zu gewinnen, um alle Verzeihung von ihm um den Preis seines Blutes zu erlangen? Nr. 201 Minucius Felix, Octavius 37,1–6 (1) Welch schönes Schauspiel für Gott, wenn ein Christ mit dem Schmerz ringt, wenn er gegen Drohungen, Strafen und Foltern antritt, wenn er lachend das Rasseln der Todeswerkzeuge und die Furcht vor dem Henker mit Füßen tritt, wenn er seine Freiheit gegen Könige und Fürsten hochhält, einzig seinem Gott gehorsam, dem er zu eigen gehört, wenn er als triumphierender Sieger noch den herausfordert, der gegen ihn das Urteil gefällt hat. Denn der

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

ist ja der Sieger, der das Ziel, nach dem er strebte, erreicht hat. (2) Welcher Soldat fordert die Gefahr nicht kühner heraus, wenn er unter den Augen des Feldherrn kämpft? Denn keiner gewinnt den Lohn ohne Bewährung. Aber auch ein Feldherr kann nicht geben, was er nicht hat; er kann nur militärische Ehren verleihen, aber das Leben kann er nicht verlängern. (3) Der Streiter Gottes aber wird im Leiden nicht verlassen, sein Leben endet nicht mit dem Tod. Ein Christ mag unglücklich erscheinen, kann es aber in Wirklichkeit nicht sein. Ihr selbst hebt ja leidgeprüfte Männer in den Himmel. Mucius Scaevola zum Beispiel, der, als er sich in der Person des Königs getäuscht hatte, fast bei den Feinden umgekommen wäre, wenn er nicht seine rechte Hand geopfert hätte1. (4) Wie viele von uns haben nicht nur ihre Rechte, sondern ihren ganzen Leib ohne den geringsten Schmerzenslaut von Flammen verzehren und verbrennen lassen, obwohl sie es in ihrer Gewalt hatten, die Freiheit zu gewinnen! (5) Doch warum nur Männer an die Seite eines Mucius, Aquilius, Regulus2 stellen? Kinder und Frauen aus unseren Reihen verspotten die Kreuze und Folterungen, die wilden Tiere und allen Schrecken der Hinrichtung, erfüllt von himmlischer Ausdauer im Leiden. (6) Begreift ihr nicht, ihr Unseligen, dass niemand ohne guten Grund solche Strafe auf sich nehmen, niemand diese Foltern ohne Gottes Hilfe ertragen könnte!3

Nr. 202 Origenes, contra Celsum 1,31 1,31 Darüber hinaus dürfte man sich wundern, wie es dazu kam, dass seine Jünger, ohne ihn, wie die Verleumder Jesu behaupten, von den Toten auferstanden gesehen zu haben und ohne überzeugt gewesen zu sein, dass jener ein göttliches Wesen sei, sich nicht fürchteten, dasselbe wie ihr Meister zu erleiden, sich der Gefahr zu stellen und die Heimat zu verlassen, um nach dem Willen Jesu die ihnen von ihm überlieferte Lehre zu verkünden? Meiner Meinung nach dürfte, wer den Sachverhalt mit Verständnis prüft, nicht behaupten, diese hätten sich um der Lehre Jesu willen einer riskanten Existenz ausgesetzt, ohne dass eine tiefe Überzeugung bestanden hätte, die er ihnen eingab, indem er lehrte, nicht nur nach seinen Weisungen zu leben, sondern auch andere dahin zu bringen; und dies, obwohl der Untergang, was das menschliche Leben angeht, jeden erwartet, der es wagte, überall und allen neue Ansichten zu verkünden und keinen Menschen als Freund zu behalten, der bei den bisherigen Ansichten und Verhaltensweisen bleibt.1

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Nr. 203 Laktanz, divinae institutiones 5,13,1–5.11–17 13 (1) Da nun aber unsere Zahl auf Kosten der Götterverehrer ständig zunimmt, niemals jedoch geringer wird, nicht einmal während der Verfolgung selbst – die Menschen können sich zwar verfehlen und durch eine Opferdarbringung verunreinigen, doch lassen sie sich nicht von Gott abwenden1; die Wahrheit setzt sich nämlich aus eigener Kraft durch –, wer ist dann schließlich so verrückt und so blind, dass er nicht sähe, auf welcher Seite die Wahrheit steht? (2) Aber jene sind von Bosheit und Raserei verblendet, dass sie es nicht sehen und die für dumm halten, die, obwohl sie die Möglichkeit hätten, die Martern zu vermeiden, dennoch lieber gequält werden und sterben, obwohl jene aus diesem Verhalten erkennen könnten, dass es sich gerade nicht um Dummheit handelt, worin so zahllose Menschen auf der ganzen Erde mit völlig gleicher Überzeugung übereinstimmen. (3) Denn wenn Frauen infolge der Schwachheit ihres Geschlechtes in die Irre gehen – mitunter bezeichnen diese Leute unsere Religion nämlich als Aberglaube von Frauen oder alten Weibern –, so bleiben doch zumindest die Männer vernünftig; wenn Kinder, wenn Jugendliche aufgrund ihres Alters unbedacht sind, so besitzen zumindest die Reiferen und Alten ein sicheres Urteil. (4) Wenn eine einzige Stadt den Verstand verliert, können auf jeden Fall nicht die zahllosen anderen dumm sein; wenn eine Provinz, eine Nation keine Klugheit besitzt, so müssen doch alle übrigen die rechte Einsicht haben. (5) Da nun aber vom „Aufgang der Sonne bis zum Untergang“ (Ps 50,1) das göttliche Gesetz angenommen wurde und jedes Geschlecht und jede Altersgruppe, Rasse und Region völlig einmütig Gott dient, überall dieselbe Geduld, dieselbe Todesverachtung bewiesen wird, hätten sie einsehen müssen, dass diese Sache etwas Vernünftiges an sich hat, da man sie nicht ohne Grund bis zum Tod verteidigt, dass sie auf einem festen Fundament beruht, da sie diese Religion nicht nur hindert, durch Unrecht und Misshandlung vernichtet zu werden, sondern sie auch ständig wachsen lässt und stärkt. … (11) Denn wenn das Volk sieht, wie Menschen durch verschiedene Arten von Folterung zerfleischt werden und inmitten der erschöpften Henker unüberwindliche Ausdauer bewahren, meinen sie, wie es ja auch der Wirklichkeit entspricht, dass weder die übereinstimmende Überzeugung so vieler noch die Standhaftigkeit der Sterbenden selbst unbegründet seien und dass die Ausdauer ohne Gottes Beistand so gewaltigen Qualen nicht gewachsen sein könnte. (12) Verbrecher und körperlich robuste Männer können solche Zerfleischungen nicht ertragen, sie schreien und stöhnen, denn sie werden vom Schmerz besiegt, da ihnen die eingegebene Ausdauer fehlt. Unsere Kin-

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

der und schwachen Frauen aber, um von den Männern zu schweigen, besiegen schweigend ihre Folterknechte, auch das Feuer kann ihnen kein Stöhnen entreißen. (13) Mögen die Römer kommen und sich eines Mucius oder Regulus2 rühmen, von denen der eine sich den Feinden auslieferte, damit sie ihn töteten, weil er sich schämte, als Gefangener zu leben, der andere, als er von den Feinden ergriffen sah, dass er den Tod nicht vermeiden könne, seine Hand ins Feuer hielt, um dem Feind, den er töten wollte, für seine Tat Genugtuung zu leisten, und durch diese Strafe Vergebung erhielt, die er nicht verdient hatte. (14) Siehe, ein schwaches Geschlecht und zartes Alter erduldet es, am ganzen Leib zerfleischt und verbrannt zu werden, nicht aus Notwendigkeit, da sie es vermeiden können, wenn sie es nur wollen, sondern freiwillig, weil sie auf Gott vertrauen. (15) Dies ist die wahre Tugend, die auch die Philosophen nicht durch Taten, sondern leere Worte rühmen, wenn sie erörtern, der Charakterstärke und Standhaftigkeit eines weisen Mannes sei nichts so angemessen wie die Haltung, sich durch keinerlei Furcht von seiner Überzeugung und seinen Absichten abbringen zu lassen; vielmehr müsse man auch Folterungen und Sterben in Kauf nehmen, um nicht die Treue zu verraten, die Pflicht zu vergessen und, aus Todesfurcht oder durch quälenden Schmerz bezwungen, irgendein Unrecht zu begehen3. (16) Es müsste denn sein, Horaz würde ihnen in seinen Oden (3,3,1–4a) Unsinn reden, wenn er sagt: „Den gerechten Mann, der fest das Ziel im Auge behält, / den kann keine Leidenschaft der Bürger, die Verkehrtes fordern, / und kein drohender Tyrannenblick / in seinem festen Sinn erschüttern.“ (17) Nichts Wahreres lässt sich sagen, wenn man dies auf jene Menschen bezieht, die keinen Folterqualen, keiner Todesart aus dem Wege gehen, um sich nicht vom Glauben und der Gerechtigkeit zu distanzieren, die keine Befehle von Tyrannen, keine Schwerter von Präfekten fürchten, um mit standhaftem Sinn die wahre und beständige Freiheit zu verteidigen, die auf dieser Erde der Weise zu schützen hat.

II. Die Religiosität der Christen 1) Auseinandersetzung mit dem Atheismusvorwurf Bereits in der vorchristlichen Antike wurde einzelnen Dichtern und Philosophen vorgeworfen, Atheisten zu sein (Nr. 204–205, 208). Dabei ging es nicht um eine grundsätzliche Bestreitung der Existenz Gottes, sondern um ein Abweichen von den konventionellen Gottesvorstellungen bzw. um die Weigerung, die Stadt- und Staatsgötter zu verehren, wie es Pflicht des antiken Bür-

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gers war. Da es auch die Christen ablehnten, sich an den traditionellen Kultformen zu beteiligen, galten sie als Atheisten (Nr. 204–205), die sich des Religionsfrevels (crimen laesae religionis) schuldig machten (Nr. 206). Dem Vorwurf der Kultverweigerung begegneten die Apologeten zunächst mit dem schon von der Philosophie entfalteten Gedanken des „geistigen Opfers“. Gott werde nicht durch materielle Gaben verehrt, sondern durch Gebet, reine Gesinnung und gute Werke (Nr. 204–205, 208–209). Doch bedurfte auch die theoretische Frage der Gottesvorstellung einer grundsätzlichen Klärung. Die Transzendenz des Gottesbildes, das anfängliche Fehlen eigener Sakralräume sowie die Ablehnung von Götterbildern ließ die Christen als radikale Atheisten erscheinen, die die Existenz einer Gottheit grundsätzlich bestritten. Die Abgrenzung gegenüber dieser Position verband sich mit der Darlegung des eigenen Gottesverständnisses (Nr. 204–206). Der Vorwurf der Irreligiosität traf nun die Heiden, deren Polytheismus als eigentlicher Atheismus erschien (Nr. 204, 206). Erstmals wurde der Gedanke der Religionsfreiheit formuliert, indem christliche Autoren Gottesverehrung als freien Willensakt definierten, der nicht erzwungen werden dürfe (Nr. 206–207, 210–211).

Nr. 204 Justin, 1 apologia 5,2–4; 6; 10,1; 13,1–2 5 (2) Um die Wahrheit zu sagen: in alter Zeit hatten böse Dämonen Erscheinungen vollzogen, Frauen verführt, Knaben geschändet und den Menschen erschreckende Phänomene vor Augen geführt, so dass die, welche die Vorgänge nicht mit Vernunft beurteilten, verwirrt wurden; von Furcht ergriffen verkannten sie, dass es böse Dämonen waren, und nannten sie Götter, riefen sie mit dem Namen an, den ein jeder der Dämonen sich selbst gab. (3) Als aber Sokrates1 mit Hilfe der wahren Vernunft und nach eingehender Prüfung diese Dinge ans Licht zu bringen und die Menschen von den Dämonen abzuwenden suchte, haben diese Dämonen selber sich bemüht, durch Menschen, die an der Schlechtigkeit ihre Freude hatten, ihn als Atheisten und Gottlosen zum Tode verurteilen zu lassen, indem sie behaupteten, er führe neue Gottheiten ein. Desselben Vorgehens bedienen sie sich auch bei uns. (4) Denn nicht nur bei den Griechen wurden durch Sokrates mittels der Vernunft diese Dinge aufgedeckt, sondern auch bei den Barbaren durch den Logos selbst, als er Gestalt angenommen hatte, Mensch geworden war und Christus hieß; ihm folgend erklären wir, dass die, die solches getan haben, nicht nur keine richtigen Gottheiten sind, sondern böse und ruchlose Dämonen, dass sie nicht einmal dieselben Handlungen aufweisen können wie die nach Tugend strebenden Menschen. 6 (1) Daher nennt man uns Atheisten; wir geben zu, dass wir

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bezüglich solcher vermeintlichen Götter Atheisten sind, aber nicht bezüglich des absolut wahren Gottes, des Vaters der Gerechtigkeit, der Besonnenheit und der anderen Tugenden, ohne jede Vermischung mit dem Schlechten. (2) Ihn und seinen Sohn, der von ihm gekommen ist und uns diese Dinge gelehrt hat, auch das Heer der anderen guten Engel, die ihm folgen und gleichen, und den prophetischen Geist, verehren und beten wir an, ehren wir mit Vernunft und Wahrheit; und jedem, der sich unterrichten will, teilen wir vorbehaltlos die Lehre mit, die wir empfangen haben. 10 (1) Aber wir haben auch gelernt, dass Gott keiner materiellen Opfergabe seitens der Menschen bedarf, denn wir sehen ja, dass er selber alles spendet; wir sind gelehrt worden und fest überzeugt, dass ihm nur jene willkommen sind, die die Vollkommenheiten seines Wesens nachahmen, Besonnenheit, Gerechtigkeit, Menschenfreundlichkeit und was sonst Gott eigentümlich ist, ihm, der mit keinem ihm beigelegten Namen benannt wird. 13 (1) Wir sind also keine Atheisten, da wir den Schöpfer des Alls verehren und erklären, wie wir gelehrt wurden, dass er keiner Schlacht-, Trank- und Weihrauchopfer bedarf2; wir loben ihn, soweit es in unserer Macht steht, durch das Wort des Gebetes und der Danksagung bei allem, was wir zu uns nehmen, da wir gelernt haben, dass die seiner allein würdige Ehrung nicht darin besteht, das von ihm zur Nahrung Geschaffene durch Feuer zu verzehren, sondern es uns und den Bedürftigen zugute kommen zu lassen, (2) ihm aber voller Dankbarkeit in Worten Huldigungen und Hymnen emporzusenden für unsere Erschaffung und für alle Mittel zu unserem Wohlergehen, für die Mannigfaltigkeit der Arten, für den Wechsel der Jahreszeiten; zugleich richten wir an ihn unsere Bitten, dass wir durch den Glauben an ihn wieder in Unvergänglichkeit erstehen. Welcher vernünftige Mensch wird dem nicht zustimmen? Nr. 205 Athenagoras, legatio 4; 5,1; 6,2; 13–14 4 (1) Da wir nun keine Atheisten sind – um jedem Vorwurf einzeln entgegenzutreten –, wirkt es vielleicht lächerlich, die Behauptungen zu widerlegen. Einen Diagoras klagten die Athener ja zu Recht des Atheismus an, da er nicht nur die orphische Lehre veröffentlicht, die Mysterien von Eleusis und die der Kabiren dem Volk bekannt gemacht sowie die hölzerne Statue des Herakles zerschlagen hatte, um seine Rüben zu kochen, sondern ganz unverhohlen erklärte, es existiere überhaupt kein Gott1. Uns aber, die wir Gott von der Materie unterscheiden und nachweisen, dass die Materie etwas anderes ist als Gott und die Differenz gewaltig ist – die Gottheit ist nämlich ungeschaffen, ewig, allein von Verstand und Vernunft erkennbar, während die Materie

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geschaffen und vergänglich ist – uns als Atheisten zu bezeichnen, ist das nicht absurd? (2) Wenn wir nämlich Ansichten wie Diagoras hätten, obwohl wir so gute Gründe zur Gottesverehrung haben, nämlich die vollkommene Ordnung, die umfassende Harmonie, die Größe, die Farbe, die Gestalt, die Planmäßigkeit der Welt –, dann würden wir zu Recht den Ruf der Gottlosigkeit verdienen und Anlass zu Angriffen bieten. Da aber unsere Lehre nur einen einzigen Gott anerkennt, den Schöpfer des Universums, der selber nicht geschaffen ist, – denn das Seiende wird nicht geschaffen, sondern das Nichtseiende –, der aber alles durch das Wort geschaffen hat, das von ihm hervorgegangen ist, so ist es absurd, dass wir beides erleiden, üble Verleumdung und Verfolgung. 5 (1) Sowohl Dichter als auch Philosophen galten nicht als Atheisten, wenn sie Reflexionen über Gott anstellten. Schon Euripides hatte Bedenken gegen die vermeintlichen Götter des unreflektierten Volksglaubens: „Zeus sollte, wenn er wirklich im Himmel existiert, / nicht immer über denselben Mann Unglück bringen.“2 Über den aber, der sich in wissenschaftlicher Weise als Gott erkennen lässt, erklärt er: „Siehst du den unendlichen Äther über uns, / der auch die Erde mit weichen Armen umfängt? / Diesen halte für Zeus, ihn betrachte als Gott.“3 6 (2) … Da es aber ohne Zitierung von Namen unmöglich ist zu zeigen, dass wir nicht die einzigen sind, die Gott auf die Einzahl beschränken, habe ich auf Lehrmeinungen zurückgegriffen4. Platon sagt also: „Den Schöpfer und Vater dieses Universums zu finden ist schwer; hat man ihn aber einmal gefunden, so ist es unmöglich, ihn allen zu verkünden“ (Tim. 28c). Dabei fasst er den ungeschaffenen und ewigen Gott als einen einzigen auf. Wenn er aber noch andere kennt, wie Sonne, Mond und Sterne, so kennt er sie doch nur als geschaffene: „Götter von Göttern, deren Bildner und Vater ich bin, Werke, die unauflösbar sind, solange ich es nicht will. Alles Zusammengesetzte ist also lösbar“ (Tim. 41a). Ist nun aber Platon kein Atheist, wenn er den ungewordenen Gott, den Bildner des Universums, als einzig auffasst, dann sind auch wir keine Atheisten, wenn wir den als Gott kennen und festhalten, durch dessen Wort alles geschaffen worden ist und durch dessen Geist alles zusammengehalten wird. … 13 (1) Da die Mehrzahl von denen, die uns Atheismus vorwerfen, nicht die geringste Ahnung vom Wesen Gottes hat, unkundig und ohne wissenschaftliche Kenntnisse ist, was Physik und Theologie betrifft, und die Frömmigkeit anhand der Beachtung der Opfer bewertet, uns vorwirft, nicht zu opfern und nicht dieselben Götter wie die Städte anzuerkennen, möchtet nun ihr, Herrscher, betrachten, was es mit beiden Vorwürfen auf sich hat, und zwar zunächst den Vorwurf der Opferverweigerung. (2) Der Bildner und Vater dieses Universums bedarf keines Blutes, keines Opferduftes, keines Wohlgeruchs von Blumen und Räucherwerk, da er selber

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der vollkommene Wohlgeruch ist, bedürfnislos und sich selbst genügt. Das größte Opfer für ihn besteht darin, wenn wir erkennen, wer die Himmel ausspannte und wölbte und die Erde als Mittelpunkt setzte, wer das Wasser in Meeren sammelte und das Licht von der Finsternis schied, wer den Äther mit Sternen schmückte und die Erde alle Arten von Samen hervorbringen ließ, wer die Tiere schuf und die Menschen formte. (3) Wenn wir also einen Schöpfergott annehmen, der alles zusammenhält und mit jener Kenntnis und Kunst überschaut, mit der er alles regiert, und reine Hände zu ihm erheben, wie sollte er da noch einer Hekatombe bedürfen? (4) „Diese vermögen Menschen mit Opfern und demütigen Gebeten, durch Trankspenden und Opferduft umzustimmen, wenn sie sie anflehen, nachdem man ein Vergehen oder eine Verfehlung begangen hat“ (Hom., Il. 9,499–501). Warum sollte ich aber Brandopfer darbringen, derer Gott nicht bedarf? Und dennoch, man muss ihm ein unblutiges Opfer darbringen, ihm einen geistigen Kult erweisen. 14 (1) Auch der Vorwurf, dass wir nicht dieselben Götter verehren und anerkennen wie die Städte, ist völlig absurd. Nicht einmal die, die uns Atheismus vorwerfen, weil wir nicht an dieselben Götter glauben wie sie, stimmen untereinander hinsichtlich der Götter überein5. So setzen die Athener Keleos und Metanaira als Götter ein, die Lakedaimonier Menelaos, zu dessen Ehren sie Opfer darbringen und Feste begehen; die Trojaner, die nicht einmal seinen Namen hören können, lassen Hektor als Gott gelten, die Keer Aristaios, den sie mit Zeus und Apollon identifizieren, die Thasier Theagenes, der sogar einen Totschlag in Olympia verübt hatte, die Samier Lysandros nach den großen Massakern und zahllosen Schlechtigkeiten, die Kilikier Medea oder Niobe, die Sizilier Philippos, den Sohn des Boutakides, die Amathusier Onesilaos, die Karthager Hamilkar. Der Tag wird nicht reichen, um die ganze Menge aufzuzählen. (2) Wenn sie nun selber über ihre eigenen Götter untereinander uneinig sind, wie können sie uns dann vorwerfen, ihre Meinung nicht zu teilen? Was die Kulte der Ägypter betrifft, sind sie nicht lächerlich? Sie schlagen sich nämlich in den Tempeln bei ihren großen Zeremonien an die Brust, als wären ihre Götter gestorben, und opfern ihnen trotzdem als Göttern. Kein Wunder, denn sie halten sogar die Tiere für Götter, balsamieren sie ein, wenn sie gestorben sind, bestatten sie in den Tempeln und veranstalten öffentliche Trauerklagen. (3) Sind wir nun deshalb, weil wir die Gottesverehrung nicht auf ihre Weise begehen, Atheisten, dann sind auch alle Städte und alle Völker Atheisten, denn nicht alle erkennen dieselben Götter an.

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Nr. 206 Tertullian, apologeticum 10,1–2; 24 10 (1) „Ihr erweist den Göttern keine Ehren“, werft ihr uns vor, „und für die Kaiser bringt ihr keine Opfer dar.“ Es ist konsequent, dass wir für andere ebenso wenig opfern wie für uns selbst, da wir die Götter nun einmal nicht verehren. Daher werden wir der Religions- und Majestätsverletzung angeklagt. Das ist das Schwerste – ja, das ist es überhaupt, was man uns vorwirft, und es verdient in jedem Fall untersucht zu werden – vorausgesetzt, dass nicht Voreingenommenheit oder Ungerechtigkeit auf dem Richterstuhl sitzen, deren eine darauf verzichtet, deren andere sich weigert, die Wahrheit aufzudecken. (2) Eure Götter zu verehren unterlassen wir von dem Augenblick an, da wir erkennen, dass sie keine Götter sind. Das also müsstet ihr von uns verlangen, euch zu beweisen, dass sie keine Götter sind und deshalb auch nicht verehrt zu werden brauchen; denn nur dann müssten sie verehrt werden, wenn sie wirklich Götter wären. Dann erst wären auch die Christen zu bestrafen, wenn sicher wäre: die sie nicht verehren, weil sie sie nicht für Götter halten, sind wirklich Götter. 24 (1) … Wenn es bestimmt keine Götter gibt, gibt es bestimmt auch keine Religion; wenn es bestimmt keine Religion gibt, weil auch keine Götter existieren, sind auch wir bestimmt nicht der Religionsverletzung schuldig. (2) Doch umgekehrt wird der Vorwurf auf euch zurückfallen; denn indem ihr eine Lüge verehrt und die wahre Religion des wahren Gottes nicht nur verschmäht, nein, sogar bekämpft, geratet ihr in das wahre Verbrechen wahrer Irreligiosität. (3) Gesetzt nun einmal, es gäbe jene Götter – müsst ihr dann nicht einräumen, es gäbe entsprechend der allgemeinen Auffassung auch einen höheren und mächtigeren, sozusagen einen Weltbeherrscher von vollkommener Hoheit?1 Sehr viele gliedern ja das göttliche Wesen so auf, dass nach ihrer Vorstellung die oberste Gewalt und Regierung einem einzelnen zugefallen sind, die verschiedenen Ämter dagegen einer großen Schar; Platon (Phaedr. 246e) etwa schreibt davon, wie der große Jupiter im Himmel von einem Heer von Göttern und ebenso von Dämonen umgeben sei; daher müsse man die Statthalter, die Präfekten und die Gouverneure ebenso verehren. (4) Doch was für einen Frevel begeht man, wenn man sein Tun und Hoffen mehr darauf richtet, sich die Gunst des Kaisers zu gewinnen und die Bezeichnung „Gott“, ebenso wie die „Imperator“, keinem anderen als dem Herrscher zugesteht? Als todeswürdiges Verbrechen gilt es doch, einen anderen außer den Kaiser so zu nennen oder nennen zu lassen. (5) Möge der eine doch Gott, der andere den Jupiter verehren, der eine zum Himmel seine Hände flehend emporstrecken, der andere seine Hände zum Altar der Fides, der eine, wie ihr glaubt, die Wolken zählen beim Gebet2, der andere die Täfe-

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lung des Deckengewölbes, der eine seine eigene Seele seinem Gott weihen, der andere das Leben eines Bockes. (6) Denn bedenkt, ob nicht auch das zum Schuldregister der Irreligiosität gehört, einem die Religionsfreiheit zu nehmen und die Wahl der Gottheit zu untersagen, so dass ich nicht verehren darf, wen ich will, sondern zu verehren gezwungen werde, wen ich nicht will. Niemand kann von einem Widerstrebenden verehrt werden wollen, nicht einmal ein Mensch. (7) Daher wird ja auch den Ägyptern das Recht auf ihren so sinnlosen Aberglauben zugestanden, Vögel und Tiere zu Göttern zu erheben und zum Tode zu verurteilen, wer einen solchen Gott tötet. (8) Auch jede einzelne Provinz und jede Stadt hat ihren eigenen Gott3, etwa Syrien die Atargatis, Arabien den Dusares, die Noriker den Belenus, Afrika die Caelestis, Mauretanien seine kleinen Könige. Römische Provinzen sind es doch wohl, die ich genannt habe, aber trotzdem keine römischen Götter; denn in Rom werden diese alle ebenso wenig verehrt wie jene, die sogar mitten in Italien durch die Weihen ihrer Gemeinde zu Göttern werden: in Casinum Delventius, in Narnia Visidianus, in Asculum Ancharia, in Vulsinii Nortia, in Ocriculum Valentia, in Sutrium Hostia, und bei den Faliskern bekam zu Ehren des Schutzpatrons Curris die Juno noch einen Beinamen. (9) Doch uns allein wird das Recht auf eine eigene Religion verwehrt. Wir beleidigen die Römer und werden nicht als Römer angesehen, weil wir einen Nichtrömer-Gott verehren. (10) Gut nur, dass er der Gott aller ist, dem wir – ob wir es wollen oder nicht – alle gehören. Doch bei euch ist alles nur Denkbare zu verehren erlaubt außer den wahren Gott – als ob nicht vielmehr derjenige der Gott aller wäre, dem wir alle gehören. Nr. 207 Tertullian, ad Scapulam 2,1–2 (1) Wir verehren nur einen Gott, den ihr alle von Natur aus kennt, vor dessen Blitz und Donner ihr zittert und an dessen Wohltaten ihr euch erfreut. Ihr glaubt auch noch an weitere Götter, die, wie wir jedoch wissen, Dämonen sind. (2) Es ist jedoch ein Menschenrecht und eine Sache natürlicher Freiheit für jeden, das zu verehren, was er für richtig hält; auch bringt die Religion des einen dem andern weder Schaden noch Nutzen. Es entspricht nicht dem Wesen der Religion, Religion erzwingen zu wollen, da sie freiwillig vollzogen werden muss und nicht aus Zwang; denn Opfer werden nur von einer willigen Gesinnung gefordert. Wenn ihr uns also auch zum Opfern treiben wollt, so werdet ihr euren Götter keinen Dienst damit erweisen. Denn von Widerwilligen werden sie wohl keine Opfer verlangen, es sei denn, dass sie streitsüchtig wären; streitsüchtig aber ist Gott nicht.

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Nr. 208 Minucius Felix, Octavius 8,1–3; 32,1–3 8 (1) (Caecilius:) Und da über das Dasein der unsterblichen Götter, mag ihr Wesen und Ursprung auch ungewiss sein, bei allen Völkern völlige Übereinstimmung herrscht1, kann ich es nicht zulassen, wenn jemand in einer Art von atheistischem Aufklärungswahn dreist danach trachtet, unsere althergebrachte so nützliche und heilbringende Religion zu vernichten oder zu schwächen2. (2) Mögen auch Theodor von Kyrene und vor ihm Diagoras aus Melos3, dem schon das Altertum den Beinamen „der Atheist“ gab, in ihrer Lehre das Dasein der Götter verneint und damit auch alle Ehrfurcht, durch die sich die Menschen leiten lassen, sowie alle Gottesverehrung radikal beseitigt haben; sie werden dennoch niemals mit ihrer gottlosen Pseudophilosophie Bedeutung und Einfluss gewinnen. (3) Wenn die Athener schon Protagoras aus Abdera4, der doch mehr mit Überlegung als lästerlich von der Gottheit sprach, aus ihrem Land verbannt und seine Schriften öffentlich verbrannt haben, muss man da nicht beklagen, wenn Leute – gestattet, dass ich meinem Eifer für meine Sache einmal freien Lauf lasse –, wenn also Leute aus einer bejammenswerten, verbotenen und hoffnungslosen Rotte Sturm gegen die Götter laufen? 32 (1) (Octavius:) Glaubt ihr etwa, wir müssten den Gegenstand unserer Verehrung verbergen, nur weil wir keine Tempel haben? Was für ein Bild sollte ich denn für Gott ersinnen, da doch, wenn du es recht bedenkst, der Mensch selbst Gottes Abbild ist? Was für einen Tempel sollte ich ihm errichten, da doch die ganze Welt, das Werk seiner Hände, ihn nicht zu fassen vermag? Und während ich als Mensch sogar geräumiger wohne, sollte ich da die Größe so gewaltiger Majestät in einem einzigen Kapellchen einschließen wollen? (2) Sollten wir Gott da nicht besser in unseren Herzen verehren, ihm nicht in unserem Inneren ein Heiligtum weihen? Kleine und große Tiere soll ich Gott als Opfer darbringen, die er doch zu meinem Nutzen erschaffen hat, und ihm so seine Gaben geradezu wieder hinwerfen? Das wäre nur undankbar! Ein gutes Herz, ein reiner Sinn, eine aufrichtige Haltung sind dann die angemessenen Opfergaben. (3) Darum: wer Unbescholtenheit erstrebt, der betet zu Gott; wer Gerechtigkeit übt, der opfert ihm; wer sich fern hält von Betrug, der gewinnt seine Huld; wer einen Menschen aus Gefahr errettet, der bringt Gott das schönste Opfer dar. So sind unsere Opfer beschaffen, so sieht unser Gottesdienst aus: umso religiöser gilt bei uns, je gerechter er ist.

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Nr. 209 Origenes, contra Celsum 8,17 Anschließend sagt Celsus, dass wir „es vermeiden, Altäre, Götterbilder und Tempel zu errichten“, da er meint, dass dies für uns „Erkennungszeichen einer geheimen und mysteriösen Gemeinschaft“ sei. Er sieht nicht, dass für uns Altäre identisch sind mit der Seele eines jeden Gerechten, von der in Wahrheit und Geist wohlriechende Weihrauchopfer emporsteigen, nämlich die Gebete, die aus einem reinen Gewissen kommen. Daher heißt es bei Johannes in der Apokalypse (5,8): „Die Weihrauchopfer aber sind die Gebete der Heiligen“ und bei dem Psalmisten (Ps 141,2): „Mein Gebet sei wie ein Weihrauchopfer vor dir.“ Götterbilder aber und Gott angemessene Weihegeschenke, die nicht von gewöhnlichen Handwerkern angefertigt sind, sondern vom Logos Gottes in uns gestaltet und geformt werden, sind mit den Tugenden identisch, das heißt den Abbildern des „Erstgeborenen aller Schöpfung“ (Kol 1,15), in dem das Vorbild der Gerechtigkeit, Besonnenheit, Tapferkeit, Weisheit, Frömmigkeit und der übrigen Tugenden ist. In allen also, die sich entsprechend des göttlichen Logos mit Besonnenheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Weisheit, Frömmigkeit und der Ausstattung der übrigen Tugenden ausgerüstet haben, befinden sich Götterbilder, durch die nach unserer Überzeugung das Urbild aller Götterbilder angemessen verehrt wird, das heißt „das Abbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15), Gott der eingeborene Sohn. Ja auch diejenigen, die „den alten Menschen mit seinen Taten“ ausgezogen „und den neuen angezogen haben, der erneuert ist zur vollen Erkenntnis nach dem Bild seines Schöpfers“ (Kol 3,9 f.), die also ein Leben „nach dem Bild des Schöpfers“ beginnen, errichten in sich selber solche Götterbilder von ihm, wie sie der höchste Gott wünscht. …

Nr. 210 Laktanz, divinae institutiones 5,19,8–24; 20,2–15 19 (8) … Ja, wenn sie etwas Vertrauen entweder auf die Philosophie oder auf die Beredsamkeit setzen, dann mögen sie sich wappnen und, falls möglich, unsere Argumente widerlegen, von Angesicht zu Angesicht kämpfen und alle einzelnen Punkte diskutieren. (9) Sie sollen die Verteidigung ihrer Götter übernehmen, damit sie sich nicht inmitten ihrer Tempel und Sarkasmen verlassen finden, wenn sich unsere Überzeugungen weiter ausbreiten, wie sie sich täglich ausbreiten. Und da sie durch Gewalt nichts ausrichten – die göttliche Religion wächst nämlich, je mehr sie unterdrückt wird –, sollen sie eher mit Reden und Appellen vorgehen.

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(10) Hervortreten mögen geringere oder höchste Oberpriester, Priester, Auguren, ebenso die Priester königlicher Opfer und alle, die Priester und Vorsteher ihrer Kulte sind, sie mögen uns vor das versammelte Volk rufen, an uns appellieren, die Kulte der Götter mit zu vollziehen, uns überzeugen, dass es viele sind, durch deren göttliches Wirken und Vorsehung alles regiert wird; sie mögen uns die Ursprünge und Anfänge ihrer Zeremonien und Götter zeigen, auf welche Weise sie den Sterblichen überliefert worden sind, sie mögen uns ihre Quelle und vernünftige Begründung erklären, sie mögen darlegen, welchen Lohn für den Kult, welche Strafe für die Verachtung zu erwarten ist, warum sie von den Menschen verehrt werden wollen, was ihnen, wenn sie glückselig sind, die menschliche Frömmigkeit nutzt. All dies mögen sie nicht durch ihre persönlichen Behauptungen bekräftigen – die Autorität eines sterblichen Menschen hat nämlich keinerlei Bedeutung –, sondern durch einige göttliche Zeugnisse, wie wir es tun. (11) Gewalt und Unrecht sind nicht nötig, da sich Religion nicht erzwingen lässt; eher mit Worten als mit Schlägen ist die Sache auszutragen, damit ein Willensakt vorliege. Sie mögen das Schwert ihres Geistes ziehen; wenn ihre Argumentation wahr ist, so möge man sie vortragen. Wir sind bereit zu hören, wenn sie nur lehren; falls sie aber schweigen, glauben wir ihnen sicherlich nichts, ebenso wenig wie wir ihrem Wüten nachgeben. (12) Sie mögen uns nachahmen, indem sie die Vernünftigkeit ihres ganzen Anliegens darlegen, wir verführen nämlich nicht, wie sie es uns vorwerfen, sondern wir lehren, beweisen, zeigen auf. (13) Daher wird niemand von uns gegen seinen Willen festgehalten – wer nämlich ohne Hingabe und Glaube bleibt, zählt für Gott nicht –, doch geht niemand fort, da ihn die Wahrheit selbst festhält. (14) Sie mögen auf diese Weise lehren, wenn sie irgendein Vertrauen auf die Wahrheit besitzen, sie mögen das Wort ergreifen, den Mund öffnen, es wagen, so sage ich, mit uns über ein Thema von dieser Art zu diskutieren; sicherlich wird schon bald von den alten Frauen, die sie verachten, und unseren Kindern ihr Irrtum und ihre Gerechtigkeit verlacht werden. (15) Da sie nämlich aus ihren Büchern sehr sachkundig die Abstammung der Götter, ihre Taten, ihre Reiche, ihren Tod und ihre Gräber kennen und da sie wissen, dass die Riten selbst, in die sie eingeweiht sind, entweder aus Taten von Menschen oder Schicksalsschlägen oder sogar Todesfällen entstanden sind1, ist es eine unglaubliche Verrücktheit, diejenigen für Götter zu halten, von denen sie nicht zu leugnen wagen, dass sie Sterbliche gewesen sind. Sollten sie aber so dreist sein, es tatsächlich zu leugnen, dann mögen ihre eigenen Schriften und die ihrer Mitmenschen sie widerlegen. Dass ihre Mysterien einen Anfang gehabt haben, soll sie schließlich überführen! (16) Gerade daraus mögen sie also ersehen, welch großer Unterschied zwischen wahr und falsch besteht, da sie selbst, obwohl sie beredt sind, nicht überzeu-

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gen können, Unkundige und Ungebildete es aber können, da die Sache selbst und die Wahrheit für sich sprechen. (17) Warum wüten sie also? Während sie ihre Torheit vermindern wollen, vergrößern sie sie nur. Folterung und Frömmigkeit sind völlig verschieden, auch lässt sich Wahrheit nicht mit Gewalt oder Gerechtigkeit mit Grausamkeit vereinbaren. (18) Doch mit gutem Grund wagen sie es nicht, irgendetwas über die göttlichen Dinge zu lehren, damit sie weder von den Unseren verlacht noch von den Ihren verlassen werden. (19) Denn wenn das Volk, dessen Urteil schlicht und unverfälscht ist, zur Einsicht kommt, dass ihre Mysterien zum Gedächtnis Verstorbener eingerichtet worden sind, wird es sie verwerfen und etwas Wahreres suchen, um es zu verehren. „Daher stammt das den Mysterien zugesicherte Schweigen“ (Verg., Aen. 3,112), das von gerissenen Menschen vereinbart wurde, damit das Volk nicht wisse, was es verehrt2. (20) Da wir aber mit ihren Lehren vertraut sind3, warum glauben sie uns nicht, die wir beides kennen, oder warum sind sie missgünstig, da wir das Wahre dem Falschen vorgezogen haben? „Aber“, sagen sie, „die öffentlich anerkannten Kulte müssen verteidigt werden.“ (21) Mit welch guter Absicht gehen die Armen in die Irre! Sie sind sich ja bewusst, dass es unter den menschlichen Angelegenheiten nichts Wichtigeres als die Religion gibt und dass diese mit aller Macht verteidigt werden muss; doch ebenso wie in der Religion selbst täuschen sie sich in der Art der Verteidigung. (22) Die Religion muss nämlich verteidigt werden, nicht indem man tötet, sondern indem man stirbt, nicht durch Grausamkeit, sondern durch Geduld, nicht durch Verbrechen, sondern durch Treue. Jenes Vorgehen charakterisiert die Bösen, dieses die Guten; und Religion muss auf dem Guten, nicht auf dem Bösen beruhen. (23) Denn wenn man die Religion mit Blutvergießen, Folter und dem Bösen verteidigen will, dann wird sie nicht mehr verteidigt, sondern entheiligt und entweiht. Nichts ist nämlich so sehr Sache des freien Willens wie die Religion; wenn sich hier die Gesinnung des Opfernden verweigert, dann ist sie schon beseitigt und existiert nicht mehr. (24) Es entspricht also der rechten Vernunft, die Religion mit Geduld oder dem Tod zu verteidigen; die hierdurch bewahrte Treue ist Gott angenehm und verleiht der Religion Autorität. … 20 (2) In einer unglaublichen Geistesblindheit zürnen die Erbärmlichen sogar, weil nicht zugleich auch andere zugrunde gehen. Was sollen diejenigen denn sehen, die nicht die Sonne sehen? So als ob jene, wenn sie wirklich Götter wären, der Hilfe der Menschen gegen ihre Verächter bedürftig wären. Warum also zürnen sie uns, wenn jene nichts vermögen? Abgesehen davon, dass sie selber ihre Götter zerstören, deren Macht sie misstrauen, wobei sie irreligiöser sind als die, die überhaupt nicht verehren. (3) Als Cicero in seinen „Gesetzen“ (2,19) die Vorschrift verfasste, rein an die Opfer zu treten, sagte er: „Frömmigkeit sollen sie walten lassen, äußeren

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Aufwand beiseite tun. Wer anders handelt: Gott selbst wird Rächer sein.“ (4) Das ist schon richtig: Es ist nämlich nicht rechtens, an Gott zu zweifeln, den man deshalb verehrt, weil man ihn für mächtig hält. Denn wie könnte er ein Unrecht am Verehrer rächen, wenn er das eigene nicht rächen kann? (5) Man mag sie hier also fragen, wem sie am ehesten einen Dienst zu erweisen glauben, wenn sie Leute wider Willen zum Opfer zwingen. Denen selbst, die sie zwingen? Aber es ist keine Wohltat, was einem Widerstrebenden angetan wird. (6) „Aber man muss auch für die Nichtwollenden sorgen, wenn sie nicht wissen, was das Gute ist.“ – Warum also quälen sie so grausam, foltern und verstümmeln, wenn sie heile Menschen wollen? Oder weshalb ist die Frömmigkeit so gottlos, dass sie diejenigen auf erbärmliche Weise vernichten oder untauglich machen, für die sie Fürsorge wollen? (7) Oder aber erweisen sie den Göttern einen Dienst? Aber es ist kein Opfer, was aus einem Unwilligen herausgepresst wird. Denn wenn es nicht freiwillig und von Herzen geschieht, bedeutet das Opferfrevel, wenn es die Menschen durch öffentliche Ächtung, zugefügtes Unrecht, Kerker und Folter veranlasst tun. (8) Wenn das Götter sind, die so verehrt werden, sollten sie schon allein deshalb nicht verehrt werden, weil sie so verehrt werden wollen, denen unter Tränen, Seufzen, bedeckt von Blut, das von allen Gliedern trieft, das Opfer dargebracht wird. All dies verdient die Abscheu der Menschen! (9) Wir jedoch wünschen im Gegenteil nicht, dass irgendeiner unseren Gott, der der Gott aller ist – ob sie nun wollen oder nicht –, gegen seinen Willen verehrt, wir zürnen auch nicht, wenn er ihn nicht verehrt. Denn wir vertrauen auf die Größe dessen, der die Verachtung, die ihn selbst trifft, ebenso ahnden kann wie auch das Leiden und Unrecht, das man seinen Dienern zufügt. (10) Deshalb kämpfen wir, sogar wenn wir Unsägliches erdulden müssen, nicht einmal verbal dagegen an, sondern überlassen Gott die Ahndung, anders als diejenigen, die als Verteidiger ihrer Götter erscheinen wollen und zügellos gegen diejenigen wüten, die die Verehrung nicht vollziehen. (11) Von daher haben sie die Chance einzusehen, wie ungut es ist, Götter zu verehren, da ja die Menschen eher durch ein Gut zu Gutem hätten geführt werden müssen, nicht durch ein Übel; aber weil jenes ein Übel ist, fehlt auch der aus ihm resultierenden Verpflichtung das Gute. (12) „Aber zu bestrafen sind doch, die die Kulte zerstören.“ Zerstören wir sie etwa auf schlimmere Weise als der Volksstamm der Ägypter, die die hässlichsten Gestalten von Wild- und Haustieren verehren, die auch gewisse Dinge – man muss sich schämen, sie zu nennen – als Götter anbeten? Haben wir es etwa auf schlimmere Weise getan als sie selbst, die, wenn sie behaupten, sie verehrten die Götter, diese dennoch öffentlich und schändlich verspotten, die auch zulassen, dass sogar Possenspiele über diese mit Beifall und Vergnügen veranstaltet werden? (13) Was ist das für eine Religion oder wie

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

stark ist die Majestät, die sich in Tempeln anbeten, in Theatern verspotten lässt? Und diejenigen, die das getan haben, büßen keine Strafen für die Verletzung der Gottheit, sondern gehen sogar geehrt und gerühmt davon. (14) Zerstören wir die Religion etwa auf schlimmere Weise als gewisse Philosophen, die sagen, es gäbe überhaupt keine Götter, sondern alles sei spontan entstanden, alles, was sich ereigne, geschehe durch Zufall? Haben wir es etwa auf schlimmere Weise getan als die Epikureer, die zwar einräumen, dass es Götter gibt, aber leugnen, dass sie für etwas sorgen würden, dass sie weder zürnten noch sich von Dankbarkeit bewegen lassen? (15) Durch die besagten Dinge überzeugen sie jedenfalls davon, dass diese Götter überhaupt nicht zu verehren sind, wenn sie wirklich weder die Verehrenden beachten noch den Nichtverehrenden zürnen. Außerdem: Wenn sie gegen die Angst diskutieren, versuchen sie nichts anderes zu bewirken, als dass niemand die Götter fürchtet. Auch diese Dinge werden dennoch gerne von den Menschen gehört und straflos diskutiert.

Nr. 211 Laktanz, epitome 48,1–8; 49,1–4 48 (1) Aber dies tun sie, wie sie behaupten, um ihre Götter zu verteidigen. Erstens: Wenn es Götter sind und wenn sie irgendetwas an Macht und Wirkkraft haben, so bedürfen sie der Verteidigung und Schutzherrschaft des Menschen nicht, sondern können sich doch wohl selber verteidigen. (2) Oder wie kann der Mensch von ihnen Hilfe erhoffen, wenn sie nicht einmal das an ihnen verübte Unrecht vergelten können?1 Naiv also und sinnlos ist es, Rächer der Götter sein zu wollen, abgesehen davon, dass dadurch ihr Mangel an Vertrauen noch deutlicher wird. (3) Wer nämlich über einen Gott, den er verehrt, die Schutzherrschaft übernimmt, gibt zu, dass dieser nichts wert ist; wenn er ihn aber deshalb verehrt, weil er der Meinung ist, er sei mächtig, dann darf er ihn nicht verteidigen wollen, da er selber doch von ihm verteidigt werden muss. Unsere Einstellung ist also richtig. (4) Denn wenn diese Verteidiger der falschen Götter, gegen den wahren Gott rebellisch, seinen Namen in uns verfolgen, dann kämpfen wir weder durch die Tat noch mit dem Wort dagegen, sondern ertragen sanft und schweigend und geduldig alles, was auch immer Grausamkeit gegen uns zu unternehmen vermag. Wir haben nämlich Vertrauen auf Gott, von dem, wie wir erwarten, die Rache unverzüglich folgen wird. (5) Und dieses Vertrauen ist nicht unbegründet; immerhin haben wir das beklagenswerte Ende all derer, die diese Untat gewagt haben, teils zur Kenntnis bekommen, teils erlebt, und niemand blieb straffrei dafür, dass er sich an Gott verging, vielmehr musste der, der nicht

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durch das Wort lernen wollte, wer der wahre Gott ist, dies durch seine Bestrafung mit dem Tode lernen. (6) Ich wollte gern wissen, wenn sie Leute gegen ihren Willen zum Opfern treiben, was sie dann an Vernunft besitzen oder für wen sie es tun, was sie da unternehmen. Wenn es für die Götter ist, dann ist das keine Verehrung und kein annehmbares Opfer, weil es wider Willen geschieht, weil es herausgefoltert wird durch Unrecht, weil es herausgerissen wird durch Schmerz. (7) Wenn es aber für die Gezwungenen selbst ist, dann ist das jedenfalls keine Wohltat, wenn jemand, um sie nicht annehmen zu müssen, sogar lieber sterben will. Wenn es etwas Gutes ist, wozu du mich rufst, warum lädst du dazu durch ein Übel ein? Warum nicht durch Worte, sondern durch Hiebe? Warum nicht durch Vernunft, sondern durch Martern des Leibes? Daraus wird deutlich, dass das ein Übel ist, wozu du nicht einen Willigen verlockst, sondern einen sich Weigernden zerrst. Welche Torheit ist es, für jemanden sorgen zu wollen, der das ablehnt? 49 (1) Dies kann man gewiss mit Recht sagen. Aber wer wird es anhören, da doch die irrsinnigen und zügellosen Menschen glauben, ihre Herrschaft werde gemindert, wenn es in den menschlichen Angelegenheiten irgendeine Freiheit gibt? Und doch ist es die Religion allein, in der die Freiheit ihre Wohnstatt errichtet hat. (2) Sie ist nämlich vor allen anderen Dingen etwas Freiwilliges, und niemandem kann der Zwang auferlegt werden zu verehren, was er nicht will. Vielleicht kann es irgendwer vortäuschen, aber wollen kann er es nicht. (3) Schließlich, wenn irgendwelche Leute aus Furcht vor Folterungen oder durch die Martern besiegt in die fluchwürdigen Opfer eingewilligt haben, tun sie nie freiwillig, was sie unter Zwang getan haben, sondern wenn ihnen wieder die Möglichkeit gewährt und die Freiheit zurückgegeben ist, kehren sie zu Gott zurück und versöhnen ihn mit Gebeten und Tränen, indem sie nicht für eine Gesinnung, die sie nicht hatten, sondern für eine Zwangslage, die sie erduldeten, Buße tun; und die Verzeihung wird ihnen, wenn sie Genugtuung leisten, nicht verweigert. (4) Was also bewirkt einer, der einen Leib entstellt, wenn er die Gesinnung nicht verändern kann?

2) Die Christen als Ursache aller Katastrophen Nach römischem Verständnis existierte ein Kausalzusammenhang zwischen Religion und Staatswohl, insofern dieses von der Huld der Götter garantiert wurde, die sich wiederum durch korrekten Kultvollzug gewinnen ließen. Krisen und Katastrophen wurden daher auf religiöse Ursachen zurückgeführt. Die sich zuspitzenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Misstände unter den Kaisern Marc Aurel und Decius interpretierte man als

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Strafgericht der Götter, deren Zorn durch die Kultverweigerung der gottlosen Christen provoziert worden sei (Nr. 212–213). Auch in späteren Kontroversen zwischen Heiden und Christen verstummte dieser Vorwurf nicht (Nr. 214–216, 218), der sich noch bis in die zweite Hälfte des 5. Jh. nachweisen lässt (Nr. 117). Die Apologeten bestritten entweder das Faktum einer Verschlechterung der Zustände, indem sie oft sogar eine Verbesserung der allgemeinen Lage seit dem Auftreten der Christen behaupteten (Nr. 212, 215), oder den ursächlichen Zusammenhang zwischen christlicher Kultverweigerung und Krisenphänomenen. Wo diese nicht als Ausdruck eines natürlichen Alterungsprozesses der Welt (Nr. 213) oder Erscheinungen momentan-regionaler Art (Nr. 217–218) gedeutet wurden, die bereits vor dem Auftreten der Christen nachweisbar waren (Nr. 212, 215, 218), wiesen Apologeten in Form einer retorsio nun gerade der heidnischen Missachtung des wahren Gottes die Schuld an den Katastrophen zu (Nr. 212–213). Diese Behauptung war ebensowenig nachprüfbar wie die umgekehrte Position der Heiden.

Nr. 212 Tertullian, apologeticum 40,1–3.13–41,6 40 (1) Nein, umgekehrt muss man den Namen „Organisation“1 denen beilegen, die im Hass gegen Gute und Anständige zusammenwirken, die laut nach dem Blut Unschuldiger schreien, wobei sie freilich diesen Hass auch mit dem sinnlosen Vorwand begründen, dass nach ihrer Überzeugung an jedem Schaden, der die Allgemeinheit trifft, an jedem Unglück des Volkes seit Urzeiten die Christen schuld seien. (2) Wenn der Tiber die Mauern überflutet, wenn der Nil die Felder nicht überflutet, wenn der Himmel sich nicht bewegt, wenn die Erde bebt, wenn eine Hungersnot, wenn eine Seuche wütet, schreit man sofort: „Die Christen vor den Löwen!“ So viele vor einen einzigen? (3) Ich bitte euch: Vor Tiberius, das heißt vor Christi Erscheinen – wie viel Katastrophen sind da über Länder und Städte hereingebrochen! … (13) Und doch: wenn wir die Katastrophen früherer Zeiten vergleichen, so geschieht jetzt weniger Schlimmes, seit der Erdkreis die Christen von Gott empfangen hat. Denn seitdem hat die Unschuld die Ungerechtigkeiten der Welt eingedämmt, und Fürbitter haben bei Gott zu existieren begonnen. (14) Wenn nun der Sommer den Winter und seinen Regen aufhält und man um die Ernte in Sorge ist, dann pflegt ihr, vollgegessen und gleich wieder zum Essen bereit, während Badestuben, Kneipen und Bordelle in Betrieb sind, dem Jupiter Regenopfer darzubringen, ordnet dem Volk Bittgänge mit bloßen Füßen an, sucht den Himmel beim Kapitol und erwartet Regenwolken vom Deckengebälk der Tempel, dem wahren Gott und wahren Himmel aber kehrt ihr den

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Rücken. (15) Wir dagegen, vom Fasten ausgezehrt und durch jede Art von Enthaltsamkeit entkräftet, von jeglichem Lebensgenuss eine Zeitlang ausgeschlossen, gehen in Sack und Asche und bedrängen heftig den Himmel, klammern uns an Gott, und wenn wir ihm Erbarmen abgetrotzt haben, dann huldigt man dem Jupiter! 41 (1) Ihr also bringt der Menschheit Schaden, ihr seid die Schuldigen und beschwört ständig allgemeine Katastrophen herauf – ihr, bei denen Gott gering geachtet ist und Bildsäulen angebetet werden. Denn man muss es doch eher für glaublich halten, dass der zürnt, der missachtet wird, als jene, die verehrt werden; (2) oder aber, diese Götter sind höchst ungerecht, wenn sie um der Christen willen ihre eigenen Verehrer leiden lassen, denen sie die Strafen der Christen ersparen sollten. „Dieser Vorwurf“, wendet ihr ein, „lässt sich auf euren Gott zurückschleudern, da er ja ebenfalls zulässt, dass um der Ungläubigen willen seine Verehrer leiden.“ Erkennt zuvor seine Ratschlüsse an, dann werdet ihr den Vorwurf nicht zurückgeben. (3) Nachdem er nämlich einmal das ewige Gericht festgesetzt hat für die Zeit nach dem Ende der Welt, vollzieht er die Scheidung, die die Voraussetzung des Gerichts ist, nicht überstürzt vor dem Ende der Welt. Er verhält sich einstweilen gleich gegenüber der ganzen Menschheit in seiner Güte wie in seinem Unwillen; es war sein Wille, dass ohne Unterschied das Gute auch den Ungläubigen, das Schlimme auch den Seinen zuteil werde solle, damit wir alle zu gleichen Teilen seine Milde wie seine Strenge erfahren. (4) Da wir dies von ihm selbst so gelernt haben, lieben wir seine Milde, fürchten wir seine Strenge; ihr dagegen achtet beides gering; und so kommt es, dass alle Schrecken der Welt uns allenfalls zur Mahnung, euch zur Bestrafung von Gott gesandt werden. (5) Doch leiden wir dabei auf keinen Fall; vor allem schon deshalb, weil wir in diesem irdischen Leben keinen anderen Wunsch haben als es so schnell wie möglich wieder zu verlassen; und dann, weil alles, was etwa Schlimmes zugefügt wird, eurer Schuld zuzurechnen ist. Doch selbst wenn irgendwelches Unglück auch uns trifft, da wir mit euch verbunden sind, freuen wir uns eher. Wir erkennen darin die göttlichen Prophezeiungen, und dies bestärkt uns in unserem zuversichtlichen Vertrauen zu dem, was wir erhoffen. (6) Wenn dagegen von denen, die ihr verehrt, euch um unseretwillen immer nur Schlimmes zugefügt wird, warum verehrt ihr dann weiterhin beharrlich so undankbare, so ungerechte Götter, die euch während der Peinigung der Christen vielmehr helfen und beistehen sollten?

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Nr. 213 Cyprian, ad Demetrianum 3–5 3 Du hast behauptet, wir seien die Ursache und uns müsse man all das zuschreiben, wodurch die Welt jetzt erschüttert und bedrängt wird1, weil eure Götter von uns nicht verehrt würden. In dieser Hinsicht musst du, der du von göttlicher Erkenntnis nichts weißt und der Wahrheit fernstehst, in erster Linie wissen, dass die Welt bereits alt geworden ist, dass sie nicht mehr in solchen Kräften steht wie früher und nicht mehr von Lebenskraft und Stärke strotzt wie früher2. Selbst wenn wir darüber schweigen und keine Beweise aus unseren heiligen Schriften und göttlichen Prophezeiungen vorbringen, spricht schon die Welt selbst eine deutliche Sprache und bezeugt ihren eigenen Untergang, indem sie den Verfall der Dinge vor Augen führt. Im Winter reicht die Regenmenge nicht aus, um den Samen zu nähren, im Sommer kommt die gewohnte Hitze nicht, um das Getreide reifen zu lassen, die Zeit des Frühlings erfreut nicht durch milde Witterung und die Zeit des Herbstes bringt nicht so reichlich die Früchte der Bäume hervor. Aus den durchwühlten und erschöpften Bergen werden weniger Marmorschichten ausgegraben, die bereits ausgebeuteten Bergwerke liefern weniger Schätze an Silber und Gold, und die ärmlichen Erzadern nehmen von Tag zu Tag ab. Kraftlos und müde wird auf den Feldern der Bauer, auf dem Meer der Seemann, der Soldat im Lager, die Ehrlichkeit auf dem Markt, die Gerechtigkeit vor Gericht, in der Freundschaft die Eintracht, in den Künsten die Sachkenntnis, in den Sitten die Strenge. Glaubst du etwa, eine alternde Sache könne die gleiche Beschaffenheit haben, wie sie sie einst in ihrer noch frischen und rüstigen Jugend besitzen konnte? Abnehmen muss alles, was seinem Ende schon nahe ist und sich dem Vergehen und Verlöschen zuneigt. So sendet die Sonne bei ihrem Untergang Strahlen von weniger heller und feuriger Leuchtkraft aus, so wird der Mond blass, wenn sich sein Lauf bereits dem Ende zuneigt und seine Hörner verbleichen, und der Baum, der zuvor grün und ertragreich war, wird später, wenn seine Äste verdorren, unfruchtbar und hässlich durch sein Alter, und die Quelle, die früher aus überströmenden Adern reichlich hervor sprudelte, versiegt im Alter und bringt kaum noch wenige Tropfen Feuchtigkeit hervor. Das ist der Grundsatz, der für die Welt aufgestellt worden ist, das ist das Gesetz Gottes, dass alles, was entstanden ist, vergeht, und was gewachsen ist, altert, was stark ist, schwach, was groß ist, klein wird, und wenn es schwach und klein geworden ist, zu Ende geht. 4 Den Christen schreibst du es zu, dass die einzelnen Dinge schwächer werden, wenn die Welt altert. Wie, wenn auch die Greise es den Christen zuschreiben wollten, dass es ihnen im Alter weniger gut geht, dass die Empfindlichkeit ihres Gehörs, die Schnelligkeit ihrer Füße, die Schärfe ihrer Augen,

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die Stärke ihrer Muskeln, die Säfte ihres Inneren, der gewaltige Bau ihrer Glieder nicht mehr in der gleichen Blüte stehen wie früher und dass das Leben der Menschen jetzt kaum noch hundert Jahre erreicht, während seine lange Dauer einst über achthundert und neunhundert Jahre hinausging3. Grauhaarige sehen wir unter den Kindern, die Haare fallen aus, bevor sie wachsen, und die Lebenszeit hört nicht mit dem Greisenalter auf, sondern fängt mit ihm an. So eilt eine Generation noch bei ihrer Geburt schon dem Ende zu, so verkümmert alles, was jetzt geboren ist, infolge des Greisenalters der Welt selbst, so dass sich niemand darüber zu wundern braucht, dass die einzelnen Dinge in der Welt zu schwinden beginnen, da ja die ganze Welt selbst schon im Schwinden begriffen und an ihr Ende gelangt ist. 5 Wenn aber Kriege immer häufiger aufeinander folgen, Dürre und Hunger die Angst mehren, die Gesundheit durch das Wüten von Krankheiten zerstört wird, die Menschheit durch die verheerende Ausbreitung der Pest zerrüttet wird, so ist auch dies, sollst du wissen, vorausgesagt, dass in den letzten Zeiten die Übel sich vervielfachen und das Unheil immer vielfältiger wird und jetzt, da der Tag des Gerichts sich schon nähert, die Strenge des empörten Gottes mehr und mehr zu Schlägen gegen die Menschheit entbrennt. Denn dies geschieht nicht, wie deine falsche Klage und deine Unkenntnis der Wahrheit mit Geschrei behauptet, weil eure Götter von uns nicht verehrt werden, sondern weil Gott von euch nicht verehrt wird. Denn weil nur er der Herr und Lenker der Welt ist und alles nach seinem Ermessen und auf seinen Wink hin ausgeführt wird und nichts sich ereignen kann, außer was er entweder selbst getan hat oder geschehen lässt, vollziehen sich sicherlich irgendwann einmal jene Dinge, die den Zorn des empörten Gottes manifestieren, nicht unseretwegen, denn wir verehren ja Gott, vielmehr werden sie wegen eurer Verfehlungen und eurer Schuld über euch verhängt, weil ihr Gott überhaupt nicht sucht noch fürchtet, eure nichtigen abergläubischen Bräuche nicht aufgebt und die wahre Religion nicht erkennt; diese Erkenntnis hätte zur Folge, dass er, der der einzige Gott für alle ist, von allen als einziger verehrt und angefleht würde. Nr. 214 Porphyrius, contra Christianos, frg. 80 (= Eusebius, praeparatio evangelica 5,1,9–10) Gerade er, der uns gegenüber ein Fürsprecher der Dämonen ist, legt in seiner gegen uns gerichteten Hetzschrift auf folgende Weise Zeugnis ab, indem er an einer Stelle sagt: „Jetzt aber wundert man sich, wenn die Seuche seit so vielen Jahren die Stadt1 fest im Griff hält, da es keinen Aufenthalt des Asklepios und der anderen Götter mehr gibt; denn da Jesus verehrt ist, hat nie-

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mand mehr irgendeine öffentliche Hilfeleistung von Göttern wahrgenommen.“ Nr. 215 Arnobius, adversus nationes 1,1–3; 13–14 1 Ich habe erfahren, dass manche Leute, die sich in ihrer eigenen Einbildung für die Klügsten halten, den Verstand verloren haben, wie im Rausch toben und wie in einem Orakelspruch1 behaupten: Nachdem das Volk der Christen in der Welt aufzutreten begonnen habe, gehe der Erdkreis zugrunde, sei die Menschheit von vielfältigen Übeln getroffen, ja hätten sogar die Himmlischen ihre üblichen Sorgen, mit denen sie sich einst um unsere Angelegenheiten zu kümmern pflegten, aufgegeben und seien aus den Regionen der Erde vertrieben worden2. Daher habe ich beschlossen, entsprechend meiner Begabung und bescheidenen Redeweise der Missgunst entgegenzutreten und die verleumderischen Anschuldigungen zu widerlegen, damit jene Leute nicht meinen, sie würden, indem sie solche demagogischen Äußerungen hervorbringen, etwas Wichtiges sagen, oder damit sie, wenn wir uns von solchen Kontroversen fernhalten würden, nicht etwa glauben, sie hätten in der Sache schon gewonnen, weil diese durch ihre eigene Schlechtigkeit unterlegen, und nicht etwa, weil sie durch das Schweigen der Verteidiger aufgegeben worden sei. Denn ich möchte nicht bestreiten, dass diese Beschuldigung äußerst gravierend ist und wir den Hass wie Staatsfeinde verdienen würden, wenn es sicher wäre, dass bei uns die Gründe dafür liegen, dass die Welt von ihren eigenen Gesetzen abgewichen ist, die Götter weit fort vertrieben worden sind und unserer Zeit eine so große Menge von Sorgen, wie sie die Sterblichen haben, auferlegt worden ist. 2 Wir wollen also den Sinn dieser Ansicht und die Art dieser Behauptung untersuchen, alle Streitsucht, durch die die Betrachtung der Dinge gewöhnlich nur verdunkelt und verhüllt wird, beiseitelassen und durch die Prüfung der gegnerischen Argumente überlegen, ob das, was behauptet wird, wahr ist. Es wird sich nämlich in Wahrheit durch die Kombination der aufeinander folgenden Beweise ergeben, dass nicht so sehr wir „Gottlosen“, sondern vielmehr sie selbst, die sich als Verehrer der Gottheiten und Anhänger der eingewurzelten Kulte bekennen, von jener Beschuldigung getroffen werden. Und zuerst fragen wir jene Leute mit freundlichen und ruhigen Worten: Nachdem der Name der christlichen Religion auf Erden seinen Anfang genommen hatte, was Ungewöhnliches, Unbekanntes, den ursprünglich eingeführten Gesetzen Zuwiderlaufendes hat denn die Ordnung der Dinge, die man allgemein Natur nennt, erfahren oder erlitten? Haben sich etwa jene ersten Elemente, aus denen nach übereinstimmender Meinung alle Dinge zusammen-

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gesetzt sind, in die ihnen entgegengesetzten Qualitäten verändert? Hat sich etwa der Bau dieses gewaltigen Firmamentes, der uns alle beschützt und umschließt, in irgendeinem Teil gelockert oder gelöst? Hat etwa die Umdrehung dieser Welt das Maß ihrer ursprünglichen Bewegung verloren und angefangen, entweder langsamer dahinzuschleichen oder in überstürzter Kreisbewegung weiterzurasen? Haben etwa die Sterne begonnen, im Westen aufzugehen und sich im Osten zum Untergang zu neigen? Hat etwa die Sonne selbst, die Fürstin der Gestirne, deren Licht alles schmückt und deren Wärme alles beseelt, an Hitze zugenommen oder ist sie lau geworden und hat das gewohnte Maß ihrer Wärme in den gegenteiligen Zustand verkehrt? Hat etwa der Mond aufgehört, sich selbst wieder zu ergänzen und durch ständige Erneuerung seine alte Gestalt wieder anzunehmen? Sind etwa die Kälte, die Hitze und die lauen Temperaturen durch Vermischung ungleicher Jahreszeiten abhanden gekommen? Hat etwa der Winter angefangen, lange Tage zu haben, und die Sommernacht, sehr spätes Morgenlicht heraufzubringen? Haben vielleicht die Winde ihr Wehen eingestellt, bedeckt sich, wenn die Winde aufgehört haben zu wehen, der Himmel nicht mit Wolken und werden die Äcker nicht vom Regen durchtränkt? Weigert sich etwa die Erde, den ihr anvertrauten Samen anzunehmen, und wollen die Bäume sich nicht belauben? Haben sich der Geschmack der essbaren Früchte und der Saft der Weinrebe verändert? Wird aus den Olivenbeeren etwa nicht ein finsterer blutroter Saft gepresst und dem erloschenen Licht als neue Nahrung gereicht? Sind die an das Festland gewöhnten und die im Wasser lebenden Tiere nicht brünstig, werden sie etwa nicht trächtig, und schützen sie die in ihrer Gebärmutter empfangene Leibesfrucht nicht nach ihren Gewohnheiten und ihrer Regel? Die Menschen schließlich, die sich schon in der ersten, anfänglichen Generation über die noch unbewohnbaren Gebiete der Erde zerstreut haben, knüpfen sie etwa nicht mit rechtmäßigen Hochzeitsriten das Band der Ehe? Bringen sie nicht Kinder zur Welt, die liebsten Nachkommen? Widmen sie sich nicht den Staatsgeschäften, nicht ihren eigenen und familiären Angelegenheiten? Bilden sie nicht, wie jeder es möchte, ihre Begabung durch unterschiedliche Arten von Künsten und Wissenschaften aus und bringen die Erträge intensiver Bemühung ein? Herrschen diejenigen nicht, befehlen diejenigen nicht, denen das Schicksal eine solche Aufgabe zugeteilt hat? Wachsen sie nicht täglich an Würde und Macht, führen sie nicht den Vorsitz bei den Gerichtsverhandlungen, legen sie nicht die Gesetze und das Recht aus? Vollziehen nicht alle Menschen alles übrige, wodurch das menschliche Leben ausgerüstet und erhalten wird, bei ihren eigenen Völkern nach den Regeln, die den Sitten der Vorfahren entsprechen? 3 Da es sich nun so verhält, da keine Neuerung eingetreten ist, die den beständigen und gleichmäßigen Verlauf der Dinge aufgehoben hätte, wie will

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man dann noch sagen: Seitdem die christliche Religion in die Welt eingetreten ist und die Geheimnisse der verborgenen Wahrheit offenbart hat, sei Unheil über die Erde gekommen? „Aber“, so behauptet man, „Epidemien, Dürre, Kriege, Mangel an Früchten, Heuschrecken, Mäuse, Hagelschlag und andere Plagen, von denen das menschliche Leben betroffen wird, bringen die über eure Entehrungen und Beleidigungen erbitterten Götter über uns!“ Wäre es nun nicht Torheit, länger sich aufzuhalten bei Dingen, die so klar und keiner Verteidigung bedürftig sind, so würde ich in der Tat die vergangenen Jahrhunderte wieder aufrollen und nachweisen, dass die von euch genannten Übel nicht unbekannt, nicht urplötzlich in die Welt gekommen sind; dass nicht erst, seitdem unser Volk so glückselig gewesen ist, zum Christentum berufen zu werden, diese Plagen hereingebrochen sind, und die Menschheit von so verschiedenen Prüfungen beunruhigt wird. Sind wir dafür die Ursache, haben wir um unserer Frevel willen diese Katastrophen verschuldet, woher kannte dann das Altertum die Begriffe für all dieses Elend? Woher gab es den Kriegen die Bezeichnung? Wie konnte es die Pest, den Hagelschlag bezeichnen, oder in den Bereich seiner Worte, in denen seine Sprache sich entfaltete, aufnehmen? Denn sind diese Übel neu und entspringen sie den Verfehlungen der Gegenwart, wie konnte dann die Vorzeit für jene Dinge Worte bilden, die sie selbst nicht erlebt und von deren Bestehen sie aus keiner Zeit der Ahnen Kunde erhalten hatte? Man sagt: „Mangel an Früchten und Engpässe in der Getreideversorgung belasten uns heutzutage häufiger!“ Waren denn die früheren und ältesten Zeiten je frei von dieser Not? Geben nicht gerade die Namen, mit denen man diese Übel aufzählt, lautes Zeugnis dafür, dass niemals das Leben der Sterblichen ganz davon verschont blieb! Wäre das schwer zu glauben, so könnten wir durch Zeugnisse der Schriftsteller beweisen, wie viele und welche Völker wie oft furchtbare Hungersnot erlitten und infolge andauernder Entbehrung zugrunde gingen3. 13 Man sagt: „Um der Christen willen senden die Götter alle Plagen, und ihretwegen richten die Himmlischen unter den Früchten Verderben an.“ Seht ihr denn aber nicht ein, so frage ich, dass ihr durch solche Aussagen schändlich verleumdet und offenbare, handgreifliche Lügen redet? Es sind ungefähr dreihundert Jahre, etwas mehr oder weniger, seit wir Christen zu existieren und auf dem Erdkreis mitzuzählen angefangen haben. Haben denn etwa durch diese Reihe von Jahren die Kriege angedauert? War denn die Unfruchtbarkeit anhaltend? Gab es denn nie Frieden auf Erden, niemals Billigkeit, ja Überfluss an Lebensmitteln? Denn das muss uns der, der uns so beschuldigt, zuerst beweisen, dass diese Unglücksfälle ununterbrochen dauerten, dass niemals die Menschheit sich erholte und – wie man sich ausdrückt – die verschiedenen Prüfungen ohne Unterbrechung ertragen musste. 14 Nun sehen wir aber, dass gerade in diesen Jahren, mitten in diesen Zeiten, zahllose Siege

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über unterworfene Feinde erfochten wurden, dass die Grenzen des Reiches erweitert und Völker, von denen man bis dahin nicht einmal den Namen kannte, unterworfen wurden; dass es sehr häufig überreiche Getreideernten gab, eine Billigkeit und ein solcher Überfluss an Lebensmitteln, dass aller Handel wegen der gedrückten Preise stockte und daniederlag? Wie hätte dann wohl die Welt bestehen und wie die Menschheit bis auf diesen Tag überleben können, wenn nicht die Fruchtbarkeit alles, was das Leben fordert, geboten hätte? Nr. 216 Symmachus, relatio 3,15–17 15 Niemand soll glauben, dass ich nur die Sache der Religion verteidige. Aus solchen Taten ist aller Schaden für die römische Welt entstanden. Ein Gesetz der Väter hatte die Vestalischen Jungfrauen und andere Diener unserer Götter mit einen angemessenen Unterhalt und mit gebührenden Privilegien geehrt. Diese Zuwendungen sind unangetastet geblieben bis in unsere Zeit, wo verkommene Geldwechsler den geheiligten Unterhalt der Keuschheit zur Entlohnung gemeiner Lastträger verwendeten1. Dieses Vorgehen hatte eine allgemeine Hungersnot zur Konsequenz und eine dürftige Ernte enttäuschte in allen Provinzen die Erwartungen2. 16 Daran ist nicht der Boden schuld. Auch dem Südwind dürfen wir es nicht anrechnen. Kein Rost versehrte die Saaten, und kein Unkraut verdarb die guten Früchte des Feldes. Der Frevel an den Göttern hat das dürre Jahr verursacht. Es war unvermeidlich, dass allen Menschen das verloren ging, was man unserer Religion verweigerte. Gewiss, wenn es einen Präzedenzfall für dieses Unglück gäbe, könnten wir die Schuld für eine solche Hungersnot der Wechselhaftigkeit der Jahre zuschreiben. Doch diese Dürre ist durch einen gravierenden Grund hervorgerufen worden. Mit den Sträuchern des Waldes erhält man sich am Leben, und in seiner Not stürzt sich das Landvolk wieder auf die Bäume von Dodona3. 17 Haben die Provinzen jemals so gelitten, als ein staatliches Honorar die Diener der Kulte ernährte? Wann sind die Eichen geschüttelt worden, um Menschen zu helfen, wann sind die Wurzeln von Kräutern ausgerissen worden, wann ist eine Missernte in gewissen Gegenden nicht durch reiche Erträge in anderen Ländern ausgeglichen worden, als für das Volk und für die heiligen Jungfrauen der Lebensunterhalt noch gemeinsam war? Dieser Unterhalt der Tempelvorsteher garantierte eine gute Ernte auf dem Erdkreis, und er war deshalb mehr eine Versicherung gegen Unheil als bloß Großzügigkeit. Wer zweifelt etwa daran, dass man ihnen im Interesse des allgemeinen Wohlstandes das gegeben hat, für dessen Entzug uns jetzt die allgemeine Not bestraft?

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Nr. 217 Ambrosius, epistula 18,20–21 20 Einmal angenommen, dass die Heiden glauben, ihre Götter hätten sich im vergangenen Jahr für das angetane Unrecht gerächt, warum ließen diese sich dann in diesem Jahr verachten? Denn die Landbevölkerung reißt jetzt keine Wurzeln von Kräutern mehr aus dem Boden, um sich zu ernähren, noch sucht es seinen Hunger mit wilden Beeren zu stillen, noch holt es seine Nahrung von den Sträuchern, vielmehr freut es sich über den glücklichen Ertrag seiner Arbeit. Es staunt sogar über seine Ernte und entschädigt sich für das Fasten mit dem Reichtum, der seinen Erwartungen entsprach. Jetzt hat uns die Erde ihre Früchte zurückgegeben, und sogar mit Gewinn. 21 Wer ist so unerfahren in menschlichen Dingen, dass er sich noch über die Wechselhaftigkeit der Jahre wundert? Doch wissen wir, dass selbst im vergangenen Jahr ein Großteil der Provinzen eine überreiche Ernte hatte. Was soll ich von den gallischen Ländern sprechen, die außergewöhnlich fruchtbar waren? Die pannonischen Provinzen haben ihr Getreide verkauft, so weit sie es nicht zur Aussaat brauchten, und das zweite Rätien hat den Neid auf seine Fruchtbarkeit zu spüren bekommen; denn während es gewöhnlich wegen seiner Armut recht sicher war, hat es jetzt durch seine Fruchtbarkeit die Begierde des Feindes auf sich gelenkt. Ligurien und Venetien haben sich allein von ihrem Herbstgetreide versorgen können. Also hat das vergangene Jahr gar nicht an Dürre gelitten wegen des Frevels an den Göttern, und das jetzige hat eine Blüte an Früchten des Glaubens erlebt. Wollen sie bestreiten, dass die Weinstöcke überreich getragen haben? Wir haben wieder eine Ernte eingebracht, die reicher ausfiel als erwartet, und wir erfreuen uns des Gewinns, den eine noch ergiebigere Weinlese gebracht hat.

Nr. 218 Augustinus, de civitate Dei 2,3 Doch bedenke, dass ich mich mit diesen Ausführungen zunächst an die Ungebildeten wende, von deren Unverstand das verbreitete Sprichwort stammt: „Es regnet nicht. Die Christen sind schuld!“1 Denn die umfassend gebildeten Kenner der Geschichte wissen das alles genau, aber um die ungebildeten Massen gegen uns aufzuhetzen, tun sie, als wüssten sie es nicht und bemühen sich, das Volk in der Meinung zu bestärken, die Katastrophen, die von Zeit zu Zeit da und dort die Menschheit treffen müssen, würden sich wegen des christlichen Namens ereignen, der sich jetzt gegen ihre Götter stellt und sich mit ungeheurem Ruhm unter so mächtigem Zulauf überall ausbreitet.

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Sie mögen sich mit uns daran erinnern, dass schon ehe Christus im Fleisch erschien, ehe sein Name, den sie ihm vergeblich neiden, so ruhmvoll den Völkern bekannt wurde, der römische Staat häufig von Unglücksfällen verschiedener Art schwer erschüttert wurde. Dagegen mögen sie, wenn sie können, ihre Götter verteidigen, die doch deshalb verehrt werden, damit ihre Verehrer kein solches Unglück zu erleiden brauchen, das sie, wenn es ihnen jetzt widerfährt, uns anhängen wollen. Denn warum haben die Götter das, was ich jetzt anführen werde, über ihre Verehrer kommen lassen, bevor die Verkündigung des Namens Christi sie beleidigte und in ihre Opferhandlungen verboten hat?

3) Das Schicksal des Gottesverächters Bereits in der griechisch-römischen wie in der jüdisch-hellenistischen Literatur (2 Makk 9) war das schlimme Ende des Gottesverächters ein verbreiteter Topos, den erstmals Tertullian apologetisch auswertete (Nr. 219), Cyprian am Beispiel des Todes des Christenverfolgers Decius entfaltete (Nr. 221), schließlich Laktanz zum Thema eines eigenen Werkes machte (Nr. 223). Selbst das plötzliche Ende des Kaisers Julian wurde noch nach diesem Schema von den Christen als göttliches Urteil über seine Apostasie gedeutet (Nr. 90, 92, 94, 100, 103, 224). Da nun aber auch die heidnische Seite im ausgehenden 4. Jh. auf das jähe Ende christlicher Kaiser verweisen und daraus eine pagane Version des Verfolgertodes konstruieren konnte, distanzierte sich erstmals Augustin von dieser Exempeltradition, indem er mit dem römischen Denkmodell einer Wechselwirkung von Religion und Erfolg brach (Nr. 225). Schon zuvor hatte die apologetische Verwendung jenes Topos das Theodizeeproblem aufgeworfen, insofern Gott auch die Christen unter den Sanktionen leiden ließ, die eigentlich nur seiner Verachtung durch die Heiden galten. Daher wurde versucht, mit Rückgriff auf antike Vorstellungen das Leiden der Christen als Bewährungsprobe zu deuten und das Skandalon der scheinbar von ihrem Gott im Stich gelassenen Gläubigen zu entschärfen (Nr. 220, 222).

Nr. 219 Tertullian, ad Scapulam 3 (1) Doch muss uns Kummer machen, dass keiner Stadt die Vergießung unseres Blutes ungestraft hingehen wird. So geschah es auch unter dem Statthalter Hilarianus, als man schrie: „Sie sollen keine Äcker haben!“ und unsere Totenäcker damit meinte. Damals hatten sie selber keine Äcker; das heißt sie konnten eigene Ernten nicht einbringen. (2) Aber auch das, woran Regen-

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güsse des vergangenen Jahres die Menschheit erinnern sollten, wurde klar, nämlich daran, dass es in früherer Zeit wegen des Unglaubens und der Verbrechen der Menschen einmal eine Sintflut gegeben hat. Was der Feuerschein, der vor kurzem nachts über den Stadtmauern von Karthago hing, angedroht hat, wissen die, die ihn gesehen haben, und was die vorangegangenen Donnerschläge bedeuteten, ist denen bekannt, die davor erstarrt sind. (3) Das alles sind Anzeichen des bevorstehenden Zornes Gottes, den wir auf jede uns mögliche Weise ankündigen und verkünden müssen und durch unsere Bitten zu einem vorläufig örtlich begrenzten machen können. Denn den universellen, letzten Zorn Gottes werden seinerzeit diejenigen spüren, die dessen Mahnzeichen falsch deuten. Auch die bekannte Erscheinung an der Sonne bei der Gerichtsersammlung zu Utica, als ihr Licht beinah erlosch1, war darum ein Vorzeichen, weil sie nicht infolge einer gewöhnlichen Finsternis stattfinden konnte, da die Sonne sich gerade auf ihrer Höhe und in ihrem Hause befand. Ihr habt ja Astrologen. (4) So könnten wir dir ebenso auch die Schicksale einiger Statthalter vorführen, die sich am Ende ihres Lebens darauf besonnen haben, darin gefehlt zu haben, dass sie die Christen bedrängten. Vigellius Saturninus, der hier zuerst das Schwert gegen uns zog, erblindete2. Claudius Lucius Hieronymianus3 in Kappadozien war ungehalten darüber, dass seine Gemahlin zu unserer Gemeinschaft übergegangen war, und behandelte die Christen deshalb grausam. Als er nun, ganz allein in seinem Prätorium liegend, von der Pest ergriffen, noch lebend von Würmern wimmelte, sagte er: „Niemand soll es erfahren, damit nicht die Christen sich freuen oder die Christinnen Hoffnung schöpfen.“ Später sah er seinen Fehler ein, einige durch seine Foltern dazu gebracht zu haben, von ihrem Vorsatz abzufallen, und starb beinahe als ein Christ. Caecilius Capilla rief bei dem bekannten Fall von Byzanz aus: „Freut euch, ihr Christen!“4 (5) Diejenigen aber, die sich einbilden, ungestraft davon gekommen zu sein, werden am Tag des göttlichen Gerichtes erscheinen müssen. Auch dir, so wünschen wir, möge es die einzige Warnung gewesen sein, dass, nachdem du den Mavilus von Hadrumet zum Tierkampf verurteilt hast, zum einen sofort dein jetziges Leiden nachgefolgt ist, zum andern neuerdings aus demselben Grund eine plötzliche Blutung. Aber denk daran!5

Nr. 220 Minucius Felix, Octavius 36,8–9 (8) Und wenn wir auch die allgemein menschlichen Schwächen des Körpers an uns spüren und erleiden, so ist das nicht Strafe, sondern Kriegsdienst. Festigt sich doch die eigene Stärke gerade an den Schwächen; Unglück ist

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häufig eine gute Schule für unsere Leistungsfähigkeit. Denn die Kräfte des Geistes wie des Körpers erlahmen ohne Übung und Anstrengung. Haben doch auch alle eure Helden, die ihr als Vorbilder hinstellt, sich ihren Ruhm durch Mühen erworben. (9) Deshalb ist es auch nicht so, als ob Gott uns nicht zu Hilfe kommen könnte oder wollte, da er ja der Herr aller Dinge ist und die Seinen liebt. Aber in den Schwierigkeiten prüft und erforscht er einen jeden, erwägt die Haltung jedes einzelnen in Gefahren und erprobt die Gesinnung des Menschen bis zum letzten Atemzug. Er ist ja sicher, dass ihm nichts entgehen kann. So werden wir wie das Gold im Feuer durch Anfechtungen geprüft. Nr. 221 Cyprian, ad Demetrianum 17–18 17 Denn daher kommt es, dass niemand von uns Widerstand leistet, wenn er festgenommen wird, und dass unser Volk trotz seiner Stärke und Zahl gegenüber eurer ungerechten Gewalttätigkeit nicht an Rache denkt. Geduldig macht uns die Gewissheit der folgenden Strafe. Die Unschuldigen geben den Schuldigen nach, die Unbescholtenen nehmen ruhig die Strafen und Martern hin in dem sicheren Vertrauen, dass all das, was wir leiden, nicht ungeahndet bleibt und dass die Rache für unsere Verfolgung umso gerechter und schwerer ausfällt, je größer das Unrecht der Verfolgung war. Und tatsächlich, niemals erhebt sich der Frevel der Ruchlosen gegen unseren Namen, ohne dass sofort die göttliche Rache ihm auf dem Fuße folgte1. Um von den alten Zeiten ganz zu schweigen und auf die oftmals wiederholten Strafgerichte zugunsten der Verehrer Gottes mit gar keinem rühmenden Wort zurückzukommen, so kann schon ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit als Beweis genügen. Erst vor kurzem ist so schnell und bei aller Schnelligkeit doch so eindrucksvoll die Verteidigung für uns vollzogen worden durch den Zusammensturz des Reiches, durch die Einbuße an Macht, durch die Opfer an Soldaten und durch die Verluste an Heerlagern2. Möge nur ja niemand glauben, dass sei von ungefähr so gekommen, oder annehmen, es sei bloßer Zufall gewesen; hat doch schon vor langer Zeit die göttliche Schrift geäußert und gesagt: „Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr“ (Dtn 32,35), und wiederum mahnt der Heilige Geist im voraus: „Sage nicht: ich will mich rächen an meinem Feind, sondern warte auf den Herrn, dass er dir zu Hilfe komme!“ (Spr 20,22). Daher ist es deutlich und offenbar, dass nicht durch unsere Schuld, sondern für uns all das geschieht, was Gottes Empörung herabsendet. 18 Dass aber keiner deswegen glaube, in diesen Ereignissen erfolge deshalb keine Rache für die Christen, weil man ja sehe, wie sie gleichfalls durch das hereinbrechende Unheil hart getroffen werden! Als Strafe empfindet die Drangsale der Welt nur

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der, dessen Freude und Erfüllung vollständig auf der Welt beruht. Nur der trauert und weint, wenn es ihm schlecht geht in der Zeitlichkeit, dem es nicht gut gehen kann nach dieser Zeitlichkeit, der die ganze Frucht des Lebens nur hier auf Erden genießt, dessen ganzer Trost hier endet, dessen vergängliches und kurzes Leben nur hier Wohlergehen und Lust erwartet und dem nur mehr Strafe und Schmerz bevorsteht, wenn er von hier geschieden ist. Dagegen kennen die keinen Schmerz über das hereinbrechende gegenwärtige Übel, die mit Vertrauen den künftigen Gütern entgegensehen. Und so lassen wir uns durch diese Widrigkeiten weder aus der Fassung bringen noch entmutigen, weder betrüben wir uns noch murren wir bei irgendwelchen Verlust an Besitz oder bei leiblicher Krankheit. Da wir mehr im Geist als im Fleisch leben, besiegen wir durch die Stärke unseres Geistes die Schwäche des Leibes. Wir wissen und vertrauen darauf, dass gerade das uns zur Prüfung und Stärkung dient, was für euch nur Qual und Pein ist.

Nr. 222 Laktanz, divinae institutiones 5,21,7; 22,11–22; 23,1–5 21 (7) Es entgeht mir nicht, was sich hier entgegnen lässt: Warum also lässt jener einzigartige, jener große Gott, den du als aller Dinge mächtig, als Herrn aller Menschen bekennst, dies geschehen und rächt nicht seine Verehrer oder schützt sie? Warum schließlich sind die, die ihn nicht verehren, wohlhabend, mächtig, glücklich, bemächtigen sich der Ehren und der Herrschaft und haben gerade diese ihrer Gewalt und Macht unterworfen? 22 (11) Wenn einer aber ausführlicher wissen will, warum Gott die Schlechten und Ungerechten mächtig, glücklich und reich werden lässt, dagegen aber zulässt, dass die Frommen niedrig gestellt, arm und mittellos sind, soll er jenes Buch Senecas zur Hand nehmen, das den Titel trägt: „Warum guten Männern viele Übel geschehen, obwohl es eine Vorsehung gibt?“1 In diesem Buch hat jener viele Dinge geradezu nicht in weltlicher Unwissenheit, sondern weise und fast schon göttlich inspiriert ausgesprochen. (12) „Gott“, so sagt er, „hat die Menschen zu Kindern, doch er lässt zu, dass sie als Verdorbene und Lasterhafte ausschweifend und genussvoll leben, weil er nicht glaubt, sie hätten seine Korrektur verdient. Die Guten aber, die er liebt, die züchtigt er öfter, übt sie in anhaltenden Mühen zum Gebrauch der Tugend und lässt sie nicht durch hinfällige und vergängliche Güter völlig verderben und herunterkommen.“ (13) Von daher muss es niemandem verwunderlich erscheinen, wenn wir für unsere Vergehen häufig von Gott gezüchtigt werden. Ja, sogar gerade dann, wenn wir gequält und unterdrückt werden, sagen wir dem nachsichtigsten Vater am meisten Dank, weil er nicht zulässt, dass

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unsere Verderbnis weiter fortschreitet, sondern sie mit Schlägen und Peitschenhieben korrigiert. Daran erkennen wir, dass wir Gott am Herzen liegen, denen er zürnt, weil wir sündigen. (14) Denn obwohl er seinem Volk Machtmittel und Königreiche schenken könnte, wie er es zuvor für die Juden getan hatte, deren Nachfolger und Nachfahren wir sind, wollte er, dass es deshalb unter fremder Gewalt und Herrschaft lebe, damit es nicht vom Glück günstiger Umstände verdorben, in Ausschweifung abgleite und die Gebote Gottes verachte, wie es jene unsere Vorfahren getan haben, die häufig durch diese irdischen und vergänglichen Güter geschwächt, von der Lehre abgeirrt sind und die Bande des Gesetzes zerrissen haben. (15) Er sah also voraus, inwieweit er seinen Verehrern Ruhe gewähren könne, wenn sie seine Weisungen bewahrt hatten, und inwieweit er sie dennoch korrigieren könne, wenn sie seinen Geboten nicht gehorcht hatten. (16) Damit sie deshalb nicht so von der Muße verdorben würden, wie ihre Väter von der Ungebundenheit, wollte er, dass sie von denjenigen unterdrückt werden, in deren Hände er sie gegeben hat, so dass er die Wankenden stärken, die Verdorbenen wieder zur Tapferkeit führen und die Treuen erproben und versuchen könne. (17) Wie kann denn ein Feldherr die Tüchtigkeit seiner Soldaten erproben, wenn er keinen Feind hat? Und dennoch ersteht ihm gegen seinen Willen ein Gegner, weil er sterblich ist und besiegt werden kann; da gegen Gott aber nicht angekämpft werden kann, erweckt er selbst Gegner seines Namens, nicht, damit sie gegen Gott selbst kämpfen, sondern gegen seine Soldaten, um die Ergebenheit und Treue seiner Leute zu erproben oder zu stärken, bis er durch die Schläge der Bedrängnis die sich auflösende Lehre wieder in die richtige Bahn lenke. (18) Es gibt auch noch einen anderen Grund, warum er die Verfolgungen gegen uns geschehen lässt, nämlich damit das Volk Gottes vermehrt werde2. Und es ist nicht schwierig zu zeigen, warum oder wie das geschieht. (19) Zuerst werden die meisten von den Götterkulten fortgetrieben durch den Hass auf die Grausamkeit. Denn wer verabscheut nicht solche Opferpraktiken? Dann finden manche an der sittlichen Vollkommenheit und am Glauben selbst Gefallen. Einige vermuten, dass der Götterkult nicht grundlos von so vielen Menschen für schlecht gehalten wird, so dass sie lieber sterben als das tun wollen, was die anderen tun, nur um zu überleben. (20) Jemand verlangt zu wissen, was denn jenes Gut sei, das bis zum Tod verteidigt wird, das allen Dingen, die in diesem Leben angenehm und teuer sind, vorgezogen wird, von dem weder der Verlust der Güter noch des Lebenslichts, weder körperlicher Schmerz noch Marterung des Fleisches abschrecken können. (21) Diese Dinge bewirken sehr viel, aber folgende Anlässe haben die Zahl unserer Anhänger immer am meisten vermehrt. Das herumstehende Volk hört, wie sie inmitten der Folterungen selbst sagen, dass sie nicht den von Menschenhand geformten Steinen opfern, sondern dem lebendigen Gott, der

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im Himmel throne. Viele sehen, dass es wahr ist, und lassen es in ihre Herzen ein. (22) Dann werden, wie es in unsicheren Situationen gewöhnlich geschieht, während sie untereinander gegenseitig nachforschen, was der Grund für dieses Widerstandsvermögen sein könnte, viele Dinge, die mit der Religion zu tun haben, in Erfahrung gebracht, indem sie allgemein verbreitet und durch Gerücht wiederum aufgeschnappt werden. Weil diese Dinge gut sind, finden sie notwendigerweise Zustimmung. … 23 (1) Was immer also die schlechten Herrscher gegen uns ersinnen, er selbst lässt es geschehen. Trotzdem sollen die ungerechtesten Verfolger3, denen der Name Gottes zu Schande und Spott diente, nicht meinen, sie kämen ungestraft davon, weil sie sozusagen Gehilfen seines Unmutes gegen uns gewesen sind. (2) Bestraft werden nämlich durch Gottes Gericht die, welche die empfangene Machtfülle über das menschliche Maß hinaus missbraucht haben, sich sogar gegen Gott allzu hochmütig erhoben und seinen ewigen Namen unter ihre Füße geworfen haben, um ihn gottlos und ruchlos niederzutreten. (3) Deshalb versichert er, er werde an ihnen unverzüglich Vergeltung üben (Lk 18,18) und „die bösen Untiere von der Erde vertreiben“ (Ez 34,25; Lev 26,6). Aber obwohl er die an seinem Volk verübten Quälereien auch hier schon in der gegenwärtigen Zeit zu rächen pflegt, gebietet er uns dennoch, geduldig jenen Tag des himmlischen Gerichts zu erwarten, an dem er selbst einen jeden nach seinen Verdiensten entweder ehrt oder straft4. (4) Deswegen sollen die frevlerischen Seelen nicht hoffen, dass diejenigen verachtet und ungerächt bleiben, die sie so zertreten. Kommen wird, ja kommen wird für die reißenden und gefräßigen Wölfe der ihnen zustehende Lohn, die die gerechten und schlichten Seelen zu Tode gemartert haben, obwohl sie keine Verbrechen begangen hatten. (5) Wir wollen uns nur bemühen, dass von den Menschen an uns nichts anderes bestraft werde als allein die Gerechtigkeit, wir wollen uns mit allen Kräften einsetzen, dass wir von Gott zugleich die Rache für das Leiden wie den Lohn dafür verdienen.

Nr. 223 Laktanz, de mortibus persecutorum 1,1–9 (1) Erhört hat der Herr deine Gebete, teuerster Donatus1, die du täglich zu allen Stunden vor seinem Angesicht verrichtet hast, sowie die Gebete unserer übrigen Brüder, die sich durch glorreiches Bekenntnis die immerwährende Krone für die Verdienste des Glaubens erworben haben. (2) Siehe, nun sind alle Widersacher zerschlagen, da die Ruhe auf Erden wieder hergestellt ist; die unlängst unterdrückte Kirche erhebt sich wieder, und in größerer Herrlichkeit wird der Tempel Gottes, den die Gottlosen zerstört hatten, durch die

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Barmherzigkeit des Herrn wieder aufgebaut. (3) Denn Gott hat Herrscher2 auftreten lassen, die die ruchlosen und blutigen Willkürbefehle der Tyrannen3 abgeschafft und der Menschheit sich angenommen haben, so dass sich jetzt sozusagen die Wolken einer düsteren Zeit zerstreut haben und angenehmer und sonniger Friede alle Herzen erfreut. (4) Nach den gewaltsamen Stürmen eines furchtbaren Ungewitters erstrahlt nun wieder ein ruhiger Himmel und erwünschtes Licht. Durch ihre Bitten besänftigt, hat Gott seine Diener aus tiefer Drangsal durch himmlische Hilfe wieder aufgerichtet, die Verschwörung der Gottlosen ausgelöscht und die Tränen der Trauernden getrocknet. Die Gott verhöhnten, liegen am Boden; die den heiligen Tempel zerstört hatten, sind selbst in größerem Sturz zusammengesunken; die die Gerechten zu Tode gequält hatten, haben unter den Schlägen des Himmels in verdienten Qualen die schuldigen Seelen ausgehaucht. (6) Zwar spät, aber schwer traf sie die Strafe und angemessen der Schuld4. (7) Denn Gott hatte ihre Bestrafung aufgeschoben, um an ihnen große und erstaunliche Beispiele zu zeigen, aus denen die späteren Generationen lernen sollten, dass es nur einen einzigen Gott gibt, der zugleich Richter ist und Strafen über die gottlosen Verfolger verhängt, wie sie eines himmlischen Rächers würdig sind. (8) Von diesem Ausgang der Verfolger will ich nun schriftlich Zeugnis ablegen, damit alle, die dem Schauplatz der Ereignisse fern waren oder später zur Welt kommen werden, erfahren, auf welche Art der höchste Gott seine Macht und Majestät in der Ausrottung und Vernichtung der Feinde seines Namens gezeigt hat. (9) Doch wird es zweckdienlich sein, wenn ich von der ersten Gründung der Kirche an darlege, wer ihre Verfolger gewesen sind und mit welchen Strafen die Strenge des himmlischen Richters Vergeltung an ihnen geübt hat. Nr. 224 Gregor von Nazianz, oratio 5,2–3.9.13 (2) Wer vermöchte entsprechend darzustellen die verdienten Krankheiten der Gottlosen, ihr offenkundiges Zusammenbrechen, ihre sonstigen verschiedenartigen, den Untaten angepassten Heimsuchungen und Schläge, die außergewöhnliche Art ihres Sterbens, ihre in den furchtbaren Momenten gemachten Geständnisse, ihr nutzloser Sinneswandel, die Zurechtweisungen, die sie bald in Träumen, bald in wirklichen Erscheinungen erhielten? Ferner alles, was denen zugestoßen ist, die Frevel an den Gotteshäusern begingen, Altäre profanierten, an heiligen Kelchen ihre Wut ausließen, schamlos unsere Körper misshandelten und sich sonst noch alles Mögliche in ihrer Verwegenheit herausnahmen1. Klar und deutlich sind hier Zeichen von Gottes Zorn gegen solche Menschen zu erkennen. Gerne will ich all dies übergehen, nicht

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etwa, weil ich dem misstraue, was man sieht und sagt, oder weil ich die Geschehnisse einem zufälligen Verlauf oder Zusammentreffen zuschreibe wie die, die solche Ereignisse willkürlich deuten, sondern weil ich nicht den Schein erwecken möchte, dass ich mich mit Kleinigkeiten abgebe und das Große und Wichtige vernachlässige. Ich will vielmehr von dem altbekannten Wunder erzählen, das selbst die Gottlosen nicht bestreiten. (3) Immer größer wurde Julians Wüten gegen uns; er entfesselte sozusagen eine Woge nach der anderen. Er wütete zunächst gegen sich selbst2, er trat das Heilige mit Füßen und verhöhnte den Geist der Gnade. Man sollte ihn eigentlich Jeroboam oder Achab, den Israeliten, nennen, die große Verbrecher waren, oder Pharao, den Ägypter, oder Nebukadnezar, den Assyrer. Oder sollen wir zusammenfassend ihm alle Namen zugleich geben? Denn offenkundig hatte er die Schlechtigkeit aller in sich vereint, die Apostasie des Jeroboam, die Blutgier des Achab, die Verstocktheit des Pharao, den sakrilegischen Sinn des Nebukadnezar3, dazu noch von allen die Gottlosigkeit. … (9) Sein Beschluss stand fest. Alle Scharlatanereien von Wahrsagerei und Zauberei, von öffentlichen und geheimen Opfern setzte er in Bewegung, mit dem einzigen Resultat, dass in kurzer Zeit alles völlig scheiterte4. O Christus und Logos, ihr Leiden des Leidenslosen, o Geheimnis der ganzen Welt, welch großes und außergewöhnliches Opfer wollte er im Falle des Gelingens darbringen! Die ganze Christenheit wollte er an die Dämonen ausliefern, wenn sein Vorhaben erfolgreich gewesen wäre5. Der Beginn seines Unternehmens, ebenso waghalsig wie von seinen Anhängern bejubelt, verlief folgendermaßen. Er besetzte und verwüstete Assyrien, soweit es vom Euphrat durchströmt wird, und Persien bis zur Mündung des Euphrat in den Tigris und eroberte einige Festungen, in denen er keinen Widerstand fand, sei es, dass er infolge des raschen Vorstoßes unvermutet eingetroffen war, sei es, dass ihn die Perser bereits in Händen hatten und allmählich ins Innere zogen – beides wird behauptet. So rückte Julian mit seinem Heer und den Schiffen, die Proviant und sein Gepäck auf dem Fluss transportierten, ohne großen Aufenthalt gegen Ktesiphon an. Sich der Stadt nur genähert zu haben, hielt er schon für einen Teilsieg, so groß war sein Verlangen nach ihr. (13) So verliefen die Ereignisse bis zu diesem Punkt. Über die weiteren Geschehnisse stimmen die Berichte nicht überein. Der eine glaubt dieser Version, der andere jener, ob es sich nun um Kriegsteilnehmer oder Unbeteiligte handelt6. Nach einigen wurde er bei einem ungestümen Ausfall, als er ziellos hin und her lief, von Persern mit einem Speer niedergestreckt; er habe das Schicksal des Cyrus, des Sohnes der Parysatis, geteilt, der, als er gegen seinen Bruder Artaxerxes mit starker Heeresmacht auszog, im mutigen Kampf durch Tollkühnheit den Sieg verloren hatte. Andere berichten von ihm etwa folgendes. Als er auf eine Anhöhe gestiegen war, um Überblick über das Heer zu ge-

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winnen und zu sehen, wie viel der Krieg noch verschont habe, und er noch eine große Schar schaute, die stärker war, als er vermutet hatte, soll er gesagt haben: „Wie unwürdig ist es, wenn ich noch alle diese Truppen ins römische Gebiet zurückbringe!“ Gerade als hätte er sie um die Errettung ihres Lebens beneidet! Über diese Worte erzürnt, stieß ein Soldat, der sich nicht mehr beherrschen konnte, ohne an seine eigene Rettung zu denken, Julian das Schwert in den Leib. Wie wieder andere berichten, wagte dies einer der barbarischen Gaukler, die im Gefolge des Heeres sind, um in der Niedergeschlagenheit aufzumuntern und bei Trinkgelagen zu erheitern. Manche allerdings schreiben diese Ruhmestat einem Sarazenen zu. Auf jeden Fall erhielt Julian wirklich eine tödliche, dem ganzen Erdkreis heilsame Wunde. Durch einen einzigen Hieb musste er dafür büßen, dass er so oft den Eingeweiden in schlimmer Weise Glauben geschenkt hatte. Ich wundere mich, dass er, der in seiner Verblendung alles aus den Eingeweiden erkennen zu können glaubte, dies eine, nämlich die Verletzung seiner Eingeweide, nicht im voraus gewusst hatte7. Nr. 225 Augustinus, de civitate Dei 5,25 … Konstantin regierte lange1, das ganze römische Weltreich hatte er als alleiniger Augustus unter sich und sicherte es. In allen Kriegen, die er unternahm und leitete, siegte er glänzend, bei Niederwerfung der Tyrannen2 war er in jeder Hinsicht erfolgreich, starb hochbetagt an Altersschwäche eines natürlichen Todes und hinterließ die Regierung seinen Söhnen. Doch damit nun wiederum auch kein Kaiser Christ werde, um Konstantins Glück zu erlangen, da man vielmehr um des ewigen Lebens willen Christ sein soll, hat Gott Jovian viel schneller noch als Julian3 aus dem Leben gerufen und zugelassen, dass Gratian4 durch eines Tyrannen Schwert umkam, weit milder als der große Pompeius5, der doch die römischen Götter verehrte.

III. Die Loyalität der Christen 1) Auseinandersetzung mit politischen Verdächtigungen Aufgrund der engen Verflechtung von Religion und Staat galt der Mitvollzug der offiziellen Kultfeiern als Ausdruck politischer Loyalität. Die Weigerung der Christen, an diesen Zeremonien teilzunehmen und dem Kaiser göttliche Ehren zu erweisen, setzte sie dem Verdacht der Illoyalität aus. Ihrer verbreiteten Einschätzung als politisch subversive Bewegung bzw. als Staatsfeinde

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

stellten die Apologeten zahlreiche Loyalitätsbekundungen entgegen, in denen zwar der Kaiserkult abgelehnt, die Autorität des Kaisers aber anerkannt wurde. Nr. 226 Justin, 1 apologia 11; 17,1–3 11 (1) So habt ihr auch, als ihr hörtet, dass wir ein Reich erwarten, undifferenziert angenommen, wir würden von einem menschlichen Reich reden, während wir doch von dem sprechen, das bei Gott ist (vgl. Joh 18,36), wie es auch aus der Tatsache ersichtlich ist, dass wir, wenn wir von euch verhört werden, eingestehen, Christen zu sein, obwohl wir wissen, dass für den, der dies eingesteht, die Todesstrafe festgesetzt ist. (2) Wenn wir nämlich ein menschliches Reich erwarteten, würden wir doch wohl leugnen, um nicht hingerichtet zu werden, und versuchen verborgen zu bleiben, um zu erlangen, was wir erwarten. Weil wir aber unsere Hoffnungen nicht auf die Gegenwart setzen, kümmern wir uns nicht um die Henker, da man ja ohnehin sterben muss. 17 (1) Abgaben und Steuern suchen wir überall vor allen anderen denen zu entrichten, die ihr dazu beauftragt habt, wie wir von ihm angeleitet worden sind. (2) Denn zu jener Zeit kamen einige zu ihm und fragten, ob man dem Kaiser Steuern entrichten solle. Und er antwortete: „Sagt mir, wessen Bild trägt die Münze?“ Sie sprachen: „Das des Kaisers.“ Und er erwiderte ihnen: „Gebt also dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,15–21). (3) Daher beten wir zwar Gott allein an, gehorchen euch aber im übrigen gerne, indem wir euch als Könige und Herrscher der Menschen anerkennen und beten, dass man euch neben der königlichen Macht auch im Besitz vernünftiger Einsicht findet.

Nr. 227 Tertullian, apologeticum 35,1–11 (1) Deshalb also sind die Christen Staatsfeinde1, weil sie den Kaisern weder sinnlose noch verlogene oder frivole Ehrungen darbringen, weil sie als Menschen, die die wahre Religion besitzen, auch die Festtage der Kaiser lieber in ihrem Herzen als durch Ausschweifungen feiern. (2) Ein großer Ehrendienst ist es freilich, Feuerstätten und Speisesofas auf die Straße hinaus zu tragen, gassenweise zu schmausen, die Stadt in das Aussehen einer Kneipe umzugestalten, durch herab rinnenden Wein den Boden in Lehm zu verwandeln, scharenweise zu Gewalttätigkeiten, Schamlosigkeiten und Verlockungen der

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Sinnlichkeit zu rennen! So äußert sich also eine allgemeine Freude in einer allgemeinen Entwürdigung? Das also ist an den Festtagen der Kaiser anständig, was an anderen Tagen nicht anständig ist? (3) Die sonst sich der Ordnung fügen aus Achtung vor dem Kaiser, die distanzieren sich von ihr um des Kaisers willen, und die Freizügigkeit in üblen Gewohnheiten gilt als Frömmigkeit, die Gelegenheit zur Ausschweifung wird als Gottesdienst angesehen. (4) Ja, mit Recht sind wir zu verurteilen! Warum auch feiern wir die Tage der Gelübde und Feste der Kaiser keusch, nüchtern und anständig? Warum umkleiden wir nicht am Freudentag unsere Türpfosten mit Lorbeerzweigen und trüben nicht das Tageslicht mit Lampen? Etwas Ehrenhaftes ist es ja doch, wenn ein Fest des Staates es verlangt, seinem Haus das Aussehen eines neu eröffneten Bordells zu geben. (5) Auch bei dieser religiösen Verehrung der zweiten Majestät2, wegen der wir Christen der zweiten Religionsverletzung beschuldigt werden – da wir die Festtage der Kaiser nicht mit euch zusammen in einer Weise feiern, wie es weder Anstand noch Ehr- und Schamgefühl zulassen, sondern wie es mehr die Gelegenheit sich zu amüsieren als eine würdige Überlegung nahegelegt hat –, möchte ich trotzdem eure Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit aufdecken und prüfen, ob sich nicht vielleicht auch hier diejenigen schlechter als die Christen erweisen, die uns nicht als Römer gelten lassen wollen, sondern als Feinde der römischen Kaiser. (6) Die römischen Bürger selbst, das auf den sieben Hügeln der Stadt lebende Volk frage ich, ob die berüchtigte römische Zunge auch nur einen der Kaiser verschont – Zeuge ist mir der Tiber und der Kampfplatz der wilden Tiere3. (7) Und wenn nun gar die Natur die menschliche Brust mit einem spiegelartigen Stoff umgeben hätte, so dass sie durchsichtig wäre, in wessen Herzen erschiene dann nicht das Bild eingeprägt, wie immer wieder ein neuer Kaiser den Vorsitz führt beim Verteilen der Spende für das Volk4, sogar in der Stunde, da man ausruft: „Jupiter nehme von unseren Jahren und mehre die deinen!“ Dies vermag ein Christ ebenso wenig auszusprechen wie einen neuen Kaiser herbeizuwünschen. (8) „Aber das ist nur der Pöbel“, wendet man ein. Wenn es auch der Pöbel ist, es sind doch Römer, und niemand verlangt heftiger die Bestrafung der Christen als der Pöbel. Natürlich sind die übrigen Stände ihrem Rang entsprechend in ihrer Kaiserverehrung zuverlässig; kein feindlicher Hauch regt sich von seiten des Senats, des Ritterstandes, des Militärs oder gar des Palastes. (9) Woher kommen denn Männer wie Cassius, Niger und Albinus?5 Woher, die zwischen den beiden Lorbeerbäumen dem Kaiser auflauern?6 Woher, die sich im Ringkampf üben, um ihm die Kehle zuzudrücken?7 Woher, die bewaffnet in den Palast eindringen, verwegener als all die vielen Männer wie Sigerius und Parthenius?8 Von den Römern, wenn ich mich nicht täusche, das heißt von den Nichtchristen. (10) Und dabei haben diese alle bis zu dem

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Augenblick, in dem ihr frevelhaftes Tun losbrach, ständig für das Wohl des Kaisers Opfer dargebracht und bei seinem Genius Eide geleistet, nach außen anders als in ihrem Herzen, und natürlich haben sie die Christen als Staatsfeinde bezeichnet. (11) Aber auch die, die jetzt als Mitglieder und Sympathisanten der Aufrührerpartei Tag für Tag entlarvt werden9 – nach der Ernte der Hochverräter die noch übrige Nachlese –, pflegten mit möglichst frischen und belaubten Lorbeerzweigen ihre Türpfosten zu umkränzen, mit möglichst hohen und strahlenden Lampen die Hauseingänge zu verrußen, mit möglichst erlesenen und prunkvollen Liegesofas das Forum unter sich aufzuteilen – nicht um das Fest der Allgemeinheit mitzufeiern, sondern um am Festtag eines anderen10 zu lernen, wie man feierliche Gelübde zum Wohl des Kaisers einmal für sich selbst veranstalten kann, und dem Bild und Traum ihrer persönlichen Hoffnung eine erste Weihe zu geben, indem sie im Herzen den Namen des Kaisers mit einem anderen vertauschten.

Nr. 228 Tertullian, ad Scapulam 2,5–8 (5) So werden wir auch bezüglich der Majestät des Kaisers verleumdet, dennoch konnte man niemals Christen finden, die Anhänger des Albinus, Niger oder Cassius gewesen wären1, sondern es waren gerade dieselben Leute, die tags zuvor noch bei deren Genien geschworen hatten, die für deren Wohlergehen Opfer veranstaltet und Gelübde abgelegt hatten; Leute, die schon oft Christen verurteilt hatten, wurden als Feinde der Kaiser erkannt. (6) Der Christ ist niemandes Feind, am wenigsten des Kaisers. Da er weiß, dass dieser von seinem Gott eingesetzt worden ist, so muss er ihn notwendig lieben, fürchten, ehren und sein Heil wünschen zusammen mit dem gesamten Römischen Reich, solange die Welt besteht. Denn solange wird auch sie bestehen2. (7) Wir verehren daher auch den Kaiser, und zwar auf eine Weise, wie es uns erlaubt ist und ihm selbst nützt, nämlich als einen Menschen, der nach Gott den zweiten Rang einnimmmt; der, was er ist, von Gott erhalten hat, aber geringer ist als der einzige Gott. Das wird auch sein eigener Wunsch sein. Denn dann ist er größer als alle, wenn er geringer ist als der einzige Gott. Dann ist er sogar größer als die Götter selber, da diese sich ja in seiner Gewalt befinden. (8) Daher bringen wir denn auch für das Wohl des Kaisers Opfer dar, aber nur unserem Gott, der auch der seinige ist, und so, wie es Gott vorgeschrieben hat, mit reinem Gebet. Denn Gott, der Schöpfer des Weltalls, bedarf keiner Wohlgerüche oder irgendwelches Blutes; dies ist das Futter der Dämonen.

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2) Das Gebet für den Kaiser und das Reich Trotz ihrer grundsätzlichen Ablehnung des Kaiserkultes beteten die Christen entsprechend den biblischen Weisungen für die Regierenden und das Wohl des Staates (Nr. 231–233, 235). Das als Opfer gedeutete Gebet für den Kaiser war die einzige für Christen akzeptable Kultform (Nr. 229). Um nicht nur den Vorwurf der Illoyalität, sondern auch der Schuld für den Niedergang des römischen Reiches zu entkräften, verwiesen die Apologeten auf das christliche Gebet für dessen Fortbestand (Nr. 230–231, 233, 238). Als Testfall, an dem sich die Wirksamkeit des christlichen Gebetes erwiesen habe, galt das sogenannte Regenwunder unter Kaiser Marc Aurel (Nr. 234, 236).

Nr. 229 Acta Apollonii 7–9 7 Der Prokonsul Perennis: „Tu, was ich dir gesagt habe. Gib deine Ansicht auf, Apollonius. Opfere den Göttern und der Statue des Kaisers Commodus!“ 8 Apollonius aber lächelte und sprach: „Über Gesinnungsänderung und über Schwören habe ich meine Verteidigung bereits vorgelegt. Vernimm nun, wie ich über das Opfern denke. Auch wir opfern, ich und alle anderen Christen, aber wir senden ein unblutiges und reines Opfer empor zu Gott, dem Allherrscher, dem Kyrios über Himmel und Erde und alles Lebendige. Es ist ein Opfer des Gebetes, insbesondere für die geistigen und vernunftbegabten Ebenbilder, die von der göttlichen Vorsehung eingesetzt wurden als kaiserliche Herrscher über den Erdkreis. 9 Täglich also, so schreibt es unser heiliges Gesetz vor, beten wir zu Gott, der im Himmel wohnt, für Commodus, der als Kaiser in dieser Welt regiert. Denn wir wissen genau: durch nichts anderes als einzig durch den Willen des unbesiegbaren Gottes, der das Weltall durchwaltet – wie schon vorhin gesagt –, herrscht er als Kaiser über den Erdkreis.“ Nr. 230 Aristides, apologia 16,7 (syr.) Auch hege ich keinen Zweifel, dass (nur) durch das flehentliche Gebet der Christen die Welt noch fortbesteht.

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Nr. 231 Athenagoras, legatio 37 (1) Ihr aber, die ihr in jeder Hinsicht aufgrund eurer Naturanlage und Bildung edel, maßvoll, menschenfreundlich und des kaiserlichen Herrscheramtes würdig seid, neigt mir euer kaiserliches Haupt, nachdem ich nun die Anschuldigungen entkräftet und nachgewiesen habe, dass wir religiös und moralisch integer sind und unsere Leidenschaften zu zügeln verstehen! (2) Denn welche Leute hätten ein größeres Recht auf die Erfüllung ihrer Bitten als wir, die wir für eure Herrschaft beten, damit ihr als Sohn vom Vater auf die gerechteste Weise die Kaiserwürde übernehmen könnt und damit euer Reich größer werde und gedeihe, indem die ganze Welt euch untertan wird?1 (3) Dies liegt auch in unserem Interesse, „damit wir ein ruhiges und friedliches Leben führen können“ (1 Tim 2,2) und selbst allen Anordnungen bereitwillig gehorchen können. Nr. 232 Theophilus, ad Autolycum 1,11,1–5 (1) Also werde ich den Kaiser lieber ehren, nicht indem ich ihn anbete, sondern indem ich für ihn bete. Gott aber, der der wirkliche und wahre Gott ist, bete ich an, da ich weiß, dass der Kaiser durch ihn Kaiser geworden ist. (2) Du wirst mich nun fragen: „Warum betest du den Kaiser nicht an?“ Weil er nicht Kaiser geworden ist, um angebetet zu werden, sondern um geehrt zu werden mit der ihm zustehenden Ehre. Er ist nämlich kein Gott, sondern ein Mensch, der von Gott eingesetzt worden ist, nicht um angebetet zu werden, sondern um gerecht zu urteilen. (3) Ihm ist nämlich, bildlich gesprochen, von Gott die Verwaltung des Staates anvertraut worden. Und wie der Kaiser selbst nicht will, dass seine von ihm eingesetzten Beamten Kaiser genannt werden – denn „Kaiser“ ist sein Name und niemand anderem ist es gestattet sich so nennen zu lassen –, (4) so soll man auch nicht ihn anbeten, sondern allein Gott. Daher gehst du, Mensch, in jeder Hinsicht in die Irre! Ehre den Kaiser, indem du ihm freundlich gesinnt bist, ihm gehorchst und für ihn betest! Wenn du dies tust, erfüllst du den Willen Gottes. (5) Denn das Gesetz Gottes lautet: „Ehre, mein Sohn, Gott und den König, und sei keinem von beiden ungehorsam; denn unvermutet werden sie ihre Feinde züchtigen“ (Spr 24,21 f.).

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Nr. 233 Tertullian, apologeticum 29,1–30,1.4; 31–32,1 29 (1) Festgestellt werden müsste nun erst einmal, ob die, denen geopfert wird, den Kaisern oder überhaupt einem Menschen Heil und Wohlergehen verschaffen können, und nur dann überweist uns der Anklage wegen Majestätsverletzung, wenn Engel oder Dämonen, ihrem Wesen nach ganz böse Geister1, die geringste Wohltat erweisen, wenn Verworfene retten, wenn Verurteilte befreien, wenn schließlich – ihr seid euch dessen auch im Innern bewusst – Tote Lebendige beschützen können. (2) Denn ohne Zweifel würden sie dann erst einmal ihre eigenen Statuen, Bilder und Tempel schützen2, die doch, soviel ich weiß, Soldaten der Kaiser durch ihre Bewachung unversehrt erhalten. Ich meine aber, selbst das Material dazu kommt aus den Bergwerken der Kaiser, und die Tempel hängen ganz und gar von der freien Entscheidung des Kaisers ab. (3) Schließlich haben viele Götter den Zorn des Kaisers zu spüren bekommen3, und wenn seine Gunst – insofern er ihnen manche Freundlichkeit erweist oder gewisse Privilegien überträgt –, dann fügt sich auch das in dieses Bild. Die also in der Gewalt des Kaisers sind, dem überhaupt alle gehören, wie sollten sie das Wohl des Kaisers in ihrer Gewalt haben, so dass man glauben könnte, sie vermöchten zu gewähren, was eher sie selber von dem Kaiser erhalten? (4) Deshalb also vergehen wir uns gegen die Majestät der Kaiser, weil wir sie ihrem persönlichen Eigentum nicht unterordnen, weil wir nicht unser Spiel treiben mit der Verpflichtung, für ihr Wohl zu beten, das wir nicht in Hände gegeben glauben, die mit Blei verlötet sind! (5) Ihr hingegen wollt religiös sein, die ihr das Wohl des Kaisers sucht, wo es nicht ist, es erbittet, von wem es nicht gegeben werden kann, unter Übergehung dessen, der es in seiner Gewalt hat, und die ihr darüber hinaus diejenigen bekämpft, die darum zu bitten verstehen, die es auch erlangen können, eben weil sie zu bitten verstehen. 30 (1) Wir nämlich rufen für das Wohl der Kaiser den ewigen Gott an, den wahren Gott, den lebendigen Gott, den auch die Kaiser selbst sich vor allen anderen Göttern gnädig wünschen. … (4) … Wir erflehen stets für alle Kaiser ein langes Leben, eine ungestörte Herrschaft, ein sicheres Haus, tapfere Heere, einen treuen Senat, ein gesittetes Volk, eine ruhige Welt und wie immer sonst die Wünsche eines Menschen und Kaisers lauten. 31 (1) Haben wir jetzt etwa dem Kaiser geschmeichelt und die Wünsche, die wir erwähnt haben, nur erlogen, offenbar um der Gewalt zu entgehen? Gewiss ist uns ein solcher Betrug nützlich; ihr erlaubt uns ja, alles, wofür wir eintreten, zu beweisen. Wer also glaubt, dass wir uns nicht um das Wohl der Kaiser kümmern, soll sich doch einmal die Worte Gottes ansehen, unsere Schriften, die wir selbst niemandem vorenthalten und die bei zahlreichen Ge-

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legenheiten in fremde Hände gelangen. (2) Ihr sollt aus ihnen lernen, dass uns geboten ist – um das Maß der Güte übervoll zu machen –, auch für unsere Feinde Gott zu bitten und für unsere Verfolger Gutes zu erflehen (Mt 5,44). Welche Menschen sind größere Feinde und Verfolger der Christen als die, um deren Majestät willen wir eines Verbrechens angeklagt werden? (3) Aber es heißt auch ausdrücklich und klar: „Betet für die Könige und für die Fürsten und Mächtigen, damit alles ruhig sei für euch!“ (1 Tim 2,1 f.). Denn wenn das Reich erschüttert wird, werden mit der Erschütterung seiner übrigen Glieder ja auch wir – mögen wir auch außerhalb der Unruhen zu stehen4 scheinen – an irgendeinem Ort von dem Unglück getroffen. 32 (1) Es gibt noch eine andere, höhere Notwendigkeit für uns, für die Kaiser zu beten, sogar für den Bestand des Reiches insgesamt und für das römische Gemeinwesen, da wir wissen, dass das gewaltige Unheil, das der ganzen Welt bevorsteht, und sogar das Ende der Welt, das mit entsetzlichem Leid droht, durch die dem Römischen Reich gewährte Frist aufgehalten werden. Deshalb wollen wir dies nicht erleben, und solange wir um Aufschub bitten, tragen wir zum Weiterbestehen des Römischen Reiches bei5.

Nr. 234 Tertullian, ad Scapulam 4,6 Marc Aurel erlangte auf seinem Feldzug in Germanien1 bei großem Wassermangel Regen durch die an Gott gerichteten Gebete der christlichen Soldaten. Wann ist einmal unseren Kniebeugungen und Fasten zum Trotz nicht die Dürre gewichen? Dann rief auch das Volk zum Gott der Götter, der allein mächtig ist, und legte unter dem Namen des Jupiter für unseren Gott Zeugnis ab2. Nr. 235 Arnobius, adversus nationes 4,36 Warum aber haben es unsere Schriften verdient, dem Feuer übergeben, warum unsere Versammlungsorte brutal zerstört zu werden?1 In diesen Versammlungsorten betet man zum höchsten Gott und erbittet Frieden und Gnade für alle Beamten, Heere, Könige, Freunde wie Feinde, für die noch Lebenden und die von der Fessel des Körpers Befreiten.

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Nr. 236 Eusebius, historia ecclesiastica 5,5,1–6 (1) Von Kaiser Marc Aurel wird erzählt, dass er im Kampf mit den Germanen und Sarmaten in große Begrängnis geriet, weil sein Heer von Durst gequält wurde1. Da knieten sich die Soldaten der sogenannten melitenischen Legion2, die infolge ihres Glaubens von jener Zeit an noch bis auf den heutigen Tag existiert, als sie schon dem Feind gegenüber Stellung bezogen hatten, auf den Boden, wie es bei uns während des Betens üblich ist, und flehten zu Gott. (2) Dieser Anblick schon erschien den Feinden wie ein Wunder. Aber es sollte sogleich, wie man erzählt, noch etwas viel Wunderbareres folgen: ein Gewitter, das die Feinde in Flucht und Untergang trieb, und ein Regenschauer, der sich über die Truppe derer ergoss, die die Gottheit angerufen hatten, und der gesamten Mannschaft, die an Durst zu sterben drohte, Stärkung brachte. (3) Diese Geschichte wird sowohl von nichtchristlichen Schriftstellern3, die über die genannten Kaiser geschrieben haben, berichtet, als auch von unseren eigenen Geschichtsschreibern mitgeteilt. Aber die heidnischen Schriftsteller erwähnen zwar das Wunder, geben aber, weil dem Glauben fremd, nicht zu, dass es auf unsere Bitten hin erfolgt ist. Die Unsrigen jedoch überliefern als Freunde der Wahrheit in einfacher und ehrlicher Weise die Tatsache. (4) Zu den Letzteren dürfte auch Apollinaris gehören, der erzählt, dass von der Zeit an die Legion, durch deren Gebet das Wunder gewirkt worden war, vom Kaiser ein dem Ereignis angemessenes Prädikat erhalten habe, das heißt mit dem lateinischen Wort „Blitzschleuderin“ bezeichnet worden sei4. (5) Ein wertvoller Zeuge dürfte auch Tertullian sein, der an den Senat zu Gunsten unseres Glaubens eine schon früher von uns erwähnte lateinische Apologie geschrieben hat und darin die Geschichte mit stärkerem und klarerem Beweis bestätigt (apol. 5,6). (6) Er schreibt, noch zu seiner Zeit seien Briefe des erleuchtetsten Kaisers Marcus vorhanden gewesen5, worin dieser bezeugt, dass sein Heer, als es in Germanien infolge Wassermangels zugrunde zu gehen drohte, durch das Gebet der Christen gerettet worden sei. Er erzählt von ihm auch noch, er habe diejenigen mit dem Tode bedroht, die uns anzuklagen versuchten6.

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

IV. Das Christentum als Förderer des Staates 1) Vor-konstantinische Zeit Schon die frühesten Apologien empfahlen die Christen als zuverlässigste Verbündete des Kaisers und beste Garantie für den Zusammenhalt des Reiches (Nr. 18, 184, 237). Origenes eröffnete die Perspektive, dass eine umfassende Christianisierung des römischen Reiches die besten Chancen bot, die politischen Erwartungen der Zeit, das heißt Frieden, Einheit, Zivilisierung und Integration der Babaren zu verwirklichen. Während für Celsus die Einheit der Menschheit allenfalls eine Utopie bedeutete, betrachtete Origenes das Bekenntnis zum christlichen Monotheismus als Weg, die nationalen Unterschiede zu beseitigen und die ursprüngliche Einheit der Menschen wieder herzustellen (Nr. 238). Im Vorfeld der konstantinischen Wende empfahl Laktanz dem Staat das Christentum als Koalitionspartner, dessen ethische Prinzipien eine gerechte Gesellschaft schaffen könnten, die der heidnische Staat aus eigener Kraft nicht verwirklichen konnte (Nr. 239).

Nr. 237 Justin, 1 apologia 12,1–3 (1) Wir sind für euch mehr als alle anderen Menschen Helfer und Verbündete zur Festigung des Friedens, da wir lehren, dass ein Verbrecher, ein Habgieriger, ein Hinterlistiger ebenso wenig wie ein Tugendhafter vor Gott verborgen bleiben kann und ein jeder entsprechend seiner Taten ewiger Strafe oder ewigem Heil entgegengeht. (2) Wenn nämlich alle Menschen dies einsähen, dann würde niemand auch nur für kurze Zeit das Böse wählen, da er wüsste, dass er der ewigen Strafe im Feuer entgegen geht, vielmehr würde er sich in jeder Hinsicht zusammennehmen und sich mit Tugend auszeichnen, um die Güter bei Gott zu erlangen und von den Strafen frei zu bleiben. (3) Denn diejenigen, die jetzt wegen der von euch aufgestellten Gesetze und Strafen bei ihren Vergehen unentdeckt zu bleiben suchen, sie aber doch begehen, da sie sich der Möglichkeit bewusst sind, vor euch, die ihr auch nur Menschen seid, unentdeckt zu bleiben, würden, wenn sie unterrichtet und überzeugt wären, dass vor Gott weder eine Handlung noch auch ein Gedanke verborgen bleiben kann, schon um dessentwillen, was sie erwartet, sich in jeder Weise anständig verhalten, wie auch ihr zugestehen werdet.

IV. Das Christentum als Förderer des Staates

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Nr. 238 Origenes, contra Celsum 1,64; 8,68–70.72–74 1,64 … Die Ankläger des Christentums sehen aber nicht, in wie vielen Menschen die Leidenschaften, in wie vielen die Fluten der Sünde niedergehalten werden, in wie vielen sittliche Roheit bezähmt wird, und zwar infolge der Lehre. Die auf ihren Gemeinsinn stolz sind, sollten dieser Lehre Dankbarkeit erweisen, da sie durch eine neue Methode die Menschen von vielen Übeln befreit hat, ja ihr wenigstens, wenn schon nicht Wahrheit, so doch Nützlichkeit für die Menschheit bezeugen1. 8,68 Hierauf sagt Celsus: „Man darf einem Mann aus alter Zeit nicht misstrauen, der einst das Wort gesprochen hat: ‚Ein einziger sei König, der, dem es schenkte der Sohn des verschlagenes Kronos‘ (Hom., Il. 2,205)“. Und er fügt hinzu: „Wenn du diesen Grundsatz aufhebst, dann wird dich natürlich der König strafen. Handelten nämlich alle so wie du, dann wird nichts verhindern, dass er allein und verlassen übrig bleibt und dass alle Güter der Erde zur Beute der gesetzlosesten und wildesten Barbaren werden und dass weder von deiner Religion noch von der wahren Weisheit eine Kunde weiterhin übrig bleibt.“ … Handelten nämlich, wie Celsus sagt, alle so wie wir, dann werden gewiss auch die Barbaren, die sich dem Wort Gottes zugewandt haben, völlig den Gesetzen ergeben und zivilisiert sein. Und jede andere Religion wird dann ein Ende haben, ja, allein die der Christen wird dann herrschen, ja sie allein wird eines Tages herrschen, da der Logos ständig mehr Seelen gewinnt. 69 Als ob Celsus nicht merkte, dass seine Worte mit dem Satz „Handelten nämlich alle so wie du“ in Widerspruch steht, fährt er fort: „Du wirst doch nicht behaupten wollen, dass, wenn die Römer sich von dir überzeugen ließen, ihre gewohnten Riten gegenüber Göttern und Menschen vernachlässigten und dann deinen Höchsten oder wen du willst, anriefen, dass er dann vom Himmel herabsteigen und für sie kämpfen würde, so dass keine andere Hilfe nötig wäre. Denn ihr seht, wie viel derselbe Gott, der früher seinen Anhängern diese und noch weit größere Versprechen, wie ihr selber sagt, gemacht hat, jenen2 und euch genutzt hat. Statt Herren der ganzen Erde zu sein, ist jenen weder eine Erdscholle noch eine Feuerstätte geblieben; wenn aber von euch noch der eine oder andere heimlich umherirrt, so wird doch nach ihm gefahndet, um ihn mit dem Tode zu bestrafen.“ Da Celsus hypothetisch fragt, was wohl geschehen würde, wenn sich die Römer von der christlichen Lehre überzeugen ließen, ihre Pflichten gegenüber den vermeintlichen Göttern und die früher bei den Menschen üblichen Bräuche vernachlässigten und den Höchsten verehrten, so soll er unsere Meinung hierüber hören. Wir antworten folgendes. Wenn die Verheißung gilt: „Sobald zwei“ von uns „auf Erden

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

über irgendeine Sache einig sind, so wird, wenn sie darum bitten, sie ihnen vom Vater“ der Gerechten „im Himmel zuteil werden“ (Mt 18,19) – denn Gott freut sich über die Einigkeit der vernunftbegabten Wesen und wendet sich von der Uneinigkeit ab –, was muss man dann für den Fall annehmen, dass nicht nur wie jetzt sehr wenige übereinstimmen würden, sondern das ganze von den Römern beherrschte Reich? Sie würden dann zu dem Logos beten, der einst zu den Hebräern sprach, als sie von den Ägyptern verfolgt wurden: „Der Herr wird für euch streiten, ihr aber werdet euch still verhalten“ (Ex 14,14). Und wenn sie in aller Einigkeit gebetet haben, dann werden sie weit mehr Feinde und Verfolger vernichten können, als das Gebet des Mose, der zu Gott rief, sowie seiner Leute vernichtet hat. Wenn aber das, was Gott den Gesetzestreuen verheißen hat, nicht eingetreten ist, so liegt der Grund hierfür nicht darin, dass Gott gelogen hätte, sondern darin, dass die Verheißungen unter der Bedingung erfolgten, dass man das Gesetz beachte und nach dem Gesetz lebe. Und wenn den Juden, die die Verheißungen unter Bedingungen erhalten haben, weder eine Erdscholle noch eine Feuerstätte übrig geblieben ist, so muss man die Schuld hieran all ihren Freveln, insbesondere dem an Jesus verübten, zuschreiben. 70 Würden aber alle Römer, nach der Hypothese des Celsus, sich überzeugen lassen, so würden sie durch ihr Gebet über ihre Feinde triumphieren oder überhaupt nicht mehr Krieg führen müssen, da sie von jener göttlichen Macht beschützt sind, die verheißen hat, dass sie um fünfzig Gerechter willen fünf ganze Städte erhalten wolle (Gen 18,24–26). Denn die Männer Gottes sind das Salz der Welt (Mt 5,13), das den Zusammenhalt der Dinge auf Erden garantiert, und die Dinge auf Erden haben Bestand, solange das Salz sich nicht ändert. … 72 Danach spricht Celsus eine Art Wunsch aus: „Wenn es nämlich möglich wäre, dass die Bewohner Asiens, Europas und Libyens, Griechen und Barbaren, darin übereinkämen, ein einziges Gesetz bis an die Grenzen der Erde zu beachten“, und da er dies aber für unmöglich hält, fügt er hinzu: „Wer dies glaubt, hat keine Ahnung.“3 Wenn auch über diesen Punkt etwas gesagt werden soll, der einer ausführlicheren Untersuchung und Beweisführung bedürfte, so kann ich hierüber nur wenig sagen, um klar zu machen, dass das, was über die Übereinstimmung aller Vernunftwesen in der Beachtung eines Gesetzes gesagt wurde, nicht nur möglich, sondern auch wahr ist. Die Stoiker sagen, dass, wenn einmal das stärkere Element, wie sie meinen, über die anderen gesiegt habe, dann die Weltverbrennung eintreten werde und sich alles in Feuer verwandle. Wir sagen hingegen, dass der Logos eines Tages die ganze vernunftbegabte Natur beherrschen und alle Seelen zu seiner Vollkommenheit umgestalten werde, sobald ein jeder sich einfach seiner Freiheit bedient und das wählt, was er will, und den Zustand erhält, den er gewählt hat …

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73 Bald darauf fordert Celsus uns auf, „dem Kaiser beizustehen mit aller Kraft, mit seinen gerechten Unternehmungen zusammenzuarbeiten, für ihn zu streiten, mit ihm in den Kampf zu ziehen, wenn er es verlangt, und mit ihm Truppen anzuführen.“ Darauf ist zu entgegnen: Wenn sich die Gelegenheit bietet, leisten wir den Herrschern sozusagen göttlichen Beistand, indem wir „die Waffenrüstung Gottes“ (Eph 6,11) anlegen. Und wir tun dies, da wir dem Apostelwort gehorchen, das lautet: „Ich ermahne euch nun vor allem, Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen für alle Menschen, für Könige und alle Obrigkeiten zu verrichten“ (1 Tim 2,1). Und je frömmer jemand ist, desto wirksameren Beistand leistet er den Herrschern, auch mehr als die Soldaten, die zur Schlacht ausziehen und von den Feinden so viele töten, wie sie nur können. Ferner könnten wir denen, die dem Glauben fern stehen und von uns verlangen, für das Gemeinwohl Kriegsdienst zu leisten und Menschen zu töten, auch diese Antwort geben: Selbst diejenigen, die bei euch Priester gewisser Götterbilder und Tempelhüter eurer vermeintlichen Götter sind, bewahren wegen der Opfer ihre Rechte unbefleckt, damit sie mit Händen, die rein sind von Blut und Mord, die herkömmlichen Opfer denen darbringen können, die ihr Götter nennt. Und wenn ein Krieg ausbricht, macht ihr doch wohl nicht die Priester zu Soldaten. Wenn dies nun mit gutem Grund geschieht, um wie viel mehr wird es dann vernünftig sein, dass die Christen, während die anderen in den Kampf ziehen, selber als Priester und Diener Gottes in den Kampf ziehen? Sie bewahren ihre Hände rein und kämpfen mit ihren an Gott gerichteten Gebeten für diejenigen, die einen gerechten Kampf führen, und für denjenigen, der rechtmäßig herrscht, damit alles vernichtet werde, was sich denen feindlich widersetzt, die gerecht handeln4. Wir vernichten mit unseren Gebeten auch alle Dämonen, die Kriege provozieren, Eide brechen lassen und den Frieden stören, und helfen dadurch den Herrschern mehr als diejenigen, die man in den Kampf ziehen sieht. Wir arbeiten mit den allgemeinen Anliegen zusammen, wenn wir mit Gerechtigkeit unsere Gebete emporsenden, verbunden mit Übungen und Betrachtungen, die lehren, Vergnügungen zu verachten und sich von ihnen nicht fortreißen zu lassen. Wir kämpfen sogar mehr als andere für den Kaiser. Und wenn wir auch nicht mit ihm in den Kampf ziehen, selbst wenn er es verlangt, so ziehen wir doch für ihn in den Kampf, indem wir ein spezielles Herr der Frömmigkeit durch die an die Gottheit gerichteten Fürbitten zusammenbringen. 74 Verlangt aber Celsus von uns, dass wir zur Verteidigung des Vaterlandes die Führung von Truppen übernehmen, dann soll er wissen, dass wir auch dies tun, und zwar nicht in der Absicht, von den Menschen gesehen zu werden und bei ihnen für dieses Verhalten eitlen Ruhm zu ernten. Denn im Verborgenen und im Innersten des Herzens sind die Gebete, die wie von Priestern zugunsten unserer Mitbürger emporgesandt werden. Die Christen erwei-

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

sen ihrem Vaterland größere Wohltaten als die übrigen Menschen, indem sie die Bürger unterrichten und sie die Frömmigkeit gegenüber Gott, dem Stadtbeschützer, lehren und diejenigen, die in den kleinsten Städten ein gutes Leben geführt haben, zu einer göttlichen und himmlischen Stadt emporführen. Nr. 239 Laktanz, divinae institutiones 5,7,1–3; 8,1–9 7 (1) Gott aber hat als überaus nachsichtiger Vater bei Anbruch der letzten Epoche einen Boten gesandt, der jene alte Zeit und die vertriebene Gerechtigkeit zurückbringen sollte, damit die Menschheit nicht auf ewig von den schlimmsten Irrtümern heimgesucht werde1. (2) Das Abbild jenes goldenen Zeitalters ist also zurückgekehrt und der Erde zwar wiedergegeben, doch ist die Gerechtigkeit nur wenigen zugewiesen; sie ist nichts anderes als die treue und gewissenhafte Verehrung des einzigen Gottes. (3) Doch vielleicht bewegt jemanden die Frage, warum, wenn dies die Gerechtigkeit ist, sie nicht der ganzen Menschheit verliehen und von der Gesamtheit anerkannt wurde. … 8 (1) Die also meinen, niemand sei gerecht, haben die Gerechtigkeit vor Augen, wollen sie aber nicht erkennen. Aus welchem Grund beschreiben sie sie denn in ihren Gedichten oder in sämtlichen Reden, indem sie deren Abwesenheit beklagen, obwohl sie mit Leichtigkeit gute Menschen sein könnten, wenn sie es nur wollten? (2) Warum malt ihr euch eine nichtssagende Gerechtigkeit aus und wünscht, sie solle vom Himmel fallen, als ob sie in einer Statue dargestellt wäre? Seht, sie steht euch vor Augen: Macht sie euch zu eigen, wenn ihr es könnt, räumt ihr einen Platz im Innersten eures Herzens ein, meint nicht, es sei schwer oder unzeitgemäß. (3) Seid gerecht und gut, dann wird euch die Gerechtigkeit, die ihr sucht, von selbst folgen. Entfernt jeden bösen Gedanken aus euren Herzen, dann wird jenes goldene Zeitalter unverzüglich zu euch zurückkehren; ihr könnt es nicht anders erreichen, als dass ihr beginnt, den wahren Gott zu verehren. (4) Ihr verlangt hingegen, dass Gerechtigkeit auf Erden herrscht, während der Götterkult fortbesteht; dies ist völlig unmöglich. Anders als ihr denkt, war es nicht einmal damals möglich, weil, vor der Geburt dieser Götter, die ihr frevlerisch verehrt, notwendigerweise die Verehrung eines einzigen Gottes auf Erden herrschte, dessen nämlich, der die Schlechtigkeit verflucht und die Güte fordert, dessen Tempel nicht aus Steinen oder Lehm besteht, sondern der Mensch selber ist, der die Ebenbildlichkeit Gottes besitzt; dieser Tempel wird nicht durch vergängliche Spenden von Gold und Edelsteinen, sondern durch die ewigen Gaben der Tugenden geschmückt. (5) Begreift also, wenn es noch einen Rest von Verstand in euch gibt, dass die Menschen deshalb schlecht und

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ungerecht sind, weil man die Götter verehrt, und es um die menschlichen Angelegenheiten von Tag zu Tag schlimmer bestellt ist, weil man den Schöpfer und Lenker dieser Welt verlassen hat, weil man anstelle der einzig legitimen Religion gottlose Religionen angenommen hat, schließlich weil ihr nicht einmal duldet, dass der wahre Gott auch nur von wenigen verehrt wird. (6) Wenn aber Gott allein verehrt würde, dann gäbe es keine Konflikte und Kriege, da die Menschen wüssten, dass sie Kinder eines einzigen Gottes und daher durch das heilige und unverletzliche Band göttlicher Verwandtschaft verbunden seien; es geschähen keine Intrigen, da sie wüssten, welche Strafen Gott, der verborgene Verbrechen und sogar die Gedanken erkennt, denen bereitet hat, die die Seelen töten; es gäbe keinen Betrug und Raub, wenn sie von der Weisung Gottes gelernt hätten und „mit dem Eigenen, möge es auch gering sein“ (Cic., off. 1,70) zufrieden wären, so dass sie dem Hinfälligen und Vergänglichen das Beständige und Ewige vorzögen. (7) Es gäbe nicht Ehebruch, Vergewaltigung, Prostitution von Frauen, wenn allen bekannt wäre, dass Gott alles verurteilt, was über den Fortpflanzungstrieb hinausgeht; ebenso wenig würde die Not eine Frau zwingen, ihren Anstand preiszugeben, um sich einen Lebensunterhalt schamlosester Art zu verschaffen, da sowohl die Männer ihre Begierde zügeln und der Beitrag der Besitzenden pflichtbewusst und gewissenhaft die Besitzlosen unterstützen würde. (8) Es gäbe also, wie gesagt, all diese Übel auf Erden nicht, wenn sich alle auf Gottes Gesetz verpflichten ließen, wenn alle täten, was unser Volk allein vollbringt. Wie glückselig und wie golden wären die menschlichen Verhältnisse, wenn überall auf dem Erdkreis Gütigkeit, Frömmigkeit, Friede, Unschuld, Rechtsgleichheit, Mäßigkeit und Treue eine Heimstätte hätten! (9) Dann endlich bedürfte es zur Lenkung der Menschen nicht so vieler und so verschiedenartiger Gesetze, da dann zur vollkommenen Unschuld das eine Gottesgesetz genügte, noch bedürfte es der Kerker, der Todesstrafe durch Präfekte noch der Furcht vor Strafen, da die heilsame Kraft himmlischer Gebote den menschlichen Herzen innewohnte und von selbst die Menschen zu den Werken der Gerechtigkeit erzöge.

2) Nach der konstantinischen Wende Der apologetische Topos vom moralischen Nutzen des Christentums wurde im 4. Jh. von Eusebius und Athanasius aufgegriffen, für die die aus dem Evangelium resultierende Humanisierung der Welt so evident war, dass sie ihrer Überzeugung nach auch von heidnischer Seite nicht bestritten werden konnte (Nr. 240–241). Selbst die Plünderung Roms erwies in Augustins Augen nochmals die Wahrheit dieses Arguments, insofern die Einnahme der Stadt durch die christlichen Westgoten weit weniger grausam gewesen sei als frühere

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Einfälle heidnischer Heere. Trotz seiner Überzeugung, dass das Evangelium im Unterschied zur paganen Religion und Philosophie dem moralischen Verfall des römischen Staates wirksam Einhalt gebieten könne, blieb der Bischof von Hippo skeptisch bezüglich einer umfassenden Annahme der christlichen Botschaft. Illusionslos distanzierte er sich von dem apologetischen Argument, das die christliche Religion dadurch zu legitimieren suchte, dass sie allein die Garantin der Prosperität und Stabilität des römischen Imperiums sei (Nr. 242).

Nr. 240 Eusebius, praeparatio evangelica 1,4,2–12 (2) Ist nicht auch das, was nicht nur durch seine expliziten Äußerungen, sondern auch durch eine geheimnisvolle Kraft allen Menschen unmittelbar aufgetragen wurde, um gut und glücklich zu leben, Ausdruck seiner göttlichen Macht? Es war ja Indiz einer göttlichen und geheimnisvollen Macht, dass gleichzeitig mit seinem Wort und im Einklang mit seiner Lehre über die Monarchie des einzigen Gottes des Universums die Menschheit zugleich vom trügerischen Wirken der Dämonen und von der Vielzahl nationaler Regierungen befreit wurde1. (3) Früher jedenfalls herrschten bei jedem Volk tausend Könige und lokale Regenten in den Städten und Regionen; die einen wurden demokratisch regiert, die anderen von Tyrannen, wieder bei anderen war die Herrschaft unter mehreren aufgeteilt; wie zu erwarten, entstanden alle Arten von Kriegen aus dieser Situation, denn Völker stießen aufeinander, erhoben sich ständig gegen ihre Nachbarn, verwüsteten und wurden verwüstet, belagerten sich gegenseitig, so dass deswegen alle Städtebewohner und die ganze Landbevölkerung insgesamt von Kindheit an das Kriegshandwerk erlernten und ständig nur bewaffnet auf den großen Straßen, in den Dörfern und auf dem Land unterwegs waren. (4) Als aber der Christus Gottes erschien, über den vor langer Zeit die Propheten verkündet hatten: „In diesen Tagen wird Gerechtigkeit erblühen und tiefer Friede“ (Ps 72,7) und: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Speere zu Winzermessern, und kein Volk wird mehr das Schwert gegen ein anderes Volk erheben, und sie werden nicht mehr üben, Krieg zu führen“, folgten entsprechend den Voraussagen die Ereignisse. Sämtliche Aufteilung der Macht bei den Römern verschwand augenblicklich, als Augustus zum selben Zeitpunkt Alleinherrscher wurde, da unser Erlöser erschien. Seitdem und bis auf den heutigen Tag kann man nicht, wie zuvor, sehen, dass Städte gegen Städte Krieg führen noch dass Völker einander bekämpfen noch dass das Leben in dem früheren Chaos aufgerieben wird. (5) Wie könnte es nun aber nicht Bewunderung verdienen, wenn man bedenkt, weshalb denn früher, als die Dämonen alle Völker tyran-

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nisierten und sie von den Menschen eine häufige kultische Verehrung empfingen, die Menschen von den Göttern selbst angestachelt wurden, in völliger Verblendung gegeneinander Krieg zu führen, so dass bald Griechen mit Griechen kämpften, bald Ägypter mit Ägyptern, Syrer mit Syrern und Römer mit Römern, sich gegenseitig zu Sklaven machten und in Belagerungen aufrieben, wie ja die alten Berichte über die Ereignisse erkennen lassen; weshalb aber gleichzeitig mit der Lehre unseres Erlösers, die in höchstem Maße von Religiosität und Friedfertigkeit erfüllt war, der polytheistische Irrtum völlig vernichtet wurde und die Auseinandersetzungen zwischen den Völkern unverzüglich zur Ruhe kamen und die früheren Übel ein Ende fanden. Gerade hierin liegt meiner Ansicht nach der stärkste Beweis der göttlichen und geheimnisvollen Macht unseres Erlösers. (6) Einen klaren Beweis aber für den Nutzen, der sich aus seinen Reden ergibt, ließe sich erkennen, wenn man bedenkt, wie das, was sich noch niemals in der Geschichte ereignet hatte und noch von keinem berühmten Menschen der Vergangenheit vollbracht worden war, sich allein aus seinen Worten und seiner Lehre ergab, die über den gesamten Erdkreis verbreitet wurde: Dass es nämlich um die Sitten der Völker2 gut bestellt ist, während sie früher bestialisch und barbarisch waren, so dass die Perser nicht mehr ihre Mütter heiraten, wenn sie seine Jünger geworden sind, die Skythen kein Menschenfleisch mehr verzehren wegen des Wortes Christi, das bis zu ihnen gedrungen ist, andere Barbarenstämme sich nicht mehr inzestuös mit Töchtern und Schwestern vereinen, Männer nicht mehr Männer begehren und nach widernatürlichen Vergnügungen streben, man nicht mehr die verstorbenen Verwandten Hunden und Vögeln vorwirft, was man früher tat, nicht mehr die Alten stranguliert, wie zuvor, nicht mehr das Fleisch der geliebtesten Toten nach altem Brauch verspeist, nicht mehr nach dem Vorbild der Alten den Dämonen wie Göttern Menschenopfer darbringt, nicht mehr die teuersten Menschen aus vermeindlicher Pietät erwürgt. (7) Dies und tausend andere ähnliche Praktiken waren es ja, die früher das Leben der Menschen zu einer Schande machte. „Es wird berichtet, dass die Massageten und Derbikes diejenigen ihrer Angehörigen für überaus unglücklich hielten, die eines natürlichen Todes starben. Und daher kamen sie dem zuvor, indem sie von denen, die ihnen teuer waren, die Altgewordenen opferten und verspeisten. Die Tibarener stürzten die ihnen am nähesten stehenden Alten in einen Abgrund. Die Hyrkaner und Kaspier warfen sie Vögeln und Hunden vor, erstere noch Lebende, letztere schon Tote. Die Skythen begruben Lebende und töteten auf dem Scheiterhaufen jene, die die Verstorbenen innig geliebt hatten. Und die Baktrier warfen die Altgewordenen lebendig den Hunden vor“ (Porph., abst. 4,21). (8) Doch diese Praktiken gehören der Vergangenheit an; heutzutage gibt es nichts Ähnliches mehr, nachdem das eine von unserem Erlöser stam-

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mende Gesetz der Kraft des Evangeliums die bestialische und unmenschliche Seuche all dieser Dinge überwunden hat. (9) Die toten und stummen Statuen oder die darin wirkenden bösen Dämonen oder Elemente der sichtbaren Welt oder die Seelen sterblicher, vor langer Zeit verstorbener Menschen oder die schädlichsten von den vernunftlosen Tieren nicht mehr als Götter zu betrachten; zu sehen, wie anstelle all dessen durch die eine von unserem Erlöser stammende Lehre des Evangeliums Griechen und Barbaren zugleich, die seinem Wort aufrichtige und ungeheuchelte Aufmerksamkeit schenken, eine solche Höhe der Philosophie erreichen, dass sie nicht nur den höchsten Gott, der selber das Universum transzendiert, den Allherrscher und Herrn über Himmel und Erde, den Schöpfer der Sonne, der Gestirne und des ganzen Kosmos verehren, preisen und als Gott bekennen und lernen, so gewissenhaft zu leben, dass sie sich sogar unterweisen lassen, wie man mit den Augen zu schauen habe, und nicht infolge eines begehrlichen Blickes auf irgend einen ungeordneten Gedanken zu kommen (Mt 5,28), sondern aus dem Geist selbst jede schändliche Leidenschaft mit der Wurzel auszureißen: Wie könnte all dies etwa nicht dazu beitragen, alle Menschen zu einem guten und glücklichen Leben zu führen? (10) Und weit entfernt, Meineide zu schwören, bedarf man nicht einmal eines Eides, weil man von ihm gelernt hat, überhaupt nicht zu schwören, sondern in allen Dingen ehrlich und wahrhaftig zu sein, so dass man sich mit dem Ja und dem Nein begnügt (Mt 5,33–37), was die innere Einstellung zuverlässiger macht als jeder Eid; man lässt sich nicht einmal bei den einfachsten Worten und in den gemeinsamen Unterhaltungen gehen, sondern prüft die eigenen Äußerungen so sorgfältig, dass einem weder eine Lüge noch eine Beleidigung noch irgendein schändliches und unschickliches Wort über die Lippen kommt, wiederum wegen seiner Weisung, in der er sagte: „Über jedes unnütze Wort werdet ihr am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen“ (Mt 12,36). Welch überaus hoher philosophischer Lebensform entspricht doch diese Einstellung! (11) Auch wenn man allgemein beobachtet, wie zahllose Männer, Frauen und Kinder, Sklaven und Freie, Unbekannte und Berühmte, außerdem noch Barbaren zugleich mit Griechen in allen Orten, allen Städten, allen ländlichen Gegenden, allen Völkern unter der Sonne, dicht gedrängt zusammenströmen, um sich in den Lehren unterweisen zu lassen, die wir unlängst angenommen haben, und den Worten Gehör schenken, die sie überreden, nicht nur ihre zügellosen Handlungen zu beherrschen, sondern auch die schändlichen Gedanken ihres Geistes sowie den Bauch und was unterhalb des Bauches liegt; wenn man weiterhin beobachtet, wie die ganze Menschheit eine göttliche und religiöse Unterweisung empfängt, indem sie lernt, mit edler und hoher Gesinnung die Ausschreitungen ihrer Widersacher zu ertragen und den bös-

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artigen Menschen nicht auf dem selben Niveau zu vergelten, die Wut, den Zorn und jede rasende Begierde in den Griff zu bekommen, ja seinen Besitz mit den Armen und Bedürftigen zu teilen, jeden Menschen als gleichgeartet anzunehmen, und den, der als Fremder gilt, nach dem Gesetz der Natur als engsten Verwandten und Bruder anzusehen. (12) Wenn man all diese Tatsachen vereinigt und zusammenfasst, müsste man dann nicht eingestehen, dass unsere Lehre allen Menschen die bedeutendsten und wahrhaftesten Güter als gute Botschaft verkündet und dem Leben der Menschen vermittelt hat, was ohne weiteres das Wichtigste für ein gutes und glückliches Leben ist?

Nr. 241 Athanasius, de incarnatione Verbi 51–52 51 Wo wäre auch der Mensch, der nach seinem Tod oder schon zu Lebzeiten die Enthaltsamkeit gelehrt und diese Tugend unter Menschen für wohl möglich gehalten hätte? Aber Christus, unser Erlöser und König aller Dinge, fand mit seiner diesbezüglichen Lehre solchen Anklang, dass selbst Kinder, die das gesetzlich relevante Alter noch nicht erreicht haben, die über das Gesetz hinausgehende Enthaltsamkeit geloben1. Wer von den Menschen konnte jemals solche Entfernungen zurücklegen und zu den Skythen, Äthiopiern, Persern, Armeniern, Goten oder zu den Völkern, die, wie man sagt, jenseits des Ozeans wohnen, oder die jenseits von Hyrkanien leben oder überhaupt zu den Ägyptern und Chaldäern gelangen, die der Magie zugetan und außergewöhnlich abergläubisch und in ihren Sitten unzivilisiert sind, und dort über Tugend und Enthaltsamkeit und gegen die Idolatrie etwas verkünden, wie der Herr aller, die Kraft Gottes, unser Herr Jesus Christus? Er hat ihnen nicht nur durch seine Jünger verkündet, sondern sie geistig auch so weit gebracht, dass sie ihre Sittenroheit ablegten und jetzt nicht mehr die Götter ihrer Väter verehren, sondern zur Erkenntnis seiner gelangten und durch ihn den Vater verehrten. Denn früher, als Griechen und Barbaren noch der Idolatrie anhingen, lagen sie im Krieg gegeneinander und waren gegen eigene Stammesgenossen grausam. Es war überhaupt nicht möglich, über Land oder Meer zu reisen, ohne seine Hand mit einem Schwert zu bewaffnen – eben wegen ihrer unaufhörlichen gegenseitigen Befehdung. Ja, ihr ganzer Lebensstil war ein Waffengang; das Schwert war ihr Stock und ihre einzige Hilfe. Doch, wie schon gesagt, mochten sie auch den Abgöttern dienen und den Dämonen Opfer bringen, die Verehrung ihrer Abgötter ließ bei ihnen, die in solcher Verfassung waren, natürlich keine moralische Umwandlung zu. Als sie zur Lehre Christi übergegangen waren, legten sie, in erstaunlicher Weise tief im Herzen getroffen, die Grausamkeit des Mordens ab und denken jetzt nicht mehr an Krieg;

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vielmehr hegen sie jetzt nur noch Gedanken des Friedens und der Freundschaft. 52 Wer ist es, der dies bewirkt hat, oder wer ist es, der die im Frieden geeint hat, die zuvor sich hassten, wenn nicht der geliebte Sohn des Vaters, der gemeinsame Erlöser aller, Jesus Christus, der in seiner Liebe um unseres Heiles willen alles ertragen hat? Schon von alters her war der Friede, der mit ihm anbrechen sollte, in den Worten der Schrift prophezeit: „Ihre Schwerter werden sie zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Sicheln; nicht mehr wird Volk gegen Volk zum Schwerte greifen, und sie werden nicht mehr das Kriegführen erlernen“ (Jes 2,4). Und es klingt dies doch recht glaubwürdig, wenn noch jetzt die roh gesitteten Barbaren, solange sie den Abgöttern opfern, gegeneinander wüten und es keine einzige Stunde ohne das Schwert aushalten können, sobald sie aber von der Lehre Christi hören, unverzüglich vom Krieg zum Ackerbau übergehen und die Hände, anstatt sie mit dem Schwert zu bewaffnen, zum Gebet erheben. Ja, ganz allgemein waffnen sie sich jetzt, anstatt sich gegenseitig zu bekriegen, gegen den Teufel und die Dämonen, um sie in Enthaltsamkeit und Seelenstärke niederzuringen. Das ist aber doch ein sichtlicher Beweis für die Gottheit des Erlösers, wenn Menschen das, was sie von den Abgöttern nicht lernen konnten, von ihm gelernt haben, wie es andererseits ein nicht unwesentlicher Beleg ist für die Ohnmacht und Nichtigkeit der Dämonen und Abgötter. Die Dämonen waren sich ja ihrer Ohnmacht wohl bewusst; deshalb trieben sie früher die Menschen zum Krieg gegeneinander, damit sie nicht mit dem Streit untereinander aufhörten und dann gegen die Dämonen den Kampf aufnähmen. Wirklich, die Jünger Christi befehden sich nicht gegenseitig, sondern setzen sich mit ihren guten Sitten und tugendhaften Handlungen gegen die Dämonen zur Wehr, verjagen sie, verspotten ihren Anführer, den Teufel, sind enthaltsam in ihrer Jugend, halten stand in den Versuchungen, harren aus in den Mühsalen, erdulden Misshandlungen und machen sich nichts daraus, wenn sie beraubt werden, und wirklich erstaunlich: sie verachten den Tod und werden Märtyrer Christi. Nr. 242 Augustinus, de civitate Dei 1,7; 2,19 1,7 Was also bei der jüngsten Katastrophe Roms an Verwüstung, Mord, Plünderei, Brandschatzung und Quälerei verübt wurde, hat der Kriegsbrauch angerichtet. Aber das Neue und ganz Ungewohnte dabei war die Tatsache, dass barbarische Rohheit sich so milde zeigte, dass man weiträumige Basiliken zu Sammelplätzen und Zufluchtsstätten für das Volk auswählte, wo niemand getötet, von wo niemand fortgeschleppt werden durfte, wohin viele von

IV. Das Christentum als Förderer des Staates

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mitleidigen Feinden in Sicherheit gebracht wurden, von wo niemand auch von unbarmherzigen Feinden in Gefangenschaft abgeführt werden durfte. Das ist dem Namen Christi und dem christlichen Zeitalter zuzuschreiben. Wer das nicht sieht, ist blind, wer es sieht und nicht lobt, undankbar, wer dem Lob widerspricht, verrückt. Kein Verständiger könnte dies der Wildheit der Barbaren zutrauen. Ihren blutdürstigen und grausamen Sinn hat derjenige eingeschüchtert, gezügelt und wunderbar besänftigt, der solange vorher durch den Propheten sprach: „Ich will ihre Vergehen mit der Rute strafen und ihre Sünden mit Geißelhieben. Aber mein Erbarmen will ich nicht von ihnen wenden“ (Ps 89,33 f.). 2,19 … Mögen sie uns die Gebote gegen Ausschweifung und Habgier vorlesen, die ihre Götter dem römischen Volk gaben. Ja hätten sie wenigstens von Keuschheit und Mäßigkeit geschwiegen, statt von ihm Widerliches und Schändliches zu fordern, dem sie durch falsche Göttlichkeit eine verhängnisvolle Autorität verliehen! Dagegen lese man in den Propheten, dem heiligen Evangelium, der Apostelgeschichte und den Apostelbriefen unsere so zahlreichen Ermahnungen gegen Habgier und Schwelgerei, die im Ohr der zu diesem Zweck versammelten Menge so herrlich, so göttlich erklingen, nicht wie das Geschrei zankender Philosophen, sondern wie donnernde Orakelsprüche aus Gottes Wolken! Dennoch machen sie für Ausschweifung und Habgier sowie für die entarteten und schändlichen Sitten, wodurch der Staat noch vor Christi Ankunft zum schlechtesten und schändlichsten wurde (Sall., Cat. 5,9), nicht ihre Götter verantwortlich, klagen aber dennoch wegen seiner gegenwärtigen Notlage, die jetzt ihr Stolz und ihre Weichlichkeit zu spüren bekommen, die christliche Religion an. Wenn nur deren Vorschriften über guten und rechtschaffenen Lebenswandel Gehör und Aufmerksamkeit fänden „bei den Königen auf Erden und allen Völkern, bei den Fürsten und allen Richtern auf Erden, den Jünglingen und Jungfrauen, den Alten mit den Jungen“ (Ps 148,11 f.), bei Menschen jeden Alters und jeden Geschlechts, dazu auch bei denen, die Johannes der Täufer (Lk 3,12–14) anspricht, den Zöllnern und Soldaten, dann würde dieser Staat die Länder mit dem Glück des gegenwärtigen Lebens schmücken und sich zu den Höhen des ewigen Lebens erheben, um dort selig zu herrschen! Doch der eine hört es, der andere verachtet es, und die meisten freunden sich mehr mit den Lastern an, die so verführerisch zu schmeicheln verstehen, als mit der heilsamen Strenge der Tugend.

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie 1) Die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Imperiums In der Mitte des 2. Jh. hatte erstmals Melito von Sardes gegenüber Kaiser Marc Aurel eine Allianz von Christentum und römischem Imperium mit dem Argument beschworen, die Ausbreitung der neuen Religion seit der augusteischen Zeit habe dem Reich eine Epoche des Friedens und Wohlergehens gebracht (Nr. 18). Origenes betrachtete umgekehrt das im römischen Prinzipat geeinte und von Frieden erfüllte Weltreich als Voraussetzung der ungehinderten Ausbreitung des Evangeliums (Nr. 243). Mit dieser Sicht, die den Beginn des augusteischen Friedensreiches und das Auftreten des Christentums providentiell verknüpfte, war im Kern die sogenannte Reichstheologie grundgelegt, wie sie Eusebius im 4. Jh. entfaltete. Reichs- und Heilsgeschichte wurden hier aufeinander bezogen. Die politische Monarchie einte das Reich, das mit der Überwindung des Vielvölkerwesens zugleich den Polytheismus verdrängte und die Menschheit zur Anerkennung der Monarchie Gottes vorbereitete. Die christliche Botschaft des Monotheismus diente wiederum der politischen Einheit und der Befriedung der vom Wirken der Dämonen zerrissenen Welt (Nr. 240). Nr. 243 Origenes, contra Celsum 2,30 … Er sagt: „Denn wie die Sonne, die alles andere erleuchtet, zuerst sich selbst zeigt, ebenso hätte es der Sohn Gottes machen müssen.“ Wir möchten nun behaupten, dass er es so gemacht hat. Denn „es ging in seinen Tagen Gerechtigkeit auf, und eine Fülle des Friedens“ (Ps 72,7) begann sich seit seiner Geburt zu realisieren. Gott bereitete die Völker auf seine Lehre vor, damit sie unter die Herrschaft des einen römischen Kaisers kamen und nicht die gegenseitige Abgrenzung der Völker infolge der vielen Königreiche für die Apostel Jesu eine Erschwernis bildete, das auszuführen, was ihnen Jesus mit den Worten gebot: „Geht hin und lehrt alle Völker“ (Mt 28,19). Es ist klar, dass Jesus unter die Regierung des Augustus geboren wurde, der die vielen auf Erden lebenden Menschen durch ein einziges Reich sozusagen zu einer einheitlichen Größe gemacht hatte. Für die Ausbreitung der Lehre Jesu in alle Welt wäre die Existenz vieler Reiche ein Hindernis gewesen, nicht nur aus den erwähnten Gründen, sondern auch weil Menschen überall gezwungen gewesen wären, zu den Waffen zu greifen und für die Verteidigung ihrer Vaterländer Krieg zu führen. Dies war ja vor den Tagen des Augustus und noch früher der Fall, als es zu einem Krieg beispielsweise zwischen den Pelopon-

V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie

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nesiern und Athenern, ebenso anderer Völker mit anderen kommen musste. Wie wäre es dann möglich gewesen, dass sich diese friedliche Lehre, die nicht einmal Vergeltung an den Feinden gestattet, durchsetzte, wenn sich nicht bei der Ankunft Jesu die Situation auf Erden überall in einen friedlicheren Zustand verwandelt gehabt hätte?

2) Das Roma christiana-Konzept Im Unterschied zu den griechischen Apologeten, die eher das Reich als Rom im Blick hatten, konzentrierte sich das Interesse westlicher Autoren auf die Stadt selbst, um ihr ebenso wie dem Imperium eine providentielle Bedeutung zuzuweisen. Erstmals formulierte Ambrosius in seiner Replik auf die Petition der heidnischen Senatsaristokratie den Gedanken der Roma christiana. Durch ihre Bekehrung zum Christentum (Nr. 244) sei aus der altersmüde gewordenen Stadt des paganen Traditionalismus ein vom Christentum mit neuem Leben erfülltes Rom geworden. Mit Ambrosius empfahl sich die neue Religion als bester Bündnispartner des römischen Patriotismus. Prudentius (Nr. 121, 245) erweiterte die ambrosianische Konzeption durch eine Geschichtstheologie, in der sich der Gedanke einer Erneuerung Roms durch das Christentum mit der Idee verband, dass nicht erst das augusteische Friedensreich, sondern die römische Geschichte seit Anbeginn eine Vorbereitung des Evangeliums gewesen sei, insofern Rom durch seine Gesetzgebung und seine Einigung der Völker die Menschen für die Religion der Liebe empfänglich gemacht habe. Mit dieser Verknüpfung von irdischer Geschichte und göttlichem Heilsplan wollte Prudentius den Heiden, die nach wie vor von einer kulturellen Mission Roms überzeugt waren, die Konversion zum Christentum erleichtern, das römische Wertvorstellungen keineswegs negierte, sondern zur Erfüllung führte. Indem Prudentius mit der endgültigen Christianisierung des Imperiums durch Kaiser Theodosius einen nicht mehr veränderbaren Idealzustand erreicht sah, hatte er zugleich eine christliche Version des Roma aeterna-Mythos geschaffen, der jedoch schon bald durch den Geschichtsverlauf selbst, die Einnahme der „ewigen Stadt“ durch die Westgoten (410), wieder in Frage gestellt wurde. Erst Augustins Entsakralisierung der Geschichte und Entmythologisierung Roms brach mit diesem Denkmodell, das historische Ereignisse in ein Heilsgeschehen umdeutete und Religion durch eine politischnationale Erfolgsbilanz zu legitimieren suchte (Nr. 130).

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Nr. 244 Ambrosius, epistula 18,7 (Roma:) Ich schäme mich nicht, mich hochbetagt mit dem ganzen Erdkreis zu bekehren. Ohne Zweifel ist es wahr, dass kein Lebensalter zu spät ist, um zu lernen. Das Alter sollte erröten, das sich nicht mehr bessern kann. „Nicht die Reife der Jahre, sondern die des Charakters ist lobenswert“. Es ist keine Schande, sich dem Besseren zuzuwenden.

Nr. 245 Prudentius, contra Symmachum 1,481–540; 2,578–592 1,481–540 „Zeuge der Ankunft des Christus verehrenden Herrschers in diese Stadt war die milvische Brücke, die den zuvor aufgenommenen Tyrannen ins Wasser des Tibers stürzte1; sie bezeugte, von welcher Majestät sie die siegreichen Waffen gelenkt sah, welches Symbol die rächende Rechte voran trug, in welchem Zeichen die Speere erstrahlten: Christus, (der Name) gestickt mit Juwelen und in Gold, schmückte die purpurne Kaiserstandarte, Christus hatte die Zeichen der Schilde beschrieben, es glühte das Kreuz auf den Spitzen der Helme. Selbst der hochangesehene Stand der Senatoren gedenkt es, der damals mit lang wallendem Haar hervortrat, mit Kerkerketten beladen oder gebunden mit gewaltiger Fessel2, er umfasste die Füße des Siegers, und weinend warf er sich vor den glorreichen Zeichen zu Boden. Damals hatte jener Senat des rächenden Heeres Feldzeichen und Christi ehrwürdigen Namen verehrt, der auf den Waffen erstrahlte. Hüte dich daher, herrliches Haupt der Welt, nach diesen Ereignissen noch sinnleere Zeichen für Götter zu halten nach deinem gewohnten Kult und, nachdem du sie erfahren hast, die Kraft des wahren Gottes zu missachten! Gib auf, ich will es, die kindischen Feste, die lächerlichen Riten, die Opfer, unwürdig eines so gewaltigen Reiches. Marmor, der von Schmutz verunreinigt ist, wascht nun ab, ihr Edlen! Lasst die Statuen in Reinheit stehen, die Gebilde großer Künstler; sie sollen unserem Vaterland schönster Schmuck werden, kein übler Gebrauch soll die Monumente der Kunst besudeln, die zum Bösen gewandt ist!“3

V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie

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Von solchen Weisungen belehrt, hat die Stadt gemieden ihre alten Irrtümer, hat von ihrem welken Angesicht die wirbelnden Wolken vertrieben, in ihrem Adel nun schon bereit, die ewigen Wege zu erproben, Christus auf den Ruf des hochgesinnten Führers hin zu folgen und ihre Hoffnung auf die Ewigkeit zu setzen. Damals ist zum ersten Mal, noch im Alter gelehrig4, Roma über ihre Jahrhunderte errötet, sie schämt sich der Vergangenheit, sie hasst jene Jahre, vergangen mit schändlichen Kulten. Bald auch, als sie gedenkt, wie an den Mauergräben die nahen Felder vom Blut der Gerechten trieften, als sie Tausende vorwurfsvoller Gräber ringsum erblickt5, da bereut sie tief ihr düsteres Gericht und ihre zügellose Herrschaft, ihren allzu zornerfüllten Eifer für schändliche Riten. Ausgleichen will sie die schrecklichen Wunden der verletzten Gerechtigkeit durch späten Gehorsam und Bitte um Gnade. Damit nun dem gewaltigen Reich nicht wegen zurückgewiesener Frömmigkeit anhafte der Vorwurf der Grausamkeit, sucht sie die gewiesenen Sühneopfer, und zum Glauben an Christus wendet sich Rom voller Liebe. Lorbeer des Siegers Marius war der Stadt weniger nützlich, als er unter dem Beifall des Volkes Jugurtha aus Numidien herbeischleppte6, nicht so viel Heilung hat der arpinische Konsul7 dir, Roma, gebracht, als in gerechten Fesseln Cethegus getötet war, wie zu unserer Zeit der hervorragende Fürst8 vorhersah und zuteilte an Gutem: Zahlreiche Catilinas hat er aus unserer Mitte vertrieben, die nicht schrecklichen Brand den Häusern oder Dolche den Vätern, sondern finsteren Abgrund den Seelen und dem Innersten der Menschen Qualen bereiten wollten. Feinde irrten umher durch Tempel, durch Häuser, überall und das römische Forum, das erhabene Kapitol hatten sie inne, betrieben Verschwörung sogar gegen das Leben des Volkes und Anschläge, im Innern verbreitete sich heimlich ihr Gift, sie pflegten Unheil einzuflößen bis ins tiefste Mark. Jetzt aber, über verborgenen Feind als Triumphator in der Toga, bringt der Fürst herrliche Trophäen heim, ohne Blutvergießen, den Staat des Quirinus gewöhnt er, mächtig zu sein im höherem Reich für alle Zeiten. Schließlich setzt er keine Grenzen und gibt keine zeitlichen Schranken,

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2. B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument

Herrschaft ohne Ende lehrt er9, damit die römische Tugend niemals zur Greisin werde, damit ihr neu erworbener Ruhm niemals ein Alter kenne. 2,578–592 Aber ich sehe ja, welche Beispiele alter Tüchtigkeit dich bewegen. Du sagst, unterworfen ist zu Land und zur See der Erdkreis, die Erfolge und alles Gelingen führst du an, tausend Triumphe erwähnst du der Reihe nach, ihre Festzüge und die Traggeräte voller Beute, mitten durch Rom geführt. Willst du, dass ich dir sage, o Römer, welche Ursache dir deine Mühen zu solcher Höhe geführt hat?10 Von welcher Gunst wohl gefördert dein Ruhm sich so erhebt, dass er die Welt mit herrischen Zügeln lenkt? In der Sprache geschiedene Völker und im Kult voneinander getrennte Reiche wollte Gott vereinen. Zu unterwerfen einer einzigen Herrschaft, was immer sich edler Gesittung fügen wollte, unter einträchtigem Joch nur leichte Zügel tragen zu lassen, hat er beschlossen, dass die Herzen der Menschen verbunden halte Liebe zur Religion; denn es kann keine Verbindung geben, die Christi würdig wäre, wenn nicht vereint ein einziger Geist die zusammengeschlossenen Völker.

C) Geschichte als apologetisches Argument I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs Mit seinem Neuheitsanspruch sowie der Abgrenzung gegenüber Juden und Heiden (Nr. 5) widersprach das Christentum antiker Mentalität, die Wahrheit allein schon durch hohes Alter verbürgt sah (Nr. 267), Tradition und Konvention hochschätzte, alles Neue und Fremdartige verdächtigte. Die Götter so zu verehren, wie es die Vorfahren praktizierten, galt als Inbegriff der Frömmigkeit (Nr. 248, 251). Der Vorwurf, die Christen hätten mit sämtlichen heiligen Traditionen gebrochen, findet sich in den Äußerungen aller großen Gegner der neuen Religion (Nr. 249–250, 253). Celsus (Nr. 249) bediente sich der schon im philosophischen Schulstreit gebräuchlichen Depravationstheorie, um das Christentum als Produkt einer zweifachen Apostasie zu beschreiben, insofern die Christen sich von den Juden, diese wiederum von den Ägyptern abgespalten hätten. Die christliche Lehre sei daher nur eine nacheinander korrumpierte Version der „Alten Lehre“ bzw. Urweisheit, wie sie die ältesten Völker, u. a. die Ägypter, in früheren Zeiten überlieferten. Porphyrius (Nr. 250) und Julian (Nr. 253) erweiterten diese Kritik, indem sie den Christen vorwarfen, auch der griechischen Tradition untreu geworden zu sein. Die Apologeten wiesen wiederum in Form einer retorsio den Heiden Traditionsbrüche nach (Nr. 247), verteidigten Entwicklung und Fortschritt als naturgemäß (Nr. 246, 291) oder gaben gegenüber der Konvention der Wahrheit den Vorzug (Nr. 252, 287–288, 290). Nr. 246 Clemens von Alexandrien, protrepticus 89,1–3 (1) Aber eine von den Vätern überlieferte Sitte umzustoßen, sagt ihr, sei nicht vernünftig. Warum bedienen wir uns dann nicht unserer ersten Nahrung, der Milch, an die uns doch die Ammen von Geburt an gewöhnt haben? Warum vermehren oder vermindern wir das väterliche Vermögen und halten es nicht auf den gleichen Stand, wie wir es übernommen haben? Warum lassen wir keinen Speichel mehr aus unserem Mund auf die Brust unserer Väter laufen, oder warum tun wir nicht mehr all das andere, wofür wir im Säuglingsalter, als wir von unseren Müttern aufgezogen wurden, Lachen geerntet haben, sondern haben uns selbst, auch wenn wir keine guten Erzieher be-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

kommen haben, zum Besseren verändert? (2) Ferner bringen ja in der Seefahrt die Abweichungen vom Kurs, obwohl sie auch Schaden bewirken können und riskant sind, doch zugleich auch eine gewisse Freude mit sich, jedoch in unserem Leben sollten wir nicht von dem Herkommen ablassen, das schlecht, von Leidenschaften geprägt und gottlos ist, selbst wenn unsere Väter sich damit nicht abfinden wollen, und sollten uns nicht der Wahrheit zuwenden und den, der in Wahrheit unser Vater ist, suchen, indem wir die Gewohnheit wie ein verderbliches Gift von uns abstoßen? (3) Denn dies ist das Schönste von dem, was wir unternehmen, euch zu zeigen, dass unsere Religion infolge von Wahnsinn und dieser dreimal heillosen Tradition gehasst wurde; denn ein solches Gut – kein größeres ist jemals von Gott der Menschheit geschenkt worden1 – wäre ja niemals gehasst oder verboten worden, wenn ihr euch nicht von der Tradition fortreißen ließet und wenn ihr dann nicht eure Ohren gegen uns verstopfen und, wie störrische Pferde die Zügel abwerfend und auf das Zaumzeug beißend2, vor unseren Worten fliehen würdet. Nr. 247 Tertullian, adversus nationes 1,10,3–8 (3) Was zunächst nun die allgemeine Beschuldigung angeht, die ihr gegen uns erhebt, nämlich der Bruch mit den Einrichtungen der Vorfahren1, so überlegt euch immer wieder, ob uns dieser Anklagepunkt nicht zusammen mit euch betrifft. (4) Ich sehe nämlich, dass bei euch die alte Überlieferung in allen Bereichen des Daseins und der Lebensregeln verfälscht, ja sogar zerstört ist. Von den Gesetzen habe ich schon oben gesagt, dass ihr sie durch täglich neue Beschlüsse und Verordnungen begraben habt. (5) Was aber die übrige Ordnung des menschlichen Lebens betrifft, so ist es ganz offensichtlich, wie sehr ihr euch gegenüber euren Vorfahren gewandelt habt; in eurer Kleidung, eurer äußeren Erscheinung, eurer prächtigen Ausstattung, ja selbst in eurer Nahrung und eurer Sprache; denn das, was früher galt, weist ihr von euch wie etwas Widerwärtiges. (6) Überall hat man die alte Überlieferung verbannt, in den privaten Geschäften, in den öffentlichen Angelegenheiten. Eure eigene Autorität hat die gesamte Autorität der Vorfahren verdrängt. (7) Ja, und das steigert noch euer schändliches Verhalten, ihr lobt ständig die uralten Bräuche und weist sie nichtsdestoweniger zurück. Aufgrund dieser verkehrten Haltung sehen wir, dass so vieles von den Vorfahren bei euch noch im Gebrauch ist, das Missbilligung verdient hätte, während ihr andererseits das, was ihr verbal billigt, zurückweist. (8) Aber gerade auch diejenige Tradition der Vorfahren, die ihr anscheinend am treuesten bewahrt und verteidigt und deren Verletzung ihr uns am meisten vorwerft – hierin gründet

I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs

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der ganze Hass gegen den christlichen Namen –, ich spreche von der Verehrung der Götter, auch sie wird, wie ich zeigen werde, von euch umgestoßen und verachtet! Nr. 248 Minucius Felix, Octavius 6,1 (Caecilius:) Wenn also entweder das Walten des Zufalls gewiss ist oder aber das Naturgesetz unerforschlich bleibt, dann ist es weitaus besser und auch pietätvoller, dass sich die Experten der Wahrheit1 der Lehre der Alten anschließen, die überlieferten Religionen pflegen und jene Götter verehren, die dich die Eltern weniger vertraulich kennen als vor allem fürchten lehrten; statt über ihr göttliches Wesen zu urteilen, sollte man den Vorfahren Glauben schenken, die in der Einfachheit der Zeit des Weltenbeginns sich Götter zu Freunden oder zu Königen gewannen.

Nr. 249 Origenes, contra Celsum 1,14; 3,5–6.8.16 1,14 … Höre nämlich, wie Celsus sagt: „Es gibt eine alte Lehre von Urzeit her, die stets die weisesten Völker und Städte und weisen Männer bewahrten.“ Und er wollte nicht die Juden als „sehr weises Volk“ bezeichnen, auf gleicher Stufe mit den „Ägyptern, Assyrern, Indern, Persern, Odrysen, Samothrakern und Eleusinern.“1 3,5 Im Folgenden meint Celsus, „die Juden seien der Abstammung nach Ägypter und hätten Ägypten verlassen, nachdem sie gegen das Gemeinwesen der Ägypter revoltiert und die religiösen Gebräuche Ägyptens verachtet hätten“2; er behauptet, „was sie den Ägyptern angetan hätten, sei ihnen umgekehrt von denen widerfahren, die Jesus folgten und an ihn als Christus glaubten. Und in beiden Fällen sei die Ursache der Neuerung die Revolte gegen das Gemeinwesen geworden.“ Man muss beachten, wie Celsus in diesem Punkt vorgegangen ist. Die alten Ägypter hatten den Volksstamm der Hebräer, der wegen einer in Judäa herrschenden Hungersnot nach Ägypten gekommen war, sehr schlecht behandelt. Wegen des an Fremden und Hilfsbedürftigen verübten Unrechts haben sie erlitten, was von der göttlichen Vorsehung eine ganze Nation erleiden musste; denn sie hatte sich gegen den ganzen Volksstamm ihrer Gäste verschworen, der ihr kein Unrecht getan hatte. Von den Plagen Gottes heimgesucht, ließen sie bald darauf widerwillig diejenigen, die sie unrechtmäßig versklavt hatten, ziehen, wohin sie wollten. 6 Anstatt nun die voneinander abweichenden Aussagen der Ägypter und der

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Hebräer unparteiisch zu prüfen, hat Celsus, von den ihm sympathischeren Ägyptern eingenommen, diese, obwohl sie den Fremden Unrecht getan hatten, als wahrhaftige Zeugen akzeptiert, von den ungerecht behandelten Hebräern hingegen behauptet, sie hätten rebelliert und Ägypten verlassen. Dabei sah er nicht, wie es für eine so zahlreiche Menge rebellischer Ägypter, die ihren Ursprung der Rebellion verdankte, unmöglich war, gerade zum Zeitpunkt der Rebellion zu einem Volk zu werden und die Sprache zu ändern, so dass die, die sich bislang der ägyptischen Sprache bedient hatten, sich plötzlich die hebräische Sprache vollkommen aneigneten. …3 8 Gleichermaßen falsch ist die Behauptung, die Hebräer, die Ägypter waren, verdankten ihren Ursprung einer Rebellion, sowie die Behauptung, andere, die Juden waren, hätten zur Zeit Jesu gegen das Gemeinwesen rebelliert und seien Jesus nachgefolgt. Celsus und die ihm Gleichgesinnten werden nämlich keinen Akt der Rebellion bei den Christen nachweisen können. 16 … Wenn er aber sagt, dass wir „Missdeutungen der alten Lehre4 erfinden und damit kombinieren, um die Menschen zuvor mit Flötentönen zu betäuben und zu vereinnahmen, wie es diejenigen tun, die jene mit ihrem berauschenden Lärm umgeben, die man in die Riten der Korybanten initiiert“, so wollen wir ihm entgegnen: Missdeutungen welcher alten Lehre? Sei es der griechischen, die ebenfalls die Existenz von Gerichtshöfen in der Unterwelt gelehrt hat, sei es der jüdischen, die unter anderem auch das Leben prophezeit hat, das dem gegenwärtigen Leben folgt, in jedem Fall könnte er nicht beweisen, dass wir, zumindest die wir uns um einen vernunftgemäßen Glauben bemühen, Missdeutungen der Wahrheit begangen haben und nach solchen Lehren unser Leben ausrichten.

Nr. 250 Porphyrius, contra christianos frg. 1 (= Eusebius, praeparatio evanglica 1,2,3–4) Wie sollten nicht Menschen in jeder Hinsicht frevlerisch und gottlos sein, die von der Väter Sitten abgefallen sind1, jenen Sitten, die einem jeden Volk und einer jeden Stadt Zusammenhalt verleihen? Oder was sollten diejenigen angemessenerweise Gutes zu erwarten haben, die Gegner und Feinde der Heilbringer geworden sind und die Wohltäter verstoßen haben? Was sind sie anderes als Gottesfeinde? Welche Nachsicht verdienen diejenigen, die sich von dem abgewandt haben, was seit unvordenklichen Zeiten bei allen Griechen und Barbaren in den Städten und auf dem Lande, in vielfältigen Kulten, Weihungen und Mysterien einmütig von allen Königen, Gesetzgebern und Philosophen über die Götter gelehrt worden ist, und sich stattdessen dem zu-

I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs

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gewandt haben, was frevelhaft und gottlos ist unter den Menschen? Welchen Strafen sind nicht mit vollem Recht die zu unterziehen, die dem Vätererbe den Rücken gekehrt haben und stattdessen zu Bewunderern der fremdländischen, überall verachteten Mythen der Juden geworden sind? Ist es nicht ein Zeichen äußerster Nichtswürdigkeit und Leichtfertigkeit, sich bedenkenlos vom Eigenen abzuwenden und in unvernünftigem und ungeprüftem Glauben die Sache frevlerischer und allen Völkern feindselig gesinnter Menschen vorzuziehen, ja sich dabei nicht einmal an den von den Juden verehrten Gott entsprechend den bei diesen geltenden Satzungen zu halten, sondern sich stattdessen einen neuen, isolierten, in die Sackgasse führenden Weg zu bahnen, der weder den Überlieferungen der Griechen noch denen der Juden die Treue bewahrt?

Nr. 251 Eusebius, praeparatio evangelica 2,6,19; 4,1,3 2,6 (19) Als ob sie sich der Theologie ihrer Vorfahren schämten, haben sie sehr spät, jeder nach seiner eigenen Ansicht, zu den Mythen über die Götter tiefere Interpretationen ersonnen, wobei jedoch niemand es wagte, an den Traditionen zu rütteln1, da sie höchsten Respekt vor dem hohen Alter und der seit ihrer Kindheit gewohnten und natürlichen Lebensweise hatten. 4,1 (3) Sie verbreiteten also Weissagungen und Orakel, Behandlungen und Heilungen aller Arten von Leiden sowie Angriffe gegen die Gottlosen. Es seien gerade diese Erfahrungen, so behaupten sie, die sie zu der tiefen Überzeugung gebracht hätten, mit ihrer Gottesverehrung auf dem rechten Weg zu sein, während wir die größte Gottlosigkeit begingen, wenn wir so offenkundigen und wohltätigen Mächten keinerlei Bedeutung beimäßen und dadurch geradezu frevelten, da doch ein jeder die Traditionen ehren müsse, nicht am Unveränderlichen rütteln dürfe und Schritt für Schritt der Frömmigkeit der Vorfahren folgen solle, ohne leidenschaftlichem Streben nach Neuerung zu verfallen. In diesem Punkt, so sagen sie, sei es jedenfalls angemessen, wenn die Gesetze sogar die Todesstrafe für diejenigen festlegen, die dieses Delikt begehen. Nr. 252 Laktanz, epitome 50,1–2 (1) Aber mit vollem Recht, so sagt man, werden diejenigen bestraft, die die von den Vorfahren überlieferten, staatlichen Kulte verabscheuen. Wie? Wenn jene Vorfahren beim Übernehmen nichtiger Kulte … töricht gewesen sind,

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

sollen wir uns dann vorschreiben lassen, dass wir dem Wahren und Besseren nicht folgen dürfen? (2) Warum entziehen wir uns selbst die Freiheit und dienen fremden Irrtümern, als wären wir ihnen sklavisch ergeben? Es sei doch erlaubt, vernünftig zu sein, erlaubt auch, nach der Wahrheit zu suchen!

Nr. 253 Julian, contra Galilaeos frg. 58 Warum bleibt ihr nicht einmal den Lehren der Hebräer treu und achtet das Gesetz nicht, das Gott ihnen gegeben hat? Warum habt ihr vielmehr die Traditionen aufgegeben und habt euch dem angeschlossen, was die Propheten verkündet haben, so dass ihr euch noch mehr von jenen als von uns entfernt habt? Denn wenn jemand die Wahrheit über euch erkunden wollte, würde er entdecken, dass euer gottloses Wesen ein Gemisch aus der jüdischen Frechheit und der heidnischen Indifferenz und Gemeinheit ist1. Denn von beiden Seiten habt ihr keineswegs das Beste, sondern das Schlechtere an euch gezogen und daraus ein Gewebe von Übeln geschaffen. Denn die Hebräer haben präzise Gesetze beim Gottesdienst, einen genau geregelten Kult und unzählige Vorschriften, die Wandel und Grundsätze eines Priesters fordern. Nun hat zwar der Gesetzgeber die Verehrung aller Götter bis auf den einen verboten, dessen Anteil Jakob und Erbteil Israel ist, aber nicht nur dies gesagt, sondern meines Wissens hinzugefügt: „Die Götter darfst du nicht lästern“ (Ex 22,27). Die Unverschämtheit und Frechheit der Nachgeborenen aber hat in dem Wunsch, alle Gottesfurcht im Volk auszurotten, gemeint, die Konsequenz der Kultverweigerung sei die Blasphemie. Das ist das Einzige, was ihr von dieser Seite euch angeeignet habt, denn sonst habt ihr mit jenen Menschen nichts gemeinsam. Von den jüdischen Neuerungen2 habt ihr es also angenommen, wenn ihr die von uns verehrten Götter lästert. Auf der anderen Seite habt ihr von unserer Religion sowohl die fromme Scheu gegen die gesamte höhere Natur als auch die Liebe zur Tradition aufgegeben und euch allein die Freiheit zu Nutze gemacht, alles wie Gartengemüse zu essen (vgl. Gen 9,3). Und um die Wahrheit zu sagen, ihr habt euren Stolz darin gesetzt, unsere Gemeinheit noch zu überbieten. Dies, meine ich, ist ganz logisch; denn ihr habt geglaubt, ihr müsstet euren Wandel allen Völkern anpassen und nach der Lebensweise der verworfensten Leute gestalten, von Krämern, Zöllnern, Tänzern und Zuhältern.

II. „Warum so spät“?

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II. „Warum so spät?“ Insofern die Inkarnation nach christlicher Auffassung der entscheidende Wendepunkt der Menschheitsgeschichte war, konnten Heiden die universale Heilsbedeutung dieses Ereignisses mit Verweis auf dessen spätes Eintreten in Frage stellen (Nr. 84, 373, 379). Diese Aporie ließ sich nur dadurch lösen, dass das Christentum entweder eine geschichtliche Dimension nachweisen konnte, die das historische Auftreten Christi überstieg (Nr. 255–256, 265), oder gerade dessen spätes Kommen als sinnvoll erwies (Nr. 254, 256–257, 293–294).

