Causa: Der Zweck als Grundpfeiler des Privatrechts [1 ed.] 9783428527892, 9783428127894

Welche Bedeutung hat der Zweck im Recht? Mit Blick auf das Privatrecht versucht der Verfasser eine Antwort zu geben und

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German Pages 340 Year 2008

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Causa: Der Zweck als Grundpfeiler des Privatrechts [1 ed.]
 9783428527892, 9783428127894

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 380

Causa Der Zweck als Grundpfeiler des Privatrechts

Von Till Bremkamp

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Till Bremkamp · Causa

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 380

Causa Der Zweck als Grundpfeiler des Privatrechts

Von Till Bremkamp

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-12789-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

„Dem Juristen war es so natürlich, zu einem Rechtsgeschäfte gehöre die causa, wie die Thatsache, dass der Mensch weiblichen oder männlichen Geschlechts ist.“ Rudolf von Ihering, 9. Deutscher Juristentag, 29. August 1871.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2007/2008 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation unter dem Titel „Causa – Ein Grundpfeiler des Privatrechts rechtshistorisch und rechtsdogmatisch untersucht“ angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Zivilprozessrecht. Der Lehrstuhlinhaber und Erstbegutachter dieser Arbeit, Herr Prof. Dr. Gregor Bachmann, hat mir dabei durchweg den Freiraum zur Verfügung gestellt, der für die Bearbeitung dieses Themas erforderlich war, und mich in einem nicht selbstverständlichen Maße unterstützt. Dafür will ich ihm an dieser Stelle herzlich danken. Dank sagen möchte ich auch Herrn Prof. Dr. Thomas Raab für die Übernahme der Zweitbegutachtung und die mir gewährte Förderung. Herrn Prof. em. Dr. Horst Ehmann bin ich für die Anregung zur Bearbeitung dieses Themas sowie für die prägende Zeit als studentische Hilfskraft an seinem Lehrstuhl zu Dank verpflichtet. Zum Entstehen dieser Arbeit maßgeblich beigetragen hat Herr Dr. habil. Holger Sutschet, dem ich für die unzähligen Diskussionen und richtungsweisenden Ratschläge meinen großen Dank ausspreche. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch einen guten Freund, meinen ehemaligen Kommilitonen und Mitarbeiterkollegen Jörg Kraemer, mit dem ich manche Hürden gemeinsam bewältigt habe – es hat vieles einfacher gemacht. Schließlich und insbesondere verdient meine geliebte Freundin Dorothee Franz genannt zu werden, die mir die Grundlage dafür gab, dass das Nachfolgende entstehen konnte. Widmen möchte ich diese Arbeit meinen Eltern, deren Unterstützung und Beispiel unerreicht bleibt. Hamburg, im Frühjahr 2008

Till Bremkamp

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil 1 Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Römisches Vertragsverständnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verpflichtungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das römisch-rechtliche Typensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das vierteilige Kontraktschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Außerhalb des vierteiligen Kontraktschemas . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bedeutung der Willenseinigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die causa der römischen Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsnatur der iusta causa traditionis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Inhalt der iusta causa traditionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Traditio: kausales oder abstraktes Geschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kanonisches Vertragsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbindlichkeit aller Verpflichtungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätze der scholastischen Kausalitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Germanisch-altdeutsches Vertragsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens . . . . . . . . . . . . . . . I. Wiederentdeckung und Systematisierung des römischen Vertragsrechts 1. Schule der Glossatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schule der Kommentatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Öffnung der causa-Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verknüpfung mit der kanonischen Vertragslehre . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Emanzipation vom römischen Vertragssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tendenzen im Humanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklungen im usus modernus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 23 24 26 27 31 34 38 42 42 45 48 50 52 53 54 59 62 65 66 68 70 74 74 77 80 81 81 83 90

12

Inhaltsverzeichnis III. Die Ausformung eines allgemeinen Vertragsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vertragslehre Grotius’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vertragslehre Pufendorfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung zur Vollendung des naturrechtlichen Vertragsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Konsolidierung des allgemeinen Vertragsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsbegriff im Code Civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Normgeschichtlicher Hintergrund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsbegriff im deutschen Allgemeinen Preußischen Landrecht . . a) Normgeschichtlicher Hintergrund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erforderlichkeit einer causa des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragsbegriff im österreichischen Allgemeinen Gesetzbuch. . . . . . . . a) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit einer causa des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91 92 98 104 108 109 110 112 114 122 123 125 128 132 134 136 138

C. Summa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Teil 2 Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch A. Die causa der Verpflichtungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die causa der Obligation in der Diskussion im 19. Jahrhundert. . . . . . . . . 1. Die Lehre Otto Bährs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Deutschen Juristentage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die causa der Obligation im Bürgerlichen Gesetzbuch. . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vertragsschluss nach dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweckvereinbarung als Entstehungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweckvereinbarung als Bestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der rechtliche Grund im Sinne der Leistungskondiktion . . . . . . . . (a) Zwei Rechtsgrundtheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zwei Zweckbestimmungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die Rechtsnatur der Leistungszweckbestimmung . . . . . . . . . . . (d) Die Rechtsnatur der Rechtsgrundzweckbestimmung . . . . . . . . (e) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Möglichkeit der Eingriffskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Rechtsgeschäftliche Zuwendung ohne Bewusstsein. . . . . . . . . .

147 148 150 154 158 164 165 165 167 171 174 174 180 184 188 195 196 199

Inhaltsverzeichnis

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(b) Rechtsgeschäftliche Zuwendung ohne Zweckbestimmung . . (c) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Möglichkeit der Leistungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201 209 210 211

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die causa der Verfügung im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Titulus und modus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Lehre Savignys. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die causa der Verfügung im Bürgerlichen Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweckvereinbarung als Entstehungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweckvereinbarung als Bestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 213 214 218 223 228 228 229 231 236 239

C. Die causa der Rechtsgeschäfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweckvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Typisierung der Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Austausch- und Liberalitätszweck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwicklungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Es gibt Realgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckerreichung als Entstehungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweckerreichung als Bestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Causa und Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Causa und konditionelles Synallagma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Causa und Erfüllung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zweckanstaffelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Causa und Geschäftsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweckstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistungserschwerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Äquivalenzstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Causa und Bedingung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Summa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240 241 242 246 249 253 254 260 261 263 267 268 269 271 277 278 282 283 289 293 295 296 301 302

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sach- und Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einführung Wenn deutsche Juristen heute von der causa sprechen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sie über den rechtlichen Grund im Sinne des Bereicherungsrechts, vielleicht auch über die Frage, worin sich das abstrakte von dem kausalen Schuldverhältnis unterscheidet, womöglich über den genauen Inhalt des Abstraktionsprinzips diskutieren. Als ein Grundpfeiler des Privatrechts hingegen, auf dem das Vertragsrecht dogmatisch gründet und auf dem es sich erst in einem solchen Umfange entfalten konnte, wie es uns heute ganz selbstverständlich erscheint, wird die causa regelmäßig nicht erfasst. Den hier vorangestellten Worten Iherings zufolge war dem nicht immer so, soll es vielmehr im Gegenteil dem Juristen ursprünglich so selbstverständlich gewesen sein, dass jedem Rechtsgeschäft eine causa innewohnt, dass also die causa ein ganz grundlegendes rechtsgeschäftliches Merkmal, gleichsam die „Seele der Verträge“1 darstellt, wie die Tatsache, dass der Mensch entweder männlichen oder weiblichen Geschlechtes ist. Die vorliegende Untersuchung ist einer Tradition geschuldet, die sich gegen eben dieses Vergessen von Bedeutung und Funktion der causa im Privatrecht richtet, und die durch Hugo Kreß begründet, von Hermann Weitnauer und schließlich von dessen Schülern Horst Ehmann und Franz Schnauder fortgeführt wurde. Deren Schriften bilden die Grundlage, auf der sich die folgenden Gedanken entfalten konnten. Freilich wird die Kenntnis dieser Schriften hier nicht vorausgesetzt; es soll vielmehr losgelöst von jenen Untersuchungen nachstehend der Versuch unternommen werden, Bedeutung und Funktion der causa zunächst in rechtshistorischem Kontext, sodann unter rechtsdogmatischem Blickwinkel in Bezug auf das geltende Bürgerliche Recht herauszuarbeiten.2 Anstoß hierzu gab Horst Ehmann, der in einer anlässlich seiner Emeritierung gehaltenen Abschiedsvorlesung zum System der causa-Lehre auf eine Lücke aufmerksam machte: „Es versteht sich, daß ich die Bausteine dieses Systems und seine dogmatischen Grundsätze binnen einer Stunde eines Vortrags nicht historisch, begrifflich und systematisch ableiten und begründen konnte. Das Schlimme ist, daß es eine der1

Kreß, Rektoratsrede vom 11. Mai 1931, S. 22. „Wir nennen manche Gedanken fruchtbar, und es ist Wahrheit in dem Bilde. Denn während einige Gedanken ihr Ziel erreicht haben, wenn sie aufgenommen und angenommen sind, haben andere die Kraft, in den Aufnehmenden neue Gedanken zu erwecken. Und so ist es der Segen jedes tiefgedachten Buches, daß man aus ihm mehr lernen kann, als in ihm steht.“ Aus Hofmann, Entstehungsgründe, S. 1. 2

16

Einführung

artige Untersuchung noch gar nicht gibt … Auch Hugo Kreß hat in seinem im Jahre 1929 erschienenen Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts lediglich den Grundriß einer Lehre vom Zweck dargestellt, der auf jede historische Begründung verzichtete und seine Überzeugungskraft allein auf die Geschlossenheit des Systems und seine praktische Bewährung gründete.“3 Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zumindest zu einem Teil aufzufüllen. Nähert man sich dem Begriff der causa im Privatrecht, stellt sich zunächst und unausweichlich die Frage, ob der Mensch überhaupt dazu in der Lage ist, bewusst und dennoch zwecklos rechtsgeschäftlich zu handeln, ob nicht schon aus einem naturgesetzlichen4 Blickwinkel heraus betrachtet jeder rechtsgeschäftlichen Handlung eine bestimmte causa zugrunde liegt. Der Philosoph wird darauf antworten, dass ohne Grund auf dieser Welt nichts von selbst geschieht, ohne Grund eine Bewegung des Willens, also bewusstes menschliches Handeln, ebenso undenkbar ist, wie die Bewegung der Materie: „Der Stein fällt nicht, um zu fallen, sondern weil er muß, d.h. weil ihm die Stütze entzogen ist, aber der Mensch, welcher handelt, tut es nicht ‚Weil‘, sondern eines ‚Um‘ wegen, – um damit etwas zu erreichen. Dieses ‚Um‘ ist für den Willen ebenso unerlässlich wie das ‚Weil‘ für den Stein; so wenig die Bewegung des Steines ohne Ursache möglich ist, so wenig die des Willens ohne ‚Zweck‘.“5 Der Grund der Bewegung der Materie ist also mechanischer Art, kann deshalb als Ursache bezeichnet werden – bei Thomas von Aquin findet sich jener als causa efficiens umschrieben. Der Grund der Bewegung des Willens hingegen ist psychologischer Art, kann folglich Zweck – in der Terminologie Thomas’ causa finalis – genannt werden.6 Bewusstes menschliches Handeln ist mithin immer zweckgerichtetes Handeln, ist stets causa finalis.7 Die hier nur an der Oberfläche angerissene philosophische Betrachtung von der causa menschlichen Handelns, die zweifelsohne weit tiefere Erkenntnisse als jenes „Zweckgesetz“8 hervorgebracht hat,9 ist von der im Folgenden vorzunehmenden Untersuchung inhaltlich klar zu 3

Abgedruckt in JZ 03, 702 ff., 711. Zum Begriff des „Naturgesetzes“ vgl. Specht, Naturgesetz und Bindung Gottes, S. 409 ff. 5 Ihering, Zweck I, S. 2. 6 Thomas von Aquin, Summa theologica, P. II-II, Qu. 27, art. 3, 3 (S. 176) „Est autem quadruplex genus causa: scilicet finalis, formalis, efficiens et materialis …“ Vgl. ebenda (S. 176) „Es gibt aber vier Arten von Ursachen: nämlich die Zielursache, die Wesensursache, die Wirkursache und die stoffliche Ursache …“ Dazu noch ausführlich unten Teil 1, A, II, 2. Vgl. auch Ihering, Zweck I, S. 1; Ehmann JZ 03, S. 702; Köhler, Zweckstörungen, S. 5. 7 Vgl. Ihering, Zweck I, S. 2; Köhler, Zweckstörungen, S. 5; Ehmann JZ 03, 702; Weitnauer, abstrakte Verpflichtungen, S. 29; Klein, causa solvendi, S. 10 f. 8 Ihering, Zweck I, S. 1 ff. 4

Einführung

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scheiden: Es gilt hier nicht, die causa philosophisch zu durchleuchten, vielmehr soll nachfolgend allein die rechtliche Bedeutung und Funktion der causa unter historischem und dogmatischem Vorzeichen untersucht werden. Erhebt die bürgerliche Rechtsordnung für die Entstehung oder zumindest für den Bestand eines Rechtsgeschäftes die Vereinbarung über dessen Zweck zu einer unabdingbaren Voraussetzung? Die Beantwortung dieser Frage ist der hauptsächliche Gegenstand der folgenden Untersuchung.10 Im historischen, ersten Teil der Arbeit wird sich zeigen, dass die Auseinandersetzung mit ebendieser Frage durch alle Rechtsepochen hindurch – vom römischen Recht bis hin zu den naturrechtlichen Kodifikationen auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert – maßgeblichen Anteil daran hatte, dass sich der uns heute so selbstverständliche Grundsatz der Vertragsfreiheit im kontinentaleuropäischen Rechtsraum entfalten konnte. Im dogmatischen, zweiten Teil der Arbeit wird die angeführte Frage mit Blick auf das deutsche bürgerliche Recht gestellt. Hier wird sich zeigen, dass jedes Rechtsgeschäft nach der heute geltenden Privatrechtsordnung einer Zweckvereinbarung bedarf, damit es zur Entstehung gelangt oder aber zumindest von dauerhaft rechtlichem Bestand ist.11 Auf Grundlage dieser Erkenntnis lässt sich eine causa-Lehre des bürgerlichen Rechts entwickeln, kann die Bedeutung und Funktion der Zweckerreichung genauere Betrachtung erfahren, kann über die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung ein innerer Zusammenhang verschiedenster Rechtsinstitutionen – etwa des Bereicherungs- und Erfüllungsrechts, der Geschäftsgrundlage, des konditionellen Synallagmas und der Bedingung – aufgezeigt werden.12 Um den Einstieg in die Untersuchung und den Zugang zu der hier aufgeworfenen Fragestellung zu erleichtern, sollen bereits an dieser Stelle die Ergebnisse dieser Arbeit wegweisend vorangestellt werden, die überdies nachfolgend zu belegende Thesen darstellen: 9 Zur Analyse des finalen Handelns aus neuerer Zeit vgl. etwa Hartmann, Ethik, 1. Teil, 6. Abschnitt, 20. Kapitel (S. 189 ff.); ders., Teleologisches Denken, 7. Kapitel (S. 64 ff.) und auch schon Hegel, Philosophische Propädeutik, Begriffslehre § 56 ff. (S. 160 ff.). Vgl. dazu auch Köhler, Zweckstörungen, S. 5 ff. und Möslang, Finalität (1964). 10 Instruktiv auch Creutzig, Schuldversprechen, S. 190: „Der ursachlose Wille ist Utopie. Jede menschliche Handlung unterliegt einem Kausalgesetz … Dagegen steht es der Rechtsordnung frei, einen juristischen Tatbestand nach ihrem Belieben zu formen. So kann sie auch Rechtsgeschäfte für wirksam erklären ohne Rücksicht darauf, ob eine Vereinbarung über den Rechtsgrund getroffen wurde, oder ob er sich erfüllt.“ Und auch Ehmann, Gesamtschuld, S. 131: „Es ist also zu klären, inwieweit der von dem rechtsgeschäftlich Handelnden verfolgte Zweck rechtlich erheblich ist für die Wirksamkeit eines Versprechens … und die Wirksamkeit einer Rechtsübertragung …“ Vgl. dazu auch Kummer, causa, S. 9 ff., 12 ff. 11 Vgl. Teil 2, A und B. 12 Vgl. Teil 2, C.

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Einführung

A. Das Merkmal der causa des Vertrages hatte maßgeblichen Anteil daran, dass sich die Vertragsfreiheit – verstanden als die Freiheit, seinen Partner, den Gegenstand und die Form des Vertrages im Grundsatz selbst wählen zu können – als ein wesentliches Element der Privatautonomie entfalten konnte; es ist deshalb unter historischem Gesichtspunkt als ein Grundpfeiler des Privatrechts zu begreifen: 1.

Die Emanzipation vom römisch-rechtlichen Typendenken im Vertragsrecht (pacta nuda – pacta vestita) hat seinen Ursprung in den Systematisierungsbestrebungen der Glossatoren, welche sich den Begriff der causa aus den überlieferten römischen Quellen auf zweierlei Weise zu Nutze machten: Zum einen wurde der Begriff der causa ausgefüllt mit dem jeweils zusätzlich über die Willenseinigung hinaus erforderlichen Merkmal (vestimentum) der klagbaren römischen Vertragstypen. Mit Bezug auf Urkundengeschäfte (stipulatio, obligatio litteris) wurde zum anderen der Begriff der causa als vorausgehende Obligation interpretiert und zum Wirksamkeitserfordernis dieser Geschäfte erhoben. 2.

Die Generation der Kommentatoren knüpfte an die letztgenannte glossatorische causa-Lehre der römisch-rechtlichen Urkundengeschäfte (stipulatio, obligatio litteris) an und entwickelte diese wiederum in zweierlei Hinsicht weiter: Zum einen wurde die causa nicht mehr nur inhaltlich als vorausgehende Obligation begriffen, sondern als ein die Ernsthaftigkeit des Vertrages dokumentierender Grund. Mit dieser Erkenntnis von der causa als Seriositätsindiz fällt zum anderen die Beschränkung auf den Geschäftstyp der Urkundengeschäfte: Die Angabe einer causa wird nunmehr hinsichtlich jedwedem römisch-rechtlichen Vertragstyp gefordert. 3.

Konnte die so ausgebaute causa-Lehre das römisch-rechtliche, weltliche Vertragstypensystem nicht unmittelbar zu Fall bringen, wirkte es doch nachhaltig auf die kanonische Vertragslehre: Jedes Versprechen war nach kirchlichem Recht nunmehr unabhängig von Form und Inhalt klagbar (pacta nuda), sofern es nur von einer die Ernsthaftigkeit des Versprechens dokumentierenden causa begleitet wurde. 4.

Erst in der Epoche des usus modernus konnte sich schließlich auch für das weltliche Recht die Überzeugung durchsetzen, dass abweichend vom römisch-rechtlichen Typensystem aus jedwedem Versprechen, unabhängig

Einführung

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von Form und Inhalt (pacta nuda), geklagt werden könne. Dogmatisch wurde dieser Richtungswechsel maßgeblich unter Zuhilfenahme der kanonischen Vertragslehre in der durch das Erfordernis der causa eingeschränkten Form begründet. 5.

In der sich anschließenden, maßgeblich durch die Naturrechtsschule betriebenen systematischen Neuausrichtung des Vertragsrechts, welche das Willensdogma für die folgenden Epochen nachhaltig im Zentrum des Vertragsdenken verankern sollte, findet sich folglich das Erfordernis der causa des Vertrages in den Schriften der maßgeblichen Autoritäten jener Epoche und auch in den auf der Schwelle zum 18. Jahrhundert geschaffenen Naturrechtskodifikationen wieder: Danach setzt ein Vertrag für seine Wirksamkeit das Vorhandensein einer causa voraus, welche inhaltlich nicht mehr nur unbestimmt als Seriositätsindiz, vielmehr konkreter als ein dem Vertrag zugrunde liegender Austausch- oder aber Liberalitätszweck begriffen wird. B. Die Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches sind in ihrer rechtlichen Entstehung und in ihrem weiteren rechtlichen Bestand maßgeblich abhängig von der wirksamen Vereinbarung und der Erreichung der ihnen zugrunde liegenden causa. Das Merkmal der causa ist deshalb unter dogmatischem Gesichtspunkt als ein Grundpfeiler des Privatrechts zu begreifen: 1.

Es lassen sich zweierlei Arten der rechtlichen Abhängigkeit der Rechtsgeschäfte von der ihnen zugrunde liegenden causa unterscheiden: Innere Kausalheit bzw. Abstraktheit meint die rechtliche Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Vereinbarung über den zugrunde liegenden Zweck, äußere Kausalheit bzw. Abstraktheit hingegen bezeichnet die rechtliche Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks. 2.

Verpflichtungsgeschäfte sind im Grundsatz innerlich kausal ausgestaltet, d.h. die causa gehört zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des Vertragsschlusses, die Zweckvereinbarung ist demgemäß grundsätzlich unabdingbare Entstehungsvoraussetzung. Verfügungsgeschäfte sind dagegen im Grundsatz innerlich abstrakt ausgestaltet, d.h. die causa gehört nicht zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des Vertragsschlusses; obschon die bürgerlich-rechtlichen Verfügungsgeschäfte demnach

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Einführung

eine Zweckvereinbarung für ihre Entstehung nicht konstitutiv voraussetzen, ist die Zweckvereinbarung dennoch unabdingbare Voraussetzung für deren weiteren rechtlichen Bestand. 3.

Jedes Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft bedarf demgemäß für die Entstehung oder aber zumindest für den weiteren rechtlichen Bestand einer wirksamen Vereinbarung über die zugrunde liegende causa. Inhaltlich haben sich die Vertragsparteien dabei zumindest über einen von drei typischen Zwecken zu vereinbaren: über den Austausch-, den Liberalitäts- oder aber einen Abwicklungszweck (Primärzwecke). Den Parteien steht es darüber hinaus frei, die Entstehung oder aber den Bestand des Rechtsgeschäftes von weiteren Zwecken typischer oder atypischer Art durch Vereinbarung rechtlich abhängig auszugestalten (Sekundärzwecke). 4.

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte sind im Grundsatz äußerlich abstrakt ausgestaltet: Die Erreichung der zuvor stets vereinbarten causa ist grundsätzlich keine unabdingbare Entstehungsvoraussetzung. Obschon die bürgerlich-rechtlichen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte demnach eine Zweckerreichung für ihre Entstehung nicht voraussetzen, ist die Zweckerreichung dennoch unabdingbare Voraussetzung für den weiteren rechtlichen Bestand dieser Rechtsgeschäfte. 5.

Jedes Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft bedarf demgemäß für die Entstehung oder aber zumindest für den weiteren rechtlichen Bestand nicht nur einer wirksamen Vereinbarung über den zugrunde liegenden Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck, sondern auch der Erreichung dieses Zwecks. Zweckvereinbarung und Zweckerreichung sind mithin unabdingbare, über das rechtliche Schicksal von Verfügung und Verpflichtung entscheidende Elemente. Tatbestandlich knüpfen etwa die Institutionen des Bereicherungsrechts, des konditionellen Synallagmas, des Erfüllungsrechts und des Rechts der Störung der Geschäftsgrundlage allesamt maßgeblich an die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung an.

Teil 1

Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens „Zur Schliessung eines Vertrages wird erfordert, dass die Vertragschliessenden ihren übereinstimmenden Willen sich gegenseitig erklären.“1 So bestimmte § 77 des ersten Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Voraussetzungen eines Vertragschlusses und in ebensolcher Weise findet sich heute in allen kontinentaleuropäischen Rechtskreisen der Vertrag definiert.2 Bereits zur Zeit der Beratungen über den zweiten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs galt es unter Juristen offenbar als eine solche Selbstverständlichkeit, dass ein Vertragsschluss im Grundsatz nicht mehr voraussetzt als zwei korrespondierende Willenserklärungen, dass die zweite Gesetzgebungskommission mehrheitlich die Streichung jener Vorschrift beschloss – im deutschen bürgerlichen Recht findet sich deshalb bis heute keine positivrechtliche Definition des Vertrages.3 Dieses heute so selbstverständliche Vertragsdenken, welches das Prinzip der Vertragsfreiheit – verstanden als die Freiheit seinen Partner, den Gegenstand und die Form des Vertrages im Grundsatz selbst wählen zu können4 – als ein wesentliches Element der Privatautonomie erst möglich macht, ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses und vergleichsweise jungen Datums. Im nun folgenden historischen Teil der Belichtung der causa als Grundpfeiler des Privatrechts soll diese Entwicklungs1

§ 77 E I, abgedruckt in Mugdan I, S. LXXIX. Vgl. nur Zweigert/Kötz, Rechtsvergleich 96, § 26 I (S. 350); Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 34. Räumlich muss die folgende Untersuchung auf die kontinentaleuropäische Rechtsentwicklung, also auf jenes maßgeblich vom römischen Recht beeinflusste Rechtgebiet beschränkt bleiben. Das Anglo-Amerikanische Vertragsrecht, insbesondere die Lehre von der consideration, bleibt demnach im Folgenden unberücksichtigt, vgl. instruktiv Anson, Grundzüge des englischen Vertragsrechts (1908); Rheinstein, Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht (1932); Fromholzer, Consideration (1997). Zum historischen Phänomen der „Abwehr des römischen Rechts“ in England Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, § 10 (S. 72 ff.). 3 Vgl. Protokolle, Mugdan I, S. 688: „Es sei nicht nothwendig, im BGB die zum Vertragsschlusse wesentlichen Erfordernisse aufzustellen.“ Man gewinnt diese Erkenntnis gleichwohl heute mittelbar aus den §§ 145 ff. BGB, vgl. so auch schon Protokolle, ebenda und unten Teil 2, A, II, 1 m. w. N. 4 Vgl. Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 9; Nanz, Vertragsbegriff, S. 1; Palandt/Heinrichs vor § 145 Rn. 19 ff.; Siber, IherJahrb. 34 (1921), S. 225 ff. 2

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

geschichte des Vertragdenkens nachgezeichnet werden. Das haben freilich auch schon andere besorgt,5 durchweg jedoch ohne dem durch alle Epochen der Rechtsgeschichte hindurch gebrauchten Begriff der causa des Vertrages besondere Beachtung zu schenken. Es wird sich zeigen, dass es gerade die causa ist, welche sich als ein gleichsam „roter Faden“ durch die Geschichte des Vertragsdenkens zieht: Mit der Rezeption des römischen Rechts gegen Ende des 11. Jahrhunderts entwickelten die Juristen durch einen zunehmend abstrakteren Gebrauch des Begriffs der causa des Vertrages eine Systematik, die schließlich maßgeblich dazu beitrug, dass sich der heute so selbstverständliche Vertragsbegriff im 17. Jahrhundert allgemein durchsetzen konnte. Diese Bedeutung und Funktion der causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens gilt es nachfolgend herauszuarbeiten. Dazu sind zunächst die Grundlagen zu legen, auf denen sich das Vertragsdenken auf dem europäischen Kontinent mit der Rezeption des römischen Rechts entwickeln konnte. Es wird demnach zunächst das Vertragsverständnis nach römischem, kanonischem und germanischem Recht als Fundamente des europäischen Vertragsdenkens näher betrachtet (vgl. A). Erst nachdem diese Grundlagen aufbereitet wurden, können wir uns daran machen, die Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens vom ausgehenden 11. Jahrhundert, mithin vom kontinentaleuropäischen Phänomen der Rezeption des römischen Rechts an, bis hin zur positivrechtlichen Anerkennung des oben aufgezeigten Vertragsbegriffes in den am Wendepunkt des 18. zum 19. Jahrhunderts entstehenden Naturrechtskodifikationen nachzuzeichenen (vgl. B). Dabei kann allerdings lediglich die Entwicklungsgeschichte des Verpflichtungsvertrages in die Betrachtung genommen werden. Ursache dessen ist die Tatsache, dass bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nur die Obligation als Vertrag gedacht wurde und erst Savigny für das deutsche bürgerliche Recht den Vertragsbegriff von der Bindung an den verpflichtenden Versprechensvertrag nachhaltig befreite und zu einer allgemeinen, sowohl Verpflichtung als auch Verfügung umfassenden Kategorie entwickelte.6 Gleichwohl sollen im Folgenden auch die römischen Verfügungsgeschäfte als Grundlage des – zumindest deutschen – Vertragsdenkens nicht unbelichtet bleiben, gehören auch sie insoweit zu den Grundlagen der Entwicklung des Vertragsdenkens, als dass insbesondere das dortige Verständnis von der causa der Verfügung argumentativ für die Ausfüllung des Begriffes der causa der Verpflichtung nutzbar gemacht wurde. 5 Zu nennen ist die vorzügliche Arbeit von Klaus-Peter Nanz, Die Entstehung des allgemeinen Vertragsbegriffs im 16. bis 18. Jahrhundert (1985), auch die von Werner Scherrer, Die geschichtliche Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit (1948), und jene von Lothar Seuffert, Zur Geschichte der obligatorischen Verträge (1881). 6 Vgl. dazu ausführlich unten Teil 2, B, I und auch Teil 1, A, I, um Fn. 11.

A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens

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A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens Wenden wir uns nun also zuvörderst den Grundlagen zu, auf denen sich mit Beginn der Rezeption des römischen Rechts das Vertragsdenken weiterentwickeln konnte. Darzulegen ist vor diesem Hintergrund zunächst das Vertragsverständnis des römischen Rechts, welches in Gefolgschaft der Rezeption als – wenn auch modifiziertes – gemeines Recht bis zur Schaffung nationalen, das jeweilige territoriale Recht abschließend kodifizierenden Gesetzeswerken subsidiär gelten sollte (vgl. I). Verzichtet werden kann des Weiteren nicht auf die Belichtung des mittelalterlichen kanonischen Verständnisses vom Vertrag (vgl. II), wird doch jenes eine nicht unbedeutende Rolle in der Entwicklung des heutigen Vertragsbegriffes spielen. Schließlich verbleibt noch ein kurzer Blick auf das germanisch-altdeutsche Vertragsdenken (vgl. III), welches in der daran anschließend nachzuzeichnenden Entwicklungsgeschichte des Vertragsbegriffes argumentativ nutzbar gemacht wurde.7 „Die zivilrechtliche Gesetzgebung begann, sich in ‚das Vorbild der chinesischen Mauer‘ zu verlieben“, resümiert Reinhard Zimmermann über die mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 beginnende Entwicklung in der deutschen Rechtswissenschaft: „Die Wissenschaft vom römischen Recht, von ihren Dienstleistungspflichten für das moderne Privatrecht befreit, war ihrerseits auf dem Wege, sich gründlich zu historisieren“8 – die Kenntnis des Rechts der angesprochenen historischen Rechtskreise, insbesondere des für die hier zu belichtende Entwicklungsgeschichte bedeutsamen römischen Rechts, kann heute nicht mehr vorausgesetzt werden, eine Darstellung ist deshalb angezeigt.

I. Römisches Vertragsverständnis Schon in der römischen Privatrechtsordnung wurde inhaltlich zwischen verpflichtenden Geschäften, die auf Begründung eines Schuldverhältnisses gerichtet sind, und den verfügenden Geschäften, die unmittelbar Rechte übertragen, unterschieden. Zwar wurde diese Trennung nirgends allgemein 7 Zu diesen drei „Traditionssträngen“ der Privatrechtsgeschichte, die sich u. a. in den Abteilungen der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte wiederfindet, instruktiv Zimmermann, heutiges Recht, S. 13 ff. 8 Zimmermann, heutiges Recht, S. 8 und weiter auf S. 9: „Die hier in groben Umrissen angedeute Entwicklung hat heute dazu geführt, daß das römische Recht als Teil der Rechtsgeschichte gegenüber den dogmatischen Kerngebieten nur eines von mehreren ‚Grundlagenfächern‘ ist … Die Rechtswissenschaft ihrerseits ist zu einer weitgehend unhistorischen Wissenschaft geworden“, und weiter auf S. 30: „So verschwand das römische Recht immer stärker aus dem geistigen Horizont der jungen Juristen.“

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

und ausdrücklich formuliert, dem Aufbau und den überlieferten Erörterungen des römischen Privatrechts liegt diese Trennung aber zugrunde.9 Der abstrakte Begriff des Rechtsgeschäftes findet sich im römischen Recht hingegen noch nicht, so dass sich auch ein allgemeiner sowohl für Verpflichtungs- als auch für Verfügungsgeschäfte anwendbarer Vertragsbegriff nicht entwickeln konnte.10 Der Begriff des Vertrages (contractus und pactum) findet sich vielmehr nur im römischen Obligationenrecht, nicht hingegen wurde er auch für das römische Sachenrecht nutzbar gemacht – erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts sollte der Vertrag in nachhaltiger Weise von Savigny aus der Bindung an das Obligationenrecht gelöst und zur Allgemeinkategorie erhoben werden, wovon später noch ausführlich zu berichten sein wird.11 Die Beleuchtung des römischen Vertragsverständnisses kann mithin nicht allgemein, sondern unmittelbar zunächst nur im Zusammenhang mit der Betrachtung der Verpflichtungsgeschäfte gelingen (vgl. unten 1). Obschon die Verfügung nach römischer Terminologie nicht Vertrag ist, wird hier im Anschluss auch ein Ausschnitt aus dem römisch-rechtlichen Sachenrecht beleuchtet werden müssen, der für das Verständnis von der causa des Vertages eine bedeutende Erkenntnisquelle bereitstellt und auch – wie zu zeigen sein wird – in dogmatischen Kategorien nicht weit entfernt vom heutigen Verständnis des dinglichen Vertrages steht (vgl. unten 2). 1. Verpflichtungsgeschäfte Die Suche nach den römisch-rechtlichen Wurzeln des europäischen Vertragsdenkens beginnt in der Zeit des klassischen römischen Rechts. Erst dort erreichte die Rechtsordnung einen Stand, der es rechtfertigt, von Vorläufern des heutigen Vertragsbegriffes zu sprechen.12 Davor, im altrömischen Recht, bestand nur Haftung, keine Schuld. Diese Haftung konnte entweder durch Delikt oder durch Rechtsakt begründet werden.13 Die zur Verfügung gestellten Rechtsakte14 waren sämtlich formgebunden, wobei der Formalismus einerseits den Rechtsakt schon am geringsten Formverstoß 9

Kaser, RP I, S. 228 (§ 56 I 3); Halfmann, Causa, S. 59; Ehrhardt, Causa Traditio, S. 1 ff. 10 Kaser, RP I, S. 227 (§ 56 I 1); Neubecker, ArchBürgR 22 (1903), S. 39. 11 Savigny, System Band III, S. 317. Vgl. Kaser, RP I, 227 (§ 56 I 1); Honsell, Römisches Recht, S. 54 (§ 19 II); Nanz, Vertragsbegriff, S. 1 u. 4; Lange, Eigentumstradition, S. 2 f. u. 21 ff.; Schlossmann, Der Vertrag, S. 94 f. u. 99 f.; Erhardt, Causa Traditionis, S. 2 u. 156 f.; Wesel, SZ 85 (1968), 100 f.; Lange, SZ 53 (1932), 536 ff.; Pernice, SZ (RA), 1888 (9), S. 200. Vgl. dazu ausführlich unten Teil 2, B, I. 12 Kaser, RP I, S. 2 (§ 1 II 2), S. 146 (§ 39 I 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 5 ff. 13 Kaser, RP I, S. 146 (§ 39 I 2).

A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens

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scheitern ließ, andererseits dem formrichtigen Akt die volle Wirkung auch dann zusprach, wenn diese vom Handelnden gar nicht gewollt war; der Wille und also der Konsens spielte demnach zumindest keine bedeutsame Rolle.15 Die so verstandene Haftung begründete dabei die Zugriffsgewalt auf den Körper einer Person; sie durfte in Stücke zerrissen werden.16 Sehr früh schon aber konnte die Körperhaftung durch eine Sühnegabe abgelöst werden,17 so dass bereits mit dem Aufkommen dieses so genannten Sühnevergleichs die Körperhaftung lediglich noch in zweiter Reihe als pfandmäßige Absicherung der Lösesumme diente.18 Jedoch war diese Gabe aus dem Sühnevergleich nicht Gegenstand einer Leistungspflicht – sie wurde nicht ‚geschuldet‘ –, sie war in heutiger Sprache eine bloße Obliegenheit insofern, als dass durch ihre Hingabe die Körperfolgen abgewendet werden konnten.19 Eine obligatio, vermöge deren ein Gläubiger von einem Schuldner eine Leistung fordern kann, hatte sich also im vielfach primitiv wirkenden altrömischen Haftungsrecht nicht entwickelt; ihre Ausbildung war erst der folgenden Zeit des wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieges des römischen Reiches vorbehalten.20 Die in diesem Kapitel anzustellende Untersuchung der Ursprünge und Grundlagen des heutigen Vertragsverständnisses lässt sich mithin zeitlich eingrenzen auf das Recht der römischen Klassik über die Nachklassik bis zu Justinian.21 Bei der Beschäftigung mit den klassischen römischen Verpflichtungsgeschäften steht zuvörderst die Erkenntnis, dass es sich um ein undurch14 Zu den Hauptgruppen der Rechtsakte per aes et libram und in iure cessio vgl. Kaser, RP I, S. 41 ff. (§ 9), zu den einzelnen Rechtsakten nexum, sponsio-stipulatio und mutuum vgl. Kaser, RP I, S 165 ff. (§§ 43 u. 44). 15 Vgl. Kaser, RP I, S. 39 f. (§ 8 II): „… nur rituelles Handeln erzeugte rechtliche Bindung“; Hübner, Subjektivismus, S. 717: „Generell gilt die Feststellung, daß archaische Denkformen nicht subjektiv orientiert sind.“ Ebenso Nanz, Vertragsbegriff, S. 6 f.; Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 545. 16 Kaser, PR I, S. 146 (§ 39 I 2) u. S. 149 (§ 39 III 1); Wesel, Geschichte, S. 181. 17 Kaser, RP I, S. 148 f. (§ 39 II 2, 3). 18 Kaser, RP I, S. 150 (§ 40 I 1) u. S. 165 (§ 43 I). 19 Kaser, RP I, S. 148 (§ 39 II 3), S. 149 (§ 39 III 1), S. 154 (§ 40 III). 20 Nanz, Vertragsbegriff, S. 6 f.; Ruland, Causa, S. 19; Kaser, RP I, S. 2 (§ 1 II 2), auf S. 146 (§ 39 I 1) spricht er von einer „Vorstufe“ der späteren Obligationen. Auch beschränkte sich das altrömische Haftungsrecht allein auf Rechtsbeziehungen zwischen Hausverbänden; innerhalb des Hausverbandes selbst unterlag jede ihm zugehörige Person der Vollgewalt des Hausvaters, vgl. Kaser, RP I, S. 23. Zu der Rechtsmacht des paterfamilias im Einzelnen vgl. Kaser, RP I, S. 36 ff. 21 Mithin auf einen Zeitraum von c.a. 700 Jahren (klassisches Recht: 1. Jh. v. Chr. bis in das 3. Jh. n. Chr.; nachklassische Entwicklungen 3. Jh. n. Chr. bis 6. Jh. n. Chr.; die Kodifikation des oströmischen Kaisers Justinian, unsere wichtigste Erkenntnisquelle, datiert von 533/534 n. Chr.). Vgl. nur Wesel, Geschichte, S. 156.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

sichtiges, historisch gewachsenes Fallrecht und nicht um ein systematisiertes und harmonisiertes Recht handelt.22 Alte Rechtsfiguren werden auch nach dem Aufkommen neuer flexiblerer Möglichkeiten zunächst aufrechterhalten, bis sich diese schließlich aufgrund Bedeutungslosigkeit in der praktischen Rechtsanwendung von selbst erledigen.23 Systematisierung und Abstraktion lag dem praktisch tätigen römischen Juristen im Grundsatz fern; allein die Schuljuristen haben zum Zwecke der Weitervermittlung des Stoffes das Recht zu ordnen versucht.24 Der folgende Überblick über die durch das römische Recht zur Verfügung gestellten Verpflichtungsgeschäfte wird sich, aufgrund der hier gebotenen Kürze, an dieser schuljuristischen Systematik orientieren müssen [vgl. a)]. Auch die sich anschließende Frage nach dem allgemeinen Erfordernis der Willensübereinstimmung der sich verpflichtenden Parteien, wird – in einer dem römischen Juristen im Grundsatz ganz fremden Weise – allgemein und abstrakt zu beantworten versucht [vgl. b)]. Schließlich wird für die darauf folgende Untersuchung der causa der römischen Vertragstypen auf die Systematisierungsversuche der das römische Recht im Mittelalter rezipierenden Juristen zurückgegriffen werden [vgl. c)].

a) Das römisch-rechtliche Typensystem Im römischen Recht bildete sich statt eines einheitlichen Vertragsbegriffes eine Vielzahl von Einzelverträgen heraus, die eine actio, also eine Klagemöglichkeit erzeugten.25 Es soll hier zunächst ein Überblick über die wichtigsten, durch das römische Recht zur Verfügung gestellten Möglichkeiten der Begründung einer solchen rechtlich durchsetzbaren Verpflichtung vorangestellt werden. Angeknüpft wird dazu an die prominente Einteilung der nach dem ius civile klagbaren Verpflichtungen, die sich in den Institutionen des Corpus Iuris Civilis findet und die sich gemeinhin auf die Lehre des Schuljuristen Gaius26 gründet: „Sie werden nämlich entweder durch 22

Kaser, RP I, S. 5 (§ 2 III 3), S. 181 (§ 46 IV 1). Kaser, RP, S. 177 (§ 46 I 1). Vgl. beispielhaft das Verschwinden des formalen Darlehnsnexum (Libralgeschäft) in der praktischen Rechtsanwendung nach Anerkennung des formfreien mutuum bei Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 243 f. (§ 39 I 1). 24 Vgl. Kaser, RP I, S. 227 (§ 56 I 1); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 237 f. (§ 38 I 1, II 1), Wesel, Geschichte, S. 157; Wieacker, FS Welzel, S. 11; Zimmermann, Obligations, S. 561 f.; Pernice, SZ (RA), 1888 (9), S. 218, 220; Owsia, contract, S. 124 und instruktiv Dahm, HZ 167 (1943), S. 240 f.: „Die Römer sind nicht Systematiker, sondern Empiriker des Rechts. Das Recht ist ihnen keine Wissenschaft, sondern eine Lebenskunst.“ 25 Nanz, Vertagsbegriff, S. 11. 23

A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens

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Sachhingabe (re) begründet oder durch Worte (verbis) oder durch Schrift (litteris) oder durch Konsens (consensus)“.27 Schon vorweg sei jedoch angemerkt, dass diese Einteilung nicht erschöpfend alle Möglichkeiten der Begründung klagbarer Verpflichtungen nach römischem Recht wiedergibt, sie soll uns hier aber zunächst als Ausgangspunkt dienen [vgl. a)]. Die wichtigsten weiteren klagbaren Verpflichtungen außerhalb dieses vierteiligen Kontraktschemas werden erst im Anschluss daran näher beleuchtet [vgl. b)].28 (a) Das vierteilige Kontraktschema Als Verbalkontrakt, also als eine durch Worte zu begründende Verpflichtung bespricht Gaius die stipulatio und erwähnt daneben die formale dotis dictio und die eidliche promissio operarum;29 für uns soll nur die Stipulation von Interesse sein. Die stipulatio ist ein einseitig verpflichtender Vertrag;30 stipulari bedeutet, sich in bestimmter mündlicher Form versprechen lassen, stipulatio bezeichnet ein solches Versprechen.31 Wesentliches und charakteristisches Element der Stipulation ist dabei die penible Einhaltung der zur Verfügung gestellten Frage- und Antwortformeln;32 sobald davon 26 Seine Werke wurden zwischen 130 und 180 n. Chr. zusammengestellt, sein vollständiger Name konnte in der Wissenschaft bis heute nicht ermittelt werden. Ursprung und Entstehung dieses Schemas sind umstritten; umstritten ist vor allem, ob die viergliedrige Einteilung zu Gaius’ Zeiten bereits Allgemeingut war oder ob Gaius selbst sie geschaffen hat; vgl. nur Pernice, SZ (RA) 9 (1888), 220 ff. und Kaser, SZ (RA) 70 (1953), 161. 27 Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, I. 3, 13, 2 (S. 171); I. 3, 13, 2 (Gaius 3, 89) „harum aeque quattuor species sunt: aut enim re contrahuntur aut verbis aut litteris aut consensu.“ Vgl. dazu auch Stathopoulus, AcP 194, 546; Kaser, RP I, S. 542 ff. (§ 122 II); Nanz, Vertragsbegriff, S. 12 f.; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 238 (§ 38 II 1). 28 Die gesetzlichen Schuldverhältnisse aus Delikt und aus ungerechtfertigter Bereicherung, die beide auch schon von Gaius behandelt worden sind (vgl. I. 3, 12, 1 und I. 3, 14, 1), sollen hier unbeachtet bleiben, vgl. dazu Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 313 ff. (§ 50 ff.); ders., Lehrbuch RP, S. 301 (§ 48); Liebs, Römisches Recht, S. 242. 29 Vgl. zur dotis dictio Kaser, RP I, S. 335 f. (§ 80 IV 1), zur promissio operarum Kaser, RP I, S. 299 f. (§ 70 II); Zu den Ursprüngen der stipulatio vgl. Kaser/ Knütel, Lehrbuch RP, S. 62 (§ 7 III 1). 30 Vgl. nur Halfmann, cause, S. 45 ff. Zur Kausalheit bzw. Abstraktheit der Stipulation – deren Belichtung hier von keiner Relevanz ist – im dem Sinne, dass die causa der Stipulation benannt bzw. verschwiegen wird, vgl. nur die prominente Schrift von Wolf, causa stipulatio (1970) und deren Besprechung von Wacke, TvR 1972 (40), S. 231 ff. und auch später unten Teil 1, B, I, 1 (Fn. 255). 31 Liebs, Römisches Recht, S. 233. 32 Die Partei, die Gläubiger werden soll, richtet an den Gegner die förmliche Frage, ob ihm dieser die genau bezeichnete Leistung verspricht. Entscheidend

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

abgewichen wurde, war der Zauber und mithin das Geschäft dahin.33 Die Förmlichkeit der stipulatio erschöpfte sich dabei jedoch allein in formellen Voraussetzungen, beschränkte die Vertragsschließenden nicht materiell, so dass jeder Leistungsgegenstand unter Beachtung der formellen Erfordernisse wirksam versprochen werden konnte,34 und gerade dieser materiellen Vielseitigkeit verdankt sie ihre hervorragende praktische Bedeutung im römischen Rechtsleben.35 Im Laufe der Zeit aber lockerten sich auch die formellen Anforderungen; das starre mündliche Zeremoniell erfuhr eine schleichende Aufweichung. So bestand schon seit Beginn des 3. Jahrhunderts bei schriftlich abgefassten Versprechen die widerlegbare Vermutung, dass die Zauberformel der stipulatio zwischen den Parteien tatsächlich ausgetauscht wurde.36 Im späten 5. Jahrhundert sodann wurde von dem Wortformalismus gänzlich abgerückt und jede schriftlich abgefasste Einigung, ohne Rücksicht auf die Wortwahl als wirksam anerkannt.37 In der nachklassischen Periode kommt es bei der Frage des Gläubigers darauf an, das richtige Frageverbum zu wählen. Als ältestes, den römischen Bürgern vorbehaltene Verbum dient spondes? (Gelobst Du?), daneben tritt u. a. fidepromittis? (Versprichst Du auf Ehre?), promittis? (Versprichts Du?) und dabis? (Wirst Du geben?). Der werdende Schuldner antwortet auf die Frage bejahend, zwingend mit dem in der Frage gebrauchten Verbum: spondeo, fidepromitto, promitto oder dabo! Dabei müssen die Parteien anwesend sein, Frage und Antwort müssen mündlich ausgetauscht werden, einander unmittelbar folgen und sich auf denselben Inhalt beziehen. Vgl. D. 45, 1, 1 und I. 3, 15, 1 und auch Kaser, RP I, S. 540 (§ 128 II 2), Kaser/Kütel, Lehrbuch RP, S. 61 (§ 7 II 1); Liebs, Römisches Recht, S. 233 f.; Halfmann, cause, S. 50; Wolf, causa stipulationis, S. 1 f. 33 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 62 (§ 7 III 1); Liebs, Römisches Recht, S. 235; Halfmann, cause, S. 50. Zum Sinn und Zweck dieser starren Formanforderungen vgl. Kaser, RP I, S. 540 (§ 128 II 2). 34 Liebs, Römisches Recht, S. 234; Kaser, RP I, S. 538 (§ 128 II 1); Wolf, causa stipulationis, S. 1; Knütel, Stipulatio, S. 201. 35 Kaser, RP I, S. 538 (§ 128 II 1); Kaser/Knütel, Lehrbuch S. 251 (§ 40 I 4); Halfmann, cause, S. 50; Barton, TvR, 1966 (34), S. 45. 36 C. 8, 38, 1 (200 n. Chr.) „Imperatores Severus et Antonius Augusti Secundo. Licet epistulae, quam libello inseruisti, additum nin sit stipulatum esse eum cui cavebatur, tamen, si res inter praesentes gesta est, credendum est praecedente stipulatione vocem spondentis secutam.“ Vgl. Dazu die Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis C. 8, 38, 1 (Band 6, S. 226): „D. K. Sever. U. Anton. An Secund. Wenngleich in dem deinem bittlichen Antrage einverleibten Briefe nicht gesagt worden ist, dass derjenige, welchem dadurch eine Sicherheit zu Theil werden sollte, stipuliert habe, so ist dennoch, sobald die Sache zwischen gegenwärtigen Personen verhandelt worden ist, anzunehmen, dass die Antwort des Gelobenden auf eine vorangehende Stipulation erfolgt sei.“ Vgl. dazu auch Liebs, Römisches Recht, S. 237. 37 C. 8, 38, 10 (472 n. Chr.) „Imperator Leo Augustus Erythrio praefecto praetorio Orientis. Omnes stipulations etiamis non sollemnibus vel directis sed quibuscumque verbis pro consensus contrahentium compositae sint, legibus cognitae suam habeant firmitatem.“ Vgl. dazu die Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis C. 8, 38,

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ist die stipulatio mithin nicht mehr ein durch förmelnde Rede gekennzeichnetes Geschäft, vielmehr ein der Schriftform unterliegender Vertrag; verba meint jetzt schriftliche Willenskundgabe.38 Während bei der stipulatio die Einhaltung der Form den Vertrag perfekt machte, hatte eine obligatio re contractus zur Voraussetzung, dass der vereinbarte Leistungsgegenstand bereits gegeben wurde;39 vor dieser Sachhingabe entstand keine klagbare Verpflichtung.40 Dieses zwingend erforderliche Vollzugselement, von den Römern als re im Sinne von „durch Tat, faktisch“ benannt, hat dieser Vertragsart den Namen Realkontrakt eingebracht.41 Die Vereinbarung zwischen den Parteien musste zudem inhaltlich so beschaffen sein, dass der Gegenstand nicht dauerhaft, sondern nur auf Zeit dem Empfänger zur Nutzung überlassen sein sollte; klagbar gemacht werden konnten durch tatsächliche Hingabe demnach lediglich Rückgabevereinbarungen.42 Für Gaius ist darum Realkontrakt zuvörderst das zinslose43 Darlehen (mutuum).44 Daneben ist auch in Fällen der Leihe (commodatum), der Verwahrung (depositum) und der Verpfändung (pignus) neben der vertraglichen Einigung eine Sachhingabe erforderlich, so dass 1 (Band 6, S. 228): „D. K. Leo an Erythr., Praef. Pr. Alle Stipulationen, auch wenn sie nicht in der feierlichen oder directen, sondern in jeden beliebigen Ausdrücken der Contrahenten gefasst auf der Einwillingung beruhen, oder in den Gesetzen Anerkennung finden, haben volle rechtliche Wirkung.“ Vgl. dazu auch Liebs, Römisches Recht, S. 238; Nanz, Vertragsbegriff, S. 36 und Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 23–30. 38 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 239 (§ 38 II 2) und S. 62 (§ 7 II 2), Kaser, RP I, S. 541 (§ 128 II 2) und ders., RP II, S. 374, 376 f. (§ 263 I 1, 2); Rauch, Consideration, S. 25; Liebs, Römisches Recht, S. 238; Halfmann, cause, S. 52; Ruland, Causa, S. 21; Zimmermann, Obligations, S. 546 f.; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 30; Creutzig, Schuldversprechen, S. 3 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 36: „zu einem beurkundeten Vertrag degeneriert“. 39 Kaser, RP I, S. 525 (§ 122 II 1), 530 (§ 124 I); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 238 (§ 38 II 1), 244 (§ 39 I 2); Liebs, Römisches Recht, S. 244. 40 Doch kann das Versprechen durch Einkleidung in eine Stipulation auch vor der Sachhingabe klagbar gemacht werden, vgl. D. 45, 1, 68. 41 Liebs, Römisches Recht, S. 244. 42 Zum Kreditwillen vgl. D. 44, 7, 3, 1; Kaser, RP I S. 525 (§ 122 II 1), S. 530 (§ 124 I); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 239 (§ 38 II 1); Halfmann, cause, S. 55. 43 Aus dem mutuum wurde nicht mehr geschuldet, als empfangen worden war. Für Zinsen war daher kein Raum. Sollte ein verzinsliches Darlehen versprochen werden, so musste zumindest die Zinsabrede besonders stipuliert werden, um auch die Zinsen im Prozess erzwingen zu können; vgl. Kaser, RP I, S. 531 f. (§ 124 I), Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 244 (§ 39 I 2). 44 Das mutuum löst schon in der jüngeren Republik das altrömische Libralgeschäft nexum ab, bei dem die Rückzahlungssumme noch nicht geschuldet, sondern nur auf ihren Betrag gehaftet wurde; vgl. Kaser, RP I, S. 531 (§ 124 I); Kaser/ Knütel, Lehrbuch S. 243 (§ 39, I 1); Halfmann, cause, S. 54.

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auch sie zu den Realkontrakten rechnen.45 Diese vier Geschäfte werden heute dogmatisch als die benannten oder die Nominatrealkontrakte erfasst.46 Ebenfalls lediglich als eine Rückgabevereinbarung zu begreifen ist die durch Litteralkontrakt begründete Verpflichtung. Dieser Vertragstypus knüpft an das Hausbuch an, welches der paterfamilias seit der jüngeren Republik wohl als sein Gesamtvermögensverzeichnis zu führen pflegte.47 Der Vertrag kam dabei erst zustande, wenn der Gläubiger mit Einverständnis des Schuldners eine schriftliche Eintragung in das Hausbuch in der Weise vornahm, als ob er dem Schuldner die gebuchte Summe als Darlehen ausgezahlt hätte.48 Durch die Buchung einer solchen Darlehenshingabe, welche auch nur fiktiv stattgefunden haben konnte, entstand also eine Rückzahlungsverbindlichkeit.49 Schon am Ende der Klassik kommt aber diese Art der Vertragsbegründung aus der Übung und wird durch die nunmehr formgelockerte beurkundete stipulatio abgelöst.50 Endlich, als letzte der vier nach dem gaianischen Kontraktschema klagbaren römisch-rechtlichen Obligationen, ist die Möglichkeit der Verpflichtung durch consensus zu untersuchen. Hierbei genügte der formfrei erklärte Konsens, die Einigung im Willen, um ohne Sachleistung und ohne Formalakt die Verbindlichkeit zu erzeugen.51 Allein auf die Kraft einer formfreien Willenseinigung aber vertraute das römische Recht nur bei solchen Geschäften, die zu ganz bestimmten Zwecken geschlossen wurden.52 Dabei handelte es sich um solche Zwecke, die im Wirtschaftsverkehr in großer Zahl verfolgt wurden und ein entsprechendes Bedürfnis nach möglichst geringen rechtlichen Wirksamkeitsanforderungen hervorriefen.53 Zu diesem geschlossenen Kreis von formfrei durch Konsens begründbaren Verträgen gehören nur solche Geschäfte zum Zwecke des Kaufs (emptio venditio)54, 45 D. 44, 7, 1, 2–6; Kaser, RP I, S. 525 (§ 122 II 1), S 533 ff. (§ 124–127); Liebs, Römisches Recht, S. 244; Halfmann, cause, S. 54. 46 Daneben erkannte schon Gaius, dass auch bei irrtümlicher Zahlung (allgemein: bei Zahlung ohne rechtfertigenden Grund im Sinne des heutigen § 812 BGB) mit derselben condictio wie aus Darlehen auf Rückzahlung geklagt werden kann; Gai. 3, 90/91; Kaser, RP I, S. 525 (§ 122 II 1), Liebs, Römisches Recht, S. 243. 47 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 253 (§ 40 II 1). 48 So genannte expensilatio, vgl. Kaser, RP I, S. 544 (§ 129 I 2); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 253 (§ 40 II 1). 49 Deshalb wurde hier dieselbe Klage wie aus Darlehen, die actio certa creditae pecuniae (condictio), gewährt, vgl. Kaser, RP I, S. 544 (§ 129 I 4). 50 Kaser, RP I, S. 545 (§ 129 I 5); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 254 (§ 40 II 1); Witte, KritVJS 6 (1864), S. 331. 51 G. 3, 135 f.; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 239 (§ 38 II 1); Kaser, RP I, S. 526 (§ 122 II 4), S. 547 (§ 130 III); Halfmann, cause, S. 56. 52 Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 188; Betti, Typenzwang, S. 257. 53 Rauch, Consideration, S. 24.

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zum Zwecke der vorübergehenden Überlassung von wirtschaftlichen Werten (locatio conductio)55, zum Zwecke des Auftrages (mandatum)56 und solche zum Zwecke des gemeinsamen Wirtschaftens, d.h. zur Begründung einer Gesellschaft (societas)57. Und dieser Kreis von zulässigen Geschäftszwecken wurde für die Konsensualkontrakte zu keiner Zeit erweitert, sie gab den römischen Juristen nie Anlass zur Generalisierung.58 (b) Außerhalb des vierteiligen Kontraktschemas Das vierteilige Kontraktschema suchte die nach dem ius civile klagbaren Vertragstypen zusammenzustellen.59 Diese wurden als contractus bezeichnet, jene nicht nach dem ius civile klagbaren Vereinbarungen pacta genannt60 – für unsere Zwecke unerheblich, aber erwähnenswert ist der Umstand, dass auch ein klagloses pactum unter Umständen im Prozess einredeweise geltend gemacht werden konnte und ihm so zumindest als Verteidigungsfunktion rechtserhebliche Wirkung zukam.61 Diese systemati54 Der Konsensualvertrag zum Zwecke des Kaufes wirkte schon im altrömischen Recht, spätestens seit dem 2. Jh. v. Chr. verpflichtend, vgl. Kaser, RP I, S. 546 (§ 130 II 2); Liebs, Römisches Recht, S. 248. Vgl. auch allgemein Kaser, RP I, S. 545 ff. (§§ 130, 131); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 254 ff. (§ 41). 55 Als Geschäfte zur vorübergehenden Werteüberlassung waren nur drei Untertypen anerkannt, die allesamt Umsatzgeschäfte darstellten, also von einem Austauschzweck beherrscht waren: die Miete und Pacht (locatio conductio rei), der Arbeitsvertrag (locatio conductio operarum) und der Werkvertrag (locatio conductio operis), vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 248 f.; Kaser, RP I, S. 563 (§ 132 I 2); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 274 (§ 42). 56 Konstituierendes Merkmal des Auftrage war schon zu Zeiten des römischen Rechts die Unentgeltlichkeit, also der Liberalitätszweck; vgl. D. 17, 1, 1, 4 „Mandatum nisi gratuitum nullum est: nam originem ex officio atque amicitia trahit, contrarium vero est officio merces: interveniente enim pecunia res ad locationem et conductionem potius respicit.“ Vgl. die Übersetzung von Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 289: „Ein Auftrag, der nicht unentgeltlich ist, ist kein Auftrag; denn der Auftrag hat seinen Ursprung in Pflichtgefühl und Freundschaft; mit Freundschaftspflicht aber ist Lohn unvereinbar. Kommt nämlich Geld ins Spiel, so stellt das Rechtsverhältnis eher einen Dienst- oder Werkvertrag dar.“ Vgl. auch Liebs, Römisches Recht, S. 253; Kaser, RP I, S. 577 (§ 134 I 1). 57 Kaser, RP I, S. 572 (§ 133); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 283 (§ 43). 58 Halfmann, cause, S. 56 f.; Kaser, RP I, S. 526 (§ 122 II 4); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 239 (§ 38 II 1); Liebs, Römisches Recht, S. 255, Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 546. 59 Kaser, RP I, S. 526 (§ 123 III); Nanz, Vertragsbegriff, S. 6. 60 Vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 256; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 240 (§ 38 III 1); Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 213. 61 Die rechtlich und praktisch bedeutsamen Fälle waren prozessuale Abreden, Stundungs- und Erlassverträge, die ihrer Natur nach nur einredeweise geltend ge-

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sche und semantische Trennung von klagbaren und klaglosen Schuldverhältnissen wurde zum Kennzeichen des gesamten römischen Obligationenrechts: Um sich in klagbarer Weise schuldrechtlich zu verpflichten, musste sich bestimmter zur Verfügung gestellter Typen bedient werden, die einen numerus clausus bildeten62 – die Abwendung von diesem schuldrechtlichen Typenzwang hin zu einem allgemeinen Vertragsbegriff sollte, wie noch im Einzelnen aufzuzeigen sein wird, die Rechtsgelehrten bis in das 17. Jahrhundert hinein beschäftigen. Diese Komplementarität klagbarer contractibus und klagloser pacta hatte in dieser Klarheit jedoch niemals Bestand. Pacta waren zwar nicht nach dem ius civile klagbar, standen insofern außerhalb des Gaianischen Kontraktschemas, jedoch wurden einige dieser Vereinbarungen durch den Praetor (pacta praetoria) und später auch durch den Kaiser (pacta legitima) für klagbar erklärt.63 Neben dem Kernbestand an Kontrakten, der sich im Gaiusschema niederschlug, entstanden so eine Reihe von klagbaren pacta, die den Restbereich klagloser Vereinbarungen im Umfang und an Bedeutung schnell schrumpfen ließen. Kaiser Justinian erklärte beispielsweise die Schenkung als Verpflichtungsgeschäft, losgelöst von der Form der stipulatio, für verbindlich; erforderlich war lediglich der Konsens der Parteien über die Unentgeltlichkeit des Geschäftes (animus donandi)64 – systematisch erinnert diese Verpflichtungsmöglichkeit an die Obligationsbegründung durch consensus. Eine Einzeldarstellung der Vielzahl der im Laufe der römischen Rechtsepochen für klagbar erklärten pacta kann und muss diese Arbeit nicht leisten.65 Die Aufzeigung der Tendenz zur fortschreitenden Aufmacht werden. D. 2, 14, 7, 4 „… igitur nuda pactio obligationem non parit, sed parit exceptionem.“ Otto/Schilling/Sintenis, Band 1, D. 2, 14, 7, 4 (S. 338) „… Ein bloßer Vertrag bringt also keine Verbindlichkeit, nur eine Einrede hervor.“ Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 213 u. 216; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 273; Kaser/ Knütel, Lehrbuch RP, S. 240 (§ 38 III 1). Zur rechtlichen Behandlung von Nebenabreden (pacta adiecta) vgl. nur Kaser, RP I, S. 487 (§ 114 IV 3 b); Nanz, Vertragsbegriff, S. 16 f. 62 Nanz, Vertragsbegriff, S.11 spricht von einem „Typenzwang“; Kaser, RP I, S. 477 (§ 112 II 3), S. 484 (§ 114 I 2) spricht von einer „Typengebundenheit“; vgl. auch Stathopoulus AcP 194, 546. 63 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 240 (§ 38 III 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 11; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 15. 64 C. 8, 53, 35, 5b/c u. I. 2, 7, 2; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 299 (§ 47 I 4); Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 15. Einschränkend mussten aber alle Schenkungen über 300 und später 500 solidi registriert werden (Insinuationspflicht), vgl. C 8, 53, 35; I. 2, 7, 2; Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 213. Zu weiteren Einschränkungen vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 299 f. (§ 47 I, II). 65 Vgl. zum constitutum (einer formfreien Zusage, eine bereits bestehende Verbindlichkeit an einem bestimmten Termin zu erfüllen) und zum receptum (eine formfreie Übernahme einer Garantie für einen bestimmten Erfolg) nur Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 296 ff. (§ 46). Für Weitere vgl. umfassend Kaser, RP I, S. 580 ff. (§ 135 ff.) und auch Liebs, Römisches Recht, S. 255.

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weichung des systematischen Gegensatzpaares klagbarer contractus und klagloses pactum durch eine schleichende, auf Einzelfallentscheidungen beruhende Klagbarmachung des letzteren, soll uns hier genügen.66 Dennoch, der prominenteste und im Laufe der Entwicklung als eigene dogmatische Kategorie erfasste, für klagbar erklärte Verpflichtungstyp soll nachfolgend beispielhaft beleuchtet werden: der Innominatkontrakt. Der geschlossene Kreis der Klagearten aus dem vierteiligen Kontraktschema erwies sich insbesondere in solchen Fällen als unzureichend, in denen ein Austausch von Leistung und Gegenleistung vereinbart worden war, jedoch weder zum Zwecke des Kaufs (emptio venditio) noch zum Zwecke der vorübergehenden Überlassung von wirtschaftlichen Werten (locatio conductio), und also eine wirksame Verpflichtung nach den Grundsätzen des Konsensualkontraktes nicht entstehen konnte.67 Selbst der Vorleistende hatte in diesen Fällen nicht die Möglichkeit auf Erfüllung zu klagen, denn auch die Instituierung einer Erfüllungspflicht aufgrund Realvertrag ließ sich nach römischem Recht nicht begründen;68 er wurde mithin auf die Rückforderung des Geleisteten verwiesen.69 Schon in der klassischen Zeit griff der Praetor daher im Einzelfall ein, indem er über den geschlossenen Kreis der anerkannten Verpflichtungen hinaus von Fall zu Fall eine Klagemöglichkeit auf Vertragserfüllung gewährte, die auf den individuellen Sachverhalt zugeschnitten war.70 Die nachklassische Jurisprudenz verallgemeinerte diese Klagemöglichkeit dahingehend, dass schließlich aus jedem synallagmatischen Vertrag auf Erfüllung geklagt werden konnte;71 es findet sich sogar 66 In der Zeit des Verfalls der Rechtswissenschaft (Vulgarrecht) schließlich wurde ein Punkt erreicht, an dem in praxi alle Vereinbarungen verbindlich und klagbar waren. Zwar war damit der römisch-rechtliche Typenzwang im Grundsatz gegenstandslos geworden, jedoch konnte dieses vulgarrechtliche Denken auf die folgende Entwicklung keinen Einfluss ausüben, da die Justinianische Kodifikation den Typenzwang mit dem gesamten komplizierten Apparat von contractus und pacta für die kommenden Epochen der Rechtsentwicklung unausweichlich fixierte; vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 12; Kaser, RP II, S. 362 ff. (§ 261). 67 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 293 (§ 45 I 1). 68 Für einen wirksamen Realvertrag fehlte es an einer nur vorübergehenden Überlassung wirtschaftlicher Werte, also am Kreditwillen, vgl. die obigen Ausführungen. 69 Einschlägige Klageart war die in diesem Zusammenhang nicht näher zu untersuchende condictio ob causam datorum, vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 293 (§ 45 I 1) u. S. 305 (§ 48 II 2 c); Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 213. 70 In der klassischen Zeit wurde diese Klagemöglichkeit als actiones in factum bezeichnet. Vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 293 (§ 45 I 1); Liebs, Römisches Recht, S. 255 zu D. 2, 14, 7, 2. 71 In der nachklassischen Zeit wurde die Klagemöglichkeit aufgrund der nun vor dem Klagebegehren niedergeschriebenen Tatbestandsschilderung als actio praescriptis verbis bezeichnet. Vgl. Nanz, Vertragserfüllung, S. 14; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 295 (§ 46 II 1); Ruland, Causa, S. 23; Halfmann, cause, S. 57.

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eine systematische Vierteilung der möglichen synallagmatischen Verträge nach ihrem Inhalt, die auf den Spätklassiker Paulus zurückgeht.72 Die byzantinischen Juristen bezeichneten einen solchen Vertrag, da er im Gegensatz etwa zur emptio venditio oder locatio conductio keine eigene Bezeichnung trug, als anónym synállagma, woraus der lateinische Terminus Innominatkontrakt hervorging.73 Schon in der klassischen Zeit aber ließ der Praetor solche Klagen im Einzelfall nur dann zu, wenn der eine Teil bereits geleistet hatte.74 Auch der verallgemeinerte Innominatkontrakt der Nachklassik hatte daher neben dem Synallagma der vereinbarten Leistungspflichten zur Voraussetzung, dass die Partei, die den Vertragspartner klageweise zur Erfüllung seiner eigenen Verbindlichkeit zwingen wollte, ihrerseits bereits in Vorleistung gegangen war.75 Die Innominatkontrakte, die sich in ihrer systematischen Erfassung als eine Gruppe klagbarer Schuldverträge außerhalb des Gaischen Schemas darstellen, reihen sich dogmatisch mithin in die Realkontrakte ein.76 b) Die Bedeutung der Willenseinigung Ein Vertrag kommt nach moderner Auffassung durch zwei übereinstimmende Privatwillenserklärungen, mithin durch die Willenseinigung der Parteien zustande.77 Jeder Vertrag entfaltet also Rechtswirkungen, gerade weil diese von den Beteiligten gewollt ist. Hatten wir zum altrömischen Haftungsrecht feststellen können, dass der Wille für die Wirksamkeit der Rechtsakte keine bedeutsame Rolle spielte, es vielmehr lediglich auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Formen ankam,78 stellt sich nunmehr 72 D. 19, 5, 5: „do tibi ut des“ (ich gebe dir, damit du gibst), „do ut facias“ (ich gebe, damit du etwas tust), „facio ut des“ (ich tue etwas, damit du gibst) und „facio ut facias“ (ich tue etwas, damit du etwas tust). Dare meint hierbei die Eigentumsverschaffung, facere jedes andere Leistungsverhalten, vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 295 (§ 46 II 2); Liebs, Römisches Recht, S. 255; Nanz, Vertragsbegriff, S. 14; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 12. 73 Nanz, Vertragsbegriff, S. 14. Anders Liebs, Lehrbuch, S. 256, der an die benannten (nominat) Realverträge im Gegensatz zu den unbenannten (innominat) Realverträgen anknüpft und diese folglich auch als Innominatrealkontrakte bezeichnet. 74 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 293 (§ 46 I 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 13; Halfmann, cause, S. 57. 75 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 295 (§ 46 II 2); Nanz, Vertragsbegriff, S. 14; Halfmann, cause, S. 57. 76 Weitergehend als bei den benannten Realkontrakten kann Vorleistung jedoch nicht nur eine Sachhingabe, sondern auch eine bestimmtes Tun, etwa eine Dienstleistung, sein. Vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 295 (§ 46 II 2); Liebs, Römisches Recht, S. 256; Halfmann, cause, S. 57. 77 Vgl. nur Palandt/Heinrichs v. § 145 Rn. 1. 78 Vgl. oben Teil 1, A, I, 1 um Fn. 15.

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auch für contractus und pactum die Frage nach der Bedeutung der Willenseinigung. Eine prominente Stelle in den Digesten soll uns hier den Anstoß geben. Darin überliefert Ulpian (170–228) ein Zitat des Frühklassikers Pedius und stimmt zu, wenn dieser behauptet, „es gäbe keinen Contract, keine Verbindlichkeit, welche nicht in sich eine Übereinkunft enthalte, mag sie durch eine Handlung oder durch Worte entstehen“79. Schon dieser Ausschnitt erhellt, dass nach der Überzeugung der Klassiker keine Verpflichtung ohne das Moment der Übereinkunft, also des Konsenses entstehen kann.80 Umstritten ist freilich, was die römische Klassik unter Konsens verstanden hat: lediglich das äußere Zusammenwirken der Parteien81 oder die innere Willensübereinstimmung der Beteiligten im Sinne des modernen Konsensbegriffes.82 Als Indiz dafür, dass schon das klassische Recht dem inneren Willen eine entscheidende Rolle beim Zustandekommen von Verträgen zuwies, kann die Tatsache herangezogen werden, dass ein etwaiger Irrtum nicht nur bei den Konsensualverträgen, sondern auch bei den förmlichen Verträgen wie etwa der Stipulation Berücksichtigung fand und ebenso typenübergreifend für die Auslegung auf den erkennbaren Parteiwillen rekurriert wurde.83 Ebenso spricht die Zusammenschau mit weiteren überlieferten Textstellen für ein subjektives Verständnis des klassischen Konsensbegriffes: So findet sich etwa die Überzeugung Iulius Paulus’ (um 160–230), dass für einen Anspruch aus Realvertrag neben der Sachhingabe auch die zugrunde liegende Vereinbarung notwendiger Bestandteil desselben 79 Otto/Schilling/Sintenis, Corpus Juris, D. 2, 14, 1, 3 (S. 336); D. 2, 14, 1, 3 „ut eleganter dicat Pedius nullum esse contractum, nullam obligationem, quae non habeat in se conventionem, sive re sive verbis fiat.“ Vgl. auch die englische Übersetzung dieser Stelle in Mommsen/Krueger/Watson D. 2, 14, 1, 3 (S. 62) „… Pedius neatly says that there is no contract, no obligation which does not consist of agreement, whether it is achieved by the handing over of something or by the use of certain words.“ Vgl. dazu auch Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 238 (§ 38 I 1). 80 So die ganz überwiegende Meinung: Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 8 Fn. 21; Rauch, Consideration, S. 25 um Fn. 14; Wunner, Contractus, S. 221; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 238 (§ 38 I 1); Zimmermann, Obligations, S. 564 f.; Mayer-Maly, FS Seidl, S. 128; ders., Vertrag und Einigung, S. 510 f. m. w. N. 81 Vgl. nur Brandt, Eigentumserwerb, S. 34; Ruland, causa, S. 20; Hägerström, SZ (RA) 1943 (63), 288 ff.; Dulckeit, FS Schulz I, 1951, S. 153 ff. Vgl. m. w. N. Mayer-Maly, Vertrag und Einigung, S. 510 f. (Fn. 9); Nanz, Vetrragsbegriff, S. 8 (Fn. 22); Kaser, RP I, S. 523, Fn. 12 (§ 122 I 2). 82 So Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 238 (§ 38 I 1); Kaser, RP I, S. 229 (§ 56 II 2), S. 230 (§ 57 I), S. 234 f. (§ 58 I), S. 523 (§ 122 I 2) u. S. 525 f. (§ 122 II); ders., RP II, S. 366 (§ 261 II 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 9; Mayer-Maly, FS Seidl, S. 128; Rauch, Consideration, S. 25 um Fn. 14. 83 Nanz, Vertragsbegriff, S. 9; zum klassischen Recht hinsichtlich Auslegung und Irrtum, vgl. nur Kaser, RP I, S. 234 ff. (§ 58) und dort insbes. § 58 I 2 II.

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sei;84 anführen lässt sich auch die jüngere Überzeugung Proculus’ (1. Jahrhundert n. Chr.), dass für die Höhe eines Rückzahlungsanspruches aus einem Darlehensvertrag nicht der ausgezahlte Betrag, sondern die vereinbarte Rückzahlungssumme maßgeblich sei.85 All dies spricht dafür, den unbestritten zur Begründung einer Verpflichtung stets erforderlichen Konsens der Parteien bereits in der Klassik als innere Willensübereinstimmung der Parteien zu begreifen. Als allgemein anerkannt aber kann zumindest gelten, dass – der Eigenart entwickelter Rechtsordnungen zur Subjektivierung rechtlicher Verhältnisse folgend86 – zumindest das nachklassische Recht den für eine schuldrechtliche Verpflichtung stets erforderlichen Konsens der Parteien als ein subjektives Moment, als Willenseinigung im Sinne des heutigen Vertragsverständnisses verstand; spätestens diese Epoche hat mithin den Akzent ganz auf das Willensmoment gelegt, begriff den so verstandenen Konsens als einen unverzichtbaren Bestandteil jeder Verpflichtung.87 Und diese Feststellung greift sowohl für die Gruppe der contracta als auch für jene der pacta: In den Instititutionen findet sich eine ‚oberste Einteilung‘ in solche durch Vertag (obligationes ex contractu) und solche durch Delikt (obligationes ex delicto) entstehenden Schuldverhältnisse, für die wiederum Gaius verantworlich zeichnet.88 Als Oberbegriff der vertraglichen 84 D. 44, 7, 3, 1 „non satis autem est dantis esse nummos et fieri accepientis, ut obligatio nascatur, sed etiam hoc animo dari et accipi, ut obligation constituatur“. Vgl. die englische Übersetzung dieser Stelle von Mommsen/Krueger/Watson D. 44, 7, 3, 1 (S. 641) „Moreover, it is not enough for an obligation to be created that money belongs to the giver and becomes the property of the receiver, but also that it be given and accepted with the intent that an obligation be constituted.“ 85 D. 12, 1, 11, 1 „Si tibi dedero decem sic, ut novem debeas, Proculus ait, et recte, non amplius te ipso iure debere quam novem“. Vgl. die Übersetzung von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Band 3, S. 55: „Wenn ich dir zehn mit der Maßgabe gebe, daß du neun schulden sollst, schuldest du, wie Proculus sagt, und zwar zu Recht, schon nach Zivilrecht nicht mehr als neun.“ 86 Dazu Hübner, Subjektivismus, S. 715 ff. 87 Kaser, RP I, S. 366 (§ 261 II 1 b); Nanz, Vertragsbegriff, S. 9; Mayer-Maly, Vertag und Einigung, S. 510 f.; Bähr, Anerkennung, S. 127 u. 15; Hübner, Subjektivismus, S. 721; Knütel, Stipulatio, S. 202; Zimmermann, Obligations, S. 565; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 398. Vgl. auch Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 546 und Mayer-Maly, FS Seidl, S. 120: „Der Konsens wurde schon immer – und das seit Pedius D. 2, 14, 1, 3 – als eine Grundlage aller Verträge anerkannt.“ 88 Gaius III, 88: „omnis enim obligatio vel ex contractu nascitur vel ex delicto.“ Vgl. auch I. 3, 13, 2: „Sequens divisio in quattuor species diducitur: aut enim ex contractu sunt aut quasi ex contractu aut ex maleficio aut quasi ex maleficio.“ Vgl. die Übersetzung in Otto/Schilling/Sintenis, Band 1, S. 129: „Die zweite Eintheilung zerfällt in vier Gattungen; [denn die Verbindlichkeiten] entspringen entweder aus einem Contract, oder gleichsam aus einem Contract, aus einem Verbrechen, oder gleichsam aus einem Verbrechen.“ Vgl. auch Kaser, RP I, S. 522 (§ 122 I 1); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 237 (§ 38 I 1).

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Schuldverhältnisse wird dort zwar nur der Begriff des contractus89 benutzt. Dass aber auch das pactum den oben beleuchteten Konsens im Sinne einer Willenseinigung der Parteien voraussetzt, entspricht allgemeiner Meinung90 und findet sich klar ausgedrückt bei Ulpian (170–228), der das pactum als die „Einstimmung Zweier oder Mehrerer zu einem und demselben Beschluss“ definiert.91 Grundmerkmal sowohl von contractus als auch vom pactum war demnach ein Konsens der Parteien im subjektiv verstandenen Sinne. Insoweit wurde bereits im römischen Recht ein maßgeblicher allgemeiner Bestandteil des heutigen modernen Vertragsbegriffes ausgebildet: das unabdingbare Erfordernis der Willenseinigung.92 Zusammenfassend konnte ein Verpflichtungsgeschäft nicht ohne den Konsens der Parteien in Form einer Willensübereinstimmung zur Entstehung gelangen. Das römische Vertragsrecht dringt jedoch nicht zu einem allgemeinen Vertragsbegriff durch, lässt die Willenseinigung nicht für die Begründung einer Verpflichtung genügen, sondern hält einzelne Typen von klagbaren Verträgen bereit – und kommt so zu dem ihn charakterisierenden Grundsatz von klagbaren contractibus und klaglosen pacta. Die einzelnen zur Verfügung gestellten Vertragstypen werden dabei durch die über den Konsens hinausgehenden und zu bedienenden Merkmale gekennzeichnet:93 Bei der Stipulation ist das die Einhaltung eines genau festgelegten Wortwechsels, bei dem Realvertrag die Hingabe der geschuldeten Sache und für den Litteralkontrakt macht erst der schriftliche Eintrag in das Hausbuch die 89 Freilich umfasst der juristische Begriff ‚contractus‘ in seinem ursprünglichen Sinne nicht nur die durch Konsens erzeugte Verpflichtung, sondern überhaupt jedes haftungsbegründende Verhalten – ‚contrahere‘ bedeutet wortgeschichtlich insoweit das „sich Zuziehen einer Haftung“. Erst in der klassischen Zeit gelangt man dazu, in das Substantiv ‚contractus‘ das Element der vertraglichen Einigung hineinzulegen. Vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 237 (§ 38 I 1); Kaser, RP I, S. 523 (§ 122 I 2); Nanz, Vertragsbegriff, S. 7 f. 90 Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 240 (§ 23 III); Nanz, Vertragsbegriff, S. 10. 91 Otto/Schilling/Sintenis, D. 2, 14, 1, 2 (S. 335). Die englische Übersetzung dieser Stelle von Mommsen/Krueger/Watson D. 2, 14, 1, 2 (S. 62) definiert: „agreement or consent of two or more persons about the same thing“. 92 Freilich haben sich die römischen Juristen – entsprechend ihrem gegenüber Abstraktionen zurückhaltenden Denken – mit dem Hergang des Vertragsschlusses nicht näher befasst, haben den Konsens selbst nicht zum Gegenstand eigener juristischer Untersuchungen gemacht oder gar daraus eine allgemeine Vertrags- oder Rechtsgeschäftslehre entwickelt. Sie sehen den Vertrag noch als eine Einheit, ohne ihn in einzelne Willenserklärungen aufzulösen; eine nähere Analyse des Konsenses haben erst die naturrechtlichen Juristen vorgenommen; vgl. Kaser, RP I, S. 226 (§ 56 I 1), S. 229 (§ 226 II 1), S. 235 (§ 58 I 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 10. 93 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 11; Kaser RP I, S. 522 ff. (§ 122 II); Halfmann, cause, S. 48; Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 188: „Das römische Recht kennt keinen freien Konsens.“

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Verpflichtung perfekt. Auf den ersten Blick vermag jedoch die letzte Möglichkeit des oben beleuchteten vierteiligen Kontraktschemas, die Verpflichtungsbegründung durch consensus, dem Grundmerkmal des Konsenses nichts hinzuzusetzen. Bei genauerer Betrachtung aber lässt sich auch hier ein zusätzlich zum Konsens zu erfüllendes Merkmal ausmachen: Ein Konsensualkontrakt ist nach römischem Recht nur dann auch eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung, wenn er zu einem der oben bezeichneten anerkannten Geschäftszwecke geschlossen wurde. Der „nackte Konsens“ konnte mithin keine Verbindlichkeit erzeugen, so dass auch dieser Vertragstypus durch ein zusätzliches Merkmal, nämlich die Verfolgung eines anerkannten Zwecks, über das Grundmerkmal der Willenseinigung hinaus konkretisiert ist.94 Schließlich lassen sich auch die klagbaren Verpflichtungen außerhalb des vierteiligen Kontraktschemas in diese Systematik einfügen: Der Innominatkontrakt wird perfekt erst durch die neben den Konsens tretende tasächliche Leistung, die Schenkung lässt sich als ein weiterer anerkannter Zweck zum Abschluss eines Konsensualkontraktes begreifen, wonach neben dem Konsens die Verfolgung eines Schenkungszwecks erforderlich ist, um den Vertrag zu seiner rechtlichen Bedeutsamkeit zu erheben.95 c) Die causa der römischen Vertragstypen „Willensübereinstimmung plus X“ könnte man die Voraussetzungen für einen nach römischem Recht klagbaren Vertrag neumodisch-plakativ zusammenfassen. Wurden diese zwei Voraussetzungen nicht erfüllt, entstand keine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung. Folge dieses schuldrechtlichen Typenzwanges war, dass sich klagbare und klaglose Vereinbarungen gegenüberstanden. Sollten im Ursprung die Bezeichnungen contractus und pacta Ausdruck dieses Gegensatzes sein, bürgerte sich mit der Klagbarmachung bestimmter pacta für den Restbestand klagloser Vereinbarungen bereits in der Klassik der Terminus pacta nuda ein – ex nudo pacto actio non oritur.96 Wie aber unterscheiden sich die klagbaren contractus und 94

Vgl. Halfmann, cause, S. 56 f.; Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 188; Betti, Typenzwang, S. 256–258, 264, insbes. 257: „Die Privatautonomie muss bei ihren rechtsgeschäftlichen Betätigungen den verbindlich festgesetzten Typen genau entsprechen, die entweder durch die Erklärungs- und Handlungsform (bei den Formalgeschäften) oder durch den Verkehrszweck (bei den Kausalgeschäften) charakterisiert wird.“ 95 Zum Umfang der causa donandi im klassischen Recht vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch, S. 298 (§ 47 I 1). 96 Vgl. D. 2, 14, 7, 4: „Sed cum nulla subest causa, propter conventionem hic constat non posse constitui obligationem: igitur nuda pactio obligationem non parit …“ Übersetzt von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Band 2, S. 227: „Wenn aber keine zweckbestimmte Leistung vorliegt, steht fest, daß durch ein bloßes Überein-

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pacta von den klaglosen pacta nuda? Lässt sich im römischen Recht eine systematische Ordnung, ein systematischer Oberbegriff aller klagbaren Verträge, vielleicht so etwas wie eine causa finden? In den Quellen lassen sich vereinzelt solcherlei Bezugnahmen auf eine causa der Verträge aufzeigen.97 Sicherlich aber machten sich die römischen Juristen, frei von jedem tieferen Ordnungsstreben und von Systematisierungsversuchen, keine Gedanken über einen solch inneren Zusammenhang aller klagbarer Obligationen, die Suche in ihren Reihen nach einer solchen an der causa des Vertrages ausgerichteten Ordnung erscheint daher wenig sinnvoll.98 Auf solcherlei Systematisierung des römischen Rechtsstoffes bedacht waren aber die Glossatoren des 11. und 12. Jahrhundert, die im Zuge der Rezeption des römischen Rechts – die an späterer Stelle noch genauer darzustellen sein wird99 – das römische Vertragsrecht weiterbauten. Sie suchten nach einer systematischen Ordnung von klagbaren und klaglosen Verträgen und nahmen dabei die Bezugnahmen des Corpus Iuris auf die causa der Verträge zum Anlass, eine ebenso benannte Lehre zu entwickeln.100 Dieser Systematisierungsversuch des römischen Vertragsrechts durch die mittelalterlichen Juristen soll nachfolgend, gleichsam vorgreifend, Belichtung erfahren. Auch die mittelalterlichen Juristen der Bologneser Schule entnahmen dem Corpus Iuris – in Übereinstimmung mit der soeben gefundenen Erkenntnis –, dass alle obligatorischen römisch-rechtlichen Verträge im Grundsatz einen Konsens im Sinne einer Willenseinigung der Parteien zur Voraussetzung haben.101 Zur Abgrenzung der klagbaren von den klaglosen Verträgen entwickelten sie eine so genannte Vestiturtheorie, wonach für einen klagbaren obligatorischen Vertrag zu dem bloßen consensus ein zusätzkommen ein Schuldverhältnis nicht begründet werden kann. Eine bloße formlose Abrede bringt also kein Schuldverhältnis hervor …“ Vgl. dazu nur Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 240 (§ 38 III 1). 97 D. 2, 14, 7, 4 in Zusammenhang mit den Innominatkontrakten, D. 44, 4, 2, 3; 22, 3, 25, 4 und C. 4, 30, 13 in Zusammenhang mit der Stipulation, vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 214 f. 98 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 214, 216; ders., causa, S. 73 ff.; Ruland, Causa, S. 23; Luig, Causa, S. 217; Halfmann, cause, S. 47 f.; Creutzig, Schuldversprechen, S. 82; Chevrier, cause, S. 3 und auch instruktiv Berger, Dictionary, S. 383: „In the domain of the law of contracts, i. e. in bilateral transactions, the Romans did not elaborate a special doctrine of causa. There are mentions of causa with regard to some specific contracts, but a general theory can hardly be drawn out.“ Vgl. auch Kaser, RP I, S. 5 (§ 2 III 3). 99 Vgl. unten Teil 1, B, I. 100 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 31 u. 34; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 48; Mayer-Maly, Vertrag und Einigung, S. 511; Luig, Causa, S. 217. 101 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 216.

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liches Merkmal, ein so genanntes vestimentum hinzutreten muss.102 Folglich stellten die Glossatoren den klaglosen pacta nuda (den „nackten Verträgen“) begrifflich die klagbaren pacta vestita (die „bekleideten Verträge“) gegenüber.103 Diese für die Klagbarkeit eines Vertrages erforderliche Bekleidung des nackten consensus erkannten die Glossatoren in eben den oben herausgearbeiteten zusätzlich über den Konsens hinaus zu erfüllenden Merkmalen:104 Als vestimentum der Realverträge und der Innominatkontrakte war mithin die tatsächliche Leistung der einen Vertragspartei, als vestimentum der Stipulation und der Litteralobligation die Einhaltung der vorgegebenen Formen anerkannt.105 Unglücklicherweise konnte die Bologneser Schule die Konsensualverträge nicht recht in das Schema der pacta vestita einfügen. Man erkannte nicht den zu verfolgenden Zweck als das den Konsensualvertrag einkleidende Merkmal an, sondern begriff den consensus als das vestimentum, in dem Wissen, dass doch gerade der consensus das unverzichtbare Element eines jeden Vertrages war und eines zusätzlichen einkleidenden Merkmals bedurfte, um klagbar zu sein.106 Anlass zu Erörterungen über die causa gab den Glossatoren endlich das Ulpianfragment D. 2, 14, 7, 2: „Auch wenn aber das Geschäft in keinen anderen Contract übergeht,107 wohl aber die wesentlichen Merkmale davon vorliegen, sei, hat Aristo dem Celsus ganz consequent geantwortet, eine Verbindlichkeit da, z. B. ich habe dir eine Sache gegeben, damit du mir eine andere gebest; ich habe dir etwas gegeben, damit du etwas thuest, so sei dies ein Synallagma (Contract) und daraus entsteht eine bürgerliche Verbindlichkeit.“108 Der gleiche Gedanke wird aufgegriffen in D. 2, 14, 7, 4: „Fehlt es aber am Wesen eines Contracts, so ist es gewiss, dass in diesem 102 Diese Lehre wurde das gesamte Mittelalter hindurch beibehalten und als das sich unmittelbar aus den Quellen ergebende System des Vertragsrechts begriffen, Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 217, 219; Nanz, Vertragsbegriff, S. 31 ff., Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 277; Ruland, Causa, S. 25. 103 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 217; Nanz, Vertragsbegriff, S. 34; Wesenberg/ Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 48. 104 Vgl. die Entwicklung von Placentius über Azo bis Accursius, bei dem schließlich alle Typen klagbarer contractus und pacta vereinigt wurden, Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 217; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 276 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 33. 105 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 217; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 277. 106 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 218. 107 Soll heißen: „Aber auch wenn ein Geschäft nicht unter einen besonderen Vertragsbegriff fällt.“ Die besonderen Vertragsbegriffe sind zuvor in D. 2, 14, 7, 1 aufgeführt. Vgl. dazu die neuere Übersetzung von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Band 2, D. 2, 14, 7, 2 (S. 226). 108 Otto/Schilling/Sintenis, Band 1, D. 2, 14, 7, 2 (S. 338); D. 2, 14, 7, 2 „sed et si in alium contractum res non transeat, subsit tamen causa, eleganter aristo celso respondit esse obligationem. Uputa dedi tibi rem ut mihi aliam dares, dedi ut ali-

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Falle aus der Uebereinkunft allein keine Verbindlichkeit erwachse. Ein bloßer Vertrag bringt also keine Verbindlichkeit, nur eine Einrede hervor.“109 Die Glossatoren verstanden unter dem „wesentlichen Merkmal“ bzw. unter dem „Wesen eines Contracts“, also unter causa im Sinne der zwei lateinischen Textstellen, das vestimentum der Innominatkontrakte, nämlich die Vorleistung (datio vel factum) des einen Vertragsteils.110 Die mittelalterlichen Juristen suchten den Begriff der causa demnach inhaltlich zu bestimmen, meinten ihn ausfüllen zu können mit dem jeweiligen vestimentum der klagbaren Verträge.111 Der vereinzelt unternommene Versuch der Ausweitung dieser Auslegung durch Vertreter der frühzeitlichen Glossatorenschule auch auf die übrigen pacta vestita, über die Innominatkontrakte hinaus, auf die sich die betrachteten Textstellen unmittelbar bezogen, scheiterte jedoch und blieb auf diese beschränkt.112 Schließlich wurden die angeführten Fragmente und deren inhaltliche Auslegung sogar als gänzlich ungeeignet für quid facias: hoc Synallagma esse et hinc nasci ciuilem obligationem.“ Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 219; ders., causa, S. 87 f. 109 Otto/Schilling/Sintenis, Band 1, D. 2, 14, 7, 4 (S. 338); D. 2, 14, 7, 4 „sed cum nulla subset causa propter conventionem hic constat non posse constitui obligationem: igitur nuda pactio obligationem non parit, sed parit exeptionem.“ 110 Das kommt in der Accurischen Glosse zur causa klar zum Ausdruck: Gl. Causa zu D. 2, 14, 7, 2 „id est datio vel factum, quod vestiet pactionem“, Gl. Causa zu D. 2, 14, 7, 4 „id est datio vel factum, ex quo vestitatur contractus innominatus do ut des …“. Abgedruckt bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 220. Vgl. so auch Zimmermann, Obligations, S. 550; Nanz, Vertragsbegriff, S. 34; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 271; Ruland, Causa, S. 26; Mayer-Maly, Konsens, S. 103. 111 In diesem übergreifenden allgemeinen Sinne auch Mayer-Maly, Pactum, S. 213, 215; Ruland, Causa, S. 30; Halfmann, cause, S. 58; Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 163; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 9; Luig, Causa, S. 217, nach dem die „causa einer vertraglichen Obligation bei den Legisten …, jeweils dasjenige Vertragselement [war], in dessen Gewand (Vestimentum) die Willenseinigung (convetio) einem der anerkannten Kontraktstypen entspricht und somit verbindlich und klagbar wird“. Vgl. auch Kaser, RP I, S. 483 (§ 114 I 1), wenn er behauptet: „Jede obligatio hat ihre besondere actio, deren Formel die Voraussetzung der Verurteilung und damit auch die materiellrechtlichen Tatbestandselemente wiedergibt. Unter diesen Elementen ragt die causa hervor, der Verpflichtungsgrund (wie Kauf, Stipuatio …), der der Obligation ebenso wie der actio den Namen zu geben pflegt.“ 112 Zu solchen Versuchen der Glossatoren Martinus und Azo, die diese Textstellen mit der Stipulation zu verknüpfen suchten, was aber schließlich die Accursische Glosse ablehnte – Gl. causa zu D. 2, 14, 7, 4: „id est datio vel factum, ex quo vestiatur contractus innominatus do ut des. Nam de his dicit adhuc: ut patet ex coniunctione §§ istorum. Et ideo gl. M(artini), qui dicit etiam si stipulatio intercessit non tenere, reprobatur per legem C. de rerum permu. l. ex placito (C 4, 64, 3). Sed Azo hunc § aliter intelligebat: ut puta, quia credebat quis se mihi teneri, cum non teneretur, et promisit ex ea falsa causa, quae non suberat: quo casu non valet promissio: ut infra de exep. do. l. ij, § circa (D 44, 4, 2, 3), unde sua gl. bona esset: sed primus intellectus verior est“ – vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 220 ff. und ders., causa, S. 89 ff. (Text der Glosse entnommen ebenda).

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die Entwicklung einer besonderen causa-Lehre im Vertragsrecht befunden. Für die heute prominente mittelalterliche causa-Theorie im Vertragsrecht spielten diese Textstellen deshalb keine Rolle, sie wurden sogar ganz bewusst außer Acht gelassen.113 Von dieser prominenten causa-Lehre wird aber erst an anderer Stelle näher zu berichten sein.114 d) Zusammenfassende Betrachtung Nach römischem Recht liegt jeder durchsetzbaren Verpflichtung ein Konsens der Parteien im Sinne einer Willensübereinstimung zugrunde. Der Konsens alleine jedoch konnte eine solche Verpflichtung nicht hervorbringen (ex nudo pacto actio non oritur). Das römisch-rechtliche Typensystem zeichnet sich gerade durch die über den Konsens hinausgehenden zu erfüllenden Merkmale aus, die sich anhand der hier beleuchteten Vertragstypen zusammenfassend als die Einhaltung einer vorgegebenen Form,115 als die tatsächliche Übergabe des Leistungsgegenstandes116 oder aber als die Verfolgung eines anerkannten Vertragszwecks117 darstellen lassen. Die mittelalterlichen Juristen brachten den sich hieraus ergebenden systemimmanenten Gegensatz von klagbaren und klaglosen Verträgen anschaulich mit den Begriffen pacta vestita und pacta nuda zum Ausdruck. Die inhaltlich so verstandenen jeweils über die Willenseinigung der Parteien hinaus erforderlichen Merkmale der pacta vestita können schließlich mit den Glossatoren der Frühzeit als die causa des jeweils klagbaren römisch-rechtlichen Schuldvertrages begriffen werden. 2. Verfügungsgeschäfte Im Gegensatz zur heutigen deutschen Rechtslage wurden die römischen Verfügungsgeschäfte im Allgemeinen, zumindest terminologisch, weder unter dem – dem römischen Juristen noch unbekannten – Begriff des dinglichen Vertrages noch unter den Begriff des contractus oder pactum gefasst.118 Auf den ersten Blick erscheint die systematische Einordnung dieses Abschnitts unter das Kapitel des römischen Vertragsdenkens daher nicht op113 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 220 f. und 228, ders., causa, S. 90. Vgl. auch die Differenzierung bei Zimmermann, Obligations, S. 549 ff. 114 Vgl. unten Teil 1, B, I. 115 So bei der Stipulation und den Litteralobligationen. 116 So bei den Realkontrakten und den Innominatkontrakten. 117 So bei den Konsensualkontrakten. 118 Savigny, System Band III, S. 317; Kaser RP I, 227 (§ 56 I 1); Honsell, Römisches Recht, S. 54 (§ 19 II); Nanz, Vertragsbegriff, S. 1 u. 4; Lange, Eigentumstradition, S. 2 f. u. 21 ff.; Schlossmann, Der Vertrag, S. 94 f. u. 99 f.; Erhardt, Causa

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portun. Vom dogmatischen Standpunkt aus betrachtet, ist eine solche Einordnung jedoch dann unproblematisch, wenn die römisch-rechtlichen Verfügungsgeschäfte unabhängig von der begrifflichen Ebene eine Struktur aufweisen, die wir zumindest nach modernem Verständnis als (dinglichen) Vertrag zu bezeichnen pflegen.119 Wie sogleich erkennbar wird, weist gerade der hier ausschließlich zu untersuchende Ausschnitt aus den römischen Verfügungsgeschäften eine ebensolche Struktur auf, kann daher für die hier aufgeworfene Frage nach dem römischen Vertragsverständnis einen Erkenntnisgewinn liefern. Die klassische Jurisprudenz verstand unter Eigentum (dominium, proprietas) die unbegrenzte und ausschließliche Rechtsherrschaft über eine Sache;120 ansatzweise beginnen sich aber bereits im klassischen Recht nachbarrechtliche und öffentlichrechtliche Beschränkungen herauszubilden.121 Sachen wurden für den Rechtsverkehr nicht in Immobilien und Mobilien, sondern in res mancipi (italische Grundstücke, Sklaven und Großvieh) und res nec mancipi (alle andere Sachen) eingeteilt.122 Kennzeichnend für das römische Eigentum sind zudem seine unterschiedlichen Erscheinungsformen: Als Eigentum im eigentlichen Sinne gilt nur das nach ius civile, welches lediglich an italischen Grundstücken und beweglichen Sachen möglich, zudem den römischen Bürgern vorbehalten war (quiritisches Eigentum). Daneben kennt das römische Recht auch Eigentum nach prätorischem Recht, das erst durch den vom Prätor geschaffenen Schutz im Prozess zu einer dem quiritischen Eigentum vergleichbar starken Rechtsposition wurde (bonitarisches Eigentum).123 Hingegen ganz im modernen Sinne findet sich bereits die Unterscheidung von derivativem und originärem Eigentumserwerb.124 Das klassische Recht kannte dabei hauptsächlich drei Arten des derivativen Eigentumserwerbes: die zwei Formalgeschäfte mancipatio125 Traditionis, S. 2 u. 156 f.; Wesel, SZ 85 (1968), 100 f.; Lange, SZ 53 (1932), 536 ff.; ders., Eigentumstradition, S. 21. 119 So auch Lange, Eigentumstradition, S. 21. 120 Kaser, RP I, S. 400 f. (§ 97 I 1); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 137 (§ 22 I); Honsell, Römisches Recht, S. 51 (§ 17 I); Liebs, Römisches Recht, S. 149. 121 Vgl. die Nachweise bei Liebs, Römisches Recht, S. 155–162; Honsell, Römisches Recht, S. 51 f. (§ 17 I); Kaser, RP I, S. 404 ff. (§ 98). 122 Kaser, RP I, S. 122 f. (§ 31 III 1, 2); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 120 (§ 18 I 3 a); Honsell, Römisches Recht, S. 45 (§ 14 I). 123 Der Schutz bestand dabei in der Zulassung einer Einrede gegen den Herausverlangenden quirtischen Eigentümer, vgl. dazu Kaser, RP I, S. 402 ff. (§ 97 II); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 139 (§ 22 II 2); Honsell, Römisches Recht, S. 52 f. (§ 18). 124 Vgl. nur Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 148 (§ 24 I 1). 125 Die Wirksamkeitsvoraussetzungen dieses Libralaktes gleichen einem Ritual: Der Erwerber ergreift den Erwerbsgegenstand und spricht vor mindestens fünf Zeu-

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und in iure cessio126 sind hier von nur untergeordnetem Interesse und wurden später von Justinian aus den klassischen Quellen beseitigt,127 so dass spätestens zu seiner Zeit lediglich durch das formfreie Verfügungsgeschäft der traditio ex iusta causa Eigentum verschafft werden konnte.128 Nur diese letzte Verfügungsmöglichkeit der traditio soll uns hier im Folgenden näher beschäftigen. „Gewöhnliche Sachen gelangen durch die Übergabe selbst zu vollem Recht ins Eigentum des andern, sofern es nur körperliche Sachen sind, die übergeben werden können. Wenn ich dir also ein Kleidungsstück oder eine Stück Gold oder Silber übergebe, sei es auf Grund eines Verkaufs oder einer Schenkung oder aus einem anderen Grund, wird die Sache sofort deine eigene, sofern ich ihr Eigentümer gewesen bin.“129 In diesem Fragment aus den Institutionen des Gaius finden sich die drei Voraussetzungen der römischen traditio eingefangen: Zu einer wirksamen Verfügung waren die Übergabe und das Eigentum des Veräußerers an dem übergebenen Gegenstand erforderlich, darüber hinaus aber musste sie auch aufgrund eines bestimmten Grundes, ex iusta causa vorgenommen worden sein.130 Freilich nimmt die Textstelle lediglich Bezug auf die Übereignung von „gewöhnlichen Sachen“ (res nec mancipi), an denen mittels traditio das quiritische Eigentum gen eine bestimmte Formel, danach übergibt er dem Veräußerer eine symbolische Kupfermünze, nachdem er die bereitgestellte kupferne Waage damit berührt hat. Vgl. Kaser, RP I, S. 413 ff. (§ 100 II), S. 43 ff. (§ 9 II), S. 131 (§ 33 I); Liebs, Römisches Recht, S. 169 ff. 126 Bei dieser „Abtretung vor Gericht“ müssen Erwerber und Veräußerer mit dem Gegenstand vor dem Prätor erscheinen, der Erwerber mittels bestimmter Formel sein Eigentum behaupten, der Veräußerer eine bestreitende Gegenbehauptung unterlassen und der Prätor daraufhin dem Erwerber das Eigentum zusprechen, vgl. Kaser, RP I, S. 415 (§ 100 III), S. 48 f. (§ 10), S. 134 (§ 33 II); Liebs, Römisches Recht, S. 172 f. 127 Kaser, RP I, S. 413 Fn. 6 (§ 100 I 3), S. 415 (§ 100 II 1); RP II, S. 274 (§ 242 I 1); Liebs, Römisches Recht, S. 173; Vliet, ERPL 03, 345; Lange, Eigentumstradition, S. 16. 128 Vgl. Kaser, RP I, S. 413 (§ 100 I 3); Honsell, Römisches Recht, S. 53 (§ 19). 129 Übersetzung aus Liebs, Römisches Recht, S. 163; Gaius, Institutiones II, §§ 19 u. 20: „Tit.: De singularum rerum adquisitione et alienatione: Res nec mancipi ipsa traditione pleno iure alterius fiunt, si modo corporales sunt et ob id recipiunt traditionem, Itaque si tibi vestem vel aurum vel argentum tradidero sive ex venditionis causa sive ex donationis sive quavis alia ex causa, statim tua fit ea res, si modo ego eius dominus sim.“ 130 Vgl. auch Paulus in D. 41, 1, 31: „Numquam nuda tradition transfert dominum, sed ita, si venditio aut aliqua iusta causa praecesserit, propter quam traditio sequeretur.“ Vgl. die Übersetzung von Mommsen/Krueger/Watson, D. 41, 1, 31: „Traditio alone will never pass ownership; it will, however, if a sale or anther sufficient ground has preceded on the basis of which traditio has followed.“ Liebs, Römisches Recht, S. 163; Kaser, RP I, S. 416 (§ 100 IV, 1); Vliet, ERPL 03, 343.

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übertragen werden konnte; bereits in der Klassik aber wurde sie auch für die Übertragung von res mancipi angewandt, woran in dieser Weise jedoch nur das bonitarische Eigentum zu verschaffen möglich war.131 Alle drei Erfordernisse konnten im Einzelfall problematisch sein – die Probleme rund um die Übergabe132 und das Eigentumserfordernis des Veräußerers133 erscheinen dem heutigen deutschen Juristen als bekannte Materie –, besondere Betrachtung verdient in unserem Zusammenhang nur das Erfordernis der causa, welches im Folgenden nunmehr detailliert zu betrachten ist. Drei Problemkreise sollen dazu auseinander gehalten werden: Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob nach römischem Recht ein einseitiges Setzen der causa ausreichte oder ob die traditio eine Einigung beider Parteien über den Rechtsgrund zur Voraussetzung hatte [vgl. a)]. Sodann soll materiell der Inhalt dieses causa-Erfordernisses beleuchtet werden [vgl. b)], um erst im Anschluss daran auf die mit diesem Tatbestandsmerkmal zusammenhängende und viel diskutierte Frage einzugehen, ob die römische traditio als kausales oder aber als abstraktes Geschäft ausgestaltet war [vgl. c)]. a) Die Rechtsnatur der iusta causa traditionis Im Zusammenhang mit dem Erfordernis der causa der traditio berühmt geworden ist eine seit der Zeit der Glossatoren diskutierte Kontroverse zwischen Julian und Ulpian, die sich in den Digesten wiederfindet.134 Auch 131 Res manicipi konnten ursprünglich nur durch die förmlichen und mit Publizität ausgestatteten Akte der mancipatio oder in iure cession veräußert warden, vgl. Kaser, RP I, S. 123 (§ 31 III 2). Vgl. zur Anwendung der traditio auf die res manicipi Kaser, RP I, S. 416 (§ 100 IV, 1); Honsell, Römisches Recht, S. 53; Vliet, ERPL 03, S. 344. 132 Das römische Recht hatte u. a. bereits die Übergabe kurzer Hand des § 929 S. 2 BGB (brevi manu traditio) und in Ansätzen auch die Möglichkeiten der §§ 930, 931 BGB bereits ausgebildet; vgl. insbes. Liebs, Römisches Recht, S. 164 f. 133 Die Möglichkeit des gutgläubigen Eigentumserwerbes vom Nichtberechtigten ist dem römischen Recht jedoch unbekannt. Dem Bedürfnis nach Verkehrssicherheit wurde dadurch genügt, dass der redliche Besitzer in verhältnismäßig kurzer Frist durch das Institut der Ersitzung Eigentümer werden konnte, vgl. Kaser, RP I, S. 413 (§ 100 I 2), Liebs, Römisches Recht, S. 174 ff. Die modernen Regelungen, die den sofortigen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten kennen, folgen einem Kompromiss zwischen römischem und deutschem Recht, vgl. Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 149 (§ 24 I 3). 134 Vgl. dazu etwa, unter vielen anderen, Vliet, ERPL 03, S. 343 ff.; Lange, Eigentumstradition, S. 63 ff.; Erhardt, Causa Traditionis, S. 136 ff.; Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 4 ff.; Schulz, SZ 52 (1932, S. 549 ff.; Liebs, Römisches Recht, S. 166 ff.; Kaser, RP I, S. 417; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 152 (§ 24 IV 2); Jahr, AcP 168 (1969), 14–20; ders., SZ (RA) 1963 (80), S. 141 ff.; Pflüger, Eigentum, S. 18–22; ders., FS Zitelmann, S. 43 ff.; ders., Digestenstellen, S. 43 ff.; Schönbauer, KritVJS 1932 (61), S. 136 ff.; Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 1 ff.

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ohne in die teils mit großer Polemik135 geführte Diskussion um die Bedeutung dieser Kontroverse und der sich rätselhaft widersprechenden Aussagen einsteigen zu müssen, können die Textstellen für unsere Zwecke einen Erkenntnisgewinn bringen und sollen deshalb hier kurz wiedergegeben werden – „mir will scheinen, daß der uralte Streit über die ‚berühmte Antinomie‘ endlich begraben werden könnte“136, er soll hier nicht wieder ausgegraben werden. D. 41, 1, 36 (Julian): „Wenn wir zwar über den Gegenstand, der übergeben wird, einig sind, über den Rechtsgrund davon jedoch uneins, dann sehe ich nicht ein, warum die Übergabe unwirksam sein soll … Denn wenn ich dir eine bestimmte Geldsumme übergebe, um sie dir zu schenken, und du sie als Darlehen annimmst, dann geht jedenfalls das Eigentum auf dich über; und das wird nicht dadurch gehindert, daß wir über den Grund des Gebens und des Nehmens keine Einigung erzielt haben.“137 D. 12, 1, 18 (Ulpian): „Wenn ich dir Geld gegeben habe, um es dir zu schenken, und du es als Darlehen angenommen hast, ist, wie Julian schreibt, keine Schenkung zustande gekommen. Ob aber ein Darlehen vorliegt, ist zu prüfen. Und ich meine, es liege auch kein Darlehen vor und das Geld sei eher nicht in das Eigentum des Empfängers gelangt, da er es in anderem Glauben angenommen hat.“138 135 Vgl. nur beispielhaft Hupka, SZ SZ (RA), 1932 (52), S. 30 in Bezug auf die von zuvor angeführten Autoren vorgenommenen Umbauten dieser Fragmente: „Die in neuester Zeit betriebene Massenabschlachtung von Digestenstellen hat mit wirklicher Philologie ebenso wenig zu tun wie mit wirklicher Jurisprudenz. Wenn die romanistische Wissenschaft … weiterhin leichtfertigste Um- und Neubauten an Stelle der überlieferten Texte ihren Untersuchungen zugrunde legt, dann ist es wirklich ‚am besten, das Corpus Iuris samt dem Gaius und allen andern über Bord zu werfen‘ (Lenel).“ 136 So Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 30. Dazu Schulz, SZ 52 (1932), S. 546 der Hupka in dieser Äußerung zustimmt, jedoch – als Schlusssatz seines Beitrages – anfügt: „… nur schade, daß er selbst nicht dieser Erkenntnis entsprechend gehandelt hat.“ 137 D. 41, 1, 36 „Cum in corpus quidem quod traditur consentiamus, in causis vero dissentiamus, non animadverto, cur inefficax sit traditio, [veluit sie ego credam me ex testamento tibi obligatum esse, ut fundum tradam, tu existimes ex stipulatu tibi eum deberi.] Nam et si ego pecuniam numeratam tibi tradam donandi gratia, tu eam quasi creditam accipias, constat proprietatem ad te transire nec impedimento esse, quod circa causam dandi atque accipiendi dissenserimus.“ Übersetzung im Text wurde entnommen aus Liebs, Römisches Recht, S. 167. Mit diesen Stellen werden zumeist noch D. 41, 1, 31 und I. 2, 1, 40 in Verbindung gebracht, vgl. Fuchs, causa traditionis, S. 14 f. 138 D. 12, 1, 18 „Si ego pecuniam tibi quasi donaturus, tu quasi mutuam accipias, Julianus scribit donationem non esse: sed an mutua sit, videndum. Et puto nec mutuam esse magisque nummos accipientis non fieri, cum alia opinione acceperit …“ Übersetzung im Text wurde entnommen aus Liebs, Römisches Recht,

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Nimmt man diese Fragmente beim Worte, so stellt sich ein Widerspruch auf sachenrechtlicher Ebene ein: Bei Ulpian hindert der Dissens über den Rechtsgrund die Eigentumsübertragung, was durch die Worte zum Ausdruck kommt, dass der Empfänger das Eigentum „in anderem Glauben“139 oder „in einer anderen Meinung“140 angenommen hat. Julian hingegen wollte es zu diesem Ergebnis nicht kommen lassen und stellte fest, dass ein Dissens über den Rechtsgrund – „daß wir über den Grund des Gebens und Nehmens keine Einigung erzielt haben“ – den Eigentumsübergang nicht hindere.141 Zu der Rechtslage auf schuldrechtlicher Ebene nimmt hingegen nur Ulpian Stellung.142 Der aber wiederum weiß in der wiedergegebenen Textstelle zu berichten, dass auch Julian das Zustandekommen einer Schenkung verneint habe. Davon steht in dem uns überlieferten Julianfragment aber nirgends etwas geschrieben, woraus wiederum gefolgert wurde, dass zumindest das Julianfragment interpoliert, also nachträglich durch die justinianischen Kompilatoren verändert wurde.143 Diese – nunmehr wohl als herrschend zu bezeichnende – Überzeugung führte schließlich zu der Diskussion, ob das Julianfragment denn tatsächlich im Gegensatz zu Ulpian die gültige Rechtsgrundabrede für überflüssig erklärt; durch freie Rekonstruktionen des ursprünglichen Textes wurde gar versucht, zu einem anderen Ergebnis zu kommen.144 Die Aufzeigung dieser Rekonstruktionen und die Beantwortung der Frage nach dem tatsächlichen inhaltlichen Widerspruch dieser zwei Textstellen soll hier, wie versprochen, nicht unternommen werden. Vielmehr verstellt diese Diskussion sogar den Blick auf das Wesentliche, auf die inhaltliche Gemeinsamkeit der Aussagen von Ulpian und Julian, die allein herauszuarbeiten für unsere Untersuchung von Bedeutung ist: Streiten Julian und Ulpian in den überlieferten Textstellen über die Konstitutivität eines einseitig oder aber zweiseitig dem Geschäft zugrunde gelegten Rechtsgrundes? Beide Autoren stellen, genau besehen, die Frage nach der sachenrechtlichen Rechtsfolge im Falle des Dissenses über die causa des Übereignungsgeschäftes.145 Die MögS. 167; vgl. auch die Übersetzung der gesamten Stelle in Otto/Schilling/Sintenis, Band 2, S. 13 f. 139 So die Übersetzung von „cum alia opinione acceperit“ bei Liebs, Römisches Recht, S. 167. 140 So die Übersetzung von „cum alia opinione acceperit“ bei Otto/Schilling/Sintenis, Band 2, S. 13. 141 So auch Liebs, Römisches Recht, S. 168. 142 So auch Savigny, System Band IV, S. 159. 143 Vgl. Lenel, SZ 3 (1882), S. 179; Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 6 ff.; Lange, Eigentumstradition, S. 65; Schulz, SZ 52 (1932), S. 548 f.; Vliet, ERPL 03, S. 345 f.; Fuchs, causa traditionis, S. 130. 144 Vgl. insbes. den Überblick bei Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 4 ff. Vgl. auch Schulz, SZ 52 (1932), S. 548 f.; Liebs, Römisches Recht S. 168. 145 So auch Liebs, Römisches Recht, S. 168; Wesel, SZ 85 (1968), S. 101.

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lichkeit eines Dissenses hinsichtlich des Rechtsgrundes setzt aber denknotwendig zunächst einen Einigungsversuch der Vertragsparteien darüber voraus. Gemeinsam scheint beiden Autoren mithin die Vorstellung zu sein, dass dem Erfordernis der iusta causa traditionis stets auch ein Element der Einigung über die causa des Übereignungsgeschäftes innewohnt, jene mithin nicht einseitig durch eine der Vertragsparteien bestimmt wird. Ein Widerspruch zwischen Julian und Ulpian kann den überlieferten Textstellen demnach, genauer formuliert, hinsichtlich der ‚Erforderlichkeit der Vereinbarung über den Rechtsgrund‘ für die Wirksamkeit der Verfügung entnommen werden. Von der Rechtsnatur der iusta causa traditio als einer Vereinbarung der zuwendenden und empfangenden Partei kann Uwe Wesel in seiner Untersuchung dieses Merkmals deshalb auch schreiben, sie sei das „wohl einzige, was aus der Antimonie von Ulp. D. 12, 1, 18 und Iul. D. 41, 1, 36 gemeinsam und mit Sicherheit hervorgeht“.146 b) Der Inhalt der iusta causa traditionis In den uns überlieferten Textstellen streiten Julian und Ulpian über das Erfordernis der Vereinbarung einer causa als Wirksamkeitserfordernis der Eigentumsübertragung, dachten dieses Tatbestandsmerkmal mithin von der Rechtsnatur her als einen zweiseitigen Akt der Vertragsparteien. Wie aber wurde der Begriff der iusta causa traditionis nach römischem Verständnis inhaltlich ausgefüllt? Anders als wir etwa auf Ebene der obligatorischen Geschäfte hinsichtlich der Konsensualkontrakte beobachten konnten, war der Kreis der zulässigen causae der traditio nicht geschlossen – gleiches lässt sich beobachten hinsichtlich der römisch-rechtlichen Ersitzung (usucapio), die auch das Merkmal einer iusta causa zur Voraussetzung hatte, welches sich in ebenso mannigfacher Weise ausgefüllt wiederfindet.147 Die Quellen zeigen ein buntes und kontroverses Bild je nach den Umständen des Einzelfalles, ohne dass dabei eindeutig nur nach den einzelnen causaTypen differenziert werden könnte.148 Eine Begriffssystematik zulässiger 146

Wesel, SZ 85 (1968), S. 101. Im Ergebnis so auch Liebs, Römisches Recht, S. 163 u. 168; Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 1; Jahr, AcP 168 (1968), S. 18; Kaser, RP I, S. 416 f.; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 21 f.: „Man wird demnach mit Recht feststellen können, daß die iusta causa traditionis der Zweckvereinbarung in der Dogmatik des heutigen bürgerlichen Rechts entspricht.“ 147 Vgl. Kaser, RP I, S. 421 (§ 101 I 3); Jahr, AcP 168 (1968), 148; Honsell, Römisches Recht, S. 58 (§ 20 II 2). 148 Bspsw. causa emptionis, donandi, dotis, solvendi, credendi etc. Vgl. Lange, Eigentumstradition, S. 39 ff.; Kaser, RP I, S. 417 (§ 100 IV 2), S. 421 (§ 101 I 3); Honsell, Römisches Recht, S. 55 (§ 19 II); Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 152 (§ 24 IV 2); Creutzig, Schuldversprechen, S. 82; Fuchs, causa traditionis, S. 30; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 16; Brandt, Austauschgeschäft, S. 30; Schönbauer,

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causae des wichtigsten römisch-rechtlichen Verfügungsgeschäftes kann mithin nicht herausgearbeitet werden, eine nähere Untersuchung führt uns hier nicht weiter.149 Inhaltlich betrachten lässt sich aber nicht nur das Merkmal der iusta causa traditionis selbst. Es stellt sich darüber hinaus, aus systematischem Blickwinkel, die Frage nach dem Inhalt der Vereinbarung über dieses Merkmal: Beinhaltet das Erfordernis der Einigung über den Rechtsgrund der Übereignung nicht auch sogleich die Notwendigkeit der Einigung über den Übergang des Eigentums selbst? Zur Beantwortung dieser Frage können wir wiederum anknüpfen an die bereits betrachtete Aussage Julians: „Wenn wir zwar über den Gegenstand, der übergeben wird, einig sind, über den Rechtsgrund davon jedoch uneins, dann sehe ich nicht ein, warum die Übergabe unwirksam sein soll.“150 Dem überlieferten Wortlaut nach unterscheidet Julian hier zwischen dem Einigsein hinsichtlich des Gegenstandes, an dem das Eigentum übertragen werden soll und dem Einigsein über den Rechtsgrund der Übereignung selbst. Einigsein über den Gegenstand kann aber notwendigerweise doch nur zugleich auch stets das Einigsein darüber meinen, was mit diesem Gegenstande geschehen soll, ob er etwa nur vorübergehend genutzt oder beständig zu Eigentum des Empfängers übergehen soll. Diese von Julian vollzogene gedankliche Trennung wird plastisch zusammengefasst von Detlef Liebs, wenn er schreibt: „Wir verlangen Einigung über den Eigentumsübergang. Das ist weniger als im römischen Recht. Bei uns braucht sich die Einigkeit nicht auf den Rechtsgrund zu erstrecken.“151 Ob diese Aussage hinsichtlich der Rechtslage des Bürgerlichen Gesetzbuches der Rechtswirklichkeit entspricht, wird erst an späterer Stelle beantwortet werden können,152 unabhängig davon bringt sie aber für das römische Recht die im Schrifttum durchweg – freilich zumeist nur inziKritVJS 1932 (61), S. 161, 170 ff.; Jahr, SZ (RA) 1963 (80), S. 144 ff.; Warnkönig, AcP 1823 (6), S. 114 ff. 149 Erst durch die spätere Rezeption und Weiterentwicklung wird die causa auf das obligatorische Schuldverhältnis reduziert. Zu dieser Lehre vom titulus und modus adquirendi ausführlich an späterer Stelle, vgl. unten Teil 2, B, I, 1. 150 D. 41, 1, 36; vgl. oben Fn. 137. Vgl. auch I. 2, 1, 40: „Per traditionem quoque iure naturali res nobis adquiruntur: nihil enim tam conveniens est naturali aequitati, quam voluntatem domini, volentis rem suam in alium transferre, ratam haberi. Et ideo cuiuscumque generic sit corporalis res, tradi potest et a domino tradita alienatur …“ Vgl. die Übersetzung von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Band 1, S. 56 „… nichts entspricht so sehr der natürlichen Gerechtigkeit, als den Willen des Eigentümers, der seine Sache einem anderen übereignen möchte, als wirksam anzuerkennen. Daher braucht eine körperliche Sache gleich welcher Art nur übergeben zu werden, und sie wird durch die Übergabe seitens des Eigentümers veräußert …“. 151 Liebs, Römisches Recht, S. 163. 152 Vgl. unten Teil 2.

