189 47 77MB
German Pages 1064 [1068] Year 1980
Oestreicher Bundesbaugesetz (Bauplanungsrecht, Band I)
Sammlung Guttentag
Bundesbaugesetz mit Ausführungsvorschriften des Bundes einschließlich Baunutzungsverordnung, sowie Hinweisen auf Ländervorschriften
Bauplanungsrecht, Band I
Kommentar begründet von
Dr. Sebastian Heitzer
Dr. Ernst Oestreicher
Senatspräsident a. D. beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof München
Präsident a. D. des Bayer. Verwaltungsgerichts München
Siebente, neubearbeitete Auflage von
Ernst Oestreicher
w DE
Cl 1980 Walter de Gruyter • Berlin • New York
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Heitzer, Sebastian: Bauplanungsrecht: Kommentar / begr. von Sebastian Heitzer; Ernst Oestreicher. — Berlin, New York: de Gruyter. (Sammlung Guttentag) Frühere Aufl. u. d. T.: Heitzer, Sebastian: Bundesbaugesetz und Städtebauförderungsgesetz. N E : Oestreicher, Ernst: Bd. 1. -» Heitzer, Sebastian: Bundesbaugesetz Heitzer, Sebastian: Bundesbaugesetz: mit Ausführungsvorschriften d. Bundes einschließl. Baunutzungsverordnung, sowie Hinweisen auf Ländervorschriften; K o m m e n t a r / begr. von Sebastian Heitzer; Ernst Oestreicher. — 7., neubearb. Aufl. / von Ernst Oestreicher:
— Berlin, New York: de Gruyter, 1980. (Bauplanungsrecht / begr. von Sebastian Heitzer; Ernst Oestreicher; Bd. 1) (Sammlung Guttentag) ISBN 3-11-008083-4 N E : Oestreicher, Ernst
© Copyright 1980 by Walter de G r u y t e r & Co., vormals G . J. G ö s c h e n ' s c h e Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G e o r g Reimer, Karl J. T r ü b n e r , Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung u n d Verbreitung sowie d e r Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner F o r m (durch Photokopie, M i k r o f i l m oder ein anderes V e r f a h r e n ) o h n e schriftliche G e n e h m i g u n g des Verlages reproduziert oder u n t e r V e r w e n d u n g elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Satz u n d D r u c k : H. H e e n e m a n n G m b H & Co, 1000 Berlin 42 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, 1000 Berlin 61, Printed in G e r m a n y .
Vorwort zur Siebenten Auflage Die zweite einschneidende Novelle zum Bundesbaugesetz durch das Gesetz zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6. Juli 1979 mit zahlreichen Änderungen hat eine Neuauflage des Kommentars erfordert, der nunmehr unter dem N a m e n des Alleinbearbeiters erscheint. Im Hinblick auf den Umfang, den das Bundesbaugesetz schließlich angenommen hat und auf die zahlreiche Rechtsprechung wurde der bisherige Kommentar in der 7. Auflage unter dem Titel „Bauplanungsrecht" in zwei Bände aufgeteilt, deren erster — hiermit vorgelegt — das BBauG mit den dazugehörigen Bundesverordnungen einschließlich Baunutzungsverordnung 1977 und die Hinweise auf die Ländergesetze und -Verordnungen enthält. Die zahlreichen Runderlasse, Bekanntmachungen und sonstigen Verwaltungsvorschriften der Länder zum BBauG werden nicht mehr aufgeführt. Das Städtebauförderungsgesetz, das Raumplanungsgesetz des Bundes und die Landesplanungsgesetze, sowie etwaige weitere Novellierungen zum allgemeinen Planungsrecht bleiben dem im Frühjahr 1980 erscheinenden zweiten Band vorbehalten. Am System wurde grundsätzlich nichts geändert. Insbesondere wurde die Rechtsprechungsübersicht für jede Bestimmung gesondert am Schluß der Erläuterungen beibehalten. Die Kommentierung wurde nicht nur im Hinblick auf die Novelle vom 6. Juli 1979 erweitert. Andererseits wurden nicht mehr aktuelle Teile u n d überholte Entscheidungen ausgeschieden. Der Bearbeiter hat das Literaturverzeichnis im Interesse der Erhaltung eines handlichen Formats auf die Zeit ab 1974 beschränkt. Auch auf die Wiedergabe der ausführlichen geschichtlichen Entwicklung des BBauG wurde in dieser Auflage verzichtet, so daß hier mit der Entwicklung der Novelle 1979 begonnen wird. Möge auch die 7. Auflage dem Benutzer helfen, der immer schwieriger gewordenen Materie des Bundesbaugesetzes Herr zu werden. Schade, daß die Zeit kurzer Paragraphen gerade bei diesem Gesetz so gänzlich dahingegangen und die Ausnahmen zur Regel geworden sind. München, im November 1979 Emst
Oestreicher
Inhaltsübersicht Seite Vorwort Literaturübersicht Abkürzungsverzeichnis
V XV XXIII
I. Bundesbaugesetz (BBauG) i. d. Fassung der Bekanntmachung vom 18. 8. 1976 (BGBl. I S. 2256), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949) Einführung zur Novelle vom 6. Juli 1979 zum BBauG
1
ERSTER TEIL: Bauleitplanung Vorbemerkung
7
§§ Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung Aufstellung der Bauleitpläne und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange 2 a Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung 3 Gemeinsamer Flächennutzungsplan Planungsverbände 4 4 a Bauleitplanung bei Gebiets- oder Bestandsänderung und der Bildung von Planungsverbänden 1 2
5 6 7 8 9 9a 10 11 12 13 13 a
Zweiter Abschnitt: Vorbereitender Bauleitplan (Flächennutzungsplan) Inhalt des Flächennutzungsplanes Genehmigung des Flächennutzungsplanes Anpassung an den Flächennutzungsplan Dritter Abschnitt: Verbindlicher Bauleitplan (Bebauungsplan) Zweck des Bebauungsplanes Inhalt des Bebauungsplanes Sicherung der Infrastruktur Beschluß über den Bebauungsplan Genehmigung des Bebauungsplanes Inkrafttreten des Bebauungsplanes Vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes Grundsätze für soziale Maßnahmen, Sozialplan
9 29 40 53 54 60 62 70 74 75 85 100 106 110 113 118 120 VII
Inhaltsübersicht §§
Seite Z W E I T E R T E I L : Sicherung der Bauleitplanung Vorbemerkung
123
14 15 16 17 18
Erster Abschnitt: Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen Veränderungssperre Zurückstellung von Baugesuchen Beschluß über die Veränderungssperre Geltungsdauer der Veränderungssperre Entschädigung bei Veränderungssperre
125 132 135 137 141
19 20 21 22 23
Zweiter Abschnitt: Bodenverkehr Teilungsgenehmigung Versagungsgründe Inhalt der Genehmigung Verhältnis zu anderen Vorschriften über den Bodenverkehr Sicherung der Vorschriften über den Boden verkehr
145 173 180 188 189
24 24 a 25 25 a 26 27 28 28 a
29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39
VIII
Dritter Abschnitt: Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden Allgemeines Vorkaufsrecht Besonderes Vorkaufsrecht zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen Besonderes Vorkaufsrecht Besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- oder Ersatzland Veräußerungspflicht der Gemeinde Ausübung des Vorkaufsrechtes zugunsten anderer Entschädigung für ältere Erwerbsrechte Ausübung des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert
200 201 204 212 216 219 220
D R I T T E R T E I L : Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung, Anordnung von Baumaßnahmen, Abbruchgebot und Erhaltung baulicher Anlagen Vorbemerkung
226
Erster Abschnitt: Zulässigkeit von Vorhaben Begriff des Vorhabens Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes Ausnahmen und Befreiungen Nutzungsbeschränkungen auf künftigen Gemeinbedarfs-, Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Bauen im Außenbereich Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde Bauliche Maßnahmen des Bundes und der Länder Bauliche Maßnahmen aufgrund von anderen Gesetzen Schutz des Mutterbodens
192
227 236 241 250 251 255 276 316 326 329 332
Inhaltsübersicht §§
39 a 39 b 39 c 39 d 39 e 39 f 39 g 39 h 39 i
39j 40 41 42 43 44 44a 44b 44 c
Seite Abschnitt 1 a: Anordnung von Baumaßnahmen, Pflanzgebot, Nutzungsgebot, Abbruchgebot und Erhaltung baulicher Anlagen Erörterung und Beratung Bau-und Pflanzgebot Nutzungsgebot Abbruchgebot Modernisierungs-und Instandsetzungsgebot Duldungspflicht Aufhebung, Beendigung und Verlängerung von Miet- und Pachtverhältnissen Erhaltung baulicher Anlagen Annahmen für Grundstücke, die besonderen Zwecken dienen Zweiter Abschnitt: Entschädigung Vorbemerkung Vertrauensschaden Entschädigung in Geld oder durch Übernahme Entschädigung bei Festsetzungen von unbebauten Grundstücken und von Schutzflächen (gestrichen) Entschädigung bei Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten . . Entschädigung bei Bindungen für Bepflanzungen Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung Entschädigungspflichtige Entschädigung und Verfahren Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche VIERTER TEIL: Bodenordnung Vorbemerkung
45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59
Erster Abschnitt: Umlegung Zweck der Umlegung Zuständigkeit und Voraussetzungen Umlegungsbeschluß Beteiligte Rechtsnachfolge Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses Verfügungs-und Veränderungssperre Umlegungsgebiet Bestandskarte und Bestandsverzeichnis Benachrichtigung des Grundbuchamtes und Vollstreckungsgerichts; Umlegungsvermerk Umlegungsmasse und Verteilungsmasse Verteilungsmaßstab Verteilung nach Werten Verteilung nach Flächen Zuteilung und Abfindung
333 336 341 343 345 349 349 350 354 356 358 360 365 365 366 367 375 376 379
380 386 388 393 393 396 396 398 403 404 406 407 409 411 412 414 IX
Inhaltsübersicht §§ 60
Seite
61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79
Abfindung und Ausgleich für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Einrichtungen Aufhebung, Änderung und Begründung von Rechten Gemeinschaftliches Eigentum; besondere rechtliche Verhältnisse Übergang von Rechtsverhältnissen auf die Abfindung Geldleistungen Hinterlegung und Verteilungsverfahren Aufstellung und Inhalt des Umlegungsplanes Umlegungskarte Umlegungsverzeichnis Auslegung der Umlegungskarte; Einsicht in das Umlegungsverzeichnis Zustellung des Umlegungsplanes Inkrafttreten des Umlegungsplanes Wirkungen der Bekanntmachung Änderung des Umlegungsplanes Berichtigung der öffentlichen Bücher Einsichtnahme in den Umlegungsplan Vorwegnahme der Entscheidung Vorzeitige Besitzeinweisung Verfahrens- und Sachkosten Gebühren-, Auslagen- und Abgabenbefreiung
418 419 420 422 422 424 425 426 426 427 428 429 432 432 433 434 435 436 442 443
80 81 82 83 84
Zweiter Abschnitt: Grenzregelung Zweck, Voraussetzungen und Zuständigkeit Geldleistungen Beschluß über die Grenzregelung Bekanntmachung und Rechtswirkungen der Grenzregelung Berichtigung der öffentlichen Bücher
444 447 448 449 450
F Ü N F T E R T E I L : Enteignung Vorbemerkung
451
85 86 87 88 89 90 91 92
Erster Abschnitt: Zulässigkeit der Enteignung Enteignungszweck Gegenstand der Enteignung Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Enteignung Enteignung aus zwingenden städtebaulichen Gründen Veräußerungspflicht der Gemeinde Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land Ersatz für entzogene Rechte Umfang, Beschränkung und Ausdehnung der Enteignung
453 462 467 474 476 483 487 488
93 94 95
Zweiter Abschnitt: Entschädigung Entschädigungsgrundsätze Entschädigungsberechtigter und Entschädigungsverpflichteter Entschädigung für den Rechtsverlust
493 498 500
X
Inhaltsübersicht §§ 96 97
Seite Entschädigung für andere Vermögensnachteile Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten
513 518
98 99 100 101 102 103
Schuldübergang Entschädigung in G e l d Entschädigung in Land Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte Rückenteignung Entschädigung für die Rückenteignung
523 524 527 537 540 545
104
Dritter Abschnitt: Enteignungsverfahren Enteignungsbehörde
105 106 107 108 109 109 a 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122
122 a 122 b
547
Enteignungsantrag Zustimmung der Obersten Landesbehörde Beteiligte Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Einleitung des Enteignungsverfahrens und Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung Genehmigungspflicht Einigung Teileinigung Entscheidung der Enteignungsbehörde Enteignungsbeschluß Lauf der Verwendungsfrist Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte . . . Vorzeitige Besitzeinweisung Ausführung des Enteignungsbeschlusses Hinterlegung Verteilungsverfahren A u f h e b u n g des Enteignungsbeschlusses Kosten Vollstreckbarer Titel
555 561 563 565 568 572 576 578 583 593 597 598 600 602 604
T E I L V a : Härteausgleich Vorbemerkung
606
A l l g e m e i n e Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs Härteausgleich bei Aufhebung, Enteignung, Kündigung und vorübergehender Unbenutzbarkeit oder Räumung v o n Miet- und Pachtraum . .
548 549 550 553
606 608
S E C H S T E R T E I L : Erschließung Vorbemerkung
609
Erster Abschnitt: A l l g e m e i n e Vorschriften über die Erschließung 123 124 125 126
Erschließungslast Grundsätze für die Durchführung der Erschließung Bindung an den Bebauungsplan Pflichten des Eigentümers
615 623 624 629
XI
Inhaltsübersicht §§
Seite Zweiter Abschnitt: Erschließungsbeitrag Vorbemerkung Erhebung des Erschließungsbeitrages Umfang des Erschließungsaufwandes Beitragsfähiger Erschließungsaufwand Art der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes Maßstäbe für die Verteilung des Erschließungsaufwandes Regelung durch Satzung Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht Beitragspflichtiger Fälligkeit und Zahlung des Beitrages
632 634 646 657 668 681 691 700 744 749
SIEBENTER TEIL: Ermittlung von Grundstückswerten Vorbemerkung
757
136 137 137a 138 139 140 141
Erster Abschnitt: Gutachterausschüsse Aufgaben des Gutachterausschusses Gutachterausschuß und Geschäftsstelle Oberer Gutachterausschuß Zusammensetzung der Gutachterausschüsse Unabhängigkeit und Sachkunde Auskunfts- und Vorlagepflicht Organisation und Verfahren
759 762 765 765 766 768 769
142 143 143 a 143 b 144
Zweiter Abschnitt: Wertermittlung Verkehrs wert Wirkung der Gutachten Kaufpreissammlungen Bodenrichtwerte und Übersichten Ermächtigungen
771 774 774 776 778
TEIL VII a: Städtebauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur Vorbemerkung
779
Abstimmung von Maßnahmen Bauleitplanung und Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur . . Bauleitplanung und Flurbereinigung Ersatzlandbeschaffung Ersatzlandbeschaffung durch Siedlungsunternehmen Flurbereinigung aus Anlaß einer städtebaulichen Maßnahme
779 780 781 782 783 784
A C H T E R TEIL: Allgemeine Vorschriften; Verwaltungsverfahren Vorbemerkung
787
Grundstücke; Rechte an Grundstücken Begriff der Landwirtschaft Abweichende Zuständigkeitsregelung
787 788 789
127 128 129 130 131 132 133 134 135
144 a 144b 144 c 144d 144e 144f
145 146 147 XII
Inhaltsübersicht §§ 148 149 150 151 152 153 154 155 155 a
Örtliche und sachliche Zuständigkeit Von Amts wegen bestellter Vertreter Erforschung des Sachverhaltes Vorarbeiten auf Grundstücken Rechts-und Amtshilfe Wiedereinsetzung Belehrung über Rechtsbehelfe Vorverfahren Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen 155 b Verletzung sonstiger Vorschriften über die Bauleitplanung 155c Aufgabe der Genehmigungsbehörde 156 Ordnungswidrigkeiten
Seite 791 792 794 795 798 798 801 801 803 807 810 810
N E U N T E R TEIL: Verfahren vor den Kammern (Senaten) für Baulandsachen Vorbemerkung
812
157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 171a
Antrag auf gerichtliche Entscheidung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Örtliche Zuständigkeit der Landgerichte Zusammensetzung der Kammern für Baulandsachen Allgemeine Verfahrensvorschriften Beteiligte Anfechtung von Ermessensentscheidungen Anfechtung einer vorzeitigen Besitzeinweisung Vorzeitige Ausführung Urteil Säumnis eines Beteiligten Kosten des Verfahrens Berufung, Beschwerde Revision Einigung Weitere Zuständigkeit der Kammern (Senate) für Baulandsachen
813 820 823 824 824 828 831 832 835 836 839 840 841 843 844 845
172
Z E H N T E R TEIL: Änderung grundsteuerlicher Vorschriften (gestrichen)
846
ELFTER TEIL: Überleitungs- und Schlußvorschriften
173 174 175 176
Erster Abschnitt: Überleitungsvorschriften zu diesem Gesetz in der Fassung vom 23. Juni 1960 Überleitung bestehender Pläne Abwicklung eingeleiteter Verfahren Anfechtung von Entscheidungen Fortgeltung von Bausperren
851 859 862 864
XIII
Inhaltsübersicht §§ 177 178 179 180 181 182
183 183 a 183 b 183 c 183 d 183 e 183 f
183 g 184 185
186 187 188 189
Übergangsvorschriften für den Bodenverkehr Übergangsvorschriften für das Vorkaufsrecht der Gemeinden Übergangsvorschriften für die Rückenteignung Überleitung des Erschließungsbeitragsrechtes Fortgeltung von Rechtsverordnungen Fortbestand von Umlegungsausschüssen Zweiter Abschnitt: Überleitungsvorschriften zum Änderungsgesetz vom 6. Juli 1979 Überleitungsvorschriften für die Bauleitplanung Überleitungsvorschriften für den Boden verkehr Überleitungsvorschriften für die Regelung der baulichen u n d sonstigen Nutzung Überleitungsvorschriften für die Beteiligung der Gemeinde u n d der höheren Verwaltungsbehörde Überleitungsvorschriften für die Bodenordnung Überleitungsvorschriften für die Erschließung Überleitungsvorschriften für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen Überleitungsvorschriften für die vorzeitige Besitzeinweisung (gestrichen) (gestrichen) Dritter Abschnitt: Schluß Vorschriften Aufhebung sonstiger Vorschriften Geltung in Berlin Sonderregelung für einzelne Länder und das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk Inkrafttreten
Seite 865 867 867 868 882 883
883 884 884 884 885 885
885 885 889 889
889 890 891 892
II. Ausführungsvorschriften des Bundes 1. Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung) i. d. F. vom 15.8.1972 2. Wertermittlungs-Richtlinien i. d. F. v. 31. 5. 1976 3. Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung — BauNVO) i. d. F. vom 15. 9. 1977 4. Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne sowie über die Darstellung des Planinhalts (PlanzeichenVerordnung) vom 19. 1. 1965
894 907 930 1004
III. Übersicht über die Gesetze und Verordnungen der Länder zum Bundesbaugesetz
1016
Stichwortverzeichnis
1025
XIV
Literaturübersicht (ab 1974; vorangegangene Literatur siehe 6. Aufl. dieses Komm.)
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Gliederung Allgemein (einschließlich Bodenreform u n d Planungswertausgleich) Bauleitplanung (einschließlich Entwicklungsplanung) Baunutzungsverordnung Boden verkehr (§ 19 ff.) Enteignung und Entschädigung Erschließungsrecht Folgelasten Landesplanung und Raumordnung 1 siehe Band II Städtebauförderungsgesetz J des Kommentars Umlegung Verkehrswert u n d Ermittlung von Grundstückswerten Vorkaufsrecht Zulässigkeit von Vorhaben
1. Allgemein
(einschließlich
Aust/Jacobs Bachof Badura
Battis Battis Battis/Schrödter Bielenberg Bosch Bröll Brügelmann/Pohl Dietrich Dittus-Zinkahn
Bodenreform
und
Planungswertausgleich)
Die Enteignungsentschädigung, de Gruyter, Berlin 1977 Beurteilungsspielraum, Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff im Verwaltungsrecht, J Z 1955, 97 Die Standortentscheidung bei der Unternehmergenehmigung mit planungsrechtlichen Einschlag, BayVBl. 1976, 515 Stadtentwicklungsplanung im Rechtssystem, DVB1. 1976, 144 Novelliertes BBauG u n d G G , DÖV 1978, 113 Die Novelle zum BBauG, DVB1. 1977, 161 Schwerpunkte der Novelle zum BBauG, BBauBl. 1976, 458 Gemeindliche Planungen u n d das Erfordernis einer förmlichen Planung als öffentliche Belange i. S. d. §§ 34, 35 BBauG, BauR 1978, 268 Die Neuerungen des BBauG zur Zulässigkeit von Bauvorhaben, BayVBl. 1977, 8 Kommentar zum Bundesbaugesetz, Kohlhammer-Verlag Stuttgart Die Werterrechnung nach der Novelle zum BBauG, BBauBl. 1975, 319 Baulandbeschaffungsgesetz, Kommentar
XV
Literaturübersicht Dölker Dohle Dolde Engelken Englert-Mang Ernst-ZinkahnBielenberg Fischer/Hagen Fey Fickert Förster Frohberg Geizer Heinze Helmreich-Widtmann Hofmann Hoppe Hoppe-Rengeling Klaus/Dolde Klinger Knaup-Ingenstau Koehler Kopp Kröner Mang-Simon v. Mangoldt-Klein XVI
Das Verhältnis von luftrechtlichem Planfeststellungs- und städtebaulichen Planungsrecht, BayVBl. 1975, 377 Behördliche Zusicherung der „Bebaubarkeit" und ihre Rechtsfolgen, BauR 1976, 395 Das öffentliche Baurecht 1974/75, NJW 1976, 1056 Nochmals; Bodenwertabschöpfung und Eigentumsgarantie, DVB1. 1976, 155 Bayerische Bauordnung, 11. Aufl., Verlag C. H. Beck München Bundesbaugesetz, Loseblattkommentar, 3. Auflage, Verlag C. H. Beck München Außenbereich als Erholungsgebiet für die Allgemeinheit? BauR 1979, 181 Umsatzschrumpfung am Baulandmarkt — eine Analyse der Umsätze und Preise von 1966 bis 1967, BBauBl. 1968, 158 Die wechselseitigen Beziehungen des Rechts der Fernstraßenplanung und der Städtebauplanung unter besonderer Berücksichtigung des Immissionsschutzes, BauR 1974, 237 BBauG Kommentar, Kohlhammer Verlag Stuttgart Das Bundesbaugesetz, Kommentar Bauplanungsrecht, 2. Auflage, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Bundesbaugesetz (Taschenkommentar), Richard-Boorberg-Verlag Stuttgart— München—Hannover Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, 2. Aufl. 1979, Verlag C. H. Beck München Wesen und Bedeutung der städtebaulichen Entwicklungsplanung, BayVBl. 1976, 65 Die „Zusammenstellung des Abwägungsmaterials" und die „Einstellung der Belange" in die Abwägung „nach Lage der Dinge bei der Planung", DVB1. 1977, 136 Die kommunale Bauleitplanung, Band 4 der „Materialien zum öffentlichen Recht", R. Boorberg Verlag München Verwerfung nichtiger BebPläne durch die Verwaltung, BauR 1978, 153 Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar Bundesbaugesetz, Kommentar Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar Verwaltungsgerichtsordnung (Kurzkommentar) Verlag C. H. Beck München Probleme der Ordnungsgemäßheit der Enteignung — Bauleitplanung, Umlegungsverfahren — in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BBauBl. 1978, 124 Loseblattkommentar zur Bayer. Bauordnung, Beck'sche Verl. Buchh. München Das Bonner Grundgesetz
Literaturübersicht Marschall Meyer/Stich/Tittel Molodovsky
Motyl Oestreicher Oestreicher
Oestreicher
Oestreicher Otto Pagenkopf Papier Papier Riegel Rosenberg Rothe Sailer Schmalz Schmidt Schmidt-Aßmann Schneider Schrödter Schrödter/Battis Schütz-Frohberg Seufert Söfker
Steiner Stich
Bundesfernstraßengesetz, Kommentar Bundesbaurecht Rechtliche Bindung und gerichtliche Kontrolle planender Verwaltung im Bereich des Bodenrechts, BayVBl. 1977, 539 Die Gemeinden in der Landesplanung, „Schriften zur öffentlichen Verwaltung", Verl. Schmidt u. Mayer, Würzburg Gestaltung des Planungsrechts als Funktion des Sozialstaats durch die Novelle 1976 zum BBauG, Z f S H 1976, 289 Der Planungswertausgleich und seine Gesetz gewordenen Alternativen als Instrumentarium des Sozialstaats, ZfSh 1977, 1 Was bringt die Novelle 1979 zum BBauG und zum StBauFG insbesondere auf dem sozialpolitischen Sektor? Z f S H 1979, 227 Verwaltungsgerichtsordnung (Handkommentar, Praxis der Gemeindeverwaltung) Wiesbaden—München Die Verwirklichung von Campinganlagen nach dem BBauG, BauR 1978, 109 Nachbarschutz im unbeplanten Innenbereich aufgrund des § 34 n. F. BBauG? BauR 1977, 155 Aktuelle Probleme des Planungsschadensrechts, BauR 1976, 297 Rechtliche Bindung und gerichtliche Kontrolle planender Verwaltung im Bereich des Bodenrechts, N J W 1977, 1714 Verfügungs- und Nutzungseigentum?, BayVBl. 1975, 412 Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts Gedanken über die Novellierung des Bundesbaugesetzes, DVB1. 1974, 737 Das Grundrecht auf Naturschutz, BayVBl. 1975, 405 Denkmalschutz im Außenbereich, BauR 1976, 96 Inzidente Prüfung und Verwerfung von Normen im Range unter dem Gesetz durch die Exekutive?, BayVBl. 1976, 1 Grundfragen des Städtebaurechts Novellierung des Bundesbaugesetzes — Eine Zwischenbilanz, DVB1. 1975, 457 Bundesbaugesetz, Kommentar, 3. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München Die Novelle zum BBauG, DVB1. 1977, 161 Bundesbaugesetz, Kommentar, 3. Auflage Bayerisches Zwangsenteignungsgesetz, Kommentar Das Gesetz zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht, BBauBl. 1978, 400 Der Planungswertausgleich, BayVBl. 1975, 345 Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt durch städtebauliche Planung, Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht ( Z f B R ) 1978, 58
XVII
Literaturübersicht Stich
Ule Ziegler
Immissionsschutz als Teil der „Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse" in § 34 Abs. 1 BBauG 1976, GewArch 1979, 41 Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kommentar zur VwGO Zum Anwendungsbereich des § 18 BBauG, DÖV 1976, 232
Entwicklungsplanung) Bauleitplanung (einschließlich Rechtsschutz gegen gemeindliche Bauleitplanung, BayVBl. 1976, 744 Bussmann Zeit der Auslegung von BebPl.-Entwürfen gem. § 2a Abs. 6 BBauG bei gleitender Arbeitszeit, BauR 1978, 447 Fingerhut Der Geltungsverlust von BebPlänen mit interkommunaler Bedeutung — normwidersprechende Erkenntnisse der Planungswissenschaft, DVB1. 1979, 142 Ortloff Das „Nichtbaugebiet" — ein übergeleiteter Berliner Bebauungsplan, DVB1. 1976, 248 Grenzen behördlicher und gerichtlicher Plankontrolle, Pagenkopf BauR 1979, 1 Die rechtlichen Grenzen der Bauleitplanung, DVB1. 1975, Papier 461 Rasch Normenkontrolle und BebPläne, BauR 1977, 147 Vorübergehende faktische Bausperren und VeränderungsReisnecker sperren. Die Entschädigungsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BayVBl. 1975, 157 Rothe Der BebPlan nach dem novellierten BBauG und die Realisierung seiner Festsetzungen, DÖV 1978, 122 Schmidt-Aßmann Grundsätze der Bauleitplanung, BauR 1978, 99 Vogel Beschränkung von Werbeanlagen durch Bebauungspläne zum Schutz des Straßenverkehrs? BayVBl. 1978, 585 Zeiler Außerkrafttreten von BebPlänen infolge abweichender tatsächlicher Entwicklung, BayVBl. 1978, 626 2. Birk
3. Baunutzungsverordnung Bielenberg Baunutzungverordnung und Planzeichenverordnung, Kommentar, C. H. Beck Verlag München 1973 Braun Läßt die in § 8 Abs. 4 BauNVO mögliche Gliederung von Gewerbegebieten dem Ausschluß von Supermärkten zu, BauR 1977, 160 Brosche „Eingeschränkte" Gewerbegebiete und die BauNVO, BauR 1976, 251 Fickert-Fieseier Baunutzungsverordnung, Deutscher Gemeindeverlag GmbH Förster Baunutzungsverordnung, Kommentar, Kohlhammer Verlag, Stuttgart XVIII
Literaturübersicht Förster Kirchmeier
Knaup Müller-Neuffer Rössler Schlez Schöning-Wolff
Das „besondere Wohngebiet" nach der BauNVO 1977, BauR 1978, 439 Zur Anwendung der BauNVO hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung im Innenbereich (§ 34 Abs. 3 Satz 2 BBauG), BauR 1977, 379 Kommentar zur Baunutzungsverordnung, Werner-Verlag, Düsseldorf Die Baunutzungsverordnung, Kommentar, Richard Boorberg Verlag Stuttgart—München—Hannover Baunutzungsverordnung, Carl-Heymanns-Verlag, Köln Die Baunutzungsverordnung eine Fehlkonstruktion? DVB1. 1975, 482 Kommentar zur Baunutzungsverordnung, Karl Krämer Verlag, Stuttgart
4. Bodenverkehr (§§ 19ff-) Franßen
Molodovsky
Weyreuther
Fortdauer der Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung trotz Änderung der Sach- oder Rechtslage? (Zur Auslegung des § 21 Abs. 2 BBauG), BauR 1976, 305 Rechtliche Bindung und gerichtliche Kontrolle planender Verwaltung im Bereich des Bodenrechts, BayVBl. 1977, 539 Rechtliche Bindung und gerichtliche Kontrolle planender Verwaltung im Bereich des Bodenrechts, BauR 1977, 295
5. Enteignung und Entschädigung Bötsch Breuer v. Heynitz Labbe Papier Säcker Schmidt-Aßmann Söfker
Entschädigung bei Entzug eines Baurechts nach § 33 BBauG durch Planungsänderung, BayVBl. 1978, 133 Entschädigungsrechtliche Konsequenzen von Eingriffen in die Baufreiheit, D Ö V 1978, 189 Abschöpfung von Bodenwertsteigerungsgewinnen und Eigentumsgarantie, DVB1. 1975, 474 Besitzeinweisung ohne vorherige Grunderwerbsverhandlungen, BayVBl. 1978, 201 Aktuelle Probleme des Planungsschadensrechts nach § 44 BBauG, BauR 1976, 197 Zur Tragweite der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie am Beispiel des § 120 BBauG, BauR 1976, 241 Übernahmeansprüche im Enteignungsrecht, BauR 1976, 145 Fragen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie bei der Erhebung von Ausgleichsbeträgen für städtebaulich bedingte Wertsteigerungen, DVB1. 1975, 467
XIX
Literaturübersicht 6. Erschließung Creutz Funk Hanisch Landt Matloch Reiß , 7. Folgelasten Schmidt-Assmann 8. Landesplanung
Die Erschließung im baurechtlichen Sinn, BauR 1977, 237 Die „nachträgliche" Erhebung von Herstellungsbeiträgen, BayVBl. 1978, 330 Die gesicherte Erschließung in § 30 BBauG, BauR 1979, 341 Voraussetzungen der Erschließungsbeitragspflicht, BayVBl. 1976, 104 Die Abschnittsbildung bei der Abrechnung von Erschließungsanlagen, BayVBl. 1976, 8 Der Erschließungsbeitrag nach dem Bundesbaugesetz und § 436 BGB, DNotZ 1962, 307
Die enteignungsrechtliche 1974, 1265 und Raumordnung
9. Städtebauförderungsgesetz 10. Umlegung Jessnitzer
Folgenentschädigung,
(siehe Band II des
(siehe Band II des
NJW
Kommentars)
Kommentars)
Der Gutachterausschuß nach dem BBauG als gerichtlicher Sachverständiger, BauR 1977, 98
11. Verkehrswert und Ermittlung von Grundstückswerten Bielenberg Ist die Bemessung der Enteignungsentschädigung nach dem Verkehrswert im Bundesbaugesetz verfassungswidrig?, DVB1. 1974, 113 12. Vorkaufsrecht Martens u. Horn Schmidt-Eichstaedt 13. Zulässigkeit Brendel
Rechtsschutz gegen die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts — ein fehlgeschlagener Versuch gesetzlicher Streitentscheidung, DVB1. 1979, 140 Das Preislimitierte Verkaufsrecht der Gemeinde nach dem novellierten BBauG, DÖV 1978, 130
von Vorhaben Nachbarklagerecht gegen unzulässige Bauvorhaben im unverplanten Innenbereich? BayVBl. 1974, 664 Bröll Anlagen der Kies- und Sandindustrie als privilegierte Vorhaben im Außenbereich 2, BayVBl. 1979, 137 Bröll und Hannig Baurechtliche Anforderungen an Einkaufszentren und Verbrauchermärkten, BayVBl. 1979, 353 Johlen Die Zulässigkeit von Bauvorhaben am Rande einer vorhandenen Ortslage, BauR 1976, 90
XX
Literaturübersicht Lau Lenz Mayer-Tasch Mayer-Tasch
Meinke/Wilhelm
Reisnecker
Roellecke Sellner Mößle
Schietz Schmaltz Simon Stich
Vogel
Teilprivilegierte Entprivilegierung — zur Vorschrift des § 35 Abs. 4 BBauG, BauR 1977, 384 Der Begriff „Einfügen" bei der Zulässigkeit von Vorhaben im nichtbeplanten Innenbereich, BauR 1978, 329 Nachbarklagerecht gegen unzulässige Bauvorhaben im unverplanten Innenbereich? BayVBl. 1974, 515 Nochmals: Nachbarklagerecht gegen rechtswidrige Bauvorhaben im unverplanten Innenbereich, BayVBl. 1975, 388 Ermöglicht § 35 Abs. 5 Nr. 1 BBauG den Rückgriff auf „unendlich" weit zurückliegende landwirtschaftliche Nutzung, BauR 1977, 310 Vorübergehende faktische Bausperren und Veränderungssperren. Die Entschädigungsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BayVBl. 1975, 157 Zur Unzulässigkeit an sich zulässiger baulicher Nutzungen, D Ö V 1976, 301 Bundes-Immissionsschutzgesetz und Nachbarschutz im unbeplanten Innenbereich, N J W 1976, 265 Die planungsrechtliche Situation des außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücks, D Ö V 1974, 466 Das Bauen im Außenbereich nach dem Bundesbaugesetz und die Reform des Bodenrechts, JZ 1974, 699 Denkmalschutz im Außenbereich, BauR 1976, 96 Bauen im Außenbereich, BayVBl. 1974, 601 Der Außenbereich im Rechtssystem des Bundesbaugesetzes, Sonderdruck aus Stadtplanung — Erschließung — Wohnungsbau, Festschrift, Deutsches Volksheimstättenwerk Köln 1975 Die Änderung des § 34 BBauG als Entschädigungstatbestand, BauR 1977, 6
XXI
Abkürzungsverzeichnis aaO AbG Abi. Abs. aM Anm. AO ASlg. AusfG AV B BauLBG BauNVO BauO BauR BauRegV BayBO BayBgm. BayBS BayLUMBl. BayStrWG BayVBl. BayVfGH BB Bd. BBauBl. BBauG BebPl. BewG BewDV BFH BFHE BGBl. BGH BGHZ B1GBWR
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am angeführten Ort Abfallbeseitigungsgesetz Amtsblatt Absatz anderer Meinung Anmerkung Abgabenordnung Amtliche Sammlung Ausführungsgesetz Ausführungsverordnung Beschluß Baulandbeschaffungsgesetz v. 8. 8.1953 (BGBl. I S. 720) Baunutzungsverordnung Bauordnung Baurecht (Zeitschrift für das öff. u. priv. Baurecht) Verordnung über die Regelung der Bebauung v. 15. 2.19 Bayerische Bauordnung Der Bayerischer Bürgermeister Bereinigte Sammlung des bayer. Landesrechts Ministerialblatt des Bayer. Staatsministeriums für Landentwicklung und Umweltfragen Bayer. Straßen- und Wegegesetz Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebsberater Band Bundesbaublatt Bundesbaugesetz Bebauungsplan Bewertungsgesetz Durchführungsverordnung z. Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnrecht XXIII
Abkürzungsverzeichnis BO BR BRS BT Buchholz BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE DB DGStZ DNotZ DOV DRiZ DS DV DVB1. DWW EG Erl. F1NP1. FlurbG FStrG GABI. GAG GewArch GBl. GBO GemT GemS—OGB GG GO GVB1. HGO i. d. F. JR JW JZ KStZ LandbG MB1. oder MAB1. ME NatSchG NJW
XXIV
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Bauordnung (z. B. BayBO) Bundesrat Baurechtssammlung (Thiel) Bundestag Sammel- und Nachschlagewerk der Entscheidungen des BVerwG, herausgegeben von SenPräs. Buchholz BVerwG Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Der Betrieb Deutsche Gemeindesteuerzeitung Deutsche Notarzeitschrift Die Öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Drucksache (des BT oder des B R ) Durchführungsverordnung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Wohnungswirtschaft Einführungsgesetz Erläuterung Flächennutzungsplan Flurbereinigungsgesetz Bundesfernstraßengesetz Gemeins. Amtsblatt Bad.-Wttg. Bayer. Gemeindeabgabengesetz Gewerbearchiv Gesetzblatt Grundbuchordnung Deutscher Gemeindetag Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gemeindeordnung Gesetz- und Verordnungsblatt Hessische Gemeindeordnung in der Fassung Juristische Rundschau Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kommunale Steuerzeitschrift Landbeschaffungsgesetz Ministerialamtsblatt Ministerialentschließung Naturschutzgesetz Neue Juristische Wochenschrift
Abkürzungsverzeichnis OVG OVGE OWiG PrGS PrOVG RdL Rechtspfl. RFH RG RGBl. RGZ rkr. RstBl. RuS StBauFG StKV U V VfGH VerwArch. VerwRspr. VG VGG VGH VSperre VwGO WEG WertV WiR WM WoBauG WRV WSG ZfBR ZMR ZPO ZweckVG
= Oberverwaltungsgericht = Amtl. Sammlung der Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Rhld.-Pf. und Saarland = Ordnungswidrigkeitengesetz = Gesetzessammlung für Preußen = Entscheidungssammlung des Preuß. Oberverwaltungsgerichts = Recht der Landwirtschaft = Der Rechtspfleger = Reichsfinanzhof = Reichsgericht = Reichsgesetzblatt = Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen = rechtskräftig = Reichssteuerblatt = Raum und Siedlung = Städtebauförderungsgesetz = Staats- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) = Urteil = Verordnung = Verfassungsgerichtshof = Verwaltungsarchiv = Verwaltungsrechtsprechung = Verwaltungsgericht = Verwaltungsgerichtsgesetz = Verwaltungsgerichtshof = Veränderungssperre = Verwaltungsgerichtsordnung = Wohnungseigentumsgesetz = Wertermittlungsverordnung = Wirtschaft und Recht = Wohnungswirtschaft und Mietrecht = Wohnungsbaugesetz = Weimarer Reichsverfassung vom 11. 8. 1919 = Gesetz über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten (Wohnsiedlungsgesetz) vom 22. 9. 1933 i. d. F. vom 27. 9. 1938 = Zeitschrift für deutsches u. internationales Baurecht = Zeitschrift für Miet- und Raumrecht = Zivilprozeßordnung = Zweckverbandsgesetz vom 7. 6. 1939
XXV
I.
BUNDESBAUGESETZ in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2256, berichtigt S. 3617), geändert durch Art. 9 Nr. 1 der Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) und durch Artikel 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949)
Einführung zur Novelle vom 6. Juli 1979*) 1. Der E eines Gesetzes „zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht" (stilistisch etwas verunglückt, da Vorhaben im Städtebau wohl möglich, aber im Städtebaurecht nicht recht verständlich sind), den die BReg. am 29. 9. 1978 einbrachte, hatte folgende Zielsetzung (BT-DS 8/2451): „Maßnahmen zur Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens sowie zum Abbau von Investitionshemmnissen im Baubereich sind seit einiger Zeit Gegenstand eingehender Untersuchungen innerhalb der Bundesregierung. Die bisherigen Überlegungen bezogen sich auf alle Bereiche des Baurechts. Dabei hat sich gezeigt, daß über die bereits in der ersten Novelle zum Bundesbaugesetz und zum Städtebauförderungsgesetz enthaltenen Bestimmungen zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht hinaus weitere Regelungen in diesen Bereichen möglich und erforderlich sind." Diesem Ziel wollte die BReg. näherkommen mit der Vereinfachung des Verfahrens zur Aufstellung von Bauleitplänen, bei der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde und dem Einvernehmen der Gemeinde, durch Wegfall der der Genehmigungspflicht für die Auflassung eines Grundstücks, durch die Neuregelung der Baulandumlegung, insbesondere der Grenzregelung und — schwerpunktmäßig — durch die gegenüber der Novelle von 1976 noch verstärkt gegebenen Möglichkeit, die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften beim Zustandekommen von Satzungen und FINPlänen kraft Gesetzes für folgenfrei zu erklären. Ähnliches gilt für die gleichzeitige Novellierung des StBauFG, das gesondert im Band II dieses Kommentars behandelt werden wird. 2. In der ausführlichen Begr. zum E der BReg. heißt es: „Die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse und die Bemühungen um die Bewältigung der sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten nach Verabschiedung der Novelle zum BBauG vom 18. 8. 1976 haben das Augenmerk verstärkt auf Investitionsh e m m n i s s e u n d -Schwierigkeiten gelenkt. D i e B R e g . ist frühzeitig im Z u s a m m e n w i r k e n
*) Wegen der Einführung in die Geschichte und die Entwicklung des BBauG, sowie in die Raum- und Landesplanung, ferner in den Planungswertausgleich, bis einschließlich der Novelle 1976 wird auf die vorangegangene 6. Auflage, S. 1 bis 29, verwiesen.
1
Einführung mit allen Beteiligten der Frage nachgegangen, in welchen Bereichen und worin im einzelnen die Ursachen für die genannten Hemmnisse und Schwierigkeiten bestehen können. Beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ist eine Studiengruppe gebildet worden, der Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien, .der Länder, der kommunalen Spitzenverbände sowie der interessierten Bundesressorts und Verbände angehören. Dort ist jetzt gefordert worden, im Interesse der Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens und des Abbaus von Investitionshemmnissen das Bundesbaugesetz alsbald zu ändern. Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht berücksichtigt das Ergebnis der Beratungen dieser Arbeitsgruppe. Im Bereich des Baurechts stehen dem Bund nur beschränkt Zuständigkeiten zu. Die Bundesregierung ist entschlossen, im Rahmen der Zuständigkeiten des Bundes auf eine volle Ausschöpfung auch der Gesetzgebungsbefugnisse hinzuwirken. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Bundesländer in ihrem Zuständigkeitsbereich ebenfalls alle geeigneten Maßnahmen ergreifen werden, um die genannten Hemmnisse und Schwierigkeiten abzubauen. Sie sieht wesentliche Möglichkeiten im Bauordnungsrecht und in dem Vollzug des Baurechts, der in der Verantwortung der Länder liegt." Nach dem Willen der BReg. sah der E hinsichtlich des BBauG folgende Änderungen vor, die zum großen Teil auch verwirklicht werden konnten (siehe aber unten 5). ,,a) Die Gemeinde soll verpflichtet werden, bei Beteiligung der Träger öffentlicher Belange im Bauleitplanverfahren den Trägern eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu setzen (§ 2 Abs. 5 Satz 3). In entsprechender Anwendung der Vorschriften über die vereinfachte Änderung rechtsverbindlicher BebPläne soll im Planverfahren von einer erneuten Offenbarung des Planentwurfs abgesehen werden können; dabei werden Belange der von der Entwurfsänderung Betroffenen verfahrensrechtlich gewahrt (§ 2 a Abs. 7). Die Voraussetzungen für vereinfachte Änderungen des BebPlans sollen — gleichfalls unter Wahrung der Belange der Betroffenen — erleichtert werden (§ 13). b) Im Verhältnis von FINPlan und BebPlan wird das praxisgerechte „Parallelverfahren" (Aufstellung, Änderung und Ergänzung oder Aufhebung von FINPlan und BebPlan im Parallelgang) zur Behebung bestehender rechtlicher Zweifelsfragen, die sich in der Praxis ergeben haben und weitreichende Auswirkungen haben können, vorgesehen (§ 8 Abs. 3). Die Voraussetzungen für die Aufstellung eines „vorzeitigen" — d. h. vor einem FINPlan aufzustellenden — BebPlans sollen erleichtert werden (§ 8 Abs. 4). c) Zur Erleichterung des Bodenverkehrs soll die Genehmigungspflicht für Auflassungen und Einigungen über Bestellungen des Erbbaurechts im Außenbereich entfallen. Künftig sollen nur noch Teilungen von Grundstücken im Innen- und Außenbereich genehmigungspflichtig sein (§§ 19 ff.). Die Beibehaltung der Genehmigungspflicht für Teilungen in diesen Bereichen ist städtebaulich erforderlich. d) Die Voraussetzungen für Befreiungen von Festsetzungen in BebPlänen sollen in vertretbaren Grenzen und unter Wahrung der Belange der von Befreiungen Betroffenen erweitert werden (§31 Abs. 2). Die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung soll auch auf einfache BebPläne erstreckt werden (§ 33). e) Die Verfahren zur Genehmigung von Vorhaben sollen beschleunigt werden. Soweit in diesen Verfahren das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist, soll es befristet werden. Bei Verschweigen der Gemeinde innerhalb der Frist soll das Einvernehmen als erteilt gelten; dies soll auch für die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten (§§ 19, 31 und 36). f) Die Verfahren in der Baulandumlegung sollen beschleunigt und vermeidbare Verzögerungen beseitigt sowie rechtliche Zweifelsfragen, die sich auf die Abwicklung von Umlegungsverfahren erschwerend auswirken können, gesetzlich geklärt werden. Zu nennen sind die Übertragung der Ausübung des Vorkaufsrechts zu Umle2
Einführung gungszwecken von der Gemeinde auf den Umlegungsausschuß (§ 46 Abs. 5), die Möglichkeiten der Übertragung von Routinegenehmigungen vom Umlegungsausschuß auf die Stelle, die seine Entscheidung vorbereitet, z. B. Geschäftsstelle (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 a und § 51 Abs. 5), die Neufassung der Vorschriften über die Inkraftsetzung von räumlichen und sachlichen Teilen des Umlegungsplans (§ 71), die Erweiterung der Vorwegnahme der Entscheidung (§ 76) sowie die Erweiterung und K o n kretisierung der Voraussetzungen für die vorzeitige Besitzeinweisung (§ 77). Auch das altbewährte Institut der Grenzregelung soll fortentwickelt werden (§§ 80 ff.). g) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen und damit zugleich die Erhebung von Erschließungsbeiträgen soll nicht mehr daran scheitern, daß gewisse Abweichungen vom Bebauungsplan vorkommen, insbesondere wenn die Beitragspflichtigen nicht mehr als bei einer planmäßigen Herstellung der Anlagen belastet werden (§ 125). h) Erhebliche praktische Bedeutung werden die Vorschriften über die „Heilung" formal unwirksamer Satzungen nach dem B B a u G . . . sowie formal unwirksamer FINPläne, schließlich auch der Ausschuß bestimmter sonstiger Gesetzesverletzungen von den Unwirksamkeitsgründen für die genannten Satzungen und F I N P l ä n e haben. D i e in der Novelle 1976 mit dem neu eingefügten § 155 a eingeleitete Rechtsentwicklung soll durch Erweiterung dieser Vorschrift fortgesetzt werden. BebPläne und sonstige einschlägige Satzungen sind nur mit gesicherter Bestandskraft geeignete Grundlagen für private und öffentliche Investitionen. Wegen der grundlegenden Bedeutung für die Entwicklung im Gemeindegebiet muß auch der FINPlan in die „Heilungsvorschrift" einbezogen werden. Die Nichtigkeitserklärungen von Satzungen im Städtebaurecht durch die Gerichte haben im Vergleich zur Vergangenheit ein ungewöhnliches M a ß angenommen. Diese Entwicklung hat zu einem wesentlichen Teil darin ihre Ursache, daß die Gerichte zunehmend an das Planverfahren sowie an die Erläuterungsberichte und Begründungen zu den Bauleitplänen Anforderungen stellen, die Bauleitpläne, die vor diesen gerichtlichen Grundsatzentscheidungen aufgestellt worden sind, nicht erfüllen. Mit der Novelle 1976 sind erste Schritte getan worden, dieser Entwicklung im Rahmen der rechtsstaatlichen Grundsätze entgegenzuwirken. Der E soll in dieser Hinsicht die Bestandskraft von F I N P l ä n e n , BebPlänen und anderen Satzungen erweitern. Unverzichtbaren rechtsstaatlichen Anforderungen muß aber weiterhin voll Rechnung getragen werden; die vorgesehene Erweiterung des § 155 a hält sich in diesen Grenzen . . . " 3. D i e B R e g . räumt in der Allgemeinen Begründung ein, daß „auch weitere Teile des B B a u G novellierungsbedürftig" sind. Dabei wird darauf verwiesen, daß der „Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zwei Sachverständigengremien eingesetzt hat, die sich mit Problemen der Änderung des Bodenverkehrsrechts sowie des Bodenordnungsrechts befassen. Die Beratungen in diesen Gremien sind noch nicht abgeschlossen. Ziel der Arbeiten in diesen Gremien ist es, das Bodenverkehrsrecht und das Bodenordnungsrecht praktikabler auszugestalten. Zum Erschließungsrecht liegt bereits ein Bericht der Arbeitsgruppe Erschließungsbeitragsrecht beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vor, der Vorschläge für eine Novellierung des Sechsten Teils des Bundesbaugesetzes enthält. D e r Meinungsbildungsprozeß zwischen den Beteiligten über den grundsätzlich einzuschlagenden Weg ist zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Die erarbeiteten Lösungen werfen nämlich grundsätzliche Fragen auf und bedürfen, auch wenn die Wahl a u f eine bestimmte Lösung fallen sollte, in wesentlichen Punkten der weiteren Prüfung. Die Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Bundesbaugesetzes in den genannten Bereichen ist, insbesondere aus den letztgenannten Gründen, in dieser Legislaturperiode nicht vorgesehen."
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Einführung Weitere Novellierungsschritte wolle man erst angehen, wenn die Novelle 1976 voll in die Praxis eingeführt sei. Diese Novelle hatte umfangreiche und weitreichende Änderungen gebracht, die erfahrungsgemäß einer Einführungs- und Einarbeitungszeit bedürfen. Die Einführung mache „gute Fortschritte, könne aber noch nicht als abgeschlossen angesehen werden". Ganz so optimistisch wird wegen der Unübersichtlichkeit, die das Gesetz durch Änderungen und Erweiterungen erfahren hat und die zu Mammutparagraphen geführt haben, die „Fortführung der Einführung" von der Praxis nicht gesehen. Die Vielzahl der unbestimmten Gesetzesbegriffe, die das Gesetz von Anfang an und jetzt noch mehr „auszeichnet", hat auch eine vielfältige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgelöst, der der Gesetzgeber wohl oder übel entweder folgt oder sie durch Änderung der Vorschriften (teils zur Klarstellung) überläuft. Einige grundsätzliche Entscheidungen, wie zum Abwägungsgebot sind allerdings Marksteine geworden und geblieben. 4. Besondere Schwierigkeiten machen seit eh und je die Vorschriften über das Bauen in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen (§ 34) und im Außenbereich (§ 35). Die bis zur Novelle 1976 sehr starren Vorschriften haben Gegendruck ausgelöst, mit dem die BReg. und die BT-Mehrheit fertig zu werden trachten. Es heißt in der Allgemeinen Begründung zur Novelle 1979 (aaO) hierzu: . . . „Auf Schwierigkeiten in der Verwaltung, die sich grundsätzlich aus jeder Gesetzesänderung ergeben können, sollte nicht sogleich mit dem Ruf nach dem Gesetzgeber reagiert werden. Dies gilt auch für die Vorschriften über das Bauen in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen und im Außenbereich (§§ 34 und 35 BBauG). Wie bereits in der Vergangenheit haben sich auch nach ihrer Änderung durch die Novelle 1976 gewisse Schwierigkeiten ergeben, die zum wesentlichen Teil auf die Fassungen der §§ 34 und 35 vor der Novelle 1976 zurückgehen. Nach Auffassung der BReg. ist noch nicht abschließend geklärt, ob sich die Probleme aus dem Gestzesvollzug oder einer unzureichenden Gesetzesfassung ergeben. Der von der Fraktion der C D U / C S U im Deutschen Bundestag eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des BBauG vom 4. 7. 1978 (BT-DS 8/1970), mit dem Änderungen der §§ 34 und 35 angestrebt werden, macht aber deutlich, daß es sich zum Teil auch um Sachprobleme handelt, die rechtliche Erweiterungen des Bauens im Außenbereich zum Gegenstand haben. Insbesondere erfordern die Auswirkungen materiell-rechtliche Erweiterungen für das Bauen im Außenbereich gründliche Prüfungen, so daß sich die Bundesregierung zur Zeit nicht in der Lage sieht, Vorschläge zur Änderung der §§ 34 und 35 vorzulegen. Erfahrungsgemäß führen Änderungen der genannten Vorschriften zu schwierigen und langwierigen Beratungen im Gesetzgebungsverfahren. Die nunmehr vorgelegte Novelle muß aber aus den mit ihr verfolgten Zielsetzungen möglichst zügig behandelt werden. Die Bundesregierung ist aber bemüht, zu den aufgetretenen Problemen eine Klärung herbeizuführen und hat hierzu geeignete Schritte eingeleitet. So haben die Länder auf Initiative und unter Mitwirkung des Bundesbauministeriums den kurz nach Inkrafttreten der ersten Novelle erstellten Mustererlaß zum Bundesbaugesetz im Hinblick auf die in der Zwischenzeit aufgetretenen Probleme überarbeitet und erweitert. Dabei sind auch Fragen aufgegriffen worden, die die von der C D U / C S U vorgeschlagenen Änderungen der §§ 34 und 35 betreffen. Äuf der Konferenz der für das Bauwesen zuständigen Minister (Senatoren) der Länder am 30. Juni 1978 ist der geänderte Erlaß beraten und zur Einführung empfohlen worden. Die Erfahrungen aufgrund des geänderten Erlasses sollten zunächst abgewartet werden, bevor eine neue Novellierung der §§ 34 und 35 in Angriff genommen wird . . . " Ungeachtet dessen gelang es BR und Opposition im BT über den Vermittlungsausschuß zwei wichtige Ergänzungen der §§ 34 und 35 — gleichsam vorweg — ins Gesetz unterzubringen. In Erweiterung der Festlegung von Abrundungsgebieten nach Abs. 2 (Novelle 1976) können nach § 34 dem neuen Abs. 2 a dieser Bestimmung nun auch „hi-
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Einführung storisch entstandene" Streu- und „Bandbebauungs-Gebiete" unter bestimmten Voraussetzungen satzungsgemäß zu „im Zusammenhang bebauten Ortsteilen" erklärt werden. Die Erweiterung des § 35 in Abs. 5 läßt Erweiterungen von „zulässig errichteten" Wohngebäuden und gewerblichen Betrieben im Außenbereich unter bestimmten Voraussetzungen zu. Damit wurde dem Anliegen des BR (BR-DS 446/78) und der Opposition (BT-DS 8/1970) fast voll Rechnung getragen. 5. Ansonsten konnte sich der BR auch mit einer Reihe anderer Vorschläge ganz oder zumindest teilweise durchsetzen. Im einzelnen handelt es sich um Vorschläge zu folgenden Bestimmungen: § 8 Abs. 4 Satz 2 (Parallelverfahren) § 12 (Inkrafttreten des BebPI.), für künftiges Gesetzgebungsverfahren vorgesehen § 20 Abs. 2 Satz 2 (Versagungsgründe) § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (Befreiungstatbestände) § 33 Abs. 2 (künftige Festsetzungen eines BebPI.) § 34 Abs. 2 a s. o. Nr. 4 § 35 Abs. 5 s. o. Nr. 4 § 77 Abs. 1 Nr. 1 (Besitzeinweisung) § 116 Abs. 1, § 164, §§ 183 ff. (Überleitungsvorschriften) mit Abmaß und Einfügung des § 183 g auf Gegenvorschlag der BReg. § 125 Abs. 1 a (Herstellung der Erschließungsanlagen) Die Vorschläge des BR hatten keinen Erfolg bzgl. der §§ 2 a Abs. 7, 20 Abs. 2, 137, 155 a. Bei der letzteren Vorschrift erfolgte dann schließlich eine Aufgliederung in § 155 a, § 155b und § 155c. 6. Das Gesetz, an dem als federführender Ausschuß der BT-Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und schließlich auch der Rechtsausschuß beratend und vorschlagend mitwirkten, erging am 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949). Es trat am 1. August 1979 in Kraft. Die Übergangsvorschriften enthalten die neugeschaffenen §§ 183, 183 a, 183 b, 183 c, 183 d, 183 e, 183 f und 183 g (siehe die Erläuterungen an Ort und Stelle).
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ERSTER TEIL
Bauleitplanung Vorbemerkung 1. Grundsätze der Regelung der Bauleitplanung im BBauG Wichtigster Grundsatz des BBauG ist die Zuweisung der Bauleitplanung an die Gemeinde (vgl. Erläuterung Nr. 2 bei § 2). Ihr obliegt die Ausarbeitung und Aufstellung der Bauleitpläne; nur wenn sie wegen unzureichender personeller oder sachlicher Ausstattung nicht in der Lage ist, Bauleitpläne selbst auszuarbeiten, kann sie sich insoweit der von der Landesregierung bestimmten Stellen bedienen (vgl. § 2 Abs. 3 und die Erläuterung dort). Als weiterer wichtiger Punkt ist hervorzuheben: Das Planungssystem kennt ungeachtet mancher Forderungen aus der Praxis („Städtebaulicher Rahmenplan" als Zwischenstufe) nur zwei Arten von Bauleitplänen, den Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan, FINP1.) und den Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan, BebPl.). Die Vielfalt der in den Ländern früher gebräuchlichen Bezeichnungen (z. B. Generalbebauungsplan, Generalbaulinienplan, Wirtschaftsplan, Aufbauplan, Ortsbauplan, Siedlungs- und Wegeplan u. dgl.) hat das BBauG beseitigt. Allerdings hat dem Drängen der Praxis zum Teil nachgebend der Gesetzgeber in der Novelle von 1976 die „Entwicklungsplanung" als städteplanerisches Vorinstrument gleichsam de facto in § 1 Abs. 5 hingenommen. 2. Systematik des Ersten Teils zunächst unter Berücksichtigung der Novelle von 1976 Die Bauleitplanung, ein technisch-juristischer Ausdruck des BBauG, wird im § 1 des Gesetzes im einzelnen umschrieben (siehe dort). Mit ihr beschäftigt sich der Erste Teil des BBauG in seinen drei Abschnitten — „Allgemeine Vorschriften", „Vorbereitender Bauleitplan (Flächennutzungsplan)", „Verbindlicher Bauleitplan (Bebauungsplan)", — und auch der Zweite Teil, weil dieser die Sicherung der Bauleitplanung behandelt. Der Erste Teil regelt im gesamten gesehen bundeseinheitlich das Planungsrecht unter Beachtung der Grenzen, die das Grundgesetz gezogen hat. Es ist die Absicht des Gesetzgebers gewesen (vgl. BT-DS III 336 RegE Begr., B, S. 59, 1. Spalte unten), daß in diesem Teil „das Planungsrecht unter Berücksichtigung neuer städtebaulicher Erkenntnisse umfassend, systematisch und bundeseinheitlich so geregelt" wird, „daß die Anforderungen des neuzeitlichen Städtebaues durchgesetzt werden können. 3. Änderungen des Ersten Teils durch die Novelle vom 6. Juli 1979 Das Gesetz zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht vom 6.7.1979 (BGBl. I S. 949) = 1. Beschleunigungsnovelle 1979 hat den Ersten Teil des BBauG in den §§2 Abs. 5 Satz 2 a neu Abs. 7, 6 Abs. 3, 8 Abs. 2 Satz 3, neu Abs. 3 und 4, 9 (redaktionell), 13, 15 (redaktionell), 19 und 20 insgesamt, 21 Abs. 1 und 2 vornehmlich redaktionell, Abs. 3 und 23 (redaktionell) geändert bzw. ergänzt. Bezüglich der einzelnen Änderungen und der Motivierung siehe in der allgemeinen Einführung unter Nr. 1 u. 2 und bei den einzelnen Bestimmungen. Hier seien vier wichtige und einschneidende Änderungen erwähnt: vereinfachte Änderung und Ergänzung des BebPlans (§ 2 a Abs. 7 und § 13), sowie des F1NP1. (§ 6 Abs. 3), die Parallelaufstellung von BebPl. und F1NP1. (§ 8 Abs. 3 und 4) und der Wegfall der Auflassungsgenehmigung (§ 19). 7
Vor § 1 4 4. Einfluß des Städtebauförderungsgesetzes Das StBauFG vom 27. Juli 1971 i. d. Neufassung vom 18. 8. 1976, geändert durch Gesetz v. 6. 7. 1979 (BGBl. I S. 949) bezieht sich in seinen §§ 10 und 67 ausdrücklich auf § 1, und zwar dessen Abs. 5. Es stellt vor allem eine wichtige Ergänzung des BBauG, insbesondere seiner Vorschriften über die Bauleitplanung dar (siehe Band II mit Kommentierung). Darüber hinaus beeinflußt dieses Gesetz in starkem Maße Raumordnung und Landesplanung (siehe ebenfalls Band II des Kommentars).
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§1
1. Abschnitt. A l l g e m e i n e Vorschriften
ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Vorschriften §1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung (1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzes vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). (3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. (4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen. (5) Ist eine von der Gemeinde beschlossene Entwicklungsplanung vorhanden, so sind deren Ergebnisse, soweit sie städtebaulich von Bedeutung sind, bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen. Wird eine Entwicklungsplanung geändert, so soll die Gemeinde prüfen, ob und inwieweit Auswirkungen für Bauleitpläne in Betracht kommen. Weicht die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bauleitplans von einer Entwicklungsplanung ab, so hat sie die Gründe dafür in dem Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplans oder in der Begründung des Bebauungsplans darzulegen. (6) Die Bauleitpläne sollen eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen — die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, — die Wohnbedürfnisse, bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen, — die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, — die Belange von Personen, die nach ihren persönlichen Lebensumständen besonderer Hilfen und Einrichtungen bedürfen, insbesondere die Belange geistig und körperlich Behinderter sowie alter Menschen, — die Belange des Bildungswesens, — die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, — die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung, — die natürlichen Gegebenheiten sowie die Entwicklung der Landschaft und die Landschaft als Erholungsraum, — die erhaltenswerten Ortsteile, Bauten, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung, 9
1. Teil. Bauleitplanung
§11
— — — —
die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbilds, die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes, die Belange des Umweltschutzes, die Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere des Bodens einschließlich mineralischer Rohstoffvorkommen, des Wassers, des Klimas und der Luft, — die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, — die Belange von Sport, Freizeit und Erholung, — die Belange der Wirtschaft, der Energie-, Wärme- und Wasserversorgung sowie der Land- und Forstwirtschaft, — die Belange des Verkehrs einschließlich einer mit der angestrebten Entwicklung abgestimmten Verkehrsbedienung durch den öffentlichen Personennahverkehr, — die Belange der Jugendförderung. Land- oder forstwirtschaftlich oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen und in Anspruch genommen werden. (7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Übersicht 1. Vorbemerkung a) Änderungen durch die Novelle 1976 b) Ziel der Änderung c) Bedeutung der Gemeinde 2. Begriff und Aufgabe der Bauleitplanung (Abs. 1) a) Allgemeines b) Bauliche Nutzung 3. Aufgabe der Bauleitplanung 4. Arten der Bauleitpläne (Abs. 2) 5. Zeitpunkt der Aufstellung von Bauleitplänen (Abs. 3) 6. Erfordernisse der Bauleitpläne (Abs. 4 bis 7)
a) b) c) d)
Allgemeines (Abs. 4) Entwicklungsplanung (Abs. 5) Überleitungsvorschriften Katalog der zu berücksichtigenden Belange und Bedürfnisse (Abs. 6) e) Abwägung der Belange (Abs. 7) 0 Prüfung durch die höhere Verwaltungsbehörde 7. Bezugnahmen des StBauFG auf § 1 8. Rechtsprechung A. BVerwG und BGH B. OVG, VGH und andere Gerichte
1. Vorbemerkung a) § 1 erfuhr durch die Novelle 1976 Veränderungen in den Abs. 3 ff. und eine Erweiterung um zwei Absätze. Im Rahmen der Beratungen sollte von § 1 ein § la abgespalten werden, doch verblieb es bei der erheblichen Umgestaltung des § 1 mit neuer Überschrift „Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung" gegenüber der früheren Überschrift „Zweck und Arten der 10
§12 Bauleitplanung". Im besonderen war im federführenden (15.) Ausschuß den Bedenken des BR, den Ergebnissen der Planspiele und den öffentlichen Anhörungen Rechnung getragen worden, daß das Institut der städtebaulichen Entwicklungsplanung nicht eine dritte Planungsstufe gegenüber den beiden Bauleitplänen (FINP1. und BebPl.) darstellen kann. Abs. 5 stellt die Kompromißlösung dar (s. u.), zumal die Koalitionsregierung es nicht auf die Überprüfung der Meinung des BR ankommen lassen wollte, daß für eine gesetzliche Fixierung des Begriffs „umfassende Entwicklungsplanung der Gemeinde" die von Art. 74 Nr. 18 begrenzte Gesetzgebungskompetenz des Bundes fehle. Von seiten der Praktiker war die Befürchtung geäußert worden, daß sich „die städtebauliche Entwicklungsplanung" als dritte Planungsebene unterhalb der „umfassenden Entwicklungsplanung" und oberhalb der herkömmlichen Bauleitplanung herausbilden und damit die an sich schon zwei verbundene Vorgänge bis zur Unanfechtbarkeit eines Bauleitplanes noch mehr in die Länge ziehen könnte. b) Die Änderung, die der RegE zum Ziel hatte, war nach der Amtl. Begr. (DS 7/2496) folgende: Die Grundsätze der Bauleitplanung, in den früheren Abs. 4 und 5 niedergelegt, seien unvollständig und wiesen systematische Mängel auf; sie brächten auch die veränderte Aufgabenstellung des Städtebaues nicht ausreichend zum Ausdruck und hätten zu mancherlei Zweifelsfragen Anlaß gegeben. c) Die Novelle 1976 hat die Einfügung „in der Gemeinde" in § 1 Abs. 1 gebracht (ähnlich Abs. 3). Damit wollte der Gesetzgeber bereits am Anfang den Hinweis geben, daß die Bauleitplanung Sache der untersten öffentlichrechtlichen Gemeinschaft ist. In § 2 Abs. 1 wird diese Verpflichtung im Näheren umschrieben (siehe dort). 2. Begriff und Aufgabe der Bauleitplanung (Abs. 1) a) Wie sich aus den Abs. 1 und durch die Gemeinde ergibt, ist unter „Bauleitplanung" im Sinn des BBauG nur die städtebauliche Planung und nicht die weitergehende Landesplanung oder die Raumordnung zu verstehen; in Abs. 1 heißt es, daß „die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke nach Maßgabe dieses Gesetzes durch Bauleitpläne vorzubereiten und zu leiten " ist; Abs. 4 enthält die Vorschrift, daß die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen sind. Die städtebauliche Planung umfaßt — in Übereinstimmung mit der allgemein gebräuchlichen Auslegung dieses Begriffs auch durch die Bauplaner — nicht nur die bauliche Planung der Städte, sondern auch diejenige auf dem Lande, da der Begriff „Gemeinde" ein allgemeiner ist. Die Raumordnung und die Landesplanung werden von eigenen Gesetzen erfaßt (Raumordnungsgesetz und Übersicht über die Landesplanungsgesetze siehe Bd. II). Bezüglich dieser Begriffe, zu denen noch die Regionalplanung zu zählen ist, siehe vor § 1 Nr. 3. 11
§1 4 Von der Bauleitplanung zu unterscheiden ist das Bauordnungsrecht (früher „Baupolizeirecht" genannt), das entsprechend dem Gutachten des BVerfG vom 16. Juni 1954 (BVerfGE 3, 407) nicht von der in Art. 74 Nr. 18 G G begründeten Bundeszuständigkeit erfaßt wird. b) Unter „baulicher Nutzung" ist die Ausnützung von Grundstücken zum Zweck der Bebauung zu verstehen, wobei es nicht darauf ankommt, ob das Bauvorhaben nach den Bauordnungsvorschriften der Länder genehmigungspflichtig ist. Unter „sonstiger Nutzung" ist die Benützung eines Grundstücks für nichtbauliche, doch städteplanerische Zwecke zu verstehen, wie z. B. für Verkehrszwecke (einschließlich Anlagen des ruhenden Verkehrs wie Parkflächen) und für Erholungszwecke.
3. Aufgabe der Bauleitplanung (Abs. 1) Da nach Abs. 1 nicht allein die bauliche, sondern auch die sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten ist, ist der Umfang der Bauleitplanung im Rahmen der städtebaulichen Planung umfassend (vgl. Abs. 6 Anm. 6). Die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung auf Bundesebene war ein besonderes Anliegen des BBauG in der Erstfassung; in § 1 Abs. 1 war noch das Wort „ordnen" enthalten. Dies geschah auch durch die Außerkraftsetzung der Länderaufbaugesetze (§ 186 Abs. 1 — siehe dort); denn mit seinem Inkrafttreten wurde die Vielzahl der in den Ländern vorher gebräuchlichen Arten von Plänen beseitigt.
4. Arten der Bauleitpläne (Abs. 2) Vorbereitung und Leitung im Sinn des Abs. 1 erfolgt — von der Entwicklungsplanung (Abs. 5 s. u.) abgesehen — durch die Bauleitpläne. Nach dem Gesetz gibt es zwei Arten von Bauleitplänen: den vorbereitenden Bauleitplan, den Flächennutzungsplan (FINP1.) und den verbindlichen Bauleitplan, den Bebauungsplan — BebPl. (Abs. 2). Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß sich die Bauleitplanung grundsätzlich (vgl. jedoch § 2 Abs. 2) in zwei Stufen vollzieht. Die früheren Aufbaugesetze der Länder kannten bereits eine Abstufung. Bei der Beratung der Erstfassung des Gesetzes war als Zwischenstufe der Gesamtaufbauplan ins Gespräch gekommen; er wurde noch zu den vorbereitenden Bauleitplänen gerechnet. Der seinerzeit federführende BT-Ausschuß für Wohnungswesen Bau- und Bodenrecht (24. Ausschuß) strich nach Anhörung von Sachverständigen den Gesamtaufbauplan als in der Bauleitplanung nicht notwendig aus dem RegE. Über die beiden Arten der Bauleitpläne, insbesondere über ihre Rechtsnatur, wird bei den Erläuterungen zum Zweiten und Dritten Abschnitt ausführlich zu sprechen sein. 12
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§16
5. Zeitpunkt der Aufstellung von Bauleitplänen (Abs. 3) Abs.3 entspricht dem früheren Wortlaut eines Teils des Abs. 1 von Abs. 2. In Vorwegnahme der Zuständigkeitsregelung des § 2 wird bereits hier davon ausgegangen, daß die Bauleitplanung eine Angelegenheit der Gemeinde ist. Die Bestimmung in Abs. 3, daß die Bauleitpläne aufzustellen sind, „sobald es erforderlich ist", besagt weder, welcher Maßstab für dieses Erfordernis anzulegen ist, noch ausdrücklich, welche Stelle darüber zu entscheiden hat, ob und wann dieser Zeitpunkt eingetreten ist. Diese Fassung war bereits im RegE zur Erstfassung enthalten und war damit begründet, „daß nicht unnötige und undurchführbare Pläne aufgestellt werden" sollen. Wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, der die Aufstellung von Bauleitplänen erforderlich macht, ist im Einzelfall zu entscheiden, und zwar nach dem Grundgedanken des Abs. 3 zunächst von der Gemeinde selbst. Die Aufsichtsbehörde der Gemeinde ist jedoch berechtigt, im Rahmen ihrer Verpflichtung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu überwachen, die Gemeinde aufsichtlich anzuhalten, Bauleitpläne aufzustellen, wenn das Erfordernis hierzu objektiv gegeben ist. Die Gemeinde hingegen, die glaubt, zu Unrecht von der Rechtsaufsichtsbehörde zur Aufstellung von Bauleitplänen angehalten und damit in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt zu sein, kann den Verwaltungsrechtsweg beschreiten (§ 40 Abs. 1 VwGO). Die im RegE zur Erstfassung enthaltenen Bestimmungen über das Recht der Aufsichtsbehörde auf Ersatzvornahme wurden durch den damals zuständigen 24. Ausschuß gestrichen, vor allem, weil „das Kommunalverfassungsrecht der Länder Vorschriften über eine Ersatzvornahme im Rahmen der Kommunalaufsicht enthält". Richtschnur für die Bemessung des Zeitpunktes für die Erstellung des Plans ist der Fortschritt der städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde, wobei wohnungspolitische, verkehrsmäßige und Versorgungs-Probleme von besonderer Bedeutung sein werden. Die Notwendigkeit, Bauleitpläne aufzustellen, kann sich z. B. auch für eine kleinere Gemeinde ergeben, die durch irgendwelche Umstände, wie Lage in der Nähe einer Industriestadt, ohne Ordnung ihrer weiteren Entwicklung nicht mehr auskommt. 6. Erfordernisse der Bauleitpläne (Abs. 4 bis 7) a) Die Erfordernisse der Bauleitpläne sind in den Absätzen 4 bis 7 aufgeführt. In erheblicher Erweiterung des RegE wurde auf Vorschlag des 15. Bundestagsausschusses Abs. 5 stark erweitert. In Abs. 4 wird vor allem die Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, also an die überörtlichen Planungen, aufgeführt. Durch die Fassung des Abs. 4 „sind anzupassen", wird herausgestellt, daß es sich um keine Soll-, sondern um eine Mußvorschrift handelt. Ob es sich bei dieser Vorschrift — in der Erstfassung war die gleiche Bestimmung in Abs. 3 enthalten — lediglich um einen Programmsatz handelt, war lange bestritten (vgl. Schrödter §1 RdNr. 7; Zinkahn-Bielenberg § 1 13
§16
1. Teil. Bauleitplanung
Anm. IV 3b; Schütz-Frohberg, § 1 Anm. 4a). Insbesondere wurden auch Bedenken geltend gemacht, ob die Gemeinden hier in ihrer Eigenschaft als Normensetzungsorgane an nicht als Rechtsvorschriften erlassene Raumordnungsrichtlinien der Länder gebunden werden können. Dieses Argument führte auch die BReg in der DS 5/1204 zum Raumordnungsgesetz an, wenn sie sich gegen die Beibehaltung des Länderabkommens über die Raumplanung wandte und ein Raumordnungsgesetz des Bundes forderte. Da alle Länder Landesplanungsgesetze erlassen haben und die hchstr. Rspr. sich geäußert hat (s. Nr. 8 A 3 und 10), dürfte das Problem im wesentlichen gelöst sein; denn die vorhandenen Landesplanungsgesetze dienen auch den Zielen der Raumordnung. Längst ist auch das Raumordnungsgesetz ergangen (siehe Bd. II des Kommentars). Soweit die Raumordnung über die Grenzen von Ländern hinausgreift, konnte jedes Land die im Verwaltungsabkommen mit dem Bund gebilligten Maßnahmen in sein Gesetz übernehmen. Die Landesplanungsgesetze (LP1G) berücksichtigen jedenfalls § 1 Abs. 4 (alt 3) BBauG (vgl. §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 2, 16 Abs. 1 LP1G Baden-Württemberg, Art. 12 LP1G Bayern, § 18 des LP1G Nordrhein-Westfalen, § 5 LP1G Schleswig-Holstein, § 17 des nieders. LP1G, § 13 Abs. 2 des saarländischen und § 20 des rheinl.-pfälz. LP1G). b) Entwicklungsplanung (Abs. 5) Der federführende Ausschuß erweiterte den im Halbsatz 2 des Abs. 4 enthaltenen verhältnismäßig kurzen Hinweis in zwei Absätze. Der Ausschuß ging dabei von der Existenz einer gemeindlichen Entwicklungsplanung aus und wollte sich daraus ergebende Rechtsfolgen regeln. Ein eigener Absatz (4a) sollte eine Legaldefinition des Begriffs geben. Im Unterschied zur Reg.Vorlage ging die Definition des Ausschusses nicht mehr von einem selbständigen Institut einer städtebaulichen Entwicklungsplanung aus (BT-DS 7/4793, S. 25) — der E der BReg. wollte „die städtebauliche Entwicklungsplanung der Gemeinde" erstmals in den hierfür allein vorgesehenen neuen § 1 aufgenommen wissen —, sondern wollte nur die tatsächlich geübte Praxis einer gemeindlichen Entwicklungsplanung als Rahmenplanung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets „beschreiben". Der BR wandte sich gegen eine Legaldefinition, zu der nach seiner Meinung die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fehle. Sei aber ein Sachbereich der Gesetzgebung des Bundes nicht zugänglich, wie es die Entwicklungsplanung im Gegensatz zur Bodenordnung (Art.74 Nr. 18 GG) sei, so dürfe der Bund auch keine Bestimmung treffen, den Sachbereich inhaltlich oder begrifflich zu bestimmen (BT-DS 7/5059, S. 1). Nach Meinung des BR sei der Begriff „Entwicklungsplanung der Gemeinde" in Wissenschaft und Praxis bisher nicht hinreichend konkretisiert. Eine Übernahme dieses Begriffs durch den dafür ausschließlich zuständigen Landesgesetzgeber könne erst erfolgen, wenn Inhalt und Funktion des Begriffs geklärt sind. Die Einführung jeder zusätzli14
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chen in ihrem Inhalt und Wirkungsgrad noch nicht hinreichend bestimmten Planung würde das bisher schon schwerfällige Verfahren der Bauleitplanung in unerträglicher Weise belasten. Der BR wandte sich gegen die vom federführenden Ausschuß vorgeschlagene Regelung auch deshalb, weil diese freiwillige Aufgabe der Gemeinde auch die Entscheidung freigeben müsse, in welcher Weise sich die Entwicklungsplanung auf die Bauleitplanung auswirken solle. Eine Verbindlichkeit mußte auch deshalb entfallen, weil keine Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange und keine Beteiligung von Bürgern und auch keine Genehmigungsvorlage an die höhere Verwaltungsbehörde vorgesehen und rechtlich zulässig sei. Die durch den Vermittlungsausschuß erarbeitete endgültige Fassung trug den Einwendungen insoweit Rechnung, als die Legaldefinition (Abs. 4a des E) gänzlich unterblieb. Diese in der Praxis hie und da geübte Entwicklungsplanung, hervorgegangen aus der „Auffangplanung", will dem Umstand Rechnung tragen, „daß die städtebauliche Planung als Instrument einer übergeordneten, alle gemeindlichen Aktivitäten integrierenden Stadt(Gemeinde-)Entwicklungsplanung zu deuten ist und in diese eingeordnet werden muß" (BT-DS 7/2496 B zu Art. 1 Nr. 1 u. 2). Nunmehr besagt der inhaltliche Teil (Abs. 5) entsprechend dem Vorschlag des 15. Ausschusses, daß ausgehend von der Existenz einer Entwicklungsplanung in verschiedenen (meist größeren) Gemeinden über mögliche Rechtsfolgen Aussagen erfolgen. Zum einen wird vorgeschrieben, daß, sofern die Gemeinde einen Entwicklungsplan beschlossen hat, die städtebaulich relevanten Ergebnisse bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen sind. Weiter ist vorgesehen, daß die Gemeinde die eventuellen Auswirkungen von Änderungen des Entwicklungsplans auf die Bauleitplanung prüfen soll und die Gründe für Abweichungen von dem Entwicklungsplan bei der Bauleitplanung in dem Erläuterungsbericht zum FINPlan bzw. in der Begründung des BebPlans darzulegen hat. c) Die Überleitungsvorschriften (Art. 3 der Novelle 1976) sehen vor, daß die Vorschriften über die Entwicklungsplanung (Abs. 5 Satz 2 bis 4) keine Anwendung auf diejenigen Bauleitpläne finden, deren Aufstellung die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung die Gemeinde vor Inkrafttreten der Novelle, also vor dem 1. 1.1977 beschlossen hat oder wenn die Gemeinde zwar einen gesonderten Beschluß über die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des BebPlans nicht gefaßt, aber vor dem 1.1. 1977 mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 2 Abs. 5) in der alten Fassung begonnen hat. d) Katalog der zu berücksichtigenden Belange und Bedürfnisse (Abs. 6) Der umfangreiche Katalog des Abs. 6 enthält nur eine beispielhafte und keine ausschließliche Aufstellung, wobei „die Reihenfolge keine Rangfolge 15
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bedeutet" (BT-DS 7/4793 S. 25). Gegenüber dem Katalog in der Erstfassung des Gesetzes (alter Absatz 5) bedeutet die Neufassung eine erhebliche Erweiterung. Unter den übernommenen Belangen befinden sich auch die der Kirchen. Hier wurde im Ausschuß die Auffassung vertreten, daß keine Verschlechterung gegenüber vorher eintreten soll. Es sollte dabei verbleiben, „daß die Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts selbst die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge bestimmen; im Rahmen der Abwägung ist dann zu entscheiden, wo diesen Erfordernissen im Plangebiet Rechnung getragen werden kann, wobei die besondere Bedeutung der kirchlichen Belange zu berücksichtigen ist". Insoweit soll auch Art. 140 G G Rechnung getragen werden. Neu aufgenommen wurden in den Katalog 1976 die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, sowie deren soziale und kulturelle Befugnisse, ferner die Belange der Hilfsbedürftigen und alter Menschen, insbesondere der Behinderten, die Belange des Bildungswesens, die erhaltenswerten Ortsteile, Bauten, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung, die Belange des Schutzes der Zivilbevölkerung und des Umweltschutzes sowie die Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere des Bodens einschließlich mineralischer Rohstoffvorkommen, des Wassers, des Klimas und der Luft. Die „Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse", wie sie seit 1976 mit Inhalt des Abs. 6 sind, haben bisher nur wenig die höchstrichterliche Rspr. beschäftigt (siehe 8 A 10 g = BVwG U v. 5. 7. 1976 und bei § 34 Rspr. Nr. A 18 = BVerwG U v. 3. 3. 1972). Bzgl. der Ausdeutung des Begriffs siehe Erläuterung Nr. 2 d bei § 34. Daß die Belange der Behinderten und der alten Menschen, des Umweltschutzes und der Ökologie in den Katalog mit aufgenommen worden sind, entspricht den zwischenzeitlichen modernen Erkenntnissen über die Bedeutung dieser Belange für das Wohl der Allgemeinheit. Da die genannten Anforderungen und Belange nach dem Gesetzeswortlaut bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen sind, kann im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens (§ 47 VwGO) eine Mißachtung auch nur eines Umstandes, wenn dieser von ausschlaggebender Wichtigkeit ist, zur Ungültigkeitserklärung eines BebPlans führen. Im Hinblick auf die Inanspruchnahme landwirtschaftlichen Bodens im Zuge der Erweiterung der Städte wurde als letzter Satz dem Abs. 6 noch die Sollvorschrift angefügt, daß landwirtschaftlich genutzte Flächen nur im notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen und in Anspruch genommen werden. e) Abwägung der Belange (Abs. 7) Der Abwägungsbegriff spielt in der höchstrichterlichen Rspr. eine gewichtige Rolle (siehe Rspr. Nr. 8 A 3 = BVerwG U v. 12. 12. 1969; Nr. 8 A 8 = 16
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BVerwG U. v. 14. 3. 1973; Nr. 8 A 10 = BVerwG 11 v. 5. 7. 1974; Nr. 8 A 11 = BVerwG U v. 1. 11. 1974; Nr. 8 A 13 = BVerwG U v. 14. 3. 1975; 8 A 14 = BGH U v. 12. 6. 1975, wobei der BGH im U v. 28. 5. 1976 = Rspr. 8 A 15 unter Aufgabe der Rspr. v. 12. 6.1975 dem BVerwG folgt). Jedenfalls hat sich herauskristallisiert, daß den öffentlichen Belangen nicht von vornherein ein Vorrang gegenüber den privaten Belangen eingeräumt werden muß, da es „gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange" im Gesetz heißt. Nach der nun übereinstimmenden Rechtsprechung des BGH und des BVerwG (vgl. BVerwGE 34, 301; 45, 309) stellen die in § 1 Abs. 4 Satz 1 und 3 sowie Abs. 5 BBauG a. F. enthaltenen „Leitsätze" unbestimmte Rechtsgriffe dar, die sowohl in ihrer Auslegung als auch in ihrer Anwendung der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Durch die Novelle 1976 sind die bisherigen Absätze 4 und 5 des § 1 BBauG, die das Abwägungsgebot betrafen, geändert worden. Das Gebot, bei der Aufstellung von BebPlänen die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, ist nunmehr im Abs. 7 enthalten, während Abs. 6 zahlreiche öffentliche Belange anführt, die bedacht werden sollen (siehe unten). Für die richterliche Nachprüfung hat sich aber dadurch im Grundsatz nichts geändert; auch die Belange des Abs. 6 sind als „unbestimmte Rechtsbegriffe" einzustufen. Die Frage, ob das jeweilige Planungsergebnis Ausdruck einer gerechten Abwägung" (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG a. F., nun Abs. 7) der zu beachtenden Interessen ist, der richterlichen Überprüfung nur beschränkt zugänglich. Ein auch von den Baulandgerichten zu beachtender Planungsmangel liegt danach nur vor, wenn eine sachgerechte Abwägung der berührten Interessen überhaupt nicht stattgefunden hat (sog. Abwägungsausfall, vgl. Hoppe, BauR 1970, 15, 17), wenn eine Abwägung zwar stattgefunden hat, in die Abwägung aber an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt hätte werden müssen (sog. Abwägungsdefizit, vgl. Hoppe aaO), wenn die Bedeutung der betroffenen (öffentlichen oder privaten) Belange verkannt worden ist (sog. Abwägungsfehleinschätzungen, vgl. Hoppe a. a. O.) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (sog. Abwägungsdisproportionalität, vgl. Hoppe a. a. O.). Das Abwägungsgebot ergibt sich unabhängig von einer gesetzlichen Normierung aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung (siehe BVerwG U vom 30. 4. 1969 - IV C 6.68 - , in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 12; U vom 11. 10. 1968 - IV C 55.66 - , in Buchholz 442.40 § 40 LuftVG Nr. 1; U vom 20. 10. 1972, DVB1. 1972, 43 = BVerwGE 41, 67; U vom 14. 2. 1975 - IV C 21/74 - , DVB1. 1975, 713 = BVerwGE 48, 63). Das BVerwG hat in verschiedenen Urteilen Zug um Zug den Planungsvorgang analysiert (Elemente: das von der Gestaltungsfreiheit bestimmte Erkennen, Werten und Bewerten sowie das Wollen; Planen als Vorgang und Planen als Produkt. Zu letzterem 17
1. Teil. Bauleitplanung
siehe BVerwG U vom 8.9.1972 - IV C 17.71 - DVB1. 1972, 35 = BVerwGE 40, 328; U vom 20. 10. 1972 - IV C 14.71 - , DVB1. 1972 43 = BVerwGE 41, 71; U vom 11. 5.1973 - IV C 39.70 - , in: Buchholz 406.11 DVB1. 1974, mit § 173 BBauG Nr. 12 S. 9; U vom 22. 2. 1974 - IV C 6.73 A n m , Hoppe = BauR 1974, 184 ff.; U vom 5.7. 1974 VC 50.72 - DVB1. 1974, 767. In dem zuletzt genannten Urteil auch zur zweifachen Ausrichtung des Abwägungsgebots auf Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis; zu ersterem siehe U vom 12. 12. 1969 - BVerwG IV C 105.66 - , DVB1. 1970, 414 = BVerwGE 34, 301; weitergeführt vor allem in den Urteilen vom 5. 7. 1974 - BVerwG IV C 50.72 - , DVB1. 1974, 767 = BVerwGE 45, 309). In der Literatur spielt die Ermittlung des Abwägungsmaterials" eine gewichtige Rolle (s. u. a. Hoppe in DVB1. 1977, 136). Das BVerwG hat dies schlicht als Rechtsanwendung bezeichnet. Die klassisch gewordene Abwägungslehre enthält das U des BVerwG v. 12.12. 1969 (Rspr. 8 A 3). Private Belange i. S. der Vorschrift sind nach der in diesem Urteil vertretenen Auffassung alle Interessen, die sich aus Eigentum, insbes. aus seiner Nutzung herleiten lassen; die Anforderungen, die an öffentliche und private Belange gestellt werden müssen, sind abhängig von dem Gewicht des privaten Interesses, das den Feststellungen des BebPl. entgegensteht. Schon in einer frühen Entscheidung (Nr. 8 B 1, Urteil v. 14. 3. 1963) sagt der Bad.-Wttb. VGH, daß die gerechte Abwägung davon ausgehen müsse, daß jeder Grundstückseigentümer ein erhebliches Interesse daran hat, durch die Bebauungsplanfestsetzung nicht mehr als unbedingt notwendig beeinträchtigt zu werden. Der Planung muß als Leitbild eine möglichst gleichmäßige Belastung zugrunde liegen, die allerdings aus übergeordneten planerischen Gründen nicht immer erreicht wird. f) Die in Abs. 4, 5, 6 und 7 enthaltenen Erfordernisse bestimmen den Rahmen, innerhalb dessen die höhere Verwaltungsbehörde (vgl. § 2 Abs. 6 Satz 5, § 6, § 11) vor Erteilung der Genehmigung die notwendigen Prüfungen anzustellen hat,. Die in den Abs. 6 und 7 verwendeten Begriffe „Anforderungen", „Bedürfnisse" und Belange stellen unbestimmte, verwaltungsrichterlich voll nachprüfbare Rechtsbegriffe dar. 7. Bezugnahmen des StBauFG auf § 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 StBauFG verweist ausdrücklich auf § 1 Abs. 5. Siehe hierzu und zu den anderen Bezugnahmen des StBauFG auf das BBauG in Band II. 8. Rechtsprechung A. BVerwG und BGH 1. BVerwG U vom 29. 8. 1961 (BVerwG I C 36.60) DVB1. 1962, 223 = BBauBl. 1962, 129 = VerwRspr. 14 S. 841 = NJW 1962, 507; vgl. auch bei § 34 Nr. 6 A 1 18
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§18
Bei der Lenkung der Bebauung in nicht verplanten Gebieten sind die Ziele zu wahren, die § 1 Abs. 4 (alt, jetzt mit erweitertem Inhalt Abs. 6) BBauG der Bauleitplanung setzt. In den Gründen der Entscheidung wirft das BVerwG auch die Frage auf — ohne sie zu entscheiden — ob dieser Bestimmung nachbarschützender Charakter zukommt, d. h. ob dem Nachbarn aus Verletzung der Grundsätze dieser Bestimmung ein selbständiger Klageanspruch vor den Verwaltungsgerichten wegen der Erteilung einer Baugenehmigung zukommt. 2. BVerwG U v o m 30. 4. 1969 (IV C 6.68) NJW 1969, 1868 = DVB1. 1969, 697 = BayVBl. 1969, 389 = D Ö V 1970, 64 = BBaubl. 1970, 229 a) Das Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 4 Satz 2*) BBauG), ergibt sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein. b) Die Enteignungsgrundsätze — so u. a. der Grundsatz, daß eine Enteignung nur als letztes Mittel zulässig ist — sind auf die der förmlichen Enteignung vorangehende Planung nicht anwendbar. 3. BVerwG U vom 12. 12. 1969 (IV C 105.66) DVB1. 1970, 414 = D Ö V 1970, 277 = BBauBl. 1971, 178 a) Die Genehmigung eines BebPl. ist ebenso wie die Genehmigungsversagung ein Verwaltungsakt. b) Zum Zusammenhang zwischen Planung und Planungsermessen. c) Zur Bedeutung von § 1 Abs. 4 und 5**) als Schranke des Planungsermessens. Aus den Gründen: Im Unterschied zur Auslegung und Anwendung der Planungsleitsätze ist die Frage, ob der jeweiligen Planung eine gerechte Interessenabwägung zugrunde liegt, der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde und die Verwaltungsgerichte nicht uneingeschränkt zugänglich. 4. BVerwG B vom 5. 5. 1970 (IV B 158.69) D Ö V 1971, 241 = NJW 1970, 1939 Eine Verletzung des § 1 Abs. 4*) BBauG kann der Eigentümer eines Grundstücks, das durch die Planung nicht betroffen ist, grundsätzlich nicht geltend machen. 5. BVerwG U vom 16. 4. 1971 (IV C 66.67) DVB1. 1971, 746 = D Ö V 1971, 639 = JZ 1971, 726 a) Zur Zulässigkeit vorbeugender Unterlassungsklagen eines Grundstückseigentümers gegen erwartete Baugenehmigungen zugunsten von Nachbarn. b) Ein im Außenbereich privilegiert Ansässiger (Unternehmer nach §§ 16 ff. GewO) kann sich gegen [an Nachbarn erteilte] Wohnbaugenehmigungen wenden, die auf Grund eines — von ihm u. a. wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 und 5**) BBauG für nichtig gehaltenen — BebPl. erteilt worden sind (im Anschluß an U vom 21. 10. 1968, IV C 13.68, DVB1. 1969, 263).
*) jetzt Abs. 6 **) jetzt Abs. 6 und 7 19
§18
1. Teil. Bauleitplanung
c) Bei der Abwägung nach § 1 Abs. 4 und 5*) BBauG kann auch das Bedürfnis des Inhabers eines Gewerbebetriebes nach Betriebsausweitung zu berücksichtigen sein. d) Zur Frage, ob ein BebPl. der dem § 1 Abs. 4 und 5*) BBauG entspricht, gleichwohl gegenüber einem Eigentümer, dessen Grundstück nicht im Plangebiet liegt, sondern diesem lediglich benachbart ist, enteignend wirken kann.
6. BVerwG U vom 20. 10. 1972 (IV C 14.71) BBauBl. 1973, 493 = M D R 1973, 252 = DVB1. 1973, 42, 1974, 526
a) Eine rechtsstaatliche Planung setzt unabhängig von § 1 Abs. 2 Satz 2**) BBauG eine gerechte Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange voraus (im Anschluß an das U vom 30. 4. 1969***). b) Vorschriften und Pläne sind durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG nur insoweit „als BebPläne" übergeleitet worden, als sie einen Inhalt hatten, der auch rechtmäßiger Inhalt eines zu dieser Zeit erlassenen Bebauungsplanes hätte sein können.
7. BVerwG U vom 16. 2. 1973 (IV C 66.69) DÖV 1973, 712 = BauR 1973, 16 Die nicht näher konkretisierende Festsetzung einer „Öffentlichen Grünfläche" im BebPl. gestattet nicht die Einrichtung eines Kinderspielplatzes. (Siehe aber nach dem Stand v. 1. 1. 1977 § 9 Abs. 1).
8. BVerwG U vom 14. 3. 1973 (IV C 44.72) BauR 4/75, 253
a) Das aus dem Rechtsstaatsgrundsatz folgende Abwägungsgebot wird nicht dadurch verletzt, daß dem Erlaß eines Planes — entsprechend dem dafür geltenden (früheren) Verfahrensrecht — eine förmliche Auslegung nicht vorangegangen ist. b) In (übergeleiteten) BebPlänen können Gebiete durch Festsetzungen ausgewiesen werden, die in ihren Rechtsfolgen der gesetzlichen Regelung über den Außenbereich mehr oder weniger gleichen, sofern diese Möglichkeit nicht als Bauverbot mißbraucht wird. c) Die eigentumskräftige Verfestigung des Anspruchs auf die Gestattung einer bestimmten Bebauung kann nicht eintreten, solange die erforderliche Erschließung nicht vorhanden oder doch gesichert ist. Dies gilt auch dann, wenn die Erschließung lediglich untergeordnete Mängel aufweist.
9. BVerwG U vom 22. 2. 1974 (IV C 6.73) BayVBl. 1974, 345 = DÖV 1974, 561 = DVB1. 1974, 636 = NJW 1974, 1010 = BauR 1974, 187
FINPle. treten aus Anlaß kommunaler Gebietsänderungen nicht schon dann außer Kraft, wenn sie infolge der Gebietsänderung nicht mehr „für das ganze Gemeindegebiet" gelten (§ 5 Abs. 1 BBauG). Ein Außerkrafttreten ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn und soweit eine Darstellung durch die Gebietsänderung in einer Weise erschüttert wird, die sie als unter den veränderten Umständen nicht mehr brauchbar oder als Interessenabwägung nicht mehr vertretbar erscheinen läßt.
10. BVerwG U vom 5. 7. 1974 (IV C 50.72) BayVBl. 1974, 705 = DVB1. 1974, 767 = BauR 1974, 311 *) jetzt Abs. 6 **) jetzt Abs. 7 ***) BBauBl. 1970, 229 = BauR 1970, 35
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1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§18
a) Zum Verfahren einer baurechtlichen Nachbarklage brauchen Dritte, die durch die erteilte Genehmigung ebenfalls in ihren Rechten verletzt sein können, nicht notwendig beigeladen zu werden. b) § 1 Abs. 1 BBauG ist verletzt, wenn und soweit dem Inhalt eines Bauleitplanes unabhängig von aller Abwägung der von ihm berührten Belange von vornherein kein mit der Ordnung der städtebaulichen Entwicklung zusammenhängendes öffentliches Interesse zugrunde liegt (im Anschluß an das Urteil vom 12. 12. 1969 — IV C 105.66 — BVerwGE 34, 301*)). c) Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 4 Satz 2**) BBauG betrifft mit seinen Anforderungen sowohl den Abwägungsvorgang als auch das Abwägungsergebnis. d) Eine Abwägung, die deshalb unvollständig ist, weil ihr planerische, sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bindend auswirkende Festlegungen vorangegangen sind, entspricht grundsätzlich nicht dem § 1 Abs. 4 Satz 2**) BBauG. Ein auf diese Weise entstehendes Abwägungsdefizit kann allerdings unter Umständen dadurch ausgeglichen werden, daß die Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt war, bei der Vorwegnahme die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gewahrt wurde und die vorweggenommene Entscheidung auch inhaltlich nicht zu beanstanden ist. Das erfordert unter anderem, daß die vorweggenommene Entscheidung ihrerseits dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 4 Satz 2**) BBauG genügt. e) Die inhaltliche Bestimmung und Anwendung der in § 1 Abs. 4 Satz 1 und 3**) sowie Abs. 5 BBauG**) enthaltenen Begriffe in der gerichtlichen Kontrolle uneingeschränkt unterworfen (im Anschluß an das Urteil vom 12. 12. 1969 — IV C 105.66 — (BVerwGE 34, 301*)). f) Die Abwägung der von einem Bauleitplan berührten Belange besteht im wesentlichen darin, diese Belange in ihrem Verhältnis zueinander zu gewichten. Diese Gewichtung ist grundsätzlich Ausdruck der planerischen Gestaltungsfreiheit und fehlerhaft erst dann, wenn im Abwägungsvorgang oder im Abwägungsergebnis einer der Belange in einer Weise berücksichtigt wird, die zu seiner objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht (im Anschluß an das Urteil vom 12. 12. 1969 — IV C 105.66 — BVerwGE 34, 301*)). g) Industriegebiete und zum Wohnen bestimmte Gebiete sollen nach Möglichkeit räumlich angemessen voneinander getrennt werden. h) Ein schwerer Eingriff ist im Sinne des Urteils vom 13. 6. 1969 — IV C 234.65 — (BVerwGE 32, 173***)) nur dann nicht unerträglich, wenn er sich ungeachtet seiner Schwere im Rahmen der Sozialgebundenheit des Eigentums hält. i) Die Begründung des Planentwurfes (§ 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG) hat grundsätzlich eine andere Funktion als die Begründung des BebPl. (§ 9 BBauG). Sie kann jedoch unter Umständen gleichwohl dann als Planbegründung übernommen werden, wenn sie geeignet ist, deren Aufgabe einer Rechtfertigung der wesentlichen Aussagen des Planes zu erfüllen.
11. BVerwG U vom 1. 11. 1974 (IV C 38.71) DVB1. 13, 492
a) Eine straßenrechtliche Widmung darf im räumlichen Geltungsbereich eines Beb PI. nur in inhaltlicher Übereinstimmung mit seinen Festsetzungen verfügt werden; dies folgt nicht aus § 125 BBauG, sondern aus der rechtssatzmäßigen Verbindlichkeit des BebPl.
*) = BayVBl. 1970, 180 **) = jetzt Abs. 7 ***) = BayVBl. 1969, 390 21
§18
1. Teil. Bauleitplanung
b) Bei der Abwägung der von einem Beb PI. berührten Belange nach § 1 Abs. 4 und 5*) BBauG ist in den öffentlichen Belangen nicht von vornherein ein Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Belangen eingeräumt. c) Die „Schutzgüter", die bei der Abwägung nach § 1 Abs. 4 und 5*) BBauG berücksichtigt werden müssen, gehen über das hinaus, was der durch Art. 14 Abs. 1 G G gewährleistete Eigentumsschutz an Berücksichtigung fordert, umfassen ihn aber auch selbst (im Anschluß an das Urteil vom 16. 4. 1971 — IV C 66.67 —). d) Ein BebPlan darf nicht ohne jede Gewährleistung einer Entschädigung für bestimmte Grundstücke eine Nutzungsweise festsetzen, deren damit zugelassene Emission andere Grundstücke derart treffen, daß die dort zulässige Nutzung schwer und unerträglich behindert wird. e) Durch einen dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 4 Satz 2**) BBauG entsprechenden BebPl. werden im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt; ihm gegenüber muß daher die Berufung auf die Eigentumsgewährleistung versagen.
12. BGH U vom 30. 1. 1975 (III ZR 18/72) DVB1. 1976, 173
a) Ein BebPl., der die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks deshalb beschränkt, weil auch auf dem benachbarten Grundstück eine sinnvolle Bebauung ermöglicht werden soll, kann entsprechender Natur sein, wenn bei der Abwägung der berührten privaten Belange der nachbarrechtliche Besitzstand unberücksichtigt geblieben ist. b) (Nichtamtl. Leitsatz). Zur Frage, ob eine Gemeinde für eine durch die Ratsmitglieder verschuldete fehlerhafte Bauleitplanung nach den Grundsätzen über die Amtshaftung schadensersatzpflichtig sein kann.
13. BVerwG U vom 14. 3.1975 (IV C 44.72) BauR 4/75, 253 = DÖV 1975, 720
a) Das aus dem Rechtsstaatsgrundsatz folgende Abwägungsgebot wird nicht dadurch verletzt, daß dem Erlaß eines Planes — entsprechend dem dafür geltenden (früheren) Verfahrensrecht — eine förmliche Auslegung nicht vorangegangen ist. b) In (übergeleiteten) BebPl. können Gebiete durch Festsetzungen ausgewiesen werden, die in ihren Rechtsfolgen der gesetzlichen Regelung über den Außenbereich mehr oder weniger gleichen, sofern diese Möglichkeit nicht als Bauverbot mißbraucht wird. c) Die eigentumskräftige Verfestigung des Anspruchs auf die Gestattung einer bestimmten Bebauung kann nicht eintreten, solange die erforderliche Erschließung nicht vorhanden oder doch gesichert ist. Dies gilt auch dann, wenn die Erschließung lediglich untergeordnete Mängel aufweist.
14. BGH U vom 28. 5. 1976 (III ZR 137/74) NJW 1976, S. 1745 = BayVBl. 1977, 91
Ein BebPl. kann von den Baulandgerichten darauf geprüft werden, ob die Planer bei der in § 1 Abs. 4, Satz 2**) BBauG vorgeschriebenen Abwägung den zu beachtenden öffentlichen und privaten Belangen das ihnen zukommende Gewicht beigemessen haben und ob wirklich ein „Abwägungsvorgang" stattgefunden hat (Abweichung von der bisherigen Rspr. des Senats).
*) jetzt Abs. 6 **) jetzt Abs. 7 22
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§18
15. BVerwG U vom 10. 9.1976 (IV C 39.74) BVerwGE 51,121 = BayVBl. 1977, 279
a) Die Zulässigkeit einer Veränderungssperre setzt nicht voraus, daß schon der ihr zugrunde liegende Beschluß, einen BebPl. aufzustellen, über den Inhalt der angestrebten Planung Aufschluß gibt. Eine Veränderungssperre ist allerdings unzulässig, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. b) Eine Veränderungssperre begegnet nicht schon deshalb Bedenken, weil sie nur für wenige Grundstücke oder gar für nur ein einziges Grundstück erlassen wurde. c) Eine Veränderungssperre ist nicht deshalb unwirksam, weil die durch sie gesicherte Planung auf gesamtstädtische oder überörtliche Gesichtspunkte zurückgeht, solange nur in einer insbesondere mit § 1 BBauG übereinstimmenden Weise gesichert ist, daß die Planung die Zulässigkeit der baulichen oder sonstigen Nutzung in dem von ihr erfaßten Gebiet regeln soll. d) Die Verlängerung und die Erneuerung einer Veränderungssperre schließen sich als Möglichkeiten nicht gegenseitig aus. e) Die Erneuerung einer Veränderungssperre ist vom Ablauf des dritten (Sperr-) Jahres an nur unter „besonderen Umständen" zulässig. 0 Besondere Umstände, die eine zweite Verlängerung der Veränderungssperre oder eine das dritte (Sperr-)Jahr überschreitende Erneuerung der Veränderungssperre gestatten, liegen nur vor, wenn die Verzögerung des Planverfahrens durch eine ungewöhnliche Sachlage verursacht worden ist und der Gemeinde im Zusammenhang damit nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden kann. g) Eine der Veränderungssperre vorangegangene förmliche oder faktische Zurückstellung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BBauG nur demjenigen gutzubringen, zu dessen Lasten sie erfolgt ist.
16. BVerwG U vom 29. 7. 1977 (IV C 51.75) BauR 1977, 394
a) Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist kein Raum, soweit der Betroffene zumutbarerweise auf den von der VwGO als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. b) Einem vorbeugenden Rechtsschutz stehen nicht deshalb schlechthin durchgreifende prozessuale Hindernisse entgegen, weil er sich gegen eine Maßnahme der (kommunalen) Rechtsetzung — hier gegen den Erlaß eines BebPl. — richtet. c) Zur Frage, ob eine Gemeinde die Bekanntmachung der Genehmigung eines Bebauungsplanes unterlassen darf, wenn sie mittlerweile von der Rechtswidrigkeit der Planung überzeugt ist oder aus anderen Gründen des Planverfahren nicht mehr fortsetzen möchte. d) Aus § 1 Abs. 4 und 5 BBauG 1960 lassen sich keine subjektiven öffentlichen Rechte auf angemessene Abwägung bestimmter Belange ableiten; auch das Gebot, Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln, begründet zugunsten Dritter keine subjektiven öffentlichen Rechte. e) Bundesverfassungsrechtlich gibt es kein „Umweltgrundrecht", das subjektivrechtlich einen weitergehenden Schutz verleiht als es die Art. 2 ff. G G zugunsten jeweils bestimmter Schutzgüter tun. f) Die satzungsgemäße Aufgabe eines Vereins, für den Landschafts- und Naturschutz einzutreten, wird nicht in einer zur Gewährung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes führenden Weise dadurch berührt, daß ein bestimmtes Waldstück beseitigt und das Gelände künftig einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden soll. g) Auf Art. 2 Abs. 1 G G läßt sich eine sog. Nachbarklage grundsätzlich nicht stützen. 23
1. Teil. Bauleitplanung
17. BGH U v. 16. 3. 1978 (II ZR 145/75) BBauBl. 1978, 452
a) Bei der Planung eines öffentlichen Parkplatzes, der unmittelbar neben einem reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) entstehen soll, ist die besondere Schutzwürdigkeit dieses Gebiets zu beachten. b) Bei der Abwägung der berührten Belange hat die planende Behörde darauf Bedacht zu nehmen, daß dem Gemeinbedarf zu widmende Flächen nur dann auf privaten Grundstücken ausgewiesen werden, wenn für diesen Zweck geeignete Grundstücke der öffentlichen Hand nicht zur Verfügung stehen.
18. BVerwG U v. 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DÖV 1979. 214 = BauR 1979, 449
a) Ein BebPl. ist im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem F1NP1. entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen Flächennutzungsplans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPl. festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. Bad.-Württb. VGH B vom 14. 3. 1963 (I 54/63) DÖV 1963, 760
Zur gerechten Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2*) BBauG.
2. Bad.-Württb. VGH B vom 22. 7. 1966 (I 131/65) DVB1. 1967, 385 = ESVGH 17, 101 = BBauBl. 1967, 444
a) Die Übereinstimmung eines BebPl. mit dem in § 1 Abs. 4 S. 2 BBauG enthaltenen Abwägungsgebot unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. b) Zur Auslegung der Begriffe „öffentliche und private Belange" im Sinne des § 1 Abs. 4 S. 2*) BBauG (vgl. hierzu oben Erläut. 6e). c) Das Gewicht, das dem den Festsetzungen eines BebPl. entgegenstehenden privaten Interesse objektiv zukommt, ist entscheidend für die Anforderungen, die an die Bedeutung der für die Festsetzungen in Betracht kommenden öffentlichen und privaten Belange gestellt werden müssen."
3. OVG Lüneburg U vom 8. 9. 1966 (I A 341/65) DVB1. 1967, 391
Zur Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an die Planungsgrundsätze des § 1 Abs. 4 und 5*) BBauG: Wohnbedürfnisse der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung, Bedürfnisse des Verkehrs. Das OVG Lüneburg sagt in dieser Entscheidung: Die Absätze 4 und 5*) des § 1 sind zwar verhältnismäßig unbestimmt gehalten; sie sind gleichwohl verbindlich und nicht nur Programmsätze, die nicht erzwungen wer-
*) jetzt Abs. 7 24
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften den können. Eine Siedlung, die neben den vorhandenen 10 Häusel» nur 15 bis 17 weitere Häuser umfassen soll und dann insgesamt nur etwa 100 Einwohner hat, entspricht nicht den Wohnbedürfnissen der landwirtschaftlichen Bevölkerung, weil sie keine Einrichtungen tragen kann, die der moderne Mensch für sein Leben braucht.
4. HessVGH U vom 6. 10. 1967 (OS IV 91/66) DÖV 1969, 146 = DVB1. 1969, 410 Die in § 1 Abs. 5**) BBauG aufgestellten Grundsätze sind verbindlich und verpflichten die Gemeinden unmittelbar. Die Belange des Landschaftsschutzes und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes sind daher unabhängig von dem Bestand einer Landschaftschutzverordnung zu berücksichtigen. 5. O V G Münster U v o m 25. 1. 1968 (X A 1 2 2 / 6 7 ) DVB1. 1968, 529 Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein BebPl. ungültig ist, weil sein örtlicher Geltungsbereich nur wenige Grundstücke und vorwiegend ein Grundstück umfaßt.
6. Bad.-Württ. VGH B vom 12. 11. 1968 (II 703/67) BRS 20, 4 = (für a:) ESVGH 19, 227 = BBauBl. 1970, 127 a) Für BebPl.-Änderungen ist ein F1NP1. jedenfalls dann nicht Voraussetzung, wenn weder der Änderungsbereich über die Grenzen des BebPl. hinausgreift, noch die Änderung nach Gewicht und Inhalt die Grundzüge der Bodennutzung im Gemeindegebiet betrifft. b) Die gerichtliche Prüfung der Erforderlichkeit eines BebPl. richtet sich darauf, ob sich die städtebauliche Entwicklung im Planungsbereich anders nicht befriedigend hätte ordnen lassen. c) Eine Planänderung kann zulässig lediglich zwei noch unbebaute Parzellen eines Planungsbereichs erfassen. d) Eine Gemeinde ist befugt, aus Gründen der Gestaltung des Ortsbildes an Höhe und Baumasse sich hervorhebende Gebäude zuzulassen, sofern sie bei der Planaufstellung bzw. Planänderung ihre öffentlichen Belange gegenüber den privaten Belangen der Grundstückseigentümer der Umgebung und gegenüber den Belangen der begünstigten Bauherrn gerecht abgewogen hat. (Nr. b—d nichtamtl. Leitsätze).
7. OVG Lüneburg U vom 24. 4. 1969 (I A 88/68) DÖV 1970, 756 = ZMR 1970, 86 = BBauBl. 1971, 81 = RuS 1969, 233
Ein BebPl., der allein darauf ausgeht, die vorhandene Bebauung vor Änderungen zu bewahren, verstößt gegen das Abwägungsgebot, soweit er eine bauliche Änderung — hier Wohnungserweiterung — ausschließt, ohne das öffentliche Interesse für eine Begrenzung der überbaubaren Grundstücksfläche an dieser Stelle sprechen.
8. Bad.-Württ. VGH B vom 30. 7. 1969 (II 189/68) DÖV 1970, 755
a) Die Frage, ob eine BebPl. erforderlich ist, muß allein im Blick auf den Zweck des Gesetzes, die Baulandbeschaffung im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu fördern, beantwortet werden. Dem Umstand, daß die Aufstellung des BebPl. von einem nicht unerheblichen Teil der betroffenen Grundeigentümer abgelehnt wird, kommt hierbei keine entscheidende Bedeutung zu. Insbesondere steht die Eigentumsgarantie nicht entgegen. 25
§18
1. Teil. Bauleitplanung
b) Wenn sich eine Baulanderschließung als erforderlich im Sinne des Gesetzes erweist, kann sie nicht mit dem Argument bekämpft werden, man sei an Bauland nicht interessiert oder man werde mit unzumutbaren finanziellen Verpflichtungen belastet.
9. Bad.-Württ. VGH B vom 29.10.1969 (II 313/68) BBauBl. 1971, 379
a) Zur Frage, wann ein BebPl. erforderlich ist. b) Zur Frage des „Maßnahmegesetzes" oder „Einzelfallgesetzes" bei BebPl.Änderungen. (Fortführung von BBauBl. 1970, 127 [128]). c) Zur Abwägung der öffentlichen Belange, die für die Ausweisung eines Altenund Altenpflegeheims sprechen, mit den privaten Belangen der Grundstückseigentümer in angrenzenden Wohngebieten. Inhalt: Ein Beb PI. ist erforderlich, wenn sich die städtebauliche Entwicklung im Plangebiet anders nicht befriedigend ordnen läßt, weil das bisher örtliche Baurecht weder die jetzt vorgesehene bauliche Nutzung zugelassen hätte, noch etwa hierfür überbaubare Flächen und äußere Gestaltung geregelt wären. d) Der BebPl. oder seine Änderung kann sich auf ein einzelnes Grundstück beschränken, wenn er ein mit § 1 BBauG vereinbartes Planungsziel verfolgt (BVerwG in DÖV 1969, 644).
10. BayVGH B vom 30. 1. 1970 (Nr. 33 I 69) DÖV 1970, 756 = BayVBl. 1970, 182
Es bestehen keine Bedenken dagegen, auch ein größeres Gelände für ein Hallenund Freibad bebauungsplanmäßig als Sondergebiet nach § 11 Abs. 1 BauNVO auszuweisen, obwohl diese Anlagen auch in einem der nach §§ 2 bis 10 BauNVO vorgesehenen regulären Baugebiete zulässig sind.
11. OVG Lüneburg U vom 17.11. 1970 (I OVG A 97/69) DVB1.1971, 322
a) Der Beschluß einer Gemeinde über die Aufstellung eines F1NP1. und dessen Genehmigung sind integrierende Bestandteile des einheitlichen Planaufstellungsverfahrens und können von dritter Seite nicht zum Gegenstand selbständiger Nichtigkeitsfeststellungs- oder Anfechtungsklagen gemacht werden. b) Die rechtlichen Beziehungen, die sich aus dem F1NP1. ergeben, können Rechtsverhältnisse begründen, die bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses Gegenstand einer Feststellungsklage sein können. c) Eine zwischengemeindliche Nachbarklage ist nur begründet, wenn die Planungshoheit der Nachbargemeinde verletzt ist.
12. HessVGH B vom 3. 3. 1971 (IV N 2/70) DÖV 1971, 714
a) Unter Nachteil i. S. v. § 47 S. 2 VwGO wird die Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen verstanden (im Anschluß an den Beschl. v. 27. 1. 1970, IV N 4/68, NJW 1970, 1619). b) Die in § 1 Abs. 4*) BBauG normierten Pflichten der Gemeinde begründen kein rechtlich geschütztes Interesse Dritter. c) Die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie umfaßt nicht den Schutz des Grundeigentums dagegen, daß durch die Bauplanung die Nutzbarkeit anderer Grundstücke geändert wird.
13. OVG Lüneburg B vom 14. 9. 1971 (I C 1/70) BauR 1972, 228
Das Abwägungsgebot der Bauleitplanung braucht nicht verletzt zu sein, wenn ein BebPl. neben einem Bereich von Reihenhäusern ein Grundstück für ein siebengeschossiges Altenwohnheim festsetzt. 26
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
14. OVG Münster U vom 12. 4. 1972 (VII A 844/71) DVB1. 1972, 687
a) Die Bauleitplanung ist fehlerhaft, wenn im Zeitpunkt der Planaufstellung wegen vorangegangener Maßnahmen des Rates und der Verwaltung eine Abwägung der planungsrelevanten Kriterien gegeneinander und untereinander nicht mehr für möglich befunden wird. b) Der Grundsatz, daß Wohn- und Industriegebiete nicht unmittelbar aneinandergrenzen sollen, enthält einen elementaren Grundgedanken der Bauleitplanung. Dieser Grundsatz schließt nicht aus, daß im begründeten Einzelfall anderen Belangen der Vorrang eingeräumt werden darf. Sprechen die Umstände des Einzelfalles zwingend für die Wahrung dieses Grundsatzes, ist dessen Zurückstellung hinter andere (möglicherweise auch wichtige, dann aber nicht mehr gleichgewichtige) Belange fehlerhaft mit der Folge der Unwirksamkeit des Bauleitplanes. c) Der aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G abgeleitete nachbarliche Abwehranspruch kann auch dann gegeben sein, wenn das Grundstück des Kl. im nichtbeplanten Innenbereich liegt und das beeinträchtigende Bauvorhaben im anschließenden Außenbereich ausgeführt werden soll. (Mit Anmerkung von David).
15. OVG Münster B vom 27. 4. 1972 (VII B 177/72) DÖV 1972, 831
a) Im Verfahren zur Aufstellung eines BebPl. kann das Abwägungsgebot verletzt sein, wenn zur Frage des notwendigen Abstandes zwischen einem vorgesehenen Wohngebiet und einem bestehenden Industriebereich die Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamtes übersehen worden ist. b) Eine Wohnbebauung, die sich zu nahe an einem vorhandenen emissionsstarken Industriebetrieb [hier: zur Weiterverarbeitung von Stahl und Eisen (Packbandherstellung)] anlehnt, widerspricht, wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, in der Regel der städtebaulichen Ordnung mit der Folge, daß entsprechende Festsetzungen eines Bebauungsplanes nichtig sind.
16.
Bad.-Württ.VGH B vom 4. 5. 1972 (II 199/72) DÖV 1972, 821
Die gerechte Abwägung einander widerstreitender öffentlicher und privater Belange gemäß § 1 Abs. 4 S. 2*) BBauG setzt voraus, daß die planende Gemeinde vor dem Satzungsbeschluß sämtliche Umstände ermittelt, die vernünftigerweise zu einer anderen Planung führen können.
17. Bad.-Württ.VGH B vom 9. 3. 1972 (II 307/69) BauR 1973, 29
Zur Abwägung privater Interessen (Verhinderung von Nachteilen durch Verkehr) gegen das öffentliche Interesse am Bau einer Hauptverkehrsstraße im innerstädtischen Bereich.
18. OVG Münster U vom 12. 4. 1972 (VII A 844/71) BBauBl. 1973, 490
a) Die Bauleitplanung ist fehlerhaft, wenn im Zeitpunkt der Planaufstellung wegen vorangegangener Maßnahmen des Rates und der Verwaltung eine Abwägung der planungsrelevanten Kriterien gegeneinander und untereinander nicht mehr für möglich befunden wird. b) Der Grundsatz, daß Wohn- und Industriegebiete nicht unmittelbar aneinandergrenzen sollen, enthält einen elementaren Grundgedanken der Bauleitplanung. Dieser Grundsatz schließt nicht aus, daß im begründeten Einzelfall anderen Belangen der Vorrang eingeräumt werden darf. *) jetzt Abs. 7 27
§18
1. Teil. Bauleitplanung
Sprechen die Umstände des Einzelfalles zwingend für die Wahrung dieses Grundsatzes, ist dessen Zurückstellung hinter andere (möglicherweise auch wichtige, dann aber nicht mehr gleichgewichtige) Belange fehlerhaft mit der Folge der Unwirksamkeit des Bauleitplanes. c) Der aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G abgeleitete nachbarliche Abwehranspruch kann auch dann gegeben sein, wenn das Grundstück des Klägers im nichtbeplanten Innenbereich liegt und das beeinträchtigende Bauvorhaben im anschließenden Außenbereich ausgeführt werden soll.
19. Bad.-Württ.VGH B vom 9. 6. 1972 (II 84/71) BauR 1973, 31
a) Zur Abwägung privater Interessen (Schutz vor gewerblichem Lastkraftwagenverkehr) gegen das private Interesse, den gewerblichen Verkehr für einen Betrieb durch ein allgemeines Wohngebiet zu leiten. b) Aus dem Abwägungsgebot kann sich die Verpflichtung ergeben, den Anschluß eines Grundstücks an die Verkehrsfläche einzuschränken.
20. Bad.-Württ.VGH B vom 8. 11. 1972 (II 906/70) BauR 1973, 173
Die Ausweisung eines Mischgebietes und damit die Zulassung einer Wohnbebauung in der Nähe eines Gewerbebetriebes kann mit den bauplanungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ein und auch dem Abwägungsgebot entsprechen.
21. BayVGH U vom 28. 2. 1973 (Nr. 163 II 67) BayVBl. 1973, 323
a) Das am 11.6. 1972 in Kraft getretene Abfallbeseitigungsgesetz — AbfG — vom 7. 6.1972 (BGBl. I S. 873) berührt nicht die Anwendbarkeit des Bauordnungsrechts der Länder und der planungsrechtlichen Bestimmungen des BBauG vor Aufstellung eines verbindlichen Abfallbeseitigungsplans gemäß § 6 AbfG. b) Da in Bayern ein solcher Plan bisher nicht aufgestellt worden ist, gelten für die Genehmigungs- wie die Beseitigungspflicht und die Zulässigkeit von Abstellplätzen für Autowracks nach wie vor die bisher einschlägigen Vorschriften der BayBO und des BBauG.
22. BayVGH, Normenkontroll-Beschluß vom 19. 4. 1974 (Nr. 199 I 73) BayVBl. 1974, 530
a) Zur Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an die Begründung eines BebPl. zu stellen sind. b) Zum Inhalt des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 4*) BBauG.
23. BayVGH B vom 19. 4. 1974 (Nr. 199 I 73) DVB1. 1975, 632 = BauR 1974, 324
a) Ein BebPl. ist ungültig, wenn sich aus der Begründung die wesentlichen planerischen Erwägungen nicht entnehmen lassen. b) Überholt durch Novelle 1976. c) Gesichtspunkte des Kostenaufwandes und des Zeitdrucks allein können für eine Abwägung der öffentlichen Belange nicht ausreichen.
24. Bad.-Württ.VGH B vom 27. 8. 1974 (if 1166/73) DVB1. 1975, 632 = BauR 1974, 391 = BWVPr. 1974, 273 *) jetzt Abs. 7 28
§2
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
Zur Bedeutung der Richtlinien über Schallschutz im Städtebau für die Frage der angemessenen Berücksichtigung der Gesundheit und der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei der Bauleitplanung. 25. O V G M ü n s t e r U v o m 8. 10. 1974 (X A 1 1 5 5 / 7 2 ) D Ö V 1975, 721 Zum Inhalt und Umfang der Planungshoheit der Gemeinde und zum Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG bei der Ausweisung eines reinen Wohngebietes mit etwa 20 Wohneinheiten im Innern eines nahezu vollständig bebauten Straßengevierts, wobei die Zuwegung über private Wohnwege erfolgen soll. 26. B a d . - W ü r t t . V G H B v o m 16. 10. 1974 ( I I 8 8 5 / 7 4 ) DVB1. 1975, 632 = B a u R 1975, 42 Die bauliche Nutzung muß grundsätzlich durch positive Bauleitpläne geregelt werden. 27. B a d . - W ü r t t . V G H B v o m 1 3 . 1 1 . 1 9 7 5 (II 6 5 0 / 7 5 ) B a u R 1976, 180 Der Umstand allein, daß für eine Straßenerweiterung auch gemeindeeigene Grundstücke in Betracht kommen, gebietet nicht, bei der Trassenplanung von der Inanspruchnahme in Privateigentum stehender Grundstücksflächen abzusehen. 28. O V G L ü n e b u r g B v o m 15. 3. 1978 (VI c 3 / 7 6 ) B a u R 1979, 215 Das Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn der Beschluß des BebPlanes die Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb durch Landabgabe für eine Straße in seiner Existenzfähigkeit getroffen wird, letztlich offenläßt und für den Konfliktsfall auf die — nicht überprüfte Möglichkeit — verweist, Ersatzland zu beschaffen. 29. O V G M ü n s t e r B v o m 25. 1. 1979 ( V I I I a N D 6 / 7 8 ) B a u R 1979, 208 a) Ein Antragsteller, der sich gegen bestimmte, auf der Grundlage eines BebPlanes zulässige Einzelmaßnahmen wendet, kann bei einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren auf den Rechtsschutz nach § 123 VwGO verwiesen werden, wenn im Hinblick darauf eine Aussetzung des Normvollzuges zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen nicht dringend geboten erscheint. b) Eine Gemeinde hat unmittelbar aus ihrer Planungshoheit, die auf die Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G zurückgeht, nicht nur Abwehrrechte gegenüber der Planung einer Nachbargemeinde, sondern auch gegenüber Baugenehmigungen für solche Bauvorhaben, die durch ihre überörtlichen Auswirkungen die Planungshoheit der Gemeinde in schwerwiegender Weise tangieren.
§2 Aufstellung
der Bauleitpläne
und Beteiligung
der Träger öffentlicher
Belange
(1) D i e Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. D i e Gemeinde hat den Beschluß, einen Bauleitplan aufzustellen, ortsüblich bekanntzumachen. 29
§2
1. Teil. Bauleitplanung
(2) Ein Flächennutzungsplan ist nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen. (3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung Stellen bestimmen, die verpflichtet sind, auf Antrag der Gemeinden Bauleitpläne auszuarbeiten. Das Recht der Gemeinden, andere fachlich geeignete Personen zu beauftragen, bleibt unberührt. (4) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sollen aufeinander abgestimmt werden. (5) Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sollen die Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind, möglichst frühzeitig beteiligt werden. In ihrer Stellungnahme haben sie der Gemeinde auch Aufschluß über von ihnen beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, die für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gebiets bedeutsam sein können. Die Gemeinde soll diesen Beteiligten für die Abgabe ihrer Stellungnahmen eine angemessene Frist setzen; äußern sie sich nicht fristgemäß, so kann die Gemeinde davon ausgehen, daß die von diesen Beteiligten wahrzunehmenden öffentlichen Belange durch den Bauleitplan nicht berührt werden. (6) Die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung. (7) Auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen besteht kein Anspruch. (8) Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über 1. Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen über a) die Art der baulichen Nutzung, b) das Maß der baulichen Nutzung und seine Berechnung, c) die Bauweise sowie die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen, d) die Mindestgröße der Baugrundstücke; 2. die in den Baugebieten zulässigen baulichen und sonstigen Anlagen; 3. die Zulässigkeit der Festsetzung nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 über verschiedenartige Baugebiete oder verschiedenartige in den Baugebieten zulässige bauliche und sonstige Anlagen; 4. die entsprechende Anwendung der Vorschriften, die aufgrund der in diesem Absatz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, soweit nicht bereits in § 34 eine Regelung getroffen ist; 5. die Ausarbeitung der Bauleitpläne einschließlich der dazugehörigen Unterlagen sowie über die Darstellung des Planinhalts, insbesondere über die dabei zu verwendenden Planzeichen und ihre Bedeutung.
30
§22
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften Übersicht 1. Vorbemerkung 2. Grundsätzliche Zuständigkeit der Gemeinde zur Aufstellung der Bauleitpläne (Abs. 1) a) Grundregelung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG b) Rechtspflicht der Gemeinde c) Regelung in den Stadtstaaten u. in ausmärk. Gebieten 3. Umfang der Bauleitplanung (Abs. 2) 4. Ansprüche wegen unterlassener Bauleitplanung? 5. Beauftragung von Stellen zur Aufstellung von Bauleitplänen (Abs. 3) 6. Abstimmung von Bauleitplänen (Abs. 4) 7. Beteiligung anderer Behörden und der Träger öffentlicher Belange (Abs. 5)
8. Gleiches Verfahren bei Änderung, Ergänzung und Aufhebung der Bauleitpläne (Abs. 6) 9. Ermächtigung für den zuständigen Bundesminister (Abs. 8) a) Allgemeines b) Baunutzungsverordnung (Nr. 1 und 2) c) Nr. 3 (Geschoßweise Festsetzung) d) Nr. 4 (Entsprechende Anwendung von Vorschriften) e) Nr. 5 (Planzeichenverordnung) 10. Uberleitungsvorschriften nach der Novelle 1979 (§ 183 Abs. 1) 11. Rechtsprechung A. BVerwG zu den Bauleitplänen vormaligen Rechts B. Höchstrichterliche Rspr. zum BBauG C. OVG, VGH und andere Gerichte
1. Vorbemerkung Im Hinblick auf die Änderung des § 1, der die Verpflichtung der Gemeinde in seinem Abs. 3 bereits normiert hat, erfuhr auch § 2 in seinen Absätzen 2 und 5 durch die Novelle 1976 Änderungen; die alten Absätze 6 und 8 wurden gestrichen. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurde gesetzlich in die Überschrift eingefügt, um deren Bedeutung gebührend herauszustellen. Im RegE war in einem Abs. 3 dieser Bestimmung die verstärkte Beteiligung der Bürger vorgesehen. Die Wichtigkeit dieser Beteiligung erschien dem BT-Ausschuß in seiner Gesamtheit so einschneidend, daß hierfür ein eigener § 2a geschaffen wurde (s. dort); damit entfielen auch die bisherigen Abs. 6 und 8, die die öffentliche Auslegung und die Einsehmöglichkeit beinhalteten. — Auf Anregung des BR erfolgte auch eine Vereinfachung geringfügiger Auswirkung in Abs. 5 (s. u.). Die in Abs. 8 aufgenommene Nr. 3 (2a E 76) folgt aus der nunmehr möglichen geschoßweisen Festsetzungsmöglichkeit nach § 9 Abs. 3. Die Änderung der Nr. 3 in Abs. 3 ergibt sich aus der erheblichen Umgestaltung des § 34, die der Klarstellung und der Stärkung der Planung innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile dient (s. dort). 2. Grundsätzliche Zuständigkeit der Gemeinde zur Aufstellung der Bauleitpläne (Abs. 1) a) Die bereits in § 1 Abs. 3 enthaltene und hier im einzelnen festgelegte Zuweisung der Aufstellung der Bauleitpläne in die Zuständigkeit der Gemeinden durch Abs. 1 trägt dem Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G und der Garantie 31
§22
l.Teil. Bauleitplanung
der kommunalen Selbstverwaltung in allen Verfassungen der Länder — [Bayern führt in Art. 83 Abs. 1 seiner Verfassung ausdrücklich die Ortsplanung als Gegenstand der gemeindlichen Selbstverwaltung auf] — Rechnung. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G besagt: „Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln."