Nr. 254 Diognet-Brief 8,7–9,6 8 (7) Denn Gott, der Herrscher und Schöpfer des Alls, der alles gemacht und in bestimmter Ordnung eingerichtet hat, ist nicht nur menschenfreundlich geworden, sondern auch langmütig. (8) So war er zwar immer, so ist er und wird er sein: milde und gütig, zornlos und wahrhaftig und als einziger gut. (9) Doch den großen und unaussprechlichen Plan, den er gefasst hatte, den teilte er einzig dem Sohn mit. (10) Solange er nun seinen weisen Ratschluss als Geheimnis zurückhielt, schien es, als ob er sich um uns nicht sorge und nicht kümmere. (11) Nachdem er das, was von Anfang an vorbereitet war, durch seinen geliebten Sohn enthüllt und offenbart hatte, schenkte er uns alles zugleich: Anteil zu haben an seinem Wohltaten, sie zu erkennen und entsprechend zu handeln. Wer von uns hätte das je erwartet? 9 (1) Obwohl er schon den ganzen Heilsplan bei sich mit seinem Sohn festgelegt hatte, ließ er uns doch bis zum Ablauf der früheren Zeit nach unserem Willen von ungezügelten Trieben fortgerissen werden, von Lüsten und Begierden verführt. Er freute sich durchaus nicht über unsere Sünden, aber er duldete sie. Er war auch nicht mit der damaligen Zeit der Ungerechtigkeit einverstanden, sondern war daran, die jetzige Zeit der Gerechtigkeit zu schaffen, damit wir aus unseren eigenen Werken in der damaligen Zeit überführt, dass wir des Lebens unwürdig sind, jetzt durch die Güte Gottes dessen würdig gemacht würden, und – da wir uns aus uns selber als unfähig erwiesen hatten, in das Reich Gottes einzugehen – durch Gottes Kraft nunmehr dazu befähigt würden. (2) Als das Maß unserer Ungerechtigkeit voll war und völlig offenbar war, dass wir als deren Lohn nur Strafe und Tod erwarten dürften, kam der rechte Zeitpunkt, den Gott im voraus bestimmt hatte, um endgültig seine Güte und Macht zu erweisen. O überschwängliche Menschenfreundlichkeit und Liebe

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Gottes! Er hat uns nicht gehasst, uns nicht verstoßen, er hat uns das Böse nicht nachgetragen, sondern hat voll Langmut ausgeharrt, selber aus Erbarmen unsere Sünden auf sich genommen und seinen eigenen Sohn als Lösepreis für uns hergegeben. Den Heiligen für die Frevler, den Schuldlosen für die Schuldigen, den Gerechten für die Ungerechten, den Unvergänglichen für die Vergänglichen, den Unsterblichen für die Sterblichen. (3) Was sonst hätte unsere Sünden zudecken können als dessen Gerechtigkeit? (4) Durch wen könnten wir sonst gerechtfertigt werden – wir Frevler und Gottlosen – als allein durch den Sohn Gottes? (5) O süßer Tausch, o unerforschliches Schöpferwerk! O ungeahnte Wohltat: Damit die Frevelhaftigkeit der vielen in einem einzigen Gerechten zum Verschwinden komme und die Gerechtigkeit eines Einzigen die vielen Frevler rechtfertige! (6) Zuerst hat er in der früheren Zeit bewiesen, dass unsere Natur ohnmächtig ist, das Leben zu erlangen, jetzt aber hat er den Erlöser gezeigt, der die Macht hat, auch das Ohnmächtige zu retten. Durch beides wollte er uns dazu bringen, seiner Güte zu vertrauen und ihn als Ernährer, Vater, Lehrer, Ratgeber, Arzt, Verstand, Licht, Ehre, Ruhm, Kraft, Leben zu betrachten und uns um Nahrung und Kleidung keine Sorgen zu machen. Nr. 255 Origenes, contra Celsum 4,7 Ich weiß nicht, weshalb er, nachdem er sein haltloses Geschwätz zu unseren Ausführungen vorgebracht hat, später noch hinzufügt: „Nicht um seinetwillen, weil er es nötig hätte, erkannt zu werden, sondern“ unseres „Heiles wegen will er“ uns „Kenntnis von sich geben, damit diejenigen, die sie annehmen, tugendhaft werden und gerettet werden, diejenigen dagegen, die sie nicht annehmen, sich als schlecht erweisen und bestraft werden.“ Nachdem er dies vorgebracht hat, fragt er zweifelnd: „Jetzt also, nach so langer Zeit, hat Gott sich daran erinnert, das Leben des Menschen zu richten, während er sich früher darum nicht gekümmert hat?“ Darauf wollen wir entgegnen: Es gibt keine Zeit, zu der Gott nicht das Leben der Menschen richten wollte. Vielmehr trug er zu allen Zeiten Sorge, Gelegenheiten zur Tugend zu bieten und so das Vernunftwesen zu bessern. In jeder Generation nämlich geht die Weisheit Gottes in die Seelen ein, die sie fromm findet, und macht sie zu Freunden Gottes und Propheten. Und es ließen sich in den heiligen Schriften in jeder Generation fromme Menschen finden, die fähig waren, den göttlichen Geist zu empfangen, und mit aller Kraft an der Bekehrung ihrer Mitmenschen gearbeitet haben.

II. „Warum so spät“?

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Nr. 256 Arnobius, adversus nationes 2,63.74–75 63 „Aber“, wendet man ein, „wenn Christus zu dem Zweck von Gott gesandt worden ist, um die unglücklichen Seelen vom Verderben des Untergangs zu befreien, was haben denn die früheren Generationen verschuldet, die vor seiner Ankunft infolge ihrer Sterblichkeit zugrundegegangen sind?“ – Könnt ihr denn wissen, was mit den Seelen der früheren und ältesten Sterblichen geschehen ist, ob nicht auch ihnen auf irgendeine Weise Hilfe, Unterstützung und Fürsorge zuteil geworden ist? Könnt ihr wissen, frage ich, was sich durch Christi Belehrung erkennen ließ, ob die Epochen unendlich oder endlich sind, seitdem die Menschheit auf Erden zu existieren begonnen hat, wann zum ersten Mal die Seelen mit den Leibern vereinigt wurden, wer der Urheber dieser Verbindung ist, ja wer der Schöpfer des Menschen selbst ist, wohin die Seelen der Vorfahren geschieden sind, in welchen Teilen oder Regionen der Welt sie gewesen sind, ob sie vergänglich sind oder nicht, ob sie nicht in Todesgefahr geraten wären, wenn nicht zur rechten Zeit Christus als Retter zu Hilfe gekommen wäre? Lasst ab von diesen Bemühungen und gebt die für euch unlösbaren Fragen auf. Königliches Erbarmen ist auch ihnen zuteil geworden und in gleicher Weise haben sich die göttlichen Wohltaten auf alle erstreckt. Sie sind erhalten und errettet worden und haben das Los und den Zustand der Sterblichkeit abgelegt. In welcher Art, welche von ihnen und wann? Wenn Anmaßung, Stolz und Selbsterhebung fern von euch wären, dann hättet ihr es schon längst durch Christus als Gewährsmann erfahren können. 74 „Warum aber“, so fragt man, „hat denn Gott, der König und Herrscher beschlossen, dass erst vor wenigen Stunden, wie man sagt, der Erlöser Christus aus der Himmelsburg zu euch gesandt wurde?“ – Wir fragen dagegen: was ist Grund und Ursache, dass mitunter die Jahreszeiten nicht mit ihren Monaten zusammenfallen, sondern später Winter, später Frühling und später Herbst wird? Warum fällt manchmal, nachdem die Ernte verdorrt und das Getreide verdorben ist, der Regen, der, wo noch alles unversehrt war, hätte kommen und zu gelegener Zeit helfen sollen? Ja, noch lieber stellen wir die Frage: wenn Herkules, Äskulap, Merkur, Bacchus und andere geboren wurden, um der Versammlung der Götter zugerechnet zu werden und den Sterblichen Nutzen zu bringen, warum sind sie so spät von Jupiter erzeugt worden, dass bloß die Nachwelt sie kannte, die Zeit der Vorfahren aber nicht darum wusste? Ihr sagt, das habe seinen Grund. Also gab es auch hier einen Grund, warum nicht früher, sondern jetzt erst der Erlöser unserer Menschheit kam. Aber welcher Grund war es denn? Wir leugnen nicht, dass wir es nicht wissen, denn niemandem ist es gegeben, den Sinn Gottes zu erkennen

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

und zu wissen, wie er seine Angelegenheiten geordnet habe. Der Mensch, das blinde Geschöpf, der sich selbst nicht kennt, kann aus keinen Schlüssen folgern, was hätte geschehen müssen, oder wann und wie; bloß der Vater, der Lenker und Herr aller Dinge, weiß es. Kann ich aber die Ursachen nicht angeben, warum etwas auf diese oder jene Weise geschieht, so folgt daraus doch noch nicht, dass das Geschehene nicht geschehen ist und die Glaubwürdigkeit der Sache abgeht, die durch so viele Arten mächtiger Wirkungen und Kräfte als unbezweifelbar erwiesen ist. 75 Du führst als Einwand an, warum der Erlöser so spät gesandt wurde? In der unendlichen Dauer der Ewigkeit ist überhaupt nichts spät zu nennen. Denn wo kein Anfang und kein Ende ist, da kommt nichts frühzeitig, nichts spät. Die Zeit nämlich erkennt man durch das Ende und den Ablauf, was auf die unbegrenzte Dauer der Ewigkeit keine Anwendung findet. Wie wenn nun die Zustände, denen Hilfe werden sollte, gerade diese Zeit als die geeignete forderten? Wie wenn die Lage des Altertums eine andere war als die der Folgezeit? Wenn den Alten auf andere Weise geholfen werden musste als den Späteren? … Es kann also wohl sein, dass der allmächtige und einzige Gott dann erst Christus gesandt hat, als die Menschheit hilfloser und unsere Natur schwächer zu sein begonnen hatte. Wenn das, was heute geschehen ist, vor Jahrtausenden hätte geschehen können, so würde es der höchste König getan haben, oder wenn nach ebenso vielen Jahrtausenden hätte erfüllt werden müssen, was jetzt geschehen ist, so hätte nichts Gott abhalten können, die passende Zeit abzuwarten. Nach unwandelbaren Gründen vollziehen sich seine Pläne, und was einmal beschlossen ist, kann durch keine Neuerung abgeändert werden. Nr. 257 Ambrosiaster, quaestio 83,1–2 Wenn durch Christus das Heil sowie die wahre und vollkommene Erkenntnis vermittelt wurde, warum kam er dann nicht schon eher, damit auch unsere Vorfahren, die in Unkenntnis lebten, die Wahrheit kennen lernten? Schließlich sind nach der Ankunft Christi weit mehr Menschen gerettet worden als zuvor. Folglich wären, wenn er eher gekommen wäre, weitaus mehr gerettet worden. Wenn es sich daher so verhält, scheint es kritisierbar zu sein. (1) Niemandem, der Barmherzigkeit übt, dürfen Vorwürfe gemacht werden. Es liegt nämlich in der Entscheidung des Gebenden, wann und in welchem Maße er sich erbarmen will. Eine solche Person muss man auffordern und durch Bitten ersuchen, nicht durch Streitereien von einem guten Werk zurückhalten. Vielleicht würde man nicht widersprechen, wenn man ihm für

III. Der Altersbeweis

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die Barmherzigkeit etwas als Gegenleistung gäbe. Beschuldigt jemand einen Arzt, der seine Medikamente und seinen Dienst umsonst gewährt, oder wird seine Verspätung von denen angeklagt, von denen er nicht angefordert wurde? (2) Dies haben wir gesagt, wie es die Vernunft nahe legt, doch die Güte des Erlösers kümmert sich wegen der menschlichen Schwachheit nicht darum. Denn er folgt seinem eigenen Wesen, Barmherzigkeit zu üben. Deshalb kam er zu dem Zeitpunkt, an dem er kommen musste, wobei er sich nur nach dem Kriterium seines Willens, nicht unserer Verdienste richtete. Denn wenn man die Verdienste erwägt, durfte er nicht kommen. Er kam also, als er wusste, dass er zu Hilfe kommen müsse und der Beistand dankbar angenommen würde. Wenn man nämlich jemandem, dem eine Notlage droht, zuvor zu Hilfe kommt, wird es zwar dankbar angenommen werden, doch wird man sich nicht ganz klar bewusst werden, was ihm gewährt worden ist. Wenn man aber jemandem Hilfe bringt, der sich schon in einer Notlage befindet, dann wird er wissen, welchen Beistand er empfangen hat. Denn aus der Bedrängnis entrissen, wird er mehr danken, ebenso wie wenn man einem Hungernden Brot reicht; reicht man es ihm aber, wenn er nicht hungert, wird er kaum so dankbar sein.

III. Der Altersbeweis Nicht nur in der jüdischen Apologetik, sondern schon in kulturgeschichtlichen Kontroversen spielte der Altersbeweis eine wichtige Rolle. Während in hellenistischer Zeit zunächst nichtgriechische Autoren die griechische Kultur auf die ältere Weisheit der „Barbarenvölker“ – Babylonier, Ägypter, Inder, Juden – zurückführten, setzte sich seit der frühen Kaiserzeit die These allgemein durch, dass jene Völker der Weisheit bzw. einer Uroffenbarung näher ständen als die Griechen. Das Interesse an der Weisheit insbesondere orientalischer Provenienz wuchs in dem Maße, als das griechische Denken an seine eigenen Grenzen stieß. Nachdem jüdische Apologeten diese Überlegungen aufgegriffen und ihr Volk zum ältesten erklärt hatten (Nr. 4), fand das Altersargument auch in den christlichen Apologien Verwendung, die vielfach chronologische Vergleiche zwischen Daten der Bibel und der griechischrömischen Geschichte anstellten (Nr. 258–259, 261–264, 266, 268). Indem sich das Christentum in Kontinuität zum alttestamentlichen Gottesvolk sah, konnte es seine Existenz bis zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte zurückführen (Nr. 265, 268). Auch die Präexistenz des göttlichen Logos (Nr. 260) bzw. die Ewigkeit des Gottes der Christen (Nr. 267) diente als apologetisches Argument, um ihrer Religion eine chronologische Priorität gegenüber allen sonstigen Traditionen zu verleihen.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Nr. 258 Tatian, oratio ad Graecos 31,1 Für diesmal glaube ich nur noch nachweisen zu sollen, dass unsere Philosophie älter ist als die Einrichtungen der Griechen. Ausgangspunkte sollen uns Mose und Homer sein1. Da beide ins Altertum gehören, der eine als ältester Dichter und Geschichtsschreiber, der andere als Begründer aller barbarischen Weisheit, so sollen sie auch von uns jetzt in Vergleich gezogen werden. Wir werden nämlich entdecken, dass unsere Lehren nicht nur älter sind als die griechische Kultur, sondern sogar älter als die Erfindung der Buchstaben. Nr. 259 Theophilus, ad Autolycum 3,16,1 Ich will dir nun mit Gottes Hilfe auch die Chronologie genauer darlegen, damit du siehst: Unsere Lehre ist weder neu noch ein Mythos, sondern älter und wahrer als die aller Dichter und Schriftsteller, die geschrieben haben, wie es ihnen gerade gefiel1. Nr. 260 Clemens von Alexandrien, protrepticus 6,3–5 (3) Halte mein heilbringendes Lied nicht in dem Sinn für neu, wie es ein Kleidungsstück oder ein Haus ist. Denn „vor dem Morgenstern“ (Ps 110,3) war es, und „im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“ (Joh 1,1). (4) Als alt erscheint der Irrtum, als neu die Wahrheit. Mögen nun die Phryger durch die mythischen Ziegen als uralt bekundet sein1 oder die Arkader, die nach Schilderung der Dichter älter als der Mond sind2, oder schließlich die Ägypter, deren Land gewissen Träumen zufolge zuerst Götter und Menschen hervorgebracht hat; trotzdem gab es unter all diesen niemanden, der vor dieser Welt existierte. Wir aber existierten vor der Grundlegung der Welt (Eph 1,4); da wir in ihm leben sollten, waren wir durch Gott schon zuvor erschaffen, wir, die vernünftigen Geschöpfe des göttlichen Logos, durch den wir seit Anbeginn existieren, denn „im Anfang war das Wort“ (Joh 1,1). (5) Weil aber der Logos von Anbeginn an da war, war und ist er der göttliche Anfang aller Dinge. Weil er aber jetzt den von alters her geheiligten und seiner Macht würdigen Namen „Christus“ angenommen hat, habe ich ihn ein neues Lied genannt.

III. Der Altersbeweis

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Nr. 261 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,72,4–5 (4) Weit älter als alle diese Völker1 ist das Volk der Juden, und ihre Philosophie gab dadurch, dass sie schriftlich niedergelegt wurde, erst den Anstoß für das Entstehen der griechischen Philosophie, wie der Pythagoreer Philon in ausführlicher Darstellung nachweist2, ebenso indes auch der Peripatetiker Aristobulos3 und mehrere andere, mit deren namentlicher Aufzählung ich mich nicht aufhalten will. (5) Besonders deutlich sagt es auch der Geschichtsschreiber Megasthenes4, der Zeitgenosse des Seleukos Nikator, der im dritten Buch seines Werkes über Indien folgendermaßen schreibt: „Jedoch alles, was die Alten über die Natur gesagt haben, findet sich auch bei den Philosophen außerhalb Griechenlands erwähnt, teils bei den Indern von den Brahmanen, teils in Syrien von den sogenannten Juden.“

Nr. 262 Tertullian, apologeticum 19,5–8 (5) Darzulegen, mit welchen chronologischen Berechnungen man das beweisen kann, wäre für uns weniger ein schwieriges als ein uferloses, und kein dorniges, aber im Augenblick zu weitläufiges Unterfangen. Mit vielen Dokumenten muss man sich da befassen und die Finger beim Abzählen zu Hilfe nehmen; man muss die Archive auch der ältesten Völker öffnen, der Ägypter, Chaldäer und Phönizier; (6) man muss aus diesen Länder jene vorladen, durch die uns Kenntnis hiervon verschafft worden ist, beispielsweise den Ägypter Manetho und den Chaldäer Berosus, weiter den Phönizier Hieromus, den König von Tyrus, ebenso alle, die sich ihnen anschließen, Ptolemaeus aus Mendes, Menander aus Ephesus, Demetrius aus Phaleron, den König Juba, Apion und Thallus und den, der diese entweder bestätigt oder widerlegt, den Juden Josephus, den aus ihrer Mitte stammenden Bürgen der alten Geschichte der Juden1. (7) Auch die Zensuslisten der Griechen müssen verglichen werden, man muss feststellen, was zu welcher Zeit geschehen ist, damit die Verkettung der einzelnen Zeitabschnitte sichtbar wird und auf diese Weise Licht fällt auf die Zahlen der Chroniken; man muss die Geschichte und die Schriftwerke der Welt durchwandern. Immerhin haben wir beinahe schon einen Teil des Beweises erbracht, insofern wir berührt haben, auf welchen Weg ein solcher Beweis geführt werden kann. (8) Doch ist es besser, dies aufzuschieben, damit wir nicht entweder, wenn wir uns übereilen, zu wenig eindringen oder aber, wenn wir tiefer eindringen, zu lange abschweifen.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Nr. 263 Origenes, contra Celsum 1,16 16 Es erstaunt mich, wie Celsus „die Odrysen, Samothraker, Hyperboräer unter die ältesten und weisesten Völker“ rechnete, die Juden aber nicht für wert befand, unter die weisen oder alten Völker aufgenommen zu werden. Viele Schriften sind bei den Ägyptern, Phöniziern und Griechen in Umlauf, die ihr hohes Alter bezeugen. Ich habe es für überflüssig gehalten, sie zu zitieren. Wer es möchte, kann ja die Schrift des Flavius Josephus „Über das hohe Alter der Juden“ in zwei Büchern nachlesen1. Dort wird eine umfangreiche Liste von Schriftstellern angeführt, die das hohe Alter der Juden bezeugen. Auch von Tatian, der später lebte, ist die „Rede an die Griechen“ in Umlauf. Mit großer Gelehrsamkeit zitiert er die Autoren, die über das hohe Alter der Juden und des Mose berichtet haben2. Celsus scheint folglich bei seiner Darstellung nicht auf die Wahrheit bedacht, sondern streitsüchtig gewesen zu sein. Er setzte sich zum Ziel, den Ursprung des Christentums anzugreifen, der von den Juden abhängt. Er sagt sogar, dass „die Galaktophagen Homers, die Druiden der Gallier und die Geten sehr weise und alte Völker seien“; ob von ihnen Schriften existieren, weiß ich nicht. Nur den Hebräern spricht er, soweit er kann, das hohe Alter und die Weisheit ab.

Nr. 264 Eusebius, praeparatio evangelica 9,7,1; 9,27,1–4 7 (1) Von dem pythagoreischen Philosophen selbst, das heißt von Numenios1, will ich aus dem ersten Buch „Über das Gute“ folgendes zitieren: „Hat man die Zeugnisse Platons angeführt und als Siegel genommen, so wird man diesbezüglich noch weiter zurückgehen und sie mit den Lehren des Pythagoras verbinden müssen, außerdem namhafte Völker hinzuziehen, indem man ihre Initiationen, ihre Lehren, ihre Errichtung von Kultstätten, die sie in Einklang mit Platon vollziehen, vergleicht, alles was die Brahmanen, die Juden, die Magier und Ägypter eingerichtet haben.“ 27 (1) Artapanos2 sagt in seinem Buch „Über die Juden“: „Nachdem Abraham, sein Sohn Mempsasthenoth3 und ebenso der König Ägyptens gestorben waren, übernahm dessen Sohn Palmanoth die Herrschaft. (2) Dieser verhielt sich schlecht gegenüber den Juden. Zunächst erbaute er Sais und errichtete das benachbarte Heiligtum, dann schuf er den Tempel von Heliopolis. (3) Er hatte eine Tochter, Merris, die er mit Chenephres verheiratete, der über die Region oberhalb von Memphis herrschte. Damals gab es nämlich viele Könige in Ägypten. Da diese Frau unfruchtbar war, adoptierte sie das Kind eines

III. Der Altersbeweis

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Juden und nannte es Mose. Nachdem er erwachsen war, wurde er von den Griechen Musaios4 genannt. (4) Dieser Mose wurde der Lehrer des Orpheus. Nachdem er erwachsen war, vermittelte er den Menschen viele nützliche Kenntnisse. Er erfand nämlich Schiffe, Maschinen, um Steine aufzustellen, die ägyptischen Waffen, hydraulische und militärische Instrumente und die Philosophie.“ Nr. 265 Eusebius, historia ecclesiastica 1,2,1.6 (1) Da von der doppelten Natur Christi die eine, durch die er als Gott erkannt wird, dem Haupt des Körpers gleicht, die andere, in der er um unseres Heiles willen ein leidensfähiger Mensch wie wir geworden ist, mit den Füßen verglichen werden kann, so dürfte die folgende Ausführung nur dann korrekt sein, wenn wir in der Darstellung seiner ganzen Geschichte von dem Wichtigsten und Bedeutendsten, was gesagt werden kann, ausgehen. Auf diese Weise wird sowohl das hohe Alter als auch die Göttlichkeit des Christentums denen klar, die es für etwas Neues und Fremdartiges halten, das erst gestern und nicht schon früher in Erscheinung getreten sei. (6) Schon von Beginn der Menschheit an haben alle, die sich bekanntlich durch Gerechtigkeit und die Tugend der Religiosität ausgezeichnet haben, der große Diener Mose mit seinen Gefährten und schon vor ihm Abraham als erster und seine Kinder und alle, die nach ihm als Gerechte und Propheten gelebt haben, den göttlichen Logos mit den reinen Augen des Geistes erkannt und ihm als Sohn Gottes die gebührende Ehrfurcht erwiesen1.

Nr. 266 Pseudo-Justin (Markell von Ankyra?), ad Graecos de vera religione 9,1–3 9 (1) So will ich denn mit unserem ersten Propheten und Gesetzgeber, mit Mose beginnen, wobei ich zuvor die Zeiten, in denen er gelebt hat, mit jedem für euch glaubwürdigen Zeugnis darlege. Ich versuche nämlich, diesen Beweis nicht nur anhand unserer göttlichen Geschichtsbücher zu führen, denen ihr wegen der alten Verirrung eurer Vorfahren noch keinen Glauben schenken wollt, sondern auch anhand eurer Geschichtswerke1, die mit unserer Religion nichts zu tun haben, damit ihr erkennt, dass von allen euren Weisen, Dichtern, Geschichtsschreibern, Philosophen oder Gesetzgebern der weitaus Älteste unser erster Lehrer der Religiosität Mose ist, wie uns die Geschichtswerke der Griechen zeigen. (2) Zu den Zeiten des Ogygos und des Inachos2

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

nämlich, von denen einige eurer Geschichtsschreiber sogar angenommen haben, sie seien Erdgeborene gewesen, erwähnen sie Mose als Führer und Herrscher des Volkes der Juden. So berichtet Polemon3 im ersten Buch seiner griechischen Geschichte und Apion4, der Sohn des Poseidonios, in seinem Buch „Gegen die Juden“ und im vierten Buch seiner Geschichte, wo er sagt, zur Zeit des Inachos, des Königs von Argos, als Amosis König der Ägypter war, seien die Juden abgefallen, deren Anführer Mose gewesen sei. Und Ptolemaios von Mendes5, der die Geschichte der Ägypter erzählt, stimmt mit all diesem überein. Auch die Gewährsleute für die Geschichte der Athener, Hellanikos und Philochoros, der Verfasser der attischen Geschichte, sowie Kastor und Thallos und Alexandros der Polyhistor, ferner auch die sehr weisen Philon und Josephus6, die die Geschichte der Juden aufgezeichnet haben, erwähnen Mose als sehr alten und frühen Anführer der Juden. Josephus jedenfalls wollte das hohe Alter der Geschichte bereits durch den Titel der Bücher andeuten und hat daher am Anfang des Geschichtswerkes so geschrieben: „Jüdische Altertumskunde des Flavius Josephus“ – das Alter der Geschichte bezeichnete er mit dem Namen „Altertumskunde“. (3) Und nachdem der berühmteste eurer Geschichtsschreiber, Diodor, der Auszüge aus den Bibliotheken hergestellt hat, während voller dreißig Jahre Asien und Europa, wie er selbst schreibt, im Bestreben um große Exaktheit bereist und die meisten Dinge mit eigenen Augen gesehen hatte, schrieb er ganze vierzig Bücher seiner Geschichte. Im ersten Buch (94,1) sagt er, er habe von den Priestern in Ägypten erfahren, dass Mose in alter Zeit gelebt habe und der erste Gesetzgeber gewesen sei. Wörtlich hat er so über ihn geschrieben: „Denn nach der alten Lebensordnung in Ägypten, die den Mythen gemäß zur Zeit der Götter und Heroen herrschte, sagen sie, dass als Erster ein Mann von seelischer Größe, einer, der von allen, an die man sich erinnert, am entschiedensten Neues schuf, der Menge den Gebrauch schriftlicher Gesetze nahebrachte.“ Nr. 267 Ambrosiaster, quaestio 114,24.29–30 (24) Die Heiden beanspruchen nun aber, dass sie auf Grund des hohen Alters die Wahrheit besitzen, denn „was älter ist“, so sagen sie, „kann nicht falsch sein“, als ob hohes Alter oder alte Gewohnheit schon im voraus über die Wahrheit entscheidet. Es könnten nämlich Mörder oder Unzüchtige oder Ehebrecher oder sonstige Kriminelle damit ihr unerlaubtes Tun verteidigen, dass es alt ist und schon mit dem Anfang der Welt begonnen hat, während sie doch aufgrund dessen ihren Irrtum um so besser erkennen müssten, da, was tadelnswert und schändlich ist, nachweislich schon einen schlechten Anfang gehabt hat, aber das, was anständig und heilig ist, würdig verehrt wird; auch

III. Der Altersbeweis

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kann das Schändliche und Tadelnswerte nicht vor dem Heiligen und Tadellosen existieren. (29) Aber die vernunftlose Masse begann, auftretende Schatten oder Dämonen oder Gräber Verstorbener als Götter zu verehren. Diese Praxis, die sich zu einer alten Gewohnheit entwickelte, meint, ihr Wahrheitsanspruch lasse sich verteidigen, während doch die Grundlage der Wahrheit weder auf der Gewohnheit noch auf dem Alter, sondern auf Gott beruht, der sich nicht durch das Alter, sondern die Ewigkeit als Gott erweist. Daher ist der Glaube keine Sache, die begonnen hat, sondern anfangslos. Denn an Gott zu glauben, dieser Anfang liegt bei uns; was geglaubt wird, ist ewig. Wie können sich also die Heiden für älter halten, wenn einmal das, was sie verehren, später als Gott ist? Ist etwa das Werk nicht später als der Künstler? Die Heiden verehren die Werke, wir den Künstler; jene das Geschöpf, wir den Schöpfer. Ohne Zweifel hat Gott die Welt geschaffen: nun, hat er dem Erschaffenen nicht die Erkenntnis seiner selbst vermittelt? Oder hat er den Menschen geschaffen, wollte aber nicht von dem verehrt werden, den er schuf? Dies aber ist absurd. (30) Der erschaffene Mensch begann also seinen Schöpfer zu verehren, weil es angemessen ist und ein gerechter Grund es fordert. Als dies durch die Gleichgültigkeit der Menschen nicht mehr praktiziert wurde, hat Gott es bei Abraham wieder hergestellt, so dass die Erkenntnis Gottes, die in Adam vorhanden war, wieder in Abraham begann, so dass seine Abkömmlinge unter dieser Einsicht erzogen wurden und durch die Fortpflanzung es nicht an Menschen fehlte, die Gott verehrten, wobei zu dieser Gotteserkenntnis sogar Menschen eines fremden Volkes berufen wurden. Wer also erkennt, steht unter einem Anfang; wer aber erkannt wird, steht über dem Anfang. Mit welchem Grund behaupten also die Heiden, ihr Gesetz sei vor dem unseren gewesen? Nur wenn die Welt vor Gott existiert – was fern sei! –, dann kann auch das Heidentum dem Christentum vorangestellt werden.

Nr. 268 Augustinus, de civitate Dei 18,37 Zur Zeit unserer Propheten, deren Schriften heute bereits zur Kenntnis fast aller Völker gelangt sind, in der Hauptsache jedoch erst nach ihnen, lebten die heidnischen Philosophen, die auch mit diesem Namen bezeichnet wurden, den zuerst Pythagoras von Samos aufbrachte1, der zur Zeit der Aufhebung der jüdischen Gefangenschaft bekannt und berühmt wurde. Erst recht gilt es also von den übrigen Philosophen, dass sie erst nach den Propheten auftraten. Denn selbst Sokrates2 aus Athen, der Lehrer aller damals in hohem Ansehen Stehenden, der auf dem Gebiet der Moral oder praktischen Philoso-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

phie sich hervortat, lebte den Chroniken zufolge erst nach Esra. Nicht viel später wurde auch Platon3 geboren, der die übrigen Sokratesschüler bei weitem überragen sollte. Nehmen wir auch die Früheren hinzu, die noch nicht Philosophen hießen, die sieben Weisen nämlich und auch die Naturforscher, die auf Thales folgten und wie er die Natur der Dinge zu ergründen suchten, also Anaximander, Anaximenes, Anaxagoras4 und einige andere, ehe Pythagoras sich als erster Philosoph nannte, so gehen auch sie nicht allen unseren Propheten dem Alter nach voran. Denn Thales5, nach dem die übrigen kamen, soll erst während der Zeit des Romulus hervorgetreten sein, als sich aus Israels Quellen in den Schriften, die sich über den ganzen Erdkreis verbreiteten, der Strom der Weissagung ergoss. Demnach waren es allein jene Dichtertheologen Orpheus, Linus, Musaius6, und etwa noch der eine oder andere bei den Griechen, die der Zeit nach früher waren als die hebräischen Propheten, deren Schriften bei uns Autorität besitzen. Aber nicht einmal sie gingen unserem wahren Theologen Mose, der den einen wahren Gott wahrheitsgemäß verkündete und dessen Schriften in unserem Kanon an erster Stelle stehen, zeitlich voraus. So haben denn wenigsten die Griechen, in deren Sprache die weltlichen Wissenschaften am intensivsten betrieben wurden, keinerlei Grund, sich ihrer Weisheit zu rühmen, als sei sie wenn nicht gar erhabener so doch älter als unsere Religion, die die wahre Weisheit enthält. Allerdings ist nicht zu leugnen, dass es zwar nicht bei den Griechen, wohl aber bei barbarischen Völkern wie den Ägyptern schon vor Mose einige Gelehrsamkeit gab, die man ihre Weisheit nennen könnte. Denn sonst stünde nicht in der Heiligen Schrift, Mose sei unterrichtet gewesen in aller Weisheit der Ägypter (Apg 7,22), also schon damals, als er dort geboren und von der Tochter des Pharao adoptiert, ernährt und standesgemäß erzogen wurde. Doch nicht einmal die Weisheit der Ägypter konnte zeitlichen Vorrang vor der Weisheit unserer Propheten geltend machen, denn auch Abraham war ein Prophet (Gen 20,7). Was hätte es auch für Weisheit in Ägypten geben können, bevor ihnen Isis, die sie nach ihrem Tod als große Göttin glaubten verehren zu sollen, die Schriftzeichen lehrte? Isis aber soll die Tochter des Inachus7 gewesen sein, der als erster die Argiver regierte, als Abrahams Enkel bereits geboren waren.

IV. Die Plagiatsthese 1) Die Abhängigkeit griechischer Denker von den Schriften der Bibel Vielfach wurde der Altersbeweis in der apologetischen Argumentation mit der These verknüpft, die griechische Philosophie sei weitgehend den Schriften der Hebräer entlehnt. Da Plagiatsdiskussionen auch in der antiken Litera-

IV. Die Plagiatsthese

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tur- und Philosophiekritik geführt wurden (Nr. 273) und die These einer Abhängigkeit der Griechen von der Weisheit der barbarischen, d. h. nichtgriechischen Kulturvölker zu jener Zeit weite Akzeptanz besaß (Nr. 277), erschien ein entsprechender Nachweis nach Auffassung der Apologeten durchaus überzeugend. Damit folgten sie nicht nur der jüdischen Apologetik (Nr. 273), sondern vollzogen auch eine argumentative Umkehr heidnischer Plagiatsvorwürfe (Nr. 276, 278–279). Die These vom „Diebstahl der Hellenen“ wurde einerseits mit polemischer Tendenz vertreten, indem die heidnischen Plagiatoren der Vorwurf traf, fremdes Geistesgut missbraucht und verfälscht zu haben (Nr. 270, 272–274, 410), diente aber andererseits auch dazu, die paganen Dichter und Philosophen infolge ihrer biblischen Quellen positiv zu würdigen und als Bestätigung christlicher Auffassungen anzuführen (Nr. 27, 269, 273, 275, 277, 280). Nr. 269 Justin, 1 apologia 44,9–10; 60 44 (9) Alles, was Philosophen und Dichter über die Unsterblichkeit der Seele, die Strafen nach dem Tod, die Betrachtung der himmlischen Dinge oder ähnliche Lehren gesagt haben, das haben sie nur aufgrund der von den Propheten empfangenen Anhaltspunkte erfassen können und weiter ausgeführt. (10) Daher gibt es anscheinend bei allen Keime der Wahrheit; man kann ihnen aber auch nachweisen, dass sie dieses nicht exakt erfasst haben, da sie ja einander widersprechen. 60 (1) Auch was Platon im Timaios (36b–c), bei seinen naturphilosophischen Erörterungen über den Sohn Gottes gesagt hat, wo es heißt: „In Form eines Chi gestaltete er ihn im All“1, hat er gleichermaßen von Mose entlehnt. (2) Denn in den Schriften des Mose wird berichtet, dass in der Zeit, als die Israeliten aus Ägypten auszogen und in der Wüste waren, sie von giftspritzenden Tieren, Nattern, Vipern und Schlangen aller Art angegriffen wurden, die dem Volk den Tod brachten. (3) Auf Gottes Eingebung und Antrieb habe Mose Erz genommen, daraus ein Kreuz geformt 2, dieses auf dem heiligen Zelt aufgestellt und zum Volk gesprochen: „Wenn ihr dieses Zeichen anblickt und euer Vertrauen darauf setzt, werdet ihr darin Rettung finden“ (Num 21,9). (4) Und darauf, so berichtet er, seien die Schlangen umgekommen, das Volk aber, so berichtet er weiter, sei so dem Tod entgangen. (5) Das las Platon, und da er es nicht genau verstand und dachte, es sei nicht die Kreuzesform, sondern die Chi-Gestalt gemeint, sagte er, die dem ersten Gott zunächst stehende Kraft sei im All in der Form eines Chi gestaltet. (6) Auch wenn er von einem Dritten spricht, dann aus dem Grund, dass er, wie schon gesagt, das Wort des Mose las, der Geist Gottes habe über den Wassern geschwebt (Gen 1,2). (7)

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Denn den zweiten Platz weist er dem aus Gott stammenden Logos zu, von dem er sagt, dass er im All in der Form eines Chi gestaltet sei, den dritten aber dem Geist, von dem es heißt, er schwebe über den Wassern, wenn er sagt: „Das Dritte aber um den Dritten“ (Ps-Plat., ep. 2,312e)3.

Nr. 270 Tatian, oratio ad Graecos 40,1–2 (1) Somit ergibt sich aus dem Gesagten, dass Mose älter ist als die erwähnten Heroen, Städte, Kriege und Dämonen. Man muss ihm, weil er ein höheres Alter hat, Glauben schenken, statt den Griechen, die aus ihm als Quelle, ohne ihn zu nennen, seine Lehren geschöpft haben. (2) Denn mit großer Dreistigkeit haben ihre Sophisten das, was sie aus den Büchern des Mose und derer, die ähnlich wie er philosophierten, gelernt hatten, falsch zu münzen gesucht, zunächst um glauben zu machen, als sagten sie etwas Originelles, sodann aber, um alles das, was sie nicht verstanden hatten, unter der Tünche ihres Redeschwalls zu verbergen und so die Wahrheit zur Mythologie zu verfälschen. Nr. 272 Theophilus, ad Autolycum 1,14,2; 2,12,2–4 1,14 (2) Von jenen Weissagungen durch die Propheten über diese Strafen1 haben die Dichter und Philosophen, die ja später waren, aus den Heiligen Schriften gestohlen, damit ihre Aussprüche glaubwürdig würden. 2,12 (2) Viele von den Schriftstellern haben also die Heilige Schrift nachgeahmt und eine Beschreibung dieser Dinge zu geben versucht; doch vermochten sie es nicht, obwohl sie die Ausgangspunkte daraus entlehnten, beispielsweise über die Erschaffung der Welt oder die Natur des Menschen. Sie haben auch nicht den geringsten Funken der Wahrheit, der der Sache würdig wäre, vorgebracht. (3) Es scheint zwar das von den Philosophen, Schriftstellern oder Dichtern Vorgebrachte glaubwürdig zu sein infolge der glänzenden Darstellung, doch erweist sich ihre Rede als naiv und inhaltsleer, weil sich bei ihnen zwar viel Geschwätzigkeit, aber auch nicht das kleinste Körnchen Wahrheit findet. (4) Denn wenn etwas von dem, was sie gesagt haben, wahr zu sein scheint, so ist es mit Irrtum vermischt. Wie nun ein zerstörendes Gift, mit Honig oder Wein oder einem anderen Stoff vermischt, das Ganze schädlich und unbrauchbar macht, so erweist sich auch der überfließende Wortschwall jener Schriftsteller als nutzloses Gerede und eher als Schaden für jene, die ihnen glauben.

IV. Die Plagiatsthese

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Nr. 273 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,81,1–5; 87,1–3; 100,5; 150,1–4; 2,1,1; 6,4,3–4; 15,1–2; 27,1–5; 28,1.4–29,3; 30,4 1,81 (1) Allerdings sagt man, es stehe geschrieben: „Alle, die vor der Ankunft des Herrn gekommen sind, sind Diebe und Räuber“ (Joh 10,8). Nun fasst man zunächst den Ausdruck „alle“ für die, von denen hier die Rede ist, nämlich die Menschen vor der Inkarnation des Logos, zu allgemein auf. (2) Aber die Propheten, die ja von dem Herrn gesandt und mit seinem Geist erfüllt wurden, waren doch keine Diebe, sondern Diener. (3) Die Schrift sagt: „Die Weisheit sandte ihre Diener aus und lud mit lautem Heroldsruf zu einem Mischkrug Wein“ (Spr 9,3). (4) Die Philosophie wurde aber nicht vom Herrn gesandt, sondern kam, heißt es, entweder als ein gestohlenes oder von einem Dieb geschenktes Gut, mag es nun eine Macht oder mag es ein Engel1 gewesen sein, der von der Wahrheit etwas kennen gelernt hatte, aber nicht in ihr geblieben war, und nun diese Kenntnisse den Menschen einhauchte und das, was er selbst entwendet hatte, lehrte2. Dabei darf man nicht annehmen, dass der Herr dies nicht gewusst hätte, er, der doch das Ende alles Zukünftigen bereits vor der Erschaffung der Welt, bevor jedes einzelne wurde, erkannt hatte; vielmehr verhinderte er es nur nicht. (5) Denn damals gewährte das gestohlene Gut, das zu den Menschen kam, einen gewissen Nutzen, nicht dass der Dieb den Nutzen beabsichtigt hätte, sondern weil die Vorsehung seine dreiste Tat zu einem nützlichen Ergebnis führte. 87 (1) Es ist also auch in der Philosophie, die gestohlen wurde wie von einem Prometheus, ein kleiner Funke vorhanden, der geeignet ist, zum Licht zu werden, wenn er richtig angefacht wird, eine Spur von Weisheit und eine Bemühung um Gott. (2) Die griechischen Philosophen dürften aber insofern „Diebe und Räuber“ sein, als sie vor der Ankunft des Herrn von den hebräischen Propheten Teile der Wahrheit nicht mit vollem Verständnis übernahmen, sondern sich aneigneten, als wären sie ihre eigenen Lehren, wobei sie manches verfälschten, anderes infolge eines Übermaßes von Spitzfindigkeit unsinnig umdeuteten, einiges auch erfanden. Denn vielleicht haben sie auch „einen Geist des Verstandes“ (Ex 28,3)3 gehabt. (3) Mit jenem Schriftwort stimmte aber auch Aristoteles (Top. 4,5,126a) überein, wenn er die Sophistik, wie wir früher erwähnten, die Kunst nannte, Weisheit zu stehlen. 100 (5) Ferner besitzt der Dieb das wirklich, was er infolge seiner Entwendung in der Hand hat, mag es nun Gold oder Silber sein oder ein Wort oder ein Lehrsatz. Zum Teil ist also das, was sie gestohlen haben, wahr, aber sie wissen es nur aufgrund von Vermutungen und durch logische Schlussfolgerungen. Wenn sie sich aber haben belehren lassen, dann werden sie es erst in seiner ganzen Tiefe erfassen und verstehen.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

150 (1) Aristobulos4 schreibt in dem ersten Buch seines an Philometor gerichteten Werkes wörtlich: „Aber auch Platon ist unserem Gesetzwerk gefolgt und hat sich offenbar mit jeder einzelnen der in ihm enthaltenen Bestimmungen beschäftigt. (2) Die Geschichte des Auszugs der Hebräer, unserer Mitbürger, aus Ägypten und all die wunderbaren Ereignisse, die sie dabei erlebten, und die Eroberung des Landes und die hinzugefügte Erläuterung von der ganzen Gesetzgebung, all das ist schon vor Demetrios von anderen Männern übersetzt worden, und zwar schon vor der Herrschaft des Alexander und der Perser5. (3) Daher ist es ganz klar, dass der erwähnte Philosoph vieles daraus entnommen hat, da er ja sehr gelehrt war, ebenso wie auch Pythagoras6, der viele von unseren Lehren in sein eigenes Lehrgebäude aufgenommen hat“ (frg. 737,3). (4) Und der pythagoreische Philosoph Numenios schreibt geradezu: „Denn was ist Platon anderes als ein attisch sprechender Mose?“ (frg. 9)7. Dieser Mose war ein Theologe und ein Prophet oder, wie andere sagen, ein Erklärer der heiligen Gesetze. 2,1 (1) Da die Schrift die Griechen „Diebe“ an der barbarischen Philosophie genannt hat, dürfte es wohl unsere nächste Aufgabe sein, davon zu handeln, wie sich dies in Kürze beweisen lässt. Denn wir werden nicht nur zeigen, dass sie unsere Erzählungen von ungewöhnlichen Ereignissen in ihren Schriften nachahmen, vielmehr werden wir sie dazu dessen auch noch überführen, dass sie die wichtigsten Lehren ausplündern und verfälschen, da ja, wie wir nachwiesen (1,21), unsere Schriften älter sind. Und zwar tun sie dies bezüglich des Glaubens, der Weisheit, Erkenntnis, Wissenschaft, Hoffnung, Liebe, Reue, Enthaltsamkeit und Gottesfurcht. 6,4 (3) Wir haben nachgewiesen, dass die Faszination des griechischen Denkens ihren Glanz aus der Wahrheit empfangen hat, die uns die Schriften vermittelten. Indem wir es so auffassten, dass in diesem Sinn ihnen der Diebstahl der Wahrheit vorzuwerfen sei, haben wir dies, wenn der Ausdruck nicht zu stark ist, bewiesen; darum wollen wir als Zeugen des Diebstahls die Griechen gegen sich selbst anführen. (4) Denn wenn sie so offensichtlich einander ihr Eigentum wegnehmen, so bestätigen sie, dass sie Diebe sind, beweisen aber auch, ohne es zu wollen, dass sie sich unsere Wahrheit aneignen und heimlich zu ihren Stammesgenossen bringen. Denn wenn sie nicht einmal sich selbst gegenüber ehrlich sind, so werden sie schwerlich unser Eigentum unberührt lassen8. 15 (1) Damit wir aber unsere Abhandlung nicht allzu weit ausdehnen in dem Bestreben, die Neigung der Griechen zum Diebstahl nachzuweisen, was Form und Inhalt angeht, so wollen wir als einen offen redenden Zeugen für unsere Ansicht den Sophisten Hippias von Elis anführen, der hinsichtlich der uns beschäftigenden Frage zu dem gleichen Ergebnis mit uns kommt und sich ungefähr so äußert: (2) „Hiervon hat das eine vielleicht Orpheus gesagt, das andere Musaios, kurz der eine hier und der an-

IV. Die Plagiatsthese

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dere dort, anderes wieder Hesiod oder Homer; anderes steht bei den übrigen Dichtern, anderes in Prosaschriften, teils bei Griechen, teils bei Barbaren. Ich will aber aus alldem die wichtigsten gleichartigen Elemente zusammenstellen und so daraus diese neue und vielgestaltige Abhandlung machen“ (frg. 6). 27 (1) Übergehen will ich, dass Heraklit aus Ephesus das meiste von Orpheus genommen hat. (2) Platon aber hat auch die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele von Pythagoras übernommen, dieser sie aber von den Ägyptern. (3) Und viele Anhänger Platons haben Schriften verfasst, in denen sie beweisen, dass sowohl die Stoiker, wie schon anfangs gesagt, als auch Aristoteles die meisten und wichtigsten ihrer Lehren aus Platon genommen haben. (4) Aber auch Epikur hat seine Hauptlehren von Demokrit geraubt. (5) So viel nun davon. Denn mein Leben würde nicht ausreichen, wenn ich alles einzeln durchgehen und den selbstsüchtigen Diebstahl der Griechen nachweisen und zeigen wollte, dass sie als eigene Erfindung die besten ihrer Lehren ausgaben, während sie diese doch von uns genommen haben. 28 (1) Es lässt sich aber nachweisen, dass sie nicht nur die Lehren von den Barbaren entwendeten, sondern darüber hinaus mit den unglaubhaften Erzählungen der griechischen Mythologie die wunderbaren Taten nachahmen, die bei uns von alter Zeit her aufgrund der göttlichen Macht durch heilig lebende Männer zu unserer Bekehrung vollgebracht wurden … (4) Folgendes ist ein Beispiel. Als einmal eine lange andauernde Dürre Griechenland verheerte und die Früchte nicht reifen ließ, da kamen, wie erzählt wird, die Griechen, die noch am Leben waren, wegen der Hungersnot als Bittflehende nach Delphi und fragten die Pythia, wie sie aus der Not erlöst werden könnten. (5) Sie antwortete ihnen aber, es gebe nur ein Mittel der Hilfe gegen das Unglück, wenn sie nämlich das Gebet des Aiakos9 verwendeten. Aiakos ließ sich also von ihnen gewinnen, stieg auf den griechischen Berg hinauf, hob seine reinen Hände zum Himmel empor, rief Gott als gemeinsamen Vater an und flehte zu ihm, er möge sich des bedrängten Griechenlands erbarmen. (6) Während er noch betete, ertönte ein ungeheurer Donnerschlag, und der Himmel bedeckte sich ringsum mit Wolken, heftige und anhaltende Regengüsse strömten herab und erfüllten das ganze Land. Infolge dessen reifte eine ergiebige und reiche Ernte heran, die durch das Gebet des Aiakos bewirkt war. 29 (1) „Und Samuel“, so heißt es, „rief den Herrn an, und der Herr ließ Donner und Regen kommen zur Zeit der Ernte“ (1 Sam 12,18). (2) Siehst du, dass es ein einziger Gott ist, der durch die ihm untergeordneten Mächte „auf Gerechte und Ungerechte regnen lässt“? (Mt 5,45). (3) Unsere ganze Schrift ist aber voll von Berichten, wie Gott die Gebete der Gerechten erhört und jede einzelne Bitte erfüllt. 30 (4) Offenbar sind sie aufgrund unserer Schriften zu dem Glauben gekommen, dass die Gerechten Heilungen und Zeichen und Wunder vollbringen.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Nr. 274 Tertullian, apologeticum 47,1–4 (1) Älter als alles ist, wenn ich mich nicht täusche, die Wahrheit; auch dabei kommt mir das früher bewiesene hohe Alter der göttlichen Schrift zugute, dass man nun leicht glauben wird, sie sei für jede spätere Weisheit die Schatzkammer gewesen. Und wenn ich nicht den Umfang dieses Buches beschränken wollte, würde ich auch noch zu diesem Beweis ausholen. (2) Welchen Dichter gibt es, welchen Sophisten, der überhaupt nicht von dem Quell der Propheten getrunken hätte? Von dort also haben die Philosophen ihren dürstenden Geist benetzt, so dass erst das, was sie von uns haben, uns mit ihnen vergleichbar macht. Daher ist von einigen die Philosophie sogar durch Gesetze verbannt worden, nämlich von den Thebanern, von den Spartanern und den Argivern. (3) Wenn Menschen, die, wie gesagt, einzig nach Ruhm und rednerischem Glanz verlangen, bei ihren Übergriffen auf unseren Besitz in den heiligen Sammlungen dank ihrer Wissbegier auf etwas Wichtiges stießen, haben sie es in ihre eigenen Werke übertragen, wobei weder ihr Glaube an dessen göttlichen Charakter groß genug war, um sie von Verfälschungen abzuhalten, noch ihr Verständnis davon groß genug, denn es war damals noch verhüllt und selbst für die Juden, deren Eigentum es schien, mit Schleiern umgeben. (4) Denn auch wenn die Wahrheit schlicht und einfach war, so geriet die menschliche Spitzfindigkeit, die ihr den Glauben versagte, nur umso mehr ins Schwanken, wodurch sie selbst das unsicher machten, was sie Sicheres gefunden hatten. Nr. 275 Minucius Felix, Octavius 34,5 Du siehst, die Philosophen lehren dasselbe wie wir, nicht etwa weil wir ihren Spuren gefolgt wären, sondern weil jene aus den gotterfüllten Weissagungen der Propheten das Schattenbild einer – freilich entstellten – Wahrheit nachgeahmt haben. Nr. 276 Origenes, contra Celsum 1,21; 4,39; 6,7.16.19; 7,58–59 1,21 Er sagt: „Mose hat diese Lehre, die bei weisen Völkern und berühmten Männern verbreitet war, vom Hörensagen in Erfahrung gebracht und dadurch einen göttlichen Namen erworben.“ Darauf ist zu antworten: angenommen, Mose habe eine ältere Lehre gehört und diese den Hebräern überliefert. Falls er eine Lehre hörte, die falsch und weder weise noch ehrwürdig war, sie

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akzeptierte und den ihm Unterstellten überlieferte, dann ist er zu tadeln. Falls er aber, wie du sagst, weisen und wahren Lehren seine Zustimmung gab, mit ihrer Hilfe die Seinen unterwies, was hat er da Verwerfliches getan? 4,39 … Es ist nicht ganz klar, ob Platon zufällig auf diese Geschichte1 gestoßen ist oder, wie einige meinen, auf seiner Reise nach Ägypten2 mit Männern zusammengetroffen ist, die in ihrer Philosophie die Lehren der Juden vertraten, und von ihnen manches gelernt und teils bewahrt, teils umgearbeitet hat, da er sich hütete, bei den Griechen Anstoß zu erregen, wenn er die Lehren der Weisheit der Juden generell bewahrte, die ja bei der großen Menge wegen ihrer fremdartigen Gesetze und ihres eigentümlichen Lebenswandels verrufen waren. … 6,7 Auch bei Mose und den Propheten, die nicht nur vor Platon, sondern sogar vor Homer und der Erfindung des Alphabets bei den Griechen gelebt haben, könnte man viele Stellen finden, würdig der Gnade Gottes, die ihnen zuteil geworden ist, und voll von erhabenen Gedanken. Diese Männer haben solche Dinge nicht gesagt, wie Celsus meint, „weil sie Platon missverstanden haben.“3 Wie wäre es ihnen denn möglich gewesen, den zu hören, der noch gar nicht geboren war? Wollte man aber das Wort des Celsus auf die Apostel Jesu anwenden, die jünger sind als Platon, sieh, ob die Behauptung nicht von selbst unwahrscheinlich ist, Paulus, der Zeltmacher, und Petrus, der Fischer, und Johannes, der die Netze seines Vaters zurückließ, hätten eine solche Lehre von Gott überliefert, weil sie die Aussagen Platons in seinen Briefen missverstanden hätten. … 16 Doch behauptet er: „Der Ausspruch Jesu gegen die Reichen: ‚Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelangt‘ (Mk 10,25) ist geradezu aus Platon entnommen, indem Jesus die platonische Maxime ‚Unmöglich ist es, dass ein außergewöhnlich guter Mensch zugleich auch außergewöhnlich reich ist‘ (leg. 743a), verfälscht hat.“ Welcher Mensch, der auch nur ein wenig Sachverstand hat, nicht nur unter denen, die an Jesus glauben, sondern auch unter den übrigen Menschen, wird nicht über Celsus lachen, wenn er ihn behaupten hört, Jesus, der bei Juden geboren, erzogen und für den Sohn des Zimmermanns Josef gehalten wurde, der nicht nur nicht die Wissenschaften der Griechen, sondern nicht einmal die der Hebräer erlernt hatte, was ja auch die wahrheitsliebenden Schriften seiner Jünger bezeugen, habe Platon gelesen und dessen Ausspruch über die Reichen gebilligt, in dem es heißt „Unmöglich ist es, dass ein außergewöhnlich guter Mensch zugleich auch außergewöhnlich reich ist“, diesen verfälscht und daraus das Wort gemacht habe: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelangt.“ … 19 Im Anschluss hieran sagt Celsus: „Weil einige Christen die platonischen Formulierungen missverstanden haben, machen sie von dem überhimm-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

lischen Gott ein großes Wesen und erheben sich noch über den Himmel der Juden.“ Er präzisiert hierbei allerdings nicht, ob sie sich auch über den Gott der Juden erheben oder nur über den Himmel, bei dem diese schwören. Es ist jetzt nicht unser Thema, von denen zu reden, die einen anderen Gott als den auch von den Juden angebeteten verkünden; vielmehr wollen wir uns selber verteidigen und zeigen, dass die Propheten der Juden, die auch wir anerkennen, nichts von Platon entnommen haben können. Sie waren ja älter als er. Wir haben also von Platon nicht die Aussage entnommen: „Auf den König des Universums beziehen sich alle Dinge, und seinetwegen existiert alles“ (Plat., ep. 2,312e); wir haben vielmehr von den Propheten gelernt, was besser als jene Worte lautet, da Jesus und seine Jünger die Absicht des Geistes erklärt haben, der durch die Propheten sprach und der kein anderer war als der Geist Christi. Der Philosoph ist auch nicht der erste, der von einem überhimmlischen Ort spricht. Vielmehr hat David lange zuvor auf die Tiefe und Fülle der Gedanken über Gott hingewiesen, die diejenigen besitzen, die sich über die sichtbaren Dinge erhoben haben, wenn er im Buch der Psalmen sagt: „Preist Gott, ihr Himmel der Himmel und ihr Wasser über den Himmeln; sie sollen preisen den Namen des Herrn“ (Ps 148,4 f.). Ich zweifle nicht, dass Platon die Worte aus dem Phaedrus von einigen Hebräern erfahren hat oder, wie es einige berichtet haben, ferner auch die Reden der Propheten gelesen und dann die Sätze abgefasst hat, in denen er sagt: „Den überhimmlischen Ort hat noch kein Dichter auf Erden besungen noch wird ihn jemals einer so besingen, wie er es verdient“ (Phdr. 247c), usw. … 7,58 Danach wollen wir auch seine (d. h. Celsus) folgenden Worte betrachten, die so lauten: „Sie haben auch als Gebot, dass man sich gegen einen Gewalttätigen nicht verteidigen solle. Wenn dieser dich auf die eine Wange schlägt, heißt es, dann halte auch die andere hin. Auch diese Maxime ist alt und sehr treffend schon früher ausgesprochen worden. Sie haben diese in gröberer Form wiedergegeben. Denn bei Platon ist Sokrates im Dialog mit Kriton (49b-c) folgendermaßen dargestellt: ‚Unter keinen Umständen darf man also Unrecht tun? – Ganz und gar nicht. – Also darf man auch nicht Unrecht mit Unrecht vergelten, wie die große Menge meint, da man unter keinen Umständen Unrecht tun darf? – Offensichtlich nicht. – Wie aber nun? Darf man Böses tun, mein Kriton, oder nicht? – Man darf es wohl nicht, Sokrates. – Wie aber? Das Böse, das man erleidet, mit Bösem zu vergelten, ist das gerecht, wie die große Menge sagt, oder nicht gerecht? – Keineswegs! Denn den Menschen Böses zu tun, unterscheidet sich wohl nicht vom Unrechttun. – Du sagst die Wahrheit. Also darf man einem Menschen weder mit Unrecht erwidern noch Böses tun, selbst wenn man noch so viel Böses von ihm zu erleiden hat.“ … 59 Hierauf und zu allen Stellen, die Celsus zitiert hat und, weil er ihrer

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Wahrheit nicht ins Auge schauen kann, von denen er behauptet, dass sie auch bei den Griechen ausgesprochen werden, ist folgendes zu entgegnen. Wenn die Lehre nützlich und ihr Sinn vernünftig ist, und wenn sie sich bei den Griechen durch Platon oder einen der griechischen Weisen ausgesprochen findet, bei den Juden durch Mose oder einen der Propheten, bei den Christen in den aufgezeichneten Worten Jesu oder in Äußerungen bei einem seiner Apostel, so darf man das, was bei den Juden oder bei den Christen gelehrt wird, nicht deshalb kritisieren, weil es auch bei den Griechen gesagt worden ist, insbesondere wenn sich nachweisen lässt, dass die Schriften der Juden älter sind als die der Griechen. Nr. 277 Pseudo-Justin (Markell von Ankyra?), ad Graecos de vera religione 14,2; 21,4–22,2; 29,1–2 14 (2) Vieles nämlich haben auch sie1, selbst gegen ihren Willen, von der göttlichen, über den Menschen waltenden Vorsehung genötigt, zu unseren Gunsten gesagt, und zwar vor allem diejenigen, die in Ägypten gewesen sind und aus der Religion des Mose und seiner Vorfahren Nutzen gezogen haben. Denn es ist einigen von euch, wie ich meine, nicht entgangen – ihr habt ja sicherlich das Geschichtswerk des Diodor und der übrigen Historiker, die darüber berichten, gelesen –, dass Orpheus, Homer, Solon, der den Athenern die Gesetze geschrieben hat, Pythagoras, Platon und einige andere in Ägypten gewesen sind2, aus dem Geschichtswerk des Mose Nutzen gezogen und später das Gegenteil von dem erklärt haben, was ihnen früher – unzutreffend – bezüglich der Götter richtig erschien3. 21 (4) Da Gott also wusste, dass die unwahre Meinung des Polytheismus wie eine Krankheit der Seele der Menschen zusetzte, und er sie vollständig beseitigen wollte, erschien er zuerst dem Mose und sagte zu ihm: „Ich bin der Seiende“ (Ex 3,14 LXX). Denn der künftige Herrscher und Führer des Volkes der Hebräer musste nach meiner Meinung als erster von allen den seienden Gott erkennen. Deswegen erschien er auch diesem als erstem, soweit es möglich war, dass Gott einem Menschen erschien, und sprach zu ihm: „Ich bin der Seiende.“ Danach, als er Mose zu den Hebräern aussenden wollte, trug er ihm auf, auch jenen dasselbe zu sagen: „Der Seiende hat mich zu euch gesandt.“ 22 (1) Dies also erfuhr Platon in Ägypten, und er war ganz begeistert von den Aussagen über den einen Gott. Aus Angst vor dem Areopag4 hielt er es jedoch nicht für ungefährlich, vor den Athenern den Namen des Mose wegen der Lehre von dem einen und einzigen Gott zu erwähnen. Indem er also dessen zutreffende Aussage nicht so, als hätte er sie von jenem gelernt, sondern als seine eigene Ansicht darlegte, hat er in seinem sorgfältig ausge-

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arbeiteten Dialog Timaios, in dem er sich auch an die Theologie wagt, dasselbe wie Mose über Gott geschrieben. (2) Er sagt nämlich: „ Man muss also nach meiner Ansicht zuerst unterscheiden, was das Immer-Seiende ist, das kein Werden kennt, und was das Werdende, niemals aber Seiende ist“ (Tim. 27d). Scheint dies, ihr Griechen, den Verständigen nicht ein und dasselbe zu sein und sich nur durch den Artikel zu unterscheiden? Denn Mose sagte „der Seiende“, Platon aber „das Seiende.“ Beide Aussagen kommen offenbar dem immer-seienden Gott zu. Denn er allein ist der Immer-Seiende, der kein Werden kennt. 29 (1) Wenn Platon nach Gott und der Materie die Idee als drittes Prinzip bezeichnet, so ist er ebenfalls offenkundig von niemand anderem als von Mose beeinflusst: Den Begriff „Idee“ hat er von Moses Worten gelernt; doch wurde er damals von den Wissenden nicht unterrichtet, dass keine Aussage des Mose ohne Betrachtung des geheimnisvollen Sinnes klar begriffen werden kann. Mose hat nämlich geschrieben, dass Gott über das Zelt so zu ihm gesprochen habe: „Und du wirst es mir gemäß allem, was ich dir auf dem Berge zeige, machen, gemäß der Vorlage für das Zelt“ (Ex 25,9 LXX). Und wiederum wenig später so: „Siehe, du wirst es gemäß dem dir auf dem Berg gezeigten Muster machen“ (Ex 25,40 LXX). Und wiederum: „Und du wirst das Zelt gemäß der dir auf dem Berg gezeigten Idee aufrichten“ (Ex 26,30 LXX), so wirst du es tun. (2) Da Platon diese Stellen gelesen und die geschriebenen Worte nicht unter angemessener Betrachtung des tieferen Sinnes aufgenommen hatte, meinte er, es würde irgendeine getrennte Idee vor dem SinnlichWahrnehmbaren präexistieren; diese nennt er oft auch „Vorlage“ der gewordenen Dinge, da Moses Schrift ja so über das Zelt berichtet: „und gemäß der Vorlage für alle seine Geräte – und so wirst du es machen“ (Ex 25,9 LXX).

Nr. 278 Augustinus, de doctrina christiana 2,28,43 Was den Nutzen der Geschichte angeht, so hat, um, von den Griechen zu schweigen unser Ambrosius1 eine bedeutsame geschichtliche Frage für die verleumderischen Leser und Freunde des Platon gelöst. Die Leute wagten die Behauptung aufzustellen, alle Aussprüche unseres Herrn Jesus Christus, denen auch sie ihre volle Bewunderung nicht versagen können, habe Christus aus den Büchern Platons gelernt, da dieser Philosoph unbestreitbar, schon lange vor der menschlichen Ankunft des Herrn gelebt habe. Hat sich da nicht der erwähnte Bischof Einblick in die Geschichte der Völker verschafft und, da er entdeckte, Platon sei zu den Zeiten des Propheten Jeremias nach Ägypten, dem damaligen Aufenthaltsort des Propheten, gereist, es als wahr-

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scheinlicher erwiesen, dass sich Platon unsere Schriften eher durch Jeremias angeeignet hat, so dass er das lehren oder schreiben konnte, was man mit Recht an ihm rühmt?2 Denn nicht einmal Pythagoras, von dessen Nachfolgern doch nach ihrer eigenen Behauptung Platon erst seine Theologie lernte, lebte vor der Abfassung der Schriften des hebräischen Volkes, in dem die Verehrung des einen Gottes leuchtete und aus dem der Herr seinem Fleisch nach hervorging. Betrachtet man doch so die Chronologie, dann wird doch die Ansicht, die Heiden hätten das, was sie Gutes und Wahres zu sagen hatten, unseren Schriften entnommen, viel wahrscheinlicher als der höchst unsinnige Glaube von einer Abhängigkeit unseres Herrn Jesus Christus von Platon.

Nr. 279 Augustinus, epistula 31,8 … Ich glaube, deine Heiligkeit1 besitzt die Bücher des seligsten Bischofs Ambrosius; mich verlangt sehr nach ihnen, die er überaus sorgfältig und ausführlich gegen einige völlig kenntnislose und anmaßende Leute verfasst hat, die behaupten, der Herr habe von den Büchern Platons profitiert.

Nr. 280 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 2,50.70.114–115 50 Wenn also, nach Porphyrius, Mose mehr als tausend Jahre älter ist als all diese, die die ältesten unter den Dichtern waren1 – Homer und Hesiod lebten nämlich nach diesen und waren ihrerseits viele Jahre älter als Thales und die anderen Philosophen, wie es die Schule des Thales im Verhältnis zu den späteren Philosophen war – warum soll man dann nicht all diese beiseite lassen, um zu Mose überzugehen, diesem Ozean der Theologie, „dem“, um mit dem Dichter zu sprechen, „alle Flüsse und das ganze Meer entströmen“ (Hom., Il. 21,196). 70 Ich will nun zeigen, dass Platon und seine Nachfolger einige Elemente aus der Theologie dieser göttlichen Männer entwendet haben, um sie ihren eigenen Werken einzufügen. 114 … Was Platon und seinesgleichen angeht, so wird man mit Verwunderung entdecken, wie viel sie aus den göttlichen Aussprüchen gestohlen haben. Was sie aber alles an Lügen darunter gemischt haben, muss man abstreifen, wie Unrat fort tun und aus dem Bereich der Seele ausschließen. Und wenn man die Ausbeute des Diebstahls betrachtet, wird man dem Pythagoreer Numenios (frg. 9) zustimmen, wenn er sagt: „Was ist Platon anderes als

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ein attisch sprechender Mose?“2 115 Durch diese Worte hat Numenios deutlich gezeigt, dass Platon alles, was er Frommes sagte, aus der Theologie des Mose entwendet hat.

2) Die These dämonischer Imitationen Offenkundige Analogien zwischen biblischen Erzählungen und heidnischen Mythen suchten Apologeten dadurch zu erklären, dass sie die antike Mythologie (Nr. 281–282), aber auch die Mysterienkulte (Nr. 284) als Plagiate qualifizierten, mittels derer die Dämonen die christlichen Glaubensinhalte a priori diskreditieren wollten. Auch die Geschichte Christi sollte als Mythos gelten und die Offenbarungslehre den Schilderungen der Dichter gleichen.

Nr. 281 Justin, 1 apologia 54–55,1 54 (1) Diejenigen, die der Jugend die von den Dichtern ersonnenen Mythen vermitteln, bringen keinerlei Beweis vor, während wir nachweisen können, dass sie zur Täuschung und Verführung der Menschheit auf Antrieb der bösen Dämonen verfasst worden sind. (2) Als sie nämlich von den Propheten die Ankündigung hörten, dass Christus kommen solle und die Gottlosen unter den Menschen durch Feuer bestraft würden, ließen sie dagegen in den Erzählungen dem Zeus eine große Zahl von Söhnen zuschreiben, in der Meinung, sie könnten bewirken, dass die Menschen die Geschichte von Christus für ein Wundermärchen hielten, ähnlich den Erzählungen der Dichter. (3) Und diese Erzählungen wurden verbreitet bei den Griechen und bei allen Heidenvölkern, insbesondere dort, wo die Dämonen wussten, dass man dank der Vorhersage der Propheten an Christus glauben würde. (4) Wir werden zeigen, dass sie die Aussagen der Propheten zwar hörten, aber nicht genau verstanden, vielmehr wie Irrende die Geschichte unseres Christus nachahmten. (5) Der Prophet Mose war, wie schon gesagt, älter als alle Schriftsteller, und durch ihn war, wie schon weiter oben erwähnt, folgendes prophezeit worden: „Nicht wird fehlen ein Herrscher aus Juda und ein Führer aus seiner Nachkommenschaft, bis der kommt, dem es vorbehalten ist. Und dieser wird sein die Erwartung der Völker; er bindet an einen Weinstock sein Füllen und wäscht sein Gewand im Blut der Traube“(Gen 49,10 f.). (6) Als nun die Dämonen von diesen prophetischen Worten Kunde erhalten hatten, erzählten sie, dass Dionysos als Sohn des Zeus geboren sei, und überlieferten, er habe den Weinstock erfunden, gaben dem Wein einen Platz in seinen Mysterien und

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lehrten, er sei zerrissen worden und dann in den Himmel eingegangen. (7) Und da die Prophetie des Mose nicht klar ankündigte, ob der Kommende der Sohn Gottes sei, ob er auf einem Füllen reitend auf Erden bleiben oder in den Himmel aufsteigen werde, und da das Wort Füllen ebenso gut ein Eselsfüllen wie das eines Pferdes bezeichnen konnte, sie also nicht wussten, ob der Vorausgesagte ein Eselsfüllen oder das eines Pferdes als Zeichen seines Erscheinens mit sich führen werde und ob er, wie oben gesagt (1apol. 21), Sohn eines Gottes oder eines Menschen sei, so erzählten sie, auch Bellerophontes, der als Mensch von Menschen stammte, sei zum Himmel aufgestiegen und zwar auf dem Ross Pegasus. (8) Als sie aber das Wort des anderen Propheten, des Jesaja, hörten, dass er aus einer Jungfrau geboren (Jes 7,14) und aus eigener Kraft in den Himmel aufsteigen werde, brachten sie die Erzählung von Perseus auf. (9) Als sie dann erfuhren, es sei, wie es in den weiter oben (1 apol. 40,4) angeführten Prophetien heißt, von ihm gesagt: „Stark wie ein Riese, um seinen Weg zu durchlaufen“ (Ps 19,6), erzählten sie von dem starken Herakles, der die ganze Welt durchwandert habe. (10) Als sie wiederum erfuhren, es sei prophezeit worden, er werde jede Krankheit heilen und Tote erwecken (Jes 35,5 f.), da tischten sie den Asklepios auf. 55 (1) Aber nirgends und bei keinem der angeblichen Zeussöhne bildeten sie die Kreuzigung nach. Denn sie kam ihnen nicht in den Sinn, weil, wie schon zuvor gezeigt wurde (1 apol. 35), alles hierüber Gesagte in symbolischer Weise ausgedrückt war.

Nr. 282 Tertullian, apologeticum 47,11–13 (11) Alle Mittel gegen die Wahrheit sind auf der Wahrheit selbst aufgebaut, und diese Rivalität bewirken die Geister des Irrtums. Von ihnen sind solche Verfälschungen der Heilslehre aufgebracht worden, von ihnen sind auch manche Mythen eingegeben, die durch ihre Ähnlichkeit den Glauben an die Wahrheit erschüttern oder diesen vielmehr sich selber verschaffen sollten, so dass man deshalb den Christen nicht glauben zu müssen meint, weil auch den Dichtern und Philosophen nicht, oder dass man deshalb eher den Dichtern und Philosophen glauben zu müssen meint, weil nicht den Christen. (12) Daher lacht man uns aus, wenn wir verkünden, Gott werde Gericht halten. Ebenso nämlich behaupten Dichter und Philosophen ein Gericht im Totenreich. Und wenn wir mit der Hölle drohen, das heißt mit einem Speicher geheimnisvollen Feuers zur Bestrafung in der Unterwelt, macht man sich ebenfalls über uns lustig. Ebenso nämlich gibt es bei den Toten den Strom Pyriphlegethon. (13) Und wenn wir vom Paradies sprechen, einem Ort göttlicher Anmut, der zur Aufnahme der Seelen der Heiligen bestimmt und durch

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eine Art Einfriedung – jene Feuerzone – von der Kenntnis der allgemeinen Welt abgesondert ist, so haben schon die Elysischen Gefilde den Glauben mit Beschlag belegt. (14) Ich bitte euch, woher haben Philosophen oder Dichter solch ähnliche Vorstellungen? Von nirgendwo sonst als von unseren heiligen Lehren. Wenn von unseren heiligen Lehren, dann ist das Unsere wegen seiner Priorität also zuverlässiger und glaubwürdiger, da auch noch seine Abbilder Glauben finden. Wenn aus ihrem eigenen Denken, dann müssten also unsere heiligen Lehren als Abbilder des Späteren gelten, was die Weltordnung nicht zulässt; denn niemals geht dem Körper der Schatten oder der Wahrheit das Abbild voraus1. Nr. 283 Origenes, contra Celsum 3,32 Danach spricht Celsus auch über „den Klazomenier“1 und fügte folgende Geschichte über ihn hinzu: „Erzählt man nicht, dass seine Seele häufig den Leib verließ und ohne Leib umherwandelte? Aber auch diesen hielten die Menschen nicht für einen Gott.“ Darauf wollen wir antworten: Vielleicht haben es einige böse Dämonen arrangiert, dass solche Dinge aufgezeichnet wurden, damit die Prophezeiungen über Jesus und seine eigenen Äußerungen entweder als Erfindungen gleich jenen Geschichten angegriffen werden oder, da sie nicht mehr als die anderen enthalten, keinerlei Bewunderung finden. Nr. 284 Firmicus Maternus, de errore profanarum religionum 19,1–3, 21,1; 22,1–23,1; 24,1–2 19 (1) … „Sieh Bräutigam! Sei gegrüßt, Bräutigam! Sei gegrüßt, neues Licht!“1 Was stürzst du den elenden Menschen so in den Abgrund, unheilvolle Verführung? Was versprichst du ihm Glanz einer falschen Hoffnung?2 Kein Licht gibt es bei dir noch einen, der Bräutigam genannt zu werden verdient. Nur ein Licht gibt es, nur einen Bräutigam: die Ehre dieser Namen hat Christus empfangen. Du wirst nicht den Ruhm fremden Glückes auf dich übertragen können, du wirst dich nicht mit dem Glanz des himmlischen Lichtes schmücken können. In Finsternis und Grauen bist du geworfen. Dort ist Schmutz, Grauen, Dunkel, Finsternis, und es herrscht der Schrecken beständiger Nacht3. (2) Wenn du willst, dass wenigstens ein schwacher Schimmer des Lichtes dir leuchte, so erhebe dein Antlitz und öffne die niedergeschlagenen Augen, verlasse dieses Dunkel und begib dich zu dem, der gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12). In seinen heiligen Geboten steht es,

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dass in diesem irdischen Lebenswandel unser Werk alle Tage leuchten soll. Leuchten kann es aber nicht, wenn uns nicht der Schmuck eines reinen Gewissens beschützt, wenn uns nicht ein integres und unverdorbenes Leben empfiehlt4. Dann wird uns des wahren Lichtes Gnade aufgehen, dann geht des Lichtes Schöpfer in uns ein, dann können wir das wahre Licht empfangen und schauen. (3) Aber damit die Ruchlosigkeit der gottlosen Stimme erstickt werde, will ich aus den Aussprüchen der heiligen Schriften erweisen, wer in Wahrheit der Bräutigam ist, um zu beweisen, dass Christus der Bräutigam und die Kirche die Braut ist, von der dem verehrungswürdigen Vater alle Tage geistige Söhne geboren werden. 21 (1) Alle Symbole der heidnischen Religion sollen der Reihe nach herbeigebracht werden, um zu beweisen, dass der nichtswürdigste Feind der Menschheit diese von den heiligen und verehrungswürdigen Weissagungen der Propheten auf seine wahnsinnigen und schuldbesudelten Freveltaten übertragen hat. 22 (1) Noch ein weiteres Symbol bringen wir vor, damit die Verbrechen einer unlauteren Gesinnung enthüllt werden5. Der ganze Hergang dabei ist darzustellen, damit allen bekannt werde, dass das Gesetz der göttlichen Anordnung durch pervertierte Nachahmung des Teufels entstellt worden ist. In einer bestimmten Nacht wird das Götterbild rücklings auf eine Bahre gelegt und mit abwechselnden Wehklagen in Rhythmen betrauert. Hierauf, wenn sie sich an den fingierten Klagen gesättigt haben, wird Licht hereingebracht. Dann wird von dem Priester allen, die weinten, der Hals gesalbt, und nach dieser Salbung, flüstert der Priester mit langsamem Murmeln folgendes: „Fasst Mut, ihr Mysten, da der Gott gerettet ist; denn es wird euch aus Mühen Rettung zuteil.“ (2) Was mahnst du die Elenden, sich zu freuen? Was drängst du die getäuschten Menschen froh zu sein? Welche Hoffnung, welches Heil versprichst du ihnen mit verhängnisvoller Verführung? Was erregst du sie mit falscher Verheißung? Der Tod deines Gottes ist bekannt, sein Leben tritt nicht in Erscheinung, niemals hat eine göttliche Weissagung seine Auferstehung verkündigt, noch hat er sich den Menschen nach dem Tode gezeigt, damit ihm geglaubt werde. Keine Beweise dieser Tat hat er vorausgeschickt, noch hat er durch vorangehende Belege gezeigt, dass er dies tun werde6. (3) Ein Götzenbild bestattest du, ein Götzenbild beklagst du, ein Götzenbild trägst du aus dem Grab, und du Elender freust du dich noch, wenn du das getan hast. Du erlöst deinen Gott, du setzt die daliegenden steinernen Glieder zusammen, du setzt den empfindungslosen Stein zurecht7. Dir möge dein Gott danken, dich möge er mit gleichen Gaben belohnen, dich möge er seiner teilhaftig werden lassen! Mögest du sterben, wie er stirbt, so leben, wie er lebt! (4) Denn wenn der Hals mit Balsam gesalbt wird, wer wird nicht die Sinnlosigkeit dieses Tuns durchschauen und es verachten? Es hat also der

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Teufel seine Gesalbten („Christen“), und weil er selber der Antichrist ist, so verführt er durch ein verbrecherisches Bündnis armselige Menschen zu der Schande seines Namens. Diese Salbe bewahre für Tote auf, für Sterbende, um diejenigen, die du mit deinen Schlingen gefangen hast, mit der giftigen Salbe bestrichen für immer in ein trauriges und verhängnisvolles Verderben zu stürzen! 23 (1) Eine andere Salbe ist es, die Gott Vater seinem einzigen Sohn übergeben hat, die der Sohn mit der göttlichen Majestät seiner Macht den Gläubigen verleiht. Christi Salbe wird mit unsterblicher Zusammensetzung bereitet und mit den Wohlgerüchen geistiger Bestandteile gemischt. Diese Salbe zieht die verwesenden Glieder der Menschen aus den sterblichen Schlingen heraus, damit, wenn der erste Mensch begraben ist, aus demselben Menschen sogleich ein anderer Mensch umso glücklicher wiedergeboren werde. Und damit dies deutlicher erklärt werde, sind die Geheimnisse der heiligen Schriften zu eröffnen. 24 (1) Aber was dieser Priester mit unreinem Mund sowie unlauteren und entstellenden Worten vorbringt, will ich in sorgfältiger Untersuchung erörtern. Da sein Gott erlöst sei, überredet er die Teilnehmer, guten Mut zu haben, Vertrauen und gute Hoffnung zu hegen. In welch elende, welch traurige Schlingen verstrickt sich hinfällige Schlauheit! Wer erlöst deinen Gott? Wem hat es genutzt, dass er leidet? Lerne, lerne, was du nicht weißt, lerne, was du nicht siehst: (2) Christus, der Sohn Gottes, hat, um die Menschheit von den Schlingen des Todes zu befreien, in Wahrheit dies alles erduldet, um das Joch der harten Knechtschaft aufzuheben, um den Menschen dem Vater zurückzugeben, um nach Besänftigung der Beleidigung den Menschen mit Gott in glücklicher Versöhnung zu vereinen, um die Frucht der verheißenen Auferstehung durch sein eigenes Beispiel zu zeigen.

V. Die Schwächen des Altersbeweises und der Plagiatstheorie Nur selten wurden das Prioritätsargument und die Abhängigkeitsthese von den Apologeten kritisch reflektiert. Augustin erkannte, dass der Plagiatsvorwurf auf einer anachronistischen Vorstellung von der Existenz einer griechischen Bibelübersetzung beruhte (Nr. 286). Indem die apologetische Argumentation auf die gegnerische Denkvoraussetzung einging, das Ältere sei stets das Bessere, drohten der Neuheitscharakter des Christentums und die heilsgeschichtliche Zäsur der Inkarnation Christi nivelliert zu werden.

V. Die Schwächen des Altersbeweises und der Plagiatstheorie

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Nr. 285 Augustinus, retractationes 2,4,2 Und wenn ich gesagt habe: „Der heilige Ambrosius hat eine geschichtliche Frage gelöst“1, womit gemeint war, dass Platon und Jeremias Zeitgenossen gewesen seien, so hat mich da mein Gedächtnis getäuscht, denn, was jener Bischof in Wirklichkeit darüber gesagt hat, liest man in seinem Buch „Über die Sakramente oder über die Philosophie“.

Nr. 286 Augustinus, de civitate Dei 8,11 So manche, die mit uns in der Gnade Christ verbunden sind, wundern sich, wenn sie hören oder lesen, dass Platon Anschauungen über Gott vertreten hat, die in ihren Augen vielfache Übereinstimmung mit der Wahrheit unserer Religion aufweisen. Deshalb hat man wohl geglaubt, Platon habe auf seiner Reise nach Ägypten den Propheten Jeremias gehört oder bei dieser Gelegenheit die prophetischen Schriften gelesen; auch ich habe diese Ansicht in einigen meiner Werke vertreten1. Wenn man jedoch die Zeitverhältnisse anhand der Geschichtschronik genau nachgerechnet, zeigt sich, dass Platon erst ungefähr hundert Jahre nach dem Propheten Jeremias geboren wurde, und da Platon ein Alter von einundachtzig Jahren erreichte, so liegen ungefähr sechzig Jahre zwischen seinem Todesjahr und der Zeit, da König Ptolemäus von Ägypten die prophetischen Schriften des Hebräervolkes aus Judäa kommen und durch siebzig Juden, die auch der griechischen Sprache mächtig waren, übersetzen und sich verschaffen ließ2. Demnach konnte Platon auf jener Reise in Ägypten weder Jeremias sehen, der schon lange vorher gestorben war, noch diese Schriften lesen, die noch nicht ins Griechische übertragen waren, dass er hätte sie verstehen können; es sei denn, dass er bei seinem außerordentlichen Wissensdrang wie die ägyptische so auch die hebräische Literatur durch einen Übersetzer kennen lernte. Aber nicht in schriftlicher Übertragung – was allein dem Ptolemäus aus Furcht vor seiner königlichen Gewalt als ein besonderes Entgegenkommen gewährt worden sein soll –, sondern in mündlicher Form hat Platon den Inhalt, soweit er ihn verstehen konnte, sich angeeignet.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

VI. Die Verteidigung der Neuheit des Christentums 1) Fortschritt und Wahrheit contra Tradition Die Apologeten begegneten dem Vorwurf des Traditionsbruchs, indem sie Fortschritt und Entwicklung als allgemeines Grundgesetz der Natur und Menschheitsgeschichte nachwiesen. Auch im religiösen Bereich sei daher Wandel und Veränderung zum Besseren legitim (Nr. 289, 291). Darüber hinaus wurde vielfach die Antithese von Wahrheit und Tradition ausgespielt (Nr. 287, 289). Mit der Forderung, sich von der Konvention bzw. vom Irrtum abzuwenden und der Wahrheit zuzuwenden, folgten die Apologeten einem verbreiteten Motive antiker Protreptik (Nr. 288, 290).

Nr. 287 Justin, 1 apologia 2,1 Dass diejenigen, die wahrhaft fromme Menschen und Philosophen sind, nur die Wahrheit ehren und lieben und es ablehnen, den Meinungen der Alten zu folgen, wenn diese falsch sind, gebietet die Vernunft.

Nr. 288 Pseudo-Justin (Markell von Ankyra?), ad Graecos de vera religione 35,2 35 (2) Ihr werdet euch nämlich euren Vorfahren gegenüber in keiner Weise verfehlen, wenn ihr jetzt den ihrer Verirrung entgegengesetzten Weg einschlagen wollt. Sie werden jetzt wahrscheinlich im Hades ihren zu späten Sinneswandel beklagen. Wäre es ihnen möglich, euch von dort aus zu zeigen, was ihnen nach dem Ende dieses Lebens zugestoßen ist, so würdet ihr erkennen, von welchem Unheil sie euch befreien möchten. Da es euch im gegenwärtigen Augenblick aber unmöglich ist, von ihnen oder etwa von denjenigen zu erfahren, die hier beanspruchen, diese fälschlich sogenannte Philosophie zu betreiben, wird es also für euch die Konsequenz geben, die Verirrung eurer Vorfahren jetzt abzustoßen und die Prophetien der gottgeweihten Männer zu lesen – ohne dabei von ihnen eine hervorragende Ausdrucksweise zu verlangen, denn nicht in Worten, sondern in Taten besteht das Wesen unserer Religion –, und das von ihnen zu lernen, was euch das ewige Leben vermitteln wird.

VI. Die Verteidigung der Neuheit des Christentums

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Nr. 289 Arnobius, adversus nationes 2,66–67; 71 66 Denn was ihr uns gewöhnlich vorwerft, nämlich dass unsere Religion neu und beinahe vor wenigen Tagen erst entstanden sei, und dass wir die alte von den Vätern ererbte Religion nicht hätten verlassen und uns nicht zu barbarischen und fremden Kulten hätten verführen lassen dürfen, das wird ohne jede vernünftige Begründung vorgebracht. Was wäre denn, wenn wir ebenso jenen früheren und uralten Zeitaltern vorwerfen wollten, dass sie nach der Entdeckung der Früchte die Eicheln verschmähten und nicht mehr wilde Beeren haben wollten; dass sie aufhörten, sich mit Baumrinden zu bedecken und sich in Felle zu hüllen, nachdem die gewebte Kleidung erfunden worden war, die nützlicher und bequemer ist; oder dass sie, nachdem Häuser gebaut und komfortablere Wohnungen errichtet wurden, ihre kleinen Hütten nicht mehr liebten und es keineswegs vorzogen, sich wie die wilden Tiere unter Felsen und in Höhlen aufzuhalten? Allen Menschen ist gemeinsam und schon in die Wiege gelegt, die guten Dinge den schlechten vorzuziehen, das Nützliche über das Nutzlose zu stellen und das, was nach allgemeiner Auffassung wertvoller und angenehmer ist, zu erstreben und zu suchen, und darauf auch die Hoffnung auf Wohlergehen und heilbringende Vorteile zu setzen. 67 Wenn ihr uns daher die Abwendung von der Religion der Vorfahren vorwerft, so ist es angemessen, dass ihr die Ursache untersucht, nicht bloß die Tatsache, und dass ihr uns nicht das vorhaltet, was wir aufgegeben haben, sondern vor allem die Sache betrachtet, der wir uns dann angeschlossen haben. 71 Aber was wir tun, ist neu, was ihr jedoch tut, ist alt und hat ein überaus hohes Alter erreicht; aber was hilft euch das oder weshalb schwächt das unsere Sache und unsere Argumentation? Neu ist die Sache, für die wir eintreten, und einmal wird auch sie alt werden. Alt ist die Sache, die ihr betreibt, aber zu der Zeit, da sie begonnen hat, war sie neu und jung. Das Ansehen der Religion darf aber nicht nach der Zeit, sondern allein nach der Gottheit bewertet werden, und es sollte nicht darauf geschaut werden, an welchem Tag man angefangen hat, etwas zu verehren, sondern darauf, was man verehrt.

Nr. 290 Laktanz, divinae institutiones 2,6,7–11; 7,1–6 6 (7) Dies sind die Religionen, die sie, von den Vorfahren ihnen überliefert, hartnäckig zu schützen und zu verteidigen fortfahren, ohne zu überlegen, von welcher Art sie sind. Vielmehr vertrauen sie deshalb darauf, dass sie wahr

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und bewährt sind, weil die Alten sie überliefert haben; die Autorität des Alters ist so groß, dass ein kritischer Blick darauf schon als Verbrechen gilt. Deshalb schenkt man ihm überall Vertrauen, als handle es sich um eine anerkannte Wahrheit. (8) Bei Cicero (nat. deor. 3,6) schließlich spricht Cotta zu Lucilius folgendermaßen: „Du weißt, Balbus, was Cotta, was der Pontifex denkt. Lass mich nun verstehen, was du denkst. Denn von dir, der du ein Philosoph bist, muss ich eine Begründung der Religion erhalten, während ich unseren Vorfahren auch ohne Begründung glauben muss.“1 (9) Wenn du glaubst, warum forderst du dann eine Begründung, die bewirken kann, dass du nicht glaubst? Wenn du meinst, dass man eine Begründung suchen müsse, dann glaubst du folglich nicht. Deshalb suchst du sie ja, um dich ihr anzuschließen, wenn du sie gefunden hast. (10) Siehe, die Vernunft lehrt dich nun, dass die Religionen der Götter nicht wahr sind: Was wirst du nun tun? Wirst du dich eher den Vorfahren als der Vernunft anschließen, die dir nicht von jemand anders eingegeben, sondern von dir selbst gefunden und entdeckt worden ist, als du alle Religionen radikal beiseite geschoben hast? (11) Wenn du die Vernunft vorziehst, dann musst du dich von den Traditionen und der Autorität der Vorfahren distanzieren, da allein das recht ist, was die Vernunft vorschreibt; wenn aber Pietät rät, den Vorfahren zu folgen, dann gib zu, dass jene unvernünftig gewesen sind, die Religionen dienten, welche gegen die Vernunft ersonnen waren, und du selbst inkonsequent bist, da du das verehrst, was du als falsch erwiesen hast. 7 (1) Daher muss sich jeder insbesondere bei der Frage, wo es um den Sinn des Lebens geht, auf sich selber verlassen, sich auf sein eigenes Urteil und persönliches Empfinden stützen, um die Wahrheit aufzuspüren und zu untersuchen, statt sich täuschen zu lassen, indem man fremden Irrtümern glaubt, so als besäße man keine eigene Vernunft. (2) Gott hat allen einen persönlichen Anteil an Weisheit verliehen, um das Unbekannte aufzuspüren und das Erkannte zu untersuchen. Und nicht weil jene uns zeitlich vorangegangen sind, sind sie uns auch in der Weisheit vorangegangen; denn wenn diese allen gleichmäßig verliehen wird, kann sie nicht von denen in Beschlag genommen werden, die vorangegangen sind. (3) Wie das Licht und die Klarheit der Sonne ist sie niemandes Privateigentum, denn wie die Sonne das Licht für die Augen ist, so ist die Weisheit das Licht für das menschliche Herz. (4) Da also weise zu sein, das heißt die Wahrheit zu suchen, allen angeboren ist, berauben sich diejenigen der Weisheit, die völlig urteilslos die Entdeckungen der Vorfahren sich zu eigen machen und sich von anderen wie eine Herde führen lassen. (5) Was sie aber täuscht ist die Tatsache, dass, ist einmal der Name der Vorfahren gefallen, sie es für unmöglich halten, dass entweder sie selbst weiser seien, da sie die Jüngeren heißen, oder jene anderen unvernünftig gewe-

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sen seien, da man sie Ältere nennt. (6) Was hindert uns also, sie selber als Beispiel zu nehmen? Wie sie der Nachwelt das Falsche überliefert haben, das sie entdeckt hatten, so können wir, die wir die Wahrheit entdeckt haben, der Nachwelt Besseres überliefern. Nr. 291 Ambrosius, epistula 18,23–29 23 Aber die Riten der Vorfahren, sagt er1, sind zu wahren. Weiß er nicht, dass sich alles im Verlauf der Zeit zum Besseren entwickelt hat? Hat nicht auch die Welt, die sich am Anfang durch die Zusammenballung der Elemente im leeren Raum als weiche Kugel gebildet hatte und die noch in schaurige Finsternis gehüllt war als Masse ohne Form und Ordnung, hat sie nicht später nach der Scheidung von Himmel, Meer und Land ihre verschiedenen Formen erhalten, durch die sie so schön erscheint? Und die Erde, von der feuchten Finsternis befreit, bestaunte die ihr unbekannte Sonne2. Auch der Tag strahlt in der Morgendämmerung noch nicht, aber im Laufe der Zeit entfaltet sich sein Licht und er erglüht in voller Hitze. 24 Selbst der Mond, der nach den Aussprüchen der Propheten ein Bild für die Kirche ist, verbirgt sich uns noch im nächtlichen Dunkel, wenn er wieder hervorkommt und sich auf seiner monatlichen Bahn erneuert; doch langsam vollendet er seine Sichel und rundet sich, der Sonne gegenüber stehend, bis er im hellen Licht erstrahlt. 25 Früher verstand es die Erde noch nicht, ihre Fruchtbarkeit zu entfalten. Doch später, als der eifrige Bauer begann, die Felder zu bestellen und den unbebauten Boden mit Weinbergen zu überziehen, da legte sie, durch die vertraute Pflege mild gestimmt, ihr wildes Aussehen ab. 26 Auch die erste Zeit des Jahres, die den Feldern ein gleichmäßiges Aussehen gibt, hat keine Gewächse, prangt aber beim Vorrücken der Zeit mit Blüten, die bald wieder welken müssen, und gelangt schließlich mit den Früchten zur Reife. 27 Auch wir haben im jungen Alter einen kindlichen Sinn. Aber wir ändern uns im Laufe der Jahre und legen die anfängliche Schwäche unseres Geistes ab. 28 Sie müssen also sagen, alles hätte in seinem Anfang bleiben müssen, und es gefalle ihnen nicht, dass die einst in Finsternis gehüllte Welt durch das Licht der Sonne hell geworden ist. Doch um wie viel größer ist die Freude, die Finsternis aus der Seele zu vertreiben als aus dem Körper, das aufgehende Licht des Glaubens zu erblicken als das der Sonne? So hat sich die erste Altersstufe der Welt dem Ende zugeneigt, wie es auch in anderen Dingen zu geschehen pflegt, damit unser alter, ehrwürdiger Glaube folgen konnte. Die Leute, die davon beunruhigt werden, müssen auch das Getreide tadeln, weil es spät reift und geerntet wird, sie müssen auch den Weinberg tadeln, weil er erst gegen Ende des Jahres Ertrag bringt, sie müssen schließlich die Olive ta-

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deln, weil sie die letzte Frucht des Jahres ist. 29 Unser Glaube ist eine Ernte von Seelen. Die Gnade der Kirche ist die Weinlese der Verdienste, sie war von Anbeginn der Welt in den Heiligen vorhanden, hat sich aber erst in der letzten Zeit über die Völker verbreitet; denn alle sollen es bemerken, dass der Glaube Christi nicht in unerfahrene Seelen eingekehrt ist – es gibt ja keinen Siegeskranz ohne einen Feind. Nachdem jedoch die falsche Meinung, die zuvor herrschte, vertrieben war, hatte man mit gutem Recht die Wahrheit vorgezogen.

2) Praeparatio evangelica Der späte Zeitpunkt der Inkarnation innerhalb der Weltgeschichte wurde von den Apologeten damit erklärt, dass die Menschheit erst allmählich auf das Evangelium vorbereitet werden musste (Nr. 293–294). Es wurde eine universale göttliche Heilspädagogik entworfen, die nicht nur die jüdische Geschichte aufgrund des erzieherischen Gesetzes zur Vorbereitung des Christentums machte, sondern auch die griechisch-römische Geschichte einbezog. So konnte die Philosophie der Griechen (Nr. 292) ebenso als praeparatio evangelica gedeutet werden wie das Imperium romanum (Nr. 243, 245).

Nr. 292 Clemens von Alexandrien, stromateis 6,44,1; 153,1 44 (1) Aber wie jetzt zur rechten Zeit die Verkündigung gekommen ist, so wurden zur rechten Zeit auch das Gesetz und die Propheten den Barbaren1, die Philosophie aber den Griechen gegeben, um sie auf das Hören der Verkündigung vorzubereiten. 153 (1) Daher ist es nicht absurd, zu behaupten, dass auch die Philosophie von der göttlichen Vorsehung gegeben worden ist, als Propädeutik der durch Christus bewirkten Vollendung, wenn nur die Philosophie sich nicht scheut, bei der barbarischen Erkenntnis in die Schule zu gehen und zur Wahrheit fortzuschreiten. Nr. 293 Eusebius, historia ecclesiastica 1,2,17–23 (17) Der Grund, warum der göttliche Logos nicht wie jetzt, so auch schon früher allen Menschen und allen Völkern verkündet wurde, dürfte sich aus folgendem ergeben: Das frühere Leben der Menschen war noch nicht imstande, Christi Lehre, die voll Weisheit und Kraft ist, zu erfassen. (18) Der

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erste Mensch hatte gleich am Anfang nach seinem ersten seligen Dasein das göttliche Gebot gering geachtet, war deshalb in dieses sterbliche, vergängliche Leben geraten und hatte gegen die frühere göttliche Seligkeit diese verfluchte Erde eingetauscht. Seine Nachkommen, die unsere ganze Erde bevölkerten, waren, von dem einen und anderen abgesehen, noch viel schlimmer geworden und hatten ein tierisches Wesen und eine unerträgliche Lebensweise angenommen. (19) Ja, sie hatten nicht einmal an Städte und Staaten, an Künste und Wissenschaften gedacht. Gesetze und Rechtssatzungen, Tugend und Philosophie kannten sie nicht einmal dem Namen nach. Als Nomaden hatten sie gleich Wilden und Barbaren in der Wüste gelebt. Da sie durch das Übermaß frei gewollter Bosheit die natürlichen Verstandesanlagen und die vernunftgemäßen, zarten Keime der menschlichen Seelen zerstört hatten, gaben sie sich allen möglichen Schändlichkeiten völlig hin, so dass sie einander zugrunde richteten, einander ermordeten, gelegentlich zu Menschenfressern wurden, sich zum Krieg gegen Gott und zu den allbekannten Gigantenkämpfen erkühnten, daran dachten, die Erde zum Bollwerk gegen den Himmel zu machen, und im Wahnsinn ihrer geistigen Verirrung planten, den Herrn der Welt selbst anzugreifen. (20) Wegen dieses Verhaltens schickte der alles überschauende Gott Überschwemmungen und ging ihnen wie einem über die ganze Erde sich erstreckenden Urwald mit Feuer zu Leibe. Er lichtete ihre Reihen durch anhaltende Hungersnöte, durch Pest, Krieg, Blitzschläge und dämmte gleichsam durch recht bittere Strafen eine schreckliche und sehr verderbte Seelenkrankheit ein. (21) Damals, als beinahe alle Menschen von starker Benommenheit durch die Bosheit erfasst waren und fast alle Menschenseelen wie von einem furchtbaren Rausch verfinstert und umnachtet waren, manifestierte sich die erstgeborene und ersterschaffene Weisheit Gottes, der präexistente Logos selbst, im Übermaß seiner Menschenliebe bald vor den niederen Geschöpfen in Engelsgestalt, bald vor dem einen und anderen der alten Gottesfreunde in eigener Person als erlösende Gotteskraft eben in Menschengestalt, weil es anders bei ihnen nicht möglich war. (22) Erst als nun durch diese Gottesfreunde die Samen der Religion in die Masse getragen wurden und aus den alten Hebräern ein ganzes Volk auf Erden entstanden war, das an der Religion festhielt, gab der Logos dieser noch in alten Gewohnheiten irre gegangenen Volksmasse durch den Propheten Mose Vorbilder und Symbole eines geistigen Sabbats und einer geistigen Beschneidung und Hinweise auf andere geistige Lehren, ohne aber schon in die Geheimnisse selbst einzuführen. (23) Erst als durch das Bekanntwerden der jüdischen Gesetze, die gleich einem Wohlgeruch unter die ganze Menschheit drangen, infolge der Bemühungen von Gesetzgebern und Philosophen, die überall auftraten, zahlreiche Völker gesitteter wurden, ihr wilder, roher, tierischer Sinn sich in Sanftmut verwandelte und sie in aufrichtigem Frieden

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freundschaftlich miteinander verkehrten, erst jetzt, zu Beginn des römischen Kaiserreiches, erschien allen übrigen Menschen und den Heiden des ganzen Erdkreises, da sie vorbereitet und bereits fähig waren, die Erkenntnis des Vaters anzunehmen, derselbe Lehrer der Tugenden, der Diener des Vaters in allem Guten, der erhabene und himmlische Logos Gottes in Menschengestalt, ohne sich seinem körperlichen Wesen nach von unserer Natur zu unterscheiden. Jetzt erst wirkte und litt er, wie es die Prophezeiungen vorausgesagt hatten, indem sie erklärten, es werde jemand, der Mensch und Gott zugleich ist, öffentlich auftreten, wunderbare Werke verrichten und sich allen Völkern als Lehrer der Verehrung des Vaters erweisen, und indem sie seine wunderbare Geburt, seine neue Lehre, das Außerordentliche seiner Taten, ferner die Art seines Todes, seine Auferstehung von den Toten und schließlich seine wunderbare Himmelfahrt prophezeiten. Nr. 294 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 6,85–86 85 Wenn ihr aber fragt: „Warum hat eigentlich der Schöpfer des Universums dies nicht schon früher vollbracht?“, dann müsst ihr auch den Ärzten den Vorwurf machen, dass sie die stärkeren Heilmittel bis zum Schluss zurückhalten. Zunächst wenden sie nämlich lindernde Mitteln an, um am Ende die stärksten zu reichen. 86 Dies hat auch der überaus weise Arzt unserer Seelen getan. Nachdem er nämlich Heilmittel aller Art angewandt hatte – für alle Menschen die Schöpfung und die Natur, für die Hebräer das Gesetz und die Propheten –, hat er zuletzt dieses allmächtige und rettende Heilmittel gereicht und die Krankheit vertrieben.

VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument Einen Beweis für den göttlichen Charakter der christlichen Religion sahen viele Apologeten in der auch von Heiden kaum zu bestreitenden Tatsache ihrer schnellen und umfassenden Verbreitung (Nr. 193, 406, 523). Das Argument schien umso überzeugender, je deutlicher der Kontrast zwischen den unscheinbaren, von Widerständen begleiteten Anfängen des Christentums und seiner auch empirisch nachweisbaren Durchsetzung in der antiken Welt betont wurde (Nr. 297, 299–302). Nicht nur die Überwindung der Hindernisse, sondern auch die universale Verbreitung in geographischer Hinsicht (Nr. 296, 298, 302) sowie die Durchdringung aller gesellschaftlichen Schichten (Nr. 297, 300) schien nach christlicher Überzeugung alle rein menschlichen Möglich-

VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument

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keiten zu übersteigen und das Wirken einer göttlichen Macht zu bestätigen. Das Faktum der äußeren Expansion genügte jedoch erst dann als Wahrheitsargument, wenn zugleich nachgewiesen werden konnte, dass die zum Christentum bekehrten Massen durch den Glauben an die neue Religion tatsächlich auch in moralischer Hinsicht vorangeschritten waren. Das Ausbreitungsargument wurde daher oft mit dem Hinweis auf die lebensverwandelnde Kraft des Christentums verknüpft (Nr. 297).

Nr. 295 Tertullian, apologeticum 1,7–8.10.12; 37,4 1 (7) Die Stadt, schreit man, sei von uns in Besitz genommen; auf dem Land, auf den Dörfern, in den Wohnvierteln gebe es Christen; den Übertritt jedes Geschlechtes, Alters, Standes und sogar Ranges zu unserem Namen beklagt man wie ein Unglück. (8) Und doch bringt selbst das niemanden auf den Gedanken, dass etwas Gutes darin verborgen sein könne. … (10) „Aber“, wendet man ein, „nicht deshalb ist etwas gut, weil es viele zu sich herüberzieht; wie viele lassen sich zu etwas Schlechtem bekehren! Wie viele laufen zu etwas Verkehrtem über!“ Wer bestreitet das? Aber was wirklich etwas Schlechtes ist, das wagen nicht einmal diejenigen, die es mit sich fortreißt, als etwas Gutes zu rechtfertigen. Über alles Böse hat die Natur das Gefühl der Furcht oder der Scham gebreitet. … (12) Der Christ aber, tut er etwas Ähnliches? Niemand schämt sich; niemand bereut, es sei denn das eine, dass er nicht früher schon Christ war. 37 (4) Gestern erst sind wir erschienen, und schon haben wir alles, was euch gehört, überflutet1, Städte und Inseln, Garnisonen, Gemeinden, Ortschaften, selbst Heerlager, Stadtbezirke und Dekurien, Palast, Senat und Forum; einzig und allein die Tempel haben wir euch gelassen.

Nr. 296 Clemens von Alexandrien, stromateis 6,167,2–5 (2) Die griechischen Philosophen haben nur bei den Griechen und auch hier nicht bei allen Beifall gefunden, vielmehr Sokrates nur bei Platon und Platon bei Xenokrates und Aristoteles bei Theophrast und Xenon bei Kleanthes; sie vermochten eben nur ihre eigenen Anhänger zu überzeugen. (3) Dagegen blieb die Lehre unseres Meisters nicht nur in Judäa wie die Philosophie in Griechenland, sondern breitete sich über die ganze bewohnte Erde aus und gewann für sich unter Griechen ebenso wie unter Barbaren in jedem

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Volk, in jedem Bezirk und jeder Stadt ganze Familien und jeden einzelnen der Hörer und bekehrte bereits auch nicht wenige von den Philosophen selbst zur Wahrheit. (4) Und wenn irgendein Herrscher die griechische Philosophie verbietet, so verschwindet sie sofort; unsere Lehre aber wollen gleich von ihrer ersten Verkündigung an zugleich Könige und Tyrannen und die Teilherrscher und Statthalter zusammen mit allen ihren Söldnern und außerdem mit zahllosen Menschen hindern, indem sie uns bekämpfen und, soweit es in ihrer Macht liegt, unsere Lehre auszurotten trachten. (5) Sie aber blüht nur umso mehr; denn sie stirbt nicht wie eine menschliche Lehre und verwelkt nicht wie eine schwache Gabe – denn keine Gabe Gottes ist schwach –, sie bleibt vielmehr unbehindert, obwohl sie der Prophetie zufolge bis ans Ende verfolgt werden wird. Nr. 297 Origines, contra Celsum 1,27; 2,79; 5,50, 7,26 1,27 Wer die Tatsachen prüft, wird erkennen, dass Jesus etwas unternahm, was die menschliche Natur übersteigt, und das Unternommene auch vollbrachte. Denn obwohl von Anfang an sich alles der Ausbreitung seiner Lehre über die ganze Erde widersetzte – die jeweiligen Kaiser, die ihnen untergeordneten Oberbefehlshaber und Statthalter, mit einem Wort alle, die irgendeine Autorität besaßen, ferner auch die Obrigkeiten in den Städten, die Soldaten und das Volk –, so errang er dennoch den Sieg, da er von seinem Wesen her als Logos Gottes nicht aufgehalten werden konnte. Da er stärker war als so mächtige Gegenspieler, bezwang er ganz Griechenland und den größten Teil der barbarischen Regionen und bekehrte unzählige Seelen zu der von ihm gelehrten Religion. 2,79 Der Jude schließt daraufhin all dies mit der Bemerkung über Jesus ab: „Jesus war also ein Mensch, und zwar von der Art, wie es die Wahrheit selbst an den Tag bringt und die Vernunft nachweist.“ Ich weiß nicht, ob ein Mensch, wenn er sich entschlossen hat, seine Religion und Lehre in der ganzen Welt zu verbreiten, imstande ist, seinen Plan ohne göttliche Hilfe auszuführen und allen, die sich der Ausbreitung seiner Lehre widersetzen – Könige, Feldherren, dem römischen Senat sowie Herrschern und Völker auf der ganzen Erde – überlegen werden kann. Wie kann auch eine menschliche Natur, wenn sie nichts Stärkeres in sich hat, eine so gewaltige Menge bekehren? Es wäre nicht erstaunlich gewesen, wenn es nur die Verständigen gewesen wären; aber es waren auch die völlig Unvernünftigen, Sklaven ihrer Leidenschaften, die sich aufgrund ihrer Vernunft nur recht schwer zu größerer Besonnenheit wandeln. Weil aber Christus Kraft Gottes und Weisheit des Vaters (1 Kor 1,24) war, deswegen hat er dieses vollbracht und vollbringt es

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noch, auch wenn es Juden und Griechen nicht akzeptieren wollen, die seiner Lehre keinen Glauben schenken. … 5,50 Ferner sagt Celsus in seiner Darlegung über die Juden: „Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass diese bei Gott größere Ehre genießen und etwas mehr als die anderen geliebt werden, und dass allein zu ihnen Boten von dorther geschickt werden, geradeso, als hätten sie eine Art Land der Seligen durch Los erhalten; denn wir sehen, womit sie und ihr Land beehrt worden sind.“ Wir wollen doch diese Behauptung widerlegen, indem wir sagen: Dass dieses Volk „bei Gott größere Ehre genossen hat“, ersieht man auch daraus, dass der allmächtige Gott selbst von denen, die unserem Glauben fern stehen, der Gott der Hebräer genannt wird. Und da sie bei Gott in Ehren standen, solange sie von ihm nicht ganz verlassen wurden, so blieben sie, wenn auch gering an Zahl, doch beständig unter göttlichem Schutz. Und so geschah ihnen nicht einmal unter „der Regierung des Königs“ Alexander von Makedonien etwas zu Leide, obwohl sie wegen gewisser Verträge und Eide ablehnten, die Waffen gegen Darius zu ergreifen. Damals, sagt man (vgl. Fl. Jos., ant. 11,8,3–5,317–339), sei auch der jüdische Hohepriester, bekleidet mit dem Priestergewand, von Alexander feierlich begrüßt worden, der erklärte, es sei ihm jemand, mit diesem Gewand angetan, im Traum erschienen und habe ihm die Unterwerfung von ganz Asien verheißen. Die Christen sagen nun, dass das Glück, „bei Gott größere Ehre zu genießen und von ihm etwas mehr als die anderen geliebt zu werden“, den Juden ganz besonders zuteil geworden ist, und dass diese Fürsorge und Gnade Gottes auf uns übergegangen ist, nachdem Jesus die unter den Juden wirksame Macht auf diejenigen von den Heiden übertragen hatte, die an ihn glaubten. Deshalb haben die Römer, obwohl sie viele Anstrengungen machten, um das Weiterbestehen der Christen zu hindern, doch ihr Ziel nicht erreichen können. Denn für diese stritt eine göttliche Hand, die das Wort Gottes von dem einen Winkel im jüdischen Land aus über die ganze Menschheit aussäen wollte. 7,26 … Dieselbe Vorsehung, die einst das Gesetz, jetzt aber das Evangelium Jesu Christi gegeben hat, wollte das Staatswesen der Juden nicht länger mehr bestehen lassen; sie zerstörte deshalb ihre Stadt und den Tempel und den Gottesdienst, der beim Tempel durch Darbringung von Opfern und Verrichtung der vorgeschriebenen Gebräuche gefeiert wurde. Und wie sie diesen Dingen ein Ende machte, da sie ihre Fortdauer nicht mehr wollte, so hat sie dagegen auf dieselbe Weise die Zahl der Christen Tag für Tag bis zur Menge gesteigert und ihnen auch schon Redefreiheit dazu gewährt, obwohl doch tausendfache Hindernisse für die Ausbreitung der Lehre Jesu über den Erdkreis entstanden. Da aber Gott wollte, dass auch die Heiden die Segnungen der Lehre Jesu empfangen sollten, so wurden alle Anschläge der Menschen wider die Christen zunichte. Und je mehr sie von Königen und Herrschern

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der Völker und Gemeinden überall bedrückt wurden, umso mehr wuchsen sie an Zahl „und wurden sehr stark“ (Gen 1,7).

Nr. 298 Eusebius, praeparatio evangelica 1,3,7–11; 4,1 3 (7) Doch wozu alle Worte, wenn die Tatsachen selber klarer und deutlicher reden, die die göttliche und himmlische Macht unseres Erlösers ausdrücklich auch jetzt noch vor Augen führt, indem sie allen Menschen die Frohe Botschaft eines göttlichen und himmlischen Lebens verkündet? (8) Beispielsweise hat er vorhergesagt, dass seine Lehre auf der ganzen, von Menschen bewohnten Erde zum Zeugnis für alle Völker verkündet werden würde und dass die Kirche, die später einmal durch seine Macht aus allen Völkern entstehen werde, die aber zum Zeitpunkt seiner Menschwerdung weder sichtbar war noch bestand – welch göttliches Vorherwissen – unbesiegbar und unüberwindlich sein werde und niemals vom Tod überwunden werden würde. Er tat kund, dass sie unerschütterlich errichtet sei und es bleibe, da sie in seiner Macht gegründet und verwurzelt sei wie auf einem unerschütterlichen und unzerstörbaren Felsen. Die Realisation dieser Vorhersage wird wohl mit Recht besser als jede Rede denen ihren offenen Mund schließen, die bereit sind, skrupellos ihre Unverschämtheiten zu verbreiten. (9) Denn wer wollte der Vorhersage keine Wahrheit zuerkennen, da die Tatsachen schon allein für sich so deutlich ihre Stimme erheben, um zu sagen, dass es die Macht Gottes war und nicht die menschliche Natur, die die Geschehnisse vor ihrem Eintreten so, wie sie sich vollziehen würden, gesehen, vorhergesagt und vollbracht hat? (10) Es hat also der Ruf seines Evangeliums die ganze Erde, auf die die Sonne blickt, erfüllt und alle Völker durchlaufen; und die Verkündigung über ihn wächst und verbreitet sich entsprechend seinen Worten. (11) Seine Kirche, die ausdrücklich vorhergesagt wurde, existiert tief verwurzelt und durch die Gebete heiliger und gottliebender Seelen bis zum Himmel erhoben; sie wird Tag für Tag von Herrlichkeit erfüllt und lässt vor aller Augen das geistige und göttliche Feuer der von ihm verkündeten Frömmigkeit erstrahlen; weit entfernt, den Feinden zu unterliegen und nachzugeben, weicht sie nicht einmal vor den Pforten des Todes dank des einen Wortes, das er sprach: „Auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). … 4 (1) All dies bestätigt also die Lehre bezüglich der uns betreffenden Ereignisse: sie ist nicht durch menschliche Initiative ersonnen, sondern stammt aus göttlicher Quelle, ist durch göttliche Kraft in schriftlich verfassten Weissagungen vorausgesagt und durch noch weit größere göttliche Kraft von un-

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serem Erlöser allen Menschen angeboten worden und wiederum von Gott zur Geltung gebracht und begründet, so dass sie, nachdem sie während so vieler Jahre von unsichtbaren Dämonen und sichtbaren Herrschern, die sukzessive auftraten, Angriffe erfahren hatte, umso mehr erstrahlte, Tag für Tag bedeutender wurde, an Größe gewann und sehr viel weitere Ausbreitung fand; denn der Beistand, den der Gott des Universums von oben her gewährte, verlieh der Lehre und Verkündigung unseres Erlösers einen unüberwindlichen, unbesiegbaren und zum Sieg führenden Charakter gegenüber den Feinden.

Nr. 299 Johannes Chrysostomus, de s. Babyla 11; 13; 15–21 11 Aber alles ist vergeblich und nutzlos, wenn die Grundlage des Gesagten fragwürdig und lügnerisch ist, wie umgekehrt, wenn sie stark und wahr ist, alles vergeblich und nutzlos ist, was sich die Gegner zur Vernichtung ausdenken. Die Stärke der Wahrheit bedarf nämlich keinerlei Hilfe; selbst wenn es Tausende gäbe, die sie auslöschen wollten, so verschwindet sie nicht nur nicht, sondern gerade dank derer, die sie zu kritisieren versuchen, erhebt sie sich strahlender und höher und lacht über die, die in ihrer Verblendung sich selber treffen. Was nämlich unsere Lehre angeht, die ihr als Erfindung bezeichnet, so haben sich Tyrannen, Kaiser, in Worten unbesiegbare Sophisten1, ja sogar auch Philosophen, Scharlatane, Magier und Dämonen bemüht, sie zu vernichten, „und ihnen gegenüber hat ihre Zunge die Kraft verloren“ (Ps 64,9) – nach dem Wort des Propheten – und „Pfeile von Kindern sind ihre Schläge geworden“ (Ps 64,8). Was nämlich den Königen ihr Angriff gegen uns einbrachte, war, dass sie sich bei allen Menschen den Ruf der Brutalität zuzogen. Durch ihren Zorn gegenüber den Martyrern ließen sie sich zur Grausamkeit gegen die menschliche Natur hinreißen, ohne sich bewusst zu sein, dass sie damit tausendfache Schmach auf sich luden. Die Philosophen und angesehenen Rhetoren, die sich bei der Menge großer Berühmtheit erfreuten, die einen wegen ihre Würde, die anderen wegen ihrer rednerischen Begabung, wurden nach ihrem Kampf gegen uns zu lächerlichen Gestalten und schienen geradezu Kindern zu gleichen, die Unfug reden. Unter so vielen Nationen und Völkern vermochten sie weder einen Weisen noch einen Unverständigen, weder Mann noch Frau, nicht einmal ein kleines Kind umzustimmen; im Gegenteil, ihre Schriften rufen solch ein Gelächter hervor, dass ihre Bücher seit langem verschwunden sind und schon im Augenblick ihrer Publikation größtenteils verloren gingen2. Und sollte man zufällig noch etwas Gerettetes entdecken, so lässt es sich bei den Christen erhalten finden3. 13 So ist es um unsere Lehre bestellt, um eure aber folgendermaßen: Nie-

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mand hat jemals einen Kampf gegen sie geführt, denn es ist den Christen nicht erlaubt, mit Zwang und Gewalt dem Irrtum ein Ende zu machen, vielmehr muss man mit Überzeugungskraft, Überlegung und Freundlichkeit das Heil der Menschen wirken. Daher hat auch kein Herrscher, der sich zur Religion Christi bekannte, gegen euch solche Dekrete erlassen, wie sie sich gegen uns die Verehrer der Dämonen ausgedacht haben. Und dennoch, obwohl der Irrtum des griechischen Aberglaubens sich so großer Ruhe erfreute und von niemandem jemals behelligt wurde, ist er von selbst erloschen und hat sich selbst aufgelöst, wie Körper in einem langen Verwesungsprozess, ohne dass ihnen irgend etwas Schaden zufügt, auf natürliche Weise zerfallen, sich auflösen und nach kurzer Zeit verschwinden. Daher, selbst wenn dieses satanische Lachen noch nicht völlig von der Erde verbannt ist, genügt die Vergangenheit, um euch auch für die Zukunft eine Zusicherung zu geben. 15 Das Heidentum hatte sich tatsächlich überall in der Welt ausgebreitet und die Seelen aller Menschen in Besitz genommen; und es geschah erst später, dass es trotz seiner gewaltigen Stärke und seines großen Erfolges von der Kraft Christi vernichtet wurde. Unsere Lehre hingegen traf nicht erst auf Menschen, die ihr den Kampf erklärten, als sie sich schon überall ausgebreitet hatte und fest etabliert war; sondern bevor sie in den Seelen der Hörer eingepflanzt und verwurzelt war, schon seit den Anfängen wurde sie gezwungen, den Kampf mit der ganzen Welt aufzunehmen, „gegen die Mächte, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis, gegen die Geister des Bösen“ (Eph 6,12). Der Funke des Glaubens war noch nicht zu einer schönen Flamme geworden, Ströme und abgründige Wogen stürzten von allen Seiten auf ihn ein. Ihr wisst doch sicherlich, dass es nicht dasselbe ist, eine seit unzähligen Jahren verwurzelte Pflanze oder eine gerade erst in die Erde gesetzte auszureißen. Nun verhielt es sich aber so, als das Meer der Gegner das überschwemmte, was noch, wie gesagt, ein Funke der Frömmigkeit war; dieser wurde jedoch dadurch nicht nur nicht ausgelöscht, sondern, größer und strahlender geworden, erfasste er schnell alle Dinge, zerstörte und verzehrte mit Leichtigkeit, was den Gegnern gehörte, stellte wieder her, was seinen Anhängern gehörte, und führte sie zu einer unsagbaren Höhe empor, obwohl ihm einfache und unbedeutende Menschen dienten. 16 Die Ursache hierfür waren weder die Worte noch die Wunder der Fischer, sondern die auf sie einwirkende Kraft Christi. Denn von denen, die sie vollbrachten, war der eine Zeltmacher (Paulus) und Petrus war Fischer; so schlichten und unbedeutenden Leuten wäre es niemals in den Sinn gekommen, etwas derartiges zu erfinden4 es sei denn, man wolle behaupten, sie seien verrückt und von Sinnen. Dass sie aber nicht verrückt waren, ergibt sich aus dem, was sie durch ihre Worte vollbrachten, und aus den Menschen, die sich auch jetzt noch von ihnen überzeugen lassen. Sie haben also niemals

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solche Lügen oder Angebereien einfach vorgebracht. Wie ich schon anfangs sagte: Wer täuschen will, lügt zwar, er lügt aber nicht so, dass es für alle erkennbar wird. 17 Wenn, nachdem sich die Ereignisse einmal zugetragen haben und so viele Menschen ihre Verwirklichung bezeugen – die, die in jenen Zeiten geglaubt haben, und die, die sie seitdem überall verkünden, nicht nur bei uns, sondern auch bei den Barbaren und denen, die noch wilder sind als sie – wenn es dennoch einige gibt, die, trotz so vieler Beweise und des Zeugnisses sozusagen der ganzen Welt, die Geschehnisse bezweifeln, – und viele tun es ohne Prüfung und Untersuchung – wer hätte dann am Anfang, ohne die Ereignisse gesehen zu haben oder darüber glaubwürdige Zeugnisse zu besitzen, einen solchen Glauben in seiner Seele aufgenommen? 18 Mit einem Wort, was hätte sie denn veranlassen können, etwas derartiges zu erfinden und sich auszudenken? Denn weder auf Beredsamkeit – wie wäre es denen möglich gewesen, da einer von ihnen überhaupt nicht einmal das Alphabet kannte? (vgl. Apg 4,13) – noch auf den Überfluss von Reichtum setzten sie ihr Vertrauen. Nur mit Mühe nämlich verschafften sie sich die notwendige Nahrung, wobei der eine wie der andere von der Arbeit seiner Hände lebte. Auch konnten sie sich nichts auf eine glanzvolle Abstammung einbilden, denn von dem einen wissen wir nicht einmal, wer der Vater war, so unbedeutend und unbekannt war er; von Petrus ist zwar der Vater bekannt, aber alles, was ihn gegenüber dem anderen auszeichnet, ist, dass die Schriften uns gerade einmal seinen Namen bekannt gemacht haben, und dies wegen des Sohnes (vgl. Joh 1,42). Wenn man auch ihr Land und ihr Volk untersuchen wollte, so wird man entdecken, dass der eine aus Kilikien stammt (vgl. Apg 22,3), der andere Bürger einer unbedeutenden Stadt ist, oder eher keiner Stadt, sondern des letzten Dorfes; er kam aus Bethsaida (vgl. Joh 1,44); es gibt in Galiläa einen Ort mit diesem Namen, aus dem jener selige Mann stammte. Und wenn man hört, was ihre Berufe waren, dann wird man sehen, dass auch sie nichts Großes und Bedeutendes an sich hatten. Denn der Zeltmacher ist zwar angesehener als der Fischer, aber geringer als die übrigen Handwerker. 19 Woher also, sagt es mir, woher sollten sie den Mut genommen haben, ein solches Schauspiel aufzuführen? Welchen Hoffnungen hingen sie dabei an? Worauf setzten sie ihr Vertrauen? Auf ihre Angelrute, ihren Haken, auf ihr Messer und ihren Drillbohrer? Würdet ihr nicht fortgehen, euch aufzuhängen oder von irgendwo herabzustürzen, wenn man euch für derart töricht hielte? 20 Lasst uns einmal, wenn ihr wollt, nach eurer Auffassung annehmen, dass das Unmögliche möglich werde und dieser Mensch von seinem See fortgeht und spricht: „Der Schatten meines Körpers hat Tote auferweckt“ und der andere von den Lederhäuten seiner Zeltmacherwerkstatt forteilt, um die sel-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

ben großen Worte wie jener über seine Gewänder zu machen (vgl. Apg 5,15). Wer von denen, die dies hören, wäre so verrückt, dass er bloßen Worten über solche Dinge Glauben schenkte? Weshalb hat kein Handwerker jener Zeit jemals etwas derartiges von sich selbst gesagt oder ein anderer über ihn? Und dennoch, wenn unsere Lehre eine Erfindung wäre, so hätten ihre Nachfolger, wie es scheint, leichter solche Lügen erfinden können. Jene (Apostel) hatten nämlich keine Vorgänger in dieser Hinsicht, auf die sie sich beziehen konnten, um die Hoffnung zu hegen, in dieser Angelegenheit erfolgreich zu sein; ihre Nachfolger hingegen hätten auf sie schauen können, um mit größerer Leichtigkeit diese Erfindung zu wagen, denn das Beispiel der Ersten ermutigte die Folgenden, zuversichtlich zu sein, so als ob niemand mehr auf Erden bei Sinnen sei, dass vielmehr alle den Verstand verloren hätten und verrückt wären und es für alle, die daran Interesse hatten, möglich sei, über sich selbst zu erzählen, was sie wollten, und Glauben zu finden. 21 Dies ist lächerliches Geschwätz, Gerede, das griechischer Naivität entstammt. Es ist so, als ob jemand sich hinreißen ließe, gegen den Himmel den Bogen zu spannen, um ihn mit seinen Pfeilen aufzureißen, oder den Ozean auszuschöpfen, um ihn mit eigenen Händen zu leeren. Niemand ist so höflich, dass er ihn nicht auslachen wird; die Ernsteren aber werden ihn mit vielen Tränen beweinen. Wenn die Griechen uns widersprechen, ist es also richtig, sie auszulachen oder zu beweinen. Ihr Vorhaben ist nämlich weitaus undurchführbarer als das desjenigen, der hofft, den Himmel zu treffen und den Meeresgrund zu leeren. Niemals nämlich wird das Licht Finsternis sein, solange es Licht ist, und niemals wird die Wahrheit der Ereignisse, die sich bei uns zugetragen haben, widerlegt werden. Denn es ist die Wahrheit und nichts ist stärker als sie. Nr. 300 Augustinus, de fide rerum invisibilium 4,7; 7,10 4 (7) Scheint es euch etwa unwichtig oder bedeutungslos, haltet ihr es für kein oder nur für ein geringes Wunder des Göttlichen, dass die gesamte Menschheit dem Namen eines Gekreuzigten nachläuft? … 7 (10) Selbst wenn über Christus und die Kirche keine Zeugnisse vorangegangen wären, wen müsste es nicht zum Glauben motivieren, wenn er bedenkt, mit welcher Plötzlichkeit die Menschheit durch göttliche Klarheit erleuchtet worden ist? Wir sehen die verlassenen falschen Götter, ihre überall zerschlagenen Statuen, die zerstörten oder zu anderem Gebrauch umgewandelten Tempel1; wir sehen, wie die zahlreichen aus uralter menschlicher Gewohnheit stammenden abergläubischen Riten ausgerottet sind und wie von allen der eine wahre Gott angerufen wird2. Und das ist durch einen einzigen Menschen geschehen,

VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument

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der von den Menschen verspottet, ergriffen, gefesselt, gegeißelt, geschlagen, beschimpft, gekreuzigt, getötet wurde. Und seine Jünger, die er als Unwissende, Ungelehrte, als Fischer und Zöllner ausgewählt hat, denen er seine Lehre anvertraute, die haben seine Auferstehung, seine Himmelfahrt verkündet und gesagt, dass sie sie gesehen haben. Erfüllt vom Heiligen Geist, haben sie dieses Evangelium in allen Sprachen, die sie gar nicht gelernt hatten, verbreitet. Unter denen, die sie hörten, glaubten die einen, die anderen glaubten nicht und widerstanden den Verkündern heftig. Die aber glaubten, kämpften bis zum Tod für die Wahrheit, ohne Böses zu vergelten, sondern ertrugen es standhaft, um nicht tötend, sondern sterbend zu siegen. So ist die Welt in diese Religion umgewandelt worden, so sind die Herzen der Sterblichen zu diesem Evangelium bekehrt worden, Männer und Frauen, Kleine und Große, Gelehrte und Ungelehrte, Weise und Toren, Mächtige und Schwache, Edle und Niedrige, Erhabene und Gedemütigte. Und die bei allen Völkern verbreitete Kirche erlebte ein solches Wachstum, dass auch keine gegen den katholischen Glauben gerichtete Sekte, kein wie auch immer gearteter Irrtum entstanden ist, der sich zur christlichen Wahrheit in solche Gegnerschaft setzen würde, dass er nicht danach verlangte und beanspruchte, sich selbst im Namen Christi zu rühmen3. Nr. 301 Augustinus, de civitate Dei 22,5 Doch mag dies auch einstmals unglaublich gewesen sein, so glaubt doch jetzt die Welt, dass der irdische Leib Christi in den Himmel erhoben ist. An die Auferstehung des Fleisches und seine Auffahrt zu den himmlischen Wohnstätten glauben jetzt Gelehrte und Ungelehrte, und nur ganz wenige Gelehrte oder Ungelehrte stehen abseits und schütteln den Kopf. Ist es glaubhaft, was man glaubt, so erweisen die Ungläubigen sich als töricht, ist es aber unglaublich und wird doch geglaubt, so ist es nicht minder unglaublich, dass Unglaubliches Glauben fand. Diese zwei unglaublichen Dinge, die Auferstehung unseres Leibes für die Ewigkeit und den Glauben der Welt an etwas so Unglaubliches, hat derselbe Gott, ehe auch nur eins davon eintraf, beide als künftig vorhergesagt. Das eine der beiden unglaublichen Dinge ist bereits, wie wir sehen, eingetroffen: Die Welt glaubt das Unglaubliche. Warum also das noch Ausstehende bezweifeln und bestreiten, dass auch das eintreffen wird, was trotz seiner Unglaublichkeit die Welt glaubt? Ist doch das ebenso Unglaubliche, dass die Welt solch Unglaubliches glaubte, bereits eingetroffen. Ist doch ferner beides Unglaubliche, das eine, das wir schon sehen, und das andere, das wir noch glauben, in denselben Schriften vorhergesagt, durch die die Welt gläubig wurde.

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Ja, die Art und Weise, in der die Welt gläubig wurde, das muss man, wenn man es recht betrachtet, noch unglaublicher finden. Einige wenige Fischer, wissenschaftlich ungebildet, in der zeitgenössischen Gelehrsamkeit völlig unerfahren, ohne Kunde der Grammatik, ohne Rüstung der Dialektik, ohne Pomp der Rhetorik, sandte Christus mit den Netzen des Glaubens auf das Meer dieser Welt und fing so viele Fische jeder Art, darunter so wunderbare und seltene wie die Philosophen selber. So wollen wir denn den beiden Unglaublichkeiten, wenn es dem Leser recht ist – und es muss ihm schon recht sein –, noch diese dritte beifügen. Dann sind es schon drei unglaubliche Dinge, die sich nichtsdestoweniger zugetragen haben. Unglaublich ist, dass Christus im Fleisch auferstand und mit dem Fleisch zum Himmel fuhr, unglaublich ist, dass die Welt diese so unglaubliche Tatsache glaubte; unglaublich ist, dass unbekannte, ärmliche, wenige, ungebildete Menschen von dieser so unglaublichen Tatsache die Welt und sogar die Gelehrten in ihr so erfolgreich überzeugen konnten. Von diesen drei Unglaublichkeiten wollen unsere Gegner die erste nicht glauben, die zweite müssen sie sogar mit ihren eigenen Augen schauen, aber werden nie begreifen, wie das geschehen ist, wenn sie nicht auch die dritte glauben. Was nun aber die Auferstehung Christi und seine Himmelfahrt mit dem auferstandenen Leib angeht, so wird sie längst in der ganzen Welt verkündigt und geglaubt, und wäre sie nicht glaubhaft, wie könnte sie dann auf dem ganzen Erdkreis geglaubt werden? Wenn viele, bekannte, vornehme, gelehrte Leuten gesagt hätten, dass sie es sahen, und für die Ausbreitung ihrer Beobachtungen gesorgt hätten, so wäre es kein Wunder gewesen, wenn ihnen die Welt geglaubt hätte, und schwer erträglich, wenn unsere Gegner auch dann nicht hätten glauben wollen. Nun aber, da die Welt, wie es tatsächlich der Fall ist, wenigen, unbekannten, kleinen und ungelehrten Männern geglaubt hat, die sagten und schrieben, sie hätten es gesehen, wie können da die wenigen noch vorhandenen Starrköpfe der bereits gläubig gewordenen Welt selber bis auf den heutigen Tag den Glauben verweigern? Diese Welt hat ja darum der winzigen Anzahl unberühmter, ärmlicher, ungebildeter Männer geglaubt, weil sich in so leicht zu verachtenden Zeugen die Gottheit umso wunderbarer zur Geltung brachte. Die überzeugenden Gründe, die sie vorbrachten, waren wunderbare Taten, keine Worte. Denn die, die Christi leibliche Auferstehung und Himmelfahrt nicht gesehen hatten, glaubten denen, die erzählten, dies gesehen zu haben, wobei sie nicht nur redeten, sondern auch wunderbare Zeichen vollbrachten. Denn sie hörten Menschen, die, wie sie wussten, nur eine oder höchsten zwei Sprachen kannten, plötzlich wunderbar in den Sprachen aller Völker reden (Apg 2,4–12), sie sahen, wie ein von Geburt an Gelähmter auf ihr Wort im Namen Christi nach vierzigjährigem Leiden gesund aufstand (Apg 3,1–11), dass die von ihren Leibern genommenen Schweißtücher Kranken Heilung brachten (Apg 19,12),

VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument

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dass ungezählte, an verschiedenen Krankheiten leidende Menschen der Reihe nach, wie man sie den Vorübergehenden in den Weg legte, damit ihr Schatten über sie hingleite, sogleich gesund wurden (Apg 5,15), sowie viele andere erstaunliche Taten, die sie im Namen Christi vollbrachten, zuletzt sogar, wie Tote auferstanden (Apg 9,36–42; 20,9–12). Wenn unsere Gegner einräumen, es sei tatsächlich so geschehen, wie man es liest, nun, dann kommt zu jenen drei Unglaublichkeiten noch eine ganze Menge Unglaubliches hinzu. Um das eine Unglaubliche, die Botschaft von der Auferstehung und Himmelfahrt des Fleisches, glaubhaft zu machen, stellen wir gewichtige Zeugnisse vieler unglaublicher Vorfälle zusammen – und immer noch nicht lässt sich die schreckliche Halsstarrigkeit der Ungläubigen zum Glauben bewegen? Glauben sie aber auch das nicht, dass die Apostel, um für ihre Verkündigung der Auferstehung und Himmelfahrt Christi Glauben zu wecken, solch wunderbare Taten vollbracht haben, so genügt uns doch das eine große Wunder, dass der Erdkreis sie dann ohne alle Wunder geglaubt hätte.

Nr. 302 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 9,15–16.20–31 15 Unsere Fischer, unsere Zöllner und unser Zeltmacher haben die Gesetze des Evangeliums zu allen Menschen gebracht. Nicht nur die Römer und ihre Tributpflichtigen, sondern auch die Völker der Skythen und Sarmaten, die Inder, Äthiopier, Perser, Syrer, Hyrkaner, Baktrier, Bretonen, Kimbern, Germanen, kurz Menschen aller Völker und Rassen haben sie dazu gebracht, die Gesetze des Gekreuzigten anzunehmen, und dies nicht mit Waffen und Tausenden von Elitesoldaten, auch nicht mit Gewalt und Grausamkeit nach Art der Perser, sondern indem sie überzeugten und die Nützlichkeit dieser Gesetze aufzeigten. 16 Sie taten dies auch nicht ohne Gefahren, sondern waren in den Städten vielen Auseinandersetzungen ausgesetzt, indem sie von den Erstbesten zahlreiche Peitschenhiebe erhielten, gequält, eingesperrt wurden und alle Arten von Züchtigungen empfingen. Denn diese Menschen, die doch Wohltäter, Retter und Ärzte waren, wurden wie Verschwörer und Feinde teils vertrieben, teils gesteinigt, teils gefesselt und in Fußblöcke gespannt; einige von ihnen schlug man mit Stöcken, andere pfählte man, wiederum andere warf man wilden Tieren vor. Doch durchbohrten sie zwar mit Speeren die Gesetzgeber, brachen aber nicht die Stärke der Gesetze. Sie erwiesen sich nämlich nach deren Tod noch als weit stärker. 20 … Die Gesetze der Fischer, Zöllner und des Zeltmachers zu zerstören, waren weder Gaius noch Claudius stark genug, auch nicht ihr Nachfolger Nero, und dies, obwohl er die beiden besten der Gesetzgeber tötete – 21 er be-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

seitige nämlich Petrus und Paulus, aber er beseitigte nicht die Gesetze zusammen mit den Gesetzgebern –; auch nicht Vespasian, Titus oder Domitian, und dies, obwohl er gegen sie alle Arten von Mitteln einsetzte. Trajan und Hadrian führten gegen diese Gesetze einen heftigen Krieg1. Trajan vernichtete zwar das persische Reich, unterwarf die Armenier dem Zügel der Römer, und zwang schließlich die Skythenvölker, sich dem Szepter zu beugen. Doch war er nicht stark genug, die Gesetzgebung der Fischer und des Gerbers zu zerstören. 22 Hadrian zerstörte von Grund auf die Stadt derer, die Jesus gekreuzigt hatten2; es gelang ihm aber nicht, diejenigen, die an diesen glaubten, dazu zu bringen, dass sie aufhörten, ihm zu dienen. Antoninus, sein Nachfolger, und sein Sohn Verus feierten zahlreiche glanzvolle Triumphe über die Barbaren und legten denen, die sich eines Lebens in Unabhängigkeit erfreut hatten, das Joch des römischen Imperiums auf. Aber sie waren weder durch Überredung noch durch Gewalt im Stande, diejenigen, die liebevoll das Joch des Gekreuzigten trugen, dazu zu bringen, den zu verlassen, den sie liebten, und dies, obwohl sie sie mit einer Fülle von Drohungen einschüchterten und zahlreiche Bestrafungen anwandten. 23 Und um nicht von Commodus, Maximian und all denen zu reden, die bis zu Aurelian, Carus und Carinus regiert haben, wer kennt nicht die antireligiöse Raserei eines Diokletian, eines Maximian, eines Maxentius, eines Maximinus und Licinius? Denn nicht einzeln oder zu zweit oder zu dritt, sondern scharenweise haben sie die an Christus Glaubenden getötet und zu Tausenden und Zehntausenden vernichtet. 24 In einigen Städten haben sie die mit Männern, Frauen und Kindern gefüllten Kirchen in Brand gesetzt und am Tag selbst der Passion des Erlösers, an dem wir uns versammeln, um das Gedächtnis des Leidens und der Auferstehung des Herrn zu feiern, zerstörten sie alle Kirchen im Römischen Reich. 25 Zwar zerschlugen sie den Zusammenhalt der Steine, doch zerstörten sie nicht die Religion der Seelen. Die Alten wissen, was man sich alles unter der Regierung Julians gegen die Christen herausgenommen hat; auch wir haben die Zeugen dieser Tragödie davon berichten hören. Aber all diese Leute, so viele sie waren, welch großes Reich sie regierten, wie vieler Barbaren Verwegenheit sie zunichte machten, wie glanzvoll sie sich in den Kriegen hervortaten, haben dennoch nicht mit den tausenden von Mitteln, die sie anwandten, Menschen besiegt, die von ihrer Hände Arbeit leben, Ungebildete, Arme und Frauen, die mit dem Spinnen von Wolle ihren Lebensunterhalt bestreiten. 26 Was rede ich von Männern und Frauen? Sie konnten nicht einmal Kindern, die die allerersten Grundlagen erlernt hatten, ihre Überzeugungen über unseren Gott und Erlöser nehmen. Menschen, die völlig außer sich waren und rasten, zahllose Listen und Täuschungen anwandten, konnten nicht die Gesetze der Fischer zerstören, vielmehr machten sie durch ihren Kampf gegen sie diese noch weitaus stärker, genau wie Menschen, die Feuer löschen wol-

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len und Öl hineingießen, es dadurch noch mehr entfachen. 27 Ebenso machten auch diese durch ihren Kampf gegen die Religion die Stärke der Wahrheit offenkundig. Und wie einst jenen brennenden Dornbuch das Feuer nicht verbrannte, so vernichteten auch die Schläge der Verfolger nicht die Verfolgten. Im Gegenteil, wie Bäume, wenn Holzarbeiter sie beschneiden, aus ihren Wurzeln weit mehr Seitenzweige hervorbringen als die abgeschnittenen, ebenso haben sich gerade dann, als man die Gläubigen unterdrückte, umso mehr in die Schule der Evangelien begeben, und das Blut der Getöteten wurde zur Lebensquelle für die Neugetauften. 28 Was wir sehen, bezeugt dies. Unendlich zahlreicher als die damaligen Gläubigen sind diejenigen, die sich jetzt des Namens des Glaubens rühmen. Die Kinder der Verfolger haben die Raserei ihrer Väter verabscheut und sind in die Reihen der Verfolgten eingetreten. Der Hellenismus ist verschwunden und in völlige Vergessenheit geraten, die Lehre der Fischer aber hat sich verbreitet, und man glaubt, dass der von ihnen verkündete Gott der Gott des Universums ist. 29 Die Städte sind voll von Menschen, die solche Auffassungen haben, die Dörfer sind voll davon, die Berge sind vom Irrtum befreit, denn anstelle jener Altäre und des früheren Truges wohnen dort die Chöre der Asketen, singen das Lob des Gekreuzigten, seines Vaters und des Heiligen Geistes. 30 Sollte aber jemand vermuten, dass es die Frömmigkeit der Herrscher sei, die die Lehren der Fischer bestätigt haben, dann erweist gerade dies die Stärke dieser Lehren selber. Sie hätten nämlich nicht die alten Gesetze verachtet, die Schriften der Vergangenheit, langwährende Gewohnheiten, Ansichten der Vorfahren, wenn sie nicht die Wahrheit der einen bewundert, den mythischen Charakter der anderen verabscheut hätten. 31 Warum denkt ihr eigentlich nicht an die früheren Verfolgungen der Kirche? Mühelos werdet ihr ja auf diese Weise diesen Eindruck zunichte machen. Wenn nämlich so zahlreiche und so mächtige Herrscher mit allen Kräften gegen die Religion gekämpft und alle Arten von Mitteln angewendet haben, ohne die geringste Bresche in ihre Mauern zu schlagen, so müsste man naiv und völlig uneinsichtig sein, um nicht anzunehmen, die Stärke der Fischer sei göttlicher Art, vielmehr zu meinen, ihre Entfaltung sei Folge der Herrschermacht.

VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie Um die universale Geltung des Christentums einsichtig zu machen, griffen die Apologeten die antike Vorstellung einer Urphilosophie auf, die erst im Christentum wieder hergestellt sei. Justin folgte einerseits der griechischen Dekadenztheorie über den Verfall der Philosophie, derzufolge das ursprünglich eine, zu Gott führende Urwissen in den Kontroversen der verschiedenen

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

Schulen weitgehend verdunkelt wurde, stellte aber diesem Denkmodell seine These entgegen, dass jene ursprüngliche Philosophie durch die Verkündigung der inspirierten Propheten erneut zugänglich gemacht wurde (Nr. 303). In ähnlicher Weise wies auch Tatian den biblischen Schriften diese Bedeutung zu (orat. 29,2: Nr. 26). Eusebius (Nr. 303–305) vertrat die These einer ursprünglichen Philosophie, die er mit dem Bekenntnis zum Monotheismus gleichsetzte, wie es sich bei den Gerechten der Vorzeit bzw. den Hebräern an den Anfängen der Menschheit fand. Nachdem diese Form der Gottesverehrung im polytheistischen Heidentum verlorengegangen war, aber auch im national begrenzten, unter dem Gesetz lebenden Judentum nicht rein bewahrt blieb, wurde sie erst von Christus wieder hergestellt. Mit dieser universalhistorischen Perspektive war sowohl der Altersbeweis zugunsten des Christentums erbracht als auch der Vorwurf des Traditionsbruchs widerlegt, insofern die Überwindung des Heidentums sowie die Loslösung vom Judentum die Rückkehr zur wahren und ursprünglichen Religion bzw. Philosophie bedeutete. Zwar wurde mit dieser Konzeption der Neuheitscharakter des Christentums auf die Universalisierung der ursprünglich nur von wenigen Gerechten praktizierten Gottesverehrung reduziert, jedoch ermöglichte die Rückbindung der neuen Religion an die Weisen der Vorzeit ihre Definition als wiedergefundene Urphilosophie. Indem das so interpretierte Christentum grundsätzlich der Vernunftnatur des Menschen entsprach, war zugleich der universale Geltungsanspruch dieser Religion begründet.

Nr. 303 Justin, dialogus 2,1–2; 7,1–3; 8,1 2 (1) Philosophie ist wirklich der größte und kostbarste Besitz vor Gott, zu dem allein sie uns führt und uns mit ihm vereint, und wirklich heilig sind die, die sich mit Philosophie befassen. Was aber Philosophie ist und warum sie zu den Menschen herabgesandt wurde1, ist den meisten verborgen. Denn sonst gäbe es nicht Platoniker oder Stoiker oder Peripatetiker oder Theoretiker oder Pythagoreer, zumal diese Wissenschaft eine einzige ist2. (2) Warum sie jedoch vielköpfig wurde, will ich erklären: Es geschah, dass denen, die sich als erste mit ihr beschäftigten und dadurch Ansehen gewannen, sich solche anschlossen, die nicht die Wahrheit erforschten, sondern allein von der festen Haltung und Selbstbeherrschung jener und von der Neuheit ihrer Worte beeindruckt waren und das für wahr hielten, was jeder bei seinem Lehrer lernte; und danach wurden auch diese, nachdem sie an ihre Nachfolger entsprechende und ähnliche Dinge weitergegeben hatten, mit dem gleichen Namen benannt, den auch der Vater der Lehre trug.

VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie

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7 (1) „Es lebten vor langer Zeit einige, die älter waren als alle diese sogenannten Philosophen, sie waren glücklich, gerecht und von Gott geliebt, sie sprachen aus göttlichem Geist und prophezeiten kommende Ereignisse, die faktisch jetzt eintreffen; Propheten nennt man diese. Sie allein sahen und verkündeten den Menschen das Wahre, ohne diese zu fürchten, und ohne ihnen zu schmeicheln, sondern sie sagten allein das, was sie gehört und gesehen hatten, erfüllt vom Heiligen Geist. (2) Und ihre Schriften sind jetzt noch zugänglich, und wer sie liest, gewinnt aus ihnen den größten Nutzen, in Bezug auf den Ursprung, und das Ende und alles, was der Philosoph wissen muss, wenn er jenen Vertrauen schenkt. Denn nicht mit Beweisen haben sie ihre Lehre damals vorgetragen, weil sie, erhaben über jede Beweisführung, vertrauenserweckende Zeugen der Wahrheit sind; das aber, was geschehen ist und geschieht, zwingt, ihren Worten zuzustimmen. (3) Doch auch aufgrund der Wundertaten, die sie ausführten, war es berechtigt, ihnen Glauben zu schenken, weil sie durch diese sowohl den Schöpfer des Alls als Gott und Vater priesen als auch seinen Sohn Christus verkündeten; weder taten noch tun dies die vom trügerischen und unreinen Geist erfüllten falschen Propheten; diese erdreisten sich vielmehr, Wunder zu tun, um die Menschen zu erschrecken, und preisen damit die Geister des Irrtums und die Dämonen. Bete vor allem, dass die Pforten des Lichtes sich vor dir öffnen mögen; denn das ist nicht allen sichtbar und verständlich, sondern nur demjenigen, dem Gott und sein Christus das Verständnis dafür gewährt.“ 8 (1) Als er3 dies gesagt hatte und noch manches außerdem, wovon jetzt keine Zeit ist zu berichten, ging er fort, nachdem er mir befohlen hatte, über diese Dinge zu nachzudenken; und ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen. In meiner Seele aber entbrannte sogleich ein Feuer, und Sehnsucht ergriff mich nach den Propheten und jenen Männern, die Christi Freunde sind; und als ich für mich selbst seinen Worten nachging, verstand ich, dass allein diese Philosophie4 sicher und förderlich sei.

Nr. 304 Eusebius, historia ecclesiastica 1,4,4–10 (4) Doch wenn wir auch offensichtlich Neulinge sind und die wirklich neue Bezeichnung „Christen“ noch nicht lange bei allen Völkern bekannt ist, so ist doch, wie wir im folgenden nachweisen wollen, unser Leben und die Art unseres Wandels in Einklang mit den Lehren der Religion nicht erst vor kurzem von uns erfunden, sondern gewissermaßen schon von Beginn der Menschheit an durch natürliche Einsichten der alten Gottesfreunde praktiziert worden. (5) Das hebräische Volk ist nicht neu, sondern eben wegen seines Alters all-

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

gemein geachtet und allgemein bekannt. Seine Überlieferungen und seine Schriften erwähnen nun Männer aus alter Zeit, zwar nur wenige an Zahl, aber ausgezeichnet durch Frömmigkeit, Gerechtigkeit und alle übrigen Tugenden: einige vor der Sintflut, andere nach ihr, von den Söhnen und Nachkommen des Noe den Abraham, den die Söhne der Hebräer als ihren Stammvater rühmen. (6) Würde jemand alle diese durch Gerechtigkeit ausgezeichneten Männer, von Abraham an bis hinauf zum ersten Menschen, als Christen, wenn auch nicht dem Namen, so doch der Tat nach erklären, so dürfte er die Wahrheit nicht verfehlen1. (7) Denn wenn dieser Name sagen will, dass der Christ sich dank der Erkenntnis und Liebe Christi, infolge seiner Lehre durch Besonnenheit und Gerechtigkeit, durch standhaftes Leben und tapfere Rechtschaffenheit sowie durch das fromme Bekenntnis des einen und einzigen, über alle herrschenden Gottes auszeichnet, dann sind die erwähnten Männer in all diesem nicht weniger eifrig gewesen als wir. (8) Sowenig wie wir dachten auch jene an eine körperliche Beschneidung oder an eine Beobachtung der Sabbate. Auch kümmerten sie sich nicht, sowenig wie die jetzigen Christen, um Speisegebote und Speiseverbote, die zuallererst Mose für spätere Generationen zum symbolischen Vollzug erlassen hatte. Genau kannten sie auch den Christus Gottes; denn, wie gezeigt wurde, er erschien dem Abraham, offenbarte sich dem Isaak, sprach mit Israel und verkehrte mit Mose und den späteren Propheten. Man kann daher finden, dass jene gottbefreundeten Männer sogar des Namens Christus gewürdigt worden waren. Denn es heißt von ihnen: „Vergreift euch nicht an meinen Gesalbten und versündigt euch nicht an meinen Propheten!“ (Ps 105,15). (10) Die Art der Religion, die vor nicht langer Zeit durch die Lehre Christi bei allen Völkern verkündet wurde, muss man also offenbar für die erste, allerälteste und ursprünglichste, schon von den Gottesfreunden zur Zeit Abrahams praktizierte ansehen. Nr. 305 Eusebius von Cäsarea, praeparatio evangelica 14,3,1–5 (1) Die Hebräer hatten von alters her seit beträchtlicher Zeit, ja sozusagen von den Anfängen der Menschheit an die wahre und religiöse Philosophie entdeckt; sie bewahrten sie unversehrt auch für die Nachwelt, indem der Sohn vom Vater diesen Schatz wahrer Worte empfing und so sehr hütete, dass man nicht wagte, dem, was einmal geklärt war, irgend etwas hinzuzufügen oder davon etwas fortzunehmen. (2) Daher ist auch der sehr weise Mose, der sich durch die vorangegangenen Bücher älter als alle Griechen, aber altersmäßig als der letzte der ersten Hebräer erwies, nicht auf die Idee gekommen, etwas von den Ansichten der Vorfahren im Bereich der theologischen Lehren

VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie

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zu ändern und umzuformen, außer in dem Umfang, wie es nötig war, um für die von ihm abhängigen Menschen soziale Verhaltensformen sowie die Gesetzgebung einer maßvollen Verfassung zu begründen. (3) Auch die auf ihn folgenden Propheten, die anschließend für zahllose Jahre erstrahlten, haben es nicht gewagt, etwas zu äußern, was einen Widerspruch untereinander oder zu den Gedanken des Mose und der früheren Gottesfreunde verriet. (4) Aber auch unsere Lehre, die von dort ihren Anfang genommen und durch ihre inspirierte Macht mit einem Mal ganz Griechenland und die Regionen der Barbaren erfüllt hat, schließt nichts ein, was mit dem Früheren in Widerspruch stünde. Man könnte sogar sagen, dass sie nicht nur für die Lehren der Theologie, sondern auch für die Lebensart dieselbe Regel überliefert wie die Hebräer, die vor Mose lebenden Gottesfreunde1. (5) Unsere Lehre, die nach dem einhelligen und einstimmigen Zeugnis der Ersten, der Mittleren und der Letzten von dieser Art ist2, besiegelt nach übereinstimmendem Urteil die Zuverlässigkeit der wahren Religion sowie der wahren Philosophie; sie erfüllt die ganze Welt, indem sie sich Tag für Tag erneuert und erblüht, als hätte sie gerade ihre erste Blüte abgeworfen. Und weder die gesetzlichen Anordnungen noch die Angriffe der Feinde noch die so häufig geschliffenen Schwerter der Verfolger erwiesen sich stärker als die Vollkommenheit der Lehren, denen wir folgen. Nr. 306 Eusebius, demonstratio evangelica 1,2,1.8–10 (1) Das Christentum ist weder eine Form von Griechentum1 noch von Judentum, sondern trägt die Merkmale einer besonderen Form der Gottesverehrung, und dies ist nichts Neues und Abseitiges, sondern etwas wirklich sehr Altes und war den Gottesfreunden vor der Zeit des Mose, denen man Frömmigkeit und Gerechtigkeit zuerkennt, vertraut und gut bekannt. (8) … So ist es an der Zeit, eine dritte Weise der Gottesverehrung in Erwägung zu ziehen, an der jene vermutlich ihr Leben ausgerichtet haben. (9) Erwäge daher, ob nicht eben dies die dritte Ordnung zwischen Judentum und Griechentum war, die wir dargelegt haben, d. h. diejenige, die einerseits die älteste und allen vorausliegende ist, andererseits aber gerade eben durch unseren Retter allen Völkern verkündet wurde. (10) Und dies wäre wohl das Christentum, das weder Griechentum noch Judentum ist, sondern die älteste Religionsform zwischen diesen und zudem die altehrwürdigste Philosophie, die aber gerade erst für alle Menschen auf der ganzen bewohnten Welt als Gesetz erlassen worden ist. Daher landet der, der vom Griechentum zum Christentum wechselt, nicht beim Judentum und wird auch umgekehrt nicht, wenn er sich von der selbstgemachten jüdischen Frömmigkeit zurückzieht,

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2. C) Geschichte als apologetisches Argument

unverzüglich zum Griechen. Vielmehr wird der, der sich von beiden Ordnungen abwendet, also vom Griechentum und vom Judentum, zu der Gesetzgebung und Lebensweise übergehen, die dazwischen steht, die der alten Gottesfreunde und gerechten Männer, die unser Retter und Herr, nachdem sie lange Zeit geruht hatte, wiederum erneuerte, entsprechend den diesbezüglichen Orakeln von Mose selbst und den übrigen Propheten.

D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument I. Die Option für den Logos gegen den Mythos 1) Eine Grundentscheidung des Christentums Die Mehrheit der Apologeten war überzeugt, dass christliche Auffassungen nur dann universale Geltung beanspruchen konnten, wenn sich der Glaube auch vor dem Forum der Vernunft begründen ließ. Die Rationalität wurde daher als gemeinsame Basis anerkannt, um in einen Disput mit dem nichtgläubigen Denken einzutreten und den Wahrheitsanspruch des Christentums argumentativ darzulegen. Nr. 307 Athenagoras, legatio 35,6 Wir dienen dem Logos. Nr. 308 Origenes, contra Celsum 3,16 Wir bemühen uns, entsprechend der Vernunft zu glauben. Nr. 309 Laktanz, epitome 50,2 Es sei doch erlaubt, weise zu sein; es sei erlaubt, nach der Wahrheit zu suchen.

2) Christliche Kritik der antiken Religion Die Konfrontation mit der Vielfalt religiöser Vorstellungen und Praktiken im griechisch-römischen Kulturraum stellte die Christen vor die grundsätzliche Frage, ob sie bereit waren, sich in dieses Pantheon zu integrieren, oder infolge ihres Selbstverständnisses diesen Weg nicht beschreiten konnten. Mit der grundsätzlichen Option für die Vernunft verstand sich das frühe Christen-

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

tum gegenüber dem heidnischen Polytheismus und Zeremonialismus als konsequente Weiterführung der philosophischen Religionskritik sowie als die von Gott selbst initiierte Aufklärung. Um die Einzigartigkeit der biblischen Botschaft zu sichern und den unverwechselbaren Charakter des Christentums zu sichern, unterzogen die Apologeten sämtliche religiöse Phänomene ihrer Umwelt einer scharfen Kritik.

a) Rezeption vorchristlicher Ansätze Die christliche Polemik gegen die pagane Mythologie, Idolatrie und Kultpraxis griff vielfach auf die religionskritischen Äußerungen griechisch-römischer Philosophen und sogenannter Atheisten zurück (Nr. 310). Insbesondere die Dreiteilung der Theologie (theologia tripartita), wie sie der römische Enzyklopädist Varro (116–27 v. Chr.) in Anlehnung an ältere griechische Traditionen entfaltet hatte, war bereits der Ansatz einer kritischen Reflexion über die pagane Religion, so dass jenes Schema von den Apologeten häufiger verwendet wurde, zugleich aber auch als Basis diente, die christliche Religionskritik noch konsequenter zu formulieren (Nr. 311, 345).

Nr. 310 Clemens von Alexandrien, protrepticus 24,2 Ich muss mich wundern, weshalb man Euhemeros von Akragas und Nikanor von Kypros sowie Diagoras und Hippon von Melos, dazu jenen Mann von Kyrene namens Theodoros und zahlreiche andere, die ein vernünftiges Leben geführt und schärfer als die übrigen Menschen den Irrtum über diese Götter erkannt haben, Atheisten genannt hat1. Wenn sie auch die Wahrheit selbst nicht erfasst haben, so haben sie doch zumindest den Irrtum geahnt; dies ist kein unbedeutendes, Leben in sich tragendes Samenkorn der Einsicht, das zur Wahrheit heranwachsen kann. Nr. 311 Tertullian, ad nationes 2,1,1.4.7–15 (1) Jetzt wünscht sich unsere Verteidigung in einen Kampf mit euch einzulassen über eure Götter, ihr bedauernswerten Heiden, indem sie euer eigenes Bewusstsein auffordert, darüber nachzudenken, ob in Wahrheit Götter existieren, wie ihr behauptet, oder nur angeblich, wie ihr nicht zur Kenntnis nehmen wollt. … (4) Kurz, wenn es möglich wäre, eine so große Verirrung durch

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einen einzigen Einspruch zu zertrümmern, so wäre folgender Hinweis zur Hand. Da ihr ja nicht leugnet, dass alle diese Götter von Menschen eingeführt worden sind, so bricht dadurch schon die Glaubwürdigkeit ihrer wahren Göttlichkeit in sich zusammen, da nämlich nichts, was einmal begonnen hat, mit Recht als göttlich gelten kann. … (7) Gegen Folgendes also richtet sich unser Unternehmen: gegen die Einrichtungen der Vorfahren, die Autorität des Gewohnten, die Gesetze der Herrschenden, die Darlegungen der allzu Klugen; gegen hohes Alter, Gewohnheit, Zwang; gegen Beispiele, Vorzeichen, Wunder; alle diese Dinge haben dieser falschen Götterwelt Bestand verliehen. (8) Daher nehme ich den Kampf auf, indem ich mich an eure Auszüge von Schriften halte, die ihr aus jeder Art von Theologie entnommen habt, weil hierin die Literatur bei euch höhere Autorität besitzt als die Sache selbst; als Kompendium habe ich die Werke Varros ausgewählt, der aus allem, was früher über die „Göttlichen Dinge“ verfasst worden war, sein Buch zusammengestellt hat und sich uns als geeignetes Ziel darbot. (9) Wenn ich diesen frage, wer die Götter eingeführt hat, so gibt er entweder die Philosophen oder die Völker oder die Dichter an. (10) In drei Arten hat er die Klasse der Götter eingeteilt: Eine sei die physische, die die Philosophen behandeln, die zweite die mythische, die bei den Dichtern umhergeistert, die dritte die für ein Volk charakteristische, die sich jedes Volk erwählt hat1. (11) Da also die Philosophen die physische Art aus Vermutungen zusammengeklittert, die Dichter die mythische Art aus Erzählungen herausgesponnen, die Völker die für ein Volk charakteristische Art willkürlich angenommen haben, wo soll man dann die Wahrheit unterbringen? (12) In den Vermutungen? Doch die bloße Bezeichnung der Sache in Worten ist etwas Unsicheres. In den Erzählungen? Doch die Erzählung ist etwas Abstoßendes. In der Aufnahme von Göttern? Aber die Aufnahme ist für jede Stadt verschieden. (13) Kurz, bei den Philosophen sind die Dinge unsicher, weil sie voneinander abweichen, bei den Dichtern ist alles unwürdig, weil schändlich, bei den Völkern ist alles ohne Ordnung, weil willkürlich. (14) Wenn man nun aber die wahre Gottheit untersucht, so ist sie dadurch definiert, dass sie weder aus unsicheren Beweisführungen erschlossen noch durch unwürdige Erzählungen entehrt, noch durch beliebige Aufnahmen für wahr gehalten werden kann; denn sie muss so aufgefasst werden, wie sie ist, sicher existierend, makellos und gemeinsam, weil sie ja allen gehört. (15) Aber an welchen Gott soll ich glauben? Den eine Vermutung dafür gehalten hat? Den die Geschichtserzählung wiederholt zur Sprache gebracht hat? Den die Stadt gewünscht hat? Weitaus angemessener wäre es für mich, an gar keinen Gott zu glauben als an einen zweifelhaften, schändlichen oder erwählten!

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b) Anachronistische Polemik? Die apologetische Kritik an der Götterwelt eines Homer und Hesiod oder an den von Varro erwähnten alt-italischen Gottheiten erscheint vielfach als Auseinandersetzung mit längst überlebten Formen antiker Religiosität. Da jedoch die traditionellen Kulte mit ihren archaisch-antiquiert wirkenden Zügen nach wie vor staatstragende Bedeutung besaßen, war die Polemik der Apologeten keineswegs anachronistisch. Zwar verwiesen die Apologeten seit den anti-paganen Maßnahmen pro-christlicher Herrscher im 4. Jh. triumphierend auf den unumkehrbaren Niedergang der heidnischen Religion (Nr. 312), doch wurde durchaus realistisch deren Fortleben in den Herzen der Menschen konstatiert, auch nachdem die Tempel geschlossen worden waren (Nr. 313).

Nr. 312 Athanasius, de incarnatione Verbi 55 Du solltest sehr bewundern, dass nach dem Auftreten des Erlösers die Idolatrie nicht mehr zugenommen hat und, insofern sie noch existiert, geringer wird und allmählich aufhört. Und die Weisheit der Griechen macht keine Fortschritte mehr, und insofern sie noch existiert, ist sie weiterhin am Verschwinden. Und die Dämonen verführen nicht mehr mit trügerischen Erscheinungen, Orakeln und Zauberkünsten, und sie brauchen es nur zu wagen und zu versuchen, um durch das Zeichen des Kreuzes zurückzuscheuen. Zusammenfassend gesagt, siehe, wie die Lehre des Erlösers überall zunimmt, jegliche Idolatrie und alles, was sich dem Glauben an Christus widersetzt, täglich geringer, schwächer und hinfällig wird.

Nr. 313 Augustinus, enarrationes in psalmos 98,2 „Die Götter, die Himmel und Erde nicht gemacht haben, müssen verschwinden von der Erde und unter dem Himmel!“ (Jer 10,11). … Seht, ob dies nicht geschieht, ob es nicht größtenteils schon geschehen ist. Was ist denn übrig geblieben, oder wie viel ist übrig geblieben? Eher sind die Idole in den Herzen der Heiden als an den Orten der Tempel geblieben.

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c) Kritik der Kultpraxis Der vielfach befremdlich wirkende Charakter heidnischer Kultpraktiken (Nr. 314, 317), ihre Indifferenz gegenüber dem moralischen Verhalten (Nr. 315) bzw. ihr fragwürdiger Einfluss darauf (Nr. 195) oder auch irritierende Parallelen zu den christlichen Mysterien (Nr. 284, 316) erschienen in den Augen der Apologeten als zweifache Pervertierung der wahren Religion. Falsche Götter wurden in falscher Weise verehrt (Nr. 317).

Nr. 314 Minucius Felix, Octavius 24,11–13 24 (11) Betrachtet man ihre Riten1, wie viel ist da lächerlich, ja sogar bemitleidenswert. Im schlimmsten Winter laufen einige halbnackt umher, andere ziehen mit Filzhüten dahin oder tragen alte Schilde herum, schlagen Pauken oder führen bettelnd ihre Götter durch die Gassen. Bestimmte Tempel darf man nur einmal im Jahr betreten, andere überhaupt nicht besuchen; hier dürfen Männer nicht hinein, und da gibt es einige Heiligtümer, die nicht für Frauen sind. Ja, es ist ein strafwürdiges Verbrechen für einen Sklaven, bei bestimmten Zeremonien dabei zu sein. Gewisse Kultgegenstände darf allein eine nur einmal verheiratete Frau bekränzen, andere dagegen eine mit mehreren Männern, und da sucht man mit heiligem Eifer diejenige, die die meisten Ehebrüche aufzuweisen hat. (12) Und jener, der mit eigenem Blut opfert, der mit Wunden, die er sich selbst zugefügt hat, um Gnade fleht? Wäre es nicht besser für ihn, gottlos zu sein, als auf solche Weise fromm? Und jene, die sich selbst ihre Genitalien abschneiden?2 Wer Gott auf solche Weise zu gefallen sucht, der entehrt ihn. Denn hätte Gott sie als Eunuchen gewollt, hätte er sie dann nicht so erschaffen können, statt sie erst dazu machen zu lassen? (13) Wer begriffe nicht, dass nur geistesgestörte Menschen in ihrem verwirrten, getrübten Sinn auf so etwas verfallen können? Und dass sie einander nur infolge der Menge der Irrenden schützen können? Die große Anzahl der Rasenden ist es eben, die hier die gemeinsame Raserei zu verteidigen vermag3.

Nr. 315 Laktanz, divinae institutiones 5,19,26–34 (26) Folglich verlangt die Gottesverehrung, da sie ja ein himmlischer Kriegsdienst ist, größte Ergebenheit und Treue. Denn wie wird Gott einen Verehrer lieben, wenn er selbst nicht von ihm geliebt wird, oder einem Bit-

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tenden gewähren, was er erbeten hat, wenn er zum Beten weder von Herzen noch unter Beachtung der Gebote kommt? (27) Wenn diese aber zum Opfern kommen, bringen sie ihren Göttern nichts Innerliches, nichts Eigenes dar, nicht die Aufrichtigkeit der Gesinnung, keine Ehrfurcht, keine Scheu. Sind daher die sinnlosen Opferzeremonien vollzogen, dann lassen sie die ganze Religion im Tempel und mit dem Tempel so zurück, wie sie sie aufgefunden hatten; mit leeren Händen sind sie gekommen, mit leeren Händen gehen sie wieder. (28) Das ist der Grund, weshalb solche Religionen weder gute Menschen hervorbringen noch stark und unwandelbar sind. Leicht manipulieren lassen sich deshalb von diesen die Menschen, weil man da nichts für das Leben, nichts für die Weisheit, nichts für den Glauben lernt. (29) Was besagt denn der Aberglaube an jene Götter? Welche Kraft hat er? Welchen Lehrinhalt? Welchen Ursprung? Welchen Sinn? Welche Grundlage? Welchen Wesenskern? Wohin strebt er oder was verspricht er, so dass er vom Menschen treu und entschieden verteidigt werden könnte? Ich sehe in ihm nichts anderes als einen Ritus, der lediglich mit den Fingern zu tun hat. (30) Unsere Religion ist aber deshalb stark, fest gegründet und unwandelbar, weil sie Gerechtigkeit lehrt, weil sie immer bei uns ist, weil sie ganz im Herzen des Verehrenden existiert, weil sie die Gesinnung selbst als Opfer darbietet1. Dort wird nichts anderes verlangt als das Blut von Tieren, Qualm und das nutzlose Trankopfer, hier gesunder Menschenverstand, ein reines Herz und ein unschuldiges Leben; dorthin kommen wahllos schamlose Ehebrecherinnen, dreiste Kupplerinnen, sittenlose Dirnen, es kommen Gladiatoren, Straßenräuber, Diebe und Giftmischer, und sie erflehen nichts anderes, als dass sie ihre Verbrechen straflos ausüben können. (31) Worum denn sollte ein opfernder Straßenräuber oder Gladiator bitten, wenn nicht darum, töten zu können? Worum ein Giftmischer, wenn nicht darum, täuschen zu können? Worum eine Dirne, wenn nicht darum, möglichst viel sündigen zu können? Worum eine Ehebrecherin, wenn nicht um den Tod ihres Gatten oder darum, dass ihre Schamlosigkeit sich verbergen lasse? Worum ein Zuhälter, wenn nicht darum, viele Männer um ihren Besitz zu bringen? Worum ein Dieb, wenn nicht darum, vieles zusammenraffen zu können? (32) Hier aber ist auch für eine kleine und gewöhnliche Sünde kein Platz, und wenn einer nicht reinen Gewissens zum Opfer kommt, muss er hören, was ihm Gott androht, er, der die verborgenen Seiten des Herzens sieht, der den Sünden immer feind ist, der Gerechtigkeit verlangt und Treue fordert. Welcher Platz könnte hier noch für schlechte Gesinnung oder schlechte Bitte sein? (33) Aber jene Unglücklichen sehen auch an ihren Verbrechen nicht, wie böse das ist, was sie verehren, weil sie eben durch alle Untaten befleckt zum Beten kommen und der Meinung sind, sie hätten ein frommes Opfer dargebracht, wenn sie ihre Haut abgewaschen haben, als ob irgendwelche Ströme die Begierden, die im Her-

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zen verschlossen sind, abwaschen2 oder irgendwelche Meere sie reinigen könnten. (34) Um wie viel besser ist es, eher den Geist zu reinigen, der von schlechten Begierenden beschmutzt wird, und mit einem einzigen Bad der Tugend und Treue alle Laster abzustreifen3. Wer das tut, ist, mag er auch einen befleckten und schmutzigen Körper haben, genügend rein.

Nr. 316 Firmicus Maternus, de errore profanarum religionum 18,1–2.7–8 1 Ich will nun darlegen, an welchen Zeichen oder welchen Symbolen sich die elende Menschenrotte bei den abergläubischen Kulten erkennt. Sie haben nämlich besondere Zeichen, besondere Kennworte, die ihnen bei den sakrilegischen Zusammenkünften die Lehre des Teufels überliefert hat. In einem gewissen Tempel sagt der dem Tod geweihte Mensch, um in die inneren Räume eingelassen werden zu können: „Aus der Pauke habe ich gegessen, aus der Zimbel habe ich getrunken, und die Geheimnisse der Religion habe ich gründlich erlernt“, was in griechischer Sprache lautet: ek tympanou bebrôka, ek kymbalou pepôka, gegona mystês Atteôs (= ich bin ein Geweihter des Attis geworden)1. 2 In übler Weise bekennst du, elender Mensch, den verübten Frevel. Einen verderblichen Gifttrank hast du getrunken, und von ruchloserer Raserei getrieben leckst du an einem todbringenden Becher. Dieser Speise folgt stets Tod und Strafe. Das, was du dich rühmst getrunken zu haben, schnürt die Lebensader tödlich ab und verheert den Sitz der Seele durch fortwährende Verunreinigung mit dem Bösen. Eine andere Speise ist es, die Heil und Leben spendet, eine andere Speise ist es, die den Menschen dem höchsten Gott empfiehlt und zurückgibt, eine andere Speise ist es, die die Ermattenden erleichtert, die Irrenden zurückruft, die Gefallenen aufrichtet, die den Sterbenden die Wahrzeichen ewiger Unsterblichkeit schenkt. Christi Brot, Christi Becher suche, damit das Wesen des Menschen die irdische Hinfälliglichkeit verachte und mit unsterblicher Nahrung gesättigt werde. 7 Damit aber deutlicher erkannt werde, welches denn jenes Brot ist, durch welches das Verderben des elenden Todes besiegt wird, so hat der Herr selbst es mit heiligem und ehrwürdigem Mund bezeichnet, damit nicht durch abweichende Erörterungen die Hoffnungen der Menschen mittels falscher Interpretationen getäuscht würden. Er sagt nämlich im Evangelium nach Johannes: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird niemals hungern, wer an mich glaubt, wird niemals dürsten“ (Joh 6,35). Ebenso drückt er im folgenden dasselbe in ähnlicher Weise aus, er sagt nämlich: „Wenn einer dürstet, so komme und trinke er, der an mich glaubt“ (Joh 7,38). Und wiede-

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rum sagt er selbst, um das Wesen seiner Majestät den Gläubigen kundzutun: „Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und sein Blut trinkt, werdet ihr nicht das Leben in euch haben“ (Joh 6,54). 8 Darum gebt euch nicht ab mit der Speise der Pauke, o ihr elenden Sterblichen! Sucht die Gnade der heilbringenden Speise und trinkt den unsterblichen Becher! Christus ruft euch mit seinem Mahl zum Licht zurück und belebt die durch das schwere Gift faulig gewordenen Körperteile und die steif gewordenen Glieder. Durch himmlische Speise erneuert den verdorbenen Menschen, damit alles, was in euch erstorben ist, durch göttliche Hilfe wiedergeboren wird! Ihr habt erfahren, was euch zu tun geziemt, wählt, was ihr tun sollt. Dort wird der Tod erzeugt, hier unsterbliches Leben geschenkt.

Nr. 317 Augustinus, de civitate Dei 7,27 Wenn es sich dabei1 wenigstens um eine Symbolik handelte, die dem religiösen Gefühl angemessen wäre, so wäre es zwar bedauerlich, dass hier nicht der wahre Gott verkündet und gerühmt wird, aber noch einigermaßen erträglich, weil so hässliche und schändliche Dinge weder verübt noch gefordert würden. Nun aber, da es bereits Frevel ist, anstelle des wahren Gottes, durch dessen Einwohnung allein die Seele glücklich wird, etwas zu verehren, das nur Körper oder Seele ist, wie viel frevelhafter ist es erst, es so zu verehren, dass Leib und Seele des Verehrers weder Heil noch Zierde gewinnen. Wenn also ein Element der Welt oder ein geschaffener Geist, selbst wenn es kein unreiner und böser ist, durch Tempel, Priester und Opfer, die allein dem wahren Gott zustehen, verehrt wird, so ist das nicht darum schlecht, weil es etwa eine schlechte Weise kultischer Verehrung wäre, sondern weil man solche Verehrung dem schuldet, dem allein solcher Kult und Dienst gebührt. Wenn man aber durch unsinnige oder abscheuliche Bildnisse, durch Menschenopfer, durch Bekränzung von Zeugungsgliedern, durch bezahlte Unzucht, durch Verstümmelung des Leibes und der Geschlechtsteile, durch Weihe von Lustknaben, durch Feiern von unreinen und obszönen Spielen den einen wahren Gott, also den Schöpfer aller Seelen und Leiber, verehren will, sündigt man nicht darum, weil der nicht verehrt werden dürfte, den man verehrt, sondern weil man den zu Verehrenden nicht so verehrt, wie man ihn verehren sollte. Wer aber auf solch schändliche und frevelhafte Weise nicht den wahren Gott, den Schöpfer von Seele und Leib, sondern ein Geschöpf, sei es auch kein Schlechtes, gleichviel ob Seele oder Leib oder Seele und Leib zugleich, verehrt, der versündigt sich zweifach gegen Gott, da er einmal an seiner Statt etwas anderes verehrt, und weil er es sodann in einer Weise verehrt,

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wie man weder ihn noch sonst jemanden verehren darf. Die Art und Weise des heidnischen Kults, seine Schändlichkeit und Frevelhaftigkeit, liegt klar zutage. d) Kritik der paganen Gottesvorstellungen Die Apologeten sahen insbesondere durch das von den Mythen gezeichnete Bild der Götter deren Verehrung und Existenz diskreditiert. Insofern es im griechischen Denken kaum eine schriftlich entfaltete Theologie gab und die heidnischen Göttervorstellungen hauptsächlich in den mythologischen Überlieferungen literarisch greifbar wurden, konzentrierte sich die christliche Kritik auf die Zeugnisse der Dichter (Nr. 318–319, 322–323, 326). Wurde von heidnischer Seite auf die dichterische Freiheit verwiesen (Nr. 321), so unterstrichen christliche Autoren den negativen Einfluss jener Schilderungen auf Leser ohne differenzierendes Urteil (Nr. 91, 318, 323, 326). Heidnische Versuche der Mythenallegorese, die die Götter als Personifikationen bzw. Symbole naturhafter Elemente, Kräfte und Prozesse interpretierte (Nr. 325), wurden mit der Begründung kritisiert, dass diese Umdeutung der Mythen hermeneutisch fragwürdig sei, auf Naturvergötterung hinauslief und Theologie letztlich auf Physik reduziert wurde (Nr. 319, 324, 328). Vielfach bediente sich die christliche Polemik der dem heidnischen Denker Euhemerus (ca. 280 v. Chr.) zugeschriebenen These, die Götter seien ursprünglich Menschen gewesen, die erst nach ihrem Tod aufgrund ihrer Verdienste von den Zeitgenossen vergöttlicht wurden (Nr. 327). Nr. 318 Aristides, apologia 8 (syr.) (1) Kommen wir nun zu den Griechen, um zu sehen, was sie über Gott denken. … (2) Die Griechen, die sich als weise bezeichnen, erwiesen sich törichter als die Chaldäer, indem sie lehrten, dass viele Götter existieren, männliche und weibliche, Urheber verschiedener Leidenschaften und vielfältiger Gesetzesüberschreitungen. Jene haben verbreitet, dass diese Götter Ehebrecher und Mörder seien, jähzornig, neidisch und cholerisch, Vater- und Brudermörder, Diebe und Räuber, hinkend und verkrüppelt, Giftmischer und Wahnsinnige. Einige haben auf Zithern gespielt, und einige sind auf Bergen umhergestreift. Von ihnen seien einige gestorben, andere wurden vom Blitz erschlagen, gerieten in Knechtschaft von Menschen, begaben sich auf die Flucht, einige wurden von Menschen gestohlen, wurden hingeschlachtet und beklagt, und einige, heißt es, sind hinabgegangen zum Hades, und einige wurden durchbohrt und verwandelten sich in Tiere, damit sie Ehebruch trie-

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ben mit dem Geschlecht der sterblichen Frauen, und einige wurden wegen Beischlafes mit Männern geschmäht, einige, sagt man, waren mit ihren Müttern und Schwestern und Töchtern verheiratet. (3) Und von ihren Göttern sagen sie, dass sie mit Menschentöchtern Ehebruch getrieben haben, und von diesen wurde ein gewisses Geschlecht geboren, das auch sterblich war. Und von einigen (Göttinnen) sagen sie, dass sie wegen Schönheit gestritten haben und vor Menschen zum Urteil kamen. (4) Daher haben die Griechen lächerliches, törichtes und gottloses Gerede aufgebracht, indem sie diejenigen Götter nannten, die keine waren, entsprechend ihrer bösen Begierden, damit diese ihnen als Verteidiger der Lasterhaftigkeit dienten und sie Ehebruch, Raub und Mord sowie die schlimmsten Taten begehen konnten. (5) Wenn nämlich ihre Götter solches taten, wie sollten da nicht auch sie selber solches tun?1 (6) Infolge dieser verdorbenen Sitten mussten die Menschen zahlreiche Kriege, und große Hungersnöte, Metzeleien und bittere Gefangenschaften und Beraubtsein von allem erdulden. Und siehe, sie erdulden es, und es trifft sie dieses alles lediglich aus diesem Grund. Und indem sie es erdulden, merken sie nicht in ihrem Sinn, dass wegen ihres Irrtums sie dieses trifft.

Nr. 319 Tatian, oratio ad Graecos 21,5–7 (5) Lasst euch endlich von mir überzeugen, ihr Griechen, und erklärt eure Mythen und Götter doch nicht für allegorisch. Selbst wenn ihr nämlich versuchen solltet, dies zu tun, ist euer Gottesbegriff schon erledigt, nicht bloß von uns, sondern auch von euch selber. Denn entweder sind eure Dämonen, falls sie so sind, wie sie geschildert werden, charakterlich schlecht, oder man bezieht sie auf Naturkräfte und dann sind sie erst recht nicht, was sie sein sollen. Die göttliche Substanz der Elemente zu verehren, dazu würde ich weder mich überreden lassen noch meinen Nächsten überreden wollen. (6) Metrodoros von Lampsakos1 hat in seinem Buch über Homer, wo er alles in Allegorien verwandelte, allzu großen Unsinn fabriziert. Er behauptet nämlich, weder Hera noch Athene noch Zeus seien das, wofür sie diejenigen hielten, die ihnen Tempel und Haine geweiht haben, sondern sie seien Naturkräfte und Ordnungen der Elemente. (7) Auch Hektor und Achilles natürlich, ferner Agamemnon, kurz alle Griechen und Barbaren einschließlich der Helena und des Paris seien Substanzen derselben Natur, werdet ihr sagen, und in die Dichtung nur um der Komposition willen eingeführt, ohne dass eine der erwähnten Personen jemals wirklich existiert hätte.

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Nr. 320 Clemens von Alexandrien, protrepticus 12,1; 25,3–26,7 12 (1) Vom Logos der Wahrheit geleitet, will ich den in den Mysterien verborgenen Schwindel aufdecken und eure sogenannten Götter, denen die mystischen Initiationen gelten, wie auf der Bühne des Lebens vor den Zuschauern der Wahrheit auftreten lassen. 25 (3) Es gab eine ursprüngliche, den Menschen angeborene Verwandtschaft mit dem Himmel, die zwar durch Unwissenheit verdunkelt wurde, dann und wann aber plötzlich aus der Dunkelheit mit hellem Glanz hervorbrach, wenn zum Beispiel jemand sagte: „Siehst du da oben den unbegrenzten Äther, / wie er mit geschmeidigen Armen die Erde umschließt?“ (Eurip., frg. 936). Und ebenso: „Der du die Welt trägst und die Welt dir zum Thron nahmst, / wer du eigentlich bist, ist für uns schwer zu erkennen“ (Eurip., Tr. 884 f.). Und was sonst in dieser Art die Dichtersöhne singen. (4) Aber verkehrte und vom richtigen Weg abgeirrte, wahrhaft verderbliche Gedanken haben das „himmlische Geschöpf“ (Plat., Tim. 90a), den Menschen, vom himmlischen Leben abgewendet und ihn auf die Erde hingestreckt, indem sie ihn dazu verführten, irdischen Gebilden anzuhängen. 26 (1) Die einen ließen sich sogleich durch den Anblick des Himmels täuschen; indem sie nur ihren Augen glaubten, gerieten sie beim Erblicken der Bewegungen der Gestirne in Staunen und vergötterten sie, indem sie die Gestirne wegen des Laufens (thein) Götter (theous) nannten (vgl. Plat., Crat. 397d), und beteten die Sonne an wie die Inder und den Mond wie die Phryger. (2) Andere, die von aus der Erde entsprossenen Pflanzen edle Früchte ernteten, nannten das Getreide Deo wie die Athener und den Weinstock Dionysos wie die Thebaner. (3) Wieder andere, die beobachteten, wie die Schlechtigkeit Vergeltung erfährt, vergötterten diese Strafen und verehrten sogar die Unglücksfälle. Daher haben die tragischen Dichter die Erinyen und Eumeniden, Sühnegötter, Richter und Rächer des Frevels erfunden. (4) Nach dem Beispiel der Dichter machten nun auch einige Philosophen die Erscheinungsformen eurer Leidenschaften zu Göttergestalten: Furcht (Phobos), Liebe (Eros), Freude (Chara), Hoffnung (Elpis); ebenso hat der alte Epimenides in Athen unbekümmert Altäre des Übermuts (Hybris) und der Schamlosigkeit (Anaideia) errichtet. (5) Andere Vorstellungen ergeben sich aus den Ereignissen selbst und wurden von den Menschen vergöttert und körperlich dargestellt, wie Dikê, Klôthô, Lacheses, Athropos (die drei Schicksalsgöttinnen), Heimarmenê (Verhängnis), Auxô (Wachstum) und Thallô (Gedeihen), die Göttinnen Athens. (6) Eine sechste Art, den Trug einzuführen und Götter zu schaffen, besteht darin, zwölf Götter zu zählen; von ihnen singt Hesiod seine Theogonie, von ihnen erzählt Homer seine Göttergeschichten. (7) Als letzte, es gibt nämlich

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sieben Arten, bleibt noch die, die von den göttlichen Wohltaten gegen die Menschen ausgeht. Da sie den Urheber der Wohltaten, Gott, nicht kannten, erfanden sie als Heilgötter die Dioskuren, den Übelabwender Herakles und den Arzt Asklepios. Nr. 321 Tertullian, ad nationes 2,7,9–13 (9) Denn sooft wir die Erbärmlichkeiten, Schändlichkeiten oder Grausamkeiten der Götter kritisieren, so verteidigt ihr sie unter Berufung auf die dichterische Freiheit als mythische Themen. (10) Sooft aber unsererseits über solche Dinge Schweigen herrscht, klagt ihr die Dichtkunst nicht nur nicht an, sondern ehrt sie sogar noch, da ihr sie unter die notwendigen Bildungsfächer rechnet; endlich fördert ihr durch diese Einführung in die Literatur den Lehrgang der frei geborenen Jugend. (11) Die Ankläger der Götter, die Dichter, beantragte Platon (resp. 398a) zu entfernen, Homer selbst sei, allerdings mit Kranzesschmuck, aus dem Staat zu verweisen1. (12) Doch da ihr sie aufnehmt und beibehaltet, warum glaubt ihr ihnen etwa nicht, wenn sie solches über eure Götter zusammenschreiben? (13) Wenn ihr also den Dichtern glaubt, warum verehrt ihr solche Götter? Falls ihr sie deshalb verehrt, weil ihr den Dichtern nicht glaubt, warum bringt ihr Lob den Lügnern dar, ohne euch davor zu hüten, jene zu beleidigen, deren Verleumder ihr ehrt? Allerdings „Glaubwürdigkeit ist von Dichtern nicht zu verlangen.“

Nr. 322 Tertullian, apologeticum 14,2–6; 15,1–3 14 (2) Aber wende ich mich eurer Literatur zu, durch die ihr zu Lebensklugheit und zu den Pflichten freier Menschen erzogen werdet, was finde ich da für Lächerlichkeiten! Die Götter seien um der Trojaner und Achäer willen wie Gladiatorenpaare im Kampf aneinander geraten (Hom., Il. 5,66 ff.); Venus sei durch den Pfeil eines Menschen verwundet worden, weil sie ihren Sohn Aeneas entführen wollte, damit er nicht getötet würde (Il. 5,336 ff.); (3) Mars hätte dreizehn Monate lang in Ketten gelegen und sei beinahe verschmachtet (Il. 5,385); Jupiter sei nur durch die Hilfe eines Ungeheuers davor bewahrt worden, in gleicher Weise von den anderen Himmelsbewohnern überwältigt zu werden (ibd.); bald beweine er das Ende des Sarpedon (Il. 16,433 ff.), bald gebe er sich in schändlicher Weise seiner Schwester hin und erwähne dabei seine früheren Freundinnen, die er weniger leidenschaftlich geliebt hatte (Il. 14,313 ff.). (4) Und welcher Dichter erscheint in der Folge nicht auf die Auto-

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rität des Meisters hin als Entweiher der Götter? Der eine verdingt den Apollon dem König Admet, ihm sein Vieh zu hüten (Il. 2,763 ff.); der andere lässt Neptun Maurerarbeiten bei Laomedon verrichten (Il. 21,436 ff.). (5) Es gibt auch unter den Lyrikern einen berühmten – Pindar (Pyth. 3,77 ff.) meine ich –, der davon singt, wie Aesculap wegen seiner Habgier, da er seine Heilkunst zum Schaden ausübte – durch einen Blitz gerichtet worden sei. Böse ist Jupiter, falls der Blitz ihm gehört, grausam gegen den Enkel, neidisch auf den Könner! (6) Solche Dinge hätten weder, wenn sie wahr sind, preisgegeben noch, wenn sie falsch sind, bei so überaus gottesfürchtigen Menschen ausgedacht werden dürfen. … 15 (1) Die anderen frivolen Einfälle entehren die Götter, damit ihr euer Vergnügen daran habt. Prüft einmal die anmutigen Stücke etwa von Lentulus und Hostilius1 darauf, ob ihr bei ihren Schwänken und Streichen über die Schauspieler oder über eure Götter lacht: „Anubis als Ehebrecher“, „Die männliche Luna“, „Züchtigung der Diana“, „Verlesung des Testamentes des toten Jupiter“, „Verspottung der drei hungrigen Herkulesse.“ (2) Ebenso zeigen die Stücke der Pantomimen alle möglichen würdelosen Handlungen der Götter. Da betrauert der Sonnengott seinen Sohn nach dessen Sturz vom Himmel, und ihr freut euch darüber; Kybele schmachtet einen Hirten an, der sie verschmäht, und ihr errötet dabei nicht; ihr nehmt es hin, wenn Jupiters Skandalgeschichten besungen werden und Juno, Venus und Minerva sich dem Urteil eines Hirten unterwerfen. Schon wenn die Maske eines eurer Götter über einen ehrlosen und verrufenen Kopf gezogen wird, wenn ein unreiner und zu solcher Fertigkeit erst durch Verweichlichung verbildeter Körper eine Minerva oder einen Herkules darstellt – wird dann nicht unter eurem Beifall die göttliche Hoheit und Würde verletzt und geschändet?

Nr. 323 Minucius Felix, Octavius 23,7–8 (7) Soll ich noch darüber reden, wie Mars und Venus beim Ehebruch ertappt werden (Hom., Od. 8,266 ff.), wie Jupiter sich an Ganymed verging und das dann noch am Himmel verewigt wurde? (Od. 20,231 ff.). Dies alles wird ja nur überliefert, um den menschlichen Lastern eine gewisse Berechtigung zu verschaffen. (8) Mit derartigen Erdichtungen, mit solchen nur zu verführerischen Lügen wird die Phantasie der Kinder vergiftet, unter dem Eindruck solcher Mythen wachsen sie in ihr bestes Alter hinein, mit diesen Vorstellungen werden die Bedauernswerten alt, während doch die Wahrheit so nahe liegt, freilich nur für die, die sie suchen.

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Nr. 324 Arnobius, adversus nationes 5,32–34 32 „Du irrst“, entgegnet man mir, „gehst fehl und zeigst in der Behandlung der Sache hinreichend, wie unerfahren, ungebildet und dumm du bist! Denn all die Erzählungen, die dir schändlich und zum Ruin des Göttlichen geeignet erscheinen, beinhalten heilige Geheimnisse, wunderbare und tiefe Gedanken, doch ist es nicht jedermanns Sache, sie mit seiner Geistesschärfe zu erfassen. Der Aussagesinn besteht nämlich nicht in dem, was geschrieben ist und sich aus dem bloßen Wortlaut ergibt, sondern all dies ist im allegorischen Sinn und als tiefer liegendes Geheimnis zu verstehen. Wer daher sagt: „Jupiter hat seiner Mutter beigewohnt“, meint damit nicht inzestuöse und schamlose Umarmungen der Liebe, sondern bezeichnet mit dem Namen Jupiter den Regen, mit Ceres die Erde. Und wer wiederum behauptet, er habe mit seiner Tochter Ausschweifungen begangen, redet nicht von schändlichen Genüssen, sondern setzt für den Begriff Regen Jupiter ein und meint mit der Bezeichnung Tochter die Saat. So will auch der, der erzählt, Proserpina sei vom Vater Dis entführt worden, nicht, wie du meinst, behaupten, die Jungfrau sei zu entehrendsten Begehren entführt worden, sondern die Göttin sei unter die Erde gegangen, weil wir die Saatkörner unter Erdschollen verbergen, und die Verbindung mit Orkus deutet die zeugende Befruchtung an. Auf ähnliche Weise wird auch in den übrigen Erzählungen etwas anderes verstanden, als gesagt wird, und unter der gewöhnlichen Schlichtheit des Ausdrucks ist ein geheimer Sinn verborgen und ein tiefes Mysterium verhüllt.“ 33 Offensichtlich sind all dies Spitzfindigkeiten und Kniffe, wie man sie vor Gericht zur Unterstützung fragwürdiger Fälle zu gebrauchen pflegt; ja, um es noch treffender zu sagen, es trägt das Kolorit sophistischer Disputationen, durch die man nicht die Wahrheit, sondern stets nur ein Abbild, Anschein und Schatten der Wahrheit erlangt. Denn weil man sich schämt, es als entehrend und unangemessen empfindet, die unmittelbare Bedeutung zu akzeptieren, ist man dazu übergegangen, der Sache einen anderen Sinn unterzuschieben und dem Schändlichen durch Interpretation den Schein des Anständigen aufzuzwingen. Doch was geht es uns an, ob euren nichtigen Darstellungen ein anderer Sinn oder eine andere Bedeutung zugrunde liegt? Uns, die wir behaupten, dass ihr die Götter auf frevelhafte und ruchlose Weise behandelt, uns genügt nämlich, was geschrieben ist und was man hört, anzunehmen und uns nicht darum zu kümmern, was verborgen ist, da die Beleidigung der Götter nicht im verborgenen Sinn, sondern im klaren Ausdruck der Worte enthalten ist. Um aber nicht den Eindruck zu erwecken, wir wollten nicht die Qualität dessen prüfen, was gesagt wird, so fragen wir euch zuerst Folgendes, wenn ihr uns nur geduldig anhören möchtet: Woher habt ihr erfahren oder woher

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ist euch mitgeteilt worden, dass dies im allegorischen Sinn entweder verfasst sei oder auf diese Weise schließlich verstanden werden müsse? Haben euch die Autoren in ihre Absichten eingeweiht? Oder wart ihr damals in ihren Herzen verborgen, als sie die innere Wahrheit verhüllten und das Eine anstelle des Anderen unterschoben? Ferner, wenn sie aus irgendeinem Grund oder aus religiöser Ehrfurcht jene Mysterien in tiefes Dunkel hüllen wollten, wie groß ist dann eure Verwegenheit, dass ihr begreifen wollt, was jene gerade nicht wollten, dass ihr wissen und allen bekannt machen wollt, was jene mit Worten, die den wahren Sinn keineswegs verraten sollten, vergeblich verbargen? 34 Aber um euch beizupflichten, dass in all diesen Fabeln für Hirschkuh Iphigenie gesagt sei (Eurip., Iph. Aul. 1584 f.), inwiefern ist es für euch denn klar, wenn ihr diese Allegorien erklären und auslegen wollt, dass ihr dasselbe deutet und denkt, was diese Erzähler in ihren verborgenen Gedanken dachten, aber nicht mit dem eigentlichen Ausdruck, sondern mit anderen Bedeutungen formulierten? Ihr behauptet, die Vereinigung von Jupiter und Ceres besage den Regen, der in den Schoß der Erde gefallen sei. Da kann ein anderer etwas anderes, Scharfsinnigeres und Wahrscheinlicheres ausdenken und vermuten; ein Dritter und ein Vierter können nochmals anderes behaupten, und je nach Beschaffenheit des spekulierenden Geistes lassen sich die einzelnen Dinge in unendlichen Interpretationen auslegen. Wenn nämlich bei dunklen Dingen alles als sogenannte Allegorie genommen wird und sie keine feste Umgrenzung hat, innerhalb derer sich die Auslegung der Sache, die genannt wird, sicher und bestimmt bewegt, steht es jedem frei, das Gelesene dahin zu deuten, wohin er es haben will, und zu behaupten, das sei gemeint, wozu ihn seine Meinung und Mutmaßung geführt haben. Da dem so ist, wie könnt ihr Gewisses von Ungewissem ableiten und eine bestimmte Bedeutung dem Wort zuschreiben, das, wie ihr doch sehen müsst, auf unzählige Arten vielfältige Auslegungen erfahren kann?