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denter – geäußerte Ansicht zum Ausdruck: Inhaltlich beinhaltet das Merkmal der causa der traditio nicht nur das Erfordernis der Einigung über den Rechtsgrund der Eigentumsübertragung, sondern zugleich auch das Erfordernis der Einigung über die Eigentumsübertragung selbst.153 Und die Konstitutivität letzterer Einigung für die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung bestreitet nun auch Julian nicht mehr, so dass diesbezüglich der überlieferten Textstelle kein Widerspruch zwischen Julian und Ulpian entnommen werden kann: Übereinstimmend verlangen beide zumindest die Einigkeit über den Akt der Eigentumsübertragung selbst, wenngleich sie auch über das Erfordernis der Einigung über den Rechtsgrund dieses Aktes unterschiedlicher Auffassung sind. Ob allerdings nach römischem Recht die erstere Einigung über die Übertragung des Eigentums schon als ein vom schuldrechtlichen Geschäft gesonderter (dinglicher) Vertrag – bereits als ein Rechtsgeschäft im Sinne heutiger Terminologie – begriffen wurde, oder aber die als vorgeschaltet zu denkende schuldrechtliche Verabredung für ausreichend erachtet wurde, soll hier dahingestellt bleiben – auf die wegweisende deutsche Interpretation dieses Einigungserfordernisses als selbständiger dinglicher Vertrag werden wir an anderer Stelle noch ausführlich zurückkommen.154 c) Traditio: kausales oder abstraktes Geschäft? Hinsichtlich des hier zu betrachtenden Tatbestandsmerkmals des römischen Verfügungsgeschäftes des iusta causa traditionis ist eine differenzier153 Liebs, Römisches Recht, S. 163 u. S. 168: „… nach ihm [Julian] genügte also die abstrakte Einigung über den Eigentumsübergang als solchen“; Honsell, Römisches Recht, S. 55 „… wenn wenigstens ein übereinstimmender Übereignungswille vorhanden ist“; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 152 (§ 24 IV 2): „… im Dissens als kleinster gemeinsamer Nenner [ist] also ein Konsens über den Eigentumsübergang enthalten“; Vliet, ERPL 03, S. 343: „… On the other hand, there is agreement about the fact that ownership should be transferred. Both parties intend ownership to pass, but for different legal reasons“; Jahr, AcP 168 (1968) S. 18: „… so heißt das, daß sie neben der Besitzübergabe nicht den bloßen Konsens über die allgemeine Rechtsfolge (Eigentumsübergang) genügen lassen, sondern eine durch Kausalabrede, durch Zweckbestimmung, inhaltlich konkretisierte Einigung verlangen“; Hupka, SZ (RA), 1932 (52), S. 1: „… Bedarf es für die Gültigkeit der Tradition nur des Konsenses über den Eigentumsübergang oder auch des Konsenses über die causa …?“; Fuchs, causa traditionis, S. 15: „… sowohl der Tradent wie der Empfänger haben ein Geschäft im Auge, welches auf Eigentumsübertragung gerichtet ist … man nennt sie auch dingliche Einigung …“. 154 Ausführlich unten Teil 2, B, I, 2. Vgl. hier nur Fuchs, causa traditionis, S. 15: „Einige Autoren haben sogar in diesem consensus in translatione dominii einen besonderen Vertrag erblicken wollen. Es ist dies die Lehre vom ‚dinglichen Vertrag‘ welche ihre Geltung Friedrich Carl von Savigny zu verdanken hat.“

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tere Betrachtung angezeigt, sind zwei Erfordernisse voneinander zu scheiden: Das Merkmal der causa enthält zum einen das Erfordernis der Vereinbarung über den Rechtsgrund, zugleich aber auch das Erfordernis der Vereinbarung über die Eigentumsübertragung an einem bestimmten Gegenstande selbst. Nur hinsichtlich der Konstitutivität der ersteren Einigung über den Rechtsgrund für die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes ist ein Widerspruch zwischen Julian und Ulpian feststellbar. Erst mit dieser differenzierenden Betrachtungsweise lässt sich das Feld beackern, welches in den allermeisten Untersuchungen über die causa iusta traditionis den Hauptgegenstand bildet: die Frage, ob die römische traditio kausal oder abstrakt ausgestaltet war. Die verschiedenen Rechtsordnungen in Europa mussten sich spätestens mit ihrer Kodifikation zwischen diesen zwei systematischen Ansätzen der Eigentumsübertragung entscheiden. Plakativ findet sich üblicherweise die Feststellung, dass Frankreich mit dem Code Civil die Verfügungen kausal ausgestaltet hat, demgegenüber in Deutschland mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch das abstrakte System eingeführt wurde.155 Für die Grundsteinlegung dieser zwei Richtungen zeichnen die beleuchteten sich einander widersprechenden Entscheidungen Ulpians und Julians verantwortlich: Ulpian steht dabei gemeinhin Pate für das kausale Modell, Julian hingegen für das abstrakte Konzept.156 Was aber drücken die Begriffe des ‚abstrakten‘ und des ‚kausalen‘ Verfügungsgeschäftes aus, wenn sie mit den sich widersprechenden Textstellen von Ulpian und Julian in Verbindung gesetzt werden? In der Antwort auf diese Frage erst liegt der eigentliche Erkenntnisgewinn, der in diesem Kapitel den wiedergegebenen Quellentexten entnommen werden kann. In der von Ulpian und Julian besprochenen Fallkonstellation waren sich die Parteien einig, dass Eigentum übergehen soll. Uneinigkeit bestand jedoch hinsichtlich des Rechtsgrundes der Eigentumsübertragung. Für Ulpian hat dieser Dissens der Parteien in der Zweckvereinbarung zur Folge, dass das Eigentum nicht übergeht, Julian hingegen will in dieser Uneinigkeit hinsichtlich des Zwecks der Eigentumsübertragung kein Wirksamkeitshindernis erkennen – Ulpian steht also für die kausale, Julian für die abstrakte Verfügung. „Kausal“ ist eine Eigentumsübertragung nach alledem also ausgestaltet, wenn sie sowohl eine Einigung über den Eigentumserwerb, als auch eine Einigung über die causa des Eigentumserwerbes voraussetzt. „Abstrakt“ ist eine Verfügung hingegen, wenn sie nur die Einigung über den Eigentumserwerb selbst zur Voraussetzung hat; die Wirksamkeit der Verfügung ist hingegen nicht davon abhängig, ob sich die Parteien 155

Vgl. Vliet, ERPL 03, S. 342 u. S. 369 ff. Vgl. Fuchs, causa traditionis, S. 15 f.; Vliet, ERPL 03, S. 343, bezeichnet die Kontroverse als „the root of the Problem“. 156

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auch hinsichtlich der causa des Erwerbsvorganges einig geworden sind. Die Begriffe der Abstraktion und Kausalität im Sinne dieser Quellentexte beziehen sich mithin ausschließlich auf das Merkmal der Zweckvereinbarung: Kausalität der Verfügung beschreibt deren Abhängigkeit von der Zweckvereinbarung, Abstraktheit der Verfügung meint deren Unabhängigkeit von der Zweckvereinbarung.157 Wir sehen nunmehr ungetrübt auf den eigentlichen Kern unserer Ausgangsfrage, die so viele Rechtsepochen hindurch die Juristen umgetrieben hat und die es hier nicht zu beantworten gilt: War die wirksame Zweckvereinbarung konstitutive Voraussetzung der römischen traditio? d) Zusammenfassende Betrachtung Zusammenfassend können wir mithin festhalten, dass dem Merkmal der causa der Tradition zum einen das Erfordernis der Einigung über den Rechtsgrund, zum anderen das Erfordernis der Einigung über die Eigentumsübertragung selbst zu entnehmen ist. Nach der überlieferten Antinomie sind sich Julian und Ulpian lediglich darüber uneins, ob es für die Wirksamkeit der Tradition auch der ersteren Einigung über den Rechtsgrund bedarf, unbestritten hingegen verbleibt die Konstitutivität der letzteren Einigung über die Eigentumsübertragung an einem bestimmten Gegenstand. Der Rechtsgrundbegriff ist dabei inhaltlich schillernd, es lässt sich eine begriffliche Systematik zulässiger causae nicht herausarbeiten; hinsichtlich der Einigung über die Eigentumsübertragung haben wir hier inhaltlich nicht näher untersucht, ob bereits die Römer darin eine selbständige Einigung – ein selbständiges Rechtsgeschäft in heutiger Terminologie – erkannten, oder aber die Einigung auf der schuldrechtlichen Ebene in Bezug nahmen. Auf Grundlage dieser differenzierten Betrachtung von der causa der Tradition konnten wir schließlich die Begriffe der Kausalheit und Abstraktheit näher bestimmen: Kausal ist die Verfügung, wenn sie neben der Einigung über die Eigentumsübertragung auch die Einigung über den Rechtsgrund voraussetzt, abstrakt hingegen, wenn neben der Einigung über die Eigentumsübertragung eine solche Rechtsgrundabrede nicht Voraussetzung ist. Die Frage nach der so begriffenen Kausalheit und Abstraktheit der römischen Tradition beschäftigt die Rechtswissenschaft bis zum heutigen Tage; sie soll und kann an dieser Stelle nicht zu beantworten versucht werden.

157

So auch Jahr, AcP 168 (1968), S. 149 f. Zu einer, von Jahr, SZ (RA), 1963 (80), S. 49 ff., begründeten, differenzierteren Betrachtung werden wir erst an späterer Stelle gelangen, vgl. unten Teil 2, C, II.

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II. Kanonisches Vertragsverständnis Das heutige kanonische Vertragsrecht ist für unsere Suche nach Funktion und Bedeutung der causa des Vertrages nicht sehr ertragreich. Can. 1290 enthält für den kanonischen Vertrag den Verweis auf das jeweils geltende staatliche, also weltliche Vertragsrecht.158 Insofern würde nach geltendem kanonischem Recht ein Vertrag unter Klerikern auf deutschem Hoheitsgebiet zu seiner Wirksamkeit einer causa bedürfen, wenn wir nachfolgend zu dem Ergebnis kämen, dass dem nach dem heute geltenden bürgerlichen Recht so ist.159 Hilft uns der Blick in das heute geltende kanonische Recht mithin nicht weiter, darf aber der Einfluss des kanonischen Rechtsdenkens auf die weltliche Rechtsentwicklung nicht unterschätzt werden: Kanonisches Recht und römisches Recht sind seit dem Mittelalter in einem spannungsreichen Verhältnis gegenseitiger Verdrängung und Unterstützung an der Gestaltung der Rechtsordnung in Europa beteiligt.160 Das gilt in besonderem Maße für die Entwicklung des modernen Vertragsverständnisses.161 Als maßgeblicher Förderer dieses Einflusses kanonischer Überzeugungen auf die Entwicklung des weltlichen Vertragsrechts ist vor allem der prominente Kommentator Baldus de Ubaldis (1327–1400) zu 158 Can. 1290 Codex Iuris Canonici: „Quae ius civile in territorio statuit de contractibus tam in genere, quam in specie et de solutionibus, eadem iure canonico quad res potestati regiminis Ecclesiae subiectibus iisdem cum effectibus serventur, nisi iuri divino contraria sin taut aliud iure canonico caveatur, et firmo praescripto can. 1547.“ So auch schon inhaltlich weitgehend identisch Can. 1529 CIC/1917, vgl. MünsterKomm/Althaus, Can. 1290, 1. Vgl. die Übersetzung ebenda: „Was das weltliche Recht in einem Gebiet bestimmt über die Verträge im allgemeinen wie im besonderen und über Erfüllungen [von Verbindlichkeiten], das ist auch im kanonischen Recht hinsichtlich der Dinge, die der Leitungsgewalt der Kirche unterworfen, mit denselben Wirkungen zu beachten, wenn es nicht dem göttlichen Recht entgegensteht oder das kanonische Recht eine andere Bestimmung trifft, und unbeschadet der Vorschrift des can. 1547.“ Vgl. auch Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht III/Primetshofer, S. 807 (Vertrag) „In diesen Verweis ist auch das Internationale Privatrecht des jeweiligen Staates mit einbezogen. Die Verweisende Norm (kanonisches Recht) ist nach Maßgabe des kanonischen Rechts auszulegen, die verwiesene Norm (staatliches Recht) nach dessen Kriterien.“ 159 „Mit der Vorschrift des 1290 erfolgt eine umfassende Rezeption, ja Kanonisation des weltlichen Vertragsrechts“ MünsterKomm/Althaus, Band 4, Can. 1290, 3. Zu den kanonischen Vorbehalten vgl. umfassend MünsterKomm/Althaus, Band 4, Can. 1290, 5; Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht III/Primetshofer, S. 807 (Vertrag). 160 Schnizer, Differentienliteratur, S. 335; Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 37 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 71 f. u. 78 f.; Zimmermann, JZ 92, S. 10 f.; Becker, kanonisches Recht, S. 160, 162 ff. und insbes. Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 26–31 mit instruktiven Beispielen. 161 Schnizer, Differentienliteratur, S. 342; Ruland, Causa, S. 28; Söllner, causa, S. 127 ff.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

nennen.162 Er bezeichnete sich selbst als Legisten, war jedoch ausgezeichneter Kenner des kanonischen Rechts,163 so dass er vielfach sowohl den Legisten als auch den Kanonisten zugleich zugeordnet wird.164 In welcher Weise und mit welcher Motivation Baldus die kanonischen Lehren für die weltliche Dogmatik nutzbar machte, davon wird an anderer Stelle noch ausführlich zu berichten sein.165 Diesem Abschnitt ist lediglich die Darlegung der für die Entwicklung des Vertragsrechts einflussreichen Grundlagen kanonischer Überzeugungen vorbehalten: Zum einen ist das die kanonische Position zu dem beleuchteten schuldrechtlichen Grundsatz des römischen Vertragsrechts ex nudo pacta actio non oritur (vgl. 1), zum anderen die christliche Lehre von der Verursachung in der scholastischen Philosophie (vgl. 2). 1. Verbindlichkeit aller Verpflichtungsverträge Zum römischen Verpflichtungsrecht hatten wir festhalten können, dass es durch die Trennung von klaglosen und klagbaren Verträgen gekennzeichnet ist. In Anknüpfung an die Beobachtungen der Glossatoren lassen sich die klaglosen von den klagbaren Verträgen durch die über den Konsens der Parteien hinaus erforderlichen Merkmale (vestimentum) unterscheiden, die auch als die jeweilige causa des Vertrages bezeichnet wurden. Der nackte Konsens – ohne causa in diesem Sinne – brachte keinen klagbaren und also keinen verbindlichen Vertrag hervor: ex nudo pacto actio non oritur. Diesem Kernsatz der römischen Vertragslehre entgegneten die mittelalterlichen Kanonisten entschieden: ex nudo pacto actio oritur. Dieses Credo und mithin die Überzeugung, dass jedes ernstliche Versprechen und mithin auch ein pactum nudum bindet, war spätestens im 14. Jahrhundert zur communis opinio für das kirchliche Recht geworden166 – ein den römischen Typen162

Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 86. Er war Schüler von dem „berühmtesten Rechtslehrer des Mittalalters“ Bartolus de Sassoferrato und stand diesem an Bedeutung nicht nach, vgl. Fuchs, causa traditionis, S. 45. 163 Baldus schrieb sogar einen Kommentar zu den Dekretalen (der Ausdruck bezeichnet Papstbriefe mit kirchenrechtlichem Inhalt) von Gregor IX. (Papst von 1227 bis 1241). Vgl. Söllner, causa, S. 127. 164 Ruland, Causa, S. 29. 165 Vgl. unten Teil 1, B, I, 2. 166 Steinwenter, Vertragstreue, S. 175; Ruland, Causa, S. 29; Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 247; ders., causa., S. 141; Nanz, Vertragsbegriff, S. 52 ff. Vgl. auch Schnizer, Differentienliteratur, S. 342 ff.; Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 41; Kaser/Knütel, Lehrbuch, S. 241; Feenstra, pacta nuda, S. 127; Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 188; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 399 f.; Mayer-Maly, Pactum, S. 214: „Pacta nuda für klagbar zu halten, unterschied durch Jahrhunderte die Position der Kanonisten von jener der Legisten.“

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zwang verdammendes Vertragsverständnis, dass demjenigen der heutigen europäischen Rechtsordnungen recht nahe kommt. Dieser Grundsatz der Versprechenstreue wurde zunächst noch ohne Verknüpfung mit dem positiven Kirchenrecht von der christlichen Theologie als Ausfluss des Verbotes zu lügen entwickelt und zu einem moralischen Gebot erhoben.167 Die Nichteinhaltung des Versprochenen wurde als Täuschung gegenüber dem Versprechensempfänger, als eine Lüge des Versprechenden aufgefasst.168 Dass nicht nur bei einem qualifizierten Versprechen unter Eid, sondern bei jedwedem einfachen und formlos gegebenen Versprechen die Wahrheit gesprochen werden muss, mithin auch die Nichterfüllung solcher „pacta nuda“ schwere Sünde sei, wurde aus den Bibelstellen Mattheus V, 33169 und Jakobusbrief V, 12170 hergeleitet.171 Thomas von Aquin (1225–1274) bringt diese christlich theologische Überzeugung in seiner Summa Theologica klar zum Ausdruck: „Es ist Lüge, wenn einer nicht erfüllt, was er versprochen hat.“172 „Die Lüge scheint darum eine Sünde zu sein, weil der 167

Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 45; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 118; Mayer-Maly, Pactum, S. 214; Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 41; Lorenz, AcP 156 (1957), S. 390; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 118; Nanz, Vertragsbegriff, S. 49: „Es finden sich kaum Anzeichen für eine Übertragung dieses Gebotes in das positive Recht. Vielmehr erkannten und akzeptierten die Theologen die Divergenz von moralischer Pflicht und rechtlicher Regelung.“ 168 Vgl. Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 45 der schon in den Schriften von Johannes Cassianus (360–435) und anderer Kirchenväter die Auffassung gefunden hat, dass die Nichterfüllung eines Versprechens als Lüge anzusehen sei. Vgl. auch Söllner, causa, S. 130; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 118; Lorenz AcP 156 (1957), S. 390. 169 Das neue Testament/Kürzinger (S. 8) „Wiederum habt ihr gehört, dass gesagt wurde zu den Alten: ‚Du sollst nicht falsch schwören, Du sollst dem Herrn deine Schwüre halten.‘ Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, auch nicht beim Himmel … Es sei Euer Jawort ein Ja, euer Nein ein Nein. Was darüber hinausgeht ist von Bösem.“ 170 Das neue Testament/Kürzinger (S. 319) „Schwört nicht! Vor allen Dingen, meine Brüder, schwört nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde noch sonst einen Eid! Euer Ja sein ein Ja, euer Nein ein Nein, damit ihr nicht dem Gericht verfallt.“ 171 Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 46; Nanz, Vertragsbegriff, S. 47; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 118; Lorenz, AcP 156 (1957), S. 390. 172 Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, Qu. 110, Art. 3, 5 (S. 145); ebenda: „Praeterea, mendacium edt si quis non impleat quod promisit.“ Zu dieser Stelle führt Thomas an anderer Stelle Art. 3, zu 5 (S. 149) weiter aus: „Wer etwas verspricht mit dem Willen, es zu halten, begeht keine Lüge; denn er redet nicht gegen das, was er denkt. Erfüllt er das Versprochene nicht, dann scheint er treulos zu handeln, weil er seine Gesinnung ändert. Trotzdem kann er aus zwei Gründen entschuldigt sein. Einmal, weil er etwas versprochen hat, was offenkundig unerlaubt ist. Denn durch sein Versprechen hat er gefehlt, durch Änderung seines Vorsatzes aber gut gehandelt. – Sodann, wenn die Personen- und Geschäftsverhältnisse sich

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Mensch durch sie den Nächsten täuscht. Daher sagt Augustinus: ‚Wer glaubt, irgendeine Art von Lüge sei keine Sünde, der täuscht sich gründlich, da er sich für einen ehrlichen Betrüger der anderen hält.‘ “173 Und weitergehend sogar: „Alles, was gegen eines der Zehn Gebote verstößt, ist Todsünde. Die Lüge ist aber gegen dieses der Zehn Gebote: ‚Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen‘ [Ex 20, 16]. Folglich ist jede Lüge Todsünde.“174 Jedoch anerkannte Thomas zugleich die Verschiedenheit von moralischer Pflicht und rechtlicher Verbindlichkeit, akzeptierte also die Unverbindlichkeit einfacher Versprechen nach weltlichem Recht und verstand die kirchliche Lehre der Versprechenstreue als eine genuin moralische Doktrin.175 Insoweit befand er sich hinsichtlich der rechtlichen Klaglosigkeit des pactum nudum in voller Übereinstimmung mit der zeitgenössischen weltlichen Jurisprudenz.176 Diese gemeinhin von den Theologen jener Zeit geteilte Überzeugung von der bloß moralischen Frage der Vertragsverbindlichkeit sollte sich alsbald auch in eine juristische transformieren. Diese Transformation von theologischer zu rechtlicher Pflicht ergab sich nicht unmittelbar aus dem „Gesetzbuch“ der Kirche, also den Sammlungen des Kirchenrechts dieser Zeit – die in Anlehnung an das weltliche Pendant gemeinhin genutzte Bezeichnung dieser Sammlung als Corpus Iuris Canonici ist insoweit irreführend, als es ein solches einheitliches Konvolut, welches als solches Geltung beansprucht, bis zum 20. Jahrhundert nie gegeben hat.177 Wie Klaus-Peter Nanz in seiner Untersuchung des kanonischen Vergewandelt haben. Denn damit der Mensch zu halten verpflichtet ist, was er versprochen hat, muß alles unverändert fortbestehen (Seneka).“ 173 Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, Qu. 110, Art. 3, 6 (S. 145); ebenda: „Praeterea, mendacium ob hoc videtur esse peccatum, quia per ipsum homo decipit proximum: unde Augustinus dicit, in lib. de Mendacio [cap. 21]: Quisquis esse aliquod genus mendacii quod peccatum non sit, putaverit, decipiet seipsum turpiter: cum honestum se deceptorem arbitretur aliorum.“ 174 Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, Qu. 110, Art. 4, 2 (S. 150); ebenda: „Praeterea, omne quod est contra praeceptum Decalogi est peccatum mortale. Sed mendacium est contra hoc praeceptum Decalogi: ‚Non falsum testimonium dices.‘ Ergo omne mendacium est peccatum mortale.“ 175 Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, Qu. 88, Art. 3, 1: „promissio simplex homini facta non obligat ad observandum, secundum institutionem legis humanae: quod videtur esse institum propter mutabilitatem humanae voluntatis.“ „Respondeo dicendum quod ad fidelitatem hominis pertinet ut solvate id quod promisit … ergo dicendum, quod secundum honestatem ex qualibet promissione homo homini obligatur: et haec est obligatio iuris naturalis. Ded ad hoc, quod aliquis obligetur ex aliqua promissione obligatione civili, quaedam alia reqiruntur.“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 49; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 46. 176 Vgl. Nanz, Vertagsbegriff, S. 49; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 46. 177 Schulte, Quellen III, S. 63 f. Erst 1917 sollte das Kirchnerecht erstmals durch den Codex Iuris Canonici zusammenhängend kodifiziert werden.

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tragsrechts dargelegt hat, findet sich weder im Decretum Gratiani178 noch im Liber Extra179, den zwei maßgeblichen kanonischen Kompilationen des Mittelalters, klar die Rechtsfolge der Klagbarkeit aller Vereinbarungen ausgesprochen.180 Die kanonische Doktrin von der Klagbarkeit aller pacta konnte sich mithin nur mittelbar durch Auslegung der kirchenrechtlichen Quellen entfalten. Am Anfang dieser durch Exegese gewachsenen kanonischen Rechtsauffassung stehen Huguccio (1140–1210)181 und sein Schüler Bernhard von Pavia (gestorben 1213).182 Beide formulierten die Verbindlichkeit aller Versprechen nach kanonischem Recht bereits in ganz bewusster Abgrenzung von den zivilistischen Lehren183 – ob damit schon die pacta nuda im technischen Sinne gemeint waren, ist unklar.184 Huguccio und von Pavia aber scheuten sich, diesen Grundsatz durch den Ausspruch der Klagbarkeit aller pacta zu komplettieren, zogen es vielmehr vor, zu den Rechtfolgen einer etwaigen Nichteinhaltung des Versprechens keinerlei Stellung zu beziehen.185 Erstmals ausgesprochen findet sich die Maxime 178 Das Dekretum Gratiani (um 1141–1150) ist eine kirchenrechtliche Privatsammlung von Gratian und bildet später das erste von insgesamt sechs Rechtsbüchern die im so benannten Corpus Iuris Canonici zusammengefasst sind. Das Decretum Gratiani hatte Signalwirkung: Ab dieser Zeit wurde das Kanonische Recht auch an der Rechtsschule von Bologna wissenschaftlich gelehrt und bearbeitet. Vgl. Schulte, Quellen I, S. 46 ff.; Erler, Kirchenrecht, S. 28. 179 Das Liber Extra (publiziert in 1234) wird das zweite Rechtsbuch des späteren Corpus Iuris Canonici. Papst Gregor IX. beauftragte 1230 den Dominikaner Raymund de Penaforte mit der Abfassung dieser Sammlung der „nachgratianischen“ Dekretalen. Vgl. Schulte, Quellen II, S. 6 f. und 21; Erler, Kirchenrecht, S. 29. 180 Nanz, Vertragsbegriff, S. 49 ff. stellt drei Textstellen aus dem Dekretum Gratiani (C. 22, qu. 5, c. 12 [iuramenti]; C. 12, qu. 5, c. 3 [quia Ioannes]; C. 12, qu. 2, c. 66 [quicumque suffragio]) und zwei aus dem Liber Extra (C. 1 X 1, 35 und C. 3 X 1, 35) heraus, die im Zusammenhang mit der Frage der Verbindlichkeit aller Verträge Bedeutung erhalten haben. Zu C. 1 X 1, 35 vgl. auch die Ausführungen bei Söllner, causa, S. 128 f. und bei Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 47 f. 181 Er studierte und lehrte ab 1178 Theologie und kanonisches Recht in Bologna. Er war Berater von Papst Innozenz III. (1161–1216), mehrere päpstliche Dekrete sind unter seiner Hilfe entstanden. 182 Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 281; Nanz, Vertagsbegriff, S. 51; Roussier, Le fondement, S. 15; Spies, conventions, S. 36. 183 Bernhard von Pavia, Summa Decretalium, lib. 1, tit. 26, § 4 (abgedruckt bei Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 283): „Effectus pactorum est, ut serventur, nisi sint contra leges vel contra bonos mores.“ Vgl. auch etwas unklarer in der Formulierung Huguccio, Summa Decreti Gratiani, C. 12, qu. 1, c. 66 (abgedruckt bei Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 282): „Nota quoad abservantiam Deus nullam differentiam vult esse inter simplicem promissionem et iuramentum vel aliter firmatam promissionem …“. 184 Mit Zweifeln Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 281 ff. Dafür hingegen Roussier, Le fondement, S. 15 und Spies, conventions, S. 36. 185 Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 284 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 52.

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der Klagbarkeit des pactum nudum nach kanonischem Recht im Jahre 1212 bei Johannes Teutonicus (gestorben 1245)186: „Item hic est argumentum quod ex pacto nudo oritur actio.“187 Als einschlägige Klage bezeichnete er dabei die Erfüllungsklage der condictio ex canone – eine Nachbildung des römisch-rechtlichen Institutes der condictio ex lege für neu geschaffene Obligationen.188 In dieser Frage aber trat ihm Papst Innozenz IV. (1195–1254)189 gegenüber, der den Wortbrüchigen nicht durch eine Erfüllungsklage zur Einhaltung des gegebenen Versprechens, sondern lediglich durch die Drohung der Exkommunikation (denuntiatio evangelica) zwingen wollte – Innozenz IV. hielt insoweit an dem zivilrechtlichen Satz fest, dass ein pactum nudum keine Klage hervorbringe.190 Diese Methode versprach freilich nur dann Erfolg, wenn der wortbrüchige Schuldner die Exkommunikation als drohendes Übel empfand und sie durch Leistung des Versprochenen abzuwenden bereit war; war ihm jedoch die Exkommunikation gleichgültig, so gab es nach der von Innozenz vertretenen Ansicht keine Handhabe, die Erfüllung zu erzwingen.191 Solche Überlegungen mögen die Kanonisten der folgenden Zeit in ihrer Mehrzahl dazu bewogen haben, sich der Ansicht des Teutonicus anzuschließen: Im 14. Jahrhundert wurde die Ansicht, dass das nackte Versprechen mit der Erfüllungsklage des kanonischen Rechts (condictio ex canone) durchzusetzen sei, zur absolut herrschenden Meinung.192 186 Er studierte römisches Recht (bei Azo) und kanonisches Recht in Bologna, wo er dann bis gegen Ende 1220 auch lehrte. 187 Johannes Teutonicus, Apparatus ad Decretum, Distantiam ad C. 22, Qu. 5, c. 12 (abgedruckt bei Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 284). Vgl. auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 52 f. 188 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 244 f.; ders., causa, S. 137; Nanz, Vertragsbegriff, S. 53; Roussier, Le fondement, S. 142; Spies, conventions, S. 43. Vgl. die Quellennachweise bei Söllner, causa, S. 137 f. 189 Er hat in Bologna vornehmlich die Rechtswissenschaften studiert und auch gelehrt bevor er 1243 zum Papst gewählt wurde. 190 Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 245 f; ders., causa, S. 138 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 53 (vgl. dort auch die Entwicklung der denuntiatio evangelica aus Mattheus Kap. 18, Vers. 15–17 als Institut des kanonischen Strafprozesses). Vgl. die Quellennachweise bei Söllner, causa, S. 138 ff. 191 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 53; Söllner, causa, S. 141. 192 Wie Söllner, causa, S. 141 berichtet, konnte schon Baldus in seinem Dekretalenkommentar berichten, dass die Auffassung von der Klagbarkeit der pacta nuda mit der condictio ex canone eine „communis opinio canonistarum“ sei. Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 247; Spies, conventions, S. 72; Roussier, Le fondement, S. 173; Nanz, Vertragsbegriff, S. 54; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 21; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 285. Zu den wenigen Vertretern im 15. Jahrhundert, die sich noch der der Mindermeinung Papst Innozenz IV. anschlossen, vgl. nur Nanz, Vertragsbegriff, S. 55 f.

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Festzuhalten bleibt demnach, dass das kanonische Recht des Mittelalters erstmals in der europäischen Rechtsgeschichte zu einer Verbindlichkeit aller Parteivereinbarungen, ohne Rücksicht auf die Einhaltung bestimmter Formen oder die Erfüllung bestimmter Merkmale gefunden hat: ex nudo pacto actio oritur. Obschon in diesem Vertragsverständnis bereits der moderne Vertragsbegriff vorgezeichnet ist, konnte es unmittelbar nur geringen Einfluss auf die Entwicklung des weltlichen Vertragsrechts aufzeigen: Die condictio ex canone fand lediglich Anwendung auf Kleriker und auf Laien, die der weltlichen Jurisdiktion der Kirche unterworfen waren.193 In welchem Umfange und welcher Art und Weise dieses kanonische Rechtsdenken aber mittelbar auf die Entwicklung der weltlichen Vertragsdogmatik wirkte, davon wird erst an späterer Stelle ausführlich zu berichten sein.194 2. Grundsätze der scholastischen Kausalitätstheorie Nicht nur das kanonische Vertragsdenken, auch die scholastische Kausalitätslehre hatte Einfluss auf die Entwicklung des europäischen Vertragsverständnisses. Wie erst an späterer Stelle im Einzelnen aufzuzeigen ist, wurden durch die Jurisprudenz im Mittelalter die einzelnen Begriffe und Grundsätze dieser Kausalitätslehre erstmals als Mittel der Argumentation in das Vertragsrecht eingeführt; allen folgenden Epochen soll diese Lehre – bis in die heutige Zeit hinein195 – mehr oder weniger als gemeinsame Grundlage der stets sehr bunten inhaltlichen Ausfüllung des Begriffes der causa im Vertragsrecht dienen. Betrachten wir daher im Folgenden kurz die wesentlichen Züge dieses kleinen Ausschnittes aus der Scholastik, welche sich wiederum neben der Patristik als eine von zwei Abschnitten der christlichen Philosophie darstellt196 – in der Patristik, die sich von den Anfängen des Christentums bis in die Zeit Karl des Großen (800) erstreckt, werden die Dogmen, die Glaubensartikel durch die Kirchenväter aufgestellt, in der sich daran anschließenden Scholastik werden diese Dogmen weiter ausgearbeitet.197 Für 193

Söllner, causa, S. 141; vgl. ausführlich dazu auch Schulte, Quellen I, S. 92 ff. (S. 95). 194 Vgl. unten Teil 1, B. 195 Vgl. etwa die Diktion bei Ehmann, JZ 03, S. 70; Ruland, Causa, S. 14; Söllner, causa, S. 13. 196 In diesem Sinne Vecchio, Rechtsphilosphie, S. 98; Historisches Wörterbuch/ Schmindinger VIII, S. 1340 und Schrimpf, Scholastische Philosophie, S. 3 f., 24 f. Zu dem schillernden Begriff der Scholastik und seinen vielen möglichen Inhaltsbestimmungen vgl. ebenda S. 1331 ff. und Schönberger, was ist Scholastik? (1991). 197 Vgl. Vecchio, Rechtsphilosophie, S. 98; Historisches Wörterbuch/Schmindinger VIII, S. 1340. Die Entwicklung der Scholastik lässt sich in drei Abschnitte aufteilen: Frühscholastik (9.–12. Jahrhundert), Hochscholastik (12.–13. Jahrhundert) und Spätscholastik (14.–15. Jahrhundert).

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diese Bearbeitung wurde vor allem auf Grundbegriffe aus der klassischen griechischen Philosophie zurückgegriffen, freilich unter dogmatischen Vorbehalten, da man sie auf jede Weise mit den religiösen Dogmen in Einklang bringen wollte.198 Insbesondere griffen die Scholastiker auf die Lehren des Aristoteles (384 v. Chr.–322 v. Chr.) zurück – bezeichnenderweise wurde er dort gemeinhin unter dem Titel „doctor excellentissimus“ geführt.199 So beruht auch die uns hier interessierende Lehre von den Ursachen in der scholastischen Philosophie im Wesentlichen auf einer Übernahme des aristotelischen Gedankengutes.200 Bereits in der Frühscholastik (9.–12. Jahrhundert) wurde mit Kausalitätsbegriffen des Aristoteles gearbeitet, diese waren somit auch schon den Glossatoren zugänglich und bekannt.201 Hier sollen die Grundsätze der scholastischen Kausalitätslehre in den Formulierungen wiedergegeben werden, wie sie der vornehmste Vertreter der Scholastik, Thomas von Aquin (1225–1274), in seinen beiden großen Werken, der Summa theologica202 und der Summa contra gentiles gegeben hat. Die recht technische Materie („dürftig, schrecklich geschrieben und voluminös“)203 verhindert eine eingängige Darstellung. Es wird daher eine knappe Umschreibung bemüht.204 Die scholastische Philosophie sieht in der causa dasjenige, ohne welches ein Ding nicht sein kann; denn jede Wirkung hängt von ihrer Ursache 198 Historisches Wörterbuch/Schmindinger VIII, S. 1340; Vecchio, Rechtsphilosophie, S. 100, erkennt in diesem Rückgriff unter Vorbehalt den „grundlegenden Wesensgehalt der scholastischen Philosophie“. Vgl. auch Schrimpf, scholastische Philosophie, S. 1 f. 199 Vecchio, Rechtsphilosophie, S. 100; Coing, Rechtsphilosophie, S. 24. 200 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 183; ders., causa, S. 12; Ruland, Causa, S. 14 ff.; Mayer-Maly, Fragmente zur causa, S. 244. 201 Ruland, Causa, S. 16; Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 183 stellt die von Boethius (gestorben 524/525), dem „letzten römischen und ersten scholastischen Philosophen“, überlieferte und kommentierte Aristotelesschrift „De Interpretatione“ heraus. Zudem hat er in den Schriften der Scholastiker Petrus Abaelardus (1079–1142) – er lehrte in Paris Theologie, Logik und Dialektik – und Petrus Lombardus (um 1110–1160) – er war Bischof von Paris – die Nutzung von Begriffen der aristotelischen Kausalitätslehre ausfindig gemacht. 202 Nach dem Urteil Vecchios in seiner Rechtsphilosophie, S. 101: „Eine systematische Zusammenfassung des philosophischen Wissens seiner Zeit, zugleich ein Werk, durch das er sich die Eigenschaft als Lehrmeister und geistiges Oberhaupt des Katholizismus erwarb“. 203 So Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) über die Philosophie der Scholastik, vgl. Historisches Wörterbuch/Schmidinger VIII, S. 1339 (Fn. 41). Vgl. auch Mayer-Maly, Fragmente zur causa, S. 244: „Vielleicht liegt es an diesen scholastischen Gliederungen der causae, daß uns die causa manchmal als etwas überaus Subtiles erscheint.“ 204 Zum Folgenden vgl. auch die Darstellungen bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 184 ff.; ders., causa, S. 14 ff.; Ruland, Causa, S. 17 f.

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ab.205 Es werden vier Arten von Ursachen unterschieden: die Materie (causa materialis), die Form (causa formalis), die Wirkursache (causa efficiens) und die Zweckursache (causa finalis).206 Die Ursachen der Materie und der Form werden als innere Ursachen (causae intrinsecae) den von außen hinzutretenden Ursachen (causae extrinsecae), das sind die Wirk- und die Zweckursache, gegenübergestellt.207 Aus einer dieser Ursachen kann immer nur eine Wirkung folgen – wo die gleiche Ursache vorhanden ist, tritt auch die gleiche Wirkung ein.208 Die Ursache muss jedoch stets hinreichend (sufficiens) sein, um die Wirkung hervorbringen zu können.209 Um etwas Licht in dieses hochscholastische Begriffsdickicht zu bringen, betrachten wir die Bestimmung der causa, wie sie Aristoteles in seiner Metaphysik210 gegeben hat. Dort findet sich eine Unterteilung der causa in vier Arten: „Grund heißt in einem Sinne das in dem Gegenstande Enthaltene, woraus er wird; so das Erz für die Bildsäule, das Silber für das Gefäß, und ebenso die Gattung, zu der Erz und Silber gehören“ – causa materialis. „In anderem Sinne heißt Grund die Form und das Urbild, also der Wesensbegriff, sowie die jenen übergeordnete Gattung, so für die Oktave das Verhältnis 2 : 1, und als höherer Begriff die Zahl, und die Glieder des Verhältnisses“ – causa formalis. Diese zwei inneren Ursachen (causae intrinsecae) werden für das Vertragsrecht von den mittelalterlichen Juristen selten nutzbar gemacht, umso häufiger wird sich dafür aber der Begriffe der zwei äußeren Ursachen (causae extrinsecae) bedient, die sich in der Metaphysik in 205

Thomas von Aquin, Summa theologica, P. III, Qu. 86, art. 6, 3 (S. 92): „… Illud est proprie causa alicuius, sine quo esse non potest: omnis enim effectus dependet a sua causa.“ Vgl. ebenda (S. 92): „… im eigentlichen Sinne [ist] das die Ursache von etwas, ohne das dieses nicht sein kann; denn jede Wirkung hängt von ihrer Ursache ab.“ 206 Thomas von Aquin, Summa theologica, P. II-II, Qu. 27, art. 3, 3 (S. 176): „Est autem quadruplex genus causa:, scilicet finalis, formalis, efficiens et materialis …“ Vgl. ebenda (S. 176): „Es gibt aber vier Arten von Ursachen: nämlich die Zielursache, die Wesensursache, die Wirkursache und die stoffliche Ursache …“. 207 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles, II Cap. 31 (Band 2, Rn. 1081c, S. 145): „Causa autem extrinseca est vel efficiens vel finis.“ Vgl. Thomas von Aquin, Summa contra gentiles – Übersetzung, II Cap.31 (Band 2, S. 135): „Die äußere Ursache ist nun entweder eine Wirkursache oder eine Zweckursache“. Vgl. auch Söllner, causa, S. 16. 208 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles, III Cap. 86 (Band 3, Rn. 2626a, S. 126): „Posita causa quacumque necesse est eius effectum poni.“ 209 Thomas von Aquin, Summa contra gentiles, III Cap. 86 (Band 3, Rn. 2626a, S. 126): „Hoc enim oportet in omnibus causis, quia aliqua causa sufficiens alicuius effectus, potest tamen impediri ex concursu alterius causae, ut non sequatur effictus.“ 210 Entstanden zwischen 348 und 322 v. Chr. Die nun folgenden Zitate sind der Übersetzung von Adolf Lasson von 1907 entnommen, alle S. 287 im Kapitel VI. „Zur Terminologie, 1. Prinzip, Grund, Element“.

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folgender Weise umschrieben wieder finden: „Drittens heißt Grund der Ausgangspunkt für Veränderung und Ruhe; so ist jemand Grund, d.h. Urheber, durch seinen Willen, der Vater für das Kind, überhaupt wer etwas macht für das was gemacht wird, und das was Veränderung setzt für das Veränderte.“ Von der hier umschriebenen causa efficiens – die sich gelegentlich auch als causa movens, causa agens, causa activa, causa effectiva, causa factiva und causa impulsiva umschrieben wieder findet211 – geht mithin eine Bewegung oder Veränderung aus. Die causa finalis schließlich charakterisiert Aristoteles wie folgt: „Viertens ist Grund der Zweck, also das Wozu, wie für das Spazierengehen die Genesung. Denn auf die Frage: wozu geht jemand spazieren? Antworten wir: um gesund zu werden, und mit dieser Antwort meinen wir den Grund bezeichnet zu haben. So heißt denn Grund auch, was in der Mitte liegt zwischen Anstoß und Bewegung und dem Ziele; so für die Genesung die Entfettungskur oder das Abführen, die Arznei oder die Instrumente, lauter Dinge, die zu dem Zwecke als Mittel dienen, aber sich unterscheiden wie die Veranstaltung und ihre Verrichtung.“ Dem Zweck wird demnach ebenso eine kausale Bedeutung beigemessen, denn er bedingt die Richtung der sonst blind wirkenden Ursachen – alles Geschehen ist zielstrebig und zweckgebunden; nach Thomas ist die Finalität daher die höchste Form der Kausalität.212 Auch wenn dieses theoretische Konstrukt auf den ersten Blick etwas unvermittelt und schwer eingängig daher kommt: Die Funktion und Bedeutung dieser Abgrenzung verschiedener causae wird im Verlaufe dieser Untersuchung sichtbar werden.

III. Germanisch-altdeutsches Vertragsverständnis Auch die germanische und frühmittelalterliche deutsche213 Vorstellung vom schuldrechtlichen Vertrag ist ein Baustein auf dem Weg zum moder211

Vgl. Söllner, causa, S. 16. Thomas von Aquin, Summa theologica, P. I, Qu. 5, art. 2, 4 (S. 97 f.): „Bonum autem, cum habeat rationem appetibilis, importat habitudinem causae finalis; cuius causalitas prima est, quia agens non agit nisi propter finem, et ab agente materia movetur ad formam: unde dicitur quod finis est causa causarum.“ Vgl. ebenda (S. 98): „Die Ursächlichkeit der Zweckursache ist aber unter allen Ursächlichkeiten die erste, denn das Wirkende wirkt nur um eines Zielen willen; [wie aber das Wirkende vom Ziel, so sind Stoff und Wesensform wieder vom Wirkenden abhängig, denn:] das Wirkende führt den Stoff der Wesensform entgegen. Deshalb wird auch das Ziel die Ursache aller Ursachen genannt.“ 213 Das Zeitalter der Germanen lässt sich datieren auf das 2. Jahrhundert v. Chr.– 5. Jahrhundert n. Chr., das fränkisch-deutsche Reich auf die Zeitspanne vom Untergang des weströmischen Reichs im 5. Jahrhundert bis zur Niederlegung der Krone des Heiligen Römischen Reiches durch Kaiser Franz II im Jahr 1806. Aus dieser letzten Epoche ist hier nur von Interesse die Zeit des Frühmittelalters, also die Zeit 212

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nen Vertragsverständnis, welcher in folgenden Rechtsepochen argumentativ nutzbar gemacht wurde. Im Vergleich zum Einfluss der römischen, aber auch der kanonischen Vorstellung vom Vertrag ist seine Bedeutung jedoch gering, gründete sich sogar auf einer gänzlich falschen Vorstellung der späteren Rechtsepochen vom altdeutschen Vertragsrecht. Dieser in der Epoche des usus modernus des 17. und 18. Jahrhunderts – wie noch zu zeigen sein wird – fruchtbare Irrtum wurde erst in der Neuzeit aufgedeckt. Nur dieses, der Vertragsentwicklung dienliche Missverständnis germanischaltdeutschen Vertragsdenkens verdient hier eine nähere Betrachtung und Klarstellung. „Ein Mann – ein Wort!“ Dieses Sprichwort214 diente zur Untermauerung und zum Beweis der lange Zeit gemeinhin vertretenen Überzeugung, dass den Germanen und den alten Deutschen die Treue höchste Tugend und deshalb auch jede formlose Vereinbarung, jede einfache Willensübereinstimmung rechtswirksam gewesen sei.215 Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat sich die germanistische Wissenschaft gegen diese These gestemmt und sie widerlegt: In den Gebieten der germanischen und altdeutschen Rechte waren nur solche Verträge verbindlich, die von den Beteiligten in einer von der allgemeinen Anschauung gebilligten äußeren Form kundgetan wurden216 – „Somit zeigt das ältere deutsche Recht einige Verwandschaft mit der Rechtsauffassung der Römer.“217 Heute herrscht Einigkeit darüber, dass nach deutschem Vertragsrecht der hier zu beleuchtenden Zeitspanne ein schuldrechtlicher Vertrag nicht durch eine bloße Willensübereinstimmung begründet werden konnte: das germanische und altdeutsche Recht kannte keine Konsensualverträge.218 Als wohl älzwischen dem 5. Jahrhundert bis hin zum Investiturstreit zwischen deutschem Kaiser und römischem Papst im 10./11. Jahrhundert. Vgl. dazu Mückl, Jura 2006, 606 ff.; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 66 (§ 3 A), S. 75 (§ 4 A) und Erler, Kirchenrecht, S. 23 ff. 214 Zu seinem ursprünglichen Sinn vgl. Kaufmann, JuS 61, S. 120 ff. 215 Aus der germanistischen Wissenschaft des 19. Jahrhunderts vgl. beispielhaft Zoepfl, Deutsche Rechtsgeschichte Band 3 (1872), S. 183; Siegel, Versprechen (1873), S. 1 ff., insbes. S. 41 ff. (dazu kritisch Hofmann, Entstehungsgründe (1874), S. 7 ff., insbes. 24, 33 f.); Witte, ZRG 6 (1867), 459 f. Vgl. auch Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 18. 216 Grundlegend Sohm, Recht der Eheschließung (1875), S. 24; Stobbe, ZRG 13 (1878), S. 212 ff., 249; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 5 ff. (1881). Vgl. auch schon Savigny, Obligationenrecht II, S. 236–238 (1853). 217 Stobbe, ZRG 13 (1878), S. 214. Ebenso Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 19: „Praktisch besteht gar kein Unterschied zwischen dem römischen und dem germanischem Recht.“ 218 Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 18 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 24; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 5; Hübner, Grundzüge, 5. Aufl., S. 523; Köbler, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 74 (§ 3 III 5), S. 92 (§ 4 III 5), S. 128 (§ 5 III 5); Steinwenter,

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teste Form des wirksamen Vertragsschlusses konnten sich die alten Deutschen des Treuegelöbnisses (fides facta) bedienen: Ein Erfüllungsversprechen, welches mit bestimmten Worten gesprochen wurde, wohl ursprünglich auch eidlich bekräftigt,219 außerdem von einem bestimmten Handritus begleitet werden musste und an die römische Stipulation erinnert.220 Eine weitere wichtige Verpflichtungsform der Frühzeit war der Wettvertrag (wadiatio), bei dem der Ritus des Stabreichens verpflichtungsbegründend wirkte, und auch der Vertragsschluss vor Gericht oder vor Zeugen, bei dessen besonderer Form des Litkaufs die Parteien und die Zeugen nach Vertragsschluss noch zu einem gemeinsamen Mahl oder Umtrunk zusammenblieben.221 Schließlich konnte eine Schuld auch durch Erfüllung der einen Partei begründet werden; ähnlich den römischen Innominatkontrakten kam also ein Realvertrag auch durch Vorleistung und Annahme zustande.222 Die Anforderungen an die Vorleistung schwächten sich mit der Zeit dahingehend ab, dass eine Teilleistung für ausreichend erachtet wurde und so die Hingabe einer Arrha, einer symbolischen kleinen Münze üblich wurde.223 Dieser kurze Anriss der bedeutendsten Möglichkeiten des Vertragsschlusses in germanischer und frühmittelalterlicher Zeit verdeutlicht den sehr formellen Charakter altdeutschen Vertragsdenkens. Entsprechend der einfacheren Lebensart erreichte es auch nicht die Differenzierungshöhe des römischen Rechts, anerkennt auch bei häufig gebrauchten Geschäftstypen den Vertragsschluss durch Konsens nicht, wie wir es bei den Römern hinsichtlich der Geschäfte zum Zwecke des Kaufs oder auch um Zwecke der vorübergehenden Überlassung von wirtschaftlichen Werten beobachten konnten.224 JBl. 72 (1950), S. 174 f.; Creutzig, Schuldversprechen, S. 10 f.; Hübner, Grundzüge, S. 521 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 24; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 18 f. 219 Vgl. hierzu nur Puntschart, SZ (GA), 1905 (26), S. 165 ff. 220 Als Handritus galt in ältester Zeit der Reichung der jeweils rechten Hand, später auch das Emporheben des Zeigefingers oder zweier Finger während des Treuegelobnisses; vgl. Hübner, Grundzüge, S. 524 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 25 f.; Siegel, Handschlag und Eid, S. 25; Hagemann, SZ (GA), 1966 (83), S. 3 ff. 221 Vgl. Hübner, Grundzüge, S. 528 f. u. 537 f.; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 19; Nanz, Vertragsbegriff, S. 26 ff.; Hagemann, SZ (GA), 1966 (83), S. 15 ff.; Stobbe, ZRG 13 (1878), S. 231 ff.: „Nicht die Erklärung des Consenses an sich macht den Contrakt perfekt, sondern die Gabe des Geldes für das Mahl oder den Trunk … und die Verwendung des Geldes für seinen Zweck“ (S. 231). 222 Hübner, Grundzüge, S. 533 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 28; Stobbe, ZRG 13 (1878), S. 240 ff. 223 Die germanische Arrha verpflichtete aber weiterhin, wie beim Realvertrag, nur den Empfänger des „Gottespfennigs“, nicht auch den diese Münze Hingebenden selbst; vgl. Hübner, Grundzüge, S. 535 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 26; Stobbe, ZRG 13 (1878), S. 221 f. 224 Nanz, Vertragsbegriff, S. 27.

A. Grundlagen des europäischen Vertragsdenkens

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Für das germanisch-altdeutsche Vertragsdenken bleibt uns mithin festzuhalten, dass das in dem Rechtssprichwort „ein Mann – ein Wort“ zum Ausdruck kommende Prinzip der Vertragstreue einen wirksamen Vertrag voraussetzte, welcher nach älterem deutschem Vertragsrecht, wie das Recht aller „jugendlicher Völker“,225 strengen formalen Anforderungen unterlag. Der Vertragsschluss durch bloße Willenseinigung war dem germanischen und frühmittelalterlichen deutschen Recht gänzlich fremd – die gegenteilige bis in das 19. Jahrhundert hinein herrschende Überzeugung entblößt sich insoweit als ein historischer Irrtum.

IV. Zusammenfassende Betrachtung Zusammenfassend bilden römisches, kanonisches und germanisch-altdeutsches Recht die Säulen des europäischen Vertragsdenkens, auf die sich die weitere Entwicklung des Vertragsbegriffes stützen konnte. Römisches und germanisch-altdeutsches Obligationenrecht stellten strenge formale Anforderungen an den Vertragsschluss, demgegenüber konnte nach kanonischem Vertragsverständnis bereits die bloße Willensübereinstimmung eine wirksame Verpflichtung begründen. Für das römische Recht war ein solcher Konsens der Parteien zwar Grundmerkmal eines jeden Vertrages, er allein jedoch konnte keine Verpflichtungen hervorbringen. Das römischrechtliche Typensystem, der systemimmanente Gegensatz von pacta nuda und pacta vestita, zeichnete sich gerade durch die über den Konsens hinausgehenden zu erfüllenden Merkmale aus. Diese über die Willenseinigung der Parteien hinaus erforderlichen Merkmale der pacta vestita können mit den Glossatoren der Frühzeit als die causa des jeweils klagbaren römisch-rechtlichen Schuldvertrages begriffen werden. Aber nicht nur auf Ebene des römischen Obligationenrechts finden sich Ansätze für das heutige Verständnis von der causa des Vertrages. Das Verfügungsgeschäft der traditio ex iusta causa kennt vermittels des Tatbestandsmerkmals der iusta causa sowohl die Einigung über den Eigentumsübergang selbst als auch die Einigung über die causa der Verfügung. Uneinigkeit besteht bis zum heutigen Tage über die Frage, ob die letztere Einigung über die causa nach römischem Recht neben der ersteren Einigung über die Eigentumsübertragung eine konstitutive Voraussetzung einer wirksamen Verfügung darstellte, ob das römische Verfügungsgeschäft der Tradition kausal oder aber abstrakt ausgestaltet war.

225

Dazu Hübner, Grundzüge, 5. Aufl., S. 521 u. 14 ff.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens Wenn wir uns nunmehr der Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens aus den dargestellten Grundlagen zuwenden, wird sogleich im Allgemeinen auch die Rezeptionsgeschichte beleuchtet. Rezeption bedeutet im eigentlichen Wortsinne die Übernahme eines Elementes in eine neue Umgebung.226 In der Rechtswissenschaft wird mit dem Vorgang der Rezeption insbesondere die Wiederentdeckung des römischen Rechts und dessen Aufnahme in die unterschiedlichen europäischen Rechtsordnungen seit dem Mittelalter umschrieben. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches 476 n. Chr. und unter dem Druck der Völkerwanderung wurden im Laufe der folgenden Jahrhunderte in den westlichen Gebieten des ehemaligen Reiches die Stammesrechte der germanischen Völker übernommen.227 Die Bedeutung und damit auch die Kenntnis vom römischen Recht und seiner Rechtsquellen verschwand während dieser „dunklen Jahrhunderte“, wenn auch von einem wirklichen Untergang des römischen Rechtes in dieser Zeit nicht gesprochen werden kann.228 Erst gegen Ende des 11. Jahrhundert begann man zunächst in Italien sich wieder intensiv mit den römischen Quellen zu beschäftigen; die Wiederentdeckung des römischen Rechts sollte sich in den folgenden Jahrhunderten dann auf den gesamten europäischen Raum ausbreiten.229 Für die Initialzündung zu einer solch römischen Rechtswissenschaft, welche die dogmatische und systematische Grundlage für den sich anschließenden theoretischen und praktischen Umschwung des Rechts in Europa bereitete, zeichnet gemeinhin der Unterricht an der Universität von Bologna verantwortlich.230 An dieser Schule, als 226 Rezeption leitet sich aus dem Lateinischen recipere (aufnehmen) ab; vgl. Deutsches Rechtslexikon III, S. 146. 227 Vgl. Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 16 f.; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 26 stellen maßgeblich auf die Zeitspanne vom 7. bis 11. Jahrhundert ab. 228 Namentlich in Italien und Südfrankreich ist es stets lebendig geblieben, wohl insbesondere auch deshalb, weil Justinian das corpus iuris civilis nach der Eroberung Italiens (die freilich nur kurzen Bestand hatte) dort förmlich in Kraft setzte, vgl. Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 26. Vgl. auch Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 17; Fuchs, causa traditionis, S. 27 „… die Geschichte der Rechtswissenschaft zwischen dem Zeitalter Justinians und der Renaissance des 12. Jahrhunderts [liegt] beinahe völlig im Dunkeln, und eine überzeugende Darlegung der damaligen Zustände ist bis anhin kaum geglückt.“ 229 Deutsches Rechtslexikon III, S. 146; Dahm, HZ 167 (1943), S. 242. 230 Vgl. nur Luig, Humanismus, S. 285. Zu der Rechtsschule von Pavia, der Sitz des Hofgerichtes für den langobardischen Staat, die sich ebenso im 11. Jahrhundert vertieft mit dem römischen Rechtsstoff befasste vgl. Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 27.

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens

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dessen Begründer Irnerius gilt, wurde erstmalig wieder das gesamte Corpus Iuris zum Gegenstand juristischer Studien gemacht, wurde die überreiche Kasuistik des römischen Rechts für den wissenschaftlichen und den Justizgebrauch aufbereitet.231 Diese Phase der Wiederentdeckung und der systematischen Aufbereitung des römischen Rechtsstoffes verdient in unserem Zusammenhang zuvörderst eine eingehende Betrachtung (vgl. I). Im 14. Jahrhundert schließlich beginnt das nunmehr maßgeblich durch die Bologneser Schule systematisch und dogmatisch aufbereitete römische Recht, vermittelt durch die vom dortigen Studium zurückkehrenden und an einflussreichen Stellen untergebrachten Juristen232 auch in die jeweilige Gerichtspraxis einzudringen.233 Römisches Recht wurde dabei anerkannt als allgemeines Recht (ius commune), dem der jeweils engere regionale Rechtskreis in der Anwendung vorging; es wurde insoweit nur subsidiär für solche Fragen angewandt, für die das engere Regionalrecht keine Antworten vorsah – freilich wurde letzteres in der Rechtswirklichkeit im Laufe der Jahrhunderte vom römisch-rechtlichen Gedankengut gleichsam durchdrungen.234 Obschon die Rezeption als ein gesamteuropäischer Vorgang zu begreifen ist, unterschieden sich die einzelnen Territorien in Art, Form und auch im Umfang der Übernahme des ius commune.235 Für Deutschland wurzelte der Anspruch auf die Geltung des gesamten römischen Rechts in dem Gedanken, dass das heilige römische Reich, das deutsche Kaisertum,236 eine Fortführung und Erneuerung des römischen Imperiums bilde, dass also die Gesetzgebung Justinians die eines Vorfahren der deutsche Kaiser sei und das römi231

Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 28. Vgl. Dahm, HZ 167 (1943), S. 231 f.: „Die von Italien übernommene Lehre, daß der Doktor dem Adeligen gleichgestellt sei, öffnet dem Akademiker die bisher dem Adel vorbehaltenen hohen Verwaltungs- und Richterstellen …“ (S. 232) und Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 29: Bereits gegen Ende des 12. Jahrhunderts beträgt die Zahl der Studierenden in Bologna 1000. 233 So genannte „Hauptrezeption“ oder auch „praktische Rezeption“, vgl. Mitteis/ Lieberich, Deutsch Rechtsgeschichte, S. 324 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 133 f.; Deutsches Rechtslexikon III, S. 146 f.; Dahm, HZ 167 (1943), S. 233 ff. 234 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 138 (§ 7 II 3); Deutsches Rechtslexikon III, S. 146 f.; Zimmermann, ERPL 1995 (3), S. 99 und instruktiv Dahm, HZ 167 (1943), S. 238: „Die Bedeutung der Rechtszersplitterung für die Rezeption hat man häufig betont … So ist die Zersplitterung des deutschen Rechts zweifellos eine der wesentlichen Ursachen für die Aufnahme des Rechts in den Territorien gewesen.“ 235 Instruktiv Dahm, HZ 1943 (167), S. 229: „… das fremde Recht hat sich nicht in breitem Strome über Deutschland ergossen, sondern, um im Bilde zu bleiben, sich in zahllose Rinnsale verteilt.“ Zu der Rezeption in Frankreich, den Niederlanden, Spanien und England vgl. die ausführliche Darstellung in Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 59–75. 236 Diese Epoche beginnt mit der Kaiserkrönung Ottos I. am 2. Februar 962, vgl. dazu nur Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht, S. 155. 232

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

sche Recht als kaiserliches mithin subsidiäre Kraft habe.237 Um eine handfeste Erklärung der Rezeption in Deutschland zu liefern, findet sich darüber hinaus die Überlieferung, dass Kaiser Lothar von Supplinburg 1135 die subsidiäre Anwendung des römischen Recht durch Reichsgesetz ausdrücklich vorgeschrieben habe – eine Fabel, die später polemisch als die „Lotharische Legende“ in die Geschichte einging.238 Für unsere Untersuchung in diesem Abschnitt europäischer Rechtsgeschichte von Interesse und näher zu untersuchen ist zunächst die Frage, wann und wie sich das Obligationenrecht vom nunmehr im europäischen Raum als ius commune geltenden römischrechtlichen Typenzwang, mithin von dem Gegensatzpaar der pacta nuda und pacta vestita befreien konnte (vgl. II). Der auf den Zusammenbruch des römischen Vertragssystems folgende systematische Neubau des Obligationenrechts soll im Anschluss daran beleuchtet werden. Die Untersuchung wird sich hier auf die Lehren der maßgeblichen Wegbereiter beschränken müssen (vgl. III). Schließlich verbleibt uns im Anschluss daran zu betrachten, auf welche Weise die Entwicklung des Vertragsdenkens ihren vorläufigen Abschluss gefunden hat. Dazu sollen der Vertrag und seine Voraussetzungen anhand der ersten drei, in der Zeit des Überganges in das 19. Jahrhundert geschaffenen Kodifikationen beleuchtet werden, die nicht am römisch-rechtlichen Typenzwang festhielten, sich vielmehr des wegbereitenden systematischen Neuansatzes im Obligationenrecht bedienten (vgl. IV).

I. Wiederentdeckung und Systematisierung des römischen Vertragsrechts Die Methode des Studiums der Texte des Corpus Iuris Civilis an der Bologneser Schule war vorwiegend exegetisch. Man beschränkte sich jedoch nicht nur auf die fortlaufende Exegese einzelner Textstellen, suchte vielmehr auch den Sinn der einzelnen Fragmente zu erfassen, in dem man sie zu Parallelstellen in Bezug setzte, versuchte so Widersprüche auszugleichen und gelangte auf diese Weise zu einer systematischeren und allgemeineren Darstellung des Rechtsstoffes – mit diesem Anspruch der logischen Durchdringung der Rechtsprobleme mit dem Ziel der Herausbildung allgemeiner Rechtssätze haben sie die Methode geschaffen, die bis heute die fachjuristische schlechthin geblieben ist.239 Dabei wurde die Textexegese jedoch nicht – im Sinne heutiger rechtswissenschaftlicher Methode – 237 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 76; Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 157 u. 159 f. 238 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 80 (§ 5 I 1), S. 145 (§ 7 IV 2 a); Wesensberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 77; Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 323.

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens

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in der Absicht vorgenommen, die überlieferten Quelltexte auf ihre Richtigkeit „vor dem Forum einer voraussetzungslosen Vernunft“240 zu überprüfen, sie sollte vielmehr gerade die Wahrheit der Textstellen beglaubigen.241 Das Studium des römischen Rechts in seiner Überlieferung durch Justinian war beherrscht von dem unumstößlichen Grundsatz, dass im Corpus Iuris die Vernunft selbst Wort geworden ist, es unmittelbar und unanfechtbar Wahrheit wiedergibt – der römische Quelltext war, ganz wie dem Theologen die Bibel, ratio scripta.242 Da man sich demnach des Sinnes dieser ratio scripta zu versichern hatte, war die Grundform der Bearbeitung des Quelltextes die fortlaufende Erklärung einzelner Texte: die Glossierung.243 Die Juristen dieser Epoche werden deshalb auch als Glossatoren und die ihnen nachfolgende Gelehrtengeneration als Postglossatoren oder treffender Kommentatoren bezeichnet. Erst die Generation der Kommentatoren baute auf den Erkenntnissen der Glossatoren das Recht zu wirklicher mittelaterlicher Praxistauglichkeit weiter aus, machte das justinianische Recht erst zu einem gesamteuropäischen Gemeinrecht (ius commune) – „diese Eroberung der ganzen Rechtswirklichkeit ihrer Zeit ist das Verdienst der den Glossatoren folgenden und ihnen ebenbürtigen Gelehrtengeneration.“244 Beide Generationen hielten ganz selbstverständlich am römischrechtlichen Typensystem fest, arbeiteten den Gegensatz von klagbaren und klaglosen schuldrechtlichen Verträgen wie bereits oben beleuchtet plastisch in Form einer Vestiturtheorie heraus.245 Unsere Untersuchung kann sich an dieser Stelle mithin ganz auf die prominente mittelalterliche causa-Lehre konzentrieren. Dabei betrachten wir zunächst, wie die Schule der Glossatoren die causa aus den Quellen zu einem Allgemeinbegriff einer bestimmten Vertragskategorie herausgearbeitet hat (vgl. 1). Im Anschluss soll die 239

Ausdruck dessen ist insbes. die Darstellungsform der Summa, die auf die Gewinnung allgemeiner Regeln abzielt, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 58 (§ 3 II 3 c), S. 66 ff. (§ 3 V); Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 28. 240 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 54 (§ 3 II 2). 241 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 54 f. (§ 3 II 2). 242 „Erst das radikale Vernunftrecht legitimiert die Autorität des positiven Rechts ganz neu aus dem Herrschaftsbefehl des Souverän … Seitdem soll das menschliche Recht nicht mehr dem außerzeitlich vernünftigen Wort der ratio scripta gehorchen, sondern dem zwecksetzenden Willen selbst“, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 55 f. (§ 3 II 2) und auch Luig, Humanismus, S. 285. 243 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 28; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 56 (§ 3 II 3 a). 244 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 81 (§ 5 I 1). Vgl. auch Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 31: „Man sieht den Hauptunterschied zwischen diesen beiden sich ablösenden italienischen Rechtsschulen meist darin, daß den Glossatoren jedes Verhältnis zur Praxis gefehlt habe, während die Kommentatoren selbst geniale Praktiker waren.“ 245 Vgl. oben Teil 1, A, I, 1, c).

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

weitere Ausdehnung und Ausgestaltung dieser causa-Lehre durch die Kommentatoren untersucht werden (vgl. 2). 1. Schule der Glossatoren Knüpfen wir hier an den schon in der Darstellung des römischen Rechts gemachten Ausflug in das 10. und 11. Jahrhundert an: Der Begriff der causa in D. 2, 14, 7, 2 und 4 wurde von den Glossatoren mit dem Moment, welches den Innominatkontrakten die Klagbarkeit verleiht, nämlich die Vorleistung des einen Vertragsteils, ausgefüllt. Anknüpfend daran wurde der Begriff der causa für unsere Darstellung des römischen Rechts daher ganz im Sinne der frühzeitlichen Glossatorenschule belegt mit dem vestimentum, d.h. dem jeweils zusätzlich über die Willeinseinigung hinaus erforderlichen Merkmal der klagbaren Verträge. Wie bereits angedeutet, führte diese inhaltliche Bestimmung des causa-Begriffes jedoch nicht weiter. Die Accursische Glosse, als die autoritative Quelle des Rechts im Mittelalter, lehnte jede Verquickung dieser Textstelle und dieser Auslegung mit den weiteren, auf eine causa Bezug nehmenden Fragmenten des Corpus Iuris ab. Das untersuchte Ulpianfragment D. 2, 14, 7, 2 und 4 mit der dazugehörigen Auslegung hatte daher auf die Entwicklung der heute prominenten und nun näher darzustellenden vertraglichen causa-Lehre des Mittelalters, die sich ausschließlich anhand dieser anderen auf die causa Bezug nehmenden Textstellen entwickelte, keinen Einfluss.246 Anstoß zu den Erörterungen über die causa im Vertragsrecht, die schließlich auch zu einer Ausbildung einer so benannten Theorie führten, gab vielmehr das Fragment D. 44, 4, 2, 3: „… Wenn jemand von dem Anderen ohne Grund [causa] stipulirt hat, und nachher aus der Stipulation Klage erhebt, so wird ihm jeden Falls die Einrede der Arglist entgegenstehen, denn wenn er auch zu der Zeit, wo er stipulirte, nichts mit der Arglist begangen hat, so ist dennoch nicht zu leugnen, dass er arglistig handele, sobald er es zur Einleitung des Verfahren kommen lässt, weil er dadurch bei der Forderung aus der Stipulation beharrt. Ja selbst wenn er zur Zeit des Eingehens der Stipulation eine rechtmäßige Ursache [causa] dazu hatte, so scheint er dennoch gegenwärtig eine solche nicht weiter zu haben. Wenn er sich mithin, in der Absicht, ein Darlehn vorzustrecken, eine Summe Geldes stipulirt hat, und das Darlehn nicht hergegeben hat, so schadet ihm die Einrede, wenn auch der Grund der Stipulation ein bestimmter war, der jedoch entwe246 Vgl. dazu bereits ausführlich oben Teil 1, A, I, c). Vgl. auch Zimmermann, Obligations, S. 549 ff., der wie hier eine Aufteilung der Fundstellen zur causa im Corpus iuris in zwei Gruppen vornimmt und auf S. 551 schließlich feststellt: „These were two of the most important bricks available to the medieval lawyers.“

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens

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der nicht wirklich eingetreten, oder erledigt ist.“247 Anhand der Verknüpfung von dem „Grund“ oder der „rechtmäßigen Ursache“, also der causa im Sinne dieser Textstelle, und der stipulatio, begründete die Accursische Glosse ein formelles Erfordernis des römischen Verbalkontraktes: dass die causa bei Abschluss der stipulatio von den Kontrahenten notwendigerweise zum Ausdruck gebracht werden müsse.248 Korrespondierend für die materielle Ausfüllung des Begriffes der causa in diesem Sinne stellt die Glosse einen inneren Zusammenhang mit einer Textstelle aus dem Codex Justinians, C. 4, 30, 13, her: „Wir verordnen allgemein, dass, wenn wegen Gelder, die aus einem vorhergegangenen Rechtsgrunde [antecedente causa] herrühren, eine Verschreibung gemacht wird, und der Aussteller diesen Rechtsgrund darin bestimmt ausspricht, ihm dann nicht mehr gestattet sein soll, den Beweis dieses Grundes von dem Gläubiger zu fordern, da er seinen eigenen Bekenntnissen nachkommen muss …, denn wir erachten für allzu anstößig, dass jemand, was er mit seinem Munde deutlich bejaht hat, unter denselben Verhältnissen sollte anfechten und so seinem eigenen Zeugnisse entgegenhandeln können“.249 Obschon hier lediglich eine Beweisregel für 247

Otto/Schilling/Sintenis, S. 553, Band 4; D. 44, 4, 2, 3 „(…) si quis sine causa ab aliquo fuerit stipulatus, deinde ex ea stipulatione experiatur, exceptio utique doli mali ei nocebit: licet enim eo tempore, quo stipulabatur, nihil dolo mal admiserit, tamen dicendum est eum, cum litem contestatur, dolo facere, qui perseueret ex ea stipulatione petere: et si cum interponeretur, iustam causam habiut, tamen nunc nullam idoneam causam hebere uidetur. proinde et sie crediturus pecuniam stipulatus sit nec credit et si certa fuit causa stipulationis, quae tamen aut non est secuta aut finite est, dicendum erit nocere exeptionem.“ 248 Sie stützte sich dabei auch auf das Fragment D 22, 3, 25, 4, vgl. Gl. sine causa zu D. 44, 4, 2, 3 „Vel quia in stipulando causa non exprimitur a contrahentibus: ut supra de probat. 1. cum de indebito § fin. (D. 22, 3, 25, 4), vel exprimitur, quae ab utraque parte inesse creditor et non inest …“ Vgl. auch Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 222; ders., causa, S. 93; Zimmermann, Obligations, S. 550 f.; Barton, TR 1966 (34), S. 45; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2); Creutzig, Schuldversprechen, S. 19. Zur neueren Forschung über die Abstraktheit bzw. Kausalheit der Stipulation im römischen Recht, welcher die prominente Schrift von Wolf nachgeht, hier aber für die Frage nach dem Verständnis dieser Quelltexte bei den Glossatoren nicht weiterhilft, vgl. unten Teil 1, Fn. 255. 249 Otto/Schilling/Sintenis, Band 5, S. 606 f.; C. 4, 30, 13 „Generaliter sancimus, ut, si quid scriptis cautum fuerit pro quibuscumque pecuniis ex antecedente causa descendentibus aemque causam soecialiter peomissor edixerit non iam ei licentia sit causae probationes stipulatorem exigere, cum suis adquiescere deceat, nisi certe ipse e contrario per apertissima rerum argumenta scriptis inserta religionem iudicis posit instruere, quod in alium quemquam modum et non in eum quem cautio perhibet negortium subsecutum sit. Nimis enim indignum esse iudicamus, ut, quod sua quisque voce dilucide protestatus est, id in eundem casum infirmare testimonioque proprio resistere.“ Materiell bestimmte auch schon die Gl. sine causa zu D. 44, 4, 2, 3, dass die causa dem mit der Klage angestrebten Erfolg entsprechen müsse, wobei die promissio selbst keine hinreichende causa darstellt: „An hic libellus sit ad-

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

schriftlich abgefasste Versprechen aufgestellt wird, folgert die Accursische Glosse aus diesem Fragment, dass causa inhaltlich stets ein negotium antecedens, also ein vorausgehender obligatorischer Vertrag sein müsse.250 Dadurch setzten die Glossatoren den Begriff der causa mit dem in dieser Epoche in gleicher Weise ausgefüllten Begriff der iusta causa traditionis gleich, taten dies sogar im vollen Bewusstsein, und stellten so eine Parallele mit dem Recht der Eigentumsübertragung her.251 Während also die Accursische Glosse aus D. 44, 4, 2, 3 herleitete, dass die causa in der Stipulationsurkunde förmlich angegeben werden müsse, folgerte sie aus C. 4, 30, 13 materiell, dass die causa stets ein negotium antecedens sein müsse. Einen Ausdruck des gleichen Prinzips erkannten die Glossatoren in einer weiteren Beweisregel aus dem Corpus Iuris, die Paulus zugeschrieben wird D. 22, 3, 25, 4: „… Wenn aber behauptet wird, dass ein Schuldschein ungeschuldet ausgestellt sei, und derselbe unbestimmt abgefasst ist (indiscrete loquitur), d.h. keinen bestimmten Grund der Schuld angibt, dann muss der angebliche Gläubiger beweisen, dass wirklich eine Schuld vorhanden sei; ist aber ein Schuldgrund angegeben, so muss der Aussteller des Schuldscheins, der angebliche Schuldner, die Nichtschuld beweisen“.252 In Anlehnung an den Sprachgebrauch dieses Fragments, nannten die Glossatoren eine Urkunde, die keinen bestimmten Grund der Schuld und also keine causa angibt cautio indiscreta; eine Urkunde, die hingegen in vorschriftsmäßiger Weise die causa enthält, bezeichneten sie als cautio discreta.253 Die mittendus: peto decem quia promisisti? Videtur quod non, cum in promissione non sit causa sufficiens, ut hic, sicut nec haec sit causa sufficiens, quia Rex est in Francia, sed adicere debet, quia promisitsti ex causa mutui vel simili.“ Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 222 f.; Barton TvR, 1966 (34), S. 47. 250 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 223 und S. 227 f.; ders., causa, S. 96; Barton TvR, 1966 (34), S. 47; Zimmermann, Obligations, S. 551; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2); Gl. descendentibus zu C 4, 30, 13 „ut ex venditione vel locatione vel etiam ex maleficio“; Gl. eamque zu C 4, 30, 13: „scilicet venditionis vel etiam ex maleficio, ut dixi: ut sit alia quam mutui: quia tunc biennium expectaretur: ut infra 1. proxima (C. 4 30, 14) §.“ 251 Vgl. die Nachweise bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 227 f.; ders. causa, S. 104 f. und auch Zimmermann, Obligations, S. 551, Fn. 34 und Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2). Zum Inhalt der iusta causa im römischen Recht bereits oben, Teil 1, A, I, 2, b). 252 Otto/Schilling/Sintenis, Band 2, S. 628; D. 22, 3, 25, 4: „… sin autem cautio indebite exposita esse dicatur et indiscrete loquitur, tunc eum, in quem cautio exposita est, compelli debitum esse ostendere, quod in cautionem deduxit, nisi ipse specialiter qui cautionem exposuit causas explanauit, pro quibus eandem conscripsit: tunc enim stare eum oportet suae confessioni, nisi euidentissimis probationibus in scriptis habitis ostendere paratus sit sese haec indebite promississe.“ Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 225; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2). 253 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 225.

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cautio indiscreta wird entweder als von vornherein unwirksam angesehen oder – und das war die überwiegende Meinung – man lässt ihr gegenüber gem. D. 44, 4, 2, 3 die Einrede der Arglist (exeptio doli) zu.254 Im Ergebnis ist eine Stipulation ohne ausdrückliche Angabe einer causa nach dieser Lehre mithin wirkungslos.255 Die Accursische Verknüpfung und Auslegung dieser drei Textstellen aus dem Corpus Iuris wird allerdings erst vor dem Hintergrund ganz verständlich, dass die Stipulation im Verlaufe der nachklassischen Zeit von einem durch förmelnde Rede gekennzeichneten Geschäft zu einem der Schriftform unterliegenden Vertrag degradiert, verba im Sinne des gai’schen Kontraktschemas also in dieser Zeit nicht wörtliche, sondern schriftliche Willenskundgabe bedeutet.256 In dieser Form tritt die stipulatio auch weitgehend in der justinianischen Kodifikation in Erscheinung.257 Und deshalb ist es auch möglich, dass die Glossatoren die ausdrückliche Angabe einer causa zum Wirksamkeitserfordernis erheben, dass sie fragmentarische Beweisregeln für die Urkundenpraxis ohne Widerspruch mit dem Recht der Stipulation verknüpfen können.258 Von dieser Ausgangslage war es weiterhin ein Leichtes, auch den Litteralkontrakt, als ein zu beurkundender Vertrag, in die causaTheorie mit einzubeziehen. Diese Gleichstellung von stipulatio und obligatio litteris wurde schließlich durch die Verknüpfung des schon bekannten Fragments C. 4, 30, 13 mit einer Digestenstelle welche Pomponius zugeschrieben wird, D. 39, 5, 26 (nuda ratio non facit aliquem debitorem), vollzogen.259 254 In der Klassik wurde eine Einrede gegeben, im nachklassischen Recht hingegen ging man dazu über, eine materielle Unwirksamkeit der Stipulation bei Fehlen einer causa anzunehmen; vgl. Ruland, Causa, S. 20 f.; Kaser, RP II, S. 379 (§ 263 IV a); Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 225. 255 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 226; Ruland, Causa, S. 21; Halfmann, cause, S. 66; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 115; Zimmermann, Obligations, S. 550 f.; Barton, TR 1966 (34), S. 45. Die neueren Forschungen über die Abstraktheit bzw. Kausalheit der Stipulation bei den Römern, welcher u. a. die prominente Schrift von Joseph Georg Wolf, causa stipulatoinis (1970), nachgeht, helfen hier für die Frage nach dem Verständnis der Quelltexte bei den Glossatoren nicht weiter. Vgl. dazu Wacke, TvR 1972 (40), S. 231 ff. und auch Zimmerman, Obligations, S. 550; Creutzig, Schuldversprechen, S. 1 ff. 256 Vgl. oben Teil 1, A, I, a), (a), um Fn. 38. 257 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 222. 258 Vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 222. 259 Vgl. dazu die Nachweise bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 224; ders., causa, S. 98. D. 39, 5, 26 „nuda ratio non facit aliquem debitorem: ut puta quod donare libero homini uolumus licet referamus in rationes nostras debere nos, tamen nulla donatio intellegitur“. Vgl. dazu die Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis, Band 4, S. 91 „Die blosse Rechnung macht Niemanden zum Schuldner: z. B. wenn wir auch in unsere Rechnung eintragen, dass wir dasjenige schulden, was wir einem

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

Festzuhalten bleibt: Durch die Harmonisierung der Fragmente D. 44, 4, 2, 3, D. 22, 3, 25, 4, C. 4, 30, 13, D. 39, 5, 26 haben die Glossatoren eine eigenständige causa-Theorie der römisch-rechtlichen Urkundengeschäfte (Stipulation und Litteralobligation) geschaffen.260 Für die Wirksamkeit dieser Geschäfte war danach erforderlich, dass die causa in der Urkunde ausdrücklich angegeben wurde. Die causa interpretierte man parallel zur iusta causa traditionis als eine vorausgehende Obligation. Das eigentlich verpflichtende Moment war mithin nicht mehr die Einhaltung der Form, sondern die der Stipulation oder der Litteralobligation zugrunde liegende causa; praktisch waren sie damit zu bloßen Beweisurkunden geworden.261 2. Schule der Kommentatoren Die Kommentatoren knüpfen an die glossatorische causa-Lehre der Urkundengeschäfte an. Jedoch erweist sich der so verstandene Begriff der causa bald zu eng. Gerade die zivilistischen Schriften des schon oben beleuchteten Legisten und Kanonisten Baldus de Ubaldis (1327–1400)262 weist gegenüber der Accursischen Glosse eine deutliche Ausdehnung auf. Diese Ausdehnung vollzog sich zunächst innerhalb der causa-Lehre unter materiellem und formellem Vorzeichen [vgl. a)]. Darüber hinaus aber, und dieses stellt wohl in unserem Zusammenhang die folgenschwerste Erweiterung dar, wurde unter Zuhilfenahme der causa-Theorie die kanonische Lehre von der Klagbarkeit der pacta nuda mit der zivilrechtlichen Auffassung von der Unklagbarkeit der pacta nuda verknüpft und so gewissermaßen der Anfang vom Ende des Typenzwanges besiegelt [vgl. b)]. a) Öffnung der causa-Lehre Betrachten wir zunächst die materielle Erweiterung, also die Modifizierung der inhaltlichen Ausfüllung des Begriffes der causa. Am Anfang diefreien Menschen schenken wollen, so wird dieses dennoch nicht als Schenkung erkannt.“ 260 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2); Halfmann, cause, S. 66 f. Nach Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 214–216 haben die Hinweise auf die causa in diesen Textstellen historisch betrachtet keinen klaren und eindeutigen Sinn; sicherlich begründeten die Byzantiner nach seiner Meinung daran nicht, wie die Glossatoren, eine eigenständige causa-Theorie der Urkundengeschäfte oder begründeten das Wirksamkeitserfordernis der ausdrücklichen Angabe einer causa. 261 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 228 und S. 226–227 mit Nachweisen dafür, dass diese Auffassung von den Glossatoren auch in die Urkundenpraxis ihrer Zeit hineingetragen wurde. Vgl. auch Halfmann, cause, S. 68 f. 262 Vgl. dazu bereits oben Teil 1, A, II, um Fn. 163.

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ser inhaltlichen Erweiterung steht die Erkenntnis über deren Funktion im Vertragsrecht: Baldus meint in Zusammenhang mit der Stipulation, dass die anzugebende causa inhaltlich den Nachweis erbringen können muss, dass die Obligation keiner stultita, also keiner Albernheit, entsprungen ist.263 Das Erfordernis der ausdrücklichen Angabe der causa bei Abschluss der Obligation hat danach also die Funktion, die Ernstlichkeit des Vertrages zu dokumentieren.264 Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss, nach der Ansicht Baldus’, die causa nicht stets gleich zu setzen sein mit einer bereits bestehenden Obligation (negotium antecedens). Vielmehr könne auch jeder andere, die Ernstlichkeit des Vertrages dokumentierende vernünftige Grund als hinreichende causa der Obligation genügen.265 Zur Untermauerung dieser Ansicht verknüpft Baldus die glossatorische causa-Theorie mit zwei weiteren Textstellen aus dem Corpus Iuris.266 Darüber hinaus bedient sich Baldus zur Erläuterung seines Ansatzes der Fachsprache der scholastischen Philosophie und verknüpft diese, als erster seiner Zunft, mit dem Vertragsrecht.267 Dabei unterscheidet er zwei Arten von causae: Die Parteien können entweder eine causa finalis oder aber eine causa impulsiva268 in die Stipulation aufnehmen.269 Als causa finalis begreift er ganz auf der Linie 263 Baldus Nr. 5 zu C. 4, 30, 13 „Nam si voluisset donare, hoc expressisset. sicut ergo nulla inserta causa praesumitur stultitia non liberalitas, ita inserta falsa causa ex certa scientia …“, abgedruckt bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 232, vgl. auch ders., causa, S. 112 f. 264 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 232; Zimmermann, Obligations, S. 549 ff., 551 f. 265 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 232, 235; ders., causa, S. 114; Zimmermann, Obligations, S. 551 f.; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 402. A. A. Chevier, Dictionnaire de droit canonique II. Sp. 51, der darlegt, das Baldus als causa der Stipulation stets eine causa finalis verstanden habe. Vgl. dazu aber wiederum überzeugend widerlegend Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 248. 266 Zu diesen wenig gehaltvollen, nicht ausdrücklich auf eine causa Bezug nehmenden Textstellen vgl. in der deutschen Übersetzung Otto/Schilling/Sintenis, Band 2, S. 306 (D. 17, 1, 60, 1) und Otto/Schilling/Sintenis, Band 4, S. 640 (D. 45, 1, 108). Vgl. auch Söllner, SZ (RA), 1960 (77), 235, der diese Verknüpfung folglich als ein „sehr kühnes Unterfangen“ bezeichnet; dazu auch ders., causa, S. 114 ff. 267 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 233, 239, 251; ders., causa, S. 114; MayerMaly, Fragmente zur causa, S. 244; Zimmermann, Obligations, S. 551; Capitant, cause, S. 141; Roussier, Le fondement, S. 181. 268 Als Oberbegriff hatten wir hierfür causa efficiens benutzt, vgl. zu dieser scholastischen Terminologie ausführlich oben Teil 1, A, II, 2, um Fn. 211. 269 Baldus Nr. 22 zu c. 4, 30, 13 „Quarto quaero, qualis debeat esse ista causa? Resp. Actu potens et conveniens ut ff. de exep. Doli l. 2 § circa (D. 44, 4, 2, 3). Tamen loco finalis causae de voluntate promissoris potest inferri causa impulsive id est non cogens sed persuadens ut ff. ma. L. creditor § 1 (D. 17, 1, 60, 1) et ff. de verb. Obl. L. a Titio (D 45, 1, 108), quod est notandum.“ Abgedruckt bei Söllner,

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der glossatorischen Schule ein negotium antecedens, also eine vorhergehende Obligation; die causa impulsiva hingegen umfasse, in Abweichung der alten Schule, jeden anderen überzeugenden Grund.270 Beide Arten von causae fasst er ganz im Sinne der scholastischen Kausalitätslehre unter dem gemeinsamen Oberbegriff der causa extrinseca zusammen.271 Durch diese materielle Erweiterung wird nunmehr eine Stipulation nicht nur dann wirksam, wenn dieser eine bereits bestehende Obligation zugrunde liegt, sondern auch dann, wenn durch die Stipulation selbst erst eine rechtliche Verpflichtung begründet wird und hierzu ein vernünftiger Anlass, ein die Ernstlichkeit des Vertrages bekundender Grund, besteht.272 Mit der Erkenntnis der Funktion der causa einer Obligation als Seriösitätsindiz und mit der daraus folgenden Öffnung des materiellen Begriffes geht zugleich auch eine Erweiterung hinsichtlich der Anwendbarkeit der causa-Lehre, also eine Ausdehnung in formellem Sinne einher. Baldus zufolge ist jedem Vertrag eine bestimmte causa eigentümlich, mit der die Vertragspartner nicht nach Belieben verfahren können und dessen Vorhandensein eine jeweils notwendige Klagevoraussetzung darstelle. Diese Einsicht kommt in seinen Schriften an mehreren Stellen hinsichtlich verschiedener Vertragstypen zum Ausdruck.273 Baldus stützt sich aber nicht mehr nur auf die Texte des Corpus Iuris, sondern sucht seine Einsicht auch mit rationalen Erwägungen zu begründen.274 Er begreift die causa im Vertragsrecht als Ursache im Sinne der scholastischen Kausalitätslehre. Aus der causa folge nämlich als Wirkung die actio. Da nichts, was geschieht, ohne zureichenden Grund geschehen kann, kann ein Vertrag, der keine causa aufweist, auch keine actio hervorbringen.275 Baldus öffnet die causa-Theorie damit auch für die übrigen, neben der Stipulation bestehenden römisch-rechtlichen VerSZ (RA), 1960 (77), S. 233. Vgl. auch Söllner, causa, S. 113; Zimmermann, Obligations, S. 551 f. und Barton, TvR, 1966 (34), S. 60 ff. 270 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 232, 235 f.; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 402. Es scheint jedoch, dass hinsichtlich der Folgen einer falschen causa auch ein anderer überzeugender Grund causa finalis sein kann. 271 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 249. 272 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 235. 273 Vgl. hierzu die Belege bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 236–239; vgl. dort insbesondere Baldus Nr. 23 zu C. 4, 30, 13 (benannte Verträge), Baldus zu C. 2, 3, 5 (vestimenta pactorum). Chevrier, cause, S. 139, hingegen meint – zu Unrecht, wie Söllner darlegt – dass die benannten Verträge der causa-Theorie nicht zugänglich gewesen wären. 274 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 252; ders., causa, S. 148 f. 275 Baldus Nr. 14 zum Dekralentitel de pactis „Ubi non est causa, ibi non est causatum, et ideo ex pacto nudo non insurgit actio, quia actio est quoddam causatum, ergo non potest sine causa oriri.“ Abgedruckt bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 251. Vgl. auch Zimmermann, Obligations, S. 551.

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tragstypen; er bezieht nunmehr alle obligatorischen Verträge in die causaTheorie mit ein, fordert bei Abschluss eines jeden Vertrages das Vorhandensein einer causa.276 b) Verknüpfung mit der kanonischen Vertragslehre Bemerkenswerter noch als die Öffnung der zivilistischen causa-Theorie und für unsere Untersuchung von besonderer Bedeutung ist der dogmatische Schritt, den Baldus unter Zuhilfenahme der causa-Lehre in Richtung der dargestellten kanonischen Lehre von der Klagbarkeit der pacta nuda vollzog. Wie beleuchtet, war nach kanonischem Recht, im Gegensatz zur römischen Typologie, auch ein pactum nudum verbindlich: ex nudo pacto actio oritur. Diesem nackten Versprechen konnte nach herrschender Ansicht mit der Erfüllungsklage, der condictio ex canone, zur Durchsetzung verholfen werden. Für die Wirksamkeit eines Vertrages war es nach kirchlichem Rechtsverständnis mithin irrelevant, ob bestimmte Formen eingehalten oder bestimmte Merkmale erfüllt wurden; nach Ansicht der Kanonisten war die Erfüllung solch zusätzlicher Merkmale weder für Gott noch für das Gewissen von Bedeutung.277 Gegen diese Argumentation waren die Legisten machtlos, was sie jedoch nicht dazu veranlasste, von der zivilrechtsdogmatischen Trennung von pacta vestita und pacta nuda und der vehementen Kritik an der gegenläufigen kanonischen Lehre abzusehen.278 Der „gefühlte“ Legist, aber auch im kanonischen Recht äußerst kenntnissreiche Baldus de Ubaldis, suchte nunmehr mit einem neuen279 dogmatischen Ansatz die in diesem Punkt im Grundsatz unversöhnlichen Lager zusammenzuführen.280 276

Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 236, 239; ders., causa, S. 119 ff.; Inauen, causa, S. 199; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 49 (§ 5 III 2); Zimmermann, Obligations, S. 551; Creutzig, Schuldversprechen, S. 20. 277 Vgl. oben Teil 1, A, II, 1. 278 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 250. 279 Dafür, dass Baldus diesen dogmatischen Ansatz in das Rechtsdenken einführte vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 250; ders., causa, S. 147; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 128; Nanz, Vertragsbegriff, S. 54; Halfmann, cause, S. 72; Zimmermann, Obligations, S. 551; Chevrier, cause, S. 179. A. A. Roussier, Le fondement, S. 181, der ausführt, dass Baldus lediglich eine bereits ausgebildete Lehre der Kanonisten wiedergegeben habe. 280 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 250 u. S. 252, beschreibt als Triebfeder Baldus’ Wirkens die Absicht „die Kritik der Legisten an der kanonischen Lehre abzuschneiden“. Ebenso Zimmermann, Obligations, S. 552: „The doctrine of causa could therefore be used as an ingenious way to bridge the rift that had devolped between legists and canonists“; und auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 55, der Ansatz Baldus’ „lässt sich nur aus dem Wunsch erklären, die ‚störende‘ kanonische Klagbarkeitslehre

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Baldus meint, nach kanonischem Recht stehe ein pactum nudum dann einem pactum vestitum gleich, wenn eine causa vorhanden sei, die auch in eine Stipulation aufgenommen werden könnte.281 Baldus hält also an der Vestiturtheorie fest, trennt die klagbaren von den klaglosen Versprechen und schlägt sich zunächst gewissermaßen auf die Seite der Legisten. Gleichzeitig aber ist es ihm durch die Anwendung der causa-Lehre möglich, auch das pactum nudum in die Vestiturtheorie mit einzubeziehen und sich so auch auf Seiten der Kanonisten zu positionieren: Ein pactum nudum dem eine causa innewohnt, wie sie auch in eine Stipulation aufgenommen werden kann, besitzt ein besonderes vestimentum des kanonischen Rechts und ist daher klagbar.282 Wie wir bereits wissen, erfasste Baldus als causa der Stipulation, weitergehend als die bisherige Schule, sowohl eine causa finalis als auch eine causa impulsiva. Damit hatte Baldus eine Kompromisslösung gefunden. Der Legist konnte an der zivilrechtlichen Differenzierung von pacta vestita und pacta nuda festhalten, zugleich aber auch die im Grunde gegenläufige kanonische Lehre von der Klagbarkeit aller Verträge mit seinem dogmatischen Ansatz in eine gewisse Übereinstimmung bringen.283 Der Baldsche Kniff lag hierbei allein darin, die causa-Lehre auf die pacta nuda zu übertragen: Ein pactum nudum musste zum Zwecke der Klagbarkeit nach kanonischem Recht nunmehr bekleidet sein mit einer causa finalis oder einer causa impulsiva.284 Dogmatisch hatte also das kanonische Recht lediglich ein vestimentum mehr als das Zivilrecht.285 Dieser dogmatische Annäherungsversuch an die Legisten aber blieb erfolglos. Mit der kanonischen Lehre von der Klagbarkeit bloßer pacta nuda konnten sie sich in der Mehrzahl für das weltliche Zivilrecht, selbst mit der avantgardistischen Einschränkung der causa, in dieser Zeit noch nicht anfreunden;286 dieser Schritt blieb erst einer späteren Zivilistenzunft vorbehalten. zuletzt doch dem zivilistischen Vestiturschema unterzuordnen.“ Vgl. auch Halfmann, cause, S. 72 f., Söllner, causa, S. 150 und bereits oben Teil 1, A, II, um Fn. 163. 281 Baldus, Comm. in C 3, 36, 15 (n. 3) „Iure canonico oritur actio ex nudo pacto, dummodo habeat causam.“ Baldus, Lectura in c. 1 X 1, 35 (n. 8) „Non distinguunt inter nuda et vestita, quia nec Deus nec bona conscienta distinguit, dummodo talis causa subsit, quae deducibilis in stipulationem.“ Abgedruckt bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 54. Vgl. auch Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 247 ff.; ders., causa, S. 142. 282 Baldus, c. 1 X 1, 35 (n. 4) „Sed quomodo vocabitur ista actio ex nudo pacto? Resp. Secundum canones non est curandum de nomine actionis, quia non debet edi actio, vel vocabitur actio in factum … vel condictio ex canone. Et vocabitur istud vestimentum canonis suffragio.“ Abgedruckt bei Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 252. Vgl. auch Halfmann, cause, S. 72; Söllner, causa, S. 150. 283 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 253; Zimmermann, Obligations, S. 552. 284 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 252 f.; ders., causa., S. 151; Nanz, Vertragsbegriff, S. 54; Halfmann, cause, S. 72; Zimmermann, JZ 92, S. 17; Capitant, cause, S. 141 f., Chevrier, cause, S. 179 ff. 285 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 252; Halfmann, cause, S. 72 f.

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Auch wenn demnach die Bald’sche Tändelei mit den Legisten nicht aufging, stieß er mit seinem Ansatz bei den Kanonisten auf fruchtbaren Boden. Wie Alfred Söllner in seiner Untersuchung über die causa im Vertragsdenken der Kanonisten aufgezeigt hat, findet sich bereits im Liber Extra (1234), dem zweiten Rechtsbuch des so benannten Corpus Iuris Canonici,287 eine Übertragung derjenigen Grundsätze, welche die Glossatoren noch isoliert für die Stipulation und die Litteralobligation aufgestellt hatten: Auch nach kanonischem Vertagsrecht bedurfte ein Urkundengeschäft zu seiner Wirksamkeit demnach stets einer causa, welche parallel zu der Glossatorischen Schule als vorausgehende Obligation (negotium antecedens) verstanden wurde.288 Die Kanonisten gingen in ihrer Lehre von der cautio indiscreta jedoch noch einen Schritt weiter als die Glossatoren, indem sie eine Urkunde, in der die causa nicht angegeben war, für absolut wirkungslos erklärten – während die Glossatoren, wie aufgezeigt, im Allgemeinen nur gem. D. 44, 4, 2, 3 die exeptio doli gaben.289 War das kanonische Vertagsdenken mithin bereits durch die von den Glossatoren entwickelte causaLehre der Urkundengeschäfte vorbereitet und beeinflusst, hatte es der dogmatisch umfassendere Bald’sche Ansatz nicht sonderlich schwer: Auch die weiterentwickelte causa-Lehre wurde nunmehr von den Kanonisten allgemein übernommen.290 Wenn schon nach dem Liber Extra für die Urkundengeschäfte die Angabe einer causa erforderlich war, so wurde argumentiert, muss das erst recht für die pacta nuda gelten.291 Auch teilten die Kanonisten dieser Zeit dieselbe Überzeugung von der Funktion der causa 286 Vgl. die umfassnden Quelltextnachweise bei Söllner, causa, S. 163 ff. und bei Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 52 ff. und S. 67 ff. Vgl. auch Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 260. 287 Vgl. oben Teil 1, A, II, 1, um Fn. 177. 288 C. 14 X 2, 22 „Si cautio, quam a te indebite proponis expositam, indeterminate loquatur, adversarius tuus tenetur ostendere debitum, quod continetur in ea. Sed si causam, propter quam huis modi scriptura processerit, expresseris in eadem, confessioni tuae statur: nisi probaveris te id indebite promisisse.“ Vgl. Söllner, causa, S. 131 f. und Barton, TvR, 1966 (34), S. 59. 289 Vgl. die Nachweise bei Söllner, causa, S. 132. 290 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 254; ders., causa, S. 154; Ruland, Causa, S. 30, 37; Barton, TvR, 1966 (34), S. 60, 72; Dilcher, SZ (RA), 1960 (77), S. 300 f.; Halfmann, cause, S. 70 f.; Flume, AT, § 12 II 3 (S. 166); MüKo/Thode, § 305 Rn. 17; Brandt, Eigentumserwerb, S. 38; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 400, 402; Chevrier, cause, S. 166 ff., inbes. S. 179; Capitant, cause, Nr. 59 f. I. E. auch Zimmermann, Obligations, S. 549; Blomeyer, Schuldrecht, S. 74 und Creutzig, Schuldversprechen, S. 20. Vgl. auch Diesselhorst, Versprechen, S. 9 mit Verweis auf die Texte von Molina und Lessius, in welchen sich die kanonische Lehre von der Verbindlichkeit des pactum nudum mit der Einschränkung des Bestehens einer causa findet. 291 So das Argument von einem der bedeutendsten Dekretalisten der nachklassischen Kanonistik Abbas Panormitanus (Nicolaus de Tudeschis, gestorben 1453) in

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eines Vertrages, wie sie bei Baldus zu finden ist, dass nämlich durch die Angabe der causa die Seriosität des Vertragsschlusses dokumentiert wird.292 Die Übernahme der Einschränkung der Klagbarkeit des pactum nudum durch das Erfordernis einer causa bei den Kanonisten stellt sich so insgesamt als eine ganz bewusste Übernahme der von Baldus entwickelten Lehre dar.293 Nach kanonischem Vertragsverständnis des 15. Jahrhunderts war mithin ein pactum nudum nunmehr nur unter der Einschränkung wirksam, dass die Vereinbarung zumindest von einem überzeugenden Grund (causa impulsiva) getragen wird; nur ein solches Versprechen konnte mit der condictio ex canone erzwungen werden. 3. Zusammenfassende Betrachtung Die durch Harmonisierung mehrerer Fragmente aus dem Corpus Iuris Civilis für die römisch-rechtlichen Urkundengeschäfte der stipulatio und der obligatio litteris entwickelte glossatorische causa-Lehre erfuhr durch die Kommentatoren in verschiedener Weise eine Ausdehnung. Zunächst wurde innerhalb des zivilrechtlichen Systems die causa inhaltlich nicht mehr nur als vorausgehende Obligation im Sinne einer iusta causa traditionis verstanden, sondern weitergehend als ein die Ernsthaftigkeit des Vertrages dokumentierender Grund. Mit dieser Erkenntnis über die Funktion der causa als Seriositätsindiz fällt zugleich die Beschränkung der Anwendung der causa-Lehre auf den Vertragstyp stipulatio; die Angabe einer causa wird nunmehr bei jedem Vertragstyp gefordert. Diese Ergebnisse wurden darüber hinaus nicht mehr nur, wie es noch die Glossatoren in ihrem unbändigen Autoritätsglauben taten, anhand der römischen Quellen belegt, sondern es wurde sich auch die Scholastik mit ihrer Terminologie und ihren Theorien zur Etablierung dieser Weiterentwicklung nutzbar gemacht. Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des allgemeinen Vertragsbegriffes aber ist, wie sich sogleich zeigen wird, die Anwendung der genuin zivilrechtlichen causa-Lehre im kanonischen Recht. In dem Bestreben, die seinem Dekretalenkommentar zu C. 14 X 2, 22, vgl. die umfassenden Nachweise bei Söllner, causa, S. 154 ff. 292 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 256; ders., causa, S. 157; Halfmann, cause, S. 71; Brandt, Eigentumserwerb, S. 38; Zimmermann, Obligations, S. 549, 552; Creutzig, Schuldversprechen, S. 20. 293 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 257 der auf S. 250 darlegt, dass sich in kanonischen Texten vor der von Baldus begründeten Anwendung der causa-Theorie eine solche Einschränkung der Lehre von der Klagbarkeit der pacta nuda nicht finden lässt. Vgl. auch Barton, TvR, 1966 (34), S. 60: „The ealiest author usually cited for this position is Baldus, whom posterity seems to have regarded as the man who gave its final form to the canonical doctrine.“

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kanonische Lehre von der Klagbarkeit bloßer pacta nuda in das zivilrechtliche Vestitursystem dogmatisch mit einzubeziehen, um dadurch die Wogen zwischen den Lagern der Kanonisten und Legisten zu glätten, vertrat Baldus die Ansicht, dass auch nach kanonischem Recht ein pactum nudum nur dann klagbar sei, wenn dieses von einer die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung dokumentierenden causa begleitet wird. Konnte Baldus damit zwar nicht die Anerkennung der Klagbarkeit des pactum nudum bei den Legisten bewirken, stieß er bei den Kanonisten dieser Zeit aber auf schon bereiteten Boden. Die Kirchenrechtler übernahmen seine Lehre allgemein, ein pactum nudum war daher nach kanonischem Recht nunmehr nur dann klagbar, wenn ihm eine überzeugende causa zugrunde lag.

II. Die Emanzipation vom römischen Vertragssystem Weder Glossatoren noch Kommentatoren sind zu einem allgemeinen Vertragsbegriff durchgestoßen, sie blieben im Typenzwang des römischen Rechts verhaftet. Ihr Verdienst liegt darin, den Grundstein für eine juristische Theorie von der causa im Vertragsrecht gelegt zu haben.294 Von Interesse und Gegenstand der weiteren Untersuchung ist nun die drängende Frage, wie sich das Vertragsrecht schließlich von den römischen Fesseln gelöst hat, wie also der Boden bereitet wurde für eine systematische Neuordnung des Vertragsrechts, für den Durchbruch der heute so selbstverständlichen Vertragsfreiheit, und welche Funktion die causa-Lehre in dieser Entwicklung einnahm. Im Folgenden soll zu diesem Zweck zunächst die aufkommende Tendenz im Zeitalter des juristischen Humanismus beleuchtet werden (vgl. 1), sodann wird die Entwicklung in der Epoche des usus modernus (vgl. 2) zu untersuchen sein, welche schließlich zum Zusammenbruch des römisch-rechtlichen Typensystems führte. 1. Tendenzen im Humanismus Hatten noch die Glossatoren und Kommentatoren die römischen Rechtsquellen als zeitlos gültige Normierung des Rechts, als autoritative Grundlage angesehen, die als solche der Kritik entzogen war, so gewannen die Juristen in der Epoche des Humanismus die Einsicht in den historischen Charakter der Rechtsquellen.295 Dem Humanismus hätte sich also mit der 294

So auch Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 268. Lipp, Naturrecht, S. 99 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 65; Luig, Humanismus, S. 288 ff., 301; Wolf, Große Rechtsdenker, S. 173 f. und instruktiv Dahm, HZ 167 (1943), S. 245 f.: „Die Humanisten wollen die Autoritäten, die den Blick auf die Quellen versperren, beiseite schieben, um das reine Wort zu erschließen … Wie die 295

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nunmehr gegebenen theoretischen Möglichkeit der Lösung von den historischen Quellen durchaus die Chance geboten, die Fesseln des Typenzwanges abzustreifen und zu einer allgemeinen Vertragsordnung durchzubrechen. Für einen solchen Schritt war die Zeit jedoch noch nicht gekommen; lediglich erste vereinzelte Überlegungen in diese Richtung lassen sich in dieser Zeit schon finden.296 Bemerkenswerterweise wurde dabei nicht aus den historischen Quellen des römischen Rechts heraus argumentiert, sondern es wurde die Frage erörtert, inwieweit die kanonische Regel von der Klagbarkeit aller Verträge auf das Zivilrecht übertragen werden könnte.297 So bekundete Carolus Molinaeus (1500–1566) seine Ansicht, dass nunmehr alle Förmlichkeiten im Vertragsrecht überflüssig seien, denn aus der kanonischen Regel der Klagbarkeit des pactum nudum folge unmittelbar auch für das Zivilrecht die Klagbarkeit aller formlosen Verträge.298 Auch Andreas Alciatus (1491–1550) setzte sich in seinen überlieferten Schriften mit der Frage der Anwendbarkeit der kanonischen Regel im Zivilrecht auseinander, äußert jedoch im Grundsatz Bedenken. Interessanterweise gründen sich diese Bedenken auf uns schon aus den Bearbeitungen der Kommentatoren bekannte Zweifel, welches diese durch das Erfordernis der Angabe einer causa der Verpflichtung zu lösen suchten: Alciatus hegt insoweit Zweifel gegen die Ernstlichkeit des Verpflichtungswillen bei einem nudum pactum.299 Sobald aber die Seriosität des Versprechens gesichert war – soReformation die Autorität der Kirchenväter bestreitet und unmittelbar auf die Heilige Schrift zurückkehren will, so die Humanisten auf das reine Wort Justinians.“ 296 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 65, 69 f.; Seiler, Systematik, S. 15 ff.; Lipp, Naturrecht, S. 103 f.; Hübner, FS Larenz, S. 56 f. Durch die Lehren des Humanisten Connanus ergaben sich im Gegenteil sogar Rückschritte gegenüber dem im Mittelalter ausgebildeten Vertragssystem, seine Lehren wurden jedoch entschieden bekämpft, vgl. dazu die Ausführungen bei Bergfeld, Connanus, S. 166 ff.; Diesselhorst, Grotius, S. 31. 297 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 74 und die umfassenden Qualltextnachweise einzelner Autoren dieser Epoche bei Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 102–129. 298 Molinaeus bezog sich dabei auf eine Stelle aus dem Liber Extra (c. 1 X 1, 35). Vgl. Comment. In Cod. Iust. Lib. 2 tit. 3 de pactis: „Sed hodie in praxi hae et omnes leges, et theoriae de formulis stipulationem supervacuae sunt: qiua etiam extra scripturam publicam vel privatam, sive confessione partis, sive testibus, aut alias legitime appareat de conventione serio pacta et conclusa, in re licita, nec prohibita, nec inter prohibitos, aut inhabiles pro stipulatione habetur, et oritur efficax action iuxta no. In c. 1 extra de pact. Quod ita debet intelligi, et restringi, et ita in utroque foro secukari et ecclesiastico observatur: nec de veborum forma, aut sollenitate curatur, ita ut multorum prolixae, et operosae commentationes supervacuae sint“ (abgedruckt in Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 115). 299 Alicantus im Kodexkommentar zum Rubrum des Titels de pactis: „Eod. (Nr. 19) Hodie tamen iure pontificum ex pacto agi posse receptum est (c. 1 de pact.) quoniam in mystico carmine dicitur: Quae processerint ex labiis meis non faciam irrita (Psalm. 89). (Nr. 20) Sed cum is qui pacta non servat procul dubio ob

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bald also dem Versprechen eine causa zugrunde lag – hatte auch Alciatus keine Bedenken gegen die Übertragung der kanonischen Regel über die Klagbarkeit eines pactum nudum in das Zivilrecht.300 Es verwundert daher nicht, wenn Alciatus an anderen Stellen die Neigung bekundet, dem Satze des kanonischen Rechts die Oberhand über die römische Regel einzuräumen.301 In der Argumentation von Molinaeus und Alciatus ist bereits diejenige Entwicklung im Keime angelegt, die schließlich in der Epoche des usus modernus zur Aufhebung des Typenzwanges und der römischen Typologie führt. Überlegungen dieser Art finden sich jedoch nur vereinzelt, wirken sich in der Zeit des Humanismus nicht unmittelbar auf das überkommene römische Vertragssystem aus. Vielmehr schloss sich die überwiegende humanistische Jurisprudenz ganz der juristischen Tradition des Mittelalters an, hielt für das Zivilrecht an dem Grundsatz der Klaglosigkeit des pactum nudum fest und bekundete lediglich für das kanonische Recht die Überzeugung der Klagbarkeit bloßer Vereinbarungen.302 2. Entwicklungen im usus modernus Der Bruch mit dem über eineinhalb Jahrtausende unantastbaren römischrechtlichen Grundsatz ex pacto nudo actio non oritur gelang erst im usus modernus des 17. und 18. Jahrhunderts.303 Diese Epoche, die ihren Namen von einem späten Hauptwerk, dem „usus modernus pandectarum“ von Samuel Stryck erhalten hat,304 ist durch die Anpassung des römischen fidem contemptam delinquat, cur in peccati materia ius pontificum etiam in foro civili non attendimus et omnem hunc iuris civilis rigorem subvertimus? An quod fundamentum pontificiae iurisdictionis est promittentis peccatum, qui si minime se peccasse dicat, quod imprudenter et absque cogitatione promiserit, fidem in hac materia faciet; quia scilicet eius assertio praesumptioni legis non discordat, ex stipulatione enim lex actionem concedit, quia propter praecedentem interrogationem non temere effutitam responsionem arbitrator. (Nr. 21) In pacto contra, quoniam, ut communiter traditum est, multi ea fiducia re non interveniente nudis verbis offerunt, quia credunt, eum, cui offertur, non accepturum. (Nr. 22) His accedat, quod vulgo traditum est, eum, qui autoritatem legis sequitur, in foro conscientiae tutum esse, nisi contrariae veritatis eum certum esse is probaverit, qui evangelicam denunciationem proposuerit.“ (abgedruckt bei Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 109). 300 Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 109 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 74 f. 301 Vgl. bei Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 110. 302 Nanz, Vertragsbegriff, S. 65, 71, 78, 80; Söllner, causa, S. 163 f.; Flume, AT, § 12 II 3 (S. 166); Seiler, Systematik, S. 20; Hübner, FS Larenz, S. 56 f. 303 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 118; Nanz, Vertragsbegriff, S. 85 ff.; Flume, AT, § 12 II 3 (S. 166); Zimmermann, JZ 90, 828; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 130 ff. und S. 138 ff.; Dröll, causa, S. 18; Seiler, Systematik, S. 21 ff.; Lorenz, AcP 156 (1957), S. 390; Liebs, JZ 78, 698. 304 Vgl. Coing/Söllner, Handbuch, S. 501; Nanz, Vertragsbegriff, S. 95.

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Rechts an den zeitgemäßen Gerichtsgebrauch, die „mores honierni“, gekennzeichnet.305 Der deutsche usus modernus zeichnet sich dabei dadurch aus, dass er die abweichenden deutschen Rechtsübungen nicht mehr als Missverständnisse des römischen Rechts behandelt, sondern darin nunmehr gewohnheitsrechtliche Abänderungen dieses gemeinen Rechts erblickt.306 Dabei wurde unter deutlicher Bevorzugung des römischen Rechts eine Synthese von römischem und germanischem, auch kanonischem Recht angestrebt.307 Als Ergebnis entstand eine wissenschaftlich begründete gemeinrechtliche Dogmatik, von der noch die geltenden Privatrechtskodifikationen zehren.308 Und wie für viele Institute des deutschen Privatrechts, so war auch diese Epoche für die Entwicklung des modernen Vertragsbegriffes von zentraler Bedeutung.309 Unter Berufung auf den zeitgemäßen Gerichtsgebrauch (mores honierni) war es im Laufe des 17. Jahrhunderts in Abweichung von der Regelung des römischen Rechts ganz überwiegende Meinung, das auch aus einem pactum nudum geklagt werden könne.310 Diese Ansicht wird nicht nur in vielen überlieferten akademischen Schriften dieser Zeit ausgesprochen,311 sie lässt sich auch in Gutachten und Urteilen finden,312 war mithin nicht nur eine rein theoretische sondern sich auch im praktischen Rechtsleben vollziehende Entwicklung. So einig sich aber die Juristen des späten usus modernus über die Tatsache der Klagbarkeit des nudum pactum waren, so verschiedenartig war die dogmatische Herleitung dieses Rechtssatzes. Die Bezugnahme auf die mores hodierni durch fast alle Autoren dieser Epoche war dabei eine bloße Beschreibung der Faktizität, eine juristische Begründung konnte dieser Verweis nicht liefern.313 Besondere Hervorhebung verdient hier zunächst der Begründungsversuch von Jacobus Maestertius (1610–1658), damaliger Professor an der Univer305 Nanz, Vertragsbegriff, S. 95; Coing/Söllner, Handbuch, S. 501, übersetzen den Sinngehalt von „usus modernus“ als „zeitgemäße Praxis des römischen Rechts“. 306 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 118. 307 Coing/Söllner, Handbuch, S. 502; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 228. 308 Coing/Söllner, Handbuch, S. 501 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 228. 309 Vgl. die Übersichten über die Auswirkungen dieser Epoche auf die einzelnen Institutionen in Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 111 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 227 ff. 310 Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 130 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 100 f. setzt Zeitpunkt genauer auf das erste Drittel des 17. Jahrhunderts fest. 311 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 100, der in Fn. 33 insgesamt 51 akademische Schriften dieser Zeit aufzeigt. Vgl. auch Seuffert, Obligatorische Verträge, der auf S. 130 ff. insgesamt 20 Nachweise anführt und auf S. 138 ff. insgesamt 14 Dissertationen dieser Zeit aufzeigt, die diese Ansicht verteidigen. 312 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 101, der in Fn. 44 Gutachten und Urteile dieser Zeit aufzeigt, in denen sich diese Ansicht findet. 313 So auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 102.

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sität Leiden, den nunmehr geltenden Grundsatz der Klagbarkeit aller Verträge aus dem römischen Recht selbst herzuleiten. Dogmatischer Ausgangspunkt seiner Lehre war der Begriff der causa: Maestertius deutete die causa, wie sie sich in den römischen Quellen findet, ganz auf Linie der Kommentatoren als den ernsthaften Willen, sich vertraglich zu verpflichten; das pactum nudum der römischen Quellen umschreibe lediglich ein Versprechen ohne eine solche causa. Ein nudum pactum war daher für Maestertius ein unernstes, mithin klagloses Versprechen, dem er das allgemeine pactum als ein erstgemeintes und also klagbares Versprechen gegenüber stellte.314 Maestertius bediente sich hier ganz offenbar der Lehre der Kommentatoren über das Erfordernis der causa als Seriositätsindiz aller Verträge im Zivilrecht. Mit diesem Werkzeug zur Abgrenzung der klagbaren von den klaglose Verträgen gerüstet ging er, anders als die Kommentatoren, den weiteren Schritt und entledigte sich der römischen Fesseln des Typenzwanges, kam so zu einem allgemeinen Vertragsbegriff, dem pactum. Der in dieser Lehre begründete Angriff auf die Basis des römischen Vertragsrechts führte zu einem lebhaften akademischen Streit in der juristischen Wissenschaft in Leiden um 1640, in dem sich jedoch kein namhafter Autor der Meinung Maestertius anschloss.315 Der Versuch, aus dem römischen Recht selbst heraus – unter Anlehnung an die causa-Lehre der Kommentatoren – einen dogmatischen Weg aus dem Grundsatz der Klaglosigkeit der pacta nuda zu finden, scheiterte. Der Streit um diese These und sein Scheitern machte aber zugleich deutlich, dass sich dieser steinerne Grundsatz nicht aus den römischen Quellen hinweginterpretieren ließ.316 Eine Emanzipierung davon musste sich aus anderen, nicht römischen Quellen ergeben. Wie sich in der sich nun anschließenden Betrachtung zeigen wird, wurden dazu verschiedene Wege, außerhalb der römischen Quellen, zur dogmatischen Fundierung der Klagbarkeit aller Verträge beschritten.317 Eine erste dogmatische Begründung für die nunmehr herrschende Auffassung von der Klagbarkeit des nudum pactum lieferte eine genuin deutschrechtliche Theorie von der Nichtrezeption des römischen Vertragsrechts.318 314

Vgl. Maestertius, De justitia, lib. 1, dub. 33 (p. 91 sqq., 94); Nanz, Vertragsbegriff, S. 98. 315 Vgl. die umfassenden Nachweise der Argumente der Gegner bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 98 f., Fn. 28.; Zimmermann, JZ 90, S. 826: „Die juristische Fakultät Leiden war im wissenschaftlichen Bereich tonangebend.“ 316 Nanz, Vertragsbegriff, S. 100. 317 Vgl. in gleichem Zusammenhange auch Mayer-Maly, Konsens, S. 103: „Das Bemühen um verstehende Rechtsgeschichte verbietet jeden Versuch einer monokausalen Deutung.“ 318 Nanz, Vertragsbegriff, S. 102 ff.; Flume, AT, § 12 II 3 (S. 166); Mayer-Maly, FS Seidl, S. 121; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 5 ff. und S. 130; Coing, Euro-

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Möglich war eine solche Behauptung der teilweisen Nichtrezeption römischen Rechts erst geworden, durch das in dieser Epoche entstandene Werk Hermann Conrings (1606–1681) „De origine juris Germanici“, in dem dieser der bereits oben beleuchteten hochmittelalterlichen „Lotharingischen Legende“ von der durch ein Reichsgesetz vollzogenen Rezeption des römischen Rechts in complexu ein Ende bereitete.319 Stattdessen lehrte Conring, dass das römische Recht in Deutschland vielmehr nur Satz für Satz durch praktische Rezeption zur Anwendung gelangt und deshalb für jede römische Rechtsregel einzeln zu prüfen sei, ob diese in Deutschland rezipiert worden war.320 Hier knüpften einige Autoren des usus modernus an: Das römische Recht sollte für den Bereich des Vertragsrechts nicht rezepiert worden sein, statt dessen die naturrechtlichen Grundsätze, das ius gentium, weiterhin Geltung beanspruchen.321 Als ius gentium wurde hierbei das allen Völkern gemeinsame Recht verstanden, welches vor und unabhängig von den Besonderheiten des römischen Rechts existierte und das insbesondere in altdeutschen Grundsätzen seinen Ausdruck findet.322 Was aber waren diese vom römischen Recht unangetasteten germanischen Grundsätze des Vertragsrechts? Unter den Juristen des usus modernus galt als ausgemachte Sache, dass für die Germanen die Versprechenstreue ein Prinzip von allerhöchstem Rang bildete – das sich u. a. in dem schon beleuchteten altdeutschen Rechtssprichwort „Ein Mann – ein Wort“ manifestierte. Es bestand die allgemeine Überzeugung, dass bei den alten Germanen das einfache, von allen Förmlichkeiten entkleidete Versprechen rechtlich verbindlich und somit klagbar gewesen sei.323 Tatsächlich aber war, wie bereits aufgezeigt, auch das germanische Recht, wie allgemein das Recht aller frühen Völker, durch einen ausgeprägten Formalismus charakterisiert; eine Klagbarkeit einfacher Versprechen hat es im germanischen Recht nie gegeben.324 Die Jurisprudenz des usus modernus war jedoch im Allgemeinen gegenteiliger Ansicht.325 Der römische Satz ex pacto nudo actio non oritur stand somit in einem päisches Privatrecht I, S. 401; Savigny, Obligationenrecht II, S. 231 ff., insbes. 236 f. 319 Dazu vgl. oben Teil 1, B, um Fn. 238. Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 206; Wolf, Große Rechtsdenker, S. 171 ff., insbes. S. 174, 180 f. 320 Nanz, Vertragsbegriff, S. 105. 321 Vgl. die umfassenden Textnachweise bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 102, Fn. 48 und S. 104, Fn. 63. 322 Nanz, Vertragsbegriff, S. 103; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 117 f.; Lorenz AcP 156 (1957), S. 390. 323 Vgl. die Nachweise oben Teil 1, A, III, Fn. 215. Auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 103 f.; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 117 f. und Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 130 ff. 324 Vgl. die Nachweise oben Teil 1, A, III, Fn. 218. Auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 104.

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scheinbar unvereinbaren Gegensatz zu altdeutschen Grundsätzen, zum ius gentium; eine Rezeption römischer Regeln war in diesem Rechtsbereich deshalb schlicht undenkbar.326 Auf diese Weise war in dogmatisch einwandfreier, wenn auch geschichtlich unhaltbarer Weise begründet, weshalb nach den mores hodierni nunmehr auch ein pactum nudum klagbar war. Eine zweite außerrömische Quelle zur dogmatischen Instituierung der Klagbarkeit aller Verträge stellten jene geschriebenen Partikularrechte zur Verfügung, die eine solche Regel positivrechtlich statuierten.327 Jedoch schon die Juristen der hier behandelten Epoche hegten Zweifel gegenüber einer Heranziehung solch partikularer Rechte. Dies zeigte sich insbesondere an der Diskussion um die einschlägige Vorschrift des im 13. Jahrhunderts entstandenen Sachsenspiegels328, dessen Inhalt und Quellenfunktion für die Ableitung der Klagbarkeit des pactum nudum höchst umstritten war.329 Eine Begründung anhand partikularer Gesetze spielte daher insgesamt im usus modernus eine nur periphere Rolle; kaum ein Autor leitete daraus weitergehendere Folgerungen ab als die, dass eben in den entsprechenden Territorien der verpflichtende Charakter des pactum nudum bereits aus dem gesetzten Recht folgte und nicht erst aus dem zeitgemäßen Gerichtsgebrauch, den mores hodiernus.330 Trotz alledem soll an dieser Stelle eine Kodifikation aus dem 16. Jahrhundert besondere Hervorhebung erfahren, an deren Beleg für die Klagbarkeit bloßer Vereinbarungen keiner der darauf Bezug nehmenden Autoren des usus modernus zweifelte331 und an der sich der Einfluss der mittelalterlichen Idee von der causa im Vertragsrecht abzuzeichnen scheint. Gemeint ist § 8 im zweiten Teil des fünften Kapitels des im Jahre 1555 publizierten württembergischen Landrechts, der von der entsprechenden Norm des von Ulrich Zasius geschaffenen Freiburger Stadtrechts von 1520 nur in Nuancen abweicht:332 „Wölcher bedächtlich zusagt, 325 Vgl. aber zu Schilters, der die geschichtliche Wahrheit erkannte und eine differenziertere Nichtrezeptionstheorie entwarf, Nanz, Vertragsbegriff, S. 106 f. und auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 208 f. 326 Nanz, Vertragsbegriff, S. 106. 327 Vgl. dazu Nanz, Vertragsbegriff, S. 113; Mayer-Maly, Konsens, S. 101 f. 328 Buch 1, Art. 7 „Swer icht borget oder gelobt, der sal iz gelden, und swaz her tût, daz sal he stête halden“; abgedruckt bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 114. 329 Vgl. mit Zweifeln Reinhard und Schultes (welche die Regel auf die Stipulation beschränkt wissen wollen), auch Schilter (der eine solchen Inhalt der Regel historisch für ausgeschlossen hielt); dagegen die Klagbarkeit aller Verträge hieraus ableitend Carpzov, Hahn und Stryck. Für umfassende Nachweise siehe bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 114 ff. 330 Vgl. die Nachweise bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 113, 117. 331 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 117. 332 Vgl. zum folgenden württembergischen Stadtrecht bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 116, zum Wortlaut des Freiburger Stadtrecht vgl. Söllner, SZ (RA), 1960 (77),

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der sol es halten. – Welcher dem anderen etwas mit Bedachtlichkeit zusagt, es sei mit bloßen Worten oder andern Zusagungen, die Wort seien wie sie wöllen, so soll derjenig, der zugesagt hat, sein Zusagen halten und mag mit Recht darzu gezwungen werden. Denn es gebührt sich menschlicher Erbarkeit, das man Glauben halte. Es wer dann das Zusagen umb unehrlich Sachen.“ Erforderlich für eine erzwingbare Zusage ist hiernach, dass diese Zusage auch „bedächtlich“ erfolgte. Söllner entdeckt darin eine Wiedergabe der causa-Lehre der Kommentatoren.333 Und von der Funktion her betrachtet ist ihm in dieser Beobachtung beizupflichten: Das Erfordernis der „Bedächtlichkeit“ soll hier offenbar sicherstellen, dass der Vertragsschluss wohlüberlegt und ernst gemeint war, ganz wie dies auch das Erfordernis der causa nach der Lehre der Kommentatoren gewährleisten sollte. Festzuhalten bleibt mithin die Erkenntnis, dass bereits einzelne partikulare Rechtssetzungsakte, welche von den Autoren des usus modernus als Quelle zur Begründung der Klagbarkeit aller Verträge angeführt wurden, vom Geist der mittelalterlichen causa-Lehre beeinflusst waren. Schließlich, drittens, wurde die kanonische Regel von der Klagbarkeit eines nudum pactum als eine weitere außerrömische Quelle zur dogmatischen Verankerung der zivilen Klagbarkeit aller Verträge angeführt.334 Wir hatten bereits in der früheren Epoche des Humanismus vereinzelte Durchbruchsversuche unter Zuhilfenahme eben dieser kanonischen Regel beobachten können.335 Unter den humanistischen Juristen nun war die These von der Übernahme der kanonischen Regel in das zivile Vertragsrecht eine häufig gebrauchte.336 Dieser Befund muss erstaunen, führt man sich vor Augen, dass das ius canonicum als das Recht der Päpste angesehen war und Martin Luther am 10. Dezember 1520 das Corpus Iuris Canonici zusammen mit S. 266: „Wer bedechtlich zusagt, der sol es halten. – Welcher dem anderen mit bedachtlichkeit zusagt, es sig mit bloßen worten oder anderen zusagungen, die wort syent wie sy wöllen, so sol der ein, der zugesagt hat, sin zusagen halten und mag mit recht darzu gezwungen werden; dann es gepürt sich menschlicher erberkeit, das man glouben halte, es wer dann das zusagen umb unerlich sachen.“ Vgl. zu Letzterem auch Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 99 ff., der u. a. ausführt: „Das Freiburger Stadtrecht ist meines Wissens das älteste deutsche Statutarrecht, in welchem die Klagbarkeit der nuda pacta ausgesprochen ist“ (S. 101). 333 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 266. Ebenso Zimmermann, Obligations, S. 553 und ähnlich auch Brandt, Eigentumserwerb, S. 39 f. 334 Nanz, Vertragsbegriff, S. 107 ff.; Flume, AT, § 12 II 3 (S. 166); Mayer-Maly, FS Seidl, S. 120 f.; ders., Konsens, S. 100 f.; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 4 f. und S. 130 ff.; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 401; Sayigny, Obligationenrecht II, S. 231 ff., insbes. 234 f.; Schnizer, Differentialienliteratur, S. 345 ff. m. w. N. 335 Vgl. oben Teil 1, B, II, 1. 336 Nanz, Vertragsbegriff, S. 107.