Das Gesetz verstärkt diesen Auftrag durch den Zusatz „in eigener Verantwortung". Die Gemeinde ist Träger der Planungshoheit ihres Bereichs. Sobald die Notwendigkeit der Planung über den gemeindlichen Bereich hinausgreift, ergeben sich Überschneidungen, denen Abs. 4 und § 3 Rechnung tragen sollen. Einschränkungen dieses gemeindlichen Hoheitsrechts in Gestalt der Mitwirkung anderer Behörden, sei es durch Anhörung, Aufstellung von Richtlinien oder gar Genehmigung, finden sich in Abs. 5, Abs. 8 dieses Paragraphen, ferner in § 4 Abs. 3 und 6, § 6, § 9 Abs. 3, § 11, § 16 Abs. 1 Satz 2 und § 17 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3. Die bundesrechtliche Anerkennung der Planungshoheit der Gemeinde entspricht nicht nur dem schon in der Steinschen Städteverfassung niedergelegten Gedanken der selbstverantwortlichen Beteiligung der kleinsten Zelle des öffentlichen Gemeinwesens an den Aufgaben der Gemeinschaft, sondern auch den Erfordernissen der Praxis. Durch die städtebauliche Ordnung der Bodennutzung werden die strukturellen Grundlagen der Gemeinde berührt. Die aus der Art und Weise der Bebauung sich ergebenden wirtschaftlichen, versorgungs- und verkehrsmäßigen Folgen gehen zum größten Teil zu Lasten der Gemeinden. b) Die Bauleitplanung ist grundsätzlich eine Rechtspflicht der Gemeinde, auf die jedoch kein vom einzelnen einklagbarer Rechtsanspruch besteht, weil es sich um einen sog. Popularanspruch handeln würde. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist dagegen gehalten, darüber zu wachen, ob die Gemeinde ihrer Rechtspflicht nachkommt. Vgl. hierzu auch U des BGH v. 6. 6. 1968, III Z 32/68 (DVB1. 1969, 209), in dem ebenfalls ausgesprochen wird, daß die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Planungspflicht ausdrücklich im Wege der allgemeinen Kommunalaufsicht angehalten werden können (Nr. I I B Nr. 4). Die Rechtspflicht der Gemeinde tritt ein, „sobald und soweit die Aufstellung von Bauleitplänen erforderlich ist" (siehe bei § 1 Nr. 5b). c) Von den Stadtstaaten Berlin und Hamburg, in denen Gemeinde und Land rechtlich zusammenfallen, werden die Bauleitpläne in alleiniger Verantwortlichkeit aufgestellt, so daß die Genehmigungen der §§ 6 Abs. 1, 11, 16 und 17 entfallen (vgl. § 188 Abs. 1). Dem Land Bremen ist eine solche Regelung freigestellt (§ 188 Abs. 2, 2. Halbsatz). In ausmärkischen Gebieten ist Planungsträger die für die Verwaltung dieses Gebiets zuständige öffentlich-rechtliche Stelle; eine Delegierung an eine benachbarte Gemeinde durch diese Stelle mit Zustimmung der Aufsichtsbe32
1. Abschnitt. A l l g e m e i n e Vorschriften
§24
hörde dürfte zulässig sein. Jedenfalls scheidet der private Grundstückseigentümer als Eigentümer eines märkischen Gebiets als Planungsträger aus. 3. Umfang der Bauleitplanung (Abs. 2) Die Planung soll nicht weiter vorangetrieben werden, als es zur Durchführung der voraussehbaren Maßnahmen erforderlich ist. Der Gesetzgeber hat aus Gründen der Vereinfachung und Erleichterung der Planung, insbesondere für kleinere Gemeinden, die leicht überschaubare Verhältnisse aufweisen, in Abs. 2 die Möglichkeit des Verzichts auf den vorbereitenden Bauleitplan, den F1NP1., eröffnet, wenn der verbindliche Bauleitplan, der BebPl., zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung ausreicht. Ob dies im Einzelfall verantwortet werden kann, entscheidet auch zunächst die Gemeinde in eigener Verantwortung. Für das Eingreifen der Rechtsaufsichtsbehörde gilt das unter 2b Gesagte. 4. Ansprüche wegen unterlassener Bauleitplanung? Zur Frage, ob durch Unterlassen der Bauleitplanung Ansprüche auf Enteignungsentschädigung ausgelöst werden können, hat der BGH in einem Urteil vom 6. 6.1968 (DVB1. 1969, 209), zum Anspruch auf Erlaß eines BebPl. hat der BayVfGH (Entsch. vom 23. 6.1964, DÖV 1964, 740 = BBaubl. 1965, 173 = DVB1. 1966, 798 = BayVBl. 1964, 401) Stellung genommen. Der BGH hatte in dem ihm vorliegenden Fall sich mit dem Anspruch auf Entschädigung auseinanderzusetzen, der von der Eigentümerin eines Waldbesitzes von 24 ha gefordert war, weil die Gemeinde es auf ihren Antrag abgelehnt hatte, diesen Waldbesitz als von der Bebauung freizuhaltende Fläche in den BebPl. einzutragen. Der BGH stellt fest, ein bloßes Unterlassen grundsätzlich keinen enteignenden Akt darstelle, da dieser einen Eingriff im Sinn einer unmittelbaren Beeinträchtigung von Eigentum zur Voraussetzung habe. Es bestehe neben dem Planungsrecht für die Gemeinde zwar auch eine Planungspflicht; diese bestehe jedoch nicht gegenüber dem einzelnen. Der BayVfGH hat in der Entscheidung vom 23.6.1964 (siehe Nr. 11 B Nr. 2) ebenfalls ausgesprochen, daß im Hinblick auf § 2 Abs. 9 (alt) BBauG der Grundstückseigentümer, auch soweit eine Planungspflicht der Gemeinde besteht, keinen Anspruch auf Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen hat; er habe nur die Möglichkeit, ein dienstaufsichtliches Verfahren anzustrengen. Ein Anspruch kann aucn nicht aus einer das Eigentumsrecht gewährleistenden Landesverfassungsnorm hergeleitet werden (vgl. hierzu auch Abs. 9, ferner unten Nr. I I B Nr. 2). In einer Anmerkung zu dieser Entscheidung (DVB1. 1966, 798) glaubt Schneider, daß das Verfassungsgericht feststellen müßte, ob das zuständige Organ durch seine Untätigkeit (Unterlassung) ein Verfassungsrecht, nämlich den Gleichheitssatz, verletzt hat, so daß auf diesem Wege der Erlaß eines BebPl. im praktischen Ergebnis doch u. U. erzwungen werden könnte. 33
§27
1. Teil. Bauleitplanung
5. Beauftragung von Stellen zur Aufstellung von Bauleitplänen (Abs. 3) Die Aufstellung der Bauleitpläne erfordert Sachkunde. Nicht alle Gemeinden sind in der Lage, durch sachkundige Gemeindebedienstete diese Pläne ausarbeiten zu lassen. Deshalb hat der Gesetzgeber in Abs. 3 die Möglichkeit gegeben, daß die Landesregierung durch Rechtsverordnung Stellen bestimmen kann, die auf Antrag der Gemeinde zur Ausarbeitung von Bauleitplänen verpflichtet sind. In mehreren Bundesländern (z. B. Bayern) hatten ähnliche Aufgaben bereits bisher die bei den höheren Verwaltungsbehörden bestehenden Ortsplanungsstellen durchzuführen, die bereits die Wirtschaftspläne nach dem WSG für die Gemeinden erstellten. In Satz 2 ist jedoch ausdrücklich noch darauf hingewiesen, daß die Gemeinde in ihren Entschlüssen frei ist, daß sie also auch andere fachlich geeignete Personen, z. B. Privatarchitekten, mit der Erstellung von Bauleitplänen beauftragen kann. 6. Abstimmung von Bauleitplänen (Abs. 4) Nach Abs. 4 sollen die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abgestimmt werden; die Weiterentwicklung in dieser Richtung stellen §3, ferner § 4 (siehe dort) dar. Diese Sollvorschriften dienen letztendlich der Landesplanung (vgl. § 1 Abs. 4). Die Notwendigkeit der Abstimmung ergibt sich daraus, daß Gemeindegrenzen und Siedlungsgebiet, vor allem in Stadtrandgemeinden, vielfach nicht übereinstimmen. 7. Beteiligung anderer Behörden und der Träger öffentlicher Belange (Abs. 5) a) Im Hinblick auf die Auswirkung der Bauleitpläne auf die Bodenordnung, das Verkehrs- und Versorgungssystem, den Wasserhaushalt, die Gestaltung der Natur u. a. sollen nach Abs. 5 die Behörden und anderen Stellen beteiligt werden, die Träger öffentlicher Belange sind. Gemeint sind die Träger der für die Bauleitplanung in Betracht kommenden Belange; in Betracht kommen also Stellen, die mittelbar oder unmittelbar durch den BebPl. irgendwie berührt werden, wobei keine allzu enge Auslegung Platz greifen darf (z. B. Beteiligung kirchlicher Stellen bei der Planung eines neuen Bauquartiers). Diese Sollvorschrift dient der notwendigen Koordinierung, ohne die eine geordnete Planung schlechthin undenkbar ist. Inwieweit die Nichtbeteiligung der einen oder anderen Stelle den Bauleitplan fehlerhaft und damit nicht genehmigungsfähig macht (§ 5 Abs. 2 und § 11), ist eine im Einzelfall zu entscheidende Frage, bei der es auf die Gewichtigkeit der Folgen der Unterlassung im Vergleich zum Gesamtergebnis der Planung ankommen wird. Schon bei der Beratung der Erstfassung hatte der damalige federführende BT-Ausschuß bewußt von einer Aufzählung der Behörden und Stellen Abstand genommen. In den Ausschußprotokollen werden beispielsweise neben den Kirchen die Landwirtschaftskammern sowie die Industrie- und Handelskammern aufgezählt. Von Bedeutung kann auch die Anhörung der Wasser34
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§28
schutzbehörde (vgl. das Wasserhaushaltsgesetz i. d. F. des Gesetzes vom 16. 10.1976, BGBl. I S. 3017), von Bundesbahn und Bundespost sowie ganz besonders der Naturschutzbehörde sein. b) Eine erhebliche Ausgestaltung des Abs. 5 war bereits durch die Novelle 1976, teilweise auf Anregung des BR, erfolgt, und zwar vor allem deshalb, um zu vermeiden, daß durch Nichtäußerung der beteiligten Stellen das Bauleitverfahren ungebührlich in die Länge gezogen wird. Man hatte den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, eine angemessene Frist zur Abgabe der Stellungnahme zu setzen, hat sie aber hierzu nicht verpflichtet. Da oftmals Gemeinden von der Fristsetzung keinen Gebrauch machten, waren vermeidbare Verzögerungen des Beteiligungsverfahrens nicht ausgeschlossen. Nach der Neufassung des Absatzes 5 Satz 3 Halbsatz 1 werden daher die Gemeinden verpflichtet, im Regelfall eine angemessene Frist für die Abgabe der Stellungnahme zu setzen. Damit soll sichergestellt werden, daß das Beteiligungsverfahren im Regelfall in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Da es sich jedoch um eine Sollvorschrift handelt, kann in besonderen Fällen von einer Fristsetzung abgesehen werden. Die Festlegung einer gesetzlichen Mindestfrist für die Abgabe der Stellungnahme erschien dem Gesetzgeber nicht praktikabel. Da es sich um eine „angemessene" Frist handelt, ist diese nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen, z. B. nach der Bedeutung und dem Schwierigkeitsgrad der Probleme. Nun ist einerseits die Gemeinde gehalten, die anderen Stellen möglichst frühzeitig zu beteiligen, andererseits sollen die Behörden und Träger öffentlicher Belange ihrerseits innerhalb der von der Gemeinde angegebenen angemessenen Frist Stellung nehmen und umfassend ihre eigenen Planungen und Maßnahmen bekanntgeben. Schließlich wird schon durch die Novelle von 1976 der Gemeinde die Befugnis erteilt, bei nichtfristgemäßer Äußerung davon auszugehen, daß öffentliche Belange gegenüber der schweigenden Stelle nicht berührt werden. Soweit sich dies zwischen Behörden abspielt, handelt es sich um innerdienstliche Vorgänge, die als solche einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nicht zugängig sind. Soweit Stellen betroffen sind, die nicht den Charakter von Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften u. ä. haben, wird schon deshalb der Rechtsweg ausscheiden, weil kein Rechtsanspruch auf Anhörung gegeben ist („sollen") und auch Abs. 7 (s. u.) zu beachten ist. 8. Gleiches Verfahren bei Änderung, Ergänzung und Aufhebung der Bauleitpläne (Abs. 6) Was für die Aufstellung der Bauleitpläne gesetzlich festgelegt wurde, gilt in gleicher Weise bei Änderungen, Ergänzungen oder bei der Aufhebung von Bauleitplänen. Dies ist ausdrücklich in Abs. 6 gesagt. Sonach erfordert nicht nur die völlige Aufhebung eines Bauleitplans die Beachtung der zahlreichen 35
§29
1. T e i l .
Bauleitplanung
Formvorschriften, sondern auch eine Änderung oder eine Ergänzung, es sei denn, sie wäre geringfügiger Art und beträfe den BebPl., also die zweite Art des Bauleitplans (siehe bei § 13). Nach der Entscheidung des BVerwG v. 10. 3. 1967 (Nr. 11 B Nr. 1) können BebPläne u. U. auch durch den Festsetzungen entgegengesetzte Gewohnheiten außer Kraft gesetzt werden, wobei im Hinblick auf die im Vergleich zu abstrakt allgemeinen Grundsätzen stärkere Wirklichkeitsbezogenheit der Bebauungspläne an die Abänderung durch Gewohnheitsrecht geringere Anforderungen als sonst zu stellen sind. 9. Ermächtigung für den zuständigen Bundesminister (Abs. 8) a) In Abs. 8 ist dem Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau die Ermächtigung gegeben, mit Zustimmung des B R (vgl. Art. 80 Abs. 1 und 2 G G ) durch Rechtsverordnung Vorschriften über Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen (im einzelnen siehe unten b), über die in den Baugebieten zulässigen Bauten und sonstige Anlagen, über die Zulässigkeit gewisser Festsetzungen (siehe unten c), ferner über entsprechende Anwendung von Vorschriften (siehe unten d), schließlich über die Ausarbeitung der Bauleitpläne, insbesondere ihre zeichnerische Darstellung (siehe unten e) zu erlassen (Nr. 1 — 5). Die Ermächtigung soll der einheitlichen Gestaltung der äußeren Form der Bauleitpläne im Bundesgebiet dienen. Zwei Verordnungen sind hierzu ergangen, und zwar die „Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke ( B a u N V O " ) am 26. 6. 1962 ( B G B l . I S. 429), nunmehr i. d. F. vom 15. 9 . 1 9 7 7 (BGBl. I S. 1763) - siehe Teil II Nr. 3 - , und die Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne sowie über die Darstellung des Planinhalts (Planzeichenverordnung) vom 1 9 . 1 . 1 9 6 5 ( B G B l . S. 21) - siehe Teil II Nr. 4. b) Den Nr. 1 und 2 soll die BauNVO Rechnung tragen. Sie gliedert sich in fünf Abschnitte: Art der baulichen Nutzung, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche, Anwendung in den Fällen der §§ 33, 34 B B a u G sowie Übergangs- und Schlußvorschriften. Im Hinblick auf die Einzelregelungen vor allem in bezug auf das zulässige M a ß der baulichen Nutzung (vgl. insbesondere § 17 Abs. 1 B a u N V O ; „Das M a ß der baulichen Nutzung darf höchstens b e t r a g e n . . . " ) kommt die BauNVO auch in der neuen Fassung hier mit den landesrechtlichen Bauordnungen in Gemengelage, die rechtliche Auswirkungen im Hinblick auf das Verhältnis von Bundes- und Landesrecht zur Folge haben kann (vgl. das Rechtsgutachten des BVerfG vom 16. 6 . 1 9 5 4 - B V e r f G E 3, 407). Im einzelnen vgl. die Erläuterungen zur BauNVO Teil II Nr. 3. c) Wegen der gegenüber der früheren Rechtslage neuen Aufnahme einer geschoßweisen Festsetzungsmöglichkeit (§ 9 Abs. 3) siehe dort. Solche differenzierte Nutzungsregelung erfordert auch eine Flexibilität in der Anwendung. Dem soll Nr. 3 (2 a E) Rechnung tragen, wenn solche Festsetzungen 36
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 2 11
über verschiedenartige Baugebiete bzw. Anlagen zugelassen werden sollen. Auch hier bringt die BauNVO die Ausführungsvorschrift. d) Die völlig neugefaßte Nr. 4 (früher 3) wurde auf Vorschlag des federführenden Ausschusses aufgenommen, und zwar im Hinblick auf die ebenfalls vom 15. Ausschuß erwirkte veränderte, über den RegE hinausgehende Fassung des § 34 (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, die noch nicht verplant sind). Da die Neufassung des § 34 sehr weitgehende Regelungen trifft (siehe im einzelnen dort), war eine Einschränkung der Ermächtigung für den Bundesminister zur Vermeidung von mehrfacher Regelung gleicher Materien (also durch Gesetz und Rechtsverordnung) geboten. Schon der RegE hatte eine Änderung dieser Vorschrift im Hinblick auf das U des BVerwG vom 23. 4.1969 (DÖV 1969, 751) vorgesehen, nachdem Abs. 10 alt ( = der Vorgänger der jetzigen Abs. 8) keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dafür bietet, durch Rechtsverordnung Regelungen über die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zu erlassen, weshalb § 24 Abs. 2 BauNVO a. F. für ungültig erklärt worden war. e) Der in der Novelle 1976 unverändert gebliebenen Nr. 5 (früher 4) trug die obengenannte Planzeichenverordnung (Teil II Nr. 4) Rechnung. 10. Überleitungsvorschriften nach der Novelle 1979 (§ 183 Abs. 1) Der durch das Gesetz vom 6. 7. 1979 neugefaßte § 183 legt fest, daß die alte Vorschrift des § 2 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 in der bis 31. 7. 1979 geltenden Fassung („Diese Beteiligten sollen innerhalb einer von der Gemeinde angegebenen Frist Stellung nehmen;") anzuwenden ist, wenn vor dem 1. 8. 1979 mit der Beteiligung der Träger öffentliche Belange nach § 2 Abs. 5 begonnen worden ist. 11. Rechtsprechnung A. BVerwG zu den Bauleitplänen vormaligen Rechts Zum Wesen der gemeindlichen Planungshoheit hatte sich das BVerwG schon vor Ergehen des BBauG in einer Entscheidung vom 20. 5.1958 (I C 193.57) geäußert (Buchholz 406.18 Schlesw.-Holst. Aufbaugesetz Nr. 1). Da die Bauleitpläne nach dem BBauG gegenüber dem vormaligen Rechtszustand in Bund (Wirtschaftsplan nach dem WSG) und Ländern (Bauleitplan, Ortsbauplan, Baulinienplan, Fluchtlinienplan u. a.) im wesentlichen neues Recht bringen, soll auf die frühere Rspr. nur am Rande hingewiesen werden, und zwar auf drei grundlegende Urteile des BVerwG: BVerwGE 3, 258 (Der württemb. Ortsbauplan ist kein Verwaltungsakt); BVerwGE 3, 265 (Der preuß. Fluchtlinienplan ist kein Verwaltungsakt); BVerwGE 4, 68 (Der bayer. Baulinienplan ist ein Verwaltungsakt). 37
§211
1. Teil. Bauleitplanung
B. Höchstrichterliche Rspr. zum BBauG*) 1. BVerwG U vom 10. 3. 1967 (IV C 87.65) NJW 1967, 1291
BebPläne können durch eine von ihren Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung nur dann außer Kraft gesetzt werden, wenn diese Entwicklung zur Entstehung von Gewohnheitsrecht führt. Mit Rücksicht auf die im Vergleich zu abstrakt allgemeinen Rechtssätzen stärkere Wirklichkeitsbezogenheit der BebPläne sind an ihre Abänderung durch Gewohnheitsrecht geringere Anforderungen zu stellen als dies sonst geboten ist.
2. BayVfGH Entsch. vom 23. 6. 1964 (Vf. 101 - VI - 63) DÖV 1964, 740 = DVB1. 1966, 798 = BB 1964, 1237 = Z M R 1965, 16
Der Grundstückseigentümer hat, auch soweit eine Planungspflicht der Gemeinde besteht, nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 2 Abs. 9 BBauG keine Anspruch auf Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen; er hat nur die Möglichkeit, bei der Gemeindeaufsichtsbehörde ein aufsichtliches Verfahren anzuregen. Im Hinblick auf den dem Landesrecht vorgehenden § 2 Abs. 9 BBauG (vgl. Art. 31 GG) kann ein solcher Anspruch auch nicht aus das Eigentumsrecht gewährleistenden Landesverfassungsnorm (Art. 103 BayVerfassung) hergeleitet werden.
3. BVerwG B vom 8. 1. 1968 (IV CB 109.66) DVB1. 1968, 517 = DÖV 1968, 325 = BBauBl. 1968, 472 = BayVBl. 1968, 435 Die Auslegung der Entwürfe von BebPlänen muß einschließlich der Prüfung der daraufhin eingehenden Bedenken und Anregungen nach § 2 Abs. 6 BBauG erfolgen, bevor der Satzungsbeschluß erfaßt wird. Verstöße gegen diese Verfahrensregelung führen zur Nichtigkeit der Satzung.
4. BGH U vom 6. 6. 1968 (III ZR 32/68) DVB1. 1969, 20?
Die Gemeinden können zur Erfüllung ihrer Planungspflicht lediglich im Wege der allgemeinen Kommunalaufsicht angehalten werden.
5. BVerwG vom 12. 9. 1969 (IV B 113/69) JuS 1970, 143 = DVB1. 1970,61 Ein allgemeiner, auf Plangewährleistung gerichteter Anspruch wird durch Bundesrecht nicht eingeräumt.
6. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 18.70) DVB1. 1971, 757 = NJW 1972, 699 = BayVBl. 1972, 612 a) Das bei der Aufstellung von Bauleitplänen einzubehaltende Verfahren bestimmt sich, soweit das BBauG keine Regelung trifft, nach Landesrecht. b) Zu den des landesrechtlichen Regelung unterliegenden Fragen gehört auch, unter welchen Voraussetzungen Mitglieder des Gemeinderats wegen Interessenkollision von der Mitwirkung ausgeschlossen sind.
7. BVerwG U vom 14. 7. 1972 (IV C 8.70) DÖV 1972, 822
a) Ein BebPl., der Flächen für land- und forstwirtschaftliche Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG) nicht im Interesse einer Förderung der Land- oder Forstwirtschaft, sondern deshalb festgesetzt, weil er durch das damit weitgehend erreichte Bauverbot *) Bei den in den Nrn. B 1 ff. zitierten Gesetzesvorschriften handelt es sich um Zitate vor dem ÄndG zum BBauG v. 18. 8. 1976.
38
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§211
außerhalb der Land- und Forstwirtschaft liegende Ziele fördern will, ist mangels Erforderlichkeit nichtig. b) Die Verordnung über Baubeschränkungen zur Sicherung der Gewinnung von Bodenschätzen vom 28. 2. 1939 (RGBl. I S. 381) ist nicht mehr gültig.
8. BVerwG U vom 8. 9. 1972 (IV C 17.71) BauR 1972, 352 = DVB1. 1973, 34 = BBauBl. 1973, 526 = BayVBl. 1973, 273 = DÖV 1973, 200
a) Die Planungshoheit der Gemeinden schließt das Recht ein, sich gegen solche Planungen anderer Stellen zur Wehr zu setzen, die die eigene Planungshoheit rechtswidrig verletzen. b) § 2 Abs. 4 BBauG regelt nicht das Abstimmungsverfahren, sondern betrifft allein das materielle Verhältnis von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden; für das Verfahren gilt auch in Verhältnis benachbarter Gemeinden § 2 Abs. 5 BBauG. c) § 2 Abs. 4 BBauG begründet zugunsten benachbarter Gemeinden einen Anspruch auf Abstimmung, der verwaltungsgerichtlich im Wege der (auch vorbeugenden) Feststellungsklage geltend gemacht werden kann. d) Das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 4 BBauG begründet über das Bestehen förmlicher Bauleitpläne der Nachbargemeinden hinaus die Pflicht zur Rücksichtnahme und zur Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen der eigenen Planungen.
9. BVerwG U vom 30. 1. 1976 (IV C 26.74) DÖV 1976, 382.
a) Eine Ergänzung des BebPl. im Sinne des § 2 Abs. 7 BBauG liegt schon immer dann vor, wenn zu einem bereits geltenden BebPl. eine weitere planerische Festsetzung hinzutritt. Mit Rücksicht darauf gewährleistet das Institut der Planergänzung, daß die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung eines Gebietes stets in einem einzigen — eine rechtliche Einheit bildenden — BebPl. enthalten sind. b) BebPläne müssen ihre Festsetzungen grundsätzlich konkret-individuell treffen. Festsetzungen, die den Charakter von (abstrakt-generellen) „Vorschriften" haben, bedürfen in dieser Richtung einer zusätzlichen Rechtfertigung. c) § 9 Abs. 5 BBauG schließt aus, den Geltungsbereich eines BebPl. in der Weise veränderlich festzusetzen, daß sich die Geltung des Planes nachträglich noch auf zusätzliche Gebiete erweitern soll. d) Durch BebPl. kann nicht ein zusätzliches Genehmigungsverfahren eingeführt werden, das — in Konkurrenz zur gesetzlich vorgesehenen Befreiung — ermöglichen soll, unter bestimmten Voraussetzungen die Festsetzungen des Planes außer Anwendung zu lassen.
10. BVerwG U vom 11. 3. 1977 (IV C 45.75) DVB1. 1977, 529
a) Die Regelungen in § 2 Abs. 9 BBauG 1960 und § 2 Abs. 7 BBauG 1976, die Ansprüche auf die Aufstellung eines BebPl. ausschließen, gestatten keine Ausnahme. b) Die besondere Größe eines im Außenbereich liegenden Grundstücks rechtfertigt als solche nicht, die Zulassung eines — seinerseits nicht besonders umfangreichen — (sonstigen) Vorhabens davon abhängig zu machen, daß vorher eine entsprechende Bauleitplanung erfolgt.
C. OVG, VGH und andere Gerichte*) 1. OVG Lüneburg U vom 6. 7.1972 (I OVG A 42/71) DÖV 1973, 203
Der F1NP1. einer Gemeinde wird nicht dadurch ungültig, daß die Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert wird. *) Die meisten unter dem alten § 2 ergangenen Entscheidungen wurden im Hinblick auf das ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 in den Rechtsprechungsteil des neuen § 2a übernommen. 39
§2a
I.Teil. Bauleitplanung
2. B a y V G H B v o m 2 4 . 1 1 . 1 9 7 5 ( N r . 127 I 75) B a u R 1 9 7 6 , 1 8 2 Wird der Anspruch einer Gemeinde auf Abstimmung der Bebauungsplanung durch eine benachbarte Gemeinde verletzt, kann sie vorbeugende Unterlassungsklage erheben mit dem Ziel, daß der benachbarten Gemeinde Fortsetzung der Planung untersagt wird; vorläufiger Rechtsschutz wird durch einstweilige Anordnung gewährt. 3. O V G L ü n e b u r g U v o m 24. 8. 1976 (I O V G A 9 2 / 7 2 ) nicht rkr., DVB1. 1978, 178 Ein Vertrag, durch den sich die Gemeinde zum Erlaß oder zur Änderung eines BebPl. verpflichtet, ist nichtig, weil dadurch das im Bundesbaugesetz geregelte Anhörungs- und Auslegungsverfahren umgangen wird. 4. B a y V G H B v o m 2 6 . 1 0 . 1976 ( N r . 139 I 76) BayVBl. 1977, 303 a) Wird der Anspruch einer Gemeinde auf Abstimmung der Bauleitplanung einer Nachbargemeinde mit ihr verletzt (§ 2 Abs. 4 BBauG), kann eine einstweilige Anordnung ergehen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats; vgl. B vom 24. 11. 1975 Nr. 217 I 75, BayVBl. 1976, 112 [s. oben Nr. 2]). b) Zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in einem Verfahren, in dem über eine auf Verletzung des § 2 Abs. 4 BBauG gestützte (vorbeugende) Unterlasssungsklage einer Gemeinde zu entscheiden ist (soweit Bebauungsplanung Gegenstand der Klage, keine Überprüfung daraufhin, ob der Beb PI. aus einem gültigen F1NP1. entwickelt ist!). c) Die Immissionsrichtwerte nach der TA Luft sind als Ausdruck „administrativen Sachverstandes" einer Nachprüfung durch die Gerichte grundsätzlich entzogen. d) Zum Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 4 BBauG. e) Die nach § 9 Abs. 3 BBauG vorgeschriebene Kennzeichnung dient ausschließlich dem Schutz der künftigen baulichen Anlagen. 5. B a y V G H , B v o m 8. 2. 1978 ( N r . 84 II 77), BayVBl. 1978, 762 Ein Nachbar wird durch ein gegen nicht nachbarschützende bauplanungsrechtliche Vorschriften verstoßendes Vorhaben nicht in seinem verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht verletzt, wenn er selbst sein Grundstück abweichend von der vorgegebenen Grundstückssituation baulich nutzt und das Neubauvorhaben dieser Nutzung angepaßt ist.
§2 a Beteiligung
der Bürger an der
Bauleitplanung
(1) D i e Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 zu ermöglichen. (2) D i e Gemeinde hat die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung öffentlich darzulegen. Sie hat allgemein Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung zu geben (Anhörung), ö f f e n t l i c h e Darlegung und Anhörung sollen in geeigneter Weise und möglichst frühzeitig erfolgen; dabei sollen auch die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung aufgezeigt werden. Soweit verschiedene sich wesentlich unterscheidende Lösungen für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, soll die Gemeinde diese aufzeigen. 40
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 2a
(3) Die Gemeinde kann unter Beachtung des Absatzes 2 allgemein, für bestimmte Bauleitpläne oder im Einzelfall bestimmen, in welcher Art und Weise, in welchem räumlichen Bereich und innerhalb welcher Frist die Bürger zu beteiligen sind. (4) Auf Beschluß der Gemeinde kann von der Anwendung des Absatzes 2 abgesehen werden, wenn 1. der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt wird und dadurch die Grundzüge der Planung nicht berührt werden oder 2. ein Bebauungsplan aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nur unwesentlich auswirkt. (5) Führt die Anhörung nach Absatz 2 zu einer Änderung der Planung, so findet keine erneute Anhörung statt, sondern es schließt sich das Verfahren nach Absatz 6 an. (6) Die Gemeinde hat die Entwürfe der Bauleitpläne mit dem Erläuterungsbericht oder der Begründung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen mit dem Hinweis darauf, daß Bedenken und Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Die nach § 2 Abs. 5 Beteiligten sollen von der Auslegung benachrichtigt werden. Die Gemeinde prüft die fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen und teilt das Ergebnis mit. Haben mehr als hundert Personen Bedenken und Anregungen mit im wesentlichen gleichem Inhalt vorgebracht, so kann die Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung dadurch ersetzt werden, daß die Gemeinde diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht; die Gemeinde hat ortsüblich bekanntzumachen, bei welcher Stelle das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann. Bei der Vorlage der Bauleitpläne zur Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde (§§ 6 und 11) sind die nicht berücksichtigten Bedenken und Anregungen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen. (7) Wird der Entwurf des Bebauungsplans nach der Auslegung (Absatz 6) geändert oder ergänzt, kann die Gemeinde, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, eine eingeschränkte Beteiligung durchführen. Sie hat anstelle der erneuten Auslegung den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In dieses Verfahren sind einzubeziehen 1. die von den Änderungen oder Ergänzungen betroffenen Grundstücke, 2. die den betroffenen Grundstücken benachbarten Grundstücke und 3. die von den Änderungen oder Ergänzungen in ihren Aufgaben berührten Träger öffentlicher Belange. Die Gemeinde soll diesen Beteiligten für die Abgabe ihrer Stellungnahmen eine angemessene Frist setzen. Die fristgemäß eingegangenen Stellungnahmen sind als Bedenken und Anregungen nach Absatz 6 Satz 4 und 6 zu behandeln.
41
1. Teil. Bauleitplanung
§23 3 Übersicht 1. Entstehung der Vorschrift 2. Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung (Abs. 1) 3. Gemeindevorschrift über öffentliche Darlegung und Anhörung (Abs. 2 und 3) 4. Ausnahmevorschrift (Abs. 4) 5. Verfahren (Abs. 5 und 6) a) bei Planungsänderung (Abs. 5) b) normales Verfahren (Abs. 6)
c) Verfahren bei Massenbedenken und -anregungen (Abs. 6 Satz 5) d) Eingeschränkte Beteiligung (Abs. 7) 6. Planungsverfahren in den Stadtstaaten 7. Rechtsprechung A. BVerwG und BGH B. Andere Gerichte
1. Entstehung der Vorschrift § 2a ist ein Ergebnis der Beratung der Novelle 1976 im federführenden Ausschuß, wobei der Vermittlungsausschuß noch weitere Änderungen in Abs. 2, 3, und 5 erwirkte (s. u.). Ziel dieser Vorschrift ist die Verselbständigung der Bestimmungen über die Bürgerbeteiligung, die ursprünglich im Abs. 3a des Entwurfs zur Neufassung des § 2 enthalten war. Planspiele und Sachverständigenanhörungen führten zu der Gesetz gewordenen Modifizierung. Gleichzeitig wurde in § 2a die Verpflichtung zur öffentlichen Auslegung aus § 2 (alter Absatz 6) übertragen. Damit ist das abgestufte Informationssystem mit weitgehender Beteiligung nunmehr in den §§ 2a, 6 und 12 enthalten. 2. Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung (Abs. 1) Abs. 1 enthält die Verpflichtung der Gemeinden zur Beteiligung der Bürger, die im einzelnen als ein vorgezogenes Anhörungsverfahren ausgestaltet ist. Der Begriff „Bürger" wurde erstmals in das Gesetz übernommen, „weil er sich in der bisherigen öffentlichen Diskussion dieses Themas durchgesetzt hat" (BT-DS 7/4793 S. 26). Es wird damit nicht nur der Bürger im Sinne der Gemeindeordnungen angesprochen; d. h., daß es u. a. nicht auf den Zeitpunkt eines längeren Aufenthalts oder Wohnsitzes im Gemeindebereich ankommt. Der Auftrag der Bürgerbeteiligung ergeht an die Gemeinde, den Bürger „nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6" zu beteiligen. Dort finden sich Muß-, Soll- und Kannvorschriften (im einzelnen siehe bei den folgenden Nrn.) 3. Gemeindevorschrift Uber öffentliche Darlegung und Anhörung (Abs. 2 und 3) a) Abs. 2 bedeutet gegenüber dem RegE, der lediglich eine generelle Pflicht zur Unterrichtung und zur Gewährung einer Äußerungsgelegenheit vorsah, eine qualitative Erweiterung der Informationspflicht und des Anhörungsrechts dahin, daß die Gemeinde ihre Planvorstellungen zu erläutern und mit den Bürgern zu erörtern hat. Die Ausdrucksweise „öffentlich darzu42
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§23 4
legen" läßt die sowohl mündliche als auch schriftliche Information zu. Jedenfalls ist Darlegung und Erörterung unerläßlich („hat") — Satz 1. Bezüglich der Weise von Darlegung und Anhörung hat der Gesetzgeber eine Sollvorschrift (Satz 2) geschaffen, daß erstere in geeigneter Weise (also abgestimmt auf den Kreis der Beteiligten und den Umfang der Planung) und letztere „möglichst frühzeitig" erfolgen soll, wobei die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung aufgezeigt werden sollen. Letzteres wurde auf Vorschlag des BR (BT-DS 7/5059 S. 2) in eine Sollvorschrift umgewandelt, da es um so schwieriger sein wird, Auswirkungen schon voll zu übersehen und aufzuzeigen, je „frühzeitiger die Planung öffentlich dargelegt wird". Dazu kommt die weitere Sollvorschrift, daß wesentlich verschiedene Lösungsmöglichkeiten für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets aufgezeigt werden (Satz 3). Gemeint sind hier nur verwirklichbare Lösungsmöglichkeiten. Auf Grund der Ausschußempfehlung wurde der Zeitpunkt der Bürgerbeteiligung nicht an den Beschluß zur Aufstellung eines Bauleitplanes gekoppelt, weil es für eine Einflußnahme im Weg der Bürgerbeteiligung dann oft zu spät sein könnte. Damit ist auch die negative Seite des unbestimmten Rechtsbegriffs „möglichst frühzeitig" aufgezeigt. b) Über die Art und Weise, den räumlichen Bereich und über die Frist der Bürgerbeteiligung ist durch Abs. 3 infolge einer Kannvorschrift der Gemeinde gestattet worden, unter Beachtung des Abs. 2 Bestimmungen zu treffen. Nach (richtiger) Meinung des federführenden Ausschusses hat diese Bestimmung durch Beschluß des für Beschlußfassung zuständigen Gemeindegremiums zu erfolgen und nicht durch bloße Anordnung der Gemeindeverwaltung. 4. Ausnahmevorschrift (Abs. 4) Abs. 4 sieht vor, daß auf Beschluß der Gemeinde in Bagatellfällen bei der Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen, bei BebPlänen auch im Falle der Aufstellung oder Aufhebung, von der Bürgerbeteiligung abgesehen werden kann. Voraussetzung ist, daß in diesen Fällen die Grundzüge der Planung unberührt bleiben bzw. die Auswirkungen auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nur unwesentlich sind. Bei der Aufstellung eines F1NP1. ist jedoch auf jeden Fall die Bürgerbeteiligung erforderlich. Nach Meinung des BR wird nur bei der Beschränkung im Sinne des Abs. 4 die Bürgerbeteiligung auf die Dauer auch genügend Resonanz in der Öffentlichkeit finden; in welcher Form die Gemeinde die Regelungen nach Abs. 3 und 4 prüft, sollte dem Kommunalverfassungsrecht überlassen bleiben. Letzterer Anregung wurde auch durch die völlige Umgestaltung des Abs. 5 (siehe folgende Nr. 5a) Rechnung getragen. Wenngleich ein unmittelbarer Rechtsanspruch aus § 2a nicht hergeleitet werden kann, so kann doch im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens oder indizent im Rahmen einer Klage wegen Versagung einer Baugenehmi43
§28 5
1. Teil. Bauleitplanung
gung oder einer Baubeseitigungsanordnung ein BebPl. auf seine Vereinbarkeit mit dem Gesetz geprüft werden. Dabei kann durchaus eine Rolle spielen, ob der Beschluß der Gemeinde nach Abs. 4 Rechtens ist (z. B. daß die Grundzüge der Planung nicht berührt werden — Nr. 1, Frage der nur unwesentlichen Auswirkung — Nr. 2). 5. Verfahren (Abs. 5, 6 und 7) a) Führt die Anhörung nach Abs. 2 zu einer Planungsänderung, entfällt die erneute Anhörung. Es schließt sich das Verfahren nach Abs. 6 an (Abs. 5). Diese Regelung erfolgte auf Anregung des BR, der sonst eine weitere Verzögerung des Planverfahrens für gegeben ansah. Soweit Bürger mit der geänderten Planung nicht einverstanden sind, bleibt ihnen die Möglichkeit unbenommen, bei der öffentlichen Auslegung Anregungen und Bedenken vorzutragen (vgl. BT-DS 7/5059 S. 3). b) Das normale Verfahren nach Abs. 2 ist in Abs. 6 geregelt. Er enthält zwingendes Recht über die Behandlung der Bauleitplanentwürfe. Abs. 6 entspricht inhaltlich dem früheren § 2 Abs. 6, jedoch mit der Maßgabe, daß die Anhörungsberichte der höheren Verwaltungsbehörde beim Antrag auf Genehmigung der Bauleitpläne mit vorzulegen sind. Es ergibt sich danach im Zusammenhalt mit anderen Bestimmungen folgender Weg, der, um ein rechtswirksames Zustandekommen von Bauleitplänen zu gewährleisten, eingeschlagen werden muß, sobald die Gemeindevertretung beschlossen hat, einen Bauleitplan aufzustellen: a) Auftrag durch die Gemeinde (auf Grund Beschlusses des zuständigen Organs) an einen Architekten oder ein Architektengremium oder Stadtbaureferate oder an die von der Landesbehörde hierfür bestimmte Stelle (Ortsplanungsstelle), einen Planentwurf nach bestimmten Richtlinien (entweder vorbereitender Plan oder schon BebPl.) auszuarbeiten. ß) Nach Erstellung des Entwurfs Beschluß des Vertretungsorgans der Gemeinde darüber, daß der gefertigte Entwurf Bauleitplan (vorbereitender oder verbindlicher Plan) werden soll. y) Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung (siehe d) der Bauleitpläne (des F1NP1. oder des BebPl.) sind mindestens eine Woche vor Beginn der Auslegung ortsüblich (also nach den einschlägigen landes- oder ortsrechtlichen Bestimmungen — gegebenenfalls durch das Amtsblatt oder durch die Tageszeitung oder durch Anschlag an der Gemeindetafel) bekanntzumachen; dabei ist darauf hinzuweisen, daß Bedenken oder Anregungen innerhalb der Auslegungsfrist (siehe 8) vorgebracht werden können. 8) Öffentliche Auslegung der Bauleitplanentwürfe mit Erläuterungsbericht oder Begründung auf die Dauer eines Monats. Daraus ergibt sich, daß jeder Bürger in die Bauleitpläne, ihre Erläuterungsberichte und Begründungen Einsicht nehmen und über ihren Inhalt, der in Teilen ja Fachwissen erfordert, Auskunft verlangen kann. Eine Geheimhaltung von Bauleitplänen, 44
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 2a 5
also auch von vorbereitenden, ist dann nicht mehr möglich, sobald die Gemeindevertretung sich für einen bestimmten Entwurf als „Bauleitplanentwurf" entschieden und dessen Auslegung beschlossen hat. Das dem Staatsbürger hier gewährte Mitwirkungsrecht gibt diesem jedoch keinen sachlich-rechtlichen verwaltungsgerichtlich verfolgbaren Anspruch. Der BayVfGH gibt in seiner Entscheidung vom 23. 6.1964 (§ 2 Nr. 11 B 2) dem Grundstückseigentümer ebenfalls keinen Anspruch auf Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen. Auch besteht kein klagbarer Rechtsanspruch auf Berücksichtigung von Anregungen und Bedenken im Rahmen der Auslegung der Bauleitpläne (§ 2 Abs. 7). Dessen ungeachtet steht es jedermann frei, an die Gemeindeaufsichtsbehörde mit Anträgen und Dienstaufsichtsbeschwerden in bezug auf Bauleitpläne heranzutreten; die Kommunalaufsichtsbehörde hinwieder hat die Pflicht, über solche Anträge pflichtgemäß zu entscheiden. e) Die Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind und durch die Bauleitpläne mittelbar oder unmittelbar berührt werden (§ 2 Abs. 6), sollen durch die Gemeinde von der Auslegung verständigt werden; denn auch diese Stellen können und sollen Anregungen und Bedenken vortragen. t)) Die Gemeinde prüft die innerhalb der Auslegungsfrist eingegangenen oder zu Niederschrift vorgetragenen Bedenken und Anregungen und teilt das Ergebnis der Prüfung den betreffenden Personen oder Stellen mit. Diese Prüfung hat beschlußmäßig durch das Vertretungsorgan zu erfolgen, da das Ziel der Bedenken und Anregungen eine Abänderung oder Ergänzung des beschlossenen Plans ist. Soweit Bedenken und Anregungen nicht berücksichtigt wurden, sind diese zusammen mit der Stellungnahme der Gemeinde der Vorlage an die Aufsichtsbehörde (siehe 3) beizufügen. 3) Vorlage des Entwurfs mit den erforderlichen Beilagen an die Rechtsaufsichtsbehörde entweder — wenn diese bereits die höhere Verwaltungsbehörde ist — zur Genehmigung oder zur Weiterleitung an die Genehmigungsbehörde (vgl. §§ 6 Abs. 1 und 11 mit den dort gegebenen Erläuterungen). i) Bekanntmachung des genehmigten Plans (vgl. § 6 Abs. 6 und § 12). Bezgl. der Fristwahrung vgl. BGH U vom 8. 2. 1971, Rspr. 4 B II Nr. 5 bei § 8; BadWttVGH U vom 12. 10. 1971, Rspr. 7 B 10 b. OVG Münster U vom 8. 10. 1974, 5. 3. 1975 und vom 19. 4. 1978, Rspr. 7 B 16, 17 u. 18. K) Die Frage, ob und inwieweit Mitglieder des gemeindlichen Beschlußorgans von der Beratung und Abstimmung über die Bauleitplanung ausgeschlossen sind, wenn ihre eigenen Grundstücke berührt werden, ist verschieden zu beantworten, je nachdem es sich um F1NP1. oder BebPl. handelt. Während bei der Aufstellung des F1NP1. mangels der Rechtsverbindlichkeit nach außen keine Einschränkungen erkennbar sind, ist es beim BebPl. anders; denn erst dieser regelt die Möglichkeit, das Grundstück zu nutzen und hat somit erheblichen Einfluß auf den Grundstückswert. Die Beschlußfas45
§ 2a s
1. Teil. Bauleitplanung
sung über den BebPl. bringt daher unmittelbare Vorteile oder Nachteile den Eigentümern der vom BebPl. erfaßten Grundstücke (so VGH Bad.-Württ. B vom 31. 8. 1964, Nr. II 166/163, Rspr. 6 B Nr. 1 bei § 10; BGH U vom 11. 5. 1967, Rspr. 6 A Nr. 1 bei § 10). Der Ausschluß von der Beratung und Beschlußfassung ergreift auch die späteren Beratungen und Bestimmungen über Einwendungen der Träger öffentlicher Belange oder von einzelnen Personen, soweit die Einwendungen auch die Grundstücke von Mitgliedern des Beschlußorgans betreffen. Ein besonderes Problem ergibt sich in den Fällen, in denen die beschlußfähige Mehrheit des Beschlußorgans betroffen ist. Hier wird möglicherweise die Aufsichtsbehörde entsprechend den gemeinderechtlichen Bestimmungen eingreifen müssen. c) Verfahren bei Massenbedenken und -anregungen (Abs. 6 Satz 5) Abs. 6 enthält in Satz 5 noch die auch vom BR empfohlene Regelung für die Behandlung von Masseneingaben, die sich an gleichgerichtete Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 17 bis 19) anlehnt. Danach kann bei mehr als einhundert gleichgerichteten Eingaben die Mitteilung des Prüfungsergebnisses der vorgebrachten Bedenken und Einwendungen, die grundsätzlich einzeln zu erfolgen hat, dadurch ersetzt werden, daß die Gemeinde diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht. Ort und Zeit sind ortsüblich bekanntzugeben. d) Eingeschränkte Beteiligung (Abs. 7) Das bis 31. 7. 1979 geltende Recht enthielt keine Regelung über eine erneute Auslegung, wenn der Entwurf des BebPl. nach abgeschlossener Auslegung (Abs. 6) geändert oder ergänzt wird. Mit der Novelle vom 6. 7. 1979 wollte man durch eine ergänzende Bestimmung diese Lücke schließen. Nach längerem Hin und Her zwischen BReg (BT-DS 8/2451) und BR (BR-DS 446/78, Nr. 1), wobei es im besonderen um die Frage ging, wann und in welchem Umfang den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden sollte, kann in der Schlußphase der Gesetzgebungsverhandlungen die nunmehrige gegenüber den Entwürfen von BReg BR erweiterte Fassung zustande. Mit dem neuen Abs. 7 will man einerseits die Einschätzung der Beteiligung im Interesse der Beteiligten abgrenzen, andererseits Zweifelsfragen klären, die sich in der Praxis im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Abstandnahme von einer erneuten Auslegung des Entwurfs eines BebPl. ergeben haben. Auf die namentliche Nennung des § 13 Satz 1 hat man entgegen dem RegE verzichtet, obwohl nach der Lehrmeinung und Rspr. diese Meinung für entsprechend anwendbar gehalten wurde. Die neue selbständige Regelung mit der Verpflichtung für die Gemeinde (Satz 3), die betroffenen und benachbarten Grundstücke und die berührten Träger öffentlicher Belange in das Verfahren einzubeziehen, hat auch die ausdrückliche Voraussetzung einbezogen, daß die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (vgl. alter § 13 Abs. 1). Zu diesen Grundzügen gehören nach der Rspr. jedenfalls nicht Änderung der Gebäudehöhe oder der Wegfall von 46
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 2a
7
Festsetzungen über die Bauweise — letzteres zu weitgehend — (BadWttb. VGH U v. 27. 8. 1974, BauR 1974, 391) und nicht die nachträgliche Festsetzung einer Baugruppe sowie die Herabsetzung der Geschoßflächenzahl (BadWttb. VGH U v. 27. 1. 1972, BBauBl. 1972, 429). Der Beschleunigung dient die Sollvorschrift (Satz 4), den Beteiligten für die Abgabe ihrer Stellungnahmen eine Frist zu setzen. Diese Stellungnahmen sind gemäß Satz 5 als „Bedenken und Anregungen" nach Abs. 6 Satz 4 und 6 zu behandeln (Prüfung und Ergebnismitteilung sowie Beifügung bei Vorlage durch die Gemeinde). 6. Planungsverfahren in den Stadtstaaten § 188 bringt für die Stadtstaaten besondere Regelungen. Dort wird das Planungsverfahren wie folgt abgewickelt: In Berlin beschließt der Senat den F1NP1., nach Zustimmung des Abgeordnetenhauses macht der Senat für Bau- und Wohnungswesen diesen im Amtsblatt bekannt. Die Aufstellung von BebPln. wird vom Bezirksamt mit Zustimmung des Senats für Bau- und Wohnungswesen beschlossen; dem Entwurf muß die Bezirksverordnetenversammlung zustimmen. Festgesetzt werden die BebPle. mit Rechtsverordnung des Senats für Bau- und Wohnungswesen; mit Inkrafttreten einer solchen Rechtsverordnung erlangt der betreffende BebPl. Verbindlichkeit. In Bremen — dieses Land ist kein reiner Stadtstaat, da Bremerhaven, Vegesack u. a. Orte dazu gehören — werden die BebPle. in der Stadt Bremen durch Ortsgesetze erlassen, die von der Stadtbürgerschaft ( = Landtag) beschlossen und vom Senat im Gesetzblatt verkündet werden. In der Stadt Bremerhaven werden die BebPl. von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen und ebenfalls im Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen verkündet. In Hamburg beschließt die Bürgerschaft den FINP1.; die BebPl. werden auf Grund Beschlusses der Bürgerschaft durch Gesetz oder Rechtsverordnung mit Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt erlassen. 7. Rechtsprechung*) A. BVerwG und BGH 1. BVerwG B vom 15. 12. 1969 (IV B 153.69) DVB1. 1970, 417 = BayVBl. 1970, 253 Der Beginn der Auslegungsfrist nach § 2 Abs. 6 Satz 1 BBauG**) errechnet sich unter entsprechender Anwendung (nicht von § 187 Abs. 2, sondern) von § 187 Abs. 1 BGB. *) Die Rspr. des § 2a wurde wegen der Änderungen durch die Novelle 1976 zum BBauG zum großen Teil wegen des Sachzusammenhangs aus dem alten § 2 übernommen. 47
§ 2a 7
1. Teil. Bauleitplanung
2. BGH U vom 8. 2. 1971, DWW 1971, 122
a) Die Dauer der Auslegungsfrist muß nicht allgemein und im voraus ortsgesetzlich geregelt sein. Der Auslegungsbeginn kann unter Umständen nach dem Tag der Bekanntmachung von Genehmigung und Auslegung liegen. b) Die Genehmigung muß nur in ihrem wesentlichen Inhalt, nicht wortgetreu bekanntgemacht werden.
3. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 76.68) DVB1. 1971, 759 = DÖV 1971, 63
a) Aus § 2 Abs. 6 Satz 2**) BBauG ergibt sich für den Fall einer ortsüblichen Bekanntmachung durch befristeten Aushang keine zusätzliche (Zwischen-)Frist, sondern lediglich eine Mindestfrist. b) Bauleitpläne sind erforderlich im Sinne des § 2 Abs. 1**) BBauG, soweit sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sind.
4. GmS-OGB B vom 6. 7. 1972 (2/71) DÖV 1972, 820 = NJW 1972, 2035 = DVB1. 1973, 30 = BayVBl. 1973, 14
Bei der Berechnung der einmonatigen Auslegungsdauer des § 2 Abs. 6 Satz 1**) BBauG ist der erste Tag der Auslegung mitzuzählen.
5. BVerwG B vom 28. 2. 1973 (IV B 101.72) DVB1. 1973, 370
Die Abschrift einer gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1**) BBauG öffentlich ausgelegten Begründung zum Entwurf eines Bauleitplanes ist grundsätzlich keine Urkunde, auf die die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7b gestützt werden kann.
6. BVerwG U vom 11. 3. 1977 (IV C 45.75) BauR 1977, 241
a) Die Regelungen in § 2 Abs. 9 BBauG 1960 und § 2 Abs. 7 BBauG 1976, die Ansprüche auf die Aufstellung eines Bebplans ausschließen, gestatten keine Ausnahme. b) Die besondere Größe eines im Außenbereich liegenden Grundstücks rechtfertigt als solche nicht, die Zulassung eines — seinerseits nicht besonders umfangreichen — (sonstigen) Vorhabens davon abhängig zu machen, daß vorher eine entsprechende Bauleitplanung erfolgt.
7. BVerwG U vom 26. 5. 1978 (4 C 9.77) BayVBl. 1979, 152
a) Ohne eine den §§ 2 Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 2 BBauG 1960 (§§ 2 a Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 1 BBauG 1976) entsprechende Bekanntmachung kann ein gültiger Bebauungsplan nicht entstehen. b) Bekanntmachungen im Bebauungsplanverfahren müssen den BebPl., auf den sie sich beziehen, so bezeichnen, daß die Bekanntmachung geeignet ist, den an der Planung Interessierten dieses Interesse bewußt zu machen. c) Es reicht weder für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 Abs. 6 Satz 2 und 12 Satz 2 BBauG 1960 noch für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 a Abs. 6 und 12 Satz 1 BBauG 1976 aus, wenn der BebPl., auf den sie sich beziehen, ausschließlich mit einer Nummer bezeichnet wird. d) BebPläne können nicht durch Gewohnheitsrecht entstehen. e) Berücksichtigt werden muß (ebenso wie bei der des § 34 Abs. 1 BBauG 1960, so auch) bei der Anwendung von § 34 Abs. 1 BBauG 1976 die Umgebung einmal insoweit,
**) Siehe nunmehr § 2a BBauG.
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1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
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als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflußt (im Anschluß an das Urteil vom 18. 10. 1974 — IV C 77.73 — Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45 = BayVBl. 1975, 370).
B. Andere Gerichte 1. OVG Berlin B vom 15. 12. 1964 (OVG II S. 11.64) BBauBl. 1965, 275
Da vorbereitende Bauleitplanungen, wenn auch keine rechtlichen, so doch gewisse tatsächliche Auswirkungen auf die Nutzung und Verwertung des Grundbesitzes haben können, hat das Gesetz zwar vorgesehen, daß jedermann Bedenken und Anregungen vorbringen kann (§ 2 Abs. 6*) BBauG); dieses Mitwirkungsrecht des Staatsbürgers berechtigt aber nicht zu einem sachlich-rechtlichen Anspruch.
2. OVG Rheinland-Pfalz U vom 5. 1. 1967 (1 A 18/66) VerwRspr. 19, 325
Die Gemeinde kann den BebPl. erst nach der vollzogenen Auslegung des Entwurfs als Satzung beschließen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Sinn der in §§ 2 Abs. 6*) und 10 f. BBauG getroffenen Verfahrensregelung.
3. HessVGH B vom 15. 3.1968 (R IV 2/66) DVB1. 1968, 948
a) Es ist erforderlich, daß Anfang und Ende der in § 2 Abs. 6 S. 1*) BBauG vorgeschriebenen Monatsfrist ortsüblich bekanntgemacht werden. b) Der Gesetzgeber setzt in § 12 BBauG voraus, daß der genehmigte BebPl. während eines begrenzten Zeitraums offengelegt wird. c) Genehmigt die höhere Verwaltungsbehörde einen BebPl. mit Auflagen, dann erfordert die Änderung einen erneuten Beschluß der Gemeindevertretung.
4. OVG Lüneburg U vom 28. 3. 1968 (VI OVG A 148/66) OVGE 1970, 377 a) Die höhere Verwaltungsbehörde versagt die Genehmigung eines F1NP1. zu Recht, wenn und soweit eine Änderung durch die Gemeinde vor der Vorlage an die höhere Verwaltungsbehörde zur Genehmigung nicht erneut öffentlich ausgelegt worden ist. b) Zur Auslegung der Vorschrift des § 13 BBauG (vereinfachte Änderung des BebPl.).
5. HessVGH B vom 12.7. 1968 (IV N 10/67) BBauBl. 1970, 128 = ESVGH 19, 27 = Der Gemeindetag 1969, 83
a) Ein Beschluß der Stadtverordnetenversammlung zur Aufstellung eines BebPl. setzt jedenfalls dann keinen weiteren Beschluß zur Offenlegung des Planentwurfs voraus, wenn bei dem Aufstellungsbeschluß bereits ein Entwurf des BebPl. vorliegt. b) Der Bürger muß aus der Bekanntmachung nach § 2 Abs. 6*) BBauG eindeutig entnehmen können, wann die Auslegungsfrist beginnt und wann sie endet. Danach ist zumindest erforderlich, daß der Anfangstag der Frist als Datum bekanntgemacht wird. c) Die Bekanntmachung der Dienststunden der offenlegenden Stelle erscheint zweckmäßig, wenn auch nicht unbedingt erforderlich. d) Eine Beschränkung der Offenlegung auf die Tage mit Publikumsverkehr ist nicht Rechtens. e) Jede wesentliche Abweichung eines BebPl. von dem zugrundeliegenden Flächennutzungsplan setzt dessen vorherige Änderung voraus.
*) jetzt § 2a BBauG 49
§ 2a
7
1. Teil. Bauleitplanung
6. Hess.VGH B vom 18. 7. 1969 (IV N 5 / 6 8 ) D Ö V 1970, 756 a) Wenn in einer Bekanntmachung abweichend von § 2 Abs. 6 Satz 2*) BBauG der Zusatz aufgenommen worden ist, daß Anregungen und Bedenken „schriftlich" geltend zu machen sind, so ist dies unschädlich. b) Es genügt, wenn die Bedenken und Anregungen, die nach § 2 Abs. 6 Satz 2 BBauG erhoben worden sind, zusammengefaßt mit der Stellungnahme des Magistrats den Stadtverordneten schriftlich zugeleitet werden. c) Zwar enthält der F1NP1. keine Rechtsnormen, aber er bindet die Gemeinden, da sie aus dem Flächennutzungsplan den Bebauungsplan entwickeln müssen (§ 8 Abs. 2 Satz 1*) BBauG). Die Gemeinde kann von den Festsetzungen im F1NP1. in einem BebPl. nur dann abweichen, wenn es sich um unwesentliche Änderungen handelt. d) Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 BBauG führt dazu, daß der BebPl. ungültig ist (ständ. Rechtsspr. des Senats). 7. O V G Lüneburg U vom 17. 11. 1970 (I OVG 9 7 / 6 9 ) DVB1. 1971, 322 BBaubl. 1971, 582 a) Der Beschluß einer Gemeinde über die Aufstellung eines F1NP1. und dessen Genehmigung sind integrierende Bestandteile des einheitlichen Planaufstellungsverfahrens und können von dritter Seite nicht zum Gegenstand selbständiger Nichtigkeitsfeststellungs- oder Anfechtungsklagen gemacht werden. b) Die rechtlichen Beziehungen, die sich aus dem F1NP1. ergeben, können Rechtsverhältnisse begründen, die bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses Gegenstand einer Feststellungsklage sein können. c) Aus § 2 Abs. 4*) BBauG ist ein Recht von Nachbargemeinden auf Schutz ihrer Planungshoheit herzuleiten. d) Eine zwischengemeindliche Nachbarklage ist nur begründet, wenn die Planungshoheit der Nachbargemeinde verletzt ist. 8. O V G Berlin B vom 9. 12. 1970 (OVG II S 8 / 7 0 ) N J W 1971, 534 DVB1. 1971, 526 = JZ 1971, 125 a) Der baurechtliche Nachbarschutz gewährt als Gebietsschutz nur insoweit Abwehrrechte, als durch die Neubebauung die baurechtliche Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks betroffen wird. b) Der baurechtliche Nachbarschutz kann jedoch die gleichartige Vergrößerung des Baugebiets nicht verhindern. Das gilt auch dann, wenn Grünland zur Erweiterung des Baugebiets herangezogen wird. In welchem Umfang Grünland zu diesem Zweck verwertet werden darf, ist nicht Gegenstand der Nachbarklage. 9. BayVGH, Normenkontroll-Beschluß vom 21. 6. 1971 (Nr. 15 I 70) BayVBl. 1971, 428 Ein BebPlan ist ungültig, wenn die in § 2 Abs. 6 Satz 2*) BBauG vorgeschriebene Wochenfrist für die Bekanntmachung des Entwurfs nicht eingehalten wurde. 10. Bad.-Württ. V G H U vom 12. 10. 1971 (III 7 5 3 / 6 5 ) D W W 1973, 124 a) Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Begründetheit der Nachbarklage. b) Im Falle der Bekanntmachung von Ort und Dauer der Auslegung des Entwurfs eines BebPlans durch Aushang beginnt die Wochenfrist (§ 2 Abs. 6 S. 2*) BBauG) be-
*) jetzt § 2a BBauG
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1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 2a 7
reits mit dem Beginn des Aushangs und nicht erst mit dessen Ende zu laufen (Anschluß an BVerwG U vom 7. 5. 1971, BauR 3,71). 11. O V G Münster U v o m 12. 4. 1972 (VII A 8 4 4 / 7 1 ) DVB1. 1972, 687 a) Die Bauleitplanung ist fehlerhaft, wenn im Zeitpunkt der Planaufstellung wegen vorangegangener Maßnahmen des Rates und der Verwaltung eine Abwägung der planungsrelevanten Kriterien gegeneinander und untereinander nicht mehr für möglich befunden wird. b) Der Grundsatz, daß Wohn- und Industriegebiete nicht unmittelbar aneinander grenzen sollen, enthält einen elementaren Grundgedanken der Bauleitplanung. Dieser Grundsatz schließt nicht aus, daß im begründeten Einzelfall anderen Belangen der Vorrang eingeräumt werden darf. Sprechen die Umstände des Einzelfalles zwingend für die Wahrung dieses Grundsatzes, ist dessen Zurückstellung hinter andere (möglicherweise auch wichtige, dann aber nicht mehr gleichgewichtige) Belange fehlerhaft mit der Folge der Unwirksamkeit des Bauleitplanes. c) Der aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG abgeleitete nachbarliche Abwehranspruch kann auch dann gegeben sein, wenn das Grundstück des Kl. im nichtbeplanten Innenbereich liegt und das beeinträchtigende Bauvorhaben im anschließenden Außenbereich ausgeführt werden soll. (Mit Anmerkung von David). 12. Bad.-Württ. V G H B vom 4. 5. 1972 (II 199/72) D Ö V 1972, 851 a) Die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung nach § 2 Abs. 6 Satz 2*) BBauG braucht den Beginn oder das Ende der Auslegungsfrist nicht als Datum anzugeben; es genügt, wenn Angaben anderer Art der Bekanntmachung eindeutige Schlüsse auf Beginn und Ende der Auslegungsfrist zulassen (a. A. HessVGH, Beschluß vom 12. 7. 1968, ESVGH 19, 27 ff.). b) Erstreckt sich die zeichnerische Darstellung eines BebPl. auf mehrere Planteile, so braucht die planende Gemeinde, wenn sie nach Auslegung des gesamten Planentwurfs die Festsetzungen nur eines Planteils ändert, auch nur diesen Planteil nochmals auszulegen. c) Zur Frage, wann zwingende Gründe es erfordern, daß ein BebPl. vor dem F1NP1. aufgestellt wird (Fortführung von Bad.-Württ.VGH vom 27. 1. 1972, II 217/70). 13. BayVGH, Normenkontroll-Beschluß vom 8. 12. 1972 (Nr. 199 I 63) BayVBl. 1973, 238 Die Begründung oder der Erläuterungsbericht zu einem Bauleitplanentwurf muß gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1*) BBauG in einer Weise ausgelegt sein, daß ihr Vorhandensein genauso wie das des Bauleitplanentwurfs augenfällig ist, und sie muß dabei mit dem Bauleitplanentwurf in einem so engen räumlichen Zusammenhang stehen, daß sie sich für den Betrachter des Bauleitplanentwurfs von selbst zur Verwertung bei der Prüfung des Entwurfs anbietet. 14. Bad.-Württ. V G H B vom 25. 7. 1973 (II 4 5 8 / 7 0 ) BauR 1974, 40 Eine öffentliche Auslegung eines BebPlans entspricht nur dann den gesetzlichen Vorschriften, wenn die auszulegenden Unterlagen vollständig, sichtbar, griffbereit und als zusammengehörig erkennbar in dem vorgesehenen Raum zur Verfügung stehen. Ein unter Verstoß hiergegen zustande gekommener Bebauungsplan ist ungültig. *) jetzt § 2a BBauG 51
§28 7
1. Teil. Bauleitplanung
15. BayVGH Normenkontroll-B vom 19.4.1974 (103 I 73) NJW 1974, 1670 = BayVBl. 1974, 532, vgl. BauR 1974, 323
Das Gebot, die Entwürfe der Bauleitplanung mit dem F1NP1. und dem BebPl. auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen (§ 2 Abs. 6 Satz 1*) BBauG), ist nicht erfüllt, wenn die Zeit zur Einsichtnahme auf die Behördensprechstunden „Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8 bis 12 Uhr" beschränkt wird.
16. OVG Münster U vom 8. 10.1974 (X A 1155/72) DÖV 1975, 721
Dem Erfordernis der öffentlichen Auslegung (§ 2 Abs. 6 Satz 1*) BBauG) wird dadurch genügt, daß der Entwurf und die Begründung im Planungsgebiet der Gemeindeverwaltung während der Dienststunden eingesehen werden können.
17. OVG Münster U vom 5. 3. 1975 (X A 489/73) DÖV 1975, 722
Dem Erfordernis der öffentlichen Auslegung eines Durchführungsplanes gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 AufbauG ( = § 2 Abs. 6*) BBauG) ist nicht genügt, wenn der Plan nach der ortsüblichen Bekanntmachung über die Auslegung nicht während der gesamten Dienststunden, sondern nur während der Vormittagsstunden von 8 bis 12 Uhr in einem Dienstzimmer der Gemeindeverwaltung offengelegt wird.
18. OVG Münster U vom 19. 4. 1978 (VII A 851/76) DÖV 1979, 224
Die Frist bei der Auslegung eines Bebauungsplanentwurfs ist nicht gewahrt, wenn sie bei gleitender Arbeitszeit der Gemeindeverwaltung auf eine Kernarbeitszeit beschränkt worden ist, die nur 26 Vi Stunden wöchentlich beträgt und am Freitagnachmittag keine Einsicht in den Bebauungsplan vorsieht.
19. OVG Hamburg U vom 27. 9. 1977 (Bf II 83/76), rkr., DÖV 1978, 336
a) Gestaltet die Behörde eine Sackgasse — entgegen dem geltenden Bebauungsplan ohne dessen Änderung — in eine Durchgangsstraße um, so verletzt sie das subjektive öffentliche Recht des betroffenen Anliegers auf Mitwirkung bei der erforderlichen Aufstellung eines die Umgestaltung ausweisenden Bebauungsplans. b) Der Anlieger kann mit einem Folgenbeseitigungsanspruch die Beseitigung des rechtswidrig geschaffenen und die Wiederherstellung des früheren rechtmäßigen Straßenzustandes, zumindest aber die Verhinderung des Durchgangsverkehrs verlangen.
20. OVG Münster, U vom 5. 12. 1977 (X A 1808/76), DÖV 1979, 224
Dem Erfordernis der öffentlichen Auslegung eines Bebauungsplanes gemäß § 2 a Abs. 6 Satz 1 BBauG n. F. ist nicht genügt, wenn der Plan nach der ortsüblichen Bekanntmachung über die Auslegung nicht während der gesamten Dienststunden, sondern nur während der sogenannten Verkehrsstunden für das Publikum in einem Dienstzimmer der Gemeindeverwaltung ausgelegt wird.
*) jetzt § 2 a BBauG. 52
§31
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§3 Gemeinsamer
Flächennutzungsplan
(1) Benachbarte Gemeinden sollen einen gemeinsamen Flächennutzungsplan aufstellen, wenn ihre städtebauliche Entwicklung wesentlich durch gemeinsame Voraussetzungen und Bedürfnisse bestimmt wird oder ein gemeinsamer Flächennutzungsplan einen gerechten Ausgleich der verschiedenen Belange ermöglicht. Ein gemeinsamer Flächennutzungsplan soll insbesondere aufgestellt werden, wenn die Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder wenn Einrichtungen und Anlagen des öffentlichen Verkehrs, insbesondere des öffentlichen Personennahverkehrs, sonstige Erschließungsanlagen sowie Gemeindebedarfs- oder sonstige Folgeeinrichtungen eine gemeinsame Planung erfordern. Der gemeinsame Flächennutzungsplan kann von den beteiligten Gemeinden nur gemeinsam aufgehoben, geändert oder ergänzt werden; die Gemeinden können vereinbaren, daß sich die Bindung nur auf bestimmte räumliche oder sachliche Teilbereiche erstreckt. (2) Ist eine gemeinsame Planung nur für räumliche oder sachliche Teilbereiche erforderlich, genügt anstelle eines gemeinsamen Flächennutzungsplans eine Vereinbarung der beteiligten Gemeinden über bestimmte Darstellungen in ihren Flächennutzungsplänen. 1. Allgemeines Durch die Novelle 1976 wurde § 3 erheblich erweitert, und zwar zunächst bezüglich des Katalogs der Voraussetzungen, die die Aufstellung eines gemeinsamen F1NP1. auslösen sollen (Abs. 1 Satz 2), ferner durch die Einfügung einer Sperrvorschrift für Aufhebung, Änderung oder Ergänzung des gemeinsamen F1NP1. (Abs. 1 Satz 3), schließlich durch eine Vorschrift über die Abstandnahme von gemeinsamen FINPlänen, wenn nur Teilbereiche von der gemeinsamen Planung erfaßt werden (Abs. 2). Nach der AmtlBegr. (BT-DS 7/2496 Zu Nr. 5) soll die Neufassung dem Umstand Rechnung tragen, daß sich die Notwendigkeit, für einen bestimmten Bereich einen gemeinsamen F1NP1. aufzustellen, im Hinblick auf den Verpflichtungsgrad der Gemeinden erheblich verstärkt hat. § 3 stellt teilweise eine Erweiterung von § 2 Abs. 4 dar: Über die Abstimmung der Bauleitpläne benachbarter Gemeinden hinaus will der Gesetzgeber die Aufstellung gemeinsamer FINPle. benachbarter Gemeinden fördern. Während § 2 Abs. 4 jedoch sowohl die vorbereitenden wie auch die verbindlichen Bauleitpläne umfaßt, stellt § 3 nur auf die erstere Art ab. Eine andere Möglichkeit zur Erleichterung der Durchführung gemeinsamer Planung eröffnet § 4 durch die Möglichkeit der Schaffung von Planungsverbänden. Wenn jedoch ein solcher Planungsverband benachbarter Gemeinden zustande kommt, dann ergreift dessen Tätigkeit auch die verbindlichen Bauleitpläne und nicht nur den F1NP1. Soweit Gemeinden sonach in der ver53
§ 4
I.Teil.
Bauleitplanung
bindlichen Bauleitplanung sich auf ihren eigenen Bereich beschränken wollen, werden sie vom Beitritt zu Planungsverbänden Abstand nehmen, es sei denn, es kommt zu einem Zwangszusammenschluß nach § 4 Abs. 2 (siehe Erläuterung bei § 4). 2. Aufstellung gemeinsamer Flächennutzungspläne (Abs. 1) Der maßgebliche Gesichtspunkt ist in der gesetzlichen Bestimmung selbst dargelegt: Bestimmung der städtebaulichen Entwicklung benachbarter Gemeinden wesentlich durch gemeinsame Voraussetzungen und Bedürfnisse oder gerechter Ausgleich der verschiedenen Belange durch einen gemeinsamen F1NP1.; insbesondere soll ein gemeinsamer F1NP1. aufgestellt werden, wenn folgende Erfordernisse vorliegen: R a u m o r d n u n g und Landesplanung; Anlagen des öffentlichen Verkehrs (insbesondere Personennahverkehr), sonstige Erschließungsanlagen, Gemeinbedarfseinrichtungen, sonstige Folgeeinrichtungen. Das Verfahren muß in jeder Gemeinde selbständig durchgeführt werden; erst d a n n können die gemeinsamen Planungsbeschlüsse erfolgen. Zur künftigen Ausschaltung von Zweifeln ist die Bestimmung ins Gesetz aufgenommen worden, daß der gemeinsame F1NP1. von den beteiligten Gemeinden wiederum nur gemeinsam aufgehoben, geändert oder ergänzt werden kann (Satz 2). Allerdings können die Gemeinden eine Vereinbarung treffen, d a ß sich die Bindung nur auf bestimmte lokale oder sachliche Teilbereiche erstreckt. Ansonsten sind auch geringfügige Änderungen nur in Übereinstimmung der beteiligten Gemeinde möglich. 3. Vereinbarung statt gemeinsamer Flächennutzungsplan (Abs. 2) Eine Erleichterung bei gemeinsamer Planung stellt Abs. 2 dar, der eine Vereinbarung über bestimmte gemeinsame Darstellungen (siehe P1ZVO) in ihren FINPlänen an Stelle eines gemeinsamen F1NP1. vorsieht. Auch hier muß das Verfahren für jeden einzelnen F1NP1. abgeschlossen werden, ehe eine gemeinsame Vereinbarung wirksam werden kann.
§4 Planungsverbände (1) Gemeinden und sonstige öffentliche Planungsträger können sich zu einem Planungsverband zusammenschließen, um durch gemeinsame zusammengefaßte Bauleitplanung den Ausgleich der verschiedenen Belange zu erreichen. Der Planungsverband tritt nach Maßgabe seiner Satzung für die Bauleitplanung und ihre Durchführung an die Stelle der Gemeinden. (2) Kommt ein Zusammenschluß nach Absatz 1 nicht zustande, so können die Beteiligten auf Antrag eines Planungsträgers zu einem Planungsverband zusam54
1. Abschnitt. A l l g e m e i n e Vorschriften
§4
mengeschlossen werden, wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit dringend geboten ist. Ist der Zusammenschluß aus Gründen der Raumordnung und Landesplanung geboten, kann den Antrag auch die für die Landesplanung nach Landesrecht zuständige Stelle stellen. Über den Antrag entscheidet die Landesregierung. Sind Planungsträger verschiedener Länder beteiligt, so erfolgt der Zusammenschluß nach Vereinbarung zwischen den beteiligten Landesregierungen. Sollen der Bund oder eine bundesunmittelbare Körperschaft oder Anstalt an dem Planungsverband beteiligt werden, so erfolgt der Zusammenschluß nach Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung, sofern die beteiligte Behörde des Bundes oder der bundesunmittelbaren Körperschaft oder Anstalt dem Zusammenschluß durch die Landesregierung widerspricht. (3) Kommt eine Einigung Uber die Satzung oder über den Plan unter den Mitgliedern nicht zustande, so stellt die zuständige Landesbehörde eine Satzung oder einen Plan auf und legt sie dem Planungsverband zur Beschlußfassung vor. Einigen sich die Mitglieder über diese Satzung oder diesen Plan nicht, so setzt die Landesregierung die Satzung oder den Plan fest. Absatz 2 Satz 4 ist entspechend anzuwenden. Ist der Bund oder eine bundesunmittelbare Körperschaft oder Anstalt an dem Planungsverband beteiligt, so wird die Satzung oder der Plan nach Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung festgesetzt, sofern die beteiligte Behörde des Bundes oder der bundesunmittelbaren Körperschaft oder Anstalt der Festsetzung durch die Landesregierung widerspricht. (4) Sind zum Vollzug eines Bebauungsplans bodenordnende Maßnahmen notwendig, so kann sie der Planungsverband durchführen. Die Vorschriften des Vierten Teiles dieses Gesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß der Planungsverband an die Stelle der Gemeinde tritt. (5) Ist zum Vollzug des Bebauungsplans eine Enteignung zugunsten eines oder mehrerer öffentlicher Planungsträger erforderlich, so kann der Planungsverband die Enteignung nach den Vorschriften des Fünften Teils beantragen. (6) Der Planungsverband ist aufzulösen, wenn die Voraussetzungen für den Zusammenschluß weggefallen sind oder der Zweck der gemeinsamen Planung erreicht ist. Kommt ein übereinstimmender Beschluß über die Auflösung zustande, so gilt Absatz 2 entsprechend. (7) Nach Auflösung des Planungsverbandes gelten die von ihm aufgestellten Pläne als Bauleitpläne der einzelnen Gemeinden. (8) Ein Zusammenschluß nach dem Zweckverbandsrecht oder durch besondere Landesgesetze wird durch diese Vorschriften nicht ausgeschlossen,. (9) Wird die Befugnis zur Aufstellung von Bauleitplänen nach den Absätzen 1 bis 3 oder Absatz 8 übertragen, so sind die Entwürfe des Bauleitplans mit dem Erläuterungsbericht oder der Begründung vor der Beschlußfassung hierüber oder der Festsetzung nach Absatz 3 Satz 2 oder 4 den Gemeinden, für deren Gebiet der Bauleitplan aufgestellt werden soll, zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zuzuleiten. Die für den Beschluß über den Bauleitplan zustän55
1. Teil. Bauleitplanung
dige Stelle prüft die von der Gemeinde in ihrer Stellungnahme fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen und teilt das Ergebnis der Gemeinde mit. Bei der Vorlage der Bauleitpläne zur Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde sind die nicht berücksichtigten Bedenken und Anregungen mit einer Stellungnahme der Stelle, die den Bauleitplan beschlossen hat, beizufügen. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend, wenn der Bauleitplan nach Absatz 3 Satz 2 oder 4 festgesetzt wird. 1. Freiwilliger Planungsverband a) Um „durch gemeinsame zusammengefaßte Bauleitplanung zum Ausgleich der verschiedenen Belange" zu kommen — vgl. die ähnliche Fassung in § 3 —, sieht das Gesetz die Möglichkeit des Zusammenschlusses von Gemeinden und sonstigen öffentlichen Planungsträgern zu Planungsverbänden vor (Abs. 1). Diese Vorschrift gründet auf der Erfahrung, daß bei der Überlagerung von Interessen und Aufgaben in größeren Räumen eine Lösung nur durch Zusammenarbeit der beteiligten Planungsträger möglich ist. Um die Grenzen dieses Planungsbereichs nicht zu eng zu halten, wurden seinerzeit — § 4 Abs. 1 erfuhr durch die Novelle 1976 keine Änderung, dagegen wurde ein neuer § 4a geschaffen — auf Vorschlag des 24. Bundestagsausschusses aus dem RegE diejenigen Bestimmungen gestrichen, die einer Regionalplanung entgegenstehen; insbesondere wurde auf die Bezeichnung „örtlich" verzichtet. Die Fassung des Abs. 1 ist im übrigen so gehalten, daß der Schaffung von Planungszusammenschlüssen zum Zweck der Durchführung von Aufgaben der Bauleitplanung keine Hindernisse bezüglich der Rechtsform im Wege stehen. Daß außer den Gemeinden auch „sonstige öffentliche Planungsträger" als Beteiligte genannt sind, trägt vor allem der Tatsache Rechnung, daß bereits eine Reihe von überörtlichen öffentlichen Planungsträgern besteht, die ihre Aufgaben auch unter dem neuen Rechtszustand weiterführen können und sollen; ihr Bestand soll also gesichert — soweit sie nicht § 2 Abs. 1 widersprechen —, und eine Erweiterung durch Beitritt von Gemeinden ermöglicht werden. Wer als „öffentlicher Planungsträger" im Sinn dieser Bestimmung zu gelten hat, sagt das BBauG im einzelnen nicht. Doch gehören dazu jedenfalls alle öffentlich-rechtlichen Organe, die Träger von Grund und Boden rechtlich oder tatsächlich berührender Planungsaufgaben sein können und sind, wie Bund, Länder, Kommunalverbände, ferner die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen (z. B. FStrG, Bundesbahngesetz, Wasserverbandsordnung u. a.) mit öffentlich-rechtlichen Planungsaufgaben betraute Organe, wie die Straßenverwaltungen des Bundes und der Länder, die Bundesbahn u. a. mehr, ferner von öffentlichen Organen eigens ins Leben gerufene (z. B. nach dem Zweckverbandsgesetz) öffentliche Planungsträger zur Bewältigung bestimmter Planungsaufgaben (z. B. zur Anlegung eines Flugplatzes oder zur Koordinierung der städtebaulichen Entwicklung in Industriebezirken u. a.). 56
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§42
Auch Kreise, die in den meisten Ländern untere Naturschutzbehörden sind, zählen hierzu. b) Der Planungsverband hat sich — wie sich aus Abs. 1 Satz 2 ergibt — eine Satzung zu geben. Nach Maßgabe der Satzung tritt der Planungsverband an Stelle der Gemeinde; dies gilt auch für die Vorbehandlung der Pläne bis zu ihrer Genehmigung. Alle der Gemeinde obliegenden formellen Aufgaben hat für den Umfang seiner Aufgaben der Planungsverband durchzuführen. Die Satzung kann dem Planungsverband bestimmte Einzelaufgaben ausschließlich zuteilen (z. B. Anlage eines Verkehrssystems in einem bestimmten Gebiet), so daß für die übrigen Aufgaben der Bauleitplanung die betreffenden Gemeinden zuständig bleiben. Die notwendige gegenseitige Abstimmung ist in geeigneter Form in den Satzungen zum Ausdruck zu bringen. Jede der dem Planungsverband angehörenden Gemeinden muß die Verfahrensvorschrift für Bauleitpläne erfüllen (BVerwGE 40, 173). Bezüglich der Rechtsform des Verbands macht das BBauG bewußt keine Vorschriften. Lediglich der öffentlich-rechtliche Charakter des Unternehmens muß — wie sich aus § 4 ergibt — einwandfrei erkennbar sein. Diese öffentlich-rechtliche Körperschaft ist mit besonderen Aufgaben der Bauleitplanung nach dem BBauG ausgestattet, also ein Zweckverband besonderer Art. Jedenfalls muß zum Planungsverband mindestens eine Gemeinde gehören. c) Aus Abs. 8 ergibt sich, daß durch die Vorschriften des § 4 andere Zusammenschlüsse, z. B. nach dem Zweckverbandsgesetz vom 7.6.1939 (RGBl. I S. 979) oder nach Landesgesetzen nicht ausgeschlossen werden sollen. Den Ländern steht es somit frei, bestimmte Formen der Zusammenschlüsse von Planungsträgern zu Planungsverbänden anzuordnen. d) Auch durch das StBauFG wird der Planungsverband angesprochen. Nach § 7 StBauFG können in der Satzung des Planungsverbands auch Sanierungsgebiete förmlich festgelegt werden. In § 82 wird im Rahmen der Regelung der Veräußerungsgewinne auch der Planungsverband genannt. 2. Planungsverband kraft staatlicher Anforderung Über die Kannvorschrift des Abs. 1 hinaus sieht das Gesetz in Abs. 2 Zwangszusammenschlüsse von Planungsträgern zu Planungsverbänden vor. Ein solcher Zusammenschluß kraft staatlicher Anordnung hat jedoch zwei Voraussetzungen: a) Antrag mindestens eines Planungsträgers, b) der Zusammenschluß muß zum Wohl der Allgemeinheit dringend geboten sein. Hier handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Falle des Verwaltungsstreitverfahrens, das eine zwangsbeigezogene Gemeinde anstrengt, der vollen verwaltungsrichterlichen Prüfung unterliegt. Im Hinblick auf die schwerwiegende Maßnahme eines Zwangszusammenschlusses ist die Entscheidung über den Antrag der Landesregierung — gemeint ist der Mini57
§45
1. Teil.
Bauleitplanung
sterrat (das Kabinett) — vorbehalten worden. Soweit Planungsträger verschiedener Länder beteiligt sind, tritt anstelle der Entscheidung der Landesregierung eine Vereinbarung der beteiligten Landesregierungen; ist der Bund oder eine bundesunmittelbare Körperschaft bzw. Anstalt beteiligt, so erfolgt der Zusammenschluß nach Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung, sofern die beteiligte Bundesbehörde (Anstalt) dem Zusammenschluß durch die Landesregierung widerspricht. Die in der Erstfassung des Gesetzes enthaltene Raumordnung als Beispiel erhielt durch die Novelle 1976 einen eigenen, um die Landesplanung erweiterten Satz; der diesbezügliche Antrag kann auch von der zuständigen Landesplanungsstelle gestellt werden. 3. Zustandekommen der Satzung des Planungsverbands Der Normalfall des Zustandekommens der Satzung, die nicht mit der Bebauungsplanung — vgl. § 10 — verwechselt werden darf, ist die Einigung zwischen den Mitgliedern. Kommt eine solche unter den Mitgliedern nicht zustande, so stellt nach Abs. 3 die zuständige Landesbehörde, d. i. die jeweils in Betracht kommende Aufsichtsbehörde (also z. B. bei Zusammenschluß von Gemeinden verschiedener Landkreise oder von Stadtkreisen des gleichen Bezirks die höhere Verwaltungsbehörde), eine Satzung auf und legt sie dem Planungsverband zur Beschlußfassung vor. Kommt auch über die Satzung keine Einigung unter den Mitgliedern zustande, erfolgt die Festsetzung der Satzung durch die Landesregierung (Kabinett). Das gleiche Verfahren gilt bei Uneinigkeit über den Bauleitplan selbst. In den Fällen der Beteiligung mehrerer Bundesländer oder des Bundes bzw. einer bundesunmittelbaren Körperschaft bzw. Bundesanstalt gelten die Vorschriften des Abs. 2 sinngemäß. 4. Sonderaufgaben des Planungsverbands Erweisen sich zum Vollzug des verbindlichen Bauleitplans (BebPl.) auch bodenordnende Maßnahmen, nämlich Umlegungen (siehe §§ 45 bis 79) oder Grenzregelungen (siehe §§ 80 bis 84), als erforderlich, so kann diese nach Abs. 4 der Planungsverband durchführen. Die sonst der Gemeinde obliegenden Aufgaben (vgl. §§ 46 ff. und 82 ff.) übernimmt der Planungsverband. Abs. 4 ist bereits durch Abs. 1 Satz 2 gedeckt. Der Planungsverband kann auch an Stelle der Gemeinde die Enteignung nach den Vorschriften der §§ 85 bis 122 beantragen, wenn eine solche zum Vollzug des verbindlichen Bauleitplans (BePl.) zugunsten eines oder mehrerer öffentlicher Planungsträger erforderlich ist (Abs. 5). Vgl. im einzelnen die Erläuterungen bei § 85. 5. Auflösung des Planungsverbands a) Nach Abs. 6 muß der Planungsverband aufgelöst werden, wenn die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen für den Zusammenschluß weggefallen 58
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§47
sind oder der Zweck der gemeinsamen Planung erreicht ist. Kommt ein übereinstimmender Beschluß über die Auflösung nicht zustande, dann entscheidet die Landesregierung (s. o. Erl. 2b) über die Auflösung; sind mehrere Länder oder der Bund beteiligt, dann erfolgt die Auflösung durch Verwaltungsabkommen dieser Länder, gegebenenfalls unter Beteiligung der Bundesregierung in entsprechender Anwendung des Abs. 2. b) Die vom Planungsverband aufgestellten Pläne gelten nach Auflösung des Verbands als Bauleitpläne der beteiligten einzelnen Gemeinden weiter (Abs. 7). Änderungen, Ergänzungen oder Aufhebung dieser Pläne erfolgen dann durch die einzelne Gemeinde selbstverantwortlich nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 6 in Verbindung mit Absatz 6 hier. 6. Zusammenschlüsse nach Zweckverbandsgesetz oder durch Landesgesetz Der Bundesbaugesetzgeber läßt auch andere Zusammenschlüsse zur Erreichung der städtebaulichen Planungsziele zu, und zwar nach dem Zweckverbandsgesetz (vom 7.6.1939, RGBl. I S. 979) oder durch Landesgesetz (Abs. 8). In Baden-Württemberg, Bayern und in Nordrhein-Westfalen wurde das nach Inkrafttreten des Grundgesetzes als Landesrecht weitergeltende ZweckVG bereits durch Landesgesetze vom 24. 7. 1963, vom 12. 7. 1966 (GVB1. S. 218) — Gesetz über kommunale Zusammenarbeit — bzw. vom 26. 4. 1961 abgelöst. In Art. 61 des bayerischen KommZG und in § 2 des Gesetzes von Nordrhein-Westfalen ist auf § 4 BBauG Bezug genommen. Die Voraussetzungen und Erfordernisse für die Gründung von Zweckverbänden sind teilweise verschieden gegenüber denjenigen für die Bildung von Planungsverbänden, sei es auf freiwilliger Grundlage (Freiverbände) oder durch staatl. Anordnung (Pflicht- oder Zwangsverbände); vgl. insbes. §§3, 6 Abs. 4, 7, 9, 10, 11, 15, 17, 20, 21 und 31 ZweckVG. 7. Beteiligung der betroffenen Gemeinden (Abs. 9) Der durch die Novelle 1976 neu geschaffene Abs. 9 (Vorschlag des federführenden Ausschusses) will klarstellen, daß in allen Fällen, in denen ein Planungsverband für die Aufstellung der Bauleitpläne zuständig ist, die betroffenen Gemeinden gehört werden müssen (Satz 1). Die Zuleitung innerhalb angemessener Frist bedeutet, daß eine unangemessene Verzögerung der einzelnen Gemeinde die Befugnis gibt, sich wegen eines solchen Verhaltens gegenüber dem Planungsverband zur Wehr setzen zu können. Die Prüfung der Bedenken und Anregungen (Satz 2) löst eine Mitteilung An die betroffene Gemeinde aus. Auch muß der höheren Verwaltungsbehörde mitgeteilt werden, welche nicht berücksichtigten Bedenken und Anregungen geltend gemacht wurden und warum sie nicht berücksichtigt wurden (Satz 3). Das gleiche gilt, wenn die höhere Verwaltungsbehörde anstelle des uneinigen Planungsverbandes (Abs. 3) den Bauleitplan festsetzt. 59
§4ai
1. Teil. Bauleitplanung
8. Bauleitplanung bei Bildung von Planungsverbänden (§ 4a) Der durch das ÄndG vom 18. 8.1976 eingefügte § 4a sieht Sondervorschriften für die Bauleitplanung u. a. auch bei Bildung von Planungsverbänden vor. Im einzelnen siehe bei der nachfolgenden Vorschrift.
§4 a Bauleitplantlhg bei Gebiets- oder Bestandsänderung nungsverbänden
und der Bildung von Pla-
(1) Werden Gemeinden in ihrem Gebiet oder Bestand geändert oder geht die Zuständigkeit zur Aufstellung von Flächennutzungsplänen auf Verbände oder sonstige kommunale Körperschaften über, so gelten ungeschadet abweichender landesrechtlicher Regelungen bestehende Flächennutzungspläne fort. Dies gilt auch für räumliche und sachliche Teile der Flächennutzungspläne. Die Befugnis und die Pflicht der Gemeinde, eines Verbandes oder einer sonstigen Körperschaft, fortgeltende Flächennutzungspläne aufzuheben oder für das neue Gemeindegebiet zu ergänzen oder durch einen neuen Flächennutzungsplan zu ersetzen, bleiben unberührt. (2) Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen können nach einer Gebiets- oder Bestandsänderung in ihrem jeweiligen Stand fortgeführt werden. Satz 1 gilt entsprechend bei Bildung von Planungsverbänden und für Zusammenschlüsse nach § 4 Abs. 8 und 9. Die höhere Verwaltungsbehörde kann verlangen, daß bestimmte Verfahrensabschnitte wiederholt werden. (3) Wenn zwingende Gründe es erfordern, kann ein Bebauungsplan aufgestellt, ergänzt, geändert oder aufgehoben werden, bevor der nach Absatz 1 Satz 1 fortgeltende Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist. 1. Allgemeines Diese Vorschrift wurde durch die Novelle 1976 in das Gesetz eingefügt. Der Vorschlag der BReg. erfuhr im federführenden Ausschuß und durch den Vermittlungsausschuß auf Anregung des BR Ergänzungen. Die Einfügung gründet nach der AmtlBegr. auf der gewissen Unsicherheit über die Weitergeltung von FINPlänen in den Fällen, in denen eine Gemeinde aufgelöst wird oder anläßlich kommunaler Neugliederungsmaßnahmen in einer anderen Gemeinde aufgeht. Die überwiegende Auffassung hatte wohl eine Weitergeltung angenommen, doch will eine klare gesetzliche Regelung Zweifelsfragen von vorneherein ausschließen. 60
1. Teil. Allgemeine Vorschriften
§ 4a
4
Der BR hat seinerseits eine Erweiterung der Vorschrift in seiner Stellungnahme dahingehend befürwortet, als die Bildung von Planungsverbänden mit in die Regelung einbezogen worden ist und landesrechtliche Regelungen vorbehalten bleiben (s. bei Nr. 2). Eine weitere Ergänzung auf Grund Vorschlags des BR (BR—DS 7/190) betrifft die Aufstellung (Änderung oder Ergänzung eines BebPl. aus zwingenden Gründen, bevor der fortgeltende F1NP1. ergänzt oder geändert ist, s. bei Nr. 4). 2. Grundvorschrift (Abs. 1) FIPläne aufgelöster oder im Bestand geänderter Gemeinden gelten unbefristet weiter, es sei denn, daß landesrechtlich Abweichendes bestimmt ist. Die ursprünglich vorgesehene dreijährige Frist für eine Beendigung der Weitergeltung wurde nicht in die Gesetz gewordene Novelle 1976 aufgenommen. Die Weitergeltung erstreckt sich auf räumliche oder sachliche Teile von FINPlänen (Satz 1). Andererseits wird durch die Regelung des Abs. 1 in keiner Weise die Möglichkeit eingeschränkt, fortgeltende FINPläne bei Bedarf aufzuheben, zu ergänzen oder durch einen neuen Plan zu ersetzen. Die Befugnis kann — wie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen — im Falle eines Bedürfnisses auch zu einer Rechtspflicht werden. 3. Fortführung von Verfahren (Abs. 2) Im Interesse der Kontinuität eingeleiteter Planaufstellungsverfahren bestimmt Abs. 2, daß bei Gebiets- oder Bestandsänderungen diese Verfahren ihrem jeweiligen Stand entsprechend fortgeführt werden können, soweit nicht die höhere Verwaltungsbehörde die Wiederholung bestimmter Verfahrensabschnitte verlangt. Ein solches Verlangen beruht auf der Stellung der höheren Verwaltungsbehörde (zumeist Bezirksregierung) als Rechtsaufsichtsbehörde, insbesondere, um festgestellte Verfahrensfehler rechtzeitig auszumerzen, damit sie nicht in den Fortgang eines Verfahrens mit hineingezogen werden. 4. Ausnahme: Bebauungsplan vor Flächennutzungsplan (Abs. 3) Abs. 3 trägt der Rspr. des BVerwG (U vom 28. 2. 1975, BauR 1975, 256) auch im Bereich der Gemeindegebietsänderungen Rechnung. Die Legitimierung einer Aufstellung eines BebPl. vor dem F1NP1. erweist sich hier als besonders geboten, weil oftmals ein echtes Bedürfnis besteht. Ohne diese Regelung könnte folgender Fall eintreten: Wenn von zwei früheren selbständigen Gemeinden nur die eine Gemeinde einen F1NP1. hat, so könnte ohne die neue Bestimmung einerseits die neue Gemeinde den fortgeltenden F1NP1. nicht mehr ändern, andererseits wäre die neue Gemeinde nicht immer in der Lage, alsbald einen F1NP1. für das gesamte neue Gemeindegebiet aufzustellen; die neue Gemeinde wäre gezwungen, die Aufstellung des dringend erforderli61
§5
1. Teil. Bauleitplanung
chen BebPl. zu unterlassen, oder den BP1. aus einem überholten F1NP1. herauszuentwickeln. 5. Rechtsprechung Das nachfolgend abgedruckte U des BVerfG vom 22. 4. 1974 zeigt die Problematik auch der neuen Vorschrift in Bezug auf die kommunale Gebietsreform auf. BVerwG U vom 22. 4. 1974 (IV C 6.73) DVB1. 1974, 636 = N J W 1974, 1010, = Städtetag 1974,271 = BayVBl. 1974,345 = DÖV 1974, 561 = BauR 1974, 181 FINPläne treten aus Anlaß kommunaler Gebietsänderungen nicht schon dann außer Kraft, wenn sie infolge der Gebietsänderung nicht mehr „für das ganze Gemeindegebiet" gelten (§ 5 Abs. 1 BBauG). Ein Außerkrafttreten ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn und soweit eine Darstellung durch die Gebietsänderung in einer Weise erschüttert wird, die sie als unter den veränderten Umständen nicht mehr brauchbar oder als Interessenabwägung nicht mehr vertretbar erscheinen läßt.
ZWEITER ABSCHNITT Vorbereitender Bauleitplan (Flächennutzungsplan) §5 Inhalt des
Flächennutzungsplanes
(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. (2) Soweit es erforderlich ist, sind insbesondere darzustellen 1. die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) sowie nach der besonderen Art und dem allgemeinen Maß ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete); Bauflächen, für die eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist, sind zu kennzeichnen ; 2. die Ausstattung des Gemeindegebiets mit Einrichtungen und Anlagen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs, insbesondere mit den der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeindebedarfs, wie mit Schulen und Kirchen sowie mit sonstigen kirchlichen und mit sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienenden Gebäuden und Einrichtungen; 3. die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge ; 62
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§51
4. die Flächen für Versorgungsanlagen, für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen sowie für Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen; 5. die Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zeltund Badeplätze, Friedhöfe; 6. die Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinrichtungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 721, 1193), zuletzt geändert durch § 99 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25. Mai 1976 (Bundesgesetzbl. I S . 1253); 7. die Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind; 8. die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen; 9. die Flächen für die Landwirtschaft und für die Forstwirtschaft. (3) Im Flächennutzungsplan kann die beabsichtigte Reihenfolge für die Verwirklichung der Planung dargestellt werden. (4) Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, sowie Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind, sollen im Flächennutzungsplan gekennzeichnet werden. (5) Gebiete, in denen zur Beseitigung städtebaulicher Mißstände besondere der Stadterneuerung dienende Maßnahmen erforderlich sind (Sanierungsgebiete), sollen kenntlich gemacht werden. (6) Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, so sollen sie im Flächennutzungsplan vermerkt werden. (7) Dem Flächennutzungsplan ist ein Erläuterungsbericht beizufügen.
1. Vorbemerkung Durch die Novelle von 1976 erhielt § 5 Erweiterungen (Abs. 2 Nr. 2 und 5, neue Nr. 6, Nr. 7 (alt 6), neuer Abs. 2 (2a E) und eine Kürzung durch Wegfall des alten Abs. 6; weitere Reg Vorschläge (Abs. 3, Anfügung eines Satzes aus dem alten Abs. 7) verfielen schließlich der Ablehnung im federf. Ausschuß. Im Rahmen der Ausschußberatungen wurde das Merkmal „Art der Bodennutzung" (Abs. 1), das im RegE nicht mehr enthalten war, beibehalten, und zwar weil § 1 völlig umgestaltet wurde (systematischer Einbau der Entwicklungsplanung). 63
§52
I. Teil. Bauleitplanung
Der Wegfall des alten Abs. 6 (Nutzungsregelungen in Landschaftsschutzgebieten) erfolgte auf Vorschlag des BR; damit wird der frühere Vorrang der Bauleitplanung vor Landschaftsschutzbestimmungen beseitigt. 2. Umfang und Rechtsnatur des Flächennutzungsplans a) Nach Abs. 1 ist im vorbereitenden Bauleitplan (F1NP1.) für das gesamte Gemeindegebiet die beabsichtigte Art der Bodennutzung in den Grundzügen so, wie die Bedürfnisse der Gemeinde voraussehbar, sind, darzustellen. Aus der Gegenüberstellung dieser Bestimmung mit entsprechenden Bestimmungen über den verbindlichen Bauleitplan (§ 8 — dort heißt es rechtsverbindliche Festsetzungen) ergibt sich, daß der F1NP1. ein Rechtsinstitut eigener Art darstellt, das eine selbständige Bindung des Ortsgesetzgebers herbeiführt, aber keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen auslöst, und zwar ungeachtet dessen, daß er wie der (endgültige) BebPl. öffentlich auszulegen und durch die höhere Verwaltungsbehörde zu genehmigen ist (vgl. § 6). Es handelt sich somit beim F1NP1., wie bereits die Bezeichnung vorbereitender Bauleitplan besagt, weder um etwas Endgültiges noch um eine in alle Einzelheiten und Feinheiten gehende Darstellung und Festlegung. Aus einem solchen gewissermaßen provisorischen Plan Rechte eines einzelnen herleiten zu wollen, würde dem Sinn des Rechtsschutzes widersprechen. Freilich kann aus dem F1NP1. inzident auf die Planungsabsichten der Gemeinde geschlossen werden, was im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung über die Zulässigkeit von Bauvorhaben durchaus gewichtig werden kann. Aus der Natur des F1NP1. ergibt sich auch, daß er stets den veränderten Verhältnissen anzupassen ist. Allerdings sind die Formvorschriften der §§ 2 und 2a einzuhalten, damit insbesondere auch die Öffentlichkeit über geplante Veränderungen unterrichtet wird. b) Über die Rechtsnatur des F1NP1. enthält das BBauG keine ausdrückliche Aussage. Bezüglich der Rechtsbindungen, die er trotzdem erzeugt, ergibt sich aus dem Zusammenhang der Vorschriften: Die Gemeinde ist jedenfalls an den von ihr aufgestellten F1NP1. insoweit gebunden, als sie — solange sie nicht einen neuen beschlossen hat — aus ihm ihre BebPl. zu entwickeln hat (§ 8 Abs. 2 Satz 1). Eine Verletzung dieser Vorschrift könnte im Zuge eines Normenkontrollverfahrens (§ 47 VwGO) u. U. zur Ungültigkeitserklärung des BebPl. führen. Die öffentlichen Planungsträger haben nach § 7 ihre Planungen dem F1NP1. insoweit anzupassen, als sie dem Plan nicht widersprochen haben oder der Widerspruch unanfechtbar zurückgewiesen worden oder sonstwie erledigt ist. Gegenüber den Bauwilligen hat der F1NP1. insoweit Rechtsbindung, als zu den öffentlichen Belangen, die bei der Zulassung von Vorhaben im Außenbereich oder der Genehmigung des Bodenverkehrs zu berücksichtigen sind, insbesondere auch die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets gehört; diese wiederum wird in erster Linie durch den F1NP1. dargestellt (BVerwG U vom 29. 4. 1964, BVerwGE 18, 247, und vom 64
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§ 5 2
15. 3. 1967, BVerwGE 26, 287, s. Rspr. bei § 35). Entsprechend der Rspr. des BVerwG aber wird in den Fällen, in denen die Entwicklung für ein Gebiet anders verlaufen ist, als die Zielsetzung im F1NP1. es vorgezeichnet hat, seine Aussagekraft aufgehoben (vgl. BVerwG U vom 15.3.1967 a.a.O.). Allerdings muß es sich um ein entgegenstehendes Baugeschehen von erheblichem Umfang und erheblicher Stärke handeln, wenn man zu dieser Feststellung kommen will. Die Schwierigkeiten, die die Anwendung des BBauG insbesondere den kleinen Gemeinden macht, haben mehr und mehr dazu geführt, dem F1NP1. eine „quasi-Rechtsnormqualität" zuzuerkennen. Zwar sagt das BVerwG im obenangeführten Urteil vom 29. 4. 1964, „die im F1NP1. zum Ausdruck gebrachten planerischen Vorstellungen der Gemeinde gehören als Konkretisierung dessen, was im Einzelfall ,die' geordnete städtebauliche Entwicklung ist, zu den öffentlichen Belangen, die die Baugenehmigung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens zu berücksichtigen hat", doch spricht das gleiche Gericht — allerdings der IV. und nicht mehr der I. Senat — mit U vom 25. 10. 1967, BVerwGE 28, 148 (s. Rspr. bei § 35) ausdrücklich dem F1NP1. der Gemeinde für die Feststellung von öffentlichen Belangen „keine an sich entscheidungserhebliche Aussagekraft" zu. Wie oben dargelegt, muß man den F1NP1. als Rechtsinstitut eigener Art ansehen, ohne in das eine oder andere Extrem zu verfallen, d. h. man kann ungeachtet dessen, daß der F1NP1. den Planungswillen der Gemeinde darstellt, ihm Rechtsnormcharakter noch nicht zusprechen; denn gerade seine Flexibilität widerspricht dem, was man sich von einer Rechtsnorm vorstellt, nämlich wenigstens eine gewisse Daueraussagekraft, ebenso wie sie z. B. der Bebauungsplan verwirklicht. Nach der Übergangsvorschrift des § 173 (siehe im einzelnen die Erläuterung dort) galten die bestehenden rechtsgültigen Wirtschaftspläne nach dem Wohnsiedlungsgesetz zwei Jahre lang als F1NP1. weiter und konnten u. U. zu unbefristet geltenden F1NP1. erklärt werden; denn der F1NP1. ist dem Wirtschaftsplan des WSG wesensverwandt; auch der die Bestimmung über den Wirtschaftsplan enthaltende § 2 WSG enthält die Worte „in den Grundzügen . c) Der F1NP1. kann — im Gegensatz zum BebPl. — räumlich nicht auf Teile des Gemeindegebiets beschränkt werden; sachlich hingegen kann er in einzelne Pläne aufgeteilt werden, z. B. in einen solchen, der die Freiflächen und in einen anderen, der die Versorgungsflächen darstellt. Andererseits kann sich aus dem F1NP1. eine innerhalb des Gemeindebereichs vorgesehene Trennung der für eine Bebauung vorgesehenen Flächen (die nach Art der baulichen Nutzung dargestellt werden) vom bebauungsfrei zu haltenden Umland, für das die Einbeziehung in einen BebPl. (§ 8 Abs. 2, § 9) entfallen kann, ergeben. 65
§53
1. Teil.
Bauleitplanung
3. Inhalt des Flächennutzungsplaiis a) Da der F1NP1. die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung des gesamten Gemeindegebiets in großen Zügen darlegen soll, muß in ihm all das kenntlich gemacht werden, was hierfür von Belang sein kann. Deshalb sind in Abs. 2 eine Reihe von Darstellungen aufgeführt, die, „soweit es erforderlich ist", aufgeführt werden müssen. Darüber hinaus enthalten die Absätze 3, 4 und 5 Sollvorschriften über weitere Darstellungen, bzw. Übernahme bestehender Planungen. Die Fassung des § 5 schließt nicht aus, daß darüber hinaus bei Bedarf weitere Darstellungen erfolgen können. Die notwendigen Darstellungen sind im einzelnen: aa) Die Bauflächen, d. h. die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art der baulichen Nutzung; bei diesen Flächen ist eine besondere Kennzeichnung erforderlich, wenn und insoweit eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist (Nr. 1,1. und 3. Halbsatz). Unter aa) fällt die grobe Unterscheidung in Wohnflächen und Industrieflächen, aber auch die allgemeine Abgrenzung zu den von der Bebauung freizuhaltenden Flächen. bb) Die Baugebiete, d. h. die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der besonderen Art und dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung (Nr. 1, 2. Halbsatz). Hierzu gehört die Ausweisung von Villenvierteln mit offener Bauweise, von Reihenhäusersiedlungen, von „Parkstädten" mit Hochhäusern, von Gewerbe- und Industriegebieten, von gemischten Gebieten u. a. m. cc) Die im Zuge der Beratungen der Novelle 1976 umgestaltete und erweiterte Nr. 2 sieht nun vor, daß auch Anlagen und Einrichtungen zur darzustellenden Ausstattung des Gemeindegebiets gehören, die über den (bisher allein genannten) Gemeinbedarf hinausgehen. dd) Die Verkehrsflächen (Nr. 3), und zwar sowohl diejenigen für den überörtlichen Verkehr (z. B. Ortsdurchfahrten von Fernverkehrsstraßen) als auch die örtlichen Hauptverkehrswege; hierunter fallen natürlich auch die Flächen für den ruhenden Verkehr (Parkplätze, Parkhäuser u. ä.). ee) Die Flächen für Versorgungsanlagen, nämlich für die Verwertung oder Beseitigung von Abwässern und festen Abfallstoffen (Müll) und für die Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen (Nr. 4). ff) Die Grünflächen sind nunmehr (Novelle 1976) getrennt aufgeführt, während die Parkanlagen sowie die Flächen für Freizeit und Erholung eigens aufgeführt werden; bei den Beispielen zur letzteren Art sind nunmehr auch die Campingplätze genannt. In der hier zuständigen Nr. 5 sind auch die Friedhöfe genannt. Der Begriff Grünanlage im Sinne des BBauG zur Abgrenzung zu den nicht dem Schutz des Gesetzes (BBauG und Länderbauordnungen) unterliegenden anderen, geringfügigen Rasenflächen oder Einzelbeeten (z. B. auf Verkehrsinseln) wird bestimmt durch ihre Bezeichnung (nach der Planzei66
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§ 5 3
chenverordnung) als solche in den ausgewiesenen oder vorgesehenen Baugebieten. Die Unterscheidung öffentliche Grünflächen und nichtöffentliche Grünflächen ist nur hinsichtlich der (bestehenden) Eigentumsverhältnisse von Belang. Die Gemeinde ist gehalten, als Grünflächen ausgewiesene Gebiete auch in ihr Eigentum zu bringen oder sonstwie dinglich für diese Zwecke zu sichern. Die erweiterte Einzelaufführung über den Sammelbegriff Grünflächen hinaus berücksichtigt die Rspr., nach der es nicht ausreicht, wenn die Gemeinde in den Bauleitplänen (also auch im F1NP1.) nur Grünflächen festsetzt und erst später entscheidet, welcher Verwendungsart die Grünfläche zugeführt werden soll; erforderlich ist eine Aussage, welche Zwecke mit der Festsetzung verfolgt werden. gg) Die neue (Novelle 1976) Nr. 6 berücksichtigt das zwischenzeitlich ergangene Immissionsschutzgesetz. Die Fassung zeigt, daß bereits die konkreten Schutzmaßnahmen getroffen sein müssen. hh) Zu den in Nr. 7 genannten Wasserflächen gehören auch Hafenanlagen. Seit der Novelle 1976 sind die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen, z. B. Entwässerungs- und Flußregulierungsflächen namentlich genannt. ii) Die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen (z. B. für Kiesgewinnungsanlagen) oder für die Gewinnung von Bodenschätzen (z. B. für Steinbrüche) (Nr. 8). ii) Die land- und forstwirtschaftlichen Flächen; hierzu gehören auch die Gärtnereianlagen (Nr. 9). b) Nach § 1 Abs. 1 der auf Grund des § 2 Abs. 10 Nr. 1 bis 4 BBauG erlassenen BauNVO sind im F1NP1. soweit erforderlich die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach Bauflächen darzustellen, und zwar als Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen und Sonderbauflächen. Im BebPl. sind diese Flächen (förmlich) festzusetzen. Nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung sind entsprechend § 1 Abs. 1 und 2 BauNVO die Bauflächen zu gliedern, und zwar die Wohnbauflächen in Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allgemeine und besondere Wohngebiete, die gemischten Bauflächen in Dorfgebiete, Mischgebiete und Kerngebiete, die gewerblichen Bauflächen in Gewerbegebiete und Industriegebiete, die Sonderbauflächen in Wochenendhausgebiete, Ferienhaus- und Campingplatzgebiete (Sondergebiete, die der Erholung dienen). Im einzelnen siehe die Kommentierung der BauNVO (Nr. II 3 des Komm.). c) Abs. 3 ermöglicht es der Gemeinde, im F1NP1. die beabsichtigte Reihenfolge für die Verwirklichung der Planung darzustellen. Der F1NP1. kann damit deutlich machen, wie sich voraussichtlich die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung in der Gemeinde vollziehen wird. Als Beispiel für die Darstellung von Reihenfolgen kann die Darstellung für eine abschnittsweise Bebauung eines größeren Gebiets unter Berücksichtigung der Investitionspla67
§54
1. Teil. Bauleitplanung
nung für die Erschließung sowie die Gemeinbedarfs- und sonstigen Folgeeinrichtungen genannt werden. Ein weiteres Beispiel einer Reihenfolge ist die Darstellung der Abhängigkeit, in der die Durchführung einer beabsichtigten städtebaulichen Maßnahme von dem Bau eines größeren Klärwerks steht. d) Die Sollvorschrift des Abs. 4 beinhaltet die Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen bzw. Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, ferner Flächen, unter denen Bergbau betrieben wird oder die für den Abbau von Mineralien vorgesehen sind. e) Eine wichtige Sollvorschrift stellt Abs. 5 dar: Sie dient dazu, die Gemeinde zu einer möglichst frühzeitigen Prüfung zu veranlassen, ob und in welchen Stadtgebieten Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung städtebaulicher Mißstände erforderlich sind. Im Zusammenhalt mit den Bestimmungen über das Vorkaufsrecht (§ 25 ff.), auch nach dem StBauFG, gewinnt Abs. 4 besondere Bedeutung, weil die Gemeinde in ihrer Satzung über die Vorkaufsflächen Sanierungsgebiete bezeichnen kann, in denen ihr beim Kauf von bebauten Grundstücken ein Vorkaufsrecht zusteht. f) Der notwendigen Koordinierung bereits bestehender Planungen nach anderen Gesetzen dient Abs. 6. Hierunter fällt nicht der Fall einer etwaigen „Übernahme" der Planungen, die auf Grund der durch § 186 aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften erfolgt waren. Diese Fälle werden durch die Übergangsvorschrift der §§ 173, 174 erfaßt. Hier sind nur solche Planungen und Nutzregelungen gemeint, die nach gesetzlichen Vorschriften außerhalb der Bauplanung festgelegt sind, z. B. solche wasserwirtschaftlicher Art oder solche der Flurbereinigung. Nicht nur festgelegte, sondern auch in Aussicht genommene Festsetzungen dieser Art sollen in den F1NP1. übernommen werden. g) Um auch dem Laien (vgl. die öffentliche Auslegung nach § 2a Abs. 6) den F1NP1. verständlich zu machen, muß ihm ein Erläuterungsbericht (nicht zu verwechseln mit der sog. „Legende" des Plans) beigefügt werden (Abs. 7). Wenngleich er nicht Bestandteil des Bauleitplans selbst ist und damit auch nicht der Genehmigungspflicht durch die höhere Verwaltungsbehörde unterliegt, so ist er doch zusammen mit dem Plan zur Unterrichtung vorzulegen. Fehlen des Erläuterungsberichts macht den Plan grundsätzlich ungültig (siehe BayVGH U vom 28. 7. 1975, 4 C Nr. 3); siehe aber § 155b Abs. 1 Nr. 3, eingeführt durch das Gesetz vom 6. 7. 1979. 4. Rechtsprechung A. Rechtsprechung zum Wirtschaftsplan früheren Rechts Bezüglich der Rechtsnatur des dem F1NP1. wesensverwandten Wirtschaftsplans nach dem WSG liegen einige höchstrichterliche Entscheidungen vor, von denen die wichtigsten — jedoch im Hinblick auf ihre nurmehr historische Bedeutung nicht inhaltlich, sondern nur nach der Fundstelle — zitiert werden: 68
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§54
BayVGH ASlg. Bd. 5, 247 OVG Münster DVB1. 1953, 376 und 1954, 61 B. Höchstrichterliche Rechtsprechung zum F1NP1. 1. BGH U vom 6. 6. 1968 (III ZR 32/68) DVB1. 1969, 209
Der F1NP1. enthält nur eine richtungsweisende „Darstellung", aber keine verbindliche Regelung in der Form verbindlicher „Festsetzungen" wie der BebPl. Er hat lediglich Ankündigungscharakter, äußert aber keine das geltende Bodenrecht abändernden Rechtswirkungen. Ein Enteignungstatbestand wird sonach durch einen F1NP1. nicht verwirklicht.
2. BVerwG U vom 1. 7.1968 (IV C 48.66) BBauBl. 1968, 289
Zur Bedeutung eines F1NP1., dessen Darstellungen dem im Zusammenhang mit einer genehmigungspflichtigen Grundstücksteilung bezweckten Bauvorhaben entgegenstehen (im Anschluß an das Urteil vom 15. März 1967 — IV C 205.65 — [BVerwG 26, 287]).
3. BVerwG U vom 22. 2. 1974 (IV C 6.73) NJW 1974, 1010 = BayVBl. 1974, 345 = BauR 1974, 181 = DÖV 1974, 561 = DVB1. 1974, 636
F1NP1. treten aus Anlaß kommunaler Gebietsänderungen nicht schon dann außer Kraft, wenn sie infolge der Gebietsänderung nicht mehr „für das ganze Gemeindegebiet" gelten (§ 5 Abs. 1 BBauG). Ein Außerkrafttreten ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn und soweit eine Darstellung durch die Gebietsänderung in einer Weise erschüttert wird, die sie als unter den veränderten Umständen nicht mehr brauchbar oder als Interessenabwägung nicht mehr vertretbar erscheinen läßt. (Siehe hierzu insbes. bei § 4a.)
C. Oberverwaltungsgerichte 1. OVG Lüneburg U vom 14. 11. 1968 (I A 11/68) DÖV 1969, 642
Zum Verhältnis zwischen der Bindung an die Ziele der Landesplanung einerseits und den Bedürfnissen der örtlichen Eigenentwicklung andererseits bei der Aufstellung und Genehmigung von F1NP1.
2. BayVGH U vom 15. 4. 1970 (Nr. 138 II 68) BayVBl. 1971, 63
Die Ausweisung einer Fläche als Baugebiet im F1NP1. begründet keinen Rechtsanspruch auf Zulassung eines Bauvorhabens.
3. BayVGH U vom 28. 7. 1975 (Nr. 24 I 71) BayVBl. 1976, 305
a) Leidet der Erläuterungsbericht zu einem F1NP1. an einem erheblichen Mangel, so ist der F1NP1. nicht gültig zustande gekommen. b) Der Erläuterungsbericht hat den wesentlichen Anlaß und die tragenden Gründe für die Planung darzulegen. Er hat die Grundgedanken und Leitziele der Planung aufzuzeigen und sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, denen eine für die Planung maßgebliche Bedeutung zukommt. c) Ein Erläuterungsbericht leidet auch dann an einem erheblichen Mangel, wenn die Angaben im Erläuterungsbericht und die Darstellungen im F1NP1. so sehr voneinander abweichen, daß anzunehmen ist, daß F1NP1. und Erläuterungsbericht von völlig verschiedenen Voraussetzungen ausgehen.
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§6
1. Teil. Bauleitplanung
d) Aus dem Abwägungsgebot folgt, daß die Gemeinde im Rahmen der Abwägung allgemein bestehende Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung auch dann mit zu berücksichtigen hat, wenn diese Grundsätze und Ziele noch nicht förmlich festgelegt sind. e) Die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes kann es erfordern, daß eine landschaftlich exponierte Stelle des Gemeindegebiets aus städtebaulichen Gründen von Bebauung freibleibt.
§6
Genehmigung des Flächennutzungsplanes (1) Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. (2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder diesem Gesetz, den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht. (3) Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden, durch die nach Absatz 2 bestehende Versagungsgründe ausgeräumt werden. Können Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden, kann die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag der Gemeinde räumliche oder sachliche Teile des Flächenutzungsplans von der Genehmigung ausnehmen, wenn sich die ausgenommenen Teile nicht auf den übrigen Inhalt des Flächennutzungsplans auswirken können; die Verpflichtung der Gemeinde, für das ganze Gemeindegebiet einen Flächenutzungsplan aufzustellen, bleibt unberührt. (4) Über die Genehmigung ist binnen drei Monaten zu entscheiden; die höhere Verwaltungsbehörde kann räumliche und sachliche Teile des Flächennutzungsplans vorweg genehmigen. Aus wichtigen Gründen kann die Frist auf Antrag der Genehmigungsbehörde von der zuständigen übergeordneten Behörde verlängert werden, in der Regel jedoch nur bis zu drei Monaten. Die Gemeinde ist von der Fristverlängerung in Kenntnis zu setzen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird. (5) Wenn die Planungsbereiche gemeinsamer Flächennutzungspläne der Zuständigkeit verschiedener höherer Verwaltungsbehörden unterliegen, so entscheidet die Oberste Landesbehörde über die Genehmigung. Liegen die Planungsbereiche in verschiedenen Ländern, so entscheiden die Obersten Landesbehörden im gegenseitigen Einvernehmen. (6) Die Gemeinde hat die Genehmigung ortsüblich bekanntzugeben. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam. Jedermann kann den Flächennutzungsplan und den Erläuterungsbericht einsehen und über deren Inhalt Auskunft verlangen. 70
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§62
1. Genehmigungspflicht für den Flächennutzungsplan a) Da die Ortsplanung Angelegenheit der gemeindlichen Selbstverwaltung ist, haben die überörtlichen Staatsbehörden hier nicht auch die Fachaufsicht, sondern lediglich die Rechtsaufsicht. Hinsichtlich des F1NP1. ist (genau wie beim Beb PI. — siehe § 11) im Rahmen dieser Rechtsaufsicht eine Genehmigungspflicht durch die höhere Verwaltungsbehörde vorgesehen (Abs. 1). Daß die Rechtsaufsicht hier in so starkem Maß zur Geltung kommt, hat seinen Grund darin, daß bei der Aufstellung der Bauleitpläne doch eine Reihe von unerläßlichen Voraussetzungen zu beachten sind, deren Nichtbeachtung sogar zur Rechtsunwirksamkeit führen kann, was sich für die Gemeinde in verschiedener Hinsicht nachteilig auswirken würde. Dadurch, daß von vornherein die höhere Verwaltungsbehörde Genehmigungsstelle ist — es ist also auch für die Bauleitpläne der kreisangehörigen Gemeinden nicht die untere Verwaltungsbehörde (Kreisbehörde) zuständig —, ist die Bedeutung der Genehmigung besonders unterstrichen; denn die Genehmigungsbehörde hat bei der Prüfung die Einhaltung des BBauG und anderer Gesetze, insbesondere auch die Beachtung der in § 1 Abs. 4 und 6 enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, ferner der Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4), die Abstimmung der Pläne bei Nachbargemeinden (§ 2 Abs. 4) und die Beteiligung derjenigen Behörden und Stellen, die Träger öffentlicher Belange sind (§ 2 Abs. 5), zu prüfen, ehe sie die Genehmigung erteilt. Die Genehmigungspflicht entfällt in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg; Bremen ist ermächtigt worden, auf die Genehmigungspflicht durch Gesetz zu verzichten (§ 188 Abs. 1). b) Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 und § 51 Abs. 3 Satz 2 StBauFG gelten die Vorschriften der Absätze 2 bis 4 (Versagung der Genehmigung, Erteilung unter Auflagen, Entscheidung über die Genehmigung binnen dreier Monate) auch für Satzungen über die Sanierungsgebiete. 2. Voraussetzungen einer Genehmigungsversagung; Genehmigung unter Auflagen a) Nach Abs. 2 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn der F1NP1. nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder dem BBauG, seinen Durchführungs- und Ausführungsvorschriften oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht. Wenn also der Plan die in Erl. 1 genannten Voraussetzungen nicht oder ungenügend erfüllt oder wenn die Formvorschriften des § 2 Abs. 6 nicht beachtet worden sind oder wenn ihm sonstige Rechtsnormen entgegenstehen, dann ist der Fall der Genehmigungsversagung gegeben, gegen die der Gemeinde die verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfe (Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht, vgl. §§ 68 ff. VwGO) gegeben sind. b) Anstelle der Genehmigungsversagung kann die weit mildere Form der Genehmigung unter Auflagen treten (Abs. 3), soweit die Auflagen die in 71
§63
1. Teil. Bauleitplanung
Abs. 2 genannten Versagungsgründe ausräumen können. Abs. 3 wurde durch die Novelle von 6. Juli 1979 erweitert (Satz 2). Der höheren Verwaltungsbehörde wurde die Befugnis eingeräumt, auf Antrag der Gemeinde, also nicht von sich aus, Teile des F1NP1. (räumlich also flächenmäßig, oder sachlich, also nach der Art und dem Maß der Bebauung von der Genehmigung auszunehmen. Voraussetzung ist jedoch, daß hierdurch keine Auswirkung auf den übrigen Inhalt des F1NP1. erfolgt. Nach wie vor verbleibt es bei der in § festgelegten Verpflichtung der Gemeinde für ihr gesamtes Gebiet einen F1NP1. aufzustellen. Durch die genannte Erweiterung der Vorschrift soll eine Blokkierung des Genehmigungsverfahrens und des Inkrafttretens eines F1NP1. soweit wie möglich verhindert werden. Ob die höhere Verwaltungsbehörde von der Genehmigungsversagung oder der Genehmigung unter Auflagen Gebrauch macht, entscheidet sie nach pflichtmäßigem Ermessen. Bedingungen sind unzulässig. c) Vorbehalt für Bayern § 188 Abs. 3 (siehe auch dort) gibt Bayern die Ermächtigung, weitere Versagungsgründe als in Abs. 2 vorgesehen festzulegen. Davon hat Bayern bisher nicht Gebrauch gemacht. 3. Frist für die Entscheidung über die Genehmigung (Abs. 4) Abs. 4 erfuhr durch das ÄndG von 1976 eine Erweiterung; insbesondere wurde die mögliche Vorweggenehmigung aus Abs. 1 aus systematischen Gründen in Abs. 4 herübergenommen. Die Grundvorschrift bleibt: Um die Entscheidung über die Genehmigung nicht über Gebühr hinauszuzögern, muß die Entscheidung innerhalb von drei Monaten erfolgen; die höhere Verwaltungsbehörde kann räumliche oder sachliche (vgl. Erl. 1 b zu § 5) Teile des F1NP1. vorweg genehmigen; dies wird nur in den Fällen erforderlich sein, in denen besonders schwerwiegende und auf längere Zeit nicht zu beseitigende Hindernisse die Genehmigung des gesamten Plans allzusehr verzögern würden (z. B. mangelnde Abstimmung eines an der Gemeindegrenze liegenden Gebiets mit dem Plan oder Planentwurf der Nachbargemeinde). Die zuständige übergeordnete Behörde", d. i. die der höheren Verwaltungsbehörde übergeordnete Staatsbehörde, kann die Dreimonatsfrist aus wichtigen Gründen (unbestimmter Rechtsbegriff) auf Antrag der Genehmigungsbehörde; d. i. nach § 11 die höhere Verwaltungsbehörde verlängern, wovon die Gemeinde in Kenntnis zu setzen ist. Der federführende Ausschuß hat auf Anregung der kommunalen Spitzenverbände im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens den Gesetz gewordenen Vorschlag eingefügt, daß eine Verlängerung der dreimonatigen Genehmigungspflicht „in der der Regel" (d. h. von vertretbaren Ausnahmen abgesehen) nur noch bis zu drei Monaten möglich ist und daß die Genehmigung nach Ablauf der verlängerten Frist als erteilt gilt, wenn sie nicht innerhalb 72
2. Abschnitt. Flächennutzungsplan
§66
dieser Frist unter Angabe der Gründe abgelehnt worden ist. Der 15. BT-Ausschuß (BT-DS 7/4793 S. 27) hält es im Interesse der Gemeinden und der betroffenen Bürger, innerhalb absehbarer Zeiträume Rechtsklarheit und Rechtssicherheit über die baurechtlichen Verhältnisse in einem Bauleitplangebiet zu erhalten, für hinnehmbar, daß bei dieser Genehmigungsfiktion nicht ausgeschlossen werden kann,, daß auch einmal ausnahmsweise ein rechtswidriger Beb PI. als genehmigt gilt; denn auch die Genehmigung für die höhere Verwaltungsbehörde heilt keine fehlerhafte Bauleitplanung." Das Gesetz sagt nicht, auf wie lange eine Zeitverlängerung (also über 6 Monate hinaus) möglich ist. Man darf jedoch davon ausgehen, daß eine solche — Zeitverlängerung — nicht weitere drei Monate erfolgen kann, um die Vorschrift nicht illusorisch zu machen. Innerhalb eines Dreivierteljahres dürften auch schwierige FINPle. genehmigungs-(oder ablehnungs-)reif sein. Die Ablehnung der Genehmigung eines F1NP1. bedarf der Begründung. 4. Zuständigkeit für die Genehmigung bei übergebietlichen Flächennutzungsplänen Bisweilen sind für die Bereiche gemeinsamer F1NP1., insbesondere von Planungsverbänden (§ 4), mehrere höhere Verwaltungsbehörden zuständig. In diesen Fällen entscheidet nach Abs. 5 die oberste Landesbehörde. Für die Anfechtung ablehnender Verwaltungsakte durch die Gemeinde ist zu beachten, daß nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Vorverfahren entfällt, da eine oberste Landesbehörde entscheidet. Liegen die Planungsbereiche in mehreren Bundesländern, so entscheiden die obersten Landesbehörden im gegenseitigen Einvernehmen, also in wechselseitiger Zustimmung. 5. Bekanntmachung und Einsichtnahme (Abs. 6) Durch die Novelle 1976 wurde Abs. 6 erweitert. Unverändert blieb die Bestimmung der ortsüblichen Bekanntmachung (siehe hierzu Nr. 5b y zu § 2a). Daß mit der Bekanntmachung der F1NP1. wirksam wird, mußte eigens im Gesetz aufgenommen werden, weil die allgemeinen Regeln über das Inkrafttreten kommunaler Satzungen deshalb nicht anwendbar sind, weil der F1NP1. keine Satzung im Rechtssinn darstellt. Satz 3 (Einsehbarkeit in den F1NP1. und in den Erläuterungsbericht sowie Recht auf Auskunft) wurde im wesentlichen aus dem alten § 2 übernommen. 6. Andere Zuständigkeitsregelung § 147 Abs. 2 ermächtigt die Landesregierungen, die der höheren Verwaltungsbehörde hier übertragenen Aufgaben auch anderen staatlichen Behörden zuzuweisen (siehe auch Anm. bei § 147). 73
§7
1. Teil. Bauleitplanung
7. Überleitungsvorschriften zur Novelle von 6. Juli 1979 (§ 183 Abs. 2) Der in der letzten Phase der Gesetzgebungsverhandlungen zum ÄndG v. 6. 7. 1979 eingefügte Abs. 2 des neuen § 183 läßt übergangsweise Erleichterungen in den Fällen zu, in denen die höhere Verwaltungsbehörde vor dem 1. 8. 1979 zwar über die Genehmigung des F1NP1. entschieden hat, jedoch diese Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Hier kann diese Behörde nach § 6 Abs. 3 Satz 2. Hat diese Behörde vor dem 1. 8. 1979 Teile des F1NP1. von der erteilten Genehmigung ausgenommen, bleibt der F1NP1. rechtswirksam, wenn entweder die Versagungsgründe ausgeräumt wurden oder die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag der Gemeinde unter den Voraussetzungen des Abs. 3 räumliche oder sachliche Teile des F1NP1. von der Genehmigung ausnimmt. 8. Rechtsprechung 1. BVerwG, U vom 29. 4. 1977 (IV C 39.75) BayVBl. 1978, 23
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt.
2. OVG Münster U vom 13. 9.1977 (VII A 1795/76) nicht rkr., DÖV 1978, 337
a) Ein Bebauungsplan ist nicht wirksam zustande gekommen, wenn die Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde mit einer von der Gemeinde nicht beschlossenen und den Planinhalt verändernden Auflage verbunden war. b) Das Auswechseln von Baulinien durch Baugrenzen kann eine materielle Änderung des Planinhalts darstellen. c) Einen Schutz des Vertrauens auf die Gültigkeit von Bauleitplänen gibt es grundsätzlich nicht.
§7 Anpassung an den Flächennutzungsplan öffentliche Planungsträger, die nach § 2 Abs. 5 beteiligt sind, haben ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Macht eine Veränderung der Sachlage eine abweichende Planung erforderlich, so haben sie sich unverzüglich mit der Gemeinde ins Benehmen zu setzen. Wenn auch der F1NP1., wie bei § 5 dargelegt, grundsätzlich noch keine unmittelbare Rechtswirkung hat, so mußte dieser Grundsatz aus verständlichen praktischen Gründen gegenüber den öffentlichen Planungsträgern, die nach 74
§81
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§ 2 Abs. 5 zu beteiligen sind und die dem Plan nicht ausdrücklich widersprochen haben, eingeschränkt werden (z. B. Wasserschutz- und Wasserversorgungsbehörden, Bergbaubehörden; siehe zum Begriff öPITr. Nr. la zu § 4). Sie müssen ihre Planungen dem F1NP1. insoweit anpassen, als sie nicht widersprochen haben; denn die Beteiligung dieser Planungsträger würde ihren Sinn verlieren, wenn die — vielleicht erst nach langen Verhandlungen — erzielte Einigung nicht eine gewisse Dauerwirkung hätte. Lediglich im Falle der Veränderung der Verhältnisse, die eine abweichende Planung dieser Träger erforderlich macht, entfällt eine starre Bindung; der Planungsträger muß sich unverzüglich mit der Gemeinde in Verbindung setzen. Ziel der Verhandlungen wird es sein, eine für beide Beteiligte tragbare Lösung zu finden.