Nr. 325 Julian, oratio in matrem deorum 10 Es soll niemand glauben, ich wolle behaupten, dies habe sich jemals ereignet oder stattgefunden, als ob die Götter nicht wüssten, was sie tun wollen, oder ihre Fehler korrigieren wollten1. Nein! Die Alten suchten vielmehr die Gründe der ewigen Dinge unter Anleitung der Götter oder auch selbstständig zu erforschen, oder wohl besser gesagt, sie suchten sie unter Führung der Götter zu finden, und wenn sie sie dann gefunden hatten, hüllten sie das Resultat zum Schutz in paradoxe Mythen, damit sich durch die Paradoxität und Absurdität die Fiktion zeige und wir dadurch zum Aufsuchen der Wahrheit

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angeregt werden sollten. Denn ich glaube wohl, den Laien genüge schon die unverstandene und bloß durch die Symbole vermittelte Förderung, während dagegen den mit einer hervorragenden Einsicht Begabten die Wahrheit über die Götter nur unter der Bedingung förderlich sein könne, wenn sie sie unter der Führung der Götter erforschten und erfassten, da sie ja durch die rätselhaften Andeutungen daran erinnert würden, dass man dabei etwas zu suchen habe, und wenn sie dann auf dem Weg der Betrachtung von Fund zu Fund bis zum Ziel und gleichsam zum Gipfelpunkt der ganzen Frage fortschritten, ohne sich dabei voll gläubiger Verehrung mehr auf eine fremde Meinung als auf ihre eigene Denktätigkeit zu verlassen2.

Nr. 326 Augustinus, epistula 91,4–5 4 Jene hochgebildeten Männer1, die den ihnen vorschwebenden Idealzustand des Staates und des irdischen Gemeinwesens in privaten Diskussionen eher erforschten und sogar beschrieben, als dass sie ihn durch ihr öffentliches Handeln lehrten und gestalteten, stellten, um den Charakter der Jugend zu formen, als Modell zur Nachahmung nicht so sehr ihre Götter als vielmehr Menschen vor Augen, die sie für hervorragend und lobenswert hielten. In der Tat: Als jener Jugendliche bei Terenz (Eun. 584–591) an einer Wand ein Gemälde sah, auf dem ein Ehebruch des Götterkönigs dargestellt war, entflammte die Begierde, von der er schon erfasst war, noch durch den Ansporn solch einer Autorität2. Keinesfalls hätte er sich durch sein Begehren zu jener Schandtat verführen lassen oder wäre ihr durch ihren Vollzug verfallen, wenn er lieber Cato als Jupiter hätte nachahmen wollen. Doch auf welche Weise hätte er dies tun können, da man ihn zwang, in den Tempeln Jupiter statt Cato zu verehren? Aber vielleicht hätten wir dieses Beispiel nicht einer Komödie entnehmen sollen, um die Ausschweifung und den frevelhaften Aberglauben der Gottlosen nachzuweisen. Lies oder erinnere dich, wie umsichtig in denselben Büchern (über den Staat) dargelegt wird, dass schriftliche Fassungen und Aufführungen der Komödien unmöglich hätten Aufnahme finden können, wenn nicht die Sitten derer, die sie aufnahmen, damit übereingestimmt hätten. So wird durch die Autorität angesehenster Männer, die sich im Staatswesen profilieren und über das Staatswesen disputieren, bestätigt, dass sehr schlichte Menschen durch die Nachahmung der Götter noch schlimmer werden, die gewiss keine wahren sind, sondern falsche und erfundene. 5 Doch könnte man einwenden: All das, was in alten Zeiten über Leben und Sitten der Götter geschrieben wurde, muss von den Weisen ganz anders verstanden und interpretiert werden. Es ist wahr: noch vor kurzem haben wir

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gehört, wie in den Tempeln vor dem versammelten Volk solche hilfreichen Interpretationen vorgetragen wurden3. Ich frage dich aber: Ist die Menschheit gegenüber der Wahrheit so blind, dass sie derart offenkundige und manifeste Dinge nicht erkennt? An so vielen Orten wird gemalt, gegossen, gehämmert, gemeißelt, geschrieben, gelesen, gespielt, gesungen, getanzt, wie Jupiter zahllose Ehebrüche begeht. Wie viel besser wäre es gewesen, wenn man zumindest auf dem ihm geweihten Kapitol hätte lesen können, dass er diese Dinge verbietet! Will man behaupten, dass die Städte bleiben, wenn diese Missstände voller Schande und Gottlosigkeit, ohne dass jemand es verbietet, beim Volk Begeisterung auslösen, in den Tempeln Verehrung finden, in den Theatern Anlass zu Gelächter bieten, da doch, wenn sie ihnen Opfer schlachten, sogar das Vieh der Armen vernichtet wird, und wenn Schauspieler es aufführen und tanzen, das Vermögen der Wohlhabenden verschwendet wird? Als würdige Mutter solcher Blumen fand man nicht die fruchtbare Erde oder irgendeine mächtige Kraft, sondern jene Göttin Flora, deren Bühnenspiele mit so ausschweifender und zügelloser Schändlichkeit gefeiert werden, dass jedermann begreifen kann, welche Art von Dämon sie ist, da sie nicht mit dem Opfer von Vögeln, vierfüßigen Tieren oder sogar Menschenblut besänftigt werden kann, sondern nur wenn dort, was noch frevelhafter ist, menschliche Scham sozusagen geopfert wird und zugrunde geht.

Nr. 327 Augustinus, de consensu evangelistarum 1,32–33 32 Ist aber etwa auch jener Euhemerus1 ein Dichter gewesen, der offen legt, dass Jupiter, sein Vater Saturn sowie seine Brüder Pluto und Neptun so offensichtlich Menschen gewesen seien, dass deren Verehrer eher den Dichtern danken müssten, weil sie vieles erfunden haben, nicht um sie zu entehren, sondern auszuschmücken? Cicero (nat. deor. 1,119) erwähnt zwar, dass auch Euhemerus selbst von dem Dichter Ennius ins Lateinische übersetzt worden ist. Ist etwa auch Cicero selbst ein Dichter gewesen, der seinen Diskussionspartner in den Tusculanen (1,29) wie jemanden, der in Geheimnisse eingeweiht ist, mit den Worten ermahnt: „Wenn ich versuchen wollte, die Dinge der Vorzeit zu erforschen und sie aus dem, was die griechischen Schriftsteller berichtet haben, zu entnehmen, so würde sich zeigen, dass sogar die Gottheiten, die die Völker als Götter der Vorfahren betrachten, ihren Weg in den Himmel hier bei uns begonnen haben. Frage, von welchen man die Gräber in Griechenland zeigt. Da du zu den Eingeweihten gehörst, erinnere dich an das, was in den Mysterien überliefert wird. Dann wirst du erkennen, wie offen dies zutage liegt.“ Cicero gesteht ohne Zweifel in ausreichen-

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der Weise, dass deren Götter Menschen gewesen seien; wohlwollend vermutet er aber, dass sie in den Himmel gelangt seien, obwohl er an anderer Stelle (Catil. 3,1) nicht zögert offen auszusprechen, dass auch die Ehre einer solcher Auffassung ihnen von den Menschen zugesprochen wurde. Er sagt nämlich über Romulus: „Romulus, der diese Stadt gegründet hat, haben wir in dankbarer Gesinnung und Anerkennung zu den Göttern erhoben.“ Was ist also verwunderlich daran, wenn die Menschen der Vorzeit dasselbe mit Jupiter, Saturn und den übrigen taten, was die Römer mit Romulus taten, was sie schließlich auch in jüngerer Zeit sogar mit Cäsar tun wollten? Ihnen fügte noch Vergil (ecl. 9,47) eine poetische Schmeichelei hinzu, wenn er sagt: „Sieh, wie schon Cäsars Stern, des Nachkommen der Venus, emporstieg.“ Sie mögen also acht geben, dass die historische Wahrheit eventuell die Gräber der falschen Götter auf Erden nachweist, während die poetische Unwahrheit deren Sterne am Himmel nicht fixiert, sondern fingiert. Es ist nämlich nicht wahr, dass der eine Stern Jupiter, der andere Saturn gehört, vielmehr haben nach deren Tod die Menschen in der Absicht, dass jene Verstorbenen als Götter gelten, den von Anbeginn der Welt erschaffenen Sternen diesen Namen gegeben. In dieser Hinsicht stellt sich die Frage, weshalb die Keuschheit so Schlechtes, die Ausschweifung so Gutes verdiente, dass Venus ihren Stern inmitten der Gestirne besitzt, die mit Sonne und Mond umherkreisen, Minerva hingegen nicht. 33 Doch sei einmal eingeräumt, dass der Akademiker Cicero unzuverlässiger als die Dichter sei, er, der es wagte, in seinen Schriften die Gräber der Götter zu erwähnen, obwohl er sich dies nicht aufgrund seiner eigenen Meinung anmaßte, sondern aufgrund der Überlieferung der Kulte selber erwähnte. Kann man etwa auch von Varro2 sagen, dass er wie ein Dichter Dinge erfindet oder sie wie ein Akademiker in Zweifel zieht, wenn er sagt, die Kulte solcher Götter seien entsprechend des Lebens oder Sterbens, wie es jeder einzelne von ihnen unter den Menschen vollzogen hatte, gestaltet worden? Ist etwa auch jener ägyptische Priester Leon ein Dichter oder Akademiker gewesen, er, der zwar dem Makedonen Alexander einen anderen Ursprung zuschreibt, als ihn nach Meinung der Griechen ihre Götter besaßen, dennoch aber erklärte, dass diese Menschen gewesen seien?3

Nr. 328 Augustinus, de civitate Dei 6,8 Doch man sagt: Diese Dinge lassen sich physiologisch, das heißt mit naturkundlichen Theorien interpretieren. Als ginge es uns in dieser Untersuchung um Physiologie und nicht um Theologie, um Naturkunde und nicht um

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Kunde von Gott1. Denn obwohl der wahre Gott nicht aufgrund einer Meinung, sondern von Natur Gott ist2, ist doch nicht alle Natur Gott3, da es auch die Natur des Menschen, Tieres, Baumes und Steines gibt, wovon nichts göttlich ist. Ist aber, wenn wir uns auf diese Interpretationsweise einlassen und den Kult der Göttermutter ins Auge fassen, der grundlegende Gesichtspunkt der, dass die Göttermutter die Erde ist, was forschen wir dann noch länger, was untersuchen wir dann noch anderes? Nichts spricht ja offenkundiger für die Behauptung, alle diese Götter seien in Wirklichkeit Menschen gewesen4. Denn dann sind sie Erdgeborene, und die Erde ist ihre Mutter. Nach der wahren Theologie ist aber die Erde das Werk, nicht die Mutter Gottes. Doch wie man im übrigen auch ihren Mysterienkult interpretieren und zu Naturvorgängen in Beziehung bringen mag: dass Männer sich als Frauen gebrauchen lassen, ist nicht naturgemäß, sondern widernatürlich. Diese Seuche, dieses Verbrechen, diese Schande wird aber in jenem Kult gewerbsmäßig betrieben, während es, selbst bei lasterhaften Menschen, kaum unter dem Druck der Folter eingestanden wird. Sodann, wenn man jenen Kult, der nachweislich noch abscheulicher ist als alle Schändlichkeiten der Bühne, damit entschuldigen und reinwaschen will, dass man ihn auf Naturvorgänge hin interpretiert, die darin abgebildet sein sollen, warum sollen sich dann die Erzeugnisse der Dichter nicht ebenso entschuldigen und reinwaschen lassen? Denn auch diese werden bereits von vielen in derselben Weise gedeutet, haben doch einige sogar das Ungeheuerlichste und Unsagbarste, was da erzählt wird, dass Saturn seine eigenen Kinder verschlungen habe, dahin interpretiert, dass die Länge der Zeit, die mit dem Namen Saturn gemeint sein soll, alles verzehre, was sie hervorgebracht habe (vgl. Cic., nat. deor. 2,25), oder, wie Varro (ling. 5,64) vermutet, dass Saturn sich auf die Samen beziehe, die in die Erde, aus der sie entsprossen sind, zurückfallen. Andere erklären es noch anders und in ähnlicher Weise auch das Übrige.

e) Kritik der Idolatrie Um ihre Kultverweigerung zu begründen, verwiesen die Christen auf den Charakter der heidnischen Götterbilder. Deren Material, Herstellungsprozess, anthropomorpher Ausdruck und wechselvolles Schicksal ließ nach christlicher Überzeugung die verbreitete Identifikation der Bildnisse mit den Göttern selbst nicht zu (Nr. 329–330, 333). Zwar distanzierten sich gebildete Heiden wie Celsus (Nr. 331), Hierokles (?), Porphyrius (Nr. 332, 334) und Kaiser Julian (Nr. 335) von dieser Aufassung und sprachen den Götterbildern eine rein symbolisch-repräsentative Funktion zu. Doch betonten die Apologeten nicht nur die Unmöglichkeit, die Gestalt des unsichtbaren Gottes bildlich an-

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gemessen darzustellen (Nr. 329, 331, 336), sondern auch die dämonischen Einflüsse, die sich in der paganen Idolatrie manifestierten (Nr. 60, 333, 337, 339). Nr. 329 Justin, 1 apologia 9 (1) Aber wir ehren auch nicht mit vielerlei Opfern und Blumengewinden die, welche Menschen gebildet, in Tempeln aufgestellt und Götter genannt haben; denn wir wissen, dass diese Dinge unbeseelt und tot sind und nicht Gottes Gestalt haben – wir glauben nämlich, dass die Gottheit nicht die Gestalt hat, in der man sie, wie einige sagen, zum Zweck der Verehrung abgebildet hat –, dass sie vielmehr Namen und Formen jener sichtbar erschienenen bösen Dämonen haben. (2) Denn was braucht man es euch, da ihr es wisst, zu sagen, zu was allem die Künstler den Stoff durch Behauen, Schnitzen, Gießen und Hämmern verarbeiten. Selbst aus primitiven Gefäßen bildet man oft, indem man künstlich Form und Aussehen verändert, Figuren, die man dann Götter nennt1. (3) Wir finden das nicht nur widersinnig, sondern sehen darin auch eine Beleidigung der Gottheit, die, obwohl sie eine unaussprechliche Herrlichkeit und Schönheit besitzt, nach vergänglichen und der Pflege bedürftigen Dingen genannt wird. (4) Und dass ihre Verfertiger fragwürdige Leute sind und, um nicht alles aufzuzählen, jegliche Schlechtigkeit aufweisen, wisst ihr genau; sogar ihre jungen Sklavinnen, die mit ihnen daran arbeiten, verführen sie. (5) Welch ein Unsinn zu sagen, dass zügellose Menschen Götter zur Anbetung bilden und umbilden, und für die Tempel, wo sie aufgestellt werden, solche Menschen als Wächter anzustellen, ohne dabei einzusehen, dass es ein Frevel ist zu denken oder zu sagen, Menschen seien Hüter der Götter! Nr. 330 Clemens von Alexandrien, protrepticus 51,5–53,6; 56,3–6 51 (5) … Die Götterbilder aber sind leblos, untätig, gefühllos; sie werden angebunden, angenagelt, angeheftet, geschmolzen, gefeilt, gesägt, geglättet, behauen. (6) „Empfindungslose Erde misshandeln“ (Hom., Il. 24,54) in der Tat die Verfertiger von Götterbildern, indem sie ihr ihre Eigenart nehmen und durch die Kunst zu ihrer Anbetung verführen. Die Götterverfertiger beten aber nach meinem Empfinden nicht Götter oder Dämonen an, sondern Erde und Kunstfertigkeit; denn das sind die Götterbilder. Denn tatsächlich ist das Götterbild tote, durch die Hand des Künstlers gestaltete Materie. Wir aber haben nicht ein sinnlich wahrnehmbares Bild aus sinnlich wahrnehmbarer

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Materie, sondern ein geistiges Bild: mit dem Geist, nicht mit den Sinnen wahrnehmbar ist Gott, der einzig wahre Gott. 52 (1) Andererseits müssen die Verehrer der Dämonen, die Anbeter der Steine, in der Not selbst es durch die Erfahrung lernen, dass man empfindungslosen Stoff nicht anbeten soll; da sie der Not selbst erliegen, kommen sie infolge ihrer Dämonenfurcht um. Während sie aber die Bilder verachten, aber doch nicht den Schein erwecken wollen, als schätzten sie sie ganz gering, werden sie von eben den Göttern, denen die Bilder geweiht sind, ihres Irrtums überführt. (2) So nahm der Tyrann Dionysios der Jüngere dem Zeus auf Sizilien sein goldenes Gewand weg und ließ ihm ein wollenes umlegen, wobei er spaßhaft sagte, dies sei besser als das goldene, da es bei Hitze leichter und bei Kälte wärmer sei. (3) Und Antiochos Kyzikenos befahl, als er in Geldverlegenheit war, das goldene Bildnis des Zeus, das fünfzehn Ellen hoch war, einzuschmelzen und aus anderem, weniger wertvollem Stoff ein ihm ähnliches, mit Blattgold überzogenes Bildnis wieder aufzustellen. (4) Die Schwalben aber und viele andere Vögel kommen herangeflogen und verunreinigen gerade die Götterbilder und kümmern sich nicht um den Olympischen Zeus oder den Asklepios von Epidauros oder die Athene Polias oder den ägyptischen Sarapis. Aber nicht einmal von ihnen lernt ihr, dass die Götterbilder völlig empfindungslos sind. (5) Aber manchmal haben auch Verbrecher oder eingedrungene Feinde aus schändlicher Habgier die Tempel geplündert und die Weihgeschenke geraubt, oder sie haben sogar die Götterbilder selbst eingeschmolzen. (6) Und wenn ein Kambyses oder Dareios oder ein anderer Verrückter solches versuchte und wenn einer den ägyptischen Apis tötete, so lache ich zwar darüber, dass er ihren Gott tötete, bin aber darüber entrüstet, wenn er aus Gewinnsucht frevelte. 53 (1) Ich will nun gern über solche Freveltaten hinweggehen, da ich sie für Werke der Habgier und nicht für einen Beweis der Ohnmacht der Götterbilder halte. Aber das Feuer und das Erdbeben sind doch gewiss nicht auf Gewinn bedacht, und doch haben sie keine Furcht oder Scheu vor den Dämonen oder vor den Götterbildern, so wenig wie die Meereswogen vor den Kieselsteinen, die an den Gestaden aufgehäuft sind. (2) Ich weiß, dass das Feuer euch widerlegen und euch von eurer Dämonenfurcht heilen kann; wenn du dem Unverstand ein Ende setzen willst, so wird dir das Feuer die Leuchte vorantragen. Dies Feuer war es, das den Tempel in Argos samt der Priesterin Chrysis verbrannte und ebenso den Tempel der Artemis in Ephesos, den zweiten nach der Zeit der Amazonen, und das Kapitol in Rom häufig heimgesucht hat; es schonte auch den Tempel des Sarapis in der Stadt der Alexandriner nicht. (3) Ferner zerstörte es in Athen den Tempel des Dionysos Eleuthereus; und den Tempel des Apollon in Delphi riss zuerst ein Sturm nieder, dann zerstörte ihn vollständig das verständige Feuer. Damit ist dir eine Art

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Vorspiel gezeigt von dem, was das Feuer verspricht. (4) Denkt ferner an die Verfertiger der Götterbilder! Veranlassen sie nicht die Verständigen unter euch dazu, die Materie zu verachten? Der Athener Phidias schrieb auf den Finger des Olympischen Zeus: „Pantarkes ist schön“; denn schön in seinen Augen war nicht Zeus, sondern sein eigener Geliebter. (5) Und als Praxiteles das Standbild der Knidischen Aphrodite verfertigte, da machte er, wie Poseidippos in der Schrift über Knidos (frg. 2 FHG) erzählt, die Göttin der Gestalt seiner Geliebten Kratine ähnlich, damit die Bedauernswerten die Geliebte des Praxiteles anbeten könnten. (6) Und zu der Zeit, da die Thespische Hetäre Phryne in ihrer Jugendblüte war, nahmen alle Maler für ihre Aphroditebilder die Schönheit der Phryne zu ihrem Vorbild, wie andererseits auch die Bildhauer in Athen die Hermesstatuen dem Alkibiades ähnlich bildeten. Es bleibt also nichts übrig, als dass du dein eigenes Urteilsvermögen zu Rate ziehst und entscheidest, ob du auch die Hetären anbeten willst. 56 (3) Warum denn habt ihr die Ehren, die Gott zukommen, denen zugeteilt, die keine Götter sind? Warum habt ihr den Himmel verlassen und die Erde geehrt? Was anderes ist denn Gold und Silber und Stahl und Eisen und Erz und Elfenbein und Edelgestein? Sind sie nicht Erde und von Erde? Ist nicht all das, was du siehst, aus einer einzigen Mutter entsprossen, der Erde? (4) Warum denn also, ihr Toren und Unverständigen, habt ihr, um es noch einmal zu wiederholen, die „überhimmlische Stätte“ (Plat., Phdr. 247c) verleumdet und die Frömmigkeit auf den Erdboden herabgezogen, indem ihr euch Götter aus Erde machtet? Und warum habt ihr diese geschaffenen Dinge an Stelle des ungeschaffenen Gottes verehrt und euch dadurch in tiefere Finsternis gestürzt? (5) Schön ist der Parische Marmor, aber er ist noch kein Poseidon; schön ist das Elfenbein, aber es ist noch kein Olympischer Zeus. Die Materie hat doch immer die Kunst nötig; Gott aber ist bedürfnislos. Die Kunst entwickelte sich, zur Materie kam die Form hinzu; und die Kostbarkeit des Stoffes bewirkt, dass das Werk mit Gewinn in den Handel gebracht werden kann; aber allein durch die Form wird es ein Gegenstand der Verehrung. (6) Dein Götterbild ist Gold, ist Holz, ist Stein; und wenn du an den letzten Ursprung denkst, so ist es Erde, die von der Hand des Künstlers eine Form erhalten hat. Ich bin aber gewohnt, die Erde mit meinen Füßen zu treten, nicht sie anzubeten; denn ich halte es nicht für recht, die Hoffnungen der Seele je den seelenlosen Dingen anzuvertrauen.

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Nr. 331 Origenes, contra Celsum 1,5; 7,66 1,5 Die Haltung zur Idolatrie stellt er als Charakteristikum der Anhänger des Logos dar und unterstützt sie sogar, indem er sagt: „Deswegen halten sie die nicht für Götter, die von Menschenhand gefertigt sind, da es nicht vernünftig ist, dass die Produkte von überaus fragwürdigen und sittenlosen Künstlern, oft auch Fabrikate ungerechter Menschen Götter seien.“ Im Folgenden will er darlegen, dass dieses eine allgemeine Auffassung und nicht etwas erstmals vom Christentum Entdecktes sei; so zitiert er einen Passus von Heraklit (frg. 22B5): „Wer sich leblosen Dingen nähert, als seien es Götter, handelt wie jemand, der sich mit den Häusern unterhält.“ Nun, auch hierzu ist zu sagen, dass ähnlich wie bei den anderen Prinzipien der Moral den Menschen Vorstellungen eingepflanzt worden sind, aufgrund derer Heraklit und vielleicht noch manch anderer unter Griechen oder Barbaren zur Einsicht kamen, diese Auffassung zu vertreten. Er führt nämlich an, dass „auch die Perser dieser Ansicht seien“ und beruft sich dabei auf „Herodot (1,131), der dieses berichtet.“ Wir selbst können noch hinzufügen, dass ebenso Zenon von Kition in seinem „Staat“ (SVF I,265) sagt: „Es wird keinerlei Bedarf bestehen, Tempel zu errichten. Nichts nämlich darf man für sakral halten noch für wertvoll und heilig, da es das Werk von Bauleuten und Handwerkern ist1.“ Daher ist klar, auch hinsichtlich dieser Lehre steht „in den Herzen der Menschen“ (Röm 2,15) mit Gottesschrift eingeschrieben, was zu tun ist. 7,66 Nicht nur das Beten zu Götterbildern ist naiv, sondern auch die Anpassung an die große Menge, wenn man den Eindruck erweckt, zu den Götterbildern zu beten, wie es die peripatetischen Philosophen, die Anhänger Epikurs und Demokrits tun2. Denn in der Seele dessen, der gegenüber der Gottheit wahrhaft fromm ist, darf keine Falschheit existieren. Wir verehrten die Götterbilder aber auch deswegen nicht, um nicht, soviel an uns liegt, der Meinung zu verfallen, die Götterbilder seien andere Götter. Deshalb machen wir auch dem Celsus und allen, die zugeben, dass es sich dabei nicht um Götter handle, den Vorwurf, dass sie, die als weise gelten, den Götterbildern Verehrung zu erweisen scheinen. Die große Menge schließt sich ihnen an und geht nicht nur dadurch in die Irre, dass sie die Götterbilder mit Rücksicht auf die Tradition zu verehren glaubt, sondern auch dadurch, dass ihre Seelen der Ansicht verfallen, diese seien Götter, und es nicht hören wollen, dass das, was sie anbeten, keine Götter sind. Celsus sagt zwar, man solle diese nicht für Götter halten, sondern für Weihegeschenke der Götter, weist aber nicht nach, inwiefern diese nicht Weihegeschenke von Menschen, sondern, wie er es nennt, der Götter sind. Denn es ist klar, dass dies Weihegeschenke von Menschen sind, die falsche

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Vorstellungen von der Gottheit haben. Aber wir nehmen auch nicht an, dass die Götterbilder Abbilder der Gottheit seien, da wir von der Gestalt des unsichtbaren und unkörperlichen Gottes kein Bild machen können. Da aber Celsus meint, dass wir uns in Widersprüche verwickeln, wenn wir einerseits sagen, dass die Gottheit keine menschliche Gestalt habe, und andererseits glauben, Gott habe den Menschen zu seinem eigenen Bild gemacht und ihn nach dem Bild Gottes geschaffen, so ist, wie auch schon weiter oben gesagt (6,63), zu entgegnen, dass die Beschaffenheit nach dem Bild Gottes in der vernunftbegabten Seele liegt, die durch die Tugend diesen Charakter hat. Hier sagt allerdings Celsus, der den Unterschied zwischen „Bild Gottes“ und „nach dem Bild Gottes“ nicht sieht, wir behaupteten, Gott habe den Menschen zu seinem eigenen Bild gemacht und an Gestalt sich ähnlich. Auch darauf wurde schon oben geantwortet. Nr. 332 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 76 (= Macarius Magnes, apocriticus 4,21) Diejenigen, die den Göttern die gebührende Verehrung erweisen, glauben nicht, dass der Gott in dem Holz oder Stein oder Erz sei, aus dem das Götterbild hergestellt wird, und meinen nicht, wenn ein Stück von dem Bild abgebrochen wird, dass dadurch ein Machtverlust des Gottes eintrete. Denn der Erinnerung wegen wurden die Götterbilder und die Tempel von den Alten errichtet, damit die Hinzutretenden dadurch eine Gottesvorstellung bekämen, oder in Feierstunden und in vollkommener Reinheit Gebete und Bitten vortrügen, indem ein jeder von ihm das erbäte, was er benötigte. Denn wenn einer ein Bild eines Freundes anfertigt, so glaubt er doch keineswegs, dass sich der Freund in dem Bild selbst befinde oder dass seine Körperteile durch die Linien der Zeichnung eingeschlossen würden, sondern dass die Ehre, die er dem Freund erweist, durch das Bild zum Ausdruck komme, dass aber die den Göttern dargebrachten Opfer ihnen nicht so sehr Ehre bringen, wie sie vielmehr ein Ausdruck der guten Absicht ihrer Verehrer sowie ihrer Dankbarkeit sind. Dass aber die Götterbilder mit Recht menschliche Gestalt besitzen, da ja der Mensch als das schönste Lebewesen und als Gottes Ebenbild gilt, diesen Grundsatz kann man durch ein anderes Wort bekräftigen, das versichert, dass Gott Finger habe, mit denen er schreibe. Es heißt: „Und er gab dem Mose die beiden Tafeln, die beschrieben waren mit dem Finger Gottes“ (Ex 31,18). Aber auch die Christen ahmen den Bau der Tempel nach und bauen gewaltige Gebäude, in denen sie zum Gebet zusammenkommen, obwohl sie dies ungehindert in den Häusern tun könnten, da ja der Herr bekanntermaßen von überall her hört.

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Nr. 333 Laktanz, divinae institutiones 2,17,6–12 (6) Ich habe gezeigt, dass die Religionen der Götter aus dreifachem Grund nichtig sind. Erstens, weil die Bildnisse, die man verehrt, Darstellungen verstorbener Menschen sind; es ist aber verkehrt und unangemessen, dass das Bild eines Menschen von einem Bild Gottes verehrt wird; denn wer etwas verehrt, ist geringer und schwächer. (7) Weiterhin ist es ein unsühnbarer Frevel, ein lebendiges Wesen zu verlassen, um Denkmälern von Toten zu dienen, die weder Leben noch Licht, deren sie selbst entbehren, irgendjemandem geben können. Auch ist niemand sonst Gott, außer der einzige, dessen Urteil und Macht jede Seele unterworfen ist. (8) Zweitens, weil die heiligen Bilder selbst, denen die Menschen völlig gedankenlos dienen, keinerlei Sinnesempfindung besitzen, da sie aus Erde sind. (9) Wer aber begreift nicht, dass es ein Frevel ist, wenn sich ein aufrecht stehendes Lebewesen niederbeugt, um die Erde anzubeten? Diese liegt deshalb unter unseren Füßen, um von uns betreten, nicht angebetet zu werden. Deshalb sind wir von ihr genommen und haben vor allen sonstigen Lebewesen eine aufrechte Haltung empfangen, damit wir uns nicht nach unten beugen und unser himmlisches Antlitz auf die Erde richten, sondern unseren Blick dorthin lenken, wohin ihn seine natürliche Anlage gelenkt hat, und nichts sonst anbeten, nichts verehren, als den einzigartigen Namen unseres alleinigen Schöpfers und Vaters, der den Menschen deshalb aufrecht formte, damit wir wissen, zum Höheren und Himmlischen berufen zu sein. (10) Drittens, weil die Geister, die diese Religionen beherrschen, von Gott verdammt und verworfen, sich auf der Erde ausbreiten. Sie können ihren Verehrern nicht nur nichts gewähren, da die Macht über alle Dinge in den Händen eines Einzigen liegt, sondern sie bringen sie durch tödliche Verführungen und Irrtümer ins Verderben, denn ihr tägliches Wirken besteht darin, Finsternis über die Menschen auszubreiten, damit sie nicht den wahren Gott suchen. (11) Sie dürfen also nicht verehrt werden, da sie der Macht Gottes unterstehen. Es ist nämlich eine sehr schwere Sünde, sich der Gewalt derer auszuliefern, denen man überlegen sein könnte, wenn man der Gerechtigkeit folgte, und die man durch Anrufung des göttlichen Namens vertreiben und in die Flucht schlagen könnte. (12) Wenn aber diese Religionen offensichtlich aus so vielen Gründen, wie ich darlegte, nichtig sind, dann ist klar, dass diejenigen, die entweder Tote anrufen oder die Erde verehren oder ihre Seele unreinen Geistern übereignen, nicht bewahren, was den Menschen zum Menschen macht, und sie für ihre Gottlosigkeit und ihren Frevel büßen müssen, dass sie in Rebellion gegen Gott, den Vater der Menschheit, unsühnbare Riten praktizierten und alles, was heilig ist, verletzten.

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Nr. 334 Eusebius von Cäsarea, praeparatio evangelica 3,6,7–7,5 6 (7) Nachdem wir so viele Beweise erbracht haben, um eine zusammenhanglose Theologie zu widerlegen, ebenso diejenige, die man die mythische nennt, wie die höhere und physikalische, die, wie gezeigt wurde, die alten Griechen und Ägypter hoch verehrten, ist es nun an der Zeit, die Verzierungen der Modernen1, unserer Zeitgenossen, zu untersuchen, die den Anspruch erheben zu philosophieren. Was über den Bildner des Universums, über die unköperlichen Ideen, über die geistigen und vernunftbegabten Mächte die Schule Platons sehr viel später entdeckt und mit richtigen Überlegungen erfasst hatte, haben diese nämlich mit der Theologie der Alten zu kombinieren versucht und mit noch größerer Anmaßung ihre eigene Form der Mytheninterpretation gerühmt. Höre nun, mit welch großen Worten Porphyrius (simulacr. frg. 351) auch deren Physiologie in den Himmel hebt: 7 (1) „. Er bezeichnet damit die Gedanken einer theologischen Weisheit, durch die Menschen den Gott und die Mächte Gottes mittels natürlicher Bilder der sinnlichen Wahrnehmung zeigten, indem sie das Unsichtbare durch sichtbare Gebilde für diejenigen nachgestalteten, die es verstanden, das über die Götter Geschriebene aus den Statuen wie aus Büchern aufzulesen. Es ist nicht verwunderlich, wenn die Unwissendsten3 die Götterbilder für Holz und Stein hielten, ebenso wie diejenigen, die nicht lesen können, die Stelen als Steine betrachten, die Schreibtafeln als Holz, die Bücher als geflochtenen Papyrus.“ (2) Nachdem er wie in einer Vorrede solches großsprecherisch verkündet hat, höre, was er anschließend wirklich schreibt: „Da das Göttliche lichtartig ist, in einer Ausbreitung ätherischen Feuers existiert, für Sinne unsichtbar bleibt, die mit dem sterblichen Leben beschäftigt sind, vermittelten sie durch eine transparente Materie wie Kristall oder parischer Marmor oder Elfenbein eine Vorstellung seines Lichtes, und durch das Gold den Gedanken des Feuers und seiner Reinheit, denn das Gold verfärbt sich nicht. (3) Viele verdeutlichten wiederum durch einen schwarzen Stein die Unsichtbarkeit seines Wesens. Auch stellten sie die Götter in Menschengestalt dar, weil das Göttliche vernunftbegabt ist, schön, weil ihre Schönheit unberührt ist; mit Unterschieden in der Gestalt, im Alter, in sitzender oder stehender Haltung, in der Kleidung, die einen als Männer, die anderen als Frauen, sei es als Jungfrauen oder Herangewachsene, sei es als solche, die schon die Ehe kennen gelernt haben, um ihre Unterschiede deutlich zu machen. (4) Daher schrieben sie auch jegliches Weiß den himmlischen Göttern zu; die Kugel und alles Kugelförmige im engeren Sinn der Welt, der Sonne und dem Mond, bisweilen auch

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dem Zufall und der Hoffnung; den Kreis und das Kreisförmige der Dauer, der Bewegung des Himmels, seinen Zonen und Zyklen; die Abschnitte der Zyklen den Gestalten des Mondes; Pyramiden und Obelisken dem Wesen des Feuers und deswegen den Göttern des Olymp. Wie wiederum den Konus der Sonne, der Erde den Zylinder, der Saat und der Erzeugung den Phallus und das Dreieck wegen der Ähnlichkeit mit den Körperteilen der Frau.“ (5) Soweit der bewundernswerte Philosoph. Was könnte es noch Unanständigeres für diejenigen geben, die das Schändliche ernst nehmen? Was könnte gezwungener sein, als unbeseelte Materie, Gold, Stein und dergleichen zum Bild des Lichtes der Götter zu nehmen und zu behaupten, es seien Symbole der himmlischen und ätherischen Natur? Dass dies Gedankenspiele der Modernen sind und den Alten nicht einmal im Traum in den Sinn gekommen wären, ließe sich erkennen, wenn man erfährt, dass die Vorfahren Götterbilder aus Gold und Materialien, die als wertvoller galten, verwarfen.

Nr. 335 Julian Apostata, epistula 48 Denn Götterbilder, Altäre, die Wache am unauslöschlichen Herdfeuer, kurz, alle diese Einrichtungen haben unsere Väter als Symbole für die Gegenwart der Götter geschaffen, nicht etwa, dass wir sie selbst für Götter halten, sondern damit wir durch sie die Götter verehren sollen. Denn da wir in einem Körper leben und daher auch unserer Götterverehrung materielle Formen verleihen mussten, während sie selbst immateriell sind, zeigten sie uns als erste Abbilder die zweite Kategorie der Götter, die der ersten folgt und sich in einer Kreisbahn um den ganzen Himmel bewegt1. Da aber auch ihnen die Verehrung nicht in materieller Form dargebracht werden kann, weil sie ihrer Natur nach deren nicht bedürfen, wurde auf Erden eine weitere Kategorie von Abbildern ersonnen, durch deren kultische Verehrung wir uns die Götter gnädig stimmen können. Denn wie jene, die ihre Verehrung den Bildern der Kaiser erweisen, obwohl diese ihrer gar nicht bedürfen, dennoch ihr Wohlwollen auf sich ziehen, so bewegen auch jene, die die Bilder der Götter verehren, obwohl auch diese ihrer gar nicht bedürfen, sie dennoch, ihnen zu helfen und sich ihrer anzunehmen. … Wenn wir unseren Blick also auf die Standbilder der Götter richten, wollen wir sie auf keinen Fall nur für Gebilde aus Stein und Holz halten, aber gewiss auch nicht glauben, sie seien die Götter selbst. Wir bezeichnen ja auch die Kaiserbilder nicht nur als Holz, Stein und Erz, doch gewiss auch nicht als die Kaiser selbst, sondern eben als Bilder der Kaiser. Wer also seinen Kaiser liebt, sieht mit Freude das Bild des Kaisers. Wer seinen Sohn liebt, sieht mit Freude das Bild seines Sohnes, und wer sei-

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nen Vater liebt, das Bild des Vaters. Folglich blickt auch, wer die Götter liebt, mit Freude auf die Statuen und Bilder der Götter, von Scheu erfüllt und zugleich auch erschauernd vor diesen Göttern, die ihn aus ihrer Unsichtbarkeit heraus ansehen. Nr. 336 Augustinus, de civitate Dei 4,31 Er sagt auch, die alten Römer hätten mehr als 170 Jahre lang die Götter ohne Bildnisse verehrt1. „Wäre man dabei geblieben“, bemerkt er, „wäre der Gottesdienst ein reinerer“ (Varro, ant. rer. div. frg. 18). Zur Bestätigung dieser Ansicht führt er unter anderem auch das jüdische Volk an und beendet diesen Abschnitt mit der freimütigen Erklärung, diejenigen, die zuerst den Völkern Götterbildnisse aufstellten, hätten ihren Mitbürgern die Furcht vor den Göttern genommen2 und den Irrtum vermehrt. Denn einsichtig urteilt er, dass die Torheit der Götterbildnisse leicht zur Verachtung der Götter führen könne. Wenn er aber nicht sagt: Sie haben Irrtum überliefert, sondern gemehrt, gibt er zu verstehen, dass es auch ohne Götterbildnisse bereits Irrtum gab. Da er also versichert, nur die hätten Gottes Wesen begriffen, die in ihm die in der Welt waltende Seele erblickten, und der Meinung ist, dass ohne Götterbildnisse die Religion reiner sei, wer sieht da nicht, wie sehr er sich der Wahrheit genähert hat? f) Entlarvung der dämonischen Einflüsse Die apologetische Auseinandersetzung mit den paganen Religiosität beschränkte sich nicht auf eine Kritik ihrer Phänomene, sondern versuchte auch deren Hintergrund zu erhellen, indem die Entstehung der Mythen und kultischen Riten, das Aufkommen des Polytheismus, die Vergöttlichung verstorbener Menschen, schließlich die Wirkmächtigkeit der Götterbilder auf den Einfluss der Dämonen zurückgeführt wurden (Nr. 60, 81, 281–283, 329, 337). Während die Dämonen im platonischen Weltbild Mittler zwischen dem göttlichen und dem menschlichen Bereich waren, identifizierten sie die christlichen Autoren mit den gefallenen Engeln der Bibel und bestritten die ihnen zugeschriebene Mittlerfunktion (Nr. 66, 339). Ihr Wirken bestehe gerade darin, durch Mythen, Riten und polytheistiche Gottesvorstellungen die Menschen an die Welt zu binden und der wahren Gottesverehrung zu entfremden (Nr. 333, 338–340).

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Nr. 337 Athenagoras, legatio 18,1; 23; 26; 27 18 (1) Einige sagen nun: Allerdings sind das nur Bilder, aber Götter sind es, denen die Bilder geweiht sind; sowohl die Wallfahrten, die man zu den Bildern macht, als auch die Opfer beziehen sich auf die Götter und gelten diesen; auch gibt es keine andere Weise, sich den Göttern zu nähern: „Gefährlich sind ja Götter, wenn sie sichtbar erscheinen“ (Hom., Il. 20,131). Und um nachzuweisen, dass es sich so verhält, führen sie die Wirkungen an, die von einigen Götterbildern ausgehen. Daher wollen wir jetzt deren Macht untersuchen, die sich mit den Namen verbindet. 23 (1) Ihr könntet also bei eurer allen überlegenen Einsicht die Frage stellen: „Wie erklärt es sich denn, dass einige Götterbilder wirksam sind, wenn diejenigen, zu deren Ehren wir die Statuen errichten, keine Götter sind? Man kann doch nicht annehmen, dass die leblosen und unbeweglichen Bilder aus sich allein eine Kraft haben ohne einen Beweger.“ (2) Dass bei einigen Orten, Städten, Völkern ab und zu Wirkungen im Namen der Götterbilder stattfinden, bestreiten auch wir nicht. Jedoch halten wir, wenn einigen hierdurch genützt, andern geschadet wurde, jene Wesen, die in dem einem oder anderen Sinn wirksam waren, nicht für Götter. Wir haben vielmehr genau untersucht, aus welchem Grund ihr glaubt, dass die Götterbilder eine Macht besitzen und wer eigentlich diejenigen sind, die darin wirken und deren Namen in Beschlag nehmen. 26 (1) Wer also die Leute zu den Götterbildern hinzieht, sind die erwähnten Dämonen, die sich an das Blut der Opfertiere herandrängen und sie ablecken. Die Götter dagegen, die dem Volk gefallen und den Bildern ihren Namen geben, sind, wie ihre Geschichte zeigt, Menschen gewesen. (2) Dass nun die, die sich der Namen bemächtigen, Dämonen sind, wird durch die Wirkungsweise der einzelnen bestätigt. Die einen provozieren nämlich Selbstkastration, so im Rheakult1, andere Verstümmelungen und Einschnitte, so im Artemiskult2; [die Göttin von Taurus tötet sogar die Fremden]3. Ich will nicht reden von denen, die sich mit Messern und Geißeln zerfleischen4, auch nicht von den verschiedenen Arten der Dämonen; denn es ist nicht Gottes Art, Anregung zu Widernatürlichem zu geben. „Der Dämon blendet, wenn er Unglück bringen will, zuvor des Menschen Sinn“5. … 27 (1) Was folgt hieraus? Die irrationalen und phantasiegeleiteten Bewegungen der Seele bringen einmal so, einmal so, verschiedene Bilder hervor, nehmen sie teils aus der materiellen Welt, teils formen und erzeugen sie solche unabhängig davon6. Das widerfährt insbesondere einer solchen Seele, die vom Geist der Materie empfängt und sich mit ihm vermischt, die nicht zu den himmlischen Dingen und deren Schöpfer aufschaut, sondern abwärts blickt

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auf das Irdische, die, generell gesagt, gleichsam nur Blut und Fleisch ist, aber nicht mehr reiner Geist. (2) Jene irrationalen und phantasievollen Bewegungen der Seele sind es also, die Illusionen von Göttern erzeugen und ein krankhaftes Verlangen nach Götterbildern erwecken. Wenn dann eine sensible und lenksame Seele, die aber von gesunder Lehre nichts gehört und vernommen hat, die noch nicht die Wahrheit geschaut hat und den Vater und Schöpfer des Alls noch nicht erfassen kann, irrige Vorstellungen über sich selbst eingeprägt bekommt, so machen sich die mit der Materie verbundenen Dämonen, gierig nach dem Opferdampf und Blut, und immer auf Täuschung der Menschen bedacht, jene irrigen Bewegungen der Seele bei den Menschen zu Nutzen: Sie bemächtigen sich ihres Denkens, um ihnen Illusionen einzugeben und sie glauben zu lassen, diese kämen von den Götterbildern und Statuen, und von allen Bewegungen, die die Seele, da sie unsterblich ist7, vernunftgemäß aus sich selbst hervorbringt, sei es, dass sie Zukünftiges voraussagt, oder auf Gegenwärtiges achtet, ernten den Ruhm die Dämonen.

Nr. 338 Tatian, oratio ad Graecos 16,3 Die Dämonen sind es, die in ihrer Bosheit gegen die Menschen wüten und durch vielfältige lügnerische Dramaturgien deren Gedanken, die ohnehin zum Irdischen tendieren, ablenken, damit sie sich nicht mehr zur himmlischen Wanderung erheben können. Nr. 339 Minucius Felix, Octavius 26,8–12; 27,1–3.5–8 26 (8) Es gibt unreine, umherirrende Geister, die von ihrer himmlischen Kraft durch irdische Makel und Begierden herabgesunken sind. Nachdem diese Geister durch die Last ihrer Sünden, in die sie ganz versunken sind, ihre Reinheit eingebüßt haben, lassen sie nun nicht ab, zum Trost für ihr eigenes Elend, selbst verdorben, auch andere ins Verderben zu stürzen. Weil sie selbst schlecht sind, flößen sie auch anderen den Irrtum der Schlechtigkeit ein. Entfremdet von Gott, trachten sie, die Menschen durch Einführung von schlechten Kulten von Gott zu trennen. (9) Diese Geister sind die Dämonen. Das wissen die Dichter, auch die Philosophen legen es dar, selbst Sokrates kennt sie, da er doch sein Tun und Lassen nach dem Wink und Willen des ihm innewohnenden Dämons zu bestimmen pflegte1. (10) Die Magier wissen nicht nur, dass es Dämonen gibt, sondern sie bewirken all das, was sie an Wundern vorspiegeln, durch eben diese Dämonen. Unter ihrem Einfluss und

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mit Hilfe ihrer Eingebungen vollbringen sie ihre Gaukeleien, sei es, dass sie Dinge erscheinen lassen, die gar nicht da sind, oder wirklich Vorhandenes unsichtbar machen. (11) Hostanes2, unter diesen Zauberern der erste in Wort und Werk, erweist dem wahren Gott die gebührende Ehre; er weiß auch davon, dass Engel, das heißt Diener und Boten, Gottes Thron umgeben und ihm in Verehrung zur Seite stehen, dass sie vor dem Wink und der Miene ihres Herrn in Furcht erzittern. Derselbe spricht auch von Dämonen, indem er sie als irdische, umherirrende und den Menschen feindliche Wesen beschreibt. (12) Und Platon? Gerade er, der doch glaubte, dass es schwierig sei, Gott aufzufinden, spricht er nicht ganz ohne Schwierigkeit von Engeln und Dämonen? Und versucht er nicht auch in seinem „Symposion“ (202e) sogar die Natur der Dämonen zu beschreiben? Er lehrt nämlich, dass ihre Wesenheit in der Mitte zwischen Sterblichem und Unsterblichem liege, also zwischen Geist und Körper, entstanden aus der Vermischung von irdischer Schwere und himmlischer Leichtigkeit, aus der ja auch, wie er uns warnend erklärt, der Trieb zur sinnlichen Liebe kommt, von der er ferner sagt, dass sie Gestalt annimmt, in die Herzen der Menschen dringt, den Sinn bewegt, die Empfindungen erregt und die Liebesglut einflößt. 27 (1) Diese unreinen Geister also oder Dämonen, wie es die Magier, die Philosophen und Platon erklären, verbergen sich hinter den Statuen und geweihten Bildern und bringen es mit ihren Einwirkungen zu einem Ansehen, als wäre dort eine wirkliche Gottheit zugegen, indem sie mitunter die Seher inspirieren, in den Heiligtümern weilen, bisweilen die Fibern der Eingeweide bewegen, den Vogelflug lenken, die Lose bestimmen, die Orakel bewirken, die freilich mehr Lügen als Wahrheit enthalten. (2) Denn sie sind selbst verblendet und verblenden auch andere, da sie die reine Wahrheit nicht kennen; das, was sie davon wissen, gestehen sie zu ihrem Unheil nicht ein. So ziehen sie die Menschen vom Himmel zur Tiefe und bringen sie vom wahren Gott zur Anbetung toten Stoffes ab. Sie bringen das Leben durcheinander, stören den Schlummer; als Geister von feinster Substanz schleichen sie sich insgeheim in die Leiber ein und bewirken Krankheiten, jagen Schrecken ein, verrenken die Glieder, um ihre Verehrung zu erzwingen. Haben sie sich dann am Fettdampf der Altäre und an den Schlachtopfern gesättigt, so lösen sie die Fesseln, die sie doch selbst gefügt haben, und erwecken dabei den Anschein, als hätten sie die Heilung bewirkt. (3) Das sind dann auch jene Rasenden, die ihr auf die Straßen hinausrennen seht, auch so eine Art Seher, nur außerhalb der Tempel: ihr Rasen, Toben und Kreisedrehen ist jedenfalls genau dasselbe, die gleiche dämonische Besessenheit hat sie gepackt, nur die Ergebnisse der Raserei sind verschieden. (5) Wie die meisten von euch wissen, geben die Dämonen das alles über sich selbst auch zu, sooft sie von uns mit der Folter der Beschwörung und der

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Glut unserer Gebete aus den Leibern getrieben werden. (6) Selbst Saturn und Serapis und was ihr sonst noch an Dämonen verehrt, müssen, überwältigt vom Schmerz, ihr wahres Wesen erkennen; und sie werden dabei gewiss nicht zu ihrer eigenen Schande, zumal wenn etliche von euch dabei sind, die Unwahrheit sagen. (7) So glaubt doch wenigstens auf ihr eigenes Zeugnis hin, da sie nun von sich selbst die Wahrheit bekennen, dass sie Dämonen sind! Denn werden sie beim wahren und einzigen Gott beschworen, so erschauern die Armseligen wider Willen in den Leibern und fahren entweder sofort aus oder verschwinden allmählich, je nachdem ob der Glaube des Kranken mit hilft oder die Gnadenkraft des Heilenden fördernd einwirkt. Deshalb fliehen sie auch aus der Nähe eines Christen, von weitem aber verfolgen sie durch euch die Christen in ihren Versammlungen. (8) Darum dringen sie in den Geist der Unverständigen ein und säen heimlich durch Furcht den Hass gegen uns. Denn es ist nur natürlich zu hassen, vor wem man Angst hat, und anzugreifen – falls man es vermag –, wen man gefürchtet hat. So nehmen sie die Seelen ein und verstocken die Herzen, damit die Menschen uns schon hassen, noch ehe sie uns nur kennen, und damit sie, sollten sie uns doch kennen lernen, uns entweder nicht mehr nachfolgen, oder uns nur noch verdammen können. Nr. 340 Augustinus, de civitate Dei 9,18 Jene falschen und betrügerischen Mittler dagegen, die Dämonen, sind wegen der Unreinheit ihres Geistes – viele Beweise erhärten es – als unselig und bösartig zu erkennen, aber, begünstigt durch ihren höheren Wohnsitz und die luftige Leichtigkeit ihrer Leiber, sind sie darauf aus, uns vom Aufschwung der Seelen abzulocken und abzuziehen. Sie ebnen nicht den Weg zu Gott, sondern hindern uns, auf ihm zu wandeln1.

3) Das Christentum als die „wahre Religion des wahren Gottes“ Während die philosophische Aufklärung zwar den Mythos allmählich diskreditiert hatte, akzeptierten deren Vertreter dennoch weiterhin die alten Formen der Götterverehrung. Die Christen widersetzten sich dieser Diskrepanz zwischen Vernunft und Frömmigkeit, Philosophie und mythisch-politischer Theologie (Nr. 345), indem sie die letzten Konsequenzen der philosophischen Religionskritik zogen, den paganen Götterkult kompromisslos als falsa religio verwarfen, das Christentum dagegen als vera religio proklamierten (Nr. 341–343). Dieser Anspruch setzte jedoch ein neues Religionsverständ-

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nis voraus. Die Anhänger der neuen Religion weigerten sich, all das anzubeten, was bisher den Heiden als heilig und verehrungswürdig galt, und machten ausschließlich das zum Gegenstand ihrer Verehrung, was die Philosophen als höchstes Prinzip anerkannten, bislang jedoch kaum als religiöse Größe betrachtet hatten (Nr. 344). Die christliche Option für den Gott der Philosophen wurde möglich, weil dieser durch die Offenbarung und Inkarnation nicht mehr nur Natur oder Weltseele blieb, sondern ein religiöser Gott geworden war, dem sich der Mensch zuwenden konnte (Nr. 344–345).

Nr. 341 Tertullian, apologeticum 15,8; 24,2 15 (8) Was also verehren die, die solche Dinge1 nicht verehren? Das wenigsten liegt schon klar zu Tage, dass sie Verehrer der Wahrheit sind, wenn sie die Lüge nicht verehren, und dass sie nicht mehr in einem Irrtum leben, den sie, sobald sie ihn als Irrtum erkannten, aufgegeben haben. 24 (2) Doch umgekehrt wird der Vorwurf (des Atheismus) auf euch zurückfallen; denn indem ihr eine Lüge verehrt und die wahre Religion des wahren Gottes nicht nur verschmäht, nein, obendrein bekämpft, geratet ihr in das wahre Verbrechen wahren Gottesfrevels.

Nr. 342 Arnobius, adversus nationes 2,1–2; 3,1 2,1 … zumindest deswegen dürfte Christus von euch nicht zurückgewiesen werden, weil er euch die Mittel des Heils zeigte, weil er euch die Wege zum Himmel und die Sehnsucht nach Unsterblichkeit geben wollte. – „Aber er ist ja verhasst, weil er die verschiedenen Religionen aus der Welt schuf, weil er dem Götterkult hindernd in den Weg getreten ist.“ – Wird der also als Zerstörer der Religion und Urheber der Gottlosigkeit beschuldigt, der die wahre Religion auf Erden einführte, der den Blinden und wirklich in Gottlosigkeit dahinlebenden Menschen die Tore der Frömmigkeit öffnete und ihnen zeigte, wem sie sich unterwerfen sollten? Oder gibt es eine wahrere, pflichtbewusstere, mächtigere und gerechtere Religion, als Gott den Schöpfer zu kennen, es zu verstehen, Gott den Schöpfer anzurufen, der allein Ursprung und Quelle aller Güter ist, Vater, Stifter und Urheber der ewigen Dinge, von dem alles Irdische und alles Himmlische beseelt wird und Lebenskraft empfängt? Existierte er nicht, so gäbe es tatsächlich nichts, was einen Namen tragen und Bestand haben könnte.

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2 Dies müsstet ihr einsehen, es sei denn, ihr wolltet bezweifeln, ob jener Herrscher, von dem wir reden, existiert, und lieber an die Existenz von Apollon, Diana, Merkur und Mars glauben. Lass einen wahren Richter kommen, der all dies betrachtet, was wir sehen; er wird eher zweifeln, ob die übrigen Götter existieren, als bei Gott unsicher sein, von dem wir alle auf natürliche Weise wissen, dass er existiert, sei es, dass wir ausrufen „Mein Gott“1, sei es, dass wir jenen Gott Zeuge wider die Bösen sein lassen und unser Angesicht zum Himmel richten, so als sähe er uns. … 3,1 Schon längst ist freilich auf all diese Angriffe, oder um die Wahrheit zu sagen, auf diese Beschimpfungen umfassend und eingehend genug von Männern geantwortet worden, die sich in dieser Sache auszeichnen und eine Kenntnis der Wahrheit verdient haben. Da ist kein Punkt in irgendeiner Frage übergangen worden, der nicht auf tausendfache Weise mit den stärksten Argumenten widerlegt worden wäre. Daher ist es nicht nötig, bei diesem Teil der Verhandlung länger zu verweilen. Denn weder ist die Sache unfähig, auch ohne Verteidiger zu bestehen, noch wird die christliche Religion dadurch als wahr erwiesen, dass ihr zahlreiche Menschen beipflichten und sie ihre Autorität von den Menschen herleitet. An ihrer eigenen Stärke hat sie genug und stützt sich auf das Fundament ihrer eigenen Wahrheit. Selbst wenn sie keinen Verteidiger hat, ja selbst wenn alle Zungen Widerspruch erheben, ihr entgegen arbeiten und sich in einmütiger Leidenschaft verschwören, um den Glauben an sie aus der Welt zu schaffen, wird sie ihrer Kraft nicht beraubt.

Nr. 343 Athanasius, contra gentes 29; 40 29 Wie die Erörterung ergab, sind weder die Sonne noch der Mond noch irgendein anderer Teil der Schöpfung und noch viel weniger die aus Steinen und Gold und anderen Stoffen gefertigten Bildwerke, ebenso wenig die von den Dichtern in Mythen beschriebenen Götter, Zeus und Apollon und die anderen, begreiflicherweise in Wirklichkeit Götter. Vielmehr sind die einen von ihnen Teile der Schöpfung, die anderen sind leblose Gegenstände, und wieder andere sind nur sterbliche Menschen gewesen. Daher ist auch ihre Verehrung und Vergöttlichung nicht ein Weg zur wahren Gottesverehrung, sondern ein Weg zum Atheismus und jeglicher Gottlosigkeit und ein Beweis einer großen Abirrung von der Erkenntnis des einzigen und allein wahren Gottes, nämlich des Vaters Christi. Nachdem nun auf diesem Weg bewiesen und gezeigt worden ist, dass die Idolatrie der Heiden in jeder Hinsicht voller Gottlosigkeit ist und nicht zum Nutzen, sondern zum Untergang des menschlichen Lebens eingeführt worden ist, wollen wir, wie versprochen, nach der Wider-

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legung des Irrtums jetzt den Weg der Wahrheit aufzeigen und den Lenker und Schöpfer des Weltalls, den Logos des Vaters, betrachten, damit wir durch ihn auch Gott seinen Vater erkennen und die Griechen zur Einsicht kommen, wie weit sie selbst von der Wahrheit abgerückt sind. 40 … Hat unsere Erörterung gezeigt, dass die sogenannten Götter der Dichter keine Götter sind, und diejenigen des Irrtums überführt, die die Schöpfung vergöttern, sowie nachgewiesen, dass überhaupt die Idolatrie der Heiden Atheismus und Gottlosigkeit ist, dann kann nach der Beseitigung jener Götter ganz natürlich nur mehr bei uns die wahre Religion zu finden und nur der von uns angebetete und verkündigte Gott der wahre sein, der Herr der Schöpfung und der Schöpfer jeglicher Natur. Nr. 344 Augustinus, de vera religione 1,1; 55,108–113 1 (1) Den Zugang zu einem guten und glückseligen Leben eröffnet allein die wahre Religion, die nur einen Gott verehrt und mit geläuterter Frömmigkeit als Ursprung aller Wesen erkennt, als den, der das Weltall anfänglich setzt, es vollendet und umfasst1. 55 (108) Unsere Religion sei kein Haften an Phantasiegebilden. Denn besser ist jedes beliebige Wahre als alles, was man sich willkürlich ausdenken kann. Trotzdem dürfen wir auch die Seele nicht verehren, obwohl sie eine wahre Seele ist, auch wenn sie sich Falsches ausdenkt. Besser ist ein wahrer Strohhalm als das nichtige Gedankengebilde des Lichtes, das der Wille aus bloßem Mutmaßungen sich formt. Trotzdem wäre es Verrücktheit, einen Strohhalm, den man wahrnehmen und betasten kann, zu verehren. Unsere Religion sei nicht ein Kult menschlicher Kunstwerke. Denn besser als diese sind die Künstler selbst, die solche Werke schaffen, und die wir dennoch nicht verehren dürfen. Unsere Religion sei nicht ein Kult von Tieren. Denn besser als sie sind die geringsten Menschen, die wir dennoch nicht verehren dürfen. Unsere Religion sei nicht ein Kult verstorbener Menschen, denn lebten sie fromm, kann man nicht glauben, dass sie solche Ehren suchen. Vielmehr wollen sie, dass wir den verehren, der sie erleuchtet und beglückt, wenn auch wir Anteil gewinnen an ihren Verdiensten. Man muss sie nacheifernd ehren, aber nicht religiös verehren. Haben sie aber schlecht gelebt, darf man sie, wo sie auch sein mögen, erst recht nicht verehren. Unsere Religion sei auch nicht ein Kult der Dämonen, denn aller Aberglaube ist eine schlimme Strafe und gefährlichste Schmach der Menschen, aber Ehre und Triumph jener Wesen. (109) Unsere Religion sei nicht ein Kult von Erde und Gewässern. Denn reiner und lichter als sie ist die Luft, auch wenn sie überschattet ist, aber auch die dürfen wir nicht verehren. Unsere Religion sei auch nicht ein

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Kult der reineren und heitereren Luft; denn fehlt das Licht, wird sie verdunkelt, und reiner als sie ist der Glanz unseres Feuers, das wir jedoch, weil wir es nach Belieben anzünden und auslöschen, keineswegs verehren dürfen. Unsere Religion sei nicht ein Kult der ätherischen und himmlischen Körper, obwohl wir sie allen übrigen Körpern mit Recht vorziehen. Aber besser als sie ist jegliches Leben. Sind die Gestirne aber beseelt, so ist doch jede Seele, für sich betrachtet, besser als jeder beseelte Körper. Dennoch meine niemand, man müsse eine lasterhafte Seele verehren. Unsere Religion sei nicht ein Kult jenes Lebens, das, wie man annimmt, die Bäume belebt. Denn es ist gefühllos und von derselben Art, wie es auch in dem wohlgegliederten Gefüge unseres Körpers wirksam ist und auch in unseren Haaren und Knochen lebt, die man, ohne es zu fühlen, abschneiden kann. Besser als dies aber ist das fühlende Leben, und dennoch dürfen wir auch das Leben der Tiere nicht verehren. (110) Unsere Religion sei aber auch nicht ein Kult der vollkommenen und weisen, vernünftigen Seele, weder der zum Dienst des Weltalls noch der zum Dienst seiner Teile bestellten, noch der, die in den edelsten Menschen auf die Verwandlung und Erneuerung des ihr zugewiesenen Anteils wartet. Denn alles vernünftige Leben, wenn es vollkommen ist, gehorcht der unwandelbaren Wahrheit, die innerlich geräuschlos zu ihm spricht. Ist es ihr aber ungehorsam, wird es schlecht. Also nicht durch sich selbst besitzt es seinen Vorzug, sondern durch sie, der es willig gehorcht. Was also der höchste Engel verehrt, muss auch für den niedrigsten Menschen Gegenstand der Verehrung sein; denn des Menschen Natur wurde gerade dadurch erniedrigt, dass sie es nicht verehrte. Denn nicht anderswoher ist der Engel weise als der Mensch, nicht anderswoher jener wahrhaftig als der Mensch, sondern beide sind es von der unwandelbaren Weisheit und Wahrheit. Denn so geschah es durch die zeitliche Veranstaltung zu unserem Heil, dass Gottes Kraft und unwandelbare Weisheit, wesensgleich und gleich ewig dem Vater, sich herabließ, die menschliche Natur anzunehmen, um uns durch sie zu belehren, dass auch der Mensch dasselbe verehren soll, was von aller geistigen und vernünftigen Kreatur verehrt werden muss. Denn wir müssen es glauben: Gerade die besten Engel und die vornehmste Dienerschaft Gottes wollen es, dass wir mit ihnen den einen Gott verehren, in dessen Anschauung sie selig sind. … (111) … Denn mit ihrer Hilfe streben wir zu dem einen Gott und bemühen uns, frei von allem Aberglauben ihm allein unsere Seelen zu verbinden, woher, wie man annimmt, das Wort Religion stammt2. (112) Ja, ich verehre den einen Gott, den einen Ursprung des Alls, und die Weisheit, die alle weisen Seelen weise, und die Gabe, die alle Seligen selig macht. … (113) So möge uns die Religion dem einen allmächtigen Gott verbinden. Denn zwischen unserem Geist, mit dem wir den Vater erkennen, und der Wahrheit, das heißt dem inneren Licht, durch das wir ihn erkennen, steht

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keine Kreatur. Darum wollen wir auch die Wahrheit, die ihm nicht im geringsten unähnlich ist, in ihm und mit ihm verehren.

Nr. 345 Augustinus, de civitate Dei 4,27.30–31; 6,4–6 4,27 Es ist schriftlich berichtet, der hochgelehrte Oberpriester Scaevola habe drei überlieferte Arten von Göttern untersucht, eine von den Dichtern, die andere von den Philosophen, die dritte von den Staatsmännern1. Die erste Art, sagt er, sei nicht ernst zu nehmen, weil hier den Göttern viel Unwürdiges angedichtet werde, die zweite sei für den Staat ungeeignet, weil da manches überflüssig sei, manches auch, was dem Volk zu wissen schädlich sei. Mit dem Überflüssigen braucht man sich nicht aufzuhalten, denn die Rechtsgelehrten pflegen zu sagen: Überflüssiges schadet nicht. Was aber ist das, was schaden würde, wenn man es unter die Menge brächte? Nun dies, sagt er, „dass Herkules, Äskulap, Castor und Pollux keine Götter seien, da die Gelehrten versichern, sie seien Menschen gewesen und nach Menschenart gestorben.“ Was sonst noch? „Dass die Städte keine echten Bildnisse der Götter hätten, weil ein wahrer Gott weder Geschlecht noch Alter noch bestimmte Körperglieder hat“ (Iur. civ. frg. 21). Das also, will der Oberpriester, soll das Volk nicht wissen; denn dass es falsch sei, meint er nicht. Er ist also der Ansicht, es sei angebracht, in Sachen der Religion die Bürger zu täuschen. Auch Varro scheut sich in seinen Büchern über die göttlichen Dinge nicht, dasselbe zu sagen. Eine herrliche Religion, zu der der schwache Mensch, um befreit zu werden, Zuflucht nimmt und die es für gut hält, ihn, wenn er nach der befreienden Wahrheit fragt, zu täuschen! 4,30 Cicero (div. 2,77–79), obwohl selbst Augur, lacht über die Vorzeichen und die Menschen, die nach dem Geschrei eines Raben oder einer Krähe ihre Pläne einrichten. Doch verdient dieser Akademiker, der alles für ungewiss ausgibt, in solchen Fragen keinerlei Autorität. Im zweiten Buch über die Natur der Götter lässt er den Quintus Lucilius Balbus2 auftreten, und obwohl dieser aus der Natur der Dinge allen möglichen physikalischen und philosophischen Aberglauben vorbringt, entrüstet er sich doch über die Aufstellung von Götterbildern und die sagenhaften Vorstellungen und spricht: „Seht ihr also nicht, wie sich die Vernunft von den natürlichen Dingen, über die sie gute und nützliche Einsichten gewonnen hat, zu den erdichteten und eingebildeten Göttern abziehen ließ? Daraus entstanden falsche Meinungen, verworrene Irrtümer und ein fast altweiberhafter Aberglaube. Will man doch Gestalt, Alter, Kleidung und Schmuck der Götter kennen, ferner ihr Geschlecht, ihre ehelichen Verbindungen und Verwandtschaften, und in alldem hat man

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sie der menschlichen Schwachheit angeglichen. Auch mit Gemütsbewegungen stellt man sie sich vor, denn wir vernahmen von Begierden, Kümmernissen und Zornausbrüchen der Götter. Sogar Kriege und Kämpfe fehlten nicht, wie die Mythen berichten, bei den Göttern; nicht nur dass nach Homer (Il. 20,67 ff.) die einen sich auf diese, die andern auf jene Seite zweier kämpfender Heere stellten, sondern sie führten auch – wie mit Titanen und Giganten – ihre eigenen Kriege. Diese Dinge wurden in der dümmsten Weise erzählt und geglaubt und sind doch nur Einbildung und größter Unfug“ (nat. deor. 2,70). Solch ein Geständnis vernimmt man aus dem Mund von jemandem, der die heidnischen Götter verteidigt. Während er also dies dem Aberglauben zuweist, der Religion dagegen, was er selbst anscheinend im Sinne der Stoiker lehrt, fährt er fort: „Nicht nur die Philosophen, sondern auch unsere Vorfahren haben Aberglauben von Religion getrennt; denn Leute, die tagelang beteten und opferten, dass ihre Kinder sie überleben (superstites) möchten, nannten sie abergläubisch (superstitiosi)“ (Cic., nat. deor. 2,71–72). Wer sieht hier nicht, wie er voll Besorgnis, den hergebrachten Brauch nicht anzutasten, die Religion der Vorfahren zu loben und vom Aberglauben zu unterscheiden sucht, aber es doch nicht fertig bringt? Denn wenn die Vorfahren diejenigen abergläubisch nannten, die tagelang beteten und opferten, warum dann nicht auch diejenigen, die, was er selbst kritisiert, Götterbilder errichteten, mit Unterschieden an Alter und Kleidung, und von Geschlechtsunterschied, Ehebündnissen und Verwandtschaften der Götter redeten? Wenn man dies als abergläubisch brandmarkt, trifft der Vorwurf auch die Vorfahren, die solche Götterbilder aufbrachten und verehrten, aber auch ihn selbst, der sich zwar mit schönen Worten zur Freiheit durchzuringen sucht, aber sie ebenfalls verehren musste, und der das, was er in dieser Disputation so beredt ausposaunt, in einer Volksversammlung nicht mit Flüsterstimme zu sagen sich getraut hätte. So wollen wir Christen dem Herrn, unserem Gott, Dank sagen, nicht dem Himmel und der Erde, wie jener will, sondern dem Schöpfer des Himmels und der Erde, der solchen Aberglauben, den Balbus (= Stammler) nur stammelnd rügte, durch Christi tiefe Demut, durch die Predigt der Apostel, durch den Glauben der Märtyrer, die für die Wahrheit starben und mit der Wahrheit leben, nicht nur in religiösen Herzen, sondern auch in den Tempeln des Aberglaubens zerstört und durch freien Dienst der Seinen ersetzt hat. 31 Wie steht es nun mit Varro3 selbst, der zu unserem Bedauern die Bühnenspiele zu den göttlichen Dingen rechnete4, wenn auch nicht aus eigener Überzeugung? Gesteht er nicht, obwohl er an vielen Stellen scheinbar als religiöser Mensch zur Verehrung der Götter aufruft, dass er keineswegs allem, was der römische Staat seiner Schilderung nach einführte, billigen kann? Scheut er sich doch nicht zu bekennen, wenn er den Staat neu aufbauen könnte, würde er bei der Auswahl der Götter und ihrer Namen sich lieber an

I. Die Option für den Logos gegen den Mythos

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die Natur angelehnt haben5. Doch da er nun einmal, sagt er, in einem alten Volk lebe, müsse er die von den Vorfahren geschichtlich überlieferten Namen und Beinamen beibehalten und sein Schreiben und Forschen auf das Ziel richten, das Volk mehr zur Verehrung als zur Verachtung dieser Götter anzuleiten (ant. rer. div. frg. 12). Mit diesen Worten gibt der scharfsinnige Mann deutlich genug zu verstehen, dass er nicht alles das offen legen wollte, was nicht nur er selber verachtet, sondern was auch dem Volk verächtlich erscheinen würde, wenn man es nicht verschwiege. Man könnte annehmen, das sei nur meine Vermutung, wenn er nicht an anderer Stelle, wo er über die Religionen spricht, geradezu erklärte, es sei nicht nur vieles wahr, was zu wissen für die Menge nicht nur nutzlos sei, sondern es sei auch heilsam, dass das Volk manches glaube, was doch falsch sei6. Darum hätten auch die Griechen die Einweihungen und Mysterien mit Schweigen und tiefem Dunkel verhüllt (ant. rer. div. frg. 21). Hier hat er ohne Frage die ganze Absicht der vermeintlichen Weisen verraten, die die Staaten und Völker leiten sollten. Doch an solchem Trug haben die bösartigen Dämonen unbändige Freude, da sie so Betrüger und Betrogene gleicherweise in ihre Gewalt bringen. Aus ihrer Herrschaft befreit nur die Gnade Gottes durch Jesus Christus, unsern Herrn. Derselbe scharfsinnige und hochgelehrte Schriftsteller sagt ferner, nur die hätten seiner Meinung nach begriffen, was Gott sei, die ihn für die Seele hielten, die durch Bewegung und Vernunft die Welt regiere (ant. rer. div. frg. 13)7. So würde er denn, wenn er auch die volle Wahrheit noch nicht erfasste – denn der wahre Gott ist nicht Seele, sondern Urheber und Schöpfer auch der Seele – falls er nur von den Vorurteilen der Gewohnheit sich hätte frei machen können, einen einzigen Gott bekannt und ihn zu verehren empfohlen haben, der durch Bewegung und Vernunft die Welt regiert. Und nur noch die eine Frage wäre mit ihm zu klären gewesen, dass er Gott Seele und nicht vielmehr Schöpfer der Seele nennt. … 6,4 … Nun bezeugt auch Varro, er habe darum zuerst von den menschlichen und nachher von den göttlichen Dingen geschrieben, weil zunächst die Staaten existierten und dann erst von ihnen solche Einrichtungen getroffen seien (ant. rer. div. frg. 5)8. Die wahre Religion ist aber nicht von einem irdischen Staat eingeführt worden, sondern hat ihrerseits den himmlischen Staat begründet. Der wahre Gott ist es, der Spender des ewigen Lebens, der sie seinen wahren Verehrern eingibt und diese darin unterweist9. … 5 Wie steht es nun damit, dass er behauptet, es gebe drei Arten der Theologie oder eines Sinnverständnisses des Göttlichen, nämlich einmal die mythische, dann die physische, drittens die staatliche? Ließe es der lateinische Sprachgebrauch zu, würden wir die erste Art das genus fabulare nennen, doch sagen wir besser fabulosum dazu. Nach den Sagen nennt man sie auch

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

mythisch, da das griechische Wort Mythos Sage bedeutet. Die zweite Art kann man in gebräuchlicher Redeweise genus naturale, also natürliche Theologie nennen. Die dritte hat er selbst mit lateinischem Ausdruck genus civile, also staatliche Theologie genannt. Er fährt fort: „Mythisch nennt man die Art, die sich hauptsächlich bei den Dichtern, physisch, die sich bei den Philosophen, staatlich, die sich bei den Völkern findet. In der erstgenannten Art“, sagt er, „trifft man viel Erdichtetes, was der Würde und Natur der Unsterblichen widerspricht. Da hört man nämlich, dass der eine Gott aus einem Haupt, ein anderer aus einem Schenkel, ein dritter aus Blutstropfen geboren sei, ferner, dass Götter gestohlen, Ehebruch begangen und einem Menschen Sklavendienste geleistet haben. Kurz, es wird hier Göttern alles zugeschrieben, was nicht nur auf einen gewöhnlichen Menschen, sondern sogar auf einen ganz verächtlichen Menschen zutreffen kann“ (ant. rer. div. frg. 7). Hier also, wo er es konnte und wagte und keine Strafe fürchten musste, hat er ohne den Schatten eines Zweifels zum Ausdruck gebracht, welches Unrecht man dem Wesen der Götter mit solch verlogenen Mythen tut. Er sprach ja nicht von der natürlichen, nicht von der staatlichen, sondern bloß von der mythischen Theologie, die er unbedenklich glaubte kritisieren zu dürfen. Hören wir nun, was er von der zweiten Art sagt. „Die zweite Art, die ich aufgezeigt habe“, sagt er, „ist die, worüber die Philosophen viele Bücher hinterlassen haben; darin steht, wer die Götter sind, wo und welcher Art sie sind, ob sie von einer bestimmten Zeit an oder von Ewigkeit her sind, ob sie aus Feuer bestehen, wie Heraklit glaubt, oder aus den Zahlen nach Pythagoras, oder aus den Atomen, wie Epikur sagt, und anderes mehr, was die Ohren leichter im geschlossenen Raum der Schule10 als draußen in der Öffentlichkeit ertragen“ (ant. rer. div. frg. 8). An dieser Art Theologie, die er physisch nennt und den Philosophen zuweist, hat er nichts zu kritisieren; immerhin erwähnt er die unter ihnen entstandenen Kontroversen, wodurch sich eine Menge streitender Sekten ergab. Doch hielt er diese Art von der Öffentlichkeit, also vom Volk fern und schloss sie hinter Wänden in den Schulen ein. Dagegen die erste, so lügenhafte und schändliche, hat er den Städten nicht entzogen. O wie empfindlich in religiösen Dingen sind die Ohren des Volks, gerade des römischen! Was die Philosophen über die unsterblichen Götter disputieren, können sie nicht ertragen. Aber was die Dichter singen und die Schauspieler darstellen, Erfindungen, die dem Wesen und der Würde der Unsterblichen widersprechen, da diese Dinge nicht nur auf einen gewöhnlichen Menschen, sondern sogar auf einen ganz verächtlichen Menschen zutreffen könnten, ertragen sie nicht nur, sondern hören es mit Vergnügen. Und nicht nur das, sie meinen sogar, dass auch die Götter daran ihr Gefallen haben und dadurch günstig gestimmt werden müssen. …

II. Der Disput mit der Philosophie

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Fassen wir also auch die staatliche Theologie ins Auge. „Die dritte Art Theologie“, sagt er, „müssen in den Städten die Bürger, vor allem die Priester kennen und praktizieren. Dazu gehört, welche Götter jeder öffentlich durch Zeremonien und Opfer zu verehren hat“ (ant. rer. div. frg. 9). Beachten wir auch, was folgt. „Die erste Theologie“, sagt er, „ist besonders für das Theater geeignet, die zweite für die Welt, die dritte für die Stadt.“ 6 O Marcus Varro, du magst der scharfsinnigste und ohne Zweifel gelehrteste aller Menschen sein, trotzdem bist du ein Mensch, kein Gott, auch nicht durch Gottes Geist zur Wahrheit und Freiheit erhoben, Göttliches zu schauen und zu verkünden. Du siehst wohl ein, dass man die göttlichen Dinge und menschliche Unsinnigkeiten und Lügen auseinanderhalten muss. Aber du scheust dich, die verderblichsten Meinungen und Bräuche des Volkes anzutasten, die im öffentlichen Aberglauben zutage treten und mit dem Wesen selbst solcher Götter unvereinbar sind, wie der schwache Menschengeist sie in den Elementen dieser Welt vermutet. Du selbst siehst das ein, wo immer du diese Meinungen auch betrachtest, und eure ganze Literatur hallt davon wider. Was helfen hier glänzendste Geistesgaben? Was nützt dir in dieser Verlegenheit menschliche Gelehrsamkeit, so umfassend und großartig sie sein mag? Du möchtest die natürlichen Götter verehren, aber man zwingt dir die staatlichen auf. Noch andere Götter, die mythischen Götter, hast du vorgefunden, äußerst unverhohlen deine Abneigung gegen sie und kannst sie doch, ob du willst oder nicht, von den staatlichen nicht trennen. Du sagst, die mythischen Götter entsprächen dem Theater, die natürlichen der Welt, die staatlichen der Stadt. Aber die Welt ist Gottes Werk, Städte und Theater dagegen sind Menschenwerke, und keine anderen Götter werden in den Theatern verlacht als eben die, die man in den Tempeln anbetet, und denselben Göttern zu Ehren führt ihr Spiele auf, denen ihr Opfer darbringt. Wie viel aufrichtiger und treffender würde deine Einteilung sein, wenn du sagtest, es gebe einerseits natürliche Götter, andererseits von Menschen eingeführte Götter; ferner, über die eingeführten hätten sich zwar die Schriften der Dichter anders geäußert als die der Priester, doch seien beide durch ein Freundschaftsband verknüpft, nämlich die Unwahrheit, weswegen sie auch beide den Dämonen erwünscht seien, die ja die Lehre der Wahrheit hassen.

II. Der Disput mit der Philosophie Wenn sich das Christentum gegenüber den vielen paganen Göttern als „wahre Religion des wahren Gottes“ definierte und seine Anhänger als „Verehrer der Wahrheit“ bezeichnete (Nr. 341), dann musste die Legimität dieses

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Anspruchs vor allem in der Auseinandersetzung mit dem philosophischen Gottesbegriff nachgewiesen werden.

1) Philosophischer Monotheismus und christliches Gottesbild a) Anknüpfung und Korrektur Um die Vernünfigkeit der eigenen, monotheistischen Gottesvorstellung zu erweisen, argumentierten die Apologeten mit den Aussagen von Dichtern, spontanen Äußerungen der Menschen sowie Analogien im Bereich der Natur oder politischen Herrschaft (Nr. 140–143, 348). Da auch die platonische, peripatetische und stoische Philosophie zur Annahme eines einzigen höchsten Gottes tendierte, konnte hieran angeknüpft werden (Nr. 352), um einerseits die abstrakte Seinsidee der Philosophie vom biblischen Gottesbild her zu konkretisieren, andererseits dieses Bild von der Philosophie her intellektuell zu läutern und zu vertiefen. Der philosophische Monotheismus wurde jedoch nicht nur für die Formulierung des christlichen Gottesverständnisses rezipiert, sondern auch korrigiert und radikalisiert. Das philosophische Denken setzte zwar die Existenz einer höchsten Gottheit voraus, behielt aber eine Vielzahl weiterer untergeordneter Gottheiten bei, die als Manifestationen des obersten Prinzips oder als dessen Diener bzw. Gesandte betrachtet wurden (Nr. 346, 350, 507, 509, 511). Die Apologeten distanzierten sich von diesem aus verschiedenen Traditionen stammenden Restpolytheismus und setzten dem Henotheismus der zeitgenössischen Philosophie einen strikten Monotheismus entgegen (Nr. 347), der sich ebenso aus dem Gottesbegriff selbst (Nr. 351) wie aus der Einheit und Harmonie der Welt ergab (Nr. 349).

Nr. 346 Apuleius, de Platone et eius dogmate 1,11,204–205 Drei Arten von Göttern nennt Platon1, von denen die erste jener eine, alleinige und höchste, weltjenseitige, unkörperliche Gott ist, den wir weiter oben als den Vater und Baumeister dieses göttlichen Erdkreises dargestellt haben; eine andere Gattung ist die, der die Sterne und die anderen Gottheiten angehören, die wir Himmelsbewohner nennen; die dritte bilden die, welche die alten Römer die mittelsten nennen, weil sie gemäß ihrer Eigenart, aber auch nach ihrem Sitz und ihrer Macht niedriger als die höchsten Götter sind, größer aber als die Natur der Menschen2.

II. Der Disput mit der Philosophie

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Nr. 347 Tertullian, apologeticum 24,3–4 (3) Gesetzt nun einmal, es gäbe jene Götter – müsst ihr da nicht der allgemeinen Annahme folgen, dass es auch einen höheren und mächtigeren, sozusagen einen Weltbeherrscher von vollkommener Hoheit gibt? Sehr viele gliedern ja das göttliche Wesen so auf, dass nach ihrer Vorstellung die oberste Herrschaftsgewalt einem einzelnen zugefallen ist, seine verschiedenen Ämter dagegen einer großen Schar, wie etwa Platon (Phaedr. 246b) davon schreibt, dass der große Jupiter im Himmel von einem Heer von Göttern und ebenso von Dämonen begleitet sei; daher müsse man die Statthalter, die Präfekten und die Gouverneure ebenso verehren1. (4) Doch was für einen Frevel begeht man, wenn man sein Tun und Hoffen mehr darauf richtet, sich die Gunst des Kaisers zu gewinnen, und die Bezeichnung „Gott“, ebenso wie die „Imperator“, keinem anderen als dem Herrscher zugesteht? Als todeswürdiges Verbrechen gilt es doch, einen anderen außer den Kaiser so zu nennen oder nennen zu lassen. Nr. 348 Minucius Felix, Octavius 18,5–7; 19–20,1 18 (5) Da es also über die Existenz einer Vorsehung keinen Zweifel gibt, meinst du vielleicht, noch fragen zu müssen, ob das himmlische Reich durch die Macht eines einzelnen oder durch den Willen vieler regiert werde. Das ist aber nicht schwierig zu klären, wenn man die irdischen Reiche betrachtet, die jedenfalls ihre Urbilder im Himmel haben. (6) Wann begann denn je eine gemeinschaftliche Regierung in gegenseitigem Vertrauen, wann endete sie ohne Blutvergießen? Ich will nicht erst die Perser erwähnen, die aus dem Wiehern der Pferde auf die Bestimmung zur Herrschaft schlossen1, und auch die veraltete Geschichte von dem Paar aus Theben2 nicht erzählen, da doch die Erinnerung an die Zwillinge3 und ihr Königtum über Hirten und Hütten noch sehr lebendig ist. Die Kriege zwischen Schwiegersohn und Schwiegervater4 haben den ganzen Erdkreis überflutet: das Schicksal eines so großen Reiches bot nicht Raum für zwei Herrscher. (7) Sieh noch mehr: eine einzige Königin bei den Bienen, nur ein Führer bei den Herden, beim Großvieh ein einziges Leittier. Und da könntest du glauben, dass im Himmel die höchste Gewalt geteilt, dass die gesamte Machtfülle in jenem wahren göttlichen Herrschaftsbereich gespalten sei, da es doch offenbar ist, dass Gott, als Schöpfer aller Dinge, nicht Anfang noch Ende haben kann, er, der allen Dingen ihr Werden verleiht, selbst aber ewiges Sein ist, der vor Erschaffung der Welt sich selbst eine Welt war, der alles, was ist,

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mit seinem Wort ins Dasein ruft, mit seinem Geist ordnet und mit seiner Kraft vollendet?5 19 (1) Ich höre, wie auch die Dichter nur einen einzigen „Vater der Götter und Menschen“6 nennen und sagen, der Geist der Sterblichen sei so, wie der Tag, den der Vater des Alls heraufführe (Hom., Il. 18,136 f.). (2) Und sagt nicht Maro aus Mantua (Verg., Aen. 6,724–729; Georg. 4,221–223; Aen. 1,742 f.) noch deutlicher, noch treffender und wahrer: „Von Anbeginn nährt den Himmel und die Erde“ und die übrigen Teile der Welt „der ihnen innewohnende Geist, und der Sinn, der sie alle erfüllt, bewegt sie. Von dort stammt das Geschlecht der Menschen und Tiere“ und alle lebenden Wesen. Und an einer anderen Stelle nennt derselbe Dichter diesen Sinn und Geist „Gott“. Seine Worte lauten: „Denn Gott durchdringt alle Lande, des Meeres Flächen und die Höhen des Himmels. Durch ihn entstehen Mensch und Tier, der Regen und das Feuer.“ Nennen wir denn Gott anders als Sinn und Vernunft und Geist? (3) Gehen wir nun auch, wenn du magst, die Lehre der Philosophen7 durch: du wirst sehen, dass sie, wenn auch mit verschiedenen Ausdrucksweisen, sich sachlich doch einmütig zu dieser einen Ansicht bekennen. (4) Jene ganz unsystematischen Alten, die wegen ihrer Aussprüche mit Recht die Weisen genannt werden, will ich hier übergehen. Thales von Milet8 sei als erster von allen genannt, der ja auch zuallererst Dinge des Himmels untersucht hat. Dieser Thales von Milet hat gesagt, Wasser sei der Urgrund aller Dinge, Gott aber sei jener Geist, der aus dem Wasser alles gebildet habe. Diese Lehre vom Wasser und vom Geist ist aber zu hoch und zu erhaben, als dass sie von einem Menschen hätte entdeckt werden können; Gott hat sie offenbart. Du siehst, die Ansicht des ersten Philosophen stimmt völlig mit der unsrigen überein. (5) Anaximenes sodann und später Diogenes9 aus Apollonia erklären die Luft zu einer unbegrenzten und unermesslichen Gottheit. Auch sie haben also eine ähnliche, mit uns übereinstimmende Gottesvorstellung. (6) Für Anaxagoras10 ist Gott die geordnete Bewegung eines unendlichen Geistes, während er für Pythagoras11 ein die ganze Natur erfüllender, sie durchdringender Geist ist, aus dem auch alle beseelten Geschöpfe ihr Leben empfangen. (7) Xenophanes12 lehrt bekanntlich, dass das unbegrenzte, mit Verstand begabte All Gott sei; Antisthenes13, dass es zwar viele Volksgötter gebe, jedoch nur einen natürlichen obersten Gott; und Speusipp14 erkennt Gott in der Lebenskraft, durch die alles gelenkt wird. (8) Und weiter: nennt nicht Demokrit15, obgleich er als erster die Atomlehre aufgestellt hat, meist die Natur, die die Erscheinungen hervorbringt, und den Verstand „Gott“? Ebenso bezeichnet auch Straton16 die Natur. Ja, sogar Epikur17, der sich die Götter entweder als müßig oder als gar nicht existent vorstellt, setzt doch über alles die Natur. (9) Aristoteles18 wechselt zwar in den Ansichten, erkennt aber doch eine einzige Macht an: mal nennt er den Geist Gott, mal die Welt, zuweilen lässt er

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Gott über die Welt herrschen. Auch Theophrast19 wechselt so, indem er einmal der Welt, ein andermal einem göttlichen Geist die Vorherrschaft zuweist. Auch Herakleides aus Pontus20 schreibt, wenn auch in wechselndem Sinn, ebenfalls der Welt einen göttlichen Geist zu. (10) Auch Zenon, Chrysipp und Kleanthes21 bleiben im Ausdruck variabel, aber alle drei kommen doch stets auf den Gedanken einer einzigen Vorsehung zurück. Kleanthes nämlich nennt den Geist, bald auch die Seele, bald den Äther Gott, meistens aber die Vernunft. Zenon, sein Lehrer, will das göttliche Naturgesetz, bisweilen auch den Äther, manchmal aber auch die Vernunft als Urgrund aller Dinge verstanden wissen. Er fasst Juno als die Luft, Jupiter als den Himmel, Neptun als das Meer, Vulcan als das Feuer auf und interpretiert die übrigen Götter des Volksglaubens in ähnlicher Weise als Elemente. Und so begegnet er schlagend dem irrigen Volksglauben und widerlegt ihn. (11) Fast dasselbe lehrt Chrysipp, der eine göttliche Geisteskraft, die Natur und die Welt, zuweilen auch eine schicksalhafte Notwendigkeit für Gott hält. In seiner naturwissenschaftlichen Deutung der Dichtungen des Homer, Hesiod und Orpheus schließt er sich Zenon an. (12) Lehre des Babyloniers Diogenes22 ist es, dass die Erzählungen von der Geburt des Jupiter, von der Entstehung der Minerva und ähnlicher Dinge Umschreibungen für Vorgänge in der Welt seien, nicht aber Bezeichnungen für Götter. (13) Xenophon23 schließlich, der Schüler des Sokrates, meint, dass die Wesenheit des wahren Gottes überhaupt nicht wahrgenommen werden könne und man deshalb auch nicht nach ihr forschen dürfe. Der Stoiker Ariston24 hält sie für völlig unbegreiflich. Beide empfanden die Majestät Gottes, indem sie an der Möglichkeit, sie zu erkennen, verzweifelten. (14) Noch deutlicher sind Platons Darlegungen über Gott, im Inhalt wie in der Begrifflichkeit, die geradezu überirdisch wären, wenn sie nicht hin und wieder durch populäre Anschauungen getrübt würden. So ist für Platon25 in seinem Timaios (28c) Gott schon durch seinen Namen der Vater des Alls, der Bildner der Seele, der Schöpfer aller himmlischen und irdischen Dinge. Wegen seiner übergroßen, unvorstellbaren Macht kann man ihn nur schwer finden, heißt es in der Einleitung, und wenn man ihn gefunden hat, so kann man ihn der Menge nicht kundtun. (15) Auch das stimmt also ungefähr mit unserer Lehre überein. Auch wir kennen einen Gott, nennen ihn den Vater aller Dinge und sprechen nicht öffentlich von ihm, wenn uns nicht das Verhör dazu zwingt. 20 (1) Die Meinungen fast sämtlicher Philosophen von Rang habe ich dargelegt und gezeigt, dass alle den einen Gott, wenn auch unter vielerlei Namen, gelehrt haben. Ja, man könnte meinen, dass die Christen entweder die Philosophen von heute seien – oder die Philosophen schon damals Christen gewesen wären!

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Nr. 349 Origenes, contra Celsum 1,23; 8,2 1,23 Hierauf sagt Celsus: „Ihrem Anführer Mose folgend, ließen sich Ziegenund Schafhirten durch plumpen Trug zur Ansicht verführen, es gebe nur einen einzigen Gott. Wenn die Ziegen- und Schafhirten ohne vernünftigen Grund“, wie er meint, „von der Verehrung der Götter abfielen“, dann soll er nun aber zeigen, wie er selbst die Menge von Göttern begründen kann, die bei den Griechen oder den übrigen Barbaren verehrt werden. Er soll Existenz und Realität der Mnemosyne zeigen, die durch Zeus Mutter der Musen wurde, oder der Themis, Mutter der Horen, oder darlegen, dass die stets unbekleideten Grazien wirklich existieren konnten. Doch wird er nicht in der Lage sein, die Fiktionen der Griechen, die anscheinend Personifikationen sind, anhand der Taten als Götter zu erweisen. Warum sollten denn die Göttermythen der Griechen wahrer sein als zum Beispiel die der Ägypter, die in ihrer Sprache weder Mnemosyne, die Mutter der neun Musen, kennen noch Themis, die Mutter der Horen, noch Eurynome, eine der Grazien, oder deren sonstige Namen? Wieviel geeigneter und besser als all diese Fiktionen ist die aus dem Sichtbaren gewonnene Überzeugung von der Ordnung der Welt und die Verehrung des einzigen Schöpfers einer einzigen Welt, die in umfassender Harmonie mit sich selber ist. Deswegen kann sie nicht das Werk vieler Schöpfer sein. … 8,2 … Celsus sagt auch: „Mehrere Götter zu verehren bedeutet eines von den Wesen zu verehren, die dem großen Gott gehören, und ihm gerade dadurch etwas Angenehmes zu erweisen.“ Und er fügt hinzu: „Es ist keinem Wesen gestattet, Ehren zu empfangen, wenn Gott ihm dies nicht gewährt hat. Wer also“, sagt er, „all diejenigen ehrt und anbetet, die Gott gehören, kränkt ihn nicht, da alle sein Eigentum sind.“

Nr. 350 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 75–76; 78 (= Macarius Magnes, apocriticus 4,20–21.23) frg. 75 Den Begriff der Monarchie des einen Gottes und der Polyarchie der Götter, die verehrt werden, wollen wir genau untersuchen, da du nicht einmal den Begriff der Monarchie zu erklären verstehst. Monarch ist nicht, wer allein ist, sondern der, der allein herrscht. Er herrscht aber natürlich über Stammesgenossen und Gleichartige, wie z. B. der König Hadrian Monarch war, nicht weil er allein war, noch weil er über Rinder und Schafe herrschte, über die Schaf- und Rinderhirten herrschen, sondern weil er König war über ihm gleichartige Menschen, die dieselbe Natur wie er hatten. Ebenso würde

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Gott nicht im eigentlichen Sinn Monarch heißen, wenn er nicht über Götter herrschen würde. Denn dies ziemt sich für die göttliche Größe und für die himmlische und hohe Würde. frg. 76 Denn wenn ihr behauptet, dass Engel bei Gott stehen, leidensunfähige und unsterbliche und in ihrer Natur unzerstörbare Wesen, die wir Götter nennen, weil sie der Gottheit nahe stehen, was streitet man sich da um den Namen oder muss man nicht hier lediglich einen Unterschied in der Benennung annehmen? Denn die, die bei den Griechen Athene heißt, nennen die Römer Minerva, die Ägypter und Syrer und Thraker aber wieder anders, und doch richtet man sich nicht nach der Verschiedenheit der Namen, noch entzieht man ihr die Bezeichnung als Gottheit. Ob einer also sie Götter oder Engel nennt, das macht keinen großen Unterschied, da ihr Wesen als göttliches bezeugt ist, da doch Matthäus wie folgt schreibt: „Und Jesus antwortete und sprach: Ihr irrt und kennt nicht die Schriften noch die Kraft Gottes, denn bei der Auferstehung werden sie weder heiraten noch sich heiraten lassen, sondern sie sind wie Engel im Himmel“ (Mt 22,30). frg. 78 Ich könnte dir auch aus dem Gesetz „den vielgesehenen Ruhm“ der Götter zeigen, da es ausruft und mit vieler Ehrfurcht den Hörer ermahnt: „Götter sollst du nicht beschimpfen und den Fürsten deines Volks nicht lästern“ (Ex 22,28). Denn er meint keine anderen Götter als die, die bei uns hier gelten, wie wir wissen aus dem Spruch: „Folgt nicht Göttern nach“ (Jer 7,6), und nochmals: „Wenn ihr hingeht und fremden Göttern dient“ (Dtn 13,2). Denn dass er nicht Menschen meint, sondern Götter, und zwar die, die wir verehren, sagt nicht nur Mose, sondern auch sein Nachfolger Josua in seiner Rede an das Volk: „Und nun fürchtet ihn und dient ihm allein und gebt die Götter auf, denen eure Väter gedient haben“ (Jos 24,14). Und Paulus spricht nicht von Menschen, sondern von den Körperlosen: „Und obwohl die sogenannten Götter viele sind und viele Herren, sei es auf Erden, sei es im Himmel, so haben wir doch nur einen Gott und Vater, aus dem alle Dinge sind“ (1 Kor 8,57). Daher seid ihr völlig im Irrtum, wenn ihr glaubt, Gott zürne, wenn auch ein anderer Gott genannt wird und so denselben Namen bekommt, da ja auch Herrscher Untertanen und Herren Sklaven den gleichen Namen nicht missgönnen. Man darf doch nicht meinen, Gott sei kleinsinniger als die Menschen! Und darüber, dass es Götter gibt und dass man sie verehren muss, ist genug gesagt1. Nr. 351 Laktanz, divinae institutiones 1,3,1–8; 19,1–2; 2,16,6–7 1,3 (1) Der Ausgangspunkt unseres Werkes soll also in der Frage bestehen …, ob die Welt durch die Macht eines einzigen Gottes oder mehrerer regiert wird. Jeder, soweit er nur Verstand besitzt und nachdenken kann, wird

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einsehen, dass es ein einziger ist, der alles erschaffen hat und mit derselben Macht lenkt, mit der er es erschaffen hat. (2) Wozu bedarf es denn mehrerer, die Weltregierung aufrecht zu erhalten? Es sei denn, wir nähmen an, dass, wenn es mehrere wären, die einzelnen weniger Kraft und Stärke besitzen. (3) Dies tun in der Tat diejenigen, die eine Mehrzahl befürworten, denn die Götter sind notwenig schwach, wenn die einzelnen nicht ohne Hilfe der übrigen die Lenkung einer so gewaltigen Größe auf sich nehmen können. Gott aber, der ein ewiger Geist ist, besitzt jedenfalls eine Macht, die in jeder Hinsicht vollkommen und vollendet ist. (4) Wenn dies wahr ist, muss er ein einziger sein. Denn die absolute Macht oder Gewalt besitzt in sich ihre eigene Stabilität. Dies muss man aber für vollständig halten, dem nichts abgehen kann, dies für vollkommen, dem sich nichts hinzufügen lässt. (5) Wer wollte bezweifeln, dass derjenige König allmächtig ist, der die Herrschaft über die ganze Welt besitzt? Und nicht zu Unrecht, da alles, was irgendwo existiert, ihm gehört, da sich aller Reichtum, der von überall kommt, in seinen Händen sammelt. (6) Angenommen aber, mehrere teilten die Welt unter sich auf, so werden die einzelnen ohne Zweifel weniger an Einfluss, weniger Stärke besitzen, da jeder sich innerhalb eines umgrenzten Bereiches aufhält. (7) In der gleichen Weise werden auch die Götter, wenn es mehrere sind, weniger Macht besitzen, da die anderen über ebensoviel verfügen. Die Vollkommenheit der Macht findet sich aber eher bei dem, der alles umfasst, als bei dem, bei dem sich nur ein geringer Teil des Ganzen findet. Wenn Gott aber vollkommen ist, wie er es sein muss, dann kann er nur ein einziger sein, damit in ihm alles ist. (8) Bei mehreren Göttern hingegen müssen Macht und Gewalt geringer sein, weil den einzelnen all das fehlen wird, was sich bei den anderen findet. Je mehr sie also sind, desto geringer werden sie sein. 19 (1) Aber vielleicht, so wird man sagen, ist zugleich dem höchsten Gott, der alles erschaffen hat, und denen, die sich in diesem oder jenem Bereich nützlich erwiesen haben, ihr jeweiliger Anteil an Verehrung zu erweisen. (2) Zunächst einmal ist es niemals vorgekommen, dass jemand, der diese verehrte, auch noch Gott verehrte; es ist auch nicht möglich, denn wenn dieselbe Ehre anderen erwiesen wird, dann wird dieser überhaupt nicht verehrt, denn dessen Religion zu praktizieren bedeutet zu glauben, dass er allein der einzige Gott ist. 2,16 (6) Denn da Gott einzig ist, wie anfangs dargelegt, braucht er keinen Namen, und die Engel, obwohl sie unsterblich sind, dulden und wollen es nicht, dass man sie Götter nennt. Deren einzige und alleinige Aufgabe besteht darin, dass sie den Willensentscheiden Gottes dienen und nicht das Geringste ohne seine Weisung tun. (7) Denn wir erklären, dass die Welt so von Gott regiert wird wie eine Provinz durch den Gouverneur. Niemand könnte behaup-

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ten, dass seine Beamten Teilhaber der Provinzregierung sind, obwohl das Ganze durch ihren Dienst geführt wird1.

Nr. 352 Orosius, historia adversus paganos 6,1,2–5 (2) Jeder Mensch kann zwar Gott zeitweise verachten, ganz und gar nichts von ihm zu wissen, vermag er nicht. Daher ersannen etliche in unbegründeter Furcht viele Götter, da sie hinter vielem je einen Gott vermuteten. Von dieser Auffassung aber distanzierte man sich bald, vor allem unter dem Eindruck der Autorität der Wahrheit, zumal sogar die Vernunft dagegen sprach. (3) Außerdem haben ihre Philosophen, um von unseren Heiligen ganz zu schweigen, da sie mit eifrigem Bemühen ihres Geistes alles wissenschaftlich zu erforschen suchten, einen Gott als Urheber aller Dinge gefunden, auf den allein sich alles bezieht. Daher bekennen jetzt auch die Heiden, wenn sie von uns in die Enge getrieben werden, durch die von uns schon klar dargelegte Wahrheit mehr des Trotzes als des Unwissens überführt, dass sie nicht mehreren Göttern folgen, sondern unter einem großen Gott mehrere Diener verehren. (4) Weil ja in bezug auf den einen Gott aller Dinge eine fast einhellige Ansicht besteht, bleibt also nur eine Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Erkenntnis des wahren Gottes unter den vielen Erkenntnisvermutungen bestehen. Bis hierher gelangte menschliches Forschen, wenn auch mit Mühe. Wo aber dann vernünftige Überlegung versagt, kommt der Glaube zu Hilfe. (5) Wenn wir nämlich nicht glauben, werden wir nicht verstehen. Von Gott selbst wirst du vernehmen und ihm selbst glauben, was du als Wahrheit über Gott wissen willst. b) Trinitätsglaube und Logosbegriff Das Bekenntnis der Christen zur Einzigkeit Gottes schien jedoch durch ihren gleichzeitigen Glauben an dessen Dreifaltigkeit in Frage gestellt zu sein, so dass manche Heiden sich als konsequentere Monotheisten fühlten und die christliche Auffassung als Rückfall in den Polytheismus betrachteten (Nr. 358). Die pagane Kritik richtete sich primär gegen die Göttlichkeit Christi, die sich nach Überzeugung der Gegner nicht nur nicht aus den biblischen Zeugnissen begründen lasse, sondern dazu im Widerspruch stehe (Nr. 357).

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Nr. 353 Athenagoras, legatio 10 (1) Dass wir also keine Atheisten sind, ist von mir hinlänglich dargetan. Denn jener eine ist unser Gott, der ungeschaffen und ewig ist, unsichtbar, leidensunfähig, unbegreiflich, unbegrenzt, nur mit Verstand und Vernunft erkennbar, von Licht und Schönheit, von Geist und Kraft in unaussprechlich hohem Grade umgeben, von dem durch sein Wort das All geschaffen und geordnet ist und regiert wird. (2) Indes kennen wir auch einen Sohn Gottes. Halte es ja niemand für lächerlich, dass Gott einen Sohn habe! Denn unsere Gedanken über Gott, Vater und Sohn entsprechen nicht denen der Dichter, die in ihren Mythen die Götter nicht im geringsten besser sein lassen als die Menschen; der Sohn Gottes ist vielmehr das Wort (Logos) des Vaters als vorbildlicher Gedanke und schöpferische Kraft; denn von ihm und durch ihn ist alles gemacht, da Vater und Sohn eins sind. Da der Sohn im Vater und der Vater im Sohn ist durch die Einheit und Kraft des Geistes, so ist der Sohn Gottes der Gedanke (Nous) und das Wort (Logos) des Vaters. (3) Solltet ihr aber bei eurer überlegenen Einsicht fragen wollen, was der Ausdruck Sohn bedeutet, so will ich in Kürze folgendes antworten: Er ist dem Vater das Erst-Erzeugte, nicht als ob er geworden wäre; denn von jeher hatte Gott als ewiger Gedanke selbst das Wort in sich, da er auf ewig vernunftbegabt ist; vielmehr ist der Sohn hervorgegangen, um für alles Körperliche, das anfangs noch als eigenschaftslose Natur wie unbearbeitetes Land existierte, wobei die dichteren Teile noch mit den leichteren vermischt waren, vorbildlicher Gedanke und schöpferische Kraft zu sein. (4) Mit dieser Lehre stimmt auch der prophetische Geist überein: „Der Herr“, sagt er, „hat mich erzeugt im Anfang seiner Wege für seine Werke“ (Spr 8,22). Indes ist nach unserer Auffassung auch der Heilige Geist, der sich in den Propheten wirksam erweist, ein Ausfluss Gottes, strömend und zurückkehrend wie ein Sonnenstrahl. (5) Wer sollte sich da noch auskennen, wenn er hört, wie Leute, die einen Gott Vater und einen Gott Sohn und einen Heiligen Geist bekennen und deren Macht in ihrer Einheit sowie deren Unterscheidung im Rang aufzeigen, Atheisten genannt werden? Nr. 354 Theophilus von Antiochien, ad Autolycum 2,22 (1) Du wirst mir nun entgegnen: „Du behauptest, Gott dürfe nicht im Raum eingeschlossen sein; und wie kannst du jetzt sagen, dass er im Paradies umherwandelte?“ (2) Höre, was ich erwidere! Gott, der Vater aller Wesen, ist unbegrenzbar und befindet sich in keinem Raum; denn „es gibt keine Stätte sei-

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ner Ruhe“ (Jes 66,1). Sein Wort aber, durch das er alles gemacht hat, das seine Kraft und seine Weisheit ist, übernahm die Stelle des Vaters und Herrn aller Dinge, und dieses ist es, das an der Stelle Gottes im Paradies erschien und mit Adam redete. (3) Denn auch die hl. Schrift belehrt uns, dass Adam sagte, er habe die Stimme gehört. Was ist aber die Stimme anderes als das Wort Gottes, das auch sein Sohn ist? Nicht auf die Weise, wie die Dichter und Mythenschreiber die Söhne der Götter erzeugt werden lassen, durch Geschlechtsverkehr, sondern so, wie die Wahrheit das Wort darstellt, als ewig im Herzen Gottes beschlossen1. Denn bevor irgend etwas erschaffen wurde, hatte er dieses zum Ratgeber, da es sein eigener Gedanke und seine Weisheit ist. (4) Als aber Gott all die Dinge, die er zu erschaffen beschlossen hatte, erschaffen wollte, da erzeugte er dieses Wort als ausgesprochenes, den Erstgeborenen jeglicher Schöpfung, nicht, dass er von diesem Wort verlassen wurde, sondern so, dass er das Wort zeugte und in Ewigkeit mit seinem Wort beisammen blieb. (5) Entsprechend lehren uns auch die hl. Schriften und alle geisterfüllten Männer, von denen einer, Johannes (1,1), sagt: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott“, womit er ausspricht, dass im Anfang nur Gott und das Wort in ihm da war. (6) Hierauf sagt er: „Und Gott war das Wort; alles ist durch es geworden, und ohne es ist nichts geworden“. Das Wort ist also Gott und von Gott gezeugt. Und dies Wort schickt der Vater aller Dinge, wenn er will, zu irgendeinem Ort, und vom Vater geschickt, befindet es sich an einem Ort. Nr. 355 Tertullian, apologeticum 21,10–14 (10) Wir haben bereits gesagt, dass Gott dieses Weltall durch sein Wort, seine Vernunft und seine Macht erbaut hat. Es steht fest, dass auch bei euren Weisen der Logos, das heißt Sprache und Vernunft, als der Baumeister des Alls erscheint1. Denn ihn bezeichnet Zeno als den Schöpfer, der durch seinen Ratschluss alles geordnet und gestaltet habe; er werde zugleich auch Schicksal genannt, Gott, Seele Jupiters und Notwendigkeit aller Dinge. Dies überträgt Kleanthes2 auf den Geist, von dem er behauptet, er durchdringe das All. (11) Doch auch wir bezeichnen die Substanz, die der Sprache und Vernunft und ebenso der Kraft, wodurch, wie gesagt, Gott alles zusammengefügt hat, zu eigen ist, als Geist, dem Sprache innewohnt beim Verkünden, Vernunft beiwohnt beim Ordnen, Kraft beisteht beim Vollbringen. Dieser ist, so haben wir gelernt, aus Gott hervorgebracht und durch das Hervorbringen gezeugt worden und heißt deshalb Sohn Gottes und Gott kraft der Einheit ihres Wesens; denn auch Gott ist Geist. (12) Wenn ein Strahl von der Sonne ausgesandt wird, so als ein Teil von einem Ganzen; aber die Sonne wird in dem Strahl

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sein, weil es ein Sonnenstrahl ist, wobei sich die Substanz nicht trennt, sondern ausbreitet, wie Licht, das von Licht entzündet wird. Unversehrt und ungemindert bleibt die Ausgangssubstanz, auch wenn man mehrere gleichartige Ableitungen davon wegnimmt. (13) So ist auch, was von Gott ausgegangen ist, Gott und Gottes Sohn und beide sind eins; so hat der Geist vom Geist und der Gott vom Gott, der Größe nach ein zweiter, diese Mehrzahl nur seinem Rang, nicht seinem Wesen nach entstehen lassen und ist von dieser Ausgangssubstanz nicht fortgegangen, sondern daraus hervorgegangen. (14) Dieser Strahl Gottes also ist, wie es früher immer wieder vorausgesagt wurde, in eine Jungfrau herabgeglitten, und, in ihrem Mutterschoß Fleisch geworden, wird er geboren als ein Mensch, der mit Gott vereinigt ist. Das vom Fleisch durchdrungene Fleisch kräftigt sich, wächst heran, spricht, lehrt, wirkt – und ist Christus. Nehmt einstweilen diesen „Mythos“ hin – er ist ähnlich den euren –, bis wir zeigen, auf welche Weise Christus bewiesen werden kann und wer bei euch derartige Mythen als Widersacher zur Zerstörung dieser unseren Wahrheit im Voraus verbreitet hat. Nr. 356 Origenes, contra Celsum 8,12 Man könnte meinen, dass Celsus anschließend etwas Plausibles gegen uns vorbringt in den Worten: „Wenn diese nun keinen anderen verehrten außer den einen Gott, dann hätten sie vielleicht ein Argument, das sich den anderen entgegenhalten lässt. Nun aber erweisen sie dem, der vor kurzem erst erschienen ist, einen übermäßigen Kult und glauben trotzdem nicht, sich an Gott zu vergehen, wenn auch sein Diener verehrt werden wird.“ Auch hierauf ist zu sagen: Hätte Celsus wirklich das Wort verstanden: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30) und das im Gebet gesprochene Wort des Gottessohnes: „Wie ich und du eins sind“ (Joh 17,21), dann hätte er nicht gemeint, dass wir außer dem höchsten Gott noch einen anderen verehren. „Denn der Vater“, sagt Jesus, „ist in mir, und ich bin im Vater“ (Joh 14,10 f.). Wenn aber jemand aufgrund dessen fürchtet, wir könnten vielleicht zu den Leuten überlaufen, die die Existenz zweier Substanzen, Vater und Sohn, leugnen, dann denke er an das Wort: „Alle Gläubigen waren ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32), um das Wort zu verstehen: „Ich und der Vater sind eins.“ Wir verehren also nur einen Gott, wie wir bereits erklärt haben, den Vater und den Sohn, und es bleibt uns ein Argument, das sich den anderen entgegenhalten lässt. Wir erweisen auch nicht demjenigen einen übermäßigen Kult, der vor kurzem erst erschienen ist, als ob er früher nicht existiert hätte. Wir glauben ihm nämlich, wenn er sagt: „Bevor Abraham war, bin ich“ (Joh 8,58) und wenn er spricht: „Ich bin die Wahrheit“ (Joh 14,6). Niemand von uns ist so naiv, dass er meint,

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das Wesen der Wahrheit existierte nicht vor der Zeit der Erscheinung Christi. Wir verehren also den Vater der Wahrheit und den Sohn, die Wahrheit. Sie sind zwei Realitäten der Substanz nach, aber eine einzige der Eintracht, Übereinstimmung und Identität des Willens nach. Wer daher den Sohn gesehen hat, den „Abglanz der Herrlichkeit“ und die „Ausprägung der Substanz Gottes“ (Hebr 1,3), hat in ihm, der das Abbild Gottes ist, auch Gott gesehen.

Nr. 357 Julian, contra Galilaeos frg. 31; 64 frg. 31 Wenn er tatsächlich will, dass niemand sonst angebetet werde, weshalb betet ihr diesen seinen illegitimen Sohn an, den er selber niemals als den Seinigen anerkannt oder betrachtet hat? Ich werde es leicht zeigen. Ihr aber, ich weiß nicht warum, schreibt ihm einen untergeschobenen Sohn zu. frg. 64 … Wir wollen ruhig auch noch den „Herrscher aus Juda“ (Gen 49,10) zugestehen, nicht aber einen „Gott von Gott“, wie ihr sagt; ebenso wenig „alles ist durch ihn geschaffen und ohne ihn ist nichts geschaffen“ (Joh 1,3). Doch auch im Buch Numeri (24,17) heißt es: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Mensch aus Israel.“ Es ist aber offensichtlich, dass sich diese Aussage auf David und seine Nachkommen bezieht. Denn David war der Sohn Isais. Da ihr nun versucht, all dies aus euren Schriften zu beweisen, so weist nur ein einziges von dort entnommenes Wort vor, während ich euch daraus zahllose vorlege. Dass er (Mose) an den einen Gott, den Israels, geglaubt hat, sagt er im Deuteronomium: „Damit du erkennst, dass der Herr, dein Gott, der einzige Gott ist und es außer ihm keinen anderen gibt“ (4,35). Und weiter: „Und du sollst es dir zu Herzen nehmen, dass der Herr, dein Gott, Gott im Himmel oben und unten auf Erden ist und es keinen außer ihm gibt“ (4,39). Und nochmals: „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr“ (6,4). Und wiederum: „Seht, dass ich es bin und es keinen Gott außer mir gibt“ (32,39). Dies sind die Worte des Mose, der einschärft, dass es nur einen einzigen Gott gibt. Doch vielleicht werden diese (die Christen) einwenden: „Auch wir selber reden nicht von Zweien oder Dreien.“ Ich will zeigen, dass sie auch davon reden, und nehme Johannes (1,1) zum Zeugen, wenn er sagt: „Am Anfang war der Logos und der Logos war bei Gott, und der Logos war Gott.“ Siehst du, dass es heißt, er war bei Gott? Ob es sich um den Sohn der Maria oder irgendjemand anders handelt – um zugleich auch auf Photinus1 zu antworten –, das macht jetzt keinen Unterschied. Ich überlasse euch die Diskussion. Dass er jedoch sagt „bei Gott“ und „am Anfang“, genügt als Zeugnis. Wie stimmen diese Worte mit denen des Mose überein? Aber sie stimmen mit den Worten des Jesaja überein, behaupten sie. Denn Jesaja

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(7,14) sagt: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären.“ Räumen wir einmal ein, dass sich auch diese Aussage auf Jesus bezieht, obwohl es keineswegs über ihn gesagt ist. Es war nämlich keine Jungfrau die verheiratete Frau, die vor der Geburt mit ihrem Mann geschlafen hatte. Doch sei einmal zugestanden, dass auch davon die Rede ist. Sagt er etwa, dass ein Gott aus einer Jungfrau geboren wird? Wollt ihr nicht aufhören, Maria als Gottesgebärerin2 zu bezeichnen, wenn er doch nirgends den Sohn der Jungfrau „eingeborenen Sohn Gottes“ (Joh 3,18) oder „Erstgeborenen der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15) nennt? Kann man aber die Worte des Johannes (1,3) „Alles ist durch ihn erschaffen und ohne ihn ist nichts erschaffen“ unter den Sprüchen der Propheten nachweisen? Aber was wir euch zeigen, das hört nacheinander von ihnen selbst: „Herr, unser Gott, nimm uns an, außer dir kennen wir keinen anderen“ (Jes 26,13). Und den König Hiskija lassen sie folgendermaßen beten: „Herr, du Gott Israels, der du über den Cherubim thronst, du bist der einzige Gott“ (Jes 37,16). Lässt er etwa noch Platz für einen zweiten? Nr. 358 Augustinus, in Ioannis Evangelium tractatus 39,2–3 (2) … Obwohl also, wie katholische Ohren im Schoß der Mutter Kirche belehrt sind, weder der, der Vater ist, Sohn ist, noch der, der Sohn ist, Vater ist, noch der Heilige Geist des Vaters und Sohnes entweder Sohn oder Vater ist, so sagen wir doch nicht, es seien drei Götter, obwohl wir jeden einzelnen, über den wir auch gefragt werden, als Gott bekennen müssen. (3) Absurd scheint das Leuten, die das Gewöhnliche auf Ungewohntes, das Sichtbare auf das Unsichtbare anwenden, das Geschöpf mit dem Schöpfer vergleichen. Es fragen uns nämlich die Ungläubigen und sagen: Den ihr Vater nennt, nennt ihr Gott? Wir antworten: Ja. Den ihr Sohn nennt, nennt ihr Gott? Wir antworten: Ja. Den ihr Heiligen Geist nennt, nennt ihr Gott? Wir antworten: Ja. Also sind, sagen sie, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist drei Götter? Wir antworten: Nein. Sie werden verwirrt, weil sie nicht erleuchtet sind; sie haben ein verschlossenes Herz, weil sie den Schlüssel des Glaubens nicht haben. Wir nun, Brüder, wollen unter dem Vorantritt des Glaubens, der das Auge unseres Herzens heilt, das, was wir verstehen, ohne Dunkelheit erfassen, was wir aber nicht verstehen, ohne zu zweifeln, glauben. Von dem Fundament des Glaubens wollen wir nicht abweichen, damit wir zum Gipfel der Vollkommenheit gelangen. Gott ist der Vater, Gott ist der Sohn, Gott ist der Heilige Geist; und doch ist der Vater nicht der, welcher der Sohn ist, noch der Sohn der, welcher der Vater ist, noch der Heilige Geist, welcher der Geist des Vaters und des Sohnes ist, entweder der Vater oder der Sohn. Die Dreifaltig-

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keit ist also ein Gott, die Dreifaltigkeit ist eine Ewigkeit, eine Macht, eine Majestät; drei – aber nicht Götter. Es entgegne mir nicht der Sachverdreher: Wieso drei? Denn wenn drei, sagt er, so musst du erklären, was drei ist. Ich antworte: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Siehe, sagt er, du hast drei genannt, aber drücke aus, was drei ist. – Vielmehr zähle du; ich meine ja drei, wenn ich sage: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Denn in Bezug auf sich selbst ist der Vater Gott, in Bezug auf den Sohn ist er Vater; in Bezug auf sich selbst ist er Sohn Gott, in Bezug auf den Vater ist er Sohn.

2) Griechische Kosmologie und biblischer Schöpfungsglaube Da das anthropomorphe Gottesbild des biblischen Schöpfungsberichts heidnische Leser oft befremdete, betonten die frühen Apologeten die Transzendenz des Schöpfergottes. Indem sie die johanneische Logoslehre an mittelplatonische Vorstellungen annäherten, sprachen sie von der Mittlerfunktion des Logos bei der Schöpfung (Nr. 360). Der stoische Monismus, der Gott pantheistisch als den die materielle Welt durchwaltenden Logos dachte, war ebenso mit dem biblischen Schöpfungsgedanken unvereinbar wie der platonische Dualismus, der gestaltlose Materie und gestaltendes Geistprinzip nur in Korrelation sehen konnte und allein die Formung einer immer schon existierenden ungestalteten Materie kannte. Zwar sah Justin noch keinen Gegensatz zwischen dem christlichen Schöpfungsglauben und der platonischen Kosmologie (Nr. 359), doch erkannten andere Apologeten sehr bald, dass die Vorstellung einer Gott ewig koexistierenden Materie mit einem streng monotheistischen Gottesbegriff unvereinbar war. Mit der Lehre von der creatio ex nihilo wurde die antike Kosmologie durchbrochen und die Allmacht und Freiheit des biblischen Gottes sowie der personale Charakter des Schöpfungsaktes verteidigt (Nr. 360–361). Häufig wurde die stoische Lehre von der Anthropozentrik des Kosmos aufgegriffen, um einer Bestreitung dieser Vorrangstellung des Menschen zu begegnen und die biblische Auffassung zu verteidigen, dass die Welt um des Menschen willen erschaffen sei (Nr. 359–360, 363). Das anthropozentrische Weltbild und eine speziell dem Menschen geltende göttliche Vorsehung waren die entscheidende Voraussetzung, um das Inkarnationsgeschehen und den christlichen Erlösungsglauben nicht als Mythos erscheinen zu lassen (Nr. 362–363).

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Nr. 359 Justin, 1 apologia 10,2; 59 10 (2) Wir sind ferner gelehrt worden, dass er im Anfang, weil er gut ist, alles aus formloser Materie der Menschen wegen erschaffen hat1. 59 (1) Damit ihr aber erkennt, dass von unseren Lehrern, das heißt von der durch die Propheten vermittelten Lehre, Platon den Satz übernommen hat, Gott habe durch Umwandlung der formlosen Materie die Welt geschaffen, so hört, was wörtlich von Mose gesagt worden ist, der, wie schon erwähnt, der erste Prophet war und früher gelebt hat als alle griechischen Schriftsteller. Durch ihn hat der prophetische Geist, um kundzutun, wie und woraus Gott im Anfang die Welt bildete, folgendes gesprochen: (2) „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde; (3) die Erde aber war noch unsichtbar und ungeformt, Finsternis lag über dem Abgrund, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. (4) Gott aber sprach: Es werde Licht, und es geschah so“ (Gen 1,1–3). (5) Dass also durch Gottes Wort aus vorliegenden, von Mose erwähnten Elementen die ganze Welt entstanden sei, das haben Platon mit denen, die das Gleiche sagen, und ebenso auch wir gelernt, und auch ihr könnt davon überzeugt sein. (6) Und nun wissen wir auch, dass das, was bei den Dichtern Erebos2 heißt, zuerst von Mose erwähnt worden ist.

Nr. 360 Tatian, oratio ad Graecos 4,3–4; 5,1–2.6–7 4 (3) Unser Gott hat seinen Anfang nicht in der Zeit; er allein ist anfangslos, zugleich aber aller Dinge Anfang. Gott ist Geist (Joh 4,24), aber kein Geist, der die Materie durchwaltet1, sondern der Schöpfer der Geister und Formen, die an der Materie haften. Selbst unsichtbar und untastbar, ist er der Vater alles Fühlbaren und Sichtbaren. Ihn erkennen wir aus seiner Schöpfung und nehmen das Unsichtbare seiner Kraft an den geschaffenen Werken wahr (Röm 1,20). (4) Das Gebilde, das er unseretwegen geschaffen hat, will ich nicht anbeten. Sonne und Mond sind um unseretwillen geworden: wie sollte ich sie also anbeten, da sie mir dienstbar sind? 5 (1) Gott war im Anfang; der Anfang aber ist nach unserer Überlieferung die Kraft des Logos (vgl. Joh 1,1). Der Herr aller Dinge, der zugleich die Hypostase (der Urgrund) des Alls ist, war nämlich zu der Zeit, da es noch keine Schöpfung gab, allerdings allein; insofern aber jegliche Kraft alles Sichtbaren und Unsichtbaren bei ihm war, hat er selbst auch alle Dinge durch die Kraft des Logos ins Dasein gerufen. (2) Erst durch einen Willensakt Gottes, dessen Wesen einfach ist, trat der Logos hervor, aber nicht zwecklos ging der Logos

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von ihm aus und wurde das erstgeborene Werk des Vaters. Wir wissen, dass er der Anfang der Welt ist. 5 (6) Und wie der im Anfang gezeugte Logos seinerseits unsere Welt sich selber erzeugt hat, indem er sich die Materie bildete, so verbessere auch ich, der ich zur Nachahmung des Logos wiedergeboren und zur Aufnahme der Wahrheit geschaffen bin, die Unordnung der mit uns erzeugten Materie. (7) Denn nicht anfangslos ist die Materie wie Gott, noch hat sie etwa ihrer Anfangslosigkeit wegen gottgleiche Macht; sie ist vielmehr geschaffen worden und von keinem anderen gezeugt, allein von dem Schöpfer aller Dinge ist sie hervorgebracht2. Nr. 361 Theophilus von Antiochien, ad Autolycum 2,4 4 (1) Einige aus der stoischen Schule leugnen die Existenz eines unvergänglichen Gottes ganz; oder, wenn er auch existiere, so kümmere Gott sich um nichts als um sich selbst. Und dies hat der Unverstand des Epikur und Chrysipp wirklich ausgesprochen1. (2) Andere sagen, es herrsche blinder Zufall im All2, und die Welt sei ungeschaffen und die Natur ewig. Ja sie wagten sogar zu behaupten, es gebe keine göttliche Vorsehung für das Ganze, sondern nur das Bewusstsein des Einzelnen sei Gott3. (3) Andere wieder erklären den alles durchdringenden Geist für Gott4. (4) Platon und seine Schule geben zwar einen Gott ohne Anfang zu, der nicht erst geworden, Vater und Schöpfer des Alls sei; aber dann nehmen sie zu dem ungewordenen Gott hinzu auch noch eine Materie an, die ohne Anfang, und, wie sie behaupten, mit Gott gleich alt sei5. (5) Wenn aber Gott ohne Anfang und die Materie ohne Anfang ist, so ist Gott nicht mehr der Schöpfer des Alls nach den Platonikern; auch kann die Absolutheit Gottes nicht mehr aufrecht erhalten werden, nach ihnen wenigstens6. (6) Wenn ferner die Materie ohne Anfang ist, wie Gott, der, weil ohne Anfang, unveränderlich ist, so ist sie auch unveränderlich und Gott gleich. Denn dasjenige, was werden kann, ist veränderlich und dem Wechsel unterworfen; was ohne Anfang ist, ist unveränderlich und keinem Wechsel unterworfen. (7) Was ist ferner Großes daran, wenn Gott aus einer vorhandenen Materie die Welt gemacht hat? Bildet doch auch ein menschlicher Künstler, wenn er irgendwoher einen Stoff erhält, aus ihm, was er will. Gottes Allmacht zeigt sich aber darin besonders, dass er aus dem Nichtseienden macht, was er will, wie es auch keinem andern als nur Gott eigen ist, Leben und Bewegung zu geben. Denn ein Mensch macht zwar ein Bild, aber Vernunft, Lebensatem und Empfindung kann er seinem Werk nicht verleihen. Gott aber besitzt noch eine höhere Macht als der Künstler, nämlich ein denkendes, atmendes, empfindendes Wesen zu bilden. (9) Wie also in allen diesen Bezie-

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hungen Gott mächtiger ist als der Mensch, so ist ihm auch eigen, die Dinge aus nichts zu erschaffen und erschaffen zu haben, so viele und auf welche Weise er will. Nr. 362 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,52,2–3 (2) Die auf der göttlichen Überlieferung begründete Philosophie erkennt die Lehre von der Vorsehung an und bekräftigt sie, bei deren Verwerfung der in dem Erlöser verwirklichte Heilsplan als Mythos erscheinen muss, wobei wir dann „nach dem Willen der Elementarmächte der Welt und nicht nach dem Christi“ (Kol 2,8) dahingetrieben würden. (3) Denn die an Christus sich anschließende Lehre verehrt den Schöpfer als Gott und lässt das Walten der Vorsehung sich bis auf das Einzelgeschehen erstrecken und weiß, dass die Elemente ihrer Natur nach veränderlich und geschaffen sind, und lehrt, sein Leben so zu führen, dass man nach Kräften Gott ähnlich zu werden sich bemüht, und die Heilserziehung Gottes als maßgebend für die gesamte Unterweisung hinzunehmen1. Nr. 363 Origenes, contra Celsum 4,74.99 74 Mit vielen Worten wirft uns Celsus anschließend vor, wir „behaupteten, Gott habe alles für den Menschen gemacht.“1 Und aus Berichten über die Tiere und über den Scharfsinn, der sich bei ihnen zeigt, will er nachweisen, dass „das Weltganze nicht mehr um der Menschen als um der vernunftlosen Tiere willen entstanden ist.“ Er äußert sich da, scheint mir, ähnlich wie diejenigen, die aus Hass gegen ihre Feinde ihnen das vorwerfen, was sie an ihren besten Freunden loben. Wie diese nämlich der Hass blind macht und sie nicht sehen lässt, dass sie auch ihren besten Freunden das vorwerfen, womit sie ihre Feinde zu schmähen glauben, auf dieselbe Art hat auch Celsus, in seinem Denken verwirrt, nicht gesehen, dass er auch den stoischen Philosophen einen Vorwurf macht, die nicht unzutreffend den Menschen und die vernunftbegabte Natur generell über alle vernunftlosen Wesen stellen und behaupten, die Vorsehung habe in erster Linie alles um der vernunftbegabten Natur willen gemacht. Und die vernunftbegabten Wesen sind als die vorzüglicheren gleichsam die zur Welt gebrachten Kinder. Die vernunft- und seelenlosen Wesen sind dagegen gleichsam die Hülle, die zusammen mit dem Embryo geschaffen wird. Ich bin der Ansicht, dass, wie in den Städten die Aufseher über die Waren und Märkte ihre Aufsicht nur der Menschen wegen ausüben, aber die Hunde und übrigen vernunftlosen Tiere nebenher von dem Überfluss pro-

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fitieren, ebenso die Vorsehung in erster Linie für die vernunftbegabten Wesen sorgt, dass aber in der Konsequenz auch die vernunftlosen Wesen von dem profitieren, was um der Menschen willen geschieht. Und wie derjenige im Irrtum wäre, der behauptet, die Marktaufseher sorgten nicht in höherem Maße für die Menschen als für die Hunde2, so vergehen sich noch viel mehr Celsus und seine Gesinnungsgenossen an Gott, der seine Vorsehung für die vernunftbegabten Wesen ausübt, wenn sie behaupten: warum sollten diese Dinge mehr für die Menschen zur Nahrung bestimmt sein als für die Pflanzen, Bäume, Gräser und Disteln? 99 All diesem fügt Celsus noch folgendes hinzu: „Also ist das Weltganze nicht für den Menschen gemacht, wie auch nicht für den Löwen oder den Adler oder den Delphin, sondern damit diese Welt als Werk Gottes in all ihren Teilen vollständig und vollkommen werde. Deswegen sind alle Dinge wohlabgestimmt, nicht aufeinander, höchstens sekundär, sondern auf das Ganze. Gott sorgt für das Ganze, und seine Vorsehung lässt dies niemals im Stich; weder wird es schlechter, noch nimmt es Gott nach einiger Zeit wieder zu sich zurück. Er zürnt auch nicht der Menschen wegen, wie auch nicht der Affen oder Mäuse wegen. Auch droht er nicht diesen Wesen, von denen jedes seine Bestimmung an seinem Platz erhalten hat.“ Wir wollen, wenn auch nur kurz, darauf erwidern. Ich glaube durch das Vorausgegangene nachgewiesen zu haben, dass alle Dinge für den Menschen und jedes vernunftbegabte Wesen gemacht sind. Denn alle Dinge sind in erster Linie wegen der vernunftbegabten Lebewesen geschaffen worden. Celsus mag nun sagen, dass es so wenig für den Menschen geschaffen wurde wie für den Löwen oder die anderen Tiere, die er erwähnt. Wir werden sagen: Nicht für den Löwen und nicht für den Adler, auch nicht für den Delphin hat der Schöpfer dies gemacht, sondern alles wegen des vernunftbegabten Lebewesens und damit diese Welt als Werk Gottes in all ihren Teilen vollständig und vollkommen werde. Denn diesem Satz muss man zustimmen, weil er treffend ausgedrückt ist. Gott sorgt aber nicht nur für das Ganze, wie Celsus meint, sondern neben dem Ganzen in besonderer Weise für jedes vernunftbegabte Wesen. Und niemals wird die Vorsehung das Ganze im Stich lassen. Denn auch wenn durch ein Vergehen des vernunftbegabten Wesens ein Teil des Ganzen schlechter wird, sorgt Gott dafür, ihn zu reinigen und nach einiger Zeit das Ganze wieder zu sich zurückzunehmen. Gott zürnt aber auch nicht der Affen und Mäuse wegen. Über die Menschen aber, die die natürlichen Gegebenheiten überschreiten, verhängt er Gericht und Strafe und droht ihnen durch die Propheten und durch den Erlöser, der zur ganzen Menschheit gekommen ist, damit diejenigen, die auf die Drohung hören, sich bekehren, und diejenigen, die sich um die zur Bekehrung rufenden Worte nicht kümmern, die verdiente Strafe empfangen. Und es ist angemessen, dass

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Gott in seinem Willen, für das Wohl des Ganzen zu sorgen, diese denen auferlegt, die einer solchen Behandlung und so strengen Zurechtweisung bedürfen.

3) Philosophischer Gottesbegriff und christlicher Inkarnationsgedanke Während der christliche Inkarnationsglaube in heidnischen Augen vielfach den mythischen Erzählungen über Halbgötter und Heroen glich (Nr. 144, 281, 355, 376) und allenfalls dem Volksglauben akzeptabel schien (vgl. Apg 14,1–12), konnte der Gedanke einer Menschwerdung Gottes den philosophischen Kriterien der Antike nicht standhalten.

a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen Gottes? Der christliche Inkarnationsglaube war nicht nur mit der philosophischen Vorstellung der Unveränderlichkeit und Geistigkeit Gottes schwer vereinbar, den der platonische Dualismus durch eine tiefe Kluft von der Welt und Materie schied (Nr. 66, 364–365, 368). Auch die göttliche Allmacht und Allwissenheit ließen eine persönliche Intervention Gottes unsinnig erscheinen (Nr. 364, 366–367). Die Apologeten versuchten nachzuweisen, dass die Menschwerdung des Logos keine Veränderung Gottes im Sinne eines Ortswechsels, einer Eingrenzung seiner Allgegenwart, einer körperlichen Leidensfähigkeit oder einer Vermischung mit der Materie bedeute und sich durch die Analogie der Verbindung von Leib und Seele auch für die Vernunft einsichtig machen lasse (Nr. 364, 368–369). Nr. 364 Origenes, contra Celsum 4,3.5.14–15; 5,2–3 4,3 Auf die Frage des Celsus „Welchen Sinn hat denn solch ein Herabkommen Gottes?“, haben wir nur weniges entgegnet, obwohl sich vieles sagen ließe. Celsus gibt sich eine Antwort, die weder die Juden noch wir geben würden. Er sagt: „Etwa, damit er die Zustände bei den Menschen kennen lerne?“1 Denn niemand von uns sagt, Christus sei in das Leben eingetreten, damit er die Zustände bei den Menschen kennen lerne. Als ob einige diese Behauptung aufgestellt hätten, macht Celsus darauf sich selbst den Einwand: „Weiß er denn nicht alles?“ und, als hätten wir geantwortet „Er weiß es“, fragt er zweifelnd von neuem: „Ist es also so, dass er es zwar weiß, aber nicht bessert und nicht imstande ist, es mit göttlicher Macht zu bessern?“ All dies Gerede

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ist naiv. Beständig nämlich bessert Gott diejenigen, die seine Worte hören, durch seinen Logos, der in jeder Generation in heilige Seelen eingeht und sie zu Freunden Gottes und Propheten macht. Und bei der Ankunft Christi bessert er durch die Unterweisung des Christentums nicht diejenigen, die es ablehnen, sondern diejenigen, die ein besseres Leben gewählt haben, das Gott gefällt. Ich weiß auch nicht, welche Art von Besserung Celsus realisiert sehen wollte, wenn er zweifelnd fragt: „Ist er nicht imstande, es mit göttlicher Macht zu bessern, außer wenn er jemanden sendet, der eigens dazu bestimmt ist?“ Wollte er also, dass die Besserung bei den Menschen so erfolgen sollte, dass sie Visionen von Gott empfingen, der mit einem Mal die Bosheit beseitigt und die Tugend einpflanzt? Ob ein solches Verfahren der Natur der Dinge angemessen oder möglich wäre, mögen andere untersuchen. Wir möchten die Möglichkeit einmal annehmen. Wo bleibt dann unsere Freiheit und wie wäre die Zustimmung zur Wahrheit lobenswert oder die Absage an die Lüge willkommen? Aber wenn man auch einmal zugeben wollte, dass dieses möglich und angemessen sei, warum sollte man dann nicht zuallererst mit mehr Recht und in der selben Weise wie Celsus fragen, ob Gott nicht imstande war, mit göttlicher Macht die Menschen so zu erschaffen, dass sie keiner Besserung bedurften, sondern sogleich gut und vollkommen waren, da die Sünde von Anfang an gar nicht existierte? Solche Fragen können einfache und unverständige Menschen verführen, nicht aber jemanden, der Einblick hat in das Wesen der Dinge. Wenn man nämlich die Freiwilligkeit der Tugend aufhebt, so hebt man auch ihr Wesen auf. Das Thema würde eine ganze Untersuchung erfordern. Darüber haben auch die Griechen nicht wenig in ihren Werken über die Vorsehung gesagt. Sie hätten sich aber gehütet zu sagen, was Celsus mit den Worten vorbringt: „Er weiß es zwar, bessert es aber nicht und ist nicht imstande, es mit göttlicher Macht zu bessern.“ Auch wir haben an vielen Stellen, so gut wir konnten, darüber gesprochen, und die göttlichen Schriften haben es denen bewiesen, die sie verstehen können. 5 Danach bedrängt uns der edle Celsus – ich weiß nicht, woher er das nimmt – mit einer weiteren Frage, weil wir sagen: „Gott selbst kommt zu den Menschen herab.“ Seiner Ansicht nach folgt daraus, dass „er seinen Thron verlässt.“2 Er kennt nämlich nicht die Macht Gottes und weiß nicht, „dass der Geist des Herrn den Erdkreis erfüllt und er, der das All umfasst, Kenntnis besitzt von dem, was geredet wird“ (Weish 1,7). Er kann das Wort nicht verstehen: „Erfülle ich nicht den Himmel und die Erde?, spricht der Herr“ (Jer 23,24). Er sieht nicht, dass nach der Lehre der Christen wir alle „in ihm leben, uns bewegen und sind“ (Apg 17,28), wie Paulus in seiner Rede an die Athener gelehrt hat. Selbst wenn der Gott des Universums durch seine eigene Macht mit Jesus in das Leben der Menschen hinabsteigt, selbst wenn der

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Logos, „der im Anfang bei Gott war“ (Joh 1,1) und selber Gott ist, zu uns kommt, so entfernt er sich doch nicht von seinem Wohnsitz oder verlässt seinen Thron, so dass ein Ort von ihm leer, ein anderer erfüllt wäre, wo er zuvor nicht war. Die Macht und Göttlichkeit Gottes kommt durch wen sie will und in wem sie einen Platz findet, ohne den Ort zu wechseln oder seinen Platz leer zu verlassen und einen anderen zu erfüllen. Denn wenn wir auch sagen, dass er einen verlässt und einen anderen erfüllt, so werden wir solches nicht im räumlichen Sinn behaupten. Vielmehr werden wir sagen, dass die Seele der schlechten und ins Böse verstrickten Menschen von Gott verlassen wird, und behaupten, dass dagegen die Seele dessen, der tugendhaft leben will oder darin Fortschritte macht oder schon entsprechend lebt, vom göttlichen Geist erfüllt wird oder daran teilhat. Für das Herabkommen Christi oder die Hinwendung Gottes zu den Menschen ist es also nicht nötig, dass sein erhabener Thron verlassen oder der irdische Zustand verändert wird, wie Celsus meint, wenn er sagt: „Wenn du nämlich nur ein einziges von den irdischen Dingen ändertest, wird dir die ganze Welt umgestürzt werden und untergehen.“3 Wenn aber von der Veränderung einiger Dinge durch die Gegenwart der Macht Gottes und das Kommen des Logos zu den Menschen gesprochen werden muss, dann werden wir keine Bedenken haben zu sagen, dass sich eine Veränderung von der Schlechtigkeit zur Tugend, von der Zügellosigkeit zur Mäßigung, vom Aberglauben zur Frömmigkeit bei jedem vollzieht, der dem Logos Gottes Zutritt zu seiner Seele gestattet hat. 14 Sehen wir nun, was Celsus im Folgenden großsprecherisch in dieser Weise vorbringt. Er sagt: „Wir wollen die Erörterung von Anfang an mit mehr Beweisen aufgreifen. Ich sage aber nichts Neues, sondern was längst als richtig angenommen ist. Gott ist gut, schön und glücklich und befindet sich im schönsten und besten Zustand. Wenn er nun zu den Menschen herabkommt, muss er sich einer Veränderung unterwerfen, und zwar einer Veränderung vom Guten zum Schlechten, vom Schönen zum Hässlichen, vom Glück zum Unglück, vom besten zum schlimmsten Zustand. Wer möchte nun wohl eine solche Veränderung wählen? Nur das Sterbliche ist von Natur aus der Wandlung und Umgestaltung unterworfen, das Unsterbliche aber bleibt immer mit sich identisch und unveränderlich. Gott könnte also eine solche Veränderung nicht erfahren.“4 Ich glaube, hierauf das Nötige schon entgegnet zu haben, als ich erklärte, wie man es verstehen müsse, wenn die Schrift von einem Herabkommen Gottes zu den menschlichen Zuständen spricht. Dazu braucht er sich keiner Veränderung zu unterwerfen, von der wir nach Ansicht des Celsus reden, noch einer Umwandlung vom Guten zum Schlechten oder vom Schönen zum Hässlichen oder vom Glück zum Unglück oder vom besten zum schlimmsten Zustand. Denn er bleibt unwandelbar in seinem Wesen und begibt sich durch seine Vorsehung und Heilsökonomie

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auf die Ebene der menschlichen Verhältnisse. Wir weisen also nach, dass auch die göttlichen Schriften von der Unwandelbarkeit Gottes sprechen, wenn es heißt: „Du aber bist derselbe“ (Ps 102,28) und „Ich verändere mich nicht“ (Mal 3,6). Die Götter Epikurs hingegen, aus Atomen zusammengesetzt und im Maß der Zusammensetzung der Auflösung unterworfen, bemühen sich, die Atome, von denen ihnen Vernichtung droht, von sich abzustoßen. Aber auch der Gott der Stoiker hat, insofern er körperlich ist, als leitendes Prinzip bald die ganze Substanz, wenn die Weltverbrennung eintritt, bald wird er ein Teil derselben, wenn die Einrichtung der Welt stattfindet5. Diese Philosophen waren nämlich nicht imstande, in die natürliche Vorstellung eines Gottes einzudringen, der absolut unvergänglich, einfach, ohne Zusammensetzung und unteilbar ist. 15 Jenes Wesen aber, das zu den Menschen herabstieg, existierte „in Gottes Gestalt“ und aus Liebe zu den Menschen „entäußerte er sich selbst“ (Phil 2,6 f.), um von den Menschen aufgenommen werden zu können. Er hat aber doch wohl weder eine Veränderung vom Guten zum Schlechten erfahren, denn „er hat keine Sünde getan“ (1 Petr 2,22), noch vom Schönen zum Hässlichen, denn „er kannte nicht die Sünde“ (2 Kor 5,21), noch kam er vom Glück ins Unglück, sondern „er erniedrigte sich selbst“ (Phil 2,8), war aber deswegen nicht weniger glücklich, auch als er sich zum Nutzen für uns Menschen selbst erniedrigte. Auch erfuhr er keine Veränderung vom besten zum schlimmsten Zustand. In welchem Sinne konnte denn das Gute und Menschenfreundliche der schlimmste Zustand sein? Oder könnte man sagen, dass auch der Arzt, der schreckliche Dinge sieht und Unangenehmes berührt, um die Kranken zu heilen, vom Guten zum Schlechten, vom Schönen zum Hässlichen, vom Glück zum Unglück gelangt? Freilich entgeht der Arzt, der schreckliche Dinge sieht und Unangenehmes berührt, nicht völlig der Gefahr, denselben Krankheiten verfallen zu können. Derjenige aber, der die Wunden unserer Seele durch den in ihm wohnenden Logos Gottes heilt, war selber unempfänglich für alle Schlechtigkeit. Wenn aber der unsterbliche Gott und Logos wegen der Annahme eines sterblichen Leibes oder einer unsterblichen Seele sich in den Augen des Celsus zu verändern und zu verwandeln scheint, so soll er begreifen, dass der Logos, der dem Wesen nach Logos bleibt, nichts erleidet, was der Leib oder die Seele erleiden, bisweilen aber zu dem, der die Strahlen und den Glanz seiner Gottheit nicht anzuschauen vermag, herabsteigt und sozusagen Fleisch wird und sich in körperlicher Weise aussagen lässt, bis derjenige, der ihn in dieser Gestalt aufgenommen hat, in kurzer Zeit vom Logos emporgehoben, imstande ist, auch seine, wenn ich so sagen darf, vorzüglichste Gestalt zu schauen. 5,2 Wir haben also jetzt die Aufgabe, die Worte des Celsus zurückzuweisen, die so lauten: „Kein Gott und kein Sohn Gottes, ihr Juden und Christen, ist

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herabgekommen, noch könnte er herabkommen.“ … Wir werden hier darlegen, dass er mit seiner allgemeinen Behauptung, „Kein Gott oder Sohn Gottes ist zu den Menschen herabgekommen“, auch die von der Mehrzahl der Menschen geteilte Ansicht von den Erscheinungen Gottes verwirft. Seine Behauptung ist auch mit der Meinung nicht vereinbar, die er selbst an früheren Stellen seines Buches (3,22–25) vorgetragen hat. Denn wenn die allgemein gehaltene Behauptung des Celsus: „kein Gott und kein Sohn Gottes ist herabgekommen, noch könnte er herabkommen“ wahr ist, so wird dadurch natürlich die Annahme unmöglich gemacht, dass es Götter auf Erden gibt, die vom Himmel herabgekommen sind, um entweder den Menschen die Zukunft vorauszusagen oder sie durch Orakelsprüche zu heilen. Dann wäre wohl weder der pythische Apollon noch Asklepios noch ein anderer von denen, welchen man solche Dinge zuschreibt, ein Gott, der vom Himmel herabgestiegen ist; oder er wäre zwar ein Gott, hätte aber das Los gezogen, für immer die Erde zu bewohnen, und wäre gewissermaßen aus der Wohnung der Götter verbannt; oder er wäre einer von denen, die keine Erlaubnis hätten, mit den dort weilenden Gottheiten zusammen zu sein; oder Apollon und Asklepios und alle die, von denen man glaubt, dass sie auf Erden irgendeine Wirksamkeit ausüben, wären keine Götter, sondern gewisse Dämonen, viel geringer als jene Weisen unter den Menschen, die wegen ihrer Tugend bis zum Himmelsgewölbe emporsteigen (vgl. Plat., Phdr. 247b). 3 Beachte nun, dass Celsus, der in seinem ganzen Buch sich nicht als Epikureer bekennt, in seiner Absicht, unsere Lehren zu vernichten, nachweisbar zu Epikur überläuft. Wenn du die Worte des Celsus liest und dem Vorangegangenen zustimmst, so ist es jetzt an der Zeit, entweder Gottes Kommen und Fürsorge für jeden einzelnen Menschen zu leugnen, oder eine solche Ansicht zu akzeptieren und dann die Rede des Celsus für unwahr zu erklären. Wenn du nun eine Vorsehung ganz und gar leugnest, so wirst du seine Behauptungen, in denen er das Dasein von Göttern und von einer Vorsehung annimmt, als unwahr bezeichnen müssen, um an der Wahrheit deiner eigenen Ansicht festhalten zu können; wenn du aber nichtsdestoweniger eine Vorsehung akzeptierst, da du der Behauptung des Celsus, „Kein Gott und kein Sohn Gottes ist zu den Menschen herabgekommen noch kommt er herab“, nicht zustimmst: warum willst du dann nicht auf Grund dessen, was von uns über Jesus gesagt und was über ihn prophezeit worden ist, sorgfältig untersuchen, wen man eher für einen Gott und Gottessohn halten muss, der zu den Menschen herabgekommen ist: Jesus, der so Großes angeordnet und vollbracht hat, oder jene, die durch ihre vorgeblichen Orakelsprüche und Weissagungen den Lebenswandel der Geheilten nicht bessern, ja sie außerdem noch von der lauteren und reinen und heiligen Verehrung, die dem Schöpfer des Universums gebührt, abbringen und die Seele derjenigen, die sich ihnen anschlie-

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ßen, unter dem Vorwand der Verehrung mehrerer Götter von dem einzigen und allein offenbaren und wahren Gott losreißen?

Nr. 365 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos, frg. 77 (= Macarius Magnes, apocriticus 4,22) Wenn aber auch ein Grieche je so naiv war, dass er meinte, die Götter wohnten in den Götterbildern, so war seine Vorstellung weit reiner als desjenigen, der da glaubt, das Göttliche sei in den Leib der Jungfrau Maria gekommen, zum Embryo geworden, sei geboren und in Windeln gewickelt worden, ganz beschmutzt vom Blut des Chorion und Galle und noch viel Schlimmerem. Nr. 366 Athanasius, de incarnatione Verbi 44 44 Doch vielleicht werden sie diesen Ausführungen beschämt zustimmen, aber entgegen wollen: Gott hätte, wenn er einmal die Menschen erziehen und erretten wollte, durch einen bloßen Wink das tun sollen, ohne dass sein Logos mit einem Leib in Berührung kam, wie er es ja auch früher getan hat, als er die Dinge aus dem Nichts ins Dasein rief. Auf diese ihre Entgegnung könnte man mit Recht erwidern, dass früher, als noch gar nichts in irgendeiner Weise existierte, es nur eines Winkes und bloßen Willensaktes bedurfte, um die Welt zu erschaffen. Als aber der Mensch erschaffen war und es sich als notwendig erwies, nicht das Nichtseiende, sondern das schon Existierende zu heilen, da war es nur natürlich, dass der Arzt und Erlöser in dem bereits Geschaffenen gegenwärtig wurde, um gerade das Existierende zu heilen. Deshalb ist er Mensch geworden und bediente sich eines menschlichen Instrumentes, des Leibes. Denn wenn es nicht auf diesem Wege hätte geschehen sollen, wie hätte der Logos, der sich nun einmal eines Instrumentes bedienen wollte, dann kommen sollen? Oder woher hätte er dieses nehmen sollen, wenn nicht aus dem bereits Erschaffenen und denjenigen, die seine Gottheit durch Vermittlung einer gleichartigen Natur benötigten? Denn nicht das Nichtseiende bedurfte der Errettung, so dass ein bloßer Befehl genügt hätte, sondern der bereits erschaffene Mensch war dem Verderben und Untergang überantwortet. Deshalb hat der Logos gewiss recht passend sich eines menschlichen Instrumentes bedient und sich über alles erstreckt.

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Nr. 367 Ambrosiaster, quaestio 113,3 Lange bin ich mit mir zu Rate gegangen, um zu ergründen, weshalb es unser Herr war, der von seinem heiligen und himmlischen Sitz zur Erde gekommen ist, um Mensch zu werden, und nicht ein anderer von denen, die der Herr selber heilige Engel nennt. Es scheint nämlich seiner Person nicht angemessen zu sein, diese Aufgabe übernommen zu haben, es sei denn, man erkennt den Grund für diese Tatsache. Schließlich ist es genau das, was viele beschäftigt. Denn die Vorsehung Gottes, des Vaters, konnte dieses Werk durch eine andere Person vollziehen, das heißt den im Irrtum lebenden Menschen die Wahrheit zeigen, den Teufel, diesen vermessenen Neider des Heils samt seinen Anhängern unterwerfen und dem Besiegten die Beute nehmen. Denn der Widerstand und die Unehrerbietigkeit der nichtswürdigsten Knechte hätte durch die Hilfe von Dienern unterdrückt werden müssen, ohne dass der Herr des Universums etwas erfuhr, was seiner nicht würdig war.

Nr. 368 Augustinus, de civitate Dei 10,29 Du1 verkündest den Vater und seinen Sohn, den du die väterliche Einsicht oder Vernunft nennst, und zwischen beiden einen Mittleren, womit du vermutlich den Heiligen Geist meinst, und sprichst dabei auf eure Weise von drei Göttern. So seht ihr trotz der ungeschickten Ausdrucksweise, die ihr verwendet, wenigstens einigermaßen durch den Nebel einer schwachen Vorstellung das zu erstrebende Ziel. Aber die Inkarnation des unwandelbaren Gottessohnes, die uns erlöst, so dass wir zu dem, woran wir glauben, wenn wir es auch nur zum geringsten Teil erkennen, gelangen können, wollt ihr nicht anerkennen. So seht ihr irgendwie, wenn auch nur von fern, wenn auch nur verschwommen, das Vaterland, wo man bleiben soll, aber den Weg, auf dem man gehen soll, betrachtet ihr nicht. Dennoch bekennst doch auch du die Gnade, da du sagst, nur wenigen sei es gewährt, durch die Kraft der Einsicht zu Gott zu gelangen. Denn du sagst nicht: „Wenigen gefiel es“, oder „wenige wollten es“; sondern du sagst, es sei ihnen gewährt, und bekennst dich damit zweifellos zur Gnade Gottes, nicht zur Hinlänglichkeit des Menschen. Ganz ausdrücklich sogar wendest du dies Wort da an, wo du im Anschluss an einen Ausspruch Platons (Phd. 66b-67a) es gleichfalls für gewiss erklärst, dass der Mensch zwar während dieses Lebens niemals zur Vollendung der Weisheit gelangen werde, dass aber denen, die ihrer Einsicht gemäß leben, alles Fehlende durch die Vorsehung und Gnade Gottes nach diesem Leben ergänzt

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werden könne. Hättest du doch die Gnade Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, und die Inkarnation erkannt, durch die er Seele und Leib des Menschen annahm! Dann hättest du gerade darin das höchste Beispiel der Gnade sehen können. Doch was soll ich machen? Ich weiß, dass ich vergeblich zu einem Toten rede. Aber das gilt nur für dich. Was dagegen deine Verehrer anlangt, die dich schätzen und aus Liebe zur Weisheit oder aus Neugier nach den Künsten, die du nicht hättest erlernen sollen, lieben und die ich vor Augen habe, wenn ich dich zur Rede stelle, so spreche ich vielleicht nicht umsonst. Gottes Gnade konnte uns nicht gnadenreicher ans Herz gelegt werden als dadurch, dass der einzige Gottessohn selbst, unwandelbar bleibend, was er ist, sich mit einem Menschen bekleidete und den Menschen durch menschliche Mittlerschaft den Geist seiner Liebe schenkte, durch die sie zu dem hin gelangen sollten, der ihnen so fern war, der Unsterbliche den Sterblichen, der Unwandelbare den Wandelbaren, der Gerechte den Gottlosen, der Selige den Elenden. Da er uns von Natur aus die Sehnsucht nach Glückseligkeit und Unsterblichkeit eingepflanzt hat, nahm er, in seiner Seligkeit verharrend, die Sterblichkeit auf sich, um uns zu verleihen, wonach wir liebend verlangen, und lehrte uns durch sein Leiden das zu verachten, wovor wir uns fürchten. Doch um dieser Wahrheit von Herzen zustimmen zu können, war Demut nötig, die eurer Halsstarrigkeit am allerwenigsten nahe gebracht werden kann. Was ist denn so unglaublich daran, zumal für euch, denen die bereits gewonnenen Einsichten den Glauben nahe legen müssten; was, frage ich, ist denn so unglaublich, wenn gesagt wird, dass Gott eine menschliche Seele und einen menschlichen Leib angenommen hat? Ihr selbst habt doch von der geistigen Seele – und eine solche ist die Menschenseele – eine so hohe Meinung, dass ihr erklärt, sie könne der väterlichen Vernunft, die ihr als Sohn Gottes bekennt, wesensgleich werden. Was ist also unglaublich daran, wenn eine dieser geistigen Seelen auf unbeschreibliche und einzigartige Weise zum Heil der Vielen angenommen wurde? Dass aber ein Leib mit der Seele verbunden sein muss, wenn der Mensch voll und ganz Mensch sein soll, lässt uns das Zeugnis unserer eigenen Natur erkennen. Das wäre allerdings noch unglaublicher, wenn es nicht etwas ganz Gewöhnliches wäre. Denn leichter lässt sich an eine Verbindung von Geist mit Geist glauben, selbst von Menschlichem mit Göttlichem, von Wandelbarem mit Unwandelbarem oder, um eure Sprache zu gebrauchen, von Unkörperlichem mit Unkörperlichem, als von einem Körper mit etwas Unkörperlichem. Oder nehmt ihr etwa Anstoß an der ungewöhnlichen Geburt eines Leibes aus einer Jungfrau? Auch das darf euch nicht befremden. Es sollte euch vielmehr zu frommer Ehrfurcht anregen, dass der Wunderbare auch wunderbar geboren wurde. Oder weigert ihr euch vielleicht zu glauben, dass er den im Tod abgelegten und in der Auferstehung

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in einen besseren verwandelten, nun unverweslich und unsterblich gewordenen Leib in den Himmel emporgetragen hat, weil ihr daran denkt, dass Porphyrius in seinen von mir oft zitierten Büchern über die Heimkehr der Seele so häufig mahnt, allem Körperlichen zu entfliehen, damit die Seele selig bei Gott weilen könne? Doch hier muss man seine Ansicht korrigieren … Oder solltet ihr euch schämen, euch korrigieren zu lassen? Auch dieser Fehler findet sich nur bei Hochmütigen. Gelehrte Männer schämen sich natürlich, aus Platons Schülern Christi Schüler zu werden, der einen Fischer durch seinen Geist erleuchtete und sagen ließ: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dieses war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dieses gemacht, und ohne dieses ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis; und die Finsternis hat es nicht begriffen“ (Joh 1,1–3). Von diesem Anfang des heiligen Evangeliums, das nach Johannes benannt ist, sagte ein Platoniker2, wie ich von Simplician, dem heiligen Greis und späteren Bischof der Mailänder Kirche, oft hörte, er müsse mit goldenen Buchstaben aufgeschrieben und in allen Kirchen an den hervorragendsten Stellen angebracht werden. Aber dadurch wurde den Hochmütigen jener göttliche Lehrer verächtlich, dass das Wort Fleisch wurde und unter uns Wohnung nahm. So ist es den Unseligen nicht genug, dass sie krank sind, sie müssen sich auch noch in ihrer Krankheit überheben und der Arznei, die sie heilen könnte, schämen. Das aber führt nicht zu ihrer Aufrichtung, sondern nur zu ihrem noch tieferen Fall. Nr. 369 Augustinus, epistula 137,2.4.9–11 (2) Du fragst also1, ob der Herr und Lenker der Welt den Leib einer unversehrten Frau habe erfüllen können, ob die Mutter zehn Monate lang die Verachtung ertragen und dennoch als wahre Jungfrau geboren habe und ob danach die Jungfräulichkeit unverletzt geblieben sei; ob er, dem doch das ganze Universum kaum als gleich angesehen werden könne, im Körper eines kleinen Kindes verborgen gewesen, die Jahre der Jugendzeit durchlitten, herangewachsen und zum Manne erstarkt sei. So lange solle der Herrscher von seinem Thron abwesend gewesen sein und es soll ihm die Sorge um die ganze Welt in einem kleinen Körper übertragen worden sein. Schließlich fragst du, ob er geschlafen, gegessen, alle Gefühlsregungen sterblicher Menschen empfunden habe und zugleich keine deutlichen Anzeichen seiner Majestät aufgrund bestimmter Zeichen erkennen ließ. Denn die Heilung von Besessenen, die Sorge um Kranke und die Totenerweckungen sind doch, wenn man an andere Menschen denkt, für Gott ganz geringe Dinge. … (4) … Zunächst will ich

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dich wissen lassen, dass dies nicht christliche Lehre ist, Gott habe sich mit dem Fleisch, mit dem er aus einer Jungfrau geboren wurde, auf die Art vermischt, dass er die Leitung des Universums aufgegeben oder gar verloren habe oder sie auf jenen kleinen Körper gleichsam konzentriert und gesammelt übertragen habe. So zu denken ist die Art von Menschen, die nur Körperhaftes zu denken vermögen, sei es etwas so Greifbares wie Erde und Wasser, sei es etwas Feineres wie Luft und Licht, in jedem Fall aber etwas Körperhaftes. Nichts von ihnen kann überall ganz sein, denn was aus einzelnen Teilchen zusammengesetzt ist, hat notwendigerweise einen Ort; und ob es sich nun um einen großen Körper oder nur ein kleines Teilchen handelt, es erstreckt sich über eine bestimmte Distanz, und diese Distanz füllt es so aus, dass es nicht an jedem Punkt ganz sein kann. Daraus folgt, dass es ein Kennzeichen einer körperlichen Substanz ist, verdichtet und verkleinert, zusammengezogen und ausgedehnt zu werden, in kleine Teile zu zerfallen und zu einer großen Masse anzuwachsen. Völlig unterschieden von der Natur eines Körpers ist die der Seele, um wie viel mehr die Gottes, der der Schöpfer der Seele wie des Leibes ist. Gott erfüllt nicht so die Welt, wie Wasser oder Luft oder selbst das Licht, dass er mit einem kleinen Teil seiner selbst einen kleinen, mit einem größeren Teil einen größeren Teil der Welt erfüllt. Er vermag überall ganz zu sein und von keinem Ort begrenzt zu werden; er vermag zu kommen, ohne sich zurückzuziehen von dem Ort, wo er war; er vermag wegzugehen, ohne den Ort zu verlassen, zu dem er gekommen war. (9) … Was würde man denken, wenn der Allmächtige einen Menschen irgendwie geformt, nicht aber aus dem Menschenschoß erschaffen hätte und unvermutet unseren Blicken erschienen wäre? Was, wenn er nicht von einem kleinen Kind zu einem erwachsenen Mann herangereift wäre, keine Speise zu sich genommen und nicht geschlafen hätte? Gäbe das nicht Grund zur irrtümlichen Annahme, er habe in Wahrheit doch keinen echten Menschen angenommen? Und wäre alles, was er tut, ein Wunder, so würde er wegwischen, was er aus Barmherzigkeit getan hat. Nun aber ist wirklich der Mittler zwischen Gott und den Menschen so erschienen, dass er in der Einheit der Person beide Naturen verband und das Gewöhnliche durch das Ungewöhnliche erhob und das Ungewöhnliche durch das Gewöhnliche erniedrigte. (10) … Das Wort im Anfang, durch das alle Zeiten geschaffen wurden, wählte sich eine Zeit, in der es Fleisch annahm, trat aber nicht in die Zeit ein, um ins Fleisch verwandelt zu werden. Denn der Mensch kam Gott näher und nicht Gott wich von sich zurück. (11) Diejenigen, die eine Erklärung verlangen, auf welche Weise Gott und Mensch vermischt sind, so dass eine einzige Person Christi entsteht, was nur einmal geschehen muss, mögen sich Rechenschaft geben über eine gleichsam alltägliche Sache, wie nämlich die Seele mit dem Leib sich vermischt, dass eine menschliche Person entsteht. Denn wie in der

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Einheit der Person die Seele sich eines Leibes bedient, damit ein Mensch wird, so bedient sich Gott eines Menschen in der Einheit der Person, damit Christus wird. In jener Person gibt es also eine Mischung von Leib und Seele, in dieser eine Mischung von Gott und Mensch.

b) Universale Logos-Manifestation oder historisch einmalige Offenbarung? Der zeitgenössische Platonismus vertrat das geschlossene System einer beständigen Manifestation des Logos in der Welt. Der Logos – die transzendente und zugleich immanente Sinnhaftigkeit des Ganzen – wohnte seit Urzeiten allen Phänomenen der Natur- und Geisteswelt keimartig bzw. verschlüsselt inne und ließ sich prinzipiell von allen Menschen aufspüren. Was seit Urzeiten gegeben und offenbar war, konnte nicht durch irgendeine in der Zeit erfolgende Offenbarung erweitert oder vertieft werden (Nr. 371, 373). Diesem Denkmodell widersprach der christliche Glaube an eine geschichtliche Inkarnation des Logos, der sich an einem konkreten Ort zu einer bestimmten Zeit in Menschengestalt offenbart habe, um ein neues, bislang unzugängliches Wissen mitzuteilen, das alles früher Gewusste überbot oder gar überwand und aufhob (Nr. 370, 374, 466). Der christliche Glaube, die höchste Gottheit sei ausschließlich in einer partikulären geschichtlichen Offenbarung erkennbar geworden, erschien daher als vermessene Geringschätzung aller bisher gültigen Wahrheitserkenntnis (Nr. 371, 373). Apologeten wie Origenes und Augustinus vertraten demgegenüber ein personales Wahrheitsverständnis, insofern der christliche Logos nicht Objekt menschlicher Erkenntnisbemühungen, sondern Subjekt war, das selbst dem Erkennenden frei entgegenkommen musste (Nr. 371, 374). Darüber hinaus galt das universale concretum als Grundprinzip des christlichen Offenbarungsverständnisses, indem die universale Bedeutung des geschichtlich-konkreten Inkarnationsgeschehens einsichtig gemacht wurde (Nr. 371–372). Auch die antike Vorstellung, dass jeder Mensch an der den Kosmos regierenden Vernunft Anteil habe, ließ sich aufgreifen, um die Person Christi als höchste Form und konkreteste Verdichtung dieser Logosteilhabe jedes Menschen philosophischem Verständnis nahezubringen (Nr. 372). Nr. 370 Clemens von Alexandrien, protrepticus 7,1–4; 8,4 7 (1) Dem Logos also, Christus, verdanken wir sowohl, dass wir von alters her leben, denn er war in Gott, als auch dass wir gut leben, denn jetzt ist er den Menschen erschienen, dieser Logos selbst, der allein beides ist, Gott und

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Mensch, dem wir alles Gute verdanken. Indem wir von ihm gelehrt wurden, gut zu leben, werden wir zum ewigen Leben geleitet. (2) Denn nach dem gotterfüllten Apostel des Herrn „erschien die rettende Gnade Gottes allen Menschen und erzieht uns, dass wir die Gottlosigkeit und weltlichen Begierden verleugnen und besonnen, gerecht und fromm in der gegenwärtigen Welt leben, in Erwartung der seligen Hoffnung und der Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Erlösers Jesus Christus“ (Tit 2,11–13). (3) Dies ist das neue Lied, die jetzt unter uns aufgestrahlte Erscheinung des Logos, der im Anfang war und präexistierte. Es erschien aber der Präexistente erst vor kurzem als Erlöser; es erschien der, der im Seienden war – denn „der Logos war bei Gott“ (Joh 1,1) – als Lehrer; es erschien der, durch den alles erschaffen wurde, als Logos und er, der als Schöpfer im Anfang zusammen mit der Erschaffung das Leben geschenkt hatte, lehrte, nachdem er als Lehrer erschienen war, das gute Leben, um später als Gott das ewige Leben zu gewähren. (4) Doch ist es nicht erst jetzt, dass er mit uns wegen unserer Verirrung Mitleid hatte, vielmehr war es so gleich von Anfang an; jetzt aber hat er uns, die wir bereits in Gefahr waren verloren zu gehen, durch seine Erscheinung gerettet. … 8 (4) … Und jetzt redet der Logos selbst zu dir in aller Klarheit und beschämt deinen Unglauben, ja, so sage ich, der göttliche Logos, der Mensch geworden ist, damit also auch du von einem Menschen lernst, wie ein Mensch Gott werden kann. Nr. 371 Origenes, contra Celsum 2,72; 4,23; 6,78–79; 7,42 2,72 … Denn die göttliche Stimme ist von der Art, dass sie nur von denen gehört wird, die sie nach dem Willen des Redenden hören sollen1. Ich rede noch nicht davon, dass die Stimme Gottes, von der die Schrift spricht, durchaus nicht wie vibrierende Luft ist oder eine Erschütterung der Luft oder wie sie sonst noch in den Abhandlungen über die Stimme definiert wird. Daher kann sie nur von einem besseren und göttlicheren Ohr als dem sinnlichen gehört werden. Und wenn der Redende will, dass seine Stimme nicht allen hörbar ist, so hört nur derjenige Gott, der die besseren Ohren besitzt. Wer aber an der Taubheit der Seele leidet, nimmt Gott nicht wahr, wenn er redet. … 4,23 Anschließend spottet Celsus seiner Gewohnheit entsprechend über „das Volk der Juden und der Christen“ und vergleicht alle „mit einem Schwarm von Fledermäusen oder Ameisen, die aus ihrem Bau hervorkommen, oder mit Fröschen, die um einen Sumpf herum eine Sitzung halten2, oder mit Regenwürmern, die sich in einem schlammigen Winkel versammeln und miteinander streiten, welche von ihnen die größten Sünder wären, und

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behaupten: Uns offenbart und verkündet Gott alles im voraus; die ganze Welt und die Bewegung des Himmels lässt er im Stich und kümmert sich auch nicht um die gewaltige Erde; er regiert allein für uns, verkehrt allein mit uns durch seine Boten, hört nicht auf zu senden und zu forschen, auf welche Weise wir mit ihm auf immer zusammen sein können.“ Und in seiner Fiktion macht er uns „Regenwürmern ähnlich, die sagen: Es gibt einen Gott, unmittelbar nach ihm kommen wir, denn durch ihn sind wir Gott völlig ähnlich geworden; alle Dinge sind uns unterworfen, die Erde, das Wasser, die Luft, die Sterne; alles existiert unseretwegen und ist zu unserem Dienst bestimmt.“ Ferner sagen bei ihm die Regenwürmer, das heißt wir: „Jetzt, da einige unter uns sündigen, wird Gott selbst kommen oder seinen Sohn schicken, damit er die Ungerechten dem Feuer übergibt und wir, die übrig bleiben, mit ihm ewiges Leben besitzen.“ Und er fügt allem hinzu: „Diese Dinge sind erträglicher, wenn Regenwürmer und Frösche, als wenn Juden und Christen miteinander streiten.“ 6,78 Anschließend äußert Celsus folgendes: „Es kommt aber noch hinzu, wenn Gott wirklich, wie Zeus beim Komödiendichter aus langem Schlaf erwachend die Menschheit aus ihren Übeln erretten wollte, warum sandte er denn eigentlich diesen Geist, von dem ihr redet, nur in einen Winkel? Er hätte in gleicher Weise viele Leiber durchblasen und sie über den ganzen Erdkreis aussenden müssen. Indessen schrieb der Komödiendichter, um im Theater Lachen hervorzurufen, dass Zeus, aus dem Schlaf geweckt, Hermes zu den Athenern und Spartanern gesandt habe3. Du aber glaubst nicht, mit der Sendung des Gottessohnes zu den Juden etwas noch Lächerlicheres erdichtet zu haben?“4 Beachte auch in diesen Worten die fehlende Ernsthaftigkeit des Celsus, der auf ganz unphilosophische Weise einen Komödiendichter, der Lachen hervorrufen will, heranzieht und unseren Gott, den Schöpfer des Universums, mit dem vergleicht, der bei ihm, aus dem Schlaf geweckt, Hermes sendet. Wir haben schon im Vorangegangenen gesagt, dass Gott nicht wie von einem langen Schlaf aufstand, als er Jesus zur Menschheit sandte5. Wenn dieser mit guten Gründen die Heilsökonomie der Menschwerdung jetzt vollbracht hat, so hat er doch zu allen Zeiten der Menschheit Gutes getan. Denn keine gute und edle Tat ist unter den Menschen vollbracht worden, ohne dass der göttliche Logos in die Seelen derer gekommen wäre, die, wenn auch nur für kurze Zeit, fähig waren, solche Einwirkungen des göttlichen Logos aufzunehmen. Aber auch das Kommen Jesu, das nur in einem Winkel erfolgt zu sein scheint, hatte seine guten Gründe. Denn derjenige, der prophezeit war, musste zu denjenigen kommen, die wussten, dass nur ein einziger Gott existiert, seine Propheten lasen und die Ankündigung Christi kannten; und er musste zu einem Zeitpunkt kommen, da das Wort von einem Winkel über den ganzen Erdkreis verbreitet werden sollte.

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79 Deshalb war es auch nicht nötig, dass viele Körper überall entstanden und viele Geister in Analogie zu Jesus, damit der ganze von Menschen bewohnte Erdkreis vom Logos Gottes erleuchtet würde. Es genügte nämlich, dass der eine Logos, wie die Sonne der Gerechtigkeit aufgegangen (Mal 3,20), von Judäa seine Strahlen in die Seelen derer aussandte, die ihn aufnehmen wollten. Wünscht man aber viele vom göttlichen Geist erfüllte Körper zu sehen, die in Analogie zu jenem einen Christus dem Heil der Menschen überall zu dienen bemüht sind, dann möge er diejenigen betrachten, die überall integer und rechtschaffend leben, die Lehre Jesu vermitteln und von den göttlichen Schriften auch selber Christen genannt werden, wenn es heißt: „Rührt meine Gesalbten nicht an, und tut nichts Böses meinen Propheten!“ (Ps 105,15) … Dies ist es, was ich auf die ungehörige Behauptung des Celsus zu sagen hatte, wenn er meint: Er hätte in gleicher Weise viele Leiber durchblasen und sie über den ganzen Erdkreis aussenden müssen. Der Komödiendichter nun, der Lachen hervorrufen wollte, hat Zeus einschlafen, erwachen und darauf den Hermes zu den Griechen senden lassen. Die Vernunft aber, die weiß, dass das Wesen Gottes nicht dem Schlaf unterworfen ist, mag uns belehren, dass Gott die Angelegenheiten dieser Welt nach Zeiten ordnet, wie es gute Gründe verlangen. Da die Urteile Gottes groß und schwer zu erklären sind, ist es also nichts Erstaunliches, dass die nicht unterrichteten Seelen in die Irre gehen und Celsus mit ihnen. Es ist also nichts Lächerliches an der Tatsache, dass der Sohn Gottes den Juden, bei denen die Propheten gelebt hatten, gesandt worden ist, um von dort in Körpergestalt zu beginnen und dann mit Macht und Geist für die Welt der Seelen aufzugehen, die nicht länger von Gott verlassen bleiben wollte. 7,42 Celsus verweist uns anschließend an „Platon“, der seiner Meinung nach „ein noch tüchtigerer Lehrer im Bereich der Theologie“ ist und zitiert aus seinem „Timaios“ (28c) folgende Worte: „Den Bildner und Vater dieses Universums zu finden, ist mühevoll, ihn aber allen mitzuteilen, hat man ihn einmal gefunden, ist unmöglich.“6 Er fügt die Bemerkung hinzu: „Ihr seht, wie von Wahrsagern und Philosophen der Weg der Wahrheit gesucht wird und wie Platon wusste, dass es unmöglich war, dass alle ihn beschritten. Da ihn aber weise Männer zu dem Zweck gefunden haben, dass wir von dem unbenennbaren und ersten Wesen eine Vorstellung bekämen, die es deutlich macht, entweder durch Zusammenstellung mit anderen Dingen oder durch Unterscheidung von ihnen oder durch Vergleich mit ihnen7, so will ich zwar lehren, was sonst unaussprechlich ist, würde mich aber wundern, wenn ihr mir folgen könntet, da ihr ganz und gar an das Fleisch gefesselt seid und nichts Reines schauen könnt.“ Platon trägt eine Aussage vor, die erhaben und bedeutsam ist. Aber beachte, ob die göttliche Schrift nicht viel menschen-

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freundlicher verfährt, wenn sie von Gott, dem Logos spricht, „der im Anfang bei Gott war“ und Fleisch wurde (Joh 1,2–2.14), damit zu allen der Logos kommen konnte, von dem Platon sagt, „ihn allen mitzuteilen, hat man ihn einmal gefunden, ist unmöglich.“ Platon mag nun immerhin sagen: „Den Bildner und Vater dieses Universums zu finden, ist mühevoll“; er gibt aber zu verstehen, dass es für die menschliche Natur nicht unmöglich ist, Gott zu finden, wie es ihm entspricht, oder, wenn nicht wie es ihm entspricht, zumindest in höherem Grad als die große Menge. Wenn dies sich so verhielte und Gott wirklich von Platon oder einem der Griechen gefunden worden wäre, so würden sie wohl nichts anderes verehren, Gott nennen und anbeten; sie hätten ihn dann nicht verlassen oder ihn mit anderen Dingen in Verbindung gebracht, die sich mit dem so erhabenen Gott nicht verbinden lassen. Wir sind der Ansicht, dass die menschliche Natur aus sich heraus nicht in der Lage ist, Gott auf irgend eine Art und Weise zu suchen und in reiner Weise zu finden, wenn ihr nicht geholfen wird von dem, den sie sucht8. Er lässt sich aber von denjenigen finden, die, haben sie alles getan, was in ihren Kräften steht, bekennen, dass sie seiner bedürfen. Denen offenbart er sich, denen sich zu zeigen seinem Urteil nach sinnvoll ist, in dem Maße, wie Gott natürlicherweise vom Menschen erkannt werden kann und soweit eine menschliche Seele, die noch im Körper weilt, Gott erkennen kann.

Nr. 372 Athanasius, de incarnatione Verbi 15–16; 41; 45 15 Wie nämlich ein guter Lehrer, dem etwas an seinen Schülern liegt, diejenigen, denen mit den höheren Dingen nicht geholfen werden kann, sicher mit den einfacheren Dingen unterrichtet, indem er sich auf ihr Niveau begibt, so handelte auch der Logos Gottes, wie auch Paulus sagt: „Weil die Welt mit ihrer Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, hat es Gott gefallen, durch die Torheit der Verkündigung die Glaubenden zu retten“ (1 Kor 1,21). Da sich nämlich die Menschen von der Betrachtung Gottes abgewandt hatten und, wie im Abgrund versunken, ihre Augen nach unten richteten, suchten sie Gott in dem Gewordenen und in den sinnlich wahrnehmbaren Dingen, wobei sie sterbliche Menschen und Dämonen zu ihren Göttern bildeten. Deshalb nahm der menschenfreundliche und allen gemeinsame Erlöser, der Logos Gottes, einen Leib an und verkehrte wie ein Mensch unter Menschen, lenkte die Sinne aller Menschen auf sich, damit die, die Gott in körperlichen Gestalten vermuteten, aus dem, was der Herr durch die Werke des Leibes vollbrachte, die Wahrheit erkennen und durch ihn ihre Gedanken auf den Vater richten würden. Denn da sie als Menschen auch nur an Menschliches

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dachten, so sahen sie sich von all dem angezogen, worauf sie ihre Sinne richteten, und von allen Seiten über die Wahrheit belehrt. Denn wenn sie die Schöpfung bestaunten, sahen sie, dass diese Christus als Herrn bekannte. Wenn ihre Gedanken für Menschen eingenommen waren, so dass sie diese für Götter hielten, dann erwies sich aus den Werken des Erlösers, verglichen mit denen jener, nur einer unter den Menschen als Sohn Gottes, der Erlöser, da ja jene nichts Ähnliches aufzuweisen hatten, was seitens des Logos geschehen ist. Waren sie aber den Dämonen zugetan, so mussten sie doch, wenn sie diese vom Herrn vertrieben sahen, zur Erkenntnis kommen, dass dieser allein der Logos Gottes ist, und nicht auch die Dämonen Götter sind. Stand aber ihr Geist sogar im Bann des Totenkultes, so dass sie die Heroen und die bei den Dichtern erwähnten Götter verehrten, so mussten sie angesichts der Auferstehung des Erlösers bekennen, dass jene falsch sind und der Herr allein der wahre Logos des Vaters ist, da er auch Herr über den Tod ist. Deshalb wurde er auch geboren, erschien als Mensch, starb, erstand wieder auf, und mit seinen eigenen Werken stellte er die Taten aller Menschen aller Zeiten in den Hintergrund und in den Schatten, um die Menschen aus jeglicher Besessenheit herauszuführen und sie seinen wahren Vater kennen zu lehren, wie er auch selbst sagt: „Ich bin gekommen, zu retten und zu suchen, was verloren war“ (Lk 9,10). 16 Denn da einmal der Menschengeist in die Sinnenwelt versunken war, nahm es der Logos auf sich, im Leib zu erscheinen, um als Mensch die Menschen an sich zu ziehen, ihre Sinne auf sich zu lenken und sie dann mit seinen Werken, die sie ihn in Menschengestalt vollbringen sehen, zur Überzeugung zu führen, dass er nicht nur Mensch, sondern auch Gott, Logos und Weisheit des wahrhaftigen Gottes sei. Das will auch Paulus andeuten in den Worten: „In der Liebe festgewurzelt und begründet, damit ihr imstande seid, mit allen Heiligen zu begreifen, was die Breite, Länge, Höhe und Tiefe sei, und zu erkennen, dass die Liebe Christi alle Erkenntnis weit überragt, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Fülle Gottes“ (Eph 3,17–19). Überall hat sich ja der Logos verbreitet, oben und unten, in der Tiefe und in der Breite, oben in der Schöpfung, unten in der Menschwerdung, in der Tiefe der Unterwelt, in der Breite der Welt, und so ist alles von der Erkenntnis Gottes angefüllt. Deshalb hat er auch nicht unmittelbar nach seiner Ankunft mit der Hingabe seines Leibes in den Tod und mit dessen Auferweckung das Opfer für alle dargebracht, weil er sich damit unsichtbar gemacht hätte. Vielmehr hat er sich im Leib sichtbar gemacht, indem er in ihm verweilte und solche Werke vollbrachte und Zeichen wirkte, die ihn nicht mehr als Menschen, sondern als Gott-Logos erwiesen. Denn in zweierlei Hinsicht zeigte uns der Erlöser seine Menschenliebe durch die Menschwerdung, einmal, dass er den Tod von uns hinwegnahm und uns erneuerte, und dass er, verborgen und unsichtbar,

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durch seine Werke erschien und sich als den Logos des Vaters, als den Lenker und König des Alls zu erkennen gab. 41 Was aber die Griechen betrifft, so könnte man sich sehr darüber wundern, dass sie über Dinge lachen, die doch gar nicht lächerlich sind, für ihre eigene Schande aber blind sind, die sie, ohne es zu merken, in Stein und Holz zur Schau gestellt haben. Da wir aber um Beweise für unsere Lehre gar nicht verlegen sind, so wollen wir auch diese Heiden mit guten Argumenten beschämen, vor allem aufgrund dessen, was wir selber sehen. Denn was ist absurd, oder was verdient Spott bei uns? Etwa unsere Behauptung, der Logos sei in einem Leib erschienen? Doch werden sie wohl auch selbst zugestehen, dass das nicht in widersinniger Weise geschehen ist, falls sie wirklich Freunde der Wahrheit sind. Wenn sie nun überhaupt das Dasein eines Logos Gottes leugnen, dann tun sie etwas Überflüssiges, da sie über etwas spotten, das sie nicht kennen. Geben sie aber einen Logos Gottes zu und bekennen, dass er der Lenker des Alls ist, dass in ihm der Vater die Schöpfung zustande gebracht hat, dass durch dessen Vorsehung alles erleuchtet und belebt wird und besteht, und dass er über alles herrscht, so dass er selbst aus den Werken seiner Vorsehung erkannt wird und durch ihn der Vater, dann sieh doch bitte zu, ob sie nicht unbewusst den Spott gegen sich selbst wenden. Die Welt erklären die griechischen Philosophen für einen großen Körper und sagen damit die Wahrheit. Wir sehen ja, wie sie und ihre Teile unter unsere Sinneswahrnehmung fallen. Wenn sich also der Logos Gottes in der Welt, die ein Körper ist, befindet1, und wenn er in das Ganze und all die einzelnen Teile eingegangen ist, weshalb soll es dann sonderbar und abwegig sein, wenn wir sagen, dass er auch in einen Menschen eingegangen ist? Denn wenn es abwegig ist, dass er überhaupt in einem Körper wohnt, so wäre es auch abwegig, dass er sich in das Weltall begeben hätte und alles durch seine Vorsehung erleuchtete und bewegte; denn auch das Weltall ist ein Körper. Wenn es aber angeht, dass er in die Welt kommt und im Weltall erkannt wird, so wird es auch angehen, dass er in einem menschlichen Körper erscheint und dieser von ihm erleuchtet wird und durch ihn wirkt. Ein Teil des Ganzen ist ja auch die Menschheit. Und wenn es nicht angeht, dass der Teil sein Medium für die Erkenntnis Gottes wird, dann wäre es auch völlig abwegig, dass sich der so beschaffene Logos durch die ganze Welt zu erkennen gibt2. 45 Der Logos Gottes hat also folgerichtig einen Leib angenommen und ein menschliches Instrument gebraucht, damit er sowohl den Leib lebendig mache als auch, wie er in der Schöpfung durch seine Werke erkannt wird, so in einem Menschen handele und sich selbst überall zeige, damit er nichts von seiner Gottheit und Erkenntnis verlassen sein ließe. Denn ich sage nochmals dasselbe unter Wiederholung des schon früher Gesagten, dass der Erlöser dieses getan hat, damit er, wie er alle Dinge überall mit seiner Anwesenheit

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erfüllt, ebenso auch alle Dinge mit seiner Erkenntnis erfüllt, wie auch die Heilige Schrift sagt: „Die ganze Erde wurde mit der Erkenntnis des Herrn erfüllt“ (Jes 11,9). Denn wenn jemand zum Himmel aufblicken will, dann sieht er dessen Vorsehung; und wenn er nicht zum Himmel aufsehen kann, sondern nur bis zu den Menschen aufblickt, dann sieht er durch seine Werke seine mit Menschen unvergleichliche Macht und erkennt, dass unter den Menschen allein dieser der Gott-Logos ist. Oder wenn jemand unter den Dämonen verirrt ist und darüber in Erstaunen versetzt ist, dann sieht er, dass dieser sie vertreibt, und urteilt, dass dieser ihr Herr ist. Oder wenn er in die Natur der Gewässer untergetaucht ist und meint, diese seien Gott, wie die Ägypter das Wasser verehren, dann sieht er, dass diese Natur von ihm verwandelt wird (vgl. Joh 2,6–10), und erkennt, dass der Herr der Schöpfer der Gewässer ist. Und wenn er sogar in die Unterwelt hinabgestiegen ist und die dort hinabgegangenen Heroen als Götter bestaunt, dann sieht er doch das Ereignis seiner Auferstehung und den Sieg über den Tod und zieht die Folgerung, dass auch unter ihnen allein Christus der wahre Herr und Gott ist. Denn der Herr hat alle Teile der Schöpfung berührt und alles von jeglicher Verirrung befreit und überzeugt, wie Paulus sagt: „Er hat alle Herrschaften und Gewalten entwaffnet und über sie am Kreuz triumphiert“ (Kol 2,15), damit niemand mehr verführt werden kann, sondern überall den wahren Logos Gottes findet. Denn so ist der Mensch künftig von allen Seiten umschlossen und sieht, wie sich überall, das heißt am Himmel, in der Unterwelt, im Menschen, auf der Erde, die Gottheit des Logos ausgebreitet hat; deshalb wird er in Bezug auf Gott nicht mehr verführt, sondern betet nur diesen an und erkennt durch ihn in angemessener Weise den Vater. Hiermit werden sich also auch die Griechen wahrscheinlich von uns aufgrund guter Argumente beeindrucken lassen.

Nr. 373 Julian, contra Galilaeos frg. 7; 20 frg. 7 Dass die Menschen ihre Gotteserkenntnis nicht durch Belehrung, sondern von Natur aus besitzen1, erweist sich aus Folgendem: Allen Menschen, privat und öffentlich, als Individuen und als Völkern, ist der Eifer für das Göttliche gemeinsam. Denn wir alle glauben auch ohne Belehrung an etwas Göttliches, selbst wenn es nicht für alle Menschen leicht ist, die genaue Wahrheit darüber zu erfahren2. frg. 20 Dass von Anfang an Gott sich allein um die Juden kümmerte und sie sein ausschließlicher Besitz seien, haben in aller Klarheit nicht nur Mose und Jesus, sondern auch Paulus behauptet. … Schließlich sandte er ihnen auch

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Jesus, uns aber keinen Propheten, keine Salbung, keinen Lehrer, keinen Herold seiner Menschenfreundlichkeit, die, wenn auch viel später einmal auch uns erreichen sollte. Stattdessen ließ er es zu, dass während Myriaden von Jahren oder, wenn ihr es vorzieht, während Jahrtausenden die Völker vom Osten bis zum Westen, vom Norden bis zum Süden in völligem Unwissen der Idolatrie huldigten3, wie ihr sagt, mit Ausnahme eines kleinen Völkchens, das sich vor knapp zweitausend Jahren in einem Winkel Palästinas niedergelassen hatte. Wenn er tatsächlich der Gott von uns allen ist, der Schöpfer des Universums, warum hat er uns dann übergangen?

Nr. 374 Augustinus, epistula 137,12 Das Wort Gottes, der dem Vater gleichewige Sohn … nahm einen Menschen an und schuf sich so den einen Jesus Christus, den Mittler zwischen Gott und den Menschen, der dem Vater gleich ist gemäß seiner Gottheit, geringer als der Vater in Bezug auf sein Fleisch, das heißt als Mensch; unveränderlich und unsterblich gemäß der dem Vater gleichen Göttlichkeit und als derselbe wandelbar und sterblich gemäß seiner von uns erworbenen Schwachheit, in der Christus zu der Zeit, die er selbst für die zweckmäßigste hielt und vor aller Zeit schon vorausbestimmt hatte, als Lehrer und Helfer zu den Menschen kam, um das ewige Heil zu erwerben. Als Lehrer, dessen im Fleisch dargebotene Autorität all das Wahre bekräftigte, das hierzu früher schon nicht allein von den heiligen Propheten, deren Aussagen alle wahr sind, zum Nutzen gesagt wurde, sondern auch von den Philosophen, sogar den Dichtern und den Schriftstellern aller Art, die allerdings – wer wollte daran zweifeln – viel Wahres mit Falschem vermischt haben. Er bekräftigte es wegen derjenigen, die nicht durch die tiefere Wahrheit selbst erkennen und unterscheiden konnten: durch die Wahrheit, die er selbst war, bevor er Mensch wurde für alle, die der Wahrheit teilhaftig werden konnten1. Da die meisten Menschen nämlich Verlangen nach dem Göttlichen hatten, meinten sie, sich durch Himmelsmächte, die sie für Götter hielten und durch verschiedene verbotene, nicht sakrale, sondern sakrilegische Riten sich um Gott bemühen zu müssen. Das alles war eher hochmütig als fromm, wobei sich ihnen aufgrund des gemeinsamen Hochmutes an die Stelle der heiligen Engel die Dämonen unterschoben2. Daher überzeugte er vor allem durch das heilsame Beispiel seiner Menschwerdung, dass die Menschen wissen sollten, wie nahe Gott ihrer Frömmigkeit sei. Während sie gleichsam zum weit Entfernten durch Zwischenmächte zu gelangen suchten, überzeugte er sie dadurch, dass er sich würdigte, einen Menschen anzunehmen und mit ihm so vereinigt zu werden, wie

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ein Körper mit der Seele. Er nahm einen ganzen Menschen an, mit Ausnahme allerdings der Wandelbarkeit der Materie, zu der Gott nicht verwandelt werden kann, die wir aber bei Seele und Körper beobachten. Er ist unsere Hilfe, da niemand ohne die Gnade des Glaubens, die von ihm kommt, weder die schädliche Begierde besiegen noch ohne sie von deren nicht besiegtem Rest durch verzeihenden Sündennachlass gereinigt werden kann. Was nun seine Lehre angeht: welcher ganz einfache Mann oder welch unangesehene schwache Frau glaubt jetzt nicht an die Unsterblichkeit der Seele oder an ein zukünftiges Leben nach dem Tod? Einst hat bei den Griechen als erster der Syrer Pherekydes, als er darüber disputierte, Pythagoras von Samos durch die Neuheit des Arguments geschlagen und ihn von einem Ringkämpfer zum Philosophen bekehrt3. Nun aber, so sagt Vergil (ecl. 4,25), und wir alle sehen es ja, wächst der assyrische Balsam an allen Orten. Die gnadenhafte Hilfe in Christus aber ist überall und: „Wenn er führt, dann schwindet getilgt, was an Spuren des Frevels uns noch blieb, und erlöst von ewigem Grauen die Lande“ (ecl. 4,13 f.)4.

4) Kontroverse Deutungen der Gestalt Christi Der christlichen Überzeugung, in der Gestalt des historischen Jesus sei Gott selbst Mensch geworden, wurde von heidnischer Seite der fragwürdige Charakter der ihm zugeschriebenen Wunder, die zweifelhafte Herkunft und Abstammung, der entwürdigende Tod am Kreuz sowie die Unglaubwürdigkeit seiner Auferstehung entgegengehalten.

a) Wunder Versuchten die Apologeten, den göttlichen Anspruch Christi durch die von ihm gewirkten Wunder zu beglaubigen, so erhoben sich von heidnischer Seite zahlreiche Einwände gegen dieses Argument. Die lebendige Erinnerung an die Geschehnisse (Nr. 9) war allmählich verblasst, so dass diese vielfach nur noch als bloße Legenden galten (Nr. 375). Zwar wurde auch später noch auf Wunder in der Gegenwart verwiesen (Nr. 381, 385–386), doch bemühten sich die Apologeten vor allem um den Nachweis, dass solche aufsehenerregenden Ereignisse in der Anfangsphase des Christentums, nicht aber in der späteren Kirchengeschichte notwendig waren (Nr. 382, 385). Insofern die antike Welt zahllose andere Wundertäter kannte (Nr. 69, 71, 376–377, 383–384), ging es in der Beurteilung des Wunderargumentes nicht um das Problem, ob Jesus tatsächlich Wunder gewirkt habe, sondern ob er als Magier einzustufen war, dessen Wunder keinerlei göttlichen Anspruch legitimierten (Nr. 376, 378,

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440), ob andere Thaumaturgen nicht eindrucksvollere Wunder gewirkt hätten (Nr. 383–384), ob schließlich von Gott nicht weitaus größere Machttaten zu erwarten gewesen wären als das von Jesus Vollbrachte (Nr. 379–380, 384). Erstmals entwarf Origenes eine Reihe von Kriterien, die den göttlichen oder magisch-dämonischen Charakter der Wunder erweisen und damit die wahre Identität Christi klären sollten, dessen Taten sich in ihrem Vollzug und Zweck, in ihrer Bedeutung und ihren Folgen von ähnlichen heidnischen Phänomenen grundlegend unterschieden (Nr. 376).

