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German Pages 338 Year 2004
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 174
Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern Von Karl-Josef Faßbender
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Karl-Josef Faßbender Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 174
Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern Von Karl-Josef Faßbender
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D 61 Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten (Allgäu) Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-11645-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meiner Mutter und dem Andenken meines Vaters
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2003/2004 von der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen. Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung konnten bis Dezember 2003, neuere Entscheidungen vereinzelt auch darüber hinaus berücksichtigt werden. Besonders danken möchte ich Frau Professorin Dr. Petra Pohlmann. Sie hat die Arbeit betreut und mir stets als Ansprechpartnerin zur Verfügung gestanden. Ihre wertvollen Anregungen haben zum Gelingen der Arbeit maßgeblich beigetragen. Herrn Professor Dr. Ulrich Noack danke ich herzlich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt auch den Herren Rechtsanwälten Dr. Anselm Raddatz und Dr. Christoph Nawroth von der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer. Sie haben mir in den vergangenen zweieinhalb Jahren meiner Nebentätigkeit während der Promotion und des Referendariats spannende und lehrreiche Einblicke in die Praxis gewährt, durch die ich erst auf das Thema der Arbeit gestoßen bin. Dank schulde ich ferner Frau Silvia Falagàn vom Dekanat der Juristischen Fakultät für die stets freundliche und kompetente Hilfe sowie Herrn Professor Dr. jur. h. c. Norbert Simon und Herrn Dr. Florian R. Simon LL.M für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Schließlich danke ich ganz besonders meiner Mutter für die langjährige Unterstützung während meiner Ausbildung. Ihr und meinem verstorbenen Vater widme ich diese Arbeit. Düsseldorf, im Juli 2004
Karl-Josef Faßbender
Inhaltsverzeichnis Einleitung................................................................................................................. I. Einführung in die Problematik................................................................ II. Gang der Untersuchung ..........................................................................
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1. Teil Cash Pooling § 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings...................................... I. Begriffliche Erfassung............................................................................ 1. Cash Management........................................................................... 2. Cash Pooling und Netting .............................................................. 3. Einordnung des Cash Poolings ....................................................... II. Arten und Funktionsweise ...................................................................... 1. Zero Balance Accounting................................................................ 2. Notional Pooling ............................................................................. III. Wirtschaftliche Bedeutung ..................................................................... IV. Rechtsgrundlagen des Cash Poolings ..................................................... 1. Rechtsgrundlage der Zahlungsströme ............................................. a) Darlehensvertrag, § 488 BGB................................................... b) Vertrag sui generis ................................................................... c) Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag, § 700 I BGB................. d) Stellungnahme .......................................................................... 2. Vertragliche Vereinbarungen zwischen den Konzernunternehmen a) Standardisierte Darlehensverträge ............................................ b) Rahmenvereinbarung in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags ..................................................................................... 3. Vertragliche Beziehungen zwischen den Konzernunternehmen und den Kreditinstituten.................................................................. V. Zwischenergebnis ...................................................................................
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2. Teil Die Erfassung von Leistungen im Rahmen des Cash Poolings durch das Kapitalersatzrecht § 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH .......................
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Inhaltsverzeichnis
10 I.
Die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH ............................................ 1. Voraussetzungen und Umfang der Umqualifizierung .................... 2. Fortdauer der Verstrickung ............................................................. II. Die Novellenregelungen ......................................................................... III. Zweistufiges Schutzsystem..................................................................... III. Zwischenergebnis ...................................................................................
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§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen ........ I. Rechtsformmodifiziertes Schutzrecht..................................................... II. Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als Vollhafter... III. Gesetzestypische Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft ...................................................................................................... IV. Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien .................. 1. Finanzierungsfolgenverantwortung ................................................ 2. Modifikationen in den Rechtsfolgen ............................................... a) Rechtsprechungsregeln ............................................................ aa) Sinngemäße Anwendbarkeit .............................................. bb) Umfang der Umqualifizierung ........................................... b) Novellenregelungen ................................................................. aa) Argumente gegen die Anwendbarkeit der Novellenregelungen auf die AG ........................................................ bb) Argumente für die Anwendbarkeit der Novellenregelungen auf die AG ........................................................... (1) Die §§ 129a, 172a HGB ............................................... (2) Die Rechtsfolgen der Novellenregelungen .................. (3) Die rechtsformneutrale Formulierung der §§ 135 InsO, 6 AnfG ......................................................................... (4) Die Gesetzesbegründung ............................................. V. Zwischenergebnis ..................................................................................
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§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz.................................. I. Die konzerninternen Liquiditätsströme ................................................. II. Die von den Konzernunternehmen bestellten Kreditsicherheiten .......... 1. Kreditsicherheiten zugunsten von kreditgebenden Dritten ............. a) Von der Gesellschaft gewährte Sicherheiten ........................... b) Vom Gesellschafter gewährte Sicherheiten ............................. c) Doppelbesicherung ................................................................... 2. Kreditsicherheiten zugunsten von kreditgebenden Konzernunternehmen ........................................................................................... a) Von der Gesellschaft gewährte Sicherheiten ........................... b) Vom Gesellschafter gewährte Sicherheiten .............................
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Inhaltsverzeichnis
11
Kreditsicherheiten zugunsten von Konzernunternehmen als Grundlage für eine Kreditaufnahme bei Dritten ............................. III. Zwischenergebnis ..................................................................................
84 85
3.
§ 5 Die Kapitalersatzfunktion der Leistungen im Rahmen des Cash Poolings ..... I. Die Krise der Gesellschaft ..................................................................... 1. Fehlende Kreditwürdigkeit ............................................................. 2. Indizien der Kreditunwürdigkeit beim Cash Pooling ..................... a) Für die Kreditunwürdigkeit sprechende Indizien ..................... b) Routinemäßige Absicherung .................................................... 3. Der Ausnahmetatbestand des kurzfristigen Überbrückungskredits. II. Die Beurteilungsperspektive für das Vorliegen der Kreditunwürdigkeit 1. Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft ........... 2. Kreditunwürdigkeit der Muttergesellschaft .................................... 3. Kreditunwürdigkeit des Gesamtkonzerns ....................................... a) Eignung der existierenden Kriterien für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit bei Durchführung des Cash Poolings ........... aa) Vergleich mit dem institutionellen Kreditgeber ................. bb) Bedeutung der Illiquidität für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit .......................................................................... b) Kriterien zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit bei poolverbundenen Unternehmen ................................................................. III. Der Zeitpunkt der Umqualifizierung .................................................... 1. Anfänglicher Eigenkapitalersatzcharakter ..................................... a) Die Allgemeingültigkeit der Vorverlagerung .......................... b) Die Vorverlagerung im speziellen Fall .................................... 2. Das Stehenlassen von Gesellschafterleistungen ............................. a) Anforderungen an das Stehenlassen der Gesellschafterleistung aa) Zumindest konkludente Finanzierungsabrede ................... bb) Kennen- und Handelnmüssen ............................................ cc) Rein objektiver Tatbestand ................................................ dd) Stellungnahme ................................................................... b) Anforderungen an das Abziehen der Gesellschafterleistung..... IV. Zwischenergebnis .................................................................................. § 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling.... I. Tatbestand und Rechtsfolgen des Finanzplankredits ............................. 1. Hintergrund .................................................................................... 2. Begriff und tatbestandliche Voraussetzungen des Finanzplankredits ............................................................................................. 3. Rechtsfolgen des Finanzplankredits ...............................................
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Inhaltsverzeichnis
12 II.
Der Anwendungsbereich des Finanzplankredits im Hinblick auf das Cash Pooling .......................................................................................... 1. Zuführungsgebot aufgrund der Liquiditätszusage .......................... a) Gesellschafterabrede ................................................................ b) Behandlung als Einlage durch die Gesellschafter .................... c) Objektive Kriterien .................................................................. 2. Auszahlung nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ....................................................................................... 3. Privilegierungen des Kapitalersatzrechts ....................................... a) Die Freistellung von Kleinbeteiligungen, § 32a III, S. 2 GmbHG..................................................................................... b) Die Freistellung behördlich anerkannter Unternehmensbeteiligungsgesellschaften, § 24 UBGG ............................................ c) Das Sanierungsprivileg des § 32a III, S. 3 GmbHG ................ d) Relevanz für das Cash Pooling ................................................ III. Zwischenergebnis ...................................................................................
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3. Teil Kapitalersatzrecht und konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens beim Cash Pooling § 7 Cash Pooling im Vertrags- und Eingliederungskonzern ................................. I. Aktienrechtlicher Vertragskonzern ........................................................ 1. Der Verlustausgleichsanspruch gem. §§ 302, 303 AktG ................ a) Inhalt ........................................................................................ b) Umfang .................................................................................... c) Zeitpunkt................................................................................... 2. Der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz und unterjährige Verlustausgleich ............................................................................. a) Unternehmensvertraglicher Liquiditätsschutz .......................... b) Unterjähriger Verlustausgleich ................................................ c) Stellungnahme ......................................................................... aa) Unterjähriger Verlustausgleich .......................................... bb) Unternehmensvertraglicher Liquiditätsschutz ................... II. GmbH-Vertragskonzern ........................................................................ III. Eingliederungskonzern .......................................................................... IV. Zwischenergebnis ..................................................................................
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§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern ................... I. Qualifiziert faktischer GmbH-Konzern ................................................. 1. Die Rechtslage bis zum „TBB“-Urteil ........................................... 2. Die Rechtslage seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil .........................
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Inhaltsverzeichnis II. Qualifiziert faktischer Aktienkonzern ................................................... III. Einfach faktischer Aktienkonzern ......................................................... 1. Cash Pooling und einfach faktische Konzernierung ....................... 2. Das Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG .......................................... 3. Vergleich der Schutzwirkungen ..................................................... IV. Einfach faktischer GmbH-Konzern ....................................................... V. Zwischenergebnis ..................................................................................
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4. Teil Die poolverbundenen Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts § 9 Grundlagen der Erfassung verbundener Unternehmen ................................... I. Relevanz für das Cash Pooling und Gang der Untersuchung ................ II. Gesetzliche Ausgangslage ..................................................................... 1. Die Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG ............................. 2. Die Regelung des § 32a V GmbHG RegE 1977 ............................ III. Die Rechtsprechung des BGH ............................................................... IV. Das Schrifttum ....................................................................................... 1. Generelle Einbeziehung verbundener Unternehmen ...................... 2. Intensität der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme ................... 3. Beteiligung mit Risikokapital ........................................................ 4. Einzelfallbeurteilung/funktionale Gesellschafterstellung ............... V. Stellungnahme ....................................................................................... 1. Generelle Einbeziehung aller verbundenen Unternehmen ............. 2. Wirtschaftliche Einheit .................................................................. 3. Intensität gesellschaftsrechtlicher Einflussnahme .......................... 4. Beteiligung mit Risikokapital ........................................................ 5. Funktionale Gesellschafterstellung/Fallgruppenbildung ................ VI. Zwischenergebnis ..................................................................................
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§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen ............................................... I. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen ................................................................................ 1. Beteiligung der darlehensgebenden Muttergesellschaft (M) an der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft (T) ............................. a) Generelle Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligung..... aa) Die Notwendigkeit besonderer Anforderungen an die mittelbare Beteiligung ........................................................ (1) Keine besonderen Anforderungen an die mittelbare Beteiligung .................................................................. (2) Die Notwendigkeit der Differenzierung ......................
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Inhaltsverzeichnis (3) Vergleich des unmittelbaren Gesellschafters mit dem Dritten ......................................................................... (4) Unterschiedlich ausgeprägte Finanzierungsfolgenverantwortung von mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter .............................................................. bb) Generelle Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligung ................................................................................... b) Hundertprozentige Beteiligung ................................................ c) Mehrheitsbeteiligung ............................................................... aa) Grundsätzliches ................................................................. bb) Anteilsmehrheit und Stimmrechtsmehrheit ....................... cc) Rechtsform der unmittelbar beteiligten Gesellschaft ......... (1) Gesellschaft mit beschränkter Haftung ........................ (2) Aktiengesellschaft ....................................................... (3) Personenhandelsgesellschaft ....................................... d) Minderheitsbeteiligung ............................................................. aa) Minderheitsbeteiligung mit unternehmerischem Einfluss... bb) Hohe mittelbare Beteiligungsquote ................................... 2. Beteiligung der Tochtergesellschaft (T) an der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft (E)................................................................ II. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in dreistufigen Konzernund Abhängigkeitsverhältnissen .............................................................. 1. Verhältnis der darlehensgebenden Muttergesellschaft (M) zur unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft (T) ............................. a) Vertragskonzern und qualifiziert faktischer Konzern .............. aa) Vertragskonzern ................................................................. bb) Qualifiziert faktischer Konzern ......................................... b) Schlichte Abhängigkeit und einfach faktischer Konzern ......... aa) Schlichte Abhängigkeit ...................................................... bb) Einfach faktischer Konzern ............................................... (1) Unterordnungskonzern ................................................ (2) Gleichordnungskonzern ............................................... c) Anforderungen an die Höhe der Beteiligung ........................... 2. Verhältnis der Tochtergesellschaft (T) zur darlehensnehmenden Enkelgesellschaft (E) ..................................................................... a) Aktiengesellschaft .................................................................... b) Gesellschaft mit beschränkter Haftung .................................... c) GmbH & Co. KG ..................................................................... III. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in mehr als dreistufigen Beteiligungs-, Abhängigkeits- und Konzernverhältnissen ....................... 1. Verhältnis der Darlehensgeberin zur unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft ..................................................
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Inhaltsverzeichnis Verhältnis der unmittelbar beteiligten Gesellschafterin zur darlehensnehmenden Gesellschaft ......................................................... IV. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling ................ 1. Voraussetzungen der Zurechnung .................................................. 2. Abhängigkeits- oder Konzernverhältnis als Zurechnungskriterium V. Zwischenergebnis ..................................................................................
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2.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen ............................................................. I. Grundlagen der Erfassung horizontaler Finanzierungsleistungen ......... II. Aus dem Vermögen der an der Darlehensnehmerin beteiligten Muttergesellschaft stammende Darlehensvaluta ................................................ III. Aus dem Vermögen der darlehensgebenden Schwestergesellschaft stammende Darlehensvaluta .................................................................... 1. Verbundformel ............................................................................... 2. Veranlassung durch die Muttergesellschaft .................................... 3. „Auf-Risiko-Finanzierung“ ............................................................ a) Qualität des Verlustausgleichsanspruchs ................................. b) Mehrstufige Beteiligungsverhältnisse ...................................... 4. Betriebsaufspaltung ........................................................................ IV. Zurechnung aufgrund abgeleiteter Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin ............................................................................... 1. Muttergesellschaft als Umgehungsnormadressatin ........................ 2. Tochtergesellschaft als Umgehungsnormadressatin ....................... V. Weitere Fallgruppen einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung ................................................................................................... 1. Veranlassung durch die Muttergesellschaft .................................... a) Haftung der Muttergesellschaft aus verbotener Einlagenrückgewähr ..................................................................................... b) Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ ...................... c) Erforderlichkeit einer tatsächlichen Veranlassung ................... 2. Darlehensgewährung causa societatis ............................................ a) Gleichlauf der Interessen von Muttergesellschaft und Darlehensgeberin .............................................................................. aa) Besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied............................................................................... bb) Finanzierungsleistung causa societatis als Zurechnungskriterium ............................................................................ cc) Anforderungen an das Kriterium causa societatis bei horizontalen Finanzierungsleistungen ................................ (1) Beschränkung auf weder unmittelbar noch mittelbar beteiligte Gesellschafter ..............................................
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Inhaltsverzeichnis (2) Beschränkung auf Geschäfte, die per se die causa societatis zum Inhalt haben ......................................... b) Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ ...................... 3. Betriebsaufspaltung als Fallgruppe einer Darlehensgewährung causa societatis ............................................................................... VI. Eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin ........ 1. Qualifiziert faktischer Gleichordnungskonzern ............................. 2. Begründung einer eigenen Finanzierungsfolgenverantwortung durch qualifiziert faktische Gleichordnung .................................... VII. Der Kapitalerhaltungskonflikt bei Darlehensgewährungen aus gebundenem Vermögen .......................................................................... 1. Der Grundsatz des beatus possidens .............................................. 2. Teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften ......... a) Die Voraussetzungen für die Entstehung des Kapitalerhaltungskonfliktes ......................................................................... b) Lösung des Kapitalerhaltungskonfliktes durch teleologische Reduktion ................................................................................. VIII. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling ................ 1. Voraussetzungen der Zurechnung .................................................. 2. „Für-Rechnung-Finanzierung“ als Zurechnungskriterium ............. 3. Veranlassung als Zurechnungskriterium ........................................ 4. Finanzierungsleistung causa societatis als Zurechnungskriterium .. IX. Zwischenergebnis ..................................................................................
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen .............................................. I. Grundlagen der Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen ................................................................................................. II. Finanzierungsleistungen in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen ....... 1. Aus dem Vermögen der an der Darlehensnehmerin beteiligten Muttergesellschaft stammende Darlehensvaluta ............................ 2. Aus dem Vermögen der darlehensgebenden Tochtergesellschaft stammende Darlehensvaluta ........................................................... a) „Auf-Risiko-Finanzierung“ ...................................................... b) Veranlassung durch die Muttergesellschaft ............................. c) Darlehensgewährung causa societatis ...................................... d) Der Kapitalerhaltungskonflikt bei Darlehensgewährungen aus dem gebundenen Vermögen der Darlehensgeberin .................. III. Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen .... 1. Der Kapitalerhaltungskonflikt als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln .......................................................... 2. Die fehlende Finanzierungsfolgenverantwortung als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln ..............................
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Inhaltsverzeichnis Die Gesetzesmaterialien als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln ......................................................................... IV. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling ................ V. Zwischenergebnis ..................................................................................
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3.
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§ 13 Finanzierungsleistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen ............................................................................................................ I. Finanzierungsleistungen bei Mischformen ............................................ 1. Gemischt horizontal-vertikal absteigende Finanzierungsleistungen 2. Gemischt horizontal-vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen................................................................................................... 3. Gleichordnungskonzern ................................................................. 4. Zwei Grundtypen der Zurechnung ................................................. II. Finanzierungsleistungen bei wechselseitigen Beteiligungen ................. 1. Einseitig qualifizierte Beteiligung .................................................. 2. Minderheitsbeteiligung oder beiderseitige qualifizierte Beteiligung a) Einzelfallbezogene Beurteilung anhand des Kriteriums der Angemessenheit ....................................................................... b) Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens ................. 3. Ringbeteiligung .............................................................................. III. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling ................ 1. Gemischt horizontal-vertikale Liquiditätsverschiebungen ............. 2. Liquiditätsverschiebungen zwischen wechselseitig beteiligten Unternehmen .................................................................................. IV. Zwischenergebnis ..................................................................................
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Zusammenfassung in Thesen ...................................................................................
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Gesetzesmaterialien .................................................................................................
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Schrifttumsverzeichnis.............................................................................................
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Sachverzeichnis .......................................................................................................
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Abkürzungsverzeichnis ähnl.
ähnlich
Ber.
Bericht
BT-Drucks.
Drucksachen des Deutschen Bundestages
ders.
derselbe
gem.
gemäß
GK
Großkommentar
Habil.-Schr.
Habilitationsschrift
i.E.
im Ergebnis
KapAEG
Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an internationalen Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen vom 20.4.1998, BGBl. I, S. 707 ff.
Kölner Komm.
Kölner Kommentar
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I., S. 786 ff.
MüKo
Münchener Kommentar
MünchHdb
Münchener Handbuch
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
NZI
Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung
ÖBA
(Österreichisches) Bank-Archiv
Nicht gesondert aufgeführte Abkürzungen sind in den folgenden Werken verzeichnet: Duden
Die deutsche Rechtschreibung, 22. Auflage, Mannheim u.a., 2000
Kirchner, Hildebert
Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin, New York, 1993
Einleitung I. Einführung in die Problematik Der zentrale Liquiditätsausgleich durch das Cash Pooling ist gängige Praxis im Konzern und inzwischen auch für kleine und mittlere Unternehmensgruppen zur Selbstverständlichkeit geworden. Dabei hat das Cash Pooling nicht nur die Funktion eines Profit Centers, das durch die Senkung von Transaktions- und Finanzierungskosten sowie einer Erhöhung der Anlagerendite einen zusätzlichen Unternehmenswert schafft. Durch das Cash Pooling-Verfahren wird auch die stetige und ausreichende Versorgung aller einbezogenen Unternehmen mit Liquidität und damit die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Konzerns gewährleistet. Schien das Cash Pooling lange Zeit ausschließlich eine Domäne der Wirtschaftswissenschaften zu sein, so wurde das Thema in einigen neueren Untersuchungen auch aus dem rechtlichen Blickwinkel beleuchtet. Bei der rechtswissenschaftlichen Aufarbeitung des Poolings stand dabei jedoch ganz überwiegend die Frage nach den Grenzen und Zulässigkeitsvoraussetzungen der Implementierung eines Cash Pooling-Verfahrens im Mittelpunkt1. Andere Veröffentlichungen beschäftigen sich mit den Problemen der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung im Cash Pool2. Dabei verwundert es, dass die Fragestellungen, die sich aus dem Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen für das Cash Pooling ergeben, wenn überhaupt, nur am Rande behandelt werden3. Diese Lücke will die vorliegende Arbeit schließen. Die Vorteile des Cash Poolings überwiegen, solange es den in das Pooling eingebundenen Unternehmen wirtschaftlich gut geht. Naturgemäß drängen die Risiken erst in der wirtschaftlichen Krise in den Vordergrund. Das Spannungsfeld zwischen Cash Pooling und Kapitalersatzrecht ergibt sich vor dem Hintergrund, dass die Liquiditätsverschiebungen zwischen den poolverbundenen ____________________ 1
Vgl. die Dissertationen von Hormuth, Makowski und Zeidler. Bayer in FS Lutter, Hellwig in FS Peltzer; Jäger in DStR 2000, 1653 ff. und 1736 ff.; Morsch in NZG 2003, 98 ff.; Sieger/Hasselbach in BB 1999, 645 ff. 3 Vgl. etwa Hormuth, S. 206 f.; Makowski, S. 145 - S. 162; jüngst auch Vetter/Stadler, Rn. 38 ff. 2
Einleitung
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Unternehmen eigenkapitalersetzende Wirkung entfalten können, wenn sich die Liquidität in Anspruch nehmende Gesellschaft in der Krise befindet. Ein Blick auf die wichtigsten Rechtsfolgen eigenkapitalersetzender Gesellschafterleistungen verdeutlicht die Auswirkungen, welche die Unterwerfung des Cash Poolings unter das Kapitalersatzrecht hat und zeigt gleichzeitig die Bedeutung für den Gläubigerschutz auf. Werden die Liquiditätsströme vom Kapitalersatzrecht erfasst, dann sind sie so zu behandeln, als seien sie haftendes Kapital. Solange die Krise anhält, dürfen die Gelder nicht an die liquiditätsabführende Gesellschaft zurückgezahlt werden und können auch nicht zur Unterstützung anderer liquiditätsbedürftiger Gesellschaften verwendet werden; zurückgezahlte Beträge müssen erstattet werden. Die Krise einer am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaft kann sich so leicht auf weitere Konzerngesellschaften oder gar den ganzen Konzern ausdehnen. Im Insolvenzverfahren kann die liquiditätsabführende Gesellschaft die Rückgewähr des Darlehens nur als nachrangige Insolvenzgläubigerin geltend machen. Hat die Gesellschaft das Darlehen im letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getilgt, so kann der Insolvenzverwalter die Rückzahlung anfechten. „Mit der in Deutschland anfallenden Rechtsprechung und Literatur zum Thema der eigenkapitalersetzenden Darlehen ließen sich Bibliotheken füllen“4. Die Berechtigung dieses aus der Feder von Karsten Schmidt stammenden Satzes vor Augen, mag man sich fragen, ob die kapitalersatzrechtliche Literatur noch einer Erweiterung bedarf. Die spezifischen Probleme des Cash Poolings und der Stellenwert, den das Cash Pooling in der heutigen Unternehmenspraxis erlangt hat, rechtfertigen jedoch eine vertiefte Behandlung des Themas. Die Besonderheiten des Cash Poolings werfen dabei eine Vielzahl von Fragen auf. Etwa diejenige, ob die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden kurzfristigen Liquiditätsverschiebungen überhaupt Gegenstand einer Umqualifizierung in Kapitalersatz sein können und wenn ja, welche Leistungen im Einzelnen erfasst werden. Wie ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Konzernunternehmen aufgrund ihrer Einbindung in den Cash Pool regelmäßig keine eigenen Beziehungen zum Kapitalmarkt unterhalten, die für eine kapitalersatzrechtliche Erfassung erforderliche Krise der Gesellschaft zu ermitteln? Scheidet die Unterwerfung unter das Kapitalersatzrecht nicht schon deshalb aus, weil sich die Konzernunternehmen die gegenseitige Versorgung mit Liquidität zu einem Zeitpunkt fernab der Krise versprechen? Welche Bedeutung hat die Rechtsfigur des Finanzplankredits für das Cash Pooling? Sind die am Cash Pooling teilnehmenden Unternehmen nicht bereits ausreichend durch konzernspezifische Sicherungsmechanismen geschützt, sodass die Kapitalersatzregeln verdrängt werden? ____________________ 4
K. Schmidt in GesRZ 1993, 8.
Einleitung
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Neben diesen Fragen fördert das Cash Pooling in besonderer Weise eine Zurechnungsproblematik zutage, die sich vor dem Hintergrund ergibt, dass die liquiditätsabführende Gesellschaft und die Liquidität in Anspruch nehmende Gesellschaft oftmals nicht unmittelbar, sondern über vielstufige und verzweigte Beteiligungsketten miteinander verbunden sind. Die Ursache dafür liegt in der Funktionsweise des Cash Poolings begründet, nach der sich die Person des Darlehensgebers bzw. -nehmers allein danach bestimmt, welches der Unternehmen gerade Liquiditätsüberschüsse bzw. -defizite aufweist. Zwar nimmt die Erfassung verbundener Unternehmen durch das Kapitalersatzrecht allmählich klarere Konturen an. Von einer geschlossenen Systematik der Zurechnung ist das Schrifttum jedoch noch weit entfernt5. Kernstück dieser Arbeit soll daher die Entwicklung eines Systems von Zurechnungskriterien sein, mit denen sich der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts in Unternehmensgruppen definieren lässt. Insoweit stellt die vorliegende Arbeit zugleich einen Beitrag zur Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts im Konzern dar. Am Ende dieser Untersuchung soll eine Antwort auf die für das Cash Pooling zentrale Fragestellung gefunden werden, ob und inwieweit eine generelle Zurechnung speziell unter den poolverbundenen Unternehmen möglich ist und damit eine einheitliche Bestimmung des personellen Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts für das Cash Pooling erfolgen kann.
II. Gang der Untersuchung Im ersten Teil dieser Arbeit wird die Funktionsweise des Cash Poolings und seine wirtschaftliche Bedeutung geschildert. Dabei wird die dem Cash Pooling zugrunde liegende tatsächliche vertragliche Gestaltungspraxis dargestellt und eine rechtliche Einordnung der konzerninternen Liquiditätsströme vorgenommen. Im zweiten Teil werden die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Leistungen auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht durchleuchtet. Dazu werden zunächst die Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts in der gebotenen Kürze dargestellt, um anschließend die spezifische Problematik des Cash Poolings auf die Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln hin zu untersuchen. Hierher gehört die Frage, welchen Einfluss die Rechtsform der in das Cash Pooling einbezogenen Gesellschaften auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht hat. Von Interesse ist ferner, welchen beim Cash Pooling erfolgenden Leistungen im Einzelnen die Umqualifizierung in Kapitalersatz droht und unter welchen Umständen die Leistungen eigenkapitalersetzend wirken. Dabei wird der ____________________ 5
Ähnlich v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.1.
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Einleitung
Frage nachzugehen sein, ob Besonderheiten des Cash Poolings, wie etwa die routinemäßige Durchführung oder die Kurzfristigkeit der Mittelüberlassung, Auswirkungen auf die Erfassung durch das Kapitalersatzrecht haben. Schwierigkeiten wirft auch die Frage auf, wie beim Cash Pooling das für die Umqualifizierung erforderliche Tatbestandsmerkmal der Krise bestimmt werden kann, weil die Konzernunternehmen aufgrund ihrer Einbindung in den Cash Pool regelmäßig keine eigenen Beziehungen zum Kapitalmarkt unterhalten. Nach einer Untersuchung des für die Umqualifizierung maßgeblichen Zeitpunktes geht es um die praktisch bedeutsame Frage, ob und inwieweit die Rechtsfigur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling Anwendung findet. Der dritte Teil steht unter dem Aspekt, dass zwischen den in das Cash Pooling Verfahren eingebundenen Unternehmen regelmäßig ein Konzernverhältnis besteht und das Konzernrecht für einzelne Konzernorganisationsmodelle eine Reihe eigenständiger Regeln zur Sicherung des Gesellschaftsvermögens vorsieht. Das macht die Untersuchung erforderlich, ob dieses Sicherungssystem nicht der Anwendung der Kapitalersatzregeln entgegensteht. Im vierten und umfassendsten Teil der Arbeit geht es schließlich um die Frage, inwieweit die poolverbundenen Unternehmen Adressaten des Kapitalersatzrechts sind, wenn die liquiditätsabführende und die Liquidität in Anspruch nehmende Gesellschaft nicht in einem unmittelbaren Beteiligungsverhältnis stehen. Dazu werden zunächst die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Ansichten zur Zurechnung der Gesellschafterstellung unter verbundenen Unternehmen dargestellt und untersucht, ob diese Zurechnungskriterien die verschiedenartigen Fallkonstellationen umfassend abdecken können. Anschließend werden Zurechnungskriterien für die jeweiligen in Betracht kommenden Fließrichtungen der Finanzierungsleistungen entwickelt. Die gewonnenen Zurechnungskriterien werden sodann auf ihre Eignung überprüft, im Rahmen des Cash Poolings eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung zu begründen. Im Einzelnen wird dabei untersucht, unter welchen Voraussetzungen Finanzierungsleistungen von den Kapitalersatzregeln erfasst werden, wenn diese zwischen Gesellschaften des Unternehmensverbundes auf vertikal absteigender, horizontaler, vertikal aufsteigender und gemischt horizontal-vertikaler Ebene vorgenommen werden. Einer Lösung bedarf dabei auch das Problem, dass es in einigen Konstellationen zu einer Kollision des Kapitalersatzrechts mit den Kapitalerhaltungsregeln kommen kann. Diese Problematik stellt sich auch und insbesondere für wechselseitige Beteiligungen, auf die ebenfalls eingegangen wird. Abschließend werden die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse thesenartig zusammengefasst und die Frage beantwortet, ob eine Einbindung in den Cash Pool als einheitlicher Zurechnungstatbestand für die Anwendung der Kapitalersatzregeln dienen kann Dabei wird sich herausstellen, ob die Kon-
Einleitung
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zerndimensionalität des Cash-Managements zur Konzerndimensionalität auch der Kapitalersatzregeln führt6.
____________________ 6
So v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.30.
1. Teil
Cash Pooling § 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings I. Begriffliche Erfassung Cash Pooling und Cash Management tauchen regelmäßig als Schlagworte im Fragenkreis der Konzernfinanzierung auf. Dem Cash Management scheint hierbei die größere Bedeutung zuzukommen, ist es doch die vornehmlich verwendete Terminologie, unter der die bei der zentralen Konzernfinanzierung zu Tage tretenden Rechtsprobleme erörtert werden1. Wenn die vorliegende Arbeit dennoch maßgeblich auf den Begriff des Cash Poolings abstellt, so bedarf dies einer Erläuterung. 1. Cash Management Übersetzt man den Begriff Cash Management wörtlich, so ist darunter die Führung bzw. Verwaltung von liquiden Mitteln zu verstehen. Nach der betriebswirtschaftlichen Literatur umfasst das Cash Management im weiten Sinne sämtliche Maßnahmen von Unternehmen und Banken, die der Sicherung von Liquidität dienen und höchste Effizienz im Zahlungsverkehr erreichen sollen2. Die Konzernspitze kann durch Cash Management Systeme die Liquidität der einzelnen Konzernunternehmen koordinieren und steuern. Als Mittel hierzu dienen im Wesentlichen die zentrale Liquiditätsplanung, zentrale Liquiditätsbeschaffung und der konzerninterne Liquiditätsausgleich3. ____________________ 1
Siehe die Titel folgender Veröffentlichungen: Bayer in FS Lutter, 2000, S. 1011; Becker in DStR 1998, 1528; Hormuth; Jäger in DStR 2000, 1653 und 1736; Makowski. 2 Christians – Reintges, S. 661 (674); ähnl. Kloten/v. Stein – Willi, S. 672 f.; Theisen, S. 452. 3 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.1; Holding-Handbuch – Theisen, H. 18 (S. 413); Theisen, S. 453.
1. Teil: Cash Pooling
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2. Cash Pooling und Netting Als konzernspezifische Liquiditätsausgleichsmaßnahmen kommen das sog. Netting und das Cash Pooling in Betracht. Das auch synonym als (Konzern-)Clearing bezeichnete Netting hat die periodische Aufrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Konzernunternehmen zum Gegenstand4. Beim Cash Pooling hingegen werden die gesamten Liquiditätsüberschüsse aller Konzerngesellschaften auf ein gesondertes Zielkonto überwiesen und die Liquiditätsdefizite der am Pooling-Verfahren beteiligten Unternehmen aus diesem gemeinsamen Pool gedeckt, bevor eine zentrale Kreditaufnahme stattfindet5. 3. Einordnung des Cash Poolings Das Cash Pooling stellt somit eine Maßnahme des konzerninternen Liquiditätsausgleichs dar, welcher wiederum lediglich ein Aufgabenbereich des konzernweiten Cash Managements ist. Nicht die zentrale Liquiditätsbeschaffung, Liquiditätsplanung oder der Liquiditätsausgleich durch Netting, sondern Liquiditätsverschiebungen durch das Abführen überschüssiger Liquidität und die Versorgung mit benötigter Liquidität werfen im Recht der verbundenen Unternehmen die wesentlichen Probleme auf. Auch die bisher vorliegenden Arbeiten behandeln inhaltlich zumeist Fragestellungen, die sich einzig im Rahmen des Cash Poolings ergeben. Dabei verwenden sie jedoch überwiegend die Bezeichnung Cash Management gleichbedeutend für Cash Pooling. Im Interesse der begrifflichen Klarheit, und nicht zuletzt wegen der dargestellten grundlegenden unterschiedlichen Bedeutung der beiden Begriffe, erscheint es sachgerecht, im Rahmen der folgenden Untersuchung den Terminus Cash Pooling anstelle des übergeordneten Begriffs Cash Management zu verwenden.
II. Arten und Funktionsweise Die Durchführung des Cash Poolings kann entweder im Wege des sog. Zero Balance Accounting oder aber als sog. Notional Pooling erfolgen6. ____________________ 4
Büschgen, Bankbetriebslehre, S. 427; Christians – Reintges, S. 663 (676); Perridon/Steiner, S. 344 f.; Theisen, S. 455; Vetter/Stadler, Rn. 13. 5 Eilenberger, Finanzwirtschaft, S. 82; Hormuth, S. 56; Sieger/Hasselbach in BB 1999, 645; Kloten/v. Stein – Willi, S. 674. 6 Einen Überblick über die Funktionsweise des grenzüberschreitenden Cash Poolings unter Berücksichtigung steuerlicher Aspekte bietet Waldens in IStR 2003, 497 ff.
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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1. Zero Balance Accounting Beim Zero Balance Accounting behalten die einzelnen am PoolingVerfahren beteiligten Konzerngesellschaften nach außen hin ihre Bankverbindung, ihre Konten werden jedoch nur noch als Durchlauf- bzw. Zahlungsverkehrskonten, sog. Quellkonten, geführt7. Sodann vereinbaren die beteiligten Gesellschaften, dass die Salden der Quellkonten bankarbeitstäglich auf ein zentrales Bankkonto (sog. Zielkonto / master account) überwiesen werden. Dies hat zur Folge, dass die Quellkonten der beteiligten Konzernunternehmen täglich „auf null“ gestellt werden, während sich der Zielkontensaldo in Höhe des jeweiligen Übertrags verändert. Erreicht wird diese „Nullstellung“, indem positive Salden der Quellkonten auf das Zielkonto überwiesen werden bzw. Geldmittel vom Zielkonto auf das Quellkonto transferiert werden, soweit sich Letzteres im Debet befindet8. Die Durchführung dieses Saldenausgleichs erfolgt automatisch durch das zielkontoführende Kreditinstitut, ohne dass eine Einzelanweisung der Konzernmutter an das übertragende Konzernunternehmen oder das Kreditinstitut zur Liquiditätsübertragung erforderlich ist. Das Zielkonto wird entweder von der Konzernmutter oder einer eigens dafür eingerichteten Konzerntochter unterhalten, die ausschließlich oder neben anderen Aufgaben für das Cash Management zuständig ist (sog. Finanzierungsgesellschaft)9. Die den Cash Pool führende Konzernmutter oder Finanzierungsgesellschaft kann, je nach Ausgestaltung der zwischen den Konzernunternehmen getroffenen Cash Pool-Vereinbarung, auch Zahlungen aus dem Pool auf Forderungen Dritter gegen einzelne Konzernunternehmen leisten10. Durch den Ausgleich negativer Salden der Quellkonten und die unmittelbare Zahlung aus dem Pool an Gläubiger der beteiligten Konzernunternehmen werden diejenigen Konzernteile mit Liquidität versorgt, die Kreditbedarf haben, während die übrigen Konzerngesellschaften nicht benötigte Finanzmittel an den Cash Pool abführen. Existiert ein Cash Pool, so erfolgt eine externe Kreditaufnahme ausschließlich durch die Konzernspitze bzw. Finanzierungsgesellschaft und nur dann, wenn die konzernweit vorhandenen und im Pool gebündelten Mittel nicht ausreichen, um fällige Forderungen zu begleichen11. ____________________ 7
Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (164); Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.18. 8 Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (164); Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.21; Theisen, S. 454; Waldens in IStR 2003, 497. 9 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.6; Vetter/Stadler, Rn. 6; Waldens in IStR 2003, 497. 10 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.7. 11 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.7; Vetter/Stadler, Rn. 9.
1. Teil: Cash Pooling
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2. Notional Pooling Das sog. Notional Pooling – auch virtuelles Pooling genannt – stellt eine Alternative zum Zero Balance Accounting dar. Hierbei wird ein konzerninternes Cash Pooling auf virtueller Grundlage, d.h. ohne tatsächliche Übertragung von Soll- und Habensalden durchgeführt12. Zwar verbleibt die Liquidität auf den Konten der einzelnen Konzernunternehmen, jedoch erstellt das kontenführende Kreditinstitut arbeitstäglich einen Gesamtsaldo und fingiert so die Zusammenführung der gesamten Liquidität auf einem Schattenkonto, um auf dieser Grundlage eine Zinsabrechnung vorzunehmen13. Das Notional Pooling erfordert keinen Vertrag der einbezogenen Konzerngesellschaften, da wechselseitige Darlehensbeziehungen nicht entstehen, vielmehr genügt eine Vereinbarung zwischen der Bank und dem Inhaber des virtuellen Zielkontos14. Da beim Notional Pooling eine tatsächliche Liquiditätsverschiebung nicht stattfindet, das Verfahren vielmehr nur der Zinskompensation bzw. Zinsverrechnung dient, können sich die im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu untersuchenden Problemstellungen nicht ergeben15. Nachfolgend wird der Begriff Cash Pooling daher ausschließlich in dem Sinne verwandt, dass das Pooling im Wege des Zero Balance Accounting erfolgt.
III. Wirtschaftliche Bedeutung Durch den ständigen Ausgleich aller Salden und die Konzentration aller liquiden Finanzmittel in einem Cash Pool soll die jederzeitige Zahlungsfähigkeit aller Konzernunternehmen sichergestellt werden16. Die Bündelung sämtlicher Liquidität in einem Cash Pool verhindert, dass ein Teil der Konzerngesellschaften niedrig verzinste Guthaben bei Kreditinstituten unterhält, während andere Konzerngesellschaften darauf angewiesen sind, ihren Liquiditätsbedarf zu hohen Schuldzinsen decken zu müssen. Diese ansonsten der Bank zufließende Marge in Höhe der Differenz zwischen dem Zinsertrag der kapitalanlegenden und den Zinsaufwendungen der kapitalnachfragenden Konzernunternehmen ____________________ 12
Morsch in NZG 2003, 97 (98); Ränsch in International Lawyer, S. 557 (S. 575); Vetter/Stadler, Rn. 10; Waldens in IStR 2003, 497 (298). 13 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.20; Hormuth, S. 59. 14 Ränsch in International Lawyer, S. 557 (S. 575). 15 Vgl. auch Morsch in NZG 2003, 97 (99); Ränsch in International Lawyer, S. 557 (S. 575). 16 Sieger/Hasselbach in BB 1999, 645; Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015 (1019); Holding Handbuch – Theisen, H. 16 (S. 413); Vetter/Stadler, Rn. 2.
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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verbleibt auf diese Weise im Konzern17. So kann die erforderliche Fremdmittelaufnahme und damit die Zinsbelastung im Gesamtkonzern möglichst gering gehalten werden18. Zinsansprüche und -verpflichtungen bestehen nur noch gegenüber dem zielkontoführenden Kreditinstitut in Höhe des Zielkontosaldos, während die am Pooling-Verfahren beteiligten Gesellschaften konzernintern abrechnen19. Darüber hinaus entsteht durch die Bündelung der im Konzern anfallenden Kredit- und Finanzgeschäfte ein entsprechend höheres Volumen, welches den direkten Zugang zu den Geldmärkten eröffnet. Dabei gilt es zu bedenken, dass beispielsweise große Industriekonzerne häufig über ein gleichwertiges oder gar besseres Standing als manche Banken verfügen20. Daneben führen die höheren Volumina zu einer Verbesserung der Verhandlungsposition des Konzerns gegenüber den Marktpartnern21. Dabei lassen sich Größenvorteile in zwei Richtungen realisieren. Ergibt sich im Cash Pool ein Finanzmittelüberschuss, so führt die Konzentration aller Überschüsse – im Vergleich zu den Einzelüberschüssen der Konzernunternehmen – zu höheren Volumina und damit zu besseren Konditionen, was die Anlageerlöse maximiert22. Weist der Cash Pool dagegen einen negativen Saldo aus, so führt die Bündelung der Fremdmittelaufnahme bei der Konzernmutter bzw. der Finanzierungsgesellschaft zu günstigeren Finanzierungskonditionen am Kapitalmarkt23. Daneben erlaubt die zentrale Kassenhaltung des Cash Poolings, eine gegenüber der Summe der Einzelreserven geringere Liquiditätsreserve vorzuhalten24. Die Verringerung der Zahlungsströme aufgrund der durch den Cash Pool ermöglichten Zusammenfassung von Zahlungen an Dritte, die mit mehreren Konzernunternehmen in Verbindung stehen, sowie die Abfederung von Wechsel- und Währungsrisiken eröffnen weitere Kostensenkungspotenziale25. ____________________ 17 Büschgen in WM 1995, 733 (736); Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (S. 164); Vetter/Stadler, Rn. 8. 18 Jäger in DStR 2000, 1653; Morsch in NZG 2003, 97 (98). 19 Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (S. 164). 20 Büschgen in WM 1995, 733 (735 f.); Jula/Breitbarth in AG 1997, 256. 21 Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (S. 165). 22 Theisen, S. 455. 23 Sieger/Hasselbach in BB 1999, 645; Jäger in DStR 2000, 1653 (1654); Morsch in NZG 2003, 97 (98). 24 So betrug z.B. die jährliche Einsparung allein durch das zentrale Halten einer Gesamtliquiditätsreserve bei der Volkswagen AG ca. 2 Mio. DM; s. Büschgen in WM 1995, 733 (736); Reichmann/Haiber/Fröhling in Controlling 1996, 296 (297). 25 Büschen, Bankbetriebslehre, S. 426; Hellwig in FS Peltzer 2001, S. 163 (S. 165); Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (257); Vetter/Stadler, Rn. 2.
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1. Teil: Cash Pooling
IV. Rechtsgrundlagen des Cash Poolings Fraglich ist, auf welcher Rechtsgrundlage die Zuführung von Liquidität zum Cash Pool durch die Konzernunternehmen und die Ausreichung von Geldern aus dem Cash Pool an die Konzernunternehmen beruht. Hier sind zwei Fragen voneinander zu trennen. Erstens ist der Frage nachzugehen, welche Rechtsnatur die konzerninternen Liquiditätsströme aufweisen. Zweitens ist zu untersuchen, wie die das Cash Pooling begründenden vertraglichen Verpflichtungen zwischen den Konzernunternehmen und der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft einerseits, sowie diejenigen zwischen den Konzernunternehmen und dem Kreditinstitut andererseits im Einzelnen ausgestaltet sind. 1. Rechtsgrundlage der Zahlungsströme a) Darlehensvertrag, § 488 BGB Nahe liegend erscheint es zunächst, die konzerninternen Liquiditätsströme als Gelddarlehen im Sinne des § 488 BGB einzustufen26. Beim typischen Gelddarlehen wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, während der Darlehensnehmer zur Verzinsung und Rückerstattung des zur Verfügung gestellten Darlehens bei Fälligkeit verpflichtet ist. Zur Rechtslage vor In-KraftTreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts wurde das Wesen des Darlehens in der Überlassung von Geld oder anderen vertretbaren Sachen durch Übertragung des Eigentums zur wirtschaftlichen Verwertung der überlassenen Sachen gegen das Versprechen der Rückerstattung anderer Sachen der gleichen Gattung in gleicher Zahl, Güte und Menge erblickt. Dabei wurde der Sinn des Darlehens nicht in der dauernden Vermögensmehrung beim Empfänger, sondern nur in einer zeitweiligen Nutzungsüberlassung gesehen27. Auch wenn nunmehr Geld- und Sachdarlehen eine getrennte gesetzliche Regelung erfahren, ist die Übertragung des Eigentums am überlassenen Geld zur wirtschaftlichen Verwertung und Nutzung auf Zeit weiterhin wesensbestimmend. Sowohl die Hingabe von Geldern durch Liquiditätsüberschüsse aufweisende Konzernunternehmen an den von der Konzernmutter oder Finanzierungsgesellschaft geführten Cash Pool als auch die Ausreichung von Geldern aus dem ____________________ 26 Christians – Reintges, S. 663 (675); Eichholz, S. 42; Ensthaler/Kreher in BB 1996, 385 (387); Schneider in FS Döllerer, S. 437 (S. 438); Vetter/Stadler, Rn. 38; Zeidler, S.11. 27 MüKo – Westermann, vor § 607 Rn.5; RGRK – Ballhaus, vor § 607 Rn. 1; Soergel – Häuser, vor § 607 Rn. 4; Staudinger – Hopt/Mülbert, § 607 Rn. 1.
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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Cash Pool an liquiditätsschwache Konzernunternehmen stellt auf den ersten Blick eine solche Überlassung zur wirtschaftlichen Verwertung und Nutzung auf Zeit dar. b) Vertrag sui generis Gegen eine Einordnung der konzerninternen Zahlungsströme als Darlehen wendet sich Hommelhoff28 mit der Begründung, die dem Konzernunternehmen zugeführten Mittel seien nicht zur wirtschaftlichen Verwertung und Nutzung auf Zeit überlassen. Das folge bereits aus dem Umstand, dass der Zweck der zugewiesenen Mittel sich darin erschöpfe, den aktuellen Liquiditätsbedarf der Konzernunternehmen zu decken und sie somit nicht zur artgleichen Rückerstattung bestimmt seien. An die Konzernspitze zurückfließende Gelder dienten nicht der Darlehenstilgung, sondern seien als wirtschaftlich und rechtlich eigenständige Mittel zu erfassen, die von dem ausreichenden Konzernunternehmen nicht oder an anderen Stellen des Konzerns dringender benötigt würden. Rechtsgrundlage der einzelnen Zu- und Abflüsse seien nicht Kreditlinien, die sich die einzelnen Konzernunternehmen gegenseitig eingeräumt haben, vielmehr handele es sich um eine organisationsrechtliche Vorgabe der Konzernspitze. Da die Konzernspitze dennoch einen Saldo zu ihren Gunsten zumindest in einem möglichen Konkurs einer Tochter fällig stellen werde, beruhten die Zahlungsströme auf Forderungen, die realvertraglich zugunsten des einzelnen leistenden Konzernunternehmens gem. §§ 241 I, 311 I BGB begründet würden. c) Unregelmäßiger Verwahrungsvertrag, § 700 I BGB Weiterhin kommt in Betracht, die Rechtsgrundlage der Zahlungsströme in einem unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gem. § 700 I BGB zu erblicken. Das ließe sich aus dem Gesichtspunkt rechtfertigen, dass im zentralistisch finanzierten Konzern die Rückzahlungsverpflichtung aufgrund der Disposition der Konzernleitung jederzeit fällig sein kann29 und die jederzeitige Rückgabeverpflichtung Kennzeichen der unregelmäßigen Verwahrung ist30, § 700 I, S. 3 i.V.m. § 695 BGB, hingegen die Rückzahlungsverpflichtung beim Darlehen erst zum vereinbarten Zeitpunkt oder nach Kündigung gem. § 488 III BGB fällig ist. Neben dem jederzeitigen Rückforderungsrecht des Hinterlegers ist ____________________ 28 29 30
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1106). Eichholz, S. 43. RGZ 1, 204 (208); MüKo – Hüffer, § 700 Rn. 3.
1. Teil: Cash Pooling
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jedoch weiteres konstitutives – und den unregelmäßigen Verwahrungsvertrag vom Darlehensvertrag unterscheidendes – Merkmal das Interesse des Hinterlegers an einer sicheren Verwahrung31. Da eine solche Intention den konzerninternen Liquiditätsflüssen nicht innewohnt, sondern das Cash Pooling finanzwirtschaftlich motiviert ist32, wird eine rechtliche Einordnung der Zahlungsströme als unregelmäßiger Verwahrungsvertrag zutreffend einhellig abgelehnt33. d) Stellungnahme Sicherlich entspricht die Disposition von Geldern im zentralistischen Konzern nicht den überkommenen Vorstellungen von Darlehensverträgen34. Dies jedoch weniger deshalb, weil das Kapital nicht von außen dem Konzern zugeführt wird35, sondern vielmehr aus dem Grunde, dass die Ausreichung des Geldes nicht auf einer einzelvertraglichen Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner beruht. Die Frage, ob ein am Cash Pooling Verfahren teilnehmendes Konzernunternehmen entweder Darlehensgeberin und die zielkontoführende Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft Darlehensnehmerin ist oder die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft als Darlehensgeberin Liquidität aus dem Cash Pool an eine darlehensnehmende Konzerngesellschaft ausreicht, bestimmt sich ausschließlich danach, ob das Quellkonto des jeweiligen Konzernunternehmens einen positiven oder negativen Saldo aufweist und ist somit weitgehend unvorhersehbar. Dieser Automatismus, aufgrund dessen das Cash Pooling in Form des Zero Balance Accounting auch als „automatisches Cash Management“ bezeichnet wird36, unterscheidet maßgeblich die konzerninternen Kapitalströme von einem herkömmlichen Darlehensvertrag. Auf ähnlichen Erwägungen beruht auch das Argument Hommelhoffs, es handele sich bei den Zu- und Abflüssen nicht um Darlehen, sondern um organisationsrechtliche Vorgaben der Konzernspitze, die diese treffe, um die verfügbare Liquidität optimal einzusetzen und den aktuellen Finanzbedarf der Konzernunternehmen zu decken37. Warum dieser Umstand gegen die den Darlehensvertrag typisierenden Merkmale – Überlassung zur wirtschaftlichen Verwertung und Nutzung ____________________ 31 32 33 34 35 36 37
MüKo – Hüffer, § 700 Rn. 3; RGRK – Krohn § 700 Rn. 1. Siehe § 1 III. (S. 28 f.). Eichholz, S. 43 f.; Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1106); Makowski, S. 47. Eichholz, S. 42. So jedoch Eichholz, S. 42. Makowski, S. 40. Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1106).
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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auf Zeit38 – sprechen soll, wird nicht ersichtlich. Dass der Zweck der zugewiesenen Mittel sich in der Bedarfsdeckung der liquiditätsbedürftigen Unternehmen erschöpft und darüber hinaus die konkrete Zweckbestimmung durch die Konzernspitze vorgenommen wird, steht der Annahme eines Darlehensvertrags nicht entgegen. Der mit dem Darlehen zu erreichende wirtschaftliche Zweck ist vielmehr für die rechtliche Einordnung irrelevant39. Auch die Tatsache, dass die Höhe der ausgereichten Gelder zum Zeitpunkt der Einstellung in den Pool für das kapitalabführende Unternehmen nicht vorhersehbar ist, verbietet nicht die Einordnung als Darlehensvertrag, da der Darlehensvertrag nicht die Vereinbarung eines bestimmten Geldbetrages erfordert, sondern ebenso gut ein nicht feststehender Betrag nach Abruf oder Inanspruchnahme vereinbart werden kann40. Schwerer wiegt jedoch der Einwand Hommelhoffs, die Rückzahlung der zugeflossenen Gelder diene nicht der Darlehenstilgung, sondern es handele sich um rechtlich eigenständige Mittel, die vom rückzahlenden Konzernunternehmen nicht oder an anderer Stelle des Konzerns dringender benötigt würden. Dem wird in der Literatur entgegnet, der Saldenausgleich verfolge zwar auch wirtschaftliche Ziele in Gestalt optimaler Liquiditätsverteilung, was jedoch nicht daran hindere, die Rückzahlung als Tilgung anzusehen41. Tatsächlich wird ein Konzernunternehmen Liquidität an den Cash Pool vornehmlich aufgrund der getroffenen Poolingvereinbarung abführen. Dass dieser Zweck einer Tilgung nicht entgegensteht, lässt sich damit untermauern, dass nach der herrschenden Theorie der realen Leistungsbewirkung ein subjektives Element nicht erforderlich ist, und zum Bewirken der Erfüllung die alleinige Herbeiführung des Leistungserfolges genügt42. Selbst wenn man unterstellt, die Konzernunternehmen hätten keine Vereinbarung über die Leistungsbestimmung getroffen, so kommt § 366 II BGB zur Anwendung, mit der Folge, dass Zahlungen auf einen negativen Saldo immer Tilgungsleistungen auf bestehende Darlehensverbindlichkeiten darstellen. Erst wenn und soweit sich ein positiver Saldo der liquiditätsabführenden Gesellschaft ergibt, stellt sich dieser positive Saldo als eine Darlehensgewährung an die poolführende Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft dar. Dies folgt aus der Anwendung des § 366 II BGB. Zwar sind beide Schulden (Abgabe überflüssiger Liquidität an bedürftige Konzernunternehmen und Tilgung zuvor selbst in Anspruch genommener Liquidität) fällig, ____________________ 38
Siehe dazu § 1. IV. 1. a) (S. 30). RGRK – Ballhaus, vor § 607 Rn. 3; MüKo – Westermann, vor § 607 Rn. 6. 40 Palandt – Putzo, § 488 Rn. 6. 41 Eichholz, S. 42. 42 Ebenso Makowski, S. 50; vgl. auch MüKo – Heinrichs, § 362 Rn. 9, 13; Medicus, SAT, Rn. 237; Palandt – Heinrichs § 362, Rn. 5 f. 39
1. Teil: Cash Pooling
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die ausstehende Rückzahlungsforderung ist jedoch die dem Schuldner lästigere Schuld, da sie mit einer Verpflichtung zur Zinszahlung verbunden ist. Gleiches gilt, wenn man bereits davon ausgeht, dass die Rückzahlungsforderung dem Gläubiger die geringere Sicherheit bietet. Verfolgt man den Ansatz Hommelhoffs konsequent, so vermögen auch die bisher vorgebrachten Argumente eine Tilgungsleistung, wie sie für die Einordnung der Zahlungsströme als Darlehen notwendig ist, letztlich nicht zu begründen. Der Berufung auf die Theorie der realen Leistungsbewirkung und der Anwendung des § 366 II BGB könnte man nämlich entgegenhalten, dass die Erfüllung eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Tilgung voraussetzt, diese aber gerade vom liquiditätsrückführenden Konzernunternehmen nicht übernommen worden ist, weil einzig die optimale Liquiditätsverteilung beabsichtigt ist. Anders gewendet: Die Rückführung der Gelder kann nicht Tilgung sein, weil Tilgung nicht geschuldet ist. Eine Bewertung, nach der neben der Verpflichtung zur Abführung überschüssiger Liquidität nicht auch vorrangig die Tilgung der Darlehensschuld erfolgen soll, verbietet sich aber aus einem einfachen Grunde. Bei den am Cash Pool-Verfahren teilnehmenden Konzernunternehmen handelt es sich um rechtlich selbstständige Unternehmen, die keine Veranlassung haben, Gelder auszureichen, ohne gleichzeitig auf Tilgung zu bestehen. Auch Hommelhoff erkennt an, dass die Zahlungsbewegungen auf Forderungen beruhen. Da beim gewährenden Unternehmen Forderungen und gegebenenfalls Zinserträge und beim empfangenden Unternehmen Verbindlichkeiten und Zinsaufwendungen entstehen, sind diese auf gleiche Art und Weise zu verbuchen, abzurechnen und in den Jahresabschluss einzubeziehen, als bestünden die Forderungen zwischen nicht konzernzugehörigen Unternehmen43. Bewertet man die Rückführung der Gelder nicht als Tilgung, dann würden die Zahlungen gegebenenfalls steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung oder als verdeckte Einlage zu behandeln sein44. Folglich ist neben der Abführung überschüssiger Liquidität auch Tilgung geschuldet, was für eine Einordnung der Zahlungsbewegungen als Darlehen spricht. Gegen die rechtliche Bewertung als Darlehensvertrag spricht somit nur noch die Tatsache, dass im zentralistisch finanzierten Konzern die Rückzahlungsverpflichtung aufgrund der Disposition der Konzernleitung jederzeit fällig sein kann. Wie bereits dargelegt, führt dies nicht zu einer Annahme eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrages45. Die Regelung des § 488 III BGB, nach der die Rückerstattung des Darlehens bei fehlender Laufzeitbestimmung von einer ____________________ 43 44 45
Eichholz, S. 43; Limmer, S. 234. Eichholz, S. 43 m.w.N. Siehe dazu § 1 IV. 1. c) (S. 31 f.).
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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Kündigung mit einer Frist von drei Monaten abhängt, hindert eine Einordnung der Zahlungsströme als Darlehen nicht. Die in § 488 III, S. 2 BGB geregelte Kündigungsfrist ist abdingbar46, sodass die Kündigungsfrist zwischen den Parteien auch völlig aufgehoben werden kann und in dem Rückforderungsverlangen der Konzernspitze eine konkludente Kündigung gesehen werden kann. Der mit den Zahlungsbewegungen verfolgte Zweck und der Automatismus, mit dem die Liquiditätsverschiebungen erfolgen, geben diesen zwar im Verhältnis zu einem konventionellen Darlehensvertrag eine besondere Ausprägung, lassen jedoch die Qualifizierung als Darlehensvertrag unberührt. Selbst eine Klassifizierung als atypischer Darlehensvertrag47 drängt sich nicht auf. Die Unterschiede zum klassischen Darlehensvertrag bestehen in der für die rechtliche Einordnung irrelevanten Zwecksetzung und in der Abbedingung dispositiver gesetzlicher Regelungen. Von einem atypischen Vertrag kann jedoch nur gesprochen werden, wenn wesentliche Elemente keinem der gesetzlich geregelten Vertragstypen entsprechen48. Die Untersuchung hat gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Die konzerninternen Liquiditätsströme im Rahmen des Cash Poolings sind somit rechtlich als Darlehen einzuordnen. 2. Vertragliche Vereinbarungen zwischen den Konzernunternehmen Die konzernweite Liquiditätsbündelung in einem Cash Pool bedarf einer vertraglichen Regelung zwischen den beteiligten Konzernunternehmen. Denkbar ist, dass das Cash Pooling entweder auf zwar standardisierten, jedoch jeweils für jede Transaktion einzeln abgeschlossenen Darlehensverträgen beruht oder aber eine Rahmenvereinbarung in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags den Rechtsbeziehungen der Konzernunternehmen zugrunde liegt. a) Standardisierte Darlehensverträge Erfolgte das Cash Pooling auf Grundlage von standardisierten Darlehensverträgen, so müsste für jede einzelne Umbuchung von Geldern innerhalb des Konzerns ein Darlehensvertrag abgeschlossen werden49. Die für alle konzerninternen Darlehen gleich lautenden Rahmenbedingungen wie Zinssatz, Valutierung oder Kündigungsfristen etc. könnten Inhalt eines formularmäßig standar____________________ 46 47 48 49
Palandt – Putzo, § 488 Rn. 31; Staudinger – Hopt/Mülbert, § 609 Rn. 69. Dafür Makowski, S. 51. Brox/Walker, AS, § 4 Rn. 13. Hormuth, S. 101.
1. Teil: Cash Pooling
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disierten Darlehensvertrags werden, sodass für die einzelne Liquiditätsübertragung lediglich Darlehenshöhe- und Laufzeit festgelegt werden müssten50. Der Abschluss einzelner Darlehensverträge ist jedoch keine empfehlenswerte Vorgehensweise zur Durchführung des Cash Poolings51, da der damit verbundene Verwaltungsaufwand die Einsparungspotenziale, die das Cash Pooling im zentralistisch finanzierten Konzern bietet, wieder zunichte macht. Einzelne Darlehensverträge eignen sich für ein dezentral organisiertes Cash Management, bei dem im Einzelfall Liquiditätshilfen an Konzernunternehmen vergeben werden. Sie sind aber ungeeignet, um eine effektive Liquiditätsbündelung im zentralistisch finanzierten Konzern zu erreichen. b) Rahmenvereinbarung in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags Die Rechtsbeziehungen der am Cash Pool beteiligten Konzernunternehmen zur Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft beruhen regelmäßig auf einer Rahmenvereinbarung in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages52. Eine solche Rahmenvereinbarung weist inhaltlich im Wesentlichen folgende Regelungen auf53: Jedes Konzernunternehmen verpflichtet sich, eigene Guthaben auf das von der Konzernmutter bzw. der Finanzierungsgesellschaft54 geführte Zielkonto des Pools zu übertragen. Sämtliche am Cash Pooling-Verfahren beteiligten Konzernunternehmen unterhalten bei der Finanzierungsgesellschaft interne Verrechnungskonten, auf die im Falle der Liquiditätsabgabe eine Gutschrift in Höhe des abgeführten Betrages gebucht wird. Die Finanzierungsgesellschaft verpflichtet sich zur Durchführung des Cash Poolings, indem sie für die notwendigen Bankverbindungen sorgt und den liquiditätsbedürftigen Konzernunternehmen die erforderlichen Beträge zur Verfügung stellt55. Das kann in der Weise erfolgen, dass die Konzerngesellschaften die benötigte Liquidität von ____________________ 50
Hormuth, S. 101 f. Hormuth, S. 102; Lutter/Scheffler/Schneider – Lutter, Rn. 25.14. 52 Eichholz, S. 51; Lutter/Scheffler/Schneider – Lutter, Rn. 25.14; Makowski, S. 51 f. 53 Dem Verfasser wurden dankenswerterweise von zahlreichen Kreditinstituten und Unternehmen Muster der verwendeten Rahmenvereinbarungen unter dem Versprechen absoluter Vertraulichkeit zur Verfügung gestellt. Soweit die darin enthaltenen Informationen hier in verallgemeinerter Form offengelegt werden, ist eine den wissenschaftlichen Gepflogenheiten entsprechende Bezugnahme nicht möglich. 54 Im Folgenden auch nur „Finanzierungsgesellschaft“ genannt. 55 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.11 und 25.14. 51
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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der Finanzierungsgesellschaft abrufen und ihnen die Berechtigung eingeräumt wird, diese bis zu einer festgelegten Höchstsumme vom zentralen Bankkonto abzubuchen56. Die Zentralisierung des konzerninternen Liquiditätsausgleichs kann aber noch gesteigert werden, indem die Finanzierungsgesellschaft sich zur Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs für die Tochtergesellschaften verpflichtet, sodass diese nicht mehr über eigene Liquidität verfügen müssen. In diesem Fall steht der Finanzierungsgesellschaft jeweils ein Aufwendungserstattungsanspruch gegen die Tochtergesellschaft zu57. Unabhängig davon, ob die Liquiditätsabgabe an die Konzernunternehmen erfolgt oder die Finanzierungsgesellschaft die Mittel unmittelbar an die Gläubiger der Konzerngesellschaften überweist und so den Zahlungsverkehr für die Konzernunternehmen abwickelt, müssen die Abflüsse zugunsten der Konzerngesellschaften dem internen Verrechnungskonto selbiger belastet werden. Darüber hinaus verpflichtet sich die Finanzierungsgesellschaft, überschüssige Liquidität anzulegen oder für den Fall, dass die im Konzern vorhandene Liquidität nicht ausreicht, Darlehen zu möglichst günstigen Konditionen aufzunehmen. Beim Cash Pooling entstehen somit zwischen Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft und den einzelnen Konzernunternehmen in folgenden Verhältnissen Darlehensbeziehungen: Verfügt ein am Cash Pooling Verfahren teilnehmendes Konzernunternehmen über Liquiditätsüberschüsse, dann führt es diese auf das Zielkonto der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft ab. Das liquiditätsabführende Konzernunternehmen befindet sich dann in der Position der Darlehensgeberin, während die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft Darlehensnehmerin ist. Im umgekehrten Fall hat das Konzernunternehmen Liquiditätsbedarf, der aus dem Cash Pool gedeckt wird. Die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft ist dann Darlehensgeberin, das Liquidität in Anspruch nehmende Konzernunternehmen Darlehensnehmerin. Aufgrund der täglichen Nullstellung der Quellkonten wird nur das von der Konzernmutter oder der Finanzierungsgesellschaft geführte interne Verrechnungskonto der jeweiligen Konzerngesellschaft verlässlich darüber Aufschluss geben können, ob sich die Konzerngesellschaft in der Position einer Darlehensnehmerin befindet, weil ihr Verrechnungskonto einen negativen Saldo ausweist. Weist das Verrechnungskonto hingegen ein Guthaben zugunsten der Konzerngesellschaft aus, dann ist die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft Darlehensnehmerin. In der Rahmenvereinbarung sind weitere Modalitäten der Darlehensgewährung und -abwicklung zu regeln. In Betracht kommt die Besicherung der hin____________________ 56 57
Hormuth, S. 103. Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.13.
1. Teil: Cash Pooling
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gegebenen Liquidität im Verhältnis der Konzernunternehmen untereinander, die Festlegung einer Kreditlinie für die Konzernunternehmen im Verhältnis zur Finanzierungsgesellschaft und die Vereinbarung von Kündigungsfristen58. Regelmäßig sehen die Rahmenvereinbarungen vor, dass die Teilnahme eines Unternehmens am Cash Pooling endet, sobald es aus dem Konzern ausscheidet oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Im Verhältnis der Konzernunternehmen untereinander werden die konzerninternen Darlehen regelmäßig nicht besichert59. Zu beachten ist jedoch, dass die Hinreichung eigener Guthaben abhängiger Gesellschaften an die Mutter- oder Schwestergesellschaft das Problem der Nachteilszufügung im Sinne von § 311 ff. AktG aufwerfen kann, sodass das Verbot der Nachteilszufügung eine angemessene Verzinsung erforderlich macht60. Letztlich bietet es sich an, zur Verrechnung der konzerninternen Zahlungsströme eine Kontokorrentabrede nach Maßgabe des § 355 HGB zu treffen. Dazu wird zwischen den Parteien vereinbart, dass die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen in Rechnung gestellt werden, diese in regelmäßigen Zeitabständen verrechnet und der sich für eine Partei ergebende Aktiv- oder Passivsaldo festgestellt wird61. Fraglich ist, ob die Verrechnung in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt werden soll, sog. Periodenkontokorrent, oder ob die Vereinbarung zwischen Finanzierungsgesellschaft und Konzernunternehmen ein Staffelkontokorrent vorsehen soll. Theoretisch denkbar ist es, ein Staffelkontokorrent zu vereinbaren und eine Verrechnung bei jedem einzelnen Liquiditätstransfer von bzw. zu einer Konzerngesellschaft vorzunehmen62. In diesem Fall begründet jede neue Buchung automatisch einen neuen Saldo63, der gegenseitig mitzuteilen und anzuerkennen ist64. Für das Vorliegen eines Staffelkontokorrents spricht dem ersten Anschein nach die Handhabung in der Praxis. Die Abwicklung der erforderlichen Mittelflüsse zwischen den Konzernunternehmen, der Finanzierungsgesellschaft und dem eingeschalteten Kreditinstitut erfolgt angesichts des hohen Transaktionsvolumens regelmäßig im Wege der ____________________ 58
Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.15. Jäger in DStR 2000, 1736 (1736 f.); Christians – Reintges, S. 678; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.15; Vetter/Stadler, Rn. 7. 60 Eichholz, S. 76; Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (259f.). 61 Baumbach/Hopt HGB, § 355 Rn. 5; K. Schmidt, Handelsrecht, § 21 II, 2. d) (S. 19). 62 Hormuth, S. 103. 63 Baumbach/Hopt HGB, § 355 Rn. 8; K. Schmidt, Handelsrecht, § 21 II, 2. e) (S. 620). 64 Baumbach/Hopt HGB, § 355 Rn. 10. 59
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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elektronischen Datenverarbeitung65, sodass arbeitstäglich eine Saldomitteilung erfolgen wird. Jedoch ist die Mitteilung und Anerkennung des sich durch jede Einzelbuchung ständig verändernden Saldos im Rahmen des Cash Poolings, dessen Zielsetzung Effizienz und Flexibilität der Konzernfinanzierung ist, praktisch undurchführbar. Daher erscheint die Annahme sachgerecht, dass es sich bei dieser Saldomitteilung lediglich um eine rein informatorische Mitteilung handelt, vergleichbar mit dem Tageskontoauszug beim herkömmlichen Bankkontokorrent im Rahmen des Girovertrages. Nach herrschender Meinung ist nämlich das regelmäßige Kontokorrent auch dann ein Periodenkontokorrent, wenn Auszüge über die einzelnen Buchungen ausgetauscht werden66. Die Mitteilung des Saldos dient auch hier lediglich Informationszwecken, sodass von einer Vereinbarung eines Periodenkontokorrents auszugehen ist. 3. Vertragliche Beziehungen zwischen den Konzernunternehmen und den Kreditinstituten Die Rechtsnatur der allgemeinen Geschäftsbeziehung zwischen den Kreditinstituten und ihren Kunden ist umstritten67. Grundlage für die Durchführung der einzelnen Dienstleistungen durch die Banken sind jedoch eine Reihe von Einzelverträgen, wie etwa der dem Zahlungsverkehr zugrunde liegende Girovertrag68. Einen solchen Einzelvertrag stellt auch die dem Cash Pooling zugrunde liegende Rahmenvereinbarung dar, die zwischen dem Kreditinstitut, der Konzermutter bzw. der Finanzierungsgesellschaft und dem am Cash Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen abgeschlossen wird. Ebenso wie bei dem Rahmenvertrag, der zwischen den Konzernunternehmen und der Konzernmutter abgeschlossen wird, handelt es sich bei der Rahmenvereinbarung mit dem Kreditinstitut um einen Geschäftsbesorgungsvertrag69. In dieser Vereinbarung beauftragen die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft und die Konzernunternehmen die Bank, alle Umsätze, d.h. alle Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge der Quellkonten bei den jeweiligen Niederlassungen der Bank arbeitstäglich auszubuchen und auf das Zielkonto zu übertragen. Dadurch ____________________ 65
Perridon/Steiner, S. 144; Reichmann/Haiber/Fröhling in Controlling 1996, 296. BGHZ 50, 277 (280); BGH NJW 1985, 3010; Baumbach/Hopt HGB, § 355 Rn. 9; K. Schmidt, Handelsrecht § 21 II, 2. e) (S. 620). 67 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12 m.w.N., für ein „gesetzliches Schuldverhältnis ‚ohne primäre Leistungspflicht’“, Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 1 ff. und Schwintowski/Schäfer, § 1 Rn. 130 ff. m.w.N., für einen „Allgemeinen Bankvertrag“. 68 Dazu ausführlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 315 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski, § 47 Rn. 1 ff.; Schwintowski/Schäfer, § 4 Rn. 10 f. 69 Ebenso Hormuth, S. 114. 66
1. Teil: Cash Pooling
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wird erreicht, dass die jeweiligen Quellkonten der Konzernunternehmen arbeitstäglich „auf null“ gestellt werden und allein das Zielkonto einen positiven oder negativen Saldo aufweist. Weiterhin sieht die Rahmenvereinbarung regelmäßig vor, dass Konzernmutter und Konzernunternehmen die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen für Debetsalden, die aufgrund der Übertragung der Soll- und Habenumsätze auf dem Zielkonto entstehen70. Die Rahmenvereinbarungen einiger Kreditinstitute sehen die Möglichkeit einer betragsmäßigen Begrenzung der gesamtschuldnerischen Haftung der Konzernunternehmen vor. Dies mit der Maßgabe, dass jeder Gesamtschuldner bis zu einem vereinbarten Höchstbetrag auf vollständige Rückführung der auf dem Hauptkonto jeweils bestehenden Sollsalden einschließlich darauf entfallender Zinsen und Kosten unabhängig von den Zahlungen eines anderen Gesamtschuldners in Anspruch genommen werden kann. Gegenstand der meisten Rahmenvereinbarungen ist ferner eine Regelung, nach der die Einhaltung von Kreditabsprachen und solchen Dispositionsgrenzen, die zwischen den teilnehmenden Konzernunternehmen vereinbart wurden, von den jeweiligen Konzernunternehmen und der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft zu überwachen ist. Dispositionsgrenzen, die von der Bank für die Quellkonten festgelegt wurden, sollen allein der Bank zur Orientierung dienen, ohne dass die Konzernmutter oder die beteiligten Konzernunternehmen sich darauf berufen könnten. Ferner wird die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft durch die Rahmenvereinbarung verpflichtet sicherzustellen, dass Verfügungen über die in das Cash Pooling einbezogenen Quellkonten insgesamt nur aus Guthaben oder im Rahmen von Kreditzusagen vorgenommen werden. In den Rahmenverträgen finden sich zahlreiche Bestimmungen, mit denen Art und Umfang von Zusatzleistungen dem individuellen Bedarf der am Cash Pooling teilnehmenden Unternehmen angepasst werden können. Dazu gehört etwa die Möglichkeit der Konzernmutter, sich auf Wunsch eine Tagesumsatzliste erstellen zu lassen, welche je Valutatag alle Soll- und Habenumsätze ausweist, die von den einzelnen Quellkonten übertragen worden sind. Ferner erhält die Konzermutter auf Anforderung für jedes Quellkonto eine Zinsstaffel, die als Monats-, Quartals- oder Halbjahresliste von der Bank zur Verfügung gestellt wird. Die Rahmenvereinbarung kann sowohl von der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft und den am Cash Pooling teilnehmenden Unternehmen als auch von der Bank unter Einhaltung einer näher bestimmten Frist gekündigt ____________________ 70
Vgl. auch Maier-Reimer in FS Rowedder, S. 245 (S. 247); Vetter/Stadler, Rn. 80.
§ 1 Begriff, Funktion und Bedeutung des Cash Poolings
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werden. Kündigt ein Konzernunternehmen, so scheidet es aus dem Cash Pooling-Verfahren aus und das Verfahren wird mit den übrigen Beteiligten unverändert fortgesetzt. Die gesamtschuldnerische Haftung des ausgeschiedenen Teilnehmers besteht auch nach Wirksamwerden der Kündigung fort. Die Haftung beschränkt sich dann jedoch auf den Bestand der bei Wirksamwerden der jeweiligen Kündigung auf dem Zielkonto bestehenden Sollsalden bzw. Kreditinanspruchnahmen zuzüglich darauf entfallender Zinsen und Kosten. Teilweise sehen die Rahmenvereinbarungen ausdrücklich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung für den Fall vor, dass über das Vermögen einer teilnehmenden Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Beinhaltet die Rahmenvereinbarung eine solche Klausel nicht, werden die Beteiligten die Rahmenvereinbarung im Insolvenzfall dennoch aus wichtigem Grund kündigen dürfen. Bei dem zwischen der Bank und den Konzernunternehmen bestehenden Rechtsverhältnis, das seine rechtliche Grundlage in der Rahmenvereinbarung findet, handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis71. Für Dauerschuldverhältnisse ist in Rechtsprechung und Literatur ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund seit langem anerkannt. Das von der Rechtsprechung aus §§ 554 a.F., 626, 723 BGB und § 89b HGB entwickelte Kündigungsrecht für Dauerschuldverhältnisse wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform übernommen und ist nunmehr in § 314 BGB kodifiziert.
V. Zwischenergebnis Das Cash Pooling stellt eine Maßnahme des Cash Managements zur Durchführung eines konzerninternen Liquiditätsausgleichs dar, mittels derer die am Cash Pooling-Verfahren teilnehmenden Konzernunternehmen stets ausreichend mit Liquidität versorgt werden. Dazu werden die Soll- und Habenumsätze der einzelnen Konten der Konzernunternehmen arbeitstäglich auf ein zentrales Konto der Konzernmutter oder einer Finanzierungsgesellschaft physisch übertragen. Das bewirkt eine „Nullstellung“ der eigenen Konten der Unternehmen mit der Folge, dass die teilnehmenden Unternehmen nicht mehr über eigene Liquiditätsreserven verfügen. Die wirtschaftlichen Vorteile des Cash Poolings sind im Wesentlichen darin begründet, dass die jederzeitige Zahlungsfähigkeit aller Konzernunternehmen sichergestellt wird, die Liquiditätsbündelung Zinsvorteile bringt und die höhe____________________ 71
Ebenso Makowski, S. 37.
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1. Teil: Cash Pooling
ren Volumina zu einer verbesserten Position an den Finanzierungs- und Anlagemärkten führen. Zur Durchführung des Cash Poolings werden sowohl zwischen den teilnehmenden Konzernunternehmen und der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft als auch zwischen dieser, den Konzernunternehmen und dem durchführenden Kreditinstitut Geschäftsbesorgungsverträge in Form von Rahmenvereinbarungen abgeschlossen, welche die Einzelheiten des jeweiligen Rechtsverhältnisses regeln. Die im Rahmen des Cash Poolings zwischen den Konzernunternehmen und der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft erfolgenden Liquiditätsverschiebungen sind rechtlich als Darlehen zu qualifizieren.
2. Teil
Die Erfassung von Leistungen im Rahmen des Cash Poolings durch das Kapitalersatzrecht § 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH Schenkt man den Kritikern des Kapitalersatzrechts Glauben, dann stellt sich die Umqualifizierung von Darlehen in Eigenkapital für den betroffenen Praktiker im Unternehmen als Mysterium dar. Kaufleute und Betriebswirte fühlten sich, konfrontiert mit den Grundsätzen des Kapitalersatzrechts, wie Bibelleser, welche die „Umqualifizierung“ von Wasser in Wein im Johannes-Evangelium als das begriffen, was es wirklich sei: ein Wunder1. Ob dieser Befund dazu nötigt, die Existenzberechtigung des Kapitalersatzrechts in Frage zu stellen2, kann bezweifelt werden, denn das hieße, den Schutz der Gesellschaftsgläubiger vom Verständnishorizont der Gesellschafter bzw. deren Gehilfen abhängig zu machen. Das „Wunder“ der Umqualifizierung von Darlehen in Eigenkapital resultiert vielmehr ganz wesentlich aus einem ihm vorgelagerten Kuriosum, für das allerdings die Gesellschafter selbst verantwortlich zeichnen. Demjenigen nämlich, dass eine lediglich mit dem gesetzlichen Mindeststammkapital von 25.000 c (§ 5 I GmbHG) ausgestattete Gesellschaft in der Lage ist, einen Geschäftsbetrieb aufzunehmen und aufrechtzuerhalten, der es ihr etwa erlaubt, Millionenumsätze zu erzielen. Eine nähere Betrachtung dieser Praxis entzaubert das Mysterium der Umqualifizierung recht schnell. Das gesetzlich vorgeschriebene Mindeststammkapital reicht nämlich in den seltensten Fällen weder als Betriebskapital noch als haftendes Risikokapital für einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aus3, sodass die Gesellschafter ____________________ 1
Claussen in FS Forster, S. 139 (152 f.), ähnl. Schummer, S. 3. Einige Autoren wollen das Kapitalersatzrecht gänzlich abgeschafft sehen, vgl. Grunewald in GmbHR 1997, 7 (10); Koppensteiner in AG 1998, 308 (317); Schummer, S. 477 ff.; ähnl. Reiner in FS Boujong, S. 415 (S. 453 ff.). 3 Goette in DStR 1997, 2027; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff Rn. 2.2. 2
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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den Finanzbedarf durch Gesellschafterdarlehen oder Gesellschaftersicherheiten decken4. Diese Finanzierungsform bietet Gesellschaftern und Gesellschaft eine Reihe von Vorzügen, können die Mittel doch schnell, unkompliziert und ohne publizistischen Aufwand zugeführt und – von entscheidender Bedeutung für die Gesellschafter – auch wieder abgezogen werden5. In diesem Punkt offenbart sich sodann auch das eigentliche Motiv für das Bestreben der Gesellschafter, die Deckung des Finanzbedarfs mit Fremdkapital vorzunehmen: Es soll so wenig Kapital wie möglich dem besonderen Risiko des haftenden Eigenkapitals ausgesetzt werden. Die Entscheidung der Gesellschafter, der Gesellschaft auf diese Weise lediglich Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, wird jedoch von der Rechtsordnung nicht uneingeschränkt gebilligt. Unter den im Folgenden näher darzulegenden Voraussetzungen werden diese Gesellschafterleistungen zwingend umqualifiziert und nach den Grundsätzen behandelt, die für haftendes Eigenkapital gelten. Das Kapitalersatzrecht wurzelt in folgender Grundüberlegung: Gerät die Gesellschaft in eine Krise, haben die Gesellschafter die Wahl, entweder die Gesellschaft zu liquidieren oder ihr frisches Eigenkapital zuzuführen. Der denkbare dritte Weg, dass die Gesellschafter zu der Gesellschaft in eine Rechtsbeziehung wie ein außen stehender Dritter treten und der Gesellschaft Fremdkapital zur Verfügung stellen, steht den Gesellschaftern aus Gründen des Gläubigerschutzes von Rechts wegen nicht zur Verfügung6. Beschreiten die Gesellschafter diesen Weg dennoch und sichern sie das Überleben der Gesellschaft anstelle der Gewährung neuer Einlagemittel durch die Zuführung von Fremdkapital, so handelt es sich hierbei um funktionales Eigenkapital, welches in Eigenkapitalersatz umqualifiziert wird. Das Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen wurde zunächst ausschließlich durch die in Anlehnung an die §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze bestimmt und erst im Wege der GmbHG-Novelle im Jahre 1980 in den §§ 32a, 32b GmbHG und darüber hinaus in § 135 InsO und § 6 AnfG kodifiziert. Die Rechtsprechungsregeln gelten jedoch, worauf zurückzukommen sein wird, weiterhin neben den Novellenregelungen fort7. ____________________ 4
Beispiele für die Relation von Gesellschafterdarlehen zum Eigenkapital: Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 568 Fn. 30. 5 BGHZ 75, 334 (337); v. Caemmerer in Freundesgabe Pieter Sanders, S. 17 (20); Fleck in FS Werner, S. 107 (110); Wiedemann in FS Beusch, S.893 (899 f.). 6 Goette in DStR 1997, 2027; ders. in ZHR 1998, 223 (224); Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 32a/b Rn. 2. 7 Goette in DStR 1997, 2027 (2028); Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 19, 213 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.2.; a.A.: T. Bezzenberger in FS G. Bezzenberger, S. 23 (S. 24 f., 45 ff.).
§ 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH
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I. Die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH 1. Voraussetzungen und Umfang der Umqualifizierung Die auf einer analogen Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG beruhenden BGH8-Regeln haben ihren Ursprung in der „Lufttaxi“-Entscheidung9 anno 1959 genommen und ihren vorläufigen Höhepunkt in einem Grundsatzurteil10 aus dem Jahre 1980 gefunden. Die richterrechtlich entwickelten Rechtssätze lassen sich wie folgt zusammenfassen11: Darlehensbeträge, die ein GmbH-Gesellschafter der GmbH, die bei gesellschaftsfremden Dritten kreditunwürdig oder insolvenzreif ist, anstelle einer weiteren Kapitaleinlage gewährt, sind so zu behandeln, als seien sie haftendes Eigenkapital. Eine Rückzahlung dieser Darlehensbeträge an den Gesellschafter darf erst dann erfolgen, wenn bei der Gesellschaft trotz dieser Rückzahlung ein Aktivvermögen in Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals verbleibt, also durch Rückzahlung keine Unterbilanz eintritt oder eine bereits vorhandene Unterbilanz nicht noch weiter vertieft wird. Sind gesperrte Darlehensbeträge an den Gesellschafter zurückgezahlt worden, so muss der Geschäftsführer und kann der Insolvenzverwalter die Rückerstattung dieser Beträge in das Gesellschaftsvermögen verlangen. An einem Beispiel verdeutlicht stellen sich die Rechtsprechungsgrundsätze demnach folgendermaßen dar: Das Stammkapital einer GmbH betrage 25.000 c, sie sei mit 30.000 c überschuldet. Gewährt nun ein Gesellschafter der GmbH ein Darlehen in Höhe von 100.000 c, so unterliegen 55.000 c der Sperre, da dieser Betrag erforderlich ist, um das verlorene Stammkapital und die über diesen Verlust hinausgehende Überschuldung zu decken. Soweit eine Überschuldung vorliegt, findet eine summenmäßige Begrenzung auf den Betrag des Stammkapitals nicht statt, vielmehr ist der gesamte kapitalersetzende Kreditbetrag bis zur rechnerischen Wiederauffüllung der Stammkapitalziffer der Rückzahlungssperre unterwor-
____________________ 8 Zu den Ansätzen in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung: RG JW 1938, 862; RGZ 166, 51 (57); RG JW 1938, 229 (231); RGZ 166, 51 (61). 9 BGHZ 31, 258 = NJW 1960, 285. 10 BGHZ 76, 326 = ZIP 1980, 361. 11 Farrenkopf, S. 7; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.8 ff.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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fen12. Andererseits bleibt der den Fehlbetrag übersteigende Teil der Kreditsumme, im Beispiel 45.000 c, von der Bindung frei. Die Rechtsprechung hat diese Grundsätze auf in der Krise „stehen gelassene“ Darlehen erstreckt. Danach ist nicht nur das an eine kreditunwürdige GmbH ausgereichte Darlehen gesperrt, auch das einer Gesellschaft in Zeiten wirtschaftlicher Stabilität gewährte und somit ursprünglich nicht gesperrte Gesellschafterdarlehen kann nachträglich von der Umqualifizierung erfasst werden. Das ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft nach Überlassung des Darlehens in eine Krise gerät und der Gesellschafter die Mittel nach angemessener Bedenkzeit nicht abzieht, obwohl er die Krise hätte erkennen können, sondern unverändert „stehen lässt“ 13. 2. Fortdauer der Verstrickung Nach der bisher überwiegend vertretenen Auffassung dauert die Verstrikkung nach den Rechtsprechungsgrundsätzen nur so lange an, bis das Stammkapital nachhaltig wieder gedeckt ist, sodass der sich aus der entsprechenden Anwendung des § 31 GmbHG ergebende Anspruch auf Erstattung wegfällt, wenn die Stammkapitalziffer wiederhergestellt ist14. Fraglich ist, ob an dieser Sichtweise noch festgehalten werden kann, da der Bundesgerichtshof in seinen „Balsam/Procedo“-Urteilen judiziert hat, dass ein einmal wegen eines Verstoßes gegen § 30 I GmbHG entstandener Erstattungsanspruch aus § 31 I GmbHG nicht ipso iure wegfällt, wenn das Gesellschaftskapital zwischenzeitlich wiederhergestellt worden ist15. Der BGH hat im „Balsam/Procedo“-Urteil insoweit seine bisher gegenteilige16 und in weiten Teilen der Literatur auf Kritik gestoßene17 Rechtsauffassung ____________________ 12
v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan, Rn. 3.88. BGHZ 75, 334 (338 f.); 81, 252 (256); 121, 31; 127, 336 (345); BGH NJW 1985, 858 und 2179; 1995, 457; 1996, 722; v. Gerkan in GmbHR 1996, 400; ders. in ZGR 1997, 173 (184 ff.); K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1244); Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (471 ff.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 32a/b Rn. 45 ff.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 47 ff. 14 Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 32a/b Rn. 110; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 84 m.w.N. 15 BGH ZIP 2000, 1251 („Balsam/Procedo I“); ZIP 2000, 1256 („Balsam/Procedo II“). 16 BGH ZIP 1987, 1113 (1114). 13
§ 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH
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aufgegeben, wonach der Erstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG automatisch entfalle, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft nachhaltig verbessern, sodass der kapitalerhaltungsrechtliche Erstattungsanspruch nach Beseitigung der Unterbilanz gleichsam durch „Zweckerreichung“ erlösche. Die Aufgabe seiner bisherigen Spruchpraxis hat der BGH damit begründet, dass der Erstattungsanspruch funktional mit dem Einlageanspruch der Gesellschaft zu vergleichen sei, für dessen Bestand es wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung keine Rolle spiele, ob das Stammkapital möglicherweise bereits auf andere Weise gedeckt sei18. Die bisher vertretene „Zweckerreichungstheorie“ sei weder vom Wortlaut noch von Sinn und Zweck der Regelung des § 31 I GmbHG gedeckt, da diese Vorschrift ausschließlich die Verletzung des § 30 I GmbHG voraussetze und generell die Erstattung der unter Verstoß gegen Kapitalerhaltungsvorschriften erbrachten Leistungen anordne. Zudem würde eine Abhängigkeit der Erstattungsforderung vom Fortbestand der Unterbilanz es der Gesellschaft faktisch unmöglich machen, die Erstattungsforderung durch Veräußerung zu verwerten. In diesem Fall könnte der Erwerber der Forderung der Gesellschaft nämlich entgegenhalten, dass die Forderung inzwischen aufgrund der Zahlung des Veräußerungsentgelts erloschen sei, weil das Stammkapital durch die Zahlung des Veräußerungserlöses wieder aufgefüllt sei. Die Gesellschaft wäre dann zur Rückzahlung des erhaltenen Entgelts an den Forderungserwerber verpflichtet, welche wiederum das Stammkapital angreife und daher wirtschaftlich ohne Sinn sei19. Da die Rechtsprechungsgrundsätze zu kapitalersetzenden Gesellschafterleistungen auf den §§ 30, 31 GmbHG aufbauen, ist fraglich, ob und inwieweit die eigentlich zum unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 30, 31 GmbHG ergangene Rechtsprechung im Fall „Balsam/Procedo“ über die Rechtsprechungsregeln in das Kapitalersatzrecht Eingang findet. Eine in der Literatur vertretene Auffassung will die im „Balsam/Procedo“Urteil entwickelten Grundsätze vollumfänglich auf das Kapitalersatzrecht übertragen20. Dies hätte zur Folge, dass der Gesellschafter die Rückzahlung eines _____________________ 17
Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn. 6; Brandner in FS Fleck, S. 23 (30 ff.); Scholz GmbHG – Westermann, § 31 Rn. 7; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 31 Rn. 11; Ulmer in FS 100 Jahre GmbHG, S. 363 (385 ff.). 18 BGH ZIP 2000, 1251 (1253). 19 BGH ZIP 2000, 1151 (1153); kritisch gegenüber diesem Argument Wagner/Sperneac-Wolfer in NZG 2001, 9 (13), die allerdings übersehen, dass das Stammkapital angegriffen sein kann, ohne dass ein Verstoß gegen § 30 ff. GmbHG vorliegen muss. 20 Kurth/Delhaes in DB 2000, 2577.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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kapitalersetzenden Darlehens auch nach Wiederherstellung des Stammkapitals nicht verlangen könnte, die Gesellschaft nach § 31 I GmbHG vom Gesellschafter Rückzahlung eines kapitalersetzenden Darlehens auch nach Wiederauffüllung des Stammkapitals beanspruchen könnte und der Insolvenzverwalter auch nach späterer Wiedererlangung der Kreditwürdigkeit Erstattung nach § 135 Nr. 2 InsO fordern könnte21. Ungeachtet der Wiederherstellung des Stammkapitals kommt nach dieser Ansicht eine Entsperrung der kapitalersetzenden Forderung in Anlehnung an die aktuelle Rechtsprechung des BGH nur noch auf Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses in Betracht22. Eine weitere im Schrifttum vertretene Ansicht stimmt der Erstreckung der neuen BGH-Rechtsprechung auf die nach den kapitalersatzrechtlichen Rechtsprechungsregeln erfassten Gesellschafterdarlehen grundsätzlich zu23. Allerdings habe dies lediglich zur Folge, dass der Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG analog wegen einer in der Krise erfolgten Rückzahlung auch dann noch durchgesetzt werden könne, wenn die Unterbilanz der Gesellschaft zwischenzeitlich beseitigt sei; ein Gesellschafterbeschluss über die Rückzahlung des Darlehens sei auch weiterhin nicht erforderlich24. Beide Ansichten vermögen nicht zu überzeugen. Die Auffassung des BGH, nach der auch eine anderweitige Wiederherstellung der Stammkapitalziffer einen wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften entstandenen Erstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG nicht automatisch zum Erlöschen bringt, verdient Zustimmung im unmittelbaren Anwendungsbereich der Kapitalerhaltungsvorschriften, kann jedoch auf das Kapitalersatzrecht nicht übertragen werden. Dies hat Haas zutreffend herausgearbeitet25. Die Kapitalerhaltungsvorschriften bezwecken neben der Erhaltung des Eigenkapitals als Haftungsgrundlage zugunsten der Gläubiger auch eine Erhaltung des Eigenvermögens als Betriebsmittel zugunsten der Gesellschaft26. Demgegenüber dient das Kapitalersatzrecht ausschließlich dem Gläubigerschutz, wenn es die mit einer anstelle der Eigenkapitalzuführung durchgeführten Fremdfinanzierung ver____________________ 21 22 23 24
Kurth/Delhaes in DB 2000, 2577 (2578). Kurth/Delhaes in DB 2000, 2577 (2578 ff.). Bormann in DB 2001, 907; Willemsen/Coenen in DB 2001, 910. Bormann in DB 2001, 907 (908 ff.); Willemsen/Coenen in DB 2001, 910 (911,
913). 25 Haas in NZI 2002, 457 (463 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – Haas/Dittrich, Rn. 8.32a ff.; ebenfalls ablehnend gegenüber einer Übertragung der „Balsam/Procedo“Rechtsprechung auf das Kapitalersatzrecht: v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan, Rn. 3.99. 26 Haas in NZI 2002, 457 (464); Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 1; Fleck in FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (391 f.).
§ 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH
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bundenen Gefahren für die Gläubiger ausgleichen soll27. Diese Gefahren sind aber gebannt, wenn die Stammkapitalziffer – gleich aus welchem Grunde – wiederhergestellt ist und sich das Risiko für die Gläubiger damit definitiv nicht verwirklicht hat28. Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht zurückgezahlter eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen ist, anders als der Erstattungsanspruch im originären Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts, nicht „funktional mit dem Einlageanspruch der Gesellschaft zu vergleichen, für dessen Bestand es wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung keine Rolle spielt, ob das Stammkapital möglicherweise bereits auf andere Weise gedeckt ist“29. Die Hingabe eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen ist eine erlaubte Finanzierungsstrategie und wird vom Gesellschaftsrecht nicht missbilligt30. Die Gesellschafter stehen lediglich in der sog. Finanzierungsfolgenverantwortung, nach der es ihnen verwehrt ist, das Finanzierungsrisiko durch die gewählte Finanzierungstechnik auf die Gläubiger der Gesellschaft abzuwälzen. Hat sich aber das Finanzierungsrisiko nicht verwirklicht, weil letztendlich die Stammkapitalziffer wiederhergestellt wurde, dann gibt es keinen Anlass für die Aufrechterhaltung des Erstattungsanspruchs, auch wenn das gesperrte Darlehen zuvor zu Unrecht an den Gesellschafter zurückgezahlt wurde. Ist das Stammkapital nachhaltig wiederhergestellt, dann stellt sich die Forderung nach Erstattung als systemwidrig dar. Dies erschließt sich vor dem Hintergrund, dass es keinen Grundsatz gibt, wonach Kredite nur von Dritten gewährt werden dürften und die Gesellschafter, weil sie ihrer Gesellschaft näher stehen, für die Finanzierung der Gesellschaft ausschließlich Eigenkapital zur Verfügung stellen müssten31. Die Verpflichtung der Gesellschafter, zu Unrecht zurückerhaltene kapitalersetzende Darlehen der Gesellschaft zu erstatten, dient nicht der Sanktionierung gesellschaftsrechtlich missbilligter Finanzierungsformen und stellt erst recht keine verschleierte Einlageverpflichtung dar. Dem Gesellschafter ist es lediglich verwehrt, sich von der Gesellschaft auf Kosten des Stammkapitals und damit auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger ein Darlehen zurückzahlen zu lassen, das ein gesellschaftsfremder Dritter bereits nicht gewährt oder spätestens zu Beginn der Krise zurückgefordert hätte. Ist das ____________________ 27 Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (204 ff.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 1; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4; Haas in NZI 2002, 457 (464) m.w.N. 28 Haas in NZI 2002, 457 (464); v. Gerkan/Hommelhoff – Haas/Dittrich, Rn. 8. 32c. 29 So BGH ZIP 2002, 1251 (1253) als Argument für das Fortbestehen des Erstattungsanspruchs nach zwischenzeitlich erfolgter Wiederauffüllung des Stammka30 pitals. BGHZ 76, 326 (330); BFH DB 1992, 763 (765); Lutter/Hommelhoff in ZGR 1979, 31 (35 ff.); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 4. 31 Vgl. dazu BGHZ 75, 334 (337); 76, 324 (330); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 7; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 7.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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Stammkapital wiederhergestellt, besteht kein Anlass, die Rückerstattungsverpflichtung aufrechtzuerhalten. Eine Erstattungsverpflichtung trotz wiederhergestellter Stammkapitalziffer würde dazu führen, dass der Gesellschaft im Extremfall neben dem anderweitig wiederhergestellten Stammkapital durch die Rückerstattung ein zweites „Stammkapital“ zugeführt würde. Abgesehen von der Frage, welche Vorschriften den umgehend erfolgenden Abzug dieses zweiten „Stammkapitals“ verhindern sollten, lässt sich eine solche Einlageverpflichtung jedenfalls mit dem Kapitalersatz nicht begründen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein einmal entstandener Erstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG nicht entfällt, wenn das Stammkapital zwischenzeitlich anderweitig nachhaltig wiederhergestellt wurde, findet daher über die Rechtsprechungsregeln keinen Eingang in das Kapitalersatzrecht. Der Anspruch auf Erstattung eines zu Unrecht an den Gesellschafter zurückgezahlten kapitalersetzenden Darlehens fällt fort, wenn das Gesellschaftskapital nach der Rückzahlung wieder nachhaltig bis zur Höhe der Stammkapitalziffer wiederhergestellt ist.
II. Die Novellenregelungen Die Rechtsprechungsregeln binden eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nur, soweit sie zur Deckung aufgezehrten Stammkapitals oder einer darüber hinausgehenden Überschuldung erforderlich sind und zielen zunächst und unmittelbar auf einen vorsorgenden Schutz des Gesellschaftsvermögens ab, bei dem die Gesellschaftsgläubiger nur mittelbar geschützt werden32. Demgegenüber beabsichtigen die Novellenregelungen einen zwar unmittelbaren, jedoch bloß reaktiven Gläubigerschutz, bei dem das Gesellschafterdarlehen in voller Höhe, und nicht nur bis zur Höhe der Stammkapitalziffer, in Eigenkapitalersatz umqualifiziert wird33. Zunächst findet sich in § 32a I GmbHG der aus den Rechtsprechungsregeln bekannte Grundtatbestand, nach dem der Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen zum Zeitpunkt der Krise gewährt, in gesetzliche Form gegossen. Darüber hinaus wird in § 32a II GmbHG das gesellschafterbesicherte Drittdarlehen erfasst und in § 32a III GmbHG die Geltung der Vorschriften auf wirtschaftlich der Darlehensgewährung entsprechende Rechtshandlungen erstreckt. Die Novellenregelungen unterscheiden sich von den Rechtsprechungsgrundsät____________________ 32 33
Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 12. Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 13, 14.
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zen zwar kaum in ihren tatbestandlichen Voraussetzungen, dafür aber umso mehr in den Rechtsfolgen, die ihnen innewohnen34. Nach den Novellenregelungen sind die Gesellschafterdarlehen grundsätzlich nicht gesperrt und dürfen ohne Einschränkung an den darlehensgewährenden Gesellschafter zurückgezahlt werden, solange nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Dieser Grundsatz erfährt nur durch § 6 AnfG eine Einschränkung, nach dem der Gesellschaftsgläubiger, der bei einer Einzelzwangsvollstreckung ausfällt oder auszufallen droht, innerhalb eines Jahres seit Rückzahlung selbige anfechten kann. Die Bedeutung der Novellenregelungen kommt erst zum Tragen, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dann kann der Gesellschafter den Anspruch auf Rückgewähr des Darlehens nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger (§ 39 I Nr. 5 InsO) geltend machen, § 32a I GmbHG. Soweit das Darlehen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits zurückgezahlt wurde, kann der Insolvenzverwalter diese Rückzahlung nach § 135 InsO anfechten und der Gesellschafter ist zur Rückgewähr verpflichtet, § 143 I InsO. Während bei den BGH-Regeln das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nur bis zur Höhe der Stammkapitalziffer gesperrt ist, also in der Höhe, in der das Darlehen eine Unterbilanz oder eine Überschuldung abdeckt, ist im Insolvenzverfahren das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in voller Höhe erfasst35. Mithin ist der Gesellschafter mit seinem Darlehen im Insolvenzverfahren in voller Höhe nachgeordnet, bzw. bei im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits erfolgter Rückzahlung zur Rückgewähr des Darlehens in vollem Umfang verpflichtet.
III. Zweistufiges Schutzsystem Der Gesetzgeber wollte mit den Novellenregelungen eine eigene gesetzliche Grundlage für die rechtliche Behandlung der Gesellschafterdarlehen schaffen, die den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine sichere Grundlage im Gesetzestext geben und so die Rechtsprechungsregeln ersetzen sollten36.