DRITTER ABSCHNITT Verbindlicher Bauleitplan (Bebauungsplan) §8 Zweck des Bebauungsplanes (1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere zum Vollzug dieses Gesetzes erforderliche Maßnahmen. (2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. § 2 Abs. 2 bleibt unberührt. (3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der Bebauungsplan darf nicht vor dem Flächennutzungsplan genehmigt werden. Die Gemeinde kann die Genehmigung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans gleichzeitig bekanntmachen (§ 6 Abs. 6 und § 12). (4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). 1. Rechtsnatur des Bebauungsplans a) Aus Abs. 1 ergibt sich die Rechtsnatur des Beb PI.: Er stellt die rechtsverbindliche Festsetzung der städtebaulichen Ordnung dar. Zum Unterschied vom unverbindlichen und vorbereitenden Bauleitplan, dem F1NP1., wird der 75
§83
1. Teil. Bauleitplanung
BebPl., wie auch aus der Überschrift zum Dritten Abschnitt ersichtlich ist, auch verbindlicher Bauleitplan genannt. Aus dieser Rechtsverbindlichkeit ergeben sich über die in § 6 Abs. 1 (vgl. § 11) sowie in § 6 Abs. 6 genannten Formvorschriften hinaus weitere gesetzliche Erfordernisse, wie die Beigabe einer Begründung (§ 9 Abs. 6) — also nicht nur eines Erläuterungsberichts wie in § 5 Abs. 6 für den F1NP1. vorgeschrieben —, ferner die Notwendigkeit des Beschlusses durch gemeindliche Satzung (§ 10), dann die öffentliche Auslegung nach der Genehmigung (§ 12 Satz 1). Da der BebPl. die Bebauung und sonstige Bodennutzung (vgl. § 1 Abs. 1) in Einzelheiten regelt, bildet er die Grundlage für eine Reihe von wichtigen Maßnahmen des BBauG (vgl. im einz. unter Nr. 5a). Vor allem bildet er die Grundlage für die städtebauliche Beurteilung eingereichter Baugesuche durch die Baugenehmigungsbehörde (z. B. ein Baugesuchsteller will in einem Gebiet bauen, das nicht als Baugebiet „festgesetzt" ist). b) Die Rechtsverbindlichkeit besteht darin, daß der BebPl. nach seinem rechtsgültigen Zustandekommen eine verbindliche Rechtsnorm der Gemeinde darstellt. Allerdings kann niemand auf seine Einhaltung klagen, da er eben kein Verwaltungsakt ist und das deutsche Verwaltungsrecht einklagbare Popularansprüche nicht kennt. Einwendungen gegen den BebPl. können nur im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens oder im Wege eines Normenkontrollverfahrens (§ 47 VwGO) erhoben werden. 2. Entwicklung des Bebauungsplans Der BebPl. ist aus dem vorbereitenden Bauleitplan heraus zu entwickeln (Abs. 2), es sei denn, ein F1NP1. erweist sich als überflüssig, da der BebPl. ausreicht (vgl. § 2 Abs. 2). Letzteres wird in kleinen Gemeinden vielfach der Fall sein. Wird beabsichtigt, im BebPl. vom F1NP1. nicht nur unwesentlich abzuweichen, so ist dieser zu ergänzen oder abzuändern. Das Gesetz läßt nach Abs. 4 die Möglichkeit zu, einen BebPl. aufzustellen, bevor der F1NP1. erstellt ist; bis zur Novelle 1979 waren in dem nun gestrichenen Satz 3 des Abs. 2 „zwingende Gründe" erforderlich. Der neugeschaffene Abs. 4 hat dies mit der Abwandlung „dringende Gründe" übernommen (siehe unten). 3. Gleichzeitigkeit von Bebauungsplan und Flächennutzungsplan (Abs. 3) Entsprechend den Gepflogenheiten der Praxis hat die Novelle 1979 in dem neugeschaffenen Abs. 3 das sog. „Parallelverfahren" geregelt. Es kann sich beschleunigend auswirken, wenn man den schleppenden Gang beider Verfahren in getrennter Zeitfolge bedenkt. Einzige wesentliche Voraussetzung ist, daß der BebPl. nicht vor dem F1NP1. genehmigt werden darf (Satz 2). Bei Genehmigung des F1NP1. steht fest, daß die übergreifenden planerischen Entscheidungen, die sich aus ihm ergeben, für den BebPl. vorliegen, so daß nunmehr der Genehmigung des BebPl. nach dem Grundsatz des 76
3. Abschnitt. Bebauungsplan
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§ 8 Abs. 2 Satz 1 (Entwickeln des BebPl. aus dem F1NP1.) keine Hindernisse mehr im Wege stehen. Im Verfahrensablauf sind die Gemeinden und die Genehmigungsbehörden nicht an bestimmte Verfahrensgestaltungen im Verhältnis des im Parallelverfahren befindlichen F1NP1. und des BebPl. insbesondere im zeitlichen Ablauf gebunden. Dies ist entsprechend der AmtlBegr. des RegE (BT-DS 8/2451 zu Nr. 3) bewußt geschehen. Die Genehmigungen können, was meist zweckmäßig ist, nach Satz 3 gleichzeitig bekanntgegeben werden. 4. Vorwegaufstellung des Bebauungsplans aus dringenden Gründen (Abs. 4) a) Bis zur Novelle 1979 konnte nach Abs. 2 Satz 3 ein BebPl. nur dann vor einem F1NP1. aufgestellt werden, wenn zwingende Gründe dies erfordern. Der Rechtsbegriff „zwingende Gründe" für die Aufstellung eines „vorzeitigen Bebauungsplans" hat sich als zu eng erwiesen. Das BVerwG (vgl. u. Nr. 6 B II 3 u. 7) stellt strenge Anforderungen an die Ausnahme. Durch das ÄndG von 1979 wurde das Wort „zwingende" durch den weniger gravierenden Ausdruck „dringende" ersetzt. Beispiele für dringende Gründe sind z. B. Gebietsänderungen (vgl. § 4a Abs. 3) oder, wenn der „vorzeitige Bebauungsplan" erforderlich ist, um erhebliche Nachteile für die Entwicklung der Gemeinde zu vermeiden oder um die Verwirklichung eines im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Vorhabens zu ermöglichen. Die dringenden Gründe können auch die Aufstellung einfacher BebPläne in Gebieten nach § 34, insbesondere für Infrastrukturvorhaben rechtfertigen. b) Ein im RegE vorgesehener Satz 2 in Abs. 4 sollte ausdrücklich klarstellen, daß dringende Gründe sich auch aus der Entwicklung des Verflechtungsbereichs oder des Landes ergeben können. Vor allem sollte mit der Bezugnahme auf den Verflechtungsbereich berücksichtigt werden, daß sich die Notwendigkeit eines „vorzeitigen Bebauungsplans" für die Gemeinde aus für sie bedeutsamen Entwicklungen der Nachbargemein A n (Umland) angeben kann. Dem widersetzte sich der BR mit Erfolg. Er vertrat die Auffassung, daß wegen Auslegungsschwierigkeiten und folgenden Rechtsunsicherheiten entgegen dem Zweck der Novelle von einer beispielhaften Aufzählung „dringender Gründe" überhaupt abgesehen werden sollte (siehe BR-DS 446/78 Nr. 2 zu Art. 1 Nr. 3 Buchst, b). c) Die gegenüber dem früheren Wortlaut normierte Erweiterung der Aufstellung um die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines BebPl. dient der Klarstellung. Ist bereits der F1NP1. aufgestellt, kann ein „vorzeitiger Bebauungsplan" nicht in Betracht kommen. Diese schon vor der Novelle von 1979 geltende Regelung soll dem Umstand Rechnung tragen, daß die sich aus dem F1NP1. ergebenden übergreifenden planerischen Entscheidungen für das gesamte Gemeindegebiet bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von BebPl. berücksichtigt werden sollen. F1NP1. und BebPl. sollen in der gebotenen Weise in ihrer Grundkonzeption übereinstimmen. Setzt die Aufstellung, 77
§85
1. Teil. Bauleitplanung
Änderung oder Ergänzung eines BebPl. eine Änderung oder Ergänzung des F1NP1. voraus, weil die Grenzen des „Entwickeins" der beiden Pläne überschritten werden, muß die Gemeinde die im F1NP1. getroffenen Grundentscheidungen vorweg überprüfen und gegebenenfalls ändern, um die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des BebPl. zu ermöglichen. Es ist daher schon im RegE (aaO) davon abgesehen worden, einen „vorzeitigen" BebPl. zuzulassen, wenn ein F1NP1. besteht und geändert werden müßte. In diesen Fällen kann eine Beschleunigung des Bauleitplanungsverfahrens durch das „Parallelverfahren" nach Abs. 3 erreicht werden. Die Ergänzung des § 155 a und der neue § 155 b (siehe dort) beziehen auch § 8 Abs. 2 bis 4 ein, so daß mögliche Verletzungen der sich aus diesen Vorschriften ergebenden Regeln allein nicht zur Ungültigkeit der Bauleitpläne führen werden. 5. Bedeutung des Bebauungsplans a) Der BebPl. ist das wichtigste Stück der Bauleitplanung. Er ist die Grundlage für die Grundstücksteilung (§ 19), das Vorkaufsrecht (§ 24), die Zulässigkeit von Vorhaben (§ 30), die Entschädigung bei Nutzungsbeschränkungen (§ 41), die Umlegung (§ 45), für die Enteignung (§ 85) und für die Entschließung (§ 125). Gemäß § 173 Abs. 3 trat er an die Stelle der entsprechenden verbindlichen städtebaulichen Pläne der Aufbaugesetze der Länder, die durch § 186 Abs. 1 aufgehoben worden waren. b) Die Frage der Rechtsverbindlichkeit eines BebPl., der der seit seiner Erlassung eingetretenen tatsächlichen Entwicklung gänzlich entgegensteht, kann nicht von vornherein in gleicher Weise beantwortet werden, wie es das BVerwG im U vom 15. 3. 1967 (NJW 1967, 1385/1386) für den Normalfall getan hat. Als Gemeindesatzung und damit als Norm kann der BebPl. nicht einfach dadurch außer Kraft gesetzt werden, daß die Baugenehmigungsbehörde in dem einen oder anderen Fall — normwidrig — von ihm abweicht, zumal Befreiungen und Ausnahmen nach § 31 ohne weiteres normativ möglich sind. Allerdings kann sich abweichendes Gewohnheitsrecht bilden, wenn die Beteiligten von sich aus mehr und mehr bestimmte Festsetzungen des BebPl. nicht mehr einhalten (z. B. in einem alten BebPl. sind keinerlei Standorte für Garagen vorgesehen, und entsprechend der Entwicklung werden Fall für Fall in einem Vorgartengebiet Garagen zugelassen, obwohl dieses Gebiet von Bebauung freizuhalten wäre). Das BVerwG hat in einem Fall, in dem rechtsverbindliche Pläne aus früheren Jahrzehnten und die Überleitungsvorschrift des § 173 Abs. 3 Grundlage bildeten, zwar im streitbefangenen Fall abweichendes Gewohnheitsrecht nicht angenommen, aber die Möglichkeit seiner Bildung nicht ausgeschlossen (U vom 10. 3. 1967, siehe Nr. 6 B II 2). Das Verwaltungsgericht München hatte einen übergeleiteten Baulinien- und Bebauungsplan nicht mehr als geltend angesehen, weil keine Einzelgaragen auf 78
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§86
den einzelnen Baugrundstücken vorgesehen waren und die Baugenehmigungsbehörde in allen Einzelfällen Befreiungen von den Festsetzungen des Planes erteilt hatte (U v. 1. 7.1968, Nr. 83/2/67, rechtskräftig, nicht veröff.). c) Die gesetzlichen Vorschriften über die äußere Baugestaltung bleiben als der Ländergesetzgebung unterliegende Normen des Bauordnungsrechts bestehen, es sei denn, die Landesregierungen machen von dem ihnen nach § 9 Abs. 2 gegebenen Recht Gebrauch und bestimmen, daß auch Festsetzungen über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen sowie über den Schutz und die Erhaltung von Bau- und Naturdenkmälern in die Bebauungspläne aufgenommen werden. Von der Ermächtigung des § 9 Abs. 2 hat z. B. Bayern mit Verordnung vom 22. 6. 1961 (GVB1. S. 161) Gebrauch gemacht und bestimmt, daß in den BebPl. auch Festsetzungen über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen und über den Schutz und die Erhaltung von Naturdenkmälern aufgenommen werden. d) Es besteht grundsätzlich kein Recht darauf, daß vorhandene Beb PI. für das betreffende Gebiet unverändert bestehen bleiben. Ein rechtlich geschütztes Vertrauen beim Erwerb des Grundstücks, daß die Grundstücke in der Umgebung in gleicher Weise bebaut werden und genützt bleiben, gibt es nicht (vgl. U des VG München vom 26. 1. 1971, nicht veröff.). e) Durch die Änderung des § 47 VwGO mit G vom 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2437) wurde die Möglichkeit der Überprüfung des BebPl. im Wege der Normenkontrolle bundesgesetzlich einheitlich gegeben. Alle Satzungen nach dem BBauG und nach dem StBauFG können nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 auf ihre Gültigkeit in allen Ländern durch das OVG (den VGH) überprüft werden. 6. Rechtsprechung A. BVerfG BVerfG B vom 27. 7. 1971 (2 BvR 433/70) DVB1. 1971, 740 Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen einen BebPl. (Mit Anmerkung von Umbach) Inhalt der Entscheidung: a) Das Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO ist lediglich als ein zusätzlicher Rechtsbehelf anzusehen, der zwar im erweiterten Sinne Rechtswegqualität besitzt, in bezug auf die Anfechtung von BebPl. durch Art. 19 Abs. 4 GG jedoch nicht geboten ist. b) Deshalb ist die Verfassungsbeschwerde gegen einen Normenkontrollbeschluß, der die Überprüfbarkeit der Gültigkeit eines BebPl. am Maßstab des Bundesrechts wegen des verfassungsgerichtlichen Vorbehalts des § 47 S. 1 VwGO verneint, nicht zulässig.
B. BVerwG und BGH I. Nach den vormaligen Rechtsgrundlagen, die in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich waren, hatten Ortsbaupläne zwar meistens nicht die Rechtsnatur des Verwaltungsakts (vgl. für den Württemb. Ortsbauplan BVerwGE 3, 258, für den BebPl. Nordrhein-Westfalen BVerwG vom 21. 5. 1957 — BBauBl. 1957, 351), doch wurde dieser für die Baulinienfestsetzung in Bayern — entsprechend der vormaligen Regelung in der Bay. 79
§86
1. Teil. Bauleitplanung
Bauordnung — vom BVerwG in Übereinstimmung mit der Rspr. des BayVGH anerkannt (vgl. BVerwGE4, 68); die Baulinienfestsetzung in den übrigen Bundesländern hatte schon nach dem früheren Recht normativen Charakter (vgl. BVerwGE 3, 265).
II. 1. BGH U vom 22. 9. 1966 (III ZR 187/65) NJW 1967, 103
Auch im Enteignungsverfahren gemäß § 87 BBauG sind die in einem rechtswirksamen Beb PI. erfolgten einzelnen Festsetzungen als bindend hinzunehmen; es ist jedoch zu prüfen, ob das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, die Festsetzungen des BebPl. für ein bestimmtes Grundstück dadurch nunmehr zu verwirklichen, daß dem Eigentümer das Eigentum an diesem Grundstück — ganz oder teilweise — entzogen wird.
2. BVerwG U vom 10. 3. 1967 (IV C 87.65) BVerwGE 26, 282 = DÖV 1968, 55 = VerwRepr. 19, 44 = MDR 1967, 695 = NJW 1967, 1291
BebPläne können durch eine von ihren Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung nur dann außer Kraft gesetzt werden, wenn diese Entwicklung zur Entstehung von Gewohnheitsrecht führt. Mit Rücksicht auf die im Vergleich zu abstrakt-allgemeinen Rechtssätzen stärkere Wirklichkeitsbezogenheit der BebPläne sind an ihre Abänderung durch Gewohnheitsrecht geringere Anforderungen zu stellen, als dies sonst geboten ist.
3. BVerwG B vom 6.11.1968 (IV B 47.68) DVB1. 1969, 276 = DÖV 1969, 64
a) Ein BebPl. ist nicht allein deswegen, weil er lediglich wenige Grundstücke und in der Hauptsache sogar nur ein Grundstück erfaßt, nichtig. b) Ein zwingender Grund im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG liegt jedenfalls dann vor, wenn eine Teilplanung vordringlich ist und die Ausarbeitung eines F1NP1. für das gesamte umfangreiche Stadtgebiet nicht abgewartet werden kann. c) Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines BebPl. ist unzulässig.
4. BVerwG U vom 12. 12. 1969 (IV C 105.66) DÖV 1970, 277 = DVB1. 1970, 414 = BBauBl. 1971, 178*)
a) Die Genehmigung eines BebPl. ist ebenso wie die Genehmigungsversagung ein Verwaltungsakt. b) Eine Überschreitung der in § 6 Abs. 4 Satz 1 BBauG vorgesehenen Frist hat nicht zur Folge, daß die beantragte Genehmigung als erteilt gilt. c) Zum Zusammenhang zwischen Planung und Planungsermessen. d) Zur Bedeutung von § 1 Abs. 4 und 5 BBauG als Schranke des Planungsermessens.
5. BHG U vom 8. 2. 1971 (III ZR 28/70) BayVBl. 1971, 196
a) Die Dauer einer Frist für die Auslegung eines BebPl. braucht nicht für den Bereich der Gemeinde allgemein und im voraus ortsgesetzlich geregelt zu sein.
*) Die Entscheidung gilt nur für die Rechtslage bis zum 31.12. 1976
80
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§86
b) Beginnt die Auslegung des BebPl. mit einem nach der Bekanntmachung von der Genehmigung und der Auslegung des BebPl. liegenden Tag, so verhindert dies nicht schlechthin das Inkrafttreten des BebPl. c) Die Genehmigung des BebPl. muß nur ihrem wesentlichen Inhalt, nicht aber ihrem Wortlaut nach bekannt gemacht werden.
6. BVerwG U vom 3. 6. 1971 (IV C 64.70) DÖV 1971, 636
Mit dem Inkrafttreten eines BebPl. treten in seinem Geltungsbereich Regelungen, die dem Landschaftsschutz dienen, sogleich, d. h. unanhängig davon außer Kraft, ob die Verwirklichung des BebPl. bevorsteht.
7. BVerwG U vom 28. 2. 1975 (IV C 74.72) BayVBl. 1975, 564 = NJW 1975, 1985 a) BebPlänen sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG aus den ihnen vorgegebenen FINPlänen in der Weise „zu entwickeln", daß durch ihre Festsetzungen die zugrunde liegenden Darstellungen des F1NP1. konkreter ausgestaltet und damit zugleich verdeutlicht werden. Dieser Vorgang der Konkretisierung schließt nicht aus, daß die in einem BebPl. zu treffenden Festsetzungen von den vorgegebenen Darstellungen des F1NP1. abweichen. Derartige Abweichungen sind jedoch zur zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des F1NP1. unberührt lassen. b) Daß aus zwingenden Gründen ein BebPl. vor der Aufstellung eines F1NP1. aufgestellt werden kann, rechtfertigt nicht die Aufstellung eines BebPl. im Widerspruch zu Darstellungen eines vorhandenen F1NP1., auch wenn diese Darstellungen in Richtung der Festsetzungen des BebPl. änderungsbedürftig sind.
8. BGH U vom 28. 5. 1976 (III ZR 137/74) BauR 1976, 336
Ein BebPl. kann von den Baulandgerichten darauf geprüft werden, ob die Planer bei der vorgeschriebenen Abwägung den zu beachtenden öffentlichen und privaten Belangen das ihnen zukommende Gewicht beigemessen haben und ob wirklich ein Abwägungsvorgang stattgefunden hat. (Hier: BebPl. und Umlegungsplan für ein Einkaufszentrum.)
9. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DÖV 1979, 214 = ZfBR 1978, 84
a) Ein BebPl. ist im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen F1NP1. darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den § 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPl. festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
10. BVerwG U vom 26.1. 1979 (4 C 65.76) BauR 1979, 206
Ein BebPl., der allein die Aufgabe hat, eine bestehende Gemeinbedarfsfläche auszuweiten, und der nur einen entsprechend kleinen räumlichen Geltungsbereich hat, 81
§86
l.Teil. Bauleitplanung'
kann auch dann aus dem F1NP1. entwickelt sein, wenn er für sein gesamtes Gebiet eine andere Nutzungsart festsetzt, als sie im F1NP1. dargestellt ist.
C. Oberverwaltungsgerichte 1. BayVGH B vom 31. 10. 1962 (Nr. 43 IV 60) DVB1. 1963, 107
Im Verfahren nach § 47 VwGO sind Prüfungsmaßstäbe auch die Normen des Bundesrechts (ausgenommen die in § 90 BVerfGG als Prüfungsmaßstäbe für die Verfassungsbeschwerde angeführten Artikel des GG) sowie die Normen des Landesverfassungsrechts (ausgenommen die Grundrechte verbürgenden Artikel der Bayer. Verfassung).
2. Bad.-Württ. VGH B vom 14. 12. 1962 (IV 381/62) DÖV 1963, 228
a) Im Normenkontrollverfahren hat der VGH den nach den Bestimmungen des BBauG als Satzung beschlossenen BebPl. auch auf seine Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht, insbesondere dem BBauG, zu prüfen. b) Unter Landesrecht i. S. des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 G G ist jedenfalls kein Gemeindesatzungsrecht zu verstehen, so daß eine Zuständigkeit des BVerfG nach dieser Bestimmung nicht in Betracht kommt. c) Der in § 10 BBauG für die Feststellung eines Beb PI. vorgeschriebene Satzungsbeschluß kann erst nach Durchführung des in § 2 Abs. 6 BBauG vorgeschriebenen Offenlegungsverfahrens gefaßt werden.
3. BayVGH B vom 12.6.1964 (Nr. 137 1 63) vgl. DVB1. 1965, 294 = BayVBl. 1964, 296
a) Die gemeindlichen BebPläne sind Rechtsvorschriften, die im Range unter dem Landesgesetz stehen. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO, Art. 10 Abs. 1 BayAGVwGO sind gegeben. b) Bei der Bauleitplanung ist es den Gemeinden nicht verwehrt, unmittelbar anschließend an ein Baugebiet, in dem bestimmte Baubeschränkungen gelten, ohne Schutzabstand oder Schutzstreifen ein anderes Baugebiet auszuweisen, für das diese Bestimmungen nicht gelten.
4. Bad.-Württ.VGH B vom 26. 1.1965 (III 463/64) BaWüVBl. 1965, 125
Zur Frage, ob der Gleichheitssatz als Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren herangezogen werden kann.
5. OVG Lüneburg U vom 8. 9. 1966 (I OVG A 341/65) DVB1. 1967
Zur Entbehrlichkeit eines F1NP1., wenn ein BebPl. zur Ordnung der baulichen Entwicklung für einen Ortsteil ausreicht.
Das OVG Lüneburg sagt in dieser Entscheidung u. a.:
Auch wenn heute zwingende Gründe vorliegen, den BebPl. vor dem F1NP1. aufzustellen — hier besteht gar nicht die Absicht, einen F1NP1. aufzustellen —, ist ein F1NP1. nicht erforderlich, wenn ein BebPl. ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen, insbesondere, wenn die Abgrenzung der verschiedenen Entwicklungstendenzen eines Gemeindegebiets bei einer Gemeinde keine Rolle spielt und das Baugebiet nicht groß ist.
6. OVG Lüneburg B vom 24. 4. 1970 (I C 2/69) DÖV 1971, 242
Zum Begriff des „Nachteils" in § 47 VwGO bei Normenkontrollverfahren gegen BebPläne. 82
§86
3. Abschnitt. Bebauungsplan
7. HessVGH U vom 12. 6.1970, GemTag 1971, 367
Ein BebPl. ist ungültig, wenn er nicht sinngemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG aus dem F1NP1. entwickelt und wenn nicht Ausnahmevorschriften des § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 BBauG Platz greifen.
8. BayVGH Normenkontrollbeschluß BayVBl. 1971, 111
vom
9.11.1970
(Nr. 276 167)
a) Umfang der Prüfung eines Beb PI. im Normenkontrollverfahren: b) Ob darin, daß auf einem Grundstück im Gegensatz zur sonstigen Regelung keine überbaubare Fläche ausgewiesen ist, eine gegen das Grundrecht des Eigentums verstoßende Enteignung lag und der BebPl. etwa aus diesem Grunde ungültig war, ist im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO wegen der Vorbehaltsklausel zugunsten der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht zu prüfen (s. § 90 Abs. 1 des Gesetzes über das BBVerfG Art. 98 Satz 4 BayVerf.).
9. HessVGH B vom 6. 10.1971 (IV N 8/70) Gemeindetag 1973, 56
a) Voraussetzung für die Gültigkeit eines BebPl. ist, daß er klare und eindeutige Regelungen enthält. Der Inhalt eines BebPl. muß für jeden Bürger verständlich sein. b) Planzeichen, die nicht der Anlage zur P1ZV entsprechen, müssen in einer Legende zum BebPl. erläutert werden.
10. Bad.-Württ.VGH B vom 23. 2. 1972 (II 228/71) DVB1. 1975, 632 = Städtetag 1974, 613 Eine als eingetragener Verein organisierte Bürgerinitiative ist nach § 47 VwGO im Hinblick auf einen BebPl. nicht antragsbefugt, wenn nur ihre Mitglieder, nicht aber sie selbst Grundbesitz im Auswirkungsbereich eines BebPl. hat.
11. Bad.Württ.VGH B vom 4. 5. 1972 (II 199/72) BBauBl. 1973, 270
Die gerechte Abwägung einander widerstreitender öffentlicher und privater Belange gemäß § 1 Abs. 4 S. 2*) BBauG setzt voraus, daß die planende Gemeinde vor dem Satzungsbeschluß sämtliche Umstände ermittelt, die vernünftigerweise zu einer anderen Planung führen können.
12. OVG Münster U vom 1. 8. 1972 (VII A 805/70) BBauBl. 1973, 490
a) Die Grundkonzeption eines F1NP1., der einen sich unmittelbar an die zusammenhängende Bebauung anschließenden Bereich als landwirtschaftliche Nutzfläche darstellt, kann im Einzelfall unberührt bleiben, wenn dieses Gebiet in einem BebPl. als Wohngebiet ausgewiesen wird. b) Der BebPl. ist grundsätzlich aus dem F1NP1. zu entwickeln. c) In Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 3 BBauG**) kann ein BebPl. aus zwingenden Gründen in der Regel nur aufgestellt werden, wenn noch kein FINP1. besteht. Im Einzelfall kann die Aufstellung eines BebPl. beim Vorliegen zwingender Gründe insoweit auch dann zulässig sein, wenn zwar ein übergeleiteter FINP1. bereits besteht, dieser aber so weit überholt ist, daß er nur insgesamt geändert werden kann, um mit den vorhandenen Verhältnisssen und den tatsächlichen Planvorstellungen der Gemeinde in Übereinstimmung gebracht zu werden.
*) jetzt Abs. 7 **) Rechtszustand bis zur Novelle 1979; „dringende Gründe".
83
§86
1. Teil. Bauleitplanung
13. Bad.-Württ.VGH B vom 22. 11. 1973 (II 838/73) BauR 1/74, 37
Zu den Grenzen der Entwicklung eines BebPl. aus dem F1NP1. Aus den Gründen: „Nach § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG sind BebPl. aus dem F1NP1. zu entwickeln. In dem Zeitpunkt, in dem der Gemeinderat den BebPl. als Satzung beschlossen hat, war der F1NP1. noch nicht genehmigt und noch nicht bekanntgemacht. Eine unmittelbare Anwendung des § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG scheidet danach aus. Der BebPl. läßt sich aber auch nicht aus den Darstellungen des später genehmigten und bekanntgemachten F1NP1. entwickeln und damit nicht nachträglich rechtfertigen (vgl. hierzu Bad.-Württ.VGH B vom 17. 7. 1973 - II 605/71 - ) . Ein Entwickeln schließt gewisse Abweichungen vom F1NP1. nicht aus, da der Begriff eine gewisse Gestaltungsfreiheit beinhaltet. Dennoch müssen die Abweichungen verhältnismäßig geringfügig sein und dürfen nicht im Widerspruch zur planerischen Konzeption stehen. So können geringfügige Veränderungen der Grenzen der einzelnen Baugebiete und Abrundungen gegenüber dem Außenbereich zulässig sein (vgl. Bad.-Württ.VGH B vom 17. 7. 1973 - II 605/71 - ; Hess.VGH B vom 12. 7. 1968 (1), ESVGH 19, 27/33 und vom 18. 7. 1969, BRS 22 Nr. 23). Der Verstoß gegen § 8 Abs. 2 BBauG führt zur Ungültigkeit des BebPl. (vgl. Bad.Württ.VGH B vom 19.7. 1972 (2), BaWüVBl. 1972, 123 und vom 17.7. 1973 II 605/71 —). Nach Feststellung der Ungültigkeit obliegt es der Gemeinde, die widersprechenden Bauleitpläne anzugleichen. Wenn sie, was nur unter genauer Beachtung der Vorschriften des § 8 Abs. 2 BBauG möglich ist, bei einer neuen Beschlußfassung an den früheren Festsetzungen im BebPl. festhalten will, muß sie die in der Zwischenzeit vorliegende Stellungnahme der Antragstellerin berücksichtigen und u. U. unter Zuziehung von geeigneten Sachverständigen die widerstreitenden öffentlichen und privaten Belange gegeneinander gerecht abwägen (vgl. § 1 Abs. 4 S. 2 BBauG)."
14. OVG Münster U vom 8. 10. 1974 (XA 1155/72) DÖV 1975, 721
Das Gebot, den BebPl. aus dem F1NP1. zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 BBauG), schließt eine Abweichung von den Darstellungen des F1NP1. nicht von vornherein aus. Die Grenze der Abweichung liegt dort, wo es sich nicht um eine verhältnismäßig geringfügige Abweichung handelt und die Grundzüge der Planung im F1NP1. abgetastet werden. Bei der Ausweisung eines als Kleinsiedlungsgebiet dargestellten Bereichs als reines Wohngebiet kann es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Abweichung vom F1NP1. handeln, die auch die planerische Grundkonzeption unberührt läßt.
15. BayVGH Normenkontroll-B vom 3. 6.1975 (Nr. 60 I 72) BayVBl. 1975, 558
Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags, der von einem der Miteigentümer eines Grundstücks ohne Mitwirkung der anderen Miteigentümer gestellt wird.
16. BayVGH Normenkontroll-B vom 1.7.1975 (Nr. 111173) BayVBl. 1975, 672
a) Im Verfahren bei vereinfachter Änderung eines BebPl. bedarf es der nochmaligen Anhörung der Eigentümer der betroffenen und benachbarten Grundstücke jedenfalls dann, wenn die Änderung nicht für sämtliche dieser Eigentümer ausschließlich einen rechtlichen Vorteil bringt. b) Soll in einem BebPl. eine über das nach § 17 Abs. 1 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BauNVO) i. d. F. vom 26.11.1968 (BGBl. I 84
§9
3. Abschnitt. Bebauungsplan
S. 1238) zulässige Höchstmaß hinausgehende Nutzung festgesetzt werden, so bedarf es insoweit einer Begründung gemäß § 2 Abs. 6, § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG. c) Erläßt eine Gemeinde örtliche Bauvorschriften im Sinne des Art. 107 Abs. 4 der BayBO, so ist auch insoweit eine Begründung zu beschließen und auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. d) Wird als zeichnerische Darstellung einer Tiefgarage zunächst nur eine Rampe im BebPl. „festgesetzt" und werden erst in Erfüllung einer der Genehmigung beigefügten Auflage das Ausmaß und die Anzahl der Stellplätze bestimmt, so handelt es sich um keine Ergänzung einer vorhandenen, sondern um die erstmalige Festsetzung der Tiefgarage überhaupt.
17. BayVGH U vom 16. 12. 1977 (Nr. 1 XV 70) rks., BayVBl. 1978, 309 a) Ein BebPl. ist nur dann im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG rechtswirksam aus einem F1NP1. entwickelt, wenn der Flächennutzungsplan zeitlich vor oder zumindest gleichzeitig mit dem BebPl. genehmigt worden ist. b) Ein Betrieb der Urproduktion stellt keinen Gewerbebetrieb im Sinne der BauNVO dar.
§9 'Inhalt des
Bebauungsplanes
(1) Der Bebauungsplan setzt, soweit es erforderlich ist, durch Zeichnung, Farbe, Schrift oder Text fest: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung; 2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; 3. die Mindestgröße, die Mindestbreite und die Mindesttiefe der Baugrundstücke; 4. die Flächen für Nebenanlagen, die aufgrund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten; 5. die Flächen für den Gemeinbedarf; 6. die überwiegend für die Bebauung mit Familienheimen vorgesehenen Flächen; 7. die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen; 8. einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind; 9. den besonderen Nutzungszweck von Flächen, der durch besondere städtebauliche Gründe erfordert wird; 10. die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung; 11. die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, 85
§9
1. Teil. Bauleitplanung
wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen sowie den Anschluß anderer Flächen an die Verkehrsflächen; 12. die Versorgungsflächen; 13. die Führung von Versorgungsanlagen und -leitungen; 14. die Flächen für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen sowie für Ablagerungen; 15. die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe; 16. die Wasserflächen sowie die Flächen für die Wasserwirtschaft, für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses, soweit diese Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden können; 17. die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen; 18. die Flächen für die Landwirtschaft und für die Forstwirtschaft; 19. die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen; 20. Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft, soweit solche Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden können; 21. die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen; 22. die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen; 23. die Gebiete, in denen bestimmte, die Luft erheblich verunreinigende Stoffe nicht verwendet werden dürfen; 24. die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden Vorkehrungen; 25. für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon mit Ausnahme der für land- oder forstwirtschaftliche Nutzungen festgesetzten Flächen a) das Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern, b) Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern; 26. die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind. (2) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 ist, soweit erforderlich, auch die Höhenlage festzusetzen. (3) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, können Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und son86
§9
3. Abschnitt. Bebauungsplan
stige Teile baulicher Anlagen gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind. (4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, daß auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden. (5) Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, sowie Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind, sollen im Bebauungsplan gekennzeichnet werden. (6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind. (7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest. (8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung beizufügen. In ihr sind die Ziele und Zwecke des Bebauungsplans darzulegen. Enthält der Bebauungsplan Festsetzungen nach Absatz 1 Nr. 6 bis 9, sind die Gründe hierfür besonders darzulegen. In der Begründung soll auf die Maßnahmen hingewiesen werden, die zur Verwirklichung des Bebauungsplans alsbald getroffen werden sollen; die überschlägig ermittelten Kosten, die der Gemeinde dadurch voraussichtlich entstehen, und die vorgesehene Finanzierung sollen angegeben werden. Außerdem sind in der Begründung bodenordnende und sonstige Maßnahmen darzulegen, für die der Bebauungsplan die Grundlage bilden soll. Übersicht 1. Inhalt des Bebauungsplans a) Abs. 1 b) Abs. 2 c) Funktion des BebPl. d) Baunutzungsverordnung e) Sozialplan 0 Beziehung zum StBauFG 2. Gesonderte Festsetzung für Teile von baulichen Anlagen (Abs. 3) 3. Rechtsverordnungen der Landesregierungen (Abs. 4) 4. Besondere Kennzeichnungen im BebPlan, nachrichtliche Übernahme anderer Festsetzungen (Abs. 5 und 6); Festsetzung der räumlichen Grenzen (Abs. 7)
5. Begründung des Bebauungsplans (Abs. 8) 6. Teilbebauungsplan (nichtqualifizierter Bebauungsplan) 7. Übergangsvorschriften a) für alte Pläne; b) Ermächtigung an die Landesregieningen ; c) Überleitungsvorschrift nach der Novelle 1976 8. Rechtsprechung A. Höchstr. Rspr. B. OVG, VGH und andere Gerichte
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1. Teil. Bauleitplanung
1. Inhalt des Bebauungsplans a) Die Aufzählung der in Abs. 1 aufgeführten „Festsetzungen" (durch Zeichnung, Farbe, Schrift und Text) stellt keinen Zwangskatalog dar. Sie ist so weit gefaßt, daß je nach dem Bedürfnis der einzelnen Gemeinde auf eine Reihe von Festsetzungen verzichtet werden kann. So kann im BebPl. nicht nur die flächenmäßige Aufteilung, sondern auch die bauliche Höhenentwicklung sowie die gesamte Nutzung des Planbereichs in wirtschaftlicher und baulicher Nutzung geregelt werden. Der einzelne Beb PI. soll diese an sich zulässigen Festsetzungen nur insoweit enthalten, als dies für die städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets erforderlich ist. Der Beb PI. kann sogar auf einzelne Festsetzungen, wie z. B. auf solche der überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksflächen oder auf solche über Art und Maß der baulichen Nutzung beschränkt werden. Auch kann er nur die Festsetzung von Bau(flucht)linien zum Inhalt haben (siehe Nr. 6). Andererseits kann der Beb PI. im Hinblick auf seine rechtliche Bedeutung auch nicht mehr enthalten als im Katalog des Abs. 1 aufgeführt ist (vgl. U d. BVerwG vom 24. 4. 1970, s. Rspr. 8 A 4). Jedenfalls müssen alle Festsetzungen bestimmt gehalten sein; sie müssen auch positiv sein; d. h., es darf kein Gebiet des Beb PI. ohne jegliche Festsetzung bleiben. Im Hinblick auf die Außerkraftsetzung der planungsrechtlichen Vorschriften der RGaO durch § 186 Abs. 3 (siehe Erläuterungen dort) wurden bereits in der Erstfassung in den Katalog des Abs. 1 die Flächen für Stell-(Park-) plätze und Garagen sowie die Einfahrten auf den Baugrundstücken und die Flächen für Gemeinschaftsstellplätze und Gemeischaftsgaragen aufgenommen. Die Festsetzungen des BebPl. nach Abs. 1 wurden durch die Novelle 1976 erheblich erweitert, und zwar vor allem im Hinblick auf die Entwicklung im Städtebau. Die frühere Hervorhebung des Baulandes wurde aufgegeben und eine fortlaufende Numerierung eingeführt. Wegen der Erweiterung ist die Allgemeineinführung des § 47 VwGO (Normenkontrollverfahren) zur Verstärkung des Rechtsschutzes des Betroffenen (siehe § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der Neufassung durch das G vom 24. 8. 1976, BGBl. I S. 2437) von Bedeutung. Die neuen Nummern 1, 2, 5, 10, 17, 21, 26 entsprechen im wesentlichen der früheren Fassung (allerdings mit anderer Unterteilung). An wichtigen Ergänzungen sind hervorzuheben: Nach Nr. 3 kann außer der Mindestgröße aus städtebaulichen Gründen auch die Mindestbreite und die Mindesttiefe festgesetzt werden. Neben der Möglichkeit, Flächen für Stellplätze und Garagen sowie ihre Einfahrten auf den Baugrundstücken festzusetzen (frühere Nr. 1 Buchst, e), hat sich in der Praxis die Notwendigkeit ergeben, im BebPl. auch die Flächen auf den Grundstücken festzulegen, die für Spiel, Freizeit und Erholung bestimmt sind (Nr. 4; siehe auch Nr. 22). 88
3. Abschnitt. Bebauungsplan
Nach dem aufgehobenen Abs. 2 des § 11 S t B a u F G konnte in den Ersatzund Ergänzungsgebieten in dem für diese Gebiete aufzustellenden BebPl. für die einzelnen Grundstücke die besondere Nutzungsart festgesetzt werden, um den mit der förmlichen Festlegung dieser Gebiete verfolgten Zweck zu verwirklichen. Hierbei könnten auch Festsetzungen getroffen werden, die dazu dienen, die Unterbringung bestimmter Bevölkerungsgruppen unter Berücksichtigung des Sozialplans zu gewährleisten. Unter Nr. 5 fallen auch die für Altenheime bereitzustellenden Flächen. Die neuen Nr. 7 und 8 (Fassung durch den federführenden Ausschuß) übertragen unter Aufhebung der obengenannten Vorschrift des S t B a u F G diesen Rechtsgedanken auf das B B a u G und führen ihn fort. Das Erfordernis besonderer städtebaulicher Gründe stellt die gegenüber dem früheren Recht rechtlich eingeschränkte Möglichkeit dar, den besonderen Nutzungszweck von Flächen festzusetzen (Nr. 9). Über die frühere Möglichkeit hinaus, Verkehrsflächen festzusetzen, ermöglicht Nr. 11 auch solche besonderen Zweckbestimmungen wie Fußgängerbereiche, Parkflächen u. a. festzusetzen. Nr. 15 berücksichtigt die Ergebnisse der Rechtsprechung. Danach reicht es nicht aus, wenn die Gemeinde in den Bauleitplänen nur Grünflächen festsetzt und später entscheidet, ob auf diesen Grünflächen die im einzelnen genannten Anlagen errichtet werden. Erforderlich ist vielmehr, daß genau bestimmt wird, welche Zwecke mit der Festsetzung verfolgt werden. Darüber hinaus stellt die neue Nr. 15 klar, daß auch private Grünflächen bei städtebaulicher Notwendigkeit festgesetzt werden können. Die Festsetzung von Wasserflächen (Nr. 16), einem Bedürfnis der Praxis entsprechend, wurde durch den 15. Ausschuß des B T einerseits auf die Flächen für die Wasserwirtschaft, für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses ausgedehnt, doch gleichzeitig eine Einschränkung bezüglich des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze gemacht ( „ s o w e i t . . . n i c h t . . . " ) . Trotz Widerstands des B R ( B R — D S 190/76 Nr. 7) wurde auf Vorschlag des federführenden Ausschusses die Festsetzung von Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung (Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dgl.) aufgenommen (Nr. 19). Diese Vorschrift erweist sich wegen der von solchen Anlagen, z. B. der Haltung von Hunden und Federvieh ausgehenden Belästigungen, die eine Plazierung vorwiegend im Außenbereich notwendig machen, als wichtig. Die neue Nr. 20 verleiht der Gemeinde auch in bezug auf Schutz, Pflege und Entwicklung der Landschaft unter der Einschränkung der Vorrangigkeit anderer Vorschriften (Naturschutz, Landschaftsschutz, Denkmalschutz) unmittelbare Befugnisse. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es der Gemeinde nicht möglich, selbst Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete bzw. die diesen Gebietsfestlegungen entsprechenden räumlichen Festlegungen zu tref89
1. Teil. Bauleitplanung
fen. Auch muß der BebPl. selbst die notwendigen normativen Aussagen enthalten, d. h. es reicht nicht aus, daß er hinsichtlich rechtlicher Folgerungen auf andere Rechtsvorschriften verweist. Diese alten Vorschriften bezüglich der Festsetzungen von Gemeinschaftsanlagen und Gemeinschaftseinrichtungen wurden für die neue Nr. 22 unter der Erweiterung der Festsetzungen mit beispielhafter Aufzählung von Anlagen und Einrichtungen wichtiger Art (Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen) ersetzt. Dabei überschneiden sich die Nr. 4 und 22 in Teilen. Neu ist auch die Berücksichtigung des Immissionsschutzes in Nr. 23 und 24. Durch diese Bestimmungen soll die Gemeinde in die Lage versetzt werden, stärker als vorher im BebPl. dem Umweltschutz Rechnung zu tragen. Bei der Zulassung von Einzelvorhaben muß aber sicher sein, daß die Versorgung, z. B. mit Wärme, auf andere Weise möglich ist. Hierfür kommen insbesondere zentrale Einrichtungen zur Wärmeversorgung in Betracht, an die u. U. die Grundstücke auf der Grundlage eines gemeinderechtlichen Anschlußund Benutzungszwanges anzuschließen sind. Ferner soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei emittierenden Anlagen nicht nur — wie früher — Schutzflächen freizuhalten, sondern auch Flächen für Schutzanlagen auszuweisen und die Errichtung der Anlagen im Plan bereits bindend festzusetzen. Darüber hinaus ist es notwendig, bereits im Plan Nutzungsbeschränkungen und -bindungen festzusetzen, um von vornherein Schäden zu vermeiden, statt sie nachträglich beheben zu müssen. Durch Nr. 25 (Zusammenfassung der alten Nrn. 15 und 16) soll gewährleistet werden, daß in einem BebPl.-Gebiet unter Abwägung mit sonstigen Belangen, die hier bezeichneten Festsetzungen nur dann getroffen werden können, soweit dies aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Die Ausnahme für land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke soll klarstellen, daß Festsetzungen nach dieser Nummer insoweit im BebPl. aus städtebaulichen Gründen nicht in Betracht kommen. Das Gesetz über die Bodennutzungsund Ertragsverhältnisse grenzt die land- oder fortswirtschaftlich genutzten Flächen von den Hofflächen ab. Für Hofgrundstücke können Festsetzungen nach Nr. 25 in Betracht kommen, z. B. wenn ein auf einem Gebiet eines BebPl. gelegenen Hofgrundstücks vorhandener Baumbestand geschützt werden soll. Die neue Nr. 26 — eine Ergänzung von Nr. 17 — geht auf die Empfehlung der Planspieler in Ingelheim zurück; sie soll die Festsetzung von Flächen für Aufschüttungen und Abgrabungen sowie der erforderlichen Stützmauern ermöglichen, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind. b) Der durch das ÄndG von 1976 eingefügte neue Abs. 2 gibt der Gemeinde die Möglichkeit, auch die Höhenlage zu bestimmen. Die BauNVO gibt in einer Reihe von Bestimmungen die Möglichkeit, über das Maß der baulichen Nutzung auch die Höhenlage festzusetzen. 90
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§93
c) Der BebPl. nach dem BBauG übernahm die Funktion der landesrechtlichen Flucht- und Baulinienpläne und Baubeschränkungen. Insoweit sind ab 30. 6. 1961 (vgl. § 189 Abs. 1) die landesrechtlichen Vorschriften nicht mehr anwendbar (§ 186 Abs. 1 Satz 1). Durch die Festsetzung der Mindestgröße von Grundstücken im BebPl. (Abs. 1 Nr. 3) entfielen auch die auf Grund der früheren BauRegV (§ 186 Abs. 1 Nr. 15) vorher möglichen ortsrechtlichen Neuordnungen. d) Die verschiedenen Festsetzungsmöglichkeiten für die überbaubare Grundstücksfläche im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 sind in § 23 BauNVO (siehe II 3 des Komm.) enthalten. e) In engem Zusammenhang mit § 9 steht der neue § 13 a, der unter anderem auch die Aufstellung eines Sozialplans im Rahmen eines BebPl. vorsieht (siehe bei § 13 a). 0 Das StBauFG läßt in den BebPl., die nach § 10 jenes Gesetzes für die Neugestaltung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets aufzustellen sind, § 9 Abs. 2 BBauG insoweit unberührt, als es um die Kenntlichmachung der abzubrechenden oder zu erhaltenden Bauanlagen geht (siehe bei § 9 StBauFG, Band II). 2. Gesonderte Festsetzungen für Teile von baulichen Anlagen (Abs. 3) Die Novelle 1976 brachte eine weitere Ergänzung (neuer Abs. 3), der Festsetzungen auch für übereinanderliegende Ebenen vorsieht, jedoch nur — entsprechend der durch den federführenden Ausschuß getroffenen Formulierung —, wenn besondere städtebauliche Gründe diese rechtfertigen. Dies bedeutet, daß städtebauliche Gründe schlechthin noch nicht ausreichen. Differenzierte Nutzungsfestsetzungen in übereinanderliegenden Geschossen oder in Gebäudeteilen können somit nur in Ausnahmefällen ausgewiesen werden. Allerdings wurde ein weitergehender Antrag auf das Erfordernis „zwingender städtebaulicher Gründe" abgelehnt. Die neue Regelung ermöglicht es auch, für unter der Gebäudeoberfläche liegende Bauten und Bauteile (z. B, durch Baulinien oder Baugrenzen) Festsetzungen zu treffen. 3. Rechtsverordnungen der Landesregierung (Abs. 4) Der Ländervorbehalt wurde durch die Novelle 1976 etwas geändert. Nunmehr können auf Landesrecht beruhende Regelungen in den BebPl. als Festsetzungen aufgenommen werden; auch kann in einer solchen Rechtsverordnung bestimmt werden, inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften des BBauG Anwendung finden. Die von der BReg. geplante Formulierung "für die eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nicht besteht" wurde auf Vorschlag des BR bereits im federführenden Ausschuß fallen gelassen. Zutreffend wandte sich der BR gegen diese Einschränkung. 91
§95
1. Teil. Bauleitplanung
4. Besondere Kennzeichnungen im Bebauungsplan, nachrichtliche Übernahme anderer Festsetzungen (Abs. 5 und 6); Festsetzung der räumlichen Grenzen (Abs. 7) a) Im Interesse der umfassenden Aufklärung der Allgemeinheit liegt es, die Flächen besonders kenntlich zu machen, deren Bebauung besondere Vorkehrungen erfordert oder bei denen besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten notwendig sind oder unter denen Bergbau betrieben wird bzw. werden soll. Abs. 5 enthält eine diesbezügliche Sollbestimmung. Änderungsvorschläge der BReg. wurden nicht in die Novelle 1976 aufgenommen. Der Vorrang der Bauleitplanung vor Landschaftsschutzbestimmungen, die im früheren Satz 2 verankert war, konnte im Hinblick auf die Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre nicht aufrechterhalten werden. Auf Vorschlag des BR hat ihn die Novelle 1976 gestrichen. Es kann verlangt werden, daß Landschaftsschutzverordnungen aufgehoben werden, bevor entgegenstehende Bauleitpläne aufgestellt werden. b) Festsetzungen, insbesondere Planfeststellungen, die auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen getroffen sind, wie z. B. nach dem FStrG, dem Luftverkehrsgesetz, dem Bundesbahngesetz, dem Telegrafengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz oder dem Naturschutzgesetz oder nach landesrechtlichen Normen (z. B. Straßen- und Wegegesetzen) sollen insoweit in den BebPl. nachrichtlich übernommen werden, als sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig sind (Abs. 6). c) Der BebPl. muß die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs zumindest zeichnerisch festsetzen (vgl. Abs. 7). 5. Begründung des Bebauungsplans (Abs. 8) Nach Abs. 8 Satz 1 ist der BebPl. zu begründen. In der Begründung müssen nach der Neufassung der Sätze 2 ff. durch die Novelle 1976 die „Ziele und Zwecke" des BebPl. dargelegt werden, wobei bei Festsetzungen nach Abs. 1 Nrn. 6, 7, 8 und 9 (siehe oben bei Nr. 1) die Gründe besonders darzulegen sind. Unterlassungen in dieser Hinsicht können sich in Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO rechtlich auswirken. Die erweiterte Fassung des Abs. 8 beruht im wesentlichen auf Vorschlägen des BR, der konkrete Aussagen gefordert hatte. Gegenüber dem RegE wird damit die Verpflichtung der Gemeinde zur Angabe der überschlägig ermittelten Kosten auf die alsbald zur Verwirklichung anstehenden städtebaulichen Maßnahmen beschränkt, jedoch andererseits auf die zusätzliche Angabe der Finanzierungsgrundlagen ausgedehnt. Danach sind die Gemeinden gehalten, nicht nur die langfristigen Zielperspektiven einer städtebaulichen Entwicklung bei der Aufstellung eines BebPlans anzugeben, sondern auch die kurzfristigen finanziellen Notwendigkeiten und Realisierungsmöglichkeiten. Nach Ansicht des 15. Ausschusses bezweckt die Vorschrift keine Finanzierungsplanung der Gemeinden, zumal die 92
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§97
Begründung des BebPlans nach ihrer Funktion kein Koordinierungs- und Finanzierungsinstrument darstellt. Bei der notwendigen Angabe über die vorgesehene Finanzierung der alsbald zu treffenden M a ß n a h m e n reicht daher ähnlich wie nach § 38 StBauFG der Nachweis aus, daß die Bereitstellung der erforderlichen Mittel aus dem Haushalt erwartet werden kann. Der letzte Satz 3 des Abs. 8 enthält noch eine wichtige Mußvorschrift, die bereits in der Erstfassung enthalten war: Darlegung der b o d e n o r d n e n d e n und sonstigen M a ß n a h m e n in der Begründung des BebPl., für die dieser die Grundlage bilden soll. Die Begründung soll die überschlägig ermittelten Kosten der Durchführung des Beb PI. angeben; mit dieser Vorschrift soll die Gewähr gegeben werden, daß die Gemeinde sich bereits bei der Planaufstellung Klarheit über die erforderlichen M a ß n a h m e n im Hinblick auf die sich daraus ergebenden finanziellen Folgen verschafft und nicht ins Blaue hinein ohne Maßhaltung plant. Fehlerhafte und mangelhafte Begründung führen zur Ungültigkeitserklärung eines solchen BebPl. im Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. 6. Teilbebauungsplan (nichtqualifizierter Bebauungsplan) Das Gesetz läßt auch die Festsetzung von Teilbebauungsplänen zu („soweit erforderlich"). Solche kommen vor allem für die Festsetzung von Bau(flucht)linien für kleinere Gebiete oder Straßenteile in Frage; denn das Bedürfnis hierfür tritt im Hinblick auf den gesteigerten Verkehr immer wieder sporadisch auf. (Für Bayern bedeutete die Baulinienfestsetzung schon seit dem Inkrafttreten der Erstfassung des BBauG eine Rechtsänderung, da sie nach der seinerzeit gültigen Fassung der Bay. Bauordnung als Verwaltungsakt erfolgte). Da es sich bei solchen Plänen meist nicht um qualifizierte Bebauungspläne handelt, sind sie zumeist nicht geeignet, als Grundlage für die Durchführung eines Vorhabens im Sinn des § 29 (siehe dort) zu dienen (§ 30); denn nur im Geltungsbereich eines BebPl., der mindestens Festsetzungen über die Art und das M a ß der baulichen Nutzung, über die überbaubaren Flächen und über die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben im Sinne des § 29 zulässig (sog. qualif. BebPl. nach § 30). Das gleiche gilt für die Genehmigungspflicht der Grundstücksteilung nach §19 Abs. 1; genehmigungspflichtig sind nur Teilungen im Bereich von solchen BebPl., die den Mindesterfordernissen des § 30 entsprechen. 7. Übergangsvorschriften a) Vor 1961 in Kraft gesetzte Pläne, die verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthielten, galten mit Inkrafttreten des BBauG als BebPl; entsprachen sie nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 3 bis 5 a. F., so waren sie d a n n zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies ein zu beteiligender Träger öffentlicher Belange innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des BBauG 93
§98
1. Teil. Bauleitplanung
beantragt hatte (§ 173 Abs. 3 Satz 1 und 3). Bezüglich der Festsetzungen nach § 9 Abs. 7 FStrG siehe die Erläuterungen bei § 173. b) Die Landesregierungen waren zum Erlaß von Rechtsverordnungen dahin ermächtigt, daß die bei Inkrafttreten des BBauG festgestellten städtebaulichen Pläne im Sinne von § 173 Abs. 3 Satz 1 unter den in Abs. 4 a. a. O. genannten Voraussetzungen längstens fünf Jahre lang als BebPläne im Sinne des § 30 gelten. c) Durch Art. 2 § 3 des ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde § 17 Abs. 3 FStrG erweitert. Danach ersetzten schon bisher BebPläne nach § 9 BBauG die Planfeststellung nach dem FStrG und bei notwendigen Ergänzungen oder Abweichungen von den Feststellungen des BebPl. mußte die Planfeststellung in soweit zusätzlich durchgeführt werden. Während nun bisher nur §§ 40 und 41 BBauG einschlägig waren, wurde die Geltung nunmehr — unter Wegfall des § 41 (Entschädigung bei Festsetzung von unbebauten Grundstücken) — auch § 40 (Entschädigung in Geld oder durch Übernahme), § 44a (Entschädigungspflichtiger), § 44b (Entschädigung und Verfahren) ohne dessen letzten Absatz 5 sowie auf § 44c Abs. 1 und 2 BBauG (Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche) erstreckt.
8. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BVerwG B vom 4.3. 1964 (I CB 25.64) Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 1 Ortsrechtliche Regelungen über den Ausschluß der Bebauung rückwärtiger Grundstücksteile vertoßen grundsätzlich nicht gegen Art. 14 GG.
2. BVerwG U vom 27. 1. 1967 (IV C 12/65) BVerwGE 26, 103 = DVB1. 1968, 25 = VerwRspr. 19, 39 a) Die RGaO findet Anwendung, wenn nicht neue BebPl. auf Grund des BBauG in Verbindung mit der BauNVO mit der Wirkung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO erlassen worden sind. b) Zur Auslegung des § 11 RGaO.
3. BGH U vom 22. 2. 1968 (III ZR 140/66) NJW 1968, 890 = BBauBl. 1968, 271 = DVB1. 1969, 205 Die Wirksamkeit eines BebPl. hängt nicht davon ab, daß dem Plan eine Begründung beigefügt ist. (Siehe aber unten Nr. 12.)
4. BVerwG U vom 24. 4. 1970 (IV C 53.67) BayVBl. 1970, 285 § 9 BBauG läßt Festsetzungen in BebPl., durch die bestimmte Grundstücke ausschließlich für Garagen ausgewiesen werden, nicht zu.
94
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§98
5. BGH U vom 15. 1. 1971, LUMB1. 1973, 8
Zur Bedeutung eines Beb PI. für die Frage der zivilrechtlichen Ortsüblichkeit nachbarlicher Immissionen in einem Baugebiet (hier: Staubeinwirkungen eines Splitwerks im Industriegebiet).
6. BVerwG U vom 3. 6. 1971 (IV C 64.70) DÖV 1971, 636
a) § 9 Abs. 1 BBauG gestattet BebPle, die sich in der Festsetzung einer Verkehrsfläche erschöpfen, auch dann, wenn es sich um Fernstraßen handelt, die einer Planfeststellung nach den §§ 17 f. FStrG zugänglich sind. b) BebPle. führen nicht zu einer Veränderungssperre nach § 9a Abs. 1 Satz 1 FStrG.
7. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 76.68) DVB1. 1971, 759
Die nach § 9 Abs. 6 BBauG vorgeschriebene Begründung eines BebPl. muß jedenfalls zu den zentralen Punkten der durch den Plan getroffenen Regelung begründende Hinweise geben. Ihr Fehlen führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Plans (abweichend vom U des BGH vom 22. 2. 1968 - III ZR 140/66 - siehe oben Nr. 3).
8. BVerwG U vom 14. 7. 1972 (IV C 8.70) DÖV 1972, 822 = BauR 1972, 282 = JR 1972, 519 = BBauBl. 1973, 71 = DVB1. 1973, 321 = BayVBl. 1973, 216
a) Ein BebPl., der Flächen für land- und forstwirtschaftliche Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 10 (a. F.) BBauG) nicht im Interesse einer Förderung der Land- und Forstwirtschaft, sondern deshalb festgesetzt, weil er durch das damit weitgehend erreichte Bauverbot außerhalb der Land- und Forstwirtschaft liegende Ziele fördern will, ist mangels Erforderlichkeit nichtig. b) Die Verordnung über Baubeschränkungen vom 28. Februar 1939 (RGBl. I S. 381/BGB1. III 213-8) ist nicht mehr gültig.
9. BVerwG U vom 2. 3.1973 (IV C 40.71) DÖV 1973, 721 = DVB1. 1973, 636 = BayVBl. 1973, 613 = DWW 1973, 204 = BauR 1973, 166
a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 (a. F.) BBauG darf das Bauland mit einer Tragweite selbständig festgesetzt werden, die solche sonstigen Nutzungen ausschließt, welche sowohl die Verwirklichung des Planes verhindern oder wesentlich erschweren als auch dem — u. U. vom Stande der Planverwirklichung beeinflußten — Gebietscharakter widersprechen (im Anschl. an U vom 4. 11. 1966, BVerwGE 25, 243 = DÖV 1967, 275, vom 16.2.1968, Buchholz 406.11 §29 BBauG Nr. 6 = DÖV 1969, 149 [Ls.] und vom 23. 4. 1969, BVerwGE 32, 31 = DÖV 1969, 751). b) Sonstige Nutzungen, die dem für sie geltenden BebPl. nicht entsprechen, können keinen durch Art. 14 Abs. 1 GG gedeckten Bestandsschutz erlangen. c) Dem behördlichen Einschreiten können Fälle, in denen (noch) nicht eingeschritten wurde, nur ausnahmsweise dann entgegengehalten werden, wenn es der Art des Einschreitens an jedem System fehlt, für diese Art des (auch zeitl.) Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und deshalb die Handhabung als willkürl. angesehen werden muß (vgl. die Beschl. vom 19. 9. 1963 - I B 39.63 vom 29. 4. 1966 - IV B 163.65 - , vom 13. 2. 1968 - IV B 156.66 - , vom 3. 5. 1968 - IV B 124.67 - , vom 20. 2. 1969 - IV B 152.68 - , vom 22. 1. 1972 - IV B 42.71 - und vom 24. 3. 1972 IV B 25.72 - ) . 95
§98
1. Teil. Bauleitplanung
10. BVerwG U vom 28. 2. 1975 (IV C 74.72) Buchholz 406.11 § 8 B B a u G Nr. 2 = BBauBl. 1979, 380 a) BebPläne sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG aus den ihnen vorgegebenen FINPlänen in der Weise „zu entwickeln", daß durch ihre Festsetzungen die zugrunde liegenden Darstellungen des FINPlanes konkreter ausgestaltet und damit zugleich verdeutlicht werden. Dieser Vorgang der Konkretisierung schließt nicht aus, daß die in einem BebPlan zu treffenden Festsetzungen von den vorgegebenen Darstellungen des FINPlanes abweichen. Derartige Abweichungen sind jedoch nur zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des FINPlanes unberührt lassen. b) Daß aus zwingenden Gründen ein BebPlan vor der Aufstellung eines FINPlanes aufgestellt werden kann, rechtfertigt nicht die Aufstellung eines BebPlans im Widerspruch zu Darstellungen eines vorhandenen FINPlans, auch wenn diese Darstellungen in Richtung der Festsetzungen des BebPlans änderungsbedürftig sind. 11. B G H U vom 30. 1. 1975 (III Z R 18/72) BayVBl. 1976, 157 Ein BebPl., der die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks deshalb beschränkt, weil auch auf dem benachbarten Grundstück eine sinnvolle Bebauung ermöglicht werden soll, kann enteigenender Natur sein, wenn bei der Abwägung der berührten privaten Belange der nachbarrechtlichs Besitzstand unberücksichtigt geblieben ist. 12. B G H U vom 10. 7. 1975 (III Z R 161/72) BBauBi. 1978, 508 Die Ausschlußfrist des Art. 125 Abs. 1 Bayer. AGBGB beginnt bei Entschädigungsansprüchen, die aus einem dauernden Bauverbot hergeleitet werden können, jedenfalls nicht vor dem Zeitpunkt, in dem der verbindliche Bauleitplan (§ 8 BBauG) in Kraft tritt. — Dies gilt auch für die Entschädigung für sog. Vorwirkungen solcher Bauverbote. 13. B G H U vom 11.11. 1976 (III Z R 114/75) N J W 1977, 388 Fehlt einem BebPlan die Begründung, so hat das grundsätzlich die Unwirksamkeit des Plans zur Folge (Aufgabe von BGHZ 49, 317 = NJW 1968, 890). Das Gebot der gerechten Abwägung erfordert bei der Abwägung der privaten Belange untereinander eine möglichst gleichmäßige Berücksichtigung. Kann dies nur in einer Umlegung (§§ 45 ff. BBauG) verwirklicht werden, so muß die Gemeinde ihre Bauleitplanung auf die Ergebnisse einer derartigen Bodenordnung umstellen („Wendehammer"). 14. BVerwG U vom 11. 3. 1977 (IV C 32.76) DVB1. 1977, 531 Die Festsetzungen des BebPlans über den Anschluß der Grundstücke an die Verkehrsflächen können sowohl positiv durch die Regelung der Art und Weise des Anschlusses als auch negativ durch Anschlußverbote getroffen werden (übereinstimmend mit dem Urteil vom 26. 11. 1976, IV C 35.74). 15. B V e r w G U v o m 29. 9. 1978 (4 C 30.76) Z f B R 1978, 84 = D Ö V 1979, 214 a) Ein BebPlan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen FINPlans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt.
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3. Abschnitt. Bebauungsplan
§98
c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
16. BVerwG U vom 26. 1. 1979 (4 C 65.76) BBauBl. 1979, 308
Ein BebPlan, der allein die Aufgabe hat, eine bestehende Gemeinbedarfsfläche auszuweiten, und der nur einen entsprechend kleinen räumlichen Geltungsbereich hat, kann auch dann im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG aus dem FINPlan entwickelt sein, wenn er für sein gesamtes Gebiet eine andere Nutzungsart festsetzt, als sie im FINPlan dargestellt ist.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Lüneburg U vom 5. 12. 1962 (I A 57/62) DÖV 1963, 843 DVB1. 1964, 160 Seit Inkrafttreten von § 9 BBauG können die in dieser Vorschrift dem BebPl. vorbehaltenen Festsetzungen nicht mehr durch Polizeiverordnung getroffen werden.
2. Bad.-Württ. VGH B vom 14. 3. 1963 (I 54/63) DÖV 1963, 760
a) Im Normenkontrollverfahren ist zulässiger Prüfungsmaßstab auch das (einfache) Bundesrecht. b) Der Verwendungszweck der im BebPl. festgesetzten Baugrundstücke für den Gemeinbedarf im Sinne des § 9 Abs. 1 Ziff. lf. (a. F.) BBauG muß aus dem BebPl. selbst hervorgehen.
3. BayVGH B vom 21. 4.1965 (Nr. 16 I 65) DVB1. 1965, 852 = BayVBl. 1965, 246
Ein gemeindlicher BebPl., der einen Teil einer unter Landschaftsschutz stehenden Grundstücksfläche als Baugebiet ausweist, stellt für benachbarte, dort wohnende Grundstückseigentümer keine „unzulässige Enteignung" dar.
4. Bad.-Württ. VGH B vom 25. 5. 1966 (V 751/65) ESVGH 17,97
a) Ein Anspruch auf unveränderten Fortbestand eines BebPl. kann ausnahmsweise nur dann bestehen, wenn jede denkbare Änderung gegen überwiegende private oder öffentliche Belange verstieße. b) Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Änderung eines BebPl. erforderlich ist und auf einer gerechten Interessenabwägung beruht. Zum Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.
5. OVG Münster U vom 30. 10. 1964 (VII A 980/63) DVB1. 1965, 852 = DÖV 1965, 536 = DWW 1965, 116
Ein BebPl., der die Bebauungstiefen und Grünflächenzahl nicht einheitlich festsetzt, verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz, wenn die uneinheitliche Festsetzung den vorhandenen Baubestand rechtlich anerkennt und bestätigt.
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§98
1. Teil. Bauleitplanung
6. VG Freiburg U vom 11. 3. 1969 (VS IV 19/68) BBauBl. 1970, 231
Die in einem BebPl. enthaltene Festsetzung, daß die Errichtung eines Kniestocks nur bis zur Höhe von 0,30 m zulässig ist, findet weder in § 9 Abs. 1 (a. F.) BBauG noch in § 111 Abs. 1 Ziff. 1 LBO Baden-Württemberg eine Stütze und ist daher ungültig.
7. Bad.-Württ. VGH B vom 19. 5. 1970 (II 450/66) BBauBl. 1972, 27
a) Zur Interessenabwägung bei der Festsetzung eines Sondergebiets für Klinikbauten im unmittelbaren Anschluß an ein Landhausviertel alten Rechts. b) Zur Frage, wann nicht zwingend vorgeschriebene Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BBauG „erforderlich" sind. c) Eine Planung muß um so mehr differenzieren, je mehr sie an eine schon vorhandene bauliche Nutzung gegensätzlicher Art heranrückt, wenn diese für Störungen anfällig ist.
8. BayVGH B vom 8. 3. 1971 (Nr. 13 I 70) BayVBl. 1971, 230
Die Auslegung eines BebPl.-Entwurfs ohne Beifügung der nach § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG vorgeschriebenen Begründung läßt einen BebPl. nicht wirksam Zustandekommen (Normenkontrolle nach § 47 VwGO).
9. Bad.-Württ. VGH B vom 27. 1. 1972 (II 217/70) BBauBl. 1972, 429
a) Zur Frage, wann zwingende Gründe es erfordern, daß ein BebPl. vor dem FINPlan aufgestellt wird. b) Über das Verhältnis der Grenzabstandsvorschriften und der Vorschriften über Stellplätze und Garagen zu den Festsetzungen eines BebPl.
10. OVG Lüneburg U vom 21. 4. 1972 (I A 14/71) BauR 1972, 355
Zur rechtlichen Beurteilung eines Grundstücks, das nach den Festsetzungen eines BebPl. wahlweise für Gemeinschaftsstellplätze oder -garagen bestimmt ist. Sind die Eigentümer der Grundstücke, für deren Bedarf die Gemeinschaftsanlage bestimmt ist, nicht auch Eigentümer des Stellplatz- oder Garagengrundstücks, so kann der Eigentümer des letzteren wählen, ob er Stellplätze oder Garagen anlegt.
11. Bad.-Württ.VGH B vom 4. 5. 1972 (II 199/72) DÖV 1972, 821 = BBauBl. 1973, 270 Werden Flächen, deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen erforderlich macht, entgegen § 9 BBauG nicht gekennzeichnet, so wird dadurch die Gültigkeit des BebPl. nicht berührt.
12. OVG Münster U vom 3. 10. 1973 (VII A 462/73) DVB1. 1974, 364
a) Zur Frage des nachbarschützenden Charakters einer Ausweisung als „öffentliche Grünfläche". b) Ein schwerer Eingriff in das nach Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht ist nicht zwangsläufig auch ein unerträglicher Eingriff; dieser Begriff setzt eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung voraus. c) Spielplätze herkömmlicher Art (d. h. nicht Abenteuer-, Bau- oder RobinsonSpielplätze) müssen in reinen Wohngebieten hingenommen werden, selbst wenn sie mitunter zu Mißhelligkeiten für die Anlieger führen.
13. BayVGH B vom 19. 4. 1974 (Nr. 199 I 73) BauR 5/74, 324 (Nichtamtl. Leits.) 98
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§98
a) Ein Beb Plan ist ungültig, wenn sich aus der Begründung die wesentlichen planerischen Erwägungen nicht entnehmen lassen. b) Ein BebPlan ist ungültig, wenn nach einer während des Aufstellungsverfahrens vorgenommenen Änderung weder eine nochmalige Auslegung noch ein vereinfachtes Änderungsverfahren stattgefunden hat. c) Gesichtspunkte des Kostenaufwands und des Zeitdrucks allein können für eine Abwägung der öffentlichen Belange nicht ausreichen.
14. OVG Münster U vom 8.10.1974 (XA 1155/72) DÖV 1975, 721 Die nach § 9 Abs. 6 Satz 1 BBauG erforderliche Begründung muß zu den zentralen Regelungen (wesentl. Aussagen) des BebPl. den Planinhalt und die ihn tragende Abwägung rechtfertigen (wie BVerwG BRS 24 Nr. 15 und BauR 1974, 311).
15. OVG Münster U vom 9. 3. 1976 (VII A 1097/73) BauR 1976,178
Eine Festsetzung „Zu- und Ausfahrtverbot" kann in einen BebPl. nicht wirksam aufgenommen werden.
16. BayVGH B vom 26. 10. 1976 (Nr. 130 I 76) BayVBl. 1977, 303
a) Wird der Anspruch einer Gemeinde auf Abstimmung der Bauleitplanung einer Nachbargemeinde mit ihr verletzt (§ 2 Abs. 4 BBauG 7, kann eine einstweilige Anordnung ergehen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats; vgl. Beschluß vom 24. 11. 1975 Nr. 217 I 75, BayVBl. 1976, 112). b) Zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in einem Verfahren, in dem über eine auf Verletzung des § 2 Abs. 4 BBauG gestützte (vorbeugende) Unterlassungsklage einer Gemeinde zu entscheiden ist (soweit Bebauungsplanung Gegegenstand der Klage, keine Überprüfung daraufhin, ob der BebPlan aus einem gültigen FINPlan entwickelt ist!). c) Die Immissionsrichtwerte nach der TA Luft sind als Ausdruck „administrativen Sachverstandes" einer Nachprüfung durch die Gerichte grundsätzlich entzogen. d) Zum Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 4 BBauG.
17. OVG Saarlouis U vom 28. 10. 1977 (II N 3/77) DÖV 1978, 215
a) Ein Nachteil, der zur Durchführung des Normenkontrollverfahrens bezüglich eines BebPlans berechtigt, liegt nur vor, wenn der Antragsteller durch diesen Plan oder seine Anwendung einer aus seiner verständlichen Sicht nachteiligen Veränderung eines Zustandes ausgesetzt wird, auf dessen Aufrechterhaltung er einen Rechtsanspruch haben kann. b) Bleiben Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung hinter den ohne Bebauungsplan zulässigen Werten zurück, so ist der auf eine weitere Verringerung dieses Maßes hinsichtlich eines Nachbargrundstücks abzielende Normenkontrollantrag eines Planbetroffenen unzulässig. c) Auf die Aufrechterhaltung der bestehenden Verkehrsverhältnisse vor dem eigenen Anwesen, die Erhaltung einer benachbarten Grünanlage oder die Einhaltung naturschutzrechtlicher Bestimmungen besteht regelmäßig kein Rechtsanspruch.
18. BayVGH B vom 16. 11. 1978 (170 VIII 78) DÖV 1979, 219
Eine Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluß ist insoweit unzulässig, als dieser lediglich Festsetzungen eines BebPlans wiederholt. Rechtsschutz steht dann allein gegen den BebPlan zur Verfügung.
99
§ 9a
1. Teil. Bauleitplanung
§9a Sicherung der
Infrastruktur
(1) Stellt die Gemeinde einen Bebauungsplan auf, so kann sie zugleich festsetzen, daß die in ihm festgesetzte bauliche oder sonstige Nutzung des Gebiets oder von Teilen des Gebiets oder daß bestimmte in ihm festgesetzte Nutzungen erst zulässig sind, wenn die Errichtung von Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs, insbesondere des öffentlichen Personennahverkehrs, von anderen Erschließungsanlagen als im Sinne des § 30 sowie von Gemeinbedarfs- oder sonstigen Folgeeinrichtungen, namentlich zur schadlosen Abwassersammlung und -beseitigung und zur Abfallbeseitigung gesichert ist. Die Einrichtungen und Anlagen sind im Bebauungsplan zu bezeichnen. Es ist weiter zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Errichtung der im Bebauungsplan bezeichneten Anlagen gesichert ist. (2) Im Bebauungsplan kann vorgesehen werden, daß Ausnahmen von einer Festlegung nach Absatz 1 zugelassen werden können. Art und Umfang der Ausnahmen sind im Bebauungsplan anzugeben. § 31 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (3) Eine Festsetzung nach Absatz 1 tritt nach Ablauf von vier Jahren außer Kraft, wenn der Bebauungsplan nicht eine kürzere Frist vorsieht. Die Gemeinde kann die Frist mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde durch Satzung bis zu zwei Jahren verlängern. (4) Die Gemeinde kann mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde eine außer Kraft getretene Festsetzung nach Absatz 1 ganz oder teilweise erneut beschließen. (5) Eine Festsetzung nach Absatz 1 ist vor Fristablauf ganz oder teilweise durch Satzung der Gemeinde mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde aufzuheben, wenn die Errichtung der im Bebauungsplan bezeichneten Einrichtungen und Anlagen gesichert ist. (6) Können wegen einer Festsetzung nach Absatz 1, 3 oder 4 Nutzungen, die ohne diese Festsetzung zulässig sein würden, nach Ablauf von sechs Jahren seit der Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans nicht verwirklicht werden, so ist dem Eigentümer f ü r die dadurch nach diesem Zeitpunkt eintretenden Vermögensnachteile angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Dies gilt nicht, soweit die §§ 40 bis 44 Anwendung finden. Zur Entschädigung ist die Gemeinde verpflichtet. Die Vorschriften der §§ 39 j, 44 b Abs. 2, 4 und 5 sowie des § 44 c Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. § 30 bleibt unberührt. (7) Vorhaben, die vor Inkrafttreten einer Festsetzung nach Absatz 1 baurechtlich genehmigt worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von einer Festsetzung nach Absatz 1 nicht berührt. (8) Für Gebiete oder Teile davon, die innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans liegen, sowie f ü r im Zusammenhang bebaute Ortsteile kann die Gemeinde durch Satzung die in Absatz 1 bezeichneten Festsetzungen treffen, 100
§ 9a l
3. Abschnitt. Bebauungsplan
wenn in dem Gebiet die Errichtung oder Einrichtung weiterer Wohn- und Arbeitsstätten die Erweiterung vorhandener oder die Errichtung neuer Aufgaben und Einrichtungen der in Absatz 1 bezeichneten Art voraussetzt. Die Gemeinde hat den Entwurf der Satzung mit einer Begründung öffentlich auszulegen; § 2 a Abs. 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Eine Satzung nach Satz 1 kann nicht einem Vorhaben entgegengehalten werden, das auf einem bisher unbebauten Einzelgrundstück (Baulücke) entsprechend Art und Maß der vorhandenen Bebauung errichtet werden soll. Absatz 1 Satz 2 und 3, die Absätze 2 bis 7 sowie § 16 gelten entsprechend. (9) Ist ein Bebauungsplan nach Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgestellt worden, so kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 8 die Satzung nur erlassen werden, wenn die bei Aufstellung des Bebauungsplans maßgebenden Voraussetzungen für die Finanzierung der Anlagen oder Einrichtungen sich grundlegend geändert haben. Übersicht 1. Vorbemerkung 2. Festsetzung von Sicherungsmaßnahmen für die Infrastruktur (Abs. 1, 7, 8, 9) a) Grundvorschrift (Abs. 1) b) Behandlung bereits genehmigter Vorhaben (Abs. 7) c) Festsetzungen für einen bestehenden Bebauungsplan, für Teile hiervon und für den Innenbereich (Abs. 8)
d) Nachträgliche Festsetzungen im Rahmen des Abs. 8 (Abs. 9) e) Zusammenhang mit § 11 Satz 3 3. Zulassung von Ausnahmen (Abs. 2) 4. Fristen (Abs. 3, 4 und 5) 5. Entschädigung (Abs. 6)
1. Vorbemerkung § 9 a verdankt seine Aufnahme in das Gesetz der Empfehlung des 15. Ausschusses im Zug der Beratung der Novelle 1976. Die Reg Vorlage hatte in zwei getrennten Vorschlägen (Abs. 1 c E in § 9 und § 34 a) Sicherungsmaßnahmen für die Infrastruktur vorgesehen. Aus Gründen der Klarheit wurde zusammengefaßt der neue § 9 a geschaffen. In Übereinstimmung mit dem RegE zu den obengenannten Bestimmungen geht er davon aus, daß die zulässige Bebauung mehr als vorher von erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen abhängig sein muß. Infrastruktur im Sinne des Gesetzes ist ein Sammelbegriff für die Gesamtheit von kommunalen Einrichtungen, die für eine ausreichende Daseinsvorsorge und die wirtschaftliche Entwicklung eines Raums erforderlich sind. § 9 a zählt die Einrichtungen beispielhaft auf (s. u.). Die Wissenschaft unterscheidet die Begriffe Bandinfrastruktur (Verkehrs- und Versorgungsbänder wie Straßen, Eisenbahnanlagen, Wasserstraßen, Energieleitungen, Wasserleitungen, Abwasserführungen), freie Rauminfrastruktur (Verbesserung der Agrarstruktur, Erholungsräume, Wassergewinnung) und die spe101
§98 2
1. Teil.
Bauleitplanung
zielle kommunale (technische und soziale) Infrastruktur. Infrastruktur ist letztendlich auch ein Problem der Raumordnung. Entsprechend dem Vorschlag des 1976 federführenden Ausschusses wurde die Verantwortung für die Infrastruktur durch § 9 a allein in die Hand der Gemeinde auf Grund ihrer Planungshoheit gelegt. Eine irgendwelche Zuständigkeit staatlicher oberer Stellen wurde abgelehnt. Als zweiten Grundsatz hat der Ausschuß durchgesetzt, daß eine Festsetzung zur Sicherung der Infrastruktur nur befristet Geltung haben soll; denn Beb Pläne sind grundsätzlich auf Verwirklichung innerhalb absehbarer Zeiträume angelegt. Für eine Festsetzung zur Sicherung der Infrastruktur ist daher nur dann Raum, wenn abzusehen ist, daß diese Infrastrukturmaßnahmen auch innerhalb einer angemessenen Zeit durchgeführt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, ist gegebenenfalls die Aufstellung eines BebPlanes nicht erforderlich. Auch ein dritter Vorschlag des Ausschusses wurde Gesetz: Regelungen, die die Verwirklichung einer baulichen Nutzung von der vorherigen Einrichtung von Infrastrukturmaßnahmen abhängig machen, liegen im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums; eine Entschädigung muß dann gezahlt werden, wenn durch Festsetzungen nach § 9 a eine sonst zulässige Nutzung nach Ablauf von sechs Jahren nicht verwirklicht werden kann. Die Vorschläge eines dem BebPlan vor- oder gleichgeschalteten „Infrastrukturausbauplans" wurden vom Ausschuß nicht gutgeheißen und demgemäß nicht verwirklicht. 2. Festsetzung von Sicherungsmaßnahmen für die Infrastruktur (Abs. 1, 7, 8,9) a) Grundvorschrift (Abs. 1) Sinn der Bestimmung ist es, die Durchführung der Bebauung im gebotenen Maße auf die Folgemaßnahmen abzustimmen. Eine Ergänzung des Abs. 1 stellt der neue Satz 4 des § 11 dar, wonach die Genehmigungsbehörde Auflagen festsetzen kann, die der Ergänzung des BebPl. durch Festsetzung nach § 9 a dienen. Entsprechend einer Empfehlung des BR können auch Festsetzungen erfolgen, die sicherstellen, daß die bauliche Nutzung erst dann erfolgen darf, wenn die Entsorgung mit Abwässern und die Beseitigung der Abfälle sichergestellt ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit sieht Abs. 1 weiterhin vor, daß im BebPl. im einzelnen zu bestimmen ist, von welchen Infrastrukturanlagen die Zulässigkeit der Nutzung abhängig sein soll. Ferner muß der BebPl. eine Aussage darüber enthalten, wann die Errichtung der Infrastrukturanlagen als gesichert anzusehen ist (Satz 3); es handelt sich um eine Mußvorschrift („ist"). Bei Satz 1 handelt es sich um eine Kannbestimmung. Sind jedoch im BebPl. Festsetzungen im Sinne der Vorschrift erfolgt, dann sind sie auch im einzelnen zu bezeichnen (Satz 2). 102
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§ 9a 2
Der in Satz 1 enthaltene Begriff „andere Erschließungsanlagen als im Sinne des § 30" bedeutet, daß § 9 a nicht die Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und nicht die örtlichen Verkehrsflächen erfassen will. Rechtlich gesehen birgt § 9 a gewisse Gefahren von Anfechtungsmöglichkeiten im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens, so daß genaue Beachtung durch Gemeinde und Genehmigungsbehörde geboten ist; siehe aber die Erleichterungen bezgl. Heilung in §§ 155 a und b (Novelle 1979). b) Behandlung bereits genehmigter Vorhaben (Abs. 7) Abs. 7 entspricht dem Abs. 3 des § 14, der die Veränderungssperre zum Inhalt hat. Die Vorschrift dient dem Bestandsschutz. Nicht erfaßt werden von Abs. 7 Bauvorbescheide und Bodenverkehrsgenehmigungen (BVerwG B vom 1. 12.1967, DÖV 1968, 885 für Veränderungssperre), jedoch neben den Baugenehmigungen auch die nur anzeigepflichtigen Vorhaben (vgl. BVerwG U vom 10. 12. 1971, BVerwGE 39, 154 für die Veränderungssperre). Unter Unterhaltungsmaßnahmen sind nur solche Baumaßnahmen zu verstehen, die zur Erhaltung einer funktionsgerechten Nutzung der Bauzwecke erforderlich sind. c) Festsetzung für einen bestehenden Bebauungsplan, für Teile hiervon und für den Innenbereich (Abs. 8) Während die Grundvorschrift des Abs. 1 die Festsetzung der Sicherung der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Aufstellung eines BebPl. zum Inhalt hat, will Abs. 8 die Fälle regeln, in denen die Gemeinde davon abgesehen hat, schon bei Aufstellung des BebPl. die Festsetzung zu treffen, weil sie etwa die Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen als gesichert angesehen hat und nun später die Entwicklung mit Erweiterung der Finanzierung doch eine Sicherung der Infrastruktur erforderlich macht. Voraussetzung ist die Errichtung oder Einrichtung weiterer Wohn- und Arbeitsstätten, die Erweiterung vorhandener oder die Errichtung neuer Infrastrukturanlagen im Sinne von Abs. 1. Somit kann eine spätere Festsetzung in einem vorhandenen BebPl. nicht schlechthin erfolgen. Andererseits kann eine solche Sicherung — durch Satzung — auch für nichtverplante im Zusammenhang bebaute Ortsteile erfolgen. Eine solche Maßnahme kann auch im Zusammenhang mit einer Satzung über die Festlegung der Grenzen für den Innenbereich im Sinn des § 34 Abs. 2 getroffen werden. Nach Satz 2 hat die Gemeinde den Entwurf einer Satzung nach Abs. 8 mit Begründung öffentlich auszulegen, ein Verfahren, wie es auch für die Bauleitplanung allgemein vorgeschrieben ist; deshalb wird auch auf § 2 a Abs. 6 ausdrücklich verwiesen (öffentliche Auslegung, Benachrichtigung der Beteiligten, Verfahren bei Massenanregungen oder Massenbedenken, Vorlage an Genehmigungsbehörde). Eine nicht unwichtige Vorschrift stellt Satz 3 dar, der erstmals im Gesetz den Begriff der Baulücke enthält. Die Ausnahme bedeutet, daß die Füllung 103
§98 4
1. Teil.
Bauleitplanung
echter Baulücken (vgl. BVerwG U vom 26. 5. 1967, IV C 25,66, BVerwGE 27, 137, BVerwG U vom 22. 3. 1972, IV C 121.68, BayVBl. 1972, 557 = BauR 1972, 222 = DÖV 1972, 827; BVerwG U vom 6.11.1968; IV C 31.66, BVerwGE 31,22 = DVB1. 1970, 72; BVerwG U vom 12. 6. 1970, IV C 77.68; BVerwG U vom 1. 12. 1972, IV C 6.71, BVerwGE 41, 227 = BayVBl. 1973, 358 = BauR 1973, 99 = DVB1. 1973, 641 = NJW 1973, 1014) nach wie vor möglich ist, selbst wenn eine Satzung nach Satz 1 entgegenstehen sollte. Satz 4 des Abs. 8 weist ausdrücklich auf die entsprechende Anwendung von Vorschriften des Abs. 1 (Satz 2 und 3 über genaue Bezeichnung und Bestimmung der Voraussetzungen), der Abs. 2 bis 7 und des § 16 (Beschluß der Gemeinde, Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde, ortsübliche Bekanntmachung) hin. d) Nachträgliche Festsetzungen im Rahmen des Abs. 8 (Abs. 9) Die Grundsatzregelung des § 9 a besteht darin, daß zusammen mit der Aufstellung eines BebPlans auch die erforderlichen Festsetzungen zur Sicherung der Infrastruktur getroffen werden. Für die Aufstellung von BebPlänen ab 1. 1. 1977 sieht Abs. 9 im Rahmen des Abs. 8 (Innenbereich) die Möglichkeit vor, nachträglich entsprechende Festsetzungen zu treffen, wenn sich die maßgeblichen Voraussetzungen für die Finanzierung der Anlagen und Einrichtungen grundlegend geändert haben. e) Zusammenhang mit § 11 Satz 3 Der durch den federführenden Ausschuß geänderte Satz 3 des § 11 sieht bei Erteilung der Genehmigung des gemeindlichen BebPl. durch die höhere Verwaltungsbehörde die Möglichkeit einer Auflage dahingehend vor, daß im Beb PI. Festsetzungen zur Sicherung der Infrastruktur im Sinn des § 9 a getroffen werden müssen. Diese Bindung entspricht auch der Stellungnahme des BR. 3. Zulassung von Ausnahmen (Abs. 2) Im Einzelfall erlaubt Abs. 2 Ausnahmen, deren Art und Umfang im BebPl. genau anzugeben sind. Soweit trotz einer Festsetzung nach Abs. 1 die Verhinderung einer Bebauung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde oder wenn Gründe des öffentlichen Wohls die Bebauung erfordern, ist durch die Verweisung auf § 31 Abs. 2 klargestellt, daß dann eine Baugenehmigung erteilt werden kann (siehe auch bei § 31). 4. Fristen (Abs. 3 , 4 und 5) Die Einschränkung der Nutzung durch Festsetzung der vorgehenden Sicherung der Infrastruktur ist aus rechtsstaatlichen Gründen ähnlich wie die Veränderungssperre zeitlich befristet. Diese Frist beträgt grundsätzlich vier Jahre; mit der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde kann sie bis zu zwei Jahren, also auf höchstens sechs Jahre verlängert werden (Abs. 3). Andererseits kann die Gemeinde mit Zustimmung der höheren Verwaltungs104
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§98 5
behörde eine außer Kraft gesetzte Frist ganz oder teilweise erneut beschließen (Abs. 4). Nach Ablauf der sechsjährigen Frist tritt allerdings eine Entschädigungspflicht durch die Gemeinde ein (Abs. 6, siehe unten). Ist die Infrastruktur im Sinne des Abs. 1 gesichert, dann muß die Gemeinde mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde die Festsetzung nach Abs. 1 aufgeben. 5. Entschädigung (Abs. 6) Ähnlich der Neuregelung der Entschädigung bei der Veränderungssperre in § 18 durch die Novelle 1976 (dort ist eine Entschädigung nach Ablauf von vier Jahren zu gewähren) ist auch im Rahmen der Sicherung der Infrastruktur rechtsstaatlichen Erfordernissen dadurch Rechnung getragen, daß hier nach Ablauf von sechs Jahren nach Inkrafttreten des BebPl. bei Nichtverwirklichung festgesetzter Nutzungen (es brauchen nicht zahlenmäßig oder der Art nach bestimmte Nutzungen zu sein) dem Eigentümer für die danach eintretenden Vermögensnachteile eine angemessene Geldentschädigung zu leisten ist. Es wird somit nach Ablauf von sechs Jahren ein enteignungsgleicher Eingriff angenommen. Im Hinblick auf die Bausperren-Rechtsprechung des BGH (U vom 26. 11. 1954, BGHZ 15, 268), die eine Frist von drei Jahren als Grenze angesehen hat, wird unter Umständen hier wie bei der Veränderungssperre die darüber hinausgehende Frist nicht unangefochten bleiben; u. U. wird auch § 9 a einer Verfassungskontrolle unterzogen werden. Dem Abs. 6 gehen die §§ 40 bis 44 voraus, d. h. wenn die in § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und § 43 genannten Festsetzungen erfolgt sind, so ist die Entschädigung nach diesen Vorschriften durchzuführen (Satz 2). Satz 3 bestimmt ausdrücklich, daß (wie bei §§ 40 ff.) die Gemeinde zur Entschädigung verpflichtet ist. Finanzschwache Gemeinden werden deshalb es sich besonders überlegen, ob sie es verantworten können, die Sechsjahresfrist zu überschreiten. Die in Satz 4 ausgesprochene entsprechende Anwendung der §§ 39 j (Vertrauensschaden), 44 b Abs. 2 bis 5 (Änderung oder Aufhebung zulässiger Nutzung) und 44 c Abs. 1 und 2 (Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche) bedeutet eine gewisse Gleichschaltung der Anwendung von Gesetzbestimmungen bei ähnlichen Sachverhalten, wie es auch bei den Bauleitplänen und nach § 9 a der Fall ist. — Im einzelnen siehe bei den angegebenen Bestimmungen. Satz 5 läßt den § 30 ausdrücklich unberührt. Das bedeutet, daß — ähnlich der Erleichterung für Baulücken nach Abs. 8 Satz 3 — auch unbeschadet der Festsetzungen zur Sicherung der Infrastruktur im Geltungsbereich von qualifizierten BebPlänen ein Vorhaben zulässig ist, das den Festsetzungen dieses BebPl. nicht widerspricht und dessen Erschließung im herkömmlichen Sinne, also nicht im verfeinerten Sinn des § 9 a Abs. 1, gesichert ist.
105
§10 5
1. Teil.
Bauleitplanung
§10 Beschluß über den Bebauungsplan Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. 1. Verfahren Ist das Verfahren nach §§ 2 und 2a abgeschlossen (siehe die Erläuterungen dort), folgt der Beschluß des zuständigen Organs der Gemeinde, und zwar in Form der Gemeindesatzung. Mit dieser Rechtsnorm wird der BebPl. auch äußerlich über den F1NP1., der nur ein Programm darstellt, hinausgehoben. Rechtlich gesehen hat der BebPl. zum Unterschied zum F1NP1. den Charakter der Norm, und zwar eines Gemeindegesetzes. Somit sind gegen den BebPl. — mit Ausnahme der nunmehr (G vom 24. 8.1976) bundeseinheitlich möglichen Normenkontrolle des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO — keine nach der VwGO sonst zulässigen Rechtsmittel gegeben. Nur mittelbar, nämlich im Rahmen eines Verfahrens auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung (§§ 19 ff.) oder einer Vorhaben(= Baugenehmigung (§§ 30 ff.) können Einwendungen gegen die Rechtsgültigkeit der BebPl.-Satzung geltend gemacht werden. Die Form der Satzung wird durch das Gemeindeverfassungsrecht der acht (s. 2) Länder bestimmt. Inhaltlich wird sie sich — entsprechend den Erfordernissen der Praxis — aus zwei Teilen zusammensetzen, dem schriftlichen und dem zeichnerischen. Der zeichnerische Teil („Plan" im engeren Sinn) ist stets Bestandteil der Satzung. 2. Im Hinblick auf die besonderen staatsrechtlichen Verhältnisse der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen hat § 188 Abs. 2 eine Sonderregelung für diese Länder getroffen. 3. Wegen der unzulässigen Mitwirkung von Gemeindeorganmitgliedern bei der Beratung und Beschlußfassung über den BebPl. siehe u. 6 (Rspr.). 4. Gesetzliche Heilung von Verfahrens- und Formfehlern (§ 155a und § 155b) Der durch die Novellen 1976 und 1979 eingefügte § 155a läßt wie der 1979 eingefügte § 155b unter bestimmten Voraussetzungen eine Heilung von Verfahrens- und Formenvorschriften kraft Gesetzes zu. Von einer Ausnahme (§ 155a Abs. 3 — siehe dort) abgesehen, ist für die Geltendmachung der Fehler eine Ausschlußfrist von einem Jahr nach Inkrafttreten der Satzung vorgesehen. 5. Nach der Überleitungsvorschrift 1976 des Art. 3 § 12 gilt für Satzungen, die bis 31. 12.1976 rechtsverbindlich geworden sind, bei Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, daß die Wirkung des § 155a (siehe bei 4) bis 30. 6. 1977 durch ortsübliche Bekanntmachung eines 106
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§10 6
Hinweises auf die Rechtsfolgen und auf die Frist nach § 155 Satz 1 und 2, somit also Heilung, herbeigeführt werden kann. Wegen der Überleitungsvorschrift 1979 siehe § 183 f. und die dortigen Erläuterungen.
6. Rechtsprechung A. BGH u. BVerwG 1. BGH U vom 11. 5. 1967 (III ZR 141/66) BayVBl. 1967, 278. Die unzulässige Mitwirkung eines wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossenen Mitglieds des Gemeinderats an der Beratung und Abstimmung hat die Ungültigkeit eines Beschlusses nur zur Folge, wenn beim Wegfall der Stimme des Ausgeschlossenen die für das Abstimmungsergebnis erforderliche Stimmenzahl nicht mehr erreicht ist.*)
2. BVerwG B vom 8.1. 1968 (IV CB 109.66) DÖV 1968, 325 = Buchholz 406.11 § 10 BBauG Nr. 1.
Die Auslegung der Entwürfe von BebPl. muß einschließlich der daraufhin eingehenden Bedenken und Anregungen nach § 2 Abs. 6 BBauG, bevor der Satzungsbeschluß gefaßt wird, erfolgen. Verstöße gegen diese Verfahrensregelungen führen zur Nichtigkeit der Satzung.
3. BVerwG U vom 29. 4. 1977 (IV C 39.75) BVerwGE 54, 5 = BauR 1977, 248 Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt.
4. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DÖV 1979, 214 = ZfBR 1978, 84 = DVB1. 1979, 151
a) Ein Bebauungsplan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem FINPlan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen FINPlans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
*) Je nach Landesrecht Varianten möglich.
107
§10 6
1. Teil. Bauleitplanung
B. VGH und OVG 1. Bad-Württ. VGH B vom 31. 8. 1964 (II 146/62) DVB1. 1965, 366
Ein BebPl. ist ungültig, wenn bei der Beschlußfassung ein von ihm betroffener Gemeinderat mitgewirkt hat. Diese Entscheidung ist zum Recht Baden-Württembergs ergangeij. Für BebPle bayer. Gemeinden ist der wesensähnliche Art. 49 Abs. 3 BayGO zu beachten. Die Gemeindeordnungen aller Bundesländer haben fast übereinstimmende Vorschriften.
2. Bad.-Württ. VGH B vom 22.7.1966 (1 131/65) DVB1. 1967, 385 = ESVGH 17, 101 Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen sind auch solche Grundstückseigentümer nach § 47 VwGO antragsberechtigt, deren Grundstücke außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des im Normenkontrollverfahren angegriffenen BebPl. liegen.
3. Bad.-Württ. VGH B vom 9. 11. 1966 (I 5/65) DÖV 1967, 281 = ESVGH 17,118
a) Ein unter Mißachtung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen zustande gekommener BebPl.-Beschluß nach § 10 BBauG ist rechtswidrig u n d führt in der Regel zur Ungültigkeit des BebPl.*) b) Ein solcher Verfahrensmangel kann durch nachträgliche Beschlußfassung in öffentlicher Sitzung allein nicht geheilt werden. Genehmigung u n d Verkündung müssen nachgeholt werden.
4. HessVGH B vom 11. 11. 1966 (R IV 1/66) DVB1. 1967, 389
Die in § 47 VwGO enthaltene Vorbehaltsklausel hindert den V G H nicht, eine Gemeindesatzung auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesrecht zu ü b e r p r ü f e n ; eine Ausnahme gilt bei der Prüfung einer Grundrechtsverletzung, weil der Antragsteller insoweit das Bundesverfassungsgericht gem. § 90 Abs. 2 BVerfGG anrufen kann (Änderung der Rspr. des Senats vgl. B vom 19. 2. 1965 = R IV 1/63, u n d B vom 8. 8. 1966, R IV 6/66).
Dsgl. HessVGH U vom 7. 10. 1966 (R IV 6/64) ESVGH 17, 111 5. Bad.-Württ.VGH B vom 4. 7. 1968 (III 898/67) BaWüVBl. 1969, 47
Ein BebPl. ist ungültig, wenn an der Beschlußfassung ein Gemeinderat mitgewirkt hat, obwohl er nach den Vorschriften der Gemeindeordnung wegen Befangenheit von der Mitwirkung ausgeschlossen war.*)
6. BayVGH B vom 5. 12. 1969 (4 I 68) BayVBl. 10/70, 139
a) Die Satzung über einen BebPl. m u ß in allen ihren Teilen in der veröffentlichten Form vom zuständigen Organ der Gemeinde ordnungsgemäß beschlossen u n d von der zuständigen Behörde genehmigt sein. b) Wurde die nach dem Gesetz erforderliche Genehmigung einer Satzung mit der Maßgabe („Auflage") erteilt, daß einzelne Bestimmungen der Satzung geändert werden, ist die Satzung vor der Veröffentlichung nochmals in der geänderten Form vom Gemeinderat zu beschließen.
*) Varianten nach Landesrecht möglich.
108
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§10 6
7. Bad.-Württ.VGH B vom 16. 4 . 1 9 7 0 (II 102/68) D Ö V 1970, 756 Die Beschlußfassung über die Aufstellung und Auslegung eines BebPl.-Entwurfs kann der Gemeinderat nach § 39 Abs. 1 BW GemO in der Hauptsatzung auf einen beschließenden Ausschuß übertragen. 8. Bad.-Württ.VGH B vom 23. 4. 1970 (II 3 1 6 / 6 8 ) BBauBl. 1971, 335 Auch darin, daß ein befangener Gemeinderat entgegen § 18 Abs. 5 GemO die Sitzung nicht verläßt, sondern seinen Platz im Kollegium beibehält, liegt eine unzulässige Mitwirkung an der Beratung im Sinne des § 18 Abs. 6 GemO.*) 9. O V G Münster U vom 18. 6 . 1 9 7 1 (X A 6 3 1 / 7 0 ) BBauBl. 1972, 337 = Z M R 1972, 240 a) Ein Mitglied des Rates der Gemeinde ist von der Mitwirkung an dem Satzungsbeschluß über einen BebPl. unter anderem dann ausgeschlossen, wenn es bis zum dritten Grade verwandt ist mit einem Baubewerber, der die Genehmigung zur Bebauung eines im Planbereich gelegenen Grundstücks erstrebt, und wenn die Planfestsetzungen für die Bauabsichten von unmittelbarem Vor- oder Nachteil sein können. Das gilt auch, wenn der Baubewerber nicht Eigentümer des Grundstückes ist, dieser sich aber mit der vorgesehenen Bebauung einverstanden erklärt hat.*) b) Ein unter Mitwirkung eines ausgeschlossenen Ratsmitgliedes beschlossener BebPl. leidet an einem wesentlichen Mangel des Planverfahrens und ist in der Regel insgesamt nichtig. Es ist unerheblich, ob die Beteiligung des Ratsmitgliedes an dem Satzungsbeschluß von entscheidender Bedeutung für den BebPl. und seinen Inhalt war und ob ein gleicher Plan auch ohne seine Mitwirkung beschlossen worden wäre.*) c) Eine Entscheidung des Rates über Ausschließungsgründe bei einem Ratsmitglied ist ohne Bedeutung für die Beurteilung des Planverfahrens. 10. BayVGH, Normenkontroll-Beschluß v o m 17. 11. 1972 (Nr. 155 I 71) BayVBl. 1973, 128 Der Satzungsbeschluß nach § 10 BBauG darf erst nach der Auslegung des Entwurfs des BebPl. (§ 2 Abs. 6 BBauG**)) gefaßt werden. Ein Verstoß gegen diese Verfahrensregelung führt zur Nichtigkeit der Satzung. 11. Bad.-Württ.VGH B vom 2 7 . 8 . 1974 (II 1166/73) BauR 1974, 391 = DVB1. 1975, 632 = BWVPr. 1974, 273 a) Änderungen oder Ergänzungen eines BebPl. bedürfen einer Auslegung und Genehmigung jedenfalls nicht, wenn die Änderung oder Ergänzung sich nicht auf materielle Festsetzungen bezieht. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein geänderter oder ergänzter Planentwurf erneut ausgelegt werden kann. b) Zur Bedeutung der Richtlinien über Schallschutz im Städtebau für die Frage der angemessenen Berücksichtigung der Gesundheit und der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei der Bauleitplanung.
*) Varianten nach Landesrecht möglich. **) jetzt § 2a Abs. 6 BBauG.
109
§111
l.Teil.
Bauleitplanung
§11
Genehmigung des
Bebauungsplanes
Der Bebauungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Die Genehmigung kann auch unter der Auflage erteilt werden, daß der Bebauungsplan durch Festsetzungen nach § 9a ergänzt wird. 1. Genehmigungspflicht a) Entsprechend der Regelung für den F1NP1. ist auch für den BebPl. die Mitwirkung der höheren Verwaltungsbehörde in Form der Genehmigung vorgeschrieben. Die bei der Erläuterung des § 6 (siehe dort) aufgezeigten Gründe, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, diese Kontrolle einzubauen, gelten in verstärktem Maße für den BebPl., dessen Rechtserheblichkeit weitreichende Auswirkungen hat. Wie beim F1NP1. kann die höhere Verwaltungsbehörde auch beim BebPl. räumliche und sachliche Teile vorweg genehmigen (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz). Desgleichen muß wie beim F1NP1. binnen drei Monaten die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde erfolgen, es sei denn, daß die Oberste Landesbehörde aus wichtigen Gründen die Frist verlängert hat; versagt darf die Genehmigung nur werden, wenn der BebPl. nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder gesetzlichen und anderen Rechtsvorschriften widerspricht. Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden, durch die die bestehenden Versagungsgründe ausgeräumt werden. Die Fälle, in denen der BebPl. nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, sind nicht selten. Insbesondere werden in kleineren Gemeinden oftmals die Vorschriften des Kommunalrechts übersehen, nach denen einem Gemeindevertreter die Teilnahme an Beratungen und Abstimmungen über Angelegenheiten versagt ist, wenn der Beschluß ihm oder einem nahen Verwandten unmittelbaren Vorteil (oder Nachteil) bringen kann. Ebenfalls darf ein dem Gemeindevertretungsorgan angehörender Architekt, der Bauleitpläne für die Gemeinde ausarbeitet, mit Ausnahme der Entgegennahme technischer Erläuterungen, an den Beratungen und Beschlußfassungen nicht teilnehmen, die diese Planungen betreffen. Auch wird ein BebPl., der deshalb ungültig ist, weil er in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeindevertretungsorgans zustande kommt, nicht allein durch nachträgliche Beschlußfassung in öffentlicher Sitzung gültig; auch Genehmigung und Verkündung müssen wiederholt werden (Bad.-Württ. VGH B vom 9.11. 1966, DÖV 1967, 281). Im Zusammenhang mit einer Entscheidung in einer Baulandsache hat der BGH hinsichtlich der Ungültigkeit eines Gemeinderatsbeschlusses wegen unzulässiger Mitwirkung eines wegen persönlicher Beteiligung ausgeschlossenen Mitglieds eine sehr milde Auffassung vertreten; siehe bei § 10 Nr. 6 (Rspr.) A 1. 110
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§11 1
In einer Abhandlung über Bauleitplanung und Interessenkollision setzt sich Schmitt-Glaeser eingehend mit der Rspr. des Bad.-Württ. VGH (vgl. bei § 10 Nr. 6 — Rspr. — B) auseinander; er kommt im Hinblick auf die gegenüber den wesensähnlichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen anderer Länder erweiterte Vorschrift des § 18 der Gemeindeordnung für Bad.-Württ. zu dem Ergebnis, daß im Interesse einer möglichst ungehemmten Funktionsfähigkeit des Gemeinderats Befangenheit eines Gemeindeorganmitglieds grundsätzlich immer dann anzunehmen ist, wenn eine Einzelverfügung zur Entscheidung steht, insbesondere bei Verwaltungsakten, sie aber regelmäßig zu verneinen ist, wenn der in Betracht kommende Hoheitsakt normativen Charakter besitzt, also im Wege der Satzung oder Rechtsverordnung zu ergehen hat. Aber Schmitt-Glaeser sieht selbst dieses Ergebnis für alle jene als unerfreulich an, die in der Sauberkeit kommunaler Verwaltungstätigkeit einen besonderen Wert erblicken; seine abschließende Meinung, daß Mißbräuche deshalb weitgehend unmöglich sind, weil über die Gemeinde ein engmaschiges Netz von Kontrollen gebreitet sei, die sachfremde Erwägungen kaum zulassen, vermag nicht zu überzeugen. Es wird wohl, um zu einer klaren Abgrenzung zu kommen, darauf ankommen, ob die Möglichkeit des „unmittelbaren" Vorteiles gegeben sein kann. Zu diesen Problemen siehe Rspr. (Nr. 6) bei § 10. b) Die Verweigerung der Genehmigung der Satzung durch die höhere Verwaltungsbehörde kann als ein das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde beeinträchtigender Verwaltungsakt von dieser mit den Rechtsmitteln der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 68 ff.) angefochten werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen in Erläut. 2 a bei §6). Daß die Versagung der Genehmigung des BebPl. ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist, hat das OVG Koblenz in einer Entscheidung vom 23.12.1954 (Amtliche Sammlung 3, 102/103) ausgesprochen (a. A. Mörtel, Grenzfälle des Verwaltungsakts, BayVBl. 1956, 362, der die aufsichtliche Genehmigung als Teil des Rechtssetzungsaktes der Gemeinde ansieht). c) Der durch die Novelle 1976 angefügte Satz 3 trägt dem neuen § 9a (Sicherung der Infrastruktur) Rechnung — siehe dort. d) Wichtig ist die entsprechend der Neufassung des § 6 durch die Novelle 1976 nunmehr mögliche Fiktion der Genehmigung, die gemäß Satz 3 nicht nur für den F1NP1. sondern auch für den BebPl. zur Anwendung kommt. Voraussetzung einer Fiktion ist die Unterlassung einer begründeten Ablehnung innerhalb der Frist von drei bzw. mehr Monaten. e) Vorbehalt für Bayern: § 188 Abs. 3 (siehe auch dort) hat Bayern die Ermächtigung gegeben, auch für den BebPl. weitergehende Versagungsgründe als in § 6 Abs. 2 angegeben festzulegen. Davon hat Bayern bisher nicht Gebrauch gemacht. 0 Andere Zuständigkeitsregelung: Nach § 147 Abs. 3 können die Landesregierungen die hier der höheren Verwaltungsbehörde obliegenden Aufgaben 111
§11 3
1. Teil. Bauleitplanung
auf eine andere staatliche Behörde übertragen; vgl. bayer. Verordnung vom 4. 7. 1978 (GVB1. S. 432). Siehe die Erläut. bei § 147. 2. Verwaltungsgerichtliche Überprüfung Als Satzung unterliegt der BebPl. nur einer beschränkten (verwaltungs)gerichtlichen Überprüfung, und zwar der Normenkontrolle nach § 47 VwGO. Auch Eigentümer von Grundstücken außerhalb des BebPl. sind nach § 47 VwGO antragsberechtigt (Bad.-Württ. VGH U vom 22. 7.1966, Rspr. bei § 10, 6 B 2). Die im Laufe der Geltung des BBauG festzustellende Verlagerung der Überprüfung auf die Möglichkeiten des Normenkontrollverfahrens (dieses ist nach dem G vom 24. 8. 1976 nunmehr bundeseinheitlich bei Satzungen nach dem BBauG möglich; § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) führt mehr und mehr dazu, daß Verwaltungsbehörden das ihnen durch § 47 VwGO gegebene Recht wahrnehmen, die abstrakte Normenkontrolle eines ihrer Meinung nach von der höheren Verwaltungsbehörde zu Unrecht genehmigten BebPlanes ihres Bereichs durchführen lassen (vgl. hierzu Schmidt, Inzidente Prüfung und Verwerfung von Normen im Rang unter dem Gesetz durch die Exekutive, BayVBl. 1976, 1). 3. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 10. 3. 1967 (IV C 87.65) BVerwGE 26, 282 = DÖV 1968, 55 = VerwRspr. 19, 44 = MDR 1967, 695 = NJW 1967, 1291 BebPle. können durch eine von ihren Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung nur dann außer Kraft gesetzt werden, wenn diese Entwicklung zur Entstehung von Gewohnheitsrecht führt. Mit Rücksicht auf die im Vergleich zu abstrakt-allgemeinen Rechtssätzen stärkere Wirklichkeitsbezogenheit der BebPle. sind an ihre Abänderung durch Gewohnheitsrecht geringere Anforderungen zu stellen, als dies sonst geboten ist.
2. BVerwG U vom 12. 12. 1969 (IV C 105.66) DVB1. 1970, 414 = DÖV 1970, 277 a) Die Genehmigung eines BebPl. ist ebenso wie die Genehmigungsversagung ein Verwaltungsakt. b) Zum Zusammenhang zwischen Planung und Planungsermessen.
B. VGH und OVG 1. OVG Saarland U vom 27. 9. 1965 (II R 22/65) BBauBl. 1966, 463 Ein als Satzung beschlossener BebPl. ist nicht genehmigungsfähig, wenn er einen konkreten Einzelfall (konkreten Vollzugsvorgang) regelt.
2. OVG Lüneburg U vom 23. 3. 1966 (I A 1/64) DÖV 1967, 281 Die abschließende Beschlußfassung der Gemeinde über den BebPl. kann der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde nachfolgen, wenn Genehmigung und Beschlußfassung übereinstimmen. 112
§12
3. Abschnitt. Bebauungsplan
3. HessVGH B vom 12. 7. 1968, HessGemZ 1968, 304
Der Grundsatz, daß bei Genehmigung eines BebPl. unter Auflagen die Gemeinde in der Regel den BebPl. anders und neu beschließen muß, gilt dann nicht, wenn die Auflage nur die technisch-zeichnerische Darstellung betrifft.
4. HessVGH B vom 9. 3. 1973 (IV N 8/72) DÖV 1973, 721 a) Wird ein Teil der planerischen Festsetzungen eines BebPl. von der Genehmigung des Regierungspräsidenten ausgenommen, so bedeutet dies eine inhaltliche, nicht unwesentliche Änderung des Gesamtplans, über die die Gemeindevertretung neu beschließen muß (wie HessVGH B vom 21. 7. 1972, IV TG 42/72, und vom 1. 8. 1972, IV TH 32/72). Zur Abgrenzung inhaltlicher Änderungen von nur redaktionellen und von der nachrichtlichen Übernahme von Festsetzungen. b) Der Magistrat darf eine vom Satzungsbeschluß inhaltlich abweichende Fassung einer Satzung auch dann nicht öffentlich bekanntmachen, wenn die Änderung dazu dienen soll, den Beschluß an höherrangiges Recht anzupassen. Eine gleichwohl in dieser Form bekanntgemachte Satzung ist nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und ungültig.
§12 Inkrafttreten des
Bebauungsplanes
Die Gemeinde hat die Genehmigung des Bebauungsplans ortsüblich bekanntzumachen und spätestens mit Wirksamwerden der Bekanntmachung den Bebauungsplan mit Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten und über ihren Inhalt auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist anzugeben, bei welcher Stelle der Plan während der Dienststunden eingesehen werden kann. Mit dieser Bekanntmachung, die an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung tritt, wird der Bebauungsplan rechtsverbindlich. 1. Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde einerseits der Rspr. Rechnung getragen, die sich mit der alten Fassung des § 12 befaßt hatte, andererseits eine notwendige Vereinfachung des Ganges des BebPl. bis zum Inkrafttreten erreicht. Darüber hinaus hatte die alte Fassung zu Mißverständnissen geführt. So war angenommen worden, daß die Auslegung des rechtsverbindlichen BebPl. befristet werden müsse. Im Zug der Gesetzgebungsverhandlungen wurde noch eine Erweiterung im Interesse der Klarstellung auf Anregung des federführenden Ausschusses eingebaut, mit dem Ziel, daß es für die Offenlegung eines BebPl. darauf ankommt, daß eine Bekanntmachung nach landesrechtlichen Vorschriften als wirksam gilt. Im Laufe der Gesetzgebungsverhandlungen zur Novelle vom 6. 7. 1979 empfahl der BR „im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in das BBauG Bestimmungen darüber aufzunehmen sind, wie zu verfahren ist, 113
§124
l. Teil. Bauleitplanung
wenn außerhalb von Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO festgestellt wird, daß ein BebPl. unwirksam ist". Dieser Anregung wollte die BReg. nachkommen (BT-DS 8/2451 S 50 - Zu 3). Da die Novelle 1979 in dieser Hinsicht nicht ergänzt wurde, ist wohl die nächste — bereits vorgesehene — „Beschleunigungsnovelle" gemeint gewesen. 2. Zum Begriff „ortsüblich" siehe bei § 6. Der federführende Ausschuß (vgl. BT-DS 7/4793 zu Nr. 12). hielt es für notwendig, die Gemeinde zu verpflichten, dem interessierten Bürger auf Verlangen die getroffene Festsetzung zu erörtern, weil „der Inhalt von BebPl. oft für den Laien schwer erkennbar" sei. 3. Das Gesetz enthält keine Verpflichtung darüber, daß den Trägern öffentlicher Belange das Inkrafttreten des BebPl. mitzuteilen ist. Im Rahmen der Gesetzgebungsverhandlung wurde eine solche Regelung ausdrücklich für überflüssig gehalten. Ob dies wirklich der Fall ist, wird in der Praxis bezweifelt. Es bleibt daher nur der Weg, daß der interessierte Träger öff. Belange die Gemeinde ersucht, über das Inkrafttreten eines BebPl. unterrichtet zu werden. 4. Mit der Bekanntmachung tritt der BebPl. in Kraft und wird rechtsverbindlich. Maßgeblich ist der Tag der Veröffentlichung. Mit dem klaren Gesetzeswortlaut des Satz 3 dürfte es nicht vereinbar sein, wenn die Gemeinde einen anderen — zurückliegenden oder späteren — Zeitpunkt für das Inkrafttreten festsetzt. § 12 ist nämlich Spezialnorm; er tritt an die Stelle der entsprechenden Bestimmungen der Kommunalgesetze der Länder über Inkrafttreten von Satzungen. 5. Satz 3 (früher Satz 2) ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar (BVerwG B vom 20. 5. 1964, Rspr. folg. Nr. 4 A 1). 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG B vom 20. 5. 1964 (I B 96.64) DVB1. 1965, 810 Zur Bekanntmachung von BebPl. Buchholz 406.11 § 12 BBauG Nr. 1 zitiert diese Entscheidung mit folgendem Leitsatz: § 12 BBauG verstößt dadurch, daß er anstelle von Veröffentlichung die öffentliche Auslegung des BebPl. nebst ortsüblicher Bekanntmachung vorschreibt, nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Aus den Gründen: Der erkennende Senat hat zwar in seinem Urteil vom 28. 11. 1963 DVB1. 1964, 147 dahin entschieden, daß eine Landschaftsschutzverordnung, die den räumlichen Geltungsbereich ihres Veränderungsverbotes nicht in ihrem verkündeten Text bestimmt, 114
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§124
sondern insoweit nur auf die Eintragungen in eine nicht veröffentlichte Karte verweist, gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstößt. Er hat jedoch darauf hingewiesen, daß etwas anderes für Regelungen gelte, die durch Worte nicht hinreichend deutlich wären und bei denen das Gebot der Rechtssicherheit die Verwendung von gesetzestechnischen Hilfsmitteln, insbesondere zeichnerischer und farblicher Darstellung auf Plänen nahelegte. Es wurde deshalb in jener Entscheidung zum Ausdruck gebracht, daß die Festsetzungen eines BebPl. nach § 9 BBauG nicht in der für Satzungen erforderlichen Weise verkündet zu werden brauchen. Daraus ergibt sich, daß gegen die Vorschrift des § 12 BBauG die in der o. a. Entscheidung dargelegten rechtsstaatlichen Bedenken nicht durchgreifen.
2. BGH U vom 8. 2. 1971 (III ZR 28/70) NJW 1971, 704 = DÖV 1971, 243 = BayVBl. 1971, 196 m. Anm. von Mang = DVBL. 1971, 757 a) Die Dauer einer Frist für die Auslegung eines BebPl. braucht nicht für den Bereich einer Gemeinde allgemein und im voraus ortsgesetzlich geregelt zu sein. b) Beginnt die Auslegung des BebPl. mit einem nach der Bekanntmachung der Genehmigung und der Auslegung des BebPl. liegenden Tag, so verhindert dies nicht schlechthin das Inkrafttreten des BebPl. c) Die Genehmigung des BebPl. muß nur ihrem wesentlichen Inhalt, nicht aber ihrem Wortlaut nach bekannt gemacht werden.
3. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 76.68) DVBl. 1971, 759 = DÖV 1971, 633
a) Die Bekanntmachung nach § 12 Satz 2 BBauG braucht nicht den Wortlaut der Genehmigung mitzuteilen. b) Die unrichtige Berechnung des Zeitpunkts des Inkrafttretens eines BebPl. in der Bekanntmachung nach § 12 BBauG führt nicht zur Nichtigkeit des Plans und steht seinem Inkrafttreten zu dem sich aus § 12 Satz 3 BBauG ergebenden Zeitpunkt nicht entgegen.
4. BVerwG U vom 14.12.1973 (IV C 71.71) NJW 1974, 811 = BauR 1974, 189 In § 12 BBauG wird eine Regelung der Dauer der Auslegung eines BebPl. weder selbst vorgenommen noch vom Ortsgesetzgeber verlangt.
5. BVerwG U vom 26. 5. 1978 (4 C 9.77) BVerwGE 55, 369
a) Ohne eine den §§ 2 Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 2 BBauG 1960 (§§ 2 a Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 1 BBauG 1976) entsprechende Bekanntmachung kann ein gültiger BebPlan nicht entstehen. b) Bekanntmachungen im Bebauungsplanverfahren müssen den BebPlan, auf den sie sich beziehen, so bezeichnen, daß die Bekanntmachung geeignet ist, den an der Planung Interesssierten dieses Interesse bewußt zu machen. c) Es reicht weder für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 Abs. 6 Satz 2 und 12 Satz 2 BBauG 1960 noch für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 a Abs. 6 Satz 2 und 12 Satz 1 BBauG 1976 aus, wenn der BebPlan, auf den sie sich beziehen, ausschließlich mit einer Nummer bezeichnet wird. d) BebPläne können nicht durch Gewohnheitsrecht entstehen. e) Berücksichtigt werden muß (ebenso wie bei der des § 34 Abs. 1 BBauG 1960, so auch) bei der Anwendung von § 34 Abs. 1 BBauG 1976 die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt 115
§12 4
1. Teil. Bauleitplanung
oder doch beeinflußt (im Anschluß an das Urteil vom 18. Oktober 1974 — BVerwG IV C 77.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45). 0 Abzustellen ist (auch) bei der Anwendung von § 34 Abs. 1 BBauG 1976 auf das, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich vorhanden ist (im Anschluß an die Urteile vom 18. Oktober 1974 aaO und vom 29. November 1974 — BVerwG IV C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46). g) Die Anforderung, daß sich nach § 34 Abs. 1 BBauG 1976 das Vorhaben der Eigenart der näheren Umgebung einfügen muß, geht über das hinaus, was § 34 BBauG 1960 mit der Voraussetzung verlangte, daß das Vorhaben nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich sein müsse. h) Ein Vorhaben, das sich — in jeder Hinsicht — innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich in der Regel seiner Umgebung ein. i) Auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, kann sich der Umgebung einfügen. Das ist der Fall, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.
6. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DVB1. 1979, 151 = ZfBR 1978, 84 = DÖV 1979, 214
a) Ein BebPlan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem FINPlan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen FINPlans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
B. VGH und OVG 1. HessVGH B vom 19. 2.1965 (R IV 1/63) DÖV 1966, 578 = BBauBl. 1966, 209
a) Der die Verkündung gemeindlicher BebPle regelnde § 12 BBauG ist wegen seines engen Sachzusammenhangs mit dem bauplanungsrechtlichen Inhalt der BebPl. nicht dem Sachgebiet des Gemeindeverfassungsrechts, sondern dem Bauplanungsrecht zuzurechnen. b) Bei der Verkündung einer Rechtsnorm im Wege der öffentlichen Auslegung, die stets mit einer Hinweisbekanntmachung verbunden sein muß, ist jedenfalls im Falle der unbefristeten Auslegung der Verkündungsakt beendet, sobald die Norm tatsächlich offenliegt und Ort und Zeit der Offenlegung öffentlich bekanntgemacht sind. c) § 12 BBauG ist dahingehend auszulegen, daß der Beginn der öffentlichen Auslegung des BebPl. nicht der Bekanntmachung von Ort und Zeit der Auslegung nachfolgen darf.
2. HessVGH U vom 21.10. 1966 (O S IV 38/65) DVB1. 1968, 947
a) Der § 12 BBauG enthält keine Regelung über die Dauer der öffentlichen Auslegung. Diese Lücke ist von den Gemeinden durch eine entsprechende Bestimmung in 116
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§12 4
der Hauptsatzung auszufüllen. Die Bekanntmachung von Ort und Zeit der öffentlichen Auslegung muß bei Beginn der öffentlichen Auslegung abgeschlossen sein. b) Unter der „Bekanntmachung" im Sinne von § 12 Satz 3 BBauG ist die Bekanntmachung nach § 12 Sätze 1 und 2 BBauG zu verstehen. Das bedeutet, daß der Beb PI. mit Ablauf der für die öffentliche Auslegung bestimmten Dauer rechtsverbindlich wird (Änderung der Rspr. gegenüber B vom 19. 2. 1965, R IV 1/63).
3. OVG Lüneburg U vom 24. 11. 1969 (I A 144/68) DÖV 1970, 754 DVB1. 1970, 422
Die in der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 12 BBauG anzugebende Zeit der Planauslegung meint die Tagesstunden der Auslegung, die im übrigen auf Dauer zu erfolgen hat (a. A. HessVGH DVB1. 1968, 948).
4. OVG Münster U vom 13. 11. 1969 (X A 184/64) DÖV 1970, 756
Die Bekanntmachung nach § 12 Satz 2 BBauG ist vom Bürgermeister oder seinem Stellvertreter — nicht dagegen vom Gemeindedirektor (Stadt- oder Oberstadtdirektor) — zu unterzeichnen.
5. OVG Münster U vom 27. 11. 1969 (X A 275/68) DÖV 1970, 756 ZMR 1971, 277
Bei der ortsüblichen Bekanntmachung im Sinne von § 12 Satz 2 BBauG ist die Genehmigung des Beb PI. durch die höhere Verwaltungsbehörde (§11 BBauG) im vollen Wortlaut in die Bekanntmachung aufzunehmen. (Dagegen BGH U vom 8.2.1971, siehe oben A Nr. 2c.
6. BayVGH Normenkontroll-B vom 21.2.1972 (Nr. 50170) BayVBl. 1972, 270
a) Wird ein BebPl. von der Aufsichtsbehörde unter Auflagen genehmigt, so muß die ortsübliche Bekanntmachung der Genehmigung diese Auflagen zumindest inhaltlich wiedergeben. b) Zur Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Planungsträger den der Genehmigung beigefügten Auflagen nur durch eine Änderung des als Satzung beschlossenen BebPl. nachkommen kann.
7. BayVGH Normenkontroll-Beschluß BayVBl. 1975, 558
vom
3.6. 1975
(Nr. 60 1 72)
Form der Veröffentlichung von Genehmigung sowie von Ort und Zeit der Auslegung eines Bebauungsplans nach § 12 BBauG.
8. OVG Lüneburg U vom 23. 10. 1975 (I A 64/74) BauR 2/76, 105
a) Die Bekanntmachung der Genehmigung eines BebPl. sowie Ort und Zeit seiner Auslegung muß den Planbereich durch eine grobe Umschreibung der Grenzen oder seiner Lage erkennen kassen. Die Bezeichnung des BebPl. mit einer Nummer genügt nicht. b) Die langjährige Anwendung eines vermeintlich gültigen BebPl. läßt kein mit dem BebPl. identisches Gewohnheitsrecht entstehen.
9. BayVGH Normenkontroll-Beschluß vom 16.7. 1976 (Nr. 232 172) BayVBl. 1977, 464 117
§13 1
1. Teil. Bauleitplanung
a) Zum Begriff der „ortsüblichen Bekanntmachung" im Sinne des § 12 BBauG. b) Folgen eines Verstoßes gegen die in der Geschäftsordnung einer Gemeinde festgelegte Art der Bekanntmachung von Rechtsnormen.
§13 Vereinfachte Änderung des
Bebauungsplans
Die Beteiligung der Bürger nach § 2a und die Genehmigung des Bebauungsplans nach § 11 sind nicht erforderlich, wenn 1. Änderungen oder Ergänzungen des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung nicht berühren und 2. den Eigentümern der von den Änderungen oder Ergänzungen betroffenen und benachbarten Grundstücke sowie den von den Änderungen oder Ergänzungen berührten Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Die Gemeinde soll diesen Beteiligten für die Abgabe ihrer Stellungnahmen eine angemessene Frist setzen. Widersprechen diese innerhalb der Frist den Änderungen oder Ergänzungen, bedarf der Bebauungsplan der Genehmigung nach § 1 1 ; die Stellungnahmen der Beteiligten sind als Bedenken und Anregungen nach § 2 a Abs. 6 Satz 4 und 6 zu behandeln. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Vor der Novelle 1979 war für eine vereinfachte BebPl.-Änderung eine etwas komplizierte Regelung vorgesehen: Stimmten die Eigentümer der betroffenen und benachbarten Grundstücke sowie die nach § 2 Abs. 5 beteiligten Behörden und Stellen der Änderung oder Ergänzung zu, war eine Auslegung und Genehmigung der Änderung oder Ergänzung nicht erforderlich. Verweigerten die Eigentümer und Träger öffentlicher Belange ihre Zustimmung, war lediglich die Auslegung des BebPl. nicht erforderlich. Das Genehmigungsverfahren hingegen mußte durchgeführt werden. Das vereinfachte Verfahren war nur anwendbar, wenn kumulativ zwei Voraussetzungen vorlagen: Die Änderung oder Ergänzung des Beb PI. durfte die Grundzüge der Planung nicht berühren und für die Nutzung der betroffenen und benachbarten Grundstücke nur von unerheblicher Bedeutung sein. Die Zustimmung der Grundeigentümer oder der zu beteiligenden Behörden und Stellen konnte diese gesetzlichen Voraussetzungen nicht ersetzen. b) Die am 1. 8. 1979 in Kraft getretene Neufassung will mehr Wahrung der Interessen der durch die BebPl. Änderung (bzw. Ergänzung) Betroffenen oder Berührten weitere Erleichterungen bringen. 118
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§13 3
2. Allgemeines Es wird nicht mehr auf die unerhebliche Bedeutung der Änderung oder Ergänzung des BebPlans für die Nutzung der betroffenen und benachbarten Grundstücke abgestellt. Das vereinfachte Verfahren wird nun auch bei für die Betroffenen und Berührten erheblichen Änderungen oder Ergänzungen des Beb PI. zugelassen; allerdings dürfen — wie schon nach vormaligem Recht — die Grundzüge der Planung als äußerste Grenze nicht berührt werden. Die gesetzliche Voraussetzung der unerheblichen Bedeutung hatte in der Praxis zu starken Zweifelsfragen geführt und die praktische Bedeutung der vereinfachten Änderung auch bei Zustimmung der Betroffenen stark eingeschränkt. Ferner wird nun auch nicht mehr auf die nach § 2 Abs. 5 zu beteiligenden Behörden und Stellen abgestellt, sondern nur auf die Träger öffentlicher Belange, soweit sie von den Änderungen oder Ergänzungen des Bebauungsplans berührt sind. Nicht berührte Träger werden am vereinfachten Verfahren nicht beteiligt werden. Der neugefaßte § 13 setzt auch nicht mehr die Zustimmung der beteiligten Eigentümer und Träger öffentlicher Belange für den Wegfall der Genehmigungspflicht (§ 11) voraus. Es genügt, wenn die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und den Änderungen oder Ergänzungen des BebPl. nicht widersprechen. Im letzten Lauf des Gesetzgebungsverfahrens für die Novelle vom 6. 7. 1979 wurde noch die Sollvorschrift für die Gemeinde eingefügt, eine angemessene Frist (unbestimmter Rechtsbegriff, es kommt auf den Einzelfall an!) den Beteiligten für die Stellungnahmen zu setzen. Schweigen gilt hier jedenfalls als Unterlassung des Widerspruchs, so daß es zu „verspäteter" Einlegung des Widerspruchs kommen kann. Die Frage kann bei einem etwaigen Normenkontrollverfahren eine Rolle spielen. c) Die Beteiligten haben den ausdrücklichen Widerspruch, der nicht mit dem förmlichen Widerspruch der VwGO zu verwechseln ist, durch die Novelle 1979 erhalten. Damit soll offensichtlich rechtsstaatlichen Erfordernissen Rechnung getragen werden. Im Falle eines Widerspruchs bedarf der BebPl. wie sonst bei fehlender Zustimmung der Genehmigung. Es wird klargestellt, daß im Falle eines Widerspruchs die Stellungnahmen der Beteiligten bei der Vorlage des geänderten oder ergänzten BebPl. zur Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde als Bedenken und Anregungen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen sind; die Widersprechenden sind zu benachrichtigen. 3. Einwendungen Einwendungen gegen das von der Gemeinde angewandte Verfahren (z. B. Nichtanhörung von Betroffenen oder irrige Anwendung des vereinfachten Verfahrens) können nur inzident — gegebenenfalls unmittelbar im Wege des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO — geltend gemacht werden (siehe hierzu auch Nr. l b zu § 8). 119
§ 13a
1. Teil. Bauleitplanung
4. Rechtsprechung BayVGH Normenkontroll-Beschluß vom 12.3.1971 (Nr. 124168) BayVBl. 1971, 270 Liegen die Voraussetzungen für die vereinfachte Änderung und Ergänzung eines Beb PI. nach § 13 Abs. 1 BBauG a. F. nicht vor, so ist die Änderung des Beb PI. ungültig.
§ 13 a Grundsätze für soziale Maßnahmen,
Sozialplan
(1) Ist zu erwarten, daß ein Bebauungsplan, dessen Aufstellung die Gemeinde beabsichtigt, bei seiner Verwirklichung sich nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der in dem Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen auswirken wird, insbesondere im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich, so hat die Gemeinde in der Begründung (§ 9 Abs. 8) allgemeine Vorstellungen darzulegen, wie nachteilige Auswirkungen möglichst vermieden oder gemildert werden können (Grundsätze f ü r soziale Maßnahmen). (2) Ist ein Bebauungsplan in Kraft getreten, der sich erheblich nachteilig (Absatz 1) auswirkt, und steht seine Verwirklichung durch Maßnahmen der Gemeinde bevor, so hat die Gemeinde, sobald und soweit es erforderlich ist, mit den von der Verwirklichung unmittelbar Betroffenen zu erörtern und Vorstellungen zu entwickeln, wie nachteilige Auswirkungen möglichst vermieden oder gemildert werden können; dabei soll sie namentlich Berufs-, Erwerbs- und Familienverhältnisse, Lebensalter, Wohnbedürfnisse, soziale Verflechtungen sowie örtliche Bindungen berücksichtigen. Die Gemeinde hat den Betroffenen bei ihren eigenen Bemühungen, nachteilige Auswirkungen zu vermeiden oder zu mildern, zu helfen, insbesondere beim Wohnungs- und Arbeitsplatzwechsel sowie beim Umzug von Betrieben; soweit öffentliche Leistungen in Betracht kommen können, soll die Gemeinde hierauf hinweisen. Sind Betroffene nach ihren persönlichen Lebensumständen nicht in der Lage, Empfehlungen und anderen Hinweisen der Gemeinde zur Vermeidung von Nachteilen zu folgen oder Hilfen zu nutzen, oder sind aus anderen Gründen weitere Maßnahmen der Gemeinde erforderlich, hat die Gemeinde geeignete Maßnahmen zu prüfen. (3) Das Ergebnis der Erörterungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die voraussichtlich in Betracht zu ziehenden Maßnahmen der Gemeinde und die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung sind schriftlich darzustellen (Sozialplan). (4) Steht die Verwirklichung eines Bebauungsplans durch einen anderen als die Gemeinde bevor und sind die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 gegeben, so kann die Gemeinde verlangen, daß der andere im Einvernehmen mit ihr den Sozialplan aufstellt und durchführt. Die Gemeinde kann diese Aufgaben ganz oder teilweise auch selbst übernehmen und dem anderen die Kosten auferlegen. Die Befugnisse der Gemeinde, insbesondere aus den §§ 39 g und 39 h bleiben unberührt. 120
3. Abschnitt. Bebauungsplan
§138 2
1. Vorbemerkung Die Vorschrift enthält die Grundsätze für soziale Maßnahmen sowie Bestimmungen über den Sozialplan. Der Sozialplan ist keine Neuschöpfung des ÄndG 1976. Schon das StBauFG sieht einen solchen Plan in jedem Falle der Sanierung vor. Die Reg Vorlage wurde sowohl durch den federführenden Ausschuß, als auch teilweise auf Vorschlag des BR durch den Vermittlungsausschuß des BT geändert und verbessert. Der weitergehende Vorschlag des BR wurde nicht übernommen, die Sozialplanung systematisch bei den Verwirklichungsgeboten oder bei der Bürgerbeteiligung einzuordnen. Vielmehr wurde die Vorschrift auf zwei Handlungsstufen (Grundsatz für Sozialmaßnahmen, Sozialpläne) aufgebaut, wobei die eine die Aufstellung des BebPl., die andere seine Durchführung betrifft. So soll erreicht werden, daß die Gemeinde schon zu einem Zeitpunkt konkrete soziale Maßnahmen vorbereitet, zu dem die Verwirklichung eines BebPl. und eventuelle nachteilige Auswirkungen überhaupt noch nicht im einzelnen abzusehen sind. Mit der Aufstellung eines BebPl. hat die Gemeinde zunächst lediglich in der Vorbereitungsstufe allgemeine Grundsätze für soziale Maßnahmen zu entwickeln, sofern sich der BebPl. nachteilig auf die im Plangebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen auswirken kann. Erst wenn dann die Verwirklichung des BebPl. konkret bevorsteht, und sich daraus erhebliche Benachteiligungen ergeben, muß die Gemeinde in einer zweiten Handlungsstufe mit den Planbetroffenen u. U. in Erörterungen über den Ausgleich oder die Milderung dieser Benachteiligungen eintreten und die betroffenen Bürger entsprechend beraten. Unabhängig von dieser allgemeinen Verpflichtung zur Sozialplanung ist im Zusammenhang mit dem Erlaß der einzelnen Verwirklichungsgebote noch einmal durch § 39a eine selbständige Erörterungs- und Beratungspflicht über die Durchführung der Gebote im konkreten Fall vorgesehen. Auf Vorschlag des BR (BR-DS 190/65 S. 15) wurde durch den Vermittlungsausschuß noch eine Vorschrift (Abs. 4) eingefügt, die die Aufstellung und Durchführung des Sozialplans durch Dritte zum Inhalt hat. 2. Grundsätze für soziale Maßnahmen (Abs. 1) Entsprechend dem Vorschlag des BR wurde die Grundsatzvorschrift, die nach dem RegE als Mußbestimmung gedacht war, in eine Sollvorschrift abgewandelt, und zwar, „um für die Praxis einen gewissen Spielraum zu erhalten" (BR-DS 190/76 S. 14). Auch wurde festgelegt, daß die allgemeine Vorstellung über die Vermeidung oder Milderung nachteiliger Auswirkungen eines beabsichtigten BebPl. in der Begründung nach § 9 Abs. 8 darzulegen sind. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist, daß die persönlichen Lebensumstände der im Gebiet des BebPl. wohnenden und arbeitenden Menschen nachteilig beeinflußt werden können, wobei die Benachteiligung auch mittelbar erfolgen kann, z. B. durch die notwendige Verlagerung eines Unter121
§ 13a 4
1. Teil. Bauleitplanung
nehmens oder durch ein Erweiterungsverbot für einen gewerblichen (industriellen) Betrieb. Die in der RegVorlage vorgesehene Bürgerbeteiligung ist auf Vorschlag des federführenden Ausschusses gestrichen worden, „weil sich zu diesem Zeitpunkt die konkreten Auswirkungen auf bestimmte Eigentümer und die bei einer späteren Planverwirklichung im einzelnen notwendigen sozialen Maßnahmen noch nicht übersehen lassen. Gegebenenfalls wird das Bebauungsplanverfahren auch infolge der gewonnenen Erkenntnisse über die soziale Problematik auch gar nicht weiter verfolgt". Erst die zweite Stufe, die Aufstellung des Sozialplans, sieht eine Erörterung vor. 3. Vorbereitung und Aufstellung des Sozialplans nach Inkrafttreten des nachteiligen Bebauungsplans (Abs. 2 und 3) Erst in der zweiten Handlungsstufe, also wenn der konkret erheblich nachteilig sich auswirkende BebPl. in Kraft getreten ist, und seine Verwirklichung durch Maßnahmen der Gemeinde bevorsteht (also insgesamt drei Voraussetzungen), muß die Gemeinde, sobald und soweit es erforderlich ist (zwei weitere Voraussetzungen) die Erörterung mit den unmittelbar Betroffenen durchführen. Bei der notwendigen Entwicklung von Vorstellungen über die Vermeidung oder Milderung der Nachteile sollen die in Abs. 2 genannten Verhältnisse und Befugnisse berücksichtigt werden. Dazu kommt die „Hilfe" als Pflicht („hat") der Gemeinde; hier sind als Beispiele Wohnungs- und Arbeitsplatzwechsel, Umzug von Betrieben ausdrücklich genannt. Der letzte Satz ist mehr akademischer Natur („hat die Gemeinde geeignete Maßnahmen zu prüfen"); diese Prüfungspflicht ist allerdings unabdingbar. Die Darlegung des Ergebnisses der Erörterung und Prüfungen mit den voraussichtlich in Betracht zu ziehenden Maßnahmen stellt den „Sozialplan" dar (Abs. 3). 4. Aufstellung und Durchführung des Sozialplans durch Dritte (Abs. 4) In dieser Bestimmung hat sich die Ansicht des BR durchgesetzt, daß ohne Informationsrecht der Gemeinde ihre Rechtspflicht, auch in den Fällen der Planentwicklung durch Private soziale Maßnahmen zu ergreifen, leerlaufen würde, andererseits auch in diesen Fällen auf den Sozialplan nicht verzichtet werden kann. Durch den neuen Abs. 4 soll der Gemeinde deshalb die Möglichkeit gegeben werden, von dem Dritten zu verlangen, daß er den Sozialplan aufstellt und durchführt, wobei der Dritte im Interesse der betroffenen Bevölkerung an das Einvernehmen der Gemeinde gebunden werden muß. Den Erfordernissen der Praxis entspricht die Möglichkeit, diese Aufgaben selbst auf Kosten des Dritten zu übernehmen, insbesondere, wenn der Dritte seiner Pflicht nicht oder nicht ausreichend nachkommt. Satz 3 besagt, daß die Befugnisse der Gemeinde unberührt bleiben, wobei die §§ 39g und 39h ausdrücklich erwähnt werden. Die erste Vorschrift betrifft 122
Vor § 14
Sicherung der Bauleitplanung
die Aufhebung, Beendigung und Verlängerung von Miet- und Pachtverhältnissen, die letztere die Erhaltung baulicher Anlagen. Insgesamt will Satz 3 besagen, daß unbeschadet der Übertragung der Durchführung eines Sozialplanes an einen Dritten, vor allem an Private, die Gemeinde keine der Befugnisse aus ihrer v o m BBauG gegebenen Planungshoheit verliert. 5. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 Abs. 3) N a c h dem Änderungsgesetz v o m 6. 7 . 1 9 7 9 ist § 13 in der bis 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Gemeinde die vereinfachte Änderung oder Ergänzung des Beb Plans vor dem 1. 8. 1979 beschlossen hat (§ 183 Abs. 3 Satz 1). Unberührt bleibt nach dieser Vorschrift (Satz 2) das Recht der Gemeinde, das Genehmigungsverfahren erneut, also dann voll nach dem neuen Recht, einzuleiten.