Nr. 375 Origenes, in Joannem 2,34,204 Außerdem ist zu bemerken, dass die machtvollen Wundertaten, die zur Zeit des Herrn geschahen, zum Glauben aufrufen konnten. Sie behielten ihre Eindruckskraft nicht lange Zeit, und schon jetzt vermuten einige, es seien Mythen. Nr. 376 Origenes, contra Celsum 1,6.46.68; 2,39.48–49; 3,25–28.31.33; 8,47 1,6 Im Folgenden beschuldigt er auch den Erlöser und sagt, „dass er durch Magie fähig war, seine scheinbaren Wunder zu vollbringen1; und da er voraussah, dass auch andere sich dieselben Kenntnisse aneignen, dasselbe vollbringen und sich rühmen würden, es in der Kraft Gottes zu vollbringen, schloss er solche aus seiner Gemeinschaft aus.“2 Und er wirft ihm folgendes vor: „Wenn er sie zu Recht ausschließt, dann ist er, da er derselben Dinge schuldig ist, ebenfalls schlecht. Wenn er aber kein schlechter Mensch ist, weil er diese Dinge vollbrachte, dann sind es genauso wenig die, die ebenso wie er handeln.“ Auch wenn sich anscheinend keine Antwort auf die Frage findet, wie Jesus dieses vollbrachte, so ist doch völlig klar, dass die Christen sich keinerlei Beschwörungspraktiken bedienen, sondern nur des Namens Jesu, verbunden mit anderen Worten, an die sie entsprechend der göttlichen Schrift glauben. 46 … Denn ohne Wunder und außergewöhnliche Taten hätten sie (die Apostel Jesu) diejenigen, die neue Lehren und neue Unterweisungen hörten, nicht bewegen können, die traditionelle Religion aufzugeben und ihre Unterweisungen unter Lebensgefahr anzunehmen. Spuren jenes Heiligen Geistes, der in Gestalt einer Taube erschien (Mt 3,16), sind noch bei den Christen erhalten: sie treiben Dämonen aus, vollbringen zahlreiche Heilungen und schauen nach dem Willen des Logos manches von den zukünftigen Dingen. …

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68 Weil Celsus den Verdacht hegt, man werde die von Jesus vollbrachten großen Taten vorweisen, über die wir nur wenig gesagt haben, obwohl vieles möglich wäre, täuscht er anschließend vor einzuräumen, es sei wahr, „was berichtet ist über Heilungen, über die Auferweckung, über die wenigen Brote, die viele nährten, wobei noch viele Reste übrig blieben, oder was sonst noch“ seiner Meinung nach „die Jünger an Wundergeschichten erzählt hätten.“ Er fügt hinzu: „Nun gut, wir wollen glauben, dass du diese Dinge vollbracht hast!“ Sofort stellt er sie auf die gleiche Stufe mit „den Werken der Zauberer, die“ ihm zufolge „noch erstaunlichere Dinge versprechen“, und mit „dem, was die Schüler der Ägypter vollbringen, die mitten auf den Marktplätzen für wenige Groschen ihre ehrwürdigen Kenntnisse verkaufen, den Menschen Dämonen austreiben, Krankheiten wegblasen, Seelen der Heroen beschwören, aufwendige Mähler, Tische mit Naschwerk und Delikatessen vorzeigen, die gar nicht existieren, und wie Lebewesen Dinge sich bewegen lassen, die gar keine wirklichen Lebewesen sind, sondern nur in der Einbildung so erscheinen.“ Er sagt: „Da jene Leute diese Dinge vollbringen, müssen wir sie für Söhne Gottes halten?“ Oder muss man sagen, dass dies Praktiken von nichtsnutzigen Menschen sind, die einen bösen Dämon haben? Du siehst also anhand dessen, wie er gewissermaßen die Existenz der Magie akzeptiert. Ich weiß nicht, ob er mit demjenigen identisch ist, der mehrere Bücher gegen die Magie geschrieben hat3. Da es ihm indessen für sein Vorhaben dienlich ist, setzt er das über Jesus Berichtete mit dem durch Magie Bewirkten gleich. Es wäre dann gleich, wenn Jesus dies wie die Zauberer primär zur Selbstdarstellung dargeboten hätte. Nun aber ruft kein Zauberer durch seine Kunststücke seine Zuschauer zu einer moralischen Besserung auf, noch leitet er sie zur Gottesfurcht an, wenn sie vor den Darbietungen erschrecken, noch bemüht er sich, die Augenzeugen für eine Lebensweise zu gewinnen, die von Gott ihr Urteil erwartet. Nichts davon tun die Zauberer, weil sie entweder nicht die Fähigkeit oder weder Wunsch noch Willen besitzen, sich mit der Besserung der Menschen zu beschäftigen, sind sie doch auch selbst von den schändlichsten und verrufensten Sünden besudelt. Wenn Jesus hingegen durch die Wunder, die er vollbrachte, die Betrachter der Geschehnisse zu moralischer Besserung aufrief, wie wäre es dann nicht selbstverständlich, dass er sich selbst nicht nur seinen wahren Jüngern, sondern auch den übrigen Menschen als Beispiel der besten Lebensform präsentierte? Den Jüngern, damit sie sich der Unterweisung der Menschen nach dem Willen Gottes widmen; den übrigen, damit sie nicht mehr durch die Lehre als durch den Wandel und die Wunder unterwiesen werden, wie man zu leben habe, und jegliches Tun auf den Willen Gottes ausrichten, der über allem waltet. Wenn aber das Leben Jesu von dieser Art war, wie könnte man ihn vernünftigerweise mit der Motivation der Zauberer vergleichen und nicht glauben, dass er der Verhei-

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ßung Gottes entsprechend Gott sei, der in einem menschlichen Leib erschien zum Wohl unserer Menschheitsfamilie? 2,39 Ist es aber nicht eine offenkundige Lüge, wenn bei Celsus der Jude behauptet: „Nachdem er niemanden überzeugt hatte, solange er lebte, nicht einmal seine Jünger, wurde er bestraft und erduldete solche Leiden.“ Woran entzündete sich denn der Hass der jüdischen Hohepriester, Ältesten und Schriftgelehrten gegen ihn, wenn nicht an der Tatsache, dass die Scharen sich überzeugen ließen, ihm auch in die Wüste zu folgen, überwältigt nicht nur von der Folgerichtigkeit seiner Rede, da er seine Worte stets den Hörern anpasste, sondern auch von den Wundern, mit denen er diejenigen erschütterte, die der Folgerichtigkeit seiner Rede den Glauben verweigerten. Ist die Behauptung nicht geradezu eine Lüge, dass er nicht einmal seine Jünger überzeugte? Zwar hatten sie damals infolge ihrer Angst ganz menschliche Empfindungen – sie waren noch nicht in der Tapferkeit geübt –, aber dennoch gaben sie ihre Überzeugung nicht auf, dass er der Christus war. Als Petrus nach seiner Verleugnung sich bewusst wurde, in welche Untat er verstrickt war, „ging er hinaus und weinte bitter.“ Die übrigen aber waren zwar von Mutlosigkeit wegen seines Schicksals getroffen – denn sie verehrten ihn immer noch –, doch wurden sie durch seine Erscheinung darin bestärkt, noch mehr und fester als zuvor zu glauben, dass er der Sohn Gottes war. 48 Unfähig, den Wundern, die Jesus den Berichten zufolge gewirkt hat, ins Auge zu sehen, hat Celsus sie schon wiederholt als Zauberei diskreditiert. Wiederholt haben wir der Behauptung nach unseren Möglichkeiten widersprochen. Nun aber legt er uns folgende Antwort in den Mund: „Deswegen haben wir geglaubt, er sei ein Sohn Gottes, weil er Lahme und Blinde geheilt hat.“ Er fügt noch hinzu: „Wie ihr behauptet, hat er Tote auferweckt.“ Dass er nun Blinde und Lahme geheilt hat, weshalb wir glauben, er sei der Christus und Sohn Gottes, ist für uns aufgrund dessen offenbar, was auch in den Prophetien geschrieben steht: „Dann werden sich die Augen der Blinden öffnen und die Ohren der Tauben hören. Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch“ (Jes 35,5–6). Dass er auch Tote auferweckt hat und dies keine Erfindung der Evangelisten ist, lässt sich aus folgendem erweisen: Wenn es eine Erfindung wäre, dann wäre von zahlreichen Auferweckten die Rede gewesen und solchen, die schon längere Zeit in den Gräbern waren. Da es aber keine Erfindung ist, wird nur eine sehr kleine Zahl erwähnt: Die Tochter des Synagogenvorstehers, von der er aus einem unbekannten Grund sagte: „Sie ist nicht tot, sondern sie schläft“ (Lk 8,52) – er sagte etwas von ihr, was sich nicht von allen Toten sagen ließ; der einzige Sohn der Witwe, den er, von Mitleid ergriffen, auferweckte, nachdem er die Totenträger anhalten ließ (Lk 7,11–17); und als Dritter Lazarus, der schon vier Tage im Grab lag (Joh 11,38–44). …

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49 Jesus wollte nun die Jünger nicht daran hindern, ihre Aufmerksamkeit auf Zauberer generell und solche zu richten, die versprechen, auf diese oder jene Art Wunder zu wirken – denn dies war bei seinen Jüngern nicht nötig –; vielmehr wollte er sie von denen fernhalten, die sich öffentlich für den Christus Gottes ausgaben und versuchten, durch bestimmte Vorspiegelungen die Jünger Jesu auf ihre Seite zu ziehen. Daher sagte er an einer Stelle: „Wenn dann jemand zu euch spricht: Siehe, hier ist der Christus oder dort!, so glaubt es nicht. Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten, große Zeichen und Wunder wirken, so dass, wenn es möglich wäre, selbst die Auserwählten sich irreführen ließen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. Wenn sie nun zu euch sagen: Siehe, er ist in der Wüste, so geht nicht hinaus; siehe, er ist in versteckten Räumen, so glaubt es nicht! Denn wie der Blitz vom Osten ausgeht und bis zum Westen leuchtet, so wird es mit der Ankunft des Menschensohnes sein“ (Mt 24,23–27). Und an anderer Stelle: „Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen gegessen und in deinem Namen getrunken und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und viele Wunder getan? Und ich werde ihnen sagen: Weichet von mir, da ihr Übeltäter seid“ (Mt 7,22 f.). In der Absicht, die Wunder Jesu mit menschlicher Zauberei gleichzustellen, sagt Celsus wörtlich: „O Licht und Wahrheit! Mit seiner eigenen Stimme kündigt er ausdrücklich an, wie auch ihr aufgezeichnet habt, dass noch andere zu euch kommen werden, die sich ähnlicher Wunder bedienen, schlechte Menschen und Zauberer, und er erwähnt einen gewissen Satan als Verursacher solcher Dinge. So stellt er selber gar nicht in Abrede, dass diese Dinge nichts Göttliches, sondern Werke nichtswürdiger Menschen sind. Von der Wahrheit genötigt, hat er zugleich das Treiben der anderen aufgedeckt und das eigene gerichtet. Ist es daher nicht dreist, anhand derselben Werke den einen für Gott, die anderen für Zauberer zu halten? Warum soll man denn anhand dieser Werke eher die anderen als diesen für nichtswürdig halten, wenn man ihn selbst als Zeugen heranzieht? Auch er selbst hat ja eingeräumt, dass diese Dinge nicht die Kennzeichen einer göttlichen Natur, sondern von Betrügern und übelsten Menschen sind.“ Beachte nun, ob Celsus hierbei nicht klar überführt wird, die Lehre zu verdrehen, indem das, was Jesus über diejenigen sagt, die Zeichen und Wunder wirken werden, etwas ganz anderes ist, als was bei Celsus der Jude behauptet. Denn wenn Jesus den Jüngern einfach gesagt hätte, sich vor denen in Acht zu nehmen, die Wunder versprechen, ohne hinzuzufügen, wofür sie sich ausgeben werden, dann wäre sein Verdacht vielleicht am Platz. Da aber diejenigen, vor denen wir uns nach dem Willen Jesu in Acht nehmen sollen, verkünden, der Christus zu sein, was die Zauberer nicht tun, und, wie er sagt, trotz ihres schlechten Lebenswandels einige Wunder wirken und Dämonen von den Menschen austreiben werden, dann wird

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viel mehr, wenn man so sagen darf, von den Leuten, um die es hier geht, die Zauberei ausgeschlossen sowie jeglicher Verdacht gegen sie. Umgekehrt wird die göttliche Macht Jesu und die göttliche Macht seiner Jünger erwiesen. Denn es war möglich, dass jemand, der sich seines Namens bediente und auf unerklärliche Weise von einer bestimmten Macht beeinflusst war, sich als der Christus auszugeben, scheinbar Ähnliches wie Christus vollbrachte, ebenso dass andere durch den Namen Jesu fast Ähnliches wie seine wahren Jünger vollbrachten. 3,25 Selbst wenn ich einräumen wollte, dass ein Heildämon, Asklepios genannt, den Körper heilt, möchte ich denen, die solches oder das Orakel des Apollon bewundern, sagen: Wenn die Kunst, Körper zu heilen, etwas Indifferentes ist und eine Sache, die nicht nur rechtschaffenen, sondern auch schlechten Menschen zuteil wird, ebenso das Vorauswissen der Zukunft – wer die Zukunft im voraus erkennt, lässt nämlich nicht unbedingt Rechtschaffenheit erkennen –, dann beweist, wie diejenigen, die Heilungen vollbringen und die Zukunft im voraus erkennen, keineswegs schlechte Menschen sind, sondern im Gegenteil sich in jeder Hinsicht als rechtschaffene Menschen erweisen und nicht weit davon entfernt sind, für Götter gehalten zu werden. Aber sie werden nicht nachweisen können, dass diejenigen, die Heilungen vollbringen und die Zukunft im voraus erkennen, rechtschaffen sind, denn es wird auch von vielen berichtet, die geheilt worden sind, obwohl sie nicht zu leben verdienten, die ein weiser Arzt aufgrund ihres unanständigen Lebenswandels nicht hätte heilen wollen. … 26 Wir wollen nun sehen, was Celsus anschließend sagt, wenn er aus geschichtlichen Erzählungen Wunder zitiert, die an sich zwar unglaublich scheinen, ihm aber nicht als unglaubhaft gelten, wie es sich zumindest aus seinen Worten schließen läßt. Nehmen wir zunächst den Fall des Aristeas von Prokonnesos4, von dem er folgendes sagt: „Was ferner Aristeas von Prokonnesos angeht: obwohl er in so göttlicher Weise aus den Augen der Menschen verschwand und wiederum deutlich erschien und sich später zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten der Erde aufhielt und wunderbare Dinge verkündete, und obwohl Apollon den Metapontinern befahl, Aristeas in den Rang der Götter aufzunehmen, so hält dennoch niemand mehr diesen für einen Gott.“ Er scheint die Geschichte aus Pindar (frg. 271) und Herodot entnommen zu haben. Es genügt aber, hier die Passage Herodots aus dem vierten Buch der Historien (4,14 f.) zu zitieren, die so lautet: „Woher Aristeas stammte, der dies sagte, habe ich erwähnt. Ich will die Erzählung wiedergeben, die ich in Prokonnesos und Kyzikos über ihn hörte. Sie erzählen nämlich, Aristeas, der seiner Abstammung nach keinem Bürger nachstand, sei in Prokonnesos in eine Walkerwerkstatt eingetreten und dort gestorben. Der Walker habe die Werkstatt zugeschlossen und sei fortgegangen, um es den Ange-

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hörigen des Toten mitzuteilen. Als sich die Nachricht, Aristeas sei gestorben, schon in der Stadt verbreitet hatte, habe ein Mann von Kyzikos, der aus der Stadt Artake kam, denen widersprechen, die dies erzählten; er habe, so behauptete er, auf dem Weg nach Kyzikos Aristeas getroffen und Worte mit ihm gewechselt. Während er entschieden widersprach, seien die Angehörigen des Toten zur Walkerwerkstatt gekommen. Sie hätten das Nötige dabei gehabt, um ihn fortzutragen. Nachdem man aber das Haus geöffnet hatte, habe sich kein Aristeas, weder tot noch lebendig, gezeigt. Sieben Jahre später sei er in Prokonnesos erschienen und habe die Verse gedichtet, die jetzt bei den Griechen Arimaspeia heißen. Nachdem er es aber gedichtet hatte, sei er zum zweiten Mal verschwunden. Das also erzählen diese Städte. Folgendes aber ist, wie ich weiß, den Metapontinern in Italien begegnet, 240 Jahre nach dem zweiten Verschwinden des Aristeas, wie ich durch Berechnungen in Prokonnesos und Metapont herausgefunden habe. Die Metapontiner erzählen, Aristeas persönlich sei ihnen in ihrem Land erschienen und habe befohlen, dem Apollon einen Altar zu errichten und daneben eine Säule mit dem Namen des Aristeas von Prokonnesos aufzustellen. Er habe ihnen nämlich gesagt, sie seien die einzigen Bewohner Italiens, zu denen Apollon ins Land gekommen wäre, und er selbst, der jetzige Aristeas, folge ihm. Damals aber, als er dem Gott folgte, sei er ein Rabe gewesen. Nachdem er dies gesagt hatte, sei er wieder verschwunden. Sie aber, sagen die Metapontiner, hätten nach Delphi gesandt, und den Gott befragt, was die Erscheinung des Menschen bedeute. Die Pythia habe ihnen aufgetragen, der Erscheinung zu gehorchen, denn wenn sie gehorchten, würde es ihnen besser gehen. Sie hätten dies akzeptiert und ausgeführt. Noch jetzt steht eine Statue mit dem Namen des Aristeas neben dem Bild des Apollon, ringsherum stehen Lorbeerbäume. Das Bild aber ist auf dem Marktplatz errichtet. Soviel sei nun von Aristeas gesagt.“ 27 Zu dieser Geschichte über Aristeas ist zu sagen: Wenn Celsus sie wie eine Geschichte zitiert hätte, ohne seine Zustimmung zu bekunden, dass er sie für wahr halte, dann hätten wir uns mit seinem Argument anders auseinandergesetzt. Da er aber behauptet, Aristeas sei in göttlicher Weise verschwunden und wiederum deutlich erschienen und habe sich an verschiedenen Orten der Erde aufgehalten und wunderbare Dinge verkündet, und da er ferner, als würde er dem persönlich zustimmen, ein Orakel des Apollon zitiert, das den Metapontinern befahl, Aristeas in den Rang der Götter aufzunehmen, so wollen wir ihm folgende Argumentation entgegenhalten. Wenn du die Wunder, die die Jünger Jesu über ihn aufgezeichnet haben, für reine Erfindungen hältst und die tadelst, die daran glauben, wie kommt es dann, dass du diese Dinge weder für Aufschneiderei noch für Erfindungen hältst? Wenn du anderen vorwirfst, ohne Vernunft an die Wunder Jesu zu glauben, wie kommt es dann, dass du offenbar so bedeutenden Dingen Glauben

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schenkst, ohne irgendeinen Beweis für sie oder eine Begründung dafür vorzubringen, dass sie tatsächlich geschehen sind? Oder gelten Herodot und Pindar bei dir als wahrhaftig, jene aber, die für die Lehren Jesu sterben wollten und der Nachwelt über das, wovon sie selbst überzeugt waren, solche Aufzeichnungen hinterließen, führen deiner Meinung nach für Erfindungen, Mythen und Aufschneidereien einen so gewaltigen Kampf, dass sie deretwegen in Bedrängnis leben und gewaltsam sterben? Stelle dich doch einmal unparteiisch den Aufzeichnungen über Aristeas und den Berichten über Jesus gegenüber, und überlege, ob nicht angesichts der nützlichen Konsequenzen, die sich in der Hebung der Sittlichkeit und in der Frömmigkeit gegenüber dem allmächtigen Gott zeigen, das gläubige Bekenntnis folgen muß, dass das von Jesus Berichtete nicht ohne göttliches Wirken geschehen konnte, dass dies aber bei Aristeas von Prokonnesos keineswegs der Fall war. 28 In welcher Absicht die Vorsehung die Wunder in bezug auf Aristeas gewirkt haben sollte, welchen Nutzen sie der Menschheit mit der Präsentation so imposanter Dinge, wie du meinst, erweisen wollte, kannst du nicht sagen. Wenn wir hingegen die Begebenheiten über Jesus erzählen, dann geben wir als keineswegs willkürliche Begründung dafür, dass diese Dinge geschehen sind, an, dass Gott damit die von Jesus verkündete Lehre zur Erlösung der Menschen bestätigen wollte; diese Lehre beruhte auf den Aposteln, die sozusagen bei der Grundlegung des Christentums die Fundamente dieses Gebäudes bildeten, sie entfaltete sich aber auch in den folgenden Zeiten, in denen sich nicht weniger Heilungen im Namen Jesu und andere Manifestationen nicht unbedeutender Art verwirklichen. … 31 Wenn sich dies so verhält, ist es dann nicht vernünftig, von Jesus, der so bedeutende Dinge vollbringen konnte, anzunehmen, dass in ihm keine gewöhnliche Gottheit wohnte, nicht aber in Aristeas von Prokonnesos, selbst wenn Apollon ihn in den Rang der Götter aufnehmen will, noch in denen, die Celsus aufzählt? Er sagt: „Niemand hält Abaris den Hyperboreer5 für einen Gott, der doch so große Macht besaß, dass er auf einem Pfeil dahingetragen wurde.“ In welcher Absicht hat die Gottheit, die dem Hyperboreer Abaris die Gunst erwies, sich auf einem Pfeil dahintragen zu lassen, ihm ein so beeindruckendes Geschenk gemacht? Welchen Nutzen sollte die Menschheit davon haben? Oder welchen Vorteil hatte jener selbst davon, dass er auf einem Pfeil dahingetragen wurde? Es sei ruhig eingeräumt, dass diese Dinge keineswegs Erfindungen sind, sondern sich unter gewisser Mitwirkung eines Dämons ereignet haben. Wenn es aber von meinem Jesus heißt, dass er „in Herrlichkeit aufgenommen wurde“ (1 Tim 3,16), erkenne ich den göttlichen Plan: Gott, der dies wirkte, bestätigte den Lehrer vor denen, die es schauten, damit sie nicht für menschliche Lehren, sondern göttliche Unterweisungen kämpften, sich mit ganzer Kraft dem höchsten Gott weihten, alles taten, was seinem Willen

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entsprach, um im göttlichen Gericht die Vergeltung dafür zu empfangen, was sie in diesem Leben Gutes oder Böses getan haben. 33 Celsus zeigte aber, dass er mehrere griechische Geschichten gelesen hatte, indem er auch diejenige über „Kleomedes von Astypalaea“6 zitierte. Von ihm erzählte er, dass „er in eine Kiste hineingestiegen sei und sich in ihrem Innern eingeschlossen habe, aber nicht darin gefunden wurde, sondern durch eine gewisse göttliche Fügung daraus entkommen sei, als einige die Kiste aufbrachen, um ihn zu ergreifen.“ Wenn dies keine Erfindung ist, obwohl es eine solche zu sein scheint, lässt es sich nicht mit den Berichten über Jesus vergleichen. Denn bei jenen Männern lässt sich kein Indiz der ihnen zugeschriebenen Göttlichkeit im Leben der Menschen entdecken, während es bei Jesus die Gemeinden derer gibt, denen geholfen wurde, die Prophetien, die über ihn verkündet wurden, die Heilungen, die in seinem Namen geschahen, die Erkenntnis, die von ihm ausgeht und mit Weisheit verbunden ist, die Einsicht, die sich bei denen findet, die bestrebt sind, vom schlichten Glauben aufzusteigen und den Sinn der Heiligen Schriften zu erforschen. So entspricht es den Weisungen Jesu, der sprach: „Erforscht die Schriften“ (Joh 5,39), der Absicht des Paulus, der lehrte, wir sollten wissen, wie wir einem jeden angemessen zu antworten hätten (Kol 4,6), aber auch der Absicht dessen, der sprach: „Seid stets bereit, jedem Rechenschaft zu geben, der euch nach dem Grund des Glaubens fragt, der in euch ist“ (1 Petr 3,15). Wenn Celsus aber das Zugeständnis verlangt, dass es keine Erfindung sei, so möge er sagen, in welcher Absicht denn die übermenschliche Macht das Entkommen aus der Kiste durch eine gewisse göttliche Fügung bewirkt hat. Wenn er nämlich nachweist, dass diese dem Kleomedes erwiesene Gunst etwas Bedeutendes und der Absicht Gottes Angemessenes ist, werden wir beurteilen, was ihm entgegnet werden muss. Wenn er sich aber schwertut, zu diesem Punkt etwas Überzeugendes vorzutragen, weil sich offensichtlich kein Argument finden lässt, so werden wir entweder in Übereinstimmung mit denen, die diese Geschichte nicht akzeptieren, sie für unwahr erklären oder behaupten, ein Dämon habe ähnlich wie die Zauberer bei ihren Vorführungen durch optische Täuschung auch die Ereignisse um Kleomedes vollbracht. Celsus meint, irgendein Orakel habe über ihn erklärt, dass er durch eine gewisse göttliche Fügung aus der Kiste entkommen sei. 8,47 Die Griechen werden dies als Märchen bezeichnen7, obwohl zwei ganze Völker ihre Wahrheit bezeugen. Aber warum sollten die Erzählungen der Griechen nicht eher Märchen sein als diese? Wenn man sich der Frage direkt zuwendet, um nicht den Eindruck zu erwecken, willkürlich das Eigene zu akzeptieren, dem Fremden aber keinen Glauben zu schenken, ließe sich sagen, dass die Wunder der Griechen von gewissen Dämonen vollbracht seien und die der Juden entweder von Gott durch die Engel und die Wunder

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der Christen von Jesus und seiner in den Aposteln wirkenden Kraft. Wir wollen alle miteinander vergleichen und das Ziel sowie die Absicht derjenigen betrachten, die sie gewirkt haben, und sehen, ob die Empfänger der vermeintlichen Wohltaten davon Nutzen oder Schaden oder keines von beiden hatten. Wird man da nicht sehen, wie das alte Volk der Juden die Weisheit liebte, bevor es gegen die Gottheit frevelte und dann von ihr wegen seiner großen Schlechtigkeit verlassen wurde? Und bei den Christen, die sich am Anfang auf wunderbare Weise zusammengeschlossen haben, wird man sehen, dass sie am Anfang mehr durch die Wunder als durch mahnende Worte bewogen wurden, die traditionellen Überzeugungen aufzugeben und andere zu wählen, die davon ganz verschieden waren. In der Tat, soll man eine wahrscheinliche Erklärung für die anfängliche Sammlung der Christen geben, so werden wir sagen müssen, es sei nicht wahrscheinlich, dass die Apostel Jesu, ungebildete und einfache Menschen, sich durch etwas anderes ermutigen ließen, den Menschen das Christentum zu verkünden, als durch die ihnen verliehene Kraft und die in ihrem Wort zur Darlegung der Dinge wirkende Gnade. Ebenso wenig wahrscheinlich ist es, dass sich ihre Zuhörer von den dauerhaften Sitten und Gebräuchen ihrer Väter abgewendet hätten, wenn sie nicht durch irgendeine bedeutende Macht und wunderbare Ereignisse zu so fremden Lehren geführt worden wären, die von den ihnen vertrauten ganz verschieden waren. Nr. 377 Porphyrius, contra Christianos frg. 4 (= Hieronymus, tractatus in psalmos 81,8) Porphyrius behauptet: „Da diese primitiven und armen Männer nichts besaßen, haben sie durch magische Künste gewisse Zeichen gewirkt. Doch ist es nichts Bedeutendes, Zeichen zu wirken. Denn auch in Ägypten haben die Magier gegen Mose Zeichen gewirkt (Ex 7,11). Auch Apollonius hat welche gewirkt, ebenso auch Apuleius; zahllose Zeichen haben sie gewirkt.“1 Ich will dir zugestehen, Porphyrius, dass sie durch magische Künste Zeichen gewirkt haben, um von reichen Frauen, die sie getäuscht haben, Reichtum zu erlangen; dies behauptest du ja. Weshalb aber sind sie gestorben? Weshalb gekreuzigt worden? Auch andere haben Zeichen durch magische Künste gewirkt: doch sind sie nicht für einen Menschen gestorben, für einen Gekreuzigten. Diese wissen, dass der Mensch gestorben ist, und sie sterben ohne Grund. Selig ist also unser Sieg, der im Blut der Apostel geweiht ist. Unser Glaube wird nicht anders bewiesen als durch ihr Blut.

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Nr. 378 Arnobius, adversus nationes 1,43–44.46 43 Vielleicht will man uns noch mit vielen anderen verleumderischen und kindischen Worten entgegentreten: „Christus war ein Magier, durch geheime Künste hat er als jenes vollbracht, aus den Tempeln der Ägypter hat er die Namen der mächtigen Engel und Geheimlehren gestohlen.“ – Ihr kindischen Menschen, was redet ihr von Dingen, die ihr nicht kennt, und schwatzt ohne Ahnung dreist und wortreich einher? Waren also jene Taten Blendwerke der Dämonen und das Spiel magischer Künste? Könnt ihr uns irgendeinen nennen unter all den Magiern, die jemals lebten, einen zeigen, der auch nur im entferntesten etwas Ähnliches wie Christus vollbracht hat? Ohne irgendeine Kraft von Zaubersprüchen, ohne die Säfte von Kräutern und Gräsern, ohne ängstliche Beobachtung der heiligen Bräuche, Opfer und Zeiten? Denn wir bedrängen sie nicht und fragen nicht, was sie zu tun versprechen oder in welchen Arten von Praktiken all ihr Wissen und ihre Erfahrung gewöhnlich besteht. Wer wüsste denn nicht, dass sie sich bemühen, das Künftige im Voraus zu erkennen, das, ob sie es wollen oder nicht, der Ordnung gemäß notwendig eintreten muss, oder dass sie willkürlich tödliche Krankheit schicken, die Liebesbande der Familien zerreißen, Verschlossenes ohne Schlüssel öffnen, anderen den Mund verschließen, an Wagen die Pferde lähmen, aufstacheln, aufhalten, fremde Frauen und Kinder, seien sie männlichen oder weiblichen Geschlechts, mit dem Feuer unerlaubter Liebe entflammen und in rasende Begierde versetzen; oder wenn sie etwas Nützliches anzustreben scheinen, wer wüsste nicht, dass sie es nicht aus eigener Kraft vermögen, sondern durch die Macht derer, die sie anrufen? 44 Nun ist aber bekannt, dass Christus alles, was er tat, ohne jegliches Hilfsmittel, ohne Beobachtung irgendeines Ritus oder einer vorgeschriebenen Formel, allein kraft seines Namens vollbrachte und dass er, wie es für den wahren Gott charakteristisch, angemessen und würdig war, nichts Schädliches oder Verderbliches, sondern nur Hilfreiches, Heilbringendes, Förderndes aus seiner Machtfülle uns freigebig zuteil werden ließ. … 46 Ich frage, war Christus einer von uns, er, der die von verschiedenen Leiden, von hundert und mehr Krankheiten Geplagten auf einmal durch einen einzigen Akt heilte? Auf dessen einfaches Wort hin sich tobende Meereswogen glätteten, Stürme und Unwetter sich beruhigten? Der trockenen Fußes über die tiefsten Wasser wandelte, der auf dem Rücken des Meeres einherschritt, so dass sogar die Wogen staunten und die Natur sich dienstbar unterwarf? Der fünftausend Menschen, die ihm folgten, mit fünf Broten sättigte und, damit es jenen Ungläubigen und Verhärteten nicht als Blendwerk erschien, mit den Resten noch zwölf Körbe füllte? War der einer von uns, der

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längst hingeschiedene Seelen in die Körper zurückkehren, Bestattete aus der Erde hervorkommen und nach dem dritten Tag des Begräbnisses sich aus den Leichentüchern enthüllen ließ? War der einer von uns, der durchschaute, was die Einzelnen für Absichten hatten, was sie an verborgenen Gedanken still im Herzen trugen? War der einer von uns, der, sobald er nur ein einziges Wort sprach, verschiedenen und in der Sprache getrennten Völkern den Eindruck vermittelte, er bediene sich der ihnen vertrauten Worte und ihrer jeweiligen Sprache? War der einer von uns, der plötzlich die ganze Welt erfüllte, indem er den Dienst an der wahren Religion seinen Anhängern übertrug und der durch Offenbarung der Unermesslichkeit seines Namen zeigte, welche Größe er besaß und wer er selber war? War der einer von uns, der, nachdem er seinen Leib abgelegt hatte, unzähligen Menschen am hellen Tage erschien, der Reden führte und vernahm, belehrte, tadelte und mahnte, der, damit jene nicht meinten, durch Halluzinationen getäuscht zu sein, sich einmal, zweimal und öfter in einem vertraulichen Gespräch zeigte, der auch jetzt noch überaus gerechten und tadellosen Männern, die ihn lieben, erscheint, und zwar nicht in leeren Traumbildern, sondern in klarer und einfacher Gestalt? Dessen Name, sobald er gehört wird, die bösen Geister vertreibt, Wahrsager zum Schweigen bringt, Sehern ihre Klientelen nimmt, die Praktiken vermessener Magier vereitelt, und zwar nicht, wie ihr behauptet, durch den Schrecken, den ein Name verbreitet, sondern durch die Erlaubnis einer höheren Macht?

Nr. 379 Julian, contra Galilaeos frg. 41; 50 frg. 41 Was Jesus angeht, so ist es ihm nur gelungen, die Schlimmsten unter uns zu verführen; sein Name ist seit wenig mehr als dreihundert Jahren bekannt. Während seines Lebens hat er nichts getan, was der Rede wert wäre, es sei denn, man hielte die Heilung von Lahmen und Blinden sowie die Austreibung von Dämonen aus Besessenen in den Dörfern von Betsaida und Bethanien für gewaltige Taten. frg. 50 … Aber Mensch geworden, welche Wohltaten hat er seinen Mitmenschen erwiesen? „Sie wollten ihm ja nicht gehorchen“, sagen sie (die Christen). Wie? Warum hat jenes hartherzige und starrsinnige Volk dann Mose gehorcht? Jesus, der den Geistern befahl, über das Meer wandelte, Dämonen austrieb und, wie ihr zumindest behauptet, den Himmel und die Erde erschaffen hat, – von seinen Schülern hat nämlich niemand gewagt, solches von ihm zu behaupten, mit Ausnahme des Johannes, aber auch er nicht klar und bestimmt; aber einmal angenommen, er habe es gesagt – wäre er da nicht imstande gewesen, die Überzeugungen seiner Freunde und Stammesverwandten zu ihrem Heil umzustimmen?

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Nr. 380 Theodor von Mopsuestia, contra Iulianum frg. 9 (= Julian, contra Galilaeos frg. 104) 1 Nachdem man Jesus zu Herodes geführt hatte, vollbrachte er keinerlei Wunder, obwohl jener von ihm etwas zu sehen oder zu hören verlangte1, da er wusste, dass Herodes davon keinen Nutzen haben würde. 2 Er wirkte die Wunder nämlich nicht ohne Weiteres, auch nicht zur Schau und um selber bewundert zu werden, sondern damit die Menschen durch den Glauben daran gerettet würden. 3 Es war ja offensichtlich, dass Herodes nicht aus diesem Grund ein Wunder suchte, sondern weil er gegen ihn aufgebracht war und etwas zu sehen erwartete, was Strafe verdiente. Er ließ ihn ja nicht ungestraft gehen, obwohl er ihn als jemanden verachtete, der nichts vollbringen konnte; vielmehr schickte er ihn, mit einem Soldatenmantel bekleidet, zu Pilatus fort, dessen Freund er geworden war, da er sich von einem Verdacht befreit und einen Feind und Gegner bezwungen hatte, nachdem er Christus verächtlich wie einen Feind behandelt hatte, der nicht mehr imstande ist, irgendetwas zu tun2. Nr. 381 Ambrosiaster, quaestio 114,5.15–19.22 (5) Nun aber hat unser Gott geboten, dass man ihn auf Grund des Zeugnisses von Wundern verehre, und, um keinen Verdacht zuzulassen, hat er, wie es Gott würdig ist, ein Gesetz gegeben, das selber ehrenhaft und heilig ist. Wir aber, die von den Heiden als unvernünftig bezeichnet werden, hätten unserem Gott keinen Glauben geschenkt, wenn er uns nicht Zeugnisse von Wundern gewährt hätte und wir hätten sein Gesetz nicht akzeptiert, wenn wir nicht erkannt hätten, dass es rein ist und dem Bekenntnis selbst entspricht. (15) Aber um das Eingeständnis ihrer Unwissenheit voll zu machen, nennen sie, selber in Dummheit befangen, diejenigen Narren, von denen sie überführt werden. Sie klagen zwar unseren Glauben und unser spätes Auftreten an, bestreiten aber nicht, dass an den Geboten nichts zu tadeln ist. Die unseren Glauben anklagen, erheben das Wort weniger gegen uns als gegen unseren Schöpfer. Sie behaupten, dass wir nämlich unvernünftig seien, da wir sozusagen einer närrischen Sache Glauben geschenkt hätten, jener aber ein Lügner und Betrüger und boshafter (Gott) sei, da er einen Glauben vermittelt, durch den wir als Gläubige getäuscht würden. Daher wollen wir zunächst beweisen, dass wir nicht unvernünftig geglaubt haben, anschließend die Sache des Schöpfers vertreten.

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(16) Als wir im Irrtum lebten, in dem jetzt noch die Heiden verbleiben, wurden wir durch keinerlei Wunderzeichen angezogen, sondern haben durch bloße Worte, die sie heilig nennen, in der Meinung, es sei nützlich, angenommen, nicht was die Gottheit empfohlen, sondern was alte Gewohnheit überliefert hatte, in der – was nicht verborgen ist – wir durch verschiedene Nichtigkeiten getäuscht, keine Hoffnung auf Heil erkannt hatten. Denn welchen Nutzen konnte etwas haben, was von Menschen erfunden wurde? Dass wir aber den Glauben an Gott annahmen und an die Menschwerdung und Kreuzigung seines Sohnes glaubten, dazu wurden wir nicht durch Worte, sondern Ereignisse überzeugt. Wir sahen nämlich, wie Tote auferweckt, Aussätzige rein wurden, wie einem blind Geborenen das Augenlicht wieder gegeben wurde, Dämonen ausgetrieben und zugleich alle Krankheiten geheilt wurden. (17) Nun soll geurteilt werden, zu welchem Zeitpunkt wir unvernünftig waren: als wir bloßen Worten oder als wir Ereignissen glaubten? Ohne Zweifel existieren die Ereignisse vor den Worten, da diese ja zur Bezeichnung von Ereignissen erfunden wurden. Wenn wir also, ohne überzeugendes Wunder, einer menschlichen Überlieferung, die zur Täuschung des menschlichen Geistes erfunden wurde, Glauben geschenkt haben, wie viel mehr dann dieser Überlieferung, deren göttlichen und heiligen Charakter alle Zeichen, die Gott anrufen, bezeugen. Würden wir nicht zu Recht als unvernünftig gelten, wenn wir Wundern nicht glaubten, die wir doch Worten geglaubt hatten? Würden wir nicht vernünftigerweise als achtlos und unbesonnen gelten, wenn wir dem Ruf der Hoffnung nicht folgten, die wir doch der Verzweiflung verfallen waren? (18) „Aber“, so entgegnen sie, „unvernünftig ist das, was geglaubt wird; es hält nämlich nicht der Vernunft stand, dass Gott einen Sohn hat und gestorbene sowie aufgelöste Körper wieder lebendig werden.“ – Alle Philosophen und Begründer von Schulrichtungen haben sich in Kontroversen gegenseitig Stiche versetzt, niemand wechselte das Lager, weil ein jeder bei der Ansicht blieb, die er sich zu eigen gemacht hatte. Auf Grund der Tatsache, dass Worte dem Widerspruch ausgesetzt sind, überwand niemand den anderen. Es gab nämlich nichts, wodurch sich jemand als Sieger erweisen konnte. Indem sie sich vielmehr gegenseitig mit Widersprüchen zusetzten, überzeugte niemand den anderen auch nur im geringsten. (19) Daher geschah es, dass Gottes Vorsehung, deren Sinn sich nicht ergründen lässt, seiner Verkündigung Wunderkraft hinzufügte, damit die Wahrheit der Verkündigung durch das Zeugnis der Wunderkraft bestätigt würde, so dass diejenigen, die bereit waren, den Worten zu widersprechen, Widerspruch nicht wagten, wenn sie die Wunderkraft sahen. Welche Bezeugung der Wahrheit kann denn größer sein, als das Wirken von Wundern?

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(22) Ein Schatten der vollbrachten Wunder zeigt sich auch jetzt noch. Weil es nämlich nicht mehr die Zeit ist, Wunder zu vollbringen – am Anfang musste es ja geschehen, damit die Saat des Glaubens dadurch wachse –, so werden dennoch auch jetzt Dämonen durch die Erwähnung des Kreuzes Christi in Schrecken versetzt und, wenn es intensiver geschieht, vertrieben, und aus Furcht vor der Nennung des Kreuzes können die Götter der Heiden keine Antworten geben1. Nr. 382 Augustinus, de utilitate credendi 34 Als Wunder bezeichne ich jedes Ereignis, das schwer herbeizuführen oder ungewöhnlich ist und somit die Erwartungen oder die Möglichkeiten desjenigen übersteigt, der sich darüber wundert. In diesem Bereich gibt es nichts, was den Volksmassen oder überhaupt den Unwissenden mehr angemessen wäre als das, was die Sinne anspricht. Doch die Wunder kann man wiederum in zwei Kategorien aufteilen. Es gibt nämlich Ereignisse, die bloße Verwunderung hervorrufen, andere aber verschaffen zusätzlich noch große Dankbarkeit und Zuneigung. Wenn nämlich jemand einen fliegenden Menschen sieht, wundert er sich nur, weil dies dem Beobachter keinerlei Vorteil bringt außer dem Schauspiel selbst. Wenn aber jemand schwer erkrankt ist, ohne dass Hoffnung auf Genesung besteht, und er dann nur auf einen Befehl hin wieder gesund wird, wird er die Verwunderung über seine Heilung durch Liebe zu dem, der ihn geheilt hat, noch übertreffen. Solche Dinge geschahen zu jener Zeit, als Gott in einem wahren Menschen, soweit es nötig war, den Menschen erschien: Kranke wurden geheilt, Aussätzige gereinigt; Lahme konnten wieder gehen, Blinde wieder sehen, Taube wieder hören. Die Menschen jener Zeit erlebten, wie Wasser in Wein verwandelt wurde, wie fünftausend Menschen mit fünf Broten gespeist wurden, wie man zu Fuß über Meere wandelte, wie Tote wieder auferstanden. So geschahen einige dieser Wunder zum Wohl des Körpers, indem sie ihm recht erkennbare Hilfe brachten; andere dienten dem Wohl des Geistes, indem sie ihm in verdeckterer Form Zeichen gaben; sie alle aber wurden zum Vorteil der Menschen vollbracht, indem sie die hoheitliche Würde Christi bewiesen. Auf diese Weise zog damals die göttliche Autorität die Seelen der Menschen, die dem Irrtum verfallen waren, an sich. Du fragst: „Warum geschehen solche Dinge nicht auch heutzutage?“ – Weil sie keinen Eindruck machen würden, wenn sie nicht Anlass zum Staunen gäben. Das wäre aber nicht der Fall, wenn sie ganz alltäglich wären1. Nimm doch einmal den Wechsel von Tag und Nacht, die immer gleichbleibende Ordnung der Vorgänge am Himmel, die regelmäßige Wiederkehr der vier

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Jahreszeiten, das Fallen und Neuwachsen der Blätter an den Bäumen, die unbegrenzte Kraft der Samen, die Schönheit des Lichtes, die Vielfalt der Farben, Klänge, Gerüche und des Geschmacks. All dies lass jemanden zum ersten Mal sehen und wahrnehmen, mit dem wir aber doch sprechen können. Er wird stumm und ist überwältigt von den Wundern. Wir aber beachten all diese Erscheinungen kaum, nicht etwa weil es so leicht wäre, sie zu verstehen – denn was liegt tiefer im Dunkeln als die Gründe für all diese Phänomene? –, sondern sicherlich weil wir sie ständig wahrnehmen. Die erwähnten Wunder Christi geschahen also in sehr geeigneter Weise zu folgendem Zweck: Durch sie sollte eine Masse von Gläubigen gewonnen und noch vergrößert werden, damit sich dann die Autorität auf ihr sittliches Verhalten nützlich auswirken konnte. Nr. 383 Augustinus, epistula 136,1 Marcellinus an Augustinus … Ich füge die Bitte hinzu, dass du recht aufmerksam den Einwänden entgegnest, mit denen sie fälschlicherweise behaupten, der Herr habe nicht mehr vollbracht, als auch andere Menschen tun konnten. Sie halten uns nämlich ihren Apollonius und Apuleius1 und andere sich der Magie bedienende Menschen vor Augen, deren Wunder ihrer Behauptung nach bedeutender gewesen seien. Nr. 384 Augustinus, epistula 137,13–14 (13) „Aber“, so sagen sie, „durch keine geeigneten Zeichen wurden Anzeichen solch großer Majestät offenbart. Denn die Dämonenaustreibung, die Heilung von Krankheiten, die Totenerweckungen, sind doch für Gott, wenn man andere Menschen betrachtet, nur geringe Dinge.“ – Wir gestehen selbstverständlich, dass auch die Propheten solches getan haben. Was ist unter diesen Zeichen außerordentlicher als die Totenerweckungen? Dies tat Elias, dies tat Elisäus. Was aber die Wunder der Magier betrifft und ob sie etwa auch Tote erweckt haben, das mögen diejenigen beurteilen, die versuchen, den Apuleius, der sich selbst sehr beredt gegen den Vorwurf der Magie verteidigte, nicht durch eine Anklage, sondern durch ein Lob zu widerlegen. Wir jedenfalls lesen, dass die in diesen Künsten sehr erfahrenen Magier der Ägypter von Mose, dem Knecht Gottes, überwunden wurden (Ex 7). Denn als sie mit ihren frevelhaften Künsten irgendetwas Wunderbares zu vollbringen versuchten, da hat er einfach durch Anrufung Gottes ihre Machenschaften zu-

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nichte gemacht. Aber auch Mose und die anderen wahrhaften Propheten haben den Herrn Christus vorhergesagt und ihm hohe Ehren erwiesen. Sie hielten sich ihm in keiner Weise gleich noch ihre Wundermacht höher, sondern verkündigten einfach Gott als den Herrn aller Dinge und dass er der Menschen wegen als Mensch kommen werde. Und er hat deshalb all diese Taten selbst vollbracht, damit nicht das, was er durch andere vollbracht hatte, als unsinnig angesehen werde. Und um etwas als sein eigenes zu tun, wurde er von einer Jungfrau geboren, erstand von den Toten und fuhr auf in den Himmel. Wenn nun jemand denkt, dies sei zu gering für einen Gott, so weiß ich nicht, was er sonst noch erwartet. (14) Ich glaube nämlich, solche Dinge waren von ihm gefordert, so wie jemand in menschlicher Gestalt sie vollbringen musste. Denn im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort, und alles ist durch es geschaffen (Joh 1,1). Musste er nun, da er Mensch geworden war, eine andere Welt schaffen, damit wir glauben sollten, dass er es sei, durch den die Welt geschaffen ist? Aber er hätte doch in dieser Welt keine größere oder zumindest eine dieser gleich schaffen können. Hätte er aber eine kleinere als diese Welt geschaffen, so hätte das doch als zu gering für einen Gott gegolten. Da es also nicht notwendig war, eine neue Welt zu schaffen, so hat er Neues in dieser Welt geschaffen. Dass ein Mensch von einer Jungfrau geboren wird, von den Toten zu ewigem Leben aufersteht und über die Himmel erhöht wird, ist doch wohl ein größeres Machtwerk als diese Welt. Hier wird man wahrscheinlich entgegnen, man könne nicht glauben, dass solches geschehen sei. Was also mit Menschen anfangen, die kleine Wunder verachten und größere nicht glauben wollen? Totenerweckungen werden deshalb geglaubt, weil es auch andere getan haben, aber es ist für Gott zu gering. Seinen eigenen Leib von einer Jungfrau zu erschaffen und vom Tod ins ewige Leben über den Himmel sich selbst zu erheben, wird deshalb nicht geglaubt, weil niemand solches getan hat und weil es allein Gott zukommt. So geschieht es, dass ein jeder die Taten, die er selbst als nicht leicht zu tun, aber zu verstehen glaubt, gleichgültig hinnimmt und alles, was darüber hinausgeht, als erfunden für unwahr hält. Ich beschwöre dich, halte es nicht so wie diese. Nr. 385 Augustinus, de civitate Dei 22,8 „Warum“, so fragt man, „geschehen denn jetzt jene Wunder nicht mehr, die, wie die Christen behaupten, einst geschehen sind?“ – Darauf könnte ich erwidern, dass sie notwendig waren, bevor die Welt glaubte, damit sie zum Glauben käme. Wer aber jetzt noch nach Wundern verlangt, um zu glauben, ist selbst ein großes Wunder, da er nicht glaubt, wo doch alle Welt glaubt.

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Doch zielt jene Frage wohl darauf, auch die einst geschehenen Wunder unglaubhaft erscheinen zu lassen. Aber woher kommt es dann, dass man überall mit solchem Glauben Christus feiert, der mit seinem Leib in den Himmel empor gehoben wurde? Wie erklärt sich das übergroße Wunder, dass in aufgeklärten Zeiten, die alles Unmögliche von sich weisen, die Welt ohne alle Wunder das Unglaubliche geglaubt hat? Oder wollen sie behaupten, es sei glaubhaft gewesen und deshalb geglaubt worden? Warum glauben sie dann nicht selber? Unsere Schlussfolgerung ist daher sehr kurz: Entweder haben für ein unglaubliches Geschehen, das man nicht sah, andere unglaubliche Tatsachen, die wirklich geschahen und gesehen wurden, Glauben geweckt, oder es handelte sich um ein so glaubhaftes Geschehen, dass es keiner Wunder bedurfte, um zu überzeugen, womit dann der hartnäckige Unglaube widerlegt wäre. So viel zur Zurückweisung der dummen Schwätzer. In Wirklichkeit können wir nicht bestreiten, dass viele Wunder geschehen sind, die jenes eine gewaltige, heilbringende Wunder bestätigten, dass Christus mit seinem auferstandenen Leib zum Himmel emporstieg. Denn in denselben völlig wahrheitsgetreuen Büchern ist alles aufgezeichnet, sowohl was geschah, als auch die Glaubenswahrheit, um derentwillen es geschah. So ist es bekannt geworden, um Glauben zu wirken, und durch den so gewirkten Glauben wird es noch weit herrlicher bekannt gemacht. Man liest es unter den Völkern vor, damit sie glauben, aber man würde es ihnen nicht vorlesen, wenn man nicht daran glaubte. Doch auch jetzt noch geschehen Wunder im Namen Christi, sei es durch seine Sakramente, sei es durch Gebete, sei es durch die Gedächtnisstätten der Heiligen, doch treten sie nicht dermaßen ans Licht, dass sie sich auch nicht mit gleicher Herrlichkeit wie jene verbreiten können. Der Kanon der heiligen Schriften, der abgeschlossen sein musste, bringt es ja mit sich, dass die ersten Wunder überall verlesen werden und sich dem Gedächtnis aller Völker einprägen, die späteren Wunder aber, wo sie sich auch zugetragen haben mögen, kennt man oft nicht einmal in der ganzen Stadt, geschweige denn in der Gegend, wo sie sich ereignet haben. Meist erfahren es nur ganz wenige, während die übrigen nichts davon wissen, zumal wenn die Stadt groß ist. Wird es aber anderswo und anderen erzählt, dann besitzt es nicht so große Bedeutung, dass es ohne Schwierigkeit und Zweifel geglaubt wird, obwohl es ungläubigen Christen von Gläubigen berichtet wird.

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Nr. 386 Augustinus, retractationes 1,13,7; 14,5 13,7 Ferner sagte ich: „Diesen Wundern ist Einhalt geboten worden, damit die Seele nicht ständig nach sichtbaren Dingen verlangte und die Menschheit durch Gewöhnung für dasjenige erkalte, durch dessen Neuheit es einst entbrannte“ (vera rel. 25,17). Das ist gewiss wahr, denn jetzt empfangen die Getauften bei der Auflegung der Hände nicht mehr den Heiligen Geist in der Weise, dass sie in Sprachen aller Völker reden, und auch die Kranken werden nicht mehr durch den Schatten vorübergehender Verkündiger Christi geheilt. Es steht fest, dass diese Dinge, die sich damals zutrugen, später aufgehört haben. Nichtsdestoweniger ist diese Stelle nicht so zu verstehen, als solle man glauben, dass im Namen Christi keine Wunder mehr gewirkt würden. Schon damals, als ich dieses Buch schrieb, wusste ich von einem Blinden in der Stadt Mailand, der bei der Berührung der Reliquien der Märtyrer das Augenlicht wieder erhalten hat1. Und so waren mir auch andere Wunder bekannt geworden, wie sie ja auch jetzt noch in solcher Menge geschehen, dass wir sie gar nicht alle erfahren, oder wenn wir von ihnen erfahren, sie nicht aufzählen können, weil es zu viele sind. 14,5 An einer andern Stelle, nachdem ich an die Wunder erinnert habe, die der Herr Jesus vollbracht hat, als er leiblich auf Erden war, habe ich hinzugefügt: „Du fragst, warum geschehen solche Dinge nicht mehr heutzutage? Und ich gab zur Antwort: Weil sie keinen Eindruck machen würden, wenn sie nicht Anlass zu Staunen gäben. Das aber wäre nicht der Fall, wenn sie ganz alltäglich wären“ (util. cred. 34)2. Damit wollte ich aber sagen, dass es heute nicht mehr so viele und so große Wunder gibt, aber nicht, dass es überhaupt keine mehr gibt. b) Die Geburt Christi Um den christlichen Glauben an den menschgewordenen Gottessohn zu diskreditieren, verwiesen heidnische Kritiker oft auf mythische Parallelen, deren Vergleichbarkeit die Apologeten wiederum bestritten (Nr. 387–388). Entsprechende Mythen der Geburt von Göttersöhnen wurden als dämonisches Plagiat der biblischen Ereignisse gewertet (Nr. 281). Origenes bemühte sich, von den Denkvoraussetzungen der Griechen die Angemessenheit einer Jungfrauengeburt Jesu glaubwürdig zu machen (Nr. 388).

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Nr. 387 Tertullian, apologeticum 21,7–9 (7) Der Herr und Meister dieser Gnade und Lehre also, der Erleuchter und Geleiter der Menschheit wurde angekündigt als der Sohn Gottes, ohne jedoch so gezeugt worden zu sein, dass er sich des Namens „Sohn“ oder der väterlichen Abstammung hätte schämen müssen. Nicht durch Inzest mit einer Schwester oder durch die Schändung einer Tochter oder der Frau eines anderen bekam er einen göttlichen Vater mit einem Schuppenkleid oder mit Hörnern oder mit Gefieder, einen in Gold verwandelten Liebhaber der Danae. Jupiter ist es, von dem ihr solch menschliche Dinge berichtet1. Aber Gottes Sohn hat keine Mutter, deren Keuschheit verletzt worden wäre; auch die er zu haben scheint, hatte keinen Mann gehabt.

Nr. 388 Origenes, contra Celsum 1,28.32–33.37 28 Danach lässt er die Person eines Juden auftreten, der mit Jesus selbst diskutiert und ihn, wie er meint, wegen vieler Dinge zur Rechenschaft zieht1. Zunächst „habe er die Geburt aus einer Jungfrau erfunden.“ Er macht ihm auch zum Vorwurf, dass „er aus einem jüdischen Dorf stamme und von einer Frau vom Lande, einer armen Spinnarbeiterin, geboren sei.“ Er behauptet, „diese sei von ihrem Mann, der von Beruf her Zimmermann war, als Ehebrecherin überführt und verstoßen worden.“ Ferner behauptet er, „von ihrem Mann vertrieben und ehrlos umherziehend, hätte sie Jesus heimlich geboren.“ Und: „Aus Armut begab dieser sich als Tagelöhner nach Ägypten und erprobte dort einige magische Kräfte, derer sich die Ägypter rühmen. Stolz auf diese Kräfte kehrte er zurück und gab sich ihretwegen öffentlich als Gott aus.“ … 32 Doch kehren wir zu den Worten zurück, die dem Juden in den Mund gelegt werden. Hier ist geschrieben, „die Mutter sei von dem Zimmermann, der mit ihr verlobt war, verstoßen worden, da sie des Ehebruchs überführt und von einem Soldaten namens Panthera2 schwanger geworden sei.“ Wir wollen sehen, ob die Erzähler der Fabel vom Ehebruch der Jungfrau mit Panthera und vom Zimmermann, der sie verstieß, all dies nicht blindlings erfunden haben, um die wunderbare Empfängnis vom Heiligen Geist zu beseitigen. Sie hätten doch noch auf andere Weise die Geschichte wegen ihres allzu wunderbaren Charakters verfälschen können, ohne dabei sozusagen wider Willen zuzugeben, dass Jesus nicht aus einem gewöhnlichen menschlichen Ehebund hervorgegangen ist. Es war konsequent, wenn diejenigen, die die wunder-

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bare Geburt Jesu nicht anerkannten, irgendeine Lüge erfanden. Dass sie dies aber keineswegs überzeugend taten, sondern daran festhielten, dass die Jungfrau Jesus nicht von Joseph empfing, machte für diejenigen, die Erfindungen zu erkennen und zu widerlegen vermögen, die Lüge offensichtlich. Entspräche es denn der Vernunft, wenn derjenige, der so Bedeutendes für die Menschheit gewagt hat, damit, soviel an ihm läge, alle Griechen und Barbaren in der Erwartung des göttlichen Gerichtes vom Bösen abließen und in allem so handelten, wie es dem Schöpfer des Universums gefiel, wenn dieser Mensch keinen wunderbaren Ursprung gehabt hätte, sondern den gesetzeswidrigsten und schändlichsten von allen? Ich will mich an die Griechen und insbesondere an Celsus wenden, der, mag er sie begreifen oder nicht, jedenfalls Stellen aus Platon zitiert, und fragen: Wird derjenige, der die Seelen in die Leiber der Menschen herabsendet, in den schändlichsten Ursprung von allen hineinstoßen und durch keinen rechtmäßigen Ehebund in das Menschenleben den einführen, der so Bedeutendes gewagt, Zahlreiche belehrt und so viele Menschen der Flut der Sünde entrissen hat? Entspricht es nicht mehr der Vernunft, wenn jede Seele, die nach gewissen geheimen Prinzipien in einen Leib eingeführt wird – ich sage dies jetzt im Sinne des Pythagoras, Platon, Empedokles3, die Celsus oft genannt hat –, entsprechend ihres Verdienstes und entsprechend des früheren Charakters eingeführt wird? Daher ist es wahrscheinlich, dass diese Seele, die durch ihr Eintreten in das Leben der Menschen von größerem Nutzen war als viele Menschen – um nicht anmaßend zu erscheinen, wenn ich sage alle – eines Leibes bedurfte, der sich nicht nur unter den menschlichen Leibern auszeichnet, sondern auch allen überlegen ist. 33 … Angenommen, die Ansichten der Physiognomiker sind gültig, eines Zopyros, Loxos, Polemon4 oder wer auch immer darüber schrieb und ein erstaunliches Wissen beanspruchte, dass nämlich jeder Leib dem Charakter der Seelen angepasst ist: Dann musste die Seele, die auf wunderbare Weise in das Leben eintreten und große Dinge vollbringen sollte, einen Leib erhalten, der nicht, wie Celsus meint, von einem ehebrecherischen Panthera und einer zum Ehebruch verführten Jungfrau stammt. Denn aus solchen unsittlichen Verbindungen musste eher ein Mensch ohne Verstand hervorgehen, jemand, der den Menschen schadet, ein Lehrmeister der Zügellosigkeit, Ungerechtigkeit und der übrigen Laster, nicht aber der Besonnenheit, der Gerechtigkeit und der übrigen Tugenden. 34 Vielmehr musste die Seele, wie auch die Propheten vorausgesagt haben, einen Leib von einer Jungfrau erhalten, die dem verheißenen Zeichen gemäß den gebären sollte, der nach seinem Werk benannt war. Dieses Zeichen tat kund, dass bei seiner Geburt Gott mit den Menschen sein werde. 37 … Ferner ist den Griechen zu sagen, die nicht an die Geburt Jesu aus einer Jungfrau glauben: Der Schöpfer hat in der Entstehung vielfältiger Lebe-

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wesen gezeigt, dass es ihm möglich war, sofern er wollte, was er bei einem einzelnen Lebewesen getan hat, auch bei anderen und selbst bei den Menschen zu tun. Man findet nun bei den Tieren einige Weibchen, die keine Vereinigung mit einem Männchen kennen, wie es die Tierschriftsteller vom Geier behaupten. Dieses Tier wahrt die Fortpflanzung der Art ohne geschlechtliche Verbindung. Was ist es daher Außergewöhnliches, wenn Gott in der Absicht, einen göttlichen Lehrer der Menschheit zu senden, anstatt mittels einer aus der Vereinigung von männlichen und weiblichen Wesen resultierenden Zeugungsprinzips5 zu erschaffen, auf andere Weise den Organismus dessen hat entstehen lassen, der geboren werden sollte? Auch nach Ansicht der Griechen selbst sind nicht alle Menschen aus der Verbindung von Mann und Frau entstanden. Wenn nämlich die Welt geschaffen ist, wie auch viele unter den Griechen annehmen, sind notwendigerweise die ersten Menschen nicht aus einer geschlechtlichen Verbindung entstanden, sondern aus der Erde, da sich die Zeugungsprinzipien in der Erde verbanden. Ich meine, dies ist noch außergewöhnlicher als die Entstehung Jesu, die zur Hälfte den übrigen Menschen gleich war. Es ist nicht unangemessen, sich gegenüber Griechen auch griechischer Geschichten zu bedienen, um nicht den Eindruck zu erwecken, wir seien die einzigen, die diese außergewöhnliche Geschichte angenommen haben. Einigen schien es nämlich angebracht, nicht bei alten und der Heroenzeit zugehörigen Geschichten, sondern bei Geschehnissen aus jüngerer und jüngster Zeit es als möglich hinzustellen, dass auch Platon von Amphiktione geboren wurde, nachdem Ariston gehindert worden war mit ihr zusammenzukommen, bis sie das von Apollon empfangene Kind geboren hätte6. Doch handelt es sich hierbei in Wahrheit um Mythen, die dazu bewogen haben, sich etwas Derartiges über einen Mann auszudenken, der, wie man meinte, größere Weisheit und Geisteskraft als die meisten besaß sowie einem höheren und göttlichen Ursprung sein leibliches Dasein verdankte, da dies denen entspricht, die gewöhnliches Menschenmaß übersteigen. Da aber Celsus den Juden eingeführt hat, der mit Jesus diskutierte und dessen Geburt aus einer Jungfrau als haltlose Anmaßung, wie er meint, verspottete, hierbei die griechischen Mythen über „Danae, Melanippe, Auge und Antiope“ anführte, ist zu sagen, dass diese Äußerungen einem Narren anstünden, nicht aber jemandem, der es mit seinem Bericht ernst meint.

c) Das Kreuz Die christliche Botschaft eines gekreuzigten Logos widersprach zutiefst dem philosophischen Gottesbegriff, dem antiken Ideal menschlicher Vollkommenheit sowie allen zeitgenössischen Heilserwartungen (Nr. 389, 392–399,

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401, 403). Um das Skandalon des Kreuzes zu mildern, verwiesen die Apologeten in verschiedensten Bereichen der Natur und vom Menschen gestalteten Welt auf Entsprechungen und Vorbilder (Nr. 269, 389, 391). Mythische Parallelen (Nr. 144), das historische Exempel des Sokrates, dessen gewaltsamer Tod wohl die deutlichste Entsprechung der vorchristlichen Antike zum Schicksal Christi darstellte (Nr. 390, 395), und weitere Erzählungen vom Martyrer- und Opfertod Einzelner (Nr. 168, 393, 395, 400) sollten die Passion Christi heidnischem Verstehen näher bringen. Die Auffassung, Gott selbst sei am Kreuz gestorben, wurde als Missverständnis widerlegt, indem die Apologeten zwischen dem leidensunfähigen Gott und der am Kreuz leidenden menschlichen Natur differenzierten (Nr. 395, 402). Allen heidnischen Spekulationen über ein vermeintlich plausibleres und angemesseneres göttliches Handeln wurde ungeschmälert die Torheit des Kreuzes als größere Weisheit Gottes entgegengehalten, dessen Passion eine eigene göttliche Logik und Sinnhaftigkeit besaß (Nr. 393, 396–398). Nr. 389 Justin, 1 apologia 13,4; 55 13,4 Man hält uns für verrückt, wenn wir den zweiten Platz nach dem unwandelbaren, ewigen Gott und Weltschöpfer einem gekreuzigten Menschen einräumen. Das sagt man, weil man das darin eingeschlossene Geheimnis nicht kennt. 55 (1) Aber nirgends und bei keinem der angeblichen Zeussöhne bildeten sie die Kreuzigung nach1; denn sie kam ihnen nicht in den Sinn, weil, wie schon früher erklärt worden ist (1 apol 35), alles hierüber Gesagte in symbolischer Form erfolgte. (2) Und doch ist dies, wie der Prophet (Jes 9,5 f.) vorausgesagt hat, das größte Symbol seiner Macht und Herrschaft, wie sich an den sinnfälligen Dingen zeigen lässt. Denn betrachtet alles, was in der Welt ist, ob es ohne diese Form existieren oder einen Zusammenhang bilden kann2. (3) Das Meer kann nicht durchschnitten werden, wenn nicht dieses Siegeszeichen, das Segelmast heißt, auf dem Schiff unversehrt bleibt. Die Erde wird nicht gepflügt ohne dasselbe; Grabende und Handwerker verrichten ihre Arbeit nicht ohne Werkzeuge, die diese Form haben. (4) Die menschliche Gestalt unterscheidet sich in nichts anderem von den vernunftlosen Tieren als dadurch, dass sie aufrecht ist, die Hände ausspannen kann und im Gesicht von der Stirn an einen Vorsprung, die Nase, trägt, durch die beim Lebenden der Atem geht und die keine andere Form als die des Kreuzes hat. (5) Daher hat der Prophet gesagt: „Der Atem unseres Angesichtes, das ist Christus der Herr“ (Klgl 4,20 LXX). (6) Auch die bei euch üblichen Symbole bekunden die Macht dieser Form, ich meine die Standarten und Siegeszeichen3, mit denen

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ihr überall aufzieht; tragt ihr doch damit, wenn auch unbewusst, die Abzeichen eurer Herrschaft und Macht zur Schau. (7) Auch die Bildnisse der bei euch verstorbenen Herrscher stellt ihr in dieser Form dar und bezeichnet sie noch in Inschriften als Götter4. Nr. 390 Acta Apollonii 38–41 38 Nachdem er dies alles uns wirkungsvoll gelehrt und uns mit vielen Argumenten überzeugt hatte, wurde er aufgrund seiner Vollkommenheit sehr angesehen. Aber den Unbelehrbaren machte er sich verhasst, genauso, wie es vor ihm schon den Propheten und den Philosophen ergangen ist. Denn die Gerechten sind den Ungerechten stets im Wege. 39 Steht es doch geschrieben, dass der Unverständige in ungerechter Weise spricht: „Lasst uns den Gerechten in Bande werfen, denn er ist uns lästig“ (Jes 3,10). 40 Und wir haben einmal gehört, dass auch bei den Griechen ein Weiser sprach: „Der Gerechte wird ausgepeitscht werden, man wird ihn foltern und fesseln, man wird ihm beide Augen ausbrennen, alle Qualen muss er dulden, und endlich wird man ihn an einen Pfahl schlagen“ (Plat., resp. 316e). 41 So haben einst die üblen Denunzianten in Athen über Sokrates ein ungerechtes Urteil zustande gebracht, indem sie sogar das gewöhnliche Volk überzeugten. So haben ein paar Menschen auch über unseren Lehrer und Erlöser ungerechtes Gericht gehalten und ihn in Bande geschlagen. Nr. 391 Minucius Felix, Octavius 29,6–8 (6) Auch finden Kreuze bei uns weder Verehrung noch Anbetung1. Ihr freilich, die ihr hölzerne Götterbilder weiht, ihr betet wohl auch hölzerne Kreuze an. Es sind ja Bestandteile eurer Götter! (7) Die Feldzeichen, die Fahnen und Standarten eurer Lager: was sind sie denn anderes als vergoldete und verzierte Kreuze? Eure Siegeszeichen ähneln in ihrer Gestalt nicht nur einem einfachen Kreuz, sondern sie erinnern sogar an einen daran angehefteten Menschen. (8) Das Kreuzzeichen zeigt sich ja auch ganz von selbst an einem Schiff, wenn es mit schwellenden Segeln fährt oder mit ausgebreiteten Rudern dahingleitet. Auch wenn ein Joch errichtet wird, entsteht das Zeichen des Kreuzes, und ebenso, wenn ein Mensch rein geistig Gott mit erhobenen Händen anbetet. So liegt die Kreuzesform teils natürlichen Proportionen zugrunde, teils bestimmt sie sogar die Form eurer eigenen Religion.

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Nr. 392 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,88,5 Denn die sich für weise halten, betrachten es als einen Mythos, dass durch einen Menschen ein Gottessohn rede und dass Gott einen Sohn habe und gar, dass dieser gelitten habe; infolgedessen verführt sie ihre vorgefasste Meinung zum Unglauben. Nr. 393 Origenes, contra Celsum 1,31.54; 2,31.44.68–69; 7,14.16; 8,41.43 1,31 Die Jünger Jesu … wagten es, nicht nur den Juden anhand der prophetischen Worte zu beweisen, dass dieser der Prophezeite sei, sondern auch den übrigen Völkern, dass der erst vor kurzem Gekreuzigte freiwillig diesen Tod für die Menschheit auf sich genommen hatte; ähnlich wie jene, die für ihr Vaterland gestorben sind, um Pestepidemien oder Hungersnöten oder Stürmen Einhalt zu gebieten, die die Seefahrt gefährden. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach besteht in der Natur der Dinge aufgrund bestimmter geheimnisvoller und der Menge schwer fassbarer Prinzipien folgende natürliche Gesetzmäßigkeit: ein Gerechter, der freiwillig für das allgemeine Wohl stirbt, vollzieht ein Opfer, das die bösen Dämonen vertreibt, die Pestepidemien oder Hungersnöte oder die Seefahrt gefährdenden Stürme oder etwas Ähnliches bewirken.1 Die nicht glauben wollen, dass Jesus für die Menschen am Kreuz gestorben ist, sollen also antworten, ob sie auch die zahlreichen griechischen und barbarischen Erzählungen nicht akzeptieren wollen, die davon berichten, dass einige für das allgemeine Wohl gestorben sind, um die Übel zu vernichten, die über die Städte und Völker gekommen waren. … 54 Da aber Celsus, der alles über die Lehre zu wissen beansprucht, dem Erlöser wegen der Passion den Vorwurf macht, dass „ihm nicht vom Vater geholfen worden wäre noch dass er sich selbst habe helfen können“, muss man darlegen, dass seine Passion zusammen mit ihrem Grund prophezeit wurde, dass es nämlich für die Menschen heilsam wäre, wenn er für sie starb und die Striemen erlitt, zu denen er verurteilt wurde. … 2,31 Anschließend kritisiert er „an den Christen, sophistisch zu argumentieren, denn sie behaupten, der Sohn Gottes sei der Logos selbst“, und er glaubt, seine Kritik durch die Bemerkung zu bestätigen, dass „wir zwar verkünden, der Logos sei der Sohn Gottes, jedoch keinen reinen und heiligen Logos vorweisen, sondern einen Menschen, der auf ehrloseste Art zur Hinrichtung abgeführt und grausam umgebracht worden ist.“ … 44 … Der Jude bei Celsus vergleicht ihn nun auch mit Banditen und be-

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hauptet: „Mit gleicher Unverschämtheit könnte man auch von einem bestraften Banditen und Mörder behaupten, dass dieser kein Bandit, sondern ein Gott war. Denn er sagte seinen Mitbanditen voraus, dass er solche Dinge erleiden werde, wie er sie tatsächlich erlitten hat.“ Zunächst ließe sich antworten: Nicht aufgrund der Tatsache, dass er vorausgesagt hat, er werde dies erleiden, haben wir eine solche Auffassung von Jesus, wie wir beispielsweise mit Überlegung und Freimut von ihm bekennen, dass er zu uns von Gott herabgekommen ist. Zweitens sagen wir, dass diese Dinge irgendwie schon in den Evangelien vorhergesagt sind, da Jesus „unter die Verbrecher gerechnet wurde“ (Mk 15,28; Jes 53,12), und zwar von den Verbrechern, die verlangten, dass man eher einen Banditen freilasse, der wegen Aufruhr und Mord ins Gefängnis geworfen war, Jesus hingegen kreuzige, und ihn dann zwischen zwei Banditen gekreuzigt haben. Ja ständig wird Jesus in seinen echten Jüngern, die für die Wahrheit Zeugnis ablegen, zusammen mit Banditen gekreuzigt und erleidet unter den Menschen dieselbe Strafe wie sie. Wir sagen: Wenn diejenigen mit Banditen etwas Vergleichbares haben, die wegen der Ehrfurcht vor dem Schöpfer, die sie entsprechend der Lehre Jesu rein und lauter bewahren wollen, jegliche Misshandlungen und alle Todesarten auf sich nehmen, dann ist klar, dass auch Jesus, der Urheber einer solchen Lehre, aus gutem Grund von Celsus mit Anführern von Banditen verglichen wird. Doch weder Jesus, der zum Heil aller starb, noch die, die wegen der religiösen Überzeugung diese Dinge erleiden und allein von allen Menschen wegen der ihnen richtig erscheinenden Art der Gottesverehrung verfolgt werden, wurden zu Recht getötet; auch trachtete man Jesus in gottloser Weise nach dem Leben. 68 Sehen wir nun, auf welche Weise der Jude bei Celsus behauptet: „Wenn es einen dringenden Grund gab, die Göttlichkeit zu erweisen, so hätte er wenigstens sogleich von dem Pfahl verschwinden müssen.“ Dies scheint mir dem Argument derer zu gleichen, die sich der Vorsehung widersetzen, sich ein Bild von der Welt machen, das der Realität nicht entspricht, und behaupten, es wäre besser, wenn es sich mit dem Universum so verhielte, wie wir es als Bild entworfen haben. Wo sie nämlich ein mögliches Bild entwerfen, kann man ihnen nachweisen, dass sie, so viel an ihnen und ihrem Entwurf liegt, das Universum verschlechtern; wo sie aber die Welt anscheinend nicht schlechter als die Realität darstellen, da lässt sich zeigen, dass sie etwas wollen, was von Natur aus unmöglich ist. So machen sie sich nach beiden Seiten hin lächerlich. Dass es hier nun aufgrund des göttlichen Wesens ihm nicht unmöglich war zu kommen, um dann, wann er wollte, zu verschwinden, ist schon von selbst klar, wird aber auch aus den Aufzeichnungen über ihn für diejenigen ersichtlich, die nicht einen Teil der Aufzeichnungen annehmen, um die Lehre anzugreifen, einen anderen Teil aber für Erfindungen halten.

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Im Evangelium nach Lukas steht geschrieben, dass Jesus nach der Auferstehung „das Brot nahm“, den Segen sprach, es brach und es „dem Simon und dem Kleopas gab.“ Als sie das Brot genommen hatten, „öffneten sich ihre Augen, und sie erkannten ihn. Er aber verschwand vor ihnen“ (Lk 24,30 f.). 69 … Doch auch gesetzt den Fall, es stünde in den Evangelien geschrieben, dass er sofort vom Pfahl verschwand, dann würden Celsus und die Ungläubigen den Bericht scharfer Kritik unterziehen und folgendermaßen fragen: Warum ist er denn erst nach der Kreuzigung verschwunden und hat dies nicht vor dem Leiden zustande gebracht? Wenn sie nun aus den Evangelien erfahren haben, dass er nicht sofort vom Pfahl verschwand, und meinen, der Schrift einen Vorwurf machen zu müssen, weil sie nicht, wie jene forderten, sein sofortiges Verschwinden vom Pfahl erdichtet, sondern die Wahrheit berichtet hat, wäre es da nicht vernünftig, dass sie dann auch an seine Auferstehung glauben sowie daran, dass er nach seinem Willen bald bei geschlossenen Türen mitten unter den Jüngern stand, bald zweien seiner Gefährten Brot reichte und plötzlich vor ihnen verschwand, nachdem er einige Worte mit ihnen gewechselt hatte? 7,14 In der Absicht, den Glauben derer zu zerstören, die das, was mit Jesus zusammenhängt, annehmen, sagt er anschließend: „Nun gut, wenn die Propheten angekündigt haben, der große Gott werde, um nichts Drastischeres zu sagen, Knechtsdienste verrichten, krank sein oder sterben, müsste Gott dann sterben, Knechtsdienste leisten oder krank sein, weil es angekündigt worden ist, damit man, wenn er gestorben ist, glaubt, dass er Gott war? Aber die Propheten würden dies niemals verkündigen, denn es ist schlecht und gottlos. Also muss man weder erwägen, ob sie etwas angekündigt haben, noch, ob sie es nicht angekündigt haben, sondern ob die Sache gotteswürdig und schön ist. Dem Schändlichen und Schlechten aber muss man den Glauben verweigern, selbst wenn alle Menschen außer sich wären und es schwärmerisch anzukündigen scheinen. Wie lässt sich die Behauptung mit der Frömmigkeit vereinbaren, dieser habe jene Dinge als Gott erlitten?“ Aus diesen Worten ergibt sich der Anschein, dass er die Überzeugungskraft erkannt hat, die für die Hörer das Argument besitzt, dass Jesus prophezeit worden ist, und er deshalb versucht, durch einen anderen plausiblen Grund die christliche Lehre zu zerstören, indem er sagt: Also muss man weder erwägen, ob sie etwas angekündigt haben, noch ob sie es nicht angekündigt haben. Wollte er wirklich dem Gesagten nicht mit Trugschlüssen, sondern Beweisgründen entgegentreten, dann er hätte er sagen müssen: Also ist zu beweisen, dass sie nicht angekündigt haben oder dass nicht so, wie sie es angekündigt haben, die Prophetien über Christus sich in Jesus erfüllt haben; auch hätte er den ihm richtig erscheinenden Beweis hinzufügen müssen. Denn so würde sich zeigen, wie der Inhalt der Prophetien lautet, die wir auf Jesus beziehen, und inwiefern es ihm

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gelingt, unsere Interpretation als falsch zu erweisen. Dann hätte man auch erkannt, ob er mit edlen Waffen das in Frage stellt, was wir aus den Propheten für die Lehre über Jesus vorbringen, oder ob er überführt wird, in unverschämter Weise der evidenten Wahrheit Gewalt antun zu wollen, als ob es nicht die Wahrheit wäre. 16 … Die Prophetien kündigten nämlich nicht an, dass Gott gekreuzigt werden würde, wenn sie von dem, der den Tod auf sich genommen hat, sprechen: „Wir sahen ihn, und er hatte weder Gestalt noch Schönheit, sondern seine Gestalt war verächtlich, den Menschenkindern unterlegen; ein Mann, vertraut mit Wunden und Mühsal, der Schwachheit zu ertragen weiß“ (Jes 53,2 f.). Sieh also, wie sie deutlich gesagt haben, dass derjenige, der menschliches Leiden erduldet hat, ein Mensch war. Und Jesus selbst, der genau wusste, dass das, was starb, ein Mensch war, sagte zu denen, die ihm nachstellten: „Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der ich euch die Wahrheit gesagt habe, die ich von Gott gehört habe“ (Joh 8,40). Wenn es etwas Göttliches gab in dem Menschen, der sich geistig in ihm erkennen lässt, dann war es der eingeborene Sohn Gottes und der Erstgeborene aller Schöpfung, der da sprach: „Ich bin die Wahrheit“ und „Ich bin das Leben“ und „Ich bin die Tür“ und „Ich bin der Weg“ und „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Joh 14,6; 10,9;14,6; 6,51). Von diesem und seinem Wesen hat man doch wohl ganz anders zu reden als von dem Menschen, der sich geistig in Jesus erkennen lässt. Deshalb dürften nicht einmal die einfachsten und von wissenschaftlicher Bildung völlig unberührten Christen sagen, die Wahrheit sei gestorben oder das Leben oder der Weg oder das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, oder die Auferstehung. Denn als die Auferstehung bezeichnete sich derjenige, der in dem Menschen, der in Jesus erschien, lehrte: „Ich bin die Auferstehung“ (Joh 11,25). Aber niemand von uns ist so unvernünftig, dass er sagen sollte: Das Leben ist gestorben, oder: Die Auferstehung ist gestorben. Die Annahme des Celsus wäre nur berechtigt, wenn wir behaupteten, die Propheten hätten angekündigt, dass Gott, der Logos oder die Wahrheit oder das Leben oder die Auferstehung oder als was sich der Sohn Gottes sonst noch bezeichnet, sterben werde. 8,41 … „Derjenige, der seinen Sohn einiger Botschaften wegen sandte, hat es ruhig mit angesehen, als dieser so grausam bestraft wurde, dass auch die Botschaften mit zugrunde gingen. Wo gibt es einen Vater, der so ruchlos wäre?“ … 43 … Seine Bestrafung hat die Botschaften Gottes nicht zugrunde gehen lassen, sondern, wenn man es so nennen darf, sie gerade zur Kenntnis gebracht. So lehrte auch Jesus selbst, wenn er sagte: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, dann bleibt es allein; wenn es aber stirbt, dann bringt es reiche Frucht“ (Joh 12,24). Durch seinen Tod hat nun das Weizenkorn, Jesus,

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reiche Frucht gebracht, und stets lässt der Vater seine Vorsehung über den Früchten walten, die aus dem Tod des Weizenkorns entstanden sind, noch entstehen und auch künftig entstehen werden. Ein heiliger Vater ist also der Vater Jesu, der seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für alle hingegeben hat als sein Lamm, damit er als Lamm Gottes für die ganze Welt sterbe und die Sünde der Welt hinwegnehme. Auch nicht vom Vater gezwungen, sondern freiwillig hat er das erduldet, was seine Verfolger ihm antaten.

Nr. 394 Porphyrius, contra Christianos frg. 84 (= Methodius, contra Porphyrium) Was nutzte uns der Sohn Gottes, der auf Erden Fleisch annahm und Mensch wurde? Und weswegen ließ er es zu, in Form des Kreuzes und nicht einer anderen Strafe zu leiden? Und worin liegt der Nutzen des Kreuzes? … Und wie konnte er, da er leidensunfähig war, dem Leiden unterworfen werden? Nr. 395 Arnobius, adversus nationes 1,40.62 40 „Aber er starb, indem man ihn ans Kreuz schlug!“ – Was tut dies zur Sache? Denn die entehrende Todesart verändert weder seine Worte noch seine Taten, auch wird die Autorität seiner Unterweisungen nicht deshalb geringer erscheinen, weil er die Fesseln des Körpers nicht in natürlicher Auflösung ablegte, sondern durch zugefügte Gewalt sterben musste. Pythagoras von Samos wurde wegen des ungerechten Verdachtes tyrannischer Pläne lebendig in einem Heiligtum verbrannt1; hat dadurch etwa seine Lehre ihren Wert verloren, weil er nicht freiwillig, sondern infolge eines grausamen Anschlags sein Leben aushauchte? In ähnlicher Weise wurde Sokrates durch einen Beschluss seiner Stadt verurteilt und mit dem Tod bestraft; sind deshalb etwa seine Erörterungen über die Sitten, Tugenden und Pflichten ungültig geworden, weil er zu Unrecht des Lebens beraubt wurde? Unzählige andere, die sich durch Ruhm, Tugend und Ansehen auszeichneten, haben die schlimmsten Todesarten erlitten, wie Aquilius, Trebonius, Regulus2; wurden sie etwa deshalb nach ihrem Lebensende für entehrt gehalten, weil sie nicht nach dem allgemeinen Gesetz des Schicksals, sondern durch grausamste Todesart zerfleischt und gequält zugrunde gingen? Kein Unschuldiger hat jemals durch schmachvollen Tod seine Ehre verloren, noch haftet dem irgendwelche Schande an, der schwere Strafen nicht durch eigene Schuld, sondern durch die Grausamkeit des Henkers erduldet.

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62 „Aber er ist wie ein Mensch getötet worden!“ – Nicht er selbst; denn das Göttliche kann nicht im Tod untergehen noch kann sich auflösen und vergehen, was eins und einfach ist und nicht aus der Verbindung einzelner Teile besteht. Wen sah man also am Kreuz hängen, wer ist gestorben? Der Mensch, den er angenommen hatte und mit sich trug. – „Das klingt ganz unglaublich und ist in tiefes Dunkel gehüllt.“ – Wenn du nur willst, ist es nicht dunkel und stützt sich auf eine nahe Analogie. Wenn die Sibylle zu der Zeit, da sie bei der Erteilung von Orakeln von der Kraft des Apollon, wie ihr sagt, erfüllt, Weissagungen machte, von gottlosen Räubern niedergeschlagen und ermordet worden wäre, würde man etwa behaupten, Apollon sei in ihr getötet worden? Wenn Bakis, Helenus, Marcius3 und andere solche Wahrsager des Lebens beraubt worden wären, würde man etwa behaupten, dass diejenigen auf Menschenweise umgekommen seien, die durch den Mund jener redeten und den Fragenden den Lauf der Dinge erklärten? Jener Tod, von dem ihr sprecht, betraf den angenommenen Menschen, nicht ihn selbst, den Getragenen, nicht den Träger; und eine so bedeutende Macht hätte sich diesem Tod nicht unterworfen, wenn sich diese Sache nicht hätte vollziehen müssen und sich ein unerforschlicher Ratschluss nicht in verborgenen Mysterien hätte enthüllen sollen. Nr. 396 Laktanz, divinae institutiones 4,22,3–6; 26,24–30 22 (3) Sie bestreiten die Möglichkeit, dass ein Wesen sich von seiner unsterblichen Natur distanziere, sie bestreiten, dass es für Gott angemessen sei, ein Mensch werden zu wollen und die Schwachheit des Fleisches auf sich zu nehmen, sich den Leidenschaften, dem Schmerz, dem Tod zu unterwerfen, als ob es für ihn nicht ein leichtes wäre, sich auch ohne körperliche Schwäche den Menschen zu offenbaren und sie die Gerechtigkeit zu lehren, wenn er es nur wollte, dank der größeren Autorität eines offenbar gewordenen Gottes. (4) Dann hätten nämlich alle den himmlischen Weisungen gehorcht, wenn noch die Stärke und Macht Gottes hinzugekommen wären, der sie erließ. (5) Weshalb kam er also, fragen sie, zur Belehrung der Menschen nicht als Gott? Warum machte er sich so niedrig und schwach, dass er von den Menschen verachtet und bestraft werden konnte? Warum erduldete er Gewalt von schwachen und sterblichen Wesen? Warum hat er die Hände der Menschen nicht durch seine Stärke zurückgestoßen oder sich ihnen dank seiner Göttlichkeit entzogen? Warum machte er seine Majestät nicht wenigstens im Augenblick des Todes offenbar, sondern ließ sich wie ein Schwächling vor Gericht bringen, wie ein Schuldiger verurteilen, wie ein Sterblicher töten? (6) All dies werde ich eingehend widerlegen und niemanden im Irrtum las-

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sen. Dies ist nämlich aus einem bedeutenden und bewunderungswürdigen Grund geschehen. Jeder, der ihn erfasst hat, wird nicht nur aufhören, darüber befremdet zu sein, dass Gott von den Menschen gekreuzigt worden ist, sondern auch leicht einsehen, dass man ihn nicht einmal für Gott hätte halten können, wenn gerade das, was man kritisiert, nicht geschehen wäre. 26 (24) Was das Kreuz betrifft, so besitzt es einen tiefen und bedeutsamen Sinn, den aufzuzeigen ich nun versuchen will. (25) Als Gott nämlich … beschlossen hatte, den Menschen zu befreien, entsandte er einen Lehrer der Tugend auf die Erde, der mit heilsamen Weisungen die Menschen zur Unschuld erzog und durch Werke und Taten den Weg zur Gerechtigkeit erschloss, auf dem der Mensch seinem Lehrer folgen und zum ewigen Leben gelangen sollte. (26) Er hat also seinen Körper angenommen und sich mit dem Gewand des Fleisches umkleidet, um dem Menschen, zu dessen Belehrung er gekommen war, Beispiele und Motive der Tugend zu bieten. (27) Aber nachdem er in allen Lebenssituationen ein Vorbild der Gerechtigkeit geboten hatte, gab er sich, um dem Menschen auch die Geduld angesichts des Schmerzes und die Verachtung des Todes zu vermitteln, wodurch die Tugend zur höchsten Vollkommenheit gelangt, den Händen eines gottlosen Volkes preis, obwohl er es dank seiner Kenntnis der Zukunft, die er besaß, hätte vermeiden und mit derselben Macht, durch die er die Wunder vollbrachte, abwehren können. (28) Er erduldete also die Quälereien, Schläge und Dornen. Schließlich weigerte er sich nicht, sogar den Tod auf sich zu nehmen, damit der Mensch unter seiner Führung über den unterworfenen und gefesselten Tod sowie dessen Schrecken triumphiere. (29) Weshalb aber der allerhöchste Vater gerade diese Todesart auswählte, die er ihm zukommen ließ, hat folgenden Grund. Vielleicht könnte ja jemand einwänden: „Wenn er Gott war und sterben wollte, warum wurde er nicht wenigstens von einer ehrenhaften Todesart getroffen? Warum gerade das Kreuz? Warum eine schändliche Art von Strafe, die sogar eines freien, wenn auch schuldigen Menschen unwürdig erscheint?“1 (30) Der in Niedrigkeit gekommen war, um den Erniedrigten und Geringsten Hilfe zu bringen und allen eine Heilshoffnung kundzutun, musste von der Art von Strafe getroffen werden, die die Erniedrigten und Geringsten gewöhnlich erleiden, damit es absolut niemanden gäbe, der ihn nicht nachahmen könnte. Nr. 397 Athanasius, de incarnatione Verbi 24; 43 24 Auch den etwaigen Äußerungen von anderer Seite müssen wir in unserer Verteidigung zuvorkommen. Es könnte nämlich vielleicht einer auch Folgendes behaupten: „Musste sein Tod vor aller Augen und vor Zeugen stattfin-

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den, damit auch die Botschaft von seiner Auferstehung Glauben fände, so hätte er sich doch einen ehrenvollen Tod ausdenken sollen, um wenigstens der Schmach des Kreuzes zu entgehen.“ – Aber wenn er das getan hätte, dann hätte er gegen sich den Verdacht wachgerufen, dass er nicht über jeden Tod Macht hätte, sondern nur über denjenigen, den er sich für sich selbst ausgedacht hatte. Und so hätte man nichtsdestoweniger wieder einen Vorwand des Unglaubens gegenüber der Auferstehung gehabt. Deshalb erfolgte der Tod seines Leibes nicht nach eigener Wahl, sondern infolge eines Anschlags, damit der Erlöser selbst gerade den Tod, den sie ihm bereiteten, vernichtete. Ein vortrefflicher Ringkämpfer, groß durch Einsicht wie durch Tapferkeit, wählt sich seine Gegner auch nicht selbst, um nicht Anlass zum Verdacht zu geben, er habe vor manchen Angst, sondern überlässt dies dem Belieben der Zuschauer, zumal wenn sie ihm feindlich gesonnen sind, um den nächsten Besten, den sie ihm gegenüberstellen, niederzuwerfen und sich so als jemand auszuweisen, der stärker als alle anderen ist. Ebenso hat auch das Leben aller, unser Herr und Erlöser Christus, sich nicht selbst eine Todesart für seinen Leib ausgedacht, um nicht den Anschein zu erwecken, als fürchte er eine andere. Vielmehr akzeptierte er es, den Tod, den ihm andere, und zwar gerade seine Feinde als schrecklichen, ehrlosen und furchtbaren ersonnen hatten, den Tod am Kreuz, auf sich nehmen und zu erdulden, damit er gerade durch dessen Vernichtung selbst als das Leben beglaubigt und die Macht des Todes endgültig gebrochen werde. Etwas ganz Wunderbares und Erstaunliches ist damit geschehen: Der ehrlose Tod, den sie ihm zuzufügen meinten, gerade er war das Siegeszeichen über den Tod selbst. 43 Wenn sie nun sagen: „Warum erschien er denn nicht in anderen schöneren Teilen der Schöpfung, und warum hat er sich denn nicht eines herrlicheren Instrumentes, etwa der Sonne, des Mondes, der Sterne, des Feuers oder des Äthers bedient, sondern nur eines Menschen?“1 – so sollen sie wissen, dass der Herr nicht gekommen ist, um zu prahlen, sondern um die Leidenden zu heilen und zu belehren. Denn es wäre Ostentation gewesen, nur zu erscheinen und die Augenzeugen perplex zu machen. Wer aber heilen und lehren will, hat nicht einfach zu erscheinen, sondern auf das Wohl der Notleidenden bedacht zu sein und sich bei der Ankunft nach ihrem Bedürfnis und Befinden zu richten, um nicht durch überflüssigen Aufwand für die Notleidenden eben die Bedürftigen zu verwirren, so dass ihnen die Erscheinung Gottes ohne Nutzen würde.

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Nr. 398 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 63 (= Macarius Magnes, apocriticus 3,1) Weshalb brachte Christus, als er dem Hohepriester und dem Statthalter vorgeführt wurde, nichts vor, was eines weisen und göttlichen Mannes würdig gewesen wäre und was auch den Richter sowie die Anwesenden belehrt und zum Besseren bekehrt hätte?1 Weshalb ertrug er es umgekehrt, mit einer Rute geschlagen und mit Dornen umkränzt und gekrönt zu werden? Und warum verhielt er sich nicht wie Apollonius, der mit Freimut zum Herrscher Domitian sprach und dann aus dem Kaiserpalast verschwand2 und sich nur wenige Stunden später in der Stadt Dikaiarchia, die jetzt Puteoli heißt, in aller Öffentlichkeit zeigte? Christus hätte, auch wenn es ihm im Auftrag Gottes beschieden war zu leiden, zwar die Strafe erdulden, sich dem Leiden aber nicht ohne freimütige Rede fügen müssen. Vielmehr hätte er würdige und weise Worte zum Richter Pilatus sprechen und sich nicht wie ein gewöhnlicher Mensch verhöhnen lassen sollen.

Nr. 399 Julian Apostata, contra Galilaeos frg. 43 Das Holz des Kreuzes betet ihr an und mit seinem Bild bezeichnet ihr eure Stirn und gebraucht es als Überschrift in euren Wohnungen. Muss man nicht die Klügsten unter euch hassen und die Unverständigen bemitleiden, die, indem sie Nachfolge leisten, so tief gesunken sind, dass sie die ewigen Götter verlassen haben und einem toten Juden sich zuwenden?

Nr. 400 Ambrosius, expositio Evangelii secundum Lucam 6,108 Doch manche können es nicht sogleich glauben, dass durch das Kreuz der Welt das Heil geschenkt wurde. Zeige also die Möglichkeit dessen an der griechischen Geschichte! So sucht mitunter auch der Apostel die Ungläubigen zu überzeugen und weist selbst dichterische Verse nicht zurück, um die Fabeleien der Dichter abzutun1. Ruft man sich nämlich in Erinnerung, wie nach der griechischen Geschichte oftmals Legionen und große Volksmassen durch die Todesweihe des einen und anderen Rettung fanden2; erinnert man sich daran, wie eine Fürstentochter zur Ermöglichung der Überfahrt der griechischen Heere dem Opfertod geweiht wurde3; erwägen wir die Tatsache, von

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der unsere Geschichte berichtet, dass „das Blut von Böcken und Stieren sowie die Asche des Rindes die Verunreinigten durch Besprengung heiligt, so dass sie leiblich rein werden“, wie im Brief an die Hebräer (9,13) geschrieben steht; wurde, wie behauptet wird, eine Pestepidemie, die durch irgendwelche menschliche Verfehlungen über die Lande heraufbeschworen wurde, durch den Tod eines einzigen Menschen beseitigt, sei es auf eigene vernünftige Erwägung hin, die überwog, sei es auf providentielle Anordnung hin, die ihn bewog, damit der Glaube an das Kreuz des Herrn leichter Eingang fände: so wird bei ihnen, die ihre eigenen Auffassungen nicht leugnen können, umso leichter Bereitschaft bestehen, den unseren beizupflichten.

Nr. 401 Augustinus, enarrationes in psalmos 93,15 Zumindest daraus lernen wir, dass Christus uns Demut lehrte, dass Gott Mensch geworden ist. Es ist gerade die Demut, die den Heiden missfällt. Daher verspotten sie uns: Was für einen Gott verehrt ihr, der geboren wurde? Was für einen Gott verehrt ihr, der gekreuzigt wurde?

Nr. 402 Augustinus, sermo 218 C, 3 Diejenigen aber, die über uns spotten, weil wir einen gekreuzigten Herrn verehren, sind umso unheilbarer und hoffnungsloser dem Unverstand verfallen, je verständiger sie sich selbst erscheinen; sie begreifen überhaupt nicht, was wir glauben oder sagen. Wir sagen nämlich nicht, das sei in Christus gestorben, was Gott war, sondern was Mensch war. Wenn nämlich ein Mensch stirbt, dann erleidet das, was im eigentlichen Sinne der Mensch ist – das heißt, wodurch er sich vom Vieh unterscheidet, dass er nämlich einen Intellekt besitzt, dass er Menschliches und Göttliches, Zeitliches und Ewiges, Falsches und Wahres unterscheidet, das heißt die vernunftbegabte Seele – nicht zusammen mit dem Körper den Tod, vielmehr scheidet sie, wenn jener stirbt, lebendig von ihm; und doch sagt man: der Mensch ist gestorben. Wenn dies also der Fall ist, warum soll man dann nicht auch in der Weise sagen: Gott ist gestorben, dass man darunter nicht versteht, das, was Gott ist, habe sterben können, sondern das Sterbliche, das Gott um der Sterblichen willen angenommen hatte. Wie nämlich, wenn ein Mensch stirbt, seine Seele nicht im Fleisch stirbt, ebenso wenig ist, wenn Christus gestorben ist, seine Gottheit im Menschen gestorben.

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Nr. 403 Augustinus, in Ioannis Evangelium tractatus 96,3 Manches zwar verstehen ungläubige Menschen in der Heiligen Schrift nicht, wenn sie es lesen oder hören, und sie können auch das Gelesene oder Gehörte nicht ertragen, wie die Heiden, dass durch den Gekreuzigten die Welt geschaffen wurde. d) Die Auferstehung Seit der Areopag-Rede des Apostels Paulus (Nr. 1) stieß die christliche Auferstehungsbotschaft auf Widerspruch in der heidnischen Welt. Zwar waren auch hier Erzählungen teils mythischen, teils angeblich historischen Charakters über eine Rückkehr aus dem Hades, über Entrückungen von Wundertätern und auferstehende Kultgötter bekannt (Nr. 284, 376, 404). Doch ließ sich damit einerseits die Einzigartigkeit der Auferstehung Christi relativieren, andererseits die Inkonsequenz seiner Anhänger kritisieren, die jene Erzählungen als Mythen verwarfen, während sie die Historizität der eigenen Botschaft verteidigten (Nr. 404). Dem heidnischen Vorwurf einer ungenügenden Bezeugung dieses Ereignisses (Nr. 404–405) wurde von christlicher Seite die Glaubwürdigkeit der Auferstehungszeugen (Nr. 404), aber auch die unverkennbare Veränderung der Welt entgegengehalten, die sich nur durch die tatsächliche Auferstehung Christi erklären lasse (Nr. 301, 406).

Nr. 404 Origenes, contra Celsum 1,8; 2,55–56.59.63–64.70; 3,22–23.43 1,8 … Darüber hinaus wird auch das Geheimnis der Auferstehung, weil man es nicht begreift, von den Ungläubigen spöttisch zerredet. … 2,55 Danach sagt der Jude seinen Landsleuten, die an Jesus glauben: „Nun gut, wir wollen euch glauben, dass dies gesagt worden ist. Aber wieviel andere erzählen solche Märchen, um die naiven Zuhörer zu überzeugen und aus dem Betrug Profit zu ziehen? Dasselbe hat, wie man erzählt, Zamolxis1, der Sklave des Pythagoras unter den Skythen und Pythagoras2 selbst in Italien sowie Rhampsinitos3 in Ägypten getan. Dieser habe im Hades mit Demeter Würfel gespielt und als Geschenk von ihr ein goldenes Handtuch empfangen, das er mitbrachte. Ebenso auch Orpheus bei den Odrysen, Protesilaos in Thessalien, Herakles bei Tainaron und Theseus4. Aber es bleibt zu prüfen, ob irgend jemand, der wirklich gestorben war, mit demselben Leib auferstanden ist. Oder meint ihr, was von den anderen erzählt wird, seien Mythen und er-

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scheine auch so, ihr aber hättet den entscheidenden Ausgang des Dramas angemessen und glaubwürdig erfunden, nämlich seinen Schrei am Pfahl, als er sein Leben aushauchte, und das Erdbeben und die Finsternis? Dass er, während er noch lebte, sich selbst nicht half, als Toter aber auferstand und die Spuren seiner Bestrafung vorwies und die Hände, die durchbohrt waren: wer hat dies gesehen? Eine hysterische Frau, wie ihr sagt, und vielleicht sonst noch einer aus demselben Betrügerkreis, sei es, dass er einer gewissen Veranlagung entsprechend einen Traum hatte und seinem Wunschdenken entsprechend infolge der fehlgeschlagenen Erwartung zu einer solchen Vorstellung kam5, was schon Tausenden passiert ist, sei es, dass er – was wahrscheinlicher ist – die übrigen Menschen mit dieser phantastischen Geschichte frappieren und durch solche Täuschung anderen Scharlatanen eine Gelegenheit verschaffen wollte.“ … 56 … Zu den anderen Ursachen für die Kreuzigung Jesu lässt sich nun vielleicht auch diese hinzufügen, weshalb er sichtbar am Kreuz gestorben ist: Niemand sollte sagen können, er habe sich absichtlich den Augen der Menschen entzogen, er sei scheinbar gestorben, aber nicht wirklich gestorben, er sei vielmehr, als er es wollte, wieder erschienen und habe das Märchen seiner Auferstehung von den Toten erzählt. Ich meine, ein klares und einleuchtendes Argument ergibt sich aus dem Verhalten der Jünger. Obwohl es bei der Mentalität der damaligen Menschen riskant war, haben sie sich einer Lehre gewidmet, die sie nicht so entschieden verkündet hätten, wenn sie die Auferweckung Jesu von den Toten erfunden hätten. Außerdem haben sie in Übereinstimmung damit nicht nur andere vorbereitet, den Tod zu verachten, sondern dies selber viel früher getan. 59 … Nachdem er anschließend die Aussagen des Evangeliums erwähnt hat, dass „er, auferstanden von den Toten, die Spuren der Bestrafung vorwies und die Hände, die durchbohrt waren“, stellte er die Frage: „Wer hat dies gesehen?“ Den Bericht über Maria Magdalena, die es den Aufzeichnungen zufolge gesehen hat, greift er mit den Worten an: „Eine hysterische Frau, wie ihr sagt.“ Und da aufgezeichnet ist, dass sie nicht allein den auferstandenen Jesus gesehen habe, sondern auch andere, kritisiert der Jude bei Celsus auch dies mit den Worten: „Und vielleicht sonst noch einer aus demselben Betrügerkreis.“ 63 Danach verunglimpft Celsus das, was geschrieben ist, in einer Weise, die nicht unterschätzt werden darf. Er sagt: „Wenn Jesus wirklich göttliche Macht manifestieren wollte, dann er hätte sich denen zeigen müssen, die ihn misshandelten, dem, der ihn verurteilte, überhaupt allen.“ Denn tatsächlich ist uns nach dem Evangelium klar, dass er sich nach der Auferstehung nicht in dieser Weise sehen ließ, wie er sich vorher öffentlich und allen zeigte. … 64 Wir behaupten: ehe Jesus „die Mächte und Gewalten entwaffnet hatte“ (Kol 2,15) und bevor er „der Sünde gestorben war“ (Röm 6,2), waren alle im-

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stande, ihn zu sehen. Nachdem er aber „die Mächte und Gewalten entwaffnet hatte“ und nichts mehr besaß, was von der Menge gesehen werden konnte, da waren diejenigen nicht mehr fähig, ihn zu schauen, die ihn früher alle gesehen hatten. Daher war es aus Rücksichtnahme auf sie, wenn er sich nach seiner Auferstehung von den Toten nicht allen zeigte. 70 … Denn weiter oben ist auch schon zu folgendem Einwand etwas geschrieben worden: „Nicht wahr, als er keinen Glauben fand, während er im Leibe weilte, da predigte er allen im Übermaß; als er aber durch seine Auferstehung von den Toten den Glauben hätte stärken können, da erschien er heimlich nur einer einzigen Frau und den Anhängern seines Kultvereins?“ Dass er aber nur einer einzigen Frau erschien, ist nicht wahr. Im Evangelium nach Matthäus (28,1 f.) steht nämlich geschrieben: „Nach dem Sabbath, als der Morgen zum ersten Tag der Woche aufleuchtete, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um das Grab zu sehen. Und siehe, es entstand ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein fort.“ Und wenig später sagt Matthäus (28,9): „Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen“ – offenkundig den schon erwähnten Marien – „und sprach: Seid gegrüßt! Sie traten hinzu, umfassten seine Füße und warfen sich vor ihm nieder.“ Auch auf den Einwand: „Als er bestraft wurde, wurde er also von allen gesehen; als er auferstanden war, aber nur von einer einzigen Person“, ist schon geantwortet worden, als wir uns zu dem Vorwurf verteidigten, dass er nicht von allen gesehen wurde. Auch jetzt wollen wir sagen: das Menschliche an ihm war allen sichtbar, das Göttliche aber – ich spreche nicht von dem, was ihn zu den anderen in Beziehung setzte, sondern von dem, was ihn davon unterschied – war nicht allen fassbar. Beachte aber auch den Widerspruch, in den Celsus sich unmittelbar verstrickt. Kaum hat er behauptet, „Er sei heimlich nur einer einzigen Frau und den Anhängern seines Kultvereines erschienen“, da fügt er sogleich hinzu: „Als er bestraft wurde, wurde er also von allen gesehen; als er auferstanden war, aber nur von einzigen Person, das ganze Gegenteil aber hätte der Fall sein müssen.“ … 3,22 Keine Form von Hohn und Spott über uns lässt der Komiker Celsus in seiner Schrift gegen uns aus und erwähnt „die Dioskuren, Herakles, Asklepios und Dionysos“, die nach dem Glauben der Griechen aus Menschen zu Göttern geworden sind, und behauptet, wir wären „nicht bereit, diese für Götter zu halten, weil sie zuvor Menschen waren, obwohl sie viele edle Taten zugunsten der Menschen vollbracht haben.“ Von Jesus aber sagen wir, dass er nach seinem Tod von den Anhängern seines Kultvereines gesehen worden sei.“6 Er klagt uns außerdem an, dass „wir behaupten, er sei gesehen worden, und zwar als Schemen.“ … 23 … Unser Jesus aber, der den Anhängern seines Kultvereines erschienen ist – um den Ausdruck des Celsus zu gebrauchen –, ist wirklich erschienen.

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Celsus aber verleumdet diese Lehre, wenn er behauptet, er sei als Schemen erschienen. Man soll nur die Geschichte über jene Heroen mit der Geschichte Jesu zusammen prüfen. Oder verlangt Celsus, dass jene Geschichten wahr seien, diese aber Erfindungen, obwohl sie von Augenzeugen aufgezeichnet worden sind, die durch ihr Verhalten das klare Erfassen dessen, den sie geschaut hatten, erwiesen und ihre Gesinnung in den Leiden bekundeten, die sie für seine Lehre auf sich nahmen? Wer möchte nun, sofern er alles vernunftgemäß verrichten will, leichtfertig die Geschichten über jene Heroen akzeptieren, im Falle Jesu aber sich ohne Prüfung hinreißen lassen, den Geschichten über ihn den Glauben zu versagen? 43 Anschließend sagt er über uns: „Wir verlachen die Anbeter des Zeus, da sein Grab auf Kreta gezeigt wird; und dessen ungeachtet verehren wir einen Mann aus dem Grab, ohne zu wissen, wie und warum die Kreter solches tun.“ Sieh nun, wie er hier die Kreter, den Zeus und dessen Grab verteidigt, indem er auf sinnbildliche Bedeutungen anspielt, entsprechend denen der Mythos über Zeus, wie man sagt, erdichtet ist. Uns aber kritisiert er, da wir bekennen, dass unser Jesus begraben worden ist, aber auch behaupten, dass er aus dem Grab auferstanden ist, was die Kreter nicht mehr von Zeus erzählen. Da er aber das Zeusgrab auf Kreta zu verteidigen scheint, wenn er sagt, wir wüssten nicht, wie und warum die Kreter solches tun, wollen wir antworten, dass selbst Kallimachos aus Cyrene, der zahllose Gedichte gelesen und fast die gesamte griechische Geschichte durchforscht hat, keine sinnbildliche Auslegung der Erzählungen über Zeus und sein Grab kennt. Daher macht er auch in seinem Hymnus an Zeus den Kretern den Vorwurf: „Kreter sind immer Lügner; denn auch ein Grab für dich, o Herrscher, haben die Kreter erbaut; du aber bist nicht gestorben, denn du lebst auf ewig“ (hymn. Iov. 8–9). Mit den Worten „Du aber bist nicht gestorben, denn du lebst auf ewig“ leugnete er das Zeusgrab auf Kreta, doch berichtet er, dass der Anfang des Todes bei Zeus eingetreten sei. Der Anfang des Todes ist die Geburt auf Erden. Er sagt es folgendermaßen: „Unter den Bewohnern von Parrhasia empfing und gebar dich Rhea“ (ebd. 10). Da er die Geburt des Zeus auf Kreta wegen seines Grabes leugnete, hätte er sehen müssen, dass seine Geburt in Arkadien auch das Sterben des Geborenen zur Folge hatte. Folgendes sagt Kallimachos auch hierüber: „Zeus, man sagt, du seiest auf dem Idagebirge geboren; Zeus, man sagt, du seiest in Arkadien geboren; wer hat nun, Vater, gelogen? Die Kreter sind immer Lügner“ (ebd. 6–8); und so weiter. Zu diesen Themen hat uns Celsus geführt, da er unüberlegt von Jesus redet, einerseits den Schriften darin zustimmt, dass er gestorben ist und begraben wurde, andererseits für eine Erfindung hält, dass er auch von den Toten auferstanden ist, und dies, obwohl zahllose Propheten auch das vorausgesagt haben und es viele Beweise für sein Erscheinen nach dem Tod gibt.

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Nr. 405 Hierokles ( ?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 64 (= Macarius Magnes, apocriticus 2,14 ) Es gibt noch eine andere Erzählung, die diesen Glauben als nichtig erweist – die Erzählung von seiner Auferstehung, von der überall geschwatzt wird. Weshalb erschien denn Jesus nicht nach seinem Leiden und seiner Auferstehung, wie ihr sagt, dem Pilatus, der ihn gestraft hatte und dabei erklärte, er habe nichts Todeswürdiges getan, oder dem Herodes, dem Judenkönig, oder dem Hohenpriester der jüdischen Gemeinschaft, oder vielen zugleich und glaubwürdigen Männern und vor allem dem römischen Senat und Volk, damit sie seine Taten bewunderten und nicht durch ein generelles Urteil den Tod über seine Anhänger wegen ihrer Gottlosigkeit verhängten? Aber der Maria Magdalena erscheint er, einer gemeinen Frau, die aus dem armseligsten Dörfchen herbeigelaufen kam und einst von sieben Dämonen besessen war, und mit ihr noch einer anderen Maria, ebenfalls einer ganz unscheinbaren Frau vom Land, und anderen wenigen und unbedeutenden Personen! Und doch erzählt Matthäus (26,64), Jesus habe dem jüdischen Hohenpriester Folgendes vorhergesagt: „Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Kraft sitzen und mit den Wolken kommen sehen“. Denn wenn er bedeutenden Personen erschienen wäre, so wären durch sie alle gläubig geworden und keiner der Richter hätte die Christen als solche bestraft, die befremdliche Mythen erfinden; denn sicherlich ist es weder Gott noch einem verständigen Menschen angenehm, dass viele seinetwegen den schlimmsten Strafen unterworfen werden. Nr. 406 Athanasius, de incarnatione Verbi 26–27; 30 26 Der Tod am Kreuz ist für uns also angemessen und passend geschehen. Auch dessen Grund erwies sich in jeder Hinsicht sinnvoll, und die Argumente, die dafür angeführt werden können, dass das Heil aller nicht anders als durch das Kreuz geschehen musste, sind begründet. Denn selbst dort, am Kreuz, hat er sich nicht unbezeugt gelassen, sondern er hat einerseits in ganz besonderer Weise die Schöpfung die Anwesenheit ihres eigenen Schöpfers bezeugen lassen, andererseits hat er seinen Tempel, den Leib, nicht lange im Tod verbleiben lassen. Vielmehr hat er lediglich durch die Verbindung mit dem Tod gezeigt, dass er tot war, um ihn gleich am dritten Tage aufzuerwecken, wobei er als Zeichen des Triumphes und Sieges die seinem Leib zuteil gewordene Unvergänglichkeit und Leidensunfähigkeit vorweisen konnte, dass sich sein Körper als unvergänglich und über das Leiden erhaben erwies.

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Denn er hätte auch sofort nach dem Tod seinen Leib aufwecken können und wieder lebend zeigen können. Aber auch das hat der Herr in rechter Weise vorsorglich nicht getan. Denn jemand hätte sagen können, dass der Leib gar nicht gestorben sei, oder dass der Tod ihn auch nicht ganz berührt habe, wenn er sofort die Auferstehung gezeigt hätte. Und wenn der Tod und die Auferstehung im gleichen Moment geschehen wären, dann wäre vielleicht auch der Ruf bezüglich seiner Unvergänglichkeit unklar geworden. Deshalb hat der Logos, um seinen Leib als tot zu erweisen, extra einen Tag gewartet und ihn am dritten Tag allen als unvergänglich gezeigt. Damit also der Tod in seinem Leib gezeigt wurde, hat er diesen erst am dritten Tag auferweckt; damit er aber andererseits nicht einen lange Zeit im Tod verbliebenen und gänzlich vergangenen Leib später auferweckt hätte, und man ihm deshalb nicht glauben würde, weil man der Meinung wäre, dass er nicht den selben Leib, sondern einen anderen besitze; – denn man hätte auch wegen der Zeit das Ereignis nicht glauben und das Geschehen vergessen können; – deshalb wartete er nicht länger als drei Tage und hielt diejenigen, die ihn über die Auferstehung hatten sprechen hören, nicht für lange Zeit hin. Sondern während seine Worte noch in ihren Ohren klangen, ihre Augen noch nach ihm ausschauten, ihr Geist noch auf ihn gerichtet war, und diejenigen, die ihn getötet hatten, noch auf Erden lebten und sich an dem Ort befanden und Zeugen waren vom Tod des Leibes des Herrn, hat der Sohn Gottes selbst am dritten Tag seinen Leib, der tot gewesen war, als unsterblich und unvergänglich erwiesen. Und es wurde allen gezeigt, dass der Leib nicht wegen der Schwäche der Natur des in ihm wohnenden Logos gestorben ist, sondern damit durch die Macht des Erlösers der Tod in ihm vernichtet wurde. 27 Dass der Tod vernichtet und das Kreuz der Sieg über ihn geworden ist, und dass er nun keine Gewalt mehr hat, sondern wirklich tot ist, dafür ist kein geringer Beweis und eine klare Beglaubigung die Tatsache, dass er von allen Jüngern Christi verachtet wird, alle ihm entgegentreten und ihn nicht mehr fürchten, sondern im Zeichen des Kreuzes und im Glauben an Christus ihn wie einen Toten zertreten. Denn früher vor der göttlichen Ankunft des Erlösers beweinten alle die Sterbenden als der Vernichtung Verfallene. Seitdem aber der Erlöser seinen Leib auferweckt hat, ist der Tod nicht mehr schrecklich; vielmehr treten ihn alle, die an Christus glauben, mit Füßen, da er ihrer Meinung nach nichts mehr bedeutet, und wollen eher sterben, als den Glauben an Christus verleugnen. Denn sie sind sich sicher, dass sie sterbend nicht untergehen, sondern fortleben und durch die Auferstehung unvergänglich werden. … 30 … Wenn einem aber dieser Beweis für seine Auferstehung nicht hinreichend erscheint, so soll er von dem Gesagten wenigstens durch die sichtbaren Ereignisse überzeugt werden. Denn wenn ein Verstorbener nichts mehr be-

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wirken kann, vielmehr die Gunst ihn nur bis ans Grab geleitet und dann aufhört – denn nur Lebende handeln und üben Einfluss auf Menschen aus –, dann soll wer will zusehen und urteilen und dann aufgrund des Augenscheins die Wahrheit erkennen. Wenn nämlich der Erlöser unter den Menschen so Großes vollbringt und tagtäglich von allen Seiten, im Land der Griechen wie der Barbaren, eine solche Menge unbemerkt für seinen Glauben gewinnt und alle seiner Lehre folgen lässt, kann man da noch zweifeln in seinem Herzen, ob die Auferstehung vom Erlöser bewirkt worden sei und ob Christus lebe oder vielmehr das Leben selbst sei? Könnte etwa ein Toter die Herzen der Menschen erschüttern, dass sie den Satzungen ihrer Väter abschwören und sich dafür der Lehre Christi beugen? Oder wie, wenn er selbst untätig ist – das ist ja bei einem Toten der Fall –, könnte er das Wirken der Tätigen und Lebenden beenden, so dass der Ehebrecher die Ehe nicht mehr bricht, der Mörder nicht mehr mordet, der Ungerechte nicht mehr raubt, der Gottlose fortan gottesfürchtig ist? Wie kann er auch, wenn er nicht auferstand, sondern tot ist, die falschen Götter, die von den Ungläubigen für lebend ausgegeben werden, und die Dämonen, die sie verehren, austreiben, verfolgen und vernichten? Denn wo Christus und der Glaube an ihn bekannt wurde, da schwindet alle Idolatrie, aller Trug der Dämonen kommt ans Licht, ja kein Dämon verträgt seinen Namen, sondern flieht fort, wenn er diesen nur hört. Das ist aber nicht das Werk eines Toten, sondern eines Lebenden und gewiss eines Gottes. Übrigens wäre es lächerlich, von den Dämonen, die von ihm verfolgt, und den Abgöttern, die von ihm vernichtet wurden, zu behaupten, sie hätten ein Leben, von dem aber, der sie vertrieb und in seiner Macht zum Verschwinden brachte, ja sogar von diesen selbst als Sohn Gottes bekannt wurde, zu sagen, er sei tot.

5) Einwände gegen die christliche Eschatologie a) Weltuntergang und Gericht Der christliche Glaube, dass der Schöpfer der Welt selber ihr Ende herbeiführen werde, widersprach der antiken Überzeugung von der Ewigkeit der Welt bzw. einem immerwährenden Kreislauf aller Dinge (Nr. 408–409, 411–412). Die Verkündigung vom Weltgericht und Höllenfeuer wirkte auf manche Heiden geradezu makaber (Nr. 409–410). Um ihre eschatologischen Überzeugungen zu bestätigen, verwiesen die Apologeten auf Platons Aussagen über ein Endgericht (Nr. 171, 407–408) und die stoische Lehre vom Weltenbrand, in dem sich das Universum auflöse (Nr. 407, 409–410), korrigierten jedoch die Idee periodisch wiederkehrender Neuanfänge zugunsten der Einmaligkeit des Geschehens (Nr. 408, 412).

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Nr. 407 Justin, 1 apologia 8,2–8,5; 20,1–2 8 (2) Denn in der Sehnsucht nach dem ewigen und reinen Leben streben wir nach dem Zusammensein mit Gott, dem Vater und Schöpfer des Alls, und drängen zum Bekenntnis, da wir überzeugt sind und glauben, dass dieses Leben diejenigen erlangen können, die Gott durch Werke überzeugt haben, dass sie ihm gefolgt sind und nach dem Leben bei ihm verlangen, wo es keinen Angriff des Bösen gibt. (3) Dies also ist es, kurz gesagt, was wir erwarten und was wir von Christus gelernt haben und lehren. (4) Platon (Gorg. 523e– 524a) hat übrigens in gleicher Weise gesagt, dass Radamanthys und Minos1 die Ungerechten, wenn sie vor ihnen erscheinen, bestrafen werden; wir aber sagen, dass dasselbe geschehen werde, aber durch Christus, und dass sie in denselben Leibern zusammen mit den Seelen eine ewige Strafe erdulden werden, nicht nur eine tausendjährige, wie jener annahm (Phdr. 249a–b). (5) Will man das für unglaublich oder für unmöglich erklären, so geht doch dieser Irrtum nur uns, nicht einen anderen an, solange wir nicht eines tatsächlichen Vergehens überführt werden. 20 (1) Übrigens haben auch die Sibylle und Hystaspes eine Vernichtung alles Vergänglichen durch Feuer vorausgesagt2. (2) Die Philosophen aber, die Stoiker heißen, lehren, Gott selber gehe in Feuer auf, und sagen, die Welt entstehe dann wieder neu durch Umwandlung3. Wir aber stellen uns Gott, den Schöpfer aller Dinge, als erhaben über alles Vergängliche vor.

Nr. 408 Tatian, oratio ad Graecos 25,4 Da sagt einer, der vollkommene Gott sei ein Körper, ich aber sage, er ist körperlos; die Welt sei unzerstörbar, ich dagegen, sie wird zerstört; zu gewissen Zeiten werde sich eine Verbrennung der Welt abspielen, ich dagegen, nur einmal; Richter seien Minos und Radamanthys, ich dagegen, Gott selbst; die Seele allein werde Unsterblichkeit erlangen, ich dagegen, auch der mit ihr verbundene Leib. Nr. 409 Minucius Felix, Octavius 11,1–3.5; 34,1–4 11 (1) (Caecilius:) Dem ganzen Erdkreis, ja dem Weltall selbst mit all seinen Gestirnen drohen sie einen Brand an, planen allen Dingen ihren Untergang. Als ob die auf göttlichen Naturgesetzen beruhende, ewige Ordnung ge-

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stört, das Band, das alle Elemente verbindet, zerrissen, das Gefüge des Himmels zerstört, der Riesenbau, der uns umfängt und umschließt, zum Einsturz gebracht werden könnte! (2) Aber nicht zufrieden mit solchen wahnwitzigen Vorstellungen, bringen sie in diesem Zusammenhang noch andere Ammenmärchen an. Sie erklären, dass sie nach dem Tod aus Staub und Asche wieder auferstehen würden, und mit unbegreiflicher Vertrauensseligkeit glauben sie sich gegenseitig diese Lügen auch noch. Man könnte fast meinen, sie hätten schon eine Auferstehung hinter sich! (3) Ist es nicht eine zweifache Verkehrtheit und ein doppelter Unsinn, dem Himmel und den Gestirnen, die wir so verlassen, wie wir sie vorgefunden haben, den Untergang zu prophezeien, uns selbst aber noch ein ewiges Leben nach dem Tod zu versprechen, während wir doch so wie wir geboren werden, auch wieder vergehen? … (5) Und von diesem Irrtum befangen, versprechen sie sich selbst – denn sie halten sich ja für die Guten – ein ewiges Leben in Seligkeit nach dem Tod, den anderen aber – die natürlich die Bösen sind – immerwährende Strafe. … 34 (1) (Octavius:) Ferner ist es ein weitverbreiteter Irrtum, der Lehre vom Weltenbrand keinen Glauben schenken zu wollen und zu leugnen, dass plötzlich Feuer niederfallen und der Himmel sich auflösen werde. (2) Gibt es denn einen Philosophen, der daran zweifelte? Der nicht wüsste, dass alles Gewordene vergeht, alles Geschaffene auch wieder zunichte wird? Bei den Stoikern herrscht allgemein die Ansicht, dass auch der Himmel und alles, was von ihm umschlossen wird, so wie es einen Anfang hatte, durch die Macht des Feuers untergehen wird1, sobald das süße Quellwasser allmählich aufhört, die Meere zu speisen, weil die ganze Welt in Feuer aufgehen muss, sobald die Feuchtigkeit aufgebraucht ist. (3) Die Epikureer vertreten über die Vernichtung der Elemente im Feuer und den Untergang der Welt genau die gleiche Meinung2. (4) Platon3 spricht davon, dass bald Teile des Erdkreises überflutet werden und bald wieder im Wechsel Teile der Welt in Flammen aufgehen werden. Und obwohl er zuvor erklärte, die Welt sei selbst unvergänglich und unauflöslich geschaffen, so fügt er doch hinzu, dass sie alleine für ihren göttlichen Baumeister auflösbar und damit vergänglich sei. Es ist also gar nicht eine so merkwürdige Auffassung, dass dieses Weltgefüge von dem, der es errichtet hat, auch wieder zerstört werden kann.

Nr. 410 Origenes, contra Celsum 3,16; 4,12.30; 5,14–15 3,16 Was für „Gesindel wir anziehen und welche Schreckbilder wir erfinden“, wie Celsus ohne Beweis schreibt, soll nachweisen, wer will. Es sei denn, Celsus will unter den erfundenen Schreckbildern die Lehre verstanden

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wissen, dass Gott Richter ist und die Menschen nach all ihren Taten gerichtet werden, wofür es vielfältige Beweise teils aus den Schriften, teils aus Vernunftgründen gibt. Indessen sagt Celsus – ich erwähne es aus Liebe zur Weisheit – gegen Ende: „Möchte es doch weder diesen noch mir noch sonst einem Menschen gestattet sein, die Lehre zu verwerfen, dass einmal die Ungerechten bestraft und die Gerechten einer Belohnung gewürdigt werden.“ Wenn du die Lehre von der Bestrafung ausnimmst, welche Schreckbilder erfinden wir dann, um die Menschen an uns zu ziehen? … 4,12 Ob es nun Zyklen gibt oder in jedem Zyklus Überschwemmungen oder Weltenbrände oder ob es keine gibt, und ob die Schrift auch davon weiß, unter vielen anderen Stellen insbesondere dort, wo Salomo sagt: „Was ist das Gewordene? Eben das, was wieder sein wird. Und was ist das Geschehene? Eben das, was wieder geschehen wird“ (Koh 1,9) usw., darüber zu handeln ist jetzt nicht der Zeitpunkt. Es genügt nämlich der einfache Hinweis, dass Mose und einige der Propheten – Männer, die der ältesten Zeit angehören – die Lehre vom Weltenbrand von niemand anders entlehnt haben1. Vielmehr haben, wenn man die Zeitenfolge beobachtet, eher die Übrigen sie missverstanden und, da sie deren Äußerungen nicht genau kannten, periodisch wiederkehrende völlig gleiche Weltalter erdichtet, was ihre essentiellen und akzidentellen Merkmale betrifft2. Wir hingegen schreiben weder die Weltüberflutung noch die Weltverbrennung Zyklen oder Umläufen von Gestirnen zu, sondern geben als Ursache hierfür die Schlechtigkeit an, die ein zu großes Ausmaß angenommen hatte und durch Überschwemmung oder Verbrennung beseitigt wird. 30 Wir, die wir für Celsus Regenwürmer sind, sagen bei ihm, dass, da einige unter uns sündigen, Gott selbst zu uns kommen oder seinen Sohn senden wird, damit er die Ungerechten dem Feuer übergibt, wir Frösche aber, die übrig bleiben, mit ihm ewiges Leben besitzen3. Sieh, wie der ehrwürdige Philosoph gleich einem Possenreißer die göttliche Botschaft vom Gericht, von der Bestrafung der Ungerechten und Belohnung der Gerechten zum Gegenstand des Hohnes, Gelächters und Spottes macht. 5,14 Celsus sagt also folgendes: „Einfältig ist auch ihre Auffassung, dass, wenn Gott einmal wie ein Koch das Feuer herangebracht hätte, die ganze übrige Menschheit geröstet werde, während sie allein fortbestehen würden, und zwar nicht nur die Lebenden, sondern auch die längst schon Gestorbenen, diese würden wieder aus der Erde hervorkommen mit dem selben Fleisch wie früher. Dies ist geradezu eine Hoffnung von Würmern! Welche menschliche Seele würde sich denn wohl noch nach einem verwesten Leib sehnen? Die Tatsache, dass diese Lehre selbst nicht einmal bei einigen von euch (Juden) und den Christen anerkannt ist, zeigt ihre extreme Abscheulichkeit sowie, dass sie zugleich verwerflich und unmöglich ist. Welcher Körper

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nämlich, der völlig vergangen ist, wäre imstande, wieder zu seiner ursprünglichen Natur und jenem ersten Zustand zurückzukehren, den er vor seiner Auflösung besaß? Da sie hierauf keine Antwort haben, nehmen sie zu der äußerst absurden Ausrede Zuflucht, dass für Gott alles möglich sei. Doch das Schändliche kann Gott nicht tun, und das Naturwidrige will er nicht tun. Würdest du auch in deiner Verworfenheit etwas Abscheuliches begehren, so wird Gott das nicht gewähren können, noch darf man ohne weiteres glauben, dass es erfüllt wird. Denn Gott ist nicht Urheber des falschen Verlangens und der irrigen Ungebührlichkeit, sondern der geordneten und richtigen Natur. Der Seele könnte er wohl ewiges Leben gewähren. „Leichen aber“, sagt Heraklit, „sind eher wegzuwerfen als Mist“ (frg. 96). Das Fleisch also, voll von Dingen, die man anständigerweise nicht nennen kann, gegen die Vernunft ewig zu machen, wird Gott weder wollen noch können. Denn er selbst ist die Vernunft von allem Seienden. Er kann daher nichts tun, was der Vernunft oder seinem eigenen Wesen widerspricht.“ 15 Sieh also zunächst, wie er hier die Verbrennung der Welt ins Lächerliche wendet, die auch von einigen namhaften griechischen Philosophen vertreten wird. Wir sollen seiner Ansicht nach Gott zu einem Koch machen, wenn wir die Lehre von der Verbrennung vertreten. Er sieht dabei nicht, dass nach Ansicht einiger Griechen, die dies vielleicht dem uralten Volk der Hebräer entlehnt haben, das Feuer zur Reinigung an die Welt gelegt wird und wahrscheinlich auch an jeden von denen, die zugleich einer Bestrafung und Reinigung durch das Feuer bedürfen. Nr. 411 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 34 (= Macarius Magnes, apocriticus 4,1) Wie kann Paulus (1 Kor 7,30 f.) sagen, dass die Gestalt der Welt vergeht, und wie ist es möglich, dass man besitzen soll, als besäße man nicht, und man sich freuen soll, als freute man sich nicht, und wie kann das übrige Altweibergeschwätz glaubwürdig sein? Denn wie kann ein Besitzender wie ein Nichtbesitzender werden, und wie soll man glauben, ein sich Freuender könne ein sich nicht Freuender werden; oder wie kann die Gestalt dieser Welt vergehen? Wer wird sie denn vergehen lassen und wozu wird er es tun? Denn ist es der Weltschöpfer, der dies täte, so zieht er sich den Vorwurf zu, dass er, was in ruhiger Sicherheit liegt, in Bewegung setzt und verändert. Wenn er aber die Gestalt vergehen lässt, um sie zu verbessern, so wird er wiederum deshalb belangt werden, dass er nicht schon bei der Schöpfung die für die Welt angemessene und passende Gestalt erkannt, sondern mangels des besseren Entwurfes unvollkommen geschaffen hat. Woher kann man aber weiter wissen,

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dass die Natur der Welt in späten Tagen einmal ins Herrliche verwandelt werden, in ihrer jetzigen Gestalt also aufhören wird? Was aber kann bei dem Wechsel der Ordnung der Erscheinungen Gutes herauskommen? Denn wenn der Zustand der sichtbaren Dinge negativ wäre und zum Pessimismus Anlass gäbe, so würde man den Schöpfer mit guten Gründen deshalb kritisieren, weil er zuerst die Bestandteile der Welt so geschaffen hat, dass der Bau pessimistisch stimmt und das vernünftige Weltbild stört, dann aber in besserer Erkenntnis sich für eine Umgestaltung des Alls entschieden hat. Oder hat Paulus etwa deshalb gelehrt, dass man besitzen soll, als besäße man nicht, weil der Schöpfer, die Welt besitzend, als besäße er sie nicht, ihre Gestalt vergehen lässt? Und sagt er vielleicht deswegen, dass man sich freuen soll, als freute man sich nicht, weil der Weltschöpfer im Blick auf seine liebliche und herrliche Schöpfung sich nicht daran freut, sondern den Plan gefasst hat, sie zu ändern und umzuwandeln, als wenn sie ihm viel Kummer bereite? Überlassen wir also diesen verächtlichen Ausspruch dem verdienten Gelächter!1

Nr. 412 Augustinus, de civitate Dei 12,14 Die Philosophen dieser Welt glaubten die Streitfrage nicht anders auflösen zu können oder zu sollen, als dass sie Zeitumläufe einführten und behaupteten, dass sich in der Natur der Dinge stets das Gleiche erneuert und wiederholt habe, und dass auch künftig die kommenden und vergehenden Weltperioden ohne Unterlass ihre Kreise ziehen würden, sei es dass diese Umläufe sich bei fortbestehender Welt vollziehen, sei es auch, dass die in gewissen Intervallen entstehende und vergehende Welt immer wieder dasselbe, als wäre es neu, hervorbringt, was schon einmal war und auch künftig sein wird.1 Von diesem Possenspiel können sie nicht einmal die unsterbliche Seele befreien, selbst wenn sie die Weisheit empfangen hat 2. Ohne Unterlass muss sie wechseln zwischen falscher Glückseligkeit und wahrem Elend. Denn wie könnte das eine wahre Glückseligkeit sein, auf deren Ewigkeit nie Verlass ist, da die Seele ihr künftiges Elend entweder unwissend in Wahrheit nicht kennt, oder unglückselig in Seligkeit sich davor fürchtet? Wenn sie aber aus diesem Elend, ohne jemals dahin zurückkehren zu müssen, zur Seligkeit eingeht, geschieht ja in der Zeit etwas Neues, was kein zeitliches Ende hat. Warum soll dann nicht von der Welt das gleiche gelten, und warum nicht auch vom Menschen, der in der Welt geschaffen wurde? So lassen sich die falschen, von falschen und trügerischen Weisen ersonnenen Umläufe durch gesunde Lehre und auf geradem, rechten Wege vermeiden.

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b) Die leibliche Auferstehung der Toten Dem antiken Gedanken einer unsterblichen Seele, die nur für eine bestimmte Zeit im Leib eingekerkert war, schließlich aber von der Last des Körpers befreit werden sollte (Nr. 64), musste insbesondere die leibliche Komponente der christlichen Auferstehungshoffnung befremdlich erscheinen (Nr. 418–420). Die Apologeten folgerten deren Sinnhaftigkeit aus der Konstitution des Menschen (Nr. 413, 415), verteidigten durch natürliche Analogien deren Möglichkeit (Nr. 413–415, 417), präzisierten die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes (Nr. 64, 418) und grenzten die eigene Position gegenüber den antiken Reinkarnationslehren ab (Nr. 414–416, 421).

Nr. 413 Athenagoras, de resurrectione 4; 7; 18 4 (1) Diese wenden ein, viele Leiber von denen, die bei Schiffbrüchen oder in Flüssen jämmerlich umkamen, seien schon Nahrung für Fische geworden, und viele Leiber der im Krieg Gefallenen oder aus einem noch schlimmeren Grund und durch sonstige Notlagen ohne Bestattung Gebliebenen hätten den erstbesten Tieren zum Fraß gedient. (2) Wenn nun die Leiber in dieser Weise vernichtet werden und die sie konstituierenden Teile und Glieder zerstückelt in viele Organismen eingehen und sich in Form von Nahrung mit den Leibern der so ernährten Wesen vereinigen, so sei fürs erste eine Unterscheidung zwischen ihnen unmöglich, außerdem gebe es eine zweite noch größere Schwierigkeit. (3) Es kommen nämlich die Leiber jener Tiere, die sich mit Menschenleibern ernährt haben, falls sie sich zur Nahrung für Menschen eignen, selbst wieder in menschliche Mägen und werden so mit den Leibern der Essenden vereinigt; so müssen notwendig solche menschliche Teile, die den auffressenden Tieren zur Nahrung gedient haben, in andere Menschenleiber übergehen, da die hiervon ernährten Tiere das, was ihnen zur Nahrung diente, vermittelnd in jene Menschen hinüberleiten, deren Nahrung sie selbst werden1. (4) Außerdem weist man dramatisierend auf den Verzehr von Kindern hin, zu dem Hungersnot oder Wahnsinn trieb, und auf die infolge feindlicher Überlistung von ihren eigenen Erzeugern aufgegessenen Kinder und auf jenen medischen Tisch und die tragischen Mahlzeiten eines Thyestes2 und reiht daran noch andere Schauergeschichten ähnlicher Art, die sich erst jüngst bei Griechen und Barbaren zugetragen haben3. Hierdurch meint man, die Unmöglichkeit der Auferstehung erweisen zu können; denn dieselben Teile können nicht in verschiedenen Leibern auferstehen, sondern es müssen entweder die Leiber der einen unvollständig bleiben, weil integrierende Be-

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standteile von ihnen in andere Menschen übergegangen sind, oder wenn diese Teile ihren früheren Besitzern zurückgegeben werden, die Leiber der andern ein Manko erleiden. 7 (1) Selbst wenn man zugibt, die aus solchen Bestandteilen eingehende Nahrung – um den üblichen Begriff zu verwenden – werde trotz ihrer Naturwidrigkeit aufgelöst und verwandle sich in eine der flüssigen oder trockenen oder warmen oder kalten Substanzen, wird aus diesem Zugeständnis unseren Gegnern kein Vorteil erwachsen. Denn die auferstehenden Leiber setzen sich nur aus den eigenen Teilen wieder zusammen. Nun aber ist nichts von den erwähnten Substanzen ein konstitutiver Teil noch kommt ihm die Beschaffenheit und der Platz eines solchen Teiles zu; auch bleibt es nicht für immer bei den zu ernährenden Teilen des Leibes noch wird es mit dem Auferstehenden zusammen auferstehen. Denn Blut, Schleim, Galle, Atem sind dann nicht mehr Lebensfaktoren. Was ehemals die auf Nahrung angewiesenen Leiber brauchten, werden sie dann nicht mehr brauchen; denn mit der Bedürftigkeit und Sterblichkeit wird auch das Nahrungsbedürfnis verschwinden. (2) Selbst wenn man annimmt, die durch solche Nahrung hervorgerufene Veränderung erstrecke sich sogar auf das Fleisch, so folgt daraus noch lange nicht, dass das infolge solcher Nahrung jetzt veränderte Fleisch, nachdem es mit dem Leib eines andern Menschen in Berührung gekommen ist, einen konstitutiven Teil jenes Organismus bilden wird. Denn das aufnehmende Fleisch selbst hält nicht jedesmal das aufgenommene fest, und dieses ist selbst für den Fall, dass es sich damit vereinigt, kein ständiger Teil und bleibt nicht dauernd bei dem Fleisch, dem es sich einverleibt hat; es unterliegt vielmehr einer starken Verwandlung, mag es sich nun infolge von Arbeiten und Sorgen verteilen oder infolge von Schmerzen, von Ermüdungen und Krankheiten, von Unpässlichkeiten, die aus Erhitzung oder Erkältung entstanden sind, verzehren, was deswegen geschehen kann, weil die Organe, die unbeschadet ihres eigenen Zustandes die Nahrung aufnehmen, nicht selbst wieder mit dem Fleisch und Fett sich verändern. (3) Zwar gibt es derartige Veränderungen bei jedem Fleisch, viel häufiger jedoch kann man sie bei demjenigen Fleisch bemerken, das mit nicht verwandten Stoffen ernährt wird; bald schwillt es infolge des Aufgenommenen an und wird fett, dann wieder scheidet es dasselbe aus, wie es gerade geht, und wird mager, mögen nun eine einzige oder mehrere der früher erwähnen Ursachen dies bewirken. Nur dasjenige Fleisch bleibt bei den einzelnen Teilen, die es zu verbinden oder einzuhüllen oder zu erwärmen bestimmt ist, das von der Natur auserlesen ist und dem sich einverleibt, mit dem vereint es das natürliche Leben und die in diesem Leben stattfindenden Funktionen bewirkt. (4) Weder wenn man die jetzt angestellte Untersuchung nicht angemessen beurteilt, noch wenn man die von den Gegnern bemühten Argumente nicht hypothetisch akzeptiert, lässt sich die Wahrheit

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ihrer Behauptungen beweisen. Indes werden sich Menschenleiber nie ihresgleichen assimilieren, selbst wenn einmal einer aus Unwissenheit, von einem andern in Sinnestäuschung versetzt, von einem solchen Leib etwas in sich aufnimmt oder von selbst aus Not oder im Wahnsinn mit dem Leib eines Gleichartigen sich besudelt. … 18 (4) … ich verstehe aber unter Doppelnatur den aus Seele und Leib bestehenden Menschen und behaupte, dass der Mensch gerade in dieser Doppelnatur für alle seine Handlungen verantwortlich ist und die ihm gebührende Ehre oder Strafe empfängt. (5) Wenn also ein gerechtes Gericht die Vergeltung der Taten auf diese Doppelnatur ausdehnt und weder die Seele allein den Preis zahlen darf für das, was sie mit Hilfe des Leibes vollbrachte – an und für sich ist sie nämlich erhaben über all die Verirrungen, die bei Befriedigung der sinnlichen Begierden, bei Ernährung und Verwöhnung des Leibes vorkommen – noch der Leib allein – denn an und für sich kann er Gesetz und Recht nicht erkennen –, sondern der aus beiden bestehende Mensch für jede seiner Taten die Vergeltung empfängt, dies aber, wie der Verstand entdeckt, weder im gegenwärtigen Leben geschieht – im Erdenleben kommt nämlich die Gerechtigkeit nicht zum Sieg, da viele, die von Gott nichts wissen wollen und sich jedem Verbrechen und Laster hingeben, bis zu ihrem Lebensende von Leiden verschont bleiben, während umgekehrt Leute, die einen in jeder Hinsicht vorbildlichen Lebenswandel aufweisen können, in Leiden dahinleben, in Kränkungen und Verdächtigungen, in Beschimpfungen und jeder Art von Widrigkeit – noch nach dem Tod – es ist ja die substanzielle Einigung der beiden Teile aufgehoben, nachdem sich die Seele vom Leib getrennt hat und auch der Leib selbst wieder in die Elemente zerfallen ist, aus denen er sich aufbaute, und von seiner früheren Form oder Gestalt nichts mehr behalten hat, geschweige denn die Erinnerung an seine Taten –, so ist für jeden ganz klar, was noch übrig bleibt, nämlich dass nach dem Wort des Apostels dieses Verwesliche und Auflösbare sich mit Unverweslichkeit bekleiden muss (1 Kor 15,53), damit, wenn infolge der Auferstehung die Toten wieder zum Leben erweckt und das Getrennte oder auch schon ganz Aufgelöste wieder vereinigt ist, ein jeder in gerechter Weise ernte, was er mittels seines Leibes getan hat, sei es Gutes oder Böses (2 Kor 5,10). Nr. 414 Tatian, oratio ad Graecos 6–7,1 6 (1) Und deshalb sind wir überzeugt, dass es nach der Vollendung aller Dinge auch eine Auferstehung der Leiber geben wird. Nicht, wie die Stoiker meinen, indem nach bestimmten zyklischen Perioden dieselben Dinge immer wieder zwecklos entständen und vergingen, sondern überhaupt nur einmal,

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nach Vollendung der gegenwärtigen Zeit, wird die Auferstehung erfolgen und zwar dazu, um einzig und allein die Menschen des Gerichtes wegen zu versammeln. (2) Es richten uns aber nicht Minos und Rhadamanthys1, vor deren Tod, wie die Mythen erzählen, keine Seele gerichtet worden sei, sondern Richter wird Gott der Schöpfer selbst sein. (3) Mögt ihr uns auch für Schwätzer und Wortemacher halten, uns kümmert das nicht, da wir dieser Lehre Glauben geschenkt haben. Denn wie ich nicht existierte, bevor ich wurde, und deshalb auch nicht wusste, wer ich sein würde, sondern nur potentiell in der fleischlichen Materie existierte, dann aber, da ich ja nicht von Anfang an existierte, erst infolge meiner Geburt die Überzeugung von meiner Existenz erlangte, ebenso werde ich, der Gewordene und durch den Tod wieder Ausgelöschte und von keinem mehr Gesehene, wiederum sein, wie ich ja einst, da ich nicht von Anfang an existiert habe, auch erst zum Leben geboren werden musste. (4) Ob auch Feuer mein Fleisch vernichte, das All nimmt die in Dampf verwandelte Materie auf; ob ich in Strömen oder in Meeren zugrunde gehe oder von wilden Tieren zerfleischt werde, in der Schatzkammer eines reichen Herrn werde ich geborgen. Der arme Gottesleugner aber kennt die dort niedergelegten Schätze nicht; Gott aber, der Herrscher, wird, wann er will, die ihm allein sichtbare Substanz in den früheren Zustand zurückversetzen. 7 (1) Denn der himmlische Logos, als Geist vom Geist und als Wort aus der Kraft des Wortes entsprungen, hat in Nachahmung des Vaters, der ihn gezeugt, zum Abbild der Unsterblichkeit den Menschen geschaffen, damit dieser, wie die Unvergänglichkeit bei Gott ist, ebenso, durch Teilhabe am Wesen Gottes, gleichfalls die Unsterblichkeit besitze.

Nr. 415 Tertullian, apologeticum 48,1–14; 49,2–3 48 (1) Und weiter: wenn ein Philosoph behauptet – wie Laberius gemäß der Lehre des Pythagoras sagt1 –, dass aus einem Maulesel ein Mensch, aus einer Frau eine Schlange werde, und wenn er zum Beweis dieser Auffassung mit der ganzen Kraft seiner Eloquenz alle möglichen Argumente gewaltsam verdreht, wird er nicht auf Zustimmung stoßen und Glauben wecken? Wird man nicht sogar überzeugt sein, dass man auf Fleischspeisen verzichten müsse, damit man sich nicht zufällig einmal ein Stück Rind von einem eigenen Vorfahren kauft? Wenn dagegen ein Christ verheißt, dass aus einem Menschen ein Mensch und aus dem Gaius eben der Gaius wiederkehren werde, dann wird er noch eher mit Steinwürfen und nicht bloß mit Anpöbelungen vom Volk davongejagt. (2) Wenn überhaupt irgendein Prinzip existiert, wonach die menschlichen

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Seelen wieder in ihre Körper zurückversetzt werden, warum sollten sie dann nicht in dieselbe Substanz zurückkehren, denn „wiederhergestellt werden“ heißt doch gerade das werden, was man früher war? Nun sind sie nicht mehr dasselbe, was sie waren, weil sie das, was sie nicht waren, nur dann sein können, wenn sie nicht mehr das sind, was sie waren. (3) Viele Stellen wären in aller Muße zu zitieren, wenn wir uns darüber auslassen wollten, welcher Mensch wohl nach jener Vorstellung sich in welche Tiergestalt verwandelt. Doch wichtiger für unsere Verteidigung ist es, wenn wir vor Augen führen, dass es doch eine viel glaubwürdigere Überzeugung sei, aus einem Menschen werde ein Mensch zurückkommen, irgendeiner für irgendeinen, solange es nur ein Mensch ist, so dass dieselbe Beschaffenheit der Seele wieder in dieselbe Daseinsform, wenn auch nicht in dieselbe Gestalt, zurückgebracht wird. (4) Da andererseits der Grund für die Wiederherstellung das von Gott bestimmte Gericht ist, muss mit Notwendigkeit ebenderselbe, der einmal war, vorgeführt werden, um seiner guten oder bösen Taten gemäß von Gott das Urteil zu empfangen. Und deshalb werden auch die Körper wieder erscheinen, da einerseits die Seele für sich allein ohne eine dauerhafte Materie, das heißt ohne das Fleisch, nichts erleiden kann und da andererseits die Seelen überhaupt das, was sie nach Gottes Urteil erleiden müssen, nicht ohne das Fleisch über sich gebracht haben, in dessen Hülle sie alle ihre Taten verübten. (5) „Doch auf welche Weise“, fragst du, „kann die einmal aufgelöste Materie wieder hergestellt werden?“ Betrachte dich selbst, du Mensch und du wirst die Bestätigung dafür finden. Denke daran, was du warst, bevor du existiertest. Offenbar nichts; denn du würdest dich erinnern, wenn du etwas gewesen wärest. Der du also nichts warst, bevor du wurdest, und ebenso zu nichts wirst, wenn du zu sein aufhörst, warum solltest du nicht wiederum aus dem Nichts werden können nach dem Willen desselben Schöpfers, der dich aus dem Nichts hat werden lassen? (6) Was ist dir Neues geschehen? Du, der nicht existierte, bist geworden; wenn du wiederum nichts sein wirst, wirst du werden. Gib, wenn du kannst, Rechenschaft darüber, wie du geworden bist, und dann frage, wie du werden wirst! Und dabei wirst du jedenfalls leichter etwas werden, was du vorher einmal warst, weil du gleichermaßen mühelos geworden bist, was du niemals vorher warst. (7) Man zweifelt, scheint mir, an der Macht Gottes, von dem dieser große Weltenkörper aus dem, was nicht war, geschaffen worden ist, so als wäre er aus dem Tod der Öde und Leere herausgezogen, beseelt vom Geist, der allen Seelen Leben gibt, selbst als zeichenhaftes Beispiel der menschlichen Auferstehung gesetzt, euch zum Zeugnis. (8) Das Licht, das täglich erlischt, erstrahlt von neuem, und ebenso geht und kommt im Wechsel die Finsternis; die Gestirne gehen unter und leuchten wieder; wenn die Jahreszeiten zu Ende gehen, beginnen sie; die Früchte ver-

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gehen und erstehen wieder, und der Same kann sich gewiss nur, wenn er zerstört und aufgelöst wird, mit reicherer Frucht erheben; alles erhält sich, indem es vergeht, alles erneuert sich aus dem Untergang2. (9) Und du, der Mensch, ein so großer Name, wenn du dich selbst erkennen wolltest – und sei es nur von der Inschrift der Pythia belehrt –, der Herr über alles Sterbende und Auferstehende, du solltest sterben, um zu vergehen? Wo immer du auch zerfallen magst, welches Element dich auch zerstören, verschlingen, vertilgen, ins Nichts verwandeln mag, es wird dich wieder herausgeben. Dem gehört auch das Nichts, dem das All gehört. (10) „Also wird man“, meint ihr, „immer wieder sterben und immer wieder auferstehen müssen?“ Wenn der Herr der Welt es so bestimmt hätte, dann würdest du das Gesetz deiner Erschaffung auch wider deinen Willen an dir erfahren. Nun aber hat er es nicht anders bestimmt als er es vorausgesagt hat. (11) Dieselbe Vernunft, die das Universum aus der Verschiedenheit zusammengefügt hat, so dass bei äußerer Einheit alles aus gegensätzlichen Substanzen besteht, aus Leerem und Festem, aus Beseeltem und Unbeseeltem, aus Berührbarem und Nichtberührbarem, aus Licht und Finsternis, ja aus Leben und Tod, sie hat auch die Weltzeit zusammengefügt und in so bestimmter und gegliederter Weise geschaffen, dass dieser erste Teil, den wir von Urbeginn an bewohnen, mit begrenzter Dauer einem Ende zuläuft, dass aber der folgende, den wir erwarten, sich in eine endlose Ewigkeit erstreckt. (12) Wenn also dieses Ende und die dazwischen liegende Grenzlinie erreicht ist, so dass auch die Gestalt dieser Welt sich wandelt, die gleichermaßen irdisch begrenzt und jener Ordnung der Ewigkeit wie ein Vorhang vorgespannt ist, dann wird die ganze Menschheit neu erschaffen werden zur Abrechnung darüber, was sie in dieser Welt Gutes oder Böses verübt hat, und dafür wird sie dann einzustehen haben die ganze unermessliche Dauer der Ewigkeit. (13) Und daher gibt es dann keinen Tod mehr und keine wiederholte Auferstehung, sondern wir werden dieselben sein wie jetzt und keine anderen danach, das heißt die Diener Gottes werden ständig bei Gott sein, überkleidet mit der Substanz, die der Ewigkeit eigen ist, die Ungläubigen aber und die nicht makellos vor Gott stehen, werden die Pein des gleichermaßen ewigen Feuers erleiden und eine Unzerstörbarkeit besitzen, die ihnen die besondere Natur des Feuers verleiht, das göttlich ist. 49 (2) Angenommen nun, was wir vertreten, wäre falsch und wirklich nur eine Einbildung, so wäre es doch notwendig, und wenn naiv, so doch nützlich, da ja besser werden muss, wer daran glaubt, durch die Furcht vor der ewigen Strafe und durch die Hoffnung auf die ewige Seligkeit. Daher hilft es nicht, wenn man etwas als falsch bezeichnet oder für naiv erklärt, was hilft, wenn man es als wahr hinnimmt. Überhaupt darf unter keiner Begründung etwas verurteilt werden, was nützlich ist. Einer Einbildung begegnen wir daher bei euch, eben dieser, die verurteilt, was nützlich ist. Daher kann es auch nicht

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naiv sein. (3) Oder zumindest, auch wenn falsch und naiv, so doch nicht schädlich. Nr. 416 Tertullian, de testimonio animae 4,2 Obwohl diese Meinung der Christen weit anständiger ist als die des Pythagoras, da sie dich nicht in wilde Tiere versetzt, vollständiger als die platonische ist, da sie dir auch den Anteil des Körpers zurückgibt, gewichtiger als die des Epikur, da sie dich vor der Auflösung bewahrt, wird sie dennoch wegen ihres Namens als völlig unbegründet, dumm und, wie man sagt, anmaßend betrachtet.1 Nr. 417 Minucius Felix, Octavius 34,6–12 (6) Ebenso wurden auch die Umstände der Auferstehung von den größten Philosophen – von Pythagoras als dem ersten, besonders aber Platon als dem Bedeutendsten unter ihnen – allerdings nur entstellt und halb richtig überliefert. Denn sie nehmen an, dass nach der Auflösung der Körper allein die Seelen ewig fortdauern und immer wieder in andere, neue Körper eingehen. (7) Sie fügen noch eine größere Verdrehung der Wahrheit hinzu, dass die Seelen der Menschen in die Leiber des Viehs, der Vögel und wilden Tiere zurückkehren, eine Ansicht, die wirklich nicht mehr dem ernsten Bemühen eines Philosophen entspricht, sondern vielmehr den Spottreden eines Komikers. (8) Jedoch genügt es für unseren gegenwärtigen Zweck, dass eure Weisen auch in diesem Punkt einigermaßen unsere Ansicht teilen. (9) Wer wäre im übrigen so dumm, so töricht, dass er es zu bestreiten wagte, dass Gott den Menschen so, wie er ihn ein schon ein erstes Mal gebildet hat, auch von neuem formen kann? Dass der Mensch nach dem Tod nichts ist, wie er schon vor seiner Geburt nichts war, und dass er so, wie er aus nichts entstehen konnte, auch aus nichts wieder neu geschaffen werden kann? Wo es doch weit schwieriger ist, etwas, das nicht existiert, ins Dasein zu rufen, als etwas, das schon einmal vorhanden war, erneut zu bilden. (10) Glaubst du denn wirklich, es gehe für Gott etwas verloren, wenn es unseren kurzsichtigen Augen entzogen ist? Jeder Körper, mag er nun zu Staub werden oder in Feuchtigkeit sich auflösen, mag er zu Asche zerfallen oder sich in Dunst verflüchtigen, wird doch eben nur uns entzogen; für Gott aber, der die Elemente erhält, existiert er fort. Und so fürchten wir auch nicht, wie ihr meint, durch die Art der Bestattung irgendeinen Schaden zu nehmen, folgen aber dennoch dem alten und edleren Brauch der Erdbestattung. (11) Sieh doch nur, wie zu

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unserem Trost die gesamte Natur auf die künftige Auferstehung hinweist! Die Sonne versinkt und geht von neuem wieder auf, die Sterne verschwinden und kehren wieder, die Blumen vergehen und erwachen neu zum Leben, das Gebüsch verliert seine Blätter und treibt junges Laub hervor, und nur wenn der Same stirbt, keimt neues Leben. So gilt für den Leib in der Zeitlichkeit das gleiche wie für den Baum im Winter: scheinbar abgestorben, halten sie ihre Lebenskraft nur verborgen1. (12) Was drängst du so ungeduldig, dass sie schon im strengen Winter wiederaufleben und zurückkehren soll? Wir müssen auch für den Körper den Frühling abwarten. Ich weiß freilich sehr wohl, dass es die meisten im Bewusstsein ihrer Schuld mehr wünschen als glauben, dass sie nach ihrem Tod nicht weiter existieren. Sie möchten eben lieber völlig ausgelöscht sein, als zu ihrer Bestrafung auferstehen. Ihr Irrtum findet noch Nahrung durch die Freiheit, die ihnen in dieser Weltzeit gewährt wird, und durch die übergroße Geduld Gottes, dessen Gericht um so gerechter ist, je später es kommt. Nr. 418 Origenes, contra Celsum 7,32 Celsus hat die Lehre von der Auferstehung nicht verstanden; über sie ist viel zu sagen, sie ist schwer zu erklären und bedarf wie kaum eine andere eines weisen und überaus erfahrenen Auslegers, der darlegen kann, wie sehr diese Lehre gotteswürdig und wie erhaben sie ist. Sie zeigt, dass es eine Zeugungskraft1 in dem gibt, was die Schrift Zelt der Seele nennt (2 Kor 5,4), in dem die Gerechten bedrückt seufzen, weil sie von ihm nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen (2 Kor 5,1). Da Celsus hierüber nur von unwissenden Leuten gehört hat, die nicht fähig waren, diese Lehre mit Vernunftgründen darzulegen, verspottet er die Aussage. Daher wird es nützlich sein, wenn wir zu dem, was wir bereits weiter oben gesagt haben, noch folgende kurze Bemerkung zu der Lehre hinzufügen: es ist nicht so, wie Celsus meint, dass „wir von Auferstehung reden, weil wir die Lehre von der Wiederverkörperung missverstanden haben“, sondern weil wir wissen, dass die Seele, die ihrer Natur nach unkörperlich und unsichtbar ist, an jedem körperlichen Ort, an dem sie sich befindet, eines Körpers bedarf, der seiner Natur nach jenem Ort angemessen ist2. Diesen trägt sie, sei es, nachdem sie sich des früheren entkleidet hat, der zwar notwendig war, für den zweiten Zustand aber überflüssig ist, sei es, nachdem sie damit ihren früheren Körper überkleidet hat, da sie eines besseren Gewandes bedurfte, um in die reineren, ätherischen und himmlischen Regionen zu gelangen. Und wenn sie durch die Geburt in diese Welt eintritt, dann hat sie sich der Hülle entkleidet, die zur Gestaltung in der Gebärmutter der Schwangeren nützlich war, so-

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lange sie dort weilte; sie hat sich aber unter jener Hülle mit dem bekleidet, was nötig war, wenn man auf Erden leben soll.

Nr. 419 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 94 (= Macarius Magnes, apocriticus 4,24) Von der Auferstehung der Toten ist noch einmal zu handeln. Denn zu welchem Zweck sollte Gott dies tun und die bisher geltende Aufeinanderfolge der Geschöpfe, durch die er die Erhaltung und Fortdauer der Arten bestimmt hat, vorgreifend auflösen, während jenes seine ursprüngliche Satzung und Anordnung ist? Was aber einmal von Gott beschlossen und so lange Zeit hindurch in seinem Bestand erhalten worden ist, das muss selbst ewig sein und darf vom Schöpfer weder verurteilt noch zerstört werden, als wäre es eines Menschen Anordnung und sterblich, von einem Sterblichen eingerichtet. Daher wäre es unvernünftig, wenn alles vernichtet würde und dann die Auferstehung käme, wenn er einen, der, sei es, drei Jahre vor der allgemeinen Auferstehung gestorben wäre, auferweckte und mit ihm Priamus und Nestor, die vor tausend Jahren starben, und andere vor ihnen seit Erschaffung der Menschen. Aber auch wenn man folgendes bedenkt, wird sich der Gedanke der Auferstehung als völlig naiv erweisen: Viele sind oft auf dem Meer umgekommen, und ihre Körper wurden von den Fischen verzehrt; viele sind von wilden Tieren und Vögeln gefressen worden. Wie können nun ihre Leiber zurückkehren? Nun, wir wollen den Fall genau untersuchen: Jemand erlitt zum Beispiel Schiffbruch; dann verspeisten seinen Leib die Seebarben, darauf fingen die Fischer sie, verzehrten sie, wurden aber selbst getötet und von den Hunden gefressen; die Hunde gingen ein und wurden von Raben und Geiern mit Haut und Haaren verspeist. Wie soll nun der Leib jenes Schiffbrüchigen wieder zusammengebracht werden, der in so vielen Tieren sich aufgelöst hat? Ein anderer Leib wiederum ist verbrannt worden, ein anderer hat sich in Würmer aufgelöst – wie können sie wieder zu ihrer ursprünglichen Substanz zurückkehren? Aber du erwiderst mir: „Gott kann das“ – doch das ist nicht wahr, denn er kann nicht alles. Er kann ganz gewiss nicht machen, dass Homer kein Dichter gewesen und dass Troja nicht zerstört worden ist; er kann auch nicht machen, dass eine verdoppelte Zwei, die vier ergibt, hundert ist, auch wenn er so beschließen wollte. Auch kann Gott nicht, selbst wenn er es wollte, jemals schlecht werden; auch kann er, da er von Natur gut ist, nicht sündigen. Ist es nun so, dass er weder sündigen kann noch schlecht werden, so folgt daraus doch nicht, dass es sich bei ihm aus Schwäche so verhält. Die

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nämlich, die von Natur die Gabe und Anlage zu etwas haben, werden, wenn sie an der Ausübung derselben sich hindern lassen, allerdings durch ihre Schwäche gehindert; Gott aber ist von Natur gut und niemand hindert ihn, schlecht zu sein; dennoch ist es ihm, obwohl ihn niemand hindert, ganz unmöglich, je schlecht zu werden. Überlegt aber auch folgenden Punkt: Wie unsinnig wäre es, wenn der Schöpfer den Himmel – niemand vermag sich eine erhabenere Schönheit auszudenken – ruhig zerschmelzen und die Gestirne herabfallen und die Erde vergehen sähe, aber die verwesten und vernichteten Leiber der Menschen wieder auferweckte, einige von ansehnlichen Menschen, andere aber, die vor dem Tod einen unangenehmen und verzerrten und ganz widerlichen Anblick boten! Und wenn es für ihn auch leicht wäre, sie mit einer angemessen Gestalt auferstehen zu lassen, so hätte doch die Erde unmöglich Platz für die seit der Weltschöpfung Verstorbenen, wenn sie auferstünden. Nr. 420 Augustinus, enarrationes in psalmos 88 s. 3,5 In keinem Punkt wird so heftig, so unerbittlich, so beharrlich und aggressiv dem christlichen Glauben widersprochen wie bei der Auferstehung des Fleisches. Denn über die Unsterblichkeit der Seele haben sogar zahlreiche heidnische Philosophen ausgiebig diskutiert und in recht vielen und vielfältigen Büchern festgehalten, dass die menschliche Seele unsterblich sei. Geht es aber um die Auferstehung des Fleisches, dann schwanken sie nicht, sondern widersprechen ganz offen, und ihr Widerspruch besteht darin, dass sie behaupten, es sei unmöglich, dass dieses irdische Fleisch zum Himmel emporsteigt1. Nr. 421 Augustinus, de civitate Dei 10,30; 13,19; 22,12.22.25.27 10,30 Wenn es für einen Nachfolger Platons unzulässig sein soll, dessen Ansichten zu verbessern, warum hat dann Porphyrius selbst manches und nicht Unwichtiges verbessert? Denn unzweifelhaft hat Platon geschrieben, die menschlichen Seelen würden nach dem Tod in Tierleiber übergehen1. Diese Ansicht hat auch Plotin, des Porphyrius Lehrer, vertreten2. Porphyrius (regr. an. frg. 11,1) jedoch missfiel sie, und das mit Recht. Er meinte stattdessen, die Menschenseelen kehrten zwar nicht in ihre eigenen Leiber zurück, die sie verlassen hatten, wohl aber in andere, neue. Jenes zu glauben schämte er sich, denn sonst könnte etwa die in eine Mauleselin übergegangene Mutter den eigenen Sohn auf dem Rücken tragen; aber er schämte sich nicht zu glau-

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ben, die etwa in ein Mädchen übergegangene Mutter könnte vielleicht den eigenen Sohn heiraten. Wie viel angemessener ist es doch zu glauben, was die heiligen und wahrheitsliebenden Engel gelehrt, was die von Gottes Geist getriebenen Propheten gesprochen haben, was er selbst, den die vorausgesandten Boten als künftigen Erlöser ankündigten, und was die von ihm gesandten Apostel, die den Erdkreis mit dem Evangelium erfüllten, verkündet haben! Wie viel angemessener, sage ich, glaubt man doch, dass die Seelen einmal zu den eigenen Leibern zurückkehren werden als immer wieder zu ganz verschiedenen! Dennoch hat Porphyrius, wie gesagt, hier eine beachtliche Verbesserung angebracht, da er wenigstens meinte, dass sich menschliche Seelen doch nur in Menschen niederlassen könnten, und nicht im geringsten zögerte, die Tiergefängnisse zu beseitigen. Er sagt ferner, Gott habe der Welt zu dem Zweck eine Seele gegeben, dass sie das Übel der Materie erkenne, zum Vater zurückkehre und sich nicht mehr durch Berührung mit ihr beflecken und festhalten lasse. Obwohl er nun auch hierin nicht ganz zutreffend urteilt – denn die Seele ist dem Leib vielmehr dazu verliehen, Gutes zu tun, und Böses lernte sie nicht kennen, wenn sie es nicht täte – hat er doch insofern die Ansicht der anderen Platoniker in einem wesentlichen Punkt verbessert, als er erklärt, die von allen Übeln gereinigte und beim Vater weilende Seele werde die Übel dieser Welt niemals mehr zu erleiden haben. Durch diese Ansicht hat er eine als spezifisch platonisch geltende Lehre (Phd. 70c) beiseite geschoben, dass nämlich wie aus Lebenden Tote, so auch immer wieder aus Toten Lebende werden sollen, und als falsch erwiesen, was Vergil (Aen. 6,750 f.), anscheinend von Platon (resp. 619b–621d) beeinflusst, sagte, dass die gereinigten und in die elyseischen Gefilde – damit sind wohl in dichterischer Redeweise die Freuden der Seligen bezeichnet – aufgenommenen Seelen an den Lethefluss, das heißt zum Vergessen des Vergangenen, gerufen werden: „Dass sie erinnerungslos des Himmels Gewölbe wieder schauen / und in Leiber zurückzukehren verlangen.“ Mit Recht missfiel das dem Porphyrius, denn es ist ja wirklich naiv zu glauben, dass die Seelen aus jenem Leben, das ja nur, wenn seine Ewigkeit völlig sicher ist, ganz glückselig werden kann, von neuem nach der Hinfälligkeit verweslicher Leiber verlangen und zu ihnen zurückkehren. Dann hätte ja die höchste Reinigung nur den Erfolg, dass man wiederum nach Verunreinigung verlangte. Denn sollte die vollkommene Reinigung zu dem Ergebnis führen, dass man alle Übel vergisst, und sollte dies Vergessen wiederum Verlangen nach den Leibern bewirken, durch die man von neuem in Übel verstrickt würde, dann wäre ja höchstes Glück Ursache des Unglücks, Vollendung der Weisheit Ursache der Torheit, höchste Reinigung Ursache der Verunreinigung. Auch wäre die Seele, solange sie dort oben weilte, nicht in Wahrheit selig, wenn sie sich erst täuschen müsste, um selig zu sein. Denn sie kann nur

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

selig sein, wenn sie sich sicher fühlt. Aber um sich sicher fühlen zu können, müsste sie fälschlich glauben, allzeit selig zu sein, während sie doch einmal wieder elend werden soll. Wenn aber Wahn die Ursache der Freude ist, wie kann da von Freude an der Wahrheit die Rede sein? Porphyrius erkannte das und lehrte, die gereinigte Seele kehre deshalb zum Vater zurück, um nicht noch einmal von Übeln berührt, befleckt und festgehalten zu werden. Es war also falsch, wenn einige Platoniker an einen notwendigen Kreislauf geglaubt haben, der immer wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt. Selbst wenn das wahr wäre, was nützte uns dies Wissen? Es müssten sonst die Platoniker sich darum uns überlegen fühlen, weil wir es schon in diesem Leben nicht wissen, was sie selbst erst in dem anderen besseren Leben, obwohl vollkommen gereinigt und weise, nicht wissen würden, um im Glauben an etwas Falsches glückselig sein zu können. Wenn das ganz unsinnig und naiv ist, muss man ohne weiteres die Ansicht des Porphyrius der jener anderen vorziehen, die einen Kreislauf der Seelen im ständigen Wechsel von Glückseligkeit und Elend vermutet haben. Wenn es sich so verhält, hat sich offenbar ein Platoniker von Platon getrennt und eine bessere Überzeugung gewonnen, hat gesehen, was jener nicht sah, und sich nicht gescheut, einen Lehrer solcher Art und Größe zu korrigieren, vielmehr hat er die Wahrheit über einen Menschen gestellt. 13,19 … Platon (Phd. 70c; 81c–e) ist der Ansicht, dass die Seelen der Sterblichen zwar nicht immerfort in ihren Leibern bleiben können, sondern durch unvermeidlichen Tod von ihnen getrennt werden, aber auch nicht in Ewigkeit ohne Leiber fortdauern können, so dass in unaufhörlichem Wechsel aus Toten Lebende und Lebenden Tote werden. Die Weisen unterscheiden sich jedoch von den übrigen Menschen dadurch, dass sie nach dem Tod zu den Gestirnen versetzt würden, wo jeder auf dem ihm bestimmten Sternsitz eine Zeitlang sich ausruhe, um darauf, ohne Erinnerung an das frühere Elend und von Verlangen nach einem Leib überwältigt, zu den Mühen und Drangsalen der Sterblichen zurückzukehren. Dagegen würden diejenigen, die ein törichtes Leben geführt haben, unverzüglich wieder, je nach ihrem Verdienst, in Menschen oder Tierleiber zurückversetzt. So trifft nach Platon (Phdr. 248– 249) auch die guten und weisen Seelen ein sehr hartes Los. Denn da ihnen keine solche Leiber verliehen wurden, mit denen sie immer und unsterblich hätten leben können, konnten sie weder in ihren Leibern bleiben noch ohne sie in ewiger Reinheit verharren. Dieser platonischen Lehre hat sich im christlichen Zeitalter Porphyrius, wie bereits in früheren Büchern (10,30) erwähnt, geschämt3 und sich nicht nur dafür eingesetzt, dass Tierleiber menschlichen Seelen fern bleiben, sondern dass auch die Seelen der Weisen von der Verflechtung mit dem Leiblichen so befreit werden, dass sie, alles Leibliche fliehend, selig ohne Ende beim Vater weilen. So hat er, um sich

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nicht von Christus übertreffen zu lassen, der den Heiligen ewiges Leben verheißt, ebenfalls die gereinigten Seelen in ewige Glückseligkeit versetzt, der keine Rückkehr ins frühere Elend folgen soll, aber zugleich, um Christus zu widersprechen, die Auferstehung unverweslicher Leiber geleugnet und behauptet, die Seelen würden nicht nur ohne irdische, sondern überhaupt ohne irgendwelche Leiber in Ewigkeit leben. 22,12 … Auch die verschiedene Art der Verwesung und Auflösung der Leichen macht ihnen viel zu schaffen. Denn die eine verwandelt sich in Staub, die andere verflüchtigt sich in Luft, manche fallen wilden Tieren, manche dem Feuer zum Raub, einige kommen durch Schiffbruch oder auf andere Weise im Wasser um, so dass ihr verwesendes Fleisch sich in Flüssigkeit auflöst. Man will nicht glauben, dass all das wieder zu Fleisch gesammelt und zum Ganzen zusammengefügt werden könne. Auch alle möglichen körperlichen Entstellungen und Gebrechen, erworbene oder angeborene, zieht man heran, erwähnt dabei auch mit grausigem Spott die Missgeburten und fragt, wie man sich die Auferstehung solcher Missgestalten vorstellen solle. Denn sagen wir, dass solches beim Auferstehungsleib nicht wiederkehren werde, so meinen sie, diese Antwort durch Hinweis auf die Nägelmale, mit denen Christus nach unserer Verkündigung auferstand, widerlegen zu können. Die diffizilste aller derartigen Fragen aber ist die, zu wessen Fleisch das Fleisch zurückkehren werde, mit dem sich der Leib eines andern nährte, den der Hunger trieb, Menschenfleisch zu verzehren. Es wurde ja in das Fleisch dessen verwandelt, der sich durch diese Nahrung am Leben erhielt, und ersetzte den Verlust, der bei seiner Abmagerung zutage trat. Sie bedrängen uns also mit der Frage, ob es nun wieder das Fleisch dessen werde, dem es früher gehörte, oder dessen, der es sich dann aneignete. Die Absicht ist dabei, den Glauben an die Auferstehung lächerlich zu machen. Stattdessen stellt man der menschlichen Seele entweder wie Platon einen stetigen Wechsel von wahrer Unseligkeit und falscher Seligkeit in Aussicht oder wie Porphyrius nach vielen Durchgängen durch verschiedene Leiber ein schließliches Ende des Elends ohne Wiederkehr, aber nicht durch Besitz eines unsterblichen Leibes, sondern durch Flucht aus aller Leiblichkeit. 25 Was nun die geistigen Güter betrifft, die der Glückselige nach diesem Leben genießen wird, so teilen die edleren Philosophen unsere Meinung darüber; sie bestreiten nur die Auferstehung des Fleisches, die sie mit allen Kräften leugnen. Doch stehen der Menge der Gläubigen nur noch ganz wenige Leugner gegenüber, und Gebildete und Ungebildete, Weise dieser Welt und Unweise haben sich gläubigen Herzens zu Christus bekehrt, der eben das, was jenen unsinnig zu sein scheint, durch seine eigene Auferstehung erhärtete. … 27 Hätten Platon und Porphyrius sich über die ihre persönlichen Anschauungen aussprechen können, wären sie vielleicht Christen geworden4. Platon

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sagte, die Seelen könnten nicht ewig ohne Leiber sein. Darum lehrte er, auch die Seelen der Weisen würden, sei es auch nach noch so langer Zeit, zu Leibern zurückkehren. Porphyrius dagegen behauptete, eine völlig gereinigte Seele werde nach ihrer Heimkehr zum Vater niemals wieder zu den Leiden dieser Welt zurückkehren. Hätte also Plato die von ihm erblickte Wahrheit, dass auch die ganz rein gewordenen Seelen der Gerechten und Weisen zu menschlichen Leibern zurückkehren werden, dem Porphyrius übermittelt, Porphyrius dagegen dem Platon die von ihm erblickte, dass die heiligen Seelen niemals in das Elend eines vergänglichen Leibes zurückkehren werden, so dass nun nicht jeder seine eigene Ansicht, sondern beide das gleiche vertreten hätten, ich glaube, sie würden es dann als konsequent erkannt haben, dass die Seelen nicht nur zu Leibern zurückkehren, sondern auch solche Leiber empfangen werden, in denen sie selig und unsterblich leben können. Denn nach Platon werden auch die heiligen Seelen zu menschlichen Leibern, nach Porphyrius die heiligen Seelen nicht zu den Leiden dieser Welt zurückkehren. Daher möge Porphyrius mit Platon sprechen: Sie werden zu Leibern zurückkehren, Platon aber mit Porphyrius: Sie werden nicht zu den Leiden zurückkehren. Dann werden beide darin übereinstimmen, dass sie zu solchen Leibern zurückkehren, in denen sie keine Übel zu erdulden haben. Das aber können keine anderen Leiber sein als die, die Gott verheißt, der die Seelen zusammen mit ihrem nun unvergänglichen Fleisch ewig glückselig machen wird. Denn so viel würden sie uns beide, denke ich, gern einräumen, hätten sie nur erst zugegeben, dass die Seelen der Heiligen zu unsterblichen Leibern zurückkehren, dass sie dann zu ihren eigenen Leibern zurückkehren dürfen, in denen sie die Leiden dieser Welt erlitten, und in denen sie, um von diesen Leiden erlöst zu werden, Gott fromm und gläubig verehrten.

III. Die Kontroverse um die Bibel 1) Pagane Bibellektüre Die bedeutendsten Gegner des frühen Christentums kannten die Bibel durch eigene Lektüre (Nr. 43, 69, 95, 424, 427). Ihre Kritik entzündete sich u. a. an vermeintlichen Widersprüchen zwischen dem Alten und Neuen Testament (Nr. 422), mythisch-mirakulös wirkenden Schilderungen (Nr. 425– 426, 428) und den absurden Konsequenzen eines wörtlichen Verständnisses (Nr. 423, 426–427).

III. Die Kontroverse um die Bibel

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Nr. 422 Origenes, contra Celsum 7,18 Hierauf sagt Celsus folgendes: „Werden sie nicht noch jenen Punkt überdenken? Wenn die Propheten des Gottes der Juden voraussagten, dass dieser der Sohn jenes (Gottes) sein werde, wie konnte dann dieser Gott durch Mose anordnen, man solle reich werden, herrschen, die Erde erfüllen, die Feinde Mann für Mann hinmorden und ihren ganzen Volksstamm töten, was er ja auch selbst, wie Mose sagt, vor den Augen der Juden tat? Und darüber hinaus ausdrücklich androhen, wenn sie nicht gehorchen, ihnen dasselbe wie den Feinden anzutun?1 Sein Sohn allerdings, der Mann aus Nazareth, ordnet im Gegensatz dazu an, dass der Reiche keinen Zutritt zum Vater haben solle, auch nicht der Herrschsüchtige oder wer Anspruch auf Weisheit und Ruhm erhebe; man dürfe um Nahrung und Vorratskammer ebenso wenig besorgt sein wie die Raben und um Kleidung weniger als die Lilien, und dem, der einmal geschlagen habe, solle man sich nochmals zum Schlagen darbieten2. Lügt nun Mose oder Jesus? Oder hat der Vater, als er Jesus schickte, vergessen, was er dem Mose befohlen hatte? Oder hat er seinen Sinn geändert und seine eigenen Gesetze verworfen und sendet deshalb seinen Boten mit ganz entgegengesetzten Weisungen?“ Celsus, der doch alles zu wissen beansprucht, ist hier einem ganz dummen Irrtum verfallen, da er über das Verständnis der Schriften der Meinung ist, dass es über den Literalsinn der Formulierungen hinaus keine tiefere Bedeutung im Gesetz und in den Propheten gebe3. Nr. 423 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 69 (= Macarius Magnes, apocriticus 3,15) Viel besprochen und bekannt ist jenes Wort des Lehrers: „Wenn ihr nicht mein Fleisch essen und mein Blut trinken werdet, so habt ihr kein Leben in euch“ (Joh 6,54). Das ist nicht tierisch und absurd, sondern absurder als jede Absurdität und tierischer als jede tierische Wildheit, dass Menschen Menschenfleisch essen und das Blut ihrer Stammesgenossen und Verwandten trinken und dadurch das ewige Leben haben sollen! Denn, sage mir, was für eine größere Roheit als solch eine Handlung könntet ihr noch in das Leben einführen? Was für einen Frevel könnt ihr euch noch ausdenken, der fluchwürdiger wäre als dieser Gräuel? Das Ohr erträgt es nicht – ich sage nicht die Handlung, sondern auch nicht die Kunde von dieser neuen und unerhörten Gräueltat; auch haben selbst die Phantasien der Erinyen1 niemals den Verbannten so etwas vorgespiegelt, ja selbst die Potaidaier hätten sich, wenn

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nicht unmenschlicher Hunger sie entkräftet hätte, niemals einer solchen Handlung schuldig gemacht!2 Wohl hat es einst eine thyestische Mahlzeit dieser Art aus Bruderhaß gegeben3; Tereus, der Thrakier, sättigte sich, ohne es zu wissen, an dieser Speise4. Harpagus, von Astyages getäuscht, verspeiste das Fleisch seines liebsten Kindes5. Aber diese alle haben unfreiwillig diesen Frevel begangen, niemand hat unter friedlichen Verhältnissen jemals im Leben eine solche Mahlzeit zugerichtet; niemand hat von einem Lehrer eine so abscheuliche Unterweisung empfangen. Und wenn du mit deinen Erkundigungen nach Skythien kämest, wenn du das Land der äthiopischen Makrobier durchwandertest, wenn du rings um den ganzen Ozean rittest, so wirst du Phtheirophagen und Rhizophagen6 finden und wirst von solchen hören, die Kriechtiere und Mäuse verzehren, aber von Menschenfleisch enthalten sich alle. Was bedeutet nun jener Ausspruch? Denn wenn er auch allegorisch verstanden einen geheimnis- und wertvollen Sinn haben sollte, so vergiftet doch der Geruch der Formulierung, wenn er irgendwo in das Innere eindringt, die Seele selbst und erschüttert sie durch seine Widerlichkeit; er lässt den geheimen Sinn ganz und gar verschwinden und bewirkt, dass sich bei solcher Attacke alles in einem umdreht. Nicht einmal die Natur der vernunftlosen Geschöpfe, selbst im unerträglichsten Hungerzustand, verträgt so etwas. Kein Hund und kein anderes Tier frisst jemals das Fleisch seiner Artsverwandten. Zwar bringen viele Lehrer Fremdartiges und Neues auf; doch keiner von ihnen hat eine fremdartigere und tragischere Vorschrift erfunden, kein Geschichtsschreiber, kein Philosoph, niemand von den Barbaren, niemand von den Griechen der alten Zeit! Seht, was ist in euch gefahren, dass ihr ganz widersinnig die leichtbewegliche Menge auffordert, diesem Ausspruch zu folgen! Seht, was für ein Unheil nicht nur gegen die Dörfer, sondern auch gegen die Städte herangezogen ist! Daher scheint mir, dass Markus und Lukas, ja auch Matthäus den Ausspruch absichtlich nicht aufgezeichnet haben, da sie ihn nicht für zivilisiert gehalten haben, sondern für fremdartig, anstößig und völlig unkultiviert. Ja du selbst, wenn du ihn liest, wirst ihn wohl nicht billigen wollen, noch irgend ein anderer, der in freier Bildung aufgewachsen ist.

Nr. 424 Theodoret von Cyrus, graecarum affectionum curatio 7,36 Porphyrius hatte die Propheten aufmerksam gelesen, er verbrachte damit nämlich viel Zeit, als er seine Schrift gegen uns ausbrütete.

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Nr. 425 Augustinus, epistula 102,30–32 30 Die letzte Frage betrifft Jona; sie wird nicht gestellt, als käme sie von Porphyrius, sondern vom Spott der Heiden1. Folgendermaßen lautet sie nämlich: „Was müssen wir schließlich über Jona denken, der, wie es heißt (Jon 2,1), drei Tage lang im Bauch eines Walfisches war? Dies ist unwahrscheinlich und unglaublich, dass ein Mensch samt seiner Kleidung verschlungen werde und sich im Innern eines Fisches aufgehalten habe. Handelt es sich vielmehr um ein Sinnbild, dann erkläre es bitte; was bedeutet darüber hinaus die Kürbisstaude, die über dem ausgespieenen Jona gewachsen ist? Was war der Grund, dass sie heranwuchs? Ich habe nämlich bemerkt, dass es Probleme solcher Art sind, die bei den Heiden großes Gelächter und heftiges Gespött hervorrufen.“ 31 Hierauf lässt sich entgegnen: entweder dürfen sämtliche göttliche Wunder nicht geglaubt werden oder es besteht kein Grund, weshalb gerade dieses nicht geglaubt werde. … 32 … Wenn sie an keinerlei göttliche Wunder glauben wollen, müssen sie mit anderen Argumenten widerlegt werden. Sie dürfen nämlich nicht irgendein Einzelnes als unglaubwürdig erklären und in Frage stellen, sondern alles, was in dieser Art oder noch wunderbarer erzählt wird. Und dennoch: wenn das, was von Jona geschrieben steht, über Apuleius von Madaura oder Apollonius von Tyana gesagt wurde, deren zahlreiche Wunder sie rühmen2, ohne dass es einen zuverlässigen Gewährsmann dafür gibt, – obwohl auch die Dämonen manches Ähnliche wie die heiligen Engel tun, nicht in Wirklichkeit, sondern dem Anschein nach, nicht durch echtes Wissen, sondern durch bewusste Täuschung –; dennoch: Wenn, man, wie gesagt, von diesen Männern, die sie mit ehrenvollem Namen als Magier oder Philosophen bezeichnen, etwas von dieser Art erzählte, würde aus ihrem Mund nicht schallendes Gelächter, sondern großer Stolz kommen. Sollen sie nur über unsere Schriften lachen, sollen sie lachen, so viel sie können, während sie doch sehen, wie ihre eigene Zahl von Tag zu Tag kleiner und geringer wird, sei es, dass sie sterben, sei es, dass sie gläubig werden; während sich zugleich alles erfüllt, was vorhergesagt haben, die schon so lange Zeit zuvor über diejenigen lachten, deren vergeblichen Kampf gegen die Wahrheit, deren nichtiges Gebell, deren allmählichen Untergang sie vorhersagten, und die uns, ihren Nachkommen, diese Prophetien nicht nur zur Lektüre hinterließen, sondern als lebendige Erfahrung verhießen.

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Nr. 426 Julian, contra Galilaeos frg. 15; 17 frg. 15 Die Schlange, die zu Eva redete: Was sollen wir sagen, welcher Sprache sie sich bediente? Vielleicht der menschlichen? Wodurch unterscheiden sich dann solche Geschichten von den Mythen, die die Griechen erfunden haben? frg. 17 Gott wird darüber hinaus als neidisch dargestellt. Als er nämlich sah, dass der Mensch über Intelligenz verfügte, damit dieser nicht, wie er sagt, vom Baum des Lebens koste, vertrieb er ihn aus dem Paradies, wobei er wörtlich sprach: „Siehe, Adam ist wie einer von uns geworden durch die Unterscheidung von Gut und Böse. Er soll nicht mehr seine Hand ausstrecken und vom Baum des Lebens nehmen und essen und ewig leben. Und Gott der Herr vertrieb ihn aus dem Paradies der Wonne“ (Gen 3,22 f.). Jede dieser Aussagen, wenn es nicht ein Mythos mit verborgener Bedeutung ist, wie ich meine1, ist mit einer großen Blasphemie gegen Gott belastet. Denn nicht zu wissen, dass diejenige, die als Hilfe erschaffen war, die Ursache für den Fall sein würde, und Erkenntnis von Gut und Böse zu verbieten – die einzige Grundlage des menschlichen Lebens, wie es scheint –, schließlich eifersüchtig zu sein, dass der Mensch ja nicht am Leben Anteil erhalte und aus einem Sterblichen ein Unsterblicher werde, das alles ist Merkmal eines äußerst missgünstigen und neidischen Wesens2.

Nr. 427 Socrates, historia ecclesiastica 3,23,27–37 (27) Dass sie die Wahrheit bezwingen wollten, indem sie zahllose Worte gegen die Christen vergeudeten, einiges von den heiligen Schriften verdrehten, anderes einfügten, alles aber in ihrem eigenen Sinn deuteten, haben viele gezeigt, die sich mit ihnen auseinander setzten, indem sie deren Winkelzüge entkräfteten und widerlegten. (28) Vor allen anderen aber hat Origenes, der lange vor Julians Zeiten lebte, das, was die Leser der heiligen Schriften zu verunsichern schien, für sich selbst behandelt und interpretiert und so der sophistischen Erfindungskunst dieser unverständigen Menschen einen Riegel vorgeschoben1. (29) Wenn Julian und Porphyrius dies sorgfältig gelesen und es wohlwollend aufgenommen hätten, dann hätten sie ohne Zweifel ihre Worte auf andere Themen gelenkt und sich nicht der Abfassung blasphemischer Winkelzüge gewidmet. (30) Dass aber der Kaiser Haarspaltereien betrieb, wenn er seine Worte an einfache und ungebildete Menschen richtete, nicht aber an die, die aus den heiligen Schriften die Gestalt der Wahrheit kennen, ergibt sich auf Folgen-

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dem. (31) Nachdem er nämlich die Aussagen, die aus Gründen der Heilsökonomie in menschlicher Weise von Gott gemacht wurden, exzerpiert und viele davon zusammengestellt hatte, fügte er wörtlich Folgendes hinzu: (32) „Jede dieser Aussagen nun, falls es nicht ein Wort mit verborgener Bedeutung ist, wie ich meine, ist mit einer großen Blasphemie gegen ihn (Gott) belastet.“ (33) Dies hat er in seinem dritten Buch „Gegen die Christen“ (frg. 17) wörtlich gesagt. (34) Und in seiner Rede, die er über den Kynismus schrieb (or. 7,216c), lehrte er, wie man die heiligen Mythen erdichten müsse, und sagte, die Wahrheit über solche Dinge müsse verborgen werden; wörtlich heißt es bei ihm: (35) „Die Natur liebt es, sich zu verbergen. Und das verborgene Wesen der Götter duldet es nicht, mit unverhüllten Worten unreinen Ohren preisgegeben zu werden.“2 (36) Daraus wird deutlich, dass der Kaiser bezüglich der göttlichen Schriften der Ansicht war, dass sie mystische Worte seien, die eine verborgene Bedeutung besitzen3. Er nimmt aber daran Anstoß, dass nicht alle darüber derselben Ansicht sind. Und er kritisiert diejenigen unter den Christen, die die Erzählungen im unmittelbaren Sinn auffassen. (37) Es war aber nicht richtig, die Schlichtheit der Menge so scharf anzugreifen und deretwegen gegen die heiligen Schriften der Verblendung zu erliegen noch das zu hassen und abzulehnen, was von anderen angemessen verstanden wird, nur weil nicht alle, wie er es verlangte, dies so verstanden.

Nr. 428 Hieronymus, in Ionam prophetam 2,2 Ich weiß sehr wohl, dass es einige1 geben wird, denen es unglaublich erscheint, dass drei Tage und Nächte lang ein Mensch im Bauch eines Walfisches überleben kann, in dem die Überreste eines Schiffbruchs verdaut werden. Diese Leute werden jedenfalls entweder Gläubige oder Ungläubige sein. … Sind es aber Ungläubige, dann sollen sie Ovids fünfzehn Bücher Metamorphosen und die ganze griechische und lateinische Geschichtserzählung lesen. … Diesen Dingen glauben sie und sagen, für Gott sei alles möglich; und obwohl sie immoralischen Erzählung glauben und alles mit der Macht Gottes verteidigen, sprechen sie anständigen Erzählungen nicht dieselbe Möglichkeit zu.

2) Die literarische Qualität der biblischen Schriften Nicht nur ihr Inhalt, sondern schon die sprachliche Form ließ die Bibel in der heidnischen Kultur als Fremdkörper erscheinen. Da diese Schriften den literarischen Ansprüchen der Zeit nicht genügten, galten sie a priori als un-

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glaubwürdig (Nr. 74, 104, 150, 430, 433). Die Apologeten verteidigten die Schlichtheit des biblischen Ausdrucks, der grundsätzlich allen Menschen zugänglich sei (Nr. 433, 483). Wurde einerseits gerade das Fehlen menschlicher Rhetorik hervorgehoben, die das Wirken Gottes umso deutlicher mache (Nr. 429), so gab es andererseits den Versuch, eine der Schrift eigene Eloquenz nachzuweisen (Nr. 432). Nr. 429 Origenes, contra Celsum 1,62 Wer besonnen und einsichtig die Frage der Apostel Jesu zu prüfen versteht, gewinnt den Eindruck, dass diese mit göttlicher Macht das Christentum lehrten und es schafften, die Menschen dem Wort Gottes zuzuführen. Denn es war bei ihnen nicht die Redefertigkeit und Kompositionskunst in der Darstellung entsprechend den dialektischen und rhetorischen Techniken der Griechen, die die Hörer gewann. Wenn aber Jesus Menschen ausgewählt hätte, die nach Ansicht der großen Menge weise und geeignet waren, so zu denken und zu reden, wie es der breiten Masse gefiel, und diese als Helfer seiner Unterweisung herangezogen hätte, dann wäre er, so scheint mir, mit gutem Grund verdächtigt worden, mit einer ähnlichen Methode wie die Philosophen verkündigt zu haben, die Gründer einer Schule sind. Der Anspruch auf den göttlichen Charakter der Lehre wäre nicht mehr sichtbar gewesen, da die Lehre und Verkündigung in gewinnenden Worten einer Weisheit bestanden hätte, die auf Stil und literarischer Komposition beruht. Und der Glaube würde sich ähnlich dem Glauben der Philosophen dieser Welt an ihre Lehren auf Menschenweisheit und nicht auf Gotteskraft gründen. Wenn man nun aber sieht, wie Fischer und Zöllner, die nicht einmal die Anfangsgründe der Wissenschaft studiert haben, – wie das Evangelium von ihnen berichtet und Celsus glaubt ihnen in diesem Punkt, dass sie über deren mangelnde Bildung die Wahrheit sagen – unerschrocken nicht nur mit Juden über den Glauben an Jesus sprachen, sondern ihn auch bei den übrigen Völkern mit Erfolg verkündeten, wird man da nicht fragen, woher ihre Überzeugungskraft kam? Es war ja nicht die, die bei der großen Menge Anerkennung findet.