____________________ 34
Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 75; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 161; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.16. 35 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 14 f.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 53, 77. 36 Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 39.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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Bei näherer Betrachtung der Novellenregelungen zeigt sich aber, dass das gesetzgeberische Ziel der Stärkung des Gläubigerschutzes37 nicht erfolgreich umgesetzt wurde. Die Schwächen der gesetzgeberischen Leistung liegen vor allem in der Nichterfassung der nachträglichen Kapitalersatzfunktion von AltDarlehen38 und den kurzen Anfechtungsfristen39. Zu Lasten der Gläubiger wirkt sich darüber hinaus in besonderer Weise die Tatsache aus, dass erst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Anfechtung eines Gesellschaftsgläubigers die Anwendung der Novellenregelungen ermöglicht40. Die ausschließliche Geltung der Neuregelung unter Aufgabe der Rechtsprechungsgrundsätze des BGH hätte daher zu einer Einschränkung des Gläubigerschutzes geführt und so die gesetzgeberische Intention in ihr Gegenteil verkehrt. Der Bundesgerichtshof hat deshalb in seinem grundlegenden „Nutzfahrzeug“-Urteil aus dem Jahre 198441 judiziert, dass die nach altem Recht herausgebildeten Grundsätze neben den Novellenregelungen fortgelten. Nur so könne verwirklicht werden, was der Gesetzgeber mit den Regelungen erreichen wollte, wolle man nicht dem Gesetzgeber zu Unrecht den Willen unterstellen, hinter dem schon von der Rechtsprechung erreichten Stand zurückzubleiben42. Für eine Fortgeltung der Rechtsprechungsgrundsätze spricht sich auch das Schrifttum nahezu einhellig aus, wonach eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen rechtlich nach den Grundsätzen zweier einander ergänzender Regelungssysteme zu beurteilen sind43. ____________________ 37
Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 27. Scholz GmbHG – K. Schmidt, 8. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 13, Fn. 37. 39 Scholz GmbHG – K. Schmidt, 8. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 13, Fn. 37; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 214; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.2, Fn. 14. 40 Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 214; Goette in DStR 1997, 2027 (2028); v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.2, Fn. 14. 41 BGHZ 90, 370 f., seither stRspr, etwa BGHZ 95, 192; BGH NJW 1985, 2719; NJW-RR 1986, 834; NJW 1987, 1080; NJW 1988, 824; NJW 1989, 1733; NJW 1992, 1191; NJW 1993, 3265; BGH ZIP 1995, 23 (25). 42 BGHZ 90, 370 (380); vgl. zum „höchstrichterlichen Mut zur Revolte“ die Glosse von K. Schmidt in JZ 1984, 880 f. ; Mertens in FS Werner, S. 557, der dem Gesetzgeber vorwirft, „bei der GmbHG-Novelle von allen guten Geistern verlassen“ gewesen zu sein; Flume, Juristische Person, S. 84 Fn. 83: „Die Einführung der §§ 32a, 32b (...) hätte unterbleiben sollen“; Kübler in FS Stimpel, S. 3 ff zum „Verhältnis von Richter und Gesetz“. 43 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 74; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 10; Scholz GmbHG – K. Schmidt §§ 32a, 32b Rn 11; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 14; Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (486); Hommelhoff/Kleindiek in FS 100 Jahre GmbHG, S. 421 (432); Staudinger – Hopt/Mülbert, § 607 Rn. 113 ff.; kritisch: Kübler in FS Stimpel S. 3 (9 ff.) 38
§ 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH
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Zunächst wurde im Schrifttum vertreten, dass es sich bei dem Nebeneinander der Regelungen um ein zweispuriges/duales Schutzsystem handele44. Da nach den insolvenzrechtlich konstruierten Novellenregeln der Anspruch des Gesellschafters auf Rückzahlung des Darlehens bestehen bleibt und bei Fälligkeit auch durchgesetzt werden kann45, sieht sich der Geschäftsführer hinsichtlich des Darlehens einerseits einem Tilgungsgebot ausgesetzt, andererseits ist ihm die Rückzahlung des Darlehens nach dem Tilgungsverbot der BGH-Regeln untersagt. Dieser Widerspruch lässt sich nur auflösen, wenn man nicht von einem zweispurigen, sondern mit der mittlerweile wohl herrschenden Ansicht von einem zweistufigen Schutzsystem ausgeht46: Die Zweistufigkeit des Schutzsystems besteht darin, dass die Rechtsprechungsregeln den Sockel bis zur Stammkapitalziffer bilden, der Aufbau oberhalb der Stammkapitalziffer hingegen allein von den Novellenregeln bestimmt wird47. Bis zur Höhe der Stammkapitalziffer sind eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nach den BGH-Regeln also gesperrt und dürfen vom Geschäftsführer nicht zurückgezahlt werden; oberhalb der Stammkapitalziffer sind die Darlehen nach den Novellenregelungen zurückzuerstatten, sofern sie insolvenzverstrickt sind, ansonsten jedoch frei48. Handelt es bei dem vom Gesellschafter zurückzuerstattenden Betrag um einen solchen aus dem Sockelbereich, so steht es dem Insolvenzverwalter frei, auf welche Anspruchsgrundlage er sich beruft49. Zweckmäßigerweise wird er jedoch auf die im Sockelbereich ebenfalls anwendbaren Novellenregelungen zurückgreifen, um die zumeist schwierige Feststellung zu vermeiden, ob und inwieweit das Stammkapital angegriffen wurde50. Spitzenbeträge oberhalb der Stammkapitalziffer hingegen werden ausschließlich von den Novellenregelungen erfasst51, sodass deren Rückzahlung an ____________________ 44
Siehe die Nachweise bei Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (480) Fn. 110; v. Gerkan in GmbHR 1986, 218 (219); Westermann in FS Fleck, S. 423 f. 45 BGHZ 90, 370 (379); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 53; Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (481) m.w.N. 46 Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (481), kritisch zur Terminologie Hommelhoffs: Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 215. 47 v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.5. 48 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 77; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 17; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 218 ff.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32 b Rn. 77; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.4. 49 Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 224. 50 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 17; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 224. 51 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 17; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 224; Scholz GmbHG – K. Schmidt §§ 32a, 32b Rn. 76.
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den Gesellschafter nicht gesperrt ist, solange nicht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wurde. Fraglich ist, ob sich aus der Zweistufigkeit des Schutzsystems Besonderheiten im Hinblick auf die Anspruchskonkurrenz ergeben. Während Timm52 sich für eine Verdrängung der Rechtsprechungsgrundsätze im Anwendungsbereich der Novellenregelungen ausspricht, plädiert Hommelhoff53 für eine Verdrängung der Novellenregelungen durch die BGH-Regeln innerhalb ihres Anwendungsbereichs; für den Stammkapital-Sockel würden die Rechtsprechungsgrundsätze als leges speciales ausschließlich gelten. Da die Rechtsprechungsgrundsätze mangels Anknüpfens an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. das Betreiben der Einzelzwangsvollstreckung durch einen Gesellschaftsgläubiger tatbestandlich weiter gefasst sind als die Novellenregelungen54 und sich ihre Rechtsqualität mangels Kodifizierung im Vergleich zu den Novellenregelungen deutlich geringer ausnimmt55, verbietet es sich, die BGH-Regeln als leges speciales anzusehen. Gegen die von Timm geforderte Spezialität der Novellenregelungen sprechen Gläubigerschutzgesichtspunkte, da die relativ kurzen Anfechtungsfristen der Novellenregeln einen Rückgriff auf die Rechtsprechungsgrundsätze erforderlich machen können. Es erscheint daher sachgerecht, die Zweistufigkeit des Schutzsystems nicht im Sinne einer Anspruchskonkurrenz zu verstehen, sondern BGH-Regeln und Novellenregelungen als Kategorien zu betrachten, die zwei verschiedene Schutzzonen56 abdecken. Der Konflikt zwischen dem bei isolierter Betrachtung der Novellenregelungen existierenden Tilgungsgebot, nach dem der Geschäftsführer zur Tilgung der Darlehensschuld verpflichtet ist, und dem Tilgungsverbot nach den BGH-Regeln der Kapitalerhaltung57 scheint dazu zu zwingen, einer der Kategorien Anwendungsvorrang einzuräumen. Dieser Konflikt löst sich jedoch auf, wenn man die Konkurrenz zwischen Rechtsprechungs- und Novellenregeln nicht auf der Tatbestandsseite verortet, sondern dort, wo sie tatsächlich auftritt: in den Rechtsfolgen. Auf Tatbestandsseite ergibt sich nämlich schon kein Konflikt, wenn man die Novellenregelungen nicht isoliert betrachtet und von einer Fortgeltung der BGH-Regeln ausgeht. Dies führt dazu, ____________________ 52
Timm in JuS 1991, 652 (654). Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (481), anders jedoch wiederum Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 17, wonach der Sockelbetrag „vornehmlich“ von den Rechtsprechungsregeln erfasst sei und auch im Sockelbereich die Novellenregelungen anwendbar seien. 54 Timm in JuS 1991, 652 (654). 55 Timm in JuS 1991, 652 (654). 56 So Priester in FS für Döllerer, S. 475 (S. 483). 57 Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (480 f.). 53
§ 2 Grundstrukturen des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH
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dass das Tilgungsgebot der Novellenregeln vom (fortgeltenden) Tilgungsverbot der Rechtsprechungsgrundsätze teilweise überlagert wird. Lediglich in den Rechtsfolgen macht sich eine „Konkurrenz“ der beiden Kategorien bemerkbar, denn Spitzenbeträge oberhalb der Stammkapitalziffer sind einzig und allein von den kodifizierten Bestimmungen erfasst, sodass das Tilgungsgebot nur noch bei Spitzenbeträgen oberhalb der Stammkapitalziffer und außerhalb der Insolvenz zum Tragen kommt. Sofern die Voraussetzungen der Novellenregelungen jedoch vorliegen, ist nicht nur ein etwaiger Spitzenbetrag, sondern das Darlehen in voller Höhe – also auch der Betrag bis zur Stammkapitalziffer – von den Novellenregeln erfasst. Mit anderen Worten: Die Novellenregeln gelten auch, aber nicht ausschließlich im Bereich oberhalb der Stammkapitalziffer. Folglich schützen beide Kategorien den Sockelbetrag bis zur Stammkapitalziffer, die Rechtsprechungsregeln immer, die Novellenregeln hingegen ausschließlich in der Insolvenz. Für die Annahme Hommelhoffs, die BGH-Regeln verdrängten als leges speciales innerhalb ihres Anwendungsbereichs die Novellenregeln, da der Geschäftsführer nicht dem aus den Novellenregeln resultierenden Tilgungsgebot und gleichzeitig einem den BGH-Regeln entspringenden Tilgungsverbot ausgesetzt sein könne58, besteht somit kein Bedürfnis, da das Tilgungsgebot bis zur Höhe der Stammkapitalziffer vom Tilgungsverbot überlagert wird. Diese Überlagerung ergibt sich aus den Rechtsfolgen und muss nicht auf dem Wege der Anspruchskonkurrenz konstruiert werden.
III. Zwischenergebnis Das Kapitalersatzrecht wird von einem zweistufigen Schutzsystem bestimmt, bestehend aus den Rechtsprechungsregeln des Bundesgerichtshofs und den Novellenregelungen. Beide Kategorien schützen den Sockelbetrag bis zur Stammkapitalziffer, die Rechtsprechungsregeln immer, die Novellenregeln ausschließlich in der Insolvenz. Spitzenbeträge oberhalb der Stammkapitalziffer sind allein von den kodifizierten Bestimmungen erfasst. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der ein einmal entstandener Erstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG nicht entfällt, wenn das Stammkapital zwischenzeitlich anderweitig nachhaltig wiederhergestellt wurde, findet über die Rechtsprechungsregeln keinen Eingang in das Kapitalersatzrecht. Der Anspruch auf Erstattung eines zu Unrecht an den Gesellschafter zurückgezahlten kapitalersetzenden Darlehens fällt fort, wenn das Gesellschaftskapital nach der Rückzahlung wieder nachhaltig bis zur Höhe der Stammkapitalziffer wiederhergestellt ist. ____________________ 58
Hommelhoff in ZGR 1988, 460 (481).
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen Die Durchführung des Cash Poolings ist zwischen unternehmenstragenden Gesellschaften aller Rechtsformen möglich. Es ist daher zu untersuchen, ob und inwieweit die zuvor dargestellten Grundsätze zur Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts im Recht der GmbH auch auf Unternehmen anderer Rechtsformen Anwendung findet. Hierbei hat sich die Untersuchung auf solche praxisrelevante Rechtsformen zu beschränken, in der die poolintegrierten Unternehmen regelmäßig geführt werden.
I. Rechtsformmodifiziertes Schutzrecht Da nicht die Novellenregelungen die dogmatische Grundlage des Eigenkapitalersatzrechts darstellen, sondern die Gleichsetzung von kapitalersetzenden Darlehen mit haftendem Kapital erfolgt, weil und soweit die Darlehen QuasiHaftkapital sind1, können die Novellenregelungen als spezialgesetzliche Teilregelung den Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts nicht auf die durch sie erfassten Gesellschaftsformen beschränken2. Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung ist das Kapitalersatzrecht rechtsformneutral und nicht an eine bestimmte Rechtsform gekoppelt3. Gleichwohl bedeutet eine solche Anerkennung des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens nicht, dass die von der Rechtsprechung entwickelten bzw. gesetzlich kodifizierten Regelungen schematisch auf andere Rechtsformen übertragen werden könnten. Vielmehr sind sowohl im Tatbestand als auch in den Rechtsfolgen Modifikationen vorzunehmen, die der jeweiligen Rechtsform angemessen sind4. Aus diesem Grunde ____________________ 1
So bereits RG JW 1939, 355 (356); K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 (172). K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 (172); v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.2. 3 K. Schmidt in AG 1984, 12 ff.; ders. in ZHR 147 (1983), 165 (171ff.); ders. in FS Goerdeler; S. 487 (503 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.1; Junker in ZHR 156 (1992), 394 (399); Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 87; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 157; Wiedemann in FS Beusch, S. 893 (896 ff.). 4 K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (504); MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 159; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.4. 2
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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erscheint es treffender, das Kapitalersatzrecht nicht als „rechtsformspezifisches Schutzrecht“5, sondern als „rechtsformmodifiziertes Schutzrecht“ zu charakterisieren. Dementsprechend ist bei der Frage der Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts bei den möglichen Rechtsformen der darlehensnehmenden Gesellschaft wie folgt zu unterscheiden:
II. Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als Vollhafter Die Gesellschaftsfinanzierung durch Gesellschafterdarlehen ist typischerweise ein Phänomen personalistisch geprägter Gesellschaften, welche wiederum typischerweise die Rechtsformen der GmbH oder der GmbH & Co. KG annehmen. Das ist der Grund dafür, dass die Regeln zur Behandlung des Eigenkapitalersatzes in der GmbH überwiegend anhand von Fällen entwickelt wurden, in die eine GmbH & Co. KG verstrickt war6. Der Bundesgerichtshof hat die für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen geltenden Regeln schon früh auf die GmbH & Co. KG angewendet und befunden, dass die §§ 30, 31 GmbHG auch dann entsprechende Anwendung finden, wenn das Gesellschafterdarlehen unmittelbar aus dem Vermögen der KG zurückgezahlt und dadurch auf mittelbarem Wege über § 128 HGB das Vermögen der GmbH betroffen ist7. Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen der GmbHG-Novelle berücksichtigt und die Novellenregeln der §§ 32a, 32 b GmbH auch auf die OHG und KG ohne natürliche Person als Vollhafter – insbesondere also die typische GmbH & Co. KG – durch die §§ 129a, 172a HGB erstreckt. Nicht erfasst sind hingegen Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als Vollhafter, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine OHG oder KG gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, vgl. § 172a S. 2 HGB. Das Darlehen muss nach herrschender Meinung von einem beschränkt haftenden Gesellschafter stammen, also einem Kommanditisten oder Gesellschafter der Komplementärgesellschaft bzw. einem Gesellschafter der an der OHG beteiligten Gesellschaft. Unmittelbar von der Komplementärgesellschaft bzw. vom OHG-Gesellschafter ausgereichte Kredite seien hingegen nicht erfasst. Diese Sichtweise begründet die herrschende Meinung damit, dass Komplementäre und OHG-Gesellschafter, ____________________ 5
So v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Teil 11. Kamprad, S.1 ff. ; K. Schmidt in AG 1984, 12 (13); ders. in ZHR 147 (1983), 165 (171 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.29. 7 BGHZ 60, 324; BGHZ 67, 171 (175f.); BGHZ 69, 274 (279f.); BGH NJW 1990, 516 (518); BGH WM 1990, 100 (101). 6
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
auch wenn es sich bei den Gesellschaftern um Kapitalgesellschaften handelt, ohnehin nach § 128 HGB mit ihrem gesamten Vermögen haften würden, sodass ihre Einbeziehung in den Kreis der Adressaten der §§ 32a, b GmbHG die Stellung der Gesellschaftsgläubiger nicht verbessern würde8. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Anfechtungsvorschriften ist festzustellen, dass in den §§ 129a, 172a HGB zwar nicht ausdrücklich auf die Anfechtungsvorschriften der §§ 135 InsO, 6 AnfG verwiesen wird. Diese gelten jedoch nach nahezu einhelliger Auffassung auch für die KG bzw. OHG ohne natürliche Person als Vollhafter9. Neben den Novellenregelungen gelten für die Personenhandelsgesellschaft ohne natürliche Person als Vollhafter auch die Rechtsprechungsgrundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen fort10.
III. Gesetzestypische Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft Ob das Kapitalersatzrecht auch Gesellschafterdarlehen in der gesetztypischen OHG bzw. KG – also Personenhandelsgesellschaften mit einer natürlichen Person als Vollhafter – erfasst, ist streitig. Die bisher herrschende Meinung geht davon aus, dass die unbeschränkte Haftung einer natürlichen Person die Aufbringung und Erhaltung eines Mindestkapitals und folglich auch die zwingende Umqualifizierung von Fremdkapital in Quasi-Eigenkapital erübrigt11.
____________________ 8 Baumbach/Hopt HGB, § 172a Rn. 5; Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (212); Koller/Roth HGB – Koller, § 172a Rn. 11; a.A.: Ebenroth/Boujong/Joost HGB – Strohn, § 172a Rn. 26; Schlegelberger HGB – K. Schmidt, § 172a Rn. 19; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff Rn. 1.29; v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (188). 9 Baumbach/Hopt HGB, § 172a Rn. 16 f.; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a,b Rn. 192 m.w.N. 10 Baumbach/Hopt HGB, § 172a Rn. 32; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, 32 b; Koller/Roth HGB – Koller, § 172 Rn. 17; Schlegelberger HGB – K. Schmidt, § 172a Rn. 51. 11 Baumbach/Hopt HGB, § 129a Rn. 2; Ebenroth/Boujong/Joost HGB – Hillmann, § 129a Rn. 4; Görling in BB 1991, 2386 (2390f.); Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (214); Huber in ZGR 1988, 1 (40); Koller/Roth HGB – Koller, § 172a Rn. 11; Rümker in ZGR 1988, 494 (511ff.); vgl. auch den Diskussionsbericht von Hellwege in ZGR 1988, 516.
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
59
Karsten Schmidt hingegen spricht sich für eine Institutionalisierung eines allgemeinen Rechts des Eigenkapitalersatzes aus, nach dem Eigenkapitalersatz überall dort in Frage kommen kann, wo zwischen Eigen- und Fremdkapital unterschieden werden muss, es also auch eigenkapitalersetzende Komplementärdarlehen und OHG-Gesellschafterdarlehen gibt12. Hierbei unterscheidet K. Schmidt jedoch zwischen dem institutionellen Aspekt und der Sanktionsseite, wenn er sich zwar grundsätzlich für eine rechtsformübergreifende Anwendbarkeit der Grundsätze über den Eigenkapitalersatz ausspricht, die damit verbundenen Sanktionen aber rechtsformspezifisch bestimmt sehen will13. Zunächst gelte der in § 32a GmbHG zwar konstatierte, aber nicht dekretierte, dem Institut des Eigenkapitalersatzes immanente Grundsatz, wonach eigenkapitalersetzende Darlehen in der Insolvenz nur nachrangig geltend gemacht dürfen14. Während K. Schmidt den auf die §§ 30, 31 GmbHG gestützten zivilrechtlichen Sanktionen in Form von Auszahlungsverboten und Rückzahlungsansprüchen außerhalb von Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung die Analogiefähigkeit abspricht, sieht er die allgemeinen Bestimmungen der §§ 135 InsO, 6 AnfG auf alle Unternehmensträger anwendbar, da diese Regelungen zwar vom Gesetzgeber für die GmbH formuliert worden seien, funktionell aber nichts mit den Besonderheiten der GmbH zu tun hätten und daher als vollstreckungs- und insolvenzrechtlicher Gläubigerschutz gegen Schmälerungen der eigenkapitalersetzenden Haftungsmasse in der Krise zu verstehen seien15. Folgt man der Ansicht K. Schmidts, so gelten diese Grundsätze nicht nur für Kommanditistenund Komplementärdarlehen in der gesetztypischen KG, sondern folgerichtig auch für das von der herrschenden Meinung und dem Gesetzeswortlaut nicht erfasste Komplementärdarlehen im Rahmen des § 172a HGB bzw. OHG-Gesellschafterdarlehen im Rahmen des § 129a HGB16.
____________________ 12 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 III, 4. (S. 530 ff.); ders. in GmbHR 1986, 337; ders. in ZIP 1991, 1 (2); ders. in JZ 1985, 301 (304); ders. in ZHR 147 (1983), 165 (171 ff.); ders. in AG 1984, 12 (15); ders. in FS Goerdeler, S. 487 (503 f.); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 23; Schlegelberger HGB – K. Schmidt, § 129a Rn. 8, § 172 a Rn. 54. 13 K. Schmidt in ZIP 1991, 1 (2). 14 K. Schmidt in ZIP 1991, 1 (2). 15 K. Schmidt in ZIP 1991, 1 (4); noch weitergehend Joost in ZGR 1987, 370 (381 ff.), der auch die in Analogie zu § 30 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze auf die gesetzestypische KG durch extensive Interpretation der Regelungen über die Außenhaftung des Kommanditisten, §§ 171 I, 172 IV HGB, anwenden will. 16 Schlegelberger HGB – K. Schmidt, § 172a Rn. 19; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff Rn. 1.29; v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (188).
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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In der neueren Literatur findet die Ansicht K. Schmidts insoweit vielfach Unterstützung, als ein beachtlicher Teil des Schrifttums nun auch Kommanditistendarlehen in der gesetzestypischen KG vom Kapitalersatzrecht erfasst sehen will17. Der II. Zivilsenat des BGH hat die Frage der Verstrickung von Kommanditistendarlehen offen gelassen18. Die von K. Schmidt propagierte Erstreckung auf natürliche, vollhaftende Personen – also Komplementär und OHG-Gesellschafter in der gesetzestypischen KG und OHG – findet hingegen in Rechtsprechung und Schrifttum noch keine Gefolgschaft19.
IV. Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien Sieht man von einem Urteil des Reichsgerichts20 ab, welches für den atypischen Fall einer „Einmann-AG“ seine noch auf § 826 BGB gestützte Rechtsprechung auf die Aktiengesellschaft übertragen und auch kapitalersetzende Aktionärsdarlehen wie Haftkapital behandelte, so musste die höchstrichterliche Rechtsprechung erst Anfang der achtziger Jahre über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen bei der Aktiengesellschaft judizieren. Entgegen der bis dahin im Schrifttum21 vorherrschenden und in der Vorinstanz22 vertretenen Auffassung ist seit dem grundlegenden „BuM/WestLB“-Urteil23 des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1984 in Rechtsprechung24 und Schrifttum25 anerkannt, dass ____________________ 17
Fleischer, S. 188 ff., 193; Joost in ZGR 1987, 370 (393 ff.); Koch, S. 95 ff.; Koller in FS Heinsius, S. 357 (373 f.); Koller/Roth HGB - Koller, §§ 171, 172 Rn. 25; Michel, S. 215 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.43 ff. 18 BGHZ 112, 31 (38f.); gegen die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts auf Kommanditistendarlehen: OLG Frankfurt in WM 1982, 198 (199); LG Düsseldorf ZIP 1988, 1569 (1570). 19 Vgl. BGHZ 112, 31 (39); in Vorinstanz bereits LG Düsseldorf in ZIP 1988, 1569 (1570), dazu Fleck in EWiR 1988, 1223 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.45. 20 RG JW 1939, 355. 21 Claussen in ZHR 147 (1983), 195 (201 f.); Heilmann in KTS 1983, 513f. (anders jedoch für die Einmann-AG und die Familien-AG); Menzel in AG 1982, 197 (205); Obermüller in ZIP 1982, 915(920); Rümker in ZIP 1982, 1385 (1395 f.); Westermann in ZIP 1982, 379 (387 f.); ders. in ZIP 1983, 1281 (1282 f.). 22 OLG Düsseldorf ZIP 1983, 786 (788). 23 BGHZ 90, 381 (387). 24 OLG Düsseldorf AG 1987, 181 (183); OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402). 25 Claussen in AG 1985, 173 (178 ff.); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 106; Hüffer AktG, § 57 Rn. 17; Junker in ZHR 156 (1992), 394 ff.; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 87; Ketzer, S. 25 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 29 I. 2. (S. 878 ff.); A. Müller, S. 152 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 1.39 ff.; für die KGaA: Geßler/Hefermehl AktG – Semler, § 278 Rn. 80; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer,
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
61
die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Darlehens auf die Aktiengesellschaft grundsätzlich Anwendung findet. Der Natur des Kapitalersatzrechts als rechtsformmodifiziertem Schutzrecht entsprechend sind jedoch auch bei der Übertragung der für die GmbH geltenden Kapitalersatzregeln auf die AG bzw. KGaA der Rechtsform angemessene Veränderungen vorzunehmen. 1. Finanzierungsfolgenverantwortung Nicht jedes Darlehen, welches der Aktiengesellschaft in der Krise von einem Aktionär gewährt bzw. außerhalb der Krise von einem Aktionär gewährt und im Zeitpunkt der Krise stehen gelassen wurde26, ist eigenkapitalersetzend. Nach Auffassung des BGH ist für eine Umqualifizierung in Eigenkapitalersatz erforderlich, dass der darlehensgewährende Aktionär für die seriöse Finanzierung der AG mitverantwortlich ist und in seiner Darlehensgewährung die unternehmerische Entscheidung zum Ausdruck kommt, den Fortbestand der Aktiengesellschaft zu sichern, ohne ihr das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung zu stellen27. Diese Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Finanzierung, seit einem Urteil des BGH aus dem Jahre 199428 als „Finanzierungsfolgenverantwortung29“ bezeichnet, wird vom BGH regelmäßig dann angenommen, wenn der finanzierende Aktionär über eine Sperrminorität verfügt, sodass jede die qualifizierte Mehrheit erfordernde Beschlussfassung seiner Zustimmung bedarf, woraus ein eigenes Unternehmerinteresse abzuleiten sei30. Dem stimmt auch das Schrifttum31 weitgehend zu, wobei umstritten ist, ob die unternehmerische Beteiligung bei Vorliegen einer Beteiligung von über 25 % unwiderleglich zu vermuten ist32 oder widerlegt werden kann33. Bei einer _____________________
Rn. 11.39; Wichert, S. 211 ff.; vor dem „BuM/WestLB“-Urteil bereits bejahend: Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 ff.); Lutter/Hommelhoff/Timm in BB 1980, 737 (741 f.); K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 (173 ff.); ders. in AG 1984, 12 ff. 26 Siehe dazu § 5 III. 2. (S. 108 ff.). 27 BGHZ 90, 381 (387 ff.). 28 BGHZ 127, 17 (29). 29 Der Begriff der „Folgeverantwortung“ geht zurück auf Wiedemann in ZIP 1986, 1293 (1297). 30 BGHZ 90, 381 (390 f.); ebenso OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402). 31 GK AktG – Henze, § 57 Rn. 120; Hüffer AktG, § 57 Rn. 18; Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 f.); Ketzer, S. 78; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 93; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 176 ff.; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (677 f.); Vetter/Stadler, Rn. 64. 32 Ketzer, S. 78.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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geringeren, aber nicht unbeträchtlichen Beteiligung, kann ein Aktionärsdarlehen in Eigenkapital umqualifiziert werden, wenn die Beteiligung in Verbindung mit anderen Umständen dem Aktionär Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er dadurch ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt34. Die von Farrenkopf35 vertretene Ansicht, nach der jeder Aktionär unabhängig von seiner Beteiligungsquote dem Kapitalersatzrecht unterworfen sein könne, weil nicht die Finanzierungsfolgenverantwortung, sondern das Vertrauen der Gläubiger in eine ordnungsgemäße Eigenkapitalausstattung der Aktiengesellschaft der maßgebliche Grund für die Umqualifizierung sei und dieses Vertrauen durch jeden Aktionär enttäuscht werde, der sich an der Fremdfinanzierung beteilige, hat sich nicht durchsetzen können36. Die unterschiedliche Behandlung der Aktionärsdarlehen im Verhältnis zur Behandlung von Darlehen eines GmbH-Gesellschafters wird vielfach damit begründet, dass der GmbH-Gesellschafter bessere Informations- und Einflussmöglichkeiten als der Aktionär habe, während der Aktionär weder die Befugnis zur Erteilung von Weisungen in Fragen der Geschäftsführung, noch ein laufendes Informationsrecht habe37. Diese zwar im Grundsatz zutreffende Aussage relativiert sich, wenn man bedenkt, dass das Weisungsrecht des GmbHGesellschafters gegenüber der Geschäftsführung eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung voraussetzt, die Einflussnahme auf Kapitalerhöhungsmaßnahmen regelmäßig eine Sperrminorität erfordert (§ 53 II GmbHG), die Einberufung der Gesellschafterversammlung sowie das Recht zur Mitgestaltung der Tagesordnung eine Beteiligung von 10 % erfordert (§ 50 I, II GmbHG) und es letztlich auch jedem Aktionär offen steht, vor einer Darlehensgewährung detaillierte Informationen vom Vorstand der Aktiengesellschaft zu verlangen38. _____________________ 33
Bork in ZIP 1990, 1037 (1039); Junker in ZHR 156 (1992), 394 (412) m.w.N. BGHZ 90, 381 (388); Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (218 ff.); Junker in ZHR 156 (1992), 394 (403 ff.); K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 ( 184 ff.). 35 Farrenkopf, S. 97 ff. 36 Allerdings wird die wohl als gefestigt zu bezeichnende Ansicht, die sich für eine Schwelle von 25 % ausspricht, in jüngerer Vergangenheit von Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (218 ff.) und Veil in ZGR 2000, 223 (226 ff.) in Frage gestellt. 37 BGHZ 90, 381 (387 f.); Ulmer in ZIP 1984, 1163 (1164 f.); Junker in ZHR 156 (1992), 394 (403 f.) m.w.N. 38 Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (216 f.); ähnl. Rümker in ZGR 1988, 494 (504); v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.12; a.A.: Junker in ZHR 156 (1992), 394 (406), wonach aufgrund schuldvertraglicher Beziehungen erlangte Informationen keine Berücksichtigung finden dürfen, weil eine unternehmerische Verantwortung durch die Gesellschafterposition vermittelt sein müsse. 34
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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Die unterschiedliche Behandlung von GmbH und AG in Bezug auf die Beteiligungsquote des Gesellschafters resultiert vielmehr aus dem strukturellen Unterschied beider Rechtsformen, aus dem wiederum die Finanzierungsfolgenverantwortung eines jeden GmbH-Gesellschafters erwächst. Während die GmbH als Zusammenschluss von Gesellschaftern in überschaubarer Zahl konzipiert, durch den erschwerten Mitgliederwechsel personalistisch geprägt ist und die Gesellschafter regelmäßig unternehmerische Interessen verfolgen, weist die typische AG genau die gegenteilige Struktur auf. Unternehmerische Interessen verfolgen im Regelfall nur Großaktionäre39. Daraus folgt – und richtigerweise lassen sich die unterschiedlichen Anforderungen an die Beteiligungshöhe des Gesellschafters nur damit erklären – dass jedem GmbHGesellschafter nach §§ 24, 31 III GmbHG das Ausfallrisiko auferlegt ist, falls Mitgesellschafter gegen die Regeln der Kapitalaufbringung oder -erhaltung verstoßen und deshalb jeder GmbH-Gesellschafter – unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung – in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht40. Auch der BGH führt in seinem „BuM/WestLB“-Urteil die unterschiedliche Beurteilung von eigenkapitalersetzenden Darlehen im Recht von GmbH und AG auf die strukturellen Unterschiede beider Rechtsformen zurück41. 2. Modifikationen in den Rechtsfolgen Hinsichtlich der Rechtsfolgen des eigenkapitalersetzenden Aktionärsdarlehens ist wiederum zwischen den Rechtsprechungsregeln und den Novellenregelungen zu differenzieren. a) Rechtsprechungsregeln aa) Sinngemäße Anwendbarkeit Die sinngemäße Anwendung der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen auf Aktionärsdarlehen führt zu einer analogen Anwendung des in § 57 AktG normierten Rückzahlungsverbots, sodass der Vorstand eine Rückzahlung des kapitalersetzenden Darlehens an den Aktionär verweigern muss und verbotswidrig zurückgewährte Darlehen eine Rückerstattungspflicht entsprechend ____________________ 39
v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.14. Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 8, 11; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 172; Scholz GmbHG – K. Schmidt, 8. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 30; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer Rn. 11.13. 41 BGHZ 90, 381 (390 f.). 40
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
§ 62 I AktG auslösen42. Von den aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften sind nicht nur das Darlehen selbst, sondern auch Zinsen und sonstige Nebenforderungen erfasst43. Zudem steht eine Aufrechnung44 oder Verrechnung45 mit der Darlehensforderung einer Rückzahlung derselben gleich. bb) Umfang der Umqualifizierung In welchem Umfang die kapitalersetzenden Darlehen durch die analoge Anwendung der aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften von einer Rückzahlung an die darlehensgewährenden Aktionäre ausgenommen sind, ist umstritten. Die Rechtsprechung zu den kapitalersetzenden Darlehen bei der GmbH verbietet eine Rückzahlung der Darlehen nur insoweit, als sie zur Abdeckung des satzungsmäßigen Stammkapitals und einer darüber hinaus gehenden Überschuldung, also einer Wiederauffüllung bis zur Höhe der Stammkapitalziffer, notwendig sind46. Dies resultiert daraus, dass sich die Rechtsprechungsgrundsätze zur GmbH auf die analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG stützen und diese Vorschriften das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Vermögen schützen. Anders als die §§ 30, 31 GmbHG schützen hingegen die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 62 AktG entgegen ihres missverständlichen Wortlautes („Einlagen“) nicht nur das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Vermögen, sondern – mit Ausnahme des förmlich festgestellten Bilanzgewinns, § 57 III AktG – das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft47. Namentlich gehört dazu der Reservefonds, der sich aus der gesetzlichen Rücklage gem. § 150 I, II AktG und aus der nach § 272 II Nr. 1-3 HGB zu bildenden Kapitalrücklage zusammensetzt. Als Korrelat für den Ausschluss der persönlichen Haftung der Aktionäre bildet das satzungsmäßige Grundkapital der AG den Haftungsfonds der Gesellschaft. Dass das Grundkapital insoweit der aktienrechtlichen Vermögensbindung unterliegt, als eine Rückzahlung kapitalersetzender Darlehen bis zur Höhe der Grundkapitalziffer einschließlich einer etwaigen Überschuldung durch § 57 ____________________ 42 GK AktG – Henze, § 57 Rn. 144, Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 95; Hüffer AktG, § 57 Rn. 16 ff.; Ketzer, S. 174 f. 43 BGHZ 67, 171 (179 f.); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 144; Ketzer, S. 175. 44 BGHZ 81, 365 (367 f.); Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 95; Ketzer, S. 75 m.w.N. 45 BGHZ 81, 311 (314 f.); BGH WM 1987, 284 (285 f.). 46 Vgl.dazu § 2 I. 1. (S. 45 f.). 47 Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 4; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 561 f.
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AktG verboten ist, ist unumstritten. Ob aus den aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften jedoch ein Rückzahlungsverbot der Gesellschafterdarlehen im vollen Umfang entsprechend § 57 III AktG folgt, die Verstrickung sich auf das Grundkapital zuzüglich des Reservefonds beschränkt oder ob die kapitalersetzenden Darlehen wie im Recht der GmbH nur bis zur Auffüllung des Stammkapitals gesperrt sind, ist umstritten und wurde vom Bundesgerichtshof im „BuM/WestLB“-Urteil offen gelassen48. Nach einer von Herrmann und H.P. Westermann vertretenen und nicht näher begründeten Ansicht ist jede Rückzahlung außerhalb der Ausschüttung von Bilanzgewinn unzulässig49, was zur Folge hätte, dass kapitalersetzende Darlehen stets in voller Höhe gesperrt wären. Die im Schrifttum überwiegend vertretene Auffassung will kapitalersetzende Darlehen nur insoweit einer Rückzahlungssperre unterworfen sehen, als nicht das Grundkapital und die durch § 150 AktG gebundene gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklage, also diejenigen finanziellen Positionen, die nicht in Bilanzgewinn verwandelt und an die Aktionäre ausgezahlt werden dürfen, angegriffen werden50. Die von diesen Autoren vielfach aufgestellte These, nach der die AG das Darlehen dann zurückzahlen darf, wenn sie Bilanzgewinn ausweisen könnte51, ist jedoch missverständlich. Dies zeigt das folgende, in Anlehnung an Lutter52 konstruierte Beispiel: Einer AG mit einem Grundkapital von 1 Mio. c, einem Bilanzverlust von 500.000 c und einer gesetzlichen Rücklage/Kapitalrücklage von 200.000 c sei ein Aktionärsdarlehen von 2 Mio. c gewährt worden. Da die gesetzliche Rücklage/Kapitalrücklage gem. § 150 III, IV AktG zur Verlustabdeckung verwendet werden darf53 und die aktienrechtliche Vermögensbindung es erlaubt, sogar dann noch Gewinne an die Aktionäre auszuschütten, wenn der Reservefonds ____________________ 48 49
BGHZ 90, 381 (387). Hermann in 50 Jahre WP-Beruf, S. 151 (178); Westermann in ZIP 1982, 379
(387). 50
GK AktG – Henze, § 57 Rn. 147; Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1118); Hüffer AktG, § 57 Rn. 19; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 94; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 211; A. Müller, S. 159 ff.; Schwark in JZ 1984, 1036 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.38; Vetter/Stadler, Rn. 64. 51 Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 94; v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.38; Hüffer AktG, § 57 Rn. 19. 52 Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 94. 53 Missverständlich Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 94, der entgegen des Wortlautes des § 150 III AktG scheinbar davon ausgeht, dass nur die Kapitalrücklage, nicht aber die gesetzliche Rücklage zur Verlustabdeckung benutzt werden kann.
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durch Verluste der Gesellschaft aufgezehrt oder gemindert ist, solange nur erneut 5 % des Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden54, kann der Jahresfehlbetrag in Höhe von 500.000 c um 200.000 c gesetzliche Rücklage/Kapitalrücklage ausgeglichen werden. Der gebundene Teil des Darlehens beläuft sich dann nur noch auf 300.000 c, mithin dürfen 1.7 Mio. c an den Aktionär zurückgezahlt werden. Stellt man also allein auf die Frage ab, ob die AG einen Bilanzgewinn ausweisen könnte – was eine Berücksichtigung der zur Verlustabdeckung verwendbaren gesetzlichen Rücklage/Kapitalrücklage erfordert – so wird der durch § 150 I, II AktG geschaffene Reservefonds gerade nicht geschützt55. Der Betrag von 300.000 c wäre ebenso gut gesperrt, wenn man im Hinblick auf die Umqualifizierung des Aktionärsdarlehens nur auf das Grundkapital abstellt. Teilt man die vorherrschende Auffassung, nach der eine Rückzahlung des eigenkapitalersetzenden Aktionärsdarlehens bis zur Höhe der Grundkapitalziffer zuzüglich des Reservefonds i.S.d. § 150 I, II AktG verboten ist, so sollte die oben genannte These wie folgt umformuliert werden: Die Rückzahlung eines kapitalersetzenden Darlehens ist zulässig, wenn und soweit die AG ohne Rückgriff auf den Reservefonds einen Bilanzgewinn ausweisen könnte. Im vorgenannten Beispiel wären somit volle 500.000 c gesperrt und es dürften nur 1.5 Mio. c an den Aktionär zurückgezahlt werden. Nach einer im neueren Schrifttum vertretenen und von Ketzer ausführlich begründeten Ansicht ist die Rückzahlung kapitalersetzender Darlehen nur insoweit gesperrt, als sie zur Abdeckung des satzungsgemäßen Grundkapitals und einer eventuell darüber hinausgehenden Überschuldung notwendig sind56. Im Grundsatz zutreffend stellt Ketzer fest, dass eine Erstreckung der Kapitalbindung im Rahmen des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens auf den Reservefonds nur dann gerechtfertigt ist, wenn die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen gleichsam wie das Grundkapital die Bereitstellung eines Haftungsfonds zum Schutze der Gesellschaftsgläubiger bezwecken57. Wenn Ketzer jedoch sodann konstatiert, dass dies nicht der Fall sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die Einstellung der Kapitalrücklage in den Reservefonds dient nach der von Ketzer vertretenen Auffassung nur einer unverfälschten Gewinndarstellung und verfolge ausschließlich den Schutz potenzieller Investoren58. ____________________ 54
Geßler/Hefermehl AktG – Kropff, § 150 Rn. 3. Insoweit steht das von Lutter angeführte Berechnungsbeispiel im Widerspruch zu der von ihm vertretenen Auffassung zum Umfang der Umqualifizierung. 56 Ketzer, S. 175 – 185; Veil in ZGR 2000, 223 (249 f.), zuvor schon Immenga in ZIP 1983, 1405 (1411); Claussen in AG 1985, 173 (178). 57 Ketzer, S. 178. 58 Ketzer, S. 178 unter Verweis auf Begr. Gesetzesentwurf KGaA und AG in ZGR Sonderheft 4, S. 386, (S. 454, 476), Ballerstedt, S. 47; Fabritius in ZHR 144 (1980), 628 55
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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Dagegen ist einzuwenden, dass die dem Schutz des Anlegers dienende Trennung zwischen Kapitalzuführungen und Betriebsgewinnen hinreichend durch die auf das BiRiLiG59 zurückgehende Unterscheidung zwischen gesetzlicher (Gewinn-)Rücklage und der auf außerordentlichen Erträgen oder Einnahmen beruhenden Kapitalrücklage erreicht wird. Nicht erklärbar wäre auch, warum die Kapitalrücklage einer in solchem Maße ausdifferenzierten Verwendungsbeschränkung nach § 150 III und IV AktG unterliegt, wenn es ausschließlich um eine unverfälschte Gewinndarstellung ginge. Das Argument, die Einbeziehung des Agios in die aktienrechtliche Vermögensbindung könne nicht eine Vergrößerung des Haftungsfonds bezwecken, da sich ansonsten bei einer Kapitalerhöhung eines wirtschaftlich stärkeren und somit ein höheres Agio aufweisenden Unternehmens dessen Haftungsfonds vergrößere, obwohl doch eigentlich die Gläubiger eines weniger gesunden Unternehmens des zusätzlichen Schutzes bedürften60, klingt plausibel, vermag bei näherer Betrachtung dennoch nicht zu überzeugen. Eine Vergrößerung des Haftungsfonds kann denknotwendig nur mit den zu Zeiten wirtschaftlicher Prosperität in der Gesellschaft bzw. bei den Gesellschaftern vorhandenen Mitteln erfolgen. Dies mit der Zielsetzung, in noch nicht absehbaren Zeiten wirtschaftlicher Schwäche zum Tragen zu kommen. Zudem stellt das Agio nur eine Position unter mehreren dar, die gem. § 272 II HGB als Kapitalrücklage auszuweisen sind. Die von Ketzer vorgebrachte Argumentation kann jedenfalls für die anderen als Kapitalrücklage auszuweisenden Positionen nicht fruchtbar gemacht werden. Der Reservefonds dient vielmehr der Schaffung gebundenen Vermögens, welches um das zur Deckung der Grundkapitals erforderliche Vermögen als zusätzlicher Sicherungsring aufgebaut wird bzw. dem Grundkapital als Pufferzone vorgelagert ist und somit den Gläubigerschutz bezweckt61. Das Argument Ketzers, eine Einbeziehung des Reservefonds in die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften widerspräche dem dogmatischen Rechtsgrund für eine Bindung eigenkapitalersetzender Darlehen, da die Gläubiger nicht darauf vertrauen dürften, dass die für die Finanzierung verantwortlichen Aktionäre über das satzungsgemäße Grundkapital hinaus weiteres Ver_____________________
(630); Geßler/Hefermehl AktG – Kropff, § 150 Rn. 4, wobei in sämtlichen Fundstellen jedoch der Gläubigerschutz als Hauptzweck des Reservefonds angesehen wird. 59 Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19.12.1985 (BGBl. I, S. 2355 ff.). 60 Ketzer, S. 179. 61 Fabritius in ZHR 144 (1980), 628 (631); Kölner Komm. AktG – Claussen, § 150 Rn. 2, 3; Geßler/Hefermehl AktG – Kropff, § 150 Rn. 3; Hüffer AktG, § 150 Rn. 1.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
68
mögen in die Gesellschaft einzahlen62, ist in Bezug auf die gesetzliche Rücklage nicht recht einleuchtend. Die durch § 150 I, II AktG angeordnete Einschränkung der Gewinnverteilung bezweckt eine Abschirmung der AG vor dem „Dividendenhunger“ der Aktionäre, soll die finanzielle Solidität der Gesellschaft stärken und im Wege der Selbstfinanzierung ein zusätzliches Risikopolster schaffen63. Das schützenswerte Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger geht daher nicht auf die Leistung einer über das Grundkapital hinausgehenden Gesellschaftereinlage, sondern vielmehr darauf, dass die im Wege der Selbstfinanzierung geschaffene gesetzliche Rücklage unangetastet bleibt und nicht durch Rückzahlung von Eigenkapitalersatz mittelbar ausgeschüttet wird. Es bleibt daher festzuhalten, dass eine Beschränkung auf die Grundkapitalziffer, die den Reservefonds nicht berücksichtigt, mit den Gläubigerschutz bezweckenden Vorschriften der §§ 150, 300 unvereinbar ist. Andererseits lässt sich eine über den Reservefonds hinausgehende Bindung nicht begründen, da es zur Disposition der Gesellschafter steht, den Bilanzgewinn auszuschütten oder freiwillige Gewinnrücklagen zu bilden, ohne dass Gläubiger dies beanstanden könnten. Eigenkapitalersetzende Darlehen sind daher insoweit verstrickt, wie sie zur Wahrung bzw. Wiederherstellung des Grundkapitals und zur Abdeckung des aus gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklage bestehenden Reservefonds benötigt werden. b) Novellenregelungen Wie zuvor festgestellt, sind eigenkapitalersetzende Darlehen außerhalb der Insolvenz nur insoweit gebunden, wie sie zur Auffüllung der Grundkapitalziffer und zur Abdeckung des Reservefonds nach § 150 II AktG erforderlich sind. Da die Novellenregelungen das Darlehen in der Insolvenz der Gesellschaft in voller Höhe erfassen64, ist von Bedeutung, ob die Novellenregelungen, insbesondere also §§ 32a, 32b GmbHG, auf die Aktiengesellschaft analog anzuwenden sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner „BuM/WestLB“-Entscheidung die Anwendung der §§ 32a, 32b GmbHG, 32a KO (a.F.) auf den konkreten Fall abgelehnt. Das ist jedoch darauf zurückzuführen, dass die im Fall zu beurteilende Darlehensgewährung im Jahre 1977 erfolgte, die Novellenregelungen jedoch erst zum 1. Januar 1981 in Kraft getreten sind und nach den Übergangs____________________ 62 63
Ketzer, S. 184. Fabritius in ZHR 144 (1980), 628 (631); Geßler/Hefermehl AktG – Kropff, § 150
Rn. 3. 64
Siehe dazu § 2 II. (S. 50).
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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vorschriften eine Rückwirkung ausgeschlossen war65. Die Frage, ob die Novellenregelungen auf die AG anwendbar sind, wurde vom BGH folglich offen gelassen. aa) Argumente gegen die Anwendbarkeit der Novellenregelungen auf die AG Das OLG Düsseldorf und die Autoren, die sich vor dem „BuM/WestLB“Urteil generell gegen eine Erstreckung des Kapitalersatzrechts auf die AG ausgesprochen haben und folglich auch die Anwendung der Novellenregelungen auf die AG abgelehnt haben66, können nur bedingt für eine Ablehnung der analogen Anwendung der Novellenregelungen auf die AG angeführt werden67. Jedoch spricht sich auch ein Teil der neueren Literatur gegen eine analoge Anwendung der §§ 32a, 32b GmbHG auf die Aktiengesellschaft mit vorwiegend positivrechtlichen Einwänden aus68. Der Gesetzgeber habe zum Zeitpunkt der GmbH-Novelle im Jahre 1980 das Problem eigenkapitalersetzender Darlehen gekannt. Zudem sei anzunehmen, dass dem Gesetzgeber auch die eine AG betreffende Entscheidung des Reichsgerichts69 bekannt gewesen sei70. Wenn der Gesetzgeber dann – obwohl bei der GmbH-Novelle auch Vorschriften des Aktiengesetzes geändert worden seien – keine den §§ 32a, 32b GmbHG äquivalente Normen oder den §§ 129a, 172a HGB vergleichbare Verweisungen in das Aktiengesetz aufgenommen habe, so habe er lediglich für die GmbH eine für die Insolvenz der Gesellschaft geltende gesetzliche Grundlage schaffen wollen71.
____________________ 65
BGHZ 90, 381 (385). OLG Düsseldorf in ZIP 1983, 786 (789); Claussen in ZHR 147 (1983), 195 (202); ders. in AG 1983, 173 (175); Herrmann in 50 Jahre WP-Beruf, S. 151 (181); Immenga in ZIP 1983, 1405 (1406). 67 Ebenso v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.32, Fn. 81. 68 Heilmann in KTS 1983, 513 (515f.); Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (215) Fn. 69; Ketzer S. 30, 197; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 95; A. Müller, S. 167 f. 69 RG JW 1938, 355 ff. 70 Ketzer, S. 29 f. 71 OLG Düsseldorf in ZIP 1983, 786 (788 f.); Ketzer S. 29 f. 66
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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bb) Argumente für die Anwendbarkeit der Novellenregelungen auf die AG (1) Die §§ 129a, 172a HGB Der These, die Novellenregelungen seien nicht auf die AG anwendbar, lässt sich schon mit der von K. Schmidt72 herausgestellten Tatsache entgegentreten, dass über die Verweisungsnormen der §§ 129a, 172a HGB die Novellenregelungen auch für eine AG & Co. gelten. Auch wenn man daraus nicht den Schluss ziehen möchte, dass die Novellenregelungen erst recht auf die AG Anwendung finden müssen, so zumindest aber den, dass dem Gesetzgeber die Problematik des Kapitalersatzrechts in Bezug auf die AG nicht vollumfänglich bewusst war. Anders lässt sich die bewusste Erstreckung und gleichzeitige Beschränkung auf die in der Praxis selten anzutreffende Rechtsform der AG & Co. wohl nicht erklären. Widersprüchlich mutet Ketzers Vorgehen an, die §§ 129a, 172a HGB als Argument für die von ihm vertretene Ansicht heranzuziehen, wenn er aus den §§ 129a, 172a HGB im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rechtsprechungsregeln auf die AG einen Erst-Recht-Schluss zieht73, hingegen die gleichen Normen gegen die Anwendbarkeit der Novellenregelungen anführt und ihnen den Willen des Gesetzgebers entnimmt, die Novellenregelungen bewusst nur auf die spezielle Gesellschaftsform der AG & Co. erstrecken zu wollen74. (2) Die Rechtsfolgen der Novellenregelungen Aber auch aus weiteren Gründen verdient die im Schrifttum im Vordringen befindliche Ansicht Zustimmung, nach der die Novellenregelungen teilweise analog (§§ 32a, 32b GmbHG), zum Teil aber auch unmittelbar (§§ 135 InsO, 6 AnfG) auf die Aktiengesellschaft Anwendung finden75. Wie bereits festgestellt, ist das Kapitalersatzrecht zwar rechtsformneutral, jedoch nur mit den entsprechenden Modifikationen, insbesondere der Rechtsfolgen, auf andere Rechtsformen als die GmbH übertragbar. Aus diesem Grunde setzt eine analoge Anwendung der Novellenregelungen voraus, dass die in der Sperrung des gesamten Darlehens bestehende Rechtsfolge der Novellenregelungen nicht ____________________ 72
K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 (174). Ketzer, S. 27. 74 Ketzer, S. 30. 75 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1118); MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 203; K. Schmidt in ZIP 1991, 1 (4); v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.32; Veil in ZGR 2000, 223 (250 ff.). 73
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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GmbH- bzw. rechtsformspezifischer Natur ist. Die den Novellenregelungen eigene Verstrickung des vollen Darlehensumfangs beruht auf der gesetzgeberischen Wertung, dass zwischen Darlehensgewährung und Insolvenz ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang in der Form besteht, dass die gesamte Liquiditätszuführung ursächlich für den Weiterbestand des Unternehmens war, wenn die Gesellschaft innerhalb der in § 32b GmbHG und den Anfechtungsbefugnissen normierten Jahresfrist zusammenbricht und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt wird76. Diese Rechtsfolge ist jedoch nicht rechtsformspezifisch, sondern auf die Finanzierungsfolgenverantwortung des Aktionärs zurückzuführen77 und gründet auf der rechtsformübergreifenden dogmatischen Grundlage des Kapitalersatzrechts. (3) Die rechtsformneutrale Formulierung der §§ 135 InsO, 6 AnfG Die Anwendbarkeit der Novellenregelungen auf die AG lässt sich aber mittlerweile auch mit § 135 InsO und § 6 AnfG untermauern, die als Nachfolgeregelungen von § 32a KO und § 3b AnfG rechtsformneutral formuliert wurden. Es bedarf daher keiner Analogie mehr, um die Anfechtbarkeit einer auf Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Aktionärsdarlehens gerichteten Rechtshandlung zu begründen. § 143 I InsO ordnet als Rechtsfolge des aufgrund seiner rechtsformneutralen Formulierung auch auf Aktionäre anwendbaren § 135 InsO an, dass die gesamte Darlehenssumme zu erstatten ist. Dies setzt aber zwingend voraus, dass das gesamte Darlehen auch gebunden ist78. Da die vollumfängliche Bindung aus den Rechtsprechungsregeln nicht herzuleiten ist, muss die das gesamte Darlehen bindende Regelung des § 32a I GmbH entsprechend auch für kapitalersetzende Aktionärsdarlehen gelten. (4) Die Gesetzesbegründung Von einer analogen Anwendbarkeit des § 32a GmbH scheint auch der Gesetzgeber auszugehen, wenn es in der Gesetzbegründung79 heißt: „Damit ist klargestellt, dass auch die Fälle der §§ 129a, 172a HGB (...) und auch die von der Rechtsprechung anerkannten weiteren Fälle kapitalersetzender Darlehen insbesondere bei der Aktiengesellschaft erfasst werden.“ Nicht ersichtlich ist, ____________________ 76 77 78 79
Veil in ZGR 2000, 223 (251). Veil in ZGR 2000, 223 (251). Veil in ZGR 2000, 223 (254). Begr. RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 161
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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weshalb hier mit Bezug auf die rechtsformneutrale Formulierung durch den Begriff „Gesellschafter“ von einer „Klarstellung“ die Rede ist. Für die Vorgängervorschrift des § 32a KO war die Nichtanwendbarkeit auf die AG einhellig anerkannt und die Rechtsprechung zu eigenkapitalersetzenden Aktionärsdarlehen nimmt keinen Bezug zu einer insolvenzrechtlichen Anfechtung. Zu Recht wird deshalb bezweifelt, dass der Gesetzgeber durch die rechtsformneutrale Formulierung des § 135 InsO in Verbindung mit der Gesetzesbegründung die Rechtsprechungsregeln sanktionieren wollte80. Vielmehr kann aus der Gesetzesbegründung nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber die analoge Anwendbarkeit des § 32a GmbHG auf die Aktiengesellschaft voraussetzt: Nach der Rechtsprechung des BGH folgt der Erstattungsanspruch der Gesellschaft für das nach § 57 AktG gebundene Aktionärsdarlehen aus § 62 AktG. Ist die Verfügungsbefugnis nach § 80 I InsO auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so kann der Erstattungsanspruch von ihm geltend gemacht werden81. Wegen der Möglichkeit der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs analog § 62 AktG durch den Insolvenzverwalter wäre die Schaffung eines Anfechtungstatbestandes nach § 135 InsO überflüssig gewesen, wenn sich dieser auf die Rechtsprechungsregeln und damit ohnehin nur auf den nach diesen Regeln beschränkten Umfang der Darlehensverstrickung erstreckt. Daher muss davon ausgegangen werden, dass die ausdrücklich auf die Aktiengesellschaft Bezug nehmende Gesetzbegründung nicht die Rechtsprechungsregeln meint, sondern eine analoge Anwendbarkeit der Vorschrift des § 32a GmbHG impliziert, nach der die Darlehen in vollem Umfang verstrickt sind. Gerade weil der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung eine „Klarstellung“ erreichen wollte, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Regelung82 oder Rechtsprechung existierte und auch eine ausführliche Debatte im Schrifttum noch nicht stattgefunden hatte, kann der Gesetzesbegründung der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass die Novellenregelungen auf die Aktiengesellschaft Anwendung finden sollen.
____________________ 80
Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 220. v. Gerkan/Hommelhoff – Bayer, Rn. 11.31. 82 Vgl. Noack in Prütting Insolvenzrecht 1996, S. 195 (206), der darauf hinweist, dass es sich bei der ‚Klarstellung’ um „ein(en) bemerkenswerte(n) legislatorische(n) Kunstgriff (handelt), der auf Rechtsregeln Bezug nimmt, die jedenfalls im Bundesgesetzblatt noch nicht standen.“ 81
§ 3 Kapitalersatzrecht und Rechtsform der poolverbundenen Unternehmen
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V. Zwischenergebnis Grundsätzlich finden sowohl die Rechtsprechungsregeln als auch die Novellenregelungen auf Gesellschaften aller Rechtsformen Anwendung, es sei denn, der darlehensgebende Gesellschafter haftet unbeschränkt. Dabei ist das Kapitalersatzrecht jedoch als ein rechtsformmodifiziertes Schutzrecht zu verstehen. Sowohl im Tatbestand als auch in den Rechtsfolgen sind Modifikationen vorzunehmen, die der jeweiligen Rechtsform angemessen sind. Da das Cash Pooling als Maßnahme der konzerninternen Finanzierung zwischen unternehmenstragenden Gesellschaften aller Rechtsformen durchgeführt werden kann, kommen damit grundsätzlich sämtliche am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaften als Adressaten des Kapitalersatzrechts in Betracht. Für die in der Praxis des Cash Poolings besonders relevante Rechtsform der Aktiengesellschaft findet das Kapitalersatzrecht Anwendung mit der Maßgabe, dass der Aktionär über eine Sperrminorität verfügt oder ihm die Beteiligung in Verbindung mit anderen Umständen Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er dadurch ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt. Der Umfang der kapitalersatzrechtlichen Umqualifizierung geht bei der AG weiter als bei der GmbH. Die Rückzahlung eines kapitalersetzenden Darlehens ist nur zulässig, wenn und soweit die AG ohne Rückgriff auf den Reservefonds einen Bilanzgewinn ausweisen könnte. Neben den Rechtsprechungsregeln sind auch die Novellenregelungen auf die Aktiengesellschaft anwendbar.
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz Als Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz kommen sowohl die von den Konzernunternehmen aus dem Cash Pool in Anspruch genommenen als auch die an den Cash Pool abgeführten Finanzmittel in Betracht. Ferner sind die Kreditsicherheiten auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht zu untersuchen, welche die in das Pooling einbezogenen Gesellschaften zur Besicherung der von ihnen aus dem Pool in Anspruch genommenen Finanzmittel bestellen.
I. Die konzerninternen Liquiditätsströme Die Regeln zum Eigenkapitalersatz konzentrieren sich gegenständlich zunächst auf die vom Gesellschafter der Gesellschaft zugeführten liquiden Finanzmittel in Form von Darlehen, sind sie doch der einfachste Weg, der Gesellschaft im Bedarfsfall notwendige Liquidität zuzuführen und ebenso flexibel wieder abzuziehen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde stand das Gesellschafterdarlehen schon historisch im Vordergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung1 zum Kapitalersatz und wurde vom Gesetzgeber der GmbHG-Novelle in § 32a I GmbHG paradigmatisch geregelt. Liquiditätsbedürftige Konzernunternehmen werden mittels des Cash Pools mit Finanzmitteln versorgt, indem die negativen Salden ihrer Quellkonten ausgeglichen oder – abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Cash PoolingVerfahrens – unmittelbare Zahlungen an Gläubiger der bedürftigen Konzernunternehmen erbracht werden. Diese Zahlungen werden aus dem Cash Pool geleistet, den Liquiditätsüberschuss aufweisende Konzernunternehmen durch die Abführung von Geldern auf das Zielkonto ausgestattet haben. Ordnet man diese konzerninternen Liquiditätsströme, wie hier geschehen, rechtlich als Darlehen ein2, dann ist Darlehensgeberin die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft als Inhaberin des Zielkontos. Führt hingegen das Konzernunter____________________ 1 2
BGHZ 31, 258. Dazu § 1 IV 1. d) (S. 32 ff.).
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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nehmen überschüssige Liquidität auf das Zielkonto ab, dann ist die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft Darlehensnehmerin. Die rechtliche Qualifizierung dieser Liquiditätsströme als Darlehen führt dazu, dass die Liquiditätsverschiebungen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unmittelbar von § 32a I GmbHG erfasst werden. Für diese Sichtweise spricht auch, dass es für die Unterwerfung des Darlehens unter das Kapitalersatzrecht keine Rolle spielt, auf welchem Rechtsgrund die Gewährung des Darlehens beruht und es auch auf den mit dem Darlehen verfolgten Zweck nicht ankommt3. Der Streit um die Rechtsnatur der konzerninternen Liquiditätsströme hat jedoch im Hinblick auf das Kapitalersatzrecht keine Auswirkung, da sowohl § 32a III, S. 1 GmbHG als auch die den Novellenregelungen vorangegangenen Rechtsprechungsgrundsätze des BGH4 solche Rechtshandlungen der Darlehensgewährung gleichsetzen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Selbst wenn man also die rechtliche Grundlage der konzerninternen Liquiditätsverschiebungen in einem Vertrag sui generis5 oder einem unregelmäßigem Verwahrungsvertrag6 erblickt, werden diese von den Vorschriften des Kapitalersatzrechts erfasst, da sie wirtschaftlich einer Darlehensgewährung gleichkommen7. Die gegenständliche Aufweitung geht weit über den Bereich des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens hinaus und erfasst auch Nutzungs-/Gebrauchsüberlassungen8 und sonstige Finanzierungsformen, wie etwa ausdrückliche oder stillschweigende Stundungen9 oder systematische Zahlungszielüberschreitungen10. Sie hat dazu geführt, dass im Recht des Eigenkapitalersatzes nicht mehr von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, sondern von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen gesprochen wird11, um sämtliche mögliche Gegenstände der Umqualifizierung zu erfassen.
____________________ 3
Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 29 m.w.N. So bereits BGHZ 67, 171 (182). 5 Dazu § 1 IV 1. b) (S. 31). 6 Dazu § 1 IV 1. c) (S. 31). 7 Ähnl. Ketzer, S. 94, Fn. 8. 8 BGHZ 109, 55; 121, 31; BGH ZIP 1993, 1072; BGHZ 127, 1; 127, 17; BGH ZIP 1997, 1375; 1998, 1352; BGHZ 140, 147; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 138 ff. m.w.N. 9 BGH ZIP 1992, 177; 1993, 189; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 115 m.w.N. 10 BGH ZIP 1995, 23 (24). 11 Hommelhoff/Goette, IV, Rn. 63. 4
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
76
II. Die von den Konzernunternehmen bestellten Kreditsicherheiten Im Hinblick auf die Sicherheiten, die von den am Cash Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen gestellt werden, ist zu unterscheiden. Zunächst kommt eine Bestellung von Sicherheiten durch die Konzernunternehmen zugunsten von Dritten, d.h. Nichtgesellschaftern, in Betracht. Dies vor dem Hintergrund, dass auch bei Durchführung eines Liquiditätsausgleichs durch das Pooling auf eine externe Kreditaufnahme nicht verzichtet werden kann, wenn die im Konzern vorhandene und auf dem Zielkonto gebündelte Liquidität nicht zur Konzernfinanzierung ausreicht. Die vom Kreditinstitut auf dem Zielkonto eingeräumte Kreditlinie oder sonstige Darlehen Dritter, die auf das Zielkonto fließen und an Konzernunternehmen ausgereicht werden, werden durch die Konzernunternehmen besichert12 (dazu sogleich unter 1.). Daneben ist an eine Besicherung solcher über den Pool ausgereichter Gelder zu denken, die von einem in das Pooling einbezogenen Konzernunternehmen stammen. Auch wenn eine solche Besicherung regelmäßig in der zwischen den Unternehmen geschlossenen Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen ist13, soll diese Konstellation der Vollständigkeit halber auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht untersucht werden (2.). Schließlich ist im Rahmen des Cash Poolings noch eine dritte Variante der Sicherheitenbestellung in Betracht zu ziehen, nämlich der Fall, dass die Sicherheit der Gesellschaft als Grundlage für Kreditverhandlungen mit Dritten zur Verfügung gestellt wird (3.). Soweit es um Darlehen Dritter geht, ist der Untersuchung noch Folgendes vorauszuschicken: Das Cash Management des Konzerns umfasst neben dem Cash Pooling auch die zentrale Liquiditätsbeschaffung bei externen Kreditgebern. Diese obliegt grundsätzlich der Konzernspitze bzw. der Muttergesellschaft14. Die Besicherung der Drittkredite erfolgt regelmäßig sowohl durch die Muttergesellschaft als auch durch die Tochtergesellschaften. Soweit die Muttergesellschaft als Sicherungsgeberin auftritt und die Drittkredite einer Finanzierungsgesellschaft zugute kommen, weil das Zielkonto nicht von der Konzernmutter geführt wird, unterfällt die Muttergesellschaft grundsätzlich dem persönlichen Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln. Ob dies auch für den Fall gilt, dass die Finanzierungsgesellschaft als Sicherungsgeberin für solche Darlehen auftritt, die Dritte an die Cash Pool führende Konzernmutter ausgereicht haben, ist fraglich. Der Frage, ob neben oder anstelle der Vorschriften ____________________ 12 13 14
Dazu § 1 IV 3. (S. 40). Dazu § 1 IV 2. b) (S. 37). Dazu § 1 II 1. (S. 27).
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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der Kapitalerhaltung der Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts eröffnet ist, wird in einem späteren Teil dieser Arbeit nachzugehen sein15. 1. Kreditsicherheiten zugunsten von kreditgebenden Dritten Die in den Cash Pool eingebundenen Konzernunternehmen unterhalten regelmäßig keine eigenen Beziehungen zum Kapitalmarkt, vielmehr wird ihr Kapitalbedarf mit Darlehen aus dem Cash Pool befriedigt. Nur wenn und soweit die im Pool gebündelten Mittel nicht ausreichen, erfolgt eine externe Kreditaufnahme ausschließlich durch die Konzernspitze bzw. Finanzierungsgesellschaft16. Im Folgenden sind daher solche Kreditsicherheiten auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht zu untersuchen, die das Darlehen eines externen Kreditgebers an die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft besichern. a) Von der Gesellschaft gewährte Sicherheiten Hat die kreditnehmende Finanzierungsgesellschaft einem Dritten, der ihr ein Darlehen gewährt hat, Sicherheiten bestellt, so unterfallen Darlehensgewährung und Besicherung nicht dem Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts. Diese hinsichtlich der an dem Vertragsverhältnis beteiligten Personen den klassischen Vorstellungen eines Darlehensvertrages entsprechende Konstellation weist keinerlei Besonderheiten auf. Wird der Cash Pool beispielsweise von der Konzernmutter geführt und besichert diese das in den Cash Pool geflossene Darlehen eines Dritten, welches sie anschließend selbst in Anspruch nimmt, so treten weder die Gesellschaft, noch der Gesellschafter oder der Dritte mit den Regeln über den Eigenkapitalersatz in Konflikt. b) Vom Gesellschafter gewährte Sicherheiten Anders verhält es sich mit solchen Darlehen Dritter, für die ein Gesellschafter sich verbürgt oder eine Sicherheit bestellt hat. Eine solche Fallgestaltung wird beim Cash Pooling allerdings nur dann auftreten, wenn das Zielkonto von einer speziellen Finanzierungsgesellschaft – regelmäßig einer Tochtergesellschaft der Konzernmutter – geführt wird. Besichert die Konzermutter als Gesellschafterin der Finanzierungsgesellschaft den Fremdkredit, den die Finanzierungsgesellschaft aufgenommen hat, um sich ihrerseits eine Kreditvergabe an ____________________ 15 16
Siehe dazu § 12 II. 2. d) (S. 276 ff.) und § 12 III. 1. (S. 279 ff.). Vgl. § 1 II. 1. (S. 27).
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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die Konzernunternehmen zu ermöglichen, kann diese Kreditsicherheit bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen von den Kapitalersatzregeln erfasst werden. Schon die auf §§ 30, 31 GmbHG gestützten Rechtsprechungsregeln haben das gesellschafterbesicherte Drittdarlehen als eine wirtschaftlich entsprechende Finanzierungsform erfasst17, sodass der Gesetzgeber diese Spruchpraxis im Rahmen der GmbH-Novelle durch die Vorschriften der §§ 32a II, 32b GmbHG kodifiziert hat. Da bei dieser Finanzierungsgestaltung nicht das Darlehen selbst, sondern die Sicherheit eine an sich gebotene Eigenkapitalzuführung durch den Gesellschafter ersetzt, richten sich die Novellenregelungen ausschließlich gegen die Zentralfigur des besichernden Gesellschafters18. Der Dritte kann gem. § 32a II GmbHG im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen, mit dem er bei der Inanspruchnahme der Sicherung ausgefallen ist. Muss also die Sicherheit des Gesellschafters vorrangig für die Rückzahlung des Drittdarlehens herangezogen werden, so trifft ihn das volle Finanzierungsrisiko. Hat die Gesellschaft das gesellschafterbesicherte Drittdarlehen noch nicht getilgt, so ist der Gesellschafter analog § 30 I GmbHG verpflichtet, die Gesellschaft von der Darlehensverbindlichkeit freizustellen19, indem er etwa die Schuld als Dritter nach § 267 BGB tilgt oder der Gesellschaft die Mittel zur Tilgung zur Verfügung stellt. Hat die Gesellschaft das gesellschafterbesicherte Drittdarlehen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag zurückgezahlt, so hat der sicherungsgebende Gesellschafter der Gesellschaft den zurückbezahlten Betrag nach § 32b GmbHG zu erstatten. Die Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln ist auch für den Bereich des gesellschafterbesicherten Drittdarlehens anerkannt20, was aufgrund der fristbehafteten Regelung des § 32b GmbHG und des Anknüpfens der Novellenregelungen an das Insolvenzverfahren bedeutsam ist. Soweit das Stammkapital der Gesellschaft durch Tilgung der Gesellschaft angegriffen wurde und der sicherungsgebende Gesellschafter auf Kosten der Gesellschaft von der Sicherheit frei geworden ist, steht der Gesellschaft ein Erstattungsanspruch gegen den sichernden Gesellschafter in entsprechender Anwendung des ____________________ 17
BGHZ 67, 171 (182). BGH ZIP 1985, 158 (159); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 15; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 130; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 143; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.5. 19 BGH ZIP 1992 108; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 130; Scholz GmbHG – K. Schmidt, § 32a, 32b Rn. 165. 20 BGH ZIP 1985, 158; BGH NJW 1990, 1730 (1731); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 175; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 176. 18
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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§ 31 I GmbHG zu, der allerdings der Höhe nach auf die zur Auffüllung der Stammkapitalziffer erforderliche Summe begrenzt ist21. Sind also aufgrund der externen Kreditaufnahme durch die Finanzierungsgesellschaft Darlehen Dritter in den Cash Pool geflossen, und wurden diese Darlehen durch die Konzernmutter besichert, so treffen die zuvor genannten Rechtsfolgen die besichernde Konzernmutter, soweit diese als Gesellschafterin der darlehensnehmenden Finanzierungsgesellschaft dem persönlichen Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln unterworfen ist und die übrigen Voraussetzungen der Umqualifizierung vorliegen. Denkbar ist auch, dass die in der Position der Gesellschafterin befindliche Konzernmutter dem Dritten lediglich eine Ausfallsicherheit gewährt, die den Dritten auf die primäre Inanspruchnahme der darlehensnehmenden und vorrangig besichernden Finanzierungsgesellschaft verweist. Der zwingende Charakter22 des § 32a II GmbHG setzt sich in der Insolvenz gegen die Nachrangigkeitsabrede durch23, sodass auch im Falle der Ausfallsicherheit der Sicherungsgeber vorrangig in Anspruch zu nehmen ist. Selbst einem Verzicht des Kreditgebers auf die vom Gesellschafter gewährte Sicherheit steht die zwingende Natur des § 32a II GmbHG entgegen24. Da ein solcher Verzicht im Innenverhältnis zwischen Kreditgeber und Gesellschafter wirksam ist, wird der Gesellschafter gegenüber dem Kreditgeber frei. Der Kreditgeber hingegen kann nur noch in Höhe des von ihm nachzuweisenden hypothetischen Ausfalls, der Differenz zwischen Forderung und Sicherung, am Insolvenzverfahren teilnehmen25.
____________________ 21 BGHZ 67, 171 (182 f.); 81, 252 (260); BGH GmbHR 1988, 58 (59); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 176; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.60 f. 22 Vgl. Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 40. 23 OLG Hamburg in WM 1987, 1163 (1167); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 65; Fastrich in NJW 1983, 260 (263); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 134. 24 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 23a, b Rn. 141; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 159; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6. 43; a.A.: Fastrich in NJW 1983, 260 (263 f.). 25 OLG Hamm NZG 1999, 1163 (1165); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 70 m.w.N.
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c) Doppelbesicherung Die zwischen den Konzerngesellschaften und dem das Cash PoolingVerfahren durchführenden Kreditinstitut getroffenen vertraglichen Vereinbarungen sehen regelmäßig eine Besicherung der auf dem Zielkonto eingeräumten Kreditlinie durch sämtliche am Pooling teilnehmenden Gesellschaften vor26. Aus diesem Grund sind die vom Kreditinstitut gewährten Darlehen praktisch immer doppelt besichert, nämlich gleichzeitig durch die das externe Darlehen in Anspruch nehmende Finanzierungsgesellschaft und die Konzernmutter, die im Verhältnis zur Darlehensnehmerin eine Gesellschafterstellung bekleidet. Die Frage, ob auch im Falle einer Doppelbesicherung eines Drittdarlehens durch Gesellschaft und Gesellschafter der Gläubiger vorrangig auf die Gesellschaftersicherheit zugreifen muss oder er auch sofort aus der Gesellschaftssicherheit vorgehen kann, ist umstritten. Nach Auffassung von Rechtsprechung27 und herrschender Lehre28 kann der Darlehensgeber nach seiner Wahl entweder auf die von der Gesellschaft gewährte oder auf die von dem Gesellschafter eingeräumte Sicherheit zurückgreifen. Hinter dieser Ansicht steht die Überlegung, dass die Rechtsstellung des Drittkreditgebers nicht über Gebühr beeinträchtigt werden soll, da nicht er, sondern der Gesellschafter primärer Regelungsadressat des § 32a II GmbHG sei29. Der notwendige Kapital- und Liquiditätsschutz der Gesellschaft werde durch den Freistellungsanspruch der Gesellschaft gewährleistet, nach dem der Gesellschafter auch schon vor dem Zugriff des Drittgläubigers verpflichtet sei, die Gesellschaft im Innenverhältnis freizustellen30. Greife der Gläubiger zunächst auf die Gesellschafts- und dann in Höhe seines Ausfalls auf die Gesellschaftersicherheit zu, so könne der Insolvenzverwalter gegen den Gesellschafter im Umfang der von diesem bestellten Sicherung einen Erstattungsanspruch geltend machen, soweit der Gesellschafter durch die Inanspruchnahme der Gesellschaftssicherheit befreit worden sei. Zustimmung jedoch verdient die Gegenansicht, die § 32a II GmbHG auf die Doppelbesicherung analog anwendet, sodass der Drittgläubiger auf die vorran____________________ 26
Dazu § 1 IV 3. (S. 40). BGH ZIP 1985, 158; BGH ZIP 1986, 30 (31); BGH NJW 1992, 1166; LG Ulm WM 1983, 1120. 28 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 70; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 144; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 126; v. Gerkan in GmbHR 1986, 218 (223); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.39. 29 BGH ZIP 1985, 158 (159); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 144. 30 BGH NJW 1992, 1166; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.39. 27
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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gige Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit verwiesen ist und auf die Gesellschaftssicherheit nur in Höhe des sich ergebenden Ausfalls zurückgreifen kann31. Das Schweigen des Gesetzgebers zu dieser Problematik darf nicht als Argument für die Auffassung der herrschenden Meinung herangezogen werden32, vielmehr ist den Materialien33 zu entnehmen, dass eine Konkurrenz des Dritten mit den übrigen Gesellschaftsgläubigern verhindert werden soll, um eine Benachteiligung dieser auszuschließen. Die gesetzgeberische Wertung, das Gesellschaftsvermögen durch die vorrangige Inanspruchnahme des Gesellschafters zu schonen, spricht für das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des § 32a II GmbHG zu schließen ist34. Das Argument, der Dritte sei nicht primärer Regelungsadressat des § 32a II GmbHG, vermag die Gegenauffassung ebenfalls nicht zu stützen, weil gerade die Zielrichtung auf den Gesellschafter dessen vorrangige Inanspruchnahme erforderlich macht. Dass sich zur Verwirklichung dieses Zwecks die Vorschrift des § 32a II GmbHG letztendlich im Sinne einer insolvenzrechtlichen Abwicklungsregel35 als Nebenfolge auch gegen den dritten Kreditgeber richten muss, ist unvermeidbar. Dies rechtfertigt jedoch nicht den von der herrschenden Meinung erhobenen Vorwurf, die analoge Anwendung des § 32a II GmbHG auf die Doppelbesicherung lasse ein Rangverhältnis zwischen Gesellschafter- und Gesellschaftssicherheiten entstehen, welches die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers unzumutbar beeinträchtige36. Die herrschende Meinung setzt sich zudem in einen Wertungswiderspruch zu der von ihr im Übrigen stringent vertretenen Linie, nach der weder eine Nachrangigkeitsabrede im Rahmen einer Ausfallsicherheit noch der Verzicht des Kreditgebers auf die Sicherheit, die Regelung des § 32a II GmbHG aushebeln könne37. Wenn schon ein Verzicht dem Kreditgeber nicht den primären Zugriff auf die Gesellschaft erlaubt, ist nicht einzusehen, weshalb für die Doppelbesicherung anderes gelten soll. Der Wille des Kreditgebers – gleich aus ____________________ 31 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 IV 3. c) (S. 1163); ders. in ZIP 1981, 689 (694); ders. in ZIP 1999, 1821 (1827); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 163; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 187; Herrmann in 50 Jahre WP-Beruf, S. 151 (176 f.); mit gleichem Ergebnis, aber rechtstechnisch auf einer Einrede beruhend: Feuerborn in BB 1982, 401 (405 f.); mit gleichem Ergebnis, jedoch für eine unmittelbare Anwendung des § 32a II GmbHG: Monßen in DB 1981, 1603 (1604 f.). 32 So aber Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 144. 33 Vgl. Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 40. 34 Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 187. 35 So K. Schmidt in ZIP 1999, 1821 (1822 f.). 36 BGH ZIP 1985, 158 (159); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 144. 37 Vgl. dazu § 4 II. 1. b) (S. 79).
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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welchem Grunde – nicht auf die Gesellschaftersicherheit zuzugreifen, wird im Interesse der übrigen Gesellschaftsgläubiger nicht sanktioniert. Dann kann es aber keinen Unterschied machen, ob sich dieser missbilligenswerte Wille in einem Verzicht auf die Gesellschaftersicherheit oder einem Primärzugriff auf die Gesellschaftssicherheit manifestiert. Beim Bestehen einer Doppelsicherung lässt sich der vorrangige Zugriff auf die Gesellschaftssicherheit nämlich nicht denken ohne den gleichzeitig konkludent erklärten Willen des Kreditgebers, im Ergebnis insoweit auf die Gesellschaftersicherheit verzichten zu wollen. 2. Kreditsicherheiten zugunsten von kreditgebenden Konzernunternehmen Wie zuvor festgestellt, stellen die Zahlungen aus dem Cash Pool an liquiditätsbedürftige Konzernunternehmen Darlehensgewährungen dar, die bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unmittelbar den Tatbestand des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens nach § 32a I GmbHG erfüllen. Die zwischen den Konzernunternehmen geschlossene Rahmenvereinbarung zur Durchführung des Cash Pooling-Verfahrens sieht regelmäßig keine Besicherung der von den Konzernunternehmen in Anspruch genommenen Darlehen zugunsten der darlehensgebenden Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft vor38. Sofern die Rahmenvereinbarung ausnahmsweise dennoch eine konzerninterne Besicherung der Darlehen vorsieht, können diese Sicherheiten ebenfalls von den Kapitalersatzregeln erfasst werden. a) Von der Gesellschaft gewährte Sicherheiten Handelt es sich um eine Sicherheit, die das darlehensnehmende Konzernunternehmen als Gesellschaft der darlehensgebenden Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft in ihrer Funktion als Gesellschafterin bestellt hat, so hat die Sicherheit selbst keinen eigenkapitalersetzenden Charakter, da sie von der Gesellschaft gestellt wird. Sie sichert vielmehr das eigenkapitalersetzende Darlehen der Gesellschafterin. Die Verwertung der Sicherheit ist jedoch ebenso wie die Rückzahlung des Darlehens den Rechtsfolgen der Kapitalersatzregeln unterworfen. Das hat zur Folge, dass akzessorische Sicherheiten nachrangig im Insolvenzverfahren fortbestehen. Soweit die Sicherheiten also zur Befriedigung vorrangiger Forderungen benötigt werden, kann die darlehensgebende Konzernmutter oder Finanzierungsgesellschaft nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens akzessorische Sicherheiten der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft nicht mehr verwerten, weil sie ihren Darlehensanspruch nur noch nach____________________ 38
Vgl. § 1 IV. 2. b) (S. 38).
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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rangig geltend machen kann und diesem nunmehr eine Einrede entgegensteht39. Die Verwertung einer nichtakzessorischen Sicherheit kann der Insolvenzverwalter unter Berufung auf § 135 Nr. 1 InsO unterbinden, da nach dieser Vorschrift die Auskehr des Verwertungserlöses anfechtbar ist und der Insolvenzverwalter dies einredeweise geltend machen kann40. b) Vom Gesellschafter gewährte Sicherheiten Hat jedoch ein Konzernunternehmen in seiner Position als Gesellschafter des darlehensnehmenden Unternehmens die Darlehenshingabe eines anderen Konzernunternehmens, welches ebenfalls Gesellschafter der Darlehensnehmerin ist, besichert, so ist die Verwertung der Sicherheit nicht nach Maßgabe der zuvor dargestellten Grundsätze gehindert, da die Sicherheit nicht vom insolventen darlehensnehmenden Konzernunternehmen gewährt wurde, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren mit der Anfechtungsmöglichkeit des § 135 Nr. 1 InsO eröffnet werden könnte. Auch die Anwendung des § 32a II GmbHG scheidet aus, da das darleihende Konzernunternehmen Gesellschafter und nicht Dritter im Sinne der Vorschrift ist. Eine Verstrickung der Kreditsicherheit kommt jedoch in Betracht, wenn die Sicherheit selbst den Charakter einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung aufweist. Wurde ein eigenkapitalersetzendes Darlehen, welches der Gesellschaft von einem Gesellschafter gewährt wurde, von einem Mitgesellschafter besichert, so stellt diese Sicherheitenbestellung eine der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung dar, die von § 32a III, S. 1 GmbHG erfasst wird41. Hat beispielsweise die Konzernmutter den Kredit der Finanzierungsgesellschaft an eine Konzerngesellschaft besichert und sind Konzernmutter und Finanzierungsgesellschaft Gesellschafter der darlehensnehmenden Gesellschaft, so ist die Konzernmutter als Sicherungsgeberin nach § 32a III GmbHG neben der Finanzierungsgesellschaft, für die § 32a I GmbHG gilt, den Kapitalersatzregeln unterworfen. Hat sich im Beispielsfall also die sicherungsgebende Konzernmutter für den von der Finanzierungsgesellschaft an das Konzernunternehmen ausgereichten Kredit verbürgt und befriedigt sich die Finanzierungsgesellschaft aus dieser Sicherheit, so ist der Konzernmutter ____________________ 39
Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 100 unter Berufung auf den Rechtsgedanken der §§ 1137 I, 1211 I BGB; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 59. 40 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 100; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 59. 41 Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 133; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.10.
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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der Regress gegenüber der darlehensnehmenden Gesellschaft versagt. Soweit die Kreditnehmerin das Darlehen zurückgezahlt hat und hierdurch die sicherungsgebende Konzernmutter frei wird, haftet die Konzernmutter analog §§ 32b, 31 GmbHG als Gesamtschuldnerin neben der Finanzierungsgesellschaft auf Erstattung. 3. Kreditsicherheiten zugunsten von Konzernunternehmen als Grundlage für eine Kreditaufnahme bei Dritten Überlässt ein Gesellschafter seiner Gesellschaft Sachen oder Rechte zu dem Zweck, sie ihr als Sicherheiten für die Aufnahme eines Fremdkredits zur Verfügung zu stellen, so stellt dies eine von § 32a III, S. 1 GmbHG erfasste Rechtshandlung dar, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entspricht42. Von dem in § 32a II GmbH geregelten Fall unterscheidet sich eine derartige Gestaltung dadurch, dass der Gesellschafter die Sicherheit nicht unmittelbar einem Dritten als Kreditgeber einräumt, sondern die Wertgegenstände seiner Gesellschaft überlässt, damit diese die Sachen oder Rechte als Sicherheit für Kredite Dritter nutzt. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass der Gesellschaft eine Grundschuld am Gesellschaftergrundstück bestellt wird oder der Gesellschaft Wertpapiere überlassen werden, damit diese von der Gesellschaft zur Verpfändung oder Sicherungsübereignung an Dritte genutzt werden. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Gesellschafter den Wertgegenstand in das Vermögen der Gesellschaft überträgt oder er diese nur ermächtigt, sich die Werte als Kreditunterlage nutzbar zu machen43. Stellt also ein Konzernunternehmen, welches als Gesellschafter oder gleichgestellter Dritter dem persönlichen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts unterliegt, einem anderen Konzernunternehmen Sachen oder Rechte in der Weise zur Verfügung, dass die Gegenstände in das Vermögen der anderen Konzerngesellschaft übergehen oder ihm die Verfügungsbefugnis über die Gegenstände übertragen wird, damit die Gegenstände als Sicherheit für Darlehen Dritter verwendet werden können, so wird dies von § 32a III, S.1 GmbHG als eine der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung erfasst. Demnach können die am Pooling teilnehmenden Gesellschaften den Kapitalersatzregeln nicht dadurch entgehen, dass sie Darlehen Dritter nicht unmittelbar besichern, sondern den als Sicherheit in Betracht kommenden Wertgegenstand zunächst einer Konzernge____________________ 42
Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a,b Rn. 103; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 161; v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.74. 43 OLG Hamburg ZIP 1986, 113 (1115 f.); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a,b Rn. 104; v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.74.
§ 4 Der Gegenstand der Umqualifizierung in Kapitalersatz
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sellschaft zur Verfügung stellen, damit diese den Gegenstand als Grundlage für Kredite Dritter verwenden kann.
III. Zwischenergebnis Von den Kapitalersatzregeln können sowohl die von den Konzernunternehmen über den Cash Pool abgeführten Finanzmittel als auch die Kreditsicherheiten erfasst werden, welche die am Pooling teilnehmenden Gesellschaften zur Besicherung der von ihnen aus dem Pool in Anspruch genommenen Finanzmittel bestellen. Die im Rahmen des Cash Poolings unter den Unternehmen ausgereichte Liquidität wird als Darlehen unmittelbar von der Regelung des § 32a I GmbHG erfasst. Die im Zusammenhang mit dem Cash Pooling erfolgenden Sicherheitenbestellungen werden zumeist ebenfalls von den Kapitalersatzregeln erfasst. Dazu gehören namentlich Kreditsicherheiten, die von der Konzernspitze für die externe Kreditaufnahme der Finanzierungsgesellschaft bei kreditgebenden Dritten gestellt wurden. Ferner wird die Sicherheitenbestellung eines am Cash Pooling teilnehmenden Unternehmens als eine der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung von § 32a III, S. 1 GmbHG erfasst, wenn das eigenkapitalersetzende Darlehen eines Mitgesellschafters besichert wurde. Die am Pooling teilnehmenden Gesellschaften werden auch dann vom Kapitalersatzrecht erfasst, wenn sie Darlehen Dritter nicht unmittelbar besichern, sondern den als Sicherheit in Betracht kommenden Wertgegenstand zunächst einer Konzerngesellschaft zur Verfügung stellen, damit diese den Gegenstand als Grundlage für Kredite Dritter verwenden kann. Externe Darlehen, die Kreditinstitute dem Cash Pool zur Verfügung stellen, wenn die konzerninterne Liquidität nicht zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit aller poolverbundenen Unternehmen ausreicht, sind regelmäßig doppelt besichert. Sie werden besichert durch diejenige Konzerngesellschaft, die das Darlehen in Anspruch nimmt – regelmäßig die zielkontoführende Finanzierungsgesellschaft – und eine weitere Konzerngesellschaft, die im Verhältnis zur darlehensnehmenden Finanzierungsgesellschaft eine Gesellschafterstellung bekleidet. In diesem Fall ist das Kreditinstitut analog § 32a II GmbHG auf die vorrangige Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit verwiesen und darf auf die Sicherheit der darlehensnehmenden Gesellschaft nur in Höhe eines etwaigen Ausfalls zurückgreifen.
§ 5 Die Kapitalersatzfunktion der Leistungen im Rahmen des Cash Poolings Nicht schlechthin alle Darlehen oder Sicherheiten, die ein Konzernunternehmen als Gesellschafter einer anderen Konzerngesellschaft gewährt hat, werden durch die Kapitalersatzregeln in Eigenkapital umqualifiziert. Erforderlich dazu ist vielmehr, dass die aus dem Cash Pool an die Konzerngesellschaften ausgereichten Finanzmittel bzw. die zugunsten der Gesellschaft bestellten Kreditsicherheiten Eigenkapital ersetzen. Damit die Gesellschafterleistungen eine solche Kapitalersatzfunktion aufweisen, müssen sowohl Anforderungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft (I. und II.) als auch zeitliche Voraussetzungen (III.) erfüllt sein.
I. Die Krise der Gesellschaft 1. Fehlende Kreditwürdigkeit Nach § 32a I GmbHG weisen Gesellschafterleistungen Kapitalersatzfunktion auf, wenn die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute anstelle der Darlehengewährung oder einer wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlung der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten. Diese Sachlage kennzeichnet nach der im Rahmen des KonTraG1 eingeführten Legaldefinition des § 32a I GmbHG die „Krise der Gesellschaft“. Die im Schrifttum2 als missglückt kritisierte, weil wenig klar konturierte und auf ein nicht erforderliches Verschuldensmerkmal hindeutende Definition der Krise bedarf weiterer Konkretisierung. Dazu wird auf das ursprünglich von Ulmer3 entwickelte Kriterium der „fehlenden Kreditwürdigkeit“ der Gesellschaft zurückgegriffen. Dieses Kriterium lag bereits den ____________________ 1 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I., S. 786 ff. 2 Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 32; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 38; v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan, Rn. 3.4; ähnl. Claussen in ZHR 147 (1983), 195 (218); Hommelhoff/Goette, Rn. 22. 3 Ulmer in FS Duden, S. 661 (S. 672 ff.); dem im Ansatz bereits folgend Lutter/Hommelhoff in ZGR 1979, 39 f.
§ 5 Die Kapitalersatzfunktion der Leistungen im Rahmen des Cash Poolings
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Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH zugrunde und sollte, ausweislich der Gesetzesbegründungen zur GmbH-Novelle 19804 und zum KonTraG5, weiterhin seine Gültigkeit behalten. Kreditunwürdig ist die Gesellschaft, wenn sie überschuldet ist oder von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen ohne Besicherung durch ihre Gesellschafter keinen Kredit mehr erhalten könnte und ohne die Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müsste6. Da es einen allgemeinen, von den Besonderheiten des jeweiligen Kredits losgelösten Kreditmarkt nicht gibt7, ist anhand des konkreten Darlehens, seiner Laufzeit, seines Umfangs, der Art seiner Besicherung und der Finanzplanung der Gesellschaft die Frage der Kredit(un)würdigkeit der Gesellschaft ex ante zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung bzw. im Falle des Stehenlassens8 zum Zeitpunkt der Belassung zu beurteilen9. Hierfür ist eine objektive Würdigung der konkreten Umstände vorzunehmen und nicht etwa die subjektive Einschätzung konkreter Kreditgeber der Gesellschaft maßgeblich10. 2. Indizien der Kreditunwürdigkeit beim Cash Pooling a) Für die Kreditunwürdigkeit sprechende Indizien Als Indizien, die einen Rückschluss auf die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft erlauben, werden beispielsweise für die Gesellschaft ungewöhnlich günstige Darlehenskonditionen, wie außergewöhnlich lange Laufzeiten11, ein deut____________________ 4
Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 39. Ber. Rechtsausschuss KonTraG, BT-Drucks. 13/10038, S. 28. 6 StRspr: BGHZ 76, 326 (330); 81, 311 (318); 90, 381 (389); 95, 188 (194); 105, 168 (175 f.); 119, 201 (206); 121, 31 (38); 125, 141 (143 ff.); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 49 ff.; Fleck in FS Werner, S. 107 (117); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 38; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 33; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 19. 7 K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 (188); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 49. 8 Dazu nachfolgend unter § 5 III. 2. (S. 108 ff.). 9 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 49; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 34. 10 OLG Hamburg ZIP 1990, 791 (794 f.); Brandes in EWiR 1990, 787 (788); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 19. 11 K. Schmidt in ZIP 1981, 692; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 570. 5
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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lich unter dem Marktzins liegender Zinssatz oder der Verzicht auf Verzinsung12 genannt. Weiter kommen als Indizien eine maßgebende Beteiligung des darlehensgebenden Gesellschafters, die Besicherung des Gesellschafterdarlehens durch Mitgesellschafter13 und die ungewöhnliche Relation zwischen geringem Stammkapital und hohen, das Stammkapital um ein Mehrfaches übersteigenden Gesellschafterdarlehen14 in Betracht. Die zwischen den am Cash Pooling-Verfahren teilnehmenden Konzernunternehmen abgeschlossene Rahmenvereinbarung ist regelmäßig unbefristet und sieht zumeist nur eine geringe Verzinsung der ausgereichten Gelder vor15. Man wird jedoch weder die mangelnde Befristung noch die geringe Verzinsung als Indizien werten können, die einen Rückschluss auf die Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft zulassen. Ursächlich für die unbefristete Laufzeit der Rahmenvereinbarung ist die Absicht der Vertragsparteien, das Cash Pooling solange durchzuführen, wie das teilnehmende Unternehmen dem Konzern angehört, nicht aber eine etwaige Unfähigkeit der Darlehensnehmerin, das Darlehen fristgerecht zu tilgen. Gleiches gilt für die geringe Verzinsung der Darlehen. Diese ist betriebswirtschaftlich motiviert und soll die wirtschaftlichen Vorteile gegenüber einer externen Kreditaufnahme voll ausschöpfen. Ein weiteres Indiz für die Kreditunwürdigkeit stellt die Illiquidität der Gesellschaft dar. Darunter ist die über einen längeren Zeitraum andauernde Unfähigkeit der Gesellschaft zu verstehen, ihren Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß, insbesondere fristgemäß und vollständig nachzukommen. Dienen die Gesellschafterdarlehen der Überwindung erheblicher und andauernder Liquiditätsprobleme, dann stellt das ein typisches Indiz für fehlende Kreditwürdigkeit der Gesellschaft dar16. Der Illiquidität kommt als Indiz für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit beim Cash Pooling besondere Bedeutung zu. Dies vor dem Hintergrund, dass durch den ständigen Ausgleich aller Salden die jederzeitige Zahlungsfähigkeit aller in das Pooling einbezogenen Gesellschaf____________________ 12
Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 47; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 54 m.w.N. 13 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 54; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 41. 14 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 54; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 570. 15 Um eine Nachteilszufügung i.S.v. § 311 ff. AktG zu vermeiden, muss die Verzinsung jedoch angemessen sein, vgl. § 1 IV. 2. b) (S. 38). 16 BGHZ 105, 168 (181 f.); OLG Köln GmbHR 1994, 698; OLG Hamburg WM 1987, 1163 (1168); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 54; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 28; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 41.
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ten sichergestellt wird17 und auf diese Weise selbst andauernde Liquiditätsdefizite einer Gesellschaft ausgeglichen werden können. Sofern das Verrechnungskonto einer am Cash Pooling teilnehmenden Konzerngesellschaft über einen längeren Zeitraum wiederholt einen erheblichen negativen Saldo ausweist, muss davon ausgegangen werden, dass die Liquiditätshilfen aus dem Cash Pool der Überwindung erheblicher und andauernder Liquiditätsprobleme dienen. Eine solche Sachlage stellt dann ein Indiz für die Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft dar. Bedeutung erlangen die vorgenannten Indizien im Zusammenhang mit der Beweislastverteilung, welche sich im Kapitalersatzrecht nach allgemeinen Regeln richtet. Danach ist grundsätzlich derjenige beweispflichtig, der sich auf den eigenkapitalersetzenden Charakter des Gesellschafterdarlehens beruft18. Prinzipiell ist mit dem Vorliegen der Indizien keine Beweislastumkehr verbunden, jedoch erleichtert sich der Beweis für den Beweispflichtigen bei Vorliegen der Indizien nach den Regeln des Anscheinsbeweises19. Der prima-facieBeweis hat zur Folge, dass die beweisbelastete Partei nur den Tatbestand dartun muss, der das Indiz begründet. Es ist sodann Sache des Gegners, die vom Gericht etwa gebildete Überzeugung vom Vorliegen des Tatbestands im Wege des Gegenbeweises zu erschüttern20. b) Routinemäßige Absicherung Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht bildet das Verlangen nach einer Gesellschaftersicherheit regelmäßig ein Indiz für die fehlende Kreditwürdigkeit der Gesellschaft21. Die zwischen den Konzernunternehmen und dem Kreditinstitut zur Durchführung des Cash Poolings geschlossenen Vereinbarungen sehen eine formularmäßige Besicherung derjenigen Darlehen vor, die vom Kreditinstitut auf das Zielkonto ausgereicht werden. Dies wirft die Frage auf, ob eine solche routinemäßige Absicherung des Kredits bereits ein Indiz für die fehlende Kreditwürdigkeit begründen kann. ____________________ 17
Dazu § 1 III. (S. 28). BGH NJW 1988, 824; 1989, 1219 (1220); BGH ZIP 1998, 243; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 54; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 64; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 56; ders. in ZIP 1981, 689 (695). 19 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 52; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 64; MünchHdb GmbH – Rümker, § 52 Rn. 54. 20 Jauernig, § 50 V. (S. 197 f.); Schilken, Rn. 498. 21 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 133. 18
2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
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Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum kann aus der banküblichen Gepflogenheit, routinemäßig nach einer Gesellschaftersicherheit zu verlangen, nicht ohne weitere Einzelfallprüfung auf die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft geschlossen werden22. Nach Ansicht von Maier-Reimer ist in der Bestellung einer Sicherheit durch die Gesellschaft, die im Rahmen des Cash Poolings erfolgt und in erster Linie technischer Art ist und nicht vorrangig dem Zweck einer Risikominderung für den Kreditgeber dient, zumeist kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr zu erblicken23. Auch wenn diese Ansicht sich auf die Grundsätze der Kapitalerhaltung bezieht, kann ihr entnommen werden, dass die Besicherung externer Kredite im Rahmen des Cash Poolings eine vergleichbare bankübliche Gepflogenheit darstellt wie das routinemäßige Verlangen der Kreditinstitute nach Gesellschaftersicherheiten bei einer konventionellen Kreditvergabe. Entscheidend sind wiederum die Folgen, die mit der von der herrschenden Meinung vertretenen Ansicht verbunden sind, nach der das bankübliche routinemäßige Verlangen nach einer Gesellschaftersicherheit nichts über die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft aussagt. Sofern man das Verlangen nach einer Gesellschaftersicherheit überhaupt als ein für die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft sprechendes Indiz ansieht, wird mit dem Hinweis, das Verlangen entspreche banküblicher Gepflogenheiten, der mit dem Indizcharakter verbundene prima-facie-Beweis erschüttert. Nach der Überzeugung eines Teils des Schrifttums hingegen genügt der Hinweis auf das branchenübliche Verlangen nach einer Gesellschaftersicherheit nicht zur Erschütterung des Anscheinsbeweises, vielmehr soll dem besichernden Gesellschafter die Beweislast dafür obliegen, dass die Gesellschaft den Kredit auch ohne Gesellschaftersicherheit vollwertig aus ihrem Vermögen hätte besichern können24. Da eine Umkehr der Beweislast nach nahezu einhelliger Meinung mit dem Anscheinsbeweis nicht verbunden ist25, setzen die Vertreter der letztgenannten Sichtweise sich mit der auch von ihnen vertretenen Meinung ____________________ 22
BGH ZIP 1987, 1541 (1542); BGH ZIP 1998, 243 (244); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 66; Fleck in EWiR 1988, 67; ders. in FS Werner, S. 107 (118); Geßler in ZIP 1981, 228 (230); MünchHdb GmbH – Rümker, § 52 Rn. 102; K. Schmidt in ZIP 1981, 689 (691); v. Reinersdorff in NZG 1998, 224 (225); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.13. 23 Lutter/Scheffler/Schneider – Maier-Reimer, Rn. 16.30. 24 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 133; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 6.13 25 BGHZ 39, 103 (107); 100, 34; Jauernig, § 50 V. (S. 198); Schilken, Rn. 498 m.w.N.
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in Widerspruch, nach der das Verlangen nach einer Gesellschaftersicherheit lediglich ein nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zu behandelndes Indiz26 für die Kreditunwürdigkeit darstellt. Gerade die Branchenüblichkeit der routinemäßigen Absicherung durch Gesellschaftersicherheiten verbietet es, aus ihr einen Rückschluss auf die Kreditunwürdigkeit zu ziehen. Ansonsten müssten nahezu alle kleinen und mittelständischen, insbesondere familiengeführten Unternehmen als kreditunwürdig eingestuft werden, da das Verlangen der Kreditinstitute nach Gesellschaftersicherheiten dort der Regelfall ist. Daher muss der Hinweis auf die Branchenüblichkeit des Sicherungsverlangens zur Erschütterung des Anscheinsbeweises ausreichen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Besicherung externer Darlehen durch Gesellschafter im Rahmen des Cash Poolings eo ipso kein Indiz für die Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft begründet. Erforderlich sind vielmehr weitere die Kreditunwürdigkeit begründende Umstände. 3. Der Ausnahmetatbestand des kurzfristigen Überbrückungskredits Vielfach werden die aus dem Cash Pool in Anspruch genommenen Gelder nur dazu dienen, kurzfristigen Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken und Kapitalbedarfsspitzen abzudecken. Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur fällt die Hingabe eines kurzfristigen Überbrückungskredits zur Überwindung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses nicht unter den Bereich der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, da der Kredit wegen seiner Kurzfristigkeit nicht geeignet sei, für die Dauer der Krise als Eigenkapitalersatz zu fungieren27. Fraglich ist daher, ob die im Rahmen des Cash Poolings gewährten Liquiditätshilfen als kurzfristige Überbrückungskredite im Sinne des von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Ausnahmetatbestandes zu qualifizieren sind. Dann würden diese aus dem Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln fallen. Die besonderen Merkmale der zentralistisch organisierten Konzernfinanzierung mittels des Cash Poolings sprechen gegen eine solche Bewertung. Die Kurzfristigkeit des Liquiditätsbedarfs ließe sich bejahen, wenn man auf die ____________________ 26
Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 64 und 133. BGH WM 1972, 74; BGHZ 76, 326 (330); BGH NJW-RR 1990, 230 (232); BGHZ 90, 381 (394); BGH NJW 1995, 457 (458 f.); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 29; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 43; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 34; MünchHdb GmbH – Rümker, § 52 Rn. 13; Rümker in FS Stimpel, S. 695; Wiedemann in FS Beusch, S. 893, 896; a.A.: Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 44. 27
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einzelne Liquiditätshilfe abstellt, die das darlehensnehmende Konzernunternehmen alsbald, möglicherweise bereits am nächsten Tag durch Überweisung überschüssiger Liquidität auf das Zielkonto wieder zurückführt. Eine solche Sichtweise greift aber zu kurz, denn der arbeitstäglich durchgeführte Ausgleich etwaiger Liquiditätsdefizite verschleiert lediglich die möglicherweise vorliegende Dauerhaftigkeit der Liquiditätskrise. Werden in kurzer Folge immer wieder Darlehen gewährt, die anschließend sogleich zurückgeführt werden, so spricht dies für einen dauerhaften Mittelbedarf bei der darlehensnehmenden Gesellschaft28. Die Vielzahl der Darlehensgewährungen zeigt, dass nicht nur eine einzelne Krise überbrückt werden soll, sondern die darlehensnehmende Gesellschaft nicht ausreichend mit Mitteln versorgt ist, um die ihr zugedachten Aufgaben zu erfüllen. Typischerweise räumt die Finanzierungsgesellschaft der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft ein Kreditlimit ein, das diese während der gesamten unbefristeten Laufzeit der Rahmenvereinbarung nutzen kann. Dieses Kreditlimit wird, jedenfalls im Hinblick auf einen permanent genutzten Sockelbetrag, regelmäßig über einen kurzfristigen Überbrückungszeitraum hinaus in Anspruch genommen29. Andererseits dient die Gewährung von liquiden Mitteln im Rahmen des Cash Poolings zunächst nicht der Überwindung eines lebensbedrohlichen Engpasses der darlehensnehmenden Gesellschaft, sondern ist Bestandteil einer planmäßigen und grundsätzlich unbedenklichen Unternehmensfinanzierung30. Die Ansicht Hommelhoffs, nach der das Angewiesensein der Tochtergesellschaft auf Mittel der Muttergesellschaft nicht in den desolaten finanziellen Verhältnissen der Tochter, sondern in den Eigentümlichkeiten der Konzernfinanzverfassung begründet ist31, verdient Zustimmung. In der Tat lässt sich – weder positiv noch negativ – allein aus der Kurzfristigkeit der Zu- und Abführung der Gelder im Rahmen zentralistischer Konzernfinanzierung etwas über die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft herleiten32. Die Tatsache, dass die aus dem Pool ausgereichten Darlehen Bestandteil einer planmäßigen Unternehmensfinanzierung sind und die wiederholte und ständige Versorgung mit Finanzhilfen zeigen jedoch, dass die darlehensnehmende Gesellschaft nicht ausreichend mit eigenen finanziellen Mitteln versorgt ist. Es fehlt am „Außerplanmäßigen“33, das den kurzfristigen Überbrückungskredit charakterisiert. Daher ____________________ 28 29 30 31 32 33
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1109); Hormuth, S. 207. Vetter/Stadler, Rn. 47. Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1109); Makowski, S. 148. Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1109). Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1109); Schmidsberger, S. 140. So Makowski, S. 149.