ZWEITER TEIL
Sicherung der Bauleitplanung Vorbemerkung Der Zweite Teil des BBauG (§§ 14 bis 28) behandelt die Sicherung der im Ersten Teil dargestellten Bauleitplanung. Auch dieser Teil erfuhr durch das ÄndG vom 18. 8,1976 (BGBl. I S. 2256) und das ÄndG vom 6. 7. 1979 (BGBl. I S. 949) eine Reihe von Änderungen, insbesondere beim gemeindlichen Vorkaufsrecht (§§ 24 ff.) und bei der Bodenverkehrsgenehmigung (Wegfall der Auflassungsgenehmigung); aber auch die Entschädigung bei der VSperre wurde erheblich geändert (§ 18). Aber auch die Versagungsgründe des § 20 Abs. 1 wurden ausgebaut. Die Bedeutung dieses Teils zeigt schon die Benennung seiner drei Abschnitte: Veränderungssperre (VSperre) und Zurückstellung von Baugesuchen, Bodenverkehr, gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinde. Die in den drei Abschnitten behandelten gesetzlichen Regelungen haben den Sinn, die städtebauliche Planung sowohl vor ihrem Heranreifen als auch während ihres Entstehens und selbstverständlich auch nach ihrer Vollendung vor nachteiligen Einwirkungen von außen zu schützen: a) Die VSperre, die nur befristet verfügt werden kann (siehe § 17), verbietet die Ausführungen von Veränderungen an Grundstücken, solange der BebPl. noch nicht unter Dach und Fach ist. Dadurch soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß durch bebauungsplanwidrige Nutzungen von Grundstücken die städtebauliche Planung erschwert oder vereitelt wird. Die VSperre ist die Rechtsnachfolgerin der früheren Bausperre, die reichsrechtlich in der durch § 186 Abs. 1 aufgehobenen Verordnung über die Zulässigkeit befristeter Bausperren vom 29. 10. 1936 (RGBl. I S. 933) geregelt war. Landesrechtlich war sie in die nach 1945 erlassenen Aufbaugesetze übernommen worden. In Rechtslehre und Rspr. besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, daß als Ausfluß der Sozialpflichtigkeit des Eigentums der Eigentümer eine zeitlich begrenzte VSperre entschädigungslos hinnehmen muß (vgl. BVerwGE 4, 120; BGHZ 15, 268; U des BGH vom 25. 6. 1959 [III ZR 114/57] zur „faktischen" Bausperre, NJW 1959, 1775; Forsthoff in DÖV 1955, 193; Dittus in DÖV 1955, 161 und 196). Der BGH hat schließlich mit U vom 25. 6. 1959 (III ZR 220/57) — BGHZ 30, 338 — entschieden, daß aus Planungsgründen verhängte 123
Vor § 14
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
vorübergehende Bausperren entschädigungslos hinzunehmen sind, insoweit die Bausperre läßt auch die zunächst nur als Eigentumsbeschränkung zu beurteilende Bausperre zur Enteignung werden; nach Ablauf des dritten (u. U. gemäß § 17 Abs. 12 BBauG vierten) Jahres wirkt sich jede noch andauernde Bausperre als Enteignung aus. Soll nur im einzelnen eine der beabsichtigten Planung nachteilige Veränderung verhindert werden, so muß auf Antrag der Gemeinde anstelle der VSperre eine Zurückstellung des Baugesuchs bis auf die Dauer eines Jahres erfolgen (§ 15). b) Während die VSperre die Ausführung bebauungsplanwidriger Maßnahmen tatsächlicher Art verhindern will, dienen die Bestimmungen über den Bodenverkehr der Kontrolle der Rechtsgeschäfte über den Grundstücksverkehr, um hierdurch eine Erschwerung der Bauleitplanung zu verhindern. Die in § 19 ausgesprochene behördliche Genehmigungspflicht für die Grundstücksteilung gewährleistet eine der geordneten städtebaulichen Entwicklung entsprechende Nutzung und Aufteilung des Bodens und verhindert im Interesse der Eigentümer und Käufer die Aufteilung eines Gebiets in allzu kleine Grundstücke, die nicht mehr als selbständige Baugrundstücke verwertet werden können. Der Baulanderwerber soll davor geschützt werden, daß er in Unkenntnis der Verhältnisse ein vermeintliches Baugrundstück erwirbt, dessen Bebauung später nicht genehmigt werden könnte. Die Vorschriften über den Bodenverkehr traten an Stelle der allein für Wohnsiedlungsgebiete nach dem WSG gültigen, ähnlichen, teilweise weitergehenden Vorschriften; sie regeln auch den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, letzteren aber nur innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines BebPlans. Ansonsten bleiben die besonderen Vorschriften über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken anwendbar (§ 22). c) Die Novelle vom 6. Juli 1979 brachte eine ganz einschneidende Änderung der Vorschriften über den Bodenverkehr, und zwar durch den Verzicht auf die Auflassungsgenehmigung (sowie auf die Genehmigung der Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts) im Außenbereich. Im Hinblick auf die Entwicklung der Rspr., die allein auf den im Vertrag offengebarten Nutzungszweck abgestellt hat, wurde der vom Gesetzgeber aus städtebaulichen Gründen eingeführte Genehmigungsvorbehalt weitgehend entwertet, weil die Vertragsparteien „manipulieren" konnten. Die Teilungsgenehmigung blieb erhalten (im einzelnen siehe die Erläuterungen bei § 19). d) Das von den meisten Aufbaugesetzen der Länder eingeführte gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde für Grundstücksverkäufe wurde vom BBauG in begrenztem Umfang übernommen und durch die Novelle 1976 im Interesse einer Beruhigung des Grundstücksverkehrs ausgebaut. Auch diese Vorschrift soll der Gemeinde in der Erfüllung ihrer städtebaulichen Aufgaben helfen; sie soll in die Lage versetzt werden, mit Hilfe der auf diesem Wege erworbenen Grundstücke bei der Ordnung von Grund und Boden auszugleichen oder Grundstücke für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu erhalten, ohne daß von dem schwerwiegenderen Eingriff der sofortigen Enteignung Gebrauch gemacht werden muß.
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1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§14 l
ERSTER ABSCHNITT Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen §14 Veränderungssperre (1) Hat die Gemeinde beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben, so kann sie zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, daß 1. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen der Grundstücke nicht vorgenommen werden dürfen; 2. nicht genehmigungsbedürftige, aber wertsteigernde bauliche Anlagen nicht errichtet oder wertsteigernde Änderungen solcher Anlagen nicht vorgenommen werden dürfen; 3. genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen nicht errichtet, geändert oder beseitigt werden dürfen. (2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde. (3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt. 1. Voraussetzung und Begriff der Veränderungssperre Erfahrungsgemäß bedarf die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des BebPl. längeren Zeitaufwands. Um planungswidrige Vorhaben in dieser Zeit zu verhindern, mußte im öffentlichen Interesse eine Bindung der Nutzungsfreiheit eintreten. Die weitgreifendere der beiden vom Gesetzgeber gewählten Arten ist die VSperre, die für den künftigen Planbereich vom Vertretungsorgan der Gemeinde beschlossen wird, und zwar — wie sich aus § 16 ergibt — als Satzung. Voraussetzung hierfür ist, daß bereits ein Beschluß der Gemeindevertretung vorliegt, einen BebPl. aufzustellen, zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben (Abs. 1). Die VSperre darf nur im Umfang des Abs. 1 Nr. 1 bis 3 beschlossen werden, nämlich daß a) erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen (unbestimmte Rechtsbegriffe, vgl. Erläut. 5 und 6 zu § 95) der Grundstücke nicht vorgenommen werden dürfen, b) bauliche Anlagen nicht errichtet oder geändert oder beseitigt (eingefügt durch die Novelle 1976) werden dürfen, und zwar auch genehmigungsfreie nicht, wenn eine Wertsteigerung die Folge ist. Die Aufnahme des Beseiti125
§ 14 3
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
gungstatbestandes dient dem Schutz erhaltungswerter Bauanlagen gegen Abbruch. Sie steht im Zusammenhang mit dem § 39h, der die Erhaltung baulicher Anlagen zum Inhalt hat (siehe dort). Beschließt die Gemeinde eine VSperre, die über dieses Maß hinausgeht, so muß der Beschluß von der höheren Verwaltungsbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (§ 16) als gesetzwidrig beanstandet werden. Geht der Beschluß der Gemeindevertretung schlechthin auf „eine Veränderungssperre" (ohne nähere Bezeichnung des Inhalts der Sperre) und sind sonst die Voraussetzungen (vorheriger Beschluß über die Aufstellung usw. eines BebPl.) erfüllt, so gilt die VSperre im Umfang des § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBauG; der Beschluß ist rechtswirksam, sobald er — nach Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde — ordnungsgemäß als Satzung erlassen und bekanntgemacht wird (§ 16 Abs. 2), "wenn er das Gebiet, das von der Veränderungssperre betroffen wird, hinreichend bezeichnet. Wenn die VSperre während des Laufs eines Baugenehmigungsgesuchs, also noch vor einer Entscheidung beschlossen wird, so kann die Baugenehmigungsbehörde entweder das Baugesuch abschlägig verbescheiden oder ähnlich der Regelung in § 15 bis zur Beendigung der VSperre zurückstellen. 2. Ausnahme von der Veränderungssperre (Abs. 2 und 3) a) Gerade im Planungsrecht erweisen sich allzu starre Vorschriften oftmals als lähmend. Deshalb hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der beschlossenen VSperre die Möglichkeit von Ausnahmen eröffnet. Voraussetzungen sind jedoch nach Abs. 2, daß überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen (unbestimmter Rechtsbegriff). Die Formulierung „überwiegende" öffentliche Belange bringt nur zum Ausdruck, daß eine Ausnahme auch zugelassen werden kann, wenn ihr zwar gewisse öffentliche Belange entgegenstehen, andere wichtigere öffentliche Belange aber die Ausnahme fordern (amtliche Begründung des RegE). Die Wichtigkeit der Entscheidung über die Ausnahme hat den Gesetzgeber veranlaßt, die Baugenehmigungsbehörde einzuschalten. Sie entscheidet im Einvernehmen (nicht nur im Benehmen) mit der Gemeinde. Wenn ein Einvernehmen nicht zustande kommt, kann eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werden. Aus der Kannvorschrift des Abs. 2 ergibt sich, daß ein Rechtsanspruch auf eine Ausnahmeerteilung nicht besteht; es handelt sich um eine reine Ermessensentscheidung. b) Dem Schutz der vor Inkrafttreten der VSperre bereits genehmigten Bauvorhaben, von Unterhaltungsarbeiten und ausgeübten Nutzungen dient Abs. 3, deren Durch- bzw. Fortführung durch die VSperre nicht berührt wurde. 3. Überleitungsvorschriften (§ 2 des Art. 3 des ÄndG 1976) Auch für die VSperre sieht die Novelle 1976 Übergangsbestimmungen vor: 126
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§14 4
Für beim Inkrafttreten (1. 1.1977) bestehende VSperren kommen nicht automatisch die in die Novelle eingefügten Versagungstatbestände zur Anwendung. Die Gemeinde muß vielmehr, wenn sie ihre Anwendung herbeiführen will, die Ergänzung der bestehenden Veränderungsbeschlüsse mittels einer neuen oder Ergänzungs-Satzung formell in Kraft setzen. Dabei ist davon auszugehen, daß für eine solche Ergänzung hinsichtlich der Geltungsdauer dann die Fristen der ergänzten VSperre gelten. Abs. 1 des § 2 von Art. 3 ÄndG 1976 spricht dies ausdrücklich für die durch die Novelle neugefaßte Nr. 3 in § 14 Abs. 1 BBauG aus. Der Klarstellung dient auch Abs. 2: Ist die ortsübliche Bekanntmachung der VSperre vor dem 1.1. 1976 angelaufen, gilt das alte Recht (§ 16 Abs. 2 a. F.): ohne Berücksichtigung landesrechtlicher Vorschriften wird sie mit der Bekanntmachung selbst, also ohne besondere Bekanntmachung auch der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde rechtsverbindlich.
4. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BGH U vom 14. 10. 1963 (III ZR 213/62) DWW 1964, 16 = BGHZ 40, 148 a) Der Anspruch auf Entschädigung wegen einer vor Inkrafttreten des BBauG beendeten Bausperre findet in diesem Gesetz keine sachlich-rechtliche Grundlage; auch regelt sich seine Geltendmachung nicht nach den Verfahrensvorschriften des BBauG. b) Darin, daß die Kammer für Baulandsachen über einen nicht nach dem BBauG zu beurteilenden Anspruch auf Entschädigung wegen einer Bausperre entschieden hat, liegt kein unverzichtbarer Verfahrensmangel.
2. BVerwG U vom 20. 8.1965 (IV C 31.65) BayVBl. 1965, 418 = BBauBl. 1966, 321 = Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 1 Eine VSperre wirkt sich auch auf Bauvorhaben aus, für die durch Vorbescheid vor Inkrafttreten der Sperre eine Bauzusage erteilt worden ist.
3. BGH U vom 28. 2. 1966 (III ZR 153/64) DVB1. 1966, 309 = D W W 1966, 132 Neben der — rechtmäßigen — VSperre im Sinne der §§ 14 ff. BBauG ist noch Raum für eine faktische Bausperre in dem Sinne, daß auch außer durch eine förmliche VSperre in der Weise in das Grundeigentum eingegriffen werden kann, daß die Behörde trotz NichtVorliegens einer förmlichen VSperre eine nach dem allgemeinen Baurecht an sich zulässige Bebauung vehindert und damit einen Enteignungstatbestand schafft.
4. BVerwG vom 1. 12. 1967 (IV B 11.67) Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 2 127
§14 4
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Eine mit der Wirkung des § 21 BBauG erteilte Bodenverkehrsgenehmigung steht der baurechtlichen Genehmigung im Rahmen des § 14 Abs. 3 BBauG nicht gleich (im Anschluß an BVerwG IV C 31.65 - vorst. Nr. 2). Beachte aber entsprechend der Neufassung durch das ÄndG 1976 § 20 Abs. 2 Nr. 2.
5. BVerwG B vom 11. 12. 1967 (IV B 25.67) Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 3 § 14 Abs. 3 BBauG gilt nur für Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der VSperre genehmigt worden sind, nicht dagegen für solche, die lediglich hätten genehmigt werden müssen.
6. BVerwG B vom 14. 5. 1968 (IV C 56.65) NJW 1968, 2350 = DÖV 1968, 146 = Buchholz 406.11 § 14 BBauG Nr. 4 Eine Behörde, die eine Baugenehmigung rechtswidrig abgelehnt hat, darf nach Erlaß einer VSperre eine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BBauG nicht versagen, wenn überwiegend öffentliche Belange nicht entgegenstehen und sonstige Hinderungsgründe fehlen.
7. BHG U vom 10. 7. 1969 (III ZR 203/66) DÖV 1970, 757 = M D R 1969, 915 Nach § 14 Abs. 3 i. V. mit Abs. 1 Ziff. 1 BBauG ist die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung nur zulässig, wenn auf dem von der Bausperre betroffenen Grundstück selbst eine solche Nutzung stattgefunden hat (entschieden für Verbot der Ausdehnung eines Kiesabbaues auf Nachbargrundstück).
8. BVerwG U vom 12. 12.1969 (IV C 100.68) DVB1. 1970, 417
Eine VSperre steht der Erhebung von Erschließungsbeiträgen dann nicht entgegen, wenn bei Anforderung der Beiträge feststeht, daß eine Baugenehmigung erteilt werden müßte, weil die Sperre demnächst endet.
9. BGH U vom 14. 12. 1970 (III ZR 77/70) BBauBl. 1979, 311
a) VSperren, die rechtmäßig verhängt und aufrechterhalten werden, sind grundsätzlich vier Jahre lang entschädigungslos zu dulden. Das gilt auch dann, wenn die Sperre keine örtliche Teilplanung sichert (Fortführung von BGHZ 30, 338 „Freiburger Bausperre"). b) Zur Frage der Entschädigungspflicht, wenn rechtswidrige und rechtmäßige Bauund VSperren zeitlich aufeinanderfolgen.
10. BVerwG U vom 10. 12. 1971 (IV C 33, 34, 35.69) DVB1. 1972, 221 = DÖV 1972, 496 = BBauBl. 1972, 426
a) § 14 Abs. 3 BBauG (Freistellung von einer VSperre) und § 15 BBauG (Zurückstellung von Baugesuchen) sind auch auf nur anzeigebedürftige Vorhaben anwendbar. b) Der in den §§ 15 und 29 Satz 1 BBauG verwendete Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich auch inhaltlich nach Bundesrecht. c) Danach gehören Abgrabungen nicht zu den baulichen Anlagen.
11. BGH U vom 10. 2. 1972 (III ZR 188/69) BBauBl. 1972, 430 = DWW 1972, 197 128
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§ 14 4
a) Eine VSperre, die ohne den erforderlichen Beschluß der Gemeinde, einen Bebauungsplan aufzustellen, beschlossen worden ist, leidet an einem sachlich-rechtlichen Mangel mit der Folge, daß der Eigentümer die Sperre nicht eine Zeitlang entschädigungslos hinnehmen muß. b) Entschädigung ist bei einer Bausperre nur zu entrichten, wenn der Grundstückseigentümer während der Zeit der Sperre das betroffene Grundstück hätte selbst bebauen wollen und können oder im Wege der Veräußerung einer baulichen Nutzung hätte zuführen wollen und können. c) Eine faktische Bausperre, die darin besteht, daß ein Eigentümer im Hinblick auf Äußerungen des zuständigen Bauamts, die Erteilung von Bauerlaubnissen sei ausgeschlossen, in verständlicher Weise von einer Bebauung seines Grundstücks oder dessen Veräußerung zwecks baulicher Nutzung absieht, braucht auch nach Inkrafttreten des BBauG im allgemeinen nicht länger als drei Jahre entschädigungslos hingenommen zu werden.
12. BGH U vom 3.7. 1972 (III ZR 134/71) BauR 1972, 361 = BBauBl. 1973, 69
Für die Anerkennung einer entschädigungspflichtigen faktischen Bausperre, für die neben der VSperre i. S. der §§ 14 ff. BBauG noch Raum ist, darf nicht gefordert werden, daß sich das zur Annahme der Sperre führende Verwaltungshandeln auf die Behandlung eines förmlich gestellten Bauantrags bezieht.
13. BVerwG U vom 11. 5. 1973 (IV C 9.72) BayVBl. 1973, 673 = BauR 1973, 235 = NJW 1973, 1711
Das Bestehen einer VSperre rechtfertigt nicht, einer zum Zwecke der Bebauung erfolgenden Grundstücksteilung die Bodenverkehrsgenehmigung zu versagen. (Beachte jedoch Neufassung des § 14 durch Novelle 1976).
14. BGH U vom 10. 7. 1975 (III ZR 161/72) BBauBl. 1978, 508
Die Ausschlußfrist des Art. 125 Abs. 1 Bayer. AGBGB beginnt bei Entschädigungsansprüchen, die aus einem dauernden Bauverbot hergeleitet werden können, jedenfalls nicht vor dem Zeitpunkt, in dem der verbindliche Bauleitplan (§ 8 BBauG) in Kraft tritt. — Dies gilt auch für die Entschädigung für sog. Vorwirkungen solcher Bauverbote.
15. BVerwG U vom 10. 9. 1976 (IV C 5.76) DVB1. 1977, 41
a) Auch Beschlüsse, die sich allein auf die Aufhebung eines BebPl. richten, können durch den Erlaß von VSperren gesichert werden. b) Hat eine Gemeinde beschlossen, ist ihr Ziel jedoch in Wahrheit, das betroffene Gebiet zumindest zum Teil einer anderen Planung zu unterwerfen, so kann sie dieses Ziel nicht ohne einen entsprechenden Beschluß — sei es, den bestehenden BebPl. zu ändern, sei es, einen neuen BebPl. aufzustellen — durch eine VSperre sichern. c) BebPläne treten im Zuge von Maßnahmen der kommunalen Neuordnung außer Kraft, wenn ihre Festsetzungen „unter den veränderten Umständen einfach nicht mehr brauchbar oder als Folge einer im Ergebnis nunmehr schlechterdings nicht mehr vertretbaren Abwägung der betroffenen Belange nicht mehr vertretbar" sind (im Anschluß an das zur Aufrechterhaltung von FINPlänen ergangene Urteil vom 22. 2. 1974 — IV C 6.73 - , Buchholz 406.11 § 5 BBauG Nr. 2). d) Der Erlaß eines qualifizierten BebPl. trägt zur Verdichtung der sich aus § 123 Abs. 1 BBauG ergebenden allgemeinen Erschließungspflicht der Gemeinde bei.
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§14 4
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
e) Eine Gemeinde darf das Angebot eines Dritten, die in einem qualifizierten BebPl. vorgesehene Erschließung vorzunehmen, nur ablehnen, wenn ihr die Annahme des Angebotes nicht zugemutet werden kann. 16. BVerwG U vom 10. 9. 1976 (IV C 39.74) BVerwGE 51, 121 = BayVBl. 1977, 91 = DVB1. 1977, 36 a) Die Zulässigkeit einer VSperre setzt nicht voraus, daß schon der ihr zugrunde liegende Beschluß, einen BebPl. aufzustellen, über den Inhalt der angestrebten Planung Aufschluß gibt. Eine VSperre ist allerdings unzulässig, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. b) Eine VSperre begegnet nicht schon deshalb Bedenken, weil sie nur für wenige Grundstücke oder gar für nur ein einziges Grundstück erlassen ist. c) Eine VSperre ist nicht deshalb unwirksam, weil die durch sie gesicherte Planung auf gesamtstädtische oder überörtliche Gesichtspunkte zurückgeht, solange nur in einer insbesondere mit § 1 BBauG übereinstimmenden Weise gesichert ist, daß die Planung die Zulässigkeit der baulichen oder sonstigen Nutzung in dem von ihr erfaßten Gebiet regeln soll. d) Die Verlängerung und die Erneuerung einer VSperre schließen sich als Möglichkeiten nicht gegenseitig aus. e) Die Erneuerung einer VSperre ist vom Ablauf des dritten (Sperr-)Jahres an nur unter „besonderen Umständen" zulässig. f) Besondere Umstände, die eine zweite Verlängerung der VSperre oder eine das dritte (Sperr-)Jahr überschreitende Erneuerung der VSperre gestatten, liegen nur vor, wenn die Verzögerung des Planverfahrens durch eine ungewöhnliche Sachlage verursacht worden ist und der Gemeinde im Zusammenhang damit nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden kann. 17. BVerwG U vom 20. 10. 1978 (4 C 48.76) DVB1. 1979, 153 a) Eine Sanierungssatzung darf nicht erst dann erlassen werden, wenn sich absehen läßt, wie das Sanierungsgebiet künftig genutzt werden soll. b) Weder der Zeitablauf noch eine unzureichend zügige Förderung der Sanierung haben zur Folge, daß die zugrundeliegende Sanierungssatzung automatisch außer Kraft tritt; beides kann jedoch bei der Prüfung der in § 15 Abs. 3 StBauFG vorgesehenen Gründe für eine Genehmigungsversagung von Belang sein. 18. B G H U vom 14. 12. 1978 (III Z R 77/76) BauR 1979, 127 a) Beim Inkrafttreten einer VSperre ist ein Bauvorhaben noch nicht als „bereits genehmigt" anzusehen, wenn lediglich eine zusagende Bebauungsgenehmigung erteilt worden ist. b) VSperren, die rechtmäßig verhängt und aufrechterhalten werden, sind grundsätzlich vier Jahre lang entschädigungslos zu dulden. Das gilt auch dann, wenn die Sperre keine örtliche Teilplanung sichert. c) Die Entschädigungsregelung für VSperren genügt der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie. d) Ein Bauausschuß ist nicht befugt, den Antrag auf Zurückstellung eines Baugesuches damit zu begründen, daß ein bestehender, das Vorhaben zulassender Bebauungsplan demnächst vom Rat der Gemeinde abgeändert werde. Dabei bleibt offen, ob ein Bauausschuß für den Beschluß, einen Antrag auf Aussetzung eines Baugesuches zu stellen, zuständig ist. e) Zur Frage der Entschädigungspflicht, wenn rechtswidrige („faktische") Bausperren und rechtmäßige VSperren zeitlich aufeinanderfolgen. 130
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§14 4
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OBG Münster U vom 17. 10. 1963 (VII A 911/62) DÖV 1964, 752
Ein Vorhaben, für das eine Bebauungsgenehmigung erteilt ist, ist im Sinne des § 14 Abs. 3 BBauG „baurechtlich genehmigt".
2. OVG Münster U vom 7. 6.1967 (IV A 1202/66) OVGE 23, 203 = GemTag 1969, 244
a) Die Bekanntmachung in den Verkündungsblättern einer Gemeinde lediglich mit dem Wortlaut, daß in einem bestimmten Baugebiet eine VSperre vom Rat der Gemeinde beschlossen worden sei, ist keine Bekanntmachung der VSperre im Sinne des § 16 Abs. 2 BBauG. b) Bedarf es bei einem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 16 GewO des Einvernehmens der Gemeinde nach § 14 Abs. 2 oder § 36 BBauG und verweigert diese ihr Einvernehmen, so hat die Genehmigungsbehörde doch das in § 17 GewO vorgesehene Verfahren durchzuführen, insbesondere das Unternehmen zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. Sie darf davon nicht mit der Begründung absehen, daß sie wegen des fehlenden Einvernehmens der Gemeinde allein schon aus baurechtlichen Gründen den Antrag ablehnen müsse.
3. BayVGH B (nach § 47 VwGO) vom 28. 11. 1969 (Nr. 93 I 69) BayVBl. 1970, 102 a) In der Satzung über eine VSperre muß der Geltungsbereich hinreichend bestimmt sein; die Verweisung auf den FINP1. genügt nicht. b) Der Erlaß einer VSperre setzt nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 BBauG nicht voraus, daß der „Inhalt" der künftigen Planung bereits ausreichend erkennbar ist (a. A. Schrödter § 14 Anm. 1). c) Die VSperre muß allerdings der Sicherung der Planung dienen; sie mag unzulässig sein, wenn die Aufstellung eines neuen BebPl. schon so weit gediehen ist, daß die Zulässigkeit eines Bauvorhabens auf § 33 BBauG gestützt werden könnte und mit einer dem vorgesehenen BebPl. widersprechenden Ausführung von Bauvorhaben nicht zu rechnen ist. Es sind aber Fälle denkbar, in denen sich die Art der Planung noch nicht übersehen läßt, eine VSperre aber trotzdem angebracht ist, weil planloses Bauen zu städtebaulich unerwünschten Folgen führen könnte.
4. OVG Lüneburg U vom 6. 5. 1970 (VI A 2/70) DÖV 1971, 247
Eine wirksame VSperre gemäß § 14 BBauG steht der Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung grundsätzlich entgegen.
5. OVG Münster U vom 28. 9. 1971 (VII A 189/70) BauR 1972, 32
Der Beschluß, einen BebPl. aufzustellen, bietet für den Erlaß einer VSperre und demzufolge auch für die Aussetzung der Entscheidung i. S. d. § 15 BBauG auch dann eine hinreichende Grundlage, wenn er den Inhalt der künftigen Planung nicht erkennen läßt.
6. OVG Lüneburg U vom 28.10. 1971 (I A 124/70) BauR 1972, 147
Eine Vsperre ist schon im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren (§ 19 ff.) zu berücksichtigen. 131
§151
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
7. O V G Rhld.-Pfalz U vom 25. 5. 1972 (1 A 65/71) BBauBl. 1972, 525 Unterhaltungsarbeiten im Sinne von § 14 Abs. 3 BBauG sind nur solche Baumaßnahmen, die für die Erhaltung einer bei Inkrafttreten der VSperre abgegebenen funktionsgerechten Nutzung des Bauwerkes erforderlich sind.
8. OVG Münster U vom 24. 11. 1975 (VII A 312/75) BauR 1976, 107 a) Auch bei einem Beschluß der Gemeinde, einen BebPl. ersatzlos aufzuheben, kann zur Sicherung der Planung eine VSperre gerechtfertigt sein, wenn ein bisher beplantes aber noch nicht bebautes Gebiet im Hinblick auf eine neue städtebauliche Konzeption wieder Außenbereich werden soll. b) Der Sicherungszweck ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Gemeinde im Zusammenhang mit einem Beschluß, einen BebPl. aufzuheben, die Absicht neuer Planausweisungen verfolgt, auch wenn ein ausdrücklicher Beschluß, einen BebPl. aufzustellen, nicht erlassen wird.
§15 Zurückstellung
von Baugesuchen
(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, so hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, daß die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. (2) Bei Anträgen auf Erteilung einer Teilungsgenehmigung nach § 19 gilt Absatz 1 entsprechend. 1. Allgemeines (Abs. 1) a) Die weniger weitreichende Form der Schutzmaßnahmen für die Sicherung des beschlossenen BebPl. ist die zeitweilige Zurückstellung von Baugesuchen (vgl. Überschrift zu § 15) als eine für den Einzelfall zu treffende Maßnahme. Sie genügt, wenn das zu sichernde Gebiet so klein ist, d a ß die Zahl der betroffenen Grundstücke gering ist. Auch hier müssen die Voraussetzungen für eine Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 , 1 . Halbsatz) vorliegen. Dabei hat die Novelle 1976 über die Zeit bis zum Beschluß der Sperre hinaus auf die Zeit bis zum Inkrafttreten ausgedehnt und in Anlehnung an die Begriffsbestimmung in § 29 den Begriff „bauliche Anlage" durch den etwas weitergehenden (siehe bei § 29) durch Vorhaben ersetzt. Weitere Voraussetzung für die Zurückstellung ist die Befürchtung, daß durch das Vorhaben die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde. Wie bei der Veränderungssperre ist die Baugenehmigungsbehörde einzuschalten, und zwar in der Form, daß sie auf Antrag der Gemeinde tätig zu 132
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§153
werden hat. Sie muß, wenn die Voraussetzungen vorliegen, das vorliegende Baugesuch zurückstellen oder den Antrag der Gemeinde ablehnen. Die Gemeinde ist gehalten, ihren Antrag rechtzeitig bei der Baugenehmigungsbehörde einzubringen. In den Fällen, in denen die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist (kreisfreie Städte), ist der Antrag vom zuständigen Planungsreferat an das Baugenehmigungsreferat zu stellen. Die Entscheidung des letzteren ist dann ein interner Behördenvorgang (siehe hierzu auch unten bei c). b) In der Literatur (vgl. Reisnecker in BayVBl. 1971, 415) wird z.T. die Auffassung vertreten, daß entgegen der Auffassung des BVerwG (vgl. Rspr. 4 A 1) faktische Baubehinderungen und Zurückstellungen nach § 15 BBauG hinsichtlich der Anrechnung auf die Laufzeit von Veränderungssperren nicht gleich behandelt werden dürfen. 2. Anwendung bei Teilungsanträgen (Abs. 2) Abs. 2 wurde durch das ÄndG von 1976 auf einstimmigen Beschluß des federführenden 15. BT-Ausschusses eingefügt; durch die Novelle vom 6. 7. 1979 wurde wegen der Änderung des § 19 das Wort „BodenVerkehrsgenehmigung" durch „Teilungsgenehmigung" ersetzt. Nach Abs. 2 besteht die Möglichkeit der Zurückstellung auch bei Anträgen auf Erteilung der Teilungsgenehmigung nach § 19 (auf Teilung eines Grundstücks zum Zwecke der Bebauung). 3. Rechtsweg a) Während die VSperre ihrer Rechtsnatur nach (vgl. § 16: „ . . . als Satzung beschlossen") nicht im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden kann (von dem bereits genannten Fall des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO abgesehen), ist dies bei der Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 anders. Der Baugesuchsteller, der durch die Zurückstellung seines Baugesuchs sich in seinen Rechten verletzt glaubt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO), kann im Wege der Verpflichtungsklage wegen der Unterlassung eines Verwaltungsaktes, also in dem Fall, daß die Baubehörde überhaupt keinen Bescheid erteilt, somit die Zurückstellung stillschweigend vornimmt, sich unmittelbar an das Verwaltungsgericht wenden (§42 Abs. 1, kein Fall des §68 Abs. 2 VwGO). Wird dem Bauwerber die Zurückstellung seines Baugesuchs durch förmlichen Bescheid der Baubehörde mitgeteilt, dann kann dieser über das Widerspruchsverfahren nach § 68 ff. diesen Zurückstellungsbescheid verwaltungsgerichtlich anfechten. Die verwaltungsgerichtliche Prüfung wird sich vor allem darauf zu erstrecken haben, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zurückstellung vorliegen, also daß die Unmöglichmachung oder wesentliche Erschwerung der Planung infolge der Verwirklichung des Bauvorhabens zu befürchten ist (unbestimmter Rechtsbegriff). 133
§154
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
b) Wird der Antrag der Gemeinde auf Zurückstellung eines Baugesuchs von der Baubehörde abgelehnt, dann stehen dieser die Rechtsbehelfe der VwGO zu (Verletzung des Planungsrechts als Selbstverwaltungsaufgabe); setzt sich die Baubehörde über einen Antrag der Gemeinde hinweg und genehmigt ein Baugesuch, so kann sich die Gemeinde nur dienstaufsichtlich dagegen wenden. Daß in einem solchen Fall keine Rechtsbehelfe mehr der Gemeinde zustehen, liegt daran, daß nunmehr die Baugenehmigung für sich betrachtet werden muß, die ein Akt außerhalb des Planungsrechts darstellt (nach der entsprechenden landesrechtlichen Bauordnung) und keine eigenen Rechte der Gemeinde auslöst. Ist die Gemeinde selbst Baubehörde, so sind die im Rahmen des § 16 zwischen den in Frage kommenden Referaten sich abspielenden Vorgänge solche innerdienstlicher Art und nicht justiziabel. c) Die Zurückstellung darf nur auf die Dauer eines Jahres erfolgen. Eine Verlängerung oder eine erneute Zurückstellung nach Ablauf der zwölf Monate ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es könnte dann nur eine Veränderungssperre in Frage kommen. 4. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 11.11.1970 (IV C 79.68) BayVBl. 1971, 424 = DÖV 1971, 245 = NJW 1971, 445
a) § 15 BBauG ist auch auf Gesuche anwendbar, die sich auf die Erteiliing einer Bebauungsgenehmigung richten. b) Der Zeitraum, der — nach angemessener Bearbeitungsfrist — dadurch vergeht, daß Anträge auf Erteilung von Bau- und Bebauungsgenehmigungen verzögerlich behandelt oder rechtswidrig abgelehnt werden, ist auf eine etwa nachträglich verhängte VSperre anzurechnen.
2. BVerwG U vom 10. 12. 1971 (IV C 33, 34, 35.69) DVB1. 1972, 221 = DÖV 1972, 496 = BBauBl. 1972, 426
a) § 14 Abs. 3 BBauG (Freistellung von einer VSperre) und § 15 BBauG (Zurückstellung von Baugesuchen) sind auch auf nur anzeigenbedürftige Vorhaben anwendbar. b) Der in den §§ 15 und 29 Satz 1 BBauG verwendete Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich auch inhaltlich nach Bundesrecht. c) Danach gehören Abgrabungen nicht zu den baulichen Anlagen.
3. BVerwG U vom 10. 12. 1971 (IV C 32.69) DVB1. 1972, 224 = DÖV 1972, 497
a) Zum Verhältnis zwischen § 15 BBauG und landesrechtlichen Vorschriften über den Eintritt der formellen Legalität eines Bauvorhabens. b) Zum Verhältnis zwischen der Zurückstellung eines Baugesuchs und einer nachfolgenden Veränderungssperre. c) Die Verlängerung der durch eine Bauanzeige ausgelösten Untersagungsfrist ist ein nach § 42 Abs. 1 VwGO anfechtbarer Verwaltungsakt. 134
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§ 16 2
B. OVG (VGH) OVG Hamburg U vom 15. 8. 1968 (Bf II 48/66) DVB1. 1969, 755
Die Androhung der VSperre oder einer Zurückstellung des Baugesuchs ist keine bauhemmende Maßnahme im Sinne des § 10 Abs. 4 GrEStG. Die Befreiungsvorschriften der Grunderwerbssteuer(aufbau-)gesetze sind in einem solchen Fall einer analogen Anwendung nicht fähig.
§16 Beschluß über die Veränderungssperre (1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen. Sie bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. (2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre zusammen mit der Genehmigung ortsüblich bekanntzumachen. Sie kann die Bekanntmachung auch in entsprechender Anwendung des § 12 vornehmen. 1. Beschluß (Abs. 1) Im Hinblick auf die rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen der VSperre muß auch sie dem Bürger gegenüber klar erkennbar sein und auf einem ordentlichen rechtlichen Fundament stehen. Deshalb verlangt das Gesetz wie beim BebPl. auch für sie den Erlaß durch Gemeindesatzung. Um schwerwiegende Haftungsansprüche gegen die Gemeinde wegen rechtswidriger Baubeschränkungen hintanzuhalten, hat der Gesetzgeber gleiches auch für die Sperre die Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde (also meist durch die Bezirksregierung) vorgeschrieben, und zwar mit den selben Schutzbestimmungen (ausschließliche Versagungsgründe, Genehmigung unter Auflagen, Entscheidung binnen drei Monaten, Verlängerung durch die oberste Landesbehörde) wie sie für die Bauleitpläne gelten. Bzgl. der Anfechtung der Genehmigungsversagung siehe bei § 11 Nr.l b. 2. Bekanntmachung (Abs. 2) a) Wie der BebPl. muß auch die VSperre von der Gemeinde zusammen mit der Genehmigung ortsüblich (vgl. Anm. 5 c zu § 2) bekanntgemacht werden; mit dieser Bekanntmachung — nicht eher (wichtig wegen § 14 Abs. 3) — wird sie rechtsverbindlich. Die sonst für die Veröffentlichung gemeindlicher Satzungen geltenden landesrechtlichen Bestimmungen können im Hinblick auf die Änderung durch die Novelle 1976 („entsprechende Anwendung des § 12") Anwendung finden. Diese Erweiterung folgte einer Forderung der Praxis. b) § 18 Abs. 3 Satz 2 (Novelle 1976!) hat festgelegt, daß die Bekanntmachung über die VSperre auch Hinweise auf die Entschädigungsmöglichkeit und die Art der Herbeiführung der Anspruchsfälligkeit enthalten muß. 135
§16 5
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
c) D i e in d e r a u f g e h o b e n e n (§ 186 Abs. 1 N r . 17) V e r o r d n u n g ü b e r d i e Z u lässigkeit b e f r i s t e t e r B a u s p e r r e n e n t h a l t e n e M ö g l i c h k e i t f ü r die h ö h e r e Verw a l t u n g s b e h ö r d e , selbst B a u s p e r r e n a n z u o r d n e n , ist v o m B B a u G n i c h t ü b e r nommen worden. 3. Delegationsmöglichkeit D i e L a n d e s r e g i e r u n g e n k ö n n e n n a c h § 147 Abs. 3 d i e Z u s t ä n d i g k e i t d e r h ö h e r e n V e r w a l t u n g s b e h ö r d e f ü r d i e G e n e h m i g u n g a u c h i m Fall d e s § 16 a n deren staatlichen Behörden übertragen. 4. Überleitungsvorschrift (Art. 3 § 2 ÄndG 1976) Ist m i t d e r o r t s ü b l i c h e n B e k a n n t m a c h u n g d e r V S p e r r e v o r d e m 1. J a n u a r 1977 b e g o n n e n w o r d e n , so bleibt es bei d e r A n w e n d u n g d e s Abs. 2 in d e r alt e n F a s s u n g , d. h. die R e c h t s v e r b i n d l i c h k e i t tritt m i t d e r B e k a n n t m a c h u n g s c h l e c h t h i n ein (Art. 3 § 2 Abs. 2 d e r N o v e l l e 1976). 5. Rechtsprechung 1. O V G M ü n s t e r U v o m 7. 6. 1967 (IV A 1 2 0 2 / 6 6 ) O V G E 23, 203 1969, 244 a) Die Bekanntmachung in den Verkündungsblättern einer Gemeinde lediglich mit dem Wortlaut, daß in einem bestimmten Baugebiet eine VSperre vom Rat der Gemeinde beschlossen worden sei, ist keine Bekanntmachung der VSperre im Sinne des § 16 Abs. 2 BBauG. b) Bedarf es bei einem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 16 GewO des Einvernehmens der Gemeinde nach § 14 Abs. 2 oder § 36 BBauG und verweigert diese ihr Einvernehmen, so hat die Genehmigungsbehörde doch das in § 17 GewO vorgesehene Verfahren durchzuführen, insbesondere das Unternehmen zur öffentlichen Kenntnis zu bringen. Sie darf davon nicht mit der Begründung absehen, daß sie wegen des fehlenden Einvernehmens der Gemeinde allein schon aus baurechtlichen Gründen den Antrag ablehnen müsse. 2. B a y V G H B v o m 29. 3. 1977 ( N r . 7 X V 74) BayVBl. 1977, 503 a) Für die Genehmigung oder Zustimmung (§ 16 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 3 BBauG) zu einer Veränderungssperre, die eine Große Kreisstadt erlassen hat, ist die Kreisverwaltungsbehörde zuständig. b) Aus dem Aufsichts- und Weisungsrecht einer übergeordneten Behörde kann grundsätzlich ein Selbsteintrittsrecht nicht hergeleitet werden. c) Wird die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 oder § 17 Abs. 3 BBauG erforderliche Genehmigung bzw. Zustimmung von einer im Instanzenzug unzuständigen Behörde erteilt, dann hat das die Ungültigkeit einer Satzung zur Anordnung einer Veränderungssperre zur Folge.
136
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§17 1
§17 Geltungsdauer der
Veränderungssperre
(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde die Frist um ein Jahr verlängern. (2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern. (3) Die Gemeinde kann mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlaß fortbestehen. (4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlaß weggefallen sind. (5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist. 1. Dauer der Veränderungssperre Das Rechtsschutzbedürfnis erfordert eine zeitliche Begrenzung der VSperre. Die Frage, wie lange eine Veränderungssperre als nach rechtsstaatlichen Begriffen zulässig anzusehen ist, ohne einer entschädigungspflichtigen Enteignung gleichzukommen, haben BGH wie BVerwG beschäftigt (siehe Vorbemerkungen zu Zweiten Teil, Buchstabe a). Das Ergebnis dieser Rspr. hat seinen Niederschlag in der endgültigen Fassung des § 17 gefunden. Grundsätzlich tritt die VSperre gemäß Abs. 1 nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Ist vor Erlaß der VSperre im gleichen Gebiet bereits die Zurückstellung eines oder mehrerer Baugesuche nach § 15 erfolgt, so wird auf die Zweijahresfrist auch der Zeitraum seit Zustellung der ersten Zurückstellung nach § 15 angerechnet. Da es bei größeren Planungsvorhaben nicht immer möglich sein wird, die Vorbereitung der Planung innerhalb von zwei Jahren abzuschließen, k a n n nach Satz 2 die Gemeinde mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde die Frist um ein Jahr verlängern (vgl. § 147 Abs. 2 wegen Übertragung auf andere Staatsbehörden durch Landesrecht; z. B. in Bayern geschehen durch Verordnung vom 4. 7. 1978 (GVB1. S. 432, mit der die Zustimmungsbefugnis bei kleineren Gemeinden in denen ein F1NP1. aufgestellt worden ist, auf die Kreisverwaltungsbehörde übertragen wurde). Wenn auch im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt, so muß doch nach rechtsstaatlichen Erfordernissen die Fristverlängerung in der gleichen Form wie die VSperre selbst beschlossen werden, nämlich durch Gemeindesatzung. Die Zustimmung kann — anders als die Genehmigung — schon vor der Beschlußfassung über die Verlänge-
rn
§17 2
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
rung erholt werden. Die höhere Verwaltungsbehörde kann die Zustimmung unter Auflagen erteilen. Dann ist über die Satzung erneut zu beschließen (falls es sich nicht um nicht wesentliche Änderungen handelt). Verweigert die höhere Verwaltungsbehörde die Zustimmung, so regelt sich ein etwaiger Widerspruch der Gemeinde gegen diese Ermessensentscheidung nach der VwGO (vgl. hierzu auch Nr. 1 b zu § 11); daneben verbleibt der Gemeinde natürlich auch die formlose Aufsichtsbeschwerde an die oberste Landesbehörde. Dem betroffenen Bürger steht jedoch — abgesehen von dem nunmehr bundeseinheitlich bei Satzungen nach dem BBauG zugelassenen Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO — gegen die Verlängerung der VSperre genau wie gegen diese selbst kein Rechtsmittel zu, da es sich um eine gemeindliche Rechtsnorm handelt; er kann jedoch im Rahmen eines konkreten Baugenehmigungsgesuchs die Rechtsgültigkeit der Satzung bzw. ihrer Verlängerung bestreiten. Wenn „besondere Umstände es erfordern" (unbestimmter Rechtsbegriff!), kann die Gemeinde nach Abs. 2 mit Zustimmung „der nach Landesrecht zuständigen Behörde" (gemeint ist die nach Landesrecht für zuständig erklärte Behörde, die — wenn das Land nicht von der Möglichkeit des § 147 Abs. 2 Gebrauch macht — mindestens die höhere Verwaltungsbehörde sein muß) die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern. Auch hier ist eine Satzung notwendig. Eine VSperre, die über vier Jahre hinaus dauert, ist somit nicht gestattet (vgl. jedoch folg. Nr. 2). Dieser Zeitraum entspricht den von der höchstrichterlichen Rspr. für die Bausperre entwickelten Grundsätzen. 2. Erneute Veränderungssperre (Abs. 3) Mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde kann die Gemeinde eine außer Kraft getretene VSperre ganz oder teilweise — gemeint ist der räumliche Bereich — erneut beschließen (Satzung!), wenn die Voraussetzungen für ihren Erlaß fortbestehen. Diese Vorschrift birgt die Gefahr in sich, daß über diesen Weg die Vierjahresfrist praktisch um zwei, u. U. um weitere zwei Jahre, verlängert wird, weil zwischen Außerkrafttreten der ersten und Inkrafttreten der neuen VSperre kein gesetzlicher Mindestzeitraum festgelegt ist; es genügt lediglich, daß die erste Sperre außer Kraft getreten ist. Im Hinblick auf die höchstr. Rspr. (vgl. Vorbem. vor § 14) wird es sowohl den Gemeinden als auch den mitwirkenden höheren Verwaltungsbehörden obliegen, von der Verlängerungsmöglichkeit sparsamst Gebrauch zu machen, um enteignungsgleiche Tatbestände mit Entschädigungspflicht (siehe § 18) möglichst zu vermeiden. Es dürfte im allgemeinen möglich sein, auch größere BebPl. nach vierjähriger VSperre unter Dach und Fach zu bringen! In der Praxis treten bisweilen Fälle auf, in denen die VSperre von zwei Jahren bei ihrer Veröffentlichung wegen der sehr weit zurückliegenden ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nahezu oder bereits verbraucht ist. Eine weitere unmittelbar fol138
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§17 4
gende VSperre (Abs. 3) muß davon ausgehen, daß die Vorzeit der ersten Zurückstellung mitanzurechnen ist, es sei denn, diese VSperre erfolgt auf Grund wesentlich veränderter Planungsüberlegungen; dann wäre es keine solche nach Abs. 3 Schadenersatzansprüche aus rechtswidrigen VSperren sind wie alle aus fehlerhaften Akten nach dem BBauG erwachsenen Ansprüche (sog. Folgenbeseitigungsansprüchen) vor den Zivilgerichten geltend zu machen. Das gilt insbesondere auch für Planungsschäden, d. s. solche, die durch Mischung des Bodenwerts eintreten (vgl. BGH U vom 10.12.1957, III ZR 160/56, DÖV 1958,311). 3. Außerkrafttreten der Veränderungssperre (Abs. 4 und 5) Der Normalfall des Außerkrafttretens der VSperre ist der Ablauf von zwei Jahren (siehe Anm. 1); bei Verlängerungen nach Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 kommt ein selbsttätiges Außerkrafttreten nach drei und vier Jahren in Frage. Ein weiterer Fall eines automatischen Außerkrafttretens der VSperre ist das förmliche Inkrafttreten des Beb PI. (vgl. Abs. 5); in diesem Fall ist jedoch aus Ordnungsgründen eine formelle Außerkraftsetzung durch gemeindliche Satzung zu empfehlen, wenn die Satzung über die VSperre selbst nicht den ausdrücklichen Hinweis auf das Außerkrafttreten nach Abs. 5 enthalten hat. Durch Beschluß des zuständigen Gemeindeorgans (wieder in Form der Satzung) muß die VSperre bereits vor Fristablauf außer Kraft gesetzt werden, sobald die Voraussetzungn für ihren Erlaß weggefallen sind. Da der Hauptfall, nämlich das förmliche Inkraftteten des BebPl., durch Absatz 5 gesondert geregelt ist, ist hier an die Fälle gedacht, in denen auf die Veränderungssperre ganz verzichtet werden kann, sei es, daß die Gemeinde mit der Zurückstellung von Baugesuchen auskommt (§ 15) oder daß auf die Bauleitplanung insbesondere in vorwiegend ländlichen Gemeinden — jedenfalls zunächst — gänzlich verzichtet werden kann; denn § 2 Abs. 1 macht die Bauleitplanung den Gemeinden nur zur Pflicht „sobald und soweit es erforderlich ist". 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BVerwG U vom 21.10.1968 (IV C 13.68) DVB1. 1969, 263 (siehe auch § 1 Rspr. 5 A Nr. 5 b)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundeigentümer, der sein im Außenbereich gelegenes Grundstück privilegiert nutzt, sich gegen ein — privilegiertes oder nicht privilegiertes — Vorhaben mit der Behauptung wehren kann, das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange. In diesem Urteil vertritt das BVerwG die Auffassung, daß der Zeitraum, der — nach angemessener Bearbeitungsfrist — dadurch vergeht, daß ein Baugenehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonstwie verzögert oder rechtswidrig abge139
§174
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
lehnt wird (im Sinne der Bauordnungen) auf eine etwa nachträglich verhängte VSperre anzurechnen sei. Nach Meinung des BVerwG gilt dies auch für Bauvoranfragen, „sofern sie sich auf die Feststellung der Bebauungsfähigkeit eines Grundstücks, also auf die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung richten". Dieses Ergebnis gewinnt das BVerwG durch eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BBauG auf die bezeichneten Fälle faktischer Baubehinderungen.
2. BVerwG U vom 10. 9. 1976 (IV C 5.76) DVB1. 1977, 41 a) Auch Beschlüsse, die sich allein auf die Aufhebung eines Beb PI. richten, können durch den Erlaß von VSperren gesichert werden. b) Hat eine Gemeinde beschlossen, einen bestehenden BebPl. aufzuheben, ist ihr Ziel jedoch in Wahrheit, das betroffene Gebiet zumindest zum Teil einer anderen Planung zu unterwerfen, so kann sie dieses Ziel nicht ohne einen entsprechenden Beschluß — sei es, den bestehenden BebPl. zu ändern, sei es, einen neuen Bebauungsplan aufzustellen — durch eine VSperre sichern. c) BebPläne treten im Zuge von Maßnahmen der kommunalen Neuordnung außer Kraft, wenn ihre Festsetzungen „unter den veränderten Umständen einfach nicht mehr brauchbar oder als Folge einer im Ergebnis nunmehr schlechterdings nicht mehr vertretbaren Abwägung der betroffenen Belange nicht mehr vertretbar sind (im Anschluß an das zur Aufrechterhaltung von FINPlänen ergangene Urteil vom 22. 9. 1974 — IV C 6.73 - , Buchholz 406.11 § 5 BBauG Nr. 2). d) Der Erlaß eines qualifizierten BebPl. trägt zur Verdichtung der sich aus § 123 Abs. 1 BBauG ergebenden allgemeinen Erschließungspflicht der Gemeinde bei. e) Eine Gemeinde darf das Angebot eines Dritten, die in einem qualifizierten BebPl. vorgesehene Erschließung vorzunehmen, nur ablehnen, wenn ihr die Annahme des Angebotes nicht zugemutet werden kann.
3. BVerwG U vom 10. 9. 1976 (IV C 39.747 DVB1. 1977, 36 BVerwGE 51, 121 = BayVBl. 1977, 91
a) Die Zulässigkeit einer VSperre setzt nicht voraus, daß schon der ihr zugrundeliegende Beschluß, einen BebPl. aufzustellen, über den Inhalt der angestrebten Planung Aufschluß gibt. Eine VSperre ist allerdings unzulässig, wenn zur Zeit ihres Erlasses der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. b) Eine VSperre begegnet nicht schon deshalb Bedenken, weil sie nur für wenige Grundstücke oder gar für nur ein einziges Grundstück erlassen wurde. c) Eine VSperre ist nicht deshalb unwirksam, weil die durch sie gesicherte Planung auf gesamtstädtische oder überörtliche Gesichtspunkte zurückgeht, solange nur in einer insbesondere mit § 1 BBauG übereinstimmenden Weise gesichert ist, daß die Planung die Zulässigkeit der baulichen oder sonstigen Nutzung in dem von ihr erfaßten Gebiet regeln soll. d) Die Verlängerung und die Erneuerung einer VSperre schließen sich als Möglichkeiten nicht gegenseitig aus. e) Die Erneuerung einer VSperre ist vom Ablauf des dritten (Sperr-)Jahres an nur unter „besonderen Umständen" zulässig. f) Besondere Umstände, die eine zweite Verlängerung der VSperre oder eine das dritte (Sperr-)Jahr überschreitende Erneuerung der VSperre gestatten, liegen nur vor, wenn die Verzögerung des Planverfahrens durch eine ungewöhnliche Sachlage verursacht worden ist und der Gemeinde im Zusammenhang damit nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden kann. g) Eine der VSperre vorangegangene förmliche oder faktische Zurückstellung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BBauG nur demjenigen gutzubringen, zu dessen Lasten sie erfolgt ist.
140
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§ 18
4. BVerwG U vom 11. 11. 1970 (IV C 79.68) DÖV 1971,245 = N J W 1971, 445
Der Zeitraum, der — nach angemessener Bearbeitungsfrist — dadurch vergeht, daß Anträge auf Erteilung von Bau- oder Bebauungsgenehmigungen verzögerlich behandelt oder rechtswidrig abgelehnt werden, ist auf eine etwa nachträglich verhängte VSperre anzurechnen.
B. O V G / V G H 1. OVG Rhld.-Pfalz U vom 16. 12. 1972 (1 A 54/70) BBauBl. 1972, 528 = BauR 1972, 148
Die Gemeinden dürfen eine erneute VSperre, die sich zeitlich an eine schon bestehende VSperre anschließen soll, erst dann erlassen, wenn die in § 17 Abs. 1 und 2 BBauG geregelten Möglichkeiten erschöpft sind, die Geltungsdauer der früheren Sperre zu verlängern.
2. BayVGH B vom 29. 3.1977 (Nr. 7 XV 74) BayVBl. 1977, 503
a) Für die Genehmigung oder Zustimmung (§ 16 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 3 BBauG) zu einer VSperre, die eine Große Kreisstadt erlassen hat, ist die Kreisverwaltungsbehörde zuständig. b) Aus dem Aufsichts- und Weisungsrecht einer übergeordneten Behörde kann grundsätzlich ein Selbsteintrittsrecht nicht hergeleitet werden. c) Wird die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 oder § 17 Abs. 3 BBauG erforderliche Genehmigung bzw. Zustimmung von einer im Instanzenzug unzuständigen Behörde erteilt, dann hat das die Ungültigkeit einer Satzung zur Anordnung einer VSperre zur Folge.
§18
Entschädigung
bei
Veränderungssperre
(1) Dauert die Veränderungssperre länger als vier Jahre über den Zeitpunkt ihres Beginns oder der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 hinaus, so ist den Betroffenen für dadurch entstandene Vermögensnachteile eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend; dabei ist der Grundstückswert zugrunde zu legen, der nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Teils zu entschädigen wäre. (2) Zur Entschädigung ist die Gemeinde verpflichtet. Der Entschädigungsberechtigte kann Entschädigung verlangen, wenn die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Vermögensnachteile eingetreten sind. Er kann die Fälligkeit des Anspruchs dadurch herbeiführen, daß er die Leistung der Entschädigung schriftlich bei dem Entschädigungspflichtigen beantragt. Kommt eine Einigung über die Höhe der Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Für den Bescheid über die Festsetzung der Entschädigung gilt § 122 entsprechend. 141
§183
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
(3) Auf das Erlöschen des Entschädigungsanspruchs findet § 44 c Abs. 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß bei einer Veränderungsperre, die die Sicherung einer Festsetzung nach § 40 Abs. 1 oder § 42 zum Gegenstand hat, die Verjährungsfrist frühestens ab Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans beginnt. In der Bekanntmachung nach § 16 Abs. 2 ist auf die Vorschriften des Absatzes 2 Satz 2 und 3 hinzuweisen. 1. Bau- (bzw. Verändernngs)sperre im Grenzbereich von Sozialbindung und Enteignung Wie in der Vorbemerkung vor § 14 unter a) ausgeführt, hat die Rspr. nur d a n n eine entschädigungslose Bau- (bzw. V-)Sperre hingenommen, wenn mit ihr eine zeitliche Beschränkung verbunden war. Über die Dauer gehen die Meinungen auseinander. Am strengsten ist der BGH in der frühen Entscheidung B G H Z 30, 338 vom 25.6. 1959; er stellt nicht nur auf die zeitliche Dauer, sondern auch auf die notwendige örtliche Zusammenfassung der Aufschließung ab. Zeitlich läßt der BGH nur eine Grenze von drei Jahren gelten; darüber hinaus wirke sich die Sperre stets als Enteignung aus. Gegen diese Rspr., die schon in B G H Z 15, 268 zum Ausdruck kam, wenden sich Ernst (BBauBl. 1955, 56), Forsthoff (DÖV 1955, 193) und auch das BVerwG (BVerwGE 4, 120) insoweit, als die die Frage der enteignenden Wirkung der Bausperre allein auf ihre zeitliche Begrenzung abstellen. Der Gesetzgeber ist der weniger strengen Auffassung gefolgt, allerdings mit der weiteren Aufweichung der Verlängerungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 2. 2. Ausweitung der Vorschrift durch die Novelle 1976 Das Ä n d G von 1976 hat § 18 im Zusammenhang mit dem neugeschaffenen § 44 c erweitert und beide Vorschriften im wesentlichen gleichgestaltet. Durch die Anfügung des letzten Halbsatzes in Abs. 1 ist festgelegt, daß bei der Entschädigung die Grundstückswerte gemäß §§ 40 ff. zugrundezulegen sind. 3. Grundvorschrift für die Entschädigung (Abs. 1) In der Auswirkung der in der Vorbemerkung zum Zweiten Teil angeführten höchstrichterlichen Rspr. hat der Gesetzgeber für die Fälle, in denen die VSperre länger als vier Jahre dauert (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG), eine Entschädigungspflicht festgelegt. Für den entscheidenden Zeitpunkt der Berechnung der Frist ist nicht der Beschluß über die VSperre, sondern der Zeitpunkt ihres Beginns bzw. der Zurückstellung des ersten Baugesuchs nach § 15 maßgebend. Im Fall der erneut beschlossenen VSperre (§ 17 Abs. 3) über eine bereits nach § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 auf vier Jahre verlängerte VSperre hinaus tritt Entschädigungspflicht nach § 18 ein. Die „angemessene" (nach dem Verkehrswert, vgl. §§ 95 Abs. 1, 141) Entschädigung in Geld ist von der Gemeinde (Abs. 2 Satz 1) zu leisten. Dabei 142
1. Abschnitt. Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen
§ 18 5
finden sinngemäß die Vorschriften der §§ 93 bis 99 über die Entschädigungsgrundsätze, Berechtigte und Verpflichtete, Entschädigung für den Rechtsverlust und andere Vermögensnachteile sinngemäß Anwendung. Bezüglich des Grundstückswerts wird nach der durch die Novelle 1976 eingefügten Ergänzungsvorschrift auf die §§ 40 bis 44 c verwiesen, wobei auch § 44 b Abs. 4 und 5 (Nichtberücksichtigung von Werterhöhungen uner gewissen Voraussetzungen) zu beachten ist (siehe dort). 4. Verfahren (Abs. 2) Partner im Entschädigungsverfahren sind der Berechtigte, die Gemeinde und bei Nichteinigung die höhere Verwaltungsbehörde (meist Bezirksregierung). Voraussetzung für das Verlangen nach Entschädigung ist nach Satz 2 (ähnlich wie nach § 44 c) der Eintritt der in Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Vermögensnachteile; d. h. die Nachteile müssen bereits entstanden sein und nicht erst bevorstehen. Dabei genügt ein Teileintritt. Der Beschleunigung dient Satz 3 (schriftlicher Antrag bei der Gemeinde). Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Beteiligten (Satz 4 und 5). Eine Zuständigkeitsübertragung nach § 147 Abs. 3 dürfte hier nicht in Frage kommen, da hier doch im wesentlichen die Bestimmungen des Fünften Teils zur Anwendung kommen. Streitigkeiten über die Entschädigung gehen nach § 157 Abs. 1 an die Baulandgerichte, und zwar auch in den Fällen, in denen die Gemeinde sich mit der Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörden nicht abfindet. Satz 6 verweist auf § 122, der die Zwangsvollstreckung ins Enteignungsverfahren zum Inhalt hat (siehe dort). Der Bescheid über die Festsetzung der Entschädigung stellt einen vollstreckbaren Titel dar. 5. Erlöschen des Anspruchs; Hinweis auf Entschädigung in Bekanntmachung (Abs. 3) a) Auf Vorschlag des federführenden Ausschusses wurde die Sondervorschrift des Satz 1 geschaffen. Die Parallele zu § 44 c wirkt sich auch hier aus: Dreijahresfrist, beginnend nach Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres nach Abs. 2 jener Vorschrift. Bei VSperren, die der Festsetzungssicherung nach § 40 Abs. 1 und nach § 42 (Geh-, Fahr- und Leitungsrechte) dienen, tritt an Stelle des Fristanlauf nach § 44 c Abs. 1 (Kalenderjahresschluß) derjenige der Rechtsverbindlichkeit des BebPl. Der Zusatz „frühestens" bedeutet offensichtlich die Zulässigkeit einer freien Vereinbarung unter den Partnern in bezug auf einen späteren Fristanlauf; die Dreijahresfrist selbst kann nicht erstreckt werden (gesetzliche Ausschlußfrist). b) Die Bekanntmachung über die VSperre (§ 16 Abs. 2) hat notwendig die Hinweise auf die Entschädigungsmöglichkeit und die Herbeiführung der Fälligkeit zu enthalten (Satz 2). Ist der Hinweis versehentlich oder sonstwie un143
§18 7
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
t e r b l i e b e n , b e d e u t e t dies d a n n eine F e h l e r h a f t i g k e i t des V e r f a h r e n s , w e n n , w a s meist d e r Fall sein w i r d , E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r ü c h e i r g e n d w e l c h e r A r t in B e t r a c h t k o m m e n k ö n n e n , mit d e r F o l g e , d a ß eine N o r m e n k o n t r o l l e n a c h § 47 V w G O d i e S a t z u n g ü b e r d i e V S p e r r e a u s d e n A n g e l n h e b e n k a n n . 6. Überleitungsvorschrift nach der Novelle 1976 A u c h f ü r d i e E n t s c h ä d i g u n g n a c h § 18 sieht d a s Ä n d G z u m B B a u G v o m 18. 8. 1976 e i n e Ü b e r l e i t u n g s b e s t i m m u n g v o r : Art. 3 § 10 Abs. 1 b e s a g t , d a ß in d e n F ä l l e n , in d e n e n d e r E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h v o r d e m 1 . 1 . 1977 ents t a n d e n ist, § 18 in d e r alten F a s s u n g gilt. A l l e r d i n g s erlischt d e r A n s p r u c h s p ä t e s t e n s a m 1. 1 . 1 9 8 0 , w e n n er n i c h t s c h o n v o r h e r n a c h a n d e r e n (z. B. zivilr e c h t l i c h e n ) B e s t i m m u n g e n v e r j ä h r t o d e r e r l o s c h e n ist. W e g e n d e r H e i l u n g s e r l e i c h t e r u n g e n bei V e r f a h r e n s f e h l e r n siehe d i e §§ 155 a u n d b in d e r F a s s u n g d u r c h d i e N o v e l l e v o n 1979. 7. Rechtsprechung 1. B G H U v o m 14. 10. 1963 ( I I I Z R 2 1 3 / 6 2 ) M D R 1964, 34 = DVB1. 1964, 372 = B B a u B l . 1964, 96 = D W W 1964,16 a) Der Anspruch auf Entschädigung wegen einer vor Inkrafttreten der BBauG beendeten Bausperre findet in diesem Gesetz keine sachlich-rechtliche Grundlage; auch regelt sich seine Geltendmachung nicht nach den Verfahrensvorschriften des BBauG. b) Darin, daß die Kammer für Baulandsachen über einen nicht nach dem BBauG zu beurteilenden Anspruch auf Entschädigung wegen einer Bausperre entschieden hat, liegt kein unverzichtbarer Verfahrensmangel. 2. O L G B r e m e n , S e n a t f. B a u l a n d s a c h e n , U v o m 17. 1. 1969 ( U (B) 1 2 / 68 c), O L G Z 1970, 26 a) Gegen § 18 BBauG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift ist auch insoweit mit Art. 14 G G vereinbar, als sie für VSperren zur Sicherung gemeindlicher Planungsvorhaben, die nach der Rechtsprechung des BGH zum Bereich „überörtlicher Planung gehören, die Entschädigungspflicht vom Ablauf einer Vierteljahresfrist abhängig macht. b) Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch aus § 18 BBauG. c) Zur Frage, ob und inwieweit neben § 18 BBauG Raum ist für Entschädigungsansprüche aus faktischer Bausperre. 3. B G H U v o m 19. 6. 1972 ( I V Z R 1 0 6 / 7 0 ) B a u R 1972, 362 = B B a u B l . 1973, 70 a) Wenn eine aus Planungsgründen verhängte oder faktisch vorübergehende Bausperre schon vor Ablauf von drei Jahren von einem Bauverbot in einem förmlich festgestellten Durchführungsplan abgelöst wird, wirkt sich dieses Bauverbot von seinem Wirksamwerden an bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als Enteignung aus, auch wenn der Durchführungsplan nach längerer Zeit (hier: nach 14 Jahren) wieder aufgehoben wird. Im Falle einer Entschädigungspflicht bemißt sich dann die Höhe der Entschädigung nach der sog. Bodenrente. 144
§19
2. Abschnitt. Bodenverkehr
b) Entschädigung wegen eines vorübergehenden Bauverbots ist nur für den Zeitpunkt zu entrichten, während dessen der Grundstückseigentümer die konkrete Absicht und die konkrete Möglichkeit besaß, das betreffende Grundstück selbst zu bebauen oder im Wege der Veräußerung einer baulichen Nutzung zuzuführen (Ergänzung zu BGHZ 58, 124 = NJW 1972, 727).
ZWEITER ABSCHNITT Bodenverkehr §19 Teilungsgen ehmigung (1) Die Teilung eines Grundstücks bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung 1. innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinne des § 3 0 ; 2. innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34); 3. außerhalb der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Gebiete (Außenbereich, § 35), wenn das Grundstück bebaut oder seine Bebauung genehmigt ist oder wenn die Teilung zum Zweck der Bebauung oder der kleingärtnerischen Dauernutzung vorgenommen wird oder nach den Angaben der Beteiligten der Vorbereitung einer Bebauung oder kleingärtnerischen Dauernutzung dient. 4. innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs einer Veränderungssperre (§ 14). (2) Teilung ist die dem Grundbuchamt gegenüber abgegebene oder sonstwie erkennbar gemachte Erklärung des Eigentümers, daß ein Grundstücksteil grundbuchmäßig abgeschrieben und als selbständiges Grundstück oder als ein Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken oder mit Teilen anderer Grundstücke eingetragen werden soll. (3) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt, wenn sie für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist, im übrigen durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde (Genehmigungsbehörde). Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 darf die Genehmigung nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erteilt werden, soweit die Teilung der Vorbereitung eines in § 36 bezeichneten Vorhabens dient. Über die Genehmigung ist binnen drei Monaten nach Eingang des Antrags bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem dem Antragsteller mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Die Verlängerung der in Satz 3 bezeichneten Frist darf höchstens drei Monate betragen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden. 145
2. Teil. S i c h e r u n g d e r B a u l e i t p l a n u n g
§19
(4) Die Teilung bedarf der Genehmigung nicht, wenn 1. sie in einem Verfahren zur Enteignung oder Bodenordnung nach diesem Gesetz oder anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder für ein Unternehmen, für das die Enteignung für zulässig erklärt wurde, oder in einem bergbaulichen Grundabtretungsverfahren vorgenommen wird; 2. der Bund, ein Land oder eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband als Erwerber, Eigentümer oder Verwalter beteiligt ist; 3. eine ausschließlich kirchlichen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienende öffentlich-rechtliche Körperschaft, Anstalt oder Stiftung, eine mit den Rechten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestattete Religionsgesellschaft oder eine den Aufgaben einer solchen Religionsgesellschaft dienende rechtsfähige Anstalt, Stiftung oder Personenvereinigung als Erwerber oder Eigentümer beteiligt ist; 4. sie der Errichtung von Anlagen der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie von Anlagen der Abwasserwirtschaft dient. (5) Die Landesregierungen können für Gebiete, in denen es wegen der geringen Wohnsiedlungstätigkeit nicht erforderlich ist, den Bodenverkehr zu überwachen, durch Rechtsverordnung vorschreiben, daß es einer Genehmigung nicht bedarf. Übersicht 1. E n t w i c k l u n g d e r V o r s c h r i f t a) A l l g e m e i n e s b) N o v e l l e 1976 c) P r o b l e m d e r A b s c h a f f u n g der Genehmigungspflicht d) N o v e l l e 1979 e) A l l g e m e i n e R e c h t s f r a g e n 2. D i e g e n e h m i g u n g s p f l i c h t i g e T e i l u n g (Abs. 1) a) N r . 1 u n d 2 b) Nr. 3 c) N r . 4 d) Verzicht auf A u f l a s s u n g s g e n e h migung e) Verzicht auf Genehmigungspflicht f ü r die Bestellung eines Erbbaurechts f) G e n e h m i g u n g s p f l i c h t a u c h f ü r kleingärtnerische Dauernutzung 3. R e c h t s b e g r i f f T e i l u n g (Abs. 2) a) Begriff T e i l u n g b) T e i l u n g im A u ß e n b e r e i c h c) R e c h t s p r o b l e m e zur T e i l u n g 4. Begriffe Außenbereich — im Z u s a m m e n h a n g bebaute Ortsteile a) A u ß e n b e r e i c h b) Im Zusammenhang bebauter Ortsteil
146
5.
6. 7.
8. 9.
c) A b g r e n z u n g d) N u r privilegierte V o r h a b e n im Außenbereich G e n e h m i g u n g s b e h ö r d e , Beteiligung d e r G e m e i n d e u n d d e r h ö h e r e n Verw a l t u n g s b e h ö r d e (Abs. 3) a) A n t r a g s e r f o r d e r n i s s e b) E i n v e r n e h m e n der G e m e i n d e c) Z u s t i m m u n g d e r h ö h e r e n Verwaltungsbehörde d) Frist, V e r l ä n g e r u n g , F i k t i o n e) Fiktion bei Schweigen d e r Beh ö r d e n (Satz 7) f) D e l e g i e r u n g Rechtsschutz Befreiungen von der Genehmig u n g s p f l i c h t (Abs. 4 u n d 5) a) G e n e h m i g u n g s f r e i e Rechtsvorgänge b) G e n e r e l l e B e f r e i u n g e n Überleitungsvorschriften nach der N o v e l l e v o m 6. Juli 1979 (§ 183 a Abs. 1 u n d 2) Rechtsprechung Übersicht nach Rechtsbegriffen a) H ö c h s t r i c h t e r l i c h e Rechtsprechung b) O V G , V G H u n d a n d e r e G e r i c h t e
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§19 1
1. Entwicklung der Vorschrift a) Diese Vorschrift stellt eine bedeutsame Regelung für den Bodenverkehr dar. Das frühere Wohnsiedlungsgesetz von 1933/38 hatte nur in den zu Wohnsiedlungsgebieten erklärten Gemeinden bestimmte Grundstücksverträge einer Genehmigungspflicht unterstellt. Die bis zur Novelle von 1979 in §19 enthaltene starke Erweiterung hatte ihren Grund vor allem in der seit 1945 eingetretenen Übervölkerung des Bundesgebietes. Die Bodenverkehrsgenehmigung hat zwei Funktionen, und zwar eine Sicherungsfunktion und eine Schutzfunktion. Die Sicherungsfunktion besteht darin, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten; die Schutzfunktion darin, daß bei gewissen Rechtsvorgängen die Möglichkeit besteht, vorzeitig eine behördliche Entscheidung darüber zu erlangen, ob sich die den Rechtsvorgang motivierende Verwendungsabsicht später verwirklichen läßt. Das BVerwG spricht von „sowohl Lenkungs- als auch Schutzfunktion" (vgl. BVerwG U vom 28. 4. 1964, BVerwGE 18,242/245, vom 30. 6. 1964, BVerwGE 19, 79/80 und vom 17. 5. 1966, BVerwGE 24,129/131 - siehe hier bei Rspr. Beide Funktionen waren und sind bei den einzelnen Genehmigungstatbeständen nicht gleichwertig, sondern in unterschiedlicher Intensität ausgebildet. In § 19 Abs. 1 erste Alternative der bis zur Novelle 1979 geltenden Fassung (beplanter Innenbereich) steht nach dem Willen des Gesetzgebers die Sicherungsfunktion im Vordergrund. Durch Teilung werden nämlich Größe und Zuschnitt eines Grundstücks verändert. Es können neue Grundstücke entstehen, die für eine den planerischen Festsetzungen entsprechende bauliche oder sonstige Nutzung nicht oder nicht mehr geeignet sind. Planung und Grundstücksparzellierung sollen sich aber nicht gegenläufig verhalten. Mit dieser Regelung soll auch gewährleistet werden, daß durchgeführte Maßnahmen der Umlegung und Grenzregelung in ihrem Bestand erhalten bleiben. Künftigen Bodenordnungsmaßnahmen, die sich aus unzweckmäßigen Grundstücksteilungen ergeben können, wird vorgebeugt. Auch bei der Teilungsgenehmigung von Grundstücken innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 19 Abs. 1 zweite Alternative) steht die Sicherungsfunktion im Vordergrund. Maßstab für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Vorhaben nach § 34 BBauG. Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, daß z. B. eine übermäßige Ausnutzung des einen Grundstücksteils eintritt oder unbebaubare „Zwerggrundstücke" als Restgrundstücke geschaffen werden. Der Genehmigungsvorbehalt für die Teilung eines Außenbereichsgrundstücks, das bebaut oder dessen Bebauung genehmigt ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 erste Alternative) dient ausschließlich der Sicherungsfunktion. Die Teilung kann unmittelbar einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vor allem durch die Art und Weise der Teilung, insbesondere durch einen zu mißbilligenden Grundstückszuschnitt, widersprechen, wenn z. B. die vorhandene Bebauung so abgeteilt wird, daß die bauliche Ausnutzung des einen Teils das 147
§19 1
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
zulässige Maß erheblich überschreitet. Bei der Genehmigung der Teilung eines Außenbereichsgrundstücks zum Zwecke der Bebauung oder der kleingärtnerischen Dauernutzung (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative) dominiert praktisch die Schutzfunktion. Städtebauliche Ordnungsgesichtspunkte können von den zuständigen Behörden nach der Rechtsprechung nur zur Geltung gebracht werden, wenn die Beteiligten den Nutzungszweck offenbaren. Hier müßte indessen die Sicherungsfunktion in gewissen Fällen wirksam werden, da Teilungen, wenn in Wirklichkeit Bauabsichten verfolgt werden, weitgehend vollendete Tatsachen in der Grundstücksstruktur schaffen. Die Bedeutung der alten Fassung des Abs. 2 Nr. 1 (Auflassung im Außenbereich) lag überwiegend in ihrer Schutzfunktion für den Erwerber des Grundstücks. Sie schützte ihn vor dem Kauf eines Grundstücks, dessen Bebauung später untersagt werden müßte. Der Zweck einer Sicherung der Planung und Lenkung der Bebauung trat hier zurück. b) Die erste Novelle zum BBauG hatte die Absätze 1 und 2 nicht geändert. Der Vorschlag des BR, der eine Streichung der gesamten Vorschriften über den Bodenverkehr mit der Begründung befürwortete, daß sich die Regelungen als wenig effektiv erwiesen hätten, einen erheblichen Verwaltungsaufwand erforderten und den Grundstücksverkehr über Gebühr belasteten, war nicht aufgegriffen worden. Der Ausschlußbericht zur ersten Novelle zum BBauG (BT-DS 7/4793, S. 12 Nr. 6) bemerkte hierzu, daß „die bisherigen Erfahrungen noch nicht ausreichten, um eine sachgerechte Abwägung der mit diesen Regelungen verfolgten Interessen auf der einen Seite und dem erforderlichen Verwaltungsaufwand auf der anderen Seite zuzulassen und um über die Beibehaltung oder Streichung dieser Bestimmungen entscheiden zu können". Die endgültige Entscheidung solle „erst bei einer weiteren Novelle zum BBauG getroffen werden, wenn eine von der BReg. angekündigte Sachstandsanalyse vorliege". Bei den Beratungen der Novelle 1976 stand die Verlängerung der Frist im Vordergrund, nach deren Ablauf die Genehmigung als erteilt gilt. Das Änderungsgesetz sah schließlich eine Verlängerung der Verschweigungsfrist auf 3 Monate vor. Teilweise abweichend vom RegE wurde eine Verlängerungsmöglichkeit bis zu höchstens 3 weiteren Monaten geschaffen. Beibehalten wurde die Regelung, daß die Genehmigung nach Fristablauf als erteilt gilt. Besondere Überleitungsvorschriften für den Bodenverkehr wurden lediglich hinsichtlich eines Teilbereichs geschaffen (Zurückstellung — § 15 Abs. 2 — sowie Versagung bei Bestehen einer Veränderungssperre; vgl. Art. 3 § 3 des Änderungsgesetzes 1976). c) Bei der Behandlung der Novelle von 1979 stand auch das Problem der gänzlichen Abschaffung des § 19 zur Erwägung. Nach Meinung der BReg. (BT-DS 2451 zu Nr. 6) wäre „eine vollständige Streichung der Vorschriften über den Bodenverkehr auch nach den inzwischen gewonnenen Erkenntnissen, insbesondere im Hinblick auf die Sicherungsfunktion, die die Bodenver148
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§19 2
kehrsgenehmigung zu erfüllen hat, nicht sachgerecht". Dem beugte sich die Mehrheit im BT und BR. d) Die Änderungen des § 19 durch das Beschleunigungsgesetz vom 00. 00.1979 erstrecken sich auf den Wegfall der Auflassungsgenehmigung sowie der Genehmigung f ü r die Bestellung eines Erbbaurechts (Neufassung des Abs. 1, Wegfall des alten Abs. 4 und der Nr. 5 im alten Abs. 5), auf Beschleunigungstatbestände (Abs. 4), Einbeziehung der Gemeindeverbände in die Genehmigungsfreiheit (alter Abs. 5 = neuer Abs. 4) und die Erweiterung der Genehmigungsfreiheit in bezug auf alle Arten von Teilungen, also auch auf solche ohne schuldrechtliche Vereinbarungen. e) Allgemeine Rechtsfragen Solange über die Genehmigung nicht unanfechtbar entschieden ist, bleibt das Grundstücksgeschäft schwebend unwirksam. Sobald eine unanfechtbare (rechtskräftige) Entscheidung vorliegt, gilt das privatrechtliche Geschäft von Anfang an als entweder rechtsgültig zustandegekommen oder nicht existent. § 19 gibt der Verwaltung die rechtliche Handhabe, im öffentlichen Interesse die Bebauung schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in geordnete Bahnen zu lenken (BVerwGE 18,242/244); andererseits dient er über die Bindungswirkung des § 21 Abs. 1 BBauG den Interessen der am genehmigungsbedürftigen Rechtsvorgang (jetzt nur noch Teilung) Beteiligten. Nach § 6 Abs. 2 StBauFG sind „bei Vorhaben und Rechtsvorgängen, die nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets vorgenommen werden", u. a. die §§ 19 bis 22 BBauG nicht anzuwenden. 2. Die genehmigungspflichtige Teilung (Abs. 1) a) N a c h der Fassung der Beschleunigungsnovelle 1979 ist nur noch die Teilung rechtlich relevant. Es wurde demgemäß die Teilungsgenehmigung von Grundstücken innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines BebPl. im Sinne des § 30 (Nr. 1) und innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 beibehalten (Nr. 2), „um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten" (BT-DS 2451 zu Nr. 6 c). b) Auch die Teilung von Grundstücken im Außenbereich ist weiterhin genehmigungspflichtig (Nr. 3). Die Genehmigungspflicht im Außenbereich für die Teilung eines Grundstücks, das bebaut oder dessen Bebauung genehmigt ist, soll nach Meinung der BReg. auch die Sicherungsfunktion erfüllen, auf die unter dem Gesichtspunkt einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht verzichtet werden kann. Die im RegE dargelegten G r ü n d e sprachen auch dafür, weiterhin die Teilung eines Außenbereichsgrundstücks zum Zwecke der Bebauung oder kleingärtnerischen Dauernutzung der Genehmigungspflicht zu unterwerfen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde auch die „Vorbereitung einer Bebauung oder kleingärtnerischer Dauernutzung" aufgenommen. Der hier gebrauchte Ausdruck „dient" besagt, daß auf objektive, nicht auf subjektive Kriterien abzustellen ist. 149
§192
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Im Unterschied zum früheren Recht wurden nunmehr städtebauliche Ordnungsgesichtspunkte stärker zur Geltung gebracht: Wird nämlich mit der Teilung offensichtlich eine andere als die angegebene Nutzung bezweckt, wird die Genehmigung versagt werden, wobei dem Antragsteller vor Versagung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung enthält der Abs. 2 des § 20. Auf die Begründung dort wird Bezug genommen. c) In Abs. 1 Nr. 4 ist nunmehr auch ausdrücklich die Genehmigungsbedürftigkeit von Teilungen in Gebieten mit Veränderungssperren festgelegt worden. Die erste Novelle zum BBauG hat bereits den sich hieraus ergebenden Versagungsgrund in § 20 Abs. 1 Nr. 2 geregelt. Da bei der ersten Novelle § 19 Abs. 1 und 2 nicht geändert worden ist, wurde damals davon abgesehen, die Genehmigungsbedürftigkeit als solche in § 19 aufzunehmen. Dies wurde nun wegen der den §§ 19 und 20 zugrundeliegenden Trennung zwischen Genehmigungsbedürftigkeit und Versagungsgründen nachgeholt, da in die vorgesehene Novellierung § 19 einbezogen werden soll. Auf die Versagungsgründe nach § 20 Abs. 1 Nr. 4, die inhaltlich dem bisherigen § 20 Abs. 1 Nr. 2 entsprechen, wird Bezug genommen (siehe dort). d) Auf die Genehmigung der Auflassung im Außenbereich (vorher § 19 Abs. 2 Nr. 1) wurde verzichtet. Nach dem alten Recht war eine Auflassung nur genehmigungspflichtig, wenn der Nutzungszweck voll offenbart, insbesondere der Erwerb zum Zwecke der Bebauung angegeben wurde. Durch ein entsprechendes Verhalten der Beteiligten konnten diese bestimmen, ob eine Auflassung genehmigungspflichtig war oder nicht. Dadurch war der Genehmigungsvorbehalt für die Auflassung, soweit er aus städtebaulichen Gründen eingeführt worden ist, weitgehend entwertet worden. Von der Möglichkeit, die Genehmigungsvoraussetzungen dadurch zu verschärfen, daß der Nutzungszweck von Amts wegen zu vermitteln ist, hat der Gesetzgeber abgesehen; es würde hierdurch eine weitere Erschwerung des Grundstücksverkehrs bewirkt werden und der Verwaltungsaufwand würde wesentlich steigen. e) Aus städtebaulichen Gründen konnte auch auf die Genehmigung der Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts verzichtet werden. Es kann davon ausgegangen werden, daß sich Erwerber eines Erbbaurechts vorher in ausreichendem Maße Gewißheit über die Möglichkeiten der Verwirklichung ihrer Bauabsichten verschaffen werden. Sind mit Auflassungen und Einigungen über Erbbaurechtsbestellungen Teilungen verbunden, greift die aus Sicherungsgründen bestehende Genehmigungspflicht für Teilungen ein. f) Die kleingärtnerische Dauernutzung wird in Abs. 1 Nr. 3 bzgl. der Zweckbestimmung der Bebauung gleichgestellt. Der Begriff ist nicht völlig eindeutig. Jedenfalls ist „kleingärtnerisch" im Sinne des § 19 als Gegensatz zu „berufsgärtnerisch" zu verstehen, weil in letzterem Fall eine Kontrolle, wie die erleichternden Bestimmungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 für die Land- und 150
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Forstwirtschaft zeigen, vom Gesetzgeber jedenfalls nach dem BBauG nicht gewollt ist und im übrigen die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines landund forstwirtschaftlichen Grundstücks (worunter auch Erwerbsgärtnerei und Obstbau zählen) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vom 28.7. 1961 (BGBl. I S. 1091) grundsätzlich allgemein — allerdings landesrechtlich einschränkbar bis zu einer bestimmten Höchstfläche (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2) — einer behördlichen Genehmigung (§ 2 Abs. 1) bedarf. 3. Rechtsbegriff Teilung (Abs. 2) a) Die Teilung verändert die Struktur des Grundstücks,. Wie sich aus ihrer Definition nach Abs. 2 ergibt, ist darunter nicht nur die Abschreibung eines Grundstücksteils als selbständiges Grundstück, sondern auch die Zuteilung eines Grundstücksteils zu einem anderen Grundstück und auch eine Verbindung eines abgeschriebenen Grundstücksteils mit anderen Grundstücken oder Teilen anderer Grundstücke zu einem Grundstück zu verstehen. Deshalb ist die Teilung — gleich ob im Innenbereich oder außerhalb — grundsätzlich der Genehmigung bedürftig. Weder aus dem Sinnzusammenhang noch aus den Verhandlungen des Bundestags, insbesondere des federführenden Ausschusses für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht (vgl. DS I I I / 336, 1794, Zu 1794) ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber nur eine dem Grundbuchamt gegenüber irgendwie erkennbar gemachte Teilungserklärung der Genehmigungspflicht unterwerfen wollte. Der in § 19 Abs. 3 festgelegte Teilungsbegriff war bereits im RegE zur Erstfassung vorgesehen und ist von dem bereits genannten Ausschuß und auch durch das Plenum des Bundestags unverändert gelassen worden (vgl. die Gegenüberstellung bei § 23 Abs. 2 E in DS 1794 Seite 18). In der Begründung des RegE (BT-DS III/336) heißt es zu §23 E(S. 68 linke Spalte): „Der in Absatz 2 definierte Teilungsbegriff und die in den folgenden Absätzen vorgesehenen Ausnahmen vom Grundsatz der Genehmigungspflicht entsprechen im wesentlichen den §§ 2 ff. der Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten vom 25. 2. 1935 (RGBl. I S. 292)."
Dort ist in § 2 Abs. 1 die gleiche Fassung: „Teilung . . . ist die dem Grundbuchamt gegenüber abgegebene oder sonstwie erkennbar gemachte Erklärung . . . " enthalten, wie sie § 19 Abs. 2 (früher 3) BBauG übernommen hat (vgl. auch den RdErl. des ehem. Reichsarbeitsministers vom 26.2. 1935, RArbBl. 1935 I S. 99). Wie sich aus der Begründung des RegEntwurfs und auch aus der Begründung des genannten Ausschusses zu § 23 E (vgl. DS 1974, Zu § 23, S. 7) ergibt, ist Ziel der Bestimmung, insbesondere im Außenbereich „der Behörde bereits in einem möglichst früheren Zeitpunkt" die Möglichkeit zu geben, „ordnend und regelnd" eingreifen zu können, und zwar bereits dann, wenn das Grundstück aufgeteilt, veräußert, verpachtet usw. werden soll. Von der Rechtsprechung der oberen Verwaltungsgerichte ist inzwischen 151
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
anerkannt, daß die „sonstwie erkennbar gemachte Erklärung" nicht dem Grundbuchamt gegenüber abgegeben zu sein braucht. Um den Erwerber gegen Fehlinvestitionen für ein Vorhaben, dessen Durchführung ihm später nicht gestattet werden kann, zu schützen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich noch vor der Rechtswirksamkeit des Rechtsgeschäfts über die Bebaubarkeit oder die Zulässigkeit der sonstigen Nutzung des Grundstücks zu vergewissern — zumal im Außenbereich, anders als im Geltungsbereich eines BebPl., „die städtebauliche Ordnung keine Konkretisierung erfährt" — (vergl. BT-DS III/336 a. a. O.), wurden Auflassung und Teilung der Genehmigungspflicht unterworfen. Hierunter fällt auch der Teilungskauf ; denn es wäre sinnlos und vor allem dem Zweck der frühzeitigen Hintanhaltung von Fehlinvestitionen entgegenlaufend, wollte man den Teilungskauf freistellen und erst den — zwangsläufig — an das Grundbuchamt herangetragenen, oftmals erheblich später erfolgenden Antrag auf Rechtsänderung im Grundbuch der Genehmigung unterstellen. Allerdings muß die Erklärung die zweifelsfrei erkennbare Feststellung enthalten, daß ein Grundstücksteil rechtlich als selbständiges Grundstück abgetrennt werden soll. Ein bloßer Vermessungsantrag ohne jegliche Äußerung der Absicht einer Teilung bedeutet noch keinen Antrag im Sinn der Vorschrift. Geht aber aus dem Vermessungsantrag eindeutig die Absicht einer rechtlichen Teilung des Grundstücks i. S. Abs. 3 hervor, was häufig der Fall sein wird, so ist auch hierin eine Teilungserklärung zusehen. Die Überlassung eines Miteigentumsanteils stellt keine Teilung dar; dieser Rechtsvorgang ist als (nicht mehr genehmigungspflichtige) Auflassung zu beurteilen. b) Zum Unterschied zu Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist für Genehmigungen zur Teilung im Außenbereich darauf abzustellen, ob das Grundstück bebaut oder seine Bebauung genehmigt ist oder „die Teilung zum Zwecke der Bebauung oder kleingärtn. Dauernutzung" (Abs. 1 Nr. 3) erfolgt. In der Praxis ist die Behörde oft überfordert, weil sie erkennen soll, welche wahre Zielsetzung der Erwerber des Teilungsgrundstücks verfolgt. Konkludentes Verhalten führt nur teilweise zur richtigen Erkenntnis, da in Kenntnis der Gesetzesfolgen von den Vertragsparteien nach außen hin beteuert wird, keinesfalls zu bauen. Nach der Rspr. des BVerwG hat es der teilende Eigentümer im Außenbereich praktisch in der Hand, ob die Genehmigungspflicht ausgelöst wird (siehe Rspr. 9 A 28 d, e). Danach ist ein Bebauungszweck erst anzunehmen, wenn der Eigentümer diesen in die Teilungserklärung, oder in sonstige Erklärungen aufnimmt, um auf diese Weise eine Prüfung im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren zu erreichen. Gibt der Eigentümer zur bezweckten Nutzung eine Erklärung ab, so ist für weitere Ermittlungen kein Raum. Nur beim Fehlen einer Erklärung sollen im Rahmen der Auslegung alle denkbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft werden können. Das BVerwG hat damit die Teilung praktisch der Auflassung gleichgestellt, ohne daß von der Fassung 152
2. Abschnitt. Bodenverkehr
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des Abs. 2 Anlaß hierzu bestanden hätte. Nicht zu bestreiten ist, daß die Maßgeblichkeit des erklärten Eigentümerwillens den Behörden gerade im Hinblick auf die Möglichkeit der Genehmigungsfiktion die Arbeit wesentlich erleichtert. Daß im Außenbereich nur dann eine Genehmigungspflicht für die Teilung besteht, wenn sie zum Zwecke der Bebauung oder der kleingärtnerischen Dauernutzung erfolgt, bzw. wenn das zu teilende Grundstück bereits bebaut oder seine Bebauung genehmigt ist, hat seinen G r u n d einmal darin, daß bezüglich der landwirtschaftlichen Grundstücke in diesen Bereichen die besonderen landwirtschaftsrechtlichen Genehmigungen weiterhin erforderlich sind (vgl. § 22, der sogar innerhalb des BebPl. für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke die besondere landwirtschaftliche Genehmigungspflicht bestehen läßt), dann auch darin, daß eine Teilung u. U. die Bebauungsfähigkeit der neugeschaffenen Flächen aus verschiedenen Gründen (Mindesthofraumfläche, Mindestgröße der Baugrundstücke bei offener Bauweise usw.) vernichten kann. Im übrigen ist die Teilung eines Grundstückes im Außenbereich ohne vorhandene Bebauung oder bestehende Bauabsichten für die städtebauliche Ordnung ohne Bedeutung und deshalb der Genehmigungspflicht nicht unterworfen. c) Rechtsprobleme zur Teilung Eine Reihe von Problemen hat sich aus der Praxis entwickelt. Nicht alle konnten von der Rechtsprechung befriedigend gelöst werden; einige versuchte die Novelle 1979 zu lösen. In der Folge wird ihnen Raum gegeben; Die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung mit der Einschränkung, daß die Bebaubarkeit des zum Zwecke der Bebauung erworbenen Grundstücks vom Zuerwerb einer weiteren Fläche abhänge, ist mit §§ 19 ff. unvereinbar (Rspr. 9 A 2). In den Fällen, in denen nach Ansicht der Behörde eine genehmigungspflichtige Teilung nach § 19 nicht gegeben ist, wird ein sog. Negativzeugnis (§ 23 Abs. 2) ausgestellt, in dem bestätigt wird, daß der Rechtsvorgang nicht den Genehmigungsvorschriften nach § 19 BBauG unterliegt. Im Gegensatz zu Auflagen (vgl. § 20 Abs. 2 und Erläut. dort) sind Bedingungen in der Genehmigung unzulässig. Nichtig wäre eine Genehmigung mit der „Auflage, daß das Grundstück nicht bebaut wird". Bzgl. des im Zusammenhang bebauten Ortsteils vgl. die Ausführungen unten bei 4 b. Die Frage, ob vor der Erhebung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht im Rahmen der Teilungsgenehmigung auch Erhebung des Widerspruchs erforderlich ist, wenn der andere Vertragspartner ordnungsgemäß, also nach 153
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Erhebung des Widerspruchs seinerseits, Anfechtungsklage erhoben hat, ist in Anwendung des § 68 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO zu verneinen. Wenn in dem Antrag an die Behörde nur auf § 19 Abs. 3 Bezug genommen wird, ohne daß ausdrücklich von „Teilung" die Rede ist, so handelt es sich dann um einen genügenden Teilungsantrag, wenn aus dem Antragsbegehren eindeutig ersichtlich ist, daß es sich um eine Teilung handelt (vgl. Rspr. 9 AI). Nur die in dem Kaufvertrag enthaltene Teilungserklärung des Eigentümers ist genehmigungspflichtig (BVerwG vom 7.3. 1972, Nr. IV B 167.71, BVerwGE 37, 233). Zur Stellung des Antrags auf Erteilung der Genehmigung ist nach urspr. herrsch. Meinung nur der Eigentümer befugt, auch wenn der Grundstücksteil an einen Dritten veräußert werden soll und die Teilungserklärung im Kaufvertrag enthalten ist (BVerwG U vom 28. 2. 1975, BauR 1975, 399; BayVGH U vom 1. 8. 1975, BayVBl. 1975,559). Mit U vom 9. 4. 1976 (Rspr. 9 A 29) hat das BVerwG diese Ansicht aufgegeben. Ohne dogmatisch überzeugende Begründung vertritt das BVerwG jetzt die Auffassung, daß beim Teilungskauf auch der Käufer berechtigt ist, die Bodenverkehrsgenehmigung zu beantragen und notfalls mit Klage durchzusetzen. Zutreffend ist zwar, daß die Frage der Antragsberechtigung und der Klagebefugnis des Teilungskäufers kaum unterschiedlich beantwortet werden kann. Weil aber nur der Eigentümer die Teilungserklärung abgeben kann und auch allein dessen Erklärung bei Außenbereichsgrundstücken für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit maßgeblich ist (vgl. dasselbe U, Rspr. 9 A 29), kann der Käufer damit eine Genehmigung für einen Rechtsvorgang erstreiten, den er in keiner Weise zu beeinflussen vermag. Mögliche Konsequenzen aus der Entscheidung ergeben sich auch deshalb, weil die dann notwendigen Beiladungen (§ 65 Abs. 2 VwGO) bisher kaum erfolgt sein dürften. Wenn das BVerwG meint, nur auf diese Weise ließen sich „mißliche Umwege des Rechtsschutzes" vermeiden, dann darf auf die seit langem anerkannte Möglichkeit der Genehmigung einer künftigen Auflassung hingewiesen werden (vgl. Rspr. 9 A 8). 4. Begriffe Außenbereich — im Zusammenhang bebaute Ortsteile a) Die im besonderen im Hinblick auf § 35 wichtige Begriffsbestimmung „Außenbereich" in Abs. 1 als das Gebiet außerhalb des qualifizierten BebPl. (§ 30) und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile lehnt sich an die Definition des § 3 Abs. 1 BauRegV an, die den Ausdruck „nicht im Zusammenhang bebaute Ortsteile" verwendet hat. In der Praxis ist eine klare Grenzziehung oftmals sehr schwierig, wo kein BebPl. bisher vorhanden ist, also nur die tatsächliche Bebauung als Maßstab herangezogen werden kann. Hier wird man auf den Einzelfall abstellen müssen. Jedenfalls unterliegt der Begriff der vollen verwaltungsrichterlichen Nachprüfung und damit Ent154
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Scheidung. Festsetzungen im FINPl. können für die Unterscheidung Innenbereich — Außenbereich nur in Ausnahmefällen von Bedeutung sein. Das gleiche muß für BebPl. gelten, die nicht den Erfordernissen des § 30 genügen. b) Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil ist dann anzunehmen, wenn der zu beurteilende Bebauungszusammenhang nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG U vom 22. 3. 1972 BayVBl. 72, 575; BVerwGE 31, 22 (26)). Ein „Ortsteü" in diesem Sinne muß zwar seiner Struktur nach eine städtebauliche Funktion erfüllen. Es genügt hierbei jedoch der Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) ohne die Verkörperung eines bestimmten städtebaulichen Ordnungsbildes (BVerwG U vom 21. 1. 1972 VwRspr. 24, 176). Eine Streusiedlung (vgl. § 35 Abs. 3) erfüllt diese Voraussetzungen grundsätzlich nicht. Als vom Gesetz mißbilligte Siedlungsform entspricht sie einer geordneten städtebaulichen Entwicklung allenfalls dann, wenn sie durch das Herkommen gedeckt und durch die landwirtschaftliche Betriebsweise bedingt ist (BVerwGE 18, 242 (246)). c) Für die Abgrenzung des im Zusammenhang bebauten Ortsteils vom Außenbereich kommt es auf die Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts an, bei der die gesamten örtlichen Gegebenheiten des Einzelfalles erschöpfend zu würdigen sind (BVerwGE 28, 268/272, U vom 3.3. 1972 BayVBl. 73, 78). Einzelne unbebaute oder unbebaubare Grundstücke unterbrechen den Bebauungszusammenhang nicht. Auch kommt es für die Abgrenzung nicht entscheidend auf Grundstücks- und Parzellengrenzen an (BVerwG U vom 6.11.1968, BBauBl. 1969, 289, Rspr. 9 A 12). Ob ein Grundstück als „Baulücke" in die zusammenhängende Bebauung einbezogen ist, hängt auch von der Größe des Grundstücks ab. Auch wenn ein Grundstück von Bebauung umgeben ist, liegt eine bebaubare Baulücke dann nicht mehr vor, wenn es aufgrund seiner Größe in den Bebauungsmöglichkeiten von der vorhandenen Bebauung nicht mehr geprägt wird (BVerwG U vom 14. 12. 1973, DÖV 74, 211, Rspr. 9 A 24 c). „Außenbereich" i. S. d. Abs. 1 Nr. 3 kann daher auch völlig von Bebauung umgeben sein. d) Eine Bebauung des Außenbereichs widerspricht den Zielsetzungen des BBauG. § 35 läßt solche Vorhaben grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Ziff. 1 bis 5 zu (sog. privilegierte Vorhaben, siehe die Erläuterungen bei § 35). Die Teilungsgenehmigung darf somit für Grundstücke im Außenbereich, die bebaut werden sollen, grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn privilegierte Vorhaben dort errichtet werden sollen Die Frage, ob eine genehmigungspflichtige Teilung vorliegt, wenn im Rahmen einer Parzellierung nicht der verkaufende Eigentümer, wie es der Wortlaut des Abs. 2 vorschreibt, die Erklärung nach Abs. 2 abgibt, sondern ein Dritter, der mit dem Erwerber einen Kaufvertrag über eine abzuteilende Parzelle geschlossen hat, ist von dem Schutzgedanken des § 19 aus zu bejahen. Desgleichen liegt ein — neuer — genehmigungspflichtiger Vorgang vor, 155
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wenn nach erfolgter Genehmigung ein abgeteiltes Grundstück zwecks (weiterer) Parzellierung an einen Dritten verkauft wird, bevor die Auflassung im vorangegangenen Rechtsgeschäft erfolgt. Im Geltungsbereich eines qualifizierten (§ 30) Beb PI. kann die Teilungsgenehmigung nicht deswegen versagt werden, weil der Rechtsvorgang oder die mit ihm bezweckte Nutzung „nicht mit der vorhandenen Bebauung vereinbar" seien (BVerwG U vom 22. 7. 1965, N J W 1965, 121). Eine Voranfrage bei der Behörde ist nicht „eine sonstwie erkennbar gemachte Erklärung" i. S. des Abs. 3 (OVG Lüneburg B vom 29. 11. 1961, I OVG A 69/60, nicht veröff.) und damit kein genehmigungsfähiger Vorgang. Das gleiche gilt für nicht den Erfordernissen des §313 BGB entsprechende sog. Vorverträge über den Verkauf von Grundstücksteilen. Eine gewisse Überschneidung entsteht aus der formalrechtlichen Regelung des bürgerlichen Rechts mit der bewußt im BBauG lose gehaltenen Regelung „der sonstwie erkennbar gemachten Erklärung". Zwar ist letztere noch keine sachenrechtlich wirksame Verfügung, doch ist die Genehmigung der Behörde Grundlage für eine Eintragung im Grundbuch, die allerdings erst erfolgen kann, wenn der Rechtsvorgang auch bürgerlich-rechtlich in Ordnung ist. Zur Auslegung des Zwecks (Abs. 1 Nr. 3) darf nur auf die Erklärung des Eigentümers abgestellt werden, weil nur er nach dem Wortlaut des Abs. 2 den Rechtsvorgang der Teilung auslösen kann (vgl. oben 3 b). 5. Genehmigungsbehörde, Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde (Abs. 3) a) Die Entscheidung der Genehmigungsbehörde setzt einen schriftlichen Antrag voraus. Zur Stellung des Teilungsantrags ist an sich nur der Grundstückseigentümer (siehe aber Rspr. 9 A 29 a) befugt. Die Frist des Abs. 3 Satz 3 wird nur durch hinreichend klare und vollständige Anträge in Lauf gesetzt, bei denen hinsichtlich des Inhalts einer fingierten Genehmigung keine Unklarheiten bestehen können. In dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung liegt zugleich der Hilfsantrag auf Erteilung einer Negativbescheinigung, während der auf ein Negativzeugnis gerichtete Antrag nicht in einen Eventualantrag auf Erteilung der Genehmigung umgedeutet werden kann (BayVGH U vom 11.11. 1974, Rspr. 9 B 21). b) Über die Genehmigung der Teilung hat die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu befinden. Der Klammerzusatz „Genehmigungsbehörde" bezieht sich auf den ganzen Satz 1 und bedeutet, daß die für die Genehmigung zuständige landesrechtliche Baugenehmigungsbehörde vom Gesetz im Rahmen der Bestimmungen über den Bodenverkehr nunmehr als „Genehmigungsbehörde" bezeichnet wird (vgl. § 23 Abs. 3 und 4). Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde fallen in kreisfreien Städten oder bei kreisangehörigen Gemeinden, die durch Landesrecht zu Baugenehmigungs156
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behörden erklärt worden sind, zusammen. Im Hinblick auf die Wortfassung „Einvernehmen" — dies bedeutet im Gegensatz zum „Benehmen" Übereinstimmung der beiden Partner — erteilt die Baugenehmigungsbehörde dem Antragsteller formell richtig einen ablehnenden Bescheid, wenn die Gemeinde für die Erteilung der Genehmigung ist, sie — die Baubehörde — aber eine solche nicht verantworten zu können glaubt. Das gleiche gilt für den umgekehrten Fall. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen einer Versagung der Teilungsgenehmigung, das der oder die betroffenen Vertragspartner angestrengt haben, ist die Gemeinde nach § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen, da ihre rechtlichen Interessen durch die Entscheidung berührt werden. c) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 3, also außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines BebPl. und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (Außenbereich) ist dann, wenn die Genehmigungsbehörde keine Ablehnung, sondern eine Genehmigung erteilen will, außerdem die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich, soweit die Teilung ein Vorhaben (Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung von genehmigungspflichtigen Bauanlagen — § 29) vorbereitet werden soll, das entweder im Stadium der Planaufstellung (§ 33) zur Verwirklichung kommen soll oder im Einzelfall als Außenbereichsvorhaben öffentliche Belange nicht beeinträchtigt (§ 35 Abs. 2); Abs. 3 Satz 2 nimmt hier ausdrücklich auf §36 Bezug, wobei §36 Abs. 1 Satz 2 gemeint ist (gleicher Auffassung Schütz-Frohberg, § 19 Anm 5). d) Eine dem Schutz des Antragstellers dienende wichtige Bestimmung ist die Vorschrift des Satzes 3 in Abs. 3, daß die Genehmigung (einschließlich Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nach Satz 2) als erteilt gilt, wenn sie nicht innerhalb dreier Monate nach Eingang des Antrag bei der Genehmigungsbehörde (Fassung durch die Novelle 1979) versagt wird. Bereits durch die Verlängerung der früheren 2-Monats-Frist hat die Novelle 1976 eine spürbare Erleichterung für die Praxis der Genehmigungsbehörde geschaffen. Das Gesetz trifft keine Regelung, wie umfassend der Antrag gestellt sein muß, um die Frist für die Fiktion anlaufen zu lassen. Das OVG Lüneburg sagt (vgl. Rspr. 9 B 3), die Genehmigung gelte als erteilt, wenn mehr als zwei (jetzt: 3 Monate) Monate zuvor im Antrag der Vorgang nebst den beigefügten Unterlagen so bestimmt bezeichnet worden, ist, daß über den Inhalt kein Zweifel entstehen könne. Auch läßt das Gesetz die Frage unbeantwortet, bei welcher Behörde der Antrag einlaufen muß, um die Frist in Gang zu setzen. Man wird jedenfalls den Eingang bei der zuständigen, also der für die Entscheidung zuständigen Behörde als erforderlich ansehen müssen (BayVGH, U vom 1. 4. 1966 Nr. 233 I 63; BVerwG U vom 30. 8. 1966, Rspr. 9 A 3). Die Regelung der früheren Zweimonatsfrist hat im Hinblick auf die für die Praxis recht kurze Zeit, in der die Entscheidung getroffen werden mußte, und den Ausschluß einer Verlängerung schwierige Fragen aufgeworfen. Aber 157
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auch die jetzige (seit 1976) Dreimonatsfrist ist für überforderte Behörden nicht immer einzuhalten. Nunmehr ist die befristete Verlängerung durch Satz 4 eingeführt worden. Andererseits verlangt der Rechtsschutz für den Bürger die erforderliche Beschleunigung (Sinn der Novelle v. 6. 7. 1979). Versagt die Behörde vorsorglich, um dann nach eingehender und ausreichender Prüfung doch zu genehmigen, können sich hieraus Schadenersatzansprüche ergeben (vgl. Bitter, DVBI. 1962, 43). Die Meinung des Bad.-Wttb. VGH in Übereinstimmung mit dem BayVGH (Rspr. 9 B 1 und 9), daß es zur Wahrung der Frist des Satzes 3 genüge, wenn der Versagungsbescheid rechtzeitig einem der Vertragspartner zugegangen ist, ist nur dann richtig, wenn der andere Vertragspartner nicht selbst Antragsteller war (vgl. BVerwG U vom 19. 9. 1969). Die Ansicht, daß es zur Wahrung der Frist genüge, wenn der Bescheid den Machtbereich der Behörde verlasse (vgl. Schieder, BayVBl. 1963, 231), wird von der höchstrichterl. Rspr. nicht geteilt. Maßgeblich kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Entscheidung an; eine förmliche Zustellung ist nicht vorgeschrieben. Im Falle der Versäumnis der Monatsfrist tritt eine fiktive Genehmigung ein, die in ihrer Wirkung der förmlichen Genehmigung völlig gleichsteht; damit sind auch hier § 21 (und § 20) in vollem Umfang anwendbar. Hat die Behörde innerhalb der Dreimonatsfrist auf einen Genehmigungsantrag eine Negativbescheinigung erteilt, so tritt die Genehmigungsfiktion auch dann nicht ein, wenn zu Unrecht von der Genehmigungsfreiheit des Rechtsvorgangs ausgegangen worden ist. Da der Antrag auf Genehmigung den Hilfsantrag auf Negativattest umfaßt, ist in der Negativbescheinigung notwendigerweise auch die Ablehnung des Hauptantrages zu sehen (BVerwG B vom 6. 9. 1968 BRS 20, 147 und U vom 14. 2. 1969 BRS 22, 159). Hingegen kann die verspätete Ausstellung der Negativbescheinigung nicht in die Rücknahme der als erteilt geltenden Bodenverkehrsgenehmigung umgedeutet werden (BVerwG, Rspr. 9 A 26). Im übrigen können zu Unrecht erteilte oder als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigungen nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte zurückgenommen werden; diese Grundsätze werden allerdings teilweise durch die besondere Schutzfunktion des Bodenverkehrs überlagert (BVerwG U vom 28. 2. 1975, Rspr. 9 A 26). Die Novelle 1976 hat außer der Verlängerung der Zweimonatsfrist auf drei Monate die Möglichkeit geschaffen, die Frist durch Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der zum Abschluß der Prüfung notwendig ist. Die Genehmigungsfiktion von Satz 6 wird durch die Verlängerung aber nur dann ausgeschlossen, wenn der Zwischenbescheid dem Antragsteller vor Ablauf der Dreimonatsfrist des Satzes 3 zugeht und darin der Zeitraum der Verlängerung bezeichnet ist. Wird um mehr als die zulässigen drei weiteren Monate verlängert, dann tritt an die Stelle der falschen Zeitbestimmung die gesetzliche Höchstfrist des Satzes 3. Die Genehmigungsfiktion wird auch 158
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dann verhindert, wenn die Verlängerung erfolgt, obwohl die Prüfung rechtzeitig abgeschlossen werden kann; in diesem Fall können sich aber Schadenersatzansprüche ergeben. Anträge auf Teilungsgenehmigung können ebenso wie Bauanträge unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 zurückgestellt werden (§ 15 Abs. 2). Wegen der Wirkung einer VSperre siehe § 20 Abs. 1 Nr. 2, e) Mit dem durch die Novelle 1979 neu angefügten Satz 7 soll das Genehmigungsverfahren in den Fällen beschleunigt werden, in denen die Genehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden hat oder in denen die Genehmigung nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erteilt werden darf. Die hier normierte Zweimonatsfrist beginnt mit Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde. Im Regelfall wird in der Praxis das Ersuchen unterbleiben können. Gehen Anträge bei der Gemeinde ein, wird sie bereits ihre Stellungnahme bei der Weiterleitung des Antrags an die Genehmigungsbehörde beifügen. Jedenfalls wird früher festgestellten Säumnissen zum Schutz des Staatsbürgers vorgebeugt. f) Nach § 147 Abs. 3 kann durch Landesrecht auch eine andere staatliche Behörde mit den Aufgaben der höheren Verwaltungsbehörde nach § 19 betraut werden. Bayern z. B. hat für Gemeinden bis 3000 Einwohner, wenn ein F1NP1. aufgestellt ist, und für Gemeinden ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr die Kreisverwaltungsbehörde für zuständig erklärt. 6. Rechtsschutz Die Verwaltungsakte auf Grund § 19 sind nach den Vorschriften der VwGO mit Widerspruch und mit Klage zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten anfechtbar (§ 19 ist in § 157 Abs. 1, in dem der ausschließliche Katalog der vor den Baulandkammern zu verhandelnden Rechtssachen enthalten ist, nicht aufgeführt), jedoch grds. nur vom betroffenen Staatsbürger (vgl. hierzu § 20, der die Rechtsgrundlagen für eine Versagung enthält). Gegenüber der die Genehmigungserteilung bejahenden Gemeinde ist die ablehnende Haltung der Baugenehmigungsbehörde oder die Verweigerung der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde kein Verwaltungsakt, da im Gegensatz zur Verweigerung der Genehmigung nach §§ 6 und 11 bezüglich des F1NP1. und BebPl. die Gemeinde nicht unmittelbar betroffen ist und nicht in ihren Selbstverwaltungsrechten verletzt werden kann. Anders liegt der Fall, wenn eine Gemeinde, die nicht selbst Baugenehmigungsbehörde ist, aus planerischen Gründen eine ablehnende Stellungnahme abgibt und die Baugenehmigungsbehörde trotzdem die Teilungsgenehmigung erteilt. Abgesehen davon, daß das gesetzlich notwendige Einvernehmen fehlt und schon deshalb die Entscheidung nicht Rechtens ist, kann die Gemeinde als in ihrem Selbstverwaltungsrecht beeinträchtigt Widerspruch und gegebenenfalls Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht erheben. Das BVerwG hat im Zusammenhang mit § 36 in seinem Urteil vom 19. 11. 1965, IV C 184.65, (BVerwGE 159
§19 7
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
22, 342 = N J W 1966, 513 = DVB1. 1966, 177 = DÖV 1966, 243) ausgesprochen, daß eine von der (staatlichen) Baugenehmigungsbehörde ohne Einvernehmen der Gemeinde ausgesprochene Genehmigung eines Vorhabens (nach §§ 29 ff.) die Gemeinde in ihren Rechten verletzt; die Baugenehmigungsbehörde ist — unbeschadet der rechtlichen Möglichkeit, das Einvernehmen rechtsaufsichtlich zu ersetzen — gehindert, eine Genehmigung auszusprechen, solange die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erklärt hat. Durch die Erteilung einer Teilungsgenehmigung kann der Eigentümer des Nachbargrundstücks in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Genehmigung im Widerspruch zu solchen Vorschriften steht, die (auch) dem Nachbarschutz dienen (VG München U vom 16. 12. 1974 BayVBl. 75, 425). In der Praxis wird trotz dieser Möglichkeit der Nachbar im Bodenverkehrsverfahren regelmäßig nicht beteiligt, was nunmehr angesichts der längeren Frist und der Möglichkeit der Verlängerung jedoch in geeigneten Fällen geschehen sollte. Ansonsten besteht die Gefahr einer erfolgreichen Anfechtung auch noch nach längerer Zeit, weil gegenüber dem nichtbeteiligten Nachbar keine Rechtsbehelfsfrist läuft. Gerade im Hinblick auf die rechtsgestaltende Natur der Teilungsgenehmigung sollte dies vermieden werden. 7. Befreiung von der Genehmigungspflicht (Abs. 4 und 5) a) Genehmigungsfreie Rechtsvorgänge In Abs. 4 sind die genehmigungsfreien Rechtsvorgänge ausschließlich aufgezählt. Die Vorschrift wurde 1979 durch Herausnahme der Bezeichnung „Vertragsteil" (siehe unten), durch Herausnahme der (aufgehobenen) Erbbaurechts-Bestellung (alte Nr. 4), durch Aufhebung der Nr. 5 (Umwandlung von Eigentum ist als Auflassung nicht mehr genehmigungspflichtig) und durch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Nr. 6 in Teilen geändert. Die Nr. 1 nennt die Rechtsvorgänge im Rahmen eines Enteignungsverfahrens (Fünfter Teil des BBauG) oder eines Bodenordnungsverfahrens (Umlegung, Grenzregelung, vgl. Vierter Teil des BBauG), Nr. 2 und 3 diejenigen, bei denen der Bund, ein Bundesland oder eine Gemeinde (hier sind seit der Novelle 1979 auch die Gemeindeverbände genannt), ferner ausschließlich kirchlichen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienende öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten, Stiftungen sowie die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften (einschließlich deren Aufgaben dienende rechtsfähige Anstalten, Stiftungen oder Personenvereinigungen), die als Vertragsteil oder Eigentümer (beim Bund, den Ländern und Gemeinden auch als Verwalter) beteiligt sind. Die Streichung des Worts „Vertragsteil" in Nr. 2 u. 3 ergibt sich daraus, daß die Genehmigung n u n m e h r nur noch für Teilungen erforderlich ist. Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sollen von der Genehmigungspflicht auch freigestellt werden, wenn sie als Grundstückserwerber, beteiligt sind. Auch in diesen Fällen kann 160
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§19 8
nach Meinung die RegE davon ausgegangen werden, daß den Ordungsprinzipien des Gesetzes und damit dem Grundsatz einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht zuwidergehandelt wird (BT—DS 8/2451 a. a. O.). Die letzte Gruppe (Nr. 4) führt die Rechtsvorgänge an, die die Errichtung von Anlagen der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme und Wasser sowie für die Abwasserwirtschaft bezwecken. Die neue Fassung durch die Novelle von 6. Juli 1979 stellt Teilungen, auch wenn ihnen ein Verpflichtungsgeschäft nicht zugrunde liegt, von der Genehmigung frei, wenn sie der Errichtung von Anlagen der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie von Anlagen der Abwasserwirtschaft dienen. Wegen des Begriffes dienen siehe Erläuterung Nr. 2 zu e, ee) bei § 35. b) Generelle Befreiungen Abs. 5 eröffnet den Bundesländern die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung der Landesregierung — nicht eines Ressortministers — eine Genehmigungsfreiheit für solche Gebiete einzuführen, in denen wegen geringer Wohnsiedlungstätigkeit eine Überwachung des Bodenverkehrs nicht erforderlich ist. Von dieser Ausnahmebestimmung wurde im Hinblick auf die siedlungsmäßige Entwicklung im überbevölkerten Bundesgebiet nur in mäßigem Umfang Gebrauch gemacht. Vgl. hierzu die in Teil III A abgedruckte Übersicht der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen. Von der Ermächtigung des Abs. 6 haben alle in Frage kommenden Länder, nämlich Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Saarland und Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht.
8. Überleitungsvorschriften nach der Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 a Abs. 1 und 2 sowie § 183 c) a) Wenn in einem Verfahren, die die früher vom Gesetz erfaßte Auflassung oder die Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts zum Inhalt hat, über die Genehmigung bis einschließlich 31.7. 1979 nicht entschieden worden oder eine solche Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden war ist nach § 183 a Abs. 1 dieses Verfahren (ohne Ansatz von Gerichtskosten) einzustellen. Bei Teilungsverfahren, die am 1.8. 1979 noch nicht unanfechtbar geworden waren, ist nach Abs. 2 a. a. O. das neue Recht anzuwenden. b) Soweit die Gemeinde ihr Einvernehmen und die höhere Verwaltungsbehörde ihre Zustimmung zu erteilen haben, hat § 183 c im Hinblick auf die Umstellung der Verwaltung auf die neuen Beteiligungsregelungen eine Zweimonatsfrist, beginnend bei Inkrafttreten der Novelle, also am 1.8. 1979, festgelegt. Hiervon wird § 19 Abs. 4 Satz 7 erfaßt.
161
§19 9
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
9. Rechtsprechung* Übersicht Auflagen: A4 B i n d u n g s Wirkung:
A 11, 12, 13, 16, 21, 30. 31 B 14 Fiktion der Genehmigung: A 7, 16, 17, 29 B 9, 13, 26 Frist (§ 19, Abs. 4 Satz 3 a. F.) A 5, 17, 18, 20 B 1, 3, 10, 12, 13, 18, 19 Genehmigungsfreie Vorgänge: A 8, 18, 26 B 21
Rechtsbegriffen Teilung: A 3 , 22, 28, 29, 31, 32, 33 B 20, 22, 25 Zusätze zum Vertrag: A9 im Zusammenhang bebauter Ortsteil: A 13, 14, 24 Zweck: A 6, 8, 9, 18, 19, 25 B 2, 4, 5, 11, 16
A. Höchstrichterliche R e c h t s p r e c h u n g (wegen A u f l a s s u n g siehe die vorh e r g e h e n d e n A u f l a g e n dieses K o m m e n t a r s ) 1. B V e r w G U v o m 30. 6. 1964 (I C 79.63) B V e r w G E 19, 82 = D Ö V 1964, 782 = DVB1. 1964, 916 = M D R 1964 = BayVBl. 1965, 20 Teilung im Sinne des § 19 Abs. 3 BBauG ist auch der Antrag des Eigentümers an die Genehmigungsbehörde auf Erteilung der Genehmigung gemäß § 19 Abs. 4*) BBauG, wenn in dem Antrag die beabsichtigte Grundstücksteilung eindeutig bezeichnet wird. 2. B V e r w G U v o m 17. 5. 1966 (IV C 2 0 7 / 6 5 ) B V e r w G E 24, 129 = N J W 1966, 1830 = DVB1. 1966, 793 Die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung mit der Einschränkung, daß die Bebaubarkeit des zum Zwecke der Bebauung erworbenen Grundstücks vom Zuerwerb einer weiteren Fläche abhänge, ist mit der Regelung in den §§ 19 bis 21 BBauG unvereinbar. Ein solcher Zusatz ist wegen seiner Verflechtung mit dem Gesamtinhalt des Verwaltungsakts nicht selbständig anfechtbar. 3. B V e r w G B v o m 30. 8. 1966 (IV B 160.65) Buchholz 406.11 § 19 B B a u G N r . 10 a) Die Frage, bei welcher Behörde der Teilungsantrag nach §§ 19 ff. BBauG eingehen muß, um die Frist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG in Lauf zu setzen, ist grundsätzlich dahin zu beantworten, daß es auf den Eingang bei der für die Entscheidung zuständigen Behörde ankommt. *) Im Hinblick auf die Novellen 1976 und 1979 wurden verschiedene höchstrichterl. Entscheidungen (z. B. bzgl. der Auflassung) nicht mehr aufgenommen. Ansonsten wurden die Änderungen der Absätze des § 19 vermerkt. *) jetzt Abs. 3 162
2. Abschnitt. Bodenverkehr
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b) Die für die Klarstellung und Ergänzung eines Teilungsantrages benötigte Zeit kann auf die Frist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG nicht angerechnet werden (auch BVerwG B vom 13. 6. 1967 (IV B 100.66) Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 11).
4. BVerwG B vom 2.11. 1967 (IV B 188.,66) B k h h o l z 406.11 § 19 BBauG Nr. 12 Ob sich mit der Teilung eines Grundstücks der Zweck einer bestimmten Nutzung im Sinne des § 20 BBauG verbindet, bestimmt sich ausschließlich nach dem Willen des Eigentümers, wie er sich aus den objektiven Umständen des Falles ergibt.
5. BVerwG U vom 3. 11. 1967 (IV B 183.66) Buchholz 106.11 § 19 BBauG Nr. 13
Die Fiktionswirkung des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG kann nur eintreten, wenn der Teilungsvorgang in seinem Gegenstand so hinreichend eindeutig bestimmt ist, daß die fingierte Genehmigung ihrerseits hinreichend bestimmt und insbesondere grundbuchrechtlich vollziehbar ist.
6. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 170.65) BVerwE 29.86 = BayVBl. 1968, 317 = MDR 1968, 83 = Buchholz 106.11 § 19 BBauG Nr. 14
Eine Bodenverkehrsgenehmigung kann wegen des mit dem Rechtsvorgang verfolgten Zwecks nicht versagt werden, wenn die Verwirklichung dieses Zwecks keiner bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung i. S. von § 29 Satz 1 BBauG bedarf.
7. BVerwG B vom 30. 4. 1968 (IV B 86.67) Buchholz 106.11 § 19 BBauG Nr. 15
a) Mängel auf in bezug auf die eindeutige Bezeichnung des mit einer Auflassung verbundenen Teilungsvorganges bestehen, sind gleichzeitig Mängel, die die Genehmigungsfähigkeit der Auflassung ausschließen. b) Mündliche Erklärungen sind grundsätzlich ungeeignet, die der notwendig schriftlichen oder zu Protokoll gegebenen Teilungserklärung nach § 19 Abs. 3 BBauG fehlende Eindeutigkeit herbeizuführen.
8. BVerwG U vom 10. 5. 1968 (IV C 101.66) DVB1. 1968, 807 = DÖV 1968, 881
Das Entgegenstehen des Anbauverbots nach § 9 FStrG rechtfertigt nicht die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung, wird aber andererseits im Falle der Genehmigungserteilung auch durch die Bindungswirkung der Genehmigung nicht berührt.
9. BVerwGU vom 10. 5. 1968 (IV C 18.66) DVB1. 1968, 806 = DÖV 1968, 880
a) Ein Verstoß gegen § 19 Abs. 4*) BBauG (Erfordernis der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde) berührt die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung nicht. b) FINPle. sind nicht geeignet, die Zulässigkeit eines nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilenden Vorhabens zu begründen, wenn dieses Vorhaben andere öffentliche Belange beeinträchtigt. *) jetzt Abs. 3
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§199
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
10. BVerwG U vom 10. 5. 1968 (IV C 186.65) BVerwGE 29.357 = DÖV 1968, 876 = DVB1. 1968, 802 = BayVBl. 1969, 132 = MDR 1968, 784
a) Nach Erteilung einer gemäß § 21 Abs. 1 BBauG bindenden Bodenverkehrsgenehmigung darf für die mit dem genehmigten Rechtsvorgang bezweckte Nutzung die Baugenehmigung auch dann nicht versagt werden, wenn das Vorhaben bei unmittelbarer Anwendung der §§ 30 ff. BBauG nicht zugelassen werden könnte. Das gilt seit dem Inkrafttreten des BBauG auch für die nach § 4 WSG erteilten Genehmigungen. b) Solange die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung besteht, darf eine weitere Bodenverkehrsgenehmigung, die sich (und soweit sie sich) auf ein gleichartiges Vorhaben bezieht, nicht aus Gründen versagt werden, denen die Bindung an die vorangegangene Genehmigung entgegensteht. c) Genehmigungen nach § 4 WSG wirken sich seit dem Inkrafttreten des § 21 Abs. 1 BBauG nur auf Baugenehmigungsanträge bindend aus, die innerhalb von drei Jahren seit der Erteilung der Genehmigung gestellt worden sind.
11. BVerwG U vom 6. 11. 1968 (IV C 31.66) BVerwG 31,22 = BayVBl. 1969, 134 = Z M R 1969, 186 = DVB1. 1970, 72 (1969, 755)
a) Zum Bebauungszusammenhang gehört die tatsächlich vorhandene Bebauung unabhängig, davon, ob die Baulichkeiten genehmigt worden sind oder aber in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran läßt, daß sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben. b) Ortsteil im Sinne der §§ 19 Abs. 1 und 34 BBauG ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. c) Einer Bescheinigung über die bodenverkehrsrechtliche Genehmigungsfreiheit eines Rechtsvorganges (§ 23 Abs. 2 BBauG) kommt eine Bindungswirkung nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BBauG nicht zu.
12. BVerwG U vom 6. 11. 1968 (IV C 47.68) BBauBl. 1969, 289
Für die Ausdehnung eines Bebauungszusammenhangs kommt es auf die Grundstücksgrenzen nicht entscheidend an.
13. BVerwG U vom 14. 2. 1969 (IV C 39.68) NJW 1969, 1869 = DÖV 1969, 685 = M D R 1969, 785 = DVB1. 1970, 71 = BayVBl. 1970, 98
Eine nach § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigung bindet im Rahmen des §21 BBauG die Baugenehmigungsbehörde bei der Entscheidung über eine Baugenehmigung.
14. BVerwG U vom 6. 5. 1970 (IV C 28.68) BVerwGE 35, 187 = BayVBl. 1970, 364 = DÖV 1970, 752 = MDR 1970, 869
a) Eine Genehmigungspflicht nach § 19 Abs. 2**) Nr. 1 BBauG ist nicht gegeben, wenn die beabsichtigte Bebauung keiner bauaufsichtlichen Genehmigung, Zustimmung oder Anzeige bedarf. b) Das Anlaufen der in § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG vorgesehenen Frist setzt die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsvorganges voraus. c) Die Genehmigungsfähigkeit erfordert im Falle des § 19 Abs. 2**) Nr. 1 BBauG, daß der Rechtsvorgang, die Identität des betroffenen Grundstücks sowie das Bestehen einer Bauabsicht eindeutig dargetan werden. Ob dagegen die Vertragsurkunde nähere Angaben über den Inhalt der Bauabsicht enthält, berührt die Genehmigungsfähigkeit nicht. *) jetzt Abs. 3 **) jetzt Abs. 1
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2. Abschnitt. Bodenverkehr
§19 9
15. BVerwG B vom 31. 1. 1971 (IV B 114.70) BayVBl. 1971, 307
Nimmt der Eigentümer eine Grundstücksteilung ohne Offenlegung einer Bebauungsabsicht vor, obgleich er — nach Darstellung der Käufers — diesem gegenüber dazu verpflichtet wäre, so ist im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren vom Fehlen einer Bebauungsabsicht und nicht etwa von einem in Wahrheit vor der abgegebenen Erklärung abweichenden Willen des Eigentümers auszugehen (vgl. dazu die Beschlüsse vom 17. 10. 1964 - I B 107.63 - Buchholz 406-11 § 19 BBauG Nr. 67 und vom 2. 11. 1967 - IV B 188.66 - BRS 18, 113).
16. BVerwG U vom 16. 4. 1971 (IV C 2.69) DÖV 1971, 637 = DVB1. 1971, 750 = NJW 1971, 1627
a) Bodenverkehrsgenehmigungen bedürfen der Schriftform. b) In der nachträglichen Änderung des mit dem genehmigungsbedürftigen Rechtsvorgang verfolgten Nutzungszwecks liegt die Rücknahme des zunächst gestellten und die Stellung eines neuen Antrages; sie erfordert dementsprechend das erklärte Einverständnis aller Antragsteller des ersten Antrages und löst erneut die Frist des § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG aus. c) Die nachträgliche Änderung des Nutzungszwecks bedarf ebenso wie alle anderen Erklärungen, die sich auf den Eintritt oder den Umfang der Bindung nach § 21 Abs. 1 BBauG auswirken können, der Schriftform. d) Ein dem Zeugnis nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BBauG hinzugefügter Hinweis auf den angeblichen Inhalt der nach den §§ 19 Abs. 4*) Satz 3, 21 Abs. 1 BBauG eingetretenen Bindung wird auch bei unterbleibender Anfechtung nicht bestandskräftig.
17. BVerwG U vom 12. 11. 1971 (IV C 53.69) BayVBl. 1972, 556 = DÖV 1972, 499
Ist über einen Teilungsvorgang nach § 23 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG ein Zeugnis ausgestellt worden, kann, solange dieses Zeugnis besteht, der aus § 21 Abs. 1 BBauG folgenden Bindung nicht entgegengehalten werden, daß der Teilungsvorgang seinerzeit wegen fehlender Konkretisierung nicht genehmigungsfähig gewesen sei.
18. BayObLG B vom 12. 7. 1972 (BReg. 2 Z 14/72) BayVBl. 1972, 558
a) Zum Begriff der Grundstücksteilung nach § 19 BBauG. b) Soll von einem Grundstück eine Teilfläche an eine Gemeinde veräußert und dann das Restgrundstück im Eigenbesitz geteilt werden, so ist die letztere Teilung nicht schon deshalb auch genehmigungsfrei, weil die für beide Teilungen vorgenommenen Vermessungen im Auszug aus dem Veränderungsnachweis in einem einheitlichen Vorgang zusammengefaßt sind.
19. BVerwG U vom 14. 7. 1972 (IV C 69.70) BauR 1972, 358
a) Der Antragsteller eines Bodenverkehrsgenehmigungsverfahrens hat keinen Anspruch darauf, daß bereits in diesem Verfahren geprüft und entschieden wird, ob eine beabsichtigte bauliche Nutzung durch die Bewilligung einer Befreiung ermöglicht werden kann. b) Die Zulässigkeit einer Befreiung setzt voraus, daß der jeweilige Fall in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweist, die ihn im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen. *) jetzt Abs. 3
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§19 9
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
20. BVerwG U vom 1. 12. 1972 (IV C 6.71) BayVBl. 1973, 358 = DÖV 1973, 347 = NJW 1973, 1014 a) Ein während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens zustandekommender BebPl. ist im Revisionsverfahren zu beachten. b) Nach der Begriffsbestimmung des BBauG gehören zum Außenbereich alle von den §§ 30 und 34 BBauG nicht erfaßten Flächen. c) Ein Grundstück liegt im Rechtsinne nicht schon deshalb innerhalb eines Bebauungszusammenhanges, weil es von Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, daß das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhanges bildet. d) Eine nach § 34 BBauG bebaubare Baulücke ist nicht gegeben, wenn die Fläche so groß ist, daß sie in den Möglichkeiten ihrer Bebauung von der bereits vorhandenen Bebauung nicht mehr geprägt wird (bestätigt mit U vom 14. 12. 1973, oben A 24 c).
21. BVerwG U vom 19. 1. 1973 (IV C 26.71) DVB1. 13, 519 = NJW 1973, 1388 (m. Anm. v. Birk) = BBauBl. 1974, 194
a) § 19 Abs. 2**) Nr. 1 BBauG ist in seiner ersten Alternative nur erfüllt, wenn der Bebauungszweck in der Vertragsurkunde eindeutig offengelegt wird. b) Einseitige Erklärungen, die nach dem Inhalt der Vertragsurkunde nicht erkennbar auch vom Erklärungswillen der anderen Beteiligten mitgetragen werden, reichen zur Offenlegung eines Bebauungszwecks nicht aus.
22. BayVerfGH E vom 3. 7. 1973 (Vf. 45 VII 71) BayVBl. 1973, 609
Die Landesverordnungen über die Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr sind mit der BayVerf. vereinbar.
23. BVerwG B vom 20. 11. 1973 (IV B 156.73) BauR 1/74, 43
Stellt eine Behörde in einem Falle, in dem die Bodenverkehrsgenehmigung als erteilt gilt, das hierfür vorgesehene Zeugnis antragsgemäß dahin aus, daß eine Genehmigung nicht erforderlich sei, so nimmt die Feststellungswirkung des Zeugnisses dem Antragsteller die Möglichkeit, sich auf die Tatsache des Genehmigungseintritts zu berufen.