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der gegen ihn gerichteten Bannbulle vor dem Elstertor in Wittenberg verbrannt hat,337 denn die weitaus meisten bedeutenden Rechtsgelehrten dieser Epoche waren Protestanten.338 Und so erscheint es als eines der „eigentümlichsten und bemerkenswertesten Ereignisse der kirchlichen Rechtsgeschichte“339, dass trotz dieser vollständigen Verdammung das kanonische Recht bei den protestantischen Juristen der folgenden Jahrhunderte eine so bedeutsame Rolle gespielt hat – „es zeigte sich rechtstechnisch unentbehrlich … So holten es die Reformationsjuristen wieder aus dem Feuer, in das es Luther zusammen mit der päpstlichen Bannbulle im Jahre 1520 geworfen hatte.“340 Bemerkenswerterweise findet sich unter den Autoren des usus modernus schwerlich eine über die bloße Behauptung hinausgehende Begründung für die Übernahme der kanonischen Regel im Zivilrecht.341 Und auch die Rechtswissenschaftler der Neuzeit, die sich in der Mehrzahl hauptsächlich auf das kanonische Recht berufen, um den Zusammenbruch des römischen Typensystems in der Zeit des usus modernus zu begründen,342 geben nur vereinzelt eine Begründung für dieses rechtsgeschichtliche Paradoxon. So stellen die Ausführungen Söllners den vielleicht überzeugendsten Grund für die Übernahme kanonischer Vertragsdogmatik dar: Auch Söllner stellt maßgeblich auf den Einfluss des kanonischen Rechts ab, um den zivilrechtlichen Richtungswechsel dieser Zeit zu begründen. Er weist jedoch darauf hin, dass es sich hierbei um die durch das Erfordernis der causa einge337 Nanz, Vertragsbegriff, S. 107; Coing/Söllner, Handbuch, S. 505; Schnizer, Differentialienliteratur, S. 336; Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 49; Erler, Kirchenrecht, S. 35 ff., insbes. S. 37. 338 Nanz, Vertragsbegriff, S. 107 benennt als solche Wesenbeck, Carpzov, Brunnemann, Lauterbach, Schilter, Struve, Boehmer und Heineccius. 339 Liermann, Studia Gratiana, S. 541. 340 Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 49. 341 Nanz, Vertragsbegriff, S. 112 f. 342 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 266; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 241 (§ 38 III 5); Kübler, Feststellung, S. 16 f.; Zimmermann JZ 92, S. 17; Capitant, cause, Nr. 65 u. 66 (S. 137 ff.); Steinwenter, Vertragstreue, S. 175; Creutzig, Schuldversprechen, S. 12; Brandt, Eigentumserwerb, S. 36 ff. u. 41; Schnizer, Differentialienliteratur, S. 348, 353; Liermann, ZevKR 1957/58 (6), S. 41; Mayer-Maly, Konsens, S. 101; Becker, kanonisches Recht, S. 165; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 20 ff.; Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 167; Dröll, causa, S. 10; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 401; Hofmann, Entstehungsgründe, S. 34; Lorenz, AcP 156 (1957), S. 389 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 85 ff. stellt als maßgebliche Autorität dieser Zeit Mattheus Wesenbeck heraus, für den sich der Grundsatz der Klagbarkeit aller Verträge im Zivilrecht ausschließlich aus der Anwendung des kanonischen Rechts ergab; vgl. dazu Feenstra, pacta nuda, S. 124–132; Schnizer, Differentienliteratur, S. 343 (um Fn. 50) und Seuffert, Obligatorische Verträge, S. 106 ff. I. E. auch Wieacker, FS Welzel, S. 10, 15 f. und ders., contractus, S. 227, 232, der als Grundlage der folgenden Vernunftrechtslehre die „Frage der Moraltheologie nach dem sittlichen Grund der Treue zum Versprechen“ kennzeichnet.

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schränkte Form der kanonischen Klagbarkeitslehre handelt, welche nach ihrer Formulierung durch Baldus von den Kanonisten der folgenden Zeit allgemein übernommen wurde.343 Die einzig sachliche Funktion des konkreten vestimentums eines jeden römischen Vertragstyps, der Schutz vor unbedachten und übereilten Vertragsschlüssen, wurde für das kanonische Recht durch die Bald’sche Modifikation allgemein von der causa übernommen.344 Diese kirchenrechtliche Lehre war nach Söllners Überzeugung von einer solchen inneren Kraft, dass die zivilrechtliche Trennung von pacta vestita und pacta nuda daneben keinen Bestand haben konnte und die kanonische Lehre von der Klagbarkeit aller Verträge in der durch die causa-Theorie eingeschränkten Form sich schließlich bei den Legisten durchsetzte.345 3. Zusammenfassende Betrachtung Zusammenfassend kann für die Entwicklung im usus modernus mithin festgehalten werden, dass sich im Laufe des 17. Jahrhunderts unter Verweis auf den zeitgemäßen Gerichtsgebrauch die Überzeugung durchsetzte, dass abweichend vom römischen Recht auch aus einem pactum nudum geklagt werden könne und somit auch dass das römische Typensystem seine Existenzberechtigung verloren hatte. Der Versuch einer dogmatischen Untermauerung aus den römischen Quellen heraus, unter Zuhilfenahme der mittelalterlichen causa-Lehre, scheiterte; es herrschte Einigkeit, dass sich ein solcher Richtungswechsel nur aus Quellen außerhalb des römischen Rechtes ergeben kann. Zu diesem Zwecke wurden naturrechtliche Grundsätze, insbesondere die vermeintlich germanische Versprechenstreue, partikulare 343

Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 263; vgl. dazu ausführlich oben Teil 1, B, I,

2, b). 344

Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 265. Ebenso Zimmermann, JZ 92, S. 17: „Wie konnten sie – insbesondere die Kanonisten – … aber rechtfertigen, diese Regel [ex nudo pacto actio non oritur] aufzugeben? Die Antwort war bestechend einfach: die Erstreckung der Klagbarkeit bezog sich nur auf solche pacta, die von den Parteien serio animo et deliberate eingegangen worden waren … klagbar waren nur solche Abreden, die auf einer (zulässigen) causa beruhten“ und Kübler, Feststellung, S. 16 nach dem die causa in diesem System „die legitimierende Funktion der archaischen Formen übernommen hat“ und Nanz, Vertragsbegriff, S. 113 der auf eine „sachliche Überlegenheit“ der kanonischen Lehre abstellt, ohne diese näher zu ergründen. 345 Söllner, SZ (RA), 1960 (77), S. 263, 268; ders., causa, S. 177. Vgl. i. E. so auch Halfmann, cause, S. 1; Kübler, Feststellung, S. 16; MüKo/Thode, § 305 Rn. 18; Zimmermann, JZ 92, S. 17; Coing, Europäisches Privatrecht I, S. 401. Ebenso maßgeblich für das – hier ausgeklammerte (vgl. oben Teil 1, Fn. 2) – angelsächsische Recht die kirchenrechtliche Lehre für die dortige Entwicklung des Prinzips der Vertragsfreiheit herausstellend Würdinger, SZ (RA), 1935 (55), S. S. 113–129.

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Rechtsetzungsakte und schließlich auch die kanonische Vertragslehre für eine dogmatische Begründung des nunmehr geltenden Grundsatzes der Klagbarkeit aller Verträge nutzbar gemacht. Dabei konnte sich die Frage um das Erfordernis der causa im Vertragsrecht durch die dogmatische Rekurrierung auf davon beeinflusste partikulare Rechtsetzungsakte in der sich nun anschließenden Neuordnung des Vertragssystems neu stellen. Insbesondere aber gewährleistete die Bezugnahme auf die kanonische Vertragslehre – in der durch das Erfordernis der causa eingeschränkten Form – die Fortsetzung der Diskussion um das Erfordernis der causa bei Vertragsschluss.

III. Die Ausformung eines allgemeinen Vertragsbegriffes Wenn auch der usus modernus zu dem Ergebnis gekommen war, dass das römische Typensystem seine Existenzberechtigung verloren hatte, sich also vom römischen Vertragssystem emanzipierte, besaßen die Juristen dieser Epoche nicht das theoretische Rüstzeug, die alte römische Vertragsordnung durch eine neue Systematik des allgemeinen Vertragsrechts zu ersetzen.346 Dieser Aufgabe waren erst die Juristen der Naturrechtsschule gewachsen, deren Lehren im 17. und 18. Jahrhundert einen folgenreichen Einfluss auf den Universitätsunterricht gewannen und später schließlich in den Naturrechtskodifikationen auch legislatorisch sichtbar wurden.347 Das Vernunftrecht befreite die Fachjurisprudenz im Allgemeinen nunmehr endgültig von den mittelalterlichen Autoritäten, gab ihr ein inneres System und eine spezielle dogmatische Methode: die Konstruktion aus Allgemeinbegriffen.348 Im Privatrecht ermöglichte es eine umfassende Loslösung von den römischen Quellen und eröffnete den Weg zu autonomer Systembildung.349 Für den Ausschnitt des Vertragsrechts stellt sich dieser systematische Neuansatz 346 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte S. 135, 137; Schnizer, Differentialienliteratur, S. 351; Zimmermann, Obligations, S. 566; Nanz, Vertragsbegriff, S. 135. 347 Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 128 (§ 19 I), 135 (§ 20 I); Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 275 f.; ders., contractus, S. 237 f.; Mayer-Maly, Pactum, S. 213 f.; Zimmermann, ERPL 1995 (3), S. 100; ders., Obligations, S. 566; Schnizer, Differentialienliteratur, S. 351, 348; Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 547; Nanz, Vertragbegriff, S. 135 macht für den Einfluss auf das Vertragsrecht als maßgeblich die Jahre zwischen 1620 und 1750 aus. Anders als die meisten Urheber und Vollender der europäischen Rechtswissenschaft sind die Wegbereiter des Vernunftrechts überwiegend nicht aus den Universitäten hervorgegangen, vgl. dazu Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 280 (§ 16 I 1). 348 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 273 (§ 15 V 2); Seiler, Systematik, S. 21; Zimmermann, ERPL 1995 (3), S. 99; Wieacker, FS Welzel, S. 11, 21 f., spricht von einer „wirkliche[n] Reformation der Rechtstheorie“ (S. 8). 349 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 275 (§ 15 V 2 c); Zimmermann, ERPL 1995 (3), S. 99 f.

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als eine Ablösung des formalistischen römischen Obligationenrechts durch eine sich wesentlich auf den Willen gründende Konzeption dar.350 Das Recht der rechtsgeschäftlichen Bindung konnte so einheitlich unter das Dogma des Voluntarismus, der Willensautonomie gestellt werden. Der Wille selbst war nunmehr alleinige Geltungsgrundlage rechtlicher Selbstbindung, der Voluntarismus also verdrängte den Formalismus des bisherigen römischrechtlich geprägten Rechtsdenkens.351 Als sich schließlich im 18. Jahrhundert die Darstellungen des positiven Rechts zu ordnen begannen, vermittelte das Vernunftrecht ihnen diesen Ansatz, welcher bis heute die Gesetzbücher und Lehrbücher des Kontinents beherrscht.352 Zeichnen wir nun also diese Hinwendung zum rechtsgeschäftlichen Willen als zentrales Moment in der nunmehr modernen Vertragstheorie durch die Beleuchtung der Lehren der maßgeblichen Autoritäten auf diesem Gebiet nach. Dabei wird sich die Untersuchung in diesem Zusammenhang wesentlich auf die genauere Betrachtung der Lehren der beiden Wegbereiter des modernen naturrechtlichen Vertragsverständnisses, namentlich auf den Begründer Hugo Grotius (vgl. 1) und den Systematiker Samuel Pufendorf (vgl. 2) beschränken müssen.353 Gänzlich unbetrachtet bleiben dürfen in unserem Zusammenhang aber auch nicht Wilhelm Leibniz, Christian Thomasius und Christian Wolff, auf deren Lehren hier jedoch nur im Überblick einzugehen sein wird (vgl. 3). 1. Die Vertragslehre Grotius’ Der Niederländer Hugo Grotius (1583–1645)354 gilt seit Alters als der eigentliche Begründer des modernen Naturrechts.355 Bei ihm finden wir eine dogmatische Neukonstruktion des Vertragsrechts, welche sich vollkommen 350 Halfmann, cause, S. 63; Luig, Causa, S. 223; ders., SZ (GA), 1979 (77), S. 40; Fuchs, causa traditionis, S. 17; Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 547. 351 Halfmann, cause, S. 107; Luig, Causa, S. 223; Fuchs, causa traditionis, S. 17. 352 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 276 (§ 15 V 2 c), S. 290 (§ 16 III 2 c); Luig, Causa, S. 223. 353 Diese als die maßgeblichen Autoritäten für diese Entwicklung nennen etwa auch Wieacker, Contractus, S. 1; ders., Privatrechtsgeschichte, S. 290 (§ 16 III 2 c); Nanz, Vertragsbegriff, S. 135 ff.; Luig, Causa, S. 223 ff. 354 Der Einfluss Huigh de Groot beruht vornehmlich auf drei Werken: die „Inleiding tot de hollandsche Rechts-Geleerdheid“ (1631), die Streitschrift „Mari liberum“ (1609) und als Grundlage des neueren Naturrechts schließlich seine „De jure belli ac pacis libri tres“ (1623), vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 287 f. (§ 16 III 2). Zu seiner Biographie vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 287 f. (§ 16 III 1). 355 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 287 f. (§ 16 III 1); Nanz, Vertragsbegriff, S. 139; Zimmermann, JZ 90, S. 837; Diesselhorst, Grotius, S. 34: „Grotius’ Lehre vom Versprechen … sprengt die einleitend skizzierte spätmittelalterliche Vertragsordnung.“

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von der römischen Typologie löst und der wir die wesentlichen Elemente des modernen Vertragsbegriffes verdanken.356 Grotius leitet nunmehr in radikaler Weise jede rechtsgeschäftliche Bindung aus der Autonomie der Person her, stellt die Willensbekundung in den Mittelpunkt seiner Versprechenslehre,357 in welcher er zwischen der Entstehung der obligatorischen Verpflichtung und der Eigentumsübertragung eine Parallele herstellt: Wie diese zu einer Übertragung der Sachherrschaft führt, so bedeutet die Obligation die Übertragung eines ‚Freiheitspartikels‘ des Schuldners auf den Gläubiger.358 Von diesem Ansatz aus war für Grotius vor allem wichtig, ab wann ein Versprechen für den Versprechenden bindende Wirkung entfaltet. Er gab die Antwort darauf in einer stufenförmig aufgebauten Versprechenslehre, die gemeinhin auch als ‚dreistufige Versprechenslehre‘ bezeichnet wird, weil ein verbindliches Versprechen nach seiner Vorstellung drei Stufen der Willensbekundung enthält:359 erstens die Mitteilung des Willens, zukünftig etwas zu tun,360 zweitens die geäußerte Absicht, an dieser Erklä356

Lipp, Naturrecht, S. 133 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 139. Diesselhorst, Grotius, S. 34, 51; Lipp, Naturrecht, S. 134; Nanz, Vertragsbegriff, S. 142, 146 f., 148 f.; Wieacker, Vertragliche Obligation, S. 16; ders., Contractus, S. 228 f.; Luig, Causa, S. 224. 358 Grotius, J. B., II, XI, 4, 1: „Quae perfecta promissio similem habet affectum qualem alienatio domini. Est enim aut via ad alienationem rei aut alienation particulae nostrae libertatis.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 237 (II, XI, 4, 1): „Dies ist das vollkommene Versprechen und hat die gleiche Wirkung wie die Veräußerung des Eigentums. Denn es ist entweder der Weg zur Veräußerung des Eigentums oder die Veräußerung eines Teiles unserer Freiheit.“ Vgl. auch Grotius, Inleiding, Buch III, Teil 1, § 1 (S. 292): „Wy hebben gezeit dat den andere soorte van toebehoren is inschuld, ’t welck wy beschreven hebben te zijn ’t recht van toebehooren dat den eene mensch heeft op den andere, om van hem eenige zake ofte daed te genieten.“ Grotius, Inleiding – Übersetzung, III, 1, § 1 (S. 331): „We have said that the other sort of property is obligation, which we have described as being the right of property which one man have over another to obtain from him some thing or some act.“ Vgl. Wieacker, contractus, S. 228; Lipp, Naturrecht, S. 140; Nanz, Vertragsbegriff, S. 140 f.; Diesselhorst, Grotius, S. 51. 359 Grotius, J. B., II, XI, 1, 6: „Sed ut bene res intelligatur, distinguendi sunt diligenter tres gradus loquendi de rebus futuris quae nostrae sunt potestatis, aut fore putantur.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 236 (II, XI, 1, 6): „Zur richtigen Einsicht müssen indes hier drei Arten des Sprechens über zukünftige Dinge unterschieden werden, welche in unserer Gewalt sind oder dahin kommen werden.“ Dabei erzeugt die zweite Stufe (die so genannte pollicitatio) die rechtliche Verpflichtung, erst dritte Stufe (die so genannte alienatio) lässt die Forderung bei Berechtigten entstehen, vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 144; Ehmann, JZ 03, 712. Vgl. dazu auch Diesselhorst, Grotius, S. 40, 44 ff.; Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 190 ff.; Wieacker, FS Welzel, S. 16 f. 360 Grotius, J. B., II, XI, 2: „Primus gradus est explicans de futuro animum qui nunc est: et ad hanc, ut vitio careat, requiritur veritas cogitationis pro tempore praesenti, non autem ut in ea cogitatione perseveretur. Habet enim animus humanus non tantum naturalem potentiam mutandi consilium, sed et jus. Quod si in muta357

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rung festzuhalten,361 drittens den geäußerten Willen, beim Erklärungsempfänger damit eine Forderungsrecht entstehen zu lassen.362 Hier wurde der bis heute fruchtbare Grundsatz verankert, dass der Wille verschiedene, von den Rechtsfolgen her zu unterscheidende Ebenen aufweist und zudem nicht ein bloß rein innerer, subjektiver Faktor bleiben durfte, sondern für den Erklärungsgegner anhand äußerer Zeichen hinlänglich erkennbar sein muss.363 tione sententiae vitium sit alinquod, ut accidit, id non est intrinsecum mutationi, sed ex material, puta quia prior sentential erat melior.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 236 (II, XI, 2): „Die erste Art ist die Erklärung des jetzt vorhandenen Willens über etwas Zukünftiges. Dazu gehört, wenn sie fehlerfrei sein soll, dass es jetzt ernstlich so gemeint wird, aber nicht so, dass in dieser Absicht auch verharrt wird. Der Mensch hat nämlich von Natur nicht nur die Macht, sondern auch das Recht, seinen Willen zu ändern. Wenn in einer solchen Änderung ein Fehler liegt, so haftet dieser nicht an der Änderung an sich, sondern an dem Gegenstand, etwa, weil der frühere Wille der bessere war.“ 361 Grotius, J. B., II, XI, 3: „Secundus gradus est, cum voluntas se ipsam pro futuro tempore determinat, cum sigo sufficiente ad indicandam perseverandi necessitatem. Et haec pollicitatio dici potest, quae seposita lege civili obligate quidem, aut absolute, aut sub conditione, sed jus proprium alteri non dat. Multis enim casibus evenit, ut obligation sit in nobis, et nullum jus in alio; sicut in debito misericordiae et gratiae reponendae apparet, quibus simile est hoc debitum constantiae sive fidelitatis. Itaque ex tali pollicitantis retineri, aut is ipse qui pollicitus est ad implendam fidem cogi jure naturae non poterit.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 236 f. (II, XI, 3): „Die zweite Art ist, wenn der Wille sich selbst für die kommende Zeit entscheidet und deutlich zu erkennen gibt, dass es ihm ernst sei, dabei zu verharren. Man nennt dies ein Gelübde, welches auch ohne Staatsgesetz verpflichtet: entweder bedingt oder unbedingt, was aber dem anderen noch kein eigentliches Recht gewährt. Denn es kommt sehr oft vor, dass auf unserer Seite eine Verbindlichkeit vorhanden ist und doch kein Recht auf der anderen Seite, so bei der Pflicht der Wohltätigkeit und Dankbarkeit. Ähnlich verhält es sich hier mit der Standhaftigkeit oder Treue. Deshalb kann aus einem solchen Gelübde die Sache des Gelobenden nicht zurückgehalten werden, noch dieser naturrechtlich zur Erfüllung seines Gelöbnisses gezwungen werden.“ 362 Grotius, J. B., II, XI, 4: „Tertius gradus est, ubi ad determinationem talem accedit signum volendi jus proprium alteri conferre: quae perfecta promissio est, similem habens effectum qualem alienatio dominii. Est enim aut via ad alienationem rei, aut alienatio particulae cuiusdam nostrae libertatis. Illuc pertinent promissa dandi, huc promissa faciendi.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 237 (II, XI, 4): „Die dritte Art ist, wo zu der Willensäußerung noch ein Zeichen hinzutritt, dass man dem anderen ein Recht gewähren wolle. Dies ist das vollkommene Versprechen und hat die gleiche Wirkung wie die Veräußerung des Eigentums. Denn es ist entweder der Weg zur Veräußerung des Eigentums oder die Veräußerung eines Teiles unserer Freiheit. Dorthin gehören die Versprechen, etwas zu geben, hierher die, etwas zu leisten.“ 363 Nanz, Vertragsbegriff, S. 148; Wieacker, Vertragliche Obligation, S. 17; vgl. auch Grotius, J. B., II, XI, 11: „Modum promittendi quod attinet, is, ut de dominii translatione diximus, requirit actum externum, id est signum sufficiens voluntatis, quale interdum esse potest nutus, frequentius autem vox aut literae.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 241 (II, XI, 11): „Was die Art und Weise des Versprechens anlangt,

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Obschon Grotius das Zustandekommen eines Vertrages nicht nach dem nahe liegenden Vorbild des römischen Konsensualvertrages in Form zweier gleichwertiger korrespondierender Willenserklärungen konstruiert, sondern als acceptatio de promissio – d.h. im Mittelpunkt steht das einseitige Versprechen, welches der ihr lediglich untergeordneten Annahme durch den Begünstigten bedurfte –,364 war ihm doch im Grundsatz bewusst, dass der Wille, ein Recht entstehen zu lassen, und der Wille, dieses Recht zu erwerben, für die Schaffung der vertraglichen Verpflichtung konstitutiv waren.365 Insoweit legte er, wenn auch nicht in ganz klarer und etwas umständlicher Form, den naturrechtlichen Vertragsbegriff auf den Konsensualismus fest.366 Die vollständige Abkoppelung von den römisch-rechtlichen Erklärungsformen führt Grotius schließlich zu der Erkenntnis und zu dem noch bis heute geltenden Grundsatz, dass ein Vertrag außer dem Versprechen und seiner Annahme keiner anderen Merkmale, insbesondere keiner Form bedarf und somit auch mündlich geschlossen werden kann.367 Grotius schränkte jedoch das nackte Konsensualprinzip in anderer, uns ganz bekannter Weise ein: In seinem Werk „Inleiding tot de Hollandsche Rechtgelehrtheit“ (1631), der Einführung in die holländische Rechtswissenschaft, fordert er das Vorhandensein einer oorzaak, also einer causa des Versprechens.368 Dort heißt es, dass nach modernem Recht „all toezeggingen die uit eenighe redelicke oorzaeken“ gemacht würden, ein Klagerecht so fordert es eine äußere Handlung, wie bei der Übertragung des Eigentums dargelegt ist, d.h. ein genügendes Zeichen des Willens. Dazu gehört mitunter auch ein Wink, häufiger das Sprechen oder Schreiben.“ 364 Vgl. die Ausführungen von Grotius, J. B., II, XI, 2–12 und Wieacker, Vertragliche Obligation, S. 17; ders., Contractus, S. 233; Zimmermann, Obligations, S. 567 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 146: „Inkonsequent … erscheint, dass Grotius einerseits der Annahme einen untergeordneten Platz zuwies und für die Obligationsentstehung ganz auf das Versprechen abstellte, andererseits aber die freie Widerruflichkeit des Versprechens vor der Annahme lehrte (IBP II, XI, 16, p. 248).“ 365 Grotius, J. B., II, XI, 14: „Ut autem promissio jus transferat, acceptatio hic non minus quam in dominii translatione rquiritur.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 242 (II, XI, 14): „Damit aber ein Versprechen ein Recht gewähre, ist ebenso wie bei der Eigentumsübertragung die Annahme notwendig.“ Vgl. auch Lipp, Naturrecht, S. 139 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 148. 366 So auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 148. 367 Konsequent stellt Grotius, Inleiding, Buch III, Teil 5, § 2 (S. 330), daher hinsichtlich des schriftlich geschlossenen Vertrages fest: „In deze toe-zegging heeft alles plaets dat hier vooren van de woordelicke toe-zegging is gezeit: ende wird de toe-zegging genoeg ghehouden voor aengenomen met het aenvaerden van het bescheid.“. Vgl. Grotius, Inleiding – Übersetzung, III, 5, § 2 (S. 331): „In the case of this contract everything applies which has been previously said of verbal contracts, and the contract is held to be sufficiently accepted when the instrument is handed over to the promisee.“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 148. 368 Vgl. Ruland, Causa, S. 31; Luig, Causa, S. 223.

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erzeugten.369 Damit stellt Grotius heraus, dass alle solche Versprechen – all toezeggingen –, die einer redlichen causa folgend abgegeben werden – uit eenighe redelicke oorzsaeken –, klagbar sind.370 In der umfassenden Untersuchung der oorzaak im holländischen Burgerlijk Wetboek von Yorik Ruland findet sich daher auch dessen ganz zutreffende Feststellung, dass Grotius „hier also die mittelalterliche Theorie der causa der Stipulation auf jede ‚toezegging‘, d.h. auf jede Zusage anwendet“.371 Freilich war Grotius in der Anwendung der mittelalterlichen Lehre von der causa der Stipulation auf alle Versprechen kein Pionier – die Ausweitung dieser causa-Lehre auf „jede Zusage“ findet sich, wie oben beleuchtet, schon bei Baldus –372, jedoch zeigt diese durch Grotius vorgenommene Einschränkung des bloßen Konsensprinzips eines ganz deutlich: Selbst nach dem Zusammenbruch des römisch-rechtlichen Formalismus und der Hinwendung zum Willensdogma, zum Voluntarismus, bleibt die Frage um das Erfordernis der causa des Versprechens, in Anknüpfung an die mittelalterliche Lehre, auch während der dogmatischen Neukonstruktion des Vertragsrechts lebendig.373 Bestätigung findet diese Feststellung darüber hinaus in der prominenteren Schrift „De jure belli ac pacis“ (1623),374 in der Grotius seine Darstellung der Versprechenslehre mit einer Polemik gegen die causa-Lehre des humanistischen Juristen Franciscus Connanus beginnt375 – Connanus hatte in Anlehnung an 369 Die gesamte Stelle in Buch III, Teil 1, § 52 (S. 304) lautet „Maer gelijk de Duitschen van alle oude tijden gheen deugd en hebben geacht boven de trouwe, zoo en is by de zelve zodanige scherpzinnigheid niet aengenomen, maer verstaen ende gebruickt, dat all toezegginghen die uit eenighe redelicke oorzaeken geschieden, door wat woorden het zoude mogen zijn,’t zy de luiden by malkander waren op eene plaets ofte niet, recht gaven om te eisschen, of om een eisch af te zetten.“ Vgl. die Übersetzung in Grotius, Inleiding – Übersetzung III, 1, § 52 (S. 305): „But since the Germans from of old have esteemed no virtue above good faith such subtelty has not been accepted by them, but it has been understood and used that all contracts which proceed from any reasonable causes, whatever be the form of words employed, whether the parties were together in one place or not, gave a right of action and of defence to an action.“ 370 Ruland, Causa, S. 31. 371 Ruland, Causa, S. 31. Ebenso die Verknüpfung mit der im Mittelalter entstandenen causa-Lehre herstellend Hartogh, De oorzaak, S. 164 ff.; Scholten, De oorzaak, S. 74 f.; Meijers, causa, S. 43 ff. Vgl. auch Feenstra, pacta nuda, S. 128 m. w. N. (Fn. 73): „… wonach Grotius hier die causa der Stipulation meinte und somit das römische Recht nicht ganz hinter sich ließ.“ 372 Vgl. Teil 1, B, I, 2, a). 373 Vgl. Halfmann, cause, S. 108; Ruland, Causa, S. 31 f.; Feenstra, pacta nuda, S. 137 f.; Hartogh, De oorzzak, S. 164 ff.; Meijers, causa, S. 43 ff. 374 Das eigentliche Hauptwerk Grotius’ Naturrechtslehre, vgl. dazu Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 289 f. (§ 16 III 2 c). 375 Grotius, J. B., II, XI, 1: „Perduxit nos ordo ad obligationem quae ex promissis oritur: ubi statim se nobis objicit vir eruditionis minime vulgaris Franciscus

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die objektive Güterausgleichslehre des Aristoteles allein das Synallagma als causa obligationis begriffen, ohne welche eine wirksame Obligation im Grundsatz nicht entstehen könne.376 In der gleichen Schrift finden sich darüber hinaus zwei Textpassagen, die von der causa des Vertrages handeln. Aus beweisrechtlicher Sichtweise erklärt Grotius dort: „Um das natürliche Recht vom (römischen) Zivilrecht säuberlich zu trennen, darf man auch das Folgende nicht übersehen, dass nämlich Versprechen, die keinen ausdrücklichen Hinweis auf ihre causa enthalten, nach natürlichem Recht ebenso wenig wie eine Schenkung für unwirksam gelten können.“377 In einem früheren Abschnitt hebt er – nunmehr materiell-rechtlich – hervor, dass auch ein Versprechen bereits geschuldeter Gegenstände den Erklärenden verpflichte, „denn auch das ohne allen Grund Versprochene muss geleistet werden.“378 Ob nun aus diesen zwei, jeweils aus einem ganz spezifischen Zusammenhang heraus geäußerten Ansichten und der Eingangspolemik gegen den Kausalisten Connanus in ‚De jure belli‘ gefolgert werden kann, dass sich Grotius im Allgemeinen gegen das Erfordernis der causa eines Vertrages stellt,379 erscheint zweifelhaft – vergegenwärtige man sich nur, dass Connanus. Is enim hanc defendit sententiam, jure naturae ac gentium ea pacta, quae non habent synallagma, nullam inducere obligationem: honeste tamen impleri, si modo talis res sit, quam praestare etiam citra promissum honestum ac virtuti alicui congruens fuerat.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 235 (II, XI, 1): „Hier tritt uns gleich ein Mann von nicht gewöhnlicher Gelehrsamkeit entgegen, Franz Conanus, der behauptet, dass nach dem Natur- und Völkerrecht alle Verträge, welche keinen Leistungsaustausch enthalten, keine Verbindlichkeit begründen, wenn es auch anständig sei, sie zu erfüllen, soweit eine solche Handlung, abgesehen vom Versprechen, dem Anstand und der Tugend gemäß sei.“ Vgl. auch Luig, Causa, S. 223 ff.; Lipp, Naturrecht, S. 135; Diesselhorst, Grotius, S. 35 u. S. 36 (Fn. 2). 376 Franciscus Connanus (1508–1551) suchte das römische Vertragsrecht aus einem neuen systematischen Blickwinkel zu betrachten, versuchte es auf einem rechtsphilosophischen, der Nicomachische Ethik des Aristoteles (5. Buch, 1133 b 12) entlehntem Fundament neu zu begründen. Vgl. dazu ausführlich Bergfeld, Connanus, S. 166 ff.; Diesselhorst, Grotius, S. 31; Nanz, Vertragsbegriff, S. 65 ff. 377 Grotius, J. B., II, XI, 21: „Hoc quoque omittendum non est, ne jura civila cum naturali jure confundantur, neque promissiones quae causam expressam non habent naturaliter esse irritas, non magis quam rerum donationes.“ Übersetzung im Text entnommen aus Diesselhorst, Grotius, S. 53 f. 378 Grotius, J. B., II, XI, 10: „Qoud vero promittitur ob causam ante debitam, non eo minus, si jus naturale spectemus, secundum ea quae de rei alienae acceptatione supra diximus: nam et sine ulla causa promissum naturaliter deberetur.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 241 (II, XI, 10): „Wenn etwas für eine Sache versprochen wird, die man schon vorher zu fordern hatte, so gilt doch nach dem Naturrecht das Versprechen; denn auch das ohne allen Grund Versprochene muss geleistet werden.“ 379 So aber die Untersuchungen von Luig, Causa, S. 223 ff., der seine Auffassung nur auf die Eingangspolemik Grotius’ stützt. Gänzlich ohne eigene Begründung, mit dem Hinweis „Luig weist nach …“ ebenso Ruland, causa, S. 32. Umfassender jedoch in der Begründung Diesselhorst, Grotius, S. 52 ff.

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Grotius seine „Inleiding“ (1631), in dem er das Erfordernis der causa eines Vertrages ausdrücklich und in einem allgemeinen Zusammenhang380 entwickelt, beinahe ein Jahrzehnt später fertig gestellt hat als „De jure belli“ (1623).381 Mögen wir uns hier mit der Feststellung begnügen, dass sich der gemeinhin so benannte ‚Begründer des Vernunftrechts‘ in seinen Schriften mit dem Erfordernis der causa eines Vertrages offen auseinandersetzt, die mittelalterliche Frage sich also in der dogmatischen Neuausrichtung des Vertragsrechts fortsetzt. Dabei ist von besonderem Interesse, und wie später zu zeigen sein wird von ganz grundlegender Bedeutung, wie Grotius das von ihm für den Vertrag aufgestellte Erfordernis der „redelick oorzaak“ in seiner Inleiding inhaltlich ausfüllt: „Redelicke oorzaeke werd verstaen zoo wanneer de toezegging ofte belofte geschied ter schenck, of dient tot eenige andere handelinge, ’t zy zulcks geschied ten tijde vande handeling ofte daer nae.“382 Hugo Grotius sieht demzufolge eine redliche causa dann als vorhanden an, wenn das Versprechen abgegeben wurde, um eine Schenkung zu bewirken oder um mit Hilfe des Vertrages ein Entgelt zu erlangen383 – wenn also ein Vertrag geschlossen wurde entweder zum Zwecke der Schenkung oder aber zum Zwecke des Austausches. 2. Die Vertragslehre Pufendorfs Dem Deutschen Samuel Pufendorf (1632–1694)384 hat das Naturrecht seine wissenschaftliche Festigung zu verdanken,385 wenn ihm gemeinhin 380 Die Ausführungen finden sich im ersten Kapitel des Buches „of personal rights“ unter der Überschrift „Van verbintenissen in ’t gemeen, haer oorsprong ende verdeling“ („Of Obligations in general, their origin and kinds“), vgl. Grotius, Inleiding-Übersetzung III, 1 (S. 293). 381 Zu diesem Umstand nimmt keiner der in der vorgenannten Fußnote aufgeführten Autoren Stellung – Diesselhorst geht auf das in der Inleiding aufgestellte causaErfordernis überhaupt nicht ein –, es findet sich lediglich bei Ruland, causa, S. 32 die Feststellung, dass die Vertragslehre in ‚De jure belli‘ von de Groot „als Idealzustand gegenüber dem Istzustand der Inleiding entworfen wurde.“ 382 Buch III, Teil 1, § 53 (S. 306). Vgl. die Übersetzung in Grotius, InleidingÜbersetzung III, 1, § 53 (S. 307): „Reasonable cause is understood to exist whenever the contract or promise takes place by way of gift or is incidental to some other transaction, whether such takes place at the time of the transaction or after it.“ 383 Vgl. auch Ruland, causa, S. 31. 384 Vgl. zu seiner Biographie, er studierte in Leipzig römisches Recht, Geschichte und Staatswissenschaft, und seinen Werken insbesondere Wolf, Rechtsdenker, S. 63 ff.; auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 304. 385 Seiler, Systematik, S. 22 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 149; Wolf, Rechtsdenker, S. 75 (Fn. 3): „Damit wird kein Werturteil gefällt, nur eine rechtsphilosophiegeschichtliche Tatsache erwähnt“.

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auch nur das Prädikat des Verbesserers und Ausgestalters der Grotianischen Ideen zuerkannt wird.386 Die historische Leistung Pufendorfs für die Entwicklung des modernen Vertragsbegriffes liegt darin, dass er nunmehr den konsensualen Vertrag in den Mittelpunkt seines Naturrechtssystems rückt387 – anders als noch Grotius, der das einseitige Versprechen ins Zentrum seiner Versprechens- und Vertragslehre stellt und diese wiederum an nur versteckter Stelle unterbringt.388 Aufgrund des bedeutenden Einflusses der Lehren und der Systematik Pufendorfs auf die Naturrechtskodifikationen und die gesamte europäische Rechtswissenschaft389 sollte der konsensuale Vertrag somit schließlich zu einem Schlüsselbegriff des allgemeinen Vertragsrechts werden.390 Diese zentrale Bedeutung des Vertrages im Pufendorfschen Naturrechtssystem hatte ihre Wurzeln in seiner Vorstellung von der menschlichen Natur, die er als die wichtigste Erkenntnisquelle des Naturrechts erachtete. Als philosophisches Grundprinzip seines gesamten Naturrechtssystems, aus dem sich alles Weitere ableitet,391 erachtete Pufendorf das richtige Bild vom Menschen, welches er aus drei unabdingbaren menschlichen Grundeigenschaften zusammenstellt: Die erste liegt im ‚menschlichen Selbsterhaltungstrieb‘, welcher wiederum zweitens eine ‚natürliche Bedürftigkeit‘ des Menschen zur Konsequenz hat, da dieser auf sich allein gestellt kaum in der Lage ist, für seine Erhaltung zu sorgen; diese natürliche Bedürftigkeit wiederum ist der Grund für die dritte Grundeigenschaft der ‚Geselligkeit‘, die dem Menschen im Zusammenwirken mit anderen die Befriedigung seiner Bedürfnisse ermöglicht.392 Anerkennt man 386 Wolf, Rechtsdenker, S. 75; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 311; Seiler, Systematik, S. 27 ff. 387 Nanz, Vertragsbegriff, S. 149; Mayer-Maly, Konsens, S. 96; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 309 f. (§ 17 III 4); Lipp, Naturrecht, S. 146 f.; Zimmermann, Obligations, S. 568; Wenn, Pufendorf, S. 543 ff. 388 Vgl. oben Teil 1, B, III, 1, um Fn. 364. In seinem Hauptwerk zum Naturrecht De jure belli ac pacis libri tres (Das Recht des Krieges und des Friedens) entwickelt Grotius seine Versprechens- und Vertragslehre (zweites Buch, 11. und 12. Kapitel) inzident in genuin völkerrechtlichem Zusammenhang. Vgl. auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 149. 389 Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 309 (§ 17 III 4); Nanz, Vertragsbegriff, S. 149; Seiler, Systematik, S. 28; Hammerstein, Pufendorf, S. 174 ff., insbes. 174 ff. 390 Nanz, Vertragsbegriff, S. 149; Lipp, Naturrecht, S. 146 f.; Zimmermann, Obligations, S. 568 f.; Wenn, Pufendorf, S. 543 ff. 391 Zu diesem von Pufendorf verfolgten Prinzip der logischen Deduktion des gesamten Systems aus einem einzigen Grundprinzip vgl. Diesselhorst, Pufendorf, S. 102; Lipp, Naturrecht, S. 142 ff. 392 Vgl. die umfassenden Ausführungen bei Nanz, Vertragsbegriff, S. 149 ff. Diese Grundeigenschaften entwickelt Pufendorf anhand der Betrachtung eines vorgestellten einsamen Menschen (Robinson), vgl. Diesselhorst, Pufendorf, S. 5; Wenn, Pufendorf, S. 29; Lipp, Naturrecht, S. 144: „In dieser hypothetischen Vereinsamung

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diese Elemente als für den Menschen konstitutiv, so wird deutlich, worauf die zentrale Bedeutung des Vertrages für Pufendorf beruht: Die aufgrund des Selbsterhaltungstriebs bestehende natürliche Bedürftigkeit des Menschen lässt diesen auf die Hilfe anderer angewiesen sein; der Vertrag ist hierbei das Mittel, durch das sich die Menschen untereinander die ihnen fehlenden Dinge verschaffen können, er gewährleistet die Befriedigung der so verstandenen natürlichen Bedürftigkeit des Menschen.393 Obschon Pufendorf aus dieser Philosophie heraus den Vertrag zum Mittelpunkt seines Systems macht, gelingt es ihm nicht, sich von dem Grotianischen Erbe zu emanzipieren, adoptiert inhaltlich vielmehr dessen Versprechenslehre.394 So übernimmt Pufendorf den dreistufigen Versprechensbegriff,395 stellt hinsichtlich des Entstehens einer obligatorischen Verpflichtung eine Parallele zur der Eigentumsübertragung her,396 fordert eine äußerliche Manifestierung des Willens und stellt damit zugleich inzident die grundsätzliche Formfreiheit des Vertrages heraus.397 Obschon Pufendorf in Übereinstimmung seiner des Menschen, in der Fiktion der Robinsonade, erkennt Pufendorf das „Wesen“ des Menschen: die imbecillitas.“ 393 Die Notwendigkeit von Verträgen für die menschliche Gesellschaft begründet Pufendorf, Über die Pflicht, S. 86 (I, 9, § 2), indem er darauf abstellt, dass die Pflichten der Menschlichkeit nicht ausreichten, den notwendigen zwischenmenschlichen Verkehr zu vollziehen: „Es ist aber hinreichend klar, daß die Menschen Verträge miteinander abschließen müssen. Die Pflichten der Menschlichkeit nehmen zwar einen breiten Raum im Leben der Menschen ein, doch kann keineswegs aus dieser Quelle allein alles abgeleitet werden, was die Menschen an Nutzen voneinander empfangen können. Denn nicht alle Menschen sind so gut, daß sie alles, womit sie anderen von Nutzen sein können aus bloßer Menschlichkeit und ohne sich vorher der Aussicht auf Empfang einer Gegenleistung vergewissert zu haben, zu leisten bereit sind. … Damit also die zwischenmenschlichen Pflichten, die eine Folge des Zusammenlebens in der Gesellschaft sind, umso regelmäßiger und nach festen Normen erfüllt werden, ist es notwendig, daß die Menschen Verträge miteinander abschließen.“ Vgl. auch Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 357 (III, IV, § 1) und die Übersetzung Band 1, S. 636 f.; Diesselhorst, Pufendorf, S. 53; Luig, Causa, S. 228 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 151. 394 Vgl. Pufendorf, I. N. G., S. 367–372 (III, V, § 1–7); ders., I. N. G. Übersetzung S. 652–660; Nanz, Vertragsbegriff, S. 152. 395 Vgl. Pufendorf, I. N. G., S. 367–372 (III, V, § 1–7); ders., I. N. G. Übersetzung S. 652–660; Nanz,Vertragsbegriff, S. 152; Diesselhorst, Pufendorf, S. 15 ff. 396 Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 378 (III, VI, § 1) lehnt hier sich an Grotius an, wonach der Versprechende Partikel seiner Freiheit verliert: „Cum per promissa et pacta regulariter libertas nostra constringatur …“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 1, S. 669 (III, VI, § 1): „Durch Zusagen und Bündnisse wird unsere Freiheit gebunden (…)“. Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 153. 397 Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 402 (III, VI, § 16) „… actuum voluntatis, quamdiu signis non manifestantur, nullus inter homines invicem effectus esse … perfectiora autem verba utrinque intellecta.“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 1, S. 700 (III, VI, § 16): „Nun ist noch übrig etwas von denen Zeichen der Bewil-

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Naturrechtslehre allein den Konsens der Parteien als das obligationserzeugende Moment anerkannte,398 begriff er diesen Konsens nicht etwa als Willensübereinstimmung, sondern – ganz auf Linie Grotius’ – als Zustimmung zur Entstehung der Verpflichtung.399 Ist in weiten Teilen eine enge inhaltliche Anlehnung Pufendorfs an die Grotianische Versprechenslehre zu beobachten, stellt sich die nun brennende Frage, ob Pufendorf ebenso das Erfordernis einer causa des Vertrages behandelt. „Pufendorf spricht nicht von der causa des Vertrages“ lautet die klare und zutreffende Aussage von Klaus Luig in seiner Untersuchung über die causa der Vertragslehre in der Zeit des Naturrechts400 – es findet sich tatsächlich, soweit ersichtlich, nirgends ausdrücklich eine solche Einschränkung des bloßen Konsensprinzips. Dass Pufendorf nicht ausdrücklich von der causa des Vertrages spricht, hat jedoch nicht notwendigerweise auch zugleich zur Konsequenz, dass sie kein – vielleicht auch nur stillschweigend vorausgesetzter – Bestandteil seiner Lehre ist.401 Vor dem Hintergrund der inhaltlichen Ausfüllung des Begriffes der causa durch Grotius, erscheint die bei Pufendorf zu lesende neuartige Systematisierung der Obligationen vielmehr bekannt: Pufendorf teilt alle Verträge in entweder belastende (contractus onerosi) oder aber freigebige (contractus benefici) Kontrakte ein;402 ligung anzufügen, welche zu Feststellung der Verbindlichkeit allerdings nothwendig ist, dieweil sonst der innerliche Wille und Entschluß des Menschen unter denen Menschen keine Würckung kaben kann. … Beiderseits verstandene Worte sind schon vollkommene Zeichen.“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 154. 398 Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 358 (III, IV, § 1) „Sed quae alteri ex pactis et conventionibus debeo, illa ideo debeo, quia novum sibi jus iste adversus me ex proprio meo consensu quaesivit.“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 1, S. 637 (III, IV, § 1): „Was ich aber einem anderen wegen Bündnis und Vergleich schuldig bin, dasselbige muß ich ihm thun, weil er durch meine Bewilligung ein neues Recht darzu von mir selbst erlanget hat.“ Vgl. dazu Nanz, Vertragsbegriff, S. 152 f.; Wieacker, Contractus, S. 235. 399 Vgl. die vorherige Fußnote und Mayer-Maly, Konsens, S. 93 f.; Nanz, Vertragsbegriff, 152 ff., insbes. auf S. 155, der sich dort eingehender mit dem Zustimmungserfordernis beschäftigt, bezeichnet das Pufendorfsche Vertragsverständnis als aus „zwei selbständigen Konsensen“ bestehend. 400 Causa, S. 228. Gleichwohl sucht Luig auf S. 228–231 in Anknüpfung an Pufendorfs philosophische Auffassung von der „sozialen Funktion“ der Verträge, gerade in dieser Funktion das Merkmal der causa zu entdecken; er stellt dennoch fest, dass Pufendorf „nicht für jeden einzelnen Vertrag eine causa als positive Voraussetzung fordert.“ 401 So auch Luig, Causa, S. 128 ff. 402 Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 696 (V, II, § 8): „Nostro proposito cumprimis congruit distinctio contractuum in beneficos et onerosos. Quorum illi alteri contrahentium parti gratis commodum quodpiam afferent; uti est commodatum, mandatum, depositum. Hi autem utramque partem ad aequale onus adstringunt.“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 2, S. 45 (V, II, § 8): „Zu unserem Vorhaben gehöret vor

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er benennt darüber hinaus noch eine dritte Kategorie des gemischten Vertrages (contractus mixti).403 Mit dieser Vertragsordnung werden zum ersten Male in nachhaltiger Weise404 die alten römischen Entstehungskategorien verlassen und durch ein wichtiges neues Gliederungsprinzip ersetzt, das sich nicht mehr maßgeblich an den Entstehungsgründen, sondern an der inhaltlichen Funktion der Verträge orientiert405 – nach der Auffassung Franz Wieackers gelangt Pufendorf damit als erster zu einem besonderen Teil der Schuldverhältnisse.406 Soll dem Vermögen des einen Vertragspartners ein Vorteil ohne Gegenleistung zugewandt werden – wird also nur das Vermögen des Zuwendenden belastet – ist der betreffende Kontrakt ‚freigebig‘; wird dagegen ein Vorteil nur unter gleichzeitiger Verpflichtung zur Gegenleistung zugewandt – also das Vermögen beider Vertragspartner beschwert – handelt es sich um einen ‚belastenden‘ Kontrakt.407 Die Pufendorfsche Vertragseinteilung stellt demnach zuvörderst die Frage, ob von den Parteien einer Obligation ein wirtschaftlicher Austausch oder ein einseitiger wirtschaftlicher Gewinn, also eine Schenkung bezweckt wird.408 Das stimmt mit dem oben beleuchteten Grotianischen Verständnis von der causa des Vertrages überein: Eine redelick oorzaak ist danach vorhanden, wenn das Versprechen abgegeben wurde entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Schenkung.409 allen anderen der Unterschied derer Contracte, nach welchem sie in wohlthätige und beschwerliche abgetheilet werden. Von denen die ersten einem contrahierenden Theile alleine Vortheil bringen (…). Die Beschwerlichen aber strengen ein jedwedes der sich verbindenden Theile zu Tragung gleichmässiger Bürden an.“ Vgl. auch Nanz, Vertagsbegriff, S. 156; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 137 (§ 20 II 1); Seiler, Systematik, S. 23. 403 Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 699 (V, II, § 10): „Sed et dantur quidam contractus mixti.“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 2, S. 49 (V, II, § 10): „Es gibt aber auch gemischte Contracte.“ 404 Freilich ist eine solche Einteilung bereits bei Grotius vorgebildet, dort jedoch nur als knappe Randbemerkung und lediglich in Bezug auf menschlichen Handlungen, ohne Anspruch auf die Begründung eines neuartigen vertragssystematischen Ansatzes, Grotius, J. B., II, XII, 1 u. 2: „Actuum humanorum, qui ad aliorum hominum utilitatem tendunt, alii sunt simplices, alii compositi. Simplices alii benefici, alii permutatorii.“ Grotius, J. B. Übersetzung, S. 255 (II, XII, 1 u. 2): „Die auf den Nutzen anderer abzielenden Handlungen der Menschen sind entweder einfach oder zusammengesetzt. Die einfachen sind entweder begünstigend oder austauschend“ vgl. dazu auch Seiler, Systematik, S. 27. 405 Seiler, Systematik, S. 24 u. 28; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 137 (§ 20 II 1); Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 310 (§ 17 III 4). 406 Privatrechtsgeschichte, S. 310 (§ 17 III 4); vgl. ablehnend aber Seiler, Systematik, S. 26 f., der aufgrund dieser noch recht groben Einteilung Pufendorfs einen wirklichen Bezug zu den heutigen besonderen Teilen nicht erkennen will. 407 Seiler, Systematik, S. 23. 408 Seiler, Systematik, S. 23.

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Wie gezeigt, teilt Pufendorf die Verträge jedoch nicht nur in solche zum Zwecke des Austausches und solche zum Zwecke der Schenkung ein, er benennt zusätzlich noch eine eigentümliche dritte Kategorie, die der ‚gemischten Verträge‘ (contractus mixti). Gestaltet sich also die soeben festgestellte inhaltliche Parallelität der grotianischen causa-Lehre und der Pufendorf’schen Einteilungslehre als eine verfrühte Schlussfolgerung? Ursache dieser dritten Kategorie ist die Forderung Pufendorfs, dass bei Verträgen, die zum Zwecke des Austausches geschlossen werden, Leistung und Gegenleistung einander wertmäßig entsprechen müssen (aequale onus).410 Erst vor diesem Hintergrund des Pufendorf’schen Äquivalenzerfordernisses, welches auf eine allgemein im Naturrecht besonders ausgeprägte sozialethische Tendenz zurückzuführen ist,411 lässt sich die Kategorie der gemischten Verträge erklären.412 Ein solcher gemischter Vertrag liegt nach diesem Verständnis immer dann vor, wenn ein Vertragspartner sich für eine geringere, nicht äquivalente Gegenleistung verspricht.413 Ein gemischter Vertrag wird nach Pufendorfs Vorstellung mithin sowohl zum Zwecke des Austausches, als auch zum Zwecke der Schenkung geschlossen, wird also teilweise von einem Schenkungszweck und teilweise von einem Austauschzweck beherrscht.414 Pufendorf hält demnach an der grundsätzlichen Zweiteilung der Vertragsarten in Austausch- und Schenkungsverträge fest, kennt nur eine besondere Art von Verträgen, die beide möglichen Geschäftszwecke in sich 409

Vgl. oben § 2 um Rn. 381. Pufendorf, I. N. G., Band 1, S. 696 (V, II, § 8): „Hi autem utramque partem ad aequale onus adstringunt“ und Band 1, S. 699 (V, II, § 10): „Sed et dantur quidam contractus mixti, et ex duobus negotiis velut composite, verbi gratia, si sciens rem maioris emam, et quod plus est in pretio venditori condonem; aut si sciens rem minoris vendam, et reliquum pretii emtori condonem, erit partim donatio, partim emtio venditio.“ Pufendorf, I. N. G. Übersetzung, Band 2, S. 45 (V, II, § 8): „Die Beschwerlichen aber strengen ein jedwedes der sich verbindenden Theile zu Tragung gleichmässiger Bürden an“; Band 2, S. 49 (V, II, § 10): „Es gibt aber auch gemischte Contracte, da man z. Bsp. etwas mit Wissen und Wollen zu theuer einkauffet und was über den gewöhnlichen Preis gezahlet wird dem Verkauffer geschenckt haben will; oder wenn man etwas unter dem gewöhnlichen Preise weglässet und dergestalt beim Verkauften dem Käuffer was schenket, so kommet Kauf und Schenkungscontract zusammen.“ Vgl. auch Seiler, Systematik, S. 24 u.25 f. Zur römisch-rechtlichen Rechtsfigur der laesio enormis, die inhaltlich ebenso einen „gerechten Preis“ gewährleistete, vgl. Kaser, RP II, § 264 III 2 (S. 389); Honsell, römisches Recht, § 44 II 4 (S. 115); Zimmermann, Obligations, S. 259; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 27. 411 Vgl. Seiler, Systematik, S. 25 f.: „Deutlich zu erkennen ist die im älteren Naturrecht besonders ausgeprägte sozialethische Tendenz, die sich auf Aristoteles und Thomas zurückführen lässt.“ 412 So auch Seiler, Systematik, S. 25 f. 413 Seiler, Systematik, S. 24. 414 Vgl. Seiler, Systematik, S. 24. 410

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vereinigen kann – und welche ausschließlich auf seine Forderung nach Gleichwertigkeit der Leistungen bei ‚reinen‘ Austauschverträgen zurückzuführen ist. Hugo Grotius führt zur inhaltlichen Ausfüllung seiner causaLehre den Austausch- und Schenkungszweck an und ebenso findet sich nunmehr bei Pufendorf zum Zwecke der Einteilung der Verträge die grundsätzliche Unterscheidung von Austausch- und Schenkungszweck. Inhaltlich lässt sich daher, trotz der von Pufendorf benannten dritten Kategorie des gemischten Vertrages – also der Mischung beider möglichen Vertragszwecke –, eine deutliche Übereinstimmung beider Ansätze feststellen.

3. Die Entwicklung zur Vollendung des naturrechtlichen Vertragsbegriffs So bedeutsam die Hinwendung Pufendorfs vom einseitigen Versprechen hin zum konsensualen Vertrag als systematischem Zentralbegriff war, bedurfte doch die dogmatische Ausgestaltung noch einer grundlegenden Korrektur: Der Konsens der Vertragsparteien musste wieder – wie schon im römischen Recht – als Willensübereinstimmung gedacht werden und nicht, wie noch bei Pufendorf, als eine einseitige Zustimmung zum Rechtsverlust. Diese Rückbesinnung, diese „letzte Metamorphose auf dem Weg zum modernen Vertragsbegriff“415, ist das Verdienst von Christian Thomasius (1655–1728) und Christian Wolff (1679–1754). Thomasius betrachtete wie auch Pufendorf den consensus als obligationsbegründendes Moment,416 begriff den Konsens jedoch nicht im Pufendorfschen Sinne als einseitige Zustimmung zum Rechtsverlust, sondern ganz nach heutigem Verständnis als Willensübereinstimmung der sich vertragenden Parteien.417 Erstmalig im Naturrecht wurde der Vertrag von Thomasius klar definiert als bestehend aus einem Angebot und einer Annahme.418 Trotz dieser dogmatischen Rückbesinnung findet sich in der Vertragslehre Thomasius’ im Übrigen viel Bekanntes: Die Notwendigkeit des Abschlusses von Verträgen begründet er wie Pufendorf aus der menschlichen Natur;419 wie auch Grotius unterschied 415

Nanz, Vertragsbegriff, S. 156. Thomasius, Institutiones, S. X (II, VII, 1, n. 6): „Causa proxima constituendi pactum est consensus, isque mutuus, etiamsi ipsum pactum non sit mutuum.“ 417 Mayer-Maly, Konsens, S. 96; Nanz, Vertragsbegriff, S. 160 f. 418 Thomasius, Institutiones, S. X (II, VII, 1, n. 5): „Vocatur autem ex parte ejus, qui obstringit, promissio, ex parte alterius, acceptation.“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 161; Mayer-Maly, Konsens, S. 96. 419 Thomasius, Institutiones, S. X (II, VII, 1, n. 3): „Cum vero maxime eum in finem ineantur pacta, ut quis alterum sibi perfecte obliget … perspicuum est, et tranquillitatem generic humani, et in specie custodiam aequalitatis postulare, ut fides data in pactis servetur.“ Nanz, Vertragsbegriff, S. 161. 416

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er für eine perfecta promissio drei Stufen des Versprechens.420 Einflussreicher noch als Thomas’ Vertragslehren wurden aber jene Christian Wolffs,421 der als erster Naturrechtler seine Lehren nicht nur in lateinischer Sprache, sondern auch in deutscher Übersetzung vorlegte422 – über Wollfs Schüler Darjes wirkten sie auf Svarez und damit auf das ALR; mittelbar beeinflusste es über Martini und Zeiller das ABGB.423 Auch bei Wolff findet sich eine Rückbesinnung auf den Konsens als obligationserzeugendes Moment: „Wenn zwey oder mehrere zusammen in ein Versprechen oder in mehrere einwilligen, heißt es ein Vertrag.“424 Obschon in der deutschen Übersetzung des Wolffschen Werkes ‚consensus‘ mit ‚Einwilligung‘ verdeutscht wurde425 und semantisch im Grunde einseitiges Wollen bedeutet, ist dieser Begriff nach Wolffschem Verständnis partnerbezogen, meint also den Konsens beider Vertragsparteien426 – der Begriff der Einwilligung findet sich später auch in den Naturrechtskodifikationen wieder, wo er gleichfalls als Willensübereinstimmung verstanden werden wird.427 Dieser für einen Vertrag erforderliche Konsens wird auch nach Wolffscher Lehre hergestellt durch die Elemente der promissio und der acceptatio, also des Angebotes und der Annahme.428 420 Vgl. den Text in Thomasius, Institutiones, S. X–X (II, VII, 1, n. 8–11); Nanz, Vertragsbegriff, S. 161. 421 „Obwohl Wolffs Vertragslehren weniger kompakt und einheitlich waren als die des Thomasius“, Nanz, Vertragsbegriff, S. 164. 422 1754 erschien eine wörtliche Übersetzung der „Institutiones Juris Natrurae et Genitum“ unter dem deutschen Titel „Grundsätze des Natur- und Völkerrechts“. Nanz, Vertragsbegriff, S. 164 f., führt gerade auf diese Tatsache seinen maßgeblichen Einfluss zurück und stellt die Behauptung auf, dass wir es Wolff zu verdanken haben, dass das pactum als „Vertrag“ übersetzt wurde und so zum Allgemeinbegriff werden konnte. 423 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 332; Mayer-Maly, FS Seidl, S. 126; Nanz, Vertragsbegriff, S. 165. 424 Wolff, Grundsätze, § 438 (S. 269); ders., Institutiones § 437 (S. 222): „Conventio, qua duo vel plures in eandem, vel easdem promissiones consentiunt, pactum, sive pactio appelatur.“ 425 Vgl. Wolff, Grundsätze, § 27 (S. 18): „Zu den inneren Handlungen gehört die Einwilligung (consensus) … Wenn man mit ausdrücklichen Worten … erkläret, daß man eben das wolle, was der andere will, so heißt dieses die ausdrückliche Einwilligung (consensus expressus); wenn dieselbe aber anderswoher, als z. B. aus Handlungen, oder Unterlassungen derselben geschlossen wird, so nennt man die die vermuthete Einwilligung (consensus praesumtus) …“. 426 Vgl. Wolff, Ius Naturae III, § 357: „Homines ad dandun et faciendum perfecte sese sibi invicem obligare possunt mutuo consensu.“ Mayer-Maly, Konsens, S. 97; ders., FS Seidl, S. 125 f.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 166. 427 Vgl. unten für den Code Civil Teil 1, B, IV, 1, das ALR § 2, B, IV, 2 und auch das ABGB § 2, B, IV, 3. 428 Vgl. Wolff, Institutiones, § 379 (S. 190): „Declaratio haec coluntatis de quodem alteri praestando, coniuncta cum juris a se exigendi, ut praestetur, in ipsum translatione, promissio dicitur.“ Und § 381 (S. 191): „promissio … sine acceota-

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Nach allem bisher Beleuchteten würde es recht ungewöhnlich erscheinen, wenn nun auf dieser letzten Teilstrecke des Weges zum modernen Vertragsverständnis Forderungen nach einem einschränkenden Merkmal zum nackten Konsens fehlten. Eine solche Forderung nach einer causa des Vertrages findet sich zunächst in radikaler Weise in den Schriften Wilhelm Leibniz’ (1646–1716). Leibniz schloss sich der – bereits von Grotius aufgegriffenen aber verworfenen429 – Auffassung Franciscus Connanus’ an, der als alleiniges obligationserzeugendes Element der Verträge das Synallagma anerkannte.430 Dabei verstand Leibniz das Synallagma als die causa des Vertrages, ohne welche ein Kontrakt keine Verbindlichkeit haben konnte;431 eine bloße Vereinbarung ohne Synallagma der Leistungsverpflichtungen, also ohne causa, soll daher im Grundsatz unverbindlich bleiben.432 Gleichwohl finden sich manche Ausnahmen, die Leibniz über den dogmatischen Weg der Klagbarkeit aufgrund Gesetzes zu rechtfertigen suchte.433 Leibniz sah sich freilich außerstande, konsequent die Unverbindlichkeit solcher pacta sine causa zu propagieren, entwarf ein abgestuftes Sanktionssystem bei etwaigen Vertragsbrüchen, konnte sich aber doch zu einer Klagbarkeit solche Vereinbarungen nicht entschließen.434 Im Ergebnis führte dieser Ansatz daher zurück zu der längst überwundenen Unterteilung von pacta nuda und pacta vestita: Es verblieb ein Restbestand von Vereinbarungen, die nicht den als verbindlich angesehenen Vertragstypen unterfiel.435 Nach über einem Jahrhundert allgemeiner Anerkennung der Klagbarkeit aller Verträge in tione non est valida, nec ex ea jus nullum acquiritur promissario.“ Wolff, Grundsätze, § 379 (S. 230): „Diese Erklärung seines Willens von dem, was man einem anderen leisten will, und wodruch man auf den andern das Recht bringt mit Gewalt dazu anzuhalten, nennt man das Versprechen (promissio) …“ und § 381 (S. 230): „Weil durch das Versprechen auf den andern das Recht gebracht wird die Leistung des Versprochenen mit Gewalt von ihm zu fordern (§ 379), zu Erlangung desselben aber erfordert wird, daß es der andere annimmet (§ 316); so ist kein Versprechen ohne Annehmung desselben gültig, und der, dem etwas versprochen wird, erhält ohne dieselbe kein Recht dazu.“ Vgl. auch die sich anschließende Auseinandersetzung mit der Grotianischen Versprechenslehre (§§ 282 ff.). 429 Vgl. oben Teil 1, B, III, 1, um Fn. 375. 430 Nanz, Vertragsbegriff, S. 157. 431 Leibniz, Textes inédits II, S. 734: „Causa autem illis est quod Aristoteli synallagma, sive commutatio quaedam.“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 157. 432 Leibniz, Textes inédits II, S. 734: „Nimirum si tu promiseris mihi, et ego acceptaverim, non ideo datur actio ad consequendum promissum …“ Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 157. 433 Diese Gruppe von Verträgen zusammenfassend sprach Leibniz, Textes inédits II, S. 734, von den contractus nominati: „Contractus nominatus est cui leges certam quandam formam, nomen et effectus dedere.“ Insbesondere konnte er über diesen Weg die Klagbarkeit der Stipulation erklären, vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 157. 434 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 158. 435 Nanz, Vertragsbegriff, S. 157 f.

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Rechtswissenschaft und Gerichtspraxis und nach den grundlegenden Werken von Grotius und Pufendorf erscheint es schwer verständlich, was Leibniz zu seiner Lösung bewogen hat;436 es verwundert daher auch nicht, dass er keine Anhängerschaft gefunden hat. Vielleicht formuliert vor diesem Hintergrund deshalb auch Wolff zurückhaltend: „So darf nach dem natürlichen Rechte in einem Versprechen die Ursache desselben nicht ausgedrückt werden“,437 und bei Thomasius findet sich die Überzeugung, dass der Konsens als causa des Vertrages genügt.438 Klaus-Peter Nanz folgert in seiner Untersuchung anknüpfend an diese Aussagen schlicht: „Damit war das Causaproblem aus dem modernen Begriff des Schuldvertrages eliminiert.“439 Wiederum aber gilt: Dass weder Wolff noch Thomasius die causa ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal eines wirksamen Vertrages benennen, hat nicht notwendigerweise auch zugleich zur Konsequenz, dass sie kein – vielleicht auch nur stillschweigend vorausgesetzter – Bestandteil ihrer Lehren ist.440 Beide Autoren übernehmen insoweit die Vertragseinteilung Pufendorfs in contractus onerosi und contractus benefici, in belastende und freigebige Verträge.441 436

So auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 159. Wolff, Institutiones, § 407 (S. 205): „Cum a voluntate promittentis unice dependeat, utrum promittere velit, nec ne, et vi libertatis naturalis nulli hominum rationem reddere tenetur, cur quid faciat; promissio naturaliter non habere debet causam expressam, scilicet cur promittat.“ Wolff, Grundsätze, § 407 (S. 243): „Weil es einig und allein auf den Willen des Versprechers ankommt, ob er etwas versprechen will oder nicht (§ 245); und vermöge der natürlichen Freiheit er keinen Menschen Rechenschaft geben darf, warum er etwas thue (§ 78); so darf nach dem natürlichen Rechte in einem Versprechen die Ursache desselben nicht ausgedrückt werden, warum man nämlich etwas verspricht.“ 438 Thomasius, Institutiones, S. 136 (II, VII, 1, n. 6): „Causa proxima constituendi pactum est consensus.“ Vgl. auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 160 u. 167; Luig, Causa, S. 232. 439 Vertragsbegriff, S. 167. Vgl. auch Luig, Causa, S. 232 der hinsichtlich der Aussage von Thomasius feststellt, dass dieser damit alle Streitfragen abschneidet, welche die causa betreffen. 440 Dies stellt Wolff, Grundsätze, § 405 (S. 245), klar heraus: „So ist etwas Ursache an einem Versprechen (causam promissio dat), wenn es der einzige Grund ist, warum etwas versprochen wird, welches sonst nicht wäre versprochen worden …“. 441 Wolff, Grundsätze, § 514 ff. (S. 320), betitelt sein elftes Hauptstück: „Von wohlthätigen verbindlichen Handlungen, oder von wohlthätigen Contracten“, das darauf folgende zwölfte Hauptstück § 580 ff. (S. 372): „Von den Tauschhandlungen oder beschwerlichen Contracten“ (vgl. auch Institutiones, §§ 514, 580, S. 266, 308). „Ein wohlthätiger Contract, durch welchen man einen gewissen Gebrauch einer Sache, die nicht verbraucht wird, einem anderen umsonst vergönnet, wird das Leihen (commodatum) genannt …“ (§ 515) und „Die Tauschhandlungen nennt man auch beschwerliche Contracte (contractus onerosos).“ (§ 580). Es findet sich dort auch die Kategorie des gemischten Vertrages (§ 580) „… so ist es ein vermischter Contract aus einem wohlthätigen und beschwerlichen“. Vgl. Thomasius, Institutiones, S. 211 (II, XI, n. 59); Nanz, Vertragsbegriff, S. 164 u. 169. 437

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Im Hinblick auf eine Einteilung der Verträge stellen demnach auch diese Autoren zuvörderst die Frage, ob von den Parteien einer Obligation ein wirtschaftlicher Austausch oder ein einseitiger wirtschaftlicher Gewinn, also eine Schenkung bezweckt wird. Und auch hier lässt sich mithin eine Parallele mit dem oben beleuchteten Grotianischen Verständnis von der causa des Vertrages feststellen: Eine redelick oorzaak ist danach vorhanden, wenn das Versprechen abgegeben wurde entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Schenkung.442 4. Zusammenfassende Betrachtung Während sich im usus modernus eine Emanzipation vom römisch-rechtlichen Typensystem einstellte und so die Grundlage für einen neuen systematischen Ansatz bereitete, entwickelten die Autoritäten des Vernunftrechts eine Konzeption, welche einheitlich unter das Dogma der Willensautonomie gestellt wurde. Der Wille wurde zum Zentrum dieses Systems, für den Vertrag rückte der Konsens in den Mittelpunkt der Betrachtung. Der Wille wurde als grundsätzlich formfreie aber hinreichend erkennbare Äußerung begriffen, der Vertrag schließlich als aus Angebot und Annahme, mithin als aus zwei korrespondierenden Willenserklärungen zusammengesetzt definiert. In diesem durch Konsensualität, Formfreiheit und Typenfreiheit gekennzeichneten naturrechtlichen Neuansatz hat der moderne Vertragsbegriff seinen Ursprung. Unübersehbar findet sich im Rahmen dieser Neuausrichtung die Frage um das Erfordernis einer causa des Vertrages wieder. Hugo Grotius behandelt dieses Merkmal in seinem jüngsten Werk ausdrücklich, Leibniz anerkennt sie als konstitutives Merkmale eines jeden Kontraktes. Ohne die causa als ein solches Tatbestandsmerkmal zu benennen, findet sich bei bei Samuel Pufendorf, später auch bei Christian Thomasius und Christian Wolff die Überzeugung, dass ein Vertrag stets entweder zum Zwecke des Austausches oder aber der Schenkung geschlossen wird – was inhaltlich dem grotianischen Verständnis von der causa des Vertrages vollkommen entspricht. Festzuhalten bleibt also: Im Zuge der Emanzipation von der römischen Typologie und der systematischen Neuausrichtung des Vertragsrechts durch das Naturrecht blieb die Frage nach der causa des Vertrages aktuell. Auf der Suche nach einem neuen Gliederungssystem aller Verträge greift erstmals Pufendorf in nachhaltiger Weise auf die Einteilung aller Verträge in solche zum Zwecke des Austausches und solche zum Zwecke der Schenkung zurück; dieser erstmalig begründete ‚besondere Teil‘ des Schuldrechts findet sich später auch in den Lehren Thomasius und Wolff. Die Pufendorf442

Vgl. oben Teil 1, B, III, 1, um Fn. 383.

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sche Gliederung war inhaltlich jedoch bereits vorgebildet bei Grotius, dort allerdings verpackt im Tatbestandsmerkmal der causa des Vertrages. Konnten wir bis hierher beobachten, welche Rolle der Zweck des Vertrages in den Lehren prominenter und einflussreicher Vernunftrechtler spielte und welche inhaltliche Ausgestaltung dieses Merkmal durch sie erhielt, wollen wir nunmehr den Blick auf die Naturrechtskodifikationen richten, in denen die Resultate dieser Vertragslehren ihren gesetzgeberischen Niederschlag gefunden haben.

IV. Die Konsolidierung des allgemeinen Vertragsbegriffes Die Kodifizierung des europäischen Privatrechts seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wird ganz überwiegend als ein bedeutender Wendepunkt in dessen Entwicklung betrachtet.443 Zum einen förderte sie eine nationale Fragmentierung der bisher als Einheit begriffenen europäischen Rechtstradition – und insofern eine nationale Isolation von Rechtsanwendung, Rechtsausbildung und Rechtswissenschaft, von der wir uns erst heute wieder frei zu machen beginnen –, wurden die Kodifikationen doch nunmehr von einem staatlichen Gesetzgeber für seinen Zuständigkeitsbereich erlassen und somit nur in einem räumlich begrenzten Rahmen anwendbar.444 Zum anderen wurde der unmittelbaren praktischen – wenn auch nur subsidiären – Anwendung des römischen Rechts als ius commune, gleichsam als common law, ein Ende bereitet: Die Kodifikationen hatten eine systematische Regelung des gesamten Privatrechts zu bieten, die für die Geltung eines subsidiären Gemeinrechts keinen Raum mehr ließ.445 Für den Bereich des Vertragsrechts war diese Systematik dabei ganz von den naturrechtlichen Lehren geprägt.446 Im Folgenden sollen der Vertrag und seine Voraussetzungen in den drei großen Kodifikationen dieser Zeit, dem französischen Code Civil (vgl. 1), dem deutschen Allgemeinen Preußischen Landrecht (vgl. 2) und dem österreichischen Allgemeinen Gesetzbuch (vgl. 3) untersucht wer443

Zimmermann, heutiges Recht, S. 2; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 322 ff. Vgl. Zimmermann, heutiges Recht, S. 2 f., der darauf hinweist, dass die Anfänge dieser Fragmentierung bereits in der Zeit des usus modernus erkennbar werden, in welcher die Autoren „nicht mehr römisches Recht an sich, sondern römischhollöndisches, römisch-schottisches, römisch-hispanianisches oder auch römischsächsisches Recht behandelten“. Vgl. ders., ERPL 1995 (3), S. 96 f. und ders., JZ 92, S. 10 f. und ders., JZ 90, S. 837 f. 445 Zimmermann, heutiges Recht, S. 2; ders. weist jedoch auf S. 3 ff. gleichsam darauf hin, dass das römische Recht freilich als „Hilfsmittel bei der Auslegung der neuen Gesetzbücher und bei der Entscheidung von Zweifelsfragen und Lückenfüllung“ weiterhin bedeutsam war. Vgl. ders., ERPL 1995 (3), S. 97 ff. 446 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 170; Schmidlin, Vertragsmodell, S. 189. 444

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den.447 Dabei wird jeweils im Besonderen auf die Frage eingegangen, ob die einzelne Kodifikation konstitutiv das Vorhandensein einer causa des Vertrages als Wirksamkeitsvoraussetzung – ausdrücklich oder stillschweigend – aufstellt und auch in welcher Weise die causa jeweils inhaltlich ausgefüllt wird. Die Reihenfolge der Untersuchung orientiert sich dabei nicht streng an der zeitlichen Inkraftsetzung der Kodifikationen, sondern allein an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. 1. Vertragsbegriff im Code Civil Die einflussreichste und bis heute am weitesten verbreitete Naturrechtskodifikation ist der Code Civil, der auf Betreiben und zum Teil unter maßgeblicher Beteiligung von Napoléon Bonaparte (1769–1821) ausgearbeitet wurde und 1804 in Kraft trat.448 Durch die darin vorgenommene Kodifizierung des nun näher zu untersuchenden Vertragsbegriffes erreichte die Entwicklung des allgemeinen Vertragsrechts in Frankreich ihren Abschluss; die damals in Gesetz gegossene naturrechtliche Vertragslehre ist bis heute geltendes Recht.449 Geltendes Recht aber nicht nur in Frankreich: Der italienische Codice civile450 und auch der spanische Código civil451 lehnen sich in ihrem allgemeinen Vertragsrecht bis heute eng an den Code Civil an, Belgien und Luxemburg452, wie auch ursprünglich das Burgerlijk Wetboek der Niederlande453, haben die Regelung des Vertragsbegriffes aus dieser Kodifikation übernommen.454 In Art. 1108 CC findet sich eine Zusammenstellung der konstitutiven Grundelemente eines Vertrages: 447 Zum bayerischen Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (1756), der noch die römischen Vetragskategorien mitführte vgl. Nanz, Vetragsbegriff, S. 170; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 326 f. 448 Der Code Civil wird daher auch vereinzelt „Code Napoléon“ betitelt. Vgl. umfassend zur Entstehungsgeschichte Ferid, Französisches ZR I, S. 119 ff. (§ 2); auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 339 ff., 344 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 187. 449 Vgl. nur Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 28: „Die Entwicklung ist … in Frankreich etwa 100 Jahre früher zum Stillstand gekommen [als in Deutschland], nachdem auf den Grundlagen des von Domat und Pothier errichteten Systems des Zivilrechts der Code Civil geschaffen worden war.“ 450 Art. 1321 ff. Vgl. Ruland, Causa, S. 152 ff. Zu den darin enthaltenen Regelungen zur causa vgl. Betti, Typenzwang, S. 275 ff. 451 Art. 1254 ff.; vgl. Ruland, Causa, S. 151 f. 452 Art. 1108, 1131 ff.; vgl. Ruland, Causa, S. 154 ff. 453 Art. 1349 ff. Im Nieuw Burgerlijk Wetboek von 1992 ist das Erfordernis der causa entfallen; vgl. ausführlich dazu Ruland, Causa, S. 1, 103 ff. 454 Allesamt verlangen die aufgeführten nationalen Rechtsordnungen wie auch der Code Civil, was nun zu zeigen sein wird, das Vorhandensein einer causa bei Vertragsschluss; vgl. dazu im Überblick Ruland, Causa, S. 147 ff. Vgl. auch Zim-

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Vier Erfordernisse bedingen wesentlich die Gültigkeit eines Vertrages: die Einwilligung des Theiles, welcher sich verbindet; dessen Fähigkeit zu contrahieren; eine bestimmte Sache, welche den Gegenstand der Verbindlichkeit ausmacht; ein erlaubter Grund der Verbindlichkeit.455

Art. 1108 spricht hinsichtlich der ersten Voraussetzung eines wirksamen Vertrages lediglich von der Einwilligung des Schuldners (consentement de la partie qui s’oblige), gemeint ist damit jedoch der Wille beider Vertragspartner, also der Konsens beider Parteien.456 Eine ausführliche Regelung erfährt dieses Merkmal in den Art. 1109–1122 CC, die Regelungen für Fälle des Irrtums, der Gewalt oder Drohung und des Betrugs bereitstellen.457 Das zweite Merkmal der Fähigkeit zu kontrahieren (capacité de contracter) entspricht für den vom deutschen Recht her kommenden Betrachter dem Begriff der Geschäftsfähigkeit.458 Drittens verlangt Art. 1108 für Schuldverträge, dass das Objekt, das den Gegenstand der Verpflichtung bildet, bestimmt sein muss (objet certain). Der Begriff der Sache ist hier nicht im strengen deutschen Sinne (§ 90 BGB) als ein körperlicher Gegenstand, sondern allgemein als Leistung zu verstehen.459 Das Erfordernis der Bestimmtheit meint hier daher, dass die im Rechtsgeschäft zu regelnde Rechtswirkung hinreichend bestimmt ausgedrückt ist;460 welche Anforderungen an diese inhaltliche Bestimmtheit gestellt werden, findet sich wiederum in den Art. 1126–1130 des Code Civil.461 Und schließlich als vierte konstitutive Voraussetzung eines mermann, ERPL 1995 (3), S. 101 f.; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 32; Dröll, causa, S. 26 f. 455 Art 1108 CC „Quatre conditions sont essentielles pour la validité d’une convention: – Le consentement de la partie qui s’oblige; – Sa capacité de contracter; – Un objet certain qui forme la matière de l’engagement; – Une cause licite dans l’obligation.“ Die im Text aufgeführte Übersetzung stammt von Loersch, Code Civil, S. 107 (Art 1108). Vgl. auch die etwas abweichende Übersetzung bei Halfmann, cause, S. 8. 456 Der Konsens selbst wurde nicht definiert. Vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 421 (1 F 105); Halfmann, cause, S. 8 (Fn. 2); Nanz, Vertragsbegriff, S. 195; Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 156; Stabel, Französisches ZR, S. 355 f. Vgl. dazu auch schon bereits oben Teil 1, B, III, 3 um Fn. 426. 457 Vgl. dazu Ferid, Französisches ZR I, S. 302 ff. (1 E 198) u. S. 314 (1 E 222); Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 160 ff. 458 Vgl. die dieses Merkmal näher bestimmenden Art. 1123–1125; Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR I, S. 421 (1 F 106); Stabel, Französisches ZR, S. 357 ff. 459 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 519 f. (1 F 603 f.). 460 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 422 (1 F 108). 461 Von Rechtsprechung und Lehre werden im Allgemeinen vier Anforderungen an das Objekt gestellt: Es muss vorhanden, bestimmt oder bestimmbar, erlaubt und nützlich sein. Vgl. dazu umfassend Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 519 f. (1 F 603 f.) und S. 523 ff. (1 F 614 ff.); Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 162 f.; Stabel, Französisches ZR, S. 362 ff.

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wirksamen Vertrages führt Art. 1108 das Erfordernis einer cause licite dans l’obligation, also einer erlaubten causa der Verpflichtung auf. Nur dieses letzte Merkmal und dessen nähere Ausgestaltung in den Art. 1131–1133 ist hier von besonderem Interesse und verdient die nun folgende genauere Betrachtung. Dazu sollen zunächst die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmungen zur cause im Code Civil [vgl. a)], sodann die einzelnen Bestimmungen selbst ausgeleuchtet werden [vgl. b)]. a) Normgeschichtlicher Hintergrund Für das Erfordernis einer cause als Gültigkeitskriterium des Vertrages im Code Civil spielte die Autorität von Jean Domat (1625–1692) und RobertJoseph Pothier (1699–1772), wie auch sonst für viele Regelungen des Code, eine besondere Rolle.462 Domats Grundeinstellung glich der seines deutschen Zeitgenossen Samuel Pufendorf (1632–1694). Auch er machte den Vertrag zum Mittelpunkt seines Verständnisses der menschlichen Gesellschaft, propagierte sowohl Inhalts- als auch Formfreiheit.463 Domat lehnte das römische Typensystem pauschal ab; die Pflicht zur Vertragstreue war für ihn so selbstverständlich, dass er auf eine dogmatische Begründung dessen ganz verzichtete.464 Anders als bei Pufendorf ging seine Vertragskonstruktion dogmatisch jedoch nicht vom einseitigen Versprechen, sondern bereits vom Konsens im Sinne einer Willenseinigung der Parteien aus – Domat hatte also schon zu jener Zeit, anders als sein Zeitgenosse Pufendorf, den Durchbruch zum modernen konsensualen Vertragsbegriff geschafft.465 Bei ihm findet sich schließlich in einigen kurzen Passagen die Forderung ausgesprochen, dass ein Vertrag ohne causa nichtig sein müsse.466 Von größter 462

Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 520 (1 F 607); Halfmann, cause, S. 74; Heinsheimer, Code Civil, S. 21; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 342 f; Nanz, Vertragsbegriff, S. 187, Fn. 122: „Etwa 2/3 des Code Civil stammen fast wörtlich aus Pothiers Werken, das Obligationenrecht entspricht sogar vollständig dem Traité des Obligations. Dieses Obligationenrecht entspricht wiederum demjenigen von Domats Hauptwerk.“ 463 Nanz, Vertragsbegriff, S. 188. 464 Nanz, Vertragsbegriff, S. 189. 465 Halfmann, cause, S. 75; Nanz, Vertragsbegriff, S. 187 f.: „Was das Naturrecht in Mitteleuropa über mehrere Stufen erreichte, die Schaffung eines einheitlichen konsensualen Vertragsbegriffes, das gelang in Frankreich im Wesentlichen einem Juristen: Jean Domat hat … für Frankreich den Durchbruch zum modernen Vertragsbegriff geschafft.“ Wie oben aufgezeigt (Teil 1, B, III, 3, um Fn. 418) schaffte diese Rückkehr zum römisch-rechtlichen Konsensbegriff in Mitteleuropa erst wieder Christian Thomasius (1655–1728). 466 „Dans ces trois premières sortes de conventions (gemeint sind hier die synallagmatischen Verträge), il se fait un commerce où rien n’est gratuit, et l’engagement

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Bedeutung für das Verständnis der inhaltlichen Ausfüllung des Begriffes der cause ist dabei die von Domat vorgenommene Unterscheidung zwischen gegenseitig verpflichtenden und einseitig verpflichtenden Verträgen: Bei den zweiseitig verpflichtenden Verträgen bestünde die causa, die die Parteien zur Übernahme ihrer Verpflichtung veranlasst, in dem Willen, die ihnen versprochene Gegenleistung zu erhalten, bei den einseitig verpflichtenden Verträgen läge die causa hingegen in einer vernünftig und billigenswert motivierten Freigebigkeit.467 Das klingt bekannt: Eine Parallele zu der Vertragseinteilung Pufendorfs in „lästige“ und „freigebige“ Verträge ist nicht von der Hand zu weisen.468 Pothier schließlich greift für die inhaltliche Bestimmung des Begriffes der causa auf die Lehre Domats zurück; ebenso wie Domat war er der Überzeugung, dass ein Vertrag zu seiner Wirksamkeit einer causa bedarf.469 Aber es kommt bei ihm noch etwas hinzu. Pothier verortet auch die Frage der Versagung der Anerkennung von Verträgen, die gegen die guten Sitten oder gegen das Gesetz verstoßen, dogmatisch in der Lehre von de l’autre. Et dans les conventions même où un seul paroit obligé, comme dans le prêt d’argent, l’obligation de celui qui emprunte, a été précédée de la part de l’autre de ce qu’il devoit donner, pour former la convention. Ainsi, l’obligation qui se forme dans ces sortes de conventions, au profit de l’un des contractants, a toujours sa cause de la part de l’autre: et l’obligation seroit nulle si dans la vérité elle étoit sans cause.“ (Domat, Lois civiles, 1.c; Tit. I, Sec.I, § 5) „Dans les donations, et dans les autres contrats où l’un seul fait, ou donne: et l’autre ne fait et ne donne rien, l’acceptation forme la convention. Et l’engagement de celui qui donne, a son fondement sur quelque motif raisonnable et juste, comme un service rendu, ou quelque autre mérite du donataire, ou le seul plaisir de faire du bien. Et ce motif tient lieu de cause de la part de celui qui reçoit et ne donne rien.“ (Domat, Lois civiles, 1.c; Tit. I, Sec.I, § 6); entnommen aus König, Pothier, S. 258 f. 467 Vgl. den aufgeführten Quellentext oben in Fn. 466; König, Pothier, S. 259. Vgl. auch Halfmann, cause, S. 76 ff., S. 110 ff. und Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 520 f. (1 F 607), die die Passagen von Domat dahingehend auslegen, dass bei den einseitig verpflichtenden Verträgen eine causa fehlt und das Motiv diese nur „vertritt“ und nicht selbst die causa darstellt; Halfmann, cause, S. 78: „Der ‚animus donandi‘ kann also nicht der über die Wirksamkeit der Verpflichtung entscheidende Grund sein. Vielmehr erübrigt er das Forschen nach einer ‚cause‘, er ‚ersetzt‘ sie, wie Domat dies deutlich genug ausdrückt.“ 468 Vgl. oben Teil 1, B, III, 2, um Fn. 402. 469 „Tout engagement doit avoir une cause honnête. Dans les contrats intéressés, la cause de l’engagement que contracte l’une des parties, est ce que l’autre partie lui donne, ou s’engage de lui donner, ou le risqué don’t elle se charge. Dans les contrats de bienfaisance, la libéralité que l’une des parties veut exercer envers l’autre, est une cause suffisante de l’engagement qu’elle n’a aucune cause, ou, ce qui est la même chose, lorsque la cause pour laquelle il a été contracté, est une cause fausse, l’engagement est nul, et le contrat qui le referme est nul.“ (Pothier, Obligations, no. 42, p. 24); entnommen aus König, Pothier, S. 259. Vgl. auch Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 521 (1 F 607); Halfmann, cause, S. 84 ff.; Nanz, Vertragsbegriff, S. 191; Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 197; Dröll, causa, S. 19 ff.

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der causa.470 Er spricht deutlich aus, dass die causa des Vertrages von der Rechts- und Sittenordnung erlaubt sein, dass sie anständig und achtbar sein müsse.471 An diesem inhaltlich fortentwickelten Verständnis Pothiers werden zwei Funktionen der causa im Vertragsrecht sichtbar: eine Seriositätsfunktion, die schon Domat formulierte, und eine Erlaubtheitsfunktion, die erst von Pothier dogmatisch bei der causa verankert wurde.472 Dieses inhaltliche Verständnis von der causa im Vertragsrecht findet schließlich seinen positivrechtlichen Ausdruck in Art. 1131 des Code Civil. b) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen Betrachten wir nun diesen Art. 1131 CC, welcher sich – unter der Überschrift de la Cause473 im Kapitel des Conditions essentielles pour la Validité des Conventions474 – als nähere Bestimmung des in Art. 1108 statuierten vierten Erfordernisses einer cause versteht.475 Darin finden sich drei Unterscheidungen von zu einer Unwirksamkeit eines Vertrages führenden Gründen:476 Eine Verbindlichkeit, die gar keinen Grund hat, oder auf einem falschen oder auf einem unerlaubten Grunde beruht, kann keine Wirkung hervorbringen.477 470 Ausführlich dazu König, Pothier, S. 260 ff.; vgl. auch Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 521 (1 F 607); Nanz, Vertragsbegriff, S. 191. 471 „Lorsque la cause pour laquelle l’engagement a été contracté, est une cause qui blesse la justice, la bonne foi ou les bonnes moeurs, cet engagement est nul, ainsi que le contrat qui le renferme.“ (Pothier, Obligations, no. 43, p. 25); entnommen aus König, Pothier, S. 260. Vgl. auch Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 521 (1 F 607). 472 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 521 (1 F 608); Zweigert/Kötz, Rechtsvergleich 84, S. 90 (§ 6 III). 473 „Von dem Grunde“, vierter Abschnitt, zweites Kapitel, dritter Titel, drittes Buch. 474 „Von den Erfordernissen, welche die Gültigkeit der Verträge wesentlich bedingen“, zweites Kapitel, dritter Titel, drittes Buch. 475 Halfmann, cause, S. 9. 476 Vgl. dazu Halfmann, cause, S. XXI f., mit dem Hinweis darauf, dass sich eine Untersuchung der geltenden französischen Interpretation der Art. 1108, 1131 bis 1133 vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt sieht. Der Begriff der ‚cause de l’obligation‘ sei seinem Wesen und und jeweiligen konkreten Inhalt nach Gegenstand einer mehr als hundertjährigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung und trage aufgrund der ständig anwachsenden Meinungen und der Unterschiedlichkeit der Terminologie den Ruf, eines der verworrensten Gebiete der Privatrechtswissenschaft zu sein. 477 Art. 1131 CC „L’obligation sans cause, ou sur une fausse cause, ou sur une cause illicite, ne peut avoir aucun effet.“ Die im Text aufgeführte Übersetzung stammt von Loersch, Code Civil, S. 108 (Art 1131).

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Rollen wir das Feld von hinten auf und beginnen mit der Beleuchtung des unerlaubten Grundes, der cause illicite. Hierbei handelt es sich um das durch Pothier eingeführte Kriterium der Erlaubtheit der causa des Rechtsgeschäftes, welches in Art. 1133 CC dahingehend präzisiert wird, dass eine solche cause illicite dann gegeben ist, wenn die cause gesetzlich verboten ist oder den guten Sitten bzw. dem ordre public widerspricht.478 Nach der modernen französischen Rechtsprechung und überwiegenden Lehre ist eine gewisse Moralisierung des Geschäftslebens unverzichtbar, ist also bei der Beurteilung der Erlaubtheit des Rechtsgeschäftes ethischen Kategorien im Grundsatz Raum zu geben.479 Als Ursache für die außerordentliche Breite und Unübersichtlichkeit der Diskussion um die causa als Erlaubtheitskriterium480 lassen sich dabei im Grundsatz drei Fragenkreise ausmachen, die in diesem Zusammenhang nur angeschnitten werden können. Zum einen dreht sich die Diskussion um die Frage nach der Grenzziehung zwischen solchen Beweggründen, die Einfluss auf die Bewertung des Rechtsgeschäftes haben sollen und solchen, die nicht auf ihre Erlaubtheit hin zu überprüfen sind.481 Zum anderen wird die Dogmatik um das Erlaubtheitskriterium dadurch verkompliziert, dass schon in Art. 6 CC bestimmt wird, dass durch Verträge nicht von Gesetzen des ordre public und der guten Sitten, bonnes moeurs, abgewichen werden kann.482 Es ist daher unklar, ob für die dogmatische Behandlung der Erlaubtheitsschranken schwerpunktmäßig auf Art. 6 CC oder aber auf Art. 1133 CC abge478 Art. 1133 CC „La cause est illicite quand elle est prohibée par la loi, quand elle est contraire aux bonnes moeurs ou à l’ordre public.“ Vgl. Auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 108 (Art 1133): „Der Grund der Verbindlichkeit ist unerlaubt, wenn er von dem Gesetze verboten, wenn er den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung zuwider ist.“ 479 Anders noch die frühere „klassische Lehre“, die eine solche Moralisierung ablehnt, wodurch die Regelung des Art. 1133 CC weitgehend leer lief, vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 522 (1 F 611) und auch Halfmann, cause, S. 42. 480 Nach Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 521 f. (1 F 619 f.) ist gerade die Erlaubtheitsfunktion die meist kommentierte, die Seriositätsfunktion (dazu sogleich) hingegen wecke kaum Aufmerksamkeit. 481 Da es untragbar wäre, jedes beliebige mobile zu berücksichtigen, erfolgt die Abgrenzung nach h. A. in der Weise, dass es nur ein mobile déterminant auf seine Erlaubtheit hin geprüft wird. Dabei soll es sich um solche handeln, deren Fehlen die Vornahme des Rechtsgeschäftes bzw. den Abschluss des Vertrages ausgeschlossen hätte. Dabei wird verlangt, dass die eine Partei beim Vertragsschluss Kenntnis vom unerlaubten mobile déterminant der anderen gehabt hat. Vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 531 f. (1 F 633). 482 Art. 6 CC „On ne peut déroger, par des conventions particilières, aux lois qui intéressent l’ordre public et les bonnes moeurs.“ Vgl. auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 3 (Art 6): „Den Gesetzen, welche die öffentliche Ordnung und die guten Sitten angehen, kann man durch Privatverträge nicht derogiren.“

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stellt werden soll.483 Schließlich ergibt sich eine Überschneidung mit dem in Art. 1108 CC statuierten dritten Erfordernis eines objet certain: In Rechtsprechung und Lehre besteht Einigkeit, dass der versprochene Leistungsgegenstand für sich betrachtet illicite sein kann und das Rechtsgeschäft deshalb schon kein objet certain aufweist;484 auf das vierte Erfordernis der causa licite kommt es in diesen Fällen dann nicht mehr an.485 Das nächste kodifizierte Unwirksamkeitsmerkmal des falschen Grundes, der fausse cause, war bei Pothier als ein Unterfall der fehlenden causa bezeichnet worden486 und wurde wohl nur durch ein Missverständnis der vielleicht nicht ganz klaren Fassung bei Pothier zu einem eigenen Unwirksamkeitsgrund hochgespielt.487 Dogmatisch wird das Merkmal der fausse cause heute für Fragen des rechtsgeschäftlichen Willens nutzbar gemacht; operiert wird mit diesem Begriff sowohl für die Bewältigung des Scheingeschäfts als auch im Bereich der Irrtumslehre.488 Zunächst zum Scheingeschäft: Der Code enthält keine allgemeine Regel über das simulierte Geschäft, also eines Geschäftes welches im Einverständnis mit dem Vertragspartner ohne Rechtsbindungswillen vorgenommen wurde.489 Die reine Qualifikation als ein Scheingeschäft entscheidet jedoch noch nicht über 483 Legt man den Schwerpunkt auf Art. 6 CC, so gehört das ganze Thema zur Behandlung der Grenzen der Vertragsfreiheit. Vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 533 (1 F 637) und ausführlich zum ordre public und bonnes moeurs S. 535 (1 F 645). 484 Aus deutscher Sicht ist dieses Problem nicht unbekannt, denn im Rahmen des § 138 BGB wird heute allgemein anerkannt, dass die Sittenwidrigkeit sich sowohl aus dem Inhalt (Paradebeispiel ist der Kauf von Rauschgift) als auch aus dem Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäftes ergeben kann, vgl. Palandt/Heinrichs, § 138, Rn. 7 f. 485 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 523 (1 F 613), S. 524 f. (1 F 616 und 1 F 619). 486 „Tout engagement doit avoir une cause honnête. Dans les contrats intéressés, la cause de l’engagement que contracte l’une des parties, est ce que l’autre partie lui donne, ou s’engage de lui donner, ou le risqué don’t elle se charge. Dans les contrats de bienfaisance, la libéralité que l’une des parties veut exercer envers l’autre, est une cause suffisante de l’engagement qu’elle n’a aucune cause, ou, ce qui est la même chose, lorsque la cause pour laquelle il a été contracté, est une cause fausse, l’engagement est nul, et le contrat qui le referme est nul.“ (Pothier, Obligations, no. 42, p. 24); entnommen aus König, Pothier, S. 259. 487 Ferid, Französisches ZR I, S. 323 (1 E 242). 488 Ferid, Französisches ZR I, S. 323 (1 E 241a), S. 307 (1 E 196), S. 313 (1 E 220); Halfmann, cause, S. 39 ff., S. 101 ff., S. 204 ff.; Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 165 f.; Stabel, Französisches ZR, S. 367. 489 Ferid, Französisches ZR I, S. 307 (1 E 196); vgl. für das deutsche Recht § 117 Abs. 1 BGB. Für die Behandlung des dissimulierten (verdeckten) Scheingeschäfts i. S. d. § 117 Abs. 2 BGB vgl. Art. 1321 CC und Ferid, Französisches ZR, S. 308 (1 E 197).

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dessen Wirksamkeit oder Unwirksamkeit; das französische Recht nimmt dem Schein gegenüber im Grundsatz vielmehr eine Art wohlwollender Neutralität ein und lässt erst den mit dem simulierten Geschäft verfolgten Zweck über etwaige Rechtsfolgen entscheiden.490 Deshalb wird das Problem des Scheingeschäfts im französischen Recht dogmatisch vor allem unter dem Gesichtspunkt der fausse cause aus Art. 1131 CC behandelt.491 Der Irrtum bei Vertragsschluss dagegen findet eine bruchstückhafte allgemeine Regelung in den Artt. 1109, 1110 und 1117 CC.492 Von diesen drei allgemeingültigen Artikeln befassen sich zwei mit der Rechtsfolge eines Irrtums, wobei jede dieser Normen augenscheinlich eine andere Rechtsfolge vorsieht: Aus Art. 1109 CC493 lässt sich schließen, dass es schon an einer Einigung fehlt, Art. 1117 CC494 erklärt die Einigung im Falle eines Irrtums ausdrücklich als bestehend und für bloß nachträglich vernichtbar.495 Der verbleibende allgemeine Art. 1110 CC496 schließlich behandelt einen, 490 Vgl. Halfmann, cause, S. 100 ff.; Ferid, Französisches ZR I, S. 307 (1 E 196): „Man hat gelegentlich unterschieden zwischen wohltätigen, vereinfachenden und in Gesetzesumgehungsabsicht vorgenommenen Scheingeschäften.“ 491 Ferid, Französisches ZR, S. 308 (1 E 197); Halfmann, cause, S. 39 f., S. 101 ff. 492 Sondervorschriften ohne grundsätzliche allgemeine Bedeutung befassen sich mit dem Irrtum in verschiedenen Spezialgebieten, wie z. B. im Eherecht (Art. 180) oder beim Vergleich (Art. 2052). 493 „Il n’y a point de consentement valable, si le consentement n’a été donné que par erreur, ou s’il a été extorquée par violence ou surprise par dol.“ Vgl. auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 107 (Art. 1109): „Eine gültige Einwilligung ist nicht vorhanden, wenn dieselbe nur aus Irrthum gegeben, oder durch Gewalt ezwungen, oder durch Betrug erschlichen worden ist.“ 494 „La convention contractée par erreur, violence ou dol, n’est point nulle de plein droit; elle donne seulement lieu à une action en nullité ou en rescision, dans les cas et de la manière expliqués à la section VII du chapitre V du présent titre.“ Vgl. auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 107 (Art 1117): „Ein Vertrag, der aus Irrthum, durch Zwang oder durch Betrug geschlossen worden, ist nicht von Rechtswegen nichtig; er begründet nur eine Klage auf Nichtigkeit oder Rescission in den Fällen, und auf die Weise, wie solches in dem siebenten Abschnitte des fünften Kapitels des gegenwärtigen Titels erklärt wird.“ 495 Im heutigen französischen Recht sind sowohl die eine, als auch die andere Rechtsfolge, jeweils abhängig von der Art des Irrtums, einschlägig. Vgl. zum Irrtum in Form der Fallgruppe des erreur obstacle – die zur absoluten Unwirksamkeit der Einigung führt – und zum Irrtum in Form der Fallgruppe des erreur nullité – welche lediglich zur Vernichtbarkeit des Rechtsgeschäftes führt –, Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 485 (1 F 417 f.), S. 491 (1 F 432); Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 157 f. 496 „L’erreur n’est une cause de nullité de la convention que lorsqu’elle tombe sur la substance même de la chose qui en est l’objet. – Elle n’est point une cause de nullité, lorsqu’elle ne tombe que sur la personne avec laquelle on a intention de contracter, à moins que la considération de cette personne ne soit la cause princi-

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für den vom deutschen Recht kommenden Betrachter bekannten, ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum: Der Irrtum über die Eigenschaft einer Person oder einer Sache.497 Die Kategorien von Inhalts- und Erklärungsirrtum sind dem französischen Juristen fremd, er kennt heute dafür vielmehr drei ungeschriebene Fallgruppen,498 deren Anwendung jedoch im Ergebnis zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie auch nach der deutschen Kategorisierung führt.499 Dabei wird das hier interessierende Merkmal der fausse cause aus Art. 1131 CC dogmatisch in eine dieser drei Fallgruppen des Irrtumsrechts eingeordnet als ein weiterer, neben Art. 1110 CC gesetzlich geregelter Fall eines ausnahmsweise beachtlichen Irrtums über die von einer Partei bei Vertragsabschluss als wesentlich vorausgesetzten Motive.500 Haben wir uns bisher bei der Betrachtung der unerlaubten und der falschen causa in bekannten Gewässern der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre bewegt, wird die nun folgende Beleuchtung des Merkmals des fehlenden Grundes aus Art. 1131 CC, der Verbindlichkeit sans cause, als ein Ausflug in – dem deutschen Juristen gemeinhin – unbekanntes Terrain erscheinen.501 pale de la convention.“ Vgl. auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 107 (Art. 1110): „Der Irrthum ist nur dann ein Grund der Nichtigkeit des Vertrages, wenn er das Wesen der Sache betrifft, welche den Gegenstand des Vertrages ausmacht. – Er ist kein Grund der Nichtigkeit, wenn er sich nur auf die Person bezieht, mit der man zu contrahieren die Absicht hat, es sei denn, daß die Rücksicht auf diese Person die Hauptsache des Vertrages ausmachte.“ 497 Vgl. für das geltende deutsche Recht § 119 Abs. 2 BGB. Nach Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 484 (1 F 416) ist der Grund für diese sehr restriktive Kodifizierung nur des einen Irrtums die Folge von der Furcht vor Rechtsunsicherheit; vgl. zum Eigenschaftsirrtum im französischen Recht Ferid, Französisches ZR, S. 312 (1 E 212). 498 Die erreur obstacle erfasst aus deutscher Sicht hautsächlich den Fall des Dissenses (vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 485 f.; 1 F 418), die erreurnullité pour vice de consentement welche sich an den von Art. 1110 vorgegebenen Kategorien von Sach- und Personenirrtum orientiert und wonach heute jeder substantielle Irrtum beachtlich ist (vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 486 f.; 1 F 421 ff.), die erreur indifferent erfasst alle unbeachtlichen Motivirrtümer (vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 492 f.; 1 F 435). Diese Fallgruppen entwickelten sich erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 499 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 484 f. (1 F 415 ff.). 500 Dieser Motivirrtum wird, ebenso wie derjenige aus Art. 1110 CC, eingeordnet als Substanzirrtum der Fallgruppe des erreur nullité, vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 488 (1 F 423) und klarer noch Ferid, Französisches ZR I, S. 313 (1 E 220), der diesen Irrtum zugleich mit dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Verbindung bringt. Vgl. auch Halfmann, cause, S. 40 f., S. 103, und insbes. S. 204 ff. 501 Vgl. dazu die hauptsächlich von dieser fehlenden cause handelnde, beinahe vierhundert Seiten starke Dissertation von Halfmann, cause, S. 17: „Nur diese [cause] nämlich erweist sich von überragender theoretischer Bedeutung und ist der Gegenstand der schwer zu übersehenden Auseinandersetzung und terminologischen Un-

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Anknüpfend an die obige historische Einleitung wurde in diesem Merkmal die causa als Seriositätskriterium verwirklicht.502 Ganz im Sinne von Domat und Pothier – und auch dem Grotianischen Verständnis von der causa des Vertrages503 – wird inhaltlich für den Nachweis der Seriosität eines rechtsgeschäftlichen Erfolges an die Kategorisierung in gegenseitig und einseitig verpflichtende Verträge angeknüpft: causa und also Seriositätsindiz eines gegenseitig verpflichtenden, entgeltlichen Vertrages ist der Wille, die für die eigene Leistung versprochene Gegenleistung zu erhalten (Austauschzweck); causa und also Seriositätsindiz eines einseitig verpflichtenden, unentgeltlichen Vertrages ist der Freigebigkeitswille, die intention libérale, welche bisweilen auch negativ formuliert wird als willentlicher Verzicht auf die Gegenleistung (Schenkungszweck).504 In dieser Form erscheint die causa eines Vertrages als ein durchweg typisierter Begriff, als der charakteristische mit dem entgeltlichen oder unentgeltlichen Vertrag erste, unmittelbar verfolgte Zweck.505 Nur vor diesem Hintergrund der typisierten Auffassung der cause im Rahmen der Seriositätsfunktion wird verständlich, weshalb diese zuweilen auch als „objektive causa“, im Gegensatz zur cause im Rahmen der Erlaubtheitsfunktion als „subjektive causa“ bezeichnet wird – ausschließlich in letzterer Funktion werden die von den Parteien verfolgten Motive des Rechtsgeschäftes zum Gegenstand richterlicher Überprüfung, so dass die im Rahmen der Seriositätsfunktion beachtlichen typischen Zwecke objektiviert erscheinen.506 sicherheit in der französischen Doktrin.“ Die folgende Darstellung kann sich aufgrund anderer Zielsetzung als Halfmanns nur auf die Darstellung der Grundstrukturen beschränken. 502 Vgl. zu diesem Zweck dieser Vorschrift Halfmann, cause, S. 36 f. 503 Vgl. oben Teil 1, B, III, 2, um Fn. 383. 504 Ferid, Französisches ZR, S. 321 (1 E 236), Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR, S. 526 (1 F 62) und S. 528 (1 F 627); Halfmann, cause, S. 116 f.; Förtsch, Vergleichende Darstellung, S. 163 f.; Heinsheimer, Code Civil, S. 22; Stabel, Französisches ZR, S. 366; Coing, Europäisches Privatrecht II, S. 436. Vgl. auch die Nachweise dieses Verständnisses in den Beratungsprotokollen des französischen Gesetzgebers zu dieser Norm bei Halfmann, cause, S. 87 ff. 505 Ferid, Französisches ZR, S. 321 f. (1 E 235 ff.); Stabel, Französisches ZR, S. 366; Halfmann, cause, S. 32, 38; ders. auf S. 33: „Es ist Aufgabe der Auslegung der Norm des Art. 1121, die Kriterien aufzufinden, nach denen gewisse Zwecke in den Rechtssatzbegriff des Grundes aufzunehmen, gewisse andere Zwecke aus ihm zu eliminieren sind.“ Halfmann gibt auf den S. 32 ff. als Grund für diese Beschränkung auf den ersten unmittelbaren Zweck, unter Ausschluss der Berücksichtigung aller weiteren mittelbaren Zwecke, eine sonst drohenden Gefahr der Rechtsunsicherheit an, zudem sei der erste, geschäftscharakteristische Zweck den Beteiligten bekannt, so dass eine Beachtung keine ungebührliche Belastung des Gläubigers bedeute. 506 So auch noch Ferid, Französisches ZR, S. 321 f. (1 E 235 ff.). Anders und unverständlich jedoch in der Neuauflage Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR,

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

Die Unterscheidung zwischen dem Nichtvorliegen einer solchen causa und ihrer bloßen Nichtangabe im Rechtsgeschäft selbst hat schließlich zu Art. 1132 CC507 Anlass gegeben, wonach ein Vertrag trotz Nichtangabe der causa wirksam ist und der heute allgemein als Beweislastregel begriffen wird: Art. 1132 CC stellt die grundsätzliche Vermutung auf, dass ein Vertrag eine entsprechende causa im Sinne des hier behandelten Seriositätsindizes aufweist; diese Vermutung – die zugunsten des Gläubigers wirkt – kann der Schuldner widerlegen.508 Aufgrund dieses Verständnisses des Art. 1132 CC als einer bloß prozessrechtlichen Regel sind nach modernem französischen Rechtsverständnis im Grundsatz daher nur kausale Versprechen wirksam509 – eine überholte Auffassung suchte diese Bestimmung noch materiellrechtlich zu begreifen und sah darin folglich die Anerkennung abstrakter Schuldversprechen entsprechend § 780 BGB durch den Gesetzgeber des Code Civil.510 Kausalität bzw. Abstraktheit im hier bezeichneten Sinne meint, ganz im Sinne des im Zusammenhang mit der S. 526 (1 F 622), der innerhalb des Seriositätskriteriums noch einmal unterteilen möchte in eine objektive und subjektive causa, wobei er nur der Schenkung als einseitig verpflichtenden Vertrag ausnahmsweise eine subjektive causa zuschreibt. Bei allen anderen einseitig verpflichtenden Verträgen solle sich die causa aus „irgendeinem objektiven Umstand außerhalb des Rechtsgeschäftes“ ergeben. Wie es ihm möglich ist, einen Zweck als tatsächlich objektiv und nicht lediglich als objektiviert zu begreifen, legt er nicht dar. Vgl. dazu auch Halfmann, cause, S. 24 ff.; Heinsheimer, Code Civil, S. 21 f. 507 „La convention n’est pas moins valable, quoique la cause n’en soit pas exprimée.“ Vgl. auch die Übersetzung von Loersch, Code Civil, S. 108 (Art 1132): „Der Vertrag ist nicht minder gültig, wenn auch der Grund desselben nicht ausgedrückt ist.“ 508 So genanntes „billet non causé“, vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR I, S. 529 (1 F 629); Heinsheimer, Code Civil, S. 23; Stabel, Französisches ZR, S. 367 f.; Vivant, abstrakte Schuldversprechen, S. 222; Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 618; Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 549; Halfmann, cause, S. 96 ff., dort insbes. S. 98 f.: „Die Interpretation des Art. 1132 als eine Beweislastumkehr für den Fall der abstrakten Schuldurkunde ist in Rechtsprechung und Wissenschaft inzwischen gefestigt [umfangreiche Nachweise der Rspr. folgen]“. Zum allgemeinen Hintergrund dieser Norm vgl. Ferid, Französisches ZR I, S. 325 (1 E 245) und dort insbes. Fn. 69; ebenso Halfmann, cause, S. 90 ff. 509 Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR I, S. 528 f. (1 F 628) und II, S. 412 (2 M 301); Ferid, Französisches ZR I, S. 325 (1 E 245); Halfmann, cause, S. 36 f.; Heinsheimer, Code Civil, S. 23; Deneke, causaproblem, S. 22; Neubecker, ArchBürgR 22 (1903), S. 45; v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 605 f.; Creutzig, Schuldversprechen, S. 53 ff., 58 und 237; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 33. 510 Capitant, cause, Nr. 165 ff. insbes. Nr. 170. Vgl. auch die Darstellungen bei Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR I, S. 528 f. (1 F 628); Halfmann, cause, S. 92 ff.; Heinsheimer, Code Civil, S. 24; Vivant, abstrakte Schuldverpflichtungen, S. 221; Creutzig, Schuldversprechen, S. 50 ff.; Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 618.

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens

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Tradition herausgearbeiteten Begriffpaares, das Erfordernis der Vereinbarung über die causa des Rechtsgeschäftes.511 Obschon das französische Recht demnach aufgrund der Artt. 1131, 1132 CC von der Dogmatik her abstraktionsfeindlich ist, mithin das abstrakte Schuldversprechen – d.h. ein Versprechen, bei welchem sich die Vertragsparteien nicht sogleich über den zugrunde liegenden Zweck vereinbaren – nicht kennt, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der praktischen Handhabung aufgrund der Elastizität der aufgestellten Vermutung und dank einiger – aus Gründen der Verkehrssicherheit – akzeptierter Durchbrechungen in Einzelfällen abstrakte Schuldversprechen anerkennt.512 In bestimmter Art und Weise ist also eine Abstraktion des Vertrages von seiner causa trotz Art. 1132 CC auch nach der französischen Naturrechtskodifikation zulässig. Wie diese scheinbare Ausnahme von der statuierten Abstraktionsfeindlichkeit dogmatisch und rechtstechnisch zu begreifen ist, wird uns noch an späterer Stelle ausführlich beschäftigen.513 Bis hierher soll daher die Feststellung genügen, dass die französische Kodifikation im Grundsatz für die Wirksamkeit eines Vertrages die Vereinbarung über die causa des Vertrages fordert. Halten wir also fest: Das Merkmal der causa findet sich in der französischen Kodifikation als eines von vier konstitutiven Voraussetzungen eines wirksamen Vertrages. Dieses Tatbestandsmerkmal der causa erfährt an anderer Stelle wiederum eine begriffliche Dreiteilung. Auf der einen Seite nimmt sie unter den ersten zwei Begriffsbestimmungen – dem vom BGB geprägtem Leser gemeinhin bekannte – Aufgaben der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre wahr.514 Auf der anderen Seite wird durch die dritte Begriffsbestimmung, der obligation sans cause, das Vorhandensein einer causa und somit die Seriosität des Vertragsschlusses gewährleistet, dabei aber zugleich die Möglichkeit des Abschlusses eines abstrakten Vertrages versagt. Im Rahmen dieser letzten und in unserem Zusammenhang besonders interessierenden Seriositätsfunktion wird der Begriff der causa typisiert verstanden als der charakteristische, unmittelbar verfolgte erste Zweck des Vertra511

Vgl. oben Teil 1, A, I, 2, c). Vor allem sind hier die Wertpapiere zu erwähnen: in erster Linie der Wechsel, aber auch alle anderen abstrakten Order- und Inhaberpapiere. Auch anerkannt ist die Bürgschaft als abstraktes Rechtsgeschäft. Es werden daher in der Praxis weitgehend gleiche Ergebnisse wie unter der Regel des § 780 BGB erzielt. Vgl. dazu Ferid, Französisches ZR I, S. 325 f. (1 E 246), S. 797 ff. (2 K 131 ff.); Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR II, S. 412 ff. (2 M 301 ff.); Vivant, abstraktes Schuldversprechen, S. 222 ff. 513 Vgl. unten Teil 2, A, I, 1. 514 Es werden darunter Probleme des Scheingeschäfts, des Irrtums (fausse cause) und der Gesetzes- und Sittenwidrigkeit (cause illicite) behandelt, vgl. oben Teil 1, B, IV, 1, b), um Fn. 478 und 488. 512

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

ges: Causa von gegenseitig verpflichtenden Verträgen ist der Wille, die für die eigene Leistung versprochene Gegenleistung zu erhalten; causa von einseitig verpflichtenden Verträgen ist der Wille zur Freigebigkeit. Verträge werden danach also in uns bekannter Weise eingeteilt: in solche, die zum Zwecke des Austausches und solche, die zum Zwecke der Schenkung geschlossen werden. Dass bei Vertragsschluss eine solche causa gegeben ist, wird nach dem Code Civil grundsätzlich vermutet. 2. Vertragsbegriff im deutschen Allgemeinen Preußischen Landrecht Bereits dem Bestreben Friedrich Wilhelms I., König in Preußen von 1713 bis 1740, zu einer organisatorischen Zusammenfassung der ihm unterstehenden Landesteile, entsprang der Wunsch nach einer einheitlichen Privatrechtsgesetzgebung. Erst auf Initiative aber Friedrichs des Großen, König von Preußen von 1740 bis 1797, wurde erstmals 1787, unter für das Zivilrecht maßgeblicher Federführung von Carl Gottlieb Svarez (1746–1798),515 der Entwurf eines Allgemeinen Gesetzbuches für die Preußischen Staaten vorgelegt, welcher nach Überarbeitungen516 schließlich 1794 in Kraft trat und in den altpreußischen Landesteilen noch bis zur Inkraftsetzung des BGB am 1.1.1900 gegolten hat.517 Betrachten wir als entstehungsgeschichtlichen Hintergrund der deutschen Naturrechtskodifikation zunächst die Vertragslehre seines maßgeblichen Autors [vgl. a)], um sodann die für den Vertrag maßgeblichen Bestimmungen des ALR selbst in Augenschein zu nehmen [vgl. b)]. Der Frage, ob auch diese deutsche Kodifikation das Vorhandensein eines Seriositätskriteriums, etwa in Form einer causa des Vertrages voraussetzt, ist ein eigener Abschnitt gewidmet [vgl. c)]. 515 Neben Svarez zeichneten insbesondere seine Mitarbeiter Ernst Ferdinand Klein (1744–1810), Kirchhausen und Carmer bei den Vorarbeiten des Vertragsrechts und insbesondere im Bereich des Strafrechts und des Eherechts Verantwortung, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 329. 516 Der Entwurf wurde 1787 der gesamtdeutschen und europäischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht, mit einer durch ein Preisausschreiben unterstützten Aufforderung zur Äußerung. Unter dem eintreffenden Material, welches in den Jahren 1787–1790 gewissenhaft von Svarez für die Umarbeitung des Entwurfes gesichtet wurde, finden sich auch manch treuherzige Anregungen – u. a. auch ein Vorschlag zur „Einführung der Vielweiberei zur Schonung der Frau vor Erschöpfung durch Geburten“, wie Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 330, mitzuteilen weiß. 517 Vgl. im Allgemeinen zu der Entstehungsgeschichte Svarez, Vorlesungen I, XII f; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 327–331; Nanz, Vertragsbegriff, S. 178 ff.

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a) Normgeschichtlicher Hintergrund Den Vertrag definierte Carl Gottlieb Svarez in seinen überlieferten Kronprinzenvorträgen, die er in den Jahren 1791 bis 1792 dem Prinzen von Preußen Friedrich Wilhelm (1770–1840) hielt,518 als Versprechen und Annahme desselben: „Versprechen und Annahme machen (…) das Wesen eines Vertrages aus“519. Die Erfordernisse eines wirksamen Vertrages finden sich aufgeführt in den schriftlichen Zusammenfassungen dieser Vorlesung, die an die Zusammenstellung der vier Anforderungen im Code Civil erinnern: A. Die Personen, welche ihn schließen, müssen nach den Gesetzen fähig seyn, einen solchen Vertrag einzugehen. B. Der Gegenstand muß so beschaffen seyn, daß darüber ein solcher Vertrag geschloßen werden könne. C. Die Willenserklärung von beyden Seiten muß mit den ordentlichen Eigenschaften zu ihrer Gültigkeit versehen seyn. D. Die gesetzmäßige Form muß beobachtet worden seyn.520

Von besonderem Interesse ist die dritte Voraussetzung, mit der Svarez auf eine allgemeinere und abstraktere Ebene verweist: auf die Vertragsbestandteile des Versprechens, also des Angebotes und der Annahme in Form von Willenserklärungen. Svarez führt damit die sich schon bei Pufendorf abzeichnende Isolierung der Willenserklärung vom Vertrage durch, zog diese also gewissermaßen als etwas Allgemeineres ‚vor die Klammer‘ des Vertrages.521 Dieses Verständnis der Willenserklärung als notwendiger allgemeiner Bestandteil eines Vertrages findet sich auch an anderen Stellen seiner 518 Den Vorträgen liefen anfänglich die Arbeiten zur endgültigen Fertigstellung des Gesetzbuches parallel, Svarez, Vorlesungen I, S. XVIII. Vgl. weitergehend auch Svarez, Vorlesungen I, S. IX ff.: „Ausgerechnet der gemeinhin den Feinden der Aufklärung zugerechnete Friedrich Wilhelm II (Friedrich der Große) erteilt Ende 1790 – dem Ideal aufgeklärter Herrschaft folgend – den Auftrag, seinem Sohn und mutmaßlichen Nachfolger die Grundsätze des Allgemeinen Staatsrechts zu vermitteln. Dabei musste ihm bewusst sein, und spätestens durch die vor Beginn der Vorlesung überreichte Übersicht in die Augen springen, dass Svarez sie aus dem Geiste der Aufklärung entwickeln würde. Das zwingt dazu, das traditionelle Bild dieses Monarchen zu überprüfen.“ (S. XI) „Friedrich Willhelm II … ist – soweit zu sehen – der erste preußische Herrscher, der seinen Sohn wissenschaftlich auf die Aufgabe als König vorbereiten ließ.“ (S. XV). 519 Svarez, Vorlesungen II, S. 641 (C II a, 218 III). Der gesamte Abschnitt lautet: „Wenn jemand einem anderen etwas von dem Seinigen, es sey eine Sache od. ein Recht, eine Handlung od. eine Unterlaßung, verspricht und der andre das Versprechen annimmt, so ist unter ihnen eine Vertrag vorhanden. Versprechen und Annahme machen also das Wesen eines Vertrages aus“. 520 Svarez, Vorlesungen II, S. 675 (C II b, 76 B II). 521 Vgl. auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 180 f.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

Vorlesung ausgedrückt: Für Svarez sind „Willenserklärungen … eine der Hauptquellen, aus welchen bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten entspringen“522, nach seiner Erkenntnis werden „Willenserklärungen, durch welche Rechte erworben und andere übertragen werden können, in Verträge und Testamente eingeteilt“523. Interessant wird dieser Verweis in der dritten konstitutiven Voraussetzung auf die ordentlichen Eigenschaften einer Willenserklärung, wenn man die genauere Definition dieser ‚ordentlichen Eigenschaften‘ an anderer Stelle seines Vorlesungsmanuskriptes betrachtet: Erforderlich sei ein „freyer, ernstlicher und gewißer Wille“.524 Das Merkmal der ‚Freyheit des Willens‘ füllt Svarez dabei aus mit der Frage der Wirksamkeit eines durch Gewalt oder Drohung veranlassten Vertragsschlusses, die im Code Civil im Vertragsmerkmal des consentments verortet wurde.525 Die Eigenschaften der ‚Ernstlichkeit‘ und der ‚Gewißheit des Willens‘ hingegen regeln Problemkreise, die wir in der französischen Kodifikation unter das Merkmal der cause subsumiert haben: „Der Wille muß ernstlich seyn. Ein offenbar aus Scherz od. nur zum Schein geschlossener Vertrag ist also unverbindlich“526; unter der Überschrift der Gewissheit des Willens bestimmt Svarez weiter: „Der Wille muß durch Worte od. deutliche Zeichen ausgedrückt seyn … Es muß dabei kein erheblicher Irrthum vor522 Svarez, Vorlesungen II, S. 641 (C II a, 218 I). Der gesamte Absatz lautet: „Der bißherige Besitzer einer Sache od. eines Rechts erklärt seinen Willen, dieselben an einen andren zu übertragen, entweder unter Lebendigen od. – von Todes wegen. Daher werden die Willenserklärungen, durch welche Rechte erworben und an andre übertragen werden können, in Verträge und Testamente eingetheilt.“ 523 Svarez, Vorlesungen II, S. 641 (C II a, 218 II); so auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 180. Der gesamte Absatz lautet: „Der bißherige Besitzer einer Sache od. eines Rechts erklärt seinen Willen, dieselben an einen andern zu übertragen, entweder unter Lebenden od. – von Todes wegen. Daher werden die Willenserklärungen, durch welche Rechte erworben und an andre übertragen werden können, in Verträge und Testamente eingetheilt.“ 524 In seinem Vorlesungsmanuskript stellt Svarez im Unterschied zu der oben zitierten schriftlichen Zusammenfassung (vgl. oben um Fn. 520) die vier konstitutiven Voraussetzungen eines Vertrages in etwas abgewandelter Art zusammen: „Ein gültiger Vertrag, durch den würkliche Rechte erworben od. übertragen werden sollen, erfordert, 1. daß die contrahirenden Partheyen nach den Gesetzen fähig sind, einen solchen Vertrag zu schließen; 2. daß über den Gegenstand solchergestalt contrahirt werden könne; 3. daß von beyden Seiten ein freyer, ernstlicher und gewisser Wille, das Recht zu erwerben, zu übertragen od. zu veräußern, vorhanden sey; 4. daß der Vertrag in der durch die Gesetze bestimmten Form errichtet sey.“ Vgl. Svarez, Vorlesung II, S. 641 (C II a, 218 VI) u. S. 644 (C II a, 219 XII), diese Voraussetzungen finden sich aber auch in der schriftlichen Zusammenfassung S. 677 (C II b, 76 V) 525 Vgl. dazu die näheren Ausführungen bei Svarez, Vorlesung II, S. 644 (C II a, 220, A) u. S. 677 (C II b, 76 V 1); zum Code Civil vgl. oben Teil 1, B, IV, 1, um Fn. 457. 526 Svarez, Vorlesungen II, S. 645 (C II a, 220 B).