Nr. 430 Laktanz, epitome 57,6–7 6 Wer sich aber vom Gehör hinreißen lässt – um zu schweigen von den Gesängen, die die innersten Empfindungen oft so betören, dass sie sogar den Geisteszustand durch Irrsinn verwirren –, lässt sich zweifellos durch gut ge-

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staltete Reden und rhythmische Lieder oder spitzfindige Erörterungen leicht zu gottlosen Kulten verleiten. 7 Daher kommt es, dass den himmlischen Schriften, weil sie schmucklos scheinen, diejenigen nicht leicht glauben, die entweder selber beredt sind oder lieber Beredtes lesen wollen; sie suchen nicht Wahres, sondern Angenehmes – nein, ihnen scheint vielmehr das am wahrsten zu sein, was den Ohren schmeichelt. So weisen sie die Wahrheit zurück, während sie sich durch die Lieblichkeit der Rede fangen lassen.

Nr. 431 Pseudo-Justin, ad Graecos 35,1 Nachdem ihr, ihr Griechen, von den profanen Geschichtswerken überzeugt worden seid, dass Mose und die übrigen Propheten im Vergleich zu allen, die bei euch als Weise gelten, am weitaus ältesten sind, ist jetzt also der Zeitpunkt gekommen, dass ihr euch von der alten Verirrung der Vorfahren distanziert, die göttlichen Geschichtswerke der Propheten lest und von ihnen die wahre Religion kennen lernt. Ihre Verkündigung ist kein rhetorisches Meisterwerk, sie reden nicht gewinnend und auf Überredung zielend – dies charakterisiert ja jene, die die Wahrheit unterschlagen möchten –, sondern verwenden schlicht die gewöhnlichen Wörter und Ausdrücke und verkünden euch das, was der auf sie herabkommende Heilige Geist durch sie jenen mitzuteilen beabsichtigte, welche die wahre Religion lernen wollen. Lasst also jede Rücksicht auf die alte Verirrung der Menschen sowie den hohlen Lärm rhetorischen Prunks, der für euch der Inbegriff des Vergnügens ist, und haltet euch an das, was euch nützt! Nr. 432 Augustinus, de doctrina christiana 4,6,9–10 9 Hier stellt vielleicht jemand die Frage, ob unsere Verfasser, deren von Gott inspirierte Schriften uns einen Kanon von so heilsamer Autorität schufen, nur weise oder auch beredt genannt werden müssen. Diese Frage findet bei mir und denen, die mit mir einer Meinung sind, eine sehr einfache Antwort. Wo ich sie nämlich verstehe, da kann mir nicht nur nichts weiser, sondern auch nichts beredsamer als diese erscheinen1. Und ich wage die Behauptung, dass alle, die sie recht verstehen, ebenso erkennen, dass die Verfasser gar nicht anders sprechen durften. Denn wie es eine Beredsamkeit gibt, die sich mehr für das jugendliche Alter schickt, und wie es eine andere gibt, die mehr zum höheren Alter passt, und wie eine Beredsamkeit ihren Namen nicht mehr verdient, wenn sie nicht zur Person des Redenden passt,

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so gibt es auch eine Beredsamkeit, die sich für Männer schickt, die das allerhöchste Ansehen verdienen und vollkommen göttlich inspiriert sind. Mit dieser Beredsamkeit haben sie gesprochen, für sie passt keine andere, so wenig wie die ihrige für andere Menschen passt. Für sie passt sie nun einmal und je niedriger sie anderen zu sein scheint, um so höher ragt sie in Wirklichkeit empor, nicht durch rhetorische Aufgeblähtheit, sondern durch feste Kraft. Wo ich diese Männer aber nicht verstehe, da leuchtet mir zwar ihre Beredsamkeit weniger ein, aber trotzdem zweifle ich nicht, dass sie von derselben Qualität ist wie dort, wo ich sie verstehe. Denn gerade das Dunkel der heilbringenden göttlichen Aussprüche musste mit einer Mischung von solcher Beredsamkeit dargestellt werden, dass unser Verstand dadurch nicht allein durch das Auffinden, sondern auch durch die Übung Fortschritte machen musste. 10 Hätte ich Zeit, dann könnte ich den ganzen Vorzug und Schmuck der Beredsamkeit, mit denen diejenigen sich aufblähen, die ihren eigenen Redestil dem Stil unserer Schriftsteller zwar nicht wegen seiner Erhabenheit, sondern wegen seines Schwulstes vorziehen, auch in den heiligen Schriften jener Autoren nachweisen, die uns die göttliche Vorsehung bereitgestellt hat, um uns zu unterweisen und aus dieser verkehrten Welt ins ewige Leben zu geleiten. Aber nicht jene Vorzüge, die diese Autoren mit den Rednern und Dichtern der Heiden gemeinsam haben, erfreuen mich an ihrer Beredsamkeit mehr, als ich sagen kann; ich staune vielmehr voll Bewunderung noch mehr, dass sie unsere Beredsamkeit mit ihrer eigenen spezifischen Art so gebraucht haben, dass diese Beredsamkeit in ihren Schriften weder ganz fehlt noch auch sich auffallend bemerkbar macht. Die heiligen Verfasser durften sie nämlich weder missbilligen noch auch besonders zur Schau stellen: das erstere geschähe dann, wenn sie vermieden würde, das letztere aber könnte man annehmen, wenn sie leicht zu erkennen wäre. Wo sie nun wirklich von den Gelehrten erkannt wird, da werden solche Dinge ausgesagt, dass die an diesen Stellen gebrauchten Worte nicht absichtlich vom Redner ausgewählt, sondern sich mit diesen Dingen sozusagen von selbst verbanden. Da kann man sehen, dass die Weisheit aus dem Herzen des Weisen wie aus ihrem Haus hervortritt (Spr 9,1), und dass ihr wie eine unzertrennliche Dienerin auch ungerufen die Beredsamkeit folgt.

Nr. 433 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 1,9–11; 8,2–4 1,9 Vor allem anderen wollen wir die Krankheit der Selbstgenügsamkeit heilen. Denn einige von ihnen, die mit den Schriften der Dichter und Redner vertraut sind, einige, die sogar vom schönen Stil Platons gekostet haben, ver-

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achten die göttlichen Aussprüche mit der Begründung, dass sie überhaupt nicht durch einen schönen Sprachstil geschmückt seien, und halten es für unwürdig, von Fischern die Wahrheit über das Seiende zu lernen. 10 Wenn sie von jeglicher Kunst die Früchte pflücken, kümmern sie sich auch nicht um die Sprache der Künstler. Sie fordern ja nicht, dass die Schuster aus Attika stammen oder die Schmiede, die Baumeister, die Maler, die Schiffsbauer, die Steuermänner; im Gegenteil, selbst wenn sie Skythen sind, Sarmaten, Iberer oder Ägypter, profitieren sie mit Vergnügen von ihren Fertigkeiten und verlangen nur Sorgfalt in diesen Dingen, ohne sich das geringste aus den nationalen Unterschieden zu machen. 11 Und wenn sie einen Zitherspieler hören, dann verlangen sie nur die Harmonie der Klänge, suchen aber nicht zu erfahren, ob er ein Grieche oder ein Barbar ist. Nur die Unterweisung über die Wahrheit wollen sie nicht in aller Einfachheit annehmen, sondern halten es für entehrend, wenn ein Barbar sie in seiner Sprache unterweist. Und eine solche Arroganz findet sich bei Menschen, die nicht einmal den Gipfel der griechischen Philosophie erreicht haben, sondern sozusagen mit der Spitze ihrer Lippen nur einiges wenige gekostet und von hier und dort kleine Ideen zusammengesammelt haben. 8,2 … Die göttlichen Aussprüche dürfen nicht gering geschätzt werden, weil sie sich natürlich nicht stilistischer Effekte bedienen, sondern uns den Glanz der Wahrheit ganz unverhüllt zeigen. Für die Quelle der Weisheit, die sogar gottlosen Menschen die sogenannte Beredsamkeit verliehen hat, wäre es ja leicht und sehr einfach gewesen, die Verkünder der Wahrheit beredter als Platon, kraftvoller als Demosthenes zu machen und durch Wortreichtum den Sohn des Oloros in den Schatten zu stellen, den Sohn des Nikomachos und Chrysipp aber durch die unauflöslichen Verknüpfungen der Syllogismen1. 3 Doch wollen sie nicht, dass nur fünf, zehn, fünfzehn, hundert oder zweihundert Menschen der heilbringenden Ströme teilhaft wurden, sondern alle Menschen, Griechen wie Barbaren, Gebildete wie Ungebildete, Schuster, Weber, Schmiede sowie all die anderen Handwerker, und außerdem Diener, Bettler, Bauern, Holzfäller und ebenso Frauen, sowohl die im Reichtum schwimmen als auch die der Not unterworfen sind und von ihrer Hände Arbeit leben müssen. 4 Deswegen nahm sie Fischer, Zöllner, einen Zeltmacher als Helfer in ihren Dienst und brachte den Menschen die heilsamen und göttlichen Lehren. Sie änderte nicht deren Muttersprache, sondern ließ durch sie hindurch die klaren und reinen Ströme der Weisheit fließen. Sie handelte ähnlich wie ein Gastgeber, der den Tischgenossen einen Wein mit schönem Bukett, wohlriechend und ausgezeichnet, anbietet und ihn in grob geformte Becher und Trinkschalen gießt. Die Dürstenden zumindest nehmen die Flüssigkeit zu sich, wobei sie nicht auf die Becher schauen, sondern den Wein bewundern.

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3) Die Glaubwürdigkeit der biblischen Autoren Schwerwiegender als die literarischen Mängel der Bibel war das Problem ihrer historischen Zuverlässigkeit. Heidnische Kritiker warfen den Aposteln und Evangelisten vor, nicht nur Widersprüchliches über die Gestalt Jesu zu berichten (Nr. 69, 435–436, 438–439), sondern das wahre Bild Jesu verfälscht zu haben. Sein vermeintliches Vorherwissen, seine göttliche Natur und seine Ablehnung fremder Götter seien Erfindungen der Evangelisten (Nr. 434, 436, 438). Die Apologeten konterten mit dem Argument der mangelnden Bildung der Apostel, die raffinierte Fälschungen unwahrscheinlich mache, und werteten die berichteten Anstößigkeiten und Unstimmmigkeiten gerade als Beweis für die Glaubwürdigkeit der biblischen Autoren (Nr. 69, 299, 434, 439).

Nr. 434 Origenes, contra Celsum 2,10.15; 3,39 2,10 Wenn aber jemand meint, dass auch diese Dinge Erfindungen der Evangelisten seien, sollten dann nicht eher die Aussagen derer, die aus Feindschaft und Hass gegen Christus und die Christen reden, Erfindungen sein, Wahrheit hingegen die Aussagen derer, die die Echtheit ihrer Gesinnung gegenüber Jesus dadurch erweisen, dass sie um seiner Worte willen alle möglichen Leiden erduldet haben? Hätten die Jünger Jesu sich solche Duldsamkeit und Standhaftigkeit bis zum Tod aneignen können, wenn sie zugleich bereit gewesen wären, über den Lehrer Unwahres zu erfinden? … Dass sie von dem überzeugt waren, was sie aufzeichneten, geht für objektive Betrachter ganz klar aus der Tatsache hervor, dass sie so viele große Leiden um dessentwillen erduldet haben, der ihrem Glauben nach Gottes Sohn war. 15 Celsus sagt: „Da die Jünger Jesu bei einer offenkundigen Tatsache nichts bestreiten konnten, kamen sie auf die Idee zu behaupten, dass dieser alles im voraus gewusst habe.“ Hierbei hat er nicht, oder er wollte es auch nicht, die Wahrheitsliebe der Schriftsteller beachtet; sie bekannten nämlich, dass Jesus auch dies seinen Jüngern voraussagte „Ihr werdet alle in dieser Nacht Anstoß nehmen“ (Mt 26,31) und er die Wahrheit sagte, da sie tatsächlich Anstoß nahmen; dass er auch Petrus prophezeite „Vor dem Hahnenschrei wirst du mich dreimal verleugnen“ (Mt 26,34) und dass Petrus ihn dreimal verleugnete. Denn wenn sie nicht wahrheitsliebend gewesen wären, sondern, wie Celsus meint, Erfundenes aufgezeichnet hätten, dann hätten sie nicht berichtet, dass Petrus verleugnet habe oder die Jünger Jesu Anstoß nahmen. Wer hätte denn, auch wenn dies wirklich geschehen war, dem Evangelium nachweisen können, dass es sich so ereignet hatte? Diese Dinge hätten doch aller Wahr-

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scheinlichkeit nach von Leuten verschwiegen werden müssen, die die Leser der Evangelien lehren wollten, um des Bekenntnisses zum Christentum willen den Tod zu verachten. Da sie aber nun sahen, dass die Lehre machtvoll die Menschen für sich gewann, erwähnten sie auch solche Dinge, die, ich weiß nicht wie, die Leser nicht irritieren und keinen Anstoß zur Verleugnung bieten konnten. 3,39 … Wir glauben aber auch der aufrichtigen Gesinnung der Evangelisten, die wir aus ihrer Frömmigkeit und Gewissenhaftigkeit erschließen, wie sie sich in den Schriften zeigen. Sie haben nichts Falsches, Betrügerisches, Fingiertes und Raffiniertes an sich. Denn wir sind überzeugt: Seelen, die nicht gelernt haben, was bei den Griechen die raffinierte Sophistik lehrt, die große Überzeugungskraft und Schlagfertigkeit besitzt, sowie die sich in den Gerichtshöfen tummelnde Rhetorik, wären nicht fähig gewesen, Dinge in der Weise zu erfinden, dass diese von sich aus geeignet waren, zum Glauben und einem dem Glauben entsprechenden Leben zu führen. Ich glaube auch, dass Jesus deswegen solche Männer als Vermittler seiner Lehre gebrauchen wollte, damit der Verdacht, hier werde durch Sophismen überredet, keinen Raum findet, den Einsichtsvollen hingegen klar wird, dass die aufrichtige Gesinnung der Verfasser, die, wenn ich so sagen darf, von großer Schlichtheit war, einer göttlichen Kraft gewürdigt wurden, die weit mehr ausrichtet als aller Wortschwall, kunstvolle Satzbau und eine gegliederte, nach griechischer Methodik ausgearbeitete Gedankenfolge anscheinend ausrichten kann1.

Nr. 435 Hierokles (?)/Porphyrius, contra Christianos frg. 15 (= Macarius Magnes, apocriticus 2,12) Die Evangelisten sind Erfinder, nicht Erzähler der Geschichte Jesu gewesen; denn sie haben nicht übereinstimmende, sondern ganz verschieden lautende Berichte über die Passion verfasst. Der eine nämlich erzählt, dass dem Gekreuzigten jemand einen mit Essig getränkten Schwamm dargereicht hat (Mk 15,36). … Ein Zweiter aber sagt: „Und als sie an den Ort Golgotha gekommen waren, gaben sie ihm Wein, mit Galle vermischt, zu trinken, und da er gekostet hatte, wollte er nicht trinken“, und bald darauf: „Um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lama sabachthani, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Das ist Matthäus (27,33 f.). Ein anderer sagt: „Ein Gefäß stand da voll Essig; sie banden nun das Gefäß voll Essig an einen Ysop und führten es an seinen Mund. Da Jesus nun den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht, und er neigte sein Haupt und gab seinen Geist auf.“ Das ist Johannes (19,29 f.). Wieder ein ande-

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

rer sagt: „Und er schrie mit lauter Stimme und sprach: Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.“ Das ist Lukas (23,46). Aus dieser abgedroschenen und widerspruchsvollen Erzählung kann man den Nachweis führen, dass nicht einer, sondern eine ganze Anzahl gelitten hat. Denn wenn der eine sagt: „In deine Hände empfehle ich meinen Geist“, der andere: „Es ist vollbracht“, der Dritte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, der Vierte: „Gott, mein Gott, wozu hast du mich getadelt?“1 – so ist deutlich, dass diese unstimmige Legendenbildung entweder eine Mehrzahl von Gekreuzigten vorweist oder von einem handelt, der mit dem Tode ringend, den Umstehenden kein klares Bild von seinem Leiden gewährte. Wenn aber die Erzähler, außerstande, den wirklichen Hergang des Todes zu berichten, alles wie Mythensänger vorgetragen haben, dann haben sie auch über die sonstigen Vorgänge nichts Zuverlässiges gesagt.

Nr. 436 Julian, contra Galilaeos frg. 79; 96 frg. 79 Ihr seid so elend, dass ihr nicht einmal dem treu bleibt, was euch die Apostel überliefert haben. Auch dies ist durch das Werk der Nachfolger noch schlechter und gottloser geworden, weder Paulus noch Matthäus noch Lukas noch Markus haben es gewagt, Jesus Gott zu nennen1. Aber der gute Johannes hat es als erster gewagt, dies zu behaupten, als er bemerkte, dass schon eine große Menge in vielen griechischen und italischen Städten von dieser Krankheit ergriffen sei, und, wie ich meine, hörte, dass sogar die Gräber des Petrus und Paulus verehrt würden, heimlich zwar, doch hörte er davon. Nachdem er kurz Johannes den Täufer erwähnt hatte, kommt er wieder auf den von ihm verkündeten Logos zurück und sagt: „Und der Logos ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Joh 1,14); wie dies geschah, scheut er sich zu sagen. Niemals nennt er ihn Jesus oder Christus, solange er ihn Gott und Logos nennt, aber unmerklich und heimlich stiehlt er sich sozusagen unser Gehör und sagt, Johannes der Täufer habe dieses Zeugnis über Jesus Christus abgelegt, weil eben dieser es sei, den man für Gott, den Logos halten müsse. frg. 96 (Julian) schreibt, dass die heiligen Evangelisten einander wiedersprechen, wenn sie sagen: Nach Matthäus (28,1) kamen Maria Magdalena und die anderen Maria am Abend des Sabbats, beim Aufleuchten des Morgen zum ersten Wochentag zum Grab; nach Markus (16,2) aber, als es schon hell geworden und die Sonne aufgegangen war. Bei Matthäus (28,2) sahen sie einen Engel, bei Markus (16,5) einen jungen Mann. Bei Matthäus (28,8) gingen sie fort, um den Jüngern die Auferstehung Christi zu verkünden, bei

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Markus (16,8) schwiegen sie und sagten niemandem etwas. Deswegen tadelt er die Schriften der Heiligen und sagt, diese stünden im Widerspruch zueinander. Nr. 437 Hieronymus, epistula 57,9 Ich wiederhole dies, nicht um die Evangelisten der Fälschung zu bezichtigen – dies ist ja die Art der Gottlosen, des Celsus, Porphyrius, Julian …

Nr. 438 Augustinus, de consensu evangelistarum 1,11.52.54 11 Zunächst ist nun aber zu diskutieren, was einige zu beunruhigen pflegt, warum der Herr selber nichts aufgeschrieben hat, so dass man anderen glauben muss, die über ihn schreiben. Dies sagen nämlich insbesondere jene Heiden1, die es nicht wagen, den Herrn Jesus Christus zu kritisieren oder zu lästern und ihm eine ganz außerordentliche Weisheit zusprechen, aber doch wie einem Menschen. Seine Jünger aber, so sagen sie, hätten ihrem Meister mehr zugesprochen, als er tatsächlich war, und behaupten, er sei der Sohn Gottes und das Wort Gottes, durch das alles erschaffen wurde, er und Gottvater seien eins, und Ähnliches mehr, was in den apostolischen Schriften steht, durch die wir gelernt haben, dass er mit dem Vater als ein einziger Gott zu verehren sei. Sie meinen ja, er müsse als ein überaus weiser Mann geehrt werden, bestreiten jedoch, dass man ihn als Gott verehren müsse. 52 Meine Absicht war es, einige Probleme bezüglich der Evangelien zu lösen, insofern manche den Eindruck haben, die vier Evangelisten stimmten nicht miteinander überein. Soweit ich konnte, habe ich die Absichten der einzelnen dargestellt. Zuerst musste ich mich jedoch damit auseinandersetzen, dass einige immer wieder die Frage stellen, weshalb wir keine Schriften von Christus selber präsentieren. Auf diese Weise wollen sie bewirken, dass man glaube, auch er selber habe irgendetwas anderes geschrieben, was ihnen gefällt, und nichts gegen ihre Götter einzuwenden gehabt, vielmehr diese in einem magischen Ritus verehrt; seine Jünger hätten über ihn nicht nur gelogen, indem sie ihn Gott nannten, durch den alles geschaffen wurde, obwohl er nichts anderes als ein Mensch gewesen sei, wenngleich von ganz außergewöhnlicher Weisheit; vielmehr hätten sie auch über ihre Götter nicht das gelehrt, was sie von ihm gelernt hatten. Dies war der Grund, weshalb wir sie eher bezüglich des Gottes Israels in die Enge trieben2, der durch die Kirche der Christen von allen Völkern verehrt wird und die sakrilegischen Nichtig-

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

keiten der Heiden überall schon zerstört hat, wie er durch seine Propheten so lange zuvor vorausgesagt und durch Christi Namen erfüllt hat, in dem, wie er verheißen hatte (Gen 22,18), alle Völker gesegnet werden sollten. Hieraus müssen sie erkennen, dass weder Christus etwas anderes über ihre Götter gedacht oder gelehrt haben konnte, als der Gott Israels durch die Propheten befohlen und vorausgesagt hat, durch die er Christus selbst verheißen und gesandt hat. Im Namen Christi sind alle Völker gemäß der den Vätern gegebenen Verheißung gesegnet worden. Daher kam es, dass auch der Gott Israels selber der Gott der ganzen Erde genannt wurde. Ebenso müssen sie aber erkennen, dass auch seine Jünger nicht von der Lehre ihres Meisters abgewichen sind, als sie untersagten, die Götter der Heiden zu verehren, damit wir nicht leblose Götterbilder anflehten, mit Dämonen Umgang hätten oder eher dem Geschöpf als dem Schöpfer mit religiöser Hingebung dienten. 54 … Der die Propheten vor seinem Herabkommen voraussandte, sandte selber auch die Apostel nach seinem Aufstieg zum Himmel. Für alle seine Jünger aber ist er durch den angenommenen Menschen das Haupt, während sie wie die Glieder seines Leibes sind. Wenn jene also aufzeichneten, was er vollzog und sagte, darf man keinesfalls behaupten, dass er selber nicht geschrieben habe, da doch seine Glieder das getan haben, was sie durch das Diktat ihres Hauptes erkannt hatten. Was immer er nämlich von seinen Taten und Worten uns lesen lassen wollte, befahl er ihnen niederzuschreiben, als seien sie seine Hände. Wer immer diese einmütige Gemeinschaft und den nach Aufgaben differenzierten Dienst einmütiger Glieder unter einem einzigen Haupt begriffen hat, wird, was er durch die Schilderungen der Jünger Christi im Evangelium gelesen hat, nicht anders auffassen, als wenn er die Hand selber, die der Herr an seinem eigenen Leib trug, schreiben gesehen hätte. Deshalb wollen wir jetzt in den Blick nehmen, welches die Punkte sind, in denen ihrer Auffassung nach die Evangelisten einander Widersprechendes geschrieben haben; so kann es zumindest denen, die wenig Einsicht haben, erscheinen. Sind diese Punkte gelöst, dann kann daraus auch ersichtlich werden, dass die Glieder jenes Hauptes dadurch, dass sie nicht nur dasselbe dachten, sondern auch übereinstimmend schrieben, in der Einheit des Leibes selbst echte Eintracht bewahrt haben.

Nr. 439 Theodor von Mopsuestia, commentarii in Iohannem 7 Ich weiß gar nicht, was diejenigen beabsichtigen, die ihre Worte1 als widersprüchlich tadeln wollen. Diese ihre unbegründete und unsinnige Kritik wäre vielleicht noch erträglich, wenn sie nicht alle im Hinblick auf die Auferste-

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hung eines Sinnes gewesen wären, oder wenn sie im Hinblick auf den Tag des Ereignisses nicht denselben angegeben hätten; oder wenn sie hinsichtlich der Frauen nicht alle einmütig berichtet hätten, dass diese zuerst zum Grab gekommen seien, um den Toten zu ehren. Wenn sie aber in all diesen Angaben völlige Übereinstimmung zeigen, da sie alle die Auferstehung verkündigen und denselben Tag angeben und auch berichten, dass die Frauen zuerst zum Grab kamen, dann weiß ich nicht, warum sie wegen Kleinigkeiten noch viel Aufhebens machen; denn nach meinem Urteil bedarf es zur Bekräftigung der Wahrheit des Gesagten nur dessen, dass sie in den dafür nötigen Aussagen weitgehend übereinstimmen. In Kleinigkeiten freilich, und zwar in Dingen, die die Menschen für unwichtig halten, findet man, dass ihre Worte nicht übereinstimmen, insofern zwischen ihnen ein Unterschied und Widerspruch bezüglich kleiner Zeitangaben und Stunden besteht. Wenn sie nämlich hätten täuschen wollen, dann hätten sie wörtlich gleiche Aussagen geboten; denn nichts hätte sie, wenn sie Betrugsabsicht gehabt hätten, daran hindern können, eine Absprache zu treffen, so dass sie in ihrer Erzählung vollkommen Einmütigkeit zeigten. Da sie aber Ereignisse berichten wollten und jeder von ihnen seine Darstellung gesondert schrieb, stellte sich in Kleinigkeiten notwendigerweise ein Unterschied ein. Es gibt viele Gründe, um derentwillen ihnen dies zustieß: erstens, weil nicht alle zu den Jüngern gehörten, die mit unserem Herrn Umgang hatten; Lukas und Markus gehörten nicht zur Zahl derer, die ihn immer begleitet hatten; zweitens waren auch die anderen nicht bei den Ereignissen am Ende dabei, da sie im Tumult jener Ereignisse geflohen waren. Somit finde ich sogar in den Punkten, die den Verleumdern widersprüchlich erscheinen, nach genauer Prüfung eine vollkommene Übreinstimmung, die ich auch ausführlich darlegen will, wobei ich mit gebührender Aufmerksamkeit jene Worte prüfen will, auch wenn sie beim ersten Hören widersprüchlich erscheinen.

4) Das Prophetie-Argument a) Evidenz der Erfüllung? Während die Apologeten den Wahrheitsanspruch der christlichen Religion aus der Erfüllung der alttestamentlichen Prophetien im Leben Jesu und in der Geschichte zu erweisen suchten (Nr. 440, 442), bestritten heidnische Kritiker die Eindeutigkeit dieser Erfüllung (Nr. 357, 443–445). Das Problem, inwieweit aus der Bibel stammende Weissagungen auch Menschen überzeugen konnten, die nicht an die göttliche Autorität dieser Schrift glaubten, wurde ausführlich von Augustin diskutiert. Seiner Auffassung nach konnten sich

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auch Heiden der Evidenz des Prophetiebeweises nicht verschließen, da dieser im Gegensatz zu den neutestamentlichen Wundern nicht als vergangenes Ereignis geglaubt werden musste, sondern in der Gegenwart überprüft werden konnte (Nr. 446–447). Nr. 440 Justin, 1 apologia 30–31,1.7–8 30 Damit aber niemand uns entgegenhalte: Was steht im Wege, dass nicht auch der, den wir Christus nennen, als Mensch von Menschen geboren, durch Zauberkunst die Wundertaten vollbracht hat, die wir ihm zuschreiben, und dass man deswegen geglaubt hat, er sei Gottes Sohn?, so wollen wir nunmehr den Beweis führen, wobei wir uns nicht auf die stützen, die es behaupten, sondern auf die, die es prophezeit haben, ehe er geboren wurde, denen wir notwendigerweise glauben müssen, weil wir mit Augen die Prophezeiungen erfüllt oder sich erfüllen sehen, eine Beweisführung, die, wie wir meinen, auch euch als die überzeugendste und richtigste erscheinen wird. 31 (1) Es sind also bei den Juden einzelne Männer als Propheten Gottes aufgetreten, durch die der prophetische Geist künftige Ereignisse, ehe sie wirklich eintrafen, vorherverkündet hat. Und die Könige, die bei den Juden aufeinander folgten, haben die Weissagungen, wie sie die Propheten selbst im Augenblick ihres Prophezeiens formuliert und dann in genauem Wortlaut und in ihrer hebräischen Muttersprache schriftlich aufgezeichnet hatten, in ihren Besitz gebracht und sorgfältig aufbewahrt. … (7) In den Büchern der Propheten finden wir nun vorherverkündigt, dass Jesus, unser Christus, in die Welt kommen, von einer Jungfrau geboren, zum Mann herangewachsen jede Krankheit und jede Schwachheit heilen und Tote auferwecken werde, dass er gehasst, verkannt und gekreuzigt werde, sterben, auferstehen und in den Himmel auffahren werde, dass er Sohn Gottes sei und heiße, dass von ihm zu allen Völkern Sendboten mit dieser Botschaft geschickt und dass vor allem die Menschen aus den Heidenvölkern glauben werden. (8) Es wurde das teils 5000, teils 3000, teils 2000, 1000 und 800 Jahre vor seiner Ankunft vorherverkündet; denn, wie die Generationen aufeinander folgten, traten immer neue Propheten auf. Nr. 441 Athenagoras, legatio 9 (1) Begnügten wir uns jetzt mit solchen Erwägungen, so müsste man meinen, unsere Lehre sei nur Menschenwort. Da aber die Aussprüche der Propheten unsere Beweisführungen beglaubigen – bei eurer Wissbegierde und

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eurem hohen Bildungsgrad werdet ihr selbst schon von den Aussprüchen eines Mose, Jesaja, Jeremias und der übrigen Propheten vernommen haben, die, ihrem eigenen Denken entrückt, unter der Einwirkung des göttlichen Geistes, was ihnen eingegeben wurde, verkündeten, wobei sich der Geist ihrer bediente, wie wenn ein Flötenspieler die Flöte bläst –, so lasst uns hören, was diese sagen. (2) „Herr ist unser Gott; neben ihm kann kein anderer anerkannt werden“ (Bar 3,36); und wiederum: „Ich bin Gott, der Erste und der Letzte, und außer mir gibt es keinen Gott“ (Jes 44,6). In ähnlicher Weise: „Vor mir war kein anderer Gott und keiner wird nach mir sein; ich bin Gott und außer mir ist keiner“ (Jes 43,10 f.). Und von seiner Größe heißt es: „Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße. Welches Haus wollt ihr mir erbauen oder welches soll der Ort meiner Wohnung sein?“ (Jes 46,1) (3) Ich überlasse es euch, diese Schriften selbst einzusehen und ihre Prophetien genauer zu prüfen, damit ihr mit guten Gründen den brutalen Misshandlungen, die uns widerfahren, ein Ende macht.

Nr. 442 Tertullian, apologeticum 20,1–5 (1) Gewichtigeres bieten wir jetzt als Ersatz für den Aufschub (des Altersbeweises), das heißt Hoheit und Würde unserer Schriften, falls wir sie nicht bereits durch ihr Alter als göttlich erweisen, falls die Zahl ihrer Jahre in Zweifel gezogen wird. Und danach braucht man nicht lange und nicht weit zu suchen; offen vor Augen liegt, was darüber belehren kann: die Welt, die Zeit und die Ereignisse. (2) Alles, was geschieht, wurde im voraus verkündet, alles, was man sieht, wurde schon gehört. Dass die Erde Städte verschlingt, dass das Meer Inseln raubt, dass auswärtige wie innere Kriege Wunden reißen, dass Reiche mit Reichen zusammen stoßen, dass Hungersnöte, Seuchen, alle möglichen örtlichen Katastrophen und häufige Epidemien Länder veröden, dass Niedrige erhöht, Hohe erniedrigt werden, dass die Gerechtigkeit selten, die Ungerechtigkeit häufig, (3) die Sorge für alle rechte Gesittung müde wird, dass auch die Tätigkeit der Jahreszeiten und die Leistung der Naturkräfte aus der Bahn gerät, dass durch Unheilszeichen und sonderbare Erscheinungen die natürliche Weltordnung in Verwirrung gerät, ist aus Voraussicht niedergeschrieben worden. Während wir es erleben, wird es verlesen; während wir es im Buch sehen, bewahrheitet es sich. Gültiges Zeugnis ihrer Göttlichkeit, scheint mir, ist die Wahrheit einer Weissagung. (4) Und daher ist bei uns der Glaube auch an das Künftige unerschütterlich, das ja bereits als wahr erwiesen ist, da es zusammen mit dem, was sich täglich als wahr erweist, vorausgesagt wurde. Dieselben Stimmen erklingen, dieselben Schriften

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künden, derselbe Geist weht. Eins und ungeteilt ist die Zeit für eine Weissagung, wenn sie die Zukunft prophezeit; (5) bei den Menschen allenfalls wird unterschieden, wenn es geschieht, wenn nach ihrer Auffassung aus der Zukunft Gegenwart und dann aus der Gegenwart Vergangenheit wird. Worin irren wir, ich bitte euch, wenn wir auch an das Kommende glauben, da wir doch gelernt haben, ihm schon über zwei Vorstufen hinweg Glauben zu schenken? Nr. 443 Origenes, contra Celsum 1,50; 2,28; 7,9–11 1,50 Ferner, als ob dieser nicht der einzige wäre, von dem prophezeit worden ist, er werde den Frommen Recht sprechen und die Ungerechten bestrafen, und als ob nicht geweissagt worden wäre über den Ort seiner Geburt, über das Leiden, das er von den Juden erfahren sollte, über seine Auferstehung und über die erstaunlichen Wunder, die er wirken sollte, behauptet er: „Warum solltest eher du es sein als tausend andere, die nach der Prophetie lebten, auf die sich das Prophezeite bezieht?“ … 2,28 Da aber anschließend der Jude bei Celsus auch tadelt, dass „sich die Christen auf Propheten beriefen, die die Ereignisse des Lebens Jesus vorhergesagt hätten“, so wollen wir dem, was oben (1,47–59) schon darauf entgegnet worden ist, noch folgendes hinzufügen. Wenn er auf die Menschen Rücksicht nimmt, wie er behauptet, dann hätte er die Prophetien selbst anführen und, nachdem er ihre glaubwürdigen Züge anerkannt hatte, eine ihm geeignet erscheinende Widerlegung des Gebrauchs vorweisen müssen, den die Christen von den Prophetien machten. So hätte er nämlich den Eindruck erwecken können, eine Frage von solcher Tragweite nicht mit wenigen Worten für sich zu entscheiden. Dies um so mehr, weil er behauptet, „die Prophetien ließen sich auf tausend andere weitaus wahrscheinlicher beziehen als auf Jesus.“ Er hätte sich eingehend dem Beweis stellen müssen, der mit einzigartiger Stärke die Christen für sich eingenommen hat, und bei jeder einzelnen Prophetie darlegen müssen, wie sie sich weitaus wahrscheinlicher auf andere als auf Jesus beziehen lässt. … 7,9 Celsus verspricht aber auch, „die Art und Weise der Weissagung in Phönikien und Palästina angeben zu wollen, da er davon gehört und sie genau kennen gelernt habe.“ Wir wollen deshalb auch dies betrachten. Er sagt zunächst, „es gebe mehrere Arten von Prophezeiungen“, ohne sie aber mitzuteilen; denn er konnte das gar nicht, sondern stellte es nur lügnerisch in Aussicht. Wir wollen aber sehen, welche Art er als „die vollkommenste bei diesen Leuten hier“ bezeichnet. Er sagt: „Viele Leute ohne Ruf und Namen gibt es, die mit größter Leichtigkeit und aus ganz zufälliger Ursache in den Tempeln

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und außerhalb der Tempel, einige auch bettelnd Städte oder Kriegslager aufsuchend, sich so aufführen, als würden sie weissagen. Ein jeder pflegt die Worte im Mund zu führen: Ich bin Gott oder Gottes Sohn oder göttlicher Geist. Ich bin aber gekommen; denn schon bald geht die Welt zugrunde, und ihr, o Menschen, geht wegen eurer Ungerechtigkeiten zugrunde. Ich aber will euch retten; und ihr werdet mich mit himmlischer Macht wiederkommen sehen. Selig ist, wer mich jetzt verehrt hat; auf die alle anderen, auch auf Städte und Länder, werde ich ewiges Feuer werfen. Und die Menschen, die die ihnen bevorstehenden Strafen nicht kennen, werden vergeblich bereuen und seufzen; jene aber, die mir Glauben geschenkt haben, werde ich ewig bewahren.“ Anschließend fährt er fort: „Wenn sie diese Dinge drohend vorgehalten haben, fügen sie nacheinander unverständliche, verrückte und völlig dunkle Worte hinzu, deren Sinn kein Verständiger herausbringen könnte; denn sie sind unklar und nichtssagend, bieten aber bei jeder Gelegenheit jedem Unverständigen und Betrüger einen Vorwand, das Gesagte so, wie er will, sich anzueignen.“ 10 Waren seine Anklagen wirklich in gutem Glauben vorgebracht, so hätte Celsus die Prophezeiungen in ihrem genauen Wortlaut mitteilen müssen, seien es nun solche, in denen der Redende sich für den allmächtigen Gott ausgab, oder solche, in denen man den Sohn Gottes, oder endlich solche, in denen man den Heiligen Geist zu vernehmen glaubte. Denn so hätte er sich zumindest bemüht, die Aussprüche zu widerlegen und zu zeigen, dass diese Reden, die eine Bekehrung von den Sünden, eine Kritik der damaligen Zustände und eine Voraussage der Zukunft enthielten, nicht göttlich inspiriert waren. Deshalb haben auch die Zeitgenossen der Propheten deren Weissagungen aufgeschrieben und aufbewahrt, damit auch die Nachkommen sie lesen und als Worte Gottes bewundern und Nutzen haben sollten, nicht nur von den kritisierenden und zur Bekehrung rufenden Worten, sondern auch von den Voraussagen der Zukunft, durch deren Eintreffen sie die Überzeugung gewannen, dass der voraussagende Geist ein göttlicher war, und deshalb auch immer eine dem Logos entsprechende Religiosität praktizierten, vom Gesetz und den Propheten überzeugt. Die Propheten haben nun alles, was von den Zuhörern von vornherein als nützlich und wirksam für die Besserung des Lebenswandels erkannt werden konnte, ohne irgendeinen verborgenen Sinn nach dem Willen Gottes ausgesprochen; alles aber, was geheimnisvoller, tiefer und mit einer Erkenntnis verbunden war, die über das allgemeine Verständnis hinausging, legten sie „in Rätseln“ (Num 12,8) und Allegorien und den sogenannten „dunkeln Reden“, in Parabeln oder Sprichwörtern, wie man sie nennt (1 Kor 13,12; Spr 1,6), vor. Sie handelten so, damit diejenigen, die die Anstrengung nicht scheuen, sondern sich aus Liebe zur Tugend und Wahrheit jeder Mühe unter-

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ziehen, nach der Suche finden und nach dem Finden sich so verhalten, wie es die Vernunft fordert. Unser edler Celsus aber entrüstet sich gleichsam darüber, dass er solche Worte der Propheten nicht verstanden hat, und kritisiert sie, indem er sagt: „Wenn sie diese Dinge drohend vorgehalten haben, fügen sie nacheinander unverständliche, verrückte und völlig dunkle Worte hinzu, deren Sinn kein Verständiger herausbringen könnte; denn sie sind unklar und nichtssagend, bieten aber bei jeder Gelegenheit jedem Unverständigen und Betrüger einen Vorwand, das Gesagte so, wie er will, sich anzueignen.“ Ich meine, er hat diese Äußerung in der raffinierten Absicht gemacht, die Personen, die auf die Prophezeiungen stoßen, möglichst davon abzuhalten, sie zu prüfen und ihren Sinn zu erforschen. Er macht es geradeso wie jene Leute, die an einen, zu dem ein Prophet kam und ihm die Zukunft voraussagte, die Frage richteten: „Warum ist dieser Verrückte bei dir eingetreten?“ (2 Kön 9,11) 11 … Man darf aber dem Celsus nicht glauben, wenn er sagt, „er habe solche Leute selbst gehört“. Denn zu den Zeiten des Celsus hat es gar keine, den alten ähnliche Propheten gegeben; andernfalls wären in ähnlicher Weise wie die früher aufgezeichneten Weissagungen auch später solche von denen, die sie annahmen und bewunderten, aufgezeichnet worden. Nach meiner Meinung ist es aber eine ganz offenkundige Unwahrheit des Celsus, dass „die vorgeblichen Propheten, die er selbst gehört hat“, von Celsus „in die Enge getrieben, ihm ihren Schwindel eingestanden und zugegeben hätten, dass ihre vieldeutigen Worte nichts als eigene Erfindung wären.“ Er hätte da die Namen derjenigen vorbringen sollen, die er seiner Behauptung nach „selbst gehört hat“, damit den Urteilsfähigen aus den Namen, wenn er sie wirklich nennen konnte, klar würde, ob seine Behauptungen wahr oder falsch seien.

Nr. 444 Julian, contra Galilaeos frg. 62 Da sie behaupten, sich von den gegenwärtigen Juden zu unterscheiden und die wahren Israeliten gemäß ihrer Propheten zu sein, und sie erklären, vor allem dem Mose und den Propheten zu folgen, die nach ihm in Judäa aufgetreten sind, wollen wir sehen, worin sie wirklich mit ihnen übereinstimmen. Wir müssen mit Mose beginnen, der ebenfalls, wie sie behaupten, die künftige Geburt Jesu angekündigt habe. Mose fordert nun aber nicht ein-, zweioder dreimal, sondern sehr häufig, nur einen einzigen Gott zu verehren, den er auch den höchsten nennt, niemals aber einen zweiten. Er spricht von Engeln, von Herren und tatsächlich auch von mehreren Göttern, hebt aber den ersten heraus, ohne einen weiteren zweiten anzuerkennen, wie ihr ihn

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hinzuerfunden habt, mag er wesensgleich oder ungleich sein, wenn ihr diesbezüglich ein einziges Wort des Mose habt, dann habt ihr das Recht, es vorzubringen. Denn das Wort „Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, unser Gott, aus euren Brüdern erwecken. Auf ihn sollt ihr hören“ (Apg 3,27; Dtn 18,15) bezieht sich durchaus nicht auf den Sohn der Maria. Aber auch wenn man dies euretwillen einräumen möchte, dann sagt er doch, dass dieser ihm ähnlich sein werde und nicht Gott, dass es ein Prophet sein werde wie er selbst und von Menschen, nicht aber von Gott stammen werde. Auch das Wort „Nicht wird es fehlen an einem Herrscher aus Juda noch an einem Anführer aus seiner Nachkommenschaft“ (Gen 49,10) bezieht sich durchaus nicht auf ihn, sondern auf die Dynastie Davids, die aber offensichtlich mit dem König Zidkija ein Ende genommen hat. In der Tat, die Schrift ist doppeldeutig, wenn es heißt „bis da kommt, was ihm bestimmt ist“ (Gen 49,10); ihr aber habt es verfälscht in „bis da der kommt, für den es bestimmt ist.“ Ganz offensichtlich trifft nichts davon auf Jesus zu. Er stammt ja nicht aus Juda. Wie sollte er auch, da er eurer Auffassung nicht von Joseph, sondern vom Heiligen Geist gezeugt wurde? Den Joseph aber führt ihr in euren Genealogien auf Juda zurück. Aber nicht einmal dies habt ihr gut zu erfinden verstanden. Es lässt sich nämlich nachweisen, dass Matthäus und Lukas über seine Genealogie miteinander im Widerspruch stehen. Nr. 445 Hieronymus, in Danielem, Prolog (= Porphyrius, contra Christanos frg. 43A) Porphyrius schreibt das zwölfte Buch gegen den Propheten Daniel; dabei bestreitet er, dass es von demjenigen verfasst sei, mit dessen Namen es überschrieben ist, vielmehr stamme es von jemandem, der zur Zeit des Antiochus, des sogenannten Epiphanes, in Judäa gelebt habe1. Daniel habe nicht künftige Ereignisse vorausgesagt, vielmehr habe jener vergangene Ereignisse erzählt. Kurz gesagt, alles was er bis hin zu Antiochus berichtet habe, enthalte authentische Geschichte, wenn er aber etwas darüber hinaus vermutet habe, sei es eine Lüge, da er die Zukunft nicht kannte. Zu ihm haben äußerst kompetent Stellung genommen Eusebius, der Bischof von Cäsarea, mit drei Büchern, dem achtzehnten, neunzehnten und zwanzigsten, ebenso Apollinaris mit einem umfangreichen Buch, das heißt dem sechsundzwanzigsten, und noch vor diesen teilweise Methodius2. Da es nun aber unsere Absicht ist, nicht auf die Verleumdungen eines Gegners zu antworten, was eine ausführliche Darlegung erfordert, sondern die Aussagen des Propheten, den Unseren, das heißt Christen, zu erklären, so erinnere ich im Vorwort an folgendes: Keiner der Propheten hat so deutlich von

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Christus gesprochen. Denn er schreibt nicht nur, dass dieser kommen werde, was ihm mit den übrigen Propheten gemeinsam ist; vielmehr lehrt er auch, zu welcher Zeit dieser kommen werde; er führt die Könige der Reihenfolge nach auf, zählt die Jahre und kündigt überaus deutliche Zeichen an. Da Porphyrius dies alles erfüllt und eingetreten sah, konnte er es nicht leugnen; von der geschichtlichen Wahrheit besiegt, verfiel er auf die verleumderische Behauptung, dass das, was über den Antichristen als künftiges Ereignis am Weltende gesagt wird, schon unter Antiochus Epiphanes erfüllt worden sei, da in gewissen Punkten eine Ähnlichkeit der Geschehnisse bestehe. Sein Angriff ist ein Zeugnis für die Wahrheit. Die Zuverlässigkeit der Aussagen war nämlich so groß, dass der Prophet in den Augen ungläubiger Menschen nicht Künftiges vorhergesagt, sondern Vergangenes erzählt zu haben schien. Trotzdem werde ich, wenn sich irgendwo bei der Auslegung dieses Buches die Gelegenheit ergibt, seiner Verleumdung kurz zu entgegnen versuchen und mit einer einfachen Erklärung den philosophischen Kunstgriffen, ja der weltlich gesinnten Gemeinheit entgegentreten, womit er sich bemüht, die Wahrheit zu vernichten und durch gewisse Blendwerke das zu beseitigen, was uns so klar und lichtvoll vor Augen steht.

Nr. 446 Augustinus, contra Faustum 13,1.14 13,1 Faustus1 sagte: Wie könnt ihr Christus verehren, wenn ihr die Propheten ablehnt, aus deren Weissagungen man schließt, dass er kommen sollte? Ich weiß nicht, ob jemand nachweisen kann, dass irgendwelche Propheten der Hebräer unseren Christus, den Sohn Gottes, angekündigt hätten, wenn man beginnt, die Sache zu untersuchen. Doch selbst wenn es so wäre, was ginge das uns an? Dieser Vorwurf trifft jene, die sich vom Judentum zu Christentum aufgrund des Zeugnisses der Propheten, wie du darlegst, bekehrt haben, anschließend aber diese vernachlässigten, als seien sie für die Wohltaten undankbar. Wir sind nun aber von Natur aus Heiden, Unbeschnittene, wie Paulus sagt, wir sind unter einem anderen Gesetz und anderen Propheten geboren, die das Heidentum Seher nennt. Davon haben wir uns später zum Christentum bekehrt, wobei wir zuvor nicht Juden wurden, so dass wir mit Recht auf dem Weg zum Christentum dem Glauben der hebräischen Propheten folgten. Vielmehr wurden wir allein durch die Berühmtheit, den guten Ruf der Tugenden und die Weisheit unseres Befreiers Jesus bewogen. Wenn daher ein Verkündiger käme und mir, der ich noch der väterlichen Religion folge, Christus anhand der Propheten nahe bringen wollte, so hielte ich ihn sogleich für verrückt, da er versuchte, mir, einem Heiden und Menschen

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einer ganz anderen Religion, dubiose Beweise aus noch dubioseren Quellen vorzulegen. Wäre es folglich nicht nötig gewesen, dass er mich überzeugte, ich müsse zuerst den Propheten glauben, und dann durch die Propheten Christus? Damit dies geschehe, bedurfte es wiederum anderer Propheten, die deren Glaubwürdigkeit bestätigten. Wenn du also meinst, Christus müsse durch Vermittlung der Propheten angenommen werden, durch wessen Vermittlung wirst du die Propheten annehmen? Oder wirst du antworten: „Wiederum durch die Vermittlung Christi“, das heißt, der eine empfiehlt den anderen, Christus die Propheten und die Propheten Christus? Ein Heide aber, der beiden gegenüber unabhängig ist, würde weder den Worten der Propheten über Christus glauben noch den Worten Christi über die Propheten. Wer immer also von den Heiden Christ wird, verdankt daher alles einzig und allein seinem eigenen Glauben. Um das Gesagte an einem Beispiel zu verdeutlichen: Stellen wir uns einen Heiden vor, den wir gerade katechetisch unterweisen; wir sitzen bei ihm und sagen: „Glaube Christus, dass er Gott ist.“ Jener aber wird sagen: „Wodurch wollt ihr mir dies beweisen?“ Wir geben zur Antwort: „Durch die Propheten.“ Fragt er wiederum: „Durch welche Propheten?“, so antworten wir: „Durch die hebräischen.“ Jener aber wird lachend sagen: „Aber diesen glaube ich nicht im Geringsten.“ Wir antworten hingegen: „Weshalb? Christus bestätigt sie doch!“ Jener wird nun aber noch viel mehr lachen und sagen: „Wie denn? Gerade dies glaube ich auch ihnen nicht!“ Wie soll es nach diesem Wortwechsel weitergehen? Werden wir nicht ratlos bleiben und wird jener nicht über unsere mangelnde Klugheit lachen und zu seinen eigenen Auffassungen zurückkehren? So nutzen, wie gesagt, die Zeugnisse der Hebräer der Kirche nichts, die mehr aus Heiden als aus Juden besteht. Gewiss, wenn, wie es heißt, einige Weissagungen über Christus existieren, die von der Sibylle stammen oder von Hermes, den sie Trismegistos nennen, oder von Orpheus und anderen Sehern des Heidentums1, dann wird uns, die wir aus Heiden zu Christen wurden, dies etwas helfen können, um zu glauben. Die Zeugnisse der Hebräer aber, mögen sie auch wahr sein, sind für uns vor dem Glauben nutzlos, nach dem Glauben überflüssig, da wir ihnen vorher nicht glauben konnten, jetzt aber überflüssigerweise glauben. … 14 (Augustinus): Wenn also der Heide sähe, wie das, was durch diese und ähnliche Zeugnisse der Propheten vorher angekündigt worden war, jetzt in Erfüllung gegangen ist – die Verfolgung durch Könige und Völker, der Glaube von Königen und Völkern, die Abschaffung der Idolatrie, die Verblendung der Juden, die Beweiskraft der von ihnen bewahrten Kodizes, der Irrsinn der Häretiker, die Vortrefflichkeit der heiligen Kirche der wahren und echten Christen –, was könnte er da Glaubwürdigeres finden als jene Propheten, um ihnen vor allen anderen bezüglich der Gottheit Christi Glauben zu schenken?

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Wenn ich nämlich vor diesen Ereignissen einem Heiden die hebräischen Propheten nahe bringen wollte, denen er glauben sollte, dass das geschehen werde, was er noch nicht geschehen sah, würde er wohl zu Recht einwenden: „Was habe ich mit diesem Propheten zu schaffen? Wie ich ihre Wahrhaftigkeit erweisen soll, wird mir nicht gezeigt.“ Da aber so Vieles und so Bedeutendes, was sie vorausgesagt haben, schon realisiert und manifestiert ist, so würde jener, falls er nicht unsinnig sein wollte, weder diese Dinge in irgendeiner Weise verachten, die es wert waren, als etwas empfohlen zu werden, was so lange zuvor und mit solchem Aufwand vorausgesehen und vorausgesagt werden musste, noch jene Menschen, von denen sie vorausgesehen und vorausgesagt werden konnten. Niemandem nämlich glauben wir mit größerer Umsicht entweder über Vergangenes, was einst geschehen ist, oder über Zukünftiges, was noch nicht geschehen ist, als denen, die uns die Glaubwürdigkeit ihrer Äußerungen durch so viele und so bedeutende Dinge bewiesen haben, die von ihnen vorausgesagt wurden und schon eingetreten sind.

Nr. 447 Augustinus, de consensu evangelistarum 1,17.24.40 17 Diejenigen, die da faseln, Christus habe durch magische Künste so bedeutende Dinge wirken können und mittels dieser Kunst seinen Namen vergöttlicht, um die Völker zu sich zu bekehren, mögen doch auch Folgendes beachten: Hätte er vor seiner Geburt auf Erden durch magische Künste mit dem Heiligen Geist so zahlreiche Propheten erfüllen können, die über ihn solche künftigen Dinge vorausgesagt haben, wie wir sie im Evangelium als schon eingetreten lesen und in aller Welt jetzt gegenwärtig sehen? Denn wenn er durch magische Künste bewirkte, dass man ihn auch als Verstorbenen verehrte, so war er doch vor seiner Geburt kein Magier. Um sein Kommen zu prophezeien, wurde ein Volk bestimmt, dessen nationales Schicksal in seiner ganzen Abfolge eine Prophetie jenes kommenden Königs sein sollte, der aus allen Völkern ein himmlisches Gemeinwesen gründen würde. 24 Die Heiden erklären aber, dass diese Zerstörung der Tempel, die Verurteilung der Opfer und Zerschlagung der Götterbilder1 nicht aufgrund der Lehre Christi erfolge, sondern aufgrund seiner Jünger, die, wie sie behaupten, anderes gelehrt hätten, als sie von ihm gelernt haben. Auf diese Weise wollen sie den christlichen Glauben untergraben, indem sie Christus ehren und loben, da ja durch die Jünger Christi die Taten und Worte Christi verkündet worden sind, auf denen die christliche Religion beruht. Diese steht in Konfrontation mit jenen, die schon nicht mehr gegen sie ankämpfen, da sie nur noch ganz wenige sind, aber doch noch hinter vorgehaltener Hand gegen sie reden.

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Wenn sie aber nicht glauben wollen, dass Christus solche Dinge gelehrt hat, dann sollen sie die Propheten lesen, die nicht nur befahlen, den Aberglauben der Idole zu zerstören, sondern auch vorhersagten, dass diese Zerstörung in der christlichen Epoche geschehen werde. Wenn diese sich getäuscht haben, warum erfüllt es sich mit solcher Deutlichkeit? Wenn sie die Wahrheit gesagt haben, warum widersteht man einer solch mächtigen Gottheit? 40 Denn nicht nur in der christlichen Epoche, sondern weit vorher ist vorausgesagt worden, was durch die Christen in Erfüllung geht. Die Juden selber, die Feinde des Namens Christi geblieben sind, deren künftigen Unglauben sogar jene prophetischen Schriften nicht verschwiegen haben, besitzen und lesen einen Propheten, der sagt: „Herr, mein Gott und meine Zuflucht am Tage der Not, zu dir werden Heiden kommen von den Enden der Erde und sprechen: Wahrlich, trügerische Götterbilder haben unsere Väter verehrt, in denen kein Nutzen liegt“ (Jer 16,19). Siehe, dies geschieht jetzt, siehe, jetzt kommen die Heiden von den Enden der Erde zu Christus mit diesen Worten und zerschlagen ihre Götterbilder. Auch dies ist ja bedeutsam, was Gott seiner überall verbreiteten Kirche gewährt hat: Damit man nicht meinte, diese Prophetien seien von uns verfasst worden, musste das jüdische Volk, zu Recht besiegt und über die Erde zerstreut, die Texte unserer Propheten überall hin tragen und als Feind unseres Glaubens zum Zeugen unserer Wahrheit werden2. Wie konnten also die Jünger Christi lehren, was sie von Christus nicht gelernt haben, wie Dummköpfe in ihrer Unvernunft behaupten, so dass der Aberglaube der heidnischen Götter und ihrer Bilder zerstört wurde? Lässt sich etwa behaupten, dass die Jünger Christi auch jene Prophetien erfunden haben, die man nun in den Texten der Feinde Christi liest?

b) Die Konkurrenz paganer Orakel Nicht nur die Christen konnten mit Weissagungen argumentierten, auch das heidnische Lager verfügte über zahlreiche Orakel, die nicht selten in den Dienst anti-christlicher Propaganda gestellt wurden (Nr. 66, 450–451, 453). Sowohl die dadurch geschürte christenfeindliche Stimmung als auch die von dem Phänomen paganer Weissagungen ausgehende Relativierung der biblischen Prophetien verlangte von den Apologeten klare Abgrenzungen. Mit der Entlarvung dämonischer Einflüsse konnten die Apologeten offenkundig eingetretene Voraussagen auf heidnischer Seite zugestehen, aber auch den Unterschied zur wahren Prophetie markieren (Nr. 239, 448–449, 452). Wollte apologetisches Interesse die biblische Botschaft auch durch pagane Orakel bestätigt sehen, so wurden entsprechende Texte von Christen selber unter heidnischem Namen verfasst (Nr. 455).

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Nr. 448 Minucius Felix, Octavius 26,5–7 (5) Was soll ich noch über die Orakel sagen? Nach seinem Tod verkündete Amphiaraos1 die Zukunft; dass er aber von seiner Frau für eine Halskette verraten werden würde, das hat er nicht gewusst! Als Blinder konnte Teiresias2 Zukünftiges voraussehen, er, der doch nicht einmal Gegenwärtiges sehen konnte! (6) Die Antworten des phythischen Apollon an Pyrrhus dichtete Ennius3, denn Apollon selbst hatte schon aufgehört, Verse zu machen. Sein bekanntes raffiniertes und zweideutiges Orakel verstummte, als die Menschen begannen gebildeter zu werden und weniger leichtgläubig zu sein. Und Demosthenes beklagte sich, dass die Pythia „philippisiere“ – er wusste ja von der Fälschung der Orakelsprüche4. (7) „Dennoch haben aber die Vorzeichen und Orakel mehrfach doch das Richtige getroffen!“ Unter all den vielen Lügen könnte schließlich auch der pure Zufall den Anschein einer gewissen Planmäßigkeit erwecken. Nr. 449 Origenes, contra Celsum 7,3; 8,45–46 7,3 Er sagt nun: „Was von der Pythia, den Priesterinnen von Dodona, dem Gott von Klaros, bei den Branchiden, im Tempel des Ammon und von tausend anderen Sehern vorausgesagt wurde1, auf deren Veranlassung ohne Zweifel die ganze Erde kolonisiert wurde, das halten sie für bedeutungslos. Was hingegen von den Einwohnern Judäas nach ihrer Art und so, wie heute noch die Bewohner Phöniziens und Palästinas zu reden pflegen, gesagt oder nicht gesagt wurde, das halten sie für bewundernswert und unabänderlich.“ Über die aufgezählten Orakelstätten wollen wir nun sagen, dass wir aus Aristoteles und den peripatetischen Philosophen nicht wenige Argumente zusammenstellen könnten, um die Äußerung über die Pythia und die übrigen Orakelstätten zu widerlegen2. Auch könnte man Aussagen Epikurs und der Anhänger seiner Lehre zu diesem Thema zitieren3 und zeigen, dass auch manche Griechen die Orakel verwerfen, die in ganz Griechenland Ansehen und Bewunderung genießen. Doch sei eingeräumt, dass die Antworten der Pythia und der übrigen Orakelsprüche keine Erfindungen von Menschen sind, die eine göttliche Inspiration simulieren. Wir wollen sehen, ob sich nicht auch auf diese Weise von denen, die wahrheitsliebend die Dinge untersuchen, nachweisen lässt, dass selbst dann, wenn man diese Orakelsprüche akzeptiert, nicht notwendigerweise zugestanden werden muss, dass gewisse Gottheiten bei ihnen anwesend sind, sondern im Gegenteil gewisse böse Dämonen und Geister, die der Menschheit feindselig gegenüberstehen und den Aufstieg der Seele, den

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tugendhaften Wandel und die Wiederherstellung der wahren Frömmigkeit gegenüber Gott verhindern wollen. So berichtet man von der Pythia, deren Glanz alle anderen Orakel zu übertreffen scheint, dass die Prophetin des Apollon, um die Öffnung der kastalischen Quelle herumsitzend den Geist durch ihren Schoß in sich aufnimmt. Von ihm erfüllt, verkündet sie die als ehrwürdig und göttlich geltenden Orakel. Sieh also, ob sich nicht daran der unreine und unheilige Charakter jenes Geistes erweist, der nicht durch feine, unsichtbare Poren, die viel reiner als der weibliche Schoß sind, in die Seele der Weissagenden eindringt, sondern durch die Teile, die ein keuscher Mensch nicht einmal sehen, geschweige denn berühren darf. Und dies nicht ein- oder zweimal – ein solches Handeln würde vielleicht noch erträglicher erschienen sein –, sondern so oft wie man glaubt, dass sie unter dem Einfluss Apollons prophezeit. Aber auch das ist nicht das Werk eines göttlichen Geistes, dass er die angebliche Prophetin in Ekstase und einen rasenden Zustand versetzt, so dass sie völlig außer sich gerät. Denn der vom göttlichen Geist Ergriffene hätte viel früher als jeder Beliebige, der sich von den Orakeln über das belehren lässt, was einem ausgeglichenen und naturgemäßen Leben dient, zu seinem eigenen Nutzen oder Vorteil unterstützt werden und gerade in dem Augenblick den klarsten Blick besitzen müssen, indem sich die Gottheit mit ihm vereinigt. 8,45 Betrachten wir nun auch den folgenden Abschnitt, der so lautet: „Wozu soll man aufzählen, wie viele Weissagungen in Orakelstätten teils von Propheten und Prophetinnen, teils von anderen gotterfüllten Männern und Frauen mit inspirierter Stimme ausgesprochen worden sind? Wie viele wunderbare Dinge im Innersten ihrer Heiligtümer vernommen worden sind? Wie viel aus Opfertieren und Opfergaben den Befragern offenbart wurde, wie viel aus anderen übernatürlichen Vorzeichen? Einigen wurden leibhaftige Erscheinungen zuteil. Das ganze Leben ist voll von diesen Dingen. Wie viele Städte sind infolge von Orakelsprüchen erbaut und von Krankheiten sowie Hungersnöten befreit worden? Wie viele aber sind elend zugrundegegangen, weil sie diese missachtet oder vergessen hatten? Wie viele haben Kolonien gegründet und sind vom Glück begünstigt worden, weil sie den Weisungen nachkamen? Wie viele Herrscher und wie viele Privatleute verdanken diesem Grund ihren Erfolg oder Misserfolg? Wie viele, die wegen Kinderlosigkeit betrübt waren, erlangten das, worum sie baten, und entgingen dem Zorn der Dämonen? Wie viele körperliche Gebrechen wurden geheilt? Wie viele wiederum, die an den Heiligtümern Frevel begangen hatten, wurden sogleich von Strafe ereilt; die einen wurden auf der Stelle vom Wahnsinn befallen, die anderen gestanden, was sie begangen hatten, einige nahmen sich selbst das Leben, andere verfielen unheilbaren Krankheiten. Einige hat sogar eine gewaltige Stimme, die aus dem Innersten der Tempel kam, getötet.“ Ich weiß

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nicht, wie es kommt, dass Celsus diese Dinge als offenbare Tatsachen vorträgt, während er die bei uns aufgezeichneten Wunder, mögen sie nun das jüdische Volk oder Jesus oder seine Jünger betreffen, für Märchen hält. Warum sollen denn nicht unsere Berichte wahr und das, was Celsus erzählt, sagenhafte Erfindungen sein? Ihnen haben auch die griechischen Philosophenschulen keinen Glauben geschenkt, wie die des Demokrit4, des Epikur und des Aristoteles; vielleicht aber hätten sie unseren Berichten wegen ihrer Klarheit Glauben geschenkt, wenn ihnen Mose oder einer der Propheten, die Wunder vollbrachten, oder Jesus selbst begegnet wäre. 46 Von der Pythia berichtet man, sie habe zuweilen unter verfälschendem Einfluss Orakelsprüche gegeben5. Unsere Propheten hingegen wurden wegen der Klarheit ihrer Äußerungen nicht nur von ihren Zeitgenossen, sondern auch in späteren Zeiten bewundert. Denn infolge der Orakelsprüche der Propheten wurden Städte errichtet und Menschen geheilt und Hungersnöte behoben; entsprechend den Orakelsprüchen kam aber offenkundig auch das ganze Volk der Juden aus Ägypten, um eine Kolonie in Palästina zu gründen. Solange es den Weisungen Gottes nachkam, war es vom Glück begünstigt; beging es einen Fehltritt, so bereute es ihn auch. Wozu soll man aufzählen, wie viele Herrscher und Privatleute nach den Berichten der Schrift ihr Glück oder Unglück dem Umstand verdanken, dass sie die Prophetien beachtet oder missachtet hatten? Nr. 450 Konstantin, epistula 15,4–6 (= Eusebius, vita Constantini 2,50–51) 4 Damals soll Apollon aus der Höhle und aus finsterem Winkel, nicht aus dem Himmel, das Orakel gegeben haben, die Gerechten auf Erden seien ihm hinderlich, die Wahrheit zu verkünden. Darum seien die Orakel vom Dreifuß trügerisch1. Dieses Unheil unter den Menschen beklagte seine Priesterin, mit wild niederhängenden Haaren von Raserei getrieben. Doch sehen wir, zu welchem Ende dies führte! 5 Höchster Gott, dich rufe ich an. Damals hörte ich, fast noch ein Kind, wie der damalige Inhaber des ersten Ranges unter den römischen Kaisern – ein Beklagenswerter, wirklich Beklagenswerter – vom Irrtum der Seele verführt, sich bei seinen Trabanten genau erkundigte, wer diese Gerechten auf Erden seien. Da antwortete einer von den Opferpriestern aus seiner Umgebung: „Vermutlich die Christen“2. 6 Diese Antwort sog er wie Honig ein. Das Schwert, das zur Bestrafung der Frevler erfunden wurde, zog er gegen die unsträfliche Heiligkeit. Sofort erließ er seine Mordbefehle, die sozusagen mit bluttriefendem Griffel geschrieben waren, und befahl den Richtern, ihren natürlichen Scharfsinn auf die Erfindung neuer Strafen anzuwenden.

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Nr. 451 Sozomenus, historia ecclesiastica 7,22 Er (Eugenius)1 glaubte, dass ihm das Unternehmen ohne weiteres gelingen würde, verführt wie er war durch die Worte von Leuten, die ihm versicherten, dass sie die Zukunft kennen würden durch bestimmte Opfer, durch das Beschauen von Lebern und das Beobachten der Sterne. Viele hochgestellte Römer waren eifrig hiermit beschäftigt, u. a. Flavianus2, der damalige praefectus praetorio, ein angesehener Mann und namhafter Verwalter, der überdies meinte, die Zukunft genau zu kennen, weil er sich auf allerlei Künste der Prophezeiung verstand. Dadurch hatte er nämlich Eugenius überredet, sich zum Krieg zu rüsten, dass er ihm nachdrücklich versicherte, das Geschick wolle es, dass er Kaiser sein und im Kampf den Sieg davontragen werde; dass außerdem in der Stellung, die das Christentum innehatte, eine tiefgreifende Veränderung eintreten würde3. Nr. 452 Augustinus, de divinatione daemonum 1; 7; 9; 10; 11 1 An einem der heiligen Tage der Osteroktav, als früh morgens viele christliche Laienbrüder bei mir waren und wir uns an gewohnter Stelle niedergelassen hatten, entwickelte sich ein Gespräch über die christliche Religion gegenüber der Vermessenheit sowie dem vermeintlich staunenswerten und großartigen Wissen der Heiden. Dieses Gespräch meinte ich aus der Erinnerung und vervollständigt schriftlich überliefern zu sollen, und zwar ohne meine Diskussionsgegner zu nennen, obwohl sie ja Christen waren und in ihrer Art und Weise, gegen mich Stellung zu nehmen, eher den Eindruck erweckten, sie suchten nach geeigneten Argumenten gegen die Heiden. Als es somit um die Wahrsagung der Dämonen ging und behauptet wurde, dass irgend jemand die Zerstörung des Serapistempels, die in Alexandria geschehen war1, vorhergesagt habe, erwiderte ich, dass es nichts Staunenswertes sei, „wenn Dämonen sowohl wissen als auch vorhersagen konnten, dass diese Zerstörung den Tempeln und ihren Bildern drohte, wie auch viele andere Ereignisse, soweit ihnen die Möglichkeit gegeben ist, von ihnen zu wissen und sie vorher zu verkündigen.“ 7 Mit der Natur der Dämonen verhält es sich so, dass sie aufgrund des Wahrnehmungsvermögens eines luftartigen Körpers dem Wahrnehmungsvermögen irdischer Körper ohne Schwierigkeiten überlegen sind, auch an Geschwindigkeit infolge der höheren Beweglichkeit eben dieses luftartigen Körpers nicht nur den Lauf jeglicher Menschen und wilden Tiere, sondern auch den Flug der Vögel auf unvergleichliche Weise übertreffen. Aufgrund

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dieser zwei Begabungen – soweit es sich auf einen luftartigen Körper bezieht –, das heißt aufgrund scharfen Wahrnehmungsvermögens und schneller Beweglichkeit, verkünden sie lange vorher wahrgenommene Dinge im Voraus oder melden sie, worüber sich die Menschen mit ihrem langsamen irdischen Wahrnehmungsvermögen wundern. Hinzu kommt bei den Dämonen aufgrund ihres langen Lebens noch eine weit größere Lebenserfahrung, als sie sich bei den Menschen aufgrund der Kürze ihres Lebens entfalten kann. 9 Wenn dies so ist, muss man zunächst wissen, dass – es geht ja um die Wahrsagung der Dämonen – sie meist Dinge im Voraus ankündigen, deren Eintreten sie dann selbst bewirken. Sie nehmen nämlich oft die Fähigkeit an, sowohl Krankheiten zu schicken als auch die Luft selbst durch Verderbnis krankheitserregend zu machen und verdorbene und von der Leidenschaft nach weltlichen Genüssen befallene Menschen zu schlechten Taten zu verführen. Was deren Charakter angeht, sind sie sicher, dass sie denjenigen, die sie zu solchen Taten verführen, folgen dürften. Doch beeinflussen sie auf wunderliche und unsichtbare Arten: Sie dringen durch jene feine Zusammensetzung ihrer Körper in die Körper der Menschen ein, ohne dass diese es merken, und mischen sich in deren Gedanken durch gewisse bildliche Erscheinungen, ob diese Menschen nun wach sind oder schlafen. Bisweilen sagen sie jedoch auch Dinge vorher, die sie nicht selbst bewirken, sondern dank natürlicher Anzeichen als künftig vorherwissen und zwar solcher Anzeichen, die die Sinne der Menschen nicht erreichen können. Jedoch ist ein Arzt, bloß weil er voraussieht, was ein in dieser Kunst Unkundiger nicht voraussieht, deswegen nicht gleich für göttlich zu halten. Was ist aber staunenswert daran, wenn so, wie jener an der gestörten oder ausgewogenen Beschaffenheit eines menschlichen Körpers erkennt, dass entweder ein guter oder ein schlechter gesundheitlicher Zustand bevorsteht, ein Dämon an Zustand und Ausgewogenheit der Luft, womit er sich auskennt und was uns unbekannt ist, kommende Witterungen voraussieht? Manchmal durchschauen sie mit all ihrer Gewandtheit auch die Stimmungen der Menschen, nicht nur die ins Wort umgesetzten, sondern auch die in Gedanken gefassten, wenn gewisse Anzeichen aus der Seele am Körper zum Ausdruck kommen; und daher verkündigen sie auch viel Zukünftiges; für andere freilich verwunderlich, die von diesen Stimmungen nichts wissen. Wie nämlich eine seelische Regung sich in der Mimik heftiger widerspiegelt, so dass auch für die Menschen etwas von außen wahrnehmbar ist, was sich im Menschen abspielt, so darf nicht unglaublich sein, wenn auch ruhigere Gedanken irgendwelche Zeichen am Körper setzen, die vom abgestumpften Wahrnehmungsvermögen der Menschen nicht erkannt werden können, von dem geschärften der Dämonen jedoch durchaus. 10 Dank dieser Befähigung verkünden Dämonen viel Zukünftiges im Vor-

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aus, wobei ihnen jedoch die Größe jener Verkündigung fern ist, die Gott durch die heiligen Engel und Propheten wirken lässt. Denn wenn diese aufgrund jener Bestimmung Gottes etwas im Voraus verkünden, dann hören sie, um zu verkünden; und wenn sie das vorhersagen, was sie von da hören, täuschen sie nicht, noch werden sie getäuscht. Denn die Verkündigungsworte der Engel und Propheten sind ganz und gar wahr. So aber regt man sich über den Gedanken auf, dass die Dämonen auch einige solche Dinge hören und vorhersagen, als wäre es etwas Unangemessenes, dass das, was deswegen gesagt wird, um den Menschen bekannt zu werden, nicht nur gute, sondern auch schlechte Mächte nicht verschweigen. 11 Was ist es also verwunderlich, wenn zu dem Zeitpunkt, als die Zerstörung der Tempel und Bilder bereits nahe bevorstand, die die Propheten Gottes, des Höchsten, so lange schon vorausgesagt hatten, der Dämon Serapis sie einem seiner Kultdiener gleich bekannt gab, um, im Rückzug oder im Fliehen, ihm sein vorgebliches göttliches Wesen zu empfehlen. Denn diese Wesen werden vertrieben oder sogar auf höhere Weisungen hin gefesselt von ihren Aufenthaltsorten abgezogen und entfernt, damit an den Dingen, über die sie lange herrschten und durch die sie verehrt wurden, der Wille Gottes geschehen kann, der so lange vorher in allen Völkern vorausgesagt hat, dies werde geschehen, und angeordnet hat, dass dies durch seine Gläubigen geschehe. Warum aber hätte nicht zugelassen werden sollen, dass ein Dämon dies ankündigt, wenn er doch selbst schon vorher wusste, dass es ihm bevorstehe? Wenn doch diese Weissagung auch durch die Propheten bezeugt wurde, von denen diese Worte niedergeschrieben worden sind, und klugen Menschen die Einsicht zuteil wurde, wie sorgsam man sich vor der List der Dämonen hüten und ihren Kult meiden müsse. Nachdem diese nämlich vorher so lange Zeit in ihren Tempeln über diese zukünftigen Ereignisse geschwiegen hatten, die, vorhergesagt durch die Propheten, ihnen nicht unbekannt sein konnten, wollten sie diese Dinge, sobald sie einzutreten drohten, gleichsam voraussagen, um nicht für unwissend und besiegt gehalten zu werden. Als daher so lange vorher das vorhergesagt und niedergeschrieben war, um von anderem noch zu schweigen, was der Prophet Zefanja (2,11) sagt: „Übermächtig wird der Herr sein gegen sie, und verbannen wird er alle Götter der Völker auf der Erde, und anbeten werden ihn, ein jeder an seinem Ort, alle Inseln der Völker“, glaubten entweder die Dämonen nicht, dass ihnen so etwas geschehen könne, ihnen, die in den Tempeln der Völker verehrt wurden, und daher wollten sie es durch ihre Seher und begeisterten Anhänger nicht wiederholen – so wie ihr Dichter Juno als völlig ungläubig gegenüber dem darstellt, was Jupiter über den Tod des Turnus gesagt hatte. Juno aber wird bei ihnen als Macht in der Luft hervorgehoben, die bei Vergil (Aen. 10,

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630–632) folgende Worte spricht: „Nun erwartet einen Unschuldigen ein schlimmer Tod, oder mich treibt Täuschung um. Möchte mir doch unbegründete Furcht mitspielen und du, der du dazu die Macht hast, deine Unternehmen ins Bessere wenden!“ Oder die Dämonen, das heißt die Mächte in der Luft, zogen in Zweifel, dass ihnen also das, dessen Voraussage durch die Propheten sie kannten, zustoßen könne, und wollten deshalb nicht deren Voraussage verbreiten, und hieran kann man ihre Natur erkennen. Oder, weil sie ganz sicher wussten, dass es ihnen bevorstehe, schwiegen sie deshalb darüber in ihren Tempeln, um nicht schon da allmählich von vernünftigen Menschen verlassen und verachtet zu werden. Denn sie hätten dann, was die bevorstehende Zerstörung ihrer eigenen Tempel und Bilder betrifft, diejenigen Propheten bestätigt, die ihre Verehrung verboten. Nun aber, da die Zeit gekommen war, in der die Worte der Propheten Gottes, des Einzigen, sich erfüllen sollten, der diese Götter falsche Götter nennt, und mit aller Kraft ihren Kult verbietet, weshalb sollte nicht zugelassen worden sein, dass auch sie selbst es als erfüllt voraussagten, wodurch umso deutlicher wurde, dass sie dies zuvor entweder überhaupt nicht geglaubt oder sich davor gescheut haben, es ihren Verehrern zu verkünden, dass sie am Ende aber, als wenn sie nichts mehr hätten, was sie tun konnten, sogar in dem Moment noch ihre Wahrsagung manifestieren wollten, da schon unverkennbar ist, dass sie lange göttliches Wesen vorgetäuscht hatten?

Nr. 453 Augustinus, de civitate Dei 18,53–54 53 Also ist es vergeblich, wenn wir die Jahre, die dieser Weltzeit noch bleiben, ausrechnen und festlegen wollen, da wir aus dem Mund der Wahrheit hören, dass uns solches Wissen nicht zusteht. Trotzdem behaupteten einige, es würden vierhundert, andere fünfhundert, noch andere tausend Jahre von der Auffahrt des Herrn bis zu seiner letzten Ankunft verstreichen. Es führt zu weit und ist auch nicht nötig, darzulegen, wie jeder seine Ansicht zu begründen sucht. Es handelt sich ja nur um menschliche Vermutungen, und man kann nichts Sicheres vorbringen, das sich auf die Autorität der kanonischen Schrift stützte. Alle Berechnungen, die hierüber spekulieren wollen, macht der zunichte und gebietet ihnen Schweigen, der spricht: „Es steht euch nicht, die Zeiten zu wissen, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat“ (Apg 1,6). Doch da dies ein Ausspruch des Evangeliums ist, kann man sich nicht darüber wundern, dass die Verehrer der vielen und falschen Götter sich dadurch nicht hindern ließen, vorzutäuschen, durch Antworten der Dämonen, die sie als Götter verehren, sei festgelegt, wie lange Zeit die christliche Reli-

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gion sich halten werde. Denn da sie sahen, dass diese durch so viele und schwere Verfolgungen nicht vernichtet werden konnte, sondern gerade dadurch wunderbares Wachstum gewann, dachten sie sich irgendwelche griechischen Verse aus, die ein göttliches Orakel irgendeinem Befrager mitgeteilt haben soll. Hier wird Christus zwar von dem Vorwurf des vermeintlichen Religionsfrevels freigesprochen, dafür aber wird Petrus vorgeworfen, durch Zauberei bewirkt zu haben, dass der Name Christi dreihundertfünfundsechszig Jahre lang verehrt werden sollte, aber nach Ablauf dieser Frist werde es damit unverzüglich zu Ende sein1. … Ferner, was sind denn das für Götter, die so etwas zwar vorhersagen, aber nicht abwenden können, die in dieser Weise einem einzigen Zauberer und einem magischen Frevel, bei dem, wie es heißt, ein einjähriger Knabe2 getötet, zerstückelt und nach abscheulichem Ritus begraben wurde, so völlig unterlagen, indem sie zuließen, dass eine ihnen verhasste Sekte so lange Zeit erstarkte, so viele und schwere grausame und schreckliche Verfolgungen nicht durch Widerstand, sondern Geduld überwand und es bis zur Zerstörung ihrer eigenen Bildnisse, Tempel und heiligen Orakel kam? Was ist das schließlich für ein Gott – nicht unser Gott, sondern ihrer, versteht sich –, der sich durch solch einen Frevel locken oder drängen lässt, das zu gewähren? Denn nicht bei irgendeinem Dämon, sondern bei Gott soll Petrus, wie jene Verse versichern, durch Zauberkunst das durchgesetzt haben. Ja, solch einen Gott haben sie, die Christus nicht haben. 54 Dies und noch manches andere könnte ich zur Widerlegung vorbringen, wenn nicht das Jahr selbst bereits verstrichen wäre, das die fingierte Wahrsagung angab und die betrogene Einbildung glaubte. Doch da, seitdem die Verehrung des Namen Christi durch seine Erscheinung im Fleisch und durch die Apostel ihren Anfang genommen hat, die dreihundertfünfundsechzig Jahre erfüllt sind – vor mehreren Jahren sogar –, wozu bemühen wir uns da noch weiter, um diese Lüge zu widerlegen? … So kann man sogar den Tag ausrechnen, an dem das fragliche Jahr begann. Es war der Tag, an dem der Heilige Geist gesandt wurde, nämlich der fünfzehnte Mai. Zählt man nun von da an die Konsuln, so ergibt sich, dass unter dem Konsulat des Honorius und Euthychianus wiederum am fünfzehnten Mai die dreihundertfünfundsechzig Jahre vergangen waren3. Was sich darauf im folgenden Jahr unter dem Konsul Manlius Theodorus, als es nach jenem Orakel der Dämonen oder nach der Erfindung der Menschen schon keine christliche Religion mehr geben durfte, in anderen Teilen der Welt ereignet haben mag, braucht hier nicht untersucht zu werden. Jedenfalls haben, wie wir wissen, in der bekanntesten und bedeutendsten Stadt Afrikas, in Karthago, die beiden Statthalter des Kaisers Honorius, Gaudentius und Jovius, am neunzehnten März dieses Jahres die Tempel der falschen Götter zerstört und ihre Bildnisse zertrümmert4. Wer sieht aber

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nicht, wie seitdem bis zum heutigen Tage, also in fast dreißig Jahren, die Verehrung des Namens Christi zugenommen hat, zumal nachdem viele von denen, die von jener für wahr gehaltenen Weissagung vom Glauben zurückgehalten wurden, nun nach Ablauf der angegebenen Jahre gesehen hatten, wie nichtig und lächerlich sie war. Nr. 454 Theodoret von Cyrus, graecarum affectionum curatio 10,43–48 43 Vor dem Erscheinen unseres Erlösers, als sozusagen Finsternis die Welt bedeckte, fingen die Quälgeister der Menschen, die allerschlimmsten Dämonen wie Räuber und Diebe die Natur der Menschen mit Hinterhalten und Netzen und Schlingen aller Art. Als aber das Licht der Wahrheit aufging, ergriffen sie alle die Flucht und verließen ihren Schlupfwinkel. 44 Daher schrien sie auf, sobald er erschien: „Lass uns, was haben wir mit dir zu schaffen, Sohn Gottes? Du bist hierher gekommen, um uns vor der Zeit zu quälen.“ (Mt 8,29). Andere baten ihn wiederum, sie nicht in den Abgrund fahren zu lassen (Lk 8,31). In Philippi rief der Geist des Python1 angesichts der Apostel aus: „Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes; sie verkünden euch den Weg des Heiles“ (Apg 16,17). 45 Als sie sahen, dass sich die Verkündigung der Wahrheit überall ausbreitete und sie das Auftreten des Königs wahrnahmen, ergriffen sie die Flucht und verließen ihre Posten wie Soldaten, die flüchten, nachdem sie viele Verbrechen und Gesetzwidrigkeiten begangen haben. 46 Aber der Allherrscher des Universums hat ihre Stellungen zerstört. Das Wasser von Kastalien weissagt nicht mehr, die Quelle von Kolophon sagt nichts mehr voraus, der Kessel von Thesprotien prophezeit nicht mehr, der Dreifuß von Kirrha gibt keine Orakel mehr, das Erzbecken von Dodona schwatzt nicht mehr, die berühmte Eiche redet nicht mehr; es schweigt vielmehr der Gott von Dodona, es schweigt der Gott von Kolophon, wie der von Delos, wie der von Pytho, der von Klaros, der von Didyma, der von Lebadeia, wie Trophonios, Amphilochos, Amphiaros, Ammon und die Totenorakel in Chaldäa und Tyros. Denn Schweigen gebot ihnen der, der dem Abgrund droht, wie der Prophet sagt, und ihn austrocknen lässt, wenn er zum Abgrund sprach: „Versiege, und deine Fluten will ich vertrocknen lassen“ (Jes 44,27). Und der Apollon von Daphne, der unsere Toten umzubetten befahl, wurde vom Himmel durch einen Blitz getroffen2. Der Märtyrer des Gekreuzigten ließ ihn nämlich nicht seine Voraussagen machen und fortfahren, die Menschen ins Verderben zu führen; sondern ebenso wie der große Paulus dem Geist des Python gedroht hatte, so setzten die Reliquien des Märtyrers der Lüge des Wahrsagers eine Grenze.

III. Die Kontroverse um die Bibel

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Nr. 455 Tübinger Theosophie 1,5; 52 1,5 Es ist nutzlos, mich zu befragen1, der ich der letzte und der späteste bin, du unglücklicher Priester, über den göttlichen Vater und den Sohn des orakelverkündenden Königs und den Geist, der das Universum ringsum wie eine Traube presst – Berge, Erde, Flüsse, Meere, Abgründe, Luft und Feuer –, und der mich gegen meinen Willen bald aus diesem Tempel vertreiben wird, dessen Schwelle, die (die Orakel) entsendet, verwaist gelassen werden wird. Ich Unseliger! Klagt, ihre Dreifüße, Apollon geht fort! Er geht fort, weil ein himmlischer Mensch voller Glut ihm Gewalt antut. 52 Ein hebräisches Kind, ein Gott, der über die Seligen gebietet, der vom Himmel herabgestiegen und mit einem sterblichen Leib umgeben ist, befiehlt mir2, in den Hades hinabzusteigen und mich von nun an in das Chaos zu begeben. Es ist unmöglich, sich seinem Urteil zu entziehen. Ich gehe fort, wie er es will. Was soll ich jetzt weissagen, ihr anderen Dämonen?

5) Die Kontroverse um die Allegorie a) Pagane Kritik an der allegorischen Bibelinterpretation Heidnischer Polemik gegen die Bibel hielten die Apologeten die Notwendigkeit einer sinnbildlich-allegorischen Deutung solcher Stellen entgegen, deren Wortsinn absurd, moralisch bedenklich oder sogar blasphemisch erschien. Sie verwiesen auf die von den Heiden selbst praktizierte Mythenallegorese, um die Berechtigung dieser Auslegungsmethode auch für die eigenen Schriften zu beanspruchen (Nr. 456). Nach Auffassung ihrer Kritiker besaßen die biblischen Schriften jedoch im Unterschied zu den Mythen keine tiefere, in Sinnbilder gekleidete Weisheit, so dass eine allegorische Auslegung dieser historisch widersprüchlichen, philosophisch unhaltbaren und moralisch fragwürdigen Texte als verfehlte Methode entschieden abgelehnt wurde (Nr. 43, 456–457, 459). Julian wiederum hielt den Christen Inkonsequenz vor, wenn sie einerseits die Mythen verwarfen, andererseits den Glauben an ähnlich lautende Erzählungen der Bibel forderten. Für ihn entsprangen die Erzählungen eines Homer und Mose derselben mythischen Denkform, so dass die Berechtigung allegorischer Exegese unterschiedslos anerkannt oder bestritten werden musste (Nr. 458).

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Nr. 456 Origenes, contra Celsum 4,16–17.38–39.50–51 4,16 … (Celsus) hat die in den Berichten erzählten Wandlungen oder Verklärungen Jesu sowie seinen zugleich sterblichen und unsterblichen Zustand nicht begriffen. 17 Erscheinen denn aber diese Berichte, insbesondere wenn sie in der richtigen Weise verstanden werden, nicht viel erhabener als die Geschichte des Dionysos, der, von den Titanen getäuscht, vom Thron des Zeus gestürzt und von ihnen in Stücke gerissen wurde, um anschließend wieder zusammengefügt zu werden, gleichsam wiederaufzuleben und in den Himmel emporzusteigen? Oder ist es zwar den Griechen erlaubt, solche Dinge auf die Lehre von der Seele zu beziehen und sinnbildlich zu interpretieren, uns aber soll die Tür einer angemessenen Erklärung verschlossen sein, die überall völlig mit den Schriften in Einklang steht, die vom göttlichen Geist stammen, der in den reinen Seelen wohnt? Celsus hat also den Sinn unserer Schriften überhaupt nicht begriffen. Daher ist es seine eigene Auffassung, die er angreift, nicht die der Schriften. … 38 Da es sein Ziel war, die Schriften zu schmähen, macht er auch folgende Stelle zum Gegenstand seines Spottes: „Gott ließ einen tiefen Schlaf über Adam kommen, und dieser schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss das Fleisch wieder an ihrer Stelle. Dann formte er die Rippe, die er von Adam genommen hatte, zu einer Frau“ (Gen 2,21 f.) usw.; er zitiert aber nicht den Wortlaut, der den Hörer begreifen lässt, dass dies in sinnbildlicher Weise gesagt ist. Er wollte sich nicht die Ansicht zu eigen machen, dass solche Aussagen allegorisch gemeint seien, obwohl er im Folgenden sagt: „Die Vernünftigeren unter den Juden und Christen schämen sich dessen und versuchen irgendwie, es allegorisch zu deuten.“ Man kann ihm entgegnen: Hat das, was dein inspirierter Hesiod in Form eines Mythos über die Frau erzählt, einen allegorischen Sinn, wenn es heißt, dass diese von Zeus den Menschen als ein Übel anstelle des Feuers gegeben worden ist1, während die Erzählung von der Frau, die aus der Rippe des in tiefen Schlaf gesunkenen Mannes genommen und von Gott geformt war, dir völlig unvernünftig und ohne verborgenen Sinn erscheint? Aber es ist nicht einsichtig, jene Erzählung nicht als Mythos zu verlachen, sondern sogar als philosophische Aussage in Form eines Mythos zu bewundern, diese aber, indem man die Aufmerksamkeit allein auf den Wortlaut richtet, zu verspotten und für unvernünftig zu halten. Wenn man nämlich des bloßen Wortlautes wegen kritisieren muss, was mit einer tieferen Bedeutung gesagt ist, dann sieh, ob nicht die Verse des Hesiod, eines inspirierten Mannes, wie du sagst, noch mehr ausgelacht zu werden verdienen, wenn er Folgendes schreibt:

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„… Alsbald formte aus Erde der weithin berühmte, der Klumpfuß, Was aussieht wie ein Mädchen voller Scham, nach dem Ratschluss Kronions; Gürten und Ordnen des Kleids war Werk der Göttin Athene; Göttliche Grazien legten ihn an und die Herrin Beredung Ketten von Gold, rings über die Haut. Und ringsum bekränzten Horen, herrlich gelockte, mit Frühlingsblumen das Mädchen. Doch in die Brust gab ihr ein der Geleiter, Töter des Argos, Täuschung und schmeichelnder Worte Gewalt und verschlagene Art, Wie es der Wille des Zeus, des Donnerers. Setzte die Stimme Ihr auch ein, der Bote der Götter; gab dann den Namen Diesem Weib: Pandora; weil alle Bewohner des Himmels Ihr ihre Gabe gegeben, zum Leid den geschäftigen Männern“ (op. 70–82). Lächerlich ist von vornherein auch die Stelle über den Krug: „Nämlich zuvor, da lebten der Menschen Stämme auf Erden Frei von allen den Übeln und frei von elender Mühsal Und von quälenden Leiden, die Sterben bringen den Menschen. Doch als das Weib von dem Tonfass den mächtigen Deckel emporhob, Ließ es sie los; es brachte ihr Sinn viel Unheil den Menschen. Einzig die Hoffnung blieb da in unzerstörbarer Wohnstatt, Innen unter dem Rande des Krugs, und flog nicht ins Freie Auf und davon; denn vorher ergriff sie den Deckel des Kruges“ (op. 90–98). Demjenigen, der diese Stelle tiefsinnig allegorisch deutet, ob er nun in der Allegorie das Richtige trifft oder nicht, wollen wir die Frage stellen: Ist es allein den Griechen gestattet, philosophische Gedanken in einen sinnbildlichen Ausdruck zu kleiden, ebenso den Ägyptern und allen nichtgriechischen Völkern, die sich auf ihre Mysterien und die darin enthaltene Wahrheit etwas einbilden? Nur die Juden, so schien es dir, sowie ihr Gesetzgeber und ihre Schriftsteller sind die Unverständigsten von allen Menschen und allein dieses Volk hat keinen Anteil an der göttlichen Kraft empfangen, das auf so erhabene Weise unterwiesen worden ist, sich zum ungeschaffen Wesen Gottes zu erheben, auf ihn allein zu schauen und seine ganze Hoffnung allein auf ihn zu setzen? 39 Celsus gießt nun auch seinen Spott über die Geschichte von der Schlange aus, die, wie er sagt, den Geboten, die Gott den Menschen gab, zuwider handelte, und meint, diese Geschichte sei ein Märchen, ähnlich denen, wie sie die alten Frauen erzählen. Mit Absicht erwähnte er weder das Paradies noch die Art, wie Gott es dem Bericht zufolge „in Eden gegen Osten gepflanzt habe und danach aus dem Boden jede Art von Bäumen hervorgebracht habe, schön anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens inmitten des Paradieses und den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen“ (Gen 2,8 f.) sowie das hierauf Gesagte. Denn es könnte von sich selbst

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den wohlwollenden Leser zur Einsicht führen, dass all dies nicht unpassend sinnbildlich verstanden wird. Vergleichen wir nun damit die Worte, die in Platons Symposion (203b–e) von Sokrates über den Eros gesagt sind und die dem Sokrates in den Mund gelegt wurden, da er als der Ehrwürdigste von allen galt, die im Symposion darüber sprachen2. … Wenn sich nun die Leser dieser Worte die Bosheit des Celsus zu eigen machen wollen – was Christen fern sei –, so werden sie diesen Mythos verlachen und sich über den großen Platon lustig machen. Wenn sie aber das in Form eines Mythos Gesagte auf philosophische Weise untersuchen und die Absicht Platons zu entdecken vermögen, so werden sie die Fertigkeit bewundern, mit der er die ihm einsichtigen großen Lehren der Menge wegen in der Form eines Mythos zu verbergen, zugleich aber, sofern es nötig war, denjenigen mitzuteilen verstand, die vom Mythos ausgehend die auf Wahrheit bezogene Absicht seines Verfassers zu entdecken wussten. Ich habe diesen bei Platon berichteten Mythos angeführt aufgrund des bei ihm erwähnten „Garten des Zeus“, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Paradies Gottes zu besitzen scheint, sowie aufgrund der Penia, die mit der dort zu findenden Schlange vergleichbar ist, und Poros, dem die Penia nachstellt, der mit dem Menschen vergleichbar ist, dem die Schlange nachstellt. 50 Ich habe die Darlegung etwas ausführlicher gehalten in der Absicht nachzuweisen, wie unverständig die Behauptung des Celsus ist: „Die Vernünftigeren aber unter den Juden und Christen versuchen irgendwie, es allegorisch zu deuten; dieses ist aber nicht von der Art, dass es eine allegorische Deutung zulässt, vielmehr handelt es sich dabei offensichtlich um ganz einfältige Märchen.“ Weit mehr sind nämlich die Geschichten der Griechen nicht nur ganz einfältige, sondern auch ganz gottlose Märchen. Denn unsere Geschichten nehmen auch auf die Menge der einfachen Menschen Rücksicht, während dies die Verfasser der griechischen Fabeleien nicht beachtet haben. Darum handelt Platon (resp. 398a) so unrecht nicht, wenn er solche Märchen und solche Gedichte von seinem Staat ausschließt3. 51 Wie mir scheint, hat Celsus auch gehört, dass es Schriften gibt, die allegorische Deutungen des Gesetzes beinhalten. Hätte er diese gelesen, dann hätte er nicht gesagt: „Die allegorischen Deutungen, die man anscheinend diesbezüglich verfasst hat, sind jedenfalls noch viel schändlicher und abgeschmackter als die Mythen selbst, denn mit einer ganz verwunderlichen und völlig uneinsichtigen Dummheit verbinden sie Dinge, die sich nicht im geringsten vereinigen lassen.“ Er scheint mit dieser Bemerkung auf die Schriften Philons zu zielen oder die noch älteren, wie die des Aristobulos4. Vermutlich aber hat Celsus die Bücher nicht gelesen, denn sie sind meiner Ansicht nach an vielen Stellen so gelungen, dass selbst griechische Philosophen von den Ausführungen gefesselt werden dürften. Dort findet man eine sorgfältige

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Ausarbeitung nicht nur des Stils, sondern auch der Gedanken und Lehren sowie des Gebrauchs derjenigen Teile der Schrift, die Celsus für Mythen hält. Ich weiß auch, dass der Pythagoreer Numenios5, bei weitem der beste Erklärer Platons und Vertreter der pythagoreischen Lehren, an vielen Stellen seiner Schriften die Worte des Mose und der Propheten zitiert und ihnen eine sinnbildliche Deutung gibt, die nicht ohne Wahrscheinlichkeit ist, wie in dem Werk, das den Titel „Epops“ hat, und in seinen Abhandlungen „Über die Zahlen“ und „Über den Raum.“ Im dritten Buch „Über das Gute“ zitiert er sogar eine Geschichte über Jesus, ohne aber seinen Namen zu erwähnen, und gibt ihr eine sinnbildliche Deutung. Ob diese zutreffend ist oder nicht, kann ein anderes Mal erörtert werden. Er zitiert auch die Geschichte des Mose, Jannes und Jambres (2 Tim 3,8). Aber wir geben damit nicht an, doch billigen wir ihn mehr als Celsus und andere Griechen, da er wissbegierig auch unsere Bücher untersuchen wollte und sich bewegen ließ, sie als Schriften zu betrachten, die sinnbildliche Bedeutungen enthalten und nicht einfältig sind.

Nr. 457 Didymus von Alexandrien, commentarii in Ecclesiasten 281 Porphyrius etwa, der (uns zum Vorwurf machen) will, (wir gingen gewaltsam vor), indem wir (…) geistliche Deutungen und Allegorien erfänden, hat (die Stelle bei Homer), wo Achill und Hektor erwähnt werden, allegorisch auf Christus und den Teufel hin interpretiert1; und was wir über den Teufel sagten, (sagt) er über Hektor, und was wir über Christus (sagten, sagt) er über Achill; und er bediente sich folgender Worte: „Vor dem Sieg des Achill erhob sich Hektor prahlend über alle und wurde für stärker als alle gehalten. Er tat dies aber, um Verwirrung zu stiften.“

Nr. 458 Julian, contra Galilaeos frg. 23 Mose hat für die Verschiedenheit der Sprachen eine Erklärung völlig mythischen Charakters gegeben. Er erzählt nämlich, die Menschenkinder hätten sich in der Absicht versammelt, eine Stadt und einen großen Turm darin zu bauen, Gott aber hätte gesagt, er müsse herabsteigen und ihre Sprachen verwirren. Damit niemand meine, wir würden dies in verleumderischer Absicht vorbringen, wollen wir aus den Schriften des Mose Folgendes vorlesen: „Und sie sprachen: Auf, lasst uns eine Stadt bauen und einen Turm, dessen Spitze bis zum Himmel reicht. Wir wollen uns einen Namen machen, bevor wir in

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alle Welt zerstreut werden. Da stieg der Herr herab, um die Stadt und den Turm anzusehen, den die Menschenkinder gebaut hatten. Und der Herr sprach: Siehe, sie sind ein Volk und es gibt eine Sprache unter ihnen allen; damit haben sie angefangen, und von nun an wird alles, was sie im Sinn haben, kein Ende nehmen. Auf, wir wollen hinabsteigen und ihre Sprache verwirren, damit niemand mehr die Sprache des anderes versteht. Und Gott der Herr zerstreute sie über die ganze Erde, und sie ließen ab, die Stadt und den Turm zu bauen“ (Gen 11,4–8). Ihr verlangt nun von uns, dass wir dieser Erzählung Glauben schenken, ihr aber wollt dem keinen Glauben schenken, was Homer (Od. 11,316) von den Aloaden erzählt, dass sie nämlich planten, drei Berge aufeinander zu türmen, „damit man in den Himmel emporsteigen könne.“ Was mich betrifft, so sage ich, dass diese Erzählung ebenso mythischen Charakters ist wie jene1. Ihr aber, die ihr die erste akzeptiert, weshalb, im Namen der Götter, verwerft ihr dann den Mythos Homers? Denn ungebildeten Menschen gegenüber, wie ihr es seid, kann man sich nicht darauf berufen, dass, wenn auch alle Menschen auf der ganzen Welt eine einzige Sprache und Zunge hätten, sie dennoch nicht in der Lage wären, eine Stadt zu erbauen, die bis zum Himmel reicht, selbst wenn sie aus der ganzen Erde Ziegel fertigten. Es wären nämlich zahllose Ziegel nötig, ebenso groß wie die ganze Erde, um bis an das Rund des Mondes zu reichen. Auch angenommen, alle Menschen besäßen eine einzige Zunge und Sprache und hätten sich zusammengetan, um aus der ganzen Erde Ziegel zu fertigen und Steine zu hauen, wann könnten sie jemals den Himmel erreichen, selbst wenn sie ihr Werk dünner als ein Seil sich emporwinden ließen? Diese Erzählung, die so offensichtlich ein Mythos ist, haltet ihr für wahr und glaubt, dass Gott aus Furcht vor einer Gewalttat der Menschen deswegen ihre Sprachen verwirrt habe. Nach all dem, wagt ihr es noch, euch der Gotteserkenntnis zu rühmen?

b) Differenzen zwischen paganer und christlicher Allegorese Während die Apologeten zunächst die Berechtigung der allegorischen Bibelinterpretation damit begründeten, dass die biblischen Autoren ähnlich wie Platon in seinen Mythen ihre Aussagen bewusst für eine Deutung auf höherer Ebene verfasst hatten (Nr. 456), so suchten sie anschließend die Unterschiede zwischen paganer und christlicher Allegorese herauszuarbeiten (Nr. 459– 460). Im Gegensatz zu den Mythen lasse die Bibel eine Lektüre sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn zu. Blieb das allegorische Mythenverständnis Privileg einer intellektuellen Elite, so sei ein wörtliches Verständnis der Bibel allen Menschen möglich. Während die Bibelexegeten zwischen Geist und Buchstaben einen organischen Zusammenhang sahen, kritisier-

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ten die Apologeten, dass die pagane Mythenallegorese keinen Bezug zum ursprünglichen Literalsinn erkennen lasse.

Nr. 459 Origenes, contra Celsum 1,17–18; 4,48 1,17 Absichtlich verschwieg er den insbesondere von Orpheus aufgezeichneten Mythos über die vermeintlichen Götter, demzufolge sie menschliche Leidenschaften besitzen. Anschließend kritisiert er die geschichtlichen Erzählungen des Mose und macht denen Vorwürfe, die sie im übertragenen und allegorischen Sinne auslegen. Man könnte den illustren Autor, der seinem Buch den Titel „Wahres Wort“ gab, fragen: Warum, mein Bester, rühmst du an den Göttern, dass sie in so großes Missgeschick gerieten, wie es deine weisen Dichter und Philosophen beschreiben, dass sie fluchbeladene Vereinigungen vollzogen, gegen ihre Väter Kriege führten und sie entmannten, dass sie, wie schriftlich festgehalten ist, solche Dinge gewagt, getan und erduldet haben? Wenn aber Mose solche Dinge von Gott nicht erzählt, auch nicht von den heiligen Engeln, und von den Menschen bei weitem nicht so Schlimmes – denn bei ihm hat niemand gewagt, was Kronos gegen Uranos oder was Zeus gegen den Vater wagte oder dass „der Vater der Menschen und Götter“ (Hom., Il. 1,544) mit seiner eigenen Tochter zusammenkam1 –, meint man, er täusche und führe diejenigen in die Irre, die von ihm das Gesetz empfingen. Celsus scheint mir ähnlich zu handeln wie Thrasymachus bei Platon (resp 336c–d), der es Sokrates nicht gestattet, die Frage nach der Gerechtigkeit so zu beantworten, wie er will, sondern erklärt: „Sieh zu, dass du nicht behauptest, das Nützliche sei das Gerechte, oder die Pflicht oder sonst etwas Ähnliches“ Wenn er die Erzählungen bei Mose anklagt, wie er meint, und diejenigen kritisiert, die sie allegorisch deuten, ihnen zugleich aber ein gewisses Lob ausspricht, da sie vernünftiger sind2, dann hindert auch er gewissermaßen durch seine willkürliche Anklage diejenigen, die dazu imstande sind, daran, in einer Verteidigung darzulegen, wie sich die Dinge wirklich verhalten. 18 Wir könnten ihn auffordern, Bücher mit Büchern zu vergleichen, und sagen: Bring doch, mein Bester, die Gedichte des Linos, Musaios, Orpheus sowie die Schrift des Pherekydes3, und konfrontiere sie mit den Gesetzen des Mose, indem du Geschichten mit Geschichten, Sittenlehren mit Gesetzen und Anordnungen vergleichst. Dann sieh, welche besser imstande sind, die Hörer unverzüglich zu verwandeln, und welche von ihnen den Zuhörer sogar verderben können. Dann bedenke, wie wenig die Schar deiner Schriftsteller auf diejenigen Rücksicht nahm, die sie ohne Vorbereitung lasen; sie verfassten,

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wie du sagst, „ihre eigene Philosophie“ nur für solche, die zu einer übertragenen und allegorischen Deutung imstande waren. Mose hingegen ist in seinen fünf Büchern wie ein versierter Rhetor verfahren, der auf den Stil achtet und überall den zweifachen Sinn der Formulierungen mit Bedacht anwendet. Er hat weder der Menge der dem Gesetz unterstellten Juden einen Anlass zu einer Schädigung im moralischen Bereich gegeben noch den wenigen, zu einem gründlicheren Verständnis fähigen Lesern eine Schrift übermittelt, die keine tiefere Bedeutung für den besäße, der ihre Absicht zu erforschen versteht. Von deinen weisen Dichtern sind anscheinend nicht einmal ihre Schriften mehr erhalten; man hätte sie sicherlich aufbewahrt, wenn der Leser sie als nützlich empfunden hätte. Die Schriften des Mose hingegen haben viele, selbst solche, die der jüdischen Kultur fremd sind, zum Glauben bewogen, dass, wie die Schriften verkünden, Gott, der Schöpfer der Welt es war, der als erster die Gesetze erließ und Mose übergab. Denn es war angemessen, dass der Schöpfer des Weltalls, der der ganzen Welt Gesetze gab, seinen Worten eine Kraft verlieh, die ihnen überall Geltung verschaffen konnte. Ich sage dies, noch ohne die Frage auf Jesus zu bringen; vielmehr zeige ich, wie die Argumentation erweisen wird, dass Mose, der dem Herrn weit unterlegen ist, deine weisen Dichter und Philosophen bei weitem übertrifft. 4,48 Als ob er keine andere Absicht hätte, als seinem Hass und Widerwillen gegen die jüdische und christliche Lehre Ausdruck zu geben, sagt Celsus: „Die Vernünftigeren unter den Juden und Christen interpretieren dies allegorisch.“ Er bemerkt aber, dass sie „aus Scham über diese Erzählungen zur allegorischen Interpretation ihre Zuflucht nehmen.“ Man könnte ihm entgegen: Wenn die erste wörtliche Auffassung von Mythen und Erdichtungen wirklich als schämenswert bezeichnet werden muss, ob sie nun mit einem tieferen Sinn oder in irgendeiner anderen Weise verfasst wurden: bei welchen Geschichten muss man dies mehr behaupten als bei den griechischen? Denn in diesen entmannen die Söhne ihre Väter, und die Väter verschlingen ihre Söhne, und doch sind diese Söhne und Väter Götter; auch gibt eine Göttermutter dem „Vater der Götter und Menschen“ statt ihres Sohnes einen Stein, ein Vater verkehrt mit seiner Tochter, eine Frau legt ihrem Mann Ketten an und nimmt sich zu Mithelfern bei der Fesselung den Bruder des Gefesselten und seine Tochter4. Doch wozu brauche ich die absurden Geschichten der Griechen von ihren Göttern aufzuzählen, die, auch allegorisch verstanden, von vornherein schämenswert sind? Ich will nur Chrysipp von Soloi erwähnen, der wegen seiner vielen gelehrten Abhandlungen als eine Zierde der stoischen Philosophenschule angesehen wird. Dieser erklärt ein Gemälde auf Samos, das die Hera darstellte, wie sie an Zeus etwas Unaussprechliches verrichtet5. Der würdige Philosoph sagt nämlich in seinen Schriften, die Materie

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empfange die Zeugungskräfte des Gottes und bewahre sie in sich für die Ordnung des Weltalls. Denn auf dem Gemälde zu Samos stellte Hera die Materie und Zeus die Gottheit dar. Deshalb nun und wegen solcher und tausend anderer Mythen weigern wir uns, auch nur dem Namen nach den höchsten Gott und Herrn als Zeus, die Sonne als Apollon, den Mond als Artemis zu bezeichnen. Nr. 460 Gregor von Nazianz, oratio 4,117–119 117 Wer von euch ist so ideal veranlagt, so groß und hinsichtlich der Klugheit mit Zeus wirklich vergleichbar, dass er all diesen so tiefsinnig und raffiniert ersonnenen, ganz außergewöhnlichen Erzählungen1, von denen es noch weit mehr gibt, mit Worten einer Allegorie, die über den Wolken schwebt und das Maß unseres Verständnisvermögens übersteigt, einen angemessenen Sinn geben könnte? Wenn diese Erzählungen wahr sind, dann sollen sie sich ihrer nicht schämen, sondern stolz darauf sein, beziehungsweise zeigen, dass sie nicht anstößig sind. Weshalb müssen sie dazu Zuflucht nehmen, dass sie diese Erzählungen zu Mythen erklären, um so einen Schleier über die Unanständigkeit zu breiten? Der Rekurs auf den Mythos charakterisiert nicht jene, die ihrer Sache sicher sind, sondern jene, die Rückzugsgefechte liefern. Wenn die Erzählungen aber unwahr sind, dann sollen sie uns zunächst die unverhüllten Theologen2 zeigen, damit wir mit ihnen diskutieren können. Dann sollen sie sagen, ob es nicht naiv ist, sich der Darstellungen, derer sie sich wegen ihres mythischen Charakters schämen, zu rühmen, als läge eine Kraft in ihnen3, und was der großen Menge verborgen bleiben konnte, da Bildung kein Gemeingut ist, allen vor Augen zu führen in Bildern, Darstellungen und, was das Schlimmste ist, unter hohem finanziellen Aufwand in Tempeln, an Altären, Statuen, Weihegeschenken sowie kostbaren Opfergaben, schließlich ein gottloses Leben mit vielen Ausgaben einem religiösen Leben ohne solche Ausgaben vorzuziehen. 118 Wenn sie aber behaupten, diese Erzählungen seien Fiktion und langatmige Redensarten der Dichter, die sich der beiden Mittel, des Metrums und des Mythos, bedienen, um die Dichtung unterhaltsam und dem Gehör angenehm zu machen, aber der eben darin enthaltene Sinn sei geheimnisvoller und tieferer Art und nur einer kleinen Zahl von besonders Weisen zugänglich, dann seht, wie einfach und gerecht ich zu diesem Punkt Stellung nehmen werde. Zunächst, warum loben sie diejenigen, die die Götter verspotten, die sie selber verehren, und würdigen fast göttergleicher Ehren Leute, für die es schon ein ausreichender Gewinn gewesen wäre, wegen ihrer Gottlosigkeit nicht bestraft zu werden? Wenn schon für diejenigen, die gegen einen ihrer

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Götter eine Blasphemie begangen haben, sei es auch privat und ohne größere Bedeutung, aufgrund der Gesetze die Strafe der Tod ist, was müssten dann die erdulden, die öffentlich und mit den schändlichsten Anklagen gegen alle Götter zugleich ihre Dichtung richten und diese Komödie für lange Zeit der Nachwelt überliefern? Ferner muss auch Folgendes betrachtet werden: Es gibt auch bei uns, ich will es nicht leugnen, einige Aussagen mit einem verborgenen Sinn, doch welcher Art ist ihr zweifacher Sinn und welches ist ihre Bedeutung? Einerseits ist der offenkundige Sinn nicht unangemessen4, andererseits der verborgene Sinn bewundernswert, tief und großartig für diejenigen, die in die Tiefe eingeführt werden. Es ist, als wenn ein unerreichbar schöner Körper von einem nicht unschönen Gewand umhüllt wird. Das was vom Göttlichen sichtbar ist und aufscheint, darf nämlich, wie ich meine, nicht unangemessen und unwürdig des Geoffenbarten sein, und nicht so, dass Menschen, über die solche Geschichten erzählt würden, damit unzufrieden wären. Im Gegenteil, es muss entweder absolut das Schönste enthalten oder zumindest nicht das Hässlichste, damit es einerseits den Weiseren gefalle, andererseits der großen Menge nicht schade. 119 Bei euch hingegen ist das Gemeinte nicht glaubwürdig und das Ausgesprochene verderblich. Ist es sinnvoll, durch den Schlamm zur Stadt zu führen oder über Klippen und Sandbänke dem Hafen zuzustreben? Was wird sich daraus ergeben, was ist das Ziel dieser Worte? Du wirst fortfahren zu schwatzen und in allegorischer Form dein Unglück und deine Phantastereien auszudrücken, doch niemand wird dir glauben. Denn man schenkt eher dem Glauben, was man sieht. Du hast also dem Zuhörer keinen Nutzen gebracht und den Zuschauer zugrunde gerichtet, der beim Sichtbaren bleibt. Aber die Form der allegorischen Auslegung ist bei ihnen so weit von den grundlegenden Inhalten entfernt, dass man eher alles Mögliche miteinander verbinden und selbst weit voneinander Entferntes vereinigen kann, als dies zusammenzubringen, zu harmonisieren und zu behaupten, es stamme von ein und demselben Menschen, ich rede von den mythischen Erzählungen und den allegorischen Auslegungen.

IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“ In der Überzeugung, die Unzulänglichkeiten und Grenzen der paganen Wahrheitssuche überwinden zu können, sahen die Apologeten im Christentum die wahre Gestalt der Philosophie verwirklicht.

IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“

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1) Die Differenzen zwischen paganer und christlicher Philosophie a) Widersprüchlichkeit – Kohärenz Die Zerstrittenheit und Widersprüchlichkeit der Philosophen in den zentralen Fragen wurde von den Apologeten als Beweis von Unwissenheit und Irrtum gedeutet (Nr. 33, 461–465). Dem weiten Spektrum divergierender Schulmeinungen hielten sie die Einheitlichkeit der Lehre beeindruckend entgegen (Nr. 461, 463–465). Nr. 461 Tatian, oratio ad Graecos 25,3–4 3 Du folgst den Lehren Platons, da tritt dir ein Schüler Epikurs mit lauter Stimme entgegen; willst du dich wiederum in der Kosmologie nach Aristoteles richten, so verhöhnt dich irgendein Anhänger Demokrits. Pythagoras sagt, er sei Euphorbos gewesen1 und übernimmt die Lehre des Pherekydes; Aristoteles aber verwirft die Unsterblichkeit der Seele. 4 Da die philosophischen Systeme, die ihr habt, einander widersprechen, so kämpft ihr, unter euch uneins, gegen diejenigen, die unter sich einig sind.

Nr. 462 Theophilus von Antiochien, ad Autolycum 3,3,1 Denn alle diese Männer strebten nur nach hohlem, eitlem Ruhm und kannten die Wahrheit weder selbst noch führten sie andere zur Wahrheit. Denn gerade ihre eigenen Worte überführen sie, dass sie Widersprüche vorgebracht und dass die meisten von ihnen ihre eigenen Lehrsätze selbst wieder revidiert haben. Denn sie widerlegten sich nicht nur gegenseitig, sondern manche von ihnen haben sogar ihre eigenen Lehren wieder als unrichtig dargestellt, so dass ihr Ruhm sich in Hohn und Dummheit verwandelte; denn von den Verständigen werden sie verurteilt.

Nr. 463 Pseudo-Justin (Markell von Ankyra?), ad Graecos de vera religione 4,2; 7,2–8,2 4 (2) Seht euch das Chaos der bei euch als Weise Geltenden an, von denen ihr behauptet, sie seien eure Lehrer der Religion! Die einen erklären das Wasser zum Prinzip von allem, die anderen die Luft, andere das Feuer, wie-

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der andere sonst etwas vom Genannten, und sie alle gebrauchen überzeugende Worte zur Darstellung ihrer unzutreffenden Ansichten und versuchen so, den eigenen Lehrsatz als vorzüglicher zu erweisen. Das sind ihre Äußerungen! Wie könnte es also, ihr Griechen, für Leute, die gerettet werden wollen, ungefährlich sein zu meinen, man könne die wahre Religion von ihnen lernen – sie, die nicht einmal sich selbst zu überreden vermochten, nicht gegenseitig zu streiten und offen ihre Ablehnung der Ansicht der anderen zu zeigen? 7 (2) Was also ist der Grund, dass die bei euch als Weise Geltenden nicht nur untereinander, sondern auch mit sich selbst im Streit liegen? Offenkundig, dass sie nicht von den Wissenden lernen wollten, sondern meinten, sie selbst könnten mit ihrer eigenen menschlichen Überklugheit die himmlischen Dinge klar erkennen, obwohl sie nicht einmal die irdischen Dinge erkennen konnten. Von der menschlichen Seele1 jedenfalls behaupten einige eurer Philosophen, sie existiere in uns, andere aber, sie existiere um uns. Nicht einmal in diesem Punkt bemühen sie sich um einen Konsens, sondern, als hätten sie ihre Unwissenheit verschiedenartig aufgeteilt, ziehen sie es vor, auch bezüglich der Seele zu zanken und miteinander zu streiten. Denn die einen von ihnen sagen, die Seele sei Feuer, die anderen Luft, diese der Geist, andere die Bewegung, diese der aufsteigende Dampf, irgendwelche anderen eine von den Gestirnen strömende Kraft, diese eine bewegliche Zahl, andere das zeugungsschaffende Wasser. Und generell herrscht in ihrer Lehre nichts als Chaos und Widerspruch. Menschen mit dem richtigen Urteilsvermögen scheint daran nur das eine anerkennenswert, dass sie sich bemühten, sich gegenseitig des Irrtums und der Unwahrheit ihrer Aussagen zu überführen. 8 (1) Da also von euren Lehrern nichts Wahres über Religion zu lernen ist – durch den Streit untereinander haben sie euch einen ausreichenden Beweis ihrer Unwissenheit gegeben –, betrachte ich es als konsequent, zu unseren Vorfahren überzugehen, die lange Zeit vor euren Lehrern gelebt und uns nichts aus ihrer eigenen Einbildung heraus gelehrt haben, auch haben sie sich nicht miteinander überworfen oder versucht, die Auffassungen der anderen umzustoßen, sondern zank- und streitlos die von Gott kommende Einsicht empfangen und diese uns gelehrt. (2) Denn weder von Natur aus noch durch menschliches Denken ist es Menschen möglich, so große und göttliche Dinge zu erkennen, sondern nur durch die damals von oben her auf die heiligen Männer herabgekommene Gabe. Diese bedurften nicht der Kunst der Worte oder streitsüchtiger Redegefechte, sondern hatten sich einzig der Wirkkraft des göttlichen Geistes rein zu überlassen, damit das göttliche Plektron selbst, aus dem Himmel herabkommend und die gerechten Männer wie ein Instrument, eine Kithara oder eine Leier gebrauchend, uns die Kenntnis der göttlichen und himmlischen Dinge offenbarte. Deswegen also haben sie uns wie

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aus einem Mund und mit einer Zunge über Gott, die Erschaffung der Welt, die Formung des Menschen, über die Unsterblichkeit der menschlichen Seele und über das Gericht, das nach diesem Leben stattfinden wird, sowie über alles, was für uns zu wissen notwendig ist, folgerichtig und in gegenseitiger Übereinstimmung gelehrt2, und dies, obwohl sie uns die göttliche Lehre an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten vermittelt haben.

Nr. 464 Augustinus, de civitate Dei 18,41 Die Philosophen waren offenbar bei ihren Forschungen nur daran interessiert, herauszufinden, wie man leben muss, um Glückseligkeit zu erlangen. Aber warum diese Abweichungen der Schüler von den Lehrern und der Mitschüler voneinander? Weil sie nur auf Menschenweise mit menschlichen Gesinnungen und menschlichen Vernunftschlüssen danach suchten. Dabei mag auch Ruhmsucht beteiligt sein, die jeden treibt, weiser und scharfsinniger erscheinen zu wollen als die anderen und nicht Nachbeter einer fremden, sondern Erfinder einer eigenen Lehre und Meinung zu sein. Doch wenn ich auch zugeben möchte, dass es Wahrheitsliebe war, die manche, vielleicht die meisten von ihnen veranlasste, sich von ihren Lehrern und Studiengefährten loszusagen, um für das zu streiten, was sie mit Recht oder Unrecht für die Wahrheit hielten – was fängt sie nur an, oder wohin oder auf welchen Wegen läuft die menschliche Armseligkeit, um zur Glückseligkeit zu gelangen, wenn göttliche Autorität sie nicht leitet? Dagegen sind unsere Schriftsteller, die man nicht umsonst zum fest abgegrenzten Kanon heiliger Schriften zusammengefasst hat, weit entfernt, auf irgendeine Weise voneinander abzuweichen. Daher haben mit Recht nicht nur ein paar streitsüchtige Schwätzer in Schulen und Gymnasien, sondern viele und große Völker, Gelehrte und Ungelehrte in Stadt und Land, es geglaubt, dass zu diesen Schriftstellern oder durch sie, als sie jene Schriften verfassten, Gott geredet hat. Es mussten allerdings nur wenige sein, denn sonst wäre durch ihre Menge entwertet worden, was um der Religion willen kostbar sein sollte, doch wiederum nicht so wenige, dass ihre Übereinstimmung nicht wunderbar erscheinen musste. Denn in der Menge von Philosophen, die ihre Lehrgebäude schriftlich hinterlassen haben, wird kaum jemand irgendwelche finden, die in allen ihren Meinungen übereinstimmten. Dies aber zu zeigen, würde hier zu weit führen. Doch welchem dieser Schulhäupter hat man in diesem den Dämonen ausgelieferten Staat1 solches Ansehen zuerkannt, dass man es den anderen aberkannt hätte, die abweichender und entgegengesetzter Meinung waren? Glänzten nicht in Athen sowohl die Epikureer, die behaupteten, die Götter

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kümmerten sich nicht um die menschlichen Angelegenheiten, als auch die Stoiker, die das Gegenteil dachten und dafür stritten, dass diese Dinge durch Hilfe und Schutz der Götter geleitet und behütet würden? Daher wundere ich mich, warum Anaxagoras angeklagt wurde, weil er die Sonne einen feurigen Stein nannte und ihre Gottheit leugnete2, während in derselben Stadt Epikur hoch in Ehren stand und unbehelligt lebte, obwohl er weder an die Gottheit der Sonne noch irgendeines Sternes glaubte, ja nicht einmal Jupiter und sonst einen der Götter in der Welt anwesend sein lassen wollte, so dass kein menschliches Bitten und Flehen sie erreichen könnte3. Waren da nicht auch Aristipp, der das höchste Gut in körperlicher Lust erblickte und zugleich Antisthenes, der im Gegenteil behauptete, dass der Mensch nur durch seelische Tugend glückselig werde, beides angesehene Philosophen, beides Sokratiker4, die den Inbegriff des menschlichen Lebens auf so verschiedene, ja entgegengesetzte Ziele richteten, und von denen der eine lehrte, der Weise müsse die Politik fliehen, der andere, er müsse sich ihr widmen? Sammelten sie nicht beide Schüler um sich? Ja, vor aller Augen, in jedermann zugänglicher allbekannter Säulenhalle, in Gymnasien und Gärten, an öffentlicher und privater Stätte stritten sie gruppenweise jeder für seine Meinung, behaupteten teils, es gebe nur eine Welt, teils, es gebe deren unzählige; teils, sie habe einen Ursprung, teils, sie habe keinen Anfang; teils, sie werde untergehen, teils, sie werde ewig bestehen; teils, sie werde vom göttlichen Geist, teils, sie werde von Zufall und Willkür geleitet; teils, die Seelen seien unsterblich, teils, sie seien sterblich; und von den Verfechtern ihrer Unsterblichkeit behaupteten die einen, sie gehe in Tierleiber über, die anderen, das sei undenkbar; von den Verfechtern ihrer Sterblichkeit behaupten dagegen die einen, sie gehe bald nach dem Leib zugrunde, die anderen, sie lebe auch noch nachher, etwas länger oder kürzer, aber nicht auf Dauer; die einen erblickten das höchste Gut im Leib, die anderen in der Seele, wieder andere in beiden, noch andere fügten zu Seele und Leib auch allerlei äußere Güter hinzu; die einen meinten, man solle den leiblichen Sinnen immer trauen, andere nicht immer, noch andere überhaupt niemals. Das wären einige, längst nicht alle der fast unzähligen Meinungsverschiedenheiten der Philosophen. Welches Volk, welcher Senat, welcher Gewalthaber oder Würdenträger des gottlosen Staates hat je dafür Sorge getragen, diese Ansichten zu prüfen, die einen zu billigen und anzunehmen, die anderen zu missbilligen und abzulehnen. Blieben nicht vielmehr im Schoß des Staates all diese Kontroversen uneiniger Menschen ohne jegliches Urteil und in wirrem Durcheinander, wobei es doch nicht etwa um Äcker oder Häuser oder irgendwelche Geldangelegenheiten ging, sondern darum, wie man entweder elend oder glückselig lebt? Wurde gelegentlich auch etwas Wahres vorgebracht, so doch ebenso ungehindert auch Falsches, gewiss damit ein solcher Staat nicht umsonst den mystischen Namen

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Babylon empfange. Denn Babylon wird mit Verwirrung übersetzt, wie ich meines Wissens schon erwähnte. Den Teufel aber, den König dieses Staates, interessiert es nicht, dass die Philosophen über ihre entgegengesetzten Irrtümer miteinander streiten, hat er sie doch alle, wie sie es mit ihrer großen und vielfältigen Gottlosigkeit verdienen, in seinem Besitz. Aber jenes Geschlecht, jenes Volk, jene Bürgerschaft, jener Staat, jene Israeliten, denen Gottes Aussprüche anvertraut wurden, sie haben keineswegs Pseudopropheten und wahre Propheten unterschiedslos gewähren lassen und durcheinander geworfen, sondern als wahrhaftig nur diejenigen Verfasser heiliger Schriften anerkannt und festgehalten, die untereinander einhellig waren und in keinem Punkt voneinander abwichen. Für sie waren das die Philosophen, das heißt die Liebhaber der Weisheit, die Weisen, die Theologen, die Propheten, die Lehrer der Rechtschaffenheit und Frömmigkeit. Wer wie sie dachte und lebte, dachte und lebte nicht nach den Menschen, sondern nach Gott, der durch sie sprach. Nr. 465 Theodoret von Cyrus, graecarum affectionum curatio 4,31; 5,48 4,31 Wenn man meint, dass ich diese großen Männer verleumde, weil ich den völligen Widerspruch unter ihnen nachweise, so lese man die Sammlung der „Placita“ des Aetios, man lese die Zusammenfassung des Plutarch „Über die Meinungen der Philosophen.“ Auch die „Geschichte der Philosophie“ des Porphyrius bietet zahlreiche Informationen dieser Art1. 5,48 Es ist also normal, dass sie gegenseitig ihre Lehrmeinungen zerstört haben. Denn die Unwahrheit steht nicht allein im Gegensatz zur Wahrheit, sondern auch zu sich selbst. Die Wahrheit hingegen ist im Einklang mit sich selbst und hat nur die Unwahrheit zum Gegensatz.

b) Partikularität – Totalität der Wahrheitserkenntnis Die Widersprüche der Philosophie lagen nach Auffassung der Apologeten nicht zuletzt darin begründet, dass Einzelerkenntnisse verabsolutiert und für die ganze Wahrheit gehalten wurden (Nr. 467). Während die Philosophen die Wahrheitsfragmente nicht zu einer Synthese zusammenzufügen vermochten, beanspruchten christliche Denker, deren disparate Erkenntnisse im Licht der Offenbarung in ein Gesamtbild integrieren zu können (Nr. 467–468). Im Unterschied zu diesem Argument, das den christlichen Wahrheitsanspruch eher aus der Fähigkeit zur Synthese als aus der Vermittlung neuer Erkenntnis begründete, betonte Justin, dass auch die Summe der von den vorchristlichen

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Philosophen erreichten Einsichten nur Teil der vollen Wahrheit sei, die erst mit der Inkarnation des Logos unverkürzt greifbar wurde (Nr. 466).

Nr. 466 Justin, 2 apologia 10,1–3; 13,2–6 10 (1) Offenbar ist also unsere Lehre jeder menschlichen Lehre überlegen, weil die Fülle des Logos in Christus, der unseretwegen erschien, Leib, Vernunft und Seele geworden ist. (2) Denn, was auch immer die früheren Philosophen und Gesetzgeber Treffendes ausgesprochen und entdeckt haben, das ist von ihnen durch Forschung und Untersuchung geleistet worden, die nur von einem Teil des Logos geleitet waren. (3) Da sie jedoch nicht das Ganze des Logos, der Christus ist, erkannten, sprachen sie oft auch Widersprüchliches aus. 13 (2) Dass ich mich als Christ erweise, darum, so bekenne ich, bete und ringe ich aus aller meiner Macht, nicht weil die Lehren Platons denjenigen Christi völlig fremd sind, wohl aber deshalb, weil sie ihnen nicht in allem gleich kommen; ebenso wenig die der anderen: der Stoiker, der Dichter und Geschichtsschreiber. (3) Denn jeder von ihnen hat kraft seines Anteils an dem Samenkörner (der Wahrheit) austeilenden göttlichen Logos erkannt, was ihm verwandt ist, und insoweit treffende Aussagen gemacht1; doch haben sie in den wichtigeren Fragen einander widersprochen und damit erwiesen, dass sie kein unfehlbares Wissen und keine unwiderlegliche Erkenntnis besitzen. (4) Was sich hingegen bei allen an zutreffenden Aussagen findet, das kommt uns Christen zu; denn wir verehren und lieben mit Gott den von ihm, dem ungewordenen und unaussprechlichen Gott, ausgegangenen Logos. Ist er doch um unseretwillen Mensch geworden, um auch an unseren Leiden teil zu haben. (5) All die Schriftsteller konnten kraft der ihnen innewohnenden Aussaat des Logos nur schattenhaft das Seiende schauen. (6) Denn es ist ein Unterschied zwischen dem Samen, der Nachbildung einer Sache, wie sie entsprechend der Aufnahmefähigkeit verliehen wird, und der Sache selbst, um derentwillen Teilnahme und Nachbildung überhaupt zustande kommen.

Nr. 467 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,57,1–6; 6,55,3–4 1,57 (1) Während es nun nur die eine Wahrheit gibt, die Lüge aber tausend Verirrungen kennt, haben die verschiedenen Richtungen der barbarischen und griechischen Philosophie sie in viele Teile zerrissen, wie die Bacchantinnen die Glieder des Pentheus1, und nun erklärt jede einzelne Richtung

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das Stück, das sie zufällig erhalten hat, angeberisch für die ganze Wahrheit. Durch den Aufgang des Lichtes wird aber, meine ich, alles erleuchtet. (2) Dann wird sich zeigen, dass von allen Griechen und Barbaren, soweit sie sich um die Wahrheit bemühten, die einen nicht wenig, die anderen einen Teil, wenn überhaupt etwas von der Lehre der Wahrheit besitzen. (3) Die Ewigkeit fasst die Teile der Zeit, die Zukunft und die Gegenwart, aber gewiss auch die Vergangenheit in einem Moment zusammen; noch weit mehr als die Ewigkeit besitzt aber die Wahrheit die Macht, ihre eigenen Samenkörner zu sammeln, selbst wenn sie auf fremdes Land gefallen sind. (4) Denn mögen auch die Lehrmeinungen der einzelnen Richtungen einander unähnlich zu sein scheinen, so stimmen doch, wie wir finden werden, sehr viele von ihnen wenigstens hinsichtlich der Grundgedanken und der Gesamtwahrheit überein. Das ist jedenfalls bei den Richtungen der Fall, die nicht völlig stumpfsinnig geworden sind und die natürliche Fähigkeit, folgerichtig zu denken, nicht ganz verloren haben, indem sie, wie das Frauengemach den Mann, so das vernünftige Denken von sich ausgestoßen haben. Denn die Meinungen schließen sich wie Glieder oder Teile oder Arten oder Gattungen zu einer Einheit zusammen. (5) Ferner ist auch die höchste Saite der untersten entgegengesetzt, aber beide verbinden sich zu einer Harmonie; bei den Zahlen unterscheidet sich die gerade Zahl von der ungeraden; aber für die Arithmetik gehören beide zusammen, wie in der Geometrie der Kreis, das Dreieck, das Viereck und die übrigen Figuren, die voneinander verschieden sind. Aber auch in der ganzen Welt behalten alle Teile, auch wenn sie sich voneinander unterscheiden, doch ihre Zugehörigkeit zu dem Ganzen. (6) So hat also die barbarische und die griechische Philosophie die ewige Wahrheit in Teile zerrissen, die aber nicht zum Mythos des Dionysos, sondern zur Theologie des unvergänglichen Logos gehören. Wer aber die zerstreuten Teile sammelt und die Vollkommenheit des Logos in der Einheit wiederherstellt, der wird gewiss die Wahrheit gefahrlos schauen. 6,55 (3) Philosophie besteht aber wohl aus den nicht zu beanstandenden Lehrsätzen jeder einzelnen Richtung – ich meine philosophischen Richtung –, die verbunden mit einer entsprechenden Lebenspraxis zu einer Auswahl vereinigt sind. (4) … Während sie aber selbst meinen, die Wahrheit vollkommen zu erfassen, tun sie es, wie wir bei ihnen feststellen, nur teilweise.

Nr. 468 Laktanz, divinae institutiones 7,7,1–7 (1) Die Philosophen haben diese Synthese nicht erfasst und konnten die Wahrheit auch nicht erfassen, obwohl sie das, woraus die Synthese selber besteht, ungefähr gesehen und dargelegt haben. Doch standen sie zueinander

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im Gegensatz und haben dies alles auf gegensätzliche Weise vorgetragen, ohne Ursachen, Folgen und Gründe der Dinge hinzuzufügen, um jene Synthese, die alles umfasst, zusammenzufügen und zu vollenden. (2) Es lässt sich nun aber leicht nachweisen, dass fast die gesamte Wahrheit unter den Philosophen und einzelnen Schulen aufgeteilt ist. Wir bringen ja die Philosophie nicht so zu Fall, wie es die Akademiker zu tun pflegen, die auf alles eine Antwort geben wollen, was eher ein sophistisches Spiel und Täuschung ist; vielmehr lehren wir, dass keine Schule so sehr in die Irre gegangen und kein Philosoph so erfolglos gewesen ist, dass sie nicht irgendetwas von der Wahrheit erkannt haben. (3) Doch da sie aus purer Lust am Widerspruch den Verstand verloren haben, indem sie selbst das eigene Falsche verteidigen und selbst das Wahre der anderen umstürzen, ist ihnen die Wahrheit nicht nur entgangen, die sie zu suchen vorgaben, vielmehr haben sie diese selber gerade durch eigene Schuld verdorben. (4) Wenn aber jemand käme, der die unter einzelne Denker und Schüler zerstreute und verteilte Wahrheit zusammenfasste und wieder zu einem Ganzen fügte, dann würde er zu uns sicherlich nicht im Widerspruch stehen. Doch kann dies nur tun, wer über Kenntnis und Wissen der Wahrheit verfügt. Die Wahrheit kennen kann aber nur, wer von Gott belehrt worden ist. (5) Auf andere Weise kann er nämlich nicht zurückweisen, was falsch ist, sowie wählen und billigen, was wahr ist. Wenn er dies nun aber selbst zufällig erreichte, würde er ganz gewiss philosophieren; und wenn er es auch nicht mit göttlichen Zeugnissen verteidigen könnte, so würde sich doch die Wahrheit selbst durch ihr eigenes Licht zum Leuchten bringen. (6) Daher befinden sich jene in einem unglaublichen Irrtum, die, wenn sie einmal eine Schule gebilligt und sich ihr angeschlossen haben, die übrigen als falsch und irrig verurteilen, sich zu ihrer Bekämpfung rüsten, ohne zu wissen, was sie verteidigen und was widerlegen müssen, und wahllos überall alle Aussagen derer angreifen, die anderer Meinung sind. (7) Wegen dieser ihrer anhaltenden Streitigkeiten hat es keine Philosophie gegeben, die der Wahrheit wirklich näher gekommen wäre. Denn die ganze Wahrheit ist von ihnen nur fragmentarisch erfasst worden.

c) Vermutung – Gewissheit Blieben die Philosophen bei bloßen Wahrscheinlichkeiten und rein menschlichen Meinungen stehen, so beanspruchten die Christen, die Wahrheit nicht nur annäherungsweise, sondern irrtumsfrei und sicher zu erkennen. Die Überlegenheit christlicher Wahrheitserkenntnis gründete nach Überzeugung der Apologeten im Offenbarungsgeschehen, das die Vermutungen philosophischen Denkens zur Gewissheit erhob (Nr. 188, 469–473, 494).

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Nr. 469 Tatian, oratio ad Graecos 12,9–10 9 Da wir aber das nicht bloß mit der Zunge und auf Grund bloß wahrscheinlicher Erwägungen und Vorstellungen oder einer sophistischen Konstruktion behaupten, sondern uns auf die Worte einer göttlichen Kundgebung stützen können, so sollen von euch die kommen, die lernen wollen! 10 Da ihr ja nicht einmal den Skythen Anacharsis zum Geier gejagt habt1, so haltet es nicht für unter eurer Würde, von den Jüngern einer barbarischen Gesetzgebung unterrichtet zu werden. Macht Gebrauch von unseren Lehrsätzen, sei es auch nur wie von der babylonischen Mantik, hört auf uns, sei es auch nur wie auf eine orakelspendende Eiche! Das Geschilderte sind doch nur feindselige Täuschungen verblendeter Dämonen; die Lehren unserer Wissenschaft aber stehen höher als das weltliche Begreifen. Nr. 470 Athenagoras, legatio 7,2–3 7 (2) Dichter und Philosophen traten nämlich wie an andere so auch an dieses Thema nur mit Vermutungen heran, wobei zwar jeder im Maß einer Sympathie mit dem Hauch Gottes von seiner eigenen Seele gedrängt wurde zu suchen, ob er die Wahrheit finden und verstehen könne, aber doch nur soviel Erfolg hatte, dass er sich das Seiende nur annäherungsweise vorstellen, es aber nicht wirklich finden konnte; denn er suchte nicht bei Gott Belehrung über Gott, sondern nur bei sich selbst. Daher haben sie auch über Gott und Materie, über Ideen und Welt widersprechende Lehren aufgestellt. (3) Wir dagegen haben für unsere Vorstellungen und für unseren Glauben die Propheten zu Zeugen, die in der Kraft des göttlichen Geistes über Gott und göttliche Dinge gesprochen haben. Auch Ihr, die Ihr durch eure Einsicht und durch eure Frömmigkeit gegenüber dem wahrhaft Göttlichen die andern überragt, dürftet zugeben, dass es unvernünftig ist, vom Glauben an den göttlichen Geist, der den Mund der Propheten wie ein Musikinstrument berührte, abzulassen und sich nach Menschenmeinungen zu richten.

Nr. 471 Eusebius von Cäsarea, praeparatio evangelica 13,14,1–2 (1) Die Schriften der Hebräer enthalten Prophetien und Orakel von göttlicher Macht, die die Möglichkeiten des Menschen übersteigen, ihrem Titel nach haben sie Gott zum Autor und ihre Botschaft bestätigen sie durch die

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Vorhersage der Zukunft und durch die Übereinstimmung der Ereignisse mit den Ankündigungen; man sagt daher, sie seien frei von jeglichem trügerischen Gedanken; denn „die göttlichen Worte sind lauter, im Schmelzofen gereinigtes Silber, in der Erde siebenfach geläutert“ (Ps 12,7), wie es von ihnen heißt. (2) Solches lässt sich hingegen nicht von den Worten Platons sagen oder eines anderen Weisen unter den Menschen, die mit den Augen menschlicher Intelligenz, mit hinfälligen Vermutungen und Hypothesen, wie im Traum und nicht wach, dazu gelangen, sich die Natur der Dinge vorzustellen, wobei sie die natürliche Wahrheit mit einem großen Anteil von Irrtum vermischen, so dass man bei ihnen kein Wissen finden kann, das frei von Täuschung wäre. Nr. 472 Augustinus, de civitate Dei 7,17 Ebenso wenig wie das, was ich exemplarisch angeführt habe, bietet auch das Übrige eine Erklärung, sondern stiftet nur Verwirrung. Wie der Impuls umherschweifender Meinungen sie gerade treibt, hierhin und dahin, kreuz und quer, tasten sie sich bald vor, bald weichen sie zurück, so dass Varro1 selbst lieber an allem zweifeln als etwas fest behaupten wollte. Denn nachdem er das erste der drei letzten Bücher, das von den gewissen Göttern2 handelt, abgeschlossen hatte, bemerkte er zu Beginn des nächsten, das sich mit den ungewissen Göttern beschäftigen sollte: „Wenn ich in diesem Büchlein zweifelhafte Ansichten über die Götter vorbringe, darf man mich deswegen nicht kritisieren. Wer meint, er solle und könne, nachdem er es gelesen hat, ein sicheres Urteil fällen, tue es auf seine Verantwortung. Ich wenigstens könnte mich eher entschließen, was ich im ersten Buch gesagt habe, wieder in Zweifel zu ziehen, als all das, was ich jetzt schreibe, für definitiv zu erklären“ (ant. rer. div. frg. 226). Damit hat er nicht nur das Buch von den ungewissen Göttern, sondern auch das von den gewissen ungewiss gemacht. Im dritten Buch schließlich, dem von den auserlesenen Göttern, macht er zunächst im Vorwort die erwähnte Ausführung über die natürliche Theologie, um dann die Nichtigkeiten und unsinnigen Lügen der Staatstheologie zu schildern, wobei ihn nicht etwa allein die Wahrheit des Sachverhalts leitet, sondern auch die Autorität der Vorfahren belastet, und sagt nun: „In diesem Buch will ich von den anerkannten Göttern des römischen Volkes schreiben, denen sie Tempel geweiht und die sie mit mancherlei Zeichen geschmückt und kenntlich gemacht haben. Doch, wie Xenophanes von Kolophon3 sagt, wird man hier nur meine Meinung finden, keine Beweise. Denn menschlich ist es zu vermuten, göttlich zu wissen“ (ant. rer. div. frg. 243). Also nicht von klar erkannten oder fest geglaubten, sondern nur vermuteten und anzuzwei-

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felnden Dingen will er, wie er uns zaghaft in Aussicht stellt, Kunde geben, wenn er darangeht, die menschlichen Kulteinrichtungen zu beschreiben. Denn nicht wie er wusste: Es gibt eine Welt, es gibt Himmel und Erde, einen Himmel, der von Sternen leuchtet, eine Erde, die aus Samen Früchte hervorbringt, und dergleichen mehr, auch nicht, wie er mit fester Zuversicht glaubte: Diese ganze große Welt wird durch eine unsichtbare, übermächtige Macht geleitet und verwaltet, nein, nicht so konnte er von Janus versichern, dass er die Welt sei, oder von Saturn behaupten, dass er Jupiters Vater gewesen und dennoch seiner Herrschaft unterworfen wurde und anderes von dieser Art. Nr. 473 Theodoret von Cyrus, graecarum affectionum curatio 2,21–22 21 Wir sind nicht die einzigen, die euch sagen, dass das vermeintliche Wissen die Krankheit ist, die euch blind macht. Schon vor langer Zeit hatte nämlich Timon1 euren Philosophen diesen Vorwurf gemacht. Zu wissen ist eine Sache, zu wissen meinen, ohne wirklich zu wissen, eine andere. Es besteht nämlich ein großer Unterschied … zwischen der Wahrheit und der Vermutung der Wahrheit. 22 Die Vermutung bringt nämlich noch viele Fehler mit sich, die Wahrheit duldet keine entgegengesetzte Belehrung. Anders spricht aber, wer über die Wahrheit Vermutungen anstellt, anders bringt diese sich selbst zur Sprache. d) Theorie – Praxis Während die apologetische Kritik an der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis bei den Philosophen nur einen Topos der vorchristlichen Antike wiederholte (Nr. 192, 474, 476, 479), setzte sie einen neuen Akzent dadurch, dass vor allem die religiöse Praxis der Philosphen an ihrer Gotteserkenntnis gemessen wurde. Selbst wenn gebildete Heiden ein tieferes, symbolisches Verständnis der traditionellen Kulte zu besitzen glaubten und deshalb meinten, weiterhin daran teilnehmen zu können, komprommitierte in den Augen der Apologeten diese Teilnahme den Philosophen, der der Masse die Berechtigung ihrer irrigen Auffassungen suggeriere (Nr. 475–478).

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Nr. 474 Minucius Felix, Octavius 38,5–6 (5) Da mag denn Sokrates, der Narr aus Attika1, zusehen wie er sich behauptet, der da erklärte, dass er nichts wisse, und sich groß tut mit dem Zeugnis des Lügendämons2, mögen Arkesilaos und Karneades und Pyrrhon und die ganze Schar der Akademiker im Zweifel leben3, und Simonides auch in alle Ewigkeit Aufschub verlangen4: wir haben für die Überheblichkeit der Philosophen nur Verachtung, die wir doch als Verführer und Ehebrecher, als Tyrannen und stets beredte Prediger gegen all die Laster, mit denen sie selbst befleckt sind, kennen. (6) Wir tragen unsere Weisheit nicht im „Philosophenmantel“ zur Schau, sondern zeigen sie in unserer Gesinnung. Wir reden nicht von großen Dingen, wir leben sie und dürfen uns schließlich rühmen, das erreicht zu haben, was jene mit größter Anstrengung suchten und doch nicht finden konnten. Nr. 475 Origenes, contra Celsum 6,4; 7,44 6,4 Aber die, die so treffend über das höchste Gut geschrieben haben, gehen hinab zum Piräus, um die Artemis als Göttin anzubeten und das von den einfachen Leuten gefeierte Volksfest zu sehen (vgl. Plat., resp. 327a). Und nachdem sie so Bedeutendes über die Seele philosophiert und den künftigen Zustand der Seele, die gut gelebt hat, in allen Einzelheiten beschrieben haben, verlassen sie die hohe Gedankenwelt, die Gott ihnen offenbart hat, denken Unbedeutendes und Geringes und opfern dem Asklepios einen Hahn (vgl. Plat., Phd. 118a). Und obwohl sie sich das unsichtbare Wesen Gottes und die Ideen der Dinge anhand der Erschaffung der Welt und der sichtbaren Dinge, von denen sie sich zu den geistigen erheben, vorgestellt haben und von seiner ewigen Macht und Göttlichkeit eine keineswegs unangemessene Kenntnis besitzen, so sind sie doch nichtsdestoweniger in ihren Gedanken auf Nichtigkeiten verfallen, und ihr unverständiges Herz bewegt sich sozusagen in Finsternis und Unkenntnis über die Verehrung des Göttlichen. Man kann sehen, wie Leute, die sich auf ihre Weisheit und Theologie viel einbilden, das Abbild der Gestalt eines vergänglichen Menschen anbeten, um ihm, wie sie sagen, Ehre zu erweisen, ja sich bisweilen mit den Ägyptern sogar auf die Ebene von Vögeln, Vierfüßlern oder Kriechtieren hinab begeben. Wenn einige sich darüber erhoben zu haben scheinen, so wird man doch entdecken, dass sie die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht haben und dem Geschöpf statt dem Schöpfer Verehrung darbringen und dienen (Röm 1,20–25)1. …

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7,44 … Gott aber, meine ich, sah die Prahlerei oder die Geringschätzung der anderen bei denjenigen, die sich auf ihre Gotteserkenntnis und ihr aus der Philosophie resultierendes Wissen um die göttlichen Dinge etwas einbilden, aber ganz ähnlich wie die ungebildetesten Leute zu den Götterbildern und ihren Tempeln und den Mysterien laufen, die in aller Munde sind. Deshalb „erwählte er, was vor der Welt töricht ist“, nämlich die einfachsten unter den Christen, die maßvoller und reiner als viele Philosophen leben, „um die Weisen zu beschämen“ (1 Kor 1,27), die sich nicht scheuen, mit leblosen Dingen wie mit Göttern oder Abbildern von Göttern zu verkehren. Denn welcher vernünftige Mensch wird nicht den verlachen, der nach so vielen hohen philosophischen Spekulationen über Gott oder die Götter dann zu den Götterbildern hinblickt und entweder an sie sein Gebet richtet oder es durch das Anschauen dieser Bilder zu dem geistig verstandenen Gott emporträgt, zu dem er, wie er sich vorstellt, vom Sichtbaren und Symbolischen aus aufsteigen muss. Aber selbst der einfache Christ ist überzeugt, dass jeder Ort der Welt ein Teil des Ganzen ist, dass die ganze Welt Gottes Tempel ist.

Nr. 476 Laktanz, divinae institutiones 2,3,1–7; 3,15,6–14.21 2,3 (1) Doch was nutzt es, eine Rede dieser Art an die große Menge und ungebildete Menschen zu richten, da wir sehen, dass sogar gelehrte und kluge Männer, obwohl sie die Nichtigkeit ihrer Kulte erkannt haben, aufgrund einer unerklärlichen Verirrung nichtsdestoweniger dabei beharren, das zu verehren, was sie verurteilen? Cicero hatte erkannt, dass das, was die Menschen verehren, falsch ist. (2) Denn nachdem er viele Dinge gesagt hatte, die geeignet waren, die Kulte zunichte zu machen, fügt er trotzdem hinzu, dass „all dies nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden dürfe, damit nicht eine solche Diskussion die offiziell praktizierten Kulte auslösche“ (nat. deor., frg.). (3) Was soll man mit einem Menschen machen, der, wenn er sich seines Irrtums bewusst wird, sich darüber hinaus an eine Mauer wirft, damit das ganze Volk dagegen stößt, und sich selber die Augen ausreißt, damit alle blind sind? Der weder den anderen einen Dienst erweist, da er sie in die Irre gehen lässt, noch sich selbst, da er sich den Irrtümern der anderen anschließt, noch sich seiner Weisheit bedient, die er als Gabe empfangen hat, um in die Tat umzusetzen, was er geistig erfasst hat? Vielmehr setzt er in voller Kenntnis der Sachlage seinen Fuß in die Schlinge, um sich zusammen mit den anderen, die er als der Klügere hätte befreien müssen, selbst fangen zu lassen. (4) Im Gegenteil sollst du, Cicero, wenn du nur etwas Mut hättest, versuchen, das Volk weise zu machen. Die Sache verdient es, dass du dort deine

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Beredsamkeit mit ganzer Kraft zum Einsatz bringst. Man muss nämlich nicht befürchten, dass dir bei einer so guten Sache die Sprache versagt, der du doch häufig sogar eine schlechte Sache wortreich und entschieden verteidigt hast. (5) Du fürchtest aber ohne Zweifel das Gefängnis des Sokrates und wagst daher nicht, die Verteidigung der Wahrheit zu übernehmen. Doch hättest du als Weiser den Tod verachten müssen, auch wäre es weit schöner gewesen, du wärest wegen hilfreicher Worte als wegen Verwünschungen gestorben; auch hätten dir deine Philippischen Reden1 nicht mehr Ruhm einbringen können, als wenn du den Irrtum der Menschheit beseitigt hättest und der Sinn der Menschen durch deine Argumentation wieder zur gesunden Vernunft zurückgerufen worden wäre. (6) Doch konzedieren wir dies der Furcht, die aber im Weisen eigentlich nicht existieren darf. Weshalb verbleibst auch du in demselben Irrtum? Ich sehe, dass du aus der Erde gemachte, von der Hand gefertigte Gegenstände verehrst. Du erkennst, dass sie nichtig sind, und dennoch tust du dasselbe, was diejenigen tun, die du selber als die allerdümmsten bezeichnest. (7) Was nutzte es also, dass du die Wahrheit gesehen hast, die du weder verteidigen noch befolgen wolltest? 3,15 (6) Wenn aber die Philosophie das Leben prägen könnte, dann wären ausschließlich die Philosophen gute Menschen, und alle, die sie nicht erlernt hätten, wären stets schlechte Menschen. (7) Da aber zahllose leben und immer gelebt haben, die ohne jegliche Lehre gut sind oder gewesen sind, unter den Philosophen aber sehr selten jemand gewesen ist, der etwas Lobenswertes im Leben getan hätte, wer wollte dann eigentlich nicht einsehen, dass diese Menschen keine Lehrer der Tugend sind, die sie selber nicht besitzen? (8) Denn wer gründlich ihren Lebenswandel untersucht, wird entdecken, dass sie jähzornig, begierig, zügellos, arrogant, schamlos sind und unter dem Deckmantel der Weisheit ihre Laster verbergen, wobei sie im eigenen Haus genau das tun, was sie in der Schule kritisiert hatten. (9) Doch vielleicht lüge ich, um anzuklagen? Bekennt und beklagt dasselbe nicht auch Cicero (Tusc. 2,11)? Er sagt: „Wie selten sind diejenigen unter den Philosophen, die so angelegt und in ihrer Seele und ihrem Leben so beschaffen sind, wie es die Vernunft fordert? Die ihre Lehre nicht als Zurschaustellung von Wissen, sondern als ein Gesetz des Lebens auffassen? Die sich selbst gehorchen und ihren eigenen Lehren folgen? Andere kann man beobachten, die so leichtfertig und eitel sind, dass es für sie besser gewesen wäre, sie hätten überhaupt nichts gelernt; andere sind geldgierig, einige ruhmsüchtig, viele Sklaven der Leidenschaften, so dass ihre Rede in erstaunlicher Weise ihrem Leben widerspricht.“ (10) Auch Cornelius Nepos (frg. 46) schreibt demselben Cicero Folgendes: „Die Philosophie als Lehrerin des Lebens und Vollenderin des seligen Lebens anzusehen, liegt mir so fern, dass ich meine, niemand hätte Lehrmeister des Lebens mehr nötig als die meisten, die sich mit der Diskussion

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dieser Themen beschäftigen. Ich sehe nämlich, wie ein Großteil derer, die in der Schule scharfsinnig Vorschriften über Anstand und Enthaltsamkeit machen, in den Begierden sämtlicher Leidenschaften leben.“ (11) Ebenso sagt Seneca in seiner „Mahnschrift“ (frg. 18): „Die meisten Philosophen sind von der Art: Sie sind zu ihrem eigenen Tadel beredt. Wenn man hört, wie sie gegen Habgier, Zügellosigkeit und Ruhmsucht Vorträge halten, möchte man meinen, sie hätten über sich selbst eine Aussage gemacht; so sehr wenden sich ihre öffentlich geäußerten Schmähworte gegen sie selbst. Man darf sie nicht anders betrachten als Ärzte, deren Aushängeschilder Heilmittel anpreisen, deren Dosen aber Gift enthalten. (12) Einige aber empfinden nicht einmal Scheu vor den Lastern, sondern sie erfinden für ihre Schändlichkeiten eine Verteidigung, um scheinbar ehrenhaft zu sündigen.“ „Der Weise“, sagt derselbe Seneca, „wird tun, auch was er nicht billigt, um einen Zugang zu Bedeutenderem zu finden, er gibt die guten Sitten nicht auf, sondern passt sie den Zeitumständen an, und was andere zum Ruhm oder zu sinnlichen Vergnügen gebrauchen, wird er gebrauchen, um sein Ziel zu verfolgen“ (frg. 19). (14) Dann ein wenig später: „Alles, was die Zügellosen und Unkundigen tun, wird auch der Weise tun, aber nicht auf die gleiche Art und in der gleichen Absicht“ (frg. 20). Es macht nun aber keinen Unterschied, in welcher Gesinnung man das tut, was zu tun moralisch schlecht ist, da man die Handlungen wahrnimmt, nicht aber die Seele sieht. (21) In dieser Disziplin gibt es also keine Belehrung über die Tugend, da auch die, die anständigere Weisungen geben, entweder selber nicht tun, wozu sie raten, oder wenn sie es tun, was selten vorkommt, dann nicht die Disziplin der Philosophie, sondern die Natur sie zum Rechten führt, die häufiger auch Ungebildete zu lobenswertem Verhalten drängt. Nr. 477 Augustinus, de vera religione 1,1 Den Zugang zu einem guten und glückseligen Leben eröffnet allein die wahre Religion, die nur einen Gott verehrt und mit geläuterter Frömmigkeit als Ursprung aller Wesen erkennt, als den, der das Weltall anfänglich setzt, es vollendet und umfasst. So wird der Irrtum jener Völker, die lieber viele Götter als den einen wahren Gott und Herrn aller Geschöpfe verehren wollten, durch die Tatsache offenkundig enthüllt, dass ihre Weisen, die sie Philosophen nennen, zwar verschiedene Schulen, dennoch aber gemeinsame Tempel hatten. Denn es konnte weder den Völkern noch ihren Priestern verborgen bleiben, wie abweichend voneinander die Ansichten dieser Philosophen über das Wesen der Götter waren. Keiner scheute sich ja, seine persönliche Meinung öffentlich zu vertreten und den Versuch zu machen, womöglich alle

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dafür zu gewinnen. Trotzdem liefen sie alle mit ihren Anhängern, so verschieden und gegensätzlich ihre Lehren waren, zu den gemeinsamen Opferfesten, ohne dass sie jemand daran hinderte. Jetzt handelt es sich nicht darum, wer von ihnen der Wahrheit am nächsten kam, sondern es genügt, die, wie mir scheint, unbestreitbare Tatsache festzustellen, dass sie, was die Religion angeht, etwas ganz anderes mit dem Volk öffentlich praktizierten, als sie – durchaus vor den Ohren desselben Volkes – als Privatmeinung verteidigten.

Nr. 478 Augustinus, de civitate Dei 10,1.3 1 Wir entscheiden uns also für die Platoniker, die mit Recht berühmtesten unter allen Philosophen, weil sie zur Einsicht gelangten, dass die unsterbliche, vernünftige, geistbegabte Menschenseele nur durch Teilnahme am Licht jenes Gottes, der sie selbst und die Welt geschaffen hat, glückselig werden kann. Denn sie leugnen entschieden, dass irgend jemand das glückselige Leben, das alle Menschen erstreben, erlangen kann, der nicht mit jenem Einzigen und Besten, nämlich dem unwandelbaren Gott, in reiner und keuscher Liebe verbunden ist. Aber auch sie sind, sei es aus Nachgiebigkeit gegen den Irrtum der Masse, sei es, wie der Apostel sagt, selbst „in ihrem Denken töricht geworden“ (Röm 1,21), für die Verehrung vieler Götter eingetreten, oder taten wenigstens so, und haben teilweise sogar den Dämonen göttliche Verehrung durch Feiern und Opfer zugebilligt, was wir bereits ausführlich zurückgewiesen haben1. … 3 Wenn demnach die Platoniker und andere Gleichgesinnte, die Gott erkannten, ihn auch als Gott verherrlichen und ihm Dank sagen wollten, wenn sie nicht in ihrem Denken töricht würden und so die Irrtümer der Volksmenge teils selbst veranlassten, teils ihnen nicht entgegenzutreten wagten, dann würden sie ohne Frage zugeben, dass jene unsterblichen und seligen Wesen ebenso wie auch wir, die sterblichen und unseligen, damit wir unsterblich und selig werden können, nur den einen Gott der Götter verehren dürfen, der nicht nur unser, sondern auch ihr Gott ist.

Nr. 479 Theodoret von Cyrus, curatio graecarum affectionum 12,5–6.19.24–27 5 Das höchste Gut stellt tatsächlich die Erkenntnis der göttlichen Dinge dar. Dies reicht jedoch noch nicht aus, um den Menschen vollkommen zu gestalten, der dieser Erkenntnis gewürdigt wurde. Zur Erkenntnis muss nämlich

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noch die gute Praxis hinzukommen. … 6 Man soll nicht nur wissen, wie über die Gottheit zu denken ist, sondern auch sein Leben nach ihren Geboten ausrichten. Ähnlich wie diejenigen, die das Malen, Schustern oder sonst irgendein Handwerk erlernen wollen, nicht nur lernen wollen, um zu wissen, sondern auch, um mit ihren Händen etwas zu schaffen und sich durch die Werke als Nachahmer ihrer Meister zu erweisen, so werden auch die Anhänger der Religion nicht allein die Theologie und Kosmologie studieren müssen, sondern auch die Grundsätze der praktischen Tugenden und sie nach Möglichkeit befolgen und versuchen, nach ihnen die Gestalt ihrer Seele zu prägen und zu formen. 19 … Wir wollen jetzt prüfen, welche Meinung die griechischen Philosophen hierüber hatten. Wir werden sehen, dass Platon und andere, die seine Philosophie geschätzt haben, mit dieser Überzeugung übereinstimmen. Jener sagt ja Folgendes in den „Gesetzen“ (716c–d): „Wer nun Gott wohlgefällig werden will, muss notwendigerweise auch selbst nach Kräften ihm ähnlich werden. Diesem Satz entsprechend ist unser Weiser Gottes Freund; denn er ist ihm ähnlich. Wer nicht weise ist, der ist ihm unähnlich und von ihm verschieden.“ … 24 Nach diesen Worten lehrt er ausführlich die Vollkommenheit der Tugend, indem er schreibt: „So lasst uns denn von denen reden, die an der Spitze stehen. Denn was sollte man auch von denen sagen, die sich nur auf eine schlechte Art mit der Philosophie beschäftigen? Jene aber wissen nicht einmal den Weg zur Agora, noch wo das Gerichtshaus, noch wo das Versammlungshaus des Rates, noch wo irgendein anderer öffentlicher Sitzungssaal der Stadt ist. Gesetze aber und Volksbeschlüsse, geschriebene und ungeschriebene, sehen sie weder noch hören sie. Das Bewerben der Vereine um die Ämter und die beratschlagenden Zusammenkünfte und die Gastmähler und Feste mit Flötenspielerinnen, dergleichen zu besuchen, fällt ihnen auch im Traum nicht ein. Ob ferner jemandem etwas Schlimmes passiert ist in der Stadt oder was einem von seinen Vorfahren her Schlimmes anhängt von väterlicher oder mütterlicher Seite, davon weiß er weniger, wie man sagt, als wie viel Sand es am Meer gibt. 25 Und von alldem weiß er nicht einmal, dass er es nicht weiß. Denn er enthält sich dessen nicht wegen des guten Rufes, sondern tatsächlich wohnt nur sein Körper in der Stadt und hält sich darin auf; sein Denken aber hält dies alles für unbedeutend und wertlos, schweift nach Pindar (frg. 292) überall umher, was auf der Erde und was in ihren Tiefen ist messend und am Himmel die Sterne verteilend und über jegliche Natur alles dessen, was ist, erforschend“ (Tht. 173c–174a). 26 In diesen Worten zeichnete Platon das Lebensbild unserer Philosophen auf: Denn bei ihnen gab es niemanden, der so war. Sokrates nämlich, die Koryphäe unter den Philosophen, verbrachte seine Zeit mit Diskussionen in den Gymnasien und

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Werkstätten. Bald hielt er sich in der Stadt auf, bald ging er zum Piräus hinab, um die Schauspiele zu sehen. Zum Militär einberufen, kämpfte er bei Poteidaia und Delion. Er nahm an Gastmählern teil, besuchte die Komödien des Aristophanes, billigte die Ausschweifungen des Alkibiades, wie es Platons Symposion (vgl. apol. 28c) bezeugt. Er ging ins Theater und sah sich gemeinsam mit dem Volk das Schauspiel an. 27 Platons Worte passen somit nicht zu Sokrates. Wenn nicht zu ihm, dann überhaupt zu niemandem. Diejenigen jedoch, die die Philosophie des Evangeliums lieb gewonnen haben1, hielten sich fern von städtischem Trubel, indem sie sich auf Bergesgipfel niederließen oder das Leben in der Wüste vorzogen; sie gaben sich der Kontemplation göttlicher Dinge hin und führten ein darauf ausgerichtetes Leben, ohne sich um Frauen, Kinder und irdische Güter sorgen zu müssen; sie formten ihre Seelen nach den Regeln der göttlichen Gebote und, den besten Malern ähnlich, schufen sie geistige Gemälde nach den schönsten Vorbildern der Tugend. e) Elitärer Charakter – universaler Weg Dem Elitarismus der antiken Philosophie, die die Wahrheitserkenntnis einer intellektuellen Minderheit vorbehielt (Nr. 484) bzw. stets nur wenige Anhänger für ihre Positionen gewinnen konnte (Nr. 197, 482–483, 485–486), stellten die Apologeten die universale Zugänglichkeit der christlichen Glaubensweisheit entgegen. Wahrheit wurde als Anrecht aller Menschen verteidigt, die durch den Glauben an die geschichtliche Offenbarung Gottes Erkenntnis über die großen Fragen des Daseins gewinnen konnten, um die zuvor nur einige wenige Philosophen gerungen hatten (Nr. 192, 480–483, 485–486). Es gebe keine privilegierten Zentren des Wissens mehr, da der inkarnierte Logos die ganze Welt erfüllte (Nr. 488). Augustin vertrat die These, das Christentum sei der universale Weg, den Porphyrius in den Weisheitslehren der verschiedenen Völker vergeblich gesucht hatte (Nr. 66).

Nr. 480 Tatian, oratio ad Graecos 32,2 Nicht nur die Reichen philosophieren bei uns, sondern auch die Armen genießen unentgeltlich den Unterricht; denn was von Gott kommt, ist zu erhaben, als dass es mit einer irdischen Gabe vergolten werden könnte. Alle, die hören wollen, lassen wir also zu, auch wenn es alte Frauen sind oder Kinder.

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Nr. 481 Clemens von Alexandrien, stromateis 4,58,3 Wer sein Leben nach unseren Grundsätzen führt, der kann auch ohne wissenschaftliche Bildung philosophieren, mag er ein Barbar sein oder ein Grieche, ein Sklave, ein Greis oder ein Kind oder eine Frau.

Nr. 482 Tertullian, apologeticum 46,8–9; 50,14 46 (8) So haben wir weder, wie ihr meint, dem Erkennen noch dem Verhalten nach unseresgleichen. Was konnte denn Thales, bekanntlich der erste Naturforscher, dem Kroisos auf seine Fragen nach der Gottheit Sicheres antworten, nachdem er die erbetene Bedenkzeit immer wieder hatte verstreichen lassen?1 (9) Gott vermag der erste beste christliche Handarbeiter zu finden und zu zeigen, und alles, was man über Gott theoretisch fragt, besiegelt er dann auch durch die Tat – mag Platon (Tim. 28c) immerhin behaupten, der Schöpfer des Alls sei nicht leicht zu finden und, habe man ihn gefunden, nur schwer allen mitzuteilen2. 50 (14) Viele gibt es bei euch, die zu standhaftem Ertragen von Schmerz und Tod auffordern, wie Cicero in den Gesprächen in Tusculum, wie Seneca in der Schrift über die Zufälle, wie Diogenes, Pyrrho, Kallinikos; und doch finden ihre Worte nicht so viele Schüler wie die Christen, die durch Taten lehren. Nr. 483 Origenes, contra Celsum 6,1–2 1 Celsus hat nämlich zahlreiche Stellen insbesondere aus Platon zitiert und sie mit Auszügen aus den heiligen Schriften verglichen, die auch einen intelligenten Menschen überzeugen können; er behauptet dann, dass „diese Dinge besser bei den Griechen ausgedrückt seien ohne hochfahrendes Wesen und dem Anspruch, als kämen sie von Gott oder dem Sohn Gottes.“ Wir antworten darauf: Wenn es die Aufgabe der Boten der Wahrheit ist, möglichst vielen zu nutzen und ihr, so weit es realisierbar ist, aus Menschenliebe jeden, wer es auch sei, zuzuführen, nicht nur den Klugen, sondern auch den Unverständigen, und wiederum nicht nur Griechen unter Ausschluss der Barbaren, und es ein großer Erfolg ist, falls man imstande ist, auch die ungebildetsten und einfachsten Menschen zu bekehren, dann ist klar, dass man auf eine Ausdrucksweise bedacht sein muss, die allgemein verständlich ist und bei allen

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Gehör zu finden vermag. Wer aber die einfachen Menschen, die nicht imstande sind, die richtige Abfolge der Worte im Satz und der wohlgeordneten Gedanken zu erfassen, als Ungebildete weit von sich weist und sich nur um diejenigen kümmert, die literarisch und wissenschaftlich gebildet sind, der beschränkt, was ein gemeinsames Gut sein sollte, auf einen sehr engen und kleinen Kreis. 2 Ich habe diese Bemerkungen gemacht, um die von Celsus und anderen kritisierte Schlichtheit des Ausdrucks der Schriften zu verteidigen, die durch den Glanz der literarischen Komposition in den Schatten gestellt zu werden scheint. Denn unsere Propheten, Jesus selbst und seine Apostel achteten auf eine Art der Verkündigung, die nicht nur Wahrheiten enthält, sondern auch die große Menge zu gewinnen vermag, bis ein jeder, nach seiner Bekehrung und Einführung entsprechend seiner Fähigkeit zu der verborgenen Bedeutung aufsteigt, die in dem scheinbar schlichten Ausdruck liegt. Und wenn man es etwas gewagter formulieren darf, so ist der elegante und raffinierte Stil Platons und seiner Nachahmer, wenn überhaupt, nur wenigen von Nutzen gewesen. Die Ausdrucksweise derer hingegen, die zugleich schlichter, sachlich und populär gelehrt und geschrieben haben, ist einer größeren Anzahl von Nutzen gewesen. Man kann jedenfalls sehen, dass sich Platon nur in den Händen von Leuten findet, die als Gelehrte gelten, während Epiktet1 auch von gewöhnlichen Leuten bewundert wird, die motiviert sind, einen fördernden Einfluss zu erfahren, da sie bemerken, wie sie durch seine Lehren gebessert werden. Wir sagen dies nicht, um Platon einen Vorwurf zu machen – denn die große Welt der Menschen hat auch von ihm Nutzen empfangen –, vielmehr wollten wir die Absicht derer aufzeigen, die gesagt haben: „Mein Wort und meine Verkündigung bestand nicht in gewinnenden Weisheitsworten, sondern im Erweis von Geist und Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit beruhe, sondern auf Gottes Kraft“ (1 Kor 2,4 f.). Das göttliche Wort erklärt, dass eine Rede, selbst wenn sie an sich wahr und höchst glaubwürdig wäre, nicht genügt, um in die menschliche Seele einzudringen, wenn dem Redenden nicht auch eine gewisse Kraft von Gott verliehen wird und ein Hauch von Anmut auf den Worten ruht, die ebenfalls nicht ohne Mitwirkung Gottes denen zuteil wird, die in wirksamer Weise reden. Jedenfalls sagt der Prophet im siebenundsechzigsten Psalm (68,12): „Der Herr wird den Verkündigern der frohen Botschaft das Wort mit großer Kraft geben.“ Wollte man nun auch bei einigen Aussagen einräumen, dass die Lehren bei den Griechen und den Bekennern unseres Glaubens identisch sind, so besitzen sie doch nicht dieselbe Kraft, um Seelen zu gewinnen und entsprechend zu beeinflussen. Deshalb sind die Jünger Jesu – ungebildete Leute, was die griechische Philosophie angeht – bei vielen Völkern des Erdkreises umhergezogen, indem sie, wie der Logos es wollte, jeden der Hörer entsprechend seines Verdienstes

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beeinflussten. Diese wurden dann auch, entsprechend der Hinneigung ihres freien Willens zur Aufnahme des sittlich Guten, weitaus besser.

Nr. 484 Laktanz, divinae institutiones 3,25,1–18 (1) Nun müssen wir ein wenig über die Philosophie im allgemeinen sprechen, um dann zum Abschluss zu kommen, wenn die Sache erhärtet werden konnte. Unser hervorragender Nachahmer Platons war der Ansicht, dass die Philosophie nicht für das Volk bestimmt sei, da sie nur gebildete Menschen besitzen könnten. (2) Er sagt: „Die Philosophie ist mit wenigen Richtern zufrieden, meidet mit Absicht die Menge“ (Cic., Tusc. 2,4). Sie ist also keine Weisheit, wenn sie vor der Menschenmenge zurückschreckt, da die Weisheit, wenn sie dem Menschen verliehen ist, ohne Unterschiede allen verliehen ist, so dass es schlechthin niemanden gibt, der sie nicht erfassen könnte. (3) Sie aber ergreifen die der Menschheit verliehene Fähigkeit in einer Weise, dass sie den Eindruck erwecken, sie wollten als einzige von allen ein allgemeines Gut genießen, so voller Neid, als ob sie anderen die Augen verbinden oder ausstechen, damit sie die Sonne nicht sehen. (4) Denn den Menschen die Weisheit zu verweigern, was bedeutet dies anderes, als die Geister des wahren und göttlichen Lichtes zu berauben? (5) Wenn also die Natur des Menschen der Weisheit fähig ist, dann mussten auch die Arbeiter, Bauern, Frauen, kurz alles, was Menschgestalt besitzt, gelehrt werden, weise zu sein, so dass ein Volk von Weisen aus jeder Sprache, jedem Stand, jedem Geschlecht und jedem Alter entsteht. (6) Das stärkste Argument dafür, dass die Philosophie weder zur Weisheit strebt noch selbst die Weisheit ist, besteht aber darin, dass ihr ganzes Geheimnis nur auf dem Bart und Mantel des Philosophen beruht. (7) So dachten die Stoiker, die sagten, auch Sklaven und Frauen müssten philosophieren; auch Epikur (frg. 227 Us.), der die Analphabeten zur Philosophie einlädt, ebenso Platon, der einen Staat von Philosophen schaffen wollte. (8) Sie versuchten zwar zu tun, was die Wahrheit forderte, doch kam man nicht über bloße Worte hinaus. Erstens, weil es vieler Einführungswissenschaften bedarf, um an die Philosophie heranzutreten. Man muss sich die üblichen Buchstaben aneignen wegen der Praxis des Lesens, weil angesichts der Materialfülle weder alles durch Hören gelernt noch im Gedächtnis bewahrt werden kann. (10) Auch für die Grammatik ist nicht wenig Mühe aufzuwenden, um die richtige Ausdrucksweise zu erlernen. Dies nimmt notwendigerweise viele Jahre in Anspruch. (11) Nicht einmal die Rhetorik darf man ignorieren, um das Gelernte vortragen und formulieren zu können. Auch Geometrie, Musik und Astrologie sind notwendig, da diese Wissenschaften

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eine gewisse Verbindung mit der Philosophie haben. (12) All dies gründlich lernen können weder Frauen, die in den Jahren der Jugend die Tätigkeiten erlernen müssen, die bald für die häuslichen Aufgaben nützlich sein werden, noch Sklaven, die die Sklavendienste gerade in den Jahren verrichten müssen, in denen sie lernen können, noch Arme, Arbeiter und Bauern, die durch tägliche Arbeit den Lebensunterhalt verdienen müssen. Aus diesem Grund sagt Cicero, dass „die Philosophie von der großen Menge nichts wissen wolle.“ (13) Dennoch will Epikur die Ungebildeten zulassen. Wie werden sie verstehen können, was über die Prinzipien der Dinge gesagt wird, die wegen ihrer Kompliziertheit und Dunkelheit selbst gebildete Leute kaum erfassen? (14) Findet sich also für einfache und ungebildete Menschen ein Platz in Angelegenheiten, die in Dunkel gehüllt, durch die Verschiedenheit von Ansichten verworren und den Fachjargon wortgewandter Männer aufgeputzt sind? (15) Schließlich zeigte sich, dass soweit man sich erinnern kann, keine Frauen jemals philosophierten, außer der einen Themista1, keine Sklaven, außer Phaidon2, den man der Überlieferung zufolge als schlechten Diener freigekauft und unterwiesen hat. (16) Man zählt auch Platon und Diogenes auf, die zwar keine Sklaven waren, aber doch in Sklaverei gerieten, insofern sie nämlich gefangen genommen wurden. Es wird berichtet, dass ein gewisser Annikeris Platon für acht Sesterzen losgekauft habe. Seneca (frg. 23) hat daher diesen Käufer mit Beschimpfungen überschüttet, „weil er für Platon einen so geringen Preis angesetzt habe.“ (17) Von Sinnen war, wie mir scheint, wer einem Menschen zürnte, weil er nicht viel Geld verloren hat. Natürlich hätte er ihn mit Gold aufwiegen müssen, wie man es für den toten Hektor tat, oder mehr Geld hinlegen müssen, als der Verkäufer forderte. (18) Von den Barbaren schließlich hat niemand philosophiert außer dem Skythen Anacharsis3, der allerdings von der Philosophie nicht einmal geträumt hätte, wenn er nicht zuvor die entsprechende Sprache und die Schrift erlernt hätte.

Nr. 485 Augustinus, de vera religione 3,3–4,6 3 (3) Nun also, angenommen, es fragt ihn (Platon) ein Schüler, wenn es einen großen und göttlichen Mann gäbe, der es fertig brächte, das Volk zumindest zum Glauben an diese Wahrheiten, die es nicht begreifen kann, zu überreden und den wenigen, die es begreifen können, dazu zu verhelfen, dass sie nicht von den verkehrten Ansichten der Masse verwirrt und von den weit verbreiteten Irrtümern mit fortgerissen werden, ob er dann einen solchen Mann nicht göttlicher Ehren für wert hielte. Platon würde, so meine ich, antworten, kein Mensch wäre dazu imstande, wenn ihn nicht Gottes Kraft

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und Weisheit über die natürlichen Verhältnisse hinausgehoben, wenn sie ihn nicht ohne alle menschliche Belehrung, vielmehr durch innerlichste, schon in frühester Kindheit verliehene Erleuchtung mit solcher Gnade geadelt, mit solcher Kraft gestärkt, zu solcher Würde erhöht hätte, dass er alles verachten konnte, was Menschen in ihrer Verkehrtheit erstreben, alles erdulden, wovor sie zurückschrecken, alles vollbringen, was sie bestaunen. Nur dann könnte er die Menschheit durch seine außergewöhnliche Liebe und Autorität zu solch heilsamen Glauben bekehren. Betreffs der Ehrungen, die man solchem Mann schulde, brauche man ihn nicht zu befragen. Denn jeder werde leicht einsehen, welche Ehre der Weisheit Gottes gebühre, von der getragen und geleitet jener das wahre Wohl der Menschheit bewirkt und solch großes, einzigartiges, alles Menschenmaß überragendes Verdienst sich erworben habe. (4) So hat es sich tatsächlich ereignet, und in Schriften und Denkmälern wird es gefeiert. Aus jenem Erdenwinkel, wo man allein den wahren Gott verehrte und wo ein solcher Mensch geboren werden sollte, wurden über den ganzen Erdkreis hin auserlesene Männer gesandt, die durch ihre Tugenden und Predigten die Flammen göttlicher Liebe entfachten und, nachdem die heilsame Lehre gefestigt war, die Länder den Nachkommen bereits erleuchtet hinterließen. … (5) Das alles wird heutzutage in aller Welt den Völkern vorgelesen und ehrfürchtig und bereitwillig angehört, und nach so viel Blutvergießen, so vielen Scheiterhaufen, so vielen Märtyrerqualen, haben die christlichen Kirchen umso fruchtbarer und zahlreicher ihre Zweige bis zu den Barbarenvölkern ausgebreitet. Schon jetzt wundert sich niemand mehr, dass Tausende von jungen Männern und Frauen auf die Ehe verzichten und keusch leben. Als Platon das auch einst versuchte, fürchtete er sich doch so sehr vor der verkehrten Meinung seiner Zeitgenossen, dass er der Natur das Opfer gebracht haben soll, um so seine vermeintliche Schuld zu sühnen1. Heute nun haben die Anschauungen sich dermaßen gewandelt, dass, während man einst darüber stritt, es jetzt Aufsehen erregen würde, wollte man dagegen streiten. Jetzt ist dies Versprechen und Gelübde in allen bewohnten Landen die Voraussetzung der Zulassung zu den christlichen Weihen2. Täglich liest man es in den Kirchen, und die Priester erläutern es. Die die Mahnung befolgen wollen, schlagen an ihre Brust; zahllose Menschen beschreiten diesen Weg. So viele sind es aus allen Ständen, die Reichtum und Ehren dieser Welt verlassen und dem einen und höchsten Gott ihr ganzes Leben weihen wollen, dass einstmals verlassene Inseln und Einöden vieler Länder sich bevölkern. Überall, in Groß- und Kleinstädten, in Burgen, Dörfern, Landgütern und Privathäusern, wird die Abkehr von der Welt und die Bekehrung zum einen wahren Gott so nachdrücklich empfohlen und erstrebt, dass nun die Menschheit auf der ganzen Welt täglich und nahezu einstimmig die Antwort gibt: „Wir haben unsere Herzen zum Herrn empor gehoben.“3 Sollen wir nun noch länger gähnen, er-

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müdet vom gestrigen Rausch, in Tierkadavern göttliche Orakel suchen und, wenn es zu Streitgesprächen kommt, lieber Münder haben wollen, aus denen Platons Name tönt, als Herzen, die angefüllt sind mit Wahrheit? 4 (6) … So mögen sie denn dem, der das vollbracht hat, gehorchen und sich nicht durch Vorwitz oder unbegründete Überheblichkeit daran hindern lassen, den Unterschied zwischen ängstlichen Vermutungen einiger weniger und der offenkundigen Rettung und Erziehung der Volksmassen zu erkennen. Denn wenn jene Männer, mit deren Namen sie sich brüsten, wieder zum Leben kämen und die vollen Kirchen und verlassenen Tempel sähen, ferner, wie die Menschheit von der Gier nach den zeitlichen und vergänglichen Gütern weg und zur Hoffnung auf das ewige Leben sowie geistliche und geistige Güter hin gerufen wird und dem Ruf auch folgt, dann würden sie wohl sagen, falls sie wirklich so wären, wie sie gewesen sein sollen: Ja, das ist es, was wir nicht wagten, den Leuten ernsthaft zu raten. Haben wir uns doch stattdessen lieber ihren üblen Gewohnheiten angepasst, statt sie zu dem, was wir glaubten und wollten, hinzuführen. Wenn also jene Männer noch einmal das Leben mit uns teilen könnten, würden sie ohne Zweifel einsehen, durch wessen Autorität den Menschen soviel leichter geholfen wird. Dann brauchten sie nur wenige Worte und Ansichten zu ändern, um selbst Christen zu werden. So haben es ja die meisten Platoniker unserer jüngsten Zeit gemacht.

Nr. 486 Theodoret von Cyrus, graecarum affectionum curatio, 5,65–69 65 Wenn ich nicht die Wahrheit rede, sagt mir …, wen hatte Xenophon aus Kolophon zum Nachfolger in seiner Schule; wen Parmenides aus Elea; wen Protagoras und Melissos; wen Pythagoras oder Anaxagoras; wen Speusippos oder Xenokrates; wen Anaximander oder Anaximenes; wen Arkesilaos oder Philolaos? Welches sind die Vorsteher der stoischen Schule? Wer unterstützt die Lehre des Stagiriten? Wer regiert nach den Gesetzen Platons? Wer hat sich die von ihm beschriebene Staatsform zu eigen gemacht? 66 Nun, ihr werdet uns nicht einen einzigen Vermittler dieser Lehren vorweisen können, während wir die Stärke der apostolischen und prophetischen Lehren deutlich vorweisen, denn jedes Land unter der Sonne ist von ihren Worten erfüllt. Die hebräische Sprache ist nicht allein in die Griechische übersetzt worden, sondern auch in die lateinische, ägyptische, persische, indische, armenische, skythische, sarmatische, kurz gesagt, in alle Sprachen, die alle Völker schon immer gebraucht haben. 67 Der überaus weise Platon hat sich ausführlich über die Unsterblichkeit der Seele verbreitet, doch hat er nicht einmal seinen Schüler Aristoteles überzeugen können, seine Definition anzunehmen. Unsere Fi-

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scher hingegen, unsere Zöllner und unser Zeltmacher haben Griechen, Römer, Ägypter, kurz die ganze Menschheit überzeugt, dass die Seele unsterblich ist, mit Vernunft ausgestattet ist, die Leidenschaft beherrschen kann und die Gesetze übertritt, weil sie vernachlässigt, nicht weil ihr Gewalt zugeführt wurde; dass, hat sie sich wiederum dem Besseren zugewandt, sich vom früheren Übel befreit und die göttlichen Züge wieder eingeprägt. 68 Man kann sehen, dass diese Lehren nicht nur den Lehrern der Kirche bekannt sind, sondern auch Schustern, Schmieden, Webern und anderen Handwerkern; ebenso Frauen, nicht nur solchen, die eine Bildung empfangen haben, sondern auch einfachen Arbeiterinnen, Näherinnen und sogar Dienerinnen. Und nicht nur Städter, sondern auch Menschen vom Lande besitzen diese Kenntnis. Man kann Erdarbeiter, Hirten und Bauern finden, die über die göttliche Trinität und die Erschaffung des Weltalls disputieren und über die menschliche Natur besser unterrichtet sind als Aristoteles und Platon, 69 die sich außerdem um die Tugend mühen und die Schlechtigkeit meiden, die die künftigen Strafen fürchten und ohne den geringsten Zweifel das göttliche Gericht erwarten, die über das ewige und unsterbliche Leben philosophieren und willig alle Art von Mühen um des Himmelreiches willen auf sich nehmen. Und dies haben sie von niemand anders gelernt als von denen, die ihr wegen ihrer Sprache Barbaren nennt.

2) Offenbarungscharakter der christlichen Philosophie Wurde von den Apologeten einerseits die Begrenztheit des philosophischen Erkenntnisvermögens betont, andererseits der Anspruch erhoben, allein in der eigenen Religion sei die Wahrheit leicht, sicher, irrtumslos, widerspruchsfrei und universal zugänglich sei, so wurde dies mit dem Offenbarungscharakter der christlichen Wahrheit begründet. Die Selbstdefinition des Christentums als „wahre Philosophie“ qualifizierte diesen Offenbarungsinhalt als das immer schon universal Gültige, zugleich aber auch als das allem Bisherigen Überlegene und alles Partikuläre Integrierende. Der Offenbarungsglaube ermögliche den Schritt vom Suchen zum Finden, vom Dissens zum Konsens, vom Teil zum Ganzen, vom Wahrscheinlichen zum Wahren, von der Theorie zur Praxis, vom elitären Wissen zur Erkenntnis aller (Nr. 487–496). In dieser Überzeugung gründete der universale Wahrheitsanspruch des frühen Christentums.

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Nr. 487 Diognet-Brief 8,1–6 (1) Wer von den Menschen hätte denn je überhaupt gewusst, was Gott ist, bevor er selber kam? (2) Oder soll man etwa die leeren und läppischen Reden jener so glaubwürdigen Philosophen akzeptieren, von denen die einen sagen, das Feuer sei Gott – das, wohin sie einst kommen werden, das nennen sie Gott! –, die andern das Wasser, und wiederum andere sonst eines von den Elementen, die Gott erschuf? (3) Und doch, wenn eine dieser Aussagen annehmbar wäre, könnte sich ebenso gut jedes sonstige Geschöpf als Gott zeigen! (4) Das aber ist alles Phantasterei und Irrtum von Schwindlern. (5) Von den Menschen hat keiner Gott je gesehen, noch ihn erkannt (Joh 1,18; Mt 11,20), vielmehr hat er sich selber offenbart. (6) Er offenbarte sich aber durch den Glauben, dem allein die Anschauung Gottes gewährt ist.

Nr. 488 Clemens von Alexandrien, protrepticus 112,1–2 (1) Da nun der Logos selbst vom Himmel zu uns gekommen ist, haben wir es, wie mir scheint, nicht mehr nötig, auf menschliche Lehre auszugehen und uns viel um Athen und das übrige Griechenland und dazu auch Ionien zu kümmern. Denn wenn unser Lehrer der ist, der das Weltall mit Beweisen seiner heiligen Macht erfüllt hat, durch die Schöpfung, die Erlösung und die wohltätige Fürsorge, die Gesetzgebung, die Weissagungen und die Lehre, nimmt dieser Lehrer jetzt alles in seine Schule, und durch den Logos ist bereits die ganze Welt zu Athen und Griechenland geworden. (2) Es wird doch wohl nicht so sein, dass ihr zwar dem dichterischen Mythos Glauben schenkt, der erzählt, dass der Kreter Minos „Vertrauter des Zeus“ (Hom., Od. 19,179) gewesen sei, dagegen nicht glauben wollt, dass wir Schüler Gottes geworden sind und die wirklich wahre Weisheit empfangen haben, die die Meister der Philosophie nur ahnten, die Jünger Christi dagegen sowohl erhalten haben als auch wieder verkündigten. Nr. 489 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,38,4; 98,4 38 (4) Anders spricht jemand über die Wahrheit, anders legt sich die Wahrheit selbst aus. Ein anderes ist das Vermuten der Wahrheit, ein anderes die Wahrheit selbst; etwas anderes ist das Abbild, etwas anderes das Seiende selbst; und das Abbild wird durch Lernen und Üben gewonnen, die Wahrheit selbst aber durch Kraft und Glauben.