24. BVerwG U vom 14. 12. 1973 (IV C 48.72) DÖV 1974, 211
a) Wird während der Anhängigkeit eines bodenverkehrsrechtlichen Teilungsverfahrens durch entsprechende — sei es mit Rücksicht auf § 19 Abs. 5***) BBauG zulässig, sei es unzulässige — Grundbucheintragung die Teilung bereits vollzogen, so entfällt der Genehmigungsgegenstand und erledigt sich infolgedessen das Genehmigungsverfahren. b) Eine Grundstücksteilung im Sinne von § 19 Abs. 3****) BBauG liegt auch dann vor, wenn grundbuchmäßig solche Flächen getrennt werden sollen, die zwar tatsächlich getrennt liegen, jedoch nach ihrer Eintragung im Grundbuch Teile desselben Buchgrundstücks sind. c) Eine nach § 34 BBauG bebaubare Baulücke ist nicht gegeben, wenn die Fläche so groß ist, daß sie in den Möglichkeiten ihrer Bebauung von der bereits vorhandenen Bebauung nicht mehr geprägt wird (Bestätigung d. Grundsätze d. U vom 1.12. 1972, BVerwGE 41, 227 = DÖV 1973, 347). **) jetzt Abs. 1 ***) jetzt Abs. 4 ****) jetzt Abs. 2 166
2. Abschnitt. Bodenverkehr
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25. BVerwG U vom 28. 2. 1975 (IV C 77.74) DVB1. 75, 512 = BayVBl. 1975, 510 = BauR 1975, 399 = DNotZ 1975, 603 = NJW 1975, 1740
a) Zu Unrecht erteilte oder als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigungen können nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte zurückgenommen werden; dabei werden diese Grundsätze allerdings teilweise durch die besondere Schutzfunktion des Bodenverkehrsrechts überlagert. b) Die Rücknahme eines Zeugnisses, das über eine nur vermeintlich als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigung ausgestellt wurde, können keine Vertrauensinteressen entgegengehalten werden, die mit der Bindungswirkung der nur vermeintlich als erteilt geltenden Bodenverkehrsgenehmigung zusammenhängen. c) Eine bodenverkehrsrechtlich beachtliche Teilungserklärung kann nur vom Eigentümer abgegeben werden. d) Die Frist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG wird nicht ausgelöst, wenn der Antragsteller in der irrigen Annahme, daß die Bodenverkehrsgenehmigung bereits durch Fristablauf als erteilt gelte, nicht um die Genehmigung, sondern um die Ausstellung eines Zeugnisses über die Tatsache der Genehmigung nachsucht.
26. BVerwG U vom 28.2.1975 (IV C 30.73) DVB1. 1975, 516 = VerwRspr. 27. Bd. Nr. 43 = BauR 1975, 404 = DNotZ 1975, 603 = NJW 1975, 1740 - BBauBl. 1978, 352
a) Zur Rücknahme einer Bodenverkehrsgenehmigung Ein gebundener Verwaltungsakt kann grundsätzlich nicht in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, der eine Ermessensentscheidung voraussetzt. b) Die in FINPlänen enthaltenen Darstellungen sind im Zusammenhang mit § 35 Abs. 3 BBauG nicht einfach im Sinne ihrer rechtssatzartigen Anwendung geeignet, das Vorliegen eines beeinträchtigten öffentlichen Belanges zu ergeben. c) Die Frist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG wird nicht ausgelöst, wenn der Antragsteller in der irrigen Annahme, daß die Bodenverkehrsgenehmigung bereits durch Fristablauf als erteilt gelte, nicht um die Genehmigung, sondern um die Aufstellung eines Zeugnisses über die Tatsache der Genehmigung nachsucht.
27. BVerwG B vom 22. 10. 1975 (IV B 95.75) BauR 6/75, 407
Die Teilungsgenehmigung ist kein Wirksamkeitserfordernis des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts.
28. BVerwG U vom 9. 4. 1976 (IV C 75.74) BayVBl. 1976, 470 = DNotZ 1976, 686 - NJW 1977, 210
a) Bei einem Teilungskauf ist (auch) der Käufer berechtigt, die für die Teilung etwa notwendige Bodenverkehrsgenehmigung zu beantragen und erforderlichenfalls durch Klage zu erstreiten. b) In Fällen des Teilungskaufes ist eine Teilungsgenehmigung nur dann mit Rücksicht auf die zur Erfüllung des Vertrages erforderliche Auflassung entbehrlich, wenn die Auflassungsgenehmigung bereits erteilt ist oder zwar noch nicht erteilt wurde, auf ihre Erteilung aber ein Anspruch besteht.
*) jetzt Abs. 3
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
c) Genehmigungspflichtig ist eine Teilung auch dann, wenn das zu teilende Flurstück zwar unbebaut, aber Teil eines bebauten Buchgrundstücks ist (im Anschluß an das Urteil vom 14. 12. 1973 - IV C 48.72 - BVerwGE 44, 250). d) Ob eine Teilung zum Zwecke der Bebauung vorgenommen wird, bestimmt sich allein nach dem Willen des Eigentümers. e) Eine bauliche Nutzung wird mit einem Teilungsvorgang nicht schon dann bezweckt, wenn der Eigentümer das Grundstück verkauft hat und weiß, daß es — vor allem nach den Vorstellungen des Käufers — in der Konsequenz des Teilungsvorganges zu einer baulichen Nutzung kommen soll. Eine vom Eigentümer bezweckte bauliche Nutzung liegt vielmehr erst vor, wenn der Eigentümer den Bebauungszweck in die Teilungserklärung oder in sonstige Erklärungen aufnimmt, um auf diese Weise die bauliche Nutzung in einem Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren zur Prüfung zu stellen. Soweit die Auffassung des Beschlusses vom 17. 10. 1964 — I B 107.63 — weiter ist, wird an ihr nicht festgehalten.
29. BVerwG U vom 9. 4. 1976 (IV C 21.75) BayVBl. 1976, 473 — wie Leitsatz a bei Nr. 28.
30. BGH U vom 25. 6. 1976 (V ZR 121/73)
Der Verkäufer eines Grundstücks ist nach Versagung der behördlichen Auflassungsgenehmigung (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 BBauG) verpflichtet, bei einer die Genehmigungsbedürftigkeit beseitigenden Vertragsänderung (hier: Streichung der Worte: v als Industriebaugelände") sowie bei der erneuten Auflassung mitzuwirken, wenn die Änderung die schutzwürdigen Belange des Verkäufers nicht berührt, der Käufer aber ein grundlegendes Interesse an ihr hat.
31. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 28.75) DVB1. 1977, 526 = BayVBl. 1977, 471
a) Als Zweck im Sinne des § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG ist nur beachtlich, was vom Eigentümer eindeutig und mit dem Willen offenbart wird, es im bodenverkehrsrechtlichen Verfahren prüfen zu lassen (im Anschluß an das Urteil vom 9.4. 1976 — IV C 75.74 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 35*). b) Lagerplätze erfüllen den Begriff der „Bebauung" im Sinne des § 19 Abs. 2**) Nr. 2 zweite Alternative BBauG nur dann, wenn sie nach ihrer Beschaffenheit bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Satz'l BBauG sind. § 29 Satz 3 BBauG 1976 ist im Zusammenhang mit § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG nicht entsprechend anwendbar. c) Vorhaben, die der öffentlichen Versorgung dienen, sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BBauG 160 und § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG 1976 nur dann privilegiert, wenn sie zu dem vorgesehenen Standort eine der Ortsgebundenheit gewerblicher Betriebe vergleichbare Beziehung haben.
32. BVerwG U vom 7. 10. 1977 (IV C 69.75) BayVBl. 1978, 186
a) In Fällen des sog. Teilungskaufes ist der Käufer bei einer bereits vorliegenden Teilungserklärung des Eigentümers berechtigt, das bodenverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren durch einen eigenen Antrag einzuleiten (im Anschluß an das Urteil vom 9. 4. 1976 - IV C 75.74 - Buchholz 06.11 § 19 BBauG Nr. 35'). b) Bei einer Grundstücksteilung ist im Sinne des § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG eine Bebauung nur dann bezweckt, wenn erstens die künftige Bebauung gewollt und dies *) Siehe oben Nr. 28. **) jetzt Abs. 1
168
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§199
(auch) dem Eigentümer zuzurechnen ist, wenn zweitens die Durchführbarkeit dieser Bauabsicht nach dem Willen des Eigentümers Gegenstand der Prüfung im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren sein soll und wenn drittens das eine wie das andere in einem dem Gebot eindeutiger Offenlegung genügenden Sinne zweifelsfrei ist (im Anschluß an die Urteile vom 9.4. 1976 a . a . O . und vom 21. 1. 1977 - IV C 28.75 Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 382). c) Die aus einer Vertragsurkunde ersichtlichen Belehrungen durch den amtierenden Notar lassen in aller Regel keine verläßlichen Schlüsse auf das vom Eigentümer Gewollte zu.
33. BVerwG U vom 12. 8. 1977 (IV C 20.76) BVerwGE 54, 257 = BayVBl. 1978, 149 = BauR 1977, 408 Die privatrechtsgestaltende Wirkung einer rechtswidrigen Auflassungsgenehmigung schließt deren Rücknahme nicht ohne weiteres, d. h. nicht ohne Ermittlung und Abwägung der von dieser Rücknahme betroffenen schutzwürdigen Interessen, aus.
34. BVerwG U vom 6. 4. 1979 (4 C 76.76) BayVBl. 1979, 472
a) Das in § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG 1960/1976 enthaltene Tatbestandsmerkmal „bebaut" erfaßt alle baulichen Anlagen, die den § 29 Satz 1 BBauG 1960/1976 erfüllen, d. h. alle Anlagen, die sowohl bauliche Anlagen im Sinne dieser Vorschrift als auch mindestens bauanzeigebedürftig sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie baurechtswidrig sind und ob ihre Beseitigung zu erwarten ist. b) Wird die Genehmigung der Teilung eines „bebauten" Grundstücks beantragt, so setzt die Genehmigungsfähigkeit des Antrags voraus, daß das Vorhandensein der Bebauung offengelegt wird.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. Bad.-Württ. VGH U vom 13.1. 1964 (I ^14/62) DÖV 1964, 751
a) Zur Wahrung der Zweimonatsfrist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG genügt es, gemäß § 182 Abs. 1 BGB, daß die Genehmigungsbehörde die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung einer Vertragspartei mitteilt (siehe aber BVerwG vom 19. 9. 1969, Nr. A 17). b) Die Entschließungen der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde über einen Antrag auf Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung i. S. des § 19 Abs. 4*) Satz 1 und 2 BBauG sind ihrem Wesen nach keine Verwaltungsakte, sondern Verwaltungsinterna im Verhältnis zur Genehmigungsbehörde. c) Die Genehmigungsbehörde darf die Bodenverkehrsgenehmigung versagen, ohne zuvor die Entschließungen der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde einzuholen. d) Einvernehmen i. S. des § 19 Abs. 4*) Satz 1 BBauG ist nur vorhanden, wenn völlige Ubereinstimmung zwischen der Gemeinde und Genehmigungsbehörde besteht. e) Die Versagung der Einwilligung zur Bodenverkehrsgenehmigung durch die Gemeinde und die Versagung der Zustimmung dazu durch die höhere Verwaltungsbehörde nach § 19 Abs. 4*) Satz 1 und Satz 2 BBauG sind für die Genehmigungsbehörde bindend. Die Genehmigungsbehörde kann die Entschließung der Gemeinde nur im Rechtsaufsichtswege beanstanden.
*) jetzt Abs. 3 **) jetzt Abs. 1
169
§19 9
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
f) Die Versagung oder Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung durch die Genehmigungsbehörde ist gegenüber dem Antragsteller ein einheitlicher Verwaltungsakt. Dieser braucht sich nur an die Genehmigungsbehörde zu wenden und kann nur gegen diese die Verpflichtungsklage erheben. g) Die Genehmigungsbehörde muß dem Antragsteller gegenüber die Aufffassung der Gmeinde und der höheren Verwaltungsbehörde vertreten, auch wenn diese ihrer eigenen Ansicht widersprechen. h) Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte über die Erteilung oder Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung wirken sich gegenüber der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist daher gemäß § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen. Das gleiche gilt für das Land, wenn die Gemeinde Genehmigungsbehörde ist.
2. BayVGH U vom 23.11. 1964 (Nr. 308 I 63), nicht veröffentlicht
Will der Verkäufer als Grundstückseigentümer das Grundstück zum Zwecke der Bebauung teilen, so ist die Teilung des Grundstücks genehmigungspflichtig, unabhängig davon, ob der Käufer — im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung — noch Bauabsichten hat.
3. OVG Lüneburg U vom 26. 11. 1964 (OVG A 178/63) BBauBl. 1965, 122
Nach Ablauf von 2 Monaten nach Eingang des Antrags gilt die Bodenverkehrsgenehmigung als erteilt, wenn der zu genehmigende Vorgang im Antrag nebst den beigefügten Unterlagen derart bestimmt bezeichnet war, daß über den Inhalt der fiktiven Genehmigung kein Zweifel sein kann.
4. BayVGH U vom 9. 12. 1964 (Nr. 10 I 64), nicht veröffentlicht Ist der Kläger von Anfang an mit allen Nachdruck darauf ausgegangen, die Bebauung des Vertragsgrundstücks durchzusetzen, so haben seine späteren Erklärungen, z. B. keine weitergehende Bauabsicht als jeder andere Käufer von landwirtschaftlich genutztem Gelände zu haben oder erst in ferner Zukunft bauen zu wollen, keine rechtliche Bedeutung. Es bedarf einer Genehmigung nach § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG; (vgl. aber Nr. A 28 e).
5. OVG Bremen U vom 2. 4. 1965 (b BA 62/64) NJW 1965, 1619; vgl. auch DVB1. 1965, 955
a) Soweit der Antragsteller der Bodenverkehrsbehörde gegenüber die Absichten offenbart, die er mit dem in Rede stehenden Rechtsvorgang verfolgt, muß die Bodenverkehrsbehörde abschließend klären, ob Versagungsgründe i. S. des § 20 BBauG vorliegen, also auch, ob Festsetzungen des BebPl. der beabsichtigten Nutzung entgegenstehen. b) Auch bei der Teilung im Innenbereich muß die Bodenverkehrsgenehmigung versagt werden, wenn zwar nicht die Teilung als solche, wohl aber die beabsichtigte Nutzung planwidrig ist.
6. OVG Münster U vom 30. 9. 1965 (VII A 782/64) NJW 1966 S. 515
Anträge auf Bodenverkehrsgenehmigung werden von den Gemeinden, die gleichzeitig Baugenehmigungsbehörde sind, nicht im Rahmen der Selbstverwaltung beschieden. *) jetzt Abs. 3 **) jetzt Abs. 1 170
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§19 9
7. OVG Rheinland-Pfalz U vom 11.11.1965 (Nr. A 18/65) in LKr VRdschr. 4/66 vom 21. 2. 1966. Im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren ist nur zu prüfen, ob dem zu genehmigenden Rechtsvorgang oder der mit ihm bezweckten Nutzung keine Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegenstehen. Aus Gründen des Bauordnungsrechts kann eine Bodenverkehrsgenehmigung nicht abgelehnt werden; im Falle ihrer Erteilung tritt insoweit eine Bindung für das spätere Baugenehmigungsverfahren nicht ein.
8. OVG Lüneburg U vom 5.10. 1966 (I OVG A 12/65) NJW 1967,1388
Die nach Ablauf der Zweimonatsfrist nach § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigung kann, sofern sie noch keine privatrechtsgestaltenden Rechtswirkungen entfaltet hat, nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts zurückgenommen werden.
9. BayVGH U vom 13. 1. 1967 (326 I 65), nicht veröffentlicht
Zur Wahrung der Frist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG genügt die Zustellung des Bescheides, mit dem die Bodenverkehrsgenehmigung versagt wird, an den einen der Vertragspartner (Käufer oder Verkäufer). Mit der Zustellung an die eine Vertragspartei wird die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung rechtswirksam, und die Genehmigungsbehörde kann gegen über der anderen Vertragspartei keine andere Entscheidung treffen (vgl. Beschl. d. erk. Senats vom 6. 12. 1963 - 173 I 63 - ASlg. n.F. 16,103). Diese Entscheidung ist durch die Rspr. des BVerwG, U vom 19. 9. 1969 (IV C 16.68) insofern überholt, als die Leitsätze nur dann Anwendung finden, wenn die Zustellung nur an den Vertragspartner zu spät erfolgt ist, der keinen Antrag an die Behörde gestellt hat.
10. OVG Lüneburg U vom 16. 1.1967 (I OVG A 327/65) OVGE 1969, 333
Bei Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung für ein Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist nicht zu prüfen, ob die Erschließung bereits gesichert ist. Es genügt vielmehr, daß das Grundstück nach der vorhandenen Bebauung erschließungsfähig ist.
11. OVG Münster U vom 5. 6. 1967 (X A 1051/66) DNotZ 1968, 164
Wird ein Antrag auf Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung bei der für die Erteilung der Genehmigung nicht zuständigen Gemeinde eingereicht und später an die zuständige Baugenehmigungsbehörde weitergeleitet, so beginnt die Zwei-Monatsfrist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG, nach deren Ablauf die Genehmigung als erteilt gilt, erst mit dem Zugang des Antrags bei der Baugenehmigungsbehörde.
12. OVG Lüneburg U vom 5. 2. 1968 (I OVG A 170/66) OVGE 1970, 348
Auch eine Bodenverkehrsgenehmigung, die wegen Fristablaufs als erteilt gilt, bindet die Genehmigungsbehörde dahin, daß sie gehindert ist, auf einen Bauantrag, der innerhalb von 3 Jahren gestellt wird, die städtebaulichen Versagungsgründe, soweit sie zum Prüfungsbereich der Bodenverkehrsgenehmigung gehört haben, erneut zu prüfen.
*) jetzt Abs. 3 171
§199
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
13. OVG Lüneburg U vom 21. 6.1968 (I OVG A 166/67) NJW 1969, 812 = DÖV 1969, 687
Eine Bodenverkehrsgenehmigung kann nicht von einem Vertragsschließenden angefochten werden.
14. OVG Münster U vom 16. 10. 1969 (X A 1013/68) DÖV 1970, 500 = BBauBl. 1971, 25
a) Eine Klage ist zulässig, wenn nur die durch Parteiwechsel aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen früheren Kläger Widerspruch gegen die Versagung einer Bodenverkehrsgenehmigung (Teilungsgenehmigung) erhoben hatten, nicht aber auch der jetzige Kläger ein Vorverfahren durchgeführt hat. b) Ein die Bodenverkehrsgenehmigung versagender Bescheid wird für die Antragsberechtigten, die keinen Rechtsbehelf ergriffen haben, unanfechtbar. Eine wechselseitige Rechtsmittelwirkung zugunsten des jeweiligen anderen Antragsberechtigten ist dem geltenden Recht unbekannt.
15. OVG Münster U vom 29. 5. 1970 (XA 289/69) DÖV 1970, 754 = NJW 1971, 73
§ 4 Abs. 1 erster Halbs. VwZG, wonach ein eingeschriebener Brief selbst dann als am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post zugestellt gilt, wenn feststeht, daß er dem Empfänger vor diesem Zeitpunkt zugegangen ist, hat uneingeschränkte Geltung auch für die Berechnung der Verschweigungsfrist des § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG, nach deren Ablauf eine fiktive Bodenverkehrsgenehmigung vorliegt (a. A. OVG Lüneburg U vom 6. 5. 1970, IV A 2/70, DÖV 1971, 247).
16. OVG Lüneburg U vom 1. 7. 1970 (VI OVG A 2/70) NJW 1971, 447 = DVB1. 1971, 525
Der Verwaltungsakt, durch den die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung versagt wird, wird mit der Bekanntgabe an den Betroffenen wirksam.
17. BayVGH U vom 21. 10. 1970 (Nr. 158 II 68) BayVBl. 1972, 45
a) Für die Beurteilung der Frage, ob die Teilung eines Grundstücks im Außenbereich zum Zwecke der Bebauung oder der kleingärtnerischen Dauernutzung vorgenommen werden soll und daher der Bodenverkehrsgenehmigung nach § 19 Abs. 2**) Nr. 2 BBauG bedarf, ist nicht nur die Erklärung des Eigentümers maßgebend, sondern sind sämtliche objektiven Gesichtspunkte des einzelnen Falles zu berücksichtigen (z. B. für Landwirtschaft ungeeignete Grundstücksgröße, fehlende Landwirteigenschaft, Kaufpreis). b) Maßgebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Genehmigungspflicht können die zu landwirtschaftlicher Nutzung ungeeignete Größe der Teilungsflächen, die mangelnde Landwirteigenschaft der Käufer und die Höhe des vereinbarten Preises sein (überholt durch die neuere Rspr. d. BVerwG — siehe A Nr. 28 e).
18. OVG Münster U vom 30. 10.1970 (X A 36/69) DÖV 1971, 247 = DNotZ 1971, 301
Ist zunächst nur die Teilung eines Grundstücks genehmigt worden, so bedarf die Auflassung des zu veräußernden Grundstücksteils unter den Voraussetzungen des § 19 *) jetzt Abs. 3 **) jetzt Abs. 1 172
§20
2. Abschnitt. Bodenverkehr
Abs. 2**) Nr. 1 BBauG einer weiteren Bodenverkehrsgenehmigung. Ein Umkehrschluß aus § 19 Abs. 5 Nr. 4 BBauG ist nicht zulässig. 19. O V G L ü n e b u r g U v o m 22. 3. 1972 (I O V G A 16/70) B a u R 1972, 288 Im Innenbereich ist eine Bodenverkehrsgenehmigung nicht erforderlich zur Veräußerung einer Fläche, die zwar mit anderen Flächen desselben Eigentümers gemäß § 4 Abs. 1 GBO auf einem Grundbuchblatt unter derselben Nummer eingetragen ist, von den anderen Flä'chen aber räumlich getrennt liegt (Abweichung vom grundbuchrechtlichen Grundstücksbegriff [vgl. auch BVerwG U vom 26.6. 1970, DÖV 1970, 750; U vom 6. 4. 1971, DVB1. 1971, 791]). Maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt der grundbuchlichen Abschreibung (nunmehr überholt, siehe A Nr. 28 b). 20. B a y V G H U v o m 11. 11. 1974 ( N r . 172 II 72) BayVBl. 1975, 116 Ein Antrag auf Erteilung eines Negativattestes gemäß § 23 Abs. 2 BBauG darf auch bei Genehmigungsbedürftigkeit des zugrundeliegenden Rechtsvorgangs nicht in einen Antrag auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung umgedeutet und als solcher verbeschieden werden. 21. B a y V G H U v o m 1. Das Recht, einen Antrag ebenso wie die Abgabe einer dem Grundstückseigentümer,
8 . 1 9 7 5 (Nr. 76 II 73) nicht v e r ö f f e n t l . nach § 19 Abs. 4*) Satz 3 BBauG zu stellen, steht — Teilungserklärung nach § 19 Abs. 3***) BBauG — nur nicht aber dem Teilungskäufer zu.
22. Bei B a y V G H U v o m 31. 3.1976 ( N r . 155 II 73) BayVBl. 1976, 689 a) Wenn der Notar zur Erholung einer Bodenverkehrsgenehmigung beauftragt worden ist, genügt die Zustellung des Versagungsbescheids an ihn. b) Zur Abtrennung eines Austragshauses vom landwirtschaftlichen Anwesen durch Grundstücksteilung und -auflassung.
§20 Versagungsgründe (1) D i e Genehmigung ist zu versagen, wenn 1. in den Fällen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 die Teilung oder die mit ihr bezweckte Nutzung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar wäre; 2. in den Fällen des § 19 Abs. 1 Nr. 2 infolge der Teilung ein Grundstück entstehen würde, auf dem die mit der Teilung bezweckte Nutzung den Festsetzungen eines Bebauungsplans widersprechen oder sich im Sinne des § 34 Abs. 1 und 3 nicht in die Umgebung einfügen würde; wird keine Nutzung bezweckt, darf infolge Teilung kein Grundstück entstehen, auf dem Vorhaben aus den genannten Gründen unzulässig wären;
*) jetzt Abs. 3 **) jetzt Abs. 1 ***) jetzt Abs. 2 173
§20 2
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
3. in den Fällen des § 19 Abs. 1 Nr. 3 die Teilung oder die mit ihr bezweckte Nutzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar wäre oder wenn die Teilung dazu dient, eine unzulässige Bebauung oder kleingärtnerische Dauernutzung vorzubereiten; 4. in den Fällen des § 19 Abs. 1 Nr. 4 die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 Satz 1 nicht vorliegen. (2) Die Genehmigung kann auch versagt werden, wenn mit der Teilung 1. offensichtlich eine andere als die angegebene Nutzung bezweckt wird oder 2. keine Nutzung angegeben wird, aber offensichtlich eine nach Absatz 1 rechtserhebliche Nutzung bezweckt wird. In den Fällen, in denen die Beteiligten nicht angegeben haben, daß die Teilung der Vorbereitung einer Bebauung oder kleingärtnerischen Dauernutzung dient, kann die Genehmigung auch versagt werden, wenn offensichtlich die Vorbereitung einer solchen unzulässigen Nutzung beabsichtigt ist. Den Beteiligten ist vor Versagung der Genehmigung Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Die Novelle 1976 hatte Abs. 1 aufgegliedert und unter Ziff. 2 einen weiteren Versagungsgrund eingefügt, der im BRegE des Änderungsgesetzes zunächst nicht vorgesehen war (vgl. auch § 15 Abs. 2). Wegen dieser Erweiterung mußte auch eine Übergangsregelung geschaffen werden (Art. 3 § 3 des Ä n d G 1976). Die Novelle vom 6. 7.1979 hat § 20 völlig neugefaßt. Die neue Fassung von Abs. 1 hält am Grundgedanken des alten Abs. 1 fest, gliedert jedoch auf und versucht Unklarheiten zu beseitigen. Zudem wurde der „Reduzierung" des § 19 um die Auflassungsgenehmigung im Außenbereich Rechnung getragen. b) Auch nach der Neufassung von 1979 sind die Versagungsgründe abschließend aufgezählt. Der Prüfungsmaßstab ist durch die Unterscheidung Innenbereich — Außenbereich im Rahmen des § 19 Abs. 1, die bei der Feststellung der Genehmigungspflichtigkeit zu treffen ist, bereits teilweise vorgegeben. Von dieser wichtigen und in der Praxis häufig schwierigen Entscheidung abgesehen stellt § 20 den Angelpunkt für das Genehmigungsverfahren im Bodenverkehrsrecht dar. Neu ist die Einführung einer Kannvorschrift durch den neuen Abs. 2 und die Ausführungspflicht durch Abs. 3. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Vorschrift nach der förmlichen Festsetzung des Sanierungsgebietes vgl. § 6 Abs. 2 StBauFG (Band II des Komm.). 2. Zwingende Versagungsgründe (Abs. 1) Die Änderung der Eingangsworte des Abs. 1 („darf nur versagt werden" in „ist zu versagen") enthält keine Verschärfung der vorherigen Rechtslage. Die vorgesehene Änderung bringt nach dem Willen des Gesetzgebers das Verhält174
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§20 2
nis des Abs. 1 zu dem neuen Ausnahmetatbestand des Abs. 2 klarer zum Ausdruck. Vier Fälle von zwingenden Versagungsgründen sieht Abs. 1 vor („ist zu versagen"): a) Im räumlichen Geltungsbereich eines qualifizierten BebPlans muß die Teilungsgenehmigung versagt werden, wenn die Teilung oder die mit ihr bezweckte Nutzung mit den Festsetzungen des BebPlans nicht vereinbar wäre (Nr. 1). b) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile m u ß nach der neuen Fassung die Teilungsgenehmigung versagt werden, wenn infolge der Teilung ein Grundstück entstehen würde, auf dem nach § 34 zulässige Nutzungen oder die mit der Teilung etwa bezweckte Nutzung den Festsetzungen eines BebPlans widersprechen — in Betracht kommt in Gebieten nach § 34 nur ein sog. einfacher BebPlan — oder sich nicht in die Umgebung einfügen würden (Nr. 2). Die Neufassung der Versagungsgründe innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile stellt nicht mehr auf die Vereinbarkeit mit der vorhandenen Bebauung ab, weil die Regelung über das Bauen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34) durch die erste Novelle zum BBauG geändert wurde. Absatz 1 Nr. 2 will nunmehr eindeutig klarstellen, daß nur das „Einfügen" in die nähere Umgebung nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 und 3 geprüft werden und, wenn ein einfacher BebPl. besteht, auch die Vereinbarkeit mit diesen Festsetzungen. Die weiteren in § 34 Abs. 1 bezeichneten, für die Prüfung von Vorhaben maßgebenden Tatbestandsmerkmale werden nicht geprüft. Sie können Gegenstand eines bauaufsichtsrechtlichen Vorverfahrens werden. Zwar erwähnt Abs. 1 Nr. 2 nur „ein Grundstück"; damit soll zum Ausdruck kommen, d a ß die Entstehung bereits eines Grundstücks ausreicht, um nach den Grundsätzen der Nr. 2 die Teilung zu versagen. Es beziehen sich die Versagungsgründe aber auch auf die weiteren nach dem Antrag entstehenden Grundstücke. c) Die Neufassung des Abs. 1 Nr. 3 hält an dem bisherigen Versagungsgrund f ü r Teilungen im Außenbereich fest. NichtVereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ist ein verwaltungsgerichtlich nachprüfbarer unbestimmter Gesetzes-(Rechtsbegriff). Neu ist die A u f n a h m e der Vorbereitung der unzulässigen Bebauung (bzw. kleingärtnerischen Dauernutzung). Der Nachweis wird oft schwierig sein und meist erst vor dem Verwaltungsgericht entschieden werden. Unberührt bleiben wie bisher Genehmigungsvorbehalte für Teilungen zur Sicherung anderer als bodenrechtlicher (städtebaulicher) Zwecke, insbesondere nach Bauordnungsrecht. d) Die neue Fassung des Absatzes 1 Nr. 4 entspricht inhaltlich der vormaligen Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 2. Sie behandelt die Situierung des Grundstückes im Geltungsbereich einer — rechtsgültigen — Veränderungssperre, 175
§ 20 3
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
wobei die Möglichkeit der Ausnahme (§ 14 Abs. 2 Satz 1) auch wieder angesprochen ist.
3. Ermessensmäßige Versagungsgründe (Abs. 2) a) Der neue Abs. 2 hat Ermessenstatbestände eingeführt. Nach der AmtlBegr. (BT-DS 8/2451 zu Nr. 7) soll damit erreicht werden, daß künftig bei der Teilung stärker als bisher städtebaulichen Ordnungsgesichtspunkten Rechnung getragen werden kann. b) Nach dem alten Abs. 2 (vor der Novelle 1979) konnte die Genehmigung unter Auflagen erteilt werden. Für eine solche ausdrückliche Vorschrift bestand kein Bedürfnis mehr. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG und die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder regeln das Problem der Auflagen zu Verwaltungsakten allgemein. Auflagen sind demnach nach wie vor möglich, werden — besonders im Hinblick auf §21 Abs. 1, siehe die Erläuterungen dort — vorausschauend die besonderen Festsetzungen des BebPl., z. B. in bezug auf Bauweise zum Inhalt haben. Eine Genehmigung unter der Auflage, daß das Grundstück nicht bebaut werden darf, ist — wie sich allein schon aus § 21 Abs. 1 ergibt — widersinnig und unzulässig. Vor der Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung sind nach der Rspr. des BVerwG (U vom 5. 10. 1965, BBauBl. 1965, 596, vgl. folg. Nr. 5 A Nr. 4) alle Möglichkeiten zu erörtern, die eine Genehmigung unter Auflagen gestatten; eine Auflage kann auch den teilweisen oder völligen Abriß eines ungesetzlichen Bauwerks zum Inhalt haben. Zu einer Entscheidung über Ausnahmen und Befreiungen (§ 31) ist die Behörde jedoch nicht verpflichtet. Allerdings soll nach dem RegE (BTDS 8/2451 aaO.) unter Anführung von zwei Beispielen auf „Nebenbestimmungen, auch Baulasten zur Ausräumung von Versagungsgründen" ausgewichen werden. Diese Beispiele sind (BT-DS 8/2451 aaO.): „Besonders bei Teilungen bebauter Grundstücke, die nach früher geltendem Recht bebaut worden sind, kann es bei Zugrundelegung der nunmehr geltenden Vorschriften über das städtebauliche Nutzungsmaß und die bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu Schwierigkeiten kommen. Schwierigkeiten können sich auch ergeben bei Teilungen, bei denen z. B. das Maß der baulichen Nutzung auf einer bestimmten Fläche z. Z. der Bebauung eingehalten worden ist, aber bei Teilung auf den einzelnen neuen Baugrundstücken nicht mehr jeweils vollständig einzuhalten ist; das kann insbesondere bei Teilungen von Reihenhausflächen praktische Bedeutung erlangen." c) Versagungsgrund Nr. 1 Abs. 2. Die Genehmigung kann auch versagt werden, wenn mit der Teilung offensichtlich eine andere als die angegebene Nutzung bezweckt wird. Dies ist Tatfrage und wird der Natur der Sache zur Auslegung — und Ermittlungsschwierigkeiten, die zur Rechtsstreitigkeit führen. 176
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§20 4
d) Versagungsgrund Nr. 2. Auch hier will man den Erfahrungen in der Praxis Rechnung tragen. Es gilt das unter c) Gesagte. e) Jedenfalls ist in beiden Fällen (Nr. 1 u. Nr. 2) dem Antragsteller „vor Versagung" (gemeint ist vor einer etwa beabsichtigten Versagung) Gelegenheit zu geben, sich zu den ihm bekanntzumachenden, für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine Mißachtung dieser Mußvorschrift macht den ablehnenden Verwaltungsakt rechtsfehlerhaft. f) Bei Abschluß der Gesetzesberatung der Novelle vom 6. 7. 1979 wurde der Satz 2 des Abs. 2 über den RegE hinaus erweitert. Nun kann bei Unterlassung der dort genannten Angaben durch die Beteiligten, also (der Vertragspartner) die Genehmigung auch versagt werden, wenn „offensichtlich die Vorbereitung der Nutzung" zur Bebauung oder zum Dauerkleingarten beabsichtigt wird. Durch Satz 3 soll der Behörde diese Ernennungsentscheidung erleichtert werden, da dort die Anhörungspflicht der Beteiligten festgelegt ist. Immerhin wird es nicht immer leicht sein, die offensichtliche Absicht nachzuweisen. Der Verwaltungsaufwand ist hier beträchtlich, die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung dürfte die Regel sein. 4. Weitere Rechtsprobleme a) Bei Vorliegen von Versagungsgründen des Abs. 1, die nicht ausgeräumt werden können, muß die Genehmigung abgelehnt werden. Umgekehrt steht die Erteilung der Genehmigung nicht im Ermessen der Verwaltungsbehörde, wenn keiner der in § 20 genannten Versagungsgründe vorliegt (vgl. BVerwG U vom 13. 10. 64, Rspr. 5 A 2). Die Entscheidung unterliegt daher voll der gerichtlichen Kontrolle. b) Das im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu beurteilende Vorhaben ist planungsrechtlich umfassend zu prüfen. Jedoch ist bei der Prüfung der Übereinstimmung mit den Festsetzungen des BebPl. über etwa notwendige Ausnahmen und Befreiungen (§ 31) nicht zu entscheiden (Rspr. 5 A7). Die Behörde kann dies tun, ist dazu aber nicht verpflichtet. Planungsrecht kann auch berührt sein, wenn bei einer Teilung die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften nicht mehr eingehalten werden können. In diesen Fällen ist die Teilung regelmäßig mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar oder steht im Widerspruch zu der vorhandenen Bebauung. Die Versagung kann aber nicht auf die Verletzung bauordnungsrechtlicher Vorschriften gestützt werden, sondern nur darauf, daß zugleich planungsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen (vgl. Rspr. 5 B 5). c) Die in Nr. 5, z. T. auch in Nr. 10 bei § 19 aufgeführte höchstrichterl. Rspr. hat eine Reihe von Grundsätzen herausgearbeitet, die für eine Versagung maßgeblich sind und auch im wesentlichen nach der Neufassung von 1979 nicht entbehrlich sind. 177
§20 5
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Der Begriff städtebauliche Entwicklung ist nach dem Sinngehalt nicht auf Städte beschränkt, sondern umgreift in gleicher Weise die Planung der übrigen (auch rein ländlichen) Gemeinden. Die Rechtsfragen des § 20 wurden im Hinblick auf den Sinnzusammenhang zum Teil bereits bei § 19 behandelt (siehe dort). Nach der Rechtsauffassung des BVerwG (BVerwG U vom 28. 4.1964, Rspr. 5 A 1) decken sich die Begriffe „mit einer städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar" (§ 20) und „öffentliche Belange beeinträchtigt" im Sinne des § 35 Abs. 2. Nachdem in § 35 Abs. 2 die Sicherung der Erschließung neben den öffentlichen Belangen genannt ist, muß daraus geschlossen werden, daß Erschließungsfragen nicht mitinbegriffen werden. Die Folge, ist, daß § 21 Abs. 1 einer Versagung der Baugenehmigung aus Gründen der nicht genügenden Erschließung (gleich wie aus Gründen des Bauordnungsrechts, die auch nicht von § 20 erfaßt werden) nicht im Wege steht. Das BVerwG sagt im U vom 6. 9. 1968 — siehe Rspr. 5 A 6 — ausdrücklich, daß im Bodenverkehrsgenehmigungsverfahren die Sicherung der Erschließung nicht zu prüfen ist und demgemäß auch nicht an der Bindungswirkung der Genehmigung teilnimmt. Hingegen gehört die Möglichkeit der Erschließung zum Prüfungsmaßstab, weil die fehlende Erschließungsmöglichkeit der geplanten Nutzung auf Dauer entgegenstehen kann. Auch im Innenbereich muß die Sicherung der Erschließung außer Betracht bleiben. Gleiches gilt für Hindernisse, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, wie z. B. straßenrechtliche Anbauverbote (z. B. § 9 FStrG).
5. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BVerwG U vom 28. 4. 1964 (I C 64/62) DVB1. 1964, 530 = M D R 1964, 698 = BBauBl. 1964, 349 = DÖV 1964, 750 a) Aus dem Zusammenhang des Gesetzes ergibt sich, daß die in den §§ 20 Abs. 1 und 35 Abs. 2 BBauG verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe — mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar und öffentliche Belange nicht beeinträchtigt — sich inhaltlich decken. Würden die Begriffe des § 20 Abs. 1 (zweite Alternative und des § 35 BBauG inhaltlich nicht übereinstimmen, so könnte das vom Gesetz nicht gewollte Ergebnis eintreten, daß die Bodenverkehrsgenehmigung dem Staatsbürger nicht die volle Garantie des § 21 Abs. 1 BBauG gäbe oder die Baugenehmigungsbehörde durch eine den § 35 BBauG nicht berücksichtigende Bodenverkehrsgenehmigung gezwungen würde, ein Vorhaben zuzulassen, das öffentliche Belange beeinträchtigt. b) Da die Bodenverkehrsgenehmigung einer vorweggenommenen Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens gleichkommt und die in ihr zum Ausdruck gebrachte planungsrechtliche Beurteilung die Baugenehmigungsbehörde bei der späteren Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens bindet, darf ein genehmigungsbedürftiger Vorgang des Bodenverkehrs, der die Bebauung eines Grundstücks im Außenbereich bezweckt, planungsrechtlich nicht anders beurteilt werden, als wenn schon 178
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§20 5
über die Zulässigkeit des betreffenden Vorhabens im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre. c) Eine Streusiedlung im Außenbereich entspricht grundsätzlich nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
2. BVerwG U vom 13. 10. 1964 (I C 71.63) BVerwGE 19, 82 = DÖV 1965, 539 = BBauBl. 1965, 121
Gemäß § 20 Abs. 1 BBauG darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn der Rechtsvorgang oder die mit ihm bezweckte Nutzung in den Fällen des § 19 Abs. 1 mit den Festsetzungen des BebPl. oder der vorhandenen Bebauung, in den Fällen des § 19 Abs. 2 mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar wäre. Aus den Gründen: Wie § 35 BBauG zu entnehmen ist, entspricht es einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, daß die bauliche Nutzung in der Regel den Teilen des Gemeindegebietes vorbehalten ist, die rechtlich oder tatsächlich als Bauland dienen, der Außenbereich dagegen grundsätzlich von der (weiteren) Bebauung frei bleibt, sofern nicht die besondere Funktion eines der in § 35 Abs. 1 BBauG genannten Vorhaben seine Zulassung im Außenbereich rechtfertigt. [Der veröffentlichte Leitsatz gibt nur den Gesetzestext wieder].
3. BVerwG B vom 22. 7. 1965 (IV B 41.65) BayVBl. 1965, 383
Im Geltungsbereich eines qualifizierten BebPl. kann die Teilungsgenehmigung für ein Grundstück nicht deswegen versagt werden, weil der Rechtsvorgang oder die mit ihm bezweckte Nutzung nicht mit der vorhandenen Bebauung vereinbar sei.
4. BVerwG U vom 5. 10. 1965 (IV C 40.65) BBauBl. 1965, 596
Vor der Versagüng der Bodenverkehrsgenehmigung sind alle Möglichkeiten zu erörtern, die eine Genehmigung unter Auflagen gestatten. Eine Auflage kann auch den teilweisen oder völligen Abriß eines ungesetzlichen Bauwerkes zum Inhalt haben.
5. BVerwG U vom 10. 5.1968 (IV C 186.65) BVerwGE 29, 357
a) Nach Erteilung einer gemäß § 21 Abs. 1 BBauG bindenden Bodenverkehrsgenehmigung darf für die mit den genehmigten Rechtsvorgang bezweckte Nutzung die Baugenehmigung auch dann nicht versagt werden, wenn das Vorhaben bei unmittelbarer Anwendung der §§ 30 ff. BBauG nicht zugelassen werden könnte. Das gilt seit dem Inkrafttreten des BBauG auch für die nach § 4 WSG erteilten Genehmigungen. b) Solange die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung besteht, darf eine weitere Bodenverkehrsgenehmigung, die sich (und soweit sie sich) auf ein gleichartiges Vorhaben bezieht, nicht aus Gründen versagt werden, denen die Bindung an die vorangegangene Genehmigung entgegensteht.
6. BVerwG U vom 6. 9. 1968 (IV C 12.66) DVB1.1969, 259
Die Sicherung der Erschließung ist im Bodenverkehrsgenehmigungsv. nicht zu prüfen (auch nicht im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BBauG) und nimmt dementsprechend auch nicht an der Bindungswirkung der Genehmigung teil.
7. BVerwG U vom 14. 7. 1972 (IV C 69.70) DÖV 1972, 824 = BBauBl. 1973, 574 = BayVBl. 1973, 134
a) Der Antragsteller eines Bodenverkehrsgenehmigungsverfahrens hat keinen Anspruch darauf, daß bereits in diesem Verfahren geprüft und entschieden wird, ob eine
179
§21
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
beabsichtigte bauliche Nutzung durch die Bewilligung einer Befreiung ermöglicht werden kann. b) Die Zulässigkeit einer Befreiung setzt voraus, daß der jeweilige Fall in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweist, die ihn im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen. B. O V G , V G H u. a n d . G e r i c h t e 1. Bad.-Württ. V G H U v o m 13. 1. 1964 (I 6 1 4 / 6 2 ) D Ö V 1964, 751 Die Bebauung eines im Außenbereich liegenden Grundstücks ist — abgesehen von den Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 1-4 BBauG — grundsätzlich mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar. Die Bodenverkehrsgenehmigung darf in einem solchen Falle nur erteilt werden, wenn die Bebauung des Grundstücks nach § 35 Abs. 2 BBauG zugelassen werden kann. 2. O V G M ü n s t e r U v o m 22. 4. 1965 (VII A 8 1 9 / 6 3 ) D W W 1965, 370 a) Mit dem BebPl. von dem in § 20 Abs. 1 BBauG die Rede ist, ist nur ein BebPl. i. S. des § 30 BBauG gemeint. b) Zur Frage der Vereinbarkeit einer nach § 19 Abs. 1 BBauG genehmigungsbedürftigen Teilung mit der vorhandenen Bebauung. 3. O V G M ü n s t e r U v o m 5. 2. 1968 (VII A 8 5 / 6 6 ) O V G E 1969, 284 Raumordnung, Landesentwicklungsprogramm, Gebietsentwicklungsplan in bezug auf geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebietes. 4. O V G L ü n e b u r g U v o m 30. 10. 1968 (I O V G A 8 3 / 8 6 8 ) BBauBl. 1969, 564 Für die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung zur Auflassung eines Grundstücks bleibt der im zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft offenbarte Erwerbszweck jedenfalls solange maßgebend, als dieser nicht vom Erwerber in hinreichend bestimmter Weise — etwa auf ein privilegiertes Vorhaben — eingeschränkt worden ist. 5. B a y V G H U v o m 23. 2. 1972 ( N r . 80 II 70) BayVBl. 1973,102 a) Bauordnungsrechtliche Gründe können nicht zur Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung nach § 20 BBauG herangezogen werden. b) Die Bodenverkehrsgenehmigung für eine Grundstücksteilung kann daher grundsätzlich nicht wegen Nichteinhaltung der im Bauordnungsrecht vorgeschriebenen Abstandsflächen bei Vollzug der Grundstücksteilung verweigert werden.
§21 Inhalt der
Genehmigung
(1) Ist die Genehmigung nach § 19 erteilt, so darf auf einen Antrag, der innerhalb von drei Jahren seit der Erteilung der Genehmigung gestellt wurde, aus den in § 20 genannten Gründen eine Baugenehmigung nicht aus den Gründen versagt werden, die nach § 20 Abs. 1 rechtserheblich waren. 180
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§21 1
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn sich die für die Erteilung der Genehmigung maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen geändert haben. Jedoch ist alsdann bei Versagung der Baugenehmigung aus den in § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Gründen dem Eigentümer oder dem Erbbauberechtigten eine angemessene Entschädigung in Geld insoweit zu leisten, als durch die Versagung 1. der Wert des Grundstücks gemindert wird, 2. Aufwendungen an Wert verlieren, die der Eigentümer oder Erbberechtigte für Vorbereitungen zur Nutzung des Grundstücks im Vertrauen auf die Genehmigung nach § 19 bereits gemacht hat. (3) Zur Entschädigung ist die Gemeinde verpflichtet; ist ein Begünstigter vorhanden, ist § 44 a Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Entschädigung und das Verfahren ist § 4 4 b Abs. 2 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß im Falle des Absatzes 2 Nr. 1 die Höhe der Entschädigung den Unterschied zwischen dem aufgewandten Entgelt und dem Verkehrswert, der sich nach Versagung der Baugenehmigung ergibt, nicht übersteigen darf. Der Entschädigungsberechtigte kann Entschädigung verlangen, wenn die in Absatz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Vermögensnachteile eingetreten sind; für die Fälligkeit und die Verzinsung sowie das Erlöschen des Entschädigungsanspruchs gilt § 44 c Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 entsprechend. 1. Entwicklung der Vorschrift a) § 21 ist das Ergebnis der Rechtsprechung des BVerwG zum WSG (siehe Rspr. 7 A 1—3), wonach die Erteilung der Wohnsiedlungsgenehmigung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren insofern rechtliche Bedeutung hat, als die Bebauungsgenehmigung oder die Baugenehmigung grundsätzlich nicht aus Gründen abgelehnt werden kann, die Gegenstand der Prüfung im Wohnsiedlungsverfahren waren. Der in der Wohnsiedlungsgenehmigung enthaltene Gedanke der vorweggenommenen Baugenehmigung (eigentlich Bebauungsgenehmigung) durfte auch nach Rechtsprechung des BVerwG nur mit Einschränkungen Gültigkeit beanspruchen (vgl. die Begründung zu der grundsätzlichen Entscheidung BVerwGE 3, 351 und die bei der Rspr. 7 A Nr. 1 — 3 angegebene weitere Entscheidung dieses Gerichts). b) Durch die Novelle 1979 wurde eine Änderung des Wortlauts der Abs. 1 und 2 veranlaßt. Sie ist die Folge aus der Änderung des § 19 Abs. 1 und 2. Zugleich bringt die Neufassung die sich aus dem Prüfungsumfang (§ 20) ergebende rechtliche Bindung für das spätere Baugenehmigungsverfahren deutlicher als vorher zum Ausdruck. Der Umstand, daß § 20 Abs. 2 eine Versagung bei Offenkundigkeit einer anderen als der angegebenen Nutzung und bei Verschweigen einer Nutzungsabsicht nunmehr vorsieht, führt zu keiner Erweiterung der Bindungswirkung. Ein Beteiligter kann sich z. B. nicht auf die Bindung hinsichtlich der nicht angegebenen, aber in Wirklichkeit bezweckten Nutzung berufen, wenn die Behörde von der Versagung nach § 20 Abs. 2 kei181
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
nen Gebrauch gemacht hat, obwohl die Offenkundigkeit i. S. d. Vorschrift zu bejahen gewesen wäre. 2. Rechtsfolge der Genehmigung (Bindungswirkung) (Abs. 1) a) Seit der Novelle 1976 darf innerhalb von drei Jahren nach der Erteilung der Genehmigung nach § 19 eine beantragte Baugenehmigung aus den in § 20 genannten Gründen nicht versagt werden. Wegen der Sachbezogenheit der Teilungsgenehmigung wirkt die Bindung nicht nur zugunsten der an diesem Verfahren Beteiligten, sondern auch zugunsten Dritter. Die Bindungswirkung erstreckt sich nicht nur auf Anträge zur Baugenehmigung, sondern auch auf die Absicht, ein vorhandenes illegales Bauwerk bestehen zu lassen (BVerwG U vom 5. 10. 1965, IV C 40.65, BBauBl. 1965, 596). Der Begriff Baugenehmigung im Sinn dieser Vorschrift umfaßt auch andere durch Landesrecht vorgesehene bauaufsichtliche Entscheidungen wie z. B. den Bauvorbescheid (vgl. Art. 92 BayBO). Bauordnungsrechtliche Hinderungsgründe werden durch § 21 Abs. 1 BBauG nicht berührt. Die Fassung aus den in § 20 genannten Gründen bedeutet eine offensichtliche Einschränkung; denn die dort genannten Gründe erfassen z. B. nicht Fragen der Erschließung (oder des reinen Bauordnungsrechts) (vgl. hierzu die Ausführungen in Erläut. 3 b und c bei § 20). Die Baugenehmigungsbehörde kann somit ungeachtet der förmlichen oder fiktiven Genehmigung nach § 19 ein Bauvorhaben ablehnen, dessen Erschließung nicht gesichert ist oder dessen Abwässerbeseitigung nicht den diesbezüglichen Vorschriften der Landesbauordnung in Verbindung mit § 34 Wasserhaushaltsgesetz entspricht. Die früher in Abs. 2 enthaltene Verweisung auf § 20 wurde eingeschränkt auf § 20 Abs. 1 Ziff. 1, weil diese Vorschrift durch § 20 Abs. 1 Ziff. 2 ergänzt worden ist. Für Veränderungssperren gibt es nämlich die besondere Entschädigungsvorschrift des § 18. b) Im Hinblick auf die Bindungswirkung kraft Gesetzes tritt die Bindung auch dann ein, wenn die Teilungsgenehmigung zu Unrecht erteilt wurde, z. B. wenn die §§ 30 BBauG ff. der mit der Teilung bezweckten Nutzung entgegenstehen (vgl. BVerwG U vom 10. 5.1968, Rspr. 7 A 6) oder wenn die Mitwirkungsbefugnis anderer Behörden nicht beachtet wurde (BVerwG U vom 10. 5. 1968, IV C 18.66). c) Gegenüber der Versäumung der Dreijahresfrist gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BVerwG U vom 10. 5. 1968, Rspr. 7 A 5). Die Bindungswirkung einer Wohnsiedlungsgenehmigung (§ 4 WSG) war nach § 177 Abs. 1 i. V. m. § 21 auf drei Jahre seit ihrer Erteilung begrenzt (vgl. dazu jetzt übereinstimmend Rspr. 7 A 6c, B 1 und 9b). d) Die Frage, ob die Bindungswirkung auch bei der fiktiven Genehmigung nach § 19 Abs. 4 BBauG eintritt, ist zu bejahen (so BVerwGE 31,274, Rspr. 7 A 7, vorher schon OVG Lüneburg U vom 25.2. 1968, Rspr. 7 B 7 ; a. A. OVG Münster U vom 2. 5. 1967, VII A 1213/65, NJW 1968, 170). 182
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§21 5
3. Ausnahme von der Bindungswirkung (Abs. 2 S a t z 1)
Die Bindungswirkung entfällt, wenn sich die für die Erteilung der Genehmigung nach § 19 maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen geändert haben (unbestimmte Rechtsgriffe). Es handelt sich somit um eine clausula rebus sie stantibus, die im Hinblick auf die Veränderlichkeit von Planungen, insbesondere auf städtebaulichem Gebiet, nicht zu umgehen war. Es genügt die Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen. Dazu gehören die zwischenzeitlich erfolgreiche Anfechtung eines BebPl. im Normenkontrollverfahren oder die rechtsgültige Abänderung eines BebPl. oder der Eintritt von Naturereignissen (Überschwemmungen, Erdrutsch u. ä.), deren Folgen die Gemeinde zu völlig neuen Planungen zwingen. Die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes gilt als eine nach Abs. 2 beachtliche Änderung der Voraussetzungen (§ 6 Abs. 3 StBauFG — Bd. II). 4. Entschädigung bei Nichteintritt der Bindungswirkung (Abs. 2 Satz 2)
Für die Fälle, in denen trotz Genehmigung nach § 19 ein innerhalb der Dreijahresfrist gestellter Bauantrag abgelehnt werden muß, hat der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Gründen (enteignungsgleicher Tatbestand) eine Entschädigungspflicht gegenüber dem Eigentümer oder dem Erbbauberechtigten vorgesehen. Die Gründe ergeben sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3. Alle anderen in § 20 noch genannten Versagungsgründe können keine Grundlage für eine Entschädigung nach Abs. 2 Satz 2 sein.Diese Entschädigung, die in Geld, nicht auch in Land wie im förmlichen Enteignungsverfahren (nach dem Fünften Teil, vgl. §§ 99, 100) zu leisten ist, ist dann zu gewähren, wenn durch die Versagung der Grundstückswert gemindert wird (Nr. 1) oder die vom Eigentümer (oder Erbberechtigten) in Vorbereitung der erwarteten Nutzung gemachten Aufwendungen an Wert verlieren (Nr. 2). 5. Entschädigungsvorschriften (Abs. 3 )
Abs. 3 erhielt durch die Novelle 1979 eine Neufassung. Nach der AmtlBegr. (BT-DS 8/2451 zu Nr. 7) dient sie der Anpassung an die Änderungen des Dritten Teils (Entschädigung) durch die erste Novelle zum BBauG. Es wird auf §§ 44 a, 44 b und 44 c Bezug genommen (siehe dort). An der Entschädigungspflicht durch die Gemeinde hat sich nichts geändert (Satz 1). Diese, in manchen Fällen hart erscheinende Pflicht der Gemeinde ist Ausfluß des Planungsrisikos. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet nach Anhörung der Beteiligten die höhere Verwaltungsbehörde. Ihre Entscheidung kann durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 157 ff.) — siehe zweiter Absatz der folgenden Erläuterung 5 — angefochten werden. 183
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Die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde konnte früher nicht auf eine andere staatliche Stelle übertragen werden, da hier im wesentlichen die Bestimmungen des Fünften Teils zur Anwendung kommen. Durch Änderung des § 147 ist dies seit dem 1.1. 1977 möglich. 6. Rechtsschutz Streitfälle aus den Absätzen 1 und 2 werden nicht selten sein, sei es, d a ß eine auf außerhalb des § 20 liegenden G r ü n d e gestützte Ablehnung eines Baugesuchs wegen angeblicher Verletzung des Abs. 1 angegriffen oder eine auf die clausula rebus sie stantibus in Abs. 2 gestützte Ablehnung mit der Behauptung angefochten wird, die Voraussetzungen für die Genehmigung hätten sich nicht geändert. Insbesondere unterliegen die in Abs. 2 enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe im verwaltungsgerichtl. Verfahren der vollen richterlichen Nachprüfung. Das Verfahren (mit Vorverfahren) richtet sich nach der VwGO, die Bestimmungen des § 157 (Verfahren vor den Baulandkammern) greifen für die Abs. 1 und 2 nicht Platz. Für das Entschädigungsverfahren nach Abs. 3 dagegen ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 157 Abs. 1) durch die Baulandkammern der Landgerichte vorgesehen. 7. Überleitungsvorschriften nach dem Änderungsgesetz vom 6. Juli 1979 (§ 183 a Abs. 3) Die Überleitungsbestimmung § 183 a Abs. 3 besagt, daß bei einer Genehmigungsversagung vor dem 1. 8. 1979 nach § 21 Abs. 2 der Abs. 3 in der alten Fassung anzuwenden ist. Abs. 3 hatte bis zum 31. 7. 1979 folgenden Wortlaut: „(3) Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend. Jedoch darf im Falle des Absatzes 2 Nr. 1 die Entschädigung den Unterschied zwischen dem aufgewandten Entgelt u n d dem Verkehrswert, der sich nach Versagung der Baugenehmigung ergibt, nicht übersteigen. Zur Entschädigung ist die Gemeinde verpflichtet. K o m m t eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören." 8. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1.—3. Das BVerwG hat, wie bereits erwähnt, den Grundsatz — mit Einschränkungen — vertreten, daß die Genehmigung nach dem W S G gleichsam eine vorweggenommene Bebauungsgenehmigung bedeute. Die einschlägigen Entscheidungen finden sich in BVerwGE 1,254 und 3,351. Bezüglich der Einschränkungen dieses Grundsatzes sei auf die Entscheidung des BVerwG vom 21. 2. 1958 — I C B 147,57 verwiesen; dort wird ausgesprochen, daß die bin184
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d e n d e Wirkung, welche die Erteilung der Wohnsiedlungsgenehmigung f ü r d a s n a c h f o l g e n d e B a u g e n e h m i g u n g s v e r f a h r e n h a t , ihre G r e n z e n in d e r Z u ständigkeit der Wohnsiedlungsbehörde hat. 4. B V e r w G U v o m 10. 5. 1968 ( B V e r w G IV C 8.67) D Ö V 1969, 143 = BayVBl. 1969, 61 a) Die sogenannte Bebauungsgenehmigung ist ihrem Wesen nach keine (auf bestimmte Ablehnungsgründe bezogene) Baugenehmigungszusage, sondern ein vorweggenommener Teil unmittelbar der Baugenehmigung selbst. b) § 21 Abs. 1 BBauG findet auch auf Anträge Anwendung, mit denen die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung begehrt wird. 5. B V e r w G U v o m 10. 5. 1968 (IV C 20.67) D V B 1 . 1 9 6 8 , 808 Gegenüber der Versäumung der Antragsfrist nach § 21 Abs. 1 BBauG gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. 6. B V e r w G U v o m 10. 5. 1968 (IV C 186.65) B V e r w G E 29, 357 = D Ö V 1968, 876 = M D R 1968, 784 = DVB1. 1968, 802 = BayVBl. 1969, 132 a) Nach Erteilung einer gemäß § 21 Abs. 1 BBauG bindenden Bodenverkehrsgenehmigung darf für die mit dem genehmigten Rechtsvorgang bezweckte Nutzung die Baugenehmigung auch dann nicht versagt werden, wenn das Vorhaben bei unmittelbarer Anwendung der §§ 30 ff. BBauG nicht zugelassen werden Könnte. Das gilt seit dem Inkrafttreten des BBauG auch für die nach § 4 WSG erteilten Genehmigungen. b) Solange die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung besteht, darf eine weitere Bodenverkehrsgenehmigung, die sich (und soweit sie sich) auf ein gleichartiges Vorhaben bezieht, nicht aus Gründen versagt werden, denen die Bindung an die vorangegangene Genehmigung entgegensteht. c) Genehmigungen nach § 4 WSG wirken sich seit dem Inkrafttreten des § 21 Abs. 1 BBauG nur auf Baugenehmigungen bindend aus, die innerhalb von drei Jahren seit der Erteilung der Genehmigung gestellt worden sind. 7. B V e r w G U v o m 6. 1 1 . 1 9 6 8 (IV C 31.66) B V e r w G E 31, 22 = BayVBl. 1969, 134 Einer Bescheinigung über die bodenverkehrsrechtliche Genehmigungsfreiheit eines Rechtsvorganges (§ 23 Abs. 2 BBauG) kommt eine Bindungswirkung nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BBauG nicht zu. Siehe aber Nr. 9. 8. B V e r w G U v o m 14. 2 . 1 9 6 9 (IV C 3 9 / 6 8 ) B V e r w G E 31, 274 = M D R 1969, 785 Eine nach § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG als erteilt geltende Bodenverkehrsgenehmigung bindet im Rahmen des § 21 BBauG die Baugenehmigungsbehörde bei der Entscheidung über eine Baugenehmigung. 9. B V e r w G U v o m 14. 2. 1969 (IV C 45.66) D Ö V 1969, 686 = N J W 1969, 1869 = DVB1. 1970, 71 = BayVBl. 1970, 98 = B u c h h o l z 406.11 § 21 B B a u G N r . 10 185
§ 21 8
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Einer Bescheinigung über die bodenverkehrsrechtliche Genehmigungsfreiheit eines Rechtsvorganges (§ 23 Abs. 2 BBauG — Negativattest) kommt eine Bindungswirkung im Sinne von § 21 Abs. 1 BBauG zu (im Anschluß an BVerwG U vom 6. 11. 1968 — IV C 31.66 : BVerwGE 31, 22). 10. B V e r w G U v o m 13.6. 1969 (IV C 4 6 / 6 8 ) N J W 1969, 1786 (2162) = D Ö V 1969, 683 = BayVBl. 1970, 99 = DVB1. 1970, 65 a) Die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung nach § 21 BBauG erstreckt sich auch auf den Nachbarn. b) Ein Nachbar kann sich unter denselben Voraussetzungen unter denen er sonst eine Baugenehmigung anfechten kann, auch gegen eine Bodenverkehrsgenehmigung wenden und muß dies grundsätzlich tun, wenn nicht die Bodenverkehrsgenehmigung mit ihrer Bindungswirkung auch ihm gegenüber bestandskräftig werden soll. 11. B V e r w G U v o m 12. 11. 1971 (IV C 53.69) BayVBl. 1972, 556 a) Ist über einen Teilungsvorgang nach § 23 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG ein Zeugnis ausgestellt worden, kann, solange dieses Zeugnis besteht, der aus § 21 Abs. 1 BBauG folgenden Bindung nicht entgegengehalten werden, daß der Teilungsvorgang seinerzeit wegen fehlender Konkretisierung nicht genehmigungsfähig gewesen sei. b) Eine Änderung der maßgebenden Verhältnisse rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse ist nach § 2,1 Abs. 2 Satz 1 BBauG nur beachtlich, wenn sie zeitlich früher liegt als die Antragstellung nach § 21 Abs. 1 BBauG. 12. B V e r w G U v o m 23. 6. 1972 (IV C 3.70) D Ö V 1972, 823 § 21 Abs. 1 BBauG ist auch dann anwendbar, wenn der Baugenehmigungsantrag bereits vor Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung gestellt wurde. 13. B G H U v o m 7. 7. 1977 ( I I I Z R 103/75) D Ö V 1977, 210 a) Die Ablehnung der Verlängerung der Geltungsdauer einer Baugenehmigung steht der Versagung einer Baugenehmigung als Entschädigungsvoraussetzung gleich. b) Zu den Voraussetzungen einer Entschädigung, wenn die Baugenehmigungsbehörde eine Verlängerung der Geltungsdauer der Baugenehmigung aus mehreren Gründen verweigert hat. 14. B G H U v o m 12. 1. 1978 ( I I I Z R 9 8 / 7 6 ) D Ö V 1978, 691 Die Gemeinde ist in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 2 S. 2 BBauG (1960) zur Entschädigung verpflichtet, wenn eine von ihr dem Eigentümer gemachte Zusicherung von bauordnungsrechtlicher Bedeutung (hier: Sicherung der Erschließung) deshalb nicht eingehalten wird, weil die Gemeinde ihre bauplanerischen Absichten nach Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung geändert hat. 15. B V e r w G U v o m 28. 2. 1975 (IV C 30.73) BBauBl. 1978, 352 Zur Rücknahme einer Bodenverkehrsgenehmigung. Ein gebundener Verwaltungsakt kann grundsätzlich nicht in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, der eine Ermessensentscheidung voraussetzt. 186
2. Abschnitt. Bodenverkehr
§21 8
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Münster U vom 19. 3. 1964 (VII A 383/62) DÖV 1964, 751
Die bindende Wirkung, die das BBauG nach § 21 Abs. 1 in Verb, mit § 177 Abs. 1 einer unanfechtbaren Wohnsiedlungsgenehmigung für das Baugenehmigungsverfahren beilegt, tritt ohne Rücksicht auf die Vorschriften des BBauG über den Bodenverkehr ein. Bezüglich einer unanfechtbaren Wohnsiedlungsgenehmigung ist das Inkrafttreten der Bestimmungen des BBauG über den Boden verkehr nicht als eine Änderung der für die Genehmigung maßgebenden rechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 BBauG anzusehen.
2. OVG Münster U vom 16. 4. 1964 (VII A 654/62) DÖV 1964, 750/751 = NJW 1964, 2078 = BBauBl. 1964, 501 = DVB1. 1966, 190
a) Wird ein Grundstück, für dessen Auflassung oder Teilung die Bodenverkehrsgenehmigung erteilt worden ist, innerhalb der im § 21 Abs. 1 BBauG genannten Frist von drei Jahren zu demselben Nutzungszweck weiterveräußert, der schon Gegenstand der Prüfung in dem früheren Verfahren war, so darf in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 1 BBauG bei unverändert gebliebenen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (§21 Abs. 2 Satz 1 BBauG) zu der erneuten Auflassung die Bodenverkehrsgenehmigung nicht versagt werden. b) In den genannten Fällen ist die Baugenehmigungsbehörde jedoch gegenüber einem Bauantrag, der die Verwirklichung der mit beiden Rechtsvorgängen bezweckten Nutzung zum Ziele hat, gemäß § 21 Abs. 1 BBauG nur für eine Frist von drei Jahren gebunden, die von der Erteilung der ersten Bodenverkehrsgenehmigung an rechnet. Hat die Baugenehmigungsbehörde die zu der erneuten Auflassung beantragte Bodenverkehrsgenehmigung zu Unrecht versagt, so ist von der Stellung des Genehmigungsantrages an für die Dauer eines sich aus der Versagung der Genehmigung ergebenden Widerspruchs- und Klageverfahrens der Lauf der Dreijahresfrist des § 21 Abs. 1 BBauG gehemmt. c) Gibt die Gemeinde ihre in einem Leitplanentwurf zum Ausdruck gebrachte Absicht, einen Teil des Außengebietes als Baugebiet vorzusehen, auf mit der Folge, daß diese Absicht in dem Leitplan selbst keinen Niederschlag mehr findet, so haben sich mit dieser Änderung der planerischen Absicht der Gemeinde nicht die für die Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung maßgebenden rechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 geändert.
3. OVG Münster U vom 22. 7. 1965 (VII A 1217/63) DVB1. 1966, 189
Die Bindungswirkung einer Bodenverkehrsgenehmigung schließt nicht aus, daß die Bauerlaubnis deshalb versagt wird, weil die Erschließung nicht gesichert ist.
4. I OVG Lüneburg U vom 13. 1. 1966 (OVG A 250/64) DVB1. 1966, 187
Die Bindungswirkung des § 21 BBauG kommt einer wirksamen Bodenverkehrsgenehmigung auch dann zu, wenn sie formell oder materiell fehlerhaft zustande gekommen ist.
5. OVG Lüneburg U vom 25. 5. 1966 (I OVG A 224/64) NJW 1967, 842
Die Bebauungsgenehmigung als vorweggenommener Teil der Baugenehmigung verleiht einem Grundstück nicht die Bebauungsfähigkeit auf unbegrenzte Zeit. Ihre Bindungskraft ist entsprechend der Dreijahresfrist bei der Bodenverkehrsgenehmigung zeitlich begrenzt.
187
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
§22
6. O V G L ü n e b u r g U v o m 9. 6. 1966 (I O V G A 2 2 5 / 6 4 ) N J W 1967, 74 D W W 1967, 83 a) Die Bindungswirkung der Bodenverkehrsgenehmigung umfaßt nicht die Frage, ob die Erschließung gesichert ist. b) Die Anforderungen an die Erschließung eines Baugrundstücks richten sich nach den Bedürfnissen und Auswirkungen des Vorhabens. Die Lage im Innen- oder Außenbereich kann dabei von Bedeutung sein, ist aber nicht in jedem Falle allein maßgebend. Die Zuwegung muß gewährleisten die Erreichbarkeit des Baugrundstücks für Fahrzeuge der Polizei, Feuerwehr usw. sowie die Aufnahmefähigkeit der zum Grundstück führenden Wege für den zu erwartenden Verkehr. 7. O V G L ü n e b u r g U v o m 5. 2. 1968 (I O V G A 170/66) N J W 1968, 1692 Auch eine Bodenverkehrsgenehmigung, die wegen Fristablaufs als erteilt gilt, bindet die Genehmigungsbehörde dahin, daß sie gehindert ist, auf einen Bauantrag, der innerhalb von drei Jahren gestellt wird, die städtebaulichen Versagungsgründe, soweit sie zum Orüfungsbereich der Bodenverkehrsgenehmigung gehört haben, erneut zu prüfen (siehe auch BVerwGE 31, 274, oben A Nr. 7). 8. B a y V G H U v o m 22. 7. 1968 (271 II 67) nicht v e r ö f f e n t l i c h t Nach dem Prinzip der grundsätzlichen Nichtrückwirkung von Gesetzen kann der Beginn der Dreijahresfrist mangels einer anderweitigen gesetzlichen Regelung nur vom Inkrafttreten des § 21 BBauG, also mit dem 30. 6. 1961 einsetzen. 9. B a y V G H U v o m 31. 1. 1973 ( N r . 40 II 70) BayVBl. 1 9 7 4 , 1 5 a) Einer Bebauungsgenehmigung kann keine längere Wirksamkeit zukommen als einem endgültigen Baugenehmigungsbescheid. b) Die Bindungswirkung einer auf Grund § 4 WSG erteilten Wohnsiedlungsgenehmigung war gemäß § 177 Abs. 1 BBauG i. V. mit § 21 BBauG auf einen Zeitraum von drei Jahren seit ihrer Erteilung begrenzt. c) Gegenüber der Versäumung der Antragsfrist nach § 21 Abs. 1 BBauG ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich. d) In der Bezugnahme einer Behörde auf den Wegfall der Bindung einer von ihr früher gegebenen Zusicherung wegen zwischenzeitlich eingetretener Rechtsänderung liegt infolge der verfassungsmäßigen Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 10 Abs. 3 GG) und damit ihrer Pflicht zur Anwendung der geltenden Gesetze kein Verstoß gegen den auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben.
§22 Verhältnis zu anderen
Vorschriften
über den
Bodenverkehr
In dem räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 sind die Vorschriften über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nicht anzuwenden, es sei denn, daß es sich um die Veräußerung der Wirtschaftsstelle eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder solcher Grundstücke handelt, die im Bebauungsplan als Flächen für die Landwirtschaft oder für die Forstwirtschaft ausgewiesen sind. 188
§23 1
2. Abschnitt. Bodenverkehr
Im räumlichen Geltungsbereich eines BebPl. (im Sinne des § 30) wird der Grundstücksverkehr in dem in § 19 begrenzten U m f a n g grundsätzlich allein durch die Genehmigungsbehörde (§ 19 Abs. 4) kontrolliert. Nur wenn es sich um die Veräußerung der Wirtschaftsstelle (wirtschaftlicher Mittelpunkt des Betriebs) eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs oder von im BebPlan als land- u n d forstwirtschaftliche Flächen ausgewiesenen Grundstücken (§ 9 Abs. 1 Nr. 10) handelt, sind auch die Vorschriften über den Verkehr mit landund forstwirtschaftlichen Grundstücken anzuwenden. In Betracht kommt hier die Genehmigungspflicht nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (Gesetz über M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- u n d forstwirtschaftlicher Betriebe) vom 28. 7. 1961 (BGBl. I S. 1091, 1652, 2000). Eine doppelte Genehmigung ist aber nur bei Veräußerungen notwendig, da die Grundstücksverkehrsgenehmigung für die Landwirtschaft sich nicht auf die Teilung bezieht.
§23 Sicherung der Vorschriften über den
Bodenverkehr
(1) Das Grundbuchamt darf auf Grund einer nach § 19 genehmigungsbedürftigen Teilung eine Eintragung in das Grundbuch erst vornehmen, wenn der Genehmigungsbescheid vorgelegt ist. (2) Ist für eine Teilung eine Genehmigung nach § 19 nicht erforderlich oder gilt sie als erteilt, so hat die Genehmigungsbehörde auf Antrag eines Beteiligten darüber ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis steht der Genehmigung gleich. (3) Ist auf Grund einer nicht genehmigten Teilung eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen worden, so kann die Genehmigungsbehörde, falls die Genehmigung erforderlich war, das Grundbuchamt um die Eintragung eines Widerspruchs ersuchen; § 53 Abs. 1 der Grundbuchordnung bleibt unberührt. (4) Ein nach Absatz 3 eingetragener Widerspruch ist zu löschen, wenn die Genehmigungsbehörde darum ersucht oder wenn die Genehmigung erteilt ist. 1. Eintragung im Grundbuch (Abs. 1 und 3) Durch den Wegfall der Genehmigung für Auflassungen gemäß der Novelle 1979 erhielt § 23 die entsprechenden redaktionellen Änderungen. Entgegen der Empfehlung des Rechtsausschusses anläßlich der Erstfassung, bereits bei der Vermessung des Grundstücks eine Sicherung einzubauen, verblieb es aus praktischen Erwägungen beim Regierungsvorschlag, diese Sicherung beim Grundbuchamt zu belassen. Dies entspricht den sachenrechtlichen Gegebenheiten; denn die Teilungsgenehmigung ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Gültigkeit des Rechtsvorgangs. Das 189
§23 3
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Grundbuchamt darf deshalb nach Abs. 1 die Eintragung erst auf Grund der Vorlage des Genehmigungsbescheids vornehmen. Entsprechend den allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften ist auch hier die Möglichkeit eröffnet, das Grundbuchamt um Eintragung eines Widerspruchs zu ersuchen, und zwar steht dieses Antragsrecht der Genehmigungsbehörde zu, insofern eine Eintragung erfolgte, obwohl die genehmigungspflichtige Teilung nicht genehmigt war (Abs. 3). Unberührt bleibt die Bestimmung des § 53 Abs. 1 der Grundbuchordnung, wonach von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen ist, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. 2. Zeugnis (Abs. 2) Soweit die Teilung genehmigungsfrei ist (§ 19 Abs. 5) oder die Genehmigung wegen Zeitablaufs als erteilt gilt (§ 19 Abs. 4 Satz 6), muß die Genehmigungsbehörde (§ 19 Abs. 4 Satz 1) auf Antrag eines Beteiligten darüber ein Zeugnis ausstellen, das wie eine Genehmigung wirkt (Abs. 2). Das Negativattest besitzt zumindest in erster Linie nur grundbuchrechtliche Bedeutung (vgl. Abs. 1); eine Bindungswirkung schließt sich ihm — ungeachtet der Gleichstellung von Negativattest und Genehmigung in Abs. 2 Satz 2 — jedenfalls nicht an (BVerwG U vom 6. 11. 1968, Rspr. 4 A 1). Gilt aber die Teilungsgenehmigung nach § 19 Abs. 4 Satz 6 als erteilt und stellt die Behörde dennoch antragsgemäß ein Negativzeugnis aus, so entfällt die Möglichkeit der Berufung auf die Genehmigungsfiktion (BVerwG vom 20. 11. 1973, Rspr. bei § 19 9 A 23). Im Falle der behaupteten Genehmigungsfreiheit oder der eingetretenen Fiktion ist die Verpflichtungsklage auf die Erteilung eines entsprechenden Zeugnisses gegeben. Beim Teilungskauf ist auch der Käufer berechtigt, ein Negativzeugnis zu beantragen und notfalls auf dem Klagewege durchzusetzen (BVerwG U vom 9. 4. 1976, Rspr. bei § 19 9 A 29). Bei genehmigungsfreien Rechtsvorgängen (z. B. bei der nicht mehr genehmigungspflichtigen Auflassung) ist die Eintragung ins Grundbuch auch ohne Vorlage eines Negativattestes möglich. In Zweifelsfällen kann sich das Grundbuchamt Gewißheit verschaffen, indem es die Vorlage der Negativbescheinigung durch Zwischenverfügung aufgibt. Der Betroffene hat hier (trotz § 43 Abs. 2 VwGO) die Wahl zwischen der Verpflichtungsklage auf Erteilung des Negativzeugnisses und der Feststellungsklage (BVerwG B vom 19. 11. 1968, IV B 93.68, Rspr. 4 A 3). 3. Löschen des Widerspruchs (Abs. 4) Der Widerspruch ist nach Abs. 4 zu löschen, wenn die Genehmigungsbehörde darum ansucht (z. B. wenn sich nachträglich die Genehmigungsfreiheit des Rechtsvorgangs herausstellt) oder wenn die Genehmigung erteilt ist. Im 190
§23 4
2. Abschnitt. Bodenverkehr letzteren F a l l e w i r d d e r L ö s c h u n g s a n t r a g Vertragsparteien erfolgen.
in d e r
Regel v o n
Seiten
der
4. Rechtsprechung A. B V e r w G 1. B V e r w G B v o m 6. 9 . 1 9 6 8 (IV B 209.67) B u c h h o l z 406.11 § 21 B B a u G Nr. 7 Die Erteilung der Negativbescheinigung nach § 23 Abs. 2 BBauG ist nicht gleichbedeutend mit der Nichtversagung der Genehmigung binnen zwei Monaten nach Eingang des Antrages gemäß § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG. 2. B V e r w G U v o m 6 . 1 1 . 1 9 6 8 (IV C 31.66) B V e r w G E 31.22 = BayVBl. 1969, 134 = Z M R 1969, 186 = DVB1, 1969, 755 (1970, 72) Eine Bescheinigung über die bodenverkehrsrechtliche Genehmigungsfreiheit eines Rechtsvorganges (§ 23 Abs. 2 BBauG) kommt eine Bindungswirkung nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 BBauG nicht zu. 3. B V e r w G B v o m 19. 1 1 . 1 9 6 8 (IV B 93.68) B u c h h o l z 406.11 § 23 B B a u G Nr. 2 Im Unterschied zur Rechtslage bei der als erteilt geltenden Bodenverkehrsgenehmigung (§ 23 Abs. 2 Satz 1, zweite Alternative BBauG) ist bei genehmigungsfreien Rechtsvorgängen (a. a. O. erste Alternative) eine auf die Feststellung dieser Tatsache gerichtete Klage nicht deshalb nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, weil der Betroffene die Erteilung einer Bescheinigung nach § 23 Abs. 2 BBauG verlangen und diesen Anspruch erforderlichenfalls im Wege der Leistungsklage verfolgen kann. 4. B V e r w G U v o m 16. 4. 1971 (IV C 2.69) DVB1. 1971, 756 = D Ö V 1971, 637 Ein dem Zeugnis nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BBauG hinzugefügter Hinweis auf den angeblichen Inhalt der nach den §§ 19 Abs. 4 Satz 3, 21 Abs. 1 BBauG eingetretenen Bindung wird auch bei unterbleibender Anfechtung nicht bestandskräftig. 5. B V e r w G U v o m 12. 11. 1971 (IV C 53.69) BayVBl. 1972, 556 = B u c h holz 406.11 § 21 B B a u G N r . 12 a) Ist über einen Teilungsvorgang nach § 23 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG ein Zeugnis ausgestellt worden, kann, solange dieses Zeugnis besteht, der aus § 21 Abs. 1 BBauG folgenden Bindung nicht entgegengehalten werden, daß der Teilungsvorgang seinerzeit wegen fehlender Konkretisierung nicht genehmigungsfähig gewesen sei. b) Eine Änderung der maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse ist nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BBauG nur beachtlich, wenn sie zeitlich früher liegt als die Antragstellung nach § 21 Abs. 1 BBauG. B. V G H u. O V G B a y V G H U v o m 11. 11. 1974 ( N r . 172 II 72) DVB1. 1975, 632 = 1975, 116
BayVBl.
191
§ 24
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Ein Antrag auf Erteilung eines Negativattestes gemäß § 23 Abs. 2 BBauG darf auch bei Genehmigungsbedürftigkeit des zugrunde liegenden Rechtsvorgangs nicht in einen Antrag auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung umgedeutet und als solcher verbeschieden werden.
DRITTER ABSCHNITT Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden §24 Allgemeines
Vorkaufsrecht
(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu, die 1. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, 2. in Gebieten liegen, für die die Gemeinde die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen hat und in denen kein Vorkaufsrecht nach § 25 besteht, oder 3. in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen sind. (2) Das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt; bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben. Die Ausübung ist insbesondere ausgeschlossen, wenn 1. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 des Grundstücks entsprechend den vorhandenen baurechtlichen Festsetzungen bebaut ist und genutzt wird, 2. ein Grundstück von einem öffentlichen Bedarfsträger zu einem in § 39 i Abs. 1 bezeichneten Zweck erworben wird, 3. der Erwerber bereit und in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend den vorhandenen baurechtlichen Festsetzungen zu nutzen, und dies vor Ablauf der Frist nach Absatz 4 Satz 1 erklärt und glaubhaft macht oder 4. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 nach dem Stand der Planungsarbeiten der Verwendungszweck des Grundstücks noch nicht mit ausreichender Sicherheit bestimmt werden kann; ist der Verwendungszweck mit ausreichender Sicherheit bestimmbar, so gelten die Nummern 1 und 3 mit der Maßgabe, daß anstelle der vorhandenen baurechtlichen Festsetzungen die zukünftigen Festsetzungen treten. Nummer 1 gilt nicht, wenn die auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlage schwere Mißstände oder Mängel im Sinne des § 39 e aufweist und der Erwerber nicht glaubhaft macht, daß er bereit und in der Lage ist, die Mißstände oder Mängel binnen angemessener Frist zu beseitigen. 192
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§24
(3) Soweit die Grundstücke nicht als Flächen für den Gemeinbedarf oder als Flächen für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen, als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen benötigt werden, ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn der Eigentümer das Grundstück an seinen Ehegatten oder an eine Person veräußert, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt ist. (4) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Veräußerer ausgeübt werden. Die §§ 504, 505 Abs. 2, §§ 506 bis 509 und 512 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, so kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist. (5) Der durch das Vorkaufsrecht Verpflichtete hat der Gemeinde den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verpflichteten wird durch die Mitteilung des Dritten ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Veräußerungen den Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.
1.
2. 3. 4.
Übersicht Vorbemerkung 5. a) Entstehung b) ÄndG 1976 6. c) Besonderes Vorkaufsrecht d) § 1 7 Abs. 1 S t B a u F G e) Uberleitungsvorschrift Allgemeines 7. Voraussetzungen für die Ausübung des allg. Vorkaufsrechts (Abs. 1 und 2 Satz 1) Ausschluß der Ausübung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 3)
Ausübung des Vorkaufsrechts und Rechtsfolgen (Abs. 4 und 5) Erlöschen des gemeindlichen Vorkaufsrechts (Abs. 5 Satz 4) und der rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechte (Abs. 4) Rechtsprechung A. BVerwG und B G H B. Andere Gerichte
193
§24 1
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
1. Vorbemerkung a) Das Vorkaufsrecht ist keine Neuschöpfung des BBauG. Das Reichssiedlungsgesetz von 1919, das Reichsheimstättengesetz von 1920 u n d die nach dem zweiten Weltkrieg erlassenen Aufbaugesetze einiger Länder (mit Ausnahme desjenigen von Nordrhein-Westfalen) sahen ein Vorkaufsrecht zugunsten öffentlicher Bedarfsträger vor. Die Regelung des Vorkaufsrechts durch die Erstfassung des BBauG diente ausschließlich als Mittel ztir Sicherung der Bauleitplanung. Den Gemeinden als Trägern der Planungshoheit sollte die Möglichkeit eröffnet werden, Grundstücke zu erwerben, um zu verhindern, daß auf dem Grundstücksmarkt angebotene Grundstücke von Personen erworben werden, die nicht gewillt sind, das Grundstück entsprechend der Planung zu nutzen; weiter sollte das Vorkaufsrecht späteren Enteignungen bei der D u r c h f ü h r u n g des Beb Plans von vornherein vorbeugen. Dabei mußte der Gesetzgeber auch Vorsorge gegen mißbräuchliche Verwendung des Vorkaufsrechts treffen. b) Das ÄndG zum BBauG von 1976 hat das Vorkaufsrecht erheblich ausgestaltet. Es wurde aus seinen verhältnismäßig engen räumlichen u n d sachlichen Grenzen herausgelöst mit der Absicht, es zu einem Instrument der Steuerung der gemeindlichen Bodenpolitik zu machen. In Gebieten, in denen ein BebPlan besteht oder die Gemeinde die Aufstellung eines BebPlans beschlossen hat, steht ihr an allen bebauten und unbebauten Grundstücken ein Vorkaufsrecht zu. In den übrigen Gebieten ist sie ermächtigt, auf der Grundlage von Entwicklungsplanungen durch Satzung, die der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde unterliegt, Flächen zu bezeichnen, an denen ihr im Interesse der geordneten Entwicklung des Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht. Damit wird ihr die Möglichkeit eröffnet, in den künftig zur Entwicklung anstehenden Aktivgebieten bereits rechtzeitig den erforderlichen Grunderwerb durch Ausübung von Vorkaufsrechten zu tätigen. Weiterhin steht ihr ein gesetzliches Vorkaufsrecht im gesamten Gemeindegebiet f ü r Austausch- und Entschädigungszwecke zu, wenn Grundbesitz für konkrete städtebauliche M a ß n a h m e n benötigt wird und Eigentümern Austausch- oder Ersatzland zur Verfügung gestellt werden soll. Hatte schon der RegE (BT— DS 77/2496) fast alle bisherigen Vorschriften der §§ 24 bis 28 umgestaltet und zwei neue §§ 25 a (besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland) und 28 a (Herabsetzung des Preises bei Ausübung des Vorkaufsrechts — diese mit erheblichen Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens) eingefügt, so schuf der federführende 15. BT-Ausschuß noch ein besonderes Vorkaufsrecht zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen (§ 24 a); dieses soll es der Gemeinde ermöglichen, in gleicher Weise wie durch das Institut der Abbruchsgenehmigung des § 39h durch die Ausübung auf die Erhaltung einer bestimmten Gestaltung des Ortes oder bestimmter Strukturen im Ortsbild Einfluß nehmen zu können. 194
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§24 1
Der BR hat sich in der Gestaltung des Vorkaufsrechts in besonderem Maß eingeschaltet. Im Erstdurchgang waren es alle Vorschläge des RegE zum Vorkaufsrecht, die zu Änderungswünschen führten, im zweiten Durchgang noch die §§ 24, 24a, 25 Abs. 1, 25a und 28a, die schließlich mit zur Anrufung des Vermittlungsausschusses führten. Dabei konnten sich Vorschläge zu § 24 Abs. 1 und 2 und § 28a durchsetzen (siehe im einzelnen bei den angegebenen Bestimmungen). c) Nunmehr sieht neben dem in § 24 geregelten allgemeinen Vorkaufsrecht das BBauG noch ein besonderes Vorkaufsrecht zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen (§24a), ein besonderes Vorkaufsrecht an Flächen, für die die Gemeinde städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht (§ 25), ein besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- oder Ersatzland (§ 25 a) und ein Vorkaufsrecht zugunsten anderer (§ 27) vor. § 26 beinhaltet die Veräußerungspflicht der Gemeinde, § 28 die Entschädigung für ältere Erwerbsrechte und der neue § 28 a die Ausübung des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert. Diese letztere Bestimmung, die bis zu ihrer endgültigen Gestaltung eine politische Zerreißprobe durchmachen mußte, stellt eine wichtige Vorschrift im Hinblick auf die Bodenpolitik ab, versucht sie doch, über den Verkehrswert einen Ausgleich zwischen Veräußerer und kommunalen Erwerber zu schaffen. Der RegE hat noch über den nicht verwirklichbaren Planungswertausgleich auch hier die Grundstückspreise in den Griff zu bekommen versucht. d) In einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet (vgl. § 5 StBauFG) steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht beim Kauf von bebauten und unbebauten Grundstücken nach § 17 Abs. 1 StBauFG zu. e) Überleitungsvorschrift für das Vorkaufsrecht (Art. 3 § 4 ÄndG 1976) Im Hinblick auf die vielfältigen Änderungen auch beim Vorkaufsrecht sieht Art. 3 § 4 der Novelle 1976 in einer eigenen Überleitungsvorschrift folgendes vor: aa) Für Verkaufsfälle vor dem 1. 1.1977 gilt das alte Recht. Für alle Verkaufsfälle nach dem 1. 1. 1977 ist eine Anwendung der Satzungen alten Rechts (§§ 25, 26 BBauG a. F.) ausgeschlossen (Abs. 1). Da aber § 25 a. F. inhaltlich in § 24 n. F. enthalten ist, entsteht hierdurch keine Lücke. bb) Formell-rechtlich ist in Abs. 2 festgelegt, daß in den Übergangsfällen (Verkauf vor dem 1. 1. 1977) bei Rechtserwerben an einem Grundstück (oder Erwerb eines Rechts an einem solchen Recht) die Gemeinde dem Erwerber nur dann das Vorkaufsrecht entgegenhalten kann, wenn der Erwerber von dem Vorkaufsrecht wußte. Es genügt somit nicht, daß dem Erwerber das Bestehen des Vorkaufsrechts hätte bekannt sein müssen. Für den Zeitpunkt der Kenntnis verweist Satz 2 auf § 892 Abs. 2 BGB, d. h. es ist entweder die Stellung des Antrags auf Eintragung oder — 195
§24 2
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
wenn die notwendige Einigung (§ 873 BGB) erst später zustande kommt — die Zeit der dinglichen Einigung maßgeblich. 2. Allgemeines a) Die Neufassung der Grundvorschrift erweitert das Vorkaufsrecht auf alle Festsetzungen, die in einem BebPlan getroffen werden können, ob nun der BebPl. bereits in Kraft ist oder ob die Aufstellung des BebPl. erst beschlossen worden ist. Die Spezialvorschrift des § 25a wurde eigens vorbehalten. Die frühere unterschiedliche Behandlung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken ist in Nachbildung des § 17 StBauFG entfallen. Das allgemeine Vorkaufsrecht wurde auf Empfehlung des federführenden Ausschusses auch auf Grundstücke ausgedehnt, die in ein Umlegungs- oder in ein Grenzregelungsverfahren (§§ 45 bis 84) einbezogen sind. Aus rechtsstaatlichen Gründen wurde auf Vorschlag des Ausschusses ausdrücklich vorgeschrieben, daß die Gemeinde bei Ausübung des Vorkaufsrechts stets den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben hat, soweit dies nach dem Stand der Planung möglich ist. Eine Reihe von Sachverhalten, teilweise aufgrund der Beratungen des Vermittlungsausschusses noch eingefügt, schließt die Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts aus (Abs. 2, siehe Nr. 4). So wird u. a. das allgemeine Vorkaufsrecht ausdrücklich ausgeschlossen, wenn in Planaufstellungs- oder Umlegungsgebieten der Verwendungszweck noch nicht mit ausreichender Sicherheit bestimmt werden kann (Abs. 2 Nr. 4). Diese auf Vorschlag des Ausschusses beschlossene Einschränkung setzt demnach in Planaufstellungsgebieten einen bestimmten Grad der Planungsreife voraus, ehe das allgemeine Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann. Während nach dem RegE vorgesehen war, daß der Erwerber das Vorkaufsrecht dadurch abwenden konnte, daß er sich schriftlich verpflichtete, das Grundstück binnen einer angemessenen Frist den baurechtlichen Festsetzungen entsprechend zu nutzen, wurde auf Empfehlung des federführenden Ausschusses eine Erleichterung dieses Abwendungsrechts insoweit Gesetz, als es genügt, daß der Erwerber erklärt und glaubhaft macht, bereit und in der Lage zu sein, das Grundstück zweckentsprechend zu nutzen. Weitere Einschränkungen in der Ausübung des Vorkaufsrechts wurden im Vermittlungsausschuß beschlossen (im einzelnen bei den Vorschriften des Abs. 2). Die wichtigste, zületzt noch beschlossene Einschränkung ist die folgende: Im Geltungsbereich eines BebPl. schließt entsprechend den Festsetzungen die erfolgte Bebauung und Nutzung die Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts aus, es sei denn, daß schwere Mängel oder Mißstände im Sinne des § 39a festgestellt werden und der Erwerber nicht glaubhaft macht, in angemessener Frist diese zu beseitigen. Eine weitere Einschränkung der Ausübung des Vorkaufsrechts stellt der im BT-Ausschuß erarbeitete Abs. 3 dar: Veräußerung an den Ehegatten oder 196
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§24 3
an geradlinige Verwandte oder Verschwägerte sowie Verwandte bis zum dritten Grad der Seitenlinie; die Einschränkung gilt nicht bei Gemeinbedarfsflächen oder Flächen, die für die Beseitigung von Abfallstoffen, als Verkehrsversorgungs- oder Grünflächen benötigt werden. b) Wegen der Übergangsregelung für gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinde aufgrund vormaliger Vorschriften vgl. § 178. c) Häufig ist von den in Abs. 1 genannten Festsetzungen nicht das gesamte Grundstück, sondern nur eine Teilfläche betroffen. Auch in diesen Fällen besteht das gemeindliche Vorkaufsrecht. Es erstreckt sich regelmäßig nur auf die Teilfläche, für die Festsetzungen nach Abs. 1 getroffen sind. Ist jedoch das Erstgrundstück wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll nutzbar, so ist anzunehmen, daß sich das Vorkaufsrecht auf das gesamte Grundstück erstreckt (vgl. § 25 Rspr. 7 B 3). Auf das Erbbaurecht, das im BBauG stets eigens genannt war und ist (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 1 früher, jetzt noch §§ 89 Abs. 3, 92 Abs. 2), finden die Vorschriften über das Vorkaufsrecht keine Anwendung. 3. Voraussetzungen der Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts (Abs. 1 und 2 Satz 1) Aus Abs. 1 und Satz 1 des Abs. 2 ergeben sich folgende Voraussetzungen für die Ausübung des allgemeinen Vorkaufsrechts: a) Lage des verkauften Grundstücks entweder im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen oder von der Gemeinde beschlossenen BebPl. — Abs. 1 Nr. 1 und 2 oder Einbeziehung in ein Umlegungs- oder ein Grenzlegungsverfahren (§§ 45 bis 84) - Abs. 1 Nr. 3 - ; b) Wohl der Allgemeinheit — Abs. 2 1. Halbsatz; c) Angabe des Verwendungszwecks des Grundstücks durch die Gemeinde — Abs. 2 zweiter Halbsatz; d) Frist von zwei Monaten für die Ausübung; e) Anhörung der Vertragsparteien durch die Gemeinde vor Ausübung (§ 28a Abs. 2 Satz 2). Zu a) Gleichbedeutend dem BebPl. ist der nach § 173 Abs. 3 übergeleitete Plan. „Einbezogen" bedeutet Erlaß des Umlegungsbeschlusses (§ 47) oder des Grenzregelungsbeschlusses (§ 82) (eines Verwaltungsaktes). Unanfechtbarkeit braucht nicht vorzuliegen. Zu b) Zum unbestimmten Rechtsbegriff „Wohl der Allgemeinheit" siehe BVerfGE 35, 65/77. Im Umkehrschluß ist davon auszugehen, daß die als Beispiel („insbesondere") aufgeführten Ausschlußtatbestände der Nrn. 1 bis 4 des Abs. 2 und des Abs. 3 keine Fälle sind, die dem Wohl der Allgemeinheit entsprechen. Vgl. zum Begriff Wohl der Allgemein197
§24 4
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
heit auch § 87 Abs. 1. Fiskalische Gründe allein genügen nicht für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zu c) Soweit der Verwendungszweck nach dem Stand der Planungsarbeiten noch nicht hinreichend konkretisiert werden kann, ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen (Abs. 2 Nr. 4). 4. Ausschluß der Ausübung des Vorkaufsrechts (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 3): a) Nr. 1 und Satz 2: Im Geltungsbereich eines Beb PI., wenn das Grundstück entsprechend den baurechtlichen Festsetzungen bebaut und genutzt wird, es sei denn, daß schwere Mängel oder Mißstände im Sinne des § 39e Abs. 2 und 3 (siehe die Erläuterungen dort) vorliegen und der Erwerber nicht glaubhaft macht, bereit und in der Lage zu sein, binnen angemessener Frist die Mängel oder Mißstände zu beseitigen. Glaubhaft machen bedeutet, durch Nachweis schriftlicher oder mündlicher Art Zweifel an der Bereitschaft und wirtschaftlichen Fähigkeit auszuräumen, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen. b) Nr. 2: Erwerb durch einen öffentlichen Bedarfsträger für Zwecke, die in § 39i genannt sind, also für die Landesverteidigung und nach dem Gesetz über Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung (Bedarfsträger: Behörden des Bundesministeriums für Verteidigung), für Dienstzwecke des Bundesgrenzschutzes (Bedarfsträger: Bundesinnenministerium oder Bundesgrenzschutzkommandos), der Polizei (Bedarfsträger: die Länder und die entsprechenden zentralen Polizeistellen) oder des zivilen Bevölkerungsschutzes (Bedarfsträger: Bundesinnenministerium), für besondere Maßnahmen nach dem Bundesfernstraßengesetz (Bedarfsträger: Bundesverkehrsministerium; Bundesautobahnämter), dem Bundesbahngesetz (Bedarfsträger: Deutsche Bundesbahn), nach dem Telegraphenwegegesetz (Bedarfsträger: Deutsche Bundespost), nach dem Luftverkehrsgesetz (Bedarfsträger: Bundesverkehrsministerium), nach dem Personenbeförderungsgesetz (Bedarfsträger: Bundesverkehrsministerium, obere Landesbehörden),nach dem Abfallbeseitigungsgesetz (Bedarfsträger: obere Landesbehörden) und Verkehrs-, wege- und wasserrechtliche Maßnahmen nach den Landesgesetzen (Bedarfsträger: mittlere und obere Landesbehörden), weiter für Grundstücke, die dem Gottesdienst oder der Seelsorge (also z. b. Jugendheime, Pfarrzentren u. a.) dienen, von Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen (nicht privaten) Rechts (Bedarfsträger die Kirchen und entsprechenden, also anerkannten Gemeinschaften). c) Nr. 3: Bereitschaft und wirtschaftliche Fähigkeit, das Grundstück binnen angemessener (unbestimmter Rechtsbegriff) Frist entsprechend den baurechtlichen Festsetzungen zu nutzen und Glaubhaftmachung innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags. 198
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§24 5
d) Nr. 4: Nicht mit ausreichender Sicherheit bestimmbarer Verwendungszweck des Grundstücks in Gebieten, in denen die Aufstellung eines BebPl. durch die Gemeinde beschlossen worden ist. Der Begriff der nicht ausreichenden Bestimmbarkeit, der die Nr. 4 kennzeichnet, war Anlaß für den Vermittlungsausschuß des BT, auch die Fälle ins Auge zu fassen, in denen der „Verwendungszweck mit ausreichender Sicherheit bestimmbar" (ebenfalls unbestimmter Rechtsbegriff) ist; er hat für die Fälle der obigen Nrn. 1 (dem BebPl. entsprechende Bebauung und Nutzung) und 3 (Bereitschaft und Glaubhaftmachung einer Nutzung innerhalb angemessener Frist durch den Erwerber) den Gesetzgeber zu der Abwandlung veranlaßt, daß anstelle der vorhandenen baurechtlichen Festsetzungen die zukünftigen Festsetzungen treten. Im wesentlichen geht diese Erweiterung des Ausschusses der Ausübung des Vorkaufsrechts auf Anregung des BR zurück, der sich von Anfang an gegen eine Ausweitung des Vorkaufsrechts gewandt hatte, aber nur in geringem Maß sich durchsetzen konnte. e) Abs. 3 entspricht dem bisherigen Recht abgesehen von der Einbeziehung von Flächen für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen in den Ausschlußtatbestand. Die in Frage kommenden Verwandten sind Ehegatten, Abkömmlinge, Eltern und Großeltern, Schwager (Schwägerinnen) sowie sonstige Linien bis zum dritten Grad, d. s. Geschwister, Neffen und Nichten (vgl. § 1589 BGB).
5. Ausübung des Vorkaufsrechts und Rechtsfolgen (Abs. 4 und 5) a) Das ÄndG von 1976 hat auch die Abs. 4 und 5 umgestaltet. Insbesondere wurde die Frist zur Ausübung von einem Monat auf zwei Monate erstreckt. Wichtig ist der nunmehrige gesetzliche Ausspruch, daß es sich bei der Ausübung des Vorkaufsrecht um einen Verwaltungsakt handelt. Die Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts wurde eingeschränkt. Warum die BReg. die vorgenannten Absätze so erheblich änderte, ergibt sich aus der AmtlBegr. (BT-DS 7/2496 zu Nr. 19, zu c): „In der Rspr. und im Schrifttum bestanden unterschiedliche Auffassungen über die Rechtsnatur der Erklärung der Gemeinde, mit der sie das Vorkaufsrecht ausübt. Der BGH hatte in ständiger Rspr. die Auffassung vertreten, daß die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts keinen Verwaltungsakt, sondern eine privatrechtliche Willenserklärung darstelle und somit die Rechtmäßigkeit des Vorkaufsrechts von den Zivilgerichten zu prüfen sei. Dies führte dazu, daß neben den Verwaltungsgerichten und außerhalb der Zuständigkeiten der Gerichte für Baulandsachen auch die Zivilgerichte insoweit über städtebaurechtliche Fragen zu befinden hatten. Im Interesse der Einheitlichkeit der Rspr. und im Hinblick auf die Ausgestaltung des § 28a (preislimitierendes Vorkaufsrecht) wurde die Zuständigkeit der Gerichte für Baulandsachen durch § 24 Abs. 4 Satz 1 und die Änderung des § 157 Abs. 1 erreicht. 199
§248 2
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
6. Rechtsprechung BGH B vom 24. 11. 1978 (V ZB 14/78) BBauBl. 1979, 379 Das Grundbuchamt kann die Vorlage eines Zeugnisses der Gemeinde nach § 24 Abs. 5 Satz 3 BBauG nicht verlangen, wenn sich aus dem zu vollziehenden notariellen Vertrag ergibt, daß ein Vorkaufsfall nicht vorliegt.
§ 24 a Besonderes Vorkaufsrecht zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen Der Gemeinde steht zur Wahrung der in § 39 h Abs. 3 und 4 bezeichneten Belange ein Vorkaufsrecht an bebauten Grundstücken im Gemeindegebiet zu, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch den Erwerb des Grundstücks und die damit verfolgten Zwecke die in § 39 h bezeichneten Belange beeinträchtigt werden. Der Erwerber kann die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn er sich verpflichtet und glaubhaft macht, daß er die Belange wahren wird. § 24 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 bis 5 ist anzuwenden. 1. Vorbemerkung § 24a wurde auf Empfehlung des federführenden (15.) BT-Ausschusses in die Novelle 1976 eingefügt und stieß auf Gegenwehr des BR (vgl. BR-DS 190/76, S. 23). Hatte der BR bereits im ersten Durchgang die Erweiterungen des Vorkaufsrechts durch § 25 a (besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland) „über die Erweiterung der §§ 24 und 25 hinaus" beanstandet, weil seiner Meinung nach nunmehr „im Grundstücksverkehr niemand wissen kann, wo und wann das Vorkaufsrecht besteht", so wurde auch zu dem vom Ausschuß neu eingefügten § 24 a ausgeführt, daß „der Grundstücksverkehr kaum wissen kann, ob und wann im Einzelfall die Wahrung der in § 39 h bezeichneten Belange, besonders nach dessen Abs. 3 Nr. 3 und nach Abs. 4, das Vorkaufsrecht begründet oder nicht, zumal die nach § 39h vorgesehene Satzung hier nicht vorgesehen" sei. Trotzdem verblieb es beim Vorschlag des 15. Ausschusses. 2. Allgemeines (Satz 1) Über das allgemeine Vorkaufsrecht hinaus wird der Gemeinde durch § 24 a ein besonderes, durch Satzung zu begründendes Vorkaufsrecht an bebauten Grundstücken im Gemeindegebiet eingeräumt, dessen Rechtfertigung die Wahrung folgender in § 39h Abs. 3 und 4 enthaltenen Belange bildet: a) Erhaltung baulicher Anlagen, die allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägen, die von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind. 200
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§ 25
b) Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in bestimmten Gebieten aus besonderen städtebaulichen Gründen. c) Beachtung sozialer Belange bei städtebaulichen Umstrukturierungen. Voraussetzung ist, daß Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die obengenannten Belange beeinträchtigt werden. Es müssen somit echte Grundlagen gegeben sein; Vermutungen über eine kommende Entwicklung genügen nicht; allerdings rechtfertigt der Beginn von Handlungen entgegen den Schutzbelangen schon die Ausübung des Vorkaufsrechts. 3. Ausschluß des besonderen Vorkaufsrechts (Sätze 2 und 3) Ähnlich wie bei § 24 geregelt, kann auch das besondere Vorkaufsrecht der Gemeinde vom Erwerber abgewendet werden, wenn er sich verpflichtet u n d auf irgendwelche Weise glaubhaft macht, daß er die in § 39 h Abs. 3 und 4 angeführten Belange wahrt (Satz 2). Konkrete Anhaltspunkte müssen gegeben sein. Ist die Ausübung des Vorkaufsrechts „abgewendet" und der Eigentumsübergang vollzogen, bleibt der Gemeinde bei Nichteinhaltung der Verpflichtung nur der — zivile — Rechtsweg wegen Schadensersatzes, wobei ihr die Beweislast obliegt, d a ß kein Verschulden des Erwerbers vorliegt, d a ß er aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen die Belange des § 39 h Abs. 3 und 4 nicht wahren kann. Satz 3 erklärt ausdrücklich die Anwendung von § 24 Abs. 2 Satz 1 u n d Abs. 3, 4 und 5. Das bedeutet, daß zum einen das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen m u ß und die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks angeben m u ß (bei Nichtangabe ist ein Anfechtungsgrund gegeben), zum anderen, daß mit der Einschränkung der Gemeindebedarfsflächen und der Flächen für Verwertung oder Beseitigung von Abwässern und Abfallstoffen Verwandtenverkäufe vom Vorkaufsrecht nicht erfaßt werden dürfen. Im übrigen finden die Formvorschriften, wie sie für das allgemeine Vorkaufsrecht aufgezeigt wurden und oben erläutert wurden, Anwendung.
§25 Besonderes
Vorkaufsrecht
(1) In Gebieten, in denen die Gemeinde entsprechend den Zielen der Raumordnung und Landesplanung oder den städtebaulichen Entwicklungszielen des Flächennutzungsplans oder einer Entwicklungsplanung der Gemeinde städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, kann die Gemeinde zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 4 Halbsatz 2 findet Anwendung, sobald nach dem Stand der Planungsarbeiten der Verwendungszweck des Grundstücks mit ausreichender Si201
§25 1
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
cherheit bestimmt werden kann; § 24 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 bis 5 ist anzuwenden. Der Verwendungszweck des Grundstücks ist anzugeben, soweit er bereits im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts angegeben werden kann. (2) Die Satzung bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Auf die Veröffentlichung der Satzung findet § 16 Abs. 2 entsprechend Anwendung. 1. Allgemeines a) Der sachliche und räumliche Geltungsbereich des durch die Novelle 1976 völlig neugefaßten und auch in der Struktur geänderten § 25 bezieht sich auf Gebiete, in denen ein BebPl. noch nicht besteht und in denen die Gemeinde auch noch nicht beschlossen hat, einen BebPl. aufzustellen, also außerhalb der Gebiete, die von § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2 erfaßt sind. Bei den Beratungen im federführenden 14. Ausschuß ergaben sich — Gesetz gewordene — Veränderungen, die eine stärkere Orientierung am Interesse der besonderen städtebaulichen Erhaltungs- und Entwicklungsziele zum Inhalt haben. Der Erlaß der auch hier vorgesehenen Satzung setzt eine konkrete Zielplanung voraus, deren spätere Verwirklichung der vorgezogenen Sicherung auch durch frühzeitigen Grundstückserwerb der Gemeinde bedarf. Entsprechend dem generellen Anliegen des Ausschusses, die Ausübungsvoraussetzungen der einzelnen Vorkaufsrechte nachprüfbaren Zweckbindungen zu unterstellen und die Abwendungsrechte zu verbessern, wurden auch in § 25 die entsprechenden Grundgedanken aus § 24 übertragen. Da § 25 von seiner Zweckbestimmung her notwendigerweise die Ausübung des Vorkaufsrechts zu einem so frühen Zeitpunkt zulassen muß, an dem noch nicht immer die konkrete Zweckbestimmung eines einzelnen Grundstücks angegeben werden kann, kann auch das Abwendungsrecht des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 erst ab dem Zeitpunkt greifen, an dem der Verwendungszweck des Grundstücks nach dem Stand der Planungen mit ausreichender Sicherheit bestimmt werden kann. Für die Fälle, in denen das Abwendungsrecht noch nicht ausgeübt werden konnte, wird dem Erwerber innerhalb der Veräußerungspflichten des § 26 daher ein Vorrang eingeräumt. Ebenfalls hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben, soweit dies bereits möglich ist. b) In der Begründung, die der federführende Ausschuß der Neufassung des § 25 beigegeben hat, heißt es: „Dieses besondere Vorkaufsrecht, daß den Gemeinden durch eine gezielte ausschließlich an städtebaulichen Interessen orientierte Bodenvorratspolitik die Sicherung einer langfristigen geordneten städtebaulichen Planung und Entwicklung ermöglichen soll, wurde im Ausschuß eingehend beraten. Der Ausschuß teilt nicht die im Verlauf der Anhörungen gegen dieses Vorkaufsrecht erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken seiner mangelnden rechtlichen Bestimmtheit. Denn auch das besondere Vorkaufsrecht des § 25 räumt den Gemeinden kein abstraktes nicht an den gemeindlichen Bedürfnissen 202
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
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orientiertes Vorkaufsrecht zur allgemeinen Bodenbevorratung ein. Nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung ist es vielmehr ausschließlich an städtebauliche Ziele, Zwecke und Bedürfnisse gebunden. Seiner langfristigen Zielsetzung entsprechend konnte dieses besondere Vorkaufsrecht jedoch weder an die strengen Anforderungen der Zweckbestimmung gebunden werden wie das allgemeine Vorkaufsrecht noch konnte es in der gleichen Weise mit entsprechenden Abwendungsrechten ausgestattet werden. Es soll schon gerade zu einem Zeitpunkt ausgeübt werden können, in dem sich bestimmte längerfristige Planungsabsichten der Gemeinde noch nicht endgültig in konkrete Planungsvorstellungen gewandelt haben. Sobald die Gemeinde aber nach dem Stand der Planungen mit ausreichender Sicherheit den Verwendungszweck des Grundstücks bestimmen kann, ist er anzugeben." (BT-DS 7/4793, Nr. 8b). 2. Besonderes Vorkaufsrecht nach Abs. 1 (Satzungsvorkaufsrecht) Voraussetzung dieses Vorkaufsrechts ist lediglich der Wille der Gemeinde, städtebauliche Maßnahmen entsprechend a) den Zielen der Raumordnung oder Landesplanung oder b) dem F1NP1. oder c) einer etwa vorhandenen Entwicklungsplanung in die Wege zu leiten, ohne daß bereits Konkretes geschehen sein muß. Die Absicherung der im einzelnen zu bezeichnenden Flächen mit dem Vorkaufsrecht geschieht durch eine Satzung. Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist das Wohl der Allgemeinheit, § 24 Abs. 2 Satz 1 findet ebenso Anwendung wie die Abs. 3, 4 und 5 jener Vorschrift, die das Verwandtenabwendungsrecht und die Ausübung des Vorkaufsrechts (mit zweimonatiger Frist) regeln. § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 4 Halbsatz 2 (Ausschluß des Vorkaufsrechts bei Erwerb durch einen öffentlichen Bedarfsträger für Zwecke des § 39i — Landesverteidigung u. ä. —; Wechsel der baurechtlichen Festsetzungen) finden erst dann Anwendung, wenn der Verwendungszweck des Grundstücks mit ausreichender Sicherheit bestimmt werden kann (Satz 2). Jedenfalls ist nach Satz 3 der Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben, soweit er irgendwie im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt angegeben werden kann. 3. Satzungsgenehmigung und Veröffentlichung (Abs. 2) Wie allgemein nach Kommunalrecht und auch nach dem BBauG bedarf auch eine Satzung nach § 25 der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (meist Bezirksregierung) — Satz 1. Der Hinweis („gilt entsprechend") in Satz 2 auf § 6 mit seinen Abs. 2 bis 4 besagt, daß die Vorschriften über die eingeschränkte Versagungsmöglichkeit, die Genehmigung unter Auflagen und die Frist, innerhalb der die Entscheidung der höheren Verwaltungsbe203
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
hörde zu erfolgen hat (mit allenfallsigem Eintritt der Genehmigungsfiktion), anzuwenden sind. Bezüglich der Veröffentlichung ist § 16 Abs. 2 einschlägig (Satz 3): Bekanntmachung entweder zusammen mit der Genehmigung in ortsüblicher Weise oder — vor allem in den Fällen der Fiktion, die hier entsprechend Satz 2 möglich ist, — Verfahren nach § 12 (siehe dort). § 25a Besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- oder Ersatzland Beabsichtigt die Gemeinde in Erfüllung gesetzlicher Pflichten einem bestimmten Eigentümer, dessen Grundstück im Rahmen städtebaulicher Maßnahmen benötigt wird, Austausch- oder Ersatzland zur Verfügung zu stellen, steht ihr auch außerhalb der in den §§ 24 und 25 bezeichneten Gebiete im Gemeindegebiet ein Vorkaufsrecht an einem Grundstück zu, das für diesen Zweck geeignet ist und verwendet werden soll. § 24 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 und 5 ist anzuwenden. Der Gemeinde steht das Vorkaufsrecht nicht zu, wenn das Grundstück land- oder forstwirtschaftlich genutzt wird und die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle gegenüber der Gemeinde erklärt hat, daß das Grundstück für Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur benötigt wird. 1. Allgemeines Neben dem besonderen Vorkaufsrecht zur Sicherung der langfristigen städtebaulichen Entwicklung sah die Novelle 1976 noch ein besonderes Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- und Ersatzland vor. Abgesehen von der vom federführenden Ausschuß empfohlenen Klarstellung, d a ß dieses Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn das Grundstück einem bestimmten Eigentümer in Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Verfügung gestellt werden soll, wurde schließlich unverändert die Fassung des RegE übernommen. Bei den Beratungen des federführenden Ausschusses (BT-DS 7/4793, Nr. 8 c) kam zum Ausdruck, „daß das besondere Vorkaufsrecht zum Erwerb von Austausch- oder Ersatzland nicht zur Bodenbevorratung ausgeübt werden darf oder wenn die Entschädigung in Ersatzland lediglich zweckmäßig esrcheint. Vielmehr m u ß aufgrund eines konkreten Willensentschlusses der Gemeinde sicher sein, daß aufgrund gesetzlicher Verpflichtung ein bestimmtes Grundstück für einen bestimmten Eigentümer benötigt wird". Derartige Ersatzlandverpflichtungen ergeben sich aus der Neufassung des § 59 in der Umlegung, aus § 100 bei der Enteignung oder aus § 25 StBauFG. Ein Vorschlag der Ausschußminderheit, dieses besondere Vorkaufsrecht ausdrücklich auch noch insoweit einzuschränken, daß die Befriedigung eines Ersatzlandanspruchs nicht aus gemeindeeigenen Grundbesitz möglich sein dürfe, wurde nicht übernommen. Dieser Grundsatz beherrscht nach Auffas204
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sung des Ausschusses das gesamte Vorkaufsrecht; anderenfalls würde das Tatbestandsmerkmal „Gründe des Allgemeinwohls" bei Ausübung nicht gegeben sein. Bei einer ausdrücklichen Übernahme dieses Grundsatzes in § 25 a hätte nicht in der späteren Rechtsanwendung der irrige Rückschluß ausgeschlossen werden können, dieser Grundsatz gelte nicht in gleicher Weise auch für die übrigen Vorkaufsrechte. Die Anregung des BR (BR-DS 190/76 Nr. 14 b), der sich entschieden gegen die Ausweitung des gemeindlichen Vorkaufsrechts gewandt hatte, auf § 25a zu verzichten und „auf andere Instrumente, etwa auf § 11 StBauFG" auszuweichen, fand keine Billigung in Ausschuß und BT. 2. Vorschrift Die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Vorkaufsrechts sind a) Handeln in Erfüllung gesetzlicher Pflichten, z. B. im Rahmen des § 100 (Ersatzlandbeschaffung), b) konkreter Anwendungsfall („bestimmter Eigentümer"), c) Geeignetheit des Grundstücks und Absicht der Gemeinde, das Grundstück für den Austausch oder Ersatz zu verwenden, d) Rechtfertigung aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit (unbestimmter Rechtsbegriff), e) Angabe des Verwendungszwecks bei Ausübung des Vorkaufsrechts, f) Fristwahrung (zwei Monate) und Bestimmung der sonstigen formellen Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 — siehe die Erläuterungen dort, g) Unverzügliche Mitteilung nach den Vorschriften des § 24 Abs. 5 (siehe die Erläuterungen dort). Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts ist ausgeschlossen (Satz 2 und 3): a) bei Erwerb durch einen öffentlichen Bedarfsträger zum Zwecke der Landesverteidigung oder zu Zwecken des Bundesgrenzschutzes, der Polizei oder des zivilen Bevölkerungsschutzes oder zur Landbeschaffung (§ 39i) — siehe bei § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, b) bei Verwandtenverkauf im Rahmen des § 24 Abs. 3 — siehe dort, c) wenn bei land- und forstwirtschaftlicher Nutzung des Grundes die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle der Gemeinde gegenüber eine Erklärung abgibt, daß das Grundstück zur Verbesserung der Agrarstruktur benötigt wird. Unter Verbesserung der Agrarstruktur versteht man alle Maßnahmen land- oder forstwirtschaftlicher Art, die geeignet sind, eine Verbesserung der Bodennutzung durch Feldfrüchte oder Forstkulturen oder durch Anlagen, die der Verwaltung der Agrarprodukte dienen, herbeizuführen. 3. a) Das Vorkaufsrecht nach dem BBauG und dem StBauFG setzt für seine Entstehung nicht die Eintragung des Rechts im Grundbuch voraus (sogenannte ,dingliche' Wirkung des Vorkaufsrechts). Wird das gemeindliche Vorkaufsrecht, wie zu § 24 Abs. 1 Nr. 1 sowie zu den §§ 25 und 25 a vorgeschlagen, erweitert, so kann an der dinglichen' Wirkung nicht mehr festgehalten 205
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
werden. Nach dem StBauG besteht die .dingliche' Wirkung fort. Den berechtigten Belangen des Grundstücksverkehrs, vor allem des Realkreditgewerbes, konnte dort dadurch Rechnung getragen werden, daß in den Grundbüchern der Grundstücke, die in den förmlich festgelegten Gebieten und Bereichen dieses Gesetzes liegen, ein Sanierungs- oder Entwicklungsvermerk einzutragen ist. Im BBauG wird, mit Ausnahme der bisher bereits bestehenden Möglichkeit, Umlegungsgebiete festzulegen, von förmlichen Gebiets- und Bereichsfestlegungen Abstand genommen. Damit entfällt auch die Möglichkeit, außerhalb der Umlegungsgebiete besondere Vermerke in die Grundbücher einzutragen. Die Änderung des Abs. 4 soll das Vorkaufsrecht der Gemeinde ,entdinglichen'. Durch das Recht der Gemeinde, nach Mitteilung des Kaufvertrages eine Vormerkung in das Grundbuch eintragen zu lassen (Abs. 4 Satz 3) sowie durch die Neufassung des Abs. 5 wird den berechtigten Belangen der Gemeinde auch nach ,Entdinglichung' des Vorkaufsrechts Rechnung getragen." b) Vor allem darf ein Vorkaufsrecht durch den Dritten — hier die Gemeinde — nur anläßlich eines Verkaufsfalles geltend gemacht werden. Die Frage, ob dem Kauf der Erwerb im Wege der freiwilligen Versteigerung gleichzusetzen ist, kann im Zusammenhalt mit dem weiterhin für anwendbar erklärten § 512 BGB (dort werden nur Zwangsvollstreckung und Konkursverkauf ausgeschlossen) bejaht werden. Bei Tausch, Schenkung, Erbteilung ist jedoch ein Vorkaufsrecht ausgeschlossen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist kein Geschäft der laufenden Verwaltung, so daß nicht der (Ober)bürgermeister allein, oder ein von ihm beauftragter Gemeindevertreter, sondern allein das Gemeindebeschlußorgan (bzw. ein delegierter Ausschuß) zuständig ist. Aus der Sonderstellung dieses Vorkaufsrechts folgt, daß es nicht übertragbar ist (Abs. 4 Satz 4) wie im Zivilrecht (vgl. die Frist von zwei Monaten bei Grundstücken nach §510 Abs. 2 BGB) kann das Vorkaufsrecht nach dem BBauG (sowohl das allgemeine nach § 24 wie die besonderen nach den §§ 24a, 25, 25a bis 27) nunmehr innerhalb zweier Monate nach Mitteilung des Kaufvertrags ausgeübt werden. Diese Mitteilung an die Gemeinde hat nach Abs. 5 Satz 1 der Verpflichtete zu machen, d. i. also dem Verkäufer eines Grundstücks, für das die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 zutreffen; diese Mitteilung wird durch die Mitteilung des Dritten (Käufers) ersetzt (a. a. O. zweiter Halbsatz). Solange die Mitteilung nicht erfolgt ist, beginnt die Frist nicht zu laufen; der Vertrag ist also noch schwebend. Die Frist kann nicht vertraglich verlängert werden; § 510 ist auch mit seinem Abs. 2 BGB ausdrücklich ausgeschlossen. Unterlassung der Mitteilung über den Kaufvertrag durch den Verpflichteten (Verkäufer) an die Vorkaufsberechtigte Gemeinde kann Schadensersatzpflicht des Verkäufers gegenüber dem Erstkäufer auslösen; denn es kann der Fall eintreten, daß der Erstkäufer erst nach längerer Zeit von der Geltendma206
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chung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde, die sehr spät von dem Kaufvertrag Kenntnis erhalten hat, überrascht wird. Soweit die Gemeinde Notariaten und insbesondere Grundbuchämtern Verzeichnisse der vom § 24 Abs. 1 erfaßten Grundstücke zukommen lassen sollte, dürfte sich das Bestehen des Vorkaufsrechts bereits im Rahmen des schuldrechtlichen, spätestens des dinglichen Rechtsgeschäfts zwischen Verkäufer und Erstkäufer herausstellen. Die Mitteilung über den Kaufvertrag muß auch dann erfolgen, wenn die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde eine Dienststelle der Vorkaufsberechtigten Gemeinde ist und diese durch das Genehmigungsverfahren von dem Inhalt des Kaufvertrages gehört hat. Erteilt die Vorkaufsberechtigte Gemeinde (Stadt) durch ihre Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung, so werden hierdurch etwaige Rechte der Gemeinde (Stadt) aus einem geltendgemachten Vorkaufsrecht, bezüglich des Baugrundstücks nicht beeinträchtigt (vgl. BGH U vom 27. 1. 1967, VZR 140/64, Rspr. 7 A 8). c) Neben dem eben genannten § 512 sind noch weitere Vorschriften des BGB für anwendbar erklärt worden (Abs. 4 Satz 2), und zwar nach der Novelle von 1976 aus dem schuldrechtlichen Teil des BGB die Bestimmungen über den Vorkauf mit Ausnahme von § 505 Abs. 1, § 510 (Mitteilung und Frist), § 511 (Ausschluß der Ausübung), des § 513 (mehrere Berechtigte) und des § 514, in dem die grundsätzlichen Unübertragbarkeiten vertraglich ausgeschlossen werden kann. Aus dem sachenrechtlichen Teil waren vor der Novelle die §§ 1098 Abs. 2, 1099 bis 1102 BGB anzuwenden. Dies ist nicht mehr der Fall (siehe folgenden Buchstaben d). Nach den einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen (s. u.) und der höchstrichterlichen Rspr. (vgl. RGZ 121, 137) bewirkt die Mitteilung von der Ausübung des Vorkaufsrechts selbsttätig einen neuen (schuldrechtlichen) Kaufvertrag, der nicht der Form des § 313 BGB bedarf. Anstelle des Käufers tritt die Vorkaufsberechtigte Gemeinde in die Rechte und Pflichten des Käufers ein. Im einzelnen lauten die anzuwenden Vorschriften des BGB: §504 Voraussetzung der Ausübung. Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkaufe berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat. §505 Ausübung des Vorkaufsrechts. . . . (2) Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat. §506 Relative Unwirksamkeit. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht oder
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam. §507 Nebenleistungen. Hat sich der Dritte in dem Vertrage zu einer Nebenleistung verpflichtet, die der Vorkaufsberechtigte zu bewirken außerstande ist, so hat der Vorkaufsberechtigte statt der Nebenleistung ihren Wert zu entrichten. Läßt sich die Nebenleistung nicht in Geld schätzen, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie geschlossen sein würde. §508 Gesamtpreis. Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesamtpreise gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen verhältnismäßigen Teil des Gesamtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn getrennt werden können. §509 Stundung des Kaufpreises. (1) Ist dem Dritten in dem Vertrage der Kaufpreis gestundet worden, so kann der Vorkaufsberechtigte die Stundung nur in Anspruch nehmen, wenn er für den gestundeten Betrag Sicherheit leistet. (2) Ist ein Grundstück Gegenstand des Vorkaufs, so bedarf es der Sicherheitsleistung insoweit nicht, als für den gestundeten Kaufpreis die Bestellung einer Hypothek an dem Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf den Kaufpreis eine Schuld, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, übernommen worden ist. Entsprechendes gilt, wenn ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk Gegenstand des Vorkaufs ist. §512 Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstrekkung oder durch den Konkursverwalter erfolgt. 4. Grundbuchrechtliche Behandlung Die N o v e l l e 1976 hat bezüglich der grundbuchrechtlichen Behandlung des g e m e i n d l i c h e n V o r k a u f s N e u e r u n g e n gebracht, die die f r ü h e r e A n w e n d u n g des § 510 Abs. 1 B G B hinfällig m a c h e n . Die Ü b e r n a h m e in d a s B B a u G geschah e n t s p r e c h e n d der AmtlBgr. (siehe A u s s c h u ß b e r i c h t B T - D S 7 / 4 7 9 3 zu N r . 19) vor allem aus G r ü n d e n der Übersichtlichkeit. N u n m e h r sind die Sätze 3 u n d 6 des Abs. 4 u n d Satz 2 des Abs. 5 m a ß g e b e n d : N a c h d e r n e u e n Rechtslage sind der G e m e i n d e alle G r u n d s t ü c k s k a u f v e r träge vor Vollzug in d a s G r u n d b u c h v o m Verpflichteten o d e r a n seiner Stelle d u r c h d e n D r i t t e n (Abs. 5 Satz 1) vorzulegen. Die G e m e i n d e übt e n t w e d e r d a s V o r k a u f s r e c h t aus, o d e r sie stellt auf A n t r a g des in Abs. 5 Satz 3 u n d 4 v o r g e s e h e n e Zeugnis als Voraussetzung f ü r die E i n t r a g u n g in d a s G r u n d b u c h a u s ; d e n n d a s Zeugnis gilt n a c h Satz 4 als Verzicht u n d b r i n g t d a s V o r k a u f s recht z u m Erlöschen. S o b a l d d e r K a u f v e r t r a g „mitgeteilt" ist, m u ß d a s G r u n d b u c h auf Ersuchen der G e m e i n d e eine V o r m e r k u n g zur Sicherung des A n s p r u c h e s auf G r u n d s t ü c k s ü b e r e i g n u n g e i n t r a g e n ; die K o s t e n der E i n t r a g u n g d e r L ö s c h u n g der V o r m e r k u n g sind v o n der G e m e i n d e zu tragen (Abs. 4 Satz 3). 208
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der G e m e i n d e n
§ 25 a
7
Nach Eintragung der Gemeinde aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts kann diese vom Grundbuchamt verlangen, daß eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung gelöscht wird, das Ersuchen an das Grundbuchamt darf erst erfolgen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar geworden ist, d. h. u. U. erst nach Entscheidung des BGH als Revisionsgericht für die Baulandsenate (siehe hierzu nachfolgenden Buchst, e). Bei Veräußerungen darf nach Abs. 5 Satz 2 das Grundbuchamt den Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch erst eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts durch Urkunden (vor allem durch das Zeugnis nach Satz 3 a. a. O.) nachgewiesen ist. 5. Gerichtliche Zuständigkeit Da nunmehr in Abs. 4 Satz 1 die Ausübung des Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt ausdrücklich fixiert ist, ist im Streitfall nunmehr einheitlich, sei es der Streit um die Geltendmachung des Vorkaufsrechts oder der Entschädigungsansprüche, die Zuständigkeit der Baulandkammern/Baulandsenate gegeben (§ 157 in der Neufassung von 1976). 6. Erlöschen des gemeindlichen Vorkaufsrechts (Abs. 5 Satz 4) und der rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechte (Abs. 4) Das bei Nichtausübung oder Nichtbestehen des Vorkaufsrechts von der Gemeinde auszustellende Zeugnis (Abs. 5 Satz 4) ist der übliche, öffentlichrechtliche Weg, über diesen gemeindlichen Verzicht zu dem vom Grundbuchamt einzutragenden Erlöschen zu gelöangen. Privatrechtlich kann ein Erlöschen des Vorkaufsrechts durch einseitigen Verzicht nicht bewirkt werden; durch einen Erlaßvertrag (§ 397 BGB) zwischen Gemeinde (Gläubigerin) und Verkäufer (Schuldner), der keiner Form bedarf, kann das Vorkaufsrecht allerdings zum Erlöschen gelangen. Vgl. zu diesem Problem Palandt, § 504 Anm. 3. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Satzes 5 in Abs. 4 erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte bei Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts. 7. Rechtsprechung A. BVerwG und BGH Das Vorkaufsrecht nach dem BBauG wurde dem in den meisten Aufbaugesetzen der Bundesländer enthaltenen Vorkaufsrecht nachgebildet. Für dieses landesrechtliche Vorkaufsrecht liegen einige bedeutsame höchstrichterliche Entscheidungen vor: 1. BVerwG B vom 18. 9. 1958, DVB1. 1958, 863 = M D R 1958, 942 2. BGH U vom 17.12.1958, BGHZ 29, 113 = DVB1. 1959, 400 = VerwRspr. 11, 1020 209
§ 25a
7
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Beide Entscheidungen enthalten weitere Rechtsprechungsnachweise, erstere insbesondere solche von Verwaltungsgerichten des zweiten Rechtszugs. 3. BGH U vom 25. 1. 1961 (V ZR 80/59) DNotZ 1961, 263
Eine vertragliche Nießbrauchbestellung ist nichtig, wenn durch sie die Ausübung eines vom anschließend protokollierten Kaufvertrag ausgelösten gesetzlichen Vorkaufsrechts einer Aufbaugemeinde vereitelt werden sollte.
4. BGH U vom 25. 10. 1961 (V ZR 61/60) DVB1. 1962, 62 = VerwRspr. 14, S. 215 = DNotZ 1962, 386 a) Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nicht auf den ersten Verkaufsfall nach der Erklärung zum Aufbaugebiet beschränkt. § 1097 BGH gibt für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts keinen Anhalt. b) Bei einer Großstadt mit erheblichen Zerstörungen kann die Ausübung des Vorkaufsrechts entsprechend den dem Oberstadtdirektor nach § 62 NdsGO übertragenen Befugnissen zu den Geschäften der laufenden Verwaltung im Sinn des § 68 Abs. 2 NdsGO gehören (Ergänzung zu BGHZ 32, 375 = VerwRspr. 13 S. 87).
5. BGH U vom 21. 11. 1961 (V ZR 73/60) BGHz 36, 155 = DÖV 1962, 271 = NJW 1962, 631 = MDR 1962, 293 = BB 1962, 238 = DNotZ 1962, 387 = DVB1. 1962, 272 (Auszug) Das Interesse des Gemeinwohls ist (jedenfalls nach dem rheinland-pfälzischen Aufbaugesetz) Tatbestandsvoraussetzung der Ausübung. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist vom ordentlichen*) Gericht zu prüfen. Dieses Interesse setzt nicht voraus, daß der Aufbau der Gemeinde ohne das Grundstück wesentlich erschwert oder gar unmöglich wäre. Die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts ist nicht nur bei Gefährdung oder Erschwerung des Aufbaues, sondern auch schon dann zulässig, wenn das Grundstück zum Austausch gegen solche Grundstücke geeignet ist, die infolge der Planung mit einschneidenden Beschränkungen belegt werden sollen (vgl. Urteil des BGH vom 25. 10. 1961, VZR 61/60, BB 162, 12 und das Urteil vom 25. 1. 1961, BGHZ 34, 200). Die Beweislast für die Verwendung des im Wege des Vorkaufs erworbenen Grundstücks hat die Gemeinde (vgl. auch BGH vom 15. 6. 1960, BGHZ 32, 375).
6. BGH U vom 21. 12. 1961 (VZR 53/60) BB 1962, 238
Zum Begriff Wohl der Allgemeinheit bei Ausübung des Vorkaufsrechts.
7. BGH U vom 16.11. 1965 (VZR 26/63) DNotZ 1966, 482
Der Grundsatz, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts unwirksam ist, wenn der Vorkaufsberechtigte es zugleich ablehnt, die mit seiner Regelung verbundenen Pflichten zu tragen, gilt auch dann, wenn der Vorkaufsberechtigte die volle Bezahlung des von dem Vorkaufsverpflichteten vereinbarten Kaufpreises mit der Begründung einer vorherigen gerichtlichen Prüfung abhängig macht, es sei ihm durch bestimmte Tatsachen der (sich später als unbegründet erweisende) Verdacht erweckt worden, daß durch die Ausgestaltung des Kaufvertrages, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises, die Ausübung seines Vorkaufsrechts vereitelt oder erschwert werden sollte. *) Vgl. Neufassung des § 157 Abs. 1 (Zuständigkeit der Baulandkammern) durch das ÄndG 1976.
210
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§ 25a 7
8. BGH U vom 27. 1. 1967 (VZR 140/65) VerwRspr. 19, 49
Zur Frage der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Gemeinde im Interesse des Gemeinwohls und zur Rechtzeitigkeit der Ausübung (siehe oben Anm. 3b).
9. BGH U vom 27. 10. 1967 (VZR 157/64) DNotZ 1968, 412
Das Vorkaufsrecht wird durch einen Vertrag zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten über den Verkauf des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks nicht ausgelöst, wenn dieser Vertrag in seiner Wirksamkeit gekoppelt ist mit einem zwischen dem Verpflichteten und einem anderen abgeschlossenen Vertrag, der den Erwerb eines Grundstücks seitens des Verpflichteten vorsieht (Ringtausch).
10. BGH U vom 10. 10.1969 (VZR 1455/66) NJW 1970, 187 = BBauBl. 1971, 23 = DNotZ 1970, 244
Wird vom Vorkaufsrecht nur eine Teilfläche des verkauften Grundstücks betroffen und entspricht der Kaufpreis dem Wert des Grundstücks, so hat der Vorkaufsberechtigte für die Teilfläche einen Kaufpreis zu zahlen, der dem Wert der Teilfläche entspricht.
11. BGH U vom 14. 11. 1969 (VZR 115/66) DVB1. 1971, 317
a) Voraussetzung für das Entstehen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts ist der Abschluß eines Kaufvertrages; diesem kann ein Erbteilskaufvertrag oder ein Auseinandersetzungsvertrag auch dann nicht gleichgesetzt werden, wenn die Beteiligung eines Gesamthänders darauf beruht, daß er zuvor den Anteil eines Miterben käuflich erworben ist. b) Zu den Voraussetzungen einer unwirksamen Umgehung des Vorkaufsrechts.
12. BGH U vom 15.1. 1971 (VZR 164/68) DVB1. 1971, 318 = NJW 1971, 560 = DNotZ 1971, 362
Zum Vorkaufsrecht der Gemeinde bei einem einheitlich bebauten Grundstück, von dem nur ein Teil im BebPl. als Verkehrsfläche o. ä. festgesetzt ist.