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verbietet sich die Einordnung der Poolgelder als kurzfristiger Überbrückungskredit34. Daraus folgt, dass die Regeln über den Eigenkapitalersatz grundsätzlich auf solche Darlehen anwendbar sind, die im Rahmen des Cash Poolings an liquiditätsbedürftige Konzerngesellschaften ausgereicht werden. Zu betonen bleibt, dass damit keine Aussage über das Kriterium der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft getroffen wird. Die Häufigkeit und Planmäßigkeit der Liquiditätshilfen führt zwar zu einer Verneinung des Ausnahmetatbestands des kurzfristigen Überbrückungskredits und damit zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts. Die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft ist jedoch weiterhin gesondert festzustellen. Die etwaige Kurzfristigkeit der Poolkredite hat mithin keinen Einfluss auf die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft.
II. Die Beurteilungsperspektive für das Vorliegen der Kreditunwürdigkeit Die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft ist maßgeblich danach zu beurteilen, ob die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung durch den Gesellschafter ebenso von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen Kredit erhalten hätte oder anderenfalls hätte liquidiert werden müssen35. Eine zentralistische Konzernfinanzierung mittels des Cash Pools weist jedoch die Besonderheit auf, dass die Liquiditätsbeschaffung bei externen Kreditgebern der Konzernmutter obliegt36. Fraglich ist, ob hinsichtlich des Drittvergleichs mit dem Kapitalmarkt auf die Konzerngesellschaft abgestellt werden kann, die das Pooldarlehen in Anspruch nimmt, da diese regelmäßig keine eigenen Beziehungen zum Kapitalmarkt unterhält. Die Frage, aus welcher Perspektive die Kreditunwürdigkeit zu beurteilen ist, stellt sich zudem unter einem weiteren Aspekt. Aufgrund der Bündelung der Liquidität im Cash Pool besteht die Gefahr, dass ein in die Krise geratenes und am Cash Pool teilnehmendes Konzernunternehmen den Cash Pool und damit den gesamten Konzern in die Krise mitreißt. Diese Besonderheit muss Berücksichtigung bei der Beurteilung der Kreditunwürdigkeit finden. Als Zielobjekt für die Beurteilung der Kreditunwürdigkeit kommt neben der darlehensnehmenden Gesellschaft die Muttergesellschaft oder der Gesamtkonzern in Betracht. ____________________ 34 Ebenso Makowski, S. 149; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 44; Vetter/Stadler, Rn. 47. 35 Dazu § 5 I. 1. (S. 86 ff.). 36 Dazu bereits § 1 II 1. (S. 27) und § 4 II (S. 76 f.).
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1. Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft Die nahezu einhellig im Schrifttum vertretene Meinung stellt auf die Situation der konkreten als Kreditnehmerin auftretenden Konzerngesellschaft ab, wenn es sich bei der zu beurteilenden Unternehmensverbindung um einen einfachen faktischen Konzern handelt37. Diese ursprünglich von Hommelhoff38 für den faktischen GmbH-Konzern entwickelte Ansicht wurzelt im Prinzip der Haftungstrennung, nach dem der Konzern zwar als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden kann, die einzelnen Konzernunternehmen jedoch rechtlich keinen einheitlichen Haftungsverband bilden. Zur Begründung dieser Ansicht wird ausgeführt, die Risiken der wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaft blieben auf diese beschränkt, da im faktischen GmbH-Konzern den Gläubigern der Tochtergesellschaft nur deren Vermögen, und nicht auch dasjenige der Muttergesellschaft als Haftungsfonds zur Verfügung stehe. Die Gläubiger der Tochtergesellschaft stünden deshalb trotz der Konzernierung ihrer Schuldnerin nicht anders da als Gläubiger einer konzernfreien Gesellschaft. Wegen der übereinstimmenden Gefährdung der Gläubigerbelange müsse die Tochtergesellschaft im zentralistisch finanzierten Konzern als konzernfrei fingiert werden, also so behandelt werden, als ob sie auf dem Kapitalmarkt eigenständig für sich Kredit aufnehme39. Zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit im einfachen faktischen Konzern sei daher auf die einzelne darlehensnehmende Gesellschaft abzustellen, indem man die Frage stelle, ob diese Gesellschaft, fiktiv als Nachfragerin am Kapitalmarkt gedacht, entsprechende Darlehen von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte.
____________________ 37 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1107); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 57 f.; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 49; Schmidsberger, S. 139; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 103; Ketzer, S. 96; Makowski, S. 155; Zeidler, S. 111; unklar: Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 49, die offenbar bei sämtlichen Unternehmensverbindungen ausschließlich auf die konkret kreditnehmende Gesellschaft abstellen; unzutreffend Ketzer, S. 96 und Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 101, die Hommelhoff irrig unterstellen, seine für den einfachen faktischen GmbHKonzern entwickelte Ansicht auch auf den Vertragskonzern übertragen zu haben, obwohl Hommelhoff schon für die Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln im Vertragskonzern keinen Raum sieht, vgl. Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1113). 38 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1107); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 57 f. 39 Hommelhoff in WM 1984, 1005 (1107).
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2. Kreditunwürdigkeit der Muttergesellschaft Für den Vertragskonzern und den qualifiziert faktischen Konzern vertritt die herrschende Lehre die Ansicht, die Beurteilung der Kreditwürdigkeit richte sich nicht nach der finanziellen Situation der als konzernfrei fingierten darlehensnehmenden Tochtergesellschaft, sondern müsse nach derjenigen des Gesamtkonzerns, insbesondere mit Blick auf die Fähigkeit der Obergesellschaft, ihre Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG zu erfüllen, bestimmt werden40. Die Muttergesellschaft trage durch die Verpflichtung zur Übernahme der Verluste des Tochterunternehmens das gesamte finanzielle Risiko der Tochtergesellschaft und hafte mittelbar für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft, deren Gläubiger sich den Anspruch aus § 302 I AktG pfänden und überweisen lassen könnten41. Daraus folge, dass Mutter- und Tochtergesellschaft letztlich zu einer Haftungs- und Risikoeinheit verbunden seien, aufgrund derer auch ein externer Kreditgeber nicht nach der finanziellen Situation der als konzernfrei fingierten Tochtergesellschaft frage, sondern sich an der Fähigkeit der Muttergesellschaft zur Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs der Tochtergesellschaft orientiere42. Zutreffend wird hierzu ausgeführt, dass selbst bei Kreditwürdigkeit der als konzernfrei fingierten Tochtergesellschaft dem externen Kreditgeber als Sicherheit letztlich nur die aus § 302 I AktG folgende Absicherung der Tochtergesellschaft diene, da sich die finanzielle Situation der Tochtergesellschaft aufgrund des Weisungsrechtes der Muttergesellschaft jederzeit ändern könne43. Die Bedeutung des § 302 I AktG für die Praxis der Kreditvergabe gelte entsprechend im umgekehrten Fall. Auch eine als konzernfrei fingierte kreditunwürdige Gesellschaft erhalte regelmäßig von außen stehenden Dritten Kredit, soweit und solange ihr Anspruch aus § 302 I AktG gesichert sei. Daher seien Darlehen, welche die Tochter-AG von der Obergesellschaft erhalte, nicht als kapitalersetzend einzustufen, solange diese zur Erfüllung ihrer Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG wirtschaftlich in der Lage sei44.
____________________ 40
Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64 (S. 90); Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 101 f.; Ketzer, S. 96 f., 112; a.A.: Gehde, S. 147; Stützle, S. 81 (S.85). 41 Ketzer, S. 96 m.w.N. 42 Ketzer, S. 96. 43 Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64, 90; Ketzer S. 96 f. 44 Kölner Komm. AktG – Lutter § 57 Rn. 101; Ketzer, S. 97.
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3. Kreditunwürdigkeit des Gesamtkonzerns Auch wenn die Vertreter der zuvor dargestellten Ansicht terminologisch auf die „Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns, insbesondere der Muttergesellschaft“45 abstellen, ist ihr Fokus im Ergebnis doch ausschließlich auf die finanzielle Lage der Muttergesellschaft gerichtet, wenn es letztlich darauf ankommen soll, dass diese zur Erfüllung ihrer aus den §§ 302, 303 AktG resultierenden Pflichten wirtschaftlich in der Lage ist. Es bleibt daher zu untersuchen, ob nicht ein stärkeres Abstellen auf den Gesamtkonzern und damit auch die konkret kreditnehmende Gesellschaft für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit den Spezifika des zentralistisch finanzierten Konzerns besser gerecht wird. a) Eignung der existierenden Kriterien für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit bei Durchführung des Cash Poolings Es ist nur dann sachgerecht, auf die wirtschaftliche Fähigkeit der Muttergesellschaft zur Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs der Tochtergesellschaft abzustellen, wenn der Anspruch aus § 302 I AktG auch tatsächlich die Kreditunwürdigkeit der Tochtergesellschaft ausschließt. Nicht ohne Grund lassen auch die Stimmen in der Literatur, die letztlich allein auf die finanzielle Situation der Muttergesellschaft abstellen, die schlichte rechtliche Existenz des Verlustausgleichsanspruchs nicht genügen, sondern fordern zusätzlich, dass die Obergesellschaft auch tatsächlich zur Erfüllung ihrer Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG wirtschaftlich in der Lage ist46. In dieser Aussage klingt an, dass nur eine einzelfallbezogene Betrachtung sachgerechte Ergebnisse liefern kann. Das legt die Überlegung nahe, ob die vom Schrifttum vorgenommene Fokussierung auf die Tochtergesellschaft im einfach faktischen Konzern und das Abstellen auf die Muttergesellschaft bei qualifiziert faktischer bzw. vertraglicher Konzernierung geeignet ist, auch bei den poolverbundenen Unternehmen als Beurteilungsmaßstab zu dienen. Der Bundesgerichtshof47 und ihm vorausgehend das Hanseatische Oberlandesgericht48 haben im „HSW“-Urteil entschieden, dass die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft nicht beseitigen könne, da durch diese nicht die Gefahr der Illiquidität gebannt werden könne. Dies habe seine Ursache darin, dass der Anspruch aus § 302 I AktG nur ____________________ 45 46 47 48
Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 101; Ketzer, S. 96. Kölner Komm. AktG – Lutter § 57 Rn. 101; Ketzer, S. 97. BGH ZIP 1988, 1248 = BGHZ 105, 168. OLG Hamburg ZIP 1987, 977 f.
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einmal jährlich fällig werde und er damit die abhängige Gesellschaft zwar vor der bilanziellen Überschuldung, nicht jedoch vor der Zahlungsunfähigkeit zu schützen vermöge. Der in diesem Zusammenhang auftretenden Problematik, ob der konzernrechtliche Verlustausgleichsanspruch die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln schlechthin ausschließt, soll in einem späteren Teil dieser Arbeit nachgegangen werden49. Es ist nämlich zu unterscheiden zwischen dieser und der hier zu untersuchenden Frage, aus welcher Perspektive die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft beim Cash Pooling zu beurteilen ist. Zu diesem Zweck kann die Feststellung des BGH, drohende Illiquidität50 könne die Kreditunwürdigkeit der betreffenden Gesellschaft begründen, ohne dass diese durch den Verlustausgleichsanspruch verhindert werde, fruchtbar gemacht werden. aa) Vergleich mit dem institutionellen Kreditgeber Das Cash Pooling dient vornehmlich dem zentralen Liquiditätsausgleich, durch den der Liquiditätsbedarf einzelner, am Pooling beteiligter Konzernunternehmen sichergestellt werden soll. Ist jedoch der Ausgleich von Liquiditätsdefiziten der am Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen beabsichtigt, so liegt darin auch die Zwecksetzung, mittels des Cash Poolings drohende Illiquidität zu verhindern. Aus diesem Grund weicht die Situation bei Durchführung des Cash Poolings im qualifiziert faktischen bzw. Vertragskonzern von der Lage ab, wie sie sich ohne Cash Pooling darstellen würde. Der BGH stellt hinsichtlich der Bedeutung der Liquidität für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens zu Recht darauf ab, dass ein institutioneller Kreditgeber, wenn es um die Vergabe von Krediten geht, primär auf die vertragsgemäße und korrekte Bedienung seiner Kredite mit Zins und Tilgung achtet51, und er die Beitreibung des Anspruchs aus § 302 I AktG über den Weg der Pfändung und Überweisung oder das Insolvenzverfahren nur zwangsläufig in Kauf nimmt. Gänzlich anders stellt sich die Situation bei einem konzerninternen Kreditgeber dar, der durch das Cash Pooling im Rahmen der planmäßigen Unternehmensfinanzierung drohende Illiquidität zu verhindern versucht. Aufgrund des Automatismus52, mit dem der Liquiditätsausgleich vorgenommen wird, ist die Liquiditätszufüh____________________ 49
Dazu § 7 (S. 134 ff.). Der BGH spricht stellenweise von „Illiquidität“, gemeint ist jedoch drohende Illiquidität bzw. Liquiditätsbedarf; siehe auch K. Schmidt in NJW 1988, 3148 (3149). 51 BGH ZIP 1988, 1248 (1252); Lutter in ZIP 1989, 477 (481); Krumnow/Gramlich, Stichwort „Kreditwürdigkeit“. 52 Dazu § 1 II. 1. (S. 27). 50
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rung aus dem Cash Pool eine Leistung, die von konzernfremden dritten Kreditgebern nicht oder nicht auf diese Weise erbracht würde. Vielmehr stellt sich die Abführung von Finanzmitteln an den Cash Pool und die Ausreichung dieser Gelder an liquiditätsbedürftige Konzernunternehmen als eine Leistung causa societatis dar. Während das Interesse des institutionellen Kreditgebers vorrangig auf die vertragsgemäße und korrekte Bedienung seiner Kredite mit Zins und Tilgung gerichtet ist und die Illiquidität des Darlehensnehmers für ihn ein Grund zur Versagung des Kredits ist, geht das Interesse der am Cash Pooling beteiligten darlehensgebenden Konzernmutter oder Finanzierungsgesellschaft diametral entgegengesetzt auf Beseitigung der Illiquidität bei den bedürftigen Konzerngesellschaften. Die vertragsgemäße Tilgung der Darlehen erfolgt beim Cash Pooling-Verfahren durch Abführung überschüssiger Liquidität an den Cash Pool, überspitzt formuliert also „nach Möglichkeit“ bzw. Vorhandensein von Liquidität. Ebenso wie die Tilgung, nimmt auch die Verzinsung in der Cash Pooling Rahmenvereinbarung nur eine sekundäre Rolle ein. Der für den externen Kreditgeber zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit maßgebliche Aspekt der pünktlichen Zins- und Tilgungsleistung, die nur bei ausreichender Liquidität des Unternehmens erbracht werden kann, hat für den Poolkreditgeber nur eine untergeordnete Bedeutung. Der Poolkreditgeber verfolgt vorrangig den Zweck, Liquiditätsdefizite konzernverbundener Gesellschaften auszugleichen. Die ständige Versorgung eines liquiditätsschwachen Konzernunternehmens mit Finanzmitteln aus dem Cash Pool birgt die Gefahr, die möglicherweise an sich vorliegende Illiquidität dieses Unternehmens zu verschleiern und das Publikwerden der Illiquidität bei Gläubigern dieses Unternehmens zu verschleppen. Darüber hinaus wird die Liquiditätsschwäche eines abhängigen Unternehmens von einem externen Kreditgeber auch deshalb als entscheidendes Negativkriterium für die Versagung des Kredites gewertet, weil sie zur Folge hat, dass der Kreditgeber nicht mehr mit der vollen Rückzahlung seiner Kredite rechnen kann53. Dies folgt aus der Überlegung, dass die Illiquidität zur Insolvenz führt und durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach herrschender Meinung der Unternehmensvertrag endet54. Die oft mit dem Insolvenzverfahren einhergehenden hohen Verluste, die aus der Zerschlagung des Unternehmens, dem Sozialplan oder nicht mehr optimal genutzten Ressourcen herrühren können55, müssen nach überwiegender Ansicht nicht mehr vom herrschenden Un-
____________________ 53
Lutter in ZIP 1989, 477 (481). BGH NJW 1988, 1326 (1327); Hüffer AktG, § 297 Rn. 22; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 19 VIII. 2 (S. 275 f.) m.w.N. 55 Lutter in ZIP 1989, 477 (481). 54
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ternehmen getragen werden56 mit der Folge, dass die volle Rückzahlung der Kredite gefährdet ist. bb) Bedeutung der Illiquidität für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit Wenn demnach die drohende Illiquidität im anzustellenden Drittvergleich die Kreditunwürdigkeit der betroffenen Gesellschaft begründet und diese auch durch den Verlustausgleichsanspruch nicht revidiert werden kann, so muss dies für die Beurteilungsperspektive der Kreditwürdigkeit im Rahmen des Cash Poolings seinen Niederschlag finden. Die vom Bundesgerichtshof im „HSW“Urteil vertretene Auffassung, nach der das Bestehen eines Verlustausgleichsanspruchs der abhängigen Gesellschaft die durch die Illiquidität begründete Kreditunwürdigkeit nicht beseitigen könne, ist im Schrifttum kritisiert worden mit der Begründung, sie sei in ihrer Allgemeinheit missverständlich und es bedürfe der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls57. Die Berechtigung dieser Kritik vor Augen, erscheint der hier unternommene Versuch, die Rechtsprechung des BGH zu Illiquidität, Kreditunwürdigkeit und Verlustausgleichsanspruch für die vorliegende Problematik nutzbar zu machen, dennoch gerechtfertigt. Eine Bewertung, nach der die Wirkung des Verlustausgleichsanspruchs, die Kreditunwürdigkeit ausschließen zu können, durch die Gefahr der Illiquidität vollkommen aufgehoben würde, entspricht sicherlich nicht der wirtschaftlichen Realität. Die vorangegangen Ausführungen haben gleichwohl gezeigt, dass der Verlustausgleichsanspruch aufgrund der hervorragenden Bedeutung des Cash Poolings für die Liquidität der Konzernunternehmen weitgehend an Bedeutung verliert. Im Vergleich zum qualifiziert faktischen bzw. Vertragskonzern ohne Cash Pool ist eine andere Würdigung des Verlustausgleichsanspruchs erforderlich, weil die darlehensgewährende Gesellschaft bewusst und gezielt Darlehen an möglicherweise dauerhaft liquiditätsschwache Unternehmen ausreicht. Diese Liquiditätsschwäche würde hingegen einen institutionellen Kreditgeber regelmäßig dazu bewegen, die Darlehensgewährung zu versagen, weil er aufgrund der Liquiditätsschwäche – trotz des ihn scheinbar sichernden Verlustausgleichsanspruchs – mit einer unregelmäßigen Bedienung seines Kredits, wenn nicht sogar mit einem Teilausfall rechnen müsste. Das darlehensnehmende abhängige Konzernunternehmen würde sich in diesem Fall bei Durchführung des erforderlichen Drittvergleichs als kreditunwürdig darstel____________________ 56
Geßler/Hefermehl AktG – Geßler, § 302 Rn. 15; Hengeler/Hoffmann-Becking in FS Hefermehl, S. 283 (S. 293); Lutter in ZIP 1989, 477 (481). 57 K. Schmidt in NJW 1988, 3148 (3149); Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (337 f.); Lutter in ZIP 1989, 477 (481).
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
len, und dies würde selbst dann gelten, wenn die Obergesellschaft wirtschaftlich in der Lage wäre, ihren Pflichten aus §§ 302, 303 AktG nachzukommen. Es wird deutlich, dass das alleinige Abstellen auf die wirtschaftliche Lage der Muttergesellschaft und deren Fähigkeit, den Verlustausgleichsanspruch zu erfüllen, jedenfalls dann keine geeignete Vorgehensweise ist, wenn es sich bei der zu beurteilenden Leistung um eine solche handelt, die im Rahmen eines Cash Pooling-Verfahrens erfolgt. Nimmt das Konzernunternehmen fortwährend Liquidität aus dem Cash Pool in Anspruch, ohne sie anschließend wieder sofort an den Cash Pool zurückzuführen, dann würde das gleiche Verhalten gegenüber einem externen Kreditgeber trotz Bestehens des Verlustausgleichsanspruchs Kreditunwürdigkeit begründen. Sicherlich wäre es verfehlt, in Vertragskonzernen oder qualifiziert faktischen Konzernen die Kreditwürdigkeit der Tochtergesellschaft völlig losgelöst von der Verlustübernahmepflicht der Obergesellschaft zu beurteilen58. Anders als die von der herrschenden Lehre vertretene Ansicht, nach der ein wirtschaftlich werthaltiger Verlustausgleichsanspruch im Vertrags- und faktischen Konzern zumindest stark indiziell für die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Tochtergesellschaft spricht, lässt sich jedoch bei der Darlehensvergabe über den Cash Pool aus dem Verlustausgleichsanspruch gegen die Muttergesellschaft nur wenig über die Kreditwürdigkeit der Tochtergesellschaft ableiten. Vielmehr muss die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft nicht beseitigen kann, ausnahmslos bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit berücksichtigt werden. Die Kreditwürdigkeit ist daher anhand einer Beurteilung des Gesamtkonzerns in einer zweistufigen Prüfung dergestalt zu bewerten, dass man zunächst und vor allem auf die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft abstellt und erst sodann die Fähigkeit einer etwa verlustausgleichspflichtigen Muttergesellschaft mit einbezieht, ihren Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG nachzukommen. b) Kriterien zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit bei poolverbundenen Unternehmen Zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft kann daher in concreto wie folgt vorgegangen werden: In einem ersten Schritt ist danach zu fragen, ob die darlehensnehmende Gesellschaft ebenso von dritter Seite zu marktüblichen Konditionen Kredit erhal____________________ 58
Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64 (90); Ketzer, S. 97; Makowski, S. 154.
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ten hätte. Führt das Ergebnis dieser Prüfung dazu, dass der Dritte den Kredit nicht oder nicht zu marktüblichen Konditionen gewährt hätte, so begründet das die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft, die das Gesellschafterdarlehen in Anspruch genommen hat. Nur wenn und soweit der Dritte jedenfalls nicht deshalb den Kredit versagt haben würde, weil ihn eine dauerhafte Liquiditätsschwäche der Darlehensbewerberin von der Kreditvergabe abgehalten hätte, darf ein etwa bestehender Verlustausgleichsanspruch Berücksichtigung finden. Diese Bedingung hat ihre Ursache in der zuvor dargelegten Sachlage, nach der die Verpflichtung der Obergesellschaft zur Verlustübernahme im speziellen Fall der Illiquidität keine umfassende gläubigerschützende Wirkung entfaltet. Wäre also der externe Kreditgeber nicht aufgrund der Liquiditätsschwäche der Darlehensbewerberin von der Kreditvergabe abgehalten worden, und besteht aufgrund vertraglicher oder qualifiziert faktischer Konzernierung59 ein Verlustausgleichsanspruch, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die herrschende Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG wirtschaftlich in der Lage war und deshalb auch der Dritte zur Ausreichung des Darlehens bereit gewesen wäre. Ist das der Fall, hält die Vergabe des Gesellschafterdarlehens im Rahmen des Cash Poolings dem Drittvergleich stand und das aus dem Cash Pool geflossene Darlehen hat keine eigenkapitalersetzende Funktion. Neben der vor allem für das Cash Pooling sachgerechteren Vorgehensweise hat diese Prüfungsmethode den Vorteil, dass sie sowohl für einfach faktische, als auch für Vertrags- und qualifiziert faktische Konzernierungsverhältnisse anwendbar ist. Besteht kein Verlustausgleichsanspruch der darlehensnehmenden Gesellschaft, so erübrigt sich der zweite Prüfungsschritt.
III. Der Zeitpunkt der Umqualifizierung Die für das Cash Pooling relevanten Gesellschafterleistungen der Darlehensoder Kreditsicherheitengewährung können von Anfang an eigenkapitalersetzenden Charakter haben oder aber erst zu einem späteren Zeitpunkt ipso iure in Eigenkapitalersatz umqualifiziert werden.
____________________ 59
Zur Frage, ob ein Verlustausgleichsanspruch bei qualifiziert faktischer Konzernierung nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil überhaupt noch in Betracht kommt vgl. § 8 I. 2. (S. 153 ff.).
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1. Anfänglicher Eigenkapitalersatzcharakter Gesetzlicher Regelfall und Ausgangspunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung für den Zeitpunkt der Umqualifizierung in Kapitalersatz ist die Situation, dass die Gesellschafterleistung zu einem Zeitpunkt gewährt wird, in dem sich die Gesellschaft bereits in der Krise befindet, also kreditunwürdig gegenüber dritten Kreditgebern ist. Für Gesellschafterdarlehen hat die Rechtsprechung des BGH60 diesen Zeitpunkt unter überwiegender Zustimmung des Schrifttums61 dahingehend konkretisiert, dass grundsätzlich bereits der Zeitpunkt der bindenden Darlehenszusage, und nicht der einer zeitlich späteren Auszahlung der Darlehensvaluta maßgebend für die Beurteilung ist, ob das Darlehen eine kapitalersetzende Leistung darstellt, wenn und soweit später auch tatsächlich eine Auszahlung erfolgt ist. Hintergrund dieses Urteils war der Fall, dass das Darlehensversprechen bereits zum Zeitpunkt der Krise der Gesellschaft erfolgte, die Auszahlung jedoch erst nach Konkursantrag erfolgte. Ein Teil des Schrifttums62 kritisiert die Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes mit der Begründung, die Zufuhr von Eigenkapital und damit auch nur der Anschein genügender Kapitalausstattung sei zum Zeitpunkt des Konkursantrags gänzlich ausgeschlossen, sodass jede Grundlage für die Behandlung des Kredits als Eigenkapital fehle63. Während diese Judikatur für die konkrete und darüber hinaus für die meisten denkbaren praktischen Fallgestaltungen eine Ausweitung der Kapitalersatzregeln zur Folge hat, könnte sie im Zusammenhang mit dem Cash Pooling eine Restriktion für die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts bedeuten. Ist nämlich allein der Zeitpunkt der bindenden Darlehenszusage maßgeblich für die Umqualifizierung in Kapitalersatz, so müsste beim Cash Pooling auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung zwischen den am Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen abgestellt werden, da sich die Gesellschaften bereits zu dieser Zeit zur Abführung überschüssiger Liquidität an den Cash Pool verpflichten und die Ausreichung dieser Finanzmittel an liquiditätsbedürftige Konzerngesellschaften bewilligen. Dass die Höhe der Darlehen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung noch nicht definiert ist, hindert nicht ____________________ 60
BGHZ 133, 298 (303f.) = ZIP 1996, 1829 (1830). Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 29; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 24; Hommelhoff/Goette, Rn. 48; v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan, Rn. 3.32. 62 Roth/Altmeppen GmbHG - Altmeppen, § 32a Rn. 32; Fleck in EWiR 1996, 1087 f. 63 Fleck in EWiR 1996, 1087 (1088). 61
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den verbindlichen Abschluss des Darlehensvertrages, da der Darlehensvertrag nicht die Vereinbarung eines bestimmten Geldbetrages erfordert, sondern ebenso gut ein nicht feststehender Betrag nach Abruf oder Inanspruchnahme vereinbart werden kann64. Da die Konzernunternehmen sich beim Abschluss der Rahmenvereinbarung regelmäßig noch nicht in der Krise befinden werden, käme eine Umqualifizierung zu diesem Zeitpunkt und damit ein anfänglicher Eigenkapitalersatzcharakter nicht in Betracht. Die von der Rechtsprechung offensichtlich beabsichtigte Ausweitung des Kapitalersatzrechts65 würde folglich in ihr Gegenteil verkehrt, sodass fraglich ist, ob die von der Rechtsprechung für den konkreten Fall vorgenommene Vorverlagerung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes in der Weise verallgemeinerungsfähig ist, wie sie im Schrifttum durchweg erfolgt. a) Die Allgemeingültigkeit der Vorverlagerung Der BGH begründet die Vorverlagerung damit, dass bereits die Darlehenszusage es der Gesellschaft ermögliche, den Geschäftsbetrieb vorläufig aufrechtzuerhalten, statt sogleich die Liquidation einzuleiten; bereits die schuldrechtliche Vereinbarung könne bei Dritten den Eindruck erwecken, die Gesellschaft sei noch lebensfähig66. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall erfolgte die Auszahlung nach dem Konkursantrag, also zu einem Zeitpunkt, der eine an sich gebotene Eigenkapitalzufuhr erübrigt. Will man diese Sachlage auf eine verallgemeinerungsfähige Basis stellen, so ließe sich sagen, dass die Darlehenszusage zum Zeitpunkt der Krise, die Auszahlung hingegen außerhalb der Krise erfolgte, denn nur wenn man die Zeit nach Stellung des Konkursantrags als eine solche außerhalb der Krise bewertet, bedarf es der Vorverlagerung. Es offenbart sich, dass ein solcher Fall mit kapitalersatzrechtlicher Relevanz mit Ausnahme des speziellen, der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts, in dem der Konkursantrag die mit der Krisensituation einhergehenden Gefahren für die Gläubiger beendete, schlechthin nicht denkbar ist. Ist die Krise der in Aussicht genommenen Darlehensnehmerin nämlich aus Gründen beendet, die nicht im Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen – regelmäßig die Erholung der Gesellschaft – käme niemand auf den Gedanken,
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§ 1 IV. 1. d) (S. 33). So auch Fleck in EWiR 1996, 1087 (1088). BGH ZIP 1996, 1829 (1830).
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das ausgezahlte Darlehen in Kapitalersatz umzuqualifizieren67. Es ließe sich noch vorbringen, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft nach einer Erholung von der zunächst bestehenden Krise erneut verschlechtern kann und dann sehr wohl ein Bedürfnis dafür besteht, ein in der Krise versprochenes, aber außerhalb der Krise ausgezahltes Darlehen in Kapitalersatz umzuqualifizieren. Dann jedoch greifen die nachfolgend zu erläuternden Regeln für stehen gelassene Gesellschafterdarlehen68 und es bedarf einer Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes für die Umqualifizierung nicht. Die in der Kommentarliteratur69 anzutreffende Aussage, nach der es für die Beurteilung des eigenkapitalersetzenden Charakters einer Darlehensgewährung auf den Zeitpunkt der Darlehenszusage ankomme, erweist sich somit als zu weit. b) Die Vorverlagerung im speziellen Fall Es bleibt aber zu überprüfen, ob eine Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes vorzunehmen ist, wenn die Auszahlung der Darlehensvaluta dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zeitlich nachfolgt. Warum der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Krise und damit im Ergebnis die Kreditunwürdigkeit beenden soll, wird nicht ersichtlich und auch vom BGH nicht begründet70. Ebenso vertretbar erscheint es, das Vorliegen der Krise auch – wenn nicht gar erst recht – zu bejahen, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits gestellt wurde. Es ist nämlich regelmäßig davon auszugehen, dass eine Gesellschaft nicht mehr kreditwürdig sein wird, wenn über ihr Vermögen der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzver____________________ 67
Das gilt selbst dann, wenn man mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht davon ausgeht, dass die Rechtsprechung des BGH im Fall „Balsam/Procedo“ auf das Kapitalersatzrecht übertragbar ist, vgl. § 2 I. 2. (S. 47). Danach sind kapitalersetzende Darlehen auch nach Wiederherstellung des Stammkapitals fortdauernd gesperrt. Das setzt jedoch voraus, dass eine Umqualifizierung des Darlehens bereits erfolgt ist, danach das Stammkapital wiederhergestellt wurde und die Gesellschaft ihre Kreditwürdigkeit wiedererlangt hat. Eine Umqualifizierung solcher Darlehen, die erst nach Wiedererlangung der Kreditwürdigkeit ausgezahlt wurden, befürworten selbst die Vertreter dieser Ansicht nicht. 68 Dazu ausführlich § 5 III. 2. (S. 108 ff.). 69 Vgl. Fn. 61. 70 Auch das OLG Stuttgart als Berufungsgericht ging ausweislich der Entscheidungsgründe des BGH-Urteils offenbar davon aus, dass die Gesellschaft sich zum Zeitpunkt der Auszahlung in der Krise befand, wenn es dahingestellt bleiben lässt, ob der Zeitpunkt der Zusage oder derjenige der Auszahlung maßgeblich ist; vgl. BGH ZIP 1996, 1829 (1830).
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fahrens gestellt wurde. Da der Bundesgerichtshof eine Krisenbeendigung stillschweigend voraussetzt und deshalb eine Vorverlagerung des Beurteilungszeitraums erforderlich werden soll, ist deren Zulässigkeit an dieser Stelle dennoch zu untersuchen. Gegen eine Vorverlagerung in diesen Fällen wendet sich Fleck mit gewichtigen Gründen und führt aus, dass der Konkursantrag die Zufuhr neuen Eigenkapitals und damit den Anschein genügender Kapitalausstattung ausschließe71. Zweifelsohne schließt der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus, dass bei Gesellschaftsgläubigern der unzutreffende Eindruck entstehen könnte, die Gesellschaft verfüge noch über genügend Eigenkapital, um ihre Geschäfte als werbendes Unternehmen weiter betreiben zu können. Wenn der Kern des Kapitalersatzrechts in dem Verhalten des Gesellschafters liegt, seiner Gesellschaft anstelle der Zuführung von Eigenkapital oder der Liquidationsbetreibung nur Fremdkapital zuzuführen72, dann müssen ihm die Handlungsalternativen der Eigenkapitalzuführung bzw. Liquidation auch tatsächlich offen stehen. Ist dies, wie nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nicht der Fall, kommt eine Umqualifizierung nicht in Betracht. Nicht unberücksichtigt bleiben darf freilich eine Tatsache, auf die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil hingewiesen hat. Danach liegt der Grund für die Vorverlagerung in der Eigenschaft der bindenden Zusage, den Geschäftsbetrieb vorläufig aufrechterhalten zu können, damit den „Todeskampf“ der Gesellschaft zu verlängern und so das Vermögen der Gesellschaftsgläubiger weiter zu gefährden. Zutreffend stellt der BGH fest, dass sich die Darlehenszusage wirtschaftlich ähnlich wie die Übernahme einer Bürgschaft oder die Einräumung einer Kreditsicherheit auswirken könne73. Insoweit – aber auch nicht weiter – lässt sich die Verlängerung des „Todeskampfes“ der Gesellschaft und damit die Gefährdung der Gesellschaftsgläubiger auf das Verhalten des Gesellschafters zurückführen. Zum Zeitpunkt der Darlehenszusage nämlich hat der Gesellschafter die Wahl, der Gesellschaft anstelle der von ihm vorgenommenen Zusage haftendes Eigenkapital zuzuführen oder die Gesellschaft zu liquidieren. Zum Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta, also nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, können diese Handlungsalternativen dem Gesellschafter jedoch nicht mehr abverlangt werden. Während für die Umqualifizierung in Kapitalersatz zum Zeitpunkt der Darlehensauszahlung jede dogmatische Basis fehlt, liegt diese, wenn überhaupt, nur zum Zeitpunkt der bindenden Darlehenszusage vor. Nur der Zeitpunkt der bindenden Darlehenzusage ____________________ 71 72 73
Fleck in EWiR 1996, 1087 (1088). § 2 (S. 44). BGH ZIP 1996, 1829 (1830).
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kann demnach als dogmatisch tragfähiger Anknüpfungspunkt dienen. Der von Fleck eingeschlagene Weg, auf die Auszahlung der Darlehensvaluta abzustellen, erweist sich – wie von ihm zutreffend festgestellt – als nicht tragfähig für eine Umqualifizierung. Das darf indes nicht zu einer völligen Freistellung des Gesellschafters führen, denn in der bindenden Darlehenszusage liegt gleichsam als Vorstufe zur Auszahlung das gesellschaftsrechtlich relevante Finanzierungsverhalten des Gesellschafters. Gibt der Gesellschafter anstelle der an sich gebotenen Handlungsalternativen eine Darlehenszusage, dann muss sich der Gesellschafter an dieser Finanzierungsentscheidung festhalten lassen. Dennoch sind auf diese Fallkonstellation nicht die Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen, sondern vielmehr diejenigen über die sog. Finanzplankredite74 anzuwenden, die einem eigenständigen Rechtsregime unterliegen75. Da der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Krise lediglich eine privatautonome Finanzierungsentscheidung getroffen hat, die Finanzierung jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Wege der Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgt ist, steht er nicht in der Finanzierungsfolgenverantwortung, die eine Umqualifizierung in Kapitalersatz rechtfertigt. Die Finanzierungsfolgenverantwortung setzt nämlich neben der Entscheidung, der Gesellschaft weder Eigenkapital zur Verfügung zu stellen noch sie zu liquidieren, sondern sie mit Fremdkapital weiter zu finanzieren, den tatsächlichen Vollzug dieses Finanzierungsentscheids voraus76. Dementsprechend sehen die Rechtsfolgen der Umqualifizierung in Kapitalersatz keine Pflicht zur Zuführung neuer Eigenmittel im Sinne eines „Zuführungsgebotes“ vor77, sondern beschränken sich auf ein Abzugsverbot des in der Krise gewährten Darlehens. Wird die Darlehensvaluta außerhalb der Krise ausgezahlt, so trifft den Gesellschafter in diesem Moment keine Finanzierungsfolgenverantwortung, weil dem Gesellschafter gerade die Handlungsalternativen nicht abverlangt werden können, welche die Finanzierungsfolgenverantwortung begründen, nämlich Liquidationsbetreibung oder Eigenkapitalzuführung. Anders hingegen die Grundsätze zum Finanzplankredit, nach denen der Gesellschafter unter Ausschluss des § 490 I BGB auch zur Gewährung solcher Darlehen verpflichtet ist, die er während der bestehenden Krise versprochen hat, zu
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Dazu ausführlich § 6 (S. 117 ff.). Im Ergebnis wie hier auch Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 21, jedoch ohne weitere Begründung. 76 BGH NJW 1999, 2809 (2810); v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 2.22. 77 BGHZ 127, 17 (23); BGH NJW 1999, 2809 (2810); v. Gerkan/Hommelhoff – Hommelhoff, Rn. 2.21. 75
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deren Auszahlung es aber noch nicht gekommen ist78. Die auf der Finanzierungsfolgenverantwortung beruhende dogmatische Grundlage für die Umqualifizierung erfordert, wie zuvor festgestellt, eine Auszahlung des Darlehens zu einem Zeitpunkt, zu welchem dem Gesellschafter diejenigen Handlungsalternativen obliegen, die seine Finanzierungsfolgenverantwortung begründen. Geschieht die Auszahlung außerhalb der Krise, dann ist sie jedenfalls nicht in dem für die Anwendung des Kapitalersatzrechts allein maßgeblichen Zeitraum erfolgt. Es kann im Hinblick auf die Unterwerfung unter die Kapitalersatzregeln aber keinen Unterschied machen, ob die Auszahlung überhaupt nicht oder nicht in dem für die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln allein relevanten Zeitraum vorgenommen wird, sodass sich die Auszahlung im letzteren Fall als nicht erfolgt darstellt. Da die Auszahlung de facto dennoch – jedoch zu einem kapitalersatzrechtlich neutralen Zeitpunkt – erfolgt, ist die vorliegende Konstellation dem Rechtsregime der Finanzplankredite zu unterstellen. Das hat zur Folge, dass der Gesellschafter nach den Grundsätzen des Finanzplankredits die Rückzahlung nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen kann79. Es hat sich gezeigt, dass eine Verallgemeinerung, nach der grundsätzlich die bindende Darlehenszusage der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des eigenkapitalersetzenden Charakters einer Darlehensgewährung sein soll, zu weit geht. Die meisten Fälle, in denen die Darlehenszusage in der Krise, die Auszahlung jedoch außerhalb der Krise erfolgte, weisen entweder keine kapitalersatzrechtliche Relevanz auf oder lassen sich befriedigend durch die Regeln zum Stehenlassen von Gesellschafterdarlehen lösen. Erfolgt die Darlehenszusage, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, zum Zeitpunkt der Krise, die Auszahlung hingegen nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist das Darlehen entgegen der Ansicht des BGH und des überwiegenden Schrifttums nicht nach den Kapitalersatzregeln, sondern nach den Grundsätzen über den Finanzplankredit zu behandeln. Die vom BGH vorgenommene Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes sollte aufgegeben werden, da sie, soweit die Fälle durch die Grundsätze über das Stehenlassen von Gesellschafterdarlehen gelöst werden können, nicht erforderlich ist. Erfolgt die Auszahlung des Darlehens nach einer nachhaltigen Erholung der Gesellschaft oder nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so verbietet sich eine Umqualifizierung in Kapitalersatz aus dogmatischen Gründen, denn der Gesellschafter steht zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der für die
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78 BGH WM 1997, 576; BGH NJW 1999, 2809 (2810); Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (490); K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (S. 496); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 183 m.w.N. 79 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46b; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 181 m.w.N.
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Umqualifizierung erforderlichen Finanzierungsfolgenverantwortung. Im letzteren Fall unterfällt das Darlehen allerdings den von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Regeln über den Finanzplankredit. Darlehen, deren Auszahlung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zeitlich nachfolgt, dürften beim Cash Pooling regelmäßig nicht relevant werden. Sowohl die zwischen den Konzernunternehmen abgeschlossene Rahmenvereinbarung als auch die vertragliche Vereinbarung mit dem poolführenden Kreditinstitut sieht gewöhnlich vor, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Teilnahme am Cash Pooling beendet80. Eine Auszahlung der Darlehensvaluta, die dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zeitlich nachfolgt, wird daher in aller Regel nicht erfolgen. 2. Das Stehenlassen von Gesellschafterleistungen Während die Grundkonzeption des Gesetzes und die Rechtsprechungsregeln des Bundesgerichtshofs deutlich den anfänglichen Eigenkapitalersatzcharakter im Blick haben, spielt dieses Grundmodell in der heutigen gerichtlichen Praxis kaum mehr eine Rolle81. Weitaus praxisrelevanter – nicht zuletzt weil sich retrospektiv der Beginn der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft oftmals nicht feststellen lässt82 – sind solche Fälle, in denen der Gesellschafter das Darlehen oder die Kreditsicherheit einer noch wirtschaftlich gesunden Gesellschaft gewährt hat und die Mittel der Gesellschaft belassen hat, obwohl diese zwischenzeitlich ihre Kreditwürdigkeit verloren hat. Diese unter dem Begriff „Stehenlassen“ diskutierte Sachlage wird von der ständigen Rechtsprechung des BGH und dem Schrifttum als Anwendungsgebiet des Kapitalersatzrechts nahezu einmütig anerkannt83. Ob das Stehenlassen dabei als Darlehensgewährung von Abs. 1 oder als wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung von Abs. 3 des § 32a GmbHG erfasst wird, kann letztlich dahinstehen84. Die Notwendigkeit, ____________________ 80
§ 1 IV. 2. ( S. 37) und § 1 IV. 3. (S. 41 f.). Hommelhoff/Goette, Rn. 47; v. Gerkan in GmbHR 1996, 400 (401). 82 v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (184). 83 BGHZ 75, 334 (338f.); 81, 252 (257); 81, 311 (317); BGH NJW 1985, 2719 (2720); BGH WM 1987, 284 (285); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 37 ff.; Beinert/Hennerkes/Binz in GmbHR 1981, 10 f.; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 103; Goette in DStR 1997, 2027 (2032 f.); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 25 ff.; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 96; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 45 ff.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 47 ff.; v. Gerkan in GmbHR 1996, 400 ff; ders. in ZGR 1997, 173 (184 f.); a.A.: Gebhard in DB 1984, 1385 (1386 f.); Thöne in DB 1980, 2179. 84 Ebenso Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 47 m.w.N. 81
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das Stehenlassen den Kapitalersatzregeln zu unterwerfen, folgt aus der Überlegung, dass bei den Gesellschaftsgläubigern auch durch das Belassen des Darlehens nach Eintritt der Krise der unzutreffende Eindruck entstehen kann, die Gesellschaft verfüge noch über ein ausreichendes Maß an Eigenkapital, um ihre Geschäfte als werbendes Unternehmen weiter betreiben zu können85. Gleichsam wie beim anfänglichen Eigenkapitalersatzcharakter besteht bei der Fortführung der Gesellschaft mittels eines stehen gelassenen Darlehens die Gefahr, dass weiteres Gesellschaftsvermögen zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger verwirtschaftet wird86. Liegt vor dem Hintergrund dieser Überlegungen Übereinstimmung vor über die Notwendigkeit, stehen gelassene Gesellschafterleistungen dem Kapitalersatzrecht zu unterwerfen, so sind die Voraussetzungen des eigenkapitalersetzenden Stehenlassens umso umstrittener. Unter das Stehenlassen können nämlich ganz heterogene Sachverhalte subsumiert werden87. Das hat zur Folge, dass der Begriff in der rechtswissenschaftlichen Diskussion für die gesamte denkbare Bandbreite des Stehenlassens, zwischen solchem auf ausdrücklicher rechtsgeschäftlicher Finanzierungsabrede beruhendem Stehenlassen und schlichtem Nichtabziehen der Gesellschafterleistungen, verwendet wird88. Dabei hat sich lediglich ein Minimalkonsens herausgebildet, nach dem jedenfalls eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über das Belassen des Kredits genügt. Eine solche Vereinbarung kann z.B. in Form der Prolongation eines fälligen Darlehens89, der Stundung eines Rückzahlungsanspruchs90 oder der Änderung von Darlehensbedingungen durch Herabsetzung des Zinsfußes, der Vereinbarung eines pactum de non petendo oder der erfüllungshalber erfolgenden Hingabe eines Wechsels91 vorgenommen werden. Die Ansichten weichen jedoch voneinander ab, wenn es darum geht, unter welchen Voraussetzungen dem Gesellschafter bei Fehlen einer ausdrücklichen rechtgeschäftlichen Vereinbarung das Stehenlassen zurechenbar ist. ____________________ 85 86 87 88
34 ff. 89
BGHZ 75, 334 (338). BGHZ 81, 311 (317). Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 47. Terminologisch differenzierend hingegen Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn.
BGHZ 75, 334 (338 f.); OLG Hamburg DB 1986, 1328; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 34; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 28; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 156; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 49. 90 BGH ZIP 1980, 361 (362); ZIP 1981, 974 (978); Hachenburg/Ulmer GmbH, § 32 a, b Rn. 49 m.w.N. 91 v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.80 f.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
a) Anforderungen an das Stehenlassen der Gesellschafterleistung aa) Zumindest konkludente Finanzierungsabrede Nach der im Schrifttum lange Zeit vorherrschenden Ansicht ist das Stehenlassen dem Gewähren eines Darlehens nur gleichzusetzen, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter eine zumindest konkludente zweiseitige Finanzierungsabrede getroffen wurde92. Die Vertreter dieser Meinung führen aus, dass der Verzicht auf eine Finanzierungsabrede zu einer uferlosen Ausweitung der Regelungen über Gesellschafterdarlehen führe und zudem auch der Kasuistik des § 32a RegE GmbHG93 sämtlich rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zugrunde liegen würden94. bb) Kennen- und Handelnmüssen Obwohl der Bundesgerichtshof schon seit einem Urteil aus dem Jahr 1979 in ständiger Rechtsprechung das Stehenlassen der anfänglichen Darlehensgewährung gleichgesetzt hat95, hat er erst in einem Grundlagenurteil aus dem Jahre 1994 abschließend dazu Stellung bezogen, welche Voraussetzungen an das Stehenlassen zu stellen sind. Nach Auffassung des BGH erfordert die Umqualifizierung wegen Stehenlassens eines Gesellschafterdarlehens, dass der Gesellschafter wenigstens die Möglichkeit gehabt haben muss, die Krise zu erkennen und seiner Verantwortung gemäß zu handeln, wobei das Fehlen einer solchen Erkenntnismöglichkeit nur bei Vorliegen ganz besonderer, vom Gesellschafter darzulegender und zu beweisender Umstände anzunehmen sei96. Dieses ursprünglich von Lutter/Hommelhoff 97 entwickelte Kriterium beruht in erster Linie auf dem Gedanken der Finanzierungsfolgenverantwortung, nach dem eine echte Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters erforderlich ist, welche der Gesellschafter aber im Falle des Stehenlassens nur dann treffen könne, ____________________ 92 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 30, 90 ff.; Geßler in BB 1980, 1385 (1391); Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (332); v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.94; früher: Scholz GmbHG – K. Schmidt, 8. Auflage 1993, §§ 32a, 32b Rn. 46; Baumbach/Hueck GmbHG, 16. Auflage 1996, § 32a Rn. 38. 93 § 32a RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 9 f. 94 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 91. 95 BGH ZIP 1980, 115 (116); ZIP 1981, 1332; GmbHR 1990, 552 (553); 1992, 168 (170). 96 BGH ZIP 1994, 1934 (1938). 97 Verweis in der Urteilsbegründung auf Lutter/Hommelhoff GmbHG, 13. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 42, jetzt §§ 32 a/b Rn. 47 f.
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wenn er die Möglichkeit gehabt habe, den Eintritt der Krise zu erkennen98. Ist das Urteil des BGH zunächst kritisch aufgenommen worden99, so findet das Kriterium des „Kennen- und Handelnmüssens“ in der neueren Literatur100 zunehmend Beifall und es zeichnet sich deutlich eine Abkehr von dem bisher aufgestellten Erfordernis einer Finanzierungsabrede ab. cc) Rein objektiver Tatbestand Eine weitere Literaturmeinung knüpft für eine Umqualifizierung an den objektiven Tatbestand an und stellt allein darauf ab, dass die Kreditmittel der Gesellschaft auch in der Krise weiter zur Verfügung gestellt blieben, ohne dass der Gesellschafter von der gegebenen Möglichkeit einer Beendigung seines Kreditengagements Gebrauch gemacht hatte101. Als gewichtigstes Argument führen die Vertreter dieser Auffassung an, dass die Einführung eines subjektiven Tatbestandes im Widerspruch zu den für den Grundtatbestand der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung entwickelten Kriterien stehe, für die von keiner Seite ein subjektives Moment im Sinne eines Kennens oder Kennenmüssens der Krise gefordert werde102. dd) Stellungnahme Die besseren Gründe sprechen dafür, sich der vom BGH und dem neueren Schrifttum vertretenen Ansicht anzuschließen. Die bisher überwiegende Ansicht, die eine zumindest konkludente zweiseitige Finanzierungsabrede fordert, stellt sich als Fremdkörper im System des Kapitalersatzrechts dar, da die Um____________________ 98
BGH ZIP 1994, 1934 (1938); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 47. Altmeppen in ZIP 1994, 1939 ff. 100 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 37 f.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 51.; Goette in DStR 1997, 2027 (2032); Ketzer, S. 149; MünchHdb GmbH – Rümker, § 52 Rn. 20 ff.; Timm in JuS 1991, 652 (656); noch weitergehend Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 49; Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (207 f.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 5; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 67; v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.92 f., die sich sowohl für die Umqualifizierung neu gewährter als auch stehen gelassener Darlehen für das Kriterium der Erkennbarkeit aussprechen. 101 v. Gerkan in GmbHR 1996, 400 ff.; Altmeppen in ZIP 1994, 1939 ff.; Hill/Schäfer in BB 1989, 458 (462); Wiedemann in ZIP 1986, 1293 (1297). 102 v. Gerkan in GmbHR 1996, 400 (401); Altmeppen in ZIP 1994, 1939 (1941); Hill/Schäfer in BB 1989, 458 (462). 99
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qualifizierung in Kapitalersatz allein an die Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters anknüpft. Anders als bei den Grundsätzen über die Finanzplankredite erfolgt die Umqualifizierung im Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen aus Gläubigerschutzgesichtspunkten ipso iure und setzt keine rechtsgeschäftliche Abrede zwischen Gesellschaft und Gesellschafter voraus. Auch zu der von dieser Ansicht befürchteten Ausuferung des Kapitalersatzrechts ist es nicht gekommen, was die seit langem das Kriterium des „Kennen- und Handelnmüssens“ anwendende Rechtsprechung beweist. Schwerer hingegen wiegt der Aspekt, der von den Vertretern der allein auf den objektiven Tatbestand abstellenden Ansicht vorgebracht wird. Danach steht die Einführung eines subjektiven Tatbestandsmerkmals im Widerspruch zu dem allein auf objektive Kriterien abstellenden Grundtatbestand der Kapitalersatzregeln. Aus diesem Grund will eine in der Literatur vertretene Ansicht einen Gleichlauf zwischen beiden Fallkonstellationen herstellen, nachdem sowohl die Umqualifizierung im Falle des Stehenlassens als auch die der Erstgewährung von Gesellschafterdarlehen die Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter voraussetze103. Richtiger erscheint es jedoch, mit der wohl überwiegenden Meinung zumindest für den Fall der Erstgewährung aus Gründen des gebotenen Gläubigerschutzes keine subjektive Komponente zu fordern. Der Gläubigerschutz spricht zugegebenermaßen auch im Falle des Stehenlassens für ein alleiniges Abstellen auf den objektiven Tatbestand. Eine unterschiedliche Behandlung von Grundtatbestand und Stehenlassen ist jedoch gerechtfertigt, weil das Stehenlassen einen entscheidenden Unterschied gegenüber dem Grundmodell der anfänglichen Darlehensgewährung aufweist. Dieser besteht darin, dass der Gesellschafter seiner Gesellschaft das Krisendarlehen nicht durch ein positives Tun, sondern durch das schlichte Unterlassen der Darlehensrückforderung verschafft. Damit dieses Unterlassen einer aktiven Kreditgewährung gleichgestellt werden kann, erscheint es gerechtfertigt, dass der Gesellschafter die Möglichkeit gehabt haben muss, die Krise zu erkennen. Das gegen eine solche Sichtweise vorgebrachte Argument, es liege bei einem Stehenlassen fast immer auch eine konkludente Finanzierungsabrede vor, weshalb sich die zu beurteilenden Vorgänge in der Handlungssphäre der Konkludenz vollzögen und deshalb letztendlich kein Unterlassen vorliege104, vermag nicht zu überzeugen. Wenn und soweit der Gesellschafter tatsächlich keine Möglich-
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Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 49; Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (207 f.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 5; Rowedder GmbHG –Pentz, § 32a Rn. 67; v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.92 f. 104 v. Gerkan in GmbHR 1996, 400 (402).
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keit hat, die Krise zu erkennen105, ist eine Bewertung dieses Unterlassens als konkludentes Handeln nichts anderes als reine Fiktion. Daran ändert auch der Hinweis auf die ansonsten „fast immer“ vorliegende konkludente Finanzierungsabrede nichts. Die besseren Gründe sprechen somit dafür, die Umqualifizierung stehen gelassener Darlehen von der Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter abhängig zu machen. Die herrschende Meinung gewährt dem Gesellschafter für die Entscheidung, ob er seine Kapitalhilfe im Gesellschaftsvermögen belässt oder abzieht, eine Überlegungszeit, die sich an § 64 I, S. 1 GmbHG bzw. § 92 II, S. 1 AktG orientierend mit zwei bis drei Wochen bemisst106. Ein Teil der Vertreter der objektiven Ansicht plädiert ebenfalls für die Überlegungsfrist107. Dem Gesellschafter einerseits eine Überlegungsfrist einzuräumen, andererseits das Merkmal der Erkennbarkeit für überflüssig zu halten, mutet widersprüchlich an, denn das Einräumen einer Überlegungsfrist, die Gesellschafterhilfe in der Krise abzuziehen oder stehen zu lassen, setzt denknotwendig voraus, dem Gesellschafter zumindest die Möglichkeit des Erkennens der Krise zuzugestehen. Andererseits darf die hier vertretene Auffassung auch nicht dazu führen, dass der Gesellschafter sich mit der Schutzbehauptung, er habe von der Krise nichts gewusst, seiner Verantwortung entziehen kann. Das von der Rechtsprechung verwendete Kriterium des „Kennen- und Handelsmüssens“ muss richtigerweise so verstanden werden, dass der Gesellschafter aufgrund seiner Finanzierungsfolgenverantwortung verpflichtet ist, sich von sich aus über die finanzielle Lage der Gesellschaft zu informieren108. Verletzt der Gesellschafter dieses Informationsgebot, so kann er sich nicht darauf berufen, er habe die Krise der Gesellschaft nicht erkennen können. Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Gesellschafter die Krise seiner Gesellschaft tatsächlich kannte. Ebenfalls noch zu weit greift der Maßstab, der darauf abstellt, ob der Gesellschafter die Krise erkennen konnte109. Das Zurechnungselement muss unter Berücksichtigung des Unterlassungscharakters des Stehenlassens so subjektiv formuliert werden wie nötig und gleichzeitig im Interesse einer zum Grundtatbestand ____________________ 105 Vgl. hierzu den bei Goette in DStR 1997, 2027 (2032) geschilderten BGH-Fall, in dem der Geschäftsführer für den Gesellschafter unerkennbar die Bilanz „geschönt“ hatte. 106 NJW 1995, 658 (659); BGH ZIP 1996, 273 (275); 1998, 1352 (1353); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 103; Goette in DStR 1997, 2027 (2033); v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.90. 107 So jedenfalls v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.94. 108 BGH ZIP 1992, 616; ZIP 1994, 1934, Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 48; Ketzer, S. 149. 109 Dafür Ketzer, S. 149.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
einheitlichen Rechtsanwendung und eines umfassenden Schutzes der Gesellschaftsgläubiger so objektiv wie möglich. Man muss sich vor Augen halten, dass der BGH nur in ganz ungewöhnlichen Fällen die Erkennbarkeit der Krise verneint110. Für diesen Ausnahmecharakter spricht auch die von der Rechtsprechung vorgenommene Beweislastumkehr. Notwendig ist mithin die Anwendung eines „leicht subjektiven Kriteriums“111. Das kann erreicht werden, indem man die Umqualifizierung davon abhängig macht, dass der Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Verantwortung für eine seriöse Unternehmensfinanzierung die Krise nicht „hätte kennen müssen“, sondern „hätte erkennen können“. Dieses Erkennenkönnen meint nicht etwa den strengen Maßstab eines bewussten Sicherverschließens vor der Krise, dem Gesellschafter schadet vielmehr bereits fahrlässige Unkenntnis. Dieser Beurteilungsmaßstab sieht sich nicht etwa der Kritik ausgesetzt, die Einführung einer Verschuldenskomponente verstoße gegen den kapitalersatzrechtlichen Grundsatz, nach dem ein Verschuldensmerkmal für eine Umqualifizierung gerade nicht erforderlich ist. Die hier zur Ausfüllung des Begriffs verwendete Verschuldenskomponente der Fahrlässigkeit bezieht sich nicht auf das Stehenlassen als die kapitalersatzrechtlich relevante Handlung, sondern auf die von Rechtsprechung und Schrifttum anerkannte Verpflichtung des Gesellschafters, sich schon im eigenen Interesse über die wirtschaftliche Lage seiner Gesellschaft zu informieren112. Ein solcher Beurteilungsmaßstab wird sowohl den vom BGH verwendeten Kriterien als auch der berechtigten Forderung nach einer stärkeren Objektivierung gerecht. b) Anforderungen an das Abziehen der Gesellschafterleistung Der Gesellschafter hat die gewährte Leistung, sofern sie zur Rückerstattung fällig ist, vor Ablauf der zuvor bereits angesprochen Überlegungsfrist abzuziehen113. Ist das nicht der Fall, kann er die Fälligkeit durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund herbeiführen114. Sollte dem Gesellschafter ausnahmsweise auch die außerordentliche Kündigung verwehrt sein, so hindert das eine Umqualifizierung nicht. Die herrschende Meinung ____________________ 110
So Goette in DStR 1997, 2027 (2032); v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.93. 111 So der Vorschlag von Ketzer, S. 149 f. 112 BGH ZIP 1992, 616; ZIP 1994, 1934, Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 48; Ketzer, S. 149. 113 Vgl. § 5 III. 2. a) dd) (S. 113). 114 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 40; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 183; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 49; Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 35.
§ 5 Die Kapitalersatzfunktion der Leistungen im Rahmen des Cash Poolings 115
fordert für diesen Fall, der Gesellschafter müsse die Liquidation der Gesellschaft betreiben115. In diesem Zusammenhang wird vielfach aus der Finanzierungsfolgenverantwortung der Schluss gezogen, eine Umqualifizierung komme nicht in Betracht, wenn der Gesellschafter gesellschaftsrechtlich nicht in der Lage sei, die Liquidation zu betreiben116. Richtigerweise ist jedoch eine Liquidationszuständigkeit des Gesellschafters nicht zu verlangen, denn Zurechnungsgrundlage des Stehenlassens ist nicht die Versäumung der Herbeiführung eines Auflösungsbeschlusses, sondern die Fortsetzung des Kreditengagements in der Krise117. Die Liquidation der Gesellschaft spielt nur insofern eine Rolle, als die Rechtsprechung des BGH dem Gesellschafter die Berufung auf eine fehlende Kündigungsmöglichkeit mit dem Verweis auf die rein theoretische Möglichkeit der Herbeiführung des Liquidationsbeschlusses versagt118. Notfalls muss der Gesellschafter daher bei Krisenbeginn Insolvenzantrag stellen119. Die Berufung des Gesellschafters auf seine fehlende Liquidationskompetenz schützt ihn daher nicht vor der Umqualifizierung.
IV. Zwischenergebnis Die formularmäßige Besicherung externer und interner Darlehen durch die am Cash Pooling teilnehmen Konzernunternehmen stellt kein Indiz für Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft dar. Als Bestandteil einer planmäßigen Unternehmensfinanzierung dienen die Pooldarlehen der wiederholten und regelmäßigen Versorgung mit Liquidität, weshalb die Darlehen nicht von der von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Ausnahmeregelung profitieren, nach der kurzfristige Überbrükkungskredite vom Kapitalersatzrecht freigestellt sind. Die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft ist unter Berücksichtigung des Gesamtkonzerns in einer zweistufigen Prüfung zu bewerten. Dabei ist zunächst und vor allem auf die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft abzustellen und erst sodann die Fähigkeit einer etwa ver____________________ 115
BGHZ 121, 31 (36 f.); BGHZ 127, 6; BGH NJW 95, 658 f.; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 40b; Goette in DStR 1997, 2027 (2033); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 49 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.100 f. 116 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 50; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 103; Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (471 ff.); v. Gerkan/Hommelhoff – Johlke/Schröder, Rn. 5.103. 117 K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1245). 118 K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1245). 119 BGHZ ZIP 1995, 280 (281); v. Gerkan in EWiR 1995, 261 f.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
lustausgleichspflichtigen Muttergesellschaft zu berücksichtigen, ihre Pflichten aus den §§ 302, 303 AktG zu erfüllen. Beim Cash Pooling erfolgt die bindende Darlehenszusage bereits durch Abschluss der Rahmenvereinbarung, in der sich die Gesellschaften zur Abführung überschüssiger Liquidität an den Cash Pool verpflichten und die Ausreichung dieser Finanzmittel an liquiditätsbedürftige Konzerngesellschaften bewilligen. Die von der Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums befürwortete Vorverlagerung, derzufolge der Zeitpunkt der bindenden Darlehenszusage maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens einer Krise sein soll, geht zu weit und würde für das Cash Pooling eine nicht beabsichtigte Restriktion bedeuten. Erfolgt die Darlehenszusage zum Zeitpunkt der Krise, die Auszahlung hingegen nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist das Darlehen entgegen der Ansicht des BGH und des überwiegenden Schrifttums nicht nach den Kapitalersatzregeln, sondern nach den Grundsätzen über den Finanzplankredit zu behandeln. Die übrigen Fälle, in denen eine Vorverlagerung notwendig erscheint – etwa wenn sich die Vermögenslage der Gesellschaft nach Erholung von der zunächst bestehenden Krise erneut verschlechtert – sind nach den Grundsätzen für stehen gelassene Gesellschafterdarlehen zu beurteilen. Die Umqualifizierung eines stehen gelassenen Gesellschafterdarlehens setzt voraus, dass der Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Verantwortung für eine seriöse Unternehmensfinanzierung die Krise der Gesellschaft hätte erkennen können. Steht dem Gesellschafter ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht zu oder ist er gesellschaftsrechtlich nicht in der Lage, die Liquidation der Gesellschaft zu betreiben, so hindert das eine Umqualifizierung seines Darlehens nicht.
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling I. Tatbestand und Rechtsfolgen des Finanzplankredits 1. Hintergrund Zur Einrichtung eines Cash Pooling-Verfahrens schließen die Konzernunternehmen untereinander eine Rahmenvereinbarung ab, in der sie sich zur Abführung überschüssiger Liquidität auf das Zielkonto verpflichten und die Ausreichung dieser Finanzmittel an liquiditätsbedürftige Poolgesellschaften bewilligen. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass die ausgereichten Gelder dem Kapitalersatzrecht unterliegen können, sofern die Finanzmittel in der Krise der darlehensnehmenden Gesellschaft gewährt oder stehen gelassen wurden. Mit dieser Feststellung ist allerdings noch keine Aussage über solche Gesellschafterdarlehen getroffen, die zwar vom Gesellschafter in der Rahmenvereinbarung versprochen wurden, zu deren Auszahlung es aber noch nicht gekommen ist. Diese Problematik stellt sich vor dem Hintergrund, dass sich die den Cash Pool führende Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft regelmäßig verpflichtet, die auf das Zielkonto abgeführten Liquiditätsüberschüsse den liquiditätsbedürftigen Gesellschaften in einem Umfang zur Verfügung zu stellen, der die vollständige Befriedigung aller Gläubiger der Gesellschaft zu jedem Zeitpunkt sicherstellen soll. Teilweise sehen die Rahmenvereinbarungen auch eine Höchstgrenze für die Inanspruchnahme von Darlehen aus dem Cash Pool vor. Soweit eine solche Höchstgrenze nicht vereinbart wurde oder aber das Limit noch nicht vollständig ausgeschöpft wurde, hat die liquiditätsbedürftige Gesellschaft grundsätzlich Anspruch auf Darlehensgewährung aus dem Cash Pool. Es ist daher zu untersuchen, ob das zwar verbindlich zugesagte, aber der Gesellschaft noch nicht gewährte Darlehen von der Gesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter in Krise, Insolvenz oder Liquidation der Gesellschaft eingefordert werden kann, oder ob und mit welchem Folgen das in der Rahmenvereinbarung abgegebene Darlehensversprechen vom Gesellschafter zurückgenommen werden kann. Wie bereits aus der Terminologie der sog. Finanzierungsfolgenverantwortung deutlich wird, haben die Regeln zum Eigenkapitalersatz zwar ein Abzugsverbot für in der Krise gewährte oder stehen gelassene Darlehen zur Folge, sie
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
begründen jedoch kein Zuführungsgebot für außerhalb der Krise versprochene Darlehen1. Der Gesellschafter ist demnach unter dem Rechtsregime des Kapitalersatzrechts grundsätzlich frei, seine Darlehenszusage gemäß § 490 I BGB bei Kriseneintritt zu widerrufen. Eine Pflicht zur Zuführung der versprochenen Mittel könnte sich jedoch aus der Rechtsfigur des sog. Finanzplankredits ergeben. 2. Begriff und tatbestandliche Voraussetzungen des Finanzplankredits Von einem Finanzplankredit wird gesprochen, wenn die Gesellschafter, ohne dass die Merkmale des § 32a GmbHG vorliegen müssen, der Gesellschaft vereinbarungsgemäß Fremdkapital an Stelle von Eigenkapital zuführen2. Die Rechtsfigur des Finanzplankredits hat ihren Ursprung genommen in der sog. „gesplitteten Einlage“3 des Kommanditisten einer Publikums-KG. Bei der gesplitteten Einlage erbringen die Gesellschafter neben ihren Stammeinlagen zusätzliche einlageähnliche Leistungen, z.B. in Form von Darlehen oder der Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern, um die Gesellschaft mit dem notwendigen Betriebskapital auszustatten. Der BGH hat dazu mehrmals entschieden, dass mit der Übernahme von Stammeinlagen verbundene Darlehenszusagen von Gesellschaftern unter bestimmten Voraussetzungen einlageähnlich sein können4. Vor diesem Hintergrund hatte der BGH zunächst strenge Anforderungen an die tatbestandlichen Voraussetzungen des Finanzplankredits gestellt und gefordert, dass die Darlehensgewährung den Gesellschaftern als „echte gesellschaftsvertragliche Pflicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter“ auferlegt sei5. Das Schrifttum hat demgegenüber eine Ausweitung des Tatbestands des Finanzplankredits gefordert, da eine tatbestandliche Beschränkung auf gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen Umgehungsversuche heraufbeschwöre, die Verpflichtung zur Darlehensgewährung in eine schuldvertragliche Nebenabrede aufzunehmen, um so den Rechtsfolgen des Finanzplankredits
____________________ 1
BGHZ 127, 17 (23); BGH NJW 1999, 2809 (2810); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46b; K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1243); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 172. 2 Scholz GmbHG – K. Schmidt §§ 32a, 32b Rn. 91; K. Schmidt in ZIP 1999, 1241; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 169 ff.; ähnl. Fleischer, S. 9. 3 Dazu ausführlich Fleischer, S. 17 ff. 4 BGHZ 70, 61; BGHZ 93, 159; 104, 33; BGH WM 1997, 576. 5 BGHZ 104, 33 (40).
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 119
entgehen zu können6. Nicht minder umstritten war das Verhältnis des Finanzplankredits zum Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen. Nach einer früher im Schrifttum7 und vom Kammergericht Berlin8 vertretenen Auffassung handelt es sich bei den Finanzplankrediten um eine Untergruppe der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen. Darüber hinaus hat das Kammergericht sowohl die Rechtsfigur des Finanzplankredits als auch die des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens als Ausprägung einer Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung bewertet9. Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs10 aus dem Jahre 1999 hat in vielfacher Hinsicht zur Klärung des Streitstandes beigetragen. Nach Ansicht des BGH, die mittlerweile auch von der überwiegenden Literatur11 geteilt wird, ist der Finanzplankredit „keine eigenständige Kategorie des Eigenkapitalersatzrechts12 und begründet erst recht keine Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung“13. Die deutliche Trennung zwischen Kapitalersatzrecht und Finanzplankredit beruht darauf, dass die Regelungen zum eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen lediglich ein Abzugsverbot begründen und folglich nur zur Anwendung kommen können, soweit der Gesellschafter seine Leistung an die Gesellschaft bereits erbracht hat14. Die Umqualifizierung nach den Kapital____________________ 6
Gehde, S. 111; Hachenburg/Ulmer GmHG, § 32 a, b Rn. 48; Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (485); Hommelhoff/Kleindiek in FS 100 Jahre GmbHG, S. 421 (S. 440); Wiedemann in FS Beusch, S. 893 (S. 905). 7 Baumbach/Hueck GmbHG, 16. Aufl. 1996, § 32a Rn. 46a; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 61; Rowedder GmbHG – Rowedder, 3. Aufl. 1998, § 32a Rn. 20; Scholz GmbHG – K. Schmidt, 8. Aufl. 1993, Rn. 38; K. Schmidt in ZIP 1981, 689 (691 f.). 8 KG Berlin GmbHR 1999, 128 (130). 9 KG Berlin GmbHR 1999, 128 (130). 10 BGHZ 142, 116 ff. = BGH NJW 1999, 2809 ff. 11 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46a; Fleischer in DStR 1999, 1774 (1775); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 169 ff.; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 50; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 42; K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 ff.; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 ( 464 f.); Steinbeck in ZGR 2000, 503 (511); v. Gerkan/Hommelhoff – Dauner-Lieb, Rn. 9.7; zuvor bereits Fleischer, S. 97; Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (469). 12 Zu der etwas missverständlichen Wortwahl ist anzumerken, dass die Betonung in diesem Zusammenhang nicht auf dem Wort „eigenständig“ liegt. Die Aussage ist so zu verstehen, dass der Finanzplankredit überhaupt keine Kategorie des Kapitalersatzrechts, sondern eine eigenständige, vom eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen zu unterscheidende Kategorie darstellt. 13 BGH NJW 1999, 2809 (1. Leitsatz). 14 Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (464 f.) m.w.N.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
ersatzregeln tritt willensunabhängig bzw. ipso iure ein, weil der Gesellschafter seine Finanzierungsfolgenverantwortung nicht wahrgenommen hat und nicht mit den für einen ordentlichen Kaufmann angezeigten Möglichkeiten auf die Krise der Gesellschaft (Eigenkapitalzuführung oder Liquidation) reagiert hat. Grundlage hingegen für eine einlageähnliche Bindung des Finanzplankredits könne, so der Senat wörtlich, „allein eine unter den Gesellschaftern selbst oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft getroffene Abrede sein“15. Die an eine solche Abrede zu stellenden Anforderungen hat der BGH in seinem Urteil dahingehend gelockert, dass nunmehr auch eine schuldrechtliche Abrede zwischen den Gesellschaftern genügt, solange die Leistung nur causa societatis zugesagt worden ist. Es kann daher wohl als herrschende Meinung gelten, dass eine die materielle Eigenkapitalfunktion begründende Abrede nicht nur statutarisch, sondern auch durch eine per Gesellschafterbeschluss oder sogar formlos vereinbarte und neben der Satzung bestehende schuldrechtliche Abrede unter den Gesellschaftern bzw. zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft erfolgen kann16. Auch wenn die qualifizierte Bindung des Finanzplankredits nur dann erfolgt, wenn und weil die Parteien dies so gewollt haben17, darf nicht ausschließlich auf subjektive Kriterien abgestellt werden. Im Hinblick auf die haftungsrechtlichen Auswirkungen der Insolvenz auf das Eigenkapital wollen die Gesellschafter das hinzugebende Darlehen gerade nicht als formelles Eigenkapital, sondern als ergänzendes Darlehenskapital qualifiziert wissen. Damit eine „falsche Etikettierung“18 des Darlehens durch die Gesellschafter der rechtlichen Einordnung als Finanzplankredit nicht entgegensteht, ist zusätzlich auf objektive Gesichtspunkte abzustellen, die darauf schließen lassen, dass die Gesellschafter ihr Darlehen wie Eigenkapital behandelt haben19. Zwar ist unter Berücksichtigung des privatautonomen Ansatzes des BGH Zurückhaltung beim Rückgriff auf objektive Kriterien zu üben20, es kann jedoch nicht gänzlich auf die Indizwirkung objektiver Umstände verzichtet werden. Als solche kommen neben be____________________ 15
BGH NJW 1999, 2809 (2811). Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46a; Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (485 f.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 177; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 48; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 91; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (466). 17 So die treffende Kurzformel von Fleischer in DStR 1999, 1774 (1775). 18 Altmeppen in ZIP 1996, 909 (911); Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (478); ähnl. Fleischer in DStR 1999, 1774 (1775) „abweichende Ausflaggung“. 19 BGHZ 104, 33 (40); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 176; Steinbeck in ZGR 2000, 503 (510 f.) m.w.N. 20 Dauner-Lieb in JZ 2000, 312 (313). 16
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 121
sonders günstigen Kreditkonditionen, der Verpflichtung zur langfristigen Überlassung und dem Fehlen einseitiger Kündigungsmöglichkeiten21 auch die Unentbehrlichkeit der Gesellschafterleistung für die Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes22 sowie ein beteiligungsproportionaler Darlehensumfang23 in Betracht. 3. Rechtsfolgen des Finanzplankredits Die wichtigste Rechtsfolge des Finanzplankredits besteht nach der vom Bundesgerichtshof und einem Großteil der Literatur vertretenen Ansicht darin, dass die Aufhebung des Finanzplankredits nach Kriseneintritt ausgeschlossen ist24. Ein Teil des Schrifttums übt Kritik daran, weil dem Finanzplankredit gerade jeglicher Krisenbezug fehle und sich die Rechtsfolgen des Finanzplankredits nicht aus einer analogen Anwendung gesetzlicher Vorschriften, sondern ausschließlich aus dem Inhalt der dem Finanzplankredit zugrunde liegenden Abrede ergeben würden25. Daher soll nach dieser Auffassung auch noch nach Eintritt der Krise den Gesellschaftern eine einvernehmliche Entbindung der Darlehen möglich sein und selbst der Insolvenzverwalter die Ausreichung eines versprochenen Finanzplankredits nicht verlangen können, wenn das Darlehen nicht auch für den Insolvenzfall versprochen sei26. Der Rechtsgrund für die eigenkapitalähnliche Bindung des Finanzplankredits kann, wie der BGH zutreffend herausgearbeitet hat, mangels Auszahlung des Kredits nicht in der Finanzierungsfolgenverantwortung, sondern allein in der Gesellschafterabrede verortet werden. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, muss sich dieser für den Tatbestand verfolgte privatautonome Ansatz auch in den Rechtsfolgen niederschlagen. ____________________ 21 BGHZ 104, 33 (41); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 176; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (464). 22 BGH GmbHR 1997, 499; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 176; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (464). 23 BGH NJW 1999, 2809 (2812); Fleischer, S. 126 „megafactor“. 24 BGH NJW 1999, 2809 (2. Leitsatz); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 61; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 172 f.; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (465 f.). 25 K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1250); v. Gerkan/Hommelhoff – Dauner-Lieb, Rn. 9.15. 26 Altmeppen in FS Sigle, S. 211 (S. 216 ff.); ders. in NJW 1999, 2812 f.; Bieder in WM 2000, 2533 (2536); MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 214; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 97; K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1250); Westermann in DZWiR 2000, 1 (9 ff.); v. Gerkan/Hommelhoff – Dauner-Lieb, Rn. 9.16c.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
Andererseits erweist sich der privatautonome Ansatz im Hinblick auf den Gläubigerschutz als problematisch, wenn sich aus der Gesellschafterabrede nichts zu einer Zahlungspflicht in der Krise oder Insolvenz herleiten lässt oder die Gesellschafter eine solche Verpflichtung ausdrücklich ausgeschlossen haben. Die eigenkapitalähnliche Bindung des Finanzplankredits weist im Hinblick auf das für nicht ausgereichte Darlehen bestehende Zuführungsgebot weitaus schärfere Rechtsfolgen auf als das Kapitalersatzrecht. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es richtig, dem Finanzplankredit eine gewisse Nähe zu den Eigenkapitalvorschriften zuzusprechen und jedenfalls eine Verquickung mit dem kapitalersatzrechtlichen Krisenbezug zu vermeiden. Richtigerweise verdient daher eine Literaturansicht Zustimmung, nach der neben der Gesellschafterabrede die Eigenkapitalfunktion als zweite tragende Säule des Finanzplankredits stärkere Berücksichtigung finden muss. Dieser Ansicht zufolge rechtfertigt es die über den bloßen Kapitalersatz deutlich hinausgehende Eigenkapitalähnlichkeit, für die Aufhebung des Finanzplankredits auf die gesetzlichen Regelungen zum Nachschusskapital (§§ 26 ff. GmbHG) abzustellen27. Der BGH wendet die stammkapitalschützenden §§ 19 II, III, 58 GmbHG analog zur Begründung der Sperrwirkung an, sieht aber gleichzeitig den Kriseneintritt als maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Sperre an. Dem kann nicht gefolgt werden, da sich die Vorschriften der §§ 19 II, III, 58 GmbHG auf das publizierte Garantiekapital beziehen und nicht zu erkennen ist, wie im Falle des Finanzplankredits ohne Offenlegung der Kreditzusage ein dem § 58 GmbHG entsprechender Schutz erwachsen soll28. Die Gläubiger sind durch Ausschüttungsverbote und Insolvenzantragspflichten gesetzlich geschützt; der Finanzplan kann keinen dem Eigenkapital gleichwertigen Schutz entfalten29. Hingegen sieht sich die für die analoge Anwendung der Vorschriften zum Nachschusskapital plädierende Ansicht nicht der Kritik ausgesetzt, die fehlende Publizität des Finanzplankredits verbiete einen dem § 58 GmbHG gleichwertigen Schutz. § 26 GmbHG sieht zwar eine Niederlegung der Nachschusspflicht im Gesellschaftsvertrag vor, der zu den Akten des Handelsregisters einzureichen ist und auf diese Weise eine gewisse Publizitätswirkung in Bezug auf das Nachschusskapital entfaltet. Zu berücksichtigten ist jedoch, dass die Verpflichtung der Gesellschafter zur Zuführung der Nachschüsse von der Fassung ____________________ 27
Habersack in ZGR 2000, 385 (415 ff.); Fleischer in DStR 1999, 1774 (1778); Steinbeck in ZGR 2000, 503 (519). 28 Bieder in WM 2000, 2533 (2536); K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1250); Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn 57; Altmeppen in FS Sigle, S. 211 (S. 215). 29 K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1250).
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 123
eines entsprechenden Einforderungsbeschlusses abhängig ist30, der Rechtsverkehr also gerade keine Sicherheit darüber hat, ob der Gesellschaft ein Anspruch auf Zahlung von Nachschüssen gegen die Gesellschafter zusteht. Die Parallelen zwischen Nachschusskapital und Finanzplankredit rechtfertigen somit eine entsprechende Anwendung der Regeln zum Nachschusskapital. Die Rechtsfolgen des Finanzplankredits stellen sich daher wie folgt dar: Entsprechend den Regelungen zum Nachschusskapital obliegt es vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich der freien Willensentscheidung der Gesellschafter, die Auszahlung des Finanzplankredits einzufordern31. Einer Aufhebung des Finanzplanversprechens steht auch die Krise der Gesellschaft nicht entgegen. Ebenso wie die satzungsmäßige Nachschussregelung noch keine Ansprüche der Gesellschaft zu begründen vermag, sondern das Entstehen eines Anspruchs auf Leistung von Nachschüssen den Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Einforderung von Nachschüssen voraussetzt32, sind auch finanzplanmäßige Finanzierungszusagen in der Krise abänderbar oder aufhebbar, wenn die ursprüngliche Finanzplanabrede die Frage der Zurverfügungstellung der Finanzplanmittel noch offen gelassen und unter den Vorbehalt einer weiteren Beschlussfassung der Gesellschafter gestellt hat33. Ergibt hingegen eine Gesamtwürdigung der Finanzplanabrede und der ihr zugrunde liegenden Umstände, dass das „ob“ der Finanzierungsleistung bereits feststeht, so begründet dies einen Anspruch der Gesellschaft und eine Aufhebung des Finanzplankredits scheidet aus. Eine Befreiung des Gesellschafters scheidet weiterhin aus, wenn die Forderung gegen den Gesellschafter zur Abdeckung des Stammkapitals der Gesellschaft erforderlich ist34. So wie eine Befreiung des Gesellschafters von der Nachschusspflicht nur dann in Frage kommt, wenn der mit der Befreiung einhergehende Wegfall eines Aktivpostens nicht zur Entstehung oder Vergrößerung einer Unterbilanz oder gar einer Überschuldung führt35, gilt Entsprechendes für den Finanzplankredit. Erst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bindet das Vermögen der Gesellschaft, zu welchem gem. § 42 II GmbHG die Forderung auf Einzahlung der Nachschüsse und somit in analoger Anwendung auch die Forderung auf Ein____________________ 30
Steinbeck in ZGR 2000, 503 (517) m.w.N. Steinbeck in ZGR 2000, 503 (517 f.). 32 Lutter/Hommelhoff, § 26 Rn. 6 f. m.w.N. 33 Ebenso Habersack in ZGR 2000, 384 (417). 34 Ebenso Fleischer in DStR 1999, 1774 (1778); Habersack in ZHR 161 (1997), 457 (490); ders. in ZGR 2000, 384 (415 f.) m.w.N. 35 Scholz GmbHG – Emmerich, § 26 Rn. 60; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 26 Rn. 7. 31
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
zahlung des Finanzplankredits gehört. Wenn die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, können bereits ausgereichte Finanzplankredite zugleich eigenkapitalersetzende Darlehen sein36, weshalb der Finanzplankredit in der Insolvenz neben dem kapitalersetzenden Darlehen kaum einen selbstständigen Anwendungsbereich hat37. Ist der ausgereichte Finanzplankredit nicht gleichzeitig auch ein eigenkapitalersetzendes Darlehen, so ist er in der Insolvenz dennoch als nachrangige Insolvenzforderung zu behandeln. Ein völliger Ausschluss der Forderung würde dem lediglich eigenkapitalähnlichen Charakter des Finanzplankredits widersprechen38.
II. Der Anwendungsbereich des Finanzplankredits im Hinblick auf das Cash Pooling Mit Blick auf die das Cash Pooling-Verfahren anwendenden Gesellschaften ist anzumerken, dass der BGH bisher erst über Finanzplankredite an Gesellschaften in der Rechtsform einer KG39, einer GmbH & Co. KG40 und einer GmbH41 judiziert hat. Es spricht jedoch nichts gegen eine Anwendung der Rechtsfigur des Finanzplankredits auf sämtliche für das Cash Pooling relevanten Rechtsformen, für die bereits zuvor die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts bejaht wurde42. Ist die Rechtsfigur des Finanzplankredits grundsätzlich auf sämtliche am Cash Pooling beteiligten Gesellschaften anwendbar, so stellt sich die Frage, welchen Anwendungsbereich der Finanzplankredit innerhalb des Cash Poolings konkret hat.
____________________ 36
Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 203; K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1243), der Noack unzutreffend als Vertreter der Ansicht nennt, nach der ein und derselbe Kredit nicht gleichzeitig Finanzplankredit und eigenkapitalersetzendes Darlehen sein könne; für diese Sichtweise Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (211 f.). 37 Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 203. 38 Im Ergebnis ebenso Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 203; kritisch K. Schmidt in ZIP 1999, 1241 (1243). 39 BGHZ 69, 160; 70, 61; 93, 159. 40 BGHZ 104, 33. 41 BGHZ 121, 31. 42 Vgl. § 3 V. (S. 73 f.).
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 125
1. Zuführungsgebot aufgrund der Liquiditätszusage Zunächst soll auf die eingangs schon angesprochene Frage eingegangen werden, ob Liquiditätszusagen, die von der zielkontoführenden Konzernspitze bzw. Finanzierungsgesellschaft in der Rahmenvereinbarung gegeben wurden, in Krise, Liquidation oder Insolvenz der Gesellschaft nach § 490 I BGB widerrufen werden können bzw. ob die Ausreichung der zugesagten Mittel von der liquiditätsbedürftigen Gesellschaft oder deren Insolvenzverwalter eingefordert werden können. a) Gesellschafterabrede Eine finanzplanmäßige Bindung und damit der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 490 I BGB erfolgt nur, wenn die in Rede stehenden Liquiditätszusagen die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten tatbestandlichen Anforderungen an das Vorliegen eines Finanzplankredits erfüllen. Unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Grundsätze kommt als Grundlage für die einlageähnliche Bindung des Finanzplankredits allein eine zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft getroffene Abrede in Betracht, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Lehre auch schuldrechtlich getroffen werden kann43. Eine solche Abrede stellt die dem Cash Pooling zugrunde liegende Rahmenvereinbarung dar. In dieser Vereinbarung verpflichten sich die Vertragsparteien, überschüssige Liquidität auf das Zielkonto abzuführen und bewilligen die Ausreichung dieser Finanzmittel an liquiditätsbedürftige Gesellschaften. Die den Cash Pool führende Konzermutter bzw. Finanzierungsgesellschaft verpflichtet sich wiederum gegenüber den Konzernunternehmen, die im Cash Pool vorhandene Liquidität darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Die in der Rahmenvereinbarung abgegebene Erklärung hat zum Inhalt, im Falle der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger und bei Nichtvorhandensein eigener Mittel dem liquiditätsbedürftigen Unternehmen Finanzmittel insoweit zur Verfügung zu stellen, dass die vollständige Befriedigung aller Gläubiger der Gesellschaft zu jedem Zeitpunkt sichergestellt ist. b) Behandlung als Einlage durch die Gesellschafter Die eigenkapitalähnliche Bindung des Finanzplankredits setzt nach der Rechtsprechung des BGH eine Abrede voraus, nach der die Gesellschafter die ____________________ 43
Vgl. dazu § 6 I. 2. (S. 120).
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
Kredite wie Einlagen behandelt haben44. Dagegen könnte die regelmäßig als Bestandteil der Rahmenvereinbarung verabredete Klausel sprechen, nach der ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaft deren sofortiges Ausscheiden aus dem Cash Pool zur Folge hat. Verfolgt man konsequent den privatautonomen Ansatz des BGH, nach dem es allein auf den Inhalt der Abrede ankommt, so scheidet die Anwendung der Rechtsfigur des Finanzplankredits bei Vorliegen einer solchen Klausel von vornherein aus, denn nach Ausscheiden aus dem Cash Pool hat die betroffene Gesellschaft keinen Anspruch mehr auf Ausreichung von Finanzmitteln aus dem Pool. Eine solche Sichtweise vernachlässigt jedoch den mit den Regeln zum Finanzplankredit beabsichtigten Gläubigerschutz45. Lässt man das letzte Wort gesprochen sein mit dem Wunsch der Gesellschafter, wegen der haftungsrechtlichen Auswirkungen der Insolvenz das formell als Fremdkapital versprochene Darlehen auch materiell als Fremdkapital bewertet zu wissen, dann erschöpft sich die Bedeutung des Finanzplankredits auf die wissenschaftliche Diskussion. Die Anwendbarkeit der Rechtsfigur des Finanzplankredits auf die Liquiditätszusagen im Rahmen des Cash Poolings darf vielmehr nur dann verneint werden, wenn sich nicht auch ausreichend gewichtige objektive Anhaltspunkte finden lassen, die auf eine Behandlung des Darlehens als Eigenkapital schließen lassen. c) Objektive Kriterien Die bereits genannten Indizien, die für das Vorliegen eines Finanzplankredits sprechen, wie z.B. die Unentbehrlichkeit der Gesellschafterleistung für die Verwirklichung des Unternehmensgegenstandes, das Fehlen einseitiger Kündigungsmöglichkeiten oder der beteiligungsproportionale Darlehensumfang, sind bei den Liquiditätszusagen des Cash Poolings nicht feststellbar. Allein der mit dem Cash Pooling verfolgte Zweck, die Liquidität der Konzernunternehmen mittels Gesellschafterleistungen jederzeit sicherzustellen und damit die vollständige Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten, kommt als Indiz für eine eigenkapitalähnliche Behandlung der Darlehen durch die Gesellschafter in Betracht. Möglicherweise kann jedoch ein Vergleich der im Rahmen des Cash Poolings abgegebenen Liquiditätszusagen mit dem herkömmlichen Vorkommen des Finanzplankredits darüber Aufschluss geben, ob es gerechtfertigt ist, die Liquiditätszusagen den Regeln des Finanzplankredits zu unterwerfen. Der Fi____________________ 44 45
BGH NJW 1988, 1841 (1843); 1999, 2809 (2811). Ähnl. Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 171.
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nanzplankredit dient in seiner konventionellen Erscheinungsform – soweit davon überhaupt gesprochen werden kann – dazu, die Gesellschaft mit dem benötigten Betriebskapital auszustatten,46 und ermöglicht es, die Geschäfte in einem Umfang aufzunehmen und fortzuführen, der allein mit dem eingebrachten Eigenkapital der Gesellschafter und dem Fremdkapital Dritter nicht zu leisten wäre. In der Praxis wird der Finanzplankredit typischerweise eingesetzt in der Startphase der Gesellschaft, bei angestrebten Erweiterungen oder Innovationen des Geschäftsbetriebs oder bei langfristigen Investitionen47. Dieser herkömmliche Verwendungszweck des Finanzplankredits hat auf den ersten Blick nichts mit dem der Liquiditätszusagen gemein. Eine Gemeinsamkeit könnte jedoch in dem Umstand liegen, dass sowohl der konventionelle Finanzplankredit als auch die Liquiditätszusagen geeignet sind, der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bei den Gesellschaftsgläubigern Vorschub zu leisten. Bereits die Zusage eines Finanzplankredits in der Startoder Restrukturierungsphase eines Unternehmens erlaubt es, den Geschäftsbetrieb von vornherein auf einen größeren Umfang auszulegen, auch wenn die Auszahlung der Darlehensvaluta noch nicht erfolgt ist. Auch wenn das Versprechen, einen Finanzplankredit zu gewähren, bei den Gesellschaftsgläubigern nicht unmittelbar einen Vertrauenstatbestand begründet, so ist die Ursächlichkeit des Finanzplankredits für den größeren Geschäftsumfang doch zumindest dazu geeignet, mittelbar das Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger in eine Kapitalausstattung der Gesellschaft hervorzurufen, welche entgegen des scheinbaren Umfangs erst bei Einzahlung der Finanzplanmittel gegeben sein wird. Überträgt man diesen Gedanken auf die Liquiditätszusagen des Cash Poolings, so ließe sich argumentieren, dass auch die stetige Versorgung einer liquiditätsschwachen Gesellschaft bei den Gesellschaftsgläubigern das Vertrauen hervorruft, die Gesellschaft werde auch zukünftig liquide sein. Problematisch an einer solchen Argumentationsstruktur erscheint aber, dass die eigenkapitalähnliche Bindung des Finanzplankredits nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf einem potenziellen oder konkreten Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger, sondern allein auf der Gesellschafterabrede beruht. Es ist deshalb zu untersuchen, ob die in der Rahmenvereinbarung regelmäßig verabredete Klausel, nach der ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Ausscheiden der insolventen Gesellschaft aus dem Cash Pool zur Folge hat, objektiver Ausfluss des „Gesamtsystems Cash Pooling“ ist oder ob diese Klausel lediglich das „falsche Etikett“48 darstellt, mit dem die Gesell____________________ 46 47 48
Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 ( 463). Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 179. Vgl. dazu § 6 I. 2. (S. 120).
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
schafter in Wahrheit einlageähnliche Kapitalzuführungspflichten als Verpflichtung zur Fremdkapitalhingabe ausflaggen. Für eine Qualifizierung der noch nicht valutierten Liquiditätszusage als echte Fremdkapitalverpflichtung spricht die Tatsache, dass das Darlehensversprechen gegenseitig erfolgt. Letztlich verpflichtet sich ein jedes Konzernunternehmen gegenüber der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft, überschüssige Liquidität auf das Zielkonto abzuführen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Konzernmutter/Finanzierungsgesellschaft gegenüber den Konzernunternehmen, Liquidität bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Demnach steht – anders als beim herkömmlichen Finanzplankredit – dem Darlehensversprechen des Gesellschafters an die Gesellschaft zusätzlich ein Darlehensversprechen der Gesellschaft an den Gesellschafter gegenüber. Die Rückführung des in Anspruch genommenen Darlehens erfolgt, sobald und soweit der Gesellschaft selbst Liquiditätsüberschüsse zur Verfügung stehen, die sie auf das Zielkonto abführt. Das Darlehen soll also zur Rückerstattung fällig sein, sobald der Liquidationsengpass der darlehensnehmenden Gesellschaft beseitigt ist. Ist über das Vermögen einer poolteilnehmenden Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann diese ihrer Verpflichtung zur Liquiditätsabführung praktisch nicht mehr nachkommen. Ein Recht des Insolvenzverwalters, den Ausgleich der Liquiditätsdefizite dieser Gesellschaft von der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft einzufordern, würde dem Prinzip der Gegenseitigkeit des Cash Poolings zuwiderlaufen. Bliebe die Konzernmutter/Finanzierungsgesellschaft einseitig zur Liquiditätsabführung an die insolvente Gesellschaft verpflichtet, wenn bereits zum Zeitpunkt der Darlehensausreichung schon nicht mehr die Möglichkeit besteht, dass die insolvente Gesellschaft ihrerseits durch Abführung überschüssiger Liquidität das Darlehen zurückführt, dann wäre das für das Cash Pooling konstitutive System gegenseitiger Liquiditätshilfe ausgehebelt. Dies ergibt sich vor dem Hintergrund, dass die Konzernmutter/Finanzierungsgesellschaft im Ergebnis diejenigen Finanzmittel ausreicht, die Liquiditätsüberschuss aufweisende Konzernunternehmen an den Cash Pool abgeführt haben. Von den Konzernunternehmen ist keine unbedingte Einstandspflicht beabsichtigt, der Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft durch Überweisung überschüssiger Liquidität die stetige Sicherstellung des Liquiditätsbedarfs aller poolverbundenen Unternehmen zu ermöglichen, ohne dass diese dabei die finanzielle Lage der Darlehensnehmerin zu berücksichtigen hätte. Vielmehr besteht zwischen den Poolunternehmen eine Zweckgemeinschaft, die vermeiden soll, dass Liquiditätsüberschüsse einzelner Gesellschaften ungenutzt bleiben, während andere Gesellschaften sich kostenintensiv mit Fremdmitteln eindecken müssen. Die Klausel, nach der ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Ausscheiden der insolventen Gesellschaft aus dem Cash Pool zur Folge hat, stellt sich demnach nicht als eine „fal-
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 129
sche Etikettierung“ dar, sondern als systemtypische Ausprägung der Strukturprinzipien des Cash Poolings. Die im Rahmen des Cash Poolings abgegebenen Liquiditätszusagen sind folglich nicht der finanzplanmäßigen Bindung unterworfen. Das hat zur Folge, dass an solche Gesellschaften, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nach Maßgabe der zugrunde liegenden Rahmenvereinbarung die Liquiditätszusagen nicht erfüllt werden müssen bzw. die Liquiditätszusagen in Ermangelung eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts nach § 490 I BGB widerrufen werden können49. 2. Auszahlung nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Als weiterer Anwendungsbereich der Rechtsfigur des Finanzplankredits kommen solche Gesellschafterdarlehen in Betracht, die der Gesellschaft in der Krise versprochen wurden, zu deren Auszahlung es aber erst nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekommen ist. Nach der hier vertretenen Ansicht sind solche Darlehen nicht als eigenkapitalersetzend einzustufen, sondern unterfallen grundsätzlich dem Rechtsregime des Finanzplankredits50. Wie bereits erwähnt, sieht die zwischen den Konzernunternehmen geschlossene Rahmenvereinbarung regelmäßig vor, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Teilnahme am Cash Pooling beendet. Wurde eine solche Klausel nicht ausdrücklich in die Rahmenvereinbarung aufgenommen, so besteht ein Widerrufsrecht für das Darlehensversprechen nach § 490 I BGB. Zudem ist anzunehmen, dass die Cash Pooling-Vereinbarung zwischen den Gesellschaften regelmäßig bereits zu einem Zeitpunkt geschlossen wird, zu dem sich keine der Gesellschaften in der Krise befindet. Die Ausnahmekonstellation, nach der ein in der Krise versprochenes Darlehen erst nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgezahlt wird, wird daher beim Cash Pooling in der Regel nicht relevant, sodass die Rechtsfigur des Finanzplankredits auch in diesem Zusammenhang für das Cash Pooling keine Bedeutung hat.
____________________ 49
Ähnl. Wiedemann/Hermanns in ZIP 1994, 997 (1000) für Liquiditätszusagen des GmbH-Gesellschafters, allerdings ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Cash Pooling. 50 Dazu § 5 III 1. b) (S. 107 f.).
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
3. Privilegierungen des Kapitalersatzrechts Die gesetzlichen Regelungen zum eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen waren zunächst so ausgestaltet, dass jeder Gesellschafter den Regeln des Kapitalersatzrechts unterworfen war, unabhängig davon, in welchem Umfang und in welcher Funktion er an der Gesellschaft beteiligt war51. Durch das KapAEG52, das KonTraG53 und das UBGG54 ist es im Jahre 1998 zu einer Durchbrechung des Kapitalersatzrechts gekommen, mit der Folge, dass gewisse Gesellschafterdarlehen nunmehr von den Regeln des Eigenkapitalersatzes freigestellt sind. Da der Finanzplankredit nach herrschender Meinung keine Kategorie des Eigenkapitalersatzrechts ist, ist zu untersuchen, ob für die vom Kapitalersatzrecht ausgenommenen Tatbestände nicht möglicherweise eine Bindung nach den Regeln über Finanzplankredite in Betracht kommt. a) Die Freistellung von Kleinbeteiligungen, § 32a III, S. 2 GmbHG Durch das KapAEG wurde § 32a III, S. 2 GmbHG eingefügt, nach dem die Regeln über Eigenkapitalersatz für solche Gesellschafter nicht gelten, die mit 10 % oder weniger am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind und überdies nicht Geschäftsführer der Gesellschaft sind. Nach dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung55 hindert die Nichtüberschreitung des Schwellenwertes sowohl die Anwendung der positivrechtlichen Regelungen als auch die Anwendung der Rechtsprechungsregeln über den Eigenkapitalersatz. Darüber hinaus gilt die Regelung auch für andere, dem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Kapitalhilfen, einschließlich der Besicherung von Krediten Dritter durch einen Gesellschafter56. Die Regelung des § 32a III, S. 2 GmbHG ist im
____________________ 51
BGHZ 90, 381 (389 ff.); BGHZ 105, 168 (175); Fleck in FS Werner, S. 107 (123); v. Gerkan in GmbHR 1986, 218 (221). 52 Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an internationalen Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen („Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz“) vom 20.4.1998, BGBl. I, S. 707 ff. 53 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I., S. 786 ff. 54 Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 17.12.1986, BGBl. I, S. 2488 ff., geändert durch Art. 7 des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 24.3.1998, BGBl. I, S. 529, 560 ff. 55 Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 12. 56 Pichler in WM 1999, 411 (416 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan Rn. 3.17.
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 131
Schrifttum auf fast einhellige Ablehnung gestoßen57. Die Kritik richtet sich maßgeblich gegen die Willkürlichkeit und den Schematismus der Grenzziehung bei 10 %, die zu Umgehungsmanövern führe und einen schwerwiegenden Eingriff zu Lasten der Gläubiger darstelle, der eine Aushöhlung des gesamten Kapitalersatzrechts bedeute und darüber hinaus auch einen Eingriff in die Fortbildungskompetenz der Gerichte darstelle. b) Die Freistellung behördlich anerkannter Unternehmensbeteiligungsgesellschaften, § 24 UBGG Eine weitere Privilegierung findet sich in § 24 UBGG. Danach scheidet eine Zurechnung nach den Regeln über den Eigenkapitalersatz für solche Darlehen aus, die ein an der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft beteiligter Gesellschafter einer Gesellschaft gewährt, an der die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft ihrerseits beteiligt ist. Eine der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung ist dem ausdrücklich gleichgestellt. c) Das Sanierungsprivileg des § 32a III, S. 3 GmbHG Die Einfügung des § 32a III, S. 3 GmbHG erfolgte durch das KonTraG und stellt Sanierungsbeteiligungen vom Kapitalersatzrecht frei. Danach findet das Kapitalersatzrecht keine Anwendung auf solche Darlehensgeber, die in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise erworben haben. Der Wille des Gesetzgebers zur Erstreckung auf die Rechtsprechungsgrundsätze wurde zwar nur für § 32a III, S. 2 GmbH in der Gesetzesbegründung ausdrücklich geäußert58, jedoch ist angesichts der gleich lautenden Formulierung („Regeln über den Eigenkapitalersatz“) in § 32a III, S. 3 GmbHG sowie des rechtspolitischen Grundanliegens der Sanierungsförderung davon auszugehen, dass für den Fall der Sanierungsbeteiligung weder die gesetzlichen noch die richterrechtlichen Regeln über den Eigenkapitalersatz Anwendung finden59. Dementsprechend ist die Privilegierung auch auf gesell-
____________________ 57
Altmeppen in ZIP 1996, 1455; Dauner-Lieb in DStR 1998, 609 ff.; Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (208 ff.); Karollus in ZIP 1996, 1893 ff.; Goette in DStR 1997, 2027 (2029); K. Schmidt in ZIP 1996, 1586 (1589); v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (179 f.), ders. in GmbHR 1997, 677 ff. 58 Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 12. 59 v. Gerkan/Hommelhoff – Dauner-Lieb, Rn. 4.22.