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gefallen seyn.“527 So wie der französische Code Civil also das Scheingeschäft und den Irrtum mit dem Merkmal des falschen Grundes, der fausse cause, zu fassen sucht, so verschiebt Svarez die Lösung dieser Fragen auf die Ebene der Willenserklärung. Mit Aufzeigung dieser Tendenz – der Verschiebung der Problemkreise auf die Ebene der vom Vertrag isoliert zu betrachtenden Willenserklärung – soll es an dieser Stelle für die Darstellung des entstehungsgeschichtlichen Hintergrundes des ALR zunächst sein Bewenden haben; wenden wir uns nun den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften der deutschen Naturrechtskodifikation zu. b) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen Das ALR geht im Grundsatz, wie auch der Code Civil, sowohl von der Formfreiheit,528 als auch von der Inhalts- und Typenfreiheit529 der Verträge aus.530 Die schon bei Pufendorf und auch Svarez sichtbar werdende Isolierung der Willenserklärung vom Vertrage ist in der deutschen Kodifikation perfekt und zeigt sich schon bei einem nur flüchtigen Blick in das Inhaltsverzeichnis: Im ersten Teil handelt ein Titel ‚von Willenserklärungen‘, erst ein nachfolgender ‚von Verträgen‘.531 Eine Zusammenstellung konstitutiver Erfordernisse eines Vertrages, wie sie die französische Kodifikation und die Schriften von Svarez aufzeigen, findet sich im ALR hingegen nicht. Vielmehr ergibt sich erst aus einer Zusammenschau mehrerer 527

Svarez, Vorlesungen II, S. 677 (C II b, 77 3). Das Prinzip findet unmittelbaren Ausdruck im Titel ‚von Willenserklärungen‘ ALR I, 4, § 94: „Insofern die Gesetze einer Art von Willenserklärung keine bestimmte Form vorgeschrieben haben, ist jede Äußerung derselben, bei welcher die Erfordernisse der §§ 2, 3, 4 anzutreffen sind, gültig.“ Das Prinzip wurde für Verträge nicht mehr eigens kodifiziert, vielmehr findet sich im fünften Titel ‚von Verträgen‘ lediglich ALR I, 5, § 109: „Zur Gültigkeit eines Vertrages gehört, außer der wechselseitigen Einwilligung, auch die Beobachtung der in den Gesetzen vorgeschriebenen Form.“ Einzelne Formvorschriften finden sich im selben Titel in ALR I, 5, §§ 131–184. 529 Die Inhaltsfreiheit ist gesetzlich festgelegt in ALR I, 5, § 39: „Ueber alles, was der Gegenstand einer rechtsgültigen Willenserklärung seyn kann, können auch Verträge geschlossen werden.“ Was wiederum Gegenstand einer Willenserklärung sein kann, ist in ALR I, 4, § 5 statuiert: „Alle Sachen und Handlungen, auf welche ein Recht erworben, oder Andern übertragen werden kann, können Gegenstände der Willenserklärung seyn.“ Entsprechend ging das ALR als selbstverständlich von der Typenfreihit der Verträge aus; vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 182; Charmatz, Vertragstypen, S. 90 f. 530 Nanz, Vertragsbegriff, S. 182. 531 Svarez hatte in seinen Vorlesungen das Kapitel, in dem er sowohl Willenserklärungen als auch den Vertrag besprach, ausschließlich ‚vom Vertrage‘ betitelt (Vorlesungen, S. 640, C II a, 218), in der schriftlichen Zusammenfassung hingegen betitelte er selbiges ‚von Willenserklärungen‘ (Vorlesungen, S. 674, C II b, 76 B). 528

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

Paragrafen des fünften Titels, der ‚von Verträgen‘ handelt, welche Anforderungen die deutsche Kodifikation an einen wirksamen Vertrag stellt: „Wechselseitige Einwilligung zur Erwerbung oder Veräußerung eines Rechts wird Vertrag genannt.“532 „Die Erklärung, einem Andern ein Recht übertragen, oder eine Verbindlichkeit gegen denselben übernehmen zu wollen, heißt Versprechen.“533 „Durch die Annahme eines gültigen Versprechens wird der Vertrag geschlossen.“534 Erforderlich für einen Vertrag ist danach lediglich ein Konsens, bestehend aus Angebot und Annahme.535 Daneben lässt sich ein weiteres konstitutives Merkmal eines Vertrages nicht ausmachen, insbesondere das uns interessierende Erfordernis einer causa des Vertrages findet sich nirgends. Es drängt sich hier nun aber die Frage auf, wie die preußischen Juristen im Geltungsbereich des ALR die Problemkreise dogmatisch behandelten, welche die französischen Juristen unter Zuhilfenahme des konstitutiven Vertragserfordernisses der cause zu lösen suchten. Die nach preußischem Recht konstitutiven Voraussetzungen eines Vertrages, ein Angebot und eine korrespondierende Annahme, werden in der deutschen Kodifikation jeweils eigenständig und gleichberechtigt536 als Willenserklärungen begriffen – für das Angebot ergibt sich dies aus der Bezeichnung als „Erklärung“537, für die Annahme wurde die Anwendbarkeit der Regeln über die Willenserklärung sogar positivrechtlich statuiert.538 Anknüpfend an die oben anhand der Svarez’schen Vortragsunterlagen herausgearbeitete Tendenz zwingt sich vor diesem Hintergrund die These auf: Rechtsfragen, welche die französischen Juristen anhand der cause lösen, finden sich im ALR dogmatisch verortet in dem zum Vertragsrecht allgemeineren vierten Titel ‚von Willenserklärungen‘. Nach den Regelungen des ALR ist schon die Willenserklärung, die zum Schein oder 532

ALR I, 5, § 1. ALR I, 5, § 2. 534 ALR I, 5, § 79; vgl. auch schon § 4, dort jedoch nicht so klar wie die im Text zitierte Vorschrift: „Zur Wirklichkeit eines Vertrages wird wesentliche erfordert, daß das Versprechen gültig angenommen worden.“ Dort erfolgt dann für die Annahme ein Verweis auf die §§ 78 ff. 535 Daniels, Lehrbuch I, S. 271; Nanz, Vertragsbegriff, S. 181. 536 Das war ein Fortschritt zur Wolff’schen Vertragslehre, wonach die Annahme Wirksamkeitsvoraussetzung des Angebotes war („… so ist kein Versprechen ohne Annehmung desselben gültig …“) und sich somit nicht gleichberechtigt gegenüberstanden, vgl. Nachweise oben Teil 1, B, III, 3, Fn. 428. 537 Siehe ALR I, 5, § 2, oben bei Fn. 533. So auch Nanz, Vertragsbegriff, S. 181; vgl. allgemein zum Abschluss Eccius, Preußisches PR, S. 414 ff. 538 ALR I, 5, § 78 „Alles, was zur Rechtsgültigkeit einer Willenserklärung überhaupt gehört, wird auch zur Gültigkeit der Annahme eines Versprechens erfordert.“ 533

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nur zum Scherz abgegeben wurde, unwirksam:539 „Eine Willenserklärung, woraus Rechte und Verbindlichkeiten entstehen sollen, muß ernstlich seyn.“540 Auch ist bereits die Willenserklärung ungültig, wenn der Erklärende einem wesentlichen Irrtum unterlag:541 „Irrthum in dem Wesentlichen des Geschäfts, oder in dem Hauptgegenstande der Willenserklärung macht dieselbe ungültig.“542 Ebenso verneint die deutsche Naturrechtskodifikation bereits das Vorhandensein einer Willenserklärung, wenn sich das Geschäft als ungesetzlich oder unsittlich erweist:543 „Zu Handlungen, welche die Gesetze verbieten, kann durch Willenserklärung niemand verpflichtet oder berechtigt werden.“544 „Auch nicht zu Handlungen, welche die Ehrbarkeit beleidigen.“545 Im Ergebnis also werden die Problemkreise, die unter dem Geltungsbereich des Code Civil mit dem falschen Grund, der fausse cause,546 und dem unerlaubten Grund, der cause illicite,547 gelöst werden, hier auf die abstraktere Ebene der vom Vertrag isolierten Willenserklärung gehoben; in jedem dieser Fälle besteht nach der deutschen Kodifikation bereits keine wirksame Willenserklärung – kein wirksames Angebot oder keine wirksame Annahme – und folglich auch kein Vertrag. Wie aber behandelt die deutsche Kodifikation die französische Kategorie der obligation sans cause?548 Findet sich auch im ALR eine Regelung, wonach sich die Seriosität und mithin die Wirksamkeit eines Vertrages erst aus dem Vorhandensein einer causa ergibt? Dieser Frage soll nun im folgenden Kapitel nachgegangen werden.

539 Daniels, Lehrbuch I, S. 241 f.; Eccius, Preußisches PR, S. 165, ein etwaig verdecktes (dissimuliertes) Rechtsgeschäft hingegen ist wirksam. 540 ALR I, 4, § 52. 541 Daniels, Lehrbuch I, S. 239 f.; Eccius, Preußisches PR, S. 161: „Bei dem überall sehr schwankenden Sprachgebrauch des ALR ist es auch hier sehr schwierig, aus den Worten zu entscheiden, ob der wesentliche Irrthum die Willenserklärung nichtig oder anfechtbar macht.“ 542 ALR I, 4, § 75. 543 Vgl. Koch, Landrecht I, S. 129 (Anm. 10) u. S. 130 (Anm. 11). Hierfür findet sich im Vertragsrecht noch einmal ein Verweis auf diese Vorschriften ALR I, 5, § 39: „Ueber alles, was der Gegenstand einer rechtsgültigen Willenserklärung seyn kann, können auch Verträge geschlossen werden (Tit. IV. § 5–19).“ 544 ALR I, 4, § 6. 545 ALR I, 4, § 7. 546 Hier wird das Scheingeschäft und ein besonderer Fall des Irrtums verortet, vgl. oben Teil 1, B, IV, 1, b), um Fn. 488. 547 Hier werden Rechtsgeschäfte, die gegen die guten Sitten oder gegen ein Gesetz verstoßen, dogmatisch behandelt, vgl. oben Teil 1, B, IV, 1, b), um Fn. 478. 548 Vgl. dazu oben Teil 1, B, IV, 1, b), um Fn. 501.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

c) Erforderlichkeit einer causa des Vertrages Schon bei einem ersten flüchtigen Blick in den Gesetzestext scheint man wiederum hinsichtlich des Erfordernisses einer causa des Vertrages im Sinne eines Seriositätskriteriums fündig zu werden – ganz auf Linie der obigen These – im allgemeineren Regelungskomplex zu den Willenserklärungen. Es findet sich dort eine eigentümliche Aufteilung von Bedingung, Zweck und Beweggrund des Rechtsgeschäftes.549 Die Bedingung und der Beweggrund werden dem vom BGB her kommenden Juristen gemeinhin bekannt vorkommen – auch das ALR unterteilt hinsichtlich der Bedingung bereits in aufschiebende und auflösende, begreift die Bedingung als ein zukünftiges, ungewisses Ereignis und anerkennt auch die Abhängigkeit des Eintritts des Ereignisses bloß vom Willen des bedingt Berechtigten oder bedingt Verpflichteten als ein solches;550 der Beweggrund oder das Motiv des Geschäfts demgegenüber hat auch nach preußischem Privatrecht keinerlei Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.551 Hinsichtlich des Zweckes aber scheint man unbekanntes Terrain zu betreten, vermutet dahinter – nach obiger Einordung – das gesuchte Merkmal der causa als Kennzeichen der Seriosität eines Vertrages, wird jedoch bei genauerem Hinsehen enttäuscht: „Es findet bey dem Zweck … alles das statt, was in Ansehung der auflösenden Bedingung §. 144. sqq. verordnet ist.“552 Inhaltlich wird der Zweck hier mithin begriffen als eine nur besondere Form der auflösenden Bedingung.553 Im Rahmen einer Verfügung kann der Erklärende nach den einschlägigen Normen dem Empfänger eine Verpflichtung auferlegen, das Empfangene ganz oder teilweise zu einem bestimmten Zweck zu verwenden; der Berechtigte kann daher nicht in freier Willkür über den Gegenstand verfügen, soll vielmehr an den bei der Willenserklärung bestimmten 549

Vgl. für die Bedingung ALR I, 4 §§ 99–144, für den Zweck ALR I, 4 §§ 152–162 und für den Beweggrund ALR I, 4 §§ 145–150; im Vertragsrecht wird ausdrücklich auf diese Regelungen Bezug genommen ALR I, 5 § 226. Ferner vgl. die Ausführungen bei Eccius, Preußisches PR, S. 168 ff. 550 ALR I, 4 §§ 99 ff.; Eccius, Preußisches PR, S. 170 f.; Daniels, Lehrbuch I, S. 289 ff. Die letztgenannte Potestativbedingung ist insoweit nicht der „echten“ Bedingung gleichgestellt, als dass sie auch einer einseitigen rechtsgestaltenden Willenserklärung beigefügt werden kann, vgl. Palandt/Heinrichs, § 158 Rn. 13. 551 Eccius, Preußisches PR, S. 188 f.; Daniels, Lehrbuch I, S. 299; ALR I, 4 § 146: „Der angeführte Beweggrund dient hauptsächlich nur zur Erklärung einer zweifelhaften Absicht.“ § 147: „Ist also die Absicht klar, so wird durch die Unrichtigkeit des angeführten Beweggrundes die Willenserklärung selbst noch nicht entkräftet.“ 552 ALR I, 4 § 155; vgl. zu der einschränkenden Auslegung dieses Verweises Koch, Landrecht I, S. 165 (Anm. 154). 553 Vgl. Eccius, Preußisches PR, S. 185 ff.; Koch, Landrecht I, S. 165 (Anm. 154); Daniels, Lehrbuch I, S. 299 f.

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Zweck gebunden sein, und zwar bei Strafe des Verlusts des eingeräumten Rechts.554 Das Erfordernis einer causa des Vertrages im Sinne eines Seriositätskriteriums wird hier also, obschon nach der Betitelung der einschlägigen Paragrafen zu vermuten, nicht aufgestellt. Auch sucht man sonst in den einzelnen Bestimmungen der Kodifikation vergebens nach der ausdrücklichen Forderung einer causa des Vertrages. Wir könnten es dabei belassen und behaupten, dass diese deutsche Kodifikation endlich mit dem sich durch die rechtsgeschichtliche Entwicklung des Vertrages hindurch ziehenden „roten Faden“ der causa als Seriositätskriterium bricht. In Vergegenwärtigung dessen, wie die französische cause als Seriositätskriterium inhaltlich ausgefüllt wird, stößt man jedoch in den Svarez’schen Vorlesungsmitschriften unweigerlich auf schon Bekanntes: „Vorher muss ich aber noch an den Unterschied zwischen lästigen und wohlthätigen Verträgen erinnern, da derselbe von manchen practischen Folgen ist.555 Lästige Verträge heißen diejenigen, in welche beyde Theile gegenseitige Verbindlichkeiten übernehmen. Wenn nur ein Theil verpflichtet wird, etwas zugunsten des andern zu geben, zu leisten, zu dulden od. zu unterlassen, so heißt der Vertrag wohlthätig.“556 Ganz im Sinne Pufendorfs, der die Begriffe „lästig“ und „freigebig“ wählte – wie auch sich ihm anschließend Thomasius und Wolff –,557 wird hier eine vom überkommenen römischen Recht abweichende systematische Neueinteilung des Vertragsrechts in gegenseitig und einseitig verpflichtende Verträge vorgenommen.558 Anhand dieser systematischen Neuausrichtung füllen auch die Schöpfer der französischen Kodifikation, Domat und Pothier, den Begriff der cause inhaltlich aus: Bei einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag liegt die cause in dem Willen, die versprochene Gegenleistung zu erhalten, cause eines einseitig verpflichtenden Vertrages hingegen ist die vernünftig und billigenswert motivierte Freigebigkeit.559 Bei genauer Betrachtung meinen mithin alle diese Autoren im Grundsatz dasselbe, wenn sie sich dabei auch unterschiedlicher Termini bedienen: Ein jeder Vertrag wird entweder zum Zwecke des Austausches oder aber aus Gründen der Generosität bzw. Libe554 Eccius, Preußisches PR, S. 185; Daniels, Lehrbuch I, S. 299 f.; ALR I, 4 § 153: „Ist etwas ausdrücklich zu einem gewissen Endzweck bewilligt worden, so tritt, wenn die Erklärung nicht das Gegentheil klar besagt, der Berechtigte sofort in die Ausübung und den Genuß des ihm bewilligten Rechts.“ § 154: „Er verliert aber das Recht wieder, wenn der Zweck nicht erfüllt wird.“ 555 Nach Eccius, Preußische PR, S. 414 (Fn. 5) ist ALR I, 5 § 249 die „wohl einzige Bestimmung, die an den Unterschied anknüpft.“ 556 Svarez, Vorlesungen II, S. 641 (C II a, 218 V). 557 Dazu bereits oben Teil 1, B, III, 2 um Fn. 402 und Teil 1, B, III, 3, um Fn. 441. 558 Vgl. Eccius, Preußisches PR, S. 414; Koch, Landrecht I, S. S. 170 (Anm. 9). 559 Dazu bereits oben Teil 1, B, IV, 1, a), um Fn. 467 und 469.

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ralität geschlossen; den gegenseitig verpflichtenden Verträgen liegt der Austauschzweck, den einseitig verpflichtenden Verträgen der Liberalitätszweck zugrunde. Pufendorf und Svarez drücken dies plakativ durch den Gegensatz von „lästigen“ zu „freigebigen“ bzw. „wohlthätigen“ Verträgen aus, Domat und Pothier sprechen vom Willen, die Gegenleistung zu erhalten, gegenüber dem Willen zur Freigebigkeit. Und dieser von den Autoritäten seiner Zeit herausgearbeitete moderne systematische Gegensatz zwischen Austauschzweck und Liberalitätszweck wurde schließlich Gesetz: In der französischen Kodifikation versteckt in dem konstitutiven und grundsätzlich als gegeben vermuteten Vertragsmerkmal der cause, in der deutschen Kodifikation gerade heraus unter der Überschrift „Eintheilung“ zu Anfang des Titels, welcher von den Verträgen handelt:560 „Wenn beyde Theile gegenseitige Verbindlichkeiten übernehmen, so wird ein solches ein lästiger Vertrag genannt.561 Wohlthätig heißt ein Vertrag, durch welchen nur ein Theil etwas zu Gunsten des anderen zu geben, zu leisten, zu dulden, oder zu unterlassen verpflichtet wird.“562 Bis hierher wurde die causa des Vertrages jedoch lediglich inhaltlich bestimmt. Ungeklärt ist die Frage geblieben, ob das ALR für einen obligatorischen Vertrag konstitutiv die Vereinbarung über die zugrunde liegende causa erfordert; anders gewendet: Gab es unter Geltung des ALR bereits die Unterscheidung zwischen kausalen und abstrakten Verträgen im Sinne der Konstitutivität der Vereinbarung über den Zweck des Vertrages?563 Rufen wir uns dazu noch einmal die bereits oben beleuchtete Rechtslage für den Geltungsbereich des Code Civil in Erinnerung. An der Regelung des Art. 1132 CC entfachte sich die anfängliche Diskussion um die Zulässigkeit abstrakter Verträge: Materiellrechtlich verstanden sprach die Regelung für die Zulässigkeit des abstrakten Vertrages; prozessrechtlich verstanden enthielt sie keine von der aus Art. 1108, 1131 CC folgenden grundsätzlichen Aussage der Unzulässigkeit causaloser Verträge abweichende Regelung. Ganz herrschend wurde das prozessrechtliche Verständnis, wonach Art. 1132 CC lediglich die Beweislast hinsichtlich des Bestehens einer causa des Vertrages auf den Schuldner überträgt. Damit spricht sich die französische Naturrechtskodifikation gegen die Zulässigkeit eines von seiner jeweiligen causa abstrahierten Vertrages aus, fordert mithin im Grundsatz für die Wirksamkeit 560 Vgl dazu Daniels, Lehrbuch I, S. 228 (Fn. 2): „Dieser Unterschied (zwischen einseitig und zweiseitig verpflichtenden Verträgen) ist nicht zu verwechseln mit der Eintheilung der Verträge in wohlthätige und lästige (§§ 7 und 8), welche sich auf den Rechtsgrund der Vertragszusagen bezieht.“ 561 ALR I, 5 § 7. 562 ALR I, 5 § 8. 563 Zu dieser Ausfüllung des Begriffspaars kausal – abstrakt vgl. o. Teil 1, A, I, 2, c).

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des Vertrages stets konstitutiv die Vereinbarung über die causa.564 Im ALR finden sich keine den Art. 1132, 1131, 1108 CC vergleichbaren Regelungen.565 Positivrechtliche Hindernisse gegen die Anerkennung abstrakter Verträge bestehen im preußischen Recht nicht; andererseits sind aber auch keine ausdrücklichen allgemeinen Bestimmungen über deren Zulässigkeit gegeben – eine bei dem kasuistischen Charakter des ALR immerhin bedenkliche Erscheinung.566 Da diese Frage vom Gesetz nicht ausdrücklich entschieden wurde, überrascht es kaum, dass auch für den Geltungsbereich des ALR zunächst umstritten war, ob auch abstrakte Verträge wirksam begründet werden können. Das Lager, welches unter Hinweis auf den im preußischen Recht anerkannten Grundsatz der Vertragsfreiheit die Zulässigkeit abstrakter Verträge propagierte567, sah sich der Rechtsprechung gegenübergestellt, welche grundsätzliche Bedenken gegen die Unabhängigkeit der Wirksamkeit der Verträge von der ihnen zugrunde liegenden causa anmeldete.568 Wie Fritz 564

Vgl. bereits oben Teil 1, B, IV, 1, b), um Fn. 509. Klingmüller, Schuldversprechen, S. 34; Lukas, JbJungZ 94, S. 173. 566 Klingmüller, Schuldversprechen, S. 34. Vgl. nur ALR I, 1 § 19–23, welche über das Recht zur Bestimmung über das Geschlecht der Zwitter handeln. Vgl. zu Einzelvorschriften, die ausnahmsweise eine abstrakte Verpflichtung zulassen Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 563 ff. (S. 31 f.). 567 Vgl. Dernburg, Preußen II, S. 34: „Es ist aber auch denkbar, dass man bei der Begründung der Obligation die Schuld nur durch ihren Gegenstand – eine gewisse Summe, ein gewisses Objekt – individualisiert, und den Verpflichtungswillen von dem Bestimmungsgrund, welcher ihn hervorrief, isoliert.“ Und weiter auf S. 35: „Die abstrakte Verbindlichkeit fordert, dass der Schuldner den Willen hat, sich, abgesehen von der causa, zu verbinden und dass dieser Wille in einer Form geäußert ist, durch welche derselbe in einer sicheren und unzweideutigen Weise für den Richter erhellt.“ Und auf S. 36: „Dies kann niemals geschehen in bloß mündlichen Verträgen …, da die künstliche Isolierung gerade Sache der Schrift ist.“ Vgl. weiterhin die umfassenden Nachweise bei Klingmüller, Schuldversprechen, S. 35 (Fn. 2) und Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 565 (S. 33 f.) und auch Deneke, causaproblem, S. 3, Fn. 11. 568 Vgl. RGZ 39, S. 202 ff. (1896): „Die Entscheidung über die vom Kläger gegen die Gültigkeit der fraglichen Urkunde … hängt hiernach in erster Linie von Beantwortung der Frage ab, ob nach den Bestimmungen des hier zur Anwendung kommenden preußischen allgemeinen Landrechtes ein Schuldanerkenntnis oder ein Schuldversprechen für rechtswirksam erachtet werden kann, obwohl in dem darüber ausgestellten Schriftstücke die Angabe des Schuldgrundes fehlt. Das frühere Obertribunal hat bei seiner Rechtsprechung im wesentlichen an der Ansicht festgehalten, dass die Schuldanerkennung nur insoweit zur Begründung eines Forderungsrechtes dienen könne, als sich daraus die rechtsgültige Entstehung des betreffenden Anspruches herleiten lasse, und dass eine Schuldverschreibung ohne jede Bezeichnung der causa debendi wirkungslos sei [es folgen umfassende Nachweise] Diese Frage [ob Schuldbekenntnisse oder Zahlungsversprechen ohne Angabe des Schuldgrundes klagbar seien] muß, abgesehen von den Fällen, in welchen eine Formalobligation vom Gesetze ausdrücklich anerkannt ist, nach dem Geiste des ALR und auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 127 ALR I, 5 in Verbindung mit 730, I, 11 ver565

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Klingmüller in seiner Untersuchung über das abstrakte Schuldversprechen darlegt, konnte das die Möglichkeit der Abstraktion bejahende Lager die Rechtsprechung am Ende nicht bekehren.569 Im Grundsatz wird man daher – in Übereinstimmung mit dem Code Civil – auch für die deutsche Kodifikation behaupten können, dass der Vertrag zu seiner Entstehung stets auch eine causa erforderte, ein abstraktes Schuldversprechen daher nach herrschender Doktrin und Praxis für unzulässig erachtet wurde.570 Freilich war auch nach dieser h. M. für einige wenige Vertragsarten ausnahmsweise das abstrakte Versprechen anerkannt.571 Diesbezüglich gilt wiederum das bereits zum Code Civil Festgestellte: Wie diese scheinbaren Ausnahmen von der grundsätzlichen Abstraktionsfeindlichkeit dogmatisch und rechtstechnisch zu begreifen sind, wird uns an späterer Stelle ausführlich beschäftigen;572 bis hierher soll deshalb die Feststellung genügen, dass die deutsche Kodifikation im Grundsatz für die Wirksamkeit eines Vertrages die Vereinbarung über die causa des Vertrages fordert. 3. Vertragsbegriff im österreichischen Allgemeinen Gesetzbuch Die dritte, ganz vom Naturrecht geprägte und nun hier schlussendlich zu untersuchende Kodifikation, ist das österreichische Allgemeine Gesetzbuch. Die Anfänge dieser Kodifikation reichen bis in das Jahr 1753 zurück, in welchem Maria Theresia (1717–1780)573 eine Kommission einsetzte, die nach dem ‚gemeinen Recht und dem Recht der Vernunft‘ ein allgemeines Privatrecht für die österreichischen Erbländer574 schaffen sollte.575 Der von neint werden.“ Vgl. auch die Nachweise bei Klingmüller, Schuldversprechen, S. 34 (Fn. 1); Mugdan II, S. 384 (Fn. *). 569 Klingmüller, Schuldversprechen, S. 35 f. Vgl. auch das in der vorherigen Fußnote abgedruckte Urteil des Reichsgerichts gegen Ende der Geltung des ALR. 570 So auch Klingmüller, Schuldversprechen, S. 35 f.; v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 598 f.; 8. DJT/Koch, I, S. 286 f.; Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III S. 562 ff. (S. 31, 33). Offen gelassen bei Mugdan II, S. 384 (Fn. *). 571 Siehe die Beispiele bei Klingmüller, Schuldversprechen, S. 35 f.; v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 601 f.; Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 75; Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 563 ff. (S. 31 ff.); 8. DJT/Koch, I, S. 287; Mugdan, Recht der Schuldverhältnisse II, S. 1041. 572 Vgl. unten Teil 2, A, I, 1. Klingmüller, Schuldversprechen, S. 37 stellt fest, dass es dem „preußischen Recht nicht gelungen ist, dem abstrakten obligatorischen Vertrage eine allgemeine dogmatische oder positivistische Begründung zu geben.“ 573 Maria Theresia war von 1740–1780 Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn. Seit der Wahl ihres Mannes, Franz I. Stephan von Lothringen, zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, nannte sie sich zudem „Römische Kaiserin“. 574 Österreich, Steiermark, Tirol, Vorderösterreich, Böhmen, Mähren und Schlesien, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 335 f.

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dieser Kommission vorgelegte Entwurf war jedoch noch vollständig beherrscht vom römischem Rechtsdenken und römischer Typologie und wurde schließlich auch aufgrund seiner Breite und Unverständlichkeit von der Herrscherin verworfen.576 Die daraufhin von Maria Theresia mit der Umarbeitung des gesamten Gesetzbuches betraute zweite Kommission brach ihr Schaffen nach kurzer Zeit wieder ab;577 dieser unter dem Namen ‚Codex Theresianus juris civilis‘ bekannte Entwurf ist deshalb nie in Kraft getreten. Erst zwei Jahrzehnte später, unter Leopold II (1740–1792), wurden die Arbeiten – nunmehr beherrscht von einem genuin naturrechtlichen Ansatz – unter maßgeblicher Federführung von Karl Anton Freiherr von Martini (1726–1800) und später Franz von Zeiler (1753–1828) wieder aufgenommen578 und führten schließlich zu der letzten der drei großen Naturrechtskodifikationen, dem österreichischen Allgemeinen Gesetzbuch (ABGB), welches 1811 in Kraft gesetzt wurde579 und noch bis zum heutigen Tage – freilich mit manchen Novellierungen – in Österreich gilt.580 Untersuchen wir nunmehr zunächst die maßgeblichen Bestimmungen dieses Gesetzeswerkes hinsichtlich des hier interessierenden allgemeinen Vertragsrechts 575

Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 335 f. (§ 19 III 2); Nanz, Vertragsbegriff, S. 178 f. 576 Vgl. dazu den Kommentar Zeillers in Ofner, Ur-Entwurf I, S. 466: „Schon aus dem großen Umfang, noch mehr aber aus dem Inhalt des, größtentheils aus den Kommentatoren des römischen Rechts zusammengetragenen, und in einem schleppenden Stil eingekleideten Werkes überzeugte man sich, daß es kein brauchbares Gesetzbuch sei, woraus der Bürger über seine Rechte belehrt werden soll.“ Vgl. auch Charamatz, Vertragstypen, S. 71; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 336. 577 Nach einem Erlaß von Maria Theresia vom 4. August 1772 wurde insbesondere von Horten mit der Umarbeitung des gesamten Gesetzbuches betraut, vgl. Charamatz, Vertragstypen, S. 71; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 336. Über das genaue Jahr des Abbruches der Arbeit auch dieser Kommission besteht Uneinigkeit: Charamatz, Vertragstypen, S. 71 selbst nennt das Jahr 1775, führt aber auch Auffassungen an, die sich auf 1173 und 1776 festlegen (dort Fn. 106). Nanz, Vertragsbegriff, S. 178 stellt auf das Jahr 1776 ab. 578 Martini erarbeitete den so genannten ‚Ur-Entwurf‘, welcher den Beratungen der Gesetzgebungskommission zum ABGB zugrunde lag, dessen Referent für das Vertragsrecht wiederum Zeiller war, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 336; Nanz, Vertragsbegriff, S. 183: „Es lässt sich daher der Weg des allgemeinen Vertragsrechts von Martini bis zum ABGB lückenlos verfolgen“. Der Ur-Entwurf findet sich bei Ofner, Ur-Entwurf I, S. III ff. 579 Der Entwurf Martinis wurde bereits am 1.1.1798 probeweise im kürzlich annektierten Westgalizien, später dann auch Ostgalizien in Kraft gesetzt, vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 183; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 336. 580 Vgl. Zeiller abgedruckt in Ofner, Ur-Entwurf I, S. 466: „Die wichtigsten Fortschritte zur Vollendung der Legislation machte die Kommission unter der gegenwärtigen Regierung“ deren geistiges Haupt er selbst war. Vgl. zum Ganzen Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 336 f. (§ 19 III); Nanz, Vertragsbegriff, S. 178 u. 183; Lukas, JbJungZ 94, S. 161 ff.

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[vgl. a)], um uns sodann der Frage zu widmen, ob auch die österreichische Kodifikation konstitutiv das Vorhandensein einer causa des Vertrages voraussetzt [vgl. b)]. a) Die vertragsrechtlichen Bestimmungen Die Bestimmungen über Verträge finden sich nicht, wie im ALR, als allgemeine Regelungen zu Anfang des Gesetzbuches und auch nicht wie dort getrennt in einzelnen Normenkomplexen über Verträge und Willenserklärungen, sondern ganz ähnlich wie im Code Civil an versteckter Stelle im zweiten Teil, welcher vom Sachenrecht handelt.581 Andererseits findet sich nicht, wie in der französischen Naturrechtskodifikation, eine Auflistung mehrerer konstitutiver Merkmale des Vertrages, vergleichbar mit dem ALR. Und sogar noch deutlicher als dort wird für einen Vertragsschluss vielmehr nur eine Willensübereinstimmung gefordert: „Wer sich erkläret, dass er Jemandem sein Recht übertragen, das heißt, dass er ihm etwas gestatten, etwas geben, dass er für ihn etwas thun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der andere das Versprechen giltig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beider Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum Voraus, noch nachher angenommen ist, entstehet kein Vertrag“.582 Erforderlich für das Zustandekommen eines Vertrages sind demnach nur ein Angebot und eine korrespondierende Annahme583 – die solchermaßen festgeschriebene Konsensualität des Vertrages wurde zudem ergänzt durch den Grundsatz der Inhaltsfreiheit: „Über alles, was im Verkehre steht, können Verträge geschlossen werden“.584 In ganz ähnlicher Weise wie im ALR verschieben sich daher die Probleme des Vertragsschlus581 Genauer findet sich der Abschnitt ‚von Verträgen überhaupt‘ im zweiten Theil, zweite Abtheilung, siebzehntes Hauptstück. 582 § 861 ABGB (die heute geltende Fassung ist lediglich sprachlich angepasst). Inhaltlich geht diese Vertragsdefinition auf Teil III, § 4 des Ur-Entwurfes von Martini zurück, vgl. Ofner, Ur-Entwurf I, S. XC und auch Martini, Lehrbegriff, S. 173 (§ 449). Lediglich der letzte Satz dieser Norm wurde in der ersten Lesung der Gesetzgebungskomission unter Zeiller vorgeschlagen und in Teil III, § 2 des ersten Entwurfes eingefügt, welcher sich schließlich in § 857 des zweiten (Revisions-)Entwurfes sprachlich etwas verändert wieder findet, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 5 und II, S. 401 und II, S. 754. 583 Vgl. nur Koziol/Welser, Grundriss I, S. 111. 584 § 878 S. 1 ABGB (in der heute geltenden Fassung wurde dieser Satz gestrichen). Inhaltlich ist diese Norm schon in Teil III, § 22 des Martinischen Ur-Entwurfes enthalten, allerdings dort noch mit dem Zusatz „und was man anderen übetragen darf“, vgl. Ofner, Ur-Entwurf I, S. XCII. Dieser Zusatz wurde erst in der Revision unter Zeiller als ein „Pleonasmus“ (überflüssige Häufung) gestrichen, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 403 und II, S. 756 (§ 873).

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ses auf die abstraktere Ebene der Willenserklärung, wenn dies auch nicht so deutlich wie in der deutschen Kodifikation – etwa durch einen eigenen Regelungskomplex über Willenserklärungen –585 zutage tritt. So fehlt es schon an einer wirksamen Willenserklärung, wenn diese nur zum Schein oder zum Scherze abgegeben wurde: „Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig.“586 Ohne genauen Bezug auf die einzelne Willenserklärung, und insoweit dogmatisch nicht so klar wie das ALR, „entsteht … keine Verbindlichkeit“587, wenn sich der Erklärende in einem Irrtum über die Hauptsache des Vertrages befand, und für unsittliche oder gesetzlich verbotene Verträge ordnet das ABGB schlicht an: der „Vertrag … ist nichtig.“588 Dass auch die Verfasser der österreichischen Naturrechtskodifikation zumindest die Fälle des Irrtums dogmatisch auf der Ebene der einzelnen Willenserklärung zu lösen suchten, lässt sich jedoch leicht daraus erschließen, dass sich dieser Regelungskomplex unter der Überschrift ‚wahre Einwilligung‘ – gemeint ist damit sowohl das Angebot als auch die Annahme –589 wieder findet. In der Zusammenschau lässt sich somit eine Parallelität mit dem ALR feststellen: Konstitutiv für den wirksamen Vertrag ist nur ein Angebot und eine Annahme; die etwaig rechtlichen Probleme des Vertragsschlusses werden sodann im Rahmen der jeweiligen Willenserklärung behandelt. Die Problemkreise, die das französische Gesetzbuch mit Hilfe der Vertragsmerkmale des falschen (fausse cause) und des unerlaubten (cause illicite) Grundes zu lösen sucht, finden sich im ABGB – wenn auch nicht in so klarer Weise wie in der deutschen Kodifikation – auf der abstrakteren Ebene der vom Vertrag isolierten Willenserklärung. Ungeklärt ist jedoch bis hierher geblieben, ob die österreichische Kodifikation neben dem Konsens ausdrücklich auch die Vereinbarung über die dem Vertrag zugrunde liegenden causa erfordert – 585

Regelungen über Willenserklärungen finden sich vielmehr im Kapitel ‚Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt‘ §§ 859 ff. ABGB; vgl. dazu auch Koziol/Welser, Grundriss I, S. 92 ff. 586 § 916 S. 1 ABGB. Die ältere Fassung spricht nur vom ‚verdeckten Scheingeschäft‘ wie nunmehr S. 2 der neueren Fassung. Zur Entwicklungsgeschichte vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 72 (§ 147) u. S. 87 (§ 181). Vgl. auch Koziol/Welser, Grundriss I, S. 130 f. 587 § 871 ABGB (vgl. auch §§ 872 und 873 ABGB). Aufgrund dieser so formulierten Rechtsfolge ist nicht ganz klar, ob das Geschäft nur anfechtbar oder bereits nichtig ist; nach h. M. ist das Geschäft vor Gericht anzufechten, vgl. Koziol/Welser, Grundriss I, S. 143. Dieser Paragraph wurde lediglich sprachlich bereinigt, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 755 (§ 867 ABGB). 588 § 879 ABGB. Dieser Paragraph wurde lediglich sprachlich bereinigt, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 756 (§ 874 ABGB). 589 Rummel/Rummel, Kommentar I, § 869 Rn. 2 (S. 866); Klang/Gschnitzer, Kommentar IV (1968), § 869 (S. 94). Dieser Gliederungspunkt findet sich schon im revidierten Entwurf, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 755 (bei § 865 ABGB).

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wie wir bei Beleuchtung des Code Civil beobachten konnten – oder zumindest systematisch davon ausgeht, dass jeder Vertrag grundsätzlich zu einem ganz bestimmten Zweck geschlossen wird – wie wir es in der Untersuchung des ALR erkennen konnten. b) Erforderlichkeit einer causa des Vertrages Die österreichische Kodifikation fordert, anders als der Code Civil, als konstitutive Voraussetzung eines Vertrages nicht ausdrücklich das Vorhandensein einer causa. Im ABGB findet sich vielmehr positiv-rechtlich normiert dieselbe grundsätzliche Einteilung der Verträge, wie wir sie bei Betrachtung der Lehren Pufendorfs und – sich ihm darin anschließend – auch bei Thomasius, Wolf und Svarez beobachten konnten, und die sich schließlich auch im ALR wiederfindet: Verträge werden stets entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Schenkung geschlossen. Klar findet sich diese oberste Vertragseinteilung in dem von Karl Anton von Martini erarbeiteten und den Beratungen zum ABGB als so genannter ‚Ur-Entwurf‘ zugrunde gelegten Gesetzestext: „Alle Verträge laufen entweder auf eine Schenkung, oder auf einen Tausch hinaus.“590 Hier drückt Martini in deutlichen Worten aus, was bisher nur mit den Adjektiven des entweder „lästigen“ oder aber „wohlthätigen“ Vertrages zu umschreiben vermocht wurde und deckt im selben Atemzung die inhaltliche Unzulänglichkeit dieser Umschreibung auf: „Einseitig verbindliche Verträge sind immer für einen Theil lästig, und für den anderen wohlthätig: zweiseitig verbindliche können weder für lästig noch für wohlthätig angesehen werden.“591 Die Paragrafen des Ur-Entwurfes, in denen sich diese Aussagen Martinis finden, wurden nach den Beratungen der Gesetzgebungskommission zum ABGB jedoch gestrichen und tauchen im revidierten Entwurf nicht mehr auf.592 Aus den Beratungsprotokollen lässt sich schließen, dass die Streichung auf den Referenten der Kommission, Franz von Zeiler, zurückzuführen ist: „Als aber der Ref. erklärte, diesen Paragraph, welcher bloß kritischen und doktrinellen Inhalts ist, zu übergehen, stimmte man ihm einhellig zu.“593 Festgehalten wurde lediglich an einem anderen, bereits in 590

Teil III, § 10. Abgedruckt bei Ofner, Ur-Entwurf I, S. XCI. Teil III, § 11. Abgedruckt bei Ofner, Ur-Entwurf I, S. XCI. 592 Hinsichtlich des § 10, III legt Ofner, Ur-Entwurf II, S. 8 (Fn. 4), dar, dass dieser bereits im dem revidierten Entwurf vorausgehenden ersten Entwurf weggelassen wurde. Zum revidierten Entwurf vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 754. 593 Bezug genommen wird hier nur auf § 11, III, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 9. Außer in den Protokollen der ersten Lesung finden sich weder in der Revision noch in der Superrevision Stellungnahmen zu diesen Regelungen, vgl. Ofner, Ur-Entwurf II, S. 401 und S. 554 und auch das Register S. 852. 591

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Martinis Ur-Entwurf vorhandenen Paragraphen,594 welcher sich im revidierten Entwurf noch unter unter der Überschrift „Eintheilung der Verträge“595 und schließlich auch im ABGB wiederfindet: „Verträge sind einseitig oder zweiseitig verbindlich, je nachdem nur ein Theil etwas verspricht, und der andere es annimmt, oder aber beide Theile sich einander Rechte übertragen und wechselseitig annehmen. Die ersten werden also ohne Entgelt, die anderen aber mit Entgelt geschlossen.“596 Obschon nicht so klar wie noch im Ur-Entwurf wird mithin in der österreichischen Naturrechtskodifikation – auch nach der Revision Zeilers – positiv-rechtlich bestimmt, dass alle Verträge entweder als entgeltlich oder unentgeltlich zu erachten sind, mithin entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Schenkung geschlossen werden. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde diese Norm im Zuge sprachlicher Anpassungen und Bereinigungen aber schließlich auch zum Opfer des Gesetzgebers: Sie wurde ersatzlos gestrichen und findet sich daher im aktuellen Gesetzestext nicht mehr.597 Inhaltlich bestimmt auch das ABGB mithin die causa des Vertrages ganz im Sinne seines naturrechtlichen deutschen Vorgängers. Noch ungeklärt ist bis hierher aber die Frage geblieben, ob das ABGB stets konstitutiv auch die Vereinbarung über die causa des Vertrages fordert. Wie schon in der obigen Untersuchung zum Code Civil und zum ALR stellt sich mithin auch hier die Frage, wie sich die österreichische Naturrechtskodifikation zu der Unterscheidung von abstrakten und kausalen Verträgen im Sinne der Konstitutivität einer Zweckvereinbarung äußert. Im ABGB findet sich keine Norm, die ausdrücklich und allgemein die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit abstrakter Schuldversprechen regelt.598 Die Diskussion um die Wirksamkeit solcher Versprechen macht sich im österreichischen Gesetzbuch jedoch an einem Paragraphen fest, dem bei bloß oberflächlicher Betrachtung ein solcher Regelungsgehalt nicht zugesprochen werden würde: „Allgemeine, unbestimmte Verzichtsleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages sind ohne Wirkung.“599 Als Regelungszweck findet sich in den Protokollen zu dieser Vorschrift der Verdacht, dass derart 594

Teil III, § 9. Abgedruckt bei Ofner, Ur-Entwurf I, S. XC. § 860. Abgedruckt bei Ofner, Ur-Entwurf II, S. 754. 596 § 864 ABGB. Entnommen aus der Fassung des Allgemeinen östereichischen bürgerlichen Gesetzbuchs einer Ausgabe von 1853. Vgl. auch bei Ofner, Ur-Entwurf II, S. 882 (§ 864). 597 In einer Ausgabe von 1853 ist die Norm noch vorhanden, in einer Ausgabe von 1991 findet sie sich nicht mehr. Den Platz nimmt nunmehr inhaltlich eine Norm ein, die einen Fall der konkludenten Annahme regelt. 598 Klingmüller, Schuldversprechen, S. 41; Koziol, abstrakter Schuldvertrag, S. 234. 599 § 937 ABGB (die heute geltende Fassung ist lediglich sprachlich angepasst). 595

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umfassende Verzichtserklärungen im Grundsatz als sittenwidrig zu erachten sind – es sollen die rechtsunkundigen Bürger geschützt werden, die sich von listigen Kontrahenten im Drang der Umstände verleiten ließen, Einwendungen zu entsagen, die sie nicht einmal kannten und folglich auch nicht mit Überlegung aufgeben wollten.600 Darüber hinaus findet sich in der österreichischen Literatur aber auch der Hinweis, dass gerade das abstrakte Versprechen eine Verzichtserklärung im Sinne dieses Paragraphen darstelle: Eine völlige Loslösung von der causa bei den abstrakten Versprechen bedeute nichts anderes als ein allgemeiner Verzicht auf sämtliche Einwendungen aus dem Grundverhältnis.601 Nach ganz herrschender Lehre und Rechtsprechung ist daher im österreichischen Privatrecht eine Loslösung des Schuldverhältnisses von der zugrunde liegenden causa, also der Abschluss abstrakter Verträge, im Grundsatz unzulässig.602 Dass auch im Geltungsbereich des ABGB für einige wichtige Vertragstypen eine gewisse Loslösung von der causa anerkannt ist,603 kann nicht über diesen Grundsatz der Abstraktionsfeindlichkeit im Sinne mangelnder Konstitutivität der Vereinbarung über den Zweck des Vertrages hinwegtäuschen. Wie auch bei den bereits beleuchteten Naturrechtskodifikationen des Code Civil und des ALR soll hier diese Feststellung genügen; die Belichtung der dogmatischen Begründung dieser Ausnahmen vom Grundsatz werden uns an anderer Stelle noch eingehend beschäftigen.604 4. Zusammenfassende Betrachtung Die Betrachtung der einzelnen Naturrechtskodifikationen hat hinsichtlich der Entwicklung des Vertragsverständnisses ergeben, dass sich das Vertrags600 Diese Norm findet sich noch nicht im Ur-Entwurf Martinis, wird vielmehr erst in der ersten Lesung durch Zeiller vorgeschlagen, vgl. die Protokolle dazu bei Ofner, Ur-Entwurf II, S. 255–257 (§ 584) und zur Revision ebenda S. 560 (§ 930). Vgl. auch Klang/Gschnitzer, Kommentar IV (1968), § 937 (S. 936 f.); Rummel/ Rummel, Kommentar II, § 1444 Rn. 4 ff. (S. 2819 ff.) 601 Vgl. Koziol, abstrakter Schuldvertrag, S. 240; Lukas, JbJungZ 94, 162. 602 Rummel/Rummel, Kommentar I, § 859 Rn. 31 (S. 811 f.) m. w. N. aus der Rechtsprechung; Koziol/Welser, Grundriss I, S. 108; Ehrenzweig, System 1920, S. 166; Lukas, JbJungZ 94, 162; Klingmüller, Schuldversprechen, S. 43; Motive II, S. 689, Fn. 1 (§ 683); Koziol, abstrakter Schuldvertrag, S. 233 (Fn. 1 u. 2), S. 240 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 603 Erstmals ist durch die 3. Teilnovelle (1916) in § 1402 ABGB eine materiell abstrakte Schuld (Anweisung) kodifiziert worden, vgl. Lukas, JbJungZ 94, 162. Eine Zusammenstellung anerkannter abstrakter Verträge nach österreichischem Recht findet sich bei Rummel/Rummel, Kommentar I, § 859 Rn. 31 (S. 812); Koziol, abstrakter Schuldvertrag, S. 243 ff. und Ehrenzweig, System 1920, S. 164 ff. (Wechsel, Schuldübernahme, Bürgschaft). 604 Vgl. unten Teil 2, A, I.

B. Entwicklungsgeschichte des europäischen Vertragsdenkens

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recht nunmehr auch in konsolidierter Weise vollständig von der römischen Typologie emanzipiert. Ganz auf Linie der zuvor beleuchteten naturrechtlichen Juristen wurde der Konsens als Wesensmerkmal des Vertrages festgeschrieben, wurden die Typen- und Formfreiheit und mithin alle wesentlichen Elemente der heutigen Vertragsfreiheit positiv-rechtlich statuiert. Unterschiede wurden lediglich in der jeweils erreichten Abstraktionsebene sichtbar: Unter Geltung des ALR und – in nicht so stringenter Weise – des ABGB besteht der Vertrag konstitutiv aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen; rechtsgeschäftliche Problemlösung findet hier erst auf der abstrakteren Ebene der einzelnen Willenserklärung statt. Nach der Systematik des Code Civil finden sich hingegen neben dem Konsens gleichberechtigt einige weitere konstitutive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach dem Konzept der deutschen und österreichischen Kodifikation erst nachgelagert auf der erwähnten abstrakteren Ebene der Willenserklärung gelöst werden. In allen Naturrechtskodifikationen aber findet sich eine einheitliche Vorstellung vom Vertrag, als ein aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen zusammengesetztes Konstrukt festgeschrieben, die auch noch das heutige, moderne europäische Verständnis vom Kontrakt beherrscht. Es lassen sich bei zusammenfassender Betrachtung dieser Naturrechtskodifikationen, über die allgemeine Betrachtung hinaus, aber auch im Besonderen einige bemerkenswerte Parallelen hinsichtlich des Erfordernisses der causa eines Vertrages ausmachen: Zunächst findet sich die Frage nach der Zulässigkeit abstrakter Schuldverträge hinsichtlich jedem dieser Gesetzbücher, nach jeweils anfänglicher Diskussion schließlich von der ganz überwiegenden Meinung negativ beantwortet. Unter Geltung jeder der beleuchteten Kodifikationen sind nur kausale Verträge wirksam, muss ein Vertrag im Grundsatz stets auch eine causa aufweisen. Inhaltlich wird diese causa als ein durchweg typisierter Begriff, als der erste mit dem Vertrag unmittelbar verfolgte Zweck ausgefüllt: Einhellig wird der Vertrag als entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Schenkung abgeschlossen erachtet; der Austauschzweck wird dabei dem gegenseitig verpflichtenden oder auch entgeltlichen, der Schenkungszweck dem einseitig verpflichtenden oder auch unentgeltlichen Vertrag zugesprochen. Der Code Civil stilisiert die so verstandene causa zu einem eigenen Tatbestandsmerkmal. Für die deutsche und die österreichische Kodifikation ergibt sich dies hingegen erst mittelbar aus der ihnen immanenten Systematik, d.h. aus der inhaltlich so vorgenommenen positiv-rechtlichen Einteilung aller Verträge. Aber auch hinsichtlich dieses konstruktiven Unterschiedes findet sich wiederum eine Parallele: Hugo Grotius fordert in einem seiner Werke, wie auch die das Vertragsrecht des Code Civil maßgeblich beeinflussenden Lehren von Jean Domat und Robert-Joseph Pothier, ausdrücklich eine so verstandene causa des Vertrages. Erstmals bei Samuel Pufendorf und im An-

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

schluss auch bei Christian Thomasius, Christian Wolff und schließlich auch bei Carl Gottlieb Svarez und Karl Anton Martini findet sich – vergleichbar dem ALR und dem ABGB – lediglich eine grundsätzliche Zweiteilung der Verträge nach ihrem Zweck, mithin die Überzeugung, dass inhaltlich jedem Vertrage eine dieser causae zugrunde liegt. Und obschon die Ansätze in den Naturrechtskodifikationen konstruktiv verschiedenartig sind, drücken sie doch in der Gesamtschau dasselbe aus: Jeder wirksame Vertrag erfordert formell eine causa und ist daher materiell stets entweder auf Austausch oder Schenkung gerichtet.605

C. Summa Sowohl das römische Verfügungsrecht als auch das römische Obligationenrecht bilden die Grundlage des heutigen deutschen Verständnisses vom Vertrag. Obschon zu römischer Zeit nicht als Vertrag bezeichnet und begriffen, wirkt die römische Verfügung in Form der traditio bis in die modernen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nach: Zur Übertragung des Eigentums bedurfte es schon zu jener Zeit einer Einigung über den Eigentumsübergang, der Übergabe und der Berechtigung des Verfügenden. Darüber hinaus bedurfte es aber auch einer Vereinbarung über die causa der Eigentumsübertragung, wobei bis heute ungeklärt ist, ob nach römischem Recht diese Zweckvereinbarung ein konstitutives Element der traditio ex iusta causa war. Das römische Verpflichtungrecht hat demgegenüber mit dem Obligationsverständnis des Bürgerlichen Gesetzbuches wenig zu tun, war gekennzeichnet durch den Gegensatz von klagbaren und klaglosen Obligationen und kannte demnach einen wichtigen Ausschnitt der Vertragsfreiheit nicht. In der Entwicklungsgeschichte des modernen Vertragsbegriffs spielte aber auch hier das Merkmal causa eine maßgebliche Rolle. Die causa stellt sich gewissermaßen als der „rote Faden“ dieser Entwicklung dar, welche nachzuzeichnen Hauptgegenstand der Untersuchung bis hierher war und welche im Folgenden in knappen Worten zusammengefasst werden soll. Römisches, kanonisches und auch altdeutsches Vertragsdenken sind die Bausteine, mit denen an dem Verständnis von der Obligation seit der Rezeption des römischen Rechtes weitergebaut wurde. Mit dessen Wiederentdeckung im Mittelalter breitete sich auch das römisch-rechtliche Typensystem in weiten Teilen Europas aus. Die Willensübereinstimmung, Grundmerkmal einer jeden römischen Obligation, konnte danach allein eine Ver605 Vgl. Schmidlin, Vertragsmodelle, S. 194, zur causa des Versprechens: „Das Naturrecht kennt … nur zwei Gründe: Entweder gibt der Versprechende sein Versprechen ab, um eine Gegenleistung zu erhalten oder der Übergabezweck liegt in der reinen Liberalität des Versprechenden.“

C. Summa

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pflichtung nicht hervorbringen. Zur Begründung einer rechtlich durchsetzbaren Verpflichtung musste sich vielmehr bestimmter Vertragstypen bedient werden, die durch über den Konsens hinaus zu erfüllende Merkmale gekennzeichnet waren (ex nudo pacto actio non oritur). Hieran anknüpfend belegten die frühzeitlichen Glossatoren den Begriff der causa aus einem überlieferten Fragment der römischen Quellen zunächst mit ebendiesen Merkmalen: causa des obligatorischen Vertrages ist das jeweils über den Konsens hinaus zu erfüllende Merkmal. Der Begriff der causa wurde von den Glossatoren jedoch nicht nur in diesem Sinne verwandt: Durch die Harmonisierung anderer Fragmente aus den überlieferten Quellen entwickelten sie eine causa-Theorie der römischen Urkundengeschäfte (Stipulation und Litteralobligation). Danach war für die Wirksamkeit dieser Geschäfte erforderlich, dass die causa in der Urkunde ausdrücklich angegeben wurde, wobei man diese inhaltlich als eine vorausgehende Obligation begriff. Nur dieses letzte Verständnis des Begriffes der causa aus den römischen Quellen sollte sich schließlich für die Entwicklung des europäischen Vertragsdenkens als fruchtbar erweisen: Die Generation der Kommentatoren griff die causa-Theorie auf und baute sie weiter aus. Inhaltlich wurde die causa nicht mehr nur als vorausgehende Obligation begriffen (causa finalis), sondern als ein die Ernsthaftigkeit des Vertrages dokumentierender Grund (causa impulsiva).606 Mit dieser Erkenntnis über die causa als ein Seriositätsindiz fällt zugleich die Beschränkung dieser Lehre auf den Geschäftstyp der Urkundengeschäfte: Die Angabe einer causa wird nunmehr bei jedem Vertragstyp gefordert. Von besonderer Bedeutung war dabei der Einfluss dieses Denkens auf die zu dieser Zeit bereits herrschende kanonische Überzeugung von der Klagbarkeit einfacher Versprechen (ex nudo pacto actio oritur). Auch bei den Kanonisten herrschte bald die Einsicht vor, dass ebenso ein pactum nudum nur dann klagbar sein könne, wenn es von einer die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung dokumentierenden causa begleitet wird – dogmatisch freilich eine Annäherung an das römische Typensystem, jedoch konnte diese nicht zugleich auch die allgemeine Anerkennung der Klagbarkeit des pactum nudum unter den Legisten bewirken. Erst im Laufe des 17. Jahrhunderts brach das römische Typensystem zusammen, setzte sich unter Verweis auf den zeitgemäßen Gerichtsgebrauch (mores honierni) schließlich die Überzeugung durch, dass abweichend vom römischen Recht auch aus einem pactum nudum geklagt werden könne. Bereits in der früheren Epoche des Humanismus sind Versuche der Durchbrechung des römischen Typensystems unter dogmatischer Zuhilfenahme der kanonischen Regel angestrengt worden. Erst in der Epoche des usus modernus aber wurde die kanonische Lehre von der Klagbarkeit des pactum nudum – neben par606 Vgl. zu dieser von Baldus auf diese Weise inhaltlich ausgefüllten scholastischen Terminologie Teil 1, B, I, 2, a), um Fn. 270.

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Teil 1: Die causa in der Entwicklungsgeschichte des Vertragsdenkens

tikularen Rechtssätzen und, in historisch unhaltbarer Weise, der germanischaltdeutschen Versprechenstreue – für eine dogmatische Begründung des nunmehr geltenden Grundsatzes der Klagbarkeit einfacher Versprechen nutzbar gemacht. Verwiesen wurde dabei auf die kanonische Klagbarkeitsregel in der durch das Erfordernis der causa eingeschränkten Form, die Frage nach dem Erfordernis der causa der Obligation musste sich so auch weiterhin stellen. Der Weg der causa lässt sich hiernach klar nachzeichnen: Durch die Glossatoren wurde der Begriff in zwei Richtungen zur Systematisierung des römischen Obligationenrechts nutzbar gemacht. Die Kommentatoren griffen einen dieser zwei Wege auf und bauten ihn aus, ohne dadurch das römische Typensystem zum Einsturz bringen zu können. Dieser Ausbau durch die Kommentatoren wirkte jedoch nachhaltig auf das kanonische Vertragsdenken – das Erfordernis der causa des Vertrages wurde durch die Kanonisten übernommen. Erst der mit dem Erfordernis der causa modifizierte kanonische Grundsatz von der Klagbarkeit der pacta nuda konnte schließlich als dogmatische Keule maßgeblich zum Zusammenbruch des römischen Typensystems im usus modernus beitragen. Am Ende dieser Entwicklung – aus dem römischen Recht über das kanonische Recht zurück in das ius commune – wird die causa inhaltlich ausgefüllt als ein die Ernsthaftigkeit des Vertrages dokumentierender Grund: als ein Seriositätsindiz.607 Hatte der usus modernus die römische Vertragsordnung zum Einsturz gebracht, wurde durch die Juristen der nachfolgenden Naturrechtsschule ein systematischer Neuansatz begründet, der noch heute alle modernen Rechtsordnungen beherrscht: Der Wille als grundsätzlich formfreie, aber hinreichend erkennbare Äußerung wurde in das Zentrum dieses Systems gerückt, der Vertrag wurde als aus zwei übereinstimmenden Willenserklärungen zusammengesetzt definiert. Bei Samuel Pufendorf, später daran anknüpfend auch bei Christian Thomasius und Christian Wolff, schließlich auch bei Carl Gottlieb Svarez und Anton Martini, findet sich die Überzeugung, dass 607 Darin noch heute die Funktion der causa erkenennend etwa Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 551 f.: „Causa und consideration stellen ein materielles Erfordernis, das der Selbstbindung Schranken setzten soll“ (S. 552) und, wenngleich kritisch, Zweigert, JZ 64, S. 352 f.: „In Frankreich und in anderen Ländern des romanstischen Rechtskreises ist es die causa-Lehre, die das Ziel verfolgt, ein Kriterium für die Abgrenzung rechtlich verbindlicher Geschäfte von unverbindlichen zu finden“, auch Dröll, causa, S. 85 ff. und S. 58: „Causa, cause und consideration erfüllen in der Vertragslehre der drei Rechtskreise die gleiche Aufgabe … In jedem Vertrag muss ein Regulativ eingebaut sein, das die Vertragsparteien davon abhält, übereilte, für sie ungünstige Verpflichtungen einzugehen.“ Vgl. in diese Richtung auch Inauen, causa, S. 174 ff., der die causa im schweizerischen Vermögensrecht als „notwendige Rechtfertigung einer jeden Vermögensveränderung“ (S. 174) qualifiziert.

C. Summa

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ein Vertrag stets entweder zum Zwecke des Austausches oder aber der Schenkung geschlossen wird – erste Anzeichen eines „besonderen Teiles“ des Schuldrechts. Hugo Grotius, Jean Domat und Robert-Joseph Pothier, die allesamt eine causa des Vertrages ausdrücklich als Vertragsmerkmal besprechen, definieren diese als Austausch- oder Schenkungszweck. Nach dem konsolidierten Recht der ersten von dem neuen System beherrschten Naturrechtskodifikationen (Code Civil, ALR und ABGB) muss ein obligatorischer Vertrag im Grundsatz stets eine causa aufweisen, die inhaltlich entweder auf Austausch oder auf Schenkung gerichtet ist, wenn auch der konstruktive Weg dieser Forderung ein unterschiedlicher ist. War die causa der Obligation am Vorabend des systematischen Neuansatzes noch inhaltlich unbestimmt als Seriositätsindiz beschrieben worden, kommt ihr nunmehr ein fester Inhalt zu: Ein jeder obligatorische Vertrag ist entweder auf Austausch oder auf Schenkung gerichtet. Schließen können wir die historische Belichtung also mit der Feststellung, dass die von den Glossatoren im ausgehenden 11. Jahrhundert begründete causa-Lehre der römisch-rechtlichen Urkundengeschäfte in modifizierter Form in den Naturrechtskodifikationen auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert fortlebt608 – „Gesetze vergehen als solche. Unvergänglich aber ist die Kraft des innerlich begründeten Gedankens. Früher oder später wird er stets, auch allen äusseren Hindernissen zum Trotz, seine siegreiche Macht bewähren.“609

608 Vgl. Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 29: „… Gleichwohl ist nicht verwunderlich, daß im französischen wie im deutschen Recht die alte romanistische causa-Lehre fortlebt“ und Zimmermann, JZ 92, S. 17: „In Frankreich hat die causaLehre … die Jahrhunderte überdauert und findet sich noch heute in Art. 1131 Code Civil.“ 609 Hartmann, Obligation, S. VI.

Teil 2

Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch Der Epoche des Naturrechts, mit dessen Untersuchung wir den vorhergehenden Teil beschlossen haben, folgt zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Periode der so benannten Historischen Rechtsschule, deren Begründer, maßgeblich Friedrich Carl von Savigny (1779–1861), und Anhänger sich die Erforschung aller Epochen der Rechtsgeschichte zum Ziel setzten: das Seiende ist danach als Gewordenes zu begreifen.1 Dieser Historismus, der als ein zu jener Zeit gleichsam allgemeines, nicht nur in der Rechtswissenschaft, sondern etwa auch in der deutschen Nationalökonomie zu beobachtendes Phänomen seinen Anfang nahm,2 trat in erklärten Gegensatz zu dem in den belichteten Gesetzeswerken kodifizierten, zur Gänze rationalistischen und geschichtsfernen Vernunftrecht3 – wenngleich auch die historische Rechts1 Vgl. Savigny, Grundgedanken der Historischen Rechtsschule, S. 14 ff.; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 155 f. u. S. 165 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 353 ff., insbes. S. 358 ff.; Zimmermann, heutiges Recht, S. 9 ff.; Amira, Rechtsgeschichte, S. 5 ff. 2 Instruktiv dazu die Schrift Nietzsches, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1873), der darin den Historismus des 19. Jahrhunderts – die historische Betrachtung aller Dinge, welche nicht „zum Zweck des Lebens und also auch [nicht] unter der Herrschaft und obersten Führung dieses Zweckes“ (S. 35) geschieht – scharf angreift: „Unzeitgemäß ist auch diese Betrachtung, weil ich etwas, worauf die Zeit mit Recht stolz ist, ihre historische Bildung, hier einmal als Schaden, Gebreste und Mangel der Zeit zu verstehen versuche, weil ich sogar glaube, daß wir alle an einem verzehrenden historischen Fiber leiden und mindestens erkennen sollten, daß wir daran leiden“ (S. 4). Vgl. auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 354 ff.; Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 155 f. 3 Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 353 ff.: „Die historische Rechtsschule versteht nicht etwa Recht nur als Geschichte, sondern die Rechtswissenschaft … als ‚geschichtliche‘. Dies kann aber im Programm einer Erneuerung der Wissenschaft vom positiven [sic] Recht nur den Sinn haben, daß der Gegenstand der Rechtswissenschaft durch die Geschichtlichkeit des gegenwärtigen Rechts vorwegbestimmt ist (und nicht durch die Abstraktionen des Vernunftrechts oder die Befehle des aufgeklärten Gesetzgebers)“ (S. 353 f.); Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, S. 158, spricht instruktiv von Savignys „Kampf gegen die Naturrechtsbewegung“ und auf S. 162: „Das Naturrecht als Gegenstand des Universitätsunterrichts bricht … schlechthin zusammen.“

Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

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schule, insbesondere der sich ausschließlich dem römischen Recht widmende Zweig der so benannten Pandektenwissenschaft,4 sich gewiss zur Ausbildung einer Rechtswissenschaft zugleich des logischen bzw. philosophischen Mediums bedienen musste, um das historisch überlieferte Einzelne als ein systematisches Ganzes zu denken, und insoweit auch im Naturrecht seine Wurzeln findet.5 Obschon man sich also in jener Epoche auf die historischen, insbesondere römischen Wurzeln des Rechts besann und der rationalistischen Strömung des Vernunftrechts erklärtermaßen ablehnend gegenüber stand, hielt das 19. Jahrhundert gleichwohl an der Ausgestaltung des mit den Naturrechtskodifikationen erreichten, vom römischen Typensystem losgelösten Vertragsverständnis fest. Savigny etwa definierte den Vertrag ganz im Sinne der beleuchteten Naturrechtskodifikationen als „die Vereinigung Mehrerer zu einer übereinstimmenden Willenserklärung, wodurch ihre Rechtsverhältnisse bestimmt werden“6 und verwarf überdies ausdrücklich die römisch-rechtliche Komplementarität klagbarer und klagloser Verträge.7 Für den Zweig der Pandektenwissenschaft findet sich bei dessen prominentestem Vertreter Georg Friedrich Puchta (1798–1846) die Definition: „Zur Existenz eines Vertrags gehört die Uebereinstimmung der Willen beider Subjecte (Paciscenten, Contrahenten), und die Erklärung derselben, welche von beiden Seiten (Versprechen – Acceptation) erfolgen muß“, um sodann mit der Bemerkung über das römische Typensystem zu schließen: „Diese ganze Beschränkung der Klagbarkeit ist in dem heutigen Recht weggefallen, eine gewöhnlich Übereinkunft bringt (wenn sie nur gültig ist) in allen Fällen eine klagbare Obligatio hervor, so gut als in den wenigen Fällen der römischen Consensualcontracte …“8 4 Die Pandektenwissenschaft bereitete das römische Recht der Digesten (lat.) oder der Pandekten (griech.), das vornehmlich Fallrecht war, in der Weise auf, dass es daraus abstrakte Rechtssätze und Rechtsbegriffe extrahierte und sie systematisch darstellte, vgl. ausführlich Schwarz, SZ (RA), 42 (1921), S. 578 ff. und auch Zimmermann, heutiges Recht, S. 6 f. („dritte Renaissance des römischen Rechts“) und S. 13 f. 5 Vgl. zum „Wesen“ der historischen Schule Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 367 ff., insbes. S. 373 ff. und im Besonderen zu ebendiesen Ursprüngen des Pandektensystem Schwarz, SZ (RA) 42 (1921), 578 ff. 6 Savigny, System III, S. 309. 7 Savigny, Obligationenrecht II, S. 242: „Das praktische Ergebniß der hier aufgestellten Lehre geht also dahin, daß in unserem heutigen gemeinen Recht der formlose Vertrag die Stelle der Römischen Stipulation eingenommen hat, daß also auf die Form des klagbaren Vertrags diejenigen Regeln anzuwenden sind, welche das Römische Recht für die Form der Consensualcontracte und der nuda pacta aufstellte. Wir entbehren also den Vortheil, welchen die Römer in der Form der Stipulation fanden für die sichere Unterscheidung des vollendeten Vertrags von den bloßen Vorbereitungen und Uebergängen zu einem solchen, und wir überlassen es dem Richter, in jedem einzelnen Fall diese Unterscheidung zu treffen …“. 8 Puchta, Pandekten, § 250 (S. 363 f.).

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

Mit den Naturrechtskodifikationen erreichte der Vertragsbegriff also jene Ausgestaltung, die er bis heute hat.9 Ändern wir daher im Folgenden den Blickwinkel von der Bedeutung und der Funktion der causa in der historischen Entwicklung des Vertragsdenkens hin zur Bedeutung und Funktion der causa im geltenden deutschen bürgerlichen Recht. War jener Teil in der Hauptsache eine historisch determinierte Untersuchung, ist der nachfolgende Teil primär dogmatischer Natur, wenngleich auch darin nicht gänzlich auf den Blick in die historische Entwicklung im 19. Jahrhundert verzichtet werden kann. Diese genuin dogmatische Untersuchung ist, um den zu bewältigenden Stoff handhabbar zu machen, in dreifacher Weise einzuschränken: Erstens wird nachfolgend allein die Bedeutung und Funktion der causa der Rechtsgeschäfte – „eine Privatwillenserklärung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, welcher nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist“10 – belichtet, mithin auf eine Untersuchung der Bedeutung und Funktion der causa der Realakte gänzlich verzichtet. Zweitens werden ausschließlich die mehrseitigen Rechtsgeschäfte und darunter nur jene, die zwei korrespondierende Willenserklärungen, mithin einen Vertragsschluss voraussetzen in den Blick genommen, unbelichtet hingegen müssen Bedeutung und Funktion der causa von Beschlüssen, Gesamtakten und einseitigen Rechtsgeschäften bleiben. Drittens wird sich dieser Teil unter den so qualifizierten mehrseitigen Rechtsgeschäften auf die Untersuchung der Bedeutung und Funktion der causa von Verpflichtungsund Verfügungsgeschäft beschränken.11 Der nun folgende Teil der Untersuchung der causa im Bürgerlichen Gesetzbuch ist in drei Abschnitte gegliedert, in denen inhaltlich zwei Fragen nachgegangen wird. Im Anschluss an die im ersten Teil belichtete historische Ausgangslage lautet die erste Frage: Bedarf nach geltendem bürgerlichem Recht jedes Rechtsgeschäft der Vereinbarung einer causa, damit es zur Entstehung gelangt oder aber zumindest von dauerhaft rechtlichem Be9 Vgl. Nanz, Vertragsbegriff, S. 197 mit dem Hinweis darauf, dass jener Vertragsbegriff in den 70er Jahren durch eine Schrift von Siegmund Schlossmann, Der Vertrag (1876), in Frage gestellt wurde – Schlossmann schließt ebendiese Untersuchung mit der Bezeichnung des Vertragsbegriffes als „juristisches Nichts“ (S. 165) –, aber erheblichen Widerspruch erfuhr und sich nicht durchsetzen konnte. 10 Motive I, S. 126. 11 Unbeachtet sollen im Folgenden solcherlei zwei korrespondierende Willenserklärungen voraussetzende Rechtsgeschäfte bleiben, bei denen zumindest umstritten bzw. unklar ist, ob sie sich in die Kategorien von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft einordnen lassen. Vgl. etwa zur umstrittenen Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 I 1 (S. 75 ff.), zum Ehevertrag als „besonderem Rechtsinstitut zur Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse“ MüKo/ Kanzleiter, § 1408 Rn. 2 und zum Erbvertrag, der einen „rein erbrechtlichen Charakter“ besitze MüKo/Leipold, § 1941 Rn. 4.

A. Die causa der Verpflichtungsgeschäfte

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stand ist? Erst nachdem über diese Grundfrage der Erforderlichkeit der Zweckvereinbarung Klarheit verschafft worden ist, können wir daran gehen, eine causa-Lehre des geltenden Rechts zu entwickeln; erst nachdem diese erste Frage bejaht wurde, kann der zweite Fragenkreis behandelt werden: Worüber müssen sich die Parteien einigen, wie wirkt sich eine etwaige Verfehlung des vereinbarten Zwecks auf das Rechtsgeschäft aus, inwieweit lässt sich durch die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckverfehlung ein innerer Zusammenhang zwischen den verschiedenen, vom Bürgerlichen Gesetzbuch zur Verfügung gestellten rechtlichen Institutionen herstellen? Für die Beantwortung der ersten Frage werden das Verpflichtungsgeschäft (vgl. A) und das Verfügungsgeschäft (vgl. B) jeweils getrennt voneinander auf das Erfordernis der Zweckvereinbarung untersucht. Im Anschluss an das im ersten Teil der Untersuchung herausgearbeitete Verständnis des Begriffes der causa der vom Naturrecht der Aufklärung geprägten Denker (Grotius, Pufendorf, Thomasius, Wolff, Svarez, Martini, Domat, Pothier und, wie erst an späterer Stelle zu zeigen ist,12 auch Kant und Hegel) und den belichteten Naturrechtskodifikationen (Code Civil, ALR und ABGB),13 soll der Begriff der causa zum Zwecke der Beantwortung der ersten Frage zunächst, noch gänzlich unreflektiert, inhaltlich verstanden werden als Austausch- oder Schenkungszweck – ganz im Sinne Savignys, auf „daß der lebendige Zusammenhang erkannt werde, welcher die Gegenwart an die Vergangenheit knüpft“14. Wie der Begriff der causa eines Rechtsgeschäftes nach geltendem bürgerlichem Recht im Genauen auszufüllen ist, worüber sich die Parteien also zu vereinbaren haben, welche rechtlichen Konsequenzen die Verfehlung dieser inhaltlich so verstandenen causa nach sich zieht und welche Funktion und Bedeutung die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung im geltenden Recht einnehmen, dieser zweite Fragenkreis, gleichsam die causa-Lehre des bürgerlichen Rechts, soll erst im Anschluss, gleichsam allgemein, für das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft gemeinsam behandelt werden (vgl. C).

A. Die causa der Verpflichtungsgeschäfte „Vor 20 oder 30 Jahren wagte, glaube ich, kaum ein Jurist zu dieser Theorie sich zu bekennen, die jetzt eine so große Zahl von Anhängern gewonnen hat. Zu der Zeit, wo ich studierte, galt es gleichsam als Ketzerei, wenn Jemand sagte, man kann aus dem bloßen Versprechen klagen, wenn es noch so evident war, die Parteien haben eine Obligation, ein Versprechen 12 13 14

Vgl. unten Teil 2, C, I, 1. Vgl. nur oben Teil 1, C. Savigny, System I, S. XV.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

festsetzen wollen mit Ausschluss juristischer Gründe. Man sah dieses als eine civilrechtliche Missgeburt, wie einen Menschen ohne Geschlecht an. Dem Juristen war es so natürlich, zu einem Rechtsgeschäfte gehöre die causa, wie die Thatsache, daß der Mensch weiblichen oder männlichen Geschlechts ist.“15 Diese Äußerung Rudolf von Iherings (1818–1892), wie er sie 1870 auf dem 9. Deutschen Juristentag verkündete, spiegelt die geschichtliche Entwicklung wider, welche die causa des Verpflichtungsgeschäftes in der deutschen Rechtswissenschaft und Praxis im Laufe des 19. Jahrhundert einschlagen sollte. Wir konnten für die Epoche des Naturrechts allgemein feststellen, dass abstrakte Verpflichtungsgeschäfte im Grundsatz nicht anerkannt waren, dass jede Verpflichtung zugleich auch konstitutiv die Vereinbarung über die causa der Obligation voraussetzte: Nur das kausale Schuldversprechen konnte Verpflichtungen erzeugen. Diese grundsätzliche Ablehnung des abstrakten Schuldvertrages am Wendepunkt des 18. zum 19. Jahrhundert beherrschte auch die Doktrin und Praxis des deutschen Rechtsraumes. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entzündete sich in der deutschen Rechtswissenschaft jedoch eine Diskussion, die schließlich zur Überwindung dieses bis dorthin zumindest für die Theorie unumstößlichen Dogmas von der Wirkungslosigkeit abstrakter Versprechen führte.16 Im Folgenden betrachten wir zunächst diese glühende Diskussion ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, die ein Umdenken der deutschen Juristenzunft hinsichtlich der causa der Obligation begründen sollte (vgl. I). Erst im Anschluss daran wird die heutige Rechtslage, die causa der Obligation im System des Bürgerlichen Gesetzbuches des 20. und 21. Jahrhunderts genauer untersucht (vgl. II).

I. Die causa der Obligation in der Diskussion im 19. Jahrhundert Unter Geltung der Anfang des 19. Jahrhunderts in Kraft gesetzten ersten drei Kodifikationen, die ein vom römischen Vertragsdenken emanzipiertes Obligationenrecht adoptierten, bestand die Möglichkeit sich abstrakt zu verpflichten im Grundsatz nicht. Ebenso äußerten sich namhafte Autoritäten jener Epoche, deren Lehren zur Grundlage des modernen Schuldvertragsrechts werden sollte. Ein abstraktes Schuldversprechen zeichnet sich dabei 15

9. DJT/Ihering, III, S. 88. Vgl. v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 547: „Die Doktrin ist es, welche die Normen über die Verbindlichkeit abstrakter obligatorischer Verträge aufgedeckt hat, und von welcher man in dieser Beziehung wohl sagen kann, daß sie rechtserzeugend gewirkt habe.“ 16

A. Die causa der Verpflichtungsgeschäfte

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dadurch aus, dass die Vereinbarung der Parteien über die causa kein Wirksamkeitserfordernis darstellt, hingegen setzt das kausale Schuldversprechen eine solche Zweckvereinbarung der Parteien konstitutiv voraus17 – soweit sind wir bis hierher vorgedrungen, und dies ist der Ausgangspunkt von dem aus wir uns nunmehr, fokussiert auf den deutschen Rechtskreis, in das 19. Jahrhundert hineinbegeben wollen. Auch im deutschen Rechtskreis war es zu Anfang des 19. Jahrhunderts zunächst unumstößliche Überzeugung, dass zu einem Schuldvertrag im Grundsatz auch die Vereinbarung über seine causa gehöre, dass mithin nur die kausale Obligation eine Verpflichtung erzeugen könne.18 Anstoß zu einem Umdenken gab die gerichtliche Praxis, die dem Verkehr gerecht zu werden versuchte und die Scheu verlor, auch solche Versprechen, die ohne Angabe eines Schuldgrundes gemacht wurden, für wirksam und durchsetzbar zu erklären.19 Den entscheidenden Impuls für diese Entwicklung dürften die praktischen Erfordernisse des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs, insbesondere des Handelsverkehrs, gegeben haben, bei dem sich aufgrund fortschreitenden überörtlichen Warenumschlags ein Verkehrserfordernis für leicht durchsetzbare Verpflichtungsformen einstellte.20 Aus der Praxis, aus 17

Vgl. zu den Naturrechtskodifikationen oben, Teil 1 um Fn. 509 (Code Civil), Fn. 570 (ALR), Fn. 602 (ABGB). So auch heute herrschende Definition des kausalen und abstrakten Rechtsgeschäfts, vgl. bis hierher nur Staudinger/Marburger, vor § 780, Rn. 1 (69); MüKo/Hüffer, § 780, Rn. 1, 2; Flume, AT II, § 12 (152 ff.). 18 Vgl. Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 6; Staudinger/Marburger, vor § 780, Rn. 3 (S. 69); Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 76 u. 87; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 115; Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 34. Vgl. auch schon Ihering auf dem 8. DJT, II, S. 94 „Damals als ich studierte, herrschte noch unbestritten die alte Theorie …, dass unser heutiges gemeines Recht keine abstrakte, sondern lediglich individuelle oder materielle Verträge kenne“ und die umfassende Zusammenstellung damaliger Auffassungen bei v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 553–556. 19 Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 74 f. u. 87 f.; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 117; Bähr, Anerkennung, S. 126 u. S. 173 ff.; 8. DJT/Koch, I, S. 284 f; 9. DJT/ Zimmermann, II, 459; Denkschrift in Mugdan II, S. 1263; Kübler, Feststellung, S. 68. Zumeist waren dies schriftliche abstrakte Schuldbekenntnisse, über dessen Wirksamkeit zu entscheiden war; dazu instruktiv die Beratung der 1. Kommission zum BGB am 16.2.1883 in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 561: „Niemand werde leugnen, wie dringend notwendig es im Interesse des Verkehrs sei, die verbindliche Kraft der Schuldbriefe möglichst zu sichern.“ Vgl. zu den in der Praxis ausnahmsweise anerkannten abstrakten Verpflichtungsgeschäften unter den Naturrechtskodifikationen oben, Teil 1, Fn. 512 (Code Civil); Fn. 571 (ALR); Fn. 603 (ABGB). 20 So auch Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 117 nach Auswertung der ersten einschlägigen Gerichtsentscheidungen. Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 87 stellt maßgeblich auf die „Abrechnung“ ab, „die im wesentlichen nach 1840 die Obergerichte an der bisherigen Auffassung über die Notwendigkeit der Angabe eines der geläufigen Schuldgründe zweifeln ließ … Die herkömmliche Auffassung von der notwendigen causa im Schuldvertrag stand hier den Verkehrsbedürfnissen offenbar hinder-

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den Reihen der Richtenden, erschienen auch erstmals für den deutschen Rechtsraum theoretische Abhandlungen über diese Problematik: Oberappellationsgerichtsrat zu Lübeck Friedrich Cropp lieferte im Jahre 1827 die erste dogmatische Untersuchung über die cautio indiscreta21, es folgte 1840 eine monographische Untersuchung des Wolfenbütteler Kreisgerichtsassessors Friedrich Liebe, mit der die causa-Problematik im Schuldvertrag erstmals nachhaltig eine Hervorhebung erfuhr und die schließlich im Jahre 1845 von Professor Rudolf von Gneist aufgegriffen und weiter ausgeleuchtet wurde.22 Im Jahre 1855 endlich erschien das Werk Otto Bährs, welches fortan die Diskussion um die Zulässigkeit des abstrakten Schuldversprechens so gut wie ausschließlich beherrschen sollte und dessen Lehre deshalb hier eine nähere Betrachtung verdient (vgl. 1). Ausführlich diskutiert findet sich die Frage nach der Zulässigkeit abstrakter Verpflichtung, maßgeblich unter Zugrundelegung der Bähr’schen Lehre, auf dem 8. und 9. deutschen Juristentag 1869 und 1870, dessen Thesen und Diskussionsergebnisse im Anschluss dargestellt werden sollen (vgl. 2). Für das Verständnis von der causa des Verpflichtungsgeschäftes äußerst aufschlussreich sind endlich die Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuches, die zum Ende dieses Abschnitts Beleuchtung erfahren sollen (vgl. 3). 1. Die Lehre Otto Bährs Otto Bähr knüpft in bewusster Abgrenzung zum römischen Typenzwang an das dem „entgegengesetzte“ Prinzip der Klagbarkeit aller Verträge an23 und macht diesen Grundsatz zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung: Es lich im Weg.“ Mit Blick auf das Wertpapier Wahl, Wertpapier, S. 1: „… ein Instrument, das durch die Bedürfnisse des Handels entwickelt und in seinem juristischen Gehalt von Generationen ingeniöser Rechtsdenker ausgesarbeitet worden ist.“ Vgl. auch Bähr, Anerkennung, S. 126 u. S. 173 ff.; Würdinger, SZ (RA), 1935 (55), S. 122; Creutzig, Schuldversprechen, S. 21. 21 Zur cautio indiscreta allgemein bereits oben Teil 1, B, I, 1, um Fn. 253. 22 Friedrich Cropp, Ueber literarum obligatio, cautio indiscreta und pecunia cauta non numerate; Liebe, Die Stipulation und das einfache Versprechen; Gneist, Die formellen Verträge des neueren römischen Obligationenrechts. Auf die einzelnen unterschiedlichen Arbeiten kann und muss hier nicht eingegangen werden; eine übersichtliche Zusammenstellung liefern Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 120 f.; Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 78 ff. und Schlossmann, causa, S. 21 ff. Dazu auch Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 7: „Eine allgemeine Theorie des abstrakten Schuldversprechens entwickelte auch Gneist nicht, jedoch war er ein wichtiger Wegbereiter jener Lehre, die nur wenig später von Bähr formuliert wurde.“ 23 Bähr, Anerkennung, S. 121: „Der Grundcharakter des römischen Obligationenrechts, welcher in dem Satz ‚nudum pactum obligationem non parit‘ seinen Ausdruck fand, hat heutzutage dem entgegengesetzten Principe Platz gemacht, welches wir als das der Klagbarkeit aller Verträge bezeichnen.“

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sei „von Interesse zu erfahren, welche Natur die heutigen Verträge dadurch, dass sie unter jene allgemeine Rechtsregel fallen, annehmen.“24 Zur Ergründung der Antwort auf diese Frage stellt Bähr folgenden Fall voran und gibt sogleich die Lösung: „Denken wir, es erhöbe Jemand folgende Klage: ‚Der Verklagte hat mir bei einer gewissen Gelegenheit das meinerseits angenommene Versprechen ertheilt, mir 100 Thlr. zu zahlen; ich bitte ihn hierzu zu verurtheilen.‘ Würde diese Klage für begründet zu halten sein? – Nicht ohne Schein könnte gesagt werden: es ist hier ‚eine Vereinigung des Klägers und Verklagten zu einer übereinstimmenden Willenserklärung, wodurch unter ihnen eine Obligation entstehen soll‘, mithin ein Vertag genügend behauptet; heutzutage sind alle Verträge klagbar, folglich ist die Klage begründet. Gleichwohl würde nicht leicht ein Gericht diese Klage zulassen; und ich glaube von Rechts wegen.“25

Zur Begründung seines Lösungsergebnisses führt Bähr an, dass das im Fallbeispiel gegebene „einfache Versprechen sich sofort als etwas psychologisch Unvollendetes“ darstelle.26 Denn, so führt er aus, wenn alle unsere Verträge als Konsensualverträge bezeichnet werden, „so pflegt dies so verstanden zu werden, dass die heutigen Verträge lediglich den Charakter der römischen Verträge annehmen. Dieser Charakter besteht aber in der Ungetrenntheit des, die einzelne Verpflichtung begründenden Versprechens von seinem Rechtsgrunde“27 – ganz offensichtlich knüpft Bähr hier an die von den Glossatoren begründete, durch die Rechtsepochen ausgebaute und weitergeführte causa-Lehre der römisch-rechtlichen Schuldverhältnisse an.28 „Im natürlichen Bestande“, führt er weiter aus, „hat nun das einfache Versprechen kein von seinem Rechtsgrunde getrenntes, selbständiges Dasein; es bildet vielmehr nur mit diesem zusammen denjenigen Willensact, welchen wir Vertrag nennen.“29 Bähr kann aber nicht nur solcherlei historische Gründe anführen. Vielmehr sei auch unter systematischen Gesichtspunkten neben dem obligatorischen Versprechen die causa erforderlich, denn „das Versprechen, 100 Thaler zu geben, gewinnt eine ganz verschiedene Bedeutung je nachdem es einem Schenk- … oder Kaufvertrag angehört.“30 Im ersten Falle bedürfte es für eine wirksame Verpflichtung „nichts weiter, als 24

Bähr, Anerkennung, S. 121. Vgl. auch Baumann, Schuldanerkennung, S. 125. Bähr, Anerkennung, S. 122. 26 Bähr, Anerkennung, S. 122. 27 Bähr, Anerkennung, S. 122 u. S. 12 wo er dieses als die „ursprüngliche Erscheinung des Obligationsverhältnisses“ und als den „den natürlichen Bestand der Obligation“ bezeichnet. 28 Vgl. auch Bähr, Anerkennung, S. 124, wo er ausführt, das für die „innige Verbindung des obligatorischen Versprechens mit seinem Rechtsgrunde … [das] Verständnis der römisch materiellen Contracte die positive Grundlage abgeben.“ 29 Bähr, Anerkennung, S. 122. 30 Bähr, Anerkennung, S. 123. 25

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des mit der Bestimmung einer Schenkung ertheilten Versprechens“31 – freilich würde ein solcher Vertrag nach heutigem Recht gem. § 518 BGB der notariellen Form unterliegen. „Beim Kaufvertrag hängt die Wirksamkeit des Versprechens von dem wirksamen Bestande des Gegenversprechens einer Waare ab … Ueberdies kann beim Kauf die Realisierung des Versprechens erst begehrt werden, wenn der Kläger das von ihm geleistete Gegenversprechen erfüllt oder dessen Erfüllung vergeblich angeboten hat“32 – Bähr nimmt hier Bezug auf das genetische, konditionelle und funktionelle Synallagma bei gegenseitig verpflichtenden Verträgen.33 „Alle diese Voraussetzungen für die Rechtmässigkeit seines Anspruches muss der Kläger erbringen, und er kann sich dieser processualischen Pflicht nicht dadurch entschlagen, dass er das vom Verklagten geleistete Versprechen aus dem Zusammenhange losreisst und für sich allein geltend zu machen versucht.“34 Otto Bähr stellt hier trefflich heraus, dass in Abhängigkeit von der dem obligatorischen Versprechen zugrunde liegenden causa der Anspruchsteller ganz unterschiedliche Tatsachen zu beweisen bzw. zu entkräften hat und bereits aus diesem ganz „praktischen“35 Grunde das obligatorische Versprechen regelmäßig nicht von seinem Rechtsgrunde isoliert gedacht werden kann: Bei einer Verpflichtung zum Zwecke der Schenkung muss im Grundsatz eine strenge Form beachtet werden, bei Verpflichtungen zum Zwecke des Austausches spielen zur Durchsetzbarkeit hingegen solcherlei Umstände eine Rolle, die auf die verschiedenartige rechtliche Abhängigkeit der gegenseitig versprochenen Leistungen von Einfluss sind. Diese historisch und systematisch vorgenommene allgemeine Charakterisierung des „natürlichen Bestandes der Obligation“36 als „innige Verbindung des obligatorischen Versprechens mit seinem Rechtsgrunde“37, mithin als ein im Grundsatz kausales Schuldversprechen, bezeichnet Bähr als „materiellen Vertrag“.38 Hier blieb er jedoch nicht stehen: Bähr stellt diesem den „formellen Vertrag“ gegenüber und etabliert auf diese Weise erstmals nachhaltig eine Lehre von den abstrakten Schuldversprechen, die Wurzeln schlagen sollte. Zur Begründung dieser Lehre knüpft er wiederum – wie auch schon für die Betrachtung der materiellen Verträge – an das vom römischen Obligationenrecht emanzipierte neue Vertragsdenken an, in dessen Zentrum nunmehr – wie oben aufgezeigt – das Willensmoment gerückt 31 32 33 34 35 36 37 38

Bähr, Anerkennung, S. 123. Bähr, Anerkennung, S. 123. Vgl. zu diesen Begriffen nur MüKo/Emmerich, 3. Aufl., vor § 320, Rn. 15–17. Bähr, Anerkennung, S. 123. Bähr, Anerkennung, S. 123. Bähr, Anerkennung, S. 12. Bähr, Anerkennung, S. 13, 124. Bähr, Anerkennung, S. 121. Vgl. auch Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 127.

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war: „Ist aber überhaupt die freie Bewegung des Willens das Grundprincip des heutigen Obligationenrechts, so muss dieser Wille auch die Fähigkeit haben, jene Verbindung aufzugeben und das einfache Versprechen isolirt zu einem vollendeten Vertrage zu erheben.“39 Nach Bährs Auffassung ist es also der Grundsatz der Privatautonomie selbst, der „ernstliche“ Wille zur Abstraktion,40 welcher dogmatisch dazu befähigt, das obligatorische Versprechen von seiner causa abzulösen.41 Und er kann für das damalig geltende Recht schon mehrere allgemein durch Praxis und Doktrin anerkannte „formelle Verträge“ aufzählen, die wir bereits oben hinsichtlich jeder der drei beleuchteten Naturrechtskodifikationen dogmatisch als Ausnahme vom Grundsatz angerissen haben: der Schuldschein und „als Parallele im kaufmännischen Verkehr“ der Wechsel; die Anerkennungserklärung und damit wiederum „parallel geltend aus dem Handelsrechte“ das Gutschreiben, die Saldoziehung und die Kontokorrentstellung.42 Bähr gelingt es erstmals in nachhaltiger Weise alle diese bereits allgemein anerkannten Erscheinungsformen abstrakter Verträge gedanklich zusammenzufassen und dogmatisch auf ein gemeinsames Fundament zu stellen.43 Freilich ohne zu vergessen hervorzuheben, dass die kausalen „materiellen“ Versprechen den Grundsatz, die abstrakten „formellen“ Versprechen die Ausnahme darstellen: „Bei uns bildet … das materielle Princip den Ausgangspunkt.“44 39

Bähr, Anerkennung, S. 124. Bähr, Anerkennung, S. 124. 41 Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 126, 129; Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 82. 42 Bähr, Anerkennung, S. 126: „Betrachtet man diesen Entwicklungsgang, so kann man sich nur freuen über die juristische Kraft, mit welcher die Praxis, dem Mangel einer genügenden Theorie zu Trotz, jene Lehre erfasst und zu richtigen Ergebnissen durchgeführt hat.“ (S. 175 f.). Neben den im Text aufgeführten nennt Bähr zudem das Abrechnungsgeschäft und die Quittung. Vgl. zu den Naturrechtskodifikationen oben Teil 1, Fn. 512 (Code Civil); Fn. 571 (ALR); Fn. 603 (ABGB). 43 So auch Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 130; Kiefner, abstrakter Vertrag, S. 83; Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 251 (§ 40 I 3 b); 9. DJT/Ihering, III, S. 88; Kübler, Feststellung, S. 69. Vgl. auch die eigene Einschätzung Bährs, Anerkennung, S. 127: „Es fehlt uns jener lichte Bau, welcher, einer algebraischen Formel gleich, die Resultate darstellt, ohne die Elemente zu zerstören. Und dieser Mangel ist es, was die richtige Beurtheilung jener Rechtsgeschäfte bisher mehr zum Ergebnisse eines unbestimmten Gefühls, als klarer Einsicht gemacht hat.“ In der 3. Auflage seines Werkes 1894 legt Bähr selbst die Erfolge seiner Lehre in § 71 (S. 243 ff.) dar. 44 Bähr, Anerkennung, S. 127. Historisch-methodisch bezieht sich Bähr zur Begründung des abstrakten Vertrages durchgehend auch auf die römische Stipulation – dementsprechend haben zahlreiche Abhandlungen den Ursprung der abstrakten Schuldverträge in der römisch-rechtlichen Stipulation gesucht (vgl. umfassende Nachweise bei Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 126, Fn. 12). Für unsere Untersuchung ist die Frage nach dem „dogmatischen Ursprung“ unbedeutend, der Verweis Bährs auf die stipulatio soll hier deshalb auch unbeleuchtet verbleiben. Vgl. aber die dahingehend zweifelnden Ausführungen von Kaser/Knütel, Lehrbuch RP, S. 251 40

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2. Die Deutschen Juristentage Schon mit Blick auf eine künftig einheitliche deutsche Privatrechtskodifikation widmeten sich 1869 der achte45 und 1870 der neunte Deutsche Juristentag46 der Frage nach der Zulässigkeit abstrakter Schuldverträge. Die den Gutachtern und Referenten vorgelegte Gesetzgebungsfrage war jedoch zunächst nicht in solcher Allgemeinheit verfasst, vielmehr nur auf einen Teilbereich, auf die Frage nach der Zulässigkeit eines einzelnen besonderen abstrakten – oder mit der Bährschen Terminologie „formellen“ – Vertrages beschränkt; sie lautete: „Soll das künftige deutsche Obligationenrecht die verbindliche Kraft des Anerkennungsvertrages aufnehmen, und wie ist dieses Rechtsgeschäft zu regeln?“47 Dem Referenten des 8. Juristentages, Rudolf von Ihering, gelang es indes, die seinem Beitrag folgende Diskussion und Begutachtung der ursprünglichen Gesetzgebungsfrage auf eine allgemeinere Ebene zu heben: Zu Anfang seines Vortrages ersetzte er den Begriff des „Anerkennungsvertrages“ durch den Terminus des „abstrakten Vertrages“,48 am Ende seiner Ausführungen formulierte er einen gegenüber der ursprünglich Frage allgemeiner gefassten Gesetzgebungsvorschlag: „Ein auf bloßes ‚schuldig sein‘, oder die Zahlung einer Geldsumme, (und ich füge in (§ 40 I 3 b): „Die Stipulation in ihrer römischen Gestalt ist in die mittelalterlichen und neuzeitlichen Rechte nicht übernommen worden … Das abstrakte Schuldversprechen und das Schuldanerkenntnis nach 780, 781 BGB sind Neuschöpfungen, angeregt von O. Bähr.“ Vgl. ebenso zweifelnd Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 126 f. und früher bereits Dernburg, Pandekten II, S. 63. 45 8. Deutscher Juristentag 1869: Gutachter in der hier zu beleuchteten Frage waren Stadtgerichtsrath Koch aus Berlin und Professor Dr. Götz aus Leipzig; Referent war Professor Dr. Ihering aus Wien; an der Diskussion beteiligten sich außer Ihering noch Stadtgerichtsrath Gad aus Berlin, Rechtsanwalt Makower aus Berlin, Rechtsconcipient Seuffert aus Würzburg, Rechtsanwalt Dr. Ladenburg aus Mannheim, Professor Dr. v. Waechter aus Leipzig. 46 9. Deutscher Juristentag 1871: Gutachter waren Senator Dr. Dugge aus Bützow, Privatdozent Dr. Eck aus Berlin und Oberappellationsgerichtsrath Dr. Zimmermann aus Lübeck; Referent war Bezirks- und Handelsgerichtsrath Hauser aus München; an der Diskussion beteiligten sich außer den bereits genannten Hauser, Ladenburg und Ihering auch Prof. Dr. Degenkolb aus Freiburg und Rechtsanwalt Meyer aus Berlin. 47 Vgl. 8. DJT/Koch, I, S. 283. Das Schuldanerkenntnis ist nur eine äußerlich besondere Erscheinungsform des abstrakten Schuldvertrages, vgl. E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 55 u. 56; Staudinger/Marburger, vor § 780 Rn. 4; Baumann, Schuldanerkenntnis, S. 273 ff. 48 8. DJT/Ihering, II, S. 95 f.: „Bei der Fragestellung seitens des Antragstellers … ist der Ausdruck ‚Anerkennungsvertrag‘ gebraucht ich meinerseits werde mir … eine Abweichung erlauben, … darin bestehend, daß ich dem Ausdruck des Anerkennungsvertrages den des abstrakten Versprechens substituire, aus Gründen, die später erhellen werden.“

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Parenthese hinzu: oder eines sonstigen Gegenstandes)49 gerichteter, (und wiederum in Parenthese: schriftlicher) Vertrag hat bindende Kraft ohne Angabe des Schuldgrundes.“50 Die Frage nach der Zulässigkeit des abstrakten Schuldvertrages im Allgemeinen war nunmehr zum Gegenstand der folgenden Begutachtung und Diskussion geworden, wurde auch in dieser Form dem 9. Deutschen Juristentag zur weiteren Beratung überwiesen: „Wir sind … zu keinem Abschluß gekommen, haben aber den Vortheil gewonnen, eine für die Debatte sehr viel geeignetere Formulirung der Frage, wie sie in dem Antrage unseres Kollegen Ihering enthalten ist, erreicht zu haben … Sie werden genehmigen, daß wir die Frage in dieser Formulierung dem nächsten Juristentag überweisen.“51 Im Folgenden sollen die entscheidenden Diskussionsergebnisse der beiden Juristentage zusammengetragen werden, verzichtet werden kann und muss auf eine Beleuchtung der einzelnen Beiträge der Begutachter und Diskutanten. Einigkeit herrschte zunächst in zweierlei – grundsätzlicher – Hinsicht. Zum einen waren sich alle darin einig, dass nach gemeiner Theorie im Grundsatz nur das kausale Versprechen eine Verpflichtung herbeiführen könne, dass mithin das obligatorische Versprechen nicht ohne causa zu begreifen ist, sich die Parteien über beides vereinbaren müssen: „Nach der hergebrachten Lehre des gemeinen Rechts gilt ein Schuldversprechen ohne Angabe der causa für wirkungslos“52, „… Eine Vereinbarung, mittels derer das Versprechen von seinem Grunde gelöst wird, das Abstrahiren von der Causa bei der Obligation, [ist] etwas Besonderes …“53 Zum anderen 49 Vgl. zu dieser nur als Einschub gekennzeichneten Erweiterung des Anwendungsbereiches des abstrakten Vertrages Iherings Bekenntnis am Ende des 9. DJT, III, S. 92: „Die Beschränkung auf Geld … ist bei mir ursprünglich daurch entstanden, weil ich mir bewusst war, es ist etwas Bedenkliches mit dieser Schöpfung, die abstrakte Obligation ins Leben zu setzen, ohne vorher Gewissheit zu haben wie sie sich gestaltet. Ich muß aufrichtig gestehen, ich hatte Herzklopfen dabei, und die Aengstlichkeit kommt zum Vorschein, indem ich die Obligation auf Geld und Schrift beschränkte Wenn man einmal die abstrakte Obligation anerkennt, so liegt kein Grund vor, warum man nicht einen anderen Gegenstand als Geld als Objekt der Obligation soll denken können.“ 50 8. DJT/Ihering, II, S. 111. Die weiteren Anträge Iherings, welche für unsere Untersuchung keine Bedeutung haben, zur Vollständigkeit hier aber angeführt werden sollen, lauten: „2. Eine Einrede gegen diese Verpflichtung steht dem Schuldner nur nach den Grundsätzen der römischen Condictionentheorie zu. 3. Soweit die Intention der Parteien nicht auf das Gegentheil gerichtet war, hat der Gläubiger die Wahl, ob er aus dem Schuldversprechen oder dem ihm zu Grunde liegenden Geschäft klagen will.“ 51 So in der Schlusszusammenfassung über die Begutachtung und Diskussion 8. DJT/Gneist, II, S. 21 f. 52 9. DJT/Eck, II, S. 446. 53 9. DJT/Dugge, II, S. 436.

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herrschte Konsens über die Tatsache, dass hier nicht die kausale Natur des Schuldverhältnisses schlechthin zur Disposition gestellt wurde, sondern es sich lediglich um die wissenschaftliche Fragestellung nach der Zulässigkeit einer Ausnahme von diesem Grundsatz handelt: „Der Sinn dieser Frage ist, wie ich wohl kaum zu bemerken brauche, nicht der, ob unser künftiges Obligationenrecht den Satz aufstellen könne, daß alle Verträge eine schlechthin verpflichtende Kraft erhalten sollen. Damit würde das ganze materielle Obligationenrecht aufgehoben werden und an dessen Stelle der nackte Satz gesetzt: Alle Verträge sind zu halten. Sondern der Sinn ist der: Wenn es ersichtlich ist, daß die Parteien keine materielle Obligation, sondern eine abstrakte beabsichtigt haben, soll der Gesetzgeber ihnen dies gestatten? Mit der Bejahung dieser Frage wird die Anwendbarkeit des materiellen Obligationenrechts in keiner Weise alterirt; sie wird nur ausgeschlossen in einem Fall, wo die Parteien selber dies gewollt haben.“54 Die verschiedenen Gutachten und Beiträge machen nicht nur deutlich, dass sich in dieser Frage bis 1870 noch keine communis opinio herausgebildet hatte,55 sie spiegeln zugleich die umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung wieder, die sich mit dem Erscheinen der Bährschen Schrift 1855 entzündete und die „von Tag zu Tag mehr an Boden“56 gewann.57 Ihering bringt das anschaulich zum Ausdruck, wenn er selbstkritisch kundtut, dass die wissenschaftliche Ankerkennung des abstrakten Schuldversprechens „vor 30 Jahren … hier in Heidelberg auch nicht die geringste Aussicht gehabt haben [würde], und ein Professor der Rechtswissenschaft, der ihr das Wort geredet hätte, würde sich muthmaßlich um allen Kredit gebracht haben … Die alte Theorie …, daß unser heutiges gemeines Recht keine abstrakte, sondern lediglich individuelle oder materielle Verträge kenne … habe ich als Professor … jahrelang vorgetragen, ich wusste eben keinen Ausweg. Erst die bekannte Schrift von Bähr, in meinen Augen eines der verdienstvollsten und bedeutendsten Werke unserer ganzen neueren juristischen Literatur, verdanke ich die Befreiung von den Fesseln, die mich bis dahin drückten.“58 In den Gutachten und in den Diskussionen hatte die den abstrakten Schuldvertrag für zulässig erachtende Ansicht großes Übergewicht, man sprach sich in der großen Überzahl für die Übernahme der Iheringschen These aus. Widerspruch wurde nur von Waechter59 und Degen54

8. DJT/Ihering, II, S. 102 f. So auch 8. DJT/Koch, I, S. 284; 9. DJT/Bützow, II, S. 434 f. 56 So charakterisierend 8. DJT/Ihering, II, S. 95 u. 103. 57 Eine umfassende Übersicht über das umfangreiche Schrifttum in dieser Zeit gibt Witte, KritVJS 6 (1864), S. 330, 337 ff.; v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 547, 553 ff. und Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 536 ff. Vgl. auch die Übersichten bei 9. DJT/Dugge, II, S. 428 ff. und Kübler, Feststellung, S. 78 ff. 58 8. DJT/Ihering, II, S. 95. 55

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kolb60 erhoben, jedoch ohne nachhaltigen Einfluss auf die Diskussion verzeichnen zu können.61 Gestritten wurde vielmehr darüber, ob für das anzuerkennende abstrakte Versprechen ein zwingendes Formerfordernis aufzustellen sei – in Iherings Worten: „Als … Hauptfrage wird sich ergeben: Welche Garantieen sollen wir suchen, daß nicht in Fällen, wo die Parteien nicht etwa die Absicht haben zu abstrahiren, dennoch wegen des fehlerhaften Ausdruckes des Scheines dieser unter den Gesichtspunkt gestellt wird, als ob die Parteien von der causa hätten abstrahiren wollen?“62 Es finden sich mehrere Stellungnahmen, die in der Möglichkeit sich mündlich, gar konkludent abstrakt verpflichten zu können, eine zu große Gefahr für den Rechtsverkehr erkennen und als Garantie für das tatsächliche Vorhandensein des Abstraktionswillens die Schriftlichkeit des Versprechens fordern.63 Auch hier aber setzte sich wiederum Ihering, mit Unterstützung des Referenten Hauser,64 in der Schlussdiskussion durch, in der er gegen die Aufstellung einer solchen Einschränkung plädierte – „selbstverständlich muß aber aus den Umständen hervorgehen, daß sie die Absicht gehabt haben“ ein abstraktes Versprechen abzugeben.65 Zur Abstimmung gestellt und von der Mehrheit angenommen wurde schließlich die These Iherings in der Fassung: „Ein ohne Angabe des Schuldgrundes ausschließlich auf ein Schuldigsein oder die Leistung eines 59 8. DJT/Waechter, II, S. 118 ff. konnte u. a. nicht überzeugen mit dem Argument: „Seitdem die Frauen wechselfähig geworden sind, sind viele Frauen unglücklich geworden, weil sie nicht die Bedeutung des Wortes ‚Wechsels‘ kennen …“ (S. 120). 60 9. DJT/Degenkolb, III, S. 96 ff.: „Wenn wir uns fragen, worauf will denn diese Kraft des abstrakten Versprechens zurückgeführt werden, so ist dies im Grunde immer wieder die Souveränität des Privatwillens: der Privatwille kann, was er will, und was er will, muß gelten! Nun, meine Herren, an diese absolute Souveränität des Privatwillens glaube ich nicht. Ich glaube nicht, daß er in der That in dieser Weise eine Grundlage unseres Obligations- und Contractrechtes ist, wie behauptet wird“ (S. 97). 61 So auch Kiefner, abstraktes Versprechen, S. 86: „… insbesondere hat Ihering selbst [zu den Argumenten Waechters und Degenkolbs] mit keinem Wort Stellung genommen.“ Vgl. auch dort die Zusammenfassung der Kritik Waechters und Degenkolbs. 62 9. DJT/Ihering, III, S. 89. 63 8. DJT/Seuffert, II, S. 116; 8. DJT/Waechter, II, S. 120 f.; 9. DJT/Dugge, II, S. 452 f.; 9. DJT/Ladenburg, III, S. 87. 64 Hauser stand als Referent die Schlussäußerung zu, in der er sich dezidiert gegen das Schriftlichkeitserfordernis aussprach 9. DJT/Hauser, III, S. 100, 103. 65 9. DJT/Ihering, III, S. 91 und auf S. 91 f.: „Ich würde also in meiner Thesis [abgedruckt oben Teil 2, A, I, 2, um Fn. 50] das in Klammern eingesetzte Wort ‚schriftlich‘ fallen lassen. Ich erkenne an, es gibt Fälle, wo auch ohne Schrift der Wille zu abstrahiren evident vorliegt, so daß es den Parteien Gewalt anthun hieße, wenn man Schrift fordern wollte.“

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Gegenstandes gerichteter Vertrag ist klagbar.“66 Damit hatte der Deutsche Juristentag von 1870 in der von Bähr angestoßenen Debatte Stellung bezogen und zugleich einen Gesetzgebungsvorschlag für eine einheitliche Privatrechtskodifikation unterbreitet. „Allerdings mag der Juristentag im Allgemeinen nicht geeignet sein, schwebende Controversen zu entscheiden; aber es darf als seine eigentliche Aufgabe angesehen werden, einem modernen, durch Praxis und Theorie bereits in hohem Grade ausgebildeten Rechtsgedanken das Siegel seiner Anerkennung aufzuprägen.“67 3. Die Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Mit Beschluss des Bundesrates im Dezember 1873 war der Weg zur Änderung der Verfassung des Reiches von 1871 geebnet, welche dem Reich die Gesetzeskompetenz für das gesamte bürgerliche Recht verschaffen sollte.68 Zugleich beauftragte der Bundesrat den Justizausschuss Vorschläge zu unterbreiten, welche Maßnahmen zum Zwecke der „Aufstellung eines Entwurfs eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuches“ zu ergreifen sind.69 Vorgeschlagen wurde die Einsetzung einer Kommission; nach Billigung durch den Bundesrat und der Wahl der Mitglieder konstituierte sich die so genannte erste Kommission im September 1874.70 Zum Redakteur für den Teilentwurf des Schuldrechts wurde Franz Philipp von Kübel (1819–1884) 66 9. DJT/Präsident, III, S. 106 f.: „Ich ersuche die Herren, welche die Thesis in dieser Fassung nicht annehmen wollen, sich zu erheben – die Minorität erhebt sich.“ Vgl. dazu auch die Zusammenfassung Hausers, 9. DJT, III, S. 343: „Es ist diese Fassung gewählt worden, um hervorzuheben, daß die Absicht bei einem derartigen Vertrag, sich ohne Rücksicht auf den Verpflichtungsgrund verpflichten zu wollen …, erforderlich sei.“ 67 So die Eingangsworte des ersten Gutachters Koch in der vorgelegten Frage 8. DJT, I, S. 283. Vgl. aber Weitnauer, Leistung, S. 265 Fn. 39: „Die Anerkennung der Möglichkeit abstrakter Verpflichtungen … ist das Ergebnis der Deutschen Juristentage …“ und die im Jahre 1884, nach umfassender Zusammenstellung damaliger Auffassungen geäußerte Feststellung v. Liebes, Gruchot 28 (1884), S. 558: „Die Zahl der Schriftsteller, welche für die Verbindlichkeit des abstrakten Versprechens sich ausgesprochen haben, ist im Wachstum begriffen.“ 68 Die Verfassung des Reiches von 1871 wies dem Reich im Bereich des bürgerlichen Rechts lediglich die Kompetenz für das Obligationenrecht zu. Nach der Reichsgründung beschloss der Reichstag aufgrund der Initiative der Nationalliberalen Partei (Anträge von Miquel/Lasker) die Ausdehnung der Reichskompetenz auf das gesamte bürgerliche Recht, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 33; Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 5 ff. Vgl. zur Historie der so genannten „Lex Lasker“, die über zwei Jahre währte Jakobs/Schubert, Einführung, S. 27 ff. 69 Jakobs/Schubert, Einführung, S. 33. 70 Vgl. insbesondere über Meinungsverschiedenheiten in der die Vorschläge unterbreitenden „Vorkommission“ und über die Zusammensetzung der „ersten Kommission“ Jakobs/Schubert, Einführung, S. 35 f., 37 f., hier S. 40. Über die heraus-

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berufen.71 Als im Dezember 1882 die Hauptberatungen begannen, konnte dieser jedoch keinen vollständigen Schuldrechtsteilentwurf vorlegen.72 Neben den ausgearbeiteten Teilen Kübels legte die Kommission daher für den Rest einen bereits 1866, unter maßgeblicher Mitarbeit Kübels angefertigten Entwurf für ein gesamtdeutsches Obligationenrecht, den so genannten „Dresdener Entwurf“, zugrunde.73 Die Kommission beauftragte darüber hinaus Hilfsarbeiter mit einer Materialzusammenstellung der von Kübel unbearbeiteten Teile, welche Auskunft geben sollte über den seinerzeitigen Standpunkt der Doktrin und Praxis.74 Für die uns hier interessierende Gesetzgebungsfrage, die Zulässigkeit abstrakter Schuldverträge, fand die Sachdiskussion und Beratung der Kommission auf Grundlage des Dresdener Entwurfs und einer Materialzusammenstellung des Hilfsarbeiters v. Liebe statt.75 Das Ergebnis dieser Beratungen war der erste Entwurf, welcher im Januar 1888 dem Bundesrat übergeben wurde.76 Nachdem die erste Kommission aufgelöst wurde, befasste sich ab April 1891 eine neu konstituierte zweite Kommission mit dem vorgelegten Entwurf.77 Der daraus hervorragende Stellung von Papes vgl. ebenda S. 46 f. Vgl. zum Ganzen auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 7 ff. 71 Jakobs/Schubert, Einführung, S. 43. Vgl. auch instruktiv dies. S. 41 f.: „Die Redaktoren waren nach der Instruktion der Gesamtkommission verpflichtet, sich in regelmäßigen Sitzungen über Form und Inhalt ihrer Arbeiten zu besprechen und gegenseitig zu verständigen und hierdurch eine möglichst einheitliche Auffassung und Formgebung … zu erstreben … Nach Beendigung der erforderlichen Vorarbeiten sollten die Redaktoren die Entscheidungen der Gesamtkommission über die grundlegenden Fragen herbeiführen … Die Gesamtredaktion wurde jedoch nicht gleichmäßig von allen Redaktoren systematisch mit den grundlegenden Fragen befasst.“ 72 Er starb kurz vor Beendigung der Beratungen des Obligationenrechts, ohne dass er der Kommission einen vollständigen Teilentwurf vorgelegt hätte. Zu den Ursachen seines langsamen Fortschreitens (insbes. lange Krankheit) vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 43 ff. 73 Jakobs/Schubert, Einführung, S. 37, 41, 45. 74 Aber auch über die Motive, auf denen die Bestimmungen des Dresdener Entwurfs beruhten und über den Inhalt der neueren Entwürfe, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 45. 75 Jakobs/Schubert, Einführung, S. 45. v. Liebe hat seine Forschungen dann 1884 noch einmal in einem Aufsatz: „Der abstrakte obligatorische Vertrag im modernen Rechte“ in Gruchot 28 (1884), S. 547 ff. verwertet. 76 Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 15. Zu der sich anschließenden Fülle kritischer Schriften und Aufsätze vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 50. 77 Jakobs/Schubert, Einführung, S. 57 f. Zuvor befasste sich zudem eine so genannte „Vorkommission des Reichsjustizamtes“ mit dem Entwurf; die beschlossenen Änderungen wurden als Anträge in die Beratungen der 2. Kommission eingebracht, vgl. dies. S 54. Zu den Mitgliedern der 2. Kommission, welche nunmehr durch die im Justizausschuss vertretenden Staaten gestellt wurden, vgl. dies., S. 55. Zu den Hintergründen der Auflösung der 1. Kommission vgl. ausführlich dies., S. 50 ff. Vgl. zum Ganzen auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 25 ff.

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gegangene zweite Entwurf passierte Bundesrat und Reichstag und trat schließlich am 1. Januar 1900 in Kraft.78 Der folgenden Untersuchung liegen die Materialien zum BGB in Form des Dresdener Entwurfes und der von Lieb’schen Materialzusammenstellung, der Protokolle79 und Motive80 zum ersten Entwurf, der Protokolle und der Denkschrift81 zum zweiten Entwurf sowie in Gestalt der Reichstagskommissionsberichte82 zugrunde. Betrachten wir den Dresdener Entwurf und die dazugehörigen Motive aus dem Jahre 1866, welche der ersten Kommission als Beratungsgrundlage zugrunde lagen, so ergibt sich ein ganz ähnliches Bild, wie wir es auch noch für den zeitlich später stattfindenden Juristentag beobachten konnten: Geregelt findet sich zunächst nur der Anerkennungsvertrag,83 nicht hingegen die Zulässigkeit des abstrakten Verpflichtungsvertrages im Allgemeinen. Erst ein Blick in die Motive zum Dresdener Entwurfes führt auf diese abstraktere Ebene: Beantragt worden war, von der Beschränkung auf den Anerkennungsvertrag abzurücken und stattdessen allgemein die Schuld78

Schlussabstimmung im Reichstag am 1.7.1896, Billigung der Änderungen durch den Bundesrat am 14.7.1896, Ausfertigung durch Kaiser Wilhelm II. am 18.8.1896, verkündet im Reichsgesetzblatt am 24.8.1896, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 68. Zu den Beratungen im Bundesrat und im Reichstag, die bewusst knapp gehalten wurden vgl. ausführlich Jakobs/Schubert, Einführung, S. 60 ff. 79 Nach der Geschäftsordnung der Kommission sind in den Protokollen lediglich der „wesentliche Inhalt der stattgehabten Berathungen insoweit darzulegen, als zum besseren Verständnisse der Beschlüsse erforderlich ist“. Es findet sich folglich zumeist nur das Ergebnis und seine tragenden Gründe wieder, selten hingegen auch die Gründe der Gegenmeinung, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 46. 80 Die Motive zum ersten Entwurf wurden für das Schuldrecht von Hilfsarbeiter Ege und Struckmann zusammengestellt. Sie enthalten deren eigene Ausführungen und Auszüge aus den Begründungen der Redaktoren zu den Teilentwürfen und aus den Protokollen der Kommission, ohne diese als solche zu kennzeichnen, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 49. 81 Dem zweiten Entwurf wurde eine Denkschrift hinzugefügt, die bewusst knapp und allgemein gehalten wurde, damit der Reichstag möglichst wenige Ansatzpunkte zu einer Kritik am Entwurf entwickeln konnte, vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 62. Zu der Hinwirkung auf eine möglichst oberflächliche Behandlung des zweiten Entwurfes in den zwei Volksvertretungen vgl. dies., S. 60. 82 Mit der Behandlung des zweiten Entwurfes wurde die XII. Kommission des Reichstages betraut, die aus insgesamt 21. Abgeordneten bestand. An dessen 53 Sitzungen nahmen auch regelmäßig die meisten Mitglieder des Justizausschusses teil. Vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 64 f. 83 Art. 922 des Dresdener Entwurfes lautet: „Erkennt der Schuldner durch Vertrag mit dem Gläubiger ein zwischen ihnen bestehendes Schuldverhältnis an (Schuldanerkennungsvertrag), so wird der Schuldner, auf Grund des Anerkenntnisses, zur Erfüllung der anerkannten Schuld verpflichtet.“ Abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 533. Das Schuldanerkenntnis ist nur eine äußerlich besondere Erscheinungsform des abstrakten Schuldvertrages, vgl. Staudinger/Marburger, vor § 780 Rn. 4 und Creutzig, Schuldversprechen, S. 124 f.

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begründung durch abstrakten Schuldvertrag positivrechtlich zu statuieren.84 Der Antrag wurde abgelehnt, jedoch nicht etwa, weil die den Entwurf beratende Mehrheit die Gültigkeit abstrakter Schuldverträge verneinte. Diese Mehrheit war im Gegenteil von der Wirksamkeit solcher Verpflichtungen überzeugt, glaubte jedoch bei dem unfertigen theoretischen Stande dieser Lehre solcherlei „Privatansicht der Kommission“ nicht gesetzlich zum Ausdruck bringen zu sollen; man wolle der „Anwendung des Dogmas auf das Schuldversprechen“ nicht vorgreifen: „Zu einer weitergehenden Lösung sei die Frage noch nicht reif.“85 Ganz anders dagegen liest sich die von der ersten Kommission ergänzend herangezogene und in Auftrag gegebene umfassende Materialzusammenstellung von Liebs, aus der Zeit nach der beleuchteten Stellungnahme des 9. Deutschen Juristentages,86 über den seinerzeitigen Stand dieser Frage: „Als die gegenwärtig in Doktrin und Praxis herrschende Meinung lässt sich bezeichnen, daß dem abstrakten obligatorischen Vertrage zwar an sich Wirksamkeit beigelegt, dabei aber verlangt wird, daß der Wille, von dem früheren schuldbegründenden Momenten zu abstrahiren besonders ersichtlich sein müsse.“87 Wie diese besondere Ersichtlichkeit des Abstraktions- oder Trennungswillens auszugestalten ist, darüber herrsche „eine sehr große Verschiedenheit der Meinungen“,88 jedenfalls aber sei man sich aber „unter den Schriftstellern, welche den abstrakten Vertrag anerkennen … darüber einig, daß ein einfaches mündliches Versprechen, welches auf die Leistung gerichtet ist: ‚Ich verspreche 100 zu zahlen‘, den Trennungswillen gänzlich im Dunkeln lasse“.89 Auf dieser Grundlage fanden die Beratungen in den Kommissionen statt. In den Protokollen findet sich durchgehend die Überzeugung, dass im Grundsatz nur das kausale Schuldversprechen wirksame Verpflichtungen erzeugen könne, die „Loslösung des Schuldverhältnisses von dem Verpflich84 Der Ersetzungsantrag lautet: „Erklärt Jemand einem Anderen gegenüber seinen Willen, sich Diesem als Schuldner zu einer Leistung zu verpflichten, und nimmt der Letztere diese Erklärung an, so wird hierdurch eine vertragsmäßige Verbindlichkeit des Ersteren begründet, wenn auch in der Erklärung der Rechtsgrund der Schuld nicht angegeben ist. Dies gilt insbesondere, wenn das Ergebnis einer zwischen dem Gläubiger und Schuldner stattgefundenen Berechnung oder Abrechnung von dem Schuldner anerkannt oder ein schriftliches Schuldbekenntnis (Schuldschein) ohne Angabe des Rechtsgrundes der Schuld dem Gläubiger eingehändigt wird.“ Abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 534. 85 Motive abgedruckt in: Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 534. Vgl. auch 9. DJT/Dugge, II, S. 435. 86 Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. IV datieren den Druck des ursprünglich Manuskriptes auf die Jahre zwischen 1876 und 1883. 87 Abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 538 f. 88 Abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 549. 89 Abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 550 f.

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tungsgrunde eine Abweichung von der regelmäßigen Gestaltung der Obligation sei“,90 das abstrakte Schuldversprechen einen „eigenthümlichen Inhalt“91 aufweise, gleichsam an einer „inneren Unvollkommenheit“92 leide, und der „Verpflichtungsgrund einen Wesensbestandtheil“93 der Schuldverhältnisse darstelle; ein abstraktes Schuldversprechen „liegt nicht vor, wenn der Vertrag den vollen Thatbestand, aus welchem die Schuldverpflichtung entspringt, enthält“94. So einig sich die Kommissionen mithin darüber waren, dass die Begründung einer Verpflichtung im Grundsatz neben der Vereinbarung über die Schuld auch die Vereinbarung über dessen causa erfordert, fasste die zweite Kommission gleichwohl den Entschluss, auch solche von der causa abstrahierte Schuldvereinbarungen positivrechtlich anzuerkennen: „Nach dem Entwickelungsgange, den die Anerkennung abstrakter Schuldverbindlichkeiten in der modernen Praxis und Theorie gewonnen habe, lasse es sich nicht leugnen, daß ein dringendes Bedürfniß bestehe, sie auch über den Handelsverkehr hinaus im Gesetzbuche anzuerkennen … Das abstrakte Schuldverhältniß im Gesetze mit Stillschweigen zu übergehen … gehe nicht an, ohne aufs Neue den Streit über die Gültigkeit abstrakter Schuldbekenntnisse und Schuldanerkenntnisse zu entfachen und damit der Rechtssicherheit auf das Aeußerste zu gefährden.“95 Um durch die positiv90

Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1042. Es wurde über die Begründung der 1. Kommission hinaus „hervorgehoben, daß die Loslösung des Schuldverhältnisses von dem Verpflichtungsgrunde eine Abweichung von der regelmäßigen Gestaltung der Obligation sei“. 91 Protokoll der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 565: „Es erscheine ‚in hohem Grade räthlich‘ den abstrakten Schuldvertrag zu regeln, da sich ansonsten in Frage stellen lasse, ob denn überhaupt ein solcher Vertrag in Rücksicht auf seinen eigenthümlichen Inhalt geeignet sei, obligatorische Verpflichtungen zu erzeugen.“ 92 Protokoll der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 560: Es wurde die Frage erörtert „ob das wegen des Uebergehens der materiellen causa gleichsam an einer inneren Unvollkommenheit leidende abstrakte Schuldversprechen als wirksam anzuerkennen sei“. 93 Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1041: „Bei dem konkreten Schuldverhältnisse bilde der Verpflichtungsgrund einen Wesensbestandtheil desselben und der Gläubiger müsse ihn geltend machen und beweisen; das abstrakte Schuldverhältnis bestehe ohne ihn, aber der Schuldner sei berechtigt, die Leistung wegen Mangels des Verpflichtungsgrundes zu verweigern.“ 94 Motive, abgedruckt in Mugdan II, S. 384. 95 Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1042. Vgl. auch zur dogmatischen Herleitung Motive, abgedruckt ebenda S. 384: „Die bekanntlich sehr bestrittene … Frage nach der Gültigkeit des abstrakten Vertrages, insbes., ob dieselbe … schon aus dem Prinzipe der Vertragsfreiheit folge, kann hier dahingestellt bleiben.“ Vgl. auch die Denkschrift in Mugdan II, S. 1263: „Die Besorgniß, daß die Zulassung des Schuldversprechens und des Schuldanerkenntnisses für den Schuldner mit besonderen Gefahren verbunden sei, erscheint nach den bisherigen Erfahrungen nicht gerechtfertigt.“

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rechtliche Anerkennung der Wirksamkeit von der causa losgelöster Verpflichtungen nicht das Regel-Ausnahmeverhältnis umzukehren und um einem Missbrauch dieses Institutes möglichst vorzubeugen,96 herrschte fürderhin Konsens, dass „dem abstrakten Schuldversprechen … sich unverkennbar nur dann Wirksamkeit beilegen [lasse], wenn der Wille des Schuldners, sich abstrakt zu verpflichten, zweifellos feststehe“97. Die Mehrheit in den Kommissionen forderte deshalb zumindest die Schriftlichkeit des Leistungsversprechens.98 Zusammengefasst waren sich die Mitglieder beider Kommissionen also darin einig, dass im Grundsatz nur das kausale Versprechen schuldbegründend wirkt, die Möglichkeit der abstrakten Verpflichtung jedoch vom Gesetzgeber dann anzuerkennen ist, wenn der Abstraktionswille durch die Schriftlichkeit des Versprechens zweifellos dokumentiert wurde. Führt man sich die grundlegende Bedeutung der gesetzgeberischen Klärung dieser Frage vor Augen, müsste sich der Ausspruch der Zulässigkeit des abstrakten Versprechens im Allgemeinen Teil des Schuldrechts wieder finden99 – in 96 Vgl. das Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1042 f.: „Die allgemeine Zulassung mündlicher abstrakter Schuldverpflichtungen würde zu einer missbräuchlichen Anwendung dieses Institutes führen und die Rechtssicherheit gefährden. Es müsse Vorsorge getroffen werden, daß der Schuldner nicht schon an jeder beliebigen Aeußerung festgehalten werde …“ und das Protokoll der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 561: „Sei nur mündlich verhandelt, so bleibe immer die Gefahr, daß in vielen Fällen der entscheidende Wille für erwiesen erachtet werde, wo er gefehlt habe.“ Vgl. auch Denkschrift in Mugda II, S. 1263, wonach die Zulassung der mündlichen Form „zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen“ würde. 97 Protokoll der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 561. 98 Protokoll der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 561/562 und das Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1042 (B). Die erste Kommission wollte den Abstraktionswillen bei einem schriftlichen Versprechen, welches den Schuldgrund nicht nannte, stets annehmen, ohne dass dieser Wille noch besonders zu beweisen sei. Dieser Ansicht ist aber die zweite Kommission nicht beigetreten: „Es sei … unrichtig, in der Schriftform ein untrügliches Erkenntnismittel (für den Abstraktionswillen) zu sehen.“ Vgl. dazu auch Staudinger/Marburger, vor § 780 ff., Rn. 11 (S. 74), der in Rn. 14 (S. 75) bei abstrakt formulierten Schuldurkunden eine Beweislastumkehrung zugunsten des Gläubigers annimmt. 99 So auch heute noch Staudinger/Marburger, vor § 780, Rn. 5 (S. 71). Vgl. schon die Eingangsworte des ersten Gutachters Koch auf dem 8. Deutschen Juristentag, I, S. 283: „Der deutsche Juristentag konnte den Beginn einer eingehenden Beschäftigung mit dem … Obligationenrecht nicht bedeutungsvoller bezeichnen, als durch Aufstellung der vorliegenden Gesetzgebungsfrage, welche ein Grundprinzip des Obligationenrechts, ja des gesamten Rechtsverkehrs, die bindende Kraft des Willens, nahe berührt“ und schon 1884 v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 593: „Der abstrakte Vertrag nimmt also im Obligationenrecht die Stellung ein, dass besondere Normen in Anlehnung seiner nicht gelten. Er bildet die höhere Kategorie.“

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den Kommissionen wurden dementsprechend auch mehrere Anträge gestellt, die klärenden Vorschriften in den allgemeinen Teil aufzunehmen.100 Die Kommission beschloss mit der Mehrheit ihrer Mitglieder jedoch anders.101 Im Bürgerlichen Gesetzbuch finden sich die Vorschriften, welche die Zulässigkeit des abstrakten Schuldversprechens statuieren daher im Besonderen Teil des Schuldrechts, §§ 780 ff.102 4. Zusammenfassende Betrachtung Die Beleuchtung von mehreren Ausschnitten aus der deutschen Diskussion um die causa hat die einmütige Überzeugung im 19. Jahrhundert aufgezeigt, dass im Grundsatz nur das kausale Versprechen eine rechtliche Verpflichtung erzeugen konnte, mithin die Vereinbarung über die causa der Verpflichtung als notwendiges Merkmal eines jeden Schuldvertrages anerkannt war. So hatten wir es schon für die Naturrechtskodifikationen am Ausgang des 18. Jahrhunderts feststellen können; sowohl den Ausführungen Bährs, als auch allen Beiträgen auf den beleuchteten Deutschen Juristentagen liegt diese Gewissheit zugrunde, und schließlich geben in dieser Weise auch die Materialien zum BGB Auskunft. Erstmals in der Rechtsprechung wurden jedoch – dem Verkehrserfordernis zollend – ausnahmsweise auch abstrakte Versprechen als schuldbegründend anerkannt. Otto Bähr stellte diese Ausnahme erstmalig auf ein dogmatisches Fundament, erschloss die Rechtsfigur des abstrakten Schuldvertrages in ganz bewusster Gegenüberstellung zum kausalen Schuldvertrag für die Doktrin und entzündete damit eine lebhafte Auseinandersetzung um dessen Zulässigkeit, in welcher die Befürworter die Überhand gewinnen sollten. Der Deutsche Juristentag und auch beide Kommissionen zum Bürgerlichen Gesetzbuch plädierten schließlich für eine Statuierung der Zulässigkeit dieser Ausnahme vom Grundsatz durch den Gesetzgeber, welcher dem durch die §§ 780 ff. BGB nachkam.103 100 Vgl. Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1033 f. Bereits bei den Beratungen zum Dresdener Entwurf 1866 wurde der Vorschlag der „Versetzung dieser Bestimmungen in den Allgemeinen Theil“ gemacht, vgl. die Motive dazu, abgedruckt in Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 534. 101 Vgl. Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1034. 102 Während der Beratungen der zuständigen XII. Kommission des Reichstages war dieser gesetzliche Segen aber nochmals gefährdet, die Streichung der entsprechenden Vorschriften mit folgender Begründung beantragt: „Ein allgemeines Bedürfnis zur Anerkennung des abstrakten Schuldversprechens … bestehe [nicht], dasselbe sei wesentlich ein Kind der Theorie, hervorgerufen durch das bekannte Buch Bähr’s. Abstrakte Schuldversprechen seinen gefährlich und auf die unentbehrlichsten Fälle, der Abrechnung und des Vergleiches, zu beschränken … Aus der Mitte der Kom. wurde dieser Antrag lebhaft bekämpft.“ Der Antrag wurde daraufhin abgelehnt. Vgl. Kommissionsbericht vom 12. Juni 1896 abgedruckt in Mugdan II, S. 1295 f.