B. Andere Gerichte 1. LG München I B vom 23. 1. 1962 (13 T 386/61) Mdr 1962, 653
Das Grundbuchamt kann für die Eintragung der Auflassung nicht den Nachweis verlangen, daß ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde nach §§ 24 ff. BBauG nicht gegeben sei oder nicht ausgeübt werde.
2. OLG Hamm B vom 30.4. 1965 (15 W 18/65) DNotZ 1966, 106 = OLGZ 1965, 241
a) Das Grundbuchamt ist nicht befugt, die Eintragung einer Eigentumsänderung davon abhängig zu machen, daß die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Gemeinde nach § 24 BBauG nachgewiesen wird. b) Das gesetzliche Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff. BBauG entsteht außerhalb des Grundbuchs und nimmt nicht an dessen öffentlichem Glauben teil. Damit hat das Risiko, eine Beeinträchtigung seiner Rechte zu erfahren, nach dem Willen des Gesetzgebers der Erwerber des Grundstücks zu tragen. (Vgl. hierzu weitere Nachweise in der oben angegebenen Fundstelle DNotZ 1966, 106.)
211
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
§26
3. B a y O b L G B v o m 2 . 9 . 1966 (BReg. 2 Z 2 6 / 1 9 6 6 ) N J W 1967, 113 = B a y O b L G Z 1966, 310 = BayVBl. 1967, 33 = BayBgm. 1967, 198 = D N o t Z 1967, 497 = M D R 1967, 127 a) Das gesetzliche Vorkaufsrecht einer Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BBauG erstreckt sich grundsätzlich nur auf denjenigen Teil eines Grundstücks, der als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünfläche festgesetzt ist, erfaßt also nicht die hierdurch nicht betroffene Restfläche. b) Kann in einem solchen Fall die vom Vorkaufsrecht erfaßte Teilfläche nicht ohne Nachteil für den Verpflichteten abgetrennt werden, so kann dieser in entsprechender Anwendung des § 508 Satz 2 BGB, § 92 Abs. 3 BBauG verlangen, daß der Verkauf auf das gesamte Grundstück erstreckt wird. c) Die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts gemäß § 24 Abs. 1 BBauG gehört in Bayern jedenfalls in einer durch den Krieg weitgehend zerstörten Großstadt zu den einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung, wenn der Wiederaufbau ständig derartige Geschäfte erfordert und das einzelne Geschäft für den Gemeindehaushalt keine erhebliche Rolle spielt. 4. O V G M ü n s t e r U v o m 26. 10. 1967 (III A 7 5 / 6 7 ) D N o t Z 1968, 549 = V e r w R s p r . 19, 569 = K S t Z 1968, 92 = D W W 1968, 175 a) Die Prüfung und Entscheidung der Gemeinde hinsichtlich der Ausübung ihres Vorkaufsrechts nach § 24 BBauG geschieht von Amts wegen und ausschließlich im öffentlichen Interesse. b) Die Gemeinde ist verpflichtet, den Vertragschließenden mitzuteilen, wie sie über die Ausübung des Vorkaufsrechts entschieden hat. c) Die Gemeinde ist nicht berechtigt, für ihre vorgenommene Tätigkeit eine Verwaltungsgebühr zu erheben. 5. B a y V G H U v o m 11. 10. 1968 ( N r . 10 I 66) BayVBl. 1969, 68 Die Erteilung einer gemeindlichen Bescheinigung über das Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts nach den §§ 24 bis 26 BBauG ist eine gebührenpflichtige Amtshandlung des eigenen Wirkungskreises. 6. O L G D ü s s e l d o r f U v o m 4. 11. 1970 (9 U 2 4 / 7 0 ) BBauBl. 1972, 65 Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts bei dem Verkauf eines bebauten Grundstücks, das in einem BebPl. zum Teil als öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt ist. §26 Veräußerungspflicht
der
Gemeinde
(1) D i e Gemeinde hat Grundstücke, die sie nach den §§ 24, 24 a und 25 erworben hat, zu veräußern, sobald der mit dem Erwerb des Grundstücks verfolgte Zweck verwirklicht werden kann. Von dieser Verpflichtung sind Grundstücke ausgenommen, die für öffentliche Zwecke oder für beabsichtigte städtebauliche Maßnahmen als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden. (2) In den Fällen des § 24 sind die Grundstücke nach Maßgabe der Ziele und Zwecke des Bebauungsplans unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölke212
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§26 1
rung an Bauwillige zu veräußern, die glaubhaft machen, daß sie die Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans, seinen Zwecken und Zielen nutzen werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn in den Fällen des § 25 die erworbenen Grundstücke in den Geltungsbereich eines Bebauungsplans einbezogen werden, in den Fällen des § 24 a findet Satz 1 mit der Maßgabe Anwendung, daß das Grundstück an solche Personen zu veräußern ist, die glaubhaft machen, daß sie die Belange wahren werden, die die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen. § 89 Abs. 3 findet Anwendung. (3) Bei der Erfüllung der Veräußerungsverpflichtung nach Absatz 2 sind vorrangig frühere Käufer zu berücksichtigen, die in den Fällen des § 25 die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht abwenden konnten, weil in diesem Zeitpunkt die in § 25 Abs. 1 Satz 2 hierfür bezeichneten Voraussetzungen noch nicht vorlagen. Dabei sind in erster Linie diejenigen früheren Käufer zu berücksichtigen, denen kein sonstiges Grundeigentum oder nur Grundeigentum in geringem Umfang gehört; § 89 Abs. 4 und 5 findet entsprechend Anwendung. (4) Ist der Zweck, zu dem das Grundstück nach § 24, 24 a, 25 oder 25 a erworben wurde, entfallen und soll das Grundstück nicht für andere Zwecke verwendet werden, die die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen würden, so ist das Grundstück nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 zu veräußern. 1. Vorbemerkung Vor der Novelle 1976 hatte § 26 einen ganz anderen Inhalt, und zwar das besondere Vorkaufsrecht in Sanierungsgebieten; diese Bestimmung konnte im Hinblick auf § 17 des inzwischen geschaffenen StBauFG entfallen. Die Neufassung regelt im Zuge der Änderung und teilweisen völlig anderen Fassung von Vorschriften des Vorkaufsrechts nunmehr die Veräußerungspflicht der Gemeinde. Vorher war die Veräußerungspflicht (in der alten Form) im früheren § 25 Abs. 5 geregelt. Verständlicherweise hat der neue § 26 im Gesetzgebungsverfahren lebhafte Diskussionen vor allem im federführenden Ausschuß ausgelöst, weil die Veräußerungspflichten der Gemeinde unmittelbar zu den ihr mit diesem Gesetz eingeräumten erweiterten Erwerbsrechten korrespondieren. Der RegE wurde im Ausschuß erheblich erweitert. Zwar blieben die Grundvorschriften des E erhalten: Veräußerungspflicht und Ausnahmen mit der wichtigen Einfügung einer Fristsetzung aufgrund Vorschlags des BR (Abs. 1 Satz 1 und 2), Grundvoraussetzungen für die Veräußerung; doch wurden Abwandlungen beschlossen, die in folgenden Erwägungen des Ausschusses gipfeln (BT-DS 7/4793 Nr. 8): „Der Ausschuß stimmt nach dem Ergebnis seiner Beratungen insgesamt in der grundsätzlichen Zielsetzung überein, daß — die Gemeinden die im Wege des Vorkaufs- oder Enteignungsrechts erworbenen Grundstücke grundsätzlich alle wieder zum frühestmöglichen Zeit213
§26 2
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
punkt zu privatisieren haben, sobald dies der mit dem Erwerb verfolgte Zweck gestattet, — von der Veräußerungsverpflichtung nur solche Grundstücke ausgenommen sind, die für öffentliche Zwecke im.Zusammenhang mit der Durchführung des BebPl. oder für beabsichtigte städtebauliche Maßnahmen als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden, und dabei fiskalische Erwägungen der Gemeinde außer Betracht zu bleiben haben, — der Grundsatz, daß der frühere Eigentümer für den Fall des späteren Wegfalls des Enteignungszwecks einen Rückübereignungsanspruch hat, auch auf das Vorkaufsrecht mit der Maßgabe übertragen wird, daß der frühere Grundstückserwerber einen Vorrang bei der Veräußerung nach § 26 erhält, wenn er bei der Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht Abwendungsrechte geltend machen konnte, oder der Vorkaufszweck entfallen ist, — ansonsten nur solche Bewerber in Frage kommen, die glaubhaft machen, daß sie die Grundstücke binnen angemessener Frist zweckentsprechend nutzen werden, — den Wünschen nach Übertragung vollen Grundeigentums grundsätzlich Rechnung zu tragen ist und im übrigen die Begründung vollen Grundeigentums bzw. von Erbbaurechten und Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz Vorrang vor den übrigen in § 89 Abs. 3 vorgesehenen Rechten hat." Strittig blieb die Frage, ob die Gemeinden zur vorrangigen Begründung vollen Grundeigentums unabhängig von dem Vorliegen städtebaulicher Gegebenheiten verpflichtet werden sollen. Ein weiterer Streitpunkt war die Frage, ob für die Vergabe von Erbbaurechten eine Mindestdauer vorgeschrieben werden soll. Die Ausschußminderheit (Opposition C D U / C S U ) kam mit ihren Vorschlägen nicht durch. 2. Grundvorschrift (Abs. 1) Bei der Fassung der Grundvorschrift wurden die Grundgedanken der §§ 25 und 59 StBauFG übernommen. Aufgrund Vorschlags des BR hat der federführende Ausschuß die Verpflichtung für die Gemeinde aufgenommen, die Veräußerung durchzuführen, sobald der Erwerbszweck verwirklicht werden „kann". Die Fassung ist leider nicht klar, weil die Auslegung schwierig ist. Man wird wohl davon auszugehen haben, daß das Wort „kann" die objektive Möglichkeit bedeutet. Satz 2 nimmt Grundstücke aus, die entweder für öffentliche Zwecke oder für beabsichtigte städtebauliche Maßnahmen als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden. 214
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§26 5
Die beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen, für die auch Grundstücke als Austauschland oder zur Entschädigung von der Veräußerungspflicht ausgenommen werden sollen, ergeben sich aus dem konkreten Bedarf der Gemeinde auf der Grundlage der städtebaulichen Entwicklungsziele. Die durch Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 25a für einen speziellen, bereits vorliegenden Austausch- oder Entschädigungszweck erworbenen Grundstücke müssen entsprechend der Zweckbestimmung dieses besonderen Vorkaufsrechts von der Veräußerungspflicht freigestellt werden. Die auf diese Weise erworbenen Grundstücke werden daher in § 26 Abs. 1 Satz 1 nicht erwähnt. 3. Art der Veräußerung (Abs. 2) Abs. 2 entspricht abgesehen von notwendigen Folgeänderungen aus anderen Vorschriften dem RegE. Dem Vorschlag des BR entsprechend (BR-DS 300/74 Nr. 44) wurde die Veräußerungspflicht auf alle Fälle des § 24 einschließlich der Grundstücke, die in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen sind, erstreckt. Während Satz 1 — ausgehend vom § 24 ohne Einschränkung — voraussetzt, daß ein BebPl. besteht, trägt Satz 2 — ausgehend von § 25 — dem Umstand Rechnung, daß die durch Ausübung des durch Satzung nach § 25 begründeten Vorkaufsrechts erworbenen Grundstücke zunächst nicht im Geltungsbereich eines Beb PI. liegen. Satz 3 trägt der Einfügung des § 24a (besonderes Vorkaufsrecht zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen) in das Gesetz Rechnung. Satz 4 spricht § 89 Abs. 3 an, der Einzelheiten der Art und Weise der Erfüllung der Verpflichtung der Gemeinde bei der Veräußerung festlegt (siehe dort). 4. Vorrang früherer Käufer (Abs. 3) Abs. 3 räumt für die Fälle des § 25 (besonderes Vorkaufsrecht nach Satzung) denjenigen Erwerbern einen Vorrang ein, die von ihrem Abwendungsrecht keinen Gebrauch machen konnten, weil die in § 25 bezeichnete Voraussetzung der „Planreife" im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht vorlag. Satz 2 läßt denjenigen Käufern den Vorrang, denen kein oder nur wenig Grundeigentum gehört. Der zweite Halbsatz normiert die entsprechende Anwendung von Teilen des § 89, und zwar der Bestimmungen, die den Anspruch auf die Höhe des Bodenwerts bei Erwerb u. ä. begrenzen (§ 89 Abs. 4) und die Anbietung an andere durch die Gemeinde (§ 89 Abs. 5) zum Inhalt haben (siehe im einzelnen dort). 5. Verfahren bei Wegfall des Zweckes (Abs. 4) Gleich Abs. 3 will auch Abs. 4 den Grundsätzen, die die Rspr. des BVerfG entwickelt hat (E vom 12. 11. 1974, BVerfGE 38, 175) Rechnung tragen. So 215
§27
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
sieht Abs. 4 für den Fall des späteren Wegfalls des Vorkaufszwecks eine Privatisierung nach den Grundsätzen der Abs. 2 und 3 vor. Der Fall einer Änderung des Vorkaufszwecks ist von der Privatisierung ausgenommen. 6. Rechtsprechung OVG Hamburg, U von 1978, BBauBl. 1978, 50 Zur Entstehung und Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts der Gemeinde im Sanierungsgebiet (§ 26 Abs. 1 BBauG) innerhalb des Geltungsbereichs eines Baustufenplans, der auf Grund der Bauregelungsverordnung durch Verordnung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg 1955 festgesetzt wurde und gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als BebPlan im Sinne des BBauG gilt.
§27 Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten
anderer
(1) Die Gemeinde kann das ihr nach den §§ 24, 24 a, 25 und 25 a zustehende Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen (Begünstigter) ausüben, wenn dieser einverstanden ist, die Gewähr bietet für die Verwirklichung der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Ziele und wenn das Grundstück 1. für öffentliche Zwecke benötigt wird oder 2. mit Wohngebäuden im sozialen Wohnungsbau oder für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bebaut werden soll oder 3. mit Eigenheimen bebaut werden soll oder in einem Gebiet liegt, das nach städtebaulichen Erfordernissen als Eigenheimgebiet entwickelt werden soll. Kaufeigenheime und Kleinsiedlungen stehen Eigenheimen gleich. Die Ausübung des Vorkaufsrechts in den Fällen der Nummern 2 und 3 ist ausgeschlossen, wenn der Käufer bereit ist und die Gewähr bietet, daß er die Ziele verwirklicht, deretwegen das Vorkaufsrecht zugunsten des Dritten ausgeübt werden soll. In den Fällen des § 25 a kann das Vorkaufsrecht für denjenigen ausgeübt werden, der das Grundstück als Austausch- oder Ersatzland erhalten soll. § 26 gilt entsprechend. (2) Steht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 der Bedarfsträger fest, so ist die Gemeinde verpflichtet, auf Antrag des Bedarfsträgers das Vorkaufsrecht zu seinen Gunsten auszuüben, wenn er für die Verpflichtungen der Gemeinde nach Absatz 3 Satz 3 Sicherheit leistet. (3) Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines anderen hat die Gemeinde die Frist, in der das Grundstück zu dem vorgesehenen Zweck zu verwenden ist, zu bezeichnen. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Begünstigten und dem Verpflichteten zustande. Die Gemeinde haftet für die Verpflichtungen aus dem Kauf neben dem Begünstigten als Gesamtschuldnerin. Kommt der Begünstigte seiner Verpflichtung nach Satz 1 nicht nach, so kann die Gemeinde die Enteignung des Grundstücks zu ihren Gunsten oder zugunsten eines Bauwilligen verlangen, der glaubhaft macht, daß 216
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§27 2
er die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchführen wird. Für die Entschädigung und das Verfahren gelten die Vorschriften des Fünften Teils über die Rückenteignung entsprechend. 1. Vorbemerkung Das Vorkaufsrecht zugunsten anderer ist in die Erstfassung des BBauG auf Vorschlag des damals federführenden 24. BT-Ausschusses aus einigen Länderaufbaugesetzen in das BBauG übernommen worden, und zwar aus folgender Erwägung: Würde man die Ausübung des Vorkaufsrechts nur zugunsten der Gemeinden zulassen, so würde es als Instrument der Bodenordnung bei kleineren Gemeinden, denen oft die Mittel fehlen, versagen. Auch ein bloßer Zwischenerwerb würde für solche Gemeinden eine wirtschaftliche Belastung bedeuten. Zudem wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines anderen ein zweimaliger Eigentümerwechsel erspart. Voraussetzung für die Ausübung des Rechts ist das Einverständnis des begünstigten anderen. Es sind also vier Beteiligte vorhanden: der Verkäufer, der Käufer, die Vorkaufsberechtigte Gemeinde und der begünstigte andere. Um eine unerwünschte Ausweitung zu verhindern, wurde diese Art der Ausübung bereits in der Erstfassung des BBauG beschränkt. Die Novelle 1976 zum BBauG sah bereits im RegE eine Ausdehnung des Personenkreises vor, zu dessen Gunsten das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann. Der federführende 15. Ausschuß hat einen weiteren Ausschlußtatbestand eingefügt für den Fall, daß der Grundstückskäufer selbst bereit ist und die Gewähr bietet, den Vorkaufszweck zu verwirklichen. Da der BR die Frage der Wiederherausgabe aufgeworfen hat, hat der Ausschuß eine — Gesetz gewordene — Bestimmung vorgeschlagen, die Gemeinden gleichzeitig mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines anderen zur Bestimmung einer Frist zu verpflichten, innerhalb der das Grundstück zweckentsprechend zu verwerten ist. Kommt der Begünstigte dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Gemeinde die Enteignung des Grundstücks zu ihren Gunsten oder zugunsten eines anderen Bauwilligen verlangen. Da es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt ist, im nachhinein in die Bestandskraft wirksam abgeschlossener und vollzogener Verträge einzugreifen, war dies die einzige Möglichkeit, dem für berechtigt anerkannten Anliegen des BR irgendwie Rechnung zu tragen. 2. Grundvorschrift (Abs. 1 Satz 1) Das der Gemeinde bei allen Arten (§§ 24, 24 a, 25, 25 a) zustehende Vorkaufsrecht kann unter folgenden Voraussetzungen ausgeübt werden: a) Einverständnis des „anderen" ( = Begünstigten); b) der Begünstigte m u ß Gewähr bieten für die Verwirklichung der mit der Ausübung erfolgten Ziele (Steuerung der gemeindlichen Bodenpolitik, Sicherung der Bauleitplanung); 217
§27
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
c) Benötigung des Grundstücks für öffentliche Zwecke oder für sozialen Wohnungsbau oder für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf (z. B. kinderreiche Familien, pflegebedürftige Personen) oder für die Entwicklung als Eigenheime (einschl. Kaufeigenheime) oder als Eigenheimgebiet oder als Kleinsiedlungen vorgesehene Flächen. 3. Ausschluß des Vorkaufsrechts für andere (Abs. 1 Satz 2 , 3 und 4) Satz 2 des RegE wurde vom 15. Ausschuß in Anlehnung an § 24 Abs. 2 verändert: Die Neufassung stellt sicher, daß das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann, wenn der Erwerber bereit und in der Lage ist, die Zwecke zu erfüllen, die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgt werden. Sinn der Regelung des § 27 ist es, daß bestimmte Zwecke erfüllt werden. Bietet der Erwerber daher die Gewähr dafür, daß er diese Zwecke erfüllt, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gerechtfertigt. Im Verhältnis zu § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 werden an die Bereitschaft und Fähigkeit des Erwerbers, den Verwendungszweck selbst zu erfüllen, höhere Anforderungen gestellt. Satz 3 entspricht dem RegE; es wird der Anwärter für Austausch- oder Ersatzland berücksichtigt (§ 25 a). Nach Satz 4 gelten die Privatisierungsvorschriften auch für die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter. Durch § 26 Abs. 1 wird dabei sichergestellt, daß der Veräußerungspflicht nicht solche Grundstücke unterliegen, die für öffentliche Zwecke benötigt werden. Sollte die Zweckbestimmung, derentwegen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, später wegfallen, so ist auch in diesen Fällen der Vorkaufsrechtsbegünstigte verpflichtet, das Grundstück zu veräußern (§ 26 Abs. 4). 4. Sicherheitsleistung (Abs. 4) Der durch die Novelle 1976 unverändert gebliebene Abs. 2 sieht vor, daß in den Fällen, in denen ein Träger von Gemeinbedarfseinrichtungen (z. B. Schulen, Kirchen, Versorgungsbetriebe) gewillt ist, das Grundstück zu erschließen und zu bebauen, die Gemeinde verpflichtet ist, auf dessen Antrag hin das Vorkaufsrecht zu seinen Gunsten auszuüben, wenn er für die Verpflichtungen aus dem Kauf Sicherheit leistet. 5. Verfahren (Abs. 3) Abs. 3 wurde schon durch den RegE ausgeweitet, eine weitere erhebliche Erweiterung erfolgte auf Vorschlag des federführenden Ausschusses, wobei Vorschlägen des BR (Nr. 47 der BR-DS 300/74) Rechnung getragen wurde. Satz 4 verpflichtet die Gemeinde, auf eine zweckentsprechende Verwendung des Grundstücks durch den Vorkaufsrechtsbegünstigten innerhalb angemessener Frist hinzuwirken. Kommt der Vorkaufsbegünstigte dieser Verpflichtung nicht nach, treten die an die Rückenteignung angelehnten Rechtsfolgen 218
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§28 l
von Satz 4 ein. Die Frist, in der das Grundstück zum vorgeschriebenen Zweck zu verwenden ist, ist mit fester Zeitangabe zu bezeichnen. Satz 4 trifft für die zivilrechtliche Wirkung die Aussage, d a ß mit der Ausübung des Vorkaufsrechts (Verwaltungsakt nach § 24 Abs. 4 Satz 1) der Kauf zwischen Verpflichteten und Begünstigten zustande kommt, wobei im folgenden Satz 3 eine Haftung der Gemeinde als Gesamtschuldnerin ausgesprochen ist. Satz 5 spricht die Anwendung der Vorschriften über die Enteignung (§§ 102, 103 - siehe dort) aus. §28 Entschädigung fiir ältere
Erwerbsrechte
Nach Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde denjenigen für dadurch entstandene Vermögensnachteile zu entschädigen, dem ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde aufgrund dieses Gesetzes oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 aufgehoben worden sind, begründet, in den Fällen des § 25 a ausgeübt worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen ausgeübt, so kann sie von diesem Erstattung des Entschädigungsbetrags verlangen. 1. Grundvorschrift a) Wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts in den vorgenannten Fällen (§§ 24 bis 25a) in Erwerbsrechte eingegriffen, die durch Vertrag vor der Entstehung eines der hier oder bisher (§ 186 Abs. 1) landesrechtlich geregelten Vorkaufsrechte erworben wurden, so ist die Gemeinde verpflichtet, dem Geschädigten für die hierdurch entstandenen Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten (Satz 1). Voraussetzung ist also, daß das private Vorkaufsrecht begründet worden ist, bevor entweder ein BebPl. nach dem BBauG aufgestellt oder ein übergeleiteter Plan nach § 173 Abs. 3 vorhanden ist, in dem Gemeinbedarfsgrundstücke festgesetzt sind bzw. Grundstücke in ein Umlegungsverfahren oder Grenzregelungsverfahren nach dem BBauG einbezogen sind, oder Satzungen über das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 rechtsgültig erlassen sind, oder in den Bundesländern, die in ihren Aufbaugesetzen ähnliche Vorkaufsrechte zugunsten der Gemeinde hatten, solche zur Entstehung gelangt sind. 219
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2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Nach der Novelle 1976 wird im Hinblick auf den neuen § 25a der Tatbestand der Ausübung dieses neuen Vorkaufsrechts zum Erwerb oder Austausch* oder Ersatzland der „Begründung" in den anderen Fällen gleich. 2. Anwendung anderer Vorschriften Nach Satz 2 sind die Vorschriften der §§ 93 bis 101 - §§ 102 u n d 103 scheiden der Natur der Sache nach aus — über die Entschädigung sinngemäß anzuwenden (vgl. hierzu die Erläuterungen dort). In diesen Bestimmungen sind die Entschädigungsgrundsätze festgelegt, insbesondere, ob die Entschädigung in Geld oder in Land oder durch Gewährung anderer Rechte zu leisten ist. 3. Verfahren bei Nichteinigung a) Mangels Einigung über die Entschädigung entscheidet nach Satz 3 u n d 4 die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Beteiligten. Eine Zuständigkeitsübertragung an eine andere staatliche Behörde (vgl. § 147 Abs. 2) kommt hier nicht in Betracht, weil die Entschädigungsvorschriften des Fünften Teils ausdrücklich für anwendbar erklärt wurden. Für das weitere Verfahren gelten §§ 157 ff.; zuständig für Streitigkeiten sind sonach die K a m m e r n (Senate) für Baulandsachen bei den Land-(Oberlandes-)Gerichten. b) Im Falle des § 27 (Ausübung zugunsten eines anderen) kann die Gemeinde vom Begünstigten die Erstattung des Entschädigungsbetrags verlangen (Satz 5). Auch für Streitigkeiten hierüber sind die Baulandkammern zuständig (§ 157 Abs. 1). c) Die Regelung über die Entschädigung für ältere Erwerbsrechte nach dem BBauG ist auch f ü r gemeindliche Vorkaufsrechte in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten nach dem StBauFG anwendbar (§ 17 Abs. 1 Satz 2 StBauFG). Gleiches gilt bei der Ausübung des gemeindlichen Grunderwerbsrechts nach § 18 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz StBauFG.
§ 28 a Ausübung des Vorkaufsrechts zum
Verkehrswert
(1) Für den bei AusUbung des Vorkaufsrechts von der Gemeinde zu zahlenden Betrag gelten die Absätze 2 bis 6. (2) Der zu zahlende Betrag bemißt sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 142) im Zeitpunkt des Verkäufsfalls; ist das Rücktrittsrecht nach Absatz 3 ausgeschlossen, weil das Grundstück auch enteignet werden könnte, so bemißt sich der zu zahlende Betrag nach den Vorschriften des Fünften Teils. Die Vertragsparteien sind vor Ausübung des Vorkaufsrechts zu hören. Auf schriftliches Verlangen einer Vertragspartei hat die Gemeinde ein Gutachten des Gutachterausschusses einzuholen. Durch das Verlangen wird die Frist des § 24 Abs. 4 Satz 1 bis zum Eingang des Gutachtens bei der Gemeinde unterbro220
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§ 28 a i
chen. Satz 4 gilt entsprechend, wenn die Gemeinde ohne Verlangen nach Satz 3 ein Gutachten des Gutachterausschusses einholt; dies ist den Vertragsparteien vor Ablauf der in § 24 Abs. 4 Satz 1 bezeichneten Frist mitzuteilen. (3) Der Verkäufer ist berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts nach Maßgabe des Absatzes 2 vom Vertrag zurückzutreten. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn 1. das Vorkaufsrecht in den Fällen des § 24 Abs. 1 ausgeübt wird, der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten oder in den Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 2 mit ausreichender Sicherheit bestimmbaren Verwendungszweck auch enteignet werden könnte oder 2. das Grundstück für die Durchführung der Umlegung nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Teils benötigt wird. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 354 und 356 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, weil die Gemeinde das Vorkaufsrecht nach Maßgabe des Absatzes 2 ausgeübt hat, so trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. (4) Wird die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten und ist das Rücktrittsrecht nach Absatz 3 ausgeschlossen, so hat das Gericht auf Antrag eines der Beteiligten vorab zu entscheiden, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt werden durfte. (5) Das Eigentum an dem Grundstück geht auf die Gemeinde über, wenn der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts unanfechtbar geworden ist oder das Urteil nach Absatz 4 rechtskräftig festgestellt hat, daß das Vorkaufsrecht von der Gemeinde ausgeübt werden durfte, und wenn der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen worden ist. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgt auf Ersuchen der Gemeinde. (6) Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts oder der Rechtskraft des Urteils nach Absatz 4 erlöschen die Pflichten des Verkäufers aus dem Kaufvertrag mit Ausnahme der Pflichten aus § 444 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Gemeinde hat nach diesem Zeitpunkt unverzüglich den in dem Bescheid festgesetzten Betrag zu zahlen oder unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen, wenn dies statthaft ist. 1. Vorbemerkung a) Bei Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Recht vor der Novelle 1976 war die Gemeinde an den zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber vereinbarten Preis gebunden. Die Grundstückspreisentwicklung hatte dazu geführt, daß die Gemeinden in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle das Vorkaufsrecht nicht ausüben konnten. Das StBauFG hat in seinem Geltungsbereich an der Bindung der Gemeinde an die vereinbarten 221
§28 a l
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
Preise zwar festgehalten (§ 17 a. F.). Die Möglichkeit, nach § 15 Abs. 3 Satz 2 die Genehmigung für Grundstücksveräußerungsverträge auch zu versagen, wenn der nach § 23 StBauFG maßgebende Gjundstückswert durch den vereinbarten Kaufpreis überschritten wird, verhinderte aber in Verbindung mit dem Grunderwerbsrecht nach § 18 StBauFG im Ergebnis die negativen bodenpolitischen Auswirkungen des preislich nicht gebundenen Vorkaufsrechts. Die Nachbildung in bezug auf § 18 StBauFG ist unverkennbar. Eine allgemeine Preisprüfung besteht allerdings hier nicht. Der RegE ging davon aus, ohne Übernahme des Grunderwerbsrechts aus dem StBauFG in das BBauG, der Gemeinde die Befugnisse zu geben, den im Vertrag vereinbarten Preis auf den „Entschädigungswert" herabzusetzen. Dabei sollte diese Befugnis der Gemeinde auf die in §§ 24 und 25 bezeichneten Gebiete auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen überhöhte Kaufpreise vereinbart worden waren und die Gemeinde durch Satzung die Ausübung des Vorkaufsrechts zu einem limitierten Preis beschlossen hatte. Der RegE ging davon aus, daß der Ausgleichsbetrag nur dann zu zahlen ist, wenn ein Eigentümer ein Grundstück entsprechend den Festsetzungen des BebPl. nutzt. In Ergänzung zu dieser Regelung hat der 15. Ausschuß vorgeschlagen, daß auch derjenige ausgleichspflichtig sein soll, der ein Grundstück nach Festsetzung des Ausgleichsbetrages veräußert. Die endgültgige Fassung des Gesetzes hier, vor allem veranlaßt durch auf Anrufung durch den BR erfolgte das Tätigwerden des Vermittlungsausschusses (siehe unten b), stellt allein auf die „Ausübung des Vorkaufsrechts" ab. b) Im Vermittlungsausschuß erfolgte eine starke Umgestaltung des RegE, und zwar vor allem wegen der Streichung des abgaberechtlichen Teiles (Planungswertausgleich). Nunmehr ist bei Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde ein Preis in Höhe des Verkehrswertes (§ 142) zu zahlen. Der Verkäufer kann sich dem durch einen Rücktritt vom Vertrag entziehen und insofern vermeiden, daß er zu einem Preis an die Gemeinde verkaufen muß, der unter seiner ursprünglichen Vorstellung liegt. Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, a) wenn das Vorkaufsrecht in den Fällen des § 24 Abs. 1 ausgeübt wird, zugleich der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des BebPl. erforderlich ist und auch enteignet werden könnte, b) wenn das Grundstück für die Durchführung der Umlegung nach den Vorschriften des ersten Abschnitts des vierten Teils des BBauG benötigt wird. Damit ist, abgesehen von Abs. 3 Nr. 2, eine Herabsetzung des Kaufpreises nur in solchen Fällen möglich, in denen auch enteignet werden könnte. Der Vermittlungsausschuß schlug zur Ergänzung vor, daß die Kosten des Vertrages im Falle eines Rücktritts, die dem Verkäufer bereits entstanden sind, auf der Grundlage des Verkehrswertes von der Gemeinde zu ersetzen sind. Er geht davon aus, daß es nur billig ist, wenn die Gemeinde diese Kosten trägt, da sie das NichtZustandekommen des Vertrages verursacht hat. Jedoch soll sie nicht verpflichtet sein, Vertragskosten auch insoweit zu übernehmen, als 222
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§28 a
3
ihnen überhöhte Grundstückspreise zugrunde liegen. Dieser Vorschlag wurde Gesetz. 2. Grundvorschrift (Abs. 1 und 2) a) Die gänzlich vereinfachte (siehe oben) Fassung des Abs. 1 bringt als einzige Aussage die Verweisung auf die anzuwendenden Abs. 2 bis 6. Nach Abs. 2 Satz 1 ist für den zu zahlenden Betrag der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Verkaufsfalles maßgeblich; dieser bestimmt sich nach § 142 (Neufassung durch die Novelle 1976; siehe auch Erläuterungen dort),nach dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wär (Abs. 2 aaO). Die Wertermittlung kann nach Abs. 1 aaO auch durch einen gutachtlichen Ausschuß durchgeführt werden. Diesem stehen die Wertermittlungsverordnung vom 15. 8.1972 (BGBl. I S. 1416) und die neugefaßten Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (WertR '76), bekanntgemacht durch RdSchr. des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 31.5. 1976 (BAnz. Nr. 146 vom 6. 8. 1976, Anl.) zur Verfügung. Aber auch ohne Gutachterausschuß, der nur auf (schriftliches) Verlangen einer der beiden privaten Vertragsparteien nach Satz 3 ein Gutachten abzugeben hat, können und sollen die WertR herangezogen werden. Das Gutachten ist von der Gemeinde einzuholen, nach Satz 5 kann auch die Gemeinde ohne Verlangen der Vertragsparteien ein Gutachten des Gutachterausschusses einholen ; sie hat dies aber den Vertragsparteien vor Ablauf der in § 24 Abs. 4 Satz 1 normierten Zweimonatsfrist für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mitzuteilen, Jedenfalls wird in beiden Fällen des Verlangens nach einem Gutachten die Zweimonatsfrist bis zum Eingang des Gutachtens bei der Gemeinde unterbrochen. Je nachdem, wie spät ein solches Gutachten einverlangt wird, bemißt sich der Rest der Frist. Da nach Satz 2 vor Ausübung des Vorkaufsrechts die Vertragsparteien von der Gemeinde zu hören sind. b) Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses des BT wurde an den Satz 1 des Abs. 2 noch ein Halbsatz angefügt, für den Fall des Ausschlusses des Rücktrittsrechts — nach Abs. 3 (s. unten) hat der Verkäufer grundsätzlich ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag — daß der Ausschuß für die Durchführung des BebPl. erforderlich ist und das Grundstück auch enteignet werden könnte: Dann bemißt sich aus rechtsstaatlichen Gründen der zu zahlende Betrag für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht nach dem Verkehrswert, sondern nach den §§ 93 bis 103 über die Entschädigung bei Enteignung. 3. Rücktrittsrecht und Ausschluß hiervon (Abs. 3) a) Das über den RegE hinaus durch den Vermittlungsausschuß des BT befürwortete Rücktrittsrecht nach der Novelle 1976 dient dazu, berechtigte Be223
§ 28 a 3
2. Teil. Sicherung der Bauleitplanung
l a n g e d e s V e r k ä u f e r s zu w a h r e n . D i e Frist f ü r die G e l t e n d m a c h u n g des R ü c k trittsrechts ist n a c h Satz 1 a u f e i n e n M o n a t n a c h U n a n f e c h t b a r k e i t des Bes c h e i d e s ü b e r d i e A u s ü b u n g erstreckt. Ist d e r Bescheid a n g e f o c h t e n , so tritt d i e U n a n f e c h t b a r k e i t erst m i t R e c h t s k r a f t d e s Urteils (§§ 166, 169, 170) d e r B a u l a n d k a m m e r bzw. d e s B a u l a n d s e n a t s b z w . des B G H ein. D e r G e s e t z g e b e r h a t f ü r f o l g e n d e Fälle ein R ü c k t r i t t s r e c h t d e s V e r k ä u f e r s ausgeschlossen (Satz 2): aa) Bei A u s ü b u n g n a c h d e r G r u n d v o r s c h r i f t d e s § 2 4 Abs. 1, w e n n d i e D u r c h f ü h r u n g d e s BebPl. d e n E r w e r b des G r u n d s t ü c k s e r f o r d e r l i c h m a c h t u n d a u c h d i e V o r b e d i n g u n g e n f ü r d i e E n t e i g n u n g , n a c h d e m im BebPl. festgesetzt o d e r — w e n n erst die A u f s t e l l u n g des BebPl. b e s c h l o s s e n w o r d e n ist — n a c h d e m ein m i t a u s r e i c h e n d e r Sicherheit b e s t i m m b a r e r V e r w e n d u n g s z w e c k (unbestimmter Rechtsbegriff) vorliegen; bb) w e n n d a s G r u n d s t ü c k f ü r die D u r c h f ü h r u n g d e r U m l e g u n g (§§ 45 bis 79) b e n ö t i g t w i r d . D i e n a c h Satz 3 a n z u w e n d e n d e n V o r s c h r i f t e n d e s B G B lauten: § 346. (Wirkung des Rücktritts) Hat sich in einem Vertrag ein Teil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Überlassung der Benutzung einer Sache ist der Wert zu vergüten oder, falls in dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu entrichten. § 347. (Haftung bei Rückgewähr) Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich im Falle des Rücktritts von dem Empfange der Leistung an nach den Vorschriften, welche für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Das gleiche gilt von dem Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch auf Ersatz von Verwendungen. Eine Geldsumme ist von der Zeit des Empfanges an zu verzinsen. § 348. (Erfüllung Zug um Zug) Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 320, 322 finden entsprechende Anwendung. § 349. (Erklärung des Rücktritts) Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teile. § 350. (Zufällliger Untergang) Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. § 351. (Verschuldeter Untergang) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Teiles steht einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach § 278 zu vertretende Verschulden eines anderen steht dem eigenen Verschulden des Berechtigten gleich. § 352. (Verarbeitung oder Umbildung) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. § 353. (Veräußerung oder Belastung) Hat den Berechtigte dem empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Teil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechts eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, wel224
3. Abschnitt. Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinden
§ 28 a 5
eher den Gegenstand infolge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des § 351 oder des § 352 eingetreten sind. Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt. § 3 5 4 . (Verzug; Fristsetzung für Rückgewähr) Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Teiles des Gegenstandes in Verzug, so kann ihm der andere Teil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt. § 356. (Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts) Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite mehrere beteiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
b) Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde hinsichtlich der Vertragskosten bei Rücktritt durch den Verkäufer wegen Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde festgelegt, daß in solchen Fällen unter Zugrundelegung des Verkehrswertes die Gemeinde diese Auslagen („Kosten des Vertrages") zu tragen hat. 4. Vorabentscheidung der Baulandkammer bei Anfechtung (Abs. 4) Die Novelle 1976 hat in § 24 Abs. 4 Satz 1 festgelegt, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts ein Verwaltungsakt ist; es wird mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten. Zuständig für die Entscheidung sind die Baulandgerichte (§157 ff.). Bei Anfechtung der Ausübung des Vorkaufsrechts muß die Baulandkammer auf Antrag eines der Beteiligten eine Vorabentscheidung darüber treffen, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt werden durfte. Voraussetzung hier ist jedoch, daß das Rücktrittsrecht nach Abs. 3 ausgeschlossen ist; diese Einschränkung erfolgte auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses. 5. Eigentumsübergang und sonstige Rechtsfolgen (Abs. 5 und 6) Die Abs. 5 und 6 stellen eine Ergänzung der Abs. 4 und 5 des § 24 dar. a) Abs. 5 spricht den Eigentumsübergang des Grundstücks an die Gemeinde an bei Unanfechtbarkeit des Bescheides oder bei rechtskräftiger Feststellung des Gerichts, daß das Vorkaufsrecht zu Recht ausgeübt werden durfte, und nach Eintrag des Eigentumsübergangs in das Grundbuch. Diese Eintragung in das Grundbuch erfolgt auf Ersuchen der Gemeinde. b) Abs. 6 zeigt die zivilrechtlichen Folgen des Eintritts der Unanfechtbarkeit des Bescheides oder der Rechtskraft des Urteils: Erlöschen der Pflichten des Verkäufers mit Ausnahme des § 444 BGB. Diese Bestimmung lautet: § 444. (Auskunftspflicht) Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer über die den verkauften Gegenstand betreffenden rechtlichen Verhältnisse, insbesondere im Falle des Verkaufs eines Grundstücks über die Grenzen, Gerechtsame umd Lasten, die nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. Erstreckt sich der Inhalt einer
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Vor § 29
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
solchen U r k u n d e auch auf andere Angelegenheiten, so ist der Verkäufer nur zur Erteilung eines öffentlich beglaubigten Auszugs verpflichtet.
Nach Satz 2 ist die Gemeinde verpflichtet, unverzüglich, also ohne schuldhaftes Verzögern, den festgesetzten Betrag zu zahlen oder, wenn dies statthaft ist, ihn zu hinterlegen; in letzterem Fall muß die Gemeinde aber auf das Recht der Rücknahme des Betrages verzichten. Statthaft ist die Hinterlegung nach den Grundsätzen des BGB (§§ 372 ff.); der Hauptfall ist der Annahmeverzug des Gläubigers.
DRITTER TEIL
Regelung der baulichen u n d sonstigen N u t z u n g , A n o r d n u n g von B a u m a ß n a h m e n , A b b r u c h g e b o t u n d E r h a l t u n g baulicher Anlagen Vorbemerkung 1. Allgemeines Der Dritte Teil des BBauG trat an die Stelle der durch § 186 Abs. 1 Nr. 15 aufgehobenen Bauregelungsverordnung vom 15. 2.1936. Die Regelung der baulichen u n d sonstigen Nutzung in diesem Teil des BBauG, der am 29. 6. 1961 in Kraft getreten ist, enthält Vorschriften, die die Baugenehmigungsbehörde, die für den Vollzug der städtebaulichen Pläne hinsichtlich der Zulassung baulicher Anlagen zuständig ist, binden. Ungeachtet dessen handelt es sich bei den Vorschriften des Dritten Teils des BBauG um bodenrechtliche, nicht bauordnungsrechtliche Bestimmungen, da sie ihrer Natur nach nicht spezifischen Sicherheitserfordernissen dienen. Damit ist die bundesrechtliche Regelung gerechtfertigt. Dieser Rechtslage wurde ausdrücklich durch den Hinweis in § 29 Satz 4 Rechnung getragen. Auf G r u n d der Ausschußberatungen erhielten die beiden Abschnitte des Dritten Teils gegenüber den RegE eine erheblich andere endgültige Fassung. So wurde vor allem der Begriff „Vorhaben" (vgl. § 29) für den ganzen Ersten Abschnitt eingeführt u n d die ursprünglich geplante Erwerbspflicht des Zweiten Abschnitts in eine Entschädigungspflicht (vgl. §§ 40 bis 44) umgewandelt. Der Dritte Teil gehört zu den für die Alltagspraxis bedeutsamsten Abschnitten des BBauG, beinhaltet er doch die Zulässigkeit von Vorhaben (§ 29) in den verschiedenen hier festgelegten Einordnungsgebieten (Gebiet des qualifizierten BebPl., § 30, Gebiete in Planaufstellung, § 33, innerhalb in Zusammenhang bebaute Ortsteile, § 34, Außenbereich, § 35) sowie den U m f a n g der Einwirkung von Gemeinde un höherer Verwaltungsbehörde (§ 36). 2. Änderung des Dritten Teils durch die Novellen von 1976 und 1979 Die Novellen des Gesetzes von 1976 u n d 1979 brachten erhebliche Umgestaltungen der meisten Bestimmungen dieses Teils (Einzelheiten s. bei den einzelnen Vorschriften). Betroffen waren die § 29 ( Ä n d G 1976 u n d 1979), § 35 ( Ä n d G 1976 u n d 1979), § 36 ( Ä n d G 1979). Weitere Änderungen der §§ 34 u n d 35 stehen bevor, die in nicht allzuferner Zeit im Hinblick auf die bei den Beratungen zutagegetretenen Wünsche u n d die Zusicherungen der BReg. verwirklicht werden sollen. Überleitungsbestimmunen enthalten beide Novellen. 226
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§29
In Art. 3 § 5 des ÄndG 1976 ist eine Übergangsregelung derart getroffen, daß das neue Recht für alle noch nicht unanfechtbar abgeschlossenen Vorgänge ab 1.1. 1977 Anwendung findet. Die Überleitungsbestimmungen nach der Novelle 1979 finden sich in den §§ 183 b ff. gemäß AndG 1979. 3. Rechtsprechung Das BVerwG hatte sich seit seiner Errichtung bereits mit den Problemen der Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung im Rahmen seiner Rechtsprechung zur BauRegV und zu den einschlägigen Ländergesetzen, im besonderen zu den nach 1945 ergangenen Aufbaugesetzen, befaßt. Im Hinblick darauf, daß diese Gesetze zum Teil noch vor Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangen sind, mußte das BVerwG die dort enthaltenen Rechtsnormen am GG gemessen. So entstand eine moderne Rechtsprechung, die ihren Niederschlag in vielen normativen Regelungen des BBauG, nicht zuletzt auch in solchen des Dritten Teils fand. Als Vorläufer der inzwischen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung sollen sie nur noch der Fundstelle nach aufgeführt werden: B vom 15. 6.1954 (I B 260.53) Buchholz 406, 21, § 3 BauRegV Nr. 1. U vom 7.10.1954 (I C 16.53) Buchholz 406, 21, § 3 BauRegV Nr. 2. U vom 14.12. 1954 (I C 57.53) Buchholz 406, 21, BauRegV Nr. 3. B vom 18.1.1955 (I B 246.53) Buchholz 406, 48, § 1 der Einheitsbauordnung für Städte Nr. 1. U vom 8. 12.1955 (I C 135.54) BVerwGE 3, 28. U vom 12. 7. 1956 (I C 91.54) BVerwGE 4,57. U vom 25. 10. 1956 (I C 119.56) BVerwGE 4, 124. U vom 27. 2.1957 (I C 192.55) Buchholz 406, 18, § 12 HessAufoG Nr. 1. U vom 20. 5.1958 (I C 184.57) BVerwGE 6, 339. U vom 27. 6. 1957 (I C 3.56) Buchholz 406, 40, § 24 NotSchG Nr. 4. U vom 19. 8.1957 (I C 22.57) Buchholz 406, 28, § 11 BadOrtsstraßenG Nr. 1. B vom 15. 11. 1957 (I B 115.57) Buchholz 406, 21, § 3 BauRegV Nr. 12.
ERSTER ABSCHNITT Zulässigkeit v o n V o r h a b e n §29 Begriff des
Vorhabens
Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben und die einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung bedürfen oder die der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden müssen, gelten die §§ 30 bis 37. Dies gilt auch für Vorhaben, die der Landesverteidigung dienen. Für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten, auf die Satz 1 keine Anwendung findet, gelten die §§ 30 bis 37 entsprechend. Auf Vorhaben im Sinne des Satzes 3, die der Bergaufsicht unterliegen, findet § 36 keine 227
§ 29 1
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Anwendung. Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlichrechtliche Vorschriften bleiben unberührt. 1. Begriff Vorhaben a) Der den Einzelvorschriften der §§ 30 bis 37 vorangestellte Begriff Vorhaben umfaßt die baugenehmigungspflichtige, zustimmungsbedürftige und nunmehr auch zweifelsfrei kraft ausdrücklicher Nennung anzeigepflichtige Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen einschließlich solcher, die der Landesverteidigung dienen. Letztere unterliegen den Bestimmungen auch insoweit, als sie verfahrensrechtlich der höheren Bauaufsichtsbehörde vor Beginn der Ausführung nur zur Kenntnis zu bringen sind. Unter die genehmigungspflichtigen Vorhaben im Sinne des § 29 fallen auch Anlagen nach § 4 BImSchG, Atomanlagen nach §§ 7 ff. des Atomgesetzes in der Neufassung vom 31. 10. 1976 (BGBl. I S. 3053) und Nebenanlagen nach § 1 Abs. 4 Nr. 4 FStrG. b) Der Zustimmung (an Stelle der Genehmigung) bedürfen öffentliche Bauvorhaben nach entsprechenden länderrechtlichen Bestimmungen (vgl. die Landes-Bauordnungen). Einer bloßen Anzeigepflicht sind kleinere Vorhaben in den Bauordnungen unterworfen. Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie Ausschachtungen und Ablagerungen einschließlich Lagerstätten unterliegen jetzt unabhängig von Satz 1 voll der Beurteilung nach §§ 30 bis 37. Die frühere Regelung konnte im Außenbereich den Belangen des Landschafts- und Umweltschutzes nicht ausreichend Rechnung tragen. Der in Satz 1 verwendete Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich inhaltlich nach Bundesrecht. Es kann hierbei nicht auf die bauordnungsrechtlich orientierten Legaldefinitionen in den Bauordnungen der Länder zurückgegriffen werden. Der Begriffsinhalt ist vielmehr unter Berücksichtigung des städtebaulichen Aspektes der §§ 29 ff. zu ermitteln (vgl. BVerwG Rspr. 3 A 7 und 8). c) Durch die Novelle 1976 wurde die Vorschrift erheblich umgestaltet. In Satz 1 wurde eingefügt „ . . . oder die der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden müssen". Dadurch wurde eine gewisse Rechtsunsicherheit beseitigt, die sich daraus ergeben hatte, daß Länderbauordnungen für bestimmte Vorhaben anstelle einer Genehmigung die bloße Anzeige vorsahen, während § 29 nur von „Genehmigung" und „Zustimmung" sprach. Unverändert bleibt Satz 2. Satz 3 wurde völlig neu gefaßt. In der Vergangenheit hatte es sich nämlich als unglücklich erwiesen, § 35 nicht auf Aufschüttungen, Abgrabungen und Ausschachtungen anwenden zu können. Diesen Vorhäben konnten die Behörden bisher nur mit den Gestaltungsvorschriften des Bauordnungsrechts begegnen. 228
1. Abschnitt. Zulässigkeit v o n Vorhaben
§29
2
Soweit die Vorhaben nach Satz 3 der Bergaufsicht unterliegen, wird nach dem auf Vorschlag des BR neu eingefügten Satz 4 auf das Verfahren nach § 36 verzichtet, weil den zu wahrenden Belangen bereits das bergaufsichtliche Verfahren genügt. Die Nicht-Anwendbarkeit des § 36 dient der Verwaltungsvereinfachung und der Beschleunigung des Verfahrens. Darüber hinaus wird die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen beseitigt. d) Der letzte Satz, der nicht verändert worden ist, stellt klar, daß andere Vorschriften, wie z. B. des Natur- und Landschaftsschutzes, des Immissionsschutzes, des Straßenverkehrs- und Straßenrechts neben den bauplanungsrechtlichen Bestimmungen anwendbar sind. 2. Probleme a) Das BVerwG vertritt in laufender Rechtsprechung (vgl. U vom 28.4.1964 - I C 64.62 - BVerwGE 18, 242/244; U vom 30.6.1964 I C 79.63 - BVerwGE 19, 82/85) die zutreffende Meinung, daß die Vereinbarkeit eines Rechtsvorgangs im Außenbereich mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung maßgeblich danach zu beurteilen ist, ob die mit der Teilung bezweckte bauliche Nutzung öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BBauG beeinträchtigt. Ob das auch dann gilt, wenn die beabsichtigte Nutzung kein im Sinne des § 29 Satz 1 BBauG genehmigungsbedürftiges Vorhaben zum Gegenstand hat, war lange Zeit rechtsgrundsätzlich noch nicht geklärt. Mit U vom 31. 1.1968 (BVerwGE 29, 86, siehe Rspr. 3 A 3 ) hat das BVerwG schließlich dahin entschieden, daß die mit der Teilung eines Grundstücks im Außenbereich verfolgte Nutzung nur dann die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung rechtfertigt, wenn sie unmittelbar und als solche auf eine genehmigungsbedürftige — bauliche oder sonstige — Nutzung im Sinne von § 29 Satz 1 BBauG gerichtet ist. Die Tatsache, daß § 19 BBauG den Zweck des Rechtsvorgangs nur bei einem Teil der Genehmigungstatbestände berücksichtigt, findet die Erklärung in § 21 BBauG. Nach dieser Vorschrift darf die Baugenehmigung für die mit dem Rechtsvorgang bezweckte Nutzung innerhalb einer bestimmten Zeit nicht versagt werden, wenn die Bodenverkehrsgenehmigung erteilt worden ist. Die in der Bodenverkehrsgenehmigung zum Ausdruck gekommene planungsrechtliche Beurteilung bindet die Baugenehmigungsbehörde bei der späteren Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (vgl. das obengenannte U des BVerwG vom 28.4.1964). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, daß der mit dem Rechtsvorgang verfolgte Zweck nur dann die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung rechtfertigt, wenn ihre Erteilung eine Bindung der Baugenehmigungsbehörde im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren zur Folge hätte, die Ausführung des beabsichtigten Vorhabens also im Falle der Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung planungsrechtlich präjudiziell werden würde. b) Daraus, daß § 29 nur auf genehmigungspflichtige, zustimmungsbedürftige oder anzeigepflichtige bauliche Anlagen abstellt und dies im dritten Satz 229
§29 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
auf bestimmte Aufschüttungen, Abgrabungen und Ausschachtungen ausdehnt, wird teilweise im Schrifttum gefolgert, daß die Berücksichtigung verbindlicher Festsetzungen in BebPl. ausschließlich über und nach Maßgabe von § 29 BBauG statthaft ist (vgl. Geizer, Das neue Planungsrecht S. 87) und infolgedessen die von § 29 BBauG nicht erfaßten sonstigen Nutzungen — außerhalb wie innerhalb eines Baugenehmigungsverfahrens — in ihrer Zulässigkeit von BebPl. unabhängig sind (vgl. Schütz-Frohberg, BBauG § 8 Anm. 1). Das BVerwG lehnt diese Folgerung ab, und zwar mit der zutreffenden Begründung (vgl. U vom 4.11. 1966, BVerwGE 25, 243; Rspr. 3 A 2): Soweit § 9 BBauG Festsetzungen gestattet, die sich auf sonstige Nutzungen beziehen, sind diese Festsetzungen unabhängig von § 29 BBauG beachtlich und deshalb auch aus sich geeignet, die materielle Unzulässigkeit einer solchen Nutzung zu ergeben. Es ist bereits zweifelhaft, ob § 29 BBauG überhaupt herangezogen werden kann, wenn nicht die Genehmigung eines Vorhabens, sondern — etwa und insbesondere auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel — unmittelbar seine materiell-rechtliche Zulässigkeit in Frage steht. Selbst wenn § 29 BBauG auch außerhalb von Genehmigungsverfahren erheblich sein sollte, ergäbe sich aus ihm noch nicht, daß bei sonstigen Nutzungen die in einem BebPl. enthaltenen Festsetzungen unberücksichtigt zu bleiben haben. § 29 BBauG darf nicht isoliert auf § 30 BBauG bezogen werden. Die Bedeutung und Funktion des § 29 BBauG liegt nicht darin, die ohnedies als Satzungen (§ 10 BBauG) verbindlichen BebPle. noch zusätzlich für verbindlich zu erklären. Das seine Wirkung Kennzeichnende ist vielmehr darin zu sehen, daß er durch seinen Hinweis auf die ihm nachfolgenden §§ 30 bis 37 BBauG den als solchen erschöpfenden Katalog von Alternativen bezeichnet, in den sich alle Baugenehmigungsverfahren einordnen lassen müssen. § 29 BBauG sagt nicht, daß BebPle. ausschließlich nach Maßgabe des § 30 BBauG Bedeutung erlangen können. Er bringt vielmehr im Hinblick auf BebPl. nicht mehr zum Ausdruck, als daß die Lage eines Grundstücks im Geltungsbereich eines sogenannten qualifizierten BebPl. zur Anwendung der im Verhältnis namentlich zu den §§ 34 und 35 BBauG selbständigen Genehmigungsalternative des § 30 BBauG führt. Die Entstehungsgeschichte des § 29 BBauG (vgl. DB DS III/336) läßt nach Meinung des BVerwG nicht den Rückschluß auf eine weitergehende Wirkung von BebPln. zu, insbesondere weil eine aus ihr abgeleitete Auslegung des § 29 BBauG mit den §§ 8 Abs. 1, 10 und 12 Satz 3 BBauG nicht zu vereinbaren wäre. Hierbei verweist das BVerwG auf das Urteil des I.Senats vom 18.8.1964 (BVerwGE 19, 164; Rspr. 7 A Nr. 1 bei § 31), das ausgesprochen hat, daß die in dem sogenannten einfachen BebPl. enthaltenen Festsetzungen im Baugenehmigungsverfahren zu beachten sind, obgleich die einfachen BebPl. (damals!) weder in § 29 noch in den ihm nachfolgenden Vorschriften erwähnt sind. Der als Satzung ergehende (§10 BBauG), in den §§ 8 Abs. 1 und 12 Satz 3 BBauG noch einmal ausdrücklich als verbindlich bestätigte BebPl. bedarf seinem Wesen nach keiner „Gel230
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 29 3
t u n g s v e r m i t t l u n g " , d. h. k e i n e r zusätzlichen R e g e l u n g , die erst n o c h s a g e n m ü ß t e , d a ß er g l e i c h s a m a u c h wirklich gelten soll. A n dieser F e s t s t e l l u n g k a n n d i e A u s l e g u n g d e s § 29 B B a u G n i c h t v o r b e i g e h e n . D a s g l e i c h e gilt f ü r ( e i n f a c h e o d e r qualifizierte) BebPle., d i e zulässigerweise F e s t s e t z u n g e n f ü r sonstige N u t z u n g e n e n t h a l t e n . A u c h m i t diesen F e s t s e t z u n g e n gelten B e b P l e . u n a b h ä n g i g v o n § 29 B B a u G bereits „ a u s sich", d. h. k r a f t d e s i h n e n v o m B B a u G b e i g e l e g t e n C h a r a k t e r s als v e r b i n d l i c h e R e c h t s s ä t z e . 3. Rechtsprechung A. B V e r w G 1. B V e r w G U v o m 1 2 . 1 1 . 1 9 6 4 (I C 58.64) B V e r w G E 20, 12 = N J W 1965, 548 = D Ö V 1965, 460 = DVB1. 1965, 200 (mit A n m . v o n S c h e c k ) = M D R 1965, 154 = B B a u P l . 1 9 6 5 / 0 = DVB1. 1965, 200 Unter die Vorhaben des § 29 BBauG fallen auch die anzeigepflichtigen Vorhaben, mit deren Ausführung erst nach Ablauf einer bestimmten Frist nach Eingang der Bauanzeige begonnen werden darf, sofern die Baugenehmigungsbehörde nicht innerhalb dieser Frist das Vorhaben untersagt oder dem früheren Baubeginn zugestimmt hat. (Siehe nunmehr Neufassung von Satz 1!) 2. B V e r w G U v o m 4. 11. 1966 (IV C 36.65) B V e r w G E 25, 243 a) Die Möglichkeit, durch BebPle. „das Bauland" festzusetzen, bietet zugleich die Handhabe, durch eine solche Feststellung die bauland- bzw. baugebietswidrige „sonstige" — d. h. andere als bauliche — Nutzung auszuschließen. b) Eine „sonstige Nutzung" von Grundstücken, die dem für diese Grundstücke geltenden BebPl. widerspricht, ist rechtswidrig und kann untersagt werden. 3. B V e r w G U v o m 31. 1. 1968 ( I V C 170.65) B V e r w E 29, 86 = M D R 1968, 783 = BayVBl. 1968, 317 Eine Bodenverkehrsgenehmigung kann wegen des mit dem Rechtsvorgang verfolgten Zwecks nicht versagt werden, wenn die Verwirklichung dieses Zwecks keiner bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung i. S. von § 29 Satz 1 BBauG bedarf. 4. B V e r w G U v o m 16. 2. 1968 ( I V C 190.65) DVB1. 1968, 507 = B B a u B l . 1968, 472 Ist ein dem BebPl. gänzlich oder doch weitgehend entsprechender Zustand bereits verwirklicht worden, so kann die Genehmigung für ein die Planverwirklichung gefährdendes und durch den Plan ausdrücklich oder inzidenter ausgeschlossenes Vorhaben auch dann versagt werden, wenn es als ein die sonstige Nutzung betreffendes Vorhaben nicht von den §§ 29 ff. BBauG erfaßt wird (im Anschluß an BVerwGE 25, 243). 5. B V e r w G U v o m 26. 6. 1970 ( I V C 116.68) D Ö V 1971, 638 Zur Frage, ob eine Wohn- und Campingwagenverkaufsausstellung eine bauliche Anlage i. S. des § 29 S. 1 BBauG darstellt. In der Begründung der Entscheidung führt das BVerwG aus, daß der Begriff der baulichen Anlage in § 29 schon von der Kompetenzverteilung her planungsrechtlich orientiert ist, während der in verschiedener Bedeutung gleichlautend gebrauchte Be231
§29 3
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
griff in den Bauordnungen der Länder durch die Regelung nach bauordnungsrechtlicher Sicht ausgerichtet ist. Eine abschließende Beurteilung der Campingwagenverkaufsstände ist in dieser Entscheidung nicht enthalten, weil schon wegen Entgegenstehens des BebPl. die Genehmigung zu Recht versagt worden war.
6. BVerwG vom 22. 7. 1970 (IV B 209.69) BayVBl. 1971, 21 = DÖV 1971, 249 Ein Hausboot, das mittels einer Slipanlage mit dem Boden verbunden ist und für Wohnzwecke eingerichtet ist und benutzt wird, ist eine bauliche Anlage.
7. BVerwG U vom 10. 12.1971 ( I V C 33, 34, 35.69) DVB1. 1972, 22 = DÖV 1972, 496 = BBauBl. 1972, 426 Der in den §§ 15 und 29 Satz 1 BBauG verwendete Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich auch inhaltlich nach Bundesrecht. Danach gehören Abgrabungen nicht zu den baulichen Anlagen.
8. BVerwG U vom 31. 8. 1973 (IV C 33.71) BayVBl. 1974, 108
a) Unter den Begriff der „baulichen Anlage" im Sinne von § 29 Satz 1 BBauG fallen alle Anlagen, die aa) in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden werden und infolgedessen bb)die in § 1 Abs. 4 und 5 BBauG genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden Bauleitplanung hervorzurufen. 2. Auch ein Wohnboot kann eine bauliche Anlage sein, wenn es mit dem Erdboden verbunden ist.
9. BVerwG U vom 1.11. 1974 (IV C 13.73) DVB1. 13, 497
Bei der Beantwortung der durch den Begriff der baulichen Anlage aufgeworfenen Frage, ob eine Anlage „geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Planung hervorzurufen" (Urteil vom 31.8.1973 — BVerwG IV C 33.71 — BVerwGE 44, 59 [62]), darf nicht nur auf die Anlage als solche abgestellt, sondern muß auch deren Funktion berücksichtigt werden.
10. BVerfG U vom 14.3. 1975 (IV C 41.73) NJW 1975, 2114
a) Aus der Tatsache, daß ein Vorhaben einem zulässigen und sinnvoll nur im Außenbereich zu verwirklichenden Zweck dient, folgt noch nicht, daß es nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG bevorzugt im Außenbereich ausgeführt werden soll. b) Bauvorhaben für Camping- oder Zeltplätze sind in aller Regel nicht i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegiert. Solche Plätze bedürfen jedenfalls dann einer förmlichen Planung, wenn sie mit einer baulichen Verfestigung verbunden sind (hier: Errichtung eines Wasch- und Toilettengebäudes).
11. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 28.75) DVB1. 1977, 526 = BayVBl. 1977, 471
a) Als Zweck im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 BBauG ist nur beachtlich, was vom Eigentümer eindeutig und mit dem Willen offenbart wird, es im bodenverkehrsrechtlichen Verfahren prüfen zu lassen (im Anschluß an das Urteil vom 9. 4. 1976 — IV C 75.74 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 35). 232
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§29 3
b) Lagerplätze erfüllen den Begriff der „Bebauung" im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative BBauG nur dann, wenn sie nach ihrer Beschaffenheit bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Satz 1 BBauG sind. § 29 Satz 3 BBauG 1976 ist im Zusammenhang mit § 19 Abs. 2 Nr. 2 BBauG nicht entsprechend anwendbar. c) Vorhaben, die der öffentlichen Versorgung dienen, sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BBauG 1960 und § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG 1976 nur dann privilegiert, wenn sie zu dem vorgesehenen Standort eine der Ortsgebundenheit gewerbliche Betriebe vergleichbare Beziehung haben.
12. BVerwG u. v. 24. 2. 1978 - 4 C 12.76 - BVerwGE 55, 272
a) Eine nach § 34 BBauG 1976 zulässige Bebauung kann nicht durch Vorschriften des Landschaftsschutzes entschädigungslos ausgeschlossen werden (im Anschluß an BVerwGE 35, 256). b) Die §§30 ff. BBauG 1960/1976 hindern den Landesgesetzgeber, diesen Vorschriften noch weitere einschränkende bodenrechtliche Regelungen hinzufügen. c) Ein landesgesetzliches Uferbauverbot ist als öffentlicher Belang im Sinne des § 34 Abs. 1 BBauG 1976 geeignet, eine Bebauung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich zu verhindern, wenn es in dieser Wirkung als Enteignungsrecht im Sinne des Art. 74 Nr. 14 G G verstanden werden kann.
13. BVerwG U vom 20. 10. 1978 (4 C 75, 76) BauR 1979, 122
Steht fest, daß ein Außenbereichsvorhaben in nicht durch Ausnahmegenehmigung zu behebender Weise landschaftsschutzrechtlich unzulässig ist, so darf für dieses Vorhaben eine Bebauungsgenehmigung regelmäßig selbst dann nicht erteilt werden, wenn es sich um ein bebauungsrechtlich privilegiertes Vorhaben handelt.
14. BVerwG U vom 6. 4. 1979 (4 C 76.76) BayVBP. 1979, 472
a) Das in § 19 Abs. 2 Nr. 2 BBauG 1960/1976 enthaltene Tatbestandsmerkmal „bebaut" erfaßt alle baulichen Anlagen, die den § 29 Satz 1 BBauG 1960/1976 erfüllen, d. h. alle Anlagen, die sowohl bauliche Anlagen im Sinne dieser Vorschrift als auch mindestens bauanzeigebedürftig sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie baurechtswidrig sind und ob ihre Beseitigung zu erwarten ist. b) Wird die Genehmigung der Teilung eines „bebauten" Grundstücks beantragt, so setzt die Genehmigungsfähigkeit des Antrags voraus, daß das Vorhandensein der Bebauung offengelegt wird.
B. OVG, VGH und andere Verwaltungsgerichte 1. OVG Münster U vom 27.10.1961 (VII A 244/59) DÖV 1962, 138 a) Unter „Vorschriften des Bauordnungsrechts" im Sinne des § 29 letzter Satz BBauG, die unberührt geblieben sind, sind die Vorschriften herkömmlichen baupolizeilichen Inhalts in den Bauordnungen zu verstehen, d. h. die Bestimmungen, die regeln, was bei der Ausführung eines Bauvorhabens in sicherheitspolizeilicher, hygienischer und ästhetischer Hinsicht zu beachten ist. b) Unberührt geblieben im Sinne des § 29 letzter Satz BBauG sind auch solche Vorschriften in den Bauordnungen, die sowohl planerischen als auch bauordnungsrechtlichen Charakter haben; dazu gehören u. a. die Bauwichbestimmungen in den Bauordnungen. 233
§29 3
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
2. OVG Lüneburg U vom 13. 9. 1963 (I A 40/62) DVB1. 1964, 390
Ein Wohnwagen, der entweder durch langfristige — etwa mehrere Monate dauernde — oder durch fortgesetzte Aufstellung auf einem dazu erworbenen oder gepachteten Grundstück zu diesem in eine verfestigte Beziehung getreten ist, kann eine nach Maßgabe des Landesrechts genehmigungspflichtige bauliche Anlage sein, die die Bebauungsfähigkeit des Grundstücks nach §§ 29 ff. BBauG voraussetzt.
3. OVG Hamburg U vom 20. 8. 1964 (Bf II 45/64) BBauBl. 1965, 532
Auch die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen beurteilt sich nach den §§ 29 ff. BBauG.
4. OVG Lüneburg U vom 14. 1. 1965 (I A 109/63) DVB1. 1965, 211 Die mit der Teilung eines Grundstücks im Außenbereich bezweckte Nutzung rechtfertigt als solche nur dann die Versagung der Genehmigung, wenn sie ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben im Sinne des § 29 BBauG zum Gegenstand hat.
5. HessVGH B vom 19. 2. 1965 (R IV 1/63) BBauBl. 1966, 209
Durch das BBauG hat der Bundesgesetzgeber die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken geregelt. Soweit eine Gemeinde in einer Satzung denselben Gegenstand betreffende Vorschriften erlassen will, sind die Bestimmungen des BBauG über Form und Inhalt eines Beb PI. zu beachten; das gilt auch für die Anlage von Sand- und Kiesgruben, weil sie Vorhaben im Sinne des § 29 Satz 3 BBauG sind.
6. OVG Münster U vom 17. 3. 1966 (VII A 31/64) ZMR 1966, 316
a) Zur Auslegung des Begriffs „Nutzungsänderung". b) Einwirkungen von einer stark befahrenen Bundesstraße hindern nicht, das angrenzende Gebiet als reines Wohngebiet anzuerkennen. c) Nutzungsänderungen und andere anzeigepflichtigen Vorhaben unterliegen bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BBauG (jetzt Satz 1 neu gefaßt). Zum ersten Leitsatz führt das OVG Münster aus, daß die Nutzungsänderung entsprechend der Musterbauordnung in der Landesbauordnung verschiedener Länder ihren Niederschlag dergestalt gefunden hat, daß sie genehmigungspflichtig ist. Demgegenüber unterwirft §80 Abs. 2 Ziff. 15 der Bauordnung für Nordrhein-Westfalen die Nutzungsänderung baulicher Anlagen lediglich der Anzeigepflicht; diese sei für jede Art von Nutzungsänderung gegeben, wenn sie der bisher baurechtlich genehmigten nicht entspricht.
7. HessVGH U vom 5. 7.1967 (IV OE 19/67) ESVGH 18,61
a) Ein Wohnwagen, der ohne zusätzliche Befestigung aufgestellt wird, ist kein Bauwerk i. S. von § 2 HessBO, da er ohne weiteres frei beweglich bleibt. Er ist somit keine bauliche Anlage im Sinn von § 29 BBauG. b) Eine Grundstückseinfriedung ist eine bauliche Anlage i. S. von § 29 BBauG sowie ein Bauwerk i. S. von § 2 HessBO.
8. OVG Hamburg U vom 12. 9. 1967 (OVG II 61/61 1970, 419.
2a - ) BBauBl.
a) Zum Begriff des Vorhabens im Sinne des § 29 BBauG. b) Bei der Prüfung, ob die bebaubare Fläche (§ 11 Abs. 1 BPVO — Spalte 8 der Baustufentafel —) überschritten wird, sind alle baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die geeignet sind, den Zutritt von Licht und Luft in das Innere des Baublocks zu beein234
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§29 3
trächtigen. Dazu gehören Schutzdächer (Vordächer) jedenfalls dann, wenn sie eine nicht ganz unerhebliche Ausdehnung haben.
9. OVG Münster B vom 24. 11.1967 (X B 627/67) OVGE 1969, 272
a) Bauvorhaben des Bundes, die der Landesverteidigung dienen, unterliegen unter den weiteren Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 BauO NW dem Zustimmungsverfahren. b) Für sie gelten auch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 30 bis 37 BBauG. c) Widerspricht die Gemeinde dem Vorhaben und lehnen der öffentliche Bauherr die im Zustimmungsverfahren zuständigen Behörden es ab, das Verfahren durchzuführen und dabei eine notwendige planungsrechtliche Zustimmung (§ 37 Abs. 2 BBauG) einzuholen bzw. zu erteilen, so wird die Gemeinde durch die Ausführung des Vorhabens in ihrem Recht zur örtlichen Bauleitplanung verletzt. d) Die Gemeinde kann in diesem Falle von dem öffentlichen Bauherrn die Einstellung einer bereits begonnenen Bauausführung bis zum Abschluß des Zustimmungsverfahrens verlangen. e) Sie kann entsprechende Ansprüche nicht gegen Bauaufsichts- oder Ordnungsbehörden richten.
10. BayVGH U vom 23. 6.1970 (Nr. 73 I 70) BayVBl. 1970, 406
a) Das Vorhaben, eine für sich stehende bauliche Anlage vollständig abzubrechen, unterliegt keinen planungsrechtlichen Beschränkungen nach §§ 30 ff. BBauG. b) Art. 141 Abs. 1 Satz 1 BayVerf. gibt den Baugenehmigungsbehörden keine selbständige und unmittelbare Handhabe, den Abbruch einer im Privatbesitz stehenden denkmalwürdigen baulichen Anlage zu untersagen. c) Art. 84 Nr. 1 BayBO enthält keine sachlich-rechtliche Befugnis der Baugenehmigungsbehörden, die Genehmigung zum Abbruch einer denkmalwürdigen baulichen Anlage wegen der Denkmalwürdigkeit zu versagen. d) Art. 91 Nr. 2 BayBO gilt nicht für die Errichtung, die Änderung oder den Abbruch von Monumentalbauten selbst.
11. VG Hannover U vom 28. 4. 1972 (II A 127/71) GemTag 1972, 315
Ein Hausboot, das auf einem stillgelegten Flußarm liegt und dort nur begrenzt bewegt werden kann, ist ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben im Sinne des § 29 BBauG. Es ist als Wochenendhaus nach § 35 Abs. 2 und 3 BBauG im Außenbereich unzulässig.
12. BayVGH, U vom 16. 1. 1975 (Nr. 40 VIII 74) BayVBl. 1978, 180
Eine schwimmende Fischerhütte stellt eine bauliche Anlage nach Art. 2 Abs. 2 BayBO und § 29 BBauG dar.
13. OVG Münster U vom 30. 4. 1975 (X A 289/74) DÖV 1976, 385 Eine Tragluftschwimmhalle ist baugenehmigungspflichtig und bildet zusammen mit dem durch sie überdeckten Schwimmbecken ein Gebäude im Sinne der bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften.
14. OVG Lüneburg B vom 28. 2.1977 (IV OVG C 1/76) DVB1.1978, 176
a) Antragsbefugt nach § 47 VwGO ist nur, wer die Beeinträchtigung eigener Rechte abwehren will. Die Darlegung des befürchteten Nachteils erfordert nicht die Schlüssigkeit des Rechtsschutzbegehrens i. S. einer Nachbarklage. 235
§30 l
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) Zur Kennzeichnung des Plangebietes bei der Auslegung gemäß § 2 Abs. 6 BBauG a. F. (jetzt § 2 a Abs. 6 BBauG n. F.). c) Zum Problem der Teilunwirksamkeit des Beb Planes.
§30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines
Bebauungsplanes
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, über die überbaubaren Grundstücksflächen und über die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. 1. Zulässigkeit von Vorhaben § 30 behandelt den sog. „qualifizierten Bebauungsplan", dem im Bauplanungsrecht eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. § 34 BBauG). In dieser Bestimmung ist die Grundsatzvorschrift über die Zulässigkeit von Vorhaben im Sinn von § 29 enthalten: Im Geltungsbereich des BebPl., der die im folgenden genannten Mindestvoraussetzungen erfüllen muß, ist ein Vorhaben zulässig, muß also baubehördlich genehmigt werden, wenn es den Festsetzungen des BebPl. nicht widerspricht und wenn die Erschließung (also insbesondere die Straßenherstellung, vgl. die Erläuterungen zu § 127) gesichert ist. Sicherung der Erschließung bedeutet nicht schon ihre Durchführung; es genügt, wenn die Erschließungsanlagen bis zur Fertigstellung und Benutzbarkeit der baulichen Anlage funktionsbereit sind. Die Mindestforderungen, die der BebPl. im Sinn des § 30 zu erfüllen hat, bestehen darin, daß dieser allein oder zusammen mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung, ferner über die bebaubaren Grundstücksflächen sowie über die örtlichen Verkehrsflächen enthält. Unter „sonstigen baurechtlichen Vorschriften" sind auch solche planungsrechtlicher Art zu verstehen; es fallen darunter sowohl landesrechtliche wie ortsrechtliche Vorschriften, auch festgesetzte und nach §173 Abs. 2 übergeleitete Baulinienpläne oder nach der gleichen Vorschrift übergeleitete Vorschriften. Zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 30 genügt es, wenn mehrere BebPle. im Zusammenhalt — der BebPl. kann ja auch Teilgebiete der Gemeinde erfassen — die Mindesterfordernisse erfüllen. Der BebPl. im Sinne des § 30 braucht nicht zu enthalten Festsetzungen über Bauweise, Mindestgröße der Grundstücke, Höhenlagen, Gemeinbedarfsgrundstücke oder Grünflächen. Die Vorausleistung des Erschließungsbeitrags (§ 133 Abs. 3) ist keine Bedingung für die Erteilung einer Baugenehmigung (vgl. Erl. zu § 133 Abs. 3). Dies ergibt sich aus § 30, in dem abschließend ausgeführt ist, welche Voraus236
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§30 4
Setzungen vorliegen müssen, damit dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die Baugenehmigung zusteht. Zu diesen Voraussetzungen gehört zwar die Sicherung der Erschließung, nicht aber die Vorausleistung. In denjenigen BebPln., die Baugebiete nach der BauNVO festgesetzt haben, gilt § 12 BauNVO (Zulässigkeit von Stellplätzen und Garagen, siehe Nr. II 3 des Komm., Erläuterungen zu § 12 BauNVO). Ähnliches gilt im Rahmen der §§ 13 und 14 bzgl. Räume für freie Berufe und Nebenanlagen. Nach § 15 BauNVO sind bauliche und sonstige Anlagen in festgesetzten Baugebieten im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen, insbesondere wenn von ihnen unzumutbare Belästigungen und Störungen ausgehen können. Dies gilt auch für die Änderung und Erweiterung von Anlagen. Es handelt sich hier um keine Ermessensentscheidungen. 2. Sicherung der Erschließung Hinsichtlich der „Sicherung der Erschließung" vertritt Finkler in DVB1. 1962, 331 die Meinung, sie bedeute in erster Linie, daß die planerischen Voraussetzungen für die Herstellung der Straße gegeben sein müßten; zum anderen gehöre dazu auch die finanzielle Sicherstellung der geplanten Erschließungsmaßnahmen ; das werde regelmäßig durch Bereitstellung der erforderlichen Mittel im Haushaltsplan der Gemeinde geschehen. Zur „Erschließung" gehören aber nicht nur Straßen, sondern alle Erschließungsanlagen im weiten Sinn des § 123 (Versorgung mit Wasser, Strom, u. U. Gas u. a. sowie Abwasserbeseitigung). Zur Sicherung dieser Erschließung in umfassendem Sinn ist es notwendig, daß die Erschließungsanlagen bis spätestens zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sind (vgl. hierzu auch Brügelmann BBauG zu § 30 Anm. 3b, bb; ferner Finkler, DVB1. 1962, 707). 3. Nachbarschutz Nachbarschützend ist § 30 nicht, jedoch kann einzelnen Festsetzungen nachbarschützende Wirkung zukommen. Da es sich hierbei um nicht revisibles Recht handelt, weichen die Entscheidungen der OVGe stark voneinander ab. Grundsätzlich läßt sich jedoch sagen, daß Festsetzungen über die Art der Nutzung meist nachbarschützend sind, während Regelungen des Maßes baulicher Nutzung diese Wirkung regelmäßig nicht zukommt. Gebietsüberschreitender Nachbarschutz ist vor allem dann möglich, wenn die Art der Nutzung sowohl in dem einen als auch in dem anderen Gebiet unzulässig ist (vgl. BVerwG U vom 14.12.1973 - IV C 71.71 - ) . Hinsichtlich der §§ 12 und 15 BauNVO hat das BVerwG eine nachbarschützende Funktion nicht anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterung zur BauNVO verwiesen. 4. Maßnahmen zur Sicherung der Infrastruktur sind nach § 9a Abs. 8 auch in bereits beplanten Gebieten möglich. 237
§30 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
5. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 18. 8. 1964 (I C 63.62) BVerwGE 19, 164 = NJW 1964, 2442 = DVB1., 1964, 918 = DÖV 1964, 740 = BBauBl. 1964, 548 = DWW 1965, 20 = MDR 1965, 70 = BayVBl. 1965, 98 a) Die vorhandene Bebauung ist für die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur maßgeblich, soweit die städtebauliche Ordnung nicht durch die Festsetzungen eines BebPl. geregelt ist. b) Befreiung kann auch von den Festsetzungen eines BebPl. erteilt werden, der nicht die Mindestfestsetzungen des § 30 BBauG enthält.
2, BVerwG U vom 12. 1. 1968 (BVerwG IV C 167.65) BVerwGE 28, 49 DVB1. 1968, 515 = BBauBl. 1968, 474
Die Festsetzung nur einer Baulinie oder Baugrenze enthält eine für die Anwendbarkeit des § 30 BBauG ausreichende Festsetzung „über die überbaubaren Grundstücksflächen", wenn anzunehmen ist, daß nach dem Willen des Planungsträgers die derart beschränkte Festsetzung mit der Wirkung des § 30 BBauG als eine erschöpfende gewollt ist. Bei Plänen, die unter der Geltung des BBauG aufgestellt worden sind, wird das im allgemeinen zu bejahen sein.
3. BVerwG U vom 20. 10. 1972 (IV C 27.70) DÖV 1973, 350 = BayVBl. 1973, 385 = BauR 5/73, 295
a) Zur landesrechtlich begründeten Verwirkung des nachbarrechtlichen Anspruchs auf Einhaltung der Festsetzungen des BebPlanes. b) Zur Frage, ob — unter bundesrechtlichen Gesichtspunkten — schon die Befugnis des Nachbarn zur Einlegung des Widerspruchs gegen die eine unter Verletzung von Abwehrrechten erteilte Baugenehmigung verwirkt werden kann.
4. BVerwG U vom 2. 3. 1973 (IV C 35.70) BauR 1973, 238
a) Zur Frage, ob Vorschriften eines BebPlanes über die Anzahl der Geschosse nachbarschützenden Charakter haben. b) Eine Baugenehmigung ist grundsätzlich nicht teilbar und auch nicht teilweise anfechtbar, wenn ein Gebäude hinsichtlich der Zahl der Geschosse eingeschränkt werden soll.
5. BVerwG U v. 24. 2. 1978 (4 C 12.76) BVerwGE 55, 272 = BauR 1978, 378
a) Eine nach § 34 BBauG 1976 zulässige Bebauung kann nicht durch Vorschriften des Landschaftsschutzes entschädigungslos ausgeschlossen werden (im Anschluß an BVerwGE 35, 256). b) Die §§30 ff. BBauG 1960/1976 hindern den Landesgesetzgeber, diesen Vorschriften noch weitere einschränkende bodenrechtliche Regelungen hinzufügen. c) Ein landesgesetzliches Uferbauverbot ist als öffentlicher Belang im Sinne des § 34 Abs. 1 BBauG 1976 geeignet, eine Bebauung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich zu verhindern, wenn es in dieser Wirkung als Enteigungsrecht im Sinne des Art. 74 Nr. 14 G G verstanden werden kann. 238
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§30 5
6. BVerwG U v. 9. 6.1978 (4 C 54.75) BVerwGE 56, 71
a) Die Zulässigkeit einer Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt voraus, daß es sich in bodenrechtlicher Hinsicht um einen atypischen Sonderfall handelt (im Anschluß an BVerwGE 40, 268). b) Die „Gründe des Wohls der Allgemeinheit" im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 (2. Alternative) BBauG beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sonden errfassen alles, was gemeinhin unter den öffentlichen Belangen oder — insoweit gleichbedeutend — den öffentlichen Interessen (z. B. auch die Förderung sozialer oder kultureller Einrichtungen) zu verstehen ist. c) Gründe des Gemeinwohls „erfordern" eine Befreiung, wenn es zur Erfüllung oder Wahrnehmung öffentlicher Interessen oder Aufgaben vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben am vorgesehenen Standort zu verwirklichen. d) Die Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt ebenso wie die Befreiung wegen nicht beabsichtigter Härte voraus, daß sie „unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist".
7. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DVB1. 1979, 151
a) Ein Beb Plan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem FINPlan entwickelt, wenn er sich zur Fzeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen FINPlans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Münster U vom 29. 5. 1962 (VII A 853/59) DÖV 1963, 848 = 1963, 326
Weist ein BebPl. im Sinne des § 30 BBauG ein Grundstück als von jeder Bebauung freizuhaltende private Grundfläche aus, so widerspricht jede Bebauung des Grundstücks auch die Errichtung eines nebenerwerblich betriebenen Obstanbau dienenden Wirtschaftsgebäudes den Festsetzungen des BebPl. und ist daher nach § 30 BBauG unzulässig.
2. OVG Münster U vom 11. 6. 1964 (VII A 935/63) DÖV 1964, 752
Der Annahme eines qualifizierten BebPl. im Sinne des § 30 BBauG steht der Umstand nicht entgegen, daß die örtliche Verkehrsfläche nur auf einer Seite der Straße durch eine Fluchtlinie nach dem Preuß.FlLG begrenzt ist.
3. OVG Hamburg U vom 8. 10. 1964 (Bf II 141/63) DÖV 1966, 572
Die Errichtung eines Kindertagesheimes auf einem als Wohngebiet ausgewiesenen Grundstücks ist zulässig. 239
§30 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
4. OVG Münster U vom 30. 10. 1964 (VII A 9 8 0 / 6 3 ) DVB1. 1965, 852 = DÖV 1965, 536 = DWW 1965, 116
Ein BebPl. der die Bebauungstiefen und Grundflächenzahl nicht einheitlich festsetzt, verletzt nicht den Gleichheitsgrundsatz, wenn die uneinheitliche Festsetzung den vorhandenen Baubestand rechtlich anerkennt und bestätigt.
5. OVG Münster B vom 13. 1.1972 (X B 5 9 2 / 7 1 ) MDR 1972, 450
Ein Grundstückseigentümer kann sich mit der öffentlich-rechtlich Nachbarklage gegen ein ihn beeinträchtigendes Vorhaben, das in einem anderen Baugebiet ausgeführt werden soll, nur wehren, wenn das Vorhaben in seinem und auch in dem anderen Baugebiet unzulässig ist.
6. OVG Lüneburg U vom 24. 4.1969 (I A 8 8 / 6 8 ) RuS 1969, 233
Ein BebPl., der allein darauf ausgeht, die vorhandene Bebauung vor Änderungen zu bewahren, verstößt gegen das Abwägungsgebot, soweit er eine bauliche Änderung — hier Wohnungserweiterung — ausschließt, ohne daß öffentliche Interessen für eine Begrenzung der überbaubaren Grundstücksfläche an dieser Stelle sprechen.
7. Bad.-Württ.VGH B vom 17. 3. 1971 (III 3 3 / 7 1 ) DÖV 1972, 831
Baulinien und Baugrenzen haben in der Regel nachbarschützenden Charakter nur zugunsten des an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn. Will der Ortsgesetzgeber den Schutzumfang einer Baulinie oder Baugrenze darüber hinaus auf sonstige Nachbarn erweitern, so muß er dies im BebPl. oder in den zum BebPl. gehörenden Bebauungsvorschriften eindeutig und allgemein für das jeweilige Baugebiet zum Ausdruck bringen.
8. OVG Lüneburg U vom 24. 10. 1974 (I OVG A 1 0 7 / 7 3 ) DVB1.1975,915
a) Zur Teilanfechtbarkeit einer Baugenehmigung im Wege der Nachbarklage. b) Festsetzungen über Geschoßzahlen im Bebauungsplan dienen regelmäßig nicht dem Nachbarschutz. c) Die in § 67 Abs. 8 der Schleswig-Holsteinischen Landesbauordnung 1967 enthaltenen Anforderungen an den Schutz der Umgebung vor Störungen durch Garagen haben auch nachbarschützende Wirkung (entgegen BVerwGE 27, 29 zu dem insoweit gleichlautenden § 11 Abs. 1 Satz 1 RGa = DVB1. 1968, 30). Eine steile Zufahrtsrampe zu einem Parkeck in einem Hochhaus unmittelbar neben einer Reihenhauszeile kann Nachbarrechte verletzen.
9. HessVGH B vom 29. 4. 1977 (IV TG 2 6 / 7 7 ) DVB1. 1977, 728
a) § 34 BBauG ist in der neuen Fassung ebensowenig nachbarschützend wie in der alten. b) Zum vorläufigen Rechtsschutz eines Nachbarn durch einstweilige Anordnung eines Baustopps, weil eine schöne Aussicht, die das Grundeigentum unabhängig von der Geltung eines Bebauungsplans prägt und anreichert, durch ein Bauvorhaben weitgehend genommen werden soll.
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§31 3
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§31 Ausnahmen und Befreiungen (1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes kann die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde solche Ausnahmen zulassen, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Im übrigen kann die Baugenehmigungsbehörde im Einzelfall im Einvernehmen mit der Gemeinde und mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde Befreiung erteilen, wenn 1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder 2. städtebauliche Gründe die Abweichung rechtfertigen und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. (3) Auf das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde ist § 36 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 entsprechend anzuwenden. 1. Allgemeines Die bedeutsame Vorschrift, die Ausnahmen und Befreiungen enthält, erfuhr durch das ÄndG 1979 (mit Wirkung ab 1. 7. 1979) in Abs. 2 im wesentlichen aus Klarstellungsgründen Änderungen. Dabei wurde ein Abs. 3 angefügt. Sie findet nicht nur auf BebPle. i. S. d. § 30, sondern auch auf einfache BebPle. Anwendung (Rspr. 7 A 1), desgleichen auf nach § 173 Abs. 3 übergeleitete Pläne. 2. Ausnahmen und Befreiungen allgemein a) § 31 knüpft an die hergebrachte Unterscheidung zwischen der in der Norm ausdrücklich vorgesehenen „Ausnahme" und der stets dem Ermessen unterliegenden „Befreiung" (Dispens) von einer Rechtsvorschrift an. § 31 führt folgende beide Möglichkeiten an: 1. solche, die nach Art und Umfang im Beb PI. ausdrücklich vorgesehen sind (Abs. 1), 2. solche, die im BebPl. nicht vorgesehen sind, jedoch auf Grund besonderer Umstände im Einzelfall das Vorhaben ermöglichen (Abs. 2). 3. Ausnahmen aufgrund ausdrücklich im Bebauungsplan vorgesehener Möglichkeiten (Abs. 1) Der Gemeinde ist nach Abs. 1 von vornherein die Möglichkeit gegeben, von den Festsetzungen des BebPl. bei Aufstellung dieses Plans nach Art und Umfang bezeichnete Ausnahmen vorzusehen, die Inhalt der Satzungen sein müssen und im Rahmen der Überprüfung durch die höhere Verwaltungsbe241
§ 31 4
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
hörde (nach § 11) auch von der Genehmigung miterfaßt worden sind. Als ausdrücklich vorgesehene Ausnahmen nach Abs. 1 sind auch solche Ausnahmen anzusehen, die nach der BauNVO vorgesehen sind und durch die Festsetzung der Baugebiete Bestandteil des BebPl. werden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Nur unter den Voraussetzungen des § 31 kann die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde (soweit nicht die Gemeindebehörde — kreifreie Stadt — selbst Baugenehmigungsbehörde ist) im Einzelfall, also nicht generell, die beantragte Ausnahme zulassen. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde, die vom Bauwerber im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden kann. Fehlt es am Einvernehmen der Gemeinde, also an der Übereinstimmung der beiden Behörden, dann muß die Baugenehmigungsbehörde das Vorhaben ablehnen, selbst wenn sie ihrerseits der Genehmigung nicht abgeneigt ist. Die Gemeinde kann eine ablehnende Haltung der Baugenehmigungsbehörde mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts ihr gegenüber und soweit kein Eingriff in ihr Selbstverwaltungsrecht als Planungsbehörde gegeben ist, nicht verwaltungsrechtlich angreifen; es steht ihr lediglich die Möglichkeit der formlosen Aufsichtsbeschwerde an die Oberaufsichtsbehörde zu. Eine selbständige Anfechtung der ablehnenden Stellungnahme der Gemeinde gegenüber der Baugenehmigungsbehörde durch den in der Auswirkung betroffenen Baugesuchsteller ist ausgeschlossen; es handelt sich um einen behördeninternen Vorgang. Anders ist es, wenn die Gemeinde aus planerischen Gründen eine ablehnende Stellungnahme abgibt und die Baugenehmigungsbehörde trotzdem Befreiung erteilt. Abgesehen von dem Verstoß gegen die gesetzliche Vorschrift, die „Einvernehmen" beider Behörden fordert, muß der Gemeinde ein selbständiges Anfechtungsrecht gegen die Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde zuerkannt werden, soweit eine Verletzung ihrer Planungshoheit geltend gemacht wird. Im Hinblick auf den begünstigenden Verwaltungsakt gegenüber dem Baugesuchsteller und die notwendige (u. erteilte) Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde ergeben sich u. U. weitere Probleme bzgl. der Aufhebbarkeit der Entscheidung.
4. Sonstige Ausnahmen (Abs. 2) Der Abs. 2 behandelt auch in der Neufassung die Ermessensfälle, u. zw. wie bisher Befreiungen aufgrund des Erfordernisses des allgemeinen Wohls (Satz 1 Nr. 1) und zur Vermeidung offenbar nicht beabsichtigter Härte (Satz 1 Nr. 3), weiter (entsprechend der Neufassung) aus städtebaulichen Gründen. Die Baugenehmigungsbehörde kann — auch hier nur im Einvernehmen mit der Gemeinde (soweit sie nicht selbst Gemeindebehörde ist) — und mit Zustimmung der höheren (vgl. jedoch § 147 Abs. 3) Verwaltungsbehörde im Einzelfall eine Befreiung erteilen, auch wenn im BebPl. Ausnahmen nicht vorgesehen sind. Hinzu kommen die in Satz 2 zusammengefaßten, dem vorherigen 242
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§31 4
Recht entsprechenden, alle drei Befreiungstatbestände betreffenden Voraussetzungen, nach denen bei der Erteilung der Befreiung die von ihr betroffenen öffentlichen Belange und nachbarlichen Interessen zu würdigen sind. Eine Abweichung von den Festsetzungen im Wege der Befreiung (und nicht der Planänderung) ist unzulässig, wenn die Abweichung von so großem Gewicht ist, daß dadurch nicht nur einzelne Betroffene benachteiligt werden. In einem solchen Fall könnten die Belange nicht mehr nach Abs. 2 Satz 2 ausreichend gewürdigt werden, vielmehr würde die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Teils überhaupt in Frage gestellt, weil z. B. im Interessengeflecht der Planung dadurch andere Belange nachteilig betroffen würden. a) Gründe des Allgemeinwohls (Nr. 1): Eine Befreiung ist möglich, wenn „Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern" (gleichfalls ein unbestimmter Rechtsgriff, vgl. die ähnliche, stärkere oder schwächere und auch gleiche Ausdrucksweise in §§ 4 Abs. 2, 24 Abs. 2, 77 Abs. 1, 87 Abs. 1, 116 Abs. 1). Nach der höchstrichterlichen Rspr. müssen „bodenrechtliche Besonderheiten vorliegen (siehe Rspr. 7 A 6) bzw. „daß es sich in bodenrechtlicher Hinsicht um einen atypischen Sonderfall handelt" (Rspr. 7 A 9). Diese Gründe des Allgemeinwohls erfassen alles, was unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen (z. B. Forderung) sowie aber auch kultureller Einrichtungen zu verstehen ist. Zum Begriff erfordern siehe bei der angegebenen Entsch. des BVerwG vom 9. 6. 1978 (6 A 9). Die ausdrückliche Einbindung des Nachbarschutzes in der alten bis 30. 6.1979 gültigen Fassung („und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist,") ist zwar weggefallen; dies bedeutet aber nicht den Wegfall des Nachbarschutzes schlechthin. Der Wegfall als formelles Erfordernis erfolgte im Hinblick auf die höchstrichterliche Rspr. Der IV. Senat des BVerwG hatte mit U vom 4. 2.1966 (Rspr. 7 A 2) entschieden, daß „der Inhalt des Nachbarschutzes nicht durch § 31 Abs. 2 BBauG festgelegt wird". An dieser Auffassung hielt der Senat im U vom 12.1.1968 (Rspr. 7 A 3) fest, und zwar mit der Begründung: Ob eine Norm nachbarschützend ist oder nicht, richtet sich grundsätzlich nach dieser Vorschrift selbst. Anders wäre es nur dann, wenn eine Vorschrift des Bundesrechts, hier also §31 Abs. 2 BBauG, auch jenen Vorschriften, die aus sich selbst heraus keinen Nachbarschutz gewähren, eine nachbarschützende Funktion eingeräumt hätte. Das ist nach Auffassung des BVerwG nicht der Fall. Die „nachbarlichen Interessen" werden nicht als selbständiges Tatbestandsmerkmal in § 31 Abs. 2 BBauG verwertet, sondern sind nur gleichsam als „dienendes", unselbständiges Element in den Begriff der rein objektivrechtlichen Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen einbezogen. Vgl. hierzu auch das in der Rspr. 7 B 5 angeführte U des OVG Münster vom 23. 4. 1964. .243
§31
4
3. Teil. R e g e l u n g der baulichen und sonstigen N u t z u n g
b) Städtebauliche Gründe (Nr. 2) Neueingefügt (seit 1. 8.1979) wurde Nr. 2. Die Einfügung trägt dem Umstand Rechnung, daß eine Befreiung nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig sein kann. Danach muß die Abweichung durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein und darf die Grundsätze der Planung nicht berühren. Diese Voraussetzungen sollen nach dem RegE (a. a. O.) sicherstellen, daß eine Befreiung nach Nr. 2 nicht möglich ist, wenn dadurch die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt würde, und sie berücksichtigen, daß eine Abweichung vom BebPlan als Rechtssatz nur im Einzelfall und unter besonderen Voraussetzungen zulässig sein kann. Insbesondere wird auch sichergestellt, daß durch die Befreiung das Abwägungsergebnis, das zu den Festsetzungen geführt hat, in seinen maßgeblichen Gesichtspunkten nicht nachträglich in Frage gestellt werden kann. Werden die maßgeblichen Gesichtspunkte berührt, kommt nur eine Planänderung, ggf. auch im vereinfachten Verfahren nach § 13, in Betracht. Eine anläßlich der Vorbereitung der Novelle 1979 teilweise geforderte weitergehende Änderung des §31 Abs. 2 würde nach der BundesbBegr. (BT-DS a. a. O.) zu dem — rechtlich unhaltbaren — Ergebnis führen, daß ein BebPl. nur insoweit gelten würde wie seine Geltungskraft im Einzelfall noch gerechtfertigt ist. Damit würde der Bebauungsplan seine Lenkungsfunktion und seine Aufgabe, Schutz des berechtigten Vertrauens für die zu gewähren, die sich auf ihn velassen haben, nicht mehr erfüllen können. Nr. 2 soll daher an die Rechtfertigung durch städtebauliche Gründe anknüpfen. c) Härtefälle (Nr. 3) Wie vor dem 1. 8.1979 sind Befreiungen auch bei offenbar nicht beabsichtigter Härte (unbestimmter Rechtsbegriff) möglich und gegebenenfalls notwendig. Auch hier hat die Rspr. des BVerwG (7 A 7) Grundsätze entwickelt. Der Fall muß in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweisen, die ihn im Verhältnis zu den Festsetzungen im BebPl. als Sonderfall erscheinen lassen. d) Bezüglich der Anfechtungsmöglichkeit gilt das oben bei 3 Gesagte; nur dem Baugesuchsteller, gegebenenfalls dem Nachbarn (diesem in beschränktem Umfang, vgl. AmtlSlg. BayVGH n. F. 5, 119) stehen die verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfe offen, nicht etwa der Gemeinde wegen der Verweigerung der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde oder gegen die ablehnende Haltung der Baugenehmigungsbehörde. Der durch den Bescheid betroffene Baugesuchsteller kann nur gegen den Bescheid der Genehmigungsbehörde angehen, nicht etwa gegen die Verweigerung der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde, oder gegen die ablehnende Stellungnahme der Gemeinde; allein der Bescheid der Genehmigungsbehörde stellt gegenüber dem betroffenen Gesuchsteller einen anfechtbaren Verwaltungsakt dar. Nur dieser tritt nach außen hin in Erscheinung, während es sich bei den Stel244
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 31 6
lungnahmen der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde um Behördeninterna handelt.
5. Einvernehmen der Gemeinde und Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (Abs. 2 und Abs. 3) Einvernehmen der Gemeinde als Planungsträgerin (§ 2, vgl. § 36 Abs. 1) und Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde sind auch hier vorgesehen. Die früher nur in § 31 vorgesehene Genehmigungsfiktion (das Einvernehmen gilt bei Schweigen nach zwei Monaten erteilt) wurde allgemein in den § 36 Abs. 2 im Rahmen der Novelle aufgenommen. Diese Genehmigungsfiktion gilt sowohl gegenüber der Gemeinde als auch der höheren Verwaltungsbehörde. Nach Ablauf der zwei Monate bedarf es also zum Erlaß des Bescheids nur noch des Einvernehmens der Baubehörde mit der Gemeinde; auch dieses entfällt, wenn die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist. Eine nach Ablauf von zwei Monaten eingehende Verweigerung der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde ist nicht mehr rechtserheblich. Die Freistellung von der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde, die in § 36 Abs. 2 Satz 2 in geänderter Form augenommen wurde (siehe dort), ergibt sich aus der Verweisung in Abs. 3. Zu dieser Änderung seit 1.1.1979 sowie zu § 36 Abs. 1 Satz 2, der ebenfalls angewendet wird, wird auf die Erläuterungen bei § 36 hingewiesen.
6. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom Juli 1979 (§ 183 b und § 183 c) a) Ist vor dem 1. 8. 1979 über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, sind die seit dem 1. 8. 1979 geltenden Vorschriften über die Zulässigkeit von Befreiungen — § 31 Abs. 2 (gleich solchen) über die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung — § 33 und über die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich — 35 Abs. 5 Nr. 4 und 5) anzuwenden. b) In den Fällen, in denen nach § 19 Abs. 4 Satz 7 und den §§ 31 und 36 das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich sind und vor dem 1. 8. 1979 das Ersuchen um das Einvernehmen oder die Zustimmung bei der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde eingegangen und darüber nicht entschieden ist, beginnt der Lauf der in § 19 Abs. 4 Satz 7, § 31 Abs. 3 und § 36 Abs. 2 bezeichneten Fristen am 1. 10.1979. Das gleiche gilt, wenn das Ersuchen bis zum 30. 9.1979 eingeht und darüber vor Ablauf dieser Frist nicht entschieden wird (§ 183 c). 245
§31 7
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
7. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerwG U vom 18. 8. 1964 (I C 63.62) BVerwGE 19, 164 = DVB1. 1964,918 = BB 1964, 1237
Befreiung kann auch von den Festsetzungen eines BebPl. erteilt werden, der nicht die Mindestfestsetzungen des § 30 BBauG enthält. Damit ist die vom OVG Münster bis dahin vertretene Rechtsauffassung (U vom 18. 7. 1961, DVB1. 1962, 65 = DÖV 1962, 272) daß § 31 sich nur auf qualifizierte BebPle. im Sinne des § 30 beziehe, überholt.
2. BVerwG U vom 4. 2. 1966 (IV C 77.65) DÖV 1966, 571 = DVB1. 1966, 272
Der Begriff des nachbarlichen Interesses in § 31 Abs. 2 BBauG kann seinem Inhalt nach nur dann vom Revisionsgericht überprüft werden, wenn ihm bundesrechtliche Vorschriften zugrunde liegen.
3. BVerwG U vom 12.1. 1968 (IV C 10.66) BayVBl. 1969, 432 B1GBWR 1968, 156
=
§ 31 Abs. 2 BBauG räumt Vorschriften, die nicht ihrerseits nachbarschützend sind, keine nachbarschützenden Wirkungen ein (im Anschluß an U vom 4. 2. 1966, oben A2).
4. BVerwG B vom 12. 9. 1969 (IV B 113.69) DVB1. 1970, 61 = DÖV 1970, 751 = NJW 1970, 626 a) Ein allgemeiner, auf Plangewährleistung gerichteter Anspruch wird durch Bundesrecht nicht eingeräumt. b) Zur Frage, wann eine unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 Abs. 1 G G erhebliche nachhaltige Veränderung der vorgesehenen Grundstückssituation (vgl. U vom 13. 6. 1969 - IV C 2 3 4 . 6 5 - ) vorliegen kann.
5. BVerwG U vom 17. 2.1971 (IV C 2.68) DÖV 1971, 497 = DVB1. 1971, 754 = NJW 1971, 1147
a) Bei der Klage des Nachbarn gegen die Befreiung bedarf es nicht der Beiladung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde, die nach § 31 Abs. 2 BBauG ihr Einvernehmen erklärt bzw. zugestimmt haben; es liegt kein Fall der notwendigen Beiladung gem. § 65 Abs. 2 VwGO vor. b) Ein Nachbar, der sich gegen eine Baugenehmigung wendet, braucht eine erst während des gerichtlichen Verfahrens zur Absicherung der Baugenehmigung nachgeschobene Befreiung nicht gesondert anzufechten; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der Befreiung ohne besonderes Vorverfahren im anhängigen Prozeß zusammen mit der Baugenehmigung, zu der sie ergangen ist, zu prüfen. c) Es verstößt nicht gegen Bundesrecht, wenn Festsetzungen, die eine schöne Aussicht schützen sollen, dem Nachbarn ein Recht auf ihre Einhaltung einräumen. 246
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§31 7
6. BVerwG U vom 14. 7. 1972 (IV C 69.70) BVerwGE 40, 268 = DÖV 1972, 824
a) Der Antragsteller eines Bodenverkehrsgenehmigungsverfahrens hat keinen Anspruch darauf, daß bereits in diesem Verfahren geprüft und entschieden wird, ob eine beabsichtigte bauliche Nutzung durch die Bewilligung einer Befreiung ermöglicht werden kann. b) Die Zulässigkeit einer Befreiung setzt voraus, daß der jeweilige Fall in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweist, die ihn im Verhältnis zu der im BebPl. getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen.
7. BVerwG U vom 20. 6. 1975 (IV C 5.74) DVB1. 1975, 895 = BayVBl. 1975, 679 = BauR 5/75, 313
a) Tritt ein wesentlicher Gebäudeteil über die Baugrenze vor, so überschreitet damit das Gebäude selbst die Baugrenze; in diesem Fall kommt eine Ausnahme nach §23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nicht in Betracht. b) Das Vorliegen einer unbeabsichtigten Härte im Sinne des §31 Abs. 2 BBauG setzt voraus, daß der jeweilige Fall in bodenrechtlicher Beziehung Besonderheiten aufweist, die ihn im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (im Anschluß an das U vom 14. 7. 1972 — IV C 69.70 — BVerwGE 540, 268). c) Es verstößt nicht gegen Art. 14 GG, wenn ein Beb Plan bei einem Grundstück, dessen Bebauung oder Bebaubarkeit mit der Errichtung einer Garage objektiv Rechnung getragen ist, dem Eigentümer die Errichtung einer weiteren Garage verwehrt.
8. BVerwG U vom 20. 6. 1975 (IV C 81.73) DÖV 1975, 720
a) Wird mit der Klage die Erteilung einer Befreiung begehrt, so muß die höhere Verwaltungsbehörde zum Verfahren notwendig beigeladen werden. b) Ein Vorhaben kann im Sinne des § 34 BBauG deshalb bedenklich sein, weil es unter Einschluß seiner Folgewirkungen der vorhandenen Bebauung in bodenrechtlich relevanter Weise widerspricht (im Anschl. an das U vom 25. 1. 1972 — IV C 72.72 — Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 41).
9. BVerwG U v. 24. 2.1978 (4 C 12.76) BVerwGE 55, 272 a) Eine nach § 34 BBauG 1976 zulässige Bebauung kann nicht durch Vorschriften des Landschaftsschutzes entschädigungslos ausgeschlossen werden (im Anschluß an BVerwGE 35, 256). b) Die §§ 30 ff. BBauG 1960/1976 hindern den Landesgesetzgeber, diesen Vorschriften noch weitere einschränkende bodenrechtliche Regelungen hinzuzufügen. c) Ein landesgesetzliches Uferbauverbot ist als öffentlicher Belang im Sinne des § 34 Abs. 1 BBauG 1976 geeignet, eine Bebauung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich zu verhindern, wenn es in dieser Wirkung als Enteignungsrecht im Sinne des Art. 74 Nr. 14 GG verstanden werden kann.
10. BVerwG U vom 28. 4. 1978 (4 C 59.75) DVB1. 1979, 149 = DÖV 1978, 736
a) Die Festsetzung eines Sondergebiets kann zur Folge haben, daß solche „sonstigen" Nutzungen ausgeschlossen sind, die die Verwirklichung des BebPlans verhindern oder wesentlich erschweren und dem Gebietscharakter wiedersprechen; in diesem Sinn kann die Nutzung eines in einem Sondergebiet „Wassersport" liegenden Grundstücks 247
§31 7
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
zu Zwecken eines Speditions-, Güterverkehrs- und Lagerbetriebs unzulässig sein (im Anschluß an das Urteil des Senats vom 2. 3.1973 - IV C 40.71 - BVerwGE 42, 30). b) Zum Bestandsschutz und zur eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition.
11. BVerwG U vom 9. 6. 1978 (4 C 54.75) BVerwGE 56, 71 = NJW 1979, 939 = DÖV 1978, 921 a) Die Zulässigkeit einer Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt voraus, daß es sich in bodenrechtlicher Hinsicht um einen atypischen Sonderfall handelt (im Anschluß an BVerwGE 40, 268). b) Die „Gründe des Wohls der Allgemeinheit" im Sinne des §31 Abs. 2 Satz 1 (2. Alternative) BBauG beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter den öffentlichen Belangen oder — insoweit gleichbedeutend — den öffentlichen Interessen (z. B. auch die Förderung sozialer ode kultureller Einrichtungen) zu verstehen ist. c) Gründe des Gemeinwohls „erfordern" eine Befreiung, wenn es zur Erfüllung oder Wahrnehmung öffentlicher Interessen oder Aufgaben vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben am vorgesehenen Standort zu verwirklichen. d) Die Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt ebenso wie die Befreiung wegen nicht beabsichtigter Härte voraus, daß sie „unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist".
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Münster B vom 22. 4.1963 (VII B 127/63) DVB1. 1963, 628 = DÖV 1963, 842
Zu den Nachbarn im Sinne der §§ 31 Abs. 2 BBauG, 87 BauO NW zählen nicht die Mieter der Nachbargrundstücke.
2. OVG Hamburg U vom 29. 8. 1963 (OVG Bf 98/63) DWW 64, 162 = ZMR 1964, 252
Auch im Falle einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BBauG ist die gegen die Baugenehmigung gerichtete Klage des Nachbarn nur dann zulässig, wenn die Bauordnungsvorschrift, von der befreit worden ist, zumindest auch dem Schutze des Nachbarn dient. An der bisherigen Rechtsprechung, daß diese Voraussetzung nach hamburg. Landesrecht nur in den Fällen des sog. Fensterrechts und des sog. Zaunrechts zutrifft, wird festgehalten.
3. OVG Münster U vom 3. 10.1963 (VII A 175/63) BBauBl. 1965, 25
Ein Nachbar kann eine Beeinträchtigung durch ein baurechtswidriges Bauvorhaben dann nicht gelten machen, wenn das Vorhaben nur dadurch von ihm als beeinträchtigend empfunden wird, daß er selbst mit oder an seinem Haus einen baurechtswidrigen und genehmigungsunfähigen Zustand geschaffen hat.
4. Bad.-Württ. VGH U vom 10. 12. 1963 (II 522/62) DVB1. 1964, 386 = DÖV 1964, 386
a) § 31 Abs. 2 BBauG ist auch auf Festsetzungen in nicht qualifizierten Beb Pin. anzuwenden. b) Die Einordnung des überkommenen Baurechts in den Kreis des Bauordnungsrechts oder des Planungsrechts nach seiner Wirkung oder nach örtlicher Handhabung
248
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§31 7
wird vom Senat abgelehnt. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Vorschrift als Baupolizeirecht erlassen worden ist. Hierbei ist allerdings das Recht auszuscheiden, dessen Anwendung inzwischen Aufgabe der gemeindlichen Planungsbehörden geworden ist und das ferner das BBauG als Planungsrecht betrachtet.
5. OVG Münster U vom 23. 4. 1964 (VII A 1274/63) NJW 1965, 170 = DÖV 1964, 785 = DVB1. 1965, 299 = DWW 1964, 394
a) Der Antrag des Nachbarn i. S. des öffentlichen Baurechts auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziele, die Stillegung genehmigter Bauarbeiten auf einem benachbarten Grundstück zu erwirken, ist jedefalls dann zulässig, wenn die Baugenehmigungsbehörde trotz der Anfechtung der Bauerlaubnis durch den Nachbarn die Ausführung des Bauvorhabens duldet, ohne die Bauerlaubnis für vollziehbar erklärt zu haben. b) Der Begriff des Nachbarn i. S. des Bauplanungsrechts beschränkt sich nicht auf die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, sondern umfaßt die Eigentümer der Grundstücke in der Umgebung des Baugrundstückes, die durch eine von den planungsrechtlichen Festsetzungen abweichende bauliche Anlage auf diesem Grundstück tatsächlich beeinträchtigt werden; ihnen stehen Inhaber von sonstigen dinglichen Rechten an den Grundstücken in der Umgebung des Baugrundstückes gleich,.
6. Bad.-Württ. VGH U vom 13. 4. 1965 (I 493/64) BaWüVBl. 1965, 126 = DÖV 1965, 439
Eine „offenbar nicht beabsichtigte Härte" i. S. der §§31 Abs. 2 BBauG und 24 Abs. 3 BauNVO liegt nur vor, wenn durch die Anwendung planungsrechtlicher Vorschriften im Einzelfall eine Bebauung unmöglich gemacht oder unverhältnismäßig erschwert würde, die den Zielstrebungen oder dem Schutzzweck der Vorschriften nicht oder nur unwesentlich zuwiderläuft.
7. OVG Münster U vom 28. 1. 1966 (X A 59/65) NJW 1966, 1833
a) Gewerbliche Anlagen in einem Wohngebiet, die eine Minderung des mit einem rechtmäßig vorhandenen Betriebe verbundenen Lärms zur Folge haben, können eine Befreiung rechtfertigen. b) Wenn Gründe des allgemeinen Wohls die Befreiung von den Vorschriften eines Beb PI. erfordern, kann die Entscheidung über die Befreiung nach § 31 BBauG nur im Sinne des Bauherrn ergehen.
8. OVG Münster U vom 3. 11. 1966 (VII A 181/66) BBauBl. 1967, 352
Es stellt keine unbeabsichtigte Härte im Sinne der Befreiungsvorschrift dar, wenn wegen der Ausweisung im BebPl. als Grünfläche der Anbau an eine bestehende Grenzbebauung der Nachbarn unzulässig ist.
9. OVG Münster U vom 7. 9. 1967 (VII A 455/66) DVB1. 1968, 49
Die Entscheidung darüber, ob eine bauliche Anlage der in § 23 Abs. 5 BauNVO genannten Art auf den nicht zur Bebauung freigegebenen Grundstücksflächen im Einzelfall zugelassen werden soll, steht im pflichtmäßigen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde.
10. OVG Münster B vom 12. 9. 1977 (X B 981/77) BBauBl. 1978, 144
a) Der Siedlungsverband Ruhkohlenbezirk hat im Rahmen von §§31 und 36 BBauG auch dann keine Mitwirkungsrechte, wenn im Baugenehmigungsverfahren die
249
§32 l
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Anwendung eines durch den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk aufgestellten Bebauungsplanes überprüft wird. b) In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren fehlen in einem solchen Fall die Voraussetzungen für eine Beiladung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk.
§32 Nutzungsbeschränkungen auf künftigen Gemeinbedarfs-, Versorgungs- oder Grünflächen
Verkehrs-,
Sind Uberbaute Flächen in dem Bebauungsplan als Baugrundstücke für den Gemeinbedarf oder als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen festgesetzt, so dürfen auf ihnen Vorhaben, die eine wertsteigende Änderung baulicher Anlagen zur Folge haben, nur zugelassen und für sie Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur erteilt werden, wenn der Bedarfs- oder Erschließungsträger zustimmt oder der Eigentümer für sich und seine Rechtsnachfolger auf Ersatz der Werterhöhung für den Fall schriftlich verzichtet, daß der Bebauungsplan durchgeführt wird. Dies gilt auch für die dem Bebauungsplan nicht widersprechenden Teile einer baulichen Anlage, wenn sie für sich allein nicht wirtschaftlich verwertbar sind oder wenn bei der Enteignung die Übernahme der restlichen überbauten Flächen verlangt werden kann. 1. Allgemeines Durch diese Bestimmung sind die Genehmigungsbehörden gehalten, bei Anträgen im Sinn des § 29 bezüglich solcher überbauter Flächen besondere Vorsicht walten'zu lassen, die im BebPl. als Baugrundstücke für den Gemeinbedarf oder als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen festgesetzt sind. Sie dürfen wertsteigernde Vorhaben nur zulassen und Befreiungen nach § 31 erteilen, wenn der Träger der Gemeinbedarfs- oder Erschließungsmaßnahmen (z. B. Schulträger, Kirchenstiftung, Gemeinde u. a.) zustimmt oder der Eigentümer für sich und seine Rechtsnachfolger auf den Ersatz der Werterhöhung, der durch die baulichen und ähnlichen Maßnahmen eingetreten ist, für den Fall schriftlich verzichtet, daß der Beb PI. verwirklicht wird und infolgedessen Gebäude auf dem Grundstück weichen müssen. Der Eigentümer wird für den Verlust des Grundstücks im Falle der Enteignung entschädigt (vgl. §§ 93 ff.), aber ohne Berücksichtigung der Werterhöhung, die durch das zwischenzeitlich durchgeführte Vorhaben eingetreten ist. Die gleiche Regelung ist durch Satz 2 für Teile einer Bauanlage, die dem BebPl. nicht widersprechen, eingeführt, wenn diese Teile für sich allein nicht wirtschaftlich verwertbar sind oder die Fälle der §§ 92 Abs. 3 oder 96 Abs. 1 Nr. 2 (siehe Erläuterungen dort) vorliegen, also wenn der Eigentümer bei der Enteignung die Übernahme der restlichen überbauten Flächen oder den Ersatz der Wertminderung an dieser Fläche verlangen kann. 250
§33 1
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
Der Sinn der Vorschrift ist, zu verhindern, daß der Grundstückseigentümer nach Inkrafttreten des BebPl. wertsteigernde Veränderungen vornimmt, die von der Gemeinde finanziell getragen werden müßten. 2. Rechtsprechung 1. B G H U vom 27. 11. 1969 (III Z R 26/69) DÖV 1970, 757
a) Auch wenn ein Grundstück eine andere Qualität als die von Rohbauland besitzt (insbes. Baulandqualität), steht die Entschädigungsregelung des § 40 BBauG mit Art. 14 Abs. 3 GG im Einklang. b) § 32 BBauG ist nicht anwendbar, wenn das Grundstück nur eine behelfsmäßige Bebauung anstelle eines früheren, dann kriegszerstörten Gebäudes aufweist, auch wenn der Behelfsbau abgerissen und wieder ein neues Gebäude errichtet werden soll.
2. BayVGH U vom 26. 6. 1978 (Nr. 47 XIV 75) BayVBl. 1979, 152
a) Die für die Anwendung des § 33 BBauG erforderliche Planreife liegt nicht vor, wenn das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes an rechtserheblichen Mängeln leidet. b) Die Rechtsprechung des Senats zu Art. 3 § 12 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbaugesetzes i. V. mit § 155 a BBauG (vgl. Beschluß des Senats vom 26. 6. 1978 Nr. 29 XIV 75) gilt für den Fall entsprechend, daß der Kläger schon vor der Bekanntmachung eines Hinweises gemäß Art. 3 § 12 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbaugesetzes in der Klage die Ungültigkeit des Bebauungsplanes geltend gemacht hat.
§33 Zulässigkeit
von Vorhaben während der
Planaufstellung
(1) In Gebieten, für die die Gemeinde beschlossen hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, ist ein Vorhaben zulässig, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht entgegenstehen wird, der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht dieser Bebauungsplan nicht den Bestimmungen des § 30, bleiben die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 oder 35 unberührt. 1. Voraussetzungen Das Verfahren zur Aufstellung eines BebPl. nimmt durchwegs eine gewisse Zeit in Anspruch. Für die Dauer der Planaufstellung müssen städtebauliche Zulässigkeitsvoraussetzungen für die genehmigungspflichtige Errichtung, Änderung von baulichen Anlagen oder ihre Nutzungsänderung aufgestellt werden. 251
§33 4
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
2. Entwicklung der Vorschrift Die Zulässigkeit von Vorhaben im Stadium der „Planreife", also noch vor dem Abschluß der Behandlung eines BebPl. erstreckte sich bis zur Novelle 1979 nur auf sogennante qualifizierte BebPläne im Sinne des § 30. Sie erfaßte nicht auch die sogenannten einfachen BebPläne, die sowohl in im Zusammenhang bebauten Ortsteilen als auch im Außenbereich nach den §§ 34 und 35 zu beachten sind. Die mit Wirkung vom 1. August 1979 nach langem Hin und Her zwischen BT und BR (vgl. BT-DS 8/2451) vorgenommene Streichung „im Sinn des § 30" in Satz 1 und der angefügte Satz 2 schließt diese Lücke. Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers wie schon bisher der enger gefaßte § 33 „zu einer Beschleunigung" beitragen. 3. Voraussetzungen Ist das Verfahren zur Aufstellung eines BebPl. durch Beschluß des zuständigen Gemeindeorgans eingeleitet worden, so muß solchen Vorhaben die Zustimmung erteilt werden, von denen anzunehmen ist, daß sie nach dem Stand der Planung den künftigen Festsetzungen des BebPl. nicht entgegenstehen, der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und auch die Erschließung sichergestellt ist. Zur Frage, wann die Erschließung gesichert ist, vgl. Erl. zu § 30. — Eine Sicherung der Bauleitplanung wie z. B. §§ 34, 35 bedeutet § 33 nicht (vgl. U des BVerwG vom 17. 12.1964, BVerwGE 20, 127, siehe Erl. 2 zweiter Absatz und Rspr. 8 A). § 33 gilt nicht nur für die erstmalige Aufstellung eines BebPl., sondern auch für die Änderung und die Ergänzung von BebPln. oder übergeleiteter städtebaulicher Pläne. § 33 gilt, soweit die Anwendbarkeit des § 34 BBauG in Betracht kommt, nur für die Fälle, in denen das Vorhaben nach der vorhandenen Bebauung und Erschließung als bedenklich u n d deswegen unzulässig erscheint, aber den künftigen planerischen Festsetzungen voraussichtlich nicht entgegenstehen wird; das gleiche gilt für die Voraussetzungen, die § 35 stellt (Satz 2). Dazu gehören neben der Erschließung bei Vorhaben nach § 35 u. a. Einfügung des Vorhabens, Nichtbeeinträchtigung öffentlicher Belange und Privilegierung nach § 35. Die Einbeziehung des § 35 erfolgte im Hinblick darauf, d a ß ausnahmsweise auch im Außenbereich BebPle. aufgestellt werden können. 4. Entscheidung über die Zulässigkeit Über die Zulässigkeit des Vorhabens entscheidet die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde und nach Zustimmung der höheren (vgl. aber § 147 Abs. 3) Verwaltungsbehörde (§ 36 Abs. 1 Satz 1 und 3); es ist also beiderseitige Übereinstimmung zu erzielen (vgl. Erl. 3 zu § 19 und Nr. 1 zu 1 und 2 bei §31). Kommt das Einvernehmen nicht zustande oder wird die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nicht erteilt, ist das 252
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§33 5
Bauvorhaben abzulehnen. Dem betroffenen Antragsteller stehen gegen die Genehmigungsversagung der Behörde die Rechtsbehelfe nach der VwGO offen. Näheres siehe bei § 36. Aus § 33 kann nicht die Unzulässigkeit eines Vorhabens hergeleitet werden, BVerwGE 20, 127 (s. Rspr. 8 A). Das BVerwG geht in dieser Entscheidung davon aus, daß für die Sicherung der Bauleitplanung nur die Veränderungssperre (§§ 14, 16, 17, 18 BBauG) und die Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 BBauG) vorgesehen ist; wenn von diesen Möglichkeiten nicht Gebrauch gemacht wird, kann die Sicherung der Bauleitplanung nicht auf dem Umweg über § 33 unter Umgehung des Verfahrens über die Verhängung einer Veränderungssperre trotzdem erreicht werden. Die Auffassung des BVerwG ist vereinzelt angegriffen worden (vgl. Hillermeier NJW 1966, 172), doch ist dem BVerwG im Hinblick auf die verfassungskonforme Auslegung (Art. 14 GG) zuzustimmen. 5. Problem bei vorheriger Abweichung von den künftigen Festsetzungen Eine weitere Frage aus § 33 BBauG hat sich für die Praxis ergeben, ohne daß aus dem Gesetzestext selbst sich eine Antwort finden läßt. Der Bauwillige muß nämlich nach Einleitung eines BebPl.-Verfahrens durch die Gemeinde für sich und seine Rechtsnachfolger die schriftliche Erklärung abgeben, daß er die künftigen Festsetzungen des BebPl. anerkennt. Wie ist aber zu verfahren, wenn der Bauwillige von den bereits bekannten künftigen Festsetzungen des BebPl. abweichen will oder bereits abgewichen ist? Dieser Fall kann z. B. dann eintreten, wenn der Bauwillige einen „Schwarzbau" durchgeführt hat, dem die nachträgliche Baugenehmigung nicht versagt werden kann, und an den das nun von ihm beabsichtigte Bauvorhaben angepaßt werden muß, während die Gemeinde in ihrer Bauplanung zunächst von einem Zustand ausgeht, der den „Schwarzbau" nicht berücksichtigt. Die scheinbare Gesetzeslücke besteht darin, daß in einem solchen Falle die Baugenehmigungsbehörde weder eine Ausnahme zulassen noch eine Befreiung erteilen könnte, weil noch keine bindenden Festsetzungen vorliegen. Im Hinblick auf den Sinn des § 33, der die Sicherung der Bauleitplanung während des Verfahrens dient, und zwar einer Bauleitplanung, die die Gesamtheit und nicht nur den Teil zum Inhalt hat, auf dem der einzelne nun gerade baut, gebaut hat oder bauen will, kann man davon ausgehen, daß die Baugenehmigungsbehörde mit § 33 den Bauwilligen zur Anerkennung der künftigen Festsetzungen zwingt, da sich diese ja in ihren Auswirkungen weit über das einzelne Grundstück des zufälligen Bauherrn hinaus erstrecken. Die Vergünstigung für den Bauwilligen, daß er regelwidrig vor Rechtsverbindlichkeit des BebPl. bauen darf, will der Gesetzgeber dadurch ausgleichen, daß die Gemeinde wenigstens von seiner Seite mit Einwendungen gegen den künftigen BebPl. nicht zu rechnen hat. Auch kann es nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, den plangetreuen Bauwilligen schlechter zu stellen (d. h. ihn zur schrift253
§33 8
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
liehen Anerkennung zu zwingen) als den planabweichenden Baulustigen (d. h. diesem die schriftliche Anerkennung zu erlassen). Wäre die „Lückentheorie" richtig, könnte jeder Bauwillige durch eine geringfügige Abweichung seines Baues von den künftigen Festsetzungen des BebPl. die Erklärung nach § 33 BBauG umgehen. 6. Überleitungsvorschriften zur Änderungsnovelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 b) Ist vor dem 1. August 1979 über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, sind die seit dem 1. August 1979 geltenden Vorschriften über die Zulässigkeit von Befreiungen (§31 Abs. 2) und über die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung (§33) gemäß § 183 b anzuwenden. Diese Übergangsbestimmung ist auch bei Vorhaben nach § 35 Abs. 5 Nr. 4 u. 5 (siehe dort) anzuwenden. 7. Anwendung der Baunutzungsordnung Nach § 24 Abs. 1 BauNVO sind die Vorschriften der BauNVO in den Fällen des § 33 BauBG entsprechend dem Stand der Planungsarbeiten anzuwenden. Im einzelnen siehe Erläuterungen bei § 24 BauNVO in diesem Kommentar. 8. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BVerwG U vom 17. 12. 1964 (I C 36.64) BVerwGE 20, 127 = DÖV 1965, 457 = N J W 1965, 549 = BBauBl. 1965, 167 = DVB1. 1965, 284 = BayVBl. 1965, 126 § 33 enthält einen positiven Zulässigkeitstatbestand, begründet dagegen nicht die Unzulässigkeit eines Vorhabens.
2. BVerwG B vom 10. 6.1970 (BVerwG IV B 163.68) GemTag 1970, 312 = Z M R 1971, 336 a) Planreife im Sinne des § 33 BBauG ist nicht schon dann gegeben, wenn die Gemeinde beschließt, die Bedenken und Anregungen nicht zu berücksichtigen. b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet den Prozeßbeteiligten nicht die tatsächliche Kenntnis des der gerichtlichen Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalts, sondern räumt ihnen nur die Gelegenheit zur Kenntnis- und Stellungnahme ein. Ein nach Erlaß des Berufungsurteils in Kraft getretener BebPl., nach dem sich das angefochtene Urteil möglicherweise als fehlerhaft erweist, stellt keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO dar.
B. OVG, V G H und andere Gerichte 1. OVG Lüneburg U vom 15. 8.1963 (I OVG A 132/62) DVB1. 1964, 151 Die Anwendung des § 33 BBauG zugunsten eines Vorhabens gebietet nicht, die Planung zu Ende zu denken, sondern setzt einen Stand der Planungsarbeiten — und zwar
254
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34
unter Berücksichtigung der rechtserheblichen Stellungnahmen der an der Planaufstellung beteiligten Stellen — voraus, der die positive Feststellung der Unbedenklichkeit des Vorhabens rechtfertigt.
2. OVG Berlin U vom 16. 12. 1963 (II B 42/62) DÖV 1964, 817 = DVB1. 1965, 299
a) Die Verweigerung der Baugenehmigung nach § 33 BBauG kann eine materielle Enteignung sein. Maßgebend ist die Stärke des Eingriffs, die in der zeitlichen Dauer der Erlaubnisverweigerung zum Ausdruck kommt. b) § 33 BBauG ist verfassungsmäßig, obwohl eine ausdrückliche Entschädigungsregelung für den Fall der Enteignung fehlt. Die Junktimsklausel des Art. 14 Abs. 3 G G erfordert nicht, daß jeder Vorschrift eines Gesetzes, die sich als Enteignung auswirken kann, eine eigene Entschädigungsregelung beigefügt ist, wenn sie nur aus anderen Bestimmungen dieses Gesetzes entnommen werden kann.
3. BayVGH U vom 19. 1. 1968 (Nr. 204 I 67) BayVBl. 1968, 175
Ein Vorhaben ist nach § 33 BBauG während der Planaufstellung nur zulässig, wenn der Stand des Planungsverfahrens einen hinreichend sicheren Schluß darauf zuläßt, daß das Vorhaben mit dem künftigen Plan übereinstimmen wird.
4. BayVGH U vom 17. 9.1969 (42 II 69) BayVBl. 1970, 141
a) Bedarf die Zulassung eines Vorhabens nach §§ 33—35 BBauG des Einvernehmens der Gemeinde, ist im betreffenden Rechtsstreit die zuständige Gemeinde ebenso wie im Streit um eine Bodenverkehrsgenehmigung (vgl. BVerwG BBauBl. 1969, 345) beteiligt und daher beizuladen. b) Es handelt sich um eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO, deren Unterlassung von Amts wegen zu berücksichtigen und bei deren Fehlen das erstinstanzliche Urteil wegen eines wesentl. Verfahrensmangels aufzuheben ist.
5. VG Gelsenkirchen U vom 2. 7. 1971 (5 K 1064/70) DVB1. 1971, 832
a) Die Genehmigung nach §§ 16 ff. GewO, die die Baugenehmigung mit umfaßt, kann von einem Betroffenen nicht nur aus Gründen des Immissionsschutzes, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der baurechtlichen Nachbarklage angefochten werden. b) Die Genehmigung unterliegt auch dann der Aufhebung, wenn sie zwar keine nachbarschützenden Bauvorschriften verletzt, aber gegen sonstiges Baurecht verstößt und die durch sie zugelassene Bebauung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft (vgl. BVerwGE 32, 173). c) Zur Bedeutung des Umweltschutzes bei der Ansiedlung eines großen Industriewerks.