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2. Teil: Die Erfassung von Leistungen durch das Kapitalersatzrecht
schafterbesicherte Drittdarlehen und andere Rechtshandlungen im Sinne des § 32a III, S. 1 GmbHG zu erstrecken60. d) Relevanz für das Cash Pooling Da die finanzplanmäßige Bindung auf der gesellschafterlichen Abrede und nicht auf Gesetz beruht, stellt der Finanzplankredit eine dogmatisch eigenständige Rechtsfigur dar61. Dies führt zu der Frage, ob Fallgestaltungen, die nach den Privilegierungstatbeständen der §§ 32a III, S. 2, 32a III, S. 3 GmbHG, 24 UBGG von den Kapitalersatzregeln freigestellt sind, einer Bindung nach den Regeln über Finanzplankredite unterworfen sind. Nach der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht können Darlehen, die aufgrund der Freistellung für Kleinbeteiligungen nach § 32a III, S. 2 GmbHG dem Rechtsregime des Kapitalersatzrechts entzogen sind, als Finanzplankredite angesehen werden und damit einem Einzahlungsgebot und einem Abzugsverbot unterliegen62. Gleiches gilt für das Sanierungsprivileg, das nach überwiegender Literaturansicht nicht auf Finanzplanleistungen anwendbar ist63. Die Privilegierungen des Kapitalersatzrechts werden im Rahmen des Cash Poolings kaum relevant werden. Die Anwendbarkeit des Kleinbeteiligungsprivilegs scheitert bereits daran, dass die Beteiligungsstruktur der am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaften in aller Regel eine Beteiligungshöhe von über 10 % aufweisen wird64. Darlehen eines an einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft beteiligten Gesellschafters oder Darlehen eines Sanierungsgesellschafters weisen für das Cash Pooling ebenfalls keine praktische Relevanz auf, da solche Gesellschafter – wenn sie überhaupt im Rahmen der Konzernfinanzierung aktiv werden sollten – nicht in das Cash Pooling Verfahren einbezogen werden.
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v. Gerkan/Hommelhoff – Dauner-Lieb, Rn. 4.23 ff. Vgl. § 6 I. 2. (S. 118 ff.). 62 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46b; Fleischer in DStR 1999, 1774 (1780); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 180, 66; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (468). 63 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 46b; Sieger/Aleth in GmbHR 2000, 462 (468 f.); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 200; aA: Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 32a/b Rn. 180, 79 mit der Begründung, die Anreizfunktion des Sanierungsprivilegs würde sonst geschwächt. 64 Im Ergebnis ebenso Vetter/Stadler, Rn. 43. 61
§ 6 Die Anwendbarkeit der Figur des Finanzplankredits auf das Cash Pooling 133
Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass am Cash Pooling teilnehmende Konzerngesellschaften im Einzelfall die Kriterien der kapitalersatzrechtlichen Privilegierungstatbestände erfüllen, kommt eine Erfassung nach den Grundsätzen über den Finanzplankredit nicht in Betracht, weil es sich bei Liquiditätszusagen im Rahmen des Cash Poolings nicht um Finanzplankredite handelt65.
III. Zwischenergebnis Die im Rahmen des Cash Poolings abgegebenen Liquiditätszusagen stellen keine Finanzplankredite dar. Das hat zur Folge, dass an solche Gesellschaften, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nach Maßgabe der zugrunde liegenden Rahmenvereinbarung die Liquiditätszusagen nicht erfüllt werden müssen bzw. die Liquiditätszusagen in Ermangelung eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts nach § 490 I BGB widerrufen werden können. Entsprechendes gilt für den verbleibenden Anwendungsbereich der Rechtsfigur des Finanzplankredits, nach dem ungeachtet einer Freistellung von den Kapitalersatzregeln nach § 24 UBGG, § 32a III, S. 2 GmbHG und § 32a III, S. 3 GmbHG grundsätzlich eine finanzplanmäßige Bindung in Betracht kommt. Zunächst werden die Privilegierungen des Kapitalersatzrechts für das Cash Pooling regelmäßig ohnehin nicht relevant. Überdies erfüllen die Liquiditätszusagen beim Cash Pooling nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des Finanzplankredits, sodass die Figur des Finanzplankredits für das Cash Pooling letztlich keine Bedeutung erlangt.
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§ 6 I. 1. (S. 125 ff.).
3. Teil
Kapitalersatzrecht und konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens beim Cash Pooling § 7 Cash Pooling im Vertrags- und Eingliederungskonzern Der mittels des Cash Poolings durchgeführte Liquiditätsausgleich ist in erster Linie ein Phänomen des Konzerns. Das Konzernrecht sieht in den §§ 300 ff. AktG für einzelne Konzernorganisationsmodelle eine Reihe eigenständiger Regeln zur Sicherung des Gesellschaftsvermögens vor. Dies führt zu der Überlegung, ob der Anwendung der Kapitalersatzregeln auf das konzerninterne Cash Pooling nicht das eigenständige konzernrechtliche Sicherungssystem entgegensteht.
I. Aktienrechtlicher Vertragskonzern Die Regelung des § 291 III AktG lockert das gesetzliche System der Kapitalerhaltung, indem Leistungen der Gesellschaft aufgrund eines Beherrschungsoder Gewinnabführungsvertrags vom Rechtsregime der Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57, 58 und 60 AktG ausgenommen werden. Die Notwendigkeit dieser Regelung erschließt sich vor dem Hintergrund, dass Leistungen der Gesellschaft an beteiligte Unternehmen aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages regelmäßig gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen würden und somit Leistungen verboten wären, die sich zwar zum Nachteil der beherrschten Gesellschaft, aber zum Vorteil des Konzerns auswirkten. Die Vermögensbindung nach den Kapitalerhaltungsvorschriften wird durch das konzernrechtliche Sicherungssystem der §§ 300 ff. AktG ersetzt, sodass die Vorschrift des § 302 I AktG den zum Schutz der Tochtergesellschaft und ihrer Gläubiger notwendigen Ausgleich für die in § 291 III AktG angeordnete Aufhebung der aktienrechtlichen Vermögensbindung darstellt1. Dies hat ____________________ 1
BGHZ 103, 1 (10); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 V. 1a); Eichholz, S. 162; Hüffer AktG, § 302 Rn. 3; Ketzer, S. 99.
§ 7 Cash Pooling im Vertrags- und Eingliederungskonzern
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zur Folge, dass die Muttergesellschaft aufgrund der Regelung des § 291 III AktG im Rahmen ihres Weisungsrechts in einer Weise über das Vermögen der Tochtergesellschaft verfügen darf, die bei einer konzernfreien Gesellschaft gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstoßen würde2. Unterliegt die Muttergesellschaft dann aber keinen weiteren Verpflichtungen als denen der §§ 300 ff. AktG, so würde es der durch § 291 III AktG statuierten Aufhebung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vermögensbindung widersprechen, wenn gleichwohl der Abzug bestimmter Darlehen dem Kapitalersatzrecht unterliegen würde, welches funktional auf den Kapitalerhaltungsregeln aufbaut. Es ist daher zu untersuchen, ob die Regelung des § 291 III AktG über die Kapitalerhaltungsregeln bis auf das Kapitalersatzrecht ausstrahlt und demzufolge die Existenz eines Unternehmensvertrages die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts ausschließt. Ein genereller Anwendungsvorrang der vertragskonzernrechtlichen Vorschriften kommt jedoch nur in Betracht, wenn diese dazu geeignet sind, einen dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Schutz des Gesellschaftsvermögens zu bewirken. Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein, denn die für eine Umqualifizierung in Kapitalersatz sprechende Gefahr der Abwälzung des Finanzierungsrisikos auf die Gesellschaftsgläubiger scheint gebannt, wenn Verluste der Tochtergesellschaft aufgrund von § 302 I AktG am Ende des Geschäftsjahres ohnehin von der Muttergesellschaft ausgeglichen werden müssen. Freilich bedarf es einer Untersuchung der Schutzwirkungen im Einzelnen, um sämtliche Gefährdungspotenziale für das Vermögen der Tochtergesellschaft und den Schutzumfang für deren Gläubiger zu bestimmen. 1. Der Verlustausgleichsanspruch gem. §§ 302, 303 AktG Zunächst ist zu untersuchen, ob der verbundrechtliche Verlustausgleichsanspruch gem. § 302 I AktG nach seinem Inhalt, Umfang und dem Zeitpunkt seines Eingreifens einen dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Schutz bietet. a) Inhalt Nach den Rechtsprechungsregeln dürfen Gesellschafterdarlehen, welche die Funktion von Eigenkapitalersatz erfüllen, vom Geschäftsführer nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden3. Anders hingegen die Lage bei Bestehen eines Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrages, wo die gesetzli____________________ 2
Ketzer, S. 93. Vgl. hierzu und zu den nachfolgend dargestellten Schutzregeln für kapitalersetzende Gesellschafterleistungen § 2 (S. 43 ff.). 3
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
chen Kapitalerhaltungsvorschriften mittels des § 291 III AktG außer Kraft gesetzt werden. Die Geschäftsleitung der vertraglich konzernierten Tochtergesellschaft kann sich dem Verlangen der Muttergesellschaft, Liquidität an sie abzuführen, grundsätzlich nicht widersetzen. Nach den Novellenregeln sind Gesellschafterdarlehen regelmäßig nicht gesperrt und dürfen an den darlehensgewährenden Gesellschafter zurückgezahlt werden, solange nicht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wurde. Ist jedoch eine Rückzahlung an den Gesellschafter erfolgt, so muss außerhalb der Insolvenz der Geschäftsführer nach den Rechtsprechungsgrundsätzen Rückzahlung verlangen, § 31 I GmbHG analog. In der Insolvenz steht dieses Recht gem. § 135 InsO dem Insolvenzverwalter, in der Einzelzwangsvollstreckung gem. § 6 AnfG dem Gläubiger zu. Die Einforderung des Verlustausgleichsanspruchs steht, ähnlich wie die Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs nach den Rechtsprechungsregeln, der Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft zu. Inhaltlich bleibt der Verlustausgleichsanspruch somit hinter den Rechtsprechungsregeln des Kapitalersatzrechts zurück. Während nämlich nach den Rechtsprechungsgrundsätzen dem Geschäftsführer der Konzerntochter bereits die Auszahlung eigenkapitalersetzender Mittel an die Gesellschafter analog § 30 I GmbHG verwehrt ist, hat die unternehmensvertraglich beherrschte bzw. dem Gewinnabführungsvertrag unterworfene Gesellschaft keine Möglichkeit, dem Verlangen der Konzernspitze nach Liquiditätsabführung entgegenzutreten. b) Umfang Während die Rechtsprechungsregeln das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen nur bis zur Höhe der Stammkapitalziffer sperren, geht der Schutz der Novellenregelungen weiter und erfasst den Eigenkapitalersatz in voller Höhe. Der Verlustausgleichsanspruch bleibt wiederum hinter diesem Umfang zurück. Zum Ausgleich des Jahresfehlbetrags genügt es, der Gesellschaft so viel Liquidität zuzuführen, dass diese mit ihrem Nettovermögen die Stammkapitalziffer abdecken kann, weil dann der Jahresfehlbetrag beseitigt ist4. Selbst wenn man den Gläubigerschutz nicht an der Stammkapitalziffer enden lassen möchte und dafür plädiert, dass auch vorvertragliche Gewinnrücklagen und Gewinnvorträge nicht angetastet werden dürfen5, bleibt der Schutzumfang des Verlustausgleichsanspruchs hinter dem des Kapitalersatz____________________ 4 5
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1111). Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 V. 3. c., m.w.N.
§ 7 Cash Pooling im Vertrags- und Eingliederungskonzern
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rechts zurück, da die Novellenregelungen das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in vollem Umfang erfassen. Sowohl Inhalt als auch Umfang des Verlustausgleichsanspruchs vermögen daher keine dem Kapitalersatzrecht gleichwertige Schutzwirkung zu entfalten. Diesem Befund lässt sich jedoch entgegenhalten, dass die kurzen Anfechtungsfristen der Novellenregelungen die Vorteile des kapitalersatzrechtlichen Vermögensschutzes relativieren und zudem die Gläubiger keinen wirklichen Ausfall zu befürchten haben, solange nur das ausgleichspflichtige Unternehmen solvent ist6. c) Zeitpunkt Der wohl tiefgreifendste Unterschied zwischen dem Verlustausgleichsanspruch und dem kapitalersatzrechtlichen Vermögensschutz liegt in dem Zeitpunkt begründet, zu dem die Ansprüche geltend gemacht werden können. Nach den Rechtsprechungsregeln muss der Geschäftsführer gesperrte und damit zu Unrecht von der Gesellschaft abgezogene Gesellschafterdarlehen sofort zurückverlangen, sodass der Erstattungsanspruch sofort fällig ist. Entstehung und Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs nach § 302 I AktG sind zwar in Rechtsprechung und Literatur umstritten7. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Ansichten lässt sich jedoch der Bilanzstichtag, also das Ende des Geschäftsjahres, als frühestmöglicher Zeitpunkt für Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs festmachen8. Die verschiedenen Zeitpunkte der Entstehung bzw. Fälligkeit begründen im Hinblick das Schutzniveau der beiden Ansprüche ein starkes Gefälle. Dies offenbart sich vor dem Hintergrund, dass der übermäßige Entzug liquider Mittel die unternehmensvertraglich gebundene Gesellschaft in die Illiquiditätsinsolvenz treiben kann. Dann nämlich kommt der am Geschäftsjahresende entstehende Verlustausgleichsanspruch in der Regel zu spät. Mit anderen Worten: Der Verlustausgleichsanspruch vermag die ausgleichsberechtigte Gesellschaft zwar vor der bilanziellen Überschuldung, nicht jedoch vor der Insolvenz wegen
____________________ 6
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1111). Vgl. die Nachweise bei Hüffer AktG, § 302 Rn. 15. 8 Für den Bilanzstichtag Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 V. 5.a.; Hüffer AktG, § 302 Rn. 15; für diesen Zeitpunkt nunmehr auch der BGH, vgl. BGHZ 142, 382 (385 f.). 7
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
Zahlungsunfähigkeit9 zu schützen. Aus diesem Grund spricht sich der überwiegende Teil des Schrifttums gegen eine Verdrängung der Kapitalersatzregeln durch den Verlustausgleichsanspruch aus10. Diese Sichtweise lässt sich mit dem „HSW“-Urteil11 des Bundesgerichtshofs untermauern, nachdem die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft nicht beseitigen kann, weil er die Illiquidität der Gesellschaft nicht verhindern kann12. Das Cash Pooling birgt durch den arbeitstäglichen Abzug sämtlicher Liquidität auf das Zielkonto in besonderer Weise die Gefahr liquiditätsbedingter Bestandsgefährdungen der Tochterunternehmen. Dagegen ließe sich einwenden, dass die dem Cash Pooling zugrunde liegende Vereinbarung zwischen den Konzernunternehmen eine gegenseitige stetige Liquiditätsversorgung vorsieht, der Liquiditätsbedarf des Tochterunternehmens also schon aufgrund der rechtsgeschäftlichen Poolvereinbarung von der Konzernspitze oder der Finanzierungsgesellschaft befriedigt werden muss. Die zwischen den Gesellschaften abgeschlossene Rahmenvereinbarung sieht jedoch lediglich eine Pflicht zur Abführung überschüssiger Liquidität auf das Zielkonto vor. Wird der Cash Pool nicht bedient, etwa weil die Konzernunternehmen keinen Liquiditätsüberschuss aufweisen oder gar die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft sich selbst in der Krise befindet, ist sowohl der Verlustausgleichsanspruch des Tochterunternehmens als auch der Anspruch auf Liquiditätszuführung aus dem Cash Pool nicht gesichert. Mangels ausreichenden Schutzes durch die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht ist daher der Schutz des Gesellschaftsvermögens durch das Kapitalersatzrecht im Anwendungsbereich des Cash Poolings unverzichtbar. Dem ließe sich noch entgegenhalten, dass der Gesetzgeber durch die Regelung der §§ 291 III, 302 I AktG den Liquiditätsschutz der Tochtergesellschaften im Sinne eines übergeordneten Konzerninteresses eingeschränkt hat13. Auch wenn an der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit und rechtli____________________ 9
Vgl. zum Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit: Hess, Insolvenzrecht Rn. 56 ff.; Noack, Gesellschaftsrecht Rn. 64 ff. 10 Brandes in FS Kellermann, S. 25 (S. 34); Gehde, S. 147; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, § 25 Rn. 25.39; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 101; Kühbacher, S. 91; Makowski, S. 152 f.; Ketzer, S. 100 ff.; Rümker in ZGR 1988, 494 (499); Schmidsberger, S. 143 f; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.31 ff. 11 BGH ZIP 1988, 1248 = BGHZ 105, 168; s. dazu bereits § 5 II. 3. (S. 96). 12 BGH ZIP 1988, 1248 (1252 f.). 13 So offenbar A. Müller, S. 196 f., wonach kapitalersetzende Darlehen keinen weiteren Restriktionen unterworfen sein könnten als die Finanzierungsformen, die sie funktional ersetzen und die ihrerseits in keiner Weise zu beanstanden gewesen wären, sodass kapitalersetzende Darlehen ebenso wie nominelles Eigenkapital im Anwendungsbereich
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chen Zulässigkeit des Cash Poolings keine Zweifel bestehen können, so findet sich für eine Verkürzung oder gar Preisgabe des rechtlich gebotenen Liquiditätsschutzes der Tochtergesellschaft im Gesetz keine Stütze. Vielmehr zeigen die Regelungen der §§ 300 ff. AktG deutlich, dass der Gesetzgeber die mit der Konzerneinbindung verbundenen Gefahren gesehen hat14 und dort, wo er gesteigerte Gefahren für die Gläubigerbelange erkannt hat, den Gläubigerschutz intensivieren wollte15. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die sich aus einer drohenden Illiquidität ergebenden Gefahren übersehen hat16, sodass die besseren Gründe gegen eine Verdrängung der Kapitalersatzregeln durch den konzernrechtlichen Verlustausgleichsanspruch sprechen. 2. Der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz und unterjährige Verlustausgleich Es hat sich gezeigt, dass das Instrument des Verlustausgleichs in der zuvor beschriebenen Funktionsweise nicht dazu geeignet ist, liquiditätsbedingte Existenzgefährdungen der konzernierten Gesellschaft zu verhindern. Aus diesem Grunde sind, unabhängig von der hier zu klärenden Konkurrenzproblematik, im Schrifttum verschiedene Lösungsansätze entwickelt worden, mittels derer die Aufrechterhaltung der Liquidität des abhängigen Unternehmens sichergestellt werden soll. Dies stellt den zuvor ermittelten Befund in Frage, nach dem die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts im Vertragskonzern nicht von der konzernrechtlichen Verlustausgleichspflicht ausgeschlossen wird. Wenn nämlich die in der Literatur entwickelten Wege der konzernrechtlichen Liquiditätssicherung geeignet sind, einen dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Schutz zu gewährleisten, dann verbietet sich die Anwendung kapitalersatzrechtlicher Grundsätze im Vertragskonzern aufgrund der Vorschrift des § 291 III AktG. a) Unternehmensvertraglicher Liquiditätsschutz Ein Teil des Schrifttums leitet als Korrelat aus dem unternehmensvertraglichen Beherrschungsrecht der Muttergesellschaft deren unternehmerische Ver_____________________
des § 291 III AktG vor jederzeitigem und unbegrenztem Abfluss an die Muttergesellschaft nicht sicher seien. 14 Begr. RegE AktG 1965 in Kropff AktG 1965, S. 373 f. 15 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112); Ketzer, S. 99. 16 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112).
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
antwortung für die Existenz der Tochtergesellschaft ab und sieht diese durch den sog. unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutz gesichert17. Die weitgehenden Einflussmöglichkeiten der Konzernspitze begründeten deren unternehmerische Mitverantwortung für das Schicksal der Tochtergesellschaft. Aus ihr folge nicht nur ein Verbot existenzgefährdender Weisungen, sondern auch und vor allem die Pflicht der Konzernspitze, für ausreichende Liquidität der abhängigen Gesellschaft zu sorgen18. Die Muttergesellschaft dürfe der Tochtergesellschaft existenznotwendige Liquidität nur dann entziehen, wenn sichergestellt sei, dass die Muttergesellschaft den aktuellen und absehbaren künftigen Liquiditätsbedarf der Konzerntochter zeitgerecht decken könne19. Sei dies nicht gewährleistet, so erwachse der Tochtergesellschaft aus dem Beherrschungsvertrag automatisch ein sofort fälliger gegenläufiger Erstattungsanspruch20. Über diese Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung hinaus befürworten die Vertreter des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes einen Anspruch des abhängigen Unternehmens gegen das herrschende Unternehmen auf Ausstattung mit Liquidität21. Die zentrale Konzernfinanzierung berge die Gefahr, dass die Liquidität und damit die Existenz des einzelnen Konzernunternehmens sowohl von der Zahlungsfähigkeit als auch von der Zahlungswilligkeit der Konzernspitze abhänge, da allein diese für Liquiditätsplanung und -beschaffung zuständig sei und die gesamten Geldeingänge sofort an das herrschende Unternehmen weitergeleitet würden22. Auch wenn das herrschende Unternehmen aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt sei, die Liquidität beim abhängigen Unternehmen abzuziehen, so stünde die Existenz des beherrschten Unternehmens nicht zur Disposition des herrschenden Vertragsteils23. Da die beherrschte Gesellschaft im zentral finanzierten Konzern die Kernaufgabe finanzieller Unternehmensführung – Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit durch Sicherung der notwendigen Liquidität – nicht selbst wahr____________________ 17 Geßler in ZHR 140 (1976), 433 (439); Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112 f.); Kleindiek, S. 162 ff, 173 ff.; Schneider in ZGR 1984, 497 (534 f.); dem folgend Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (262). 18 Geßler in ZHR 140 (1976), 433 (439); Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112). 19 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1113); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 59. 20 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1113); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 59. 21 Geßler in ZHR 140 (1976), 433 (439), Kleindiek, S. 173 ff.; Schneider in ZGR 1984, 497 (534 f.); Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (262); offengelassen von Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1113). 22 Kleindiek, S. 174; Schneider in ZGR 1984, 497 (534). 23 Kleindiek, S. 175.
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nehme, müsse die Konzernspitze die Liquidität der einzelnen Konzernunternehmen sicherstellen24. Die Muttergesellschaft habe die Existenz der Tochtergesellschaft zu sichern, indem sie diese stetig und unverzüglich mit wenigstens so viel Liquidität auszustatten habe, wie diese zur reibungslosen und prompten Bedienung ihrer aktuell fälligen Verbindlichkeiten bedürfe25. Andere Autoren26 lehnen den auf die „Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmens- bzw. Konzernfinanzierung“27 zurückzuführenden unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutz ab, da dieser nicht nur bei der praktischen Umsetzung auf Schwierigkeiten stoße, sondern sich auch nicht mit dem Vorrang des Konzerninteresses vor dem Eigeninteresse des konzernierten Unternehmens vertrage28. Der Beherrschungsvertrag begründe das Recht des herrschenden Unternehmens, eine das Konzernganze umfassende unternehmerische Zielkonzeption zu entwickeln und zu verfolgen. Dieses Konzerninteresse gelte es auch im Rahmen eines Cash Management-Systems zu wahren, wo zwar ein stärkerer faktischer Zwang zur Liquiditätsausstattung der abhängigen Konzernunternehmen, nicht aber eine entsprechende Rechtspflicht gegeben sei29. b) Unterjähriger Verlustausgleich Der Vergleich der Schutzwirkungen des konzernrechtlichen Verlustausgleichsanspruchs mit dem des Kapitalersatzrechts hat gezeigt, dass der Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche geltend gemacht werden können, den vielleicht schwerwiegendsten Unterschied in deren Schutzumfang ausmacht. Während nach den Rechtsprechungsregeln der Erstattungsanspruch für an den Gesellschafter zurückgezahlte kapitalersetzende Darlehen sofort fällig ist, wird der Verlustausgleichsanspruch gem. § 302 I AktG frühestens mit Ablauf des Geschäftsjahres fällig30. Sollte sich dieses zeitliche Gefälle als überbrückbar er____________________ 24
Kleindiek, S. 175 f.; Schneider in ZGR 1984, 497 (534 f.). Kleindiek, S. 176; i.E. ebenso Schneider in ZGR 1984, 497 (534 f.); Lutter/Scheffler/Schneider – Hommelhoff/Kleindiek, Rn. 21.14; Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (262). 26 Priester in ZIP 1989, 1301 (1305); MünchHdb AG – Krieger, § 69 Rn. 53; Scheffler in FS Goerdeler, S. 469 (476); Stützle, S. 81 (S. 84) 27 So Schneider in ZGR 1984, 497 (507 ff.); ebenso Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112); ähnl. Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64 (S. 95 f.); Vetter/Stadler, Rn. 154, 178. 28 Priester in ZIP 1989, 1301 (1305). 29 Priester in ZIP 1989, 1301 (1305). 30 Dazu oben, § 7 I. 1. c) (S. 137). 25
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
weisen, so könnte dies für eine Einschränkung der Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzregeln im Vertragskonzern sprechen. Karsten Schmidt hat es unternommen, die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht rechtsdogmatisch zu untersuchen und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei der Verlustausgleichspflicht um ein gesetzliches Dauerschuldverhältnis handele, welches eine kontinuierliche Alimentierungspflicht des herrschenden Unternehmens begründe31. Der Unternehmensvertrag sei nicht Verpflichtungsgrund der zu leistenden Zahlungen, sondern tatbestandliche Voraussetzung einer kraft Gesetzes geschuldeten Verlustübernahme32. Wenn der Gesetzgeber in § 302 I AktG vom Ausgleich des Jahresfehlbetrages spreche, so orientiere er sich an der nach außen hin in den Vordergrund tretenden Rechtsfolge der Alimentierungspflicht, weshalb nur die sich aus der Rechnungslegung ergebende Zahlungsverbindlichkeit, nicht auch die dauernde Alimentierungspflicht klagbare Ansprüche auslöse33. Daher könne zwar einerseits die abhängige Gesellschaft das herrschende Unternehmen nicht durch Aufstellung einer Zwischenbilanz zur jederzeitigen Realisierung des Verlustausgleichs zwingen. Andererseits komme jedoch theoretisch eine beliebige Verkürzung oder Verlängerung der Abrechnungsperiode in Betracht. Soweit das Prinzip der kontinuierlichen Verlustdeckung nämlich dazu zwinge, von der Maßgeblichkeit des Geschäftsjahrs abzuweichen, könne eine solche Abweichung nicht wegen des am Regelfall orientierten Wortlauts der Norm des § 302 I AktG als unzulässig bezeichnet werden34. Diese Grundkonzeption fortführend, spricht Priester sich für einen unterjährigen Verlustausgleich in Gestalt eines klagbaren Anspruchs der Tochtergesellschaft auf Zahlung eines Abschlags auf den zu erwartenden Verlustausgleich aus35. Der Anspruch auf Abschlagszahlung sei jedoch, im Hinblick auf den mit dem Liquiditätsschutz verfolgten Schutzzweck der Existenzsicherung, auf Fälle akuter Existenzgefährdung der Tochtergesellschaft beschränkt36.
____________________ 31
K. Schmidt in ZGR 1983, 513 (518). K. Schmidt in ZGR 1983, 513 (517); ihm folgend BGH ZIP 1988, 229 (232); 1989, 29 (33); Kölner Komm. AktG – Koppensteiner, § 302 Rn. 7. 33 K. Schmidt in ZGR 1983, 513 (520). 34 K. Schmidt in ZGR 1983, 513 (522). 35 Priester in ZIP 1989, 1301 (1307); dem folgend Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 V. 5.b) (S. 295). 36 Priester in ZIP 1989, 1301 (1308). 32
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c) Stellungnahme Die in der Literatur vorgeschlagenen Wege zum Schutze der Liquidität der konzernierten Gesellschaft führen zu einem Vorrang der konzernspezifischen Sicherung des Gesellschaftsvermögens gegenüber dem kapitalersatzrechtlichen Schutzmechanismus, wenn gegen den unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutz bzw. den unterjährigen Verlustausgleich zum einen keine grundsätzlichen Bedenken bestehen. Darüber hinaus erfordert ein Vorrang des konzernspezifischen Vermögensschutzes, dass dieser nicht hinter den durch das Kapitalersatzrecht vermittelten Schutzwirkungen zurückbleibt. aa) Unterjähriger Verlustausgleich Die Qualifizierung des Verlustausgleichsanspruchs als Dauerschuldverhältnis mit kontinuierlicher Alimentierungspflicht verdient grundsätzlich Zustimmung. Zur Absicherung der existenznotwendigen Liquidität des abhängigen Unternehmens ist dieser jedoch nur geeignet, wenn der Tochtergesellschaft ein klagbarer Anspruch auf Zahlung eines Abschlags auf den zu erwartenden Jahresfehlbetrag zusteht. Dies scheint indes bedenklich, wenn man den Wortlaut des 302 I AktG („Jahresfehlbetrag“) ernst nimmt, der nach der Rechtsprechung37 den Bereich bildet und die Grenzen absteckt, innerhalb derer ein vom Gesetz verwendeter Begriff überhaupt ausgelegt werden kann38. Ungeachtet dessen wird das Instrument des unterjährigen Verlustausgleichs schon oftmals konzeptionell nicht geeignet sein, liquiditätsbedingte Existenzgefährdungen abzuwehren. Der Liquiditätsbedarf eines abhängigen Unternehmens kann seine Ursache nämlich auch in konzernleitenden Maßnahmen haben, die sich auf den Jahresabschluss erfolgsneutral auswirken39. Der Liquiditätsabzug im Rahmen eines Cash Pooling-Systems ist dafür geradezu paradigmatisch, denn die Absaugung der Tochterliquidität auf das Zielkonto ist in erster Linie betriebswirtschaftlich motiviert. Insoweit stellt sich ein etwaiger Liquiditätsbedarf der abhängigen Gesellschaft keineswegs schlechthin als Indiz für einen sich abzeichnenden Jahresfehlbetrag dar. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die abhängige Gesellschaft während des Geschäftsjahres einen Verlust erwirtschaftet, so kann sich dieser bis zum Ende des Geschäftsjahres ganz oder teilweise neutralisieren40. Ob und in welcher Höhe ein zum Ausgleich verpflichtender ____________________ 37 38 39 40
BVerfGE 71, 108 (115); BGHZ 46, 76 (76). Ebenso Eichholz, S. 105. Kleindiek, S. 194. Eichholz, S. 106; Kleindiek, S. 195.
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Jahresfehlbetrag vorliegt, lässt sich daher erst nach Ablauf des Geschäftsjahres mit Gewissheit beantworten. Die rein hypothetische Möglichkeit, dass ein Ausgleichsanspruch nicht vollkommen ausgeschlossen ist, erscheint jedenfalls zu unbestimmt für einen klagbaren Anspruch auf Abschlagszahlung, der zudem eine bedenklich extensive Auslegung des Gesetzeswortlauts voraussetzt. bb) Unternehmensvertraglicher Liquiditätsschutz Während der Bundesgerichtshof im „HSW-Urteil“ einen am Liquiditätsbedarf orientierten Anspruch der Tochtergesellschaft auf Abschlagszahlungen abgelehnt hat41, hat er die richtigerweise davon zu trennende Frage des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes nicht abschließend entschieden. Dass der BGH einen Anspruch auf Abschlagszahlung verneint hat, lässt nicht notwendigerweise auf eine ablehnende Haltung gegenüber einer Pflicht des herrschenden Unternehmens schließen, das abhängige Unternehmen jederzeit mit der existenznotwendigen Liquidität auszustatten. Das Argument, die Anerkennung eines unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes sei unvereinbar mit dem Vorrang des Konzerninteresses vor dem Eigeninteresse der Konzernglieder42, vermag ebenfalls nicht durchgreifend zu überzeugen. Auch unter der Geltung einer Liquiditätsausstattungspflicht der Konzernspitze bleibt diese nämlich frei, die im Konzern verfügbaren Mittel dort einzusetzen, wo sie nach ihrem Dafürhalten zur Optimierung des Konzerninteresses geeignet erscheinen. Beschränkt wird diese Dispositionsbefugnis erst durch das Bestandsinteresse der Konzerngesellschaften43. Bestehen demnach keine grundsätzlichen Einwände gegen die Anerkennung eines unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes, so verdrängt dieser als konzernspezifisches Vermögenssicherungsinstrument das Kapitalersatzrecht im Vertragskonzern, wenn er nicht hinter dem Schutz zurückbleibt, den die Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen vermitteln. Das jedoch erscheint fraglich. Wenn der Anspruch auf Verlustausgleich nicht gesichert ist bzw. der Anspruch auf Zuführung von Liquidität nicht erfüllt werden kann, weil die Zahlungsfähigkeit der Konzernspitze nicht mehr gewährleistet ist, bewahrt weder der geschriebene Verlustausgleichsanspruch noch die Rechtsfigur des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes die Tochtergesellschaft vor den mit ____________________ 41 42 43
BGH ZIP 1988, 1248 (1253). Priester in ZIP 1989, 1301 (1305). Ebenso Kleindiek, S. 178.
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der zentralen Konzernfinanzierung verbundenen Gefahren44. Hat die Muttergesellschaft ihrer in die Krise geratenen Tochtergesellschaft ein Darlehen zur Verfügung gestellt und gerät die Muttergesellschaft sodann selbst in einen Liquiditätsengpass, so ist es nahe liegend, dass die Muttergesellschaft zur Sicherung ihrer eigenen Liquidität das Darlehen abziehen wird. Dies ist ihr nach dem Schutzsystem des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes nicht versagt, solange nur der Tochtergesellschaft die existenznotwendige Liquidität erhalten bleibt. Hingegen ist damit noch keine Aussage darüber getroffen, ob nicht in dieser Situation das Darlehen als kapitalersetzend einzustufen und damit seine Rückzahlung gesperrt wäre. Während die Umqualifizierung im Bereich des Kapitalersatzrechts aus Gründen des Gläubigerschutzes bereits bei Vorliegen der Kreditunwürdigkeit erfolgt, setzt der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz erst bei existenzbedrohenden Liquiditätsabzügen der konzernierten Gesellschaft an, da dieser dogmatisch aus dem Bestandsschutz der abhängigen Gesellschaft hergeleitet wird45. Anders formuliert: Der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz schützt lediglich die existenznotwendige Liquidität, während das Kapitalersatzrecht bereits die zur Aufrechterhaltung der Kreditwürdigkeit notwendige Liquidität sichert. Ein abhängiges Unternehmen kann durchaus kreditunwürdig sein bzw. durch den Liquiditätsabzug kreditunwürdig werden, ohne dass es zu diesem Zeitpunkt bereits in seiner Existenz bedroht wäre. In dieser Konstellation entfalten allein die Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen ihre volle Schutzfunktion zugunsten der abhängigen Gesellschaft und sperren die Rückzahlung des Darlehens. Demgegenüber verbietet der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz den Abzug des Darlehens zu diesem Zeitpunkt noch nicht, da das abhängige Unternehmen noch nicht in seinem Bestand bedroht ist. Aus diesem Grund überzeugt auch das im Schrifttum vorgebrachte Argument nicht, die Lücken des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes würden durch das Verbot der Existenzgefährdung als wesentlichem Element des Konzernrechts geschlossen46. Die Nichtanwendung der kapitalersatzrechtlichen Vorschriften hätte zur Folge, dass das Darlehen an die Muttergesellschaft zurückgezahlt werden darf. Die Gläubiger der Tochtergesellschaft blieben darauf beschränkt, sich den Verlustausgleichsanspruch entweder gem. § 398 BGB von der Tochtergesellschaft abtreten zu lassen oder sich ihn gem. §§ 829, 835 ZPO pfänden und überweisen zu lassen47, um sodann mit dem ungesicherten ____________________ 44 Ketzer, S. 105; Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64 (S. 90); ähnl. Eichholz, S. 163. 45 Dazu ausführlich Geßler in ZHR 140 (1976), 433 (436 ff.). 46 Eichholz, S. 163. 47 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 20 V. 6.a) (S. 296).
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Verlustausgleichsanspruch am Insolvenzverfahren über das Vermögen der Muttergesellschaft teilzunehmen48. Nach den Kapitalersatzregeln hingegen wäre bereits die Rückzahlung des Darlehens gesperrt, sodass dieses weiterhin den Gläubigern der Tochtergesellschaft als Haftungssubstrat zur Verfügung stünde. Der konzernspezifische Vermögensschutz bleibt aber selbst dann hinter dem kapitalersatzrechtlichen Sicherungssystem zurück, wenn das abhängige Unternehmen durch den Liquiditätsabzug in seiner Existenz bedroht wird und damit der Anwendungsbereich für die prinzipiell zustimmungswürdige Rechtsfigur des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes eröffnet ist. Der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz gebietet nämlich lediglich, der Tochtergesellschaft existenznotwendige Liquidität nicht zu entziehen und die abhängige Gesellschaft stetig und unverzüglich mit wenigstens so viel Liquidität auszustatten, wie diese zur reibungslosen und prompten Bedienung ihrer aktuell fälligen Verbindlichkeiten bedarf49. Demgegenüber verbieten die Novellenregelungen die Rückzahlung gesperrter Gesellschafterdarlehen in vollem Umfang50. Aus diesem Grund räumt selbst ein Teil der Befürworter des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes ein, dass weder der konzernrechtliche Verlustausgleichsanspruch noch der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen zu verdrängen vermögen, weil die Mittel als Kapitalersatz – anders als im Rahmen der konzernspezifischen Vermögenssicherung – selbst dann gebunden seien, wenn die Konzerntochter ihrer zeitweise nicht bedürfe51. Das konzernrechtliche Sicherungssystem bleibt somit auch bei Vorliegen eines existenzbedrohenden Liquiditätsabzugs hinter dem durch das Kapitalersatzrecht vermittelten Schutz zurück. Die im Schrifttum vertretene Ansicht, nach der die Vorschriften über den Kapitalersatz im Vertragskonzern zur Anwendung gelangen und weder vom konzernrechtlichen Verlustausgleichsanspruch noch von der Rechtsfigur des
____________________ 48
Eichholz, S. 163. Kleindiek, S 176; i.E. ebenso Schneider in ZGR 1984, 497 (534 f.); Lutter/Scheffler/Schneider – Hommelhoff/Kleindiek, Rn. 21.14; Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (262). 50 Vgl. § 2 II. (S. 50). 51 Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.39 unter Verweis auf Brandes in FS Kellermann, S. 25 (S.34); a.A.: Lutter/Scheffler/Schneider – Hommelhoff/Kleindiek, Rn. 21.40. 49
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unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes verdrängt werden52, verdient daher Zustimmung. Das hat zur Folge, dass die Kapitalersatzregeln auch dann zur Anwendung gelangen, wenn die das Cash Pooling-Verfahren durchführenden Unternehmen vertraglich konzerniert sind.
II. GmbH-Vertragskonzern Soweit eine Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH sich an einem Unternehmensvertrag beteiligt und hierbei die Rolle des herrschenden Unternehmens gegenüber einer AG innehat, gelten die Regeln des AktG über den konzernrechtlichen Verlustausgleich unmittelbar und es ergeben sich keine Abweichungen zu den vorangegangenen Ausführungen zum aktienrechtlichen Vertragskonzern. Fraglich ist allein, welche Auswirkungen der umgekehrte Fall – die GmbH als abhängige Gesellschaft im Vertragskonzern – auf die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts hat, wobei auch hier die Rechtsform des herrschenden Unternehmens prinzipiell keine Rolle spielt. Es darf als gesicherte Erkenntnis gelten, dass das Recht der Vertragskonzerne für die GmbH nicht durch eine pauschale Gesamtanalogie zu den aktienrechtlichen Vorschriften entwickelt werden darf, vielmehr nur im Einzelfall über eine entsprechende Anwendung der §§ 291 bis 310 AktG entschieden werden kann53. Für die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts im GmbH-Vertragskonzern spräche die mangelnde Analogiefähigkeit des § 291 III AktG, sodass, anders als im aktienrechtlichen Vertragskonzern, die Vermögensbindung durch die Kapitalerhaltungsvorschriften nicht aufgehoben würde und folglich der Anknüpfungspunkt für das Kapitalersatzrecht zumindest formell bestehen bliebe54. Ob § 291 III AktG auf den GmbH-Vertragskonzern entsprechend angewendet werden kann, ist in der Literatur umstritten. Der Bundesgerichtshof und ein Teil des Schrifttums sprechen sich für eine analoge Anwendbarkeit des ____________________ 52 Jeweils mit unterschiedlichen Begründungen und Reichweiten: Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 77 für den GmbH-Vertragskonzern; Brandes in FS Kellermann, S. 25 (S. 34); Emmerich in ZGR Sonderheft 6, S. 64 (S. 90); Gehde, S. 147; Ketzer, S. 105; Kühbacher, S. 91; Limmer, S. 241; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.39; Makowski, S. 159 ff.; Priester in ZIP 1989, 1301 (1306); Rümker in ZGR 1988, 494 (500); Stützle, S. 81 (84); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.34. 53 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 I. 2. (S. 480); Eisenhardt, Rn. 879; Kuhlmann/Ahnis, E, Rn. 289; Zeidler in NZG 1999, 692 m.w.N. 54 So Gehde, S. 148.
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§ 291 III AktG und damit für eine Aufhebung der §§ 30, 31 GmbHG im GmbH-Vertragskonzern aus, da das Kapital im GmbH-Vertragskonzern nicht stärker geschützt werden dürfe als im aktienrechtlichen Vertragskonzern55. Die Gegenansicht verneint die Analogiefähigkeit des § 291 III AktG mit der Begründung, dass die Kapitalerhaltungsvorschriften im Aktien- und GmbH-Recht unterschiedlich ausgestaltet seien, die Gesellschafter ohnehin bis zur Grenze der Stammkapitalziffer auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen könnten und daher eine Aufhebung der Kapitalerhaltungsvorschriften nicht erforderlich sei56. Selbst wenn man jedoch der letztgenannten Ansicht nicht folgt und von einer Aufhebung der Kapitalerhaltungsvorschriften mittels analoger Anwendung des § 291 III AktG im GmbH-Vertragskonzern ausgeht, wird die Anwendung des Kapitalersatzrechts nicht verdrängt, wenn im GmbH-Vertragskonzern in Bezug auf den konzernrechtlichen Verlustausgleich und unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutz das Gleiche gilt wie im aktienrechtlichen Vertragskonzern. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der weit überwiegende Teil der Lehre wendet die Vorschriften der §§ 302, 303 AktG auf den GmbHVertragskonzern analog an57. Die Rechtsfigur des unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes wurde teilweise am Beispiel des GmbH-Konzerns entwikkelt58 und gilt daher ebenso wie die Forderung nach einem unterjährigen Verlustausgleich59 auch für den GmbH-Vertragskonzern. Folgt man der hier vertretenen Auffassung, nach der weder der konzernrechtliche Verlustausgleichsanspruch noch der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz oder der unterjährige Verlustausgleich die Anwendung der kapitalersatzrechtlichen Vorschriften auf den Vertragskonzern auszuschließen vermögen, kann sich ein Anwen____________________ 55 BGHZ 103, 1 (6); Cahn, S. 87; Fleck in ZGR 1990, 31 (47); Görling in WM 1994, 2299 (2300); Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1110); Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (263); Schön in ZHR 159 (1995), 351 (373); gegen die Anwendung des § 30 GmbHG, solange der Verlustausgleichsanspruch wirtschaftlich vollwertig sei: Lutter in ZGR Sonderheft 6, S. 192 (S. 200); Meister in WM 1980, 390 (400) m.w.N. 56 Brandes in FS Kellermann, S. 25 (32 ff.); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 V. 2. (S. 498); Kühbacher, S. 51 f. m.w.N. 57 BGH AG 1980, 47; BGHZ 95, 330 (345 f.); BGHZ 105, 324 (336); BGH ZIP 1988, 1248; BGHZ 116, 37 (39); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 32 III. 2. (S. 492); Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1110); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 61; Gehde, S. 148; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 II. 3.a) (S. 1217); a.A.: Bitter in ZIP 2001, 265 (270, 274 ff.). 58 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1112, 1117), der den am GmbHVertragskonzern entwickelten unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutz auf den aktienrechtlichen Vertragskonzern überträgt; Schneider in ZGR 1984, 497 (532 ff.). 59 Priester in ZIP 1989, 1301 (1302).
§ 7 Cash Pooling im Vertrags- und Eingliederungskonzern
149
dungsverbot für das Kapitalersatzrecht im GmbH-Vertragskonzern nur noch aus GmbH-spezifischen Bestimmungen ergeben. Spezialgesetzliche Regelungen zur Liquiditätssicherung im GmbH-Vertragskonzern, die eine Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts erübrigen würden, sind jedoch nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Der Streit über den Umfang des Verlustausgleichsanspruchs analog §§ 302, 303 AktG im GmbH-Vertragskonzern60 zeigt, dass der Umfang des Verlustausgleichsanspruchs in bestimmten GmbH-Vertragskonzernstrukturen selbst an denjenigen des aktienrechtlichen Vertragskonzerns nicht heranreicht, sodass es zum Schutze der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft erst recht der Anwendung des Kapitalersatzrechts bedarf. Ebenso wie im aktienrechtlichen Vertragskonzern steht auch im GmbH-Vertragskonzern der Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts nichts im Wege. Spricht man sich gegen eine analoge Anwendbarkeit des § 291 III AktG auf den GmbH-Vertragskonzern aus, so fehlt bereits jegliche Grundlage, die im GmbH-Vertragskonzern ein Anwendungsverbot für das Kapitalersatzrecht begründen könnte. Will man die Kapitalerhaltungsvorschriften durch eine analoge Anwendung des § 291 III AktG suspendiert wissen, so folgt die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts aus der Tatsache, dass weder der konzernrechtliche Verlustausgleichsanspruch noch der unternehmensvertragliche Liquiditätsschutz ein dem Kapitalersatzrecht gleichwertiges Schutzniveau bieten61. Die kapitalersatzrechtlichen Vorschriften sind folglich auch dann anzuwenden, wenn die in das Cash Pooling-Verfahren integrierte GmbH in der Weise konzerniert ist, dass zwischen ihr als abhängiger Gesellschaft und der Muttergesellschaft ein Unternehmensvertrag i.S.d. § 291 I AktG besteht.
III. Eingliederungskonzern Es bleibt zu untersuchen, ob die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen im Eingliederungskonzern anwendbar sind, wobei sich mangels Analogiefähigkeit der aktienrechtlichen Vorschriften über die Eingliederung62 die Prüfung in Bezug auf Gesellschaften außerhalb der Rechtsform der Aktiengesellschaft erübrigt.
____________________ 60
Näher dazu Zeidler in NZG 1999, 692 (696) m.w.N. Dazu ausführlich oben § 7 I. (S. 134 ff.). 62 Unstreitig, siehe nur: Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 Rn. 88; Scholz GmbHG – Emmerich, Anh. Konzernrecht, Rn. 12; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 10 II. (S. 131). 61
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
Ähnlich wie die Regelung des § 291 III AktG für den aktienrechtlichen Vertragskonzern, hebt § 323 II AktG die aktienrechtliche Vermögensbindung der §§ 57, 62 AktG für die eingegliederte Gesellschaft auf. Die damit einhergehende Gefährdung der Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft wird jedoch ausgeschlossen, indem § 322 I AktG den Gläubigern gegenüber die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft für die Verbindlichkeiten der eingegliederten Gesellschaft anordnet. Für die Anwendung des Kapitalersatzrechts bleibt daneben kein Raum. Entzieht die Hauptgesellschaft der eingegliederten Gesellschaft ein in der Krise gewährtes oder stehen gelassenes und damit an sich eigenkapitalersetzendes Darlehen, so haben die Gläubiger keinen Ausfall zu befürchten. Eine Verlagerung des Kreditrisikos auf die außen stehenden Gesellschaftsgläubiger kommt nicht in Betracht, weil das Darlehen zum Haftungsfonds der Hauptgesellschaft gehört, auf den die Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Hauptgesellschaft uneingeschränkt zugreifen können. Im Verhältnis der Hauptgesellschaft zur eingegliederten Gesellschaft ist daher die Anwendung der Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen entbehrlich63. Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings unterfallen folglich dann nicht dem Rechtsregime des Kapitalersatzrechts, wenn es sich bei dem darlehensnehmenden Unternehmen um eine eingegliederte Gesellschaft handelt.
IV. Zwischenergebnis Sowohl im aktienrechtlichen Vertragskonzern als auch im GmbHVertragskonzern bieten weder der Verlustausgleichsanspruch nach §§ 302, 303 AktG noch die Rechtsfigur eines unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes oder unterjährigen Verlustausgleichs einen in Inhalt, Umfang und Zeitpunkt seines Eingreifens dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Schutz. Das hat zur Folge, dass die Kapitalersatzregeln auch dann zur Anwendung gelangen, wenn die das Cash Pooling-Verfahren durchführenden Unternehmen vertraglich konzerniert sind. Die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen sind hingegen nicht anwendbar, wenn es sich bei dem Rechtsträger des darlehensnehmenden Unternehmens um eine eingegliederte Gesellschaft handelt. ____________________ 63
Eichholz, S. 161 f.; Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1117); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 62; Ketzer, S. 113; Lutter/Scheffler/Schneider– Hommelhoff/Kleindiek, Rn. 21.15; A. Müller, S. 195; Rümker in ZGR 1988, 494 (500).
§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern Auch wenn die das Cash Pooling-Verfahren durchführenden Gesellschaften nicht durch einen Unternehmensvertrag oder durch Eingliederung miteinander verbunden sind, stellt sich die Frage, ob und inwieweit konzernrechtliche Schutzmechanismen das Vermögen der abhängigen Gesellschaft schützen und das Primat des Konzerninteresses vor dem Eigeninteresse der Gesellschaft einen Rückgriff auf das Kapitalersatzrecht verbietet.
I. Qualifiziert faktischer GmbH-Konzern Eine Verdrängung des Kapitalersatzrechts durch einen in seinen Schutzwirkungen gleichwertigen, speziell konzernrechtlichen Haftungstatbestand setzt zunächst voraus, dass ein solcher für den qualifiziert faktischen GmbHKonzern überhaupt existiert. 1. Die Rechtslage bis zum „TBB“-Urteil Mit der „Autokran“-Entscheidung1 des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1985 hat die erstmals in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geführte Diskussion2 um den Haftungstatbestand des qualifiziert faktischen Konzerns Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden. Über die Urteile „Tiefbau“3 und „Video“4 fand die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum qualifiziert faktischen Konzern ihren vorläufigen Höhepunkt im „TBB“-Urteil5 aus dem Jahre 1993. Es kann nicht Gegenstand dieser Arbeit ____________________ 1
BGHZ 95, 330 = GmbHR 1986, 78. Arbeitskreis GmbH-Reform, S. 49 ff.; Schilling in FS Hefermehl, S. 393 (S. 396 ff.); Emmerich in AG 1975, 285 (288 f.); K. Schmidt in GmbHR 1979, 121 (130 f.); Ulmer in ZHR 148 (1984), 391 (422 ff.). 3 BGHZ 107, 7 = GmbHR 1989, 196. 4 BGHZ 115, 187 = GmbHR 1991, 520. 5 BGHZ 122, 123 = GmbHR 1993, 283. 2
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
sein, die Entwicklung des qualifiziert faktischen Konzerns in der Rechtsprechung und die umfangreiche Diskussion im Schrifttum über Zulässigkeit, Tatbestand und Rechtsfolgen dieses Haftungstatbestandes nachzuzeichnen6. Für die Zwecke der hier zu untersuchenden Frage muss es sein Bewenden haben mit der Feststellung des Standes nach der „TBB“-Entscheidung. Danach waren die einen qualifiziert faktischen Konzern begründenden Tatbestandsmerkmale dann erfüllt, „wenn der die GmbH beherrschende Unternehmensgesellschafter die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausübt, die keine angemessene Rücksicht auf die eigenen Belange der abhängigen Gesellschaft nimmt, ohne dass sich der bei ihr insgesamt zugefügte Nachteil durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren ließe“7. Sowohl nach der Rechtsprechung des BGH als auch nach der herrschenden Auffassung in der Literatur, war wesentliche Rechtsfolge der qualifiziert faktischen Konzernierung die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 302, 303 AktG8. Die zuvor angestellten Untersuchungen zur Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts im Vertragskonzern haben gezeigt, dass weder die Anwendbarkeit der §§ 302, 303 AktG noch die Rechtsfigur eines unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes oder unterjährigen Verlustausgleichs die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts ausschließen, weil diese keine dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Schutzwirkungen zugunsten der Gesellschaftsgläubiger entfalten. Kommt eine Verdrängung der Kapitalersatzregeln schon im Vertragskonzern nicht in Betracht, so muss dies erst recht für den qualifiziert faktischen Konzern gelten, wenn die §§ 302, 303 AktG nur entsprechend herangezogen werden9. Selbst diejenigen Stimmen im Schrifttum, die sich für eine Verdrängung der Kapitalersatzregeln im Vertragskonzern aussprechen, räumen ein, dass eine solche wegen der mangelnden Eindeutigkeit und Publizität des Haftungstatbestandes im qualifiziert faktischen Konzern nicht in Betracht kommt10. ____________________ 6 Siehe dazu ausführlich Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 31 (S. 462 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III 3. (S. 1224 ff.); Rowedder GmbHG – Koppensteiner, Anh. nach § 52 Rn. 68 ff. 7 BGHZ 122, 123 (130). 8 BGHZ 107, 7; BGHZ 115, 187; BGHZ 122, 123; Hachenburg/Ulmer GmbHG, Anh. § 77 Rn. 130 ff.; Baumbach/Hueck GmbHG, Anh. GmbH-KonzernR Rn. 96 ff.; Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 Rn. 33; weitere Nachweise bei Bruns in WM 2001, 1497. 9 Ebenso Gehde, S. 152; Ketzer, S. 111 f.; Makowski, S. 161; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.39; Rümker in ZGR 1988, 494 (500). 10 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1114); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 61; Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (265); A. Müller, S. 199; Rupprecht, S. 91 ff.; Schön in ZHR 159 (1995), 351 (374).
§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern
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Zur Begründung wird ausgeführt, der Erstattungsanspruch werde aufgrund der persönlichen Abhängigkeiten im Konzern regelmäßig nicht von den Tochtergesellschaften eingefordert werden, sodass dieser letztlich von den Gläubigern der Tochtergesellschaft gepfändet und betrieben werden müsse. Für die außen stehenden Gesellschaftsgläubiger sei jedoch nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu erkennen, ob die – zudem umstrittenen –Voraussetzungen qualifizierter Konzernierung erfüllt seien. Die mit dieser Ungewissheit verbundenen Prozessrisiken seien den Gläubigern nicht zuzumuten, sodass die Tochtergläubiger nicht allein auf den konzernrechtlichen Verlustausgleichsanspruch und den Liquiditätsschutz verwiesen werden dürften, wolle man sie nicht in beträchtlichem Maße effektiv rechtlos stellen11. Zudem stelle die qualifiziert faktische Konzernierung, anders als der Unternehmensvertrag, keinen Erlaubnistatbestand für schädigende Eingriffe in das Vermögen der Tochtergesellschaft dar, weshalb es bei der Aufrechterhaltung der Kapitalschutzregeln der §§ 30 ff. GmbHG und §§ 57 ff. AktG bleiben müsse12. Es bleibt somit festzuhalten, dass mit der nahezu einhelligen Meinung im Schrifttum13 die Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln im qualifiziert faktischen Konzern nicht verdrängt wird, vielmehr der Verlustausgleichsanspruch und ein unternehmensvertraglicher Liquiditätsschutz allenfalls verstärkend hinzukommen können. 2. Die Rechtslage seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil Die analoge Anwendung der §§ 302, 303 AktG auf den qualifiziert faktischen Konzern wird seit langem von einem Teil des Schrifttums abgelehnt14. Der BGH hingegen hat die Analogie zu den §§ 302, 303 nochmals ausdrücklich im „TBB“-Urteil festgestellt, obwohl in der Urteilsbegründung als Haftungsgrund die Beeinträchtigung der Interessen der abhängigen Gesellschaft und nicht die dauernde und umfassende Leitung durch die herrschende Gesellschaft
____________________ 11
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1114); A. Müller, S. 199. Schön in ZHR 159 (1995), 351 (374). 13 Soweit ersichtlich a.A. allein Eichholz, S. 164. 14 Altmeppen, Abschied, S. 71 ff.; Bälz in AG 1992, 277 (293 f.); Bitter in ZIP 2001, 265 (270 ff.); Rowedder GmbHG – Koppensteiner, Anh. nach § 52 Rn. 72 ff.; Röhricht in FS 50 Jahre BGH, S. 83 (S. 118 ff.); weitere Nachweise bei Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 31 II. 1. Fn. 24 (S. 466). 12
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
benannt wurde15, sodass die Grundlage für die analoge Anwendung der Haftungstatbestände des aktienrechtlichen Vertragskonzerns in Frage gestellt war 16. In seinem „Bremer Vulkan“-Urteil17 aus dem Jahre 2001 hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen GmbH-Konzern in einem obiter dictum stark modifiziert. Danach folge der Schutz einer abhängigen GmbH gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters nicht dem Haftungssystems des aktienrechtlichen Vertragskonzerns, sondern sei auf die Erhaltung ihres Stammkapitals und die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes beschränkt, der eine angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der GmbH erfordere18. Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, der ein anschauliches Beispiel für die Problematik des Cash Poolings bietet, ohne allerdings kapitalersatzrechtliche Relevanz aufzuweisen, da in diesem Fall der Mittelabfluss nicht von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft, sondern umgekehrt erfolgte: Der Bremer Vulkan-Konzern führte ein konzerninternes Cash Pooling durch, in das unter anderem auch die Tochtergesellschaft MTW GmbH eingebunden war. Der MTW GmbH wurden von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben zweckgebundene öffentliche Fördermittel gewährt, die nur der MTW zugute kommen sollten. Auf Veranlassung der Muttergesellschaft, der Bremer Vulkan Verbund AG, brachte die Tochter-GmbH die Fördermittel in den Cash Pool ein, wo diese aufgrund der finanziellen Krise des Konzerns von anderen Konzerngesellschaften verbraucht wurden. In den Urteilsgründen führt der BGH aus, dass sich der Schutz der abhängigen GmbH auf die Erhaltung des Stammkapitals durch die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30 f. GmbHG beschränke. Erst wenn sich die Fähigkeit der GmbH zur Befriedigung ihrer Gläubiger nicht schon durch die Rückführung entzogenen Stammkapitals gem. § 31 GmbHG wiederherstellen lasse, führe dies zu einer Haftung des Alleingesellschafters für die Gewährleistung eines Bestandsschutzes für die abhängige Gesellschaft. Das „Bremer Vulkan“-Urteil ist im Schrifttum durchweg auf Zustimmung gestoßen19, auch wenn die dogmatischen Grundlagen für einen solchen An____________________ 15
BGHZ 122, 123 (131). Ulmer in ZIP 2001, 2021 (2023). 17 BGHZ 149, 10 = BGH ZIP 2001, 1874. 18 BGHZ 149, 10 = BGH ZIP 2001, 1874. 19 Altmeppen in ZIP 2001, 1837 ff.; Keßler in GmbHR 2001, 1095 ff.; Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015; K. Schmidt in NJW 2001, 3577 ff.; Ulmer in ZIP 2001, 2021 ff.; Wilken in DB 2001, 2383 ff. 16
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spruch der GmbH auf Bestandsschutz noch unklar und durchaus umstritten sind20. Uneinigkeit herrscht ferner darüber, ob das „Bremer Vulkan“-Urteil das endgültige Aus für eine konzernrechtliche Verlustdeckungshaftung des herrschenden Unternehmens wegen qualifizierter Beherrschung einer GmbH bedeutet21 oder ob in seltenen Fällen weiterhin eine konzernrechtliche Haftung des herrschenden Unternehmens in Betracht kommt22. Offen gelassen hat der BGH auch die Frage, ob seine Rechtsprechung nur für die „Einmann-GmbH“ gilt oder ob diese auch für die mehrgliedrige GmbH Geltung beanspruchen kann23. Geht man für besondere Fallgestaltungen von der Fortgeltung der konzernrechtlichen Haftung des herrschenden Unternehmens aus oder befürwortet man die rudimentäre Weitergeltung der „TBB“-Rechtsprechung für die mehrgliedrige GmbH, so steht der abhängigen Gesellschaft bzw. deren Gläubiger weiterhin ein Anspruch auf Verlustausgleich/Sicherheitsleistung nach §§ 302, 303 AktG analog zu. Dieser vermittelt jedoch, wie die zuvor angestellten Untersuchungen gezeigt haben, keinen dem Kapitalersatzrecht gleichwertigen Gläubigerschutz. Im qualifiziert faktischen Konzern verbietet sich die Anwendung der Regelungen für eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen aber möglicherweise dann, wenn die vom Bundesgerichtshof im „Bremer Vulkan“-Urteil aufgezeigten Wege zum Schutz der abhängigen GmbH ein dem Kapitalersatzrecht gleichwertiges Schutzniveau bieten. Ob dies zutrifft, muss durch einen Vergleich der kapitalersatzrechtlichen Schutzwirkungen mit den nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil für den Schutz einer abhängigen GmbH gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters allein maßgeblichen Kategorien „Kapitalerhaltungsvorschriften“ und „Bestandsschutz“ ermittelt werden. Die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30 f. GmbH finden über die Rechtsprechungsregeln zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen ____________________ 20
Vgl. Altmeppen in ZIP 2001, 1837 (1843 ff.); Keßler in GmbHR 2001, 1095 (1100); Mödl in JuS 2003, 14 (16 f.); Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015 (1018 f.) K. Schmidt in NJW 2001, 3577 (3579 f.); Ulmer in ZIP 2001, 2021 (2026 f.). 21 So Altmeppen in ZIP 2001, 1837 (1838) „endgültiger ‚Abschied’ vom ‚qualifiziert faktischen’ Konzern“. 22 K. Schmidt in ZIP 2001, 3577 (3581) „mit dem neuen Urteil nicht abschließend entschieden“; apodiktisch dagegen wiederum Altmeppen in NJW 2002, 321 ff. Für die Sichtweise Altmeppens lässt sich nunmehr auch das im Anschluss an das „Bremer Vulkan“-Urteil ergangene Urteil des BGH v. 25. Februar 2002 (II ZR 196/00, BGHZ 150, 61 ff.) anführen, in dem der BGH klarstellt, „die Rechtsprechung zur Haftung aus qualifiziert faktischem Konzern aufgegeben“ zu haben, vgl. BGHZ 150, 61 (68). 23 Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015 (1019) gegen eine rudimentäre Weitergeltung der früheren Rechtsprechung für die mehrgliedrige GmbH.
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
Eingang in das Kapitalersatzrecht. Insofern geht der durch das Kapitalersatzrecht vermittelte Schutz nicht weiter als derjenige, der den Gläubigern durch die neue Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern zuteil wird. In der Diskussion um die dogmatischen Grundlagen eines Bestandsschutzes der abhängigen Gesellschaft werden verschiedenartige Ansatzpunkte vertreten, so z.B. die analoge Anwendung der §§ 43 GmbHG, 93 V, S. 2 und S. 3 AktG, aus denen sich eine Pflicht des Einmann-Gesellschafters ergebe, beim Umgang mit dem zur Gläubigerbefriedigung benötigten Gesellschaftsvermögen einen Mindeststandard unternehmerischer Sorgfalt obwalten zu lassen24, oder die Verortung des Bestandsschutzes in einer unbeschränkten und unabdingbaren Ausfallhaftung des Alleingesellschafters25. Andere Autoren wiederum plädieren für eine Deliktshaftung des herrschenden Gesellschafters26 oder eine „Insolvenzverursachungshaftung“, die Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer Pflicht aus einem zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bestehenden mitgliedschaftlichen Sonderrechtsverhältnis begründe27. Der BGH hat jüngst in seinem „KBV“-Urteil28 die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Bestandsschutzes als eine Haftung aus existenzvernichtendem Eingriff konkretisiert. Ein existenzvernichtender Eingriff liegt danach vor, wenn ein Gesellschafter bei einem Eingriff in das Gesellschaftsvermögen die gebotene Rücksichtnahme gegenüber den Fähigkeiten der Gesellschaft vermissen lässt, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen, soweit nicht der der GmbH zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann. Die Gesellschafter müssten die Absonderung und Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens respektieren, anderenfalls liege ein „Missbrauch der Rechtsform der GmbH“ vor, der zu einem Verlust des Haftungsprivilegs nach § 13 Abs. 2 GmbHG führe29. Der BGH ordnet die Haftung des Gesellschafters folglich als eine Durchgriffshaftung ein, ohne allerdings eine konkrete Anspruchsgrundlage für diese Durchgriffshaftung zu nennen. Ein Großteil des Schrifttums schließt sich der dogmatischen Einordnung des BGH an und spricht sich bei der Suche nach einer Anspruchsgrundlage für die ____________________ 24 Altmeppen in ZIP 2001, 1837 (1843 ff.); ders. in ZIP 2002, 1553 (1562): „Haftung wegen pflichtwidriger Geschäftsführung“. 25 Keßler in GmbHR 2001, 1095 (1100). 26 Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015 (1018 f.). 27 K. Schmidt in NJW 2001, 3577 (3579 f.); ähnl. Ulmer in ZIP 2001, 2021 (2026 f.); Mödl in JuS 2003, 14 (16 f.). 28 BGHZ 151, 181 (186 ff.). 29 BGHZ 151, 181 (187).
§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern
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analoge Anwendung der §§ 105, 128 HGB aus30. Andere Autoren kritisieren die vom BGH vorgenommene Verortung in der allgemeinen Durchgriffshaftung mit der Begründung, der Durchgriff sei keine dogmatische Erklärung für eine Haftung, sondern lediglich die Beschreibung des gewünschten Ergebnisses31. Darüber hinaus sei die Durchgriffshaftung subsidiär gegenüber anderen einschlägigen Haftungsgrundlagen32. Es kommt für das an dieser Stelle zu beurteilende Konkurrenzverhältnis letztlich nicht auf die dogmatische Herleitung des Anspruchs aus existenzvernichtendem Eingriff an, denn dieser schützt die abhängige Gesellschaft lediglich in ihrem Bestand. Die kapitalersatzrechtlichen Novellenregelungen hingegen verstricken das Gesellschafterdarlehen in seinem vollen Umfang. Soweit das Darlehen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits zurückgezahlt wurde, kann der Insolvenzverwalter die Rückzahlung nach § 135 InsO anfechten und der Gesellschafter ist zur Rückgewähr des gesamten Darlehens verpflichtet, § 143 I InsO. Der Gesellschafter nimmt nach § 32a I GmbHG im Insolvenzverfahren der Gesellschaft als nachrangiger Gläubiger mit seinem gesamten kapitalersetzenden Darlehen teil, eine Begrenzung auf existenzvernichtende Eingriffe in das Vermögen der abhängigen Gesellschaft ist den Novellenregelungen fremd. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass der Gesellschaft oder den Gläubigern ein Schaden entstanden sein muss. Liegen die Voraussetzungen für eine Umqalifizierung in Eigenkapitalersatz vor, so ist die Rückzahlung des Darlehens nach den Novellenregelungen zunächst in vollem Umfang gesperrt. Ob das gesperrte Darlehen tatsächlich zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird, stellt sich im Insolvenzverfahren heraus, wenn die Forderung auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger berichtigt wird, § 32a I GmbHG, § 39 I Nr. 5 InsO. Das Kapitalersatzrecht vermittelt mithin umfangreichere Schutzwirkungen zugunsten der Gesellschaftsgläubiger. Überdies spricht folgende Überlegung gegen eine Verdrängung der Vorschriften über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen im qualifiziert faktischen Konzern: Folgt der Schutz einer abhängigen GmbH nicht mehr dem Haftungssystem des aktienrechtlichen Vertragssystem, kann auch die Vorschrift des § 291 III AktG keine entsprechende Anwendbarkeit mehr beanspruchen. Gilt aber die in § 291 III AktG statuierte Aufhebung der kapitalerhal____________________ 30
Benecke in BB 2003, 1190 (1193); Hoffmann in NZG 2002, 68 (71); Ulmer in JZ 2002,1049 (1050); Vetter/Stadler, Rn. 137; ähnl. Keßler in GmbHR 2002, 945 (949 f.). 31 Altmeppen in ZIP 2002, 1553 (1563); Schröder in GmbHR 2002, 904 (905). 32 Schröder in GmbHR 2002, 904 (905); Wilhelm in NJW 2003, 175 (178).
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
tungsrechtlichen Vermögensbindung nicht mehr, dann ist damit das Einfallstor für eine Verdrängung des funktional auf den Kapitalerhaltungsregeln aufbauenden Kapitalersatzrechts verschlossen. Die Regelungen über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen finden folglich auch dann Anwendung, wenn der Gesellschafter und die abhängige GmbH qualifiziert faktisch konzerniert sind.
II. Qualifiziert faktischer Aktienkonzern Nach bislang herrschender Meinung finden die für das GmbH-Recht entwikkelten Grundsätze über den qualifiziert faktischen Konzern auch im Aktienrecht Anwendung, sodass als Rechtsfolge der im Übrigen umstrittenen tatbestandlichen Voraussetzungen eines qualifiziert faktischen Aktienkonzerns die §§ 302 ff. AktG grundsätzlich entsprechende Anwendung finden sollen33. Unabhängig davon, ob sich die „Bremer Vulkan“-Rechtsprechung des BGH auf den qualifiziert faktischen Aktienkonzern übertragen lässt, muss es auch beim qualifiziert faktischen Aktienkonzern bei der Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts bleiben. Die zuvor angestellten Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl ein konzernrechtlicher Verlustausgleichs- und Liquiditätsschutzanspruch als auch ein Bestandsschutz, wie er der abhängigen eingliedrigen GmbH nach der „Bremer Vulkan“-Entscheidung zukommen soll, die Anwendbarkeit der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen nicht erübrigt. Das Kapitalersatzrecht findet folglich auch im qualifiziert faktischen Aktienkonzern Anwendung.
III. Einfach faktischer Aktienkonzern 1. Cash Pooling und einfach faktische Konzernierung Die Einbindung der Konzerngesellschaften in eine zentrale Konzernfinanzierung und die Durchführung des Cash Poolings setzen eine straff und zentralistisch organisierte Konzernführung voraus, der sich die abhängigen Tochtergesellschaften schwerlich entziehen können. Es ist daher denkbar, dass – hinausgehend über die ohnehin schon vorhandene einheitliche Leitung, die der ____________________ 33
OLG Hamm NJW 1987, 1030; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 28 II. 1. (S. 439); Kuhlmann/Ahnis, D, Rn. 29 ff.; Hoffmann-Becking in Probleme Konzernrecht, S. 68 (69); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 IV. 4 a) (S. 964 f.); Hüffer AktG, § 302 Rn. 30 m.w.N.; a.A.: OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 1132; Koppensteiner in Probleme Konzernrecht, S. 87 (S. 90 ff.); Bälz in AG 1992, 277 (291 ff.).
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Konzernmutter erst eine Einbindung der Gesellschaften in das Cash Pooling ermöglicht – das Cash Pooling zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen eine qualifiziert faktische Konzernierung begründet, sodass das Cash Pooling im einfach faktischen Konzern schlechthin nicht denkbar ist. Ob und unter welchen Umständen das Cash Pooling zwischen den poolverbundenen Gesellschaften eine qualifiziert faktische Konzernierung auslöst, soll in einem anderen Zusammenhang an späterer Stelle untersucht werden34. Vorweggenommen sei hier, dass ein konzernweites Cash Pooling nur ausnahmsweise zu einem qualifiziert faktischen Konzern führt. Ist demnach das Cash Pooling-Verfahren ebenso gut in einem einfach faktischen Konzern vorzufinden, so stellt sich auch hier die Frage, ob die Anwendung des Kapitalersatzrechts durch speziellere konzernrechtliche Vorschriften suspendiert wird. 2. Das Schutzsystem der §§ 311 ff. AktG Zwar gibt es im einfach faktischen Aktienkonzern keine allgemeine Verlustübernahmepflicht, es findet sich jedoch in den Vorschriften der §§ 311 ff. AktG ein spezielles konzernrechtliches Sicherungssystem zum Schutze der Vermögensinteressen der faktisch konzernierten Aktiengesellschaft, welches ebenso wie die vertragskonzernrechtliche Verlustausgleichspflicht mittelbar die Interessen der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft schützt. Danach darf das herrschende Unternehmen seinen Einfluss nur dann dazu benutzen, die abhängige AG oder KGaA zu einem für sie nachteiligen Rechtsgeschäft zu veranlassen, wenn es diese Nachteile ausgleicht oder der abhängigen Gesellschaft bis zum Ende des Geschäftsjahrs einen Rechtsanspruch auf einen solchen Ausgleich gewährt. Erfolgt beides nicht, so trifft das herrschende Unternehmen eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem abhängigen Unternehmen, für welche die Verwaltungsmitglieder beider Gesellschaften gesamtschuldnerisch haften, §§ 317, 318 AktG. Eines Vergleichs dieser konzernrechtlichen Schutzmechanismen mit denen des Kapitalersatzrechts bedarf es nur, wenn auch im einfach faktischen Aktienkonzern die Geltung der Kapitalerhaltungsvorschriften – entsprechend der Regelung des § 291 III AktG im Vertragskonzern – aufgehoben ist. Nur dann nämlich kommt eine Verdrängung des funktional auf den Kapitalerhaltungsregeln aufbauenden Kapitalersatzrechts in Betracht. Trotz des Fehlens einer gesetzlichen Regelung leitet die wohl herrschende Meinung aus dem Zusammenspiel der Vorschriften der §§ 311 ff. AktG ab, dass auch im faktischen Konzern ____________________ 34
Siehe dazu § 10 IV. 2. (S. 220f.).
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
die Vorschriften zur Kapitalerhaltung zumindest zeitweilig suspendiert seien35. Nur wenn der gegen § 57 AktG verstoßende Nachteil vom herrschenden Unternehmen nicht ausgeglichen werde, lebe der kapitalerhaltungsrechtliche Erstattungsanspruch aus § 62 AktG wieder auf36. Der Vorrang der §§ 311 ff. AktG solle das Entstehen des sofortigen Rückzahlungsanspruchs nach § 62 AktG ausschalten und die Konzerninteressen durch die in § 311 II AktG zugelassene Hinausschiebung des Ausgleichsanspruchs privilegieren37. 3. Vergleich der Schutzwirkungen Der Vorrang der §§ 311 ff. AktG vor der aktienrechtlichen Vermögensbindung vermag die Anwendung des Kapitalersatzrechts allerdings nur zu verdrängen, wenn die §§ 311 ff. AktG einen den Regelungen über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen gleichwertigen Gläubigerschutz vermitteln. Wenn schon im Vertragskonzern mit der Privilegierung der Konzerninteressen keine Verkürzung oder Preisgabe der Gläubigerinteressen beabsichtigt ist38, so muss dies erst recht im faktischen Konzern gelten, wo, anders als im Vertragskonzern, eine rechtlich gesicherte Konzernleitungsmacht und damit ein Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens gem. § 308 AktG, das Konzerninteresse einseitig auch gegenüber widerstreitenden Interessen der abhängigen Gesellschaft durchzusetzen, nicht existiert. Eine Rückzahlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen an das herrschende Unternehmen kann nur dann mittels des konzernrechtlichen Sicherungssystems der §§ 311 ff. AktG kompensiert werden, wenn man diese Rückzahlung als „Nachteil“ unter die Vorschrift des § 311 I AktG subsumiert, sodass das herrschende Unternehmen die zu Unrecht zurückgezahlten Mittel im Wege des Nachteilsausgleichs an das abhängige Unternehmen erstatten müss____________________ 35 OLG Frankfurt/M. AG 1996, 324 (327); Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 64 f.; Henze in BB 1996, 489 (498 f.); Hüffer AktG, § 311 Rn. 49; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 80, Michalski in AG 1980, 261 (263 ff.); a.A.: Cahn, S. 64 ff.; Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 138); Altmeppen, Managerhaftung, S. 57 ff. m.w.N. 36 OLG Frankfurt/M. AG 1996, 324 (327); OLG Hamm AG 1995, 512 (516) („Omni/Harpener“); Hüffer AktG, § 311 Rn. 49; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 24 VI. 1. (S. 398 f.); Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 81; MünchHdb AG – Krieger, § 69 Rn. 61, 110. 37 LG Düsseldorf AG 1979, 290 (291); Michalski in AG 1980, 261 (265). 38 Siehe auch § 7 I. 1. c) (S. 138).
§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern
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te39. Dies setzt voraus, dass die abhängige Gesellschaft das Darlehen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens zurückgezahlt hat. Das Tatbestandsmerkmal der Veranlassung ist weit gefasst. Es genügt jede Einflussnahme, gleichgültig ob sie sich als Ratschlag, Anregung, Erwartung eines bestimmten Verhaltens oder Weisung im Einzelfall bzw. in Gestalt von Richtlinien darstellt40. Die Rückzahlung generell als veranlasste Maßnahme zu behandeln41 wird den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des Cash Poolings in der Praxis nicht gerecht. Ob eine Veranlassung vorliegt, ist vielmehr anhand der Umstände des Zustandekommens und der konkreten Ausgestaltung der zwischen den Konzernunternehmen abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zu beurteilen, denn letztlich liegt dieser sowohl die Gewährung als auch die Rückzahlung der über den Pool ausgereichten Finanzmittel zugrunde. Der Automatismus, mit dem eine Rückführung der aus dem Cash Pool in Anspruch genommenen Darlehen durch das einen Liquiditätsüberschuss aufweisende abhängige Unternehmen durchgeführt wird, spricht gegen die Annahme einer Veranlassung durch das herrschende Unternehmen. Das setzt freilich voraus, dass die Cash Pooling Vereinbarung „freiwillig“, d.h. ohne Veranlassung, vom abhängigen Unternehmen geschlossen wurde. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass ein Liquiditätsüberschuss bei der abhängigen Gesellschaft das Nichtvorliegen der Krise und somit mangelnde Kapitalersatzfunktion indiziere, denn die abhängige Gesellschaft kann trotz eines kurzfristigen Liquiditätsüberschusses kreditunwürdig und ihr Haftkapital möglicherweise angegriffenen oder aufgezehrt sein. Selbst wenn man ungeachtet dessen eine Veranlassung des herrschenden Unternehmens bejaht und damit das zurückgewährte eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen von § 311 I AktG erfasst wissen will, verbietet sich eine Verdrängung des Kapitalersatzrechts durch das konzernrechtliche Sicherungssystem der §§ 311 ff. AktG, weil diese mit gravierenden Schutzlücken zu Lasten der abhängigen Gesellschaft und deren Gläubiger verbunden wäre. Während § 57 AktG bereits die Auszahlung verstrickter Darlehen verbietet und jede Zuwiderhandlung mit einem sofort fälligen Rückzahlungsanspruch ahndet, kann der Nachteilsausgleich nach § 311 II AktG bis zum Ende des Geschäftsjahres und darüber hinaus auf einen beliebig zu bestimmenden Zeitpunkt durch ____________________ 39
So Ketzer, S. 165, der die Darlehensrückzahlung § 311 I AktG unterwirft und aufgrund des neben § 311 AktG geltenden Verbots der Existenzgefährdung die Kapitalersatzregeln im einfach faktischen Konzern verdrängt sieht. 40 Hüffer AktG, § 311 Rn. 16 m.w.N.; vgl. zu den Subsumtionsproblemen in der Praxis: Hommelhoff in ZHR 156 (1992), 295 (297 f.). 41 So Ketzer, S. 165, unter genereller Bezugnahme auf konzerninterne Darlehen.
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3. Teil: Konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens
Gewährung eines Rechtsanspruchs verschoben werden. Ist aber die Bonität des herrschenden Unternehmens eingeschränkt, stellt sich der spätere Nachteilsausgleich als zweifelhaft dar, sodass das abhängige Unternehmen mit dem Risiko der Insolvenz des herrschenden Unternehmens belastet würde. Des Weiteren wird auch in diesem Zusammenhang die bereits zuvor für den aktienrechtlichen Vertragskonzern erörterte Problematik des übermäßigen Liquiditätsentzugs42 akut. Der übermäßige Entzug liquider Mittel kann die abhängige Gesellschaft in die Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit treiben, sodass ein Nachteilsausgleich in Gestalt der Erstattung zu Unrecht zurückgezahlter kapitalersetzender Darlehen am Ende des Geschäftsjahres zu spät kommen bzw. die Gewährung eines Rechtsanspruchs auf Nachteilsausgleich schlichtweg wirkungslos wäre. Die Anwendung der Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen wird folglich auch im einfach faktischen Aktienkonzern nicht durch vorrangige konzernrechtliche Sicherungsmechanismen zum Schutze des Gesellschaftsvermögens verdrängt43. Der Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts ist für die über den Cash Pool ausgereichten konzerninternen Darlehen mithin auch dann uneingeschränkt eröffnet, wenn zwischen darlehensgebender und darlehensnehmender Gesellschaft ein einfach faktischer Aktienkonzern vorliegt.
IV. Einfach faktischer GmbH-Konzern Im einfach faktischen GmbH-Konzern gibt es eine den §§ 311 ff. AktG vergleichbare Regelung nicht. Der Bundesgerichtshof leitet seit dem „ITTUrteil“44 aus dem Jahre 1975 den Schutz der beherrschten GmbH aus einer mitgliedschaftlichen Treuepflicht ab, die dem herrschenden Unternehmen jede schädigende Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft verbiete. Das ist auch die herrschende Ansicht im Schrifttum45. Verletzt das herrschende Unter____________________ 42
§ 7 I. 1. c) (S. 137 f.). Im Ergebnis ebenso Farrenkopf, S. 136 ff.; Gehde, S. 152 ff.; Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1117 f.); ders., Zur Haftung bei untern. Beteiligung, S. 62; Jula/Breitbarth in AG 1997, 256 (265); Ketzer, S. 107 ff.; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.38; ebd. – Merkel, Rn. 17.22; A. Müller, S. 197 f.; gegen eine Verdrängung der Kapitalerhaltungsregeln: Bayer in FS Lutter, S. 1011 (S. 1030); Schön in ZHR 159 (1995), 351 (371 f.). 44 BGHZ 65, 15 = NJW 1976, 191. 45 Baumbach/Hueck GmbHG, Schlußanh. I Rn. 53a; Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13 Rn. 17; Rowedder GmbHG – Koppensteiner, Anh. § 52 Rn. 53; Hüffer AktG, § 311 Rn. 51; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 30 III. 1. a) (S. 452) m.w.N.; a.A.: Bälz in AG 1992, 277 (303 ff.); Rowedder in ZGR Sonderheft 6, S. 20 (S. 29 ff.). 43
§ 8 Cash Pooling im faktischen und qualifiziert faktischen Konzern
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nehmen seine Treuepflicht, so hat die abhängige Gesellschaft einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 249 ff. BGB, den die Gesellschaftsgläubiger pfänden und sich überweisen lassen können46. Mangels Existenz eines speziellen konzernrechtlichen Sicherungssystems zum Schutz des Gesellschaftsvermögens kommt eine Verdrängung der Vorschriften über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen von vornherein nicht in Betracht47. Das Kapitalersatzrecht kann auf die Pooldarlehen folglich auch dann angewendet werden, wenn es sich bei den verbundenen Unternehmen um einen einfach faktischen Konzern handelt und die abhängige Gesellschaft die Rechtsform der GmbH aufweist.
V. Zwischenergebnis Sofern man die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzern in speziellen Fällen überhaupt noch für anwendbar hält, kommt ein konzernrechtlicher Verlustausgleichs- und Liquiditätsschutzanspruch weiterhin in Betracht. Allerdings kann weder der Verlustausgleichs- bzw. Liquiditätsanspruch noch ein Bestandsschutzanspruch, wie er der abhängigen eingliedrigen GmbH nach der „Bremer Vulkan“-Entscheidung zukommen soll, die Anwendbarkeit der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen verdrängen, weil der Schutzumfang dieser Anspruchsgrundlagen hinter dem durch das Kapitalersatzrecht vermittelten Schutz des Gesellschaftsvermögens zurückbleibt. Das Kapitalersatzrecht findet folglich auch dann auf Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings Anwendung, wenn Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin qualifiziert faktisch konzerniert sind. Entsprechendes gilt, wenn zwischen den Beteiligten ein einfach faktischer Konzern besteht.
____________________ 46
Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 30 IV. (S. 456 f.). Im Ergebnis ebenso: Gehde, S. 154; Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1106 ff.); gegen eine Verdrängung der Kapitalerhaltungsregeln: Bayer in FS Lutter, S. 1011 (S. 1031); Schön in ZHR 159 (1995), 351 (372). 47
4. Teil
Die poolverbundenen Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts § 9 Grundlagen der Erfassung verbundener Unternehmen I. Relevanz für das Cash Pooling und Gang der Untersuchung Im Grundfall der konzerninternen Darlehensgewährung erfolgt diese durch ein unmittelbar an der Empfängergesellschaft beteiligtes Unternehmen. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine in das Cash Pooling eingebundene Tochtergesellschaft mit Finanzmitteln ihrer unmittelbar beteiligten Muttergesellschaft versorgt wird. Von mindestens ebenso praktischer Bedeutung im Bereich der Konzernfinanzierung sind komplexere Gestaltungen, bei denen die Kreditgeberin nicht unmittelbar an der Kreditnehmerin beteiligt ist, sondern die Kreditnehmerin Enkel-, Urenkel oder Schwestergesellschaft der Kreditgeberin ist oder eine gar noch weiter verzweigte Unternehmensverbindung besteht. Die Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts stellt „einen der kompliziertesten Anwendungsbereiche des Kapitalersatzrechts insgesamt“1 dar. Nicht zuletzt wegen der vielgestaltigen in Betracht kommenden mehrstufigen mittelbaren Beteiligungsmöglichkeiten2, die oft Misch- und Übergangsformen aufweisen, haben sich bisher weder Grundsätze noch Fallgruppen für die kapitalersatzrechtliche Zurechnung von Darlehensgewährungen verbundener Unternehmen herausgebildet3. Insbesondere für das Cash Pooling gewinnt die Frage der Einbeziehung verbundener Unternehmen herausragende Bedeutung. Anders als die konventio____________________ 1
So Vervessos, S. 251; ähnl. v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (183). Einen Eindruck von der Praxis konzernrechtlicher Verflechtungen bietet Hoppenstedt (Hrsg.), Konzerne in Schaubildern; vgl. auch die empirische Erhebung über die Verbreitung zwei- und mehrstufiger Unternehmensverbindungen, Görling in AG 1993, 538 ff. 3 v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.1; v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (183). 2
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nelle konzerninterne Darlehensvergabe, die ihren „Umweg“ über vielstufige Beteiligungen nicht selten einem minutiös inszenierten Versuch zur Umgehung des Kapitalersatzrechts zu verdanken hat, beruht die häufig über mehrere Stufen vermittelte Beteiligungskette zwischen Darlehensgeberin und -nehmerin beim Cash Pooling auf der Funktionsweise dieses Finanzierungsinstruments. Für den zentralen Liquiditätsausgleich im Wege des Cash Poolings ist nämlich wesensbestimmend, dass sämtliche Konzerngesellschaften sowohl überschüssiges Kapital an den Pool abführen als auch Finanzmittel bei Bedarf aus dem Pool in Anspruch nehmen. Führt eine Konzerngesellschaft Liquiditätsüberschüsse an die zielkontoführende Konzernspitze bzw. Finanzierungsgesellschaft ab, so befindet sie sich in der Position der Darlehensgeberin, während sie Darlehensnehmerin ist, wenn die Konzernmutter bzw. Finanzierungsgesellschaft als Darlehensgeberin Liquidität an sie ausreicht. Kommt damit jede in das Cash Pooling einbezogene Konzerngesellschaft als potenzielle Darlehensnehmerin oder Darlehensgeberin in Betracht, so wird deutlich, dass vielstufige Beteiligungsketten zwischen den Parteien des Darlehensverhältnisses keinesfalls die Ausnahme sind. Vielmehr bildet sich die gesamte Vielgestaltigkeit der Konzernorganisationsstruktur unmittelbar in den aus dem Cash Pooling resultierenden Darlehensbeziehungen ab. Namentlich gehören hierzu vertikal absteigende Liquiditätsverschiebungen, also Darlehensgewährungen von der Muttergesellschaft an Tochter-, Enkel oder Urenkelgesellschaften, gleichsam wie horizontale Liquiditätsverschiebungen zwischen Schwestergesellschaften. Darüber hinaus werden beim Cash Pooling vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebungen an die Mutter- oder Großmuttergesellschaft ebenso relevant wie Mischformen horizontal-vertikaler Mittelabflüsse, etwa solche an eine Tochter oder Enkelin der Schwestergesellschaft. Liegt eine solche vielstufige Darlehensbeziehung vor, dann stellt sich die eingangs angesprochene Frage, ob die darlehensgebende Gesellschaft auch dann wie eine Gesellschafterin der darlehensnehmenden Gesellschaft behandelt werden soll, wenn sie nicht Gesellschafterin der Darlehensnehmerin ist, weil sie entweder nur mittelbar oder gar nicht an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Ziel der folgenden Untersuchung und zugleich Kernstück dieser Arbeit soll der Versuch sein, den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts und damit die Möglichkeiten einer kapitalersatzrechtlichen Zurechnung der Gesellschafterstellung speziell für den Anwendungsbereich des Cash Poolings zu bestimmen. Zwar setzen sich Rechtsprechung und Schrifttum mit der Erfassung nicht unmittelbar an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligter Gesellschafter durch den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts kontrovers auseinander. Der gegenwärtige Stand der Untersuchungen ist jedoch noch weit davon entfernt, als geschlossenes und stimmiges System betrachtet werden zu können. Die Frage, inwieweit die das Cash Pooling durchführenden Unternehmen, und
166 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
damit die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Liquiditätsverschiebungen, von den Kapitalersatzregeln erfasst werden, kann deshalb nicht durch schlichte Subsumtion der im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Darlehensgewährungen unter ein etabliertes System von Zurechnungskriterien beantwortet werden. Vereinzelt sprechen sich Stimmen im Schrifttum dafür aus, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen das Kapitalersatzrecht auf Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings ausnahmslos in allen Richtungen zur Anwendung zu bringen, gleich ob die Zahlungsströme vertikal auf- oder absteigend oder horizontal fließen4. Eine tragfähige Begründung für diese These steht indes noch aus. Dabei erscheint es als nicht hinreichend, die Erfassung der Liquiditätsströme durch das Kapitalersatzrecht allein mit dem Hinweis auf die Funktionsweise des Cash Poolings zu begründen5. Ein funktionsfähiges und überzeugendes Modell zur Bestimmung des kapitalersatzrechtlichen Adressatenkreises beim Cash Pooling setzt vielmehr zunächst die Entwicklung solcher Kriterien voraus, mit denen sich losgelöst von den Besonderheiten des Cash Poolings eine Zurechnung kapitalersetzender Leistungen im Unternehmensverbund begründen lässt. Nur eine solche Vorgehensweise kann sicherstellen, dass die entwickelten Kriterien mit den Wertungsgrundlagen und der Gesamtsystematik des Kapitalersatzrechts übereinstimmen. Die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Liquiditätsverschiebungen können sodann anhand der entwickelten Kriterien auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht überprüft werden. Dabei wird sich herausstellen, ob eine generelle Unterwerfung der Zahlungsströme im Rahmen des Cash Poolings unter das Kapitalersatzrecht gerechtfertigt ist. Im Einzelnen soll dabei wie folgt vorgegangen werden: Zunächst sind die rechtlichen Grundlagen sowie die in Rechtsprechung und Lehre vertretenen divergierenden Meinungsstränge zur Zurechnung bei verbundenen Unternehmen aufzuzeigen (II. – V.). Anschließend ist anhand konkreter Fallgestaltungen die Darlehensausreichung unter verbundenen Unter____________________ 4
Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 205 f.); ders. in ÖBA 1997, 105 (112); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.30; Vervessos, S. 266; i.E. wohl auch Vetter/Stadler, Rn. 43; Zeidler, S. 109 f. 5 So Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 205 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.30, die zur Begründung ausführen, die einzelnen Unternehmen könnten nicht mehr eigenständig darüber entscheiden, ob und welcher anderen Konzerngesellschaft sie Darlehen gewähren. Vgl. auch Vetter/Stadler, Rn. 43, denen zufolge die für eine Zurechnung erforderliche Finanzierungsfolgenverantwortung aus der Übernahme der Finanzierungsaufgabe im Rahmen des Cash Poolings erwachse.
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167
nehmen auf die Anwendbarkeit des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterleistungen hin zu durchleuchten und mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse zu überprüfen, ob und inwieweit eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung unter poolverbundenen Gesellschaften für die jeweilige Fließrichtung der Liquiditätsverschiebungen in Betracht kommt (§§ 10 – 13).
II. Gesetzliche Ausgangslage 1. Die Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG Nach § 32a III, S. 1 GmbHG gelten die Vorschriften über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sinngemäß für andere Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehensgewährung nach § 32a I oder II GmbHG wirtschaftlich entsprechen. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, darf aus diesem Wortlaut nicht der Schluss gezogen werden, Dritte seien nur dann vom Rechtsregime des Kapitalersatzrechts erfasst, wenn sie die Gesellschaft mit „anderen“, der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen, unterstützen6. Wenn bereits darlehensähnliche Rechtshandlungen Dritter erfasst werden sollen, ist evident, dass echte Darlehensgewährungen Dritter erst recht dem Kapitalersatzrecht unterfallen können. Verborgen bleibt freilich, welche Dritte im Einzelnen vom Normadressatenkreis des Kapitalersatzrechts erfasst sein sollen. 2. Die Regelung des § 32a V GmbHG RegE 1977 Bereits vor der GmbH-Novelle im Jahre 1980 war die Ausdehnung des Adressatenkreises auf Dritte Gegenstand der höchstrichterlichen Judikatur7. Die Novellenregelungen sollten den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine sichere Grundlage im Gesetzestext geben8. Dementsprechend enthielt der Entwurf der Bundesregierung zur GmbH-Novelle9 noch eine kasuistische Aufzählung von Umgehungstatbeständen, die Dritte in den Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts einbezogen. Für verbundene Unternehmen normierte § 32a V RegE GmbHG, dass Forderungen, Sicherungen oder Bürgschaften eines mit einem Gesellschafter oder mit der Gesellschaft verbundenen ____________________ 6 Ebenso Noack in GmbHR 1996, 153 m.w.N.; a.A. Geßler in BB 1980, 1385 (1319). 7 BGHZ 31, 258 (266); BGH ZIP 1980, 115. 8 Dazu § 2 III (S. 51 f.). 9 RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 9f.
168 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Unternehmens sowie eines Dritten, der für Rechnung des Gesellschafters oder eines mit ihm oder der Gesellschaft verbundenen Unternehmens handelt, den eigenen Forderungen, Sicherungen oder Bürgschaften eines Gesellschafters gleichstehen. Auch wenn anstelle dieser kasuistischen Regelung die generalklauselartig formulierte Norm des § 32a III, S. 1 GmbHG Gesetz geworden ist, ist der dem Regierungsentwurf zugrunde liegende Rechtsgedanke sowohl nach dem Willen des Gesetzgebers10 als auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs11 und einer verbreiteten Auffassung im Schrifttum12 in die Generalklausel des § 32a III, S. 1 eingegangen und bietet somit einen ersten Anhaltspunkt für die Auslegung des § 32a III, S. 1 GmbHG.
III. Die Rechtsprechung des BGH Der BGH hat erstmals in seinem noch die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der GmbH-Novelle betreffenden „Helaba/Sonnenring“-Urteil13 aus dem Jahre 1981 mit dem nicht Gesetz gewordenen § 32a V RegE GmbHG argumentiert und die Darlehenshingabe einer Bank zugerechnet, die zwar nicht selbst Gesellschafterin der Kreditnehmerin war, deren hundertprozentige Tochtergesellschaft aber fast 95 % der Gesellschaftsanteile der Kreditnehmerin hielt. Nachfolgende Entscheidungen des BGH haben das Kriterium der „wirtschaftlichen Einheit“ aufgestellt, nach dem eine Zurechnung unter allen in §§ 15 ff. AktG aufgezählten Unternehmensverbindungen stattfinde und allein der Nachweis der Verbundenheit ausreiche, um die Kapitalersatzregeln auf Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen anzuwenden14. Nach einer zwischenzeitlichen Abschwächung dieser strikten Judikatur durch das „HSW“-Urteil15, demzufolge eine wirtschaftliche Einheit bei Unternehmen, die i.S.d. §§ 15 ff. AktG verbunden sind, vorliegen „kann“, deutet die Folgerechtsprechung des BGH16 wieder auf eine unterschiedslose Erfassung aller verbundenen Unternehmen hin. Die____________________ 10
Ber. Rechtsausschuss GmbHG 1980, BT-Drucks. 8/3908, S. 74. BGHZ 81, 311 (315); BGH ZIP 1983, 1448. 12 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 121; Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (330 f.); Kamprad, S. 43; K. Schmidt in ZIP 1981, 689 (694) m.w.N. 13 BGHZ 81, 311 ff. = BGH ZIP 1981, 1200. 14 BGH ZIP 1984, 1448; BGH NJW 1987, 1080 (1081); BGH NJW 1991, 1057 (1058); BGH ZIP 1990, 1467; BGH ZIP 1992, 242 (244); BGH DStR 1997, 172 (173); BGH DStR 199, 510 (511). 15 BGHZ 105, 168 (176) = BGH ZIP 1988, 1248. 16 BGH ZIP 1990, 1467; BGH ZIP 1990, 1593; BGH ZIP 1999, 1314. 11
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sen Standpunkt hat der BGH nochmals in einer neueren Entscheidung ausdrücklich bekräftigt17.
IV. Das Schrifttum 1. Generelle Einbeziehung verbundener Unternehmen Eine lange Zeit vorherrschende und auch heute noch verbreitete Ansicht im Schrifttum teilt die von der Rechtsprechung des BGH vertretene Auffassung und befürwortet die generelle Einbeziehung solcher Unternehmen in § 32a III, S. 1 GmbHG, die zwar nicht selbst Gesellschafter sind, jedoch mit der Gesellschaft oder einem Gesellschafter verbunden sind i.S.d. §§ 15 ff. AktG18. Die Vertreter dieser Ansicht berufen sich auf Entstehungsgeschichte und Zweck des § 32a III, S. 1 GmbHG, nach der mit dem Übergang von der kasuistischen Regelung des § 32a V RegE GmbHG zur Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG „Abstriche in der Sache erklärtermaßen nicht gewollt“ waren19, was insbesondere auch die Rechtssicherheit im Hinblick auf Umgehungsmöglichkeiten bei komplexen Konzernstrukturen erfordere20. 2. Intensität der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme Andere Autoren lehnen eine generelle Gleichstellung aller verbundenen Unternehmen ab und differenzieren nach dem Grad der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme. Hierzu leitet Noack die Zurechnung bei verbundenen Unternehmen aus den im Kapitalersatzrecht einhellig anerkannten Zurechnungsfallgruppen der Treuhand und des Zahlungsmittlers her21. Der Treugeber steht als wirtschaftlicher ____________________ 17
BGH ZIP 2001, 115. Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 24; Ehricke, S. 160 ff.; Gehde, S. 158 ff.; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 134; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 121; Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (330 ff.); Kamprad, S. 43; Kühbacher, S. 88 f.; MüKo AktG –Bayer, § 57 Rn. 195; Timm/Geuting in ZIP 1992, 525 (527); i.E. auch Bäcker, S. 192; Ketzer, S. 119 ff. (S. 133). 19 Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (331); ähnl. Timm/Geuting in ZIP 1992, 525 (528); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 121. 20 Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 24; Ehricke, S. 162 f.; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 134. 21 Noack in GmbHR 1996, 153 ff.; grundsätzlich zustimmend Karollus in FS Claussen, S. 199 (205). 18
170 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Anteilsinhaber in voller gesellschafterlicher Finanzierungsverantwortung, weshalb ihm die Darlehensgewährung durch den Treuhänder zugerechnet und er als Gesellschafter behandelt wird22. Den Zahlungsmittler trifft zwar keine Finanzierungsverantwortung, er gewährt jedoch in einem Umgehungsmanöver das Darlehen mit Mitteln oder für Rechnung des Gesellschafters, sodass auch er nach § 32a III, S. 1 GmbHG so zu behandeln ist, als wäre er Gesellschafter23. Für Fälle vertikaler Finanzierung durch eine mittelbar beteiligte Obergesellschaft zieht Noack eine Parallele zur Treuhand und fordert für die Zurechnung eine der Situation bei der Treuhand entsprechende mittelbare Teilhabe am Gesellschaftsvermögen, die einen real ausgeübten Einfluss auf den unmittelbar beteiligten Gesellschafter voraussetze. Ein solcher Einfluss bestehe im Allgemeinen im Vertragskonzern und im qualifiziert faktischen Konzern24. In Fällen horizontaler Finanzierung (Schwester an Schwester) komme aufgrund der Parallele zur Fallgruppe des Zahlungsmittlers eine Zurechnung dann in Betracht, wenn die darlehensgebende Schwestergesellschaft als Finanzierungsgesellschaft bestimmungsgemäß für Finanzierungszwecke eingesetzt werde oder das herrschende Unternehmen verlustausgleichspflichtig sei, da das abhängige Unternehmen dann zwar nicht für Rechnung, aber doch für das Risiko des herrschenden Gesellschafters arbeite25. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen Lutter/Hommelhoff, denen zufolge im Vertragskonzern und im qualifiziert faktischen Konzern eine unwiderlegliche Vermutung für eine wirtschaftliche Einheit spreche, die eine Zurechnung rechtfertige26. Bestehe zwischen dem Gesellschafter und dem darlehensgebenden Dritten bloß ein Mehrheits- oder Abhängigkeitsverhältnis, so komme eine Zurechnung nur in Betracht, wenn der Dritte im Zusammenhang mit der Kreditgewährung die Finanzierungsfolgenverantwortung übernommen habe27. ____________________ 22
BGH ZIP 1989, 93; BGHZ 31, 258 (265); BGHZ 75, 334 (335 f.); Hanseat. OLG Hamburg ZIP 1984, 584; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 23; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 129; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 123; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 74; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 139; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (S. 685 ff.). 23 BGH ZIP 1991, 311 (315 f.); Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 27; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 119; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 129; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 79; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 139 m.w.N. 24 Noack in GmbHR 1996, 153 (154 ff.). 25 Noack in GmbHR 1996, 153 (156 f.). 26 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64. 27 Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64.