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98 (4) Mag nun auch die griechische Wahrheit den gleichen Namen wie die bei uns gelehrte tragen, so ist sie doch von ihr geschieden durch die bei unserer Wahrheit vorhandene Größe der Erkenntnis, durch die durchschlagende Beweisführung, durch ihre größere Kraft und durch ähnliche Vorzüge. Denn wir sind „von Gott gelehrt“ (1 Thess 4,9) und werden vom Sohn Gottes in wahrhaft heiligem Wissen unterrichtet. Infolgedessen beeinflussen die beiden Formen der Wahrheit die Seele nicht auf die gleiche Weise, sondern mit ganz verschiedener Lehre. Nr. 490 Tertullian, de anima 1,4–6 (4) Jene damalige Weisheit des Sokrates stammte insgesamt aus dem Streben nach einem absichtlich angenommenen Gleichmut1, nicht aus dem Vertrauen auf geoffenbarte Wahrheit. Denn wem wurde die Wahrheit ohne Gott geoffenbart? Von wem wurde Gott erkannt ohne Christus? Durch wen wurde Christus erforscht ohne den Heiligen Geist? Wem wurde der Heilige Geist geschenkt ohne das Sakrament des Glaubens? Sokrates wurde vielmehr von einem völlig anderen Geist getrieben, denn man sagt ja, dass ihm ein dämonisches Wesen seit seiner Kindheit anhaftete2. Wirklich ein sehr schlechter Erzieher, auch wenn die Dämonen von den Dichtern und Philosophen als gleich nach den Göttern kommend und sogar als neben ihnen stehend betrachtet werden3. (5) Denn noch waren die Beweise für die Macht des Christentums nicht sichtbar geworden, des Christentums, das einzig und allein imstande ist, jene Verderben bringende Macht, die niemals gut ist, hingegen jede Verirrung bewirkt und alle Wahrheit vertreibt, zu widerlegen. Wenn also Sokrates deshalb der Allerweiseste war, nach dem Urteil des pythischen Dämons, der natürlich seinem Bundesgenossen beistand4, wie viel würdiger und beständiger ist da doch die Behauptung der christlichen Weisheit, vor deren Anhauch die ganze Macht der Dämonen zurückweicht! (6) Diese Weisheit aus der Schule des Himmels, die jedenfalls mehr Freiheit gewährt, die Götter der heidnischen Welt zu leugnen, die nicht befiehlt, dem Äskulap seinen wohlverdienten Hahn (vgl. Plat., resp. 327a) zu geben und so sich selbst untreu wird, die keine neuen Dämonen einführt, sondern die alten verjagt, nicht das Jugendalter verdirbt5, sondern es zu allem Guten der Anständigkeit erzieht, und die deshalb nicht von einer Stadt, sondern von der ganzen Welt ein ungerechtes Urteil zu ertragen hat um der Wahrheit willen, die selbstverständlich auch umso verhasster ist, als sie vollkommener ist, so dass sie selbst den Tod nicht aus einem Becher so, als ob es sich um etwas Angenehmes handle, einschlürft6, sondern ihn am Kreuz und auf dem

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

Scheiterhaufen mit allen Erfindungen der Grausamkeit durchkostet, diese Weisheit wird vorläufig in dem noch finsteren Kerker der Welt inmitten solcher Leute wie Kebes und Phaidon7, wenn etwas über die Seele zu untersuchen ist, es nach den Regeln Gottes ausrichten, in der Überzeugung, dass kein anderer besser Aufschluss über die Seele geben kann als ihr Schöpfer. Von Gott lerne sie, was sie von Gott erhalten hat, oder wenn nicht von Gott, dann auch von keinem anderen! Denn wer wird enthüllen, was Gott verdeckt hat? Bei wem hat man sich zu erkundigen? Bei dem auch ein Nichtwissen völlig sicher ist. Es ist besser, etwas durch Gott nicht zu wissen, weil er es nicht offenbart hat, als es durch einen Menschen zu wissen, weil der es nach eigener Willkür vermutet hat. Nr. 491 Arnobius, adversus nationes 2,60 Obwohl also auch ihr von so bedeutenden und zahlreichen Dingen, die Ursprünge, Ursachen und Gründe nicht kennt und weder darlegen noch erklären könnt, was geschaffen worden ist und warum, oder weshalb es nicht da sein sollte, zerreißt und zerfleischt ihr unsere Zurückhaltung, die wir gestehen, nichts zu wissen, was man nicht wissen kann, und uns nicht bemühen zu erforschen und aufzuspüren, was man ganz offensichtlich nicht begreifen kann, obwohl sich die menschliche Vermutung in tausend Geistern ausstreckt und anstrengt. Und daher hat Christus, obwohl er gegen euren Willen Gott ist – Christus ist, so sage ich, Gott, man kann es nicht oft genug sagen, damit es den Ungläubigen ins Ohr dringt und diese ihnen aufgehen –, auf Geheiß des höchsten Gottes, in Menschengestalt lehrend, wissend, dass die Sterblichen von Natur blind seien und keine Wahrheit begreifen können, nicht einmal die der vor Augen liegenden Dinge, dass sie das für gewiss und erkannt halten, wovon sie sich Entsprechendes einredeten, ferner dass sie im Interesse ihrer Vermutungen nicht zögerten, Streitfragen aufzuwerfen und zu diskutieren; daher hat also Christus uns geboten, all dies auf sich beruhen zu lassen, zurückzustellen und keine fruchtlosen Gedanken auf die Dinge zu verwenden, die unserer Kenntnis entzogen sind. Vielmehr sollten wir so weit möglich dem Herrn aller Dinge mit ganzer Seele und ganzem Sinn uns zuwenden, uns von dieser Welt lösen und das von zweifelnder Unruhe erfüllte Herz auf ihn ausrichten, ständig an ihn denken; und mag er auch durch keine Vorstellungskraft erfasst werden können, so sollten wir uns doch durch irgendeinen Schimmer ihn anschaulich machen. Denn von allen Dingen, die das Dunkel der erhabenen Gottheit umhüllt, sei er allein unbezweifelbar, er allein wahr, und über ihn könne nur im Zweifel sein, wer nicht bei Verstand ist und unsinniger Hoffnungslosigkeit verfallen ist. Es genüge, ihn zu kennen, um nichts

IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“

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anderes kennen zu müssen; und man habe die wahre und höchste Wissenschaft erreicht, sobald man in der Erkenntnis Gottes, des Hauptes aller Dinge fest gegründet sei. Nr. 492 Laktanz, divinae institutiones 2,3,22–24; 4,2,1–6 2,3 (22) Hierin liegt nun der Kern der Frage. Die Unkundigen und Unverständigen halten die falsche Religion für wahr, da sie weder die wahre kennen noch die falschen durchschauen; die Einsichtigeren hingegen verbleiben entweder, in Unkenntnis der wahren, bei denen, die sie als falsch durchschaut haben, um den Eindruck zu erwecken, sie hielten noch an irgend etwas fest, oder sie verehren überhaupt nichts, um nicht dem Irrtum zu verfallen, während der größte Irrtum doch gerade darin besteht, in menschlicher Gestalt das Leben der Tiere nachzuahmen1. (23) Das Falsche aber zu durchschauen, ist zwar Kennzeichen der Weisheit, jedoch einer menschlichen. Diese Stufe zu überschreiten, ist dem Menschen nicht möglich. Daher haben viele Philosophen, wie ich darlegte, die Religionen in Frage gestellt. Das Wahre jedoch zu kennen ist Kennzeichen einer göttlichen Weisheit, aus eigenem Vermögen aber kann der Mensch zu dieser Kenntnis nicht gelangen, wenn er nicht von Gott belehrt wird. (24) So haben die Philosophen den Gipfel menschlicher Weisheit erreicht, nämlich zu durchschauen, was Gott nicht ist; das andere aber brachten sie nicht zustande, nämlich zu sagen, was er ist. Das Wort Ciceros (nat. deor. 1,91) ist bekannt: „Könnte ich doch das Wahre ebenso leicht finden wie das Falsche nachweisen!“ (25) Da dies die menschlichen Kräfte übersteigt, ist uns die Befähigung zu dieser Aufgabe gewährt worden, insofern Gott uns die Kenntnis der Wahrheit vermittelte. 4,2 (1) Wenn also weder jene Weise waren, die man so nannte, noch die Späteren, die nicht zögerten, ihre Unkenntnis der Weisheit einzugestehen, was bleibt dann anderes übrig, als dass man die Weisheit anderswo suchen muss, weil sie sich dort nicht finden ließ, wo man sie suchte? (2) Worin liegt aber unserer Ansicht nach der Grund dafür, dass man sie nicht entdeckte, obwohl sie von so vielen Denkern in so vielen Epochen mit größtem Eifer und Einsatz gesucht wurde, wenn nicht darin, dass die Philosophen sie außerhalb ihres spezifischen Bereiches suchten? (3) Da sie alles durchgegangen waren und erforscht hatten, ohne irgendwo die geringste Spur der Weisheit zu entdecken, diese aber doch irgendwo sein muss, ist sie offensichtlich vor allem dort zu suchen, wo sich das Zeichen der Torheit befindet (vgl. 1 Kor 1,20–25). Unter deren Hülle hat Gott den Schatz der Weisheit und Wahrheit verborgen, damit nicht das Geheimnis seines Werkes allen vor Augen liege. (4) Daher wundere ich mich immer wieder, dass Pythagoras und später Platon, als sie

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

mit glühender Leidenschaft nach der Wahrheit suchten und bis zu den Ägyptern, Magiern und Persern vorstießen, um die Riten und Mysterien dieser Völker zu studieren – sie vermuteten nämlich, dass die Weisheit in der Religion gründe –, nur zu den Juden nicht gegangen sind, bei denen allein sie sich fand und zu denen sie sich viel einfacher hätten begeben können. (5) Doch hat sie meiner Meinung nach die göttliche Vorsehung abgehalten, die Wahrheit in Erfahrung zu bringen, da es noch nicht dem göttlichen Plan entsprach, dass die Religion und Gerechtigkeit des wahren Gottes Menschen fremder Völker bekannt wurde2. (6) Gott hatte nämlich beschlossen, erst beim Anbruch der letzten Epoche den großen Heerführer vom Himmel zu senden, der sie, dem treulosen und undankbaren Volk genommen, nun den übrigen Völkern offenbarte. Nr. 493 Pseudo-Justin, ad Graecos de vera religione 36,1–2; 38,1–2 36 (1) Wenn aber die Wahrheitsfindung als Definition der Philosophie bei ihnen bezeichnet wird, wie sind dann die, die nicht zur Erkenntnis des Wahren gelangen, des Namens „Philosophie“ würdig? Wenn nämlich der weiseste eurer Weisen, Sokrates, über den auch euer Orakel, wie ihr selbst sagt, folgendes Zeugnis ablegt: „Von allen Menschen ist Sokrates der weiseste“, einräumt, dass er nichts weiß, wie konnten da seine Nachfolger beanspruchen, auch die Dinge im Himmel zu wissen? Sokrates nämlich sagte, dass er deswegen weise genannt worden sei, weil er, während die übrigen Menschen das, was sie nicht wüssten, zu wissen vorgäben, selber nicht zögerte einzuräumen, dass er nichts wisse. Denn so sagte er: „Ich scheine also wegen genau dieser Kleinigkeit der weiseste zu sein, dass ich das, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen meine“ (Plat., apol. 21d). (2) Niemand aber glaube, dass Sokrates in ironischer Verstellung Unwissenheit vorgebe, da er sich in den Dialogen häufig ironisch zu verstellen pflegte. Die letzten Worte der Apologie nämlich, die er beim Aufbruch ins Gefängnis sprach, zeigen, dass er ernsthaft und aufrichtig die Unwissenheit einräumte. So nämlich sprach er: „Doch es ist ja bereits Zeit fortzugehen, für mich, um zu sterben, für euch, um zu leben. Wer von uns auf die bessere Sache zugeht, ist allen verborgen außer dem Gott“ (Plat. apol. 42a). Dies war das letzte Wort des Sokrates im Areopag. Dann brach er zum Gefängnis auf. Gott allein schrieb er die Kenntnis der uns verborgenen Dinge zu. Seine Nachfolger aber können nicht einmal die Dinge auf der Erde erkennen und beanspruchen trotzdem, die Dinge im Himmel, wie wenn sie sie gesehen hätten, zu wissen! 38 (1) Doch da nun einmal das Wesentliche der wahren Religion, ihr Griechen, nicht in dichterischen Metren noch in der bei euch hoch angesehenen

IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“

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Bildung liegt, gebt also eure Akribie in Metrik und Sprache auf. Haltet euch ohne Streitsucht an ihre Worte und erkennt, wie viel Gutes sie euch vermittelt, indem sie die Ankunft unseres Retters Jesus Christus klar und deutlich vorhersagt. Er, der Gottes Wort ist, in der Macht von ihm ungetrennt, hat die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffene Menschengestalt angenommen und uns an die Religion der alten Vorfahren erinnert1, die die von ihnen abstammenden Menschen aufgegeben und sich, vom neidischen Dämon instruiert, dem Kult der Nicht-Götter zugewandt hatten. Falls euch aber irgendein Bedenken den Glauben an die Erschaffung des Menschen erschwert, glaubt diesen, denen ihr noch anhängen zu müssen meint, und erkennt, dass euer Orakel, als es von jemandem gebeten wurde, einen Hymnus auf den allmächtigen Gott zu verkünden, inmitten des Hymnus sprach: „Er schuf den Ersten der Sterblichen, und nannte ihn Adam.“2 Und dieser Hymnus ist bei vielen, die wir kennen, zur Widerlegung derjenigen erhalten, die der von allen bezeugten Wahrheit nicht glauben wollen. (2) … Falls aber einer meinen sollte, von den Ältesten, die bei ihnen Philosophen genannt werden, die Lehre von Gott gelernt zu haben, so höre er Akmon und Hermes: Akmon3 nennt Gott in seinen Ausführungen über ihn „ganz verborgen“, und Hermes sagt klar und deutlich: „Gott zu erfassen ist schwierig, ihn kundzutun ist auch dem unmöglich, der ihn zu erfassen vermag“ (corp. Herm. frg. 1,1)4. In jeder Hinsicht muss man also erkennen, dass es keineswegs möglich ist, auf eine andere Weise etwas über Gott oder die wahre Religion zu erfahren, als einzig allein von den Propheten, die uns durch die göttliche Inspiration lehren.

Nr. 494 Ambrosius, epistula 18,7–8 (7) Die Geheimnisse des Himmels kann mich nur Gott lehren, der mich erschuf, nicht ein Mensch, der sich selbst nicht kennt … (8) Was ihr nicht wisst, das haben wir durch die Stimme Gottes erkannt. Und was ihr durch Vermutungen sucht, das haben wir von der Weisheit und Wahrheit Gottes selbst sicher erfahren. Nr. 495 Augustinus, epistula 137,17 Welche Argumente, welche Werke irgendwelcher Philosophen, welche Gesetze irgendwelcher Staaten können auch nur im entferntesten mit den beiden Gesetzen verglichen werden, aus denen nach dem Wort Christi das Ge-

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2. D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument

setz und die Propheten bestehen? Du sollst den Herrn deinen Gott aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Sinn lieben, und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Mt 22,37. 39). Hierin besteht die Wissenschaft von der Natur, weil die Gründe aller Dinge in Gott, dem Schöpfer liegen. Hierin besteht die Ethik, weil jedes gute und ehrenhafte Leben nicht anders geformt wird, als dadurch, dass das, was liebenswert ist, auch nach seinem Maß geliebt wird, und das sind Gott und der Nächste. Hierin besteht die Logik, weil es keine andere Wahrheit und kein anderes Licht einer vernünftigen Seele gibt als Gott1.

Nr. 496 Augustinus, de civitate Dei 18,41 Wenn hier Gotteslästerung verboten wurde, so war es Gott, der sie verbot. Wenn es hieß: „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ (Ex 20, 12), so war es Gott, der das befahl. Wenn es hieß: „Du sollst nicht ehebrechen, nicht töten, nicht stehlen“ (Ex 20, 13–15) und anderes dieser Art, so waren dies keine menschlichen Äußerungen, sondern göttliche Aussprüche. Und wenn einige Philosophen neben den falschen Ansichten, die sie hegten, auch Wahres schauen konnten und in umständlichen Disputen sich bemühten, davon zu überzeugen, dass Gott diese Welt geschaffen habe und mit seiner Vorsehung leite, und wenn sie für die Würde der Tugenden, für Vaterlandsliebe, Freundestreue, gute Werke und alles, was zum rechten Lebenswandel gehört, eintraten, obwohl sie das Endziel nicht kannten und nicht sahen, wie all dies in Beziehung zu setzen sei, so wurde im Unterschied davon in jenem anderen Staat1 dem Volk durch prophetische, das heißt göttliche Aussprüche, wenn auch durch Vermittlung von Menschen, dasselbe ans Herz gelegt, aber nicht mit kontroversen Argumentationen aufgedrängt, so dass, wer sie vernahm, nicht etwa eines Menschen Geist, sondern Gotteswort zu verachten sich scheute.

E) Der universale Wahrheitsanspruch des Christentums I. Konfrontation mit dem religiös-philosophischen Pluralismus und Synkretismus 1) Vielfalt der Heilswege Das frühe Christentum begegnete einer Welt, in der sich zahlreiche Kulte, religiöse Mysterien und philosophische Strömungen als Heilsweg anboten, ohne sich jedoch gegenseitig auszuschließen (Nr. 106–107, 503, 508). Angesichts der Transzendenz des Göttlichen galt der Pluralismus religiöser Ausdrucksformen als einzig angemessene Haltung (Nr. 118, 499, 500–501, 502, 506). Mit Berufung auf das Zeugnis der Bibel lehnten es die Apologeten hingegen ab, die die Götternamen für austauschbar zu halten (Nr. 350, 498, 510) oder das Christentum als einen Heilsweg neben anderen zu betrachten (Nr. 497, 504–506). Nr. 497 Clemens von Alexandrien, stromateis 1,29,1; 38,6–7 29 (1) Es gibt zwar nur einen einzigen Weg zur Wahrheit, aber in ihn münden wie in einen unversieglichen Strom die Gewässer von allen Seiten ein1. 38 (6) Da aber Gott in seiner Güte auf vielerlei Weise Rettung bringt, gibt es viele und verschiedenartige Wege zur Gerechtigkeit, und sie münden in den Hauptweg und führen zu dem Haupttor. Wenn du aber nach dem königlichen und authentischen Eingang suchst, so wirst du hören: „Dieses ist das Tor des Herrn; die Gerechten werden hier einziehen“ (Ps 118,20). (7) „Da nun viele Tore geöffnet waren, so war das Tor zur Gerechtigkeit das Tor in Christus, und selig sind alle, die hier eintreten und ihren Weg beschreiten in Heiligkeit“ (1 Clem. 48,4) der Erkenntnis. Nr. 498 Origenes, contra Celsum 1,24; 5,46 1,24 Danach sagt er: „Die Ziegen- und Schafhirten glaubten, es gebe nur einen einzigen Gott, sei es, dass sie ihn als den Höchsten oder Adonai oder den Himmlischen oder Sabaoth nannten, sei es, dass sie nach Belieben die

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

Welt so oder so nannten. Mehr wussten sie nicht davon.“ Im Folgenden sagt er, „es mache keinen Unterschied, ob man den über allem waltenden Gott mit dem bei den Griechen gebräuchlichen Namen Zeus bezeichne oder mit dem beispielsweise bei den Indern oder dem bei den Ägyptern üblichen Namen.“1 … 5,46 … Wir wollen lieber jede Art von Misshandlung auf uns nehmen, als Zeus zu einem Gott zu erklären. Wir nehmen ja nicht an, dass Zeus und Sabaoth identisch sind. Ja wir halten Zeus überhaupt nicht für eine Gottheit, vielmehr ist er nur irgendein Dämon, der sich freut, so genannt zu werden, wobei er weder den Menschen noch dem wahren Gott freundlich gesinnt ist. Und selbst wenn die Ägypter unter Androhung von Strafe uns Ammon vorzeigen, werden wir eher sterben, als Ammon zu einem Gott zu erklären. Es ist ein Name, der, wie es scheint, in gewissen ägyptischen Beschwörungen herangezogen wird, die diesen Dämon herbeirufen. Mögen aber auch die Skythen behaupten, dass Papaios der allmächtige Gott sei. Wir werden es nicht glauben. Wir nehmen zwar den allmächtigen Gott an, nennen Gott aber nicht Papaios, als wäre dies sein eigentlicher Name. Das ist nur dem Dämon willkommen, dem das wüste Skythenland mit seinem Volk und seiner Sprache zugefallen ist. Es wird aber keine Verfehlung begehen, wer Gott mit dem gebräuchlichen Namen der skythischen, ägyptischen oder irgendeiner sonstigen Muttersprache bezeichnet. Nr. 499 Maximus von Tyrus, philosophoumena 2,10 Gott, der der Vater und Schöpfer des Seienden ist, älter als die Sonne, älter als der Himmel, ist mächtiger als Zeit und Ewigkeit und jede vergängliche Natur, er bleibt namenlos für den Gesetzgeber, unaussprechlich für die Stimme, unsichtbar für die Augen. Da wir sein Wesen nicht erfassen können, greifen wir zurück auf Ausdrücke, Namen, Tiere, Bilder aus Gold, Elfenbein und Silber, Pflanzen, Flüsse, Berggipfel, Quellen. Wir streben zwar nach einer Vorstellung von ihm, aus Schwäche aber geben wir seinem Wesen Namen von Dingen, die bei uns schön sind. … Wenn die Kunst eines Phidias in den Griechen die Erinnerung an Gott erweckt, der Kult von Tieren in den Ägyptern, ein Fluss in anderen, ein Feuer in wieder anderen, dann nehme ich an ihrer fehlenden Übereinstimmung keinen Anstoß, wenn sie ihn nur kennen, wenn sie ihn nur lieben, wenn sie an ihn nur denken.

I. Pluralismus und Synkretismus

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Nr. 500 Julian, contra Galilaeos frg. 30 Aber mit dem Gebot „Du sollst keine fremden Götter anbeten“ (Ex 20,3) trägt er ohne Zweifel eine große Verleumdung Gottes vor. „Denn Gott ist eifersüchtig“ (Ex 20,5; Dtn 4,24), behauptet er. Und an anderer Stelle nochmals: „Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Dtn 9,3). Ein eifersüchtiger und missgünstiger Mensch erscheint dir tadelnswert, aber wenn es von Gott heißt, er sei neidisch, dann machst du daraus ein göttliches Attribut. Doch, wie lässt es sich mit der Vernunft vereinbaren, eine so offenkundige Erfindung fälschlicherweise von Gott auszusagen? Wenn er nämlich neidisch wäre, so werden gegen seinen Willen alle Götter angebetet, und ebenso beten alle übrigen Völker ihre Götter an. Und weshalb hat er es nicht verhindert, wo er so eifersüchtig ist und nicht will, dass die anderen angebetet werden, sondern nur er allein? War er etwa dazu nicht im Stande oder wollte er überhaupt nicht verhindern, dass auch die anderen Götter angebetet würden? Die erste Annahme aber wäre gottlos, das heißt die Behauptung, dass er es nicht konnte; die zweite Annahme aber stimmt mit unseren Auffassungen überein1. Lasst ab von diesem Geschwätz und macht euch nicht einer solchen Blasphemie schuldig! Nr. 501 Symmachus, relatio 3,10 Es ist angemessen, das, was alle Menschen verehren, für ein und dasselbe zu halten. Wir sehen die gleichen Sterne, der Himmel ist uns gemeinsam, dasselbe Weltall umgibt uns. Was macht es da für einen Unterschied, nach welcher Lehre jeder die Wahrheit sucht? Auf einem einzigen Weg kann man nicht zu einem so erhabenen Geheimnis finden.

Nr. 502 Themistius (= Sokrates, historia ecclesiastica 4,32) (Der Kaiser)1 solle sich nicht allzu sehr wundern, dass es bei den Christen eine so große Verschiedenheit der Lehrmeinungen gebe. Diese seien nämlich gering, wenn man sie mit der Vielzahl und Verwirrung der Ansichten bei den Griechen vergleiche; es gebe nämlich mehr als dreihundert Lehrmeinungen. Entsprechend der jeweiligen Überzeugung gebe es notwendigerweise auch eine große Verschiedenheit. Die Gottheit wolle gerade auf so verschiedene Weise verherrlicht werden, damit ein jeder vor ihrer Größe umso mehr Ehrfurcht habe, je weniger leicht ihre Erkenntnis zugänglich sei.

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

Nr. 503 Historia Augusta, Severus Alexander 29,2; 43,5–7 29 (2) Sein gewöhnlicher Tagesablauf sah folgendermaßen aus: Zuerst vollzog er, wenn es erlaubt war, das heißt wenn er nicht mit seiner Frau geschlafen hatte, in den Morgenstunden in seiner Hauskapelle den Götterkult. Dort hatte er Bildnisse der vergöttlichten Kaiser – aber nur eine Auswahl der Besten – und der besonders ehrwürdigen Seelen, darunter Apollonius1 und, nach dem Bericht eines zeitgenössischen Autors, Christus, Abraham, Orpheus und ähnliche Gestalten, sowie die Porträts seiner Vorfahren2. 43 (5) Zum Kapitol stieg er alle sieben Tage hinauf, wenn er in der Hauptstadt weilte, und besuchte häufig die Tempel. (6) Für Christus wollte er einen Tempel errichten und ihn unter die Götter aufnehmen3. Dies soll auch Hadrian erwogen haben4, der in allen Städten Tempel ohne Götterbilder hatte bauen lassen; diese Tempel heißen heute, weil sie keinem Gott geweiht sind, „Hadrianstempel“, da er sie angeblich zu diesem Zweck errichtete. (7) Aber Hadrian wurde von seinem Vorhaben von einigen Leuten abgebracht, die auf Befragen des Orakels die Antwort erhalten hatten, dass alle Menschen Christen würden und die anderen Tempel veröden müssten, wenn er seinen Plan verwirklichen würde. Nr. 504 Augustinus, epistula 104,12–13 12 Aber nun zu deinem Satz „Alle Gesetze streben auf verschiedenen Wegen und Pfaden zu ihr (d. h. der himmlischen Heimat)“1. Ich fürchte, wenn du glaubst, auch der Weg, auf dem du dich jetzt befindest, führe dorthin, wirst du dir wohl keine Mühe geben, denjenigen Weg einzuschlagen, der allein tatsächlich dahin führt. Andererseits: wenn ich den Wortlaut, den du gewählt hast, genau beachte, bilde ich mir ein, den Sinn deines Satzes recht vernünftig zu deuten. Denn du sagst nicht: „(Die himmlische Heimat,) die alle Gesetze auf verschiedenen Wegen und Pfaden erreichen oder zeigen oder finden oder betreten oder in Besitz nehmen“ oder dergleichen, sondern du sagst: „die sie erstreben“! Du wägst das Wort genau ab und bezeichnest nicht das Erreichen, sondern den Wunsch zu erreichen. So schließt du weder den wahren Weg aus noch lässt du die anderen, die falschen Wege zu. Denn einerseits strebt natürlich der Weg zum Ziel, der tatsächlich dorthin bringt; andererseits führt nicht jeder Weg zum Ziel, der es erstrebt: dorthin, wo jeder unbedingt glücklich ist, der ankommt. Glückselig sein aber wollen wir alle, das heißt: wir erstreben es, ohne dass wir es doch alle, die wir es sein wollen, auch tatsächlich sein können, das heißt: ohne dass wir, was wir erstreben, auch erlan-

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gen. Derjenige also erlangt (das Ziel), der den Weg einschlägt, auf dem er nicht nur strebt, sondern auf dem man auch ankommt; der die anderen auf den Wegen des endlosen Strebens ohne Erreichen hinter sich lässt. Ihre Verirrung wäre ja keine, wenn nichts erstrebt würde, oder dann, wenn die erstrebte Wahrheit erreicht wäre. Falls du jedoch von „verschiedenen Wegen“ in der Weise sprichst, dass man sich darunter nicht entgegengesetzte vorzustellen hat, wie wir auch von verschiedenen Geboten sprechen, die dennoch alle zum Aufbau eines guten Lebens beitragen – die einen durch Keuschheit, die anderen durch Geduld, wieder andere durch den Glauben, die Barmherzigkeit usw. –, so wird durch solchermaßen „verschiedene“ Wege und Pfade jene himmlische Heimat nicht nur erstrebt, sondern auch gefunden2. Denn auch in den heiligen Schriften ist von „Wegen“ und vom „Weg“ die Rede. Von „Wegen“ zum Beispiel in dem Wort: „Ich werde die Frevler deine Wege lehren, und die Gottlosen werden sich zu dir bekennen“ (Ps 51,15). Vom „Weg“ zum Beispiel in dem Spruch: „Geleite mich auf deinem Weg, und ich werde in deiner Wahrheit wandeln!“ (Ps 86,11). Nicht als ob jene Wege und dieser Weg etwas anderes wären! Sie sind alle ein und derselbe Weg. Über sie sagt an anderer Stelle die heilige Schrift: „Alle Wege des Herrn sind Barmherzigkeit und Weisheit“ (Ps 25,10). Wenn man sie sorgfältig betrachtet, ergeben sie reichen Gesprächsstoff und angenehmste Erkenntnis. Notfalls werde ich darauf ein andermal zurückkommen. 13 Jetzt aber genügt meines Erachtens für die Antwort, die zu erteilen ich mich verpflichtet fühlte, folgendes: Christus hat gesagt: „Ich bin der Weg“ (Joh 14,6), und daher muss in ihm die Barmherzigkeit und Wahrheit gesucht werden, damit wir nicht, wenn wir anderswo suchen, in die Irre gehen und einen Weg einschlagen, der zum Ziel strebt, ohne doch auch hinzuführen.

Nr. 505 Augustinus, retractationes 1,4,3 Dass ich gesagt habe, zur Vereinigung mit der Weisheit gelange man nicht auf einem einzigen Weg (solil. 1,13,23), klingt nicht gut1. Als ob es noch einen anderen Weg gäbe außer Christus, der gesagt hat: „Ich bin der Weg!“ (Joh 14,6). Ich hätte es also vermeiden sollen, religiösen Ohren dieses Ärgernis zu bereiten, mag auch der universale Heilsweg das eine, das andere jene Wege sein, von denen wir im Psalm (25,4) singen: „Deine Wege, Herr zeige mir und deine Pfade lehre mich“.

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

Nr. 506 Prudentius, contra Symmachum 2,80–90.901–908 (80–90) Symmachus beschwört Roma selbst herauf, mit schneeweißem Haar, verrunzelter Stirn, mit klagender Stimme fordert sie ihre Gottheiten zurück. „Frei bin ich; man lasse mich leben nach meiner eigenen Art. Ist etwa jemand da, der mir meine tausend Jahre vorwerfen wollte? Unter einer einzigen Sonne sind und leben wir alle, werden erhalten von derselben Atmosphäre; gemeinsam ist allen Lebenden die Luft. Doch wer und wie Gott ist – verschiedenen Richtungen folgend erforschen wir dies, und auf weit voneinander entfernten Wegen gehen wir hin zu dem einen Verborgenen1. Jedes Volk besitzt da seine eigene Weise, nach der es eilends den Weg gehen mag zu einem so großem Geheimnis.“ … (901–908) Fort mit euch, ihr Heiden! Es gibt keine Weggemeinschaft / zwischen euch und dem Volk Gottes! Geht weit weg, / dringt ein in euer Chaos, in das euch der ruft, / der vorangeht auf den verschlungenen Irrwegen höllischer Nacht! / Aber für uns, die wir den Herrn des Lebens suchen, / ist der eine Weg Licht, heller Tag und einfache Gnade. / Der Hoffnung folgen wir, im Glauben schreiten wir voran, freuen uns an den künftigen Dingen.

2) Synkretistischer Henotheismus Seit dem 2. Jh. n. Chr. wurde das religiös-philosophische Denken zunehmend von der Annahme eines höchsten Gottes bestimmt, dem andere Gottheiten untergeordnet waren. Diese galten als verschiedene Aspekte, personifizierte Attribute, Manifestationen, Emanationen oder Diener des höchsten Prinzips (Nr. 123, 350, 352, 507–509, 511). Während dieser synkretistische Henotheismus kein Element der religiösen Traditionen preisgeben wollte und daher selbst heterogene Gottesvorstellungen miteinander zu harmonisieren versuchte, erschien das Bekenntnis zum Gott der Bibel, der exklusive Verehrung beanspruchte, als illegitimer Versuch der jüdischen und christlichen Religion, eine der untergeordneten nationalen Gottheiten zum einzigen Gott zu erklären und mit dem höchsten Prinzip zu identifizieren (Nr. 509- 510). In den Augen der Heiden war damit der berechtigte Pluralismus religiöser Ausdrucksformen, der aus der kulturellen Verschiedenheit der Völker resultierte, durch den exklusiven Anspruch einer untergeordneten Gottheit in Frage gestellt.

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Nr. 507 Apuleius, Metamorphosen 11,5,1–3 Da bin ich, durch dein Gebet gerührt, ich, Allmutter Natur, Beherrscherin aller Elemente, erstgeborenes Kind aller Zeiten, höchste der Gottheiten, Königin der Unterirdischen, erste der Himmlischen, all-einzige Erscheinung aller Götter- und Göttinnen1. Mit einem einzigen Wink gebiete ich über des Himmels lichtes Firmament, des Meeres heilsam wehende Winde und die vielbeklagten stillen Reiche der Unterwelt. Ich, die eine und einzige Gottheit, werde unter so vielfältiger Erscheinungsform, mit so unterschiedlichen Bräuchen und so vielerlei Namen auf dem ganzen Erdkreis verehrt. Dort heiße ich den Erstgeborenen der Menschen, den Phrygern, pessinutische Göttermutter, hier den Attikern, Urbewohnern ihres Landes, kekrophische Minerva; den meerumschlungenen Zypern paphische Venus; den pfeiltragenden Kretern diktynnische Diana; den dreisprachigen Siziliern die stygonische Proserpina; den Eleusinern Altgöttin Ceres. Andere nennen mich Juno, andere Bellona; diese dort Hekate, jene Rhamnusia. Sie aber, welche die göttliche Sonne beim Aufgehen mit ihren ersten Strahlen erleuchtet, die Äthiopier beider Länder, und die Ägypter, durch uralte Weisheit ausgezeichnet und mit den mir angemessenen Zeremonien mich ehrend, sie rufen mich mit meinen wahren Namen an: Königin Isis!1 Nr. 508 Arnobius, adversus nationes 3,2–3 2 Sie sagen nämlich: „Wenn euch Religion am Herzen liegt, warum wollt ihr mit uns weder andere Götter verehren noch sie anbeten noch eure Mysterien mit denen eurer Mitbürger verbinden und die Riten verschiedener Religionen vereinen?“1 – Wir können indessen sagen: zur Verehrung der Gottheit ist uns der einzige Gott genug. Der erste Gott, sage ich, der Vater und Herr der Dinge, der alles ordnet und lenkt: in ihm ehren wir alles Verehrungswürdige, beten an, wem Anbetung gebührt, dienen in Ehrfurcht, was diesen Dienst verlangt. Denn da wir das Haupt der Gottheit haben, wovon sich die Gottheit aller und jeglicher göttlicher Wesen herleitet, so halten wir es für überflüssig, den einzelnen nachzugehen; zumal wir nicht wissen, wer sie sind und welche Namen sie führen, und zudem ihre Anzahl weder zuverlässig erfahren noch erforschen können2. 3 Gleichwie nun in den irdischen Reichen wir nicht genötigt sind, die zur königlichen Familie Gehörigen namentlich mit dem Fürsten zu ehren, sondern in der Verehrung der Könige selbst alles ihnen Angehörige sich stillschweigend mitgeehrt weiß, auf gleiche Weise verhält es sich auch mit diesen

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

Göttern, wer immer sie sein mögen, die ihr uns als existierend vorhaltet. Wenn sie königlicher Abstammung sind und der Hauptgottheit entstammen, so wissen sie, wenn sie auch nicht namentlich von uns verehrt werden, dass sie dennoch gemeinsam mit ihrem König geehrt und in seiner Huldigung eingeschlossen sind. Dies wurde jedoch von uns nur für den Fall gesagt, dass es als ausgemachte Sache feststände, es gäbe außer dem König und Schöpfer noch andere Häupter, die der Zahl nach eingeteilt und gesondert gleichsam eine Volksmenge bildeten. Wir bitten aber, uns nicht in den Tempeln die Bildnisse statt der Götter und jene Statuen vorzuzeigen, wovon ihr zwar erkennt, aber nicht eingestehen wollt, dass es Gestalten aus wertlosem Ton und kindische Gebilde der Künstler sind. Da wir über das Göttliche mit euch reden, so fordern wir von euch den Nachweis, dass es andere Götter dem Wesen, der Wirksamkeit und dem Namen nach gibt, nicht bestehend in den Bildnissen, die wir sehen, sondern in wahrhaftiger Wesenheit, wovon man annehmen muss, dass sie die Kraft enthalten, die ein solcher Name umgibt.

Nr. 509 Julian, contra Galilaeos frg. 28 Weshalb bin ich so ausführlich geworden, obwohl ich nur kurz reden wollte? Aus folgendem Grund: Wenn der unmittelbare Schöpfer der Welt der von Mose verkündete Gott wäre, so haben wir doch von ihm angemessenere Auffassungen, da wir meinen, dass er der gemeinsame Herrscher über alle Dinge ist, dass noch andere nationale Gottheiten existieren, die ihm unterstehen, sozusagen Statthalter des Königs sind und von denen jede auf verschiedene Weise eine eigene Funktion ausüben1. Außerdem machen wir aus ihm keinen Rivalen der ihm untergebenen Götter. Wenn aber Mose, obwohl er einen partiellen Gott verehrt, ihm die Herrschaft über das All zuschreibt, dann ist es besser, unserer Ansicht zu folgen und den Gott des Universums anzuerkennen, ohne dabei doch jenen zu ignorieren, als denjenigen, dem die Herrschaft über den kleinsten Teil zugefallen ist, anstelle des Schöpfers des Universums zu verehren. Nr. 510 Augustinus, de consensu evangelistarum 1,26.29–30 26 Schließlich sollen sie über ihn1 denken, was sie wollen. Oder meinen die Römer etwa nicht, man müsse auch die schlechten Götter verehren, da sie Pallor (der Furcht) und Febris (dem Fieber) Tempel errichtet haben und mahnen, die guten Dämonen herbeizubitten und die bösen Dämonen zu besänfti-

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gen? Welche Ansicht auch immer sie also über ihn haben mögen, weshalb meinten sie, dass sie ihn allein weder herbeibitten noch günstig stimmen müssten? Wer ist dieser Gott, der entweder so unbekannt ist, dass er allein unter so zahlreichen Göttern nicht entdeckt wird, oder so bekannt ist, dass er allein schon von so zahlreichen Menschen verehrt wird? Sie kommen nicht umhin einzugestehen, dass sie die Riten dieses Gottes einzig aus dem Grund nicht annehmen wollten, weil er allein verehrt werden wollte, jene Götter der Heiden aber, die sie bereits verehrten, zu verehren verbot. Doch viel mehr müsste man sie fragen: Wer oder von welcher Art ist ihrer Meinung nach der Gott, der nicht wollte, dass andere Götter verehrt werden, denen sie Tempel und Statuen errichtet haben, und der so mächtig war, dass sein Wille stärker war, deren Statuen zu vernichten, als ihr Wille, seine Riten nicht anzunehmen? Es lässt sich ja die Maxime jenes heidnischen Philosophen zitieren, der, wie sie bestätigen, auch nach Aussage des Orakels der weiseste aller Menschen gewesen ist (vgl. Plat., apol. 21). Die Maxime des Sokrates lautet nämlich, dass ein jeder Gott so verehrt werden müsse, wie er selber seine Verehrung angeordnet habe (vgl. Xen., mem. 4,3,16). Daraus ergab sich für jene Heiden die unbedingte Notwendigkeit, den Gott der Hebräer nicht zu verehren, da, wenn sie ihn auf andere Weise verehren wollten, als er seine Verehrung festgelegt hatte, sie jedenfalls nicht ihn verehren würden, sondern das, was sie sich selber ausgedacht hatten. Wenn sie ihn aber auf jene Weise verehren wollten, wie er es gesagt hatte, dann erkannten sie, dass sie keine anderen Götter verehren durften, deren Verehrung er selber verboten hatte. Aus diesem Grund verwarfen sie den Kult des einen wahren Gottes, um nicht die vielen falschen Götter zu beleidigen, denn sie meinten, deren Zorn würde ihnen mehr schaden als seine Gunst ihnen nutzen. 29 Da es sich so verhält, warum wollen die Armen denn nicht begreifen, dass jener der wahre Gott ist, den sie so von ihrer Göttergemeinschaft getrennt sehen, dass sie, die behaupten, alle Götter seien zu verehren, denjenigen, den sie daher notwendigerweise ebenso als Gott bekennen müssen, zusammen mit den übrigen nicht verehren dürfen? Da sie also gleichzeitig nicht verehrt werden können, warum wird dann nicht derjenige erwählt, der deren Verehrung verbietet, wobei man die anderen preisgibt, die dessen Verehrung nicht verbieten? Oder wenn sie es verbieten, soll man vorlesen, wo dies steht. Denn was müsste ihren Völkern in ihren Tempeln eher vorgetragen werden, wo nichts von dieser Art jemals zu hören war? Jedenfalls müsste das Verbot so Vieler gegen einen Einzelnen bekannter und mächtiger sein als das eines Einzelnen gegen so Viele. Denn wenn der Kult dieses Gottes ein Frevel ist, dann sind die Götter nutzlos, die die Menschen von diesem Frevel nicht abhalten. Wenn aber dessen Kult etwas Religiöses ist, da in ihm angeordnet

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

wird, jene Götter nicht zu verehren, dann ist deren Kult ein Frevel. Wenn sie aber dessen Verehrung so selbstbewusst verbieten, dass sie mehr fürchten gehört zu werden als zu verbieten wagen, wer wird angesichts dessen nicht begreifen und einsehen, dass man sich eher für denjenigen entscheiden muss, der deren Verehrung ganz offen verbietet, der die Zerstörung ihrer Götterbilder befohlen, vorausgesagt und sie tatsächlich auch zerstört hat, als für diejenigen, von denen wir nicht wissen, dass sie befohlen haben, ihn nicht zu verehren, von denen wir nicht lesen, dass sie es vorausgesagt haben, von denen wir nicht sehen, dass sie irgend etwas vermocht haben? Ich bitte sie zu antworten: Wer ist dieser Gott, der alle Götter der Heiden so entschieden verfolgt, der alle ihre Riten so offen bloßstellt, so wirkungsvoll vernichtet? 30 Doch wozu soll ich die Frage, wer dieser sei, an Menschen richten, die auf absurde Gedanken verfallen sind? Die einen sagen: Er ist Saturn2, ich glaube wegen der Heiligung des Sabbats, weil sie diesen Tag dem Saturn zugewiesen haben. Ihr Varro hingegen – ein Gelehrterer lässt sich bei ihnen nicht finden, identifizierte den Gott der Juden mit Jupiter, da er der Ansicht war, es mache keinen Unterschied, mit welchem Namen er bezeichnet werde, solange man nur darunter dieselbe Wirklichkeit versteht (Varro, ant. rer. div. frg. 16). Ich glaube, dass er von dessen majestätischer Größe tief beeindruckt war. Denn da die Römer nichts Höheres zu verehren pflegen als Jupiter, was ihr Kapitol hinreichend deutlich bezeugt, und sie ihn für den König aller Götter halten, konnte er, als sie bemerkten, dass die Juden den höchsten Gott verehren, an nichts anderes als an Jupiter denken. Doch ebenso diejenigen, die den Gott der Juden für Saturn halten, wie jene, die ihn für Jupiter halten, mögen doch sagen, wann Saturn es gewagt habe, die Verehrung eines anderen Gottes zu verbieten, einschließlich Jupiters selbst, der, obwohl er sein Sohn war, ihn, seinen Vater, der Überlieferung zufolge aus der Herrschaft vertrieb. Wenn Jupiter seinen Verehrern als der Mächtigere und Siegreiche gefiel, dann sollen sie aufhören, den besiegten und vertriebenen Saturn zu verehren. Doch hat Jupiter auch dessen Verehrung nicht verboten, und den er besiegen konnte, ließ er dennoch weiterhin einen Gott sein.

Nr. 511 Macrobius, saturnalia 1,17,1–6 (1) Avienus sprach: “Ich habe mich eingehend und häufig mit der Frage beschäftigt, weshalb wir die Sonne bald unter dem Namen des Apollon, bald unter dem Namen des Liber, bald unter einer Vielfalt anderer Bezeichnungen verehren. Da nun die Gottheiten wollten, dass du, Vettius Praetextatus, Vorsteher aller heiligen Zeremonien seist, fahre bitte fort, mir den Sinn einer so

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großen Verschiedenheit von Namen zu erklären, die sich auf eine einzige Gottheit beziehen.“1 (2) Darauf antwortete Vettius: „Denke nicht, mein Avienus, dass die Schar der Dichter, wenn sie von den Göttern erzählen, nicht meistens aus den Heiligtümern der Philosophie ihre Grundlagen entleihen. Denn dass sie fast alle Götter, zumindest die im Himmel sind, auf die Sonne beziehen, empfiehlt kein haltloser Aberglaube, sondern göttliche Vernunft1. (3) Wenn nämlich die Sonne, wie die Alten meinten, die Führerin und Lenkerin der übrigen Gestirne ist und allein den Lauf der Planeten regelt, die Bahnen dieser Sterne selber aber die Abfolge der menschlichen Angelegenheiten mit ihrem Einfluss bestimmen, wie einige glauben, oder anzeigen, wie Plotin bekanntlich meint, dann müssen wir bekennen, dass die Sonne, die das lenkt, was uns lenkt, die Urheberin von allem ist, was um uns herum geschieht. (4) Und wie Vergil (Aen. 1,8), als er mit der Formulierung „Nachdem diese Gottheit verletzt worden war“ von der einen Juno sprach, zeigte, dass die verschiedenen Attribute eines einzigen Gottes für verschiedene Gottheiten gehalten werden müssen, so haben die unterschiedlichen Eigenschaften der Sonne den Göttern ihren Namen verliehen. Daher haben die Führenden unter den Weisen von einem einzigen Ganzen gesprochen. (5) Die Kraft der Sonne also, die für Weissagung und Heilung zuständig ist, haben sie Apollon genannt; die die Urheberin der Sprache ist, erhielt den Namen Merkurs. Denn da die Sprache die verborgenen Gedanken übersetzt, ist Hermes von „übersetzen“ (hermeneuein) mit dem für ihn passenden Namen benannt worden. (6) Es gibt eine Kraft der Sonne, die über die Früchte gebietet, es gibt einen Einfluss, der über die Pflanzen gebietet. Und so sind die Bezeichnungen der übrigen Götter entstanden, die aus einem bestimmten und geheimen Grund auf die Sonne bezogen werden; damit für ein so großes Geheimnis nicht eine bloße Behauptung aufgestellt werde, wollen wir die Autoritäten der Alten in den einzelnen Fällen befragen.

3) Erkenntnistheoretisch begründeter Relativismus Schon im 6. Jh. v. Chr. hatte Xenophanes als einer der ersten griechischen Denker bestritten, dass es ein sicheres Wissen der Menschen über die Götter gebe, und in diesem Bereich allenfalls Vermutungen zugestanden. Die skeptische Kritik an jedem religiösen Dogmatismus musste auch die christlichen Glaubensüberzeugungen treffen, die einen unbedingten Geltungsanspruch erhoben (Nr. 512). Auch die neoplatonische Erkenntnistheorie führte zur Relativierung religiöser Überzeugungen, insofern sie angesichts der Transzendenz des höchsten Prinzips im Verzicht auf das Dogma die größere Ehrfurcht vor dem Göttlichen sah und religiösen Aussagen nur den Charakter von

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

menschlichen Meinungen ohne letzte Gewissheit zubilligte (Nr. 501–502, 513–515). Nr. 512 Minucius Felix, Octavius 5,4–6; 13,1–5 5 (4) (Caecilius:) Deshalb muss es doch jeden empören und verärgern, wenn einige Menschen – dazu noch Leute ohne Bildung, ohne wissenschaftliche Kenntnis, die nicht einmal zu den niedrigsten Verrichtungen zu gebrauchen sind, – es sich herausnehmen, etwas Sicheres über das gewaltige Weltall auszusagen1; über eine Frage, die das Denken der Philosophie selbst in ihren verschiedenen Schulen2 zu allen Zeiten bis zum heutigen Tag beschäftigt hat. (5) Und das ja nicht ohne Grund, da doch die menschliche Unzulänglichkeit von der Erkenntnis des Überirdischen so weit entfernt ist, dass uns weder das, was am Himmel über uns ist, noch das, was in der Tiefe der Erde verborgen ruht, zu wissen vergönnt noch zu erforschen erlaubt oder zu erahnen gestattet ist. Wir sollten uns also mit Recht für mehr als glücklich und wissend genug halten, wenn wir nur, wie jener Spruch des alten Weisen es fordert, uns selbst ein wenig besser kennen lernen3. (6) Statt dessen aber versuchen wir in törichtem, sinnlosem Bemühen, die Grenzen unserer unzulänglichen Natur zu überwinden; obwohl wir an die Erde gebunden sind, wollen wir uns in waghalsigem Verlangen noch über Himmel und Sterne erheben. Jedenfalls sollten wir uns diesen Irrweg nicht noch mit gegenstandslosen und grausigen Schreckbildern erschweren. 13 (1) Wenn man aber unbedingt philosophieren will, dann sollte jeder von euch, der sich dazu berufen fühlt, Sokrates, den Fürsten der Philosophie nach Kräften nachahmen. Es ist bekannt, was er antwortete, wenn man ihn nach Überirdischem fragte: „Was über uns ist, ist nicht für uns!“4 (2) Durchaus zu Recht ist ihm darum vom Orakel das Zeugnis einzigartiger Weisheit verliehen worden5. Er hat ja diesen Orakelspruch selbst zutiefst begriffen: er wurde nicht deshalb allen Menschen vorgezogen, weil er etwa alles begriffen hätte, sondern weil er eingesehen hatte, dass er nichts wisse6. So liegt im Eingeständnis der Unwissenheit die höchste Weisheit. (3) Aus derselben Quelle entsprang dann auch der sichergehende Zweifel eines Arkesilaos und viel später eines Karneades und der meisten Akademiker in den Grundfragen der Philosophie7. Mit dieser Methode kann ein Ungebildeter ohne Gefahr ein wenig philosophieren und der Gebildete mit besonderem Erfolg. (4) Verdient nicht die Bedachtsamkeit des Lyrikers Simonides8 allgemeine Bewunderung und Nachahmung? Als dieser Simonides vom Tyrannen Hieron über seine Vorstellung vom Wesen und von den Eigenschaften der Götter gefragt wurde, da erbat er sich zur Überlegung zunächst einen Tag Bedenkzeit, ließ sich

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dann die Frist um zwei Tage verlängern, und als man ihn mahnte, fügte er noch einmal soviel hinzu. Als der Tyrann sich schließlich nach den Gründen dieses langen Aufschubs erkundigte, erhielt er von ihm zur Antwort: je bedächtiger die Untersuchung vorangehe, um so dunkler erscheine ihm die Wahrheit. (5) Und so ist es auch meine Meinung, dass man unlösbare Fragen auf sich beruhen lassen soll und sich nicht blindlings und unüberlegt für die eine oder andere Ansicht entscheiden soll, da doch so viele große Männer bei bloßen Mutmaßungen stehen geblieben sind; denn sonst macht sich entweder ein fragwürdiger Aberglaube breit oder aber die Religiosität geht gänzlich zugrunde.“ Nr. 513 Tübinger Theosophie 2,13 Porphyrius, der Phönizier, Mitschüler des Amelius, Schüler des Plotin, sagt: „Über das erste Prinzip wissen wir nichts. Denn es ist weder berührbar noch erkennbar; vielmehr ist dessen Erkenntnis das Nichtkennen“ (com. Parm. 9,1–10,35). Nr. 514 Marius Victorinus, explanationes in Ciceronis Rhetoricam 1,29,44 Das Wahre ist bei den Menschen verborgen; alles ist Gegenstand von Vermutungen. Folglich kann es keinerlei zwingendes Argument geben. Es kann nur in dem Maße zwingend sein, als ihm die menschliche Meinung diese Geltung zuspricht. Nr. 515 Macrobius, in somnium Scipionis 1,3,17–18; 12,9 3 (17) Porphyrius schreibt in seinen Kommentaren1 …: (18) „Alles Wahre ist verborgen (vgl. Plat., Phdr. 248b). Wenn aber die Seele von den Pflichten gegenüber dem Körper durch den Schlaf ein wenig befreit ist, erblickt sie es bisweilen, richtet ihre Sehkraft darauf, ohne es jedoch zu erreichen, und wenn sie es erblickt, dann sieht sie es nicht in einem reinen und unmittelbaren Licht, sondern durch einen Schleier hindurch, den das dunkle Gewebe der Natur davor zieht.“ 12 (9) Denn wenn die Seelen die Erinnerung an die göttlichen Dinge, von denen sie im Himmel Kenntnis hatten, bis in die Körper herab trügen, gäbe es unter den Menschen keine Meinungsverschiedenheit über das Göttliche. Aber durch das Herabsteigen trinken alle das Vergessen, die einen jedoch mehr, die anderen weniger. Deshalb ist das Wahre auf Erden

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

zwar nicht für alle deutlich, aber alle haben eine Vermutung darüber, denn das Versagen der Erinnerung ist der Anfang der Vermutung2.

II. Der christliche Absolutheitsanspruch 1) Begründung aus dem Offenbarungsgeschehen Angesichts der etablierten Weltdeutungen und staatlich tolerierten Kultformen stand das Christentum vor der Alternative, sich ohne Exklusivitätsanspruch in das bestehende Pantheon einzufügen oder aber im Bewusstsein der eigenen Unvergleichlichkeit sich dem Aufgehen im religiös-philosophischen Synkretismus zu widersetzen. Das Selbstverständnis der Christen, von Gott eine einzigartige Offenbarung empfangen zu haben, ließ es nicht zu, ihre eigenen Glaubensüberzeugungen nur als eine weitere Facette neben zahllosen anderen zu betrachten, in denen sich das den Menschen entzogene göttliche Geheimnis auf je unterschiedliche, stets aber unzulängliche Weise widerspiegele. Die Christen wussten sich im Besitz einer offenbarten Wahrheit, die die Ahnungen aller sonstigen Religionen oder Philosophien grundsätzlich überstieg (Nr. 497, 504–506, 516–520).

Nr. 516 Justin 1, apologia 23,1–2 (1) Alles, was wir als Lehren Christi und der ihm vorausgegangenen Propheten ausgeben, ist allein wahr und älter als alle Schriftsteller, die es gegeben hat. Aber nicht deshalb, weil wir dasselbe wie sie lehren, verlangen wir Annahme unserer Lehre, sondern deshalb, weil wir die Wahrheit sagen. (2) Jesus Christus allein ist im eigentlichen Sinn als Sohn Gottes gezeugt, weil er sein Logos, Erstgeborener und seine Kraft ist, und er hat, nach seinem Ratschluss Mensch geworden, uns diese Lehren zur Umwandlung und Wiederherstellung der Menschheit gegeben.

Nr. 517 Theophilus von Antiochien, ad Autolycum 2,14,2–3; 33,3 14 (2) Das Meer aber können wir ein Bild der Welt nennen. Denn wie das Meer, wenn es nicht durch den reichlichen Zufluss der Ströme und Quellen gespeist würde, wegen seines Salzgehaltes längst ausgetrocknet wäre, so

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wäre auch die Welt, wenn sie nicht Gottes Gesetz und die Propheten hätte, die ihr gleich Flüssen und Quellen Süße, Milde, Gerechtigkeit und Belehrung durch die göttlichen Gebote zuführen, wegen ihrer Schlechtigkeit und der in ihr überwuchernden Sünde schon längst zugrunde gegangen. (3) Und wie sich im Meer Inseln befinden, zum Teil bewohnt, gut bewässert und fruchtbar, mit Buchten und Häfen, dass die Seeleute im Sturm dort Zuflucht finden, so hat Gott der Welt, die infolge der Sünden von wilden Stürmen bewegt wird, Versammlungsstätten gegeben, heilige Kirchen genannt, in denen sich wie in sicheren Inselhäfen die Lehrstühle der Wahrheit finden. Zu diesen flüchten nun diejenigen, die gerettet werden wollen, indem sie die Wahrheit lieben und dem Zorn und Gericht Gottes entfliehen möchten. 33 (3) Deswegen ist klar, dass alle übrigen sich im Irrtum befinden, wir Christen allein aber die Wahrheit besitzen, die wir vom Hl. Geist belehrt werden, der in den heiligen Propheten gesprochen und alles im voraus verkündet hat. Nr. 518 Origenes, contra Celsum 8,20 Wir lehnen es ab, Altäre, Götterbilder und Tempel zu errichten, weil wir durch die Lehre Jesu die rechte Art der Gottesverehrung gefunden haben und nun alles meiden, was unter dem Anschein der Frömmigkeit diejenigen gottlos macht, die sich von der durch Jesus vermittelten Frömmigkeit entfernen. Er allein ist der Weg zur Frömmigkeit, der mit voller Wahrheit spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6).

Nr. 519 Arnobius, adversus nationes 2,65 „Werde ich also nicht Christ, dann werde ich also keine Heilshoffnung haben können?“ – Ja, so ist es, wie du selbst es sagst. Denn Christus allein hat das Amt, Heil zu vermitteln und den Seelen das Entsprechende und Notwendige zu verleihen, von Gottvater erhalten und empfangen, wofür es auch tiefere und innere Gründe gibt. Wie nämlich bei euch bestimmte Götter eine bestimmte Fürsorge, Macht und Befugnis haben, und ihr von keinem von ihnen verlangt, was nicht in seiner Macht und Befugnis liegt, so ist es das Hoheitsrecht Christi allein, den Seelen das Heil zu vermitteln und ihnen den Geist der Ewigkeit zu verleihen. Glaubt ihr zum Beispiel, Vater Bacchus könne Wein, aber keine Arznei verschaffen, Ceres Früchte spenden, Aeskulap die Gesundheit, Neptun dieses, Juno jenes, und Fortuna, Merkur, Vulkanus seien

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

die jeweiligen Spender bestimmter einzelner Dinge, dann müsst ihr notwendigerweise auch von uns annehmen, dass die Seelen Vitalität und Unversehrtheit nur von dem empfangen können, dem der höchste König dieses Amt und diese Aufgabe verliehen hat. Der allmächtige Herrscher wollte, dass dies der Weg zum Heil, dies die Pforte zum Leben sei, um es so zu formulieren; durch diese allein gibt es Zutritt zum Licht, und es besteht keine andere Möglichkeit, sich durchzuschleichen oder hineinzugelangen, da alle übrigen verschlossen und mit unüberwindlicher Schutzwehr gesichert sind.

Nr. 520 Laktanz, divinae institutiones 6,7,1.9–8,1 7 (1) Denn all jene, die aufgrund der eingestandenen Torheit anderer als Weise gelten, haben, vom Schein der Tugend geführt, Schatten und Bilder erfasst, nichts Wahres. Das geschieht deshalb, weil jener trügerische Weg, der zum Untergang führt, viele Pfade hat: wegen der Vielfalt der Neigungen und Lehren, die im Leben der Menschen ungleichartig und unterschiedlich sind. (9) Der Weg hingegen, der Weg der Wahrheit, Weisheit, Tugend und Gerechtigkeit ist, die alle eine einzige Quelle, eine einzige Kraft und einen einzigen Sitz haben, ist sowohl einfach, damit wir gleichen Sinnes und in höchster Eintracht dem einen Gott folgen und ihn ehren, als auch eng, weil die Tugend nur recht wenigen gegeben ist, sowie steil, weil man zum Guten, das heißt dem Höchsten und Erhabensten, nur unter höchster Schwierigkeit und Mühe gelangen kann. 8 (1) Dies ist der Weg, den die Philosophen suchen, aber deshalb nicht finden, weil sie primär auf der Erde suchen, wo er nicht zutage treten kann.

2) Die Einzigartigkeit Christi Insofern die Gestalt Christi auch von den Heiden nicht mehr ignoriert werden konnte, wurde versucht, deren Bedeutsamkeit zu relativieren. Einerseits wurde auf zahlreiche andere jüdische Messiasanwärter mit ähnlich lautenden Botschaften verwiesen (Nr. 521), andererseits das Beispiel imposanterer Wundertäter wie Apollonius von Tyana (Nr. 69, 71, 377, 383, 398) oder radikalerer Asketen wie Plotin (Nr. 46) angeführt. Die Apologeten verteidigten die Unvergleichbarkeit Christi, indem sie dessen einzigartige Wirkungsgeschichte unterstrichen, wie sie andere Gestalten mit ähnlichen Ansprüchen nicht vorweisen konnten (Nr. 521–523), und betonten, dass zwar manche beindruckende Züge oder Taten Christi sich durchaus bei Repräsentanten

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anderer Religionen oder Philosophenschulen finden ließen, niemand sonst aber all das gleichzeitig verwirkliche, was jener in seiner Person vereinigte (Nr. 521). Nr. 521 Origenes, contra Celsum 1,30.57; 2,8; 6,11 1,30 Wer wäre nun, wenn er die Natur der Dinge nicht nur oberflächlich untersucht, nicht zutiefst über diesen Menschen erstaunt, der alles, was ihn diskreditieren konnte, überwunden hat und imstande war, alle berühmten Menschen aller Zeiten durch sein Ansehen zu übertreffen? Doch ist es selten, wenn diejenigen, die bei den Menschen berühmt sind, Ruhm für mehrere Dinge zugleich ernten konnten. Denn der eine wurde wegen der Weisheit, ein anderer wegen der Feldherrnkunst, einige Barbaren wegen Aufsehen erregender Wunder, die sie durch Beschwörungen vollbrachten, andere wieder wegen anderer Dinge bewundert und berühmt, niemand aber wegen vieler Dinge zugleich. Dieser aber wird, zusätzlich zu den anderen Eigenschaften, wegen der Weisheit, wegen der Wundertaten und wegen der Autorität bewundert. Er gewann nämlich einige dafür, sich gemeinsam mit ihm den Gesetzen zu entziehen, nicht wie ein Tyrann, nicht wie ein Räuber, der sein Gefolge gegen die Menschen aufhetzt, noch wie ein Reicher, der den Unterhalt für die bestreitet, die sich an ihn wenden, noch wie einer von denen, die anerkanntermaßen Kritik verdienen; vielmehr als ein Meister der Lehre über den Gott des Universums, seiner Verehrung und aller moralischen Prinzipien, die jeden zur Gemeinschaft mit dem über allem waltenden Gott führen können, der ihnen entsprechend lebt. Dem Themistokles1 oder den anderen berühmten Menschen ist nichts widerfahren, was ihrem Ruhm im Wege stand. Bei diesem aber kam zu dem bereits Erwähnten, das schon völlig ausreichte, um den Charakter eines noch so edlen Menschen in den Schatten der Ruhmlosigkeit zu stellen, noch sein Tod als Gekreuzigter hinzu; dieser galt als ehrlos und genügte, um selbst das zuvor erworbene Ansehen zunichte zu machen und die, wie die Gegner seiner Lehre meinen, die zuvor getäuscht worden waren, zur Abwendung von dem Betrug und zur Verurteilung des Betrügers zu veranlassen. 57 … „Einige Tausende aber“, wie der Jude bei Celsus sagt, „werden Jesus mit der Behauptung widerlegen, über sie selbst sei das gesagt worden, was über jenen prophezeit wurde.“ Wir wissen nun nicht, ob Celsus einige kannte, die während ihres Lebens ähnliches wie Jesus vollbringen und sich selbst als Söhne Gottes oder Kraft Gottes (Apg 8,10) ausgeben wollten. Wenn wir aber wahrheitsliebend jeden Punkt prüfen, werden wir sagen: Vor der Geburt Jesu lebte unter den Juden ein gewisser Theudas, der sich als „eine große Persön-

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

lichkeit“ bezeichnete. Als er starb, zerstreuten sich die von ihm Betrogenen (Apg 5,36). Nach ihm, „in den Tagen der Schätzung“, als Jesus geboren wurde, wie es scheint, zog ein gewisser Judas aus Galiläa viele aus dem Volk der Juden auf seine Seite, da er als ein Weiser und in einigen Punkten als Reformer galt. Nachdem auch er seine Strafe empfangen hatte, fand die Unterweisung ihr Ende (Apg 5,37); nur bei einer ganz geringen Zahl unbedeutender Leute lebte sie fort. Nach der Zeit Jesu wollte auch Dositheus2 aus Samaria die Samaritaner überzeugen, dass er der von Mose prophezeite Christus sei, und schien durch seine Unterweisung einige gewonnen zu haben. Doch ist es durchaus vernünftig, das tiefsinnige Wort des in der Apostelgeschichte erwähnten Gamaliel zu zitieren, um zu zeigen, dass jene Personen mit der Verheißung nichts zu tun hatten, weder Söhne Gottes noch dessen Kräfte waren, hingegen Jesus der Christus in Wahrheit Sohn Gottes war. Gamaliel sagte dort: „Denn wenn dieses Vorhaben und diese Lehre von Menschen kommen, so werden sie zunichte werden“, wie die Werke jener Leute zunichte wurden, als sie starben. „Wenn sie aber von Gott kommen, dann werdet ihr nicht imstande sein, die Lehre dieses Menschen zunichte zu machen; hütet euch, als Widersacher Gottes erfunden zu werden“ (Apg 5,38 f.). Simon der Magier aus Samaria wollte auch durch Magie einige auf seine Seite ziehen. Damals gelang ihm zwar die Täuschung, doch heutzutage lässt sich meiner Meinung nach in aller Welt nicht einmal eine Anzahl von dreißig Simonianern ausfindig machen, und vielleicht habe ich bei der Ziffer schon übertrieben. Es gibt nur äußerst wenige in Palästina. Nirgendwo auf dem restlichen Erdkreis aber, über den er seinen Ruhm ausbreiten wollte, ist sein Name bekannt. Denn wo er erwähnt wird, da wird er aufgrund der Apostelgeschichte (Apg 8,9–24) erwähnt. Es sind Christen, die noch von ihm reden, und die Evidenz hat bezeugt, dass an Simon nichts Göttliches war. 2,8 Er behauptet weiter: „Leuten, die sich bereitwillig betrügen ließen, hätten viele andere von der Art, wie Jesus war, erscheinen können.“ Nun, der Jude bei Celsus soll nicht viele, nicht einmal einige wenige, sondern auch nur einen einzigen von der Art vorweisen, wie Jesus war, der mit der ihm innewohnenden Macht eine Lehre und Satzungen einführte, die der Menschheit heilsam sind und sie der Sündenflut entreißen. …3 6,11 Celsus sagt anschließend: „Wenn die einen“ – er meint die Christen – „diesen vorstellen, andere aber einen anderen, alle jedoch nur ein einziges Wort im Munde führen: ‚Glaube, wenn du gerettet werden willst, oder pack dich fort!‘, was werden dann die tun, die tatsächlich gerettet werden wollen? Werden sie Würfel nehmen, um zu erforschen, wohin sie sich wenden und wem sie sich anschließen sollen?“ Hierauf wollen wir, von der Evidenz selbst bewogen, folgendes entgegnen: Wenn es mehrere gegeben hätte, von denen in gleicher Weise wie von Jesus berichtet worden wäre, dass sie als Söhne

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Gottes in das Leben der Menschen eingetreten wären, und wenn jeder von ihnen einige Anhänger gewonnen hätte, so dass wegen des gleichlautenden Anspruchs, der Sohn Gottes zu sein, die Identität dessen umstritten sein musste, den die an ihn Glaubenden als solchen bezeugten, dann wäre die Behauptung am Platz gewesen: „Wenn die einen diesen vorstellen, andere aber einen anderen, alle jedoch nur ein einziges Wort im Munde führen: ‚Glaube, wenn du gerettet werden willst, oder pack dich fort!‘ usw.“ Nun aber ist Jesus auf der ganzen Erde verkündet worden als der einzige Sohn Gottes, der zur Menschheit gekommen ist. Diejenigen nämlich, die wie Celsus ihn verdächtigten, er habe trügerische Wunder gewirkt, und deswegen in ähnlicher Weise trügerische Wunder wirken wollten, um auch selber gleichermaßen die Menschen zu beherrschen, erwiesen sich als Leute ohne Bedeutung, so Simon, der Magier aus Samaria, und Dositheus, der aus dem selben Land stammte. Der eine behauptete, er sei die Kraft Gottes, die man die Große nennt (Apg 8,10), der andere gab sich als Sohn Gottes selbst aus. Nirgends in der Welt aber gibt es noch Simonianer, obwohl Simon, um eine größere Anhängerschaft zu gewinnen, seine Jünger von der Todesgefahr, die die Christen zu wählen gelernt hatten, dadurch befreite, dass er sie lehrte, die Idolatrie sei für sie etwas Indifferentes. Nicht einmal am Anfang hatten die Simonianer Verfolgung zu erleiden. Denn der böse Dämon, der die Lehre Jesu verfolgte, wusste, dass keiner seiner eigenen Pläne seitens der Lehren Simons behindert werden würde. Die Dositheaner hatten nicht einmal früher eine Blütezeit. Jetzt aber sind sie dermaßen reduziert, dass ihre Gesamtzahl Berichten zufolge nicht einmal an die dreißig beträgt. Auch „Judas, der Galiläer“ wollte sich, wie Lukas in der Apostelgeschichte (Apg 5,36 f.) schrieb, als große Persönlichkeit ausgeben, und, noch vor ihm, Theudas. Aber da ihre Lehre nicht von Gott stammte, gingen sie zugrunde, und alle, die an sie geglaubt hatten, zerstreuten sich sofort. Wir nehmen also nicht Würfel, um zu erforschen, wohin wir uns wenden und wem wir uns anschließen sollen, als ob mehrere imstande wären, uns durch die Verkündigung für sich zu gewinnen, dass sie von Gott her zur Menschheit gekommen wären.

Nr. 522 Eusebius, demonstratio evangelica 3,6,39–7,12 6 (39) Aber wenn du auch nur auf deine Dämonen und auf die Orakel der Götter hörst, dann höre sie – nicht wie du es tust, als würden sie für unseren Erlöser die Anwendung der Magie bezeugen –, sondern dann, wenn sie seine Frömmigkeit, seine Weisheit und seinen Aufstieg in den Himmel bezeugen. Welches Zeugnis könnte für dich glaubwürdiger sein als das aus der Schrift

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

unseres Feindes, das er in den Büchern mit dem Titel „Über die Orakel-Philosophie“ (frg. 245)1 zitiert hat. Er berichtet dort wörtlich: 7 (1) „Es könnte einigen vielleicht paradox erscheinen, was wir zu sagen im Begriff sind: Die Götter haben in der Tat erklärt, dass Christus höchst fromm gewesen und unsterblich geworden ist, und sie erwähnen ihn wohlwollend.“ Etwas weiter fügt er hinzu: „Da einige gefragt hatten, ob Christus ein Gott sei, antwortete (das Orakel): ‚Dass die unsterbliche Seele nach dem Leib ihren Weg fortsetzt, weißt du, doch von der Weisheit getrennt, irrt sie immer umher. Jene Seele aber ist die eines Menschen von ganz hervorragender Frömmigkeit.‘ Höchst fromm nannte ihn also (die Gottheit) und sagte, dass seine Seele, wie auch der anderen Frommen, nach dem Tod unsterblich werde; die Christen verehren sie, ohne darum zu wissen. Auf die Frage, weshalb er bestraft wurde, gab sie das Orakel: ‚Der Leib ist ständig aufreibenden Qualen ausgesetzt, doch die Seele der Frommen nimmt ihren Platz in der himmlischen Region‘.“ (2) Nach dem Orakel fügt er folgendes hinzu: „Dieser ist also fromm und wie die Frommen zum Himmel aufgebrochen. Lästere daher nicht über ihn, sondern habe Mitleid mit der Unwissenheit der Menschen.“ (3) Soweit Porphyrius. War dieser (Christus) vielleicht ein Betrüger? Auch die wohlwollenden Aussagen der Deinigen sollten dich beschämen. Auch bei deinen Leuten findest du also das Bekenntnis, dass unser Erlöser Jesus, der Christus Gottes, kein Magier und Zauberer ist, sondern ein frommer, überaus gerechter, weiser Mensch und Bewohner der himmlischen Regionen ist. (4) Wie hätte ein solcher Mensch außergewöhnliche Dinge wirken können wenn nicht durch die göttliche Kraft, die ihm auch die heiligen Aussprüche zuerkennen, indem sie bezeugen, dass der Logos Gottes und die Kraft des höchsten Gottes in der Form und Gestalt eines Menschen, ja im Fleisch und im Leib selbst gewohnt und die ganze Heilsökonomie vollendet haben. (5) Auch du selbst könntest den göttlichen Charakter der ihm innewohnenden Kraft erkennen, wenn du überlegst, welches Wesen und welche Größe derjenige besaß, der sich mit einfachen Menschen umgab, die das Leben armer Fischer führten, und sich ihrer als Gehilfen bediente, um jenes Vorhaben zu vollbringen, das alle Vernunft übersteigt. (6) Nachdem er einen Plan gefasst hatte wie niemand jemals zuvor, das heißt seine eigenen Gesetze und eine neue Lehre unter allen Völkern zu verbreiten und für die gesamte Menschheit als Lehrer der Religion des einzigen universalen Gottes aufzutreten, entschloss er sich, die ungebildetesten und einfachsten Menschen zur Aufführung seines Planes heranzuziehen, so dass man zurecht annehmen müsste, er habe gegen alle Vernunft gehandelt. (7) Warum? Die nicht einmal imstande waren, den Mund zu öffnen, wenn sie Lehrer auch nur einer einzi-

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gen Person hätten sein müssen, hätten es erst recht nicht vor einer Versammlung von Menschen gekonnt. Wie hätten mit der Menge diskutieren können, die jeglicher Bildung fern standen? Gerade dies aber erweist den göttlichen Charakter des Vorhabens und die in ihnen wirkende göttliche Kraft. Nachdem er sie berufen hatte, sagte er zuerst: „Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mt 4,19). (8) Und als er sie schließlich zu seinen Nachfolgern gemacht hatte, nachdem er ihnen göttliche Kraft eingehaucht und sie mit Stärke und Mut erfüllt hatte, insofern er wahrhaft der Logos Gottes und er selber als Gott der Urheber so großer Wunder war, machte er sie zu Jägern geistiger und vernunftbegabter Seelen und gab ihnen den Auftrag mit den Worten: „Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen.“ Gleichzeitig, nachdem er sie zu Arbeitern und Lehrern der Religion gemacht hatte, sandte er sie dann auch zu allen Völkern und erklärte sie zu Verkündern seiner Lehre. (9) Wer wäre nicht frappiert und mit Recht ungläubig angesichts dieses außergewöhnlichen Wunders? Niemand von denen, die jemals unter den Menschen berühmt geworden sind, kein König, kein Gesetzgeber, kein Philosoph, kein Grieche oder Barbar, hat den geschichtlichen Berichten zufolge einen solchen Plan gefasst, ja nicht einmal von etwas Ähnlichem auch nur geträumt. Jedem hätte es schon genügt, wenn es ihm gelungen wäre, die eigene Botschaft auch nur im eigenen Land zu verbreiten, und er imstande gewesen wäre, offenkundig gute Gesetze auch nur bei dem eigenen Volk zur Geltung zu bringen. Aber siehe, ob der, der nichts Sterbliches und Menschliches geplant hatte, wiederum Worte sprach, die wahrhaft Gottes würdig sind, wenn er zu seinen Jüngern, diesen ganz einfachen Menschen, sprach: „Geht und lehrt alle Völker“ (Mt 28,19 f.). (10) Wie, so hätten die Jünger ihrem Meister antworten können, wird dies für uns möglich sein? Wie sollen wir es beispielsweise den Römern verkünden? Wie sollen wir mit den Ägyptern diskutieren? Welche Sprache bei den Griechen gebrauchen, da wir doch Menschen sind, die nur in der Sprache der Syrer aufgezogen wurden? (11) Wie sollen wir Perser, Armenier, Chaldäer, Skythen, Inder und was sonst noch an Barbarenvölkern existiert, überzeugen, sich von den Göttern ihrer Väter loszusagen und den einzigen Schöpfer des Universums zu verehren? Auf welche Redefähigkeit sollen wir vertrauen, um dies zu unternehmen? Oder welche Hoffnung auf Erfolg werden wir haben, wenn wir es wagen, mit unseren Gesetzen den Gesetzen entgegenzutreten, die jedes Volk seit unvordenklichen Zeiten bezüglich der eigenen Götter besitzt? Auf welche Kraft können wir uns stützen, um bei diesem kühnen Unternehmen überlegen zu sein? (12) Angesichts solcher Äußerungen oder Überlegungen, wie man sie bei den Jüngern Jesu vermuten kann, gab der Lehrer eine Lösung des Problems mit der Hinzufügung eines einzigen Wortes, indem er sagte, dass sie Erfolg haben würden „in meinem Namen“. Er befahl ihnen

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nämlich nicht ohne weiteres und unbestimmt, alle Völker zu lehren, sondern fügte die unerlässliche Präzisierung hinzu: in seinem Namen (vgl. Mt 22,19).

Nr. 523 Athanasius, de incarnatione Verbi 49–50 49 Denn wo hätte es je einen Menschen gegeben, der nur aus einer Jungfrau sich einen Leib bildete? Oder wo hätte je ein Mensch so viele Krankheiten geheilt wie der gemeinsame Herr aller? Wer hat einem schon bei Geburt vorhandenen Mangel abgeholfen und einen Blindgeborenen sehend gemacht? (Joh 9,1). Asklepios1 wurde von ihnen vergöttlicht, weil er die Heilkunst ausübte und Kräuter fand für die kranken Körperteile, die er selber aber nicht aus der Erde bildete, sondern dank seiner Kenntnis der Natur entdeckte. Doch was bedeutet das im Vergleich zu dem, was der Erlöser tat, der nicht bloß eine Wunde heilte, sondern eine Neuschöpfung vornahm und das Geschöpf wiederherstellte? Herakles2 wird von den Griechen als Gott angebetet, weil er mit seinesgleichen kämpfte und wilde Tiere listig erlegte. Was ist das im Vergleich mit den Taten des Logos, der die Menschen von Krankheiten, Dämonen und selbst vom Tod befreite? Dionysos3 wird bei ihnen verehrt, weil er für die Menschen ein Lehrmeister der Trunksucht geworden ist. Aber der wahrhaftige Erlöser und Herr des Alls, der die Mäßigkeit gelehrt, wird von ihnen verspottet. Doch genug hiervon! Wo fände sich eine Parallele auch zu den übrigen Wundertaten seiner Gottheit? Wo starb ein Mensch, währenddessen die Sonne sich verfinsterte, die Erde bebte (Mt 27,45.51)? Siehe doch: bis heute sterben Menschen, und auch von alters her starben sie. Wann aber wäre solch ein Wunder bei ihnen geschehen? Oder, um die Taten zu übergehen, die er im Leib vollbrachte, und nur die Werke nach seiner leiblichen Auferstehung zu erwähnen: wo gab es je einen Menschen, dessen Lehre von einem Ende der Erde bis zum anderen überall als eine und dieselbe Geltung gewonnen hätte, so dass seine Verehrung sich über die ganze Erde ausbreitete? Oder wenn Christus, wie sie meinen, nur ein Mensch ist und nicht Gott der Logos, warum verhindern es dann ihre Götter nicht, dass seine Verehrung auf das Gebiet übergreift, wo sie selber sind, ja dass vielmehr der Logos selbst, wo er hinkommt, mit seiner Lehre ihren Kult beendet und ihr Blendwerk zuschanden macht? 50 Vor ihm hat es viele Könige und Tyrannen der Erde gegeben; von vielen Weisen und Magiern bei den Chaldäern, Ägyptern und Indern weiß die Geschichte zu berichten. Welcher von diesen hat nun je – ich sage nicht: nach dem Tod, sondern noch zu Lebzeiten – eine solche Macht entfaltet, dass er die ganze Erde mit seiner Lehre erfüllte und eine solche Menge von der aber-

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gläubischen Verehrung der Abgötter abbrachte, wie sie unser Erlöser von den Abgöttern fort zu sich bekehrte? Die Philosophen der Griechen haben vieles mit überzeugender Kraft und in kunstvoller Darstellung geschrieben. Vermochten sie einen Erfolg aufzuweisen wie das Kreuz Christi? Bis zu ihrem Lebensende besaßen ihre Sophismen Überzeugungskraft. Nein, noch zu ihren Lebzeiten wurde das, was ihnen sicher schien, Gegenstand wechselseitiger Kontroverse, und sie übten ihre Streitsucht gerne gegeneinander aus. Aber was das ganz Erstaunliche ist, der Logos Gottes lehrte in einer mehr als einfachen Sprache und stellte doch damit die größten Sophisten in den Schatten, entkräftete ihre Lehren, zog alle an sich und füllte seine Kirchen. Und das Wunderbare ist, dass er die Großsprecherei der Weisen über Abgötter damit zum Verstummen brachte, dass er als Mensch in den Tod ging. Wessen Tod vertrieb denn je die Dämonen? Oder wessen Tod fürchteten denn die Dämonen je so wie den Tod Christi? Wo immer der Name des Erlösers genannt wird, da wird auch jeder Dämon vertrieben. Wer hat die Menschen von den Leidenschaften des Herzens so freigemacht, dass die Unzüchtigen jetzt enthaltsam leben, die Mörder nicht mehr zum Schwert greifen, und diejenigen mutig werden, die zuvor im Bann der Feigheit standen? Und wer hat überhaupt die Barbaren- und Heidenvölker überall so weit gebracht, dass sie ihre Wildheit ablegten und friedliche Gesinnung annahmen, wenn nicht der Glaube an Christus und das Zeichen des Kreuzes? Wer sonst hat die Menschen im Glauben an die Unsterblichkeit so sehr bestärkt wie das Kreuz Christi und die Auferstehung seines Leibes? Denn obwohl die Griechen alle möglichen Lügen fertig brachten, so konnten sie dennoch nicht die Auferstehung ihrer Abgötter erfinden, da sie überhaupt nicht mit der Möglichkeit rechneten, dass der Leib nach dem Tod wieder existiert. Und hierin könnte man ihnen am ehesten Recht geben, dass sie mit einem solchen Gedanken die Schwäche ihrer Idolatrie bewiesen, dagegen Christus die Macht zugestanden, damit er auch aufgrund dessen von allen als Gottes Sohn erkannt wird.

3) Das Christentum als Synthese von religio und philosophia Im Unterschied zur antiken Mythologie, politischen Theologie und den Mysterienkulten stellte sich das Christentum von Anfang an dem Anspruch von Rationalität und Plausibilität (Nr. 2). Die Apologeten widersprachen dem Rückzug der zeitgenössischen Religion vor dem Logos, ihrer Flucht in Konvention und Tradition (Nr. 248). Mit der entschiedenen Option für die Wahrheit profilierte sich das Christentum als die einzig rationale Religion der Spätantike (Nr. 307–309). Zwar hatte die spätantike Philosophie zunehmend religiöse Züge angenommen, doch konnte sie als Produkt menschlicher Reflexion

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

nur einen abstrakten Gottesbegriff vermitteln, kaum eine persönliche Gottesbeziehung ermöglichen. Demgegenüber zeigte das Christentum in der Gestalt des menschgewordenen Logos den personalen Charakter der Wahrheit auf (Nr. 371, 374). Indem die Apologeten das Christentum als Synthese von Religion und Philosophie verstanden, überwanden sie ebenso die Schwäche der antiken Religion, die nicht zur philosophischen Wahrheit über Gott gelangte, wie die Grenze der antiken Philosophie, deren Theorien kaum zu einer tieferen Religiosität führten (Nr. 524–526).

Nr. 524 Laktanz, divinae institutiones 3,11,2–4; 4,3,1–10; 4,2–4 3,11 (2) Gott wollte, dass die Natur des Menschen so sei, dass er nach zwei Dingen verlange und strebe, nämlich Religion und Weisheit. Aber die Menschen täuschen sich, weil sie entweder die Religion annehmen unter Preisgabe der Weisheit oder aber die Weisheit allein erstreben unter Preisgabe der Religion, wo doch das eine ohne das andere nicht wahr sein kann1. (3) Sie verfallen also auf vielgestaltige Religionen, aber deshalb auf falsche, weil sie die Weisheit aufgegeben haben, die sie hätte lehren können, dass es viele Götter nicht geben kann, oder sie streben nach der Weisheit, aber deshalb nach der falschen, weil sie die Religion des höchsten Gottes preisgegeben haben, der sie zum Wissen um das Wahre hätte heranbilden können. (4) So verfolgen die Menschen, die eines von beiden annehmen, ein abwegiges und von größten Irrtümern erfülltes Leben, weil in der untrennbaren Verknüpfung von beidem sowohl die Verpflichtung des Menschen als auch die ganze Wahrheit eingeschlossen sind. 4,3 (1) Der Götterkult … entbehrt der Weisheit, nicht nur weil er ein göttliches Lebewesen, den Menschen, irdischen und vergänglichen Dingen unterordnet, sondern auch weil dort nichts dargelegt wird, was zur moralischen Besserung und Formung des Lebens dienen könnte2; ebenso wenig kennt er irgendeine Suche nach der Wahrheit, sondern nur den Kult, der nicht nur auf einem Akt des Geistes, sondern auf einer Funktion des Körpers beruht3. (2) Und deshalb darf man jene nicht für die wahre Religion halten, da sie durch keinerlei Weisungen der Gerechtigkeit und Tugend Menschen formt und bessert. Ebenso ist die Philosophie, da sie der Religion, das heißt der höchsten Frömmigkeit, entbehrt, nicht die wahre Weisheit. (3) Denn wenn die Gottheit, die diese Welt regiert, durch ihre unglaubliche Wohltätigkeit die Menschheit erhält und sozusagen mit väterlicher Güte umfängt, erwartet sie ohne Zweifel Dankbarkeit und Verehrung; und beim Menschen kann von Frömmigkeit nicht die Rede sein, wenn er sich den himmlischen Wohltaten

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gegenüber als undankbar erweist, was sicherlich nicht die Haltung eines Weisen ist. (4) Da also, wie gesagt, die Philosophie und die Religion der Götter unterschieden und weit voneinander getrennt sind, insofern die einen Lehrer der Weisheit sind, ohne dass man jedoch durch sie Zugang zu den Göttern erhielte, die anderen Priester der Religion sind, durch die man jedoch nicht lernt, weise zu sein, ist es klar, dass das eine nicht die wahre Weisheit und das andere nicht die wahre Religion ist. (5) Daher konnte weder die Philosophie die Wahrheit erfassen noch die Religion der Götter Rechenschaft über sich selbst ablegen, da ihr eine Begründung fehlt. (6) Wo hingegen die Weisheit mit der Religion durch ein untrennbares Band vereint ist, muss notwendigerweise beides wahr sein, da wir sowohl beim Kultakt vom Verstand Gebrauch machen sollen, das heißt wissen sollen, was wir auf welche Weise verehren müssen, als auch beim Gebrauch des Verstandes einen Kultakt vollziehen sollen, das heißt im Handeln realisieren sollen, was wir erkannt haben. (7) Wo verbindet sich also die Weisheit mit der Religion? Offensichtlich dort, wo der eine Gott verehrt wird, wo sich das Leben und alles Tun auf ein einziges Zentrum und ein einziges Ziel beziehen, wo schließlich die Lehrer der Weisheit und die Priester Gottes identisch sind. (8) Doch lasse sich niemand von der Tatsache beeindrucken, die häufig vorgekommen ist und vorkommen kann, dass irgendein Philosoph ein Priesteramt zu Ehren der Götter annimmt; wenn dies geschieht, verbindet sich trotzdem nicht die Philosophie mit der Religion, vielmehr wird sich die Philosophie während der Zeremonien zurückziehen und die Religion, wenn man die Philosophie behandelt. (9) Jene Religion ist nämlich stumm, nicht nur weil sie sich auf stumme Dinge bezieht, sondern weil ihr Ritus eine Angelegenheit von Händen und Fingern ist, nicht des Herzens oder der Sprache, wie die unsere, die die wahre ist. (10) Daher beruht die Religion auf der Weisheit und die Weisheit auf der Religion. Folglich kann es keine Trennung geben, weil weise zu sein nichts anderes bedeutet, als den wahren Gott in gerechten und frommen Kultakten zu verehren. 4,4 (2) Es lässt sich also weder die Religion von der Weisheit trennen noch die Weisheit von der Religion scheiden, da es derselbe Gott ist, der sowohl mit der Intelligenz erfasst werden muss, was Aufgabe der Weisheit ist, und verehrt werden muss, was Aufgabe der Religion ist. (3) Doch geht die Weisheit voran, die Religion folgt, weil die Gotteserkenntnis das erste ist, die Gottesverehrung die Folge daraus. So findet sich eine einzige Macht unter zwei Namen, obwohl sie verschieden zu sein scheinen; der eine beruht auf dem Denken, der andere auf dem Handeln; dennoch ähneln sie zwei Strömen, die aus einer einzigen Quelle hervorgehen. (4) Die Quelle der Weisheit und Religion aber ist Gott, und wenn sich die beiden Ströme von ihm absondern, müs-

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2. E) Der universale Wahrheitsanspruch

sen sie austrocknen; die ihn nicht kennen, können weder weise noch religiös sein. Nr. 525 Laktanz, epitome 36,4–5 (4) In der Philosophie wird kein religiöser Kult vollzogen und in den religiösen Kulten keine Philosophie betrieben. Daher ist die Religion falsch, weil sie ohne Weisheit ist, daher ist die Weisheit falsch, weil sie ohne Religion ist. (5) Wo aber beides miteinander verbunden ist, dort findet sich notwendigerweise die Wahrheit. Fragt man nämlich nach dem Wesen der Wahrheit selbst, dann kann man sie zu Recht entweder als weise Religion oder religiöse Weisheit bezeichnen. Nr. 526 Augustinus, de vera religione 5,8 Doch wie sich jene eingebildeten Philosophen auch verhalten mögen, dies wird jeder leicht einsehen, dass man nicht erwarten kann, bei denen die wahre Religion zu finden, die mit dem Volk denselben Kult vollzogen und zugleich über das Wesen ihrer Götter und das höchste Gut in ihren Schulen vor derselben Menge verschiedene, ja entgegengesetzte Ansichten äußerten. Niemand sollte bestreiten, dass die christliche Lehre, auch wenn sie nur diesen einen Misstand beseitigt hätte, den denkbar höchsten Lobpreis verdienen würde. Denn die unzähligen Häresien, die von der christlichen Glaubensregel abweichen, können es bezeugen, dass niemand zu den Sakramenten zugelassen wird, der von Gott Vater und seiner Weisheit und der göttlichen Geistesgabe eine andere Ansicht vertritt und den Menschen einreden will, als die Wahrheit es vorschreibt. So glaubt und lehrt man es nämlich, und das menschliche Heil hängt daran, dass Philosophie, das heißt Weisheitsstreben, und Religion nicht voneinander verschieden sind.

Kommentar Hinweis zu den Literaturangaben (L): vollständiger Titel findet sich im allgemeinen Literaturverzeichnis (L 1, 2, 3…): vollständiger Titel findet sich im speziellen Literaturverzeichnis der jeweiligen Nummer

Erster Teil: Historischer Überblick A) Ansätze und Modelle in der Schrift, im Judentum und nachapostolischer Zeit I. Ansätze im Neuen Testament L: L. Alexander, The Acts of the Apostles as an Apologetic Text: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 15–44. – A. J. Droge, Apologetics, NT: D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Bible Dictionary, New York 1992, I 302–307. – R. Fabris, L’apologia nel Nuovo Testamento: Ruggieri (Hrsg.), Enciclopedia di Teologia Fondamentale (L), I 3–14

Nr. 1 L: M. Fiedrowicz, Die Rezeption und Interpretation der paulinischen Areopag-Rede in der patristischen Theologie: TThZ 111 (2002) 85–105 1 Derartige Weiheinschriften, die allerdings nur in der Pluralform „Den unbekannten Göttern“ belegt sind, sollten verhindern, dass fremde, unbekannt gebliebene Gottheiten sich wegen der unterlassenen Verehrung an den Menschen rächten. 2 Das Zitat des stoischen Dichters Arat (3. Jh. v. Chr.), phaenomena 5, der Zeus als alles durchwaltende Gottheit rühmte, erfuhr in der Verwendung des Apostels eine Sinnverschiebung vom ursprünglich pantheistischen zum biblischen Verständnis. Der Wortlaut musste dabei nicht verändert, wohl aber richtig verstanden werden.

Nr. 2 1 Griechisch: apologia. 2 Griechisch: logos. Damit ist der apologet. Ansatz, das Christentum grundsätzlich als vernunftgemäß zu erweisen, bereits neutestamentlich grundgelegt.

II. Jüdische Modelle L: M. Alexandre, Apolog tique jud o-hell nistique et premi res apologies chr tiennes: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 1–40. – H. Conzelmann, Heiden – Juden –

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Kommentar

Christen. Auseinandersetzungen in der Literatur der hellenistisch-römischen Zeit (BHTh 62), Tübingen 1981, 139–217. – J.-C. Fredouille, Heiden: RAC 13 (1986) 1128 f. – M. Friedländer, Geschichte der jüdischen Apologetik als Vorgeschichte des Christentums, Zürich 1973 (= 1903), 370–437. – P. W. van der Horst, Apologetik II. Judentum: RGG 1 (41998) 612. – R. McL. Wilson, Jewish Literary Propaganda: Paganisme, Judaisme, Christianisme. Influences et affrontements dans le monde antique, M l. M. Simon, Paris 1978, 61–71

Nr. 3 1 Apion, 1. Hälfte 1. Jh. n. Chr., Philologe u. Leiter der alexandrin. Grammatikerschule. Als überzeugter Antisemit unterstützte er die Griechen dieser Stadt in ihren Auseinandersetzungen mit den Juden in Wort und Schrift. 2 Philon v. Alexandrien bemühte sich um eine Verbindung von Judentum u. Griechentum.

Nr. 4 L: Ch. Gerber, Ein Bild des Judentums für Nichtjuden von Flavius Josephus. Untersuchungen zu seiner Contra Apionem, Leiden 1997. – L. H. Feldman–J. R. Levison (Hrsg.), Josephus’ Contra Apionem: Studies in its Character and Context (AGJU 34), Leiden 1996. – M. Goodman, Josephus’ Treatise Against Apion: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 45–58. – L. Troiani, Commento storico al Contro Apione di Giuseppe, Pisa 1977 1 Freigelassener und Sekretär Neros, dem er 68 n.Chr beim Selbstmord half. Er ermunterte Josephus auch zu seinen Werken über die jüd. Geschichte; vgl. Jos., AJ. 1,8 f. 2 Manetho 3. Jh. v. Chr.; Chairemon 1. Jh. n. Chr.; zwei ägypt. Geschichtsschreiber. 3 Eigentlich Apollonius, Sohn des M., bedeutender Rhetor des 2./1. Jh. v. Chr. aus Alabanda in Karien, verfasste u. a. histor. Schriften mit polemischer Tendenz gegen die Juden.

III. Das „Kerygma Petri“ Nr. 5 L: A. J. Malherbe, The Apologetic Theology of the Preaching of Peter: RestQ 13 (1970) 205–223. – H. Paulsen, Das Kerygma Petri und die urchristliche Apologetik: ZKG 88 (1977) 1–37 (= Ders., Zur Literatur und Geschichte des frühen Christentums: Gesammelte Aufsätze, hrsg. U. E. Eisen [WUNT 99], Tübingen 1997, 173–209)

IV. Die Martyrerakten L: D. Liebs, Umwidmung. Nutzung der Justiz für die Sache der Opfer in den Märtyrerprozessen der frühen Christen: W. Ameling (Hrsg.), Märtyrer und Märtyrerakten, Stuttgart 2002, 19–46. – V. Peri, Caratteri dell’apologetica greca degli inizi al concilio di Nicea: Ruggieri (Hrsg.), Enciclopedia di Teologia Fondamentale (L), I 17–58, 23–30

Nr. 6 L: R. Freudenberger, Die Überlieferung vom Martyrium des römischen Christen Apollonius: ZNW 60 (1969) 111–130. – H. Paulsen, Erwägungen zu Acta Apollonii 14–22:

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ZNW 66 (1975) 117–126 (= Ders., Zur Literatur und Geschichte des frühen Christentums: Gesammelte Aufsätze, hrsg. U. E. Eisen [WUNT 99], Tübingen 1997, 210–219). – V. Saxer, L’apologie au s nat du martyr romain Apollonius: MEFRA 96 (1984) 1017– 1038. – J. Schwartz, Autour des Acta S. Apollonii: RHPHR 50 (1970) 257–261 1 Nach Eus., h. e. 5,21,4–5, der den Senatorentitel nicht erwähnt, war Apollonius wegen seines Reichtums, seiner Abstammung u. Bildung in Rom höchst angesehen. 2 Anhand des Berichtes bei Eus., h. e. 5,21,1–5 sowie der griechisch u. armenisch erhaltenen Martyrerakten des Apollonius lässt sich der Vorgang folgendermaßen rekonstruieren: Nach einem ersten Verhör vertagte der Vorsitzende des Kaisergerichtes, der Gardepräfekt Tigidius Perennis, den Prozess, um entsprechend damaliger Rechtspraxis ein Senatsgutachten einzuholen, dem zu folgen im Ermessen des Richters lag. In einer Sondersitzung erhielt Apollonius Gelegenheit, seine Position vor dem Senat darzulegen, der sich jedoch in der Christenfrage auf die bisherige Rechtspraxis berief, wie sie das Reskript Trajans (= Plin., ep. 10,97,9; vgl. Tert., apol. 2,6: Nr. 34) 111/2 formuliert hatte. Auf diesen negativen Senatsbeschluss berief sich Perennis im zweiten Verhör, dessen redaktionelle Ausgestaltung sich ebenfalls in den Martyrerakten (Nr. 7) findet. 3 Die z. Z. Eusebs noch erhaltene, dann aber verloren gegangene Apologie fand evtl. Eingang in die später von christl. Hand redigierten Acta Apollonii (Nr. 7).

Nr. 7 1 Der praefectus praetorio Tigidius Perennis hatte den Prozessvorsitz an Kaisers Statt; vgl. Eus., h. e. 5,21,4. Die Martyrerakten des Apollonius sind keine Wiedergabe des originären Gerichtsprotokolls. Ihr Spezifikum liegt in der Verbindung von Martyrerakte u. Apologetik. 2 Zur folgenden Schilderung der Passion Christi vgl. Nr. 390.

B) Das Entstehen der ersten Apologien (2. Jh.) I. Historischer Kontext L: R. M. Grant, Greek Apologists of the second century, Philadephia 1988. – W. Kinzig, Der „Sitz im Leben“ der Apologie in der Alten Kirche: ZKG 100 (1989) 291–317

II. Die ersten Apologien 1) Quadratus Nr. 8 L: R. M. Grant, Quadratus, the first Christian Apologist: R. H. Fischer (Hrsg.), A Tribute to Arthur Vööbus. Studies in early Christian literature and its environment, primarly in the Syrien East, Chicago 1977, 177–185 1 Statthalter der Provinz Asia 123/4. 2 Minicius Fundanus, so die richtige Namensform, war Statthalter der Provinz Asia 124/5. Zum Text des Briefes vgl. Eus., h. e. 4,8,7 (Nr. 15).

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Nr. 9 1 Wahrscheinlich anlässlich eines Aufenthaltes des Kaisers in Athen, wo er sich 125/6 in die eleusinischen Mysterien einweihen ließ. Vgl. Eus., chron. a. 124 p.Chr.; Hier., ep. 70,4 (Nr. 174).

2) Aristides Nr. 11 1 Apologeticum pro Christianis. Vgl. Hier., ep. 70,4 (Nr. 174).

Nr. 12 L: K.-G. Essig, Erwägungen zum geschichtlichen Ort der Apologie des Aristides: ZKG 97 (1986) 163–188. – W. Hunger, Die Apologie des Aristides eine Konversionsschrift: Schol. 19/24 (1944/49) 390–400. – G. C. O’Ceallaigh, „Marcianus“ Aristides, on the worship of God: HThR 51 (1958) 227–254 1 Diese erste Überschrift, die im syr. Manuskript im Unterschied zur folgenden in roter Tinte geschrieben ist, scheint eher ein Bibliothekstitel als eine Widmung zu sein. 2 Wie die Überschrift der syr. Version andeutet, scheint Aristides nach dem Tod Hadrians seine Apologie revidiert u. an den Nachfolger Hadrianus Antoninus, d. h. Antoninus Pius (138–161) adressiert zu haben. Die Abfassungszeit läge somit zwischen 124/40. 3 Der Text von Kap. 15–17 folgt der Ausgabe von J. Geffcken, der die griech. u. syr. bzw. armen. Version verbunden hat.

3) Justin L: L. Alfonsi, Giustino, Apol. I,2,4: VigChr 16 (1962) 77 f. – Ders., La struttura della I „Apologia“ di Giustino: R. Cantalamessa–L. F. Pizzolato (Hrsg.), Paradoxos Politeia. Studi patristici in onore di G. Lazzati (SPMed 10), Mailand 1979, 57–76. – P. Bruns, Andere Religionen im Urteil der Kirchenväter – Bemerkungen zum apologetischen Anliegen des Märtyrers Justin: R. Göllner (Hrsg.), Das Christentum und die Weltreligionen, Münster 2000, 47–60. – B. L. Buck, Justin Martyr’s Apologies: Their number, destination and form: JThS 54 (2003) 45–59. – H. Chadwick, Justin Martyr’s defence of Christianity: BJRL 47 (1964/65) 275–297. – J.-C. Fredouille, De l’Apologie de Socrate aux Apologies de Justin: J. Granarolo u. a. (Hrsg.), Hommage R. Braun (Publications de la Facult des Lettres et Sciences Humaines de Nice 56/2), Nizza 1990, II 1–22. – S. J. Gabriel, Justin apologiste chr tien, Paris 2000. – G. Girgenti, Giustino Martire. Il primo cristiano platonico, Mailand 1995. – A. J. Guerra, The Conversion of Marcus Aurelius and Justin Martyr: The Purpose, Genre and Content of the First Apology: SecCen 9 (1992) 171–187. – St. Heid, Iustinus Martyr: RAC 19 (2001) 801–847. – H.-H. Holfelder, Eusebeia kai philosophia. Literarische Einheit und politischer Kontext von Justins Apologie: ZNW 68 (1977) 48–66, 231–251. – R. Joly, Parall les pa ens pour Justin, Apologie I, XIX: A. Caquot–M. Hadas-Lebel–J. Riaud (Hrsg.), Hellenica et Judaica. Hommage V. Nikiprowetzky, Leuven–Paris 1986, 473–481. – P. Keresztes, The „so-called“ Second Apology of Justin: Latomus 24 (1965) 858–869. – Ders., The literary genre of Justin’s First Apology:

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VigChr 19 (1965) 99–110. – Ders., Justin, Roman Law and the Logos: Latomus 45 (1986) 339–346. – Ders., Law and arbitrariness in the persecution of the Christians and Justin’s First Apology: VigChr 18 (1964) 204–214. – C. Munier, L’apologie de saint Justin Philosophe et Martyr (Par. 38), Fribourg 1994. – M. Rizzi, e : L’ degli scritti apologetici di Giustino, Atenagora, Tertulliano: Aevum 65 (1991) 125–149. – J. Speigl, Die Diskussion um Pluralismus und Universalität der Religion. Ein Schlüssel zum Verständnis des apologetischen Werkes des Justin: M. v. Stritzky–Chr. Uhrig (Hrsg.), Garten des Lebens. FS W. Cramer (MThA 60), Altenberge 1999, 275–307

Nr. 13 1 Antoninus Pius, Adoptivsohn u. Erbe Hadrians, Kaiser 138–161; er adoptierte 138 M. Anius Verus/Verissimus, den späteren Kaiser Marc Aurel (161–180), u. dessen Sohn Lucius Verus (*130). Die offizielle Erwähnung des Lucius Verus in der Widmung setzt seinen Beginn des cursus honorum (153 Aufnahme in den Senat als Quaestor) voraus, so dass die Apologie auf 153 oder kurz danach datiert werden könnte. 2 Prosph nesis: Erklärung, amtliche Aussage; enteuxis ist Terminus technicus für eine offizielle Petition. 3 Vgl. Nr. 246, 288–291. 4 Der Ausdruck ist entlehnt aus Plat., resp. 6,485c. 5 Die antoninischen Herrscher verstanden sich als Philosophen auf dem Kaiserthron u. verknüpften die Ausübung ihres polit. Amtes eng mit diesem Selbstverständnis. Justin greift diesen Anspruch auf (vgl. 3,2) u. fragt, ob er in der polit. Praxis realisiert sei. Sein Kriterium hierfür ist die Behandlung der Christen. Vgl. Hohlfelder, Eusebeia. 6 Anspielung auf Plat., apol. 30c. 7 Vgl. Justins Beschreibung des christl. Lebenswandels in Nr. 191. 8 Die platon. Maxime, die nur von den Regierenden spricht, wurde auch von Marc Aurel aufgegriffen; vgl. Hist. Aug., M. Aurel 27,6–7. 9 Die Christen sind für das an ihnen begangene Unrecht moralisch verantwortlich, wenn sie die Wahrheit des Christentums nicht bekannt machen. 10 Justin leitet das Wort Christus von chrestos (anständig, brav) ab. Im Briefwechsel Plinius-Trajan (= Plin., ep. 10,96–97) tauchte erstmals die Frage auf, ob der christl. Name allein, d. h. die Tatsache des Christseins, bereits strafwürdig sei oder konkrete Delikte nachgewiesen werden müssen. Zur Verfolgung um Christi Namen willen vgl. Mt 10,22; Mk 13,13. Zum christl. Namen vgl. Athenag., leg. 1,2; 2,1–2 (Nr. 20); Theoph., Autol. 1,1,2 (Nr. 27); Tert., apol. 2,3 (Nr. 34); 3,1 (Nr. 185). 11 Vgl. Athenag., leg. 2,2 (Nr. 20).

Nr. 14 1 Biblidion, Terminus technicus für eine schriftl. Petition, die seit Hadrian der Amtsweg war, um ein kaiserliches Reskript zu erhalten, das in Rom zusammen mit der Petition im Porticus der Trajansthermen, unweit des Colosseums, veröffentlicht wurde. Die Christen hofften durch Publikation ihrer Schriften an diesem stark frequentierten Ort breitere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu finden. Vgl. Kinzig, Überlegungen (L), 302. 2 Sotades v. Maroneia, 3. Jh. v. Chr., verfasste freizügige satirische, teilweise obszöne Gedichte. Philainis v. Leukades, Verfasserin eines Werkes Peri aphrodisi n bzw. Peri

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sch mat n synousias. Archestratos, 4. Jh. v. Chr., aus Sizilien, Autor eines gastronomischen Gedichts. Epikur, 341–270, Begründer der epikur. Schule, der insbes. von Stoikern u. christl. Autoren zu Unrecht Hedonismus als Lebensmaxime vorgeworfen wurde.

Nr. 15 L: R. Freudenberger, Christenreskript. Ein umstrittenes Reskript des Antoninus Pius: ZKG 78 (1977) 1–14. – H. Nesselhauf, Hadrian Reskript an Minicius Fundanus: Hermes 104 (1976) 348–361. – J. Speigl, Der röm. Staat und die Christen, Amsterdam 1970, 95 f., 98–108. – W. Schmid, The Christian Re-Interpretation of the recript of Hadrian: Maia 7 (1955) 1–10 1 Zum Eindruck des christl. Martyriums vgl. Nr. 197–200, 203. 2 Zum Vorwurf der Anthropophagie vgl. Nr. 181–183, 185–187. 3 Statthalter der Provinz Asia 123/4. Sein Nachfolger war Minicius Fundanus 124/5. 4 In allen Justin-Handschriften ist nur eine griech. Version überliefert. Zum Dokument vgl. A. Wartelle, Saint Justin, Apologies, Paris 1987, 89–91. Die Authentizität ist umstritten. Es könnte sich um eine christl. Fälschung handeln, vgl. Nesselhauf, Hadrian Reskript. Doch wurde auch die Echtheit verteidigt u. nur eine christenfreundliche Reinterpretation durch Justin angenommen, vgl. Speigl, Röm. Staat; Schmid, Christian Re-Interpretation. 5 So geschah es beim Martyrium des Polycarp v. Smyrna (ca. 156) u. den Christenpogromen in Lyon (177), wo der Statthalter jeweils den Forderungen der aufgebrachten Volksmenge nachgab. 6 Die sehr vage Formulierung para tous nomous prattontas gestattete Justins Interpretation zufolge eine Verurteilung nur aufgrund krimineller Delikte. In Wirklichkeit verstand das kaiserliche Schreiben unter dem gesetzwidrigen Verhalten nicht Vergehen wie Mord u. Ehebruch, sondern Verstöße gegen die früheren Christen-Erlasse der Kaiser. 7 Vgl. Hier., ep. 70,4 (Nr. 174). 8 Das koinon Asias war eine Institution, der Delegierte der wichtigsten kleinasiat. Städte u. Länder angehörten. Sie trat einmal jährlich in einer der großen Städte zusammen u. regelte u. a. religiöse Angelegenheiten. 9 Das Antoninus Pius zugeschriebene christenfreundliche Reskript ist eine eindeutige Fälschung. Immerhin noch mit einem echten Kern rechnet Freudenberger, Christenreskript. Derartige „Dokumente“, die im 2. Jh. an die Seite der Apologien traten und die hier formulierten Bitten als gewährt fingierten, sollten vermutlich potentielle Denunzianten der Christen durch entsprechende kaiserliche Verlautbarungen abschrecken. 10 Obwohl Eus. das Reskript Antoninus Pius zuschreibt, entsprechen die Namen u. Kaisertitulaturen eher Marc Aurel, ohne jedoch auch hier völlig zutreffend zu sein. Das Reskript selbst datiert die Abfassung auf das erste Halbjahr der Regierung Marc Aurels (7. 3.–9. 12. 161). 11 Vgl. Hadrians Reskript an Minicius Fundanus. Nach Freudenberger, Reskript, 6 wird dieses Schreiben hier als Verbot ausgelegt, Christen mit ungerechtfertigten, erpresserischen Strafandrohungen zu belästigen. 12 Eine Präzisierung des im Hadrian-Reskript erwähnten „gesetzwidrigen Handelns“.

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13 Wäre dieser Satz authentisch, so wären die Forderungen der Apologeten des 2. Jh. erfüllt gewesen. 14 Vgl. Eus., h. e. 4,26,10 (Nr. 18). Nach Freudenberger, Christenreskript, 3 kannte Melito das Reskript in einer noch nicht christlich interpolierten Form. 15 Vgl. Nr. 14. 16 Neben dem Stadtpräfekten Quintus Lollius Urbicus (144–160) hat Justin die christenfeindlichen Behörden im Blick. 17 Vgl. Plat., resp. 10,595c: „Keinesfalls darf man den Menschen höher schätzen als die Wahrheit.“ 18 Anders als Eus. führt Tatian den Tod Justins nicht unmittelbar auf die Machenschaften des Crescens zurück. Zu Crescens vgl. Puech, Recherches (L 26), 90–102. 19 Von den aufgezählten Schriften sind nur die ersten beiden Apologien sowie der Dialog mit dem Juden Tryphon erhalten. 20 Marc Aurel. 21 In der zweiten Hälfte des 2. Jh. erweiterten sich die literar. Formen der Auseinandersetzung mit dem Heidentum. Neben die Petitionen traten als zweite Schriftengruppe Werke vom Typus pros Hell nas/ad nationes/gentes. Die Bezeichnung „Griechen“ meint die Gesamtheit der Heiden im Gegensatz zu den Juden u. Christen. Die Präposition pros (m. Akk.) kann sowohl „an“ als auch „gegen“ bedeuten. Vgl. Kinzig, Überlegungen (L). 22 Der Begriff elenchos war in der philos. Tradition, insbes. bei Platon u. Aristoteles zur Prüfung u. gegebenenfalls zur Widerlegung gegnerischer Argumentationen geläufig. Vgl. Kinzig, Überlegungen (L), 164 f.

4) Miltiades, Apollinaris von Hierapolis, Melito von Sardes Nr. 16 1 Um das Christentum heidnischem Verstehen nahe zu bringen, bezeichneten bereits die ersten Apologeten ihre Religion als Philosophie bzw. sich selbst als Philosophen. Vgl. Rosen, Torheit (L).

Nr. 17 1 Marc Aurel regierte 161–180.

Nr. 18 L: E. Gabba, L’Apologia di Melitone da Sardi: Critica storica 1 (1962) 469–482. – C. Gonz lez Rom n, Melit n de Sardes y las relaciones entre cristianismo y paganismo a fines del reinado de Marco Aurelio: In Memoriam Agust n D az Toledo, Granada 1985, 181–197. – C. Dell’Ossio, L’Apologia di Melitone di Sardi: Rivista di Scienze Religiose 15 (2001) 239–257. – W. Schneemelcher, Heilsgeschichte und Imperium. Melito von Sardes und der Staat: Kl. 5 (1973) 257–275 1 Vgl. Eus., chron. a. 170 p. Chr. 2 Unter Marc Aurel gab es keinen Erlass, der ausdrücklich gegen die Christen gerichtet war. Die „neuen Gesetze“ (kaina dogmata) stehen als Chiffre für die kaiserliche Religionspolitik mit ihrer bewussten Förderung traditioneller Kulte bei gleichzeitiger Abwehr fremder Kulte. Nicht bestimmte Gesetze, sondern diese generelle reli-

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gionspolitische Tendenz Marc Aurels verschärfte die Konfrontation zwischen Heiden u. Christen. Vgl. Motschmann, Religionspolitik (L 24), 251–260. 3 Gemeint sind die Juden im Unterschied zu den Griechen. Vgl. I. Opelt – W. Speyer, Barbar: JAC 10 (1967) 251–290. 4 Marc Aurel war Adoptivsohn des Antoninus Pius u. Adoptivenkel Hadrians. 5 Vgl. Eus., h. e. 4,9,1–3 (Nr. 15). 6 Nach Freudenberger, Christenrekript (L 15), 2 spielt Melito auf das bei Eus., h. e. 4,13,1–7 (Nr. 15) überlieferte Reskript an die Provinzversammlung Asiens an. G. Bardy, Eus be de C sar e, Hist. eccl. (SC 31), Paris 1952, 210 Anm. 19 sieht in dieser Passage hingegen den Anlass, ein entsprechendes Reskript von christl. Seite zu fingieren.

5) Athenagoras Nr. 19 L: B. Pouderon, Ath nagore chef d’ cole. propos du t moignage de Philippe de Sid : StPatr 26 (1993) 167–176. – Ders., Le t moignage du Codex Baroccianus sur Ath nagore et les origines du didaskaleion d’Alexandrie: ders., D’Ath nes Alexandrie (L 20), 1–70 1 Die 434/9 abgefasste Kirchengeschichte ist nur in Fragmenten u. Exzerpten erhalten. Die Informationen über Athenag. finden sich in einer Zusammenfassung, die eine Handschrift vom Anfang des 14. Jh. bietet. Abgesehen von der späten Bekehrung des Athenag. zum Christentum u. einer katechet. Tätigkeit in Alexandrien sind die Angaben allerdings kaum vertrauenswürdig, machen aber auf die mögliche Bedeutung dieses Apologeten als Vorläufer der alexandrin. Schule aufmerksam. Den Text bietet G. C. Hanson (Hrsg.), Theodoros Anagnostes, historia ecclesiastica (GCS), Berlin 1971, 160. 2 Die Bezeichnung presbeutikon ist weitgehend identisch mit dem ungewöhnlichen, evtl. von einem späteren Kopisten stammenden Titel der Bittschrift selbst: presbeia verweist auf eine Botschaft, die dem Kaiser von einer offiziellen Delegation überbracht wurde. Der Adressat war jedoch Marc Aurel. Zur Namensverwechslung vgl. Pouderon, T moignage, 30 f. 3 Nach Pouderon, T moignage, 29, 31–33 wahrscheinlich in Athen, wo jedoch zu dieser Zeit die Schule der Platoniker nicht mehr existierte. Athenag. leitete eher eine platonisierende Schule privater Natur. 4 Nach Pouderon, T moignage, 40 ist eine persönliche Bekanntschaft um 180 in Alexandrien denkbar, für ein Lehrer-Schüler-Verhältnis gibt es jedoch keine weiteren Hinweise. 5 Pouderon, T moignage, 29 interpretiert: wie Athenagoras. 6 H. e. 5,11,2.

Nr. 20 L: L. W. Barnard, Athenagoras. A study in second century christian apologetic (ThH 18), Paris 1972. – Ders., The Embassy of Athenagoras: VigChr 21 (1967) 88–92. – Ders., Notes on Athenagoras: Latomus 31 (1972) 413–432. – Ders., The philosophical and biblical background of Athenagoras: J. Fontaine–C. Kannengiesser (Hrsg.), Epektasis. M langes Card. J. Dani lou, Paris 1972, 3–16. – T. D. Barnes, The embassy of Athe-

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nagoras: JThS 26 (1975) 111–114. – P. L. Buck, Athenagoras’s Embassy: A Literary Fiction: HThR 89 (1996) 209–226. – C. Burini, Un „Progetto culturale“ nella „Supplica“ di Atenagora: S. Felici (Hrsg.), Crescit dell’uomo nella catechesi dei Padri (et prenicena), (BSRel 78), Rom 1987, 41–49. – A. J. Malherbe, The Structure of Athenagoras, „Supplicatio pro Christianis“: VigChr 23 (1969) 1–20. – M.Peglau, Die „Presbeia“ des Athenagoras im Spannungsfeld zwischen archeia philosophia und kainê didachê. Eine Untersuchung zum apologetischen Spektrum im späten zweiten Jahrhundert, Dresden 1999. – B. Pouderon, Ath nagore d’Ath nes. Philosophe chr tien (ThH 82), Paris 1989. – Ders., D’Ath nes Alexandrie. tudes sur Ath nagore et les origines de la philosophie chr tienne (BCNH Section < tudes> 4), Qu bec–Louvain–Paris 1997. – M. Rizzi, e : L’ degli scritti apologetici di Giustino, Atenagora, Tertulliano: Aevum 65 (1991) 125–149. – W. R. Schoedel, In Praise of the King. A Rhetorical Pattern in Athenagoras: D. F. Winslow (Hrsg.), Disciplina nostra. Essays in memory of R. F. Evans (PatMS 6), Cambridge 1979, 69–90 1 Vgl. Just., 1 apol. 4,1–5 (Nr. 13). Zum „Namen“ vgl. Peglau, Presbeia, 133–136. 2 Vgl. Just., 1 apol. 2,3 (Nr. 13). 3 Vgl. Tert., apol. 7,2.5 (Nr. 185). 4 Vgl. Just., 1 apol. 4,4 (Nr. 13). 5 Vgl. Hist. Aug., M. Aurel 24,1–2. 6 Vgl. das von Justin zitierte Hadrian-Reskript bei Eus., h. e. 4,9,3 (Nr. 15). 7 Vgl. Nr. 181. 8 Athenag. macht sich ganz die Terminologie der polit. Propaganda zu eigen, wenn er die christl. Fürbitte nicht nur um Erhaltung, sondern um Erweiterung der röm. Herrschaft zusichert. 9 Vgl. 1 Tim 2,2.

C) Die Entfaltung der apologetischen Literatur (Wende vom 2. zum 3. Jh.) I. Die Anfänge literarischer Polemik 1) Lukian Nr. 21 L: H. D. Betz, Lukian von Samosata und das Christentum: NT 3 (1959) 226–237. – V. Daumer, Lucien de Samosate et la secte chr tienne, Paris 1957. – F. Giull n Preckler, Testimonio de Luciano sobre los cristianos: Helm. 26 (1975) 249–257. – Ruggiero, Follia dei cristiani (L), 119–132. – V. Schmidt, Lukian über die Auferstehung der Toten: VigChr 49 (1995) 388–392 1 Vermutlich ist Paulus gemeint. 2 Der „Weisheitslehrer“ (sophist s) Jesus Christus.

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2) Apuleius Nr. 22 L: V. Schmid, Reaktionen auf das Christentum in den Metamorphosen des Apuleius: VigChr 51 (1997) 51–71. – M. Simon, Apul e et le Christianisme: Ders., Le Christianisme antique et son contexte religieux. Scripta Varia II (WUNT 23), Tübingen 1981, 581–587 1 Apul. schildert die Erlebnisse des in einen Esel verwandelten Lucius, der erst durch die Einweihung in die Isis-Mysterien seine menschl. Gestalt zurückerhält. 2 Apul. ist der erste lat. Autor, der unicus als theol. Qualifikation des christl. Gottes verwendet. Dem exklusiv monotheist. Anspruch des Christentums stellt A. die Selbstoffenbarung der Isis gegenüber, in deren numen unicum alle anderen Götter aufgenommen sind (Nr. 507). Vgl. Schmid, Reaktionen, 54 f.

3) Aristides Rhetor Nr. 23 1 Anspielung auf die Christen, mit denen die kynischen Philosophen verglichen werden. 2 Bei dem berühmten Zeus-Orakel in Dodona im Nordwesten Griechenlands wurde dem Klang von Bronzebecken der Willen des Gottes entnommen.

4) Marc Aurel Nr. 24 L: C. Motschmann, Die Religionspolitik Marc Aurels (Hermes Einzelschriften 88), Stuttgart 2002, 263–269 1 Der stoische Weise konnte in auswegloser Situation aufgrund seines Vernunfturteils aus dem Leben scheiden (eulogos exag g – der wohlerwogene Freitod). 2 Der Ausdruck kata psil n parataxin wird oft als „Neigung zu bloßem starrsinnigen Widerstand“ übersetzt u. mit der Charakterisierung der Opferverweigerung der Christen bei Plin., ep. 10,96,3 verglichen, der von pertinacia u. inflexibilis obstinatio sprach. Nach Motschmann, Religionspolitik, 265, ist der Begriff parataxis hier jedoch nicht politisch, sondern militärisch aufzufassen u. bezeichnet die Abkehr vom eigenen, selbständigen Urteil. Die folgende Erwähnung der Christen besitzt rein paradigmatische Funktion, insofern diese als Antithese zum Vorbild des Weisen dienen. 3 Während die Christen selbstbewusst die Martyriumsbereitschaft als Glaubwürdigkeitskriterium ihrer Lehre betrachteten (Nr. 197–203), zeigt dieser Text, dass Heiden dadurch in ihrer Ablehnung des Christentums bestärkt werden konnten. Im Hintergrund der Äußerung steht eventuell 1 Kor 4,9: „Wir sind ein Schauspiel geworden der Welt, den Engeln und den Menschen.“

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II. Celsus: die erste systematische Kritik L: T. De Andr s Hernansanz, La sintesis filosofica del intelectual pagano del siglo II d.C. a traves del „Alethes Logos“ de Celso: M.Com 34 (1976) 145–195. – C. Andresen, Logos und Nomos. Die Polemik des Kelsos wider das Christentum (AKG 30), Berlin 1955. – G. T. Burke, Celsus and Justin: Carl Andresen Revisited: ZNW 76 (1985) 107–116. – W. Den Boer, La pol mique anti-chr tienne du II si cle: „La doctrine de verit “ de Celse: At. 54 (1976) 300–318. – H. Dörrie, Die platonische Theologie des Kelsos in ihrer Auseinandersetzung mit der christlichen Theologie auf Grund von Origenes c. Celsum 7,42 ff.: NAWG phil.hist. Klasse 1967/2, 19–55 (= Ders., Platonica minora [STA 8], München 1976, 229–262). – M. Frede, Celsus’ Attack on the Christians: J. Barnes–M. Griffin (Hrsg.), Philosophia togata, Oxford 1997, II 218–240. – Ders., Celsus philosophus Platonicus: ANRW II 36/7, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1994, 5183–5213. – J. W. Hargis, Against the Christians. The Rise of Early Anti-Christian Polemic, New York 1999, 17–61. – R. J. Hauck, Omnes contra Celsum?: SecCent 5 (1985/86) 211–225. – G. Lanata, Il Discorso vero di Celso. Un addendum bibliografico: G. A. Privitera (Hrsg.), Paideia cristiana. Studi in onore di M. Naldini, Rom 1994, II 315–321. – G. Loesche, Haben die späteren neuplatonischen Polemiker gegen das Christentum das Werk des Celsus benutzt?: ZWTh 27 (1883) 257–302. – A. Magris, Aufklärerischer Platonismus: Kelsos und Origenes: Chartulae: FS W. Speyer (JAC.E 28), Münster 1998, 228–243 (= Platonismo e cristianesimo alla luce del Contro Celso: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 47–77). – Ph. Merlan, Celsus: RAC 2 (1954) 954–965. – L. Rougier, Celse contre les Chr tiens. La r action pa enne sous l’empire romaine (Th oriques 1), Paris 1977. – Ruggiero, Follia dei cristiani (L), 149–159. – H. O. Schröder, Celsus und Porphyrius als Christengegner: WG 17 (1957) 190–202. – W. Völker, Das Bild vom nichtgnostischen Christentum bei Celsus, Halle 1928. – G. Watson, Celsus and the philosophical opposition to Christianity: IthQ 58 (1992) 165–179. – Wilken, Die frühen Christen (L), 106–137

III. Neue Formen der christlichen Apologie 1) Tatian Nr. 25 1 Die Informationen stammen von Eus., h. e. 4,16,7 (Nr. 15). 2 Um 172 trennte sich Tatian von der röm. Gemeinde u. kehrte in seine Heimat zurück. Als Enkratit verwarf er Ehe, Wein- u. Fleischgenuss; vgl. Iren., haer. 1,28. 3 Eus., h. e. 4,29,7 bezeichnet das Werk als logos ho pros Hellenas u. erwähnt weiterhin das Diatesseron (Evangelienharmonie), das Hier. unerklärlicherweise nicht anführt. 4 Vgl. Eus., chron. a. 172 p. Chr.

Nr. 26 L: M. Elze, Tatian und seine Theologie (FKDG 9), Göttingen 1960. – R. M. Grant, Studies in the Apologists. I. Tatian’s theological method: HThR 51 (1958) 123–128. –

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G. F. Hawthorne, Tatian and his Discourse to the Greeks: HThR 57 (1964) 161–188. – M. McGehee, Why Tatian never „apologized“ to the Greeks? Journal of early christian studies 1 (1993) 143–158. – E. Norelli, La critique du pluralisme grec dans le Discours aux Grecs de Tatian: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 81–120. – A. Puech, Recherches sur le Discours aux Grecs de Tatien, Paris 1903. – P. Yousif, Il patrimonio culturale greco secondo Taziano: M. Pavan–U. Cozzoli (Hrsg.), L’eredit classica nelle lingue orientali (Acta enciclopaedica 5), Rom 1986, 73–95 1 Um den vermeintlichen Vorrang der griech. Kultur vor der als barbarisch verachteten jüd.-christl. Religion zu widerlegen, wiesen die Apologeten die Abhängigkeit der Griechen von der Weisheit der barbarischen Kulturvölker nach. Vgl. Clem. Alex., protr. 70,1; str. 1,66–73; Eus., p. e. 10; Thdt., affect. 1,12–25. I. Opelt – W. Speyer, Barbar: JAC 10 (1967) 269 f.; J. H. Waszink, Some Observations on the Appreciation of the „Philosophy of the Barbarians“ in Early Christian Literature: M langes offerts Mademoiselle Christine Mohrman, Utrecht 1963, 41–56 (= Ders., Opuscula selecta, Leiden 1979, 272–287). Zur Antithese Griechen-Barbaren vgl. Norelli, Critique; Elze, Tatian, 19–27. 2 Vgl. Nr. 188, 195, 319, 323, 326. 3 Vgl. Diog. Laert. 6,76; Athen. 8,341e; Plut., de esu carn. 995d. Die Überlieferung dieser Anekdote bei mehreren paganen Autoren zeigt, dass es sich hierbei nicht um Erfindungen christl. Polemik, sondern um Topoi innerphilosophischer Auseinandersetzungen handelt. 4 Über die Ausschweifungen des Gründers der kyrenäischen Schule vgl. Diog. Laert. 2,66.78; Lukian, vit. auct. 12; Tert., apol. 46,15. 5 Vgl. Lukian, par. 34; Tert., apol. 46,15. 6 Diese Auffassung wurde in der Doxographie dem Stagiriten häufig zugeschrieben (vgl. Doxographi graeci [Diels] Nr. 31), findet sich aber nur bei Ps-Aristot., mund. 6,397. 7 Diog. Laert. 6,30. 8 Kallisthenes, ein Neffe des Aristoteles; vgl. Diog. Laert. 5,5; Plut., Alex. 55,9. 9 Kliton; vgl. Plut., Alex. 51,8–11; Sen., ira 3,17,1. 10 Vgl. Aristot., EN 1178 a. 11 Anders als bei Tatian sagt Herakl., frg. 101 (DK): „Ich habe mich selbst erforscht.“ Vgl. Diog. Laert. 9,5. 12 Vgl. Diog. Laert. 9,6. 13 Vgl. Diog. Laert. 2,22. 14 Vgl. Diog. Laert. 9,3–4. 15 Zu diesem apolog. Topos vgl. Nr. 461–465. 16 Möglicherweise eine Anspielung auf den Kaiserkult. 17 Vgl. 1 Petr 2,17. 18 Tatian hatte zuvor die unterschiedliche Gesetzgebung einzelner Völker bzgl. ihrer Sexualpraktiken beschrieben. 19 Anspielung auf die Kybelepriester. 20 Dasselbe bezeugen Just., 2 apol. 12,5; Theoph., Autol. 3,8; Tert., apol. 9,5; Min. Fel., Oct. 30,4; Lakt., inst. 1,21,3, aber auch Porph., abst. 2,56,9. Weitere heidn. Quellen berichten nicht von Menschenopfern für den Schutzgott der Latinervölker. 21 Der Tempel der Diana v. Nemi lag bei Aricia im Albanergebirge. Nach uraltem

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Ritus konnte das Priesteramt (rex nemorensis) nur erhalten, wer den bisherigen Amtsinhaber im Zweikampf erschlug. Vgl. Strabo 5,3,12; Pausan. 2,27,4; Ovid, fast. 3,271 f. 22 Bibl. Testimoniensammlungen spielten bei den christl. Missionsbemühungen innerhalb der Gebildetenschicht eine wichtige Rolle. Die Konversion zum Christentum wurde vielfach durch die persönliche Begegnung mit der Schrift ausgelöst. Vgl. Just., dial. 7,1–8,2; Athenag. (Nr. 19); Aristid., apol. 15,1; 16,6 (syr.); Theoph., Autol. 1,14,1 (Nr. 27). Vgl. B. Pouderon, La conversion chez les Apologistes grecs: J.-C. Attias (Hrsg.), Histoire et anthropologie des ph nom nes de conversion, Paris 1997, 143–167, 163– 166. 23 Wenn Tatian erstmals systematisch den Altersbeweis zugunsten des Christentums durchführte (Nr. 258), dann resultierte dieser method. Ansatz vermutlich aus der von ihm selbst geschilderten überwältigenden Entdeckung des höheren Alters der bibl. Schriften. 24 Die Schlichtheit der bibl. Schriften war in den Augen vieler Heiden gerade ein Argument gegen ihre göttliche Inspiration. Vgl. Nr. 429–433. 25 Den Dämonen. 26 Die bibl. Offenbarungsbotschaft führt zur Wiederentdeckung der verlorenen Urphilosophie, wie sie die Menschheit am Anfang ihrer Geschichte besaß. Vgl. Nr. 303– 306. 27 Vgl. Eus., h. e. 4,16,7 (Nr. 15); 5,13,1. Hierzu P. Lampe, Die stadtrömischen Christen in den ersten beiden Jahrhunderten (WUNT II 18), Tübingen 1989, 245–251, 262–366. 28 Seit der frühen Kaiserzeit verbreitete sich die Überzeugung, die Barbarenvölker stünden der Weisheit bzw. einer Uroffenbarung näher als die Griechen. Je mehr sich der Skeptizismus des griech. Denkens bemächtigte, desto größer wurde das Interesse an der Weisheit fremder, insbes. orientalischer Völker. Die Christen griffen den bei den Griechen geläufigen Begriff der barbaros philosophia zur Selbstdefinition auf und stellten die eigene Religion als deren Höchstform dar.

2) Theophilus von Antiochien Nr. 27 L: R. M. Grant, The Problem of Theophilus: HThR 43 (1950) 179–196. – Ders., Scripture, Rhetoric and Theology in Theophilus: VigChr 13 (1959) 33–45. – Ders., Theophilus of Antioch to Autolycus: HThR 40 (1947) 227–256. – R. Rogers, Theophilus of Antioch. The life and thought of a second-century bishop, Lanham, Ma-Oxford 2000. – N. Zeegers, Les trois cultures de Th ophile d’Antioche: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 135–176. – N. Zeegers-Vander Vorst, La notion de foi chez Th ophile d’Antioche: La liturgie, expression de la foi. Conf rences Saint-Serge, XXVe semaine d’ tudes liturgiques, Rom 1979, 339–365 1 Zum Wortspiel Christos – chrestos vgl. Just., 1 apol. 4,1 (Nr. 13). 2 Als Propheten werden die bibl. Autoren generell bezeichnet. Möglicherweise konvertierte Theoph. vom Judentum zum Christentum; vgl. Zeegers, Trois cultures. Vgl. Tat., or. 29,2 (Nr. 26).

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3 Zur Plagiatsthese vgl. Nr. 269–280. 4 In seinem umfassenden Altersbeweis (3,16–29: Nr. 259) konfrontiert Theoph. die chronolog. Daten der Bibel mit denen der griech.-röm. Geschichte. Darüber hinaus zieht er vielfach Zeugnisse profaner Autoren heran.

3) Der Brief an Diognet Nr. 28 L: W. Eltester, Das Mysterium des Christentums. Anmerkungen zum Diognetbrief: ZNW 61 (1970) 278–293. – D. Grasso, Un saggio di evangelizzazione nel secondo secolo: La lettera a Diogneto: C. C. Marcheselli (Hrsg.), Parola e Spirito. Studi in onore di S. Cipriani, Brescia 1982, 777–788. – M. G. Mara, Osservazioni sull’Ad Diognetum: SMSR 35 (1964) 267–279. – C. Riedweg, Iustinus Martyr II (Pseudo-justinische Schriften): RAC 19 (2001) 853–858. – C. Riggi, Testimonianza missionaria dell’avento di Cristo: Sal. 34 (1972) 419–488. – R. G.Tanner, The Epistle to Diognetus and Contemporary Greek Thought: StPatr 15 (1984) 495–508. – C. Tibiletti, Aspetti polemici dell’ad Diognetum: AAST.M 96 (1961/62) 343–388. – A. L. Townsley, Notes for an interpretation of the Epistle to Diognetus: RSC 24 (1976) 5–20 1 Es wurde versucht, Diognet insbes. mit zwei histor. Personen zu identifizieren: 1) der Lehrer Kaiser Marc Aurels; vgl. med. 1,6. 2) der Prokurator Claudios Diognetos, der unter Septimius Severus als Hoherpriester Ägyptens die Güter der heidn. Priester u. Tempel verwaltete. Die Möglichkeit eines fiktiven Adressaten ist jedoch nicht ausgeschlossen. Der Name Diognet („aus Zeus geboren“) könnte symbolisch einen Heiden bezeichnen. Vgl. Lona, An Diognet, 72. 2 Zur christl. Martyriumsbereitschaft vgl. Nr. 197–203. 3 Vgl. die Schilderungen bei Aristid., apol. 15 (Nr. 12) u. Tert., apol. 39,5–7 (Nr. 185). 4 Zur späteren Schilderung der christl. Lebenspraxis vgl. Nr. 184. 5 Zur Beantwortung dieser Frage vgl. Nr. 254. 6 Die Antithese von Gewalt u. Überzeugung war dem griech. Denken im Bereich von Paideia u. Politik vertraut. Nach Plut., Phoc. 2,9 regiert Gott die Welt nicht durch Gewalt, sondern Überredung u. Vernunft. Christl. Autoren (u. a. Iren., haer. 4,37,1; dem. 55; Clem. Alex., q. d. s. 10,2; Hippol., refut. 10,33,13) haben dieses Motiv übernommen. Vgl. Lona, An Diognet, 228 f.

4) Clemens von Alexandrien Nr. 29 1 Clem. selbst berichtet nicht von seiner Initiation in die Mysterienkulte, doch verrät die ausführliche Auseinandersetzung mit ihnen im Protrepticus eine außergewöhnliche Kenntnis dieser Religionen.

Nr. 30 L: F. H. Brigham, The concept of New Song in Clement of Alexandria’s Exhortation to the Greeks: Class. Fol. 16 (1962) 9–13. – M. Galloni, Cultura, evangelizzazione e fede

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nel „Protrettico“ di Clemente Alessandrino (VSen NS 10), Rom 1986. – Th. Halton, Clement’s Lyre: A Broken String, a New Song: SecCen 3 (1983) 177–199. – C. Riedweg, Mysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien (UALG 26), Berlin–New York 1987. – H. Steneker, Peithous Dêmiourgia. Observations sur la fonction du style dans le protreptique de Cl ment d’Alexandrie (GCP 3), Nijmwegen 1967. – F. Storelli, Itinerario a Dio nel Protrettico di Clemente Alessandrino: Nicolaus 7 (1979) 3–69 1 Hdt. 1,23 f. überliefert die Legende, der Dichter Arion (um 600 v. Chr.) sei bei der Überfahrt von Sizilien nach Korinth ins Meer geworfen u. von einem Delphin, den er mit Gesang herbeilockte, ans Land getragen worden. Amphion gebot den Steinen durch die Leier, die er von Hermes empfangen oder selbst erfunden haben soll; vgl. Hom., Od. 11,262 f. 2 Orpheus; vgl. Ovid, met. 10,87–144; 11,1–2. 3 In seinem Bemühen, das Christentum den heidn. Adressaten in vertrauten Bildern nahe zu bringen (Nr. 145), schildert Clem. Christus als wahren Orpheus, dessen neues Lied Frieden in die Welt gebracht u. die Menschen tiefgreifend verwandelt hat. Vgl. Halton, Clements’ Lyre; Brigham, Concept of New Song; zu weiteren Apologeten K. Goldmann, Christus Orpheus: ZKG 74 (1963) 218–243, 226–230.

5) Ps.-Justin Nr. 31 L: W. C. Van Unnick, The character of early christian apologetics in the Pseudo-Justinian Oratio ad Graecos: Ders., Sparsa Collecta. Collected Essays III. Patristica-Gnostica-Liturgica (NT.S 31), Leiden 1983, 59–70 1 Zum Vorwurf des Traditionsbruchs vgl. Nr. 246–253. 2 Homer ist gemeint. 3 Es folgt ein umfassender Angriff auf die Mythologie, wie sie sich in den Schriften Homers, Hesiods sowie anderer Dichter u. Historiker findet. Im Hintergrund der Kritik steht die Krise des klass. Bildungssystems im 2./3. Jh., wo der moral. Nutzen der Dichterlektüre kontrovers diskutiert wurde; vgl. Plut., aud. poet.; Lukian, nec. 3–6. Ps.-Just. entscheidet sich für die Paideia des göttl. Logos (or. 5,1). Hierzu van Unnick, Character.

Nr. 32 1 Zur euhemerist. These, die Götter seien ursprgl. Menschen gewesen, die von ihren Zeitgenossen vergöttlicht wurden, vgl. Nr. 327.

6) Hermias Nr. 33 L: J. F. Kindstrand, The date and character of Hermias’ Irrisio: VigChr 34 (1980) 341–357. – J. H. Waszink, Hermias: RAC 14 (1988) 808–815 1 Ausgehend von Gen 6,1–4 beschreibt das jüd. „Buch der Wächter“ (1 Henoch 1–36) den Fall der Engel als Ursache des Bösen in der Welt. Mit ihrem Fall brachten die

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Engel vom Himmel her geheime Kenntnisse auf die Erde. Teilweise wurde in der jüd. Tradition die heidn. Kultur auf diese Belehrung zurückgeführt. Frühe christl. Apologeten rezipierten diese Deutung. Hermias’ These, dass auch die griech. Philosophie auf die Unterweisung der gefallenen Engel zurückzuführen sei, findet jedoch keine weitere Parallele, steht aber möglicherweise im Hintergrund von Äußerungen bei Clem. Alex. (str. 1,81,4; 1,80,5; 6,66,1; 159,1), in denen dieser sich mit christl. Gegnern der griech. Philosophie auseinandersetzt. Vgl. Hansson, Hermias (SC 388), Appendice I 123–128. 2 In diesem Kapitel wie in den folgenden stützt sich Herm. auf die doxograph. Tradition, der er nahezu alles entlehnt, was er über die Lehren der griech. Philosophen berichtet. Vgl. Hansson, Hermias (SC 388), 25–37.

7) Tertullian Nr. 34 L: C. Becker, Tertullians Apologeticum. Werden und Leistung, München 1954. – R. Braun, Observations sur l’architecture de l’Apologeticum: M. Renard–R. Schilling (Hrsg.), Hommages J.Bayet, Brüssel–Berchem 1964, 114–121 (= Ders., Approches de Tertullien [EAug. S rie Antiquit 134], Paris 1992, 127–134). – C. Castillo, El de Tertulliano: Estructura y composici n: Emerita 35 (1967) 515–534. – G. Eckert, Orator Christianus. Untersuchungen zur Argumentationskunst in Tertullians Apologeticum (Palingenesia 46), Stuttgart 1993. – R. Heinze, Tertullians Apologeticum, Leipzig 1910. – P. Keresztes, Tertullian’s Apologeticus: A Historical and Literary Study: Latomus 25 (1966) 124–133. – J. Lortz, Tertullian als Apologet, I–II (MBTh 9–10), Münster 1927/28. – S. Price, Latin Christian Apologetics: Minucius Felix, Tertullian, and Cyprian: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 105–129. – C. Rambaux, Observations sur la port e de l’Apologeticum de Tertullien: Vita Latina 97 (1985) 2–27. – M. Rizzi, e : L’ degli scritti apologetici di Giustino, Atenagora, Tertulliano: Aevum 65 (1991) 125–149. – L. J. Swift, Forensic Rhetoric in Tertullian’s Apologeticum: Latomus 27 (1968) 864–877. – H.-W. Thönnes, Caelestia recogita, et terrena despicies. Altkirchliche Apologetik am Beispiel Tertullians im Vergleich mit modernen Entwürfen (EHS.T 505), Frankfurt a. M. 1994 1 Tert. wendet sich unmittelbar an die röm. Strafrichter in Karthago. Das dortige Kapitol, auf dem Hügel von Byrsa gelegen, war Ort der Gerichtsbarkeit. 2 Vgl. Hebr 11,13; 1 Petr 2,11; Phil 3,20. 3 Zum Hass auf den Namen der Christen vgl. Just., 1 apol. 4,1 (Nr. 13). 4 Ausführlicher hierzu apol. 7,1–5 (Nr. 185) sowie Nr. 186. 5 Plinius verwaltete zwischen 111/3 die Doppelprovinz Bithynien-Pontus. Anfrage u. kaiserliches Reskript finden sich bei Plin., ep. 10,96 u. 97. Vgl. den Kommentar bei P. Guyot–R. Klein, Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgung, Darmstadt 1993, I 320–324. Das Trajan-Reskript war eher politisch-pragmatisch orientiert als juristisch-stringent formuliert. Es klärte nicht die grundsätzliche Frage, weshalb das Christsein als strafbar gelte, sondern regelte nur die Vorgehensweise der Behörden.

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8) Minucius Felix Nr. 35 L: B. Aland, Christentum, Bildung und römische Oberschicht. Zum des Minucius Felix: Platonismus und Christentum. FS H. Dörrie (JAC.E 10), Münster 1983, 11–30. – B. Bakhouche, Octavius Academicus?: Vita Latina 150 (1998) 38–43. – C. Becker, Der „Octavius“ des Minucius Felix. Heidnische Philosophie und frühchristliche Apologetik (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philos.-Hist. Klasse. Sitzungsberichte 1967/2), München 1967. – V. Buchheit, Bildung im Dienst der Wahrheit (Min. Fel., Oct. 14): SO 68 (1993) 116–128. – Ders., Die Wahrheit im Heilsplan Gottes bei Minucius Felix (Oct. 38,7): VigChr. 39 (1985) 105–109. – F. Chapot, Les grandes orientations des traveaux sur l’Octavius de Minucius Felix. Remarques sur trente ans de bibliographie: Vita Latina 150 (1998) 18–28. – G. W. Clarke, The historical setting of the Octavius of Minucius Felix: JRH 4 (1967) 267–286. – Ders., The literary setting of the Octavius of Minucius Felix: JRH 3 (1965) 195–211. – St. Freund, Philosophorum supercilia contemnimus. Überlegungen zur Bewertung der Philosophie im ‘Octavius’ des Minucius Felix: Gym. 107 (2000) 425–434. – A.Fürst, Der philosophiegeschichtliche Ort von Minucius’ Felix Dialog : JAC 42 (1999) 42–49. – H. A. Gärtner, Die Rolle und die Bewertung der skeptischen Methode im Dialog Octavius des Minucius Felix: Panchaia. FS K. Thraede (JAC.E. 22), Münster 1995, 141–147. – E. Heck, M. Minucius Felix: HLL 4 (1997) 475. – B. Kytzler, Minucius Felix: TRE 23 (1994) 1–3. – S. Price, Latin Christian Apologetics: Minucius Felix, Tertullian, and Cyprian: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 105–129. – H. G. Roetzer, Der Octavius des Minucius Felix. Christliche Apologetik und heidnische Bildungstradition: Europäische Lehrdichtung. FS W. Naumann, Darmstadt 1981, 33–48. – C. Schäublin, Konversionen in antiken Dialogen?: Ders. (Hrsg.), Catalepton. FS B. Wyss, Basel 1985, 117–131. – W. Speyer, Octavius, der Dialog des Minucius Felix: Fiktion oder historische Wirklichkeit?: JAC 7 (1964) 45–51 (= Ders., Frühes Christentum im antiken Strahlungsfeld, Tübingen 1989, 14–20) 1 Anspielungen auf die eigene Konversion bildeten innerhalb der Apologien einen Topos, zumindest ein traditionelles Motiv, das der Leser erwarten durfte. Allerdings blieben die Hinweise meist vage, rudimentär und stereotyp. 2 Hatten zunächst die Anhänger der traditionellen Religion das Christentum als Aberglaube (superstitio) bezeichnet (vgl. Plin. ep. 10,96,8; Tac., ann. 15,44,3; Suet., Nero 16,2), so kehrten die christl. Apologeten später die Terminologie um, indem sie das Heidentum als superstitio, das Christentum als vera religio bezeichneten. Vgl. D. Lührmann, SUPERSTITIO – Die Beurteilung des frühen Christentums durch die Römer: ThZ 42 (42 (1986) 193–213; L. F. Jansen, Superstitio and the persecution of the Christians: VigChr 33 (1979) 131–159. 3 Die ägypt. Gottheit Serapis hatte in allen Hafenstädten des Mittelmeeres seit Ptolemäus I. (367–283) Eingang gefunden. Der Kult ist auch für Ostia nachgewiesen. 4 Marcus Minucius Felix. 5 Erstmals erhielt in der apologet. Auseinandersetzung der Skeptizismus die Stimme. Im Rückgriff auf Argumente, die der Skeptiker Cotta in Ciceros Dialog De natura deorum verteten hatte, stellt Caecilius insbesondere die göttliche Vorsehung in Frage, um angesichts der Unbeantwortbarkeit letzter Fragen (Oct. 5,2–6: Nr. 512;

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Oct. 11,5: Nr. 409) die Treue zur altröm. Kultpraxis zu fordern, die seit alters die Erfolge des Imperiums gesichert u. sich damit als einzige Gewissheit ausgewiesen hatte. Vgl. Gärtner, Rolle und Bewertung; Fürst, Philosophiegeschichtlicher Ort. 6 Neben erkenntnistheoretischen Einwänden gegen das Christentum führt Caecilius vor allem den Vorwurf den Immoralität ins Feld; vgl. Nr. 186. 7 Der Vergleich mit dem Komödiendichter Plautus (gest. 184 v. Chr.) diente zur Charakterisierung von Menschen, die andere herabsetzten u. beleidigten; vgl. Hier., ep. 49,18. Mühlknechte gehörten zur untersten, ungebildeten Sozialschicht. Gellius 3,3,14 berichtet, Plautus habe aus Armut zeitweise in einer Mühle arbeiten müssen. 8 Der folgende Abschnitt 14,3–7 findet sich unter Nr. 147. Zur Kritik an Caecilius, der sich als Philosoph gibt, aber mit Berufung auf Platon (Phaid. 88–91; symp. 198–199) als Sophist entlarvt wird, vgl. Buchheit, Bildung. 9 Ähnlich wie der Pontifex u. Skeptiker Cotta in Ciceros Dialog nat. deor. verbindet Caecilius in seiner Person den phil. Skeptizismus u. religiösen Traditionalismus Roms. 10 Die Kritik des elitären Bildungsideals der Antike war ein apologet. Topos. Vgl. Nr. 480, 483–486. Während andere christl. Autoren jedoch den Offenbarungscharakter der Weisheit hervorhoben, die grundsätzlich allen Menschen zugänglich war, argumentiert Min. Fel. hier auf der philos. Ebene u. betont die natürliche Erkenntnisfähigkeit aller Menschen. Die Idee einer angeborenen Weisheit findet sich ansatzweise bei Cic., fin. 4,2,4; Sen., ep., 90,1–2; Epikur, frg. 227a (Us.). 11 Der heidn. Wahrheitssuche hält Min. Fel. den Offenbarungscharakter der Wahrheit entgegen. Vgl. Buchheit, Wahrheit. 12 Zu dieser apologet. Methode vgl. Nr. 167, 174–175. 13 Bereits die vorchristl. Antike kannte die literar. Form des werbenden Dialogs, der in der Konversion eines Teilnehmers die Wirkung vorwegnahm, die bei den Lesern erzielt werden sollte. Min. Fel. bediente sich dieser Methode. Insofern eine religiöse Konversion kaum je das Resultat rationaler Argumentation sein kann, musste im Rahmen eines literarischen Dialogs die Konversion eher philosophischen als religiösen Charakter haben. Vgl. Schäublin, Konversion.

9) Cyprian Nr. 36 1 Gemeint ist Lakt., inst. 5,1,26; 4,6 (Nr. 74).

Nr. 37 L: H. Gülzow–A. Wlosok, Cyprian: HLL 4 (1997) 478 b. Apologetische Schriften. – S. Price, Latin Christian Apologetics: Minucius Felix, Tertullian, and Cyprian: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 105–129 1 Der Vorwurf, die Christen seien die Ursache aller Katastrophen, insofern ihre Kultverweigerung den Götterzorn provoziere, zieht sich durch die Jahrhunderte hindurch. Vgl. Nr. 212–218. 2 Cyprian stützt sich auf die philosoph. Überzeugung, dass ein vernunftbegabter Mensch einer vernunftgeleiteten Argumentation die Zustimmung nicht verweigern

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kann. Der Hinweis auf die sermonis ratio widerlegt zugleich den heidn. Vorwurf, die Christen würden ohne Vernunftgründe glauben. Vgl. Nr. 151–155. 3 Mit dem unmittelbaren apologetischen Ziel des Werkes verbindet sich eine protreptische Absicht.

10) Commodian Nr. 38 L: E. Heck, Commodianus: HLL 4 (1997)

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11) Origenes Nr. 40 L: U. Berner, Untersuchungen zur Verwendung des Synkretismus-Begriffs, Wiesbaden 1982, 130–143. – C. Bussmann, Origenes, contra Celsum: ein antiker Frontalangriff auf das Christentum und seine Abwehr durch Origenes: C. Bussmann–F. A. Ühlein (Hrsg.), Gedenkschrift J. Blank, Würzburg 1992, 47–63. – S. Cartechini, Apologetica nella teologia di Origene. Attualit dei suoi principi e metodo: DoC 26 (1973) 227–232. – H. Chadwick, The evidences of Christianity in the Apologetic of Origen: StPatr 2 (1957) 331–339 (= Ders., Heresy and Orthodoxy in the Early Church, London 1998, XI). – H. Crouzel, Conviction int rieure et aspects ext rieurs de la religion chez Celse et Orig ne: BLE 77 (1976) 81–98. – G. Dorival, La forme litt raire du Contre Celse: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 29–45. – M. F dou, Christianisme et religions pa ennes dans le contre Celse d’Orig ne (ThH 81), Paris 1988. – M. Frede, Origen’s Treatise Against Celsus: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 131–155. – E. V. Gallagher, Divine Man or Magician? Celsus and Origen on Jesus, Chico (Ca.), 1982. – H. J. Horn, Zur Konzeption der Evidenz in der Schrift des Origenes Contra Celsum: G. W. Most u. a. (Hrsg.), Philanthropia kai Eusebeia. FS A. Dihle, Göttingen 1993, 183–198. – Th. Kobusch, Das Christentum als die wahre Philosophie. Zum Verhältnis zwischen Platonismus und Christentum bei Origenes: L. Lies (Hrsg.), Origeniana Quarta (IThS 19), Innsbruck-Wien 1987, 442–446. – L. Lies, Philosophische und theologische Begründung des Christentums in Contra Celsum des Origenes: R. J. Daly (Hrsg.), Origeniana Quinta (BEThL 105), Leuven 1992, 454–459. – Ders., Vom Christentum zu Christus nach Origenes’ Contra Celsum: ZKTh 112 (1990) 150–177. – Ders., Optionen und Gründe für den interreligiösen Dialog nach Contra Celsum I–III des Origenes: Jahrbuch für Religionswissenschaft und Theologie der Religionen 7/8 (1999/2000) 238–271. – Ders., Origenes – auf dem Weg nach Chalcedon. Plausibilität des Christentums in Origenes’ Contra Celsum: O. Muck (Hrsg.), Sinngestalten. Metaphysik in der Vielfalt menschlichen Fragens. FS E. Coreth, Innsbruck–Wien 1989, 90–103. – A. Magris, Aufklärerischer Platonismus: Kelsos und Origenes: Chartulae: FS W. Speyer (JAC.E 28), Münster 1998, 228–243 (= Platonismo e cristianesimo alla luce del Contro Celso: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 47–77). – L. Perrone, Proposta per un commento: un esemplificazione su Contro Celso, 1,9–13: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 225–256. – K. Pichler, Streit um das Christentum. Der Angriff des Kelsos und die Antwort des Ori-

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genes (RSTh 23), Frankfurt a. M.–Bern 1980. – C. Reemts, Vernunftgemäßer Glaube. Die Begründung des Christentums in der Schrift des Origenes gegen Celsus (Hereditas 13), Bonn 1998. – Dies., Wahrheit und Wahrscheinlichkeit. Die Auseinandersetzung zwischen Celsus und Origenes im Horizont der Postmoderne: EuA 75 (1999) 5–12 1 Vgl. Mt 26,59–63; 27,12–14; Mk 14,55–61; 15,3–5. Mit der histor. Perspektive auf den Prozess Jesu schafft Orig. schon im Eingangssatz ein Modell zum Verständnis der aktuellen Situation, die in einen größeren geschichtlichen Zusammenhang eingeordnet wird: schon immer gab es Angriffe auf die christl. Lehre. Zur rhetor. Gedankenführung im Prolog vgl. Berner, Untersuchungen, 132–143. 2 Ambrosius war ein begüterter Mann aus Alexandrien, der als Anhänger der valentinian. Gnosis durch Orig. zum Christentum bekehrt worden war. Er folgte Orig. nach Cäsarea. Als sein Protektor u. Mäzen verschaffte er ihm nicht nur die Mittel zur literar. Arbeit, sondern regte ihn auch zur Abfassung mehrerer Werke an. 3 Orig. ist von der Beweiskraft empirischer Tatsachen (pragmata) überzeugt u. präsentiert das Christentum als eine Religion, die auf histor. Fakten beruht. Vgl. Reemts, Glaube, 73–79. 4 Für Orig. gibt es bestimmte Sachverhalte, deren Evidenz (enargeia, enarg s) bei unvoreingenommenem Blick unbestreitbar ist. Für ihn lässt sich am Leben Jesu u. an der Kirche die Wahrheit des christl. Anspruchs ablesen. Vgl. Reemts, Glaube, 79–86. 5 Mit diesem primär innerkirchlichen Adressatenkreis erhält die apologet. Literatur, bisher eher an Heiden gerichtet, eine neue Orientierung. Vgl. Reemts, Glaube, 36–48; Rizzi, Ideologia (L), 191 f., 202. 6 Mit der Berufung auf den Begriff „Philosophie“, den Celsus zunächst für die eigene Position beansprucht haben dürfte, führt Orig. eine neue Verifikationsebene ein: neben die Lebenspraxis tritt die rationale Argumentation. Der Wahrheitsanspruch des Celsus soll gerade von seinen eigenen Denkvoraussetzungen her abgelehnt werden. 7 Vgl. 1,28. Im restlichen ersten u. gesamten zweiten Buch lässt Celsus einen Juden auftreten, der sich mit Angriffen aus jüdischer Perspektive direkt gegen Jesus wendet. Vgl. L. Troiani, Il Giudeo di Celso: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit , 115–128. 8 Die zunächst geplante Methode umfasste zwei Arbeitsschritte: eine Vorbereitung in Form kürzerer Anmerkungen zu den wichtigsten Thesen des Celsus sowie anschließend die Ausarbeitung einer systematischen Replik. Die später gewählte Methode folgte hingegen dem Text der Vorlage der gegnerischen Schrift. Hierbei lehnte sich Orig. in der literar. Form an pagane Modelle an. So hatten sich bereits Galen u. Plutarch mit Angriffen gegen Hippokrates u. einzelne Philosophen in der Weise auseinandergesetzt, dass sie zunächst die gegnerischen Einwände zitierten, um sie anschließend zu widerlegen. Diese Methode ermöglichte es Orig., seine Leser ständig auf die Schwächen der gegnerischen Argumentation hinzuweisen u. die Akzente der Kontroverse selbst zu setzen.

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D) Die Auseinandersetzung mit dem Neoplatonismus und Synkretismus I. Anti-christliche Propaganda L: W. H. C. Frend, Prelude to the Great Persecution: The Propaganda War: JEH 38 (1987) 1–18 (= Ders., Archeology and History in the Study of Early Christianity, London 1988, VI)

II. Porphyrius L: T. D. Barnes, Porphyry Against the Christians. Date and the attribution of fragments: JThS 24 (1973) 424–442. – Ders., Scholarship or Propaganda? Porphyry Against the Christians and its historical Setting: BICS 39 (1994) 53–65. – P. F. Beatrice, Towards a new edition of Porphyry’s Fragments against the Christians: M.-O.Goulet-Caz u. a. (Hrsg.), Sophiês Maiêtores. . Hommage J. P pin (EAug S rie Antiquit 131), Paris 1992, 347–355. – Ders., Porphyrius: TRE 27 (1997) 54–59. – Ders., Le trait de Porphyre contre les Chr tiens. L’ tat de la question: Kernos 4 (1991) 119–138. – A. Benoit, Le de Porphyre: O en est la collecte des fragments?: Paganisme, Judaisme, Christianisme. Influence et affrontements dans le monde antique. M langes M. Simon, Paris 1978, 261–275. – P. Benoit, Un adversaire du Christianisme au IIIe si cle: Porphyre: RB 54 (1947) 543–572. – J. Bidez, Vie de Porphyre le philosophe n o-platonicien, Hildesheim 1964 (= Ghent 1913). – W. Den Boer, A pagan historian and his enemies: Porphyry against the Christians: CP 69 (1974) 198–208. – B. Croke, The era of Porphyry’s Anti-Christian polemic: JEH 13 (1984) 1–14. – Ders., Porphyry’s anti-christian chronology: JThS 34 (1983) 168–185. – J.-M. Demarolle, La Chr tient la fin du IIIe s. et Porphyre: GRBS 12 (1971) 49–57. – Digeser, Porphyry, Lactantius and the Paths to God (L 58). – C. Evangeliou, Plotinus’ Anti-Gnostic Polemic and Porphyry’s Against the Christians: R. T. Wallis-J. Bregman (Hrsg.), Neoplatonism and Gnosticism (Studies in Neoplatonism: Ancient and Modern 6), Albany 1992, 111–128. – G. Girgenti, Porfirio negli ultimi cinquant’anni. Bibliografia sistematica e ragionata della letteratura primaria e secondaria riguardante il pensiero porfiriano e i suoi influssi storici (PCRM Collana Temi metafisici e problemi del pensiero antico. Studi e testi 35), Mailand 1994. – Hargis, Against the Christians (L), 63–90. – A. Meredith, Pophyry and Julian Against the Christians: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin– New York 1980, 1119–1149. – S. Pezella, Il problema del kata Christianôn di Porfirio: Eos 52 (1962) 87–104. – P. Pirioni, Il soggiorno siciliano di Porfirio e la composizione del kata Christianôn: RSCI 39 (1985) 502–508. – Ruggiero, Follia dei cristiani (L), 161–188. – H. O. Schröder, Celsus und Porphyrius als Christengegner: WG 17 (1957) 190–202. – A. Smith, Porphyrian Studies since 1913: ANRW II 36/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1987, 717–773. – A. R. Sodano, Porfirio, Vangelo di un pagano, Mailand 1993. – R. L. Wilken, Pagan criticism of Christianity: Greek religion and christian faith: W. R. Schoedel–R. L. Wilken (Hrsg.), Early Christian Literature and the Classical Intellectual Tradition. In honorem R. M. Grant (ThH 53), Paris 1979, 117–134. – Ders., Die frühen Christen, Graz 1986, 138–174

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Nr. 41 1 Amelius Gentilianus, geb. zwischen 216/26 n. Chr., hielt sich von 246 an im Kreis des Plotin in Rom auf, wo er mit Porph. philosoph. Streitschriften austauschte. 2 Neoplatoniker, ca. 240–ca. 325 n. Chr., stark vom Neopythagorismus u. den chaldäischen Orakeln beeinflusst; gründete eine Schule in Syrien.

Nr. 42 L: R. Boi, Plotin a-t-il empêch Porphyre de mourir de m lancolie? Hermes 129 (2001) 567–571. – R. Goulet, Variations romanesques sur la m lancolie de Porphyre: Hermes 110 (1982) 443–457. – Sodano, Porfirio, 197–244 1 Longinus wirkte als Philologe, Rhetor u. neoplaton. Philosoph in Athen. 2 Porph. nutzte später die erworbenen Kenntnisse für seine Bibelkritik. 3 Porph. blieb von 263 bis 268 in Rom, wo er der Lieblingsschüler des Neoplatonikers Plotin (205–270) wurde. 4 Eunapius (ca. 345–nach 414) verändert die Informationen, die Porph., Plot. 11, 11–19 über sich selber bietet. Danach habe er 268 an Depressionen gelitten u. auf Empfehlung Plotins, der seinen Zustand diagnostizierte, eine Reise nach Sizilien angetreten. Möglicherweise fingierte jedoch Porph. später die Erkrankung sowie den Rat Plotins, um – nach dem Vorbild Platons (Phaid. 59b) – die Trennung von seinem Lehrer zu rechtfertigen; so Boi, Plotin. Vgl. Goulet, Variations; Sodano, Porfirio, 207–212. 5 Hinweis auf Plot., enn. 1,4 (peri eudaimonias). Vgl. Sodano, Porfirio, 212–215. 6 Es dürfte sich um einen Kommentar zu enn. 1,4 gehandelt haben, der nicht erhalten ist. Vgl. Sodano, Porfirio, 215–217. 7 Porph. kehrte nach Plotins Tod (270) nach Rom zurück, um die Leitung der Schule zu übernehmen. 8 Die Kette des Hermes (vgl. Hom., Il. 8,19) symbolisierte nach neoplaton. Interpretation die Gaben dieses Gottes, dh. die Vernunftanlage zum Philosophieren sowie die Beredsamkeit. 9 Gemeint ist das Werk Philosophia ex oraculis (Nr. 44). 10 Eus., p. e. 4,23,2–5 zitiert einen Passus der phil. ex orac., in der Porph. beschreibt, wie Dämonen zu vertreiben seien. 11 Auffälligerweise verschweigt Eunapius, Neoplatoniker u. enthusiastischer Bewunderer der paganen Restaurationspolitik des Kaisers Julian Apostata, in seiner Lebensbeschreibung des Porph. die Auseinandersetzung mit dem Christentum. Als Anhänger Julians teilt er dessen Ablehnung der Person Christi (Nr. 84, 379) und konnte daher die porphyrian. Deutung Christi als eines Weisen (Nr. 66) nicht akzeptieren.

Nr. 43 L: P. F. Beatrice, Porphyry’s Judgement on Origen: R. J. Daly (Hrsg.), Origeniana Quinta (BEThL 105), Leuven 1992, 351–367 1 Zur paganen Polemik gegen die allegor. Schriftinterpretation vgl. Nr. 456–458. Porph. selbst praktizierte die allegor. Methode bei der Auslegung der griech. Mythen. In seinem Werk De anthro nympharum bietet Porph. eine allegor. Interpretation der bei Hom., Od. 13,102–112 beschriebenen Grotte der Nymphen, die Odysseus betrat. 2 Die Begegnung fand vermutlich im Rahmen der Lehrtätigkeit des Orig. in Cäsarea

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statt, wo dieser sich seit etwa 231 aufhielt. Insofern die allegor. Bibelexegese zum dortigen Lehrprogramm gehörte, lässt sich der spätere Protest des Porph. gegen diese Interpretationsmethode aus seinen persönlichen Erfahrungen in der Schule des Origenes erklären. Vgl. Kinzig, Porphyrius (L 53), 331 Anm. 42. 3 Ammonius Sakkas, platon. Philosoph; u. a. war Plotin 232–242 in Alexandrien sein Schüler. 4 Eus., h. e. 6,19,10 behauptet hingegen, Ammonius sei Christ geblieben. Zur Problematik u. Forschungsdiskussion, ob es neben dem heidn. Neoplatoniker einen christl. Lehrer mit demselben Namen gab, vgl. F. M. Schroeder, Ammonius Saccas: ANRW II 36/1, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1987, 493–526, 504; U. Neymeyr, Die christl. Lehrer im 2. Jh. (SVigChr 4), Leiden 1989, 98f.; M. Edwards, Ammonius, teacher of Origen: JEH 44 (1993) 169–181. 5 Porph. wirft Orig. nicht vor, vom Heidentum zum Christentum konvertiert zu sein, sondern die von der griech. Kultur übernommene allegor. Methode für die Bibelauslegung verwendet zu haben. Vgl. R. Cadiou, La jeunesse d’Orig ne, Paris 1935, 233. 6 Numenius, Neopythagoreer, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr. (vgl. Nr. 264 Anm. 1; Nr. 273 Anm. 7); Cronius, ebenfalls Neopythagoreer derselben Zeit; Apollophanes, Stoiker aus Antiochien, 3. Jh. n. Chr.; Longinus (vgl. Nr. 42 Anm. 1); Moderatus v. Gades, Neopythagoreer, 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.; Nikomachus v. Gerasa; Neopythagoreer, 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.; Chairemon v. Alexandrien, Stoiker, Grammatiker, ägypt. Priester, 1. Jh. n. Chr., sein Werk „Ägypt. Geschichte“ enthält stoische theolog. Allegoresen; Cornutus, stoischer Philosoph u. Gelehrter in Rom, 1. Jh. n. Chr., sein Werk Epidromê ist eine als Schulbuch angelegte allegorisierende Erklärung griech. Götternamen u. -vorstellungen. Vgl. allg. J. Dani lou, Orig ne, Paris 1948, 85–108.

Nr. 44 L: H. Lewy, Chaldaean Oracles and Theurgy. Mysticism Magic and Platonism in the later Roman empire, nouv. d. M. Tardieu (EAug.), Paris 21978, 3–65 1 Die „Philosophie, abgeleitet aus Orakeln“ war ein esoterisches Werk, das für den engen Kreis von Eingeweihten bestimmt war, die sich durch Eid verpflichteten, den geheimnisvollen Inhalt der Orakel nicht an profane Hörer oder Leser weiterzugeben. Vgl. Mac. Magn., apocrit. 3,42. Erst Ende 3./Anfang 4. Jh. scheinen die Christen davon Kenntnis erhalten zu haben.

Nr. 45 L: K. Alt, Glaube, Wahrheit, Liebe, Hoffnung bei Porphyrios: D. Wyrwa (Hrsg.), Die Weltlichkeit des Glaubens in der Alten Kirche. FS U. Wickert (BZNW 85), Berlin 1997, 25–43. – W. Pötscher, Porphyrios, Pros Markellam, Leiden 1969, 85–95. – Sodano, Porfirio, 117–126 1 Die auffällige Ähnlichkeit mit 1 Kor 13,13 deutet darauf hin, dass Porph. diese Paulus-Stelle kannte, sich aber mit seinen vier Prinzipien polemisch davon absetzen wollte, insofern er den Glauben der rationalen Gnosis unterordnet, die christl. agape durch den platon. eros ersetzt und die Hoffnung in der reinigenden philosoph. Lebenspraxis (vgl. Plat., Phaid. 114c) begründet sah. Die Vereinigung mit Gott ist somit nicht mehr gnadenhaftes Geschenk, sondern Resultat menschlichen Bemühens, das schon in diesem Leben sein höchstes Ziel erreichen kann. Keine anti-christl. Polemik sieht Alt, Glaube.

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Nr. 46 L: L. Jerphagnon, Les sous-entendues anti-chr tiens de la Vita Plotini ou l’ vangile de Plotin selon Porphyre: MH 47 (1990) 41–52. – I. Männlein-Robert, Biographie, Hagiographie, Autobiographie – Die Vita Plotini des Porphyrios: Th. Kobusch–M. Erler (Hrsg.), Metaphysik und Religion, München–Leipzig 2002, 581–609 1 Im Vorangegangenen (Plot. 22,127–128) hatte Porph. das delphische Orakel über Plotin zitiert, wie es ihm dessen Schüler Amelius brieflich mitgeteilt hatte. Nach dem Tod seines Lehrers hatte dieser gefragt, wohin die Seele des Philosophen gegangen sei. Das sechzig Verse umfassende Orakel ist ein Hymnus auf Plotin u. zeigt, dass es offenkundig an den Orakelstätten philosophisch gebildete Hierophanten gab. In seiner Interpretation setzt Porph. die poetischen Bilder in philosoph. Aussagen um.

III. Christliche Reaktionen 1) Widerlegungen griechischer Apologeten Nr. 47 1 Noch zu Lebzeiten des Porph. verfasste Methodius v. Olympus um 300 eine Gegenschrift Contra Porphyrium, die nach Aussage von Hier., vir. ill. 83 ca. 10 000 Zeilen in eleganter Sprache umfasste. Die erhaltenen Fragmente setzen sich mit Einwänden bezüglich der Inkarnation u. des Erlösungstodes Christi auseinander; vgl. Nr. 394. 2 Ende 3. oder Anfang 4. Jh. verfasste Eus. v. Cäsarea eine Kampfschrift Adversus Porphyrium (vgl. Nr. 48). Auch in seinen apologet. Hauptwerken (p. e.; d. e.) u. exeget. Studien (qu. ev.) setzte er sich mit „diesem feindseligsten u. polemischsten Gegner der Hebräer wie der Christen“ (p. e. 10,9,11) auseinander. Vgl. G.Rinaldi, Biblia gentium, Rom 1980, 70, 94; Ders., Tracce di controversie tra pagani e cristiani nella letteratura patristica delle quaestiones et responsiones: ASEs 6 (1989) 99–124, 105–107. 3 Die umfangreichste Widerlegung verfasste mit 30 Büchern Contra Porphyrium um 370 der syr. Bischof Apollinaris v. Laodicea (315–ca. 392).

Nr. 48 1 Porph. begab sich nach 268 nach Sizilien u. kehrte nach dem Tod Plotins (270) nach Rom zurück.

Nr. 53 L: W. Kinzig, War Porphyrius ursprünglich Christ?: M. Baumbach u. a. (Hrsg.), Mousopolos Stephanos. FS H. Görgemanns (BKAW II/102), Heidelberg 1998, 320–332 1 Die Informationen bei Socr. (380/90–nach 443) u. in der sog. Tübinger Theosophie (Epitome einer Schrift des späten 5. Jh.) sind unabhängig voneinander aus Eus., c. Porph. entnommen worden, der möglicherweise noch zu Lebzeiten des Porph. in Cäsarea schrieb u. palästin. Lokaltraditionen aufgriff, um seinen Lesern die Aversionen des Christengegners zu erklären. Vgl. Kinzig, Porphyrius. 2 Das Motiv für die Abfassung der Kampfschrift Contra Christianos dürfte u. a. eine Rechtfertigung der eigenen Konversion zum Heidentum gewesen sein.

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Nr. 54 L: P. F. Beatrice, Anonymi Monophysitae Theosophia (SVigChr 56), Leiden 2001, XXV–XXX 1 Das vorgerückte Alter der Frau dürfte aus Porph., Marc. 1 herausgelesen worden sein. Allerdings ist die Anzahl der Kinder Marcellas falsch angegeben. Ihre jüdische Herkunft ist sonst nirgends erwähnt.

2) Arnobius Nr. 56 1 Fides bedeutet hier die Taufe. Vgl. J. Dölger, Das Garantiewerk der Bekehrung als Bedingung und Sicherung bei der Annahme der Taufe: AuC 3 (1932) 262 f. 2 Eventuell hatte er Porph. persönlich kennengelernt, als dieser sich zwischen 268/71 in Nordafrika aufhielt, u. bei seinem eigenen Angriff die anti-christl. Propaganda des Neoplatonikers verwendet. 3 Die Historizität der Angaben des Hier. ist durchaus glaubwürdig. Arnob., nat. 1,39; 3,24 spricht selber davon, noch „vor kurzem“ Götzenverehrer gewesen zu sein (Nr. 57). Entweder genügten die von Arnob. gestellten Taufbürgen dem Bischof v. Sicca nicht, der die Gefahr einer paganen Unterwanderung seiner Gemeinde befürchtete, oder Arnob. konnte solche Bürgen nicht vorweisen, so dass der Bischof vor der Aufnahme ins Photizomenat eine schriftliche Verwerfung der früheren Überzeugungen des Taufbewerbers forderte. Mit seinem Werk wollte der ehemalige Rhetor primär eine persönliche retractatio seiner früheren Kritik des Christentums verfassen, um seine Konversion gegenüber der Kirche glaubwürdig zu machen. Vgl. Kinzig, Überlegungen (L), 173–176; Simmons, Arnobius (L 57), 9, 22, 94–130, 325.

Nr. 57 L: B. Amata, Dubbio e certezza in Arnobio di Sicca: StPatr 21 (1989) 217–245. – P. F. Beatrice, Un oracle antichr tien chez Arnobe: M morial Dom J. Gribomont (SEAug 27), Rom 1988, 107–129. – S. Colombo, Arnobio Afro e i suoi sette libri Adversus nationes: Did. 9 (1930) 1–124. – P. Courcelle, Les sages de Porphyre et les d’Arnobe: REL 31 (1953) 257–271. – M. Edwards, The Flowering of Latin Apologetic: Lactantius and Arnobius: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 197–221. – S. Föllinger, Aggression und Adaptation: Zur Rolle philosophischer Theorien in Arnobius’ apologetischer Argumentation: Th. Fuhrer–M. Erler (Hrsg.), Zur Rezeption der hellenistischen Philosophie in der Spätantike (PhA 9), Stuttgart 1999, 13–32. – E. L. Fortin, The viri novi of Arnobius and the conflict between faith and reason in the early christian centuries: Essays in honour of G. V. Florovsky (OCA 195), Rom 1973, 197–226. – H. Le Bonniec, . Arnobe t moin et juge des cultes pa ens: BAGB 4 s r. (1974) 201–222. – M. Mazza, Studi Arnobiani I. La dottrina dei nel secondo libro dell’ di Arnobio: Helikon 3 (1963) 111–169. – M. B. Simmons, Arnobius of Sicca. Religious Conflict and Competition in the Age of Diocletian, Oxford 1995. – Ders., The Function of Oracles in the Pagan-Christian Conflict during the Age of Diocletian: The Case of Arnobius and Porphyry: StPatr 31 (1987) 349–356. – A. Wlosok, Arnobius: HLL 5 (1989) 569

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1 Wie Aug., civ. 19,23 (Nr. 66) bezeugt, argumentierte Porph. anhand eines Orakels der Hekate, Christus werde irrtümlich von den Christen als Gott verehrt. Zum Skandal des Kreuzestodes vgl. Nr. 395. 2 Die histor. Glaubwürdigkeit dieses Bekehrungsberichts unterstreicht mit religionsgeschichtl. Belegen Simmons, Arnobius, 109 f. 3 Das zweite Buch enthält eine Auseinandersetzung mit der philosoph. Soteriologie. Gegenüber der Auffassung der Platoniker, die Seele könne aus eigener Kraft zu ihrem göttlichen Ursprung zurückkehren, verweist Arnob. auf den göttlichen Erlöser, der dem Christen das ewige Leben zugänglich mache. Obwohl Porph. namentlich nicht erwähnt wird, bilden seine Positionen das eigentliche Ziel der arnobianischen Polemik gegen das Heidentum. Auch Eus., p. e. 3,6,7 (Nr. 334) bezeichnet Porph. als einen der „Modernen“. Vgl. Simmons, Arnobius, 216–218; Beatrice, Oracle antichr tien, 120–123; Fortin, Viri novi; Courcelle, Les sages. 4 Hinter der Beschreibung verschiedener Heilswege – philosoph. Askese, magische Theurgie, etruskische Mantik – steht vermutlich Porph., abst. 2,49–52; so Beatrice, Oracle antichr tien, 116–119. Courcelle, Sages, 267–271 denkt an Porph., regr.

3) Laktanz Nr. 58 L: K. Alt, Porphyrios als Helfer in griechischen Nöten. Brief an Markella 4: R. Faber– B. Seidensticker (Hrsg.), Worte-Bilder-Töne. FS B. Kytzler, Würzburg 1996, 201–210. – P. F. Beatrice, Antistes philosophiae. Ein christenfeindlicher Propagandist am Hofe Diokletians nach dem Zeugnis des Laktanz: Aug. 33 (1993) 31–47. – E. DePalma Digeser, Lactantius, Porphyry, and the debate over religious toleration: JRS 88 (1998) 129–146. – Dies., Porphyry, Lactantius and the Paths to God: StPatr 34 (2001) 522–528. – Sodano, Porfirio, 103–116 1 Diokletian hatte 285 in Nikomedien, der Hauptstadt der Provinz Bithynien, seine Residenz errichtet. Lakt. war als Lehrer der latein. Rhetorik an den Kaiserhof berufen worden; vgl. Nr. 72. 2 Am 23. Febr. 303 wurde in Nikomedien zwar das christl. Gotteshaus von Soldaten des Kaisers zerstört (vgl. Lakt., mort. 12,2–5), doch bezeichnet templum Dei hier die Kirche im übertragenen Sinn. Vgl. Monat, Lact., inst. V (SC 205**), 36 f. 3 Sehr wahrscheinlich ist hier Porph. gemeint. Vgl. Beatrice, Antistes; dagegen Monat, Lact., inst. V (SC 205**), 37 f.; Alt, Porphyrios. Der andere erwähnte Christengegner ist Hierokles (vgl. Nr. 69). Das Selbstverständnis, antistes philosophiae, Priester der Philosophie zu sein, bekundet auch Porph., abst. 2,49 u. Marc. 16. Seiner Überzeugung nach hat der Philosoph die Hauptaufgabe, die Menschen zur Verehrung der traditionellen Götter zu führen. 4 Anspielung auf Themen, die Porph. in seinem Brief ad Marcellam sowie im Traktat De abstinentia behandelte. Vgl. A. R. Sodano, Porfirio, Mailand 1993, 115; Beatrice, Antistes, 40 f. 5 Zum Vorwurf der Geldgier vgl. Nr. 54. 6 Nach Sudas, Lexicon (Nr. 41) umfasste das Werk Contra Christianos fünfzehn Bü-

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cher. Nach Beatrice, Antistes, 44–46 trug Porph. am Kaiserhof die Bücher 12,13 u. 14 seiner phil. ex orac. vor, in denen er die christl. Schriften des AT u. NT angriff. 7 Dem Ausbruch der Christenverfolgungen gingen im Winter 302/3 intensive Beratungen am Kaiserhof voraus. Vgl. Lakt., mort. 11,3–5.

4) Firmicus Maternus Nr. 60 1 Anspielung auf die von Porph. in der phil. ex orac. gelehrten Praktiken der Theurgie, die durch Opferdarbringungen u. andere Riten sich die Götter gefügig zu machen suchte. Vgl. M. P. Nilsson, Geschichte der griech. Religion II, München 41988, 437 f.; Bidez, Vie de Porphyre, 17–20. 2 Der Mensch dient als Medium, durch das der ägypt. Orakel-Gott Serapis spricht.

6) Augustinus L: C. Evangeliou, Porphyry’s criticism of Christianity and the Problem of Augustine’s Platonism: Dionysius 13 (1989) 51–70. – P. Hadot, Citations de Porphyre chez Augustin: REAug 6 (1960) 205–244. – G. Madec, Augustin et Porphyre. bauche d’un bilan des recherches et des conjectures: M.-O. Goulet-Caz u. a. (Hrsg.), Sophiês Maiêtores. . Hommage J. P pin (EAug. S rie Antiquit 131), Paris 1992, 367–382

Nr. 62 L: G. Madec, Le Christ des pa ens d’apr s le De consensu evangelistarum de saint Augustin: RechAug 26 (1992) 3–67 1 Vgl. Aug., civ. 19,23 (Nr. 66).

Nr. 63 1 Vgl. Porph., Plot. 23,130 (Nr. 46). 2 Das Holz des Kreuzes ist gemeint. Vgl. Aug., civ. 10,29; conf. 7,21,27.

Nr. 64 1 Nach Aug., civ. 10,29 stammt das Wort aus Porph., regr.; vgl. auch Porph., Marc. 8,32,34 sowie Aug., civ. 22,12.26–28. 2 Die christiana tempora bedeuten die Epoche, in der sich das Christentum schon stark ausgebreitet hatte.

Nr. 66 L: P. F. Beatrice, Monophysite Christology in an Oracle of Apollo: IJCT 4 (1997/98) 3–22. – P. Courcelle, Verissima philosophia: J. Fontaine–C. Kannengiesser (Hrsg.), Epektasis. M l. patristiques J. Card. Dani lou, Paris 1972, 653–659. – F. Culdaut, Un oracle d’H cate dans la Cit de Dieu de Saint Augustin: (XIX,23,2): REAug 38 (1992) 271–289. – Th. Fuhrer, Die Platoniker und die civitas Dei (Buch VIII–X): C. Horn (Hrsg.), Augustinus, De civitate Dei (Klassiker auslegen 11), Berlin 1997, 87–108, 97. – J. O’Meara, Indian Wisdom

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and Porphyry’s Search for a Universal Way: R. B. Harris (Hrsg.), Neoplatonism and Indian Thought (Studies in Neoplatonism: Ancient and Modern 2), Norfolk (Virg.) 1982, 5–25. – Ders., Porphyry’s Philosophy from Oracles in Augustine (EAug), Paris 1959. – B. Studer, La cognitio historialis di Porfirio nel De civitate Dei di Agostino (civ. 10,32): La narrativa cristiana antica (SEAug 50), Rom 1995, 529–553 (= Ders., Mysterium caritatis. Studien zur Exegese und zur Trinitätslehre in der Alten Kirche [StAns 127], Rom 1999, 67–95) 1 Die Platoniker schrieben den Dämonen eine Mittlerfunktion zwischen Gott u. Mensch zu. Aug. bemühte sich, die platon. Vorstellung der Existenz von Dämonen mit dem christlichen Weltbild in Beziehung zu bringen u. identifizierte jene Wesen mit den gefallenen Engeln, von denen die Bibel spricht. Daher konnten sie nach Augustins Auffassung nicht jene Mittlerdienste leisten, die die Platoniker, u. a. auch Porph., von ihnen erwarteten. 2 Hierin liegt die fundamentale Differenz zwischen der platon. u. christl. Vorstellung von „Reinigung“. Aus christl. Sicht besteht die Reinigung – Voraussetzung der Gottesschau – in der Befreiung von der Sünde, während nach platon. Auffassung die Seele durch ihre Verbindung mit dem Leib beschmutzt ist. 3 Dem christl. Glauben an die Inkarnation des Logos setzte Porph. den Aufstieg der gereinigten u. vom Leib befreiten rationalen Seele als philosoph. Heilsweg entgegen. Für den gewöhnlichen Menschen, dessen intellektueller Seelenteil sich nicht zur Schau der höchsten unsichtbaren Gottheit aufschwingen konnte, entwarf Porph. einen anderen Heilsweg. Dieser beruhte auf der Autorität göttlicher Offenbarungen, den Orakeln, u. sollte durch theurgische Praktiken, d. h. den Dämonen dargebrachte Opfer sowie Reinigungsriten, für den untergeordneten pneumatischen Seelenteil einen Aufstieg zu deren Sphäre ermöglichen. Damit sollte der christl. Soteriologie eine konstruktive Alternative entgegengesetzt werden. Aug. kritisierte, dass die platon. Philosophie die höchste Vollkommenheit nur einem kleinen Kreis von Menschen zugestanden hätte (civ. 9,16), während die von der Gotteserkenntnis ausgeschlossene Masse auf die gefährlichen Mittlerdienste der Dämonen verwiesen u. so auf den Weg des Irrtums geführt worden sei (civ. 10,27). 4 Für Porph. geht es um die Befreiung vom Zyklus wiederholter Einkörperungen der Seele in einem Leib. 5 Die verissima philosophia ist in den Augen des Porph. die platon. Metaphysik u. Askese, die jedoch nur einigen wenigen Menschen zugänglich ist. Vgl. Courcelle, Verissima philosophia. 6 Porph. interessierte sich für die Weisheitslehre der Inder, die er teils durch Lektüre von Philostrats Vita Apollonii, teils durch mündliche Informationen (vgl. abst. 4,16–18) erhielt. Vgl. O’Meara, Indian Wisdom. 7 Die chaldäischen Orakel, die Porph. konsultierte, empfahlen theurgische Praktiken, die jedoch nur Reinigung u. Aufstieg des niederen Seelenteils, nicht aber Unsterblichkeit der intellektuellen Seele bewirken konnten; vgl. civ. 10,27. Vgl. H. D. Saffrey, La th urgie comme p n tration d’ l ments extra-rationnels dans la philosophie grecque tardive: Ders., Recherches sur le N oplatonisme apr s Plotin, Paris 1990, 33–49; Ders., Les N oplatoniciens et les Oracles Chaldaiques: ibd. 63–79. 8 Diese Aussage des Porph. findet ihre Parallele in seinem Grundsatz „Alles Wahre

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ist verborgen“ (Nr. 514). Aug. hatte jedoch die eigentliche Absicht des Christengegners verkannt. Dieser wollte den Primat des philosoph. Heilsweges gegen die Surrogate der einzelnen Religionen u. Sekten sowie der Christen verteidigen, die ebensowenig wie die Philosophen einen für die ganze Menschheit gültigen Erlösungsweg aufzeigen konnten. Der universale Wahrheitsanspruch des Christentums erschien daher als Affront gegen das Toleranzprinzip, das Porph. angesichts des partikulären Charakters aller religiösen Phänomene vertrat. Vgl. Studer, Cognitio historialis; Hadot, Citations de Porphyre, 239; Evangeliou, Porphyry’s criticism, 60, 68. 9 Eine Replik auf dieses Orakel findet sich in einem anderen, von Christen gefälschten Apollon-Orakel; vgl. Tüb. Theosoph. 1,5 (Nr. 455). 10 Innerhalb des porphyrian. Weltbildes, das den zeitgenössischen Henotheismus vertrat, gab es auch für die Person Jesu ein Deutungsschema. Im dritten Buch seiner phil. ex orac. wies Porph. in der Reihe der Heroen u. vergöttlichten Menschen neben Herakles, Orpheus u. Pythagoras auch Jesus einen Platz zu. Im Verständnis dieser Orakel-Tradition fixierte der christl. Glaube jedoch die Menschen auf die sichtbare Welt, statt ihnen den geistigen Aufstieg zum Göttlichen zu ermöglichen. Vgl. Culdaut, Oracle; Beatrice, Monophysite Christology (L 66); Wilken, Frühe Christen (L), 160–165. 11 In verkürzter Form referiert auch Eus., d. e. 3,7,1 (Nr. 522) dieses Orakel.

7) Staatliche Reaktionen Nr. 67 1 Nach H. Kraft, Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung (BHTh 20), Tübingen 1955, 231–233 handelt es sich bei diesem „Arianeredikt“ um eine Fälschung des Athanasius (decr. syn. 39), doch dürfte die Anspielung auf einen Erlass gegen die Schriften des Porph. historisch zuverlässig sein.

IV. Neue Angriffe 1) Hierokles Nr. 69 L: T. D. Barnes, Sossianus Hierocles and the Antecedents of the Great Persecution: HSCP 80 (1976) 239–252. – E. DePalma Digeser, Porphyry, Julian or Hierokles? The ananymous Hellene in Makarios Magnes’ Apokritikos: JThS 53 (2002) 466–502. – Forrat, Eus be, c. Hierocl. (SC 333), 26–43 1 Zuvor hatte Lakt., inst. 5,2,2–11 (Nr. 58) die anti-christl. Propaganda eines „Priesters der Philosophie“ am Kaiserhof von Nikomedien geschildert. 2 Auch der „Priester der Philosophie“ sah seine Aufgabe darin, „die Menschen auf den wahren Weg zurückzurufen“ (Lakt., inst. 5,2,5: Nr. 58). 3 Aristophanes v. Byzanz (ca. 265–ca. 190) u. Aristarch v. Samothrake (216?–144), zwei der bedeutendsten u. bekanntesten alexandrin. Grammatiker. 4 Ein klassisches apologet. Argument zugunsten der Glaubwürdigkeit der bibl. Autoren. Vgl. Orig., Cels. 3,39 (Nr. 434).

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5 Hier dürfte Hierokles Jesus mit einem der Messiasprätendenten des 1. Jh. n. Chr. in Palästina verwechselt haben. 6 Auch Porph., von dessen Gedanken Hierokles sich inspirieren ließ, hatte sich auf Orakel Apollons zur Deutung der Person Jesu berufen; vgl. Aug., civ. 19,23 (Nr. 66); Lakt., inst. 4,13,11. Ein weiteres Orakel des Apollon v. Didyma trug nach Eus., v.C. 2,50 (Nr. 450) zum Ausbruch der Christenverfolgung unter Diokletian bei. 7 Nachdem Ares/Mars Holirrhotios einen Sohn Poseidons zur Strafe für die Entehrung seiner Tochter Alkippe getötet hatte, wurde er von den Göttern auf dem Areopag gerichtet. Lakt. stützt sich auf eine Variante dieser Legende (Pausan. 1,10,4), derzufolge Mars ein Mensch gewesen ist u. von den Athenern freigesprochen wurde. 8 Apollonius v. Tyana, 1. Jh. n. Chr., legendenumwobener pythagoreischer Wanderprediger u. Wundertäter. Vgl. H. D. Betz, Gottmensch II: RAC 12 (1983) 249–251; M. Dzielska, Apollonius of Tyana in legend and history, Rom 1986; K. Gross, Apollonius v. Tyana: RAC 1 (1950) 529–533; W. Speyer, Zum Bild des Apollonius von Tyana bei Heiden und Christen: JAC 17 (1974) 46–63; S. Swain, Defending Hellenism: Philostratus, In Honour of Apollonius: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 157–196. Hierokles stützte sich auf die von Philostrat um 220 noch ohne anti-christl. Tendenz verfasste Biographie; vgl. Nr. 71 Anm. 4. Um die Überlegenheit des Heidentums gegenüber dem Christentum nachzuweisen, stellte er einen der letzten Heroen der paganen Religion dem Mann aus Nazareth gegenüber, der in die Reihe der charismatischen Wundertäter eingeordnet, zugleich aber auch von den außergewöhnlichen Fähigkeiten seines Zeitgenossen Apollonius weit übertroffen wurde. 9 Apuleius v. Madaura, geb. ca. 125 v. Chr., wegen Zauberei angeklagt, verteidigte sich selber mit einer später veröffentlichten Apologia bzw. Pro se de magia. Sein Name wird öfter mit Apollonius zusammen erwähnt; vgl. Aug., ep. 136,1 (Nr. 383). 10 Die Aussage ist unzutreffend. Kaiser Caracalla hatte einen Tempel zu Ehren des Apollonius errichten lassen; vgl. Cass. Dio 78,18,4. Kaiser Severus Alexander verehrte Apollonius zusammen mit Orpheus, Abraham u. Christus in seinem privaten Lararium; vgl. Nr. 503. 11 Ein häufiger Vorwurf heidnischer Polemik gegen die Christen. Vgl. Orig., Cels. 1,68 (Nr. 376); Arnob., nat. 1,43 (Nr. 378); Aug., cons. ev. 1,17 (Nr. 447). 12 Vgl. Philostrat, v. Apoll. 8,5; Hier., c. Io. 34. 13 Herakles galt besonders seit hellenistischer Zeit als Schützer in allen Gefahren u. hieß als solcher Alexikakos („Übelabwehrer“). Apollonius hatte Ephesus von der Pest befreit u. für Herakles, den er als seinen Mithelfer betrachtete, einen Tempel errichten lassen. Wahrscheinlich trug eine Statue des Stifters im Tempel die Züge des Gottes. Zu weiteren Zeugnissen einer Verehrung des vergöttlichten Apollonius vgl. Forrat, Eus be, c. Hierocl. (SC 333), 215–219. 14 Der Titel Philalêtheis logoi („Wahrheitsliebende Reden“) erinnert bewusst an Celsus’ Kampfschrift Alêthês logos. 15 Eine entsprechende Aussage des ionischen Naturphilosophen (ca. 500–425) ist zwar nicht überliefert, jedoch lässt sich aus der bekannten Lehre des Anaxagoras folgern, dass aufgrund der Identität des Urstoffs kein wesensmäßiger Unterschied zwischen Schnee u. Tinte bestand. 16 Hierokles scheint dem neoplaton. Henotheismus nahegestanden zu haben, der

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den traditionellen Polytheismus mit dem philosoph. Monotheismus zu harmonisieren suchte. Vgl.Nr. 507, 509. Vermutlich sollten die Christen in dieser höchsten Gottheit ihren eigenen Gott wiedererkennen u. zugleich anerkennen, dass der Glaube an ein höchstes Prinzip einen praktischen Polytheismus keineswegs ausschließe.

Nr. 70 Die bei Mac. Magn. überlieferte Bibelkritik, die seit Harnack traditionell auf Porph., Chr. zurückgeführt wurde, wurde jüngst von Digeser, Porphyry (L 69) Hierokles zugeschrieben.

2) Die Replik des Eusebius Nr. 71 L: . Des Places, Le Contre Hi rocle d’Eus be de C sar e la lumi re d’une dition r cente: StPatr 19 (1989) 37–42. – T. Hägg, Hierocles the Lover of Truth and Eusebius the Sophist: SO 67 (1992) 138–150. – E. Junod, Pol mique chr tienne contre Apollonius de Tyane: RThPh 120 (1988) 475–482. – M. Kertsch, Traditionelle Rhetorik und Philosophie in Eusebius’ Antirrhetikos gegen Hierokles: VigChr 48 (1994) 105–134. – A. Kofsky, Eusebius of Caesarea against Paganism, Leiden 2000, 58–73. – A. Mendelson, Eusebius and the Posthumous Career of Apollonius of Tyana: H. W. Attridge–G. Hata (Hrsg.), Eusebius, Christianity, and Judaism (StPB 42), Leiden 1992, 510–522 1 Es handelt sich vermutlich um einen fiktiven Adressaten. Eus. will mit seiner Kampfschrift sowohl gebildete Heiden als auch Christen ansprechen, die Philostrats Vita Apollonii kannten u. sich davon beeindruckt zeigten. 2 Schon Celsus hatte diesen Wundertäter (6. Jh. v. Chr.) angeführt, um durch einen religionsgeschichtl. Vergleich die Einzigartikeit Christi zu relativieren. Vgl. Orig., Cels. 3,26 (Nr. 376). 3 Vielleicht schon zu Lebzeiten wurde Pythagoras (*570/60 v. Chr.) als Inkarnation des Apollon betrachtet. Viele Wunderlegenden existierten über ihn, die später Aristoteles sammelte. 4 Nach Philostrat, v. Apoll. 1,3 gehörten Maximus u. Damis zum Gefolge des Apollonius. Maximus war kaiserlicher Sekretär u. schrieb ein kurzes Buch über die Jugendzeit des Apollonius. Die „Erinnerungen des Damis“ sind eine Fälschung neopythagoreischer Kreise, die Apollonius als zweiten Pythagoras darstellen wollten. Der berühmte Rhetor Philostrat (* ca. 170 n. Chr.) bediente sich dieser Schrift für die Abfassung seiner eigenen Apollonius-Biographie, die er als Vertrauter der Kaiserin Julia Domna eigenen Aussagen zufolge auf deren Weisung verfasste. Vgl. W. Speyer, Zum Bild des Apollonius v. Tyana bei Heiden und Christen: JAC 17 (1974) 46–63, 48–53. 5 Eus. konzentrierte seine Kritik ganz auf die Person des Apollonius. Durch histor., philosoph. u. theolog. Argumente wollte er dessen Biographie, die eine Art heidn. Evangelium darstellte, diskreditieren. 6 Ironisch deutet Eus. an, dass seine kritische Exegese der Vita Apollonii Philostrats einerseits die Leichtgläubigkeit des Hierokles erweisen wird, andererseits die intellektuelle Überlegenheit der Christen aufzeigen kann, die zu einer solchen Beweisführung imstande sind.

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E) Die Apologie in der diokletianisch-konstantinischen Epoche I. Laktanz L: M. Edwards, The Flowering of Latin Apologetic: Lactantius and Arnobius: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 197–221. – S. Prete, Der geschichtliche Hintergrund zu den Werken des Laktanz: Gym. 63 (1956) 365–382, 486–509. – A. Wlosok, Lactantius: HLL 5 (1989) 570. – Dies., Lactantius: TRE 20 (1990) 370–374

Nr. 72 1 Vgl. Lakt., inst. 5,2,3 (Nr. 58). Zu seinen Schülern gehörten hauptsächlich Angehörige des Hofes u. der Beamtenschaft. 2 Die genannten Werke sind nicht erhalten. 3 In seinem Spätwerk De ira Dei verteidigt Lakt. vor dem philosoph. Postulat einer leidenschaftslosen, nur gütigen Gottheit die entgegengesetzen bibl. Aussagen als vernünftig u. notwendig. 4 Wie der jurist. Lehrbüchern entlehnte Titel andeutet, wollte der Verfasser eine systemat. Einführung in die neue Religion schaffen (inst. 1,1,12.25). 5 In dieser Kurzfassung des apologet. Hauptwerkes sind Ausführungen gestrafft, oft klarer formuliert u. gedanklich vertieft. Durch den weitgehenden Fortfall des umfangreichen Belegmaterials aus paganen Quellen treten die christl. Positionen deutlicher hervor als in den Institutiones. 6 Asclepiades wird inst. 7,4,17 anerkennend als Verfasser eines Werkes De providentia summi Dei erwähnt, das Lakt. gewidmet war. 7 Bald nach Ende der diokletian. Verfolgung entstand zwischen Sommer 314 u. Dez. 315 das Werk De mortibus persecutorum, um den „Sieg“ des Christengottes anhand der Vernichtung seiner heidn. Gegner zu illustrieren. Vgl. Nr. 223. 8 Die Briefsammlung ist bis auf wenige Fragmente verloren. Papst Damasus (= Hier., ep. 35,2,1) charakterisierte sie enttäuscht als gelehrte literarische Episteln, die philolog., metrische, geograph., philosoph. u. theolog. Fragen behandelten. Vgl. Wlosok, Lactantius (HLL) 401 f. 9 In Nikomedien oder unweit davon entstand 303/4 die erste Schrift De opificio Dei, die als Vorabeit des apologet. Hauptwerkes gedacht war, insofern im Schöpfungsverhältnis die religiöse Bindung des Menschen an Gott gründete. Anhand der Vollkommenheit u. Schönheit des Menschen sollte zugleich die Existenz der göttlichen Vorsehung nachgewiesen werden, um Christen zu stärken, deren Glaube durch die Verfolgung angefochten war. 10 Vermutlich kam es während des Aufenthaltes in Nikomedien zu ersten Kontakten mit dem jungen Konstantin, der sich um die Jahrhundertwende bis 306/7 am Hof Diokletians aufhielt. Möglicherweise war Lakt. sogar Lehrer des etwa 15/16jährigen Konstantin. Dies erklärt die spätere Berufung des Lakt. zum Lehrer des ältesten Konstantinsohnes Crispus in Gallien, sehr wahrscheinlich in Trier. Vgl. Hier., chron. a. 317 p. Chr.; J. Steinhausen, Hieronymus u. Laktanz in Trier: TZ 20 (1951) 126–154. Digeser, Empire (L 74), 134 f., 169 f. stellt die Hypothese auf, Lakt. sei bereits zwischen 306/10 nach Trier gekommen.