§34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im bebauten Ortsteile
Zusammenhang
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist, sofern § 30 keine Anwendung findet, ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht widerspricht und es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die 255
§ 3 4
1
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Eigenart der näheren Umgebung unter Berücksichtigung der für die Landschaft charakteristischen Siedlungsstruktur einfügt, die Erschließung gesichert ist und wenn sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen, insbesondere die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. (2) Die Gemeinden können die Grenzen für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile oder Teile davon durch Satzung festlegen. In den Geltungsbereich der Satzung können auch Grundstücke einbezogen werden, durch die der im Zusammenhang bebaute Ortsteil abgerundet wird, wenn dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist und wenn auf solchen Grundstücken die zulässige Nutzung nach den Absätzen 1 und 3 Satz 1 bestimmt werden kann. Die Satzung bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. Auf die Veröffentlichung der Satzung findet § 16 Abs. 2 entsprechend Anwendung. (2 a) Die Gemeinden können Gebiete mit besonderer Wohnsiedlungsstruktur, insbesondere mit historisch entstandener Streu- oder Bandbebauung durch Satzung als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn entweder die Zuordnung zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen zweifelhaft ist oder die vorhandene Bebauung nicht alle Voraussetzungen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteil erfüllt, die Gemeinde jedoch beabsichtigt, ihn zu einem solchen zu entwickeln. Die Festlegung nach Satz 1 setzt die Darstellung des Gebiets im Flächennutzungsplan aus; § 8 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden. § 8 Abs. 4 findet entsprechend Anwendung, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, und nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß die Festlegung durch Satzung den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entsprechen wird. Die Verpflichtung nach § 1 Abs. 3 Bebauungspläne aufzustellen, bleibt unberührt. Absatz 2 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. (3) Werden in einer aufgrund des § 2 Abs. 8 erlassenen Rechtsverordnung Baugebiete bezeichnet und entspricht die Eigenart der näheren Umgebung nach der vorhandenen Bebauung einem dieser Baugebiete, so ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn es nach der Verordnung in dem Baugebiet zulässig wäre. Nennt eine aufgrund des § 2 Abs. 8 erlassene Rechtsverordnung Höchstwerte für das Maß der baulichen Nutzung, so dürfen diese Zahlen, bezogen auf die in der Umgebung überwiegend vorhandene tatsächliche Geschoßzahl, nicht überschritten werden. Abweichungen von Satz 2 können im Einzelfall zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 bezeichneten Belange gewahrt bleiben. 1. Allgemeines a) Die ursprüngliche Formulierung der Vorschrift war kurz u n d übersichtlich, hat aber stets erhebliche Änderungsschwierigkeiten bereitet. Bei der Vorberatung der Novelle 1976 hat der E der BReg. noch wesentliche Änderungen erfahren. Das Änderungsgesetz hat schließlich die Vorschrift 256
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 2
umfassend verändert. Die Rechtsprechung zur Erstfassung kann nur noch teilweise herangezogen werden. b) Der RegE der sog. „Beschleunigungsnovelle" vom 6. 7. 1979 wollte den § 34 zunächst nicht ändern. Im letzten Gang des Gesetzgebungsverfahren setzte sich jedoch der Vorschlag des BR (BR-DS 446/1978 Nr. 8) in erweiterter Fassung durch, der die Einfügung des im wesentlichen Gesetz gewordenen Abs. 2 a vorgeschlagen hatte. N u n m e h r können die Gemeinden durch Satzung nicht nur die Grenzen der im Zusammenhang gebauten Ortsteile, sondern auch Gebiete mit besonderer, vor allem historisch entstandener Streu- und Bandbebauung, als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen können (im einzelnen, im besonderen wegen der Voraussetzungen siehe bei den Erläuterungen Nr. 4). c) Ob § 34 von der Enteignungsentschädigungsvorschrift des § 44 Abs. 1 erfaßt werden kann, hat der BGH in dem U vom 12. 6. 1975 (III Z R 158/72) DVB1. 1976, 165, bejahend entschieden. Schmidt-Aßmann stimmt in seiner Anmerkung (aaO) dieser Entscheidung zu (siehe Erläut. bei § 44). 2. Zulässigkeit von Vorhaben (Abs. 1) a) § 34 hat im Gegensatz zu § 35 (Außenbereich) den Innenbereich zum Inhalt. Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile kommt den Grundstücken grundsätzlich Baulandqualität zu: entscheidend sind örtliche Gegebenheiten und Verkehrsauffassung (vgl. BVerwGE 5, 143). Daraus ergibt sich der grundsätzliche Anspruch der Bauwilligen im Innenbereich ein Bauvorhaben genehmigt zu erhalten. Voraussetzung für die Zulässigkeit ist nach § 34 das Erfüllen der weiteren Voraussetzungen des Abs. 1. Unter im Zusammenhang bebauten Ortsteilen ist das Gemeindegebiet zu verstehen, das nicht zum Außenbereich gehört; denn dieser ist das Gebiet außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (siehe § 19 Abs. 2 und die dort. Erläut.). b) Der Begriff des „Ortsteils" ist dahin auszulegen, daß der zu beurteilende Bebauungszusammenhang nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzen und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sein muß. Ein Bebauungszusammenhang ist bereits dann anzunehmen, wenn und soweit die Bebauung trotz bestehender Baulücken im Einzelfall den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt (BVerwG Rspr. 6 A 6). Auch wenn die vorhandene Bebauung kein bestimmtes städtebauliches Ordnungsbild (i. S. d. § 1 Abs. 2 BauNVO) aufweist, kann dennoch ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegen (BVerwG Rspr. 6 A 19). Erforderlich, aber auch genügend ist eine Bebauung im Sinne einer organischen Siedlungsstruktur. Allgemeine Kriterien zur Abgrenzung des Innen- und Außenbereichs lassen sich nicht finden. Es ist jeweils auf den Einzelfall abzustellen. Grundstücksgrenzen sind für die Frage der Einbeziehung in den Bebauungszusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung (BVerwG Rspr. 6 A 18). 257
§34 2
3. Teil. R e g e l u n g der baulichen u n d sonstigen N u t z u n g
Hinsichtlich der Voraussetzung „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" kann die Rspr. zum § 34 a. F. noch voll verwertet werden. c) Die Kriterien für die Zulässigkeit haben sich gewandelt: Früher kam es auf die „Unbedenklichkeit" i. S. eines städtebaulich relevanten Widerspruchs an. Heute fordert § 34 ein Einfügen in positivem Sinn. Ausdrücklich wird nun festgelegt, daß § 34 nur in nicht qualifiziert beplanten Gebieten zur Anwendung kommen kann. Besteht ein einfacher Beb Plan, dann sind vorrangig dessen Festsetzungen zu berücksichtigen. Insoweit wurden die Ergebnisse der Rspr. zur ursprünglichen Fassung der Vorschrift übernommen. Unterschiede zur früheren Rechtslage zeigen sich jedoch bei der Art der Anpassung an die vorhandene Bebauung: Das Vorhaben muß sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach Bauweise und zu überbauender Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfügen. Dabei ist eine Anpassung an die Eigenart der näheren Umgebung unter Berücksichtigung der für die Landschaft charakteristischen Siedlungsstruktur erforderlich. Da diese Anforderungen weit höher sind als bisher, kann die Rspr. zur Zulässigkeit in der Regel nur noch in der Weise herangezogen werden, daß früher bereits unzulässige Vorhaben nun mit Sicherheit erst recht als unzulässig anzusehen sind. Im übrigen bedarf es wie bei § 30 der Sicherung der Erschließung (siehe dort). Selbst bei Erfüllung all dieser Voraussetzungen kann die Unzulässigkeit sich dennoch aus der Beeinträchtigung sonstiger öffentlicher Belange, insbesondere Nichteinhaltung der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse ergeben. Auch eine Beeinträchtigung des Ortsbildes führt zur Ablehnung des Vorhabens. Durch diese Kriterien wird die bisher nicht zu verhindernde langsame Verschlechterung nicht qualifiziert beplanter Gebiete aufgehalten. Da es sich durchgehend um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, unterliegen die Voraussetzungen voll der gerichtlichen Überprüfung. d) Der Begriff. „Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse" (vgl. auch § 35 Abs. 5 Nr. 17 hat sich aus der Terminologie des § 1 Abs. 6 entwickelt und wurden in der Rspr. des BVerwG bis jetzt andeutungsweise behandelt (siehe bei §1, Rspr. 8A 10g = BVerwG U vom 5.7.1976 §34 Rspr. A 18 = BVerwG U vom 3. 3. 1972. Allerdings gibt es hier die konkrete Bestätigung des Abs. 1, an der als die reinen Leitrichtlinien des § 1 Abs. 6 — dem einzelnen ein subjektives Recht. „Gesunde" Wohnverhältnisse sind mehr als die Abwehr bloßer Belästigungen (vgl. Sendler in WiR 1972, 469). Jedenfalls zählen nahegelegene Erholungsflächen, den neuzeitlichen Anforderungen entsprechende sanitäre Anlagen, entfeuchtete bzw. von vornherein trokkene Aufenthalts- und Arbeitsräume, lärmgeschützte und von anderen schädlichen Immissionen genügend entfernte Lage der Wohnungen und sonst den Landesbauordnungen auf dem gesundheitlichen Sektor zumindest entsprechende Räume dazu.
258
1. Abschnitt. Zulässigkeit v o n Vorhaben
§34 3
3. Festlegung der Grenzen des Innenbereichs durch Satzung (Abs. 2) Die Abgrenzung des Innenbereichs bereitet häufig erhebliche Schwierigkeiten. In der Praxis werden durch eine Festlegung mit konstitutiver Wirkung klare Verhältnisse geschaffen (Satz 1). Insbesondere entspricht es einem Bedürfnis der Praxis, bei dieser Festlegung eine Ortsabrundung herbeizuführen. Voraussetzung dafür ist, daß die Abrundung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist. Durch diese Formulierung (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 2 und 3) werden die Vorschriften des Erschließungsrechts an diejenigen über die zulässige bauliche Nutzung weiter angenähert. Um eine allzu großzügige „Abrundung" auszuschließen, muß auf diesen Grundstücken die zulässige Nutzung nach Abs. 1 und 3 Satz 1 bestimmbar bleiben. Diese Voraussetzung dürfte dann nicht mehr vorliegen, wenn die einbezogenen Grundstücke so groß oder so weit entfernt sind, daß sie in ihren Bebauungsmöglichkeiten durch den bebauten Bereich ggf. in Verbindung mit einer Verordnung nach § 2 Abs. 8 nicht mehr geprägt sind. Selbstverständlich ist aber eine großzügigere Handhabung bei der Bestimmbarkeit geboten als z. B. bei Baulükken. Eine Satzung nach Abs. 2 setzt stets das Vorhandensein eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils voraus. Es ist also nicht möglich, eine Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3) durch Satzung so „abzurunden", daß ein Ortsteil in diesem Sinne erst entsteht, siehe aber die nach dem neuen Abs. 2 a (siehe folg. Nr. 4) — Novelle 1979 — möglichen Grenzfälle. Wegen der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde ist auf die Möglichkeit des § 147 Abs. 3 hinzuweisen. Das Verfahren lehnt sich an das Bauleitplanverfahren an. a) Durch den Hilfsmaßstab in Form einer Verweisung auf eine nach § 2 Abs. 8 zu erlassende Verordnung (Nr. 2) werden die immer noch bestehenden Zweifel über die Heranziehung der BauNVO als „sachverständige Interpretation" beseitigt. Im Ergebnis entspricht diese Regelung im wesentlichen der Rspr. zu § 34 a. F. b) Auch für den Bereich des § 34 können sich einer baulichen Nutzung zeitlich begrenzte Hindernisse in den Weg stellen, weil Maßnahmen zur Sicherung der Infrastruktur ergriffen werden müssen (§ 9a Abs. 8). c) Die Neuregelung führt praktisch immer zu einer Schmälerung der Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks im Vergleich zur früheren Rechtslage. Für die Fälle einer wesentlichen Beeinträchtigung mußte daher am verfassungsrechtlichen Gründen eine Entschädigungsregelung getroffen werden (Art. 3 § 10 Abs. 2 ÄndG 1976; siehe auch Art. 3 § 5 a. a. O.). d) Auch in den Fällen des § 34 trifft die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung im Einvernehmen mit der Gemeinde, jedoch ist die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde hier nicht erforderlich (§ 36 Abs. 1). In Anbetracht der Planungshoheit der Gemeinden (§ 2 BBauG) und mit Rücksicht auf das gemäß § 36 Abs. 1 BBauG mit der Gemeinde herzustellende Einver259
§34 4
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
nehmen ist im verwaltungsrechtlichen Verfahren die Gemeinde notwendig beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO). e) Ob dem § 34 BBauG nachbarschützende Natur zukommt, wurde von der Rechtsprechung lange nicht einheitlich beantwortet. Das BVerwG hatte in seinem U vom 29. 8. 1961 (IC 36.60, siehe Rspr. 6A Nr. 1) am Schluß seiner Ausführungen erklärt, daß „ein nach § 34 BBauG bedenkliches Vorhaben gegebenenfalls die Rechte des Nachbarn verletzen kann." Demgegenüber sah das OVG Lüneburg (U vom 31. 5.1967, IA 81/66, DVB1. 1968, 45) keine Gründe dafür, daß im verplanten Bereich des § 34 dem Nachbarn weitergehende Rechte zustehen sollen als im Bereich eines Bebauungsplanes. Dann hat das BVerwG in einer Entscheidung vom 13. 6. 1969 (IV C 234.65, siehe Rspr. 6 A 10) zutreffend ausgesprochen, daß „§ 34 BBauG dem Nachbarn keine Rechte vermittelt", und zwar mit der Begründung, daß der Schutz zugunsten eines oft nicht mehr übersehbaren Kreises von angeblich Berechtigten, der keineswegs auf die Nachbarn im eigentlichen Sinne des Wortes beschränkt ist, den Bauherrn — und (jedenfalls wirtschaftlich) nicht in erster Linie die Baugenehmigungsbehörde und ihn — mit allen damit verbundenen wirtschaftlichen und sonstigen Folgen — oft über Jahre hinweg im unklaren lassen. Eine gewisse Einschränkung bedeutet die weitere Feststellung in dieser Entscheidung, daß „eine gegen § 34 BBauG verstoßene Genehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzen, nämlich in seinem auf Art. 14 Abs. 1 G G beruhenden und durch diese Vorschrift geschützten Eigentumsrecht..." Rechtswidrige Genehmigungen werden zwar in aller Regel das durch Art. 14 G G geschützte Eigentum eines Nachbarn nicht verletzen. Sie tun es aber dann, wenn sie bzw. ihre Ausnutzung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändern und „dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich treffen". Im praktischen Ergebnis läuft dies darauf hinaus, daß grobe Mißgriffe der Genehmigungsbehörden, die als solche regelmäßig auch dem Bauherrn erkennbar sein werden, für einen kleinen übersehbaren Kreis von Klägern dann angreifbar sind, wenn sie durch diesen Mißgriff schwer und unerträglich getroffen werden. Eine objektiv rechtswidrige Genehmigung nach § 34 BBauG ohne jene qualifizierenden Voraussetzungen hingegen stellt keinen Eingriff in das Eigentum des Nachbarn dar, verletzt mithin Art. 14 G G nicht. 4. Besondere Gebiete (Abs. 2 a) Die Einfügung des Abs. 2 a in die Novelle vom 6. 7. 1979 überhaupt und in der endgültigen Fassung kam erst am Schluß der Gesetzgebungsverhandlungen zustande. Der BR hatte die Anregung zur Vorschrift in seiner Stellungnahme zum RegE (BR-DS 446/78) gegeben. Zwar ist die abschließende Fassung diffiziler geworden, doch kann die Begründung durch den BR (aaO.) als richtungweisend angesehen werden: 260
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 4
„Abs. 2 des § 34 räumt den Gemeinden lediglich das Recht ein, durch Satzung die Grenzen für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile festzulegen und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen diese Gebiete durch Satzung unter Einbeziehung weiterer Grundstücke abzurunden. Die Neuregelung soll die Gemeinde darüber hinaus ermächtigen, durch Satzung Gebiete mit besonderer Wohnsiedlungsstruktur, insbesondere mit historisch entstandener Streu- und Bandbebauung als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festzulegen mit der Folge der Anwendbarkeit der Vorschriften über das Bauen im Innenbereich. Mit dem Hinweis auf die Geltung des § 1 Abs. 3, wonach die Gemeinden verpflichtet sind, Bauleitpläne aufzustellen, sobald es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, wird klargestellt, daß die Satzung nicht an die Stelle eines Bebauungsplanes treten und somit eine vernünftige Planung ersetzen darf, vielmehr nur dort erlassen werden kann, wo Bauleitpläne nicht erforderlich sind. Durch die Anwendbarkeit der Sätze 3 bis 5 des Absatzes 2, die den Erlaß einer Satzung nach den Sätzen 1 und 2 näher regeln, wird insbesondere sichergestellt, daß auch die Satzung nach Absatz 2 a (neu) der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedarf. Dieser obliegt die Prüfung, ob es sich wirklich um Gebiete mit besonderer Wohnsiedlungsstruktur handelt und ob für dieses Gebiet nicht doch die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich ist. Die Bauregelung erlaubt eine von der Gemeinde geplante und unter dem Genehmigungsvorbehalt des Staates stehende gezielte Entwicklung herkömmlicher Siedlungsstrukturen, ohne eine geordnete bauliche Entwicklung der Gemeinden zu beeinträchtigen. Sie trägt dem Grundsatz der gemeindlichen Selbstverwaltung Rechnung und läßt dem Staat die erforderliche Einwirkungsmöglichkeit."
Diese Vorschläge haben in den Sätzen 1, 4 und 5 gesetzgeberischen Ausdruck gefunden, wobei die Festlegung dieser „Quasibaugebiete" schließlich davon abhängig gemacht wurde, a) daß entweder die Zuordnung „zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen" zweifelhaft oder b) daß die Zuordnung zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil nicht alle Voraussetzungen (wie in Abs. 2) erfüllt, die Gemeinde jedoch beabsichtigt, diese Ortsteile zu einem im Zusammenhang bebauten Teil zu entwickeln. Dies bedeutet einen ziemlichen Einbruch in das bis zur Novelle von 1976 noch festgefügte System des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Damals kam Abs. 2 (Abrundung) in das Gesetz; dies und die mit der Novelle 1979 geschaffene Möglichkeit der Aufnahme der „historisch entstandenen Streu- und Bandbebauung" entsprach sicherlich einem Erfordernis der Praxis. c) Satz 2, erster Halbsatz macht die Festlegung eines solchen Gebiets von der Darstellung im F1NP1. abhängig. Halbsatz 2 verlangt weiter eine entsprechende Anwendung von § 8 Abs. 3, d. h. die Parallelaufstellung der beiden Bauleitpläne und mindestens gleichzeitige Bekanntmachung. Die Anwendung des Abs. 4 von § 8 (Satz 3) ist möglich, wenn die Gemeinde beschlossen hat, aus dringenden Gründen einen vorzeitigen BebPlan aufzustellen und mindestens gleichzeitig auch die Aufstellung des FINPlans zum Beschluß erhoben hat, wobei nach den Umständen der Planungsarbeiten angenommen 261
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
werden muß, daß die BebPl.-Satzung den künftigen Darstellungen im F1NP1. entsprechen wird. Hierzu siehe die entsprechenden Erläuterungen bei § 8. 5. Zulässigkeit von Vorhaben im Einzugsbereich von Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung (Abs. 3) Abs. 3 wurde durch die Novelle von 1976 eingefügt. Er will Vorhaben im Einzugsbereich („nähere Umgebung") von Baugebieten nach der BauNVO, also von Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten, allgemeinen Wohngebieten, besondere Wohngebieten (§ 4 a der novellierten BauNVO), Dorfgebieten, Mischgebieten, Kerngebieten, Gewerbegebieten, Industriegebieten, Erholungs-Sondergebieten, sonstigen Sondergebieten (§§ 2— 11 BauNVO) der dort zulässigen Bebauung angepaßt wissen. Dies gilt auch hinsichtlich der Höchstwerte f ü r das M a ß der baulichen Nutzung, d. h. für die Zahl der Vollgeschosse, die Grundflächenzahl, die Geschoßflächenzahl und die Baumassenzahl nach § 17 BauNVO — siehe die Erläuterungen dort — (Satz 2). Nur in Einzelfällen kann die Baugenehmigungsbehörde Abweichungen von den Höchstwerten der baulichen Nutzung nach § 17 BauNVO zulassen, wenn das Vorhaben sich der Eigenart der näheren Umgebung unter Berücksichtigung der „für die Landschaft charakteristischen Siedlungsstruktur einfügt, die Erschließung gesichert" ist und wenn „sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen, insbesondere den Anforderungen an gesunde Wohnund Arbeitsverhältnisse" genügt wird und „das Ortsbild nicht beeinträchtigt" (siehe Abs. 1) wird — Satz 3. 6. Rechtsprechung Übersicht nach Anwendung der BauNVO B 3, 4 Frage des Nachbarschutzes A 9, 10, 11, 12, 14, 18, 20, 22, 24, 27, 31 B 2, 8 Grenzen (Umgriff) des im Zusammenhang bebauten Ortsteils A 2, 4, 5, 6, 7,21 B6 Planungsgrundsätze A 1, 15
Rechtsbegriffen Sicherung der Erschließung A 29 Vorhandene Bebauung A 3, 7, 20, 25 Unbedenklichkeit A 8, 13, 17, 20, 23, 25, 26, 28 B 1,2, 5, 7, 8,9 Ziele der Bebauungsplanung A 19 Zulässiges Maß der baulichen Nutzung A 13,16
A. BVerwG 1. BVerwG U vom 29. 8. 1961 (I C 36.60) DVB1. 1962, 223 BBauBl. 1962, 129 = VerwRspr. 14 S. 841 (Nr. 235) = N J W 1962, 507 = BayVBl. 1962, 113 Bei der Lenkung der Bebauung in nicht verplanten Gebieten sind die Ziele zu wahren, die § 1 Abs. 4 BBauG der Bauleitplanung setzt. § 34 BBauG soll solchen Gebieten, 262
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
für die die Aufstellung eines BebPl. noch nicht beschlossen oder nicht erforderlich ist, die Durchsetzung der Ziele des BBauG sichern. Unbedenklich im Sinne dieser Vorschrift und damit zulässig kann daher nur ein solches Vorhaben sein, das den gesetzlichen Zielen der Bauleitplanung entspricht. Bei der Handhabung des § 34 BBauG ist also die Baubehörde ebenso wie bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Gemeinde an die gesetzliche Forderung einer in Berücksichtigung der vorhandenen Bebauung sachgerechte Leitung der weiteren Bebauung gebunden. Ein Vorhaben, das diesem Gebot nicht entspricht, ist nicht unbedenklich und daher nicht zulässig; es kann gegebenenfalls auch Rechte eines Nachbarn verletzen.
2. BVerwG U vom 26. 5. 1967 (IV C 25.66) BVerwGE 27, 137 = DÖV 1968, 56 = DVB1. 1968, 43 = VerwRspr. 19, 456
Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 BBauG kann nur auf dem Gemarkungsgebiet der planungsbefugten Gemeinde bestehen. Eine Erstreckung auf die bebauten Gebiete einer (oder mehrerer) angrenzenden Gemeinde sieht die gesetzliche Regelung nicht vor.
3. BVerwG U vom 22. 9. 1967 (IV C 109.65) BVerwGE 27, 341 = DVB1. 1968, 44 = BBauBl. 1968, 309 = VerwRspr. 19, 573
a) Der Bestandsschutz, den bestimmte gewerblich genutzte Baulichkeiten genießen, erstreckt sich nicht auf den Gewerbebetrieb in seiner Gesamtheit. b) Zur vorhandenen Bebauung im Sinne des § 34 BBauG gehört die Umgebung eines Grundstückes in dem Umfange, in dem sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann (Bestätigung des B des I. Senats vom 16. 4. 1963, I B 6.63).
4. BVerwG B vom 12.2. 1968 (IV B 47.67) BayVBl. 1969, 432 BLGBWR 1968, 157
=
a) Ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 BBauG reicht so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt. b) Durch freie Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind, wird auch bei größerer Ausdehnung dieser Flächen der Bebauungszusammenhang im Rechtssinn nicht unterbrochen.
5. BVerwG U vom 6. 11. 1968 (IV C 31.66) BVerwGE 31, 22 = BayVBl. 1969, 134
a) Zum Bebauungszusammenhang gehört die tatsächlich vorhandene Bebauung unabhängig davon, ob die Baulichkeiten genehmigt worden sind oder aber in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran läßt, daß sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben. b) Ortsteil im Sinne der §§ 19 Abs. 1 und 35 BBauG ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.
6. BVerwG U vom 6. 11. 1968 (IV C 2.66) BVerwGE 31, 20 = DVB1. 1969, 262 = MDR 1969, 247 = BayVBl. 1969, 316 = BBauBl. 1969, 404 DÖV 1969, 645 Zum Begriff des Bebauungszusammenhanges im Sinne der §§ 34, 19 Abs. 1 BBauG.
263
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Unter Zusammenfassung und Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung heißt es in den Gründen dieses Urteils des (seit einigen Jahren zuständigen) IV. Senats: „Das BVerwG hat sich bereits in zahlreichen Entscheidungen mit der Frage beschäftigt, welche Anforderungen an das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs i. S. des § 34 BBauG zu stellen sind. Danach gilt im wesentl. folgendes: Die Merkmale ,im Zusammenhang bebaut' (§§ 19 Abs. 1, 34 BBauG) fordern nicht mehr und nichts anderes als eine . . . (^tatsächlich') aufeinanderfolgende, eben zusammenhängende Bebauung. Was insoweit einzig Schwierigkeiten bereiten kann, ist die Frage, wie eng eine solche Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muß, um sich als eine zusammenhängende Bebauung i. S. der §§ 34, 19 Abs. 1 BBauG darzustellen, d. h. unter welchen Voraussetzungen unbebaute Flächen, die zwischen den bebauten Grundstücken liegen, den Zusammenhang unterbrechen (B vom 25.5. 1967, IV C 184.66, S. 3; ferner die U vom 22. 4. 1966 - IV C 34.65 in BBauBl. 1967, 117 und vom 14. 4. 1967 - IV C 134.65 in BRS 18, 28). Mit dieser Ausgangsfrage tritt das unbebaute, jedoch gleichwohl den Zusammenhang nicht unterbrechende Grundstück in den Vordergrund der Betrachtung, d. h. einerseits und vor allem die .Baulücke' (vgl. etwa das U vom 14. 4. 1967 a. a. O. im Anschl. an OVG Lüneburg, DÖV 1964, 392, sowie das U des I. Senats vom 2. 7. 1963 — I C 110.62 — in DVB1. 1964, 184 [186], andererseits ,freie Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind' und die, wie das Urteil vom 14. 4. 1967 a. a. O. fortfährt, unter Umständen ,auch bei größerer Ausdehnung ohne Bedeutung sein, also den Zusammenhang nicht unterbrechen' mögen. Ob eine Unterbrechung des Zusammenhangs vorliegt oder nicht, läßt sich dabei nicht unter Anwendung von geographisch-mathemat. Maßstäben bestimmen. Zur Beurteilung bedarf es vielmehr ,einer echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts' (U vom 6. 12. 1967 in BVerwGE 28, 268 [272] = M D R 1968, 521). Ausschlaggebend ist, inwieweit ,die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt' (B vom 12. 2. 1968 — IV B 47.67 [s. o. Nr. 7a]; ferner die bereits erwähnten U vom 2. 7. 1963 und 14. 4. 1967 a. a. O.). Letztlich maßgebend für die Betrachtungsweise ist die ,Verkehrsauffassung' (U vom 14. 4. 1967) mit der Folge, daß es entscheidend jeweils auf die Lage des Einzelfalls ankommt (U vom 6. 12. 1967 a. a. O.; ferner B vom 25. 5. 1967 - IV B 184.66, S. 3, und vom 12. 2. 1968 - IV B 47.67). Das gilt auch dafür, ob etwa eine Straße (vgl. U vom 10. 3. 1967 - IV C 32/66, S. 8) oder Geländehindernisse irgendwelcher Art (vgl. U vom 22. 4. 1966 a. a. O.) den Bebauungszusammenhang unterbrechen oder auf ihn ohne Einfluß sind . . . "
7. BVerwG U vom 23.4. 1969 (IV C 15.68) Dokumentär. Berichte aus dem BVerwG 1969, 7231 = DÖV 1970, 757 Zur vorhandenen „Bebauung" im Sinne des § 34 BBauG gehört auch das, was sich in der Bebauung niederschlägt, d. h. — wie u. U. Straßen und Verkehrsverhältnisse — in irgendeiner Weise für ihren Charakter und ihre Funktion objektiv von Bedeutung ist.
8. BVerwG U vom 23. 4. 1969 (IV C 96.67) DÖV 1970, 757 = JZ 1969, 190
Ein Vorhaben ist im Sinne des § 34 BBauG jedenfalls dann nicht unbedenklich, wenn seine Ausführung die bestehenden Verhältnisse mehr als geringfügig verschlechtern würde. 264
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
9. BVerwG U vom 21. 5. 1969 (IV C 7.67) DÖV 1971, 249
a) Bei einer Nachbarklage gegen eine unter altem Recht rechtmäßig erteilte und ausgenutzte Baugenehmigung darf eine während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getretene, dem Bauherrn ungünstige Regelung des BBauG oder der BauNVO nicht auf Grund des § 174 Abs. 5 BBauG zum Nachteil des Bauherrn berücksichtigt werden. b) Zur Berücksichtigung von Vorbringen des Revisionsgegners gegen tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts.
10. BVerwG U vom 13. 6. 1969 (IV C 234.65) BVerwGE 32, 173 = NJW 1969, 1787, 2162 = MDR 1969, 868 = BayVBl. 1969, 390 = DÖV 1969, 753 = DVB1. 1970, 57
a) § 34 BBauG hat keine nachbarschützende Funktion. b) Durch eine gegen § 34 BBauG verstoßende Baugenehmigung kann ein Dritter in seinem Eigentumsrecht verletzt sein, wenn die Genehmigung bzw. ihre Benutzung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändert und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich trifft.
11. BVerwG U vom 13. 6. 1969 (IV C 80.67) = JZ 1970, 1 = DVB1. 1970, 60 = VerwRspr. Bd. 20 S. 828
a) Zur Frage, ob eine Baugenehmigung nach § 34 BBauG, die die Einschränkung einer „schönen Aussicht" von Nachbargrundstücken zur Folge hat, den Nachbarn in seinen Rechten verletzen kann. Aus der Begründung: Zwar kann der Nachbar kein Recht aus § 34 geltend machen, allerdings kann eine gegen § 34 BBauG verstoßende Baugenehmigung einen Nachbarn in seinem durch Art. 14 Abs. 1 G G geschützten Eigentumsrecht verletzen. b) Ob etwas nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist (§ 34 BBauG), kann nicht allein nach der Bebauung eines Grundstücks oder nur ganz weniger Grundstücke bestimmt werden. Siehe aber unten Nr. 28.
12. BVerwG U vom 25. 6. 1969 (IV C 11.68) = JZ 1970, 1 = DVB1. 1970, 66
Der Widerspruch eines Nachbarn, der sich nur gegen einzelne Punkte einer ihm nicht zugestellten Baugenehmigung wendet, schließt nicht aus, daß sich der belastete Nachbar später auch gegen andere Belastungen der Baugenehmigung wendet.
13. BVerwG U vom 19. 9. 1969 (IV C 18.67) NJW 1970, 263, 581 = DVB1. 1970, 62
Wird gegen eine Baugenehmigung von einem Nachbarn Widerspruch eingelegt, so können Rechtsänderungen, die zwischen Wirksamwerden der Baugenehmigung und Widerspruchsentscheidung eintreten und sich zum Nachteil des Bauherrn auswirken, nicht berücksichtigt werden.
14. BVerwG U vom 26. 6.1970 (IV C 73.68) DVB1. 1970, 829
Für das zulässige Maß der baulichen Nutzung kommt es bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich auf den Verlauf der Grundstücksgrenzen nicht an. 265
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
15. BVerwG U vom 12. 6.1970 (IV C 77.68) BVerwGE 35, 256 = BayVBl. 1971, 20 = DVB1. 1970, 827 = DÖV 1970, 748 = NJW 1970, 1939
a) § 34 BBauG läßt für eine Berücksichtigung von FINPlänen keinen Raum. b) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile kann ein Vorhaben, das nach § 34 BBauG zulässig ist, über Vorschriften des Landschaftsschutzes allenfalls in den Einzelheiten seiner Ausführung beeinflußt, nicht hingegen als solches verhindert werden.
16. BVerwG U vom 26. 6. 1970 (IV C 73.68) DÖV 1970, 750 = DVB1. 1970, 829
a) Zum Grundstücksbegriff i. S. des BBauG. b) Für das zulässige Maß der baulichen Nutzung kommt es bei Vorhaben im ungeplanten Innenbereich auf den Verlauf der Grundstücksgrenzen nicht an.
17. BVerwG U vom 14. 7. 1971 (IV C 6.69) DVB1. 1972, 682
Auf Grund von Landesrecht kann eine Bauwichgarage auch weitergehend als nach § 13 Abs. 4 Buchst, a RGaO zugelassen werden (Fortsetzung von BVerwGE 28, 29).
18. BVerwG U vom 3. 3. 1972 (IV C 4.69) DVB1. 1972, 684
a) Zur Bebauung von Grundstücks- und Parzellengrenzen im Zusammenhang mit §34 BBauG (im Anschluß an die Urteile vom 6. 11. 1968 — C 47.68 — [Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20] und 12. 6. 1970 - IV C 77.68 - [BVerwGE 35, 256]). b) Eine nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilende Minigolfanlage kann deshalb öffentliche Belange beeinträchtigen, weil sie an einer Stelle errichtet werden soll, die einem ausschließlich zum Wohnen bestimmten Gebiet benachbart ist (im Anschluß an das Urteil vom 10. 4. 1968 - Iv C 3.67 - [BVerwGE 29, 286]). c) Zur Frage des Nachbarschutzes aus Art. 14 GG (im Anschluß an das Urteil vom 13. 6. 1969 - IV C 234.65 - [BVerwGE 32, 173]). Aus den Gründen: Das Grundstück, auf dem die Minigolfanlage errichtet worden ist, . . . kann . . . nur i. S. v. § 34 BBauG zu einem im Zusammenhang bebauten O r t s t e i l . . . oder i. S. v. § 35 BBauG zum Außenbereich gehören . . . „ . . . Zutreffend hat das Berufungsgericht die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich nach den Grundsätzen des U des Senats vom 6. 12. 1967 — IV C 94.66 — (BVerwGE 28, 268 [272]) vorgenommen. Hiernach läßt sich unter Beachtung allgemeiner Zuordnungsregeln nur auf Grund einer echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts beurteilen, wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft. Bei dieser Wertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Das Berufungsgericht hat bei der Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich den Grundstücks- und Parzellengrenzen keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Diese Rechtsansicht stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein (vgl. Urteil vom 6. 11. 1968 - IV C 47.68 - [Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20]; U vom 12. 6. 1970 - IV C 77.68 - [BVerwGE 35, 256]). Dort ist aufgeführt, daß es für die Ausdehnung des Bebauungszusammenhangs, ,auf die formalen Grundstücks- und Parzellengrenzen nicht ankommt'. Es kann deshalb sein, zumal am Rande eines Bebauungszusammenhangs, daß die auf einem Grundstück vorhandene Bebauung nicht das gesamte Grundstück in den Bebauungszusammenhang gleichsam hineinzieht. Wie ein Bebauungszusammenhang nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper zu enden braucht, verbietet sich umgekehrt die Annahme, daß notwendig das letzte bebaute Grundstück in seinem gesamten Umfang erfaßt wird . . . " 266
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§346
19. BVerwG U vom 22. 3. 1972 (IV C 121.68) BayVBl. 1972, 557 = BauR 1972, 222
a) § 34 BBauG setzt nicht voraus, daß die vorhandene Bebauung einer bestimmten städtebaulichen Ordnung entspricht. b) Eine Bebauung am Rande eines Ortsteils liegt in der Regel nicht innerhalb des Bebauungszusammenhanges; auch besondere Umstände können eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen. c) Aufwendungen sind i. S. von § 35 Abs. 3 BBauG dann unwirtschaftlich, wenn sie im Verhältnis zum erstrebten Zweck unangemessen hoch sind.
20. BVerwG U vom 8. 9. 1972 (IV C 65.69) = Gemeindetag 1973, 304 = BayVBl. 1973, 617
a) Zur Frage, welcher örtliche Bereich der Beurteilung, ob ein Vorhaben nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist, zugrunde gelegt werden muß (im Anschluß an U vom 22. 9. 1967 - IV C 109.65 - BVerwGE 27, 341). b) Die tatsächliche Eigenart der Umgebung ist ohne Bindung an den Gebietscharakter der Baunutzungsverordnung zu ermitteln (im Anschluß an U vom 13. 6.1969 — IV C 234.65 - BVerwGE 32, 173). c) Zur Frage des Nachbarschutzes aus Art. 14 GG (im Anschluß an U vom 13. 6. 1969 - IV C 234.65 - BVerwGE 32, 173).
21. BVerwG U vom 1. 12. 1972 (IV C 6.71) DÖV 1973, 347 = BayVBl. 1973, 358 = BBauBl. 1974, 351
a) Ein während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens zustandekommender Bebauungsplan ist im Revisionsverfahren zu beachten. b) Nach der Begriffsbestimmung des Bundesbaugesetzes gehören zum Außenbereich alle von den §§ 30 und 34 BBauG nicht erfaßten Flächen. c) Ein Grundstück liegt im Rechtssinne nicht schon deshalb innerhalb eines Bebauungszusammenhanges, weil es von Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, daß das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhanges bildet. d) Eine nach § 34 BBauG bebaubare Baulücke ist nicht gegeben, wenn die Fläche so groß ist, daß sie in den Möglichkeiten ihrer Bebauung von der bereits vorhandenen Bebauung nicht mehr geprägt wird (bestätigt mit U vom 14. 12. 1973 — IV C 48.72)
22. BVerwG B vom 12. 6. 1973 (IV B 79.72) BauR 5/73, 294
Ebenso wie die Zahl der Bauten jenseits einer unteren Grenze schon als solche geeignet ist, das Vorliegen eines Ortsteils auszuschließen, kann sich das auch aus einem quantitativen Mißverhältnis zwischen dem jeweiligen Baukomplex und den vorhandenen Ortsteilen ergeben.
23. BVerwG U vom 25. 1.1974 (IV C 72.72) BayVBl. 1974, 289 = BauR 1974, 187 = DÖV 1974, 392
1. Zum Begriff des bodenrechtlich relevanten Widerspruchs (im Anschluß an das U vom 23. 4. 1969 - BVerwG IV C 12.67 - in BVerwGE 32, 31 [32]*). 2. Ein bodenrechtlich relevanter Widerspruch kann auch bei einer nur geringfügigen Verschlechterung der gegenwärtig gegebenen Situation dann vorliegen, wenn nach Lage der Dinge mit dem künftigen Eintritt von (negativen) Folgewirkungen gerechnet werden muß. *) siehe oben Nr. 10
267
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
24. BVerwG U vom 21. 6. 1974 (IV C 14.74) BayVBl. 1975, 24 = DÖV .1974, 812 = BauR 1974, 330
a) Ein „schwerer" Nachteil im Sinne der auf dem U vom 13. 6. 1969 — IV C 234.65 — (BVerwGE 32, 173) beruhenden Rechtsprechung muß nicht „unerträglich" sein. b) Unerträglich ist jedenfalls ein (schwerer) Nachteil, der die Grenze der Zumutbarkeit überschreitet und deshalb nicht mehr durch die Sozialbindung des Eigentums gedeckt ist. (Im Anschluß an das U vom 14. 12. 1973 - IV C 71.71 - [NJW 1974, 811 = DVB1. 1974, 358**)]). c) §§ 20, 50 BImSchG können einen Anspruch auf Beseitigung oder Schließung eines Kinderspielplatzes nicht rechtfertigen.
25. BVerwG U vom 18. 10. 1974 (IV C 77.73) DVB1. 1975, 671 = BauR 1975, 29
a) Bei der Bestimmung der nach § 34 BBauG maßgebenden vorhandenen Bebauung kommt es für das Ausscheiden von Fremdkörpern nicht darauf an, was von der vorhandenen Bebauung planungsrechtlich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, sondern allein darauf, was in dem maßgebenden Baubereich mit prägender Wirkung tatsächlich vorhanden ist. b) Vorhaben, die im beplanten Gebiet im Wege der Befreiung zugelassen werden dürfen, sind im unbeplanten Innenbereich unmittelbar nach § 34 BBauG zulässig, wenn ihr Verhältnis zur vorhandenen Bebauung nicht den Grad eines (bodenrechtlich relevanten) Widerspruchs erreicht. c) Nach § 16 GewO oder § 4 BImSchG genehmigungsbedürftige Anlagen dürfen in Gewerbegebieten nur zugelassen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind. d) In ausgewiesenen Mischgebieten und ebenso in unbeplanten Gebieten, die, soweit die vorhandene Bebauung beachtlich ist, keine Elemente eines Industrie- und Gewerbegebietes, sondern allenfalls solche eines Mischgebietes enthalten, sind genehmigungsbedürftige Anlagen unzulässig, ohne daß es dabei auf den Grad der von ihnen ausgehenden Störung ankommt. e) Der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes deckt bei einem Gewerbebetrieb den Austausch gewichtiger Betriebsteile gegen andersartige Teile auch dann nicht, wenn sich dadurch die bereits bestehenden nachteiligen Auswirkungen des Betriebes nicht erhöhen (hier: Hinzufügung eines Fallhammers unter Stillegung von Pressen).
26. BVerwG U vom 29. 11. 1974 (IV C 10.73) DVB1. 13, 509
a) Soweit die Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach der vorhandenen Bebauung zu beurteilen ist, kommt es auf künftige bauliche Entwicklungen nur an, wenn sich diese bereits in der vorhandenen Bebauung niederschlagen. b) Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, daß eine Hinterlandbebauung städtebaulich unerwünscht ist.
27. BGH U vom 12. 6. 1975 (III ZR 158/72) DVB1. 1976, 166
a) Eine Entschädigung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBauG kann auch dann in Betracht kommen, wenn die bisher zulässige bauliche Nutzung eines bebauten Grundstücks nicht durch einen BebPlan, sondern aufgrund des § 34 BBauG durch andere behördliche Akte aufgehoben oder geändert wird. b) Zum Entschädigungsausschluß nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBauG (mit Anmerkung von Schmidt-Aßmann). **) = BayVBl. 1974, 314.
268
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
28. B V e r w G U v o m 17. 10. 1975 (IV C 6 6 / 7 2 ) N J W 1976, 303 = DVB1. 1976, 220 1. Eine dem Nachbarn von der Baugenehmigungsbehörde gegebene Zusage, dem Bauherrn „nur" eine mit dem objektiven, nicht nachbarschützenden Baurecht übereinstimmende Baugenehmigung zu erteilen, ist bei Beachtung der für die verwaltungsrechtliche Zusage allgemein geltenden Grundsätze rechtsverbindlich. 2. Erteilt die Baugenehmigungsbehörde eine Baugenehmigung unter Verletzung einer solchen Zusage, so kann der Nachbar dagegen nicht mit der Anfechtungsklage, sondern nur mit der auf Rücknahme der Baugenehmigung gerichteten Verpflichtungsklage vorgehen; diese Klage kann auch wegen eines dem Bauherrn zustehenden Vertrauensschutzes erfolglos bleiben (Abweichung von BVerwG, U vom 13. 6. 1969 — IV C 80/67 und IV C 81/68). Siehe oben Nr. 11 2 8 a . B V e r w G U v o m 31. 10. 1975 (IV C 16.73) D Ö V 1976, 381 Zu der in den Fällen des § 34 BBauG den Maßstab bildenden „vorhandenen Bebauung kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören. Soweit dies zutrifft, sind unbebaute Grundstücke des beplanten Gebietes nicht deshalb wie eine bereits vorhandene Bebauung zu behandeln, weil sie nach § 30 BBauG bebaut werden dürfen. 29. B V e r w G U v o m 13. 2. 1976 (IV C 53.74) B a u R 3 / 7 6 , 185 = N J W 1976, 1855 a) Eine Bebauung ist dann nicht in einem die Anwendung der Vorschrift über den nichtbeplanten Innenbereich ausschließenden Sinne regellos, wenn sich ihre optisch regellose Anordnung rechtfertigt; diese Rechtfertigung kann sich insbesondere aus der Funktion der Baulichkeiten ergeben. b) Die Anforderungen an die ausreichende (wegemäßige) Erschließung richten sich nach den jeweiligen Gegebenheiten. Sie hängen u. a. von der zu erwartenden Verkehrsbelastung ab. Daher sind bei Wochenendhaussiedlungen im Außenbereich in der Regel geringere Anforderungen zustellen, als sich sonst rechtfertigen; gewisse Mindestanforderungen müssen aber dennoch erfüllt werden. 30. B V e r w G U v o m 13. 2. 1976 (IV C 72.74) B a u R 1 9 / 7 6 , 185 = BayVBl. 1976, 441 = N J W 1976, 1855 = D Ö V 1976, 561 a) 1. Es gibt keinen allgemein geltenden Grundsatz, daß innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile eine Hinterlandbebauung städtebaulich unerwünscht ist. b) Ein Bauvorhaben, das im Anschluß an die bebaute Ortslage im Außenbereich ausgeführt werden soll, kann öffentliche Belange deshalb beeinträchtigen, weil mit ihm eine ungeordnete Ausuferung der vorhandenen Bebauung eingeleitet wird. Eine solche Beeinträchtigung liegt jedoch nur vor, wenn sich die Gefahr der Ausuferung auch konkret hinreichend belegen läßt. 31. B V e r w G B v o m 16. 3. 1976 (IV B 186.75) B a u R 3 / 7 6 , 181 Die durch einen Uferausbau verursachte Trennung eines Anliegergrundstücks vom Gewässer bedeutet eine Eigentumsverletzung nur dann, wenn die vorgegebene Situation auf dem betroffenen Grundstück nachhaltig verändert und der Grundstückseigentümer dadurch schwer und unerträglich getroffen wird.
269
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
32. BVerwG U vom 24. 9. 1976 (IV C 58.75) DVB1.1977, 194
Die Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben (hier: ein Fallhammer) i. S. von § 34 BBauG „nach der vorhandenen Bebauung" bedenklich ist, hat auf der Grundlage einer wertfrei-feststellenden Würdigung der Situation zu geschehen, nicht danach, was städtebaulich wünschenswert sein mag.
33. BVerwG U vom 26. 11. 1976 (IV C 69.74) BayVBl. 1977, 704 = BauR 1977, 104
a) Bei der Entscheidung, ob im Sinne des § 34 BBauG ein Bebauungszusammenhang gegeben ist, sind unbebaute Grundstücke nicht deshalb wie bebaut zu behandeln, weil ihre Bebauung beabsichtigt und auch schon genehmigt ist (im Anschluß an das Urteil vom 31. 10.1975**) - IV C 16.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 50). b) Die Behauptung des Klägers, eine bei Abschluß des Berufungsverfahrens lediglich beabsichtigt gewesene und denentsprechend damals unberücksichtigt gebliebene Bebauung sei mittlerweile ausgeführt worden, ist im Revisionsverfahren grundsätzlich unbeachtlich. c) Ein sonstiges Vorhaben im Außenbereich kann öffentliche Belange deshalb beeinträchtigen, weil es wegen seines Umfanges einer verbindlichen Bauleitplanung bedarf (im Anschluß an das Urteil vom 1. 12. 1972 - IV C 6.71 - BVerwGE 41, 227). d) Ein sonstiges Vorhaben bedarf wegen seines Umfanges einer verbindlichen Bauleitplanung, wenn die Koordinierung der in seinem „Gebiet" potentiell betroffenen Interessen eine spezifisch planerische und für das Ergebnis auch gleichsam amtlich einstehende Abwägung erfordert.
34. BVerwG U vom 25. 2. 1977 (IV C 22.75) BVerwGE 52, 122 = DVB1. 1977, 722
a) Führt eine Baugenehmigung oder ihre Ausnutzung zu einer Wertminderung des Nachbargrundstücks, die das zumutbare Maß überschreitet, so kann darin ein i. S. des Urteils vom 13. 6. 1969*) — IV C 234.65 —, BVerwGE 32, 173, schwerer und unerträglicher Eingriff in das Eigentum liegen. b) Außenbereichsvorhaben, die an sich privilegiert sind, aber auf die Interessen Dritter nicht genügend Rücksicht nehmen, können deshalb genehmigungsunfähig sein (im Anschluß an die Urteile vom 25. 10. 1967 - IV C 86.66 —, BVerwGE 28, 148; vom 6. 12. 1967 - IV C 94.66 BVerwGE 28, 268; vom 10.4. 1968 - IV C 3.67 - , BVerwGE 29, 286, und vom 3. 3. 1972 - IV C 4.69 - , Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 97 S. 47). c) Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektivrechtlich) begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab; bei der Bemessung dessen, was den durch ein Vorhaben Belästigten zugemutet werden kann, kann auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden. d) Dem (objektivrechtlichen) Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.
35. BVerwG U vom 29. 4. 1977 (IV C 39.75) DÖV 1978, 142 = BauR 1977, 248 = DVB1. 1977, 768 *) Siehe oben Nr. 11 **) Siehe oben Nr. 28a 270
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt.
36. BGH U vom 23. 2. 1978 (III ZR 97/76) DVB1. 1978, 704
a) Eine unrichtige mündliche Auskunft der unteren Bauaufsichtsbehörde über die zulässige Geschoßzahl eines Wohngebäudes kann eine rechtswidrige Maßnahme i. S. des § 42 Abs. 1 Buchst, b OWG (heute § 41 OBG) darstellen. b) Ein Eigentümer, dem amtspflichtwidrig eine mündliche Falschauskunft über die zulässige bauliche Nutzbarkeit seines Grundstücks erteilt wird, versäumt kein Rechtsmittel i. S. des § 839 Abs. 3 BGB, wenn er die Einholung eines Vorbescheids nach § 84 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen unterläßt. c) Zur Frage, ob eine Falschauskunft der unteren Bauaufsichtsbehörde über die zulässige Geschoßzahl von Wohngebäuden auf einem bestimmten Grundstück im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BBauG) für einen Mindererlös bei der Veräußerung dieses Baugeländes ursächlich ist, wenn die zuständige Gemeinde das erforderliche Einvernehmen (§ 36 BBauG) zu einer höhergeschossigen Bebauung als in der Auskunft angegeben verweigert hat.
37. BVerwG U vom 24. 2. 1978 (4 C 12.76) BVerwGE 55, 272 = BauR 1978, 378
a) Eine nach § 34 BBauG 1976 zulässige Bebauung kann nicht durch Vorschriften des Landschaftsschutzes entschädigungslos ausgeschlossen werden (im Anschluß an BVerwGE 35, 256). b) Die §§ 30 ff. BBauG 1960/1976 hindern den Landesgesetzgeber, diesen Vorschriften noch weitere einschränkende bodenrechtliche Regelungen hinzuzufügen. c) Ein landesgesetzliches Uferbauverbot ist als öffentlicher Belang im Sinne des § 34 Abs. 1 BBauG 1976 geeignet, eine Bebauung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich zu verhindern, wenn es in dieser Wirkung als Enteignungsrecht im Sinne des Art. 74 Nr. 14 GG verstanden werden kann.
38. BVerwG U vom 14. 4. 1978 (4 C 96 und 97.76) DVB1. 1978, 614 = BBauBl. 1978, 455
a) Klagt ein Nachbar auf Aufhebung einer Baugenehmigung, so können Rechtsänderungen, die während des Verwaltungsstreitverfahrens eintreten, im allgemeinen nicht zu Lasten des Bauherrn berücksichtigt werden (im Anschluß an das Urteil des Senats vom 19. 9. 1969 - IV C 18.67 - , Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25)*). b) Zum Unterschied zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen in das Eigentum (wie Urteil vom 26. 3. 1976 - IV C 7.74 BVerwGE 50, 282). c) Sind von den Nachbarn mittelbare, d. h. erst durch eine Situationsveränderung vermittelte, Auswirkungen der Bebauung eines anderen Grundstücks hinzunehmen, weil diese nicht den Grad des schweren und unerträglichen Eingriffs erreichen, so sind von ihnen auch die durch diese Auswirkungen verursachten Wertminderungen ihrer Grundstücke hinzunehmen; der Wertminderung kommt keine selbständige Bedeutung, sondern nur Indizbedeutung für die Schwere des Eingriffs zu (Modifizierung der Ausführungen im Urteil vom 25. 2. 1977 — IV C 22.75 - , Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 28 [ = DVB1. 1977, 722])**). *) Siehe oben Nr. 13 **) Siehe oben Nr. 34
271
§34
6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
39. BVerwG U vom 9. 6. 1978 (4 C 54.75) BVerwGE 56, 71 = DÖV 1978, 921 a) Die Zulässigkeit einer Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt voraus, daß es sich in bodenrechtlicher Hinsicht um einen atypischen Sonderfall handelt (im Anschluß an BVerwGE 40, 268). b) Die „Gründe des Wohls der Allgemeinheit" im Sinne des §31 Abs. 2 Satz 1 (2. Alternative) BBauG beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter den öffentlichen Interessen (z. B auch die Förderung sozialer oder kultureller Einrichtungen) zu verstehen ist. c) Gründe des Gemeinwohls „erfordern" eine Befreiung, wenn es zur Erfüllung oder Wahrnehmung öffentlicher Interessen oder Aufgaben vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben am vorgesehenen Standort zu verwirklichen. d) Die Befreiung aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit setzt ebenso wie die Befreiung wegen nicht beabsichtigter Härte voraus, daß sie „unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist".
40. BVerwG U vom 26. 5. 1978 (4 C 9.77) BVerwGE 55,369 = DVB1. 1978, 815
a) Ohne eine den §§ 2 Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 2 BBauG 1960 (§§ 2a Abs. 6 Satz 2, 12 Satz 1 BBauG 1976) entsprechende Bekanntmachung kann ein gültiger BebPlan nicht entstehen. b) Bekanntmachungen im Bebauungsplanverfahren müsssen den BebPlan, auf den sie sich beziehen, so bezeichnen, daß die Bekanntmachung geeignet ist, den an der Planung Interessierten dieses Interesse bewußt zu machen. c) Es reicht weder für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 Abs. 6 Satz 2 und 12 Satz 2 BBauG 1960 noch für eine Bekanntmachung nach den §§ 2 a Abs. 6 Satz 2 und 12 Satz 1 BBaUG 1976 aus, wenn der BebPlan, auf den sie sich beziehen, ausschließlich mit einer Nummer bezeichnet wird. d) BebPläne können nicht durch Gewohnheitsrecht entstehen. e) Berücksichtigt werden muß (ebenso wie bei der des § 34 Abs. 1 BBauG 1960, so auch) bei der Anwendung von § 34 Abs. 1 BBauG 1976 die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflußt (im Anschluß an das Urteil vom 18. 10. 1974*) — IV C 77.73 —, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45). f) Abzustellen ist (auch) bei der Anwendung von § 34 Abs. 1 BBauG 1976 auf das, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich vorhanden ist (im Anschluß an die Urteile vom 18. 10. 1974, aaO., und vom 29. 11. 1974**) - IV C 10.73 - , Buchholz 406.11 § 3 4 BBauG Nr. 46). g) Die Anforderung, daß sich nach § 34 Abs. 1 BBauG 1976 das Vorhaben der Eigenart der näheren Umgebung einfügen muß, geht über das hinaus, was § 34 BBauG 1960 mit der Voraussetzung verlangte, daß das Vorhaben nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich sein müsse. h) Ein Vorhaben, das sich — in jeder Hinsicht — innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich in der Regel seiner Umgebung ein. i) Auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, kann sich der Umgebung einfügen. Das ist der Fall, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht allzuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen. *) Siehe oben Nr. 25 **) Siehe oben Nr. 26 272
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
41. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DVB1. 1979, 151
a) Ein Bebauungsplan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen FINPlans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Münster B vom 5. 2. 1965 (VII B 883.64) GewArch. 1966, S. 72
Obdachlosenheime sind Wohngebäude; sie gehören daher in Wohngebiete im Sinne des BBauG.
2. Bad.-Württ. VGH U vom 13.4.1965 (I 492/64) DÖV 1965, 531 = DVB1. 1965, 852
a) Zur Frage der städtebaulichen Unbedenklichkeit eines Vorhabens im nicht verplanten Innenbereich gemäß § 34 BBauG. b) Nicht jede städtebauliche Bedenklichkeit eines Bauvorhabens und die daraus folgende Rechtswidrigkeit der gleichwohl erteilten Baugenehmigung führt notwendig auch zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn. c) Eine unter Gewährung (oder rechtswidriger Unterlassung) von Befreiungen oder Ausnahmen von planungsrechtlichen Vorschriften erteilte Baugenehmigung kann die Rechte des Nachbarn nur dann verletzen, wenn der Vorschrift, von der abgewichen werden soll, nachbarschützende Eigenschaft zukommt.
3. OVG Münster U vom 20. 11. 1967 (VII A 1084/67) VerwRspr. 19, 588
Bei der Prüfung, ob ein Bauvorhaben im nicht verplanten Innenbereich nach § 34 BBauG unbedenklich ist, können die Vorschriften der BauNVO nicht sinngemäß angewandt werden, wenn die Bestimmung des Baugebietes nicht möglich ist.
4. BayVGH U vom 26. 4. 1968 (Nr. 11 I 68) BayVBl. 1968, 404
Für die Beurteilung von Bauvorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BBG) läßt sich eine ohne Planung entstandene Bebauung nicht ohne weiteres in die schematischen Baugebiete der BauNVo aufteilen.
5. OVG Münster U vom 25. 8. 1971 (IV A 259/70) BauR 1972, 34
a) Mit den auf geordnete städtebauliche Entwicklung gerichteten bauplanungsrechtlichen Zielvorstellungen kann es regelmäßig nicht in Einklang gebracht werden, wenn im unbeplanten Innenbereich in unmittelbarer Nähe zahlreiche Wohnhäuser eine nach § 16 GewO genehmigungsbedürftige Anlage errichtet wird, auch wenn diese Anlage im Einzelfall nicht erheblich stören würde, und wenn entsprechende Anlagen bereits vorhanden sind. 273
§34 6
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) Das Genehmigungsverfahren nach § 16 GewO hat auch den Zweck, in Gebieten, in denen unzuträgliche Immissionsverhältnisse herrschen, allmählich einen der Grundkonzeption des § 16 GewO entsprechenden Zustand herbeizuführen. c) Erwägungen über die wirtschaftliche Vertretbarkeit sind im Rahmen des Erstgenehmigungsverfahren nach § 16 GewO nicht anzustellen.
6. OVG Münster U vom 4. 11. 1971 (X A 107/70) GemTag 1973, 118
Ein Wohnbauvorhaben, das der organischen Siedlungsstruktur einer alten Hofschaft durch deutliche Überschreitung der dort eingehaltenen Bebauungstiefe widerspricht, ist nach der vorhandenen Bebauung i. S. des § 34 BBauG bedenklich.
7. VG Köln U vom 25. 1. 1972 (2 K 1076/70) GemTag 1972, 213
Eine aus einem Kloster und 4 bis 5 Häusern bestehende Siedlung stellt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil i. S. v. § 34 BBauG dar.
8. BayVGH U vom 22. 12. 1972 (Nr. 229 I 72) BayVBl. 1973, 267
a) Die Genehmigung der Errichtung einer Schrottschere in einem Gebiet, das nach seinem Gebietscharakter etwa einem reinen Wohngebiet entspricht, verstößt gegen § 34 BBauG. b) In einem solchen Fall kann die Ausnutzung der erteilten Genehmigung einen Nachbarn schwer und unerträglich treffen und der aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G hergeleitete nachbarliche Abwehranspruch gegen die Erteilung der Baugenehmigung gegeben sein.
9. BayVGH U vom 17. 1. 1973 (59 II 72) BauR 1973, 177
Die Anlage einer Kfz-Lackiererei mit Spritzkabine und Absauganlage ist in einem unbeplanten Bereich bedenklich, wenn sie an Wohngrundstücke grenzt.
10. OVG Lüneburg U vom 12. 11. 1975 (VI OVGA 106/74) BauR 1976, 349
In Reihenhauszeilen mit einheitlich ausgebildeten (rückwärtigen) Baugrenzen begründet ein aus der Bauflucht in den baufreien Raum vorspringender Anbau regelmäßig einen bodenrechtlich relevanten Widerspruch zu der vorgeprägten Situation; hierbei ist es unmaßgeblich, ob der Nachbar zu der Baumaßnahme sein Einverständnis erklärt hat.
11. BayVGH U vom 19. 11. 1976 (Nr. 106 I 73) BayVBl. 1977, 177
a) Die sog. öffentlich-rechtliche Nachbarklage ist jedenfalls dann auch gegen einen Vorbescheid gem. Art. 92 BayBauO gegeben, wenn in diesem über Fragen entschieden worden ist, die auch öffentlich-rechtlich relevante Rechte des Nachbarn betreffen können. b) In den Fällen des § 34 BBauG kann sich aus der vorhandenen Bebauung die sog. halboffene Bauweise als die verbindliche Bauweise mit der Folge ergeben, daß Gebäude unmittelbar an einer (bestimmten) seitlichen Grenze des Baugrundstücks errichtet werden dürfen, zur anderen seitlichen Grenze aber einen angemessenen großen Abstand halten müssen. Ist in einem Gebiet die sog. halboffene Bauweise gegeben und darf deshalb unmittelbar an eine seitliche Grundstücksgrenze die Abstandsfläche gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBauO. 274
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§34 6
c) Eine Grenzwand bzw. nahe an der Grenze befindliche Wand braucht u. a. dann nicht nach Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBauO als Brandwand ausgeführt zu werden, wenn auf dem anderen Grundstück in einem Abstand von weniger als 5 m kein Gebäude innerhalb dieses Abstandes nach § 34 BBauG unzulässig ist, weil ein solches Vorhaben — etwa wegen der sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Bauweise — nach dieser vorhandenen Bebauung nicht unbedenklich wäre; in einem solchen Falle ist ein Abstand von mindestens 5 m zu „nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden" aufgrund der vorhandenen Bebauung bauplanungsrechtlich ausreichend gesichert.
12. OVG Münster U vom 28. 1. 1977 (XI A 646/75), DÖV 1978, 148
a) Die von einem Firmenparkplatz mit 32 Stellplätzen ausgehenden Störungen und Belästigungen müssen in einem durch das enge Nebeneinander von Gewerbe- und Wohnbebauung gekennzeichneten Gebiet vom Eigentümer eines benachbarten Wohnhauses als unvermeidbare, „normale" und daher nicht erhebliche Nachteile und Belästigungen hingenommen werden. b) Die — objektiv wünschenswerte — Entflechtung eines Gebiets, das durch ein mehr oder weniger ungeregeltes Nebeneinander intensiver industrieller und sonstiger gewerblicher sowie von Wohnnutzungen und von einer stark befahrenen Bundesstraße ausgehenden Lärmimmission geprägt ist, kann nicht im Wege einer öffentlich-rechtlichen Nachbarklage verfolgt werden. c) Die Erheblichkeit von Nachteilen und Belästigungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG kann ungeachtet dessen, daß nach objektiven Maßstäben nicht unbeträchtliche Immissionen vorliegen, dann verneint werden, wenn diese auf einer dem Gebietscharakter adäquaten Nutzung der Anlage beruhen.
13. HessVGH B vom 29. 4. 1977 (IV TG 26/77) DVB1. 1977, 728
a) § 34 BBauG ist in der neuen Fassung ebensowenig nachbarschützend wie in der alten. b) Zum vorläufigen Rechtsschutz eines Nachbarn durch einstweilige Anordnung eines Baustopps, weil eine schöne Aussicht, die das Grundeigentum unabhängig von der Geltung eines Bebauungsplans prägt und anreichert, durch ein Bauvorhaben weitgehend genommen werden soll.
14. OVG Münster U vom 22. 8.1977 (X A 1316/76) DÖV 1978, 147
Der Grundsatz, wonach eine Baugenehmigung nur dann mit der Möglichkeit ihrer Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren belastet ist, wenn dem Nachbarn ein bereits bei Erteilung der Genehmigung bestehendes subjektives Abwehrrecht eingeräumt ist, gilt ungeachtet der Vorschrift des Art. 3 § 5 des Ges. zur Änd. d. BBauG vom 18. 8. 1976 (BGbBl. I S. 2221) auch insoweit, als dieses Gesetz möglichwerweise die materielle Rechtsstellung des Nachbarn verbessert hat.
15. OVG Rheinl.-Pfalz B vom 2. 5. 1978 (2 B 164/78) DÖV 1978, 926
Darstellungen eines FINPlans sind keine öffentlichen Belange im Sinne von § 34 BBauG n. F.
16. HessVGH B vom 18. 10. 1978 (IV TG 57/78) BauR 1979, 120
Das Gebot der Rücksichtnahme auf schutzwürdige Individualinteressen als öffentlicher Belang begründet im nichtbeplanten Innenbereich unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalles kein subjektives öffentliches Nachbarrecht. 275
$35
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
17. OVG Münster, B vom 20.10. 1978 (VII B 1155/78) BauR 1979, 217
Soll in einem Gebiet mit teils geschlossener, teils halboffener Bauweise und uneinheitlicher Bautiefe ein Bauvorhaben ohne Einhaltung des seitlichen Grenzabstands verwirklicht werden und dabei in seiner Höhe die der benachbarten Wohnhäuser wesentlich übersteigen, kann dem Eigentümer des benachbarten Grundstücks aus dem (objektivrechtlichen) Gebot der Rücksichtnahme ein nachbarliches Abwehrrecht zustehen (hier: Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Stillegung von Bauarbeiten).
§35 Bauen im Außenbereich (1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es 1. einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, 2. einem Landwirt zu Wohnzwecken dient, dessen Betrieb nach Übergabe zum Zweck der Vorwegnahme der Erbfolge später aufgegeben worden ist, und a) vor der Übergabe des Betriebs die Errichtung eines Altenteilerhauses nach Nummer 1 zulässig gewesen wäre, b) im Übergabevertrag die Errichtung eines Altenteilerhauses vereinbart worden ist, c) das Vorhaben in unmittelbarer Nähe der Hofstelle errichtet wird und d) rechtlich gesichert ist, daß die Fläche, auf der das Altenteilerhaus errichtet werden soll, nicht ohne das Hofgrundstück veräußert wird, 3. einer Landarbeiterstelle dient, 4. dem Fernmeldewesen, der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient oder 5. wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. (2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. (3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben — den Zielen der Raumordnung und Landesplanung oder den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, — schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, — unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen und andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung, der Abwasser- und Abfallbeseitigung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, 276
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§35
— — — —
die Wasserwirtschaft gefährdet, Belange des Natur- und Landschaftsschutzes beeinträchtigt, das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, die natürliche Eigenart der Landschaft oder ihre Aufgabe als Erholungsgebiet beeinträchtigt oder — die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten läßt. Auf Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur ist besonders Rücksicht zu nehmen. (4) Der beabsichtigten Änderung der bisherigen Nutzung ohne wesentliche Änderung einer baulichen Anlage im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 kann nicht entgegengehalten werden, daß die Änderung den Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten läßt. (5) Absatz 4 gilt entsprechend, 1. wenn beabsichtigt ist, ein seit längerer Zeit von dem Eigentümer eigengenutztes Wohngebäude, das nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 zulässig war und den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse entspricht und durch wirtschaftlich vertretbare Modernisierungsmaßnahmen nicht diesen Anforderungen angepaßt werden kann, zu beseitigen und an der gleichen Stelle ein neues vergleichbares Wohngebäude zu errichten, und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß es für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt werden wird, 2. wenn ein zulässigerweise errichtetes Gebäude durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstört wurde und beabsichtigt ist, alsbald an der gleichen Stelle ein vergleichbares neues Gebäude zu errichten, 3. für die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltswerts dient, 4. für die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes, wenn a) der Eigentümer es längere Zeit selbst genutzt hat und die Erweiterung der angemessenen Versorgung des Eigentümers und seiner zum Haushalt gehörenden Familienangehörigen mit Wohnraum dient oder b) durch Modernisierung der Gebrauchswert der Wohnungen verbessert werden soll und die im Zusammenhang mit der Modernisierung beabsichtigte Erweiterung geringfügig ist oder durch die Modernisierung erfordert wird; dies gilt entsprechend auch für ein Gebäude, das der Fremdenbeherbergung, insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung dient, oder 277
§35 l
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
5. für die angemessene bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung notwendig ist, um die Fortführung des Betriebs zu sichern. In den Fällen der Nummern 1 und 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Wohngebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig. (6) Unbeschadet des Landesrechts soll die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und der Absätze 4 und 5 bei der Erteilung der Genehmigung in geeigneter Weise sicherstellen, daß die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird. Zur rechtlichen Sicherung nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe d kann sie auch anordnen, daß die Veräußerung des Grundstücks nur mit ihrer Genehmigung zulässig ist. Diese Anordnung wird mit der Eintragung im Grundbuch wirksam; die Eintragung erfolgt auf Ersuchen der für die Erteilung der Genehmigung zuständigen Behörde.
Übersicht a) Beispielhafte Aufzählung in 1. Allgemeines Abs. 3 Satz 1 a) Außenbereichsvorhaben unter Wahrung der öffentlichen b) Weitere öffentliche Belange Belange c) Maßnahmen zur Verbesserung b) Novelle 1976 der Agrarstruktur c) Novelle 1979 d) Zustimmung der höheren Ver2. Privilegierte Zulassung von Vorhawaltungsbehörde ben im Außenbereich (Abs. 1) 5. Erleichterung der Nutzungsänderung (Abs. 4) a) Öffentliche Belange 6. Erweiterter Bestandsschutz (Abs. 5) b) Ausreichende Erschließung 7. Erweiterungen im Rahmen von Moc) Privilegierte Vorhaben dernisierungen (Abs. 5 Nr. 4 Zu a) Buchst, b) Zub) 8. Sicherungsmöglichkeiten (Abs. 6) Zu c) 9. Überleitungsvorschriften zur Noaa) Allgemeines velle vom 6. Juli 1979 (§ 183 b) bb) Landwirtschaft (§ 146) cc) Land- oder forstwirtschaftli10. Rechtsprechung cher Betrieb Übersicht nach Rechts- und Sachbedd) Sonderbestimmung für griffen Altenteilerhäuser A. Höchstrichterliche Rechtspreee) Landarbeiterstellen chung ff) Wochenendhäuser u. a. B. OVG, VGH und andere Gerichte 3. Ausnahmen (Abs. 2) 4. Beeinträchtigung öffentlicher Belange (Abs. 3) 1. Allgemeines a) Als letzte u n d e n t s p r e c h e n d d e n Zielsetzungen des B B a u G weitaus wichtigste G r u p p e w e r d e n in § 35 die V o r h a b e n im A u ß e n b e r e i c h (vgl. § 19 278
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§35 1
Abs. 2) behandelt. Hier hat der Gesetzgeber einen Katalog von Einschränkungen aufgestellt (Abs. 1), allerdings in Abs. 2 und 3 mit einer gewissen Erweiterung insofern, als im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen auch Vorhaben zugelassen werden können, die nicht unter den Katalog des Abs. 1 fallen; doch ist für die Zulassung der in Abs. 2 genannten Vorhaben auch die Zustimmung der höheren (siehe aber § 147 Abs. 3 und die Möglichkeit des Verzichts — § 36 Abs. 2 Satz 2 —) Verwaltungsbehörde notwendig (§ 36 Abs. 1 Satz 2). Auch das B B a u G geht — jedenfalls bis zur Novelle 1979 — gleich der B a u R e g V — von dem Grundsatz der Verhinderung von Streusiedlungen aus. Die Einschränkungen für die Zulassung von Vorhaben im Außenbereich haben ihre Ursache in dem seit langem praktizierten städtebaulichen Grundsatz, daß die bauliche Nutzung eines Grundstücks im Baugebiet die Regel ist, im Außenbereich die Ausnahme bleiben muß. Die Wahrung der öffentlichen Belange ist unabdingbar. Ihre Beeinträchtigung bzw. ihr Entgegenstehen allein begründet eine Ablehnung des Vorhabens. In Zusammenhang mit Abs. 3 gesehen bringt also § 35 strengere Vorschriften als § 3 der 1961 außer Kraft getretenen BauRegV. Die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen ist eine der verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterliegende Tat- und Rechtsfrage (BVerwG B vom 6. 1. 1964 - I B 185.63). Bezüglich des Begriffes Außenbereich siehe die im Rechtssprechungsteil bei § 19 aufgeführten zahlreichen Entscheidungen. § 35 dient grundsätzlich nicht dem Nachbarschutz. Abweichend davon wurden jedoch durch die Rspr. den Eigentümern privilegiert genutzter Grundstücke Abwehrrechte eingeräumt (vgl. Rspr. „Nachbarschutz"). Im U vom 25. 10. 1967 (Rspr. 10 A 12) hat das BVerwG zutreffend ausgeführt, daß der Gesetzgeber für die privilegierten Bauvorhaben des § 35 Abs. 1 den Gemeinden, die häufig wegen der personellen und finanziellen Aufwendungen durch die Bauleitplanung überfordert sind, die Planung abgenommen und „sozusagen selbst generell geplant hat". Seit Jahren waren Bestrebungen im Gange, die Außenbereichsregelung insbesondere im Hinblick auf den strukturellen Anpassungsprozeß der Landwirtschaft zu lockern. Im Gesetzgebungsverfahren — auch jeweils bei den Novellen — wurde der E der BReg. mehrfach geändert und ergänzt. b) Die Novelle 1976 hat schließlich die Regelung über privilegierte Vorhaben (Abs. 1) durch die Einfügung von Nr. 2 erweitert. Unter bestimmten Voraussetzungen wurde hier die Möglichkeit geschaffen, nach der Übergabe und später aufgegebener Landwirtschaft noch ein Altenteilerhaus zu errichten. Abs. 2 blieb unverändert, während Änderungen des Abs. 3 insbesondere die Ergebnisse der gefestigten Rechtsprechung zu den in Betracht kommenden öffentlichen Belangen berücksichtigen. Neu angefügt wurden die Abs. 4 bis 7. Nutzungsänderung werden durch Abs. 4 wesentlich erleichtert, der Bestandsschutz wird in den Abs. 5 und 6 ausgedehnt und schließlich enthält Abs. 7 Si-
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§35 1
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
cherungsmöglichkeiten, mit denen ein Mißbrauch vermieden werden soll. N a c h der Überleitungsvorschrift in Art. 3 § 5 des Änderungsgesetzes sind die neuen Bestimmungen auch dann anwendbar, wenn über die Zulässigkeit von Vorhaben zwar bereits entschieden wurde, diese Entscheidung aber noch nicht unanfechtbar geworden ist. c) Im Rahmen der Gesetzesverhandlungen zum ÄndG vom 6. 7 . 1 9 7 9 , der sog. 1. Beschleunigungsnovelle, schlug der BR auch eine Änderung des § 34 vor u. zw. der Absätze 1, 2, 3 Satz 1, 4 und 5 (vgl. B R - D S 4 4 6 / 7 8 und B T D S 8 / 2 4 5 1 , Nr. 9 S. 43). Es handelte sich im einzelnen um folgende Vorschläge: 1) In Absatz 1 sollten nach den Worten ,1m Außenbereich ist ein Vorhaben' das Wort ,nur' gestrichen und nach den Worten ,wenn öffentliche Belange' die Worte ,im Sinne des Absatzes 3' eingefügt werden. Der BR begründete den Vorschlag: „In Anbetracht der erweiterten Tatbestände für die Zulässigkeit nicht privilegierter Bauvorhaben könnte in Absatz 1 das Wort ,nur' für die privilegierten Vorhaben den Anschein erwecken, als ob diese Vorschrift enger ist als die für die nicht privilegierten Vorhaben, was den Sinn der Vorschrift in das Gegenteil verkehren würde. Es erscheint deshalb angebracht, dieses Wort zu streichen. Der Bezug auf die öffentlichen Belange des Absatzes 3 soll zum Ausdruck bringen, daß andere als die in Absatz 3 n. F. abschließend aufgezählten öffentlichen Belange einem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können." 2) Absatz 2 sollte folgende Fassung erhalten: ,(2) Sonstige Vorhaben sind nur im Einzelfall zulässig, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange im Sinne des Absatzes 3 nicht beeinträchtigt.' Der BR begründete den Vorschlag: „Der Bezug auf die öffentlichen Belange im Sinne des Absatzes 3 soll zum Ausdruck bringen, daß andere als die in Absatz 3 n. F. abschließend aufgezählten öffentlichen Belange einem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können." 3) Absatz 3 Satz 1 sollte wie folgt geändert werden: aa) In den Eingangsworten wird das Wort insbesondere' gestrichen. bb)Der Text nach dem 1. Teilstrich sollte wie folgt gefaßt werden ,— den Zielen der Raumordnung und Landesplanung, Ergebnissen von Raumordnungsverfahren, hinreichend verfestigten Fachplanungen oder den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspricht,', cc) In dem Text nach dem letzten Teilstrich sollte das Wort ,Verfestigung' gestrichen werden Die Begründung, die der BR gab, lautete: „zu aa (Eingangsworte): Durch die Streichung des Wortes „insbesondere" wird sichergestellt, daß andere als die in Absatz 3 n. F. aufgezählten öffentlichen Belange einem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können, zu bb (Satz 1 1. Teilstrich): Durch die Ergänzung im ersten Teilstrich soll sichergestellt werden, daß hinreichend konkretisierte Planungsergebnisse künftig ebenfalls als öffentlicher Belang Berücksichtigung finden.
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1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§35 l
zu cc: Die Praxis hat gezeigt, daß ein großer Teil nicht privilegierter Vorhaben im Außenbereich mit der Begründung für unzulässig erklärt wird, sie ließen die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Es handelt sich bei diesen Vorhaben um die Schließung von Baulücken und die Errichtung von Anbauten in Splittersiedlungen, die, wenn nicht andere öffentliche Belange entgegenstehen, zugelassen werden sollten. Die Eliminierung des Tatbestandes der Verfestigung einer Splittersiedlung aus dem Katalog der zu beachtenden öffentlichen Belange trägt dem Rechnung. Die Befürchtung der Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung kann einem Vorhaben im Außenbereich weiterhin entgegengehalten werden." 4) In Absatz 4 sollte nach dem Wort .Entstehung' das Wort .Verfestigung' gestrichen werden. Begründet wurde dieser Vorschlag vom BR wie folgt: „Die Streichung des Wortes .Verfestigung' trägt der Eliminierung des Tatbestandes der Verfestigung einer Splittersiedlung aus dem Katalog der zu beachtenden öffentlichen Belange in Absatz 3 Rechnung." 5) Absatz 5 sollte wie folgt geändert werden: In Satz 1 sollte in Nr. 2 am Ende das Wort „oder" gestrichen, und folgende Nummern 4 und 5, erstere als Erweiterung der zulässigen nicht privilegierten Vorhaben, letztere zur „Bereinigung einer Unstimmigkeit des Gesetzestextes", eingefügt werden: 4. für die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten und seit längerer Zeit von dem Eigentümer eigengenutzten Wohngebäudes, wenn die Erweiterung der angemessenen Wohnraumversorgung des Eigentümers und seiner zum Haushalt gehörenden Familienangehörigen dient oder 5. für die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten handwerklichen oder der Landwirtschaft dienenden Betriebes, wenn die Erweiterung notwendig ist, um die Fortführung des Betriebes zu sichern.' D i e Gegenäußerung der BReg (siehe B T - D S 8 / 2 4 5 1 , zu 9, S. 51) gipfelte in der Feststellung, daß zu diesen Vorschlägen noch nicht Stellung genommen werden könne, solange nicht die eingesetzten beiden Sachverständigengremien im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ihre Beratungen abgeschlossen hatten ( B T — D S 8 / 2 4 5 1 A. Allgemeines Nr. 3, S. 15). Ergänzend zu den in der Begründung erwähnten Maßnahmen hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Fragenkatalog erarbeitet, der Gemeinden unterschiedlicher Größe und in Gebieten mit unterschiedlicher Siedlungsstruktur in den einzelnen Bundesländern von den kommunalen Spitzenverbänden zur Beantwortung vorgelegt werden soll. In diesem Fragenkatalog werden auch die Probleme angesprochen, die den Vorschlägen des Bundesrates zugrunde liegen. „Sollte sich aufgrund der Untersuchung ergeben, daß die Probleme nur durch eine Änderung der §§ 34 und 35 zu lösen sind", wollte ursprünglich die BReg eine Änderung dieser Vorschriften im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in geänderter Fassung selbst betreiben. Dazu kam es nicht mehr: 281
§35 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Bei den Schlußberatungen gelang es der Opposition entsprechend dem Vorschlag des B R , dem Gesetzgeber wenigstens die Zustimmung zur Einfügung der Nrn. 4 und 5 in teilweise erweiterter Fassung abzuringen (siehe Erläuterungen Nr. 7 u. 8). 2. Privilegierte Zulassung von Vorhaben im Außenbereich (Abs. 1) Vorhaben im Außenbereich, d. i. außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines BebPl. (mit den Mindestanforderungen des § 30) und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, sind grundsätzlich unter den nachgenannten Voraussetzungen zulässig; die Fassung des Abs. 1 ergibt einen Rechtsanspruch auf die Zulassung solcher Vorhaben, a) wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, b) wenn eine ausreichende Erschließung gesichert ist, c) wenn — Nr. 1 bis 5 — das Vorhaben entweder einem landwirtschaftlichen (Begriff siehe § 146) oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und dabei nur einen untergeordneten (also jedenfalls keinen wesentlichen) Teil der Betriebsfläche einnimmt, oder einem Landwirt zu Wohnzwecken dient und die Voraussetzungen der Nr. 2 einschließlich der besonderen Anforderungen unter a) bis d) gegeben sind oder einer Landarbeiterstelle dient, oder dem Fernmeldewesen, der öffentlichen Versorgung mit Strom, Gas, Wärme, Wasser bzw. der Abwasserbeseitigung dient, oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, oder wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung (z. B. Abdeckereien, Müllverwertungsbetriebe, Munitionsanstalten, Atomreaktoren) oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung (z. B. Sanatorien, Sternwarten, u. U. Jagdhütten) nur im Außenbereich aufgeführt werden soll. Die in Nr. 1 bis 5 genannten Vorhaben sind in Schrifttum und Rechtsprechung als sogenannte „privilegierte Vorhaben" eingegangen. Zu a ) : Die Ausdrücke „Entgegenstehen von öffentlichen Belangen" (vgl. Abs. 1) und „Beeinträchtigung öffentlicher Belange" (vgl. Abs. 2 und 3) beziehen sich inhaltlich auf das gleiche, so daß die in Abs. 3 beispielhaft aufgeführten Tatbestände auch die Vorhaben von der Genehmigungsfähigkeit ausschließen können, die einem der in Abs. 1 genannten Zwecke dienen. Der Unterschied in der Beurteilung der Zulässigkeit von privilegierten (Abs. 1) und sonstigen (Abs. 2) Vorhaben liegt in der Verschiedenheit ihres Verhältnisses zu den öffentlichen Belangen, nicht in der generellen Andersartigkeit der jeweils zu berücksichtigenden öffentlichen Belange. Bei Vorhaben nach Abs. 1 ist eine Ab282
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
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wägung zwischen dem Zweck der Privilegierung und dem in Betracht kommenden öffentlichen Belang erforderlich (BVerwG vom 9. 5. 1972 Rspr. 10 A 37). Das Gesetz definiert selbst nicht den Begriff „öffentliche Belange", sondern bringt in Abs. 3 nur Beispiele. Es handelt sich somit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der aber teilweise durch Abs. 3 bestimmt ist. Jedenfalls gehören zu den zu beachtenden öffentlichen Belangen auch andere gesetzliche Vorschriften (z. B. des FStrG, der landesrechtlichen Straßen- und Wegegesetze sowie die Naturschutznormen), die auch ohne § 35 beachtet werden müßten. Zu b): Die Frage der ausreichenden Erschließung siehe Erläut. bei § 30. Im Einzelfall ist es eine Tat- und Rechtsfrage, ob die Erschließung als ausreichend angesehen werden kann. Die im Rahmen des § 35 erforderliche Sicherung einer ausreichenden Erschließung unterscheidet sich von dem Prüfungsmaßstab im Teilungsgenehmigungsverfahren (§ 20). Während dort nur die Frage der (grundsätzlichen) Erschließbarkeit zu prüfen ist, die an der Bindungswirkung des § 21 Abs. 1 teilhaben kann, ist für die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 weiter erforderlich, daß die Erschließung nicht nur möglich, sondern gesichert ist. Im Gegensatz zu den übrigen Vorschriften über die zulässige Nutzung spricht Abs. 1 von der Sicherung der „ausreichenden" Erschließung und bringt damit zum Ausdruck, daß im Außenbereich nicht dieselben Anforderungen an die Erschließung gestellt werden können wie im Innenbereich. Welche Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen, läßt sich wegen der Abhängigkeit von den unterschiedlichen Vorhaben und deren Funktion nicht generell bestimmen. Zu c): aa) Die privilegierten Vorhaben können in drei Gruppen eingeteilt werden, nämlich in die landwirtschaftlichen Zwecken dienenden, die dem öffentlichen Nachrichten-, Verkehrs- und Versorgungswesen dienenden und die an den Außenbereich gebundenen Vorhaben. Beachtenswert ist, daß Vorhaben, die einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dienen, auch in dem Ausnahmekatalog aufgeführt sind; es wird hier auch an Erweiterungsbauten einer im Außenbereich bereits vorhandenen gewerblichen Anlage zu denken sein. Nr. 1 ist die gesetzliche Auswirkung der vom BVerwG bei der Auslegung von § 3 BauRegV vertretenen Rechtsauffassung (BVerwGE 4, 124/126). Einen Sonderfall stellt die Nr. 2 dar, weil hier der privilegierende Grund bereits weggefallen ist und lediglich die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten beseitigt werden sollen. 283
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3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
bb) Landwirtschaft (§ 146) Die Gegenüberstellung von Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft einerseits zum Erwerbsobstbau und Erwerbsgartenbau andererseits in § 146 BBauG gibt einen Hinweis, daß eine auf Gewinn gerichtete Tätigkeit nicht wesentliches Merkmal des Begriffs Landwirtschaft sein kann; auch Selbstversorgungsbetriebe gehören zur Landwirtschaft. Da das Motiv für den Begriff nicht ausschlaggebend ist, kann nach Lage des Falles auch die aus Liebhaberei betriebene Urproduktion zur Landwirtschaft rechnen. Der Begriff Landwirtschaft ist nur im Sinn der Urproduktion zu verstehen (vgl. § 146), wobei im Hinblick auf die Entsch. des BVerwG vom 26. 11.1969 (Rspr. 10 A 28) die Tierhaltung regelmäßig nur dann zur Landwirtschaft gerechnet werden kann, wenn die Tiere durch das in der eigenen Landwirtschaft erzeugte Futter ernährt werden. Bienenhäuser und Fischereibetriebe wurden früher von der Rechtsprechung nicht als „Landwirtschaft" anerkannt. Die Novelle 1976 hat aber die Definition in § 146 durch die ausdrückliche Nennung der berufsmäßigen Imkerei und Binnenfischerei erweitert. Ein Rückgriff auf Abs. 1 Nr. 5 kann also nur noch dann in Betracht kommen, wenn diese Tätigkeiten nicht berufsmäßig betrieben werden. cc) Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb Eine der schwierigsten Definitionen des BBauG stellt die des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 35 dar. Das vom Gesetzgeber gebrauchte Wort „dienen" besagt, daß er auf objektive, nicht subjektive Kriterien abstellen will. Der Rechtsprechung des BVerwG hierzu liegt der Gedanke zugrunde, daß die Bodennutzung nach Art und Umfang objektiv geeignet sein muß, dem Betriebsinhaber mit seiner Familie den Lebensunterhalt zu gewähren oder zumindest einen notwendigen Bestandteil davon zu sichern (BVerwG U vom 27.1. 1967, BVerwGE 26, 121, Rspr. 10 A 8). Die Meinung des BVerwG, daß dabei die Landwirtschaft im Einzelfalle nicht die Haupterwerbsquelle für den Betriebsinhaber darstellen muß, wird in der Literatur zum Teil bestritten (vgl. Körner in NJW 1965, 518). Die Eignung, eine Familie ganz oder teilweise ernähren zu können, ist lediglich als Indiz, als Abgrenzungsmerkmal gegenüber kleineren Unternehmen zu werten, welche dazu nicht in der Lage sind und demzufolge nicht als landwirtschaftliche Betriebe angesehen werden können. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG verlangt jedenfalls eine landwirtschaftliche Tätigkeit in Form eines Betriebs. Nach dem U des BVerwG vom 13.1. 1967 (DVB1. 1967, 287, siehe Rspr. 10 A 7) erfordert ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinn des § 35, daß die Landwirtschaft aufgrund einer ernsthaften, planmäßigen, zweckgerichteten Tätigkeit betrieben wird, eine gewisse Organisation und personelle Mittel gegeben sind, die Nutzung auf Dauer gerichtet und von gewisser Intensität sowie wirtschaftlicher Bedeutung ist, also nicht nur einen unerheblichen Umfang hat. Die Begriffsbestimmung durch das BVerwG ist bis jetzt nicht so erschöpfend, daß auf die Rechtsprechung der übrigen Verwaltungsgerichte, insbesondere derjenigen 284
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
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der zweiten Instanz verzichtet werden kann: Diese haben jedoch teilweise unterschiedliche Formulierungen gebraucht und sind deshalb auch zu teilweise voneinander abweichenden Ergebnissen gelangt (vgl. Rspr. „landwirtschaftlicher Betrieb und Nebenerwerbsstelle"). Dies hängt auch damit zusammen, daß in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Arten landwirtschaftlicher Betriebe üblich sind. Als Ergebnis aus Rechtsprechung und Praxis kann von einem Betriebsbegriff ausgegangen werden, der sowohl eine gewisse Größenordnung, eine zentralisierte Innenstruktur eines wirtschaftlichen Betriebs aufweist, ferner planmäßige rationelle Bodennutzung zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte nicht unerheblichen Ausmaßes auf längere Zeit hat; schließlich muß ein nicht ganz unwesentlicher Beitrag zum Sozialprodukt auf dem Agrarsektor gewährleistet sein. Landwirtschaftliche Versuchsanstalten sind landwirtschaftlichen Betrieben gleichzustellen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „einem Betrieb dienen" in der Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Zunächst hatte das OVG Münster in einem Urteil vom 9. 1. 1962 sich mit dieser Frage befaßt und erklärt: Nicht jedes Vorhaben, das dem Betriebe nützt, dient ihm auch; dann hat das BVerwG in zwei Entscheidungen zu dem Problem Stellung genommen, Im Urteil vom 30. 6. 1964 (BVerwGE 19, 75) sagt es, daß ein Vorhaben nicht dem Betrieb dient, wenn es zwar objektiv geeignet wäre, diesen Zweck zu erfüllen, aber in Wirklichkeit hierzu nicht benutzt wird; im Urteil vom 4.11. 1966 (DVB1. 67, 286) erklärt das BVerwG, daß die „dienende" Funktion jedenfalls dann fehlt, wenn mit dem Gebäude hauptsächlich nur der Zweck verfolgt wird, im Außenbereich einen Bau zu Wohnzwecken zu errichten (vgl. im übrigen die weiteren Entscheidungen unter Rspr. 10). Jedenfalls kann man wohl sagen, daß für den Begriff des „Dienens" im Sinne dieser Vorschrift eine nach allgemeiner Verkehrsauffassung vorliegende Zugehörigkeit des geplanten Objekts zu einem landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betrieb wesentlich ist (z. B. ein Schweinestall gehört zum landwirtschaftlichen Betrieb, eine Holzarbeiter-Unterstellhütte zu einem forstwirtschaftlichen Betrieb). In erster Linie muß aber geprüft werden, ob überhaupt ein „Betrieb" (sei er landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Art) vorliegt. Die Bauanlage muß dem eigenen Betrieb dienen; eine Hütte z. B., die auf längere Zeit an einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb zwecks Lagerung von Heu verpachtet wird, dient nicht dem eigenen Betrieb (vgl. BayVGH U vom 22. 7. 1968, Nr. 159 II 66, nicht veröff.; der BayVGH legt in dieser Entscheidung übrigens den Begriff „dienen" dahin aus, daß die Anlage sich für den Betrieb „als notwendig, zumindest also dringend wünschenswert erweist"). Zur Frage der Privilegierung eines Altenteilhauses vgl. BVerwG U vom 5.2. 1971, Rspr. 10 A 3 1 und die übrige unter diesem Begriff aufgeführte Rspr. 6 B 5, 15,30). 285
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3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Unter einem forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinn des § 35 ist nicht jede forstwirtschaftliche Bodennutzung zu verstehen; sie setzt jedenfalls eine Nutzung größerer Flächen voraus (vgl. hierzu U des OVG Münster vom 8. 10. 1962, Rspr. 10 B 1). Hierzu sagt das BVerwG (U vom 13. 1. 1967, Rspr. 10 A 7), daß von der Größe her die Anerkennung eines forstwirtschaftlichen Betriebs sehr von den Verhältnissen des Einzelfalls abhängig ist und wesentlich die Verkehrsauffassung Anhaltspunkt ist, jedenfalls nicht allein objektive Gesichtspunkte ausschlaggebend sind, wenn in Wirklichkeit der Zweck des Wohnens im Außenbereich verfolgt wird; auch kommt es auf die Frage der Dauerabsicht und der Gewährleistung des Betriebs an. Im übrigen sind die Kriterien des landwirtschaftlichen Betrieb entsprechend heranzuziehen. dd) Trotz der Anerkennung der Altenteilerhäuser in der Rspr. war dieser Privilegierungstatbestand mit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs entfallen. Hatte der Nachfolger den Hof aufgegeben, dann konnte der übergebende Landwirt das Austragshaus selbst dann nicht mehr errichten, wenn es im Übergabevertrag vorgesehen war. Diese Schwierigkeiten werden durch die 1976 eingefügte Nr. 2 beseitigt. Dieser Privilegierungstatbestand greift jedoch nur ein, wenn vor der Übergabe ein Altenteilerhaus tatsächlich nach Nr. 1 zulässig gewesen wäre (a). Weiter ist Voraussetzung eine entsprechende Vereinbarung im Übergabevertrag und die Errichtung in unmittelbarer Nähe der Hofstelle (b und c). Darüber hinaus muß rechtlich gesichert sein, daß die Veräußerung nicht ohne das Hofgrundstück erfolgt (d). Diese Regelung ist in Ländern, die das Institut der öffentlich-rechtlichen Baulast nicht kennen, wegen § 137 Satz 1 BGB nicht geeignet, eine ungeachtet der Sicherung vorgenommene Veräußerung zu verhindern. Auf Anregung des BR wurde deshalb in Abs. 6 Satz 2 die Möglichkeit eines gesetzlichen Veräußerungsverbots (§ 134 BGB) geschaffen, von der die Behörden tunlichst Gebrauch machen sollten. ee) Nicht jeder Bau, in dem ein in der Landwirtschaft Tätiger wohnt, ist eine Landarbeiterstelle, vielmehr muß die ausdrückliche Zweckbestimmung hinzukommen. ff) Nicht zu den privilegierten Vorhaben gehören Wochenendhäuser (BVerwG U vom 12. 2. 1962, Rspr. 10 A 2 c) oder ein Landhaus (Bad.Württb. VGH U vom 2. 11. 1966, ESVGH 17, 124), eine Jagdhütte nur dann, wenn sie ausschließlich der Jagd dient (BVerwG U vom 8. 2. 1963, Rspr. 10 A 1). Dagegen zählt nach Meinung des OVG Münster die Sport- und Spielanlage eines FKK-Verbands dazu (U vom 6.11.1962, Rspr. 10 B 2, bestritten!). Privilegiert werden auch ein Freibad, eine Lungenheilstätte, ein Friedhof sein. Wegen weiterer Einzelfälle siehe Rspr. 3. Ausnahmen (Abs. 2) Die durch Abs. 2 zugelassenen Ausnahmen für den Einzelfall können nur in Frage kommen, wenn die Ausführung oder die Benutzung des Vorhabens 286
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
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öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Wenn auch der Hinweis auf den Außenbereich in Abs. 2 fehlt, so ist doch der Überschrift des § 35 eindeutig zu entnehmen, daß auch hier nur der Außenbereich gemeint sein kann. Die Fassung „können" ist recht unglücklich, da man meinen müßte, daß es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung handelt. Das BVerwG hat im Urteil vom 29.4. 1964, BVerwGE 18, 247, Rspr. 10 A 2, die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht bevorrechtigter Vorhaben im Außenbereich, deren Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt, als dem Ermessen entzogen angesehen und den Rechtsanspruch auf ihre Zulassung aus Art. 14 GG begründet. Obwohl in Abs. 2 die Sicherung einer ausreichenden Erschließung nicht ausdrücklich erwähnt ist, muß diese bei sonstigen Vorhaben ebenfalls vorliegen. Man würde dem Zweck des § 35 nicht gerecht werden, wenn man bei den nur ausnahmsweise zulässigen sonstigen Vorhaben insoweit geringere Anforderungen stellen wollte als bei den in Abs. 1 bis 5 genannten privilegierten Vorhaben. Zum Begriff „öffentliche Belange" siehe Erl. 2 zu a (wie bereits dargelegt, bringt Abs. 3 nur eine beispielhafte, nicht eine abschließende Aufführung von Tatbeständen) und die folgenden Erl. 4. Der Begriff „im Einzelfall" bedeutet nicht, daß nur die Zulassung eines einzelnen Baues in Betracht kommt, die Zulassung eines mehrere Bauten umfassenden Vorhabens hingegen ausgeschlossen wäre (BVerwG U vom 29.4. 1964, BVerwGE 18, 247, Rspr. 10 A 2; insoweit nicht abgedruckt). Im Streitfall, also wenn wegen Beeinträchtigung der öffentlichen Belange ein Vorhaben von der Baugenehmigungsbehörde abgelehnt worden ist, haben bei Beschreitung des Rechtsweges die Verwaltungsgerichte die Frage der Beeinträchtigung der öffentlichen Belange in vollem Umfang nachzuprüfen. 4. Beeinträchtigung öffentlicher Belange (Abs. 3) a) Die Novelle 1976 hat die beispielhafte Aufzählung in Abs. 3 Satz 1 unter einigen Änderungen wesentlich erweitert. Die Rechtslage hat sich dadurch jedoch kaum geändert, weil vor allem die obergerichtliche Rechtsprechung zur früheren Fassung eingearbeitet worden ist. Im Interesse einer besseren Übersicht ist Satz 1 in Unterabsätze aufgegliedert worden. aa) Die jetzt ausdrücklich genannte Beeinträchtigung eines Widerspruchs zu den Zielen der Raumordnung, Landesplanung oder den Darstellungen des FLNP1. entspricht der vorherigen Rspr. Die Entscheidungen brauchen also nur noch z. B. zu der Frage herangezogen zu werden, in welcher Weise der FLNP1. Bedeutung erlangt. bb) Das neu aufgeführte Hindernis schädlicher Umwelteinwirkungen meint in erster Linie Emissionen in Form von Lärm, Abgasen, Ruß u. ä. Während privilegierte Vorhaben gerade wegen dieser nachteiligen Auswirkungen im Außenbereich errichtet werden dürfen (Abs. 1 Nr. 5), führt eine ähnliche Ausstrahlung bei sonstigen Vorhaben zur Versagung. Die Bestim287
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mung wird also praktisch dann zur Anwendung kommen, wenn gerade im Außenbereich schädliche Einwirkungen auftreten, die z. B. in einem Industriegebiet vermieden würden. Ist das Vorhaben schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt, dann führt dies ebenfalls zur Versagung. Angesichts der bisherigen Rspr. ist insoweit auch von einer nachbarschützenden Wirkung auszugehen (siehe Rspr. 10 bei „Nachbarschutz"). cc) Unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen, Versorgungseinrichtungen u. ä. werden regelmäßig entstehen, wenn das Vorhaben von bebauten Bereichen deutlich abgesetzt ist. Umstritten ist, ob der Versagungsgrund auch dann besteht, wenn der Bewerber die Mehrkosten übernimmt. Auch hier wird jedoch häufig wegen der künftigen Unterhaltung ein unwirtschaftlicher Mehraufwand für die Gemeinde verbleiben. Für die Sicherheit, Gesundheit oder sonstige Aufgaben kommen unwirtschaftliche Aufwendungen nur bei größeren Vorhaben in Betracht. dd) Eine Gefährdung der Wasserwirtschaft ist in erster Linie im Rahmen der durch § 34 W H G geschützten Belange möglich. Diesem öffentlichen Belang kommt aber selbständige Bedeutung neben den im übrigen einschlägigen Vorschriften zu. ee) Durch die Nennung von Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird eine Koppelung zu den entsprechenden Landesgesetzen hergestellt. ff) Die besondere Erwähnung der Verunstaltung der Orts- und Landschaftsbildes ist rechtstechnisch dadurch bedingt, daß wegen Abs. 4 eine Abstufung des Grades der Beeinträchtigung in diesem Bereich geschaffen werden mußte. gg) Hinsichtlich der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kann auf die bisherige Rspr. zurückgegriffen werden (Rspr. 10 A 18, 38, 53 b). Wegen der bereits anerkannten funktionsbezogenen Betrachtungsweise war die weitere Ergänzung „ihre Aufgabe als Erholungsgebiet" folgerichtig. hh) Früher war nur die Befürchtung des Entstehens einer Splittersiedlung (zu diesem Begriff vgl. Erl. zu § 34) ausdrücklich genannt. Die Ergänzung durch die Begriffe Verfestigung oder Erweiterung" entspricht jedoch im Ergebnis der Rspr. zur alten Fassung; eine sachliche Änderung der Rechtslage ergibt sich daraus also nicht. b) Trotz der nunmehr weitergehenden Aufzählung bleibt für weitere öffentliche Belange noch Raum. In Betracht kommen dabei insbesondere das Erfordernis einer Beplanung wegen der Größe oder der Auswirkungen des Vorhabens, ein in Aufstellung befindlicher BebPl. (andererseits ist § 33 im Verhältnis zu § 34 nur ein positiver Zulässigkeitstatbestand!), Planungen nach anderen Rechtsvorschriften von einem bestimmten Verfahrensstand an (z. B. Straßen-, Wasser-, Abfallbeseitigungsrecht). Wegen der Einzelheiten wird auf die Rspr. verwiesen. Zu erwähnen ist auch, daß eine Übereinstimmung mit den Darstellungen des F1NP1. nicht die Zulässigkeit eines Vorhabens nach 288
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
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Abs. 2, 3 begründen kann. Auch ist es nicht zulässig, positive Auswirkungen gegen nachteilige Ausstrahlungen „aufzurechnen". c) In Abs. 3 wurde noch eine Bestimmung aufgenommen, daß „auf Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur besonders Rücksicht zu nehmen ist". D a dieser Satz in dem Absatz aufgeführt ist, der Tatbestände beispielhaft aufstellt, die eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange darstellen, paßt er nicht recht in den Zusammenhang. Nach der Begründung hat der zuständige Ausschuß damit zum Ausdruck bringen wollen, daß die Baubeschränkung im Außenbereich nicht M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Agrarstruktur behindern soll. d) Für die Ausnahmegenehmigung nach Abs. 2 sowie 4 und 5 ist — außer dem Einvernehmen der Baugenehmigungsbehörde mit der Gemeinde (soweit diese Behörden nicht zusammenfallen) — auch noch die Zustimmung der höheren (vgl. aber § 147 Abs. 2) Verwaltungsbehörde erforderlich (§36 Abs. 1 Satz 3). § 36 ist durch die Novelle 1979 in Abs. 1 durch Satz 3 um den Hinweis auf die Abs. 4 bis 6 (des § 35) erweitert worden. Damit soll klargestellt werden, daß die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde auch in den Fällen des § 35 Abs. 4 u n d 5 erforderlich ist. Diese Klarstellung ist erforderlich geworden, um Mißverständnisse über die Einordnung der Fälle der Abs. 4 und 5 in bezug auf das Zustimmungserfordernis durch die höhere Verwaltungsbehörde zu vermeiden. Die durch die erste Novelle (1976) eingefügten Absätze 4 bis 6 modifizieren lediglich die allgemeine Zulässigkeitsnorm für nicht privilegierte Vorhaben des Abs. 2, die bereits nach vormaligem Recht der Zustimmung durch die höhere Verwaltungsbehörde unterliegen. Im Rechtsstreit um die Genehmigung für ein sonstiges Vorhaben ist (auch) die höhere Verwaltungsbehörde nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen (Rspr. 10 A 44a, 46a, 47a). Dies ist allerdings nur dann möglich und geboten, wenn Genehmigungsbehörde und höhere Verwaltungsbehörde verschiedenen Gebietskörperschaften angehören bzw. für verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts tätig werden.
5. Erleichterung der Nutzungsänderung (Abs. 4) Grundsätzlich ist einem Eigentümer, der in Abhängigkeit von einer bestimmten Nutzung eine bauliche Anlage errichten darf, auch zuzumuten, diese bei Fortfall der Nutzung wieder zu beseitigen (BVerwG U vom 15.11. 1974 — Rspr. 10 A 50 — insoweit hier nicht abgedruckt). Dennoch gibt es gerade angesichts des Strukturwandels in der Landwirtschaft gute Gründe, funktionslos gewordene Gebäude einer anderen Nutzung zuzuführen. Für die land-(forst-)wirtschaftsbezogenen Privilegierungstatbestände (Abs. 1 Nr. 1 bis 3) wurden erweiterte Möglichkeiten für Nutzungsänderungen geschaffen. Um Mißbrauch zu vermeiden, wurde bestimmt, daß dies nur 289
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dann gilt, wenn die Nutzungsänderung nicht mit wesentlichen Änderungen der baulichen Anlage verbunden ist. Nur die in Abs. 4 ausdrücklich genannten öffentlichen Belange dürfen der Nutzungsänderung nicht entgegengehalten werden. Alle anderen in Abs. 3 aufgezählten sowie die darüber hinaus zu beachtenden Belange (vgl. oben Erl. 4b) kommen uneingeschränkt zur Anwendung. Wegen der Sicherung der Nutzung siehe Abs. 6 Satz 1. 6. Erweiterter Bestandsschutz (Abs. 5) Nach der umfangreichen Rspr. zum Bestandsschutz umfaßt dieser im wesentlichen die Erhaltung des Baubestandes in der bisherigen Funktion. Er deckt auch die Anpassung des Bestandes an die gesteigerten Wohnbedürfnisse. Folgende Erweiterungen des Bestandsschutzes sieht Abs. 5 vor: a) Errichtung eines Ersatzbaues Abs. 1 Nr. 1 u. 2. Auch ist zur Vermeidung von Mißbrauch die Genehmigung von weiteren Voraussetzungen abhängig, nämlich — seit längerer Zeit bestehende Eigennutzung sowie durch Tatsachen belegbare künftige Eigennutzung, — mangelnde Übereinstimmung mit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (die Ausnahme kann daher nur für Wohngebäude eingreifen), die mit wirtschaftlich wertbarem Aufwand nicht beseitigt werden kann, — Begrenzung des Ersatzbaues auf ein vergleichbares Wohngebäude an gleicher (vgl. aber Abs. 5 letzter Satz!) Stelle. Wegen der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse siehe Erläuterungen Nr. 2 d bei § 34. b) Errichtung eines Ersatzbaues, wenn das zulässigerweise (formell und mamateriell) errichtete Gebäude durch Brand, Naturereignisse u. a. zerstört worden ist. Nr. 2 gilt nicht nur für Wohngebäude. Wegen der Art des Ersatzbaues gelten dieselben Regelungen wie bei Nr. 1. Darüber hinaus muß ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zerstörung und der Neuerrichtung gewahrt bleiben. Abs. 5 letzter Satz bezieht sich nur auf die vorangehenden Nr. 1 und 2. Geringfügig ist eine Abweichung vom bisherigen Standort sicher auch dann, wenn der Ersatzbau neben dem bestehenden oder zerstörten Gebäude errichtet wird. Gerade das im Fall der Nr. 1 bestehende Bedürfnis zur Weiternutzung des Altbestandes bis zur Bezugsfertigkeit des Neubaues sollte wohl durch das Zulassen der Abweichung anerkannt werden. c) Nr. 3 trägt der Erkenntnis Rechnung, daß Denkmalschutz sinnvoll nur betrieben werden kann, wenn die zu schützenden Gebäude auch nutzbar sind. Das gilt auch dann, wenn die bisherige Nutzung bereits aufgegeben war. Voraussetzung ist hier nur, daß die vorgesehene Nutzung zweckmä290
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ßig ist und der Erhaltung des Gestaltswerts dient. Daneben werden allerdings in der Regel denkmalschutzrechtliche Bestimmungen zur Anwendung kommen. d) Nr. 4 verdankt (wie Nr. 5) ihre Einfügung im Rahmen der Novelle 1979 dem Verlangen der Mehrheit im Bundesrat und der Opposition im BT, wobei auch Abgeordnete der F.D.P. von vornherein sich nicht abweisend verhielten. Gleich der Erweiterung des § 34 durch Abs. 2 a bedeutet die Nr. 4 zusammen mit der im folgenden erläuterten Nr. 5 den schon länger geforderten (vgl. BT— DS 8/1970) zweiten Einbruch — der erste geschah anläßlich der Novelle von 1976 — in das recht starre Gefüge des § 35. Nunmehr ist für die bauliche Erweiterung eines „zulässigerweise", d. h. entweder mit formaler Baugenehmigung oder nach früheren Vorschriften genehmigungsfrei errichteten für Wohnzwecke nutzbaren Bauwerks im Außenbereich zulässig, also ohne Rücksicht auf Privilegierung, wenn nach Buchst, a) der Eigentümer dieses „längere Zeit" (die Auslegung dieses dehnbaren Begriff wird auf den Einzelfall abstellen müssen, wird aber zugleich Anstoß für manche Streitsache sein) genutzt hat und die Erweiterung der „angemessenen" (d. h. auch hier im Einzelfall zu beurteilenden) Versorgung des Eigentümers und seiner Familie mit Wohnraum dient. Es wird also auf den Eigentümer abgestellt, wobei u. a. die Frage bei der Auslegung „und seiner Familie" auftauchen wird, ob hier eng nur Ehegatte und Kinder, Großeltern und Enkel gemeint sind oder ob der Familienbegriff erweiterungsfähig ist. Wenn schon eng auf den Eigentümer abgestellt wird, so dürfte auch der Familienbegriff ziemlich eng auszulegen sein. Bzgl. des Buchst, b), der den früheren Abs. 6 ersetzt, siehe die Erläuterungen 4. e) Mit der Nr. 5 hat die Novelle vom 6. 7. 1979 eine Erweiterungsmöglichkeit für „zulässigerweise" (siehe Erläuterungen oben b) errichtete Gewerbebetriebe gebracht. Voraussetzung ist die Notwendigkeit der baulichen Erweiterung und kausal die Sicherung der Fortführung des Betriebs. Auch hier werden Auslegungsschwierigkeiten wie so oft bei den unbestimmten Gesetzesbegriffen unvermeidlich sein. Im Streitfall wird das Verwaltungsgericht um eine eingehende Beweiserhebung nicht herumkommen. Jedenfalls dürfte der Einbau einer Wohnung (ähnlich wie bei den Landarbeitersteilen) zur Sicherung wichtiger Arbeitsplätze mit in die gewerbliche Erweiterung einzubeziehen sein. 7. Erweiterungen im Rahmen von Modernisierungen (Abs. 5 Nr. 4 Buchstabe b) Durch die Novelle vom 6. 7. 1979 wurde der alte Abs. 6 als Nr. 4 Buchstabe b im wesentlichen in den neugefaßten Abs. 5 übernommen. Über den Rahmen des sonst gegebenen Bestandsschutzes hinaus werden hier ebenfalls Erweiterungsmöglichkeiten für Wohn- und Fremdenbeherbergungsgebäude 291
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geschaffen. Die Umgruppierung hatte den Sinn, die bisherige Streitfrage, ob auch hier nur zulässigerweise errichtete Wohngebäude erfaßt sind, auszuräumen. Auch hier ist die Zulässigkeit der bestehenden Bausubstanz Voraussetzung. 8. Sicherungsmöglichkeiten (Abs. 6) Der Auftrag in Satz 1 ist nur dann mit Erfolg zu erfüllen, wenn das Instrumentarium dazu (z. B. landesrechtliche Baulast) zur Verfügung steht. Beschränkt persönliche Dienstbarkeiten haben sich im praktischen Vollzug nicht bewährt. Fraglich erscheint, ob durch die Aufzählung ähnliche Sicherheiten z. B. f ü r ein Altenteilerhaus nach Abs. 1 Nr. 1 für unzulässig erklärt werden sollten. Von der Rspr. waren derartige Sicherungen bisher z. T. gefordert worden. Lediglich f ü r den in Abs. 1 Nr. 2d begründet Satz 2 ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das im Hinblick auf § 137 Satz 1 BGB das einzig geeignete Mittel zur Verhinderung von Mißbrauch zu sein scheint. Für die Entscheidung über die Genehmigung muß sich die Behörde an Abs. 1 Nr. 2 orientieren. Der Genehmigungsbehörde ist ein Antragsrecht eingeräumt; mit der Eintragung ins Grundbuch wird die Anordnung wirksam. 9. Überleitungsvorschriften zur Novelle von 6. Juli 1979 (§ 183 b) Ist vor dem 1. 8. 1979 über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, sind die seit dem 1. 8. 1979 geltenden Vorschriften über die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich — 35 Abs. 5 Nr. 4 und 5) anzuwenden (§ 183 b). 10. Rechtsprechung Übersicht nach Rechts- und Sachbegriffen Abbruch B 52 Anspruchsposition A 2a, 29 Außenbereich A 6, 11 Austragshaus (Altenteilerhaus) A 31, 32 B 5, 15, 32, 33, 54 Ausuferung A 53a(b) Autokino A 17 Bauleitplanung im A. A 59, 60, 65 Baumschule B 4
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Bestandsschutz A 25, 30, 35, 44b, 47d u. e, 48, 50 B 27 Betrieb A 55, 56 Bienenhaus B 13, 31 Campingplatz B 28 Dienen einem Betrieb A 7, 55a Entprivilegierung A 14 B 15 Ermessensentscheidung A 2a
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
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Fischereibetrieb, Fischerhütte A 26, 42, 17, 61, 62 B 18, 36, 45 Flächennutzungsplan (jetzt in Abs. 3 genannt) A 2b, 10, 12, 19, 24a, 51 Forstwirtschaftlicher Betrieb A 53a B1 Freikörperkultur-Anlage A 68 B 2, 41 Freizeitanlage A 54 Gärtnereibetrieb B 10 Heizöllager B 42 Hinterlandbebauung A 53a(a) Hühnerfarm A 28 B9 Jagdhütte A 1, 3a B 25 Kiesgrube B 56 Lärmbelästigung A 57, 67 Landschaftsschutz A9 Landwirtschaftl. Betrieb und Nebenerwerbsstelle A 7, 8, 28, 41 B 12, 14, 15, 20, 30, 31, 32, 34, 38c, 40, 55, 57 Landw. Einfriedung B 47 Lohnfuhrunternehmen, Lohnunternehmen A 55 B 14, 28 Mülldeponie B 16 Nachbarschutz A 16, 21, 33
Natürliche Eigenart der Landschaft A 18, 38, 53b Öffentliche Belange A 4, 12, 13, 15, 17, 20, 22, 23, 27, 34, 36, 37, 40, 44c, 45, 46d, 49, 51, 53e B 16, 17, 21 Planungshoheit der Gemeinde A 3b, 22, 34, 38, 45, 49 B 22 Privilegiertes (bevorrechtigtes) Vorhaben A 14, 17, 31, 32, 36, 41, 46b, 47c, 52, 54 B 2, 7, 8, 9, 19, 21, 24, 29 Rasthaus, Gaststätten B6 Schießplatz A 64 Sport- und Spielanlage B 11 Steinbruch B 44 Steinmetzbetrieb B3 Straßenlärm im A. A 57 Streu(Splitter)siedlung A 5, 24b, 43, 55, 56 B 23 Umwelteinwirkung A 63 Untergang durch Brand B 29, 49 Vergleichbares Gebäude B 52 Wasserwirtschaft A 40 Wertminderung A 58 Wochenendhaus A 2c, 3a Wohnwagen B 41 Zulässige Gebäude B 49, 52
D i e Rechtsprechung zum Begriff Außenbereich wurde z. T. bereits in § 19 (Rspr. 10) aufgeführt, siehe auch dort die Übersicht nach Rechtsbegriffen. 293
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3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
A. Höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerwG und B G H ) 1. BVerwG B vom 8. 2. 1963 (I B 165.62) D Ö V 1964, 744 = DVB1. 1965, 300 BayVBl. 1963, 249 = Z M R 1963, 282 Jagdhütten gehören, soweit ihre Einrichtung, örtliche Lage, Größe und Gestaltung ausschließlich nach Gesichtspunkten bestimmt werden, die sich aus den konkreten Erfordernissen einer ordnungsmäßigen Ausübung der Jagd ergeben, zu den privilegierten Bauvorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG (jetzt: § 35 Abs. 1 Nr. 5). 2. BVerwG U vom 29. 4. 1964 (I C 30.62) BVerwGE 18, 247 = D Ö V 1964, 383 = DVB1. 1964, 527 = BayVBl. 1964, 258 = BBauBl. 1964, 302 = D W W 1964, 266 = N J W 1964, 1973 a) Die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht bevorrechtigter Vorhaben im Außenbereich, deren Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt, ist nicht dem Verwaltungsermessen überlassen; auf ihre Zulassung besteht vielmehr ein Rechtsanspruch. b) die im F1NP1. zum Ausdruck gebrachten planerischen Vorstellungen der Gemeinde gehören zu den öffentlichen Belangen, welche die Baugenehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung über die Zulässigkeit eines nicht bevorrechtigten Vorhabens im Außenbereich zu berücksichtigen hat (siehe jetzt § 35 Abs. 3). c) Wochenendhäuser sind keine bevorrrechtigten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG. 3. BVerwG B v o m 29. 9. 1965 (IV B 214.65) D Ö V 1966, 249 = BayVBl. 1966, 58 a) Die Beurteilung der Frage, ob es sich bei einem Bauvorhaben um eine Jagdhütte oder um ein Wochenendhaus handelt, bedarf grundsätzlich keines Sachverständigengutachtens. b) Die planerischen Absichten einer Gemeinde hat zwar das BVerwG unter bestimmten Voraussetzungen für rechtserheblich gehalten, wenn die Durchführung eines Bauvorhabens im Außenbereich in Frage steht (BVerwGE 18, 247). Das Einverständnis der Gemeinde mit der Ausführung eines einzelnen Baues bringt jedenfalls noch keinen planerischen Willen zum Ausdruck. Verlangt die Behörde die Beseitigung eines ungesetzlichen Bauwerks, so liegt es in der Regel nicht im Rahmen der Erforschungspflicht des Gerichts, die Möglichkeiten einer Abänderung des Bauwerks zur Behebung eines etwaigen Übermaßes der Forderung von Amts wegen zu prüfen. 4. BVerwG B vom 7 . 1 2 . 1 9 6 5 (IV CB 203.65) Buchholz 406.11 § 3 5 BBauG Nr. 21 Ein im Außenbereich errichteter Bau beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft unter Umständen dann nicht, wenn er im Anschluß an einen bebauten Ortsteil errichtet wird (siehe aber unter Nr. 13). 5. BVerwG B v o m 1. 2. 1966 (IV B 168.65) Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 25 Eine Streusiedlung, sofern sie keine standortgebundene oder keine durch landwirtschaftliche Betriebsweise bedingte Siedlungsform ist, widerspricht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
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6. BVerwG U vom 22. 4. 1966 (IV C 34.65) BBauBl. 1967, 117 Die Geländebeschaffenheit kann auch ein Merkmal zur Abgrenzung des Außenbereichs darstellen. 7. BVerwG U vom 13. 1. 1967 (IV C 47.65) Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 34 = DVB1. 1967, 287 Ein Vorhaben, das zwar nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen für einen Betrieb — an sich — nicht erforderlich ist, aber nach der individuellen Wirtschaftsweise tatsächlich dem Betrieb gewidmet und durch diese Widmung gekennzeichnet ist, kann einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb „dienen". Das BVerwG führt in diesem Urteil aus, daß von der Größe her die Anerkennung eines forstwirtschaftlichen Betriebs sehr weitgehend von der Feststellung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles abhängig ist und rechtsgrundsätzlich schwer zu bestimmen sei. Im Interesse der Sicherung der Schutzfunktion des § 35 wird es bei der Entscheidung wesentlich auf die Verkehrsauffassung ankommen, ob und überhaupt und in welcher Größenordnung ein Bauvorhaben einem Betrieb dient. Auf objektive Gesichtspunkte allein kommt es nicht an, insbesondere wenn in Wirklichkeit der Zweck verfolgt wird, im Außenbereich zu wohnen. Schließlich müssen auch Überlegungen und Feststellungen getroffen werden, ob es sich um einen ernsthaften, auf Dauer beabsichtigten und gewährleisteten Betrieb handelt. 8. BVerwG U vom 27. 1. 1967 (IV C 41.65) BVerwGE 26, 121 a) Auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen können landwirtschaftliche Betriebe im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG sein. b) Bei der Entscheidung über die Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von Nr. 1 anzuerkennen ist, kommt es neben anderem auf den Umfang der landwirtschaftlichen Betätigung, auf die Verkehrsüblichkeit der Betriebsform, auf die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung seiner Beständigkeit im Hinblick auf die persönliche Eignung des Betriebsführers und seine wirtschaftlichen Verhältnisse an; von erheblicher Bedeutung bleibt weiter, ob das dem Betrieb zugeordnete Gebäude nach Größe, Lage und Einrichtung zum Umfang und zur Betriebsart der landwirtschaftlichen Betätigung in einem angemessenen Verhältnis steht. 9. BVerwG U v o m 27. 1. 1967 (IV C 105.65) BVerwGE 26, 129 Verweist eine nach dem Inkrafttreten des GG ergangene Landschaftsschutzverordnung für ihr örtliches Geltungsgebiet lediglich auf eine nicht mit veröffentlichte Landschaftsschutzkarte, so ist sie wegen Verstoßes gegen die im Rechtsstaat der Prägung des Bonner Grundgesetzes besonders wichtige Klarheit der Rechtsnormen nichtig (Klarstellung von BVerwGE 17, 192 und 197). 10. BVerwG U vom 15. 3. 1967 (IV C 205.66) BVerwGE 26, 287 = DVB1. 1968, 41 = NJW 1967, 1385 = VerwRspr. 19, 317 Über den Inhalt und die Grenzen der Aussagekraft der von den Gemeinden rechtsgültig geschaffenen FINPln. für die Ermittlung gegen Bauvorhaben im Außenbereich stehender öffentlicher Belange: In den FINPln. der Gemeinden enthaltene genügend konkretisierte planerische Vorstellungen über Beschränkungen des Inhalts und Umfangs der Bebauung im Außenbereich äußern ihre Aussagekraft bei der Ermittlung von öffentlichen Belangen im Sinne von § 35 BBauG bei der Entscheidung über Einzelbauvorhaben grundsätzlich insoweit, als 295
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
a) die örtlichen Gegebenheiten (natürliche Beschaffenheit des Geländes, soziale Struktur usw.) nicht von vornherein zur Verwirklichung dieser planerischen Vorstellungen entgegenstehen, oder b) die Entwicklung des Baugeschehens nach Inkrafttreten des F1NP1. unter Förderung oder Duldung durch die Baugenehmigungsbehörde oder durch die Gemeinde dessen Darstellungen in einem sowohl qualitativ wie quantitativ so erheblichen Maße zuwiderläuft, daß die Verwirklichung der ihnen zugrunde liegenden Planungsabsichten entscheidend beeinträchtigt ist.
11. BVerwG U vom 26. 5.1967 (IV C 25.66) BVerwGE 27, 137 = Buchholz 406.11 §35 BBauG Nr. 41 = DÖV 1968, 56 = DVB1. 1968, 43 = VerwRspr. 19, 456 Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 BBauG kann nur auf dem Gemarkungsgebiet der planungsbefugten Gemeinde bestehen. Eine Erstreckung auf die bebauten Gebiete einer (oder mehrerer) angrenzenden Gemeinde(n) sieht die gesetzliche Regelung nicht vor.
12. BVerwG U vom 25. 10. 1967 (IV C 86.66) BVerwGE 28, 148 = NJW 1968, 1105 = DVB1. 1968, 385 Den FINPln. der Gemeinden kommt — im Gegensatz zur Beurteilung der Zulässigkeit sog. sonstiger Vorhaben — für die Feststellung von öffentlichen Belangen gegenüber privilegierten Vorhaben im Außenbereich keine in sich entscheidungserhebliche Aussagekraft zu. (Vgl. für sonstige Vorhaben BVerwG U vom 15. 3. 1967, oben 2 b)
13. BVerwG B vom 27.10.1967 (IV B 160.66) Buchholz 406.11 §35 BBauG Nr. 53 Eindringen von Wohnbauten in den Außenbereich mit dem Ergebnis der Verstärkung einer außenbereichsfremden Nutzung (siehe auch oben Nr. 4).
14. BVerwG B vom 2. 11. 1967 (IV B 159.66) Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 54
Ist die Auflassung eines Grundstückes mit einer sogenannten Entprivilegierung verbunden, ist der Rechtsvorgang jedenfalls dann ohne Rücksicht auf die bisherige Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 BBauG nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilen, wenn die Entprivilegierung genehmigungspflichtige Instandsetzungsarbeiten erfordert (siehe aber jetzt § 35 Abs. 4).
15. BVerwG B vom 21. 11. 1967 (IV B 79.67) Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 59
Bei der Prüfung, ob öffentliche Belange beeinträchtigt werden, ist nicht entscheidend, daß sich ein Bauwerk ästhetisch und seiner Größe nach in die Umgebung gut einfügt.
16. BVerwG U vom 6. 12. 1967 (IV C 94.66) BVerwGE 28, 268 = DVB1. 1968, 651 - BBauBl. 1968, 470 - M D R 1968, 521 = Z M R 1969, 185 § 35 Abs. 2 BBauG hat grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion.
296
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
17. BVerwG U vom 10. 4.1968 (IV C 3.67) BVerwGE 29, 286 = DVB1. 1969, 267
a) Ein Autokino im Außenbereich ist als privilegiertes Vorhaben im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG anzuerkennen. b) Als entgegenstehender „öffentlicher Belang" kann grundsätzlich auch das Interesse der Bewohner einer angrenzenden im Zusammenhang bebauten Wohnsiedlung an der Freihaltung der Nutzung dieser Siedlung von Verkehrslärm (Zu- und Abgang von Besucherkraftwagen) anerkannt werden. c) Ob dieser Belang dem nach Ziff. 1 privilegierten Vorhaben „entgegensteht", ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles unter Abwägung des Privilegierungstatbestands gegenüber der Stärke des öffentlichen Belangs zu entscheiden.
18. BVerwG B vom 29.4.1968 (IV B 77.67) DVB1. 1969, 261 = BBauBl. 1969, 241
Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt nicht nur bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung, sondern — unabhängig vom förmlichen Landschaftsschutz — auch dann vor, wenn ein Vorhaben einem schutzwürdigen Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist. (Vgl. hierzu oben Nr. 15.)
19. BVerwG U vom 10. 5. 1968 (IV C 18.66) DÖV 68, 880
F1NP1. sind nicht geeignet, die Zulässigkeit eines nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilenden Vorhabens zu begründen, wenn dieses Vorhaben andere öffentliche Belange beeinträchtigt.
20. BVerwG U vom 1. 7. 1968 (IV C 53.66) DVB1. 1969, 258
Ein bestehendes privilegiertes Vorhaben des Bundes kann u. a. einem landwirtschaftlichen Vorhaben im Außenbereich als öffentlicher Belang entgegenstehen.
21. BVerwG U vom 21. 10. 1968 (IV C 13.68) DVB1. 1969, 263 = BBauBl. 1970, 25
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundeigentümer, der sein im Außenbereich gelegenes Grundstück privilegiert nutzt, sich gegen ein — privilegiertes oder nichtprivilegiertes — Vorhaben mit der Behauptung wenden kann, das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange.
Das BVerwG nähert sich mit dieser Entscheidung der Anerkennung einer nachbarschützenden Funktion des § 35 Abs. 1 BBauG, und zwar unter Vergleich mit § 30 BBauG, der die Zulässigkeit von Vorhaben in einem durch Bebauungsplan endgültig verplanten Gemeindegebiet regelt. Entgegen der herrschenden Meinung und im Gegensatz zum Urteil vom 6. 12. 1967 (DVB1. 1968, 651, oben Nr. 31) gesteht das BverwG zu, daß ein vorhandenes privilegiertes Bauwerk einen öffentlichen Belang darstellen kann, der auch mit Nachbarklage gegenüber anders strukturierten Außenbereichsvorhaben geltend gemacht werden kann. Die Zuerkennung eines gewissen Nachbarschutzes wird aber jedenfalls zunächst nur für Abs. 1 des § 35 zuerkannt. Dabei spricht das BVerwG auch eine Bestandsgarantie für vorhandene privilegierte Außenbereichsvorhaben i. S. von § 35 Abs. 1 BBauG aus, indem es sagt, daß diese Vorschrift, anders als der konkrete Bebauungsplan, keinen bestimmten Gebiets- und Nutzungscharakter, sondern die Erhaltung und Ausnutzung des im Außenbereich vorhandenen, privilegierten Bestands schützt. 297
§ 3 5 io
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Die Entscheidung wird in einer Anmerkung von Bartlsperger (a. a. O.) zum Anlaß genommen, für § 35 einen umfassenden Nachbarschutz durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu fordern (vgl. auch oben Nr. 16 und unter Nr. 33).
22. BVerwG U vom 22. 11. 1968 (IV C 98.95) DVB1. 1969, 359
Bei Siedlungsvorhaben im Außenbereich, die wegen ihres Umfanges einer den Bebauungsplänen entsprechenden Planung bedürfen, beeinträchtigt die Ausführung ohne förmliche Planung die Planungseinheit der Gemeinde.
23. BVerwG U vom 6. 12. 1968 (IV C 17.67) DVB1. 1969, 256
Das Kurinteresse eines in ihrer wirtschaftlichen Existenz im wesentlichen von der Sicherung der Gästefrequenz abhängigen Badeortes kann ein gewichtiger öffentlicher Belang auch im Sinn von § 35 Abs. 1 BBauG sein. (Bestätigung von BVerwG U vom 25. 10. 1967, oben Nr. 12.)
24. BVerwG U vom 15. 1. 1969 (IV C 23.67) DÖV 1969, 645 = BayVBl. 1969, 243 = DVB1. 1969, 755
a) Die Beachtlichkeit eines F1NP1. im Rahmen des § 35 Abs. 2 und 3 BBauG setzt voraus, daß dieser Plan mit seinen Darstellungen positiv eine mit dem Vorhaben nicht zu vereinbarende Bestimmung trifft. b) Die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung entfällt nicht deshalb, weil sich das — als solches siedlungsstrukturell unerwünschte — Vorhaben einer geplanten Bebauung anschließt und deshalb eine mehr oder weniger gesicherte Aussicht besteht, daß der zunächst eintretende Vorgang der Zersiedlung nachträglich wieder entfallen wird.
25. BVerwG U vom 30. 4. 1969 (IV C 63.68) BBauBl. 1971, 22 = Bay VB1. 1970, 213 = NJW 1970, 346
Aufgrund des Bestandsschutzes, den ein im Einklang mit dem seinerzeit geltenden Recht errichteter Bau genießt, kann nicht die Genehmigung für einen Neubau verlangt werden, der anstelle des alten Bauwerks treten soll und mit dem nunmehr geltenden Recht nicht übereinstimmt.
26. BVerwG U vom 14. 5. 1969 (IV C 19.68) BVerwGE 34, 1 = BayVBl. 1969, 391 = BBauBl. 1970, 418
a) Ein Fischereibetrieb ist kein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der §§ 146, 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG (siehe aber jetzt § 146 n. F.). b) Die Zulässigkeit von Fischerhütten im Außenbereich ist ausschließlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG und damit nach strengeren Maßstäben, als sie für landwirtschaftliche Vorhaben des Nr. 1 a. a. O. gelten, zu beurteilen.
27. BVerwG U vom 29. 10. 1969 (IV C 44.68) DVB1. 1970, 831 = M D R 1970, 447
Auch eine noch nicht zur förmlichen Planfeststellung (§ 17 FStrG) gediehene Planung der Trassenführung einer Bundesfernstraße kann, falls sie nach den Verhältnissen des Einzelfalls genügend verfestigt ist, durch ein Wohnbauvorhaben im von ihr beanspruchten Außenbereich als öffentlicher Belang im Sinn von § 35 Abs. 2 BBauG „beeinträchtigt" werden. 298
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
28. BVerwG U vom 26. 11. 1969 (IV C 20.69) BayVBl. 1970, 365
Hühnerhaltung ohne eigene Futtergrundlage aus dem Grundstück ist weder ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG noch ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 privilegiertes Vorhaben.
29. BGH U vom 26. 10. 1970 (III ZR 132/67) DÖV 1971, 246 = NJW 1971, 97 = BBauBl. 1971, 180
Wenn die in § 35 Abs. 1 BBauG bestimmten Voraussetzungen für ein Vorhaben im Außenbereich gegeben sind, besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung dieses Vorhabens.
30. BVerwG U vom 25. 11. 1970 (IV C 119.68) BayVBl. 1971, 266 = DVB1. 1971, 706 Die Wiederherstellung eines Bauwerks setzt, wenn sie sich aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes rechtfertigen soll, zumindest regelmäßig voraus, daß der vorhandene Bestand unabhängig von der Wiederherstellung noch funktionsgerecht nutzbar ist.
31. BVerwG U vom 5. 2.1971 (IV C 1.68) DÖV 1971, 166 = BauR 1972, 90 = BayVBl. 1972, 77 Altenteilerhäuser werden durch § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG nur dann privilegiert, wenn durch eine Baulast oder auf ähnliche Weise ihre freie Veräußerlichkeit ausgeschlossen wird.
32. BVerwG U vom 5. 2. 1971 (IV C 96.69) DÖV 1972, 167 = BauR 1972, 91
Die Privilegierung eines Altenteilerhauses nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG entfällt nicht deshalb, weil der Altenteiler zunächst nicht im Altenteilerhaus, sondern noch auf der Hofstelle wohnen soll.
33. BVerwG U vom 16.4.1971 (IV C 66.67) DÖV 1971, 639 = DVB1. 1971, 746
Ein im Außenbereich privilegiert Ansässiger (Unternehmer nach den früheren [jetzt: § 4 BImSchG] §§ 16 ff. GewO) kann sich gegen an Nachbarn erteilte Wohnbaugenehmigungen wenden, die aufgrund eines — von ihm u. a. wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 und 5 BBauG für nichtig gehaltenen — Bebauungsplans erteilt worden sind (im Anschluß an U vom 21. 10. 1968, oben Nr. 21).
34. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 19.70) DÖV 1972, 167, vgl. DVB1. 1971, 588
Ein sonstiges Vorhaben im Außenbereich darf wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange nicht zugelassen werden, wenn es einen Umfang hat, der eine Bauleitplanung erfordert (im Anschl. an BVerwG U vom 22. 11. 1968 - IV C 98.65 - oben Nr. 22).
35. BVerwG U vom 21. 1. 1972 (IV C 212.65) DVB1. 1972, 219 = DÖV 1972, 494 = BauR 1972, 152
a) Eine baufällige Scheune, die nach geltendem Baurecht nicht in gleicher Weise errichtet werden dürfte, genießt keinen Bestandsschutz derart, daß sie mit Aufwendungen, die einem Neubau gleichkämen, wieder instand gesetzt werden darf.
299
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) Das unter Umständen mit einem „Bauland"-Grundstück verbundene Recht auf Bebauung (BVerwGE 26, 111) erschöpft sich bei einem bebauten Grundstück in dem ausgeführten Bauwerk, so daß danach allenfalls dieses, nicht aber das vorherige Recht auf Bebauung Bestandsschutz genießen kann.
36. BVerwG U vom 3. 3. 1972 (IV C 4.69) DÖV 1972, 825 = BayVBl. 1973, 78 Eine nach § 35 Abs. 2 BBauG zu beurteilende Minigolfanlage kann deshalb öffentliche Belange beeinträchtigen, weil sie an einer Stelle errichtet werden soll, die einem ausschließlich zum Wohnen bestimmten Gebiet benachbart ist (im Anschluß an das U vom 10. 4. 1968 - IV C 3.67 - oben Nr. 17).
37. BVerwG B vom 9. 5. 1972 (IV CB 30/69) DVB1. 1972, 685
Zur Frage, in welchem Umfang öffentliche Belange (Erhaltung einer Erholungslandschaft) einem nach § 35 Abs. 1 privilegierten standortgebundenen Vorhaben (Sandsteinwerk) entgegenstehen können. Aus den Gründen: . . . Zwar ist bisher kaum ausdrücklich ausgesprochen worden (vgl. B vom 29. 4. 1968 - IV B 77.67 - [Buchholz 306.11 § 35 BBauG Nr. 66]), daß die natürliche Eigenart der Landschaft als ein in § 35 Abs. 3 BBauG genannter öffentlicher Belang auch einem privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BBauG entgegenstehen kann. Der Senat geht jedoch in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß insoweit der Unterschied zwischen der Zulässigkeit der privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BBauG und der sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BBauG nicht in der generellen Andersartigkeit der jeweils berücksichtigungsfähigen öffentlichen Belange liegt, sondern in der grundsätzlichen Verschiedenheit ihres Verhältnisses zu den öffentlichen Belangen (BVerwGE 28, 148 [151]; U vom 1. 7. 1968 - c 53.66 - [Buchholz 406.11, § 35 BBauG Nr, 69]). Die in § 35 Abs. 3 BBauG beispielhaft genannten öffentlichen Belange können sowohl die Zulässigkeit eines privilegierten als auch eines sonstigen Vorhabens berühren, jedoch ist im Rahmen des § 35 Abs. 1 BBauG — anders als bei § 35 Abs. 2 BBauG — eine Abwägung zwischen dem Zweck der Privilegierung und dem öffentlichen Belang erforderlich. Der Begriff der „natürlichen Eigenart der Landschaft" ist daher für § 35 Abs. 1 und 2 BBauG einheitlich zu bestimmen (vgl. B vom 22. 12. 1971 — IV B 140.70 —). Er umfaßt nach der Rechtsprechung des Senats den Schutz der Außenbereichslandschaft vor einer im Vergleich zu ihrer Umgebung wesensfremden Nutzung und in gewissem Umfang auch den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung, und zwar dies grundsätzlich unabhängig vom förmlichen Landschaftsschutz (B vom 29. 4. 1968 a. a. O. und dortige Z i t a t e ) . . . "
38. BVerwG B vom 26. 5. 1972 (IV B 36.72) DVB1. 1973, 321
Beeinträchtigt ein Bauvorhaben im Außenbereich die Eigenart der Landschaft, so kann hiervon bei der Entscheidung über die Bebauungsgenehmigung nicht deshalb abgesehen werden, weil erwartet werden kann, daß mit der künftigen Entwicklung diese Beeinträchtigung später wieder entfallen wird.
39. BVerwG B vom 26. 7. 1972 (IV B 49.72) DÖV 1972, 831
a) § 35 Abs. 3 BBauG kann bei der Prüfung der Zulässigkeit bestimmter Bauleitplaninhalte als Maßstab ergänzend herangezogen werden, soweit dort in dieser Richtung verallgemeinerungsfähige Aussagen enthalten sind. b) Eine Pflicht zur Genehmigung unter Auflagen kann dann gegeben sein, wenn eine (anstatt dessen erfolgende) Genehmigungsversagung das Verbot des Übermaßes
300
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
verletzte (vgl. BVerwG U vom 5. 10. 1965, BRS 16,71). Eine Pflicht zur Genehmigung unter Auflagen ergibt sich [aber] aus (Wortlaut und Stellung des) § 6 Abs. 3 BBauG jedenfalls nicht für solche Fälle, in denen der zur Genehmigung gestellte Plan nur bei inhaltlichen Änderungen genehmigungsfähig sein könnte.