§ 9 Grundlagen der Erfassung verbundener Unternehmen
171
Ein Teil der Autoren spricht sich ebenfalls für eine Differenzierung zwischen qualifizierten Konzernverhältnissen, einfacher Abhängigkeit und sonstigen Unternehmensverbindungen aus28 oder fordert für die Zurechnung ein über die normalen Interessen eines Kreditgebers hinausgehendes, gesellschaftsrechtlich vermitteltes Interesse29. Diese Autorengruppe stimmt darin überein, dass lediglich eine widerlegliche Vermutung für eine Gleichstellung verbundener Unternehmen mit Gesellschaftern spreche, dem verbundenen Unternehmen also stets der Nachweis offen stehe, dass seine Finanzierungsleistung nichts mit dem gesellschaftsrechtlich vermittelten Näheverhältnis zu tun habe30. 3. Beteiligung mit Risikokapital Nach Altmeppen kommt es für die Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts entscheidend darauf an, dass der Kreditgeber bereits mit Risikokapital an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligt ist31, wobei unter Risikokapital solches Kapital zu verstehen sei, welches im Konkurs nicht zurückgefordert werden könne, weil es den anderen Gläubigern hafte32. Der Gedanke des Kapitalersatzrechts könne nicht durch Konzernbegriffe präzisiert werden. Ebenso wenig könne es nach dem Zweck des Kapitalersatzgedankens auf die einheitliche Leitung oder Einflussmöglichkeit entscheidend ankommen33. Vielmehr spreche bei vertikal absteigenden Finanzierungen eine widerlegliche Vermutung dafür, dass die am Risikokapital der Tochter- oder Enkelgesellschaft beteiligte Muttergesellschaft unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung das Darlehen causa societatis gewährt habe, weshalb eine Zurechnung erfolgen müsse34. Bei vertikal aufsteigenden oder horizontalen Darlehensgewährungen sei die kreditgebende Gesellschaft nicht ____________________ 28
Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 136. Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 82. 30 Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 136; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 82; Lutter in ZIP 1989, 477 (480); Priester in ZBB 1989, 30 (36). 31 Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (660 ff.); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 153 ff.; Altmeppen in ZIP 1993, 1677 (1682). 32 Altmeppen in ZIP 1993, 1677 (1682). 33 Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (661); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 155; tendenziell anders ders. in ZIP 1998, 313 (319) für eine Umqualifizierung mit Financial Covenants ausgestatteter Darlehen Dritter: „Als generelle Leitlinie lässt sich formulieren, dass eine Umqualifizierung nur bei einer (...) besonders intensiven Einflussnahme des Darlehensgebers gerechtfertigt ist“. 34 Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (661 f.); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 154. 29
172 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
mit Risikokapital an der Kreditnehmerin beteiligt und folglich eine Zurechnung ausgeschlossen35. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die darlehensgebende Gesellschaft für Rechnung des mit Risikokapital an der empfangenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters handele36. 4. Einzelfallbeurteilung / funktionale Gesellschafterstellung Nach einer weiteren in der Literatur vertretenen Auffassung sind Lösungswege für die Zurechnung kapitalersetzender Gesellschafterleistungen zu entwickeln, indem man anhand konkreter Fallgestaltungen überprüft, ob der Kreditgeber eine Position innehat, die funktional derjenigen eines Gesellschafters entspricht37. Das sei der Fall, wenn die Rechtsstellung des verbundenen Unternehmens „so viele Elemente partieller Gleichheit“ mit derjenigen eines Gesellschafters aufweise, dass es bei wertender Betrachtung gerechtfertigt erscheine, dieses Unternehmen einem kreditgewährenden Gesellschafter gleichzustellen38. Zur Ermittlung der funktionalen Gesellschafterstellung wird von den Vertretern dieser Meinung mit zahlreichen Nuancierungen auf die Höhe der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen39, den Informationsmöglichkeiten des kreditierenden Unternehmens40, das Vorliegen eines unternehmerischen Eigeninteresses41 oder die Möglichkeit der Einflussnahme auf abhängige Gesellschaften42 abgestellt.
V. Stellungnahme 1. Generelle Einbeziehung aller verbundenen Unternehmen Zu Recht wird die unterschiedslose Einbeziehung aller verbundenen Unternehmen in den Adressatenkreis des § 32a III, S. 1 GmbHG von einem Großteil ____________________ 35
Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (662 ff.). Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (664 f.); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 162 ff. 37 Rupprecht, S. 99 ff.; Schmidsberger, S. 64 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.7 ff.; Vervessos, S. 255 ff.; v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (183), weiter generalisierend ders. noch in GmbHR 1986, 218 (223). 38 v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.8. 39 Schmidsberger, S. 70 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.11; Vervessos, S. 256 ff.; Bäcker, S. 188. 40 Rupprecht, S. 101 ff. 41 Schmidsberger, S. 70 ff.; Bäcker, S. 180. 42 Rupprecht, S. 102 ff. 36
§ 9 Grundlagen der Erfassung verbundener Unternehmen
173
des Schrifttums als zu weit und undifferenziert abgelehnt, weil sie den Verbund mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen systemwidrig als Einheitsunternehmen behandelt43. Das wird deutlich, wenn man sich die Konstellation einer Darlehensausreichung durch eine abhängige Tochtergesellschaft vor Augen führt, die durch eine pauschale Einbeziehung als verbundenes Unternehmen i.S.d. §§ 15 ff. AktG nicht nur den weitreichenden Einwirkungen ihrer Muttergesellschaft ausgesetzt wäre, sondern zudem das Risiko der kapitalersatzrechtlichen Haftung für die Fremdfinanzierung an verbundene Unternehmen tragen würde, ohne im Gegenzug als unmittelbare oder mittelbare Gesellschafterin an Chance und Ertrag der Kreditnehmerin partizipieren zu dürfen. Die vielfach anzutreffende Berufung auf den Regierungsentwurf vermag eine generelle Zurechnung unter verbundenen Unternehmen nicht zu rechtfertigen, denn § 32a III, S. 1 GmbHG hat nicht die Gestalt des Regierungsentwurfs, sondern eine gänzlich andere Ausprägung erhalten. Daran ändert auch die Feststellung nichts, inhaltliche Änderungen seien mit dem Wechsel vom kausuistischen Entwurf hin zur Generalklausel erklärtermaßen nicht beabsichtigt gewesen. Angenommen, § 32a V RegE GmbHG wäre in Gesetzesform gegossen worden, so wäre es Rechtsprechung und Lehre unbenommen geblieben, den Anwendungsbereich der Norm im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend auszulegen, zumal § 32a V RegE GmbHG zwar eine Zurechnung unter „verbundenen Unternehmen“, nicht aber eine Bezugnahme auf die §§ 15 ff. AktG vorsah. Auch weist die Zwecksetzung des Kapitalersatzrechts keinerlei Parallelen zu derjenigen der §§ 15 ff. AktG auf, die im Hinblick auf das Dritte Buch des AktG 1965 entwickelt wurden44 und den Konzernkonflikt lösen sollen, der für das abhängige Unternehmen dadurch entsteht, dass ein herrschender Gesellschafter außerhalb des gemeinschaftlichen Handelsgewerbes unternehmerisch tätig werden kann45. Eine solche Parallele könnte man allenfalls in dem „unternehmerischen Interesse“ erkennen, welches nach der Rechtsprechung des BGH für die Umqualifizierung eigenkapitalersetzender Aktionärskredite erforderlich sein soll und nur solche Aktionäre in den Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts einbezieht, deren mindestens 25-prozentige Beteiligung Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und damit die erforderliche Finanzierungsfol____________________ 43
Vgl. nur Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 63; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 82; Lutter in ZIP 1989, 477 (480), Rupprecht, S. 97; Vervessos, S. 252. 44 Noack in GmbHR 1996, 153 (155); Lutter in ZIP 1989, 477 (480). 45 BGHZ 69, 334 (338); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 2 II. 1. (S. 32); MüKo AktG – Bayer, § 15 Rn. 7; Hüffer AktG, § 15 Rn. 8.
174 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
genverantwortung begründet46. Anders als beim sog. Konzernkonflikt stellt das unternehmerische Interesse somit keine Gefahr dar, der das Kapitalersatzrecht begegnen wollte, denn eine Umqualifizierung und Unterwerfung unter das Rückzahlungsverbot erfolgt unabhängig davon, ob der Gesellschafter auch noch außerhalb seiner Beteiligung an der darlehensnehmenden Gesellschaft unternehmerisch tätig wird47. 2. Wirtschaftliche Einheit Dem von der Rechtsprechung zusätzlich aufgestellten Kriterium der „wirtschaftlichen Einheit“ kommt zwar das Verdienst zu, die strenge Verbundformel des BGH einzuschränken, gleichzeitig trägt es jedoch die Unschärfen der betriebswirtschaftlichen Abgrenzung in die Rechtswissenschaft hinein48 und bedarf in seiner Abstraktheit weiterhin der Ausfüllung, sodass letztlich die Lösung des Problems nur von einer ungeeigneten Begrifflichkeit hin zu einer anderen verlagert wird. 3. Intensität gesellschaftsrechtlicher Einflussnahme Das Kriterium der „Intensität der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme“ ist lediglich geeignet, die Einbeziehung zwar wichtiger, aber dennoch nicht aller Fallkonstellationen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts zu begründen. Macht man die Zurechnung allein von der Intensität der gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflussnahme abhängig und fordert für eine Zurechnung in Fällen vertikaler Finanzierung das Bestehen eines Vertragskonzerns oder qualifiziert faktischen Konzerns, dann lässt sich die Zurechnung unter bloß in Mehrheits- oder Abhängigkeitsverhältnissen stehenden Unternehmen nicht begründen. Es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass auch innerhalb solcher Unternehmensverbindungen eine Zurechnung möglich sein muss. Wohl aus diesem Grund greift ein Teil der Vertreter dieses Lösungsansatzes für diese Fälle auf das Kriterium der „Finanzierungsverantwortung“ zurück49. Der von einem Teil des Schrifttums unterbreitete Vorschlag, mittels einer widerleglichen Vermutung dem betroffenen Gesellschafter den Nachweis zuzubilligen, dass seine Finanzierungsleistung im konkreten Fall nichts mit dem ____________________ 46 47 48 49
Siehe dazu ausführlich § 3 IV. 1. (S. 61 ff.). Ebenso Schmidsberger, S. 69; ähnl. Rupprecht, S. 98. v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.7; Schmidsberger, S. 67. Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64.
§ 9 Grundlagen der Erfassung verbundener Unternehmen
175
gesellschaftsrechtlich vermittelten Näheverhältnis zu tun habe, verdient grundsätzlich Zustimmung. Neben der praktisch bedeutsamen Frage, auf welche Art und Weise ein solcher Nachweis erbracht werden könnte, bleibt allerdings unbeantwortet, aufgrund welcher Kriterien eine Zurechnung bei verbundenen Unternehmen erfolgen soll. Eine solche Beweislastregelung kann die materiellrechtliche Begründung für eine Zurechnung unter verbundenen Unternehmen nicht ersetzen. 4. Beteiligung mit Risikokapital Mit dem Modell der „Beteiligung mit Risikokapital“ wiederum lässt sich nicht erklären, warum bei vertikal aufsteigenden oder horizontalen Darlehensgewährungen eine Zurechnung möglich sein soll, wenn die nicht mit Risikokapital an der Darlehensnehmerin beteiligte Darlehensgeberin für Rechnung eines Gesellschafters handelt. Hier behilft man sich mit einem Rückgriff auf die im Kapitalersatzrecht anerkannte Fallgruppe des Zahlungsmittlers, um eine Zurechnung zu rechtfertigen. 5. Funktionale Gesellschafterstellung/Fallgruppenbildung Es wird deutlich, dass keines der in der Literatur vertretenen einheitlichen Abgrenzungskriterien für sich allein genommen in Anspruch nehmen kann, alle denkbaren Fallkonstellationen der Finanzierung unter verbundenen Unternehmen abzudecken, was angesichts der Vielzahl der in Betracht kommenden mittelbaren Beteiligungsmöglichkeiten kaum verwundern kann. Eine einheitliche Zurechnung für verbundene Unternehmen würde zweifelsohne zu mehr Rechtssicherheit beitragen und ist im Hinblick auf Umgehungsversuche bei komplexen Konzernstrukturen sicherlich wünschenswert. Man muss sich aber vor Augen halten, dass es bei der Einbeziehung von verbundenen Unternehmen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts nicht nur darum geht, Umgehungen zu verhindern50. Dies wird besonders deutlich am Beispiel des Cash Poolings, wo die komplexen Beteiligungsketten zwischen Darlehensgeber und -nehmer nicht auf einem Umgehungsversuch, sondern auf der betriebswirtschaftlich motivierten Funktionsweise dieses Finanzierungsinstruments beruhen51. Es geht daher primär um die wertneutrale Bestimmung des kapitalersatzrechtlichen Adressatenkreises für Fälle konzerninterner Fremdfinanzierung. ____________________ 50 51
Ebenso Karollus in FS Claussen, S. 199 (205). Dazu bereits § 9 I (S. 164 f.) und § 1 II. 1. (S. 27).
176 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Dazu muss die Frage beantwortet werden, ob es gerechtfertigt ist, die Finanzierungsleistung eines verbundenen Unternehmens dem Rechtsregime des Kapitalersatzrechts zu unterwerfen, ob also verbundene Unternehmen als Dritte nach Sinn und Zweck des Kapitalersatzrechts unmittelbar beteiligten Gesellschaftern gleichgestellt werden sollen. Der Unternehmensverbund und insbesondere die konzerninterne Fremdfinanzierung zeichnet sich durch Heterogenität, nicht aber Homogenität aus52, weshalb sich eine vereinheitlichende Betrachtung der verbundenen Unternehmen verbietet. Da aber, wie sich gezeigt hat, keines der einheitlichen Zurechnungskriterien zur Abdeckung sämtlicher Fallkonstellationen geeignet ist, überzeugt der in der Literatur vertretene Lösungsansatz, jede Fallgestaltung dahingehend zu überprüfen, ob der Kreditgeber eine Position innehat, die funktional derjenigen eines Gesellschafters entspricht53. Dagegen spricht nicht, die im Schrifttum entwickelten einheitlichen Abgrenzungskriterien bei der Durchleuchtung der verschiedenen „Fließrichtungen“ der Darlehensausreichung unter verbundenen Unternehmen fruchtbar zu machen. Auf diese Weise lassen sich künftig Fallgruppen bilden, wie etwa die der Zurechnung vertikal absteigender Darlehen in Vertrags- und qualifiziert faktischen Konzernierungsverhältnissen, die eine Vermutung für die Gleichstellung mit Gesellschaftern rechtfertigen. Mit der Zeit entwickelt sich auf diese Weise ein System von Grundsätzen der Zurechnung, das mittels Fallgruppenbildung das notwendige Maß an Praktikabilität und Rechtssicherheit gewährleistet. Im Sinne dieser Vorgehensweise sollen nachfolgend die wichtigsten Fallkonstellationen der Darlehensausreichung unter verbundenen Unternehmen unter Berücksichtigung der in der Literatur vertretenen Lösungsansätze auf die Anwendbarkeit des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterleistungen hin untersucht werden. Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse wird sodann zu ermitteln sein, ob die für die jeweilige Fließrichtung abstrakt gewonnenen Zurechnungskriterien geeignet sind, bei Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings eine generelle Zurechnung für die jeweilige Fließrichtung zu begründen. Ließe sich für jede Fließrichtung der beim Cash Pooling in Betracht kommenden Liquiditätsverschiebungen eine generelle Zurechnung begründen, dann wäre unter poolverbundenen Unternehmen eine einheitliche Zurechnung der Gesellschafterstellung vorzunehmen. Dies könnte ein erster ____________________ 52 v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.8; Vervessos, S. 253, mit Verweis auf Studien, die eine Tendenz hin zu hybriden Konzernorganisationsformen belegen. 53 v. Gerkan in GmbHR 1986, 218 (223); ders. in ZGR 1997, 173 (183); Rupprecht, S. 99 ff.; Schmidsberger, S. 64 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.7 ff.; Vervessos, S. 255 ff.
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Schritt in Richtung einer Fallgruppe „Cash Pooling“ sein und damit zur geforderten Ausformung von Fallgruppen beitragen.
VI. Zwischenergebnis Keines der von Literatur und Rechtsprechung angebotenen einheitlichen Kriterien ist geeignet, als Zurechnungskriterium für sämtliche Konstellationen der beim Cash Pooling erfolgenden Liquiditätsverschiebungen zu dienen. Es ist daher zunächst ein System von Zurechnungskriterien zu entwickeln, mit denen sich losgelöst von den Besonderheiten des Cash Poolings eine Zurechnung kapitalersetzender Leistungen im Unternehmensverbund begründen lässt. Sodann ist anhand dieser Kriterien zu überprüfen, ob und inwieweit beim Cash Pooling eine Zurechnung der Gesellschafterstellung in Betracht kommt. Um im Rahmen der weiteren Untersuchung unnötige Wiederholungen zu vermeiden und die oft recht komplexen Beteiligungsstrukturen kurz und prägnant zu kennzeichnen, ist jeder Fallgruppe das Modell einer fiktiven Konzernorganisationsstruktur vorangestellt. Dabei sind für die jeweilige zu untersuchende Fließrichtung beispielhaft einige mögliche Konstellationen der Darlehensgewährung eingezeichnet. Für die verschiedenen Beteiligungsebenen wurden folgende Abkürzungen gewählt: M:
Muttergesellschaft
T:
Tochtergesellschaft
E:
Enkelgesellschaft
U:
Urenkelgesellschaft
UU: Ururenkelgesellschaft
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen M
T T1
T2
E 1.1
E 1.2
T3
T
E 2.1
E 2.2
E 3.1
E 3.2
T U 1.1.1 UU 1.1.1.1
U 1.1.2 UU 1.1.2.1
U 1.2.1
UU 1.1.2.2
U 1.2.2
U 2.1.1
U 2.1.2
U 2.2.1
UU 1.2.2.1
UU 2.1.2.1
UU 2.1.2.2
UU 2.1.2.3
U 2.2.2
U 3.1.1
UU 3.1.1.1
T
U 3.1.2
UU 3.1.2.1
U 3.2.1
UU 3.1.2.2
U 3.2.2
UU 3.2.2.1
Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in Form von Darlehensgewährungen oder Sicherheitenbestellungen1 können beim Cash Pooling in vielerlei Gestalt auftreten. Dabei ist allen an dieser Stelle interessierenden Fallkonstellationen gemein, dass die darlehensnehmende Gesellschaft Liquidität aus dem Cash Pool in Anspruch nimmt, die nicht von einer an ihr unmittelbar beteiligten Gesellschaft, sondern von einer an ihr nur mittelbar in vertikaler Linie beteiligten Obergesellschaft stammt. Die im Schrifttum vertretenen einheitlichen Lösungsansätze, die eine Zurechnung vom Grad der Intensität der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme abhängig machen oder eine widerlegliche bzw. unwiderlegliche Vermutung für eine Gleichstellung verbundener Unternehmen mit Gesellschaftern statuieren, knüpfen durchweg an eine wie auch immer geartete Konzernierung der beteiligten Gesellschaften an. Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig, das Augenmerk zunächst auf vertikal absteigende Finanzierungsvorgänge im schlichten Unternehmensverbund zu richten (I.) um sodann in einem zweiten Schritt vertikal absteigende Darlehensgewährungen im Konzern anhand der in der Literatur entwickelten Zurechnungsmodelle für konzernierte Gesellschaften zu untersuchen (II.). Dabei werden sowohl dreistufige (I. und II.) als auch mehr als dreistufige Beteiligungsverhältnisse (III.) auf die Möglichkeit der Zurechnung einer nur ____________________ 1 Der Einfachheit halber wird im Folgenden nur noch die das Cash Pooling maßgeblich prägende Darlehensgewährung ausdrücklich benannt. Gemeint sind selbstverständlich auch Kreditsicherheiten, die im Rahmen des Cash Poolings ebenso wie Darlehen eine kapitalersetzende Funktion bekommen können.
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen
179
mittelbaren Darlehensgewährung untersucht. Abschließend ist zu ermitteln, ob und inwieweit die gewonnenen Kriterien eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung bei vertikal absteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings erlauben (IV.).
I. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen Eine vertikal absteigende Darlehensvergabe im dreistufigen Beteiligungsverhältnis liegt vor, wenn der darlehensgebende Gesellschafter auf erster Stufe das Darlehen nicht seiner Gesellschaft auf zweiter Stufe, sondern an dieser vorbei einer Gesellschaft auf dritter Stufe gewährt, an der nur die Gesellschaft auf zweiter Stufe, nicht aber der Gesellschafter auf erster Stufe unmittelbar beteiligt ist. Im klassischen Anwendungsfall gewährt die Muttergesellschaft (M), die über eine Tochtergesellschaft (T) mit der Enkelgesellschaft (E) verbunden ist, das Darlehen an der T vorbei unmittelbar der E. Dann stellt sich die Frage, ob die darlehensgewährende M mit einer Gesellschafterin der darlehensnehmenden E gleichgestellt werden kann, ihr also die Gesellschafterstellung zugerechnet werden kann. Bezogen auf das Cash Pooling bedeutet dies, dass die das Cash PoolZielkonto führende Gesellschaft M Liquidität an eine dem Unternehmensverbund zugehörige Gesellschaft E abführt, an der sie nur mittelbar über eine Tochtergesellschaft T beteiligt ist. Das wird beim Cash Pooling regelmäßig dann der Fall sein, wenn das Zielkonto von der Mutter des Unternehmensverbundes geführt wird. Seltener wird eine solche Konstellation zu beobachten sein, wenn die Durchführung des Cash Poolings einer speziellen Finanzierungsgesellschaft zugewiesen ist. Die Finanzierungsgesellschaft ist nämlich meist selbst eine Tochtergesellschaft, die keine oder zumindest keine wesentlichen Beteiligungen an den übrigen Gesellschaften des Unternehmensverbundes hält. Sollte die Finanzierungsgesellschaft ausnahmsweise dennoch Beteiligungen an den übrigen Gesellschaften halten, so stellt sich auch hier die Frage, ob ihr die Gesellschafterstellung zugerechnet werden kann, wenn sie Liquidität an eine Gesellschaft abführt, an der sie nur mittelbar in vertikal absteigender Linie beteiligt ist. Endlich fällt unter die Kategorie einer vertikal absteigenden mittelbaren Darlehensgewährung beim Cash Pooling auch der Fall, dass die Finanzierungsgesellschaft selbst Darlehensnehmerin ist. Auch diese Konstellation ist praktisch relevant vor dem Hintergrund, dass eine mittelbar an der Finanzierungsgesell-
180 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
schaft beteiligte Obergesellschaft überschüssige Liquidität an die Finanzierungsgesellschaft abführt. Auch wenn die Frage der Zurechnung letztlich nur durch Betrachtung des Zusammenspiels aller Beteiligungsstufen beantwortet werden kann2, sollen im Interesse einer übersichtlichen Darstellung die Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligungsverhältnisse zwischen darlehensgewährender Gesellschafterin und unmittelbar an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligter Gesellschaft einerseits, sowie unmittelbar beteiligter Gesellschaft und deren darlehensnehmender Tochtergesellschaft andererseits, getrennt herausgearbeitet werden. 1. Beteiligung der darlehensgebenden Muttergesellschaft (M) an der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft (T) a) Generelle Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligung Bevor die jeweilige Qualität und Quantität der Beteiligung der Kreditgeberin an der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft im Einzelnen untersucht werden kann, ist zu ermitteln, welche grundsätzlichen Anforderungen an Art und Höhe dieser Beteiligung zu stellen sind. Dies führt zu der Frage, ob solche Anforderungen überhaupt zu stellen sind oder nicht vielmehr bereits jede wie auch immer geartete mittelbare Beteiligung der kreditgebenden Muttergesellschaft an der Kreditnehmerin zu einer Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft führen muss. aa) Die Notwendigkeit besonderer Anforderungen an die mittelbare Beteiligung (1) Keine besonderen Anforderungen an die mittelbare Beteiligung Nach Altmeppen kommt es allein darauf an, dass die kreditgebende Muttergesellschaft mit Risikokapital an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligt ist. Einer Muttergesellschaft und auch über ihr rangierenden Konzernstufen eines GmbH-Gesellschafters sei die Darlehensvergabe allein deshalb zuzurechnen, wenn und weil sie mittelbar „mit welcher prozentualen Variante auch immer“ mit Risikokapital in der GmbH engagiert sei3. Ebenso wenig wie auf ____________________ 2 3
So auch v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.10. Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (661 f.).
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen
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die Höhe der Beteiligung komme es auf eine einheitliche Leitung im Sinne des Konzernrechts oder andere Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung an4. Das scheint auf den ersten Blick einleuchtend und unwiderlegbar vor dem Hintergrund, dass auch im Grundfall der Darlehensgewährung durch den unmittelbar beteiligten GmbH-Gesellschafter keine besonderen Anforderungen an die Beteiligung des Gesellschafters gestellt werden, sondern grundsätzlich jeder GmbH-Gesellschafter in der die Umqualifizierung rechtfertigenden Finanzierungsfolgenverantwortung steht. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz modifizierte Fassung des § 32a III, S. 2 GmbHG, nach der Gesellschafter mit einer Beteiligung von nicht mehr als 10 % des Stammkapitals von den Regeln des Eigenkapitalersatzes freigestellt werden, auf nahezu einhellige Ablehnung gestoßen5, weil sich eine solche Freistellung von Kleinbeteiligungen mit der rechtsdogmatischen Begründung für die Umqualifizierung nicht vereinbaren lässt. (2) Die Notwendigkeit der Differenzierung Dass einem nur mittelbar, möglicherweise über eine Vielzahl von Stufen beteiligten Kreditgeber die für die Umqualifizierung in Kapitalersatz notwendige Gesellschafterstellung dennoch nicht ohne Rücksicht auf die Art und Höhe seiner Beteiligung zugerechnet werden darf, verdeutlicht folgendes Beispiel. Die darlehensgebende M sei mit 1 % an T, T wiederum mit 1 % an E und E mit 10 % an der Darlehensnehmerin U beteiligt. Folgt man der Ansicht Altmeppens, dann wird M einer Gesellschafterin der U gleichgestellt und es obliegt M, diese Vermutung zu widerlegen. Die Berufung darauf, dass M schließlich mittelbar mit Risikokapital in U engagiert sei, mutet stark formalisiert an, wenn man sich vor Augen führt, dass M rechnerisch mit einem Wert von nur 0,001 % an U beteiligt ist. Dennoch kann auch eine noch so geringe Beteiligungsquote für sich genommen nicht die Freistellung von den Kapitalersatzregeln rechtfertigen, denn grundsätzlich steht jeder GmbH-Gesellschafter unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung in der Finanzierungsfolgenverantwortung. Eine Ausnahme gilt nur für die rechtspolitisch motivierte, aber systemwidrige und deshalb hier auszublendende Privilegierung von Kleinbeteiligungen.
____________________ 4
Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (661). Vgl. den umfassenden Literaturnachweis für die ablehnende Haltung des Schrifttums bei v. Gerkan/Hommelhoff – v. Gerkan, Rn. 3.16, Fn. 19. 5
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(3) Vergleich des unmittelbaren Gesellschafters mit dem Dritten Für die Beantwortung der Frage, ob der nur mittelbar beteiligte Gesellschafter im Falle der vertikal absteigenden Finanzierung einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichzustellen ist oder ob dieser nicht eher als unbeteiligter Dritter zu qualifizieren ist, scheint es ratsam, die Ursachen für die unterschiedliche Behandlung von unmittelbar beteiligten Gesellschaftern und unbeteiligten Dritten vergleichend heranzuziehen. Was aber unterscheidet den mit einer sehr geringen Quote unmittelbar beteiligten Risikokapitalgeber von einem Dritten und rechtfertigt die Umqualifizierung seines Darlehens? Folgt man der Ansicht Altmeppens, ist es allein die Tatsache, dass der Risikokapitalgeber mit Kapital beteiligt ist, welches den Gläubigern in der Insolvenz der Gesellschaft haftet und vom Gesellschafter nicht zurückgefordert werden kann. Auch der mittelbare Gesellschafter ist wirtschaftlich betrachtet an „seiner“ Gesellschaft mit Risikokapital beteiligt. Erachtet man das Kriterium der Beteiligung mit Risikokapital als allein maßgeblich, dann müssen mittelbar und unmittelbar beteiligter Gesellschafter gleich behandelt werden, weil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise beide gleichermaßen mit Haftkapital in der darlehensnehmenden Gesellschaft engagiert sind. Eine solche Sichtweise greift aber zu kurz, denn das Kriterium der Beteiligung mit Risikokapital stellt lediglich den formellen Anknüpfungspunkt für die Unterscheidung zwischen Gesellschafter und Drittem dar. Dass jede Beteiligung mit haftendem Kapital unabhängig von ihrem Umfang den Gesellschafter von einem Dritten unterscheidet, lässt sich zwar zutreffend als Befund konstatieren, führt aber in der Frage nach der Gleichstellung von mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter nicht weiter. Erkenntnisse, die als Grundlage für eine Gleichstellung dienen könnten, lassen sich nur gewinnen, wenn man sich klar macht, warum die Beteiligung mit Risikokapital eine Anwendung des Kapitalersatzrechts rechtfertigt, Darlehen eines unbeteiligten Dritten aber vor einer Umqualifizierung verschont werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat dies seine Ursache in der Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters, nach der die Verantwortung des Gesellschafters für eine ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung diesen zwar nicht positiv verpflichtet, Eigenkapital aus seinem Vermögen nachzuschießen, er in der Krise der Gesellschaft jedoch nicht frei wählen kann, Eigen- oder Fremdkapital einzubringen, sondern entweder die Liquidation betreiben oder frisches Kapital in Form haftenden Risikokapitals zuführen muss6. Auch hier hilft die schlichte Feststellung des Befundes nicht weiter, den ____________________ 6
BGH ZIP 1984, 572 (575) „BuM/WestLB“; BGH ZIP 1994, 1441 (1443) „Lagergrundstück IV“.
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Gesellschafter treffe eine Finanzierungsfolgenverantwortung, es interessiert vielmehr, warum den Gesellschafter diese Finanzierungsfolgenverantwortung trifft. Eine Antwort darauf erschließt sich vor dem Hintergrund, dass ein Gesellschafter in eine kreditunwürdige Gesellschaft investiert, obwohl jeder unbeteiligte Dritte dies gerade aufgrund der Kreditunwürdigkeit nicht tun würde. Der Risikokapitalgeber investiert, weil er ein originäres Interesse an der Gesellschaft hat, welches über das bloße finanzielle Interesse am unversehrten Rückerhalt seines Darlehens hinausgeht und auf den Fortbestand der Gesellschaft auch über den Zeitpunkt der Darlehenrückzahlung hinaus gerichtet ist7. Regelmäßig wird dieses Gesellschafterinteresse darin begründet sein, dass der Risikokapitalgeber aufgrund seiner gesellschafterlichen Beteiligung proportional am Ertrag der Gesellschaft partizipiert und somit eine höhere Rendite für sein eingesetztes Kapital erwarten kann, als ein unbeteiligter Darlehensgeber sie erwarten könnte8. Der unbeteiligte dritte Darlehensgeber ist hingegen nur an der pünktlichen Bedienung seines Kredits mit Zins- und Tilgungsleistungen sowie der Rückzahlung des Darlehens schlechthin interessiert. Zwar wird es praktisch nicht selten vorkommen, dass auch ein nichtbeteiligter Dritter einer kreditunwürdigen Gesellschaft ein Darlehen gewährt, um seine bereits früher ausgereichten Kredite zu „retten“. Insoweit hat auch er ein Interesse am Fortbestand der Gesellschaft. Dieses Interesse an der Fortexistenz der Gesellschaft ist beim Dritten jedoch auf die Rückzahlung der Kredite beschränkt, während der Gesellschafter über die Rückzahlung seines Darlehens hinaus am Fortbestand seiner Gesellschaft interessiert ist, weil seine Beteiligung an der Gesellschaft eine Wertsteigerung erfährt, wenn die Gesellschaft wie erhofft gesundet. In der Position des darlehensgebenden Gesellschafters vereinigen sich folglich zwei widerstreitende Interessen. Einerseits das über das Rückzahlungsinteresse hinausgehende und auf Ertragsteilhabe gerichtete originäre Gesellschafterinteresse, welches nur um den Preis der Haftung mit dem eingesetzten Risikokapital zu haben ist, andererseits das Gläubigerinteresse an der Rückzahlung des der Gesellschaft gewährten Darlehens, das notfalls mit dem Haftkapital zu befriedigen ist. Es liegt auf der Hand, dass der Gesellschafter sich nicht in diese Doppelrolle begeben kann, in der er von den Chancen der Gesellschafterstellung profitieren und gleichzeitig das damit verbundene Finanzierungsrisiko auf die Gläubiger abwälzen würde. Dieser Interessenwiderstreit tritt zwangsläufig immer dann auf, wenn der Darlehensgeber gleichzeitig Gesellschafter ist, er also sowohl mit Eigen- als auch mit Fremdkapital in der Gesellschaft engagiert ____________________ 7 8
So bereits Rupprecht, S. 28. Ebenso Maier-Reimer in FS Rowedder, S. 245 (S. 270).
184 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
ist. Darin dürfte auch die eigentliche Ursache für die Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters wurzeln. Aus der Gesellschafterstellung folgt eo ipso die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Folgefinanzierung, denn wer der Gesellschaft erst einmal Risikokapital zugeführt hat, das Dritten gegenüber haftet, darf in der Krise der Gesellschaft nicht haftungsfreies Fremdkapital zuführen und durch seinen Rückzahlungsanspruch den Haftungsfonds der Gesellschaft zu Lasten der anderen Gläubiger schmälern. Es hat sich gezeigt, dass das Kriterium der Finanzierungsfolgenverantwortung durchaus eine Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapitalersatz rechtfertigt. Der nur mittelbar beteiligte Gesellschafter steht zweifelsohne ebenfalls in einer Finanzierungsfolgenverantwortung, da auch er – wenn auch nur mittelbar – der darlehensnehmenden Gesellschaft zuvor Haftkapital zugeführt hat. Mit der bloßen Feststellung der Finanzierungsfolgenverantwortung lässt sich eine Gleichstellung von mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter aber nur begründen, wenn die Finanzierungsfolgenverantwortung von unmittelbarem und mittelbarem Gesellschafter gleichartig ausgeprägt wäre, also nur ein Typus der Finanzierungsfolgenverantwortung existieren würde. (4) Unterschiedlich ausgeprägte Finanzierungsfolgenverantwortung von mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter Soweit ersichtlich, ist in dem Teil des Schrifttums, das für unterschiedliche Anforderungen an die Art und Höhe der gesellschafterlichen Beteiligung bei unmittelbarer Darlehensgewährung einerseits und mittelbarer Darlehensgewährung andererseits plädiert, keine Antwort auf die Frage zu finden, wie diese unterschiedlichen Anforderungen vor dem Hintergrund zu rechtfertigen sind, dass grundsätzlich jeder GmbH-Gesellschafter unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht. Unterschiedliche Anforderungen an die Art und Höhe der Beteiligung bei mittelbarem und unmittelbarem Gesellschafter sind jedoch möglicherweise dann erforderlich, wenn die Finanzierungsfolgenverantwortung des mittelbaren Gesellschafters anders ausgeprägt ist als diejenige des unmittelbaren Gesellschafters. Dass die Finanzierungsfolgenverantwortung verschiedener Gesellschaftertypen unterschiedlich ausgeformt sein kann, verdeutlicht ein Blick auf die unterschiedliche Erfassung von GmbH-Gesellschafter und Aktionär. Mit der Frage, ob neben dem GmbH-Gesellschafter auch der Aktionär von den Eigenkapitalersatzregeln erfasst wird, tritt nämlich eine ähnliche Problematik zutage. Das Darlehen des Aktionärs wird den Kapitalersatzregeln nur dann unterworfen, wenn der Aktionär für die seriöse Finanzierung der Aktiengesellschaft mitverantwortlich ist und in der Darlehensgewährung seine unternehmerische Ent-
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scheidung zum Ausdruck kommt, den Fortbestand der Aktiengesellschaft zu sichern, ohne ihr das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung zu stellen9. Diese Verantwortlichkeit für eine ordnungsgemäße Finanzierung, vom BGH als „Finanzierungsfolgenverantwortung“ bezeichnet10, wird von der herrschenden Meinung regelmäßig dann angenommen, wenn der finanzierende Aktionär über eine Sperrminorität verfügt, sodass jede die qualifizierte Mehrheit erfordernde Beschlussfassung seiner Zustimmung bedarf. Ist das nicht der Fall, dann stehe der Aktionär in der Finanzierungsfolgenverantwortung, wenn die Beteiligung in Verbindung mit weiteren Umständen dem Aktionär Einfluss auf die Unternehmensleitung sichere und er ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lasse11. Zwischen der Finanzierungsfolgenverantwortung des Aktionärs und derjenigen des GmbH-Gesellschafters besteht also scheinbar ebenso ein Widerspruch wie zwischen derjenigen des mittelbaren und des unmittelbaren GmbH-Gesellschafters. Der Schlüssel zur Auflösung dieses Widerspruchs und damit zur Widerlegung der These Altmeppens ist in dieser Parallele zu finden. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Beteiligungshöhe des Gesellschafters bei AG und GmbH lassen sich nicht damit erklären, dass der GmbH-Gesellschafter möglicherweise bessere Informations- und Einflussmöglichkeiten als der Aktionär hat. In einem vorherigen Teil dieser Arbeit wurde bereits dargelegt, dass die unterschiedlichen Anforderungen an die Beteiligungshöhe des Gesellschafters allein mit der Tatsache zu begründen sind, dass jedem GmbH-Gesellschafter nach §§ 24, 31 III GmbHG das Ausfallrisiko auferlegt ist, falls Mitgesellschafter gegen die Regeln der Kapitalaufbringung oder -erhaltung verstoßen und deshalb jeder GmbH-Gesellschafter – im Umfang der Haftung zwar pro rata, aber in der Entstehung dennoch unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung – in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht12. Dieses Ausfallrisiko trägt aber ein mittelbarer, nur über mehrere Stufen an der GmbH beteiligter Gesellschafter ebenso wenig wie der Aktionär. So wie sich die Finanzierungsfolgenverantwortung des Aktionärs nur mit dem auf einer entsprechenden Beteiligungshöhe und gegebenenfalls weiteren Umständen beruhenden unternehmerischen Einfluss rechtfertigen lässt, kann auch die Finanzierungsfolgenverantwortung des mittelbaren Gesellschafters nur mit dessen, wie im Einzelfall auch immer ausgeformtem, unternehmerischem Ein____________________ 9
BGHZ 90, 381 (387 ff.) „BuM/WestLB“. BGHZ 127, 17 (29). 11 BGHZ 90, 381 (390 f.); OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 120; Hüffer AktG, § 57 Rn. 18; Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 f.); Ketzer, S. 78; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 93; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (677 f.). 12 Siehe dazu ausführlich § 3 IV. 1. (S. 63). 10
186 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
fluss auf den unmittelbaren Gesellschafter begründet werden. Die Ausfallhaftung in der GmbH hat ihre Wurzeln in der personalistischen Prägung der GmbH, in der die Gesellschafter regelmäßig unternehmerische Interessen verfolgen. Allein diese personalistische Prägung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung von GmbH-Gesellschafter und Aktionär im Hinblick auf die Finanzierungsfolgenverantwortung. So wie sich die personalistisch geprägte GmbH strukturell von der AG unterscheidet, unterscheidet sich die mitgliedschaftliche Verbundenheit eines unmittelbar beteiligten GmbH-Gesellschafters grundlegend von der eines nur über mehrere Stufen mittelbar beteiligten GmbH-Gesellschafters. Eine Ausfallhaftung für Verstöße der Mitgesellschafter gegen die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung trifft die Mutter-, Großmutter- oder gar auf noch höherer Beteiligungsstufe angesiedelte Gesellschaft nach dem Gesetz nicht, und dies wird soweit ersichtlich auch von niemandem vertreten. Dies lässt sich auch nur schwerlich vertreten, will man nicht verbundene, aber doch rechtlich selbstständige Unternehmen als diffuse Haftungseinheit behandeln. Die unterschiedliche Behandlung von mittelbarem und unmittelbarem GmbH-Gesellschafter stellt demnach keinen Widerspruch dar, vielmehr folgt ihre Notwendigkeit aus der unterschiedlich ausgeprägten Finanzierungsfolgenverantwortung beider Typen. Der Ansicht Altmeppens, nach der einer nur mittelbar mit Risikokapital beteiligten Obergesellschaft im Falle einer vertikal absteigenden Finanzierungsleistung die Gesellschaftereigenschaft unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung oder ihres unternehmerischen Einflusses zugerechnet werden soll, kann aus diesem Grund nicht gefolgt werden. bb) Generelle Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligung Es ist daher zu untersuchen, welche generellen Anforderungen an Art und Höhe der Beteiligung der Kreditgeberin an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft gestellt werden müssen. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass eine die Umqualifizierung rechtfertigende Finanzierungsfolgenverantwortung nur derjenige mittelbare Gesellschafter trägt, der einen wie auch immer gearteten unternehmerischen Einfluss auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft ausüben kann. Hierbei kann es nicht darauf ankommen, dass M konkret die Ausreichung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens anweisen oder unterbinden könnte, denn richtigerweise geht es beim Kapitalersatzrecht nicht um eine Verhaltenshaftung13 und überdies ist ein solcher Einfluss auch nicht erforderlich, weil M das Darlehen schließlich selbst ausreicht. M muss vielmehr gleich einem unmittelbaren Gesellschafter für die ordnungsgemäße Unterneh____________________ 13
So zutreffend Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (662).
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mensfinanzierung der E verantwortlich sein. Die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung ist untrennbar mit der unmittelbaren Gesellschafterstellung verbunden, ohne dass es eines besonderen Einflusses auf die kreditnehmende Gesellschaft bedürfte. Maßgeblich ist daher nicht der Einfluss auf die kreditnehmende Gesellschaft, sondern derjenige auf die unmittelbare Gesellschafterin der Kreditnehmerin. Es genügt daher, wenn der mittelbare Gesellschafter die Willensbildung des unmittelbaren Gesellschafters insoweit beeinflussen kann, dass der unmittelbare Gesellschafter „mit einer Stimme spricht“. Als maßgebliches Abgrenzungskriterium sollte die Frage dienen, ob M auf T bzw. deren Geschäftsleitung oder Vorstand mittelbar oder unmittelbar unternehmerischen Einfluss dergestalt nehmen kann, dass sie die Gesellschafterrechte der T, die aus der Beteiligung der T an E herrühren, wahrnehmen kann. Wenn M nun auf diese Weise die Gesellschafterrechte ausüben kann, dann macht es keinen Unterschied, ob T als unmittelbare Gesellschafterin das Darlehen der E gewährt, oder M das Darlehen direkt an E ausreicht. Hat der mittelbare Gesellschafter die Möglichkeit, einen solchen unternehmerischen Einfluss auf den unmittelbaren Gesellschafter auszuüben und bestimmt er damit im Ergebnis die Grundlagen der Geschäftspolitik der unmittelbar beteiligten Gesellschaft, dann erscheint es gerechtfertigt, den mittelbar beteiligten Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten gleichzusetzen. Es sei nochmals betont, dass die Gleichsetzung nicht deshalb erfolgt, weil der mittelbare Gesellschafter Einflussmöglichkeiten auf die kreditnehmende Gesellschaft hat, die mit denen eines unmittelbaren Gesellschafters vergleichbar wären, denn auf einen Einfluss des unmittelbaren Gesellschafters auf die Darlehensnehmerin kommt es gerade nicht an. Entscheidend ist allein die Art und Höhe der Beteiligung oder ein anderweitig vermittelter Einfluss auf T, der es der M erlaubt, die Willensbildung in der T maßgeblich zu beeinflussen. Wer die Willensbildung und damit die Grundlagen der Geschäftspolitik des Unternehmens weitgehend bestimmt, ist der eigentliche Unternehmer, sodass er als „die Gesellschaft“ anzusehen ist. Ist M aber aufgrund ihres Einflusses als „die Gesellschaft“ T zu betrachten, dann hat sie gleichzeitig die funktionale Stellung eines Gesellschafters der E inne, sodass ihr die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters zugerechnet werden kann. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein unternehmerischer Einfluss der M auf T anzunehmen ist, der eine Gleichstellung der mittelbaren Gesellschafterin M mit einem unmittelbaren Gesellschafter rechtfertigt und so den personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts eröffnet.
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b) Hundertprozentige Beteiligung Der Bundesgerichtshof hat im schon erwähnten „Helaba/Sonnenring“Urteil14 unter Rückgriff auf den aktienrechtlichen Verbundbegriff entschieden, dass das Kapitalersatzrecht auch dann Anwendung findet, wenn die darlehensgebende Muttergesellschaft an der Kreditnehmerin nicht unmittelbar, sondern über eine hundertprozentige Tochtergesellschaft beteiligt ist. Dem ist zuzustimmen, denn die M kann aufgrund der Beteiligungshöhe die unmittelbar beteiligte T vollkommen steuern und auf diese Weise Gesellschafterrechte in der darlehensnehmenden E wahrnehmen. Eine solche Steuerung ist nicht nur mittels des gesellschafterlichen Weisungsrechtes in der GmbH ohne weiteres möglich, auch in der AG wird sich der Alleinaktionär gegenüber dem weisungsfreien Vorstand aufgrund der faktischen Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und Aufsichtsrat und Hauptversammlung andererseits durchsetzen können15. Es zeigt sich deutlich die Parallele zur bereits erwähnten Treuhand-Konstellation. Ebenso wie der Treugeber steht die M als wirtschaftliche Anteilsinhaberin in voller gesellschafterlicher Finanzierungsverantwortung, sodass sie als Quasi-Gesellschafterin behandelt wird. Auch im Schrifttum herrscht Einigkeit darüber, dass die Darlehensgewährung unter Zwischenschaltung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft zur Zurechnung bei der Muttergesellschaft führt16, sodass die Zurechnung in der Fallgruppe der hundertprozentigen Beteiligung als gesicherte Erkenntnis bezeichnet werden kann. c) Mehrheitsbeteiligung aa) Grundsätzliches Für den Fall einer Mehrheitsbeteiligung hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 1990 entschieden, dass eine Beteiligung von 75 % die Zurechnung rechtfertigt17. Die beiden Urteile des BGH aus den Jahren 1999 und 200018 ____________________ 14
BGHZ 81, 311 ff. Ebenso Schmidsberger, S. 72. 16 Vgl. Bäcker, S. 188; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 121; Schmidsberger, S. 72; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.11 m.w.N. 17 BGH ZIP 1990, 1467. 18 BGH NZG 1999, 939 (940); BGH NZG 2001, 223 (224). 15
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können entgegen der gängigen Praxis im Schrifttum19 nicht für die Zurechnung der Darlehensausreichung einer Muttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft herangezogen werden, da sie nicht die vertikal absteigende Finanzierungsleistung einer nur mittelbar an der Enkelgesellschaft beteiligten Muttergesellschaft, sondern die Darlehensausreichung unter Schwestergesellschaften20 betreffen. Im Schrifttum wird eine Zurechnung für den Fall einer Mehrheitsbeteiligung der kreditgebenden M an der unmittelbar beteiligten T ganz überwiegend bejaht21. Das verdient im Ergebnis Zustimmung, wenn auch die Begründung einiger Autoren unter dem Rückgriff auf die nicht einschlägigen zuvor genannten Urteile des BGH aus den Jahren 1999 und 2000 leidet. So wird unter Berufung auf die Urteilsbegründung ausgeführt, aufgrund der Mehrheitsbeteiligung könne der Gesellschafter die Geschäftspolitik des kreditgebenden Unternehmens bestimmen und mittels Weisung an dessen Geschäftsführer die Vergabe des Kredits durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss durchsetzen22. Bei der vertikal absteigenden Finanzierung durch M weist diese jedoch nicht die T an, der E ein Darlehen zu gewähren, sondern M selbst reicht den Kredit unmittelbar an E aus. T hingegen ist unmittelbare Gesellschafterin, sodass sich die Fra____________________ 19
So v. Gerkan-Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.12; Vervessos, S. 258, die dabei jedoch verkennen, dass es sich in den beiden vom BGH entschiedenen Fällen um eine horizontale Finanzierung unter Schwestergesellschaften handelte. In BGH NZG 1999, 939 hielt M an der darlehensgebenden Gesellschaft eine Beteiligung von 51 % und an der darlehensnehmenden Gesellschaft eine Beteiligung von 49 %, in BGH NZG 2001, 223 hielt M an der Gesellschaft eine Beteiligung von 90,3 % und an der darlehensnehmenden Gesellschaft eine Beteiligung von 2 %. Eine Beteiligung zwischen darlehensgebender und darlehensnehmender Gesellschaft bestand nicht. Nicht M, sondern die darlehensgebende Schwestergesellschaft wurde einem Gesellschafter der darlehensnehmenden Gesellschaft gleichgestellt, vgl. den 2. Leitsatz BGH NZG 1999, 939: „Ist der Gesellschafter einer GmbH an einer anderen Gesellschaft mit mehr als 50 % beteiligt, so ist diese [die andere Gesellschaft – Anm. d. Verf.] für die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln (§§ 30, 31 GmbHG analog) grundsätzlich einem Gesellschafter der GmbH gleichzustellen.“ Im Falle der vertikal absteigenden dreistufigen Finanzierung erfolgt die Darlehensausreichung jedoch durch die formell an der Enkelgesellschaft nicht beteiligte Muttergesellschaft, sie wird einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt. 20 Siehe dazu unter § 11 (S. 226 ff.). 21 Bäcker, S. 188; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32 b Rn. 135; A. Müller, S. 194 f.; Ketzer, S. 127; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 121; Rupprecht, S. 103; Schmidsberger, S. 72 ff.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.12; Vervessos, S. 258; a.A.: Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64, die zusätzlich eine „wirtschaftliche Einheit“ fordern. 22 v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.12; Vervessos, S. 258 f. unter Verweis auf BGH ZIP 1999, 1314 (1315) bzw. BGH NZG 1999, 939 (940).
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ge der Zurechnung im Hinblick auf T bei der vertikal absteigenden Finanzierung – anders als bei der horizontalen Finanzierung – nicht stellt. Nicht anders als bei der hundertprozentigen Beteiligung gilt jedoch auch für die Mehrheitsbeteiligung, dass der Mehrheitsgesellschafter grundsätzlich einen unternehmerischen Einfluss auf die unmittelbar beteiligte T ausüben und damit Gesellschafterrechte der T wahrnehmen kann. Freilich bedarf es einer weiteren Differenzierung, denn eine Mehrheitsbeteiligung sichert, abhängig von der Gestaltung der Stimmrechte oder der Rechtsform der Gesellschaft auf mittlerer Stufe, nicht in jedem Falle den erforderlichen unternehmerischen Einfluss. bb) Anteilsmehrheit und Stimmrechtsmehrheit Schmidsberger hat in diesem Zusammenhang bereits auf die Notwendigkeit der Differenzierung zwischen Anteils- und Stimmrechtsmehrheit hingewiesen und zutreffend festgestellt, dass sowohl das Zusammenfallen von Anteilsmehrheit und Stimmrechtsmehrheit als auch die schlichte Stimmrechtsmehrheit dem Gesellschafter eine „Beherrschungsmöglichkeit“ gewährt, welche das für eine Zurechnung notwendige unternehmerische Einflusspotenzial sichert23. Fallen aber Anteils- und Stimmrechtsmehrheit auseinander, dann ist denkbar, dass der die Anteilsmehrheit innehabende Gesellschafter keinen unternehmerischen Einfluss auf die unmittelbar an E beteiligte T ausüben kann, weil jedwede Einflussnahme dieses Gesellschafters und damit die Ausübung der Gesellschafterrechte der T vom Gesellschafter mit der Stimmrechtsmehrheit verhindert werden kann und sich daher eine Gleichsetzung des Anteils-Mehrheitsgesellschafters mit einem unmittelbaren Gesellschafter verbieten würde. Schmidsberger kann nicht gefolgt werden, wenn er bei einem Auseinanderfallen von Anteilsund Stimmrechtsmehrheit auch die bloße Anteilsmehrheit als eine ausreichende Beteiligungsqualität der M an der T erachtet24. Er stützt diese Sichtweise auf den Umstand, dass ein Auseinanderfallen von Anteils- und Stimmrechtsmehrheit auf einer vertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter beruht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Gesellschafterleistung unter die Kapitalersatzregeln falle, könne nur eine typisierende Betrachtungsweise, die am Leitbild des Kapitalgesellschaftsrechts orientiert sei, maßgebend sein. Ansonsten würde der Gläubigerschutz im Einzelfall von der vertraglichen Gestaltung der gesell-
____________________ 23 24
Schmidsberger, S. 73. Schmidsberger, S. 75.
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schaftsrechtlichen Befugnisse abhängen, was Umgehungsmöglichkeiten eröffne, die aber gerade ausgeschlossen werden sollten25. Schmidsberger verweist zur Begründung seiner Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der es nicht in der Macht der Gesellschafter stehe, die Leistung durch eine bestimmte Vertragsgestaltung dem Kapitalersatzrecht zu entziehen, sondern es für eine Unterwerfung unter die Kapitalersatzregeln allein auf objektive Gesichtspunkte ankomme26. In dem von Schmidsberger angeführten Urteil ging es allerdings um die von der hier zu erörternden Problematik zu unterscheidende Frage, ob die Einordnung einer Gesellschafterleistung als Eigenkapitalersatz zusätzlich eine entsprechende gesellschaftsvertragliche oder per Gesellschafterbeschluss gefasste Abrede der Gesellschafter voraussetzt, die Leistung einer einlageähnlichen Bindung zu unterwerfen27. Dass es den Gesellschaftern verwehrt sein muss, die an sich eigenkapitalersetzende Leistung mittels allzu leicht vorzunehmender abweichender Benennung dem Kapitalersatzrecht zu entziehen, liegt auf der Hand. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich davon jedoch grundlegend, da hier nicht Leistungen eines (unmittelbaren) Gesellschafters zu beurteilen sind, sondern es um die vorweg zu klärende Frage geht, ob der bloß kapitalistisch beteiligte mittelbare Gesellschafter überhaupt dem personellen Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln unterworfen werden soll, er also überhaupt „Gesellschafter“ im Sinne des Kapitalersatzrechts ist. Auch in diesem Zusammenhang trägt ein Blick auf die abgeschwächte Finanzierungsfolgenverantwortung des Aktionärs zur Erhellung des Problemkreises bei. So wie der über eine Sperrminorität verfügende Aktionär die Finanzierungsfolgenverantwortung trägt, weil jede die qualifizierte Mehrheit erfordernde Beschlussfassung seiner Zustimmung bedarf, kann auch ein nur mit 25 % oder weniger beteiligter Aktionär in der Finanzierungsfolgenverantwortung stehen, wenn ihm die Beteiligung in Verbindung mit weiteren Umständen Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt28. Wenn aber ein Mehr an faktischen oder vertraglich gesicherten Einflussmöglichkeiten ein Weniger an Beteiligungshöhe ausgleichen und so die Finanzierungsfolgenverantwortung begründen kann, ____________________ 25
Schmidsberger, S. 74. BGH ZIP 1993, 189 (193) „Lagergrundstück II“. 27 Dieses Erfordernis wird von der Rechtsprechung ausschließlich für den sog. Finanzplankredit aufgestellt, vgl. dazu ausführlich § 6 I. 2. (S. 120). 28 BGHZ 90, 381 (390 f.); OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 120; Hüffer AktG, § 57 Rn. 18; Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 f.); Ketzer, S. 78; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 93; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (677 f.). 26
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dann muss umgekehrt auch ein Minus an unternehmerischem Einflusspotenzial die an die formelle Mehrheitsbeteiligung geknüpfte Vermutung für das Bestehen eines unternehmerischen Einflusses erschüttern. Hommelhoff hat sich für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung für das gesellschafterbezogene Umqualifizierungskriterium der unternehmerischen bzw. mitunternehmerischen Beteiligung ausgesprochen, nach der rein kapitalistische Beteiligungen sowohl des Aktionärs als auch des GmbHGesellschafters eine Finanzierungsfolgenverantwortung nicht begründen. Enthalte das Statut dem Gesellschafter ein unternehmerisches Einflusspotenzial effektiv vor, dann könne dem Gesellschafter die aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Gläubiger objektiv verfehlte Fremdkapitalzufuhr nicht zugerechnet, sein Darlehen nicht in Eigenkapitalersatz umqualifiziert werden29. Diese Sichtweise vermag insoweit nicht zu überzeugen, als sie den unmittelbar beteiligten GmbH-Gesellschafter vom Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts ausnehmen will, verdient jedoch Zustimmung für die Fälle der abgeschwächten Finanzierungsfolgenverantwortung des nur mittelbar beteiligten Gesellschafters. Es ist nicht ersichtlich, wie ein bloß kapitalistisch beteiligter Mehrheitsgesellschafter M mittels unternehmerischen Einflusses Gesellschafterrechte der T wahrnehmen können soll, was aber – auch Schmidsberger zufolge – Voraussetzung für die Gleichstellung mit einem unmittelbaren Gesellschafter ist. Es kann keine Rolle spielen, dass das Auseinanderfallen von Anteils- und Stimmrechtsmehrheit auf vertraglicher Grundlage beruht, wenn das unternehmerische Einflusspotenzial einem anderen Gesellschafter zusteht und dieser über die Stimmrechtsmehrheit verfügt. Insofern ist auch nicht nachzuvollziehen, weshalb Schmidsberger sich in diesem Zusammenhang statisch am „Leitbild des Kapitalgesellschaftsrechtes“30 orientiert, im Zusammenhang mit den noch zu erörternden Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer Personengesellschaft aber zutreffend feststellt, dass gesellschaftsvertragliche Abweichungen vom Leitbild des Personengesellschaftsrechts selbstverständlich berücksichtigt werden müssen, sofern es sich nicht um einen offensichtlichen Umgehungstatbestand handele31. Steht dem Mehrheitsgesellschafter nach der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag lediglich die Anteils-, nicht aber die Stimmrechtsmehrheit zu, dann stellt dies zwar eine auf der Satzungsautonomie der Gesellschafter beruhende, aber dennoch die Natur der Mitgliedschaft ändernde Gestaltung der mitgliedschaftlichen Teilhabe- und Schutzrechte dar. Anders als eine Vertragsgestaltung, die darauf ____________________ 29 30 31
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1115). Schmidsberger, S. 74. Schmidsberger, S. 75 f.
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gerichtet ist, eine Gesellschafterleistung dem Kapitalersatzrecht zu entziehen, prägen satzungsmäßige Modifikationen der Stimmkraft die Mitgliedschaft in ihrer Gesamtheit. Die jeweilige Ausprägung der Mitgliedschaftsrechte ist deshalb – soweit sie auf die Mitgliedschaft in ihrer Gesamtheit Auswirkung hat – für die Frage der Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft gewissermaßen als unantastbarer, der Beurteilung vorgelagerter Befund zu berücksichtigen. Wenn ein Mehrheitsgesellschafter sich seines unternehmerischen Machtpotenzials vollständig begeben hat, dann ist diese Entscheidung zu respektieren, selbst wenn sie davon motiviert gewesen sein sollte, die Regelungen des Kapitalersatzrechts zu umgehen. Dabei ist zu bedenken, dass die mit dem Verzicht auf die Stimmrechtsmehrheit verbundenen Folgen für die gesamte mitgliedschaftliche Stellung so gravierend sind, dass vertragliche Vereinbarungen, nach denen ein Mehrheitsgesellschafter seine Stimmrechte allein wegen einer drohenden kapitalersatzrechtlichen Haftung aufgibt, praktisch nicht relevant sein dürften. Soweit die satzungsmäßige Modifikation nicht auf die Mitgliedschaft in ihrer Gesamtheit Auswirkung hat, bleibt jedoch zu prüfen, ob es sich nicht um einen Umgehungstatbestand handelt, sodass die gesetzliche Grundkonzeption als Prüfungsmaßstab anzulegen wäre. Sowohl beim Zusammenfallen von Anteils- und Stimmrechtsmehrheit als auch bei bloßer Stimmrechtsmehrheit steht dem mittelbar beteiligten Mehrheitsgesellschafter eine unternehmerische Einflussmöglichkeit zu, die es ihm erlaubt, die Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft wahrzunehmen, sodass er einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichzustellen ist. Für den Fall, dass der Mehrheitsgesellschafter bloß kapitalistisch beteiligt ist und die Stimmrechtsmehrheit einem anderen Gesellschafter zusteht, kommt eine Zurechnung nicht in Betracht. Der nur mittelbar beteiligte Mehrheitsgesellschafter wird dann nicht vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst. cc) Rechtsform der unmittelbar beteiligten Gesellschaft Ebenso wie beim Auseinanderfallen von Anteils- und Stimmrechtsmehrheit dem Mehrheitsgesellschafter nicht in jedem Falle die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft möglich ist, hängt der Umfang seines unternehmerischen Einflusspotenzials ganz wesentlich davon ab, in welcher Rechtsform seine unmittelbar an der Enkelgesellschaft beteiligte Tochtergesellschaft organisiert ist.
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(1) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Unproblematisch stellt sich die Lage für die Muttergesellschaft dar, wenn die Tochtergesellschaft die Rechtsform der GmbH aufweist. In der GmbH sind die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit das oberste Willenbildungsorgan32. Ihnen obliegt nicht nur die Bestellung, Abberufung und Entlastung der Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG) sowie deren Prüfung und Überwachung (§ 46 Nr. 6 GmbHG), vielmehr steht ihnen ein Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer zu (§ 37 I GmbHG). Aus der Gesamtschau der einzelnen Kompetenznormen folgert die herrschende Meinung, dass die Gesellschafter selbst über die Unternehmenspolitik die Entscheidungshoheit besitzen33 und die Beliebtheit der GmbH als Konzerntochter ihren entscheidenden Grund darin hat, dass die Muttergesellschaft als „Mehrheitsgesellschafterin einer GmbH ihre unsichtbare Hand ständig über dem GmbH-Management halten“ kann34. Kann die Mehrheitsgesellschafterin mittels ihres Weisungsrechtes gegenüber der Geschäftsführung ihr unternehmerisches Einflusspotenzial voll entfalten, so nimmt sie die Gesellschafterrechte der Tochtergesellschaft wahr und eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft ist ohne weiteres gerechtfertigt35. (2) Aktiengesellschaft Anders verhält es sich bei der Aktiengesellschaft, denn hier hat der Mehrheitsaktionär keinen unmittelbaren Einfluss auf die Führung der Geschäfte, weil er dem Vorstand keine Weisungen erteilen darf (§§ 76, 119 II AktG). Aber auch der Aktionär ist mehr als bloß ein Wertpapierbesitzer36, insbesondere hat der Mehrheitsaktionär die Möglichkeit, in der Hauptversammlung ihm wohlgesonnene Aufsichtsratsmitglieder zu wählen (§ 101 AktG), denen wiederum die Bestellung der Vorstandsmitglieder obliegt (§ 84 AktG). Aber selbst wenn der Mehrheitsaktionär auf diese Weise die Zusammensetzung des Vorstands und damit die unternehmerische Leitung der Gesellschaft mittelbar beeinflussen kann, reichen diese Einflussmöglichkeiten grundsätzlich nicht aus, um ihm die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters zuzurechnen. Das Zusammenspiel ____________________ 32 Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 45 Rn. 2; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 III 1. (S. 1094). 33 BGH GmbHR 1991, 197; OLG Düsseldorf ZIP 1984, 1479; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 37 Rn. 8 m.w.N. 34 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 I 2. (S. 1068). 35 Ebenso Bäcker, S. 188; Rupprecht, S. 103; Vervessos, S. 258 f. 36 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 I 1.a) (S. 797).
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von Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand erlaubt dem Mehrheitsaktionär nämlich lediglich im Idealfall, unternehmerischen Einfluss auf die Tochter-AG auszuüben. Eine rechtliche Möglichkeit, missliebige Aufsichtsratsmitglieder vor Ablauf ihrer Amtszeit abzuberufen und auf diese Weise Einfluss auf die Besetzung des Vorstands zu nehmen, ist dem einfachen Mehrheitsaktionär nicht gegeben. Erst eine qualifizierte Mehrheit von 75 % erlaubt es dem Aktionär, über die Beschlussfassung der Hauptversammlung Aufsichtsratsmitglieder vor Ablauf ihrer Amtszeit abzuberufen (§ 103 I, S. 2 AktG) oder sogar notfalls mit der Auflösung der Gesellschaft zu drohen (§ 262 I Nr. 2 AktG), falls seine unternehmerischen Vorstellungen nicht befolgt werden37. Grundsätzlich verschafft daher nur eine 75-prozentige Beteiligung der Muttergesellschaft den für eine Zurechnung erforderlichen unternehmerischen Einfluss auf die Tochtergesellschaft. Sowohl das Mehrheitserfordernis zur Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder, als auch dasjenige zur Auflösung der Gesellschaft, kann gem. § 103 I, S. 3 AktG bzw. § 262 I Nr. 2, 2. HS AktG durch Satzungsbestimmung verschärft sein. Das zur Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder erforderliche Mehrheitserfordernis kann jedoch nach § 103 I, S. 3 AktG statutarisch auch bis auf die einfache Stimmenmehrheit abgesenkt werden38. Dementsprechend müssen in beiden Fällen die jeweiligen in der Satzung bestimmten Mehrheitserfordernisse ausschlaggebend sein für die eine Zurechnung der Gesellschafterstellung rechtfertigende Höhe der Beteiligung der Muttergesellschaft an der unmittelbar beteiligten Tochter-AG. (3) Personenhandelsgesellschaft Ist die unmittelbar an der Enkelgesellschaft beteiligte Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft organisiert, lässt sich allein anhand des Gesellschaftsanteils bzw. der vermögensmäßigen Beteiligung der Muttergesellschaft noch nichts über ihren unternehmerischen Einfluss auf die Tochtergesellschaft sagen. Exemplarisch dafür seien der „Gesellschafter ohne Kapitalanteil“ und der Kommanditist genannt. Der „Gesellschafter ohne Kapitalanteil“ taucht praktisch häufig als GmbH-Komplementärin einer GmbH & Co. KG auf, die keine Einlage leistet und keinen Kapitalanteil hat, aber dennoch zur Geschäftsführung berufen ist. Der Kommanditist wiederum leistet eine Einlage, ist aber von der Geschäftsführung gem. § 164 HGB ausgeschlossen. Lediglich ____________________ 37 38
Ebenso Rupprecht, S. 105. Hüffer AktG, § 103 Rn. 4.
196 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
außergewöhnliche Geschäfte bedürfen nach herrschender Auffassung der Zustimmung des Kommanditisten39. Geht man von der gesetzlichen Grundkonzeption aus, so ist in der OHG nach § 114 I HGB jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Beschlüsse der Gesellschafter bedürfen nach § 119 I HGB der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlussfassung berufenen Gesellschafter. Sieht der Gesellschaftsvertrag das Mehrheitsprinzip vor, so ist damit im Zweifel die Kopfmehrheit und nicht die Kapitalmehrheit gemeint, § 119 II HGB. In der Praxis hingegen ist in vielen Verträgen für Gesellschafterbeschlüsse das Erfordernis der Kapitalmehrheit vorgesehen, d.h. also sowohl die Regel der Einstimmigkeit als auch die Regel der Kopfmehrheit abbedungen40. Auch im Hinblick auf die Geschäftsführungsbefugnis des OHG-Gesellschafters lässt das Gesetz abweichende Regelungen zu, vgl. § 114 II HGB. Ferner ist die Kompetenzverteilung bei der Kommanditgesellschaft nicht zwingend, der Gesellschaftsvertrag kann von der gesetzlichen Regelung abweichen und dem Kommanditisten Geschäftsführungsrechte verleihen41. Ausgehend von der gesetzlichen Grundkonzeption, wird man aufgrund der personalistischen Ausgestaltung annehmen können, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft eher auf die Geschäftsführung Einfluss nehmen und Gesellschafterrechte wahrnehmen kann, als dies einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft möglich sein wird. Die Hürden für eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft sind somit eher niedriger als bei einer Kapitalgesellschaft anzusiedeln42. Die weitgehende Disponibilität der gesetzlichen Regelungen zur Personengesellschaft verbietet jedoch allgemein gültige Aussagen, vielmehr muss anhand der konkreten Ausgestaltung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen überprüft werden, ob dem in Frage stehenden Gesellschafter ein unternehmerischer Einfluss zukommt, der es ihm erlaubt, Gesellschafterrechte der Tochtergesellschaft wahrzunehmen. Insoweit gilt hier nichts anderes als für die oben bereits untersuchte Konstellation, in der Anteilsund Stimmrechtsmehrheit auseinander fallen. Freilich schließt das nicht aus – wie im Zusammenhang mit dem Auseinanderfallen von Anteils- und Stimmrechtsmehrheit bereits erwähnt – bei offensichtlichen Umgehungsfällen die gesetzliche Grundkonzeption als Prüfungsmaßstab heranzuziehen. An einen ____________________ 39 RGZ 158, 302 (307); Baumbach/Hopt HGB, § 164 Rn. 2; Koller/Roth HGB – Koller, § 164 Rn. 4; Schlegelberger HGB – Martens, § 164 Rn. 16. 40 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 2.a) (S. 1395 f.). 41 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 2.a) (S. 1537). 42 Ebenso Schmidsberger, S. 75 f.
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solchen Umgehungsfall wird immer dann zu denken sein, wenn die Mitgliedschaft durch die abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung nicht in ihrer Gesamtheit eine andere Prägung erfährt, sondern die Vertragsgestaltung lediglich Auswirkungen auf eine Erfassung durch das Kapitalersatzrecht hat. d) Minderheitsbeteiligung Hält die Muttergesellschaft lediglich eine Minderheitsbeteiligung an der unmittelbar an der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft beteiligten Tochtergesellschaft, so reicht diese für eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschafterstellung grundsätzlich nicht aus43, weil eine schlichte Minderheitsbeteiligung es der M nicht erlaubt, unternehmerischen Einfluss auf die T auszuüben und auf diese Weise Gesellschafterrechte der T auszuüben. Aber auch hier verbietet sich ein starres Festhalten an Schwellenwerten. Es hat sich im Verlauf der vorangegangenen Untersuchung gezeigt, dass einerseits ein Minus an unternehmerischem Einfluss die an die formelle Mehrheitsbeteiligung geknüpfte Vermutung für das Bestehen eines unternehmerischen Einflusses erschüttern kann, andererseits aber auch ein Mehr an faktischen oder vertraglich gesicherten Einflussmöglichkeiten ein Weniger an Beteiligungshöhe ausgleichen und so die Finanzierungsfolgenverantwortung begründen kann. aa) Minderheitsbeteiligung mit unternehmerischem Einfluss Die darlehensgewährende Muttergesellschaft wird daher auch dann einer unmittelbaren Gesellschafterin der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft gleichgestellt, wenn sie zwar nur eine Minderheitsbeteiligung an der Tochtergesellschaft hält, zu dieser Minderheitsbeteiligung aber noch weitere Zurechnungskriterien hinzutreten, die ihr einen unternehmerischen Einfluss auf die Tochtergesellschaft sichern44. Es sei an dieser Stelle bereits ein Ergebnis der nachfolgenden Untersuchung zur Zurechnung beim Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses vorweggenommen. Dort wird sich zeigen, dass grundsätzlich diejenigen Beherrschungsmittel, die zur Begründung eines Abhängigkeitsver____________________ 43 So auch die überwiegende Literaturansicht, vgl.: Bäcker, S. 188; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135; Schmidsberger, S. 77; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.13; Vervessos, S. 259. 44 Ebenso Bäcker, S. 188; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135; Schlitt in NZG 1999, 940 (941); Schmidsberger, S. 77; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.13; Vervessos, S. 259.
198 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
hältnisses i.S.d. § 17 AktG geeignet sind, auch als Zurechnungskriterium beim Vorliegen einer Minderheitsbeteiligung dienen können45. Ist die Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH organisiert, kommen insbesondere statutarische Sonderrechte nach § 45 GmbHG in Betracht, die dem Minderheitsgesellschafter weitreichenden gestaltenden Einfluss auf die Geschäftsführung und -politik der Tochtergesellschaft einräumen. Dazu zählt etwa ein Sonderrecht auf Beteiligung an der Geschäftsführung oder ein spezielles Weisungsrecht des Minderheitsgesellschafters gegenüber der Geschäftsführung. Ferner ist an den Fall zu denken, dass die Geschäftsführung der Muttergesellschaft identisch ist mit derjenigen der Tochtergesellschaft46. Aber auch auf eine Tochtergesellschaft in der Rechtsform der AG kann der formell nur mit der Minderheit beteiligte Aktionär unter Umständen unternehmerischen Einfluss ausüben. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Stimmrecht der übrigen Aktionäre eingeschränkt ist, etwa weil diese lediglich über stimmrechtslose Vorzugsaktien (§§ 12 I, S. 2, 139 ff. AktG) verfügen oder die Gesellschaft eigene Aktien hält (§ 71b AktG). Gleiches wird anzunehmen sein, wenn der Minderheitsaktionär über eine nachhaltig gesicherte Präsenzmehrheit in der Gesellschafterversammlung („Hauptversammlungsmehrheit“) verfügt und so faktisch die Mehrheit der Stimmen innehat47. Schließlich wird ein Minderheitsgesellschafter unternehmerischen Einfluss auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft ausüben können, wenn er und andere Gesellschafter ihren Einfluss bündeln und sie das Darlehen in einer koordinierten Finanzierungsaktion gewähren48. Beruht die Finanzierungsentscheidung auf einer gemeinsamen Willensbildung mehrerer Minderheitsgesellschafter und treten diese gemeinsam wie ein einzelner Mehrheitsgesellschafter auf, so verbietet sich eine formalisierende Betrachtung der einzelnen Minderheitsgesellschafter. bb) Hohe mittelbare Beteiligungsquote Soweit ersichtlich hat sich bisher allein Schmidsberger mit der Frage befasst, ob auch solche mittelbaren Kreditgeber in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts einzubeziehen sind, die zwar an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft keine Mehrheitsbeteiligung oder Minderheitsbeteiligung mit unterneh____________________ 45
Ausführlich dazu § 10 II. 1. b) aa) (S. 208 f.). Rupprecht, S. 104. 47 GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135, Schmidsberger, S. 78. 48 Schmidsberger, S.78 f.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 315; ähnl. Riegger in FS Sigle, S. 229 (S. 239 f., 247) für die vergleichbare Problematik der Ermittlung der 10 %-Schwelle des § 32a III, S. 2 GmbHG. 46
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merischem Einfluss halten, jedoch mit einer besonders hohen rechnerischen mittelbaren Beteiligungsquote an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligt sind49. Eine solche Fallkonstellation ist etwa dann gegeben, wenn die kreditgebende Muttergesellschaft mit 40 % an der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft und diese wiederum mit 100 % an der kreditnehmenden Enkelgesellschaft beteiligt ist, sodass sich eine mittelbare Beteiligungsquote von 40 % ergibt50. Schmidsberger gelangt im Rahmen seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass auch eine hohe mittelbare Beteiligungsquote ein unternehmerisches Interesse der kreditgebenden Muttergesellschaft indiziere, weil diese über den Wert ihrer Beteiligung am unmittelbar beteiligten Gesellschafter am Unternehmenserfolg der Darlehensnehmerin partizipiere51. Der schwächer ausgeprägte unternehmerische Einfluss der Muttergesellschaft auf die unmittelbar beteiligte Tochtergesellschaft werde kompensiert, wenn die Muttergesellschaft tatsächliche Kenntnis von der Kreditunwürdigkeit der Darlehensnehmerin habe. Neben dieser Kenntnis der Kreditunwürdigkeit fordert Schmidsberger eine rechnerische mittelbare Beteiligungsquote von mindestens 25 %. Wenn eine Beteiligung nahe an einer unteren Grenze (25 % bzw. 50 %) liege, müsse sich die andere Beteiligung nahe an der oberen Grenze befinden (100 % bzw. 50 %), sodass sich die Beteiligungshöhen indirekt proportional zueinander verhielten und eine mittelbare Beteiligungsquote von 25 % somit nur bei qualitativ höher ausgeprägten Gesellschaftsverbindungen auftreten könne52. Auch wenn die Untersuchung Schmidsbergers einen wertvollen Beitrag zu der bisher nicht beachteten Problematik einer hohen mittelbaren Beteiligungsquote liefert, kann ihr im Ergebnis nicht gefolgt werden. Zunächst stößt das von Schmidsberger geforderte Kriterium der tatsächlichen Kenntnis der Muttergesellschaft von der Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmerin auf Bedenken. Schmidsberger hält dieses subjektive Zurechnungsmoment für erforderlich, da nur dadurch eine Situation beim Kreditgeber geschaffen werden könne, wie sie beim unmittelbaren Gesellschafter bereits aufgrund seiner Gesellschafterstellung objektiv gegeben sei53. Zwar räumt Schmidsberger ein, dass die Einbeziehung eines subjektiven Elements an sich den allgemeinen Grundsätzen des Kapitalersatzrechts widerspreche, da dieses gewöhnlich auf objektive Kriterien ____________________ 49 50 51 52 53
Schmidsberger, S. 83 ff. Beispiel nach Schmidsberger, S. 83. Schmidsberger, S. 86. Schmidsberger, S. 88 f. Schmidsberger, S. 87 f.
200 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
abstelle. Ebenso wie bei den „stehen gelassenen“ Gesellschafterdarlehen54 erfolge jedoch mit der Aufstellung eines subjektiven Kriteriums lediglich eine zulässige Anpassung an den Grundtatbestand des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens55. Wie bereits in einem früheren Teil dieser Arbeit erwähnt, lässt sich das Erfordernis des (Er-)Kennenkönnens der Kreditunwürdigkeit für den Fall des stehen gelassenen Gesellschafterdarlehens richtigerweise nur damit begründen, dass der Gesellschafter seiner Gesellschaft das Krisendarlehen nicht durch ein positives Tun, sondern durch das schlichte Unterlassen der Darlehensrückforderung verschafft56. Das subjektive Kriterium der Kenntnis bzw. des Kennenkönnens eignet sich zwar als Surrogat für das Handlungsdefizit des Gesellschafters im Falle des Stehenlassens, nicht jedoch als Ersatz für den nur unzureichend ausgebildeten unternehmerischen Einfluss der Muttergesellschaft auf die unmittelbar beteiligte Tochtergesellschaft. Subjektive Merkmale wie die Kenntnis von der Kreditunwürdigkeit taugen nicht als Abgrenzungskriterium für die Bestimmung des personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts, weil ansonsten jeder Kreditgeber, der trotz Kenntnis der Kreditunwürdigkeit ein Darlehen ausreicht, von den Kapitalersatzregeln erfasst werden müsste. Die Frage, welcher Kreditgeber vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst wäre, würde dann aber allein von der Kenntnis des Kreditgebers der Kreditunwürdigkeit abhängig gemacht, was angesichts der Beschränkung des Kapitalersatzrechts auf Gesellschafter und gleichgestellte Dritte eine Rechtsfortbildung praeter legem darstellen würde. Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund erblickt Schmidsberger in diesem subjektiven Kriterium nur eine „Minimalanforderung (...), die nur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Beteiligung“ für eine Zurechnung ausreichen soll57. Neben den Bedenken, die mit dem subjektiven Kriterium der tatsächlichen Kenntnis von der Kreditunwürdigkeit verbunden sind, kommt für die Fallgruppe der hohen mittelbaren Beteiligungsquote aber auch aus anderen Gründen eine Zurechnung nicht in Betracht. Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, für welche Fallkonstellationen überhaupt eine Zurechnung nach dem von Schmidsberger vorgeschlagenen Kriterium der hohen mittelbaren Beteiligungsquote in Betracht kommt. Fordert man eine rechnerische Beteiligungsquote von 25 %, dann hat das zur Folge, dass sich die Beteiligungsquote der M an T einerseits, und diejenige der T an E andererseits, indirekt proportional ____________________ 54 55 56 57
Dazu ausführlich § 5 III. 2. a) (S. 110 ff.). Schmidsberger, S. 88 (Fn. 324). Näher dazu § 5 III, 2. a) dd) (S. 112 f.). Schmidsberger, S. 87.
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zueinander verhalten. Da Fallkonstellationen, bei denen die kreditgebende M mehr als 50 % an der T hält, ohnehin nach den zuvor dargestellten Grundsätzen erfasst werden, können in der hier in Frage stehenden Fallgruppe der hohen mittelbaren Beteiligungsquote nur noch solche Beteiligungsverhältnisse relevant werden, bei denen zwischen T und E eine Beteiligungsquote zwischen 50 % und 100 % und zwischen M und T eine Quote zwischen 25 % und 50 % vorliegt, damit eine mittelbare Beteiligungsquote von 25 % überhaupt erreicht werden kann. Gegen die Zurechnung bei hoher mittelbarer Beteiligungsquote spricht dann aber, dass besondere Schwellenwerte im Verhältnis der unmittelbar beteiligten T zu E einen Wertungswiderspruch zum Grundfall der unmittelbaren Darlehengewährung darstellen würden, für den es anerkanntermaßen – abgesehen von der 10 %-Schwelle des § 32a III GmbHG – keiner besonderen Beteiligungshöhe bedarf. Entscheidendes Argument gegen eine Zurechnung ist jedoch die Tatsache, dass auch eine noch so hohe Beteiligung der T an E nicht den für eine Zurechnung erforderlichen unternehmerischen Einfluss der M auf T ersetzen kann, und allein auf diesen kommt es an. Schmidsberger kann nicht gefolgt werden, wenn er zur Begründung seines Ansatzes auf ein unternehmerisches Interesse der kreditgebenden Muttergesellschaft an der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft verweist, welches sich in der Partizipation der Muttergesellschaft am Profit der Enkelgesellschaft manifestiere58. Es kommt weder auf ein unternehmerisches Interesse, noch auf einen unternehmerischen Einfluss der Muttergesellschaft auf die darlehensnehmende Enkelgesellschaft an. Entscheidend ist allein das Interesse bzw. der Einfluss der Muttergesellschaft auf die unmittelbar beteiligte Tochtergesellschaft, weil diese – im untechnischen Sinne – stellvertretend für die Muttergesellschaft die unmittelbare Gesellschafterstellung innehat. Auch die von Schmidsberger angeführten Wertungswidersprüche, die bei einer Nichterfassung der Fallgruppe hoher mittelbarer Beteiligungsquote entstünden, sind nicht erkennbar. Hierzu führt Schmidsberger aus, es sei nicht hinnehmbar, wenn einerseits Fälle erfasst würden, in denen M mit 51 % an T, T wiederum mit 5 %59 an E beteiligt und so lediglich eine mittelbare Beteiligungsquote von gut 2 % im Verhältnis von M zu E vorliege, während eine mittelbare Beteiligungsquote von 40 % nicht den Weg zur Anwendung des Kapitalersatzrechts eröffne60. Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass die mittelbare Beteiligungsquote nichts weiter darstellt als einen rechnerischen Wert. ____________________ 58
Schmidsberger, S. 86. Das Beispiel Schmidsbergers stammt aus der Zeit vor Einführung der Kleinbeteiligungsprivilegierung durch die 10 %-Schwelle des § 32a III GmbHG; nach dem heutigen Gesetzeswortlaut müsste T mit mehr als 10 % an E beteiligt sein. 60 Schmidsberger, S. 88. 59
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Hommelhoff hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass ein solches „Durchrechnen“, nach dem beim Bestehen eines unternehmerischen Einflusses zwischen der ersten und zweiten Stufe (M – T) und zwischen der zweiten und dritten Stufe (T – E) automatisch auf ein unternehmerisches Einflusspotenzial von der ersten direkt auf die dritte Stufe (M – E) geschlossen werden könnte, sich verbietet, weil sich die Einflussmöglichkeiten von Stufe zu Stufe stark verdünnen61. Auch wenn es nach der hier vertretenen Auffassung auf ein unternehmerisches Einflusspotenzial im Verhältnis der T zu E jedenfalls für die Frage der Zurechnung der Gesellschafterstellung an M nicht ankommt, gilt jedoch umso mehr, dass eine „durchgerechnete“ Beteiligungsquote, die ihre Höhe maßgeblich dem Beteiligungsverhältnis T – E zu verdanken hat, die gesonderte und positive Feststellung des unternehmerischen Einflusses der M auf T nicht ersetzen kann. Bezogen auf den von Schmidsberger vorgeschlagenen Lösungsansatz bedeutet dies, dass eine mittelbare Beteiligungsquote von 25 % nicht geeignet ist, der M die unmittelbare Gesellschaftereigenschaft zuzurechnen, weil nicht ersichtlich ist, wie eine zwischen 25 % und 50 % rangierende Beteiligungsquote im Verhältnis M – T es der M erlauben soll, auf T unternehmerischen Einfluss auszuüben. Selbst wenn T an der Darlehensnehmerin E eine Beteiligung von 100 % hält, kann die 25 %ige Beteiligung der M an T es nicht rechtfertigen, M mit T gleichstellen. Es bleibt daher bei den zuvor dargestellten Grundsätzen, nach denen eine Zurechnung nur dann erfolgt, wenn M eine Mehrheitsbeteiligung an T hält oder aber weitere Zurechnungsmomente wie statutarische Sonderrechte oder faktische Stimmrechtsmehrheiten der M trotz ihrer formellen Minderheitsbeteiligung unternehmerisches Einflusspotenzial auf T vermitteln. 2. Beteiligung der Tochtergesellschaft (T) an der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft (E) Damit der Muttergesellschaft die Position einer unmittelbaren Gesellschafterin zugerechnet werden kann, ist zunächst erforderlich, dass die Tochtergesellschaft überhaupt unmittelbar an der Enkelgesellschaft beteiligt ist. Hinsichtlich der Höhe dieser Beteiligung müssen die gleichen Grundsätze gelten, wie sie bereits für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung gelten. Einer vereinzelt in der Literatur anzutreffenden Forderung, im Verhältnis der unmittelbar beteiligten Gesellschafterin zur darlehensnehmenden Gesellschaft müsse eine Mehrheitsbeteiligung oder ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegen62, kann ____________________ 61 62
Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1116). Dafür soweit ersichtlich allein Waechter, S. 119.
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nicht gefolgt werden. So wenig, wie ein Mehr an Beteiligungsqualität im Verhältnis zum Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung zu fordern ist, kommt auch eine Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft im Falle der mittelbaren Darlehensgewährung nicht in Betracht, wenn der unmittelbar beteiligte Gesellschafter bereits im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung von den Kapitalersatzregeln freigestellt wäre. Der durch die Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG vermittelte Gläubigerschutz darf nicht weiter reichen als der des Grundtatbestands63, aber auch nicht verkürzt werden, da ansonsten gravierende Wertungswidersprüche bei der Anwendung der Kapitalersatzregeln auftreten würden. Im Verhältnis der unmittelbar beteiligten Gesellschafterin zur Darlehensnehmerin reicht daher jene allgemeine Beteiligungsqualität aus, wie sie für einen unmittelbar beteiligten Gesellschafter der jeweiligen Rechtsform im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung erforderlich ist64. Für eine Enkelgesellschaft in der Rechtsform der GmbH gilt demnach die durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz modifizierte Fassung des § 32a III, S. 2 GmbHG. Danach sind nicht geschäftsführende Gesellschafter von den Regeln des Kapitalersatzrechts freigestellt, wenn sie mit einer Beteiligung von nicht mehr als 10 % des Stammkapitals an der GmbH beteiligt sind. Ist die E in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert, dann muss T über eine Sperrminorität verfügen65. Auch eine geringere, aber nicht unbeträchtliche Beteiligung der T kann ausreichen, wenn die Beteiligung in Verbindung mit anderen Umständen der T Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und sie dadurch ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt66. Für die übrigen in Betracht kommenden Rechtsformen der unmittelbar beteiligten Enkelgesellschaft sei auf die obigen Ausführungen zu den rechtsformmodifizierten Anforderungen an die Beteiligungsqualität verwiesen67.
____________________ 63
v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.16; Vervessos, S. 257. Ebenso Bäcker, S. 187; Pentz in GmbHR 1999, 437 (445); Schmidsberger, S. 80 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.16; Vervessos, S. 257. 65 Vgl. BGHZ 90, 381 (390 f.); OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 120; Hüffer AktG, § 57 Rn. 18; Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 f.); Ketzer, S. 78; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 93; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (677 f.). 66 Vgl. BGHZ 90, 381 (388); Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (218 ff.); Junker in ZHR 156 (1992), 394 (403 ff.); K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 ( 184 ff.). 67 Siehe dazu ausführlich § 3 (S. 56 ff.). 64
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II. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in dreistufigen Konzern- und Abhängigkeitsverhältnissen Der Fokus der bisherigen Untersuchung richtete sich ausschließlich auf die kapitalersatzrechtliche Erfassung der Darlehensgewährung eines mittelbaren Gesellschafters im schlichten Unternehmensverbund, sodass die Höhe der Beteiligung des mittelbaren Gesellschafters an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft das wichtigste Kriterium für eine Zurechnung darstellte. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass einerseits eine Mehrheitsbeteiligung nicht notwendigerweise den für eine Zurechnung erforderlichen unternehmerischen Einfluss vermittelt, andererseits aber auch faktisch oder vertraglich gesicherte Einflussmöglichkeiten des Kreditgebers auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft Defizite in Bezug auf die Beteiligungshöhe kompensieren können. Vor dem Hintergrund, dass auch nicht unmittelbar aus der Beteiligung resultierende unternehmerische Einflussmöglichkeiten eine Zurechnung rechtfertigen können, soll im Folgenden geprüft werden, unter welchen Voraussetzung die nicht unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte darlehensgewährende Gesellschaft einer unmittelbaren Gesellschafterin gleichgestellt werden soll, wenn die beteiligten Gesellschaften in irgendeiner Weise konzerniert sind. Im Anschluss an die Ermittlung, ob und inwieweit die verschiedenartigen Konzernierungsformen eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschafterstellung rechtfertigen, wird der Frage nachzugehen sein, ob bereits allein das Vorliegen des jeweiligen Konzerntypus einen Zurechnungstatbestand begründet oder nicht zusätzlich bestimmte Anforderungen an die Höhe der Beteiligung gestellt werden müssen. 1. Verhältnis der darlehensgebenden Muttergesellschaft (M) zur unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft (T) a) Vertragskonzern und qualifiziert faktischer Konzern An früherer Stelle wurde bereits festgestellt, dass ein Großteil des Schrifttums die Zurechnung vom Grad der Intensität der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme abhängig macht und teilweise eine unwiderlegliche Vermutung für eine die Zurechnung rechtfertigende wirtschaftliche Einheit aufstellt, wenn die beteiligten Gesellschaften vertraglich oder qualifiziert faktisch konzerniert sind68. Nach dieser Ansicht hat eine Zurechnung in Fällen vertikal absteigender Darlehensgewährungen einer nicht unmittelbar an der Darlehensnehmerin be____________________ 68
Dazu § 9 IV. 2. und 3. (S. 169 f.).
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teiligten Kreditgeberin jedenfalls dann zu erfolgen, wenn zwischen den beteiligten Gesellschaften ein Vertragskonzern oder ein qualifiziert faktischer Konzern vorliegt69. aa) Vertragskonzern Wohl aufgrund der einheitlichen Rechtsfolgen der § 291 III, 302 f. AktG und der steuerrechtlich motivierten Praxis, Beherrschungsverträge mit Gewinnabführungsverträgen zu sog. Organschaftsverträgen zu kombinieren70, werden beide Unternehmensverträge im Sprachgebrauch häufig unterschiedslos als „Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag“ bezeichnet. Auch wenn sowohl isolierte Gewinnabführungsverträge71 als auch isolierte Beherrschungsverträge72 praktisch selten vorkommen dürften, sei im Interesse der begrifflichen Klarheit darauf hingewiesen, dass Vertragskonzerne allein durch einen Beherrschungsvertrag nach § 291 I, S. 1 AktG oder durch Eingliederung gem. §§ 319, 320 AktG begründet werden73. Für die Zwecke dieser Untersuchung kann der Tatbestand der Eingliederung vernachlässigt werden, da die Eingliederung, wie zuvor bereits erwähnt, die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts ausschließt74. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass die darlehensgewährende M nur dann einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt werden kann, wenn sie auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte T unternehmerischen Einfluss dergestalt ausüben kann, dass sie die Geschäftspolitik der T bestimmen kann. Nur dann kann M die Willensbildung in der T maßgeblich beeinflussen und Gesellschafterrechte der T wahrnehmen, sodass es keinen Unterschied macht, ob die unmittelbare Gesellschafterin T das Darlehen der E gewährt oder M das Darlehen direkt an E ausreicht. Es kann kein ernstlicher Zweifel daran bestehen, dass ein Beherrschungsvertrag der M einen solchen ____________________ 69 So im Ergebnis GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64; Noack in GmbHR 1996, 153 (154 ff.); Rupprecht, S. 104; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 136. 70 Der Gewinnabführungsvertrag bildet nach § 14 KStG unter bestimmten Voraussetzungen die Grundlage der körperschaftssteuerlichen Organschaft. 71 Bereits die Zulässigkeit eines isolierten Gewinnabführungsvertrages in Frage stellend: Kort, S. 83 ff.. 72 Für den isolierten Beherrschungsvertrag können ebenfalls steuerliche Gründe sprechen, vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 11 I (S. 158) Fn. 5. 73 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 I (S. 59). 74 Siehe dazu § 7 III. (S. 149 f.).
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unternehmerischen Einfluss auf die T vermittelt. Der Beherrschungsvertrag berechtigt nämlich die M nach § 308 I AktG, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen und stellt so eine der effektivsten Methoden dar, unternehmerischen Einfluss auszuüben. Richtigerweise lässt sich die Zurechnung nicht etwa mit einer an das konzernrechtliche Haftungsmodell angelehnten „Risiko- und Haftungseinheit“75, sondern nur mit diesem Einfluss der herrschenden Muttergesellschaft auf die unmittelbar beteiligte Tochtergesellschaft erklären. Die darlehensgewährende M kann daher mit einer unmittelbaren Gesellschafterin gleichgestellt werden, wenn zwischen ihr und der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft ein Vertragskonzernverhältnis besteht. bb) Qualifiziert faktischer Konzern Gleich, ob man im „Bremer Vulkan“-Urteil des Bundesgerichtshofs das endgültige Aus für die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns erblickt76 oder man zwischen einer auf dem „Bremer Vulkan“-Urteil aufbauenden „Haftung für Existenzgefährdungen“ und einer dem konzernrechtlichen Haftungssystem folgenden Konzernstrukturhaftung für seltene Fälle einer „defacto-Fusion“ unterscheidet77, wird es weiterhin Fälle von Unternehmensverbindungen geben, die einen der Legitimation durch einen Beherrschungsvertrag bedürftigen Abhängigkeitszustand aufweisen. Unabhängig von den anzuwendenden Rechtsfolgen, die wegen ihrer Ausstrahlungswirkung auf die auslösenden Tatbestände78 eigentlich eine getrennte Betrachtung des Tatbestandes „qualifiziert faktischer Konzern“ unmöglich machen, kann festgestellt werden, dass sich, ebenso wie in der vertraglich legitimierten Beherrschung, auch in der qualifiziert faktischen Beherrschung ein hochgradiges unternehmerisches Einflusspotenzial manifestiert. Für die Frage, ob die darlehensgewährende Muttergesellschaft unternehmerischen Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt, kann es letztlich nicht auf eine vertragliche Legitimation ankommen. Entscheidend ist, dass die M unternehmerischen Einfluss auf die T ausüben und dadurch Gesellschafterrechte in der E wahrnehmen kann. ____________________ 75 So scheinbar – trotz eines auf unternehmerische Einflussmöglichkeiten abstellenden Zurechnungsansatzes – Vervessos, S. 259. 76 Altmeppen in ZIP 2001, 1837 (1838); ders. in NJW 2002, 321 ff. 77 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III. 4. (S. 1232 ff.). 78 Plastisch für diese Wechselwirkung K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III. 3. c. aa) (S. 1230).
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In der vorangegangenen Untersuchung zur Zurechnung in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen hat sich gezeigt, dass der die Finanzierungsfolgenverantwortung bei mittelbarer Gesellschafterstellung begründende unternehmerische Einfluss sowohl auf vertraglich gesicherter als auch auf faktischer Grundlage beruhen kann. Gleiches muss auch für den Fall der Zurechnung der Gesellschafterstellung im Konzern gelten, sodass die faktische Beherrschung, gleichermaßen wie die auf vertraglicher Grundlage beruhende Beherrschungsmöglichkeit, den für die Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft erforderlichen unternehmerischen Einfluss ohne weiteres begründet. b) Schlichte Abhängigkeit und einfach faktischer Konzern Der Teil des Schrifttums, der eine Zurechnung in Fällen vertikal absteigender Darlehensgewährung vom Grad der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme abhängig macht, will auch bei Bestehen eines einfach faktischen Konzerns oder schlichter Abhängigkeit grundsätzlich eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft vornehmen, billigt jedoch überwiegend dem Gesellschafter den Entlastungsbeweis für das Nichtvorliegen der die Zurechnung begründenden Einheit zu79. aa) Schlichte Abhängigkeit Auch für das schlichte Abhängigkeitsverhältnis gilt, dass eine Gleichstellung des mittelbaren Gesellschafters mit einem unmittelbaren Gesellschafter nur dann in Betracht kommt, wenn der mittelbare Gesellschafter über unternehmerisches Einflusspotenzial verfügt, welches es ihm erlaubt, Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft auszuüben. Das ist der Fall, wenn der beherrschende Einfluss i.S.d. § 17 I AktG dem für die Zurechnung notwendigen unternehmerischen Einfluss entspricht. Die Vermutung des § 17 II AktG, nach der von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen die Abhängigkeit vermutet wird, kann an dieser Stelle ausgeklammert werden, denn für anteilsmäßig mehrheitlich beteiligte mittelbare Gesellschafter ist eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft bereits nach den zuvor dargestellten Grundsätzen vorzunehmen80. Es interessieren also allein die Fälle, in denen die Vermutung des § 17 II AktG nicht zum Tragen kommt, weil die darlehens____________________ 79
Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 136; nicht ausdrücklich für die Entlastungsmöglichkeit: GK AktG – Henze, § 57 Rn. 135. 80 Siehe dazu § 10 I. 1. c) (S. 188 ff.).
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gewährende Gesellschaft keine Mehrheitsbeteiligung an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft hält. Um Abhängigkeit i.S.d. § 17 I AktG zu begründen, muss der beherrschende Einfluss beständig, umfassend und gesellschaftsrechtlich vermittelt, die Einflussmöglichkeit also rechtlich gesichert sein81. Ein solcher beherrschender Einfluss liegt etwa vor, wenn das herrschende Unternehmen die Möglichkeit hat, die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens zu besetzen82, oder es aufgrund von Stimmbindungsverträgen oder nachhaltig gesicherter Hauptversammlungsmehrheit das abhängige Unternehmen beherrscht83. Ferner können Satzungsbestimmungen den beherrschenden Einfluss sichern84, beispielsweise durch Sonderrechte auf Beteiligung an der Geschäftsführung oder solchen auf Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführung. Nicht zuletzt gewährt das Innehaben einer Stimmrechtsmehrheit beherrschenden Einfluss, knüpft doch das Gesetz in den §§ 17 II, 16 I, Alt. 2 AktG sogar eine Abhängigkeitsvermutung an die Stimmrechtsmehrheit. Es wird deutlich, dass all jene Kriterien, die zuvor bereits als taugliche Zurechnungsmomente beim Bestehen einer Minderheitsbeteiligung herausgearbeitet wurden85, auch ein Abhängigkeitsverhältnis i.S.d. § 17 AktG begründen können. Eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft ist daher bei Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen darlehensgewährender und unmittelbar beteiligter Gesellschaft gerechtfertigt. Man wird sogar noch einen Schritt weiter gehen können und sämtliche Beherrschungsmittel, die ein Abhängigkeitsverhältnis i.S.d. § 17 AktG begründen können, als zusätzliche Kriterien heranziehen können, um im Falle einer schlichten Minderheitsbeteiligung eine Zurechnung zu begründen. Für eine Parallele zwischen der hier vertretenen Definition des unternehmerischen Einflusses und dem beherrschenden Einfluss i.S.d. § 17 AktG sprechen auch die Definitionen des Reichsgerichts und Bundesgerichtshofs zum beherrschenden Einfluss. Dieser liege dann vor, wenn das herrschende Unternehmen „über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen ____________________ 81
Hüffer AktG, § 17 Rn. 8; MünchHdb AG – Krieger, § 68 Rn. 37 ff.; ähnl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II.3. (S. 47 f.) m.w.N. 82 BGH NJW 1974, 1130 (1131); OLG Düsseldorf WM 1994, 842 (845); Geßler/Hefermehl AktG - Geßler, § 17 Rn. 18 ff.; Kölner Komm. AktG – Koppensteiner, § 17 Rn. 19. 83 OLG München AG 1995, 383; LG Berlin AG 1996, 230; 1997, 183 (184 f.); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II. 5. (S. 49 f.) m.w.N. 84 Ausführlich Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 87 ff. 85 § 10 I. 1. d) aa) (S. 197 f.).
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bei ihm durchzusetzen“86 bzw. das herrschende Unternehmen in der Lage ist, auf längere Sicht gesehen Konsequenzen herbeizuführen, wenn seinem Willen nicht gefolgt wird87. Umgekehrt kann für die Widerlegung der Annahme, eine Mehrheitsbeteiligung begründe unternehmerischen Einfluss, auf diejenigen Widerlegungsmittel zurückgegriffen werden, die auch zur Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung im Konzernrecht dienen. In Betracht zu ziehen sind hier beispielsweise Stimmrechtsbeschränkungen gem. § 134 I, S. 2 AktG, Stimmbindungsverträge oder Entherrschungsverträge. bb) Einfach faktischer Konzern (1) Unterordnungskonzern Sowohl der Unterordnungskonzern nach § 18 I, S. 1 AktG als auch der Gleichordnungskonzern nach § 18 II AktG zeichnen sich dadurch aus, dass rechtlich selbstständige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind. Beim Unterordnungskonzern sind die unter einheitlicher Leitung zusammengefassten Unternehmen zugleich voneinander abhängig i.S.d. § 17 AktG, sodass beim Unterordnungskonzern schon aufgrund dieser Abhängigkeit eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschafterstellung gerechtfertigt ist und insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. (2) Gleichordnungskonzern Eine solche Abhängigkeit fehlt jedoch im Gleichordnungskonzern88, sodass keine vertikal absteigende Finanzierung in einem dreistufigen Beteiligungsverhältnis vorliegt. Das gilt selbst dann, wenn die eine der gleich geordneten Gesellschaften das Darlehen an eine Tochtergesellschaft der anderen gleich geordneten Gesellschaft ausreicht. Zwar ist es nach herrschender Meinung möglich und für das Bestehen eines Gleichordnungskonzerns ausreichend, die Gleichordnungsbeziehung allein durch eine ganz oder teilweise personenidentische Besetzung der Gesellschaftsorgane zu begründen89, sodass die darlehensgewährende Gesellschaft mittels Personenidentität in den Organen ihrer und der ____________________ 86
RGZ 167, 40 (49) „Thega“. BGHZ 121, 137 (146) „WAZ/IKZ“; OLG Düsseldorf ZIP 1993, 1791 „Feldmühle Nobel“. 88 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 I (S. 59); Kuhlmann/Anis, B., Rn. 60. 89 MünchHdb AG – Krieger, § 68 Rn. 80; Lutter/Drygala in ZGR 1995, 557 (558) m.w.N. 87
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unmittelbar beteiligten Gesellschaft letztlich die einheitliche Leitung über die unmittelbar beteiligte Gesellschaft ausübt. Da es dennoch an der Dreistufigkeit in einem solchen Beteiligungsverhältnis fehlt, soll diese Konstellation an späterer Stelle im Zusammenhang mit den Mischformen horizontal-vertikaler Finanzierungsleistungen untersucht werden90. c) Anforderungen an die Höhe der Beteiligung Anders als im schlichten Unternehmensverbund, bei dem die Höhe der Beteiligung das wichtigste Kriterium für die Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft darstellt, beruht die Zurechnung in Konzern- und Abhängigkeitsverhältnissen maßgeblich auf dem beherrschenden Einfluss der darlehensgewährenden Gesellschaft auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft. Fraglich ist, ob zusätzlich zu dieser Beherrschungsmöglichkeit noch eine bestimmte Mindestbeteiligung der Kreditgeberin an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft für eine Zurechnung erforderlich ist. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht kommt eine Zurechnung auch bei Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses nur in Betracht, wenn die kreditgebende Gesellschaft am beherrschten Unternehmen zumindest eine Sperrminorität hält91. Für diese Sichtweise wird angeführt, Einflussmöglichkeiten, die nicht auf der Beteiligungshöhe beruhten, würden die Beherrschungsmöglichkeit allenfalls verstärken können92. Die finanziellen Vorteile einer Darlehensfinanzierung könnten sich ohne nennenswerte Kapitalbeteiligung oder einen Gewinnabführungsvertrag nicht auf den Kreditgeber bzw. den Gesellschafter auswirken; das Ausnutzen der Vorteile unter gleichzeitiger Vermeidung der Nachteile einer solchen Finanzierung gehöre aber zu den Grundbedingungen für die Haftungszuweisung93. Für eine Zurechnung in Konzern- und Abhängigkeitsverhältnissen ist eine Mindestbeteiligung nicht erforderlich94. Dass es für die gesellschaftsrechtliche Zurechnung nicht maßgeblich auf die Chance-Risiko-Verteilung ankommen kann, zeigt sich bereits bei einem Vergleich mit dem Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung, bei der es ebenfalls nicht darauf ankommt, dass sich ____________________ 90 91 92 93 94
Dazu § 13 I. 3. (S. 287 ff.). Bäcker, S. 189 (Sperrminorität); Waechter, S. 118 (mindestens 25 %). Bäcker, S. 189. Waechter, S. 118. Ebenso Schmidsberger, S. 130 f.