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II. Die causa der Obligation im Bürgerlichen Gesetzbuch Haben wir bis hierher eine deutschrechtliche Grundüberzeugung von der Bedeutung und der Funktion der causa des Verpflichtungsvertrages bis zur Inkraftsetzung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 herausstellen können, verbleibt uns nunmehr die Beantwortung der Frage nach der Bedeutung und der Funktion der causa des Schuldvertrages in dieser bis heute wirksamen und in den hier maßgeblichen Bestimmungen unverändert gebliebenen Kodifikation. Zunächst soll dafür, wie auch schon bei Beleuchtung der Naturrechtskodifikationen, die Regelung des Vertragsschlusses nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch beleuchtet werden (vgl. 1). Erst im Anschluss an diese Grundsteinlegung wird die Zweckvereinbarung zum einen in ihrer Funktion als Entstehungsvoraussetzung (vgl. 2) und zum anderen in ihrer Funktion als Bestandsvoraussetzung (vgl. 3) untersucht werden. Wie bereits in der Einleitung zum zweiten Teil herausgestellt, konzentriert sich die folgende Untersuchung allein auf die Frage nach der Bedeutung und Funktion der Zweckvereinbarung im geltenden Bürgerlichen Recht – inhaltlich kann sie im Anschluss an die historische Untersuchung im ersten Teil zunächst, noch gänzlich unreflektiert, verstanden werden als die Vereinbarung über einen Austausch- oder aber Schenkungszweck.104 1. Der Vertragsschluss nach dem BGB Erinnern wir uns: Der französische Code Civil nennt in Art. 1108 vier konstitutive Voraussetzungen des Vertrages, das österreichische ABGB führt die Anforderungen des Kontraktes in § 861 zusammenfassend auf und schließlich finden sich auch in der preußischen Kodifikation die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Vertrages in ALR I, 5, § 1 aufgeführt. Für alle diese Kodifikationen können wir feststellen: Dem Rechtsanwender wird positivrechtlich eine Definition des Vertrages an die Hand gegeben. Auch im ersten Entwurf des BGB findet sich noch eine solche, die Wirksamkeits103 Vgl. dazu auch Weitnauer, Leistung, S. 265 Fn. 39: „Die Anerkennung der Möglichkeit abstrakter Verpflichtungen war im 19. Jahrhundert auch für das deutsche Recht keineswegs unumstritten; sie ist das Ergebnis der Deutschen Juristentage von 1869 (Heidelberg) und 1871 (Stuttgart), deren Verhandlungen auch heute noch höchst lesenwert sind“ und Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 14: „Jedenfalls das BGB hat sich durch den, man muß sagen fanatischen, Eifer einiger Gegner des abstrakten Geschäfts (Kindel, Neubecker, im Grunde auch Strohal) nicht zu dessen Ablehnung verleiten lassen.“ 104 Eine genaue Untersuchung des Inhaltes der Zweckvereinbarung erfolgt später, vgl. unten Teil 2, C, I.

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anforderungen zusammenfassende Norm: „Zur Schließung eines Vertrages wird erfordert, dass die Vertragsschließenden ihren übereinstimmenden Willen sich gegenseitig erklären.“105 Hatte die erste Kommission zu dieser Vorschrift angemerkt, dass sie „die Grundlage für die nachfolgenden Bestimmungen“ bilde,106 vertrat die zweite Kommission den Standpunkt „es sei nicht nothwendig, im BGB die zum Vertragsschlusse wesentlichen Erfordernisse aufzustellen“ und beschloss mehrheitlich die Streichung der Vorschrift.107 Positivrechtlich bestimmt daher das in Kraft gesetzte BGB die konstitutiven Voraussetzungen eines Vertrages nicht; umfassend geregelt finden sich in den §§ 145 ff. BGB lediglich die Modalitäten des Angebotes und der Annahme. Nun mag es in der Tat für den deutschen Juristen eine Selbstverständlichkeit sein, dass ein Vertrag technisch lediglich zwei übereinstimmende Willenserklärungen erfordert und inhaltlich eine Einigung über zumindest die wesentlichen Bestandteile (essentialia negotii) erfolgt sein muss.108 Die Streichung der zentralen, diese Voraussetzungen zusammenfassenden Grundnorm und der Verbleib der umfassenden Bestimmungen über Angebot und Annahme in den §§ 145 ff. BGB förderten jedoch die Entwicklung, dass die Frage nach der Technik des Vertragsschlusses in den Vordergrund rückte und die Beschäftigung mit der Frage nach dem Inhalt der Einigung in den Hintergrund trat.109 Der Gesetzgeber versenkte mit der Streichung dieser Norm gleichsam die Plattform, welche die Doktrin für eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage nach den wesentlichen und unabdingbaren inhaltlichen Bestandteilen der Verträge auf dieser allgemeinen Ebene gebraucht hätte. Deshalb findet sich die Frage, ob und 105

§ 77 des ersten Entwurfes, abgedruckt in Mugdan I, S. LXXIX. Motive der ersten Kommission, abgedruckt in Mugdan I, S. 441. 107 Protokolle der zweiten Kommission, abgedruckt in Mugdan I, S. 688. 108 Zur Willensübereinstimmung vgl. nur Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 118). Zu den essentialia negotii bereits § 78 Abs. 1 E I: „Solange die Vertragschließenden über die nach dem Gesetze zum Wesen des zu schließenden Vertrages gehörenden Theile sich nicht geeinigt haben, ist der Vertrag nicht geschlossen“, welcher inhaltlich später im heutigen § 154 BGB – welcher nur auf accidentialia negotii Anwendung findet – aufgehen sollte, Mugdan I, S. LXXIX. Vgl. auch Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2 § 189 a (S. 1151); Flume, AT, § 6, 2 (S. 80); Lehmann/Hübner, AT, S. 166. 109 Vgl. die stets knappen und über eine Behauptung, dass über die wesentlichen Bestandteile Konsens bestehen muss nicht hinausgehenden Ausführungen zu den essentialia negotii etwa bei Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2 § 189 a (S 1151); Flume, AT, § 6, 2 (S. 80) und Lehmann/Hübner, AT, S. 166. Im Ergebnis wie hier ebenso beurteilend Klinke, causa, S. 30; E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 39; Behrens, Sicherungsübereignung, S. 55; Kreß, AT, S. 45 um Fn. 28; Westermann, causa, S. 16. Vgl. auch Stampe, causa, passim, der die fehlende „positive Regelung des causa-Problems“ (S. 22) auf eine falsche Methode der Rechtsfindung – der logischen Deduktion – zurückführt. 106

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wann das Merkmal der causa zu den essentialia negotii des Verpflichtungsvertrages gehört, nicht auf dieser abstrakten Ebene des Vertragsschlusses diskutiert. Sie wird vielmehr an anderer, versteckter aber bereits oben beleuchteter Stelle behandelt: Auf den ersten Blick beschränkt auf einen einzelnen besonderen schuldrechtlichen Vertrag, zwingt allein die Existenz des Ausspruches der Zulässigkeit des abstrakten Verpflichtungsvertrages in § 780 BGB zur Beschäftigung mit dem kausalen Schuldvertrag und weist damit zugleich, auf den zweiten Blick, auf die allgemeine Ebene110 – zur Türe hinausgeworfen, zum Fenster wieder hinein. Insoweit behielt die zweite Kommission Recht und hatte Unrecht zugleich, wenn sie zur Begründung der Streichung der von der ersten Kommission geplanten und vorgesehenen Vertragsdefinition (§ 77 E I) anführte: „Für die wissenschaftliche Entwickelung mache es keinen Unterschied, ob man den § bestehen lasse oder aufhebe“111 – das wird sogleich deutlich werden. 2. Zweckvereinbarung als Entstehungsvoraussetzung Erst § 780 BGB zwingt die Doktrin mithin zu einer Definition von abstraktem und kausalem Vertrag, bietet gleichsam das gesetzliche Forum für diese generelle Inhalts- und Abgrenzungsfrage. Zugleich aber bedeutet die positivrechtliche Ausgestaltung des abstrakten Schuldvertrages in § 780 BGB als besonderer schuldrechtlicher Vertrag eine durch den Gesetzgeber selbst vorgenommene Zementierung des Regel-Ausnahmeverhältnisses. Systematisch setzt er durch diese Ausgestaltung gleichsam das Signal: Im Grundsatz sind Schuldverträge kausal und lediglich in besonderen Ausnahmefällen kann eine Verpflichtung auch abstrakt ausgestaltet sein. Diese Überzeugung lag, wie wir sehen konnten, der Doktrin am Vorabend des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches zugrunde, aber auch in der heutigen Lehrbuch- und Kommentarliteratur findet sich ebendiese Auffassung durchweg und soweit ersichtlich unbestritten vertreten.112 Als allgemeine 110 Was Bestätigung findet in der Tatsache, dass viele Lehrbücher des Allgemeinen Teils den kausalen und abstrakten Vertrag behandeln, vgl. alle unten in Teil 2, Fn. 112 genannten. Vgl. zu den Anträgen in den Kommissionen, § 780 in den Allgemeinen Teil des Schuldrechts zu versetzen, bereits oben Teil 2, um Fn. 100. 111 Protokolle der zweiten Kommission, abgedruckt in Mugdan I, S. 688. 112 Staudinger/Marburger vor § 780 Rn. 2: „Verfügungsgeschäfte sind nach BGB i. d. R abstrakt ausgestaltet … Der Schuldvertrag hingegen ist regelmäßig kausales Rechtsgeschäft“; Flume, AT § 12 I 4 (S. 158): „Nach geltendem deutschen Recht sind die Aktstypen der Verfügungsgeschäfte … grundsätzlich als abstrakte Geschäfte geregelt … der Schuldvertrag … ist dagegen nach geltendem Recht grundsätzlich ein kausales Geschäft.“; Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2, § 148 I 5 (S. 916 f.): „Fast sämtliche obligatorischen … Zuwendungsverträge … sind kausal … Abstrakt sind … die Verfügungsgeschäfte.“; Larenz/Wolf, AT, § 23 Rn. 66 (S. 419): „Kausale

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Überzeugung kann deshalb auch für das heute geltende deutsche Recht weiterhin festgestellt werden: Verpflichtungsgeschäfte sind im Grundsatz kausal ausgestaltete Verträge. Was aber zeichnet einen solchen kausalen Vertrag aus? Für unsere Untersuchung hatten wir zu Anfang unter Zuhilfenahme des prominenten Disputes zwischen Ulpian und Julian die Abgrenzung von kausalem zu abstraktem Vertag dahingehend vorgenommen, dass der kausale Vertrag für seine Entstehung konstitutiv das Vorhandensein einer causa voraussetzt, während der abstrakte Vertrag auch ohne das Vorhandensein einer solchen causa zur Entstehung gelangt.113 Die heutige deutsche Lehrbuch- und Kommentarliteratur bezieht zu dieser Abgrenzungsfrage in identischer Weise Stellung: Übereinstimmend findet sich in der heutigen Doktrin die Überzeugung ausgesprochen, dass bei kausalen Verträgen die causa zum Inhalt des Rechtsgeschäftes gehört, der Vertrag ohne causa nicht wirksam sein könne, ganz im Gegensatz zu abstrakten Verträgen, die auch ohne causa zur Entstehung gelangen.114 Wir konnten demnach bis hierher zwei Geschäfte sind in aller Regel Verpflichtungsgeschäfte, …“ § 23 Rn. 72 (S. 420): „Die wichtigsten abstrakten Geschäfte sind die Verfügungsgeschäfte.“; Lehmann/ Hübner, AT, S. 160 u. 164: „Verpflichtungsgeschäfte sind grundsätzlich kausal … Die Verfügungen sind grundsätzlich abstrakt.“ Vgl. ebenso Palandt/Heinrichs vor § 104, Rn. 20 f.; MüKo/Hüffer, § 780 Rn. 1 u. 2; MüKo/Thode, § 305 Rn. 24; Hübner, AT, § 31 Rn. 361 f. (S. 175); v. Tuhr, AT II, 2, § 73 (S. 103 ff.); E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 49; Klinke, Causa, S. 83; Kegel, FS Mann, S. 71, 78; Jahr, AcP 168 (1968), 17; Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 7; Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 617; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 9. An der Richtigkeit dieser pauschalen Aussage – wie im Verlaufe dieser Arbeit (vgl. die differenzierte Sichtweise in Teil 2, C, II) sichtbar werden wird: richtigerweise – zweifelnd, Changfeng Tu, Abstrakte Verfügungen und kausale Verpflichtungen? (2007), passim. 113 Vgl. nur oben Teil 1, A, 2, d). 114 Palandt/Heinrichs, vor § 104 Rn. 20 f.: „Kausal sind solche Rechtsgeschäfte, die die Vereinbarung über den Rechtsgrund als Bestandteil in sich schließen … Fehlt die Einigung über den Rechtsgrund, ist der Vertag nicht zustande gekommen … Abstrakte Rechtsgeschäfte sind vom Rechtsgrund unabhängig.“; MüKo/Hüffer, § 780 Rn. 2: „Kausal ist das Rechtsgeschäft, wenn der rechtfertigende Grund zu seinem Inhalt gehört, dagegen abstrakt, wenn der Rechtsgrund ausgeklammert bleibt.“; Staudinger/Marburger, vor § 780 Rn. 1: „Bei mangelhafter causa ist die kausale Zuwendung unwirksam; die abstrakte ist dagegen zunächst wirksam, unterliegt aber dem Ausgleich nach Bereicherungsrecht“; Flume, AT § 12 I 2 (S. 156): „Die Rechtsänderung … tritt beim abstrakten Geschäft ein ungeachtet dessen, ob ein Rechtsgrund besteht, durch welchen die Zuwendung … gerechtfertigt wird“ und § 12 I 3 (S. 157): „Beim dem kausalen Geschäft gehört zur Wirksamkeit der kausalen Zuwendung auch, daß ein Rechtsgrund für die Zuwendung besteht.“; Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2, § 148 I 5 (S. 916): „Die Kausalvereinbarung … kann einen Teil des die Zuwendung enthaltenden Geschäftes … bilden … Ist das der Fall, so nennen wir das Geschäft kausal.“; Ehmann, Gesamtschuld, S. 137: „Die sogenann-

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vollkommen einhellig geäußerte Überzeugungen in der deutschen Doktrin herausarbeiten: Der kausale Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit des Vorhandenseins einer causa, Verpflichtungsgeschäfte sind im Grundsatz kausale Verträge. Festzuhalten bleibt uns als heute allgemein geäußerte Meinung also: Ein Schuldvertrag bedarf für seine Entstehung im Grundsatz einer causa. Wie aber ist dieses konstitutive Wirksamkeitserfordernis der causa rechtstechnisch zu begreifen? In obiger Beleuchtung der geschichtlichen Entwicklung konnten wir an mehreren Stellen in den unterschiedlichsten Jahrhunderten feststellen, dass die causa als Gegenstand der gegenseitigen Vereinbarung der Parteien begriffen wurde, nicht hingegen als Gegenstand eines einseitigen Rechtssetzungsakts.115 Ebendies findet sich aber auch heute noch in den Lehrbüchern und Kommentaren allgemein und soweit ersichtlich unbestritten ausgesprochen. Es wird übereinstimmend eine Einigung über die causa verlangt, die sich zuweilen plakativ auch als „Zweckvereinbarung“, „Zweckabrede“ oder „Kausalvereinbarung“ bezeichnet findet.116 Der obige ten abstrakten Rechtsgeschäfte … bedürfen zu ihrem Zustandekommen keiner Vereinbarung eines Zweckes … Die sogenannten kausalen Rechtsgeschäfte bedürfen zu ihrem Zustandekommen … einer Zweckvereinbarung“; Jahr, AcP 168 (1968), S. 16: „Abstraktion oder Kausalität ist … Entscheidung der Frage: gehört zum Tatbestand neben der Erklärung oder dem Konsens über die allgemeine Rechtsfolge auch die … Zweckbestimmung?“ Vgl. in selbiger Weise definierend weiterhin MüKo/Thode, § 305 Rn. 24; v. Tuhr, AT II, 2, § 73 I, II (S. 103 ff.); Larenz/Wolf, AT, § 23 Rn. 66 ff. (S. 419 f.); Lehmann/Hübner, AT, S. 160; Hübner, AT, § 31 Rn. 361 f. (S. 275); E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 44; Klinke, Causa, S. 81; Kegel, FS Mann, S. 57, 65; Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 46 u. 57; Tu, abstrakte Verpflichtung, Teil 1, A, II. 115 Vgl. zur causa der römisch-rechtlichen Tradition oben Teil 1, A, I, 2, a) (um Fn. 146). Vgl. zum Code Civil oben Teil 1, B, IV, 1, a) (um Fn. 511), zum ALR oben Teil 1, B, IV, 2, c) (um Fn. 572), zum ABGB oben Teil 1, B, IV, 3, c) (um Fn. 602). 116 MüKo/Hüffer, § 780 Rn. 2: „causa des Schuldvertrages ist die Einigung über den Zweck der Verbindlichkeit …“; MüKo/Thode, § 305 Rn. 24: „Kausale Verträge enthalten neben der Einigung über die Leistungsverpflichtung eine Einigung über den Rechtsgrund, die causa, … bei den abstrakten Verträgen ist der Rechtsgrund nicht Gegenstand der Vereinbarung …“; Staudinger/Marburger, vor § 780 Rn. 1: „causa … wird regelmäßig durch Vereinbarung festgelegt“; Flume, AT § 12 II 4 (S. 170): „Entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie ist es nach geltendem Recht Sache der Vertragschließenden, wie sie die causa des Schuldvertrages bestimmen …“; Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2, § 148 I 3 (S. 916): „Es ist also (was fast allgemein übersehen wird) in der Regel eine Zweckvereinbarung erforderlich“; Larenz/Wolf, AT, § 23 Rn. 66 (S. 419): „Causa ist … der im Verpflichtungsgeschäft gemeinsam festgelegte, gesetzlich anerkannte Zweck.“; Lehmann/Hübner, AT, S. 158: „… es ist also eine Vereinbarung der causa notwendig“. Vgl. ebenso Palandt/Heinrichs, vor § 104 Rn. 20: „Einigung über den Rechtsgrund“; Hübner, AT, § 31 Rn. 361 (S. 275): „Rechtsgrund Inhalt der vertraglichen Einigung“;

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als im heutigen Recht allgemeingültig anzuerkennende Satz kann deshalb genauer gefasst werden: Ein Schuldvertrag bedarf für seine Entstehung im Grundsatz einer Einigung über die ihm zugrunde liegende causa. Auf die allgemeine Ebene des Vertragsschlusses gehoben und in die Terminologie des allgemeinen Vertragsrechtes übersetzt, bedeutet diese einhellige Rechtsüberzeugung, dass das Merkmal der causa im Grundsatz zu den wesentlichen Bestandteilen eines Schuldvertrages gehört, über die sich die Parteien zu einigen haben. Essentialia negotii bei Verpflichtungsgeschäften ist mithin im Grundsatz die causa; ohne eine Einigung darüber kommt eine Verpflichtung nicht zustande.117 Den Einen oder Anderen mag es überraschen, dass dieser Rechtssatz der heute unbestrittenen Doktrin entspricht – aufgrund des im Dunstkreis des § 780 BGB versteckten Forums, kommt die Überzeugung in der Regel nicht als eine solch allgemeingültige Feststellung zum Vorschein, muss erst auf die allgemeinere Ebene des Vertragsschlusses gehoben werden. Dem noch ungläubig Erstaunten mögen seine letzten Zweifel durch ein Zitat zum kausalen Verpflichtungsgeschäft aus dem Palandt beseitigt werden: „Der Rechtsgrund ist damit Teil der vertraglichen Einigung. Fehlt die Einigung über den Rechtsgrund, ist der Vertrag nicht zustande gekomEhmann, Gesamtschuld, S. 136: „Zweckvereinbarung“; E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 40, 45, 49: „Zweckvereinbarung“; Klinke, Causa, S. 82: „vereinbarter Zweck“; Kegel, FS Mann, 65: „Zweckvereinbarung“; Jahr, AcP 168 (1968), 15: „Einigung über das ‚Warum‘ “; Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 71: „Einigung … über den Geschäftszweck“; Weitnauer, Leistung, S. 262 f.: „Zweckvereinbarung“; Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 614 f.: „Zweckvereinbarung“; v. Tuhr, AT II, 2, § 72 III (S. 81): „Einigung über die causa“; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 10: es bedürfe einer „echten Einigung“. So auch schon die herrschende Auffassung in der Literatur des 19. Jahrhunderts, vgl. die Zusammenstellung bei Deneke, causaproblem, S. 17. 117 Vgl. auch Ehmann, Gesamtschuld, S. 139: „Bei der vertraglichen Begründung eines Schuldverhältnisses bildet die Einigung über den Zweck zusammen mit der Vereinbarung der Art des Erwerbsanspruches … den wesentlichen Inhalt des Versprechensvertrages (essentialia negotii)“; Flume, AT § 12 II 4 (S. 170): „Bezogen auf das schuldrechtliche Kausalgeschäft ist die causa nichts anderes als der Inhalt des Schuldvertrages …“; Larenz/Wolf, AT, § 23 Rn. 66 (S. 419): „Bei den kausalen Geschäften bildet der von den Parteien festgelegte und rechtlich anerkannte Geschäftszweck (causa) den wesentlichen Kern und Inhalt, …“; Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 60: „Die Unterscheidung von abstraktem und kausalem Rechtsgeschäft ergibt sich aus dem, was vom Konsens der Parteien zur wirksamen Rechtsentstehung umfasst sein muß“; Weitnauer, Leistung, S. 265: „Zum Zustandekommen eines Kaufvertrages … genügt nicht, daß sich [der Verkäufer] verpflichtet, dem [Käufer] ein Auto zu liefern, und [der Käufer] sich verpflichtet, 10 000 DM zu bezahlen. Vielmehr muß jeder Teil seine Verpflichtung eingehen zu dem Zwecke, die Verpflichtung der Gegenseite zu erlangen (acquirendi causa; Austauschzweck), hierüber müssen sich die Parteien einig sein (Zweckerreichung)“. Vgl. ebenso Klinke, Causa, S. 50; Jahr, SZ (RA) 1963 (80), 149, 155; Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 17; v. Tuhr, AT II, 2, § 72 III (S. 80 ff.).

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men. Der Fall, dass der Vertrag wirksam ist, der Rechtsgrund aber fehlt, kann nicht auftreten.“118 3. Zweckvereinbarung als Bestandsvoraussetzung Im Grundsatz sind schuldrechtliche Verträge kausal ausgestaltet, unter den Voraussetzungen des § 780 BGB können sie jedoch auch ausnahmsweise inhaltlich abstrakt begründet werden. Von der Bedeutung und der Funktion der causa bei den abstrakten Verpflichtungen, den Ausnahmeerscheinungen schuldrechtlicher Verträge, soll im Folgenden die Rede sein. Konnten wir bis hierher für den kausalen Schuldvertrag feststellen, dass er ohne eine Einigung der sich vertragenden Parteien über die ihm zugrunde liegende causa nicht zur Entstehung gelangt, so folgt aus dieser Feststellung im Umkehrschluss, dass für die Entstehung des abstrakten Schuldvertrages eine solche Einigung über die causa nicht erforderlich ist: Bei kausalen Verpflichtungen gehört die causa zu den wesentlichen Bestandteilen des schuldrechtlichen Vertrages, bei den abstrakten Verpflichtungen hingegen ist sie nicht Teil der essentialia negotii.119 Warum fragen wir hier also nach der Bedeutung und der Funktion der causa bei abstrakten Schuldverträgen? Die Antwort scheint doch auf der Hand zu liegen: Einer Vereinbarung über die causa bedarf es nicht, mithin erlangt sie auch keinerlei rechtliche Bedeutung. Diese Feststellung beinhaltet jedoch nur die Erkenntnis, dass auf der Ebene der Entstehung der Verpflichtung bei abstrakten Schuldverträgen die causa keine Rolle spielt. Davon unabhängig stellt sich auf einer dahinter liegenden Ebene die Frage, ob die causa auf den Bestand abstrakter Verpflichtungen von Auswirkungen ist.120 Stoßen wir nunmehr also auf diese andere rechtliche Ebene vor, um Bedeutung und Funktion der causa bei den abstrakten Schuldverträgen untersuchen zu können. Gem. § 780 BGB ist für die Entstehung einer Verpflichtung die Einigung darüber erforderlich, „dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll“ – die Einigung also lediglich darüber, dass ein An118

Palandt/Heinrichs, vor § 104, Rn. 20. Vgl. zur insoweit ganz h. M. alle in obiger Fn. 112 aufgeführten. 120 Vgl. Weitnauer, Leistung, S. 265: „Doch auch bei diesen abstrakten Verpflichtungen ist die Bedeutung des Zwecks nur zurückgeschoben, nicht endgültig aufgehoben; vielmehr erscheint gewissermaßen im 2. Akt der Zweck wieder …“ und Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 616: „Diese … Unterscheidung [von abstrakten und kausalen Rechtsgeschäften] beruht nicht etwa darauf, daß beim abstrakten Rechtsgeschäft das Fehlschlagen der causa überhaupt keinen Einfluß auf das Schicksal der Zuwendung ausübt, sondern auf der Verschiedenheit dieses Einflusses.“ Vgl. auch Kummer, causa, S. 13; Stathopoulos, AcP 1994 (194), S. 549; v. Thur, AT II, 2, § 73 III (S. 109 ff.). 119

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spruch begründet werden soll.121 Im ersten Entwurf des BGB war dem inhaltlich entsprechenden § 683 E I ursprünglich noch § 684 E I zur Seite gestellt.122 Dieser § 684 E I bestimmte: „Der Schuldner, welcher ein den Verpflichtungsgrund nicht angebendes … Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß ertheilt hat, kann die Erfüllung der aus dem Versprechen oder Anerkenntnisse sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind, welche für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelten.“123 Aus der Zusammenschau der Entwurfsnormen §§ 683, 684 E I wird – vor dem Hintergrund der beleuchteten umstrittenen geschichtlichen Ausgangslage in dieser Frage – das vorsichtige Vorgehen der ersten Kommission sichtbar, mit der diese dem abstrakten Schuldvertrag zur positivrechtlichen Anerkennung verhelfen will: Wenn zwar statuiert wird, dass die Verpflichtung ohne eine Vereinbarung über die ihr zugrunde liegende causa zur Entstehung gelangen kann – diese Schuld also gleichsam an einer „inneren Unvollkommenheit“ leide und solcherlei „Abweichung von der regelmäßigen Gestaltung der Obligation“ einen „eigenthümlichen Inhalt aufweise“ –,124 so wird zugleich auch hervorgehoben, dass sie vernichtbar oder zumindest nicht durchsetzbar ist, wenn es der Verpflichtung an ihrem „Wesensbestandtheil“125 fehlt. In einem Atemzug bringt der Entwurf damit zum Ausdruck, dass die causa des abstrakten Schuldversprechens zwar auf der Ebene der Entstehung keine Rolle spielt, für den Bestand der Verpflichtung jedoch durchaus von Bedeutung sein kann. In den §§ 780 ff. BGB findet sich ein solcher Verweis auf das Bereicherungsrecht nicht mehr; die Regelung des § 684 E I ist im Laufe der Beratungen in den Komplex des Bereicherungsrechts selbst eingefügt und zerstückelt worden.126 Die ursprünglich evidente Aussage des Ersten Ent121

Vgl. E. Ehmann, Schuldanerkenntnis, S. 50. Vgl. die Gesetzestexte bei Mudgdan II, S. CXVII. § 683 E I lautete: „Ist in einem von dem Gläubiger angenommenen Versprechen einer Leistung oder in einem von dem Gläubiger angenommenen Anerkenntnisse, zu einer Leistung verpflichtet zu sein, ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet, so ist das Versprechen oder Anerkenntniß nur dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt wurde.“ Diese Norm findet sich heute in den §§ 780, 781 inhaltlich aufgeteilt wieder. 123 Es folgen noch zwei weitere, in unserem Zusammenhange jedoch unbedeutende Absätze. Abgedruckt bei Mugdan II, S. CXVIII. 124 So den abstrakten Schuldvertrag charakterisierend die Protokolle der 1. und 2. Kommission, vgl. Nachweise oben Teil 2, A, I, 3, Fn. 90, 91, 92 und so die diesbezüglich „vielfach vertretene Ansicht“ charakterisierend v. Liebe, Gruchot 28 (1884), S. 549. 125 Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1041: „Bei dem konkreten Schuldverhältnisse bilde der Verpflichtungsgrund einen Wesensbestandtheil desselben …“. 122

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wurfes ist deshalb in der geltenden Fassung des BGB nur noch in getrübter Form enthalten: Gemäß § 812 Abs. 2 BGB gilt als Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne auch die Begründung einer abstrakten Verpflichtung,127 gemäß § 821 BGB wird dem Schuldner ausdrücklich das Recht eingeräumt, die Erfüllung einer abstrakten128 Verpflichtung zu verweigern. Wie schon gem. § 684 E I – in der geltenden Gesetzesfassung freilich entschieden unpräziser – kann der Schuldner demnach eine abstrakte Verpflichtung, die ohne rechtlichen Grund im Sinne des Bereicherungsrechts besteht, gem. § 812 BGB zurückfordern oder deren Erfüllung gem. § 821 BGB verweigern.129 Wenn wir hier also nach der Bedeutung der causa als Bestandsvoraussetzung fragen, haben wir genauer die Frage zu beantworten: Ist die Vereinbarung der Parteien über den Zweck der abstrakt begründeten Schuld notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne des Bereicherungsrechts?130 Wir haben uns demnach im Folgenden ausschließlich der Frage zu widmen, ob eine Zweckvereinbarung – wenn sie schon keine konstitutive Entstehungsvoraussetzung darstellt – zumindest konstitutive Voraussetzung für die Kondiktionsfestigkeit und also für den 126 Vgl. Staudinger/Lorenz § 821 Rn. 1. Welche Beweggründe dieser Umstrukturierung zugrunde lagen, lässt sich anhand der gesichteten Materialien nicht mehr ermitteln. In den Protokollen der zweiten Kommission findet sich lediglich der Hinweis: „Die Berathung des § 684 beschloß man bis zur Berathung über den Abschnitt betr. die ungerechtfertigte Bereicherung zu verschieben“, abgedruckt in Mugdan II, S. 1046. In den Beratungen zum Bereicherungsrecht finden sich schließlich lediglich die Anträge Jacubezkys und Plancks, die zur Fassung des heutigen § 812 II BGB führten, vgl. Protokolle der zweiten Kommission abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 846. 127 Vom Wortlaut her wird lediglich verwiesen auf das abstrakte Schuldanerkenntnis aus §§ 781, 397 Abs. 2 BGB, nach ganz herrschender Lesart wird aber auch auf das allgemeinere abstrakte Schuldversprechen § 780 BGB Bezug genommen, vgl. MüKo/Lieb, § 812 Rn. 370 (S. 1358); Palandt/Sprau, § 812 Rn. 5; Weitnauer, abstrakte Verpflichtungen, S. 39 Fn. 6. 128 Die Einschränkung auf die abstrakten Verpflichtungen findet sich im Wortlaut des § 821 freilich nicht, ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass kausale Verpflichtungen bei fehlender Vereinbarung über die causa erst gar nicht zur Entstehung gelangen. Dies wird freilich erst ganz verständlich, nachdem wir den rechtlichen Grund im Sinne des Bereicherungsrechts beleuchtet haben. Vgl. unten Teil 2, A, II, 3, c). 129 Im Ergebnis hat der Schuldner also die Möglichkeit, die Aufhebung der abstrakten Verpflichtung zu verlangen oder eine Einrede gegen das Erfüllungsverlangen des Gläubigers zu erheben, vgl. Motive, abgedruckt in Mugdan II, S. 387. 130 „Das aus dem Merkmal ‚ohne Rechtsgrund‘ in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB folgende Erfordernis der Rechtsgrundlosigkeit bezieht sich auf die über den Bereicherungsanspruch entscheidende Zentralfrage nach dem Behaltendürfen des erlangten …“ Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 4 a (S. 106).

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rechtlichen Bestand abstrakter Verpflichtungen ist. Unterstellen wir für die Untersuchung dieser Frage zunächst, dass die abstrakte Schuld durch Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zugewandt wurde. In diesem Falle erfolgt das Urteil darüber, ob die abstrakte Verpflichtung einen rechtlichen Grund aufweist, mithin kondiktionsfest ist, nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion. Betrachten wir daher zunächst die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals des rechtlichen Grundes nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion [vgl. a)]. Erst im Anschluss daran wollen wir uns der Unterstellung einer bereicherungsrechtlichen Leistung wieder entledigen und die grundsätzliche Frage nach der Möglichkeit der Nichtleistungskondiktion abstrakt begründeter Schuldverhältnisse [vgl. b)], sodann die Frage nach der Möglichkeit der Verweigerung der Erfüllung solcherlei Verpflichtungen näher beleuchten [vgl. c)]. a) Der rechtliche Grund im Sinne der Leistungskondiktion Widmen wir uns also zunächst dem Inhalt des Tatbestandsmerkmals des rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion. Zu behandeln ist die Frage, ob die Vereinbarung der Parteien über den Zweck der Leistung eine konstitutive Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion und also für den rechtlichen Bestand der Leistung darstellt. Zur Beantwortung dieser Frage wird die folgende Untersuchung in zwei dogmatische Teile zerlegt. Zunächst soll eine Antwort auf die allgemeine Frage der Unabdingbarkeit einer Zweckbestimmung zur Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion gefunden werden (a). Erst im Anschluss daran widmen wir uns der besonderen Frage nach der Rechtsnatur dieser Zweckbestimmung [(b) bis (d)]. Da insbesondere hinsichtlich dieser zweiten Fragestellung große Unklarheit in der bereicherungsrechtlichen Dogmatik besteht, müssen zunächst die sich widerstreitenden Ansichten klar herausgearbeitet werden (b), um sich sodann der eigentlichen Frage nach der Einseitigkeit oder Zweiseitigkeit, der rechtsgeschäftlichen, rechtgeschäftsähnlichen oder nicht-rechtsgeschäftlichen Natur der Zweckbestimmung widmen zu können [(c) und (d)]. (a) Zwei Rechtsgrundtheorien Innerhalb der Leistungskondiktion herrscht keine Einigkeit über die Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals des rechtlichen Grundes. Es stehen sich zwei Überzeugungen gegenüber, die gemeinhin als die subjektive und die objektive Rechtsgrundtheorie bezeichnet werden. Nach der subjektiven Rechtsgrundtheorie, welche als die heute herrschende Theorie bezeichnet

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werden mag,131 ist der Rechtsgrund der Zuwendungsgeschäfte die Erreichung eines zuvor bestimmten Leistungszwecks. Für sie ist also allein der mit der Leistung verfolgte und bestimmte Zweck der Schlüssel zur Frage des Rechtsgrundes.132 Die objektive Rechtsgrundtheorie scheint auf den ersten Blick über den Rechtsgrund der Leistung gänzlich unabhängig vom Zweck der Leistung entscheiden zu können: Danach ist Rechtsgrund im Sinne des Bereicherungsrechts allein das Schuldverhältnis, auf das sich die Leistung bezieht.133 Jede abstrakte Vermögenszuwendung wird nach dieser Ansicht also zwingend stets durch ein kausales Verpflichtungsgeschäft vorbereitet, ohne eine solche kausale Grundlage kann demnach die Vermögensverschiebung auf Dauer keinen Bestand haben. Genau besehen kommt aber auch diese Theorie nicht ohne das Merkmal der Zweckbestimmung im Rechtsgrundbegriff aus. Ohne die Bestimmung des Zweckes der Leistung ist es nämlich auch den Vertretern der objektiven Lehre unmöglich, die Vermögenszuwendung in Bezug zu setzen zu einem konkreten kausalen Schuldverhältnis, zu einem die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Rechtsgrund. Die Zweckbestimmung dient hier also gewissermaßen als Mörtel zwischen Leistung und dem sie rechtfertigenden Rechtsgrund, dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis. Ihr kommt demnach eine unverzichtbare Funktion im Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes zu; dies erkennen auch die heute noch vereinzelt anzutreffenden Vertreter dieser nicht überzeugenden Ansicht.134 Überzeugen kann die objektive Rechtsgrundtheorie vor allem dann nicht, wenn wie hier die Kondiktion eines abstrakten Schuldvertrages in Frage steht: Liegt der rechtliche Grund im Sinne des Be131

So schon 1983 Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 4 (S. 109/110): „herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur“. Vgl. auch Esser/Weyers, Schuldrecht II, 2, § 49 I 1 (S. 64 f.); Kropholler, Studienkommentar, § 812 Rn. 13; Welker, Bereicherungsausgleich, S. 33; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 170 (S. 1301); Kupisch, NJW 85, S. 2371. 132 So Weitnauer, Leistung, 263. 133 Vgl. zum Ganzen Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 4 (S. 109); Esser/ Weyers, Schuldrecht II, 2, § 49 I 1 (S. 64 f.); Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 67 III 1 (S. 136 f.); Beuthien, Zweckerreichung, S. 282; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 170 (S. 1301); Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 76; Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 2; Kötter, AcP 153 (1954), S. 200, 224 ff.; Wieling, JuS 78, S. 801; Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 55; ders., Leistung, S. 263; Medicus, Schuldrecht BT II, § 125 II (Rn. 636), § 126 I (Rn. 639); Erman/Westermann, § 812 Rn. 1, 44. Vgl. weiter mit umfassenden Literaturnachweisen Welker, Bereicherungsausgleich, S. 33 Fn. 2 u. 3 und Kupisch, NJW 85, 2371 Fn. 1, ders., JZ 1985, 102 u. 163. 134 Vgl. nur Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 67 III 1 (S. 137): „Zwar spielt die Zweckbestimmung in der Tat eine Rolle für die Rechtsgrundproblematik, doch besteht diese lediglich darin, dass sie die Leistung zu dem fraglichen Schuldverhältnis in Bezug setzt und ihr dadurch die Rechtsgrundlosigkeit nimmt. Das ändert aber nichts daran, daß Rechtsgrund das Schuldverhältnis … ist und bleibt.“

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reicherungsrechts etwa in einem dem abstrakten Versprechen zugrunde liegenden kausalen Versprechen? Dass sich aus der Verpflichtung zur Erfüllung einer Kausalforderung regelmäßig nicht zugleich auch eine Verpflichtung zur Abgabe eines (zusätzlichen) abstrakten Versprechens ergibt und die Frage deshalb im Grundsatz zu verneinen ist, bezweifeln auch die heutigen Anhänger des objektiven Rechtsgrundbegriffes nicht mehr und lenken ein:135 In Fällen, in denen die Kondiktion einer abstrakten Verpflichtung in Frage steht, sei nicht ein kausales Schuldverhältnis der Rechtsgrund, sondern eine davon gesonderte besondere Rechtsgrundabrede,136 die jedoch gem. § 139 BGB oder gem. § 313 BGB mit der Kausalforderung verknüpft sei, deren Zuordnung wiederum nur durch eine Zweckbestimmung erfolgen könne.137 Die von der objektiven Lehre auf den ersten Blick propagierte Vereinfachung der Rechtsgrundproblematik erschließt sich somit auf den zweiten Blick als kompliziert und konstruiert.138 Jedoch nicht nur unter solch rechtsdogmatischen Gesichtspunkten vermag die objektive Rechtsgrundtheorie nicht zu überzeugen. Auch unter Zugrundelegung der historischen Grundüberlegungen zum Bereicherungsausgleich, wie sie im wissenschaftlichen Diskurs des 19. Jahrhunderts und schließlich in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommen, ist das objektive Rechtsgrundverständnis nicht haltbar, entlarvt sich als eine erst nach Inkrafttreten des BGB begründete geschichtsblinde Fehlinterpretation des geltenden Rechts.139 Schon im bereicherungsrechtlichen literarischen Diskurs des 19. Jahrhunderts wurde, dem oben umschriebenen Zeitgeist der Hinwendung zum Willen als zentralem Moment folgend,140 der Rechtsgrund 135 Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 68 I 4 (S. 155) verdeutlichen dies mit dem Beispiel: „… sendet z. B. der Schuldner einer Kaufpreisforderung seinem Gläubiger versehentlich [sic] einen Wechsel – etwa das gebräuchliche ‚Drei-Monats-Akzept‘ – so darf dieser ihn zweifellos nicht behalten oder gar daraus vorgehen, sondern bleibt auf seine Kaufpreisforderung beschränkt.“ 136 Erst hieraus ergebe sich die zusätzliche Verpflichtung zur Abgabe eines abstrakten Versprechens, vgl. MüKo/Lieb, § 812 Rn. 375. 137 Zu diesem so genannten „dreistufigen Regelungsprogramm“ vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 68 I 4 (S. 155); Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 III 2 (S. 119 f.); MüKo/Lieb, § 812 Rn. 375; MüKo/Hüffer, § 780 Rn. 47; Staudinger/ Lorenz, § 812 Rn. 15. 138 Konstruiert des Weiteren insbesondere auch deshalb, weil der Anspruch (= Rechtsgrund) durch Erfüllung gem. § 362 BGB erlischt, sein Weiterbestehen von den Anhängern der Rechtsgrundtheorie aber dennoch für die Bejahung eines Rechtsgrundes fingiert werden muss. Zu diesem „Rätsel“ bzw. dieser „Mystifizierung des Rechtsgrundes“ vgl. nur Kupisch, NJW 85, S. 2374 ff. 139 Deutlich tritt diese Erkenntnis zutage in der umfassenden neuzeitlich historischen Untersuchung über den Rechtsgrundbegriff bei den Leistungskondiktionen von Johannes Scheel (1989). 140 Vgl. oben Teil 1, B, III.

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der Leistungskondiktionen141 überwiegend subjektiv bestimmt: Eine Vermögensverschiebung wies einen den weiteren Bestand rechtfertigenden Rechtsgrund auf, wenn sie dem Willen des Leistenden entsprach.142 Insbesondere die Windscheid’sche Lehre von der Voraussetzung, welche die Diskussionen um die richtige gesetzliche Fassung des Bereicherungsrechts in den Kommissionen nachhaltig prägen sollte – Windscheid selbst war einflussreiches Mitglied der ersten Gesetzgebungskommission143 –, beruht gänzlich auf einem subjektiven Verständnis vom Rechtsgrund. Windscheid arbeitet in dieser Lehre den für den Rechtsgrund maßgeblichen Willen erstmals differenziert heraus: Nicht der Wille eine Vermögensmehrung herbeizuführen sei der entscheidende, sondern allein der damit verfolgte, über diesen Willen hinausgehende Zweck.144 Windscheid benutzte jedoch nicht den Ausdruck des „Zwecks“, sondern maßgeblich den Terminus der „Voraussetzung“,145 welche er rechtsdogmatisch zwischen das Motiv und die Bedingung einordnete und als eine privatautonome Beschränkung des Willens zur Vermögensmehrung begriff.146 Bei Ermangelung des vom Leistenden vorausgesetzten Umstandes oder Ereignisses besteht die Vermögensmehrung „nicht ohne, und doch gegen den Willen des Erklärenden“147 und also „ohne Grund; die gegen ihn begründete Klage ist eine condictio“148. Dieses 141 Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass im 19. Jahrhundert auch die Ansicht geäußert wurde, die Grundlage der Leistungskondiktion beruhe nicht auf der Rechtsgrundlosigkeit, sondern auf dem allgemeinen (römischen) Billigkeitssatz, dass sich niemand unter Schädigung eines anderen bereichern dürfe. Diese Ansicht hat in den Gesetzgebungsgremien jedoch keinerlei Gehör gefunden, soll hier demnach nicht näher betrachtet werden. Vgl. dazu Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 663; Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 39 u. 46 f. 142 Vgl. die umfassende Übersicht über die damaligen Literaturauffassungen bei Kübel, Vorentwürfe, Schuldrecht III, S. 664 ff. und auch bei Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 39–46. 143 Zu seiner Autorität in der Kommission vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 87; Schubert SZ (RA) 92 (1975), S. 186 ff. 144 Windscheid, Voraussetzung, S. 2 betitelt den Willen zur Vermögensmehrung als den „wirklichen Willen“, den hier so benannten Zweck als den „eigentlichen Willen“. Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 44; Nauen, Leistungserschwerung, S. 57 f. 145 Lediglich für die von ihm so benannten „ersten Absichten“, die Windscheid ebenso als „Voraussetzungen“ begreift (vgl. unten Teil 2, C, I, 1, Fn. 385), bemüht er mehr als 40 Jahre später (AcP 78, S. 168 und 174 f.) den Begriff des „ersten Zwecks“. Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 79 ff. 146 Windscheid, Voraussetzung, S. 3 bezeichnet diese auch trefflich als „Selbstbeschränkung“. Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 44 f.; Schubert, SZ (RA) 92 (1975), S. 191 f.; Wilburg, Bereicherung, S. 8; Nauen, Leistungserschwerung, S. 57. 147 Windscheid, Voraussetzung, S. 2. 148 Windscheid, Voraussetzung, S. 3.

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Windscheid’sche Dogma prägte das Rechtsgrundverständnis der Mitglieder der ersten Kommission149 und fand schließlich legislatorischen Ausdruck im ersten Entwurf.150 Die sich an die Veröffentlichung des ersten Entwurfes anschließende Kritik richtete sich insbesondere gegen die inhaltliche Übernahme der Voraussetzungslehre, die praktisch und dogmatisch – auch von der Reichsgerichtsrechtsprechung –151 in Beschuss genommen wurde.152 Diese Kritik wurde dann sowohl von der Vorkommission im Reichsjustizamt,153 als auch von der zweiten Gesetzgebungskommission aufgenommen, der von Windscheid propagierte Rechtsgrundbegriff der Voraussetzung – „für deren Beibehaltung niemand in der Kom. eingetreten sei, da man sich überzeugt habe, daß sie sich … als Grundlage für das BGB nicht eigne“ –154 wurde verworfen. Gleichwohl aber wurde auch in der zweiten Kommission der Rechtsgrund weiterhin subjektiv ausgefüllt. Deutlich zeigt dies eine Bestimmung (§ b) des Gegenentwurfs, welcher den Beratungen in der zweiten Kommission zugrunde lag: „Eine Leistung kann wegen mangelnden rechtlichen Grundes zurückgefordert werden, wenn sie ohne Zweckbestimmung erfolgt oder die Zweckbestimmung nichtig ist oder wenn der bestimmte Zweck nicht erreicht oder später weggefallen oder der Art ist, dass der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.“155 Diese, den unbe149 Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 799 ff. und die Motive in Mudgan II, S. 470 f. Vgl. auch Protokolle der Vorkommission im Reichsjustizamt, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 835; Protokolle 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1174. Vgl. zudem Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 62 ff. u. 95 und Schubert, SZ (RA) 92 (1975), S. 191 ff., die herausarbeiten, dass sich die erste Kommission in diesem Punkt gegen den eigentlich zur Grundlage gemachten Teilentwurf des Bereicherungsrechts von Kübels aussprach, der die Voraussetzungslehre ablehnte. 150 Vgl. nur § 742 E I, den die Kommission als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips erachtete, vgl. die Motive der ersten Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 464. Zum Wortlaut des § 742 E I: „Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintrittes oder Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern.“ Abgedruckt in Mugdan II, S. CXXXIV. 151 Vgl. nur RGZ 24, 169 ff. (Urteil vom 13. Mai 1889). 152 Allen voran Lenel, AcP 74 (1889), 213 ff. und AcP 79 (1882), 49 ff. Vgl. dazu auch ausführlich Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 103 ff.; Wilburg, Bereicherung, S. 8; Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 2 ff. 153 Vgl. Protokolle des Reichsjustizamts, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 835. Vgl. dazu auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 134. 154 Protokolle der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1174. 155 § b des Gegenentwurfes, abgedruckt in Mugdan II, S. 1170. Die Formulierung geht auf die Vorkommission im Reichsjustizamts zurück, vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 834.

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stimmten Begriff des Rechtsgrundes auf die Zweckbestimmung und Zweckerreichung konkretisierende Bestimmung, wurde nur deshalb nicht Gesetz, weil man eine erschöpfende und verständliche gesetzliche Definition des Rechtsgrundes im BGB für unmöglich hielt: „Man werde immer nur einen lehrbuchartigen Satz aufstellen können, der in das BGB nicht passe“ und das „komplizierte Verhältnis“ zwischen Leistung und Zweckbestimmung „könne in der Sprache des Gesetzes nicht zum Ausdruck gebracht werden.“156 Man vertraute vielmehr darauf, dass das von der Kommission vertretene Rechtsgrundverständnis sich trotz der in diesem Punkt zurückhaltenden Normierung aus den heutigen §§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2, 814, 815, 817 S. 1, 820 Abs. 1 S. 1 BGB deutlich ergeben würde: „Daß die Zweckbestimmung den Rechtsgrund der Leistung bilde, werde sich ohne Schwierigkeit aus den besonderen Vorschriften über die Leistung einer Nichtschuld und über den verwerflichen Empfang erkennen lassen.“157 Der Begriff der Voraussetzung wurde mithin lediglich durch den Begriff des Zwecks zur Konkretisierung des Begriffes des Rechtsgrundes ersetzt – was Windscheid später mit der Bemerkung kommentierte: „Zur Thüre hinausgeworfen, kommt sie zum Fenster wieder herein.“158 Der Rechtsgrund im Sinne des Bereicherungsrechts wurde in der Literatur des 19. Jahrhunderts und durch alle Gremien in den Beratungen zum BGB hindurch mithin subjektiv ausgefüllt.159 Die Mehrheit in der zweiten Kommission konkretisierte den Rechtsgrund für die schließlich in Kraft getretene Gesetzesfassung, wie auch die heute so benannte herrschende subjektive Rechtsgrundtheorie, mit der Erreichung eines zuvor bestimmten Zwecks. Erst nach Inkrafttreten des BGB bot das Gesetz, dank der gesetzgeberischen Zurückhaltung, die für mannigfaltige Interpretationen erforderliche Unbestimmtheit.160 Die objektive Rechtsgrundtheorie, wonach jedes Zuwen156

Vgl. Protokoll der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1174. Protokoll der 2. Kommission, Mugdan II, S. 1174. Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 151. 158 Windscheid, AcP 78 (1892), 197 und auch später (1906) ders., Pandekten I, S. 510 Fn. 2: „Für das, was hier Voraussetzung genannt wird, fehlt es in den Quellen an einer feststehenden technischen Bezeichnung. Gebraucht werden … causa.“ Vgl. so auch beobachtend Wilburg, Bereicherung, S. 8: „Das deutsche bürgerliche Gesetzbuch hat mit Lenel anstelle der Voraussetzung den Begriff des Zwecks [sic] gesetzt …“; Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 1: „… dass ihr [der Widersacher Windscheids] Sieg bei der zweiten Beratung des BGB mehr Schein als Wirklichkeit gewesen ist“; Kegel, Gutachten, S. 146 f.: „Unmittelbar gilt Windscheids Voraussetzungslehre der causa [sic] … Windscheids Voraussetzungslehre steht also für ihn mit beiden Füßen in Lehre von der causa“ und ebenso Nauen, Leistungserschwerung, S. 58. 159 Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 202. 160 Vgl. so auch Reuter/Martinek, Bereicherung, § 3 I 1 (S. 22). 157

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dungsgeschäft als durch ein Schuldverhältnis vorbereitet zu denken ist und eben dieses Schuldverhältnis den Rechtsgrund im Sinne des Bereicherungsrechts darstelle, konnte Fuß fassen.161 Dieses objektive Verständnis überzeugt jedoch weder aus dogmatischer Sicht, noch ist es unter historischen Vorzeichen vertretbar.162 Als Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion ist daher, mit der subjektiven Rechtsgrundtheorie, die Erreichung eines zuvor bestimmten Zwecks zu begreifen. Die Bestimmung eines Zwecks der Leistung stellt sich demnach als eine konstitutive Voraussetzung für die Feststellung des rechtlichen Grundes einer Vermögensmehrung im Sinne der Leistungskondiktion und also für dessen rechtlichen Bestand dar. (b) Zwei Zweckbestimmungstheorien Die Bestimmung des Zwecks einer abstrakt begründeten Verpflichtung ist mithin konstitutive Voraussetzung zur Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion. Unbeleuchtet ist bisher geblieben, welche Rechtsnatur diese Zweckbestimmung aufweist, ob sie einseitig durch den Leistenden oder etwa zweiseitig durch Einigung der Parteien zu erfolgen hat, ob sie von rechtsgeschäftlicher, rechtsgeschäftsähnlicher oder nicht-rechtsgeschäftlicher Natur ist.163 Diese Fragen werden uneinheitlich beantwortet. Als ursächlich für diesen Streitstand über die Rechtsnatur der Zweckbestimmung findet sich gemeinhin der Streit um die Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung im Recht der Erfüllung (§§ 362 ff. BGB) angeführt: „Je nachdem, ob man im Rahmen der Erfüllungslehre der Vertragstheorie, der Theorie des einseitigen Rechtsgeschäftes, der einseitigen geschäftsähnlichen Handlung oder der Theorie der realen Leistungsbewirkung folgt, wird man die Frage … der Rechtsnatur von Tilgungs- bzw. Zweckbestimmung – beides kann im folgenden gleichsinnig verwandt werden – beantworten.“164 Ausgehend von dieser Annahme der rechtlichen Identität der er161 Vgl. etwa Collatz, Realgeschäfte, S. 1 ff. insbes. S. 24 f. und später maßgeblich Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 67 III 1 a (S. 136 f.). Unmittelbar nach Inkrafttreten herrschend aber war bereits die subjektive Rechtsgrundtheorie, vgl. die umfassenden Nachweise bei Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 179 ff., insbes. 181. 162 Vgl. auch Ehmann, Gesamtschuld, S. 154 mit Fn. 96, der darauf hinweist, dass die „vereinfachte Auffassung wissenschaftlich ernsthaft von niemandem – vielleicht mit Ausnahme von Boehmer – vertreten wird.“ 163 Den Streitstand so zusammenfassend und als „einer der Hauptstreitpunkte im Recht der Leistungskondiktionen“ herausstellend Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 a (S. 92). 164 Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 b (S. 95), vgl. auch ders. § 3 III 3 (S. 59): Die Voraussetzungen der Leistungskondiktion seien „durch die Parallelität der Begriffe Leistung und Erfüllung bestimmt“. Auf diese Parallele zwischen Tilgungs- und Zweckbestimmung ebenso abstellend: Gernhuber, Erfüllung, § 5 I 3

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füllungsrechtlichen Tilgungsbestimmung und der bereicherungsrechtlichen Zweckbestimmung wird der Streitstand über die Rechtsnatur aus dem Erfüllungsrecht häufig gänzlich unreflektiert auf das Bereicherungsrecht übertragen.165 Im Folgenden wollen wir die Theorien zur erfüllungsrechtlichen Tilgungsbestimmung und ihre gemeinhin bemühte Übertragung auf die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung genauer betrachten. Im Erfüllungsrecht findet sich zunächst die von der Rechtsprechung favorisierte Theorie der realen Leistungsbewirkung. Eine subjektive Tilgungsbestimmung ist danach keine unbedingte Voraussetzung zur Feststellung der Erfüllung einer Schuld, Erfüllung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB sei vielmehr allein die tatsächliche Übereinstimmung des zugewendeten Vermögensvorteils mit dem geschuldeten, also die bloße Konsequenz des realen Tilgungsaktes.166 Bei konsequenter Übertragung dieser Lehre auf das Bereicherungsrecht müsste demnach bereits die Notwendigkeit der Zweckbestimmung zur Feststellung des rechtlichen Grundes selbst verneint werden. Wie im vorherigen Abschnitt bereits herausgearbeitet, ist die Erforderlichkeit einer Zweckbestimmung für die Leistungskondiktion jedoch sowohl nach der subjektiven als auch nach der objektiven Rechtsgrundtheorie unbestritten.167 Zur eigentlichen Frage der Rechtsnatur der Zweckbestimmung steuert die Theorie der realen Leistungsbewirkung demnach nichts bei, widerspricht sogar bereicherungsrechtlichen Grundannahmen. Eine Überführung der er(S. 100); Wieling, JuS 78, 801; Hagemann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 79 ff.; Welker, Bereicherungsausgleich, S. 23; Seibert, Erfüllung, S. 54 ff. und S. 61 ff.; Erman/Westermann, § 812 Rn. 13; Zeiss, JZ 63, S. 8. 165 Vgl. etwa Welker, Bereicherungsausgleich, S. 53: „identisch“; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 (S. 93 ff.): „kongruent“; Wieling, JuS 78, 801: „identisch“; Gernhuber, Erfüllung, § 5 I 3 (S. 100): „fast identisch“; Seibert, Erfüllung, S. 61: „ein und dasselbe“; Ermann/Westermann, § 812 Rn. 13: „diese Frage ist wie die nach der Rechtsnatur der Erfüllung … zu entscheiden“. Reflektierter untersucht Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 89 ff. die Übertragung der Theorien zur Tilgungsbestimmung auf die Zweckbestimmung. 166 In bestimmten Konstellationen (§§ 267, 366) wird freilich auch hiernach eine Leistungszweckbestimmung für die Qualifizierung der geschuldeten Leistung für erforderlich oder zumindest für zulässig erachtet. Begründet maßgeblich durch Boehmer, Erfüllungswille (1910), S. 10, 34, insbes. 37 ff., 47, jedoch auch schon von Kretschmar, Die Erfüllung (1906), S. 107 ff., insbes. S. 109. Vgl. heute etwa: BGH NJW 91, 1294, 1295 (§ 362) und NJW 92, 2698, 2699 (§§ 362, 366, 267); MüKo/ Wenzel, § 362 Rn. 11 ff.; Larenz, SR I, § 18 I (S. 218 ff.); Krawielicki, Bereicherungsanspruch, S. 80 f. Vgl. dazu auch Gernhuber, Erfüllung, § 5 II 6 (S. 108); Seibert, Erfüllung, S. 7 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 51 ff.; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 b (S. 95). 167 Obschon die objektive Rechtsgrundtheorie den Rechtsgrund nicht als die Erreichung eines Zwecks begreift, sondern als ein Schuldverhältnis, ist die Zweckbestimmung unverzichtbare Voraussetzung für die Zuordnung einer Leistung zu einem Schuldverhältnis, vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (a) (um Fn. 134).

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füllungsrechtlichen Maximen dieser Lehre in das Bereicherungsrecht führt bei genauerem Hinsehen nicht weiter, verdient hier deshalb auch keine weitere Betrachtung.168 Nach der heute im erfüllungsrechtlichen Schrifttum wohl als herrschend zu bezeichnenden Theorie der finalen Leistungsbewirkung hingegen ist eine Tilgungsbestimmung für die Feststellung der Erfüllung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB stets erforderlich. Diese wird dabei als eine einseitige Erklärung begriffen,169 umstritten ist lediglich, ob diese vom Zuwendenden zu tätigende Tilgungsbestimmung rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Natur ist – ob mithin der rechtliche Erfolg der Erfüllung kraft privatautonomen Handelns oder aber kraft Gesetzes eintritt.170 Diese Gedanken lassen sich leicht auf das Bereicherungsrecht übertragen: Die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung ist hiernach als ein einseitiger rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Akt zu begreifen. Als diesem Ansatz entgegenstehend findet sich gemeinhin die Zweckvereinbarungstheorie171 angeführt. Auch nach dieser Lehre ist eine Tilgungsbestimmung unbedingte Voraussetzung zur Feststellung der Erfüllung einer Schuld, jedoch begreifen die Verfechter dieser Ansicht diese Tilgungsbestimmung als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, als einen Vertrag zwischen dem Leistenden und dem Empfänger.172 In der Übertragung dieser Gedan168 Vgl. Wieling, JuS 78, S. 802: „kaum verständliche Inkonsequenz“ und auch Schmidt, Erfüllung, S. 73: „Der von der objektiven Theorie nicht gelöste Widerspruch läßt diese Theorie nicht sehr überzeugend erscheinen“ und Gernhuber, Erfüllung, § 5 II, 6 (S. 108) spricht gar von einer „Gleichgültigkeit, mit welcher die Theorie der finalen Leistungsbewirkung dem finalen Leistungsbegriff gegenübersteht“. So auch Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 89 f.; Seibert, Erfüllung, S. 56 f. 169 Vgl. Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 100 f.); Wieling, JuS 78, S. 802; ders. JZ 77, S. 291 ff.; Seibert, Erfüllung, S. 51; Schmidt, Erfüllung, S. 43 ff.; Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 66 ff.; Gernhuber, Erfüllung, § 5 II 5 (S. 106 f.); Erman/Westermann, § 362 Rn. 2. 170 Vgl. im Überblick Seibert, Erfüllung, S. 34 ff., 38 ff.; Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 66 ff., 70 ff. Auch Wieling, JZ 77, 291; ders., JuS 78, 802: „rechtsgeschäftlicher Charakter“; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 100): „rechtsgeschäftlicher Teil … der Leistung.“ Vgl. zu den geschäftsähnlichen Handlungen (Mahnung, Schadensersatzverlangen, Leistungsaufforderung etc.) nur Palandt/Heinrichs, vor § 104 Rn. 6. 171 Zur heute nicht mehr vertretenen Vertragstheorie vgl. Gernhuber, Erfüllung, § 5 II 3 (S. 105) und dagegen Boehmer, Erfüllungswille, S. 56 ff. Der Unterschied zwischen Vertrags- und Zweckvereinbarungstheorie liegt darin begründet, dass erstere die Zweckvereinbarung als einen Erlassvertrag (acceptilatio) qualifiziert, letztere hingegen die Zweckvereinbarung weder als einen verpflichtenden noch verfügenden Vertrag, sondern als bloße Einigung begreift; vgl. dazu Weitnauer, Leistung, S. 266 Fn. 42; Schnauder, Grundfragen, S. 66; Ehmann, JZ 68, S. 550 Fn. 3; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 48. 172 Grundlegend Kreß, AT, S. 58 ff. und S. 445 ff., maßgeblich weitergeführt durch Weitnauer, Leistung, S. 266 ff.; Ehmann, JZ 69, 549 ff.; ders., Gesamtschuld,

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ken auf das Bereicherungsrecht wird hiernach auch die für die Frage der Zweckerreichung maßgebliche Zweckbestimmung als eine vertragliche Einigung aufgefasst. In dieser Weise findet sich der aus dem Erfüllungsrecht zur Tilgungsbestimmung geführte Streitstand in der Übertragung auf die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung gemeinhin aufgezeigt und ausgetragen: Die Überzeugung von der einseitigen Zweckbestimmung im Sinne der Theorie der finalen Leistungszweckbestimmung wird dem Gedanken der zweiseitigen Zweckbestimmung in Gefolgschaft der Zweckvereinbarungstheorie gegenübergestellt. Ganz so einfach stellen sich die Dinge jedoch bei genauerem Hinsehen nicht dar.173 Der Streitstand zur bereicherungsrechtlichen Zweckbestimmung entzerrt sich und ergibt zugleich ein differenzierteres Bild, sobald die Anknüpfungspunkte beider Theorien genauer herausgearbeitet und in Augenschein genommen werden. Zur Erinnerung: Nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion besteht gem. § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 1 BGB ein Kondiktionsanspruch, wenn der Anspruchsgegner etwas erlangt hat, durch Leistung, ohne Rechtsgrund. Die Feststellung des Rechtsgrundes einer Zuwendung hängt davon ab, ob ein zuvor bestimmter Zweck erreicht wurde.174 Als eine Leistung im Sinne des zweiten Tatbestandsmerkmals wird nach ständiger Rechtsprechung175 und ganz herrschender Lehre176 jede „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“ definiert; auch in diesem Merkmal ist mithin die Zweckbestimmung, neben dem Bewusstsein zur Leistung, unabdingbare Voraussetzung.177 Sowohl das Tatbestandsmerkmal des Rechtsgrundes als auch dasjeS. 164 ff. und Schnauder, Grundfragen, S. 64 ff. Ebenso mit umfassender Begründung Klein, causa solvendi, passim, insbes. S. 65. 173 Bereits in den Beratungen der zweiten Kommission zum Bereicherungsrecht, abgedruckt in Mugdan II, S. 1174, wurde für das Verhältnis von „Leistungsgeschäft und Zweckbestimmung“ resümiert: „Dieses komplizierte Verhältnis könne in der Sprache des Gesetzes nicht zum Ausdrucke gebracht werden.“ 174 Vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (a). 175 BGHZ 40, 272, 277; 58, 184, 188; 61, 289, 291; 72, 246, 248. In seiner Entscheidung vom 24. Februar 1972 (NJW 1972, 864) spricht der BGH bereits von einer „nunmehr gefestigten Rechtsprechung“. 176 Esser/Weyers, Schuldrecht II, 2, § 48 II (S. 42); Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2, § 67 II 1 d (S. 132); Kamionka, JuS 92, 847; Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 4; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II, 1 (S. 81); Kropholler, Studienkommentar, § 812 Rn. 11; Wieling, Bereicherungsrecht, S. 12; ders., JuS 78, 801; Welker, Bereicherungsausgleich, S. 22; Zeiss, JZ 63, 8; Weitnauer, Leistung, S. 257; ders., NJW 74, S. 1729; Beuthien, Zweckerreichung, S. 283; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 26 (S. 1255); Palandt/Sprau, § 812 Rn. 3. 177 Esser/Weyers, Schuldrecht II, 2, § 48 II (S. 42 f.); Weitnauer, Leistung, S. 259; ders., NJW 74, S. 730; Kamionka, JuS 92, 847; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II, 2 (S. 81 ff.), will gar vier Elemente des Leistungsbegriffes erkennen.

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nige der Leistung setzen demnach jeweils konstitutiv die Bestimmung eines Zwecks der Zuwendung voraus. Unterschiedliche Antworten finden nun die widerstreitenden Theorien auf die Frage, ob es sich dabei um ein und dieselbe Zweckbestimmung oder aber um zwei rechtlich voneinander zu unterscheidende Zweckbestimmungen handelt. Die Anhänger der Theorie der finalen Leistungsbewirkung nehmen für das Bereicherungsrecht durchweg den ersten Standpunkt ein: Für die Frage nach der Erreichung des Zwecks zur Feststellung eines rechtlichen Grundes einer Zuwendung erachten sie den zuvor im Merkmal der Leistung festgestellten Zweck als den maßgeblichen.178 Anders hingegen die Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie: Danach ist die Rechtsnatur der Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal der Leistung verschieden von der Rechtsnatur im Tatbestandsmerkmal des Rechtsgrundes. Die Zweckbestimmung im Merkmal der Leistung wird nach den Verfechtern dieser Lehre als eine einseitige Erklärung begriffen, hingegen die Zweckbestimmung im Merkmal des Rechtsgrundes als ein Vertrag aufgefasst.179 Bei genauerer Betrachtung stellen sich die Meinungsunterschiede zwischen den beiden Lagern somit differenzierter als gemeinhin angenommen dar: Einheitlich wird die Zweckbestimmung im Merkmal der Leistung als ein einseitiger Akt qualifiziert. Uneinheitlich hingegen wird die Frage nach der rechtsdogmatischen Identität der Zweckbestimmung der Leistung und der Zweckbestimmung des Rechtsgrundes beantwortet und letztere demnach der einen Ansicht zufolge als ein einseitiger, anderer Ansicht nach als ein zweiseitiger Akt begriffen. (c) Die Rechtsnatur der Leistungszweckbestimmung Haben wir bis hierher die an die erfüllungsrechtlichen Theorien anknüpfenden zwei Lager zur Rechtsnatur der Zweckbestimmung gegenübergestellt und deren Meinungsdifferenzen herausgearbeitet, können wir nunmehr die schon im vorherigen Abschnitt aufgeworfene Ausgangsfrage genauer 178 Vgl. dieses Verständnis bereits bei dem Begründer des modernen zweigliedrigen Leistungsbegriffes: Kötter, AcP 153 (1954), S. 195 f. u. S. 205 f. und auch in BGHZ 48, 70; 50, 227; 61, 289; 72, 246; Gernhuber, Erfüllung, § 5 III (S. 112); Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 99 ff.); Wieling, JuS 78, S. 801; Beuthien, Zweckerreichung, S. 282 ff.; Zeiss, JZ 63, 9; Erman/Westerman, § 812 Rn. 13. 179 Vgl. Weitnauer, NJW 74, S. 1729 f.: Durch Zweckbestimmung, „die von niemand anderem als dem Zuwendenden ausgehen kann … wird die Zuwendung zur Leistung … Mit ‚Rechtsgrund‘ erlangt ist eine Leistung dann, wenn zwischen dem Leistenden und dem Empfänger die Zweckvereinbarung zustande gekommen ist und der Zweck auch erreicht wird“ und ders., DB 1984, S. 2498. Ebenso Ehmann, NJW 69, S. 400 Fn. 19: „Zuwendung + ‚natürliche‘ Zweckbestimmung = Leistung … Zuwendung + Zweckvereinbarung + Zweckerreichung … = kondiktionsfeste Vermögensverschiebung.“

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fassen: Welche Rechtsnatur weist die Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal des Rechtsgrundes richtigerweise auf? Trennen wir zur Beantwortung dieser Frage im Folgenden die Zweckbestimmung des Rechtsgrundes gedanklich von derjenigen der Leistung und untersuchen beide unabhängig voneinander vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen rechtlichen Funktion. Nur auf diese Weise schaffen wir Klarheit über eine etwaige rechtliche Identität beider Zwecke und schließlich auch über die Rechtsnatur der hier im eigentlichen Interesse stehenden Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal des Rechtsgrundes. Untersuchen wir hier daher zunächst isoliert, gleichsam als notwendige Vorfrage, die Rechtsnatur der Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff vor dem Hintergrund der rechtlichen Funktion dieses Begriffes. Leistung im Sinne des Bereicherungsrechts wird definiert als „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“.180 Um eine tatsächliche Vermögensmehrung als bereicherungsrechtliche Leistung zu qualifizieren, ist also ein Doppeltes erforderlich: Sie muss mit Leistungsbewusstsein und zu einem bestimmten Leistungszweck erfolgt sein.181 Anknüpfend an diese zwei Elemente des Leistungsbegriffes lassen sich gleichsam zwei unterschiedliche rechtliche Funktionen ausmachen. Zum einen fällt mit der Qualifizierung als Leistung oder als Nicht-Leistung zugleich auch die Entscheidung darüber, ob sich deren Rückabwicklung nach den Grundsätzen der Leistungs- oder aber der Nichtleistungskondiktion richtet: Die Leistungskondiktion setzt im Tatbestandsmerkmal der „Leistung“ positiv die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Leistung voraus, die Nichtleistungskondiktion hingegen erfordert im insoweit korrespondierenden Tatbestandsmerkmal „in sonstiger Weise“ negativ die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Nicht-Leistung.182 Zum anderen erfüllt der moderne Leistungsbegriff die Funktion, bei Vermögensmehrungen, in denen mehr als zwei Personen verwickelt sind, einen interessengerechten Bereicherungsausgleich zu gewährleisten: Durch die Qualifizierung lediglich einer Personenbeziehung als Leistungsverhältnis wird zugleich auch nur zwischen diesen zwei Personen eine Kondiktion der jeweiligen Vermögensmehrung zugelassen.183 Illustrativ stellt der bereicherungsrechtliche 180

Vgl. oben Teil 2, Fn. 175, 176. Weitnauer, Leistung, S. 259; ders., Zweck und Rechtsgrund, S. 29; Kamionka, JuS 92, 847; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II, 2 (S. 81 ff.), will gar vier Elemente des Leistungsbegriffes erkennen. 182 Dazu noch ausführlich unten Teil 2, A, II, b). 183 Was nach der heute herrschenden – später aber zu widerlegenden – Auffassung wiederum nur aus dem bereicherungsrechtlichen Grundsatz der Subsidiarität der Eingriffs- gegenüber der Leistungskondiktion folgt. Vgl. dazu ursprünglich Kötter, AcP 153 (1954), S. 20 und heute aus der Literatur nur Reuter/Martinek, Berei181

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Leistungsbegriff mithin zum einen die Weiche zwischen der Leistungsund der Eingriffskondiktion, zum anderen ermöglicht er in Fällen der Vermögensmehrung durch mehr als zwei Personen die Identifikation des Anspruchsberechtigten und des Anspruchsgegners.184 Die Funktionen des Leistungsbegriffes könnten demnach in Verkürzung zum einen als „Weichenfunktion“ und zum anderen als „Identifikationsfunktion“ umschrieben werden. Wie oben aufgezeigt, findet sich nun die – bei genauerem Hinsehen – einhellige Überzeugung, dass sowohl für die Weichenstellung zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion als auch für die Identifikation der vom Kondiktionsanspruch betroffenen Personen eine einseitige Erklärung des Leistenden über den mit der Vermögensmehrung verfolgten Zweck ausreichend ist, es einer wirksamen zweiseitigen Übereinkunft darüber nicht bedarf. Welche Rechtsnatur aber weist diese unbestritten einseitige Erklärung über den Leistungszweck vor dem Hintergrund der beleuchteten rechtlichen Funktionen des Leistungsbegriffes auf? Diese Frage wird sogar innerhalb der beiden aufgezeigten Lager bzw. Theorien uneinheitlich beantwortet: Wer diese Erklärung als rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche begreift, muss konsequenterweise bei einem nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre feststellbaren Erklärungsfehler eine wirksame Leistungszweckbestimmung verneinen. Die Rückabwicklung einer Vermögensmehrung durch eine rechtsgeschäftlich fehlerhaft handelnde Person kann demzufolge ausschließlich nach den Grundsätzen der Nichtleistungskondiktion erfolgen; sobald mehr als zwei Personen verwickelt sind, können Anspruchsgegner und Anspruchsberechtigter nicht mit Hilfe der Identifikation eines Leistungsverhältnisses ausgemacht werden.185 Dieses Verständnis überzeugt nicht. Auch eine beispielsweise geschäftsunfähige Person tätigt bewusst und – wenn auch nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre fehlerhaft – zweckgerichtet eine Zuwendung, verschiebt mithin einen Vermögensvorteil und bewegt somit die Güter. Das Recht der Leistungskondiktion knüpft gerade an diesen Gedanken der Güterbewegung an, die Nichtleistungskondiktion hingegen findet sich gemeinhin – im Kanon mit cherung, § 4 I 3 (S. 79 f.), aus der Rechtsprechung etwa OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 201 (202 f.) und ausführlich unten Teil 2, II, b), (b) (um Fn. 261). 184 So auch schon Kötter, AcP 153 (1954), S. 224: „… so muß das hiernach ermittelte Leistungsverhältnis nicht nur über die Person des beim Fehlschlagen solcher Absicht Herausgabeberechtigten Auskunft geben, sondern auch sonst den auf das Misslingen der Leistung gestützten Anspruch charakterisieren.“ 185 So konsequent Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 102). Auch die 1. Kommission wollte diesen Fall des rechtsgeschäftlich fehlerhaften Willens dem Recht der Nichtleistungskondiktion unterstellen, vgl. Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 825 und S. 828 und auch § 748 E I (S. 760), abgedruckt unten Teil 2, Fn. 246.

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dem Deliktsrecht – dogmatisch dem Recht des Güterschutzes zugeschrieben.186 Unter Berücksichtigung dieser dogmatischen Grundgedanken fügt sich die Vermögensverschiebung eines sich nicht rechtsgeschäftlich fehlerfrei über den Zweck der Leistung Erklärenden besser in das Recht der Leistungskondiktion ein.187 Unabhängig dieses dogmatischen Einwands fällt aber auch die sich anschließende – ganz praktische – Beurteilung der Rechtsgrundlosigkeit nach den Grundsätzen der Nichtleistungskondiktion schwer: Wann widerspricht der rechtliche Erfolg der Zuwendung eines Geschäftsunfähigen dem – allein der Rechtsordnung zu entnehmenden – Zuweisungsgehalt des bewegten Vermögensvorteils188 bzw. wann ist die Handlung der Vermögensverschiebung durch den Geschäftsunfähigen als rechtswidrig zu erachten189? Auch hiernach erscheint die Beantwortung der Frage nach dem Erreichen eines zuvor bestimmten Zweckes zur Beurteilung des Vorhandenseins eines Rechtsgrundes passender, fügt sich die Vermögensverschiebung eines sich nicht rechtsgeschäftlich fehlerfrei über den Zweck der Leistung erklärenden besser in die Grundsätze der Leistungskondiktion ein. Endlich findet das Recht der Nichtleistungskondiktion keine Antwort auf die Frage des richtigen Anspruchsinhabers und -gegners in solcherlei Konstellationen, in denen außer dem Geschäftsunfähigen mehr als nur eine weitere Person an der Vermögensverschiebung beteiligt ist. Auch hier führt die Anwendung der Grundsätze der Leistungskondiktion zu mehr Durchsichtigkeit und Rechtssicherheit, sind Anspruchsinhaber und -gegner durch die Qualifizierung einer Leistungsbeziehung klar ersichtlich. Diese Einwände gegen die rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Natur der einseitigen Leistungszweckbestimmung anerkennen schließlich auch diejenigen, die sich für ein solches Verständnis aussprechen und lenken ein, stellen die Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre auf die einseitige Erklärung über den Zweck der Leistung unter den Vorbehalt der „beteiligten Interessen“ und verneinen unter Hinweis darauf ins186 Diesen Funktionsunterschied hat erstmals pointiert herausgearbeitet v. Caemmerer, FS Rabel, S. 353. Vgl. aber schon Wilburg, Bereicherung, S. 27 ff. Vgl. auch Ellger, Bereicherung, S. 154 f.; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 2 II (S. 27), § 2 III (S. 33), § 3 I (S. 39); Schnauder, Grundfragen, S. 123; Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 28; ders., DB 84, 2497; Kreß, AT, S. 2 ff. 187 Vgl. Weitnauer, Leistung, S. 273; Schnauder, Grundfragen, S. 123: „Daraus ergibt sich für unser Problem, daß das, was der Zuwendende auf Grund freier Vermögensentscheidung aus der Hand gegeben hat, nicht mehr dem Güterschutz unterliegt.“ 188 So müssten die Vertreter der herrschenden Zuweisungstheorie fragen, vgl. dazu ausführlich später unten Teil 2, A, II, 3, b) (um Fn. 225). 189 So müssten die Vertreter der Rechtswidrigkeitstheorie fragen, vgl. dazu ausführlich später unten Teil 2, A, II, b) (um Fn. 228).

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besondere die Anwendbarkeit der hier beispielhaft angeführten Regeln über die Geschäftsfähigkeit.190 Ursächlich für diese rechtliche Inkonsequenz ist dabei sicherlich die mangelnde gedankliche Differenzierung zwischen der Zweckbestimmung im Merkmal der Leistung und derjenigen im Merkmal des Rechtsgrundes: Auf der einen Seite sollen rechtsgeschäftliche Erklärungsmängel für die Zweckbestimmung im Merkmal der Leistung aufgrund der „beteiligten Interessen“ unbeachtlich sein, auf der anderen Seite aber für die Zweckbestimmung im Merkmal des Rechtsgrundes wieder Bedeutung erlangen.191 Letztlich also liegt, bei genauerem Hinsehen, auch dieser sich gewissermaßen selbst einschränkenden Auffassung die gedankliche Trennung des Zwecks im Merkmal der Leistung und im Merkmal des Rechtsgrundes zugrunde, ohne diese als solche auszusprechen. Festzuhalten bleibt uns mithin bis hierher: Die Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff ist richtigerweise als eine einseitige nichtrechtsgeschäftliche, „natürliche“ Erklärung des Leistenden zu begreifen.192 (d) Die Rechtsnatur der Rechtsgrundzweckbestimmung Hinsichtlich der Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal der Leistung besteht Einigkeit über die Einseitigkeit der Erklärung, Uneinigkeit lediglich über dessen Rechtsnatur. Für die nunmehr zu betrachtende Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal des Rechtsgrundes wird hingegen bereits die Frage, ob sie einseitig oder zweiseitig zu erfolgen hat, uneinheitlich beantwortet. Wie bereits oben herausgestellt, findet sich lediglich bei den Vertretern der Zweckvereinbarungstheorie klar die gedankliche Trennung der Zweckbestimmung im Merkmal der Leistung von derjenigen 190 Vgl. insbes. Wieling, JuS 78, S. 802: „Das bedeutet nun freilich nicht, daß man das Recht der Willenserklärung in jedem Fall unbesehen auf die Zwecksetzung anwenden müßte; entscheidend sind vielmehr die beteiligten Interessen …“ Konsequent aber Reuter/Martinek, § 4 II 3 d (S. 101 f.). 191 Vgl. Wieling, JuS 78, S. 802: „Soweit es darum geht, ob die Leistungskondiktion oder die Nichtleistungskondiktion gegeben werden kann, spielt die Geschäftsfähigkeit keine Rolle. In allen anderen Fragen, in welchen die Interessen des nicht geschäftsfähigen Leistenden betroffen sind, ist für die Zwecksetzung volle Geschäftsfähigkeit zu fordern.“ 192 So auch Ehmann, NJW 69, 400 Fn. 19: „Zuwendung + „natürliche“ Zweckbestimmung = Leistung“; Weitnauer, NJW 74, S. 1730: „die Zweckvereinbarung [ist] eine rechtsgeschäftliche Einigung …, welche den allgemeinen Regeln für Willenserklärungen und Verträge, also auch bezüglich Auslegung, Anfechtung, Stellvertretung usw. unterliegt … Die Zweckbestimmung [muß], um die Zuwendung zur Leistung zu machen, nicht rechtsgeschäftlich wirksam sein …, insoweit [genügt] ein natürlicher Wille“; unklar aber ders., Leistung, S. 262 und S. 272 f. Ebenso, wenngleich nicht in unserem Sinne differenzierend, Zeiss, JZ 63, S. 10: „Es handelt sich um einen tatsächlichen Willen, der die Zuwendung trägt und ihr Leistungscharakter gibt.“

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im Merkmal des Rechtsgrundes vollzogen, wobei die Zweckbestimmung im Merkmal des Rechtsgrundes als ein zweiseitiger Akt begriffen wird. Die Anhänger der Theorie der finalen Leistungsbewirkung indes differenzieren nicht – zumindest nicht bewusst und ausdrücklich – zwischen der Zweckbestimmung in beiden Tatbestandsmerkmalen, begreifen den zuvor im Merkmal der Leistung festgestellten Zweck als den maßgeblichen für die im Merkmal des Rechtsgrundes aufzuwerfende Frage der Erreichung eines zuvor bestimmten Zweckes und betrachten demnach auch die Zweckbestimmung für das Merkmal des Rechtsgrundes als einen einseitigen Akt. Erstaunen hervorrufen kann vor diesem Hintergrund nur der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschende und unbestrittene Grundkonsens, dass die Zweckbestimmung bei der condictio ob rem gem. § 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 2 eine Willenseinigung des Leistenden und des Leistungsempfängers voraussetzt und mithin nach ganz einhelliger Auffassung als ein zweiseitiger Akt, als eine Vereinbarung begriffen wird.193 Das von den Anhängern der Theorie der finalen Leistungsbewirkung propagierte Verständnis von der einseitigen Zweckbestimmung beschränkt sich somit auf den Fall der condictio indebiti gem. § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 1 und der condictio ob causam finitam gem. § 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 1. Dass dieses Verständnis aber ein dogmatisch unrichtiges ist, zeigt wiederum in aller Deutlichkeit ein Blick in die Materialien zu den geltenden bereicherungsrechtlichen Bestimmungen. Der erste Entwurf regelte die verschiedenen Kondiktionen noch in voneinander getrennten Bestimmungen und stellte die condictio indebiti in § 737 E I – „Wer zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit …“194 – der condictio ob rem in § 742 E I voran.195 Gleichwohl stellte die erste Kommis193 Vgl. Ermann/Westermann, § 812 Rn. 52; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 200 ff.; Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 76; Flume, AT, § 12 I 1 (S. 155); Larenz/Canaris, Schuldrecht II, 2 § 68 I 3 (S. 150 ff.); Fikentscher, Schuldrecht, § 99 III 5 a (Rn. 1103). Aus der Rechtsprechung vgl. schon RGZ 132, 238, 242 („fortifikatorischer Zweck“) und RGZ 106, 93, 98; heute: BGH NJW 66, 540, 541; NJW 79, 646; NJW 84, 233; NJW 89, 89, 2745, 2747. 194 § 737 Abs. 1 E I: „Wer zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern.“ Abgedruckt in Mugdan II, S. CXXXII. Die Formulierung „… zum Zwecke der Erfüllung …“ des ersten Entwurfes geht ausweislich der Materialien auf einen Antrag Windscheids zurück, vgl. Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 761 f. 195 § 742 E I: „Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintrittes oder Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern.“ Abgedruckt in Mugdan II, S. CXXXIII f. Vgl. dazu auch Reuter/Martinek, Bereicherung, § 1 II 1 (S. 15 f.).

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sion damit nicht den Grundsatz an die Spitze. Die Mitglieder der Kommission hielten vielmehr die condictio indebiti für einen Unterfall der condictio ob rem, begriffen die Normierung der letzteren Kondiktionsart in § 742 E I als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips, welches allen Bereicherungsansprüchen zugrunde lag.196 Obschon also der Tatbestand der condictio ob rem die condictio indebiti mit abdeckte, sollte auf die Kodifizierung dieser speziellen Kondiktionsart nicht verzichtet werden: „In der That bildet die condictio indebiti hiernach einen Unterfall der condictio ob rem (§ 742), welcher aber schon wegen seiner Häufigkeit und Wichtigkeit besonders zu normieren ist.“197 Ein ebensolches Verständnis lag auch der in § 745 E I geregelten condictio ob causam finatam zugrunde. Auch für diesen Kondiktionstyp wurde ausweislich der Protokolle angemerkt, „diese Kondiktion bilde nur einen Unterfall der condictio ob rem, weshalb sie als eine besondere condictio nicht anzuerkennen sei“, man erachtete in der Mehrheit aber auch diesen Fall als einen besonders Wichtigen und „es daher für nöthig, die condictio ob causam finatam mit dem Entwurfe besonders hervorzuheben“.198 Nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfes wurde an dieser Vorgehensweise, neben der bereits beschriebenen Übernahme des Windscheid’schen Voraussetzungsdogmas,199 Kritik geübt: Des besseren Verständnisses wegen solle man das den bereicherungsrechtlichen Regeln gemeinsam zugrunde liegende Prinzip voranstellen, es sei sogar fraglich, ob man von der Kodifizierung der besonderen Kondiktionstypen nicht gänzlich absehen könne.200 Auch diese Kritik wurde, wie schon jene zur Windscheid’schen Voraussetzungslehre, von den Mitgliedern der Vorkommission im Reichsjustizamt und der zweiten Gesetzgebungskommission aufgenommen. Der von der Vorkommission formulierte und den Beratungen der zweiten Kommission zugrunde gelegte Gegenentwurf stellte einen für alle Kondiktionstypen geltenden allgemeinen Rechtssatz (§ a) an die Spitze:201 „Hat Jemand aus dem Vermögen eines An196 Vgl. die Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 801: „Sodann würde jedenfalls die condictio indebiti nur ein wegen seiner hervorragenden Wichtigkeit speziell geregelter … Unterfall der condictio ob rem sein.“ Vgl. auch Reuter/Martinek, Bereicherung, § 1 II 1 (S. 16); Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 67 f. 197 Motive, Mugdan II, S. 464. 198 Vgl. Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 813. 199 Vgl. oben Teil 2, um 144. 200 Vgl. die Zusammenstellung dieser Kritik bei Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 119 ff. 201 Vgl. Protokolle des Reichsjustizamts, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 833: „Was die Regelungen der Kondiktionen anlangt, so bestand in der Kommission darüber Einvernehmen, daß an die Spitze des Abschnitts ein das Prinzip der Bereicherungsklagen zum Ausdruck bringender allgemeiner Rechtssatz gestellt werden müsse …“ Protokolle der 2. Kommission, ab-

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deren etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet.“202 Die sich anschließende Konkretisierung des unbestimmten Begriffs des „rechtlichen Grundes“ in der Folgenorm des Gegenentwurfes (§ b) als Zweckbestimmung und Zweckerreichung wurde bereits oben ausführlich dargelegt.203 Den Beratungen in der zweiten Kommission lag mithin ein Gegenentwurf zugrunde, welcher für einen Bereicherungsanspruch als Voraussetzung lediglich die Verfehlung eines zuvor bestimmten Zwecks der Vermögenszuwendung vorsah. Nur das allgemeine Prinzip der Rechtsgrundlosigkeit aufgrund Zweckverfehlung, also die condictio ob rem im oben herausgearbeiteten Sinne des ersten Entwurfes, wurde darin ausgesprochen. Auf eine Normierung des – auch von der zweiten Kommission so qualifizierten –204 bloßen Unterfalles der Nichterreichung des Erfüllungszwecks, der condictio indebiti und der condictio ob causam finitam, wurde verzichtet.205 Hervorhebung verdient hierbei der Umstand, dass bereits die zweite Kommission auf Grundlage dieses Gegenentwurfes die für die Feststellung eines Rechtsgrundes erforderliche Zweckbestimmung als einen zweiseitigen Akt begriff; der Leistungsempfänger erkläre mit der Annahme der Leistung stets seine Übereinstimmung mit dem vom Leistenden verfolgten Zweck, denn „der Rechtsgrund der Leistung bilde darnach materiell einen Bestandtheil des Leistungsgeschäftes, die Leistung werde nur um des Zweckes Willen gemacht und könne deshalb auch nicht unter Ablehnung der Zweckbestimmung entgegengenommen werden.“206 Aus den bereits oben aufgeführten Gründen wurde der den Begriff des Rechtsgrundes konkretisierende § b des Gegenentwurfes gestrichen. Die zweite Kommission beschloss die Annahme des § a des Gegenentwurfes – der jedoch „nach Wegfall des § b … zur größeren Verständlichkeit“ durch „Hinzufügung der … Hauptanwendungsfälle der Leistung zu verdeutlichen“ sei –,207 welcher gedruckt in Mudgan II, S. 1170: „… systematisch sei es richtiger, das allgemeine, die ganze Lehre beherrschende Prinzip an die Spitze zu stellen …“ Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 129; Reuter/Martinek, § 1 I 3 (S. 20); Ellger, Bereicherung, S. 65. 202 Protokolle der zweiten Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1169. Vgl. so auch schon in den Protokollen des Reichsjustizamts, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 834. 203 Vgl. oben Teil 2, um Fn. 155. 204 Protokolle der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1172: „Die Leistung einer Nichtschuld sieht er [§ b des Gegenentwurfes] als einen besonderen Fall der Nichterreichung des Zwecks der Leistung an.“ Vgl. auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 136. 205 Vgl. die Nachweise in voriger Fn. 204 und Reuter/Martinek, § 1 II 3 (S. 21). 206 Protokolle der 2. Kommission, abgedruckt in Mudgan II, S. 1173. So auch Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 160. 207 Vgl. Protokolle der 2. Kommission, abgedruckt in Mugdan II, S. 1174.

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somit zur Grundlage des heute geltenden § 812 Abs. 1 BGB werden sollte.208 Erst nach Inkrafttreten des BGB wurde der Grundtatbestand des § 812 Abs. 1 BGB dann in seine Teile zerlegt und den verschiedenen Kondiktionstypen zugeordnet.209 Festzuhalten ist demnach, dass sowohl die erste als auch die zweite Kommission die condictio indebiti und die condictio ob causam finitam als bloßen Unterfall der den hier herausgearbeiteten allgemeinen Grundsatz verkörpernden condictio ob rem begriffen hat. Enthielt der erste Entwurf noch einzelne Regelungen für alle drei Kondiktionstypen,210 beschloss die zweite Kommission, nur den allgemeinen Grundsatz zu kodifizieren. Für diesen allgemeinen Grundsatz findet sich dort bereits die Überzeugung ausgesprochen, dass die für die Feststellung eines Rechtsgrundes erforderliche Zweckbestimmung als ein zweiseitiger Akt, als eine Zweckvereinbarung zu begreifen sei. Nach der heute ganz herrschenden – und hier nicht anzuzweifelnden – Lesart findet sich gleichsam in § 812 Abs. 1 BGB nicht nur der bereicherungsrechtliche Grundsatz der Zweckverfehlung (condictio ob rem, § 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 2 BGB), sondern gleichsam auch der spezielle Fall der Erfüllungszweckverfehlung bei (condictio indebiti, § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 2 BGB) und nach der Leistung (condictio ob causam finitam, § 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 1 BGB), zudem die Voraussetzungen der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 2) kodifiziert211 – welche an späterer Stelle noch eingehend zu behandeln sein wird. Mit der zweiten Gesetzgebungskommission herrscht auch heute in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich des Grundsatzes der condictio ob rem die Überzeugung vor, dass die für den Rechtsgrund erforderliche Zweckbestimmung als eine Zweckvereinbarung zu begreifen sei. Der noch für die erste und zweite Kommission selbstverständliche Gedankengang, mit der Erfüllungszweckverfehlung nur einen einzelnen, wenngleich bedeutenden besonderen Anwendungsfall des allgemeinen Grundprinzips vor sich zu haben, ist der heute herrschenden 208 Die verschiedenen Stufen auf dem Weg zur heutigen Textfassung hat anschaulich Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 148 f. zusammengestellt. Vgl. dazu auch Jakobs/ Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 841 ff. 209 Vgl. zu den „zwei bereicherungsrechtlichen Wenden“ seit bestehen des BGB vgl. Reuter/Martinek, § 2 (S. 22 ff.): Unmittelbar nach Inkrafttreten herrschte die Einheitslehre („Bereicherungsrecht als Billigkeitsausgleich“) vor, erst in den 30er Jahren entwickelte sich die heute herrschende Trennungslehre. Auch Kamionka, JuS 92, S. 845 f. und Ellger, Bereicherung, S. 66 f. 210 § 737 E I = condictio indebiti; § 742 E I = condictio ob rem; § 745 E I = condictio ob causam finatam. Darüber hinaus findet sich in § 748 E I die Bereicherung in sonstiger Weise geregelt, vgl. dazu unten Teil 2, A, II, 3, b), (b) (Fn. 246). Vgl. den übersichtlichen Abdruck der Normen bei Jakobs/Schubert, Beratungen § 652–853, S. 760 ff. 211 Vgl. nur Reuter/Martinek, Bereicherung, § 5 (S. 125 ff.).

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Rechtsprechung und Literatur hingegen nicht mehr präsent. Die Erfüllungszweckverfehlung in Form der condictio indebiti und der condictio ob causam finitam wird danach vielmehr als Grundprinzip begriffen,212 die condictio ob rem gleichsam zum „Sorgenkind der Leistungskondiktionen“,213 zum „Fremdkörper“,214 gar zum „Fossil“215 erklärt. Nur mit diesem, die historisch-dogmatischen Wurzeln verkennenden Verständnis, können die Vertreter der Theorie der finalen Leistungsbewirkung, ohne in Begründungszwang zu geraten, für den Sonderfall der Erfüllungszweckverfehlung eine einseitige Zweckbestimmung, für den Grundsatz der Zweckverfehlung im Übrigen hingegen eine Zweckvereinbarung fordern – welche dann wiederum konsequenterweise von der einseitigen Zweckbestimmung im Tatbestandsmerkmal der Leistung zu differenzieren wäre. Ursächlich für dieses verquere Verständnis der Anhänger der Theorie der finalen Leistungsbewirkung ist wiederum die mangelnde – bewusste und ausdrückliche – begriffliche Trennung der Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff von derjenigen im Rechtsgrundbegriff. Auf diesem historisch-dogmatischen Fundament zu überzeugen vermag nur die Zweckvereinbarungstheorie. Die condictio ob rem (§ 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 2 BGB), welche nach heute herrschender Lesart die Verfehlung eines zuvor zwischen Leistendem und Leistungsempfänger vereinbarten Zwecks erfasst, ist als Ausdruck des der Leistungskondiktion zugrunde liegenden allgemeinen Grundsatzes zu begreifen.216 Die condictio indebiti (§ 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 2 BGB) und die condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 1 BGB), die nach heute herrschender Lesart die Verfehlung des Erfüllungszweckes – d.h. des Zweckes, eine bestehende schuldrechtliche 212 Vgl. nur Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 I 1 (S. 76), der von „Hauptformen“ spricht. 213 Reuter/Martinek, Bereicherung, § 5 III 1 a (S. 146). 214 v. Caemmerer, FS Rabel, S. 347. 215 Batsch, NJW 73, 1640. 216 So auch Weitnauer, Leistung, S. 263; ders., Bemerkungen, S. 623; ders., Zweck und Rechtsgrund, S. 36 f.; Nauen, Leistungserschwerung, S. 324; Klinke, causa, S. 64; Locher, AcP 1923 (121), 49 ff. (§ 812 I 2 HS 2 werde „zur wichtigsten und einzigen für das gesamte Gebiet des Verkehrsrechts tragfähigen gesetzlichen Stütze“); Zeiss, AcP 1964 (164), S. 53 f. („Das ist das gemeinsame Prinzip aller Leistungskondiktionen“). I. E. ebenso v. Tuhr, AT II, 2, § 72 V (S. 96 ff.); Heck, Grundriß, S. 418, 422; Siber, Schuldrecht, S. 218, 424 ff.; Kreß, BT, S. 327 ff.; Enneccerus/Lehmann, SR II, § 222 I (S. 887 ff.); Esser, Schuldrecht II, 4. Auflage, § 101 II 2 (S. 341). Vgl. auch Welker, Bereicherungsausgleich, S. 33 und bereits zu ebendiesem allgemeinen Grundsatz in der römischen Klassik Kaser, RP I, § 139 II und III (S. 594 ff.); Schwarz, Grundlage, S. 117 ff. und Söllner, AcP 163 (1963), 23 ff. Vgl. schließlich Ermann/Westermann, § 812 Rn. 50 ff.: „Dennoch ist vor der Illusion zu warnen, die condictio ob rem auf bestimmte Fälle der Zweckverfehlung beschränken zu können“ (hier Rn. 50).

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Verpflichtung zu erfüllen – erfassen,217 sind demnach dogmatisch als besonders hervorgehobene, freilich häufig auftretende Unterfälle des Grundsatzes zu verstehen. Als ein solcher Unterfall bedarf aber auch dieser Erfüllungszweck methodisch betrachtet zunächst im Prinzip einer Vereinbarung durch die Parteien.218 Die Behauptung, dass gerade hierfür eine einseitige Bestimmung durch den Leistenden ausreichend sein soll, stellt eine begründungsbedürftige Ausnahme dar. Dafür sind jedoch bislang keine Gründe angeführt worden, auch unmittelbar keine Argumente ersichtlich. Die Zweckbestimmung im Merkmal des Rechtsgrundes ist mithin ohne Ausnahme und unabhängig vom einschlägigen Kondiktionstypus als eine Zweckvereinbarung zu begreifen. Sie ist zudem rechtsgeschäftlicher Natur, unterliegt den Regelungen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, bedarf also zweier wirksamer und korrespondierender Willenserklärungen.219 Dies lässt sich zum einen klar aus dem Wortlaut des § 812 Abs. 1, S. 2, Alt. 2 BGB („… nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg …“) erschließen, der für den Grundsatz der condictio ob rem ausdrücklich eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über den Zweck der Leistung verlangt. Freilich findet sich hinsichtlich des Merkmals des „Rechtsgeschäfts“ in dieser Bestimmung gemeinhin die Kommentierung, dass hierdurch nicht eine „voll rechtsgeschäftlich ausgebildete“ Abrede verlangt werde.220 Durchweg tritt bei der weiteren Lektüre dieser Anmerkungen jedoch hervor, dass lediglich klar herausgestellt werden soll, es handele sich bei der bereicherungsrechtlichen Zweckvereinbarung nicht um eine schuldrechtliche „forderungsbewehrte“ Vereinbarung –221 was bei 217 Zu diesem Verständnis vgl. schon die Protokolle der 1. Kommission zur condictio indebiti, Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 761 ff., und zur condictio ob causam finatam, Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 811 ff. Vgl. heute Reuter/Martinek, Bereicherung, § 5 I 1 (S. 126) und § 5 II 1 (S. 139 ff.). 218 So auch historisch betrachtet Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 163. 219 Vgl. Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 54; ders., Leistung, S. 262; Schnauder, JZ 02, 1082; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 46. 220 Vgl. nur BGH NJW 66, 540, 541: „Damit ist keine vertragliche Bindung gemeint … Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr, daß zwischen Empfänger und Leistendem eine tatsächliche Willenseinigung über den verfolgten Zweck erzielt wird“; BGH NJW 84, 233: Bei der „Zwecksetzung [wird] keine vertragliche Einigung über eine einklagbare Verpflichtung getroffen … [eine] tatsächliche Willensübereinstimmung der Beteiligten über den verfolgten Zweck“ ist ausreichend; BGH NJW 89, 2745, 2747: „Erforderlich ist … eine tatsächliche Einigung der Beteiligten über den bezweckten Erfolg, die jedoch nicht den Charakter einer vertraglichen Einigung haben darf.“ Aus der Literatur vgl. nur Reuter/Martinek, Bereicherung, § 5 III 1 b (S. 149) und MüKo/Lieb, § 812 Rn. 200. 221 Instruktiv BGH NJW 66, 540, 541: „… Damit ist aber keine vertragliche Bindung gemeint; denn wenn sie vorliegt, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln und nicht nach denen der ungerechtfertigten Bereicherung“, und alle Nachweise in voriger Fußnote (Fn. 220). MüKo/Lieb, § 812 Rn. 200: „Diese Abrede darf … gerade nicht voll rechtsgeschäftlich ausgebildet,

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richtigem dogmatischen Verständnis dieser bereicherungsrechtlichen Vorschrift eine nicht zu kommentierende Selbstverständlichkeit wäre. Zum anderen aber macht die Anwendung allgemeiner Rechtsgeschäftslehren auf die Willenserklärungen der Zweckvereinbarung im Merkmal des Rechtsgrundes auch (rechtlich) Sinn. In diesem Element können nunmehr an dogmatisch passender und richtiger Stelle solcherlei Fragen der Geschäftsfähigkeit, der Auslegung, des Vertragsschlusses etc. verortet werden, wird im Falle eines rechtsgeschäftlichen Mangels einer Willenserklärung bereits eine wirksame Zweckvereinbarung zu verneinen sein und schon deshalb ein den Fortbestand des zugewendeten Vermögensvorteils rechtfertigender Grund nicht vorliegen.222 Festzuhalten bleibt bis hierher mithin: Die Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Tatbestandmerkmal des rechtlichen Grundes ist als ein zweiseitiger rechtsgeschäftlicher Akt, mithin als eine rechtgeschäftliche Zweckvereinbarung zu begreifen.223 (e) Zusammenfassende Betrachtung Der unbestimmte Begriff des Rechtsgrundes im Sinne der Leistungskondiktion ist, der subjektiven Rechtsgrundtheorie folgend, als Erreichung eines zuvor bestimmten Zwecks zu konkretisieren. Die zur Feststellung eines Rechtsgrundes erforderliche Zweckbestimmung ist dabei als eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Parteien über den Zweck der Leistung zu begreifen, die zur Qualifizierung einer Vermögenszuwendung als Leistung erforderliche Zweckbestimmung dogmatisch davon abzugrenzen und als eine einseitige nicht-rechtsgeschäftliche Erklärung des Zuwendenden zu verstehen. Zusammenfassend weist also eine Leistung dann einen Rechtsgrund auf, wenn ein Zweck der Leistung vereinbart und dieser Zweck auch erreicht wurde. Ein Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion setzt d.h. insbesondere nicht forderungsbewehrte sein; denn sonst würden im Fall des Ausbleibens des bezweckten Erfolges die allgemeinen schuldrechtlichen Regeln über die Rechtsfolgen der Nichterfüllung eingreifen …“. 222 Darüber, dass in Fällen, in denen ein Geschäftsunfähiger leistet, stets ein Bereicherungsausgleich stattzufinden hat, bestand bereits in der 1. Kommission Einigkeit. Es wurde sogar angedacht, diese Rechtsfolge positivrechtlich auszudrücken. Jedoch: „Die Mehrheit beschloß, in das Gesetz eine besondere Bestimmung über den Fall, wenn ein Geschäftsunfähiger oder ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter eine Leistung bewirkt hat, nicht aufzunehmen“, vgl. Protokolle der 1. Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 824 f. Vgl. zur Anwendung der allgemeinen Lehren auf die (freilich dogmatisch anders verstandene) Zweckbestimmung Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 101 ff.). 223 So auch Kreß, AT, S. 47, 39; BT, S. 328 ff.; Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 55; Ehmann, JZ 69, 400 Fn. 19; ders., Gesamtschuld, S. 164 ff.; Schnauder, JZ 02, 1082; ders., Grundfragen, S. 38 f.

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mithin eine rechtsgeschäftliche Zweckvereinbarung und die Erreichung dieses Zweckes voraus. Auf dieser Grundlage lässt sich unsere Ausgangsfrage klar beantworten: Auch ein abstraktes Schuldversprechen bedarf, wenn schon nicht für seine Entstehung, so zumindest für seine Kondiktionsfestigkeit und also für seinen weiteren Bestand nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion konstitutiv einer Vereinbarung der Parteien über die ihm zugrunde liegende causa. b) Möglichkeit der Eingriffskondiktion Wir konnten bis hierher herausarbeiten, dass nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion für die Kondiktionsfestigkeit einer abstrakt begründeten Schuld die Vereinbarung der Parteien über die ihr zugrunde liegende causa eine unabdingbare Voraussetzung darstellt. Damit ist jedoch noch nicht die Konstitutivität der Zweckvereinbarung für die Kondiktionsfestigkeit einer solchen Verpflichtung im Allgemeinen nachgewiesen. Zu untersuchen verbleibt uns im Folgenden die Möglichkeit der Kondiktion eines abstrakten Schuldverhältnisses nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion, welche nach überwiegender Lesart von Rechtswissenschaft und Praxis in § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 2 legislativen Ausdruck gefunden hat.224 Die heute als herrschend zu bezeichnende Zuweisungstheorie begreift den Anspruch aus der Eingriffskondiktion dogmatisch als einen Rechtsfortwirkungsanspruch: Die Zuweisung eines Vermögensvorteils ist der Rechtsordnung selbst zu entnehmen, die so vorgefundene oder aufzuspürende Wertung der Rechtsordnung über Inhalt und Umfang der Rechtsposition setzt sich somit gewissermaßen im Kondiktionsanspruch fort.225 Die Rechtspositionen sind hiernach nicht – wie in Fällen der Leistungskondiktion – von den Parteien zugewiesen, mithin nicht an Leistungszwecke angebunden, sondern durch die der Rechtsordnung immanenten absoluten Wertungen selbst einem Rechtssubjekt zugeordnet.226 224 Die Eingriffskondiktion ist ein herausragender besonderer Kondiktionsanspruch aller unter dem Oberbegriff der Nichtleistungskondiktionen zusammengefassten Bereicherungstypen. Gemeinhin werden unterschieden: Eingriffskondiktion, Verwendungskondiktion, Rückgriffskondiktion, die gesetzlichen Spezialtatbestände §§ 816 Abs. 1, S. 1, 816 Abs. 1, S. 2, 816 Abs. 2; 822 BGB, vgl. Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 (S. 233); MüKo/Lieb, § 812 Rn. 222 ff. (S. 1316 ff.). Nur die Eingriffskondiktion soll hier stellvertretend für alle anderen Nichtleistungskondiktionen belichtet werden. 225 Begründet durch Wilburg, Bereicherung, S. 27 ff., insbes. S. 49, maßgeblich fortgeführt von v. Caemmerer, FS Rabel, S. 353 ff. Vgl. auch Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 I 1 (S. 234 ff.); MüKo/Lieb, § 812 Rn. 245 f. (S. 1322 f.); Ellger, Bereicherung, S. 148 ff. 226 v. Caemmerer, FS Rabel, S. 353; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 I 1 (S. 234); MüKo/Lieb, § 812 Rn. 245 f. (S. 1322 f.); Ellger, Bereicherung, S. 41.

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Nach der älteren Rechtswidrigkeitstheorie wird hingegen nicht der Erfolg der Vermögensverschiebung in die Betrachtung genommen – ob etwa dieser Erfolg dem Zuweisungsgehalt der Rechtsordnung widerspricht –, sondern der Akt der Vermögensverschiebung selbst: die Handlung.227 Allein in der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Eingriffshandlung liegt demnach die dogmatische Grundlage des Anspruches aus der Eingriffskondiktion.228 Uneinheitlich erfolgt die tatbestandliche Verankerung der Zuweisungs- wie auch der Rechtswidrigkeitstheorie im Schwerpunkt entweder im Tatbestandsmerkmal „auf Kosten“ oder im Tatbestandsmerkmal „ohne rechtlichen Grund“, stets aber unter gleichzeitigem Hinweis auf die inhaltliche Identität und somit Überflüssigkeit des jeweils anderen Merkmals229 – wir wollen im Folgenden, schon um terminologische Einheitlichkeit zu wahren, das Merkmal „auf Kosten“ als vom Merkmal des „rechtlichen Grundes“ absorbiert verstehen.230 Für unsere Zwecke bedarf es keiner argumentativen Auseinandersetzung mit der Frage nach dem richtigen theoretischen Konzept. Hier genügt die Erkenntnis: Für die Feststellung des rechtlichen Grundes nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion spielt die der Vermögenszuwendung zugrunde liegende causa keine Rolle.231 Die Kondiktionsfestigkeit abstrakt begründeter Verpflichtungen entscheidet sich somit nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion gänzlich unabhängig von der causa der Zuwendung, die Vereinbarung der Parteien über den Zweck der abstrakt begründeten Schuld ist hiernach keine konstitutive Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes und also dessen weiteren rechtlichen Bestand. Vielmehr geben der Rechtsordnung immanente Wertungen – über den Zuweisungsgehalt der verschobenen Rechtsposition bzw. über die Rechtswidrigkeit des Aktes der Vermögensverschiebung – Auskunft über das Vorhandensein eines den weiteren Bestand der Zuwendung rechtfertigenden Grundes. Unsere Ausgangsfrage nach der Konstitutivität einer Vereinbarung über die causa eines abstrakten Schuldversprechens für dessen Kondiktionsfestigkeit, mithin für dessen weiteren rechtlichen Bestand, müsste also bei der Möglichkeit der Kondiktion eines 227 Vgl. v. Caemmerer, FS Rabel, S. 352; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 236 (S. 1320); Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 II 1 (S. 243 f.). 228 MüKo/Lieb, § 812 Rn. 240 (S. 1320); Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 II 1 (S. 243 f.) sieht deshalb das „praktische Anliegen“ der Rechtswidrigkeitstheorie in der „Ausformulierung des Bereicherungsrechts zu einem verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch in Ergänzung zum Schadensersatzrecht.“ 229 Vgl. etwa Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 I 3 (S. 240 f.); MüKo/Lieb, § 812 Rn. 10, 235, 334. 230 So trefflich Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 I 3 (S. 241). 231 So ausdrücklich und auf dieser Erkenntnis die moderne Trennungslehre begründend: Wilburg, Bereicherung, S. 12. Vgl. auch v. Caemmerer, FS Rabel, S. 343; Ellger, Bereicherung, S. 152.

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solchen Versprechens nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion verneint werden. Es drängt sich aber – gewissermaßen auf einer vorgelagerten Stufe – die Frage auf, ob die Grundsätze der Eingriffskondiktion hier überhaupt Anwendung finden können oder ob sich nicht vielmehr die Kondiktion einer abstrakt begründeten Verpflichtung stets nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion richtet. Diese im Folgenden zu behandelnde Frage nach der Möglichkeit der Eingriffskondiktion einer abstrakten Schuld entscheidet sich allein, wie bereits oben beleuchtet, im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff: Mit der Qualifizierung einer Vermögenszuwendung als Leistung oder Nicht-Leistung fällt zugleich auch die Entscheidung darüber – wird gewissermaßen die Weiche gestellt –, ob sich deren Rückabwicklung nach den Grundsätzen der Leistungs- oder aber der Nichtleistungskondiktion richtet. Die Leistungskondiktion setzt im Tatbestandsmerkmal der „Leistung“ positiv die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Leistung voraus, die Nichtleistungskondiktion hingegen erfordert im insoweit korrespondierenden Tatbestandsmerkmal „in sonstiger Weise“ negativ die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Nicht-Leistung.232 Wir können die hier zu behandelnde Frage nach der Möglichkeit der Eingriffskondiktion eines abstrakt begründeten Versprechens also genauer fassen: Besteht die Möglichkeit, ein abstraktes Schuldversprechen nicht durch Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zuzuwenden? Nimmt man das Gesetz beim Wort, besteht diese Möglichkeit nicht: Gemäß § 812 Abs. 2 BGB gilt ein abstrakt begründetes Schuldversprechen als eine Leistung.233 Freilich findet sich diese Norm in den Kommentierungen gemeinhin nicht im Sinne ihres Wortlautes, sondern durchweg nur für das insoweit vorhergehende gemeinsame Tatbestandsmerkmal von Leistungsund Eingriffskondiktion nutzbar gemacht: Es werde durch § 812 Abs. 2 BGB lediglich klargestellt, dass auch ein abstraktes Schuldversprechen als „etwas Erlangtes“ im Sinne des Bereicherungsrechts zu begreifen sei.234 Ob die Norm wortlautgetreu zudem auch klarlegt, dass ein abstraktes Schuldversprechen stets durch Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zugewandt wird, kann nur nach dogmatischer Durchleuchtung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffes selbst beantwortet werden. Wie bereits 232

Unstrittig, vgl. nur Palandt/Sprau, § 812, Rn. 10; Kropholler, Studienkommentar, § 812 Rn. 34; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 7 (S. 233); Kreß, BT, § 35, 2 (S. 333). 233 Vom Wortlaut her wird lediglich verwiesen auf das abstrakte Schuldanerkenntnis aus §§ 781, 397 Abs. 2, nach ganz herrschender Lesart wird aber auch auf das allgemeinere abstrakte Schuldversprechen § 780 Bezug genommen, vgl. MüKo/ Lieb, § 812 Rn. 370 (S. 1358); Palandt/Sprau, § 812 Rn. 5. 234 So ausdrücklich etwa MüKo/Lieb, § 812 Rn. 370; Palandt/Sprau, § 812, Rn. 5; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 III 1 (S. 116 ff.); Enneccerus/Lehmann, SR II, § 221 I 1 (S. 875); Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 9.

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an früherer Stelle aufgezeigt, wird Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne nach heute herrschender Auffassung als „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“ definiert. Um eine Vermögensmehrung als Leistung zu qualifizieren, muss also ein Doppeltes festgestellt werden: Sie muss mit Leistungsbewusstsein und zu einem Leistungszweck getätigt worden sein.235 Fehlt nur eines dieser beiden Elemente, ist die Vermögensmehrung gemäß dieser Definition nicht durch Leistung und also „in sonstiger Weise“ erlangt, folglich der Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion eröffnet. Untersuchen wir mithin im Folgenden die Möglichkeit, einen rechtsgeschäftlich begründeten Vermögensvorteils – wie etwa die Begründung einer abstrakten Verpflichtung – ohne Leistungsbewusstsein [vgl. a)] oder ohne Leistungszweckbestimmung [vgl. b)] zuzuwenden. (a) Rechtsgeschäftliche Zuwendung ohne Bewusstsein Beleuchten wir zunächst die Möglichkeit, einen rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteil, wie etwa ein abstraktes Schuldversprechen, ohne Bewusstsein zu begründen. Eine Antwort findet sich in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre: Präziser müssen wir die Frage beantworten, ob die für die Zuwendung eines rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteils stets erforderliche Willenserklärung auch ohne Bewusstsein vorhanden sein kann. Es sind zwei mögliche Konstellationen denkbar. Zum einen kann sich der Zuwendende bereits nicht bewusst darüber sein, dass er überhaupt eine Handlung vornimmt. In diesem Falle fehlt es der Willenserklärung schon am ihrerseits konstitutiven Element des Handlungswillens. Ohne Willenserklärung besteht kein kondizierbarer rechtsgeschäftlicher Vermögensvorteil, mithin auch kein Bereicherungsausgleich; es mangelt bereits am Bereicherungsgegenstand, mithin am ersten Tatbestandsmerkmal eines Kondiktionsanspruches. Zum anderen ist die Konstellation denkbar, in welcher der Zuwendende zwar über die Tatsache seines Handelns reflektiert, jedoch nicht bewusst etwas rechtlich Relevantes erklärt – seine Handlung aber gleichwohl vom objektiven Horizont des Erklärungsempfängers aus betrachtet auf einen rechtlich relevanten Willen schließen lässt.236 In einem solchen Falle fehlt es der Willenserklärung am subjektiven Element des Erklärungsbewusstseins. Die Feststellung: Keine Willenserklärung, also kein kondizierbarer rechtsgeschäftlicher Vermögensvorteil und also kein Bereicherungsausgleich, be235 Weitnauer, Leistung, S. 259; Kamionka, JuS 92, 847; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II, 2 (S. 81 ff.), will gar vier Elemente des Leistungsbegriffes erkennen. 236 Als konkretes Beispiel könnte folgender Fall angeführt werden: Die Unterzeichnung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, etwa einer Urkunde über ein abstraktes Schuldversprechen, in der Meinung, es sei eine Einladung zu einem Abendessen.

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darf bei einem solchen Erklärungsmangel jedoch weiterer Ausführungen. Denn hinsichtlich der Frage, wann sich ein solcher Erklärungsmangel auf die Willenserklärung auswirkt, bestehen zwei Meinungen. Nach beiden ist das Erklärungsbewusstsein im Grundsatz konstitutives subjektives Tatbestandsmerkmal jeder Willenserklärung, ohne dass diese nicht zur Entstehung gelangen kann.237 Unterschiedliche Anforderungen werden jedoch an den Inhalt des Erklärungsbewusstseins gestellt: Während die einen nur tatsächlich vorhandenes – „aktuelles“ – Bewusstsein über die rechtliche Relevanz der eigenen Handlung genügen lassen,238 gibt sich die heute als herrschend zu bezeichnende Ansicht auch mit einem schuldhaften Unbewusstsein von der rechtlichen Relevanz der eigenen Handlung, mit dem so genannten „potentiellen“ Erklärungsbewusstsein zufrieden.239 Wird ein abstraktes Schuldversprechen mithin bereits ohne „potentielles“ Erklärungsbewusstsein begründet, mangelt es nach beiden Ansichten an einer vollständigen Willenserklärung. Die Zuwendung eines rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteils ist in diesem Falle nicht möglich, die Frage nach einem etwaigen Bereicherungsanspruch stellt sich also nicht. Wird das abstrakte Schuldversprechen hingegen ohne „aktuelles“, jedoch mit „potentiellem“ Leistungsbewusstsein begründet – konnte der Zuwendende also unter Beobachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die rechtliche Relevanz seines Handelns erkennen –, so ist der Tatbestand der in Frage stehenden Willenserklärung nach der heute als herrschend zu bezeichnenden Ansicht vollständig gegeben. In diesen Fällen des nur „potentiell“ vorhandenen Erklärungsbewusstseins wurde mithin der rechtsgeschäftliche Vermögensvorteil, etwa eine abstrakte Verpflichtung, wirksam begründet. Aber selbst wenn man mit der herrschenden Auffassung die – dogmatisch ohnehin zweifelhafte240 – 237 In dogmatischen Kategorien unpräzise findet sich gemeinhin der Ausspruch, dass die eine Ansicht von der Konstitutivität des Erklärungsbewusstseins ausginge, die andere hingegen nicht. Vgl. nur MüKo/Kramer, 3. Aufl., § 119 Rn. 80 und auch BGHZ 91, 324. 238 Vgl. Enneccerus/Nipperdey, AT I, 2, § 164 (S. 1019 ff.); Hübner, AT § 32 II 2 a (S. 290); Staudinger/Singer, vor §§ 116–144 Rn. 49 i. V. m. Rn. 37 ff. 239 Nach BGHZ 91, 324, 330 liegt ein solches vor, wenn der Erklärende „bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß seine Erklärung oder sein Verhalten vom Empfänger nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte.“ Vgl. auch im Anschluss daran BGHZ 109, 171, 177; BGH NJW 91, 2084, 2086. Ebenso Larenz/Wolf, AT § 24 Rn. 6 (S. 474 f.), § 35 Rn. 16 (S. 658); Flume, AT II, § 20, 3 (S. 414), § 23 1 (S. 449 f.); Soergel/Hefermehl vor § 116 Rn. 13; Medicus, AT Rn. 607 ff.; MüKo/Kramer, 3. Aufl., § 119 Rn. 80 m. w. N. 240 Treffend Hübner, AT § 32 II 2 a (S. 290): „Hier eine Willenserklärung anzunehmen, läßt den Wesensgehalt der vom Willen getragenen privatautonomen Gestaltungsbefugnis außer acht … Verantwortlichkeitsmaßstäbe im sozialen Umfeld und willentliche Gestaltung sind auseinanderzuhaltende Kriterien.“

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Möglichkeit einer fahrlässig begründeten Willenserklärung bejaht, wird man diese Wertung nicht auf die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, präziser: auf die Frage der Entstehung des zugewandten Vermögensvorteils, beschränken können. Auch für die Frage des Bewusstseins im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff, mithin für die Frage des Bestands des zugewandten Vermögensvorteils, wird man konsequenterweise auch „potentielles“ Leistungsbewusstsein genügen lassen, so dass ein auf diese Weise begründeter rechtsgeschäftlicher Vermögensvorteil ebenfalls mit Leistungsbewusstsein und also durch Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zugewandt wurde.241 Festzuhalten bleibt, dass die hier ausschließlich zu betrachtende Konstellation der Zuwendung eines rechtgeschäftlichen Vermögensvorteils, etwa die Begründung einer abstrakten Verpflichtung, nicht ohne vorhandenes Leistungsbewusstsein des Zuwendenden denkbar ist. Fehlt es schon an dem Bewusstsein zu handeln oder auch nur an – zumindest potentiell vorhandenem – Bewusstsein, überhaupt rechtlich relevant zu handeln, so mangelt es bereits an einer wirksamen Willenserklärung, ohne welche ein rechtsgeschäftlicher Vermögensvorteil nicht begründet werden kann. In einem solchen Falle fehlt es für einen Kondiktionsanspruch bereits am ersten – allen hier besprochenen Kondiktionsarten gemeinsamen – Tatbestandsmerkmal, am Bereicherungsgegenstand: dem „Erlangten“. (b) Rechtsgeschäftliche Zuwendung ohne Zweckbestimmung Ist die Zuwendung eines abstrakten Schuldverhältnisses nicht ohne Leistungsbewusstsein möglich, so könnte diese dennoch ohne Leistungszweckbestimmung getätigt worden sein und aus diesem Grunde als Nicht-Leis241 Selbst wenn auf diese Weise aber ein Kondiktionsanspruch aus den Grundsätzen der Leistungskondiktion konstruierbar ist, fragt sich, ob der Geltendmachung nicht teleologische Gesichtspunkte entgegenstehen. Die Verfechter der Ansicht von der Möglichkeit der fahrlässigen Begründung wirksamer Willenserklärungen geben dem schuldhaft unbewusst Erklärenden die Möglichkeit der Anfechtung gem. § 119 Abs. 1, Alt. 2 BGB. Hintergrund dieser Konstruktion des ‚wirksam, aber anfechtbar‘ ist letztlich die Gewährleistung der Haftung des fahrlässig Handelnden (vgl. nur Flume, AT, § 10, 5, S. 131 f. und BGHZ 91, 324). Wenn dieser nun aber das Rechtsgeschäft nicht anfechtet, sondern über die Kondiktion die Aufhebung des abstrakten Vertrages verlangt, könnte er sich sowohl der Erfüllungshaftung als auch der Schadensersatzhaftung gem. § 122 BGB – zudem innerhalb der Frist aus §§ 195, 199 Abs. 1 BGB statt der aus § 121 BGB – entziehen, der Grundgedanke des Konstruktes „potentielles Erklärungsbewusstsein“ wäre hinfällig. Es läge deshalb nahe, in Fällen der Zuwendung eines rechtgeschäftlichen Vermögensvorteils mit nur potentiellem Leistungsbewusstsein eine Kondiktion des so begründeten Vermögensvorteils aus teleologischen Gesichtspunkten auszuschließen. Die Lösung der – gewissermaßen hausgemachten – Problematik erfolgt hiernach ausschließlich auf der Ebene der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre und dort wiederum im Anfechtungsrecht.