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Nr. 73 1 Bereits durch die schöne Sprachgestalt des Werkes wollte der von den Humanisten als Cicero christianus gerühmte Autor die eigene Religion der gebildeten röm. Welt empfehlen u. den Vorwurf christl. Kulturlosigkeit widerlegen. Vgl. inst. 3,1,1 (Nr. 149); Hier., ep. 70,5 (Nr. 174). 2 Zwar hatte Lakt., inst. 5,4,3 (Nr. 74) ausdrücklich die Absicht geäußert, das Christentum nicht nur gegen Vorwürfe zu verteidigen, sondern dessen Lehren auch positiv darzulegen (instituere), doch sah Hier. die Stärke des Apologeten eher darin, die Defizite der paganen Kultur angesichts der Offenbarungswahrheit deutlich aufgezeigt zu haben. In der Christologie, Trinitätslehre u. Eschatologie weist die Theologie des Laktanz im Vergleich zu zeitgenössischen Autoren erhebliche Mängel auf.

Nr. 74 L: A. Bender, Die natürliche Gotteserkenntnis bei Laktanz, Bern 1983. – S. Casey, Lactantius’ reaction to pagan philosophy: CM 32 (1971/80) 203–219. – E. De Palma Digeser, The making of a Christian Empire: Lactantius and Rome, Ithaca (N.Y.) 1999. – J.-C. Fredouille, Lactance Th oricien du genre apolog tique: Vita latina 162 (2001) 58–64. – O. Gigon, Lactantius und die Philosophie: A. M. Ritter (Hrsg.), Kerygma und Logos. FS C. Andresen, Göttingen 1979, 196–213. – E. Heck, Lactanz und die Klassiker. Zu Theorie und Praxis der Verwendung heidnischer Literatur in christlicher Apologetik bei Lactanz: Ph. 132 (1988) 160–179. – Ders., Die dualistischen Zusätze und die Kaiseranreden bei Laktanz, Heidelberg 1972. – C. Ingremeau, Les Institutions divines de Lactance: une composition architecturale: Vita Latina 132 (1993) 33–40. – P. G. Van der Nat, Zu den Voraussetzungen der christlichen lateinischen Literatur. Die Zeugnisse von Minucius Felix und Laktanz: EnAC 23 (1977) 191–225. – M. Perrin, Lactance apologiste dans le premier livre des Institutions divines: Vita Latina 133 (1994) 37–42. – C. Rambaux, Christianisme et paganisme dans le livre I des Institutions divines de Lactance: REL 72 (1994) 159–176. – W. Winger, Personalität durch Humanität. Das ethikgeschichtliche Profil christlicher Handlungslehre bei Lactanz. Denkhorizont-Textübersetzung-Interpretation-Wirkungsgeschichte (Forum interdisziplinäre Ethik 22), Frankfurt a. M. 1999 1 Im ersten Abschnitt seiner Vorrede folgt Lakt. stilistisch, terminologisch u. inhaltlich unverkennbar dem Prooemium von Cic., Tusc. 5. Lakt. wiederum diente später als Modell für den Prolog von Hilarius, trin.; vgl. J. Doignon, Hilaire de Poitiers avant l’exil, Paris 1971, 100–103. 2 Schon in den ersten Zeilen seines Werkes stellt Lakt. die zentrale Frage nach Möglichkeiten u. Grenzen der natürlichen Gotteserkenntnis. Unmissverständlich betont er die Angewiesenheit des Menschen auf die Offenbarungswahrheit. Vgl. ausführlich inst. 1,5; hierzu Bender, Gotteserkenntnis, 20–54. 3 Weitere Überlegungen zum Nutzen der Rhetorik bei Lakt. unter Nr. 149. 4 Anspielung auf Ciceros (leg. 1,4,14) Diskussion mit seinem Freund Atticus, ob er solche unbedeutenden Themen des Zivilrechts schriftstellerisch behandeln oder eine philosoph. Abhandlung über die Gesetze verfassen solle. Mit dieser Reminiszenz beansprucht Lakt., wie Cicero Gesetze bzw. Prinzipien für einen Idealstaat zu entwerfen, der seinen Vorstellungen zufolge einmal in einem christlich gewordenen röm. Reich Wirklichkeit werden könne. Vgl. Digeser, Empire, 57 f.

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5 Wahrscheinlich während seines Aufenthaltes in der Kaiserresidenz Trier begann Lakt. eine zweite Auflage seiner Inst., die er Konstantin widmete. Die Kaiseranreden wurden bei dieser Gelegenheit hinzugefügt. Vgl. Heck, Zusätze, 127–170; zur vorliegenden Stelle vgl. 128 u. 171 Anm. 1. Nach Digeser, Empire, 134 f. trug Lakt. möglicherweise sogar zwischen 310/313 in einer Art Autorenlesung am Kaiserhof zu Trier vor Konstantin Auszüge aus seinem Werk vor. 6 Lakt. versteht das Christentum als Synthese von religio u. sapientia bzw. philosophia; vgl. Nr. 524–525. Zur Vielschichtigkeit des Weisheitsbegriffs vgl. Monat, Lact., Inst. V (SC 205**), 23–25. 7 Lakt. versuchte, auch die profanen Autoren möglichst umfassend zur Bezeugung der christl. Wahrheit heranzuziehen. Vgl. Nr. 172. 8 Das Bild ist eine Reminiszenz an Lucr. 1,936–950; 4,11.21 f. Der Wermutbechervergleich wurde auch von Quint., inst. 3,1,4 u. Hier., ep. 133,3,7 aufgegriffen. Was bei Lucrez die Dichtung zur Vermittlung der trockenen Lehre Epikurs leisten sollte, das soll bei Lakt. eine ansprechende stilistische Darbietung der literarisch anspruchslosen Bibel u. ihrer Inhalte bewirken. 9 Vgl. Nr. 429–433. 10 Im Unterschied zu Cypr., Donat 2 (Nr. 148) u. seinem eigenen Lehrer Arnob., nat. 1,58 meinte Lakt., die apologet. Literatur müsse auf den literarisch verwöhnten Geschmack der Zeit Rücksicht nehmen u. sich ebenfalls in ein elegantes Sprachgewand kleiden; vgl. Nr. 149. 11 Die folgende Kritik an drei nordafrikan. Apologeten beruht möglicherweise auf eigener Lektüre zu der Zeit, da Lakt. noch als belesener Intellektueller aus dem Heidentum auch die christl. Literatur zur Kenntnis nahm. Als Klassizist, der dem Stilideal Ciceros verpflichtet war, musste er jedoch von diesen Autoren ebenso enttäuscht sein wie der junge Augustin angesichts seiner ersten Bibellektüre, vgl. conf. 3,5,9. Auffälligerweise fehlt in der Aufzählung Laktanz‘ eigener Rhetoriklehrer Arnob., dessen Apologie zu dieser Zeit Lakt. noch nicht vorliegen konnte. Vgl. Wlosok, Arnobius: HLL V, 569 Lit. 2. 12 Vgl. Nr. 35. 13 Vgl. inst. 5,4,3 u. Nr. 34 14 Vgl. inst 5,4,3–7 u. Nr. 37. 15 Schmutziger Possenreißer, Tagedieb, evtl. auch Schmierfink; abgeleitet vom griech. kopros = Mist. 16 Vgl. Nr. 58 u. 69. 17 Das Urteil über Tertullians Apologie ist etwas undifferenziert, insofern das Werk keineswegs nur defensiven Charakter hatte, sondern auch konstruktiv die eigenen Positionen aufzeigte. Vgl. Becker, Tertullians Apologeticum (L 34), 298–306. 18 Vgl. Nr. 36. Zur Kritik vgl. E. Heck, Bestrafung des Gottesverächters, Frankfurt a. M. 1987, 153–155, 183–185, demzufolge Cypr. die Affinität zwischem dem röm. u. atl. Religionsverständnis ausnutzte u. daher mit der Bibel meinte argumentieren zu können. 19 Zum Christentum als Synthese von religio u. philosophia vgl. Nr. 424–425.

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II. Eusebius von Cäsarea L: M. Frede, Eusebius’ Apologetic Writings: Edwards (Hrsg.), Apologetics (L), 223– 250. – D. König-Ockenfels, Christliche Deutung der Weltgeschichte bei Euseb von Cäsarea: Saec. 27 (1976) 348–365. – A. Kofsky, Eusebius of Caesarea against Paganism, Leiden 2000. – J. Sirinelli, Les vues historiques d’Eus be de C sar e durant la p riode pr nic enne, Dakar 1961. – J. Ulrich, Euseb von Caesarea und die Juden. Studien zur Rolle der Juden in der Theologie des Eusebius von Caesarea (PTS 49), Berlin–New York 1999, 29–53

Nr. 75 1 Der Titel des Werkes lautet elenchos kai apologia. Nach A.Harnack, Geschichte der altchristl. Literatur bis Eusebius II/2, Leipzig 21958, 120 lag das Werk Photius in zwei Ausgaben vor.

Nr. 76 1 Eus. kündigt hier die Demonstratio evangelica (euangelikê apodeixis) als sein apologet. Hauptwerk an, während er erst in 11 auf die Praeparatio evangelica Bezug nimmt u. die Notwendigkeit ihrer Hinzufügung begründet. 2 Theodotus, Bischof v. Laodikea in Syrien; vgl. Eus., h. e. 7,32,23; Sirinelli, Eus be, Pr p. v. (SC 206), 213 f. 3 Bevor Eus. das Verhältnis von Evangelium u. Prophetien behandelt – das eigentliche Thema von d. e. – bedarf es vorbereitender Überlegungen, die den Inhalt der p. e. sowie der ersten beiden Bücher der d. e. („Weshalb auch die jüdische Religion überholt ist“) bilden. 4 Zum folgenden Abschnitt vgl. Nr. 155. 5 Mit dem 3. Buch der d. e. beginnt diese systemat. Darlegung der tieferen Glaubensinhalte. 6 D. h. Juden. Dass die Christen weder Juden noch Heiden sind, sondern eine spezifische Gruppe (tertium genus) bilden, gehört seit Anbeginn zum christl. Selbstverständnis. 7 Der folgende Abschnitt zum Vorwurf des Traditionsbruches findet sich unter Nr. 250. 8 Als Griechen werden hier alle mehr oder weniger hellenisierten Heiden bezeichnet im Unterschied zu den Juden u. Christen. Vgl. Ulrich, Euseb, 121–131. 9 Die Darlegung der heidn. Irrtümer erfolgt in p. e. 1–6. 10 Die Darlegung der jüdischen Lehren u. ihrer Vollkommenheit erfolgt in p. e. 7–15. 11 Die Begründung bietet d. e. 1–2. 12 Die Darstellung der christl. Lehre erfolgt in d. e. 3–10. 13 Der Terminus theosophia bezeichnet sonst auch heidn. Lehren u. Orakel im Unterschied zur philosophia; vgl. Eus., p. e. 4,2,10; 9,10,1; 14,9,5; h. e. 9,11,5 f.; Porph., abst. 4,9; Procl. theol. Plat. 5,35. Mit der Verwendung dieses Begriffs will Eus. das Christentum als die neue u. wahre Form dieser „Gottesweisheit“ charakterisieren. 14 Physiologia ist die rationalisierende Deutung der Mythen, die diese auf Naturphänomene bezieht. Vgl. Nr. 328. 15 Eus. stützt sich auf die Orakelkritik des Epikureers Diogenianos, 2. Jh. n. Chr.

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(p. e. 4,3,1–13) u. des Kynikers Oinomaos v. Gadara, 2. Jh. n. Chr. (p. e. 5,18–36). Zur philosoph. Orakelkritik u. ihrer christl. Rezeption vgl. Dorival, Apolog tique (L), 446.

Nr. 77 1 Als erster Christengegner hatte Celsus den Vorwurf erhoben, die atl. Prophetien seien keineswegs unbestreitbar in Christus erfüllt worden; vgl. Orig., Cels. 1,50 (Nr. 443). Eus. setzt sich jedoch primär mit Porph. auseinander, der mit philologischer Kenntnis Widersprüche zwischen AT u. NT aufzudecken suchte, aber auch den Prophetiebeweis kritisch untersuchte; vgl. Nr. 445. 2 Vgl. Eus., p. e. 1,1,11 (Nr. 155).

III. Ps.-Justin (Marcell von Ancyra?) Nr. 78 L: R. M.Grant, Studies in the Apologists. II. The Cohortatio of Pseudo-Justin: HThR 51 (1958) 128–134. – A. H. B. Logan, Marcellus of Ancyra, defender of the faith against heretics and pagans: StPatr 37 (2001) 550–564, 558 f. – C. Riedweg, A Christian MiddlePlatonic Document – Ps.-Justin’s Ad Graecos de vera religione hitherto known as Cohortatio ad Graecos: StPatr 26 (1993) 177–183. – Ders., Iustinus Martyr II (Pseudo-justinische Schriften): RAC 19 (2001) 848–866 1 Zur apologet. Auseinandersetzung mit dem Vorwurf des Traditionsbruchs vgl. Nr. 246–253. 2 Die Betonung einer genauen Untersuchung ist wohl eine Reaktion auf den heidn. Vorwurf, die Christen würden einem ungeprüften Glauben anhängen. Vgl. Nr. 154–155. 3 Mit dem heidn. Glauben an ein Endgericht argumentieren ebenso Just., 1 apol. 8,4 (Nr. 407), Theoph., Autol. 1,14 (Nr. 27) u. 2,37,9–16, Tert., nat. 1,19,5; apol. 47,12; Min. Fel., Oct. 35,1; Clem. Alex., str. 5,90,4–91,2.

IV. Athanasius L: C. Kannengiesser, La date de l’apologie d’Athanase contre les Pa ens et sur l’incarnation du Verbe: RSR 58 (1970) 383–428. – E. P. Meijering, Struktur und Zusammenhang des apologetischen Werkes von Athanasius: VigChr 45 (1991) 313–326. – M. Slusser, Athanasius, Contra gentes and De incarnatione: Place and date of composition: JThS 37 (1986) 114–117. – J. C. M.Van Winden, On the date of Athanasius’ apologetical treatises: VigChr 29 (1975) 291–295

Nr. 79 L: P. F. Beatrice, La croix et les idoles d’apr s l’apologie d’Athanase : Cristianismo y aculturaci n en tiempos del Impero Romano, Antigüedad cristiana (Murcia) 7 (1990) 159–176. – A.Ferrari, Il significato dell’apologia cristiana nel prologo dell’oratio contra Gentes di Atanasio di Alessandria: Annali di Scienze Religiose 1 (1996) 261–283 1 Ähnlich hatte schon Orig., Cels Prol. 1–2 (Nr. 40) die Lebenspraxis Christi u. seiner

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Jünger als die wirkungsvollere Apologie im Vergleich zu schriftlichen Argumentationen bezeichnet. 2 Möglicherweise ein Indiz dafür, dass Athan. das Werk während seines Exils in Trier (335/7) verfasste oder abschließend bearbeitete. Vgl. Kannengiesser, La date. 3 Zu diesem Standardvorwurf der Heiden vgl. Nr. 151–155. 4 In der anaisth sia, einer generellen Wahrnehmungsunfähigkeit bezüglich objektiver Realitäten sieht Athan. das Paradox begründet, dass die wahrheitsliebenden Griechen sich den evidenten Auswirkungen des Kreuzes Christi in der Welt verschlossen. 5 Die Macht des Kreuzes Christi beschreibt Athan., inc. 50 (Nr. 523).

Nr. 80 1 In inc. 1–11 behandelte Athan. Ursprung u. Entwicklung des Götterkultes, der für ihn Folge des Sündenfalles ist. Vom wahren Gott getrennt u. ihren Leidenschaften verfallen, haben sich die Menschen falsche Götter geschaffen. Ausführlich schildert Athan. die sich steigernde Verirrung: Vergöttlichung von Gestirnen, Elementen, lebenden u. verstorbenen Menschen, von Bildern, Tieren, Lustempfindungen (Eros, Aphrodite), Herrschern u. ihren Kindern (Zeus, Hermes, Antinous), schließlich beliebigen Männern u. Frauen. Vgl. J.-C. Fredouille, Götzendienst: RAC 11 (1981) 881 f. 2 Adressat des Werkes ist eine christl. Leserschaft, die einen Basisunterricht in der Glaubenslehre erhalten soll. Dieser soll zum weiteren Studium anspornen. Desweiteren will Athan. den christl. Leser darin bestärken, der Wahrheit geglaubt u. nicht irregeführt worden zu sein. 3 Athan. wird nachweisen, dass gerade die vermeintliche Erniedrigung von Inkarnation u. Kreuzestod der geeignete Weg war, der Menschheit das Heil zu vermitteln. Vgl. Nr. 397. 4 Zur Vernichtung der Abgötter durch das Kreuz sowie zur Überzeugungskraft Christi vgl. Nr. 80 u. 523. 5 Athan. führt hier den Beweis anhand historischer Fakten. Die religiös-ethische Umkehr der Menschheit begann mit der Erscheinung Christi auf Erden. Nach der Lehre antiker Rhetorik gehörte zum Personenlob auch die Schilderung des Einflusses einer Person auf spätere Zeiten. Vgl. H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, München 21973, 246, S. 134. 6 Das Verstummen der heidn. Orakel bildet einen Topos apologetischer Argumentation. Vgl. Nr. 454–455. Zwar war seit Konstantin die Tätigkeit der Orakel stark zurückgegangen, doch selbst im späteren 4. Jh. noch nicht restlos erloschen. 7 Athan. kontrastiert den örtlich begrenzten Einfluss der griech. Philosophen mit der Universalität der geistigen Macht Christi, wie er im vorangegangenen Kapitel der örtlichen Gebundenheit der heidn. Abgötter den unbegrenzten Wirkungskreis des inkarnierten Logos entgegengestellt hatte. 8 Insofern die in Kapitel 46–47 beschriebenen Fakten bereits der Vergangenheit angehören, wird jetzt auf Tatsachen verwiesen, die unmittelbarer Erfahrung zugänglich sind.

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V. Firmicus Maternus Nr. 81 L: L. W. Barnard, L’intolleranza negli apologisti cristiani con speciale riguardo a Firmico Materno: CrSt 11 (1990) 505–521. – P. F. Beatrice, L’intolleranza cristiana nei confronti dei pagani, Bologna 1993. – A. Gianfrotta, La polemica antipagana di Giulio Firmico Materno: MF 77 (1977) 297–327. – K. Hoheisel, Das Urteil über die nichtchristlichen Religionen im Traktat De errore profanarum religionum des Julius Firmicus Maternus, Diss. Bonn 1972. – K. L. Noethlichs, Heidenverfolgung: RAC 13 (1986) 1149–1190. – I. Opelt, Firmico Materno, il convertito convertitore: Aug. 27 (1987) 71–78. – K. Ziegler, Firmicus Maternus: RAC 7 (1969) 946–959. – J. Vogt, Toleranz und Intoleranz im constantinischen Zeitalter: der Weg der lateinischen Apologetik: Saec. 19 (1968) 344–361 1 Die pagane Religion ist für Firm. Mat. nichts anderes als ein gigantischer Betrug des Teufels. Zu den Konjekturen im unvollständig überlieferten Anfangsteil vgl. die Edition von Turcan, Firm. Mat., L’erreur, 161–165. 2 Es geht um die trügerische Hoffnung auf Unsterblichkeit, die von der Initiation in die Mysterienkulte erwartet wird. Zur agath elpis (guten Hoffnung) der paganen Mysterien vgl. F. Cumont, Lux perpetua, Paris 1949, 401–405. 3 Anspielung auf die von den Philosophen praktizierte allegor. Interpretation (physica ratio) des Isis- (err. 2,6), Kybele- (3,2) u. Dionysos-Kultes (7,8). Indem die Riten als Symbol für Naturzusammenhänge erklärt wurden, sollten sie rational legitimiert werden. Vgl. Nr. 328. 4 Während Firm. Mat. noch als Heide in seinem astrologischen Werk Mathesis (1,10,14) ein Gebet an den Sol invictus formuliert hatte, polemisiert er nun gegen seinen früheren Irrtum. Vgl. Turcan, Firm. Mat., L’erreur, 242 f. Opelt, Firmico. Seit Kaiser Aurelian (270/5) war der Sonnenkult offiziell in die röm. Staatsreligion aufgenommen worden. Die Verehrer des Apollon, Attis, Serapis, Mithras, Baal konnten in der Gestalt des Sol invictus ihren eigenen Gott erkennen u. verehren. Macrobius, sat. 1,17–23 (Nr. 511) trägt ca. 400 n. Chr. eine synkretist. Lehre vor, in der die alten Gottheiten mit der Sonne verschmolzen. 5 Vgl. Macr., sat. 1,21,3. 6 Zur Identifikation der Sonne mit Osiris vgl. Macr., sat. 1,21,11 f.; Plut., de Is. 52,372b; Eus., p. e. 3,2,6. 7 Zur Identifikation mit Attis vgl. Arnob., nat. 5,42; Julian, or. 5,165c; Macr., sat. 1,21,9. 8 Anspielung auf Dionysos-Zagreus; vgl. err. 6,3; Procl., in Tim. 35a. 9 Firm. Mat. verurteilt die physica ratio, die die Geheimnisse der Welt anhand der fragwürdigen Riten orientalischer Religionen zu erklären versucht. 10 Firm. Mat. präsentiert das Christentum als eine „Weltanschauung“, die auf einer objektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit beruht, während das Heidentum mit seinen Versuchen einer physikalischen Mythenallegorese die Welt nicht in unmittelbarer u. einfacher Weise (simpliciter) erfassen kann. Nach err. 28,1 bedeutet der christl. Glaube nichts anderes als die Rückkehr zum gesunden Denken. 11 Ein traditionelles Argument seit Xenophanes, frg. 13 (DK).

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12 Wahrscheinlich eine Anspielung auf das Gesetz von 341 (cod. Theod. 16,10,2) gegen Aberglaube u. Opfer. Ob ein Opferverbot im generellen oder eher eingeschränkten Sinn vorlag, ist nicht mehr zu klären. 13 Die Schlacht gegen die Perser bei Singara (344) brachte der röm. Seite hohe Verluste, wurde aber offiziell als Sieg verkündet. 14 Ein Gesetz von 346 (cod. Theod. 16,10,4) verordnete die Schließung, nicht die Zerstörung heidnischer Tempel. Ein Gesetz von 342 (cod. Theod. 16,10,3) befahl die Erhaltung der außerhalb Roms stehenden Tempel. Auch die christl. Kaiser Konstans u. Konstantius zeigten Respekt für die Symbole der Glorie des röm. Reiches. 15 Konstans hatte 343 nach Britannien übergesetzt, um die Spionage gegen die im Inselinneren wohnenden Kaledonier zu organisieren. 16 Ob sich die Anspielungen auf Erfolge des Konstans gegenüber den Briten, Franken oder Alemannen beziehen, ist unklar. Mit der Niederlage der Perser ist wahrscheinlich die Einnahme von Nisibis (346) gemeint. 17 Die Devise altrömischer Religiosität do ut des kehrt hier unverändert im christl. Kontext wieder. Gott vergilt ihm erwiesene Leistungen des Menschen mit dessen irdischem Wohlergehen. Der hier erwähnte Glaube der Kaiser ist deren militantes Vorgehen gegen die pagane Religion. 18 Es wird die religionspolit. Umsetzung der bibl. Weisungen gegen den Götterkult gefordert.

F) Die pagane Restauration unter Kaiser Julian Apostata (361–363) I. Julians Abwendung vom Christentum L: J. Bouffartigue, L’Empereur Julien et la culture de son temps (EAug. S rie Antiquit 133), Paris 1992. – Ders., Du pr tendu parti pa en au pr tendu fl au de Dieu: Observations sur l’action antichr tienne de l’empereur Julien: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 59–90. – R. Braun, Julien et le Christianisme: R. Braun–J. Richer (Hrsg.), L’Empereur Julien. De l’histoire la l gende (331–1715), Paris 1978, 159–187. – L. Desiato, Giuliano: attualit di un’anima in bilico tra due mondi: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 435–444. – J.-C. Foussard, Julien philosophe: R. Braun–J. Richer (Hrsg.), L’Empereur Julien. De l’histoire la l gende (331–1715), Paris 1978, 189–212. – J. Geffcken, Kaiser Julianus und die Streitschriften seiner Gegner: NJKA 21 (1908) 161–195. – M. Giebel, Kaiser Julian Apostata. Die Wiederkehr der alten Götter, Düsseldorf 2002. – Giuliano Imperatore, le sue idee, i suoi amici, i suoi avversari. Atti del convegno internazionale di studi, Lecce 10–12 Dicembre 1998: Rudiae 10 (1998). – J.-N. Guinot, L’ellenismo di Giuliano Imperatore e il Cristianesimo die Padri: lo scontro di due culture: M. Naldini (Hrsg.), La Bibbia nei Padri della Chiesa. L’Antico Testamento (Letture Patristiche 7), Bologna 1999, 11–33. – Hargis, Against the Christians (L), 91–127. – P. Huart, Julien et l’Hell nisme. Id es morales et politiques: R. Braun–J. Richer (Hrsg.), L’Empereur Julien. De l’histoire la l gende (331–1715), Paris 1978, 99–123. – S. N. C. Lieu (Hrsg.), The Emperor Julian. Panegyric and Polemic (Translated Texts for Histo-

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rians 2), Liverpool 21989. – A. Lippold, Iulianus I (Kaiser): RAC 19 (1999) 442–483. – C. Moreschini, Alcuni aspetti della teologia di Giuliano l’Apostata: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 145–157. – F. Prostmeier, . Gültigkeit und politische Relevanz des traditionellen Wirklichkeitsverständnisses bei Kaiser Julian: JAC 44 (2001) 33–57. – K. Rosen, Kaiser Julian auf dem Weg vom Christentum zum Heidentum: JAC 40 (1997) 126–146. – Ruggiero, Follia dei cristiani (L), 201–217. – M. B. Simmons, Julian the Apostate: Ph. F. Esler (Hrsg.), The Early Christian World, London–New York 2000, II 1251–1272. – R. B. E. Smith, Julian’s Gods. Religion and Philosophy in the Thought and Action of Julian the Apostate, London–New York 1995. – Wilken, Die frühen Christen (L), 175–207

Nr. 82 1 In Julians Hymnus auf Helios findet sich die autobiograph. Bemerkung, ihn habe „schon von Kind an eine gewaltige Sehnsucht nach den Strahlen des Gottes erfasst“ (or. 11,130c). Aus dieser u. weiteren Äußerungen (or. 7,229c–d; 230c) schloss Ammian auf die bis in die Kindheit zurückreichende Vorgeschichte der Konversion Julians, der sich zwar eigenen Worten zufolge im Alter von 20 Jahren schon deutlich vom Christentum distanziert hatte (ep. 61,434d), jedoch erst 361 mit dem Krieg gegen Konstantius auch mit der christl. Religion endgültig brach. Vgl. Rosen, Kaiser Julian. 2 Vor seinem Vetter Konstantius II., der strenger arianischer Christ war u. anti-pagane Gesetze erlassen hatte; vgl. Liban., or. 14,41; 18,19. Außerdem hatte dieser 337 Julians Vater u. andere Angehörige ermorden lassen. 354 hatte er den Caesar Gallus, Julians Halbbruder, hinrichten lassen. 3 Noch vor Ende 361 erließ Julian ein Restitutionsedikt, das nur fragmentarisch fassbar ist u. eventuell nur im Osten verkündet wurde. Hierin wurde u. a. der Wiederaufbau der unter Konstantinus u. Konstantius zerstörten Heiligtümer angeordnet. Vgl. Lippold, Julianus, 454. 4 Zu Regierungsbeginn verfolgte Julian, eventuell als Reaktion auf die intolerante Haltung Konstantius’ II., eine Toleranzpolitik, zu der auch ein Amnestieerlass gehörte, durch den vor allem um ihres Glaubens willen verbannte Bischöfe in ihre Heimat zurückkehren konnten. Vgl. Joh. Chrys., Babyl. 120 (Nr. 93). Ob dies, wie Ammian im folgenden andeutet, nur eine taktische Maßnahme war, um innerkirchliche Konflikte weiter zu schüren, ist umstritten. Vgl. Lippold, Julianus, 454 f.

Nr. 83 L: R. Scholl, Historische Beiträge zu den julianischen Reden des Libanios (Palingenesia 48), Stuttgart 1994. – H.-U. Wiemer, Libanios und Julian. Studien zum Verhältnis von Rhetorik und Politik im 4. Jh. n. Chr. (Vestigia 46), München 1995, 260–268 1 Während seines mehrmontigen Aufenthaltes in Antiochien (362/3) verfasste Julian die Kampfschrift Contra Galilaeos. 2 Porphyrius.

Nr. 84 1 Bischof Facundus v. Hermiae überliefert in seiner Schrift Pro defensione trium capitulorum (546/51) Fragmente eines Briefes Julians an den häretischen Bischof Photinus v. Sirmium. Wegen seiner Leugnung der Göttlichkeit Christi wurde er 351 abge-

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setzt u. verbannt, konnte jedoch infolge des Amnestieerlasses unter Julian zurückkehren. Als sein Gegner trat Diodor hervor, der z.Z. Julians in Antiochien als Priester u. Lehrer wirkte, später (378) Bischof v. Tarsus wurde. 2 Photinus bestritt also die Möglichkeit einer Inkarnation Gottes u. hielt Jesus für einen bloßen Menschen. 3 Da sich in den Augen der Heiden jede Religion durch hohes Alter legitimieren musste, konnte das junge Christentum mit den traditionellen Religionen nicht konkurrieren.

Nr. 85 1 Der Brief ist der Form nach eine kaiserliche Weisung an einen leitenden Beamten der Provinzverwaltung. Der Adressat Artabios war 362/3 Praeses Euphratensis. 2 Zur Bezeichnung vgl. Gal. frg. 1 (Nr. 89).

Nr. 86 L: E. Dal Covolo, La paideia anticristiana dell’imperatore Giuliano. A proposito dell’editto del 17 giugno 362: S. Felici (Hrsg.), Crescita dell’uomo nella catechesi dei Padri (et postnicena), (BSRel 80), Rom 1988, 73–85. – R. Klein, Kaiser Julians Rhetoren- und Unterrichtsgesetz: RQ 76 (1981) 73–94. – E. Pack, Städte und Steuern in der Politik Julians. Untersuchungen zu Quellen eines Kaiserbildes (CollLat 194), Brüssel 1986, 261–300. – S. Pricoco, L’editto di Giuliano sui maestri (CTh 13,3,5): Orph. 1 (1980) 348–370. – S. Saracino, La politica culturale dell’imperatore Giuliano attraverso il Cod. Th. XIII 3,5 e l’ep. 61: Aevum 76 (2002) 123–141 1 Das Edikt vom 17. Juni 362 unterstellte erstmals das Schulwesen (öffentlich besoldete wie private Grammatik- u. Rhetoriklehrer) der staatlichen Kontrolle. Die Christen werden hier noch nicht explizit erwähnt. Dies geschieht erst in einem weiteren Sendschreiben des Kaisers (ep. 55: Nr. 87), das sich, ohne Datierung u. Adressaten überliefert, als Ausführungsbestimmung zu jenem Edikt wohl an alle Lehrer des Reiches wendet u. erklärt, was unter den „Sitten“ (mores) zu verstehen ist. Vgl. Lippold, Julianus, 458 f.

Nr. 87 1 Innerhalb des dreistufigen Erziehungssystems der Spätantike ging es Julian nicht um den Elementarunterricht, sondern um die Lehrer auf der mittleren u. dritten Stufe. Die Grammatici führten die Schüler in die Dichterlektüre ein, die Rhetores behandelten die Prosaschriften. Auf diesem Sprachunterricht aufbauend lehrten die Sophistae in der dritten Phase abschließend die Kunst des Redens. Vgl. H. I. Marrou, Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum, München 1977, 505–533. 2 Kaiser Konstantius II. hatte durch ein Gesetz vom 19. Febr. 356 (cod. Theod. 16,10,6) die heidn. Opfer u. die Verehrung der Götterbilder unter Todessstrafe verboten. 3 Unvermittelt werden hier die christl. Lehrer angesprochen. Möglicherweise liegt eine Lücke im Text vor. 4 Die Christen sollen sich also nicht mehr mit der heidn. Literatur befassen wie bisher. Vgl. Gal. frg. 55 (Nr. 89). 5 Außer Prohairesios u. Marius Victorinus sind keine weiteren christl. Rhetoren bekannt, die ihr Amt als Reaktion auf Julians Rhetorenedikt aufgegeben hätten. Vgl.

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Hier., chron. a. 363 p.Chr.; Aug., conf. 8,2,3 (Nr. 109). Gr. Naz., or. 4,11 klagt über zahlreiche Apostaten unter den Christen u. richtet seine Kritik sehr wahrscheinlich auch auf solche Namenschristen, die, ohne offiziell dem Glauben abzuschwören, Unterricht im Sinne des kaiserlichen Schreibens erteilten. 6 Christl. Autoren sahen hingegen in den faktischen Auswirkungen des Edikts auch ein Lernverbot für Christen, insofern vermutlich viele Eltern ihre Kinder aus der Schule nahmen, um eine Indoktrinierung mit heidn. Gedankengut zu vermeiden. Vgl. Thdt., h. e. 3,8; Socr., h. e. 3,12,7; Aug., civ. 18,52 (Nr. 103).

Nr. 88 1 Nachdem es im syr. Bosra zu gewaltsamen öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Heiden u. Christen gekommen war, schrieb Julian 362 an die Einwohner dieser Stadt einen Brief, in dem er einerseits zu gegenseitiger Toleranz aufrief u. Gewalttätigkeiten untersagte, andererseits jedoch durch gezielte Denunziationen die Vertreibung des Bischofs Titus aus der Stadt zu erreichen suchte.

Nr. 89 L: P. vieux, De Julien Cyrille. Du Contre les Galil ens au Contre Julien: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 355–368. – E. L. Grasmück, Kaiser Julian und der theos logos der Christen: H. C. Brennecke u. a. (Hrsg.), Logos. FS L. Abramowski (BZNW 67), Berlin–New York 1993, 297–327. – E. Masaracchia, Aspetti della cultura di Giuliano nel Contra Galilaeos: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 91–111. – A. Meredith, Pophyry and Julian Against the Christians: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 1119–1149. – C. Riedweg, Mit Stoa und Platon gegen die Christen: Philosophische Argumentationsstrukturen in Julians Contra Galilaeos: Th. Fuhrer– M. Erler (Hrsg.), Zur Rezeption der hellenistischen Philosophie in der Spätantike (PhA 9), Stuttgart 1999, 55–81. – S. Scicolone, Le accezioni dell’appellativo „Galilei“ in Giuliano: Aevum 56 (1982) 71–80 1 Julian bezeichnet seine Gegner bis auf eine Ausnahme (ep. 58,437d) nie als Christen, sondern stets als Galiläer, um die neue Religion, die einen universalen Anspruch erhob, als provinzielle Sekte zu disqualifizieren. Vgl. ep. 49 (Nr. 85); Gr. Naz., or. 4,76; Joh. Chrys., Babyl. 120 (Nr. 93). 2 Zum Vorwurf, der christl. Glaube beruhe einer „Erfindung“ (plasma) der Jünger, vgl. Orig., Cels. 2,10 (Nr. 434); 3,39; Arnob., nat. 1,56–57; Porph., Chr. frg. 15 (Nr. 435). Vgl. Scicolone, Appellativo „Galilei“. 3 Im Hintergrund steht die platon. Theorie der Seele, die aus einem göttlich-unsterblichen u. einem sterblichen Prinzip zusammengesetzt ist (Tim. 69d–e). Letzteres besteht wiederum aus zwei Teilen, von denen einer an der Vernunft teilhat (Tim. 65d), der andere sich hingegen von Bildern oder Phantasmen verführen lässt (Tim. 71a). Gerade die Seelen der Kinder sind für alle beliebigen Mythen aufgeschlossen (resp. 377a–b). 4 Seinem eigenen Selbstverständnis zufolge war nicht Julian ein Apostat, vielmehr traf der Vorwurf einer zweifachen Apostasie die Christen; vgl. Gal. frg. 58 (Nr. 89). Diese Anschuldigung findet sich schon bei Celsus (Nr. 249) u. Porph. (Nr. 250). Zwar ist nach Julians Auffassung das Judentum der griech. Kultur unterlegen, aber dennoch in-

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sofern tolerabel, als es im Unterschied zum Christentum keinen Universalitätsanspruch erhebt u. der Gott dieses Volkes als ein Nationalgott unter anderen verstanden werden kann; vgl. Nr. 509. Vgl. G rard, L’empereur Julien, 76–81. Zur christl. Replik vgl. Cyr. Alex., Iuln. 1,3 (Nr. 95). 5 Der Monotheismus wird hier mit Atheismus gleichgesetzt. Zum Atheismusvorwurf vgl. Nr. 204–208. 6 Julian kritisierte häufig die Gleichgültigkeit vieler heidnischer Zeitgenossen gegenüber seinem paganen Restaurationsprogramm. Vgl. ep. 39,431b; ep. 47,453c–d. Insofern die vorliegende Kampfschrift in Antiochien verfasst wurde, lagen Anspielungen auf Ausschweifungen ihrer Bewohner nahe. Vgl. Jul., Misop. 356a–b. 7 Julian kritisiert die Intoleranz der Christen gegenüber Heiden u. Häretikern. Vgl. ep. 58,436a–b; ep. 55 (Nr. 87 Anm. 2). Zu den innerkirchl. Konflikten vgl. auch Amm. Marc. 22,5,4 (Nr. 82); Orig., Cels. 3,10.12; 5,63. 8 Wie Aug., cons. ev. 1,52 (Nr. 438) berichtet, behaupteten noch an der Wende vom 4. zum 5. Jh. Anhänger des Porph. in Nordafrika, Christus habe den heidn. Götterkult toleriert. 9 Vgl. Apg 10,24–33 u. 13,6–12. Zur Herkunft der Christen aus der sozialen Unterschicht vgl. Min. Fel., Oct. 8,4 (Nr. 186); Orig., Cels. 3,44 (Nr. 154); 3,55; 8,4. 10 Julian warf den Christen vor, dass ihre Christologie, d. h. ihre Lehre vom göttlichen Logos Christus, sich nicht aus den bibl. Schriften begründen lasse, sondern nur unter Zuhilfenahme der griech. „Weisheit“ möglich geworden sei. Vgl. Nr. 357. Hierzu Grasmück, Kaiser Julian. Der Kaiser rechnet auch Diodor v. Tarsus zu den Theologen, die sich die griech. Philosophie für ihre Lehre zunutze gemacht haben bzw. die Rhetorik für ihre antipagane Polemik gebraucht haben. Vgl. Nr. 84. Nach Gr. Naz., or. 4,4 (Nr. 91); 4,102 (Nr. 160) reklamierte Julian die griech. Literatur als exklusives Eigentum der Heiden. Diese Überzeugungen stehen im Hintergrund des Rhetorenedikts; vgl. ep. 55 (Nr. 87). 11 Umgekehrt fiel der Vergleich zwischen heidn. u. christl. Schriften bei Orig., Cels. 1,18 (Nr. 193) aus.

II. Christliche Reaktionen 1) Ephraem der Syrer Nr. 90 L: Übers. nach E. Beck, Ephraem, Hymnen de Paradiso und Contra Iulianum (CSCO 175, Syr. 79), Leuven 1957, 61–86. – S. H. Griffith, Ephraem the Syrian’s Hymns „Against Julian“. Meditations on History and Imperial Power: VigChr 41 (1987) 238–266 1 Konstantius II., den Julian zusammen mit den anderen Christen vor seiner Thronbesteigung täuschte. 2 Könige u. Königinnen Israels u. Judas, die wegen ihrer Favorisierung des BaalsKultes bekannt waren. Ein ähnlicher Vergleich bei Gr. Naz., or. 5,3. 3 Nach Hebr 6,6 kreuzigen die abgefallenen Christen abermals Christus. 4 Julian selbst, der ihre Hoffnungen zu verwirklichen versprach. 5 Um den Ausgang des Feldzuges gegen die Perser zu erfahren, hatte Julian Orakel

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befragen u. zahllose Opfertiere schlachten lassen. Vgl. Gr. Naz., or. 5,9 (Nr. 224); Amm. Marc. 22,12,6–8; Socr., h. e. 3,21,6.

2) Gregor von Nazianz L: R. Asmus, Die Invektiven des Gregorius von Nazianz im Lichte der Werke des Kaisers Julian: ZKG 31 (1910) 325–367. – J. Bernardi, Gr goire de Nazianze critique de Julien: StPatr 14 (1976) 282–289. – Ders., Un r quisitoire: Les Invectives contre Julien de Gr goire de Nazianze: R. Braun–J. Richer (Hrsg.), L’Empereur Julien. De l’histoire la l gende (331–1715), Paris 1978, 89–98. – U. Criscuolo, Gregorio di Nazianzo e Giuliano: Talariskos. Studia Graeca Antonio Garzya a discipulis oblata, Neapel 1987, 165– 208. – M. Fiedrowicz, Frühchristliche Alternativen zu paganen Bildungskonzepten: R. Kampling (Hrsg.), Deus semper maior. FS G. Kard. Sterzinsky, Berlin 2001, 73–87. – L. Lugaresi, Giuliano Imperatore e Gregorio di Nazianzo: contiguit culturale e contrapposizione ideologica nel confronto tra ellenismo e cristianesimo: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 393–334. – M. Mazza, Giuliano o dell’utopia religiosa: il tentativo di fondare una chiesa pagana?: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 17–42. – P. Molac, L’image de Julien l’Apostat chez Saint Gregoire de Nazianze: BLE 102 (2001) 39–48. – C. Moreschini, L’opera e la personalit dell’imperatore Giuliano nelle due di Gregorio Nazianzeno: Forma Futuri. Studi in onore del Card. M. Pellegrino, Turin 1975, 429–430. – M. Regali, Intenti programmatici e datazione dele di Gregorio di Nazianzo: CrSt 1 (1980) 401–409

Nr. 91 1 In ep. 55 (Nr. 87) hatte Julian den Anspruch erhoben, nur diejenigen könnten die griech. Literatur angemessen interpretieren, die auch an die griech. Götter glaubten. Für Julian bedeutete „Griechisch“ insbesondere die Literatur griechischer Dichter u. Philosophen, die wiederum mit der griech. Religion weitgehend identisch war. Vgl. ep. 48,300d; Liban., or. 18,157. Zum Vorwurf der Aneignung fremden Eigentums vgl. Gal. frg. 55 (Nr. 89). 2 Der Kaiser plante, eine „pagane Kirche“ nach christl. Modell zu schaffen. Vgl. Nr. 91 u. 96 sowie die sog. Pastoralbriefe Julians, ep. 39, 47, 48; vgl. Lippold, Iulianus I., 459–461. Julian wollte die erfolgreichen Missionsmethoden u. Organisationsstrukturen der Kirche kopieren, um sie für die Regeneration des Heidentums zu nutzen. Neben umfangreichen sozialen Einrichtungen u. einer gebildeten, moralisch vorbildhaften Priesterschaft beabsichtigte Julian vor allem, eine Form von Erwachsenenbildung zu organisieren. In Analogie zur liturg. Lesung einer bibl. Perikope u. ihrer Erklärung in der Predigt wollte Julian Texte aus der griech. Dichtung u. Philosophie vorlesen u. erklären lassen, um die Zuhörer ethisch u. religiös zu instruieren. Ein Beispiel hierfür bietet ep. 39,431a–b. 3 Es handelt sich um die berühmte Auskunft der Pythia, welches die besten Pferde, Frauen u. Männer seien. Vgl. FGH 306 F6. 4 Die Schwäche des julianischen Reformprogramms liegt nach Gregors Überzeugung darin, dass es seine ethisch-religiösen Impulse aus der imaginären Welt der My-

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then zu beziehen suchte, während die christl. Religion mit den exemplar. Gestalten der bibl. Geschichte, dem Lebensmodell Christi, dem Zeugnis der Martyrer u. Asketen die Menschen unmittelbarer anzusprechen vermochte. Die alte Religion, die nur noch auf dem Weg komplizierter allegorischer Interpretation zugänglich schien, konnte nicht mehr mit der Botschaft konkurrieren, die das Christentum verkündete u. prakizierte. Vgl. Fiedrowicz, Alternativen, 83–85; Lugaresi, Giuliano. 5 Vgl. Hes., Theog. 714, 306–322, 270–279. 6 Während Julian, Gal. frg. 55 (Nr. 89) zur Realisierung seines Idealstaates von humanem Geist auf die ethischen Auswirkungen des Studiums der griech. Klassiker setzte, machte Gr. Naz. auf die latenten Gefahren des kaiserlichen Reformprogrammes aufmerksam u. hob die Kontraproduktivität dieses Lektürekanons hervor. Vgl. Lakt., inst. 5,10,17 (Nr. 188). 7 Ein Topos christlicher Mythenkritik, der sich bereits bei Plat., resp. 390a–392a findet. Vgl. Nr. 318, 326, 328.

Nr. 92 1 Von August bis September 355 hielt sich Julian zu Studienzwecken in Athen auf, wo Gr. Naz. u. Basilius v. Cäsarea schon seit mehreren Jahren als Studenten lebten. Ende 354 war Julians Bruder Gallus von Konstantius II. zum Tode verurteilt worden. 2 Mit Angabe dieses geheim gehaltenen Grundes will Gr. Naz. seine These stützen, Julian habe schon lange die Thron-Usurpation geplant. Die Befragung von Wahrsagern u. Astrologen war gerade in dieser Zeit (353/7) von Konstantius II. verboten worden. Vgl. cod. Theod. 16,10,5; 9,16,4.6. Während seines Aufenthaltes in Athen ließ sich Julian in die Mysterien von Eleusis einweihen. Vgl. Eunap., vit. soph. 7,3,6–9. 3 Socr., h. e. 3,23,18 f. wiederholt dieses Porträt. Anders hingegen Julians Sympathisanten, Liban., or. 18,30,155 f.; Amm. Marc. 25,4,22. 4 Gr. Naz. greift den Topos vom Tod des Gottesverächters auf, um Julians Ende zu schildern. Vgl. Nr. 224. 5 Auch andere christl. Quellen sprechen von Julians Absicht, nach dem Perserkrieg den Kampf gegen die Christen in aller Schärfe aufzunehmen. Vgl. Ruf., h. e. 10,37; Soz., h. e. 6,2,3–5; Thdt., h. e. 3,21,4–7; Ephr., Iuln. 2,10; 3,14; Joh. Chrys., s. Babyl. 121 (Nr. 93). Auch Liban., or. 16,49 deutet den Einwohnern von Antiochien an, dass sich nach dem Perserfeldzug die kaiserliche Politik gegenüber Widerständen verschärfen werde. 6 Gr. Naz. vergleicht die Funktion seiner beiden Reden mit einer Schandsäule, die Julians Leben u. Taten als Verkörperung der Torheit des Heidentums vor aller Welt anprangern sollen. Vgl. or. 4,20; Kurmann, Gregor v. Nazianz, or. 5,19 f.

3) Johannes Chrysostomus L: J.-N.Guinot, L’Hom lie sur Babylas de Jean Chrysostome: La victoire du martyr sur l’Hell nisme: La narrativa cristiana antica (SEAug 50), Rom 1995, 323–341

Nr. 93 1 Nachdem Konstantius II. den Caesar Gallus 354 hatte hinrichten lassen, ernannte er Julian zu dessen Nachfolger u. übertrug ihm die Leitung der gallischen Regionen.

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2 Vgl. Socr., h. e. 3,1,39; Soz., h. e. 5,1,2. Der Vorwurf einer langjährigen Verstellung Julians muss jedoch differenzierter betrachtet werden. Vgl. Nr. 82 Anm. 1. 3 Vgl. Nr. 82. 4 Julian hatte den Juden den Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem versprochen. Mitte Mai 363 begannen die Arbeiten, die jedoch bald infolge eines Erdbebens oder Brandes wieder abgebrochen wurden. Vgl. Amm. Marc. 23,1,2 f. Die Christen sahen hierin ein Zeichen Gottes. Vgl. Gr. Naz., or. 5,4; Ephr., Iuln. 4,18–23; Socr., h. e. 3,20,8–14; Soz., h. e. 5,22,4–11; Joh. Chrys., adv. Jud. 16. 5 Julian wollte christl. Martyrien unbedingt verhindern. Vgl. Gr. Naz., or. 4,58.84; Liban., or. 18,122–125. 6 Julian veröffentlichte sein Toleranzedikt Anfang Febr. 362. Von Konstantius II. verbannte Christen durften in ihre Heimat zurückkehren. Vgl. Amm. Marc. 22,5,4 (Nr. 82); Soz., h. e. 5,5,6–10. 7 Arian. Bischof v. Antiochien; 344 abgesetzt wegen seiner Intrigen gegen Bischof Euphrates v. Köln u. Vinzenz v. Capua. Vgl. Thdt., h. e. 2,9. 8 Vgl. Gr. Naz., or. 4,76; Thdt., h. e. 3,21,5–7; Socr., h. e. 3,12. 9 Vgl. s. Babyl. 118. Julians Versuche, das Apollon-Heiligtum von Daphne wiederzubeleben, hatten ihn bewogen, die Gebeine des Martyrers Babylas, dessen Grab vor dem Tempel angeblich das Orakel zum Schweigen gebracht hatte, nach Antiochien bringen zu lassen. Der Tempelbrand von 362 war von weiteren Zeichen begleitet, die die Christen als Antwort Gottes auf Julians Frevel betrachteten. Vgl. Thdt., affect. 10,48 (Nr. 454). 10 Vgl. Gr. Naz., or. 5,25 (Nr. 92). 11 So auch Gr. Naz., or. 4,74.

4) Cyrill von Alexandrien Nr. 95 L: G. Huber-Rebenich–M. Chronz, Cyrill von Alexandrien. Ein Forschungsvorhaben: J.van Oort-D. Wyrwa (Hrsg.), Heiden und Christen im 5. Jahrhundert (SPA 5), Leuven 1998, 66–87. – W. Kinzig, Zur Notwendigkeit einer Neuedition von Kyrill von Alexandrien, Contra Iulianum: StPatr 29 (1997) 484–494. – Ders., Der ursprüngliche Umfang des Werkes Contra Iulianum von Kyrill von Alexandrien. Beobachtungen zur Bucheinteilung und zum ursprünglichen Umfang von Kyrills Contra Iulianum sowie Julians Contra Galilaeos: A. M. Ritter (Hrsg.), Zur Zeit oder Unzeit. Studien zur Spätantiken Theologie-, Geistes- und Kulturgeschichte, Mandelbachtal-Cambridge, 2003. – W. J. Malley, Hellenism and Christianity. The conflict between hellenic and christian wisdom in the Contra Galilaeos of Julian the Apostate and the Contra Iulianum of St. Cyril of Alexandria (AnGr 210), Rom 1978. – P. Regazzoni, Il dell’Imperatore Giuliano ed il di San Cirillo Alessandrino: Ndid 6 (1928) 1–114. – M. Vinzent, Halbe Heiden – Doppelte Christen. Die Festbriefe Kyrills von Alexandrien und die Datierung seines Werkes Contra Iulianum: A. Dörfler-Dierken–W. Kinzig–M. Vinzent (Hrsg.), Christen und Nichtchristen in Spätantike, Neuzeit und Gegenwart, Mandelbachtal–Cambridge 2001, 41–60. – R. L. Wilken, Cyril of

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Alexandria’s Contra Iulianum: W. E. Klingshirn–M. Vessey (Hrsg.) The Limits of Ancient Christianity. Essays on Late Antique Thought and Culture in Honor of R. A. Markus, Ann Arbor (Mi) 1999, 42–62 1 Dass Julian getauft war, ist sonst nicht bezeugt. 2 Die Jahre 351/5 waren für die geistig-religiöse Entwicklung Julians von besonderer Bedeutung. 351 begab er sich zu Aidesius, einem Schüler des Jamblichus, der seinerseits von Porph. geprägt war. Anschließend besuchte er Maximus v. Ephesus, der Julians Ablösung vom Christentum entscheidend förderte. Vgl. Lippold, Iulianus, 447 f. 3 Contra Galilaeos. 4 Zu Julians Bibelkritik vgl. Nr. 426–427, 436, 444, 458. 5 Zu Julians Vorwurf, die Christen seien einer zweifachen Apostasie schuldig, vgl. Gal. frg. 3 (Nr. 89), frg. 58 (Nr. 253). 6 Vgl. Gal. frg. 1 (Nr. 89). 7 Nach der Eroberung durch Tiglat-Pileser III. wurde das Gebiet 733 v. Chr. mit assyr. Kolonisten besiedelt. Daher „Gebiet der Heiden“ (Jes 8,23). 8 Vgl. Plat., resp. 377d–378e; 386a–390d, 398a. Die Apologeten zitieren für ihre Mythenkritik häufig diese Stellen. Vgl. Eus., p. e. 2,7,4–7; 13,3,3–6; Thdt., affect. 2,7. 9 Gemeint ist die rhetor. Technik der retorsio, die die Anklage auf den Kläger selbst zurückwendet. Sie war ein beliebtes Mittel der Apologeten, die von den Heiden gegen die Christen erhobenen Vorwürfe auf jene selbst zurückzulenken. 10 Vgl. Gal. frg. 2.

5) Sozomenus Nr. 96 1 Vgl. Gr. Naz., or. 4,111 (Nr. 91). Im folgenden Abschnitt h. e. 5,15,5–15 zitiert Soz. einen Brief Julians an den Oberpriester Arsakios (ep. 39). Der Kaiser fordert darin, die Heiden dürften der caritativen Praxis der Christen nicht nachstehen. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Schreiben jedoch um eine Fälschung von christl. Hand; so P.van Nuffelen, Deux fausses lettres de Julien l’Apostat. La lettre aux Juifs, ep. 51 (Wright), et la lettre Arsacius, ep. 84 (Bidez): VigChr 55 (2001) 131–150.

6) Socrates Nr. 97 L: H.-G.Nesselrath, Kaiserlicher Held und Christenfeind: Julian Apostata im Urteil des späteren 4. und 5. Jh. n. Chr.: B. Bäbler–H.-G. Nesselrath (Hrsg.), Die Welt des Sokrates von Konstantinopel, München 2001, 15–43 1 Or. 18,178 (Nr. 83). 2 Or. 59. 3 Or. 18,12. 4 Die philosophos historia ist nur fragmentarisch überliefert. 5 Die Caesares (or. 10) knüpften an die Tradition der menippeischen Satire an. Julian übte an den meisten seiner Vorgänger scharfe Kritik. Anders als Socr. behauptet,

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wird der Philosophenkaiser Marc Aurel jedoch – neben Alexander d. Gr. – als idealer Herrscher geschildert.

7) Lateinische Autoren L: M. Calbatiano, L’imperatore Giuliano negli autori latini cristiani del IV secolo: Cristianesimo latino e cultura greca sino al secolo IV (SEAug 42), Rom 1993, 101–116

Nr. 99 1 Auch Gr. Naz., or. 4,11 erwähnt die Tatsache zahlreicher Apostaten aus den Reihen der Christen.

Nr. 100 1 Das Werk Contra Galilaeos umfasste nur drei Bücher. Vermutlich verwechselt Hier. den Umfang mit einer christl. Gegenschrift (evtl. Theodor v. Mopsuestia oder Philippus v. Side).

Nr. 102 L: J. Arco, Los versos de Prudencio sobre el emperador Juliano: Emerita 44 (1976) 129–141. – R. Palla, Perfidus ille Deo, quamvis non perfidus orbi: L’Imperatore Giuliano nei versi di Prudenzio: Giuliano Imperatore: Rudiae 10 (1998) 357–371

Nr. 103 1 Aug. kritisiert die von Christen vertretene These, es habe in Analogie zu den zehn Plagen der Ägypter nicht mehr als zehn Verfolgungen der Kirche gegeben. Tatsächlich hätten sich weitaus mehr Verfolgungen in der Kirchengeschichte ereignet.

III. Weitere Auseinandersetzungen mit dem Hellenismus: Theodoret von Cyrus Nr. 104 L: P. Canivet, Histoire d’une entreprise apolog tique au Ve si cle, Paris 1957. – O. Schissel, Die Protheoria des Theodoretos von Kyyrhos zur Ellênikôn therapeutikê pathêmatôn: ByzZ 30 (1929/30) 18–22. – J. Schulte, Theodoret von Cyrus als Apologet. Ein Beitrag zur Geschichte der Apologetik (ThSLG 10), Wien 1904 1 Vgl. Orig., Cels. 1,9 (Nr. 154); Eus., p. e. 1,1,11 (Nr. 155); Gr. Naz., or. 4,102 (Nr. 160). 2 Vgl. Thdt.’s Auseinandersetzung mit dieser Kritik in Nr. 150 u. 433. Zum heidn. Vorwurf vgl. Nr. 429–431. 3 Vgl. Nr. 161. 4 Nach dem Glauben der Phönizier, Ägypter u. Griechen waren Sonne, Mond, Erde, Gestirne u. Elemente die ersten Götter. Vgl. affect. 3,23. 5 Vgl. Nr. 302. 6 Vgl. Nr. 479. 7 Der Titel des Werkes ist programmatisch. Hatte einst Julian (ep. 55: Nr. 87) das Christentum als Geisteskrankheit bezeichnet, die sich gerade in der Ablehnung seiner hellenist. Ideale, in blindgläubiger Anhänglichkeit an die intellektuell-moralische Me-

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diokrität der Bibel manifestierte, so kehrte Thdt. diesen Vorwurf um, indem er diese hellenisierende Mentalität, d. h. Glaubensverweigerung (apistia) u. überhebliches Sichbegnügen mit nur menschlichem Erkennen u. Meinen, als die eigentliche Krankheit diagnostizierte. Vgl. affect. 1,1–7 (Nr. 178). 8 Wie der zweite Titel bezeugt, wollte Thdt. die Griechen das Evangelium u. die wahre Weisheit auf der Basis ihrer eigenen platon. Philosophie entdecken u. verstehen lassen. 9 Asklepios wurde von den Heiden als „Heiland des ganzen Erdkreises“ verehrt. Insbesondere Julian versuchte, ihn als Heilbringer u. Seelenarzt gegen Christus auszuspielen. Vgl. Gal. frg. 57.

G) Die Auseinandersetzung mit der römischen Senatsaristokratie (Ende 4. Jh.) I. Aristokratischer Konservativismus in Rom L: H.-D. Altendorf, Römische Senatsaristokratie und Christentum am Ende des 4. Jahrhunderts: H. Frohnes – U. W. Knorr (Hrsg.), Kirchengeschichte als Missionsgeschichte I, München 1974, 227–243. – H. Bloch, The pagan Revival in the West at the End of the Fourth Century: A.Momigliano (Hrsg.), The Conflict between Paganism and Christianity in the Fourth Century, Oxford 1963, 193–218. – L. Cracco Ruggini, Un cinquantennio di polemica antipagana a Roma: R. Catalamessa – L. F. Pizzolato (Hrsg.), Paradoxos politeia. Studi patristici in onore di G.Lazzati (SPMed 10), Mailand 1979, 119–144. – B. Kötting, Christentum und heidnische Opposition in Rom am Ende des 4. Jahrhunderts: Ders., Ecclesia Peregrinans (MBTh 54/1), Münster 1988, I 315–335. – P. De Labriolle, La r action pa enne. tudes sur la pol mique antichr tienne du Ier au IVe si cle, Paris 1958, 335–368. – P. Thrams, Christianisierung des Römerreiches und heidnischer Widerstand, Heidelberg 1992, 140–160. – J. Wytzes, Der letzte Kampf des Heidentums in Rom (EPRO 56), Leiden 1977

Nr. 105 L: Wytzes, Der letzte Kampf, 133–148. – M. Kahlos, Vettius Agorius Praetextatus. A senatorial Life in Between (Acta Instituti Romani Finlandiae 26), Rom 2002 1 Vettius Agorius Praetextatus, ca. 320–384, 365/7 praefectus urbi in Rom, führender Vertreter heidnischer Kreise im Senat; Freund u. Korrespondent des Symmachus; vgl. Symm., ep. 1,44–55; Symm., rel. 10–12. Macr., sat. 1,17–23 (Nr. 511) legt ihm eine Rede in den Mund, worin Praetextatus, der pontifex solis, darlegt, dass alle Götter Manifestationen des einen Sonnengottes Sol (Helios) sind.

Nr. 106 L: CCCA 246 = CIL VI 1779 = Dessau 1259. – Übers. nach Thrams, Christianisierung, 81–83. – Wytzes, Der letzte Kampf, 138–148. – Kahlos, Praetextatus (L 105), 216–221 1 Das Grabmonument stammt aus Rom u. befindet sich jetzt im Kapitolinischen Museum.

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2 Divumque numen multiplex doctus colis: Thrams, Christianisierung, übersetzt „und verehrst, vielfach gebildet, den göttlichen Willen“, muss aber korrigiert werden, da multiplex zum religiösen Sprachgebrauch dieser Kreise gehörte u. Praetextatus bei Macr., sat. 1,17,7; 22,1 selbst erklärt, was unter dem vielgestaltigen göttlichen Wesen der Sonne zu verstehen sei.

Nr. 107 L: CIL VI,501 = Wytzes, Der letzte Kampf, 321. – J. J. O’Donnell, The career of Virius Nicomachus Flavianus: Phoe. 32 (1978) 129–143. – Th. Grünewald, Der letzte Kampf des Heidentums in Rom?: Hist. 41 (1992) 462–487 1 Virius Nicomachus Flavianus, ca. 334–394, führende Gestalt der stadtröm. Aristokratie; 390, 393/4 praefectus praetorio; enge Freundschaft mit Symmachus; vgl. Symm., ep. 2,1–91. Er unterstützte die Usurpation des Eugenius, beging jedoch angesichts seiner Niederlage gegen Theodosius I. (5. 9. 394) Selbstmord (Nr. 122). Macr. lässt ihn in seinen saturnalia (1,1,4) auftreten. Das anonyme christl. Schmähgedicht Carmen contra paganos (Nr. 113) richtet sich wahrscheinlich gegen Flavianus.

Nr. 108 1 Nach A. Loyen, Sidoine Apollinaire III, Lettres (VI–IX), 196 haben Flavianus u. Victorinus jeweils nur eine griech. Abschrift von Philostrats vita Apollonii angefertigt. Erst Sidonius habe eine lat. Übersetzung der kürzeren, von Flavianus abhängigen Textfassung des Victorinus verfasst. Der Wundertäter Apollonius wurde in heidn. Kreisen als Gegenspieler Christi aufgebaut. Vgl. Nr. 69 Anm. 8. Vgl. Wytzes, Der letzte Kampf, 150–154.

Nr. 109 L: P. Courcelle, Les Confessions de saint Augustin dans la tradition litt raire (EAug), Paris 1963, 69–74. – G. Madec, C. Marius Victorinus: HLL 5, 564. 1 Zwischen 281/91 in Afrika geb., gest. um 365; seit ca. 340 Inhaber des öffentlichen Lehrstuhls für Rhetorik in Rom; Aufnahme in den Senatorenstand. Interesse am Christentum führte ihn zur Lektüre der Bibel, in der er die neoplaton. Lehren wiederfand. Eine Zeitlang begnügte er sich mit einem christlich gefärbten Intellektualismus, ohne sich der Kirche anzuschließen. Ca. 355/6 konvertierte er endgültig zum Christentum, dessen Theologie er mit der neoplaton. Philosophie zu verknüpfen suchte. Aufgrund des Rhetorenedikts Julians (Nr. 86–87) hatte er 362 seine Lehrtätigkeit eingestellt. 2 Eventuell eine Andeutung, dass Victorinus theurgische Praktiken vollzog, wie sie auch Porphyrius gelehrt hatte (Nr. 66). Aug., trin. 4,10,13 verbindet sacra sacrilega mit Magie u. Initiationen, die eine Reinigung der Seele bewirken sollen. 3 Die Stelle ist textkritisch sehr unsicher u. hat zu zahlreichen kontroversen Interpolationsversuchen geführt. Vgl. J. J. O’Donnell, Augustine. Confessions III, Commentary on Books 8–13, Oxford 2000, 17 f. 4 Der Vergil-Text wurde im 4. Jh. häufiger zitiert, um gegen fremde Kulte, insbes. den ägypt. Tierkult zu polemisieren. Vgl. Gr., Naz. (Rufin), de luminibus 5,3; Hier., in Is. 13,46; in Ez. 3,8,10. Die Hinweise auf die ägypt. Gottheiten Osiris u. Anubis sind möglicherweise auch eine Anspielung auf die „ägypt. Gefangenschaft“, aus der der Exodus der Taufe befreit. Vgl. A.Di Berardino, Aegyptus: AL 1,139. 5 Aug. übertreibt leicht, da Victorinus sein Heidentum wohl niemals kämpferisch

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vertrat. Es könnte jedoch eine Anspielung auf die Relativierung aller religiösen Überzeugungen vorliegen, die aus der neoplaton. Erkenntnistheorie des Marius Victorinus (Nr. 515) resultierte; vgl. Courcelle, Confessions, 71 f.

II. Christliche Entgegnungen 1) Ambrosiaster Nr. 110 L: F. Courcelle, Critiques ex g tiques et arguments antichr tiens rapport s par Ambrosiaster: VigChr 13 (1959) 133–169. – F. Cumont, La pol mique de l’Ambrosiaster contre les pa ens: RHLR 8 (1903) 417–440. – L. Perrone, Echi della polemica pagana sulla Bibbia negli scritti esegetici fra IV e V secolo: Le Quaestiones Veteris et Novi Testamenti dell’Ambrosiaster: ASEs 11 (1994) 161–185 (= Consolino (Hrsg.), Pagani e Cristiani (L), 149–172). – A. Stuiber, Ambrosiaster: TRE 2, Berlin–New York 1978, 356–363 1 Diese Äußerungen haben vermutlich einen autobiographischen Hintergrund, insofern auch der wohl mit Rücksicht auf seine Stellung in der Anonymität verbleibende Autor zu den nobiles mundi gehörte, die sich in dieser Zeit zum Christentum bekehrten. Vgl. Stuiber, Ambrosiaster, 357 f. Scharf getroffen vom Vorwurf, die Christen seien dumm, die Heiden hingegen klug u. gebildet, schuf der Autor mit seiner ausführlichen Widerlegung dieser Kritik (quaest. 114,5.15–19.22; Nr. 381) zugleich eine apologia pro vita sua.

2) Anti-pagane Gedichte L: M. Corsano, Un incontro problematico: Cristiani e pagani in tre carmi adespoti: Orph. 21 (2000) 26–43

Nr. 111 L: J.-M. Poinsotte, Le consul de 382 Fl. Claudius Antonius fut-il un auteur antipa en?: REL 60 (1982) 298–312

Nr. 112 L: Übers nach W. Wischmeyer, Bemerkungen u. Beobachtungen zu Ps.Cyprian, Carmen ad quendam senatorem ex christiana religione ad idolorum servitutem conversum: J. A. Loader (Hrsg.), Vielseitigkeit des Alten Testamentes. FS G. Sauer, Frankfurt a. M. 1999, 335–343. – Poinsotte, Consul de 382 (L 111). – K. Rosen, Ein Wanderer zwischen zwei Welten. Carmen ad quendam senatorem ex christiana religione ad idolorum servitutem conversum: K. Dietz u. a. (Hrsg.), Klassisches Altertum, Spätantike und frühes Christentum. FS A. Lippold, Würzburg 1993, 393–408. – C. P. E. Springer, Carmen ad quendam senatorem: RAC.Suppl. 10 (2003) 319ff 1 In Rom wurde der Kult der Gottheit Kybele aus Kleinasien 204 v.Chr eingeführt. Der Kult der Magna Mater wies orgiastische Züge auf, insbes. die freiwillige Selbstkastration der Diener dieser Göttin (Galli) während der Ekstase. Römischen Bürgern war es verboten, dem Priester-Kollegium der Kybele beizutreten u. sich zu entmannen. Der Tempeldienst wurde daher in Rom von phrygischen Priestern ausgeübt.

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2 Nach längerem Widerstand noch unter Augustus u. Tiberius setzte sich der IsisKult in Rom unter Kaiser Caligula durch. Bei den Isisfesten zogen Prozessionen von den meist außerhalb der Stadtgrenze liegenden Heiligtümern in die Stadt. 3 Fascen, Rutenbündel mit Beil, Symbol der konsular. Macht. Sistrum, bronzene Klapper für die Zeremonien des isis-Kultes. Der schakalköpfige ägypt. Gott Anubis galt als Sohn des Osiris, des Gemahls der Isis.

Nr. 113 L: Übers. nach C. Markschies, Leben wir nicht alle unter dem selben Sternenzelt? Übersetzung und Bemerkungen zum Traktätchen „Contra Paganos“: R. Feldmeier– U. Heckel (Hrsg.), Die Heiden. Juden, Christen und das Problem des Fremden (WUNT 70), Tübingen 1994, 325–377. – L. Cracco Ruggini, L., Il paganesimo romano tra religione e politica (384–394). Per una reinterpretazione del : AANL.M 8. Ser. 23 (1979) 3–143. – Kahlos, Praetextatus, 163–168 (L 105). – L. Lenaz, Annotazioni sul Carmen contra paganos: StPat 25 (1978) 541–572. – J. Matthews, The historical Setting of the „Carmen contra paganos“ (Cod. Par. Lat. 8084): Hist. 19 (1970) 464–479 (= Ders., Political Life and Culture in Late Roman Society [Collected Studies Series 217], London 1985, Nr. VII). – Wytzes, Der letzte Kampf, 158–169 1 Trotz der Opfer, die der Präfekt Jupiter darbrachte, ist sein Tod nicht hinausgezögert worden. Auch der Empfang des Tauroboliums (Z. 62) weckte vergebliche Hoffnungen auf eine lange Lebenszeit. 2 Der Tod erfolgte drei Monate nach den Reinigungsriten, die der Präfekt für die ganze Stadt veranlasst hatte. 4 Eventuell Hinweis auf den Herkules-Kult. Die zuvor erwähnte Zerstörung von Gebäuden spielt eventuell auf eine Weisung an, Tempelstücke, die zur Ausschmückung von Privathäusern verwendet worden waren, loszubrechen, um die Tempel wieder herzustellen. 5 Gemeint sind wohl Christen, die zur Apostasie verführt werden sollten. 6 Wohl Eigenname eines Unbekannten. Die unterirdische Suche nach der Sonne ist vermutlich eine Anspielung auf den Mithras-Kult, wo das in dunklen Höhlen aufleuchtende Licht die Erlösung symbolisierte. Jedoch spielte die in der Finsternis leuchtende Sonne auch bei der Initiation in den Isis-Kult eine Rolle; vgl. Apul., met. 11,23. 7 Ein Birnbaum war wohl zu einer Priapus-Statue behauen worden, die der Beamte nun als Gott verehrte. 8 Angesichts der christenfreundlichen Zeit konnte der Christenhasser seine Aversionen gegenüber der neuen Religion nicht offen bekunden. 9 Das Taurobolium, die Taufe mit Stierblut, gehörte zum Kult der Magna Mater u. war in Rom nach dem Zeugnis der Inschriften (Nr. 106–107) bis Ende 4. Jh. lebendig. Das Blut reinigte den Tauroboliaten u. ließ ihn zu neuem Leben wiedergeboren werden. Nach 20 Jahren konnte der Ritus wiederholt werden. 10 Im Unterschied zum Selbstverständnis der heidn. Senatsaristokratie, den „besseren Teil der Menschheit“ (pars melior generis humani: Symm., ep. 1,52) zu repräsentieren, werden hier die vom Präfekten verführten bzw. sogar getöteten Christen als die „Besseren“ bezeichnet. 11 Die Bettelpriester der Megal M t r = Kybele.

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12 Da in den Augen der Aristokraten der Christengott in der Krise des röm. Reiches Ende des 4. Jh. offenkundig versagt zu haben schien, erhoffte man durch Wiederbelebung der vielfältigen heidn. Kulte neues Heil von den alten Göttern.

III. Die Kontroverse um den Victoria-Altar L: F. Canfora, Simmaco e Ambrogio o di un’antica controversia sulla tolleranza e sull’intolleranza, Bari 1970. – P. Courcelle, Anti-Christian Arguments and Christian Platonism: from Arnobius to St. Ambrose: A. Momigliano (Hrsg.), The Conflict between Paganism and Christianity in the Fourth Century, Oxford 1963, 151–192, 158–166. – E. Dassmann, Wie viele Wege führen zur Wahrheit? Ambrosius und Symmachus im Streit um den Altar der Victoria: Th. Söding (Hrsg.), Ist der Glaube Feind der Freiheit? Die neue Debatte um den Monotheismus (QD 196), Freiburg i. Br. 2003, 132–141. – A. Dihle, Zum Streit um den Altar der Viktoria: Romanitas et Christianitas. FS J. H. Waszink, Amsterdam–London 1973, 91–97. – W. Evenepoel, Ambrose vs. Symmachus: Christians and Pagans in 384: Ancient Society 29 (1998/99) 283–306. – M. Fuhrmann, Rom in der Spätantike, Zürich 21995, 59–80. – W. Geerlings, Vom Prinzip Bewährung zum Prinzip Offenbarung. Die Umbildung der antiken Geschichtsphilosophie: ThPh 64 (1989) 87–95. – I. Gualandri, La risposta di Ambrogio a Simmaco: destinatari pagani e destinatari cristiani: Consolino (Hrsg.), Pagani e Cristiani (L), 241–256. – S. Mazzarino, Tolleranza e intolleranza: La polemica sull’ara della Vittoria: Ders., Antico, tardoantico ed er costantiniana I, Citt di Castello 1974, 339–461. – F. Paschoud, Le rôle du providentialisme dans le conflit de 384 sur l’autel de la Victorie: MH 40 (1983) 197–206. – K. Rosen, Fides contra dissimulationem. Ambrosius und Symmachus im Kampf um den Victoriaaltar: JAC 37 (1994) 29–36. – M. Sordi, L’atteggiamento di Ambrogio di fronte a Roma e al paganesimo: G. Lazzati (Hrsg.), Ambrosius Episcopus (SPMed 6), Mailand 1976, I 203–229. – Wytzes, Der letzte Kampf, 29–47, 98–132

1) Die 3. Relatio des Symmachus Nr. 114 1 Praetextatus hatte 384 vom Kaiser einen Erlass erwirkt, der die Beraubung öffentlicher Gebäude, d. h. auch der Tempel, unter Strafe stellte. Der für die Ausführung verantwortliche Stadtpräfekt Symm. wurde daraufhin als Christenverfolger beim Kaiser denunziert, der ihn öffentlich rügte. Vgl. Symm., rel. 21,2 f. 2 Anspielung auf die Haltung Konstantius’ II. anlässlich seines Besuchs in Rom 357, wo er gegenüber dem alten Kult Toleranz bewies u. seinen Respekt vor dem überkommenen Erbe u. dessen Verfechtern bekundete. Vgl. Amm. Marc. 16,10–11; Themist., or. 3. Ebenso vertraten Valentinian I. u. Valens aus polit. Erwägungen eine tolerante Einstellung gegenüber den verschiedenen Bekenntnissen im Reich. Vgl. Amm. Marc. 30,9,5; Thdt., h. e. 4,24,2 f.; 5,21,3 f.; cod. Theod. 9,16,9. 3 Das Schicksal dieses Altares, an dem seit alters die Senatssitzungen mit Opfern eröffnet wurden, war Spiegelbild der wechselnden Religionspolitik jener Jahrzehnte.

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29 v. Chr. ließ Augustus in der Curia Iulia, dem neuen Senatsgebäude, eine Statue der Victoria sowie einen ihr geweihten Altar errichten. Bei Konstantius’ Besuch in Rom (357) wurde der Altar entfernt, unter Julian wieder an seinen Platz gebracht, unter Gratian 382 abermals fortgeschafft, unter Eugenius zurückgebracht, nach Theodosius’ Sieg am Frigidus dann für immer entfernt. Im Unterschied zum Altar wurde die Statue der Victoria in der Kurie belassen, wo sie sich noch bei Theodosius’ Tod befand. Vgl. H. A. Pohlsander, Victory: The story of a statue: Hist. 18 (1969) 589–597. 4 Die Vorstellung, dass die höchste Gottheit die Welt nicht unmittelbar regiert, sondern ihre verschiedene Teile unter nationale Götter/Dämonen als deren Hüter verteilt hat, findet sich bereits bei Plat., politicus 271d-e; vgl. Orig., Cels. 5,25–32; Julian, Gal. frg. 21, 26, 28 (Nr. 509); Macr., sat. 3,9,1. 5 Symm. vertritt in religiösen Fragen einerseits einen erkenntnistheoretischen Skeptizismus (vgl. Nr. 501), andererseits – als dessen Konsequenz – das Prinzip Bewahrung aufgrund von Bewährung. Die traditionelle Religion ist beizubehalten, weil sich die Kausalverbindung von Götterverehrung u. Erfolg geschichtlich bewährt hat. 6 Im folgenden schildert Symm. die verheerenden Konsequenzen der Vernachlässigung der Religion (Nr. 216) u. formuliert sein Konzept religiöser Toleranz (Nr. 501).

2) Die Intervention des Ambrosius Nr. 115 1 Ambr. weist entschieden den Vorschlag des Symm, rel. 3,3 zurück, der Kaiser solle den heidn. Kult in Form des Victoria-Altars wenigstens tolerieren. Ambr. sah die Gefahr, dass solche Toleranz in der Öffentlichkeit als Zustimmung des Kaisers zur Idolatrie ausgelegt werden könne; vgl. ep. 18,22 (Nr. 116). Der persönlichen Glaubensüberzeugung des Kaisers müsse auch seine Amtsführung entsprechen. Vgl. Rosen, Fides. 2 Kaiser Gratian hatte 382 den verschiedenen Kulten u. Priesterschaften der Stadt Rom ihre Einkünfte, Grundstücke u. andere Privilegien entzogen. Die alte Religion war damit zur Privatsache erklärt. Vgl. cod. Theod. 16,10,20. Symm., rel. 3,11–19 hatte um Rückgabe der materiellen Vorrechte gebeten. Vgl. Wytzes, Der letzte Kampf, 177–197. 3 Bischof v. Rom 366–384. Er ließ 382 eine Gegenschrift christlicher Senatoren an Ambr. übermitteln. 4 Ambr. übertreibt die Mehrheitsverhältnisse im Senat zugunsten der Christen. Im folgenden Kapitel 11 begegnet er dem Einwand, die christl. Senatoren hätten doch, falls sie wirklich die Mehrheit besäßen, den Beschluss ihrer heidn. Kollegen verhindern können, mit dem fragwürdigen Hinweis, die heidn. Intoleranz habe dies verhindert.

Nr. 116 1 Gemeint ist Valentinians Stiefbruder Gratian. Vgl. Nr. 115 Anm. 2.

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IV. Die Gewinnung der „letzten Heiden“ 1) Zosimus Nr. 117 L: F. Paschoud, La fin du r gne de Th odose dans l’Histoire nouvelle de Zosime et la source pa enne d’Eunape: Ders., Cinq tudes sur Zosime, Paris 1975, 71–109. – Z. Petre, La pens e historique de Zosime: Studii Clasice 7 (1965) 263–272 1 Theodosius, röm. Kaiser 379–395, seit 392 Alleinherrscher, führte den Prozess der Ablösung des röm. Imperiums von der heidn. Religion zu Ende. 381 erfolgte ein erstes Opferverbot (cod. Theod. 16,10,7), 391 ein Verbot jeglichen heidn. Kultes (cod. Theod. 16,10,10). Der folgende Bericht von einer Romreise des Kaisers nach seinem Sieg über Eugenius u. einer Ansprache vor dem Senat (394/5) ist wahrscheinlich eine Konstruktion des heidn. Historikers Zosimus (2. Hälfte 5. Jh.), der Theodosius für einen Hauptverantwortlichen der Katastrophe des röm. Reiches hielt, die mit der Abwendung der christl. Kaiser seit Konstantin von der traditionellen Religion begonnen hatte. 2 Das Argument, die Kulthandlungen nützten nur dann dem Staat, wenn sie auch auf Staatskosten vollzogen würden, hatte bereits Symm. vorgebracht; vgl. Ambr., ep. 18,11 (Nr. 116). 3 Anspielung auf den Fall Roms 410.

2) Themistius Nr. 118 L: G. Dagron, L’empire romain d’Orient au IVe si cle et les traditions politiques de l’Hell nisme. Le t moignage de Th mistios: TMCB 3 (1968) 1–242, 163–186. – L. J. Daly, Themistius’ plea for religious tolerance: GRBS 12 (1971) 65–78. – G. Downey, Themistius and the defense of Hellenism in fourth century: HThR 50 (1957) 259–274. – R. Maisano, Il discorso di Temistio a Gioviano sulla tolleranza: Consolino (Hrsg.), Pagani e Cristiani (L), 35–51. – P. Thrams, Christianisierung des Römereiches und heidnischer Widerstand, Heidelberg 1992, 134–136 1 Am 1. Jan. 364 trat Kaiser Jovian (363/4) in Ankyra das Konsulat an. Der Philosoph u. Rhetor Themistius (ca. 317–388), der dem Vorgänger-Kaiser Julian nahegestanden hatte, trug anlässlich der Feier auf Wunsch Jovians diese Rede vor. Ihr Schwerpunkt besteht im Lob der toleranten Religionspolitik des Kaisers, der sich zwar zum Christentum bekannte, dem heidn. Kult gegenüber jedoch duldsam war. 2 Die Strömung der Meerenge Euripos zwischen Boötien u. Euböa änderte bekanntlich mehrmals täglich ihre Flussrichtung. 3 Der athen. Politiker Theramenes war wegen seiner häufigen Parteiwechsel bekannt. Er gehörte sowohl zur Gesandtschaft, die im peloponn. Krieg 405 v. Chr. Friedensverhandlungen mit Sparta führte, als auch zu den auf Druck der Spartaner eingesetzten Dreißig Tyrannen. 4 Der Hinweis auf verschiedene Kultstätten schließt heidn. u. christl. Riten ein.

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5 Andere Quellen sprechen nicht so explizit von einer Toleranzgesetzgebung Jovians, wie es hier Themistius formuliert. 6 Nach Hdt., 2,124,1 ließ Pharao Cheops die Tempel schließen u. alle Kultformen verbieten. Hdt. 3,27–29 berichtet ebenfalls, dass der Großkönig Kambyses (529/22), Sohn des Kyros, gewaltsam den ägypt. Apis-Kult verbot. 7 Vgl. die bekannte Formulierung bei Symm., rel. 3,10 (Nr. 501). 8 Heidn. Autoren dieser Zeit bezeichneten Hebräer u. Christen gemeinsam als Syrer. Themistius spielt wohl auf christl. Sekten an. 9 Ein ähnliches Plädoyer für die religiöse Toleranz hielt Themistius vor Kaiser Valens (Nr. 502).

3) Die Consultationes Zacchaei et Apollonii Nr. 119 L: M. A. Claussen, Pagan Rebellion and Christian Apologetics in Fourth-Century Rome: The Consultationes Zacchaei et Apollonii: JEH 46 (1995) 589–614. – P. Courcelle, Date, source et gen se des „Consultationes Zacchaei et Apollonii“: RHR 146 (1954) 174–193. – J. L. Feiertag, Les Consultationes Zacchaei et Apollonii. tude d’histoire et de sot riologie (Par. 30), Fribourg 1990 1 In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten christl. Lehren von der Menschwerdung Christi bis zur Auferstehung behandelt. Die Beantwortung der Einwände führt schließlich zur Konversion des Apollonius.

4) Rufin Nr. 120 L: F. Thelamon, Destruction du paganisme et construction du royaume de Dieu d’apr s Rufin et Augustin: CrSt 11 (1990) 523–544. – Dies., Pa ens et Chr tiens au IVe si cle. L’apport de l’ de Rufin d’Aquil e (EAug), Paris 1981 1 Flavius Eugenius, Christ, Lehrer der Grammatik u. Rhetorik in Rom, Freund des Symmachus. Der heidn. Heermeister Arbogast berief ihn als Kanzlei-Chef (magister scrinii) an den Hof Valentinians II. u. erhob ihn nach dessen Tod am 22. 8. 392 zum Kaiser. Theodosius I. verweigerte ihm die Anerkennung, so dass Eugenius sich in Italien mit den heidn. Senatoren unter Führung des Nicomachus Flavianus (Nr. 107) verbündete. Die Entscheidungsschlacht fand am Fluss Frigidus statt, wo Eugenius am 5./6. 9. 394 besiegt u. getötet wurde. Weitere christl. Quellen zu dieser Auseinandersetzung bei Wytzes, Der letzte Kampf, 338 f. 2 Vgl. Nr. 451. 3 Am 5. 9. 394 beging Flavianus Selbstmord.

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5) Prudentius Nr. 121 L: T. D. Barnes–R. W. Westall, The Conversion of the Roman Aristocrasy in Prudentius’ contra Symmachum: Phoenix 45 (1991) 50–61. – P. Bruggisser, Rarissimes pa ens. L’art du persiflage dans le Contre Symmaque de Prudence: Hist. 51 (2002) 238–253. – R. Cacitti, Subdita Christo servit Roma deo. Osservazioni sulla teologia politica di Prudenzio: Aevum 46 (1972) 402–435. – S. Döpp, Prudentius’ Gedicht gegen Symmachus. Anlaß und Struktur: JAC 23 (1980) 65–81. – Ders., Prudentius’ Contra Symmachum eine Einheit? VigChr 40 (1986) 66–82. – W. Evenepoel, Prudence et la conversion des aristocrats romains: Aug. 30 (1990) 31–43. – Ders., Prudentius: Ratio and fides: AnCl 50 (1981) 318–327. – A. Frasca, Alcuni nuovi elementi protrettici nel contra Symmachum di Prudenzio: NDid 23 (1973) 3–21. – C. Gnilka, Prudentius über die Statue der Victoria im Senat: FMSt 25 (1991) 1–44. – R. Klein, Das spätantike Romverständnis vor Augustinus: Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn 185 (1985) 97–142, 128–141. – Ders., Die Romidee bei Symmachus, Claudian und Prudentius: F.Paschoud (Hrsg.), Colloque genevois sur Synmmaque l’occasion du mille six centi me anniversaire du conflit de l’autel de la Victoire, Paris 1986, 119–138. – Ders., Symmachus, Darmstadt 1971, 140–160. – E. Rapisarda, Le due prefazioni e la natura protrettica del „Contra Symmachum“ di Prudenzio: Orph. 1 (1954) 1–13. – K. Thraede, Concordia romana in der Antwort des Prudentius auf die dritte Relatio des Symmachus: Tesserae. FS J. Engemann, (JAC.E 18), Münster 1991, 380–394 1 Beschreibung der Statue der Victoria, zu deren Füßen in der Senatskurie der umstrittene Altar stand. 2 Symm., rel. 3,9–10 hatte Roma persönlich auftreten lassen u. um Erhaltung der religiösen Tradition bitten lassen. In ihren Repliken bieten auch Ambr., ep. 18,7 u. Prud., c. Symm. 2,655–768 eine Prosopoie dieser Stadt. 3 Anspielung auf Theatermasken. 4 Roma wendet sich an die Söhne des Theodosius I., den weström. Kaiser Honorius (393–423) u. den oström. Kaiser Arkadius (383–408). Mit der endgültigen Christianisierung des Reiches unter Theodosius sah Prud. die röm. Geschichte an ihren Höhepunkt gelangt. 5 Wohl eine Anspielung auf die röm. Niederlage gegenüber den Goten bei Adrianopel 378. Vgl. J. Straub, Regeneratio Imperii, Darmstadt 1972, 195–219, 243–248. 6 Im zweiten pun. Krieg stand Hannibal 211 v. Chr. unmittelbar vor den Toren Roms. 390 v. Chr. besetzten die Gallier Rom mit Ausnahme des Kapitols. 7 Nur wenige Jahre später manifestierte sich mit der Einnahme Roms durch die Goten die Fragilität dieser apologet. Argumentation, die die polit. Theologie Roms unter christl. Vorzeichen beibehalten wollte. 8 Alarich begann am 18. 11. 401 die Invasion Italiens. 9 Der Überlieferung zufolge hatte eine schnatternde Gans den nächtlichen Überfall der Gallier auf das Kapitol verraten. 10 Stilicho, Vandale, erster Reichsfeldherr unter Theodosius, der ihm testamentarisch die Sorge für seinen Sohn Honorius übertrug; später auch Schwiegervater des Honorius u. leitender Staatsmann im Westen. Die Schlacht bei Pollentia (402) unweit

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von Mailand führte zum Abzug Alarichs aus Italien. Den am Osterfest unter dem christl. Feldherrn Stilicho errungenen Sieg wertete Prud. als Beweis, dass das Christentum sichtbare Erfolge verschafft. 11 Ähnlich die Beschreibung des Siegs Konstantins über Maxentius. Vgl. Nr. 245. 12 Honorius.

H) Geschichtstheologische Apologetik gegenüber neuen Angriffen nach dem Fall Roms (410) I. Augustinus L: H. Chadwick, Augustinus über Heiden und Christen: A. Dörfler-Dierken–W. Kinzig–M. Vinzent (Hrsg.), Christen und Nichtchristen in Spätantike, Neuzeit und Gegenwart, Mandelbachtal-Cambridge 2001, 81–102. – P. Courcelle, Propos antichr tiens rapport es par saint Augustin: RechAug 1 (1958) 149–186. – Th. Kobusch, Das Christentum als die Religion der Wahrheit. Überlegungen zu Augustins Begriff des Kultus: REAug 29 (1983) 97–128. – A. Mandouze, S. Augustin et la religion romaine: RechAug 1 (1958) 187–223. – G. Remy, Augustin et le paganisme. Dialogue et anath me: Christlicher Glaube und säkulares Denken. FS zum 50. Jahrestag der Wiedererrichtung der Theol. Fakultät Trier 1950–2000 (TThS 65), Trier 2000, 181–204. – A.Solignac, Le salut des pa ens d’apr s la pr dication d’Augustin: G. Madec (Hrsg.) Augustin pr dicateur (395–411), (EAug. S rie Antiquit 159), Paris 1998, 419–428. – I. Stoszko, L’Apolog tique de Saint Augustin, Straßburg 1932. – E. TeSelle, Augustine’s strategy as an Apologist (The Saint Augustine Lecture 1973), Villanova (Pa.) 1974. – J. Vanderspoel, The background to Augustine’s denial of religious plurality: H. A. Meynell (Hrsg.), Essays on Augustine, Univ. of Calgary Press 1990, 179–193

1) Werke über Religion, Glaube und Schrift Nr. 122 1 Vgl. Nr. 438. 2 Die um 408/9 verfasste Epistula 102 (sex quaestiones expositae contra paganos) bildet einen kleinen Traktat, in dem Aug. mehrere, Porph. zugeschriebene Fragen beantwortete, die dem Priester Deogratias von einem Heiden gestellt, dann aber an den Bischof v. Hippo weitergeleitet wurden. Wenn dieser bezweifelt, dass jene Fragen von Porph. stammen, dann manifestiert sich hier seine zwiespältige Haltung gegenüber demjenigen, den er einerseits als Christengegner ablehnte, andererseits als Neoplatoniker schätzte. Für die porphyrian. Authentizität der Fragen plädiert P. Courcelle, Les lettres grecques en occident, Paris 1948, 197. 3 Zum heidn. Einwand „Warum so spät?“ vgl. Nr. 254–257. 4 Vgl. Nr. 425.

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2) Briefe Nr. 123 L: H.-J. Horn, Discordia concors? Zu einem Briefwechsel des Augustinus mit Maximus von Madaura: Chartulae: FS W. Speyer (JAC.E 28), Münster 1998, 194–198. – P. Mastandrea, Massimo di Madauros (Agostino, Epistole 16 e 17), Padua 1985 1 Zum hier formulierten Henotheismus vgl. Nr. 507–511. Der Gedanke, dass die vielen gütigen Götter die Wirkkräfte (numina) einer einzigen, höchsten Gottheit seien, die unter vielen Namen angerufen wird, da ihr Name unbekannt sei, versucht die traditionelle Kultpraxis mit der theolog. Spekulation der Philosophie zu verbinden. 2 Sine prole: Wohl eine Anspielung auf die Gottessohnschaft Christi, die für Maximus im wörtlichen Sinne nicht akzeptabel ist. 3 Maximus geht von einer unumstößlichen Grundüberzeugung aus, die kein echtes Gespräch zulässt. Von Augustin wird erwartet, sich entweder der heidn. Position zu unterwerfen oder die christl. Religion ins pagane Pantheon einzuordnen. Das Christentum wäre dann nichts anderes als eine Sprache unter anderen im Umgang mit der allen Religionen gemeinsamen Gottheit. Vgl. Horn, Discordia concors?, 197.

Nr. 124 L: Horn, Discordia concors? (L 123). – Mastandrea, Massimo (L 123). 1 Aug. kann den Vergleich von Olymp u. Forum nicht nachvollziehen, da für ihn weder der Mythos eine wirklichkeitserschließende Kraft besitzt noch die Wahrnehmung der öffentlichen Kultstätten am Forum die Existenz von heilbringenden Göttern garantiert. 2 Aug. folgert die Absurdität der heidn. Religion aus ihrer Vorstellung, die beiden Marsfiguren auf dem Forum v. Madaura könnten durch einen apotropäischen Gestus einer menschlichen Statue in Schach gehalten werden. Mit diesem Gegenbeispiel ist zugleich die Anwesenheit ausschließlich heilbringender Götter auf dem Forum widerlegt u. die henotheist. Position unterminiert. 3 Maximus hatte in ep. 16,2 die Martyrerverehrung der Christen angegriffen, die in ihrem Kult verstorbene Menschen den alten Göttern vorzögen.

Nr. 125 L: M. Moreau, Le Dossier Marcellinus dans la Correspondance de saint Augustin (EAug), Paris 1973, 52–77 1 Aristoteles. 2 Arkesilaos, Vertreter der platon. Akademie, hatte die epoch , die Urteilsenthaltung zum Ideal des Weisen erklärt. 3 Der Stoiker Zenon. 4 Vgl. Augustins Antwortschreiben ep 137 (Nr. 369).

Nr. 127 L: P. Mastandrea, Il nell’Epistolario di Sant’Agostino (epist. 233–235): StPat 25 (1978) 523–540 1 Auf den mythischen Sänger Orpheus wurden zahlreiche Schriften zurückgeführt,

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in denen es u. a. um die Erlösung des Menschen aus den Banden der Körperlichkeit ging. Tages war ein Kulturheros der Etrusker, dessen Lehre ursprünglich Weissagungen enthielt, später durch Jenseitssaussagen erweitert wurde. In der Gestalt des Hermes Trismegistos war Thot, der ägypt. Gott der Schreiber, der Ordnung u. der Weisheit, mit dem griech. Götterboten u. Offenbarungsbringer Hermes verschmolzen. Als dessen Offenbarungen galten u. a. spekulativ-theolog. Schriften. Der in die Materie verstrickte Mensch kann durch Erkenntnis zu seinem göttlichen Selbst zurückfinden. 2 Wohl Anspielung auf die Memorabilien, in denen Xenophon (ca. 430–355) seinen alten Lehrer Sokrates verteidigte u. dessen Religiosität u. maßvollen Lebenswandel schilderte (mem. 1,3–4).

3) De civitate Dei Nr. 130 L: H. v. Campenhausen, Augustin und der Fall von Rom: Ders., Tradition und Leben. Kräfte der Kirchengeschichte, Tübingen 1960, 253–271. – W. H. C. Frend, Augustine’s reactions to the barbarian invasions of the West, 407–417. Some comparisons with his western contemporaries: P. Merino–J. M.Torrecilla (Hrsg.), Augustinus. Charisteria Augustiniana Iosepho Oroz Reta dicata, Madrid 1994, II 241–255. – G. Madec, Le De civitate Dei comme De vera religione: Ders., Petites tudes Augustiniennes (EAug. S rie Antiquit 142), Paris 1994, 189–213. – R. A. Markus, Saeculum: History and Society in the Theology of St Augustine, Cambridge 1988, 22–71. – G. O’Daly, Augustine’s City of God. A Readers Guide, Oxford 1999. – Ders., Civitate dei (De-): AL 1 (1986/94) 969–1010. – B. Studer, Zum Aufbau von Augustins De civitate Dei: B. Bruning u. a. (Hrsg.), Collectanea Augustiniana. M l. T. J. van Bavel (BEThL 92-B), Leuven 1990, II 937–951. – K. Thraede, Das antike Rom in Augustins De civitate Dei: JAC 20 (1977) 90–145. – O. Zwierlein, Der Fall Roms im Spiegel der Kirchenväter: ZPE 32 (1978) 45–80, 58–80 1 In ep. 138,20 hatte Aug. dem kaiserlichen Beamten u. Christen Marcellinus, der seit 410 im Auftrag des Honorius in Karthago weilte, die erbetene (ep. 136,3) vertiefte Behandlung der in ihrer Korrespondenz bereits angeschnittenen Frage nach dem Verhältnis von Christentum u. irdischem Staat versprochen.

II. Orosius Nr. 131 L: H.-W. Goetz, Die Geschichtstheologie des Orosius (Impulse der Forschung 32), Darmstadt 1980. – A. Lippold, Orosius: TRE 25 (1995) 421–423. – Ders., Orosius und seine Gegner: Hest asis. Studi di tarda antichit offerti a S. Calderone, Messina 1986, 163–182. – Ders., Orosius, christlicher Apologet und römischer Bürger: Ph. 113 (1969) 92–105. – F. Paschoud, La polemica provvidenzialistica di Orosio: La storiografia ecclesiastica nella tarda antichit . Atti del convegno tenuto in Erice (3–8 XII 1978), Messina 1980, 113–133. – S. Tanz, Orosius im Spannungsfeld zwischen Eusebius von Caesarea und Augustin: Klio 65 (1983) 337–346

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1 Die Gleichsetzung von pagani (Heiden) mit gentiles (Ungläubige) beginnt sich erst zur Zeit des Orosius herauszubilden u. ist erstmals 381 (cod. Theod. 16,7,1; vgl. 16,5,46: 409; 16,10,15: 395) bezeugt. An den Kreuzungspunkten der ländlichen Wege wurden auch die gleichnamigen Compitalia gefeiert, bäuerliche Winterfeste zu Ehren der Hausgötter (Laren). 2 Der Name ist anderweitig nicht bezeugt.

Zweiter Teil: Systematische Darstellung A) Formen und Methoden der Auseinandersetzung I. Grundorientierungen der Apologeten 1) Konfrontation L: I. Opelt, Die Polemik in der christlichen lateinischen Literatur von Tertullian bis Augustin (BKAW N.F. II/63), Heidelberg 1980, 11–28, 73–111, 177–190. – J.-M. Vermander, La pol mique des Apologistes latins contre les Dieux du Paganisme: RechAug 17 (1982) 3–128, 86–94

Nr. 132 L: R. Braun, Tertullien et la philosophie pa enne. Essai de mise au point: BAGB 4 s r. 1 (1971) 231–251 (= Ders., Approches de Tertullien [EAug. S rie Antiquit 134], Paris 1992, 21–42). – Lortz, Tertullian (L 34), II 184–191

2) Dialog 1 Vgl. Lakt., inst. 5,19,8–14 (Nr. 210).

3) Die Allianz mit der platonischen Philosophie L: M. Baltes, Was ist antiker Platonismus?: StPatr 24, Leuven 1993, 219–238. – P. F. Beatrice, Pensiero cristiano e Platonismo. Incontri e scontri nella tarda antichit : Ethos e cultura. Studi in onore di Ezio Riondato, Padua 1991, I 163–181. – C. J. De Vogel, Platonism and Christianity. A mere Antagonism or a profound common Ground?: VigChr 39 (1985) 1–62. – H. Dörrie, Die andere Theologie: ThPh 56 (1981) 1–46. – A. Louth, Christlicher Platonismus: TRE 26 (1996) 702–707. – G. Madec, Le des P res: Ders., Petites tudes Augustiniennes (EAug. S rie Antiquit 142), Paris 1994, 27–50. – E. P. Meijering, Wie platonisierten Christen? VigChr 28 (1974) 15–28. – W. Pannenberg, Theologie und Philosophie. Ihr Verhältnis im Licht ihrer gemeinsamen Geschichte, Göttingen 1996, 37–65. – J. H. Waszink, Bemerkungen zum Einfluß des Plato-

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nismus im frühen Christentum: C. Zintzen (Hrsg.), Der Mittelplatonismus (WdF 70), Darmstadt 1981, 413–448 (= Ders., Opuscula selecta, Leiden 1979, 352–385)

Nr. 135 L: Th. Fuhrer, Philosophie u. christliche Lehre im Widerstreit – Augustins Bemühen um eine Integration: ZAC 1 (1997) 291–301. – Dies., Platoniker (L 66). – W. Pannenberg, Christentum und Platonismus. Die kritische Platonrezeption Augustins in ihrer Bedeutung für das gegenwärtige christliche Denken: ZKG 96 (1985) 147–161 1 In seiner Frühschrift vera rel. 4,6 (Nr. 485) erklärte Aug. sogar, es bedürfe nur weniger Änderungen (paucis mutatis), damit die platon. Lehre mit dem Christentum identisch sei. 2 Anspielung auf den Topos der barbaros philosophia, derzufolge die Weisheit der „barbarischen“, dh. nicht-griech. Kulturvölker älter u. ursprünglicher war als die der Griechen. 3 Insofern die platon. Philosophie die „Elemente der Welt“ übersteigt, ist sie nach Augustins Auffassung von dem paulinischen Verdikt ausgenommen. Vgl. Fuhrer, Philosophie. 4 Schon in seiner Frühschrift vera rel. 16,30–17,34 hatte Aug. anhand der Dreiteilung der antiken Philosophie in Physik, Logik u. Ethik deren Erfüllung im Christentum aufgezeigt. Vgl. I. Bochet, Animae medicina. La lib ration de la triple convoitise selon le De vera religione: il mistero del male e la libert possibile: ripensare Agostino, Rom 1997, 143–176. Vgl. Nr. 495.

4) Die Weisheit der Heiden L: R. M. Grant, The Letter and the Spirit, London 1957, 1–30

Nr. 136 L: R. M. Price, Are there „Holy Pagans“ in Justin Martyr?: StPatr 31 (1997) 167–171 1 Heraklit (ca. 550–480) gab als erster griech. Philosoph der Logos-Theorie eine zentrale Stellung in seinem Denken. Der Logos war der Sinn des Weltganzen, ebenso das Gesetz, nach dem sich alles vollzieht, schließlich auch das Urfeuer, aus dem sich der Kosmos entwickelt. Die Stoiker entfalteten diese Idee in ihren monistischen Systemen. Nach heraklitisch-stoischer Auffassung ist die menschliche Vernunft nur ein Teil (metoch ) des ursprünglichen Logos. 2 Nach O. Skarsaune, The conversion of Justin Martyr: StTh 30 (1976) 53–73, 64 f., ist den aufgezählten Namen der Philosophen u. bibl. Gestalten gemeinsam, dass sie die Idolatrie bekämpften u. daher nach Justins Auffassung von Dämonen, Pseudo-Göttern u. ihren Anhängern verfolgt oder getötet wurden.

Nr. 137 L: L. W. Barnard, The Logos Theology of St. Justin Martyr: DR 89 (1971) 132–141. – J. Dani lou, Message vang lique et culture hell nistique, Tournai 1961, 42–49. – M. J. Edwards, Justin’s Logos and the Word of God: Journal of Early Christian Studies 3 (1995) 261–280. – R. Holte, Logos Spermatikos. Christianity and Ancient Philosophy ac-

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cording to St. Justin’s Apologies: StTh 12 (1958) 109–168. – Munier, L’Apologie (L 13), 104 f. – E. Osborn, Justin Martyr and the Logos Spermatikos: StMiss 42 (1993) 143–159. – R. M. Price, „Hellenization“ and Logos Doctrine in Justin Martyr: VigChr 42 (1988) 18–23. – B. Studer, Der soteriologische Ansatz zur Logos-Christologie Justins des Märtyrers: A. M. Ritter (Hrsg.), Kerygma und Logos. FS C. Andresen, Göttingen 1979, 435–448. – J. H. Waszink, Bemerkungen zu Justins Lehre vom Logos Spermatikos: Mullus. FS Th. Klauser (JAC.E 1), Münster 1964, 380–390 (= Ders., Opuscula selecta, Leiden 1979, 317–327) 1 Trotz mancher Analogien in stoischen, mittelplatonischen u. philonischen Spekulationen entfaltete Justin seine Lehre vom Logos spermatikos weitgehend eigenständig aus bibl. Gedankengut. Hatten die Stoiker das Bild vom Logos-Keim ursprünglich mit dem Gedanken einer organischen Entwicklung verknüpft, so musste Justin die dynamische Sicht durch eine statische ersetzen, um die Notwendigkeit der Offenbarung aus der rudimentär gebliebenen Erkenntnis begründen zu können (vgl. Nr. 466). Diese eigenständige Konzeption ermöglichte es, einerseits in der vorchristl. Menschheit ein Wirken von Teilkräften des Logos anzuerkennen, andererseits die unverkürzte Wirksamkeit des vor allem als „Wort“ verstandenen Logos der christl. Offenbarung vorzubehalten.

Nr. 138 L: Dani lou, Message (L 137), 50–67. – E. Molland, Clement of Alexandria on the origen of greek Philosophy: SO 15/16 (1936) 57–85, 64–72. – C. Saldanha, Divine Pedagogy. A Patristic view of Non Christian Religions, Rom 1984, 103–150. – F. Weißengruber, „Samenkörner der Wahrheit“ bei Clemens Alexandrinus: K. Amon u. a. (Hrsg.), Ecclesia peregrinans. FS J. Lenzenweger, Wien 1986, 5–15 1 Im folgenden Abschnitt stellt Clem. in Form einer Klimax verschiedene Hypothesen über den Ursprung der griech. Philosophie vor. Ohne sich für eine Antwort zu entscheiden, führt er doch alle Möglichkeiten letztlich auf Gott zurück. 2 Str. 1,34,4. 3 Synekph nesis kann entweder die Gleichzeitigkeit von griech. Philosophie u. bibl. Offenbarung oder deren inhaltliche Übereinstimmung bedeuten. 4 Agrapha, hrsg. A. Resch, Darmstadt 1967, Nr. 144. 5 Zur Plagiatsthese vgl. Nr. 273. 6 Das Zitat entstammt einem unbekannten Komiker; vgl. Comicorum Atticorum Fragmenta (Kock), III 483. 7 Gemeint ist die bibl. Offenbarungsbotschaft. 8 Vgl. Hebr 1,14.

Nr. 139 L: M. Girardi, Osservazioni sulle nozioni comuni in Origene con particolare riferimento al Contra Celsum: H. Crouzel–A. Quacquarelli (Hrsg.), Origeniana Secunda (QVetChr 15), Bari 1980, 279–292 1 Ähnlich Tert., apol 46,2 (Nr. 185). 2 Orig. rekurriert auf die stoische Lehre von den koinai ennoiai, natürlichen, spontan entstandenen Vorstellungen, die dem bewussten Denkakt des Einzelnen vorausliegen u. allen Menschen gemeinsam sind. Vgl. Borret, Orig ne, c.Celse I (SC 132), 84 Anm. 3.

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Nr. 140 L: N. Brox, „Non ulla gens non christiana“ (zu Tertullian, ad Nat. 1,8,9 f.): VigChr 27 (1973) 46–49. – C. Tibiletti, Nota sul presunto modernismo di Tertulliano (De testimonio animae): Aug. 33 (1993) 449–465. – J. H. Waszink, Osservazioni sul „De testimonio animae“ di Tertulliano: R. Cantalamessa–L. F. Pizzolato (Hrsg.), Paradoxos Politeia. Studi patristici in onore di G.Lazzati (SPMed 10), Mailand 1979, 178–184 1 Consiste in medio war die offizielle Formel bei Vorladung eines Zeugen. 2 D. h. die Nichtchristen.

Nr. 141 L: N. Brox, Anima naturaliter non christiana: ZkTh 91 (1969) 70–74 1 Die bekannte Formulierung o testimonium animae naturaliter christianae muss im Licht von test. an. 1,7; 2,6 (Nr. 140) verstanden werden. Der Beweiswert dieses Zeugnisses liegt gerade darin, dass die Seele nicht an sich schon christlich ist, sondern als heidnische, vom Christentum unvoreingenommene Seele so spricht, also eine unverdächtige Zeugin ist.

II. Formen christlicher Selbstdarstellung 1) Präsentation des Christentums mittels paganer Kategorien Nr. 144 L: J. P pin, Christianisme et mythologie. Jugements chr tiens sur les analogies du paganisme et du christianisme: Ders., De la philosophie ancienne la th ologie patristique, London 1986, 35–83 1 Herakles. 2 Tat. gebraucht hier ein argumentum ad hominem. In or. 21,4 weist er allerdings eine Vergleichbarkeit zwischen dem christl. Gottesbild u. den heidn. Göttern entschieden zurück.

Nr. 145 L: C. Riedweg, Mysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien (UALG 26), Berlin–New York 1987, 155–158 1 Clem. bedient sich metaphorisch der Mysterienterminologie, um das Bild der christl. Mysterien zu zeichnen, für die er den heidn. Leser gewinnen will. Christus wird als Hierophant dargestellt, durch den allein der Mensch zur Gottesschau gelangen kann. Diese tritt an die Stelle der Schau der ewigen, wahrhaft seienden Wesenheit des Phaedros-Mythos (vgl. Plat., Phaedr. 246e, 250b), den Clem. hier durchschimmern lässt. 2 Anspielung auf die Taufe.

2) Betonung der Gemeinsamkeiten Nr. 146 L: Fiedrowicz, Rezeption (L 1)

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3) Gebrauch der Rhetorik und Dialektik L: J. G. Cook, The protreptic power of early christian language: From John to Augustine: VigChr 48 (1994) 105–134. – W. Kinzig, Greek christian writers: S. E. Porter (Hrsg.), Handbook of Classical Rhetoric in the Hellenistic Period 330 B.C.–A.D. 400, Leiden–New York 1997, 633–670. – M. Rizzi, Ideologia e retorica negli exordia apologetici. Il problema dell’altro (II–III secolo) (SPMed 18), Mailand 1993

Nr. 147 L: V. Buchheit, Bildung im Dienst der Wahrheit (Min. Fel. Oct. 14): SO 68 (1993) 116–128. – Van der Nat, Voraussetzungen (L 74) 1 Zum vorangehenden Kontext vgl. Oct. 14,1–2 (Nr. 35). Die Ausführungen kritisieren die den Sophisten ähnelnde Art, wie der Heide Caecilius in seiner Rede sich der Dialektik u. Rhetorik bedient hatte, betonen zugleich aber die Nützlichkeit dieser Kenntnisse für den Christen in der intellektuellen Auseinandersetzung mit den Heiden.

Nr. 149 L: Van der Nat, Voraussetzungen (L 74) 1 Cicero. Infolge der stilist. Nachahmung seines literar. Vorbildes galt Lakt. bei den Humanisten als Cicero christianus. Vgl. schon Hier., ep. 58,10 (Nr. 73), 70,5 (Nr. 174). Zum Nutzen rhetorischer Fertigkeiten für die Verteidigung der Wahrheit vgl. Lakt., inst. 1,1,10 (Nr. 74).

Nr. 150 1 Abweichung von der sprachlichen Korrektheit bzgl. der Syntax. 2 Abweichnung von der sprachlichen Korrektheit bzgl. des Einzelwortes.

III. Das Bemühen um Argumente 1) Der Vorwurf eines Glaubens ohne Logos L: N. Brox, Der einfache Glaube u. die Theologie. Zur altkirchlichen Geschichte eines Dauerproblems: Kairos 14 (1972) 161–187. – P. Stockmeier, Glaube und Kultur. Studien zur Begegnung von Christentum und Antike, Düsseldorf 1983, 13–38

Nr. 151 L: R. Walzer, Galen on Jews and Christians, London 1949, 14, 45–48 1 In seinem Werk über den Puls kritisiert Galen die Studien eines Arztes namens Archigenes, dessen Ausführungen über die Eigenschaften des Pulses sich nicht auf sorgfältige u. gründliche Beweisführungen stützen.

Nr. 152 L: Walzer, Galen (L 151), 10f

Nr. 154 L: Perrone, Proposta (L 40), 240–249. – C. B. Amphoux, Mêdeis prositô pepaideume-

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nos, un cho de la devise de l’Acad mie de Platon chez Celse?: REG 105 (1992) 247– 252. – G. Schöllgen, De ultima plebe. Die soziale Niedrigkeit der Christen als Vorwurf ihrer Gegner: M. Hutter u. a. (Hrsg.), Haeresis. FS K. Hoheisel (JAC.E 34), Münster 2002, 159–171 1 Diese kurze Phänomenologie religiöser Fehlformen bezieht sich mit Ausnahme der Hekate auf die orientalischen Mysterienkulte. Die Mysterien der thrakisch-phrygischen Gottheit Sabazios, der in Griechenland mit Dionysos identifiziert wurde, trugen orgiastische Züge u. fanden besonders in der Unterschicht Anhänger. Die griech. Göttin Hekate galt als Beschützerin der Magier u. Zauberer. Ihre Erscheinungen waren von Dämonen u. schreckenerregenden Ereignissen begleitet. 2 In den von Celsus angeführten angeblichen Grundsätzen der Christen klingen zwar gewisse ntl. Schriftstellen an, jedoch ist der ihnen zugeschriebene Gegensatz von Glaube u. Vernunft im ursprünglichen Kontext nicht enthalten: „sondern glaube“, vgl. Mk 5,36; 9,23; „dein Glaube hat dich gerettet“, vgl. Mt 9,22; Mk 5,34; Lk 7,50; 8,48; „die Weisheit in dieser Welt …“, vgl. 1 Kor 1,18–21; 3,18 f. Dass es im alexandrin. Milieu, wo evtl. der Alêthês logos verfasst wurde, tatsächlich solche von Celsus angegriffenen fideistischen Tendenzen gab, bestätigt Clem. Alex., str. 1,43,1. 3 Nach Amphoux, Mêdeis, sind diese Worte eine ironische Nachbildung des Mottos, das sich am Eingang der Akademie zu Athen befand u. von der Tradition Platon selbst zugeschrieben wurde: age metr tos m deis eisit (Kein der Geometrie Unkundiger trete ein). Während das Motto der platon. Schule die Notwendigkeit von Bildung unterstrich, betone der den Christen zugeschriebene Grundsatz mangelnde Bildung als Zugangsvoraussetzung. 4 Der Vorwurf der sozialen Niedrigkeit, der den gesamten Alêthês logos durchzieht, entstammt der Polemik der von den Oberschichten dominierten traditionellen philosoph. Schulen gegen die Kyniker u. fand seinen Anhaltspunkt in den von bildungsfernen Schichten geprägten christl. Gemeinden. Insofern diese Kritik gerade zu der Zeit geäußert wurde, als die Christen eine eigene intellektuelle Elite herauszubilden u. die christl. Lehre als Philosophie darzustellen begannen, muss dieser Vorwurf als Antwort der heidn. Konkurrenz auf diese geistigen Emanzipationsversuche der Christen verstanden werden. Vgl. Schöllgen, De ultima plebe.

Nr. 155 1 Eus. dürfte hier, ähnlich wie p. e.1,3,1 u. d. e. 1,1,12 (Nr. 77) die Kritik des Porphyrius, Chr. frg. 1, 52, 73 referieren.

2) Die Vernünftigkeit des Glaubensaktes L: J. Bregman, Logismos and Pistis: R. C. Smith–J. Lounibos (Hrsg.), Pagan and Christian anxiety. A Response to E. R. Dodds, Laham 1984, 217–231, 228. – E. R. Dodds, Heiden und Christen in einem Zeitalter der Angst, Frankfurt a. M. 1985, 107. – R. B. Harris, Faith and Reason in the Early Neoplatonists: Dialoge & Alliance 1 (1987) 6–17. – D. Lührmann, Glaube: RAC 11 (1981) 48–122, 90 f. – J. P pin, Ferments d’irrationalisme dans la rationalit grecque: Ders., De la philosophie ancienne la th ologie patristique, London 1986, II 131–152

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Nr. 156 L: P.-Th. Camelot, Cl ment d’Alexandrie, Les stromates II (SC 38), 15–17. – J. Lössl, der Glaubensbegriff des Klemens von Alexandrien im Kontext der hellenistischen Philosophie: ThPh 77 (2002) 321–337. – D. Lührmann, Glaube: RAC 11 (1981) 88–91. – R. Mortley, Gnosis I: RAC 11 (1981) 512–515. – E. Osborn, Arguments for faith in Clement of Alexandria: VigChr 48 (1994) 1–24. – K. Prümm, Glaube und Erkenntnis im zweiten Buch der Stromata des Clemens von Alexandrien: Schol. 12 (1937) 17–57 1 Mit dem Terminus prolepsis (Antizipation/Vorverständnis) und synkatathesis (Zustimmung) greift Clem. auf epikureische u. stoische Erkenntnistheorie zurück; vgl. S. Lilla, Clement of Alexandria, Oxford 1971, 128–130. Prolepsis bedeutet, dass der Mensch von Anfang an gewisse Vorstellungen besitzt, die aller Reflexion vorausliegen u. ihm durch unmittelbare oder andere vorwissenschaftliche Erkenntniswege zukommen. In diesem philosoph. Begriff wurde anerkannt, dass ein großes Maß empfangenen u. hingenommenen Wissens existiert. Indem der Terminus im folgenden unvermerkt durch prohairesis (Wahl/Entscheidung) ersetzt wird, kann der Zusammenhang von Glaube u. praktischer Lebensgestaltung hervorgehoben werden. 2 Prümm, Glaube, 24 paraphrasiert: „Jede Handlung geht aus der freiwilligen Entscheidung für den Zweck hervor, die von einem geistigen Erfassen des Zweckes begleitet ist. Zugleich muss aber die gläubige Überzeugung vorhanden sein, dass der durch die Handlung erstrebte Zweck erreichbar sei. Somit ist der Glaube Ausgang jeder Handlung u. die Grundlage für jede gute Wahl. Was zeigt nun dieser Glaube des näheren? Es ist die Nützlichkeit der vorzunehmenden Handlung.“ 3 Mit der Definition des Glaubens bei dem Peripatetiker Theophrast (371–287), frg. 13 (Wimmer) deutet Clem. die Verankerung des Glaubens in der Autorität des offenbarenden Gottes an. 4 Im folgenden soll das Verhältnis des Glaubens zu den übrigen Erkenntnisweisen geklärt werden. 5 Mit dem Grundsatz der Unbeweisbarkeit der obersten Prinzipien folgt Clem. aristotelischer Überzeugung. Später zeigt er, dass diese Prinzipien in der hl. Schrift enthalten sind u. allein durch den Glauben erkannt werden. 6 Für den ionischen Naturphilosophen Anaxagoras (ca. 500–425) war der Geist (nous) nur eine kosmische Ordnungsmacht. Clem. deutet die Notwendigkeit der Offenbarung an, um die Erschaffung der Welt zu erkennen. 7 Der Sinn ist wohl: ein Gnadengeschenk, das das Immaterielle (Gott) als das Universale, als den Inbegriff u. Urgrund des Seins erweist. 8 Durch Vergleich mit anderen Weisen des Lernens zeigt Clem., dass die Vorwegnahme von Wahrheit Grundstruktur jeder Art von Erkenntnis ist. Überall muss sich der Schüler erst rezeptiv verhalten u. Vertrauen schenken. 9 Frg. 255 (Us.). Durch die Wiederholung der Sinneswahrnehmung entsteht nach Epikur die begriffliche prolepsis, das Vorverständnis als Vorbedingung aller Erkenntnis. 10 Mit der Behauptung, im Lernen schlage die prolepsis in katalepsis (Erfassen) um, geht Clem. über Epikur hinaus, bei dem ein Überschreiten der prolepsis nur zur Ebene des Meinens führt, wobei das aktive Vermögen einer höheren gedanklichen Erkenntnis, unabhängig von der Sinneswahrnehmung, bestritten ist.

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11 Das berühmte Wort autos epha des Philosophen (ca. 570/60–480) wurde von seinen Schülern als Autoritätsargument gebraucht. Vgl. Diog. Laert. 8,46; Orig., Cels. 4,9 (Nr. 164); Gr. Naz., or. 4,102 (Nr. 160); Thdt., affect. 1,55 f. (Nr. 161).

Nr. 157 L: Perrone, Proposta (L 40), 250–254. – van Winden, Notes (L 40), 207–213 1 Orig. verwendet den moral. Wahrheitsbeweis – die vom Glauben bewirkte Änderung des Lebens (vgl. Nr. 193) –, um die von Christus angewandte Methode, d. h. die Beschränkung auf die Glaubensforderung, zu rechtfertigen. 2 Dass sich das philosoph. Denken, das als solches am Ideal der apodeixis orientiert ist, einem vorrationalen Impuls verdankt, betont auch der Origenes-Schüler Gregor Thaumaturgos, pan. Or. 162–164. Das Argument wurde bereits von den zeitgenöss. Philosophen vertreten. Vgl. Lukian, Hermot. 15–21; Galen., de ord. libr. suor. 1; Arnob., nat. 2,10 (Nr. 158); Thdt., affect. 1,62–71 (Nr. 161). 3 Wie Cic., ac. 2,100–109 bezeugt, gehen die inzwischen zu Gemeinplätzen gewordenen Beispiele auf die Neuere Akademie, insbesondere Kleitomachus (Schulleiter 127/6–110) zurück. Der Skeptizismus der neueren Akademiker hatte anhand dieser Exempel aus dem täglichen Leben gegen den stoischen Dogmatismus nachgewiesen, dass menschliches Handeln häufig nur auf Wahrscheinlichkeit (pithanon), nicht auf Gewissheit beruhen könne. Origenes versuchte mit seiner Argumentation, den Rationalitätsanspruch der zeitgenössischen griech. Philosophie wieder an die menschliche Lebensrealität zurückzubinden.

Nr. 158 1 Möglicherweise ist Pascals berühmtes Argument der Wette (Pens es, 233 Br.) von dieser Stelle inspiriert worden. Vgl. A. Wlosok, Arnobius: HLL 5, 374 f.

Nr. 159 L: J.-N. Guinot, Foi et raison dans la d marche apolog tique d’Eus be et de Th odoret: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 383–402

Nr. 160 1 Den Eigentumsanspruch auf die griech. Literatur u. Sprache erhebt Julian, Gal. frg. 55 (Nr. 89). 2 Auch Julian, ep. 48 berief sich mit diesem Wort auf die Autorität seines Lehrers Maximus v. Ephesus. 3 Titel eines kurzen pythagoreischen Gedichtes aus dem 2. Jh. n. Chr.

Nr. 161 L: Guinot, Foi et raison (L 159) 1 Nach Thdt., h. e. 3,8 verwendete Julian das Sprichwort „Wir werden mit unseren eigenen Federn verwundet“ im Blick auf die Christen, „denn aus unseren Schriften entnehmen sie die Waffen, mit denen sie den Krieg gegen uns führen.“ 2 Vgl. E. Pfister, Die Autorität der göttlichen Offenbarung. Glauben und Wissen bei Platon: Würzburger Jahrbücher für Altertumswissenschaften 2 (1947) 176–188. 3 Theognis, 5./6. Jh. v. Chr., Lyriker. An r pistos kann sowohl „Glauben besitzend, gläubig“ als auch „Glauben erweckend, zuverlässig, treu“ bedeuten.

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4 Ca. 550–480, Vorsokratiker, den Menschen warf er u. a. Unverständnis für die Wahrheit vor. 5 Ca. 500–430, Vorsokratiker. 6 Ca. 515–ca. 445, Vorsokratiker. 7 Ca. 640–560, Politiker in Athen u. Dichter. 8 Ca. 450/45–ca. 365. 9 Ca. 430–ca. 355. 10 Ca. 505–450, Lyriker. 11 5. Jh. v. Chr. 12 Diese Definition findet sich nicht in den antiken Quellen, sondern dürfte eher christlichen Ursprungs sein. Vgl. Clem. Alex., str. 2,8,5 (Nr. 156). 13 Die Begriffe entstammen der Sprache der Mysterienkulte u. bezeichnen hier die Taufe. 14 Der Hierophant hatte das höchste Priestertum in den eleusin. Mysterien inne u. besaß u. a. die Funktion, die überlieferten Vorschriften u. Kultbräuche zu erklären u. zu lehren. 15 Ca. 518-ca. 444.

3) Die Begründung der Glaubensinhalte Nr. 162 1 Justin sieht diesen Beweis in der Erfüllung der Prophetien im Leben u. in der Gestalt Jesu. Vgl. 1 apol. 30–31 (Nr. 440).

Nr. 163 1 Indem Athenag. einen Schlüsselbegriff platonischer Erkenntnislehre (logismos) aufgreift, akzeptiert er den Begründungsanspruch, dem sich die zeitgenöss. Philosophie verpflichtet wusste.

Nr. 164 1 Die kulturelle Priorität der Barbarenvölker vor den Griechen war ein bekannter Topos. Vgl. K. Thraede, Erfinder I: RAC 5, 1241–1261. 2 Ähnlich schon Ps.-Plat., Epinom. 987e. 3 Vgl. Orig., Cels. 1,46 (Nr. 376). 4 Vgl. Orig., Cels. 3,33 (Nr. 376). 5 D. h. mit der dialektischen Methode Platons, wie sie Celsus (6,7) für sich beansprucht hatte.

Nr. 166 L: Guinot, Foi et raison (L 159). – Kinzig, Überlegungen (L), 164 f. – Fredouille, Apolog tique (1992) (L), 229 f. – Sirinelli–Des Places, Eus be, Pr p. v. (SC 206), 233–235 1 Eus. bietet einen dreigliedrigen Gattungskatalog zur Klassifizierung der christl. Literatur. Während hier nach den Adressaten der Werke (Katechumenen, Gegner, Christen) zwischen apodeixis (Beweisführung), antirr sis (Widerlegung) u. dialexis (Diskussion) unterschieden wird, orientiert sich der Gattungskatalog in Kap. 4 an der Zielsetzung (dogmatisch, exegetisch, polemisch) bzw. dem Gegenstand der Schriften. Wenn die Gattung der apologia hier unerwähnt bleibt, dann wohl deshalb, weil sie für Eus. zur Kategorie der elenchoi (Widerlegungen) gehört.

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2 Eus. verwendet die Begriffe elenchos u. antirr sis, ohne diese voneinander zu unterscheiden. Vgl. Kinzig, Überlegungen, 164 f. 3 Hypomnemata ex g tika/kata meros homiliai: exeget. Kommentare u. detailliertsystematische Darstellungen der Lehre.

4) Zitate paganer Autoritäten L: G. J. M. Bartelink, Homer: RAC 16 (1994) 116–148. – E. Heck, Vestrum est – poeta noster. Von der Geringschätzung Vergils zu seiner Aneigung in der frühchristlichen Apologetik: MH 47 (1990) 102–120. – W. Krause, Die Stellung der frühchristlichen Autoren zur heidnischen Literatur, Wien 1958. – G. Sfameni Gasparro, L’ermetismo nelle testimonianze dei Padri: StPatr 11 (1972) 58–64. – W. Speyer, Die literarische Fälschung im heidnischen und christlichen Altertum (HAW I/2) München 1971, 240–259. – N. Zeegers-Vander Vorst, Les citations des po tes grecs chez les apologistes chr tiens du IIe si cle (RTHP 4.Ser./47), Louvain 1972

Nr. 168 L: E. Benz, Der gekreuzigte Gerechte bei Plato, im Neuen Testament und in der Alten Kirche (AAWM.G 1950/12), Mainz 1950. – . Des Places, Un th me platonicien dans la tradition patristique: Le juste crucifi (Platon, R publique 361e4–362a2): StPatr 9 (1966) 30–40. – H. Hommel, Der gekreuzigte Gerechte. Platon und das Wort vom Kreuz: Ders., Sebasmata, Tübingen 1984, II 75–82. – V. Saxer, Le de Platon Th odoret: RSLR 19 (1963) 189–215

Nr. 170 1 Die Autorität der paganen Seherin Sibylle wurde schon im 3. Jh. v. Chr. von jüd. Autoren, später von den christl. Apologeten genutzt, um die ursprünglich heidn. Texte mit Hilfe von Interpolationen u. Bearbeitungen für propagandist. Zwecke zu verwenden. Zum Vorwurf christlicher Fälschung vgl. Lakt., inst. 4,15,26–28 (Nr. 172).

Nr. 171 1 Hermes Trismegistos. Vgl. Nr. 127 Anm. 1. 2 Die zuvor erwähnten Götter Saturn, Janus, Minerva, Juno, Apollon, Venus, Triptolemus u. Herkules. 3 M. Tullius Cicero, de natura deorum. Dem Werk entnahmen die christl. Autoren zahlreiche Argumente gegen die heidn. Religion u. für den Monotheismus. Vgl. I. Opelt, Ciceros Schrift De natura deorum bei den lateinischen Kirchenvätern: A&A 12 (1966) 141–155.

Nr. 172 L: V. Buchheit, Laktanz und seine Testimonia veritatis: Hermes 130 (2002) 306–315. – M.-L. Guillaumin, L’exploitation des Oracles Sibyllins par Lactance et par le Discours l’Assembl e des Saints: J. Fontaine–M. Perrin (Hrsg.), Lactance et son temps (ThH 48), Paris 1978, 185–200. – E. Heck, Lactanz und die Klassiker. Zu Theorie und Praxis der Verwendung heidnischer Literatur in christlicher Apologetik bei Lactanz: Ph. 132

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(1988) 160–179. – P. Monat, Lactance et la Bible ( tAug.), Paris 1982, I 52–54. – L. J. Swift, Arnobius and Lactantius. Two views of the Pagan Poets: TPAPA 96 (1965) 439–448. – M. Testard, picure et J sus-Christ. Observations sur une lecture chr tienne de Lucr ce par Lactance: REL 75 (1997) 200–218 1 Zu deren Orakeln vgl. Nr. 173. Das Werk des Lakt. bildet eine der wichtigsten Quellen für das Dossier der erhaltenen sibyllin. Orakel. 2 In aneignender Umdeutung verstand es Lakt., den röm. Dichter Lucrez (ca. 94–55) so zu zitieren, dass dessen ursprünglicher Lobpreis Epikurs im Kontext der Apologie den Triumph Christi verkündete u. die eigene Niederlage eingestand.

Nr. 173 L: J.-D. Gauger, Sibyllinische Weissagungen, Düsseldorf-Zürich 1998, 536. – T. D. Barnes, Constantine’s Speech to the Assembly of the Saints : Place and date of delivery: JThS 52 (2001) 26–36. – S. Benko, Virgil’s fourth Eclogue in Christian interpretation: ANRW II 31/1, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 646–705. – P. Courcelle, Les ex g ses chr tiennes de la quatri me clogue : REA 59 (1957) 294–319. – M. R. Cataudella, Costantino, Giuliano e l’Oratio ad Sanctorum coetum : Klio 83 (2001) 167–181. – D. de Decker, Le ‘Discours l’Assembl e des Saints’ attribu Constantin et l’ uvre de Lactance: J. Fontaine–M. Perrin (Hrsg.), Lactance et son temps (ThH 48), Paris 1978, 75–87. – Guillaumin, Exploitation (L 172). – A. Wlosok, Zwei Beispiele frühchristlicher Vergil-Rezeption: Polemik (Lakt., div. inst. 5,10) und Usurpation (Or. Const. 19–21): V. Pöschl (Hrsg.), 2000 Jahre Vergil. Ein Symposion (Wolfenbütteler Forschungen 24), Wiesbaden 1983, 63–86. – Übers. des Akrostichon in Anlehnung an Gauger (s. o.). 1 Die Oratio ad sanctorum coetum, im Anhang zu Eus., vita Constantini überliefert, ist eine Botschaft des christl. Alleinherrschers an die Bevölkerung insbesondere der gerade übernommenen östl. Reichshälfte u. wurde wahrscheinlich anlässlich der Synode v. Antiochien (325) in Form eines Synodalschreibens veröffentlicht. Es handelt sich um ein offizielles Dokument aus der Kanzlei des Kaisers, dessen Entwürfe dem ursprünglich lateinisch verfassten Text weitgehend zugrundeliegen dürften. Kapitel 11 bietet eine Einführung in die christl. Lehre, u. a. eine Verteidigung der Gottheit Christi gegen heidn. Einwände. Die Rede stellt somit eine Art Apologie dar u. ist deutlich von Gedanken des Lakt. inspiriert. Vgl. Guillaumin, Exploitation, 194–198; De Decker, Discours. 2 Das griech. Akrostichon lautet übersetzt: Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser, Kreuz. Vgl. Orac. Sibyll. 8,217–250. Auch Aug., civ. 18,23 erörtert u. zitiert es, jedoch ohne die letzte Stauros-Strophe. Zu Alter u. Verbreitung dieses Akrostichon vgl. F. J. Dölger, Ichthys. Das Fischsymbol in frühchristlicher Zeit, Münster 21928, I 52–68. 3 In den erhaltenen Werken Ciceros findet sich dieses Gedicht nicht. Eventuell ist div. 2,110–112 gemeint, wo von einem sibyllin. Orakel in Akrostichonform die Rede ist. 4 Vergils vierte Ecloge (40 v. Chr.) verknüpfte die Geburt eines Kindes mit dem Anbruch einer universalen Friedenszeit. Die christl. Interpretation ist erstmals in der Oratio Constantini bezeugt. Die in der Rede verhüllte messian. Weissagung wird in der folgenden Auslegung auf ihren christl. Gehalt hin enthüllt. Der Vergiltext, der der folgenden allegorischen Interpretation zugrundelag, war wohl an einigen Stellen schon tendenziös verändert. Durch die von Konstantins Sekretären angefertigte griech. Über-

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setzung der Rede kommt es an einzelnen Stellen zu Spannungen zwischen der ursprünglich latein. Auslegung u. der oft sehr freien, teils fehlerhaften griech. Version der Vergil-Verse. 5 Wohl eine Anspielung auf chiliast. Auffassungen, wie sie in dieser Zeit u. a. Lakt. vertrat: Christus werde vor dem endgültigen Weltgericht ein zweites Mal kommen u. ein tausendjähriges Friedensreich errichten.

Nr. 174 1 Der Adressat Flavius Magnus war offizieller Rhetor der Stadt Rom. Der 397/8 abgefasste Brief des Hier. dürfte jedoch letztlich auf seinen Gegner Rufin zielen, der ihm vorgeworfen hatte, allzu häufig profane Schriften zu zitieren. Vgl. Ruf., apol. adv. Hier. 2,6–9; Hier., adv. Ruf. 30. 2 Die Angaben stammen im wesentlichen aus Hier., de viris illustribus, das wiederum für die Autoren vor Anfang des 4. Jh. von der Kirchengeschichte u. Chronik des Eus. abhängig ist. 3 Die nur bei Hier. (vgl. vir. ill. 19) zu findende Identifizierung mit dem unter Marc Aurel lebenden gleichnamigen Bischof v. Athen (vgl. Eus., h. e. 4,23,3) dürfte wohl nicht zutreffen. 4 Protrepticus. 5 Das Werk ist nur fragmentarisch erhalten. Vgl. Eus., h. e. 6,24,3; P. Nautin, Orig ne. Sa vie et son uvre, Paris 1977, 293–302. 6 Ad nationes. 7 De fato vel contra mathematicos; vgl. Hier., vir. ill. 18. 8 Victorinus v. Pettau, dessen Bibelkommentare Hier., vir. ill. 74 zitiert. 9 Das Werk ist in seiner Authentizität umstritten. Vgl. E. Heck, Ps.-Cyprian Quod idola dii non sunt und Laktanz, Epitome divinarum institutionum: Panchaia. FS K. Thraede (JAC.E 22), Münster 1993, 148–155.

Nr. 175 L: Canivet, Histoire (L 104) 1 Der zweite Titel des Werkes „Erkenntnis der Wahrheit des Evangeliums aus der griechischen Philosophie“ (praef. 16) bezeugt, dass Thdt. die Griechen das Evangelium auf der Basis ihrer eigenen platon. Philosophie entdecken u. verstehen lassen wollte.

IV. Die moralischen Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis Nr. 176 L: Reemts, Vernunftgemäßer Glaube (L 40), 56–64

Nr. 177 1 Zum Adressaten vgl. Nr. 37.

Nr. 178 L: Canivet, Histoire (L 104), 114–120

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B) Christliche Lebenspraxis als apologetisches Argument I. Die Moralität der Christen 1) Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Immoralität L: T. Adamik, Flagitia Christianorum: WSt 114 (2001) 397–404. – M. Grant, Charges of „Immorality“ against various religious groups in Antiquity: R. van den Brock–M. J. Vermaseren (Hrsg.), Studies in Gnosticism and hellenistic Religions presented to G. Quispel, Leiden 1981, 161–170. – R. Freudenberger, Der Vorwurf ritueller Verbrechen gegen die Christen im 2. u. 3. Jh.: ThZ 23 (1967) 97–107. – A. Henrichs, Pagan Ritual and the alleged crimes of early Christians: Kyriakon. FS J. Quasten, Münster 1970, Bd. I 18–35. – A. McGowan, Eating people. Accusations of Cannibalism against Christians in the Second Century: JECS 2 (1994) 413–442. – A. Nagy, La forme originale de l’accusation d’anthropophagie contre les chr tiens: REAug 47 (2001) 223–249. – W. Speyer, Zu den Vorwürfen der Heiden gegen die Christen: JAC 6 (1963) 129–135 (= Ders., Frühes Christentum im antiken Strahlungsfeld, Tübingen 1989, 7–13). – W. Weismann, Kirche und Schauspiele. Das Schauspiel im Urteil der lateinischen Kirchenväter mit besonderer Berücksichtigung von Augustin (Cass. 27), Würzburg 1972, 72–83, 92–98, 165f

Nr. 181 1 Athenag. kündigt die Gliederung seiner Schrift an. Zum Atheismusvorwurf vgl. Nr. 205. Der Ausdruck „thyesteische Mahlzeiten“, Terminus für den rituellen Verzehr von Kinderfleisch, geht auf die Atriden-Sage zurück: Aus Rache für die Verführung seiner Frau durch seinen Bruder Thyest ließ Atreus dessen Kinder schlachten u. ihm zum Mahl vorsetzen. Der Vorwurf dürfte auf ein Missverständnis der eucharist. Einsetzungsworte zurückzuführen sein. Bereits den Juden wurde Kannibalismus nachgesagt; vgl. Fl. Jos., c. Apion. 2,91. „Ödipodeische Verbindungen“ spielen auf die Erzählung von Ödipus an, der dem Orakel v. Dephi gemäß die eigene Mutter heiratete. Der Vorwurf des Inzestes resultierte daraus, dass die Heiden die Selbstbezeichnung der Christen als Schwestern u. Brüder, deren Agapefeiern sowie den Ritus des hl. Kusses missverstanden. 2 Die beiden Söhne des Zeus waren Richter der Seelen in der Unterwelt; vgl. Plat., apol. 41a. 3 Athenag. zielt auf die Epikureer. Vgl. Cic., nat. deor. 1,44,123. 4 Gemeint ist: die Heiden, die den Christen Kannibalismus u. Mord vorwerfen, haben selber Gefallen an den brutalen Zirkusspielen.

Nr. 182 1 Pelops wurde von seinem Vater Tantalos, der die Allwissenheit der Götter prüfen wollte, zerschnitten, gekocht u. ihnen zum Mahl vorgesetzt. Kronos, der seinen Vater Uranos entmannt hatte, wurde von diesem verflucht, dass auch einer seiner Söhne ihn überwältigen werde. Aus Furcht davor verschlang er jedes von seiner Gattin Rhea geborene Kind. Zeus verschlang seine erste Gemahlin Metis, nachdem er durch ein Orakel erfahren hatte, sie werde ihm eine an Weisheit gleiche Tochter u. einen ihm überlegenen Sohn gebären.

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Nr. 184 L: F. Blanchetiere, Au c ur de la Cit : Le Chr tien philosophe selon l’ Diogn te 5–6: RevSR 63 (1989) 183–194. – H. E. Lona, An Diognet, Freiburg i. Br. 2001, 201–210. – E. Norelli, I cristiani „anima del mondo“. L’ nello studio dei rapporti tra cristianesimo e impero: E. Dal Covolo–R. Uglione (Hrsg.), Cristianesimo e istituzioni politiche. Da Augusto a Costantino, Rom 1995, 53–73. – R. Noormann, Himmelsbürger auf Erden. Anmerkungen zum Weltverhältnis und zum “Paulinismus“ des Auctor ad Diognetum: D. Wyrwa (Hrsg.), Die Weltlichkeit des Glaubens in der Alten Kirche. FS U. Wickert (BZNW 85), Berlin 1997, 199–229. – P.-H. Poirier, Les chr tiens et la garde du monde. A propos d’Ad Diogenetum VI: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 177–186. – M. Rizzi, La cittadinanza paradossale dei cristiani (Ad Diognetum 5–6). Le trasformazioni cristiane di un topos retorico: Annali di Scienze Religiose 1 (1996) 221–260. – K. Schneider, Die Stellung der Juden und Christen in der Welt nach dem Diognetbrief: JAC 42 (1999) 20–41. – C. Tibiletti, Azione cosmica dei cristiani in 6,7: Orph. N.S. 4 (1983) 32–41 1 Der Status-Bürger“ und „Fremdling“ konnte in der antiken Gesellschaft nicht ein u. demselben Subjekt zukommen. Die Christen verkörpern paradoxerweise beides, indem sie politisch wie wie echte Bürger integriert sind, gleichzeitig jedoch in der Gesellschaft Fremde wie Barbaren bleiben, die der polit. Autorität untergeordnet sind, ohne sie beeinflussen zu können. 2 Die Übersetzung folgt der Konjektur koit n (so erstmals Maran 1742) statt dem überlieferten koin n. Nach der ursprünglichen Lesart lautet die Übersetzung „Sie stellen einen gemeinsamen Tisch hin, aber keinen gemeinen.“ Es wäre ein Hinweis auf die christl. Weigerung, vom Götzenopferfleisch zu essen. 3 Im Hintergrund stehen platon. Anschauungen über die Seele. 4 Die Aussage spielt auf das bei den frühen Apologeten mehrfach erwähnte Motiv an, dass die Christen durch ihre Fürbitte den Untergang der Welt verhindern. Vgl. Just., 2 apol. 7,1 u. Nr. 230, 233.

Nr. 185 L: K. Thraede, Inzest in der frühen Apologetik Tertullians: M.Hutter u. a. (Hrsg.), Haeresis. FS K. Hoheisel (JAC.E 34), Münster 2002, 248–260 1 Zum nomen christianum vgl. Nr. 13 Anm. 10. 2 Die christl. Agapefeiern (vgl. 1 Kor 11,20–34) wurden von den Heiden als Variante der sittenlosen Gelage der Bacchusanhänger (vgl. Liv. 39,8–19) betrachtet. Vgl. Min. Fel., Oct. 9,5–7 (Nr. 186). 3 Der Kyklop Polyphem verschlang sechs Gefährten des Odysseus. Von den Sirenen wird hingegen solches nicht erzählt. 4 In Kap. 37 wurden die Christen als Staatsfeinde (hostes publici) bezeichnet. Jedoch hat auch das Wort factio (Organisation) stets einen negativen Sinn. Es bezeichnet eine verschwörerische, aufrührerische Vereinigung, die die öffentliche Ordnung bedroht. 5 Tert. greift die von Plin., ep. 10,96,7 u. Celsus (Orig., Cels. 1,1; 8,17) für die Christen gebrauchte Bezeichnung einer Körperschaft bzw. eines Vereines auf, um Befürchtungen zu zerstreuen, es handele sich um eine illegale Vereinigung (factio), die politische Ziele verfolge oder geheime Praktiken vollziehe. Das Christentum wird demgegenüber als eine religiöse Verbindung charakterisiert, wie sie in den Städten des röm. Reiches

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verbreitet waren. Der Apologet wählt also eine soziologische Kategorie, um Außenstehenden das Christentum verständlich zu machen. Vgl. Wilken, Die frühen Christen (L), 45–61. 6 Ähnlich Orig., Cels. 1,4 (Nr. 139).

Nr. 186 L: C. Bammel, Die erste lateinische Rede gegen die Christen: ZKG 104 (1993) 295–311. – Benko, Pagan Criticism (L), 1081–1089. – P. Frasinetti, L’orazione di Frontone contro i cristiani: GIF 2 (1949) 238–54. – P. Kraft, Fronto und Minucius Felix: Alvarium. FS C. Gnilka (JAC.E 33), Münster 2002, 219–225 1 Christen trugen bei den heidn. Feierlichkeiten nicht die Toga, zumal sie in der höheren Beamtenschaft kaum vertreten waren. 2 Zur Todesverachtung vgl. Nr. 197–203. 3 Der Vorwurf des Eselskultes wurde zunächst den Juden gemacht, wie Tac., hist. 5,3,1–4,1, einer judenfeindlichen Quelle folgend, berichtet. Später wurde dieser Vorwurf auf die Christen übertragen. Vgl. Tert., apol. 16,1–5; P. Guyot-R. Klein, Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgung, Darmstadt 1994, II 227–232. 4 Die Verleumdung beruht vermutlich entweder auf einer heidn. Interpretation des Fisches als Phallus-Symbol oder einem Missverständnis des knieenden Sündenbekenntnisses vor einem Priester. 5 Zum Vorwurf der Verehrung eines Gekreuzigten bzw. des Kreuzes vgl. Nr. 391, 399, 401–402. 6 Vgl. Tert., apol. 7,1 (Nr. 185). 7 Die Antonomasie bezeichnet den nordafrikan. Rhetor Fronto v. Cirta, der auch Erzieher der kaiserlichen Prinzen Lucius Verus u. Marc Aurel war. Es wird die These vertreten, er habe in einer offiziellen Rede (evtl. vor dem röm. Senat ca. 162/4) die staatlichen Repressionen der neuen Religion angekündigt oder sogar gefordert u. dies mit den von Christen verübten Gräueltaten (Oct. 9,5–7) begründet; vgl. Speyer, Vorwürfe; Freudenberger, Vorwurf; Henrichs, Pagan Ritual. Nach einer weitergehenden Hypothese bildete diese Rede sogar die Vorlage für die dem Heiden Caecilius zugeschriebene Kritik des Christentums (Oct. 8–13); vgl. Frassinetti, Orazione; Bammel, Rede. Nach Kraft, Fronto, 220 wird der Rhetor hier u. in Oct. 31,2 jedoch nicht als Quelle der heidn. Verleumdungen zitiert, „sondern als die einzige namentliche Zeugenaussage in einem Meer anonymer Gerüchte u. Verdächtigungen …, um die christenfeindliche fama im Nachhinein zu erhärten.“ 8 Vgl. Oct. 9,5 (Nr. 186). 9 Anspielung auf den Baal Hammon, dem die Karthager Kinderopfer darbrachten. 10 Nach griech. Sage ein ägypt. König, der Fremde dem Osiris geopfert haben u. von Herakles erschlagen worden sei. 11 Livius 22,57,6 berichtet, dass 216 v. Chr. nach einem Vestalinnenfrevel diese Opfer zur Sühne vollzogen wurden. Allerdings werden diese Opfer als außergewöhnlich bezeichnet. 12 Vgl. Tatian (Nr. 26 Anm. 20).

Nr. 188 1 Zur Antithese Vermutung – Gewissheit vgl. Nr. 469–473. In den vorliegenden Kontext gehört auch inst. 4,3,1–2 (Nr. 524).

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2 Mars u. Bellona waren Gottheiten des Krieges. Zu Ehren der Göttin Bellona ließen die Priester vor der Weissagung ihr eigenes Blut fließen. 3 Saturn wird hier mit Kronos identifiziert, vgl. Nr. 182 Anm. 1. 4 Venus. 5 Ebenso argumentiert Greg. Naz., or. 4,115.120 (Nr. 91). 6 So schon Sen., ep. 95,50: Satis illos (sc. deos) coluit, quisquis imitatus est.

Nr. 189 1 Julian verspottet in diesem Text verschiedene röm. Kaiser u. schildert, wie am Ende eines Banketts sich jeder Herrscher zu dem Gott begeben soll, der ihm am besten entspricht. Konstantin findet niemanden außer Christus. Im Hintergrund der hier geäußerten Kritik an der christl. Taufe steht die autobiographische Reminiszenz Julians an die Ermordung seines Vaters u. Halbbruders durch den Christen Konstantius II. Zur heidn. Kritik an der Sündenvergebung vgl. Aug., en. Ps. 101,s.1,10; s. 20,4; Porph., Chr. frg. 88 (= Mac. Magn., apocr. 4,19).

Nr. 190 1 In frg. 58 (Nr. 89) waren die Christen Krämern, Zöllnern u. Zuhältern gleichgestellt worden.

2) Der moralische Wahrheitsbeweis zugunsten des Christentums L: M. Fermi, La morale degli apologisti: RicRel 2 (1926) 218–235. – U. Kühneweg, Die griechischen Apologeten und die christliche Ethik: VigChr 42 (1988) 112–120. – S. Raponi, Comportamento morale e verit cristiana negli apologisti del II secolo: StMor 18 (1980) 223–243; 19 (1981) 19–48. – P. Stockmeier, Glaube und Kultur, Studien zur Begegnung von Christentum und Antike, Düsseldorf 1983, 113–119. – J. Whittaker, Christianity and Morality in the Roman Empire: VigChr 33 (1979) 209–225, 217–221

Nr. 193 1 Linus, Musaius, Orpheus: in Mythen erwähnte Dichter. Pherekydes v. Athen, Historiker, 5. Jh. v. Chr. oder Pherekydes v. Syros (vgl. Nr. 374 Anm. 3). 2 Aus einem Vergleich heidnischer u. biblischer Autoren glaubte Julian, Gal. frg. 55 (Nr. 89) das umgekehrte Resultat entnehmen zu können. 3 Celsus hatte in seinem Alêthês logos einen Juden zur Sprache kommen lassen, der die Messianität Jesu in Frage zu stellen u. ihn als bloßen Menschen zu erweisen suchte. 4 Die Heroen, halbgöttlich zwischen Göttern u. Menschen stehend, waren zwar sterblich, konnten jedoch nach dem Tod aufgrund ihrer Verdienste vergöttlicht werden. Herakles erhielt diese Ehre aufgrund seiner zwölf Werke, Asklepios aufgrund seiner Tätigkeit als Heiler. Auch der sonst als Gott betrachtete Dionysos wird hier zu den Heroen gerechnet.

Nr. 194 1 Zur Antithese Theorie – Praxis vgl. Nr. 474–479. 2 Perilaos war der Künstler, der für den Tyrannen Phalaris v. Akragas den berüchtigten ehernen Stier anfertigte, in dem dieser seine Feinde lebendig verbrannte.

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Nr. 195 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 117–121 1 Aug. hält dem Esoterismus mancher Philosophenschulen u. Mysterienreligionen, deren Lehren u. Kultfeiern nur wenigen Initiierten zugänglich waren, den öffentlichen Charakter des Christentums entgegen. 2 Fugalia wurden im Februar zur Erinnerung an die Vertreibung der Könige aus Rom gefeiert. 3 Das Bild vom Umlenken der Zielsäule beim Wagenrennen im Zirkus ist auf das Streben nach sittlicher Vollkommenheit übertragen. 4 Vgl. Aug., conf. 1,16,26; ep. 91,4 (Nr. 326).

3) Die Martyriumsbereitschaft als Glaubwürdigkeitskriterium L: Th. Baumeister, Das Martyrium als Thema frühchristlicher apologetischer Literatur: M. Lamberights–P. van Deun (Hrsg.), Martyrium in multidisciplinary perspective. Memorial L.Reckmans (BEThL 117), Leuven 1995, 323–332. – M. Pellegrino, Semen est sanguis Christianorum: Ders., Ricerche Patristiche, Turin 1982, I 453–524

Nr. 197 1 Gemeint ist das Bekenntnis zum christl. Glauben im Fall der Verhaftung u. des Verhörs.

Nr. 200 1 Cic. Tusc. 1; Sen., de remediis fortuitorum ist nur fragmentarisch erhalten; Diog., peri thanatou ist verloren; von dem Skeptiker Pyrrho u. dem Rhetoren Kallinikos ist nichts überliefert.

Nr. 201 1 Mucius Sc. wollte Rom durch Ermordung des Etruskerkönigs Porsenna von der Belagerung befreien, tötete aber irrtümlich dessen Schreiber. Angesichts der drohenden Folter bekundete er seine Standhaftigkeit durch Verbrennung seiner linken Hand (Scaevola = Linkshand). Vgl. Liv. 2,12. Vgl. M. L. Carlson, Pagan examples of fortitude in the Latin christian apologistes: Classical Philology 43 (1948) 92–104. 2 Manius Aquilius, Consul 101 v. Chr., wurde i. J. 88 von König Mithridates, den er zum Krieg provoziert hatte, gefangengenommen u. getötet, indem dieser ihm geschmolzenes Gold in den Mund gießen ließ. Regulus, im 1. pun. Krieg 255 v. Chr. von den Karthagern gefangengengenommen u. zu Verhandlungen nach Rom zurückgesandt, riet dem Senat von der Annahme des Angebotes ab. Seinem Versprechen getreu kehrte er nach Karthago zurück, wo er grausam gefoltert wurde. 3 Mit dem Hinweis auf Gottes Beistand wird der Vorwurf des Heiden Caecilius (Oct. 12,4) widerlegt, Gott stehe den Christen in der Verfolgung offensichtlich nicht bei.

Nr. 202 1 Vgl. Orig., Cels. 2,56 (Nr. 404).

Nr. 203 1 Lakt., inst. 5,19,11.20–24; 20,7 (Nr. 210) betont, dass religiöse Akte aus freiem Willen vollzogen werden müssen.

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2 Vgl. Min. Fel., Oct. 37,3.5 (Nr. 201). 3 Lakt. zeichnet das Porträt des stoischen Weisen. Vgl. SVF III,150–153. 4 Zum Eindruck der christl. Martyrien auf die Heiden vgl., Lakt., inst. 5,22,19–22 (Nr. 222).

II. Die Religiosität der Christen 1) Auseinandersetzung mit dem Atheismusvorwurf L: N. Brox, Zum Vorwurf des Atheismus gegen die alte Kirche: TThZ 75 (1966) 274–282. – E. Ferguson, Spiritual Sacrifice in Early Christianity and its Environment: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 1152–1189. – D. W. Palmer, Atheism, apologetic and negative theology in the greek apologists of the second century: VigChr 37 (1983) 234–259. – M. H. Shepherd, The early Apologists on christian Worship: JR 18 (1938) 60–79. – J. J. Walsh, On christian atheism: VigChr 45 (1991) 255–277

Nr. 204 L: M. F dou, La figure de Socrate selon Justin: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 51–66 1 Sokrates ist aufgrund der Teilhabe am Logos schon vor der Inkarnation Christi ein Christ gewesen; vgl. Just., 1 apol. 46,3 (Nr. 136) u. 2 apol. 10,8 (Nr. 137). Zum Vorwurf der Einführung neuer Gottheiten vgl. Plat., apol. 24b; Xen., mem. 1,1. 2 Die Bedürfnislosigkeit Gottes ist ein Topos der biblischen (vgl. Apg 17,25) u. christl. Literatur, wird aber auch von paganen Autoren erwähnt; vgl. Eurip., Herakl. 1345.

Nr. 205 1 Diagoras v. Melos, im 5. Jh. Schüler des Sophisten Protagoras in Athen, galt als sprichwörtlicher Gottesleugner u. Verfasser einer verlorenen atheistischen Schrift. Wohl wegen der Verspottung der Mysterien v. Eleusis musste er nach einem Asebieprozess 415 Athen verlassen. Die Kabiren waren Göttergestalten, deren Kult auf der Insel Samothrake sein Zentrum besaß u. sich von dort ausbreitete. 2 Das frg. 900 (Nauck) ist nur bei Athenag. überliefert; vgl. aber Phoen. 86 f. 3 Das frg. 941 (Nauck) wurde häufig von Heiden u. Christen zitiert. Vgl. N. ZeegersVander Vorst, Les citations des po tes grecs chez les apologistes chr tiens du IIe si cle (RTHP 4.Ser./47), Louvain 1972, 333. 4 Doxographische Sammlungen, die die Einzigkeit Gottes bezeugten. Die folgenden Platon-Zitate entstammten solchen Handbüchern. 5 Zu den folgenden Göttergestalten vgl. Pouderon, Ath nagore (SC 379), Appendice I, 319–323.

Nr. 206 1 Tert. argumentiert hypothetisch mit der Position des Henotheismus. Vgl. Nr. 507– 511. 2 Eine spöttische Bemerkung der Heiden über die Juden; vgl. Iuv., sat. 14,96. Tert. antwortet ebenso spöttisch, die Heiden zählten die Deckentäfelung ihrer Tempel. 3 Zu den folgenden Göttern vgl. Waltzing, Tert., Apolog tique, 184 f.

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Nr. 207 L: R. B langer, Le plaidoyer de Tertullien pour la libert religieuse: SR 14 (1985) 281–291

Nr. 208 1 Der Heide Caecilius vertritt die stoische Lehre von einem natürlichen Gottesbewusstsein aller Menschen. Vgl. Cic., nat deor. 1,44; M. Pohlenz, Die Stoa I, Göttingen 51978, 94 f. 2 Da die salus rei publicae vom Wohlwollen der Götter abhing, war deren Kult staatspolitisch unabdingbar. Vgl. G. Lieberg, Die röm. Religion bei Minucius Felix: RMP 106 (1963) 62–79. 3 Theodor v. Kyrene, ca. 340–250, galt als radikalster Gottesleugner. Zu Diagoras v. Melos vgl. Athenag., leg, 4,1 (Nr. 205). 4 Sophist, ca. 485–415, vertrat in seiner Schrift „Über die Götter“ eine agnostizistische Position: weder über Existenz noch Nichtexistenz der Götter könne er etwas wissen; vgl. Diels-Kranz, 80 B 4; A 12. Die von Diog. Laert. 9,54 berichtete Verbannung aus Athen wegen Asebie ist historisch nicht gesichert.

Nr. 210 1 Lakt. bedient sich der These des heidn. Götterkritikers Euhemerus (vgl. Nr. 310 Anm. 1 u. Nr. 327), demzufolge die Götter ursprünglich mächtige Menschen waren, die später aufgrund ihrer Taten, tragischen Schicksale oder heroischen Todesart vergöttlicht wurden. 2 Die Arkandisziplin der Mysterien wird als Täuschungsmanoever für die Volksmasse interpretiert. 3 Möglicherweise eine Anspielung auf die eigene heidn. Vergangenheit des Autors. Vgl. epit. 43,3: „Wir, die wir aus den Heiden stammen …“

Nr. 211 1 Lakt. setzt die Götter mit den Götterbildern gleich.

2) Die Christen als Ursache aller Katastrophen L: E. Heck, M THEOMAXEIN, oder: Die Bestrafung des Gottesverächters (Studien zur klassischen Philologie 24), Frankfurt a. M. 1987, 22–101. – F. Paschoud, Le rôle du providentialisme dans le conflit de 384 sur l’autel de la Victorie: MH 40 (1983) 197– 206. – W. Speyer, Religiös-sittliches und frevelhaftes Verhalten in seiner Auswirkung auf die Naturgewalten: JAC 22 (1979) 30–39

Nr. 212 L: F. J. Dölger, „Wenn der Tiber in die Stadtmauern steigt …, dann heißt es: Die Christen vor den Löwen“. Zu Tertullians Apologeticum 40,2: AuC 6, 1950, 157–159. – Heck, Gottesverächter, 72–82 1 Zur pejorativen Bedeutung von factio vgl. Tert., apol. 38,1 (Nr. 185).

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Nr. 213 L: Heck, Gottesverächter, 159–162 1 Neben dem Krieg gegen die Sassaniden am Euphrat u. die Germanen an der Donau sowie der ökonomischen Krise, verbunden mit Pest u. Hungersnot, bedeutete insbesondere der Tod des Kaisers Decius (251) im Kampf gegen die Goten eine tiefgreifende Erschütterung der Menschen. Vgl. Nr. 221. 2 Vgl. R. Häussler, Vom Ursprung u. Wandel des Lebensaltervergleichs: Hermes 92 (1964) 313–341. 3 Vgl. die atl. Altersangaben; nach Gen 9,29 wurde Noah 950 Jahre alt.

Nr. 214 1 Wahrscheinlich ist Rom gemeint.

Nr. 215 1 Vor Beginn der Christenverfolgung hatte Diokletian das Apollon-Orakel von Didyma befragt. Vgl. Lakt., mort. 11,7; Eus., v.C. 2,50 (Nr. 450). 2 Nach alter Vorstellung waren die Götter in mythischer Zeit auf die Erde herabgestiegen, jedoch durch die Verbrechen der Menschen vertrieben worden. Vgl. Catull 64,384 ff.; Ovid, fast. 1,247–250; met. 1,149 f. Indem Arnob. mit dem Wort „einst“ auf die mythische Vorzeit verweist, macht er den Vorwurf lächerlich, die Christen seien hierfür verantwortlich. 3 Dies wird ein Jahrhundert später Orosius (Nr. 131) tun.

Nr. 216 1 Kaiser Gratian hatte 382 den Vestalinnen u. anderen Priesterschaften Roms Einkünfte, Grundstücke u. weitere Privilegien entzogen. Damit war die traditionelle Staatsreligion zur Privatsache gemacht worden. Die Geldwechsler waren mit der Versteigerung der Tempelgüter beauftragt. 2 Im Jahr 383 wurde der gesamte Mittelmeerraum von einer schweren Missernte u. anschließenden Hungersnot getroffen. Symm. verschweigt im Interesse seiner Argumentation den weitaus besseren Ernteertrag der nördlichen Provinzen, auf den Ambrosius (Nr. 217) in seiner Replik verweisen wird. Ein Kausalzusammenhang zwischen Missernte u. Religionsfrevel ist für Symm. insofern plausibel, als die heidn. Kulte u. ihre Diener vom Staat hauptsächlich Getreidezuweisungen (annonae) erhielten. 3 Diese Bäume galten als heilig, da sich das Orakel von Dodona, im Nordwesten Griechenlands, aus ihrem Rauschen vernehmen ließ. Das Beispiel will drastisch die Hungersnot beschreiben.

Nr. 218 1 Pluvia defit, causa Christiani sunt. Vgl. Aug., en. Ps. 80,1; Tert., apol. 40,1 (Nr. 212); Cypr., Demetr. 3.

3) Das Schicksal des Gottesverächters L: E. Heck, M THEOMAXEIN, oder: Die Bestrafung des Gottesverächters (Studien zur klassischen Philologie 24), Frankfurt a. M. 1987. – E. Zocca, Autoproclamazione di giustizia e sofferenza nell’apologetica prenicena: Parola Spirito e vita 34 (1996) 259– 273

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Nr. 219 L: Heck, Gottesverächter, 102–147 1 Die Sonnenfinsternis von Utica, Außenstelle des Gouverneursgerichts von Karthago, ereignete sich am 14. August 212. 2 Vigellius Saturninus amtierte 180/1 u. führte den Prozess gegen die Martyrer von Scili. 3 L. Claudius Hieronymianus amtierte vermutlich an der Wende 2./3. Jh. Mit der Schilderung seiner Krankheit übertrug Tert. das Modell der Erkrankung des Antiochus Epiphanes (1 Makk 6,8–16; 2 Makk 9,5–29) auf ihn. 4 Der christenfreundliche Kaiser Septimius Severus eroberte mit seinen Truppen 195/6 Byzanz, wohin sich der Gegenkaiser Pescennius Niger zurückgezogen hatte. Zu dessen Gefolge dürfte Caecilius Capilla gehört haben, der die Niederlage den Christen zuschrieb. 5 Zur Textgestaltung u. Übersetzung von 5 vgl. Heck, Gottesverächter, 120–124.

Nr. 221 L: Heck, Gottesverächter, 166–185 1 Gegenüber den heidn. Adressaten betont Cypr. das sofortige Eintreten der göttlichen Vergeltung, während er diese in seiner Schrift De bono patientiae, die sich an Christen richtet, dem Endgericht vorbehält. 2 Gemeint ist die Niederlage u. der Tod des Kaisers Decius 251 in der Schlacht gegen die Goten bei Abrittus in den Donauprovinzen. Decius galt als Christenverfolger, insofern sein reichsweites Opferedikt (250) primär die Christen betraf, die sich der supplicatio widersetzten. Zur Auseinandersetzung mit Gallicet, Cypr. Demetr. 55–62, der an einen Berbereinfall in Numidien 253 denkt, vgl. Heck, Gottesverächter, 174–180.

Nr. 222 L: Heck, Gottesverächter, 192–207 1 Lakt. übernimmt in freier Formulierung einige Themen aus dem Werk De providentia. Vgl. Monat, Lact., Inst. (SC 205**), 167 f. 2 Zu diesem verbreiteten Argument vgl. Nr. 198, 200, 203. 3 Gemeint ist in erster Linie Galerius, daneben auch Maximianus u. Nachgeordnete. Vgl. Heck, Gottesverächter, 207. 4 Lakt. musste Cyprians Behauptung einer sofortigen Vergeltung Gottes (Nr. 221) korrigierend einschränken, da zur Abfassungszeit der Inst. die Christenverfolgung schon zwei Jahre andauerte.

Nr. 223 L: Heck, Gottesverächter, 217–224 1 Der Bekenner Donatus wurde in der diokletian. Verfolgung neunmal der Folter unterworfen; vgl. mort. 16. Nach sechsjähriger Kerkerhaft erhielt er anlässlich des Toleranzedikts des Galerius 311 die Freiheit; vgl. mort. 35,2. 2 Konstantin u. Licinius. 3 Maxentius u. Maximinus Daia. 4 Die Rachedrohung von inst. 5,23,1–5 (Nr. 222) wird hier als erfüllt proklamiert. Das Problem der Verzögerung der göttlichen Vergeltung hatte schon die vorchristl. Antike

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beschäftigt. Vgl. Solon, frg. 12,25–32 (Hiller); Eurip., Ion 1614 f.; Or. 420; Bacch. 882 ff.; frg. 223, 797; Plat., nom. 899d, 905b; Theodektes, frg. 8 (Nauck); Philon, prov.; Plut., de sera numinis vindicta.

Nr. 224 L: Th. Büttner-Wobst, Der Tod Kaiser Julians. Eine Quellenstudie: R. Klein (Hrsg.), Julian Apostata (WdF 509), Darmstadt 1978, 24–47. – I. Hahn, Der ideologische Kampf um den Tod Julians des Abtrünnigen: Klio 38 (1960) 225–232 1 Solche Gewaltakte verübte insbesondere Kaiser Julians Onkel mütterlicherseits, Julius Julianus. Vgl. Joh. Chrys., s. Babyl. 92; Philost., h. e.7,4; 7,10,12; Soz., h. e. 5,8; Thdt., h. e. 3,12 f.; Amm. Marc. 23,1,5. Zu körperlichen Misshandlungen vgl. die Schilderung des Martyriums des Markus von Arethusa bei Gr. Naz., or. 4,88–91. 2 Insofern er den Glauben aufgab, in dem er erzogen worden war. 3 Jeroboam: 1 Kön 12,26–31; Achab: 1 Kön 21,1–16; Pharao: Ex 7,3 f.22; Nebukadnezar: 2 Kön 25,8–17. 4 Amm. Marc. 22,12,6–8 kritisiert Julians übermäßiges Vertrauen auf diese Praktiken, um sich für den Perserfeldzug (363) der Hilfe der Götter zu versichern. 5 Vgl. Gr. Naz., or. 5,25 (Nr. 92). 6 Bewusst enthält sich Gregor bei der folgenden Schilderung von Julians Tod einer Entscheidung über die wahre Version. Einerseits brauchte er so nicht zu belegen, dass der Kaiser tatsächlich, wie einige Heiden, u. a. Liban., or. 18,274 f., den Christen vorwarfen, von einem christl. Soldaten ermordet worden sei. Andererseits brauchte er diese These auch nicht zu widerlegen, um sich dann mit dem Vorwurf auseinandersetzen zu müssen, von christl. Seite sei nichts unternommen worden, der paganen Restaurationspolitik ein Ende zu machen. 7 Liban., or. 18,180 rühmte die mantischen Fähigkeiten des Kaisers, der sogar die entsprechenden Experten überträfe. In or. 18,306 erwähnt er, dass Julian mittels dieser Praktiken nur den Ausgang des Perserkrieges erkundet hätte, nicht aber sein persönliches Schicksal erfragte.

Nr. 225 1 Von 306–337. 2 Maxentius 312; Licinius 324. 3 Jovian regierte 363/4; Julian wurde nach knapp 18monatiger Regierungszeit (361/3) auf dem Perserfeldzug getötet. 4 Gratian wurde 383 auf der Flucht vor dem Usurpator Maximus ermordet 5 Nach der Niederlage bei Pharsalus wurde der Rivale Caesars bei der Landung in Ägypten 48 v. Chr. erschlagen.

III. Die Loyalität der Christen 1) Auseinandersetzung mit politischen Verdächtigungen L: R. M. Grant, Kirche und Staat I. Urchristentum und frühe Kirche: TRE 18 (1989) 365–374. – C. Gonz lez Rom n, Teor a pol tica y aculturaci n en los apologetas griegos de fines del reinado de Marco Aurelio: Cristianismo y aculturaci n en tiempos del Im-

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pero Romano, Antigüedad cristiana (Murcia) 7 (1990) 105–114. – J. Lehnen, Zwischen Abkehr und Hinwendung. Äußerungen christlicher Autoren des 2. u. 3. Jh. zu Staat und Herrscher: R. von Haehling (Hrsg.), Rom und das himmlische Jerusalem, Darmstadt 2000, 1–28. – A. W. Ziegler, Entwicklungstendenzen der frühchristlichen Staatslehre: Kyriakon, FS J. Quasten, Münster 1970, I 40–58.

Nr. 227 1 Hostis publicus ist ein Terminus des röm. Rechts. Kaiser oder Senat bezeichneten damit einen Bürger, der sich des Hochverrats schuldig gemacht hatte. Die Christen wurden niemals offiziell als Staatsfeinde deklariert, doch kursierte der Vorwurf aus den im folgenden angeführten Gründen im Volk. 2 Nach den Göttern. Vgl. apol. 10,1 (Nr. 206). 3 Am Tiber lagen die Wohnungen des einfachen Volkes, das auch an den Tierkämpfen im Zirkus teilnahm. 4 Jeder neue Kaiser begann seine Herrschaft mit reichlichen Spenden für das Volk, das daher an einem häufigen Herrschaftswechsel interessiert war. 5 Vgl. Nr. 228. 6 Anspielung auf ein sonst nicht bezeugtes Attentat auf Commodus im Gebiet des Aventin. 7 Commodus wurde 192 bei einer Palastverschwörung nach einem fehlgeschlagenen Vergiftungsversuch durch einen Ringkämpfer erwürgt. 8 Pertinax wurde 193 von revoltierenden Prätorianern ermordet, die in seinen Palast eindrangen. Domitian wurde 96 von Palastdienern, u. a. Partenius u. Sigerius, getötet, deren Namen sprichwörtlich wurden; vgl. Martial 4,78,7. 9 Septimius Severus hatte 197 bei Lyon den Aufrührer D.Clodius Albinus geschlagen u. ließ nun, nach Rom zurückgekehrt, 41 Anhänger, darunter 29 Senatoren, hinrichten. Nach weiteren Sympathisanten, die als Staatsfeinde galten, wurde gefahndet. 10 Die Rückkehr des Kaisers am 2. Juni 197 wurde in Rom mit öffentlichen Feierlichkeiten begangen.

Nr. 228 1 Tert. ruft die polit. Aufrührer Avidius Cassius, Pescennius Niger u. Clodius Albinus in Erinnerung, die in den letzten Jahrzehnten versucht hatten, die Herrschaft an sich zu reißen. 2 Anspielung auf 2 Thess 2,1–12, wo von einer hemmenden Macht gegen den Antichristen die Rede ist. Tert. bezieht dies auf das röm. Imperium, dessen Bestand den kommenden Weltuntergang aufhält u. daher auch im Interesse der Christen liegt. Vgl. apol. 32,1 (Nr. 233); 39,2 (Nr. 185).

2) Das Gebet für den Kaiser und das Reich L: J .Beaujeu, Les apolog tes et le culte du souverain: EnAC 19 (1973) 101–142. – M. Clauss, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, Darmstadt 2000. – H. U. Instinsky, Die alte Kirche und das Heil des Staates, München 1963. – J. R. Fears, Herrscherkult: RAC 14 (1988) 1047–1093, 1084–1090. – M. Fiedrowicz, Das Gebet in der Ar-

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gumentation der Apologeten: La preghiera nel tardo antico. Dalle origini ad Agostino (SEAug 66), Rom 1999, 167–178. – W. Kinzig, Novitas christiana (Forschungen zur Dogmengeschichte 58), Göttingen 1994, 442–451

Nr. 231 1 Athenag. macht sich die Terminologie der politischen Propaganda ganz zu eigen, indem er nicht nur die Erhaltung, sondern sogar die Erweiterung der röm. Herrschaft zum Gegenstand der christl. Fürbitte werden lässt. Im Jahr 177, als die Bittschrift abgefasst wurde, erhielt Marc Aurels Sohn Commodus den Augustustitel u. wurde damit gleichberechtigter Kaiser.

Nr. 233 1 Zur Identifizierung der heidn. Götter mit den Dämonen vgl. Nr. 337–340. 2 Gegen Tempelräuber; vgl. apol. 15,7. 3 Caligula ließ bei zahlreichen Götterstatuen die Häupter entfernen, um das eigene an deren Stelle zu setzen. Auch drohte er dem Jupiter Capitolinus aus Eifersucht an, ihn zu töten; vgl. Suet., Calig. 22. 4 Gemeint sind insbesondere die Unruhen der Bürgerkriege nach dem Tod des Commodus im Fünfkaiserjahr 193. 5 Vgl. Tert., Scap. 2,6 (Nr. 228); apol. 39,2 (Nr. 185).

Nr. 234 L: R. Klein, Das Regenwunder im Quadenland: Ant. IV/21 (1991) 117–138. – I. Ramelli, Protector Christianorum (Tert., apol. 5,4). Il „miracolo della pioggia“ e la lettera di Marco Aurelio al senato: Aevum 76 (2002) 101–112 1 Auf dem Quadenfeldzug i. J. 174. Vgl. Nr. 236. 2 Die Römer identifizierten fremde Götter mit ihren eigenen (interpretatio romana).

Nr. 235 1 Diokletian hatte im ersten Christen-Edikt 303 die Zerstörung aller Kirchen u. die Verbrennung der hl. Schriften angeordnet.

Nr. 236 1 Vgl. Nr. 234. 2 Die Stadt Melitene lag an einem Nebenfluss des Euphrat u. war Standquartier der 12. Legion. 3 Hist. Aug., M. Aurel 24; Claudian, de VI. cons. Honorii, 340–350; Themist., or. 15; Dio Cassius, hist. Rom. 82. 4 Apollinaris, Bischof v. Hierapolis. Die Legion trug den Titel fulminatrix jedoch schon früher. Der Beiname deutet darauf hin, dass diese Legion in besonderer Weise den Kult des Zeus Keraunos praktizierte. 5 Vgl. Freudenberger, Christenreskript (L 15). 6 Marc Aurel ergriff zwar Maßnahmen gegen Denunzianten, doch sagt sein Biograph Capitolinus, vita M.Aurelii 11,1 nicht, dass dadurch Christen geschützt werden sollten.

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IV. Das Christentum als Förderer des Staates 1) Vor-konstantinische Zeit Nr. 238 L: Th. Baumeister, Gottesglaube und Staatsauffassung – ihre Interdependenz bei Celsus und Origenes: ThPh 53 (1978) 161–178. – W. Kinzig, Novitas christiana (Forschungen zur Dogmengeschichte 58), Göttingen 1994, 468–479 1 In Orig., Cels. 2,30 (Nr. 243) wird das augusteische Friedensreich als praeparatio evangelica verstanden u. ebenso als Argument für die positiven Auswirkungen des Evangeliums auf den Staat angeführt. 2 Die Juden, an denen sich die Verheißungen Gottes nicht erfüllt hätten, wie Celsus (6,29; 7,18) meint. 3 Die Interpretation des Celsus-Zitates – hier durch den utopischen Wunsch „Wenn es doch möglich wäre …“ formuliert – ist kontrovers. Einer Ansicht zufolge habe Celsus sein persönliches Ideal eines alle Völker zur Einheit verbindenden Gesetzes (nomos) bekundet (vgl. 1,14; 5,41), dies aber für illusorisch u. unrealisierbar erklärt. Der Satzanfang wäre dann zu übersetzen: „Wenn es doch möglich wäre …“. Eine andere Auslegung sieht im vorangehenden Konditionalsatz eher die Wiedergabe einer christl. Konzeption des nomos – die Weltherrschaft der christl. Religion –, die von der des Celsus verschieden ist u. daher von ihm abgelehnt wird. Vgl. Andresen, Logos (L 40), 190–192; Borret, Orig., c. Celse IV (SC 150), 340 Anm. 1. 4 Orig. scheint dem heidn. Staat die Möglichkeit einzuräumen, einen gerechten Krieg zu führen. Vgl. Orig., Cels. 4,82; C. Mazzucco, Orig ne e la guerra giusta (contro Celso VIII 73): CClCr 9 (1988) 67–84.

Nr. 239 1 Lakt. vertritt den Chiliasmus (inst. 7), demzufolge die Welt sechstausend Jahre besteht. Mit der Wiederkunft Christi, die Lakt. in ca. 200 Jahren erwartet, bricht das tausendjährige Reich an, in dem Christus mit den auferstandenen Gerechten auf Erden herrschen wird, bevor das Weltgericht die endgültige Scheidung zwischen Himmel u. Hölle herbeiführt. Das erste Kommen Christi hat daher nur ein Abbild (species) des wahren Goldenen Zeitalters bringen können, das mit jenem Reich der Gerechtigkeit identisch ist.

2) Nach der konstantinischen Wende L: V. Buchheit, Gesittung durch Bekehrung: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft N.F. 9 (1983) 179–208

Nr. 240 1 Zum zeitlichen Zusammenfall der Verkündigung des Evangeliums mit der Etablierung des augusteischen Friedensreiches vgl. J. Sirinelli, Les Vues historiques d’Eus be de C sar e, Dakar 1961, Kap. 11. Eus. akzentuiert dieses bekannte Thema hier jedoch dadurch, dass er das Evangelium als Ursache des moralischen Fortschritts der Menschheit hervorhebt.

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2 Bewusst beschränkt sich Eus. bei der folgenden Schilderung, die auf Bardesanes’ (154–222) Werk „Buch der Gesetze der Länder“ zurückgreift (vgl. p. e. 6,10), auf die Barbarenvölker. Einerseits vermeidet er so eine pauschale Verurteilung des Heidentums, andererseits kann er den Mitbürgern des röm. Reiches zeigen, dass das Christentum eine zivilisatorische Kraft besitzt, die der Hellenismus in dieser Weise nicht besaß. Vgl. Thdt., affect. 9.

Nr. 241 1 Während das Gesetz nur die Unterlassung des Ehebruchs fordert, geht die völlige, lebenslange Jungfräulichkeit darüber hinaus.

V. Die christliche Reichstheologie und Romideologie 1) Die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Imperiums L: D. Brodka, Die Romideologie in der römischen Literatur der Spätantike (EHS. Klass. Sprachen u. Literaturen 76), Frankfurt a. M. 1998 (4./5. Jh.). – H. A. Gärtner, Imperium Romanum: RAC 17 (1996) 1142–1198, 1168–1191. – I. Opelt, Augustustheologie und Augustustypologie: JAC 4 (1961) 44–57. – E. Peterson, Der Monotheismus als politisches Problem: Ders., Theologische Traktate, München 1950, 45–147, 86–93.

2) Das Roma christiana-Konzept L: V. Buchheit, Einheit durch Religion in Antike und Christentum: Chartulae. FS W. Speyer (JAC.E 28), Münster 1998, 36–43, 40–43. – H. A. Gärtner, Der Fall Roms. Literarische Verarbeitung bei Heiden und Christen: J. van Oort–D. Wyrwa (Hrsg.), Heiden und Christen im 5. Jahrhundert (SPA 5), Leuven 1998, 160–179. – Ders., Imperium Romanum: RAC 17 (1996) 1187–1191. – H. Inglebert, Les romains chr tiens face l’histoire de Rome (EAug. S rie Antiquit 145), Paris 1996. – F. Paschoud, Roma aeterna. tudes sur le patriotisme romain dans l’occident latin l’ poque des grandes invasions (BHRom 7), Neuch tel 1967. – J. Straub, Christliche Geschichtsapologetik in der Krisis des Römischen Reiches: Ders., Regeneratio Imperii, Darmstadt 1972, 240–270

Nr. 245 1 Am 28. 10. 312 besiegte Kaiser Konstantin an der Milvischen Brücke seinen Rivalen Maxentius. In ähnlicher Weise schrieb Prud. den Sieg über die Goten bei Pollentia (402) dem Gott der Christen zu; vgl. Nr. 121. 2 Maxentius hatte 100 Senatoren eingekerkert, weil sie die drückenden Kriegstribute nicht entrichtet hatten. 3 Am 29. 01. 399 wurde unter Kaiser Honorius ein Edikt erlassen, das zwar die heidn. Opfer untersagte, aber die Erhaltung der Kunstwerke der heidn. Religion anordnete; vgl. cod. Theod. 16,10,15. 4 Im Gegensatz zur Prosopoie der Roma bei Symm., rel. 3,10, wo ein religiöser Gesinnungswandel im hohen Alter abgelehnt wurde.

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5 Hinweis auf die einstige Christenverfolgung. 6 Marius hatte 104 v. Chr. über den Numiderkönig Jugurtha triumphiert. 7 Cicero hatte 63 v. Chr. als Konsul die Verschwörung Catilinas aufgedeckt u. den Mitverschwörer Cethegus verhaften u. töten lassen. 8 Theodosius wird als optimus princeps verherrlicht, insofern er im Jahr 380 mit dem Edikt Cunctos populos (cod. Theod. 16,1,2) das Christentum zur Staatsreligion gemacht hatte. 9 Mit der Christianisierung des röm. Reiches sieht Prud. einen nicht mehr veränderbaren Idealzustand erreicht, den Vergil (Aen. 1,278 f.: His [sc. Romanis] ego [Iovis] nec metas rerum nec tempora pono/imperium sine fine dedi) nur verheißen hatte, die zeitgenössischen heidn. Dichter des 4. Jh. kaum noch zu erhoffen wagten, der Christengott allein jedoch garantieren konnte. Der unter dem christl. Kaiser Honorius 402 über die Goten errungene Sieg schien die definitive Bestätigung der gottgewollten Ewigkeit Roms zu sein. 10 Prud. versucht aus christl. Sicht eine providentielle Bestimmung der profanen Vergangenheit Roms aufzuzeigen. In seiner geschichtstheolog. Konzeption wies er dem Imperium Romanum die Aufgabe zu, durch seine Gesetzgebung u. seinen Frieden die zuvor getrennten Völker vereint u. die Menschheit für die Religion der Liebe empfänglich gemacht zu haben. Nicht erst das augusteische Friedensreich, vielmehr die röm. Geschichte seit ihrem Anbeginn sah Prud. in einen unaufhaltsamen, gottgewollten Prozess eingefügt, dessen Höhepunkt er selber in seiner Gegenwart mit der endgültigen Christianisierung des Reiches unter Kaiser Theodosius erlebte.

C) Geschichte als apologetisches Argument I. Der Vorwurf des Traditionsbruchs L: A. Casamassa, L’accusa di „Hesterni“ e gli scrittori del II secolo: Ang. 20 (1943) 184–194 (= Ders., Scritti Patristici I, Lateranum N.S. 21,1–4, Rom 1955, 187–195). – W. Kinzig, Novitas christiana (Forschungen zur Dogmengeschichte 58), Göttingen 1994, 145–171. – D. Ramos-Liss n, La novit cristiana e gli apologisti del II secolo: Studi e ricerche sull’Oriente cristiano 1 (1992) 15–24 [507–516]

Nr. 246 1 Die Formulierung spielt auf Plat., Tim. 47b an, wo die Philosophie als ein solches Gut gilt. 2 Anspielung auf Plat., Phaedr. 254d. Mit diesen Platon-Reminiszenzen will Clem. zugleich den Vorwurf eines totalen Traditionsbruchs widerlegen.

Nr. 247 1 Vgl. Tert., nat. 2,1,7 (Nr. 311).

Nr. 248 1 Antistites veritatis bedeutet eigtl. Eingeweihte in eine Kunst oder Wissenschaft, hier ironisch verwendet.

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Nr. 249 1 Odrysen: Synonym für die Thraker. Die Bewohner der Ägäis-Insel Samothraki u. die Einwohner von Eleusis (Attika) wurden wegen der dort praktizierten Mysterienkulte zu den ältesten Völkern gerechnet. 2 Dies war ein Topos antijüdischer Polemik. Vgl. Fl. Jos., c. Apion. 1,14,75–92; 1,78,238; 2,6,68; AJ 14,7,2,118. 3 Orig. bedient sich einer Argumentation, wie sie teilweise schon Fl. Jos., c. Apion. 1,35,317 verwendet hatte. Vgl. L. H. Feldmann, Origen’s contra Celsum and Josephus’ contra Apionem: VigChr 44 (1990) 105–135, 113–115. 4 Der palaios logos bezieht sich hier auf eschatolog. Vorstellungen, von denen in Orig., Cels. 8,48 f.die Rede ist u. schon Plat., ep. 7,335a sprach.

Nr. 250 L: Digeser, Empire (L 74), 91–114 1 Insofern auch das Toleranzedikt des Galerius von 311 (vgl. Lakt., mort, 34,1) sagt, dass „die Christen die Denk- u. Handlungsweise ihrer Vorfahren verlassen haben“, ist ein Einfluss des Porph. auf die diokletan. Christenverfolgung denkbar.

Nr. 251 1 Die rituelle Weisung m kinein ta akin ta (Das Unveränderliche darf nicht verändert werden) wurde sprichwörtlich. Vgl. Plat., leg. 3,684e.

Nr. 253 1 Vgl. Gal. frg. 3 (Nr. 89). 2 Insbesondere im Bereich der Religion lehnte Julian alle Neuerungen entschieden ab; vgl. ep. 47,953b.

II. „Warum so spät?“ L: H.-I. Marrou, Geschichtsphilosophie: RAC 10 (1978) 765–767. – A. Stötzel, Warum Christus so spät erschien – die apologetische Argumentation des frühen Christentums: ZKG 92 (1981) 147–160

III. Der Altersbeweis L: S. Ackermann, Christliche Apologetik und heidnische Philosophie im Streit um das Alte Testament (SBB 36), Stuttgart 1997, 31–47, 86–97. – H. Dörrie, Die Wertung der Barbaren im Urteil der Griechen. Knechtsnaturen? Oder Bewahrer und Künder heilbringender Weisheit?: R. Stiehl–G. A. Lehmann (Hrsg.), Antike und Universalgeschichte. FS H. E. Stier (Fontes et Commentationes Suppl. Bd. 1), Münster 1972, 146– 175. – A. J. Droge, Homer or Moses? Early Christian Interpretations of the History of Culture (HUTh 26), Tübingen 1989. – I. Opelt – W. Speyer, Barbar: JAC 10 (1967) 251– 290, 258 f. – J. P pin, Le „challenge“ Hom re-Moise aux premiers si cles chr tiens: RevSR 29 (1955) 105–122 (vgl. Ders., La tradition de l’all gorie, Paris 1987, 41–56). – P. Pilhofer, PRESBYTERON KREITTON. Der Altersbeweis der jüdischen und christ-

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lichen Apologeten und seine Vorgeschichte (WUNT II/39), Tübingen 1990. – G. G. Stroumsa, Barbarian Philosophy. The Religious Revolution of Early Christianity (WUNT 112), Tübingen 1999, 57–84. – K. Thraede, Erfinder II (geistesgeschichtlich): RAC 5 (1962) 1191–1278, 1242–1246. – J. H. Waszink, Some Observations on the Appreciation of the „Philosophy of the Barbarians“ in Early Christian Literature: M langes offerts Mademoiselle Christine Mohrman, Utrecht 1963, 41–56 (= Ders., Opuscula selecta, Leiden 1979, 272–287)

Nr. 258 L: Pilhofer, Presbyteron kreitton, 253–260 1 Tatian führte erstmals methodisch den Altersbeweis durch. Mit detataillierten Forschungen zu chaldäischen, phönizischen u. ägyptischen Qullen wies er die chronologische Priorität des Mose nach.

Nr. 259 L: Pilhofer, Presbyeron kreitton, 266–273 1 Unter den Apologeten führte Theoph., Autol. 3,16–29 den umfassendsten Altersbeweis.

Nr. 260 1 Vgl. Hdt., 2,2. 2 Vgl. Apollon. Rhod. 4,264; Statius, Theb. 4,275.

Nr. 261 1 Zuvor waren Ägypter, Assyrer, Kelten, Inder, Germanen erwähnt worden. 2 Vgl. Quaest. in Gen. 2,6; 3,5; 4,152.167; leg. allegor. 1,105, wo Philon eine Abhängigkeit des Sokrates, Heraklit u. anderer griech. Philosophen von Mose erwähnt. Hierzu Pilhofer, Presbyteron kreitton, 179–184. 3 Nach 2 Makk 1,10 Erzieher des Ptolemaios’ VI. (181–145). Der jüd.-hellenist. Thoraausleger u. Apologet entwickelte den Altersbeweis über die Ansätze früherer Historiker hinaus, insofern er eine Abhängigkeit griechischer Denker von jüd. Quellen nicht pauschal behauptete, sondern Namen von Griechen erwähnte, die seiner Meinung nach von Mose abhängig waren. Vgl. Pilhofer, Presbyteron kreitton, 164–172. 4 Gesandter Seleukos’ I. bei dem indischen König Sandrakottos 303/292 v. Chr. Vgl. FHG II 437 frg. 41.

Nr. 262 1 Manetho, ägypt. Priester, 1. Hälfte 3. Jh. v. Chr., verfasste in Griechisch eine Geschichte Ägyptens; seine auf den Königslisten basierende Chronologie wurde von jüd. u. christl. Autoren häufig benutzt. Berosus, ca. 290 v. Chr., Baalspriester, verfasste eine Geschichte Babylons, deren Chronologie wegen ihrer Beziehung zum AT für die Christen bedeutsam war. Hieromus, 10. Jh. v. Chr., Freund Salomos, mit dem ein Briefwechsel bekannt war. Ptolemaeus v. Mendes, ägypt. Priester, verfasste um die Zeitenwende eine ägypt. Chronik. Menander v. Ephesus, ca. 200 v. Chr., griech. Geschichtsschreiber, verfasste eine „Griechen- u. Barbarengeschichte“. Demetrios v. Phaleron, ca. 350–283, athen. Politiker u. Philosoph, 307 zur Flucht nach Ägypten gezwungen; auf welche seiner 45 bezeugten Schriften Tert. Bezug nimmt, ist unklar. Juba, 25 v. Chr.– 23 n. Chr., König v. Mauretanien, als Gelehrter u. Kompilator verfasste er u. a. Werke zur Geschichte Roms u. Assyriens. Apion (vgl. Nr. 3 Anm. 1), verfasste u. a. ein Werk

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„Ägypt. Geschichte u. Kultur“. Thallus, wahrscheinlich unter Augustus u. Tiberius, verfasste eine griech. Chronik, die christl. Autoren mehrfach erwähnen. Josephus, der bedeutendste jüd. Geschichtsschreiber, in seinem Werk c. Apion. (Nr. 4) versuchte er das von Apion geleugnete hohe Alter der Juden nachzuweisen.

Nr. 263 1 Dies war wahrscheinlich der ursprüngliche Titel des Werkes, das, basierend auf Hier., vir. ill. 13, als Contra Apionem (Nr. 4) bekannt ist. Ebenso wie Josephus gegenüber Apion legt Orig. gegen Celsus die alte Weisheit des Judentums dar, um das davon abstammende Christentum zu legitimieren. Vgl. Feldmann, Origen (L 249). 2 Vgl. Nr. 276.

Nr. 264 L: Pilhofer, Presbyteron kreitton, 156–159. 1 Numenius v. Apameia, Neopythagoreer, 2. Hälfte 2. Jh. n. Chr., versuchte, in Platon die Weisheit des Pythagoras u. der Orientalen, insbes. der Juden, zu fassen. Durch die Einbeziehung der Juden in die Reihe der ältesten Völker wurde Numenios zu einer wichtigen Autorität des Altersbeweises. Vgl. E. des Places, Numenius. Fragments, Paris 1973, frg. 1a. 2 Artapanos, wahrscheinlich ein alexandrin. Jude, 2. Jh. v. Chr. Vgl. F. Jacoby, FGH III C 682–686, frg. 3. 3 Der Name kommt dem ägypt. König zu. 4 Durch die Identifikation mit Musaius wird Mose durch seinen Schüler Orpheus zugleich zum eigentlichen Lehrer Griechenlands sowie zum Wohltäter der gesamten Menschheit.

Nr. 265 1 In der eusebian. Geschichtstheologie ist das Christentum nichts anderes als die wiedergefundene Urphilosophie, die mit der Religion der ersten Gerechten u. Gottesfreunde am Anbeginn der Welt identisch ist. Vgl. Nr. 304–306.