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finanzielle Vorteile beim Darlehensgeber realisieren und mit Ausnahme der gesetzlichen Privilegierungen grundsätzlich jede Beteiligungshöhe ausreicht. Schwerer hingegen wiegt der Einwand, die Beherrschungsmöglichkeit könne durch Einflussmöglichkeiten, die nicht auf der Beteiligung beruhten, allenfalls verstärkt werden. Diese These verdient Zustimmung insoweit, als sie eine gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussnahmemöglichkeit für die Zurechnung voraussetzt95. Nicht ersichtlich ist jedoch, weshalb bei Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Kreditgeberin und unmittelbar beteiligter Gesellschaft für eine kapitalersatzrechtliche Zurechnung zusätzlich eine Mindestbeteiligung in Höhe der Sperrminorität erforderlich sein soll, denn die Frage, ob die Einflussnahmemöglichkeit rechtlich gesichert ist, ist bereits durch das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses positiv beantwortet. Nach herrschender Meinung muss nämlich der beherrschende Einfluss i.S.d. § 17 AktG gesellschaftsrechtlich vermittelt sein und setzt deshalb eine Beteiligung voraus, eine rein wirtschaftliche Abhängigkeit reicht nicht aus96. Das hat zur Folge, dass eine Zurechnung grundsätzlich dann nicht in Betracht kommt, wenn die Darlehensgeberin an der unmittelbaren Gesellschafterin überhaupt nicht beteiligt ist97. Über die Anforderungen an den Abhängigkeitstatbestand hinaus ist jedoch keine zusätzliche Mindestbeteiligung zu fordern. 2. Verhältnis der Tochtergesellschaft (T) zur darlehensnehmenden Enkelgesellschaft (E) Für das Verhältnis zwischen der unmittelbar beteiligten Tochtergesellschaft und der darlehensnehmenden Enkelgesellschaft reicht jene allgemeine Beteiligungsqualität aus, wie sie für einen unmittelbar beteiligten Gesellschafter der jeweiligen Rechtsform im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung erforderlich ist, sodass insoweit auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden kann98. Dennoch ist zu untersuchen, ob sich nicht Besonderhei____________________ 95
Zur Notwendigkeit gesellschaftsrechtlich vermittelter Einflussnahmemöglichkeit vgl. auch § 13 I. 3. (S. 289). 96 BGHZ 90, 381 (395 ff.); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II. 3; Hüffer AktG, § 17 Rn. 9; MünchHdb AktG – Krieger, § 68 Rn. 40; MüKo AktG – Bayer, § 17 Rn. 21 f. m.w.N. 97 Das schließt nicht aus, dass ausnahmsweise dennoch eine Zurechnung in Betracht kommt, etwa wenn zwischen den Gesellschaften ein Treuhandverhältnis vorliegt; ähnl. Schmidsberger, S. 128, der allerdings bereits das grundsätzliche Erfordernis einer Beteiligung verneint. 98 § 10 I. 2. (S. 202 f.).
212 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
ten für das Verhältnis zwischen T und E ergeben, wenn zwischen T und E nicht lediglich ein schlichtes Beteiligungsverhältnis, sondern ein Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht. Aufgrund der geringeren Anforderungen an die Beteiligungsqualität im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung kommt einer solchen Fallgestaltung jedoch nur dann Relevanz zu, wenn es sich entweder bei der E um eine GmbH handelt und T eine Beteiligung am Stammkapital von unter 10 % an E hält, oder E in der Rechtsform einer AG organisiert ist und T mit nicht mehr als 25 % am Grundkapital der E beteiligt ist. In beiden Fällen käme nämlich eine Erfassung durch das Kapitalersatzrecht nicht in Betracht, wenn zwischen den Gesellschaften lediglich ein einfaches Beteiligungsverhältnis vorläge. Soweit sich aus dem Umstand, dass zwischen T und E ein Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht, die Notwendigkeit einer anders lautenden Beurteilung ergeben sollte, gilt dies nicht nur für die hier zu beurteilende vertikal absteigende Darlehensgewährung im dreistufigen Unternehmensverbund, sondern auch für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung, bei dem zwischen darlehensgebender Gesellschafterin und darlehensnehmender Gesellschaft ein Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht. Insofern bleibt es bei der eingangs getroffenen Feststellung, dass für das Verhältnis zwischen T und E jene allgemeine Beteiligungsqualität ausreicht, wie sie für einen unmittelbar beteiligten Gesellschafter der jeweiligen Rechtsform im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung erforderlich ist. a) Aktiengesellschaft Nach herrschender Meinung lässt zwar regelmäßig erst eine Sperrminorität das für eine Unterwerfung unter die Kapitalersatzregeln notwendige unternehmerische Interesse des Aktionärs erkennen99, jedoch kann auch eine geringere, aber nicht unbeträchtliche Beteiligung ausreichen, wenn die Beteiligung in Verbindung mit anderen Umständen dem Aktionär Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert und er dadurch ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lässt100. Die vorangegangenen Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl das Bestehen eines Konzern- als auch das eines Abhängigkeitsver____________________ 99 Vgl. BGHZ 90, 381 (390 f.); OLG Düsseldorf AG 1991, 401 (402); GK AktG – Henze, § 57 Rn. 120; Hüffer AktG, § 57 Rn. 18; Immenga in ZIP 1983, 1405 (1409 f.); Ketzer, S. 78; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 93; Rümker in FS Stimpel, S. 673 (677 f.). 100 Vgl. BGHZ 90, 381 (388); Habersack in ZHR 162 (1998), 201 (218 ff.); Junker in ZHR 156 (1992), 394 (403 ff.); K. Schmidt in ZHR 147 (1983), 165 ( 184 ff.).
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hältnisses dem herrschenden Unternehmen die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme bietet. Wenn die Einflussnahme der herrschenden Kreditgeberin auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft bereits für eine kapitalersatzrechtliche Zurechnung ausreicht, so muss dies erst recht für eine Unterwerfung unter den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts im Grundverhältnis der darlehensnehmenden Gesellschaft zu ihrer Gesellschafterin gelten. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein Aktionär unternehmerisches Interesse erkennen lässt, wenn er beherrschenden Einfluss auf seine Gesellschaft ausübt. Daher genügt für das Verhältnis zwischen T und E auch eine Beteiligung unterhalb der Sperrminoritätsgrenze, wenn zwischen T und E ein Vertragskonzern, qualifiziert faktischer Konzern, einfach faktischer (Unterordnungs-)Konzern oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. b) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob ein Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnis zwischen unmittelbar beteiligter und darlehensnehmender Gesellschaft den personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts eröffnet, wenn die Beteiligung der Gesellschafterin den Anforderungen des Kleinbeteiligungsprivilegs nach § 32a III, S. 2 GmbHG genügt und sie nach dem Gesetzeswortlaut von der Anwendung der Kapitalersatzregeln freigestellt ist. Eine im Schrifttum vertretene Ansicht plädiert für eine teleologische Reduktion des § 32a III, S. 2 GmbHG, nach der auch ein mit 10 % oder weniger beteiligter nicht geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH vom Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln erfasst werden könne, wenn dieser mitunternehmerische Verantwortung trage101. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn dem Kleingesellschafter aufgrund der Satzung oder sonstiger Vereinbarungen wie etwa Stimmbindungsverträgen eine Rechtsstellung zukomme, die über diejenige hinausgehe, die einem mit 10 % oder weniger beteiligten nicht geschäftsführenden Gesellschafter dem Gesetz nach zukomme102. Einerseits wird man bei aller berechtigten Kritik am Kleinbeteiligungsprivileg des § 32a III, S. 2 GmbHG103 den starren Schwellenwert der Vorschrift als Bestandteil des geltenden Rechts respektieren müssen104. Andererseits ent____________________ 101 Pentz in GmbHR 1999, 437 (446); ähnl. Hirte in ZInsO 1998, 147 (152 ff.); Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 67. 102 Pentz in GmbHR 1999, 437 (446). 103 Dazu ausführlich Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 179; Michalski GmbHG – Heidinger, §§ 32a, 32b Rn. 210 m.w.N. 104 Ebenso Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 180.
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spricht es ebenso dem Willen des Gesetzgebers, auch bei Vorliegen einer Kleinbeteiligung die Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG anzuwenden und auf diese Weise Umgehungsversuche zu erfassen105. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes manifestiert sich die für die Freistellung von Kleinbeteiligungen maßgebliche fehlende mitunternehmerische Verantwortung darin, dass es dem nur geringfügig Beteiligten regelmäßig an der Insiderstellung und den Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft fehlt106. Für das Vorliegen einer Insiderstellung sei das Überblicken der Gesellschaftsinterna und der Entwicklung der Gesellschaft kennzeichnend107. Die Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft liege vor, wenn der Gesellschafter nach § 50 I, II GmbHG die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen und diese zur Befassung mit einem bestimmten Beschlussgegenstand zwingen könne108. Ist der Kleingesellschafter mit seiner Gesellschaft konzerniert oder besteht zwischen ihm und der Gesellschaft – etwa aufgrund von Stimmbindungsverträgen – ein Abhängigkeitsverhältnis, dann entspricht seine Rechtsstellung als herrschender Gesellschafter nicht der eines typischen Kleingesellschafters, den der Gesetzgeber wegen seiner mangelnden unternehmerischen Verantwortung vom Kapitalersatzrecht ausnehmen wollte. Im Verhältnis zu der die mitunternehmerische Verantwortung begründenden Einflussmöglichkeit, die bereits durch das Recht auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung vermittelt werden soll, ist ein die Abhängigkeit begründender beherrschender Einfluss des Kleingesellschafters auf seine Gesellschaft weitaus intensiver, wenn das herrschende Unternehmen „über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihm durchzusetzen“ bzw. das herrschende Unternehmen in der Lage ist, auf längere Sicht gesehen Konsequenzen herbeizuführen, wenn seinem Willen nicht gefolgt wird109. Die Gesellschafterin ist daher auch dann vom personellen Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln erfasst, wenn sie zwar als nicht geschäftsführende Gesellschafterin mit 10 % oder weniger am Stammkapital der GmbH ____________________ 105
Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 12. Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 11. 107 Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 11. 108 Zu dieser Definition siehe die Kommentarstelle Lutter/Hommelhoff GmbHG, 14. Aufl. 1995, §§ 32a/b Rn. 56, auf welche die Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141, S. 12, hinweist. 109 So die Definitionen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs zur Abhängigkeit, vgl. RGZ 167, 40 (49) „Thega“; BGHZ 121, 137 (146) „WAZ/IKZ“; OLG Düsseldorf ZIP 1993, 1791 „Feldmühle Nobel“. 106
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beteiligt ist, zwischen ihr und der GmbH aber ein Konzern- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht, weil sich eine Anwendung des Kleinbeteiligungsprivilegs bei teleologischer Reduktion des § 32a III, S. 2 GmbHG verbietet. c) GmbH & Co. KG Das Kleinbeteiligungsprivileg des § 32a III, S. 2 GmbHG gilt über die Verweisungsnorm des § 172a HGB auch für die GmbH & Co. KG. Es ist streitig, ob für die 10 %-Quote auf die Beteiligung des Gesellschafters an der GmbH oder der KG abzustellen ist110. Ungeachtet, ob der Gesellschafter nur Kommanditist111 oder nur GmbH-Gesellschafter112 ist, oder er neben seiner Kommanditistenstellung gleichzeitig eine Gesellschafterposition bei der Komplementär-GmbH bekleidet113, scheidet eine Anwendung des Kleinbeteiligungsprivilegs aus den zuvor genannten Gründen aus, wenn zwischen Gesellschafter und darlehensnehmender Gesellschaft ein Konzernoder Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Handelt es sich also bei der darlehensnehmenden Gesellschaft um eine GmbH oder GmbH & Co. KG und hält die nicht geschäftsführende Gesellschafterin eine Beteiligung am Stammkapital von unter 10 %, so ist der personelle Anwendungsbereich der Kapitalersatzregeln eröffnet, wenn zwischen Gesellschafterin und Gesellschaft ein Vertragskonzern, qualifiziert faktischer Konzern, einfach faktischer (Unterordnungs-)Konzern oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Entsprechendes gilt, wenn die Darlehensnehmerin in der Rechtsform einer AG organisiert ist und die Aktionärin mit nicht mehr als 25 % am Grundkapital der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Dabei gelten diese Grundsätze gleichermaßen sowohl für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung als auch für das Verhältnis zwischen unmittelbar beteiligter Gesellschaft und Darlehensnehmerin im Fall der Darlehensgewährung unter verbundenen Unternehmen. ____________________ 110
Zum Streitstand: Michalski GmbHG – Heidinger, §§ 32a, 32b Rn. 247 m.w.N. Dann ist auf die KG-Beteiligung abzustellen, vgl. Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 210; Michalski GmbHG – Heidinger, §§ 32a, 32b Rn. 247; Westermann in DZWiR 2000, 1 (4). 112 Dann muss auf die GmbH-Beteiligung abgestellt werden, vgl. Michalski GmbHG – Heidinger, §§ 32a, 32b Rn. 247 113 Nach Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 210 und Michalski GmbHG – Heidinger, §§ 32a, 32b Rn. 247 hindert eine über 10%-ige GmbHGBeteiligung allein die Anwendung des Kleinbeteiligungsprivilegs nicht; a.A.: Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 72, denen zufolge die Quote sich allein nach der GmbH-Beteiligung richte. 111
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III. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen in mehr als dreistufigen Beteiligungs-, Abhängigkeitsund Konzernverhältnissen Es wurde bereits erwähnt, dass die Problematik der kapitalersatzrechtlichen Erfassung von vertikal absteigenden Darlehensausreichungen über mehrere Beteiligungsstufen hinweg für das Cash Pooling eine besondere Relevanz aufweist114. Es liegt in der Natur des Cash Poolings, dass die Liquidität aus dem Cash Pool nicht nur von der zielkontoführenden Muttergesellschaft in Gestalt der Konzernmutter oder Finanzierungsgesellschaft an deren Enkelgesellschaft, sondern ebenso gut an deren Urenkel-, Ururenkel- oder in der Beteiligungshierarchie noch weiter unten angesiedelte Gesellschaft transferiert werden kann. Befindet sich die zielkontoführende Gesellschaft im umgekehrten Fall in der Position der Darlehensnehmerin, dann kommt eine mehr als dreistufige vertikal absteigende Darlehensausreichung in Betracht, wenn eine Gesellschaft überschüssige Liquidität an die Finanzierungsgesellschaft abführt und die Finanzierungsgesellschaft ihrerseits Urenkel- oder Ururenkelgesellschaft der liquiditätsabführenden Gesellschaft ist. Hinsichtlich der Anforderungen an die Beteiligungsqualität muss auch hier, ähnlich wie bei den dreistufigen Beteiligungsverhältnissen, zwischen dem Verhältnis der unmittelbar an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafterin und demjenigen Verhältnis der Darlehensgeberin zu dieser unmittelbar beteiligten Gesellschafterin unterschieden werden. 1. Verhältnis der Darlehensgeberin zur unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft Soweit ersichtlich, liegt nur sehr wenig Rechtsprechungsmaterial zur Zurechnung in mehr als dreistufigen Beteiligungsverhältnissen vor. Vom OLG Hamm wurde eine Zurechnung im Fall eines vierstufigen Beteiligungsverhältnisses vorgenommen, in dem die Muttergesellschaft ein kapitalersetzendes Darlehen an ihre Urenkelgesellschaft ausreichte115. Hier war die Darlehensgeberin über eine Kette hundertprozentiger Beteiligungen an der Darlehensnehmerin beteiligt und überdies existierten zwischen den beteiligten Gesellschaften teilweise sowohl organschaftliche Verflechtungen, als auch ein Ergebnisabführungsvertrag, sodass dieser Fall zur Ermittlung von Zurechnungskriterien in schwächer ausgeprägten Beteiligungsstrukturen nicht geeignet ist. ____________________ 114 115
Dazu § 9 I (S. 164 f.). OLG Hamm ZIP 1989, 1398 ff.
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Für eine Einbeziehung der nur mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Darlehensgeberin in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts müssen jedoch auch in mehr als dreistufigen Beteiligungsverhältnissen grundsätzlich die gleichen Anforderungen gelten, die bereits in dreistufigen Verbindungen eine Gleichstellung des mittelbaren mit einem unmittelbaren Gesellschafter rechtfertigen. Maßgebliches Zurechnungskriterium ist daher die Möglichkeit der kreditgebenden Gesellschaft, auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft unternehmerischen Einfluss dergestalt nehmen zu können, dass sie die Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft wahrnehmen kann. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Möglichkeiten der Darlehensgeberin zur unternehmerischen Einflussnahme auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft – zumindest tendenziell – erheblich verdünnen können, wenn das Darlehen von der Kreditgeberin über eine mehr als dreistufige Beteiligungskette hinweg ausgereicht wird116. Für eine Zurechnung ist daher erforderlich, dass die darlehensgebende Gesellschaft die Möglichkeit hat, ihren unternehmerischen Einfluss ununterbrochen und über sämtliche Beteiligungsstufen vermittelt auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft auszuüben. Vergibt beispielsweise die Muttergesellschaft (M) das Darlehen an die Ururenkelgesellschaft (UU), dann muss M die Möglichkeit zur Ausübung unternehmerischen Einflusses auf T, T auf E und E auf die unmittelbar an UU beteiligte U haben, damit eine Zurechnung erfolgen kann. Zur Bestimmung des unternehmerischen Einflusses dienen die gleichen Kriterien, die bereits bei der Untersuchung dreistufiger Beteiligungs- und Konzernverhältnisse als taugliche Kriterien herausgearbeitet wurden. Dabei ist die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme, die sowohl auf der Höhe der Beteiligung als auch auf vertraglicher Vereinbarung beruhen kann, für jede Stufe gesondert zu ermitteln. Dies sei an folgendem Beispielsfall veranschaulicht: Die darlehensgebende M-GmbH halte eine einfache Mehrheitsbeteiligung an der T-AG, wobei das zur Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder erforderliche Mehrheitserfordernis nach § 103 I, S. 3 AktG statutarisch auf die einfache Mehrheit abgesenkt sei. Die T-AG sei zwar nur mit einer Minderheitsbeteiligung an der E-AG beteiligt, jedoch sei die E-AG aufgrund von Stimmbindungsverträgen zwischen den Aktionären der E-AG ein von der T-AG abhängiges Unternehmen i.S.d. § 17 AktG. Die E-AG wiederum halte eine Minderheitsbeteiligung an der U-GmbH, jedoch komme ihr nach der Satzung der UGmbH die Mehrheit der Stimmrechte zu. Die U-GmbH halte an der Darlehens____________________ 116
Ebenso v. Gerkan in ZGR 1997, 173 (183); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.18; Schmidsberger, S. 90.
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nehmerin UU-GmbH eine den Anforderungen des § 32a GmbHG genügende Beteiligung von beispielweise 15 %. Hier ist eine Zurechnung vorzunehmen, weil der M-AG die Möglichkeit zur Ausübung unternehmerischen Einflusses auf die U-GmbH durch alle Beteiligungsstufen hindurch vermittelt wird. Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn diese Kette von Beherrschungsmöglichkeiten auf einer oder gar mehreren Beteiligungsstufen unterbrochen wird. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn im Verhältnis M – T das zur Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder erforderliche Mehrheitserfordernis nicht statutarisch auf die einfache Mehrheit abgesenkt wäre, weil grundsätzlich nur eine qualifizierte Mehrheit von 75 % dem Aktionär die rechtlich gesicherte Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf seine Gesellschaft verleiht (vgl. § 103 I, S. 2, § 262 I Nr. 2 AktG). Gleiches würde für den Fall gelten, dass die E-AG kein von der T-AG abhängiges Unternehmen ist. Auch im Verhältnis der E-AG zur U-GmbH vermittelt allein die Stimmrechtsmehrheit die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme. Stünde der E-AG keine Stimmrechtsmehrheit zu, so wäre die Beherrschungskette unterbrochen, wenn die EAG nur eine Minderheitsbeteiligung an der U-GmbH hält und ihr keine anderweitigen rechtlich gesicherten Möglichkeiten der Einflussnahme zustünden. Kann demnach die darlehensgewährende Gesellschaft über die dazwischengeschalteten Gesellschaften die Gesellschafterrechte der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft ausüben, dieser also – vermittelt über die Zwischengesellschaften – ihren Willen aufzwingen117, dann ist der nur mittelbar über mehrere Stufen beteiligten Darlehensgeberin die Stellung einer unmittelbaren Gesellschafterin zuzurechnen. 2. Verhältnis der unmittelbar beteiligten Gesellschafterin zur darlehensnehmenden Gesellschaft Für das Verhältnis der darlehensnehmenden Gesellschaft zu ihrer unmittelbar beteiligten Gesellschafterin – also das in der Beteiligungshierarchie auf letzter Stufe stehende Beteiligungsverhältnis – genügen die allgemeinen gesellschaftsformspezifischen Beteiligungsqualitäten, wie sie auch im Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung erforderlich und ausreichend sind. Das bedeutet im Einzelnen: Für eine Darlehensnehmerin in der Rechtsform der GmbH gilt § 32a III, S. 2 GmbHG, sodass eine Beteiligung der Gesellschafterin von über 10 % am Stammkapital der Darlehensnehmerin vorliegen muss. Ist die Darlehensnehme____________________ 117
So anschaulich Schmidsberger, S. 91.
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rin eine Aktiengesellschaft, dann genügt regelmäßig, dass die unmittelbar beteiligte Aktionärsgesellschaft eine Sperrminorität innehält oder die Beteiligung in Verbindung mit anderen Umständen der Aktionärin Einfluss auf die Unternehmensleitung sichert. Sowohl für eine Enkelgesellschaft in der Rechtsform der GmbH, der GmbH & Co. KG als auch der AG gilt, dass der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts grundsätzlich auch dann eröffnet ist, wenn die Höhe der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin unter diesen Werten liegt, jedoch zwischen Gesellschafterin und Darlehensnehmerin ein Vertragskonzern, qualifiziert faktischer Konzern, einfach faktischer (Unterordnungs-)Konzern oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht118.
IV. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling Nachdem zuvor Kriterien für die kapitalersatzrechtliche Zurechnung von Finanzierungsleistungen unter verbundenen Unternehmen entwickelt wurden, sind nunmehr die beim Cash Pooling erfolgenden vertikal absteigenden Liquiditätsverschiebungen auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht anhand dieser Kriterien zu überprüfen. Dies erlaubt die Beantwortung der eingangs gestellten Frage, ob eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung unter poolverbundenen Unternehmen vorzunehmen ist. Das ist der Fall, wenn beim Cash Pooling in jeder Gruppe der in Betracht kommenden Liquiditätsverschiebungen mindestens eines der jeweiligen Zurechnungskriterien durchgängig vorliegt. An dieser Stelle kann eine solche Feststellung zunächst nur für vertikal absteigende Liquiditätsverschiebungen getroffen werden. Im weiteren Verlauf der Untersuchung (§§ 11-13) ist daher nach der Entwicklung von Zurechnungskriterien für die jeweilige Fließrichtung der Darlehen zu überprüfen, ob diese Zurechnungskriterien bei Durchführung des Cash Poolings ausnahmslos erfüllt werden und deshalb eine generelle Zurechnung für Liquiditätsverschiebungen beim Cash Pooling in der jeweiligen Fließrichtung angezeigt ist. Lässt sich das für sämtliche Fließrichtungen bejahen, so kann in der Praxis bei Vorliegen einer Finanzierungsleistung im Rahmen eines Cash Pooling-Systems auf eine einzelfallbezogene Prüfung des personellen Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts verzichtet werden.
____________________ 118
Dazu § 10 II 2. (S. 211 ff.).
220 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
1. Voraussetzungen der Zurechnung Eine Zurechnung der Gesellschafterstellung ist bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen vorzunehmen, wenn die kreditgebende Gesellschaft die Möglichkeit hat, auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft unternehmerischen Einfluss dergestalt nehmen zu können, dass sie die Ausübung der Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft wahrnehmen kann119. Dabei hat sich ein zweispuriges Zurechnungssystem herauskristallisiert. Der Darlehensgeberin kann zum einen aufgrund des Umfangs ihrer Beteiligung an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme eröffnet sein120. Zum anderen kommen Einflussmöglichkeiten in Betracht, die nicht auf dem Beteiligungsumfang beruhen. Dazu gehören etwa statutarische Sonderrechte, die der Darlehensgeberin einen weitreichenden gestaltenden Einfluss auf die Geschäftsführung und -politik der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft einräumen, oder das Vorliegen personeller Identität in den Leitungsorganen von Darlehensgeberin und -nehmerin121. Ferner sind dazu all jene Möglichkeiten zur unternehmerischen Einflussnahme zu rechnen, die im Verhältnis zwischen Darlehensgeberin und unmittelbar beteiligter Gesellschaft ein Abhängigkeits- oder Konzernverhältnis begründen122. 2. Abhängigkeits- oder Konzernverhältnis als Zurechnungskriterium Während sich die jeweilige Beteiligungshöhe nur als einzelfallbezogenes Zurechnungskriterium eignet, kommt für eine generelle Zurechnung vertikal absteigender Liquiditätsverschiebungen beim Cash Pooling das Kriterium des Abhängigkeits- oder Konzernverhältnisses in Betracht. Begründet die Durchführung des Cash Poolings zwischen den teilnehmenden Unternehmen in vertikal absteigender Linie durchweg zumindest ein Beherrschungs- bzw. Abhängigkeitsverhältnis, dann ist für vertikal absteigende Finanzierungsleistungen im Rahmen des Cash Poolings der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts generell eröffnet. Im Schrifttum wird die Frage diskutiert, ob die Durchführung einer zentralen Liquiditätsverwaltung im Rahmen eines konzernweiten Cash Managements eine qualifiziert faktische Konzernierung der beteiligten Unternehmen begrün____________________ 119 120 121 122
§ 10 I. 1. a) bb) (S. 186 ff.). § 10 I. 1. b), c) (S. 188 ff.). § 10 I. 1. d) aa) (S. 197 f.). § 10 II. 1. (S. 204 ff.).
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen
221
det. Das wird von Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend bejaht für den Fall, dass das Cash Management in der intensiven Form des Cash Poolings durchgeführt wird123. Ein Teil der Autoren sieht in der Durchführung des Cash Poolings nur dann eine Gefahr für das Entstehen eines qualifiziert faktischen Konzerns, wenn die Liquiditätsverschiebungen nicht durch ordnungsgemäße Buchführung nachvollziehbar sind oder der abhängigen Gesellschaft die benötigte Liquidität vorenthalten wird124. Dieser Einschränkung ist zuzustimmen, denn nur wenn es an einer ordnungsgemäßen Aufzeichnung der Liquiditätsverschiebungen fehlt, ist davon auszugehen, dass sich der dem abhängigen Unternehmen zugefügte Nachteil nicht durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren lässt, was nach dem „TBB“-Urteil125 eines der beiden zentralen Tatbestandsmerkmale des qualifiziert faktischen Konzerns darstellt. Allerdings hat die Rechtsfigur des qualifiziert faktischen Konzerns seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil126 des BGH erheblich an Bedeutung verloren127. Letztlich kann aber die Frage dahinstehen, ob das Cash Pooling schlechthin oder nur im Einzelfall einen qualifiziert faktischen Konzern begründet und welche Bedeutung dem qualifiziert faktischen Konzern nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil überhaupt noch zukommt. Das Cash Pooling ist eine genuine Finanzierungsmaßnahme des Konzerns128. Sowohl nach dem weiten als auch nach dem engen Konzernbegriff begründet die Zentralisierung der Unternehmensfinanzierung, wie sie durch das Cash Pooling sogar in der rigorosesten Form erfolgt, ein Indiz für die zur Begründung eines Konzerns erforderliche einheitliche Leitung129. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass eine Zurechnung bei vertikal absteigenden Darlehensgewährungen vorzuneh____________________ 123 OLG Bremen ZIP 1999, 1671 (1673) unter Berufung auf BHG ZIP 1997, 416 (418); Eichholz, S. 120; Bayer in FS Lutter, S. 1011 (S. 1030); Hoffmann-Becking in Probleme Konzernrecht, S. 68 (S. 80 f.); Jaeger in DStR 2000, 1736 (1739); Lutter in AG 1990, 179 (182); weitere Nachweise bei Ketzer, S. 11 Fn. 52. 124 Hormuth, S. 216 ff.; Lutter/Scheffler/Schneider – Hommelhoff/Kleindiek, Rn. 21.20; Kuhlmann/Anis, D, Rn. 44, 54 ff.; MünchHdb AG – Krieger, § 69 Rn. 56 u. Rn. 118. 125 BGHZ 122, 123 ff. 126 BGHZ 149, 10 = BGH ZIP 2001, 1874. 127 Ausführlich dazu § 8 I. 2. (S. 153 ff.). 128 Vgl. § 1 I. (S. 25 ff.) sowie Hormuth, S. 217, demzufolge bei Durchführung eines Cash Managements das Vorliegen eines Konzernverhältnisses „offensichtlich gegeben“ ist. 129 Zum engen und weiten Konzernbegriff vgl. § 13 I. 3. (S. 287 ff.).; siehe auch Hormuth, S. 121 zur Ausübung der Leitungsmacht zum Zwecke der Einführung des Cash Managements.
222 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
men ist, wenn zwischen der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft und der Darlehensgeberin ein einfach faktischer Unterordnungskonzern besteht130. Selbst wenn man jedoch in besonderen Fällen das Vorliegen eines Konzerns verneint, hat eine Zurechnung zu erfolgen, weil diese bereits immer dann vorzunehmen ist, wenn die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft von der Darlehensgeberin abhängig ist131. Die am Cash Pooling teilnehmenden Unternehmen können nicht mehr eigenständig über ihre Versorgung mit Liquidität entscheiden. Sie sind auf die Versorgung mit Liquidität aus dem Cash Pool angewiesen, weil sämtliche eigenen Liquiditätsüberschüsse arbeitstäglich auf das Zielkonto transferiert werden132. Die Einbindung eines Unternehmens in das Cash Pooling wird nur dann möglich sein, wenn die Obergesellschaft einen beherrschenden Einfluss auf das betreffende Unternehmen ausübt. Dabei liegt ein Beherrschungsverhältnis nicht nur im Verhältnis der Konzernspitze zu derjenigen Gesellschaft vor, auf welche die Konzernspitze unmittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann. § 17 I AktG stellt klar, dass auch ein mittelbarer beherrschender Einfluss, etwa über eine zwischengeschaltete Tochtergesellschaft133, zur Begründung eines Abhängigkeitsverhältnisses ausreicht. Überdies ist das Cash Pooling nicht ohne eine von der Konzernspitze bis zur Darlehensnehmerin durchgehende Abhängigkeitskette denkbar134. Nur mittels eines durchgehenden beherrschenden Einflusses kann die Konzernspitze jede zum Unternehmensverbund gehörende Gesellschaft zur Teilnahme am Cash Pooling verpflichten. Diese durchgehende Abhängigkeitskette hat wiederum zur Folge, dass auf vertikal absteigender Ebene jede der am Cash Pooling teilnehmenden Gesellschaften von den Gesellschaften abhängig ist, die in der Beteiligungshierarchie oberhalb von ihr selbst angeordnet sind. Selbst wenn man also ungeachtet der zentralen Führungsaufgabe der Finanzierung nicht von einer einheitlichen Leitung und damit nicht vom Bestehen eines Konzernverhältnisses ausgeht, setzt das Cash Pooling in vertikal absteigender Linie zumindest eine Abhängigkeit der teilnehmenden Gesellschaften und damit deren ____________________ 130
§ 10 II. 1. b) bb) (1) (S. 209). § 10 II. 1. b) aa) (S. 207 f.). 132 Hormuth, S. 116; Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 205); Schneider in ZGR 1984, 497 (533 f.); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.30; Zeidler, S.1. 133 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 3 II. 4. (S. 49). 134 Dabei reicht für die Zurechnung bereits eine durchgehende Abhängigkeit bis zur unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft aus, vgl. § 10 I. 1. a) bb) (S. 187) und § 10 II. 1. b) aa) (S. 208). 131
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen
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Beherrschung durch die übergeordneten Gesellschaften voraus. Die Beherrschung der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft durch die Darlehensgeberin rechtfertigt es, bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen die nur mittelbar beteiligte Darlehensgeberin mit einer unmittelbar beteiligten Gesellschafterin gem. § 32a III S. 1 GmbHG gleichzustellen135. Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen beim Cash Pooling werden somit immer vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst, ohne dass es auf die jeweilige Beteiligungshöhe der Darlehensgeberin an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft im Einzelfall ankommt.
V. Zwischenergebnis Bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen ist die nur mittelbar beteiligte Gesellschafterin mit einem unmittelbaren Gesellschafter gleichzustellen und folglich das Kapitalersatzrecht anwendbar, wenn die mittelbar beteiligte Gesellschafterin die Möglichkeit hat, auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft unternehmerischen Einfluss dergestalt auszuüben, dass sie die Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft wahrnehmen kann. Die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme kann dabei maßgeblich auf der Höhe der Beteiligung beruhen. Ebenso gut können aber auch solche Faktoren die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme vermitteln, die nicht aus dem Beteiligungsumfang hervorgehen. Im Einzelnen kommt eine Zurechnung unter folgenden Voraussetzungen in Betracht: Die Möglichkeit zu unternehmerischer Einflussnahme ist bei einer hundertprozentigen Beteiligung der Darlehensgeberin an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft immer, bei einer Mehrheitsbeteiligung regelmäßig gegeben. Eine Ausnahme ist dann zu machen, wenn Anteilsmehrheit und Stimmrechtsmehrheit auseinander fallen. Dann darf eine Zurechnung nicht erfolgen, wenn der nur mittelbar beteiligte Mehrheitsgesellschafter bloß kapitalistisch beteiligt ist und die Stimmrechtsmehrheit einem anderen Gesellschafter zusteht. Handelt es sich bei der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft um eine Aktiengesellschaft, so verschafft regelmäßig nur eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 % der Stimmen die für eine Zurechnung erforderliche Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme. Eine Minderheitsbeteiligung reicht für eine Zurechnung regelmäßig nicht aus. Ausnahmen von dieser Regel sind jedoch dann geboten, wenn die Darle____________________ 135
§ 10 II. 1. b) aa) (S. 207 f.).
224 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
hensgeberin trotz der Minderheitsbeteiligung die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme hat. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Darlehensgeberin statutarisch ein Sonderrecht auf Beteiligung an der Geschäftsführung oder ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung eingeräumt ist. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Minderheitsaktionär über eine nachhaltig gesicherte Hauptversammlungsmehrheit und so faktisch über die Mehrheit der Stimmen verfügt, oder sich mehrere Minderheitsgesellschafter zu einem Finanzierungskonsortium zusammenschließen und dabei gemeinsam rechnerisch eine Mehrheitsbeteiligung halten. Eine hohe mittelbare Beteiligungsquote, bei der ein Gesellschafter keine Mehrheitsbeteiligung oder Minderheitsbeteiligung mit unternehmerischem Einfluss an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft hält, jedoch rechnerisch mit einer besonders hohen Quote an der Darlehensnehmerin beteiligt ist, kann keine Zurechnung begründen. Besteht zwischen der darlehensgebenden Gesellschaft und der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft ein Vertragskonzern, sind die Gesellschaften qualifiziert oder einfach faktisch konzerniert, oder besteht zwischen den beiden Gesellschaften ein Abhängigkeitsverhältnis, dann begründet der beherrschende Einfluss der Darlehensgeberin ohne weiteres die für eine Zurechnung erforderliche Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme. Handelt es sich bei der zu beurteilenden Konstellation um ein mehr als dreistufiges Beteiligungs-, Abhängigkeits- und Konzernverhältnis, ist eine Zurechnung unter den gleichen Voraussetzungen vorzunehmen. Die Darlehensgeberin muss auch hier die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft haben. Das ist freilich nur der Fall, wenn die darlehensgebende Gesellschaft die Möglichkeit hat, ihren unternehmerischen Einfluss ununterbrochen und über sämtliche Beteiligungsstufen vermittelt auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft auszuüben, sodass die zuvor genannten Zurechnungskriterien auf allen Beteiligungsstufen bis hinab zur unmittelbar beteiligten Gesellschaft vorliegen müssen. Für die Höhe der Beteiligung im Verhältnis zwischen der Darlehensnehmerin und der unmittelbar an ihr beteiligten Gesellschaft gelten keine Besonderheiten, vielmehr genügen die allgemeinen Beteiligungsqualitäten, wie sie bereits für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung gelten. Dabei hat sich herausgestellt, dass auch Gesellschafter, die mit weniger als 10 % an der GmbH bzw. GmbH & Co. KG oder mit weniger als 25 % an der AG beteiligt sind, vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst sind, wenn zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ein Vertragskonzern, qualifiziert faktischer Konzern, einfach faktischer (Unterordnungs-)Konzern
§ 10 Vertikal absteigende Finanzierungsleistungen
225
oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Das Kleinbeteiligungsprivileg des § 32a III, S. 2 GmbHG findet insoweit keine Anwendung. Bei vertikal absteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings ist der darlehensgewährenden Gesellschaft die Gesellschaftereigenschaft generell zuzurechnen, weil zwischen den poolverbundenen Unternehmen in vertikal absteigender Linie regelmäßig ein Konzernverhältnis, jedenfalls aber durchweg ein Abhängigkeitsverhältnis besteht.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen M
W
T1 E 1.1
T2
E 1.2
T3
E 2.1
E 2.2
E 3.1
E 3.2
W U 1.1.1 UU 1.1.1.1
U 1.1.2 UU 1.1.2.1
U 1.2.1
UU 1.1.2.2
U 1.2.2
U 2.1.1
U 2.1.2
U 2.2.1
UU 1.2.2.1
UU 2.1.2.1
UU 2.1.2.2
UU 2.1.2.3
U 2.2.2
X
W U 3.1.1 UU 3.1.1.1
U 3.1.2 UU 3.1.2.1
U 3.2.1
UU 3.1.2.2
U 3.2.2 UU 3.2.2.1
W
I. Grundlagen der Erfassung horizontaler Finanzierungsleistungen Eine horizontale Finanzierungsleistung liegt vor, wenn die Darlehensvergabe unter Schwestergesellschaften erfolgt, also die Darlehensgeberin (T2) weder mittelbar noch unmittelbar an der Darlehensnehmerin (T1) beteiligt ist, Anteile beider Gesellschaften jedoch von einer gemeinsamen Muttergesellschaft (M) gehalten werden. Da sich beim Cash Pooling die Person des Darlehensnehmers bzw. -gebers allein danach bestimmt, an welches der über vielstufige Verzweigungsketten miteinander verbundenen Unternehmen die zielkontoführende Gesellschaft Liquidität ausreicht bzw. welches der verbundenen Unternehmen Liquiditätsüberschüsse auf das Zielkonto abführt, sind horizontale Finanzierungsleistungen beim Cash Pooling praktisch ebenso bedeutsam wie der für die Bestimmung des personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts unproblematische Grundfall der Darlehensgewährung zwischen unmittelbar beteiligten Gesellschaften. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass eine Zurechnung nach den für vertikal absteigende Finanzierungsleistungen entwickelten Kriterien beim Cash Pooling hauptsächlich dann zu erfolgen hat, wenn der Cash Pool von der Konzernspitze geführt wird. Obliegt die Führung des Zielkontos hingegen einer eigens dafür eingerichteten Finanzierungsgesellschaft, liegt zumeist keine vertikal absteigende Finanzierungsleistung vor, weil die Finanzierungsgesellschaft regelmäßig nicht an den übrigen Konzernunternehmen beteiligt ist1. Vielmehr sind die Finanzierungsgesellschaft und die übrigen Gesellschaf-
____________________ 1
Vgl. dazu und zu den Ausnahmefällen § 10 I. (S. 179 f.).
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
227
ten im Verhältnis zueinander Schwestergesellschaften. Auch hier gilt, dass die Finanzierungsgesellschaft entweder Darlehensgeberin sein kann, wenn sie Liquidität aus dem Cash Pool an eine Schwestergesellschaft abführt, oder sich in der Position der Darlehensnehmerin befindet, wenn eine Schwestergesellschaft überschüssige Liquidität auf das Zielkonto abführt. Während die Zurechnungskriterien für vertikal absteigende Finanzierungsleistungen also regelmäßig Anwendung finden, wenn der Cash Pool von der Konzernmutter geführt wird, handelt es sich um einen klassischen Anwendungsfall der Zurechnungskriterien für horizontale Finanzierungsleistungen, wenn die Führung des Cash Pools einer Finanzierungsgesellschaft obliegt. Ebenso wie bei der Untersuchung vertikal absteigender Finanzierungsleistungen sollen auch hier die Möglichkeiten einer Zurechnung der Gesellschafterstellung bei horizontalen Finanzierungsleistungen zunächst losgelöst von den Spezifika des Cash Poolings ermittelt werden (II. – VII.). Anschließend ist zu prüfen, ob und inwieweit die gewonnenen Zurechnungskriterien bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung im Rahmen des Cash Poolings erlauben (VIII.). Der Bundesgerichtshof hat in zwei jüngeren Urteilen über die kapitalersatzrechtliche Erfassung einer Darlehensausreichung unter Schwestergesellschaften entschieden und dabei an der aktienrechtlichen Verbundformel als Zurechnungskriterium festgehalten. Die darlehensgebende Gesellschaft sei einem Gesellschafter gleichzustellen, wenn der Gesellschafter der darlehensnehmenden Gesellschaft mit der darlehensgebenden Gesellschaft verbunden sei, was vorbehaltlich einer gegenteiligen Regelung im Gesellschaftsvertrag dann der Fall sei, wenn der Gesellschafter an der leistenden Gesellschaft mit mehr als 50% beteiligt sei2. Auch der Teil des Schrifttums, der sich für eine generelle Einbeziehung verbundener Unternehmen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts ausspricht, will die nicht an der Darlehensnehmerin beteiligte Schwestergesellschaft einer Gesellschafterin gleichstellen, wenn sie mit dem Gesellschafter der ____________________ 2
BGH NZG 1999, 939; BGH NZG 2001, 223; a.A. jedoch OLG Jena NZG 1998, 858, das sich zwar grundsätzlich für die Verbundformel ausspricht, jedoch Schwestergesellschaften mangels Beteiligung als nicht verbundene Unternehmen bewertet und dabei verkennt, dass die einzelnen Konzernglieder nicht nur mit der Konzernspitze, sondern auch untereinander verbunden sind (vgl. Michalski/de Vries in NZG 1998, 859) und zudem nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur eine Unternehmensverbindung mit der darlehensnehmenden Gesellschaft, sondern auch eine solche mit deren Gesellschafter ausreicht (vgl. BGH ZIP 1981, 1202 „Helaba/Sonnenring“ unter Berufung auf § 32a V GmbHG RegE 1977).
228 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Darlehensnehmerin verbunden ist i.S.d. § 15 AktG3. Ein zweiter im Schrifttum vertretener Meinungsstrang will die Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft von zusätzlichen Erfordernissen, wie etwa dem Bestehen einer qualifiziert faktischen Konzernierung oder einer Verlustausgleichspflicht zwischen dem Gesellschafter der Darlehensnehmerin und der Darlehensgeberin abhängig machen4. Die Schwächen der von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur als Zurechnungskriterium verwendeten aktienrechtlichen Verbundformel treten bei horizontalen Finanzierungsleistungen besonders deutlich zutage. Bei der Schwestergesellschaft liegen die Voraussetzungen, die eine Finanzierungsfolgenverantwortung begründen und damit eine Umqualifizierung rechtfertigen, grundsätzlich nicht vor. Da die Schwestergesellschaft nicht einmal mittelbar an der Kreditnehmerin beteiligt ist, fehlt ihr die für eine Gleichstellung mit einem Gesellschafter erforderliche Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft. Auch die für die Gesellschafterstellung typischen Einwirkungs- und Informationsrechte auf die darlehensnehmende Gesellschaft fehlen ihr5, sodass von einer Doppelrolle, in welcher die beiden widerstreitenden Interessen von Gesellschafter und Gläubiger zusammentreffen6, dem Grunde nach nicht die Rede sein kann. Entscheidend gegen eine Gleichsetzung der Schwestergesellschaft mit einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter spricht auch die Tatsache, dass die Gläubiger der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft durch eine kapitalersatzrechtliche Umqualifizierung den Zugriff auf deren Darlehensforderung verlieren7. Vor dem Hintergrund, dass die darlehensgebende Schwestergesellschaft im Regelfall keinerlei Interesse an der Darlehensgewährung haben wird, weil nicht sie, sondern nur die in vertikal aufsteigender Linie an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafter von der unzureichenden Kapitalausstattung der Darlehensnehmerin profitieren, erscheint eine Zurechnung der Gesellschafterstellung nicht gerechtfertigt. Eine der Verbundformel folgende pauschale Un____________________ 3
Bäcker, S. 190 f.; Ehricke, S. 164; Gehde, S. 161; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 139; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 121; Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.42; Timm/Geuting in ZIP 1992, 525 (528). 4 Noack in GmbHR 1996, 153 (156 f.); Priester in ZBB 1989, 30 (36); Vervessos, S. 263; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.24; i.E. auch Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 64. 5 Ebenso Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (S. 665); Priester in ZBB 1989, 30 (36); Vervessos, S. 262; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.24. 6 Dazu § 10 I. 1.a) aa) (3) (S. 183 f.). 7 Noack in GmbHR 1996, 153 (156); Priester in ZBB 1989, 30 (36); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.24 m.w.N.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
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terwerfung horizontaler Finanzierungsleistungen unter den Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts verbietet sich daher. Vielmehr bietet es sich methodisch an, die Fallgruppen, in denen nach den verschiedenen Zurechnungsansätzen des Schrifttums eine Gleichsetzung der Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin zu erfolgen hat, zu untersuchen, um diese sodann möglicherweise auf ein übergeordnetes Zurechnungsprinzip zurückzuführen.
II. Aus dem Vermögen der an der Darlehensnehmerin beteiligten Muttergesellschaft stammende Darlehensvaluta Zutreffend wird im Schrifttum einhellig eine Gleichsetzung der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin der Darlehensnehmerin befürwortet, wenn die ausgereichten Darlehensmittel wirtschaftlich nicht aus dem eigenen Vermögen der Schwestergesellschaft, sondern aus demjenigen der gemeinsamen Muttergesellschaft stammen. Die Zurechnung einer solchen „Für-Rechnung-Finanzierung“, bei der T2 als Zahlungsmittlerin Gelder der M an T1 ausreicht, wird mit den Rechtsregeln der mittelbaren Stellvertretung begründet8. Bei der mittelbaren Stellvertretung schließt der mittelbare Vertreter im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung seines Geschäftsherrn ein Geschäft mit einem Dritten ab, aus dem nur der mittelbare Stellvertreter berechtigt und verpflichtet wird. Dieser ist aus dem zwischen ihm und dem Geschäftsherrn bestehenden Rechtsverhältnis verpflichtet, das aus dem Geschäft Erlangte an den Geschäftsherrn weiterzuleiten und bekommt im Gegenzug vom Geschäftsherrn seine Ausgaben und Aufwendungen ersetzt9. Diese Merkmale weist auch die Darlehengewährung zwischen Schwestergesellschaften auf, wenn die Darlehensvaluta aus dem Vermögen der Muttergesellschaft stammt. Ob T2 nur als Station zur Durchleitung der Mittel an T1 benutzt wird oder M die Finanzmittel der T2 schenkungsweise mit der Maßgabe überlässt, diese ihrer Schwestergesellschaft als Darlehen zur Verfügung zu stellen10, macht dabei keinen Unterschied. Die darlehensausreichende T2 handelt einzig im Interesse der M, die als unmittelbar an der darlehensnehmenden T1 beteiligte Gesellschafterin die volle Finanzierungsfolgenverantwortung ____________________ 8
Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (S. 656, 665); Ehricke, S. 159; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 61; Noack in GmbHR 1996, 153 (154); Priester in ZBB 1989, 30 (36); Vervessos, S. 260 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.21. 9 Larenz/Wolf AT, § 46 Rn. 19f.; Palandt – Heinrichs, vor § 164 Rn. 8. 10 Ehricke, S. 159.
230 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
trägt. Auch die gegen eine Zurechnung sprechende ungerechtfertigte Benachteiligung der Gläubiger der darlehensausreichenden Schwestergesellschaft wird in dieser Fallkonstellation nicht akut. Ein Rückforderungsverbot bzw. eine Erstattungspflicht für zu Unrecht an die Darlehensgeberin zurückgezahlte kapitalersetzende Darlehen wirkt sich nicht zu Lasten der Gläubiger der Darlehensgeberin aus. Die Darlehensgeberin handelt lediglich für Rechnung ihrer Muttergesellschaft, welche das Darlehen aus ihrem Vermögen finanziert und somit im Ergebnis der als mittelbaren Stellvertreterin fungierenden T2 ihre Ausgaben – das ausgereichte Darlehen – ersetzt. Dabei kann es keine Rolle spielen, über wie viele Stufen hinweg die finanzierende Gesellschaft an den beiden Schwestergesellschaften beteiligt ist. Gewährt also beispielsweise die Gesellschaft UU1.2.2.1 der Gesellschaft UU1.1.1.1 ein Darlehen, welches aus dem Vermögen der T1 stammt, dann handelt UU1.2.2.1 im Interesse und für Rechnung der gemeinsamen Urgroßmuttergesellschaft T1, sodass sie einem Gesellschafter ihrer Schwestergesellschaft gleichgestellt wird.
III. Aus dem Vermögen der darlehensgebenden Schwestergesellschaft stammende Darlehensvaluta Die zuvor beschriebene Fallkonstellation weist einen allzu offensichtlichen Umgehungscharakter auf, sodass in der Praxis solche Fälle relevanter sein werden, bei denen die Darlehensvaluta wirtschaftlich aus dem Vermögen der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft stammt. 1. Verbundformel Ein Großteil des Schrifttums will auch für den Fall, dass das Darlehen wirtschaftlich aus dem Vermögen der Schwestergesellschaft stammt, der darlehensgebenden Schwestergesellschaft die Gesellschaftereigenschaft zurechnen und begründet dies mit der These, die verbundene darlehensgebende Schwestergesellschaft werde ähnlich einem mittelbaren Stellvertreter im Interessenbereich des herrschenden Gesellschafters tätig11. Richtig daran ist zwar, dass die darlehensgewährende T2 möglicherweise im Interessenbereich der M tätig wird. Kennzeichnend für die Rechtsfigur des mittelbaren Stellvertreters ist aber weiterhin das Handeln für Rechnung seines Geschäftsherrn, ihm werden Ausgaben ____________________ 11 Ehricke, S. 164; Gehde, S. 161; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 139; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32 a, b Rn. 121; Timm/Geuting in ZIP 1992, 525 (528); ähnl. Lutter/Scheffler/Schneider – Schneider, Rn. 25.42: Zurechnung bei Bestehen einer „wirtschaftlichen Leitungseinheit“.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
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und Aufwendungen ersetzt12. Das trifft für T2 nicht zu, wenn die Darlehensvaluta aus ihrem eigenen Vermögen stammt. Es ist daher grundsätzlich nicht gerechtfertigt, der von der herrschenden M selbst abhängigen und damit gefährdeten T2, die bereits ohne eigenes Interesse und ohne unmittelbare oder mittelbare Teilhabe am Gewinn der Schwestergesellschaft ein Darlehen an diese ausreichen muss, zusätzlich noch den Rechtsfolgen der Kapitalersatzrechts zu unterwerfen. Das hätte nämlich zur Folge, dass T2 ihre Darlehensforderung gegen T1 versagt würde bzw. sie verpflichtet würde, der T1 zu Unrecht zurückgezahlte Kredite zu erstatten. 2. Veranlassung durch die Muttergesellschaft Ein Teil des Schrifttums will der kreditgewährenden Schwestergesellschaft die Gesellschafterstellung der Muttergesellschaft zurechnen, wenn sie von der Muttergesellschaft mehrheitlich gehalten wird oder zusätzliche Kriterien es der Muttergesellschaft ermöglichen, die Tochtergesellschaft zur Darlehensgewährung zu veranlassen13. Zunächst lassen sich gegen diese Sichtweise die gleichen Argumente vorbringen, die bereits gegen die Anwendung der Verbundformel sprechen. Die darlehensgewährende T2 ist weder unmittelbare noch mittelbare Gesellschafterin der T1 und hat deshalb grundsätzlich kein eigenes Interesse, das Darlehen aus dem eigenen Vermögen zu gewähren. Erfolgt die Darlehensgewährung allein auf Veranlassung der M, spricht der bisherige Stand der Untersuchung dagegen, die von M beherrschte und gefährdete T2 zusätzlich noch den Kapitalersatzregeln zu unterwerfen. Ob es bei diesem Befund bleibt, wird sich zeigen, sobald die verschiedenen in Literatur und Rechtsprechung herausgebildeten Fallgruppen auf ihre Grundstrukturen zurückgeführt worden sind. 3. „Auf-Risiko-Finanzierung“ Eine andere Beurteilung muss die Darlehensausreichung aus dem Vermögen der Schwestergesellschaft erfahren, wenn Strukturen vorliegen, die tatsächlich rechtlich und wirtschaftlich mit denjenigen der mittelbaren Stellvertretung vergleichbar sind. Aus diesem Grund will der zweite im Schrifttum vertretene Meinungsstrang eine Zurechnung unter der Voraussetzung vornehmen, dass die Muttergesellschaft eine Ausgleichspflicht für die Verluste der darlehensgebenden Schwestergesellschaft treffe, diese also zwar nicht für Rechnung, aber auf ____________________ 12
Siehe oben, § 11 II. (S. 229 f.). Schmidsberger, S. 94 ff.; Ketzer, S. 128 ff.; ähnl. Bäcker, S. 190 f. „mehrheitlich gehalten oder anderweitig beherrscht“. 13
232 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Risiko der Muttergesellschaft handele14. Das verdient Zustimmung, denn die Gläubiger der kreditgewährenden Gesellschaft werden nicht unangemessen benachteiligt, wenn das Vermögen der Darlehensgeberin durch einen Verlustausgleichsanspruch geschützt wird. Das Bestehen eines Verlustausgleichsanspruchs der darlehensgewährenden Gesellschaft führt dazu, dass die Folgen der kapitalersetzenden Finanzierungsstruktur letztlich diejenige treffen, die davon profitiert und in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht, die Muttergesellschaft. a) Qualität des Verlustausgleichsanspruchs Streitig ist unter den Vertretern dieser Auffassung allerdings die Frage, ob eine solche „Auf-Risiko-Finanzierung“ allein bei Bestehen eines Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrages angenommen werden kann15 oder auch enge Leitungsstrukturen, wie sie den Tatbestand des qualifiziert faktischen Konzerns kennzeichnen bzw. kennzeichneten, ausreichen16. Jedenfalls seit dem „Bremer Vulkan“-Urteil17 des Bundesgerichtshofs wird man die Frage im Sinne der erstgenannten Auffassung beantworten müssen. Der BGH hat den Schutz der abhängigen GmbH über die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30 f. GmbHG hinaus auf die Gewährleistung eines Bestandsschutzes beschränkt und sich von der analogen Anwendbarkeit des § 302 AktG distanziert. Zwar sind sowohl die dogmatischen Grundlagen18 als auch der genaue Inhalt des Bestandsschutzanspruchs noch ungeklärt. Selbst wenn man jedoch für das Eingreifen des Haftungstatbestandes als ausreichend erachtet, dass die GmbH aufgrund der pflichtwidrigen Maßnahme ihres Gesellschafters überschuldet oder zahlungsunfähig wird19, bleibt der vom Bundesgerichtshof propagierte Bestandsschutzanspruch hinter dem auf Ausgleich des Jahresfehlbetrages gerichteten Verlustausgleichsanspruch analog § 302 AktG zurück. ____________________ 14
Noack in GmbHR 1996, 153 (157); Priester in ZBB 1989, 30 (36); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.25; Vervessos, S. 263. 15 So Noack in GmbHR 1996, 153 (157). 16 Priester in ZBB 1989, 30 (36); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.25; Vervessos, S. 263. 17 BGHZ 149, 10. 18 Siehe dazu § 8 I. 2. (S. 156). 19 Dafür Mödl in JuS 2003, 14 (16); a.A.: Hoffmann in NZG 2002, 68 (69) und Röhricht in FS 50 Jahre BGH, S.83 (S.113), denen zufolge sich der Zusammenbruch der GmbH und damit der Ausfall der Gläubiger realisiert haben muss.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
233
Etwas anderes gilt nur, wenn man mit K. Schmidt nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil für spezielle Fälle einer de-facto-Fusion weiterhin von einem Verlustausgleichsanspruch der abhängigen GmbH ausgeht, der auf einer von guter oder schlechter Konzernleitung (Verhaltenshaftung) unabhängigen Konzernstrukturhaftung beruht20. Nur eine solche Konzernstrukturhaftung würde jenseits der Fälle, in denen der Ausgleichsanspruch auf einem Beherrschungsbzw. Gewinnabführungsvertrag beruht, zu einer feststehenden Verlustausgleichsverpflichtung des herrschenden Unternehmens führen und eine Ähnlichkeit mit der „Für-Rechnung-Finanzierung“ des mittelbaren Stellvertreters begründen. b) Mehrstufige Beteiligungsverhältnisse Entsprechendes gilt, wenn die Beteiligung der gemeinsamen Muttergesellschaft an den beiden Schwestergesellschaften über mehrere Stufen hinweg vermittelt wird. Das zuvor unter II. erwähnte Beispiel, nach dem die Gesellschaft UU1.2.2.1 der Gesellschaft UU1.1.1.1 ein Darlehen gewährt, soll auch an dieser Stelle wieder zur Veranschaulichung dienen. Die an der darlehensgewährenden UU1.2.2.1 unmittelbar beteiligte U1.2.2 ist weder unmittelbar noch mittelbar an der darlehensnehmenden UU1.1.1.1 beteiligt. Ihr fehlt es regelmäßig an jeglichem Interesse, die Darlehensnehmerin mit Finanzmitteln ihrer Tochtergesellschaft auszustatten. Bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen muss daher auch in den Fallkonstellationen der „Auf-Risiko-Finanzierung“ auf die gemeinsame Gesellschafterin der beiden Schwestergesellschaften abgestellt werden, allein sie trägt die Finanzierungsfolgenverantwortung für die Eigenkapitalausstattung der Darlehensnehmerin. Das bedeutet, dass durchgehend von der gemeinsamen Gesellschafterin bis hinab zur Darlehensgeberin Beherrschungsbzw. Gewinnabführungsverträge bestehen müssen, damit sich ein Verlust der Darlehensgeberin im Ergebnis bei der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin auswirkt. Auf den Beispielsfall bezogen muss daher UU1.2.2.1 einen vertraglich gesicherten Verlustausgleichsanspruch gegen ihre Gesellschafterin U1.2.2, diese gegen ihre Gesellschafterin E1.2 und diese wiederum gegen ihre Gesellschafterin T1, die gemeinsame mittelbare Gesellschafterin von Darlehensnehmerin und -geberin, haben.
____________________ 20
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 III. 4.b) (S. 1234 f.).
234 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
4. Betriebsaufspaltung Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung will eine Zurechnung in Fällen der Betriebsaufspaltung vornehmen, wenn also die Besitzund Betriebsgesellschaft von demselben Gesellschafter beherrscht werden. Gewähre die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft ein Darlehen oder nehme sie eine vergleichbare Rechtshandlung i.S.d. § 32a III, S. 1 GmbH, wie etwa die Überlassung von Gegenständen des Anlagevermögens vor, so sei die Besitzgesellschaft mit einer Gesellschafterin gleichzustellen, weil die beiden Gesellschaften nur ein Unternehmen betrieben und daher als „wirtschaftliche Einheit“ anzusehen seien21. Dabei erschöpft sich die Begründung der meisten Autoren in der Berufung auf das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit“. Auch wenn Besitz- und Betriebsgesellschaft zu Recht als „wirtschaftliche Einheit“ bezeichnet werden können, weil die Gesellschaften ein einheitliches Unternehmen betreiben22, bleibt das aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch23 stammende Kriterium der wirtschaftlichen Einheit in seiner Abstraktheit ungeeignet, eine rechtliche Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft zu begründen. Teilweise wird die Gleichstellung im Fall der Betriebsaufspaltung auch mit einer Ähnlichkeit dieser Konstellation mit der „Für-Rechnung-Finanzierung“ der Schwestergesellschaft aus dem Vermögen der Muttergesellschaft begründet24. Die Ähnlichkeit mit einer „Für-Rechnung-Finanzierung“ ist bei näherer Betrachtung jedoch Zweifeln ausgesetzt. Es handelt sich bei Betriebs- und Besitzgesellschaft um zwei rechtlich selbstständige Gesellschaften mit getrennten Vermögensmassen. Gewährt die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft ein Darlehen aus ihrem eigenen Vermögen, dann ist nicht ersichtlich, inwiefern sie dabei für Rechnung des gemeinsamen Gesellschafters handeln sollte. Die Tatsache, dass sich etwaige Verluste von T1 und T2 mittelbar bei M auswirken, kann dafür nicht ausschlaggebend sein, denn das ist auch jenseits der Be____________________ 21 BGH ZIP 1993, 189 (190) „Lagergrundstück II“; BGH ZIP 1994, 1261 (1263) „Lagergrundstück III“; Bäcker, S. 193 ff.; Baumbach/Hueck GmbHG, § 32a Rn. 33b; Drygala, S. 41; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a/b Rn. 122; Schmidsberger, S. 98 ff.; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 137; Vervessos, S. 261; v. Gerkan/ Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.22; wobei Uneinigkeit darüber besteht ist, ob eine Zurechnung auch im Falle einer nur teilweisen Gesellschafteridentität erfolgen soll. 22 So v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.22; Vervessos, S. 261. 23 Vgl. Picot/Dietl/Franck, S. 314: „Unter einem Konzern versteht man in der Betriebswirtschaftslehre mehrere Unternehmen, die eine wirtschaftliche Einheit bilden.“; Theisen, S. 24 f. 24 Noack in GmbHR 1996, 153 (156 f.).
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triebsaufspaltung in sämtlichen Beteiligungsstrukturen der Fall, bei denen Anteile zweier Gesellschaften von einer gemeinsamen Muttergesellschaft gehalten werden. Neben der steuerlichen Motivation bezwecken Betriebsaufspaltungen oftmals auch eine zivilrechtliche Haftungsbegrenzung auf das Vermögen der überwiegend nach außen auftretenden Betriebsgesellschaft25. In der Praxis werden deshalb die Gesellschafter tendenziell eher das Vermögen der Besitzgesellschaft als dasjenige der Betriebsgesellschaft schützen. Allein aus der Betriebsaufspaltung resultiert jedoch keine Verlustausgleichspflicht oder eine sonstige mittelbare oder unmittelbare Rechtspflicht des herrschenden Gesellschafters, nach der das Darlehen letztlich auf Risiko des Gesellschafters gewährt würde. Auch wenn man mit einem Teil des Schrifttums davon ausgeht, dass die Betriebsaufspaltung regelmäßig einen qualifiziert faktischen Konzern zwischen dem herrschenden Gesellschafter und der Besitzgesellschaft begründet26, resultiert daraus wie zuvor erwähnt regelmäßig keine auf einer Strukturhaftung beruhende und damit feststehende Verlustausgleichspflicht des herrschenden Gesellschafters27. Aus diesen Einwänden soll aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich im Falle der Betriebsaufspaltung eine Gleichsetzung der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin und damit eine Eröffnung des personellen Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts verböte. Auch hier gilt, dass eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die Kapitalersatzregeln auch auf die Fallgruppe der Betriebsaufspaltung anzuwenden sind, erst erfolgen kann, wenn die verschiedenen Fallgruppen der Zurechnung bei horizontalen Finanzierungsleistungen auf ihre Grundstrukturen zurückgeführt worden sind28.
IV. Zurechnung aufgrund abgeleiteter Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin 1. Muttergesellschaft als Umgehungsnormadressatin Die Autoren, die eine Zurechnung für die Darlehensgewährung aus dem eigenen Vermögen der Schwestergesellschaft befürworten, stellen durchweg ____________________ 25
Raiser in NJW 1995, 1804; van Randenborgh in DStR 1998, 20 (22). Mayer in DStR 1992, 791 (792); Raiser in NJW 1995, 1804 (1805); Stimpel in FS Goerdeler, S.601 (S.611); Weimar in ZIP 1988, 1525 (1528); im Einzelfall bejahend: Baumbach/Hueck GmbHG – Zöllner, Schlussanh. I, Rn. 95; Schulze-Osterloh in ZGR 1983, 123 (149, 158 f.). 27 Vgl. § 11 III. 3.a) (S. 232 f.). 28 Dazu sogleich unter IV. 26
236 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
zutreffend fest, dass die Darlehensgewährung ausschließlich im Interesse und ursächlich auf Weisung der Muttergesellschaft erfolgt. Nicht ausreichend gewürdigt scheint jedoch die Tatsache, dass als Folge einer Zurechnung die Tochtergesellschaft von den Kapitalersatzregeln erfasst wird. Sie und nicht die Muttergesellschaft erleidet aufgrund der Umqualifizierung Vermögenseinbußen. Die Muttergesellschaft ist diejenige, die im Falle einer Veranlassung eine Umgehung des Kapitalersatzrechts versucht. Folge einer Umgehung kann aber nur die Haftung des Normadressaten, also der Muttergesellschaft, nicht aber der missbräuchlich gesteuerten Tochtergesellschaft sein29. Will man jedoch die herrschende Muttergesellschaft den Rechtsfolgen der Kapitalersatzregeln unterwerfen, dann erweist sich als problematisch, dass § 32a III, S. 1 GmbHG die Zurechnung der Gesellschafterstellung an den Dritten, nicht aber eine Zurechnung der Darlehenshingabe an den wirklichen Gesellschafter anordnet. Das lässt sich nicht zwingend aus dem Wortlaut der Norm ableiten, der die sinngemäße Anwendbarkeit der Vorschriften für wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen sowohl eines Dritten, als auch eines Gesellschafters anordnet. Insofern könnte man argumentieren, die von der Muttergesellschaft vorgenommene Veranlassung der Tochtergesellschaft, das Darlehen an die Schwestergesellschaft auszureichen, sei die der unmittelbaren Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung. Betrachtet man hingegen die Rechtsfolgen, die eine solche Sichtweise zur Folge hätte, wird deutlich, dass die Generalklausel nur die Möglichkeit einer Gleichsetzung der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin, nicht hingegen die Möglichkeit zur Erfassung der veranlassenden Muttergesellschaft eröffnet. Die kapitalersatzrechtlichen Rechtsfolgen des Rückforderungsverbotes bzw. Rückerstattungsgebotes und der nachrangigen Teilnahme am Insolvenzverfahren können nämlich nur sinnvoll angewendet werden, wenn sie sich gegen die darlehensgebende Schwestergesellschaft als Inhaberin der Darlehensforderung richten30. ____________________ 29 Cahn, S. 48 unter Verweis auf Rehbinder in FS Fischer, S. 579 (S.586); Canaris in FS Fischer, S. 30 (S. 63); Flume, Rechtsgeschäft, S. 350, 408; Bommert, S. 60. 30 Hommelhoff in WM 1984, 1105 (1117) sieht ebenfalls die Problematik, dass die Darlehenshingabe letztlich auf die Veranlassung der Muttergesellschaft zurückzuführen sein kann, und schlägt deshalb vor, Mutter und darlehensgebende Tochter gesamtschuldnerisch haften zu lassen, weil die Mutter beim Abzug des Eigenkapitalersatzes für die Kapitalausstattung der darlehensnehmenden Tochter verantwortlich gewesen sei. Abgesehen davon, dass auch eine gesamtschuldnerische Haftung das Vermögen der nicht in der Finanzierungsfolgenverantwortung stehenden Darlehensgeberin beeinträchtigen kann, bleibt bei diesem Lösungsansatz offen, wie vorzugehen ist, wenn das kapitalersetzende Darlehen noch nicht an Darlehensgeberin zurückgeflossen ist.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
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2. Tochtergesellschaft als Umgehungsnormadressatin Als Ergebnis der vorangegangenen Untersuchung lässt sich festhalten, dass bei vertikalen Darlehensgewährungen eine Gleichsetzung der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin der Darlehensnehmerin zu erfolgen hat, wenn die Finanzierung entweder für Rechnung oder auf Risiko der gemeinsamen Muttergesellschaft erfolgt. In diesen Fallkonstellationen stammt die Darlehensvaluta direkt aus dem Vermögen der Muttergesellschaft („für Rechnung“) oder die Muttergesellschaft muss aufgrund einer feststehenden Verlustausgleichspflicht im Ergebnis für die Folgen des Kapitalabflusses bei der Darlehensgeberin einstehen („auf Risiko“). Ist die Muttergesellschaft nicht verlustausgleichspflichtig, würde eine Unterwerfung der Darlehensgeberin unter die Kapitalersatzregeln eine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger der darlehensgebenden Gesellschaft bedeuten. Der Darlehensgeberin wäre die Rückforderung der kapitalersetzenden Leistung versagt oder sie müsste Darlehensbeträge, die zu Unrecht von der Darlehensnehmerin an sie zurückgezahlt wurden erstatten, sodass die Haftungsmasse der Darlehensgeberin zu Lasten ihrer Gläubiger geschmälert würde. Das Vermögen der darlehensgewährenden Gesellschaft würde ohne Kompensationsmöglichkeit, allein wegen der Identität des Gesellschafters und seines beherrschen Einflusses auf die Kreditgeberin, von Rechts wegen angegriffen31. Die Darlehensgeberin und ihre Gläubiger werden jedoch nicht unangemessen benachteiligt, wenn die Muttergesellschaft die Darlehensvaluta entweder unmittelbar aus ihrem Vermögen finanziert oder mittelbar erstattet. Daher ist es gerechtfertigt, für diese Fälle § 32a III, S.1 GmbHG auf die Schwestergesellschaft anzuwenden. Die für die Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln erforderliche Finanzierungsfolgenverantwortung trägt die darlehensgebende Schwestergesellschaft jedoch nicht selbst. Diese wird vielmehr über die gemeinsame Gesellschafterin vermittelt32, sodass man von einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung sprechen kann. Demzufolge wird man hinnehmen müssen, dass man die eigentlich in der Finanzierungsfolgenverantwortung stehende gemeinsame Muttergesellschaft in zweierlei Hinsicht nur eingeschränkt durch die Kapitalersatzregeln erfassen kann. Erstens gelangen die Kapitalersatzregeln nur dann zur Anwendung, wenn die Muttergesellschaft ihre Finanzierungsfolgenverantwortung auf ihre darlehensgewährende Tochtergesellschaft vermittelt, was alternativ eine Erstattung der ____________________ 31
Ähnlich Maier-Reimer in FS Rowedder, S. 245 (S. 273). Für eine solche Sichtweise ebenfalls v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.25. 32
238 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Darlehensvaluta durch die Muttergesellschaft oder eine Verlustausgleichspflicht der Muttergesellschaft gegenüber der Darlehensgeberin voraussetzt. Zweitens richten sich die gesetzlichen und richterrechtlich entwickelten Rechtsfolgen nicht unmittelbar gegen die Muttergesellschaft, diese wirken sich vielmehr nur mittelbar bei ihr durch Erstattung der Darlehensvaluta oder Ausgleich des Verlustes der Tochtergesellschaft aus. Bedenkt man den Normzweck des Kapitalersatzrechts33, mit dem keine Pönalisierung des Gesellschafters, sondern der Schutz der Gesellschaftsgläubiger beabsichtigt wird, sind zumindest mit der letztgenannten Einschränkung keine spürbaren Beschränkungen des kapitalersatzrechtlichen Haftungssystems verbunden.
V. Weitere Fallgruppen einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung Die vorangegangene Untersuchung hat ergeben, dass sich die anerkannten Fallgruppen einer Zurechnung bei horizontalen Finanzierungsleistungen auf eine gemeinsame Grundstruktur – die von der gemeinsamen Muttergesellschaft abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin – zurückführen lassen. Die Schwestergesellschaft trägt eine solche abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung immer dann, wenn sie das Darlehen entweder für Rechnung oder auf Risiko ihrer Muttergesellschaft ausreicht. Weiterhin hat sich gezeigt, dass sich eine Zurechnung für die Fallgruppe der Veranlassung durch die gemeinsame Gesellschafterin und die Fallgruppe der Betriebsaufspaltung jedenfalls mit den bisher in der Literatur vorgebrachten Ansätzen nicht tragfähig begründen lässt. Möglicherweise kommt eine Zurechnung für diese Fallgruppen in Betracht, wenn sie sich ebenfalls auf die abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin zurückführen lässt. Dazu sind die in Frage stehenden Fallgruppen der Veranlassung und der Betriebsaufspaltung nochmals unter Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse auf eine Erfassung durch das Kapitalersatzrecht hin zu durchleuchten. 1. Veranlassung durch die Muttergesellschaft Es wurde bereits erwähnt, dass ein Teil des Schrifttums der kreditgewährenden Schwestergesellschaft die Gesellschafterstellung der Muttergesellschaft zurechnen will, wenn diese von der Muttergesellschaft mehrheitlich gehalten ____________________ 33
Vgl. Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 8, kein „Verbot fraudulöser Gläubigergefährdung“.
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wird oder zusätzliche Kriterien es der Muttergesellschaft ermöglichen, die Tochtergesellschaft zur Darlehensgewährung zu veranlassen34. Eine abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgebenden Schwestergesellschaft T2 ist zunächst nicht zu erkennen, weil es an einer Finanzierung auf Risiko der M zu fehlen scheint, wenn M gegenüber T2 nicht verlustausgleichspflichtig ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass M auch hier in der für die Begründung einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung erforderlichen Letzthaftung steht. a) Haftung der Muttergesellschaft aus verbotener Einlagenrückgewähr Stammen die an die darlehensnehmende Schwestergesellschaft ausgereichten Mittel ihrerseits aus dem gebundenen Vermögen der darlehensgebenden Schwestergesellschaft, dann kommt eine Haftung der gemeinsamen Muttergesellschaft aus verbotener Einlagenrückgewähr in Betracht. Bereits die Vergabe eines Darlehens stellt nämlich eine unzulässige Auszahlung von Gesellschaftsvermögen dar, wenn der Rückgewähranspruch nicht hinreichend sicher und damit vollwertig ist35. Wird einer kreditunwürdigen Gesellschaft ein Darlehen gewährt, dann fehlt es bereits wegen der Kreditunwürdigkeit, jedenfalls aber wegen der kapitalersatzrechtlichen Subordination des Rückzahlungsanspruchs der Darlehensgeberin an der Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs. Dem steht auch die Tatsache nicht entgegen, dass die darlehensnehmende T1 nicht Gesellschafterin der T2 ist, da eine Erstreckung der Vermögensbindung auf Leistungen an Dritte in Literatur und Rechtsprechung einhellig anerkannt ist. Im Wesentlichen werden zwei Wertungsgesichtspunkte genannt, nach denen eine Einbeziehung von Leistungen der Gesellschaft an Dritte in den Anwendungsbereich der Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgen soll. Eine Haftung des Gesellschafters komme zum einen in Betracht, wenn die Leistung an den Dritten dem Gesellschafter mittelbar wirtschaftlich zugute komme36. Zum ande____________________ 34
Siehe dazu oben § 11 III. 2. (S. 231). Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 14, 16; Cahn, S. 242; Friedrich in DStR 1991, 1118 (1120); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 30 Rn. 91; Rowedder GmbHG – Pentz, § 30 Rn. 34; Scholz GmbHG – Westermann, § 30 Rn. 25, Mannheimer, S. 80 f.; Weisser, S. 102 f.; Stimpel in FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (S. 349); Vetter/Stadler, Rn. 68 m.w.N.; vgl auch die aktuelle Rechtsprechung des BGH NZG 2004, 233 ff. Danach sind aus gebundenem Vermögen stammende Kreditgewährungen an Gesellschafter selbst dann als verbotene Auszahlung zu bewerten wenn der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter im Einzelfall vollwertig sein sollte. 36 OLG Hamburg AG 1981, 344 (345) „Holzmüller“; OLG Hamburg WM 1987, 1163 (1167) „HSW“; Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 35
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ren hafte der Gesellschafter auf Erstattung des ausgekehrten gebundenen Gesellschaftsvermögens, wenn die Zuwendung an den Dritten auf einer Veranlassung des Gesellschafters beruhe37. Als problematisch erweist sich dabei, ob neben dem veranlassenden Gesellschafter auch der Dritte als eigentlicher Leistungsempfänger zur Rückerstattung verpflichtet ist. Dann würde M letztlich nicht in der für die Begründung einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung erforderlichen Letzthaftung stehen, wenn T2 ihren Erstattungsanspruch aus verbotener Einlagenrückgewähr gegen T1 als Empfängerin der Leistung geltend macht. Die Frage, ob T1 als Dritte neben der veranlassenden M zur Rückerstattung verpflichtet ist oder es gerechtfertigt ist, ausschließlich M auf Erstattung haften zu lassen, soll im Interesse einer übersichtlichen Darstellung und wegen des näheren Sachzusammenhanges erst an späterer Stelle ausführlich untersucht werden38. Vorweggenommen sei an dieser Stelle, dass aufgrund einer vorzunehmenden teleologischen Reduktion des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs ausschließlich M Schuldnerin des Erstattungsanspruchs ist39. b) Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ Führt die Veranlassung zu einer Haftung der M auf Erstattung des verbotswidrig ausgekehrten Gesellschaftsvermögens gegenüber der darlehensgewährenden T2, dann hat M die ausgereichte Darlehensvaluta zu ersetzen und steht damit im Ergebnis in der Letzthaftung. Die Zurechnung der Gesellschafterstellung an T2 im Wege einer abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn dieser Haftungstatbestand hinreichende Ähnlichkeit zu einer „Auf-Risiko-Finanzierung“ aufweist. Das kann nicht ohne weiteres bejaht werden, weil M nicht wie im Grundfall der „Auf-RisikoFinanzierung“ ausnahmslos für alle Verluste der T2 einzustehen hat und damit wirtschaftlich das Risiko für sämtliche von T2 ausgereichten Darlehen zu tragen _____________________
Rn. 27; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 94; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 39, 41, 43 f.; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 59; Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn. 12; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 30 Rn. 47; Canaris in FS Fischer, S. 31 (S. 39); Eichholz, S. 143 f. 37 Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 28; GK AktG – Henze, § 57 Rn. 88 f.; Hüffer AktG, § 57 Rn. 15; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 45; MüKo AktG – Bayer, § 57 Rn. 61; Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn. 12; Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 145); Scholz GmbHG – Westermann, § 30 Rn. 35.; Wilhelm in FS Flume, Band II, S. 337 (S. 366 Fn. 109); Eichholz, S. 144. 38 Siehe dazu § 11 VII. 2. (S. 260 ff.). 39 Vgl. § 11 VII. 2. b) (S. 261 f.).
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hat. M hat vielmehr die ausgereichte Darlehensvaluta nur dann zu ersetzen, wenn das ausgereichte Darlehen aus dem gebundenen Vermögen der T2 stammt. Das hat auf den praktischen Anwendungsbereich eher geringe Auswirkungen, sofern es sich bei T2 um eine Aktiengesellschaft handelt, da die aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften nicht nur das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Vermögen, sondern mit Ausnahme des förmlich festgestellten Bilanzgewinns das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft schützen40. Die Vermögensbindung in der GmbH hingegen gebietet lediglich, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht auszuschütten41, sodass Darlehensgewährungen der T2 an T1 nicht von M erstattet werden müssen, solange durch die Darlehensgewährung das Stammkapital der T2 nicht angetastet wurde. Die Anwendung der Kapitalersatzregeln auf die darlehensgebende Schwestergesellschaft in Fällen der „Auf-Risiko-Finanzierung“ ist vor dem Hintergrund zu rechtfertigen, dass die Gläubiger der Kreditgeberin nicht unangemessen beeinträchtigt werden, wenn die Muttergesellschaft im Ergebnis die Darlehensvaluta zu ersetzen hat42. Fraglich ist, ob einer Zurechnung nicht schutzwürdige Interessen der Gläubiger der Kreditgeberin entgegenstehen, wenn die Muttergesellschaft nur solche Darlehensgewährungen zu ersetzen hat, die das gebundene Vermögen der Kreditgeberin angreifen. Von den Befürwortern der Verbundformel, die keinerlei Letzthaftung der Muttergesellschaft für erforderlich halten, wird argumentiert, die Beeinträchtigung der Gläubiger der Darlehensgeberin stehe einer Zurechnung nicht entgegen, weil Gläubiger nicht davor geschützt seien, dass ihnen Vermögen ihrer Schuldnerin aufgrund gesetzlicher Regelungen nicht mehr zur Verfügung stehe43. Eine solche Wertung ist unangemessen, wenn man sich vor Augen führt, dass die Kreditgeberin in den Veranlassungsfällen als bloßes Ausführungsorgan der Mutter allein in deren Interesse handelt44, als Folge einer Zurechnung jedoch die darlehensgebende Gesellschaft von den Kapitalersatzregeln erfasst wird. Sie und nicht die Muttergesellschaft erleidet aufgrund der Umqualifizierung Vermögenseinbußen. Anderer____________________ 40
Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 4; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 57 Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 561 f. 41 BGHZ 31, 258 (276); BGH NJW 1991, 357; Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 30 Rn. 3; Rowedder GmbHG – Pentz § 30 Rn. 7. 42 Siehe dazu oben § 11 III. 3. (S. 231). 43 Ehricke, S. 164; ähnlich Vervessos, S. 263, der sich im Ergebnis dennoch für das Erfordernis einer „Für-Rechnung-“ bzw. „Auf-Risiko-Finanzierung“ ausspricht. 44 Ebenso Rupprecht, S. 106.
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seits ist es nicht geboten, den Schutz der Gläubiger der darlehensgebenden T2 über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus zu erstrecken, denn schließlich sind die Gläubiger der darlehensnehmenden T1 ebenso schützenswert. Vor diesem Hintergrund stehen schutzwürdige Interessen der Gläubiger der Kreditgeberin einer Zurechnung nicht entgegen, weil die Gläubiger ohnehin nur darauf vertrauen dürfen, dass ihnen – als Korrelat für das Privileg der Haftungsbeschränkung des Gesellschafters – der Haftungsfonds der Gesellschaft ungeschmälert zur Verfügung steht. Ein Vertrauen der Gläubiger, über das gebundene Vermögen hinaus stünden jegliche dem Gesellschaftsvermögen zugeführten Werte allzeit unangetastet als Haftungsmasse zur Verfügung, wird vom Gesetz nicht geschützt45. Unter angemessener Berücksichtigung der Gläubigerinteressen der darlehensgebenden Gesellschaft ist es daher gerechtfertigt, von der Muttergesellschaft veranlasste Darlehensausreichungen unter Schwestergesellschaften dem Kapitalersatzrecht zu unterwerfen, weil die Haftung der veranlassenden Muttergesellschaft auf Erstattung solcher Darlehen, die aus dem gebundenen Vermögen der Darlehensgeberin stammen, eine hinreichende Ähnlichkeit mit einer „Für-Risiko-Finanzierung“ begründet. c) Erforderlichkeit einer tatsächlichen Veranlassung Die obige Untersuchung hat ergeben, dass die darlehensgebende Schwestergesellschaft gem. § 32a III, S. 1 GmbHG einer Gesellschafterin gleichzustellen ist, wenn die Darlehensausreichung auf Veranlassung der gemeinsamen Muttergesellschaft erfolgt. Fraglich ist, ob dafür allein die Möglichkeit einer Veranlassung ausreicht, sodass für eine Zurechnung das Vorliegen derjenigen Mittel ausreichen würde, die nach der hier vertretenen Auffassung im Falle vertikal absteigender Darlehensgewährung der Muttergesellschaft einen unternehmerischen Einfluss auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft verschaffen46. Diese Kriterien könnten dann entsprechend für eine Zurechnung bei horizontalen Finanzierungsleistungen herangezogen werden, mit dem Unterschied, dass bei horizontalen Finanzierungsleistungen die Muttergesellschaft keine Möglichkeit zur Einflussnahme auf die unmittelbar beteiligte, sondern auf die darlehensgewährende Tochtergesellschaft haben müsste.
____________________ 45 Auch der BGH betont im Zusammenhang mit eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen ausdrücklich, dass die Gesellschaftsgläubiger nicht auf das Vorhandensein von mehr als zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens vertrauen können, vgl. BGHZ 76, 326 (333 f.); BGHZ 127, 17 (23, 30). 46 Siehe dazu ausführlich § 10 (S. 178 ff.).
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In diesem Sinne spricht sich die Literaturansicht, die eine Zurechnung bei horizontalen Finanzierungsleistungen in Fällen der Veranlassung mit einem anderen als dem hier vertretenen Begründungsansatz bejaht, für das Ausreichen einer bloß theoretischen Möglichkeit der Veranlassung aus47. Zuzustimmen ist dem zur Begründung vorgebrachten Aspekt, dass eine Schwestergesellschaft kaum ohne Veranlassung durch den Gesellschafter zu einer Darlehensgewährung bereit sein wird48. Eine solche Sichtweise lässt jedoch weitgehend unberücksichtigt, dass die Darlehensgeberin, anders als bei der vertikal absteigenden Darlehensgewährung, nicht unmittelbare oder mittelbare Gesellschafterin der Darlehensnehmerin ist und sich folglich nicht in einer Doppelrolle als Gesellschafter und Gläubiger befindet. Während bei den vertikal absteigenden Finanzierungsflüssen die finanzierungsfolgenverantwortliche Gesellschafterin selbst das Darlehen ausreicht, gewährt das Darlehen bei der horizontalen Finanzierung nicht die eigentlich finanzierungsfolgenverantwortliche Muttergesellschaft, sondern deren Tochtergesellschaft, die in abgeleiteter Finanzierungsfolgenverantwortung steht. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass die Muttergesellschaft im Einzelfall nicht einmal Kenntnis von der Darlehensvergabe ihrer Tochter hat49 oder eine tatsächliche Veranlassung schlichtweg nicht vorliegt, weil die Tochtergesellschaft mit der Darlehensvergabe eigene Interessen verfolgt50. Eine Zurechnung unter Berufung auf die bloße Möglichkeit der Muttergesellschaft, die Tochtergesellschaft zu einer Vergabe des Darlehens zu veranlassen, ist dann aber nicht gerechtfertigt. Das Erfordernis einer tatsächlichen Veranlassung ist daher unverzichtbar51. 2. Darlehensgewährung causa societatis Oftmals wird sich eine Veranlassung nicht nachweisen lassen, da die Konzernobergesellschaften die Veranlassung vermeiden, um Ausgleichs- und Schadensersatzpflichten nach §§ 311, 317 AktG zu entgehen52. In der Praxis wird es sogar in den meisten Fällen nicht einmal einer Veranlassung durch die ____________________ 47
Schmidsberger, S. 96 f.; Ketzer, S. 129 f. Schmidsberger, S. 96 49 Anders hingegen beim Cash Pooling, wo die Muttergesellschaft aufgrund der zwischen allen teilnehmenden Gesellschaften abgeschlossenen Rahmenvereinbarung immer positive Kenntnis von der Darlehensvergabe ihrer Finanzierungstochter hat. 50 Vgl. dazu das Beispiel in § 11 V. 2. a) cc) (2) (S. 250). 51 Im Ergebnis ebenso Schneider in ZGR 1984, 497 (531). 52 Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 132). 48
244 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Konzernobergesellschaft bedürfen. Die Vorstände bzw. Geschäftsführer der Schwestergesellschaften handeln vielmehr von sich aus im wohlverstandenen Konzerninteresse53. Es ist daher zu prüfen, ob eine Darlehensausreichung unter Schwestergesellschaften auch ohne das Vorliegen einer Veranlassung den Kapitalersatzregeln unterworfen werden kann, wenn sich die Darlehensgeberin die unternehmerischen Interessen des gemeinsamen Gesellschafters zu Eigen macht und deshalb das Darlehen gewährt. Die bereits genannte Literaturansicht, die eine Zurechnung auch ohne tatsächlich erfolgte Veranlassung vornehmen möchte, geht vom Vorliegen eines solchen Interessengleichlaufs ausnahmslos aus54. Es scheint jedoch angebracht, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine solche Zurechnung im Einzelnen herauszuarbeiten, da ein Interessengleichlauf nicht schlechthin vorliegen muss, sondern die Darlehensgeberin auch aus anderen Motiven handeln kann. Will man die Zurechnung unabhängig von einer Veranlassung vornehmen, setzt das erstens voraus, dass sich die Darlehensgeberin die Interessen der Muttergesellschaft zu Eigen macht, also ein Gleichlauf der Interessen von Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft vorliegt. Ist das der Fall, kann auf das Erfordernis einer tatsächlichen Veranlassung verzichtet werden, weil es einer Veranlassung durch die Muttergesellschaft nicht bedarf, wenn die darlehensgebende Tochtergesellschaft aufgrund einer parallel geschalteten Interessenausrichtung von sich aus das Darlehen ausreicht. Zweitens muss, um das hier zu entwickelnde Zurechnungskriterium in Einklang mit den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchung zu bringen, eine hinreichende Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ vorliegen, damit schützenswerte Interessen der Gläubiger der darlehensgebenden Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. a) Gleichlauf der Interessen von Muttergesellschaft und Darlehensgeberin aa) Besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied An früherer Stelle wurden bereits die Ursachen für eine unterschiedliche Behandlung von Gesellschafter und Drittem im Hinblick auf die Finanzierungsfolgenverantwortung untersucht55. Dabei wurde die Finanzierungsfolgenverantwortung auf den Interessenwiderstreit zurückgeführt, dem der Gesellschafter in ____________________ 53 54 55
Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 132). Schmidsberger, S. 96 f.; Ketzer, S. 129 f. Siehe dazu § 10 I. 1. a) aa) (3) (S. 184 ff.).
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
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seiner Doppelrolle als Risikokapitalgeber und Fremdkapitalgeber ausgesetzt ist. Ein unbeteiligter Dritter gewährt das Darlehen, weil er ein finanzielles Interesse an der Verzinsung und dem vollständigen Rückerhalt des Kapitals hat. Der Gesellschafter hingegen hat neben oder gegebenenfalls auch anstelle dieses bloß finanziellen Interesses ein darüber hinausgehendes Gesellschafterinteresse. Als maßgebliches Indiz für dieses Gesellschafterinteresse ist der Umstand zu bewerten, dass der Gesellschafter in die kreditunwürdige Gesellschaft investiert, obwohl jeder unbeteiligte Dritte dies gerade aufgrund der Kreditunwürdigkeit nicht tun würde. Auch wenn sich der Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts nicht in jeder Hinsicht genauso bestimmen lässt wie jener des Kapitalerhaltungsgebotes im Allgemeinen56, zeigt sich mit der „verdeckten Gewinnausschüttung“ eine vergleichbare Problematik im Bereich der Kapitalerhaltungsvorschriften57, auf denen die Kapitalersatzregeln funktionell aufbauen58. Grundsätzlich kann vermutet werden, dass die Gesellschaft, ebenso wie jeder andere Marktteilnehmer, ihre Interessen so gut wie möglich wahrnimmt, sodass Geschäfte zwischen der Gesellschaft und ihren Geschäftspartnern in einem angemessenen Verhältnis stehen und die übrigen Gesellschaftsgläubiger nicht benachteiligt werden. Bei Geschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern existiert eine solche Angemessenheitsvermutung nicht, weil für den Gesellschafter der Anreiz und die Möglichkeit besteht, Risiken abzuwälzen und sich auf Kosten der Gesellschaft, der übrigen Gesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft zu bereichern59. Das rechtfertigt es, den Gesellschafter bei Geschäften mit seiner Gesellschaft besonderen Verhaltenspflichten zu unterwerfen, die in den Kapitalerhaltungsvorschriften ihren Ausfluss finden. Es wird deutlich, dass in beiden Fällen die besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied ausschlaggebend dafür ist, im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter durch eine gesetzliche Vermögensbindung Vorsorge gegen solche Geschäfte zu treffen, die von der Gesellschaftereigenschaft motiviert sind und Mitgesellschafter oder außen stehende Gläubiger unangemessen benachteiligen. Diese Vorsorge manifestiert sich im Verhältnis von Gesellschaft zu Gesellschafter in den Kapitalerhaltungsvorschriften und ____________________ 56
BGH ZIP 1991, 366, Noack in GmbHR 1996, 153 (155); a.A.: Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 204). 57 Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 201 f.). 58 Den Novellenregelungen liegen die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH zugrunde, welche wiederum in einer analogen Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG wurzeln, vgl. § 2 (S. 44). 59 Cahn, S. 53.
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parallel dazu im Verhältnis von Gesellschafter zu Gesellschaft in den Kapitalersatzregeln. Ausgehend von dieser besonderen Motivationslage zwischen Verband und Mitglied fordern Stimmen im Schrifttum, die Erfassung einer Leistung durch die Kapitalerhaltungsregeln bzw. das Kapitalersatzrecht davon abhängig zu machen, dass das fragliche Geschäft causa societatis, also gerade im Hinblick auf die Gesellschaftereigenschaft abgeschlossen wird60. bb) Finanzierungsleistung causa societatis als Zurechnungskriterium Fraglich ist, ob auch Finanzierungsleistungen zwischen Schwestergesellschaften unter Umständen causa societatis erfolgen können, oder ob diese stets causa mutui geleistet werden, weil die Schwestergesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist und somit immer die Stellung eines Dritten innehat. Ist Ersteres der Fall, dann ist das Erfordernis der causa societatis ein geeignetes Zurechnungskriterium, um bei horizontalen Finanzierungsleistungen das Kapitalersatzrecht zur Anwendung zu bringen. Eine Finanzierungsleistung zwischen Schwestergesellschaften erfolgt dann causa societatis, wenn die Motivationslage zwischen den Schwestergesellschaften Ähnlichkeit mit derjenigen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft aufweist61. Man ist geneigt, das zu verneinen, wenn man die beiden Gesellschaften isoliert betrachtet, da die eine Gesellschaft nicht mit gebundenem Kapital an der anderen Gesellschaft beteiligt ist. Die Parallele zum Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft erschließt sich jedoch, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei den Gesellschaften um Schwestergesellschaften handelt, Darlehensgeberin und -nehmerin also einem Unternehmensverbund angehören. Die Zugehörigkeit zu einem Unternehmensverbund bzw. Konzern hat vielfach zur Folge, dass das Gesamtinteresse des Konzerns die eigenen Belange der Schwestergesellschaft in den Hintergrund drängt62. Wie bereits erwähnt, bedarf es in den meisten Fällen nicht einmal einer Veranlassung durch die Konzernobergesellschaft, damit die Schwestergesellschaft im Interesse des Unterneh____________________ 60
Für das Kapitalerhaltungsgebot: Cahn, S. 54; Geßler/Hefermehl AktG – Hefermehl/Bungeroth, § 57 Rn. 13; Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 136); Flume in ZHR 144 (1980), 18 (22); Wilhelm in FS Flume, Bd. II, S. 337 (S.382); für das Kapitalersatzrecht: Cahn, S. 240 f.; Flume, Juristische Person, S., 84 f.; Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 204); ders. in ÖBA 1997, 105 (109). 61 Im Ergebnis ebenso Cahn, S. 62. 62 Cahn, S. 62; Geßler in FS Fischer, S. 131 (S. 132); Rasch , Gutachten 49. DJT, S. G7, G10; Scheffler, Konzernmanagement, S. 33.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
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mensverbundes handelt, vielmehr handeln die Leitungsorgane der Schwestergesellschaften von sich aus im wohlverstandenen Konzerninteresse63. So wie im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft naturgemäß eine besondere Motivationslage des Gesellschafters besteht, die es erfordert, das Gesellschaftsvermögen in spezieller Weise zu schützen, bergen auch Leistungen zwischen Schwestergesellschaften die Gefahr, von der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einem Unternehmensverbund motiviert zu sein. Lässt sich die Schwestergesellschaft bei ihrer Finanzierungsleistung nicht von ihren eigenen Belangen, sondern von den Interessen des Unternehmensverbundes bzw. des Konzerns leiten, dann ist die Motivationslage sowohl hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit als auch dem Interesse an der darlehensnehmenden Gesellschaft sehr ähnlich mit derjenigen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Insofern ist es nur folgerichtig, diese Leistungen an dem rechtlichen Maßstab zu messen, der im Verhältnis zwischen Mitglied und Verband gilt64. Freilich ist das Erfordernis der causa societatis in diesem Zusammenhang im Sinne einer den Eigeninteressen der darlehensgebenden Gesellschaft übergeordneten „Konzern-causa“65 zu verstehen, sodass es darauf ankommt, dass die Schwestergesellschaft die Finanzierungsleistung gerade im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern erbringt. Dann aber besteht ein Interessengleichlauf zwischen der Darlehensgeberin und der Muttergesellschaft, im übergeordneten Konzerninteresse eine Finanzierungsleistung an die Schwestergesellschaft zu erbringen. Das Erfordernis der causa societatis ist somit grundsätzlich geeignet, als Zurechnungskriterium bei horizontalen Finanzierungsleistungen unter Schwestergesellschaften zu dienen. cc) Anforderungen an das Kriterium causa societatis bei horizontalen Finanzierungsleistungen Gegen die Verwendung des Erfordernisses der causa societatis als Zurechnungskriterium ließe sich vorbringen, dass damit eine uferlose Ausweitung des Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts im Unternehmensverbund einhergehen könnte. Dies vor dem Hintergrund, dass eine vertikal absteigende Finanzierungsleistung ebenfalls causa societatis erfolgt, weil schließlich auf die mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Darlehensgeberin im Besonderen zutrifft, dass diese die Finanzierungsleistung allein mit Rücksicht auf ihre Ge____________________ 63 64 65
Geßler in FS Fischer, S. 131 (S.132). Ähnlich für die verbotene Einlagenrückgewähr Cahn, S. 62. So die treffende Formulierung von Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 205).
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sellschaftereigenschaft ausreicht. Soll aber bereits allein das Motiv einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung eine Zurechnung erlauben, dann könnte dies für alle Fallkonstellationen als Zurechnungskriterium dienen, gleich ob die Finanzierungsleistungen in vertikaler oder horizontaler Linie erbracht werden. Dies würde den vorangegangenen Befund in Frage stellen, nach dem eine Zurechnung vertikal absteigender Finanzierungsleistungen nur bei Vorliegen gesellschaftsrechtlich gesicherter Einflussmöglichkeiten auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft erfolgen soll. Würde man das Kriterium der causa societatis zum allein maßgeblichen Kriterium der Zurechnung machen, dann bedeutete dies eine Ausweitung des personellen Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts, die im Ergebnis derjenigen der Verbundformel entspräche. Man wird daher den Einsatz des Kriteriums der causa societatis restriktiv handhaben müssen, indem man die Anwendung dieses Kriteriums auf bestimmte Gesellschafter bzw. „Fließrichtungen“ der Finanzierungsleistungen beschränkt und überdies die Anforderungen an eine causa societatis erfolgende Leistung eng definiert. (1) Beschränkung auf weder unmittelbar noch mittelbar beteiligte Gesellschafter Das Erfordernis der causa societatis kann nur bei solchen Finanzierungsleistungen als alleiniges Zurechnungskriterium angewendet werden, bei denen die Darlehensgeberin weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen vermag das alleinige Abstellen auf das Kriterium der causa societatis eine Zurechnung nicht zu rechtfertigen. Ist die Darlehensgeberin zumindest mittelbare Gesellschafterin, dann partizipiert sie aufgrund ihrer gesellschafterlichen Beteiligung proportional am Ertrag der Gesellschaft, was ein besonderes Gesellschafterinteresse begründet66. Das hat zur Folge, dass die für das causa societatisKriterium maßgebliche besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied in solchen Fällen durchweg vorliegt. Eine einheitliche Zurechnung für sämtliche Fälle vertikal absteigender Finanzierungsleistungen verbietet sich jedoch, weil die Finanzierungsfolgenverantwortung unmittelbarer und mittelbarer Gesellschafter unterschiedlich ausgeprägt ist, sodass eine differenzierende Betrachtung nach Maßgabe der im vorherigen Kapitel dargestellten Grundsätze vorzunehmen ist. Das Kriterium der causa societatis ist folglich ein notwendi____________________ 66
Siehe dazu § 10 I. 1. a) aa) (3) (S. 183 f.).
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ges, nicht aber ein hinreichendes Kriterium zur Zurechnung bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen. Anders verhält es sich bei horizontalen Finanzierungsleistungen. Die Schwestergesellschaften sind im Verhältnis zueinander weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt. Die das causa societatis-Kriterium begründende besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied kann im Verhältnis zwischen Schwestergesellschaften nicht auf einer Beteiligung der Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin beruhen. Bei einer Finanzierungsleistung unter Schwestergesellschaften muss die besondere Motivationslage vielmehr tatbestandlich festgestellt werden, was aufgrund der sich formell in der Position einer nichtbeteiligten Dritten befindlichen Darlehensgeberin nur in speziellen Fällen möglich sein wird. Kann jedoch ausnahmsweise eine Motivationslage, die derjenigen zwischen Verband und Mitglied ähnlich ist, tatbestandlich festgestellt werden, dann muss dem auch Rechnung getragen werden, indem man eine auf dieser Motivationslage beruhende und damit causa societatis erfolgende Finanzierung dem Kapitalersatzrecht unterwirft. Es lässt sich damit festhalten, dass das Erfordernis der causa societatis als alleiniges Zurechnungskriterium bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen untauglich ist, weil dort eine die causa societatis begründende besondere Motivationslage zwischen Verband und Mitglied immer vorliegt. Daher ist die Anwendung dieses Kriteriums auf solche Fälle zu beschränken, in denen die Darlehensgeberin weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Da es in diesen Fällen an einer Motivationslage fehlt, wie sie zwischen Verband und Mitglied eo ipso vorliegt, muss das ausnahmsweise Vorliegen einer vergleichbaren Motivationslage zu einer Gleichstellung der Schwestergesellschaft mit einer Gesellschafterin führen, wenn die Finanzierungsleistung causa societatis erfolgte. (2) Beschränkung auf Geschäfte, die per se die causa societatis zum Inhalt haben Die Verwendung des Erfordernisses der causa societatis als Zurechnungskriterium birgt in seiner Abstraktheit – ähnlich wie das Kriterium der wirtschaftlichen Einheit und das der Verbundformel – die Gefahr einer undifferenzierten Zurechnung und überbordenden Ausweitung des personellen Anwendungsbereichs des Kapitalersatzrechts. Auch wenn dem durch eine Beschränkung auf weder unmittelbar noch mittelbar beteiligte Gesellschafter entgegengewirkt wird, bedarf das Kriterium der causa societatis auch hinsichtlich seiner tatbestandlichen Voraussetzungen einer restriktiven Definition.