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tung im bereicherungsrechtlichen Sinne qualifiziert werden. Bevor wir dieser Frage nach der Möglichkeit der zwar bewussten, aber nicht zweckbestimmten Zuwendung nachgehen, wollen wir zunächst einen kurzen Blick in die Entstehungsgeschichte der modernen Definition des Leistungsbegriffes – „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“ – werfen. Dieser kurze Einblick wird für die sich anschließende Beantwortung unserer Frage hilfreich sein. Der heute selbstverständlichen Trennung von Leistungskondiktion und Eingriffskondiktion im BGB wurde erst in den dreißiger Jahren, maßgeblich durch die Untersuchung von Walter Wilburg,242 ein dogmatisches Fundament bereitet und so schließlich zu ihrem Durchbruch verholfen.243 Diese Arbeit förderte die Erkenntnis, dass das Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes nicht stets anhand privatautonomer Zwecksetzung beurteilt werden könne, bei bestimmten Vermögensmehrungen vielmehr auf andere Wertungsgrundlagen zurückgegriffen werden müsse.244 Als maßgebliches Abgrenzungsmerkmal der beiden dogmatisch voneinander zu trennenden Kondiktionsarten wurde der Wille herausgearbeitet: Bei einer willentlichen Vermögensverschiebung müsse dessen weiterer Bestand nach eben diesem Willen beurteilt werden, bei einer nicht willentlichen Vermögensverschiebung hingegen nach im Gesetz vorzufindenden Wertungen245 – diese Erkenntnis war keineswegs neu, konnte schon im von der ersten Kommission beschlossenen § 748 E I nachgelesen werden.246 Für die Abgrenzung der 242

Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, Graz 1934. So auch v. Caemmerer, FS Rabel, S. 337 f., 340; Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 185; Reuter/Martinek, § 7 I 1 (S. 234); Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 27 f. Freilich trennt bereits Kreß, BT, § 35, 2 (S. 333) im Jahre 1934 klar zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion, ohne dieses jedoch dogmatisch zu begründen. 244 Wilburg, Bereicherung, S. 12: „Die Verallgemeinerung des Merkmales der Grundlosigkeit für ungerechtfertigte Bereicherung ist eine bedenkliche Erbschaft des gemeinen Rechts. Sie läßt sich nur aus der suggestiven Macht der Leistungskondiktionen erklären, aus deren System sich die Bereicherungslehre entwickelt hat … (S. 17) das Fehlen einer causa schlich sich als generelles Merkmal der ungerechtfertigten Bereicherung ein.“ Vgl. auch v. Caemmerer, FS Rabel, S. 337 f.; Krawielicki, Grundlagen, S. 1; Kötter, AcP 153 (1954), S. 194, 205. 245 Kreß, BT, S. 333: „Ihr ‚rechtlicher Grund‘ ist der Wille des Gesetzes, der Zweckvereinbarung bedarf es nicht“; Krawielicki, Grundlagen, S. 1: „Leistung ist eine vom Geber gewollte Vermögensverschiebung. Bereicherung in sonstiger Weise liegt vor, soweit dieses Merkmal willentlicher Zuwendung fehlt.“ Vgl. auch Wilburg, Bereicherung, S. 7, 12, 18, 49; Staudinger/Lorenz, § 812 Rn. 1; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 1 a (S. 80); Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Weitnauer, Leistung, S. 264. 246 „Derjenige, aus dessen Vermögen nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtgültigen Willens ein Anderer bereichert worden ist, kann, wenn hierzu ein rechtlicher Grund gefehlt hat, von dem Anderen die Herausgabe der Bereicherung fordern. Als rechtlicher Grund ist es im Zweifel anzusehen, wenn ein Rechts243

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Leistungs- von der Eingriffskondiktion im BGB wurde also in den Anfängen zunächst allgemein auf den Willen abgestellt, der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff als eine willentliche Vermögensmehrung begriffen.247 Die heute herrschende, den Willen in zwei Elemente gliedernde Definition der Leistung als bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung, wurde erst durch die Untersuchungen von Hans-Wilhelm Kötter begründet.248 Er arbeitete erstmals die Bedeutung des Zwecks auch für den bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff heraus. Mit Blick auf den Rechtsgrundbegriff der Leistungskondiktion stellte er fest: Es könne „nur ein solches Verhalten den Begriff der Leistung nach § 812 BGB erfüllen, bei dem es sinnvoll ist, an das Fehlen eines ‚Zweckes‘ dieses Verhaltens Rechtsfolgen zu knüpfen.“249 Mit anderen Worten: Den Bestand einer Vermögensmehrung von der Erreichung eines Zweckes abhängig zu machen – mithin den rechtlichen Grund nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion auszufüllen – ist immer dann sinnvoll und geboten, wenn der Zuwendende seine Zwecksetzungsabsicht zum Ausdruck gebracht hat.250 Als Grundvoraussetzung einer solchen Zwecksetzungsabsicht des Zuwendenden aber stellte Kötter fest, dass dieser sich zumindest über die Vermögensverschiebung bewusst sein müsse.251 Auf Grundlage dieser Erkenntnisse entwickelte sich dann die – von Kötter nirgends in dieser Weise ausgesprochene – heute allgemein anerkannte Formel von der „bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens“ zur Konkretisierung des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffes.252 verlust auf einer diesen bestimmenden Vorschrift beruht.“ Abgedruckt in Mugdan II, S. CXXXV. 247 Krawielicki, Grundlagen, S. 1. Vgl. auch Kötter, AcP 153 (1954), S. 194; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 1 a (S. 80). 248 Kötter, AcP 153 (1954), S. 193 ff. insbes. S. 198. Vgl. ebenso Kötter als Begründer herausstellend MüKo/Lieb, § 812 Rn. 26; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 2 III (S. 33) und § 4 II 1 a (S. 80 f.). 249 Kötter, AcP 153 (1954), S. 196. 250 Vgl. Weitnauer, Leistung, S. 264 und S. 276: „Wenn man einmal das entscheidende Kriterium der Leistung darin sieht, … daß ihr vom Leistenden eine Zweckbestimmung gegeben ist, dann kann die Frage des Rechtsgrundes nurmehr in Verfolg des Willens des Leistenden entschieden werden.“ 251 Kötter, AcP 153 (1954), S. 195 f.: „Offenbar muss solches Verhalten einen rechtlichen Grund oder – allgemeiner ausgedrückt: – einen Zweck (vgl. §§ 812 I S. 2; 815, 817 S. 1) haben können, da es sonst sinnlos wäre, an dessen Fehlen oder Scheitern Rechtsfolgen zu knüpfen. Mindestens also muß ein bewußtes Verhalten dessen vorliegen, der die Mehrung eines fremden Vermögens verursacht, um ihn einen Leistenden (vgl. §§ 814, 815, 817 S. 2 BGB) nennen zu können.“ 252 Kumuliert kommen die beiden Leistungselemente lediglich in Kötter, AcP 153 (1954), S. 198 zum Ausdruck: „Auch die bewußte Mehrung fremden Vermögens ist daher nur gegenüber demjenigen … als Leistung im Sinne des § 812 BGB anzusehen, der durch Zweckerreichungsabsicht mit dem … Zuwendenden verbunden ist.“

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Widmen wir uns nach diesem kurzen Ausflug in die Entstehungsgeschichte der modernen Leistungsdefinition nunmehr unserem eigentlichen Untersuchungsgegenstand: Wenn schon die Zuwendung eines abstrakten Schuldverhältnisses nicht ohne Leistungsbewusstsein möglich ist, so könnte diese dennoch ohne Leistungszweckbestimmung getätigt worden sein und aus diesem Grunde als Nicht-Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne qualifiziert werden. Wie oben bereits herausgearbeitet, ist die Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff richtigerweise als eine einseitige nicht-rechtsgeschäftliche Erklärung des Zuwendenden zu begreifen – und dabei von der zweiseitigen rechtsgeschäftlichen Zweckbestimmung im Rechtsgrundbegriff der Leistungskondiktion dogmatisch zu trennen. Um eine Vermögensmehrung als bereicherungsrechtliche Leistung zu qualifizieren, ist demnach lediglich eine „natürliche“ Erklärung des Zuwendenden über den mit der Zuwendung verfolgten Zweck erforderlich und ausreichend. Rechtsgeschäftliche Erklärungsmängel, wie etwa mangelnde Geschäftsfähigkeit, haben auf die Wirksamkeit der Leistungszweckbestimmung keinerlei Auswirkungen, wirken sich vielmehr erst in der Frage des Rechtsgrundes der Leistung aus. Dieses Verständnis von der Leistungszweckbestimmung als einer nicht-rechtsgeschäftlichen Erklärung findet Bestätigung nunmehr auch in der Entstehungsgeschichte des modernen Leistungsbegriffs: Sobald der Zuwendende seine Zwecksetzungsabsicht zum Ausdruck gebracht hat, ist es sinnvoll und geboten den weiteren Bestand der Vermögensmehrung allein an der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung zu messen, die Vermögensmehrung mithin als eine Leistung zu begreifen und nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion zu behandeln. Es erscheint doch aber gerade dann – mit Kötter – sinnvoll und im Sinne der Rechtssicherheit auch dringend geboten, den weiteren Bestand der Vermögensverschiebung an der wirksamen Zweckvereinbarung und Zweckerreichung zu messen, wenn der Leistende sich gerade nicht rechtsgeschäftlich fehlerfrei erklären konnte – und den Bestand nicht etwa von der Frage des Zuweisungsgehaltes des Vermögensvorteils oder der Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung abhängig zu machen. Gerade in dieser hier bestätigten Erkenntnis der mangelnden Rechtsgeschäftlichkeit der Leistungszweckbestimmung liegt auch der Schlüssel zur Beantwortung unserer Ausgangsfrage nach der Möglichkeit einer bewussten, jedoch nicht zweckgerichteten Vermögensmehrung. Wir haben zu Anfang dieser Arbeit unterschieden zwischen der psychologischen und der rechtlichen Frage nach der Notwendigkeit des Zwecks einer Handlung, konnten für die psychologische Ebene feststellen: nihil est sine ratione, niemand handelt ohne Zweck. Wir hatten weiterhin herausgestellt, dass die rechtliche Frage nach dem Zweck von dieser Beobachtung grundsätzlich abzugrenzen und unabhängig zu beurteilen sei. Für die Frage

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der Leistungszweckbestimmung nun aber kann die psychologische Feststellung auf die rechtliche Ebene übertragen werden, weisen beide gewissermaßen Deckungsgleichheit auf.253 Denn je weniger rechtliche Anforderungen an eine Handlung gestellt werden, desto mehr stimmt die rechtliche Betrachtung mit der psychologischen Betrachtung überein. An die Leistungszweckbestimmung sind bei richtigem Verständnis keinerlei rechtsgeschäftliche Anforderungen zu stellen. Bei jedweder bewussten Zuwendung eines rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteils wird also stets auch eine – zumindest konkludent geäußerte – „natürliche“ Erklärung über den Zweck der Zuwendung feststellbar sein. Auch wenn der Jurist reflexartiges Unbehagen bei einer solchen Gleichstellung von rechtlicher und psychologischer Betrachtung verspürt,254 er wird selbst bei langem Nachdenken keine Konstellation sich ausdenken können, in welcher jemand zwar bewusst einen rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteil zuwendet, diesen aber nicht zugleich auch einer einseitigen „natürlichen“ Zweckbestimmung unterwirft.255 Gleichwohl lassen sich zwei Fälle anführen, in denen auf den ersten Blick scheinbar etwas bewusst, aber dennoch ohne Zweck zugewendet wird. Erstens lässt sich der Fall denken, dass ein Vermögensvorteil bewusst zugewendet wird unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, die Bestimmung des Leistungszwecks erst nachträglich vornehmen zu wollen.256 Im Zeitpunkt der Zuwendung also ist ein konkreter Zweck der Leistung noch nicht bestimmt worden, liegt bei rein formaler Betrachtung nur eine bewusste Mehrung fremden Vermögens vor und somit scheinbar eine Nicht-Leistung. Bei Vergegenwärtigung des entstehungsgeschichtlichen Hintergrundes der modernen Leistungsdefinition aber kann kein Zweifel daran bestehen, dass auch eine solche Zuwendung unter Vorbehalt nachträglicher Zweckbestimmung als eine Leistung anzusehen, mithin nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion zu behandeln ist: Der Zuwendende erklärt doch gerade in diesem Falle seine Zwecksetzungsabsicht ausdrücklich, so dass es – mit Kötter – sinnvoll und auch geboten ist, den weiteren rechtlichen Bestand dieser Zuwendung gemäß seinem Willen von der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung abhängig zu machen und also nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion zu beurteilen. 253

Vgl. Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 29. Vgl. dazu Klein, Zweckerreichung, S. 44 ff. 255 Vgl. auch Schmidt, Erfüllung, S. 91: „Es ist kaum denkbar, daß eine Zuwendung völlig zwecklos ohne einen Beweggrund erfolgt. Denn Zuwendungen sind Handlungen, und im Handlungsbegriff ist notwendig ein finales Element enthalten.“ 256 Vgl. dazu insbes. Seibert, Erfüllung, S. 103 ff.; Schmidt, Erfüllung, S. 90 ff. Zur Zulässigkeit der nachträglichen nach ganz h. M. Zweckbestimmung vgl. nur BGHZ 51, 157, 162; Reuter/Martinek, Bereicherung, § 4 II 3 d (S. 105); Gernhuber, Erfüllung, § 5 III 3 a (S. 115); MüKo/Wenzel, § 366 Rn. 9. 254

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Als prominente – gleichsam zweite – Konstellation, in welcher auf den ersten Blick scheinbar etwas bewusst, jedoch nicht zweckgerichtet zugewendet wird, kann das typische Dreipersonenverhältnis angeführt werden: Jemand (der Angewiesene) wendet auf Anweisung eines anderen (des Anweisenden) einem Dritten (dem Anweisungsempfänger) einen Vermögensvorteil zu – in unserem Zusammenhang könnte beispielsweise an eine Überweisung durch die Bank (die Angewiesene)257 von dem Konto des A (des Anweisenden) auf das Konto des E (des Anweisungsempfängers) gedacht werden. Einigkeit besteht hinsichtlich des Ergebnisses: Kondiziert werden darf nur in den Leistungsbeziehungen, nicht hingegen zulässig sei eine (Durchgriffs-)Kondiktion im so genannten „Außenverhältnis“ zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger.258 Unklar ist jedoch die dogmatische Begründung dieses unumstrittenen Resultats. Der Bundesgerichtshof und mit ihm viele Stimmen in der Literatur bemühen das so genannte und nur für diese Fälle er- bzw. gefundene Subsidiaritätsprinzip, wonach ein Anspruch aufgrund einer Vermögensmehrung „in sonstiger Weise“ nur dann entstehen soll, „wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist“.259 Die Ursache für das Bemühen eines solchen „Prinzips“ liegt darin begründet, dass die tatsächliche Vermögensmehrung im Außenverhältnis (die Gutschrift der Bank auf das Konto von E) als eine zwar bewusste, aber doch zweckfreie Vermögensmehrung und also nicht als eine bereicherungsrechtliche Leistung begriffen wird. Der somit als im Grundsatz möglich erachtete Anspruch aufgrund einer Vermögensmehrung „in sonstiger Weise“ im Außenverhältnis soll mit dem gefundenen „Prinzip“ gleichwohl wieder ausgeschlossen werden. Genau besehen aber wendet auch hier der Angewiesene (die Bank) selbstverständlich nicht zweckfrei einen Vermögensvorteil zu, verfolgt doch stets einen bestimmten Zweck im Verhältnis zum Anweisenden.260 Wie für eine Vermögensverschiebung zwischen zwei Personen richtet sich freilich auch in diesem Falle der weitere rechtliche Bestand der Zuwendung – mit 257 Die Gutschrift auf dem Konto des E durch die Bank wird nach h. A. als ein abstraktes Schuldversprechen begriffen, vgl. Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 45; ders., Leistung, S. 280; Schnauder, Grundfragen, S. 72 m. w. N. 258 So schon Kötter, AcP 152 (1954), 208; Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 44; ders., Leistung, S. 280. 259 BGHZ 40, 272, 278. Im Anschluss mit eben diesen Worten BGHZ 56, 228, 240 und 69, 186, 189. Zur Literatur vgl. nur Schnauder, NJW 1999, 2842 f. und ders., Grundfragen, S. 122 m. w. N. 260 Vgl. Kreß, AT, § 5 II 3 (S. 51). Zu dieser Lehre, die für den Vorrang der Leistungs- vor der Nichtleistungskondiktion auf den Leistenden abstellt und nicht, wie der Bundesgerichtshof, auf den „objektiven Horizont“ des Empfängers der Leistung, Schnauder, NJW 99, S. 2843 ff.; Ehmann, NJW 69, 401; ders., NJW 1971, 613; Weitnauer, DB 1984, S. 2498; MüKo/Lieb, § 812 Rn. 32, 57 ff.

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Kötter – sinnvoller- und gebotenerweise allein nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion. Gleichwohl entfaltet der Leistungszweck in solchen Konstellationen mit mehr als drei an einer Vermögensverschiebung beteiligten Personen eine weitere wichtige Funktion: Da sich die Frage des rechtlichen Grundes sinnvollerweise nur danach richtet, ob ein Zweck wirksam vereinbart und erreicht wurde, bestimmt sich folglich auch der richtige Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner einer etwaigen Kondiktion allein anhand der „Richtung der Zweckverfolgung“.261 Gerade diese Funktion hatte Kötter im Blick, als er die Bedeutung des Zwecks für den Leistungsbegriff im bereicherungsrechtlichen Dreipersonenverhältnis herausarbeitete: „Der zutreffende Gesichtspunkt ist hier nur dadurch zu gewinnen, daß – unabhängig vom äußeren Vorgang des Erlangens – diejenigen Beziehungen der (unmittelbar wie mittelbar) Beteiligten festgelegt werden, die eine gültige rechtliche Zwecksetzung enthalten …“262 Hugo Kreß spricht in diesem Zusammenhang anschaulich von einer „Umleitung der Leistung durch die Zweckbestimmung“ und trifft damit den Kern: Die tatsächliche Vermögensverschiebung vom Angewiesenen (der Bank) direkt zum Anweisungsempfänger (E) wird rechtlich besehen innerhalb der Zweckbeziehungen, also zunächst vom Anweisenden (A) zum Angewiesenen (der Bank), sodann vom Angewiesenen (der Bank) zum Anweisungsempfänger (E) verschoben.263 Rechtlich betrachtet wurde dem Anweisungsempfänger (E) der Vermögensvorteil mithin nicht vom Angewiesenen (der Bank) bewusst aber zweckfrei zugewendet, sondern bewusst und zweckgerichtet durch den Anweisenden (A) selbst.264 Erfasst man den Leistungsbegriff auf diese dogmatisch stringente und historisch gewollte Weise, kann in Fällen einer Vermögensverschiebung mit mehr als zwei beteiligten Personen eine Zuwen261 So insbes. Kötter, AcP 153 (1954), S. 196 f.; vgl. auch Ermann/Westermann, § 812 Rn. 12: „Richtung der Zwecksetzung“. 262 Kötter, AcP 153 (1954), S. 197, der auf den S. 196 ff. zunächst den Zweck in den Dreipersonenverhältnissen, erst im Anschluss sodann ab S. 198 ff. dessen Bedeutung in den Zweipersonenverhältnisse behandelt. 263 Kreß, AT, § 5 II 3 (S. 51); Weitnauer, Leistung, S. 280; Schnauder, Grundfragen, S. 79 f. 264 So freilich nur dann, wenn der Anweisende die Zweckbestimmung vornimmt und nicht der Angewiesene selbst. In einem solchen Falle hätte der Angewiesene bewusst und zweckgerichtet zugewendet, der Bereicherungsausgleich müsste folglich zwischen dem Angewiesenen und Anweisungsempfänger stattfinden, so klar OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 201 (203 f.), welches u. a. instruktiv ausführt: „Die Bekl. [Angewiesene] leitete den Kl. [Anweisende] die Darlehensvaluta nicht zur Zwecksetzung gegenüber der Zahlungsempfängerin [Anweisungsempfängerin] zu. Sie [die Angewiesene] verfolgte stattdessen den Auszahlungs- bzw. Erfüllungszweck im Zuwendungsverhältnis gegenüber der Bauträgerin [der Anweisungsempfängerin] selbst, §§ 362 II, 185 BGB. In diesem Rechtsverhältnis muss die Bekl. [Angewiesene] daher auch den Bereicherungsausgleich suchen …“.

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dung „in sonstiger Weise“ nicht ausgemacht werden.265 Ein Anspruch des Angewiesenen (der Bank) gegenüber dem Anweisungsempfänger (E) aus der Eingriffskondiktion scheitert schon mangels einer gem. § 812 Abs. 1, S. 1 Alt. 2 aufgestellten Tatbestandsvoraussetzung, ein besonderes Subsidiaritätsprinzip muss dafür nicht er- bzw. gefunden werden.266 Festzuhalten ist bis hierher: Eine Zuwendung, die bewusst getätigt wurde, wird stets auch zweckbestimmt erfolgen und deshalb als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren sein. Diese Erkenntnis folgt aus der Rechtsnatur der Leistungszweckbestimmung als eine „natürliche“ nicht-rechtsgeschäftliche Erklärung über den Zweck der Leistung, welche – gleichsam parallel zur eingangs herausgearbeiteten psychologischen Einsicht, dass niemand ohne Zweck handelt – in Fällen der bewussten Zuwendung eines Vermögensvorteils stets vorliegt. Freilich kann ein Beweis für diese Behauptung nur negativ geführt werden, können nur Einzelfälle, in denen etwas bewusst, aber zweckfrei zugewendet wird, das Gegenteil belegen. Weder in der denkbaren Konstellation, in welcher sich der Zuwendende die Bestimmung des Zwecks der Leistung vorbehält, noch innerhalb der typischen Dreipersonenverhältnisse kann bei richtiger historisch-dogmatischer Erfassung des Leistungsbegriffes eine bewusste und dennoch zweckfreie Zuwendung festgestellt werden. Unsere hier gestellte Ausgangsfrage lässt sich auf Grundlage dieser Erkenntnisse klar beantworten: Sobald ein Vermögensvorteil bewusst verschoben wird, erfolgt dies auch stets zu einem „natürlich“ bestimmten Zweck, die Qualifizierung der Vermögensverschiebung als bereicherungsrechtliche Leistung wird deshalb nie am Element des Leistungszwecks scheitern.267 265 Vgl. instruktiv Kötter, AcP 153 (1954), S. 208: „Der allgemein verkannte wirkliche Grund dafür, weshalb der Dritte mit einer Kondiktion hier überhaupt nicht gehört werden kann, ist aber m. E., daß die Bereicherung des Empfängers ‚durch die Leistung eines anderen‘, mithin nicht ‚in sonstiger Weise‘ eingetreten ist und der Dritte allenfalls bei Vorliegen dieses letzteren Bereicherungstatbestandes forderungsberechtigt sein könnte.“ 266 Ohne ein solches Prinzip und nur mit dem Leistungsbegriff kommen insbesondere auch aus: Kötter, AcP 153 (1954), S. 207 f.; Kreß, AT, § 5 II 3 (S. 51); Schnauder, Grundfragen, S. 123 f. Letzterer stellt auf S. 124 prägnant den systematischen Fehler der Vorgehensweise des BGH heraus: „Eine zutreffende Unterscheidung zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion hat demnach bei der Zweckbestimmung [sic] des Zuwendenden und nicht, wie der BGH, bei der bloßen Zweckvorstellung des Zuwendungsempfängers anzusetzen.“ 267 Nun mag eingewendet werden, dass diese Erkenntnis im Ergebnis die Überflüssigkeit des Elements des Zwecks im Leistungsbegriff statuiere, wenn bei jedweder bewussten Zuwendung auch stets ein Zweck feststellbar ist. Und tatsächlich, für Zweipersonenverhältnisse entbehrt das Element des Zwecks jeder Funktion, richtet sich die Abgrenzung von Leistungs- und Eingriffskondiktion allein nach dem Element des Bewusstseins. Für die Dreipersonenverhältnisse indes behält die Zweck-

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(c) Zusammenfassende Betrachtung Wir haben in diesem Abschnitt die Frage nach der Möglichkeit der Kondiktion eines abstrakten Schuldversprechens nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion aufgeworfen, wonach die Feststellung des rechtlichen Grundes und also des weiteren rechtlichen Bestands gänzlich unabhängig davon beurteilt wird, ob ein Zweck vereinbart und auch erreicht wurde. Gleichsam Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze der Eingriffskondiktion ist die Möglichkeit, ein abstraktes Schuldversprechen nicht durch Leistung zuzuwenden, da nur dann die Vermögensverschiebung „in sonstiger Weise“ getätigt wurde. Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne wird, auf Grundlage der Untersuchungen von Kötter, definiert als „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“. Die Begründung einer abstrakten Verpflichtung wäre demnach zum einen als eine Nicht-Leistung zu begreifen, wenn sie ohne Leistungsbewusstsein begründet worden wäre. Wir konnten feststellen, dass die Begründung eines rechtsgeschäftlichen Vermögensvorteils im Allgemeinen nicht ohne Leistungsbewusstsein denkbar ist, dieser schon nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre nicht wirksam zustande käme und es also bereits an einem Bereicherungsgegenstand fehlen würde. Die Qualifizierung einer abstrakt begründeten Verpflichtung als eine Nicht-Leistung mangels Leistungsbewusstseins ist somit nicht konstruierbar. Ein bewusst begründetes abstraktes Schuldverhältnis könnte jedoch dann als eine Nicht-Leistung zu qualifizieren sein, wenn es ohne Zweckbestimmung zugewendet wurde. Aber auch diesbezüglich konnten wir wiederum auf allgemeiner Ebene feststellen, dass bei bewusster Zuwendung stets auch eine „natürliche“ nicht-rechtsgeschäftliche Zweckbestimmung feststellbar ist. Auch die Qualifizierung einer abstrakt begründeten Verpflichtung als NichtLeistung mangels Leistungszweckbestimmung ist mithin nicht konstruierbar. Die Begründung einer solchen Verpflichtung ist demnach nur als eine bewusste und zugleich zweckgerichtete Vermögensverschiebung denkbar und also mit § 812 Abs. 2 BGB stets als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu begreifen.268 Unsere Ausgangsfrage kann demnach klar beantwortet werden: Die Möglichkeit der Kondiktion eines abstrakten Schuldversprechens nach den Grundsätzen der Eingriffskondiktion besteht nicht, dessen weiterer rechtlicher Bestand richtet sich somit stets nach den Grundbestimmung im Leistungsbegriff weiterhin seine Existenzberechtigung. Hier kann der richtige Anspruchsberechtigte und Anspruchsgegner allein anhand der „Richtung der Zweckbestimmung“ ausgemacht werden, vgl. Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 29 f. 268 So auch Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 I (S. 744), der, ohne in die dogmatische Prüfung einzutreten, § 812 Abs. 2 BGB als eine „selbstverständliche“ Hervorhebung durch den Gesetzgeber bezeichnet.

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sätzen der Leistungskondiktion, mithin danach, ob ein Zweck wirksam vereinbart und auch erreicht wurde. c) Die Möglichkeit der Leistungsverweigerung Der Vollständigkeit halber betrachten wir nunmehr die gem. § 821 BGB dem Schuldner einer abstrakten Verpflichtung eingeräumte Möglichkeit, die Erfüllung einer rechtsgrundlosen abstrakten Verpflichtung „auch dann“ zu verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit bereits verjährt ist. Dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die Einrede der Bereicherung „auch dann“ gegeben sein soll, stellt die nur modifizierende Wirkung der Norm heraus. Denn das eigentliche Leistungsverweigerungsrecht selbst folgt konstruktiv nicht aus § 821 BGB, sondern aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, § 242 BGB: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est.269 Die Durchsetzung des Anspruches aus einer abstrakten Schuld stellt sich mithin dann als eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn das daraus Erlangte alsbald zurückzugewähren wäre.270 Die Einrede aus § 242 BGB ist folglich nicht gegeben, sobald der Anspruch auf Rückgewähr der abstrakten Schuld, mithin der Anspruch auf dessen Aufhebung, aufgrund Verjährung nicht mehr durchzusetzen ist. An dieser Stelle greift § 821 BGB modifizierend ein und erklärt die Verjährung des Kondiktionsanspruches für den Bestand der Einrede aus § 242 BGB für unerheblich, verlängert mithin das Leistungsverweigerungsrecht über die Verjährungszeit des Bereicherungsanspruches – regelmäßig gem. § 195 BGB drei Jahre – hinaus.271 Die Regelung des § 821 BGB koppelt dieses Leistungsverweigerungsrecht aus § 242 BGB jedoch keineswegs vollständig von dem Bereicherungsanspruch ab. Es wird vielmehr nur der Eintritt der Verjährung für unbeachtlich erklärt, im Übrigen aber müssen nach herrschender Ansicht alle 269 Vgl. Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 I (S. 745); Palandt/Sprau § 821 Rn. 1; Palandt/Heinrichs, § 242 Rn. 52; BGHZ 10, 75; 79, 204; 94, 246; 110, 33; Staudinger/Lorenz, § 821 Rn. 3; MüKo/Lieb, § 821 Rn. 3. Dogmatisch falsch unmittelbar aus § 821 hergeleitet noch von RGZ 59, 352, 354; 61, 318, 321; 67, 240, 242 f.; richtig dagegen später RGZ 86, 301, 304. 270 Vgl. nur Palandt/Sprau § 242 Rn. 52. 271 Wobei sich der Anwendungsbereich des § 821 BGB, genau besehen, auf solche Fälle beschränkt, in denen der Erfüllungsanspruch des Gläubigers den Bereicherungsanspruch des Schuldners in seiner Verjährung überdauert, vgl. Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 I (S. 746 f.); Staudinger/Lorenz, § 821 Rn. 3; MüKo/ Lieb, § 821 Rn. 2. Die Modifikation des § 821 BGB wird heute, nach Absenkung der regelmäßigen Verjährungszeit von dreißig auf drei Jahre, an Bedeutung gewinnen, vgl. Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 III (S. 748 f.), die für die alte Rechtslage eine „praktische Bedeutungslosigkeit“ feststellen konnten.

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Tatbestandsmerkmale eines Kondiktionsanspruches gegeben sein.272 Damit die Einrede der Bereicherung fortbestehen kann, ist also stets der hypothetische Bestand des Bereicherungsanspruches – nunmehr als Naturalobligation – erforderlich. Die über § 821 BGB fortgesetzte Bereicherungseinrede bleibt insoweit eine „abhängige“ Einrede.273 Wie wir bis hierher feststellen konnten, ist ein abstraktes Schuldversprechen mit § 812 Abs. 2 BGB stets als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu begreifen. Als einschlägiger Bereicherungsanspruch kommt mithin nur ein solcher aus Leistungskondiktionsgrundsätzen in Betracht. Die Bereicherungseinrede gem. §§ 242, 821 BGB ist also Bestandteil des Rechts der Leistungskondiktion.274 Eine abstrakte Forderung ist folglich nur dann auch durchsetzbar, wenn für sie ein ihren Bestand rechtfertigender Grund im Sinne der Leistungskondiktion festgestellt werden kann; wenn ein solcher Rechtsgrund hingegen nicht feststellbar ist, hat der Schuldner die Möglichkeit, die Erfüllung zu verweigern. Unabdingbare Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion und also auch für die Durchsetzbarkeit der abstrakten Verpflichtung ist aber, wie beleuchtet, die Vereinbarung und die Erreichung des Zwecks der Leistung. 4. Zusammenfassende Betrachtung Wir können festhalten, dass nach geltender Gesetzeslage schuldrechtliche Verpflichtungen im Grundsatz kausal ausgestaltet sind. Danach ist die Einigung der Parteien über die der Verpflichtung zugrunde liegenden causa erforderlich, die einen wesentlichen Bestandteil (essentialia negotii) des Angebotes zum Abschluss eines Schuldvertrages darstellt; kommt eine Vereinbarung über die causa nicht zustande, gelangt die kausale Verpflichtung nicht zur Entstehung. Daneben stellt das Gesetz aber auch die Möglichkeit zur Verfügung, sich abstrakt zu verpflichten. Die causa der Verpflichtung gehört hierbei nicht zu den essentialia negotii der vertraglichen Einigung, die schuldrechtliche Verpflichtung gelangt also auch ohne die Vereinbarung über die causa der Schuld zur Entstehung. Wenn auch eine Zweckvereinbarung für die Entstehung der abstrakten Verpflichtung nicht erforderlich ist, so ist sie aber dennoch unverzichtbare Voraussetzung, um deren rechtlichen Bestand bzw. deren Durchsetzbarkeit zu gewährleisten. Die Begründung einer abstrakten Schuld ist mit § 812 Abs. 2 BGB stets als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu begreifen, so dass sich die Fest272

Vgl. nur Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 III (S. 749) und Staudinger/Lorenz, § 821 Rn. 9. 273 Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 III (S. 749 f.). 274 Reuter/Martinek, Bereicherungsrecht, § 24 I (S. 744).

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stellung eines rechtlichen Grundes, mithin die Kondiktionsfestigkeit der abstrakten Schuld allein nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion beurteilt. Nach dem Recht der Leistungskondiktion setzt ein den weiteren rechtlichen Bestand rechtfertigender Grund eine Zweckvereinbarung und Zweckerreichung voraus. Da der Schuldner einer abstrakten Verpflichtung gem. §§ 242, 821 BGB darüber hinaus auch die Möglichkeit hat, bei bestehendem – wenn auch verjährtem – Anspruch aus der Leistungskondiktion die Erfüllung zu verweigern, ist auch für die Durchsetzbarkeit einer abstrakten Schuld zwingend eine Zweckvereinbarung erforderlich. Die Vereinbarung über die causa der Verpflichtung ist mithin bei den kausalen Verpflichtungen unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung, bei den abstrakten Verpflichtungen unabdingbare Bestandsvoraussetzung.

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte Erinnern wir uns: Das römische Recht kannte den Begriff des Vertrages (contactus, pactum, conventio) nur auf der Ebene der Verpflichtungsgeschäfte. Gleichwohl aber wurde Eigentum an einem Gegenstande nicht schon durch den obligatorischen Vertrag selbst übertragen, vielmehr bedurfte es auch nach römischem Recht eines davon gesonderten Verfügungsgeschäftes, der so genannten traditio ex iusta causa. Schon das römische Recht unterschied daher, von dogmatischer Warte aus betrachtet, zwischen dem Geschäft der Verpflichtung und dem Geschäft der Verfügung, wenn dies auch zu damaliger Zeit nicht in solcher Klarheit herausgearbeitet wurde. Für die Tradition wurden dreierlei Voraussetzungen diskutiert: eine Besitzübergabe, die Berechtigung des Veräußerers und eine iusta causa. Hinsichtlich des letzten Merkmals konnten wir auf eine berühmte Antinomie zwischen Julian und Ulpian verweisen, die einen bis heute ungelösten Widerspruch in den überlieferten Quellen darstellt. Bei Betrachtung dieser sich widersprechenden Quelltexte konnten wir für das Merkmal der iusta causa der Tradition zwei grundsätzliche Beobachtungen machen: Obschon es bis zum heutigen Tage als ungeklärt gelten kann, ob die römische Tradition die Vereinbarung über ihre causa für ihre Wirksamkeit erfordert – ob sie also kausal oder abstrakt ausgestaltet war –, kommt in beiden Textstellen übereinstimmend zum Ausdruck, dass das Merkmal der iusta causa jedenfalls keine einseitige Bestimmung, sondern eine Vereinbarung über die causa voraussetzt. Des Weiteren haben wir anhand des Merkmals der iusta causa herausgearbeitet, dass jenseits des Widerspruches in beiden Textstellen übereinstimmend zum Ausdruck kommt, dass sich die Parteien zumindest hinsichtlich der Übertragung des Eigentums einig sein mussten; offen gelassen haben wir die Frage, ob die Römer hierbei auf die obligatorische

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte

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Einigung Bezug nahmen oder aber bereits eine davon getrennte, selbständige (dingliche) Einigung und also ein Verfügungsgeschäft im Sinne eines eigenständiges Rechtsgeschäft forderten. Der Verfügungsebene hatten wir bis hierher lediglich hinsichtlich des nunmehr in Erinnerung gerufenen römischen Rechts Raum gegeben, uns ansonsten vollständig auf den Gang der Rechtsentwicklung der Obligation konzentriert, um Licht in die Funktion und die Bedeutung der causa dieses Rechtsgeschäfts zu bringen. Steigen wir hier nun etwas mehr als ein Jahrtausend später in die Beleuchtung dieser Verfügungsebene wieder ein. Erst in dieser Zeit nämlich setzt sich nachweislich für den deutschen Rechtsraum die Überzeugung durch, dass auch Verfügungen als Rechtsgeschäft zu begreifen und streng von dem obligatorischen Rechtsgeschäft zu trennen sind. Betrachten wir nunmehr also zunächst diesen deutschen Sonderweg,275 die Entwicklung zum Trennungs- und Abstraktionsprinzips im 19. Jahrhundert (vgl. I), um erst im Anschluss daran die causa der Verfügungsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch näher zu untersuchen (vgl. II).

I. Die causa der Verfügung im 19. Jahrhundert „Die theoretische Erfassung des Rechtsüberganges durch Besitzübergang in Verbindung mit einer begrifflich schwankenden Zutat hat im Sinne der der einzelnen Betrachtungsweisen stets Kämpfe gekostet, die bis auf den heutigen Tag – wenn auch natürlich nur de lege ferenda – nicht ganz zur Ruhe gekommen sind.“276 Diese einleitenden Worte von Wilhelm Felgentraeger in seiner grundlegenden Untersuchung über Savignys Einfluss auf die Übereignungslehre geben die geschichtliche Entwicklung des Verfügungsgeschäftes ab dem Beginn der Rezeption des römischen Rechts im 12. Jahrhundert treffend wieder. Auch die umfassenderen Untersuchungen von Johannes Fuchs277 und Franz Hofmann278 über die historische Entwicklung der römischen Tradition zeigen deutlich auf, dass sich durch die Jahrhunderte hindurch die unterschiedlichsten Ansichten über die dogmatische Erfassung der hier plastisch als „schwankende Zutat“ bezeichneten iusta causa gegenüberstanden. Ursächlich für diese sich stets wandelnden Überzeugungen zeichnet insbesondere der überlieferte Widerspruch zwischen Ulpian und Julian; 275 Vgl. Brandt, Eigentumserwerb, S. 9 und rechtsvergleichend v. Caemmerer, RabelsZ 12 (1938/39), S. 676 ff. 276 Wilhelm Felgentraeger in: Friedrich Carl v. Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre, S. 1 (1927). 277 Fuchs, Iusta causa traditionis in der Romanischen Wissenschaft, 1952. 278 Hofmann, Die Lehre vom titulus und modus adquirendi, 1873.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

hier schloss man sich dem einen, dort dem anderen an.279 Eine Untersuchung wie die unsere, die sich zum Ziel gesetzt hat, die causa der Rechtsgeschäfte zu beleuchten, kann sich historisch nur an Strömungen orientieren, die zu dem heutigen Rechtszustand geführt haben – mehr kann und muss sie nicht leisten.280 Für die causa der Verfügungsgeschäfte hingegen findet sich aufgrund der stets schwankenden Dogmatik lange Zeit keine solche Strömung. Eine erste handfeste Richtungsentscheidung geben erst die Kodifikationen auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert: Die Gesetzbücher der damaligen Zeit mussten notwendigerweise Farbe bekennen, die darin festgehaltene Rechtslage soll hier deshalb als Ausgangspunkt für die Beleuchtung der Ausprägung der Verfügung als Rechtsgeschäft im Bürgerlichen Gesetzbuch dienen (vgl. 1). Nachhaltigen Einfluss auf diese Ausprägung zeichnet schließlich die Verfügungslehre Savignys (vgl. 2), die sich in der deutschen Pandektistik durchsetzte, schließlich in den Vorarbeiten zur deutschen Kodifikation die vorherrschende war (vgl. 3) und sich endlich im Bürgerlichen Gesetzbuch positivrechtlich statuiert wieder findet. 1. Titulus und modus Im ausgehenden 18. Jahrhundert bildete sich zumindest im deutschen Rechtsraum eine herrschende Lehre hinsichtlich der Handhabung der gemeinrechtlichen Tradition heraus: das Dogma vom titulus und modus adquirendi.281 Danach waren für den deritativen Erwerb des Eigentums der Ab279 Die Untersuchungen von Fuchs, causa traditionis, von den Frühglossatoren (S. 27 ff.) über die Glossatoren (S. 32 ff.), Postglossatoren (S. 44 ff.) bis zu den Humanisten (S. 56 ff.) und der eleganten Jurisprudenz (S. 67 ff.) zeigen deutlich, dass die einzelnen Ansichten sich jeweils einer anderen Interpretation der Antinomie bedienen, hier Ulpian und dort Julian den Vorzug einräumen. Vgl. auch die Untersuchung von Howald, der dingliche Vertrag, S. 8 ff., S. 16 f. über das Verständnis von der iusta causa bei Accursius, Baldus und Donellus; und auch Vliet, ERPL 03, S. 347–360: „Neither the Middle Ages nor in humanist period nor in Roman-Dutch law can we find any majority view about the interpretation of the iusta causa requirement“ (S. 360). 280 Eine Betrachtung der einzelnen sich jeweils widersprechenden Lehren durch die Jahrhunderte hindurch würde zudem keinen dem Ziel näher bringenden Erkenntnisgewinn leisten. Es sei deshalb auf die im Text benannten Werke verwiesen. 281 Nach Wesenberg/Wesner, Privatrechtsgeschichte, S. 117; Fuchs, causa traditionis, S. 73; Felgentraeger, Savigny, S. 6; Brandt, Eigentumserwerb, S. 51 f.; Hofmann, titulus, S. 23 wurde das Dogma erstmals im usus modernus von J. Apel entwickelt. Vgl. auch Vliet, ERPL 03, S. 361 und Felgentraeger, Savigny, S. 3 f.: „Der für die traditio neue Kunstausdruck titulus … findet sich zwar schon in den gemeinrechtlichen Dissertationen und Arbeiten der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts recht häufig, aber die Großen dieser Zeit haben das Wort nicht angenommen

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schluss eines obligatorischen Vertrages (titulus) und die tatsächliche Übergabe (modus) des Gegenstandes erforderlich.282 In die gemeinrechtliche Terminologie der Traditionslehre übersetzt, ist das Merkmal der iusta causa demnach mit dem obligatorischen Vertrag gleichzusetzen; der im römischen Recht nicht konkretisierte283 Begriff der causa der Tradition wurde so auf das schuldrechtliche Verhältnis reduziert.284 Die für die Eigentumsübertragung zusätzlich erforderliche Besitzübergabe wurde dabei als bloße Vollzugshandlung, als bloßer Naturalakt und nicht etwa als eine rechtsgeschäftliche Handlung begriffen; einen dinglichen, vom obligatorischen getrennten Vertrag kannte das Dogma von titulus und modus adquirendi nicht.285 Durch das aufgestellte Erfordernis der so verstandenen iusta causa schlug man sich also gewissermaßen auf die Seite Ulpians, der sich in der überlieferten Kontroverse für die Konstitutivität dieses Tatbestandsmerkmals ausgesprochen hatte.286 Diese zu jener Zeit herrschende Lehre vom titulus und modus adquirendi fand schließlich Eingang in die vom Naturrecht geprägten und bereits oben ausführlich beleuchteten Kodifikationen in der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert und zurrten so die Verbindung von Verpflichtung und Verfügung für die kommende Zeit positivrechtlich fest. Das Allgemeine Preußische Landrecht bestimmte für die Erwerbung des Eigentums: „Die äußeren Handlungen, durch welche das Eigenthum erworben wird, bestimmen die verschiedenen Erwerbungsarten (Modus acquirendi).“287 Der gesetzliche Grund, vermöge dessen diese äußeren Handlungen die Kraft haben, daß dadurch das Eigenthum erworben werden kann, … Erst das Naturrecht hat die vorgefundenen Begriffe … zu ihrer späten Blüte fortentwickelt.“ Zu den Ansätzen in der Glosse des Accursius vgl. Howald, dinglicher Vertrag, S. 8 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 238; Landsberg, Glosse des Accursius, S. 102. 282 Felgentraeger, Savigny, S. 4; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 238; Brandt, Eigentumserwerb, S. 52; Howald, dinglicher Vertrag, S. 12. 283 Vgl. oben Teil 1, A, I, 2, b) (um Fn. 148). 284 Ranieri, Übereignung, S. 90 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 238; Felgentraeger, Savigny, S. 5; Klang/Klang, Kommentar I, 2 (1931), S. 152; Fuchs, causa traditionis, S. 74 ff.; Pflüger, Eigentum, S. 22; Hammen, Grundlagen, S. 150; Howald, dinglicher Vertrag, S. 12; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 26. 285 Klang/Klang, Kommentar I, 2, § 424 (S. 152) und § 425 (S. 159); Fuchs, causa traditionis, S. 76; Brandt, Eigentumserwerb, S. 52 u. 85; Ranieri, Übereignung, S. 91. 286 Zumindest für das österreichische Recht standen sich jedoch innerhalb dieser Lehre die subjektive und die objektive causa-Lehre gegenüber. Nach ersterer genügte es bereits, wenn beide Parteien von dem Vorhandensein einer solchen causa ausgingen, während letztere eine wirksamen Schuldvertrag forderten, vgl. Klang/ Klang, Kommentar II, 2, § 424 (S. 153 f.). Heute kann für das ABGB als gesichert gelten, dass eine gültige causa im Sinne der objektiven Theorie gefordert wird; vgl. Bydlinsky, FS Larenz, S. 1028. 287 ALR I, 9, § 1.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

wird der Titel des Eigenthums genannt.“288 Für das Österreichische Allgemeine Gesetzbuch findet sich die Regel: „Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigenthum erlangt werden.“289 Für beide Kodifikationen wurde somit festgeschrieben, dass Eigentum nicht ohne das Vorhandensein einer causa im Sinne eines (vorgeschalteten) schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes übertragen werden konnte.290 Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft wurden eng miteinander verknüpft, ersteres zum konstitutiven Element des letzteren erhoben, ohne jedoch eine vollkommene Übereinstimmung beider Geschäfte zu statuieren: „Der blosse Titel gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum und alle dinglichen Rechte können … nur durch die rechtliche Uebergabe und Uebernahme erworben werden“,291 und: „Die mittelbare Erwerbung des Eigenthums einer Sache erfordert, außer dem dazu nöthigen Titel, auch die wirkliche Übergabe derselben.“292 Sowohl nach dem ABGB als auch nach dem ALR setzt der Erwerb des Eigentums mithin stets die tatsächliche Übergabe voraus, der Titel – das schuldrechtliche Rechtsgeschäft – allein kann einen Eigentumserwerb nicht begründen. Diese verbleibende, durch ein tatsächliches Element begründete Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsebene verschwimmt schließlich zur Gänze im Code Civil. Hierin wagte man den letzten Schritt und löste den Eigentumserwerb von jedweder Publizität, erklärte das tatsächliche Element der Übergabe in nunmehr vollkommenem Vollzug naturrechtlicher Grundsätze für überflüssig.293 Art. 1138 CC bestimmt: „Die Verbindlichkeit, eine Sache zu überliefern, wird vollkommen begründet durch die 288 ALR I, 9, § 2. Vgl. auch die Regelungen ALR I, 2, §§ 131, 132 und ALR I, 10, §§ 1, 2. 289 § 380 ABGB (Hier in der Fassung einer Ausgabe von 1853 wiedergegeben. Der Wortlaut wurde für das heute geltende Recht lediglich sprachlich angepasst). Vgl. auch § 424 ABGB: „Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertage …“. 290 Vgl. Felgentraeger, Savigny, S. 21 f.; Koch, Kommentar zum ALR, I, 9, §§ 131, 132 (S. 112); Klang/Klang, Kommentar II, 2, § 380 (S. 98 f.); Rummel/ Rummel, Kommentar zum ABGB, § 380 Rn. 1 (S. 333) und § 424 Rn. 1 f. (S. 365); Schwimann/Pimmer, Kommentar § 380 Rn. 1 (S. 162) und § 425 Rn. 2 (S. 191); Bydlinsky, FS Larenz, S. 1027 f.; Wacke, ZEuP 2000, S. 255. 291 § 425 ABGB (Hier in der Fassung einer Ausgabe von 1853 wiedergegeben. Der Wortlaut wurde für das heute geltende Recht lediglich sprachlich angepasst). 292 ALR I, 10, § 1. Vgl. auch ALR I, 9, § 3 „Zur Erwerbung des Eigenthums wird die Besitznehmung erfordert.“ Tatsächliche Übergabe war bis zum Gesetz vom 5. Mai 1872 auch für die Übertragung von Immobilien erforderlich. Mit in Kraft treten dieses Gesetzes aber wurde die Übergabe substituiert durch die Eintragung, das schuldrechtliche Rechtsgeschäft durch ein dingliches Rechtsgeschäft (Auflassung). Ab 1872 herrschte also zumindest für die Übertragung unbeweglicher Sachen im ALR eine klare Trennung zwischen Verpflichtung und Verfügung, letztere war auch wirksam wenn erstere nicht wirksam bestand. Vgl. Koch, Landrecht I, S. 605 ff. (I, 10, § 1); Hammen, Grundlagen, S. 159 f.

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte

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bloße Einwilligung der contrahirenden Theile. – Sie macht den Gläubiger zum Eigenthümer … von dem Augenblicke an, wo sie überliefert werden sollte, wenn auch die Uebergabe nicht geschehen ist …“294 Eigentum wird nach dem französischen Recht mithin „heimlich“295, durch die grundsätzlich formlose Einigung über die obligatorische Verpflichtung ohne Publizitätsakt erworben.296 Alle drei hier beleuchteten auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert in Kraft gesetzten Naturrechtskodifikationen erkennen mithin das Erfordernis der Einigung über die Eigentumsübertragung, suchen diese Einigung jedoch ausschließlich auf schuldrechtlicher Ebene und statuieren so die wirksame Verpflichtung als konstitutives Merkmal, als iusta causa im Sinne der gemein293 Vgl. zu der schon in obiger Untersuchung herausgestellten naturrechtlichen Anschauung von der Kraft des bloßen Willens, nunmehr in Bezug auf das Verfügungsgeschäft, insbes. Brandt, Eigentumserwerb, S. 9; auch Felgentraeger, Savigny, S. 4 und Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 38. 294 Übersetzung stammt aus Loersch, Code Civil, Art. 1138 CC (S. 109): „L’obligation de livrer la chose est parfaite par le seul consentement des parties contractantes. – Elle rend le créancier propriétaire et met la chose à ses risques dès l’instant où elle a du être livrée, encore que la tradition n’en ait point été faite, à moins que le débiteur ne soit en demeure de la livrer; auquel cas la chose reste aux risques de ce dernier.“ Vgl. besonders für den Kauf Art. 1583 CC (S. 155): „…[Der Verkauf] ist unter den Parteien vollendet, und, dem Verkäufer gegenüber, wird das Eigenthum dem Käufer von Rechtswegen erworben, so bald man über die Sache und den Preis einig geworden ist, wenn auch die Sache noch nicht überliefert und der Preis noch nicht gezahlt worden ist.“ „Elle est parfaite entre les parties, et la propriété est acquise de droit à l’acheteur à l’égard du vendeur, dès qu’on est convenu de la chose n’ait pas encore été livrée ni le prix payé.“ Vgl. auch für die Schenkung Art. 938 CC (S. 90): „Eine gehörig angenommene Schenkung wird durch die bloße Einwilligung der Parteien vollendet; und das Eigenthum der geschenkten Gegenstände geht auf den Beschenkten über, ohne daß es einer weiteren Uebergabe bedarf.“ „La donation dûment eccepté sera parfaite par le seul consentement des parties; et la propriété des objets donnés sera transferé au donataire, sans qu’il soit besoin d’autre tradition.“ 295 So trefflich bezeichnend Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR II, S. 571 (§ 2 III). 296 Überflüssig sind die Übergabe bei Mobilien und auch die Eintragung bei Immobilien nach französischem Recht zwar für den Eigentumserwerb (inter partes) selbst, beide Merkmale erlangen jedoch wieder Bedeutung für die Drittwirksamkeit des Eigentums. Beispielsweise erlangt nach Art. 1141 CC in Fällen des Mehrfachverkaufes nur derjenige auch absolutes Eigentum an der Sache, welchem der tatsächliche Besitz eingeräumt wurde. Vgl. Ferid/Sonnenberger, Französisches ZR II, S. 571 (§ 2 III); Weitnauer, abstrakte Verpflichtungen, S. 27; Schlegelberger/Locher, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch, S. 618; Vliet, ERPL 03, S. 370; Caemmerer, RabelsZ 12 (1938/39), S. 679; Wacke, ZEuP 2000, S. 261; Scherrer, Vertragsfreiheit, S. 37 f. Zu der Lehre, die im heutigen französischen Recht zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Einigung trennen will, vgl. nur Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 96 ff. und Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 29 ff.

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rechtlichen Terminologie für eine wirksame Verfügung.297 Eine klare Scheidung von schuldrechtlichem und sachenrechtlichem Geschäft besteht hiernach nicht, wobei nach dem preußischen und österreichischen Recht durch das Festhalten am Merkmal der Übergabe wenigstens noch das Erfordernis des äußeren Zeichens eine gewisse Trennung ermöglicht, wohingegen nach französischem Recht durch den Verzicht auf jedwede Publizität die Verpflichtungsebene und Verfügungsebene gewissermaßen ineinander verschmelzen.

2. Die Lehre Savignys Die im Bürgerlichen Gesetzbuch vorherrschende, der Lehre vom titulus und modus widersprechende Trennung von schuldrechtlichem und sachenrechtlichem Rechtsgeschäft geht vor allem auf das Wirken Friedrich Carl von Savignys (1779–1861) zurück.298 Dass sich die Lehren einer einzelnen Persönlichkeit in Literatur und Rechtsprechung entgegen der bis dahin ganz herrschenden und sogar kodifizierten Überzeugung schließlich in Deutschland durchsetzten, mag dem besonderen Umstand zuzusprechen sein, dass aus Savignys unmittelbarer Hörerschaft eine ganze Generation von Professoren hervorgegangen ist;299 ursächlich für diesen dogmatischen Siegeszug zeichnet aber sicherlich auch die dem erklärten Haupt der historischen Schule allseits zugeschriebene „hervorragende Persönlichkeit“ und „große Autorität“.300 Im Folgenden sollen zwei dogmatische Errungenschaften der Savignyschen Verfügungslehre, die in der deutschen Literatur gemeinhin 297 Für das österreichische ABGB wurde zu damaliger hier in Frage stehender Zeit die Übergabe noch ausschließlich als Realakt begriffen. Erst nach heute überwiegender Literatur und Rechtsprechung erfordert das Merkmal der „Übergabe“ sowohl einen Realakt als auch einen dinglichen (vom schuldrechtlichen Geschäft getrennten) Vertrag über den Eigentumsübergang; weiterhin konstitutives Merkmal ist aber auch heute noch ein „Titel“ im Sinne eines wirksamen schuldrechtlichen Grundgeschäftes, vgl. Schwimann/Pimmer, Kommentar § 380 Rn. 1 (S. 162), § 425 Rn. 2 (S. 191); Klang/Klang, Kommentar II, 2, § 380 (S. 98 f.); Caemmerer, RabelsZ 12 (1938/1939), S. 696; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 27 f. und instruktiv Bydlinsky, FS Larenz, S. 1028 ff.: „Da das ABGB einen besonderen dinglichen Vertrag nirgends erwähnt, besteht ja interpretativ nur die Möglichkeit, ihn als notwendigen Bestandteil der ‚Übergabe‘ anzusehen“ (S. 1029). 298 Fuchs, causa traditionis, S. 82, 89; Howald, der dingliche Vertrag, S. 7; Wieling, ZEuP 2001, S. 302; Ranieri, Übereignung, S. 90 f.; Vliet, ERPL 03, S. 362; Hofmann, titulus, S. 60 ff. Vgl. zum Anteil Gustav Hugos an dieser Entwicklung neuerdings Jakobs, SZ (RA), 2002 (119), S. 280 ff. und Tu, abstrakte Verfügung, Teil 2, A. 299 Felgentraeger, Savigny, S. 37, insbes. S. 41, nennt Regenbrecht (Breslau), Böcking (Bonn), Rudorff (Berlin), Ribbentrop (Göttingen), Burchardi (Kiel), Gneist (Berlin) und Arndts (München-Wien). 300 Vgl. Fuchs, causa traditionis, S. 82; Felgentraeger, Savigny, S. 42.

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unter der Bezeichnung des „Trennungsprinzips“ und des „Abstraktionsprinzips“ geführt werden, gesondert voneinander Beleuchtung finden. Dabei wird nicht nur auf seine veröffentlichten Worte einzugehen sein, die sich namentlich im „System“ (1840)301 und im „Obligationenrecht“ (1853)302 finden, auch die Vorlesungsmitschriften seiner Hörerschaft, die durch die prominente Schrift Wilhelm Felgentraegers der Wissenschaft zugänglich gemacht wurden,303 können hier zu einem Erkenntnisgewinn beitragen. Widmen wir uns zunächst der Trennung von schuldrechtlichem und sachenrechtlichem Rechtsgeschäft, dem heute so benannten „Trennungsprinzip“. Nach der zu Anfang des 19. Jahrhunderts herrschenden und kodifizierten naturrechtlichen Überzeugung bewirkte der obligatorische Vertrag allein oder zusammen mit einem Publizitätsakt zugleich auch die Übertragung des Eigentums; Verpflichtung und Verfügung wurden nicht als voneinander getrennte Rechtsgeschäfte begriffen. Dem setzte Savigny entgegen: „Jede Tradition ist ihrer Natur nach ein wahrer Vertrag“304 und begründete mit diesem Ausspruch den Anfang vom Ende der Lehre vom titulus und modus adquirendi. Savigny führte zu diesem von ihm – „zur schärferen Unterscheidung …“305 – so benannten „dinglichen“ Vertrag aus, dass bereits die Römer das Sachen- und das Obligationenrecht streng auseinander gehalten und „jeden Theil für sich als ganz unabhängig innerhalb seiner Grenzen“ behandelt haben.306 Die Tradition weise alle Merkmale des allgemeinen Vertragsbegriffes auf, „denn sie enthält von beiden Seiten die auf gegenwärtige Übertragung des Besitzes und des Eigenthums gerichtete Willenserklärung, und es werden die Rechtsverhältnisse der Handelnden dadurch neu bestimmt; daß diese Willenserklärung für sich allein nicht hinreicht zur vollständigen Tradition, sondern die wirkliche Erwerbung des Besitzes, als äußere Handlung, hinzutreten muß, hebt das Wesen des zum Grund liegenden Vertrags nicht auf.“307 Das Savignysche Dogma von der Tradition als ein vom schuldrechtlichen Vertrag losgelöster und selbständiger sachen301

System des heutigen römischen Rechts in acht Bänden, Berlin 1840. Das Obligationenrecht als Teil des heutigen römischen Rechts in zwei Bänden, Berlin 1853. 303 Friedrich Carl v. Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre, Leipzig, 1927. 304 So Savigny bereits in einer Vorlesung des Wintersemesters 1815/16 als Professor an der Universität Berlin, überliefert durch die Nachschrift Burchadis‘, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 34. Später dann so auch im System, Band III, S. 312. 305 Savigny, System, Band III, S. 313. 306 Savigny, System, Band I, S. 374. 307 Savigny, System, Band III, S. 312. Vgl. auch weiter auf S. 314 f., wo er auf die bisher herrschende Überzeugung eingeht und als eine zu oberflächliche Betrachtung verwirft: „… als wäre der obligatorische Vertrag der einzige überhaupt … Der Grund dieser unvollständigen Auffassung liegt darin, daß der obligatorische Vertrag nicht 302

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rechtlicher Vertrag indoktrinierte die nachfolgende Juristengeneration, welche dieses dann in der Lehre und im Richteramt fürderhin propagierten und so langsam aber unaufhaltsam durchsetzten.308 So klar sich Savigny auch hinsichtlich der Trennung von sachenrechtlichem und schuldrechtlichem Rechtsgeschäft äußert – und demgemäß als der eigentliche Begründer des heute so benannten Trennungsprinzips geführt wird –, so verschwommen erörtert er die Frage der Abstraktheit des dinglichen Rechtsgeschäftes.309 Betrachten wir dazu, wie Savigny das Merkmal der iusta causa der Tradition, an dessen Konstitutivität für das Übereignungsgeschäft er weiterhin festhält, inhaltlich ausfüllt: Im Wintersemester 1803/04 trägt er, noch als Privatdozent an der Universität Marburg, seinen Hörern die Lehre vom titulus und modus als die damals vorherrschende vor, setzt das Merkmal der iusta causa mit dem (vorauszugehenden) Obligationsverhältnis gleich, hält sich allerdings bereits hier mit Kritik an dieser Auffassung nicht zurück, ohne jedoch konstruktive Vorschläge folgen zu lassen.310 In einer Vorlesung vom Winter 1815/16, damals schon Professor an der Universität Berlin, ist uns erstmals auch konstruktive Kritik überliefert: „… justa causa müssen wir also nennen, die Absicht des Eigenthümers mit der Tradition das Eigenthum zu übertragen. Dies ist der allgemeine Begriff von justa causa, der bei allen Geschäften in allen Fällen paßt … es ist ein großes Missverständnis, wenn man ein obligatorisches Verhältnis als justa causa angenommen hat … Hierauf gründet sich der Satz, daß jede Tradition ihrer Natur nach ein wahrer Vertrag ist u. daß die justa causa nichts als diesen Vertrag ausdrückt. Aber er braucht nicht ein obligatorischer Vertrag zu seyn, denn sonst würden wir wieder in den gerügten Fehler verfallen, sondern sie ist ein wahrer dinglicher Vertrag, ein Vertrag des Sachenrechts.“311 An die Stelle des obligatorischen Vertrags setzt Savigny den dinglichen Vertrag, den auf die Übertragung des Eigentums gerichteten Willen, um das Merkmal der iusta causa inhaltlich auszufüllen. Savigny scheint aber von dieser Gleichstellung von causa und nur der häufigste unter allen ist, sondern auch derjenige, in welchem die Vertragsnatur augenscheinlicher und wirksamer als in anderen Anwendungen hervortritt.“ 308 Vgl. dazu Ranieri, Übereignung, S. 92 ff. 309 Ebenso Ranieri, Übereignung, S. 92, 107; Fuchs, causa traditionis, S. 83; Tu, abstrakte Verfügungen, Teil 2, B. 310 „… Zum Erwerb des Eigentums gehören: titulus und modus acquirendi. Hugo hat … die falsche Ansicht, die Falschheit des Begriffes gezeigt …“ Überliefert durch eine Nachschrift Wilhelm Grimms, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 26. 311 Überliefert durch die Nachschrift Burchadis‘, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 34. Eine ebensolche Definition ist uns aus dem Wintersemester 1820/21 überliefert durch eine Nachschrift Wilhelm Theodor Krauts‘, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 36: „Die eigentliche justa causa ist also nichts weiter als die Absicht der Eigenthumsübertragung.“

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte

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dinglichem Rechtsgeschäft selbst nicht vollständig überzeugt zu sein, wie wir einer vagen Äußerung aus einer überlieferten Vorlesungsmitschrift des Jahres 1827 entnehmen können: „Justa causa ist nicht die Absicht der Eigenthumsübertragung, aber sie stehen in sehr enger Verbindung …“312 In seinen später veröffentlichten Werken wird der Gedankengang dieser Aussage erst ganz verständlich: „Man könnte sagen, die justa causa sey eben nichts Anderes, als der animus transferendi dominii, aber auch das läßt sich, genau genommen, nicht behaupten. Die Sache ist vielmehr so zu denken. Wenn es bei der Tradition üblich wäre, ausdrücklich zu sagen: durch diese Handlung soll Eigenthum übergehen (oder: nicht übergehen), so bedürfte es keiner weiteren Prüfung, der Uebergang (oder Nichtübergang) des Eigenthums wäre dadurch allein völlig und sicher entschieden. Aber gerade ein solcher Ausdruck ist bei uns so wenig üblich, als er es bei den Römern war; man könnte sagen, es sey zu abstract, zu theoretisch für so eine naturale Handlung, wie die Tradition. Um nun in zweifelhaften Fällen eine sichere Entscheidung zu finden, bleibt Nichts übrig, als auf die umgebenden Umstände, Absichten, Zwecke zu sehen, auf dasjenige Rechtsgeschäft, mit welchem die Tradition in Verbindung steht, wodurch sie herbeigeführt worden ist. Eben dieses nun ist die wahre Bedeutung der justa causa, denn hieraus wir sich stets mit Sicherheit erkennen lassen, ob die Absicht auf Uebertragung des Eigenthums gerichtet war (wie beim Kauf oder Tausch), oder nicht (wie bei der Miethe und dem Depositum) …“313 Stellte Savigny das Merkmal der iusta causa zu Beginn noch mit dem dinglichen Rechtsgeschäft gleich, degradiert er es nunmehr zu einem bloßen indicium voluntatis transferrentis; es dient ihm am Ende also lediglich noch als Anhaltspunkt, als ein Indiz für die Erkenntnis des Übereignungswillens.314 Savigny forderte demnach konstitutiv für die Wirksamkeit der Verfügung das Vorhandensein einer causa. Wenn er auch auf eine dezidierte Stellungnahme zu der römischen Antinomie zwischen Ulpian und Julian verzichtet,315 bezieht er somit dennoch – auf Grundlage unserer bisherigen Begriffsdefinition – zumindest unter rein formellen Gesichtspunkten Stellung für den kausalen dinglichen Vertrag und folgt so im Ergebnis der überliefer312 Aus einer Vorlesung Savignys’ als Professor an der Universität Berlin, im Jahre 1827, überliefert durch einen unbekannten Nachschreiber, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 36. 313 Savigny, Obligation, Band II, S. 258. 314 So auch Ranieri, Übereignung, S. 91, 98; Brandt, Eigentumserwerb, S. 69 f.; Fuchs, causa traditionis, S. 87; Howald, dinglicher Vertrag, S. 14 f.; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 28 f; Vliet, ERPL 03, S. 364. 315 Vgl. ebenso Fuchs, causa traditionis, S. 87; Ranieri, Übereignung, S. 98 f. Bei Savigny findet sich die Antinomie nur bei der Erörterung der Schenkung besprochen, vgl. System, Band IV, S. 158 ff.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

ten Auffassung Ulpians. Gleichsam kann Savigny aber nicht das Verdienst abgesprochen werden, die dogmatische Grundlage für jenes sich schließlich durchsetzende abstrakte Verständnis der Verfügungsgeschäfte gelegt zu haben.316 Zum einen löst er den dinglichen Vertrag von dem bisher als konstitutiv erachteten Erfordernis des Vorhandenseins eines die Verfügung vorbereitenden obligatorischen Rechtsgeschäftes und hinterlässt seiner Schülerschar so ein zur Gänze sinnentleertes, jeder Objektivität entkleidetes Verständnis von der causa,317 welches sich zu einem bloßen Indiz für das stets als entscheidend bezeichnete Merkmal des Übertragungswillens318 herabgestuft wieder findet. Zum anderen spricht sich Savigny schließlich an versteckter Stelle, im Rahmen der Irrtumslehre, für die Abstraktheit des dinglichen Vertrages aus:319 Im Falle eines Irrtums über das Merkmal der causa traditionis lässt er das Verfügungsgeschäft wirksam zustande kommen, weist aber sogleich auf die Möglichkeit der Kondiktion hin: „Wenn das Eigenthum auf eine, an sich gültige Weise freiwillig übertragen wird …, der vorige Eigenthümer aber zu dieser Uebertragung bestimmt wird durch mangelhafte Beweggründe, insbesondere durch Irrthum, so ist die Uebertragung an sich gültig und wirksam, sie kann aber hinterher angefochten und entkräftet werden durch eine Reihe sorgfältig ausgebildeter condictionen (condictio indebiti, sine causa, ob causam datorum, ex injusta causa).“320 Auf einer allgemeinen Ebene aber kommt Savigny über das Merkmal der causa der Tradition nicht hinweg, sucht es vielmehr, wie aufgezeigt, mit dogmatisch unbedeutendem Inhalt – „Indizwirkung“ – auszufüllen. Diese letzte Konsequenz auf dem Weg zur Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte, die grundsätzliche Abkoppelung des sachenrechtlichen Rechtsgeschäftes von 316 So auch Ranieri, Übereignung, S. 107; Brandt, Eigentumserwerb, S. 70; Howald, dinglicher Vertrag, S. 19; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 30 f.; Vliet, ERPL 03, S. 366; Wacke, ZEuP 2000, S. 256. 317 Vgl. ebenso Brandt, Eigentumserwerb, S. 69 f. 318 Vgl. nur beispielhaft Savigny im Wintersemesters 1820/21, überliefert durch die Nachschrift Wilhelm Theodor Krauts’, abgedruckt in Felgentraeger, Savigny, S. 38: „Die Tradition muß also, um Eigenthum zu übertragen, in der Absicht, dies zu tun, geschehen, mehr dürfen wir überdies nicht verlangen.“ 319 Vgl. ebenso Brandt, Eigentumserwerb, S. 73: „Savigny hat die Lehre vom abstrakten dinglichen Vertrag … nur für den Irrtum entwickelt“; Ranieri, Übereignung, S. 107 f.: „Savigny behandelte den Grundsatz [der Abstraktion] nur für den Fall des Irrtums“; Tu, abstrakte Verfügung, Teil 2, B, II: „Die Irrtumslehre [Savignys] begründet die innerliche Abstraktion eines Rechtsgeschäftes, das von seiner Zweckvereinbarung getrennt ist“ (S. 31; Teil 2, B, II, 4); Howald, dinglicher Vertrag, S. 15; Vliet, ERPL 03, S. 366. 320 Savigny, Obligationenrecht, Band II, S. 261. Vgl. auch ebenso die Ausführungen im System, Band III, S. 354 ff., insbes. 359 ff. Ranieri, Übereignung, S. 107 liest aus den Textstellen heraus, dass Savigny diesen Fall als einen Motivirrtum behandle, der deshalb unbeachtlich sei.

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte

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seiner causa – mithin die Hinwendung zur überlieferten Lösung von Julian – wurde nicht von Savigny selbst, sondern erst von seinen Nachfolgern vollzogen.321 Otto Bähr etwa führt hinsichtlich der Tradition in der bereits oben behandelten Schrift aus: „Diese überträgt das Eigenthum der Regel nach unabhängig von dem objectiven Bestand ihres Rechtsgrundes. Der übereinstimmende, auf Eigenthumsübertragung gerichtete Wille genügt, um diese Wirkung hervorzubringen … Die Tradition als Eigenthumsübertragung bildet somit einen von ihrem juristischen Grunde … völlig getrenntes und in ihrer nächsten Wirkung unabhängigen Rechtsakt.“322 Bei Bernhard Windscheid (1817–1892) können wir über die Tradition nachlesen: „Der Wille als solcher erzeugt rechtliche Wirkung, nicht der Wille in Verbindung mit seinem Bestimmungsgrund.“323 Bei diesen zwei Beispielen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wollen und müssen wir es hier belassen. Der Gedanke der grundsätzlichen Abstraktheit des dinglichen Vertrages gewann jedenfalls mit der Verbreitung des Savignyschen Gedankengutes von Tag zu Tag mehr an Boden und war schließlich aus der deutschen Pandektistik nicht mehr fort zu denken.324 3. Die Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Im ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches findet sich schließlich sowohl der Grundsatz der Trennung von schuldrechtlichem und sachenrechtlichem Rechtsgeschäft, als auch die Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte in gänzlich unverblümter und unmittelbarer Weise ausgedrückt. Für die Wirksamkeit der Übertragung des Eigentums an beweglichen und unbeweglichen Sachen, sowie auch der Abtretung und des Erlasses, verlangt der erste Entwurf den Abschluss eines „Vertrages“.325 Verwirklicht 321 Ebenso Ranieri, Eigentumserwerb, S. 92; Brandt, Eigentumserwerb, S. 73 f.; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 30 f.; Vliet, ERPL 03, S. 366. 322 Bähr, Anerkennung, S. 9 f. 323 Windscheid, Pandekten, Band I, S. 541 (§ 172). 324 Vgl. Ranieri, Übereignung, S. 92; Howald, dinglicher Vertrag, S. 19 ff.: „Savignys wesentliche Gedanken wurden fast durchweg von der gemeinrechtlichen Wissenschaft des 19. Jahrhunderts übernommen.“ Vgl. zum Siegeszug dieses Dogmas auch in der Rechtsprechung des Reichsgerichts noch unter Geltung des ALR ausführlich bei Brandt, Eigentumserwerb, S. 110 ff. 325 § 828 E I: „Zur Uebertragung des Eigenthums … an einem Grundstücke durch Rechtsgeschäft ist ein … Vertrag … erforderlich …“; § 874 E I: „Zur Uebertragung des Eigenthums an einer beweglichen Sache durch Rechtsgeschäft ist ein … Vertrag erforderlich …“; § 290 E I: „Wird … in einem … Vertrage die Schuld ganz oder theilweise erlassen …“; § 294 E I: „Die Uebertragung kann auf einem Vertrage … beruhen.“ Abgedruckt in Mugdan IIII, S. VIII und XX; und Mugdan II, S. XIX f.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

findet sich dort mithin in aller Klarheit der Savignysche Gedanke eines vom schuldrechtlichen Rechtsgeschäft abgetrennten und eigenständigen sachenrechtlichen Rechtsgeschäfts – solcherlei sprachliche Klarheit herrscht in der geltenden Fassung hingegen nicht vor: Die §§ 873, 929 BGB verlangen eine „Einigung“, die §§ 397, 398 BGB weiterhin einen „Vertrag“. Dass sich die Parteien nicht auch über die den bezeichneten Verfügungsgeschäften zugrunde liegende causa vertragen müssen, das Merkmal der causa mithin nicht zu den konstitutiven Wirksamkeitsvoraussetzungen der Verfügungen gehört, diese also – auf dem Boden der bisherigen Begriffsbestimmung – als abstrakte Rechtsgeschäfte zu begreifen sind, kommt in der Fassung des ersten Entwurf in ebensolcher Ungetrübtheit zum Ausdruck.326 Für alle vier bezeichneten Verfügungsgeschäfte – Übertragung des Eigentums an beweglichen und unbeweglichen Sachen, sowie Abtretung und Erlass – findet sich die dahingehend eindeutige positivrechtlich Regelung: „Zur Wirksamkeit des Vertrages ist die Angabe des Rechtsgrundes nicht erforderlich. Die Wirksamkeit des Vertrages wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Vertragsschließenden verschiedene Rechtsgründe vorausgesetzt haben oder daß der von ihnen vorausgesetzte Rechtsgrund nicht vorhanden oder ungültig war“327 – auch diese Klarheit schaffenden Regelungen finden sich in der geltenden Fassung des BGB nicht mehr. Betrachten wir hier kurz die überlieferten Gründe dafür, dass sich der erste Entwurf so viel deutlicher und vehementer zu den Prinzipien der Trennung und Abstraktheit bekennt, als es die geltende Fassung der Kodifikation tut. Den Grundstein für diese deutlichen Bekenntnisse des ersten Entwurfes legte Reinhold Johow (1823–1904), welcher von der ersten Kommission als Redakteur für den Teilentwurf des Schuldrechts berufen wurde und, anders als von Kübel, diesen auch vollständig zu Beginn der Hauptverhandlung vorlegen konnte.328 In der den Beratungen zugrunde gelegten Entwurf326 Vgl. auch die deutlichen Worte der ersten Kommission im Zusammenhang mit dem Bereicherungsrecht, abgedruckt in Mugdan II, S. 463: „Der Grundsatz des Entw. von der Abstraktheit des sog. dinglichen Vertrages, wonach die Gültigkeit und Wirksamkeit des die Veräußerung enthaltenden dinglichen Vertrages unabhängig ist vom Vorhandensein oder der Gültigkeit der zu Grunde liegenden causa, [ist] für die Anwendbarkeit der Kondiktionen von der höchsten Bedeutung.“ 327 Dieser Ausspruch findet sich unmittelbar geregelt für die Eigentumsübertragung an Grundstücken (§ 829 E I), auf die die Regelung der Übertragung von Mobilien dann entsprechend verweist (§§ 874 Abs. 1 S. 2 E I), und für den Erlass (§ 290 Abs. 2 E I), auf den dann wiederum die Abtretungsregelung entsprechenden Bezug nimmt (§ 294 Abs. 2 S. 2 E I). Die Normen finden sich abgedruckt in Mugdan III, S. IX und XX und Mugdan II, S. XIX f. 328 Vgl. Jakobs/Schubert, Einführung, S. 43. Zu seiner Person vgl. die Einleitung von Werner Schubert in Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. XXI ff. Vorgelegt hat Johow seinen Teilentwurf in den Jahren 1880–1882, vgl. ebenda S. XI.

B. Die causa der Verfügungsgeschäfte

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begründung resümiert Johow über den seinerzeitigen Stand der Doktrin, dass es sich untersage, „den obligatorischen Vertrag als Mittel zur Uebertragung des Eigenthums zu verwerthen.“ Dass Sachenrecht sei „auch nicht so arm, daß es die Mittel zu seiner Ordnung dem Rechte der Schuldverhältnisse entlehnen müßte; es hat insbesondere seine eigenen Verträge, die dinglichen, mit welchen es vollständig ausreicht.“329 Nicht nur hinsichtlich des Prinzips der Trennung, auch für die Frage der Abstraktheit der Verfügung fasst Johow die damals herrschende Überzeugung – mit abgrenzendem Seitenblick auf die oben beleuchteten Naturrechtskodifikationen330 – präzise zusammen: Der Ursprung der „von der Wissenschaft längst überwundenen“331 Lehre vom titulus und modus adquirendi sei begründet „in dem Mißverständnisse des römischen Rechts, daß die causa der traditio in dem vorangegangenen Rechtsgeschäfte liege“332, die Römer aber bildeten nach richtiger Ansicht „die Uebertragung des Eigenthums als ein eigenartiges Geschäft“ aus, „welches mit den obligatorischen Rechten und Pflichten der Betheiligten nichts zu thun hat – Nach dem heutigen Sprachgebrauch ein abstraktes (formales) Rechtsgeschäft ist.“333 Er kommt an anderer Stelle daher zu dem Schluss, „daß die Eigenthumsübertragung zwar niemals eines besonderen Bestimmungsgrundes entbehrt, derselbe aber nicht zu den juristischen Erfordernissen der Eigenthumsübertragung gehört.“334 Auf dieser keine Klarheit vermissenden Grundlage fanden schließlich die Beratungen in der ersten Kommission statt, die sich sowohl hinsichtlich der Trennung von sachenrechtlichem und schuldrechtlichem Rechtsgeschäft – „das wichtigste Rechtsgeschäft ist der Vertrag, und zwar nicht minder für das Sachen329

Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 754 (630). Vgl. etwa die rechtsvergleichenden Ausführungen zur Rechtslage nach dem ALR und dem ABGB Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 752 ff. (628 ff.) und zum Code Civil ebenda, S. 884 ff. (750 ff.). 331 Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 754 (630). 332 Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 752 (628). Vgl. auch die Ausführungen zur Theorie des titulus und modus ebenda, S. 327 (203): „Diese Theorie aber, welche im vorigen Jahrhundert von der Wissenschaft vertreten wurde und in das preuß. ALR überging, ist längst veraltet … Nach der heutigen Doktrin des gemeinen Rechts darf als unbestritten angesehen werden, daß die Thatsachen, an welche die Rechtsordnung die Begründung und Uebertragung der Sachenrechte knüpft …, nicht das obligatorische Rechtsgeschäft … sondern der vom Bestimmungsgrund gelöste … reine (abstrakte) Wille die Rechtsveränderung bewirkt.“ 333 Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 757 (633). 334 Johow, Vorentwürfe, Sachenrecht I, S. 894 (760). Vgl. auch die von Johow verfasste Entwurfsbestimmung § 133: „Der Ueberganng des Eigenthums wird in den Fällen des § 132 nicht gehindert durch die Meinungsverschiedenheit der Betheiligten über den Grund der Uebertragung, auch nicht durch die irrige Voraussetzung eines zu der Uebertragung verpflichtenden Rechtsgeschäftes“, abgedruckt ebenda, S. 35 (21). 330

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recht als für das Recht der Schuldverhältnisse“335 –, als auch in Bezug auf die grundsätzliche Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte – „der dingliche Vertrag ist seinem Begriffe nach ein abstraktes Geschäft“336 – den Ausführungen Johows anschloss und sich für eine positivrechtlichen Ausdruck dieser Prinzipien aussprach: „Gegenüber den zahlreichen Gesetzen indessen, welche die dingliche Rechtsänderung an den obligatorischen Grund derselben (den Titel) knüpfen, erscheint es rathsam, jene Folgerungen in dem bürgerlichen Gesetzbuche ausdrücklich zu bestimmen …“337 Vehementer Widerspruch erhob sich, den überlieferten Materialien zufolge, erstmals in den Beratungen der zweiten Kommission.338 Erheblichen Gegenwind erfuhr zunächst die vom Entwurf angenommene Bezeichnung des Verfügungsgeschäftes als „Vertrag“, der im Ergebnis auch Wirkung zeitigte: Anstelle des Begriffes „Vertrag“ findet sich deshalb nunmehr in den §§ 873, 929 BGB die Bezeichnung „Einigung“339 – ohne freilich damit unter materiel335 Motive III, S. 7. Vgl. auch die Ausführungen in Motive I, S. 127 „Von besonderer Bedeutung ist die in dem Entwurfe durchgeführte Scheidung zwischen obligatorischem und dinglichem Rechtsgeschäfte, insbesondere zwischen obligatorischem und dinglichem Vertrage.“ 336 Motive III, S. 8, 332. Vgl. ebenso Motive I, S. 127: „… die Parteien mögen bei einem dinglichen Vertrage verschiedene Rechtsgründe vorausgesetzt haben oder der von ihnen vorausgesetzte Rechtsgrund mag nicht vorhanden oder ungültig sein, die Wirksamkeit des dinglichen Vertrages wird dadurch nicht ausgeschlossen“ und Motive II, S. 114: „Der Erlaß ist nach Auffassung des Entwurfes ein Veräußerungsvertrag, sog. dinglicher Vertrag, und deshalb ein abstraktes, von seiner causa in Ansehung seiner Wirksamkeit unabhängiges Rechtsgeschäft“ und Motive II, S. 120: „Die Abtretung ist, wie der Erlaß (die Tradition, die Auflassung etc.) ein Veräußerungsvertrag sog. dinglicher Vertrag, und deshalb ein abstraktes, von seiner causa in Ansehung seiner Wirksamkeit unabhängiges Rechtsgeschäft.“ 337 So in der Begründung zu der Entwurfsnorm § 829 E I (vgl. oben) in den Motiven III, S. 187. Vgl. auch instruktiv bei Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 854–1017, S. 232: „… vielmehr empfehle es sich bei der hohen Wichtigkeit beider Grundsätze und bei der Unklarheit, welche bezüglich derselben in der Gesetzgebung und Wissenschaft bemerkbar sei, mittels einer allgemeinen Bestimmung den Standpunkt des Gesetzbuchs klar zu stellen. Es könne ohnehin bezweifelt werden, ob das materielle Konsensprinzip in dem Entwurfe überall entsprechenden Ausdruck gefunden habe.“ 338 Vgl. zu den später im Bundesrat von Bayern und auch in der XII. Reichstagskommission geäußerten Bedenken gegen das Trennungsprinzip, welche keinerlei Auswirkungen mehr zeitigten bei Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 854–1017, S. 254 ff. 339 Protokolle III, S. 59: „Die Mehrheit erachtete die gegen die Aufnahme des Wortes ‚Vertrag‘ geltend gemachten Bedenken für überwiegend. Es handele sich vorwiegend um eine Frage der juristischen Konstruktion, zu deren Entscheidung die Wissenschaft berufen sein werde … Dem Sprachgebrauch und den Anschauungen des Volkes entspreche es jedenfalls nicht, das hier in Rede stehende Rechtsverhältnis als Vertrag zu bezeichnen.“ Vgl. die verschiedenen Argumente („Konstruktion“, „Kunstgriffes“) in Protokolle III, S. 56 ff. Vgl. auch bereits die angebrachten Be-

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len Gesichtspunkten an dem Verständnis von der vertraglichen Einigung der Parteien im Sinne der Bestimmungen des allgemeinen Teils zu zweifeln, denn „die Juristen würden unschwer erkennen, daß oder inwieweit auf die fraglichen Erklärungen die Grundsätze des Vertrages Anwendung zu finden hätten, wenn auch das Wort ‚Vertrag‘ im Gesetze nicht gebraucht sei.“340 Die von einer Seite geäußerten Bedenken gegen die Losgelöstheit des Verfügungsgeschäftes von der zugrunde liegenden causa, mithin gegen den Grundsatz der Abstraktion, fand hingegen bei der Mehrheit keine Unterstützung. Vielmehr erachtete sie dieses Prinzip als in der Doktrin so verfestigt, dass sie sogar die Streichung der oben aufgezeigten positivrechtlichen, als „lehrhaft“341 und „retroperspektiv“342 bezeichneten Regelungen beschloss. Im Ergebnis hat also lediglich die ursprünglich klare Sprache des ersten Entwurfes durch die Diskussionen in der zweiten Kommission gelitten,343 materiellrechtlich steht auch die Mehrheit dieser gesetzgebenden Kommission auf dem Standpunkt: Das sachenrechtliche Geschäft ist als ein vom schuldrechtlichen Geschäft getrennter Vertrag zu begreifen, welcher zu seiner Wirksamkeit nicht zugleich auch einer Vereinbarung über die zugrunde liegende causa bedarf und mithin im Grundsatz als ein abstraktes Rechtsgeschäft ausgestaltet ist.

denken in der Vorkommission zur zweiten Kommission, abgedruckt in Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 854–1017, S. 248 f. und der Verweis auf diese Gründe für § 874 E I, Protokolle III, S. 195 f. 340 So die Protokolle III, S. 59 über den Mehrheitsbeschluss. Vgl. auch ebenda S. 59 „Der Antrag … [den Begriff des ‚Vertrages‘ zu ersetzen] wolle zwar die Anwendung der für Verträge aufgestellten Grundsätze auf das hier in Frage stehende Rechtsverhältnis nicht verneinen; er gebe vielmehr nur eine Umschreibung des dinglichen Vertrages.“ Und ebenso dort, S. 58: „Der Gesetzgeber müsse klar und deutlich sagen, was er wolle. Daß aber materiell ein Vertrag gewollt sei, könne ernstlich nicht bestritten werden …“. 341 Protokolle III, S. 64: „Die Vorschrift des § 829 [E I] sei richtig, aber überflüssig … verfolge einen lehrhaften Zweck, indem er nur mit Rücksicht auf die bisher in einigen Rechtsgebieten herrschende Lehre vom titulus und modus adquirendi zum Ausdruck bringe, daß fortan zu dem Erfordernissen des Erwerbes dinglicher Rechte an Grundstücken außer dem abstrakten Vertrag und der Eintragung in das Grundbuch ein besonderer Rechtstitel nicht erforderlich sei.“ 342 Protokolle abgedruckt in Mugdan II, S. 569: „Gegen den Abs. 2 des Entw. [von § 290 E I], welche den abstrakten Charakter des Elaßvertrages zum Ausdrucke bringen soll, wurde eingewendet, daß er nur retroperspektive Bedeutung habe und neben den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung entbehrlich sei.“ 343 Vgl. dazu schon die vorgetragenen Bedenken in der 2. Kommission in den Protokollen III, S. 59: „Durch diese Art, die gesetzliche Vorschrift zu fassen, setze man sich aber mit dem bislang geübten Verfahren in Widerspruch … Es sei unausweichlich, daß Mißverständnisse entstehen müßten, wenn man sich hier unklar ausdrücke.“

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4. Zusammenfassende Betrachtung Lange Zeit unterlag das Dogma von der causa der Tradition einem stetigen Wandel. Einen ersten handfesten Richtungsentscheid bewirkten erst die Festschreibungen des Rechts durch die vom Naturrecht geprägten Kodifikationen auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert. Allesamt erachteten diese Gesetzeswerke, der zu damaliger Zeit herrschenden gemeinrechtlichen Lehre vom titulus und modus folgend, die Verfügung nicht als ein von der Verpflichtung getrenntes, selbständiges Rechtsgeschäft und setzten das, nach der bezeichneten Lehre als konstitutiv erachtete Merkmal der causa der Tradition mit dem obligatorischen Rechtsgeschäft gleich. Die Naturrechtskodifikationen waren mithin weder vom Trennungsprinzip, noch vom Abstraktionsprinzip beherrscht. Der in dieser Hinsicht im Verlauf des 19. Jahrhunderts vollständige Richtungswechsel geht auf das Wirken Savignys zurück. Er lehrte erstmals in – für den deutschen Rechtsraum – nachhaltiger Weise, dass auch das Verfügungsgeschäft als ein selbständiger, vom obligatorischen Rechtsgeschäft getrennter Vertrag zu begreifen sei. Zugleich hat er das dogmatische Fundament für die grundsätzliche Abstraktheit des Verfügungsgeschäftes gelegt, koppelte die Verfügung von der Verpflichtung ab, wenn er auch den entscheidenden letzten dogmatischen Satz, den Verzicht auf die Konstitutivität des Merkmals der causa der Tradition nicht aussprach. Diesen Schritt – gewissermaßen von dem Ulpian’schen Standpunkt hin zur Julian’schen Überzeugung im Sinne des uns überlieferten römischrechtlichen Disputes – ging erst die ihm nachfolgende und von im beeinflusste Juristengeneration. Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip sind in aller Klarheit schließlich im ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches enthalten, war endlich auch die mehrheitliche Überzeugung in der zweiten Kommission, wenn ihr Wirken auch eine merklich unpräzisere Fassung des heute geltenden Gesetzes hervorgebracht hat.

II. Die causa der Verfügung im Bürgerlichen Gesetzbuch Konnten wir bis hierher den im 19. Jahrhundert für den deutschen Rechtsraum begründeten Richtungsentscheid zugunsten einer klaren Trennung vom schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Rechtsgeschäft und zugunsten eines im Grundsatz abstrakten Verständnisses von den Verfügungsgeschäften – gleichsam die Wurzeln des deutschen Sonderweges – herausarbeiten, verbleibt uns nunmehr der Blick auf die Bedeutung und die Funktion der causa der Verfügungsgeschäfte in dem am 1.1.1900 in Kraft gesetzten und bis heute in den maßgeblichen Bestimmungen unverändert gebliebenen Bürgerlichen Gesetzbuch. Wie auch schon oben im Rahmen

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der Beleuchtung der ersten Naturrechtskodifikationen und auch im Rahmen der Untersuchung der causa der Obligation in der heute geltenden Kodifikation, wollen wir auch hier zunächst die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der dinglichen Rechtsgeschäfte im Allgemeinen beleuchten und dort insbesondere die Frage nach dem Erfordernis eines Vertragsschlusses i. S. d. §§ 145 ff. BGB aufwerfen (vgl. 1). Erst im Anschluss an diese Grundsteinlegung, kann die im Folgenden zu behandelnde Frage klar formuliert werden, kann die causa der Verfügungsgeschäfte zum einen in ihrer Funktion als Wirksamkeits- bzw. Entstehungsvoraussetzung (vgl. 2) und zum anderen in ihrer Funktion als Bestandsvoraussetzung (vgl. 3) genaue Untersuchung erfahren. Wie bereits oben mehrfach herausgestellt,344 konzentriert sich auch die folgende Untersuchung allein auf die Frage nach der Bedeutung und Funktion der Zweckvereinbarung – inhaltlich kann sie im Anschluss an die historische Untersuchung im ersten Teil, zunächst noch gänzlich unreflektiert, verstanden werden als die Vereinbarung über einen Austauschoder aber Schenkungszweck.345 1. Der Vertragsschluss Um nach geltender Rechtslage Eigentum an einer unbeweglichen Sache zu übertragen bzw. um eine solche mit einem beschränkt dinglichen Recht zu belasten, wird neben einem Publizitätsakt und der Verfügungsberechtigung des Verfügenden gem. § 873 eine „Einigung des Berechtigten und des anderen Teils“ gefordert. Ebenso erfordert sowohl die Übertragung von Eigentum an einer beweglichen Sache gem. § 929 BGB als auch die Bestellung eines Pfandrechts daran gem. § 1205 BGB neben Publizitätsakt und Berechtigung nach dem Gesetzeswortlaut, dass „beide darüber einig sind“. In den entsprechenden Vorschriften des ersten Entwurfes wurde, wie schon oben aufgezeigt, in aller Klarheit durchweg noch ein „Vertrag“ zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber gefordert.346 Der heute geltende Wortlaut geht demnach auf die zweite Kommission zurück, in der an der Bezeichnung des dinglichen Rechtsgeschäftes als Vertrag Bedenken – „Man werde vielfach den dinglichen Vertrag, welchen der § 828 [E I] im Auge 344

Vgl. oben die Einleitung zum Teil 2 und Teil 2, A, II. Eine genaue Untersuchung des Inhaltes der Zweckvereinbarung erfolgt später, vgl. Teil 2, C, I. 346 § 828 E I: „Zur Uebertragung des Eigenthums, sowie zur Begründung, Uebertragung oder Belastung eines anderen Rechtes an einem Grundstücke durch Rechtsgeschäft ist ein … Vertrag … erforderlich …“; § 874 E I: „Zur Uebertragung des Eigenthums an einer beweglichen Sache durch Rechtsgeschäft ist ein … Vertrag erforderlich …“; § 1147 E I „Zur Begründung des Faustpfandrechts durch Rechtsgeschäft ist ein … Vertrag erforderlich …“ Abgedruckt in Mugdan III, S. VIII und XX und LXXIX. 345

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habe, mit dem Kausalvertrage verwechseln.“347 – geäußert wurden, die schließlich die Mehrheit der Kommissionsmitglieder als den Gegenargumenten – „Der Gesetzgeber müsse klar und deutlich sagen, was er wolle. Dass aber materiell ein Vertrag gewollt sei, könne ernstlich nicht bestritten werden.“348 – überwiegend erachtete.349 Obschon semantisch also nicht mehr unmittelbar auf den Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen wurde, herrschte jedoch auch in der zweiten Kommission materiellrechtlich kein Zweifel daran, dass auf die nunmehr so bezeichnete dingliche Einigung die für die Verträge aufgestellten allgemeinen Grundsätze anzuwenden sind: „Die Juristen würden unschwer erkennen, daß oder inwieweit auf die fraglichen Erklärungen die Grundsätze des Vertrages Anwendung zu finden hätten, wenn auch das Wort ‚Vertrag‘ im Gesetze nicht gebraucht sei.“350 Ebenso besteht auch heute in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass für die Übertragung von Eigentum, für die Begründung bzw. Übertragung eines beschränkt dinglichen Rechtes an einem Grundstücke und auch für die Bestellung eines Pfandrechtes an einer beweglichen Sache ein Vertragsschluss im Sinne der §§ 145 ff. BGB, mithin zwei übereinstimmende Willenserklärungen, ein Angebot und eine Annahme, erforderlich sind.351 Für die im Schuldrecht ausdrücklich geregelten Verfügungsgeschäfte der Abtretung (§ 398 BGB), des Erlasses (§ 397 BGB) und der Schuldübernahme (§ 414 BGB), ergibt sich dieses auch heute noch unmittelbar aus dem jeweiligen Wortlaut.352 Auch die Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches – gemeinhin definiert als Rechtsgeschäfte, die unmittelbar darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben353 – bedürfen mithin konstitutiv eines Vertragsschlusses i. S. d. §§ 145 ff. BGB zwischen dem Verfügenden und dem Erwerber. Ob ein sol347

Protokolle III, S. 57. Protokolle III, S. 58. 349 Protokolle III, S. 59. Die gesamten geäußerten Argumente für und wider der Bezeichnung für § 828 E I finden sich abgedruckt ebenda S. 56–59. In den Passagen zu § 874 E I (Protokolle III, S. 195 f.) wird auf diese Gründe verwiesen. Zur sprachlichen Anpassung des § 1147 E I erst in der zuständigen Redaktionskommission finden sich indes keine Gründe, vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 1018–1296, S. 1208; auch Mugdan III, S. 911 ff. 350 So zur Erläuterung des Mehrheitsbeschlusses, Protokolle III, S. 59. 351 Ganz h. A., vgl. nur Palandt/Bassenge, vor § 854 Rn. 11. Vgl. zur mangelnden Definition des Vertrages in der heute geltenden Fassung bereits oben Teil 2, A, II, 1. 352 Auch die gesetzlich nicht geregelten, jedoch anerkannten Verfügungsgeschäfte der Vertragsübernahme und des Änderungs- und Aufhebungsvertrages bedürfen eines Vertrages, vgl. nur Palandt/Heinrichs, v. § 104 Rn. 16. 353 Vgl. nur BGHZ 1, 294 (304); 75, 221 (226); 101, 24; Palandt/Heinrichs, v. § 104 Rn. 16. 348

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cher Vertrag wirksam geschlossen wurde, richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Auch hinsichtlich dieses Vertrages also stellt sich die Frage nach seinen wesentlichen und unabdingbaren Bestandteilen. Die folgende Untersuchung wird sich – wie auch schon hinsichtlich der Verpflichtungsgeschäfte – auf die Frage konzentrieren, ob die causa der Verfügung zu den essentialia negotii zählt, ob also eine Verfügung für ihre Wirksamkeit konstitutiv der Vereinbarung über den Verfügungszweck bedarf. 2. Zweckvereinbarung als Entstehungsvoraussetzung Hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an beweglichen und unbeweglichen Sachen, zur Bestellung und Übertragung eines beschränkt dinglichen Rechts an einem Grundstück, sowie in Betreff der Abtretung und des Erlasses, enthielt der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches noch jeweils die klare Bestimmung: „Zur Wirksamkeit des Vertrages ist die Angabe des Rechtsgrundes nicht erforderlich. Die Wirksamkeit des Vertrages wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Vertragsschließenden verschiedene Rechtsgründe vorausgesetzt haben …“354 Deutlicher konnte sich die erste Kommission – in Übereinstimmung mit dem den Beratungen zugrunde gelegten Entwurf Johows355 – nicht für die Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch aussprechen. Wie bereits aufgezeigt, wurden diese Sätze schließlich allesamt von der zweiten Kommission als überflüssige Klarstellungen – als „lehrhaft“ und „retroperspektiv“ – qualifiziert und gestrichen.356 Die über das Bürgerliche Gesetzbuch beratenden Kommissionen schlugen sich mithin, im Gegensatz zu den beleuchteten Naturrechtskodifikationen,357 im historischen Streit zwischen Ulpian und Julian für die Verfügungsgeschäfte auf die Seite Julians: Die causa der Verfügung sollte nicht zu den wesentlichen und unabdingbaren Bestandteilen (essentialia negotii) des dinglichen Vertrages gehören und demnach auch ein Dissens über den Verfügungszweck keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit zeitigen. Freilich wurde an dieser – gleichsam nicht positivrechtlich zum Ausdruck gelangten – Grundsatzentscheidung nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches Kritik geübt. Stellvertretend sei hier nur Hugo Kreß angeführt, der noch 1929 ausführt: „Die herrschende gemeinrechtliche Lehre (von Savigny … gestützt), welche die Übertragung des Eigentums ohne Einigung über den Zweck zulassen wollte, war auf falscher Spur; das 354

Vgl. dazu oben Teil 2, Fn. 327. Vgl. dazu oben Teil 2, um Fn. 334. 356 Vgl. dazu oben Teil 2, Fn. 341, 342. 357 Vgl. dazu oben Teil 1, um Fn. 509 (Code Civil), um Fn. 570 (ALR), um Fn. 602 (ABGB). 355

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gilt auch von dem Entw. I, nach dessen Bestimmungen (§§ 828, 829, 874, 983, 294) die Wirkung der Eigenthumsübertragung und anderer Verfügungen nicht dadurch ausgeschlossen werden sollte, daß die Vertragschließenden verschiedene ‚Rechtsgründe‘ (causae) vorausgesetzt haben … Die Abstraktion des Angebotes von dem Zweck, der Verfügung von dem Zustandekommen der Zweckvereinbarung ist contra naturam.“358 So berechtigt diese Kritik im Ergebnis auch sein mag, und so offen sich das Gesetz nach der Streichung der „richtigen, aber überflüssigen“359 Sätze für ein kausales Verständnis von den Verfügungen auch darstellt, nicht übersehen werden kann der deutliche Richtungs- und Streitentscheid der gesetzgebenden Kommissionen.360 Mit der heute ganz herrschenden Überzeugung361 sind daher die Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches als im Grundsatz abstrakte Rechtsgeschäfte anzuerkennen, ist die Vereinbarung der Parteien über die der Verfügung zugrunde liegende causa keine konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung und also kein wesentlicher Bestandteil (essentialia negotii) der dinglichen Einigung. Im Grundsatz bedürfen die Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches mithin keiner Vereinbarung über den ihnen zugrunde liegenden Zweck um Wirksamkeit zu entfalten, sind mithin im Grundsatz als abstrakte Rechtsgeschäfte zu begreifen. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt jedoch auch die Ausnahme von diesem Grundsatz, statuiert durch die rechtliche Konstruktion bestimmter Verfügungsgeschäfte zugleich deren Kausalität: Zur Sicherung einer Forderung hält das Gesetz die Möglichkeit der 358 Kreß, AT, § 5, 2, c (S. 49), Fn. 36. Ebenso Ehmann, Gesamtschuld, S. 1 und – paradoxerweise (vgl. unten Fn. 398) – i. E. auch Kleine, causa, passim, in seiner durch und durch dem Sozialismus verschriebenen Arbeit: „Die Abstraktion von der causa [ist] nichts anderes … als die Reaktion der Bourgeoisie auf die Tatsache, daß ‚die aufdringliche Ueberwachung, der eine unwissende, anmaßende Bürokratie ihren (der Bourgeoisie – H. K.) ganzen Geschäftsbetrieb unterzog‘, die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise hemmte“ (S. 15) und: „In der Deutschen Demokratischen Republik wurden nach der endgültigen Zerschlagung des faschistischen Deutschlands durch die ruhmreiche sowjetische Armee die Wurzeln des Imperialismus und des Faschismus ausgerissen … Die Ursachen, die zur Entstehung und Beibehaltung der Abstraktion von der causa in Deutschland führten, sind nicht mehr vorhanden“ (S. 63). 359 So ausdrücklich die zweite Kommission, Protokolle III, S. 64. 360 Dies erkennt auch Kreß, AT, § 5, 2, c (S. 46), wenn er hervorhebt: „Die realen Leistungen (Verfügungen) … sind im BGB abstrakt gefasst, zu ihren gesetzlich bestimmten Voraussetzungen gehören nicht das Zustandekommen der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung.“ 361 Vgl. die umfassenden Nachweise oben, Teil 2, A, II, 1, Fn. 112. Vgl. auch MüKo/Eickmann, § 1191 Rn. 10 (S. 2086), der den Grundsatz der Abstraktion der Verfügungsgeschäfte „zu den grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung“ zählt.

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Bestellung eines Pfandes an einer Sache oder an einem Recht bereit.362 Für bewegliche Sachen und Rechte stellt das Gesetz ein akzessorisches Pfandrecht (§§ 1205 ff., 1252 BGB) zur Verfügung, für unbewegliche Sachen kann sich sowohl der akzessorischen Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) als auch der nicht-akzessorischen Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) bedient werden. Im Vergleich der nicht-akzessorischen Grundschuld mit den aufgezeigten akzessorischen Pfandrechten tritt der Ausnahmecharakter der letztgenannten beschränkt dinglichen Rechte klar hervor. Die Grundschuld entsteht gänzlich unabhängig vom Bestand der zu sichernden Forderung, muss deshalb auch nicht zwingend eine Forderung sichern, kann also zu den unterschiedlichsten Zwecken bestellt werden.363 Hypothek, Mobiliar- und Rechtspfandrecht hingegen sind in ihrer Entstehung an den Bestand der zu sichernden Forderung gekoppelt, können nicht wirksam bestellt werden, wenn die zu sichernde Forderung nicht existiert.364 Für das Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten ergibt sich dieses strenge Akzessorietätsprinzip aus § 1210 BGB.365 Für die Hypothek stellte der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches noch in § 1192 E I den Grundsatz auf: „Mit dem Erlöschen der Forderung erlischt die für dieselbe bestehende Hypothek, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt.“366 Die zweite Kommission änderte diesen Grundsatz dahingehend, dass in Fällen des Nichtbestands der zu sichernden Forderung die Hypothek zwar nicht als akzessorisches, aber dennoch als nicht-akzessorisches Grundpfandrecht zur Entstehung gelangt, welches dem Eigentümer selbst gebühre.367 Diese abgeänderte Doktrin findet 362 Vgl. Flume, AT, § 12 I 1 (S. 155) „Besonders geartet ist das Causa-Problem bei den Sicherungsgeschäften“. 363 Vgl. nur Denkschrift, Mugdan III, S. 982: „Das Recht des Grundschuldgläubigers wird, auch wenn die Grundschuld zur Sicherung einer Forderung bestellt war, in keiner Weise dadurch berührt, daß die Forderung nicht zur Entstehung gelangt ist oder erlischt“ und Zeiss, AcP 1964 (164), S. 69: „die Grundschuld braucht also nicht stets und notwendig dem Sicherungszweck zu dienen“ und auch Becker-Eberhard, FS Huber, S. 124. 364 Vgl. auch den Überblick bei Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 92. 365 Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 471 und Rn. 625. 366 § 1192 E I, abgedruckt in Mugdan III, S. LXVIII. 367 Vgl. den Wortlaut des heutigen § 1163 BGB. Vgl. Protokolle, Mugdan III, S. 841: „Man werde als Regel aufzustellen haben, daß die Hypothek nicht mit der Forderung, für welche sie bestellt ist, erlöschen solle, sondern dem Eigenthümer erhalten werde.“ Vgl. zum heutigen § 1177 BGB Protokolle, Mugdan II, S. 852 f. Dort wird auch hinsichtlich der heute so benannten „Eigentümerhypothek“ in Abs. 2 deutlich, dass es sich dogmatisch nicht mehr um ein akzessorisches Grundpfandrecht handelt (S. 853): „Auch hier trete eine Veränderung des Verhältnisses der Hypothek zu der Forderung und damit eine Aenderung der rechtlichen Natur der Hypothek selbst ein … Die Hypothek könne nicht mehr den Zweck haben, dem Gläubiger Befriedigung wegen der Forderung zu verschaffen … Auch hier verwandele sich also die Hypothek in eine Grundschuld.“

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sich in der heute geltenden Gesetzesfassung in den §§ 1163, 1177 BGB wieder. Die Mitglieder der zweiten Kommission lockerten den „ursprünglich rein accessorischen Charakter“368 der Hypothek gleichsam sehenden Auges, erachteten diese „dem Wesen der Hypothek an sich widersprechende Vorschrift“ als gebotene Maßnahme, um den Eigentümer vor einer „ungerechtfertigten Schädigung“ zu bewahren.369 Obschon sich also heute das Nichtbestehen der zu sichernden Forderung nicht mehr auf die Entstehung eines Grundpfandrechtes als solches auswirkt, es verhindert doch weiterhin das Entstehen einer akzessorischen Fremdhypothek.370 Auch nach dem heute geltenden Recht also gelangen die zur Verfügung gestellten akzessorischen Pfandrechte in Form der Hypothek und des Mobiliar- bzw. Rechtspfandrechtes nur dann zur Entstehung, wenn auch die zu sichernde Forderung selbst wirksam besteht. Aufgrund der Koppelung dieser Pfandrechte an die zu sichernde Forderung sind sie nicht – wie die Grundschuld – unterschiedlichen Zwecken zugänglich, können vielmehr nur zu einem ganz bestimmten Zweck bestellt werden: zum Zwecke der Sicherung einer Forderung.371 Nur wenn dieser Sicherungszweck erreicht wird, d.h. die zu sichernde Forderung besteht, gelangen die akzessorischen Pfandrechte zur Entstehung. Für die Beurteilung des Erreichens eines Zweckes ist aber doch stets – gleichsam als unabdingbare Voraussetzung – die Bestimmung eines Zweckes der Verfügung erforderlich; ohne die Bestimmung der zu sichernden Forderung kann der Sicherungszweck nicht erreicht werden, das Pfandrecht gelangt nicht zur Entstehung.372 Konstitutive Voraussetzung für 368

So Protokolle, Mugdan III, S. 841. Vgl. Denkschrift, Mugdan III, S. 983: „Diese dem Wesen der Hypothek an sich nicht entsprechende Vorschrift erleichtert es dem Eigenthümer, den Realkredit in einer seinen Bedürfnissen angemessenen Weise auszunutzen. Die Sicherheit, die ein mit mehreren Hypotheken belastetes Grundstück dem einzelnen Gläubiger bietet, ist hauptsächlich durch den Rang seiner Hypothek bedingt … Ihn [den Eigentümer] träfe durch das Vorrücken der Nachhypotheken eine ungerechtfertigte Schädigung … die Billigkeit erfordert, daß ihm die Möglichkeit gewährt wird, die Sicherheit, welche die vorstehende Hypothek dem Gläubiger bot, bei einem neuen Gläubiger zu verwerthen.“ Vgl. so auch die Protokolle, Mugdan III, S. 841. 370 Was Bülow, Kreditsicherheiten, S. 9 (Rn. 29) dazu veranlasst, von einer nur „teilweisen“ Akzessorietät der Hypothek zu sprechen. 371 Vgl. Motive der 1. Kommission, Mugdan III, S. 355: „Die Hypothek hat ihren Zweck lediglich in der Forderung, zu deren Sicherheit sie bestellt wird. Die Forderung ist daher Begriffselement der Hypothek“ und S. 394: „… da die Hypothek lediglich zur Sicherung der Forderung dient …“; Protokolle, Mudgan III, S. 823: „Das wesentliche Moment bilde bei der accessorischen Buchhypothek die zu Grunde liegende Forderung“; Becker-Eberhard, FS Huber, S. 125. 372 Vgl. Pawlowski, JZ 74, S. 125 und auch die Motive der 1. Kommission, Mugdan III, S. 445: „Wegen der accessorischen Natur des Pfandrechtes ist es erforderlich, daß bei der Verpfändung auf die zu sichernde Forderung hingewiesen und hierdurch der konkrete Inhalt des Pfandrechtes bestimmt wird.“ 369

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die Entstehung eines akzessorischen Pfandrechtes ist mithin sowohl die Erreichung als auch die Bestimmung des Sicherungszwecks.373 Dieser ist mithin als ein wesentlicher Bestandteil (essentialia negotii) des Angebotes zum Abschluss des Vertrages zur Bestellung der akzessorischen Pfandrechte zu begreifen.374 Ohne Zweckvereinbarung gelangt demnach weder eine Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) noch ein Mobiliar- bzw. Rechtspfandrecht (§§ 1205 ff., 1252 BGB) zur Entstehung. Sie sind – als Konsequenz aus der Akzessorietät – als notwendig kausale Verfügungsgeschäfte, mithin als Ausnahmen vom Grundsatz zu begreifen.375 Dass auch die zweite Kommission so dachte, kommt in den Protokollen zur Beratung über die – damals neuartige376 – Grundschuld zu Ausdruck, in denen zur Verdeutlichung dieses nicht-akzessorische Grundpfandrecht der hergebrachten akzessorischen Hypothek gegenüber gestellt wurde und sich Erstere im Gegensatz zur Letzteren als eine „abstrakte Belastung“377 bezeichnet findet; ebenso deutlich kommt in diesem vergleichenden Zusammenhang auch die Konstitutivität der Zweckvereinbarung für die Hypothek zum Ausdruck: „Die Grundschuld ist ein selbständiges Recht; sie unterscheidet sich … wesentlich dadurch von der Hypothek, daß sie nicht wie diese eine Forderung zur Voraussetzung hat. Die Betheiligten können freilich mit einander verabreden, daß eine Forderung durch die Grundschuld gesichert werden soll. Aber 373 Kreß, AT, § 5 2 c (S. 46) und § 5, 5, c (S. 65); Ehmann, Gesamtschuld, S. 162 u. 185; Behrens, Sicherungsübereignung, S. 87; Westermann, causa, S. 139. 374 So auch Behrens, Sicherungsübereignung, S. 87: „Der Begriff der Akzessorietät umschreibt demnach die Zugehörigkeit des Sicherungszwecks zum Inhalt eines schuldrechtlichen oder dinglichen Sicherungsgeschäftes.“ 375 Ehmann, Gesamtschuld, S. 162: „notwendig kausale Verfügungsgeschäfte“; Behrens, Sicherungsübereignung, S. 87: „Durchbrechung der grundsätzlichen Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte“; Schnauder, Grundfragen, S. 44 mit Fn. 138: „notwendige Kausalität“; Müller-Christmann/Schnauder, Wertpapierrecht, Rn. 52; Kegel, FS Mann, S. 64 f., 72, 78; Kreß, AT, § 5, 5, c (S. 65) stellt gleichsam die Abstrahierung der Grundschuld als Ausnahme dar. Gegen die Koppelung von Akzessorietät und Kausalheit, freilich auf Grundlage eines anderen als dem hier zugrunde gelegten Verständnisses von der causa, Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 18 ff. 376 Vgl. Protokolle der 2. Kommission, Mugdan III, S. 841: „Neben der älteren Hypothek habe sich neuerdings in der Form der Grundschuld eine Art Belastung von Grundstücken herausgebildet, bei welcher von dem Zusammenhange mit einer persönlichen Forderung abgesehen werde.“ 377 Vgl. Protokolle der 2. Kommission, Mugdan III, S. 841: „Durch die Aufnahme der Grundschuld in den Entw. sei es ermöglicht, wo ein Bedürfnis für eine abstrakte Belastung der Grundstücke bestehe, demselben Genüge zu leisten“ und S. 852: „… Es sei jedoch einfacher, die Eigentümerhypothek als Grundschuld zu bezeichnen, da sie sich wie die Grundschuld als eine abstrakte Belastung des Grundstücks darstelle.“ Vgl. auch heute noch Flume, AT, § 12 I 1 (S. 155): „… abstraktes Rechtsgeschäft, nicht anders als sonst die abstrakten Rechtsgeschäfte.“

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

eine solche Abrede kommt nur als Motiv, nicht als Erforderniß der Begründung des Rechts in Betracht. Die Grundschuld hat ihren Zweck lediglich in sich selbst …“378 3. Zweckvereinbarung als Bestandsvoraussetzung Im Grundsatz sind die Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches als abstrakte Rechtsgeschäfte zu begreifen, sie werden mithin wirksam, auch ohne dass sich die Parteien über die zugrunde liegende causa vereinbaren. Ausnahmsweise sind aber die akzessorisch ausgestalteten Pfandrechte (Hypothek, Rechts- und Mobiliarpfandrecht) notwendig kausal ausgestaltet, bei ihnen zählt die causa zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des dinglichen Vertrages, sie gelangen ohne eine wirksame Vereinbarung darüber nicht zur Entstehung. Blenden wir im Folgenden diese Ausnahmeerscheinungen aus und betrachten allein den Grundsatz: die abstrakten Verfügungsgeschäfte. Wie auch schon hinsichtlich der abstrakten Verpflichtungsgeschäfte stellt sich auch hinsichtlich dieser Verfügungen wiederum die Frage: Wenn diesbezüglich die Vereinbarung über den Verfügungszweck keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt, so könnte eine solche Zweckvereinbarung dennoch notwendige und unabdingbare Voraussetzung für deren Kondiktionsfestigkeit, für deren weiteren rechtlichen Bestand i. S. d. § 812 BGB sein. Genauer haben wir also im Folgenden wiederum die Frage zu beantworten: Ist die Vereinbarung der Parteien über den Zweck der abstrakten Verfügung notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes im Sinne des Bereicherungsrechtes? Ebendiese Frage haben wir bereits oben im Zusammenhang mit den abstrakt begründeten Verpflichtungen aufgeworfen und für rechtsgeschäftliche Zuwendungen im Allgemeinen beantwortet. Übertragen wir die oben zu den abstrakten Verpflichtungsgeschäften gemachten Beobachtungen nunmehr auf die hier zu beleuchtenden abstrakten Verfügungsgeschäfte. Wir haben herausgearbeitet, dass nur bei Anwendung der Grundsätze der Leistungskondiktion die causa im Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes eine Rolle spielt, sich die Kondiktionsfestigkeit nach dem Recht der Eingriffskondiktion demgegenüber ausschließlich an solchen der Rechtsordnung immanenten Wertungen – dem Zuweisungsgehalt der verschobenen Rechtsposition bzw. der Rechtswidrigkeit des Aktes der Vermögensverschiebung – orientiert. Nach welchen Grundsätzen das Tatbestandsmerkmal 378

Motive der 1. Kommision, Mugdan III, S. 435. Vgl. auch hinsichtlich des Pfandrechtes § 1147 E I, abgedruckt in Mugdan III, S. LXXIX: „Zur Begründung des Faustpfandrechtes … ist ein … Vertrag erforderlich, welcher die Willenserklärung der Vertragsschließenden enthält, daß das Pfandrecht begründet sein soll (Pfandvertrag).“

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des „rechtlichen Grundes“ ausgefüllt wird, entscheidet sich dabei allein im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff: Die Leistungskondiktion setzt im Tatbestandsmerkmal der „Leistung“ positiv die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Leistung voraus, die Nichtleistungskondiktion hingegen erfordert im insoweit korrespondierenden Tatbestandsmerkmal „in sonstiger Weise“ negativ die Qualifizierung der Vermögensmehrung als eine Nicht-Leistung. Auch hinsichtlich der abstrakten Verfügungsgeschäfte gilt demnach zuvörderst zu untersuchen, ob ein solches Rechtsgeschäft etwa nur durch eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne vorgenommen werden kann und sich deren rechtlicher Bestand demnach ausschließlich nach dem Recht der Leistungskondiktion richtet. Erst im Anschluss daran sind, gleichsam im zweiten Schritt, noch einmal – nunmehr freilich mit Blick auf die Verfügungsebene – die obigen Untersuchungsergebnisse zum Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion in Erinnerung zu rufen. Wenn wir nach der Möglichkeit fragen, eine abstrakte Verfügung nicht durch Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zuzuwenden, so sind gemäß der heute allgemein anerkannten Leistungsdefinition – „bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“ – zunächst die Möglichkeit einer unbewussten Verfügung, sodann die Möglichkeit einer nicht zweckgerichteten Verfügung zu betrachten. Stellen wir uns zunächst die Frage nach der Möglichkeit der Vornahme einer unbewussten Verfügung, so gilt es sich gleichsam nochmals zu vergegenwärtigen, dass die Verfügungsgeschäfte allesamt einen dinglichen Vertrag, zwei korrespondierende Willenserklärungen, zur Voraussetzung haben und demgemäß als rechtsgeschäftliche Zuwendungsgeschäfte zu begreifen sind.379 Fehlt es dem Verfügenden bereits am Bewusstsein zu handeln oder auch nur am – zumindest potentiell vorhandenen380 – Bewusstsein überhaupt rechtlich relevant zu handeln, so mangelt es bereits am Handlungswillen bzw. am Erklärungsbewusstsein und mithin an einer vollständigen Willenserklärung. Ohne Willenserklärung aber wird auch das rechtsgeschäftliche Zuwendungsgeschäft der Verfügung nicht wirksam, für einen Kondiktionsanspruch mangelt es bereits am ersten Tatbestandsmerkmal, am Bereicherungsgegenstand: dem 379 „Rechtsgeschäft im Sinne des Entwurfes ist eine Privatwillenserklärung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, welcher nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist.“ Motive der 1. Kommission, abgedruckt in Motive I, S. 126. Vgl. bereits oben Teil 2, B, II, 1. 380 Wenn mit der h. M. potentielles Erklärungsbewusstsein für ausreichend erachtet wird, um den Tatbestand einer Willenserklärung zu bejahen, wird man diese Wertung nicht auf die Ebene der Wirksamkeit der Verfügungsgeschäfte beschränken können, vielmehr konsequenterweise auch für die im Bereicherungsrecht zu beantwortende Frage nach deren Bestand berücksichtigen müssen, vgl. dazu ausführlich bereits oben Teil 2, A, II, 3, b), (a) und auch dort Fn. 241.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

„Erlangten“. Gleichwohl könnte bei einer Verfügung in Form einer Eigentumsübertragung ein etwa verbleibender Besitz am Erwerbsobjekt nach Bereicherungsgrundsätzen herausverlangt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen rechtsgeschäftlich sondern um einen tatsächlich begründeten Vermögensvorteil. Für uns von Interesse ist jedoch ausschließlich die Bedeutung der causa rechtsgeschäftlicher Vermögensvorteile, die Frage nach der causa eines tatsächlichen Vermögensvorteils hingegen ist eine davon gänzlich getrennte und unabhängige, deren Beantwortung für unseren Untersuchungsgegenstand zu keinem Erkenntnisgewinn führt und deshalb hier unbeachtet bleiben kann.381 Die Möglichkeit einer wirksamen Verfügung ohne Bewusstsein des Verfügenden ist demnach nicht denkbar, jedes wirksame Verfügungsgeschäft wird mithin – wie auch jedes wirksame Verpflichtungsgeschäft – stets bewusst vorgenommen, ist also im Sinne des ersten Teiles der Definition des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffes zwingend „bewusste Mehrung fremden Vermögens“. Wenn auch eine wirksame abstrakte Verfügung stets bewusstes Handeln erfordert, könnte diese dennoch nicht zweckbestimmt vorgenommen worden und aus diesem Grunde als Nicht-Leistung im Sinne der modernen Leistungsdefinition zu qualifizieren sein. Auch diese Möglichkeit der nicht zweckbestimmten Verfügung aber haben wir bereits oben für rechtsgeschäftliche Zuwendungsgeschäfte im Allgemeinen beantworten können: Die Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff ist als eine einseitige nicht-rechtsgeschäftliche Erklärung des Verfügenden zu begreifen – und dabei von der zweiseitigen rechtsgeschäftlichen Zweckbestimmung im Rechtsgrundbegriff der Leistungskondiktion dogmatisch zu trennen. Aufgrund der mangelnden rechtlichen Anforderungen an die „natürliche“ Leistungszweckbestimmung, nähert sich diese gleichsam der eingangs dieser Arbeit angestellten psychologischen Betrachtung einer Handlung an: nihil est sine ratione, niemand handelt ohne Zweck. Als Regelfall kann daher festgehalten werden, dass eine Zuwendung, die bewusst getätigt wurde, mithin auch stets zu einem bestimmten, zumindest konkludent ausgedrückten Zweck erfolgt. Freilich, ein Beweis für die Ausschließlichkeit dieses Grundsatzes kann nur negativ geführt werden, es können nur Einzelfälle, in denen etwas bewusst aber zweckfrei zugewendet wird, das Gegenteil belegen. Wir hatten diesbezüglich zwei denkbare Konstellationen angeführt, mit denen auf den ersten Blick dieser Beweis scheinbar geführt werden kann, mussten aber bei genauerer Untersuchung feststellen, dass weder bei einem Vorbehalt der Bestimmung des Zwecks der Leistung noch innerhalb der typischen Dreipersonenverhältnisse bei richtiger historisch-dogma381 Zur Ausklammerung dieser Frage vgl. bereits oben Teil 2, um Fn. 10. Zur causa des Besitzes vgl. Ehmann, Gesamtschuld, S. 159 ff.