Nr. 266 1 Die chronolog. Angaben in 9,2 stützen sich allerdings auf den christl. Autor Julius Africanus (ca 160–nach 240), chron. 3 frg. 22, während 9,3–4 der heidn. Historiker Diodor Siculus (1. Jh. v. Chr.) namentlich erwähnt wird, da er für nicht-christl. Leser besonders glaubwürdig gelten musste. 2 Ogygos, attischer Urkönig, der bei Africanus zu chronolog. Berechnungen vor den Olympiaden diente. Inachos, Sohn des Okeanos u. der Thetys, war ältester König von Argos. 3 Polemon v. Ilion, ca. 220–160, Hauptvertreter der griech. Perihegese. 4 Vgl. Nr. 3. 5 Vgl. Nr. 262 Anm. 1. 6 Hellanikos v. Lesbos, gest. ca. 400 v. Chr., versuchte, die Sagenerzählungen in genealog. u. chronolog. Schemata zu bringen, u. nutzte erstmals die Listen der Herapriesterinnen in Argos für Datierungen aller Art. Philochoros v. Athen, griech. Historiker, 3. Jh. n. Chr., dessen Hauptwerk „Atthis“ annalistisch gegliedert ist. Kastor v. Rhodos, griech. Historiker, 1. Hälfte 1. Jh. v. Chr., Verfasser einer Chronik mit Listen der

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Könige v. Assyrien, Athen, Argos, Rom. Thallos, vgl. Nr. 262 Anm. 1. Alexandros Polyhistor, 1. Jh. v. Chr., seine Werke behandeln u. a. die Ägypter, Inder, Chaldäer, Juden. Philon v. Alexandrien, 13 v. Chr.–45/50 n. Chr.; zum Altersbeweis in seinen Werken vgl. Pilhofer, Presybyteron kreitton, 173–192. Flavius Josephus, jüd. Historiker, verfasste 93/4 n. Chr. die Antiquitates Judaicae, die vom Weltbeginn bis zu Nero reichen.

Nr. 268 1 Geb. 570/60, gest. um 480 v. Chr. Zum Namen „Philosoph“ vgl. Cic., Tusc.1,16,38 f.; 4,1,2. 2 Sokrates lebte 469–399. 3 Platon lebte 427–348/7. 4 Anaximander, ca. 610–540; Anaximenes, ca. 580–520; Anaxagoras, ca. 500–425. 5 Thales, 1. Hälfte 6. Jh. v. Chr. 6 Orpheus, Linus u. Musaius waren Gestalten aus mythischer Zeit. 7 Inachus, Sohn des Okeanos u. der Thetys, war ältester König v. Argos. Die Isisaretalogien schildern die ägypt. Göttin als Kulturbringerin, die u. a. den Menschen die Schrift geschenkt habe.

IV. Die Plagiatsthese 1) Die Abhängigkeit griechischer Denker von den Schriften der Bibel L: S. Ackermann, Christliche Apologetik und heidnische Philosophie im Streit um das Alte Testament (SBB 36), Stuttgart 1997, 52–71, 98–107. – P. Ciholas, Plato: The Attic Moses? Some Patristic reactions to Platonic Philosophy: ClW 72 (1978/79) 217–225. – H. Dörrie, Der Platonismus in der Antike II, Stuttgart 1990, 166–218, 425–505. – Ders., Platons Reisen zu fernen Völkern. Zur Geschichte eines Motivs der Platon-Legende und zu seiner Neuwertung durch Lactanz: W. Den Boer u. a. (Hrsg.), Romanitas et Christianitas. Studies H. I. Waszink oblata, Amsterdam-London 1973, 99–118. – A. J. Droge, Homer or Mose? Early Christian Interpretations of the History of Culture (HUTh 26), Tübingen 1989. – M. J. Edwards, Atticizing Moses? Numenius, the Fathers and the Jews: VigChr 44 (1990) 64–75. – J. P pin, Christianisme et Mythologie. Jugements chr tiens sur les analogies du Paganisme et du Christianisme: Ders., De la philosophie ancienne la th ologie patristique, London 1986, VIII 28–31. – D. Ridings, The attic Moses. The dependency Theme in Some Early Christian Writers (SGLG 59), Göteborg 1995. – K. Thraede, Erfinder II (geistesgeschichtlich): RAC 5 (1962) 1191–1278. – J. Whittacker, Moses atticizing: Phoe. 21 (1967) 196–201

Nr. 269 L: Dörrie, Platonismus, 200–203, 491–493 1 Die Stelle handelt von der kreuzförmigen (chi = X) Verteilung der Weltseele im Universum. Das Zitat ist nicht wörtlich u. eventuell mit Tim 34a-b kombiniert, wo die Ausdehnung der Weltseele durch den Demiurgen beschrieben wird. Daher sagt Just. hier auch „ihn“ statt „sie“ (d. h. die Weltseele). 2 Num 21,9 spricht nicht von einem Kreuz, sondern von einer Schlange. Zur Identifikation mit dem Kreuz vgl. aber schon Joh 3,14; Barn. 12,5–7; Just., dial. 94.

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3 Die Stelle handelt von den Wesen der dritten Stufe, die um das dritte Prinzip – nach dem ersten Gott u. der Weltseele – angeordnet sind. Just. sah hier eine Andeutung des Trinitätsgeheimnisses. Vgl. Athenag., leg. 23,7; Clem. Alex., str. 5,103; Orig., Cels. 6,18; Eus., p. e. 11,20,2; Thdt., affect. 2,78.

Nr. 272 1 Die Strafen des Weltgerichts.

Nr. 273 1 Nach str. 1,83,2 u. 84,6 handelt es sich um den Teufel. Zum Hintergrund dieser Deutung vgl. Hermias, irr. 1 (Nr. 33). 2 Clem. präsentiert hier eine Variante der Theorie des Diebstahls, der somit nicht direkt von den Griechen begangen worden wäre. 3 Nach S. Lilla, Clement of Alexandria, Oxford 1971, 16 u. 30 ist das pneuma aisth se s, das die Philosophen inspirierte, praktisch identisch mit dem Hl. Geist, der die atl. Propheten erfüllte. Dani lou, Message (L 137), 72 bezieht diesen Begriff hingegen auf die natürliche Fähigkeit des menschlichen Geistes. 4 Vgl. Nr. 261 Anm. 2. Aristobul setzte als erster jüd. Apologet die These einer – auch in paganen Quellen bezeugten – Reise Platons nach Ägypten voraus u. dachte konkret an eine literar. Abhängigkeit des Philosophen vom Pentateuch. Vgl. Dörrie, Platons Reisen; Ders., Platonismus, 480–484; Riedweg, Ps.-Justin, II 368–371; Thraede, Erfinder, 1244 f. 5 Als Fixpunkte, vor denen bereits der Pentateuch zumindest teilweise ins Griechische übersetzt sein musste, nennt Aristobul Demetrios v. Phaleron (ca. 350–283 v. Chr.), die Eroberung Ägyptens durch Alexander d. Gr. (332 v. Chr.) u. den Perser Kambyses (525 v. Chr.). 6 Hdt. 2,123 nahm eine Reise des Pythagoras nach Ägypten an. 7 Vgl. Nr. 264 Anm. 1. Die Aussage resultiert aus der Überzeugung, der Heno- bzw. Monotheismus der platon. Philosophie verdanke sich nicht eigenständiger Forschung, sondern einer Belehrung durch die „Weisheit der Barbaren“. Das Wort wird häufig zitiert: Eus., p. e. 9,6,9; 11,10,14; Thdt., affect. 2,114 (Nr. 280). Vgl. Edwards, Atticising Moses; Whittacker, Moses atticizing; Dörrie, Wertung, 169 f.; Ders., Platonismus, 196–199, 487 f. 8 Im folgenden werden exemplarisch Plagiate innerhalb der griech. Literatur aufgewiesen. 9 Sohn des Zeus u. der Nymphe Aigina, galt als besonderer Freund der Götter. Vgl. Isocr., or. 9,14; Diod. Sic. 4,61,1 f.; Pausan. 1,44,9; 2,29,7 f.

Nr. 276 1 Der Mythos von der Zeugung des Eros im Garten des Zeus. Vgl. Plat., symp. 203b–e (Nr. 456). Die Ähnlichkeit dieses Mythos mit der Erzählung vom Sündenfall im Garten des Paradieses ist nach Orig. so groß, dass eine Abhängigkeit Platons von Genesis wahrscheinlich ist. Vgl. Dörrie, Platonismus, 206–209, 498–500. 2 Diese wird auch in paganen Quellen erwähnt; vgl. Dörrie, Platons Reisen. 3 Die von den Apologeten vertretene Abhängigkeitsthese war letztlich eine retorsio heidnischer Vorwürfe. Vgl. Orig., Cels. 1,21; 6,12. Vgl. Ackermann, Apologetik, 98–107.

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Nr. 277 L: Dörrie, Platonismus, 500, 502 f. 1 Die heidn. Autoren. 2 Vgl. Nr. 276 Anm. 2. 3 Gemeint ist die Abwendung vom Polytheismus zugunsten der Annahme eines einzigen höchsten Gottes. 4 Der Areopag war das Tribunal bei Asebie-Anklagen.

Nr. 278 L: G. Madec, Saint Ambroise et la philosophie (EAug), Paris 1974, 249–256, 323–337 1 In dem verlorenen Werk De sacramento regenerationis sive de philosophia aus den Jahren 384/6. 2 Vgl. Augustins Selbstkritik an der Synchronologisierung Nr. 285–286.

Nr. 279 1 Der Brief wurde 396/7 an Paulinus v. Nola geschrieben.

Nr. 280 1 Zuvor hatte Thdt. die mythischen Dichter u. Sänger Orpheus, Linus, Musaius, Philammon u. Thamyris erwähnt. Zum Problem der sehr frühen Datierung, die vermutlich auf eine falsche Schlussfolgerung von Eus., chron. praef. (= Porph., Chr. frg. 40) aus anderen Angaben bei Porph., Chr. frg. 41 zurückgeht, vgl. R. Goulet, Porphyre et la datation de Moise: RHR 192 (1977) 137–164. 2 Vgl. Nr. 273 Anm. 7.

2) Die These dämonischer Imitationen L : J. P pin, Christianisme et mythologie. Jugement chr tiens sur les analogies du paganisme et du christianisme: Ders., De la philosophie ancienne la th ologie patristique, London 1986, VIII 17–44, 31–35. – P. G. van der Nat, Geister (Dämonen) III: RAC 9 (1976) 715–761, 755f

Nr. 282 1 Vgl. Tert., apol. 21,14 (Nr. 355).

Nr. 283 1 Über Hermotimus v. Klazomenos, dessen Seele die Fähigkeit besaß, sich während des Schlafes vom Körper zu lösen, vgl. Plut., mor. 592c-d; Lukian, Musc. Enc. 7; Plin., nat. hist. 7,52,174; Tert., an. 44.

Nr. 284 1 Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine Akklamation aus dem Mithras-Kult, wo innerhalb der Hierarchie der nymphos den zweiten Grad darstellte. Bei dessen Initiation wurden ihm vermutlich neue Geheimnissse enthüllt. 2 Vgl. Firm. Mat., err. 1 (Nr. 81 Anm. 2). 3 Anspielung auf die Höhlen, in denen der Mithras-Kult vollzogen wurde.

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4 Lehre u. Praxis des Mithras-Kultes verlangten eine hohe Moralität, die die christl. Polemik nicht zu würdigen vermochte. 5 Sehr wahrscheinlich geht es um den Osiris-Kult; so unter Abwägung anderer Interpretationen Turcan, Firm. Mat., Erreur, 313–315. 6 Im Unterschied zu den atl. Prophetien oder den Totenerweckungen Christi. 7 Das wiederholte „Du“ unterstreicht, dass die vermeintliche Auferstehung des Osiris Werk eines Menschen ist.

V. Die Schwächen des Altersbeweises und der Plagiatstheorie Nr. 285 1 Vgl. Nr. 278.

Nr. 286 1 Doctr. chr. 2,28,43 (Nr. 278). 2 Platon starb 348/7 v.Chr, die sog. Septuaginta-Übersetzung enstand nach der Aristeas-Legende unter Ptolemaios II. (285–246), der den hebr. Pentateuch durch 72 Juden ins Griechische übertragen ließ.

VI. Die Verteidigung der Neuheit des Christentums L: W. Kinzig, Novitas christiana (Forschungen zur Dogmengeschichte 58), Göttingen 1994

1) Fortschritt und Wahrheit contra Tradition Nr. 290 1 Zum Traditionalismus des Pontifex Cotta vgl. Cic., nat. deor. 3,5: „Die Vorstellungen, die wir von unseren Vorfahren über die unsterblichen Götter übernommen haben, die Opfer, Riten und religiösen Bräuche … werde ich immer verteidigen und habe sie immer verteidigt, und von der Vorstellung, die ich von den Vorfahren über die Verehrung der unsterblichen Götter übernommen habe, wird mich kein Fachmann und kein Laie jemals mit seiner Rede abbringen.“

Nr. 291 1 Symmachus (Nr. 114). 2 Im Hintergrund steht die atomistische Weltentstehungslehre Demokrits, die Epikur übernommen u. Lucrez, rer. nat. 5,416–466 der latein. Welt vermittelt hatte. Ambr. greift auf Verg., ecl. 6,31–38 zurück, der sich unverkennbar an Lucrez anlehnt.

2) Praeparatio evangelica Nr. 292 1 Gemeint sind die Juden.

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Nr. 293 L: N. Brox, Evangelium und Kultur in der Spätantike: A. Paus (Hrsg.), Kultur als christlicher Auftrag heute, Graz 1981, 247–304, 259–262. – A. J. Droge, Homer or Moses? Early Christian Interpretations of the History of Culture (HUTh 26), Tübingen 1989, 168–193. – R. M. Grant, Civilization as a Preparation for Christianity in the Thought of Eusebius: F. F. Church–T. George (Hrsg.), Continuity and Discontinuity in Church History. FS G. H. Wiiliams (SHCT 19), Leiden 1979, 62–70. – Kinzig, Novitas, 534–539. – A. Luneau, L’histoire du salut chez les P res de l’ glise. La doctrine des ges du monde (ThH 2), Paris 1964, 123–128

VII. Die Ausbreitung des Christentums als Wahrheitsargument L: G. Dorival, L‘argument de la r ussite historique du christianisme: B. Pouderon– Y.-M. Duval (Hrsg.), L’Historiographie des premiers si cles (ThH 114), Paris 2001, 37–56

Nr. 295 1 Tert. übertreibt stark die tatsächliche Situation. Bei einer geschätzten Gesamtbevölkerungszahl von 60 Mio. könnte um 200 n. Chr. der christl. Bevölkerungsanteil 0,36 Prozent betragen haben. Dies entspräche einer Zahl von 217 795 Christen im röm. Reich. So R. Stark, Der Aufstieg des Christentums, Weinheim 1997, 12.

Nr. 299 1 Anspielungen auf Kaiser Julian u. den Rhetor Libanius. 2 Zur kaiserlichen Anordnung, die Schriften des Porphyrius zu vernichten, vgl. Nr. 67–68. 3 Die anti-christl. Kampfschriften des Celsus, Porphyrius u. Julian sind nur fragmentarisch durch Zitate bei christl. Autoren erhalten. 4 Zu diesem apologet. Topos vgl. Nr. 434.

Nr. 300 1 In den Jahren 399 u. 408 kam es zur eine Reihe anti-paganer Maßnahmen u. Gesetzgebungen (Opferverbote, Tempelschließungen, Zerstörung von Götterstatuen). Vgl. cod. Theod. 16,10,15.19. Im März 399 wurden in Karthago Tempel geschlossen u. Götterstatuen zerschlagen. Vgl. Aug., civ. 18,54. 2 Aug. übertreibt aus apologet. Gründen die Zurückdrängung des Heidentums. An anderer Stelle (Nr. 313) beklagt er die Fortdauer der Idole in den Herzen der Menschen. 3 Alle Häretiker u. Schismatiker beanspruchten, das authentische Christentum zu repräsentieren.

Nr. 302 1 Zum Trajans-Reskript vgl. Nr. 34 Anm. 5. Zu Hadrians Reskript an Minicius Fundanus vgl. Nr. 15. 2 Hadrian befahl, Jerusalem als Militärkolonie Aelia Capitolina wieder aufzubauen

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Kommentar

u. einen Jupiter-Tempel zu errichten. Als Folge des anschließenden Bar Kochba-Aufstandes wurde 135 selbst den Juden das Betreten Jerusalems verboten.

VIII. Das Christentum als wiedergefundene Urphilosophie Nr. 303 L: L. Honnefelder, Christliche Theologie als „wahre Philosophie“: C. Colpe–L. Honnefelder–M. Lutz-Bachmann (Hrsg.), Spätantike und Christentum, Berlin, 1992, 55–75, 62–64. – N. Hyldahl, Philosophie und Christentum. Eine Interpretation der Einleitung zum Dialog Justins (AthD 9), Kopenhagen 1966, 233 f. – B. Pouderon, La conversion chez les Apologistes grecs: J.-C. Attias (Hrsg.), Histoire et anthropologie des ph nom nes de conversion, Paris 1997, 143–167, 147–152. – J. C. M. van Winden, An Early Christian Philosopher. Justin Martyr’s Dialogue with Trypho, Chapters one to nine (PhPatr 1), Leiden 1971, 42–45. 1 Die Idee einer von Gott schon in frühester Zeit den Menschen verliehenen Weisheit findet sich bereits bei Plat., Phlb. 16c; Tim. 47a–b; Lukian, fug. 1–23. 2 Just. vergleicht die Gründer der Philosophenschulen mit den Häretikern, die sich von der Einheit der christl. Lehre abgespalten haben. 3 Just. berichte zuvor von der Begegnung mit einem alten Mann, der ihn auf der Suche nach der wahren Philosophie auf die bibl. Propheten verwiesen hatte. 4 Wenn das durch die Offenbarung wieder hergestellte „Ursprüngliche“ ausdrücklich als „Philosophie“ bezeichnet wird, dann ist hiermit der Anspruch erhoben, dass die Fragen, die die Philosophen stets gestellt, nie jedoch angemessen gelöst hatten, im Christentum umfassend u. mit Gewissheit beantwortet würden. Die christl. Lehre ist für Just. nicht deswegen wahr, weil sie mit der Wahrheit übereinstimmt, die in den Philosophenschulen gelehrt wird, sondern weil sie die Vollgestalt der Wahrheit ist, deren Fragmente in den einzelnen Philosophien erhalten geblieben sind.

Nr. 304 L: I. Krivouchine, L’ poque pr chr tienne dans l’histoire eccl siastique d’Eus be de C sar e: Traditio 51 (1996) 287–294. – F. Ricken, Zur Rezeption der platonischen Ontologie bei Eusebios von Kaisareia, Areios und Athanasios: ThPh 53 (1978) 321–352, 336 f. 1 Vgl. Just., 1 apol. 46,3 (Nr. 136).

Nr. 305 1 Abraham, Isaak, Jakob u. alle Patriarchen. 2 Entweder sind drei Stufen des spirituellen Lebens oder drei soziale Klassen gemeint.

Nr. 306 1 Hell nismos bedeutet den griech.-röm. Polytheismus, also das Heidentum.

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D) Vernunftgemäßer Glaube als apologetisches Argument I. Die Option für den Logos gegen den Mythos 1) Eine Grundentscheidung des Christentums L: J. Ratzinger, Wahrheit des Christentums?: A. Raffaelt (Hrsg.), Weg und Weite. FS K. Lehmann, Freiburg i. Br. 2001, 631–642. – B. Studer, Schola christiana, Paderborn 1998, 151–170

2) Christliche Kritik der antiken Religion L: H. W. Attridge, The philosophical Critique of Religion under the Early Empire: ANRW II 16/1, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1978, 45–78. – M. Carena, La critica della mitologia pagana negli apologeti greci del II secolo: Did. N.S. 1 (1923) Fasc. II 23–55; Fasc. III 3–42. – J.-C. Fredouille, Götzendienst: RAC 11 (1981) 828–895. – P. Hacker, The Religions of the Gentiles as viewed by Fathers of the Church: Ders., Theological Foundations of Evangelization (VIMW), St. Augustin 21983, 35–57. – R. P. C. Hanson, The Christian Attitude to Pagan Religions up to the Time of Constantine the Great: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 910–973. – S. Jannoccone, Polemiche nella letteratura cristiana contro le religioni d’oriente: Aevum 22 (1948) 67–74. – A. Luneau, Pour aider au dialogue: les P res et les religions non chr tiennes: NRTh 89 (1967) 821–939. – I. Opelt, Die Polemik in der christlichen lateinischen Literatur von Tertullian bis Augustin (BKAW N.F. II/63), Heidelberg 1980, 11–19, 76–83, 181 f. – M. Rizzi, Il sacrificio pagano nella polemica dell’apologetica cristiana del II secolo: ASEs 18 (2001) 197–209. – J. P pin, Mythe et all gorie, Paris 21976, 276–392. – M. Simon, Les dieux antiques dans la pens e chr tienne: ZRGG 6 (1954) 97–114. – R. Turcan, Les P res ont-ils menti sur les myst res pa ens?: Les P res de l’ glise au XXe si cle. Histoire-Litt rature-Th ologie. , Paris 1997, 35–55. – G. Vall e, Le lieu patristique d’une th ologie des religions: ScEs 28 (1976) 55–64. – J.-M. Vermander, La pol mique des Apologistes latins contre les Dieux du paganisme: RechAug 17 (1982) 3–128

a) Rezeption vorchristlicher Ansätze

Nr. 310 1 Dem Denker Euhemerus (ca. 280 v. Chr.) wurde die These zugeschrieben, die Götter seien ursprünglich mächtige Menschen – Herrscher, Wohltäter, Erfinder – gewesen, die nach ihrem Tod von ihren Zeitgenossen aus Dankbarkeit, Bewunderung oder Furcht vergöttlicht wurden. Das euhemerist. Argument wurde von den Apologeten vielfach gebraucht (vgl. Lakt. Nr. 210, 327, 333,). Nikanor, wohl eher: Nikagor v. Zypern 4. Jh. v. Chr., Naturphilosoph oder Periheget, vgl. Arnob., nat. 4,29. Hippon, ca. 480/70– 400, pythagoreischer Naturphilosoph, erst spät u. irreführend als Atheist bezeichnet (DK 38 A4; 6; 8). Diagoras, vgl. Nr. 205 Anm. 1; Theodoros, vgl. Nr. 208 Anm. 3.

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Nr. 311 L: B. Cardauns, Varro und die römische Religion. Zur Theologie, Wirkungsgeschichte und Leistung der „Antiquitates Rerum Divinarum“: ANRW II 16/1, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1978, 80–103. – A. Cortesi, Varrone e Tertulliano. Punti di continuit : Aug. 24 (1984) 349–365. – G. Lieberg, Die „theologia tripartita“ in Forschung und Bezeugung: ANRW I 4, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1973, 63–115. – J.-C. Fredouille, La th ologie tripartite, mod le apolog tique (Ath nagore, Th ophile, Tertullien): D. Porte–J.-P. N raudau (Hrsg.), Res Sacrae. Hommages H. Le Bonniec (CollLat 201), Brüssel 1988, 220–235. – J. H. Wazink, Varrone nella letteratura cristiana dei primi secoli: Atti del congresso internazionale di studi Varroniani, Rieti 1976, 209–223 (= Ders., Opuscula selecta, Leiden 1979, 386–400) 1 Die auf älteren griech. Traditionen beruhende theologia tripartita des röm. Enzyklopädisten Varro (116–27) war bereits Ausdruck einer kritischen Reflexion über die Phänomene der heidn. Religion. Vgl. Aug., civ. 6,5 (Nr. 345). Tert. knüpft hieran an, zeigt jedoch zugleich das Ungenügen der bisherigen Kritik auf, indem er alle drei Arten von Religion mit der Wahrheit konfrontiert.

c) Kritik der Kultpraxis

Nr. 314 1 Die Kritik gilt folgenden Riten: 1) Bei den Lupercalien (15. Febr.) liefen nur mit einem Ziegenfell bekleidete Männer um den Palatin herum. 2) Die Salier, Priester des Mars, trugen, mit Filzhüten bedeckt, zwölf heilige Schilde in Prozessionen umher. 3) Die Galli, Kultdiener der Kybele, schlugen bei ihren Prozessionen Tamburine u. bettelten um Almosen. 4) Der Demetertempel in Arkadien u. der Kybeletempel in Theben durften nur einmal jährlich betreten werden. 5) Der Poseidontempel v. Mantinea sowie das Heiligtum v. Ananke u. Bia auf Akrokorinth waren völlig unzugänglich. 6) Die Tempel der Demeter in Hermione u. der Bona Dea in Rom waren Männern verboten, an den Kulten des Herakles u. Silvanus durften keine Frauen teilnehmen. 7) Sklaven waren u. a. vom Heratempel auf Kos u. vom Kult der Mater Matuta ausgeschlossen. 8) Die Bildnisse der Fortuna Muliebris u. Mater Matuta durfte nur eine einmal verheirate Frau umkränzen. 9) Eventuell Anspielung auf die Teilnahme von Prostituierten an den Floralia. 2 Im Kybelekult kam es während der Exstase der Galii zu Selbstkastrationen, die die Wahnsinnstat des Attis nachahmen sollten. 3 Zur Praxis der Menschenopfer vgl. Min. Fel., Oct. 30,3–4 (Nr. 186).

Nr. 315 1 Lakt. verschweigt, dass die Abwertung materieller Opfer zugunsten der Gesinnung des Opfernden keineswegs nur biblische Lehre (u. a. Jes 1,11; 1 Tim 1,5) ist, sondern auch von heidn. Autoren bezeugt wird, z. B. Cic., nat. deor. 2,28,71; Sen., frg.123; zahlreiche Belege bei Pellegrino, Minucius Felix, Octavius 235 f. 2 Das Bild ist entlehnt aus Cic., leg. 2,24, wo es u. a. heißt: „In Reinhheit, so gebietet das Gesetz, soll man vor die Götter hintreten, das heißt, mit einer reinen Geistseele.“ 3 Gemeint ist die Taufe.

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Nr. 316 1 Die Formel ist ein Symbolon des Attis-Kultes, durch das der Myste sich als bereits Iniitierter zu erkennen gibt, um in einen höheren Grad eingeweiht zu werden. Zum folgenden Gedanken, dass die heidn. Mysterienkulte nur eine diabolische Nachahmung der christl. Mysterien seien, vgl. Nr. 284.

Nr. 317 1 Aug. hatte zuvor naturphilosophische Interpretationen (physiologiae) kritisiert, die die Götter letztlich nur auf zeitlich-irdische Geschöpfe, auf eine körperlich-wandelbare Natur zurückführte. d) Kritik der paganen Gottesvorstellungen L: H. Dörrie, Gottesvorstellungen: RAC 12 (1983) 81–154, 125 f. – R. P. C. Hanson, The Christian Attitude to Pagan Religions up to the Time of Constantine the Great: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 934–938. – J. C. Joosen–J. H. Waszink, Allegorese: RAC 1 (1950) 283–293, 283–288. – J. P pin, Christianisme et mythologie. L’evh m risme des auteurs chr tiens: Ders., De la philosophie ancienne la th ologie patristique, London 1986, VII, 1–16. – Ders., Mythe et all gorie, Paris 21976, 405–431. – K. Thraede, Euhemerismus: RAC 6 (1966) 877–890. – M. Vermander, La pol mique des Apologistes latins contre les Dieux du Paganisme: RechAug 17 (1982) 3–128, 12–21

Nr. 318 1 Zum Vorwurf, dass die heidn. Gottesvorstellungen zur Immoralität führen, vgl. Nr. 186, 188.

Nr. 319 1 Ca. 460–390, ion. Naturphilosoph. Sein Werk „Über Homer“ deutete erstmals die Ilias systematisch in Naturphilosophie um (Achilles = die Sonne; Hektor = der Mond; Agamemnon = der Äther usw.).

Nr. 321 1 Die Verbannung des Dichters aus dem Lektürekanon des platon. Idealstaates wird mehrfach von den Apologeten zur Mythenkritk herangezogen; vgl. Min. Fel., Oct. 23,1; Aug., civ. 2,14. Vgl. H. Dörrie, Der Platonismus der Antike 2, Stuttgart 1990, 58–71, 303–315.

Nr. 322 1 Zwei Mimographen wahrscheinlich aus der Zeit der antoninischen Kaiser. Ihre Werke sind nicht erhalten. Der Mimus war zusammen mit dem Pantomimus in der Kaiserzeit die beherrschende Lustspielgattung. Anspruchslosigkeit, Obszönität u. Spott über polit. Autoritäten u. Götter waren charakteristisch.

Nr. 325 L: J. Bouffartigue, L’Empereur Julien et la culture de son temps, Paris 1992, 574–577. – J. P pin, A Propos de l’histoire de l’ex g se all gorique, l’absurdit signe de l’all gorie: StPatr 1 (1957) 395–413 1 Zuvor hatte Julian den Attis-Kybele-Mythos neoplatonisch, rationalistisch-meta-

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physisch interpretiert. Demzufolge symbolisiert der Mythos den Abstieg der schöpferischen Intelligenz aus der transzendenten Welt in die materielle Welt u. ihre Rückkehr zum intelligiblen Gott, dem Ursprung ihres Seins. 2 Diese doppelte Lesart der Mythen – für die breite Masse, für die Fortgeschrittenen – wird auch von den christl. Apologeten für die Bibellektüre aufgegriffen, jedoch in kritischer Absetzung von der heidn. Praxis. Vgl. Orig., Cels. 1,18 (Nr. 459); Gr. Naz., or. 4,118–119 (Nr. 460).

Nr. 326 1 Die Gesprächspartner in Ciceros Werk De republica. 2 Aug. zitiert mehrfach diese Terenz-Stelle; vgl. Nr. 195 Anm. 4. 3 Dies hatte auch Kaiser Julian geplant, vgl. Nr. 91, 96.

Nr. 327 1 Vgl. Nr. 310 Anm. 1. 2 Vgl. Nr. 311 Anm. 1. 3 Leon v. Pella (?), als ägypt. Priester bezeichneter Autor einer Schrift „Über die ägypt. Götter“. Wird in einem legendären Brief Alexanders d.Gr. (356–323) an seine Mutter Olympias als Autorität dafür zitiert, dass die Götter in Wirklichkeit Menschen gewesen seien. Sonst unbekannt, aber häufig von den Apologeten zitiert; vgl. Athenag., leg. 28,1; Tat., or. 27,3; Min. Fel., Oct. 21,3–22,2; Arnob., nat. 4,29; Aug., civ. 8,5.27.

Nr. 328 1 Mit dieser Position distanziert sich Aug. von der ältesten griech. Denktradition, derzufolge der Theologiebegriff einen kosmologischen Ursprung hatte. Vgl. W. Jaeger, Die Theologie der frühen griechischen Denker, Stuttgart 1953. 2 Hierin liegt der Unterschied zu den mythischen u. politischen Göttern (vgl. Nr. 345) sowie die Übereinstimmung des christl. Gottesbildes mit der philosoph. Aufklärung der Antike. 3 Hiermit ist eine Trennung zwischen der allumfassenden Natur u. dem sie begründenden, ihr Ursprung verleihenden Sein vollzogen. Damit sind zugleich erstmals Physik u. Metaphysik klar voneinander unterschieden. 4 Das euhemerist. Argument. e) Kritik der Idolatrie L: P. C. Finney, Idols in Second and Third Century Apology: StPatr 17/2 (1982) 684–687. – J.-C. Fredouille, Götzendienst: RAC 11 (1981) 843–846. – H. Funke, Götterbild: RAC 11 (1981) 659–828, 782–805. – F. Heim, Le Dieu et sa statue. Des traces d’herm tisme dans les Apologistes latins: RevSR 77 (2003) 31–42

Nr. 329 1 Hdt. 2,172 berichtete die Geschichte von Pharao Amasis (569/26), der aus einem Fußwaschbecken eine Götterstatue anfertigen ließ. Diese Anekdote wurde häufig von den Apologeten zitiert; vgl. Athenag., leg. 26,6; Min. Fel., Oct. 24,7.

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Nr. 331 L: F dou, Christianisme (L 40), 310–322 1 Dieser Passus des Stoikers Zenon (ca. 334–263) wurde häufig von heidn. (Plutarch, Stobaeus, Cassius Scept.) u. christl. Autoren (Clem. Alex., Epiph., Thdt.) zitiert; vgl. SVF I,264–267. 2 Orig., exh. mart. 7 stellt dieser Praxis die konsequente Kultverweigerung der Christen gegenüber. Zur beschriebenen Haltung der Philosophen vgl. Sextus Emp., adv. Math. 9,49; vgl. auch Nr. 475–478.

Nr. 334 L: J. Bidez, Vie de Porphyre, Hildesheim 1964, 21 f. – M. P. Nilsson, Geschichte der griech. Religion II, München 41988, 439 f. 1 Die Bezeichnung entspricht den viri novi bei Arnob., nat. 2,15 (Nr. 57) u. bezieht sich auf Porph., der dadurch einen neuen Weg beschritten hatte, dass er die platon. Philosophie mit der Theologie der Alten, d. h. den Orakeln des Volksglaubens verbunden u. eine allegorisch-rationalistische Interpretation (Physiologie) der griech. u. ägypt. Mythologie vollzogen hatte. Hierbei knüpfte Porph. zwar an die physiolog. Erklärungsmethoden älterer Philosophen an, teilte aber systematisch die kosmischen Kräfte auf die einzelnen Götter unter Heranziehung der Astrologie auf. Vgl. Beatrice, Oracle antichr tien (L 57), 120–123. 2 Porph. zitiert den Eingangsvers eines orphischen hieros logos (Orph. frg. 247,1 Kern), der sich ursprünglich auf die Nicht-Eingeweihten der Mysterien bezog, nun aber auf die Kritik übertragen wird, die Unwissende, d. h. Christen, gegen die traditionelle Verehrung von Götterbildern bei den Heiden richten. Vgl. Beatrice, Oracle antichr tien, 110; Zeegers-Vander Vorst, Citations (L Nr. 205 Anm. 4), 261 Nr. 6. 3 Die Juden u. Christen.

Nr. 335 1 Nach neoplaton. Vorstellung waren die Himmelskörper Abbilder der unsichtbaren intelligiblen Götter u. daher selbst göttlichen Wesens.

Nr. 336 1 Die Zeitspanne verweist auf den Baubeginn des Kapitoltempels unter Tarquinius Priscus. Die These eines bilderlosen Kultes im ältesten Rom ist historisch umstritten. 2 Insofern von einer gestaltlosen Gottheit (numen) ein stärkerer Schauer ausgeht als von einem Bild in vertrauten menschlichen Formen, beseitigte die Einführung von Bildnissen die Götterfurcht.

f) Entlarvung der dämonischen Einflüsse L : J. Ries–H. Limet (Hrsg.), Anges et d mons. Actes du Colloque de Li ge et de Louvain-La-Neuve, 25–26 novembre 1987 (HoRe 14), Li ge–Louvain-La-Neuve 1989, 337–352. – P. G. van der Nat, Geister (Dämonen) III: RAC 9 (1976) 737–744. – H. Wey, Die Funktion der bösen Geister bei den griechischen Apologeten des 2. Jh., Winterthur 1957

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Nr. 337 1 Im Kybele-Kult. 2 Die Priester der Artemis v. Ephesus waren Eunuchen. 3 Es handelt sich um eine Interpolation. Die in den Text eingefügte Glosse spielt auf die Artemis von Taurus an. 4 Wahrscheinlich eine Anspielung auf die Gläubigen der syr. Göttin Atargis. 5 Zitat eines unbekannten Tragikers (frg. 455 Nauck), das auch als Scholion zu Soph., Ant. 620 bekannt ist. 6 Dies ist die stoische Theorie der Erkenntnis, die der Realität entsprechen oder nicht entsprechen kann. Für Athenag. resultiert die Täuschung aus dem Wirken der Dämonen. 7 Die Seele ist von Natur aus fähig zur Weissagung. Vgl. Aristot. bei Sextus Emp., adv. Phys. 1,20–22; Dikaiarch bei Cic., nat. deor. 1,113.

Nr. 339 1 Nach Plat., apol. 31d besaß Sokrates ein Daimonion, das ihm gelegentlich von bestimmten Taten abriet. 2 Meist: Ostanes, pers. Magier u. Theologe, geistiger Erbe Zoroasters, soll Xerxes 479 v. Chr. nach Griechenland begleitet u. den Okkultismus dorthin gebracht haben.

Nr. 340 L: Bardy, Cit de dieu VI–X (BAug 34), note compl. 71. – Fuhrer, Die Platoniker (L 66), 93–95. – Ratzinger, Volk und Haus Gottes (L 345), 188–196 1 Die Platoniker schrieben den Dämonen eine Mittlerfunktion zwischen dem Göttlichen u. dem Menschlichen zu, die Augustin in civ. 9 eingehend widerlegt, um Christus, den Gottmenschen, als den einzig wahren Mittler zu erweisen.

3) Das Christentum als die „wahre Religion des wahren Gottes“ L: J. Ratzinger, Wahrheit des Christentums?: A. Raffaelt (Hrsg.), Weg und Weite. FS K. Lehmann, Freiburg i. Br. 2001, 631–642. – M. Sachot, Comment le Christianisme estil devenu religio? RevSR 59 (1985) 95–118. – M. Sachot, . Historique d’une subversion et d’un retournement: RHR 208 (1991) 355–395

Nr. 341 1 Die unwürdigen Gottesvorstellungen, wie sie Tert. zuvor (Nr. 322) beschrieben hatte.

Nr. 342 1 Zur spontanen Gotteserkenntnis der Heiden vgl. Nr. 140–143.

Nr. 344 1 Indem der christl. Gott mit dem philosoph. Urgrund allen Seins identifiziert wird, war nicht nur eine Entscheidung gegen den Mythos für den Logos getroffen, sondern gleichzeitig eine in der Antike neuartige Synthese von Religion und Metaphysik verwirklicht.

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2 Aug. leitet hier das Wort religio von re-ligare (zurückbinden) ab; vgl. auch Lakt., inst. 4,28,1–2.12. Aug., retr. 1,13,9 kennt jedoch auch die von Cic., nat. deor. 2,72 erwähnte Etymologie, die das Wort von religere-relegere – im Sinn einer Wahlentscheidung – ableitet.

Nr. 345 L: G. Barra, La figura e l’opera di Terenzio Varrone Reatino nel De civitate Dei di Agostino, Neapel 1969. – P. C. Burns, Augustine’s use of Varro’s Antiquitates rerum divinarum in his De civitate Dei: AugSt 32 (2001) 37–64. – A. Dihle, Die Theologia tripertita bei Augustin: H. Cancik u. a. (Hrsg.), Geschichte-Tradition-Reflexion, FS M. Hengel zum 70. Geb., II Griechische und Römische Religion, Tübingen 1996, 183–202. – W. Geerlings. Die „theologia mythica“ des M. Terentius Varro: G. Binder–B. Effe (Hrsg.), Mythos (Bochumer Altertumswissenschaftliches Colloquium 2), Trier 1990, 205–222. – G. O’Daly, Augustine’s Critique of Varro on Roman Religion: A. H. Sommerstein (Hrsg.), Religion and Superstition in Latin Literature (Nottingham Classical Literature Studies 3), Bari 1996, 65–77. – J. Ratzinger, Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche (MThS.S 7), St. Ottilien 21992, 267–276. – F. Silitti, La critica di Agostino a Varrone (De civ. Dei VI,2): Aug. 16 (1976) 135–143 1 Q. Mucius Scaevola, ca. 140–82, berühmter Jurist, Konsul 95 v. Chr., seit ca. 89 v. Chr. Pontifex Maximus. Die Klassifizierung der Götter entspricht der Varros (Nr. 311). Zur augustin. Darstellung der Position Scaevolas vgl. J. P pin, Mythe et all gorie, Paris 21976, 13–28. 2 Vertreter der stoischen Lehre in Cic., nat. deor. (fiktives Datum: 77/5). 3 Vgl. Nr. 311 Anm. 1. 4 Der mythischen Theologie entsprach das Theater, das einen religiös-kultischen Rang besaß, insofern nach der herrschenden Meinung die Schauspiele auf Weisung der Götter in Rom eingeführt worden seien. 5 Varro war überzeugt, dass die ursprünglich reine Gottesvorstellung, die der theologia naturalis entsprach, allmählich durch den Einfluss der Dichter entstellt worden sei. 6 Auch Cic., nat. deor. frg. 1 (= Lakt., inst. 2,3,2) plädierte für eine unvollständige Unterrichtung des Volkes, das nicht alles wissen sollte, was Gegenstand philosophischer Diskussionen war. 7 Die Lehre von der Weltseele gehörte zum platonischen und stoischen Gedankengut. 8 Auch Varro war überzeugt, dass die Götter der theologia naturalis jeder menschlichen Gemeinschaft vorausgingen, doch galt sein Interessse nicht ihnen, sondern den historischen Kultformen des röm. Staates, also der theologia civilis. 9 Nach Aug. darf sich Religion nicht staatlichen Interessen unterordnen, sondern allein an der Wahrheit orientieren. Religion ist keine Einrichtung des Staates, sondern schafft sich selber eine Gemeinschaft von Menschen, die aus der Wahrheit leben. So ermöglicht sie zugleich die Befreiung zur Wahrheit vom Zwang der Gewohnheit (consuetudo). Vgl. J. Ratzinger, Die Einheit der Nationen. Eine Vision der Kirchenväter, München 1971, 73–76. 10 Im philosoph. Schulbetrieb.

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II. Der Disput mit der Philosophie 1) Philosophischer Monotheismus und christliches Gottesbild a) Anknüpfung und Korrektur L: P. Athanassiadi–M. Frede (Hrsg.), Pagan Monotheism in Late Antiquity, Oxford 1999. – C. J. De Vogel, L’acceptation de la notion philosophique de Dieu comme probl me doctrinal de la th ologie chr tienne des premiers si cles: ScTh 11 (1979) 929–952. – H. Dörrie, Gottesbegriff: RAC 11 (1981) 944–951. – J. P. Kenney, Mystical Monotheism. A study in Ancient Platonic Theology, Hannover–London 1991. – J. Lortz, Das Christentum als Monotheismus in den Apologien des zweiten Jahrhunderts: A. M. Koeniger (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte des christlichen Altertums und der byzantinischen Literatur. FS A. Ehrle, Bonn–Leipzig 1922, 301–327. – C. Moreschini, Monoteismo cristiano e monoteismo platonico nella cultura latina dell’et imperiale: Platonismus und Christentum. FS H. Dörrie (JAC.E 10), Münster 1983, 133–161. – Ch. Stead, Die Aufnahme des philosophischen Gottesbegriffs in der frühchristlichen Theologie: W. Pannenbergs These neu bedacht: ThR 51 (1986) 349–371. – W. Pannenberg, Die Aufnahme des philosophischen Gottesbegriffs als dogmatisches Problem der frühchristlichen Theologie: ZKG 70 (1959) 1–45 (= Ders., Grundfragen Systematischer Theologie, Göttingen 21971, 296–341)

Nr. 346 1 Diese Dreiteilung des Göttlichen findet sich in dieser prägnanten Form nicht im Werk Platons, ist aber – oft diffus u. nicht ohne Widersprüche – implizit in seiner Theologie enthalten. 2 Die Dämonen sind gemeint.

Nr. 347 L: E. Peterson, Der Monotheismus als politisches Problem: Ders., Theologische Traktate, München 1950, 45–147 1 Seit hellenist. Zeit galt Gott als Monarch, der die Welt nicht selber regiert, sondern diese Aufgabe verschiedenen Welthütern überlässt, denen die einzelnen Nationen anvertraut sind. Damit war der Polytheismus erneut gerechtfertigt, aber zugleich ein letztes höchstes Prinzip anerkannt. Der häufig zitierte Vergleich mit dem persischen Großkönig u. seinen Satrapen findet sich erstmals bei Ps.-Aristot., mund. 398a. Vgl. Lakt., inst. 2,16,7 (Nr. 351); Mac. Magn., apocr. 4,20 (Nr. 350); Julian, Gal. frg. 28 (Nr. 509).

Nr. 348 1 Nach Hdt. 3,82–87 sprachen die sieben Fürsten der Perser demjenigen das Königtum zu, dessen Pferd zuerst wiehere. Dareios errang durch eine List den Thron. 2 Die Söhne des Ödipus, Eteokles u. Polyneikes, wollten jährlich abwechselnd herrschen, doch weigerte sich Eteokles nach einem Jahr, die Herrschaft abzutreten. Polyneikes erklärte daraufhin den Krieg, in dem sich beide Brüder gegenseitig töteten. 3 Nach der Gründungssage Roms kam es zu einem tödlichen Konflikt zwischen Romulus u. Remus.

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4 Anspielung auf den Bürgerkrieg 49/8 v. Chr. zwischen Pompeius u. seinem Schwiegervater Caesar. 5 Zum Monotheismus spontaner Äußerungen vgl. Oct. 18,11(Nr. 142). 6 Vgl. Hom., Il. 1,544: pat r andr n te the n te; Ennius, ann. 175: divum pater atque hominum. 7 Der folgende Philosophenkatalog entstammt Cic., nat. deor. 1,10–15, 25–41. Dort hatte jedoch der Epikureer Vellius die vor Epikur lebenden Philosophen angeführt, um ihre Widersprüche bezüglich des Problems des Göttlichen aufzuzeigen. Min. Fel. übernimmt das Material, verleiht ihm jedoch die entgegengesetzte Tendenz, indem er zeigt, wie der christl. Monotheismus latent bereits im Denken der vorchristl. Philosophen gegenwärtig war. 8 Thales, 1. Hälfte 6. Jh. v. Chr., Begründer der ion. Naturphilosophie. Vgl. Cic., nat. deor. 1,25. 9 Anaximenes v. Milet, Mitte 6. Jh. v. Chr.; Diogenes v. Apollonia, 2. Hälfte 5. Jh. v. Chr., war sein Schüler. Vgl. Cic., nat. deor. 1,26.29. Min. Fel. lässt den bei Cic., nat. deor. 1,25–26 erwähnten Anaximander fort, dessen Hypothese zahlloser Götter mit dem Monotheismus unvereinbar war. 10 Anaxagoras v. Klazomenai, ca. 500–428, Naturphilosoph. Vgl. Cic., nat. deor. 1,26. 11 Pythagoras v. Samos, 6. Jh. v. Chr. Vgl. Cic., nat. deor. 1,27. Wiederum verschweigt Min. Fel. den bei Cic., nat. deor. 1,27 genannten Alkmeon v. Kroton, da er die Gestirne vergöttlichte. 12 Xenophanes v. Kolophon, ca. 580–480, Theologe, Philosoph u. Dichter. Vgl. Cic., nat. deor. 1,28. 13 Antisthenes, ca. 455–ca. 360, Anhänger des Sokrates, Gründer der kynischen Schule. Vgl. Cic., nat. deor. 1,32. 14 Speusipp, ca. 407–339, Platons Nachfolger als Leiter der Akademie 347–339. Vgl. Cic., nat. deor. 1,32. 15 Demokrit v. Abdera, ca. 460–365, wichtigster Vertreter der Atomen-Lehre. Vgl. Cic., nat. deor. 1,29 16 Straton v. Lampsakos, Schüler des Theophrast u. dessen Nachfolger als Haupt der peripatet. Schule 287–269. Vgl. Cic., nat. deor. 1,35. 17 Epikur, 342–270, betrachtete die Götter als unvergängliche Atomkompositionen, die sich um die kosmischen u. menschlichen Angelegenheiten nicht kümmern. Von den Apologeten daher sonst kritisiert. Vgl. Cic., nat. deor. 1,53.123; 2,59; Tert., nat. 2,2,8. 18 Aristoteles, 384–322, Gründer der peripateischen Schule. Vgl. Cic., nat. deor. 1,33. 19 Theophrast, 372–287, Schüler des Aristoteles u. dessen Nachfolger als Schulhaupt. Vgl. Cic., nat. deor. 1,34–35. 20 Herakleides Pontikos, ca. 390–310, Schüler des Speusipp, Platon u. Aristoteles. Vgl. Cic., nat. deor. 1,34. 21 Zenon v. Kition, 336–263, Gründer der Stoa. Vgl. Cic., nat. deor. 1,36; 2,63–66. Chrysipp, ca. 280–208, Stoiker u. Nachfolger des Kleanthes. Vgl. Cic., nat. deor. 1,39–41. Kleanthes, 331–232, Nachfolger Zenons. Vgl. Cic., nat. deor. 1,37. 22 Diogenes v. Babylon, ca. 240–142, Schüler des Chrysipp, Leiter der stoischen Schule Mitte 2. Jh. v. Chr. Vgl. Cic., nat. deor. 1,41.

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23 Xenophon v. Athen, ca. 427- nach 355, Autor histor.-philosophischer Werke. Vgl. Cic., nat. deor. 1,31. 24 Ariston v. Chios, Mitte 2. Jh. v. Chr., Schüler des Zenon. Vgl. Cic., nat. deor. 1,37. 25 Platon wird gegen die bisher weitgehend eingehaltene chronolog. Reihenfolge wirkungsvoll zum Schluss mit dem von den Apologeten häufig angeführten TimaiosZitat genannt. Vgl. Nr. 371 Anm. 6. Aufgrund der ungünstigen Darstellung Platons durch den Epikureer Vellius bei Cic., nat. deor. 1,30 folgt Min. Fel. hier seiner Quelle nicht.

Nr. 350 1 Ähnlich argumentierte Julian (Nr. 500).

Nr. 351 1 Vgl. Nr. 206 Anm. 1. b) Trinitätsglaube und Logosbegriff L: K. Beyschlag, Grundriß der Dogmengeschichte 1, Darmstadt 21988, 119–128. – A. Grillmeier, Fragmente zur Christologie. Studien zum altkirchlichen Christusbild, hrsg. Th. Hainthaler, Freiburg 1997, 95–98. – Ders., Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Freiburg i. Br. 1979, I 225–231

Nr. 353 L: L. W. Barnard, God, the Logos, the Spirit and the Trinity in the Theology of Athenagoras: StTh 24 (1970) 70–92

Nr. 354 L: G. Kretschmar, Theophilus von Antiochien und die Trias Gott–Wort–Weisheit: Ders., Studien zur frühchristlichen Trinitätslehre, Tübingen 1956, 27–61 1 Theoph. unterscheidet erstmals zwischen dem logos endiathetos u. dem logos prophorikos, um die Zeugung des Sohnes aus dem Vater mit dem Hervorgehen des äußeren aus dem inneren Wort zu vergleichen.

Nr. 355 1 Aus apologet. Motiven verschweigt Tert. hier die tiefgreifenden Unterschiede zwischen der christl. u. der stoischen Vorstellung vom Logos. In der Nachfolge von Heraklit sahen die Stoiker im Logos die weltimmanente, den ganzen Kosmos durchdringende u. lenkende Sinnhaftigkeit u. Vernunft, während der christl. Begriff die Welttranszendenz des Logos einschließt. 2 Zu den Stoikern Zeno u. Kleanthes vgl. Min. Fel., Oct. 19,10 (Nr. 348).

Nr. 356 L: F dou, Christanisme (L 40), 239–241. – L. Lies, Origenes – auf dem Weg nach Chalcedon. Plausibilität des Christentums in Origenes’ Contra Celsum: O. Muck (Hrsg.), Sinngestalten. Metaphysik in der Vielfalt menschlichen Fragens. FS E. Coreth, Innsbruck–Wien 1989, 90–103

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Nr. 357 1 Zu Photinus vgl. Julian, ep. 30 (Nr. 84). 2 Julian gebraucht den christl. Terminus theotokos, der 341 auf dem Konzil von Ephesus dogmatisiert wurde.

2) Griechische Kosmologie und biblischer Schöpfungsglaube L : F. Chapot, Les apologistes grecs et la cr ation du monde. propos d’Artistide, apologie 4,1 et 15,1: Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 199–218. – G. May, Schöpfung aus dem Nichts. Die Entstehung der Lehre von der Creatio ex nihilo (AKG 48), Berlin–New York 1978, 120–182. – W. Pannenberg, Die Aufnahme des philosophischen Gottesbegriffs als dogmatisches Problem der frühchristlichen Theologie: ZKG 70 (1959) 17–20. – Ders., Theologie und Philosophie, Göttingen 1996, 59–61. – L. Scheffczyk, Schöpfung und Vorsehung (HDG II 2a), Freiburg 1963, 34–41

Nr. 359 1 Dass die Welt um des Menschen willen erschaffen sei, entsprach nicht nur dem bibl. Schöpfungsbericht, sondern auch stoischer Lehre, an die die Apologeten in diesem Punkt häufig anknüpften. Allerdings sah Justin noch keinen Gegensatz zwischen dem christl. Schöpfungsglauben und der platonischen Vorstellung der Formung einer immer schon existierenden gestaltlosen Materie. 2 Nach Hes., theog. 123 „entstanden aus dem Chaos Erobos (die Finsternis) und die schwarze Nacht.“

Nr. 360 1 Tatian distanziert sich vom stoischen Verständnis des pneuma. 2 Gegen die platonische u. stoische Lehre des ungeschaffenen Charakters der Materie, die somit ein mit Gott gleichewiges Prinzip ist, betont Tatian klar die creatio ex nihilo.

Nr. 361 1 Nach Epikur (341–270) war es mit der Seligkeit der Götter unvereinbar, sich um die Belange der Welt zu kümmern; vgl. frg. 364 (Us.); Cic., nat. deor. 1,51. Der Stoiker Chrysipp v. Soloi (ca. 281–208) lehrte in seinem Buch „Über die Vorsehung“, dass allein der Kosmos selbstgenügsam sei, weil allein er alles in sich habe, was er brauche; vgl. Plut., de Stoic. repugn. 39,1052 c–d. 2 Epikur lehnte eine teleologische Weltsicht ab. Die Welt sei vielmehr das Resultat zufälliger Atomkollisionen; vgl. frg. 383 (Us.); Lucr., 5,419 ff. 3 Vgl. Menander, sent. 81. 4 So die Stoiker. 5 Vgl. Apul., Plat. 1,5,190–192. 6 Die Idee einer Gott ewig koexistierenden Materie ist mit einem streng monotheistischen Gottesbegriff unvereinbar.

Nr. 362 1 Mit dem Nachweis einer speziell dem Menschen geltenden Vorsehung, die weniger der Struktur des Kosmos als dem Lauf der Geschichte eingeschrieben ist, soll die

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Kulmination der Vorsehung im Geschehen der Inkarnation glaubwürdig gemacht werden, die andernfalls – außerhalb dieser providentiellen Heilsökonomie – einem Mythos ähnelte.

Nr. 363 L: S.-P. Bergjan, Der fürsorgende Gott. Der Begriff der Pronoia in der apologetischen Literatur der Alten Kirche (AKG 81), Berlin 2002. – H. Koch, Pronoia und Paideusis. Studien über Origenes und sein Verhältnis zum Platonismus (AKG 22), Bonn 1932. – P. H. Reardon, „Providence“ in Origen’s contra Celsum: EkklPh 55 (1973) 501–516 1 Celsus griff das anthropozentrische Weltbild der Christen an, da dieses die entscheidende Voraussetzung war, um die Inkarnation u. den christl. Erlösungsglauben verstehen zu können. Mit seinen entgegengesetzten Argumentationen für einen Universalismus der göttlichen Vorsehung wollte Celsus dem christl. Glauben an eine göttliche Intervention zugunsten des Menschen das Fundament entziehen. Die christl. Apologetik berief sich wiederum auf die stoische Lehre der Anthropozentrik des Kosmos, um einer Bestreitung der Vorrangstellung des Menschen zu begegnen. Vgl. Cic., nat. deor. 2,154 (= SVF II,1131). 2 Vgl. die Sentenz des Chrysipp bei Plut., mor. 1000 f. (SVF II,1158).

3) Philosophischer Gottesbegriff und christlicher Inkarnationsgedanke L: A. Grillmeier, „Christus licet vobis invitis deus.“: Ders., Fragmente zur Christologie, hrsg. Th. Hainthaler, Freiburg 1997, 81–91

a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen Gottes? L: H. Dörrie, Das Gebäude spätantiker Bildung mit seinen religiösen Zügen: H. Frohnes–U. W. Knorr (Hrsg.), Kirchengeschichte als Missionsgeschichte, München 1974, I 247–261. – Ders., Die andere Theologie: ThPh 56 (1981) 18, 20. – Ders., Die Religiosität des Platonismus im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr.: EnAC 21 (1975), 265 f. – Ders., LogosReligion? oder Nous-Theologie? Die hauptsächlichen Aspekte des kaiserzeitlichen Platonismus: J. Mansfeld–C. M. de Rijk (Hrsg.), Kephalaion. Studies in Greek Philosophy and its continuation offered to Prof. C. J. De Vogel, Assen 1975, 115–136, 124. – Ders., Was ist spätantiker Platonismus?: ThR 36 (1971), 285–302 (= Ders., Platonica Minora [STA 8], München 1976, 508–523, 520). – F. Normann, Christos Didaskalos. Die Vorstellung von Christus als Lehrer in der christlichen Literatur des ersten und zweiten Jahrhunderts (MBTh 32), Münster 1966, 106–136, 163–172

Nr. 364 L: Andresen, Logos (L 40), 89–96 1 Gegen den christl. Glauben an eine geschichtliche Intervention Gottes durch die Inkarnation führt Celsus die epikureischen Argumente gegen die stoische u. platonische Lehre von der Welterschaffung ins Feld, indem er nach Absicht, Zeit u. Art fragt. Vgl. Q. Cataudella, Celso e l’epicureismo: ASNSP 70 (1943) 1–23, 9 f.

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2 Celsus greift auf das stoische Weltbild zurück, demzufolge der Kosmos die Einheit von Himmel u. Erde, von Göttern u. Menschen ist (SVF II,528 f., 638) u. selbst die göttliche Macht an die universale Gesetzmäßigkeit gebunden bleibt. Daher wäre ein Herabkommen Gottes auf Erden eine Störung der Gesetze, die den gesamten Kosmos durchwalten. 3 Das Argument, dass die kleinste Veränderung des naturgesetzlichen Ablaufs den gesamten Kosmos in ein Chaos stürzen würde, entstammt wiederum stoischem Denken. Vgl. Andresen, Logos u. Nomos, 92 f. 4 Der Argumentation liegt der platonische Dualismus zugrunde. Vgl. Plat., resp. 381b–c; Phdr. 246d; Phd. 78c. Ebenso gründete für die Epikureer die göttliche Glückseligkeit in der vollkommenen Ruhe. Vgl. Cic., nat. deor. 1,51. 5 Nach stoischer Lehre beginnt eine Weltordnung, wenn der allgemeine Weltbrand, ein Zustand reinen Feuers (Urfeuer), abflaut, in heiße Luft übergeht, zu Feuchtigkeit kondensiert, aus der schließlich die vier verschiedenen Elemente (u. a. das Elementarfeuer) hervorgehen. Diese Prozesse sind eine Selbsttransformation Gottes. Vgl. SVF II,1052 f.

Nr. 368 1 Porphyrius wird angeredet. 2 Eventuell Marius Victorinus (Nr. 109); so A. Dyroff, Zum Prolog des JohannesEvangeliums: Pisciculi. FS J. Dölger, Münster 1939, 86–93; oder auch Mallius Theodorus, zu dem Aug. in Mailand Kontakte hatte; vgl. P. Courcelle, Recherches sur les Confessions de saint Augustin, Paris 21968, 153–156, 281–284. Schon zuvor hatten sich Neoplatoniker wie der Plotin-Schüler Amelius für den Johannes-Prolog interessiert, wobei dieser den christl. Inkarnationsglauben von der platonischen Lehre über den Fall der Seelen abzuleiten suchte; vgl. Eus., p. e. 11,19,1–4; H. Dörrie, Une ex g se n oplatonicienne du Prologue de l’ vangile de saint Jean (Am lius chez Eus be, Pr p. v. 11,19,1–4): J. Fontaine–C. Kannengießer (Hrsg.), Epektasis. M langes J.Dani lou, Paris 1972, 75–87 (= Ders., Platonica minora, München 1976, 491–507).

Nr. 369 L: W. Geerlings, Die Belehrung eines Heiden. Augustins Brief über Christus an Volusianus: B. Bruning u. a. (Hrsg.), Collectanea Augustiniana. M l. T. J. van Bavel, (BEThL 92-B), Leuven 1990, II 451–468 1 Der aus Rom nach Nordafrika geflüchtete Senator Volusianus hatte Aug. in einem Brief über Fragen informiert, die 411 ein Kreis gebildeter Heiden erörtert hatte; vgl. Nr. 125.

b) Universale Logos-Manifestation oder historisch einmalige Offenbarung?

Nr. 371 L: Andresen, Logos (L 40), 226–228. – M. F dou, L’unicit du Christ selon le Contre Celse d’Orig ne: StPatr 36 (2001) 415–420. – C. W. Macleod, Origen, Contra Celsum VII,42: JThS 32 (1981) 447. – C. Reemts, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit. Die Auseinandersetzung zwischen Celsus und Origenes im Horizont der Postmoderne: EuA 75 (1999) 5–12

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1 Der christl. Logos ist nicht Objekt menschlicher Erkenntnisbemühungen, sondern Subjekt, das dem Erkennenden selber entgegenkommt. Vgl. Reemts, Wahrheit. 2 Für seine Karikatur der jüd.-christl. Anthropozentrik bedient sich Celsus verschiedener literarischer Reminiszenzen. Der erste Vergleich ist von Hom., Od. 24,6–8 (zitiert bei Plat., resp. 387a) inspiriert, wo die Seelen der Freier Penelopes mit einem Schwarm von Fledermäusen verglichen werden. Die beiden folgenden Vergleiche sind Plat., Phd. 109b entlehnt, wo Sokrates die Menschen mit Ameisen u. Fröschen vergleicht, um zu zeigen, dass die Menschen auf der unermesslichen Erde nur einen kleinen Teil einnehmen. Vgl. M. Aubinau, Le th me du ‘Bourbier’ dans la litt rature profane et chr tienne: RSR 47 (1959) 185–214. Mit den anschaulichen Wortbildungen synedreuein (eine Sitzung halten) u. ekkl siazein (sich versammeln) zieht Celsus die Versammlungsformen der Juden u. Christen ins Lächerliche, insofern Synedrion u. Ekklesia als Winkelstätten u. Schlupflöcher kleiner Leute mit einem maßlosen Universalitätsanspruch erscheinen. 3 Vgl. Comic. Attic. Frag. III, frg. 43 (Kock). 4 Die Kritik des Celsus richtet sich in dreifacher Form gegen das christl. Prinzip der Einzigkeit: 1) Gottes Wohnen in einem einzigen Menschenleib 2) Gottes Erscheinen an einem einzigen Ort der Welt 3) Gottes Gegenwart zu einem einzigen Zeitpunkt der Geschichte. Orig. antwortet im folgenden auf diese Einwände in umgekehrter Reihenfolge, indem er die Universalität des Logos in zeitlicher, räumlicher u. ekklesiologischer Hinsicht aufzeigt. Vgl. F dou, Unicit . 5 Den Vergleich mit einem schlafenden Gott hatten bereits die Epikureer gegen den stoischen Gedanken der Welterschaffung gebraucht. Vgl. Cic., nat. deor. 1,21: „Warum sind die Erbauer der Welt plötzlich aufgetreten, haben aber vorher unzählige Zeitalter geschlafen?“ 6 Platon bezog dieses Wort auf den Demiurgen, während es in der Interpretation der Mittelplatoniker dem ersten Prinzip des Universums galt. Die christl. Apologeten beriefen sich häufig darauf, um Möglichkeit und Grenzen der natürlichen Gotteserkenntnis aufzuzeigen. Zur Auslegungsgeschichte vgl. A. D. Nock, The exegesis of Timaios 28c: VigChr 16 (1962) 79–86. 7 Das Schema entspricht der via eminentiae, negationis, analogiae u. findet sich ähnlich bei dem Mittelplatoniker Albinus, epit. 10,5–6. Vgl. P. Festugi re, La r v lation d’Hermes Trism giste IV, Paris 31954, 116–123; Macleod, Origen. 8 Orig. vertritt ein personales Wahrheitsverständnis. Im Gegensatz zum platon. Begriff des Logos, der grundsätzlich jederzeit allen Menschen zugänglich ist, bleibt nach christl. Verständnis diese Wahrheit frei, sich zu zeigen oder zu verbergen. Damit war ein denkerischer Ansatz geschaffen, um die der Vernunft unverfügbare Freiheit des geschichtlichen Handelns Gottes nochmals vor der Vernunft als das sie Übersteigende zu begründen.

Nr. 372 1 Während die philosoph. Tradition (vgl. Plat., Tim. 31d–34b), auf die Athan. sich beruft, Gott mit dem Weltkörper identifizierte, nuanciert Athan. hier diesen Gedanken, indem er behauptet, nach den Philosophen befinde sich Gott im Weltkörper. Nur so ließ sich eine Analogie zur Inkarnation herstellen. 2 Zu Kap. 44 vgl. Nr. 366.

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Nr. 373 L: Meredith, Porphyry and Julian (L 89), 1141. – Riedweg, Mit Stoa und Platon (L 89), 65, 69 1 Mit der Behauptung, dass die Gotteserkenntnis nicht gelehrt werden könne, greift Julian das Christentum als Offenbarungsreligion an. Die angeborene Gotteserkenntnis aller Menschen war eine stoische Lehre, die zu einem Gemeinplatz der eklektischen Philosophie wurde. Vgl. Dion Chrys., or. 12,27–29; Iambl., myst. 1,3. Iamblich war nicht nur Lehrer Julians, sondern beeinflusste auch den Neoplatoniker Proclus (ca. 411/85), der in seinem Parmenides-Kommentar (IV, col. 954 ed. Cousin) die Christen beschuldigte, die Frömmigkeit zerstört u. die angeborene Gotteserkenntnis verdrängt zu haben. Vgl. H. D. Saffrey, Allusions antichr tiennes chez Proclus: le diadoque platonicien: Ders., Recherches sur le N oplatonisme apr s Plotin, Paris 1990, 201–211, 207 f. 2 Julian unterscheidet also zwischen einer von Natur aus allen Menschen zukommenden Gottesahnung u. – in Anlehnung an Plat., Tim. 28c (Nr. 371 Anm. 6) – einer genauen Kenntnis des Göttlichen, die eher elitären Charakter hat. 3 Für Julian war Jesus „ein „neuer Gott aus Galiläa“ (Nr. 84). Zum späten Zeitpunkt der Inkarnation vgl. Nr. 254–257.

Nr. 374 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 177–186 1 Durch die Inkarnation lässt Christus in seiner Person u. in seinem Leben die Wahrheit für alle Menschen sichtbar werden, die schon zuvor existierte, jedoch nicht von allen irrtumsfrei erkannt wurde. Erst jetzt können die Wahrheitselemente des antiken Denkens klar erfasst werden. 2 Kritik an dem platon. Kult der als Mittlerwesen verstandenen Dämonen. Vgl. Nr. 340. Für Aug. war der Dämonenkult ein Umweg, da die Menschen vor der Inkarnation Christi nicht wussten, wie nahe ihnen Gott ist. 3 Pherekydes v. Syros (nicht Syrien, wie Aug. schreibt), 6. Jh. v. Chr., Mythograph u. Kosmologe, lehrte nach Cic., Tusc. 1,38 als erster die Unsterblichkeit der Seele. Dass Pythagoras Athlet gewesen sei, berichtet zwar Diog. Laert. 8,47 f., beruht aber auf einer Verwechslung. Die Bekehrung des Schülers Pythagoras zum Unsterblichkeitsglauben blieb nach Aug. ein Einzelfall, während das Beispiel der Auferstehung Christi dieser Überzeugung universale Geltung verschaffte. 4 Nach Aug., exp. prop. Rom. 3 hat Vergil das Wahre, das die Sibylle über Christus verkündete, fälschlicherweise auf eine andere Person bezogen. Die Prophetie der Sibylle habe jedoch von der durch Christus ermöglichten Sündenvergebung gesprochen.

4) Kontroverse Deutungen der Gestalt Christi a) Wunder L: D. E. Aune, Magic in Early Christianity: ANRW II 32/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 1507–1557. – R. M. Grant, Miracle and Natural Law in Graeco-roman and early Christian Thought, Amsterdam 1952. – G. W. H. Lampe, Miracles and early christian apologetic: C. F. D. Moule (Hrsg.), Miracles. Cambridge Studies in their Philosophy

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and History, London 1966, 205–218. – H. Remus, „Magic or Miracle“? Some SecondCentury Instances: SecCent 2 (1982) 127–156. – Wilken, Die frühen Christen (L), 95– 105

Nr. 376 L: Borret, Introd., Orig., c.Celse (SC 227), 221–232. – F dou, Christianisme (L 40), 376–419. – E. V. Gallagher, Divine Man or Magician? Celsus and Origen on Jesus, Chico (Ca.), 1982. – F. Mosetto, I miracoli evangelici nel dibattito tra Celso e Origene, Rom 1986. – Reemts, Vernunftgemäßer Glaube (L 40), 160–164 1 Der Vorwurf findet sich bezüglich der Exorzismen Jesu schon in Mt 9,34; 12,24; Mk 3,22; Lk 11,15. Celsus (1,71) legt diesen Vorwurf seinem jüd. Christengegner in den Mund, demzufolge Jesus während seines Aufenthaltes in Ägypten die magischen Künste erworben habe (1,28; Nr. 388). Dennoch muss dieser Vorwurf nicht auf jüd. Quellen zurückgeführt werden; vgl. Norelli, Tradizione sulla nascit (L 388), 141–148. Celsus gebraucht nicht das Wort magos/magia, sondern go s/go teia, das einen betrügerischen Scharlatan/schwindlerische Zauberei bezeichnet. 2 Wohl eine Anspielung auf die Worte Christi gegen falsche Messiasse u. Propheten in Mt 12,24; Mk 13,22. 3 Im 2. Jh. n. Chr. ist ein nicht mit dem Verfasser des Alêthês logos identischer Epikureer Celsus bezeugt, der nach Lukian, Alex. 21 ein Buch gegen die Magier schrieb. 4 Epischer Dichter, 6. Jh. v. Chr., galt als Wundertäter u. Jünger Apollons. Vgl. E. Rhode, Psyche, Seelencult und Unsterblichkeitsglaube bei den Griechen, Darmstadt 1991 (= Freiburg 21898), II 91–93. 5 Wundertäter aus der skythischen Tradition. Von Pindar, frg. 270 (Mae.) in das 6. Jh. v. Chr., von anderen Autoren früher datiert; stammt nach Hdt. 4,36 aus dem imaginären Nordland der Hyberboreer; von dort sei er auf dem Pfeil des Apollon nach Griechenland getragen worden; vgl. Porph., v. Pyth. 28 f.; Iambl., v. Pyth. 90–93. Vgl. Rhode, Psyche, II 90 f. 6 Nach Pausan. 6,9,6 f. hatte Kleomedes bei den olymp. Feiern 486 v. Chr. seinen Gegner im Faustkampf getötet, war des Siegeskranzes verlustig erklärt u. in seine Heimat zurückgekehrt. Dort brachte er die Decke eines Schulgebäudes zum Einsturz u. verbarg sich, des Mordes an den Schülern angeklagt, im Athenetempel in einer Kiste. Den Gesandten, die ihn dort nicht fanden, antwortete das Orakel, er sei ein unsterblicher Heros geworden. Vgl. Rhode, Psyche, I 178–180. 7 Zuvor wurden die Heilung des Hiskija (Jes 38), die durch Gebet des Elischa erwirkte Geburt eines Kindes (2 Kön 4,8–37) u. Krankenheilungen Jesu erwähnt.

Nr. 377 1 Zu Apollonius u. Apuleius vgl. Nr. 69 Anm. 8 u. 9 sowie Nr. 383.

Nr. 380 1 Das Argument entspricht dem des Heiden bei Mac. Magn. (Nr. 398). 2 Zur Interpretation des geschilderten Verhaltens des Herodes vgl. Guida, Teodoro, 189–192.

Nr. 381 1 Zum Verstummen der Orakel vgl. Nr. 454.

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Nr. 382 L: L. Tanganagba, Miracle comme argumentum fidei chez saint Augustin (Hereditas 21), Bonn 2002

Nr. 382 1 Zu dieser Antwort vgl. Augustins Selbstkritik in retr. 1,14,5 (Nr. 386).

Nr. 383 1 Zu Apollonius u. Apuleius vgl. Nr. 69 Anm. 8 u. 9 sowie Nr. 377.

Nr. 386 1 Vgl. conf. 9,7,16; civ. 22,8; s. 286,5. 2 Vgl. Nr. 382 b) Die Geburt Christi

Nr. 387 1 Inzest: Juno war Jupiters Frau u. Tochter; Schändung einer Tochter: Proserpina, Venus; einer fremden Frau: Alkmene, die Frau des Amphitryon; Schuppenkleid …: Jupiter verwandelte sich in einen Drachen (Proserpina), Stier (Pasiphae u. Europa), Schwan (Leda) u. Goldregen (Danae).

Nr. 388 L: E. Norelli, La tradizione sulla nascit di Ges nell’Alêthês logos di Celso: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 133–166 1 Zur Frage, inwieweit die folgenden Vorwürfe tatsächlich jüd. Quellen entstammen oder anderen Traditionen entnommen sind, vgl. Norelli, Tradizione. 2 Celsus ist der älteste Zeuge dieser Tradition, die der anti-christl. Polemik entstammt, um die göttliche Herkunft Christi zu diskreditieren. Panthera ist als röm. Soldatenname inschriftlich bezeugt u. könnte in einer erzählerischen Entfaltung zum Motiv des Ehebruchs hinzugefügt worden sein, um die niedrige Abkunft Jesu zu unterstreichen. Zu den verschiedenen Hypothesen über die Herkunft des Namens vgl. Norelli, Tradizione, 155–158. 3 Die Vertreter der sog. Metensomatosis, der Wiederverkörperungslehre. Orig. argumentiert ad hominem; vgl. Cels. 6,75. 4 Die bekanntesten Vertreter der Physiognomie, die Charakter u. Wesen eines Menschen aus der Beobachtung äußerer Merkmale zu erschließen sucht. 5 Der stoische logos spermatikos; vgl. Zenon, SVF II,742. 6 Zur wunderbaren Geburt Platons vgl. Diog. Laert. 3,2. Der Name der Mutter lautete allerdings traditionell Periktione. Vgl. H.Dörrie, Der Platonismus der Antike II, Stuttgart 1990, 150–157, 404–414. 7 In der Mythologie empfingen diese Jungfrauen ihre Kinder von Göttern; Danae– Zeus: Perseus; Melanippe–Poseidon: Aiolos u. Boiotos; Auge–Herakles: Telephos; Antiope–Zeus: Amphion u. Zethos.

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Kommentar c) Das Kreuz

L: St. Heid, Frühe Kritik am Gekreuzigten und das Ringen um eine christliche Antwort: TThZ 110 (2001) 85–114. – L. Padovese, Lo scandalo della croce. La polemica anticristiana nei primi secoli, Rom 1988. – P. Stockmeier, Das Skandalon des Kreuzes und seine Bewältigung im frühen Christentum: Ders., Glaube und Kultur. Studien zur Begegnung von Christentum und Antike, Düsseldorf 1983, 39–59

Nr. 389 L: M. F dou–J. Paramelle, La vision de la croix dans l’ uvre de saint Justin philosophe et martyr: RechAug 19 (1984) 29–110 1 Gemeint sind die Nachahmungen christlicher Glaubensinhalte in den Mythen durch die Dämonen. Vgl. Nr. 281. 2 Im Hintergrund stehen die kosmologischen Spekulationen der Mittelplatoniker über die Form der Welt, die Weltseele u. den Zusammenhalt des Universums durch den Logos. Für Justin ist das Kreuz Symbol jener Macht des als kosmisches Prinzip verstandenen Logos, die die Einheit der Welt garantiert u. die sie konstituierenden Elemente verbindet. So sollte erwiesen werden, dass das Christentum schon im Kosmos vorgebildet ist. 3 Die röm. Legions-Standarten hatten die Form eines Adlers mit ausgespannten Flügeln, die Standarten der Kohorten bestanden aus einem viereckigen Tuch mit Abbildung, das am Querholz einer Stange befestigt war. Die Siegeszeichen (tropaeum) waren erbeutete Waffen, Schilde, Helme, die an einem Pfahl oder Baum aufgehangen wurden, aber auch bei Triumphzügen mitgetragen wurden. 4 Darstellungen von Apotheosen der Kaiser zeigten, wie diese von einem Adler in den Himmel emporgetragen wurden.

Nr. 390 L: E. Benz, Christus und Sokrates in der Alten Kirche: ZNW 43 (1950/51) 195–224. – Ders., Der gekreuzigte Gerechte (L 168). – E. Dassmann, Christus und Sokrates: JAC 36 (1993) 33–45. – Des Places, Un th me platonicien (L 168). – Hommel, Der gekreuzigte Gerechte (L 168). – Saxer, Le (L 168)

Nr. 391 L: F. Di Capua, La croce e le croci nell’Ottavio di Minucio: Ders., Scritti minori II, hrsg. A. Quacquarelli, Rom 1959, 56–71 1 In Oct. 12,4 hatte der Heide Caecilius den Christen vorgeworfen, die Instrumente ihre eigenen Hinrichtung anzubeten.

Nr. 393 1 Dass Dämonen hinter solchen Phänomenen standen, war verbreitete Überzeugung. Vgl. Corp. Herm. 16,10; Plut., mor. 417d–e.

Nr. 395 1 Vgl. Diog. Laert. 8,39. 2 Zu Aquilius u. Regulus vgl. Nr. 201 Anm. 2. C.Trebonius gehörte zum Kreis der Caesar-Mörder u. wurde als Prokonsul Asias 43 v. Chr. von Dolabella unter Foltern getötet.

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3 Bakis, ekstatischer Seher aus Boötien, dem zahlreiche Orakel zum Perserkrieg u. anderen Ereignissen zugeschrieben wurden. Helenus, Sohn des Priamus, einer der großen Seher der frühen epischen Tradition. Marcius, ein Seher, dessen Weissagungen 212 v. Chr. die Einrichtung der ludi Apollinares veranlassten.

Nr. 396 1 Der freie röm. Bürger durfte nicht gekreuzigt werden, sondern besaß das Recht auf eine nicht unehrenhafte Todesstrafe.

Nr. 397 1 Nach heidn. Überzeugung waren die Gestirne Götter, belebte u. vernunftbegabte Wesen, die den Menschen übertrafen, insofern sie sich im Himmel u. nicht auf der Erde befanden.

Nr. 398 1 Ähnlich lautet die Kritik Julians (Nr. 379). 2 Vgl. Philostr., v.Apoll. 8,5; Lakt., inst. 5,3,9 (Nr. 69).

Nr. 400 1 Vgl. Apg 17,28; Tit 1,2. 2 Kodrus, der letzte König der Athener, verhinderte aufgrund eines Orakels durch seinen Opfertod den Sieg der eingefallenen Peloponnesier über Athen. 3 Agamemnons Tochter Iphigenie sollte geopfert werden zur Sühne für die beleidigte Artemis, die durch widrige Winde die Überfahrt nach Troja verhinderte.

Nr. 401 L: F.-B. Stammkötter, „Das habe ich in diesen Büchern nicht gelesen!“ Augustin über das Kreuz und die Philosophie: W. Eckermann (Hrsg.), Das Kreuz – Stein des Anstoßes (Vechtaer Beiträge zur Theologie 3), Kevelaer 1996, 56–71

d) Die Auferstehung L: G. Bertram, Auferstehung I (des Kultgottes): RAC 1 (1950) 919–930. – J. Hammerstadt, Die Vergöttlichung unwürdiger Menschen bei den Heiden als apologetisches Argument in den Schriften des Sokrates, Theodoret, Cyrill von Alexandrien und Johannes Chrysostomus: JAC 39 (1996) 76–101. – A. Oepke, Auferstehung II (des Menschen): RAC 1 (1950) 930–938

Nr. 404 L: H. Y. Gamble, Euhemerism and Christology in Origen: Contra Celsum III 22–43: VigChr 33 (1979) 12–29. – L. Troiani, Celso, gli eroi greci e Ges : RStB 4 (1992) 65–76 1 Nach Hdt. 4,95 kehrte Zalmoxis nach Thrakien zurück, wo er die Unsterblichkeit der Seele verkündete. Nachdem er sich für drei Jahre in eine unterirdische Behausung zurückgezogen u. das Gerücht seines Todes verbreitet hatte, trat er wieder an die Öffentlichkeit u. fand mit seiner Lehre Glauben. Vgl. Rhode, Psyche (L 376 Anm. 4), II 29–31. 2 Nach einer Erzählung des Hermippos (Diog. Laert. 8,41) habe sich auch Pythago-

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ras in ein unterirdisches Versteck zurückgezogen, um nach einiger Zeit mit der Behauptung zurückzukehren, er sei im Hades gewesen. 3 Ägypt. Pharao (Ramses III.?). Vgl. Hdt. 2,122. 4 Die entsprechenden Erzählungen über die mythischen Heroen bietet Apollod., bibl. 1,3,2 (Orpheus); 2,5,12 (Herakles u. Theseus); epit. 3,30 (Protesilaos). 5 Sehr ähnlich die Schilderung von Visionen an Gräbern bei Lucr. 1,132–135. Vgl. G.Rinaldi, Sognatori e Visionari „Biblici“ nei polemisti anticristiani: Aug. 29 (1989) 7–30, 15–18. 6 Während die Apologeten das euhemerist. Argument gegen die griech. Götter verwendeten, um diese als nachträglich vergöttlichte Menschen bloßzustellen kehrte es Celsus gegen die Gestalt Christi, um den Christen Inkonsequenz vorzuwerfen. Allerdings verkannte Celsus, dass nach christl. Glauben Christus nicht ein Gott gewordener Mensch, sondern Mensch gewordener Gott war. Vgl. Gamble, Euhemerism.

5) Einwände gegen die christliche Eschatologie a) Weltuntergang und Gericht

Nr. 407 1 Die Zeussöhne Minos u. Radamanthys waren nach griech. Tradition die Richter der Toten. Die Apologeten nahmen öfter auf sie Bezug; vgl. Athenag., leg. 12,2; Tat., or. 6,1 (Nr. 414); 25,4 (Nr. 408); Tert., apol. 23,13. 2 Just. spielt evtl. auf orac. Sibyll. 2,196 f.; 3,84; 4,171 f.; 8,225 an. Hystaspes, legendärer pers. Magier u. Jünger des Zarathustra, unter seinem Namen stand eine politischpolemische, prophetisch-apokalypt. Schrift des 1. Jh. n. Chr. mit Weissagungen über den Untergang Roms, die Endzeit u. Vernichtung der Welt durch Feuer; zitiert bei Clem. Alex., str. 6,5; Lakt., inst. 7,15,18. 3 Nach stoischer Lehre gibt es einen Weltbrand (ekpyr sis), in dem die Welt in regelmäßigen Abständen vergeht, um anschließend wieder, in derselben Form wie zuvor, neu zu entstehen. Der Weltbrand wird als Auflösung der gemischten Elemente des Universums in reines Feuer verstanden. Vgl. Ps.-Plut., de placit. philos. 1,6,7.17; Just., 2 apol. 7,3; Tat., or. 25,4 (Nr. 408); Aug., civ. 8,5.

Nr. 409 1 Vgl. Nr. 407 Anm. 3. 2 Vgl. Lucr. 5,407–410. 3 Plat., Tim. 22c; 37b; 38b; 40e–41b.

Nr. 410 1 So lautete der Vorwurf in Cels. 4,12. Nach der Depravationstheorie des Celsus hätten die Christen übersehen, dass die Weltkatastrophen ein immanentes, naturgesetzliches Geschehen seien u. stattdessen ein direktes Eingreifen Gottes ins Weltgeschehen postuliert. Vgl. Andresen, Logos (L 40), 161 f. 2 Die Theorie der Zyklen u. periodischen Wiederkehr des Gleichen (palingenesia)

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wurde bereits von den ersten ion. Naturphilosophen (Anaximander) angedeutet, offen von Heraklit u. Empedokles vertreten u. insbesondere von Zenon u. Chrysipp entfaltet. 3 Vgl. Cels 4,23 (Nr. 371).

Nr. 411 1 Ähnlich Porph., Chr. frg. 93; Orig., Cels. 4,69.

Nr. 412 1 Zu dieser Theorie vgl. Nr. 410 Anm. 2. 2 Die Kritik dürfte sich insbesondere gegen die Reinkarnationslehre des Pythagoras u. Platon (vgl. Men. 81b; Phd. 70c; 72a) richten. Vgl. civ. 10,30 (Nr. 421).

b) Die leibliche Auferstehung der Toten L: R. M. Grant, The Resurrection of the Body: JR 28 (1948) 188–208. – Ders., Miracle and Natural Law, Amsterdam 1952, 221–264. – H. E. Lona, Über die Auferstehung des Fleisches (BZNW 66), Berlin–New York 1993, 91–154, 173–187. – H.-I. Marrou, La r surrection des morts et les Apologistes des premiers si cles: LV (L) 3 (1952) 83–92. – K. Schneider, Studien zur Entfaltung der altkirchlichen Theologie der Auferstehung (Hereditas 14), Bonn 1999, 124–273. – H. A. Wolfson, Religious Philosophy. A Group of Essays, Cambridge (Mass.) 1961, 69–103

Nr. 413 L: L. W. Barnard, Athenagoras: De Resurrectione. The Background and Theology of a Second Century Treatise on the Resurrection: StTh 30 (1976) 1–42. – Ders., The Father of christian Anthropology: ZNW 63 (1972) 254–270. – B. Pouderon, L’argument de la ‘cha ne alimentaire’ dans la De resurrectione: Ders., D’Ath nes Alexandrie (L 20), 229–251 1 Dies ist der häufig gemachte Einwand der sog. Nahrungskette; vgl. Porph., Chr. frg. 94 (Nr. 419) u. Aug., civ. 22,12 (Nr. 421). Vgl. Pouderon, Argument. 2 Der Mederkönig Astyages setzte seinem Verwandten Harpagos das Fleisch seines eigenen Sohnes vor; vgl. Hdt. 1,107–119. Zu Thyest vgl. Nr. 181 Anm 1. 3 Vgl. Flav. Jos., B.J. 6,193–213; Eus., h. e. 3,6,17–28.

Nr. 414 1 Vgl. Nr. 407 Anm. 1.

Nr. 415 L: E. Ahlborn, Naturvorgänge als Auferstehungsgleichnis bei Seneca, Tertullian und Minucius Felix: WS 103 (1990) 123–137 1 Laberius, röm. Mimendichter. 1. Jh. v. Chr.; Pythagoras lehrte, dass nach dem Tod die menschliche Seele wieder in den Körper eines Menschen oder Tieres eingehe (metempsych sis oder metens mat sis). 2 In ep. 36,10–11 hatte Seneca eine angemessene Einschätzung des Todes aus der Naturbeobachtung abzuleiten versucht. Insofern sich hier kein unwiederbringliches Verschwinden im Nichts finden lasse, müsse auch der Vorgang des menschlichen

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Todes prinzipiell gleichgeartet sein. Tert. greift hier zwar diese Stelle auf, vertieft sie jedoch entscheidend, indem er die völlige Neuschöpfung des Lebens aus dem Untergang mit der creatio ex nihilo vergleicht. Vgl. Tert., res. 12,1–4.

Nr. 416 1 Pythagoras lehrte die Reinkarnation, Platon die Unsterblichkeit der leiblosen Seele, Epikur die Auflösung der Seele in Atome.

Nr. 417 L: Ahlborn, Naturvorgänge (L 415), 132–136. 1 Im Unterschied zu Tert., apol. 48,7 (Nr. 415) nimmt Min. Fel. keine theol. Vertiefung an Senecas Naturphilosophie (ep. 36) vor, sondern greift die heidn. Argumentation auf, dass die Vorgänge in der Natur u. beim Menschen gleicher Art sind.

Nr. 418 L: Andresen, Logos (L 40), 367–369. – H. Chadwick, Origen, Celsus, and the Resurrection of the Body: HThR 41 (1948) 83–102. – S. Galli, Il discorso vero di Celso: una risposta alla dottrina escatologica cristiana: NRS 85 (2001) 599–618 1 Orig. verwendet den Begriff logon spermatos, der bewusst an den stoischen Terminus logos spermatikos erinnern will, um den christl. Auferstehungsgedanken in Anlehnung an 1 Kor 15,35–38 dem philosoph. Verstehen zu erschließen. 2 Ausführlicher hierzu Orig. bei Method., res. 1,22,4–5.

Nr. 420 1 Porph., Chr. frg. 35 empfand die Vorstellung als naturwidrig, dass die Auferstandenen in den Himmel eingehen (vgl. 1 Thess 4,15–17). Da der naturgemäße Ort des irdischen Körpers die Erde sei, beachte auch der göttliche Logos das Gesetz dieser Ordnung. Vgl. Aug., civ. 13,18 ; 22,4; P pin, Th ologie cosmique (L 421), 418–461; P. Courcelle, Propos antichr tiens rapport es par saint Augustin: RechAug 1 (1958) 149–186, 168 f.

Nr. 421 L: Pannenberg, Christentum und Platonismus (L 135), 153 f., 156 f. – J. P pin, Th ologie cosmique et th ologie chr tienne, Paris 1964, 433–442, 449–451. – L. B. Richey, Porphyry, reincarnation and resurrection in De civitate Dei: AugSt 26 (1995) 129–142 1 Vgl. Plat., Phd. 81e; Phdr. 249a–c; resp. 620a–d; Tim. 42c; 91c–92b. 2 Vgl. Plot., enn. 4,3,12; 3,4,2. 3 Indem Aug. betont, Porph. habe in christl. Zeit gelebt, deutet er einen gewissen Einfluss christl. Gedanken auf diesen Philosophen an, der nun bestimmte heidn. Auffassungen wie die Wiederverkörperungslehre nicht mehr vertreten wollte. Vgl. Aug, s. 241,7 (Nr. 64). 4 Aug. versteht es, die christl. Auferstehungslehre als Synthese dessen zu präsentieren, was die platon. u. porphyrianische Position jeweils an Wahrem enthielt. Vgl. Pannenberg, Christentum, 153 f., 156 f.; Richey, Porphyry.

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III. Die Kontroverse um die Bibel 1) Pagane Bibellektüre L: S. Ackermann, Christliche Apologetik und heidnische Philosophie im Streit um das Alte Testament (SBB 36), Stuttgart 1997. – J. G. Cook, The Interpretation of the New Testament in Greco-Roman Paganism (Studies and Texts in Antiquity and Christianity 3), Tübingen 2000. – J.-C. Fredouille, Bible et apolog tique: J. Fontaine–Ch. Pietri (Hrsg.), Le monde latin antique et la Bible (BiToTe 2), Paris 1985, 479–497. – Pouderon, Conversion (L 26 Anm. 22), 163–166. – G. Rinaldi, Biblia gentium, Rom 1989. – Ders., La Bibbia dei pagani, Bologna 1998, I–II. – E. Stein, Alttestamentliche Bibelkritik in der späthellenistischen Literatur: CoTh 16 (1935) 38–83, 39–59

Nr. 422 L: M. Borret, L’ criture d’apr s le pa en Celse: C. Mond sert (Hrsg.), Le monde grec ancien et la Bible (BiToTe 1) Paris 1984, 171–193. – G. T. Burke, Celsus and the Old Testament: VT 36 (1986) 241–245 1 Vgl. a) Dtn 15,6; 28,11 f.; b) Gen 8,17; 9,1.7 c) Ex 17,13–16; Num 21,34 f.; Dtn 25,19 d) Ex 34,11 f.; Dtn 29,2 f. e) Dtn 1,41–45; 7,4; 9,14; 28,15. 2 Vgl. a) Mt 19,24; 20,25–27; 11,25; b) Mt 6,25–31; 5,39; Lk 12,24.27; 6,29. 3 Zu dieser Kontroverse vgl. Nr. 456 u. 459.

Nr. 423 L: M. V. Anastos, Porphyry’s Attack on the Bible: L. Wallach (Hrsg.) The classical Tradition. Literary and Historical Studies in Honor of H. Caplan, Ithaca (NY) 1966, 421–450. – R. M. Berchman, In the shadow of Origen: The patristic origens of New Testament criticism: G. Dorival–A. Le Boulluec (Hrsg.) Origeniana Sexta (BEThL 118), Leuven 1995, 657–673. – Rinaldi, Biblia gentium, Nr. 506 1 Die Rachegöttinnnen. 2 Im Peloponnesischen Krieg wurde die Stadt Potaideia 431/29 von Athen belagert. Nach Thuk. 2,70 sollen aufgrund der Hungersnot die Einwohner Menschenfleisch verzehrt haben. 3 Vgl. Nr. 181 Anm. 1. 4 Itys, der Sohn des mythischen Thrakerkönigs Tereus u. der Prokne, wurde von der Mutter aus Rache für ein Verbrechen des Vaters getötet u. ihm als Speise vorgesetzt. Vgl. Ov., met. 6,423–673. 5 Vgl. Nr. 413 Anm. 2. 6 Phteirophagen: Esser entweder von Läusen oder Tannenzapfen; nach Strabo 11,2,19 Name eines Volkes im Kaukasus. Rhizophagen: Wurzelesser; nach Strabo 16,4,9 Name eines äthiop. Stammes.

Nr. 424 L: G. Rinaldi, L’Antico Testamento nella polemica anticristiana di Porfirio di Tiro: Aug. 22 (1982) 97–111

Nr. 425 L: Rinaldi, Biblia gentium, Nr. 285

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Kommentar

1 Zum Fragenkatalog dieses Briefes u. seiner Herkunft vgl. Nr. 122. Ob der Einwand von Porph. stammt, ist umstritten; vgl. Nr. 122 Anm. 2 u. Nr. 428 Anm. 1. 2 Vgl. Aug., ep. 136,1 (Nr. 383).

Nr. 426 L: vieux, Cyrill d’Alexandrie, c.Julien (SC 322), 68–73. – Rinaldi, Biblia gentium, Nr. 58 (frg. 15); Nr. 66 (frg. 17) 1 Zu dieser Einschätzung der Bibel vgl. Nr. 427 Anm. 3 u. Nr. 458. 2 Zum Vorwurf, der biblische Gott sei ein missgünstiges Wesen, vgl. Nr. 500.

Nr. 427 1 Orig. hatte u. a. in seinen nicht erhaltenen Stromateis solche exeget. Probleme behandelt. Möglicherweise hatte Porph. wiederum dieses Werk für seine Bibelkritik benutzt. Vgl. R. M. Grant, The stromateis of Origen: J. Fontaine–C. Kannengießer (Hrsg.), Epektasis. M langes patristiques offerts au Card. J. Dani lou, Paris 1972, 285–292. 2 Zu Julians Theorie des Mythos vgl. Bouffartigue, Empereur Julien (L 325), 616– 625. 3 Im Unterschied zu Celsus u. Porph., die eine allegor. Interpretation nur der heidn. Mythen, nicht der bibl. Erzählungen akzeptierten, vertrat Julian eine kohärente Position. Seiner Auffassung nach entsprangen die Erzählungen eines Homer u. Mose derselben mythischen Denkform, so dass jeweils nur eine allegor. Interpretation vertretbar war. Vgl. Nr. 458.

Nr. 428 L: Y. M. Duval, Le livre de Jonas dans la litt rature chr tienne grecque et latine, Paris 1973, 16–18. 1 Nach Duval, Livre, stammt der Einwand nicht von Porphyrius, da Hier. sonst, wie in anderen Fällen, darauf hingewiesen hätte.

2) Die literarische Qualität der biblischen Schriften Nr. 432 L: H.-I. Marrou, Augustinus und das Ende der antiken Bildung, Paderborn 1981, 396–399 1 Mit dieser Position steht Aug. in Kontrast zu seiner eigenen Einstellung als junger Mann, wo er von der Bibellektüre durch das unklassische Latein abgeschreckt wurde (conf. 3,5,9), aber auch zu anderen kirchl. Autoren, die die gewollte Schlichtheit des biblischen Stils verteidigten.

Nr. 433 1 Sohn des Oloros: Thukydides, griech. Historiker, ca. 460–400. Sohn des Nikomachos: Aristoteles. Chrysipp: Stoiker, ca. 281–208, bes. als Dialektiker bekannt.

Kommentar

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3) Die Glaubwürdigkeit der biblischen Autoren L: R. J. Hauck, „They saw what they said they saw“: Sense knowledge in early christian polemic: HThR 81 (1988) 239–249. – H. Merkel, Die Widersprüche zwischen den Evangelien. Ihre polemische und apologetische Behandlung in der Alten Kirche bis Augustin (WUNT 13), Tübingen 1971. – G. Rinaldi, Sognatori e Visionari „Biblici“ nei polemisti anticristiani: Aug. 29 (1989) 7–30, 15–18

Nr. 434 1 Zur Glaubwürdigkeit der Auferstehungszeugen vgl. Orig., Cels. 2,56 u. 3,23 (Nr. 404).

Nr. 435 L: Rinaldi, Biblia gentium, Nr. 591 1 Diese Lesart findet sich in einigen bibl. Handschriften. Vgl. Rinaldi, Biblia gentium, 606.

Nr. 436 L: Merkel, Widersprüche, 19–23 1 Zur Kritik Julians an der Göttlichkeit Christi vgl. Nr. 357.

Nr. 438 L: Madec, Le Christ des pa ens (L 62) 1 Anhänger des Porph. verunsicherten mit dessen Evangelien-Kritik viele Christen. Zur folgenden porphyrian. Sicht Christi vgl. Nr. 66, 122. 2 Dem porphyrian. Einwand, Christus habe nicht das Ende der Idolatrie gefordert, hielt Aug. das anti-idolatrische Zeugnis des Alten Testaments entgegen u. wies die Kontinuität zum Neuen Testament mit dem Prophetiebeweis auf.

Nr. 439 L: A. Guida, Teodoro di Mopsuestia, Replica a Giuliano, Florenz 1994, 55 f., 207 f., 223. – Merkel, Widersprüche, 186–188, 266 1 Theodor hatte zuvor Joh 20,1; Mt 28,1; Lk 24,12; Mk 16,2–4 zitiert.

4) Das Prophetie-Argument a) Evidenz der Erfüllung? L: D. E. Aune, Prophecy in Early Christianity and the Ancient Mediterranean World, Grand Rapids 1983. – R. C. P. Hanson, The Attitude to Pagan Religions up to the End of Constantine the Great: ANRW II 23/2, hrsg. W.Haase, Berlin–New York 1980, 910–973, 944–949. – R. Lane Fox, Pagans and Christians in the Mediterranean world from the second century AD to the conversion of Constantine, New York 1988, 168–261

Nr. 443 L: P. J. Gorday, Moses and Jesus in Contra Celsum 7,1–25. Ethics, History and Jewish-Christian Eirenics in Origen’s Theology: Ch. Kannengiesser–W. L. Petersen

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Kommentar

(Hrsg.), Origen of Alexandria. His world and his legacy, Notre Dame 1988, 313–336. – R. J. Hauck, The more divine proof. Prophecy and inspiration in Celsus and Origen, Atlanta 1989

Nr. 445 L: P. F. Beatrice, Pagans and Christians on the Book of Daniel: StPatr 25 (1993) 27–45. – A. J. Ferch, Porphyry: An heir to Christian Exegesis?: ZNW 73 (1982) 140–147. – Rinaldi, Biblia gentium, Nr. 241. – Wilken, Die frühen Christen (L), 149–154 1 Porph. nahm die Ergebnisse der modernen Bibelkritik vorweg, indem er das Daniel-Buch nicht als Weissagung über die Zukunft aus der Zeit des 6. Jh. v. Chr. betrachtete, sondern als Werk eines späteren Autoren des 2. Jh. v. Chr. verstand, dessen Darstellung ein vaticinium ex eventu war. 2 Die zahlreichen Gegenschriften (vgl. Nr. 47) beweisen, wie gefährlich die porphyrian. Kritik am Prophetiebeweis auf christl. Seite eingeschätzt wurde. Hier. versuchte in seiner detaillierten Widerlegung zumindest die späteren Kapitel (Dan 11–14) als wirkliche Prophetie über das Ende der Welt nachzuweisen.

Nr. 446 1 Faustus v. Mileve, bedeutender Repräsentant der nordafrikan. Manichäer. Sein verlorenes Werk enthielt eine radikale Kritik am Alten Testament. Augustins Begegnung mit ihm (conf. 7,3,3) führte aus Enttäuschung über dessen vage Lehren zur Distanzierung vom Manichäismus. 2 Sibylle: vgl. Nr. 170 Anm. 1; Hermes Trismegistos: vgl. Nr. 127 Anm. 1; andere Seher: vgl. Nr. 455. 3 Aug. ist überzeugt, dass gerade die Erfüllung alttestamentlicher Prophetien in der Zeit der Kirche evident sei u. daher auch Heiden überzeugen müsse, da sie diese Geschehnisse in ihrer eigenen Gegenwart erlebten.

Nr. 447 1 Anspielung auf die anti-pagane Gesetzgebung des Jahres 399. Vgl. Nr. 300 Anm. 1 2 Ein von Aug. häufig gebrauchtes apologet. Argument; vgl. B. Blumenkranz, Die Judenpredigt Augustins (EtAug), Paris 1973, 177 f.

b) Die Konkurrenz paganer Orakel L: P. Athanassiadi, Philosophers and Oracles: shifts of authority in late paganism: Byz. 62 (1992) 46–62. – Beatrice, Oracle antichr tien (L 57). – Dorival, Apolog tique (L), 445 f. – P. Hadot, Th ologie, Ex g se, R v lation, criture dans la Philosophie grecque: M. Tardieu (Hrsg.), Les R gles de L’Interpr tation, Paris 1987, 13–34, 25–34. – S. Levin, The Old Greek Oracles in Decline: ANRW II 18/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1989, 1599–1649. – O. Nicholson, Broadening the Roman Mind. Foreign Prophets in the Apologetic of Lactantius: StPatr 36 (2001) 364–374. – S. Pricoco, Per una storia dell’oracolo nell’tarda antichit . Apollo Clario e Didimeo in Lattanzio: Aug. 29 (1989) 351–374. – G. Sfameni Gasparro, Oraculi Profeti Sibille. Rivelazione e salvezza nel mondo antico (BSRel 171), Rom 2002. – M. B. Simmons, The Function of Oracles in the

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Pagan-Christian Conflict during the Age of Diocletian: The Case of Arnobius and Porphyry: StPatr 31 (1987) 349–356

Nr. 448 1 Der argivische Seher Amphiaros verbarg sich, um nicht am Zug der Sieben gegen Theben teilnehmen zu müssen, dessen Scheitern er vorhersah. Von seiner Frau, die mit einer Halskette bestochen worden war, wurde er jedoch verraten u. kam im Kampf um. Er wurde zu Oropos als Orakel-Gottheit verehrt. 2 Seher des theban. Sagenkreises. 3 Der röm. Epiker Ennius (239–169) dichtete in seinen Annales (frg. 179 Vahlen) als Orakel des Apollon an den Molosser-König Pyrrhus, der 289/79 die Römer unter eigenen hohen Verlusten besiegte: „Ich sage dir, Aekide, du kannst die Römer besiegen“. Kritisch hierzu schon Cic., div. 2,116–118. 4 Der athen. Redner u. Politiker (384–322) beschuldigte das delphische Orakel-Medium, infolge einer Beeinflussung zugunsten des Makedonen-Königs Philippus geweissagt zu haben. Vgl. Cic., div. 2,118.

Nr. 449 L: F dou, Christianisme (L 40), 426–432, 440–447. – A. M hat, Divination pa enne et proph tie chr tienne. La Pythie, Orig ne et saint Jean Chrysostome: L. Lies (Hrsg.), Origeniana Quarta (IThS 19), Innsbruck 1987, 436–441. – T. Sardella, Prognosis e mantike in Origene: Aug. 29 (1989) 281–306. – G. Sfameni Gasparro, Ispirazione delle Scritture e divinazione pagana. Aspetti della polemica fra Celso e Origene: G. Dorival– A. LeBoulluec (Hrsg.), Origeniana sexta (BEThL 118), Leuven 1995, 287–302 1 Pythia: Das Medium des Apollon-Orakels von Delphi. Dodona: Zeus-Orakel im nordwestl. Griechenland. Klaros: Apollon-Orakel in Ionien. Branchiden: Priester am Apollon-Orakel von Didyma bei Milet. Ammon: Zeus-Heiligtum in Libyen. 2 Vgl. Ps.-Aristot., mund. 4,395b; Eus., p. e. 4,2,13–14. Vgl. A. S. Pease, Cicero. De divinatione, Darmstadt 1963, 57. 3 Vgl. Epikur, frg. 395 (Us.); Cic., nat. deor. 2,162; div. 2,40. vgl. Pease, Cicero. De divinatione, 55. 4 Vgl. Pease, Cicero. De divinatione, 58. 5 Vgl. Hdt. 6,66; Cic., div. 2,118 (Nr. 448 Anm. 4).

Nr. 450 L: Kraft, H., Kaiser Konstantins religiöse Entwicklung (BHTh 20), Tübingen 1955, 208–213 1 Das Apollon-Orakel aus der Höhle befand sich im ionischen Klaros, während das Dreifußorakel in Delphi war. 2 Nach Lakt., mort. 11,7 hatte Kaiser Diokletian vor der Christenverfolgung das Orakel von Didyma befragt, demzufolge die dort regelmäßig von ihm konsultierte Haruspizin durch die Anwesenheit der Christen gestört werde. Möglicherweise gab es zur Regierungszeit Diokletians in Griechenland u. Kleinasien mehrere Orakel, die eine antichristl. Propaganda entfalteten u. die letzte große Verfolgung vorbereiteten bzw. sogar ausdrücklich forderten. Vgl. Eus., p. e. 4,3,1; Arnob., nat. 1,26; Beatrice, Oracle antichr tien (L 57); Labriolle, R action (L), 318–323.

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Nr. 451 L: J. Wytzes, Der letzte Kampf des Heidentums in Rom, Leiden 1977, 171 f. 1 Vgl. Nr. (120) Anm. 1. 2 Vgl. Nr. (107) sowie Rufin, h. e. 2,33 (Nr. 120). 3 Vgl. Aug., civ. 18,53 (Nr. 453), wo ein Orakel erwähnt wird, das ein Ende des Christentums nach 365 Jahren weissagte.

Nr. 452 L: K. Kühn, Augustins Schrift De divinatione daemonum: Aug (L) 47 (1997) 291–337 (dtÜ/K). – A. D. Nock, Augustine and a prophecy of the destruction of the Serapeum: VigChr 3 (1949) 56 1 Nach der Anordnung vom 16. Juni 391 (cod. Theod. 16,10,11), die den heidn. Kult in Ägypten untersagte, wurde der berühmte Serapistempel zerstört. Das Ereignis erregte in heidn. Kreisen großes Aufsehen.

Nr. 453 L: Bardy, Augustin, Cit de Dieu (BAug 36), note compl. 59. – H. Chadwick, Oracles of the end in the conflict of paganism and christianity in the fourth century: E. Lucchesi–H. Saffrey (Hrsg.), Antiquit pa enne et chr tienne. M morial A. J. Festugi re (COr 10), Genf 1985, 125–129. – J. Doignon, Oracles, proph ties, sur la chute de Rome (395–410): REAug 36 (1990) 120–146, 125 1 Dieses Orakel ist nur an dieser Stelle bezeugt, klingt eventuell aber auch bei Soz., h. e. 7,22 (Nr. 451 Anm. 3) an, so dass als Urheber Virius Nicomachus Flavianus (Nr. 107) anzunehmen wäre. 2 Dem Lebensalter des Kindes entspricht die vermeintliche Dauer des Christentums von 365 Jahren, einem sogenannten Weltenjahr. 3 Im Jahre 398. 4 Eine Folge der anti-paganen Gesetzgebung; vgl. cod. Theod. 16,10,15. Vgl. Nr. 300.

Nr. 454 1 Das Orakel von Delphi. 2 Vgl. Nr. 93 Anm. 8.

Nr. 455 L: P. Battifol, Oracula Hellenica: RB 25 (1916) 177–199, 194 f. 1 Der Priester des Apollon hatte zuvor den Gott befragt, welche Religion in Zukunft herrschen werde. Die Anerkennung der wahren Gottheit Christi durch Apollon war eine christl. Replik auf ein von Porph. zitiertes Apollon-Orakel, das die göttliche Natur Christi bestritt; vgl. Aug., civ. 19,23 (Nr. 66). 2 Artemis spricht zu ihrem Priester.

5) Die Kontroverse um die Allegorese a) Pagane Kritik an der allegorischen Bibelinterpretation L: Berchman, In the shadow of Origen (L 463). – M. Gronewald, Porphyrios Kritik an den Gleichnissen des Evangeliums: ZPE 3 (1968) 96. – J. P pin, Mythe et all gorie, Paris 21976, 455–462, 470–474

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Nr. 456 L: Andresen, Logos (L 40), 141–145. – F dou, christianisme (L 40), 116–139. – L. N. Fernando, Origen’s use of scripture in contra Celsum: G. Dorival–A. Le Boulluec (Hrsg.), Origeniana Sexta (BEThL 118), Leuven 1995, 243–250. – D. G. McCartney, Literal and allegorical interpretation in Origen’s contra Celsum: WThJ 48 (1986) 281–301. – P pin, Mythe, 455–462. – D. Ramos-Liss n, Alegorismo pagano y alegorismo cristiano en Or genes: Cristianesimo y aculturaci n en tiempos del Impero Romano, Antigüedad y Cristianesimo 7, Murcia 1990, 125–136. – M. Simonetti, L’allegoria in Celso, Filone e Origene: R. Pretagostini (Hrsg.), Tradizione e innovazione nella cultura greca da Omero all’et ellenistica, Rom 1993, III 1129–1141. – Ders., La Sacra Scrittura nel Contro Celso: Perrone (Hrsg.), Discorsi di verit (L 40), 97–114 1 Pandora war die von Hephaistos u. Athene erschaffene erste Frau. Zeus wollte sich durch sie an Prometheus u. den Menschen wegen der Entwendung des Feuers rächen. Sie brachte einen Vorratskrug mit, aus dem nach Anheben des Deckels alle Übel sich in der Welt verbreiteten, allein die Hoffnung verblieb im Gefäß. 2 Es folgt ein Auszug über die Zeugung des Eros im Garten des Zeus. Nach dem Götterfest zu Aphrodites Geburtstag liegt Poros, Personifikation des Reichtums, berauscht im Garten. Penia, Personifikation der Armut, nähert sich ihm. Aus ihrer Verbindung geht Eros hervor. 3 Vgl. Nr. 321 Anm. 1. 4 Philon v. Alexandrien, 13 v. Chr.–45/50 n. Chr., versuchte Glaube u. Vernunft zu versöhnen, indem er die von Aristobul (vgl. Nr. 261 Anm. 3) ins Judentum eingeführte allegor. Schriftauslegung am Pentateuch praktizierte. Vgl. D. T. Runia, Philo and Origen: a preliminary survey: R. J. Daly (Hrsg.), Origeniana Quinta (BEThL 105), Leuven 1992, 333–339; Ders., Philo and early Christian literature, Assen 1993, 157–183; P pin, Mythe, 226 f., 231–244. 5 Numenius (vgl. Nr. 264 Anm. 1) war nach dem Zeugnis des Porph. (= Eus., h. e. 6,19,8: Nr. 43) einer der meistgelesensten Autoren des Origenes. Die im folgenden erwähnten Stellen sind nicht erhalten. Zum Wert der Informationen über den syr. Philosophen vgl. G. Dorival, L’apport d’Orig ne pour la connaissance de la philosophie grecque: R. J. Daly (Hrsg.), Origeniana Quinta (BEThL 105), Leuven 1992, 189–216, 193 f.

Nr. 457 L: P. F. Beatrice, Didyme l’Aveugle et la tradition de l’all gorie: G. Dorival–A. Le Boulluec (Hrsg.), Origeniana sexta (BEThL 118), Leuven 1995, 579–590. – P. Sellew, Achilles or Christ? Porphyry and Didymus in debate over allegorical interpretation: HThR 82 (1989) 79–100 1 Porph. wollte die allegor. Bibelexegese dadurch diskreditierten, dass er zeigte, wie sich auch die Dichtungen Homers (etwa Il. 12,462 ff.) gewaltsam im christl. Sinne interpretieren ließen. Nach Beatrice, Didyme, wurde dieses Beispiel jedoch nicht von Porph. selber geschaffen, sondern aus den nicht erhaltenen Stromateis des Origenes (vgl. Nr. 427 Anm. 1) zitiert, in denen dieser Parallelen zwischen dem griech.-paganen u. christl. Denken aufzuzeigen suchte. Subjekt des Verbes „allegorisch … interpretiert“ wäre demzufolge Origenes.

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Nr. 458 L: P pin, Mythe, 466–470. – G. Rinaldi, Diodoro di Tarso, Antiochia e le ragioni della polemica antiallegorista: Aug. 33 (1993) 407–430. 1 Vgl. Nr. 427 Anm. 3. Die Argumentation Julians ist möglicherweise eine Reaktion auf christl. Kritik an der allegor. Mythendeutung, die innerhalb des paganen Restaurationsprogramms eine bedeutende Rolle spielte. Indem der Kaiser den Christen Inkonsequenz vorwarf, forderte er, dasss die Legitimität einer allegor. Exegese der Mythen wie der Bibel unterschiedslos anerkannt oder abgelehnt werden müsse.

b) Differenzen zwischen paganer und christlicher Allegorese

Nr. 459 L: Andresen, Logos (L 40), 141–145. – F dou, christianisme (L 40), 116–139. – Fernando, Origen’s use of scripture (L 456). – McCartney, Literal and allegorical interpretation (L 456). – J. P pin, Mythe et all gorie, Paris 21976, 455–462. – Ramos-Liss n, Alegorismo (L 456). – Simonetti, L’allegoria (L 456) 1 Uranos, Vater der Giganten, hasste seine Kinder. Daher bat ihre Mutter Gaia den Sohn Kronos um Rache, der seinen Vater entmannte. Kronos wiederum wurde von seinem Sohn Zeus gewaltsam entmachtet, der für seine ehebrecherischen u. inzestuösen Verbindungen bekannt war. 2 Vgl. Cels. 4,50 (Nr. 456). 3 Vgl. Nr. 193 Anm. 1. 4 Da Kronos seine ersten Kinder verschlang, rettete Gaia Zeus, indem sie dem Vater stattdessen einen Stein reichte. Nach einer orph. Legende raubte nicht Pluto, sondern Zeus die eigene Tochter Persephone. Hera, Poseidon u. Athene planten, Zeus in Ketten zu legen. 5 Nach Diog. Laert. 7,187–188 soll Chrysipp (ca. 281–208) seine physiolog. Erklärung in sechshundert Zeilen entfaltet haben, doch wird die Existenz des Bildes von Diog. Laert. bezweifelt, da es nicht von weiteren Autoren bezeugt sei. Vgl. SVF II,1071–1074.

Nr. 460 L: P pin, Mythe, 470–474 1 Die zuvor geschilderten Göttererzählungen eines Hesiod u. Homer, in denen nach heidn. Auffassung nicht der buchstäbliche Sinn betrachtet werden dürfe, sondern die hinter dem Buchstaben verborgene tiefere Bedeutung. Im Folgenden beschreibt Gregor drei Haltungen gegenüber diesen Mythen: 1) das realistische Verständnis, das praktisch niemand vertrat 2) die allegor. Fortinterpretation des Anstößigen 3) die Deutung als künstlerischer Ausdruck eines tieferen Sinnes. 2 Die „nackte Wahrheit“, die unverhüllte Lehre über das Göttliche, die im Buchstaben verhüllt sein soll. 3 Während die Mythen wegen ihrer anstößigen Inhalte allegorisch ausgelegt werden, stellt die Kunst ungeniert deren Themen dar. 4 Hierin liegt für Gregor wie für Orig., Cels. 1,18 (Nr. 459) gerade der entscheidende Unterschied zwischen den biblischen Erzählungen u. den heidn. Mythen. Bei der Bibel

Kommentar

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sei eine Lektüre sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn möglich u. akzeptabel, während der Mythos allenfalls ein allegor. Verständnis erlaube, das jedoch Privileg einer intellektuellen Minderheit bleibe.

IV. Das Christentum als die „wahre Philosophie“ L: P. Courcelle, Verissima philosophia (L 66). – Honnefelder, Christliche Theologie als „wahre Philosophie“ (L 303). – H. Görgemanns–A. Wlosok–G. Madec, Philosophie. Griechische Patristik – Lateinische Patristik – Augustin: HWPh 7 (1989) 616–623, 626–636. – Th. Kobusch, Christliche Philosophie: Das Christentum als Vollendung der antiken Philosophie: Th. Kobusch–M. Erler (Hrsg.), Metaphysik und Religion. Zur Signatur spätantiken Denkens, München-Leipzig 2002, 239–259. – B. Studer, Schola christiana, Paderborn 1998, 166–170. – A. Warkotsch, Antike Philosophie im Urteil der Kirchenväter, München 1973

1) Die Differenzen zwischen paganer und christlicher Philosophie a) Widersprüchlichkeit – Kohärenz

Nr. 461 1 Euphorbos war ein Held der Ilias, als dessen Reinkarnation Pythagoras sich verstand. Vgl. Diog. Laert. 8,1,4. Zu Pherekydes vgl. Nr. 374 Anm. 3.

Nr. 463 1 Der fehlende Konsens in der Seelenlehre wird immer wieder von paganen u. christl. Autoren erwähnt; vgl. Chrysipp, SVF II,885; Cic., Tusc., 1,18; Hermias, irris. 1. 2 Der philosoph. Themenkatalog bezeugt den Versuch, die Propheten als die wahren Philosophen darzustellen.

Nr. 464 1 Die civitas terrena im Gegensatz zur civitas Dei. 2 Anaxagoras, ca. 500–425, führte die ion. Naturphilosophie in Athen ein, wo er um 430 wegen seiner astronomischen Thesen der Gottlosigkeit angeklagt wurde. 3 Um die Menschen von der abergläubischen Furcht vor den Göttern zu befreien, lehrte Epikur, dass diese nicht ins Weltgeschehen eingreifen würden. 4 Aristipp, ca. 425–355, vertrat eine Ethik, in der Lust u. Schmerz als Formen innerer Bewegung im Menschen den Mittelpunkt bilden. Antisthenes, ca. 450/55–365, vertrat eine rigorist. Ethik, die die Lust verwarf u. Bedürfnislosigkeit forderte.

Nr. 465 1 Aetios, Doxograph des 1. Jh. n. Chr., nur bei Thdt., affect. namentlich erwähnt. Die Epitome De placitis philosophorum stammt von Ps.-Plutarch. Die Philosophiegeschichte des Porph. ist nur fragmentarisch überliefert. Vgl. A. Ph. Segonds, Les fragments de l’Histoire de la Philosophie: . des Places, Porphyre. Vie de Pythagore. Lettre Marcella, Paris 1982, Appendix 163–197.

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Kommentar b) Partikularität – Totalität der Wahrheitserkenntnis

Nr. 466 L: L. W. Barnard, Justin Martyr, Apologies, New York 1997, 196–200. – C. J. DeVogel, Problems concerning Justin Martyr. Did Justin find a certain Continuity between Greek Philosophy and Christian Faith?: Mn. 31 (1978) 360–388, 361 f. 1 Vgl. Nr. 136 u. 137.

Nr. 467 1 Pentheus, König v. Theben, untersagte den Dionysoskult. Aus Rache ließ ihn der erzürnte Gott von den Mänaden zerreißen. Vgl. Eurip., Bacchae, 1115 ff.

c) Vermutung – Gewissheit

Nr. 469 1 Skyth. Fürst, 6. Jh. v. Chr., kam nach Griechenland u. galt seit Hdt. 4,76 f. als Urbild des klugen Barabaren, der sich mit der griech. Kultur auseinandersetzte.

Nr. 470 L: Pouderon, Ath nagore (L 20), 285–287

Nr. 472 1 Vgl. Nr. 311 Anm. 1. 2 Während Varro die Unterscheidung zwischen dii certi und dii incerti auf die Sicherheit bezog, mit der sich Wesen und Funktion der Götter bestimmen ließ, übertrug Aug. diese Differenzierung polemisch auf die Existenz der Götter selbst. Vgl. G. Wissowa, Die varronischen dii certi und incerti: Hermes 56 (1921) 113–130. 3 Xenophanes, 570–475/70, Vorsokratiker. Vgl. SVF I, 21 frg. 34.

Nr. 473 1 Timon v. Phleius, ca. 320–230, Skeptiker, Schüler des Pyrrhon, dessen Lehren er polemisch verteidigte u. verbreitete, verfasste u. a. Spottgedichte (Silloi) auf die dogmat. Philosophen. d) Theorie – Praxis

Nr. 474 1 So schon der Epikureer Zenon v. Sidon bei Cic., nat. deor. 1,93. 2 Vgl. Nr. 339 Anm. 1. 3 Der abschließende Angriff auf die Philosophen scheint dem sonstigen Bemühen des Autors zu widersprechen, die Übereinstimmung von Philosophie u. Christentum zu erweisen. Doch richtet sich die Polemik auffälligerweise nur gegen die Vertreter der akademischen u. nicht-akademischen Skepsis sowie ihren Lehrer Sokrates, auf die sich im Dialog der Heide Caecilius gestützt hatte. 4 Vgl. Min. Fel., Oct. 13,4 Nr. 512.

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Nr. 475 L: A. Dihle, Zur spätantiken Kultfrömmigkeit: Pietas. FS. B. Kötting (JAC.E. 8), Münster 1980, 39–54, 42 f. (= J. Martin–B. Quint (Hrsg.), Christentum und antike Gesellschaft [WdF 649], Darmstadt 1990, 143–168). – Th. Kobusch, Origenes, der Initiator der christlichen Philosophie: W. Geerlings–H. König (Hrsg.), Origenes. Vir ecclesiasticus (Hereditas 9), Bonn 1995, 27–44, 34. – Ders., Das Christentum als die wahre Philosophie. Zum Verhältnis zwischen Platonismus und Christentum bei Origenes: L. Lies (Hrsg.), Origeniana Quarta (IThS 19), Innsbruck–Wien 1987, 442–446 1 Die Kritik verkennt, dass Gebildete der hellenist.-röm. Zeit vielfach eine Teilnahme an Festen u. kultischen Handlungen für berechtigt hielten, da sie das Wissen um den wahren Sinn jener Vollzüge zu besitzen glaubten. Durch ein spirituelles Verständnis der Kultpraxis wurde eine Teilnahme in ihrer religiösen Bedeutung ebenso relativiert wie legitimiert. Der Kult wurde in Philosophie transformiert.

Nr. 476 1 In Anlehnung an die Reden des Demosthenes gegen Philipp v. Makedonien werden Ciceros Reden gegen M.Antonius (44/3) als Orationes Philippicae bezeichnet.

Nr. 477 L: Th. Kobusch, Das Christentum als die Religion der Wahrheit. Überlegungen zu Augustins Begriff des Kultus: REAug 29 (1983) 97–128

Nr. 478 1 Vgl. Nr. 340 Anm. 1.

Nr. 479 1 Thdt. sah in der monastischen Existenz die Idealgestalt des Philosophen.

e) Elitärer Charakter – universaler Weg

Nr. 482 1 Die Anekdote von dem ionischen Naturphilosophen Thales (624–547) u. dem Lyderkönig Kroisus wird bei Cic., nat. deor. 1,60 u. Min. Fel., Oct. 13,4 (Nr. 512) dem Tyrannen Hieron u. dem Lyriker Simonides zugeschrieben. 2 Vgl. auch Tert., apol. 50,14 (Nr. 200).

Nr. 483 1 Epiktet, ca. 50–120, Stoiker.

Nr. 484 1 Eine der Philosophinnen der epikureischen Schule, Anfang 4. Jh. v. Chr. 2 Phaidon v. Elis, 400 v. Chr. als Kriegsgefangener in die Sklaverei nach Athen gebracht, wo er auf Veranlassung des Sokrates freigekauft wurde. Seitdem dessen Schüler. Nach Sokrates’ Tod kehrte er als Philosoph in die Heimatstadt zurück. 3 Vgl. Nr. 469 Anm. 1.

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Kommentar

Nr. 485 L: G. Madec, Si Plato viveret … (Augustin, De vera religione 3,3): N oplatonisme. M langes offerts J. Trouillard (Les Cahiers de Fontenay 19/22), Fontenay 1981, 231–247 1 Eventuell eine Anspielung auf Platons späte Heirat. 2 Im Jahr 390, als Aug. vera rel. verfasste, untersagte die Synode von Karthago verheirateten Bischöfen, Priestern u. Diakonen den sexuellen Umgang mit ihren Frauen. 3 Für Aug. bedeutete der liturg. Ruf sursum corda geradezu den Ausdruck christlicher Lebenshaltung, ähnlich dem Paulus-Wort „Sucht, was oben ist“ (Kol 3,1).

2) Offenbarungscharakter der christlichen Philosophie L: V. Buchheit, Göttlicher Heilsplan in der lateinischen Apologetik: W. Blümler (Hrsg.), Alvarium. FS C. Gnilka (JAC.E 33), Münster 2002, 109–118

Nr. 490 1 Zuvor war von den Gesprächen die Rede, die Sokrates im Gefängnis über die Unsterblichkeit der Seele führte. 2 Vgl. Nr. 339 Anm. 1. 3 Vgl. Nr. 340 Anm. 1. 4 Das Apollon-Orakel v. Delphi hatte Sokrates als den weisesten Menschen bezeichnet. Vgl. Plat., apol. 21e; Ps.-Just., or. Gr. 36,1 (Nr. 493). 5 Sokrates war angeklagt worden, neue göttliche Wesen einzuführen u. die Jugend zu verderben. Vgl. Plat., apol. 246; Xen., apol. 10. 6 Anspielung auf den Trank des Schierlingsbechers durch Sokrates. 7 Im platon. Phaidon zwei Gesprächspartner des Sokrates.

Nr. 492 L: Buchheit, Heilsplan, 113–116. – H. Dörrie, Platons Reisen zu fernen Völkern. Zur Geschichte eines Motivs der Platon-Legende und zu seiner Neuwertung durch Lactanz: W. Den Boer u. a. (Hrsg.), Romanitas et Christianitas. Studies H. I. Waszink oblata, Amsterdam–London 1973, 99–118 1 Für Lakt. ist die Religion das Unterscheidende zwischen Mensch u. Tier. Vgl. De ira Dei 7–8. 2 Vgl. Dörrie, Platons Reisen.

Nr. 493 1 Zur Wiederherstellung der Urphilosophie durch die christl. Offenbarung vgl. Nr. 303–306. 2 Es handelt sich wahrscheinlich um eine Zusammenfassung von orac. Sibyll. 3,24 ff. 3 Akmon galt u. a. als Vater des Uranos, auch als Okeanos. Der genaue Text ist nicht zu erschließen. 4 Das Fragment ist eine Abwandlung des bekannten Platonwortes Tim. 28c. Vgl. Nr. 371 Anm. 6.

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Nr. 495 1 Zur Erfüllung der antiken Philosophie im Christentum vgl. Nr. 135 Anm. 4.

Nr. 496 1 Im „Gottessstaat“.

E) Der universale Wahrheitsanspruch des Christentums I. Konfrontation mit dem religiös-philosophischen Pluralismus und Synkretismus L: C. Ando, Pagan Apologetics and Christian Intolerance in the Ages of Themistius and Augustine: Journal of Early Christian Studies 4 (1996) 171–207. – P. Garnsey, Religious Toleration in Classical Antiquity: W. J. Sheils (Hrsg.), Persecution and Toleration, Oxford 1984, 1–27. – F. Paschoud, L’intol rance chr tienne vue et jug e par les pa ens: CrSt 11 (1990) 545–577

1) Vielfalt der Heilswege L: A. H. Armstrong, The way and the ways: Religious tolerance and intolerance in the fourth century A. D: VigChr 38 (1984) 1–17. – H. C. Brennecke, Der Absolutheitsanspruch des Christentums und die religiösen Angebote der Alten Welt: J. Mehlhausen (Hrsg.), Pluralismus und Identität (VWGTh 8), Gütersloh 1995, 380–397. – J. North, The Development of Religious Pluralism: J. Lieu–J. North–T. Rajak (Hrsg.), The Jews among Pagans and Christians in the Roman Empire, London–New York 1992, 174–193. – J. Rudhardt, De l’attitude des grecs l’egard des religions trang res: RHR 209 (1992) 219–238. – R. L. Wilken, Religious Pluralism and Early Christian Thought: Ders., Remembering the Christian Past, Grand Rapids (Mich.), 1995, 25–46

Nr. 497 1 In str. 1,28,3 (Nr. 138) stellt Clem. die griech. Philosophie dem Gesetz der Juden als Wegbereitung für Christus an die Seite.

Nr. 498 L: F dou, Christianisme (L 40), 241–253 1 Der ägypt. Gott Amun wurde von den Griechen unter dem Namen Ammon mit Zeus identifiziert. Vgl. Plut., mor. 354c; Hdt. 1,182. Auch der ursprünglich libysche, später mit Amun v. Theben gleichgesetzte Orakelgott v. Siwa wurde als Zeus-Ammon verehrt. Vgl. Pind., Pyth. 4,15; Hdt. 2,55; 3,25.

Nr. 500 1 Ähnlich Porph., Chr. frg. 78 (Nr. 350).

Nr. 501 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 19–26. – D. Vera, Commento storico alle Relationes di Quinto Aurelio Simmaco (BSA 29), Pisa 1981, 40f

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Nr. 502 L: Dagron, L’empire romain (L 118). – Daly, Themistius’ Plea (L 118) 1 Nachdem Themistius schon 364 vor Kaiser Jovian für die Tolerierung eines religiösen Pluralismus plädiert hatte (Nr. 118), wiederholte er seine Ansichten 365 vor Kaiser Valens. Vgl. Soz., h. e. 6,36,6–37,1.

Nr. 503 L: P. Guyot–R. Klein, Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgung I, Darmstadt 1993, 457–459 1 Vgl. Nr. 69 Anm. 8. 2 Die Historizität dieser Aussage ist umstritten. Der heidn. Verfasser wollte Kaiser Severus Alexander (222–235) als Beispiel religiöser Toleranz den christl. Herrschern seiner Zeit in einer Art Fürstenspiegel entgegenhalten. Daher musste die integrationsfähige Religiosität des früheren Regenten unterstrichen werden. 3 Tert., apol. 5,2 berichtet, schon Tiberius habe dies beabsichtigt. Diese Legende wurde von Christen zu politischen Zwecken in Umlauf gesetzt. 4 Wiederum handelt es sich um eine Legende, die entstehen konnte, da Hadrian als weitgehend christenfreundlicher Kaiser galt; vgl. Nr. 15.

Nr. 504 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 45–51 1 Nachdem es 408/9 in der afrikan. Stadt Calama bei einem heidn. Fest zu Ausschreitungen gegen die Christen gekommen war, hatte sich der gebildete Heide Nectarius an den Bischof v. Hippo als Vermittler gewandt; vgl. Aug. ep. 90, 91, 103. Aug. lobte dessen Liebe zu seiner Heimatstadt, lenkte jedoch den Blick auf die himmlische Heimatsstadt, die Nectarius wiederum mit dem Ort identifizierte, an dem nach Cicero (Somnium Scipionis; rep. 6,13) der große Gott u. die Seelen verdienstvoller Staatsmänner wohnen. Ähnlich wie Symm. (Nr. 501) gebrauchte Nectarius das Bild vieler Wege, die zu jenem Ort führten. 2 Aug. unterstreicht die Möglichkeit der Vielfalt in der Einheit. Damit sah er zugleich das exeget. Problem gelöst, dass in den Schriftworten auch von „Wegen“ im Plural gesprochen wird, insofern es sich um verschiedene Möglichkeiten innerhalb des „einen Weges“ handele.

Nr. 505 1 Aug. erkannte, dass seine frühere Formulierung allzu sehr an entsprechende Bildworte der Platoniker anklang, wie sie u. a. auch Symm. (Nr. 501) gebraucht hatte.

Nr. 506 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 27 f., 41–44 1 Hatte Symm. (Nr. 501) dezent formuliert, dass man „nicht auf einem Weg“ zu dem großen Geheimnis gelange, so enthüllt Prud. die Implikationen dieser Aussage u. zeigt im folgenden (2,773–909) nicht nur, wie divergierend in Wahrheit die vielen Wege sind, sondern auch, welche fragwürdigen heidn. Kultformen mit der metaphorischen Redeweise von den „Wegen“ umschrieben sind.

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2) Synkretistischer Henotheismus L: J. Ratzinger, Die Einheit der Nationen. Eine Vision der Kirchenväter, München 1971, 41–57. – R. Turcan, Les cultes orientaux dans le monde Romain, Paris 1989, 328–333

Nr. 507 1 Dies ist die klassische Formulierung des religiösen Synkretismus, der die orientalischen Mysterienkulte charakterisierte.

Nr. 508 1 Ein Beispiel dieser kumulativen Frömmigkeit bieten Nr. 106–107. 2 Nach H. D. McDonald, The Doctrine of God in Arnobius, Adversus Gentes: StPatr 9 (1966) 75–81 schließt Arnob. zumindest theoretisch die Existenz anderer, untergeordneter Götter nicht aus, wie es dem zeitgenössischen Henotheismus entsprach.

Nr. 509 1 Vgl. Orig., Cels. 5,25–26; 7,62.68.

Nr. 510 1 Der Gott der Christen ist gemeint. 2 Vgl. Aug., c.Faust. 18,5 ; 20,13.

Nr. 511 L: H. Dörrie, Die Solar-Theologie in der kaiserzeitlichen Antike: H. Frohnes– U. W. Knorr (Hrsg.), Kirchengeschichte als Missionsgeschichte I, München 1974, 283–292. – W. Liebeschuetz, The significance of the speech of Praetextatus : P. Athanassiadi–M. Frede (Hrsg.), Pagan Monotheism in late Antiquity, Oxford 1999, 185–205 1 Macr. (ca. 430) ist eine der Hauptquellen für die letzte Phase des röm. Heidentums, konkreter für die Interpretation der trad. Religion durch die letzte Generation der röm. Senatoren. Nachdem unter den Kaisern Elagabal (218/22), Aurelian (270/5) u. Julian (361/3) der Kult des Sonnengottes im röm. Reich offiziell eingeführt, erneuert u. wieder aufgegriffen wurde, kam es jetzt erstmals zu philosoph.-theolog. Rechtfertigungen des Sol invictus. Insofern alle Götter in der Sonne enthalten seien, lasse sich der bisherige Polytheismus in einen Monotheismus der Sonne zusammenfassen. Praetextatus (u. a. pontifex solis; vgl. Nr. 106) identifiziert die röm. Götter mit denen der anderen Völker u. betrachtet sie als Aspekte des einen Sonnen-Gottes, der das Universum regiert.

3) Erkenntnistheoretisch begründeter Relativismus L: R. T. Wallis, The Spiritual Importance of Not Knowing: A. H. Armstrong (Hrsg.), Classical Mediterranean Spirituality: Egyptian, Greek, Roman, vol. 15, New York–London 1986, 460–480

Nr. 512 L: B. Bakhouche, Octavius Academicus?: Vita Latina 150 (1998) 38–43. – H. A. Gärtner, Die Rolle und die Bewertung der skeptischen Methode im Dialog Octavius des Minucius Felix: Panchaia. FS K. Thraede (JAC.E. 22), Münster 1995, 141–147

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1 Certum decernere steht im Gegensatz zur Position eines Skeptikers wie Favorinus v. Arelate (ca. 80/90–Mitte 2. Jh.): inquirere potius quam decernere (Gellius, 20,1,9). 2 Die Vielzahl der „dogmatischen“ Schulen u. die Verschiedenheit ihrer Lehren galt stets als Argument zugunsten des Skeptizismus. Vgl. Cic., nat. deor. 1,1,1; 6,14. 3 Die berühmte Formel gnothi sauton befand sich als Inschrift am Tempel v. Delphi u. wurde Thales v. Milet zugeschrieben. Vgl. Cic., Tusc. 1,22,52. 4 Die Formel quod supra nos, nihil ad nos wird auch von Lact., inst. 3,20,10; epit. 32,3 u. Hier., adv. Ruf. 3,18 dem Sokrates zugeschrieben, von Tert., nat. 2,4,15 wohl irrtümlich Epikur. Die Abwendung des Sokrates von Fragen der Naturphilosophie ist bei vielen Autoren bezeugt: Xen., mem. 1,1,4.11–12; 4,7,6; Cic., Acad. 1,4,15; Tusc. 5,10; Sen., ep. 71,7. 5 Tendenziös verknüpft Caecilius das Sokrates-Zitat mit der Würdigung des Philosophen im Apollon-Orakel v. Delphi. Vgl. Aristoph.-Scholion ad nubes 144; Plat., apol. 21e; Cic., Lael. 2,7. 6 Vgl. Plat., apol. 23a–b; Cic., acad. 1,4,16. 7 Arkesilaos, ca. 315–240, Begründer der Mittleren Akdemie, forderte wegen der Unzuverlässigkeit der Sinneswahrnehmung u. der Verstandestätigkeit die Enthaltung von jeglichem Urteil (epoch ). Karneades, ca. 214–129, Begründer der Neuen Akademie, bestritt mit Arkesilaos die Existenz eines Kriteriums der Wahrheit, war im Unterschied zu ihm aber bereit, das Wahrscheinliche anzuerkennen. 8 Simonides v. Keos, ca. 556–468. Zur Anekdote mit Hieron, dem Tyrannen v. Syrakus (ca. 540–467), vgl. Cic., nat. deor. 1,22,60.

Nr. 513 L: H. D. Saffrey, Connaissance et inconnaissance de Dieu: Porphyre et la Th osophie de Tübingen: Ders., Recherches sur le N oplatonisme apr s Plotin, Paris 1990, 11–30.

Nr. 514 L: P. Hadot, Marius Victorinus. Recherches sur sa vie et ses uvres (EAug), Paris 1971, 50–58 1 Nach K. Mras, Macrobius’ Kommentar zu Ciceros Somnium (SPAW.PH 1933), 232–288, 238 könnte das folgende Zitat aus den Zêtêmata Homêrika stammen. Hingegen lässt sich nicht eindeutig klären, welches Werk des Porph. anschließend in 12,9 zitiert wird, da dessen entsprechende Platon-Kommentare nicht erhalten sind. 2 Die auf Plat., Phdr. 248b zurückgehende Idee, die Seele sei mit dem Fall in die materielle Welt der Herrschaft der „Meinung“ verfallen, hatte zur Konsequenz, dass jede Art von Philosophie oder religiösem Kult nur den Wert einer bloßen Vermutung bezüglich des tiefen Geheimnisses des Intelligiblen besaß. Zur christl. Auseinandersetzung hiermit vgl. Arnob., nat. 2,39.

Nr. 515 L: Courcelle, Confessions (L 109), 71 f. – Hadot, Marius Victorinus (L 514), 50–58

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II. Der christliche Absolutheitsanspruch 1) Begründung aus dem Offenbarungsgeschehen L: V. Buchheit, Göttlicher Heilsplan in der lateinischen Apologetik: W. Blümler (Hrsg.), Alvarium. FS C. Gnilka (JAC.E 33), Münster 2002, 109–118

Nr. 520 L: Gnilka, Chrêsis II (L), 39 f.

2) Die Einzigartigkeit Christi Nr. 521 1 In Cels. 1,29 wurde die von Plat., resp. 329e überlieferte Anekdote diskutiert, ob der athen. Staatsmann seinen Ruhm dem eigenen Charakter oder der Herkunft aus der berühmtesten Stadt Griechenlands verdanke. Orig. wies darauf hin, dass Christus die Welt weit stärker als Themistokles bewegt habe, obwohl er keine bedeutende Herkunft besaß. 2 Orig. scheint ein Dokument des 2. Jh. gekannt zu haben, das Ps-Clem., recog. 2,8–11 zugrundelag. Danach habe Dositheus einen Kreis von 30 Anhängern um sich gesammelt, dem sich Simon Magus anschloß. Anschließend verdrängte dieser Dositheus aus der Führung der Gruppe. Daher nennt Orig. hier eine Zahl von 30 Simonianern, während er in Cels. 6,11 von 30 Anhängern des Dositheus spricht. 3 Orig. führt den moralischen Wahrheitsbeweis für die Göttlichkeit Christi in Cels. 2,79 (Nr. 193).

Nr. 522 1 Porph. versuchte dort (vgl. Nr. 66), Christus in sein Weltbild zu integrieren, indem er behauptete, dieser sei ein Weiser, der die Menschen die Verehrung der höchsten Gottheit gelehrt habe, später aber von den Christen irrtümlich selbst für Gott gehalten wurde. Das folgende Orakel wird ebenso von Aug., civ. 19,23 (Nr. 66) zitiert.

Nr. 523 1 Zur christl. Polemik gegen Asklepius vgl. R. Herzog, Asklepios: RAC 1 (1950) 797 f. 2 Zur christl. Polemik gegen Herakles vgl. A. J. Malherbe, Herakles: RAC 14 (1988) 576–579. 3 Während der Gott des Weines nur eine vorübergehende u. scheinbare Erlösung bieten kann, vermittelt Christus die bleibende u. wirkliche Erlösung. Die Frage, ob Christus den Göttern Asklepius, Herakles u. Dionysus überlegen ist, wird auch bei Orig., Cels. 3,22–25.42 diskutiert.

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3) Das Christentum als Synthese von religio und philosophia Nr. 524 L: Ch. Fra sse, (V,1,11): Analyse du prologue du livre V des Institutions divines de Lactance: Vita latina 159 (2000) 26–35 1 Der Aufbau der inst. beruht auf dieser Konzeption. Buch 1 u. 2 (de falsa religione / de origene erroris): die heidn. Religionen sind irrational, entsprechen also nicht der Wahrheit u. dem Menschen. Buch 3 (de falsa sapientia): die heidn. Philosophien sind irreligiös, entsprechen also ebensowenig der Wahrheit u. dem Menschen. Buch 4 (de vera sapientia et religione): die Verbindung von Religion u. Philosophie findet sich im christl. Offenbarungssglauben. Buch 5 u. 6 (de iustitia/de vero cultu): die sich aus der christl. Philosophie herleitende Ethik. Buch 7 (de vita beata): das Endziel der Religion. 2 Vgl. Nr. 188, 195. 3 Ausführlicher hierzu Lakt. in Nr. 315.

Nr. 526 L: I. Bochet, (Augustin, De ver. rel. 5,8): Pouderon-Dor (Hrsg.), Apologistes (L), 333–353. – Th. Fuhrer, Augustins Frühdialoge als Inszenierung der Einheit von religiöser Praxis und philosophischem Dialog: Th. Kobusch–M. Erler (Hrsg.), Metaphysik und Religion, München–Leipzig 2002, 309–322. – Kobusch, Christentum als die Religion der Wahrheit (L 477)

Quellen- und Literaturverzeichnis Abkürzungen Die Abkürzungen antiker Autoren und Werke folgen in der Regel: Thesaurus Linguae Latinae. Index, Leipzig 21990 Augustinus-Lexikon 1 (1994) 26*–41* G. W. H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 81987 H. G. Liddell–R. Scott u. a., A GreekEnglish Lexikon, Oxford 91989 Die bibliographischen Abkürzungen richten sich nach: S. Schwertner, Abkürzungsverzeichnis (Theologische Realenzyklopädie), Berlin–New York 21994 Ausw: Auswahl dt/engl/it/frz/span: deutsch/englisch/italienisch/ französisch/spanisch E: Einleitung K: Kommentar T: Text Ü: Übersetzung

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Allgemeine Darstellungen Speziellere Literatur zu einzelnen Autoren und Themen findet sich im Kommentarteil Andresen, C., Frühkirchliche Apologetik: RGG 1 (31957) 480–485 Anwander, F., Die literarische Bekämpfung des Christentums in der Antike: BenM 6 (1924) 297–320 Bardy, G., Apologetik: RAC 1 (1950) 533–543 Barnard, L. W., Apologetik I. Alte Kirche: TRE 3 (1978) 371–411 Barnes, T., Pagan perceptions of Christianity: I. Hazlett (Hrsg.), Early Christianity. Origens and Evolution to A.D. 600. In honour of H. C. Frend, London 1991, 231–243 Benko, S., Pagan Criticism of Christianity during the first two Centuries A.D.: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 1055–1118 Carrara, P. (Hrsg.), I Pagani di fronte al Cristianesimo. Testimonianze dei secoli I e II (BPat 2), Florenz 1984 Casamassa, A., Gli Apologisti greci (Lat. N.S. IX–X, Nr. 1–4), Rom 1954 Consolino, F. E. (Hrsg.), Pagani e Cristiani da Giuliano l’Apostata al Sacco di Roma. Atti del Convegno Internazionale di Studi (Rende, 12/13 novembre 1993), (Studi di Filologia Antica e Moderna 1), Rubbettino 1995 Contreras, C. A., Christian Views of Paganism: ANRW II 23/2, hrsg. W. Haase, Berlin–New York 1980, 974–1022 Courcelle, P., Anti-Christian Arguments and Christian Platonism: from Arnobius to St. Ambrose: A. Momigliano (Hrsg.), The Conflict between Paganism and Christianity in the fourth Century, Oxford 1963, 151–192 Edwards, M.–Goodman, M.–Price, M. (Hrsg.), Apologetics in the Roman Em-

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Quellen- und Literaturverzeichnis tit di un genere letterario e di una categoria storico-teologica: ASE 18 (2001) 659–665 Rosen, K., Von der Torheit für die Heiden zur wahren Philosophie. Soziale und geistige Voraussetzungen der christlichen Apologetik des 2. Jahrhunderts: Haehling, R. v. (Hrsg.), „Rom und das himmlische Jerusalem“. Die frühen Christen zwischen Anpassung und Ablehnung, Darmstadt 2000, 124– 151 Ruggieri, G. (Hrsg.), Enciclopedia di Teologia Fondamentale. Storia Progetto Autori Categorie, Genua 1987, I 1–219 Ruggiero, F., La follia dei cristiani. Su un aspetto della „reazione pagana“ tra il I e V secolo, Mailand 1992 Simmons, M. B., Graeco-roman philosophical opposition: Ph.-F. Esler (Hrsg.), The Early Christian World, London–New York 2000, II 840–867 Skarsaune, O., Apologetik IV. Kirchengeschichtlich 1. Alte Kirche/Apologie, literarisch: RGG 1 (41998) 616–620/ 630–632 Vos, V. de, Popular graeco-roman responses to Christianity: Ph. F. Esler (Hrsg.),

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Für die freundliche Erteilung von Abdruckgenehmigungen wird folgenden Verlagen gedankt: Peter Lang (Text Nr. 90), Universitätsverlag Winter (Nr. 106), Peeters Publishers (Nr. 112), Mohr Siebeck (Nr. 113).

Register Die Zahlenangaben bezeichnen die Nummern der Quellentexte

Stellen Acta Apollonii 7–9: 229 30–37: 7 38–41: 390 42–44: 7 Ambrosiaster quaestiones 83,1–2: 257 113,3: 367 114,15–19: 381 114,22: 381 114,24.29–30: 267 114,31: 110 Ambrosius de obitu Theodosei 51: 98 epistulae 17,1–3: 115 17,10: 115 17,12–13: 115 18,1–3: 116 18,7: 244 18,7–8: 494 18,10–11: 116 18,20–21: 217 18,22: 116 18,23–29: 291 18,39: 116 expositio Evangelii secundum Lucam 6,104–105: 146 6,108: 400

Ammianus Marcellinus rerum gestarum libri 22,5,1–4: 82 Apuleius de Platone et eius dogmate 1,11,204–205: 346 metamorphoses 9,14: 22 11,5,1–3: 507 Aristides apologia 1,1–2: 12 2,1–2: 12 8: 318 15,1–3: 12 15,4–12: 179 16,3–5: 12 16,7: 230 17,2–8: 12 Aristides, rhetor Orationes 3 (671–672): 23 Arnobius adversus nationes 1,1–3: 215 1,13–14: 215 1,27: 57 1,36: 57 1,39: 57 1,40: 395

1,42: 57 1,43–44: 378 1,46: 378 1,62: 395 2,1–2: 342 2,4: 158 2,8–11: 158 2,13–14: 171 2,15–16: 57 2,60: 491 2,62: 57 2,63: 256 2,65: 519 2,66–67: 289 2,71: 289 2,74–75: 256 3,1: 342 3,2–3: 508 3,6–7: 171 4,36: 235 5,32–34: 324 Athanasius contra gentes 1: 79 29: 343 40: 343 de incarnatione Verbi 1: 80 15–16: 372 24: 397 26–27: 406 30: 406 41: 372 43: 397

784 Athanasius (Forts.) 44: 366 45: 372 46–48: 80 49–50: 523 51–52: 241 54: 80 55: 312 56: 80 Athenagoras de resurrectione 4: 413 7: 413 18: 413 legatio 1–2: 20 3,1–2: 181 3,1: 20 4: 205 5,1: 205 6,2: 205 7,2–3: 470 8,1: 163 9: 441 10: 353 11,1–4: 192 12: 181 13–14: 205 18,1: 337 23: 337 26: 337 27: 337 35–36: 181 35,6: 307 37: 20, 231 37,1–3: 20 Augustinus confessiones 8,2,3: 109 contra Faustum 13,1.14: 446 de civitate Dei Vorwort: 130 1,7: 242

Register 1,36: 130 2,3: 218 2,4: 195 2,6–7: 195 2,19: 242 4,27: 345 4,30–31: 345 4,31: 336 5,21: 103 5,25: 225 6,4–6: 345 6,8: 328 7,17: 472 7,27: 317 8,5: 135 8,9–10: 135 8,11: 286 9,18: 340 10,1: 478 10,3: 478 10,24: 66 10,27–28: 66 10,29: 368 10,30: 421 10,32: 66 12,14: 412 13,19: 421 18,37: 268 18,41: 464, 496 18,52: 103 18,53–54: 453 19,22–23: 66 22,5: 301 22,8: 385 22,12: 421 22,22: 421 22,25: 421 22,27: 421 de consensu evangelistarum 1,11: 438 1,17: 447 1,23: 62 1,24: 447 1,26: 510 1,29–30: 510

1,32–33: 327 1,40: 447 1,52: 438 1,54: 438 de divinatione daemonum 1: 452 7: 452 9: 452 10: 452 11: 452 de doctrina christiana 2,28,43: 278 4,6,9–10: 432 de fide rerum invisibilium 4,7: 300 7,10: 300 de trinitate 4,20: 63 de utilitate credendi 34: 382 de vera religione 1,1: 344, 477 3,3–4,6: 485 5,8: 526 55,108–113: 344 enarrationes in psalmos 93,15: 401 98,2: 313 epistulae 16,1: 123 16,3–4: 123 17,1: 124 17,4–5: 124 31,8: 279 91,4–5: 326 102,30–32: 425 104,12–13: 504 135: 125 136,1: 383 137,2: 369 137,4: 369 137,9–11: 369 137,12: 374 137,13–14: 384

Stellen 137,17: 495 233: 126 234: 127 235: 128 in Ioannis Evangelium tractatus 39,2–3: 358 96,3: 403 retractationes 1,4,3: 65, 505 1,13,7: 386 1,14,5: 386 2,4,2: 285 2,16: 122 2,31: 122 2,43: 129 sermones 241,7: 64 218,3: 402 carmen ad quendam senatorem 1–14: 112 25–47: 112 70–85: 112 carmen contra paganos 25–66: 113 78–84: 113 115–122: 113 carmen ultimum 1–9: 111 149–157: 111 204–224: 111 232–240: 111 243–245: 111 Clemens v. Alexandrien protrepticus 1,1: 30 2,1: 30 3,1–2: 30 4,1: 30 6,3–5: 260 7,1–4: 370

8,4: 370 12,1: 320 24,2: 310 25,3–26,7: 320 51,5–53,6: 330 56,3–6: 330 84,1–3: 30 86,1: 30 89,1–3: 246 93,1–2: 30 112,1–2: 488 117,3–4: 30 119,1: 145 120,1–3: 145 stromateis 1,16,2: 168 1,28,3: 138 1,29,1: 497 1,34,4: 489 1,38,4: 489 1,38,6–7: 497 1,52,2–3: 362 1,57,1–6: 467 1,72,4–5: 261 1,80,6: 138 1,81,1–5: 273 1,87,1–3: 273 1,88,5: 392 1,94,1–7: 138 1,98,4: 489 1,100,5: 273 1,150,1–4: 273 2,1,1: 273 2,8,4–9,6: 156 2,13,2–14,3: 156 2,16,1–17,1: 156 2,24,3: 156 2,27,4–28,1: 156 4,58,3: 481 5,29,4–6: 138 5,108,2–3: 168 5,133,9–134,1: 138 6,4,3–4: 273 6,15,1–2: 273 6,27,1–5: 273 6,28,1: 273

785 6,28,4–29,3: 273 6,30,4: 273 6,41,4–6: 5 6,44,1: 292 6,55,3–4: 467 6,153,1: 292 6,157,4–158,3: 138 6,167,2–5: 296 Codex Barroccianus graecus 142, fol. 216: 19 Codex Justinianus 1,1,3:68 Codex Theodosianus 13,3,5: 86 Commodian carmen apologeticum 1–14: 38 Instructiones I Praefatio: 39 Consultationes Zacchaei et Apollonii Praefatio: 119, 134 1: 119 38: 119 Cyrill von Alexandrien contra Iulianum Prolog 3–5: 95 1,3: 95 2,2–8: 95 Cyprian ad Demetrianum 1: 177 2: 37 3–5: 213 17–18: 221 ad Donatum 2: 148

786 Didymus von Alexandrien Commentarii in Ecclesiasten 281: 457 Diognet-Brief 1: 28 5–6: 184 7,1–6: 28 7,7–9: 199 8,1–6: 487 8,7–9,6: 254 10: 28 Ephraem der Syrer hymni contra Iulianum 2,1–3: 90 2,11–12: 90 4,6–7: 90 4,26: 90 Eunapius vitae sophistarum 4,1–2: 42 Eusebius von Caesarea contra Hieroclem 1–2: 71 4: 71 demonstratio evangelica 1,1,11–18: 77 1,2,1: 306 1,2,8–10: 306 3,6,39–7,12: 522 historia ecclesiastica 1,2,1: 265 1,2,6: 265 1,2,17–23: 293 1,4,4–10: 304 4,3,1–2: 9 4,3,3: 10 4,8,5–9,3: 15 4,11,11–13,8: 15 4,16,1–9: 15 4,18,1–6: 15

Register 4,26,1: 18 4,26,4–11: 18 4,27: 18 5,1,9–10: 214 5,5,1–6: 236 5,17,5: 16 6,19,1–8: 43 praeparatio evangelica 1,1,1–2: 76 1,1,11: 155 1,1,11–13: 76 1,2,1–2.5: 76 1,2,3–4: 250 1,3,1–6: 166 1,3,7–11: 298 1,4,1: 298 1,4,2–12: 240 1,5,2–9: 159 1,5,10–12: 76 2,2,63–64: 29 2,6,19: 251 3,6,7–7,5: 334 4,1,3: 251 4,7,1–2: 44 5,1,9–10: 214 9,7,1: 264 9,27,1–4: 264 10,9,11: 49 13,14,1–2: 471 14,3,1–5: 305 15,1,1–8: 76 vita Constantini 2,50–51: 450 Firmicus Maternus de errore profanarum religionum 1: 81 8: 81 13,4–5: 60 18,1–2: 316 18,7–8: 316 19,1–3: 284 20,7: 81 21,1: 284 22,1–23,1: 284

24,1–2: 284 28,6: 81 29,1–2: 81 mathesis 7,1,1: 59 Flavius Josephus contra Apionem 2,1: 4 2,40–41: 4 Galenos de differentiis pulsum 2,4: 151 in Hippocratem de natura hominis: 152 Gregor von Nazianz orationes 4,4–6: 91 4,102: 160 4,111–112: 91 4,115: 91 4,117–119: 460 4,120: 91 5,2–3: 224 5,9: 224 5,13: 224 5,23–25: 92 5,42: 92 Hermias irrisio 1–2: 33 19: 33 Hieronymus chronicon a. 327 p. Chr.: 56 a. 361 p.. Chr.: 99 contra Iohannem 8: 105 de viris illustribus 20: 11 26,1–2: 17 29,1–4: 25 42: 6

Stellen 79: 55 80: 72 81,1–2: 48 epistulae 57,9: 437 58,10: 73 70,2: 174 70,3: 3, 36, 47, 100 70,4–5: 174 in Danielem Prolog: 445 in prophetam Ionam 2,2: 428 tractatus in psalmos 81,8: 377 Hierokles (?) philalethes logos (= Mac. Magn., apocrit. 2,12): 435 (= Mac. Magn., apocrit. 2,14): 405 (= Mac. Magn., apocrit. 3,1): 398 (= Mac. Magn., apocrit. 3,15): 423 (= Mac. Magn., apocrit. 3,16): 70 (= Mac. Magn., apocrit. 4,1): 411 (= Mac. Magn., apocrit. 4,21): 332 (= Mac. Magn., apocrit. 4,22): 365 (= Mac. Magn., apocrit. 4,24): 419 Historia Augusta Severus Alexander 29,2: 503 43,5–7: 503 Johannes Chrysostomus de s. Babyla contra Iulianum et gentiles 11: 299

13: 299 15–21: 299 76: 93 119–121: 93 de s. Hieromartyre Babyla 3–4: 94 Julian Apostata Caesares 336 A–B: 189 contra Galilaeos 1: 89 3: 89 7: 373 15: 426 17: 426 20: 373 23: 458 28: 509 30: 500 31: 357 41: 379 43: 399 48: 89 50: 379 55: 89 58: 253 59: 190 62: 444 64: 357 79: 436 96: 436 104: 380 Edikt Magistros Studiorum: 86 epistulae 30: 84 48: 335 49: 85 55: 87 58: 88 oratio in matrem deorum 10: 325

787 Justin 1 apologia 1–2: 13 2,1: 287 3,1–5: 13 4,4–5: 13 5,2–4: 204 6: 204 7,1–2: 303 8,1: 303 8,2–8,5: 407 9: 329 10,1: 204 10,2: 359 11: 226 12,1–3: 237 13,1–2: 204 13,4: 389 14,2–3: 191 16,8: 180 17,1–3: 226 20,1–2: 407 20,3: 162 23,1–2: 516 28,3: 136 30–31,1: 440 31,7–8: 440 44,9–10: 269 46,1–4: 136 54–55,1: 281 55: 389 59: 359 60: 269 2 apologia 8,1–3: 137 10,1–3: 466 10,8: 137, 197 12,1–2: 197 13,2–6: 466 14,1: 14 15,2–5: 14 dialogus 2,1–2: 303 7,1–3: 303 8,1: 303 110,4: 198

788 Pseudo-Justin De monarchia 1: 32 oratio ad graecos 1,1–2: 31 5: 31 Pseudo-Justin (Marcell von Ankyra?) ad Graecos de vera religione 1: 78 4,2: 463 7,2–8,2: 463 9,1–3: 266 14,2: 277 21,4–22,2: 277 29,1–2: 277 35,1: 431 35,2: 288 36,1–2: 493 38,1–2: 493 Kerygma Petri frg. 2d: 5 Konstantin epistulae 15,4–6: 450 22: 67 oratio ad coetum sanctorum 18–19: 173 Laktanz de mortibus persecutorum 1,1–9: 223 divinae institutiones 1,1,1–12: 74 1,3,1–8: 351 1,5,1–2: 172 1,19,1–2: 351 2,1,7: 143 2,3,1–7: 476 2,3,22–24: 492 2,6,7–11: 290

Register 2,7,1–6: 290 2,16,6–7: 351 2,17,6–12: 333 3,1,1–7: 149 3,1,11–12: 165 3,11,2–4: 524 3,13,12: 149 3,15,6–14: 476 3,15,21: 476 3,25,1–18: 484 3,26,1–13: 194 3,27,1–3: 188 4,2,1–6: 492 4,3,1–10: 524 4,4,2–4: 524 4,15,22–28: 172 4,22,3–6: 396 4,26,24–30: 396 5,1,1–5: 74 5,1,8–2,2: 74 5,2,2–11: 58 5,2,12–17: 69 5,3,1–26: 69 5,4,1–8: 74 5,7,1–3: 239 5,8,1–9: 239 5,10,15–18: 188 5,11–17: 203 5,13,1–5: 203 5,19,8–24: 210 5,19,26–34: 315 5,20,2–15: 210 5,21,7: 222 5,22,11–22: 222 5,23,1–5: 222 6,7,1: 520 6,7,9–8,1: 520 7,7,1–7: 468 7,25,1: 172 7,27,5–6: 172 epitome 36,4–5: 525 48,1–8: 211 49,1–4: 211 50,1–2: 252, 309 57,6–7: 430

Libanius orationes 18,178–179: 83 Lukian de morte Peregrini 13: 21 Macarius Magnes apocriticus 2,12: 435 2,14: 405 3,1: 398 3,15: 423 3,16: 70 4,1: 411 4,20: 350 4,21: 332, 350 4,22: 365 4,23: 350 4,24: 419 Macrobius in somnium Scipionis 1,3,17–18: 514 1,12,9: 514 saturnalia 1,17,1–6: 511 Marc Aurel in semet ipsum 11,3: 24 Marius Victorinus explanationes in Ciceronis Rhetoricam 1,29,44: 515 Maximus von Tyrus Philosophoumena 2,10: 499 Melito (= Eus., h. e. 4,26)

Stellen Methodius contra Porphyrium: 394 Minucius Felix Octavius 1,4–5: 35 2,4–3,2: 35 4,2–5,3: 35 5,4–6: 512 6,1: 248 8,1–3: 208 8,4–9,6: 186 11,1–3: 409 11,5: 409 13,1–5: 512 13,5–14,2: 35 14,3–7: 147 16,1–6: 35 16,6: 147 18,5–7: 348 18,11: 142 19–20,1: 348 23,7–8: 323 24,11–13: 314 26,5–7: 448 26,8–12: 339 27,1–3: 339 27,5–8: 339 29,6–8: 391 30,1–4: 186 32,1–3: 208 34,1–4: 409 34,5: 275 34,6–12: 417 36,8–9: 220 37,1–6: 201 38,5–6: 474 38,6–40: 35 Origenes contra Celsum Prolog: 40 1,2: 164 1,4: 139 1,5: 331 1,6: 376

1,8: 404 1,9: 154 1,9–11: 157 1,14: 249 1,16: 263 1,17–18: 459 1,18: 193 1,21: 276 1,23: 349 1,24: 498 1,27: 297 1,28: 388 1,30: 521 1,31: 393, 202 1,32–33: 388 1,37: 388 1,46: 376 1,50: 443 1,52: 176 1,54: 393 1,57: 521 1,62: 429 1,64: 238 1,68: 376 1,71: 176 2,8: 521 2,10: 434 2,15: 434 2,28: 443 2,30: 243 2,31: 393 2,39: 376 2,44: 393 2,48–49: 376 2,55–56: 404 2,59: 404 2,63–64: 404 2,68–69: 393 2,70: 404 2,72: 371 2,79: 193, 297 3,5–6: 249 3,8: 249 3,16: 249, 308, 410 3,22–23: 404 3,24: 157

789 3,25–28: 376 3,31: 376 3,32: 283 3,33: 376 3,39: 434 3,40: 139 3,42: 193 3,43: 404 3,44: 154 4,3: 364 4,5: 364 4,7: 255 4,9: 164 4,12: 410 4,14–15: 364 4,16–17: 456 4,23: 371 4,30: 410 4,38–39: 456 4,39: 276 4,48: 459 4,50–51: 456 4,74: 363 4,99: 363 5,2–3: 364 5,14–15: 410 5,46: 498 5,50: 297 6,1–2: 483 6,4: 475 6,7: 164, 276 6,10: 164 6,11: 521 6,16: 276 6,19 : 276 6,27: 187 6,40: 187 6,78–79: 371 7,3: 449 7,9–11: 443 7,14: 393 7,16: 393 7,18: 422 7,26: 297 7,32: 418 7,42: 371

790 Origenes (Forts.) 7,44: 475 7,56: 170 7,58–59: 276 7,66: 331 8,2: 349 8,12: 356 8,17: 209 8,20: 518 8,41: 393 8,43: 393 8,45–46: 449 8,47: 376 8,68–70: 238 8,72–74: 238 8,76: 40 in Joannem 2,34,204: 375 Orosius historia adversus paganos Vorwort 1,9–15: 131 6,1,2–5: 352 7,13,1–2: 8 Philostorgius historia ecclestica 8,14: 50 10,10: 52 Photius bibliotheca 13: 75 Porphyrius ad Marcellam 24: 45 contra Christianos frg. 1: 250 frg. 4: 377 frg. 15: 435 frg. 34: 411 frg. 43A: 445 frg. 63: 398

Register frg. 64: 405 frg. 69: 423 frg. 75: 350 frg. 76: 332; 350 frg. 77: 365 frg. 78: 350 frg. 80: 214 frg. 84: 394 frg. 94: 419 philosophia ex oraculis: 44 vita Plotini 1,1: 46 23,129–131: 46 Prudentius contra Symmachum 1,481–540: 245 2,35–38: 121 2,80–90: 506 2,578–592: 245 2,643–650: 121 2,655–659: 121 2,684–714: 121 2,756–772: 121 2,901–908: 506 liber apotheosis 449–454: 102 Quadratus (= Eus., h. e.4,3,1–2) Rufin contra Hieronymum 2,9: 61 historia ecclesiastica 1,33: 101 2,32–33: 120 Sidonius Apollonaris epistulae 8,3,1: 108 Sokrates historia ecclesiastica 1,9,30: 67

3,23,1–15: 97 3,23,27–37: 427 3,23,38: 53 4,32: 502 Sozomenus historia ecclesiastica 5,16,2: 96 7,22: 451 Suda Lexicon Porphyrius: 41 Symmachus relationes 3,1: 114 3,3: 114 3,8: 114 3,10: 501 3,15–17: 216 Tatian oratio ad Graecos 1,1: 26 1,5: 26 2,1–3: 26 3,1: 26 3,7: 26 4,1–2: 26 4,3–4: 360 5,1–2: 360 5,6–7: 360 6–7,1: 414 12,9–10: 469 16,3: 338 21,1–3: 144 21,5–7: 319 25,3–4: 461 25,4: 408 25,5: 181 29,1–3: 26 31,1: 258 31,2: 167 32,2: 480 35,1: 26

Stellen 40,1–2: 270 42,1–2: 26 Tertullian ad nationes 1,10,3–8: 247 2,1,1: 311 2,1,4: 311 2,1,7–15: 311 2,7,9–13: 321 ad Scapulam 2,1–3: 207 2,5–8: 228 3: 219 4,6: 234 apologeticum 1,1–2: 34 1,4–5: 34 1,7–8: 295 1,10: 295 1,12: 295 2,1–8: 34 3,1–3: 185 7,1–2: 185 7,4–5: 185 8,1–5: 185 10,1–2: 206 14,2–6: 322 15,1–3: 322 15,8: 341 17,4–6: 141 19,5–8: 262 20,1–5: 442 21,7–9: 387 21,10–14: 355 24: 206 24,2: 341 24,3–4: 347 29,1–30,1: 233 30,4: 233 31–32,1: 233 35,1–11: 227 37,4: 295 38,1: 185 39,1–7: 185 40,1–3: 212

40,13–41,6: 212 44,2–45,3: 185 46,2–3: 185 46,7: 132 46,8–9: 482 46,18: 132 47,1–4: 274 47,11–13: 282 48,1–14: 415 49,2–3: 415 50,12–15: 200 50,14: 482 de anima 1,4–6: 490 de testimonio animae 1,1–4: 169 1,5–2,1: 140 2,6: 140 4,2: 416 5,1–2: 140 Themistius orationes 5,9–11 (67b-70a): 118 Theodor von Mopsuestia contra Iulianum frg. 9: 380 commentarii in Iohannem 7: 439 Theodoret von Cyrus curatio graecarum affectionum Prolog: 104 1,1–6: 178 1,9–11: 433 1,54–84: 161 1,90–110: 161 1,114–116: 161 1,127: 175 2,5: 178 2,21–22: 473 2,44: 51 2,50: 280

791 2,70: 280 2,114–115: 280 4,1–3: 196 4,31: 465 5,48: 465 5,62–64: 150 5,65–69: 486 6,85–86: 294 7,36: 424 8,2–4: 433 9,15–16: 302 9,20–31: 302 10,12: 51 10,43–48: 454 12,5–6: 479 12,19: 479 12,24–27: 479 12,95–98: 104 Theophilus v. Antiochien ad Autolycum 1,1: 27 1,11,1–5: 232 1,14,1–4: 27 1,14,2: 272 1,14,7: 27 2,1: 27 2,4: 361 2,12,2–4: 272 2,14,2–3: 517 2,22: 354 2,33,3: 517 3,3,1: 133, 462 3,4,1: 183 3,16,1: 259 3,30,4: 27 Tübinger Theosophie 1,5: 455 1,52: 455 2,13: 513 2,25: 54 Zosimus historia nova 4,59,1–3: 117

792

Register

Namen Abaris 376 Abraham 136, 265, 267–268, 304, 503 Achilles 319, 457 Adam 456 Aetios 465 Agamemnon 319 Akmon 493 Alarich 129 Alkibiades 161 Ambrosius 115, 116, 278, 279, 285 Amelius 41 Ammon 498 Ammonius 43 Anacharsis 469, 484 Anaxagoras 156, 268, 348, 464, 486 Anaximander 268, 468 Anaximenes 268, 348, 486 Antisthenes 161, 348, 46 Antonius Pius 13, 15, 19, 174, 302 Anubis 109, 322 Aphrodite 330 Apion 3, 4, 262, 266 Apis 330 Apollinaris v. Hierapolis 47, 50, 174, 236, 445 Apollon 66, 80, 188, 322, 342–343, 364, 376, 395, 448, 450, 454–455, 459, 511 Apollonius, Senator 6–7, 174, 229 Apollonius von Tyana 69, 71, 108, 377, 383, 398, 425, 503 Apuleius 69, 377, 383–384, 425 Aquilius 201, 395 Arat 174 Aristeas von Prokonnesos 376

Aristides 174 Aristipp 26, 464 Aristobulos 261, 273, 456 Ariston 348 Aristoteles 26, 69, 104, 125, 158, 159, 174, 206, 273, 348, 449, 461, 486 Arkadius 114 Arkesilaos 158, 206, 486, 512 Arnobius 72, 174 Artapanos 264 Artemis 337, 455, 459, 475 Asklepios 104, 144, 157, 193, 214, 256, 281, 320, 322, 330, 345, 364, 404, 475, 490, 519, 523 Athanasius 174 Athene 144, 319, 350 Attis 81, 106, 107, 316 Augustus 243, 240 Bacchus 124, 519 Bakchilides 161 Bellerophontes 281 Bellona 186, 507 Busiris 186 Caesar 327 Castor 345 Cato 195, 326 Celsus 47, 71, 437 Ceres 324, 507, 519 Chairemon 4, 43 Chrysipp 158, 206, 348, 361, 459 Cicero 73, 149, 171–173, 200, 210, 245, 290, 326–328, 345, 476, 484, 492 Clemens v. Alexandrien 19, 174 Commodus 6, 19, 25, 229, 302

Constans 81 Constantinus 81, 97 Cornelius Nepos 476 Cornutus 43, 174 Crescens 15 Cronius 158 Cyprian 74, 174 Damasus 105, 115 Damis 71 Daniel 445 Demokrit 158, 181, 196, 206, 273, 331, 348, 449, 461 Diagoras 104, 205, 208, 310 Diana 342, 507 Diodor Siculus 266, 277 Diodor v. Tarsus 84 Diogenes 26, 200, 484 Diogenes v. Apollonia 348 Diogenes v. Seleukia 348 Diokletian 41, 55, 72, 302 Dionysos 81, 193, 281, 320, 330, 404, 456, 523 Dioskuren 404 Dositheus 521 Empedokles 161, 388 Ennius 327, 448 Epicharmos 161 Epiktet 483 Epikur 69, 104, 125, 156, 158, 206, 273, 331, 345, 348, 361, 364, 449, 461, 464, 484 Eugenius 120, 451 Euhemerus 310 Euripides 205, 320 Eusebius 47–48, 50, 53, 174, 445 Faustus 446 Flavianus 120, 451

Namen Flavius Josephus 262–263, 266 Flora 326 Fronto von Cirta 186 Gamaliel 521 Gratian 225 Hadrian 8–12, 15, 18–19, 174, 302, 503 Hekate 66, 106, 154, 507 Hektor 319, 457 Helena 319 Hera 319, 459 Herakleides 348 Herakles 188, 193, 256, 281, 320, 322, 345, 404, 523 Heraklit 26, 118, 136–137, 158, 161, 181, 273, 331, 345, 410 Hermes 371, 511 Hermes Trismegistos 127, 171, 446, 493 Hermotimus v. Klazomenos 283 Herodes 380, 405 Herodot 87, 331, 376 Hesiod 87, 91, 160, 273, 280, 320, 348, 456 Hieron 512 Hippias von Elis 273 Hippon 310 Homer 87, 95, 118, 160–161, 181, 205, 238, 258, 273, 277, 280, 319–324, 330, 345, 348, 457–458 Honorius 117 Horaz 203 Hostanes 339 Hystaspes 407 Iamblichus 41 Iphigenie 324, 400 Isis 107, 112, 268, 507

Jeremias 278, 285–286 Jesaja 357 Jesus Christus 5–7, 12, 21, 30, 40, 57, 62, 66, 69, 71, 79, 81, 83–84, 89, 93–95, 97, 100, 104, 109–111, 116, 119, 121–122, 126–127, 131, 136–138, 146, 151, 157–158, 170, 172–173, 176, 189, 193, 196–197, 204, 206, 214, 240–243, 245, 249, 254, 256–257, 260, 265, 276, 278, 281, 283–284, 293, 297–301, 303–304, 306, 312, 316, 342, 345, 355–356, 364, 368–374, 376, 378–380, 382, 384–385, 388, 393, 396–399, 401–402, 404–406, 421–422, 429, 434, 436, 438, 440, 443–447, 453, 456–457, 466, 483, 490–491, 493, 497, 503–505, 516, 518–519, 521–522 Johannes 357, 379, 436 Johannes der Täufer 436 Jona 122, 425, 428 Jovian 225 Judas aus Galiläa 521 Julian 160, 224–225, 302, 427, 437 Juno 322, 348, 507, 511, 519 Jupiter 113, 121, 124, 140, 142–143, 188, 195, 206, 212, 234, 322–323, 326–327, 347–348, 387, 472, 509 Jupiter Latiaris 186 Justin 174 Kallimachus 404 Kallinikos 200

793 Karneades 158, 206, 474, 512 Kleanthes 348, 355 Kleomedes 376 Konstantin 74, 103, 225 Kronos 80, 182, 206, 459 Kybele 106, 154, 195, 322 Laberius 415 Laktanz 72–73, 174 Leon, ägypt. Priester 327 Libanius 97 Liber 81, 188, 511 Licinius 302 Linus 193, 268 Longinianus 126–128 Longinus 42 Lukrez 172 Manetho 4, 262 Marc Aurel 13, 15, 17, 19, 234, 236 Marcellinus 130 Maria 357, 364 Maria Magdalena 404–405 Marius Victorinus 109 Mars 124, 140, 188, 322–323, 342 Maxentius 302 Maximian 302 Maximinus 302 Maximus von Aigai 71 Maximus von Madaura 123–124 Megasthenes 261 Melissos 486 Melito 15, 174 Merkur 186, 188, 256, 342, 511, 519 Methodius 47, 50, 445 Metrodoros 158, 206, 319 Miltiades 174 Minerva 109, 140, 322, 327, 348, 350, 507 Minos 181, 407–408, 414 Minucius Felix 74, 174

794 Minucius Fundanus 8, 15, 18 Mithras 154, 284 Mnemosyne 349 Molon 4 Moses 43, 46, 95, 104, 150–152, 193, 258, 263–266, 268–270, 273, 276–277, 280–281, 293, 305, 349–350, 357, 359, 373, 410, 456, 458–459 Mucius Scaevola 201, 203, 345 Musaios 193, 264, 268, 459 Musonius 137 Neptun 109, 348, 519 Nero 302 Nicomachus Flavianus 107–108 Nikanor von Kypros 310 Numenius 43, 158, 174, 206, 264, 273, 280, 456 Origenes 43, 47, 71, 174, 427 Orpheus 30, 127, 161, 193, 264, 268, 277, 348, 404, 446, 459, 503 Osiris 81, 109, 284 Ovid 428 Panaitios 158, 206 Pandora 456 Pantänus 19, 174 Panthera 388 Paris 319 Parmenides 161, 486 Paulus 1, 19, 33, 69, 71, 89, 135, 146, 158, 174, 189–190, 299, 302, 350, 373, 411, 436 Pelops 182 Penia 456 Perennis 7, 229 Perseus 281

Register Persius 195 Petrus 69, 71, 299, 434, 453 Phaidon 484, 490 Pherekydes 193, 374, 459, 461 Phidias 330, 449 Philolaos 486 Philon 3, 261, 266, 456 Philostrat 71, 108 Photinus 84 Pilatus 398, 405 Pythagoras 135, 156, 158, 160–161, 171, 264, 268, 273, 277–278, 345, 348, 374, 388, 395, 404, 415, 417, 461, 486, 492 Pindar 161, 322 Platon 3, 7, 13, 15, 26, 43, 46, 69, 95, 104, 135, 138, 158–159, 161, 164, 168, 171, 174, 181, 195, 197, 205–206, 264, 268–269, 273, 276–280, 285–286, 320–321, 324, 330, 339, 346–348, 359, 361, 368, 371, 388, 407, 409, 417, 421, 433, 459, 461, 466, 471, 479, 482–486, 492 Plinius 34 Plotin 42, 46, 104, 421, 511 Plutarch 465 Polemon 266 Pollux 345 Poros 456 Porphyrius 41–43, 47–54, 59–62, 64–68, 83–84, 97, 104, 122, 196, 214, 240, 280, 324, 368, 377, 421, 424–425, 427, 437, 445, 457, 465, 514, 522 Praetextatus 106, 511 Praxiteles 330 Prometheus 144 Proserpina 81, 324, 507 Protagoras 208, 486

Ptolemaios von Mendes 266 Pyrrho 200 Pythia 273, 376, 448–449 Quadratus 174 Regulus 201, 203, 395 Rhadamanthys 181, 407–408, 414 Rhampsinitos 404 Rhea 337 Romulus 327 Sabazios 154 Saturn 140, 186, 188, 327–328, 472, 509 Scaevola 345 Seneca 200, 476, 484 Serapis 60, 113, 330, 452 Serenus Granius 8, 15 Severus Alexander 503 Sibylle 170, 172–173, 395, 407, 446 Simon der Magier 521 Simonides 521 Simplician 368 Sokrates 15, 97, 126–127, 136–137, 161, 181, 196–197, 204, 268, 276, 339, 390, 395, 474, 476, 479, 490, 493, 509, 512 Solon 161, 277 Speusipp 348 Stilicho 117, 121 Symmachus 114, 116, 121, 506 Tages 127 Tatian 15, 174, 263 Teiresias 448 Terenz 195, 326 Tertullian 74, 174, 236

Sachen und Begriffe Thales 156, 158, 268, 280, 348, 482 Themista 484 Themistokles 521 Theodor von Kyrene 208, 310 Theodosius 114–115, 117, 120 Theognis 161 Theophrast 348 Theseus 404 Theudas 521 Timon 473

795

Trajan 34, 302 Trebonius 395

Victoria 114, 121 Volusianus 125

Uranus 459

Xenokrates 486 Xenophon 161, 348, 486

Valentinianus 114–116 Varro 172, 311, 327–328, 336, 345, 472, 509 Venus 109, 188, 322–323, 327, 507 Vergil 173, 327, 374, 421, 452, 511 Verus 13, 15, 302

Zamolxis 404 Zenon 69, 125, 158, 206, 331, 348, 355 Zeus 26, 80, 144, 182, 319, 330, 343, 371, 404, 459, 498

Sachen und Begriffe Aberglaube 35, 58, 74, 76, 93, 95, 111, 146, 186, 245, 299, 315, 345, 512 Ägypten/Ägypter 4, 12, 20, 205–206, 249, 262–264, 266, 268, 273, 276–277, 286, 349, 376–378, 388, 475, 492, 498, 507 Akademie 125 Akademiker 468, 474, 512 Alexandrien 19 Allegorie 43, 76, 173, 319, 324–326, 328, 423, 427, 456–457, 459–460 Anklage 20, 34, 40, 181 Anthropophagie 182–183, 185, 187, 197 Apologie 7, 9–11, 15–16, 18, 40, 174 Apostel 104, 150, 161, 276, 299, 301, 376–377, 438, 483 Atheismus 15, 20, 104, 181, 341, 343 Atheisten 136, 192, 204–205, 208, 215, 310, 353 Athen/Athener 1, 11, 26, 92, 146, 174, 488

Auferstehung 1, 7, 12, 21, 111, 122, 146, 171, 174, 181, 186, 202, 284, 301, 368, 372, 378, 381, 384–385, 393, 397, 404–406, 408–410, 413–415, 417–420, 436, 439–440, 523 Barbar/en 18, 26, 43, 76–77, 104, 121, 164, 204, 238, 240–242, 250, 273, 292, 296, 481, 483–484, 486, 523 Beweis 21, 27, 32, 36, 76–77, 80, 97, 119, 148, 151–153, 155–156, 159, 161–162, 164, 166–167, 172, 176, 281, 303, 440, 489 Bildung 87, 89, 91, 103–104, 150, 154, 429, 493, 512, 522 Bithynien 58 Cäsarea 53–54 Chaldäer 66, 90, 262 Christen 5, 12–13, 15, 18–20, 24, 28, 34, 41,

52–53, 57–58, 66, 71, 77, 82, 91, 93–94, 103, 110, 115, 117, 123, 132, 136, 154–155, 174, 179–180, 183–185, 187, 190, 197, 212, 215, 218–219, 221, 226–230, 236, 238, 249, 276, 295, 299, 304, 332, 348, 371, 450, 466, 517, 522 creatio ex nihilo 360–361 Dämonen 26, 60, 62, 66, 79–81, 90, 93–94, 115, 119–120, 137, 204, 207, 224, 233, 238, 240–241, 281–283, 299, 312, 319, 329–330, 333, 337–340, 344–345, 347, 364, 372, 374, 376, 381, 406, 425, 449, 452–455, 478, 490, 498, 510, 522–523 Demut 368, 401 Denunzianten 15, 18, 20 Dialektik 123, 147, 150, 164, 301 Dichter 27, 31–32, 36, 74, 78, 95, 104, 161, 169, 172, 175, 205, 259, 266,

796 269, 272, 274, 280–282, 311, 320–322, 327–328, 343, 345, 348, 353–354, 374, 459–460, 466, 470, 511 Diskussion 35, 124, 128, 147, 149, 166, 210 Engel 350, 367 Epikureer 157, 210, 331, 409, 464 Epikurismus 159 Erfindungen 95, 376, 434–435 Erwählungsbewusstsein 371 Ethik 495 Euhemerismus 210, 333, 344 Evangelisten 122, 376, 434–439, 444 Fischer 84, 92, 104, 150, 299–302, 368, 429, 433, 486, 522 Frauen 154, 159, 183, 185–186, 201, 203, 480–481, 484, 486 Galiläa/Galiläer 84–85, 87–89, 92–95, 100 Gebet 12, 20, 120, 185, 204, 209, 212, 228–236, 238 Gerechtigkeit 239, 315 Gericht 12, 104, 139, 173, 181, 185, 237, 282, 407–408, 410, 413–415, 443 Gerücht 13, 20, 183, 186 Gewohnheit 176, 267, 300, 311, 381 Glauben 27, 30, 40, 45, 63, 70, 77, 79, 89, 95, 104, 111, 115, 117, 119, 146, 154–161, 166, 249–250,

Register 301, 308, 381, 384–385, 393, 446, 487, 490, 521 Gott 1, 4–5, 7, 28, 30, 51, 57, 69, 71, 74, 79, 81, 84, 94, 103, 112–113, 115–116, 119–121, 123–124, 127–130, 135, 139–144, 146, 157, 161, 181, 195, 205, 207, 211–212, 219, 221–225, 228–229, 232–235, 237–238, 245, 254–256, 267, 276–277, 286, 297, 300, 328, 330, 333, 336, 341–342, 344–346, 350–351, 354–357, 364, 366, 369, 371–373, 396, 419, 487, 490, 492, 494, 498–499, 509–510, 524 Götter 1, 12, 20–21, 26, 28, 39, 57–58, 60, 62, 66, 69, 76, 80–82, 84–85, 90–91, 95, 102, 104, 106, 109, 113–114, 117, 119, 121, 123–124, 127–130, 143, 160, 169, 171, 186, 188, 193, 195, 205–208, 210–218, 233–234, 238–242, 245, 248, 250, 253, 277, 290, 300, 310–311, 313, 315, 318–322, 324–337, 342–343, 345–347, 349–351, 364–365, 372, 374, 399, 404, 406, 438, 452–453, 459–460, 464, 472, 477–478, 500, 503, 508, 510–511, 522–524, 526 Götterbilder 209, 245, 330–337, 339, 345, 365, 438, 447, 453, 475, 503 Göttermutter 106–107, 112, 328 Gotteserkenntnis 371, 373,

475, 482, 499, 502, 506, 512 Gottesfreunde 293, 304–306 Gottesschau 63 Gottessohn 353–358, 371, 379, 381, 387, 392, 394, 436, 438, 440, 443–444, 521 Gottesverehrung 15, 123, 126, 135, 188, 195, 205, 210–213, 239, 306, 315, 317, 343, 501–502, 506, 510 Gottlosigkeit 4, 15, 23, 30, 35, 51, 88–89, 92, 117, 171 Griechen 5, 12, 15–16, 18, 23, 26, 28, 31, 43, 75–77, 79–80, 89, 91, 95, 104, 138, 156, 164, 184, 204, 241, 250, 268, 270, 276, 296, 306, 318, 349, 372, 456 Heiden 17, 25, 55, 72, 90, 110, 115–116, 119–120, 122, 129, 131, 134, 146, 174, 267, 297, 313, 343, 446 Henotheismus 206, 346–347, 349–350, 507–509 Heroen 80, 104, 404 Historiker 104, 175 Hölle 171, 282 Idolatrie 27, 30, 32, 35, 57, 60, 79, 81, 115–116, 139, 146, 241, 312, 334, 329–333, 343, 373, 446, 475, 523 Immoralität 22 Imperium 18, 102, 117, 228, 231, 233, 245 Inkarnation 28, 57, 66, 80,

Sachen und Begriffe 119, 125, 144, 173, 293, 364–369, 371–372, 374, 384, 394, 396, 401, 440 Inzest 34, 183, 185–186 Irrtum 7, 12, 28–29, 35, 38–39, 74, 90, 98, 111–112, 120, 132, 169, 245, 252, 260, 282, 290, 299, 305, 310, 320, 336, 341, 343, 367, 381, 409, 471, 476, 492, 517, 524 Jerusalem 93 Johannes-Prolog 368 Juden 4, 16, 28, 49, 76–77, 80, 89, 93, 184, 187, 238, 249–250, 253, 261, 263–264, 266, 276, 293, 297, 304, 306, 371, 373, 376, 446–447, 456, 492 Kaiser 7, 12–13, 17, 58, 81, 83, 94, 115–116, 118, 120, 174, 185, 206, 225, 227–229, 231–233, 238, 243, 299 Katastrophen 129–131, 212–213, 215–216, 218 Kirche 298, 446, 517 Konversion 109–112, 185 Kreuz 57, 63, 66, 69, 79–80, 109, 119, 121, 168, 174, 186, 245, 269, 281, 300, 312, 381, 389–391, 393–397, 399–404, 406, 440, 521, 523 Kriegsdienst 238 Kult/e 114–118, 121, 129, 210, 216, 245, 316, 328, 339, 344, 476, 524–526 Leben, ewiges 409 Lehre, alte 249 Leib 65–66 Literalsinn 422, 427, 459–460

Literatur 89, 91, 160, 169, 174 Logik 495 Logos 7, 30–31, 79–80, 136–137, 145, 156–157, 159, 164, 181, 197, 204, 238, 260, 265, 269, 293, 297, 307, 320, 353–355, 357, 360, 364, 366, 370–372, 393, 406, 436, 466–467, 488, 516, 522–523 Logos spermatikos 137, 466 Magie 376–378, 388, 384, 447, 522 Mahlzeit, thyestische 20, 181, 423 Martyrer 104, 241, 245, 302, 454 Martyrium 15, 24, 58, 93, 197–199, 222, 406, 434 Menschenopfer 26, 186 Mittler 66 Monotheismus 22, 26, 38, 140, 142–143, 146, 205, 240, 348–349, 351, 444, 498, 510 Moral 91, 139 Mysterien 30, 32, 76, 84, 106, 124, 145, 161, 210, 320, 328, 345, 456, 475, 508 Mythen 30, 43, 76, 89, 91, 95, 104, 123, 144, 161, 169, 250–251, 259, 270, 273, 281–282, 311, 319, 323, 325, 334, 343, 345, 349, 353–355, 362, 375–376, 388, 392, 404, 426–427, 435, 456, 458–459, 460 Mythos 30, 43, 76, 89, 91, 259, 362, 392, 404, 456, 459

797 Name, christlicher 13, 20, 27, 34, 94, 185, 247 Naturphilosophen 125, 156 Nikomedien 72 Offenbarung 44, 371, 373, 463–464, 468–471, 487–494, 496, 517 Opfer 34, 58, 60, 82, 90, 92, 99, 104, 106, 113, 115, 117, 120, 130, 186, 204–208, 210–211, 224, 229, 315, 329, 332, 337 Orakel 42, 44, 60, 62, 76, 80, 92, 103–104, 312, 339, 448–455, 493, 522 Paradies 282, 426, 456 Passion 392–393, 396, 398, 435 Peripatetiker 157, 303, 331, 449 Petition 14 Philosoph/en 1, 7, 11–13, 15, 19–20, 27, 31, 33, 35–36, 41, 45, 58, 66, 74, 76, 78, 80, 104, 109, 119, 130, 132, 135, 138, 139, 149, 156–158, 161, 169, 172, 174–175, 185, 194, 195, 197, 203, 205, 242, 250, 266, 268–269, 272–275, 282, 287, 290, 296, 299, 301, 303, 311, 320, 345, 348, 364, 371, 374, 381, 429, 464, 520, 523, 526 Philosophie 14–16, 18, 20, 26, 35, 42–44, 58, 66, 74, 76, 98, 104, 125, 135, 138, 157, 159–160, 185, 194, 240, 258, 261, 273, 276, 288, 292, 296, 303, 305–306, 362, 467, 476, 479, 484, 493, 495, 511–512, 524, 525

798 Philosophie, wahre 305 Physiologie 328, 334 Platoniker 135, 157, 303, 361, 368, 421, 478, 485 Pluralismus 118, 126 Polytheismus 76–77, 240, 277, 358 Propädeutik 292 Propheten 69, 76–77, 95, 150, 161, 172, 268–269, 272–276, 281, 284, 292, 303, 373, 447, 393, 438, 440, 443–446, 449, 452, 464, 470, 483, 493, 517 Prophetien 164, 393, 442–443, 521 Pythagoreer 303 Reinkarnation 415, 417, 421 Religion/en 57–58, 66, 74, 84, 95, 102, 104, 114–116, 118–119, 123, 130, 134, 174, 206–208, 216, 238, 239, 245, 268, 284, 286, 289–290, 293, 297, 300, 302, 304, 306, 315, 336, 342, 345, 492, 508, 524–526 Religion, christliche 129, 171, 195, 242, 447, 453 Religion, wahre 35, 74, 78, 88, 120, 131, 206, 213, 227, 305, 341–344, 431, 463, 477, 492–493, 524, 526 Religionsfreiheit 118, 206, 207, 210, 211 Religionsverletzung 206 Reskript 14–15, 18 Rhetorik 25–27, 31, 55–56, 58, 72, 74, 79, 84, 97, 125, 147–150, 301, 429–434, 484 Riten 114, 123–124, 128, 314–315, 374, 508

Register Ritualmord 34, 181, 185–186, 187 Rom/Römer 6, 26, 42, 105, 109, 116–117, 121, 129, 242, 245, 506

Unglaube 178 Unsterblichkeit der Seele 374, 420 Unterricht 87 Unvernunft 160

Schriften, heilige 19, 26–27, 36, 38–39, 43, 69, 74, 79, 89, 166, 172, 242, 272–274, 278, 464 Schutzgottheiten 114 Seele 33, 57, 66, 140–141, 178, 184, 331, 345, 368, 463, 475, 478, 486, 490, 514, 522 Senat 6, 13, 15, 109, 112, 114–115, 117, 171, 245, 405 Sizilien 42, 49, 62 Skeptiker 206 Sonne 81, 511 Sonnengott 107 Staat 114, 238, 242 Stoiker 137, 157, 159, 273, 303, 361, 363–364, 407, 409, 414, 464, 466, 484, 486

Verbindungen, ödipodeische 20, 181 Verfolgungen 69, 99, 101, 103, 184, 203, 205, 210–211, 220–224, 235, 297, 299–300, 302, 446, 450, 453, 485 Verleumdungen 35, 49, 77, 79, 181, 183, 187, 197, 205 Vermutungen 156, 188, 206, 273, 311, 485, 489, 494, 514–515 Vernunft 13, 20, 58, 76, 79, 119, 136, 137, 154, 156–157, 204, 211, 249, 287, 290, 308, 410, 524 Verteidigung 17, 19, 34, 40, 74, 75, 95, 104, 124, 149, 164, 165, 174, 210, 397 viri novi 57 Vorsehung 26, 104, 138, 157, 277, 292, 297, 361–364, 393, 492 Vorstellungen, allgemeine 139

Taufe 189–190 Tempel 81–82, 89, 93, 96, 116, 121, 186, 195, 208–209, 239, 300, 313, 315, 326, 329, 331–332, 447, 452–453, 475, 477, 485, 503 Theater 188, 210, 326, 345 theologia tripartita 311, 345 Theologie 311, 328, 345 Theurgie 66 Toleranz 114–116, 118 Tradition 31, 76, 89, 114, 117, 246–248, 250–253, 289–290, 331 Trinität 358, 368, 486 Turm von Babel 458

Wahrheit 7, 12–13, 15, 17–18, 27–28, 30, 33–35, 37, 39–40, 45, 57–58, 60, 69, 74, 76–77, 79, 95, 97, 104, 110, 112, 116, 119, 125, 132–133, 138, 143, 147, 149, 153, 155–156, 158, 160, 164–165, 169, 171–172, 178, 181, 192, 203, 248, 252, 257, 260, 267, 269–270, 272–275, 282, 287–288, 290–292, 296, 299–300, 302–303,

Sachen und Begriffe 309–311, 320, 323–324, 336, 341–345, 356, 367, 372, 374, 381, 430, 433, 445, 447, 462, 465, 467, 470–471, 473, 475–476, 483, 489–490, 492–497, 501, 504, 512, 514–517, 520, 524–525 Weg 118, 126–128, 138, 501, 504–505, 519–520

Weise, sieben 150 Weisheit 26, 30–31, 33, 35, 58, 74, 80, 134, 154, 157, 164, 194, 268, 274, 312, 315, 484, 488, 492, 494, 505, 512, 521, 524–526 Weltenbrand 407–410 Widerlegung 75–76, 79, 95, 124, 128–130, 164, 166, 183, 185, 205

799 Widersprüche 26, 33, 35, 122, 133, 188 Wunder 9, 57, 69–71, 125, 158, 164, 172, 300–301, 303, 369, 375–386, 425, 440, 521, 523 Zeugnisse 104, 140–141, 161, 169, 172