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Wie zuvor bereits erwähnt, ist das Erfordernis der causa societatis im Sinne einer den Eigeninteressen der darlehensgebenden Gesellschaft übergeordneten „Konzern-causa“ zu verstehen. Die Finanzierungsleistung erfolgt causa societatis, wenn die Schwestergesellschaft sie gerade im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern erbringt. Dabei sollte das Kriterium der causa societatis jedoch einschränkend mit der Maßgabe angewendet werden, dass die Geschäfte die „Konzern-causa“ per se zum Inhalt haben müssen. So wird vermieden, dass Finanzierungsleistungen zwischen Schwestergesellschaften erfasst werden, die zwar auch im Hinblick auf die Konzernzugehörigkeit erbracht werden, bei denen jedoch die Leistung nicht im Gesamtinteresse des Konzerns und damit nicht im Interesse der Muttergesellschaft bzw. Konzernobergesellschaft erfolgt. An einen solchen Fall wäre etwa zu denken, wenn T2 eine Forderung gegenüber T1 stundet und zwischen T1 und T2 bereits eine langjährige Geschäftsverbindung bestand, bevor T1 im Wege des Anteilserwerbs durch die Konzermutter in den Konzern eingebunden wurde. Wird T1 nun kreditunwürdig und stellt T2 die Forderung nicht fällig, dann erfolgt dieses Stehenlassen möglicherweise zwar auch im Hinblick auf die gemeinsame Konzernzugehörigkeit. In erster Linie wird jedoch die langjährige Geschäftsverbindung zwischen den Gesellschaften ausschlaggebend dafür gewesen sein, die Forderung nicht fällig zu stellen. Macht man die Zurechnung hingegen davon abhängig, dass die in Frage stehende Leistung per se die causa societatis zum Inhalt hat, dann bleibt gewährleistet, dass nur solche Leistungen erfasst werden, bei denen sich die Schwestergesellschaft nicht von ihren eigenen Belangen, sondern vom Gesamtinteresse des Konzerns hat leiten lassen. Geschäfte zwischen Gesellschafter und Gesellschaft haben die causa societatis per se zum Inhalt, wenn das in Frage stehende Geschäft nur mit einem Gesellschafter und zwar gerade im Hinblick auf seine Gesellschafterstellung abgeschlossen werden kann, wie z.B. die Einziehung eines Geschäftsanteils, die Kapitalaufbringung oder die Vereinbarung einer Konzernumlage67. Übertragen auf die in diesem Zusammenhang maßgebliche „Konzern-causa“ hat eine Leistung die causa societatis dann per se zum Inhalt, wenn das in Frage stehende Geschäft bereits seiner Natur nach nur mit einer zum Konzern/zum Unternehmensverbund gehörenden Gesellschaft und gerade im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum Unternehmensverbund bzw. Konzern abgeschlossen werden kann. Eine Zurechnung aufgrund eigener Finanzierungsfolgenverantwortung kann bei horizontalen Finanzierungsleistungen folglich dann über das Kriterium der ____________________ 67
So für die Kapitalerhaltungsvorschriften Flume in ZHR 144 (1980), 18 (20), Cahn, S. 59 m.w.N.
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causa societatis erfolgen, wenn die Kreditgeberin weder unmittelbar noch mittelbar an der Kreditnehmerin beteiligt ist, die Leistung naturgemäß nur an eine zum Konzern bzw. Unternehmensverbund gehörende Gesellschaft erbracht werden kann und die Leistung gerade im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum Konzern bzw. Unternehmensverbund erbracht wird. b) Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ Auch wenn die darlehensgebende Schwestergesellschaft die Finanzierungsleistung causa societatis erbringt, begründet dies keine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin. Unter der Finanzierung causa societatis ist nämlich im hier verstandenen Sinne eine Finanzierungsleistung mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit zum Konzern, nicht aber mit Rücksicht auf die Mitgliedschaft in der darlehensnehmenden Gesellschaft zu verstehen. Zwar erfolgen auch Leistungen mit Rücksicht auf die Konzernzugehörigkeit zumindest teilweise im eigenen Interesse der Gesellschaft, letztlich ist es aber die eine einheitliche Leitung ausübende Obergesellschaft, die das Konzerninteresse definiert. Es handelt sich bei der die Zurechnung begründenden Finanzierungsfolgenverantwortung also lediglich um eine von der Obergesellschaft abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung. Daher ist auch für eine solche Zurechnung auf horizontaler Ebene erforderlich, dass die Obergesellschaft in der Letzthaftung steht, damit die Gläubiger der Darlehensgeberin nicht unangemessen benachteiligt werden. Auch in diesen Fällen kommt eine Haftung des gemeinsamen Gesellschafters der Schwestergesellschaften auf Erstattung der Darlehensvaluta wegen verbotener Einlagenrückgewähr in Betracht. Im Zusammenhang mit der Fallgruppe der Veranlassung durch die Muttergesellschaft wurde bereits angesprochen, dass der Gesellschafter seiner Gesellschaft auf Erstattung wegen verbotener Einlagenrückgewähr an Dritte nicht nur haftet, wenn er die Leistung veranlasst hat, sondern auch dann, wenn die Leistung an den Dritten dem Gesellschafter mittelbar wirtschaftlich zugute kommt68. Nun könnte man argumentieren, die Zuwendung an die darlehensnehmende T1 bewirke zwar mittelbar eine Vermögensmehrung bei M, dieser stehe jedoch in der Regel spiegelbildlich der Wert der Vermögensminderung gegenüber, die bei der darlehensgebenden T2 und somit mittelbar bei M bewirkt werde69. Aus dem Blickwinkel der Mutter____________________ 68
Siehe oben § 11 V. 1. a) (S. 239). So GK AktG – Henze, § 57 Rn. 95, wo als Gegenbeispiel der Fall BFHE 145, 175 genannt wird. Danach komme der Muttergesellschaft die Leistung wirtschaftlich dann zugute, wenn die Darlehen zinslos oder zinsvergünstigt unter den Schwestergesellschaf69
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gesellschaft betrachtet scheint es, als ob die Vermögensminderung bei der einen Tochtergesellschaft den wirtschaftlichen Vorteil bei der anderen Tochtergesellschaft aufhebt, weil sich beide Vermögensänderungen mittelbar bei der Muttergesellschaft auswirken. Tatsächlich aber wirkt sich die Darlehensvergabe unter Schwestergesellschaften für die Muttergesellschaft regelmäßig wirtschaftlich vorteilhaft aus. Ist M beispielsweise zu 50 % an der sanierungsbedürftigen T1 und zu 50 % an T2 beteiligt und würde M selbst T1 das Darlehen gewähren, so käme ihr der Erfolg ihrer Sanierungsbemühungen in Höhe ihrer Beteiligungsquote, also zu 50 % zugute, während die gesamte Darlehenssumme verloren ist, wenn die Sanierung fehlschlägt. Gewährt hingegen T2 das Darlehen, dann kommen der M als Gesellschafterin der T1 ebenfalls die Sanierungsbemühungen in Höhe ihrer Beteiligung zugute. Ein Verlust der Darlehensvaluta wirkt sich für M in diesem Fall jedoch nur in Höhe ihrer Beteiligung und nicht in voller Höhe aus70. Überdies stellt jede Darlehensgewährung, die eine Gesellschaft anstelle ihrer Gesellschafterin vornimmt, einen wirtschaftlichen Vorteil für die Gesellschafterin dar, weil das Verlustrisiko auf das Vermögen der darlehensgebenden Gesellschaft begrenzt bleibt. Die Muttergesellschaft haftet somit auch im Falle einer causa societatis erfolgenden Darlehensgewährung auf Erstattung der Darlehensvaluta, wenn diese aus dem gebundenen Vermögen der darlehensgebenden Gesellschaft stammt. Die Schwestergesellschaft unterfällt folglich auch dann den Kapitalersatzregeln, wenn sie die Finanzierungsleistung causa societatis, also im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern erbringt, weil die Muttergesellschaft die aus gebundenem Vermögen stammende Darlehensvaluta zu erstatten hat und mithin eine hinreichende Ähnlichkeit zu einer „Auf-Risiko-Finanzierung“ vorliegt. 3. Betriebsaufspaltung als Fallgruppe einer Darlehensgewährung causa societatis Die Zurechnung in Fällen der Betriebsaufspaltung wurde zuvor verneint, weil sich nach den bisher in der Literatur vorgebrachten Lösungsansätzen eine _____________________
ten ausgereicht würden, weil sich durch die Zinsersparnis der Gewinn der Darlehensnehmerin erhöhe. Das vermag i. E. nicht zu überzeugen, denn die Zinsersparnis der einen Schwestergesellschaft wirkt sich gewinnmindernd bei der anderen Schwestergesellschaft aus, sodass sich die Darlehensgewährung für die Muttergesellschaft wirtschaftlich neutral verhält. 70 Die Asymetrien von Risiko und Gewinn sind noch größer bei vertikal aufsteigenden Darlehen in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen, vgl. das Beispiel von Cahn, S. 239.
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Ähnlichkeit zur mittelbaren Stellvertretung in Form einer für Rechnung oder auf Risiko des gemeinsamen Gesellschafters erfolgenden Finanzierung nicht verifizieren ließ71. Das schließt allerdings eine Zurechnung nicht schlechthin aus. Die Fallgruppe der Betriebsaufspaltung ist vielmehr paradigmatisch für eine causa societatis erfolgende Finanzierungsleistung, die mit Rücksicht auf die Zugehörigkeit zum Unternehmensverbund erfolgt. Gewährt die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft ein Darlehen oder nimmt sie eine vergleichbare Rechtshandlung i.S.d. § 32a III, S. 1 GmbHG vor, dann sind die zuvor herausgearbeiteten Voraussetzungen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung auf horizontaler Ebene erfüllt. Zunächst ist die Besitzgesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar an der Betriebsgesellschaft beteiligt. Ferner handelt es sich bei einer Leistung, die von der Besitz- an die Betriebsgesellschaft erbracht wird, um eine solche, die naturgemäß nur an eine zum Unternehmensverbund gehörende Gesellschaft erbracht werden kann. Die beiden Gesellschaften betreiben ein einziges Unternehmen72. Gewährt die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft ein Darlehen, so ist dies dazu bestimmt, die Interessen des gemeinsamen Unternehmens zu fördern. Ein solcher Leistungsaustausch kann naturgemäß nur im Unternehmensverbund, also zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft erfolgen. Die Betriebsaufspaltung führt auch zu einem Interessengleichlauf zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft73 und damit zu einem Gleichlauf mit den Interessen des gemeinsamen Gesellschafters, sodass die Besitzgesellschaft die Leistung an die Betriebsgesellschaft einzig mit Rücksicht auf und im übergeordneten Interesse des gemeinsam betriebenen Unternehmens erbringt, die Finanzierungsleistung folglich gerade im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum Unternehmensverbund erbracht wird. Die herrschende Meinung verdient daher Zustimmung, wenn sie eine Zurechnung in Fällen der Betriebsaufspaltung vornimmt. Als Begründung lässt sich jedoch nur in einem sehr weit verstandenen Sinne auf die Ähnlichkeit zur mittelbaren Stellvertretung abstellen. Vielmehr begründet der Umstand, dass die Finanzierungsleistung causa societatis erbracht wird, das eigentliche Zurechnungskriterium. Die Ähnlichkeit zur mittelbaren Stellvertretung ist aber insofern zu bejahen, als die Darlehensausreichung im Interesse des gemeinsam betriebenen Unternehmens erfolgt und der gemeinsame Gesellschafter von Besitz- und Betriebsgesellschaft zur Erstattung von Darlehensleistungen aus dem gebundenen Vermögen der ____________________ 71 72 73
Vgl. § 11 III. 4. (S. 234 ff.). v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.22. Schmidsberger, S. 98 f.
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Besitzgesellschaft verpflichtet ist, die Besitzgesellschaft somit im weitesten Sinne auf Rechnung ihres Gesellschafters handelt.
VI. Eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin Die darlehensgebende Schwestergesellschaft trägt nur dann eine durch die Muttergesellschaft vermittelte bzw. abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung, wenn die Muttergesellschaft aufgrund einer Pflicht zur Erstattung der Darlehensvaluta in der Letzthaftung steht. Dabei ist es unerheblich, ob diese Erstattung unmittelbar durch Entnahme der Darlehensvaluta aus ihrem eigenen Vermögen und Weiterleitung an die Darlehensgeberin erfolgt, eine mittelbare Erstattung durch Verlustausgleich vorgenommen wird oder die Muttergesellschaft nach den Kapitalerhaltungsvorschriften zum Ersatz der Darlehensvaluta verpflichtet ist. Eine weitergehende Erfassung horizontaler Finanzierungsleistungen aus dem Vermögen der Schwestergesellschaft ist jedoch denkbar, wenn die Darlehensgeberin nicht nur in einer abgeleiteten, sondern einer eigenen Finanzierungsfolgenverantwortung steht. 1. Qualifiziert faktischer Gleichordnungskonzern Eine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgewährenden Schwestergesellschaft kommt in Betracht, wenn man mit einem Teil der Literatur einen horizontalen Verlustausgleich zwischen Schwestergesellschaften im qualifiziert faktischen Gleichordnungskonzern bejaht74. Karsten Schmidt hat sich, aufbauend auf der These, dass Unterordnung und Gleichordnung keine einander ausschließenden Ordnungsprinzipien seien und folglich die gleich geordneten Gesellschaften zwar nicht voneinander abhängig sein dürften (§ 18 II AktG), jedoch von einem herrschenden Gesellschafter abhängig sein könnten, für einen horizontalen Verlustausgleich zwischen Schwestergesell____________________ 74
K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (436 ff.); ders., Gesellschaftsrecht, § 39 IV. 2. (S. 1240 f.); zustimmend Raiser in FS Ulmer, S. 493 (S. 507 ff.); zuvor bereits Ehlke in DB 1986, 523 (526) für einen horizontalen Durchgriff auf sämtliche im Konzern eingebundenen Gesellschaften nach Wahl des Gläubigers; für eine Ausgleichspflicht des begünstigten Unternehmens analog §§ 302 f. AktG: Wellkamp in DB 1993, 2517 (2520); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 IV. 4. (S. 72); a.A.: Milde, S. 208 f. m.w.N.
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schaften analog §§ 730 ff. BGB ausgesprochen75. Eine qualifizierte faktische Gleichordnung und damit eine Verlustausgleichspflicht analog § 735 BGB liege vor, wenn die gleich geordneten Schwestergesellschaften untereinander wie bloße Betriebsabteilungen eines Unternehmens ohne Eigenvermögen und -organisation und nicht wie selbstständige Gesellschaften geführt würden76. 2. Begründung einer eigenen Finanzierungsfolgenverantwortung durch qualifiziert faktische Gleichordnung Vor diesem Hintergrund ließe sich möglicherweise eine Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgebenden Schwestergesellschaft begründen. Wenn nämlich im qualifiziert faktischen Gleichordnungskonzern eine Gesellschaft schon für jeden Verlust ihrer Schwestergesellschaft ausgleichspflichtig wäre und somit eine gesetzliche Verlustgemeinschaft unter Konzernschwestern bestünde77, dann besteht Grund zu der Annahme, dass die Schwestern untereinander erst recht für eine ordnungsgemäße Finanzierung verantwortlich sind, wenn und soweit über die Kapitalersatzregeln mittelbar die Grundsätze der Kapitalerhaltung betroffen sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Finanzierungsfolgenverantwortung grundsätzlich die Möglichkeit des Gesellschafters voraussetzt, von seiner Wahlmöglichkeit Gebrauch zu machen und entweder das notwendige Eigenkapital zuzuführen oder die Gesellschaft zu liquidieren78. Auch die Schwestergesellschaft könnte durch eine Rangrücktrittsvereinbarung eine eigenkapitalähnliche Bindung herbeiführen, wenn ihr ein solches Handeln aufgrund der auf qualifiziert faktischer Gleichordnung beruhenden Finanzierungsfolgenverantwortung abverlangt werden kann. Gegen eine horizontale Ausgleichspflicht bei qualifizierter faktischer Gleichordnung wird eingewandt, Grundlage einer Nachschusspflicht aus § 735 BGB bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei der Umstand, dass das Gesellschaftsverhältnis freiwillig und auf gleich geordneter Basis von allen Beteiligten begründet werde79. Auch die Literaturmeinung, die eine Verlustaus____________________ 75 K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (436 ff.); ders., Gesellschaftsrecht, § 39 IV. 2. (S. 1240 f.). 76 K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (442). 77 So K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (440). 78 Vgl. zu diesem Erfordernis BGH ZIP 1984, 572 (575) „BuM/WestLB“; BGH ZIP 1994, (1443) „Lagergrundstück IV“. 79 Cahn, S. 50.
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gleichspflicht analog §§ 730 ff. BGB befürwortet, verlangt, dass die qualifizierte Gleichordnung in einer den Schwestergesellschaften zurechenbaren Weise entstanden sein muss80. Die Gegenansicht wendet ein, dass es an einer solchen freiwilligen Begründung einer Sonderrechtsbeziehung regelmäßig fehle, weil in den meisten Fällen die Einbindung der abhängigen Gesellschaft in den Konzern im Wege des Anteilserwerbs durch eine herrschendes Unternehmen erfolge. Dann sei nicht einzusehen, warum das übernommene Unternehmen zu Lasten seiner Altgläubiger und Minderheitsgesellschafter für Verbindlichkeiten anderer Konzernunternehmen einstehen solle81. Zutreffend stellt die letztgenannte Ansicht fest, dass der horizontale Verlustausgleich deshalb von vornherein für die meisten Konzerne ausscheidet, wenn und weil die Einbindung in den Konzern im Wege des Anteilserwerbs durch ein herrschendes Unternehmen erfolgt und die Entstehung der qualifizierten Gleichordnung deshalb den Schwestergesellschaften nicht zurechenbar ist82. Darüber hinaus bleibt zweifelhaft, ob es überhaupt Fälle gibt, in denen das Entstehen einer qualifizierten Gleichordnung auf einem freiwilligen Entschluss der gleich geordneten Gesellschaften beruht. Versteht man unter qualifizierter Gleichordnung einen Sachverhalt, in dem die Schwestergesellschaften unter Preisgabe ihrer Selbstständigkeit und in einer gegen ihre Eigeninteressen verstoßenden Weise als Betriebsabteilungen eines Unternehmens geführt werden, dann ist nur schwer vorstellbar, dass die qualifizierte Gleichordnung freiwillig, also den gleich geordneten Schwestergesellschaften zurechenbar, entstanden ist. Eine vom gemeinsamen Leitungsorgan praktizierte Führung der Schwestern als Betriebsabteilungen eines Unternehmens im Sinne eines organisationsrechtlichen Zustandes, der zu einer Konzernstrukturhaftung führen würde, kann allenfalls dann durchgesetzt werden, wenn das Leitungsorgan selbst herrschendes Unternehmen ist und im Verhältnis der Schwestergesellschaften zu dieser Muttergesellschaft ein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis besteht83. Dies spricht dafür, dass eine allein auf der Struktur der qualifizierten Gleichordnung beruhende Haftung nur dann eintreten kann, wenn gleichzeitig eine qualifizierte Abhängigkeit der Schwestergesellschaften von einer gemeinsamen Mutterge____________________ 80
K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (442). Cahn, S. 50 m.w.N. 82 So i. E. Cahn, S. 50. 83 Die Problematik, dass eine haftungsbegründende Leitung regelmäßig auf gemeinsame Gesellschafter zurückzuführen sein wird und das Leitungsorgan selbst zum herrschenden Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn wird, sieht auch Raiser in FS Ulmer, S. 493 (S. 508). 81
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
257
sellschaft vorliegt, sodass eigentlich ein vertikaler Verlustausgleich vorzunehmen wäre84. Nach der von K. Schmidt vertretenen Auffassung können die Modelle des vertikalen Verlustausgleichs und der horizontalen Verlustgemeinschaft durchaus zusammenfallen, sodass neben dem horizontalen auch ein vertikaler Verlustausgleich durchzuführen sei85. Das wiederum würde den Effekt des horizontalen Verlustausgleichs konterkarieren86, denn über den vertikalen Verlustausgleich müsste die herrschende Muttergesellschaft auch solche Verluste glattstellen, die bei der Tochtergesellschaft durch horizontale Ausgleichsleistungen an ihre Schwestergesellschaft entstanden sind. Sofern man also einen horizontalen Verlustausgleich überhaupt befürwortet, würde dieser unter den hier dargelegten Voraussetzungen zu einer Letzthaftung der Muttergesellschaft führen. Damit lässt sich die eingangs gestellte Frage, ob sich durch eine qualifiziert faktische Gleichordnung der Schwestergesellschaften eine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgebenden Schwestergesellschaft begründen lässt, beantworten. Ebenso wie im Unterordnungskonzern, bei dem für spezielle Fälle einer de-facto-Fusion ein vertikaler Verlustausgleich zu erwägen ist87, würde auch eine auf einer Konzernstrukturhaftung basierende horizontale Verlustausgleichspflicht für Fälle qualifiziert faktischer Gleichordnung immer zu einer Letzthaftung der Muttergesellschaft führen. Dies hat seine Ursache in dem Umstand, dass nach der hier vertretenen Ansicht eine zum Verlustausgleich verpflichtende qualifiziert faktische Gleichordnung überhaupt nur entstehen kann, wenn die Schwestergesellschaften zugleich in qualifizierter Weise von einer herrschenden Muttergesellschaft abhängig sind. In beiden Fällen bestätigt die Letzthaftung der Muttergesellschaft lediglich die eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der Muttergesellschaft. Diese wird zwar auf die darlehensgebende Gesellschaft abgeleitet, kann jedoch keine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgebenden Schwestergesellschaft begründen. Sofern man also das Haftungsmodell des qualifiziert faktischen Gleichordnungskonzerns überhaupt anerkennt, lässt sich daraus keine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung der darlehensgebenden ____________________ 84
Dies nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil jedoch nur dann, wenn man dem von K. Schmidt vertretenen Strukturhaftungsmodell für seltene Fälle einer de-facto-Fusion folgt, vgl. § 11 III. 3. a) (S. 233). 85 K. Schmidt in ZHR 155 (1991), 417 (443); ders., Gesellschaftsrecht, § 39 IV. 3. (S. 1241 f.). 86 Ebenso Cahn, S. 51. 87 Vgl. § 11 III. 3.a) (S. 233).
258 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Schwestergesellschaft herleiten, die eine Zurechnung gem. § 32a III, S. 1 GmbHG rechtfertigen würde.
VII. Der Kapitalerhaltungskonflikt bei Darlehensgewährungen aus gebundenem Vermögen Im Zusammenhang mit der Untersuchung, ob der kreditgewährenden Schwestergesellschaft die Gesellschafterstellung aufgrund einer von der Muttergesellschaft abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung zuzurechnen ist, weil die Muttergesellschaft sie zur Darlehensgewährung veranlasst hat, wurde bereits darauf hingewiesen, dass neben der veranlassenden Muttergesellschaft auch die darlehensnehmende Gesellschaft als Schuldnerin des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs in Betracht kommt88. Dabei wurde der weiteren Prüfung zugrundegelegt, das allein die Muttergesellschaft die Darlehensvaluta zu erstatten hat. Angesichts der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Stimmen, die sich ganz überwiegend für eine Erstattungspflicht des Dritten aussprechen89, bedarf die Beschränkung auf die Muttergesellschaft als alleinige Erstattungsschuldnerin einer näheren Begründung, die nunmehr entwickelt werden soll. Das Problem, ob neben der Muttergesellschaft auch die darlehensnehmende Schwestergesellschaft als Dritte Schuldnerin des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs ist, wird nämlich primär im Zusammenhang mit dem Kapitalerhaltungskonflikt bei Darlehensgewährungen aus gebundenem Vermögen virulent. Stammt das Darlehen aus dem gebundenen Vermögen der Darlehensgeberin, dann verstößt die Auszahlung des Darlehens von T2 an T1 gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, weil auch Leistungen an Dritte vom Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst werden, wenn der Rückgewähranspruch gegen die kreditunwürdige T1 nicht hinreichend sicher und damit vollwertig ist90. Legt man zugrunde, dass auch T1 als eigentliche Leistungsempfängerin zur Rückerstattung verpflichtet91 ist, hat das zunächst zur Folge, dass T1 das verbotswidrig ausgeschüttete Gesellschaftsvermögen sofort an T2 rückzuerstatten hat. Gleichzeitig führt die Zurechnung der Gesellschafterstellung an T2 dazu, dass das von T2 an T1 ausgereichte Darlehen als eigenkapitalersetzend einzustufen ist, sodass ____________________ 88 89 90 91
Vgl. § 11 V. 1. a) (S. 240). Vgl. § 11 VII. 2. b) (S. 260) Siehe oben, § 11 V. 1.a) (S. 239). Ausführlich dazu sogleich unter § 11 VII. 2. b) (S. 260).
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
259
die Kapitalersatzregeln der T1 eine Rückzahlung der Darlehensvaluta an T2 verbieten. Auf den ersten Blick kommt es zu einer Kollision der für beide Schwestergesellschaften geltenden Kapitalerhaltungsvorschriften. 1. Der Grundsatz des beatus possidens Soweit die Problematik des Kapitalerhaltungskonfliktes im Zusammenhang mit horizontalen Finanzierungsleistungen bisher überhaupt untersucht wurde92, wird vorgebracht, beide Schwestergesellschaften müssten im Verhältnis zueinander die Begleichung des Rückerstattungsanspruches ablehnen, da ansonsten ein endloser Kreislauf von Rückgewährpflichten entstehe. Es gelte daher der Grundsatz des beatus possidens, sodass die Leistung immer unabhängig vom jeweiligen Verstoß gegen Gläubigerschutzbestimmungen an der Stelle zu verbleiben habe, wo sie sich gerade befinde93. Legt man diese Auffassung zur Bestimmung der Rechtsfolgen zugrunde, so darf T2 die an T1 erbrachte kapitalersetzende Finanzierungsleistung nicht zurückfordern, die Kapitalersatzregeln gelangen somit voll zur Anwendung. Umgekehrt ist es T1 bzw. deren Insolvenzverwalter verwehrt, Erstattung von T2 für eine bereits erfolgte und gegen die Kapitalersatzregeln verstoßende Rückzahlung der T1 an T2 zu verlangen, sodass insoweit das Verbot der Einlagenrückgewähr Anwendung finden würde. Sowohl die Kapitalersatzregeln als auch das Verbot der Einlagenrückgewähr dienen dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Es lässt sich nicht begründen, dass die Gläubiger der einen Schwestergesellschaft schutzwürdiger sind als diejenigen der anderen94. Als Argument für die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens wird deshalb vorgebracht, die Interessen der beiden Gläubigergruppen würden angemessen berücksichtigt, wenn jede Gesellschaft die Mittel behalten könne, die ihr tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten und auf deren Erhaltung die Gläubiger dieser Gesellschaft daher hätten vertrauen dürfen95. Eine solche Argumentation vernachlässigt aber den Aspekt, dass auch die Gläubiger der Darlehensgeberin auf eine Erhaltung des geschützten Gesellschaftsvermögens vertrauen dürfen und dies auch tun. Verwehrt man nämlich der Darlehensgeberin die Rückforderung unter Berufung auf die kapitalersatz____________________ 92
Soweit ersichtlich setzen sich allein Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (24 ff.) und Cahn, S. 242 ff. mit dieser Problematik auseinander. 93 Dafür zuerst Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 206 f.); dem folgend Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (26 f.). 94 Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 207); Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (26); Cahn, S. 242 m.w.N. 95 Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 206).
260 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
rechtliche Bindung, weil schließlich die Gläubiger der Darlehensnehmerin auf den Erhalt des bereits ausgereichten Darlehens vertrauen dürften, wird das Vertrauen der Gläubiger der Darlehensgeberin auf den ungeschmälerten Bestand des Haftungsfonds der Gesellschaft missachtet. Das gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall, in dem das kapitalersetzende Darlehen verbotswidrig wieder an die Darlehensgeberin zurückgeführt wurde und daher nach dem Grundsatz des beatus possidens dort zu verbleiben hätte. Das kapitalersetzende Darlehen hat der Darlehensnehmerin bereits einmal zur Verfügung gestanden, sodass die Gläubiger der Darlehensnehmerin auf die Erhaltung des Darlehens in deren Vermögen vertrauen durften. Der Grundsatz des beatus possidens führt also bei genauer Betrachtung eher zu einem zufälligen, als zu einem interessengerechten Ergebnis, weshalb nach einer Lösungsalternative zu suchen ist. 2. Teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften Auf die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens kann verzichtet werden, wenn es bereits von vornherein zu keiner Kollision der Kapitalerhaltungsregeln mit den Kapitalersatzregeln kommt. Das ist der Fall, wenn entweder der Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts oder derjenige der Kapitalerhaltungsvorschriften einschränkend ausgelegt werden kann, ohne dass eine der Gläubigergruppen dadurch unangemessen benachteiligt wird. a) Die Voraussetzungen für die Entstehung des Kapitalerhaltungskonfliktes Der Kapitalerhaltungskonflikt tritt nur dann auf, wenn die darlehensempfangende Gesellschaft selbst zur Rückerstattung an die Darlehensgeberin verpflichtet ist. Nur dann kollidiert das Verbot, kapitalersetzende Leistungen an die Darlehensgeberin zurückzuzahlen, mit dem Gebot, die gegen das Ausschüttungsverbot verstoßende Darlehensgewährung an die Darlehensgeberin zu erstatten. Das setzt voraus, dass die darlehensnehmende Schwestergesellschaft Schuldnerin des Erstattungsanspruchs aus verbotener Einlagenrückgewähr ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Darlehensnehmerin nicht selbst Gesellschafterin der Darlehensgeberin, sondern Dritte ist. Von dritten Zuwendungsempfängern kann die Gesellschaft jedoch grundsätzlich keine Erstattung verlangen, Schuldner des Erstattungsanspruchs ist vielmehr der Gesellschafter, auf den die Zuwendung an den Dritten zurückzuführen ist96. Ob auch der Dritte als ____________________ 96
Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn.11; Kölner Komm. AktG – Lutter, § 62 Rn. 13; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 31 Rn. 5; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 31 Rn. 16; Rowedder GmbHG – Pentz, § 31 Rn. 8 f.
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
261
eigentlicher Leistungsempfänger zur Rückerstattung verpflichtet ist, ist umstritten und wird von der Rechtsprechung bei Vorliegen eines qualifizierten Näheverhältnisses bejaht. Ein solches Näheverhältnis werde insbesondere durch das Vorliegen einer Unternehmensverbindung begründet97. Ein Teil des Schrifttums stimmt dem zu und will den Dritten neben dem Gesellschafter als Gesamtschuldner haften lassen98. Teilweise wird die gesamtschuldnerische Haftung des Dritten davon abhängig gemacht, dass dieser bösgläubig gewesen ist99. Eine andere in der Literatur vertretene Ansicht verneint grundsätzlich eine Haftung des Dritten aus verbotener Einlagenrückgewähr100. Unter Berücksichtigung des Wortlautes der §§ 30, 31 GmbHG, der auf die „Auszahlung“ und den „Empfänger“ und nicht auf den Gesellschafter abstellt, und unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm erscheint eine gesamtschuldnerische Haftung des Empfängers geboten. Grundsätzlich verdient daher die Ansicht Zustimmung, die eine gesamtschuldnerische Haftung von Gesellschafter und Drittem befürwortet. b) Lösung des Kapitalerhaltungskonfliktes durch teleologische Reduktion Allerdings ist für den hier vorliegenden Fall, in dem eine gesamtschuldnerische Haftung des empfangenden Dritten eine Kollision mit den Kapitalersatzregeln heraufbeschwören würde, eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften zu erwägen. Die teleologische Reduktion einer Norm kann nämlich nicht nur durch den Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm selbst geboten sein, sondern auch dann, wenn der insoweit vorrangige Zweck einer anderen Norm anderenfalls nicht erreicht würde101. Unterwirft man die darlehensnehmende Gesellschaft als Dritte dem Erstattungsgebot der Kapitalerhaltungsvorschriften, dann führt dies zur oben beschriebenen Kollision mit den Kapitalersatzregeln. Auch die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens würde zur Nichtanwendbarkeit der Kapitalersatzregeln führen, wenn das Darlehen bereits unter Verstoß gegen die Kapitalersatzregeln an die Darlehens____________________ 97 BGHZ 81, 311 (315 f.); BGHZ 81, 365 (368); BGH NJW 1984, 1036; BGH NJW 1991, 357; BGH NJW 1991, 1057 (1051). 98 Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 31 Rn. 21; Lutter/Hommelhoff GmbHG, § 31 Rn. 5. 99 Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn. 12; Fleck in FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (S. 412 ff.); Scholz GmbHG – Westermann, § 31 Rn. 12. 100 Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (S. 648 ff.); Canaris in FS Fischer, S. 31 (S. 31 ff., S. 54 f.); Hager in ZGR 1989, 71 (102 ff.), Tries, S. 84 ff. 101 Larenz, Methodenlehre, S. 280; Looschelders/Roth, Juristische Methodik, S. 262 f., S. 266; Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 496a.
262 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
geberin zurückgeführt wurde. Nimmt man hingegen eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften dergestalt vor, dass lediglich der Gesellschafter, nicht aber der Dritte Schuldner des Erstattungsanspruches ist, dann kommt es von vornherein zu keiner Kollision mit den Kapitalersatzregeln, weil die Darlehensnehmerin nicht aus den Kapitalerhaltungsvorschriften zur Rückerstattung des (kapitalersetzenden) Darlehens an ihre Schwester verpflichtet ist. Die Bindung des Darlehens im Vermögen der kreditunwürdigen Darlehensnehmerin nach den Kapitalersatzregeln kann folglich nur durch teleologische Reduktion des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs verwirklicht werden. Der mit dieser Bindung verfolgte Zweck – der Schutz der Gläubiger der Darlehensnehmerin – ist in der zu beurteilenden Konstellation auch vorrangig gegenüber dem Schutz der Gläubiger der Darlehensgeberin. Deren Vermögen wird nämlich bereits dadurch geschützt, dass sie ihren Erstattungsanspruch gegen die regelmäßig ohnehin finanzstärkere Muttergesellschaft geltend machen kann, die als Gesellschafterin Erstattung gem. § 31 GmbHG, § 62 AktG schuldet. Die teleologische Reduktion des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs führt somit dazu, dass die Darlehensnehmerin als Dritte nicht selbst den Kapitalerhaltungsregeln unterworfen ist, sondern lediglich die Muttergesellschaft Schuldnerin des Erstattungsanspruchs ist. Die Darlehensnehmerin ist vielmehr nur zur Beachtung des Kapitalersatzrechts verpflichtet und darf kapitalersetzende Darlehen nicht an die Darlehensnehmerin zurückzahlen. Eine Kollision von Kapitalerhaltungs- und Kapitalersatzregeln taucht mithin bei horizontalen Finanzierungsleistungen nicht auf.
VIII. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling 1. Voraussetzungen der Zurechnung Nach den zuvor entwickelten Kriterien ist eine Zurechnung der Gesellschafterstellung bei horizontalen Finanzierungsleistungen vorzunehmen, wenn die Finanzierung für Rechnung oder auf Risiko der gemeinsamen Muttergesellschaft erfolgt. Eine „Für-Rechnung-Finanzierung“ liegt vor, wenn die Darlehensvaluta aus dem Vermögen der gemeinsamen Muttergesellschaft, d.h. der an der Darlehensnehmerin unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafterin stammt102. Die Finanzierung erfolgt auf Risiko der Muttergesellschaft, wenn die darlehensgebende Gesellschaft einen feststehenden Verlustausgleichsanspruch gegen die Muttergesellschaft hat103, die Muttergesellschaft die Gewährung des ____________________ 102 103
§ 11 II. (S. 229 f.). § 11 III. 3. (S. 231 ff.).
§ 11 Horizontale Finanzierungsleistungen
263
Darlehens bei der Darlehensgeberin tatsächlich veranlasst104 oder die Darlehensgeberin die Finanzierungsleistung causa societatis im Interesse einer übergeordneten „Konzern-causa“ erbringt105. Als Kriterien, die eine allgemein gültige Zurechnung bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings begründen können, kommen sowohl die „Für-Rechnung-Finanzierung“ aus dem Vermögen der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafterin als auch die „Auf-RisikoFinanzierung“ in Betracht. Innerhalb der Fallgruppe der „Auf-RisikoFinanzierung“ scheidet eine generelle Zurechnung aufgrund feststehender Verlustausgleichspflicht der Muttergesellschaft von vornherein aus, da dieses Kriterium eine einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich macht. Die Varianten „Veranlassung durch die Muttergesellschaft“ und „Erbringung einer Finanzierungsleistung causa societatis“ sind hingegen grundsätzlich zur Begründung einer generellen Zurechnung geeignet. 2. „Für-Rechnung-Finanzierung“ als Zurechnungskriterium Eine Finanzierung für Rechnung des gemeinsamen Gesellschafters von Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin setzt voraus, dass die Darlehensvaluta aus dem Vermögen der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafterin stammt und von der Darlehensgeberin im eigenen Namen, aber für Rechnung und im Interesse dieser Gesellschafterin an die Darlehensnehmerin ausgereicht wird. Das wäre der Fall, wenn das von der Finanzierungsgesellschaft ausgereichte Darlehen wirtschaftlich von der gemeinsamen Gesellschafterin der Schwestergesellschaften stammt. Stattet der Gesellschafter seine Finanzierungstochter mit Finanzmitteln aus, damit diese die Mittel an ihre liquiditätsbedürftige Schwestergesellschaft ausreicht, so liegt eine echte „Für-RechnungFinanzierung“ vor106. Die von der Finanzierungsgesellschaft ausgereichte Darlehensvaluta würde wirtschaftlich von ihrer Muttergesellschaft stammen, wenn die Muttergesellschaft überschüssige Liquidität an den Cash Pool abgeführt hat und die Finanzierungsgesellschaft diese Finanzmittel an eine ihrer Schwestergesellschaften ausreicht. Beim Cash Pooling lässt sich eine solche wirtschaftliche Zuordnung der Darlehensvaluta jedoch regelmäßig nicht vornehmen. Das hat seine Ursache darin, dass sämtliche am Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen überschüssige Liquidität an den Pool abführen. Viele der teilnehmenden Unternehmen haben einen Beitrag zur Ausstattung des Cash Pools in ____________________ 104 105 106
§ 11 V. 1. (S. 238 ff.). § 11 V. 2. (S. 243 ff.). Ebenso bereits Noack in GmbHR 1996, 153 (156).
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unterschiedlicher Höhe geleistet, sodass die Herkunft der jeweils ausgereichten Mittel nicht eindeutig einer liquiditätsabführenden Gesellschaft zuzuordnen ist. Anhand der intern geführten Verrechnungskonten lässt sich zwar der Saldo des einzelnen Konzernunternehmens gegenüber dem Cash Pool ablesen. Daraus lässt sich jedoch lediglich errechnen, in welchem Umfang die jeweilige Gesellschaft pro rata wirtschaftlich an der Darlehensvergabe beteiligt ist. Etwas anderes gilt nur, wenn mit Ausnahme der Muttergesellschaft alle am Pooling teilnehmen Unternehmen einen negativen Saldo gegenüber dem Cash Pool aufweisen. Führt die Muttergesellschaft dann als einzige Gesellschaft Liquidität an die Finanzierungsgesellschaft ab und reicht diese die Liquidität an eine Schwestergesellschaft aus, dann stammt die Darlehensvaluta eindeutig aus dem Vermögen der Muttergesellschaft. Hierbei handelt es sich aber um einen Ausnahmefall, der keine allgemein gültige Aussage über horizontale Liquiditätsverschiebungen beim Cash Pooling zulässt. Die „Für-Rechnung-Finanzierung“ eignet sich folglich lediglich als einzelfallbezogenes Zurechnungskriterium und kommt für eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung in Fällen horizontaler Liquiditätsverschiebungen beim Cash Pooling nicht in Betracht. 3. Veranlassung als Zurechnungskriterium In der Fallgruppe der Veranlassung ist der darlehensgebenden Schwestergesellschaft die Gesellschafterstellung zuzurechnen, wenn die Finanzierungsleistung auf tatsächliche Veranlassung der gemeinsamen Gesellschafterin der beiden Schwestergesellschaften erfolgt. Die ausnahmslose Anwendbarkeit dieses Zurechnungskriteriums auf horizontale Finanzierungsleistungen im Rahmen des Cash Poolings ist Zweifeln ausgesetzt. Dabei ist zu differenzieren zwischen solchen Darlehen, die die Finanzierungsgesellschaft an liquiditätsbedürftige Konzernunternehmen ausreicht und denjenigen Darlehen, welche die Konzernunternehmen der Finanzierungsgesellschaft durch Abführung überschüssiger Liquidität auf das Zielkonto gewähren. Bei den erstgenannten Darlehen wird man eine Veranlassung durch die Konzernspitze noch ausnahmslos bejahen können, denn die Finanzierungsgesellschaft wurde von der Konzernspitze allein zu dem Zweck gegründet, das Cash Pooling durchzuführen und Darlehen an liquiditätsbedürftige Konzernunternehmen auszureichen. Anders hingegen verhält es sich mit den Darlehen, die der Finanzierungsgesellschaft von den Konzernunternehmen gewährt wurden. Es wurde bereits erwähnt, dass man die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Liquiditäts-
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265
verschiebungen nicht generell als von der Muttergesellschaft veranlasste Maßnahme bewerten kann, weil dies den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des Cash Poolings in der Praxis nicht gerecht würde107. Der Automatismus, mit dem die Abführung überschüssiger Liquidität auf das Zielkonto erfolgt, spricht gegen die Annahme einer Veranlassung durch die gemeinsame Muttergesellschaft. Es kann daher allenfalls auf die konkreten Umstände des Zustandekommens der zwischen den Konzernunternehmen abgeschlossenen Rahmenvereinbarung abgestellt werden, da der Automatismus der Zahlungsströme auf dieser Rahmenvereinbarung beruht. Dabei wird sich im Regelfall feststellen lassen, dass die Konzernspitze in Ausübung ihrer einheitlichen Leitungsmacht die Konzernunternehmen dazu veranlasst hat, der Rahmenvereinbarung beizutreten. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass ein Konzernunternehmen im Einzelfall der Rahmenvereinbarung freiwillig, d.h. ohne dass es einer Veranlassung der Konzerspitze bedurfte, beigetreten ist108. Die Veranlassung der Darlehensausreichung durch die Muttergesellschaft vermag deshalb als generelles Zurechnungskriterium für horizontale Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings nicht vollends zu überzeugen. 4. Finanzierungsleistung causa societatis als Zurechnungskriterium Eine Zurechnung der Gesellschafterstellung über das Kriterium der causa societatis setzt voraus, dass die Darlehensgeberin weder mittelbar noch unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist109 und die zu beurteilende Finanzierungsleistung per se die causa societatis zum Inhalt hat110. Die erstgenannte Voraussetzung ist bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen ohne weiteres erfüllt, weil die Darlehensgewährung unter Schwestergesellschaften erfolgt, die weder unmittelbar noch mittelbar aneinander beteiligt sind. Eine Finanzierungsleistung hat per se die causa societatis zum Inhalt, wenn das in Frage stehende Geschäft bereits seiner Natur nach nur mit einer zum Konzern bzw. zum Unternehmensverbund gehörenden Gesellschaft und gerade im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum Unternehmensverbund bzw. Konzern abgeschlossen werden kann111. Mit diesem einschränkenden Tatbestandsmerkmal soll vermieden werden, dass Finanzierungsleistungen zwischen Schwestergesellschaften erfasst werden, die zwar auch im Hinblick auf die Konzernzuge____________________ 107 108 109 110 111
Siehe bereits § 8 III. 3. (S. 161). Vgl. § 8 III. 3. (S. 161). § 11 V. 2. a) cc) (1) (S. 248 f.). § 11 V. 2. a) cc) (2) (S. 249 f.). § 11 V. 2. a) cc) (2) (S. 250).
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hörigkeit erbracht werden, bei denen jedoch die Leistung nicht im Gesamtinteresse des Konzerns und damit nicht im Interesse der Muttergesellschaft bzw. Konzernobergesellschaft erfolgt. Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings sind sämtlich einem gemeinsamen Zweck – der Verwirklichung eines konzerngesteuerten Finanzierungskonzepts – untergeordnet112. Eine Darlehensgewährung über den Cash Pool kann seiner Natur nach nur mit einer zum Konzern gehörenden Gesellschaft abgeschlossen werden, weil das Cash Pooling eine konzerntypische Finanzierungsmaßnahme ist, welche über den Weg einer Liquiditätsbündelung anstrebt, die konzernzugehörigen Unternehmen stets mit der benötigten Liquidität auszustatten. Die Liquiditätsverschiebung erfolgt auch gerade im Hinblick auf die Zugehörigkeit der am Pooling teilnehmenden Unternehmen zum Konzern. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Unternehmen sich verpflichtet, seine gesamte Liquidität an einen nicht konzernzugehörigen Dritten abzuführen und diesem Dritten die Finanzmittel darlehensweise überlässt. So wird sich etwa kaum ein Kreditinstitut finden, das einem Unternehmen die stetige Versorgung mit ausreichender Liquidität verspricht, wie es im Verhältnis zwischen der Finanzierungsgesellschaft und den Konzernunternehmen der Fall ist. Dass die Konzernzugehörigkeit unabdingbare Voraussetzung für die Darlehensgewährung über den Cash Pool ist, zeigen auch die dem Cash Pooling zugrunde liegenden Rahmenvereinbarungen. Diese sehen regelmäßig vor, dass ein Unternehmen aus dem Cash Pooling-Verfahren ausscheidet, sobald seine Zugehörigkeit zum Konzern endet113. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Unternehmen auch im eigenen Interesse am Cash Pooling teilnehmen, weil sie als Gegenleistung für die Abführung von überschüssiger Liquidität selbst Finanzmittel im Bedarfsfalle aus dem Cash Pool erhalten. Dieses Eigeninteresse ist aber dem Konzerninteresse gänzlich untergeordnet, wenn man bedenkt, dass die teilnehmenden Unternehmen ohne das Cash Pooling eigene Liquiditätsreserven unterhalten würden. Im Vordergrund steht vielmehr das Gesamtkonzerninteresse an den wirtschaftlichen Vorteilen des Cash Poolings, also etwa den Zinsvorteilen, die aufgrund der geringeren Fremdmittelaufnahme entstehen, der Verbesserung der Marktposition im Hinblick auf eine Maximierung der Anlageerlöse, den günstigeren Finanzierungskonditionen und den Einsparungen durch das Halten einer geringeren Liquiditätsreserve114. Dies gilt auch und insbesondere für den Fall, dass ein Konzernunternehmen ohne Veranlassung durch die Konzernspitze der Rahmenvereinbarung beigetreten ist. Horizontale Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings beruhen daher immer auf ____________________ 112 113 114
Karollus in ÖBA 1997, 105 (112). Vgl. § 1 IV. 2. b) (S. 38). Ausführlich zur wirtschaftlichen Bedeutung des Cash Poolings § 1 III. (S. 28 f.).
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einer „Konzern-causa“115. Sie werden von der jeweiligen darlehensgebenden Gesellschaft allein mit Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern, also causa societatis erbracht, sodass der Darlehensgeberin die Gesellschaftereigenschaft bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings generell zuzurechnen ist.
IX. Zwischenergebnis Bei horizontalen Finanzierungsleistungen ist eine Zurechnung der Gesellschafterstellung vorzunehmen, wenn die Darlehensgewährung für Rechnung oder auf Risiko des Gesellschafters der Darlehensnehmerin erfolgt, weil der finanzierungsfolgenverantwortliche Gesellschafter dann in der Letzthaftung steht. Im Einzelnen kommen dabei folgende Zurechnungskriterien in Betracht: Die Finanzierung erfolgt für Rechnung des Gesellschafters, wenn die Darlehensvaluta aus seinem Vermögen stammt, die Darlehensgeberin also nur als mittelbare Stellvertreterin das Darlehen für Rechnung und im Interesse des Gesellschafters an die Darlehensnehmerin ausreicht. Die Finanzierung erfolgt auf Risiko des Gesellschafters, wenn der Darlehensgeberin gegen den Gesellschafter ein gesicherter Verlustausgleichsanspruch zusteht. Bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen muss für eine Zurechnung auf die abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der gemeinsamen Gesellschafterin von Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin abgestellt werden. Das bedeutet, dass durchgehend von der gemeinsamen Muttergesellschaft bis hinab zur Darlehensgeberin Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsverträge bestehen müssen, damit ein Verlust der Darlehensgeberin sich im Ergebnis bei der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin auswirkt. Ebenfalls zur Fallgruppe der „Auf-Risiko-Finanzierung“ ist eine horizontale Finanzierungsleistung zu rechnen, bei der die Darlehensgewährung auf tatsächliche Veranlassung des Gesellschafters vorgenommen wird, da der Gesellschafter in einem solchen Fall auf Erstattung aus verbotener Einlagenrückgewähr haftet, wenn und soweit die Darlehensvaluta aus gebundenem Vermögen der Darlehensgeberin stammt. Gleiches gilt für eine Finanzierungsleistung, die von der Darlehensgeberin causa societatis, d.h. mit Rücksicht auf ein übergeordnetes Interesse des Gesamtkonzerns erbracht wird. Dabei sind die tatbestandlichen Voraussetzungen ____________________ 115
Ebenso Karollus in ÖBA 1997, 105 (112); ders. in FS Claussen, S. 199 (S. 205); v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.30, denen zufolge die „Konzern-causa“ an sich bereits für eine Zurechnung in sämtliche Richtungen ausreichen soll.
268 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung eng zu definieren. Das Kriterium der causa societatis kann nur auf solche Darlehensgeber angewendet werden, die weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt sind. Ferner ist erforderlich, dass die in Frage stehende Leistung die causa societatis per se zum Inhalt hat. Stammt die Darlehensvaluta aus gebundenem Vermögen der Darlehensgeberin, kommt es zu einer Kollision der Kapitalerhaltungsvorschriften mit den Kapitalersatzregeln, wenn der Darlehensgeberin ein Anspruch auf Rückerstattung der Darlehensvaluta aus Kapitalerhaltungsrecht zusteht, andererseits aber der Darlehensnehmerin die Rückerstattung durch die Kapitalersatzregeln untersagt wird. Dieser Konflikt ist im Wege einer teleologischen Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften dergestalt zu lösen, dass ausschließlich der Gesellschafter, nicht aber die Darlehensnehmerin Schuldner des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruches ist. Wird die Darlehensnehmerin nicht durch die Kapitalerhaltungsvorschriften zur Rückerstattung des (kapitalersetzenden) Darlehens an die Darlehensgeberin verpflichtet ist, dann kommt es von vornherein zu keiner Kollision mit den Kapitalersatzregeln. Bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings ist der Darlehensgeberin die Gesellschafterstellung generell zuzurechnen, weil sowohl die Abführung von Liquidität auf das Zielkonto durch die einzelnen Konzernunternehmen als auch die Gewährung von Darlehen durch die Finanzierungsgesellschaft causa societatis mit Rücksicht auf ein dem Eigeninteresse des darlehensgebenden Unternehmens übergeordnetes Konzerninteresse erfolgt.
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen M
T1
T2
E 1.1
E 1.2
U 1.1.2
U 1.1.1
U 1.2.1
E 2.1
UU 1.1.1.1
UU 1.1.2.1
S
E 2.2
U 2.1.1
U 2.1.2
U 2.2.1
UU 2.1.2.1
UU 2.1.2.2
UU 2.1.2.3
U 1.2.2
S
T3
S
U 2.2.2
U 3.1.1
E 3.1
E 3.2
U 3.1.2
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U 3.2.2
S UU 1.1.2.2
UU 1.2.2.1
UU 3.1.1.1
UU 3.1.2.1
UU 3.1.2.2
UU 3.2.2.1
I. Grundlagen der Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen Im Grundfall der vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistung gewährt die Tochtergesellschaft ihrer Muttergesellschaft ein Darlehen. Ebenso sind unter vertikal aufsteigenden Leistungen aber solche Strukturen zu verstehen, bei denen Enkel- oder Urenkelgesellschaften an ihre Groß- oder Urgroßmuttergesellschaften Darlehen ausreichen. Es handelt sich also sämtlich um Fälle, in denen eine Gesellschaft Finanzierungsleistungen an ihren unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafter erbringt. Beim Cash Pooling treten vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebungen beispielsweise dann in Erscheinung, wenn ein in der Konzernorganisationsstruktur unterhalb der Finanzierungsgesellschaft angesiedeltes Konzernunternehmen überschüssige Liquidität auf das Zielkonto abführt. Eine vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebung liegt beim Cash Pooling aber auch vor, wenn die Finanzierungsgesellschaft Finanzmittel an eine in der Konzernhierarchie oberhalb von ihr angesiedelte Gesellschaft ausreicht. Die Möglichkeiten einer Zurechnung der Gesellschafterstellung bei vertikal aufsteigenden Darlehensgewährungen sollen auch hier zunächst unabhängig von den Besonderheiten des Cash Poolings herausgearbeitet werden (II. und III.). Anschließend ist anhand der gewonnenen Erkenntnisse zu ermitteln, ob eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung bei vertikal aufsteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings zu erfolgen hat (IV.). Mit der Verbundformel der Rechtsprechung sind vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen ohne weiteres zu erfassen, denn für das Vorliegen einer
270 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Unternehmensverbindung i.S.d. § 15 AktG spielt es keine Rolle, aus welchem Blickwinkel man das Verhältnis der Unternehmen zueinander betrachtet. Wohl vor diesem Hintergrund hat das OLG Düsseldorf die Leistung einer Gesellschaft an ihren Gesellschafter, der eine Anteilsmehrheit von 95 % bei einem Stimmenanteil von 49 % hielt, als eigenkapitalersetzend eingestuft1. Dabei hat sich das Gericht ausschließlich auf die vom Bundesgerichtshof verwendete Verbundformel berufen und die Besonderheit, dass die Leistung nicht wie im gesetzlich und richterrechtlich erfassten Grundfall vom Gesellschafter an die Gesellschaft, also von oben nach unten, sondern umgekehrt von unten nach oben erfolgte, in der Urteilsbegründung scheinbar nicht für erwähnenswert gehalten. Dabei sprechen gewichtige Gründe gegen eine Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen durch das Kapitalersatzrecht. Die Tochtergesellschaft steht im Verhältnis zu ihrer Muttergesellschaft wie eine Gesellschaft zu ihrem Gesellschafter, mit der Folge, dass die eine Finanzierungsfolgenverantwortung begründenden Voraussetzungen grundsätzlich nicht vorliegen. Der Tochtergesellschaft kommen mangels Beteiligung die Gewinne der Muttergesellschaft nicht zugute, sodass eine ausgewogene Verteilung von Chance und Risiko dagegen spricht, ihr das volle Ausfallrisiko in der Insolvenz aufzubürden2. Außerdem fehlt es der Darlehensgeberin sowohl an Informationsrechten als auch an unternehmerischen Einflussmöglichkeiten auf die Darlehensnehmerin3. Ferner wird bei einer Erfassung von Tochterdarlehen auch der Kapitalerhaltungskonflikt akut, wenn der Muttergesellschaft die Rückzahlung kapitalersetzender Darlehen untersagt ist und sie gleichzeitig dem Erstattungsgebot der Kapitalerhaltungsvorschriften für verbotswidrig empfangene Ausschüttungen des gebundenen Tochtervermögens unterliegt. Aus diesen Gründen spricht sich der überwiegende Teil des Schrifttums dafür aus, vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen nicht den Kapitalersatzregeln zu unterwerfen4. Dem kann jedoch in der Gesetzmäßigkeit dieser Aussage nicht gefolgt werden. Betrachtet man die Argumente, die gegen eine Erfassung vertikal aufsteigender Darlehen sprechen, so wird deutlich, dass diese auch für horizontale Finanzierungsleistungen Gültigkeit beanspruchen5. Bei horizontalen Finanzie-
____________________ 1
OLG Düsseldorf DB 1997, 521 f. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.19. 3 Vgl. auch v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.19; Vervessos, S. 264. 4 Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (S. 662 ff.); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 32a Rn. 173; Vervessos, S. 264 f.; v. Gerkan/Hommelhoff – Fleischer, Rn. 12.19; im Übrigen wird die kapitalersatzrechtliche Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen von den meisten Autoren überhaupt nicht angesprochen. 5 Vgl. § 11 I. (S. 228 f.) für horizontale Finanzierungsleistungen. 2
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
271
rungsleistungen ist jedoch eine Zurechnung nach Maßgabe der zuvor dargestellten Grundsätze vorzunehmen. Es nicht gerechtfertigt, horizontale und vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen grundsätzlich unterschiedlich zu behandeln, weil die Darlehensgeberin in beiden Fällen weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Für die Frage, ob vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen grundsätzlich vom Kapitalersatzrecht erfasst sein können, kann es keinen Unterschied machen, dass die Darlehensgeberin in einem Fall „neben“ und im anderen Fall „unterhalb“ der Darlehensnehmerin angesiedelt ist, wenn eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung in beiden Fällen nicht vorliegt. Ein weiterer Teil des Schrifttums plädiert für eine Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen, wenn die Darlehensgeberin das Darlehen auf Veranlassung des Gesellschafters der Darlehensnehmerin gewährt habe6. Die Veranlassung zur Darlehensvergabe durch die Muttergesellschaft hat sich bereits für Finanzierungsleistungen auf horizontaler Ebene als taugliches Zurechnungskriterium herausgestellt. Es bleibt zu prüfen, ob eine Zurechnung bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen auf das Kriterium der Veranlassung beschränkt bleibt oder nicht vielmehr die Ähnlichkeit mit den horizontalen Finanzierungsleistungen es gebietet, sämtliche für die horizontale Darlehensgewährung entwickelten Zurechnungskriterien auch im vertikal aufsteigenden Verhältnis anzuwenden.
II. Finanzierungsleistungen in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen Eine vertikal aufsteigende Finanzierungsleistung in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen liegt vor, wenn die Darlehensgewährung oder eine vergleichbare Rechtshandlung i.S.d. § 32a III, S. 1 GmbHG nicht vom Gesellschafter an seine Gesellschaft erbracht wird, sondern – aus der Sicht des Gesellschafters, d.h. der Muttergesellschaft (M) gesehen – die Enkel- (E), Urenkel- (U) oder eine über noch weitere Stufen mit dem Gesellschafter vertikal absteigend verbundene Gesellschaft die Finanzierungsleistung an die Tochtergesellschaft (T) des Gesellschafters erbringt.
____________________ 6
Dazu sogleich unter § 12 II. 2. b) (S. 273).
272 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
1. Aus dem Vermögen der an der Darlehensnehmerin beteiligten Muttergesellschaft stammende Darlehensvaluta Stammen die ausgereichten Darlehensmittel wirtschaftlich nicht aus dem eigenen Vermögen der Enkel- bzw. Urenkelgesellschaft, sondern aus demjenigen der mittelbar beteiligten Muttergesellschaft, dann liegt eine klassische „FürRechnung-Finanzierung“ vor, bei der E bzw. U als Zahlungsmittlerin Gelder der M an T ausreicht. Unerheblich ist auch, über wie viele Stufen hinweg die finanzierende M an der darlehensausreichenden Gesellschaft beteiligt ist. Es gelten die gleichen Grundsätze, die auch für die Zurechnung bei horizontalen Finanzierungen unter Schwestergesellschaften anzuwenden sind7, sodass in diesen Fällen der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts immer eröffnet ist. Zu einem Kapitalerhaltungskonflikt kann es nicht kommen. Das Darlehen stammt nicht aus dem Vermögen der Darlehensgeberin, sondern aus dem Vermögen der M, sodass eine Ausschüttung gebundenen Vermögens an eine Gesellschafterin der Darlehensgeberin von vornherein nicht in Betracht kommt. 2. Aus dem Vermögen der darlehensgebenden Tochtergesellschaft stammende Darlehensvaluta a) „Auf-Risiko-Finanzierung“ Eine Zurechnung ist auch dann vorzunehmen, wenn rechtlich und wirtschaftlich der mittelbaren Stellvertretung vergleichbare Strukturen vorliegen, die Darlehensgewährung also aufgrund eines feststehenden Verlustausgleichsanspruches letztlich auf Risiko der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin erfolgt. Auch hier gibt es keinen Grund, Darlehen der an der Darlehensnehmerin weder unmittelbar noch mittelbar beteiligten E bzw. U anders zu behandeln als solche zwischen untereinander nicht beteiligten Schwestergesellschaften auf horizontaler Ebene8. Allerdings wird in den seltensten Fällen ein Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrag direkt zwischen der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten M und der Darlehensgeberin E bzw. U bestehen. Praktisch werden eher solche Gestaltungen vorkommen, bei denen Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsverträge zwischen den jeweils unmittelbar beteiligten Gesellschaften bestehen, also auf erster Stufe zwischen M und T, auf zweiter Stufe zwischen T und E sowie auf dritter Stufe zwischen E und ____________________ 7
Insoweit sei auf die Ausführungen unter § 11 II. (S. 229 f.) verwiesen. Zur Fallgruppe der „Auf-Risiko-Finanzierung“ bei horizontalen Finanzierungsleistungen siehe § 11 III. 3. (S. 231 ff.). 8
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
273
U. Die Untersuchung horizontaler Finanzierungsleistungen hat gezeigt, dass M ihre Finanzierungsfolgenverantwortung für T auch dann auf die Darlehensgeberin ableitet, wenn die Beteiligung der M an der Darlehensgeberin über mehrere Stufen hinweg vermittelt wird9. Entsprechendes gilt auch für vertikal aufsteigende Finanzierungen. Existieren durchgehend von der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin M bis hinab zur Darlehensgeberin E bzw. U Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsverträge, dann wirkt sich ein Verlust der E bzw. U im Ergebnis bei M als Gesellschafterin der Darlehensnehmerin T aus. Die Darlehensgewährung erfolgt mithin letztlich auf Risiko der M, sodass es gerechtfertigt ist, vertikal aufsteigende Darlehensgewährungen bei Bestehen einer ununterbrochenen Kette von Beherrschungsbzw. Gewinnabführungsverträgen zwischen der Gesellschafterin und der Darlehensgeberin den Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen zu unterwerfen. b) Veranlassung durch die Muttergesellschaft Wie bereits erwähnt, spricht sich ein Teil des Schrifttums für eine Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen durch die Kapitalersatzregeln aus, wenn die Darlehensgeberin das Darlehen auf Veranlassung des Gesellschafters der Darlehensnehmerin gewährt hat10. Dabei reiche es für eine Zurechnung aus, wenn sich die Darlehensvergabe auf den unternehmerischen Einfluss des Gesellschafters zurückführen lasse11, der auf oberster Stufe stehende Gesellschafter also jeweils über Mehrheitsbeteiligungen mit der auf unterster Stufe stehenden Kreditgeberin verbunden sei12. Letzteres stößt auf Bedenken, denn wie im Falle der horizontalen Finanzierung kann allein die Möglichkeit zu einer Veranlassung, vermittelt durch den unternehmerischen Einfluss der M auf E, für eine Zurechnung nicht ausreichen13. Anders als bei vertikal absteigenden Finanzierungsflüssen und ebenso wie bei horizontalen Darlehensgewährungen reicht die finanzierungsfolgenverantwortliche Gesell____________________ 9
§ 11 III. 3. b) (S. 233 f.). GK AktG – Henze, § 57 Rn. 138; Ketzer, S. 131 ff.; unklar Mannheimer, S. 86, der für erforderlich hält, dass „der Gesellschafter der kapitalempfangenden Gesellschaft zugleich auch an der kapitalgebenden Gesellschaft beteiligt ist“. Gemeint ist wohl die mittelbare Beteiligung des Gesellschafters über die Darlehensnehmerin; differenzierend Cahn, S. 238 ff., demzufolge lediglich eine Bindung im Verhältnis M – T und eine Haftung der M gegenüber E anzunehmen ist. 11 Ketzer, S. 132. 12 GK AktG – Henze, § 57 Rn. 138. 13 Vgl. § 11 V. 1. c) (S. 242 f.). 10
274 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
schafterin M auch hier das Darlehen nicht selbst aus, sodass es bei unvoreingenommener Betrachtung möglich erscheint, dass die Muttergesellschaft im Einzelfall keine Kenntnis von der Darlehensvergabe ihrer Enkelin hat. Es bedarf also, ebenso wie bei Leistungen auf horizontaler Ebene, auch bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen einer tatsächlichen Veranlassung durch die Gesellschafterin der Darlehensnehmerin14. Dennoch ist fraglich, ob für die Begründung des Zurechnungskriteriums der Veranlassung bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen ohne weiteres auf die Parallele zur horizontalen Finanzierung verwiesen werden kann. Dafür spricht zwar die Tatsache, dass in beiden Fällen die Darlehensgeberin weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Die Struktur der vertikal aufsteigenden Finanzierung weist jedoch gegenüber der Kreditvergabe auf horizontaler Ebene einen entscheidenden Unterschied auf. Für eine Zurechnung in der Fallgruppe der Veranlassung sprach bei horizontalen Finanzierungsleistungen die Ähnlichkeit mit der anerkannten Fallgruppe der „FürRechnung“- bzw. „Auf-Risiko“-Finanzierung. Die an der Darlehensnehmerin T1 beteiligte M ist gegenüber der Darlehensgeberin T2 zur Erstattung derjenigen Darlehensvaluta verpflichtet, die T2 unter Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr an T1 als Dritte ausgereicht hat. Ob M eine solche Erstattungsverpflichtung auch in Fällen vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen trifft, erscheint zweifelhaft. Vereinzelt wird das in der Literatur unter Berufung auf „allgemeine Grundsätze“ bejaht15. Eine Erstattungspflicht des Gesellschafters ist nach allgemeinen Grundsätzen anzunehmen, wenn die Gesellschaft (bei horizontaler Finanzierung T2) auf Veranlassung des Gesellschafters (bei horizontaler Finanzierung M) gebundenes Vermögen an Dritte (bei horizontaler Finanzierung T1) ausschüttet16. Die soeben erwähnten Autoren verkennen offenbar, dass im Falle vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen das Darlehen nicht auf Veranlassung des Gesellschafters der Darlehensgeberin an einen Dritten, sondern – genau umgekehrt – das Darlehen auf Veranlassung eines Dritten (M) an den Gesellschafter (T) der Darlehensgeberin (E) ausgereicht wird. ____________________ 14
Ebenso Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (29 f.), der allerdings auf horizontaler Ebene die bloße Möglichkeit einer Veranlassung ausreichen lässt, weil „ohnehin äußerst unwahrscheinlich wäre, daß eine Darlehensgewährung an eine kreditunwürdige Gesellschaft ohne Veranlassung bzw. zumindest ohne Beeinflussung durch die gemeinsame Mutter erfolgt“; vgl. auch Schmidsberger, S. 96 f. 15 So Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (30); i.E. ebenfalls Cahn, S. 240, der auf die Erstattungspflicht des veranlassenden Gesellschafters bei Auszahlungen an Dritte verweist. 16 § 11 V. 1. a) (S. 239).
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
275
Gleichwohl besteht ein Bedürfnis für die Anwendung der Kapitalersatzregeln. Sowenig es einem Gesellschafter gestattet ist, sich zu Lasten der Gläubiger dem Risiko der Eigenkapitalzufuhr durch ein Ausweichen auf die scheinbar weniger riskante Finanzierungsform des Darlehens zu entziehen, darf er der Anwendung der Kapitalersatzregeln entgehen können, indem er kraft seines gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflusses ein von ihm abhängiges Unternehmen zur Darlehensgewährung veranlasst17. Der Schutz der Gläubiger der Darlehensgeberin gebietet es jedoch, an dem Erfordernis einer Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“ festzuhalten, sodass eine Haftung der M gegenüber E auf Erstattung der Darlehensvaluta als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln zwingend erforderlich ist. Diese lässt sich, wenn auch nicht unmittelbar aus den allgemein anerkannten Grundsätzen, so doch bei folgerichtiger Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften begründen. Im Zusammenhang mit der Untersuchung des Kapitalerhaltungskonfliktes bei horizontalen Darlehensgewährungen wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Dritte als eigentlicher Leistungsempfänger neben dem Gesellschafter gesamtschuldnerisch zur Rückerstattung verpflichtet ist18. Das soll wiederum dann nicht gelten, wenn der Dritte gutgläubig den Anspruch auf die Zuwendung vom Gesellschafter erworben hat oder er den zugewendeten Gegenstand für Rechnung des Gesellschafters von der Gesellschaft erworben hat19. Dann muss aber bei wertender Betrachtung des Kapitalerhaltungsgebotes umgekehrt der veranlassende Dritte gesamtschuldnerisch haften, wenn die Zuwendung an den Gesellschafter erfolgte, der Dritte aber die eigentlich treibende Kraft für die Einlagenrückgewähr war20. Die veranlassende M hat der Darlehensgeberin E folglich die Darlehensvaluta zu erstatten, wenn und soweit diese aus gebundenem Vermögen der E stammt. Das begründet die für eine Zurechnung erforderliche Ähnlichkeit mit der „Auf-Risiko-Finanzierung“. Ebenso wie bei Darlehensgewährungen zwischen Schwestergesellschaften ist der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts für Darlehensgewährungen der E an T eröffnet, wenn die Leistung auf Veranlassung der M erfolgte. ____________________ 17
So auch Cahn, S. 239. § 11 VII. 2. a) (S. 260). 19 RGZ 136, 266; BGHZ 60, 324 (330); Baumbach/Hueck GmbHG, § 31 Rn. 12; Fleck in FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (S. 412 ff.); Scholz GmbHG – Westermann, § 31 Rn. 11 f. 20 Im Ansatz ähnl. Scholz GmbHG – Westermann, § 31 Rn. 12, jedoch im Zusammenhang mit Zuwendungen an Dritte. 18
276 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
c) Darlehensgewährung causa societatis Nichts anderes kann für Finanzierungsleistungen gelten, bei denen eine tatsächliche Veranlassung der M nicht vorliegt, E das Darlehen aber causa societatis, also mit Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern an T ausreicht. An das Vorliegen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung sind insoweit die gleichen Anforderungen zu stellen, die bereits für eine Darlehensausreichung unter Schwestergesellschaften ermittelt wurden21. Auch in dieser Konstellation ist eine Haftung der M gegenüber E auf Erstattung der Darlehensvaluta unverzichtbar. Das setzt voraus, dass M als Dritte gesamtschuldnerisch neben T haftet, was wiederum erfordert, dass M bei wertender Betrachtung als treibende Kraft der verbotenen Einlagenrückgewähr erscheint22. Im Rahmen der Untersuchung horizontaler Finanzierungen wurde die Haftung der M auf Erstattung der Einlagenrückgewähr darauf zurückgeführt, dass dem Gesellschafter die Leistung an den Dritten mittelbar wirtschaftlich zugute kommt23. War beim zuvor untersuchten Zurechnungskriterium die Veranlassung durch M das maßgebliche Moment dafür, M als treibende Kraft der verbotenen Einlagenrückgewähr haften zu lassen, so ist es dementsprechend bei einer causa societatis erfolgenden Darlehensgewährung die Tatsache, dass die Leistung der E an T der M mittelbar wirtschaftlich zugute kommt. M steht also auch in Fällen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung der E an T in der Letzthaftung, soweit dadurch gebundenes Vermögen der E angegriffen wird. Demzufolge spricht nichts gegen eine Erfassung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen durch das Kapitalersatzrecht, wenn die Darlehensgeberin die Finanzierung causa societatis24 vorgenommen hat. d) Der Kapitalerhaltungskonflikt bei Darlehensgewährungen aus dem gebundenen Vermögen der Darlehensgeberin Im Zusammenhang mit der Untersuchung horizontaler Finanzierungsleistungen hat sich gezeigt, dass die Anwendung der Kapitalersatzregeln mit dem Gebot der Kapitalerhaltung kollidieren kann, wenn die Kapitalersatzregeln ____________________ 21
Dazu § 11 V. 2. a) cc) (S. 247 ff.). Vgl. zuvor § 12 II. 2. b) (S. 275). 23 § 11 V. 2. b) (S. 251 f.). 24 Freilich müssen die engen Voraussetzungen für das Vorliegen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung vorliegen, vgl. dazu § 11 V. 2. a) cc) (S. 247 ff.). 22
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
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einerseits eine Rückzahlung des Darlehens an die Darlehensgeberin verbieten, andererseits die Kapitalerhaltungsvorschriften eine Erstattung der gebundenen Mittel an die Darlehensgeberin gebieten. Dieser Konflikt ließ sich durch eine teleologische Reduktion des Kapitalerhaltungsgebotes auflösen. Dazu erschien es sachgerecht, nur den Gesellschafter als den eigentlichen Schuldner des Erstattungsanspruchs nach § 31 GmbHG, § 62 AktG, nicht aber den empfangenden Dritten auf Erstattung haften zu lassen25. Bestreitet die Darlehensgeberin die Darlehensvaluta aus gebundenem Vermögen, so tritt der Kapitalerhaltungserhalt bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen noch augenscheinlicher als bei horizontalen Finanzierungen zutage. Die Darlehensgeberin steht zur Darlehensnehmerin immer in einem Verhältnis wie eine Gesellschaft zu ihrem Gesellschafter. Das führt zu der Frage, ob auch hier eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften vorzunehmen ist, um einen endlosen Kreislauf von Rückgewährpflichten zu vermeiden. Die teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften ist gerechtfertigt, wenn der insoweit vorrangige Zweck einer anderen Norm anderenfalls nicht erreicht würde26. Ob der Zweck der anderen Norm vorrangig ist, muss dabei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ermittelt werden27. Bei den horizontalen Finanzierungsleistungen war eine teleologische Reduktion gerechtfertigt, weil der Schutz der Gläubiger der Darlehensnehmerin durch das Kapitalersatzrecht nur erreicht werden konnte, indem man den Schutz der Gläubiger der Darlehensgeberin auf einen Erstattungsanspruch gegen die Muttergesellschaft als Gesellschafterin der Darlehensgeberin und damit als eigentliche Adressatin der Kapitalerhaltungserhaltungsregeln beschränkte. Während bei der horizontalen Finanzierung die Darlehensnehmerin Dritte ist, befindet sich bei vertikal aufsteigenden Darlehen die Darlehensnehmerin in der Position der Gesellschafterin der Darlehensgeberin. Würde man also der E einen Erstattungsanspruch gegen T versagen und sie auf M verweisen, dann hätte die teleologische Reduktion zur Folge, dass der Erstattungsanspruch nur noch gegen den Dritten, hingegen nicht mehr gegen den Gesellschafter als eigentlichen Adressaten der Kapitalerhaltungsvorschriften geltend gemacht werden könnte. Dieses auf den ersten Blick befremdlich anmutende Ergebnis steht einer teleologischen Reduktion jedoch nicht entgegen. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass M als die eigentlich treibende Kraft für den Verstoß gegen das ____________________ 25 26 27
Vgl. § 11 VII. 2. b) (S. 261 f.). Vgl. § 11 VII. 2. b) (S. 261). Siehe dazu das Beispiel bei Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 496a.
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Verbot der Einlagenrückgewähr verantwortlich ist. Dann kann es jedoch keinen Unterschied machen, ob M sich in der Position der Gesellschafterin oder derjenigen einer Dritten befindet. Die Gläubiger der Darlehensgeberin sind ebenso schutzwürdig wie die der Darlehensnehmerin. Letztere können durch die Kapitalersatzregeln nur dann geschützt werden, wenn man den Schutz der Gläubiger der Darlehensgeberin auf einen kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruch der E gegen M beschränkt. Die Gläubiger der Darlehensgeberin erleiden auch keinen Nachteil dadurch, dass die Finanzmittel von E an T geflossen sind, E aber verwiesen wird auf M, in deren Vermögen die abgeflossenen Mittel nie angekommen sind. Die Darlehensvaluta wäre nämlich für E bei der in der Krise befindlichen T aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nicht einbringlich. Eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften würde zu einer Verringerung der Anzahl der Erstattungsschuldner führen, die der Darlehensgeberin zur Verfügung stehen. Diese ist vor dem Hintergrund geboten, dass die Gläubiger der Darlehensgeberin nicht formal zweifach geschützt werden müssen, wenn einer der Erstattungsschuldner regelmäßig ohnehin nicht leisten könnte und überdies der Schutz der Gläubiger der Darlehensnehmerin durch eine Beschränkung auf M als alleinige Schuldnerin des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs überhaupt erst ermöglicht wird. Es bleibt daher festzuhalten, dass auch bei vertikal aufsteigenden Darlehensgewährungen durch eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften eine Kollision der Kapitalersatzregeln mit dem Gebot der Kapitalerhaltung vermieden wird. Im Verhältnis zwischen T und E finden allein und uneingeschränkt die Kapitalersatzregeln Anwendung, mit der Folge, dass T kapitalersetzende Darlehen nicht an E zurückzahlen darf bzw. E zu Unrecht zurückerhaltene Darlehen wieder an T erstatten muss. Im Verhältnis zwischen M und E entfaltet hingegen das Kapitalerhaltungsgebot umfassende Wirkung. Soweit die Darlehensgewährung der E an T einen Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot darstellt, ist allein M zur Erstattung des verbotswidrig ausgekehrten Gesellschaftsvermögens verpflichtet.
III. Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen Bei einer vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistung in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen wird das Darlehen unmittelbar von der Gesellschaft an ihre Gesellschafterin ausgereicht, ohne dass eine dritte Gesellschaft in die Darlehensgewährung involviert wäre. Das ist der Fall, wenn keine Zurechnung nach den zuvor genannten Grundsätzen vorgenommen werden kann, weil die Finanzierung weder für Rechnung oder auf Risiko der M, noch auf deren Veranlassung oder causa societatis erfolgt. Anders als bei vertikal aufsteigenden
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Darlehen in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen stehen sich die beiden Regelungsbereiche, Kapitalersatzrecht und Kapitalerhaltungsregeln, hier direkt gegenüber. Dies rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung, die eine Zurechnung der Gesellschafterstellung an die Darlehensgeberin verbietet. 1. Der Kapitalerhaltungskonflikt als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln Die Frage, ob das Kapitalersatzrecht auf vertikal aufsteigende Darlehen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen Anwendung finden soll, wird im Schrifttum unter Berufung auf den Vorrang der Kapitalerhaltungsregeln abgelehnt28. Auch wenn dem im Ergebnis uneingeschränkt zuzustimmen ist, vermag die Begründung nicht zu überzeugen. Die bisher im Schrifttum vertretene Ansicht nimmt keine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsregeln vor, sodass der Kapitalerhaltungskonflikt nach dieser Ansicht grundsätzlich auch in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen akut wird. Die Vertreter dieser Ansicht lösen den Konflikt, indem sie den Grundsatz des beatus possidens zur Anwendung bringen, nach dem die Leistung unabhängig vom jeweiligen Verstoß gegen die Gläubigerschutzbestimmungen an der Stelle zu verbleiben habe, wo sie sich gerade befinde29. Ferner wird vorgeschlagen, den Normenkonflikt unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles alternativ zu Lasten des Kapitalerhaltungs- oder des Kapitalersatzrechts lösen30. Hält man diese Lösungswege aber bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen für gangbar, dann ist nicht ersichtlich, weshalb nicht auch in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen der Grundsatz des beatus possidens oder eine einzelfallorientierte Lösung die Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts eröffnen sollte. Die Berufung auf den Kapitalerhaltungskonflikt stellt somit unter Zugrundelegung der Ansicht, welche die Autoren für die Lösung des Kapitalerhaltungskonflikts in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen vertreten, keine tragfähige Begründung dar, um eine Zurechnung in zweistufigen Beteiligungsverhältnissen abzulehnen. ____________________ 28
Altmeppen in FS Kropff, S. 641 (S. 662 f.); Roth/Altmeppen GmbHG, § 32a Rn. 173; Cahn, S. 238; Karollus in ÖBA 1997, 105 (112); Ketzer, S. 132; vgl. auch Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (29), der von vornherein nur dreistufige Beteiligungsverhältnisse anspricht. 29 Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 206 f.); Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (26 f.) für horizontale Darlehensgewährungen, bei denen der Kapitalerhaltungskonflikt ebenso auftauchen kann. 30 Cahn, S. 243 f.
280 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Nach der hier vertretenen Ansicht kommt es weder bei horizontalen noch bei vertikal aufsteigenden Darlehensgewährungen in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen zu einem Kapitalerhaltungskonflikt. Dies wird erreicht durch eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften, nach der die Darlehensgeberin lediglich einen Erstattungsanspruch gegen die Muttergesellschaft der Darlehensnehmerin, nicht aber gegen die Darlehensnehmerin selbst hat. In unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen hingegen existiert keine Gesellschafterin der Darlehensnehmerin, gegen die die Darlehensgeberin einen Erstattungsanspruch geltend machen könnte31. Dann verbietet sich jedoch eine teleologische Reduktion, weil diese dazu führen würde, dass die Darlehensgeberin überhaupt keinen Erstattungsanspruch mehr geltend machen könnte, wenn der Darlehensnehmerin als einziger in Betracht kommender Schuldnerin des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsgebotes die Erstattung des Darlehens wegen der Anwendbarkeit der Kapitalersatzregeln untersagt würde. Da weder die Gläubiger der Darlehensnehmerin noch diejenigen der Darlehensgeberin per se einen Vorrang genießen, wären die Gläubiger der Darlehensgeberin unangemessen benachteiligt, wenn dieser die Rückforderung des kapitalersetzenden Darlehens verwehrt wäre. Dem könnte man entgegnen, dass über die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens eine Lösung des Kapitalerhaltungskonfliktes erreicht werden könnte. Dagegen spricht jedoch, dass auch bei Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens immer eine Gläubigergruppe benachteiligt wäre, ohne dass deren schutzwürdiges Vertrauen auf die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens anerkannt würde32. Nach der hier vertretenen Ansicht tritt der Kapitalerhaltungskonflikt nur bei vertikal aufsteigenden Darlehensgewährungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen auf. Folglich verbietet die Kollision von Kapitalersatz- und Kapitalerhaltungsregeln nur dann – aber dann auch zu Recht – eine Anwendung der Kapitalersatzregeln. 2. Die fehlende Finanzierungsfolgenverantwortung als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln Die Anwendung der Kapitalersatzregeln auf vertikal aufsteigende Darlehensgewährungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen verbietet sich aber nicht nur wegen des Kapitalerhaltungskonfliktes, den die kapitalersatz____________________ 31 Weil die Darlehensgewährung nicht auf Veranlassung der Muttergesellschaft erfolgt (Fallgruppe der „Veranlassung“) oder das Darlehen der Muttergesellschaft nicht mittelbar wirtschaftlich zugute kommt (Fallgruppe der „Darlehensgewährung causa societatis“). 32 Siehe dazu bereits ausführlich § 11 VII. 1. (S. 259).
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
281
rechtliche Bindung im Vermögen der darlehensnehmenden Gesellschaft heraufbeschwören würde. Die Richtigkeit der These, das Kapitalersatzrecht in dieser Fallkonstellation nicht anzuwenden, wird auch durch den Befund der vorangegangenen Untersuchung bestätigt. Gleichzeitig bestätigt wiederum die Nichtanwendbarkeit des Kapitalersatzrechts in der hier zu untersuchenden Konstellation die Richtigkeit der zuvor gefundenen Ergebnisse. Dies aus den folgenden Gründen: Die Gleichsetzung der Darlehensgeberin mit einer Gesellschafterin der Darlehensnehmerin und damit die Anwendung der Kapitalersatzregeln ließ sich in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen nur mit dem Umstand rechtfertigen, dass die Muttergesellschaft der Darlehensnehmerin gegenüber der Darlehensgeberin zur Erstattung der Darlehensvaluta verpflichtet ist. Diese Letzthaftung der Mutter begründet die für eine Zurechnung erforderliche Ähnlichkeit mit einer „AufRisiko-Finanzierung“. Gleichzeitig bringt sie zum Ausdruck, dass eigentlich die Mutter der Darlehensnehmerin in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht. Die Darlehensgeberin trägt also, ebenso wie bei horizontalen Finanzierungsleistungen, lediglich eine von der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung. Bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen steht die Gesellschafterin der Darlehensnehmerin hingegen nicht in der Letzthaftung, sei es, weil sie die Darlehensgewährung nicht veranlasst hat oder ihr die causa societatis erfolgte Darlehensgewährung nicht mittelbar wirtschaftlich zugute kommt. Dann fehlt es bereits an einer Finanzierungsfolgenverantwortung, welche die Gesellschafterin auf die Darlehensgeberin vermitteln könnte. Mangels abgeleiteter Finanzierungsfolgenverantwortung käme eine Zurechnung dann nur noch unter der Voraussetzung in Betracht, dass die Darlehensgeberin eine eigene Finanzierungsfolgenverantwortung tragen würde. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass sich eine solche schon nicht für Darlehensgewährungen unter Schwestergesellschaften begründen lässt33. Das muss erst recht für eine Tochtergesellschaft gelten, deren Mutter ihr gegenüber in der Finanzierungsfolgenverantwortung steht und nicht umgekehrt. Gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln auf vertikal aufsteigende Darlehensgewährungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen spricht somit auch die fehlende Finanzierungsfolgenverantwortung der Gesellschafterin und damit die fehlende abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der Darlehensgeberin.
____________________ 33
Dazu ausführlich unter § 11 VI. (S. 254 ff.).
282 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
3. Die Gesetzesmaterialien als Argument gegen die Anwendung der Kapitalersatzregeln Zuletzt lassen sich gegen eine Anwendung der Kapitalersatzregeln auf vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen die Gesetzesmaterialien anführen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Teil des Schrifttums, der eine generelle Einbeziehung aller nach § 15 AktG verbundenen Unternehmen in den Adressatenkreis des Kapitalersatzrechts befürwortet, beruft sich auf die Entstehungsgeschichte und den Zweck des § 32a III, S. 1 GmbHG, nach der mit dem Übergang von der kasuistischen Regelung des § 32a V RegE GmbHG zur Generalklausel des § 32a III, S. 1 GmbHG Einschränkungen des Adressatenkreises nicht beabsichtigt waren34. Auch den Gesetzesmaterialien35 ist zu entnehmen, dass der dem Regierungsentwurf zugrunde liegende Rechtsgedanke in die Generalklausel des § 32a III, S. 1 eingegangen ist. § 32a V RegE GmbHG sah vor, dass Forderungen, Sicherungen oder Bürgschaften eines mit einem Gesellschafter oder mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmens sowie eines Dritten, der für Rechnung des Gesellschafters oder eines mit ihm oder der Gesellschaft verbundenen Unternehmens handelt, den eigenen Forderungen, Sicherungen oder Bürgschaften eines Gesellschafters gleichstehen36. Subsumiert man nun die hier zu untersuchende Konstellation unter diese nicht Gesetz gewordene Norm, so wird deutlich, dass selbst nach dem weit gefassten § 32a V RegE GmbHG eine Anwendung des Kapitalersatzrechts auf vertikal aufsteigende Darlehen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen nicht in Betracht kommt. Legt man als Beispiel eine Darlehensgewährung von T an M zugrunde, so wäre die Darlehensgeberin T als das „verbundene Unternehmen“ anzusehen. M als Darlehensnehmerin hätte die Position der „Gesellschaft“ inne. Die Anwendung des § 32a V RegE GmbHG ließe sich folgendermaßen lesen: „Forderungen der T (das „verbundene Unternehmen“) gegen M („die Gesellschaft“) stehen den eigenen Forderungen der M (der „Gesellschafter“, da M an T beteiligt ist) gegen M gleich“. Der Widerspruch zeigt, dass sich eine Zurechnung verbietet, wenn die darlehensnehmende Gesellschaft gleichzeitig unmittelbar an der Darlehensgeberin beteiligt ist. Auch unter Zugrundelegung der Gesetzesmaterialien scheidet somit eine Anwendung der Kapitalersatzregeln auf vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteili____________________ 34
BGHZ 81, 311 (315); BGH ZIP 1983, 1448; Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 121; Hüffer in ZHR 153 (1989), 322 (330 f.); Kamprad, S. 43; K. Schmidt in ZIP 1981, 689 (694) m.w.N.; vgl. auch § 9 IV. 1. (S. 169). 35 Ber. Rechtsausschuss GmbHG 1980, BT-Drucks. 8/3908, S. 74. 36 RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 10.
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
283
gungsverhältnissen aus. Es finden vielmehr allein die Kapitalerhaltungsvorschriften Anwendung, sodass der T ein Erstattungsanspruch aus verbotener Einlagenrückgewähr gegen M zusteht, wenn und soweit die Darlehensvaluta aus gebundenen Vermögen bestritten wurde.
IV. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling Für vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen sind dieselben Zurechnungsgrundsätze anzuwenden, die auch für Finanzierungen auf horizontaler Ebene Geltung beanspruchen37. Bei der Untersuchung horizontaler Liquiditätsverschiebungen hat sich gezeigt, dass das Kriterium der „Auf-RechnungFinanzierung“ nicht für eine Zurechnung beim Cash Pooling dienen kann, weil eine wirtschaftliche Zuordnung der Herkunft der Darlehensvaluta aufgrund der Funktionsweise des Cash Poolings nicht möglich ist38. Innerhalb der Fallgruppe der „Auf-Risiko-Finanzierung“ scheidet eine Zurechnung aufgrund feststehender Verlustausgleichspflicht der Muttergesellschaft aus, weil dieses einzelfallbezogene Kriterium für eine generalisierende Betrachtungsweise ungeeignet ist39. Das Zurechnungskriterium der Veranlassung durch die Muttergesellschaft ist in Bezug auf eine durchgängige Anwendbarkeit im Rahmen des Cash Poolings ebenfalls Zweifeln ausgesetzt40. Diese Erwägungen gelten ausnahmslos auch für vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen beim Cash Pooling, sodass eine generelle Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft nur über das Kriterium der causa societatis erfolgen kann. Eine Zurechnung hat bei mittelbaren vertikal aufsteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings zu erfolgen, weil die Darlehensgeberin die Leistung allein mit Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit zum Konzern, also causa societatis, erbringt. Dabei kann eine mittelbare vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebung beim Cash Pooling in zwei Varianten auftreten. Die Finanzierungsgesellschaft kann sich zum einen in der Position der Darlehensnehmerin befinden, etwa wenn eine am Cash Pooling teilnehmende Gesellschaft, die im Verhältnis zur Konzernmutter die Position einer Enkelgesellschaft bekleidet, überschüssige Liquidität auf das Zielkonto der Finanzierungsgesellschaft, einer Tochter der Konzernmutter, abführt. Abhängig davon, an welcher Stelle die Finanzierungsgesellschaft innerhalb des Konzerns angesiedelt ist, kann die Finanzierungsgesellschaft jedoch auch Darlehensgeberin einer mittelbaren vertikal aufsteigen____________________ 37 38 39 40
§ 12 II. (S. 271 ff.). Vgl. § 11 VIII. 2. (S. 263 f.). Vgl. § 11 VIII. 1. (S. 263). Vgl. § 11 VIII. 3. (S. 264 f.).
284 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
den Finanzierungsleistung sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn es sich bei der Finanzierungsgesellschaft um eine Enkelin der Konzernmutter handelt und sie Liquidität an eine Tochtergesellschaft der Konzernmutter, d.h. also an ihre eigene Gesellschafterin, ausreicht. Die Untersuchung vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen hat ergeben, dass vertikal aufsteigende Leistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen nicht vom Kapitalersatzrecht, sondern allein von den Kapitalerhaltungsregeln erfasst werden. In unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen existiert kein Gesellschafter der Darlehensnehmerin, von dem die Finanzierungsfolgenverantwortung auf die Darlehensgeberin abgeleitet werden könnte, was unabdingbare Voraussetzung für die Unterwerfung des Darlehens unter das Kapitalersatzrecht ist41. Nichts anderes kann für Leistungen im Rahmen des Cash Pooling gelten, sodass vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnisse allein von den Kapitalerhaltungsregeln erfasst werden. Beim Cash Pooling ist eine vertikal aufsteigende Liquiditätsverschiebung in einem unmittelbaren Beteiligungsverhältnis freilich nur denkbar als eine Darlehensvergabe der Finanzierungstochter an die unmittelbar beteiligte Konzernspitze. In allen übrigen Fällen existiert zumindest in der Person der Konzernspitze eine Gesellschafterin der Darlehensnehmerin, der die Darlehensvergabe wirtschaftlich zugute, sodass das Zurechnungskriterium einer causa societatis erfolgenden Darlehensgewährung zum Tragen kommt.
V. Zwischenergebnis Bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen finden die gleichen Zurechnungskriterien Anwendung, die auch bei Darlehen auf horizontaler Ebene eine Zurechnung der Gesellschafterstellung begründen, da die Darlehensgeberin in beiden Fällen weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Eine Zurechnung hat daher zu erfolgen, wenn die Darlehensvaluta aus dem Vermögen der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin und damit für Rechnung der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin erfolgt. Existieren durchgehend von der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin bis hinab zur Darlehensgeberin Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsverträge, dann liegt eine Finanzierung auf Risiko der Gesellschafterin vor, was die Gleichsetzung der Darlehensgeberin mit einer Gesellschafterin rechtfertigt. ____________________ 41
§ 12 III. (S. 278 ff.).
§ 12 Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen
285
Die Finanzierung erfolgt ebenfalls auf Risiko der an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin, wenn die Darlehensgeberin das Darlehen auf Veranlassung dieser Gesellschafterin ausreicht oder die Darlehensgeberin die Leistung causa societatis erbringt. An die tatbestandlichen Voraussetzungen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung sind die gleichen Voraussetzungen zu stellen, die für das Kriterium der causa societatis bei horizontalen Darlehen gelten. Zur Vermeidung einer Kollision der Kapitalerhaltungsvorschriften mit den Kapitalersatzregeln ist auch in der Fallgruppe der vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften vorzunehmen. Allein die an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschafterin ist dem Rechtsregime der Kapitalerhaltungsregeln unterworfen, mit der Folge, dass die an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschafterin der Darlehensgeberin zur Erstattung des verbotswidrig ausgekehrten Gesellschaftsvermögens verpflichtet ist. Im Verhältnis zwischen Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin finden hingegen die Kapitalersatzregeln Anwendung, sodass die Darlehensnehmerin kapitalersatzrechtlich verstrickte Darlehen nicht an die Darlehensgeberin zurückzahlen darf. Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen, also solche, bei denen die Finanzierungsfolgenverantwortung nicht von einem an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafter auf die Darlehensgeberin abgeleitet werden kann, können keinen Zurechnungstatbestand begründen. Bei vertikal aufsteigenden Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings ist die Darlehensgeberin mit einer Gesellschafterin der Darlehensnehmerin gleichzusetzen, weil sowohl die Abführung von Liquidität auf das Zielkonto als auch die Ausreichung von Liquidität an Konzernunternehmen causa societatis mit Rücksicht auf ein dem Eigeninteresse des darlehensgebenden Unternehmens übergeordnetes Konzerninteresse erfolgt.
§ 13 Finanzierungsleistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
M
X
T1 A
J X I
B
A
J
B
M
E 2.2
U 2.1.1
U 2.1.2
U 2.2.1
UU 2.1.2.1
UU 2.1.2.2
UU 2.1.2.3
T3
T
E 3.1 U 2.2.2
U 3.1.1
E 3.2 U 3.1.2
U 3.2.1
S
O C
S
X
T2 E 2.1
U 3.2.2
T UU W 3.1.1.1
UU 3.1.2.1
UU 3.1.2.2
UU 3.2.2.1
W
I. Finanzierungsleistungen bei Mischformen Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, unter welchen Voraussetzungen vertikal absteigende, horizontale und vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen von den Kapitalersatzregeln erfasst werden. Fraglich ist, ob die herausgearbeiteten Kriterien zur Erfassung der vielgestaltigen in Betracht kommen Finanzierungsvorgänge ausreichen oder es Mischformen gibt, die sich mit den gewonnenen Zurechnungskriterien nicht erfassen lassen. Da nicht alle denkbaren Finanzierungsflüsse auf ihre Erfassung durch das Kapitalersatzrecht hin untersucht werden können, sollen stellvertretend drei Konstellationen geprüft werden, bei denen eine Zuordnung zu einer der Gruppen – vertikal absteigend, horizontal oder vertikal aufsteigend – nicht eindeutig möglich erscheint. 1. Gemischt horizontal-vertikal absteigende Finanzierungsleistungen Als gemischt horizontal-vertikal absteigende Finanzierungsleistung ließe sich beispielsweise eine Konstellation bezeichnen, bei der T1 der UU3.1.2.2 ein Darlehen gewährt. Man könnte daran denken, zunächst im Verhältnis von T1 zu T3 eine mögliche Zurechnung anhand der für horizontale Finanzierungsleistungen entwickelten Kriterien zu überprüfen und eine Zurechnung des Weiteren davon abhängig zu machen, dass im Verhältnis von T3 zu UU3.1.2.2 die Voraussetzungen vorliegen, die für eine Zurechnung bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen herausgearbeitet wurden.
§ 13 Leistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
287
Eine solche gedankliche Trennung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes ist jedoch verfehlt, wenn man bedenkt, dass T1 das Darlehen direkt an UU3.1.2.2 ausreicht. Es kann keinen Unterschied machen, ob T1 das Darlehen an ihre direkte Schwestergesellschaft oder eine Tochter-, Enkelin oder Urenkelin ihrer Schwestergesellschaft ausreicht, da T1 an den drei letztgenannten Gesellschaften ebenso wenig unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wie sie es an ihrer Schwestergesellschaft ist. Einer unternehmerischen Einflussnahmemöglichkeit der T3 auf UU3.1.2.2, wie sie bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen erforderlich ist, bedarf es nicht, weil nicht T3, sondern T1 Darlehensgeberin ist. Da T1 an der Darlehensnehmerin auch nicht mittelbar beteiligt ist, ist die Darlehensgewährung an UU3.1.2.2 allein an den Grundsätzen zu messen, die für horizontale Finanzierungsleistungen gelten. Eine Zurechnung ist dann nur aufgrund der von der gemeinsamen Muttergesellschaft abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung möglich, sodass die Darlehensgewährung für Rechnung oder auf Risiko der gemeinsamen Muttergesellschaft M erfolgt sein muss1. 2. Gemischt horizontal-vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen Eine weitere Konstellation, bei der sich die Frage des einschlägigen Zurechnungskriterium stellt, sind gemischt horizontal-vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen. In einem solchen Fall gewährt beispielsweise UU3.1.1.1 das Darlehen nicht direkt vertikal aufsteigend ihrer Gesellschafterin U3.1.1, sondern einer anderen Gesellschaft (beispielsweise E2.2), mit der die Darlehensgeberin über eine gemeinsame Muttergesellschaft M in horizontal-vertikal aufsteigender Linie verbunden ist. Dann gilt auch hier, dass eine Zurechnung auf die von der gemeinsamen Muttergesellschaft M abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung zurückzuführen ist. Da die darlehensnehmende E2.2 weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensgeberin UU3.1.1.1 beteiligt ist, ist das Darlehen nach den Grundsätzen für horizontale Finanzierungsleistungen zu beurteilen. Eine Zurechnung hat also zu erfolgen, wenn die Darlehensgewährung für Rechnung oder auf Risiko der M erfolgt2. 3. Gleichordnungskonzern Im Gleichordnungskonzern fehlt es an einer Abhängigkeit von einem herrschenden Unternehmen. Eine Zurechnung aufgrund der von einer gemeinsamen ____________________ 1 2
Zu den näheren Voraussetzungen vgl. § 11 (S. 226 ff.). Vgl. auch hier zu den näheren Voraussetzungen § 11 (S. 226 ff.).
288 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Muttergesellschaft abgeleiten Finanzierungsfolgenverantwortung, wie sie bei gemischt horizontal-vertikalen Finanzierungsleistungen vorzunehmen ist, kommt nicht in Betracht. Dennoch kann eine Finanzierungsleistung im Gleichordnungskonzern Züge einer gemischt horizontal-vertikalen Fließrichtung aufweisen Das ist der Fall, wenn die eine der gleich geordneten Gesellschaften das Darlehen an eine Tochtergesellschaft der anderen gleich geordneten Gesellschaft ausreicht. Eine Ableitung der Finanzierungsfolgenverantwortung von der an der darlehensnehmenden Tochtergesellschaft beteiligten gleich geordneten Gesellschaft auf die darlehensgewährende gleich geordnete Gesellschaft kommt vor dem Hintergrund in Betracht, dass nach herrschender Meinung die Gleichordnungsbeziehung durch eine ganz oder teilweise personenidentische Besetzung der Gesellschaftsorgane begründet werden kann3. Übt die darlehensgewährende Gesellschaft mittels Personenidentität in den Organen ihrer und der unmittelbar beteiligten Gesellschaft letztlich die einheitliche Leitung über die unmittelbar beteiligte Gesellschaft aus, kommt eine Zurechnung der Gesellschafterstellung im Gleichordnungskonzern in Betracht, wenn die einheitliche Leitung den für die abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung erforderlichen unternehmerischen Einfluss begründet. Über das zentrale Tatbestandsmerkmal der einheitlichen Leitung besteht keine Einigkeit, es lassen sich jedoch im Wesentlichen zwei methodische Ansätze feststellen. Dem engen Konzernbegriff liegt das wirtschaftswissenschaftliche Vorverständnis des Konzerns als wirtschaftlicher Einheit zugrunde, nach dem ein Konzern nur dann vorliegt, wenn die Konzernspitze für die zentralen unternehmerischen Bereiche eine einheitliche Planung aufstellt und bei den Konzerngliedern ohne Rücksicht auf deren Selbstständigkeit durchsetzt, wobei aber eine konzernweite Finanzplanung als für die Unternehmensführung zentraler Bereich erforderlich und ausreichend sein soll4. Nach dem weiten Konzernbegriff, zu dem auch die Rechtsprechung tendiert5, reicht für das Vorliegen eines Konzerns die einheitliche Planung in wenigstens einem wesentlichen Bereich unternehmerischer Tätigkeit, sodass im Gegensatz zum engen Konzernbegriff neben einer einheitlichen Planung im Bereich Finanzen auch eine
____________________ 3 MünchHdb AG – Krieger, § 68 Rn. 80; Lutter/Drygala in ZGR 1995, 557 (558) m.w.N. 4 Kölner Komm. AktG – Koppensteiner, § 18 Rn. 15 ff.; Hachenburg/Ulmer GmbHG, Anh. § 77 Rn. 37; Hüffer AktG, § 18 Rn. 11; MünchHdb AG – Krieger, § 68 Rn. 67 f. 5 BAG AG 1996, 367 f.; OLG Düsseldorf WM 1979, 956; BayObLG AG 1998, 523 (524).
§ 13 Leistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
289
solche in den Ressorts Produktion, Verkauf, Personalwesen oder Organisation ausreichen soll6. Allenfalls nach dem engen Konzernbegriff könnte sich das hier vertretene Verständnis unternehmerischen Einflusspotenzials mit dem der einheitlichen Leitung decken, wenn man davon ausgeht, dass durch die Aufstellung einer einheitlichen Planung für zentrale unternehmerische Bereiche die Willensbildung in der beplanten Gesellschaft dergestalt wahrgenommen würde, dass Gesellschafterrechte wahrgenommen werden könnten. Dafür kommt es aber weniger auf den tatsächlichen Umfang als auf die Mittel der einheitlichen Leitung an. Im Gegensatz zur Bestimmung des Merkmals der Abhängigkeit, für das eine gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflussmöglichkeit gefordert wird, spielen die Mittel, mit denen die einheitliche Leitung vollzogen wird, keine Rolle7. Es genügen bereits informelle Einflussnahmen wie bloße Wünsche, Ratschläge oder Empfehlungen8. Soweit die Möglichkeit der Einflussnahme jedoch nicht gesellschaftsrechtlich fundiert und damit rechtlich abgesichert ist, wird man allein aufgrund der Personenidentität in den Organen der beteiligten Gesellschaften nicht davon ausgehen können, dass eine der Gesellschaften ein solch starkes Einflusspotenzial auf die andere Gesellschaft hat, das eine Gleichsetzung der beiden Gesellschaften und damit eine Zurechnung der unmittelbaren Gesellschaftereigenschaft rechtfertigen würde. Eine Zurechnung kommt mithin grundsätzlich nicht allein deshalb in Betracht, weil es sich bei darlehensgewährender und unmittelbar beteiligter Gesellschaft um einen Gleichordnungskonzern handelt. 4. Zwei Grundtypen der Zurechnung Es wird deutlich, dass sich die Zurechnung in sämtlichen Konstellationen auf zwei Grundtypen zurückführen lässt. Ist die Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin mittelbar beteiligt, so ist eine Zurechnung nach Maßgabe der für vertikal absteigende Finanzierungsleistungen herausgearbeiteten Kriterien vorzunehmen9. Eine Zurechnung ist in diesen Fällen also abhängig von der Mög____________________ 6
Geßler/Hefermehl AktG – Geßler, § 18 Rn. 29 ff.; Emmerich/Sonnenschein/ Habersack, § 4 III. 1 c) (S. 64); MüKo AktG – Bayer, § 18 Rn. 33. 7 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 III. 1.e) (S. 65).; Begr. RegE AktG 1965 in Kropff AktG 1965, S. 33. 8 Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 4 III. 1.e) (S. 65); Hüffer AktG, § 18 Rn. 12.; Begr. RegE AktG 1965 in Kropff AktG 1965, S. 33. 9 Vgl. § 10 (S. 178 ff.).