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tischer Erfassung des Leistungsbegriffes eine bewusste und dennoch zweckfreie Zuwendung festgestellt werden kann. Auch die Frage nach der Möglichkeit der bewussten aber zweckfreien Verfügung lässt sich mithin nur negativ beantworten: Sobald ein Vermögensvorteil bewusst verschoben wird, erfolgt dies auch stets zu einem „natürlich“ bestimmten Zweck. Auch eine Verfügung wird demnach zwingend bewusst und auch stets zweckgerichtet erfolgen. Die Vornahme eines abstrakten Verfügungsgeschäfts ist daher durchweg als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu begreifen. Ihr weiterer rechtlicher Bestand richtet sich mithin ausschließlich nach den Grundätzen der Leistungskondiktion. Zu beantworten verbleibt uns hier lediglich unsere eigentliche, nunmehr freilich präziser zu fassende Ausgangsfrage: Ist die Vereinbarung der Parteien über den Zweck der abstrakten Verfügung notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines rechtlichen Grundes nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion? Auch diese Frage haben wir oben auf allgemeiner Ebene für das Recht der Leistungskondiktion bereits eingehend untersucht, so dass es hier nur einer kurzen Erinnerung der dort erlangten Erkenntnisse bedarf: Mit der unter historischen und dogmatischen Gesichtspunkten allein vertretbaren subjektiven Rechtsgrundtheorie ist der unbestimmte Begriff des Rechtsgrundes im Sinne der Leistungskondiktion als Erreichung eines zuvor bestimmten Zwecks zu konkretisieren. Mit den Vertretern der Zweckvereinbarungstheorie ist weiterhin die zur Feststellung eines Rechtsgrundes erforderliche Zweckbestimmung als eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Parteien über den Zweck der Leistung zu begreifen und dogmatisch von der einseitigen, nichtrechtsgeschäftlichen Zweckbestimmung im bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff abzugrenzen. Ein den weiteren Bestand rechtfertigender Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion setzt mithin eine rechtsgeschäftliche Zweckvereinbarung und eine Zweckerreichung voraus.382 Unsere Ausgangsfrage lässt sich somit klar beantworten: Auch die abstrakten Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches bedürfen, wenn schon nicht für ihre Wirksamkeit, so zumindest für die Kondiktionsfestigkeit und also für den weiteren Bestand, konstitutiv einer Vereinbarung über die der Verfügung zugrunde liegenden causa.

4. Zusammenfassende Betrachtung Wir können festhalten, dass vor dem Hintergrund der klaren Bestimmungen des ersten Entwurfes, den deutlichen Worten beider Gesetzgebungskommissionen und der heute überwiegenden Auffassung die Verfügungs382

Vgl. zu allem schon ausführlich oben Teil 2, A, II, 3.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

geschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches im Grundsatz als abstrakt ausgestaltete Rechtsgeschäfte zu begreifen sind, wenn auch die heute geltende Gesetzesfassung ein solches Verständnis nicht zwingend erfordert. Lediglich die akzessorischen Pfandrechte (Hypothek, Mobiliar- und Rechtspfandrecht) sind aufgrund ihrer gesetzlichen Ausgestaltung unabdingbar kausaler Natur. Nur hinsichtlich dieser Ausnahmeerscheinungen ist also eine Einigung der Parteien über die der Verfügung zugrunde liegende causa erforderlich, gehört die Vereinbarung über den Verfügungszweck zu den wesentlichen Bestandteilen des Angebotes zum Abschluss des dinglichen Vertrages; kommt eine Vereinbarung über die causa nicht zustande, gelangen die kausalen Sicherungsrechte nicht zur Entstehung. Im Grundsatz aber gehört die causa der Verfügung nicht zu den essentialia negotii der dinglichen Einigung, gelangt das Verfügungsgeschäft auch ohne die Vereinbarung über die causa des dinglichen Rechtsgeschäftes zur Wirksamkeit. Wenn auch eine Zweckvereinbarung für die Wirksamkeit der Verfügungsgeschäfte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im Grundsatz nicht erforderlich ist, so ist sie aber dennoch unverzichtbare Voraussetzung, um deren weiteren rechtlichen Bestand zu gewährleisten: Die Vornahme einer rechtsgeschäftlichen Verfügung ist stets als eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinne zu begreifen, die Feststellung eines rechtlichen Grundes und also die Kondiktionsfestigkeit der abstrakten Verfügungen beurteilt sich folglich allein nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion. Nach dem Recht der Leistungskondiktion setzt ein den weiteren Bestand rechtfertigender Grund eine Zweckvereinbarung und eine Zweckerreichung voraus. Die Vereinbarung der Parteien über die causa des dinglichen Rechtsgeschäftes ist mithin bei den ausnahmsweise kausalen Verfügungen unabdingbare Entstehungsvoraussetzung, bei den im Grundsatz abstrakten Verpflichtungen unabdingbare Bestandsvoraussetzung.

C. Die causa der Rechtsgeschäfte Bis hierher haben wir unsere Betrachtung der causa im Bürgerlichen Gesetzbuch auf die Frage nach der Erforderlichkeit einer Zweckvereinbarung beschränkt, die Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte getrennt voneinander diesbezüglich untersucht. Es wurde bislang dabei weder genau beleuchtet, wie sich diese Zweckvereinbarung inhaltlich gestaltet, d.h. über was sich die Parteien zu vereinbaren haben, noch wurde untersucht, welche Rechtsfolgen eine etwaige Verfehlung des vereinbarten Zwecks auslöst. Beide Fragenkreise können im Folgenden eine die Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte zusammenfassende Untersuchung erfahren. Es soll zunächst die Bedeutung und die Funktion der Zweckvereinbarung für beide Rechtsgeschäftsarten, mit denen im Rechtsverkehr die Güterbewegungen

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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vollzogen werden, noch einmal herausgestellt und zur Komplettierung der erste Fragenkreis beantwortet, d.h. der genaue Inhalt der Einigung über die causa herausgearbeitet werden (vgl. I). Im Anschluss daran soll, was bis hierher noch gänzlich unbeleuchtet geblieben ist, die Bedeutung und die Funktion der Zweckerreichung für die Verpflichtungs- und die Verfügungsgeschäfte untersucht, d.h. eine Antwort auf den zweiten Fragenkreis nach den Rechtsfolgen einer etwaigen Zweckverfehlung gefunden werden (vgl. II). Schließlich verbleibt noch ein letzter, dritter zu untersuchender Fragenkreis, der sich jedoch inhaltlich erst erschließt, wenn die Bedeutung der Vereinbarung und der Erreichung der causa der Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte vollständig herausgearbeitet wurde: die Möglichkeit der Zweckanstaffelung (vgl. III).

I. Zweckvereinbarung Im Bürgerlichen Gesetzbuch sind die schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte im Grundsatz kausal, die dinglichen Rechtsgeschäfte hingegen im Grundsatz abstrakt ausgestaltet. Die causa der Verpflichtungen ist mithin grundsätzlich Teil der wesentlichen Bestandteile (essentialia negotii) des schuldrechtlichen Vertrages, ohne Vereinbarung über die causa gelangen die Verpflichtungen im Grundsatz nicht zur Entstehung. Die causa der Verfügungen hingegen gehört im Grundsatz nicht zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des dinglichen Vertrages, gleichwohl ist eine wirksame Vereinbarung über die causa unabdingbare Voraussetzung für die Kondiktionsfestigkeit, mithin für den weiteren rechtlichen Bestand der durch das dingliche Rechtsgeschäft vollzogenen Vermögensverschiebung. Ausnahmsweise statuiert das Bürgerliche Gesetzbuch auch die Möglichkeit, eine Verpflichtung abstrakt zu begründen. Ebenso statuieren die akzessorisch ausgestalteten Pfandrechte, als notwendig kausale Verfügungsgeschäfte, eine Ausnahme vom Grundsatz der Abstraktheit der Verfügungen. Auch hinsichtlich dieser gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände aber ist eine Vereinbarung über die causa stets, entweder für die Entstehung oder aber zumindest für den weiteren rechtlichen Bestand, unverzichtbare Voraussetzung. Die Parteien eines Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäftes müssen sich mithin stets über die dem Rechtsgeschäft zugrunde liegende causa einigen, damit es rechtlich entstehen bzw. bestehen kann. Diese bis hierher zusammengefassten Aussagen konnten wir in der bisherigen Untersuchung über die causa im Bürgerlichen Gesetzbuch historisch und dogmatisch belegen. Um ein vollständiges Bild von der Bedeutung der Zweckvereinbarung bei den Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften zeichnen zu können, gilt es im Folgenden zunächst den – im zweiten Teil dieser Arbeit bislang gänzlich unbeleuchteten – Inhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung herauszuarbeiten (vgl. 1). Im An-

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schluss daran wird, aufgrund einer weit verbreiteten unreflektierten Sichtweise, gesondert darzulegen sein, dass der so bestimmte Inhalt der Zweckvereinbarung nicht nur für das Verpflichtungs-, sondern auch für das Verfügungsgeschäft vollständige Geltung beansprucht (vgl. 2). 1. Typisierung der Zwecke „Ein Käufer kann z. B. eine Flasche Schnaps kaufen, um sich zu betrinken oder weil er Besuch erwartet und diesen trunken machen will, er kann auch beides gleichzeitig wollen, sich und den anderen oder die andere trunken machen; sich oder die anderen kann er wiederum aus vielen anderen Gründen trunken machen wollen, ich überlasse es Ihrer Phantasie.“383 Die Gründe rechtsgeschäftlichen Wollens sind also vielschichtig, die den Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften zugrunde liegenden Handlungsmotive mannigfaltig. Würden die Rechtsgeschäfte von all diesen Absichten abhängig sein, so kämen sie nicht zustande, weil eine Einigung darüber regelmäßig nicht gelänge.384 Daher ist es erforderlich, unter der unbeschränkten Vielzahl der Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns diejenigen Zwecke herauszuarbeiten, über die sich die Parteien stets zu vereinbaren haben, damit das Rechtsgeschäft zur Entstehung gelangt, bzw. damit es von dauerhaftem rechtlichem Bestand ist. Es soll mithin im Folgenden gewissermaßen der Mindestinhalt der für die Entstehung bzw. den Bestand stets erforderlichen Zweckvereinbarung herausgefiltert werden, also jene typischen Zwecke, die den rechtlichen Charakter der Zuwendungen und die für sie maßgebenden Rechtssätze bestimmen – in Windscheidscher Terminologie: Die „ersten Absichten, vor denen keine anderen stehen“, welche „nicht nicht vorhanden sein“ können.385 Blicken wir dazu zunächst noch einmal zurück auf die Wurzeln unseres heutigen modernen Vertragsverständnisses: Wir konnten im geschichtlichen ersten Teil der Untersuchung herausarbeiten, dass sich das Vertragsverständnis im europäischen Rechtsraum erst im usus modernus des 17. Jahrhun383

So illustrativ Ehmann, JZ 03, S. 702. Ehmann, JZ 03, S. 702. 385 Windscheid, Voraussetzung, S. 87. Windscheid begriff diese „ersten Absichten“ bzw. „ersten Zwecke“ (vgl. oben Teil 2, Fn. 145) materiell gleichwohl als „Voraussetzungen“ im Sinne seiner Lehre, vgl. Windscheid, AcP 78 (1864), S. 175: „Man darf also sagen, daß die Erreichung des ersten Zwecks der Vermögenszuwendung ihre Voraussetzung bildet“ und Windscheid, Voraussetzung, S. 87 ff.: „daß in einer bestimmten Absicht wollen gleich sei dem Wollen unter der Voraussetzung ihrer Erreichung … Es sind die ersten Absichten.“ So auch Kreß, AT, § 5 II 2 a (S. 40, Fn. 14) und Schlossmann, causa, S. 56 f.: „Die Vereinbarung der ersten causa dagegen … kann im Vertrage nicht fehlen.“ 384

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derts vom römisch-rechtlichen Typensystem emanzipierte, erst zu dieser Zeit sich die Überzeugung durchsetzte, dass auch nach weltlichem Recht aus einem pactum nudum geklagt werden könne – für das kanonische Recht war dieser Grundsatz bereits im 14. Jahrhundert anerkannt.386 Dabei gewährleistete maßgeblich die zur dogmatischen Untermauerung dieser Überzeugung in Beschlag genommene kanonische Vertragslehre, welche die von den Glossatoren ursprünglich für das römische Zivilrecht begründete und von den Kommentatoren fortentwickelte causa-Lehre in sich aufgenommen hatte, eine Fortsetzung der schon zum römischen Recht geführten Diskussion um das Erfordernis der causa für den Vertragsschluss. Während im usus modernus dem römischen Vertragssystem gleichsam ein Ende bereitet und dadurch die Grundlage für einen neuen systematischen Ansatz geschaffen wurde, gelang es erst den vom Naturrecht geprägten Juristen ein neues, wesentlich auf den Willen gründendes System zu entwerfen. Eine Systematisierung aller Verträge wird auf Grundlage dieser naturrechtlichen Anschauung nicht mehr anhand von klagbaren und nicht klagbaren Typen – pacta vestita und pacta nuda – gewonnen, sie beruht nunmehr auf der Betrachtung des ihnen immanenten Zwecks: Ein Vertrag wird entweder geschlossen zum Zwecke des Austausches – auch belastende oder lästige oder entgeltliche Kontrakte, contracus onerosi, causa acquirendi oder causa credendi genannt – oder aber zum Zwecke der Schenkung – auch freigebige oder unentgeltliche Kontrakte, contractus benefici, causa donandi genannt. Wie wir weiter herausarbeiten konnten, griff erstmals Samuel Pufendorf in nachhaltiger Weise auf dieses nunmehr neuartige, dogmatisch an der causa des Vertrages ausgerichtete Gliederungssystem aller Verträge zurück, welches sich freilich schon vorgedacht findet in den Schriften Hugo Grotius’. Neben Christian Thomasius und Christian Wolff wurde dieser Ansatz endlich auch von den maßgebenden Autoren der vom Naturrecht geprägten Kodifikationen im ausgehenden 19. Jahrhundert, namentlich Carl Gottlieb Svarez, Karl Anton Martini, Jean Domat und Robert-Joseph Pothier, propagiert. Die an der causa ausgerichtete Zweiteilung aller Verträge, in solche zum Zwecke des Austausches und solche zum Zwecke der Liberalität, hat so schließlich Einzug in die drei großen Naturrechtskodifikationen, in den Code Civil, das Allgemeine Preußische Landrecht und in das österreichische Allgemeine Gesetzbuch, gefunden.387 Die grundsätzliche Zweiteilung anhand des dem Zuwendungsgeschäft zugrunde liegenden Zwecks ist mithin – was vielfach übersehen wird388 – 386

Spätestens um diese Zeit, vgl. oben Teil 1, A, II, 1, um Fn. 166. Vgl. oben Teil 1, B, III und IV. 388 Vgl. etwa Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 56: „die gemeinrechtliche causa-Lehre versuchte, die Zwecke der Vermögenszuwendung unter einem ein387

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

kein römisch-rechtliches oder gemeinrechtliches Erbe, beruht vielmehr erst auf einem sich ab dem 17. Jahrhundert bahnbrechenden, von naturrechtlicher Anschauung geprägten systematischen Neuansatz im Vertragsrecht, welcher schließlich auch Grundlage des Vertragsdenkens im Bürgerlichen Gesetzbuch werden sollte.389 Die Einteilung aller Zuwendungsgeschäfte in solche des Austausches und solche der Liberalität ist also eine genuin naturrechtliche, gewissermaßen der Natur des menschlichen Handelns selbst zu entnehmen.390 Instruktiv sei hier, gleichsam zum Beleg dieser Erkenntnis, Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) zitiert, dessen rechtsphilosophischer Systembildung eben diese, an der causa ausgerichtete Einteilung zugrunde liegt: „Die Einteilung [sic] der Verträge und eine darauf gegründete verständige Abhandlung ihrer Arten ist nicht von äußerlichen Umständen, sondern von Unterschieden, die in der Natur des Vertrages selbst liegen, herzunehmen … und es wäre längst zu erwarten gewesen, daß der gewöhnliche Schlendrian der Einteilung der Verträge in Real- und Konsensual-, genannte und ungenannte Kontrakte usf. gegen die vernünftige Einteilung aufgegeben worden wäre.“391 Gleichwohl lässt sich mit dieheitliche Gesichtspunkt zusammenzufassen“ und Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 29: „… die alte romanistische causa-Lehre …, die – mit einer gewissen Vereinfachung – eine Dreiteilung und Typisierung der causae kennt …“ und Deneke, causaproblem, S. 7: „Die Dreiteilung der causa des römischen Rechts …“ und Klingmüller, ZHR 1907 (58), S. 155: „Aus der alten scholastischen Dreiteilung …“ und Kummer, causa, S. 27 u. 18: „… die aus dem römischen Recht stammende Trichotomie“ und auch Zeiss, AcP 1964 (164), S. 55; Creutzig, Schuldversprechen, S. 82; v. Tuhr, AT II, 2, § 72 II (S. 66); Blomeyer, Schuldrecht, S. 81. 389 Vgl. Kreß, Rektoratsrede, S. 20 f. (2.): „Die naturrechtliche Wissenschaft hat wohl ihre besten Ergebnisse bei der Erforschung der tieferen Gründe privatrechtlichen Einrichtungen erreicht …“, ferner ders., ebenda, S. 21 (3.): „Die Grundsätze des Privatrechts sind der Gesetzgebung durch die natürlichen Verhältnisse, die naturalis ratio vorgezeichnet.“ Kupisch, NJW 85, S. 2373, führt hingegen die Systematisierung der „drei causae“ erst auf die „hochentwickelte Wissenschaft vom römischen Recht des 19. Jahrhunderts“ zurück. 390 Vgl. Ehmann, JZ 03, 703 u. 706. Für Kreß, AT, § 5 1 c (S. 37) und Weitnauer, Zweck und Rechtsgrund, S. 53, gehen sie aus dem Wirtschaftsverkehr hervor. Ebenso und instruktiv auch Schlossmann, causa, S. 37: „Er muss ein Vermögenszweck, ein ökonomischer Zweck sein, weil eben die Gestaltung der Vermögensbeziehungen der Menschen die Function der Vermögensrechtsgeschäfte ist … Der Vermögenszweck … geht … auf Liberalität, oder auf Erwerb eines Aequivalents …“ Schnauder, JZ 02, S. 1082, bezeichnet die grundsätzliche Zweiteilung hingegen als eine „Erfahrungstatsache“. 391 So noch 1821 Hegel in Philosophie des Rechts, § 80 (S. 165). Hegel unterteilt insbesondere in der überlieferten Vorlesungsmitschrift alle Verträge lediglich in entweder solche zum Zwecke der Schenkung und solche zum Zwecke des Tausches, vgl. Hegel, Vorlesungsmitschriften, §§ 36, 37 (S. 60 ff.). Vgl. auch Stahl, Rechtsphilosophie, § 58 (S. 420): „Das römische System der Verträge beruht auf den besondern Erfordernissen ihrer Klagbarkeit nach römischem Rechte, hat daher keine

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ser Zweiteilung zumindest für das Vertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht das ganze Bild zeichnen, ist selbst in der Literatur durchweg von einer Dreiteilung der Zwecke, von causa acquirendi oder credendi, causa donandi und causa solvendi, die Rede392 – „Jede Dreiteilung ist, wenigstens in der europäischen Tradition, eine ideale.“393 Und tatsächlich ergibt sich, wie zu zeigen sein wird, sowohl aus der Natur des Vertrages selbst als auch aus der Rechtsordnung noch ein dritter, anstelle des Austausches oder der Liberalität verfolgbarer Zweck: der Abwicklungszweck. Beleuchten wir im Folgenden zunächst den Austausch- und Liberalitätszweck etwas genauer [vgl. a)], um uns sodann dem Abwicklungszwecke anzunehmen [vgl. b)].

allgemeine Wahrheit, und ist namentlich für unsern jetzigen Zustand völlig unpassend. Nun hat Kant … an die Stelle desselben ein philosophisches System aufgestellt …“. 392 Vgl. Savigny, Obligationenrecht, § 78 I (S. 251); Kreß, AT, § 5, 1, c (S. 37); v. Tuhr, AT II, 2, § 72 II (S. 67): „Dreiteilung“; Schnauder, JZ 02, 1082: „Dreiteilung“; Flume, AT, S. 154 f.: „Dreiteilung“; Ehmann, JZ 03, 703: „trias“; Coing, Privatrecht II, § 85 III 3 (S. 436); Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 80 f.: „heute geläufige Dreiteilung“; Wittig, Verpflichtungsgeschäft, S. 6: „überkommene Dreiteilung“; Welker, Bereicherungsausgleich, S. 29; Westermann, causa, S. 64 f.: „Historisch überliefert sind drei Haupttypen“; Krawielicki, Grundlagen, S. 159: „klassische Dreiteilung“; Hagmann-Lauterbach, Zusammenhang, S. 56: „klassische Dreiteilung“; Lehmann/Hübner, AT, § 25 III 1 c (S. 158): „wichtigsten causae“; Halfmann, causa, S. 60a: „Triologie der Zwecke“; Enneccerus/Nipperdey, AT I, 1 § 148 I, 4 (S. 916): „Gewöhnlich unterscheidet man …“; Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 9: „früher übliche Dreiteilung …“; Köhler, Zeckstörungen, S. 4; Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 29: „Dreiteilung“; Boehmer, Erfüllungswille, S. 42: „Dreiteilung“; Stampe, causa, S. 39: „alte Dreiteilung“; Deneke, causaproblem, S. 7: „Dreiteilung“; Kupisch NJW 85, S. 2373: „drei causae“; Klingmüller, ZHR 1907 (58), S. 155: „Dreiteilung“; Zeiss, AcP 1964 (164), S. 55: „klassische Dreiteilung“; Creutzig, Schuldversprechen, S. 87: „bekannte Dreiteilung“; Kummer, causa, S. 27 u. 18: „Trichotomie“; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 11; Dröll, causa, S. 11; Huber, JuS 72, 58 f.; Weitnauer, DB 84, 2497; Blomeyer, Schuldrecht, S. 81. Windscheid, Voraussetzung, S. 89 und ders., Pandekten I, § 98 (S. 511) Fn. 1, spricht von einer Dreiteilung der „ersten Absicht“. Wenngleich nicht in dieser Terminologie auch Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 398): „drei einfache und reine Vertragsarten“ und im Anschluss daran Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 165) und Stahl, Rechtsphilosophie, § 58 (S. 420). 393 Jakobs, SZ (RA), 2002 (119), S. 285 und weiter ebenda (Fn. 36): „Wie Gott nach christlicher Lehre, so ist für das europäische Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit die (diesseitige) Welt dreigeteilt (sc. in Asien, Afrika, Europa) und so auch das justinianische Corpus iuris und als dessen Hauptteil die Digesten … und selbst in der Neuzeit, in der vielen das höchste Wesen der Staat ist, setzt dessen Dreiteilung in der Lehre von der Gewaltenteilung fort.“

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

a) Austausch- und Liberalitätszweck „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, daß sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen- sondern an ihre Eigenliebe, und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil.“394 Mit diesem Beispiel verdeutlicht Adam Smith (1723–1790), gemeinhin als „Vater der klassischen Nationalökonomie“395 bezeichnet, die Bedeutung der egoistischen Verfolgung von Einzelinteressen zur Vermehrung von Reichtum und Wohlstand sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft insgesamt – und gründet schließlich auf diese einfache Erkenntnis seinen systemtheoretischen Ansatz des laissez fair, des freien Spiels der Marktkräfte.396 Do ut des, ich gebe, damit du gibst, ist demnach Triebkraft jedes einzelnen Menschen, der gesamten volks- und heute sogar weltwirtschaftlichen Ordnung. Der Austauschzweck bildet also das Hauptmotiv menschlichen Handelns, weil er der egoistischen Natur des Menschen entspricht;397 durch Ausschaltung oder Einschränkung dieses Hauptmotivs werden „der Arbeitswille und die Arbeitskraft der Staatsbürger … erstickt, das wertvollste Kapital des Volkes wird damit vernichtet; das Ende kann nur gleichmäßige Armut aller, gleiches Elend, gleiche Verkommenheit und der Niedergang der Kultur sein.“398 Der Zweck, etwas schenkweise zuzuwenden, der Liberalitätszweck, erscheint vor diesem Grundprinzip menschlichen Handelns als nicht authentisch, steht dem Austauschzweck gleichsam gegenüber.399 394

Smith, Wohlstand der Nationen, S. 17. Hardes/Rahmeeyer/Schmid, Volkswirtschaftslehre, S. 28; Fusfeld, Economist, S. 23: „He is considered to be the founder of modern economics.“ 396 Vgl. Fusfeld, Economist, S. 29 f.; Hardes/Rahmeeyer/Schmid, Volkswirtschaftslehre, S. 28. 397 So auch Kreß, Rektoratsrede, S. 21 (2.): „Von der Natur ist ihnen der Drang gegeben, die materiellen wie ideellen Güter zu erwerben und die erworbenen zu wahren … Der Egoismus treibt den Wirtschaftsverkehr an, schafft neue Güter …“ und Ehmann, JZ 03, 703. Auch Morgenstern, Aphorismen: „Der Nenner auf den heut fast alles gebracht wird, ist Egoismus, noch nicht – Liebe“ und Schlossmann, causa, S. 45: „ ‚Keine Leistung ohne Gegenleistung‘ ist das Losungswort im Güterleben“ und schon Aurel, Selbstbetrachtungen, 7. Buch, Nr. 74: „Niemand wird müde seinen Nutzen zu suchen; Nutzen aber gewährt uns eine naturgemäße Tätigkeit. Werde also nicht müde, deinen Nutzen zu suchen, indem du anderen Nutzen gewährst.“ 398 Kreß, Rektoratsrede, S. 27 (4.). Am Ende seiner 1931 gehaltenen Rede, S. 27 ff. (5.), nimmt er diesbezüglich ausdrücklich auf die „sowjet-russische Gesetzgebung“ Bezug und führt aus: „Sie ist der mit Mitteln der Gesetzgebung unternommene Versuch zur Revolutionierung der natürlichen Verhältnisse, der Kampf contra naturam, gegen die Natur der Menschheit.“ 395

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Diese mangelnde Authentizität des Liberalitätszweckes zeichnet schließlich auch ursächlich für die sich durch die Rechtsepochen hindurch diskutierte Frage, in welchen Fällen eine nicht von einem Austauschzweck beherrschte Vereinbarung als ein wirksames Rechtsgeschäft anzuerkennen sei:400 Schon im späten römischen Recht waren zwar Schenkungen durch Kaiser Justinian von der Form der Stipulation losgelöst und als ausnahmsweise klagbare pacta anerkannt worden (pacta legitima), sie bedurften jedoch zu ihrer Wirksamkeit der Erklärung zum gerichtlichen Protokoll, wenn sie im Werte 300 und später 500 solidi überstiegen (Insinuationspflicht).401 Diese bereits zu Beginn der Rechtswissenschaft zu beobachtende Skepsis hinsichtlich einer causa donandi erfolgten Zuwendung ist bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. Auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegen Rechtsgeschäfte zum Zwecke der Liberalität, im Vergleich zu solchen zum Zwecke des Austausches, grundsätzlich strengeren Anforderungen bzw. einer strengeren Ausgestaltung: Wenn wir in den besonderen Teil des Schuldrechts blicken, finden wir alle von einem Austauschzweck getragenen Verpflichtungsgeschäfte – etwa Kauf, Tausch, Miete, Dienstvertrag, Werkvertrag etc.402 – als im Grundsatz formlos gültige Verträge geregelt (§ 125 BGB), haften sich die gegenüberstehenden Vertragsparteien im Grundsatz für einfache Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Demgegenüber wird für die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten, von einem Liberalitätszweck getragenen Verpflichtungsgeschäfte entweder ein Formerfordernis aufgestellt – vgl. für die Schenkung § 518 BGB – oder aber zumindest eine Haftungsbeschränkung des causa donandi Zuwendenden auf grobe Fahrlässigkeit bzw. auf die eigenübliche Sorgfalt statuiert – vgl. für die Schenkung § 521 BGB, für die Leihe § 599 BGB und für die unentgeltliche Verwahrung § 690 BGB.403 Zwar findet sich hinsichtlich des vierten im Bürger399

Vgl. Smith, Wohlstand der Nationen, S. 16 ff.; Kreß, AT, § 5 1 a (S. 35); Schlossmann, causa, S. 45 f.; Zweigert, JZ 64, S. 350: „Überall auf der Welt finden wir die Einsicht, daß ein rechtlich verpflichtendes Versprechen üblicherweise gegen Entgelt, gegen eine Gegenleistung, gegeben wird. Eine Schenkung und ein unentgeltliches Versprechen sind dagegen juristisch etwas nicht Normales, und sie werden überall – wiewohl in verschiedener Weise – besonders behandelt.“ 400 Vgl. instruktiv Motive, Mugdan II, S. 158 ff. Auch die Nachweise der zahlreichen Abhandlungen im 18. und 19. Jahrhundert über den Liberalitätszweck bei Ehmann, JZ 03, 703 Fn. 14 und aus heutiger rechtsvergleichender Sicht Zweigert, JZ 64, S. 350. 401 Vgl. dazu bereits oben Teil 1, Fn. 64. Auch Motive, Mugdan II, S. 161. 402 Vgl. Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 399); Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 166 f.); Kreß, AT, § 5 1 a (S. 36). 403 Vgl. auch die Aufzählung bei Kreß, AT, § 50 1 a (S. 36); Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 166); Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 399) und v. Thur, AT II, 2, § 74 I (S. 136 f.). Die Regelungen über das Gelddarlehen §§ 488 ff. BGB und Sachdarlehen §§ 607 ff. BGB sind im heutigen

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lichen Gesetzbuch geregelten, nicht von einem Austauschzweck getragenen Verpflichtungsgeschäft des Auftrages §§ 662 ff. BGB weder ein Formerfordernis noch eine Haftungsbeschränkung404 – was zuweilen zum Anlass genommen wird, einen dem bürgerlichen Recht innewohnenden allgemeinen Grundsatz der Haftungserleichterung bei unentgeltlichen, von einem Liberalitätszweck getragenen Verträgen gänzlich zu verneinen.405 Wie Detlef Liebs dargelegt hat, kannte jedoch das römische Auftragsrecht noch eine Haftungsbeschränkung für den unentgeltlich Beauftragten und ist das heutige Fehlen einer solchen Beschränkung lediglich auf eine undifferenzierte Generalisierung des römischen Rechts in der Neuzeit zurück zu führen;406 mit diesem Hinweis wollen und müssen wir uns hier begnügen.407 Festzuhalten bleibt, dass jedes Handeln entweder egoistischer oder aber altruistischer Natur ist, jede Zuwendung also entweder zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Liberalität vorgenommen wird. Der Egoismus und also der Austauschzweck bilden dabei den Grundsatz, die Hauptmotivation jeden menschlichen Handelns; der Altruismus und also der Liberalitätszweck hingegen erscheinen als eine unnatürliche Ausnahmeerscheinung, was dogmatisch im Bürgerlichen Gesetzbuch auch zum Ausdruck kommt. Austauschzweck und Liberalitätszweck sind also die typischen Zwecke, die den rechtlichen Charakter der Zuwendungen und die für sie maßgeblichen Rechtssätze bestimmen. Die Parteien der schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsgeschäfte haben sich mithin zumindest darüber zu einigen, ob sie die Güter zum Zwecke des Austausches oder aber zum Zwecke der Liberalität verschieben. Die Einigung über die egoistische oder altruistische Natur der Güterbewegung ist gewissermaßen Mindestinhalt der für die Entstehung – bei den kausalen Rechtsgeschäften – oder aber zumindest für den weiteren rechtlichen Bestand – bei den abstrakten Rechtsgeschäften – stets erforderlichen Zweckvereinbarung. Bürgerlichen Gesetzbuch als von einem Austauschzweck getragene, entgeltliche Verträge ausgestaltet, vgl. MüKo/Berger, § 488 Rn. 55 (§ 488 Abs. 1, S. 2) und MüKo/Berger, § 607 Rn. 32 (§ 607 S. 2 BGB). 404 Diskutiert findet sich jedoch eine Haftungserleichterung in Analogie zu den §§ 521, 599, 690, so insbes. Medicus, BR, § 16 I 2 a (S. 228). Eine Haftungserleichterung aus dem Unentgeltlichkeitsgedanken „allein“ verneinend BGHZ 30, 40, 46 f., im Grundsatz offen gelassen aber noch von BGHZ 21, 102, 110. Vgl. auch MüKo/Seiler, § 662 Rn. 53 ff. 405 Vgl. etwa RGZ 145, 390, 394: „Einen Rechtssatz des Inhalts, daß im Falle einer Gefälligkeitsfahrt nur für grobes Verschulden des Wagenführers gehaftet werde, gibt es nicht …“ und Palandt/Heinrichs, § 276 Rn. 34, 41. 406 Liebs, Römisches Recht, S. 254. 407 Vgl. auch in diesem Zusammenhang die Motive II, S. 530 ff.; MüKo/Seiler, § 662 Rn. 55 und auch schon oben Teil 1, Fn. 56. Zur allgemeinen Schwäche des Liberalitätszweckes vgl. Ehmann, JZ 03, 705 Fn. 43.

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b) Abwicklungszweck Es findet sich noch eine dritte Kategorie von Rechtsgeschäften, die nicht primär durch ein – ihnen gleichwohl stets innewohnendes – altruistisches oder egoistisches Handlungsmotiv geprägt werden, bei denen also nicht der Austausch- oder Liberalitätszweck, sondern eine andere causa im Vordergrund steht: der Abwicklungszweck. Den zum Zwecke der Abwicklung vorgenommenen Rechtsgeschäften liegt dabei die Gemeinsamkeit zugrunde, dass sie stets ein vorausgegangenes, zum Zwecke des Austausches oder der Liberalität geschlossenes schuldrechtliches Rechtsgeschäft in Bezug nehmen, zu dessen „Abwicklung“ sie gewissermaßen beitragen.408 Wir können für das Bürgerliche Gesetzbuch zwei Kategorien solcher Abwicklungszwecke unterscheiden: Der erste, nun im Folgenden genauer zu untersuchende Abwicklungszweck lässt sich noch, wie auch der Austausch- und Liberalitätszweck, aus der Natur des menschlichen Handelns, gleichsam a priori,409 herleiten. Der zweite Abwicklungszweck hingegen ist ein ausschließlich durch juristische Konstruktion begründeter, welchen erst die moderne deutsche bürgerliche Rechtsordnung, aufgrund bereits beleuchteter Entwicklungen im 19. Jahrhundert, selbst hervorgebracht hat. Wagen wir zur Vergegenwärtigung der ersten Unterart des Abwicklungszwecks einen Blick in die Metaphysik der Sitten Immanuel Kants (1724–1804): „Von einer metaphysischen Rechtslehre kann gefordert werden, daß sie a priori die Glieder der Eintheilung (divisio logica) vollständig und bestimmt aufzähle, und so ein wahres System derselben aufstelle; statt dessen alle empirische Einteilung bloß fragmentarisch (partitio) ist, und es ungewiß läßt, ob es nicht noch mehr Glieder gebe, welche zur Ausfüllung der ganzen Sphäre des eingeteilten Begriffs erfordert würden. – Eine Einteilung nach einem Prinzip a priori (im Gegensatz der empirischen) kann man nun dogmatisch nennen … Nach diesen Grundsätzen der logischen (rationalen) Einteilung gibt es nun eigentlich nur drei einfache und reine Vertragsarten, der vermischten aber und empirischen … gibt es unzählige, sie liegen aber außerhalb dem Kreise der metaphysischen Rechtslehre, die hier allein verzeichnet werden soll. Alle Verträge nämlich haben entweder, A, einseiti408 Vgl. Kreß, AT, § 5 1 a (S. 36): „Die Abwicklungszwecke sind unselbständiger Art, ihre Erreichung setzt das Bestehen der Schuldverhältnisse voraus …“; Schnauder, JZ 02, 1082: „Der Begriff ‚Abwicklungszweck‘ kennzeichnet einen Oberbegriff als Zwecktypus, der allen Zuwendungsvorgängen im Hinblick auf ein bestehendes Schuldverhältnis strukturell eigen ist.“ Vgl. auch Ehmann, JZ 03, 705 und v. Tuhr, AT II, 2, § 72 II 1 (S. 68). 409 Als eine „von der Erfahrung und selbst von allen Eindrücken der Sinne unabhängige Erkenntnis“, im Gegensatz zu den „empirischen, die ihre Quellen a posteriori, nämlich in der Erfahrung, haben.“ Vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 39 f.

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gen Erwerb (wohltätiger Vertrag), oder, B, wechselseitigen (belästigter Vertrag) oder gar keinen Erwerb, sondern nur, C, Sicherheit des Seinen (der einerseits wohltätig, andererseits doch auch belästigend sein kann) zur Absicht.“410 Unter ausdrücklichem Verweis auf die Kantschen Ausführungen findet sich diese Dreiteilung aller Verträge inhaltlich auch bei Hegel wieder.411 Beide qualifizieren als dritte und letzte, sich aus der „Natur des Vertrages“412 selbst ergebende Vertragskategorie mithin solche Rechtsgeschäfte, die zum Zwecke der Sicherung einer Schuld vorgenommen werden. Beispielhaft finden sich bei Kant die „Verpfändung“ und die „Verbürgung“ angeführt, Hegel nennt darüber hinaus noch die „Hypothek“;413 für das heute geltende Recht könnten als weitere klassische Sicherungsgeschäfte zudem etwa die Grundschuld, die Sicherungsübereignung und -abtretung und der Schuldbeitritt genannt werden. Genau besehen ist der Sicherungszweck jedoch nicht auf die bis hierher angeführten „klassischen“ Sicherungsgeschäfte beschränkt. Der Zweck der Sicherung einer Schuld steht zum einen auch bei solchen Rechtsgeschäften im Vordergrund, die zu einer Schärfung der Schuld führen, z. B. durch Abgabe zusätzlicher abstrakter Schuldversprechen, insbesondere in Form von Wechseln und Schecks. Zum anderen liegt auch solchen Rechtsgeschäften primär die Sicherung der in Bezug genommenen Schuld im weiteren Sinne zugrunde, mit denen ein bestehendes Schuldverhältnis geändert wird, etwa im Wege gegenseitigen Nachgebens zur Beseitigung eines Streites oder zur Beseitigung etwaiger Ungewissheiten. Auch Schärfungszweck und Klageerleichterungs- bzw. Vergleichszweck sind mithin als Sicherungszwecke im weiteren Sinne zu begreifen414 – der für diese Kategorie von Abwicklungszwecken nach Kant gewählte Begriff des „Sicherungszwecks“ könnte mit Hegel terminologisch auch durch den Begriff des „Vervollständigungszwecks“ ersetzt werden.415 Alle diese Rechtsgeschäfte weisen dabei die Gemeinsamkeit auf, dass ein schon bestehendes schuldrechtliches Rechtsgeschäft in Bezug genommen wird, um dessen Abwicklung zu sichern. Der Sicherungszweck als Abwick410

Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 398 f.). Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 165, 167). Ebenso auch bei Stahl, Rechtsphilosophie, § 58 (S. 420). 412 Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 165). 413 Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 400); Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 168). Vgl. auch Stahl, Rechtsphilosophie, § 58 (S. 420). 414 So auch für den Schärfungszweck als Sicherungszweck Kreß, BT; § 29, 2, I, a (S. 257). 415 Hegel, Philosophie des Rechts, § 80 (S. 167), sowie auch Stahl, Rechtsphilosophie, § 58 (S. 420) bezeichnen die dritte Kategorie der Verträge als „Vervollständigungsverträge“, demgegenüber wählt Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 400) die Bezeichnung des „Zusicherungsvertrages“. 411

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lungszweck steht bei diesen Rechtsgeschäften also im Vordergrund und ist für sich allein, neben dem Austausch- und Liberalitätszweck, ein hinreichender Zweck.416 Gleichwohl wird auch ein solches Sicherungsgeschäft stets entweder egoistisch oder altruistisch vorgenommen – werden etwa Bankbürgschaften in der Regel nur gegen Entgelt gewährt, wohingegen die Eltern sich für den Mietzins ihrer Kinder regelmäßig unentgeltlich verbürgen werden.417 Jedoch gehört eine Einigung über den auch diesen Geschäften zugrunde liegenden Austausch- oder Liberalitätszweck nicht zum Mindestinhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung, gelangen etwa die akzessorischen Sicherungsrechte – Bürgschaft, Hypothek, Mobiliar- und Rechtspfandrecht – auch dann zur Entstehung, wenn sich die Parteien über die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit nicht vereinbart haben oder gar darüber uneins sind; es genügt insofern die Vereinbarung über den Sicherungszweck als Abwicklungszweck418 – welche Rolle der Austausch- bzw. Liberalitätszweck diesbezüglich spielt, kann erst an späterer Stelle zur Gänze deutlich werden.419 Neben dem Sicherungszweck kennt die Rechtsordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches noch eine weitere, gewissermaßen zweite Kategorie des Abwicklungszwecks: den Erfüllungszweck. Dieser folgt nun nicht mehr aus der Natur menschlichen Handelns, aus der Vernunft selbst, wird vielmehr unmittelbar durch das gegenwärtige Rechtssystem begründet. Erinnern wir uns: Die auf der Schwelle zum 19. Jahrhundert entstandenen, vom Naturrecht geprägten Kodifikationen setzten die für die gemeinrechtliche Tradi416

Neben Kant und Hegel (s. o.) so auch Kreß, AT, § 5 1 a (S. 36); Ehmann, JZ 03, 706; ders., Gesamtschuld, S. 340; v. Caemmerer, FS Lewald, 1953, S. 456 (um Fn. 65); Blomeyer, Schuldrecht, S. 84 (um Fn. 6). 417 Instruktiv Zeiss, AcP 1964 (164), S. 65: „Jeder, der eine Sicherheit bestellt, handelt nicht nur des Sicherungszwecks wegen, sondern aus einem anderen Rechtsgrund, der sein Handeln wirtschaftlich verständlich macht“ und weiter auf S. 67: „Ist Sicherheit geleistet, so wird die Frage akut, warum. Die Antwort darauf kann nicht lauten, um der Sicherheit willen … Eine solche Antwort übergeht den wirtschaftlichen Sinn des Geschäfts, der … dadurch erläutert wird, daß zur Erlangung einer Gegenleistung oder aus Gründen der Liberalität ein Vermögensopfer erbracht wird.“ 418 Das ist der Inhalt der so benannten „Sicherungsabrede“, vgl. Becker-Eberhard, FS Huber, S. 124. Vgl. instruktiv auch Ehmann, JZ 03, 706 Fn. 43: „Wird … ein … Sicherungsrecht unentgeltlich gewährt, so ist die Wirksamkeit grundsätzlich nicht mit der allgemeinen Schwäche des Liberalitätszwecks (vgl. §§ 690, 708, 1624, 2113, 523, 524, 528 ff., 816 I 2, 822, § 4 AnfG, § 134 InsO) behaftet, denn der Sicherungszweck ist hinreichende causa.“ Dieser Gedanke liegt auch den Kant’schen Ausführungen zugrunde, wenn er hinsichtlich der Sicherungsgeschäfte anführt, dass diese „einerseits wohltätig, andererseits doch auch belästigend sein“ können, vgl. oben Teil 2, um Fn. 410. 419 Zur Möglichkeit und Bedeutung der Zweckanstaffelung vgl. unten Teil 2, C, III.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

tion erforderliche causa mit dem obligatorischen Rechtsgeschäft gleich (so benannte Lehre vom titulus und modus), trennten mithin nicht das schuldrechtliche Rechtsgeschäft vom dinglichen Rechtsgeschäft – wenngleich nach preußischem und österreichischem Recht durch das Festhalten am tatsächlichen Element der Übergabe für den Eigentumserwerb noch eine gewisse (tatsächliche) Trennung möglich war, im Code Civil verschmelzen, aufgrund des grundsätzlichen Verzichts auf jedwede Publizität zum Eigentumserwerb, Verpflichtungs- und Verfügungsebene zur Gänze ineinander.420 Dass das Bürgerliche Gesetzbuch nun im klaren Gegensatz zu den Naturrechtskodifikationen eine scharfe Trennung zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Rechtsgeschäft verfolgt, geht maßgeblich auf das Wirken Savignys zurück, beherrschte schließlich das Denken der Mehrzahl der Mitglieder der beiden Gesetzgebungskommissionen.421 Erst aus diesem, dem Bürgerlichen Gesetzbuche zugrunde liegenden Trennungsprinzip, mithin aus einem genuin juristischen Konstrukt, ergibt sich nun für das deutsche Recht der neben den Sicherungszweck tretende Erfüllungszweck als eine weitere Kategorie des Abwicklungszwecks: Wird die reale Güterbewegung nicht unmittelbar (als Realgeschäft) vollzogen, sondern wird sie durch die Begründung einer Verpflichtung, also durch Abschluss eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäft gewissermaßen vorbereitet – was nach einer heute weit verbreiteten unreflektierten Auffassung hinsichtlich der Verfügungsgeschäfte stets der Fall sein soll422 –, so erfolgt die reale Güterbewegung als Rechtsgeschäft nicht zum Zwecke des Austausches oder zum Zwecke der Liberalität, sondern zum Zwecke der Erfüllung des in Bezug genommenen, vorgeschalteten schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes. Unmittelbar kann dem so benannten Erfüllungsgeschäft also kein egoistisches oder altruistisches Handlungsmotiv zugeschrieben werden. Gleichwohl erlangt es gleichsam mittelbar durch die Inbezugnahme des vorgeschalteten Rechtsgeschäft, welches wiederum zum Zwecke des Austausches – etwa zum Zwecke des Kaufes, Tausches oder der Miete etc. – oder aber zum Zwecke der Liberalität – etwa zum Zwecke der Schenkung oder Leihe – vorgenommen ist, seinen entgeltlichen oder unentgeltlichen Anstrich.423 Den Erfüllungsgeschäften liegt hiernach gleichwohl entweder ein Austausch- oder Liberalitätszweck zugrunde, dieser ist aber kein dem Rechtsgeschäft unmittelbar innewohnen420

Vgl. ausführlich oben Teil 2, B, I, 1. Vgl. ausführlich oben Teil 2, B, I, 2 und 3. 422 Vgl. dazu noch ausführlich später Teil 2, C, I, 2. 423 Vgl. Ehmann, JZ 03, 704. Nicht in dieser Weise differenzierend und deshalb anders v. Thur, AT II, 2, § 74 III 8 (S. 144 f.): „Zuwendungen, welche causa solvendi vorgenommen werden …, sind grundsätzlich als entgeltlich zu betrachten, da der Schuldner durch seine Leistung einen Vermögensvorteil (Befreiung von seiner Schuld) erlangt.“ 421

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der, ergibt sich vielmehr nur mittelbar aus dem in Bezug genommenen Rechtsgeschäft. Lediglich die Einigung über den Zweck der Erfüllung eines vorgeschalteten schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes, mithin die Vereinbarung über den Abwicklungszweck ist demnach Mindestinhalt der Zweckvereinbarung solcher, auf ein bestimmtes Schuldverhältnis bezogener Rechtsgeschäfte. c) Zusammenfassende Betrachtung Mit jeder Güterverschiebung wird zunächst immer ein egoistisches oder aber altruistisches Ziel verfolgt, sowohl das Verfügungs- als auch das Verpflichtungsgeschäft sind mithin stets von einem Austausch- oder aber Liberalitätszweck beseelt424. Jene beiden sind also die typischen Zwecke, die den rechtlichen Charakter der Zuwendung maßgeblich bestimmen. Zumindest über den Austausch- bzw. den Liberalitätscharakter müssen sich die Parteien also vereinbaren, damit das Rechtsgeschäft zur Entstehung gelangt bzw. von dauerhaftem rechtlichem Bestand ist. Auch solche Rechtsgeschäfte, die ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft in Bezug nehmen, um es zu sichern oder zu erfüllen, sind von entweder egoistischer oder altruistischer Natur. Nicht aber der ihnen gleichwohl zugrunde liegende Austauschoder Liberalitätszweck prägt den Charakter dieser Zuwendungen maßgebend, sondern der ihnen innewohnende Abwicklungszweck. Hinsichtlich dieser letzteren Art von Rechtsgeschäften müssen sich die Parteien also lediglich über die ihnen innewohnende „erste Absicht“425 der Abwicklung – über den Sicherungs- oder Erfüllungszweck – einigen, um es zur Entstehung zu bringen bzw. es rechtsbeständig auszugestalten. Der Abwicklungszweck tritt demnach als ein dritter typischer und gleichgestellter Zweck neben den Austausch- und Liberalitätszweck. Mindestinhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft ist mithin entweder die Einigung über den Austausch- (causa acquirendi oder credendi), den Liberalitäts- (causa donandi) oder einen Abwicklungszweck (causa solvendi). Diese so begründete Trias der typischen Zwecke, die sich in der Literatur häufig – wenngleich auch durchweg nicht historisch oder dogmatisch näher begründet426 – inhaltlich so aufgeführt findet, ist kein römisch-rechtliches oder gemeinrechtliches Erbe, beruht vielmehr erst auf den 424 Kreß, Rektoratsrede, S. 22 (3.), qualifiziert die causa als „die Seele der Verträge“. 425 So die Windscheidsche Terminologie für seiner Voraussetzungslehre, der freilich eine Dreiteilung ablehnt, vgl. Windscheid, Pandekten I, § 98 (S. 511) Fn. 1.; ders., Voraussetzung, S. 88 ff. Auch schon oben Teil 2, um Fn. 145 und Fn. 385. 426 Vgl. nur den Kommentar Welkers, Bereicherungsausgleich, S. 29: „Der Nachweis, warum ausgerechnet diesen Zweckvorstellungen im Rahmen unserer heutigen

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Erkenntnissen des sich im 17. Jahrhundert bahnbrechenden Naturrechtsdenkens der Aufklärung.427 2. Es gibt Realgeschäfte „Abstraktionsprinzip: das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist grundsätzlich unabhängig vom dinglichen Erfüllungsgeschäft, so daß die Unwirksamkeit des Grundgeschäfts … regelmäßig das dingliche Rechtsgeschäft unberührt lässt.“428 Auf diese Weise findet sich das Abstraktionsprinzip in der heutigen Literatur verbreitet umschrieben.429 Vor dem Hintergrund der oben nachgezeichneten Entwicklungsgeschichte der Verfügungsgeschäfte im deutschen Rechtsraum und der dogmatischen Untersuchung der dinglichen Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch aber muss diese als zwar durchaus richtige aber dennoch unpräzise Definition erscheinen. Präziser müsste das sachenrechtliche Abstraktionsprinzip nach oben Gesagtem vielmehr definiert werden als die grundsätzliche Unabhängigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts in seiner Wirksamkeit von der ihm zugrunde liegenden causa; dass das schuldrechtliche und das dingliche Rechtsgeschäft rechtlich voneinander getrennt zu beurteilen sind, mithin eine etwaige Unwirksamkeit des einen keinerlei Auswirkungen auf die Wirksamkeit des anderen zeitigt, ergibt sich bereits zwanglos aus dem Trennungsprinzip.430 Die heute gleichsam zur landläufigen Formel erstarrte, eingangs zitierte ungenaue Umschreibung könnte hier – als eine gewissermaßen „pädagogische Vereinfachung“431 – gänzlich unbeachtet bleiben, wenn sie nicht Ursache sein würde für ein heute ebenso verbreitetes, dogmatisch schiefes und unter historischen Gesichtspunkten recht beschränktes Verständnis des geltenden Rechts. Die mit dem Prädikat „Prinzip“ bedachte Bereicherungsdogmatik besondere Bedeutung zukommen soll, wurde bislang nicht erbracht.“ 427 Für Schnauder, JZ 02, 1082 ist „der mit der Trias der typischen Zwecke erreichte Grad an Systematisierung bei der Erfassung von beliebigen Zuwendungsakten … im Privatrecht unübertroffen.“ Für Zeiss, AcP 1964 (164), S. 55 ist die „klassische Dreiteilung der Leistungszwecke … wohl auch heute noch grundlegend.“ 428 Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 993. 429 Vgl. nur etwa Palandt/Bassenge, § 854 Rn. 16 und Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 7 f. 430 Vgl. vermittelnd Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 31: „Sie [Verpflichtungsgeschäfte] sind … unabhängig von der Wirksamkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung wirksam, was man auch so beschreiben kann, daß sie von der Erreichung des mit der Leistung verfolgten Zwecks … abstrahiert sind.“ 431 So Ehmann, Gesamtschuld, S. 153; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 39 f. („Simplifizierung“) und auch Jahr, AcP 168 (1968), S. 14 („Unzulänglichkeit“). Sie geht auf die Lehren Boehmers und Stampes zurück, vgl. die folgende Fn. 432.

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unpräzise Formel suggeriert zugleich, dass Verfügungsgeschäfte ausschließlich zum Zwecke der Erfüllung eines stets als vorgeschaltet zu denkenden Verpflichtungsgeschäftes vorgenommen werden könnten, dass die dinglichen Rechtsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches gewissermaßen auf den Erfüllungszweck, also auf einen Abwicklungszweck, beschränkt seien und es demnach für die Frage des weiteren Bestands der Verfügung (§ 812 BGB) lediglich auf die Beurteilung des Erreichens dieses einen Zweckes ankäme.432 Aufgrund dieses, die dinglichen Rechtsgeschäfte auf einen Abwicklungszweck beschränkten Verständnisses, gilt es heute gleichsam als eine juristische Notwendigkeit, dass jedwedem Verfügungsgeschäft stets ein korrespondierendes Verpflichtungsgeschäft vorgeschaltet sein müsse.433 Real- bzw. Handgeschäfte, also Verfügungen ohne vorgeschaltete Verpflichtungsgeschäfte, die auch von rechtlichem Bestand i. S. d. § 812 BGB sind, passen nicht in dieses dogmatisch verengte Verständnis. Zwar ist es durchaus denkbar, dass eine Rechtsordnung für jede reale Güterbewegung eine vorhergehende Verpflichtung vorschreibt – in Verallgemeinerung etwa des Gedankens aus § 925 a BGB.434 Historisch und auch dogmatisch betrachtet, kann dem Gesetzgeber aber, wie sogleich ersichtlich wird, ein solcher, die privatrechtliche Gestaltungsmöglichkeit derart einschränkender Wille nicht untergeschoben werden. Dass nach der geltenden bürgerlichen Rechtsordnung eine Verfügung nicht auf den Erfüllungszweck beschränkt ist, mithin auch ohne vorhergehendes Verpflichtungsgeschäft von dauerhaftem Bestand sein kann, 432 So Boehmer, Erfüllungswille, passim, instruktiv S. 45: „Fragen wir nach dem rechtlichen ‚Zwecke‘ der Leistung, so ist es immer und überall nur dieser: die Verwirklichung des Obligationsinhaltes“ und Stampe, causa, S. 39 f., ders., Wertbewegungslehre I, passim, insbes. S. 126 f. Auch ursächlich für diese noch heute verbreitete Auffassung (vgl. nur Kupisch, NJW 85, S. 2371: „Die h. L. präzisiert …: Mit der Eigentumsübertragung auf den Käufer verfolgt der Verkäufer den Zweck der Erfüllung seiner Verbindlichkeit“) ist sicherlich die Zentralstellung der condictio indebiti im heutigen Bereicherungsrecht, dazu ausführlich oben Teil 2, A, II, 3, d). 433 Diese „Irrlehre“ (Ehmann, JZ 03, 705) wurde maßgeblich begründet von Stampe und dessen Schüler Boehmer (vgl. die vorige Fn. 432). Nur vor dem Hintergrund dieser Lehre konnte sich auch der objektive Rechtsgrundbegriff im Bereicherungsrecht entwickeln, so dass an dieser Stelle auch alle Anhänger jenes Rechtsgrundbegriffes angeführt werden könnten, vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (a) (Fn. 133). Vgl. dagegen schon Siber, IherJahrb 1921 (34) S. 250 f.: „Man versucht freilich, auch ihn [den Handkauf] durch die Unterstellung, als beständen doch für eine ganz kurze Zeitspanne Austauschverpflichtungen, zu einem Versprechensgeschäft zu machen. Solches Konstruieren mit Zeitspannen hat stets etwas Verkünsteltes … Es besteht … nicht der mindeste Grund, den Handkauf in dieser Weise gewaltsam zum Versprechensgeschäft zu machen …“ und ebenso Jahr, SZ (RA), 1963 (80), S. 145 f. Zur Kritik der Stampschen Schrift in der Literatur des 19. Jahrhunderts vgl. die Zusammenstellung bei Deneke, causaproblem, S. 111–116. 434 So auch Ehmann, Gesamtschuld, S. 144.

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

drückt das Gesetz unmittelbar in § 516 BGB aus, in welchem sich – im Gegensatz zum Schenkungsversprechen in § 518 BGB – die so benannte Hand- oder Realschenkung geregelt findet.435 Der Regelungsgehalt des § 516 BGB erschöpft sich darin, die Notwendigkeit der Vereinbarung über die causa der Verfügung, hier über den Schenkungs- oder Unentgeltlichkeitszweck, klar herauszustellen. Deutlich kommt dies in den Protokollen der zweiten Kommission über die Beratung der Handschenkung zum Ausdruck: „Das Wesen der Schenkung erfordere zwei Bestandtheile, einen objektiven, das dingliche Uebertragungsgeschäft, dessen Inhalt sich nach dem Gegenstande der Uebertragung bestimmt, und einen subjektiven, das Einverständniß der Parteien, daß die durch den dinglichen Uebertragungsakt erzeugte Vermögensverschiebung unentgeltlich zum Zwecke der Bereicherung, also schenkweise erfolgen soll.“436 Herausgestellt findet sich dort weiterhin, dass sowohl der im Protokoll so benannte objektive als auch der subjektive Bestandteil einer Vereinbarung durch die Parteien bedürfe. Der objektive Bestandteil, zu begreifen als die Einigung der Parteien über die dingliche Wirkung des Geschäftes – beispielsweise darüber, dass Eigentum übergehen solle –, sei jedoch ungleich und strikt abzugrenzen von dem subjektiven Bestandteil, der Einigung über die der Verfügung zugrunde liegenden causa: „Die Hauptgeschäfte, welche diese Vermögensüberführung … bewirken, erforderten allerdings ebenfalls einen Vertrag; aber nicht dieser Vertrag, sondern der Vertrag über die causa sei Schenkung … Um die Zuwendung zu einer Schenkung zu gestalten, müsse ein zweiter Vertrag hinzutreten, der die Vermögensvermehrung zu einer bleibenden mache.“437 In diesen Auszügen der Beratungen zu § 516 BGB tritt klar hervor, dass eine Verfügung auch dann von dauerhaftem Bestand im Sinne des Bereicherungsrechts ist, wenn die Parteien nicht zum Zwecke der Erfüllung eines vorgeschalteten Schuldvertrages verfügen, sondern zum Zwecke der Schenkung. Eine Verfügung kann mithin auch unmittelbar zum Zwecke der Liberalität vorgenommen werden, weist bei wirksamer Vereinbarung und Erreichung dieses Zweckes einen Rechtsgrund i. S. d. § 812 Abs. 1, S. 1, Alt. 2 BGB auf438 und ist also auch bei Verfolgung dieses typischen Zweckes von rechtlich dauerhaftem Bestand. Ebenso deutlich kommt die Unzulänglichkeit der Beschränkung der Verfügungsgeschäfte auf den Erfüllungszweck in den Beratungen der ersten 435 Vgl. nur Palandt/Weidenkaff, § 812 Rn. 4; Ehmann, Gesamtschuld, S. 145; Kupisch, NJW 85, S. 2374 f. 436 Protokolle der zweiten Kommission über die Beratungen des § 437 E I = § 516 BGB, Mugdan II, S. 738. 437 Protokolle, Mugdan II, S. 738. Vgl. kritisch zur Vertragsnatur Hahmann, IherJb 1910 (56), S. 104 ff. 438 Vgl. dazu bereits ausführlich oben Teil 2, A, II, 3, a), (d).

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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Kommission hinsichtlich des § 518 Abs. 2 BGB, der Heilung des formnichtigen schuldrechtlichen Schenkungsvertrages durch „Bewirkung der versprochenen Leistung“, zum Ausdruck. Im ersten Entwurf wurde noch in einem eigenen § 441 E I terminologisch differenzierter bestimmt: „Die durch Veräußerung vollzogene Schenkung ist auch ohne Beobachtung einer besonderen Form gültig.“439 Dadurch sollte im Gegensatz zum heutigen § 518 Abs. 2 BGB nicht eine Heilung des schuldrechtlichen Vertrages statuiert werden, vielmehr sollte in Abgrenzung zum schuldrechtlichen Schenkungsversprechen die grundsätzliche Formfreiheit der dinglichen Handschenkung zum Ausdruck kommen. Gemäß dem Willen der ersten Kommission hatte man also bei einem Verfügungsgeschäft stets gemäß der von den Parteien vereinbarten causa zu unterscheiden: Vereinbarten die Parteien hinsichtlich des Verfügungsgeschäftes einen Erfüllungszweck, so kann dieser Zweck mangels bestehender (formgültiger) Verpflichtung nicht erreicht werden, die Verfügung hat nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion keinen dauerhaften rechtlichen Bestand – in den überlieferten Worten der Kommission: „Hat der Schenker in dem Irrthume, zur Erfüllung des formwidrigen, also nichtigen Vertrages rechtlich verpflichtet zu sein (solvendi causa), geleistet, so liegt nicht eine vollzogene Schenkung im Sinne des § 441 [E I] vor, sondern nur Erfüllung einer irrthümlich als bestehend vorausgesetzten Verbindlichkeit, so daß die Grundsätze über Rückforderung wegen Leistung einer Nichtschuld zur Anwendung gelangen.“440 Vereinbarten die Parteien hingegen zum Zwecke der Schenkung zu verfügen, so kann dieser Zweck zur Gänze unabhängig davon auch erreicht werden und also die Verfügung von dauerhaftem rechtlichem Bestand sein, ob zuvor ein formwirksamer schuldrechtlicher Schenkungsvertrag vereinbart worden war oder auch nicht – in den überlieferten Worten der Kommission: „Anders gestaltet sich aber die Beurtheilung, wenn der Schenker unter Absehen von dem ungültigen Schenkungsversprechen bz. in Kenntnis von der Nichtigkeit des Letzteren dasjenige, was er zu leisten schenkungsweise versprochen hat, animo donandi leistet. Dann liegt eine selbständige Vermögenszuwendung, eine neue, und zwar vollzogene Schenkung vor, welche gem. § 441 [E I] gültig ist, wenn auch das nichtige Versprechen für sie vielleicht das Motiv abgegeben hätte.“441 Dass diese dem § 441 E I zugrunde liegende, nach der jeweils vereinbarten causa differenzierende Betrachtungsweise der Verfügung nicht Gesetz wurde, vielmehr heute gem. § 518 Abs. 2 BGB unabhängig zu welchem Zweck die Verfügung vollzogen wurde, eine Heilung des formnichtigen schuldrechtlichen Vertrages statuiert wird, geht auf die Beratungen in 439

§ 441 E I, abgedruckt in Mugdan II, S. LIII. Motive der ersten Kommission über die Beratungen des § 441 E I, Mugdan II, S. 163 f. 441 Motive, Mugdan II, S. 164. 440

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

der zweiten Kommission zurück. Zwar waren sich die Mitglieder dieser Kommission bei Schaffung des heutigen § 512 Abs. 2 BGB bewusst, in „allgemeine Grundsätze [!] abändernd einzugreifen“442, durch die vom ersten Entwurf vorgesehene Unterscheidung nach dem jeweiligen Zweck der Verfügung aber „würden Feinheiten in das Gesetz hineingetragen, die der Verkehr nicht verstehen werde und durch welche die Handhabung des Gesetzes unnöthigerweise erschwert werden würde … Die Praktibilität des Rechtes verlange hier … eine Vereinfachung“.443 Die wiedergegebenen Protokolle zeigen deutlich, dass sowohl die Mitglieder der ersten als auch der zweiten Kommission davon ausgingen, dass ein Verfügungsgeschäft nicht lediglich zum Zwecke der Erfüllung eines notwendigerweise stets vorgeschalteten schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts zu erfolgen hat, es vielmehr auch dem Liberalitätszweck zugänglich ist. Für die Mitglieder beider Kommissionen war es gleichsam Ausdruck eines „allgemeinen Grundsatzes“444, dass es im Bürgerlichen Gesetzbuche auch Realgeschäfte, kondiktionsfeste Verfügungen ohne vorgeschaltete Verpflichtungsgeschäfte, gibt. Im ersten Entwurf wurde dieser Grundsatz systematisch noch an der Spitze des besonderen Schuldrechts ausgesprochen, begannen die Normen des besonderen Teils (§§ 437 ff. E I) mit der Regelung über ein Realgeschäft, der Norm über die Handschenkung, welche sich in der heute geltenden Gesetzesfassung in § 516 BGB nach hinten versetzt wieder findet.445 Dass eine Verfügung gleichsam jedem der typischen Zwecke, nicht nur dem Erfüllungs- und nunmehr auch dem Liberalitätszweck zugänglich ist, zeigt schließlich ein weiterer aufschlussreicher Blick in die Beratungen des Kaufrechtes. Dort findet sich der folgende Gesetzgebungsantrag Gottlieb Plancks: „Wird ohne vorherigen Kaufvertrag eine Sache gegen Geld ausgetauscht, so finden die Vorschriften über den Kaufvertrag insoweit Anwendung, als sie sich nicht auf die Verpflichtung der Parteien zur Uebergabe der Sache und zur Zahlung des Kaufpreises beziehen.“446 Deutlich zeigt sich hier wiederum die Überzeugung 442

Protokolle, Mugdan II, S. 742. Protokolle, Mugdan II, S. 741. Vgl. auch ebenda: „Der Antrag 1 [Der Mangel der Form wird jedoch durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt] will den § 441 [E I] dahin abändern, daß die Bewirkung der Leistung ohne Rücksicht darauf, ob sie animo solvendi oder donandi … erfolgt, den Formmangel heilen, dem Schenker also die condictio versagt sein soll, wenn er, sich irrig an ein formloses Versprechen für gebunden erachtend, durch die Leistung dieses Versprechen erfüllen wollte …“. 444 Vgl. Protokolle der zweiten Kommission, Mugdan II, S. 742. 445 Vgl. die Entwurfsbestimmungen in der Anordnung des ersten Entwurfes in Mugdan II, S. LIII: Dort findet sich an die Rücktrittsregeln des allgemeinen Schuldrechts (§§ 426 ff.) unmittelbar die Regeln über die Schenkung (§§ 437 ff.), beginnend mit § 437 E I = § 516 BGB. 443

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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von der Möglichkeit, eine Verfügung selbst – und nicht nur eine Verpflichtung – zum Zwecke des Austausches vornehmen zu können.447 Planck wollte durch seinen Antrag lediglich die Frage gesetzlich geregelt wissen, welche Regelungen etwa im Falle eines Mangels der in dieser Weise – mittels Real- bzw. Handkauf – übertragenen Sache gelten sollen. Der Antrag wurde zwar abgelehnt, die Mehrzahl der sich dazu äußernden Kommissionsmitglieder aber ging „in Uebereinstimmung mit dem Antragsteller … davon aus, daß der obligatorische Kaufvertrag und der Handkauf inhaltlich verschiedene Geschäfte seien, und daß bei Letzterem von der Erfüllung einer Verpflichtung zur Uebergabe bezw. Zahlung nicht die Rede sein könne“448. Die entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen über den obligatorischen Kaufvertrag solle jedoch im Entwurf keinen Ausdruck finden, es empfehle sich vielmehr, „die Austragung dieser zur Zeit noch sehr flüssigen Fragen … der Wissenschaft und Praxis zu überlassen, zumal es sich um Fragen allgemeiner Natur handle, die nicht blos beim Kaufe, sondern auch bei anderen Veräußerungsgeschäften sich erhöben“.449 Festzuhalten bleibt, dass unter Beachtung der dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde liegenden Dogmatik und der historischen Auffassung der Mitglieder der Gesetzgebungskommissionen auch die Verfügungsgeschäfte jedem der drei typischen Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns zugänglich sind. Die alltäglichen Bargeschäfte, in denen die Güter unmittelbar verschoben werden – etwa der Brötchenkauf beim Bäcker –, gestalten sich deshalb regelmäßig als Realgeschäfte, den Verfügungen über die ausgetauschten Güter selbst – sowohl über die Brötchen als auch über die hingegebenen 446

Protokolle der zweiten Kommission, Mugdan II, S. 767. Das dieser Antrag auf Planck zurückgeht, ergibt sich aus Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 433–651, S. 14. Vgl. zum Kommissionsmitglied Planck Jakobs/Schubert, Einführung, S 80 ff. 447 Vgl. auch die in Mudgan II, S. 767 f. abgedruckte von einer Seite geäußerte Auffassung über „theoretische Auffassung des Handkaufes … Wie bei der Schenkung, so liege auch bei dem Kaufe die Eigenthümlichkeit in der causa, die auf verschiedene Weise realisirt werden könne: Durch vorgängigen Abschluss des obligatorischen Vertrages oder durch bloßes Geben und Nehmen ohne vorgängigen Abschluß eines Kaufvertrages. Der Entw., der im § 459 [E I] nur den ersteren Weg geregelt habe, habe die übrigen der Analogie überlassen. Es werde einem Zweifel nicht unterliegen, daß die Vorschriften, welche in der vorgängigen obligatorischen Verpflichtung ihren Grund hätten, auf den Handkauf keine Anwendung finden könnten, daß dagegen die Vorschriften, welche lediglich in der Entgeltlichkeit der causa ihren Grund hätten, wie die Haftung für Entwehrung und Mängel, auch für den Realkauf gelten müßten.“ 448 Protokolle der zweiten Kommission, Mugdan II, S. 767. 449 Protokolle der zweiten Kommission, Mugdan II, S. 768. Vgl. heute etwa Kegel, FS Hay, S. 220, der zum Handgeschäft nur feststellt: „Hier walten dieselben Vorschriften wie bei Verpflichtungsgeschäften, und man kann sich das Handgeschäft denken als ein erfülltes Verpflichtungsgeschäft.“

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

Münzen – liegt also unmittelbar ein Austauschzweck zugrunde. Auch werden die allermeisten alltäglichen Geschenke als Realgeschäfte ausgestaltet sein, ist die Verfügung über den hingegebenen Gegenstand regelmäßig selbst von einem Liberalitätszweck getragen. Gleichwohl kann der unmittelbare Güteraustausch auch durch ein Verpflichtungsgeschäft vorbereitet sein, die sich anschließenden Verfügungsgeschäfte also zum Zwecke der Erfüllung dieses schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes erfolgen. Dogmatisch findet die Offenheit der Verfügungsgeschäfte für jeden der drei typischen Zwecke im Bürgerlichen Gesetzbuch unmittelbaren – wenngleich auch nur beispielhaften, auf den Schenkungszweck beschränkten – Ausdruck in § 516 BGB, was sich im ersten Entwurf systematisch noch an der Spitze der Regelungen des besonderen Schuldrechts ausgesprochen wieder findet. Unter historischen Gesichtspunkten tritt in den Beratungen zu den §§ 516, 518 Abs. 2 BGB und zu den kaufrechtlichen Regelungen deutlich hervor, dass nach der vorherrschenden Überzeugung in beiden mit der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches betrauten Kommissionen eine Verfügung nicht auf den Zweck der Erfüllung eines notwendigerweise vorgeschalteten Verpflichtungsgeschäftes beschränkt ist, ein Verfügungsgeschäft in kondiktionsfester Weise vielmehr auch unmittelbar zum Zwecke der Liberalität oder auch zum Zwecke des Austausches vorgenommen werden kann. Auch eine Verfügung ist demgemäß nach geltender Rechtslage als jedem typischen Zwecke zugänglich zu begreifen.450 Entgegen einer verbreiteten unreflektierten Auffassung gibt es demnach auch heute noch das Realgeschäft. 3. Zusammenfassende Betrachtung Aus der unzählbaren Vielzahl „empirischer“451 Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns treten drei typische Zwecke hervor. Jedes Rechtsgeschäft, mit dem die Güter bewegt werden, wird zuvörderst stets zu einem entweder egoistischen oder aber altruistischen Zwecke vorgenommen. Diese Beobachtung trifft auch auf solche Rechtsgeschäfte zu, die ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft in Bezug nehmen, um es zu sichern oder zu erfüllen und also gewissermaßen abzuwickeln. Nicht aber der diesen Abwicklungs450 Schnauder, JZ 02, 1082 merkt hierzu an: „Die Parallelität der Beurteilung von vertraglicher Verpflichtung und realer Leistung nach dem einheitlichen Ordnungsbegriff des Zwecks dürfte, was ihre kategoriale Potenz angeht, mit der Entdeckung des Periodensystems der chemischen Elemente vergleichbar sein.“ Und auch Mazza, kausale Schuldverträge, S. 33: „Es erscheint mir als ein großer Verdienst der [Kreß’schen] Lehre, die ‚Parallelität der Betrachtung von vertraglicher Verpflichtung und realer Leistung‘ als Zuwendungsobjekt herausgearbeitet und betont zu haben.“ 451 Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 397 f.) wählt diese Bezeichnung in Abgrenzung zu den drei „a priorisch“ zu erlangenden Zwecken.

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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geschäften gleichwohl zugrunde liegende452 Austausch- oder Liberalitätszweck prägt den Charakter dieser Rechtsgeschäfte maßgebend, sondern der ihnen innewohnende Abwicklungszweck. Dieser tritt als ein dritter typischer Zweck neben den Austausch- und Liberalitätszweck. Austausch-, Liberalitäts- und Abwicklungszweck sind also die typischen Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns. Diese Erkenntnis findet seinen Ursprung in den Beobachtungen der vom Naturrecht der Aufklärung geprägten Denker – Grotius, Pufendorf, Thomasius, Wolff, Svarez, Martini, Domat, Pothier, Kant, Hegel –, welche schließlich auch die gesamte heutige – vom römischen Recht gänzlich emanzipierte und insoweit gleichsam neuartige – Systematik des Vertragsrechts begründen sollten.453 Über einen der so qualifizierten typischen Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns haben sich die Parteien eines Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäftes zu vereinbaren, damit es zur Entstehung gelangt bzw. von dauerhaftem rechtlichem Bestand ist. Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck können also gewissermaßen als Mindestinhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung begriffen werden. Angesichts der umfassenden und nicht abschließend zu verstehenden besonderen Regelungen über die im Verkehr häufig genutzten Geschäftsarten §§ 433 ff. BGB kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Verpflichtungsgeschäfte jedem dieser Zwecke zugänglich sind. Entgegen einer heute weit verbreiteten unreflektierten Auffassung kann, bei Sichtung der dogmatischen und historischen Grundlagen, auch ein Verfügungsgeschäft sowohl zum Zwecke der Abwicklung als auch zum Zwecke des Austausches und der Liberalität geschlossen werden, ist also nicht auf den Abwicklungszweck beschränkt; nicht jeder Verfügung hat mithin notwendigerweise eine Verpflichtung vorauszugehen, um sie rechtsbeständig auszugestalten.

II. Zweckerreichung Die Untersuchung über die causa im Bürgerlichen Gesetzbuch hat sich bis hierher auf das Erfordernis und den Inhalt der Zweckvereinbarung hinsichtlich der Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäfte beschränkt. Unbeleuchtet ist bislang geblieben, inwieweit eine etwaige Verfehlung des wirksam vereinbarten Zweckes auf jene Rechtsgeschäfte von Auswirkung ist.454 452

Vgl. dazu oben Teil 2, C, I, 1, b), um Fn. 423. Hierzu Nietzsche, vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, S. 62: „Nur aus der höchsten Kraft der Gegenwart dürft ihr das Vergangene deuten: nur in der stärksten Anspannung eurer edelsten Eigenschaften werdet ihr erraten, was in dem Vergangenen wissens- und bewahrungswürdig und groß ist. Gleiches durch Gleiches! Sonst zieht ihr das Vergangene zu euch nieder.“ 454 Vgl. hierzu auch die Untersuchung von Klein, Untergang der Obligation durch Zweckerreichung (1905), der die Frage nach der Zweckerreichung als Erlöschens453

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

Diese nunmehr anzustellende Untersuchung über die Rechtsfolgen einer etwaigen Zweckverfehlung soll für das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft gemeinsam erfolgen. Im Hinblick auf das Erfordernis der Zweckvereinbarung haben wir die Verpflichtungen und Verfügungen in kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte eingeteilt. Anknüpfend an die Untersuchungen von Günther Jahr455 wird damit jedoch die Kausalheit bzw. Abstraktheit eines Rechtsgeschäftes nicht vollständig umschrieben, kann ein Verfügungs- bzw. Verpflichtungsgeschäft auch im Hinblick auf die Zweckerreichung kausal oder aber abstrakt ausgestaltet sein. Vollständig betrachtet sind mithin zwei Ebenen der Kausalheit bzw. Abstraktheit eines Rechtsgeschäftes voneinander zu trennen. Auf der ersten Ebene bedeutet Kausalität, dass das Rechtsgeschäft nur zur Entstehung gelangt, wenn sich die Parteien über den Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck vereinbaren, dass also die Zwecksetzung zum Inhalt der den Vertrag konstituierenden Erklärungen (essentialia negotii) gehört. Abstraktheit hingegen meint auf dieser Ebene, dass die Zwecksetzung nicht Vertragsinhalt ist, das Rechtsgeschäft mithin auch ohne Konsens über einen der drei typischen Zwecke zur Entstehung gelangt. Eine solche Gestaltung kann als „innere Kausalität“, ihr Gegenteil als „innere Abstraktheit“ bezeichnet werden.456 Auf der zweiten Ebene bedeutet Kausalität, dass das Rechtsgeschäft nur zur Entstehung gelangt, wenn der von den Parteien zuvor vereinbarte Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck auch erreicht wurde, Abstraktheit hingegen, dass das Rechtsgeschäft unabhängig von der Erreichung des vereinbarten Zweckes zur Entstehung gelangt. Eine Gestaltung, die diesem gleichsam äußeren Umstand der Zweckerreichung die Bedeutung einer Entstehungsvoraussetzung zumisst, soll im Folgenden als „äußere Kausalität“, ihr Gegenteil als „äußere Abstraktion“ bezeichnet werden.457 Wir haben bis hierher lediglich die Abhängigkeit des Rechtsgeschäfts von der Zweckvereinbarung, mithin die erste Ebene, die innere Kausalität bzw. Abstraktheit beleuchtet, konnten feststellen, dass nach geltendem Recht Vergrund der Obligation unter Zugrundelegung eines philosophischen Zweckbegriffes (S. 43 ff.; II, B) und zudem eng begrenzt abhandelt: „Welchen Einfluss übt auf den Bestand der Obligation der Umstand aus, dass durch ein nicht auf die Obligation gerichtetes Verhalten des Schuldners oder eines Dritten ein der aus der Obligation geschuldeten Bedürfnisbefriedigung gleicher Erfolg erreicht wird“ (S. 67 ff.; II, C). 455 „Zur iusta causa traditionis“, SZ (RA) 80 (1963), S. 141 ff. insbes. 149 f. 456 Vgl. ursprünglich Jahr, SZ (RA) 1963 (80), S. 149, und ders., AcP 168, S. 16. Im Anschluss auch Schnauder, JZ 02, 1083; Klinke, causa, S. 82; Nauen, Leistungserschwerung, S. 324; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 50 f.; Tu, abstrakte Verfügungen, Teil 1, A, II. 457 Vgl. ursprünglich Jahr, SZ (RA) 1963 (80), S. 150. So auch ders., AcP 168, S. 16; Schnauder, JZ 02, 1083; Klinke, causa, S. 82; Nauen, Leistungserschwerung, S. 324; Oeckinghaus, Kaufvertrag, S. 52 f.; Tu, abstrakte Verfügungen, Teil 1, A, II.

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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pflichtungsgeschäfte im Grundsatz innerlich kausal, Verfügungsgeschäfte dagegen im Grundsatz innerlich abstrakt ausgestaltet sind. Wenden wir uns nunmehr der zweiten Ebene, der äußeren Kausalität bzw. Abstraktheit der Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäfte zu. Dazu werden zunächst die äußerlich kausalen Rechtsgeschäfte herauszuarbeiten sein, also jene Geschäfte beleuchtet, die erst mit der Erreichung des vereinbarten Zwecks zur Entstehung gelangen (vgl. 1). Im Anschluss daran werden wir hinsichtlich der verbleibenden äußerlich abstrakten Rechtsgeschäfte untersuchen, inwieweit zumindest die für die Entstehung insoweit nicht konstitutive Zweckerreichung für deren weiteren rechtlichen Bestand von Bedeutung ist (vgl. 2). 1. Zweckerreichung als Entstehungsvoraussetzung Jedes rechtlich beständige Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft, ganz gleich ob innerlich kausal oder abstrakt ausgestaltet, bedarf einer wirksamen Vereinbarung über den ihnen zugrunde liegenden Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck. Mit dieser bis hierher gewonnenen Erkenntnis können wir nunmehr einen Schritt weiter gehen und die Frage aufwerfen, hinsichtlich welcher Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte sich die Erreichung dieses zuvor vereinbarten Zwecks als konstitutive Entstehungsvoraussetzung geriert. Begeben wir uns auf die Suche nach durch das Gesetz äußerlich kausal ausgestalteten Rechtsgeschäften, so können wir zunächst auf eine bereits beleuchtete Gruppe von Rechtsgeschäften verweisen: die akzessorischen Sicherungsrechte. Zur Sicherung einer Forderung hält das Gesetz sowohl akzessorische Personal- als auch Realsicherheiten bereit.458 Als akzessorische Personalsicherheit kann sich der schuldrechtlichen Bürgschaft bedient werden (§§ 765 ff. BGB), als akzessorische Realsicherheiten stehen die sachenrechtlichen Pfandrechte (Hypothek §§ 1113 ff. BGB, Mobiliar- und Rechtspfandrecht §§ 1205 ff., 1252 BGB.) zur Verfügung.459 Die Akzessorietät der Sicherungsrechte bewirkt hierbei, dass für den Umfang der Kreditsicherheit der jeweilige Bestand der in Bezug genommenen Forderung maßgebend ist, die akzessorischen Sicherungsrechte also nur dann zur Entstehung gelangen, wenn auch die zu sichernde Forderung selbst wirksam besteht.460 Für die Realsicherheiten konnten wir dieses Prinzip an den §§ 1210, 1163, 1177 BGB festmachen – wobei sich hinsichtlich der Hypothek die Akzessorietät in bewusster Abweichung vom ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches heute gleichsam gelockert 458

Vgl. nur Bülow, Kreditsicherheiten, S. 4 (Rn. 11 ff.). Vgl. nur Bülow, Kreditsicherheiten, S. 9 (Rn. 29). 460 Vgl. Bülow, Kreditsicherheiten, S. 8 (Rn. 27) und bereits ausführlich oben Teil 2, B, II, 2 (um Fn. 364). 459

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

statuiert findet461 –, für die Personalsicherheit der Bürgschaft folgt der sie beherrschende Grundsatz der Akzessorietät unmittelbar aus § 767 Abs. 1, S. 1 BGB.462 Aufgrund der auf diese Weise begründeten engen Verknüpfung mit der zu sichernden Forderung können solcherlei Sicherungsrechte nur zu einem Zweck bestellt werden: zum Zwecke der Sicherung einer Forderung.463 Nur wenn der vereinbarte Sicherungszweck als Abwicklungszweck auch erreicht wird, d.h. die zu sichernde Forderung besteht, gelangen die akzessorischen Sicherungsrechte zur Entstehung. Konstitutive Voraussetzung für die Entstehung der akzessorischen Sicherungsgeschäfte ist mithin die Erreichung des vereinbarten Zwecks. Sie sind demnach vom Gesetz nicht nur – wie schon oben belichtet464 – innerlich, sondern auch äußerlich kausal ausgestaltet. Für den Schuldvertrag statuierte das Bürgerliche Gesetzbuch noch in § 306 BGB a. F.: „Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.“ Hintergrund dieser Norm ist der in § 275 Abs. 1 BGB a. F. – auch heute noch – statuierte Untergang der Leistungspflicht aus einem Schuldverhältnis, wenn die Leistung unmöglich ist, d.h. die Leistungspflicht nicht mehr zu verwirklichen ist.465 Wenn aber das Gesetz die Leistungspflicht bei Unmöglichkeit ihrer Verwirklichung gem. § 275 BGB a. F. untergehen lässt, so kann etwa bei einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag der zuvor vereinbarte Austauschzweck nicht erreicht werden: Auf Ebene des Schuldvertrages wird in einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag eine Verpflichtung nur deshalb hingegeben, damit der Vertragspartner gleichsam eine Verpflichtung hingibt. Als ausgetauscht bezweckt finden sich hier also nicht etwa schon die realen Leistungsgegenstände, sondern die gegenseitigen Verpflichtungen.466 Sobald beide Verpflichtungen zur Entstehung gelangen, 461

Vgl. oben Teil 2, B, II, 2 (um Fn. 369). Bülow, Kreditsicherheiten, S. 244 (Rn. 837). Vgl. auch Motive in Mugdan II, S. 368: „Die Bürgschaft ist accessorischer Natur, indem sie eine bestehende Verbindlichkeit voraussetzt und der Hauptschuldner (der Dritte) mitverhaftet bleibt … Die Bürgschaft als solche kann nur für eine gültige Verbindlichkeit übernommen werden.“ Auch Protokolle in Mugdan II, S. 1019: „Daß der Bürge frei werde, sobald die Hauptverbindlichkeit, wenn auch von einem Anderen als dem Schuldner, erfüllt worden, verstehe sich aber von selbst und brauche im Gesetze nicht ausgesprochen zu werden.“ 463 Vgl. oben Teil 2, B, II, 2 (um Fn. 371). 464 Vgl. Teil 2, B, II, 2. 465 Vgl. zur damals herrschenden Nichtbeachtung der Worte in § 275 Abs. 1 BGB a. F. „infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten hat“ nur Anwaltkommentar/Dauner-Lieb, § 275 Rn. 9 und Nauen, Leistungserschwerung, S. 192. 466 So auch Klinke, causa, S. 116 f.; Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 31; Tu, abstrakte Verfügungen, Teil 1, A, II. Vgl. ebenso für das anglo-amerikanische Pendant der consideration Kessler, FS Rabel, S. 254; Dröll, causa, S. 35 f. 462

C. Die causa der Rechtsgeschäfte

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wird der Austauschzweck erreicht und das schuldrechtliche Rechtsgeschäft gelangt zur Entstehung.467 Wenn aber eine der Verpflichtungen schon im Zeitpunkt ihrer etwaigen Begründung gem. § 275 BGB a. F. – aufgrund so benannter „anfänglicher Unmöglichkeit“468 – nicht zur Entstehung gelangt, kann der Austauschzweck zu keiner Zeit erreicht werden. Als Folge dieser Nichterreichung des vereinbarten Zwecks statuiert nun § 306 BGB a. F. die Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäftes.469 Ebenso kann auch ein etwaig vereinbarter Liberalitätszweck oder Abwicklungszweck auf schuldrechtlicher Ebene nicht erreicht werden, wenn die zum Zwecke der Schenkung oder der Erfüllung oder Sicherung hingegebene Forderung aufgrund anfänglicher Unmöglichkeit gem. § 275 BGB a.F schon nicht wirksam begründet werden kann.470 Auch diesbezüglich zieht die Zweckverfehlung gem. § 306 BGB a. F. zwingend die Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäftes nach sich. Durch die in § 306 BGB a. F. angeordnete Nichtigkeit des einseitig und zweiseitig verpflichtenden Schuldvertrages bei anfänglicher Unmöglichkeit der versprochenen Leistung statuiert der Gesetzgeber mithin, genau besehen, die grundsätzliche471 äußerliche Kausalheit aller Schuldverträge.472 Ohne Erreichung des vereinbarten Zwecks gelangt ein Schuldver467 Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 32: „Der Kaufvertrag und damit der Anspruch auf die Gegenleistung ist gültig, wenn der Austausch gelungen ist.“ 468 Gleichwohl wird auch bei einer nur „subjektiven Unmöglichkeit“ der Leistungszweck verfehlt, dennoch war hierauf § 306 BGB a. F. nach ganz h. A. nicht anwendbar (vgl. nur MüKo/Thode, 3. Aufl., § 306 Rn. 5). Wie aber ein Blick in § 308 BGB a. F. zeigt, wonach der Gültigkeit des Vertrages eine nur vorübergehende anfängliche objektive Unmöglichkeit nicht entgegensteht, ist es unter Zugrundelegung des gleichen Gedankens der nicht endgültigen, nur vorübergehenden Zweckstörung bei einer lediglich subjektiven Unmöglichkeit gerechtfertigt, den Vertrag aufrecht zu erhalten; wie § 308 BGB a. F. ist demnach auch die subjektive Unmöglichkeit als Ausnahme vom Grundsatz zu begreifen. 469 So auch Nauen, Leistungserschwerung, S. 185; Schnauder, JZ 02, 1084 f. Im Ergebnis ebenso Mazza, kausale Schuldverträge, S. 58 ff., freilich unter Kritik des hier zugrunde gelegten Systems; dass diese Kritik fehlgeht, hat Schnauder (ebenda) bereits ausführlich dargelegt. Im angeführten gegenseitig verpflichtenden Vertrag wird § 306 BGB a. F. gemeinhin auch als Ausdruck des „genetischen Synallagmas“ begriffen, vgl. Klinke, causa, S. 160 ff. 470 Vgl. zur Anwendung des § 306 BGB a. F. auf den Schenkungsvertrag Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 31: „Bei der Schenkung gilt grundsätzlich das gleiche, nur das Zweckvereinbarung und Zweckerreichung hier zusammenfallen.“ 471 Auch zum BGB a. F. waren jedoch bestimmte Ausnahmen anerkannt MüKo/ Thode, 3. Aufl., § 306 Rn. 5 ff. Vgl. auch die Protokolle, Mugdan II, S. 614. 472 Vgl. Protokolle, Mugdan II, S. 614: „Der Inhalt der Regel besage nur, daß das Rechtsgeschäft insoweit, als es eine unmögliche Leistung bezwecke, unwirksam und – da es niemals wirksam werden könne – nichtig sei“; Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 31: „Man kann diesen Gedanken [der hinter § 306 BGB a. F. steht] auch so ausdrücken, daß die Wirksamkeit jeder Verpflichtung von der Einigung über den Austauschzweck und von seiner Erreichung abhängig gemacht ist.“

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Teil 2: Die causa der Rechtsgeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch

trag nicht zur Entstehung, die Zweckerreichung ist im Grundsatz konstitutive Entstehungsvoraussetzung der Verpflichtungsgeschäfte. Sie sind demnach vom ursprünglichen Gesetzgeber nicht nur – wie bereits oben belichtet – im Grundsatz innerlich, sondern auch äußerlich kausal ausgestaltet.473 Auf Grundlage der bisherigen Untersuchungen lässt sich eine Parallelität von innerer und äußerer Kausalheit der Rechtsgeschäfte feststellen: Verfügungsgeschäfte gelangen im Grundsatz auch ohne wirksame Vereinbarung über den ihnen zugrunde liegenden Zweck zur Entstehung, ausnahmsweise ist nur für die akzessorischen Grund-, Mobiliar- und Rechtspfandrechte die Zweckvereinbarung konstitutive Entstehungsvoraussetzung; Verpflichtungsgeschäfte bedürfen hingegen im Grundsatz für ihre Entstehung einer Vereinbarung über den zugrunde liegenden Zweck. Parallel dazu ist für die Entstehung der Verfügungsgeschäfte die Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks im Grundsatz keine konstitutive Entstehungsvoraussetzung, nur die akzessorischen Grund-, Mobiliar- und Rechtspfandrechte wiederum bedürfen ausnahmsweise für ihre Entstehung auch der Zweckerreichung; Verpflichtungsgeschäfte bedürfen demgegenüber grundsätzlich für ihre Entstehung auch der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks. Verfügungsgeschäfte sind also im Grundsatz sowohl innerlich als auch äußerlich abstrakt und nur die akzessorischen Sicherungsrechte innerlich und äußerlich kausal ausgestaltet; die Verpflichtungsgeschäfte hingegen sind im Grundsatz sowohl innerlich als auch äußerlich kausal ausgeformt – so war die Rechtslage bis zum Inkrafttreten des „Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts“ am 1. Januar 2002.474 In Abkehr vom Regelungsgehalt des § 306 BGB a. F. wird heute für das Bürgerliche Recht in § 311a Abs. 1 BGB bestimmt: „Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass er Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.“ Nach heute geltender Rechtslage also gelangt der Schuldvertrag auch dann – gleichsam ohne „primäre Leistungspflicht“475 – zur Entstehung, wenn der vereinbarte Austausch-, Schenkungs- oder Liberalitätszweck zu keiner Zeit erreicht werden kann. Der über hundert Jahre lang währende Grundsatz der äußerlichen Kausalität aller Verpflichtungsgeschäfte wurde – gewiss nicht sehenden Au473

Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 31. Vgl. Art. 9, Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 61/2001 vom 29. November 2001, S. 3138 ff. (3187). 475 Vgl. Drucks. 14/6040, S. 164: „Ein Anspruch auf die Primärleistung kommt daher hier von vornherein nicht in Betracht. Das ist jedoch keineswegs dogmatisch unvereinbar mit der Wirksamkeit des Vertrags, sondern bedeutet lediglich, dass hier ein Vertrag ohne primäre Leistungspflicht entsteht, was seit langem eine anerkannte dogmatische Kategorie darstellt. Dieser bildet die Grundlage für einen etwaigen Surrogationsanspruch nach § 285 RE und vor allem für die Ersatzansprüche nach § 311a Abs. 2 RE.“ 474

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ges – in sein Gegenteil verkehrt.476 Für das geltende Recht kann daher festgehalten werden, dass sowohl Verfügungs- als auch Verpflichtungsgeschäfte im Grundsatz ohne Rücksicht auf das Erreichen des vereinbarten Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszwecks zur Entstehung gelangen, also im Grundsatz äußerlich abstrakte Rechtsgeschäfte darstellen.477 Ausnahmsweise bedürfen die akzessorischen Sicherungsgeschäfte – als Verpflichtungsgeschäft die Bürgschaft, als Verfügungsgeschäfte die Hypothek, das Mobiliar- und Rechtspfandrecht – für ihre Entstehung konstitutiv auch der Erreichung des zuvor vereinbarten Sicherungszwecks, sind also ausnahmsweise äußerlich abstrakt ausgestaltete Rechtsgeschäfte. 2. Zweckerreichung als Bestandsvoraussetzung Wenn auch die Erreichung des vereinbarten Zwecks keine konstitutive Voraussetzung für die Entstehung der im Grundsatz äußerlich abstrakten Verpflichtungen und Verfügungen ist, so ist sie nach geltendem Recht dennoch Voraussetzung für deren Fortbestand. Die Frage nach der Zweckerreichung ist zum einen, wie bereits oben angeschnitten und hier noch einmal in Erinnerung zu rufen, ausschlaggebend für das Vorhandensein eines Rechtsgrundes im Sinne der Leistungskondiktion [vgl. a)]. In ebensolcher, wenngleich auch differenzierender Weise über den weiteren Bestand einer schuldrechtlichen Verpflichtung entscheidend wirkt das konditionelle Synallagma, das wir im Anschluss mit Blick auf die Zweckerreichung untersuchen werden [vgl. b)]. Des Weiteren werden wir der Frage nachgehen, inwieweit die Zweckerreichung für die Qualifikation der Erfüllung, mithin für den sich daran anschließenden gesetzlich angeordneten Untergang einer schuldrechtlichen Verpflichtung eine Rolle spielt [vgl. c)]. Es soll mithin im Folgenden die Bedeutung der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks hinsichtlich dieser drei, über den weiteren rechtlichen Bestand der äußerlich abstrakt ausgestalteten Verfügungen und Verpflichtungen entscheidenden 476 Vgl. die Begründung zur Aufhebung Drucks. 14/6040, S. 164: „Die Vorschriften der §§ 306 bis 308 werden allgemein als unsachgemäß angesehen.“ 477 Vgl. dazu instruktiv Schnauder, JZ 02, 1085: „Inzwischen ist mit der Streichung des § 306 BGB a. F. der gesetzliche [sic] Anknüpfungspunkt für die synallagmatische Verbindung von Verpflichtung und Gegenverpflichtung entfallen … Eine Rechtsfolgenanordnung in Sinne eines rechtstechnischen Mechanismus der (äußerlichen) Kausalität enthält das Gesetz nicht mehr. Jedenfalls kann de lege lata nicht länger von dem genetischen Synallagma als ipso iure [sic] wirkendes Gestaltungselement die Rede sein.“ Schnauder stellt zuvor (S. 1084) gleichwohl trefflich heraus, dass die äußere Kausalität letztlich auf dem „Rechtsgedanken der Bedingung“ beruht; mit diesem Rechtsinstitut können Verpflichtungen auch heute noch privatautonom äußerlich kausal begründet werden; dazu ausführlich noch später unten, Teil 2, C, 2.

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Institutionen (Bereicherungsrecht, Synallagma, Erfüllungsrecht) aufgezeigt, das sie gleichsam verbindende Glied, deren innerer Zusammenhang, herausgearbeitet werden. Ausblenden können wir dazu die ausnahmsweise äußerlich kausal ausgestalteten akzessorischen sachen- und schuldrechtlichen Sicherungsrechte, die bereits für ihre Entstehung die Erreichung des vereinbarten Sicherungszwecks voraussetzen, aber auch hinsichtlich ihres weiteren Bestandes aufgrund der beleuchteten die Akzessorietät begründenden Vorschriften unmittelbar an den Bestand der Forderung selbst geknüpft sind und also auch über die Entstehung hinaus gleichsam die konstante Erreichung des Sicherungszwecks, nunmehr für ihren weiteren rechtlichen Bestand, voraussetzen. a) Causa und Rechtsgrund Als das unter den dargestellten allgemeinste, weil sowohl auf Verpflichtungs- als auch auf Verfügungsgeschäfte anwendbare, über den weiteren rechtlichen Bestand der Rechtsgeschäfte entscheidende Rechtsinstitut, wollen wir zunächst das Bereicherungsrecht betrachten, uns zuvörderst in diesem Zusammenhang die Funktion der Zweckerreichung noch einmal vor Augen führen. Wir konnten bereits an früherer Stelle ausführlich herausarbeiten, dass jede wirksame rechtsgeschäftliche Vermögenszuwendung, ganz gleich ob in Form eines Verfügungsgeschäfts oder Verpflichtungsgeschäfts, zwingend bewusst und zweckgerichtet erfolgt und somit stets als eine Leistung in bereicherungsrechtlichem Sinne zu begreifen ist. Das insoweit für den weiteren rechtlichen Bestand jener wirksam begründeten Rechtsgeschäfte ausschlaggebende Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes ist mithin durchweg nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion zu beurteilen.478 Der unbestimmte Rechtsbegriff des rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion ist, der subjektiven Rechtsgrundtheorie folgend, dabei als „Erreichung eines zuvor bestimmten Zwecks“ zu konkretisieren, die zur Feststellung eines Rechtsgrundes erforderliche Zweckbestimmung als eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu begreifen und von der zur Qualifizierung einer Vermögenszuwendung als Leistung erforderlichen Zweckbestimmung, als eine einseitige nicht-rechtsgeschäftliche Erklärung, abzugrenzen. Ein Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion setzt mithin eine wirksame rechtsgeschäftliche Zweckvereinbarung und die Erreichung dieses Zwecks voraus.479 Zweckvereinbarung und Zweckerreichung sind also die Voraussetzungen dafür, dass Verfügung und Verpflichtung kondiktionsfest sind, einen ihren weiteren rechtlichen Bestand rechtfer478 Vgl. für die Verpflichtungsgeschäfte oben Teil 2, A, II, 3, b) und für die Verfügungsgeschäfte oben Teil 2, B, II, 3. 479 Vgl. dazu ausführlich oben Teil 1, A, II, 3, a).

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tigenden Grund aufweisen. Gleichwohl wird eine Verfügung bei etwaiger Nichterreichung des vereinbarten Zwecks nicht ipso iure unwirksam, dem Verfügenden wird vielmehr nur ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung, also auf Vornahme einer Verfügung durch den Bereicherten, eingeräumt. Ebenso geht auch eine Verpflichtung bei Nichterreichung des vereinbarten Zwecks nicht kraft Gesetzes unter, der Schuldner kann die Erfüllung lediglich verweigern (§§ 242, 821 BGB) und hat einen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung, in diesem Falle auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gem. § 311 Abs. 1 BGB.480 Die Institution des Bereicherungsrechts bietet also gleichsam die allgemeine Grundlage dafür, im Falle der Verfehlung des zwischen den Parteien vereinbarten Zweckes durch Begründung eines gesetzlichen Anspruches auf den Bestand einer Verfügung oder Verpflichtung einzuwirken. Die Ausgestaltung der Rechtsfolge des Bereicherungsrechts als bloßer Herausgabeanspruch unterscheidet dieses Rechtsinstitut maßgeblich von den nunmehr im Folgenden näher zu betrachtenden spezielleren auf den Bestand jener Rechtsgeschäfte wirkenden Institutionen. b) Causa und konditionelles Synallagma Das Gesetz selbst kennt den Begriff des Synallagmas nicht, mit ihm findet sich jedoch gemeinhin die an verschiedenen Stellen vom Gesetz begründete „eigenartige Verknüpfung“ der sich in einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag gegenüberstehenden Leistungspflichten umschrieben.481 Eine solche gesetzliche Verknüpfung konnten wir bereits oben in Form des § 306 BGB a. F. näher beleuchten, wonach sowohl der einseitig als auch zweiseitig verpflichtende Schuldvertrag nicht zur Entstehung gelangt, wenn der Schuldner aufgrund anfänglicher objektiver Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung gem. § 275 BGB a. F. von der Verpflichtung befreit wurde. Für den zweiseitig verpflichtenden Schuldvertrag hatte man diese in § 306 BGB a. F. statuierte Rechtsfolge der Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäftes mit dem Terminus des „genetischen“ Synallagmas umschrieben.482 In ebensolcher Weise, jedoch beschränkt auf die zweiseitig verpflichtenden Schuldverträge, sieht § 326 Abs. 1, S. 1 BGB bei Unmöglichkeit einer aus einem gegenseitigen Vertrage geschuldeten Leistung gem. § 275 BGB im Grundsatz auch den Untergang der anderen aus diesem gegenseitigen Vertrag geschuldeten Leistung vor. Diese in § 326 Abs. 1, S. 1 BGB statuierte 480

So schon Motive, Mugdan II, S. 387. Auch schon oben Teil 2, A, II, 3. MüKo/Emmerich, vor § 320 Rn. 5 und 9. Vgl. auch Palandt/Heinrichs, vor § 320 Rn. 12. 482 Vgl. nur MüKo/Emmerich, 3. Aufl., vor § 320 Rn. 15; Nauen, Leistungserschwerung, S. 185. 481

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Rechtsfolge des Unterganges der Gegenforderung findet sich gemeinhin mit dem Begriff des „konditionellen“ Synallagmas umschrieben.483 Hinsichtlich des § 306 BGB a. F. konnten wir die dort begründete „eigenartige Verknüpfung“ von Leistung und Gegenleistung, das genetische Synallagma, als die Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft vereinbarten Zwecks konkretisieren. Auf ebendiese Weise lässt sich auch das durch § 326 Abs. 1, S. 1 BGB so benannte konditionelle Synallagma begreifen: In einem gegenseitig verpflichtenden Schuldvertrag wird eine Verpflichtung nur deshalb hingegeben, damit der Vertragspartner gleichsam eine Verpflichtung hingibt; als ausgetauscht bezweckt finden sich auf der schuldvertraglichen Ebene also nicht etwa schon die realen Leistungsgegenstände, sondern die gegenseitigen Verpflichtungen selbst. Sobald das Gesetz den Schuldner jedoch gem. § 275 Abs. 1 BGB, bei Unmöglichkeit der versprochenen Leistung, von der hingegebenen Verpflichtung ipso iure befreit, wird der zugrunde liegende Austauschzweck verfehlt. In vergleichbarer Weise wird die gegenseitige Zweckbindung gestört, sobald der Schuldner von der ihm gem. § 275 Abs. 2 und 3 BGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, die Erfüllung der eingegangene Verpflichtung bei unverhältnismäßigem Leistungsaufwand zu verweigern, wenngleich sich die ausgetauschten Verpflichtungen weiterhin gegenüberstehen – die sich hier eröffnende Dogmatik von der Berücksichtigung einer bloßen Leistungserschwerung als Zweckverfehlung („Spannung der Schuld“) wird erst an späterer Stelle genau zu betrachten sein.484 Als Folge dieser Störung der wechselseitigen Zweckbindung, der Verfehlung des vereinbarten Austauschzwecks, statuiert nun § 326 Abs. 1, S. 1 BGB – „Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten …“ – im Grundsatz den ipso iure Untergang auch der im Rahmen dieses nunmehr gestörten Austausches begründeten Gegenverpflichtung.485 Auch § 326 BGB, als gesetzlicher Ausdruck des so benannten konditionellen Synallagmas, knüpft bei Belichtung des Tatbestandes an die Merkmale der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung an, sieht bei Verfehlung des mit dem Rechtsgeschäft vereinbarten Zwecks bestimmte Rechtsfolgen vor.486 Im Grundsatz ordnet das Gesetz gem. § 326 Abs. 1, S. 1 BGB das ipso iure Erlöschen der Verpflichtung an, statuiert in bestimmten Situationen jedoch (§§ 326 Abs. 1 S. 2, 326 Abs. 2 und 3, 446, 447, 644 BGB) 483 Palandt/Heinrichs, vor § 320 Rn. 15 und § 326 Rn. 2; MüKo/Emmerich, vor § 320 Rn. 19. 484 Vgl. unten Teil 2, C, III, 1, b). 485 So auch, noch zu den §§ 275, 323 BGB a. F., Nauen, Leistungserschwerung, S. 186. 486 Vgl. ähnlich auch MüKo/Emmerich, vor § 320 Rn. 9 u. 5: „Kennzeichnend für diese Verträge ist … ihre gegenseitige oder wechselseitige Zweckbindung.“

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von dieser Grundregel wiederum Ausnahmen – maßgeblich gestützt auf den Gedanken der Gefahrtragung (§§ 326 Abs. 2, 446, 447, 644)487 aber auch, um dem Schuldner einen differenzierteren Lösungsweg im Falle der Zweckverfehlung zu eröffnen (§ 326 Abs. 1 S. 2).488 Systematisch betrachtet stellt das Gesetz mit dem so herausgearbeiteten konditionellen Synallagma für die von einem Austauschzweck beherrschten schuldrechtlichen Verpflichtungen eine zum Bereicherungsrecht speziellere und differenzierte Regelung zur Verfügung. Bei Verfehlung des Austauschzwecks auf schuldrechtlicher Ebene verbleibt für einen Herausgabeanspruch aus bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, d.h. für einen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, mithin kein Raum, entscheidet sich der Bestand der von diesem Zweck beherrschten Schuldverhältnisse im engeren Sinne allein nach den umschriebenen differenzierteren Regeln des konditionellen Synallagmas.

c) Causa und Erfüllung Erfüllt werden können nur einzelne Verpflichtungen, der Regelungskomplex des Erfüllungsrechts §§ 362 ff. BGB bezieht sich nur auf die so benannten Schuldverhältnisse im engeren Sinne.489 Von der Rechtsfolge her wirkt das Erfüllungsrecht auf den Bestand dieser Schuldverhältnisse ein, wird nach § 362 Abs. 1 BGB das Erlöschen der einzelnen Verpflichtung angeordnet. Der Tatbestand der Erfüllung setzt sich zusammen aus einem objektiven und einem subjektiven Merkmal. Für den objektiven Tatbestand bestimmt § 362 Abs. 1 BGB unmittelbar, dass „die geschuldete Leistung an den Schuldner bewirkt“ werden muss. Erforderlich ist demnach, dass der nach dem Schuldverhältnis geschuldete Leistungserfolg490 tatsächlich herbeigeführt wird, wobei sich Inhalt und Umfang des hiernach zu bestimmenden Leistungserfolges naturgemäß aus dem in Bezug genommenen Schuldverhältnis selbst ergeben; jedes Schuldverhältnis weist mithin einen eigenen, sich der Generalisierung entziehenden objektiven Tatbestand auf.491 Herrscht über die so vorgenommene Ausfüllung des objektiven Tatbestandes 487

Vgl. MüKo/Emmerich, § 326 Rn. 5, Palandt/Heinrichs, § 326 Rn. 2. Vgl. Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 17 u. 133 f. und auch Drucks. 14/6040, S. 188 f. 489 Vgl. Palandt/Heinrichs, vor § 362 Rn. 1 f.; MüKo/Wenzel, vor § 362 Rn. 1. 490 Es kommt auf die Herbeiführung des Leistungserfolges an, die Vornahme der Leistungshandlung genügt nicht, vgl. Palandt/Heinrichs, § 362 Rn. 1; MüKo/Wenzel, vor § 362 Rn. 2; Gernhuber, Erfüllung § 5 I, 3b (S. 99); BGHZ 12, 267 (268); 87, 156 (162). 491 Vgl. Motive, Mugdan II, S. 44: „Was zur Erfüllung gehört, ergiebt sich in concreto aus dem Inhalte des Schuldverhältnisses …“; MüKo/Wenzel, § 362 Rn. 3; Palandt/Heinrichs, § 362 Rn. 2. 488

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noch Konsens, besteht hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes der Erfüllung keine Einigkeit. Es lassen sich diesbezüglich drei unterschiedliche Auffassungen qualifizieren, die bereits oben im Zusammenhang mit der Rechtsnatur der Zweckbestimmung im Rechtsgrundbegriff der Leistungskondiktion beleuchtet wurden und hier noch einmal in Erinnerung zu rufen sind: Die Theorie der realen Leistungsbewirkung verneint schon das Vorhandensein eines subjektiven Tatbestandmerkmals selbst, erachtet ein solch subjektives Merkmal aber gleichwohl im Grundsatz für möglich (§ 366 BGB) und gar in bestimmten Fällen für erforderlich (§ 267 BGB).492 Demgegenüber einen subjektiven Erfüllungstatbestand für konstitutiv erachten die Anhänger der Theorie der finalen Leistungsbewirkung und jene der Zweckvereinbarungstheorie. Uneinigkeit herrscht zwischen diesen beiden Lagern lediglich hinsichtlich der Rechtsnatur der stets erforderlichen Tilgungsbestimmung, lassen die Vertreter der ersten Theorie eine einseitige Bestimmung durch den Schuldner genügen, fordern die Anhänger der letzten Auffassung dagegen eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger.493 Wir konnten feststellen, dass dieser Streitstand zumeist gänzlich unreflektiert auf die bereicherungsrechtliche Frage nach der Rechtsnatur der Zweckbestimmung übertragen wird, haben die Möglichkeit einer solchen Übertragung genauer betrachtet und zum Ausgangspunkt der dortigen Untersuchung gemacht. Für die bereicherungsrechtliche Zweckbestimmung konnten wir schließlich herausarbeiten, dass sie – in Übereinstimmungen mit den Beobachtungen der Vertreter der Zweckvereinbarungstheorie – als eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Vertragsparteien zu begreifen ist.494 Soll diese im Bereicherungsrecht erlangte Erkenntnis auch für das Erfüllungsrecht nutzbar gemacht werden, muss zuallererst eine Konnexität beider Rechtsinstitute begründet werden. Die Begründung eines solchen Zusammenhanges ist hier jedoch zugunsten des zunächst anzustellenden Versuchs zurückzustellen, aus dem Regelungskomplex des Erfüllungsrechts selbst heraus unter Belichtung seiner dogmatisch-historischen Grundlagen unter den dreien die richtige Theorie hinsichtlich der Erforderlichkeit und Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung herauszufiltern. Es findet sich in den Beratungen der ersten Kommission zum Erfüllungsrecht der dezidierte Ausspruch, dass jene Frage nicht durch das Gesetz selbst einer Entscheidung zuzuführen sei: „Den in der Wissenschaft bestehenden Streit, ob und inwiefern die Erfüllung (stets) ein Rechtsgeschäft bzw. ein Ver492 Vgl. die umfassenden Nachweise oben Teil 2, A, II, 3, a), (b), Fn. 166. Instruktiv auch Gernhuber, Erfüllung, § 5 II, 6 (S. 108); MüKo/Wenzel, § 362 Rn. 10 u. 13. 493 Vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (b). 494 Vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (d).

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trag sei, zu entscheiden, ist nicht die Aufgabe des Gesetzes, auch nicht durch ein Bedürfnis der Rechtssicherheit geboten.“495 In § 362 BGB ist demzufolge lediglich der objektive Tatbestand selbst umschrieben, lässt sich kein Hinweis auf einen subjektiven Tatbestand finden.496 Dennoch hat bei Sichtung des gesamten überlieferten Materials sowohl die erste als auch die zweite Kommission zu der Erforderlichkeit und Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung, wenngleich an verstecktem Platze, eindeutig Stellung bezogen. Im ersten Entwurf wurde dem Schuldner, der neben der Hauptleistung auch Zinsen und Kosten schuldete, gem. § 268 S. 2 E I eine von der in § 268 S. 1 E I statuierten Tilgungsreihenfolge – welche der in § 367 Abs. 1 BGB kodifizierten inhaltlich entspricht – abweichende Tilgungsbestimmung zugestanden, ohne dass der Gläubiger dieser einseitig durch den Schuldner bestimmten Reihenfolge widersprechen konnte.497 In den zu diesen Entwurfbestimmungen zugehörigen Beratungen der ersten Kommission finden sich endlich auch die widerstreitenden Auffassungen über die einseitige oder zweiseitige Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung zunächst angeführt und schließlich ausdrücklich für den ersten Entwurf zugunsten der Einseitigkeit entschieden.498 Von dieser in der ersten Kommission herrschenden Überzeugung aber distanzierte sich die Mehrheit der Mitglieder der zweiten Kommission, nahm ausdrücklich den entgegengesetzten Standpunkt ein: „Der Standpunkt des Entw., wonach der Schuldner die Anrechnung der Leistung nach seinem Belieben auf die Hauptforderung, die Zinsen oder die Kosten bestimmen dürfe, widerspreche sowohl dem geltenden Rechte als auch der Auffassung des Lebens und der Billigkeit …“499 Dem entsprechend bestimmt heute § 367 Abs. 2 BGB, dass es für eine Tilgungsbestimmung der Vereinbarung der Parteien bedarf; mit den Worten des Gesetzes: Dass bei einer durch den Schuldner bestimmten, von § 367 Abs. 1 BGB abweichen495

Motive, Mugdan II, S. 44. So auch Klein, causa solvendi, S. 34. 497 Vgl. § 268 E I: „Hat der Schuldner außer der Hauptforderung Kosten und Zinsen zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung angerechnet. Ist von dem die Leistung bewirkenden Schuldner bei derselben eine andere Abrechnung bestimmt, so ist diese Bestimmung für die Abrechnung maßgebend.“ Abgedruckt in Mugdan II, S. XIV. 498 Vgl. Motive, Mugdan II, S. 47: „Unter den modernen Gesetzen stellen … das ALR … und das öst. GB … unter Ablehnung der einseitigen Bestimmungsbefugnis alle auf das Einverständniß zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger ab … während die Gesetzgebung im Uebrigen … dem Schuldner das einseitige und den Gläubiger bindende Bestimmungsrecht einräumt. Der Entw. schließt sich … den letzterwähnten Gesetzen an …“. 499 Protokolle, Mugdan II, S. 543. Unter ausdrücklicher Verwerfung der in voriger Fn. 498 (Motive, Mugdan II, S. 47) wiedergegebenen Ausführungen der ersten Kommission. 496

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den Tilgungsreihenfolge, „der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen“ könne. Herrschte noch in der ersten Kommission die Überzeugung von der Einseitigkeit der Tilgungsbestimmung vor, nahm die zweite Kommission dezidiert die entgegengesetzte Position ein und suchte dies auch inhaltlich im heutigen § 367 Abs. 2 BGB zum Ausdruck zu bringen. Unter Zugrundelegung der Gesetzgebungsmaterialien besteht mithin Klarheit über den historischen Willen hinsichtlich der Rechtsnatur der Tilgungsbestimmung im geltenden Recht. Die Konstitutivität eines solch subjektiven Tatbestandmerkmals wurde bis hierher jedoch noch nicht belegt. Dass eine Tilgungsbestimmung zwar möglich, aber kein unabdingbares Erfordernis ist, stützten die Verfechter dieser Auffassung maßgeblich auf den Wortlaut des § 366 Abs. 2 BGB, welcher augenscheinlich – „Trifft der Schuldner keine Bestimmung …“ – für den Tatbestand der Erfüllung ein subjektives Tatbestandsmerkmal verneint.500 Unter systematischem und historischem Blickwinkel ergibt sich ein gleichwohl differenzierteres Bild: Gem. §§ 366 Abs. 2 BGB als auch gem. 367 Abs. 1 BGB stellt das Gesetz im Falle einer zur Tilgung aller bestehender Forderungen (§ 366 BGB) bzw. Zinsen und Kosten (§ 377) nicht ausreichenden Leistung, bei gleichzeitig mangelnder privatautonomer Bestimmung der Tilgungsreihenfolge, eine ebensolche zur Verfügung. Nur hinsichtlich einer etwaig fehlenden Vereinbarung über die Reihenfolge der Tilgung also ergänzen diese Normen das, was vernünftige Parteien, wäre ihnen diese Lücke ihrer Vereinbarung bewusst gewesen, bestimmt hätten.501 Unter systematischen Gesichtspunkten kann diesen Normen ein Verzicht auf einen subjektiven Tatbestand nicht entnommen werden, für verzichtbar wird dort positivrechtlich vielmehr nur ein bestimmter Inhalt der Tilgungsbestimmung erklärt: die Vereinbarung über die Reihenfolge der Tilgung; nicht zur Disposition stellen die §§ 366 Abs. 2, 367 Abs. 1 BGB die Vereinbarung über den Tilgungszweck der Leistung selbst.502 Diese Erkenntnis wird wiederum durch einen Blick in die Materialien gestützt. In der dem § 366 Abs. 1 BGB entsprechenden Norm des ersten Entwurfes (§ 267 E I) kommt der inhaltliche Unterschied zwischen der Bestimmung des Tilgungszwecks und der Bestimmung der Tilgungsreihenfolge im Wortlaut selbst noch klar zum Ausdruck. § 267 E I lautete: „Hat ein Schuldner, welcher dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist, zum Zwecke der Schuldtilgung eine zur Tilgung sämtlicher Schulden nicht ausreichende Leistung bewirkt, so ist diejenige Schuld getilgt, welche tilgen zu wollen der Schuldner bei der Leistung er500

Vgl. Palandt/Heinrichs, § 362 Rn. 6; MüKo/Wenzel, § 362 Rn. 13. Ehmann, JZ 68, 551; RGZ 60, 290: § 366 Abs. 2 sei „nur eine Auslegungsregel“. 502 Vgl. Ehmann, JZ 68, 551. 501

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klärt hat.“503 Die noch im ersten Entwurf gebrauchten Worte: „zum Zwecke der Schuldtilgung“, durch welche die Erforderlichkeit der Bestimmung des Tilgungszwecks auch bei mangelnder Bestimmung der Tilgungsreihenfolge klar zum Ausdruck kommt, wurden in den Beratungen der zweiten Kommission unter ausdrücklichem Hinweis, damit nur die „Fassung“ und nicht etwa eine „sachliche“ Änderung vornehmen zu wollen, gestrichen.504 Der Tatbestand der Erfüllung setzt sich mithin ganz im Sinne der Zweckvereinbarungstheorie aus einem objektiven und einem subjektiven Merkmal zusammen, das subjektive Tatbestandsmerkmal ist hierbei als die Vereinbarung der Parteien über den Tilgungszweck zu begreifen. Aber nicht nur bei Belichtung der historisch-dogmatischen Grundlagen des Erfüllungsrechtes (§§ 362 ff. BGB) selbst lässt sich diese Erkenntnis gewinnen, deutlicher noch wird die dogmatische Richtigkeit dieses Verständnisses vom Erfüllungstatbestand, wenn man sich über die Verbindung zum Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) Klarheit verschafft. Untersuchen wir dazu zunächst die Zweckstruktur einer typischen Erfüllungssituation, d.h. einer zweigliedrig ausgestalteten, weil durch ein Verpflichtungsgeschäft gleichsam vorbereiteten Güterverschiebung: Der auf Verpflichtungsebene geschlossene schuldrechtliche Vertrag wird regelmäßig einvernehmlich zum Zwecke des Austausches oder zum Zwecke der Liberalität geschlossen. Im ersten Fall ist mit Entstehung der Gegenforderung der Austauschzweck erreicht, im letzteren bereits mit Entstehung der schenkweise begründeten Verpflichtung selbst.505 Zweckvereinbarung und Zweckerreichung bilden den Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion, nach allgemeinen Bereicherungsgrundsätzen ist das so gezeichnete Verpflichtungsgeschäft mithin von dauerhaft rechtlichem Bestand. Das auf Abwicklungsebene (regelmäßig) dingliche Rechtsgeschäft wird zum Zwecke der Erfüllung der vorgeschalteten Verpflichtung vorgenommen. Ob der Erfüllungszweck erreicht wurde, bestimmt sich allein nach dem Inhalt der durch die Zweckvereinbarung in Bezug genommenen Verpflichtung. Die Erreichung des vereinbarten Erfüllungszweckes unterstellt, ist auch das Abwicklungsgeschäft nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts von rechtlich dauerhaftem Bestand. Hinsichtlich beider Rechtsgeschäfte ist also ein Zweck vereinbart und auch erreicht worden, sind mithin beide nach allgemeinem Bereicherungsrecht in ihrem weiteren rechtlichen Bestand gesichert. An diese Zweckstruktur nun knüpft das Erfüllungsrecht an und korrigiert das nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts erlangte Ergebnis: Bei Erreichung des mit dem Abwicklungsgeschäft vereinbarten Erfüllungszwecks ist es gerechtfertigt und besteht so503 504 505

§ 267 E I, abgedruckt in Mugdan II, S. XIV. Vgl. Protokolle, Mugdan II, S. 543. Vgl. dazu bereits oben Teil 2, C, II, 1, um Fn. 466.

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gar die rechtliche Notwendigkeit, die in Bezug genommene Verpflichtung untergehen zu lassen, damit der Gläubiger seinen Anspruch nicht noch einmal geltend machen kann. Die durch die causa des Abwicklungsgeschäftes vermittelte Verknüpfung von Bereicherungs- und Erfüllungsrecht tritt nunmehr klar zutage: Die Zweckvereinbarung im Sinne des Bereicherungsrechts entspricht dem subjektiven Tatbestand – ist also Tilgungsbestimmung –, die Zweckerreichung im Sinne des Bereicherungsrechts hingegen dem objektiven Tatbestand des Erfüllungsrechts. Zweckerreichung und Zweckvereinbarung bilden mithin nicht nur den Rechtsgrund im Sinne der Leistungskondiktion, sind vielmehr zugleich das objektive und subjektive Element des Erfüllungstatbestandes. Anders jedoch als das Bereicherungsrecht knüpft das Erfüllungsrecht an die Erreichung des vereinbarten Zweckes nicht die Rechtsfolge des weiteren Bestandes, sondern im Gegenteil: die Rechtsfolge des Unterganges. Wenn für das Abwicklungsgeschäft die Erreichung eines zuvor vereinbarten Erfüllungszwecks festgestellt werden kann, sieht das Bereicherungsrecht aufgrund der somit vorhandenen Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung die Rechtsfolge des weiteren rechtlichen Bestands des Abwicklungsgeschäftes, das Erfüllungsrecht hingegen zugleich die Rechtsfolge des rechtlichen Unterganges des in Bezug genommenen Verpflichtungsgeschäfts vor. Das Erfüllungsrecht stellt sich hiernach als eine gerechtfertigte und auch notwendige Korrektur der im deutschen Recht bestehenden Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft dar, ist also gleichsam gebotene Konsequenz des Trennungsprinzips. Mit dieser Erkenntnis von der causa als das eine Konnexität zwischen Bereicherungsrecht und Erfüllungsrecht begründende Element, erscheinen die heute vielfach zum Erfüllungsrecht propagierten Sätze, wie etwa: „Nach dem Erlöschen wirkt der Anspruch als Rechtsgrund für die empfangene Leistung fort; er begründet für den Gläubiger das Recht, die Leistung zu behalten“,506 oder: „Dem beschränkt Geschäftsfähigen fehlt die zur Annahme der Leistung erforderliche Empfangszuständigkeit“,507 als gänzlich undogmatische und inhaltsleere, gleichwohl ergebnisorientierte Floskeln. Der Erfüllungstatbestand erfordert, bei Belichtung der historisch-dogmatischen Grundlagen des Erfüllungsrechts selbst und der causa als das Bereicherungs- und Erfüllungsrecht verknüpfende Element, subjektiv eine wirksame rechtsgeschäftliche Vereinbarung über den Erfüllungszweck und objektiv die Erreichung dieses Erfüllungszwecks.508 506 Palandt/Heinrichs, vor § 362 Rn. 1. Ebenso MüKo/Wenzel, vor § 362 Rn. 9; Gernhuber, Erfüllung, § 5 I 5 (S. 102 f.). 507 MüKo/Wenzel, § 362 Rn. 15. Ebenso Palandt/Heinrichs, § 362 Rn. 3; Gernhuber, Erfüllung, § 5 IV 1 (S. 120 f.). Richtigerweise fehlt es schon an einer wirksamen Vereinbarung über den Erfüllungszweck.

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3. Zusammenfassende Betrachtung Festzuhalten bleibt, dass sich die Frage nach der Kausalheit bzw. Abstraktheit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften auf zwei Ebenen stellt: zum einen hinsichtlich der Frage nach der Erforderlichkeit der Zweckvereinbarung, zum anderen aber auch mit Bezug auf die Erforderlichkeit der Zweckerreichung für die Entstehung bzw. Wirksamkeit einer Verpflichtung und Verfügung. Zur Rechtslage vor dem „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ konnten wir diesbezüglich eine Parallelität herausarbeiten: Verfügungsgeschäfte gelangten im Grundsatz sowohl ohne Vereinbarung über den Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck zur Entstehung als auch ohne Rücksicht darauf, ob dieser – gleichwohl für den weiteren rechtlichen Bestand notwendig vereinbarten – Zweck auch erreicht wurde; Verpflichtungsgeschäfte demgegenüber setzten im Grundsatz sowohl die Vereinbarung über einen der drei typischen Zwecke als auch die Erreichung dieses Zweckes für ihre Entstehung konstitutiv voraus. Verfügungen waren hiernach im Grundsatz innerlich und äußerlich abstrakt, Verpflichtungen im Gegensatz grundsätzlich innerlich und äußerlich kausal ausgestaltet. Nach geltender Rechtslage ergibt sich gleichwohl ein anderes Bild: Im Grundsatz sind sowohl Verfügungs- als auch Verpflichtungsgeschäfte äußerlich abstrakt ausgestaltet, ist die Zweckerreichung mithin keine konstitutive Entstehungsvoraussetzung. Lediglich die schuld- und sachenrechtlichen akzessorischen Sicherungsrechte sind ausnahmsweise als äußerlich kausale Rechtsgeschäfte zu begreifen, setzten für ihre Entstehung die Erreichung des vereinbarten Sicherungszwecks als Abwicklungszweck voraus. Für die äußerlich abstrakten Rechtsgeschäfte aber ist die Zweckerreichung, wenn schon nicht für die Entstehung, zumindest für ihren weiteren rechtlichen Bestand maßgebend. Wir konnten hinsichtlich dreier Rechtsinstitute, welche auf den Bestand von Verfügung und Verpflichtung einwirken, die causa der Rechtsgeschäfte als das sie verbindende Element herausstellen: Ein den weiteren rechtlichen Bestand eines Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäftes rechtfertigender Grund kann nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion nur festgestellt werden, wenn der zuvor vereinbarte Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck auch erreicht wurde. Als ebenso maßgeblich an die Erreichung eines zuvor vereinbarten Zwecks Rechtsfolgen knüpfend haben wir das konditionelle Synallagma und das Erfüllungsrecht qualifiziert, welche beide freilich nur auf den weiteren rechtlichen Bestand von Verpflichtungsgeschäften von Einfluss sind und diesbezüglich nur bei Verfehlung bzw. Er508

So auch Kreß, AT, S. 448 ff.; Weitnauer, Leistung, S. 266 ff.; Ehmann, JZ 68, 550 ff.; ders. Gesamtschuld, S. 164 ff.; Schnauder, Grundfragen, S. 64 ff.; Klein, causa solvendi, passim, insbes. S. 65.

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reichung bestimmter vereinbarter Zwecke Rechtsfolgen bereithalten. Hinsichtlich des konditionellen Synallagmas, welches gemeinhin seinen gesetzlichen Ausdruck in § 326 BGB findet, konnten wir feststellen, dass es für die Verfehlung eines Austauschzwecks im Grundsatz den ipso iure Untergang der ausgetauschten Verpflichtung statuiert, in Ausnahmefällen jedoch dessen weiteren rechtlichen Bestand anordnet, mithin eine differenzierende und deshalb zum Bereicherungsrecht speziellere Regelung darstellt. Hinsichtlich des Erfüllungsrechts konnten wir herausarbeiten, dass die dort statuierte Rechtsfolge des ipso iure Untergangs der Verpflichtung tatbestandlich die Erreichung eines zuvor vereinbarten Erfüllungszwecks als Abwicklungszweck voraussetzt und also die Erfüllung systematisch als notwendiges Korrektiv zum Trennungsprinzip zu begreifen ist. Alle hier belichteten, auf den Bestand der äußerlich abstrakt ausgestalteten Rechtsgeschäfte einwirkenden Rechtsinstitute knüpfen mithin tatbestandlich an die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung bestimmte, auf den Bestand von Verfügung und Verpflichtung wirkende Rechtsfolgen.

III. Zweckanstaffelung Wie wir bis hierher darlegen konnten, knüpft das Gesetz die Entstehung oder aber zumindest den rechtlichen Bestand eines Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäftes an die Vereinbarung und Erreichung einer causa. Hinsichtlich der Konstitutivität der Vereinbarung eines Zwecks für die Entstehung eines Rechtsgeschäftes konnten wir innerlich kausale und abstrakte Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte unterscheiden. Ebenso lassen sich im Bürgerlichen Gesetzbuch bezüglich der Konstitutivität der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks für die Entstehung eines Rechtsgeschäfts äußerlich kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte finden. Wir konnten darüber hinaus herausarbeiten, dass jedem rechtsgeschäftlichen Handeln zumindest ein egoistisches oder aber altruistisches Motiv zugrunde liegt und demgemäß die für die Entstehung oder aber zumindest den Bestand stets erforderlichen Zweckvereinbarung inhaltlich eine Einigung über den Austausch- oder Liberalitätszweck voraussetzt. Für eine dritte Gruppe von Rechtsgeschäften konnten wir weiter feststellen, dass auch diese zwar von einem egoistischen oder aber altruistischen Handlungsmotiv „beseelt“ sind, gleichwohl sich aber ein anderer Zweck in den Vordergrund drängt: Auch der Abwicklungszweck kann demgemäß als ein dritter, dem Austausch- und Liberalitätszweck gleichgestellter Zweck genügender Inhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung sein. Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck sind also gleichsam Mindestinhalt, müssen vereinbart und auch erreicht werden, um das Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäft zur Entstehung zu bringen bzw. um es in

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seinem rechtlichen Bestand dauerhaft zu sichern. Jene drei Zwecke haben wir als die typischen Zwecke bezeichnet. Unbeleuchtet ist bislang die rechtliche Bedeutung solcher Zwecke geblieben, die sich nicht in diese Reihe der typischen Zwecke eingliedern lassen. Kant benennt diese unzähligen Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns, in Abgrenzung zu den drei „a priorisch“ erlangten, als „empirisch“ erlangte Zwecke,509 Windscheid nutzt den Terminus der „Voraussetzung“, in Abgrenzung zu den von ihm so benannten „ersten Absichten“,510 wir wollen jene hier, in Abgrenzung zu den drei typischen Zwecken, als die atypischen Zwecke bezeichnen. Dass die Parteien jedes Rechtsgeschäft von jedwedem denkbaren atypischen Zwecke rechtlich abhängig machen können, soweit dieser nicht gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt (§§ 134, 138 BGB), folgt zwanglos aus dem das Vertragsrecht beherrschenden Grundsatz der Privatautonomie.511 So muss etwa dem Vater, welcher für seine Tochter ein Bett erwirbt (Austauschzweck), die Möglichkeit eingeräumt werden, das Rechtsgeschäft von der tatsächlichen Unterschrift des Ehevertrages abhängig zu machen (atypischer Zweck). Auch muss es dem Mieter eines Balkons (Austauschzweck) möglich sein, den Mietvertrag von dem tatsächlichen Stattfinden des davor herziehenden Krönungszuges abhängig zu machen (atypischer Zweck).512 Ebenso muss es dem Vater möglich sein, ein Bürgschaftsversprechen für eine Schadensersatzforderung eines durch seinen Schwiegersohn verursachten Schadens (Abwicklungszweck) davon abhängig zu machen, dass der Gläubiger keine Strafanzeige erstattet (atypischer Zweck).513 Die jeweils zur rechtlichen Bedeutsamkeit erhobenen atypischen Zwecke sind dabei als dem jeweils einschlägigen typischen Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck angefügt oder „angestaffelt“514 zu denken, da – wie wir herausarbeiten konnten – zunächst stets einer dieser drei, den Charakter des Vertrages maßgebend prägenden typischen Zwecke verfolgt wird. Nicht aber nur muss es den Parteien möglich 509 Kant, Metaphysik, Teil I, 2. Hauptstück, 3. Abschnitt, § 31 (S. 397 f.). Zur Terminologie vgl. auch schon oben, Teil 2, Fn. 409. 510 Die „ersten Absichten“ bzw. „ersten Zwecke“ stimmen dabei materiell, ungeachtet der semantischen Differenz, gleichwohl mit dem Begriff der „Voraussetzung“ im Sinne seiner Lehre überein, sollen aber nicht auf die drei hier herausgearbeiteten typischen Zwecke beschränkt sein, vgl. oben Teil 2, Fn. 145 und Fn. 385. 511 Ehmann, JZ 03, 707; Kreß, AT, S. 57; Weitnauer, abstrakte Verpflichtung, S. 33; Schnauder, JZ 02, 1082. 512 So schon Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 26. Vgl. hierzu auch Nauen, Leistungserschwerung, S. 45. 513 RGZ 118, 353, 358. Dazu Ehmann, Gesamtschuld, S. 174. 514 Kreß, AT, § 5, 1, c (S. 37 ff.); Ehmann, Gesamtschuld, S. 142 f., 171 ff.; ders. NJW 73, S. 1035; Weitnauer, FS Caemmerer, S. 261 f.; ders., abstrakte Verpflichtung, S. 33; Nauen, Leistungserschwerung, S. 312 ff.

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sein, dem typischen einen atypischen Zweck, sondern gleichfalls auch einen weiteren typischen Zweck anzustaffeln: So weist das Gesetz selbst auf die Möglichkeit hin (§ 449 BGB, Eigentumsvorbehalt), eine zur Erfüllung einer schuldrechtlichen Verpflichtung vorgenommene Verfügung von der Erfüllung eines anderen Schuldverhältnisses im engeren Sinne abhängig zu machen (Erfüllungszweck mit angestaffeltem Sicherungszweck). Ebenso muss dem Bürgen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich gegenüber dem Gläubiger des Einstehens für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten zu versprechen, um vom Gläubiger dafür einen Gegenleistung („Risikoprämie“) zu erhalten (Sicherungszweck mit angestaffeltem Austauschzweck). Schließlich, um ein letztes Beispiel zu nennen, kann die Fallkonstellation angeführt werden, in welcher ein kausaler Schuldvertrag zugleich zum Zwecke der Erfüllung einer Verpflichtung zum Vertragsschluss aus einem Vermächtnis, Vorvertrag oder Vergleich geschlossen wird (Austausch- oder Liberalitätszweck mit angestaffeltem Erfüllungszweck).515 Beleuchten wir in diesem nunmehr letzten Abschnitt der Untersuchung über die causa der Rechtsgeschäfte, wie und mit welchen rechtlichen Folgen den typischen Zwecken („Primärzwecken“) weitere atypische oder auch typische Zwecke („Sekundärzwecke“) angestaffelt werden können.516 Verlassen wir nun also das zwingende Recht, die Frage nach der rechtlichen Erforderlichkeit der Vereinbarung und der Erreichung des primären Austausch-, Liberalitäts- oder Schenkungszwecks, und widmen uns der Frage nach den Möglichkeiten, darüber hinaus, gleichsam fakultativ, die Verpflichtungen und Verfügungen von weiteren sekundären Zwecken rechtlich abhängig auszugestalten. Als Ausgangspunkt kann wiederum das Bereicherungsrecht herhalten, dessen dogmatische Grundlagen im Verlaufe unserer Untersuchung bereits beleuchtet wurden und an dieser Stelle nun noch ein letztes Mal in Erinnerung zu rufen sind: Die hier im Zentrum des Interesses stehende rechtsgeschäftliche Vermögenszuwendung, ganz gleich ob in Form eines Verfügungs- oder Verpflichtungsgeschäftes, ist stets bereicherungsrechtliche Leistung, das für deren weiteren rechtlichen Bestand Ausschlag gebende Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Grundes folglich nach den Grundsätzen 515 Zu der sich in dieser Konstellation stellenden – ganz grundsätzlichen – Frage nach der Möglichkeit der Kondiktion kausaler Schuldverträge bei Verfehlung des angestaffelten Erfüllungszwecks, die sich nach dem hier entwickelten System – wie sogleich deutlich werden wird – unproblematisch bejahen lässt, instruktiv Schnauder, JZ 2002, S. 1080 ff. Hierzu auch umfassend und im Ergebnis eine Kondiktionsmöglichkeit, wenngleich auf anderer als der hier zugrunde gelegten Dogmatik bejahend Mazza, Kausale Schuldverträge: Rechtsgrund und Kondizierbarkeit (2002). Vgl. hierzu auch ausführlich Bork, Vergleich, S. 13 ff. 516 Zwischen „Primärzweck“ und „Sekundärzweck“ in diesem Sinne ebenso scheidend Nauen, Leistungserschwerung, S. 44; Schnauder, JZ 02, 1082 und Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 14.

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der Leistungskondiktion zu behandeln. In § 812 BGB finden sich nach heute herrschender Lesart drei Fälle der Leistungskondiktion geregelt, wobei – unter Belichtung der historischen und dogmatischen Grundlagen – die in § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB kodifizierte condictio ob rem Ausdruck des der Leistungskondiktion zugrunde liegenden allgemeinen Grundsatzes ist, die condictio indebiti (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2) und die condictio ob causam finitam (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1) hingegen besonders hervorgehobene, freilich häufig auftretende Unterfälle dieses Grundsatzes darstellen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des rechtlichen Grundes im Sinne der Leistungskondiktion setzt auf Grundlage dieses Verständnisses eine wirksame rechtsgeschäftliche Vereinbarung eines Zwecks und dessen Erreichung voraus.517 Nun ist es in Literatur und Rechtsprechung unbestritten, dass im Rahmen der condictio ob rem, freilich innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138 BGB, jeder beliebige Zweck verfolgt werden kann. Die Parteien eines Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäftes können folglich jeden beliebigen typischen oder atypischen Zweck zum Gegenstand einer Zweckvereinbarung machen und auf diese Weise den weiteren rechtlichen Bestand des Rechtsgeschäftes an die Erreichung dieser typischen oder atypischen Zwecke koppeln. Zumindest haben sich die Parteien dabei, wie beleuchtet, über einen der drei typischen Zwecke zu einigen (Primärzweck). Über diesen Mindestinhalt der Zweckvereinbarung hinaus steht es ihnen aber gleichwohl frei, weitere typische oder atypische Zwecke zu vereinbaren und auf diese Weise das Rechtsgeschäft auch von der Erreichung dieser, als dem typischen Zweck angestaffelt zu begreifenden Zwecke abhängig auszugestalten (Sekundärzweck).518 Eine solche, durch Vereinbarung begründete Anstaffelung von sekundären Zwecken hat im Rahmen des Bereicherungsrechts lediglich Auswirkung auf den weiteren rechtlichen Bestand der rechtsgeschäftlichen Vermögenszuwendung, dem Zuwendenden wird bei Verfehlung des angestaffelten Zwecks als Rechtsfolge allein ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zugestanden.519 Im Folgenden gilt es demnach zu untersuchen, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bürgerliche Gesetzbuch den Vertragsparteien die Möglichkeit einräumt, die Erreichung eines zuvor vereinbarten angestaffelten Zwecks auch zur Entstehungsvoraussetzung rechtsgeschäftlicher Vermögenszuwendungen zu erheben. Bevor wir uns dieser Frage annehmen, ist hier zunächst vorrangig Funktion und Bedeutung des mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“520 kodifizierten 517

Vgl. dazu die ausführliche historisch-dogmatische Belichtung oben § 3 A II 3 a. Vgl. nur Ehmann, Gesamtschuld, S. 171 ff.; ders., JZ 03, 706 f. 519 Vgl. über den Inhalt des Anspruches bei Verfügung und Verpflichtung bereits oben Teil 2, C, II, 2, a) (um Fn. 480). 520 Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 61/2001 vom 29. November 2001, S. 3138 ff. 518

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Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, zu untersuchen und ihre, durch die causa begründete Verknüpfung mit dem Bereicherungsrecht herauszuarbeiten (vgl. 1). Erst im Anschluss daran wollen wir uns dem Rechtsinstitut der Bedingung, § 158 BGB, mithin der Frage nach der Möglichkeit einer privatautonom begründeten Konstitutivität der Erreichung angestaffelter Zwecke für die Entstehung eines Rechtsgeschäftes widmen (vgl. 2). 1. Causa und Geschäftsgrundlage Das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) findet Anwendung lediglich auf schuldrechtliche Verträge.521 Als Rechtsfolge wird dem durch die Störung Benachteiligten ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages (Abs. 1), subsidiär – bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Anpassung – ein Gestaltungsrecht in Form eines gesetzlichen Rücktrittsrechts gewährt (Abs. 3).522 Auf Tatbestandsseite wird angeknüpft an eine schwerwiegende Veränderung von Umständen bzw. an die Falschheit von wesentlichen Vorstellungen, welche „zur Grundlage des Vertrages geworden sind“.523 Als maßgebliche Frage erweist sich hiernach zuvörderst, unter welchen Voraussetzungen welche Umstände und Vorstellungen als eine solche, bei Störung zur Vertragsanpassung oder gar zur Vertragsauflösung berechtigenden Grundlage anzusehen sind. Es finden sich gemeinhin drei Fallgruppen524 diskutiert, auf die nunmehr im Hinblick auf diese Frage im Einzelnen näher einzugehen ist. Zunächst soll, da in unseren Zusammenhang passend, die Fallgruppe der Zweckstörung Beleuchtung erfahren [vgl. a)]. Erst im Anschluss daran werden die anerkannten Fallgruppen der Leistungserschwerung [vgl. b)] und Äquivalenzstörung [vgl. c)] untersucht, deren dogmatische Einordnung im Rahmen des Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage nach modernisiertem Schuldrecht genauer ausgeleuchtet.

521

Vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 10; Schlüter, ZGS 03, 350. Vgl. MüKo/Roth, § 313 Rn. 2, 6, 9, 12; Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 28 ff. 523 Vgl. Schmidt-Recla, FS Laufs, S. 650: „… Erstens ist zu fragen, wann ein bestimmter Umstand Geschäftsgrundlage geworden ist und zweitens, wann diese Geschäftsgrundlage weggefallen ist oder ob sie fehlte“; ebenso Eidenmüller, Jura 01, 828; Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 14 ff. und MüKo/Roth, § 313 Rn. 8 der insgesamt sechs Tatbestandsmerkmale ausmacht. 524 BT-Drucks. 14/6040, S. 174; Kommission, Abschlussbericht, S. 147 f.; Huber, Gutachten, S. 749 f.; Nauen, Leistungserschwerung, S. 39 ff.; Schlüter, ZGS 03, 348; vgl. auch maßgeblich diese folgenden drei Fallgruppen behandelnd Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 32 ff.; MüKo/Roth, § 313 Rn. 147 ff. 522

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a) Zweckstörung „Denken wir z. B. an den Fall, daß A bei B 250 Zentner Hüttenkokes bestellt. So allgemein und rein abgeschlossen hat das Geschäft gar keine über seinen eignen Tatbestand – Umsatz von Ware gegen Geld – hinausgehende Grundlage. Wie aber, wenn A den Kokes ausdrücklich oder doch im Einverständnis mit B – vielleicht auf dessen dahingehende Anregung hin – zur Deckung seines diesjährigen Winterbedarfs bestellt hat.“525 Dieses Beispiel stellt Paul Oertmann (1870–1939) in seiner Monographie „Die Geschäftsgrundlage: Ein neuer Rechtsbegriff“, mit welcher er der Geschäftsgrundlagenlehre zunächst in der Rechtsprechung und Literatur, schließlich auch kodifikatorisch zu ihrem Durchbruch verhalf,526 seiner Untersuchung über das „Wesen“527 der Geschäftsgrundlage voran. Im gegebenen Beispiel tritt klar zutage, welche Zwecke im Sinne der Oertmann’schen Lehre als Geschäftsgrundlage herhalten können: Es sind nicht die primären, sondern allein die über Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck hinaus angestaffelten sekundären Zwecke. Ebendieses Verständnis liegt auch dem heute verwandten Begriff von der Geschäftsgrundlage zugrunde, findet sich doch in der Kommentarliteratur gemeinhin der jeweils einleitende Hinweis darauf, dass Konstellationen der unplanmäßigen Erreichung oder Verfehlung eines primären Zweckes nicht unter den Begriff der Geschäftsgrundlage zu subsumieren seien – angesprochen findet sich zumeist der Fall, dass das frei zu schleppende Schiff auf andere Weise frei wird (so benannte „Zweckerreichung“) oder aber sinkt (so benannter „Zweckfortfall“), also, in den oben entwickelten Kategorien gedacht, bereits der primäre Austauschzweck gestört wird.528 Als Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB sind mithin für die Fallgruppe der Zweckstörung nur solche Zwecke zu begreifen, die auch Gegenstand der hier anzustellenden Untersuchung sind: die angestaffelten Sekundärzwecke.529 Wie nun aber werden diese sekundären Zwecke zur so benannten „Geschäftsgrundlage“, 525

Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 25. Vgl. erstmals im ausdrücklichen Anschluss an Oertmann für die Fallgruppe der Äquivalenzstörung RGZ 103, S. 328 ff., 332; später RGZ 106, 7 ff.; 107, 124 ff.; 168, 121 ff., 126. Zur Rechtsprechung des BGH vgl. unten Fn. 537; schließlich auch BT-Drucks. 14/6040, S. 174. Vgl. auch Oertmann, Handwörterbuch, S. 803; Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 2; Nauen, Leistungserschwerung, S. 76 ff. 527 Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 26. 528 In diesen Fällen greift nach h. A. das Unmöglichkeitsrecht §§ 275, 326 BGB, vgl. Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 42; MüKo/Roth, § 313 Rn. 213, § 275 Rn. 151 ff.; instruktiv Ehmann, Gesamtschuld, S. 175 f.; Nauen, Leistungserschwerung, S. 44 ff. 529 So auch Nauen, Leistungserschwerung, S. 44; im Ergebnis auch Ehmann, JZ 03, 708 f. und Zeiss, AcP 1964 (164), S. 58 f. 526

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deren Störung einen Anspruch auf Anpassung oder gar ein Gestaltungsrecht auf Vertragsauflösung begründet? Ortmann entwickelt seine Lehre von der Geschäftsgrundlage in benannter Monographie unmittelbar auf Grundlage der bereits an früherer Stelle belichteten Voraussetzungslehre seines Schwiegervaters Windscheid: „Eine Arbeit über den Begriff und die Bedeutung der Geschäftsgrundlage kann es nicht vermeiden, von Windscheids berühmter Voraussetzungslehre den Ausgang zu nehmen.“530 Nach Windscheid genügte schon die einseitige Erklärung eines Zwecks, um diesen zur von ihm so benannten Voraussetzung des Vertrages zu erheben, wenn nur diese „Beschränkung des Willens als eine erkennbare“ für den Vertragspartner hervorgetreten ist.531 Von diesem Verständnis distanziert sich nun Oertmann ausdrücklich, um sich vor der zur Windscheid’schen Lehre vorgetragenen Kritik zu bewahren,532 und entgegnet diesbezüglich: „… das genügt natürlich bei Verträgen nicht, um die Voraussetzung zu einem rechtswirksamen Geschäftsbestandteil zu erheben.“533 Nun läge es nach diesen zunächst klaren Worten Oertmanns nahe, wenn er den entgegengesetzten Standpunkt einnähme und also nur solche Zwecke als Grundlage eines Rechtsgeschäftes ansähe, über die sich die Parteien vereinbart haben. Obschon manche Textstellen in diese Richtung weisen – „Die Geschäftsgrundlage ist aber nicht etwas einseitiges nur bei einer Partei Vorhandenes … sie muß im Gebiet der Verträge, um zu wirken, beiden teilen, richtiger ihrer beidseitigen Abmachung, gemeinsam sein“534 –, zieht Oertmann diese Konsequenz nicht, bemüht vielmehr eine unscharfe Definition von der „Vorstellung“, die von der anderen Seite erkannt und nicht beanstandet wurde oder von der sich beide Parteien irrtümlicherweise haben leiten lassen, um einen Zweck zur Geschäftsgrundlage zu erheben.535 Auch nach Oertmann also bedurfte es keiner Vereinbarung 530

Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 1. Vgl. erhellend auch später ebenda, S. 30: „Aus den entwickelten Gründen möchte ich auch das Wort ‚Voraussetzung‘ vermeiden und durch das hier ständig gebrauchte Wort ‚Geschäftsgrundlage‘ ersetzt wissen.“ Vgl. zu Windscheids Lehre schon oben Teil 2, A, II, 3, a), (a) (um Fn. 144). 531 Windscheid, Voraussetzung, S. 81 ff., hier S. 83. Vgl. auch Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 3; ders., Handwörterbuch II, S. 804; Kreß, AT, § 5, 2, a, Fn. 14 (S. 40); Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 164; Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 82. 532 Vgl. oben Teil 2, A, II, 3, a), (a) (um Fn. 152). 533 Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 3. Freilich ohne es zu unterlassen, sogleich für seinen Schwiegervater zu sprechen: „Aber es ist mir auch sehr zweifelhaft, ob Windscheid die einseitige Voraussetzung für verbindlich erachtet im Sinne eines Vertragsbestandteils, und nicht vielmehr nur in dem eines Bestandteils der einzelnen Erklärung, der sie beigefügt ist.“ Ebenso ders., Handwörterbuch II, S. 804. 534 Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 38. Auch ders., Handwörterbuch, S. 804: „Man kann somit die Geschäftsgrundlage als eine zweiseitige und ins Erklärungstheoretische übersetzte Voraussetzung bezeichnen.“

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der Parteien über die Anstaffelung eines sekundären Zwecks, um diesen zur Geschäftsgrundlage zu erheben – mit den Worten Oertmanns: „… während zum Vertrage selbst zwei Willenserklärungen gehören, ist die Vertragsgrundlage etwas an sich Einseitiges, wie die Voraussetzung im Sinne Windscheids.“536 Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofes,537 sowie die instanzgerichtliche Rechtsprechung538 hat sich schließlich die Oertmann’sche Formel von der erkannten und dennoch nicht beanstandeten Vorstellung einer Vertragspartei zur Bestimmung der Geschäftsgrundlage zu Eigen gemacht. Auch in der Begründung zur Kodifikation des Rechtsinstituts (§ 313 BGB) wird jene wage Formel beinahe ein Jahrhundert nach dessen Formulierung wörtlich und gänzlich unreflektiert wiedergegeben,539 wird gar darüber hinaus deren Undurchsichtigkeit durch zweifelhafte Unterscheidungen zwischen einer „großen“ und „kleinen“ und, sogar positivrechtlich, zwischen einer „objektiven“ (Abs. 1) und „subjektiven“ (Abs. 2) Geschäftsgrundlage noch bestärkt.540 Überzeugen vermag jene Formel gleichwohl nicht. Zwar distanziert sich Oertmann eingangs seiner Arbeit ausdrücklich von der Windscheid’schen „Voraussetzung“ als einseitigem aber dennoch erkennbarem Umstand, die „Geschäftsgrundlage“ jedoch entwickelt er im Verlaufe seiner Untersuchung geradeso als einen einseitigen und für die Gegenseite erkennbaren Umstand, der freilich – und nur darin kann ein Unterschied entdeckt werden – unwidersprochen geblieben sein muss und deshalb gleichsam „beiden gemeinsam“541 sein soll. Auch für Oertmann kann mithin, in Übereinstimmung mit Windscheid, bereits ein einseitig zugrunde gelegter Zweck oder Umstand Geschäftsgrundlage sein. Und in diesem Punkt trifft die in der Wissenschaft 535 Oertmann in: Geschäftsgrundlage, S. 37 (vgl. auch ebenda S. 132) und Handwörterbuch, S. 803: „Geschäftsgrundlage ist die beim Geschäftsschluß zutage tretende und vom etwaigen Geschäftsgegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten – oder die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligten – vom Sein oder vom künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut.“ 536 Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 132. So auch Kreß, AT, § 5, 2, a (S. 41, Fn. 14); Westermann, causa, S. 109; Flume, AT II, § 26, 3 (S. 498). Unzutreffend insoweit Wieling, Jura 1985, S. 507, der meint, dass das Motiv bei Oertmann „durch Vereinbarung Geschäftsgrundlage, d.h. Vertragsinhalt“ werde. 537 BGHZ 25, 390, 292; 40, 334, 335 f.; 61, 153, 160; 84, 1, 8 f.; 128, 230, 236; BGH NJW 1991, 1478; 1993, 1641, 1642; 1993, 1856, 1859; BGH WM 1961, 212, 213; 1969, 335, 336; 1969, 496, 499; 1973, 752, 753; 1978, 322, 323. 538 OLG Frankfurt MDR 1974, 401; OLG Hamm NJW-RR 1991, 966; BayOLG, DNotZ 1980, 94; OLG Celle OLGZ 1990, 88. 539 BT-Drucks. 14/6040, S. 174. 540 BT-Drucks. 14/6040, S. 174. Vgl. dazu nur Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, 167 ff.; Nauen, Leistungserschwerung S. 89 ff. 541 Vgl. Oertmann, Handwörterbuch, S. 804.

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und der Rechtsprechung des Reichsgerichts, in der Vorkommission im Reichsjustizamt und der zweiten Gesetzgebungskommission geübte Kritik, die schließlich zur Verwerfung der noch im ersten Entwurf berücksichtigten Windscheid’schen Voraussetzungslehre führte, auch die Oertmann’sche Geschäftsgrundlagenlehre. So herrschte bereits in der Vorkommission im Reichsjustizamt „Einverständnis“ darüber, dass einer „von dem Leistenden einseitig erklärten Voraussetzung des Eintritts oder Nichteintritts eines künftigen Ereignisses“ keine rechtliche Bedeutung beizulegen sei, dadurch vielmehr „dem einseitigen Willen des Leistenden eine ungerechtfertigte Bedeutung beigelegt und die Verkehrssicherheit bedenklich gefährdet“ werde.542 Auch in den Protokollen der zweiten Gesetzgebungskommission finden sich bezüglich der „Windscheid’schen Lehre“ Bedenken hinsichtlich der „Sicherheit des Verkehrs“ angeführt, es ergebe sich die „Gefahr, dass sich für die Beurtheilung der Unterschied zwischen Voraussetzung und Motiv verwische und daß die Praxis irrthümlicherweise dahin gelangen könne, die Einwirkung eines außerhalb des Vertrages liegenden Beweggrundes zu beachten.“543 In den angeführten Protokollstellen wird schließlich auf ein Urteil des Reichsgerichtes aus dem Jahre 1889 verwiesen, in welchem dieses ablehnt „eine an sich zustande gekommene vertragsmäßige Rechtswirkung wegen Ermangelung einer beliebig gesetzten so genannten ‚Voraussetzung‘ “ aufzuheben, sich also dezidiert gegen die Windscheid’sche Lehre wendet.544 Vor diesem Hintergrund erscheint es gleichsam folgerichtig, dass noch die Reichsgerichtsrechtsprechung die hier behandelte Fallgruppe der angestaffelten sekundären Zwecke über das Bereicherungsrecht, genauer: über dessen Grundtatbestand545 der condictio ob rem (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) löste, mithin der von den Kommissionen und dem Gericht selbst zum Ausdruck gebrachten Gefahr, der Verwischung der Grenzen von unbeachtlichem Motiv und beachtlichem Zweck, durch das hinsichtlich der condictio ob rem schon nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannte Erfordernis der Vereinbarung über den Zweck entgegentrat546 – obschon sich das Reichsgericht zuvor, zur Bewältigung der zu damaliger Zeit brisanten Fallgruppe der Äquivalenzstörung, auf die sogleich näher einzugehen sein wird, bereits die Oertmann’sche Geschäftsgrundlagenlehre dogmatisch nutzbar machte.547 542

Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 835. Protokolle, Mugdan II, S. 1174. 544 RGZ 24, 169, 170. 545 Vgl. dazu bereits ausführlich oben Teil 2, A, II, 3, a), (d). 546 Vgl. RGZ 106, 93, 98 („Leibrente“, 1922): „Beachtlich wäre die Erwartung der pünktlichen Rentenzahlung freilich nur dann, wenn sie auch zum Inhalt des Vertrages gemacht worden ist und nicht bloß einseitig in der Vorstellung des Klägers bestanden hat“; ebenso RGZ 118, 358 („Bürgschaft“, 1927); RGZ 132, 238 („Fortifikationszweck“, 1931). 543

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Die Vorkommission im Reichsjustizamt, die gesetzgebende Kommission und das Reichsgericht waren demnach in einem Punkte einig: Die Berücksichtigung eines einseitig von einer Vertragspartei zugrunde gelegten Zwecks bedeute eine Gefahr für die Sicherheit des Rechtsverkehrs, da in diesem Falle eine Abgrenzung von unbeachtlichem Motiv und beachtlichem Zweck nicht mehr möglich sei. Begegnet werden kann diesen Bedenken, mit der bezeichneten Rechtsprechung des Reichsgerichts und auch der Vorkommission im Reichsjustizamt548, indem nur der von den Vertragsparteien vereinbarte sekundäre Zweck als eine rechtliche Beachtung verdienende Grundlage des Rechtsgeschäftes anerkannt wird. Ungeachtet dieses schlagkräftigen Gedankens von der Rechtssicherheit stiftenden, weil über die Abgrenzung von beachtlichem zu unbeachtlichem Motiv Klarheit schaffenden Funktion der Zweckvereinbarung, ist auf Grundlage der bis hierher herausgearbeiteten Dogmatik zudem kein Grund ersichtlich, für die Beachtlichkeit von sekundären Zwecken geringere Voraussetzungen genügen zu lassen als hinsichtlich der primären Zwecke, welche, wie wir herausarbeiten konnten,549 stets eine Vereinbarung der Parteien erfordern. Vielmehr drängt sich geradezu die Erforderlichkeit einer Vereinbarung jener, über die primären Zwecke hinaus angestaffelter sekundärer Zwecke auf: Wie bereits die für die Entstehung bzw. den Bestand stets erforderliche Einigung über den jeweiligen primären Zweck unterschiedlich leicht oder schwer fällt – der Liberalitätszweck wird regelmäßig geringerer Abstimmung bedürfen, als der Abwicklungs- oder Austauschzweck550 –, erfordert die Begründung einer rechtlichen Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von einem darüber hinausgehenden Zweck eine ungleich umfassendere Abstimmung der Parteien. So wird sich beispielsweise in einem Austauschvertrag eine Vertragspartei hinsichtlich der Kalkulation der zu versprechenden Gegenleistung (Kaufpreis, Werklohn etc.) maßgeblich daran orientieren, von welchen weiteren Zwecken die Gegenseite ihre Leistung in Abhängigkeit bringen möchte. Gerade die Anstaffelung von sekundären Zwecken ruft demnach gesteigerten Eini547 Vgl. erstmals RGZ 103, 328, 331 f. („Geldentwertung“, 1922): „… die Leistung keiner Partei sei erschwert worden, nur das Wertverhältnis der beiderseitigen Leistungen habe sich geändert … Allgemein kommt es, um mit den Worten Oertmanns, Geschäftsgrundlage (1921), zu reden, immer darauf an, ob die Grundlage des Geschäfts im Sinne einer beim Geschäftsschluß zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig geworden ist.“ Weiterhin RGZ 106, 7; RGZ 107, 124 bis RGZ 168, 121. 548 Vgl. Jakobs/Schubert, Beratungen §§ 652–853, S. 835: „Der obige Vorschlag vermeide allerdings dieses Bedenken [des einseitigen Willens], indem er eine Einigung der Parteien über die Voraussetzung verlange, mithin erfordere, daß die Voraussetzung zum Bestandtheil des Vertrages gemacht sei.“ 549 Vgl. nur oben Teil 2, A, II, 4 und Teil 2, B, II, 4. 550 So auch Nauen, Leistungserschwerung, S. 312.

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gungsbedarf hervor, wird regelmäßig von der begehrenden Vertragspartei gewissermaßen „erkauft“ werden müssen.551 Die diesem Abschnitt vorangestellte Frage kann mithin dahingehend beantwortet werden, dass sekundäre Zwecke nur dann Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB sind, wenn sich die Vertragsparteien darüber geeinigt, diese mithin durch Vereinbarung zum Vertragsinhalt erhoben haben, andernfalls als bloße Motive rechtlich irrelevant sind.552 Werden die vereinbarten sekundären Zwecke nicht erreicht, kommt es also in der Sprache des Gesetzes zu einer „schwerwiegenden Veränderung“ der auf diese Weise zur „Grundlage des Vertrages“ gemachten Umstände, so wird dem durch die Zweckverfehlung Benachteiligten ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages (Abs. 1), subsidiär, bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Anpassung, ein Gestaltungsrecht in Form eines gesetzlichen Rücktrittsrechts (§§ 346 ff. BGB) zugestanden (Abs. 3). Auch das Rechtsinstitut der Geschäftsgrundlage stellt hiernach maßgeblich auf die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung ab, knüpft an die Verfehlung des vereinbarten sekundären Zwecks Rechtsfolgen und fügt sich somit in die bis hierher beleuchtete Funktion und Bedeutung der causa der Rechtsgeschäfte ein.553 Systematisch betrachtet, lässt sich zudem eine gewisse rechtliche Parallele zum bereits oben im Zusammenhang mit der Verfehlung primärer Zwecke untersuchten Rechtsinstitut des genetischen Synallagmas feststellen: Konnten wir das genetische Synallagma als eine zum Bereicherungsrecht differenziertere und deshalb speziellere Regelung qualifizieren, trifft diese Beobachtung auch auf das nunmehr kodifizierte und deshalb sinnvoll zu nutzende Rechtsinstitut der Geschäftsgrundlage zu.554 Im Falle der Verfehlung eines angestaffelten Zwecks sieht § 313 BGB differenzierte Rechtsfolgen, zunächst einen Anpas551

Vgl. insgesamt so auch Nauen, Leistungserschwerung, S. 312 f. So auch Kreß, AT, § 5, 2, a, Fn. 14 (S. 41); Ehmann, JZ 03, 708; Ehmann/ Sutschet, Lehrbuch, S. 176; Nauen, Leistungserschwerung, S. 312 f.; Klinke, causa, S. 56; Kegel, Gutachten, 199 ff.; Beuthien, Zweckerreichung, 182 f. 553 Dagegen kann nicht angeführt werden, dass Oertmann sich gegen eine solche Eingliederung der Geschäftsgrundlagenlehre verwehrt, bezieht er sich in den diesbezüglichen Textstellen doch nur auf das hier bereits oben, im Zusammenhang mit dem objektiven Rechtsgrundverständnis im Bereicherungsrecht verworfene Verständnis von der causa: „Die Geschäftsgrundlage ist aber auch nicht Geschäftszweck (causa) in dem üblichen Sinne … Causa ist ja nicht jeder beliebige psychologische Zweck, sondern nur das Grundgeschäft, dessen Entwicklung durch den Zuwendungsakt (Versprechen, Übergabe, Erlaß, Abtretung usw.) gefördert werden soll“ (Geschäftsgrundlage, S. 34). 554 Vgl. dazu nur Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 7 f. unter Verweis auf Hegel („Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig“): „Die zum Gesetz gewordenen Worte gilt es unabhängig und losgelöst von den subjektiven Zufälligkeiten, Dürftigkeiten, Insuffizienzen, Eitelkeiten usw., so weit es geht, als ein Vernünftiges zu begreifen.“ 552

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sungsanspruch, und erst wenn dieser nicht weiterführt, ein Gestaltungsrecht vor. Für einen Herausgabeanspruch nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts, d.h. für einen Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, verbleibt kein Anwendungsbereich. Der Bestand schuldrechtlicher Verträge richtet sich mithin bei Verfehlung eines ihnen durch Vereinbarung angestaffelten Zwecks allein nach den differenzierteren und deshalb spezielleren Rechtsfolgen des § 313 BGB. b) Leistungserschwerung In der nun folgenden Untersuchung der verbleibenden, vom Institut der Störung der Geschäftsgrundlage erfassten Fallgruppen, wird sich, durch die Brille der causa betrachtet, herausstellen, dass beide nicht die Störung angestaffelter sekundärer, vielmehr die Störung eines typischen primären Zwecks im Blick haben, was sich insbesondere für die hier nun zuvörderst vorzunehmende dogmatische Belichtung der Leistungserschwerung als eine richtungweisende Erkenntnis offenbaren wird. Innerhalb dieser Fallgruppe kann wiederum unterschieden werden zwischen einer materiellen und einer ideellen Leistungserschwerung:555 Der Schuldner kann zum einen aufgrund planabweichender Ereignisse genötigt sein, ein höheres oder anderes materielles Opfer an sachlichen oder personellen Mitteln (Arbeit oder Kapital) aufzubringen, um die geschuldete Leistung herbeizuführen – so verhält es sich beispielsweise in dem viel zitierten Schulfall vom geschuldeten Ring, welcher zunächst vom Grund eines Sees geborgen werden müsste.556 Zum anderen ist die Situation denkbar, dass dem Schuldner aufgrund planabweichender Ereignisse ein unvorhergesehenes ideelles Opfer (ethischer oder religiöser Natur) abverlangt wird, um die geschuldete Leistung herbeizuführen – erwähnt sei hier nur das ebenso prominente Beispiel der Weigerung eines Künstlers aufzutreten, um am Bette des schwerkranken Verwandten anwesend zu sein.557 In beiden Konstellationen wird der ursprünglich zugrunde gelegte Aufwand zur Erreichung des Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszecks durch ein unvorhergesehenes Ereignis erschwert, erfordert die Erreichung des zuvor vereinbarten Primärzwecks vom Schuldner ein größeres materielles oder ideelles Opfer als erwartet;558 anstatt von Leistungserschwerung könnte deshalb auch illustrativer von Aufwandserhöhung gesprochen werden.559 Genau besehen, handelt es sich innerhalb die555

So Nauen, Leistungserschwerung, S. 40 f. Vgl. nur und mit weiteren Beispiele Nauen, Leistungserschwerung, S. 41. 557 Vgl. Nauen, Leistungserschwerung, S. 41. 558 Diese Fallgruppe ebenso der „Primärzweckstörung“ zuordnend: Nauen, Leistungserschwerung, S. 41; Köhler, Zweckstörungen, S. 17. 559 Vgl. Schmidt-Recla, FS Laufs, S. 645. 556

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ser Fallgruppe also um die rechtliche Frage einer Aufwandsgrenze, bei deren Überschreiten der vereinbarte Primärzweck als gestört bzw. verfehlt anzusehen und es also gerechtfertigt ist, dem Schuldner die Rechtsfolgen des § 313 BGB – mithin einen Anpassungsanspruch oder subsidiär ein Aufhebungsrecht – zur Verfügung zu stellen.560 Jene Frage nach der „Spannung der Schuld“561, die nach dem jeweiligen Inhalt des Schuldverhältnisses unterschiedlich zu beantworten ist und sich also einer pauschalen Betrachtung entzieht, würde unproblematisch ihren dogmatischen Platz innerhalb des erst durch das „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ kodifizierten Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, finden, wenn ebendieses Gesetz nicht zugleich die Kodifizierung des § 275 Abs. 2, 3 BGB angestrengt hätte, welcher bei unbefangener Lektüre genau auf jene zwei oben herausgearbeiteten Konstellationen der Leistungserschwerung zugeschnitten scheint. Diese, in der Rechtswissenschaft ungeklärte Frage nach der dogmatischen Zugehörigkeit des Falles der materiellen und ideellen Aufwandserhöhung zum Recht der Unmöglichkeit oder dem Recht der Geschäftsgrundlage,562 sucht der Gesetzgeber mit einer terminologischen Differenzierung aus dem Wege zu gehen: Hinsichtlich der materiellen Leistungserschwerung findet sich in der Gesetzesbegründung die „faktische“ von der „wirtschaftlichen“ Unmöglichkeit abgegrenzt, erstere dem § 275 Abs. 2 BGB und letztere dem § 313 BGB zugeordnet.563 Die inhaltlichen Ausführungen über die dort gebrauchten Begriffe beschränken sich hinsichtlich der „faktischen“ Unmöglichkeit auf den Hinweis auf den bereits oben angeführten Schulfall des geschuldeten Rings auf dem Grund des Sees, die „wirtschaftliche“ Unmöglichkeit findet sich dagegen definiert als „bloße Leistungserschwerung“.564 560 Klinke, causa, S. 39; Kegel, Gutachten, S. 200, 202; Beuthien, Zweckerreichung, S. 64. 561 Kreß, AT, § 19 (S. 401 ff.). 562 Dem Schuldner die Rechtsfolgenwahl geben MüKo/Ernst, § 275 Rn. 19; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, S. 55; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 5. Aufl., S. 417. Ein Spezialitätsverhältnis dagegen annehmend etwa Schlüter, ZGS 2003, 351 (§ 313 BGB sei lex specialis zu § 275 Abs. 2 BGB) und Rösler, JuS 2004, 1060 (§ 275 Abs. 2 BGB sei lex specialis zu § 313 BGB). 563 BT-Drucks. 14/6040, S. 129 f. Über die Begründung und den ursprünglichen Inhalt des Begriffs der „wirtschaftlichen Unmöglichkeit“ durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und dessen Aufgabe durch dieselbe instruktiv Schmidt-Recla, FS Laufs, S. 646. Zum in der Wissenschaft in seiner inhaltlichen Ausgestaltung schillernden Begriff der „faktischen Unmöglichkeit“ mit weiteren Nachweisen ders., ebenda, S. 648 f. 564 BT-Drucks. 14/6040, S. 130. Weiterführend findet sich gleichwohl der Hinweis, dass sich die so vorgenommene Abgrenzung auch daraus erschließe, dass § 275 BGB im Gegensatz zu § 313 BGB lediglich auf „das Leistungsinteresse des Gläubigers“ und nicht auch auf das „Interesse des Schuldners“ abstellt. Dagegen

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Nicht erstaunen vermag vor diesem Hintergrund, dass in der Wissenschaft großes Rätselraten über die inhaltliche Ausfüllung jener Termini herrscht.565 Auch die Konstellation der ideellen Leistungserschwerung findet sich in der Gesetzesbegründung in ebensolch abenteuerlicher Weise zum einen in Fällen der „Leistungsverweigerung aus Gewissensgründen … nur“ dem § 313 BGB, zum anderen mit Bezug auf den oben bereits angeführten Schulfall des die Erfüllung verweigernden Künstlers wiederum ausschließlich § 275 Abs. 3 BGB zugeschrieben, freilich ohne den Hintergrund dieser Differenzierung aufzudecken.566 Ein solches Vorgehen vermag nicht zu überzeugen. Dogmatisch richtungweisend wirkt dagegen die Erkenntnis, dass es sich bei der Frage nach der Leistungserschwerung genau besehen um die Frage nach der Grenze zur Qualifizierung einer Störung des dem Rechtsgeschäft stets zugrunde liegenden Primärzwecks handelt. Ist diese Grenze bei naturgesetzlicher objektiver Unmöglichkeit ganz augenscheinlich überschritten, der Primärzweck also verfehlt, existieren auch der naturgesetzlichen Unmöglichkeit gleichsam vorgelagerte Stufen, auf denen die Qualifikation einer Störung des primären Zwecks angezeigt ist – was gerade seinen Beweis findet in dem angeordneten ipso iure Untergang der Verpflichtung auch bei einer nur subjektiver Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB) und der Gewährung einer Einrede in Fällen der materiellen und ideellen Aufwandserhöhung (§ 275 Abs. 2, 3 BGB). Unmöglichkeit und Leistungserschwerung sind mithin genau besehen nichts anderes als Variationen eines einheitlichen Rechtsproblems der Verfehlung des Primärzwecks und folglich nach denselben rechtlichen Regeln zu behandeln.567 Deutlich kommt dies noch in § 275 in der Fassung des Kommissions- und Diskussionsentwurfs zur Schuldrechtsmodernisierung zum Ausdruck, welcher terminologisch gänzlich auf die Extremkategorie der Unmöglichkeit verzichtet und für die Grenze des zu schulternden Aufwands lediglich auf „Inhalt und Natur des Schuldverhältnisses“ verweist.568 Schidt-Recla, FS Laufs, S. 662 ff., der überzeugend darlegt, dass der anzustellende Vergleich von Schuldner- und Gläubigerinteresse genau besehen „in beiden Vorschriften gleich“ ausfällt. 565 Vgl. die ebenso kritischen Anmerkungen bei Schmidt-Recla, FS Laufs, S. 645 ff.; Picker, JZ 03, 1045 f.; AnwKomm-BGB/Dauner-Lieb, § 275 Rn. 5. 566 BT-Drucks. 14/6040, S. 130: „Fälle der Leistungsverweigerung aus Gewissensgründen lassen sich nicht mit § 275 Abs. 2 Satz 1 RE, sondern nur über § 313 RE oder die Anwendung von Treu und Glauben lösen“ und später dann zum „Schulbeispiel … der Sängerin, die sich weigert aufzutreten, weil ihr Kind lebensgefährlich erkrankt ist … In diesem Fall liegt kein Wegfall der Geschäftsgrundlage, sondern Unmöglichkeit vor.“ 567 Vgl. Kreß, AT, § 19 (S. 401 ff.); Nauen, Leistungserschwerung, S. 191. 568 § 275 KE/DE: „Besteht die Schuld nicht in einer Geldschuld, kann der Schuldner die Leistung verweigern, soweit und solange er diese nicht mit derjenigen Anstrengung zu erbringen vermag, zu denen er nach Inhalt und Natur des Schuld-

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Die Konstellation der Leistungserschwerung als Störung eines primären Zwecks unterfällt dogmatisch betrachtet demnach ausschließlich den schon oben im Zusammenhang der Primärzweckverfehlung beleuchteten §§ 275 Abs. 1 bis 3, 326 BGB.569 Für die Geschäftsgrundlage verbleibt hiernach allein die so benannte und oben bereits behandelte Fallgruppe der Zweckstörung, mithin die Rechtsfolgenregelung bei einer Störung angestaffelter sekundärer Zwecke. Freilich ist darauf hinzuweisen, dass die Gefahr, welche von einer Leistungserschwerung für den Schuldner ausgeht und deren materiellrechtliche Bewältigung („Spannung der Schuld“) wir hier als Primärzweckstörung dogmatisch der Regelung des § 275 BGB zugeschrieben haben, überhaupt nur in einer solchen Konstellation tatsächlich besteht, in der eine vertretbare oder unvertretbare Handlung geschuldet ist. Das Prozessrecht stellt dem Gläubiger ein schlagkräftiges Mittel, den Schuldner trotz etwaiger Leistungserschwerung dennoch zur Erfüllung zu zwingen, lediglich für geschuldete vertretbare Handlungen zur Verfügung, indem es die Möglichkeit der Ersatzvornahme gem. § 887 Abs. 1 ZPO vorsieht.570 Auch die Vornahme einer unvertretbaren Handlungen kann bei etwaiger unplanmäßiger Leistungserschwerung im Grundsatz prozessrechtlich vom Schuldner durch Auferlegung von Zwangsgeld und Zwangshaft gem. § 888 Abs. 1 ZPO erzwungen werden;571 der von den Gesetzesverfassern angeführte Künstler, dessen Kind lebensgefährlich erkrankt ist, kann gleichwohl überhaupt nicht zur Vornahme der geschuldeten Handlung gezwungen werden, § 888 Abs. 3 ZPO.572 Wird hingegen eine bewegliche oder unbewegliche Sache geschuldet, die weder der Schuldner noch ein herausgabebereiter Dritter besitzt,573 – sich etwa, um das von den Gesetzesverfassern gebrauchte Beispiel aufzugreifen, auf dem Grund eines Sees befindet – führt eine Zwangsvollstreckung gem. § 883 ZPO nicht zum Erfolg und auch eine Ersatzvornahme gem. § 887 Abs. 1 ZPO – die Ermächtigung des Schuldners, um im Beiverhältnisses verpflichtet ist.“ Abgedruckt in Kommission, Abschlussbericht, S. 117. Siehe auch zur ursprünglich geplanten Abschaffung der Unmöglichkeit als „zentrale Position“ ebenda, S. 120. Für die Gründe des Gesetzgebers diesen Weg wieder aufzugeben vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 128. 569 Vgl. oben Teil 2, B, II, 2, b). 570 Vgl. nur das instruktive Beispiel bei Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 43 f. und S. 52 ff. 571 Siehe instruktiv etwa den vom BGH entschiedenen Sachverhalt in NJW-RR 1998, 1755 und auch bereits RGZ 8, 336 (Beide Urteile betreffen einen Auskunftund Rechnungslegungsanspruch). 572 In einem solchen Falle bereits den Tatbestand des § 888 Abs. 1 ZPO verneinend Stein/Jonas/Brehm, § 888 Rn. 16; MK-ZPO/Schilken, § 888 Rn. 7. 573 Wäre dies der Fall, würde sich die Frage nach der Leistungserschwerung nicht stellen.

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spiel zu bleiben, sich auf Kosten des Schuldners den Ring von Grund des Sees zu bergen – ist gem. § 887 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen. Nur hinsichtlich solcher Schuldverhältnisse, die den Schuldner zur Vornahme einer vertretbaren und unvertretbaren Handlung verpflichten, besteht mithin die Notwendigkeit, eine materiellrechtliche Grenze des vom Schuldner zu schulternden Aufwands einzurichten, für den Fall einer Leistungserschwerung § 275 Abs. 2, 3 BGB bereit zu halten.574 c) Äquivalenzstörungen Die Oertmannsche Schrift erschien zur Zeit der deutschen Inflation (1914–1923) und war in seinem dogmatischen Ansatz insoweit historisch opportun, als dass die damalige Rechtsprechung zunehmend über die rechtliche Behandlung des Wertverfalls von Geldschulden zu entscheiden hatte. Das Reichsgericht machte sich die ihnen gereichte Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage zur Bewältigung jener Inflationsfälle unmittelbar dogmatisch zunutze,575 was zu ihrer allgemeinen Anerkennung, Ausweitung und schließlich Kodifizierung maßgeblich beitragen sollte. Angesprochen ist hier allein die rechtliche Frage danach, ob und ab welcher Schwelle eine Entwertung der Gegenleistung in Form von Geld eine Anpassung nach den Grundsätzen der Geschäftsgrundlage rechtfertigt. Anders als in der obigen Fallgruppe geht es mithin nicht um die Bestimmung einer Aufwandsgrenze zur Beschaffung der Sachschuld, bei deren Überschreitung der vereinbarte Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck als gestört anzusehen ist („Spannung der Schuld“) – gleichwohl auch inflatorische Prozesse Einfluss auf den Aufwand zur Beschaffung der Sachschuld Einfluss nehmen können (bspw. durch die Erhöhung der Kosten für Material und Arbeitslöhne).576 Beschränkt auf Schuldverhältnisse denen ein Austauschzweck zugrunde liegt, wird innerhalb dieser Fallgruppe vielmehr „umgekehrt“ danach gefragt, ob die für die Sachschuld vereinbarte Gegenleistung in einem solchen Umfange an Wert verloren hat – ob sich also das ursprünglich privatautonom gesetzte „Äquivalenzverhältnis“ von Leistung und Gegenleistung in einem solchen Maß verschoben hat –, dass der vereinbarte Primärzweck 574 Ebenso, wenn auch enger nur auf die vertretbaren Handlungen beschränkend Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 41 ff., 44 f. Gleichwohl behalten sie für die Tatbestandsvoraussetzungen eines etwaigen Schadensersatzanspruchs (Fristsetzung und -ablauf erforderlich bzw. nicht erforderlich, §§ 281 oder 283 BGB) ihre – gleichwohl zweifelhafte – materiellrechtliche Funktion, vgl. Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 45 ff. 575 Erstmals RGZ 103, 328 (1922), weiterhin RGZ 106, 7; 107, 124 bis RGZ 168, 121, 126. 576 Vgl. Nauen, Leistungserschwerung, S. 42.

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als gestört anzusehen ist und deshalb eine Anpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB gerechtfertigt erscheint.577 Auch bei den von der hier beleuchteten Fallgruppe erfassten Konstellationen der unplanmäßigen Wertminderung der Geldschuld handelt es sich mithin um eine Störung des Primärzwecks, genauer: um eine Störung des zuvor vereinbarten Austauschzwecks. Diese Art der Zweckstörung lässt sich hingegen nicht, wie die Fälle der Leistungserschwerung, unter den Wortlaut des § 275 Abs. 2 BGB subsumieren – der Aufwand zur Erbringung der Leistung hat sich nominal betrachtet nicht erhöht, der Schuldner hat weiterhin den ursprünglich vereinbarten Nominalbetrag zu entrichten578 –, so dass in solcherlei Konstellationen ein Abgrenzungsproblem zwischen dem Institut der Unmöglichkeit und der Geschäftsgrundlage nicht bestehen kann, die Frage nach der Berücksichtigung eines solchen Wertverlustes also seinen dogmatischen Platz auch weiterhin nur innerhalb der Regelung des § 313 Abs. 1 BGB findet.579 Der Anwendungsbereich des § 313 Abs. 1 BGB auf die hier belichtete Konstellation der Geldentwertung ist freilich aufgrund stabiler Währungs- und Wirtschaftssysteme genuin theoretischer Natur, begründet doch der heute übliche und gewollte Kaufkraftverlust von jährlich 1–3% nach ganz herrschender Rechtsprechung und Literatur keine Störung des Austauschzwecks580 und lässt das kodifizierte Währungsrecht, seit der Ersetzung des § 3 WährG durch § 2 PaPkG im Zuge der Einführung des Euro zum 1. Januar 1999,581 zur Sicherung des Geldwerts einer Geldschuld die in unserem Zusammenhang im Grundsatz genehmigungsfreie Vereinbarung ei577

Vgl. Lobinger, Leistungspflichten, S. 108. Zum herrschenden schuldrechtlichen „Nominalitätsprinzip“, wonach auf Geldbeträge lautende Forderungen ohne Rücksicht auf etwaige Wertänderungen zum Nennbetrag getilgt werden müssen, vgl. BGHZ 61, 31, 38; 79, 187, 194; BVerfGE 50, 57; Palandt/Heinrichs, § 242 Rn. 12 ff., 15; Horn, Geldwertveränderungen, S. 19 ff. Dagegen Kreß, AT, § 13, 2 (S. 227 ff.) der die Geldschuld als eine „Wertschuld“ begreift. 579 Vgl. etwa Canaris, Unmöglichkeit, S. 48, der ein Abgrenzungsproblem nur hinsichtlich der Fallgruppe der Leistungserschwerung diskutiert. Anders aber Lobinger, Leistungserschwerung, S. 109 ff. und S. 241 ff. mit Blick auf die §§ 323, 326 BGB, ohne allerdings auf die (notwendigerweise vorhergehenden) Tatbestandsvoraussetzungen des § 275 Abs. 2 BGB einzugehen. 580 Vgl. zur restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa BGH LM § 242 (Bb) Nr. 34, 39, 49 („Kaliabbauverträge“); BGHZ 86, 167, 171 (Keine Störung bei Anstieg der Lebenshaltungskosten von 133,47% innerhalb von 25 Jahren); weniger streng aber bei Verträgen mit Versorgungscharakter etwa BGHZ 61, 31; BAG NJW 73, 959 (Störung bei Anstieg der Lebenshaltungskosten um mehr als 40%) und Palandt/Heinrichs, § 313 Rn. 33 ff.; MüKo/Roth, § 313 Rn. 147 ff. insbes. Rn. 152 ff. 581 Vgl. dazu ausführlich Schmidt-Räntsch, NJW 98, 3166 ff.; auch Palandt/Heinrichs, § 245 Rn. 24 ff. 578

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ner entsprechenden Wertsicherungsklausel zu.582 Festzuhalten bleibt und demnach, dass das in § 313 BGB verortete Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage dogmatisch sowohl für die Störung angestaffelter sekundärer Zwecke, als auch für eine bestimmte Störung des Austauschzwecks als Primärzweck Rechtsfolgen bereithält, der Hauptanwendungsbereich heute gleichwohl in der Bewältigung ersterer Konstellation liegt. d) Zusammenfassende Betrachtung Von den innerhalb des Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage gemeinhin anerkannten und diskutierten drei Fallgruppen betreffen, unter dem Gesichtspunkt der causa der Schuldverträge betrachtet, zwei die Störung eines primären, eine hingegen die Störung eines sekundären Zwecks. Die von der Fallgruppe der materiellen und ideellen Leistungserschwerung erfassten Fallkonstellationen finden als Primärzweckstörung nach modernisiertem Schuldrecht nicht mehr in § 313 BGB, vielmehr ausschließlich in § 275 Abs. 2, 3 BGB ihren dogmatisch richtigen Platz. Die von der Fallgruppe der Äquivalenzstörung angesprochenen Fälle sind hingegen als Primärzweckstörungen auch nach modernisiertem Recht weiterhin dogmatisch über § 313 BGB zu lösen, fristen heute aber vielmehr ein theoretisches als praktisch bedeutsames Dasein. Dem Institut der Geschäftsgrundlage obliegt es demgemäß in der Hauptsache, Rechtsfolgen für die mit der letzten Fallgruppe angesprochenen Konstellationen bereit zu halten, in denen ein über den Primärzweck hinausgehend angestaffelter Sekundärzweck, atypischer oder auch typischer Natur, verfehlt wird. Dabei kann, bei historischer Belichtung der schon gegen die Windscheid’sche Lehre angeführten Bedenken und in Übereinstimmung mit der im Verlauf unserer gesamten Arbeit erlangten Erkenntnis, gleichwohl entgegen der heute zur Formel erstarrten, von der Rechtsprechung durchweg angewandten Oertmann’schen Definition, nicht die Verfehlung eines lediglich von einer Partei einseitig dem Geschäft zugrunde gelegten Zwecks Rechtsfolgen zeitigen. Vielmehr sind auch innerhalb des Instituts der Geschäftsgrundlage nur solche sekundären Zwecke als Grundlage des Vertrages i. S. d. § 313 BGB anzuerkennen, über die sich die Ver582 Nur so genannte „Gleitklauseln“ (Bindung an vertragsfremde Bezugsgrößen) sind gem. § 2 PaPkG genehmigungsbedürftig, die in der hier besprochenen Konstellation einschlägigen „Spannungsklauseln“ (Bindung an den künftigen Preis gleichartiger Güter oder Leistungen) hingegen nicht, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 2 Preisklauselverordnung, Palandt/Heinrichs, § 245 Rn. 25, 28; SchmidtRäntsch, NJW 98, 3167. Sind solcherlei Spannungsklauseln hingegen nicht ausdrücklich vereinbart, ist auch bei langfristigen Verträgen im Grundsatz nicht, im Wege ergänzender Vertragsauslegung, eine solche anzunehmen, vgl. Ehmann/Sutschet, Lehrbuch, S. 179 f.; Flume, AT II, § 26, 6 (S. 519).

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tragsparteien geeinigt haben, die durch eine Vereinbarung zum Inhalt des Rechtsgeschäfts erhoben worden sind. Auch innerhalb dieses Rechtsinstituts ist mithin maßgeblich danach zu fragen, ob ein Zweck vereinbart und auch erreicht wurde, werden bei Verfehlung oder Störung eines auf diese Weise angestaffelten Zwecks die Rechtsfolgen der Vertragsanpassung bzw., subsidiär, der Vertragsauflösung nach den Grundsätzen des Rücktrittsrechts bereit gehalten. Dogmatisch betrachtet stellt § 313 BGB somit für die Verfehlung angestaffelter sekundärerer Zwecke im Rahmen schuldrechtlicher Verträge eine zur Grundregel des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (condictio ob rem) differenziertere und deshalb speziellere Regelung dar; für das Bereicherungsrecht verbleibt diesbezüglich kein Anwendungsbereich. 2. Causa und Bedingung Hält das Bürgerliche Gesetzbuch für die den Verfügungsgeschäften angestaffelten Zwecke das Bereicherungsrecht bereit, entsteht bei deren Verfehlung also ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung, sieht es für die den Verpflichtungsgeschäften angestaffelten Zwecke das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage vor, entsteht im Falle der Zweckverfehlung zunächst ein Anspruch auf Anpassung des schuldrechtlichen Vertrages bzw., subsidiär, ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag. In den obigen Kategorien von Entstehungs- und Bestandsvoraussetzungen gedacht, wirkt ein auf diese Weise angestaffelter Sekundärzweck nach beiden hier einschlägigen Rechtsinstituten lediglich als Bestandsvoraussetzung, genauer: Ist die Entstehung dieser Rechtsgeschäfte weder von der Vereinbarung noch von der Erreichung des angestaffelten Zwecks abhängig, kann zudem nur die Erreichung, nicht hingegen auch die Vereinbarung des angestaffelten sekundären Zwecks als Bestandsvoraussetzung wirken – wird jener Zweck doch erst durch den fakultativen Akt der Vereinbarung selbst zum Inhalt des Rechtsgeschäfts.583 Es stellt sich demgemäß die Frage, ob das geltende Recht den Parteien auch ein rechtliches Instrument an die Hand gibt, durch welches sie die Erreichung eines angestaffelten Zwecks auch zur Entstehungsvoraussetzung erheben können. Gemäß § 158 BGB kann ein Rechtsgeschäft von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Die aufschiebende Bedingung gem. § 158 Abs. 1 be583 In den oben entwickelten Termini könnte das durch Vereinbarung eines Sekundärzwecks so in Abhängigkeit gebrachte Rechtsgeschäft mithin als ein „äußerlich abstraktes“ bezeichnet werden, jedoch sollte dieser Terminus nur zur Beschreibung für die Abhängigkeit des Rechtsgeschäft von den primären Zwecken gebraucht werden; wir wollen ihn bzgl. der Abhängigkeit von nur fakultativ angestaffelten Zwecke im Folgenden nicht nutzen.

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wirkt, dass das Rechtsgeschäft vor dem Eintritt der Bedingung nicht zur Entstehung gelangt – die auflösende Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB wirkt hingegen auf den weiteren Bestand der Rechtsgeschäfte, hilft mithin für die aufgeworfene Frage nicht weiter und soll im Folgenden unberücksichtigt bleiben.584 Der Begriff der Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB findet sich definiert als jedes zukünftige, ungewisse Ereignis.585 Um ein solches zukünftiges, ungewisses Ereignis zu einer Bedingung des Rechtsgeschäftes zu erheben, ist nach ganz herrschender Ansicht eine entsprechende ausdrückliche oder auch konkludente Vereinbarung der Vertragsparteien erforderlich.586 Demgemäß kann, auf die hier in Frage stehende Konstellation übertragen, durch Vereinbarung die Erreichung eines sekundären Zwecks zur aufschiebenden Bedingung des jeweiligen Rechtsgeschäftes erhoben werden – selbst wenn die Erreichung dieses Sekundärzwecks ausschließlich von dem Willen einer Vertragspartei abhängen sollte.587 Unschwer lässt sich vor dieser unstrittigen Ausgangslage das Rechtsinstitut der Bedingung in die bis hierher herausgearbeitete causa-Struktur der Rechtsgeschäfte eingliedern: Durch Vereinbarung über die Anstaffelung eines sekundären Zwecks in Form einer aufschiebenden Bedingung wird dieser zum Inhalt des Rechtsgeschäftes erhoben und die Entstehung des Rechtsgeschäftes zugleich an die Erreichung des so angestaffelten Zwecks gekoppelt.588 Auch für die Rechtsfolgen des Instituts der Bedingung kommt es demgemäß tatbestandlich maßgeblich darauf an, ob ein Zweck vereinbart und auch erreicht wurde. Als prominentes Beispiel eines solchen in Form der aufschiebenden Bedingung angestaffelten Zwecks kann der vom Gesetz selbst vorgesehene Eigentumsvorbehaltskauf (§ 449 BGB) angeführt werden, in welchem die zur Erfüllung einer schuldrechtlichen Verpflichtung vorgenommene Verfügung von der Erfüllung der aus demselben Schuldverhältnis entspringenden Gegenforderung abhängig gemacht wird. Vor dem Hintergrund der causa der Rechtsgeschäfte dogmatisch belichtet, liegt der 584 Die folgenden Ergebnisse können jedoch auf das Institut der auflösenden Bedingung übertragen werden, welches sich jedoch auf Grundlage der hier zugrunde gelegten Abgrenzung in die Institutionen des Bereicherungs- und Geschäftsgrundlagenrechts eingliedert, freilich anders als diese ipso iure wirkt. Vgl. MüKo/Westermann, § 158 Rn. 9; Palandt/Heinrichs, vor § 158 Rn. 1. 585 Vgl. MüKo/Westermann, § 158 Rn. 8. 586 Vgl. nur MüKo/Westermann, § 158 Rn. 50; Westermann, causa, S. 116; Soergel/Knopp, vor § 158 Rn. 13 ff. 587 So benannte „Potestativbedingungen“ sind nach ganz herrschender Auffassung zulässig, vgl. RGZ 104, 100; BGHZ 47, 391; Palandt/Heinrichs, vor § 158 Rn. 10; MüKo/Westermann, § 158 Rn. 19. 588 Vgl. dazu instruktiv Kegel, FS Mann, S. 70: „Die Bedingung führt hauptsächlich dazu, eine gesetzlich [äußerlich] abstrakte Verpflichtung oder Verfügung gewollt [äußerlich] kausal zu machen.“

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Verfügung hierbei auf erster Ebene der Erfüllungszweck als typischer Primärzweck zugrunde, zugleich wird jenem Verfügungsgeschäft auf zweiter Ebene ein weiterer typischer, nunmehr sekundärer Zweck in Form einer Bedingung angestaffelt: der Zweck der Sicherung der Gegenforderung. Nur wenn dieser Sicherungszweck erreicht, d.h. die Gegenforderung erfüllt wird, gelangt das Verfügungsgeschäft zur Entstehung, § 158 Abs. 1 BGB. Wie wir bereits hinsichtlich der Rechtsinstitute des Bereicherungs- und Geschäftsgrundlagenrechts, die beide nur auf den Bestand der Rechtsgeschäfte wirken, erkannt haben, kann nunmehr auch für das Rechtsinstitut der Bedingung festgestellt werden, dass die Entstehung der Rechtsgeschäfte lediglich von der Erreichung, nicht auch von der Vereinbarung angestaffelter Sekundärzwecke abhängig gemacht werden kann, da jene – wie wir feststellen konnten unstrittigerweise – erst durch den fakultativen Akt der Vereinbarung selbst zur Bedingung und also zum Inhalt des Rechtsgeschäftes erhoben werden können. Darüber hinaus lässt sich aber noch eine weitere Parallele zu den genannten Instituten des Bereicherungsund Geschäftsgrundlagenrechts herausarbeiten: Wie diese, ist auch das Bedingungsrecht freilich nicht auf sekundäre (typische oder atypische) Zwecke beschränkt, lassen sich gleichwohl auch Konstellationen konstruieren, in denen die Erreichung eines primären (typischen) Zwecks zur auflösenden Bedingung, mithin zur Entstehungsvoraussetzung erhoben ist.589 Beispielhaft, wiewohl auf Grundlage der heute überwiegenden unreflektierten Auffassung undenkbar,590 könnte etwa der einem Real- bzw. Handgeschäft – eines Verfügungsgeschäftes also, welchem kein Verpflichtungsgeschäft vorausgeht – zugrunde liegende Austauschzweck von den Parteien in Form einer aufschiebende Bedingung vereinbart worden sein: Erst wenn der primäre Austauschzweck erreicht wird, d.h. beide Austauschobjekte sich tatsächlich ausgetauscht finden, werden auch die Verfügungen rechtlich wirksam.591 Wie schon dieses Beispiel zeigt, sind solcherlei Konstellationen der zur Bedingung erhobenen Primärzwecke genuin theoretischer Natur, wird die aufschiebende Bedingung also in der Hauptsache von den Parteien zu einer entsprechenden Anstaffelung sekundärer Zwecke nutzbar gemacht werden. Vergleichbar dem Institut der Störung der Geschäfts589 Was freilich nur Sinn macht, wenn die Rechtsgeschäfte nicht schon von Gesetzes wegen als äußerlich kausale Rechtsgeschäfte ausgestaltet sind, wie etwa die akzessorischen Sicherungsrechte; vgl. dazu oben Teil 2, C, II, 1. 590 Vgl. dazu oben Teil 2, C, I, 2. 591 Das hier angeschnittene Problem des Zirkelschlusses (die Erreichung des Austauschzweckes setzt die Wirksamkeit der einen Verfügung voraus, diese aber wiederum die Wirksamkeit der anderen usw.) wird nur dadurch zu umgehen sein, dass man auf die jeweilige Erlangung des Besitzes abstellt; dem kann hier nicht tiefer nachgegangen werden.

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grundlage lässt sich nunmehr auch für das Institut der aufschiebenden Bedingung feststellen, dass es theoretisch auch auf primäre Zwecke Anwendung findet, ihm gleichwohl in der Hauptsache die Funktion einer entsprechenden rechtlichen Ausgestaltung angestaffelter sekundärer Zwecke zukommt.592 Maßgeblich in Bezug auf die einem Rechtsgeschäft angestaffelten Sekundärzwecke lässt sich auf Grundlage der bis hierher gewonnen Erkenntnisse eine Dreiteilung der von den Parteien verfolgten Beweggründe hinsichtlich ihrer rechtlichen Bedeutsamkeit entwerfen: Gewissermaßen auf erster Stufe stehen solche Beweggründe, über die sich die Vertragsparteien nicht vereinbart haben; sie sind nicht Vertragsinhalt geworden, bleiben als bloß einseitige Motive rechtlich zur Gänze unbeachtlich. Auf zweiter, nunmehr rechtlich relevanter Stufe finden sich die Beweggründe durch Vereinbarung der Parteien als Zwecke wieder, die bei Anstaffelung zu einem Verfügungsgeschäft im Rahmen des Bereicherungsrechts (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2), bei Anstaffelung zu einem Verpflichtungsgeschäft hingegen im Rahmen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1) auf den weiteren rechtlichen Bestand der Rechtsgeschäfte von Einfluss sind. Auf dritter und letzter Stufe schließlich sind die Beweggründe als aufschiebende Bedingungen (§ 158 Abs. 1) vereinbart, gelangt das Rechtsgeschäft erst dann zur Entstehung, wenn die auf diese Weise angestaffelten Beweggründe erreicht werden. Ebendiese, mit Blick auf die rechtliche Relevanz der von den Parteien verfolgten Beweggründe klar zutage tretende Dreiteilung (Motiv – Zweck – Bedingung), kann schon bei Windscheid nachgelesen werden – findet sich auch heute vielfach dargestellt.593 Anders aber als nach der bereits dargelegten Windscheid’schen Lehre, wonach selbst ein nur einseitig von einer Partei verfolgter Beweggrund Zweck oder causa im hier gebrauchten Sinne – in Windscheid’scher Terminologie „Voraussetzung“ oder „unentwickelte Bedingung“ – sein konnte,594 lässt sich nach der hier zugrunde gelegten Dogmatik klar zwischen rechtlich beachtlichem und unbeachtlichem Beweggrund unterscheiden: Die Abgrenzung erfolgt allein danach, ob sich die Parteien über den Beweggrund ausdrücklich oder auch konkludent verein592

So im Ergebnis auch Ehmann, JZ 03, 707. Zur Geschäftsgrundlage oben Teil 2, C, III, 1, d). 593 Windscheid, Voraussetzung, S. 1 ff.; ders., AcP 78 (1892), 162 ff.; ders., Pandekten I, S. 507 ff. Vgl. auch MüKo/Westermann, § 158 Rn. 50; Soergel/Knopp, vor § 158 Rn. 14; Westermann, causa, S. 112 ff., 116 ff.; Kegel, Gutachten, S. 147. Anderer Auffassung vgl. nur Lenel, AcP 74, 226: „Ein Mittelding zwischen dem Beweggrund und der wirklichen Bedingung gibt es nicht.“ 594 Vgl. oben Teil 2, Fn. 531. Windscheid, Voraussetzung, S. 1 ff.; ders., AcP 78 (1892), 162 ff.; ders., Pandekten I, S. 507 ff. Ähnlich auch Westermann, causa, S. 116: „Die causa kann, die Bedingung muss vereinbart sein.“

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bart haben – „Daher kann man sagen: causa ist vereinbartes Motiv, Motiv nicht vereinbarte causa.“595 Ist eine solche Einigung vorhanden, sind die so angestaffelten Beweggründe im Grundsatz von rechtlicher Relevanz; zu qualifizieren gilt nunmehr lediglich noch das Ausmaß der rechtlichen Beachtlichkeit: Wirkt der Beweggrund bereits auf die Entstehung des Rechtsgeschäftes, haben die Parteien ihn also zur Bedingung erhoben, oder lediglich auf dessen weiteren rechtlichen Bestand, haben ihn die Vertragsparteien also „bloß“ zu einem Zweck angestaffelt? Diese Frage entzieht sich einer allgemeinen Belichtung, kann vielmehr nur durch Auslegung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarung beantwortet, also dem Willen der Vertragsparteien entnommen werden, §§ 133, 157 BGB.596 Instruktiv sei hier nur die von Oertmann vorgenommene Abgrenzung von Bedingung und Zweck – den Oertmann auf Grundlage seiner bereits dargelegten Lehre mit dem Begriff der „Geschäftsgrundlage“ umschreibt – angeführt, wonach im Ergebnis die ausdrückliche Parteivereinbarung eine Bedingung indiziere: „Wer bedingt erklärt, der hält mit psychologischer Notwendigkeit den Eintritt des als Bedingung gesetzten Umstandes für mehr oder weniger zweifelhaft. Bei der Geschäftsgrundlage dagegen erscheint den Parteien das Fortbestehen oder künftige Eintreten gewisser Umstände so selbstverständlich, daß sie ihr Geschäft auf dieser, nach ihrer Meinung zweifellosen Grundlage aufbauen. Es handelt sich bei ihr um Umstände, die die Parteien zur Bedingung erhoben haben würden, wenn sie sich der Zweifelhaftigkeit des Umstandes bewußt gewesen wären. Dann allerdings zu einer ausdrücklichen [sic] Bedingung.“597 595 Kegel, FS Hay, S. 221. Vgl. ders., Gutachen, S. 147: „Die Grenze zum Motiv liegt daher in der Vereinbarung … causa ist vereinbartes Motiv; Motiv ist vereinbarte causa“ und auch ders., FS Mann, S. 60. Ebenso Howald, dinglicher Vertrag, S. 47; Huber, JuS 1972, S. 57. Insoweit trifft die zur Windscheid’schen Lehre in diesem Punkt vorgetragene Kritik das hier vertretene Dogma nicht, vgl. nur die Zusammenstellung der Windscheid’schen Kritik bei Scheel, Rechtsgrundbegriff, S. 75 m. w. N. 596 So auch Windscheid, Voraussetzung, S. 143 ff., 144, zur Abgrenzung von Voraussetzung und Bedingung: „Eine Antwort, welche Entscheidung für jeden einzelnen Fall an die Hand gäbe, ist der Natur der Sache nach auch auf diese Frage nicht möglich. Im Ganzen und Großen kann wieder nur gesagt werden, daß [es] aus den Umständen erschlossen werden müsse …“. 597 Oertmann, Geschäftsgrundlage, S. 39. Windscheid, Voraussetzung, S. 143 f. scheint bei einer ausdrücklichen Vereinbarung stets eine Bedingung annehmen zu wollen, bei stillschweigender Erklärung sei hingegen „im Zweifel der Voraussetzung der Vorzug zu geben“ (S. 144). Vgl. auch die Abgrenzung von Kegel, Gutachten, S. 147: Der Unterschied von Zweck und Bedingung sei darin zu finden, „dass hier die Rechtsfolge der Zweckverfehlung mitvereinbart sei, nämlich bei der aufschiebenden Bedingung Unwirksamkeit der Zuwendung bis zum Bedingungseintitt … In der causa dagegen wird nur der Zweck selbst vereinbart, während die Rechtsfolgen das Gesetz regelt und zwar, wie bemerkt, sehr mannigfach“.

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3. Zusammenfassende Betrachtung Über einen der drei herausgearbeiteten primären typischen Zwecke rechtsgeschäftlichen Handelns, den Austausch-, Liberalitäts- oder den Abwicklungszweck, haben sich die Vertragsparteien stets zu vereinbaren, um das Rechtsgeschäft zur Entstehung zu bringen, bzw. in seinem weiteren rechtlichen Bestand zu sichern. Darüber hinaus können die Vertragsparteien durch Vereinbarung dem Rechtsgeschäft weitere sekundäre Zwecke, typischer oder atypischer Art, anstaffeln und dadurch den weiteren rechtlichen Bestand, aber auch bereits die Entstehung des Rechtsgeschäfts von der Erreichung dieser angestaffelten Zwecke abhängig ausgestalten. Die Vertragsparteien haben zunächst die Möglichkeit einen typischen oder atypischen Zweck zur Bestandsvoraussetzung zu erheben: Durch Vereinbarung wird jener Zweck zum Inhalt des Rechtsgeschäftes i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (condictio ob rem) erhoben, welches mithin nur dann einen den weiteren rechtlichen Bestand rechtfertigenden Grund aufweist, wenn auch dieser angestaffelte Zweck erreicht wird. Für schuldrechtliche Verträge hält das Bürgerliche Gesetzbuch eine zum Bereicherungsrecht speziellere Regelung bereit, greifen bei Verfehlung der so angestaffelten Zwecke stattdessen die Rechtsfolgen des Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB, welches nach modernisiertem Schuldrecht in der Hauptsache gerade die Bewältigung derartiger Sekundärzweckverfehlungen im Auge hat – die darüber hinaus gemeinhin von § 313 BGB erfasste Fallgruppe der Leistungserschwerung findet nunmehr als Primärzweckverfehlung seinen dogmatisch richtigen Platz in § 275 Abs. 2, 3 BGB, die Fallgruppe der Äquivalenzstörung hingegen, gleichsam als eine Primärzweckverfehlung zu begreifen, ist fürderhin über § 313 BGB zu lösen, jedoch eher theoretischer als praktisch bedeutsamer Natur. Bei Verfehlung eines zu einem Verfügungsgeschäft angestaffelten Zwecks entsteht demnach ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 2, Alt. 2), bei Verfehlung eines zu einem Verpflichtungsgeschäft angestaffelten Zwecks hingegen zunächst ein Anspruch auf Vertragsanpassung und erst bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Anpassung, subsidiär, ein Gestaltungsrecht in Form des Rücktritts vom Vertrag (§ 313 Abs. 1, 3 BGB). Statt den Beweggrund zu einem hier so benannten Zweck – in Windscheid’scher Terminologie zu einer „unentwickelten Bedingung“ – zu erheben und also den Bestand des Rechtsgeschäfts von dessen Erreichung abhängig auszugestalten, steht es den Parteien frei, eben jenem Beweggrund eine noch einschneidendere rechtliche Bedeutung in Form einer Entstehungsvoraussetzung zuzugestehen: Durch Vereinbarung kann das Motiv zur auflösenden Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft erhoben, dessen Erreichung dadurch zur konstitutiven Voraussetzung für die

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Entstehung des Rechtsgeschäfts werden. Zusammenfassend steht den Parteien mithin die Möglichkeit offen, einen Beweggrund als ein rechtlich unbeachtliches Motiv oder aber rechtlich beachtlich als Zweck oder Bedingung auszugestalten. Die Grenze zwischen rechtlicher Beachtlichkeit und Unbeachtlichkeit ist klar durch das Erfordernis der Vereinbarung gezogen, ob ein Zweck oder eine Bedingung gewollt, ob also die Erreichung des Beweggrundes lediglich Bestands- oder aber schon Entstehungsvoraussetzung ist, kann nur im Wege der Auslegung der Vereinbarung ermittelt werden.

D. Summa Für die Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte des Bürgerlichen Gesetzbuches lässt sich die rechtliche Abhängigkeit von der ihnen zugrunde liegenden causa auf zweierlei Arten beschreiben: Innere Kausalheit bzw. Abstraktheit meint die rechtliche Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Vereinbarung über den zugrunde liegenden Zweck, äußere Kausalheit bzw. Abstraktheit hingegen bezeichnet die rechtliche Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks. Innerlich kausal ist ein Rechtsgeschäft dann ausgestaltet, wenn die causa zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des Vertragschlusses gehört, also die Zweckvereinbarung konstitutive Voraussetzung für die Entstehung des Rechtsgeschäfts ist. Innerlich abstrakt hingegen ist das Rechtsgeschäft dann ausgestaltet, wenn die causa nicht zu den wesentlichen Bestandteilen (essentialia negotii) des Vertragschlusses gehört, mithin eine Zweckvereinbarung der Vertragsparteien keine konstitutive Voraussetzung für die Entstehung des Rechtsgeschäftes darstellt; gleichwohl aber ist die Zweckvereinbarung der Vertragsparteien unabdingbare Voraussetzung dafür, dass dieses innerlich abstrakte Rechtsgeschäft von dauerhaft rechtlichem Bestand ist. Festzuhalten bleibt mithin, dass die Zweckvereinbarung für das innerlich kausal ausgestaltete Rechtsgeschäft Entstehungsvoraussetzung, für das innerlich abstrakt ausgestaltete Rechtsgeschäft Bestandsvoraussetzung ist, die Vertragsparteien sich also stets über den Zweck des Rechtsgeschäftes zu vereinbaren haben. An diese Feststellung knüpft das Begriffspaar der äußerlichen Kausalheit bzw. Abstraktheit an. Äußerlich kausal ist das Rechtsgeschäft dann ausgestaltet, wenn die Erreichung des vereinbarten Zwecks konstitutive Voraussetzung für dessen Entstehung ist. Äußerlich abstrakt hingegen ist ein Rechtsgeschäft ausgestaltet, wenn die Erreichung des vereinbarten Zwecks keine konstitutive Voraussetzung für die Entstehung des Rechtsgeschäftes darstellt; gleichwohl aber ist die Zweckerreichung unabdingbare Voraussetzung dafür, dass diese äußerlich abstrakten Rechtsgeschäfte von dauerhaft rechtlichem Bestand sind. Festzuhalten bleibt mithin, dass die Zweckerreichung für die äußerlich kausal ausgestalteten

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Rechtsgeschäfte Entstehungs-, für die äußerlich abstrakt ausgestalteten Rechtsgeschäfte Bestandsvoraussetzung ist. Hinsichtlich der rechtlichen Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Zweckvereinbarung konnten wir herausarbeiten, dass Verpflichtungsgeschäfte im Grundsatz innerlich kausal, Verfügungsgeschäfte demgegenüber grundsätzlich innerlich abstrakt ausgestaltet sind. Die Verpflichtungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts erfordern demgemäß für ihre Entstehung im Grundsatz die Vereinbarung über den ihnen zugrunde liegenden Zweck, die bürgerlich-rechtlichen Verfügungsgeschäfte hingegen erfordern eine solche Zweckvereinbarung zwar nicht konstitutiv für ihre Entstehung, wohl aber für den dauerhaft rechtlichen Bestand. Ausnahmsweise statuiert das Bürgerliche Gesetzbuch die Möglichkeit, eine Verpflichtung innerlich abstrakt zu begründen, sieht das Bürgerliche Recht durch die akzessorische Ausgestaltung der Pfandrechte des Sachenrechts innerlich kausale Verfügungen vor. Auch hinsichtlich dieser gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen aber ist eine Vereinbarung über den Zweck stets, entweder für die Entstehung oder aber zumindest für den weiteren rechtlichen Bestand, unverzichtbare Voraussetzung. In Bezug auf die rechtliche Abhängigkeit des Rechtsgeschäftes von der Zweckerreichung konnten wir feststellen, dass nach geltendem Recht sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäfte im Grundsatz äußerlich abstrakt ausgestaltet sind, sie mithin für ihre rechtliche Entstehung die Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks nicht voraussetzen, und dennoch ist die Zweckerreichung auch diesbezüglich wiederum zumindest Voraussetzung dafür, dass das Rechtsgeschäft von dauerhaft rechtlichem Bestand ist. Ausnahmsweise statuiert das Bürgerliche Gesetzbuch in Form der akzessorischen Pfandrechte sowohl auf Verpflichtungs- (Bürgschaft) als auch Verfügungsebene (Hypothek, Rechts- und Mobiliarpfandrecht) äußerlich kausale Rechtsgeschäfte, die mithin erst mit der Erreichung des zuvor vereinbarten Zwecks auch rechtlich zur Entstehung gelangen. Als ein auf den rechtlichen Bestand der Rechtsgeschäfte wirkendes Rechtsinstitut konnten wir das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) als das im Grundsatz maßgebliche herausarbeiten. Wir haben festgestellt, dass sich die Kondiktionsfestigkeit sowohl von Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft ausschließlich nach den Grundsätzen der Leistungskondiktion entscheidet. Danach setzt ein den weiteren Bestand des Rechtsgeschäftes rechtfertigender rechtlicher Grund die Vereinbarung und auch die Erreichung eines Zwecks der Leistung voraus: Zweckvereinbarung und Zweckerreichung bilden mithin den rechtlichen Grund im Sinne der Leistungskondiktion. Ist nur eines dieser zwei Merkmale mangelbehaftet, ist das Rechtsgeschäft nicht von dauerhaft rechtlichem Bestand, wird dem Benachteiligten ein gesetzlicher Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zugesprochen. Als ein zum Bereicherungsrecht spezielleres, da differenziertere Rechtsfolgen

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im Hinblick auf den Bestand eines Rechtsgeschäftes bereithaltendes Rechtsinstitut konnten wir das so benannte konditionelle Synallagma (§ 326 BGB) qualifizieren. Dieses geht der bereicherungsrechtlichen Regelung in einer solchen Konstellation vor, in welcher die Parteien eines Verpflichtungsgeschäftes einen Austauschzweck wirksam vereinbart haben, dieser jedoch verfehlt wird. Das konditionelle Synallagma statuiert bei Nichterreichung des Austauschzwecks im Grundsatz den ipso iure Untergang der Verpflichtung, ordnet in bestimmten Situationen jedoch ebenfalls den weiteren rechtlichen Bestand der Verpflichtung an. Als ein das Bereicherungsrecht im Hinblick auf den Bestand eines Rechtsgeschäftes ergänzendes Rechtsinstitut konnten wir das Erfüllungsrecht (§§ 362 ff. BGB) qualifizieren. Dieses Rechtsinstitut greift gleichsam als Korrektiv zum Trennungsprinzip in solcherlei Konstellationen, in welchen die Parteien eines Verfügungsgeschäftes einen Erfüllungszweck als Abwicklungszweck wirksam vereinbart haben und dieser auch erreicht wird. Das Erfüllungsrecht ordnet in diesem Falle das ipso iure Erlöschen des vorgeschalteten Verpflichtungsgeschäftes an und wirkt dadurch ergänzend und korrigierend, weil das Verpflichtungsgeschäft nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen von dauerhaft rechtlichem Bestand wäre, ein Untergang der schon erfüllten Verpflichtung jedoch angezeigt ist. Festzuhalten bleibt, dass die hier aufgeführten, auf den weiteren rechtlichen Bestand eines Rechtsgeschäftes einwirkenden Rechtsinstitute allesamt tatbestandlich an die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung anknüpfen. Als Mindestinhalt der stets erforderlichen Zweckvereinbarung konnten wir drei typische Zwecke herausarbeiten: Die Parteien eines Verpflichtungsoder Verfügungsgeschäftes haben sich zumindest über Austausch-, Liberalitäts- oder Abwicklungszweck zu vereinbaren. An der Perfektion der Vereinbarung und der Erreichung eines dieser drei typischen Primärzwecke hängt die Entstehung bzw. der Bestand von Verpflichtung und Verfügung, lediglich die rechtliche Abhängigkeit der Rechtsgeschäfte von einer Einigung und Erreichung eines solchen Primärzwecks wird durch die Begriffe der inneren und äußeren Kausalheit bzw. Abstraktheit umschrieben. Gleichwohl steht es den Vertragsparteien frei, durch Vereinbarung dem Verfügungsoder Verpflichtungsgeschäft weitere Zwecke typischer oder atypischer Art anzustaffeln und auf diese Weise den weiteren rechtlichen Bestand, aber auch bereits die Entstehung des Rechtsgeschäfts von der Erreichung eines solchen Sekundärzwecks abhängig auszugestalten. Als ein auf den rechtlichen Bestand der Rechtsgeschäfte wirkendes Rechtsinstitut kann wiederum das Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) als das im Grundsatz maßgebliche herausgestellt werden. Durch Vereinbarung wird der Sekundärzweck zum Inhalt des Rechtsgeschäftes i. S. d. Leistungskondiktion, welches folglich nur dann einen den weiteren rechtlichen Bestand rechtfertigenden

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Grund aufweist, wenn der angestaffelte Zweck auch erreicht wird. Wiederum als ein zum Bereicherungsrecht spezielleres, da differenziertere Rechtsfolgen im Hinblick auf den Bestand eines Rechtsgeschäftes bereithaltendes Rechtsinstitut konnten wir hinsichtlich einer etwaigen Sekundärzweckverfehlung die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) qualifizieren. Dieses geht der bereicherungsrechtlichen Regelung bei Verfehlung eines zu einem Verpflichtungsgeschäft angestaffelten Sekundärzwecks vor, gewährt differenziert zunächst einen Anspruch auf Vertragsanpassung, lediglich subsidiär ein Rücktrittsrecht. Als das Bereicherungsrecht wiederum ergänzend, nunmehr mit Bezug auf angestaffelte sekundäre Zwecke, kann das Institut der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) gedacht werden. Die Parteien eines Verpflichtungs- und auch Verfügungsgeschäftes steht es frei, einen sekundären, typischen oder atypischen Zweck durch Vereinbarung in Form einer aufschiebenden Bedingung anzustaffeln und somit bereits die Entstehung des Rechtsgeschäftes von dessen Erreichung abhängig zu machen. Festzuhalten verbleibt mithin auch hinsichtlich der hier belichteten Rechtsinstitute, welche für eine etwaige Sekundärzweckverfehlung Rechtsfolgen bereithalten, dass sie allesamt tatbestandlich an die Elemente der Zweckvereinbarung und Zweckerreichung anknüpfen.

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Sach- und Personenverzeichnis A priori 249, 279 ABGB 105, 109, 122, 132 ff., 143, 147, 165, 216 Abstraktes Schuldversprechen 132, 148, 150 ff., 162, 196, 198 ff., 209, 211 Abstraktheit 19, 52, 120, 220 ff., 226, 228, 231, 241, 262 f., 277, 302, 304 – äußere 19, 262 f., 266, 302, 304 – innere 19, 262 f., 266, 302, 304 Abstraktionsprinzip 15, 213, 219, 220 ff., 228, 254 ff. Abtretung 223, 224, 230, 231, 250 Abwicklungszweck siehe Zweck Acceptatio siehe Annahme Accursische Glosse 70, 71, 72 Actio 26, 38, 42, 54, 58, 59, 76, 77, 83, 86, 141 Aequale onus 103 Akzessorisch 233, 234, 235, 236, 240, 241, 251, 263, 264, 266, 267, 268, 277, 298, 303 Alciatus, Andreas 82, 83 Allgemeines Gesetzbuch siehe ABGB Allgemeines Preußische Landrecht siehe ALR ALR 105, 109, 122 ff., 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 143, 147, 165, 215, 216, 218, 243, 252 Altrömisches Recht siehe Recht Altruistisch 248, 249, 251, 252, 253, 260, 278 Angebot 104, 105, 108, 123, 126, 127, 134, 135, 152, 166, 211, 230, 232, 235, 240 Annahme 64, 95, 104, 105, 108, 123, 126, 127, 134, 135, 137, 166, 178, 180, 181, 191, 230, 274, 276

Antecendente causa siehe Causa Antinomie 46, 52, 212, 214, 221 Anweisung 206 ff. Aquin, Thomas von 16, 55, 60 Äquivalenz 103, 282, 286, 293 ff., 295, 301 Arglisteinrede 70, 73, 79 Aristoteles 60, 61, 62, 97 Arrha 64 Atypische Zwecke siehe Zweck Aufhebungsvertrag 269, 271, 289 Auftrag 31, 248 Aufwandserhöhung 289, 290, 291 Aufwandsgrenze 290, 293 Auslegung 35, 41, 57, 70, 73, 195, 300, 302 Äußere Kausalität 262 f. Austauschzweck siehe Zweck Autonomie 18, 21, 38, 92, 93, 108, 153, 169, 279 Bähr, Otto 150 ff., 154, 156, 158, 164, 233 Baldus de Ubaldis 53, 74, 75, 76, 77, 78, 80, 81, 90, 96, 141 Bannbulle 89 Bedingung 17, 128, 177, 282, 296 ff., 301, 302, 305 Bereicherungs- und Erfüllungsrecht 276 Bereicherungseinrede 211 Bereicherungsrecht siehe Kondiktion Beschränkt dingliches Recht 229, 230, 231, 233 Besitz 212, 213, 215, 219, 238 Bestandsvoraussetzung siehe Zweckvereinbarung und Zweckerreichung

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Sach- und Personenverzeichnis

Bestimmtheit 111, 179 Beweis 63, 71, 72, 73, 74, 97, 120, 130, 152, 208, 238, 291 Bewusstsein 183, 185, 199 ff., 204, 209, 237, 238 Bologna 66 Bonitarisches Eigentum 43, 45 Bonnes moeurs 115 Bundesrat 158, 159, 160 Bürgerlijk Wetboek 96, 110 Bürgschaft 251, 263, 264, 267, 279, 303 Capacité de contracter 111 Causa – acquirendi 243, 245, 253 – activa 62 – agens 62 – antecedente causa 71 – credendi 243, 245, 253 – donandi 243, 245, 247, 253 – effectiva 62 – efficiens 16, 61, 62 – extrinsecae 61, 76 – factiva 62 – finalis 16, 61, 62, 75, 78, 141 – formalis 61 – impulsiva 62, 75, 76, 78, 80, 141 – intrinsecae 61 – materialis 61 – movens 62 – objektive causa 119 – solvendi 245, 253, 257 – subjektive causa 119 – traditionis 45 ff., 48 ff., 51, 52, 72, 74, 80, 212, 215, 220, 222, 228 Causa-Lehre – des BGB 147, 240 ff. – der Glossatoren 70 ff. – der Kommentatoren 74 ff., 77 ff. Causa-Theorie siehe Causa-Lehre Cause 112 ff., 114 ff., 124, 125, 126, 127, 129, 130, 135

– cause illicite 115 f. – fausse cause 116 ff. – sans cause 118 ff. Cause illicite siehe Cause Cautio discreta 72, 73, 79, 150 Cautio indiscreta 72, 73, 79, 150 Code civil 110 ff. Codex theresianus juris civilis 133 Codice civile 110 Código civil 110 Commodatum siehe Leihe Common law 109 Communis opinio 54, 156 Condictio siehe Kondiktion Condictio ex canone siehe Kondiktion Condictio indebiti siehe Kondiktion Condictio ob causam finatam siehe Kondiktion Condictio ob rem siehe Kondiktion Connanus, Franziscus 96, 97, 106 Conring, Hermann 86 Consensus siehe Konsens Consentement 111 Consideration 21 (Fn. 2) Contractus 24, 29, 31, 33, 35, 37, 38, 42, 101, 102, 103, 107, 243 Contractus benefici 101, 107, 243 Contractus mixti 102, 103 Contractus onerosi 101, 107, 243 Conventio 212 Corpus iuris canonici 56, 79, 88 Corpus iuris civilis 26, 39, 67, 68, 69, 70, 72, 73, 75, 76, 80 – C. 4, 30, 13 71, 72, 73, 74 – D. 2, 14, 7, 2 40, 70 – D. 2, 14, 7, 4 70, 70 – D. 12, 1, 18 46, 48 – D. 22, 3, 25, 4 72, 74 – D. 39, 5, 26 73, 74 – D. 41, 1, 36 46, 48 – D. 44, 4, 2, 3 70, 72, 73, 74, 79 Cropp, Friedrich 150

Sach- und Personenverzeichnis Darjes 105 Darlehen 29, 30, 36, 46 Datio vel factum siehe Vorleistung De jure belli ac pacis 96, 97, 98 De origine juris germanici 86 Decretum Gratiani 57 Delikt 24, 36, 187 Denkschrift 160 Denuntiatio evangelica siehe Exkommunikation Depositum siehe Verwahrung Dienstvertrag 247 Digesten siehe auch Corpus iuris civilis 35, 45, 73 Dinglicher Vertrag 24, 42, 43, 50, 213, 215, 219, 220, 221, 222, 223, 225, 226, 229, 230, 231, 232, 236, 237, 240, 241, 248, 252, 254, 255, 256, 275 Diskussionsentwurf 291 Dissens 47, 48, 51, 231 Do ut des 34 (Fn. 72), 246 Domat, Jean 112 ff., 119, 129, 130, 139, 143, 147, 243, 261 Dotis dictio 27 Dreipersonenverhältnis 206 ff., 238 Dreistufige Versprechenslehre 93, 100 Dreiteilung siehe Zweck Dresdener Entwurf 159, 160 Durchgriffskondiktion siehe Kondiktion Egoistisch 246, 248, 249, 251, 252, 260, 278 Ehevertrag 279 Ehmann, Horst 15 Eigentumsvorbehalt 280, 297 Eigenübliche Sorgfalt 247 Ein Mann – ein Wort 63, 65, 86 Eingriffskondiktion siehe Kondiktion Einwilligung 105, 111, 126, 135, 217 Empirisch 249, 260, 279 Emptio venditio siehe Kauf Entgelt 98, 137, 251

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Entstehungsvoraussetzung siehe Zweckvereinbarung und Zweckerreichung Erfüllung 17, 20, 33, 34, 55, 58, 64, 77, 152, 172, 173, 174, 176, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 189, 191, 192, 193, 194, 210, 211, 212, 251 ff., 265, 267, 268, 269, 270, 271 ff., 277, 278, 280, 297, 298, 304 Erfüllungstheorien – Theorie der finalen Leistungsbewirkung 182 ff., 272 ff. – Theorie der realen Leistungsbewirkung 181 f., 272 ff. – Vertragstheorie 182 (Fn. 171) – Zweckvereinbarungstheorie 182 ff., 272 ff. Erfüllungszweck siehe Zweck Erklärungsbewusstsein 199, 200, 237 Erklärungsirrtum 118 Erlass 223, 224, 230, 231 Erlaubtheitsfunktion 114, 119 Ernsthaftigkeit 18, 80, 81, 141, 142 Ersatzvornahme 292 Ersitzung 48 Erste Absicht siehe Zweck Erste Kommission siehe Kommission Essentialia negotii 19, 166, 167, 170, 171, 211, 231, 232, 235, 236, 240, 241, 262, 302 Etwas Erlangt siehe Kondiktion Europa 51, 53, 66, 140 Ex nudo pacto actio non oritur 38, 42, 54, 141 Ex nudo pacto actio oritur 54, 59, 77, 141 Exegese 57, 68 Exeptio doli siehe Arglisteinrede Exkommunikation 58 Fahrlässigkeit 201, 247 Faktische Unmöglichkeit siehe Unmöglichkeit Fausse cause siehe Cause Felgentraeger, Wilhelm 213, 219

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Sach- und Personenverzeichnis

Fides facta siehe Treuegelöbnis Formalismus 24, 28, 86, 92, 96 Formeller Vertrag siehe Vertrag Französisches Recht siehe Code Civil Freiburger Stadtrecht 87 Friedrich der Große 122 Funktionelles Synallagma siehe Synallagma Gaius 26, 27, 29, 32, 36, 44 Gefahrtragung 271 Gegenleistung 33, 102, 103, 113, 119, 122, 129, 130, 270, 280, 287, 293 Gegenseitig 21, 53, 113, 119, 122, 129, 130, 139, 152, 156, 169, 250, 264, 269, 270 Gemeines Recht siehe Recht Genetisches Synallagma siehe Synallagma Germanisches Recht siehe Recht Geschäftsgrundlage 17, 20, 282 ff., 301, 305 – Äquivalenzstörung 282, 286, 293 ff., 295, 301 – große und kleine 285 – Leistungserschwerung 282, 289 ff., 294, 295, 301 – objektive und subjektive 285 – Zweckstörung 282, 283 ff., 292, 294, 295 Geschäftsunfähig 186, 187 Gesellschaftsvertrag 146 Fn. 11 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts 277, 281, 290 Gesetzgebungskommission siehe Kommission Gewinn 102, 108 Gleichwertig 95, 104 Glossatoren 18, 39, 40, 41, 42, 45, 54, 60, 65, 69, 70 ff., 79, 80, 81, 141, 142, 143, 151, 243 Glossierung 69 Gneist, Rudolf von 150

Grotius, Hugo 92 ff., 99, 101, 104, 106, 107, 108, 109, 139, 143, 147, 243, 261 Grundpfeiler 15, 18, 19, 21 Grundschuld 233, 234, 235, 236, 250 Gute Sitten 113, 115, 178, 279 Güterausgleichslehre 97 Güterbewegung 186, 240, 248, 252, 255 Güterverschiebung 253, 275 Haftungsbeschränkung 247, 248 Haftungsrecht 25, 34 Handelsverkehr 149, 162 Handgeschäfte 254 ff., 298 Handkauf 258 f. Handlungsmotiv 242, 249, 252, 278 Handlungswille 199, 237 Handschenkung 256, 257, 258 Hausbuch 30, 37 Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 147, 244, 250, 261 Herausgabe 191, 269, 271, 281, 289, 292, 296, 301, 303 Historische Rechtsschule 144 Historismus 144 Hofmann, Franz 213 Huguccio 57 Humanismus 81 ff., 88, 141 Hypothek 233, 234, 235, 236, 240, 250, 251, 263, 267, 303 Ihering, Rudolf von 15, 148, 154, 155, 156, 157 In iure cessio 44 In sonstiger Weise siehe Kondiktion Indicium voluntatis transferendi 221 Indiscrete loquitur 72 Inflation 293 Inhaltsirrtum 118 Inleiding tot de Holandsche Rechtsgelehrtheit 95 Innere Kausalität 262 f.

Sach- und Personenverzeichnis Innominat(real)kontrakt 33, 34, 34, 38, 40, 41, 64, 70 Innozenz IV. 58 Insinuationspflicht 247 Intention libérale 119 Interpoliert 47 Ipso iure 269, 270, 278, 291, 304 Irnerius 67 Irrtum 35, 63, 65, 111, 116, 117, 118, 125, 127, 135, 222 Ius canonicum 88 Ius civile 26, 31, 32, 43, 53 Ius commune 67, 68, 69, 109, 142 Ius gentium 86, 87 Iusta causa traditionis siehe Causa – traditionis Jahr, Günther 262 Johow, Reinhold 224, 225, 226, 231 Julian 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 168, 212, 213, 221, 223, 228, 231 Juristentag 148, 150, 154 ff., 160, 161, 164 Justinian 25, 32, 44, 47, 67, 69, 71, 73, 247 Justizausschuss 158 Kaiser 32, 67, 68, 247 Kalkulation 287 Kanonische Vertragslehre 18, 53 ff., 59, 79, 91, 142, 243 Kanonisches Recht siehe Recht Kanonisten 54, 58, 74, 77, 78, 79, 80, 81, 90, 141, 142 Kant, Immanuel 147, 249, 250, 261, 279 Karl der Große 59 Kauf 30, 33, 34, 44, 64, 151, 152, 153, 221, 242, 247, 252, 258, 259, 260, 287, 288, 294, 297 Kaufkraftverlust 294 Kausalheit siehe Abstraktheit Kausalität 52, 59 ff., 76, 120, 232, 262 f. (innere und äußere) 266

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Kausalvereinbarung 169 Klageerleichterungszweck siehe Zweck Klassisches römisches Recht siehe Recht Klingmüller, Fritz 132 Kodifikation 17, 19, 22, 51, 68, 73, 84, 87, 91, 99, 105, 109, 110, 121, 122, 124, 125, 126, 127, 129, 130, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 143, 145, 146, 147, 148, 149, 153, 154, 158, 164, 165, 214, 215, 216, 217, 224, 225, 228, 229, 231, 243, 251, 252, 285 Kommentatoren 18, 69, 70, 74 ff., 80, 81, 82, 85, 88, 141, 142, 243 Kommission – erste Kommission 158, 159, 166, 177, 231, 239, 252, 259 – zweite Kommission 21, 133, 159, 162, 166, 167, 178, 190, 191, 192, 229, 233, 235, 239, 252, 259, 273, 274, 286 – Vorkommission 178, 190, 286, 287 Kondiktion – Condictio ex canone 58, 59, 77, 80 – Condictio indebiti 189 ff., 222, 281 – Condictio ob causam finatam 189 ff., 281 – Condictio ob rem 189 ff., 281, 286, 296, 301 – Durchgriffskondiktion 206 – Eingriffskondiktion 186, 192, 196 ff., 236 – Etwas erlangt 183, 198 – In sonstiger Weise 185, 198, 199, 206, 208, 209, 237 – Leistungskondiktion 174 ff., 196, 198, 202, 203, 204, 205, 207, 210, 211, 212, 236, 237, 238, 239, 240, 257, 267, 268, 272, 275, 276, 277, 281, 303, 304 – Nicht-Leistung 185, 198, 204, 205, 209, 237, 238 – Nichtleistungskondiktion 174, 185, 186, 187, 198, 237

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Sach- und Personenverzeichnis

– Objektive Rechtsgrundtheorie 174, 175, 176, 179 – Rechtlicher Grund 174 ff. (Leistungskondiktion), 196 ff. (Eingriffskondiktion), 268 f. – Rechtswidrigkeitstheorie 197 – Subjektive Rechtsgrundtheorie 179 – Subsidiaritätsprinzip 206, 208 – Zuweisungstheorie 196 Konditionelles Synallagma siehe Synallagma König in/von Preußen 122 Konnexität 272, 276 Konsens 25, 27, 30, 31, 32, 33, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 42, 48, 54, 63, 64, 65, 95, 96, 99, 101, 104, 105, 106, 107, 108, 111, 112, 126, 134, 135, 139, 141, 145, 151, 156, 163, 244, 262, 272 Kontokorrent 153 Kontraktschema 27 ff., 38, 73 Körperhaftung 25 Kötter, Hans-Wilhelm 203 Kreß, Hugo 15, 16, 207, 231 Kronprinzenvorträge 123 Krönungszug 279 Kübel, Franz Philipp von 158 Künstler 289, 291, 292 Laissez fair 246 Legisten 54, 74, 77, 78, 79, 81, 90, 141 Leibniz, Wilhelm 92, 106, 107, 108 Leihe 29, 247, 252 Leistungsbewusstsein 185, 199, 200, 201, 204, 209 Leistungserfolg 271 Leistungserschwerung siehe Geschäftsgrundlage Leistungskondiktion siehe Kondiktion Leistungspflicht 25, 34, 264, 266, 269 Leistungsverhältnis 185, 186 Leistungszweck siehe Zweck

Leistungszweckbestimmung 183, 184 ff., 199, 201, 204, 205, 208, 209, 238 Leopold II. 133 Liber extra 57, 79 Liberalitätszweck siehe Zweck Liebe, Friedrich 150 Liebs, Detlef 49, 248 Litkauf 64 Litteralkontrakt siehe Litteralobligation Litteralobligation 18, 30, 37, 40, 27, 73, 74, 79, 80, 141 Litteris 18, 27, 73, 80 Locatio conductio 31, 33, 34 Lotharische Legende 68 Luther, Martin 88, 89 Luxemburg 110 Maestertius, Jacobus 84, 85 Mancipatio 43 Mandatum siehe Auftrag Marktkräfte 246 Martini, Karl Anton Freiherr von 105, 133, 136, 137, 140, 142, 147, 243, 261 Materialien 150, 158 ff., 164, 176, 189, 223 ff., 274 Materieller Vertrag siehe Vertrag Metaphysik 61, 249 Miete 247, 252, 279 Mindestinhalt 242, 248, 251, 253, 261, 278, 281, 304 Mittelalter 23, 26, 39, 41, 42, 53, 54, 57, 59, 61, 62, 64, 65, 66, 69, 70, 83, 86, 87, 88, 90, 91, 96, 98, 140 Mobiliarpfandrecht 233, 234, 235, 236, 240, 251, 263, 266, 267, 303 Modus 214 ff., 218, 219, 220, 225, 228, 252 Molinaeus, Carolus 82, 83 Moral 55, 56, 115 Mores honierni siehe Zeitgemäßer Gerichtsgebrauch Motive 118, 119, 160, 242, 288, 299

Sach- und Personenverzeichnis Motivirrtum 118 Mutuum siehe Darlehen Nanz, Klaus-Peter 56, 107 Napoléon Bonaparte 110 Naturalobligation 211 Natürliche Erklärung 188, 204, 205 Naturrecht 17, 19, 22, 86, 90, 91 ff., 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 153, 164, 165, 215, 216, 217, 219, 225, 228, 229, 231, 243, 244, 251, 252, 254, 261 Naturrechtsschule 19, 91, 142 Negotium antecendens 72, 75, 76, 79 Nicht-Leistung siehe Kondiktion Nichtleistungskondiktion siehe Kondiktion Niederlande 110 Nihil est sine ratione 204, 238 Nominatrealkontrakt 30 Numerus clausus 32 Objektive Rechtsgrundtheorie siehe Kondiktion Objet certain 111, 116 Obligatio litteris siehe Litteralobligation Obligatio re contractus 29 Obligationes ex contractus 36 Obligationes ex delicto 36 Oertmann, Paul 183, 284, 285, 286, 293, 295, 300 Ökonomie 144, 246 Oorzaak 95, 96, 98, 102, 108 Ordre public 115 Originär 43 Österreichisches Recht siehe ABGB Pacta legitima 32, 247 Pacta nuda 18, 19, 38, 39, 40, 42, 54, 55, 56, 57, 58, 65, 68, 73, 74, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 87, 90, 106, 141, 142, 243

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Pacta praetoria 32 Pacta vestita 18, 40, 41, 42, 65, 68, 77, 78, 90, 106, 243 Pandekten 145 (auch Fn. 4), 214, 223 Partikularrecht siehe Recht Paterfamilias 30 Patristik 59 Paulus, Iulius 34, 35, 72 Pavia, Bernhard von 57 Pedius 35 Personalsicherheit 263, 264 Pfandrecht 229, 230, 233, 234, 235, 236, 240, 241, 251, 263, 266, 267, 303 Pignus siehe Verpfändung Planck, Gottlieb 258, 259 Postglossatoren 69 Pothier, Robert-Joseph 112, 113, 114, 115, 116, 119, 129, 130, 139, 143, 147, 243, 261 Praetor 32, 33, 34 Preußisches Recht siehe ALR Primärzweck siehe Zweck Privatautonomie 18, 21, 153, 279 Proculus 36 Promissio operarum 27 Proprietas 43 Protestant 89 Prozess 31, 43, 120, 130, 292, 293 Psychologisch 16, 151, 204, 205, 208, 238, 300 Publizität 216, 217, 218, 219, 229, 252 Puchta, Georg Friedrich 145 Pufendorf, Samuel 92, 98 ff., 104, 107, 108, 112, 113, 123, 125, 129, 130, 136, 139, 142, 147, 243, 261 Quiritisches Eigentum 43, 44 Ratio scripta 69 Realakt 146 Realgeschäfte 252, 254 ff.

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Sach- und Personenverzeichnis

Realkontrakt 29, 30, 33, 34, 35, 37, 64 Realsicherheit 263 Realvertrag siehe Realkontrakt Recht – altrömisches Recht 24, 25, 34 – gemeines Recht 23, 84, 132, 155, 156 – germanisches Recht 22, 23, 62 ff., 65, 66, 84, 86, 90, 142 – kanonisches Recht 18, 19, 22, 23, 53 ff., 63, 65, 74, 77 ff., 80, 81, 82, 83, 84, 88, 89, 90, 91, 140, 141, 142, 243 – klassisches römisches Recht 24, 25 (auch Fn. 21), 33, 34, 35, 36, 43, 44, 60 – nachklassisches römisches Recht 15 (auch Fn. 21), 28, 33, 73 – Partikularrecht 87, 88, 90, 91 – römisches Recht 22, 23 ff., 53, 54, 58, 63, 64, 65, 66, 67, 68 ff., 81 ff., 91, 92, 93, 95, 96, 97, 102, 104, 108, 109, 112, 129, 133, 139, 140 ff., 145, 148, 150, 151, 152, 212, 213, 215, 221, 225, 228, 243, 244, 247, 248, 253, 261 Rechtlicher Grund siehe Kondiktion Rechtsbindungswille 116 Rechtsfortwirkungsanspruch 196 Rechtsgeschäftslehre 118, 121, 186, 187, 194, 195, 199, 201, 209 Rechtsgrundtheorie siehe Kondiktion Rechtsgrundzweck 188 ff. Rechtswidrigkeitstheorie siehe Kondiktion Reedlick oorzaak siehe Oorzaak Reichsgericht 178, 286, 287, 293 Reichstag 160 Reichstagskommissionsberichte 160 Res (nec) mancipi 43, 44, 45 Rezeption 22, 23, 39, 66, 67, 68, 85, 86, 87, 140, 213

Ring auf dem Grund des Sees 289, 290, 293 Risikoprämie 280 Römisches Recht siehe Recht Roter Faden 22, 129, 140 Rücktritt 282, 288, 296, 301, 305 Ruland, Yorik 96 Sachhingabe 27, 29, 35 Sachsenspiegel 87 Saldo 153 Sans cause siehe Cause Savigny, Friedrich Carl von 22, 144, 145, 147, 213, 214, 218 ff., 224, 228, 231, 252 Schärfungszweck siehe Zweck Scheingeschäft 116, 117, 125 Schenkung 32, 38, 44, 46, 47, 97, 98, 102, 103, 104, 108, 119, 122, 136, 137, 139, 140, 143, 147, 152, 165, 229, 243, 247, 252, 256, 257, 258, 260, 265, 266, 280 Scherz 124, 127, 135 Schnauder, Franz 15 Scholastik 54, 59 ff. (auch Fn. 197), 75, 76, 80 Schuldschein 72, 153 Schuldübernahme 230 Schuldverhältnis 15, 23, 32, 36, 37, 102, 138, 151, 156, 161, 162, 174, 175, 176, 180, 196, 201, 204, 209, 225, 226, 250, 253, 264, 271, 274, 280, 290, 291, 293, 297 Schuljuristen 26 Sekundärzweck siehe Zweck Seriosität (-sfunktion, -sindiz, -skriterium) 18, 19, 80, 82, 85, 114, 119, 120, 121, 122, 127, 128, 129, 141, 142, 142 Sicherungsrecht 240, 251, 263, 264, 266, 268, 277 Sicherungsübereignung 250 Sicherungszweck siehe Zweck Smith, Adam 246

Sach- und Personenverzeichnis Societas 31 Solidi 247 Söllner, Alfred 79, 88, 89, 90 Sozialethisch 103 Spannung der Schuld 270, 290, 292, 293 Stipulatio 18, 27, 28, 29, 30, 32, 35, 37, 40, 64, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 78, 79, 80, 96, 141, 247 Strafanzeige 279 Stryck, Samuel 83 Stultita 75 Subjektive Rechtsgrundtheorie siehe Kondiktion Subjektivierung 36 Subsidiär 23, 67, 68, 109, 206, 208, 282, 288, 290, 296, 301, 305 Subsidiaritätsprinzip siehe Kondiktion Summa contra gentiles 60 Summa theologica 60 Supplinburg, Lothar von 68 Svarez, Carl Gottlieb 105, 122, 123, 124, 125, 126, 129, 130, 136, 140, 142, 147, 243, 261 Synallagma 17, 20, 33, 34, 40, 97, 106, 152, 267, 268, 269, 270, 271, 277, 278, 288, 304 – funktionelles 152 – genetisches 152, 269, 270, 288 – konditionelles 17, 20, 269 ff. Tausch 136, 221, 247, 252 Teutonicus, Johannes 58 Theologie 55 Theorie der finalen Leistungsbewirkung siehe Erfüllungstheorien Theorie der realen Leistungsbewirkung siehe Erfüllungstheorien Theresia, Maria 132, 133 Thomasius, Christian 92, 104, 107, 108, 129, 136, 140, 142, 147, 243, 261 Tilgungsbestimmung 180, 181, 182, 183, 272, 273, 274, 276

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Tilgungsreihenfolge 273, 274, 275 Titulus und modus 214 ff., 219, 220, 225, 228, 252 Traditio 44, 45, 50 ff., 52, 65, 83, 121, 140, 212, 213, 214, 215, 219, 220, 221, 223, 225, 228, 245 Trennungsprinzip 219 f., 228, 252, 254, 276, 278, 304 Treuegelöbnis 64 Trias siehe Zweck – Dreiteilung Triebkraft 246 Typensystem 18, 26 ff., 42, 65, 69, 81, 89, 90, 91, 108, 112, 140, 141, 142, 145, 243 Typische Zwecke siehe Zweck Übereignungswille 221 Übergabe 42, 44, 45, 46, 49, 140, 212, 215, 216, 217, 218, 252, 258, 259 Ulpian 35, 37, 40, 45, 46, 47, 48, 50, 51, 52, 70, 168, 212, 213, 215, 221, 222, 228, 231 Unentgeltlich 32, 119, 137, 139, 243, 247, 248, 251, 252, 256 Universität 56, 91, 220 Unmöglichkeit 264, 265, 269, 270, 282, 288, 290, 291, 301 Ur-Entwurf 136, 137 Urkundengeschäfte 18, 74, 79, 80, 141, 143 Ursache 16, 22, 60, 61, 62, 70, 71, 76, 103, 107, 115, 206, 254 Usucapio siehe Ersitzung Usus modernus 18, 63, 81, 83 ff., 90, 91, 108, 141, 142, 242, 243 Verba 27, 29, 71, 73 Verfügung 19 f., 22 f., 24, 42 ff., 65, 128, 140, 146, 147, 211, 212 ff., 241, 242, 252, 253, 254 ff., 266 ff., 276 ff., 296 ff., 301 ff. Vergleichszweck siehe Zweck

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Sach- und Personenverzeichnis

Vernunftrecht siehe auch Naturrecht 91, 92, 98, 108, 109, 144, 145 Verpfändung 29, 250 Versprechenstreue 55, 56, 86, 90, 142 Vertrag – belastender Vertrag 101, 102, 107, 243 – formeller Vertrag 152, 153, 154 – freigebiger Vertrag 101, 102, 107, 113, 119, 122, 129, 130, 243 – gemischter Vertrag 102, 103, 104 – materieller Vertrag 152, 153, 156 Vertragsfreiheit 17, 18, 21, 81, 131, 139, 140 Vertragsschluss 19, 21, 64, 65, 80, 88, 91, 117, 121, 122, 124, 134, 135, 146, 165 ff., 170, 195, 229 ff., 243, 266, 280 Vertragstheorie siehe Erfüllungstheorien Vervollständigungszweck siehe Zweck Verwahrung 29, 221, 247 Vestimentum 18, 40, 41, 54, 70, 78, 90 Vestiturtheorie 39, 69, 78 Voluntarismus 92, 96 Voraussetzungslehre 177 f., 190, 284, 286 Vorkommission siehe Kommission Vorleistung 34, 41, 64, 70 Vorlesung 15, 123, 124, 129, 219, 220, 221 Wadiatio siehe Wettvertrag Waechter 156 Wechsel 153, 250 Wechselseitig 126, 137, 250, 270 Weitnauer, Hermann 15 Werkvertrag 147 Wertsicherungsklausel 294 f. – Gleitklausel 295 (Fn. 582) – Spannungsklausel 295 (Fn. 582) Wertverfall 293

Wesentliche Bestandteile siehe Essentialia negotii Wettvertrag 64 Wieacker, Franz 102 Wilburg, Walter 202 Wilhelm, Friedrich 122, 123 Willenseinigung 18, 30, 34 ff., 39, 42, 65, 112, 189 Willenserklärung 21, 34, 95, 108, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 134, 135, 139, 142, 145, 146, 151, 166, 194, 195, 199, 200, 201, 219, 230, 237, 285 Willensmoment 36, 152 Willensübereinstimmung 26, 35, 36, 37, 38, 63, 65, 101, 105, 134, 140 Windscheid, Bernhard 177, 178, 179, 190, 223, 242, 279, 284, 285, 286, 295, 299, 301 Wirtschaftliche Unmöglichkeit siehe Unmöglichkeit Wirtschaftsverkehr 30 Wohltätig 129, 130, 136, 250 Wolff, Christian 92, 104, 105, 107, 108, 129, 140, 142, 147, 243, 261 Württembergisches Landrecht 87 Zasius, Ulrich 87 Zauberformel 28 Zehn Gebote 56 Zeiller, Franz von 105 Zeitgemäßer Gerichtsgebrauch 84, 87, 90, 141 Zimmermann, Reinhard 23 Zuweisungsgehalt 187, 197, 204, 236 Zuweisungstheorie siehe Kondiktion Zuwendung 175, 183, 184, 186, 187, 191, 195, 196 ff., 209, 236, 237, 238, 239, 242, 243, 244, 247, 248, 253, 256, 257, 268, 280, 281 Zweck – Abwicklungszweck 245, 249 ff., 261, 262 ff., 267 ff., 283, 287, 293, 301, 304

Sach- und Personenverzeichnis – Atypische Zwecke 20, 278 ff., 295, 298, 301, 304, 305 – Austauschzweck 19, 20, 103, 104, 108, 119, 122, 129, 130, 136, 137, 139, 140, 143, 147, 152, 165, 229, 243 ff., 246 ff., 249, 251, 252, 253, 259, 260 ff., 263 ff., 270, 271, 275, 277, 278 ff., 283, 287, 289, 293 ff., 298, 301, 304 – Dreiteilung 245, 250, 253, 299 – Erfüllungszweck 191, 192, 193, 251 ff., 253, 255, 256, 257, 275, 276, 278, 280, 298, 304 – Erste Absicht (Windscheid) 253 – Klageerleichterungszweck 250 – Leistungszweck 175, 185, 186, 196, 199, 205, 207, 208 – Liberalitätszweck 19, 20, 130, 243 ff., 246 ff., 249, 251, 252, 253, 256, 258, 260, 261 f., 263, 265, 266, 267, 275, 277, 278 ff., 283, 287, 289, 293, 301, 304 – Primärzweck 20, 280, 281, 283, 287, 288, 289, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 298, 299, 301, 304 – Schärfungszweck 250 – Sekundärzweck 20, 280, 281, 283, 285, 286, 287, 288, 289, 292, 295, 296, 297, 298, 299, 301, 304, 305 – Sicherungszweck 234, 235, 249 ff., 253, 264, 267, 268, 277, 280, 298 – Typische Zwecke 20, 119, 242 ff., 248, 253, 256, 258, 259, 260, 261, 262, 275, 277, 279, 280, 281, 289, 295, 298, 301, 304, 305 – Vergleichszweck 250 – Vervollständigungszweck (Hegel) 250

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– Zweiteilung 103, 140, 243, 245 Zweckabrede 169 Zweckanstaffelung 278 ff. Zweckbestimmungstheorie 180 ff. Zweckerreichung 17, 20, 147, 179, 183, 191, 204, 205, 212, 239, 240, 241, 261 ff., 277, 278, 283, 288, 302, 303, 304, 305 – als Bestandsvoraussetzung 267 ff. – als Entstehungsvoraussetzung 263 ff. Zweckfortfall 283 Zweckgesetz 16 Zweckstörung siehe Geschäftsgrundlage Zweckvereinbarung 17, 19, 20, 51, 52, 137, 140, 147, 149, 165, 167, 169, 171, 173, 182, 183, 184, 188, 192, 193, 194, 195, 196, 204, 205, 211, 212, 229, 231, 232, 235, 236, 239, 240, 241, 242, 248, 251, 253, 261, 262, 266, 268, 270, 272, 275, 276, 277, 278, 281, 287, 288, 302, 303, 304, 305 – als Bestandsvoraussetzung der Obligation 171 ff. – als Bestandsvoraussetzung der Verfügung 236 ff. – als Entstehungsvoraussetzung der Obligation 167 ff. – als Entstehungsvoraussetzung der Verfügung 231 ff. – Inhalt siehe auch Zweck 241 ff. Zweckvereinbarungstheorie siehe Erfüllungstheorien Zweite Kommission siehe Kommission Zweiteilung siehe Zweck