290 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
lichkeit einer unternehmerischen Einflussnahme der Darlehensgeberin auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschafterin. Ist die Darlehensnehmerin weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt, spielt es keine Rolle, ob das Darlehen horizontal, vertikal aufsteigend, gemischt horizontal-vertikal aufsteigend oder gemischt horizontal-vertikal absteigend ausgereicht wurde. Die vorangegangene Untersuchung hat gezeigt, dass die Zurechnungskriterien für vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen denjenigen für horizontale Finanzierungsleistungen entsprechen. Eine Zurechnung kommt immer nur aufgrund der von der gemeinsamen Muttergesellschaft abgeleiteten Finanzierungsfolgenverantwortung in Betracht, was voraussetzt, dass die Darlehensgeberin für Rechnung oder auf Risiko der gemeinsamen Muttergesellschaft gehandelt hat. Das ist der Fall, wenn das Darlehen entweder aus dem Vermögen der gemeinsamen Muttergesellschaft stammt10, die Darlehensgeberin einen feststehenden Verlustausgleichsanspruch gegen ihre Muttergesellschaft hat11, die Darlehensgewährung aufgrund einer tatsächlichen Veranlassung der Muttergesellschaft erfolgte12 oder die Darlehensgeberin die Leistung im Interesse eines übergeordneten Konzerninteresses causa societatis erbracht hat13. Die entwickelten Zurechnungskriterien für vertikal absteigende, horizontale und vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen können somit auch in sämtlichen Mischformen für eine Zurechnung verwendet werden.
II. Finanzierungsleistungen bei wechselseitigen Beteiligungen Zuletzt sollen noch Finanzierungsleistungen zwischen solchen Gesellschaften angesprochen werden, die wechselseitig aneinander beteiligt sind14. Dabei soll im Folgenden für das Vorliegen einer wechselseitigen Beteiligung nicht auf die Begriffsbestimmung des § 19 I AktG abgestellt werden, sondern unter wechselseitigen Beteiligungen all jene Gestaltungen zu verstehen sein, bei denen Gesellschaften gegenseitig aneinander beteiligt sind. Da die eine wechselseitig beteiligte Gesellschaft an der anderen unmittelbar beteiligt ist und umgekehrt, stellt sich nicht die Frage einer Zurechnung der Gesellschafterei____________________ 10
Vgl. § 11 II. (S. 229 f.), § 12 II. 1. (S. 272 f.). Vgl. § 11 III. 3. (S. 231 ff.), § 12 II. 2. a) (S. 272 f.). 12 Vgl. § 11 V. 1. (S. 238 ff.), § 12 II. 2. b) (S. 273 ff.). 13 Vgl. § 11 V. 2. (S. 243 ff.), § 12 II. 2. c) (S. 276). 14 Zur Verbreitung wechselseitiger Beteiligungen vgl. Baums in ZBB 1994, 86 (99 f.); Emmerich/Sonnenschein/Habersack, § 5 I. (S. 78); kritisch: Adams in AG 1994, 148 ff. 11
§ 13 Leistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
291
genschaft, vielmehr liegt diese aufgrund der unmittelbaren Beteiligung ohne weiteres vor. Umso deutlicher zeigt sich aber die Problematik des Kapitalerhaltungskonfliktes. Reicht Gesellschaft A aus ihrem gebundenen Vermögen ein Darlehen an Gesellschaft B aus, dann hat A einen sofortigen Rückerstattungsanspruch aus verbotener Einlagenrückgewähr gegen ihre Gesellschafterin B. B hingegen ist die Rückzahlung des Darlehens durch die Kapitalersatzregeln verwehrt, solange sie sich in der Krise befindet und das Darlehen ihrer Gesellschafterin A als Eigenkapitalersatz verstrickt ist. Eine solche Gestaltung lässt sich nicht mit dem Verweis auf die Behandlung vertikal aufsteigender Darlehen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen lösen15. Anders als bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen ist hier A im Verhältnis zu B rechtlich sowohl in der Position einer Gesellschafterin als auch in der einer Gesellschaft. Ein Vorrang der Kapitalerhaltungsregeln vor den Kapitalersatzregeln würde nicht hinnehmbare Umgehungsmöglichkeiten eröffnen. Jede Gesellschafterin, welche die Unterwerfung ihrer Darlehen unter das Kapitalersatzrecht fürchtete, müsste lediglich für eine noch so geringe Beteiligung ihrer Gesellschaft an sich selbst sorgen, um damit über den Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften die Anwendung des Kapitalersatzrechts zu vereiteln. Auch für wechselseitige Beteiligungen gilt, dass grundsätzlich beide Gläubigergruppen der beteiligten Gesellschaften gleich schutzwürdig sind und sich somit ein prinzipieller Vorrang der Kapitalerhaltungs- oder Kapitalersatzregeln nicht begründen lässt. Das schließt jedoch nicht aus, dass bestimmte Beteiligungsstrukturen den Vorrang einer der beiden Rechtsfiguren rechtfertigen. 1. Einseitig qualifizierte Beteiligung Mit Ausnahme des für die Zwecke dieser Untersuchung irrelevanten und deshalb auszublendenden Kleinbeteiligungsprivilegs16 sowie den Anforderungen an die Höhe der Aktionärsbeteiligung17, setzt die Anwendung der Kapitalersatzregeln, ebenso wie die des Ausschüttungsverbotes, in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen keine besondere Beteiligungsqualität voraus. Dennoch erscheint es gerechtfertigt, einen Vorrang der Kapitalersatzregeln bzw. des Gebotes der Kapitalerhaltung von der jeweiligen Qualität der Beteiligung von ____________________ 15
Siehe dazu § 12 III. (S. 278 ff.). Vgl. zur Systemwidrigkeit der Privilegierung von Kleinbeteiligungen § 6 II. 3. a) (S. 130) und § 10 I. 1. a) aa) (2) (S. 181). 17 Vgl. § 3 IV. 1. (S. 61 ff.) und § 10 I. 1. a) aa) (4) (S. 184 ff.). 16
292 4. Teil: Poolverbundene Unternehmen als Adressaten des Kapitalersatzrechts
Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin abhängig zu machen. Das wird deutlich, wenn man die dem Kapitalersatzrecht zugrunde liegenden Wertungsgrundlagen berücksichtigt. Führt man die Anwendung der Kapitalersatzregeln auf die Finanzierungsfolgenverantwortung der Gesellschafterin und damit auf ein zurechenbares Finanzierungsverhalten zurück18, offenbart sich, dass die Kapitalersatzregeln dann vom Ausschüttungsverbot überlagert werden müssen, wenn die Entscheidung zur Darlehensvergabe nicht von der darlehensgebenden, sondern von der darlehensnehmenden Gesellschaft getroffen wurde19. In Anbetracht der grundsätzlichen Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter20 lässt sich eine Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters nur schwerlich begründen, wenn die Entscheidung zur Vergabe des Darlehens nicht auf einer Willensentscheidung des Gesellschafters beruht. Ist die Darlehensnehmerin beispielsweise mit 95 % an der Darlehensgeberin, die Darlehensgeberin jedoch nur mit 20 % an der Darlehensnehmerin beteiligt, wird es sich bei der Finanzierungsentscheidung regelmäßig nicht um eine Entscheidung der Darlehensgeberin zur Darlehensausreichung handeln. Vielmehr wird eine Finanzierungsentscheidung der maßgeblich an der Darlehensgeberin beteiligten Darlehensnehmerin vorliegen, sich mit dem benötigten Darlehen aus dem Vermögen der Darlehensgeberin zu versorgen. Von einer solchen Verlagerung der Entscheidungskompetenzen wird regelmäßig bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 II AktG auszugehen sein, also wenn die Darlehensnehmerin auf die Darlehensgeberin einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Darlehensnehmerin an der Darlehensgeberin mehrheitlich beteiligt ist. Gleiches muss aber auch dann gelten, wenn die Darlehensnehmerin zwar keine Mehrheitsbeteiligung hält, sie aber aufgrund anderer Umstände einseitig einen unternehmerischen Einfluss auf die Darlehensgeberin ausüben kann, wobei dann regelmäßig ein Beherrschungsverhältnis vorliegen wird21. Die Kollision der Kapitalerhaltungsregeln mit dem Kapitalersatzrecht ist folglich zu Lasten des Kapitalersatzrechts zu lösen, wenn bei wechselseitiger Beteiligung die Darlehensnehmerin einseitig in qualifizierter Weise gem. § 19 II AktG an der Darlehensgeberin beteiligt ist. Umgekehrt ge____________________ 18
Siehe dazu § 10 I. 1. a) aa) (4) (S. 184 ff.). Im Ansatz ebenso Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (21). 20 BGHZ 75, 334 (336 f.); Baumbach/Hueck § 32a Rn. 2; Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a., 32b Rn. 4 m.w.N.; vgl. auch Begr. RegE GmbHG 1977, BTDrucks. 8/1347, S. 38 f. 21 Zur Parallele zwischen den Kriterien, die ein Abhängigkeitsverhältnis begründen und solchen, die nach der hier vertretenen Auffassung eine unternehmerische Einflussmöglichkeit eröffnen, § 10 II. 1. b) aa) (S. 208); ferner § 10 I. 1. d) aa) (S.197 f.) für Beispiele einer Minderheitsbeteiligung mit unternehmerischem Einfluss. 19
§ 13 Leistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
293
bührt den Kapitalersatzregeln Vorrang, wenn die Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin i.S.d. § 19 II AktG beteiligt ist22. 2. Minderheitsbeteiligung oder beiderseitige qualifizierte Beteiligung Sind Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin jeweils nur mit einer Minderheitsbeteiligung aneinander beteiligt oder besteht eine beiderseitige Abhängigkeit oder Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 19 III AktG, so lässt sich ein grundsätzlicher Vorrang von Kapitalerhaltungs- oder Kapitalersatzregeln nicht begründen23, weil eine eindeutige Zuordnung der Finanzierungsentscheidung nicht möglich ist. Fraglich ist, ob ein Vorrang anhand anderer Kriterien begründet werden kann. a) Einzelfallbezogene Beurteilung anhand des Kriteriums der Angemessenheit Zur Lösung des Kapitalerhaltungskonfliktes wird von Schmidsberger vorgeschlagen, eine einzelfallbezogene Beurteilung anhand des für das Ausschüttungsverbot maßgeblichen Angemessenheitskriteriums vorzunehmen24. Dem liegt die Auffassung Schmidsbergers zugrunde, eine Leistung bestehe entweder die Angemessenheitsprüfung und sei dann als eigenkapitalersetzend einzustufen oder die Leistung halte dem Drittvergleich nicht stand und verstoße dann gegen das Ausschüttungsverbot25. So müsse beispielsweise berücksichtigt werden, dass die Umqualifizierung in Eigenkapitalersatz das Gesellschaftsvermögen und damit auch den Wert der Beteiligung erhöhe, worin eine angemessene Gegenleistung erblickt werden könne. Selbst wenn die Gesellschaft in Konkurs gerate, könne eine angemessene Gegenleistung vorliegen, weil zwar die Beteiligung wertlos werde, der darlehensgebende Gesellschafter jedoch bei einer ex ante Betrachtung von der Chance einer Unternehmenssanierung profitiere26. Auch wenn dieser Vorschlag aufgrund seiner Klarheit und Praktikabilität auf den ersten Blick besticht, kann ihm im Ergebnis nicht gefolgt werden. Der von Schmidsberger vertretene Lösungsweg geht von der unzutreffenden Prämisse ____________________ 22
Im Ergebnis ähnlich Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (21 f.). Anders Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (23), der auch bei Vorliegen von zwei Minderheitsbeteiligungen einen Vorrang des Kapitalersatzrechts befürwortet. 24 Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (22 f.). 25 Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (22 f.) 26 Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (22). 23
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aus, dass sich die tatbestandlichen Voraussetzungen von Kapitalerhaltungs- und Kapitalersatzregeln gegenseitig ausschließen. Das Gegenteil ist der Fall. Zur Ermittlung eines Verstoßes gegen das Gebot der Kapitalerhaltung in Form der verdeckten Einlagenrückgewähr ist der bereits erwähnte Drittvergleich anzustellen, nach dem Auszahlungen an den Gesellschafter dann nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen, wenn für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht wird, das Geschäft also unter gleichen Bedingungen ebenso gut mit einem Dritten hätte zustande kommen können27. Besteht die zu beurteilende „Auszahlung“ im Sinne des § 30 I GmbH in einer Darlehensgewährung, ergibt sich die Besonderheit, dass bei rein bilanzieller Betrachtungsweise die darlehensgewährende Gesellschaft ihren Liquiditätsbestand lediglich durch eine Forderung gegen den darlehensnehmenden Gesellschafter austauscht, vordergründig also nur eine bilanzneutrale Umschichtung des Gesellschaftsvermögens in Form eines Aktivtausches vorliegt28. Maßgeblich für die Bilanzierung des Rückzahlungsanspruchs sind die Bonität und Zahlungswilligkeit des Darlehensnehmers29. Nach herrschender Meinung verstößt die Darlehensgewährung aus dem gebundenen Vermögen deshalb gegen die Kapitalerhaltungsregeln, wenn der Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter gefährdet und daher nicht vollwertig ist30. Dann würde die Gesellschaft das Darlehen einem Dritten nicht gewähren, weil dieser aufgrund des gefährdeten Rückzahlungsanspruchs keine gleichwertige Gegenleistung erbringen würde. Die Kapitalersatzregeln finden Anwendung, wenn der Gesellschafter seiner in der Krise befindlichen Gesellschaft ein Darlehen gewährt. Die Gesellschaft befindet sich nach herrschender Meinung in der Krise, wenn sie kreditunwürdig ist, was wiederum der Fall ist, wenn die Gesellschaft überschuldet ist oder von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen ohne Besicherung durch ihre Gesellschafter keinen Kredit mehr erhalten könnte und ohne die Zuführung von
____________________ 27
BGH NJW 1987, 1194 f.; Scholz GmbHG – Westermann, § 30 Rn. 20; Hüffer AktG, § 57 Rn. 8 m.w.N. 28 Morsch in NZG 2003, 97 (104); Römermann/Schröder in GmbHR 2001, 1015 (1020). 29 Vetter/Stadler, Rn. 68 m.w.N. 30 So bereits § 11 V. 1. a) (S. 239); vgl. Baumbach/Hueck GmbHG, § 30 Rn. 14, 16; Cahn, S. 242; Friedrich in DStR 1991, 1118 (1120); Roth/Altmeppen GmbHG – Altmeppen, § 30 Rn. 91; Rowedder GmbHG – Pentz, § 30 Rn. 34; Scholz GmbHG – Westermann, § 30 Rn. 25, Mannheimer, S. 80 f.; Weisser, S. 102 f.; Stimpel in FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (S. 349); Vetter/Stadler, Rn. 68 m.w.N.
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Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müsste31. Es ist folglich danach zu fragen, ob ein Dritter der Gesellschaft das Darlehen überhaupt bzw. zu marktüblichen Bedingungen gewährt hätte. Stellt man die tatbestandlichen Voraussetzungen von Kapitalerhaltungs- und Kapitalersatzregeln gegenüber, wird deutlich, dass mit der Krise der Gesellschaft schlechterdings auch immer das Scheitern der Angemessenheitsprüfung einhergeht. Zwar ist die Frage nach dem Verstoß gegen Kapitalerhaltungs- oder Kapitalersatzregeln aus unterschiedlichen Perspektiven zu beantworten, wenn nach den Kapitalerhaltungsregeln zu ermitteln ist, ob die Gesellschaft das Darlehen auch einem Dritten gewährt hätte, das Kapitalersatzrecht hingegen darauf abstellt, ob ein Dritter der Gesellschaft das Darlehen gewährt hätte. Ist der Darlehensnehmerin die Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens verwehrt, weil sie sich in der Krise befindet, lässt sich damit noch keine Aussage darüber treffen, ob die Auszahlung seitens der Darlehensgeberin gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen hat. Umgekehrt lässt auch eine bei der Darlehensgeberin gegen das Kapitalerhaltungsrecht verstoßende Auszahlung in Form einer Darlehensgewährung nicht den Schluss zu, das Darlehen wirke bei der Darlehensnehmerin eigenkapitalersetzend. Stammt das Darlehen jedoch aus gebundenem Vermögen der Darlehensgeberin und befindet sich die Darlehensnehmerin in der Krise, dann hält die Darlehensvergabe dem Drittvergleich zwangsläufig nicht stand. Es wurde bereits erwähnt, dass die Darlehensgewährung aus gebundenen Vermögen gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstößt, wenn der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter gefährdet und daher nicht vollwertig ist. Ist der darlehensnehmende Gesellschafter kreditunwürdig und befindet er sich in der Krise, dann ist der Rückzahlungsanspruch gegen ihn gefährdet und folglich nicht vollwertig. Die Krise der Darlehensnehmerin hat also ausnahmslos zur Folge, dass der Rückzahlungsanspruch gegen die Darlehensnehmerin nicht vollwertig ist, sodass die Gewährung eines Darlehens aus gebundenem Gesellschaftsvermögen an eine kreditunwürdige Gesellschaft niemals dem Drittvergleich stand hält und damit gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstößt. Der von Schmidsberger zugrunde gelegten Prämisse, der Verstoß gegen das Ausschüttungsverbot stehe zum Vorliegen der kapitalersatzrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen in einem Alternativverhältnis, kann somit nicht gefolgt ____________________ 31
StRspr: BGHZ 76, 326 (330); 81, 311 (318); 90, 381 (389); 95, 188 (194); 105, 168 (175 f.); 119, 201 (206); 121, 31 (38); 125, 141 (143 ff.); Hachenburg/Ulmer GmbHG, § 32a, b Rn. 49 ff.; Fleck in FS Werner, S. 107 (117); Scholz GmbHG – K. Schmidt, §§ 32a, 32b Rn. 38; Rowedder GmbHG – Pentz, § 32a Rn. 33; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §§ 32a/b Rn. 19.
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werden. Vielmehr verstößt eine aus gebundenem Vermögen stammende und bei der Darlehensnehmerin eigenkapitalersetzende Darlehensvergabe auch immer gegen das Ausschüttungsverbot, weil die Darlehensvergabe aufgrund der Krise der Darlehensnehmerin einem Drittvergleich denknotwendig nicht standhalten kann. Eine einzelfallbezogene Beurteilung anhand des für das Ausschüttungsverbot maßgeblichen Angemessenheitskriteriums kann mithin keine vorrangige Anwendung der Kapitalerhaltungs- oder Kapitalersatzregeln begründen, wenn Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin jeweils nur mit einer Minderheitsbeteiligung aneinander beteiligt sind oder eine beiderseitige Abhängigkeit oder Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 19 III AktG besteht. b) Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens Im Verlauf der vorangegangenen Untersuchung wurde bereits erwähnt, dass zur Lösung des bei vertikal aufsteigenden und horizontalen Finanzierungsleistungen auftretenden Kapitalerhaltungskonfliktes in der Literatur die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens vorgeschlagen wird32. Danach hat die Leistung immer unabhängig vom jeweiligen Verstoß gegen Gläubigerschutzbestimmungen an der Stelle zu verbleiben, wo sie sich gerade befindet33. Die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens benachteiligt jeweils die Gesellschaft, die gerade nicht im Besitz der Darlehensvaluta ist und wirkt sich dementsprechend auch negativ für die schutzwürdigen Gläubiger dieser Gesellschaft aus34. Eine solche Schlechterstellung ist für Fälle horizontaler und vertikal aufsteigender Finanzierungsleistungen nicht gerechtfertigt, weil eine interessengerechte Lösung mittels teleologischer Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften erzielt werden kann35. Anders verhält es sich bei der hier zu beurteilenden Fragestellung. Sind Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin wechselseitig aneinander beteiligt und lässt sich kein eindeutiges Überwiegen einer Beteiligung ausmachen, dann spricht nichts dafür, einer der beiden Gesellschaften einen grundsätzlichen Vorrang im Anspruch auf Befriedigung ihrer Forderung einzuräumen. Eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften kommt nicht in Betracht, weil – anders als bei Finanzierungsleistungen in horizontalen oder vertikal aufsteigenden mittelbaren Beteiligungsverhältnissen – die Darlehens____________________ 32
§ 11 VII. 1. (S. 259 f.), § 12 III. 1. (S. 279 f.). Karollus in FS Claussen, S. 199 (S. 206 f.); Schmidsberger in GesRZ 1997, 14 (26 f.). 34 § 11 VII. 1. (S. 259). 35 Vgl. § 11 VII. 2. (S. 260 ff.), § 12 II. 2. d) (S. 276 ff.). 33
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geberin keinen Erstattungsanspruch gegen eine gemeinsame Muttergesellschaft hat. Eine der beiden Gesellschaften, und mit ihr die Gläubiger dieser Gesellschaft, würde durch den Vorrang einer der beiden Rechtsfiguren also einen echten Ausfall erleiden. Dennoch kann auf eine Lösung des Kapitalerhaltungskonfliktes nicht verzichtet werden. Eine „natürliche“ Lösung, bei dem die Transaktionskosten in einem endlosen Kreislauf von Rückgewährpflichten die in Frage stehenden Mittel aufzehren, kann nicht im Interesse der Beteiligten sein. Die Anwendung des Grundsatzes des beatus possidens stellt daher für die in Frage stehende Fallkonstellation eine tragfähige und interessengerechte Lösung dar, um dem Kapitalerhaltungskonflikt zu begegnen. Handelt es sich also bei der zu beurteilenden Gestaltung um eine wechselseitige Beteiligung, bei der keine der beiden Beteiligungen eindeutig überwiegt, so hat die Leistung nach dem Grundsatz des beatus possidens immer an der Stelle zu verbleiben, wo sie sich gerade befindet. Hat A das Darlehen an B bereits ausgezahlt, so darf A das Darlehen nicht zurückfordern, wenn die weiteren Voraussetzungen der Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen vorliegen. Umgekehrt ist es B bzw. deren Insolvenzverwalter verwehrt, Erstattung von A für eine bereits erfolgte und gegen die Kapitalersatzregeln verstoßende Rückzahlung der Darlehensvaluta zu verlangen, sodass insoweit das Verbot der Einlagenrückgewähr Anwendung findet. 3. Ringbeteiligung Neben der zuvor erörterten Fallkonstellation einer zweiseitigen wechselseitigen Beteiligung kann eine wechselseitige Beteiligung auch mehrseitig aufgebaut sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn A an B, B an C und C wiederum an A beteiligt ist. Es liegt dann eine sog. Ringbeteiligung vor36. In einem solchen Fall wäre eine Darlehensgewährung im Verhältnis von C an A zu beurteilen. Sofern Darlehensnehmerin A eine einseitig qualifizierte Beteiligung i.S.d. § 19 II AktG an B und B eine ebensolche an Darlehensgeberin C hält, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft keine andere Beurteilung als die zweiseitig wechselseitige Beteiligung erlaubt. Ebenso wie bei der zweiseitigen wechselseitigen Beteiligung gebührt dem Verbot der Einlagenrückgewähr der Vorrang, wenn die Darlehensnehmerin A mittels ihrer qualifizierten Beteiligung an B in der Gesellschaft C die Darlehensvergabe an sich durchsetzen kann. Hält hingegen die Darlehens____________________ 36
(99).
Vgl. Emmerich/Sonnenschein/Habersack § 5 I. (S. 78); Baums in ZBB 1994, 86
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geberin C eine einseitig qualifizierte Beteiligung an der Darlehensnehmerin A, gebührt den Kapitalersatzregeln der Vorrang. Anders als bei zweiseitig wechselseitigen Beteiligungen ist eine Lösung des Kapitalerhaltungserhaltungskonfliktes über den Grundsatz des beatus possidens nicht erforderlich, wenn die Gesellschaften jeweils nur eine Minderheitsbeteiligung halten oder eine beiderseitige Abhängigkeit bzw. Mehrheitsbeteiligung besteht. In diesem Fall ist zu berücksichtigen, dass A lediglich eine mittelbare Beteiligung an C hält. Bei zweiseitig wechselseitigen Beteiligungsverhältnissen ist die Darlehensnehmerin unmittelbar an der Darlehensgeberin beteiligt, sodass die von der Darlehensnehmerin getroffene Entscheidung, sich bei der Darlehensgeberin mit einem Darlehen zu versorgen, unmittelbar die Anwendung der Kapitalersatzregeln rechtfertigt37. Handelt es sich hingegen um eine Ringbeteiligung, so muss die Darlehensnehmerin A ihren Entschluss zur Eigenversorgung mit einem Darlehen aus dem Vermögen der darlehensgebenden C über die zwischengeschaltete Gesellschaft B durchsetzen. Dann ist aber eine kapitalersatzrechtliche Zurechnung der Gesellschafterstellung, ebenso wie bei vertikal absteigenden Darlehen in vierstufigen Beteiligungsverhältnissen38, nur möglich, wenn A die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf die Darlehensgeberin C hat. Hält A nur eine mittelbare Minderheitsbeteiligung an C, ohne dass ihr eine sonstige Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf C gegeben wäre39, oder besteht zwischen A und C eine beiderseitige Mehrheitsbeteiligung bzw. Abhängigkeit, so kann A aufgrund ihrer nur mittelbaren Beteiligung an C die Gesellschafterstellung nach § 32a III, S. 1 GmbHG nicht zugerechnet werden. Die Kapitalersatzregeln sind dann von vornherein nicht anwendbar, sodass es einer Lösung über den Grundsatz des beatus possidens nicht bedarf.
III. Anwendung der Zurechnungskriterien auf das Cash Pooling 1. Gemischt horizontal-vertikale Liquiditätsverschiebungen Gemischt horizontal-vertikale Liquiditätsverschiebungen tauchen beim Cash Pooling besonders häufig auf, wenn die Führung des Cash Pools einer Finan____________________ 37
§ 13 II. 1. (S. 291 f.). Dazu ausführlich § 10 III. 1. (S. 216 ff.). 39 Hat A einseitig die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme auf C, dann liegt eine qualifizierte Beteiligung vor und die Kapitalersatzregeln finden vorrangig Anwendung, vgl. zuvor § 13 II. 1 (S. 291 f.); Beispiele für die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme unter § 10 I. 1. d) aa) (S. 197 f.). 38
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zierungsgesellschaft obliegt. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzierungsgesellschaft – etwa eine eigens für diese Zwecke gegründete Bankgesellschaft40 – in die Konzernorganisationsstruktur so eingegliedert ist, dass sie an den operativ tätigen Gesellschaften nicht unmittelbar beteiligt ist. Da die meisten Konzerne eine Vielzahl von Beteiligungsebenen aufweisen, wird die Finanzierungsgesellschaft Liquidität nicht nur an unmittelbare Schwestergesellschaften, sondern ebenso häufig an eine Tochter-, Enkel- oder Urenkelgesellschaft ihrer Schwestergesellschaft ausreichen. In diesem Fall liegt eine gemischt horizontal-vertikal absteigende Finanzierungsleistung vor. Umgekehrt hat die Zurechnung der Gesellschafterstellung nach den für horizontal-vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen geltenden Grundsätzen zu erfolgen, wenn die Tochter-, Enkel- oder Urenkelgesellschaften einer Schwestergesellschaft der Finanzierungsgesellschaft überschüssige Liquidität an den Cash Pool abführen. Die Erfassung gemischt horizontal-vertikaler Finanzierungsleistungen durch das Kapitalersatzrecht folgt den Grundsätzen zur Zurechnung von Leistungen auf horizontaler Ebene, weil sowohl vertikal auf- und absteigende, als auch horizontale Finanzierungsleistungen an den gleichen Zurechnungskriterien zu messen sind41. Bei gemischt horizontal-vertikalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings erfolgt die Abführung der Liquidität immer causa societatis und rechtfertigt damit eine generelle Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft. Daher ist der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts auch bei gemischt horizontal-vertikalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings durchweg eröffnet. 2. Liquiditätsverschiebungen zwischen wechselseitig beteiligten Unternehmen Die vorangegangene Untersuchung hat ergeben, dass sich bei wechselseitigen Beteiligungen zwar keine Zurechnungsproblematik, wohl aber eine Kollision von Kapitalersatz- und Kapitalerhaltungsregeln stellt. Ein Vorrang der Kapitalersatzregeln setzt voraus, dass die Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin einseitig qualifiziert beteiligt ist i.S.d. § 19 II AktG 42. Sind Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin jeweils nur mit einer Minderheitsbeteiligung aneinander beteiligt oder besteht eine beiderseitige Abhängigkeit oder Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 19 III AktG, so kommt eine kapitalersatz____________________ 40 41 42
So im Fall BGH ZIP 1992, 242 ff. („Steinhart“). § 13 I. (S. 286 ff.). § 13 II. 1. (S. 291 f.).
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rechtliche Bindung der Darlehensvaluta nur nach dem Grundsatz des beatus possidens in Betracht43. Das setzt voraus, dass die Darlehensvaluta bereits an die Darlehensnehmerin geflossen ist und noch nicht an die Darlehensgeberin zurückgeführt wurde. Bei Ringbeteiligungen sind die Kapitalersatzregeln nur anwendbar, wenn die Darlehensgeberin einseitig qualifiziert an der Darlehensnehmerin beteiligt ist, ihr also eine Mehrheitsbeteiligung oder eine sonstige unternehmerische Einflussmöglichkeit die Beherrschung der Darlehensnehmerin erlaubt44. Ist das nicht der Fall, bedarf es einer Lösung über den Grundsatz des beatus possidens nicht, weil es zu einer Kollision mit den Kapitalerhaltungsregeln mangels Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts nicht kommt45. Folglich kann die Frage, ob die Kapitalersatzregeln bei wechselseitigen Beteiligungsverhältnissen Anwendung finden, nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des jeweiligen Beteiligungsumfangs beantwortet werden. Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings, die unter wechselseitig beteiligten Unternehmen erfolgen, können deshalb nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse auf ihre Unterwerfung unter das Kapitalersatzrecht hin überprüft werden. Eine allgemein gültige Aussage, nach der Liquiditätsverschiebungen unter wechselseitig beteiligten Unternehmen generell oder nie vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst werden, ist nicht möglich.
IV. Zwischenergebnis Eine Zurechnung bei gemischt horizont-vertikal absteigenden oder aufsteigenden Finanzierungsleistungen hat unter den gleichen Voraussetzungen zu erfolgen, die auch für horizontale und vertikal aufsteigende Darlehensgewährungen gelten. Das setzt eine von der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung voraus, welche vorliegt, wenn das Darlehen entweder aus dem Vermögen der gemeinsamen Gesellschafterin von Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin stammt, die Darlehensgeberin einen feststehenden Verlustausgleichsanspruch gegen die gemeinsame Gesellschafterin hat, die Darlehensgewährung aufgrund einer tatsächlichen Veranlassung der gemeinsamen Gesellschafterin erfolgte oder die Darlehensgeberin die Leistung im Interesse eines übergeordneten Konzerninteresses causa societatis erbracht hat. ____________________ 43 44 45
§ 13 II. 2. b) (S. 296 ff.). § 13 II. 3. (S. 297 f.). § 13 II. 3. (S. 298).
§ 13 Leistungen bei Mischformen und wechselseitigen Beteiligungen
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Der bei Finanzierungsleistungen unter wechselseitig beteiligten Unternehmen auftretende Kapitalerhaltungskonflikt kann nicht durch eine teleologische Reduktion gelöst werden. Die Kapitalersatzregeln sind vorrangig anzuwenden, wenn die Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin einseitig qualifiziert beteiligt ist i.S.d. § 19 II AktG. Sind Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin jeweils nur mit einer Minderheitsbeteiligung aneinander beteiligt oder besteht eine beiderseitige Abhängigkeit oder Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 19 III AktG, so kommt eine kapitalersatzrechtliche Bindung der Darlehensvaluta nur nach dem Grundsatz des beatus possidens in Betracht. Sind Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin über eine Ringbeteiligung aneinander beteiligt, dann gebührt den Kapitalersatzregeln der Vorrang, wenn die Darlehensgeberin einseitig qualifiziert an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Einer Lösung über den Grundsatz des beatus possidens bedarf es bei Ringbeteiligungen nicht, wenn die Gesellschaften jeweils nur eine Minderheitsbeteiligung halten oder eine beiderseitige Abhängigkeit bzw. Mehrheitsbeteiligung besteht. Mangels Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts kann es zu einem Kapitalerhaltungskonflikt nicht kommen. Bei gemischt horizontal-vertikal aufsteigenden oder absteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings wird der Darlehensgeberin die Gesellschafterstellung generell zugerechnet, weil die Abführung der Liquidität immer causa societatis, mit Rücksicht auf ein dem Eigeninteresse des darlehensgebenden Unternehmens übergeordnetes Konzerninteresse erfolgt. Erfolgen die Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings zwischen wechselseitig beteiligten Gesellschaften, so kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – insbesondere der jeweiligen Beteiligungshöhe – entschieden werden, ob den Kapitalerhaltungsregeln oder dem Kapitalersatzrecht der Vorrang gebührt.
Zusammenfassung in Thesen I. Das Cash Management erlaubt Unternehmensgruppen aller Größenordnungen die Optimierung ihres kurzfristigen Finanzpotenzials. Als Mittel hierzu dienen die zentrale Liquiditätsplanung, die zentrale Liquiditätsbeschaffung und der zentrale Liquiditätsausgleich. Im Mittelpunkt steht dabei das Cash Pooling, mit dem ein konzernweiter Liquiditätsausgleich erreicht werden kann. Regelmäßig erfolgt das Cash Pooling im Wege des sog. Zero Balance Accounting. Dazu werden die Soll- und Habenumsätze der einzelnen Konten der Konzernunternehmen arbeitstäglich auf ein zentrales Konto der Konzernmutter oder einer eigens mit der Durchführung des Cash Managements betrauten Finanzierungsgesellschaft übertragen. Die konzernweite Bündelung der Liquidität gewährleistet, dass die in das Cash Pooling einbezogenen Unternehmen jederzeit über ausreichende Liquidität verfügen. Zudem lassen sich durch die vorrangige Versorgung mit konzernintern generierter Liquidität bedeutsame wirtschaftliche Vorteile realisieren, wie etwa die Minimierung von Finanzierungskosten und die Maximierung von Anlageerlösen. II. Das Cash Pooling hat Liquiditätsverschiebungen zwischen den einzelnen Konzernunternehmen zur Folge, da Liquiditätsüberschuss aufweisende Unternehmen Finanzmittel an den Cash Pool abführen und liquiditätsbedürftige Unternehmen Finanzmittel aus dem Pool in Anspruch nehmen. Diese Liquiditätsverschiebungen sind im Verhältnis zwischen der liquiditätsabführenden und der Liquidität in Anspruch nehmenden Gesellschaft rechtlich als Gelddarlehen zu qualifizieren. Darüber hinaus stellen die in das Cash Pooling einbezogenen Unternehmen Kreditsicherheiten untereinander und zugunsten Dritter zur Verfügung. III. Sowohl die Rechtsprechungsregeln als auch die in den §§ 32a, 32b GmbHG, § 135 InsO und § 6 AnfG kodifizierten Regeln für eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen finden auf Gesellschaften aller Rechtsformen Anwen-
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dung, es sei denn, der darlehensgebende Gesellschafter haftet unbeschränkt. Da das Cash Pooling als Maßnahme der konzerninternen Finanzierung zwischen unternehmenstragenden Gesellschaften aller Rechtsformen durchgeführt werden kann, können prinzipiell alle in das Cash Pooling einbezogenen Gesellschaften von den Kapitalersatzregeln erfasst werden. Dabei sind jedoch sowohl im Tatbestand als auch in den Rechtsfolgen angemessene Modifikationen vorzunehmen. IV. Als Darlehen werden die im Rahmen des Cash Poolings erfolgenden Liquiditätsverschiebungen unmittelbar von den Kapitalersatzregeln erfasst. Dem Rechtsregime des Kapitalersatzrechts unterliegen ferner die Kreditsicherheiten, welche die am Pooling teilnehmenden Gesellschaften zur Besicherung der von ihnen aus dem Pool in Anspruch genommenen Finanzmittel bestellen. Dazu gehören Kreditsicherheiten, die von den Konzernunternehmen für die externe Kreditaufnahme der Konzernspitze bei kreditgebenden Dritten gestellt wurden ebenso wie Sicherheiten, mit denen das Darlehen eines Mitgesellschafters besichert wurde. Von den Kapitalersatzregeln werden auch solche Sicherheiten erfasst, die das Darlehen Dritter nicht unmittelbar besichern, sondern als Grundlage für die Kreditaufnahme bei Dritten dienen. Externe Darlehen, die den poolverbundenen Unternehmen von Kreditinstituten in Gestalt einer auf dem Zielkonto eingeräumten Kreditlinie zur Verfügung gestellt werden, sind regelmäßig doppelt besichert. Neben der Gesellschaft, die das Darlehen im Einzelfall in Anspruch nimmt, wird das externe Darlehen besichert durch eine weitere Konzerngesellschaft, die im Verhältnis zur darlehensnehmenden Gesellschaft eine Gesellschafterstellung bekleidet. In diesem Fall ist das Kreditinstitut analog § 32a II GmbHG auf die vorrangige Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit verwiesen und darf auf die Sicherheit der darlehensnehmenden Gesellschaft nur in Höhe eines etwaigen Ausfalls zurückgreifen. V. Der von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelte Ausnahmetatbestand, nach dem kurzfristige Überbrückungskredite vom Kapitalersatzrecht freigestellt sind, findet auf das Cash Pooling keine Anwendung, weil die Pooldarlehen als Bestandteil einer planmäßigen Unternehmensfinanzierung der wiederholten und regelmäßigen Versorgung mit Liquidität dienen.
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Zusammenfassung in Thesen
VI. Die formularmäßige Besicherung externer und interner Darlehen durch die am Cash Pooling teilnehmenden Konzernunternehmen stellt kein Indiz für die Kreditunwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft dar. VII. Die Kreditwürdigkeit der darlehensnehmenden Gesellschaft ist unter Berücksichtigung der Lage des Gesamtkonzerns in einer zweistufigen Prüfung zu bewerten. Dabei ist in einem ersten Schritt danach zu fragen, ob die darlehensnehmende Gesellschaft ebenso von Dritter Seite zu marktüblichen Konditionen Kredit erhalten hätte. Führt das Ergebnis dieser Prüfung dazu, dass der Dritte den Kredit nicht oder nicht zu marktüblichen Konditionen gewährt hätte, so begründet das die Kreditunwürdigkeit der Darlehensnehmerin. Nur wenn und soweit der Dritte den Kredit nicht deshalb versagt haben würde, weil ihn eine dauerhafte Liquiditätsschwäche der Darlehensnehmerin von der Kreditvergabe abgehalten hätte, darf ein etwa bestehender Verlustausgleichsanspruch der Darlehensnehmerin Berücksichtigung finden. VIII. Für die Beurteilung des Vorliegens einer Krise ist nicht auf den Zeitpunkt der bindenden Darlehenszusage abzustellen. Beim Cash Pooling erfolgt die bindende Darlehenszusage bereits durch Abschluss der Rahmenvereinbarung, also regelmäßig außerhalb der Krise. Maßgebend für die Beurteilung, ob das Darlehen eine kapitalersetzende Leistung darstellt, ist der Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta. Erfolgt die Darlehenszusage zum Zeitpunkt der Krise, die Auszahlung hingegen nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist das Darlehen nicht nach den Kapitalersatzregeln, sondern nach den Grundsätzen über den Finanzplankredit zu behandeln. Verschlechtert sich die Vermögenslage der Gesellschaft nach einer zwischenzeitlichen kurzfristigen Erholung erneut, so bedarf es einer Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes auf den Zeitpunkt der Darlehenszusage nicht, weil das Darlehen nach den Regeln für stehen gelassene Gesellschafterdarlehen zu beurteilen ist. IX. Die Umqualifizierung eines stehen gelassenen Gesellschafterdarlehens setzt voraus, dass der Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Verantwortung für eine seriöse Unternehmensfinanzierung die Krise der Gesellschaft hätte erkennen können.
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X. Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen sind nur solange verstrickt, bis das Stammkapital nachhaltig wieder gedeckt ist. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum unmittelbaren Anwendungsbereich des Kapitalerhaltungsrechts, nach der ein einmal wegen eines Verstoßes gegen § 30 I GmbHG entstandener Erstattungsanspruch aus § 31 I GmbHG nicht ipso iure wegfällt, wenn das Gesellschaftskapital zwischenzeitlich wiederhergestellt ist, findet über die Rechtsprechungsregeln keinen Eingang in das Kapitalersatzrecht. XI. Die im Rahmen des Cash Poolings abgegebenen Liquiditätszusagen stellen keine Finanzplankredite dar. Das hat zur Folge, dass an Gesellschaften, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nach Maßgabe der zugrunde liegenden Rahmenvereinbarung die erteilten Liquiditätszusagen nicht erfüllt werden müssen. Fehlt es an einem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht, so können die Liquiditätszusagen nach § 490 I BGB widerrufen werden. Auch in ihrem übrigen Anwendungsbereich hat die Rechtsfigur des Finanzplankredits für das Cash Pooling keine Bedeutung. XII. Im aktienrechtlichen Vertragskonzern und im GmbH-Vertragskonzern bieten weder der Verlustausgleichsanspruch nach §§ 302, 303 AktG noch die Rechtsfigur eines unternehmensvertraglichen Liquiditätsschutzes oder unterjährigen Verlustausgleichs einen Schutz, der nach Inhalt, Umfang und Zeitpunkt seines Eingreifens demjenigen des Kapitalersatzrechts gleichkommt. Die Kapitalersatzregeln gelangen deshalb auch dann zur Anwendung, wenn die das Cash Pooling durchführenden Unternehmen vertraglich konzerniert sind. Auch im einfach faktischen und qualifiziert faktischen Konzern werden die Kapitalersatzregeln nicht durch konzernspezifische Regelungen zur Sicherung des Gesellschaftsvermögens verdrängt. XIII. Die Regeln über kapitalersetzende Gesellschafterleistungen sind nicht anwendbar, wenn die darlehensnehmende Gesellschaft in die darlehensgebende Gesellschaft eingegliedert ist.
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XIV. Bei vertikal absteigenden Finanzierungsleistungen hat eine Zurechnung der Gesellschafterstellung zu erfolgen, wenn die nur mittelbar beteiligte Darlehensgeberin die Möglichkeit hat, auf die unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschaft unternehmerischen Einfluss dergestalt auszuüben, dass sie die Gesellschafterrechte der unmittelbar beteiligten Gesellschaft wahrnehmen kann. 1. Die Möglichkeit zu unternehmerischer Einflussnahme ist bei einer hundertprozentigen Beteiligung der Darlehensgeberin an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft immer, bei einer Mehrheitsbeteiligung regelmäßig gegeben. Eine Zurechnung darf nicht erfolgen, wenn die mit Mehrheit an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft beteiligte Darlehensgeberin bloß eine kapitalistische Mehrheit hält und die Stimmrechtsmehrheit einem anderen Gesellschafter zusteht. Handelt es sich bei der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft um eine Aktiengesellschaft, so verschafft regelmäßig nur eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 % der Stimmen die für eine Zurechnung erforderliche Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme. 2. Eine Minderheitsbeteiligung reicht für eine Zurechnung grundsätzlich nicht aus. Ausnahmen von dieser Regel sind jedoch dann geboten, wenn die Darlehensgeberin trotz der Minderheitsbeteiligung die Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme hat. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn der Darlehensgeberin statutarische Sonderrechte auf Beteiligung an der Geschäftsführung oder ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung eingeräumt sind. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Minderheitsaktionär über eine nachhaltig gesicherte Hauptversammlungsmehrheit und so faktisch über die Mehrheit der Stimmen verfügt. Eine Zurechnung ist auch dann vorzunehmen, wenn sich mehrere Minderheitsgesellschafter zu einem Finanzierungskonsortium zusammenschließen und dabei gemeinsam rechnerisch eine Mehrheitsbeteiligung halten. 3. Eine hohe mittelbare Beteiligungsquote, bei der ein Gesellschafter keine Mehrheitsbeteiligung oder Minderheitsbeteiligung mit unternehmerischem Einfluss an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft hält, jedoch rechnerisch mit einer besonders hohen Quote an der Darlehensnehmerin beteiligt ist, kann keine Zurechnung begründen. 4. Besteht zwischen der darlehensgebenden Gesellschaft und der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschaft ein Vertragskonzern, sind die Gesellschaften qualifiziert oder einfach faktisch konzerniert oder besteht zwischen den beiden Gesellschaften ein Abhängigkeitsverhältnis, dann begründet der beherrschende Einfluss der Darlehensgeberin ohne weiteres die
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für eine Zurechnung erforderliche Möglichkeit zur unternehmerischen Einflussnahme. 5. Handelt es sich bei der zu beurteilenden Konstellation um ein mehr als dreistufiges Beteiligungs-, Abhängigkeits- und Konzernverhältnis, ist eine Zurechnung unter den gleichen Voraussetzungen vorzunehmen. Dazu muss die Darlehensgeberin die Möglichkeit haben, ihren unternehmerischen Einfluss ununterbrochen und über sämtliche Beteiligungsstufen vermittelt auf die unmittelbar beteiligte Gesellschaft auszuüben. 6. Für die Höhe der Beteiligung im Verhältnis zwischen der Darlehensnehmerin und der unmittelbar an ihr beteiligten Gesellschaft gelten keine Besonderheiten, vielmehr genügen die allgemeinen Beteiligungsqualitäten, wie sie bereits für den Grundfall der unmittelbaren Darlehensgewährung gelten. Dabei hat sich herausgestellt, dass auch Gesellschafter, die mit weniger als 10 % an der GmbH bzw. GmbH & Co. KG oder mit weniger als 25 % an der AG beteiligt sind, vom personellen Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts erfasst sind, wenn zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ein Vertragskonzern, qualifiziert faktischer Konzern, einfach faktischer (Unterordnungs-)Konzern oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Das Kleinbeteiligungsprivileg des § 32a III, S. 2 GmbHG findet insoweit keine Anwendung. 7. Bei vertikal absteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings ist der darlehensgewährenden Gesellschaft die Gesellschaftereigenschaft generell zuzurechnen, weil zwischen den poolverbundenen Unternehmen in vertikal absteigender Linie regelmäßig ein Konzernverhältnis, jedenfalls aber durchweg ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. XV. Bei horizontalen Finanzierungsleistungen ist eine Zurechnung vorzunehmen, wenn die Darlehensgewährung für Rechnung oder auf Risiko des Gesellschafters der Darlehensnehmerin erfolgt, weil der finanzierungsfolgenverantwortliche Gesellschafter dann in der Letzthaftung steht. 1. Die Finanzierung erfolgt für Rechnung des Gesellschafters, wenn die Darlehensvaluta aus seinem Vermögen stammt, die Darlehensgeberin also nur als mittelbare Stellvertreterin das Darlehen für Rechnung und im Interesse des Gesellschafters an die Darlehensnehmerin ausreicht. 2. Die Finanzierung erfolgt auf Risiko des Gesellschafters, wenn der Darlehensgeberin gegen den Gesellschafter ein gesicherter Verlustausgleichsanspruch zusteht.
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3. Bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen muss für eine Zurechnung auf die abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung der gemeinsamen Gesellschafterin von Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin abgestellt werden. Dazu müssen durchgehend von der gemeinsamen Muttergesellschaft bis hinab zur Darlehensgeberin Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsverträge bestehen. 4. Ebenfalls zur Fallgruppe der „Auf-Risiko-Finanzierung“ ist eine horizontale Finanzierungsleistung zu rechnen, bei der die Darlehensgewährung auf tatsächliche Veranlassung des Gesellschafters vorgenommen wird, da der Gesellschafter in einem solchen Fall auf Erstattung aus verbotener Einlagenrückgewähr haftet, wenn und soweit die Darlehensvaluta aus gebundenem Vermögen der Darlehensgeberin stammt. 5. Gleiches gilt für eine Finanzierungsleistung, die von der Darlehensgeberin causa societatis, d.h. mit Rücksicht auf ein übergeordnetes Interesse des Gesamtkonzerns erbracht wird. Dabei sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung eng zu definieren. Das Kriterium der causa societatis kann nur auf solche Darlehensgeber angewendet werden, die weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt sind. Ferner ist erforderlich, dass die in Frage stehende Leistung die causa societatis per se zum Inhalt hat. 6. Stammt die Darlehensvaluta aus gebundenem Vermögen der Darlehensgeberin, kommt es zu einer Kollision der Kapitalerhaltungsvorschriften mit den Kapitalersatzregeln, wenn der Darlehensgeberin ein Anspruch auf Rückerstattung der Darlehensvaluta aus Kapitalerhaltungsrecht zusteht, gleichzeitig aber der Darlehensnehmerin die Rückerstattung durch die Kapitalersatzregeln untersagt wird. Dieser Konflikt ist im Wege einer teleologischen Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften dergestalt zu lösen, dass ausschließlich der Gesellschafter, nicht aber die Darlehensnehmerin Schuldner des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruches ist. 7. Bei horizontalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings ist der Darlehensgeberin die Gesellschafterstellung generell zuzurechnen, weil sowohl die Abführung von Liquidität auf das Zielkonto durch die einzelnen Konzernunternehmen als auch die Gewährung von Darlehen durch die Finanzierungsgesellschaft causa societatis mit Rücksicht auf ein dem Eigeninteresse des darlehensgebenden Unternehmens übergeordnetes Konzerninteresse erfolgt.
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XVI. Bei vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen finden die gleichen Zurechnungskriterien Anwendung, die auch bei Darlehen auf horizontaler Ebene eine Zurechnung der Gesellschafterstellung begründen, da die Darlehensgeberin in beiden Fällen weder unmittelbar noch mittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. 1. Eine Zurechnung hat daher zu erfolgen, wenn die Darlehensvaluta aus dem Vermögen und damit für Rechnung der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin erfolgt. 2. Existieren durchgehend von der unmittelbar an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin bis hinab zur Darlehensgeberin Beherrschungsbzw. Gewinnabführungsverträge, dann liegt eine Finanzierung auf Risiko der Gesellschafterin vor. 3. Die Finanzierung erfolgt ebenfalls auf Risiko der an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafterin, wenn die Darlehensgeberin das Darlehen auf Veranlassung dieser Gesellschafterin ausreicht oder die Darlehensgeberin die Leistung causa societatis erbringt. An die tatbestandlichen Voraussetzungen einer causa societatis erfolgenden Finanzierungsleistung sind die gleichen Voraussetzungen zu stellen, die für das Kriterium der causa societatis bei horizontalen Finanzierungsleistungen gelten. 4. Zur Vermeidung einer Kollision der Kapitalerhaltungsvorschriften mit den Kapitalersatzregeln ist auch in der Fallgruppe der vertikal aufsteigenden Finanzierungsleistungen eine teleologische Reduktion der Kapitalerhaltungsvorschriften vorzunehmen. Allein die an der Darlehensnehmerin beteiligte Gesellschafterin ist dem Rechtsregime der Kapitalerhaltungsregeln unterworfen und der Darlehensgeberin zur Erstattung des verbotswidrig ausgekehrten Gesellschaftsvermögens verpflichtet. Im Verhältnis zwischen Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin finden hingegen die Kapitalersatzregeln Anwendung, sodass die Darlehensnehmerin kapitalersatzrechtlich verstrickte Darlehen nicht an die Darlehensgeberin zurückzahlen darf. 5. Vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen, also solche, bei denen die Finanzierungsfolgenverantwortung nicht von einem an der Darlehensnehmerin beteiligten Gesellschafter auf die Darlehensgeberin abgeleitet werden kann, können keinen Zurechnungstatbestand begründen. Solche Finanzierungsleistungen werden zwar nicht von den Kapitalersatzregeln erfasst, sie können jedoch den Tatbestand der verbotenen Einlagenrückgewähr erfüllen. 6. Ebenso wie bei horizontalen Darlehensgewährungen ist auch bei vertikal aufsteigenden Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Poolings die
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Darlehensgeberin mit einer Gesellschafterin der Darlehensnehmerin gleichzusetzen, weil sowohl die Abführung von Liquidität auf das Zielkonto als auch die Ausreichung von Liquidität an Konzernunternehmen causa societatis erfolgt. XVII. Eine Zurechnung bei gemischt horizont-vertikal absteigenden oder aufsteigenden Finanzierungsleistungen hat unter den gleichen Voraussetzungen zu erfolgen, die auch für horizontale und vertikal aufsteigende Darlehensgewährungen gelten. Das setzt eine von der Gesellschafterin der Darlehensnehmerin abgeleitete Finanzierungsfolgenverantwortung voraus, welche vorliegt, wenn das Darlehen entweder aus dem Vermögen der gemeinsamen Gesellschafterin von Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin stammt, die Darlehensgeberin einen feststehenden Verlustausgleichsanspruch gegen die gemeinsame Gesellschafterin hat, die Darlehensgewährung aufgrund einer tatsächlichen Veranlassung der gemeinsamen Gesellschafterin erfolgte oder die Darlehensgeberin die Leistung im Interesse eines übergeordneten Konzerninteresses causa societatis erbracht hat. Letztgenanntes Zurechnungskriterium dient auch zur generellen Zurechnung der Gesellschafterstellung bei gemischt horizontal-vertikalen Liquiditätsverschiebungen im Rahmen des Cash Pooling. XVIII. 1. Der bei Finanzierungsleistungen unter wechselseitig beteiligten Unternehmen auftretende Kapitalerhaltungskonflikt kann nicht durch eine teleologische Reduktion gelöst werden. Die Kapitalersatzregeln sind vorrangig anzuwenden, wenn die Darlehensgeberin an der Darlehensnehmerin einseitig qualifiziert beteiligt ist i.S.d. § 19 II AktG. Sind Darlehensgeberin und Darlehensnehmerin jeweils nur mit einer Minderheitsbeteiligung aneinander beteiligt oder besteht eine beiderseitige Abhängigkeit oder Mehrheitsbeteiligung i.S.d. § 19 III AktG, so tritt eine kapitalersatzrechtliche Bindung der Darlehensvaluta nach dem Grundsatz des beatus possidens ein. 2. Sind Darlehensnehmerin und Darlehensgeberin über eine Ringbeteiligung aneinander beteiligt, dann gebührt den Kapitalersatzregeln der Vorrang, wenn die Darlehensgeberin einseitig qualifiziert an der Darlehensnehmerin beteiligt ist. Einer Lösung über den Grundsatz des beatus possidens bedarf es bei Ringbeteiligungen nicht, wenn die Gesellschaften jeweils nur eine Minderheitsbeteiligung halten oder eine beiderseitige Abhängigkeit bzw. Mehrheitsbeteiligung besteht. Mangels Anwendbarkeit des Kapitalersatzrechts kann es zu einem Kapitalerhaltungskonflikt nicht kommen.
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3. Bei Liquiditätsverschiebungen unter wechselseitig beteiligten Unternehmen im Rahmen des Cash Poolings verbietet sich eine generelle Zurechnung der Gesellschafterstellung. Vielmehr muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – insbesondere der jeweiligen Beteiligungshöhe – entschieden werden, ob den Kapitalerhaltungsregeln oder dem Kapitalersatzrecht der Vorrang gebührt. XIX. Die entwickelten Zurechnungskriterien bestätigen die im Schrifttum aufgestellte These, nach der bei Darlehensgewährungen im Rahmen des Cash Poolings eine Zurechnung der Gesellschaftereigenschaft nach § 32a III, S. 1 GmbHG in sämtlichen Richtungen zu erfolgen hat, gleich ob die Zahlungsströme vertikal ab- oder aufsteigend, horizontal oder gemischt horizontal-vertikal fließen. Vertikal absteigende Liquiditätsverschiebungen werden generell erfasst, weil zwischen den poolverbundenen Unternehmen in vertikal absteigender Linie regelmäßig ein Konzernverhältnis, jedenfalls aber durchweg ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Für horizontale, vertikal aufsteigende und gemischt horizontal-vertikale Liquiditätsverschiebungen ist der personelle Anwendungsbereich des Kapitalersatzrechts eröffnet, weil sowohl die Abführung von Liquidität auf das Zielkonto durch die Konzernunternehmen als auch die Ausreichung durch die Finanzierungsgesellschaft an die poolverbundenen Unternehmen causa societatis, mit Rücksicht auf ein dem Eigeninteresse des darlehensgebenden Unternehmens übergeordnetes Konzerninteresse erfolgt. Einzig bei Liquiditätsverschiebungen unter wechselseitig beteiligten Unternehmen kommt es zu einer Kollision der Kapitalerhaltungsregeln mit dem Kapitalersatzrecht. Welcher der beiden Rechtsfiguren der Vorrang gebührt, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.
Gesetzesmaterialien Begr. Gesetzesentwurf KGaA und AG in ZGR Sonderheft 4: Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, Aktenstück Nr. 21 des Reichstags vom 7. März 1884, abgedruckt in: Schubert, Werner/Hommelhoff, Peter, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, ZGR Sonderheft 4, S. 386 – 486, Berlin 1985 Begr. RegE AktG 1965 in Kropff AktG 1965: Begründung des Regierungsentwurfs zum Aktiengesetz vom 6.9.1965, abgedruckt in: Kropff, Bruno, Aktiengesetzgesetz, Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965 mit Begründung des Regierungsentwurfs und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Düsseldorf 1965 RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften. Drucksache 8/1347, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, Drucksachen Band 239 Begr. RegE GmbHG 1977, BT-Drucks. 8/1347: Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften. Drucksache 8/1347, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, Drucksachen Band 239 Ber. Rechtsausschuss GmbHG 1980, BT-Drucks. 8/3908: Bericht der Abgeordneten Lambinus, Helmrich und Kleinert zu der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 8/1347). Drucksache 8/3908, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, Drucksachen Band 262 Begr. RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443: Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf einer Insolvenzordnung (InsO). Drucksache 12/2443, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Drucksachen Band 445 Begr. RegE KapAEG, BT-Drucks. 13/7141: Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an internationalen Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz –
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KapAEG). Drucksache 13/7141, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 13. Wahlperiode, Drucksachen Band 576 Ber. Rechtsausschuss KonTraG, BT-Drucks. 13/10038: Bericht der Abgeordneten Joachim Gres, Detlef Kleinert (Hannover), Dr. Eckhart Pick und Ludwig Stiegler zu der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 13/9712 – Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG). Drucksache 13/10038, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 13. Wahlperiode, Drucksachen Band 601
Schrifttumsverzeichnis Adams, Michael: Die Usurpation von Aktionärsbefugnissen mittels Ringverflechtung in der „Deutschland AG“, AG 1994, 148 - 158 Altmeppen, Holger: „Dritte“ als Adressaten der Kapitalerhaltungs- und Kapitalersatzregeln in der GmbH, in: Aktien- und Bilanzrecht, Festschrift für Bruno Kropff, Düsseldorf 1997 – Abschied vom „qualifiziert faktischen Konzern“, Verflechtungen im faktischen Unternehmensverbund und ihre Auswirkungen, Heidelberg 1991 – Anmerkung zum Urteil des BGH v. 28.6.1999 - II ZR 272/98, NJW 1999, 2812 2814 – Anmerkung zum Urteil des BGH v. 7.11.1994 - II ZR 270/93, ZIP 1994, 1939 - 1942 – Covenants und Kapitalersatz, ZIP 1998, 313 - 321 – Der „atypische Pfandgläubiger“ - ein neuer Fall des kapitalersetzenden Darlehens?, ZIP 1993, 1677 - 1684 – Die Haftung des Managers im Konzern, München 1998 – Gesellschafterhaftung und „Konzerhaftung“ bei der GmbH, NJW 2002, 321 - 324 – Grundlegend Neues zum „qualifiziert faktischen“ Konzern und zum Gläubigerschutz in der Einmann-GmbH, ZIP 2001, 1837 - 1847 – Neues zum Finanzplan- und zum Sanierungskredit, in: Festschrift für Walter Sigle zum 70. Geburtstag, Köln 2000 – Verschlimmbesserungen im Kapitalersatzrecht, ZIP 1996, 1455 – Zur Entwicklung eines Gläubigerschutzkonzeptes in der GmbH, ZIP 2002, 1553 1563 – Zur „finanzplanmäßigen Nutzungsüberlassung“ als Kapitalersatz, ZIP 1996, 909 913 Arbeitskreis GmbH-Reform / Hueck, Götz, u.a.: Thesen und Vorschläge zur GmbHReform, Band II, Konzernrecht der GmbH, Heidelberg 1972
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– Aktiengesetz Kommentar, Band III, §§ 148 - 178, München 1973 – Aktiengesetz Kommentar, Band VI, §§ 291-410, München 1976 – Aktiengesetz Kommentar, Band V, §§ 241 - 290, München 1986 Goette, Wulf: Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Behandlung eigenkapitalersetzener Leistungen im GmbH-Recht, DStR 1997, 2027 - 2035 – Einige Aspekte des Eigenkapitalersatzrechts aus richterlicher Sicht, ZHR 162 (1998), 223 - 231 Görling, Helmut: Die Verbreitung zwei- und mehrstufiger Unternehmensverbindungen, AG 1993, 538 - 547 Groß, Wolfgang: Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der KG, BB 1991, 2386 - 2391 – Peter Versteegen, Konzernverantwortlichkeit und Haftungsprivileg, 1993 (Rezension), WM 1984, 2299 - 2300 Grunewald, Barbara: Plädoyer für eine Abschaffung der Rechtsregeln für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen, GmbHR 1997, 7 - 10 Haas, Ulrich: Aktuelle Rechtsprechung zum Kapitalersatzrecht, NZI 2002, 457 - 466 Habersack, Mathias: Der Finanzplankredit und das Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfen, ZHR 161 (1997), 457 - 490 – Eigenkapital im Gesellschaftsrecht, ZHR 162 (1998), 201 - 222 – Grundlagen der freiwilligen oder erzwungenen Subordination von Gesellschafterkrediten, ZGR 2000, 384 - 419 Hachenburg, Max / Ulmer, Peter: GmbHG Großkommentar, Erster Band, Allg. Einleitung, §§ 1-34, 8. Auflage, Berlin 1992 Hager, Johannes: Die verdeckte Gewinnausschüttung in der GmbH, ZGR 1989, 71 - 106 Heilmann, Hans: Kapitalersetzende Darlehen bei Aktiengesellschaften, KTS 1983, 513 516 Hellwege, Heiko: Bericht über die Diskussion, ZGR-Symposium 1988, ZGR 1988, 516 519 Hellwig, Hans-Jürgen: Kapitalerhöhungen im Cash Pool, in: Festschrift für Martin Peltzer zum 70. Geburtstag, Köln 2001 Hengeler, Hans / Hoffmann-Becking, Michael: Insolvenz im Vertragskonzern, in: Strukturen und Entwicklungen im Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Hefermehl zum 70. Geburtstag, München 1976
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Henze, Hartwig: Die Treupflicht im Aktienrecht, BB 1996, 489 - 499 Herrmann, Horst: Fremdfinanzierung durch Gesellschafter aus handelsrechtlicher und konkursrechtlicher Sicht, in: 50 Jahre Wirtschaftsprüferberuf, Düsseldorf 1981 Hess, Harald: Insolvenzrecht, 5. Auflage, Köln 1999 Hill, Norbert / Schäfer, Berthold: Das Stehenlassen von GmbH-Gesellschafterdarlehen bis zum Eintritt der Krise, BB 1989, 458 - 462 Hirte, Heribert: Das Kapitalersatzrecht nach Inkrafttreten der Reformgesetzgebung, ZInsO 1998, 147 - 154 Hoffmann, Jochen: Das GmbH-Konzernrecht nach dem „Bremer Vulkan“-Urteil, NZG 2002, 68 - 74 Hoffmann-Becking, Michael: Der qualifizierte faktische AG-Konzern, in: Probleme des Konzernrechts, Symposion zum 80. Geburtstag von Wolfgang Schilling, Heidelberg 1989 – Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft, München 1988 Hommelhoff, Peter: Das Gesellschafterdarlehen als Beispiel institutioneller Rechtsfortbildung, ZGR 1988, 460 - 493 – Eigenkapital-Ersatz im Konzern und in Beteiligungsverhältnissen, WM 1984, 1105 1118 – Praktische Erfahrungen mit dem Abhängigkeitsbericht, ZHR 156 (1992), 295 - 313 – Zur Haftung bei unternehmerischer Beteiligung an Kapitalgesellschaften, Köln 1984 Hommelhoff, Peter / Goette, Wulf: Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, RWS-Skript 317, Köln 2000 Hommelhoff, Peter / Kleindiek, Detlef: Flexible Finanzierungsinstrumente im GmbHRecht, in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, Köln 1992 Hoppenstedt (Hrsg.): Konzerne in Schaubildern, (Fortsetzungswerk) Hopt, Klaus J. / Wiedemann, Herbert: Aktiengesetz Großkommentar, 4. Auflage, Berlin 2001 Hormuth, Mark W.: Recht und Praxis des konzernweiten Cash Managements, zugl. Diss., Techn. Univ. Darmstadt 1997, Berlin 1998 Huber, Ulrich: Gesellschafterkonten in der Personengesellschaft, ZGR 1988, 1 - 103 Hüffer, Uwe: Aktiengesetz Kommentar, 5. Auflage, München 2002
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– Kapitalersatz durch Gesellschafterdarlehen einer Landesbank und durch Landesbürgschaft im Konkurs einer illiquiden GmbH, ZHR 153 (1989), 322 - 341 Immenga, Ulrich: Kapitalersetzende Aktionärsdarlehen als Haftkapital?, ZIP 1983, 1405 - 1412 Jäger, Axel: Kapitalaufbringung und Haftungsrisiken in Cash-Management-Systemen von GmbH-Konzernen, DStR 2000, 1653 – 1658 und DStR 2000, 1736 - 1741 Jauernig, Othmar: Zivilprozeßrecht, 25. Auflage, München 1998 Joost, Detlev: Eigenkapitalersetzende Kommanditistenleistungen, ZGR 1987, 370 - 402 Jula, Rocco / Breitbarth, Carmen: Liquiditätsausgleich im Konzern durch konzerninterne Darlehen, AG 1997, 256 - 265 Junker, Abbo: Das eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen, ZHR 156 (1992), 394 412 Kamprad, Balduin: Gesellschafterdarlehen an die GmbH und GmbH & Co. KG, 2. Auflage, Köln 1981 Karollus, Martin: Kapitalersetzende Leistungen, ÖBA 1997, 105 - 118 – Probleme der Finanzierung im Konzern: Kapitalersatz und Treuepflicht, in: Klaus Peter Martens u.a. (Hrsg.), Festschrift für Carsten Peter Claussen zum 70. Geburtstag, Köln 1997 – Zur geplanten Reform des Kapitalersatzrechts, ZIP 1996, 1893 - 1895 Keßler, Jürgen: Die Durchgriffshaftung der GmbH-Gesellschafter wegen „existenzgefährdender“ Eingriffe – Zur dogmatischen Konzeption des Gläubigerschutzes in der GmbH, GmbHR 2002, 945 - 951 – Kapitalerhaltung und normativer Gläubigerschutz in der Einpersonen-GmbH – zum „beiläufigen“ Ende des „qualifizierten faktischen“ GmbH-Konzerns, GmbHR 2001, 1095 - 1100 Ketzer, Axel: Eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen, zugl. Diss., Universität Bonn 1987, Köln 1989 Kleindiek, Detlef: Strukturvielfalt im Personengesellschafts-Konzern, zugl. Diss., Universität Bielefeld 1990, Köln 1991 Kloten, Norbert / Stein, Johann Heinrich von: Geld-, Bank- und Börsenwesen, 39. Auflage, Stuttgart 1993 Koch, Sabine: Eigenkapitalleistungen und eigenkapitalersetzende Leistungen der Kommanditisten in der gesetzestypischen Kommanditgesellschaft, Frankfurt 1992
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Schrifttumsverzeichnis
Koller, Ingo: Sicherung des Eigenkapitals bei der gesetzestypischen Kommanditgesellschaft, in: Festschrift für Theodor Heinsius zum 65. Geburtstag, Berlin 1991 Koller, Ingo / Roth, Wulf-Henning / Morck, Winfried: Handelsgesetzbuch Kommentar, München 1996 Koppensteiner, Hans-Georg: Kritik des „Eigenkapitalersatzrechts“, AG 1998, 308 - 317 – Über die Verlustausgleichspflicht im qualifiziert faktischen AG-Konzern, in: Probleme des Konzernrechts, Symposion zum 80. Geburtstag von Wolfgang Schilling, Heidelberg 1989 Kort, Michael: Der Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht, zugl. Diss., Universität München 1985, Köln 1986 Kropff, Bruno: Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965 und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetzes mit Begründung des Regierungsentwurfs, Düsseldorf 1965 Krumnow, Jürgen / Gramlich, Ludwig: Gabler Bank Lexikon, 12. Auflage, Wiesbaden 1999 Kübler, Friedrich: Die Autorität der Sachnähe, in: Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, Berlin 1985 Kühbacher, Uli: Darlehen an Konzernunternehmen: Besicherung und Vertragsanpassung, zugl. Diss., Techn. Hochschule Darmstadt 1992, Berlin 1993 Kuhlmann, Jens / Ahnis, Erik: Konzernrecht, München 2001 Kurth, Thomas / Delhaes, Wolfgang: Die Entsperrung kapitalersetzender Darlehen, DB 2000, 2577 - 2585 Larenz, Karl: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 2. Auflage, Berlin 1992 Larenz, Karl / Wolf, Manfred: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Auflage, München 1997 Limmer, Peter: Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, zugl. Diss., Universität Bochum 1991, Köln 1992 Looschelders, Dirk / Roth, Wolfgang: Juristische Methodik der Rechtsanwendung, Berlin 1996 Lutter, Marcus: Das System des deutschen GmbH-Konzernrechts, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, ZGR Sonderheft 6, S. 193 – 218, Berlin 1986 – Der qualifizierte faktische Konzern, AG 1990, 179 - 185 – Holding Handbuch, 3. Auflage, Köln 1998
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– Neues zum Gesellschafterdarlehen?, ZIP 1989, 477 – 484 Lutter, Marcus / Drygala, Tim: Grenzen der Personalverflechtung und Haftung im Gleichordnungskonzern, ZGR 1995, 557 - 577 Lutter, Marcus / Hommelhoff, Peter: GmbH-Gesetz Kommentar, 15. Auflage, Köln 2000 Lutter, Marcus / Hommelhoff, Peter: Nachrangiges Haftkapital und Unterkapitalisierung in der GmbH, ZGR 1979, 31 - 66 Lutter, Marcus / Hommelhoff, Peter / Timm, Wolfram: Finanzierungsmaßnahmen zur Krisenabwehr in der Aktiengesellschaft, BB 1980, 737 - 750 Lutter, Marcus / Scheffler, Eberhard / Schneider, Uwe H.: Handbuch der Konzernfinanzierung, Köln 1998 Maier-Reimer, Georg: Kreditsicherung und Kapitalersatz in der GmbH, in: Festschrift für Heinz Rowedder zum 75. Geburtstag, München 1994 Makowski, Valerie Julia: Cash-Management in Unternehmensgruppen, zugl. Diss., Humboldt-Univ. Berlin 1999, Baden-Baden 1999 Mannheimer, Peter-Ulrich: Die Bedeutung des Steuerrechts für die Konzernfinanzierung, zugl. Diss., Techn. Hochschule Darmstadt 1991, Berlin 1992 Mayer, Dieter: Die Haftung im qualifizierten und faktischen GmbH-Konzern unter besonderer Berücksichtigung des „Video-Urteils“ des BGH vom 23.9.1991 (Teil II), DStR 1992, 791 - 794 Medicus, Dieter: Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 10. Auflage, München 1998 Meister, Burkhardt W.: Die Sicherheitsleistung der GmbH für Gesellschafterverbindlichkeiten, WM 1980, 390 - 401 Menzel, Hans-Jürgen: Die Bedeutung der BGH-Rechtsprechung zu den Gesellschafterdarlehen für die Unternehmenssanierung, AG 1982, 197 - 206 Mertens, Hans-Joachim: § 51a Abs. 1 GmbHG und die kapitalistisch strukturierte GmbH, in: Festschrift für Winfried Werner zum 65. Geburtstag, Berlin, 1984 Michalski, Lutz: Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), Band I, Systematische Darstellungen 1-7, §§ 1-34 GmbHG, München 2002 – Ungeklärte Fragen bei der Einlagenrückgewähr im Aktienrecht, AG 1980, 261 - 269 Michalski, Lutz / de Vries, K.: Anmerkung zum Beschluss des ThürOLG Jena v. 7.4.1998 - 8 W 15/98 (1), NZG 1998, 859 - 860 Michel, Sabine: Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen bei GmbH & Co. KG und KG, zugl. Diss., Universität Marburg 1991, Pfaffenweiler 1992
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Milde, Thomas: Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, zugl. Diss., Universität Mainz 1995, Berlin 1996 Mödl, Robert: Pflichten des einzigen Gesellschafters gegenüber „seiner“ GmbH – BGHZ 149, 10, JuS 2003, 14 - 17 Monßen, Hans-Georg: Darlehen Dritter gemäß § 32a Abs. 2 GmbHG bei Doppelbesicherung durch Gesellschaft und Gesellschafter, DB 1981, 1603 - 1605 Morsch, Stephan: Probleme der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung im CashPool, NZG 2003, 97 - 107 Müller, Andreas: Regeln für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei der GmbH und ihre Übertragbarkeit auf die AG, zugl. Diss., Universität Bielefeld 1986, Frankfurt am Main 1987 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1, §§ 1-53, 2. Auflage, München 2000 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 2, §§ 53a - 75, 2. Auflage, München 2003 Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 4, Schuldrecht, Besonderer Teil II (§§ 607-704); 3. Auflage, München 1997 Noack, Ulrich: Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, zugl. Habil.Schr.; Universität Tübingen 1993, Tübingen 1994 – Gesellschaftsrecht, Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsgg. von Bruno M. Kübler und Hanns Prütting, Sonderband I, Köln 1999 – Kapitalersatz bei verbundenen Unternehmen, GmbHR 1996, 153 - 157 – Kapitalersatz nach geltendem und künftigem Recht, in: Hans Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, Köln 1996 (1997) Obermüller, Manfred: Patronatserklärungen und kapitalersetzende Darlehen, ZIP 1982, 915 - 921 Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 62. Auflage, München 2003 Pawlowski, Hans-Martin: Methodenlehre für Juristen, 3. Auflage, Heidelberg 1999 Pentz, Andreas: Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbHGesetz, GmbHR 1999, 437 - 451 Perridon, Louis / Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 8. Auflage, München 1995 Pichler, Jens: Unternehmenssanierung auf Grundlage des geänderten § 32a GmbHG, WM 1999, 411 - 419
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Picot, Arnold / Dietl, Helmut / Franck, Egon: Organisation – Eine ökonomische Perspektive, 2. Auflage, Stuttgart 1999 Priester, Hans-Joachim: Die Erhöhung des Stammkapitals mit kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, in: Festschrift für Georg Döllerer, Düsseldorf 1988 – Eigenkapitalersetzende Landesbankkredite – Konsolidierung der Rechtssprechung und neue Aspekte, ZBB 1989, 30 - 36 – Liquiditätsausstattung der abhängigen Gesellschaft und unterjährige Verlustdeckung bei Unternehmensverträgen, ZIP 1989, 1301 - 1308 Priester, Hans-Joachim / Mayer, Dieter: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 2. Auflage, München 2003 Raiser, Günther H.: Betriebsaufspaltung und Haftungsausschluss eine Illusion?, NJW 1995, 1804 - 1805 Raiser, Thomas: Die Haftung einer Schwestergesellschaft für die Schulden einer anderen Schwester nach dem Urteil „Bremer Vulkan“ des BGH, in: Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag, Berlin 2003 Randenborgh, Lucas, van: Ist die Betriebsaufspaltung noch zeitgemäß? – 10 Argumente gegen die Betriebsaufspaltung, DStR 1998, 20 - 22 Ränsch, Ulrich: Rechtliche und steuerliche Fragen der Implementierung eines konzerninternen Cash-Pooling-Systems, in: The International Lawyer, Freundesgabe für Wulf H. Döser, Baden-Baden 1999 Rasch, Harold: Reichen die Vorschriften des Steuerrechts – unter Berücksichtigung des Gesellschaftsrechts – aus, um Vermögensbewegungen zwischen verbundenen Unternehmen vollständig und befriedigend zu regeln?, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, Band I, Teil G, München 1972 Rehbinder, Eckard: Zehn Jahre Rechtsprechung zum Durchgriff im Gesellschaftsrecht, in: Festschrift für Robert Fischer, Berlin 1979 Reichmann, Thomas / Haiber, Thomas / Fröhling, Oliver: Cash-Management, Cash Pooling und Controlling, Controlling 1996, 296 - 302 Reiner, Günter: Der deliktische Charakter der „Finanzierungsverantwortung“ des Gesellschafters: Zu den Ungereimtheiten der Lehre vom Eigenkapitalersatz, in: Verantwortung und Gestaltung, Festschrift für Karlheinz Boujong zum 65. Geburtstag, München 1996 Reinersdorff, Wolfgang, von: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 17.11.1997 - II ZR 224/96, NZG 1998, 224 - 225
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RGRK: Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, Kommentar, hrsgg. von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, Band II, 2. Teil, 12. Auflage, Berlin 1978 Riegger, Bodo: Die Begrenzung der Finanzierungsfolgenverantwortung in § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, in: Familiengesellschaften, Festschrift für Walter Sigle zum 70. Geburtstag, Köln 2000 Röhricht, Volker: Die GmbH im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Dispositionsfreiheit ihrer Gesellschafter und Gläubigerschutz, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Köln 2000 Römermann, Volker / Schröder, Henning: Aufgabe des qualifiziert faktischen GmbHKonzerns – Das „Bremer Vulkan“-Urteil des BGH vom 17.9.2001, GmbHR 2001, 1015 - 1020 Roth, Günter H. / Altmeppen, Holger: Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommentar, 4. Auflage, München 2003 Rowedder, Heinz: Bestandsschutz im faktischen GmbH-Konzern, in: Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht, ZGR Sonderheft 6, S. 20 – 38, Berlin 1986 Rowedder, Heinz / Schmidt-Leithoff, Christian: GmbHG Kommentar, 4. Auflage, München 2002 Rümker, Dietrich: Bankkredite als kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen unter besonderer Berücksichtigung der Sanierungssituation, ZIP 1982, 1385 - 1396 – Formen kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen in der Bankpraxis, in: Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, Berlin 1985 – Überlegungen zur gesellschafterlichen Finanzierungsverantwortung, ZGR 1988, 494 - 515 Rupprecht, Marcus: Umfang des personellen Anwendungsbereichs von § 32a GmbHG, zugl. Diss., Universität Augsburg 1997, Aachen 1998 Scheffler, Eberhard: Konzernmanagement, Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernführungspraxis, München 1992 – Zur Problematik der Konzernleitung, in: Bilanz- und Konzernrecht, Festschrift zum 65. Geburtstag von Reinhard Goerdeler, Düsseldorf 1987 Schilken, Eberhard: Zivilprozeßrecht, 2. Auflage, Köln 1995 Schilling, Wolfgang: Grundlagen eines GmbH-Konzernrechts, in: Strukturen und Entwicklungen im Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, Festschrift für Wolfgang Hefermehl zum 70. Geburtstag, München 1976
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Schimansky, Herbert / Bunte, Hermann-Josef / Lwowski, Hans-Jürgen: BankrechtsHandbuch, Band 1, München 1997 Schlegelberger, Franz / Geßler, Ernst: Handelsgesetzbuch Kommentar, Band III, 2. Halbband, 5. Auflage, München 1986 Schlitt, Michael: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 21.6.1999 - II ZR 70/98, NZG 1999, 940 - 941 Schmidsberger, Gerald: Eigenkapitalersatz im Konzern, zugl.:Diss., Universität Linz (A) 1995, Wien 1996 – Eigenkapitalersatz versus Einlagenrückgewähr, GesRZ 1997, 14 - 31 Schmidt, Karsten: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 19.9.1988 - II ZR 255/87, NJW 1988, 3148 - 3149 – Der Aufstand der Makulatur – oder: Da irrte Julius von Kirchmann!, Glosse, JZ 1984, 880 – Die konzernrechtliche Verlustübernahmepflicht als gesetzliches Dauerschuldverhältnis, ZGR 1983, 513 - 534 – Die Rechtsfolgen der „eigenkapitalersetzenden Sicherheiten“, ZIP 1999, 1821 - 1828 – Eigenkapitalersatz bei unbeschränkter Haftung, ZIP 1991, 1 - 9 – Eigenkapitalersatz und seine Behandlung in Österreich (I), GesRZ 1993, 8 - 17 – Finanzplanfinanzierung, Rangrücktritt und Eigenkapitalersatz, ZIP 1999, 1241 - 1250 – Gesellschafterdarlehen als Insolvenzrechtsproblem, ZIP 1981, 689 - 699 – Gesellschafterhaftung und „Konzernhaftung“ bei der GmbH, NJW 2001, 3577 - 3581 – Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, Köln 2002 – Gleichordnung im Konzern: terra incognita?, ZHR 155 (1991), 417 - 446 – Handelsrecht, 5. Auflage, Köln 1999 – Insolvenzrisiko und gesellschaftsrechtliche Haftung, JZ 1985, 301 - 308 – Kapitalersetzende Bankenkredite?, ZHR 147 (1983), 165 - 194 – Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen: ein Rechtsproblem nur der GmbH und der GmbH & Co. ?, AG 1984, 12 - 15 – Konzernrecht, Minderheitenschutz und GmbH-Innenrecht, GmbHR 1979, 121 - 134 – Quasi-Eigenkapital als haftungsrechtliches und als bilanzrechtliches Problem, in: Bilanz- und Konzernrecht, Festschrift zum 65. Geburtstag von Reinhard Goerdeler, Düsseldorf 1987
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– Zwerganteile im GmbH-Kapitalersatzrecht, ZIP 1996, 1586 - 1590 Schneider, Uwe H.: „Kapitalmindernde Darlehen“ der GmbH an ihre Gesellschafter, in: Handelsrecht und Steuerrecht, Festschrift für Georg Döllerer, Düsseldorf 1988 – Das Recht der Konzernfinanzierung, ZGR 1984, 497 - 537 Scholz, Franz: Kommentar zum GmbH-Gesetz, I. Band, §§ 1-44, Anh. Konzernrecht, 9. Auflage, Köln 2000 Schön, Wolfgang: Kreditbesicherung durch abhängige Kapitalgesellschaften, ZHR 159 (1995), 351 - 374 Schröder, Henning: Kommentar zum Urteil des BGH v. 24.6.2002 - II ZR 300/00, GmbHR 2002, 904 - 905 Schubert, Werner / Hommelhoff, Peter: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, ZGR Sonderheft 4, Berlin 1985 Schulze-Osterloh, Joachim: Gläubiger- und Minderheitenschutz bei der steuerlichen Betriebsaufspaltung, ZGR 1983, 123 - 161 Schummer, Gerhard: Das Eigenkapitalersatzrecht, zugl. Habil.-Schr., Universität Graz (A) 1997, Wien 1998 Schwark, Eberhard: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 26.3.1984 - II ZR 171/83 (BuM/WestLB), JZ 1984, 1036 Schwintowski, Hans-Peter / Schäfer, Frank A.: Bankrecht, Commercial Banking – Investment Banking, Köln 1997 Sieger, Jürgen J. / Aleth, Franz: Finanzplankredite: Stand der Rechtsprechung und offene Fragen, GmbHR 2000, 462 - 472 Sieger, Jürgen J. / Hasselbach, Kai: Konzernfinanzierung durch Cash Pools und Kapitalerhöhung, BB 1999, 645 - 651 Soergel, Hs. Th.: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, neu hrsgg. von W. Siebert, Band 4/1, Schuldrecht III/1; 12. Auflage, Stuttgart 1997 Staudinger, J., von: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 581-597; Landpacht; §§ 598-610, 12. Auflage, Berlin 1989 Steinbeck, Anja: Zur systematischen Einordnung des Finanzplankredits, ZGR 2000, 503 - 522 Stimpel, Walter: „Durchgriffshaftung“ bei der GmbH: Tatbestände, Verlustausgleich, Ausfallhaftung, in: Bilanz- und Konzernrecht, Festschrift zum 65. Geburtstag von Reinhard Goerdeler, Düsseldorf 1987
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– Zum Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG, in: Festschrift 100 Jahre GmbHGesetz, Köln 1992 Stützle, Rudolf: Zur Finanzierung, Haftung und Verlustausgleichspflicht der GmbH bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, in: Schneider, Uwe H. (Hrsg.), Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, Frankfurt am Main 1989 Theisen, Manuel René: Der Konzern, 2. Auflage, Stuttgart 2000 Thöne, Wolfgang: Behandlung der Gesellschafterdarlehen im Konkurs der Gesellschaft nach der GmbH-Novelle, DB 1980, 2179 Timm, Wolfram: Grundfälle zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen, JuS 1991, 652 - 656 Timm, Wolfram / Geuting, Markus: Kapitalersatz im Unternehmensverbund und Disponibilität der Kapitalersatzregeln, ZIP 1992, 525 - 531 Tries, Hermann-Josef: Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, zugl. Diss., Universität Heidelberg 1989/90, Köln 1991 Ulmer, Peter: Anmerkung zum Urteil des BGH v. 24.6.2002 - II ZR 300/00, JZ 2002, 1049 - 1052 – Der Gläubigerschutz im faktischen GmbH-Konzern beim Fehlen von Minderheitsgesellschaftern, ZHR 148 (1984), 391 - 427 – Gesellschafterdarlehen und Unterkapitalisierung bei GmbH und GmbH & Co. KG, in: Festschrift für Konrad Duden zum 70. Geburtstag, München 1977 – Gesellschafterhaftung gegenüber der GmbH bei Vorteilsgewährung unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG, in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, Köln 1992 – Von „TBB“ zu „Bremer Vulkan“ – Revolution oder Evolution?, ZIP 2001, 2021 2029 Veil, Rüdiger: Eigenkapitalersetzende Aktionärsdarlehen, ZGR 2000, 223 - 257 Vervessos, Nikolaos: Das Eigenkapitalersatzrecht, zugl. Diss., Universität Köln 2000, Baden-Baden 2001 Vetter, Jochen / Stadler, Christoph: Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Köln 2003 Waechter, Hubertus: Gesellschafterdarlehen und Umgehungsgeschäfte im Konkurs der GmbH, Frankfurt am Main 1985
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Wagner, Klaus-R. / Sperneac-Wolfer, Constantin: Die neue „Balsam/Procedo“- Rechtsprechung des BGH – gesellschaftsrechtliche und verfassungsrechtliche Aspekte, NZG 2001, 9 - 21 Waldens, Stefan: Grenzüberschreitendes Cash Pooling im Spannungsfeld sich ändernder Rahmenbedingungen – Eine ertragssteuerliche Perspektive, IStR 2003, 497- 504 Weimar, Robert: Die typische Betriebsaufspaltung – ein Unterordnungskonzern?, ZIP 1988, 1525 - 1529 Weisser, Karl-Friedrich: Der Gewinn der Aktiengesellschaft im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und Aktionären, zugl. Diss., Universität Erlangen-Nürnberg 1961, Berlin, 1962 Wellkamp, Ludger: Der Gleichordnungskonzern – Ein Konzern ohne Abhängigkeit?, DB 1993, 2517 - 2521 Westermann, Harm Peter: Banken als Kreditgeber und Gesellschafter – Zur Entscheidungsfreiheit der Bank im Kreditgeschäft, ZIP 1982, 379 - 391 – Die gesetzlichen Neuregelungen im Kapitalersatzrecht, DZWiR 2000, 1 - 10 – Kapitalersetzende Darlehen bei Publikums-Personengesellschaften, in: Festschrift für Hans-Joachim Fleck zum 70. Geburtstag, ZGR Sonderheft 7, Berlin 1988 – Zur Rückführung eines Überziehungskredits eines am Schuldnerunternehmen als Aktionär beteiligten Kreditinstituts, ZIP 1983, 1281 - 1289 Wichert, Joachim: Die Finanzen der Kommanditgesellschaft auf Aktien, zugl. Diss., Univ. Frankfurt am Main 1998, Frankfurt am Main 1999 Wiedemann, Herbert: Eigenkapital und Fremdkapital, in: Festschrift für Karl Beusch zum 68. Geburtstag, Berlin 1993 – Gesellschaftsrecht, Band I, Grundlagen, München 1980 – Gesellschaftsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung, ZIP 1986, 1293 - 1303 Wiedemann, Herbert / Hermanns, Marc: Liquiditätszusagen des GmbH-Gesellschafters, ZIP 1994, 997 - 1002 Wilhelm, Jan: Die Vermögensbindung bei der Aktiengesellschaft und der GmbH und das Problem der Unterkapitalisierung, in: Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, Band II, Köln 1978 – Zurück zur Durchgriffshaftung – das „KBV“-Urteil des II. Zivilsenats des BGH vom 24.6.2002, NJW 2003, 175 - 180 Wilken, Oliver: Cash Management und qualifiziert faktische Konzernierung, DB 2001, 2383 - 2386
Schrifttumsverzeichnis
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Willemsen, Reinhard / Coenen, Tilman: Kapitalersetzende Gesellschafterleistungen nach den Procedo-Urteilen des BGH, DB 2001, 910 - 913 Zeidler, Finn: Ausgewählte Probleme des GmbH-Vertragskonzernrechts, NZG 1999, 692 - 698 – Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, Diss., Universität Bayreuth, Köln 1999 Zöllner, Wolfgang: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1, §§ 1- 75 AktG, 2. Auflage, Köln 1988 – Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 2, §§ 148-290 AktG, 1. Auflage, Köln 1985
Sachverzeichnis Abhängigkeit 47, 172, 208, 209, 210, 212, 215, 223, 257, 288, 290, 294, 297, 299, 300, 302, 311 Abhängigkeitskette 223 Abzugsverbot 107, 118, 120, 133 Aktionärsdarlehen, Umfang der Umqualifizierung 65 Angemessenheitsprüfung 294, 296 Angemessenheitsvermutung 246 Anteilsmehrheit 191, 224, 271 Auf-Risiko-Finanzierung 232, 233, 234, 241, 242, 245, 252, 253, 264, 268, 273, 276, 282, 284, 309 Ausfallhaftung 157, 186 Ausfallrisiko 64, 186, 271 Ausfallsicherheit 80, 82 Autokran-Urteil 152 Balsam/Procedo I-Urteil 46 Balsam/Procedo II-Urteil 46 beatus possidens 260, 261, 262, 280, 281, 297, 299, 300, 302, 311 Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag 135 Besitzgesellschaft 235, 254, 255 Bestandsschutz 146, 155, 156, 157, 159, 233 Bestandsschutzanspruch 164, 233 Beteiligung, mittelbare 181, 272, 274, 299 Beteiligungsquote – durchgerechnete 203 – hohe mittelbare 199 Betriebsaufspaltung 235, 236, 239, 253, 254 – als Fallgruppe causa societatis 253 Betriebsgesellschaft 235, 254 Bremer Vulkan-Urteil 102, 154, 155, 156, 207, 222, 233, 234, 258
BuM/WestLB-Urteil 61, 62, 64, 66, 69, 70
Cash Management 25, 26, 27, 32, 36, 77, 142, 222, 303 Cash Pooling – Begriff 25, 26 – Darlehensbeziehungen 37 – Dispositionsgrenzen 40 – Geschäftsbeziehung Kreditinstitute 39 – im einfach fakt. Aktienkonzern 159 – im einfach fakt.GmbH-Konzern 163 – im Eingliederungskonzern 150 – im qualifiziert faktischen Aktienkonzern 159 – im qualifiziert faktischen GmbHKonzern 152 – im Vertragskonzern (AG) 135 – im Vertragskonzern (GmbH) 148 – interne Verrechnungskonten 36 – Nullstellung 27, 37, 40, 41 – Rahmenvereinbarung 36, 38 – Rechtsgrundlage 30 – Überbrückungskredit, kurzfristiger 92 – wirtschaftliche Bedeutung 28 causa mutui 247 causa societatis 99, 121, 172, 244, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 264, 266, 268, 269, 277, 279, 281, 282, 284, 285, 286, 291, 300, 301, 302, 309, 310, 311, 312 – Anforderungen bei horizontalen Finanzierungsleistungen 248 Clearing 26
Sachverzeichnis Darlehen – als Rechtsgrundlage der Zahlungsströme 30 – stehen gelassene 46 – Umqualifizierung 76 de-facto-Fusion 207, 234, 258 Deliktshaftung 157 Doppelbesicherung 81, 82 Drittvergleich 100, 102, 294, 295, 296, 297 Durchgriffshaftung 157 Eigenkapital 43, 44, 45, 49, 59, 62, 87, 103, 106, 110, 119, 121, 123, 127, 128, 139, 183, 185, 256, 296 Einfluss, beherrschender 208, 209, 212, 225, 307 Einflussnahme 63, 162, 163, 170, 172, 173, 175, 179, 191, 205, 208, 214, 218, 219, 221, 224, 225, 243, 290, 291, 299, 307, 308 Eingliederungskonzern 135, 150 Eingriff, existenzvernichtender 157 einheitliche Leitung 159, 172, 181, 211, 222, 252, 289, 290 Einlagenrückgewähr 91, 240, 248, 252, 259, 260, 261, 268, 275, 276, 277, 279, 284, 292, 295, 298, 309, 310 Einstandspflicht der Konzernunternehmen 129 faktischer Konzern – Aktiengesellschaft 159, 163 – GmbH 163 – Nachteilsausgleich 160 – Verdrängung des Kapitalersatzrechts 161 Finanzierungsabrede, konkludente 111, 113, 114 Finanzierungsfolgenverantwortung – abgeleitete 238, 252 – Begriff 62 – des Aktionärs 62, 186, 192 – des GmbH-Gesellschafters 186 – eigene 255 – fehlende 281 – unterschiedliche Ausprägungen 185
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– Ursachen der 183 – Vollzug des Finanzierungsentscheids 107 Finanzierungsgesellschaft 27, 30, 36, 40, 42, 75, 77, 78, 80, 81, 84, 86, 93, 171, 180, 227, 265, 269, 270, 284, 300, 303, 309, 312 Finanzierungsleistungen – causa societatis 244 – horizontal s. horizontale Finanzierungsleistungen – Mischformen s. Mischformen – vertikal absteigend s. vertikal absteigende Finanzierungsleistungen – vertikal aufsteigend s. vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen – wechselseitige Beteiligungen s. wechselseitige Beteiligungen Finanzplankredit – Anwendbarkeit auf das Cash Pooling 118 – Anwendungsbereich Cash Pooling 125 – Begriff 119 – bei Darlehenszusage 107 – Eigenkapitalfunktion 123 – Finanzplanabrede 124 – Indizien 121 – Rechtsfolgen 122 – Rechtsform 125 – Voraussetzungen 119 Fremdfinanzierung 48, 63, 174, 176 Fremdkapital 44, 59, 60, 106, 107, 119, 127, 128, 183, 185 Für-Rechnung-Finanzierung 230, 234, 235, 263, 264, 265, 273 Gesellschafterrechte, Wahrnehmung der 188, 189, 191, 193, 194, 195, 197, 198, 206, 207, 208, 218, 219, 221, 224, 290, 307 Gleichordnungskonzern 210, 255, 256, 288, 289, 290 – qualifiziert faktischer 255 Haftungsfonds 65, 67, 95, 151, 185, 243, 261
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Sachverzeichnis
Haftungstrennung, Prinzip der 95 Hauptversammlungsmehrheit 199, 209, 225, 307 Helaba/Sonnenring-Urteil 169, 189 horizontale Finanzierungsleistungen 227 – aus dem Vermögen der Muttergesellschaft 230 – aus dem Vermögen der Schwestergesellschaft 231 – wirtschaftlicher Vorteil 253 – Zurechnung beim Cash Pooling 263 HSW-Urteil 97, 100, 139, 169 Illiquidität 89, 97, 98, 99, 100, 102, 139 Insolvenz – Ausscheiden aus dem Cash Pooling 38, 41 – Bedeutung der Novellenregelungen 51 – Folgen des Balsam/Procedo-Urteils 48 – Rechtsfolgen der kapitalersatzrechtlichen Verstrickung 20 – wegen Zahlungsunfähigkeit 139, 163 – Zusammhang zur Darlehensgewährung 71 ITT-Urteil 163 Kapitalerhaltungskonflikt 259, 261, 271, 273, 277, 280, 281, 298, 302, 311 – Voraussetzungen der Entstehung 261 Kapitalersatzfunktion 52, 87, 162 Kapitalersatzrecht – Adressaten 165 – AG, KGaA 61 – Anspruchskonkurrenz 54 – Fortdauer der Verstrickung 46 – Gegenstand der Umqualifizierung 75 – GmbH & Co. KG 58 – Grundüberlegung 44 – konzernspezifische Sicherung des Gesellschaftsvermögens 135 – Novellenregelungen 44, 50 – Novellenregel., Tilgungsgebot 55
– OHG, KG 59 – Privilegierungen 131 – Rechtsform 57 – Rechtsprechungsregeln 44 – Rechtsprechungsregeln, Tilgungsverbot 55 – Schutzrecht, rechtsformmodifiziertes 57 – Schutzsystem, zweistufiges 51 Kapitalrücklage 65, 66, 67, 69 KBV-Urteil 157 Kennen- und Handelnmüssen 111 Kleinbeteiligungen 131, 133, 182, 215, 292 Kleinbeteiligungsprivileg 214, 216, 226, 308 Konzernbegriff – enger 289 – weiter 289 Konzern-causa 248, 251, 264, 268 Konzerninteresse 142, 161, 245, 248, 252, 267, 269, 286, 302, 309, 312 Konzernstrukturhaftung 207, 234, 257 Kreditaufnahme 26, 27, 77, 78, 80, 85, 86, 89, 304 Kreditgeber – institutioneller 98 – konzerninterner 98 Kreditsicherheiten – als Grundlage für Kreditaufnahme bei Dritten 85 – der Gesellschaft 78, 83 – des Gesellschafters 78, 84 – Doppelbesicherung 81 – formularmäßige Besicherung 90 – Umqualifizierung 77 – zugunsten Dritter 78 – zugunsten kreditgebender Konzernunternehmen 83 Kreditunwürdigkeit 87 – Beurteilungsperspektive 94 – der darlehensnehmenden Gesellschaft 95 – der Muttergesellschaft 96 – des Gesamtkonzerns 97 – Erkennenkönnen 201 – Ermittlungskriterien bei poolverbundenen Unternehmen 101
Sachverzeichnis – Indizien beim Cash Pooling 88 – Kenntnis der Muttergesellschaft 200 Krise der Gesellschaft 20, 87, 103, 114, 117, 121, 124, 132, 183, 296, 305 – Erkennbarkeit 114 – Erkennenkönnen 115 Lagergrundstück II-Urteil 192, 235 Lagergrundstück III-Urteil 235 Lagergrundstück IV-Urteil 183, 256 Liquidationszuständigkeit des Gesellschafters 116 Liquiditätsausgleich, automatischer 27, 32, 35, 98, 162, 266 Liquiditätskrise 93 Liquiditätsschutz, unternehmensvertraglicher 140, 145, 146, 147, 149, 150 Liquiditätsüberschüsse 21, 26, 30, 37, 118, 129, 166, 223, 227 Lufttaxi-Urteil 45 Mehrheitsverhältnis 175 Minderheitsbeteiligung 198, 199, 203, 209, 218, 224, 225, 293, 294, 297, 299, 300, 302, 307, 311 – mit unternehmerischem Einfluss 198 Mischformen, Finanzierungsleistungen bei 287 – Gleichordnungskonzern 288 – horizontal-vertikal absteigend 287 – horizontal-vertikal aufsteigend 288 – Zurechung beim Cash Pooling 299 Mitgliedschaftsrechte, Auspräg. 194 Nachschusskapital 123, 124 Nachschusspflicht 123, 124, 256 Nachteilszufügung 38, 89 Näheverhältnis, qualifiziertes 262 Netting 26 Notional Pooling 26, 28 Novellenregelungen s. Kapitalersatzrecht – Anwendbarkeit auf AG 69 Nutzfahrzeug-Urteil 52 Organschaftsverträge 206
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Periodenkontokorrent 38 Personenhandelsgesellschaft 59, 196 qualifiziert faktischer Konzern – Aktiengesellschaft 159 – Bremer Vulkan-Urteil 155 – GmbH 152 – KBV-Urteil 157 – Tatbestandsvoraussetzungen 153 Reservefonds 65, 66, 67, 68, 69, 74 Ringbeteiligung 298, 299, 302, 311 Risikokapital 43, 172, 176, 181, 182, 183, 184, 187 Rücklage, gesetzliche 65, 66, 67, 68, 69 Sanierungsprivileg 132, 133 Sonderrechte, statutarische 199, 203, 209, 221, 307 Sperrminorität 62, 63, 74, 186, 192, 204, 211, 212, 213, 220 Staffelkontokorrent 38 Stehenlassen, Anforderungen 111 Stimmrechtsmehrheit 191, 193, 194, 197, 209, 219, 224, 307 TBB-Urteil 152, 154, 222 teleologische Reduktion – des § 32a III S. 2 GmbHG 216 – des kapitalerhaltungsrechtlichen Erstattungsanspruchs 241, 261, 262, 278, 297 Tiefbau-Urteil 152 Treuepflicht 163 Treuhand 170, 189 Überbrückungskredit, kurzfristiger 92 Überschuldung 45, 50, 51, 65, 67, 98, 124, 138 Umqualifizierung 20, 21, 43, 45, 46, 59, 62, 63, 65, 67, 74, 75, 76, 80, 102, 103, 105, 106, 108, 111, 112, 113, 115, 117, 120, 136, 146, 172, 174, 182, 183, 185, 187, 229, 237, 242, 294, 305
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Sachverzeichnis
– anfänglicher Eigenkapitalersatzcharakter 103 – Kreditsicherheiten 77 – Liquiditätsströme, konzerninterne 75 – stehen gelassener Gesellschafterleistungen 109 – Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes 103, 108 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 131, 132 Unterordnungskonzern 210, 223, 258 Veranlassung 34, 155, 162, 232, 237, 239, 241, 243, 244, 245, 247, 252, 264, 265, 267, 268, 272, 274, 275, 276, 277, 279, 281, 284, 286, 291, 301, 309, 310, 311 verbotene Einlagenrückgewähr 241, 252, 262 Verbundformel 175, 228, 229, 231, 232, 242, 249, 250, 270 Verhaltenshaftung 187, 234 Verlustausgleichsanspruch 136 – Dogmatik 143 – Inhalt 136 – Qualität des 233 – Umfang 137 – unterjähriger 142, 144 – Zeitpunkt 138 vertikal absteigende Finanzierungsleistungen 179 – Art und Höhe der Beteiligung 187 – bei schlichter Abhängigkeit 208 – hundertprozentige Beteiligung 189 – im einfach faktischen Konzern 210 – im qualifiziert faktischen Konzern 207 – im Vertragskonzern 206 – in dreistufigen Beteiligungsverhältnissen 180 – in dreistufigen Konzern- und Abhängigkeitsverhältnissen 205 – in mehr als dreistufigen Verhältnissen 217 – Mehrheitsbeteiligung 189 – Zurechnung beim Cash Pooling 220 vertikal aufsteigende Finanzierungsleistungen 270
– aus dem Vermögen der Muttergesellschaft 273 – aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft 273 – causa societatis 277 – in mittelbaren Beteiligungsverhältnissen 272 – in unmittelbaren Beteiligungsverhältnissen 279 – Zurechnung beim Cash Pooling 284 Vertragskonzern 95, 96, 98, 100, 140, 143, 145, 147, 148, 149, 150, 151, 153, 160, 161, 163, 171, 205, 206, 214, 216, 220, 225, 306, 307, 308 – Aktiengesellschaft 135 – GmbH 148 Video-Urteil 152 wechselseitige Beteiligungen, Finanzierungsleistungen bei 291 – beiderseitige qualifizierte Beteiligung 294 – einseitig qualifizierte Beteiligung 292 – Minderheitsbeteiligung 294 – Ringbeteiligung 298 – Zurechung beim Cash Pooling 300 Weisungsrecht 63, 161, 195, 199, 225, 307 wirtschaftliche Einheit 95, 169, 171, 175, 190, 205, 235, 250 – bei Betriebsaufspaltung 235 – betriebswirtsch. Definition 235 Zahlungsmittler 170, 171, 176, 230, 273 Zero Balance Accounting 26, 27, 28, 32, 303 Zurechnung der Gesellschafterstellung 166 – Beteiligung mit Risikokapital 172, 176 – funktionale Gesellschafterstellung 173, 176 – Generalklausel, § 32a III S.1 GmbHG 168
Sachverzeichnis – gesellschaftsrechtliche Einflussnahme 170, 175 – Muttergesellschaft als Umgehungsnormadressatin 236 – Rechtsprechung des BGH 169
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– Tochtergesellschaft als Umgehungsnormadressatin 238 – verbundene Unternehmen 170, 173 – wirtschaftliche Einheit 175 – zwei Grundtypen der Zurechung 290