40. BVerwG U vom 20. 10. 1972 (IV C 1.70) DÖV 1973, 203 = BauR 1973, 35
Die in § 35 Abs. 3 BBauG enthaltene Anordnung, daß durch Vorhaben im Außenbereich die Wasserwirtschaft nicht gefährdet werden darf, enthält keine Verweisung auf das Landesrecht, sondern hat bundesrechtlich einen eigenständigen Regelungswert.
41. BVerwG U vom 3. 11. 1972 (IV C 18.72) DÖV 1973, 348
a) Ein an sich unter § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG fallendes Vorhaben, das den Anforderungen dieser Vorschrift nicht genügt, kann nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG zulässig sein. b) Ein Vorhaben „dient" im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG einem landwirtschaftlichen Betrieb nur dann, wenn aa) ein vernünftiger Landwirt — auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs — dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und bb) das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (wie BVerwG IV C 9.70 vom 3. 11. 1972).
42. BVerwG B vom 7. 12. 1972 (IV B 188.72) BauR 1973, 36
Für die Abgrenzung der gewerblichen Fischzucht von der Liebhaberei ist das Gewinnstreben als Beweisanzeichen beachtlich, aber nicht entscheidend (siehe aber jetzt § 146 n. F.).
43. BVerwG B vom 12. 12.1972 (IV B 105.72) BauR 1973, 36
Das Hinzutreten weiterer Bauvorhaben zu einer unerwünschten, aber bereits verfestigten Splittersiedlung braucht nicht stets eine — weitere — Zersiedlung darstellen.
44. BVerwG U vom 16. 2. 1973 (IV C 61.70) DÖV 1973, 715
a) In einem Verfahren, das sich auf die Genehmigung eines sonstigen Vorhabens im Sinne des § 35 Abs. 2 BBauG richtet, muß die höhere Verwaltungsbehörde notwendig beigeladen werden. b) Die Errichtung eines Ersatzbaues anstelle einer bestandsgeschützten Altbebauung läßt sich weder aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes noch aus dem der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition rechtfertigen (im Anschluß an das Urteil vom 30. 4. 1972 - IV C 212.65 - ) . c) Bei der Anwendung des § 35 Abs. 2 und 3 BBauG ist keine Kompensation der öffentlichen Belange in der Weise möglich, daß Nachteile gegen Vorteile aufgerechnet werden.
45. BVerwG U vom 8.2. 1974 (IV C 77.71) BayVBl. 1974, 535 = DÖV 1974, 565 = BauR 1974, 257
a) Sonstige Vorhaben im Außenbereich können öffentliche Belange deshalb beeinträchtigen, weil sie einem in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan widersprechen.
301
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) § 35 Abs. 2 BBauG schließt — von den Ausnahmefällen einer eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition abgesehen — aus, ein gegenwärtig öffentliche Belange beeinträchtigendes Vorhaben dennoch zuzulassen, weil der beeinträchtigte öffentliche Belang erst nach Anhängigwerden der Verpflichtungsklage entstanden ist und die Klage daher ursprünglich begründet war.
46. BVerwG U vom 3. 5. 1974 (IV C 10.71) DÖV 1974, 566 = BauR 1974, 438
a) Im Rechtsstreit um die Bebauungsgenehmigung für ein nichtprivilegiertes Vorhaben im Außenbereich ist die höhere Verwaltungsbehörde notwendig beizuladen (im Anschluß an das Urteil vom 16. 2. 1973 — IV C 61.70 — oben Nr. 44). b) Ein Vorhaben einer Religionsgesellschaft, das eine Kapelle, ein Jugend- und Erwachsenenbildungshaus, eine Gruppe von Familienferienhäusern und Verwaltungsund Nebengebäude umfaßt („Schönstattzentrum"), ist nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegiert. c) Zur Frage nach der Notwendigkeit einer Mitwirkung der höheren Verwaltungsbehörde als Kriterium für die Zuordnung eines Vorhabens zu Abs. 1 oder Abs. 2 des § 35 BBauG. d) Zur Frage der „Abwägung" zwischen öffentlichen und privaten Belangen.
47. BVerwG U vom 5. 7. 1974 (IV C 76.71) DVB1. 1974, 814 = BauR 1974, 397
a) Im Rechtsstreit um die Erteilung einer Baugenehmigung für ein sonstiges Vorhaben im Außenbereich ist die höhere Verwaltungsbehörde notwendig beizuladen (wie Urteil vom 16. 2. 1973 - IV C 61.70 - oben Nr. 44). b) Das Unterbleiben der notwendigen Beiladung ist ein im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel, der zur Zurückverweisung führt. c) Ortsgebunden im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 3 (jetzt Nr. 4) BBauG ist ein gewerblicher Betrieb nur dann, wenn das betreffende Gewerbe nach seinem Wesen und nach seinem Gegenstand auf die geographische oder geologische Eigenart der fraglichen Stelle angewiesen ist,. d) Zur Frage des Bestandsschutzes eines in einer Bundeswasserstraße verankerten Schiffes. e) Zur Frage, inwieweit sich aus dem Bestandsschutz ein Anspruch auf die Genehmigung einer Erweiterung des Bestandes ergeben kann (bleibt hier wie in früheren Entscheidungen letztlich offen).
48. BVerwG U vom 18. 10. 1974 (IV C 75.71) DVB1. 13, 501 = VerwRspr. Bd. 27 S. 38
a) Vom Bestandsschutz gedeckte Reparaturen liegen nur vor, wenn die Identität der baulichen Anlage erhalten bleibt. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der erforderliche Eingriff in die Bausubstanz so intensiv ist, daß er eine statische Nachrechnung der gesamten Anlage notwendig macht. b) Der Wiederaufbau einer durch Brand oder ein ähnliches Ereignis zerstörten baulichen Anlage kann sich ausnahmsweise nach dem Gesichtspunkt der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition rechtfertigen (vgl. jetzt § 35 Abs. 5 Nr. 2).
49. BVerwG U vom 1. 11. 1974 (IV C 13.73) BayVBl. 1975, 567
Bei der Beantwortung der durch den Begriff der baulichen Anlage aufgeworfenen Frage, ob die Anlage „geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Planung hervorzurufen" (Urteil vom 31.8. 1973 — BVerwG IV C 302
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
33.71 — BVerwGE 44, 59 [62]), darf nicht nur auf die Anlage als solche abgestellt, sondern muß auch deren Funktion berücksichtigt werden.
50. BVerwG U vom 15. 11. 1974 (IV C 32.71) DVB1. 1974, 499
a) Vorhaben im Sinne des § 35 BBauG ist auch in Fällen der Nutzungsänderung die bauliche Anlage in ihrer etwa geänderten Funktion als Einheit. b) Aus dem Bestandsschutz, den eine bauliche Anlage wegen und in einer bestimmten Funktion genießt, läßt sich nichts zugunsten einer Änderung dieser Funktion herleiten. c) § 35 Abs. 3 Satz 2 BBauG ermöglicht nicht, die landwirtschaftsfremde Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Baulichkeiten gegenüber den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BBauG zu erleichtern. (Für das geänderte Recht siehe § 35 Abs. 4.)
51. BVerwG U vom 28. 2. 1975 (IV C 30.73) BauR 1975, 404 = BBauBl. 1978, 352
Die im FINPllan enthaltenen Darstellungen sind nicht einfach im Sinne ihrer rechtssatzartigen Anwendung geeignet, das Vorliegen eines beeinträchtigten öffentlichen Belanges zu ergeben.
52. BVerwG U vom 14. 3. 1975 (IV C 41.73) BauR 4/75, 261 = DVB1. 1975, 506 = BBauBl. 1975, 334 = NJW 1975, 2114
a) Aus der Tatsache, daß ein Vorhaben einem zulässigen und sinnvoll nur im Außenbereich zu verwirklichenden Zweck dient, folgt noch nicht, daß es bevorzugt im Außenbereich ausgeführt werden soll. b) Bauvorhaben für Camping- oder Zeltplätze sind in aller Regel nicht im Außenbereich privilegiert. c) Camping- oder Zeltplätze bedürfen jedenfalls einer förmlichen Planung, wenn sie mit einer baulichen Verfestigung verbunden sind (hier: Errichtung eines Waschund Toilettengebäudes).
52 a. BVerwG U vom 23. 5. 1975 (IV C 28.72) AgrarR 1975, 353 = BauR 1975, 394
Die Bebauungsgenehmigung ist ihrem Wesen nach ein Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung, der sich über die bodenrechtliche Bebauungsfähigkeit eines Grundstücks verhält.
53. BVerwG U vom 6. 6. 1975 (IV C 15.73) BayVBl. 1976, 90
a) Zum Begriff des „forstwirtschaftlichen Betriebes" im Sinne des § 35 Abs. 1 BBauG. b) Zur Beeinträchtigung der „natürlichen Eigenart der Landschaft" gemäß § 35 Abs. 3 BBauG. c) Keine Rechtfertigung eines störenden Bauvorhabens durch Berufung auf anderweitige Beeinträchtigungen der Landschaft und Meliorationsarbeiten auf dem Grundstück des Bauwerbers.
53 a. BVerwG U vom 13. 2. 1976 (IV c 72.74) BayVBl. 1976, 441 = BauR 1976, 188
a) Es gibt keinen allgemein geltenden Grundsatz, daß innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile eine Hinterlandbebauung städtebaulich unerwünscht ist (im 303
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Anschluß an das Urteil vom 29. 11. 1974 — BVerwG IV C 10.73 —, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46). b) Ein Bauvorhaben, das im Anschluß an die bebaute Ortslage im Außenbereich ausgeführt werden soll, kann öffentliche Belange deshalb beeinträchtigen, weil mit ihm eine ungeordnete Ausuferung der vorhandenen Bebauung eingeleitet wird. Eine solche Beeinträchtigung liegt jedoch nur vor, wenn sich die Gefahr der Ausuferung auch konkret belegen läßt.
54. BVerwG U vom 7. 5. 1976 (IV C 62.74) BauR 1976, 347 = BayVBl. 1977, 23 Zu den Voraussetzungen, unter denen ein für eine Jugend-Freizeitanlage erforderliches Bauwerk mit Aufenthaltsräumen und sanitären Anlagen, das ebenso wie die Anlage der Allgemeinheit zur Verfügung stehen soll, wegen seiner besonderen Zweckbestimmungen nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.
55. BVerwG U vom 7. 5. 1976 (IV C 43.74) BayVBl. 1977, 20 = 1976, 257
BauR
a) Ein Unternehmen mit einem im engsten Sinne des Wortes ortsgebundenen Betriebszweig ist dann insgesamt ein ortsgebundener Betrieb, wenn — und soweit — er als Folge nicht nur wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit, sondern technischer Erfordernisse dem typischen Erscheinungsbild eines Betriebes dieser Art entspricht und wenn — zweitens — der im engsten Sinne des Wortes ortsgebundene Betriebszweig den gesamten Betrieb prägt. b) Ein Vorhaben dient einem ortsgebundenen Betrieb, wenn es dem Betrieb zu- und untergeordnet ist und darüber hinaus angenommen werden kann, daß ein vernünftiger Unternehmer — auch und gerade unter Berücksichtigung größtmöglicher Schonung des Außenbereichs — das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (im Anschluß an U vom 3. 11. 1972 - IV C 9.70, BVerwGE 41, 138/141).
56. BVerwG U vom 9. 6. 1976 (IV C 42.74) BauR 1976, 344 = BayVBl. 1977, 21 = DVB1. 1977, 198
a) Betriebe, die lediglich mit einem Betriebsteil die Voraussetzungen einer Privilegierung erfüllen, sind nur dann insgesamt privilegiert, wenn sie als Folge nicht nur wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit, sondern technischer Erfordernisse dem typischen Erscheinungsbild eines Betriebes dieser Art entsprechen und zweitens der privilegierte Betriebszweig den gesamten Betrieb prägt. (Hier: Fuhrunternehmen.) b) Den Begriff der Splittersiedlung können alle baulichen Anlagen erfüllen, die zum — wenn auch evtl. nur gelegentlichen — Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. c) Eine von der geschlossenen Ortslage abgesetzte (Streu-)Bebauung ist grundsätzlich unorganisch. Läßt sie sich in diesem Standort nicht ausnahmsweise rechtfertigen, so liegt in ihrer Ausführung ein Verstoß gegen die Anforderungen an eine geordnete Siedlungsstruktur und damit gegen öffentliche Belange.
57. BGH U vom 13. 1. 1977 (III ZR 6/75) DBV1. 1977, 523
Im Außenbereich (§ 35 BBauG) muß — dem Gebietscharakter entsprechend — Straßenlärm in stärkerem Maße entschädigungslos hingenommen werden als in Wohngebieten (Ergänzung zu BGHZ 64, 220).
304
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
58. BVerwG U vom 25. 2. 1977 (IV C 22.75) BVerwGE 52, 122 = BayVbl. 1977, 639
a) Führt eine Baugenehmigung oder ihre Ausnutzung zu einer Wertminderung des Nachbargrundstücks, die das zumutbare Maß überschreitet, so kann darin ein im Sinne des Urteils vom 13. 7. 1969 - BVerwG IV C 234.65 - BVerwGE 32, 173 schwerer und unerträglicher Eingriff in das Eigentum liegen. b) Außenbereichsvorhaben, die an sich privilegiert sind, aber auf die Interessen Dritter nicht genügend Rücksicht nehmen, können deshalb genehmigungsunfähig sein (im Anschluß an die Urteile vom 25. 10. 1967 - BVerwG IV C 86.66 - BVerwGE 28, 148, vom 6. 12. 1967 - BVerwG IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268, vom 10. 4. 1968 BVerwG IV C 3.67 - BVerwGE 29, 286 und vom 3. 3. 1972 - BVerwG IV C 4.69 Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 97 S. 47. siehe Rspr. 10 A 12, 16, 17 36 c) Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektivrechtlich) begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab; bei der Bemessung dessen, was den durch ein Vorhaben Belästigten zugemutet werden kann, kann auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden. d) Dem (objektivrechtlichen) Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.
59. BVerwG U vom 11. 3. 1977 (IV C 45.75) DVBL. 1977, 529
a) Die Regelungen in § 2 Abs. 9 BBauG 1960 und § 2 Abs. 7 BBauG 1976, die Ansprüche auf die Aufstellung eines BebPlanes ausschließen, gestatten keine Ausnahme. b) Die besondere Größe eines im Außenbereich liegenden Grundstücks rechtfertigt als solche nicht, die Zulassung eines — seinerseits nicht besonders umfangreichen — (sonstigen) Vorhabens davon abhängig zu machen, daß vorher eine entsprechende Bauleitplanung erfolgt.
60. BVerwG U vom 3. 6. 1977 (IV C 37.75) BayVBl. 1978, 215 = BBauBl. 1978, 143
a) die Behauptung, daß nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils ein dem streitigen Bauvorhaben nachteiliger FIPlan zustande gekommen sei, ist im Revisionsverfahren aus revisionsrechtlichen Gründen unbeachtlich. b) Soweit § 35 Abs. 3 BBauG i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 18. 8.1976 als Beeinträchtigung öffentlicher Belange auch den Fall ansieht, daß die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten ist, liegt im Verhältnis zur vorangegangenen Gesetzesfassung keine sachliche Änderung vor. c) Zum Wesen der Splittersiedlung, zum Maßstab der Bestimmung ihrer räumlichen Ausdehnung und zur Frage, wann das Entstehen oder die Erweiterung oder die Verfestigung einer Splittersiedlung „zu befürchten" sind.
61. BVerwG U v. 4. 11. 1977 (IV C 30.75) DÖV 1978, 336
a) Die von einem Sportfischerverein betriebene Binnenfischerei fällt nicht unter den Begriff der Landwirtschaft i. S. des § 146 BBauG 1976. b) Verpflichtet das Landesfischereirecht den Eigentümer eines Baggersees, einen der Größe und Beschaffenheit des Gewässers entsprechenden Fischbestand, soweit erforderlich, durch künstlichen Besatz, zu erhalten und zu hegen, so kann ein für die Erfüllung dieser Pflicht erforderlicher Schuppen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BBauG im Außenbereich bevorzugt zulässig sein. 305
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
62. BVerwG u vom 4. 11. 1977 (IV C 77.76) BauR 1978, 121 Eine Betätigung, die gesetzlichen Vorschriften widerspricht, kann nicht zur privilegierten Zulässigkeit eines Vorhabens frühren (hier: Fischzucht ohne die dafür erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung).
63. BVerwG U vom 2. 12. 1977 (IV C 75.75) BayVBl. 1978, 441
a) Die Erstattung einer Anzeige nach § 16 Abs. 4 GewO oder § 67 Abs. 2 BImSchG hat keine ein Einschreiten aufgrund der ordnungsrechtlichen Generalklausel hindernde Wirkung. b) Vorhaben, von denen das Unvermeidbare überschreitende nachteilige Umwelteinwirkungen ausgehen, sind nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG 1960 bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BBauG 1976 privilegiert.
64. BVerwG U v. 28. 4. 1978 (IV C 53.76) DÖV 1978, 774
a) Ein privater Schießplatz, der an mehrere Vereine vermietet werden soll, kann nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BBauG 1976 privilegiert sein. b) Auf die Einhaltung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BBauG können nicht private Betroffene wirksam verzichten. Ruft ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervor und stimmt der von diesen Einwirkungen Betroffene dem Vorhaben zu, dann hat das für die Beurteilung des Vorhabens nur Bedeutung, wenn und soweit die „Zustimmung" dazu führt, daß rechtlich beachtliche Umwelteinwirkungen — etwa weil die „Zustimmung" Einfluß darauf nimmt ob eine Belästigung „erheblich" ist (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) — nicht (mehr) vorliegen.
65. BVerwG U vom 29. 9. 1978 (4 C 30.76) DVB1. 1979, 151
a) Ein BebPlan ist im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960/1976 dann aus dem FINPlan entwickelt, wenn er sich zur Zeit seiner Inkraftsetzung als inhaltliche Konkretisierung des zu dieser Zeit wirksamen Flächennutzungsplans darstellt. b) Für die Zulässigkeit der Ausweisung eines Sondergebiets (§ 11 Abs. 1 BauNVO) reicht aus, daß ein Festsetzungsgehalt gewollt ist, der sich keinem der in den §§ 2 ff. geregelten Gebietstypen zuordnen läßt. c) Soweit bei der Kontrolle von BebPlänen die Haltbarkeit des Abwägungsergebnisses zu prüfen ist, muß auf die im Zeitpunkt der abschließenden Bekanntmachung gegebene Sach- und Interessenlage abgestellt werden. d) Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der in einem BebPlan festgesetzten Nutzung stehen dem Inkrafttreten dieser Festsetzung nur entgegen, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
66. BVerwG U v. 20. 10. 1978 (4 C 75.76) DÖV 1979, 212 = BauR 1979, 122 Steht fest, daß ein Außenbereichsvorhaben in nicht durch Ausnahmegenehmigung zu behebender Weise landschaftsschutzrechtlich unzulässig ist, so darf für dieses Vorhaben eine Bebauungsgenehmigung regelmäßig selbst dann nicht erteilt werden, wenn es sich um ein bebauungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 BBauG privilegiertes Vorhaben handelt.
67. BVerwG U v. 10. 11. 1978 (4 C 35.76) DÖV 1979, 213 = BauR 1979, 39
Ein Wohnbauvorhaben im Außenbereich beeinträchtigt öffentliche Belange nicht deshalb, weil die nach seiner Genehmigung etwa zu erwartende Folgebebauung unter
306
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben erheblichen würde.
Verkehrslärm-Immissionen
§ 3 5 10 von benachbarten
Verkehrswegen
leiden
68. BVerwG U vom 10. 11. 1978 (4 C 80.76) DÖV 1979, 213 = BayVBl. 1979, 280 = BauR 1979, 123 Anlagen der Freikörperkultur gehören nicht zu den im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BBauG 1976 privilegierten Vorhaben.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. OVG Münster U vom 8. 10. 1962 (VII A 1090/61) DÖV 1964, 753
Unter einem forstwirtschaftlichen Betriebe im Sinne des § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG ist nicht jede forstwirtschaftliche Bodennutzung, auch eine solche auf einer kleinen oder kleinsten Fläche, zu verstehen. Ein forstwirtschaftlicher „Betrieb" setzt vielmehr begrifflich die forstwirtschaftliche Nutzung größerer Flächen voraus. Hinsichtlich der zu erfordernden Größe der bewirtschafteten Flächen mögen die Grenzen, je nach Art des Aufwuchses, der Boden- und Klimaverhältnisse, flüssig sein. Die forstwirtschaftliche Nutzung eines Waldbesitzes von nur reichlich 3 Morgen Größe erfüllt aber keinesfalls den Begriff des forstwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG. Auch die forstliche Bewirtschaftung einer Fläche in Größe bis zu 17 Morgen stellt noch keinen forstwirtschaftlichen „Betrieb" dar, jedenfalls keinen forstwirtschaftlichen Betrieb, wie er in § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG gemeint ist.
2. OVG Münster U vom 6. 11. 1962 (VII A 658/61) BBauBl. 1963, 294
Die Sport- und Spielanlage eines Vereins für Freikörperkultur ist ein für den Außenbereich privilegiertes Vorhaben (streitig!).
3. OVG Münster U vom 17. 12. 1964 (VII A 200/64) DÖV 1965, 540
Ein Steinmetzbetrieb bei einem Friedhof im Außenbereich ist nicht ortsgebunden i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG (jetzt § 35 Abs. 1 Nr. 5).
4. OVG Münster U vom 28. 1. 1965 (VII A 4/64) DVB1. 1965, 820 = DWW 1965, 237
Die Errichtung einer Unterkunftshütte für einen Baumschulenbetrieb im Außenbereich kann eine so deutliche Beeinträchtigung der Landschaft darstellen, daß der Genehmigung, auch wenn es sich um ein nach § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG privilegiertes Vorhaben handelt, öffentliche Belange entgegenstehen. Kritische Anmerkung dazu: Meyer DVB1. 1965, 820.
5. BayVGH U vom 7. 5. 1965 (Nr. 287 I 64) nicht veröffentlicht
a) Ein betriebseigenes Austragshaus kann unter die privilegierten Bauvorhaben fallen. Voraussetzung hierfür ist vor allem, daß das Haus dazu bestimmt ist, dem Hofeigentümer nach der Hofübergabe als Wohnung zu dienen. Da ein Austragshaus nicht nur den Bedürfnissen des einzelnen Hofeigentümers, sondern dem Betrieb dienen soll, muß sichergestellt sein, daß seine dauernde Zugehörigkeit zum Betrieb gewährleistet ist und daß es auch den kommenden Generationen erhalten bleibt. Seiner Zweckbestimmung entspricht ein Austragshaus nur dann, wenn es in möglichst engem örtlichen Zusammenhang mit der Hofstelle steht.
307
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) Im Gegensatz zu § 35 BBauG ließ § 3 BauRegV der Baugenehmigungsbehörde noch einen Spielraum bei der Entscheidung über die Baugenehmigung.
6. OVG Münster U vom 22. 1. 1968 (VII A 471/67) DWW 1969, 78
Ein Gaststätten- und Pensionsbetrieb stellt auch dann kein für den Außenbereich privilegiertes Vorhaben dar, wenn er in einem Ausflugsgebiet für die Erholung der Bevölkerung errichtet werden soll.
7. OVG Münster U vom 22. 2. 1968 (X A 987/66) OVGE 24, 19 = DWW 68, 442 a) Tierheime gehören in der Regel zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG (jetzt § 35 Abs. 1 Nr. 5).
8. VG München U vom 11.6. 1968 (Nr. 1139, 1141, 1143/67) rechtskr., nicht veröff.
Die Pferdezucht gehört zum Begriff der Landwirtschaft. Sie muß nicht im Hauptberuf ausgeübt werden. Entscheidend für das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs sind ihr Umfang und die mit ihr verbundene landwirtschaftliche Betätigung. Die Hofstelle mit den räumlich nahen landwirtschaftlichen Grundstücken und die entfernter gelegenen Weidegrundstücke, auf welche die Pferde zur Sommerung verbracht werden, bilden einen einzigen landwirtschaftlichen Betrieb.
9. VG München U vom 20. 8. 1968 (Nr. 1128/67) rechtskr., nicht veröff.
Bei Berücksichtigung der heute auch in ländlichen Gegenden an gesunde Wohnverhältnisse zu stellenden Anforderungen ist die Errichtung einer Hühnerfarm, in der etwa 1 800 Hühner gehalten und die Abfallstoffe kompostiert werden sollen, insbesondere wegen der auftretenden Geruchsimmissionen innerhalb eines Dorfes unzumutbar (a. A. OVG Rheinland-Pfalz, VerwRspr. 18, 950). Ein solches Vorhaben ist ohne Rücksicht darauf, ob von einem landwirtschaftlichen Betrieb i. S. von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG gesprochen werden kann, nach Nr. 4 (jetzt: Nr. 5) zu behandeln.
10. OVG Lüneburg U vom 30. 10. 1968 (I A 83/68) BBauBl. 1969, 564
Die Errichtung eines Gärtnereibetriebs, dessen Hauptbetriebsform darin besteht, von einem normal großen Baugrundstück aus als Dienstleistungsbetrieb im beweglichen Einsatz die Gärten der Kunden zu gestalten, gehört selbst dann nicht zu den privilegierten Vorhaben im Sinne der §§ 35 Abs. 1, 146 BBauG, wenn auf dem Betriebsgrundstück zeitweise Gartenmaterial gelagert und in beschränktem Umfang auch Pflanzen herangezogen werden.
11. BayVGH U vom 12. 2. 1969 (Nr. 146 II 66) noch nicht veröffentlicht
Ein sportlichen und Erholungszwecken dienendes Vorhaben fällt jedenfalls dann nicht unter § 35 Abs. 1 Ziff. 4 BBauG, wenn es nicht der Allgemeinheit, sondern einer Einzelperson oder einer Personenvereinigung dienen soll.
12. OVG Münster U vom 3. 9. 1969 (VII 749/68) BBauBl. 1970, 319
Ein in unmittelbarer Nähe der Wirtschafts- und Wohngebäude eines landwirtschaftlichen Betriebes errichtetes Bauwerk, das dem Bauern und seinen Angehörigen während ihrer freien Zeit zur Verfügung stehen soll, kann an der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG teilnehmen.
308
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§35
10
Aus der Begründung: Es ist nicht erforderlich, daß ein Landwirt seine Wohnbedürfnisse „unter einem Dach" befriedigt.
13. BayVGH U vom 24. 9. 1969 (Nr. 129 II 67) BayVBl. 1970, 29
a) Bienenhäuser gehören grundsätzlich nicht zu den privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG (vgl. jetzt § 146 n. F.). b) Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Bienenhaus als privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 (jetzt Nr. 5) BBauG angesehen werden kann.
14. OVG Lüneburg U vom 18. 5. 1971 (VI A 101/70) BauR 1972, 39
Das Bauvorhaben eines landwirtschaftlichen Lohnfuhrunternehmens im Außenbereich ist nicht privilegiert.
15. BayVGH U vom 1. 3. 1972 (Nr. 53 II 69) BayVBl. 1973, 44
Zur bodenverkehrsrechtlichen Zulässigkeit der Veräußerung eines als Austragshaus begonnenen Bauwerks zu nichtlandwirtschaftlichen Nutzungszwecken. Aus den Gründen: . . . Das Bauwerk war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 12. 8. 1967 nicht ein Altenteilerhaus, das durch § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG privilegiert war; da der für die Genehmigung von Altenteilerhäusern im Außenbereich in dieser Bestimmung geschaffene Anspruch voraussetzt, daß der Bau den Betriebsbedarf des Hofkomplexes auf die Dauer des Betriebs sichert, werden Altenteilerhäuser durch § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG nur dann privilegiert, wenn durch eine Baulast oder auf ähnliche Weise ihre freie Veräußerlichkeit ausgeschlossen wird, das heißt, wenn gewährleistet ist, daß das Grundstück des Altenteilerhauses während der Betriebsdauer des Hofes im Hofverband verbleibt und im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG weiter einem landwirtschaftlichen Betrieb dient (BVerwG vom 5. 2. 1971 - IV C 1.68) und vom 5. 2. 1971 - IV C 96.69, Buchholz 406.11, § 35 BBauG Nr. 91, 92 — Rspr. 10 A 32). Diese Gewähr war jedoch im vorliegenden Fall unbestrittenermaßen zu keiner Zeit gegeben; niemals war die freie Veräußerlichkeit des Grundstücks mit dem im Entstehen begriffenen Altenteilerhaus in der oben bezeichneten Art ausgeschlossen worden . . . Die Frage, ob mit der im Vertrag vom 2. 8. 1967 vereinbarten Auflassung und Grundstücksteilung eine nicht genehmigungsfähige Nutzung bezweckt wird, beurteilt sich daher nach § 35 Abs. 2, 3 BBauG . . .
16. HambOVG U vom 13. 4. 1972 (Bf II 38/71) MDR 1973, 880
a) Die behördeninterne Planung einer Mülldeponie, die sich planrechtlich noch nicht verfestigt hat, steht der Zulassung eines privilegierten Vorhabens (Wohnhaus für Gärtnerei) nicht entgegen, wenn das betroffene Grundstück erst in zehn Jahren in Anspruch genommen werden soll. b) An Zuwegungen zu im Außenbereich zulässigen privilegierten Vorhaben brauchen nicht so strenge Anforderungen gestellt zu werden wie an Erschließungsanlagen innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen.
17. OVG Münster U vom 6. 7. 1972 (X A 1269/70) DÖV 1972, 831
Eine noch nicht verfahrensförmliche [hier: im Stadium eines Planfeststellungsverfahrens] verfestigte überörtliche Planung [hier: einer Autobahn] kann einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben nicht als öffentlicher Belang entgegenstehen (vgl. OVG Lüneburg U vom 5. 2. 1968, BRS 20 Nr. 43). Sie kann aber als öffentlicher Belang i. S. von § 35 Abs. 2 und 3 BBauG durch die Ausführung eines nicht privilegierten Vorhabens „beeinträchtigt" werden (vgl. BVerwG U vom 29. 10. 1969, BVerwGE 34, 146 = DÖV 1970, 393). 309
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
18. BayVGH U vom 9. 2. 1972, LUMB1. 1973, 8
Zulässigkeitsvoraussetzungen von Einfriedungen zum Schutz der Fischzucht im Außenbereich.
19. BayVGH U vom 15. 11. 1972 (Nr. 106 II 65) nicht veröffentlicht
Ein Kurheim für Schlafgestörte gehört nicht zu den nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegierten Vorhaben.
20. BayVGH U vom 20. 12. 1972 (Nr. 199 II 68) BayVBl. 1973, 466
a) Für das Vorliegen einer „landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle" i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG kommt es nicht auf die Behauptung des subjektiven Willens des Grundstückseigentümers an, sondern darauf, ob das Bauwerk der betriebenen oder geplanten Bodennutzung objektiv zu dienen geeignet ist. b) Ein Bauwerk „dient" nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn es für den Ablauf der betrieblichen Vorgänge unmittelbar erforderlich ist. c) Ein Wohnhaus kann zur Bewirtschaftung eines Obstgartens im Außenbereich nicht zugelassen werden.
21. BayVGH U vom 9. 5. 1973 (Nr. 167 II 69) BayVBl. 1973, 466
a) Die Möglichkeit des Wildverbisses von Obstbäumen und Sträuchern im Außenbereich oder des unbefugten Zugriffs fremder Personen hierauf berechtigt allein den Eigentümer nicht zur Errichtung einer privilegierten Einfriedung i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 4 (jetzt Nr. 5) BBauG. b) Das öffentliche Interesse an der Erhaltung der freien Naturlandschaft geht dem privaten Interesse des Eigentümers an dem Schutz seiner Bäume und Sträucher vor Wildverbiß und Diebstahl vor. c) Wer eine Pflanzenkultur im Außenbereich anlegt, muß grundsätzlich die sich durch die zulässigen Eigentumsbeschränkungen der §§ 29, 35 BBauG ergebenden Risiken selbst tragen. d) Maschendrahtzäune sind grundsätzlich einer unbebauten Landschaft wesensfremd und beeinträchtigen somit als Fremdkörper die natürliche Eigenart der Landschaft i. S. des § 35 Abs. 3 BBauG.
22. BayVGH U vom 24. 7. 1973 (Nr. 239 II 72) BayVBl. 1973, 610
Durchführung umfangreicher Bauvorhaben im Außenbereich als Verstoß gegen gemeindliche Planungshoheit (Folgelasten!).
23. OVG Münster U vom 7. 8. 1973 (XI A 434/73) DÖV 1974, 211 rechtskräftig
Zur Frage, wann eine Wohnhausbebauung einer im Außenbereich hergebrachten Siedlungsform entspricht. Der Begriff „herkömmliche Bauweise" kann nicht einfach auf den heutigen Baubestand abgestellt und hieraus durch Rückschluß gefolgert werden, diese Bebauung sei in dem fraglichen Bereich „herkömmlich". „Herkömmlich" ist nur eine Bauweise, die über längere Zeiträume in der Überzeugung verwirklicht worden ist, es handele sich hierbei um eine in diesem Bereich zulässige Siedlungsform (ebenso: VGH Bad.-Württ. U vom 28. 1. 1971, BRS 24 Nr. 72). Dabei müssen die Zeiten unmittelbar nach 1918 sowie im und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg weitgehend außer Betracht bleiben; eine in dieser Zeit eingerissene Fehlentwicklung kann kein Anknüpfungspunkt für weitere außengebietsfremde, den Erfordernissen des § 35 Abs. 2 und 3 BBauG nicht entsprechende Bauten sein.
310
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
24. OVG Münster V vom 26. 10. 1973 (X A 653/70) nicht veröffentlicht
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Pferdezucht als privilegiertes Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 BBauG zu werten ist.
25. BayVGH U vom 27. 3. 1974 (Nr. 33 II 72) BayVBl. 1975, 21
Zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Gebäuden als „Jagdhütten" gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 (jetzt Nr. 5) BBauG. Es bedeutet bei der vom Gesetzgeber vorgesehenen möglichst weitgehenden Freihaltung des Außenbereichs von Bauwerken, daß eine Jagdhütte nur da und nur in einer Größe zulässig ist, wo auf andere Art und Weise jagdlichen Erfordernissen nicht Genüge getan werden kann. Danach ist eine Jagdhütte — sofern nicht besondere Umstände vorliegen — jedenfalls weder als Aufenthalts- oder Übernachtungsraum noch als Wildfutterlagerstätte erforderlich, wenn sich Ortschaften, in denen die Jäger vor oder nach der Jagdausübung sich aufhalten bzw. übernachten können, in zumutbarer Entfernung befinden oder wenn Bauernhöfe und dergleichen zur Wildfutterlagerung in der Nähe sind. Im vorliegenden Falle ist die Gemeinde K. nur etwa 1,5 km von der streitbefangenen Hütte entfernt . . . "
26. Bad-Wttb. VGH U vom 5. 9. 1974 (III 241/72) AgrarR 1975, 264
a) Zur Frage, ob die für einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb im Weinbau nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 erforderliche Nachhaltigkeit und Beständigkeit gewährleistet sind, wenn der Betriebsinhaber auf die Mithilfe anderer Personen angewiesen ist. b) Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Bauvorhaben im Anschluß an eine vorhandene bandartige Bebauung die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten läßt.
27. BayVGH B vom 25. 9. 1974 (Nr. 188 II 74) BayVBl. 1975, 20
Es ist ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 BBauG, daß die Eigenart einer von Bebauung bisher freigebliebenen Landschaft im Außenbereich vor dem Eindringen von Bauwerken grundsätzlich gewahrt bleibt. Für die Unzulässigkeit solcher Bauvorhaben ist es gleichgültig, ob sie sichtgeschützt und der Landschaft angepaßt sind, ob die betreffende Landschaft optisch reizvoll oder reizlos ist, ob sie einen besonderen Erholungswert besitzt und in welchem Maß sie unberührt geblieben ist.
28. OVG Münster U vom 17. 12. 1974 (X A 1303/72) AgrarR 1975, 236
Ein Wohnhaus, das auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück eines Landmaschinenreparaturbetriebes errichtet werden und einer Arbeitskraft dieses Betriebes als Wohnung dienen soll, ist nicht gemäß § 35 Abs. 1 BBauG privilegiert.
28 a. OVG Münster U vom 5. 3. 1975 (X A 86/73) AgrarR 1975, 323
a) Ein Campingplatz ist auch dann, wenn ein Landwirt ihn auf einer zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb gehördenden Fläche errichten und betreiben will, weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG ein im Außenbereich bevorrechtigtes Vorhaben. b) Ein Campingplatz beeinträchtigt in aller Regel im Sinne des § 35 Abs. 2 BBauG öffentliche Belange, wenn er in einem Bereich errichtet werden soll, der im FINPlan als landwirtschaftliche Nutzfläche dargesetllt ist. Das gilt auch dann, wenn die Gemeinde die Darstellung des Bereichs als Wochenendhausgebiet beschlossen, der RegPräs. hierzu die Genehmigung versagt hat und ein Rechtsstreit wegen der Genehmigung anhängig ist. 311
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
29. BayVGH U vom 19. 3. 1975 (Nr. 27 II 72) BauR 1975, 198
Mit dem Untergang eines Gebäudes durch Blitzschlag entfällt in der Regel auch dessen Bestandsschutz.
30. BayVGH U vom 26. 3. 1975 (Nr. 39 II 73) AgrarR 1975, 238
a) Ein landwirtschaftlicher Betrieb i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG liegt in aller Regel nicht vor, wenn die Bodennutzung nur auf Pachtland beruht. b) Bauvorhaben landwirtschaftlicher Saisonarbeiter sind nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BBauG als Landarbeiterstellen bevorzugt. c)Zur Bevorrechtigung eines Schweinezucht- und -mastbetriebs nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG.
31. OVG Münster U vom 26. 3. 1975 (X A 370/72) BauR 1976, 45 = DÖV 1975, 722 Ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen gehört nicht zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben.
32. BayVGH U vom 26. 3. 1975 (Nr. 39 II 73) BayVBl. 1975, 393
a) Ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG liegt in aller Regel nicht vor, wenn die Bodennutzung nur auf Pachtland beruht. b) Bauvorhaben landwirtschaftlicher Saisonarbeiter sind nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 (jetzt Nr. 3) BBauG als Landarbeiterstellen bevorrechtigt.
33. OVG Münster B vom 12. 5. 1975 - VII B 286/75 - BauR 1976, 43
Wer ein Altenteilerwohnhaus bezieht, muß mit Auswirkungen landwirtschaftlicher Tierhaltung rechnen.
34. BayVGH U vom 16. 7. 1975 (Nr. 50 II 72) AgrarR 1976, 47
Ein Zweifamilienhaus, das nicht durch landwirtschaftliche Zweckbestimmung geprägt ist, beeinträchtigt auch dann, wenn es mit einer Pferdezucht im räumlichen Zusammenhang steht, die natürliche Eigenart der Landschaft im funktionellen Sinne.
35. OVG Münster U vom 18. 6. 1975 (X a 158/74) BauR 1976, 42
Befinden sich auf der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes mehrere Wohnungen, so ist in der Regel für die Zulassung eines Altenteilerwohnhauses kein Raum.
36. BayVGH U vom 28. 1. 1976 (Nr. 70 II 73) BayVBl. 1977, 16 Unzulässigkeit der Einfriedung von Forellenteichen im Außenbereich.
37. BayVGH U vom 11. 2. 1976 (Nr. 281 II 73) BayVBl. 1976, 369
Die Privilegierung einer baulichen Anlage für die Bienenhaltung hängt nicht nur davon ab, ob die Bienenhaltung ihrem Umfang nach in den Außenbereich gehört. Die bauliche Anlage muß für diese Bienenhaltung auch erforderlich sein; sie muß ihrem Umfang, ihrer Zweckbestimmung und ihrer Ausgestaltung nach auf das beschränkt bleiben, was für die jeweilige Bienenhaltung notwendig ist (vgl. jetzt § 146 n. F.). 312
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
38. BayVGH U vom 9. 3. 1976 (Nr. 90 I 71) BayVBl. 1977, 49
a) Unzulässigkeit einer Klage, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Anordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO begehrt wird. b) Planungsrechtliche Unbedenklichkeit von landwirtschaftlichen Anlagen oder Nebengebäuden in ländlichen Orten. c) Gärfutterbehälter sind im allgemeinen keine Gebäude (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats — U. v. 2. 8. 1973 Nr. 94 I 72, Bay VB1. 1973, 641). d) Kein Nachbarschutz aus Art. 11, Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, Art. 65 BayBO.
39. OVG Münster U vom 16. 3.1976 (VII A 556/75) AgrarR 1976, 293
Die Landschaft und auch das Ortsbild werden verunstaltet, wenn eine geschlossene bebaute kleine Stadt auf einem Berge liegt und der vorgelagerte freie Hang mit einem Gebäude von 50 qm Grundfläche bebaut werden soll; in besonders gelagerten Fällen werden hierdurch öffentliche Interessen nicht nur beeinträchtigt, sie können auch der Genehmigung eines im Außenbereich privilegierten Vorhabens entgegenstehen.
40. BayVGH U vom 13. 4. 1976 (Nr. 154 I 73) BayVBl. 1977, 51
a) Planungsrechtliche Unbedenklichkeit von landwirtschaftlichen Anlagen (Schweinezuchtstall mit Entlüftungsanlage im Unterdrucksystem) in ländlichen Orten auch bei nahegelegener Wohnbebauung. b) Moderne Anlagen dieser Art erfordern in der Regel keine besonderen Anordnungen im Hinblick auf den Immissionsschutz, auf größere Abstandsflächen und auf die Situierung.
41. BayVGH U vom 14. 4. 1976 (Nr. 170 II 74) BayVBl. 1977, 601* Keine planungsrechtliche Privilegierung der ortsfesten Aufstellung von Wohnwagen gemäß § 35 Abs. 1 BBauG in einem im Außenbereich gelegenen FKK-Gelände.
42. BayVGH U vom 19. 5. 1976 (Nr. 148 I 73) BayVBl. 1977, 1
a) Zur Errichtung eines Heizöllagers im Außenbereich, durch das ein schon bestehendes Tanklager erweitert werden soll. b) Keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BBauG für ein Heizölvorratslager am Ende einer Pipeline.
43. BayVGH U vom 2. 6. 1976 (Nr. 310 II 74) BayBl. 1977, 119
Keine Privilegierung von Boots- und Badehütten im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BBauG.
44. BayVGH U vom 19. 8. 1976 (Nr. 12 I 72) rkr., BayVBl. 1977, 118
a) Steinbrüche sind keine baulichen Anlagen im Sinne des Bundesbaugesetzes; § 35 BBauG ist darauf auch nicht sinngemäß anwendbar. b) Zur Auslegung von § 67 Abs. 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. c) Zum Umfang der Nachprüfung eines Bauvorhabens (Steinbruch) im Baugenehmigungsverfahren hinsichtlich etwaiger im Rahmen des Betriebsablaufs vorgesehener Sprengungen. d) Kein Nachbarschutz aus Art. 3 Abs. 1 BayBO.
* Bestätigt m i t B e s c h l u ß d e s B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t s v o m 4. 5. 1977 ( I V B 135.76)
313
§ 3 5 10
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
45. BayObLG B vom 9. 11. 1976 (3 Ob OWi 84/76) BayVBl. 1977, 121
Ein Fischerei- bzw. Fischzuchtbetrieb ist kein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von Art. 83 Abs. 1 Nr. 12 Buchst, b BayBO.
46. BayVGH U vom 23. 11. 1976 (Nr. 66 II 74) rkr. BayVBl. 1978, 635
Die Haltung von Rot- und Damwild im Außenbereich für Zwecke eines Schaugeheges rechtfertigt nicht die Errichtung einer Einfriedung und einer Hütte hierfür.
47. BayVGH U vom 24. 11. 1976 (Nr. 272 II 74) rkr., BayVBl. 1977, 180
a) Ein Zaun für die Weidewirtschaft ist nur dann im Außenbereich privilegiert, wenn er der üblichen Gestaltung von Weidezäunen entspricht. b) Eine Anordnung zur Beseitigung mehrerer baulicher Anlagen darf mit der Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes verbunden werden, das auch dann zur Zahlung fällig wird, wenn nur ein Teil der Anlagen nicht rechtzeitig beseitigt wird; die Höhe des Zwangsgeldes muß dem einzelnen Objekt angemessen sein.
48. BayVGH U vom 15. 12. 1976 (Nr. 99 II 75) rkr., BayVBl. 1977, 212
Keine zureichende Erschließung eines Wohnbauvorhabens im Außenbereich bei Trinkwasserversorgung nur durch Hausbrunnen.
49. OVG Lünbeburg U vom 19. 1. 1977 (I A 78/75) DÖV 1978, 217
a) Zu den „zulässigerweise errichteten Gebäuden" im Sinne des § 35 Abs. 5 Nr. 2 BBauG n. F. gehören auch Gebäude, die tatsächlich genehmigt worden sind, auch wenn sie bei rückschauender Beurteilung mit dem damaligen materiellen Recht nicht vereinbar waren. b) Die Absicht, ein neues Gebäude an Stelle eines abgebrannten zu errichten, wird „alsbald" geäußert, wenn der Bauantrag 16 Monate nach dem Brand gestellt wird. Es kommt nicht darauf an, ob dies vor oder nach Inkrafttreten der Novelle zum BBauG geschehen ist. c) Ein „vergleichbares neues Gebäude" im Sinne des § 35 Abs. 5 Nr. 2 BBauG muß dem abgebrannten in der Größe, Nutzung und Funktion entsprechen. Das ist nicht der Fall, wenn der frühere Jagdpächter nach der Zerstörung der Jagdhütte durch Brand die Jagdpacht aufgegeben hat und nun das Gebäude als Wochenendhaus oder Wohnhaus wieder aufbauen will.
50. OVG Lüneburg U v. 10. 6. 1977 (I A 88/76) rkr., DÖV 1978, 219
Eine wesentliche Änderung einer baulichen Anlage kann sowohl durch Art und Umfang der mit der Nutzungsänderung verbundenen Baumaßnahme als auch allein durch die Änderung der die bauliche Anlage prägenden Nutzung bewirkt werden.
51. BayVGH U vom 11. 7. 1978 (Nr. 39 XV 77) rkr. BayVBl. 1979, 281
Zu den „öffentlichen Belangen" im Sinne des § 35 Abs. 3 BBauG können im Einzelfall auch die Belange des Denkmalschutzes zählen.
52. OVG Münster U v. 11. 7. 1977 (X A 2101/76) nicht rkr. DOV 1978, 223 a) Um ein „vergleichbares" Gebäude i. S. d. § 35 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 BBauG handelt es sich jedenfalls dann nicht, wenn das neue Gebäude gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude (Altbau) nicht nur geringfügig erweitert worden ist. Es stellt keine nur geringfügige Erweiterung dar, wenn die von dem neuen Gebäude in Anspruch ge-
314
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§ 3 5 10
nommene überbaute Grundfläche erheblich größer ist als die überbaute Grundfläche des Altbaus. b) Der vollständige Abbruch eines insgesamt formell und materiell baurechtswidrigen Gebäudes kann allenfalls dann nicht gefordert werden, wenn es teilweise genehmigungsfähig ist, wenn sich ferner der Behörde die für einen Teilabbruch in Betracht kommenden Teile des Baukörpers aufdrängen und wenn sich schließlich der Teilabbruch baulich ohne weiteres, insbesondere ohne genehmigungspflichtige Bauarbeiten zur Schaffung des Restbaukörpers, durchführen läßt.
53. BayVGH U vom 19. 9. 1977 (Nr. 61 XV 75) rKr. BayVBl. 1978, 55
Eine Jagdhütte ist ein einfacher Bau, dessen Größe, Lage, Gestaltung und Ausstattung sich ausschließlich nach den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Jagdausübung richten.
54. OVG Lünbeburg U v. 17. 3. 1978 (I A 176/75) nicht rKr., DÖV 1979, 224 Ein Altenteilerhaus dient einem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb jedenfalls dann nicht, wenn die landwirtschaftliche Betätigung nicht einen wesentlichen Teil der Existenzgrundlage bildet.
55. BayVGH U vom 27. 10. 1978 (Nr. 79 VIII 78) rKr., BayVBl. 1979, 406
a) Kiesgruben zählen wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umwelt und wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung zu den privilegierten Vorhaben. b) Auch privilegierten Vorhaben können, je nach dem Gewicht der von ihnen berührten öffentlichen Belange, die in § 35 Abs. 2 BBauG beispielhaft aufgezählten öffentlichen Belange entgegengehalten werden. c) Zur Auslegung der Soll-Vorschrift des Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG.
56. OVG Lüneburg U v. 20. 11. 1978 (I A 45/78) DÖV 1979, 219 = BauR 1979, 125 a) Die Genehmigung einer Nutzungsänderung nach §35 Abs. 4 BBauG 1976 ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie bereits verwirklicht und daher nicht mehr beabsichtigt ist. b) Für ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude (hier: Stall), das durch ein außergewöhnliches Ereignis zerstört worden ist, kann kein Ersatzbau mit geänderter Nutzung (hier: Ferienwohnungen) zugelassen werden.
315
§36 1
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
§36 Beteiligung
der Gemeinde und der höheren
Verwaltungsbehörde
(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verwaltungsverfahren über die Zulässigkeit nach den §§ 33 bis 35 entschieden wird; § 29 Satz 4 und Vorschriften über gesetzliche Planfeststellungsverfahren bleiben unberührt. In den Fällen der §§ 33 und 35 Abs. 2 , 4 und 5 ist auch die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich. (2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden. Die höhere Verwaltungsbehörde kann für bestimmte Fälle allgemein festlegen, daß ihre Zustimmung nicht erforderlich ist. 1. Entwicklung der Vorschrift. a) Die Bauordnungen der Länder haben als Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Errichtung und Änderung von Bauanlagen grundsätzlich einer Genehmigungspflicht unterstellt und nur in Ausnahmen wegen Geringfügigkeit hiervon freigestellt. § 29 BBauG führte zusätzlich die aus planerischen Gründen genehmigungs- (bzw. zustimmungs-) bedürftige „Nutzungsänderung von baulichen Anlagen" auf. Die im Zuge des BBauG erfolgten Neufassungen der Länderbauordnungen (u. a. wurde das Baulinienverfahren als zur Ortsplanung gehörig nunmehr vom BBauG erfaßt!) tragen der Trennung von Sicherheitsrecht und dem der konkurrierenden Gesetzgebung angehörigen und nun vom Bund beanspruchten Planungsrecht Rechnung. Durch die wichtigen Bestimmungen des § 31 (Ausnahmen u n d Befreiungen bei Vorhaben innerhalb des festgesetzten BebPlans) und des § 36 Abs. 1 (Zulässigkeit von Vorhaben — § 29 — während der Planaufstellung — § 33 —, innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile — § 34 — und im Außenbereich — § 35 —), die besagen, daß die Baubehörde — mit Ausnahme des Normalfalles des § 30 (Vorhaben entsprechend den Festsetzungen des BebPlans bei gesicherter Erschließung) — Vorhaben nur noch im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigen kann, wurde in das bauaufsichtliche Verfahren die Gemeinde als mitbestimmende Behörde mit einbezogen. Die Bestimmung, daß über Vorhaben während der Planfeststellung innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und im Außenbereich nur im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden werden darf, hat ihren Ausgangspunkt in der gesetzgeberischen Überlegung, daß die Gemeinden für die städtebaulichen, ortsplanerischen und erschließungsrechtlichen Fragen verantwortlich 316
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§36 2
sind und daß ihnen deswegen ein Mitspracherecht im Baugenehmigungsverfahren, in dem auch diese Fragen behandelt werden, eingeräumt werden muß. Die in § 36 vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient dazu, die gemeindliche Planungshoheit zu sichern und die Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Planungshoheit, und damit als Trägerin eigener Rechte einzubeziehen (vgl. BVerwG U vom 19.11. 1965, BVerwGE 22, 342, Rspr. 6 A 1, und vom 6. 12. 1967, Rspr. 6 A 5). b) Durch die Novelle vom 6. 7.1979 wurde § 36 erweitert. Zum einen erhielt Abs. 1 einen weiteren Satz (neu 2) aus folgendem Grund: Bei bestimmten Vorhaben wird die bauaufsichtliche Genehmigung von der für dieses Vorhaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigung mitumfaßt, so z. B. bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Auch in diesen Fällen kann nun die Genehmigung erst erteilt werden, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erklärt hat. Im einzelnen siehe unter Nr. 2 c. Ferner wurde in einem neuen Satz 1 des Abs. 2 für die notwendigen Rechtshandlungen von Gemeinde und höherer Verwaltungsbehörde („Einvernehmen" und „Zustimmung") die Fiktion nach zwei Monaten zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigungen eingeführt (siehe unten bei Nr. 4). 2. Beteiligung der Gemeinde im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens (Abs. 1) a) Die gesetzlich notwendige Beteiligung der Gemeinde — sie muß zu den Vorhaben nach §§ 33, 34 und 35 ihr Einvernehmen erteilen, wenn sie zur Genehmigung kommen sollen — entspringt ihrer Planungshoheit (§ 2). Dieses Mitwirkungsrecht der Gemeinde ist nicht nur formellrechtlicher, sondern materiellrechtlicher Natur. Das bedeutet, daß eine von der Baubehörde — versehentlich — unter Nichtbeachtung der mangelnden bzw. verneinenden Zustimmung der Gemeinde oder der höheren. Verwaltungsbehörde ergangene Baugenehmigung mit Recht wieder aufgehoben werden kann. b) Es wurde bereits ausgeführt (vgl. Erl. 1 bei §31), daß die mangelnde Kongruenz der beiden Behörden einen Bauantrag zur Ablehnung kommen lassen muß, daß aber im Falle der negativen Haltung der Baubehörde zum Baugesuch eine positive Einstellung der Gemeinde diese nicht zu einer Anfechtung der Ablehnung des Baugesuchs im Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren berechtigt. Die Auffassung, daß die Baugenehmigungsbehörde gar nicht verpflichtet sei, sich mit der Gemeinde in Verbindung zu setzen, wenn sie von vornherein einem Vorhaben die Genehmigung versagen will, wird vom Wortlaut des Abs. 1 nicht gedeckt, Die Vorschrift spricht ganz allgemein aus, daß über die Zulässigkeit im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden ist. Eine Unterlassung der Beteiligung der Gemeinde verletzt diese in ihren Rechten (BVerwG U vom 19. 11. 1965, Rspr. 6 A 1). 317
§36 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen versagt und dieses ausschließlich auf sicherheits- oder verkehrsrechtliche und nicht auf städtebauliche, planungs- sowie erschließungsrechtliche Erwägungen stützt, liegt ein Fall des § 36 BBauG nur dann vor, wenn Satz 2 gegeben ist („andere Verwaltungsverfahren") und das Vorhaben sich innerhalb der §§ 33, 34 oder 35 bewegt. c) Satz 2 ist notwendig geworden, nachdem das BVerwG mit Urteil vom 11.2. 1977 (Rspr. A 16) das Erfordernis des Einvernehmens der Gemeinde bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in Auslegung der hier getroffenenRegelung verneint hat. Wird dagegen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden, wird die Baugenehmigung durch die Planfeststellung ersetzt (Konzentrationswirkung der Planfeststellung). Im Planfeststellungsverfahren werden die Belange der Gemeinde ausreichend berücksichtigt, so daß es ihres Einvernehmens nicht bedarf; in den in § 38 genannten Fällen würde das Einvernehmen auch mit der dort getroffenen Regelung nicht vereinbar sein. Dieser Rechtslage trägt Satz 2 Halbsatz 2 Rechnung. Ferner ist hier § 29 Satz 4 genannt. Diese Vorschrift nimmt die in § 29 Satz 3 bezeichneten Vorhaben, soweit sie der Bergaufsicht unterliegen, von § 36 aus. Dies entspricht auch der vorherigen Rechtslage. Satz 2 findet entsprechende Anwendung auch für das Einvernehmen der Gemeinde bei Ausnahmen und Befreiungen (vgl. § 31 Abs. 3). d) Entscheidet eine kreisfreie Gemeinde im Rahmen der §§ 33 bis 35 BBauG über ein Baugesuch, so wird sie in einer doppelten Funktion tätig, als Baugenehmigungsbehörde im übertragenen Wirkungskreis und als Trägerin der Planungshoheit nach § 36 Abs. 1 BBauG. Will eine kreisfreie Gemeinde in den Fällen der §§ 34 und 35 BBauG die Baugenehmigung wegen Verweigerung ihres Einvernehmens (§ 36 Abs. 1 BBauG) versagen, so muß sie im Ablehnungsbescheid zum Ausdruck bringen, daß der Entscheidung ihre Willensentschließung als Trägerin der Planungshoheit zugrunde liegt (vgl. BayVGH U vom 14. 12. 1967 Rspr. 6 B 6). Dies ist deshalb erforderlich, damit ein etwa rechtswidriges versagtes Einvernehmen alsbald im Wege der Rechtsaufsicht ersetzt werden kann. Die Unterscheidung zwischen Baugenehmigung und Erteilung des Einvernehmens ist vor allem auch für die etwaige Anfechtung des Bescheides von Bedeutung. Auf den Widerspruch des Baugesuchstellers gegen einen ablehnenden Bescheid der kreisfreien Gemeinde in der Bausache kann die Widerspruchsbehörde nur die Versagung des Baugenehmigungsbescheids aufheben, dagegen nicht das Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Die Zustimmung ist eine in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde fallende Willenserklärung. Im Falle ihrer rechtswidrigen Verweigerung kann die Erklärung des Einvernehmens nur im Wege der Rechtsaufsicht herbeigeführt werden. Bzgl. der verwaltungsgerichtlichen Anfechtung siehe Erläut. 5 a. Jedenfalls entscheiden die Gerichte incidenter über die Rechtmäßigkeit auch der gemeindlichen 318
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§36 3
Willenserklärung, wenn sie feststellen, daß die Ablehnung der Gemeinde rechtswidrig war; in diesem Fall ist nämlich auch die Zustimmung der Gemeinde verweigert worden. Der Unterschied gegenüber der Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde liegt darin, daß die Gemeinde im gerichtlichen Verfahren beigeladen werden muß (notwendige Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO - vgl. BVerwG U vom 22. 4. 1966, Rspr. 5 A 3) und das Urteil somit auch ihr gegenüber Rechtskraft erlangt. Dadurch, daß sich die Rechtskraftwirkung des Urteils auf die Gemeinde erstreckt, wird dieser gegenüber rechtskräftig festgestellt, daß die Baugenehmigung zu Unrecht verweigert wurde, weshalb die Gemeinde sich nicht mehr darauf berufen kann, ihre Zustimmung zu Recht verweigert zu haben. 3. Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2) a) Zustimmung als Grundvorschrift (Abs. 1 Satz 3) Oben wurde bei § 33 (Zulässigkeit von Vorhaben während der Aufstellung des Beb Plans) und bei § 35 Abs. 2 (Zulassung von sonstigen Vorhaben im Außenbereich) dargelegt, daß zusätzlich die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist. Durch die Beschleunigungsnovelle von 1979 wurde die ursprünglich in Satz 2 des Abs. 1 von § 36 enthaltene Zustimmungspflicht aus Klarstellungsgründen im neuen Satz 3 auch auf die Abs. 4 bis 6 des § 35 ausgedehnt. Die Vorschrift besagt, daß für die in den genannten Bestimmungen genannten allgemeinen Ausnahmetatbestände die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist. Auch in diesen Fällen steht der Gemeinde, die hier im Rahmen der Entscheidung über die Baugenehmigung nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt wird, keine Befugnis zu, im verwaltungsrechtlichen Verfahren sich gegen die Verweigerung der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zu wenden. b) Verzicht auf Zustimmung (Abs. 2 Satz 2) Die frühe Regelung des alten Abs. 2 wurde durch die Novelle 1979 in geänderter Fassung in Abs. 2 Satz 2 übernommen. Der Verzicht auf die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde kann in bestimmten Fällen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren beitragen. Durch den Fortfall der vormaligen Beschränkung auf „genau begrenzte" Fälle kann die Vorschrift für die Praxis eine größere Bedeutung erhalten. Aus der geltenden Fassung wurde vielfach eine starke Einengung entnommen. Die Neufassung stelle daher auf „bestimmte" Fälle ab. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der einzelnen Genehmigungstatbestände, für die" die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde an sich erforderlich ist (§§ 33 und 35 Abs. 2, 4 und 5), werden dadurch nicht berührt. Durch die Verweisung auf diese Regelung in § 31 Abs. 3 gilt dies auch für das Zustimmungserfordernis der höheren Verwaltungsbehörde bei der Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2. 319
§36 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
c) Andere Zuständigkeit Durch Landesrecht kann auch § 147 Abs. 2 die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde auch in den Fällen des § 33 und § 35 Abs. 2, 4 und 5 auf andere staatliche Behörden übertragen werden. d) Über die Fiktion der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde siehe nachfolg, bei Nr. 4. 4. Fiktion des Einvernehmens der Gemeinde und der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (Abs. 2 Satz 1) Auch Abs. 2 Satz 1 will der Beschleunigung dienen. § 31 Abs. 3 verweist auf die positive Fiktion, die nach Ablauf zweier Monate nach Eingang des „Ersuchens" der Gemeindebehörde eintritt, wenn nicht vorher die verweigernde Erklärung erfolgt ist. Werden Anträge bei der Gemeinde eingereicht, wird sie wie vorher in der Praxis der Weitergabe des Antrags an die Genehmigungsbehörde ihre Stellungnahme beifügen. In diesen Fällen — und das ist in der Praxis die Regel — wird daher ein förmliches Ersuchen der Genehmigungsbehörde gegenüber der Gemeinde nicht erforderlich werden (RegE BT-DS 8/2451, zu Nr. 12, S. 24). Unter „Ersuchen" ist die Vorlage durch die Genehmigungsbehörde (untere Verwaltungsbehörde bzw. kreisfreie Gemeinde) zu verstehen. Für den betroffenen Staatsbürger kann es bisweilen schwierig sein, die internen Vorgänge der Vorlage durch die untere an die höhere Behörde zu verfolgen und nachzuprüfen. U. U. kann nur eine Feststellungsklage beim VG Klärung bringen, ob die positive Fiktion eingetreten ist. 5. Rechtsnatur der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde („mehrstufiger Verwaltungsakt") a) Die mit dem „mehrstufigen Verwaltungsakt" zusammenhängenden Fragen beschäftigten Rechtsprechung und Rechtslehre lange Zeit (vgl. VerwArch. 50, 397; DVB1. 1953, 96). Bei den mehrstufigen Verwaltungsakten unterscheidet man solche mit vertikaler Bindung, in denen die Aufsichtsbehörde notwendigerweise eingeschaltet ist, und solche horizontaler Bindung, in denen irgendeine andere Behörde mitzuwirken hat; jedenfalls ist in beiden Fällen nur eine Behörde federführend. Das BBauG kennt beide Arten, und zwar in §§ 19, 31, 36. Die Rechtsfrage, ob die Mitwirkung der anderen Behörden ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt oder ein Behördeninternum darstellt, ist geklärt. Einvernehmen und Zustimmung sind verwaltungsinterne, nicht selbständig anfechtbare Handlungen; vgl. die drei einschlägigen U des BVerwG vom 28.5. 1963 (I C 247.58 - BVerwGE 16, 116 - DVB1. 1963, 815 = NJW 1963, 2088 = MDR 1963, 950 = DÖV 1964, 668 = BBauBl. 1963, 536; I C 99.59 - BVerwGE 16, 133 - MDR 1963, 953 und I C 248.58). 320
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§36 7
Das BVerwG hat sich auch unmittelbar mit den Rechtsfragen aus § 36 BBauG befaßt und die Beteiligungsform des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 als eine lediglich innerbehördliche Beteiligung der Zweitbehörde (Gemeinde) erklärt; die Befugnis zum Erlaß des Verwaltungsaktes (Baugenehmigung) gegenüber dem Bürger kommt allein der Erstbehörde (Baugenehmigungsbehörde) zu; aus § 3 6 Abs. 1 BBauG ergibt sich für die Baugenehmigungsbehörde die materielle Verpflichtung, ohne das Einverständnis der Gemeinde die beantragte Baugenehmigung zu versagen; mit der Nichtachtung der Beteiligung der Gemeinde verletzt die Baugenehmigungsbehörde nicht nur eine in § 36 Abs. 1 BBauG ihr auferlegte Verfahrenspflicht, sondern greift möglicherweise auch sachlich in das — noch offene — Planungsrecht der Gemeinde ein; eine allfällige rechtswidrige Verweigerung des Einvernehmens seitens der Gemeinde kann durch die Rechtsaufsichtsbehörde nur im Wege der Rechtsaufsicht ersetzt werden, nicht jedoch im Baugenehmigungsverfahren; die Verwaltungsgerichte sind jedoch bei einer Klage gegen die Ablehnung des Bauantrags berechtigt, diese Entscheidung im Rahmen des gerichtlichen Überprüfungsverfahrens zu treffen (BVerwG U vom 19. 11. 1965, BVerwG 22, 342, Rspr. 6 A 1). Daß das fehlende Einvernehmen der Gemeinde rechtsaufsichtlich herbeigeführt werden kann, bejaht das BVerwG auch im U IV C 133.65, DVB1. 1966, 181, ebenfalls vom 19. 11. 1965, Rspr. 6 A2).
Diese Entscheidungen bedeuteten einen Abschluß der Erörterungen zum Problem des mehrstufigen Verwaltungsakts in bezug auf das BBauG durch das höchste deutsche Verwaltungsgericht. Die Literatur stimmt mit dieser Rspr. im wesentlichen überein. 6. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 c) In den Fällen, in denen nach § 36 das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich sind und vor dem 1. 8. 1979 das Ersuchen um das Einvernehmen oder die Zustimmung bei der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde eingegangen und darüber nicht entschieden ist, beginnt der Lauf der in § 36 Abs. 2 bezeichneten Fristen am 1. 10. 1979. Das gleiche gilt, wenn das Ersuchen bis zum 30.9. 1979 eingeht und darüber vor Ablauf dieser Frist nicht entschieden wird (§ 183 c). 7. Rechtsprechung Außer der in Nr. 5 genannten Rspr. zum mehrstufigen Verwaltungsakt sind zu § 36 BBauG folgende Entscheidungen auszuführen: A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 19. 11. 1965 (IV C 184.65) BVerwGE 22, 342 = N J W 1966, 513 = DVB1. 1966, 177 = DÖV 1966, 243 = BayBgm. 1966, 46 321
§36 7
3. Teil. Regelung der baulichen u n d sonstigen N u t z u n g
a) Erteilt die (staatliche) Baugenehmigungsbehörde einen Bauwerber die nachgesuchte Baugenehmigung o h n e das gesetzlich erforderliche Einvernehmen mit der Gemeinde, so ist die G e m e i n d e in ihren Rechten verletzt. b) E b e n s o wie bei der Beteiligungsform der Z u s t i m m u n g nach § 9 Abs. 2 Bundesfernstraßengesetz u n d § 12 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz ist die Baugenehmigungsbehörde bei der Beteiligungsform des Einvernehmens mit der G e m e i n d e bei Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben nach §§ 33 bis 35 BBauG allein zur Regelung des Anspruchs des Bürgers auf Verwirklichung seines Bauvorhabens durch Verwaltungsakt berufen. c) Die Baugenehmigungsbehörde ist aber — unbeschadet der rechtlichen Möglichkeit der Ersetzung des Einvernehmens der G e m e i n d e bei rechtswidriger Versagung im Wege der Rechtsaufsicht — gehindert, eine Baugenehmigung auszusprechen, solange die G e m e i n d e ihr Einvernehmen nicht erklärt hat. d) D a s Erfordernis des Einvernehmens der G e m e i n d e bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Bauvorhaben der §§ 33—35 BBauG besteht auch d a n n , wenn die Baugenehmigungsbehörde zur Auffassung k o m m t , d a ß das Einvernehmen der Gemeinde rechtswidrig versagt wird; auch in diesen Fällen m u ß die Baugenehmigung — unbeschadet der Möglichkeit der Ersetzung des Einvernehmens der G e m e i n d e im Wege der Rechtsaufsicht — versagt werden. e) Allein aus dem U m s t a n d , d a ß die G e m e i n d e im Zeitpunkt der Einreichung des Baugesuchs ihre Planungshoheit noch nicht oder noch nicht vollständig ausgeübt hat, kann ein Verzicht der G e m e i n d e auf ihr Recht zum Einvernehmen aus § 36 Abs. 1 BBauG nicht hergeleitet werden.
2. BVerwG U vom 19. 11. 1965 (IV C 133.65) DVB1. 1966, 181 a) O h n e das nach § 36 Abs. 1 BBauG erforderliche Einvernehmen der G e m e i n d e k a n n die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben nach §§ 33 bis 35 nicht genehmigen. Dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, das Einvernehmen der G e m e i n d e im Wege der Rechtsaufsicht herbeizuführen. b) Gegen die mangels Einvernehmens ausgesprochene Versagung der Baugenehmigung k a n n der bauwillige Bürger verwaltungsgerichtlich vorgehen. Die Verwaltungsgerichte k ö n n e n gegebenenfalls die Versagung des Einvernehmens für rechtswidrig erklären u n d die Baugenehmigungsbehörde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichten.
3. BVerwG U vom 22.4. 1966 (IV C 17.65) NJW 1966, 1530 = DVB1. 1966, 792 a) Die am Baugenehmigungsverfahren gem. § 36 Abs. 1 BBauG beteiligte Gem e i n d e ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gem. § 65 Abs. 2 V w G O beizuladen (notwendige Beiladung). b) Das Unterlassen der notwendigen Beiladung in der letzten Tatsacheninstanz führt zur Rückverweisung der Sache von Amts wegen (im Anschluß an BVerwGE 16, 23).
4. BVerwG U vom 25. 10. 1967 (IV C 129.65) BVerwGE 28, 145 = DÖV 1968, 324 D a s E i n v e r n e h m e n der G e m e i n d e im Baugenehmigungsverfahren ist kein Verwaltungsakt (Bestätigung u n d Fortentwicklung von BVerwGE 22, 342, oben Nr. 1).
322
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§36 7
5. BVerwG U vom 6. 12. 1967 (IV C 94.66) BVerwGE 28, 268 = M D R 1968, 521 = D Ö V 1968, 322 = DVB1. 1968, 651 = BBauBl. 1968, 470 = Z M R 1969, 185 Die in § 36 Abs. 1 BBauG vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient lediglich der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit, nicht dagegen den Interessen einzelner Grundstückseigentümer. 6. BVerwG U vom 29. 5. 1968 (IV C 24.66) D Ö V 1969, 145 = N J W 1968, 2351 Das Einvernehmen der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren ist behördenintern zu erklären; zum Erlaß eines Verwaltungsaktes ist nur die Baugenehmigungsbehörde befugt (Auseinandersetzung mit der Kritik an BVerwGE 22, 342, s. oben Nr. 1). 7. BVerwG U vom 28. 6. 1968 (IV C 11.65) D Ö V 1969, 206 a) Zur Bindung der Planfeststellungsbehörde an sachlich-rechtliches Landeswegerecht bei Aufhebung eines öffentlichen Überweges im Planfeststellungsverfahren nach § 36 BBauG. b) Der Planfeststellungsbeschluß ermächtigt nicht zum Vollzug im Wege des tatsächlichen Eingriffs in private Rechte. 8. BVerwG B vom 11. 11. 1968 (IV B 55.68) D Ö V 1969, 146 Lehnt die mit der Gemeinde identischen Baugenehmigungsbehörde eine Genehmigung allein unter Berufung auf § 35 Abs. 3 BBauG ab, so läßt sich daraus nicht schließen, daß sie gleichzeitig ihr Einvernehmen verweigern wollte. 9. BVerwG U vom 14. 2. 1969 (IV C 82.66) GemTag 1969, 201 BayVBl. 1969, 244 Eine Gemeinde hat ein Recht auf Beteiligung an einem Verfahren, das eine überörtliche Planung mit Auswirkungen auf den örtlichen Bereich der Gemeinde zum Gegenstand hat. 10. BVerwG U vom 13. 6. 1969 (IV C 80.67) DVB1. 1970, 60 = VerwRspr. Bd. 20 S. 828 Ein Fall der notwendigen Beiladung der Gemeinde liegt nicht vor, wenn ein Nachbar gegen eine Baugenehmigung klagt, für die die Gemeinde das nach § 36 Abs. 1 BBauG erforderliche Einvernehmen nicht erklärt hat. 11. BVerwG B vom 16. 12. 1969 (IV B 121.69) D Ö V 1970, 349 a) Aus der Tatsache, daß die Gemeinde bei ihrer Mitwirkung im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BBauG „in Ausübung ihrer Planungshoheit handelt" (BVerwGE 28, 145 [147]), folgt nicht, daß ihr in diesem Zusammenhang eine bestimmte sachgegebene Entscheidungsfreiheit zusteht. b) § 36 Abs. 1 Satz 1 BBauG fordert die dort vorgesehene förmliche Handhabung nicht, wenn die Gemeinde selbst für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist (im Anschluß an BVerwGE 28, 268 [271 f.]). c) Daraus, daß die Gemeinde nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BBauG ihr Einvernehmen erklärt hat, ergibt sich für die Baugenehmigungsbehörde kein Hindernis, die beantragte Baugenehmigung dennoch zu versagen.
323
§36 7
33
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
12. BGH U vom 17. 9. 1970 (III ZR 4/69) DVB1. 1971, 319 = MDR 1971,
Zu der Frage, ob die Gemeinde an ihr — dem Bauwilligen bekanntgegebenes — Einvernehmen gebunden ist.
13. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 19.70) DÖV 1972, 167
Eine Behörde, von deren Zustimmung das materielle Recht die Zulässigkeit einer bestimmten Genehmigung abhängig macht, kann als Beigeladene gegen die Genehmigungsbehörde zur Erteilung der Genehmigung verpflichtendes Urteil Berufung einlegen.
14. BVerwG U vom 21. 6. 1974 (IV C 17.72) DÖV 1974, 817
a) Die Klage einer Stadt auf Aufhebung des sie zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtenden Widerspruchsbescheides ihres Stadtrechtsausschusses ist unzulässig. b) Läßt der Stadtrechtsausschuß als Widerspruchsbehörde eine Ausnahme von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes zu, so braucht er nicht das in § 31 Abs. 1 B B a u G vorgesehene Einvernehmen der Stadt einzuholen. c) Die Stadt kann in ihrem Recht auf Ausübung der Planungshoheit nicht durch ein eigenes Organ verletzt werden.
15. BVerwG U vom 12. 11. 1976 (IV C 34.75) BayVBl. 1977, 409
a) Die höhere Verwaltungsbehörde (§ 36 Abs. 1 Satz 2 B B a u G ) ist nicht notwendig beizuladen, wenn Beklagter nicht eine Behörde, sondern ein Land ist, in dessen Verwaltungsorganisation die zuständige höhere Verwaltungsbehörde eingegliedert ist (Aufgabe der Ansicht im Urteil vom 13. 12.1974 - IV C 22.73 - DVB1. 1975, 504/506 und VerwRspr. 26 Nr. 208 S. 953/957). b) Ob im Widerspruchsverfahren die „reformation in peius" zulässig ist, ist nicht in der V w G O geregelt, sondern richtet sich nach dem jeweils anzuwendenden Bundesoder Landesrecht. Ihre Zulässigkeit ist bundesrechtlich begrenzt durch den Kernbestand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und von Treu und Glauben.
16. BVerwG U vom 11. 2. 1977 (IV C 9.75) BayVBl. 1977, 473 = DVB1. 1977, 770
a) § 36 Abs. 1 Satz 1 B B a u G ist in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht entsprechend anzuwenden. b) Die Gemeinde braucht in einem Verfahren, in dem auf die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung geklagt wird, nicht notwendig beigeladen zu werden. c) Die Änderung einer nach § 4 B I m S c h G genehmigungsbedürftigen Anlage ist — in dem nach § 15 B I m S c h G das Erfordernis einer Änderungsgenehmigung auslösenden Sinne — wesentlich, wenn durch sie die Schutzgüter der §§ 5 f. B I m S c h G in rechtserheblicher Weise berührt sein können. d) Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Änderungsgenehmigung ist — als unmittelbarer Prüfungsgegenstand — auf alle die Emissionen abzustellen, die mit der Änderung ursächlich verbunden sind. e) Belästigungen sind im Sinne von § 5 Nr. 1 B I m S c h G erheblich, wenn sie den davon Betroffenen nicht zuzumuten sind (im Anschluß an das Urteil vom 21. 5. 1976 — IV C 80.74 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 20). 324
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§36 7
B. VGH, OVG und andere Gerichte 1. OVG Lüneburg U vom 6. 7. 1962 (I A 61/62) DVB1. 1962, 757 Die im § 36 BBauG vorgesehene Mitwirkung der G e m e i n d e u n d der höheren Verwaltungsbehörde hat nicht die Eigenschaft eines eigenen Verwaltungsakts, sondern nur eines Verwaltungsinternums.
2. BayVGH U vom 27. 2. 1964 (Nr. 265 I 63) BayVBl. 1964, 409 Auch bei Einverständnis der G e m e i n d e nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BBauG darf ein Vorhaben nur genehmigt werden, wenn es nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig ist. Fehlt es hierzu, so ist der Antrag abzulehnen, o h n e d a ß wegen H e r b e i f ü h r u n g eines E i n v e r n e h m e n s nochmals an die G e m e i n d e herangetreten zu werden braucht.
3. Bad.-WürttVGH U vom 21.4.1964 (I 715/62) DÖV 1964, 788 = BBauBl. 1965, 176 Die Z u s t i m m u n g der höheren Verwaltungsbehörde gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 B B a u G stellt keinen Verwaltungsakt, sondern ein mit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht angreifbares Verwaltungsinternum dar.
4. OVG Rhld.-Pfalz U vom 30. 4. 1964 (1 A 66/63) nicht veröffentlicht Die G e m e i n d e k a n n gegen eine Baugenehmigung Klage erheben, wenn bei der Erteilung dieser G e n e h m i g u n g öffentlich-rechtliche Vorschriften a n z u w e n d e n sind, die neben der W a h r u n g allgemeiner öffentlicher Belange auch dem Schutz der b e s o n d e r e n Belange der G e m e i n d e n zu dienen bestimmt sind. Zu diesen Belangen gehören auch S t a n d o r t b e s t i m m u n g f ü r einen auszusiedelnden landwirtschaftlichen Betrieb.
5. OVG Lüneburg U vom 25.2. 1965 (I A 19/64) DVB1. 1965, 852 DÖV 1965, 533 D a s E i n v e r n e h m e n der G e m e i n d e im R a h m e n der G e n e h m i g u n g eines Vorhabens ist kein selbständiger Verwaltungsakt, sondern verfahrensrechtlich ein Internum. Die bei der G e n e h m i g u n g a n z u w e n d e n d e n , die örtliche Bauleitplanung b e t r e f f e n d e n materiellen Vorschriften sind jedoch mitbestimmend f ü r den Inhalt der gemeindlichen Planungshoheit. Die G e m e i n d e ist daher legitimiert, ihre Verletzung geltend zu machen.
6. BayVGH U vom 14. 12. 1967 (Nr. 103 II 66) BayVBl. 1968, 176 Will eine kreisfreie G e m e i n d e in den Fällen der §§ 34 u n d 35 B B a u G die G e n e h m i gung f ü r ein Bauvorhaben wegen Verweigerung ihres Einvernehmens (§ 36 Abs. 1 BBauG) versagen, so m u ß sie im Ablehnungsbescheid zum Ausdruck bringen, d a ß der Entscheidung ihre Willensentschließung als Trägerin der Planungshoheit z u g r u n d e liegt. Entsprechendes gilt, wenn die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens neben a n d e r e n öffentlichen Belangen mitbestimmend ist.
7. BayVGH U vom 27. 11. 1968 (Nr. 152 II 68) BayVBl. 1969, 141 Die nach § 36 Abs. 1 BBauG zur Mitwirkung b e r u f e n e G e m e i n d e m u ß zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch d a n n beigeladen werden, wenn sie gegen ein Baugesuch keine E i n w e n d u n g e n erhoben hat.
8. BayVGH U vom 23. 11. 1976 (Nr. 66 II 74) BayVBl. 1977, 150 In Verwaltungsstreitsachen, in denen der Freistaat Bayern Beklagter ist, bedarf es in den Fällen des § 36 Abs. 1 Satz 2 BBauG keiner Beiladung der höheren Verwaltungsbehörde.
325
§37
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
9. B a y V G H U vom 27. 7. 1977 (Nr. 397 II 74) BayVBl. 1978, 119 a) Bei einer Anschlußberufung des Vertreters des öffentlichen Interesses braucht sich der Berufungsantrag nicht gegen den Berufungsführer zu richten. b) Eine Werkzeugschleiferei ist nach § 34 BBauG n. F. unzulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung nach der vorhandenen Bebauung einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO entspricht.
10. O V G Münster B vom 12. 9. 1977 (X B 981/77) BBauBl. 1978, 145 a) Der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk hat im Rahmen von §§31 und 36 BBauG auch dann keine Mitwirkungsrechte, wenn im Baugenehmigungsverfahren die Anwendung eines durch den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk aufgestellten Bebauungsplanes überprüft wird. b) In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren fehlen in einem solchen Fall die Voraussetzungen für eine Beiladung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk.
§37 Bauliche Maßnahmen
des Bundes und der
Länder
(1) Macht die besondere öffentliche Zweckbestimmung für bauliche Anlagen des Bundes oder eines Landes erforderlich, von den Vorschriften dieses Gesetzes oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften abzuweichen und ist das Einvernehmen mit der Gemeinde nach den §§ 14, 31 oder 36 nicht erreicht worden, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. (2) Handelt es sich dabei um Vorhaben, die der Landesverteidigung, dienstlichen Zwecken des Bundesgrenzschutzes oder dem zivilen Bevölkerungsschutz dienen, ist nur die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich. Vor Erteilung der Zustimmung hat diese die Gemeinde zu hören. Versagt die höhere Verwaltungsbehörde ihre Zustimmung oder widerspricht die Gemeinde dem beabsichtigten Bauvorhaben, so entscheidet der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesministern und im Benehmen mit der zuständigen Obersten Landesbehörde. (3) Entstehen der Gemeinde infolge der Durchführung von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 Aufwendungen für Entschädigungen nach diesem Gesetz, so sind sie ihr vom Träger der Maßnahmen zu ersetzen. Muß infolge dieser Maßnahmen ein Bebauungsplan aufgestellt werden, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, so sind ihr auch die dadurch entstandenen Kosten zu ersetzen. (4) Sollen bauliche Anlagen auf Grundstücken errichtet werden, die nach dem Gesetz über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung vom 23. Februar 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 134), geändert durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Landbeschaffung vom 29. November 1966 (Bundesgesetzbl. I S. 653) beschafft werden, so sind in dem Verfahren nach § 1 Abs. 2 des Landbeschaffungsgesetzes alle von der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde nach den vorstehenden Absätzen 1 und 2 zulässigen Ein326
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§37 2
Wendungen abschließend zu erörtern. Eines Verfahrens nach Absatz 2 bedarf es in diesem Falle nicht. 1. Sonderbehandlung baulicher Anlagen eines Landes oder des Bundes (Ans. 1) Ungeachtet dessen, daß die baulichen Anlagen des Bundes und der Länder im Bauordnungsverfahren besonders behandelt werden (vgl. die entsprechenden Bestimmungen der Länder-Bauordnungen), gelten für sie nach § 37 grundsätzlich die gleichen städtebaulichen Voraussetzungn wie für die sonstigen Vorhaben. Oftmals erfordert jedoch die besondere öffentliche Zweckbestimmung des Bauvorhabens eine Abweichung von den gesetzlich festgelegten Anforderungen. Ist das notwendige Einvernehmen mit der Gemeinde (hier auch nach § 14, also bei Ausnahmen von einer Veränderungssperre) nicht erreicht worden, so ist der höheren Verwaltungsbehörde (vgl. hierzu § 147 Abs. 3 ; auch eine oberste Landesbehörde kann durch Landesrecht für zuständig erklärt werden) die Entscheidung zu übertragen (Abs. 1). Stimmt die Gemeinde dem Projekt zu, dann bedarf es der Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde nicht, die Sache bleibt bei der sonst zuständigen Bauordnungsbehörde. Nach den vorangegangenen Ausführungen, insbesondere bei §§ 14, 31, 34 und 36, steht der Gemeinde auch im Falle der Genehmigung des Bauvorhabens durch die höhere Verwaltungsbehörde kein geschütztes Recht zu, im Verwaltungsrechtsweg gegen diese Entscheidung anzugehen. Im Falle der Ablehnung kann die antragstellende Behörde des Landes oder Bundes (bzw. das Land — Fiskus — oder der Bund) den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. 2. Vorhaben der Landesverteidigung, des Bundesgrenzschutzes und des zivilen Bevölkerungsschutzes (Abs. 2) Im Kern ähnlich ist die Regelung bei Vorhaben der Landesverteidigung, des Bundesgrenzschutzes (auf dienstlicher Ebene — also nicht Wohnungen für Familien von Angehörigen des B G r S c h ) und des zivilen Bevölkerungsschutzes (Luftschutz). Hier ist nur eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich, d. h. die Bauordnungsbehörde ist gänzlich ausgeschaltet. Wie in den Fällen des Abs. 1 hat vor der Entscheidung die Gemeinde ihre Meinungsäußerung abzugeben. Stimmt sie dem Vorhaben zu, dann entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. Widerspricht die Gemeinde dem Vorhaben, so entscheidet der zuständige Bundesminister (bei Landesverteidigungsvorhaben der Bundesminister für Verteidigung, bei Vorhaben des Bundesgrenzschutzes und des zivilen Bevölkerungsschutzes der Bundesminister des Innern im Einvernehmen — also in gegenseitigem Einverständnis — mit allenfalls sonst beteiligten Bundesministern und der zuständigen Obersten Landesbehörde). Erteilt die höhere Verwaltungsbehörde 327
§37 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
trotz Einverständnis der Gemeinde ihre Zustimmung nicht, dann entscheidet wie in den Fällen des Widerspruchs der Gemeinde der zuständige Bundesminsiter im Einvernehmen mit den eben genannten Stellen. Mehr als ein Anhörungsrecht kommt der Gemeinde nach Abs. 1 im Ergebnis nicht zu, weil im Falle ihres Widerspruchs die Entscheidung sofort allein auf die höhere Verwaltungsbehörde übergeht. Während also in den Fällen des Abs. 1 die höhere Verwaltungsbehörde bei Widerspruch der Gemeinde selbständig entscheidet, verliert sie in einem Fall des Abs. 2 bei Widerspruch der Gemeinde oder bei ablehnender Haltung ihre Entscheidungsbefugnis sofort an den zuständigen Bundesminister. 3. Ersatzanspruch der Gemeinde (Abs. 3) Soweit die Gemeinde bei einer Durchführung von Maßnahmen nach Abs. 1 und 2 einem Dritten Entschädigung (vgl. §§ 40 ff.) zu leisten hat oder soweit durch solche Maßnahmen mit Kosten verbundene bestimmte Planungsmaßnahmen, und zwar Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Beb PI. (nicht eines F1NP1.) erforderlich werden, muß der Träger der Maßnahmen (Bund oder Land) ihr diese ersetzen. Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und dem Träger über Art und Höhe des Ersatzes gehen mangels einer ausdrücklichen Aufführung in § 157 Abs. 1 nicht an die Baulandkammern (Baulandsenate), sondern, da es sich bei Bund und Land um öffentlich-rechtliche Träger handelt, an die Verwaltungsgerichte (§ 40 VwGO). Eine Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte ist deshalb auch nicht gegeben. 4. Sonderbehanldung von Vorhaben auf dach dem Landbeschaffungsgesetz zu beschaffenden Grundstücken (Abs. 4) Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung entfällt bei Vorhaben der Landesverteidigung u. ä. ein Verfahren nach Absatz 2, wenn ein Beschaffungsverfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz anhängig gemacht werden muß. Sämtliche Einwendungen der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 und 2 sind im Landbeschaffungsverfahren abschließend zu erörtern. 5. Rechtsprechung O V G Münster B vom 24. 11. 1967 ( X B 627/67) DVB1. 1968, 526
a) Bauvorhaben des Bundes, die der Landesverteidigung dienen, unterliegen unter den weiteren Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 BauO N W dem Zustimmungsverfahren. b) Für sie gelten auch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 30 bis 37 BBauG. c) Widerspricht die Gemeinde dem Vorhaben und lehnen der öffentliche Bauherr und die im Zustimmungsverfahren zuständigen Behörden es ab, das Verfahren durchzuführen und dabei eine notwendige planungsrechtliche Zustimmung (§ 37 Abs. 2 B B a u G ) einzuholen bzw. zu erteilen, so wird die Gemeinde durch die Ausführung des Vorhabens in ihrem Recht zur örtlichen Bauleitplanung verletzt.
328
§38 1
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
d) Die Gemeinde kann in diesem Fall von dem öffentlichen Bauherrn die Einstellung einer bereits begonnenen Bauausführung bis zum Abschluß des Zustimmungsverfahrens Verlagen. e) Sie kann entsprechende Ansprüche nicht gegen Bauaufsichts- oder Ordnungsbehörden richten.
§38 Bauliche Maßnahmen
auf Grund von anderen
Gesetzen
Die Vorschriften des Bundesfernstraßengesetzes vom 6. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 903), des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 955), des Telegraphenwegegesetzes vom 18. Dezember 1899 (Reichsgesetzbl. S. 705), des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1113), des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 241), des Abfallbeseitigungsgesetzes vom 7. Juni 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 873) sowie des Gesetzes über den Bau und den Betrieb von Versuchsanlagen zur Erprobung von Techniken für den spurgeführten Verkehr vom 29. Januar 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 241) bleiben von den Vorschriften des Dritten Teiles unberührt. Das gleiche gilt bei Planfeststellungsverfahren für überörtliche Planungen auf den Gebieten des Verkehrs-, Wege- und Wasserrechtes nach landesrechtlichen Vorschriften, wenn die Gemeinde beteiligt worden ist. § 37 Abs. 3 ist anzuwenden. 1. Planfeststellungen nach anderen Gesetzen Diese Bestimmung dient der Klarstellung, daß die Vorschriften des Dritten Teils (§§ 39 bis 44) des BBauG auf solche Vorhaben keine Anwendung finden, über deren Zulässigkeit im Rahmen eines bundesrechtlichen SonderPlanfeststellungsverfahrens nach dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundesbahngesetz, dem Luftverkehrsgesetz und dem Personenbeförderungsgesetz (vom 21. 3. 1961) mit Änderungen vom 24. 8. 1965 (BGBl. I S. 906) und vom 8.5. 1969 (BGBl. I S. 348) entschieden worden ist. Die einschlägigen Vorschriften finden sich im im im im im
FStrG in §§ 16 bis 18 (beachte § 183 BBauG), Bundesbahngesetz in § 36, Luftverkehrsgesetz in §§ 8 bis 10, PBefG in §§ 28 bis 30, AbfG in §§ 20 ff.
Ob der Planung nach dem einen oder anderen Bundesgesetz der Vorrang gegeben werden kann bzw. muß, wenn die Planungsobjekte derart ineinandergreifen, daß eine gleichzeitige Planungsmöglichkeit nach dem einen oder 329
§38 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
anderen Bundesgesetz gegeben ist, kann nur nach dem Einzelfall beurteilt werden. Die Planungshoheit der Gemeinde nach dem BBauG wird im Rahmen des § 16 Abs. 2 FStrG berührt, wobei zu beachten ist, daß gemäß § 17 Abs. 3 FStrG und § 28 Abs. 3 PBefG Bebauungspläne nach § 9 BBauG die Planfeststellung — abgesehen von notwendigen Ergänzungen — ersetzen; eine Einschränkung des Planungsrechts der Gemeinde ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz. In diesem Zusammenhang ist ein U des BVerwG vom 20. 5. 1958 (I C 184, 57), BVerwGE 6, 339, bemerkenswert, das ausspricht, daß es den Grundsätzen einer geordneten baulichen Entwicklung nicht entspricht, durch Fernverkehrsstraßen Baugebiete zu erschließen. Vorhaben nach landesrechtlichen Planfeststellungsverfahren bleiben von den Vorschriften der §§ 29 bis 44 des BBauG nur dann unberührt, wenn sie a) überörtliche Planungen Verkehrs-, wege- und wasserrechtlicher Art betreffen und b) die Gemeinde beteiligt worden ist. Zu a): D a im BBauG die örtliche Planung von Bundes wegen abschließend geregelt ist, kann für landesrechtliche Planungen von vornherein nur noch Platz sein, wenn sie über die örtliche Planung hinausgehen und nur landesrechtliche Materien erfaßt werden. So hat § 38 ausdrücklich und ausschließend das Verkehrs-, Wege- und Wasserrecht genannt, wobei Verkehrsund Wegerecht hier zusammengefaßt zu betrachten sind (vgl. hierzu außer den Landesplanungsgesetzen von Nordrhein-Westfalen vom 11.3. 1950 und von Bayern vom 6. 2. 1970 das Bayerische Straßen- und Wegegesetz i. d. F. vom 2. 7. 1974 [GVB1. S. 333] und das Berliner Straßengesetz vom 11.7. 1957 [Berl. GVB1. S. 743]). Wenn schon wasserrechtliche Planfeststellungen nach Landesrecht unter den genannten Voraussetzungen von den Vorschriften der §§ 29 bis 44 nicht berührt werden, um so mehr dies für bundesrechtliche Planfeststellungen des Wasserrechts nach dem Wasserhaushaltsgesetz vom 27. 7. 1957 (BGBl. I 1957 S. 1110, 1959 S. 37) — §§ 14 und 36 — und der Wasserverbandsordnung vom 3. 9. 1937 (RGBl. I S. 93) - § 148 (vgl. auch §§ 17, 21) - gelten, wenngleich diese Vorschriften im Katalog des § 38 nicht aufgeführt sind. Zu b): Die Beteiligung der Gemeinde, der die Planungshoheit im örtlichen Bereich zusteht, ist nach dem BBauG unabdingbar. Wenn Vorhaben innerhalb von landesrechtlichen Planfeststellungsverfahren neben den nach dem BBauG durchgeführten rechtlichen Bestand haben sollen, ist eine rechtzeitige förmliche Beteiligung der Gemeinde somit unerläßlich. 2. Ersatzansprüche der Gemeinde (Satz 3) Gleich den in § 37 Abs. 1 und 2 geregelten Fällen von Vorhaben des Bundes und der Länder steht der Gemeinde, wie sich aus der Anführung des § 37 330
1. Abschnitt. Zulässigkeit von Vorhaben
§38 3
Abs. 3 in Satz 3 ergibt, auch f ü r die sich aus § 38 e r g e b e n d e n A u f w e n d u n g e n ein E r s a t z a n s p r u c h g e g e n ü b e r d e m T r ä g e r des V o r h a b e n s zu, d a s im R a h m e n einer Planfeststellung n a c h d e n g e n a n n t e n Bundesgesetzen o d e r einer landesrechtlichen Planfeststellung n a c h Satz 1 u n d 2 d u r c h g e f ü h r t w o r d e n ist. Bezüglich d e r Z u s t ä n d i g k e i t bei Streitigkeiten zwischen G e m e i n d e u n d d e m ö f f e n t l i c h e n T r ä g e r ( B u n d bzw. L a n d ) ü b e r die Art u n d H ö h e des Ersatzes gilt d a s in A n m . 3 zu § 37 G e s a g t e ; zuständig sind d a n a c h die a l l g e m e i n e n Verwaltungsgerichte. 3. Rechtsprechung A u ß e r der in A n m . 3 zu § 36 g e n a n n t e n R e c h t s p r e c h u n g ist n o c h a n z u f ü h ren: 1. B a y V G H U v o m 7. 6. 1962 ( N r . 105 IV 59) V e r w R s p r . Bd. 16 S. 469 Die Planfeststellung nach § 17 FStrG ist ein Verwaltungsakt. Eine etwaige Präklusionswirkung einer während eines Verwaltungsverfahrens laufenden Frist (vgl. die Frist des § 18 Abs. 3 FStrG) tritt — auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung — nicht ein, wenn in der Bekanntmachung auf diese Wirkung nicht ausdrücklich hingewiesen wurde. § 19 FStrG ist — jedenfalls in der Fassung, die diese Bestimmung von dem Änderungsgesetz vom 10. 7. 1961 hatte — mit dem GG vereinbar. 2. H e s s V G H U v o m 27. 7. 1962 (OS IV 2 3 / 5 9 ) D Ö V 1963, 848 Bauwerke, die zwar auf dem Gelände der Bundesbahn liegen, jedoch ausschließlich gewerblichen, bahnfremden Zwecken dienen, unterliegen dem materiellen und Zuständigkeitsvorschriften des allgemeinen Baurechts. 3. O V G M ü n s t e r U v o m 12.7. 1967 (III A 1596/64) DVB1. 1968, 190 = BBauBl. 1968, 274 a) § 38 BBauG befreit die dort privilegierten Planungsträger — insbesondere die Bundesbahn — nicht von der Erschließungsbeitragspflicht der §§ 127 ff. BBauG. b) Soweit die Bundesbahn Teile ihres Betriebsgeländes vermietet und dem Mieter die Errichtung eines Gebäudes auf dem vermieteten Teil gestattet, ist sie beitragspflichtig und damit auch vorausleistungspflichtig. 4. B a y V G H U v o m 23. 5. 1977 ( N r . 17 I X 75) rkr., BayVBl. 1977, 670 Energiewirtschaftliche Planungen, die nicht zu den in § 38 BBauG aufgeführten sog. privilegierten Planungen gehören, können entgegenstehende verbindliche Festsetzungen eines Beb Plans nicht überlagern oder außer Kraft setzen; vielmehr sind sie an einen zeitlich vorhergehenden Beb Plan gebunden. Es bedarf erst einer Aufhebung oder Änderung der entgegenstehenden Festsetzungen im BebPlan, um der energiewirtschaftlichen Fachplanung in Gestalt des Enteignungsbeschlusses zur rechtmäßigen Durchsetzung zu verhelfen.
331
§39
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
§39 Schutz des
Mutterbodens
Mutterboden, der bei der Errichtung und Änderung baulicher Anlagen sowie bei wesentlichen anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben wird, ist in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung oder Vergeudung zu schützen. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird ermächtigt, zu dem in Satz 1 genannten Zwecke durch Rechtsverordnung Vorschriften über Art und Umfang des Schutzes des Mutterbodens zu erlassen. Diese gesetzliche Bestimmung dient der Verhinderung von Verlusten an wertvollem Mutterboden. Die gärtnerische, landwirtschaftliche und waldbauliche Erzeugungskraft ist von der Bodenart und von der Tiefe des Mutterbodens abhängig. Infolge unsachgemäßen Vorgehens bei der Durchführung von Baumaßnahmen geht oftmals fruchtbarer Mutterboden verloren. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ist durch Satz 2 zum Erlaß einer Rechtsverordnung ermächtigt, die Vorschriften über Art und Umfang des Schutzes des Mutterbodens enthält. Sie ist noch nicht ergangen.
ABSCHNITT 1A Anordnung von Baumaßnahmen, Pflanzgebot, Nutzungsgebot, Abbruchgebot und Erhaltung baulicher Anlagen Vorbemerkung a) Dieser Abschnitt 1 a, umfassend die §§ 39 a bis 39 i, wurde aufgrund des RegE zur Novelle 1976 in das BBauG eingefügt. Die Überschrift und der Inhalt wurden auf Empfehlung des federführenden 15. Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in den einzelnen Bestimmungen erweitert. Der Vermittlungsausschuß hat hier nur redaktionelle Vorschläge gemacht, so daß die Ausschußfassung mit geringfügigen Ergänzungen Gesetz wurde. b) Der Ausschuß hat, wie auch aus der endgültigen Fassung der Überschrift hervorgeht, das Pflanzgebot, das Nutzungsgebot, das Instandsetzungsgebot und die Sicherung der Erhaltung baulicher Anlagen mit Abbruchsgebot und der Anordnung von Baumaßnahmen hinzugefügt. Die amtliche Begründung (BT-DS 7/2496, zu Nr. 30) besagt zu diesem Abschnitt u. a.: „BebPläne sind in weitaus größerer Zahl und in stärkerem Maße als früher auf Verwirklichung angelegt. Aus dem StBauFG sollen daher das Bau-, das Abbruch- und das Modernisierungsgebot sowie die Vorschriften über die Aufhebung und Beendigung von Miet- und Pachtverhältnissen in das BBauG übernommen werden (§§ 39 a bis g).
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Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 a
Diese Gebote sollen durch ein Pflanzgebot (§ 39 b Abs. 6) und ein Nutzungsgebot (§ 39 c) ergänzt werden. Die in § 39 b bis § 39 e enthaltenen Gebote können für die Betroffenen einschneidende Maßnahmen darstellen. Grundsätzlich ist die Gemeinde bereits im Rahmen der Erarbeitung des Sozialplanes (§ 13 a) verpflichtet, mögliche Auswirkungen des BebPlans mit den Beteiligten zu erörtern".
c) Der Bundesrat (vgl. BR-DS 300/74 zu Nr. 57) wollte die nunmehr in § 13 a enthaltene Bestimmung in § 39 einbauen, da „die Vorschriften über den Sozialplan ihren richtigen Platz im Zusammenhang mit dem planakzessorischen Instrumentarium" hätten. Dieser Vorschlag wurde vom federführenden Ausschuß nicht übernommen, andererseits wurde ein Ergänzungsvorschlag, d a ß die Gemeinde einem bauwilligen Eigentümer vor Erlaß eines Baugebots bei der Beschaffung von Finanzierungsmitteln behilflich sein soll, in Form einer Beratungspflicht der Gemeinde in § 39 a Abs. 1 aufgenommen. d) Durch die Einfügung des Abschnitts 1 a in das BBauG wurden die nur auf das StBauFG bezogenen Vorschriften über das Abbruchsgebot, Baugebot und Modernisierungsgebot — §§ 19—21 StBauFG — dort überflüssig. Sie wurden im Rahmen der Novellierung aufgehoben. Nach der alten Vorschrift des § 59 Abs. 5 BBauG konnte die Umlegungsstelle die Grundstücke mit der Maßgabe zuteilen, daß sie innerhalb einer näher zu bestimmenden angemessenen Frist zu bebauen sind, wenn die alsbaldige Bebauung zur geordneten baulichen Entwicklung des Gemeindegebiets erforderlich und eine tragbare Finanzierung des Bauvorhabens gewährleistet ist. Diese Bestimmung ist ebenfalls wegen des neuen Abschnitts 1 a überflüssig geworden und durch völlig anders geartete Bestimmungen ersetzt worden (siehe bei § 59). e) Die aufgrund des Abschnitts 1 a ergehende Verfügung („Verpflichtung") ist ein rechtsmittelfähiger Bescheid der Gemeinde, der im Hinblick auf die Bedeutung f ü r die Gemeinde und den Betroffenen in der Regel vom Gemeinderat oder einem beschließenden Ausschuß zu erlassen ist. Der Bescheid, der dem Betroffenen (grds. Eigentümer) gegen Nachweis zuzustellen ist, hat das in Frage kommende Grundstück genau zu bezeichnen. Es ist notwendig, eine bestimmte Frist zu setzen.
§ 39 a Erörterung und Beratung (1) Beabsichtigt die Gemeinde, ein Bau- oder Pflanzgebot (§ 39 b), ein Nutzungsgebot (§ 39 c), ein Abbruchgebot (§ 39 d) oder ein Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot (§ 39 e) zu erlassen, soll sie vorher mit den Eigentümern, den Mietern, Pächtern und sonstigen Nutzungsberechtigten erörtern und sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten beraten, wie die Maßnahmen durchgeführt werden 333
§ 39 a 1
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
können und welche Finanzierungsmöglichkeiten aus öffentlichen Kassen bestehen. (2) Die Anordnung von Maßnahmen nach den §§ 39 b bis 39 e setzt voraus, daß die alsbaldige Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. (3) Bei der Anwendung der §§ 39 b bis 39 h bleiben die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Baudenkmälern unberührt. (4) Unberührt bleiben die Verpflichtung, nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften Maßnahmen der in den §§ 39 b bis 39 e bezeichneten Art durchzuführen oder die Durchführung solcher Maßnahmen zu dulden, sowie die Verpflichtung, von einer Änderung oder einem Abbruch baulicher Anlagen abzusehen. 1. Grundvorschrift (Abs. 1 und 2) a) Abs. 1 konkretisiert im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grenzen die Verpflichtung zu Plandurchsetzungsmaßnahmen auf die Fälle, in denen die Gemeinde beabsichtigt, ein Bau-, Pflanz-, Nutzungs-, Abbruch-, oder Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot zu erlassen. Sie soll (gebundenes Ermessen) mit den Betroffenen die allenfallige Durchführung dieser Maßnahmen erörtern, sie im Rahmen der Möglichkeiten, die der Gemeinde zur Verfügung stehen, beraten und auf die Finanzierungsmöglichkeit aus öffentlichen Mitteln hinweisen. Unterläßt die Gemeinde die Anhörung, so wird — von Ausnahmen abgesehen — u. U. ein Ermessensmißbrauch oder Fehlgebrauch festzustellen sein. Der federführende Ausschuß war bei der Beratung dieser Vorschrift einmütig der Auffassung, daß die Gemeinde darüber hinaus verpflichtet ist, den Eigentümer jeweils über die ihm gegen ein beabsichtigtes Gebot bestehenden Rechte und Abwendungsmöglichkeiten, etwa über das Übernahmeverlangen beim Bau- und Nutzungsgebot zu belehren. Aus § 39 b Abs. 1 Satz 2 ergibt sich im übrigen, daß die Beratungs- und Erörterungspflicht der Gemeinde zwingend auch die Behandlung der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Maßnahme einschließt (BT-DS 7/4793 zu Nr. 30 zu § 39 a). Ein Antrag der Ausschußminderheit im federführenden 15. Ausschuß, den Erlaß des Baugebotes und des Nutzungsgebotes nur dann zuzulassen, wenn dies aus Gründen des Allgemeinwohls erforderlich ist, fand keine Mehrheit. Die Ausschußmehrheit vertrat demgegenüber die Auffassung, daß die Verwirklichungsgebote im Verhältnis zur Enteignung die schwächeren Eingriffsmöglichkeiten darstellen sollten, um ein abgestuftes System der gemeindlichen Eingriffsrechte zu schaffen. Sie könnten und müßten daher auch an geringere Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft werden als die Enteignung. Im übrigen seien die städtebaulichen Gründe nach § 39 a durchaus im Sinne des Gemeinwohlerfordernisses auslegbar, wenn dies deshalb rechtlich gebo334
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 a 2
ten sei, weil die Anordnung, wie z. B. beim Abbruchgebot, von vornherein enteignende Wirkung habe. Die städtebaulichen Gründe enthielten wie das Gemeinwohlerfordernis das allgemein dem Städtebaurecht innewohnende Abwägungsgebot. Schließlich würden im Ergebnis in der Praxis kaum Unterschiede zwischen den städtebaulichen Gründen und den Anforderungen festzustellen sein, die sich aus dem Gemeinwohl ergeben. Die Gebote hielten sich häufig im Rahmen der Sozialbindung. Sie von vornherein an das Allgemeinwohl zu binden, würde die Auslegung nahelegen, daß sie sich in den Fällen im Rahmen des Enteignungsrechts und damit der enteignungsrechtlichen Zulässigkeit halten müßten. Der Ausschuß hielt die Gebote im einzelnen für notwendig, um die künftigen städtebaulichen Aufgaben insbesondere der Stadterhaltung und Stadterneuerung sachgerecht bewältigen zu können, wie auch insgesamt im Hinblick auf die strengen Ausübungsvoraussetzungen sowie die verschiedenen Abwendungsmöglichkeiten für ausgewogen und vertretbar. Auch im Vermittlungsausschuß ergab sich keine Änderung, so daß der Vorschlag des Ausschusses mit den — teilweise durch Anregungen des BR erfolgten — Ergänzungen durch die Absätze 2, 3 und 4 Gesetz wurde. b) Der Rechtsstaatlichkeit wird neben der Konkretisierung (Abs. 1) nach Abs. 2 dadurch Rechnung getragen, daß auf Vorschlag des 15. BT-Ausschusses die Verwirklichungsgebote nur dann angeordnet werden dürfen, wenn die alsbaldige Durchführung der angeordneten Maßnahmen aus ausschließlich städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Andere z. B. wohnungswirtschaftliche oder wohnungspolitische Gründe, die die Anordnung eines Gebotes zweckmäßig erscheinen lassen, kommen nicht in Betracht. Andererseits bleiben die Möglichkeiten, aufgrund anderer Vorschriften vergleichbare Maßnahmen anordnen zu können, unberührt. Erfaßt werden von der Einschränkung, die einen unbestimmten Rechtsbegriff darstellt, folgende Maßnahmen: Bau- und Pflanzgebot (§ 39 b), Nutzungsgebot (§ 39 c), Abbruchgebot (§ 39 d) sowie das Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot (§ 39 e). c) § 39 b Abs. 2 Satz 3 sieht vor, daß im Rahmen der Erörterung und Beratung nach Abs. 1 auch ein Übernahmeverlangen des Eigentümers aus wirtschaftlichen Gründen geltend gemacht werden kann und der Eigentümer auf dieses Recht hinzuweisen ist (a. a. O. Satz 5). 2. Vorbehalte (Abs. 3 und 4) a) Unberührt bleiben entsprechend Abs. 3 und 4 bei der Anwendung der §§ 39 b bis 39 h, d. h. über die obengenannten Maßnahmen hinaus auch bei der Duldungspflicht (§ 39 f), der Beendigung, Aufhebung und Verlängerung von Miet- und Pachverhältnissen (§ 39 g) und der Erhaltung baulicher Anlagen (§ 39 h), die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften über Denkmalschutz. Diese Vorschrift basiert auf einem Vorschlag des BR (BR-DS 300/74 335
§ 39 b
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Nr. 58), zumal eine Reihe von Ländern in den letzten Jahren Denkmalschutzgesetze erlassen hat. b) Bei M a ß n a h m e n der in §§ 39 b bis 39 e (siehe oben bei Nr. 1) genannten Art, bleiben Verpflichtungen unberührt, entweder solche M a ß n a h m e n nach anderen Vorschriften, wie z. B. nach dem Bauordnungsrecht (Bauordnungen der Länder) oder dem Wohnungsaufsichtsrecht (Landeswohnungsordnungen) selbst durchzuführen oder zu dulden oder von einer Änderung bzw. einem Abbruch baulicher Anlagen abzusehen.
§ 39 b Bau- und Pflanzgebot (1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 kann die Gemeinde den Eigentümer durch Bescheid verpflichten, innerhalb einer näher zu bestimmenden angemessenen Frist 1. sein Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu bebauen oder 2. ein vorhandenes Gebäude oder eine vorhandene sonstige bauliche Anlage den Festsetzungen des Bebauungsplans anzupassen. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, insbesondere aufgrund des Ergebnisses der Erörterungen und Beratungen nach § 39 a Abs. 1, daß die Durchführung des Vorhabens aus wirtschaftlichen Gründen einem Eigentümer nicht zuzumuten ist, so hat die Gemeinde von dem Baugebot abzusehen,. (2) Der Eigentümer kann von der Gemeinde nach Anordnung eines Gebots nach Absatz 1 die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn er glaubhaft macht, daß ihm die Durchführung des Vorhabens aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten ist. § 44 b Abs. 1, 4 und 5 sowie § 44 c Abs. 1 und 2, gelten entsprechend. Das Übernahmeverlangen kann auch im Rahmen der Erörterung und Beratung nach § 39 a Abs. 1 geltend gemacht werden; hierauf ist der Eigentümer hinzuweisen. (3) Das Baugebot kann bei einem zusammenhängenden Bauvorhaben zur Erleichterung oder Beschleunigung der Durchführung des Bebauungsplans auch an mehrere Eigentümer als Gebot ergehen, das Bauvorhaben gemeinschaftlich oder in Abstimmung untereinander durchzuführen. (4) Erfüllt ein Eigentümer die Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 3 nicht, kann die Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 die Enteignung des Grundstücks zu ihren Gunsten oder zugunsten eines Bauwilligen verlangen, der glaubhaft macht, daß er die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchführen wird. Für die Entschädigung und das Verfahren gelten die Vorschriften des Zweiten und Dritten Abschnitts des Fünften Teils. 336
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 b 2
(5) Ist die Durchführung eines Baugebots nur möglich, wenn zuvor eine bauliche Anlage oder Teile davon beseitigt werden, so ist der Eigentümer mit dem Baugebot auch zur Beseitigung verpflichtet. § 39 d Abs. 2 und 3 Satz 1, § 44 b Abs. 2 und 5 sowie § 44 c Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. (6) Ist für ein Grundstück eine andere als bauliche Nutzung festgesetzt, gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend. (7) Das Baugebot kann außerhalb der in Absatz 1 bezeichneten Gebiete, aber innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile angeordnet werden, um unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen oder einer baulichen Nutzung zuzuführen, insbesondere zur Schließung von Baulücken. (8) Die Gemeinde kann den Eigentümer durch Bescheid verpflichten, sein Grundstück entsprechend den nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans zu bepflanzen (Pflanzgebot). 1. Vorbemerkung Der Teil der Vorschrift, die das Baugebot beinhaltet, war in der im Zuge der Novelle 1976 entfallenen § 20 StBauFG enthalten. Neu ist die A u f n a h m e des aus ökologischen Gründen zweckmäßigen Pflanzgebots (Abs. 6). Durch den 15. BT-Ausschuß wurden Einschränkungen in Abs. 1 (Satz 2) und Abs. 2 eingebaut und über den RegE hinaus zwei weitere Absätze eingefügt (6 und 7). Abs. 6 dient der Klarstellung dahin, daß von der Vorschrift des § 39 h nicht nur bestimmte bauliche Nutzungen sondern auch andere Feststellungen erfaßt werden; durch Abs. 7 wird die Zulässigkeit eines Baugebots auf den gesamten Bereich der im Zusammenhang bebauten Ortsbereiche erstreckt. Die Einschränkung des Abs. 1 (wirtschaftliche Unzumutbarkeit) wurde vom federführenden Ausschuß in teilweiser Übernahme eines Vorschlags des BR (BR-DS 300/74 Nr. 59) eingefügt. Ein weiterer Vorschlag des BR (a. a. O.) auf Ausschluß des Baugebotes bei Veräußerung, wenn der bauwillige Übernehmer glaubhaft macht, die Baumaßnahmen innerhalb angemessener Frist durchzuführen, wurde nicht übernommen. 2. Baugebot (Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 6 und 7) a) Während der aufgehobene § 20 StBauFG das Baugebot für Sanierungsgebiete vorsah, hat die neue, im BBauG enthaltene Vorschrift einen umfassenden Bereich zum Inhalt, und zwar den Geltungsbereich eines qualifizierten Beb PI. (§ 30) und darüber hinaus nach Abs. 7 auch ganz allgemein unverplante Bereiche, jedoch nur innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen. b) Ein solches Baugebot erscheint verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Baupflicht als solche stellt eine Inhaltsbestimmung des Eigentums i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G dar und m u ß als gesetzliche Eigentumsbindung stets von dem Sachbereich her geboten sein, in dessen Regelung sie hineingestellt 337
§ 39 b 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
ist. Eigentumsbindungen dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Diese Grenzen werden hier nicht überschritten. Die Sanierung ist ihrem Wesen nach ein in sich geschlossener, einheitlicher städtebaulicher Vorgang, bei dem durch gleichzeitige Beseitigung von Mißständen ein Gebiet erneuert, d. h. zu einem Lebensraum von besserer Qualität umgestaltet werden soll. Die Sanierung findet daher regelmäßig erst mit der planmäßigen Bebauung ihren Abschluß. Unter diesem Gesichtspunkt dient ein Baugebot eirtem berechtigten Anliegen der Gemeinschaft, da ein von ihr eingeleitetes und von ihr finanziell gefördertes Sanierungsvorhaben auch tatsächlich verwirklicht wird (vgl. hierzu amtliche Begr. BR-DS 1/70 zum StBauFG und BVerwGE 6, 297). c) Voraussetzungen für den Erlaß eines Baugebots in den in b) genannten Bereichen sind: aa) Erlaß eines Verpflichtungsbescheides mit Setzung einer angemessenen (unbestimmter Rechtsbegriff) Frist, bb) Aufforderung entsprechend den Festsetzungen des BebPl. ein Grundstück zu bebauen oder eine vorhandene Bauanlage diesen anzupassen, cc) Erforderlichkeit der baldigen Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen (§ 39 a Abs. 2). Die im BebPl. möglichen Festsetzungen sind in § 9 BBauG geregelt. Wenn ein Gebäude oder eine bauliche Anlage diesen Festsetzungen nicht entspricht, so ist vor einem Abbruchgebot (§ 39 d) zu prüfen, ob das Gebäude nicht den Festsetzungen angepaßt werden kann (z. B. Verkleinerung eines Nebengebäudes, um die überbaubare Grundstücksfläche einzuhalten; Beseitigung von Anbauten, die Art und Maß der baulichen Nutzung oder der Bauweise widersprechen. Das Baugebot ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt, der dem Betroffenen gegen Nachweis zuzustellen ist; es muß neben der angemessenen Frist das „Verlangen" der Gemeinde genau bezeichnen. d) Nach Abs. 3 kann ein Baugebot gleichzeitig gegenüber einer Mehrzahl von Eigentümern ausgesprochen werden, wenn ein zusammenhängendes Bauvorhaben errichtet werden soll. Diese Formulierung „zusammenhängendes Bauvorhaben" ist nicht so zu verstehen, daß es sich hier stets um einen zusammengebauten Komplex (wie bei der geschlossenen Bauweise) handeln muß, es können auch einzelne, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Gebäude (z. B. mehrere Siedlungshäuser) sein. Bei dem häufig zersplitterten Grundbesitz in einem Sanierungsgebiet ist die Möglichkeit eines solchen gleichzeitigen Baugebots aus wirtschaftlichen Gründen unausweichlich, da andernfalls stärkere Belastungen bis hin zur Eigentumsentziehung erforderlich werden könnten. Voraussetzung ist die Erleichterung oder Beschleunigung der Durchführung des BebPl. (unbestimmter Rechtsbegriff). e) Abs. 6 stellt klar, daß das Baugebot nicht nur für bestimmte bauliche Nutzungen, sondern auch für andere im BebPl. getroffene Festsetzungen, 338
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 b 3
etwa für die bestimmte Herrichtung eines Grundstücks, angeordnet werden kann. f) Abs. 7 dehnt den von einem Baugebot erfaßbaren Bereich auf die nicht verplanten im Zusammenhang bebauten Ortsteile aus. Diese Vorschrift entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Abs. 7 dient, wie ausdrücklich angesprochen, einerseits einer Beseitigung von Baulücken, andererseits vermeidet er, daß das Grundstück nach § 85 enteignet werden muß.
3. Abstandnahme vom Baugebot (Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) a) Der neue Satz 2 des Abs. 1 enthält den allgemeinen Grundsatz, daß niemand zu einer wirtschaftlich nicht tragbaren Nutzung gezwungen werden kann. Die Gemeinde wird danach verpflichtet, vor Erlaß eines Baugebotes zunächst zu prüfen, ob dessen Erfüllung allgemein aus objektiven Gründen wirtschaftlich zumutbar ist. Ergibt die Prüfung insbesondere im Zusammenhang mit den Beratungen und Erörterungen nach § 39 a, daß die Verwirklichung des gebotenen Bauvorhabens weder dem Eigentümer noch einem Dritten wirtschaftlich möglich bzw. zumutbar ist, ist die Anordnung des Gebots ausgeschlossen. In einem solchen Fall bleibt nur der Weg über die Enteignung offen. Der Eigentümer kann aber nach Erlaß des Baugebots die Übernahme von der Gemeinde verlangen (Abs. 2 Satz 1). Allerdings ist es hier seine Pflicht, glaubhaft zu machen, daß die Durchführung aus wirtschaftlichen Gründen für ihn unzumutbar ist — Glaubhaftmachen bedeutet, dazutun, daß eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht; nicht erforderlich (wie beim Beweis) ist eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit (siehe hierzu auch § 98 Erl. Nr. 3). Abs. 2 überträgt somit den allgemeinen Grundsatz der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auf die persönlichen Verhältnisse eines bestimmten Eigentümers. Ist das gebotene Bauvorhaben objektiv wirtschaftlich vertretbar, so kann die Gemeinde das Baugebot erlassen. Ist in einem solchen Fall dann aber der Eigentümer, gegen den sich das Baugebot richtet, aus subjektiven Gründen wirtschaftlich nicht in der Lage, es zu verwirklichen, kann er die Übernahme des Grundstücks verlangen. Es bleibt dem Eigentümer selbstverständlich unbenommen, dieses Recht bereits auch im Rahmen der Erörterungen und Beratungen nach § 39 a geltend zu machen; Satz 3 verpflichtet die Gemeinde ausdrücklich, den Eigentümer bei den Beratungen über diese Möglichkeit zu belehren. b) Satz 2 spricht die entsprechende Anwendung einiger Vorschriften aus: § 4 4 b Abs. 1, 4 und 5: Anwendung der Vorschriften des Fünften Teils über Enteignung, Ausschluß der Entschädigung der Bodenwerte unter bestimmten Voraussetzungen, Nichtberücksichtigung gewisser Werterhöhungen mit entsprechender Anwendung des § 95 Abs. 2 Nr. 2. § 44 c Abs. 1 und 2: Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche. 339
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4. Folgen der Nichterfüllung des Baugebots (Abs. 4) a) Abs. 4 sieht als Sanktion für den Fall, daß ein Eigentümer weder ein Baugebot erfüllt noch die Übernahme des Grundstücks verlangt, er also schlechthin untätig bleibt, die Enteignung des Grundstücks vor. Die vom federführenden Ausschuß geprüften anderen Möglichkeiten zur Durchsetzung eines Baugebots, etwa die Ersatzvornahme schieden aber von vornherein aus, weil die Gemeinde aus technischen und praktischen Gründen nicht in der Lage ist, über die konkrete Ausgestaltung des gebotenen Bauvorhabens bis in alle Einzelheiten zu entscheiden. Die Ersatzvornahme führt auch aus dem Grunde nicht zum Ziel, weil für das Bauen das Grundstück privatrechtlich zur Verfügung stehen muß, d. h. derjenige, der die Bebauung durchführt, muß in der Lage sein, zum Zwecke der Bebauung privatrechtlich über das Grundstück zu verfügen. Bezüglich des Begriffs Glaubhaftmachung siehe oben 3 a. b) In Satz 1 wurden auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses schließlich noch die Worte „unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1" mit folgender Begründung eingefügt: „Eine Enteignung ist als der schwerste Eingriff in das Eigentum aus verfassungsrechtlichen Gründen nur unter besonders qualifizierten Voraussetzungen zulässig. Diese Voraussetzungen sind notwendigerweise strenger als bei weniger schwerwiegenden Eingriffen oder Beschränkungen. Hieraus folgt, daß die Voraussetzungen zum Erlaß eines Baugebotes — eines weniger schweren Eingriffs — nicht in allen Fällen zwingend auch die Voraussetzungen für die Enteignung — einen schwereren Eingriff — in sich schließen müssen. In der Regel mag dies zwar der Fall sein. Im Einzelfall kann es aber auch anders liegen. Die Enteignung ist dann aus verfassungsrechtlichen Gründen zulässig. Um dies klarzustellen, sieht die vorgeschlagene Ergänzung vor, daß bei der Regelung der Voraussetzungen der Enteignung bei nicht erfülltem Baugebot auf die allgemeinen städtebaulichen Enteignungsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 verwiesen wird, die ihrerseits eine Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzung des Art. 14 Abs. 1 des GG darstellen."
c) Für die Höhe der Entschädigung und das Verfahren sind die allgemeinen Entschädigungsvorschriften anzuwenden (Satz 2). Dieser vom Ausschuß eingefügte Satz war Gegenstand besonderer Beratungen, ob die übrigen enteignungsrechtlichen Voraussetzungen auch in diesen Absatz aufgenommen werden müßten (BT-DS 7/4793 zu Nr. 30 zu § 39 b). Es genügte der Ausschußmehrheit schließlich, daß „das vorhergegangene Verfahren Gewähr dafür bietet, daß die erforderlichen Abwägungen vorgenommen werden, der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zum Tragen kommt und eine Enteignung nach Abs. 4 nur in Frage kommt, wenn die städtebaulichen Gründe auch sie erfordern". 5. Beseitigungsverpflichtung (Abs. 5) Eine Bebauung setzt oft den vorherigen Abbruch von baulichen Anlagen voraus. Abriß und Neubebauung stehen in solchen Fällen sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich in einem untrennbaren Zusammenhang. Dem trägt 340
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 c
Abs. 5 Rechnung, der den Eigentümer in solchen Fällen — anders als nach § 39 d nicht zur D u l d u n g — zur aktiven D u r c h f ü h r u n g des Abbruchs u n d unter bestimmten Voraussetzungen zur Kostentragung verpflichtet. Die entsprechende A n w e n d u n g verschiedener Vorschriften ist in Satz 2 normiert, u n d zwar § 39 d Abs. 2 und 3 Satz 1: Vollzug bei W o h n r a u m nur bei v o r h a n d e n e m Ersatzraum; Entschädigung bei Vermögensnachteilen; § 44 Abs. 2 und 5: Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde über die H ö h e der Entschädigung bei Nichteinigung; Nichtberücksichtigung von Werterhöhungen unter bestimmten Voraussetzungen; § 44 c Abs. 1 und 2: Fälligkeit u n d Erlöschen der Entschädigungsansprüche. 6. Pflanzgebot (Abs. 8) W e n n es aus städtebaulichen G r ü n d e n alsbald erforderlich ist (§ 39 a Abs. 2), k a n n die G e m e i n d e gegenüber dem Eigentümer auch seinen Bescheid dahin erlassen, entsprechend den Festsetzungen des BebPl. Bäume u n d Sträucher anzupflanzen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 25). Das G e b o t k a n n auch Bindungen f ü r Bepflanzungen u n d f ü r die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern u n d Gewässern (§ 9 Nr. 25 Alternative b) enthalten. „Alsbald" bedeutet kurzfristig absehbar.
§ 39 c Nutzungsgebot (1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 kann die Gemeinde den Eigentümer durch Bescheid verpflichten, eine Fläche, ein vorhandenes Gebäude oder eine sonstige bauliche Anlage oder Teile davon innerhalb angemessener Frist den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechend zu nutzen oder einer solchen Nutzung zuzuführen. § 39 b Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. (2) Wird das Gebäude oder die bauliche Anlage bereits anderweitig genutzt, gilt § 39 d Abs. 2 entsprechend. (3) Der Eigentümer kann von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn es ihm mit Rücksicht auf die bisher zulässigerweise ausgeübte Nutzung wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, die Nutzung zu ändern. § 39 b Abs. 2 Satz 3, § 44 b Abs. 1, 4 und 5 sowie § 44 c Abs. 1 und 2 finden entsprechend Anwendung. (4) Absatz 1 findet keine Anwendung für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen oder Teile davon, die für eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung bestimmt sind und entsprechend genutzt werden. 341
§ 39 c 3
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
1. Vorbemerkung Das im RegE enthaltene Erforderlichkeitsprinzip wurde im Hinblick auf die für den ganzen Abschnitt 1 a geltende, durch den federführenden Ausschuß bei § 39 a Abs. 2 eingefügte Vorschrift auch aus § 39 c herausgenommen. Sonst erfolgten einige Klarstellungen und Ergänzungen, die im folgenden erwähnt werden. — Wie in allen Fällen des Abschnitts 1 a steht nur der Gemeinde das Recht zu, eine der hier genannten Verpflichtungen auszusprechen. 2. Nutzungsgebot (Abs. 1) a) Das das Baugebot ergänzende Nutzungsgebot soll dazu dienen, bestimmte Nutzungszwecke, die verstärkt nach den Änderungen des § 9 im BebPl. festgesetzt werden können, dort, wo es aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist, zu verwirklichen (z. B. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 und 7). Würde nicht auch das Nutzungsgebot gesetzlich verankert sein, so gäbe es keine Handhabung, den Eigentümern zu bestimmtem Handeln zu verpflichten, der zwar gezwungenermaßen (§ 39 b) einem Baugebot nachgekommen ist, aber eine planmäßige Nutzung nicht durchführt. Zuweilen erfordern städtebauliche Gründe auch eine Nutzungsänderung. Darüber hinaus kann das Nutzungsgebot allgemein Bedeutung in den Fällen erlangen, in denen ein Eigentümer Gebäude, aus Gründen wie immer, leer stehen läßt, städtebauliche Gründe aber die Nutzung erfordern. Voraussetzung für den Erlaß des Nutzungsgebot ist das Vorliegen eines qualifizierten BebPl. und Erfordernis der alsbaldigen Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen. Von § 39 c werden nicht nur bauliche Anlagen jeder Art, sondern (entsprechend der Ergänzung durch den 15. Ausschuß) auch Flächen erfaßt. b) Die Durchsetzung eines Nutzungsgebots erfordert ggf. die Aufhebung oder Beendigung von Miet- oder Pachtverhältnissen. § 39 g bezieht daher das Nutzungsgebot in seinen Anwendungsbereich ein. 3. Ausnahmen von der Anordnung eines Nutzungsgebots (Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 4) a) Durch die Einfügung des Satz 2 in Abs. 1 (entsprechende Geltung von § 39 h Abs. 1 Satz 2) wird klargestellt, daß auch das Nutzungsgebot bei objektiver wirtschaftlicher Unzumutbarkeit ebensowenig wie das Baugebot angeordnet werden darf. b) Abs. 2 erstreckt den Schutz des § 39 d Abs. 2 (Sondervorschrift bei Wohnraum und Geschäftsräumen, siehe dort) entsprechend auf die dort bestimmten Personen. c) Bei baulichen Anlagen jeder Art (auch Teilen hiervon), die der landoder forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, entfällt die Möglichkeit der An342
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 d
Ordnung des Nutzungsgebots (Abs. 4). Voraussetzung ist nach Satz 2, daß die Anlage auch bestimmungsgemäß genutzt wird (Tatfrage). 4. Verlangen auf Übernahme; entsprechende Anwendung von Entschädigungsbestimmungen (Abs. 3) a) Den berechtigten Belangen des Eigentümers trägt Abs. 3 Rechnung. Der Eigentümer hat einen Übernahmeanspruch, wenn die bisher zulässigerweise ausgeübte Nutzung auf Grund eines Nutzungsgebots geändert werden soll und dem Eigentümer die Aufnahme der neuen Nutzung wirtschaftlich nicht zuzumuten ist. b) Mit der Verweisung auf § 39 b Abs. 2 Satz 3 in Satz 2 wird klargestellt, daß die Gemeinde im Rahmen der Erörterungen und Beratungen nach § 39 a gehalten ist, den Eigentümer über den Übernahmeanspruch zu belehren. Vorsätzliche oder grob fahrlässige Unterlassung der Belehrung kann auch die Durchführung des Nutzungsgebots hinfällig machen. c) Entsprechend anwendbar erklärt wurden auch § 44 b Abs. 1, 3 u. 4 sowie § 44 c Abs. 1 und 2. Dies bedeutet unter den dort gegebenen Voraussetzungen Entschädigung bei nicht nur unwesentlicher Wertminderung; § 44 c regelt die Fälligkeit und das Erlöschen der Entschädigungsansprüche.
§ 39 d Abbruchgebot (1) Die Gemeinde kann den Eigentümer verpflichten zu dulden, daß eine bauliche Anlage im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 ganz oder teilweise beseitigt wird, wenn sie 1. den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entspricht und auch nicht den Festsetzungen angepaßt werden kann oder 2. Mißstände oder Mängel im Sinne des § 39 e Abs. 2 und 3 aufweist, die auch durch eine Modernisierung oder Instandsetzung nicht behoben werden können. Diejenigen, für die ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist, das nicht zur Nutzung berechtigt, sollen von dem Bescheid benachrichtigt werden, wenn sie von der Beseitigung betroffen werden. Unberührt bleibt das Recht des Eigentümers, die Beseitigung selbst vorzunehmen. (2) Der Bescheid darf bei Wohnraum nur vollzogen werden, wenn im Zeitpunkt der Beseitigung angemessener Ersatzwohnraum für die Bewohner unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht. Bei Raum, der überwiegend gewerblichen oder beruflichen Zwecken dient (Geschäftsraum), hat die Gemeinde vor Erlaß des Bescheids mit dem Inhaber die Möglichkeit einer anderweitigen Un343
§ 39 d 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
terbringung zu erörtern; strebt der Geschäftsrauminhaber eine anderweitige Unterbringung an, soll der Bescheid nur vollzogen werden, wenn im Zeitpunkt der Beseitigung anderer geeigneter Geschäftsraum unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht. (3) Entstehen dem Eigentümer, dem Mieter, dem Pächter oder dem sonstigen Nutzungsberechtigten durch die Beseitigung Vermögensnachteile, hat die Gemeinde angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Der Eigentümer kann anstelle der Entschädigung nach Satz 1 von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, wenn es ihm mit Rücksicht auf das Abbruchgebot wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten. § 44 b Abs. 1, 2, 4 und 5 sowie § 44 c Abs. 1 und 2 finden Anwendung. 1. Voraussetzungen des Abbruchgebots (Abs. 1) § 39 d ist im Rahmen der Novelle 1976 an Stelle des nur Sanierungsgebiete erfassenden, aufgehobenen § 19 StBauFG getreten. Auch die korrespondierende Vorschrift des § 85 Abs. 1 Nr. 5 BBauG wurde gestrichen. Voraussetzung für die nur der Gemeinde zustehende Anordnung ist a) im Rahmen eines BebPl. entweder Widerspruch zu dessen Festsetzungen oder Unmöglichkeit der Anpassung an die Festsetzungen, b) ohne Rücksicht auf das Bestehen eines BebPl. bestimmte, von § 39 e Abs. 2 und 3 (siehe Erläuterungen dort) erfaßte Mißstände oder Mängel, die auch durch Modernisierung oder Instandsetzung nicht behoben werden können, c) Erforderlichkeit der alsbaldigen Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen (§ 39 a Abs. 2). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert, daß die Gemeinde zu prüfen hat, ob nicht mit einer Teilbeseitigung der Zweck erreicht werden kann. Eine Erforderlichkeit i. S. von c) kann vor allem dann gegeben sein, wenn das Grundstück, auf dem sich das fragliche Gebäude befindet, auf Grund des BebPl. alsbald mit einem anderen Gebäude bebaut werden soll, ferner bei überalteter Bausubstanz, aber auch bei noch wertvollen Bauanlagen, wenn sie etwa für die Herstellung von Verkehrsanlagen beseitigt werden müssen. Satz 2 spricht die Benachrichtigungspflicht der Gemeinde gegenüber dem hier genannten Personenkreis aus, in Satz 3 wird klargestellt, daß der Eigentümer auch selbst den Abbruch durchführen kann. 2. Voraussetzungen für den Vollzug (Abs. 2) Die Forderung, daß ein „angemessener Ersatzwohnraum" zu „zumutbaren Bedingungen" zur Verfügung gestellt werden soll, bedeutet, daß der Ersatzwohnraum ungefähr dem bisherigen Wohnraum nach Lage und Größe insbes. auch hinsichtlich der Vertragsbedingungen (Höhe und Dauer der 344
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 e
Miete) entsprechen soll. Die Ausweitung auf gewerbliche Räume (Satz 2) trägt den Bedürfnissen derjenigen Rechnung, die ihre Geschäftsräume (Läden, Lagerräume, Praxisräume) aufgeben müssen. Auch hier, wie in der Grundvorschrift des § 39 a, ist die Erörterung der Gemeinde mit dem Betroffenen vorgeschrieben. Erleichternd hat der Gesetzgeber die Sollvorschrift eingebaut, daß der Bescheid im gewerblichen Sektor nur bei Zumutbarkeit vollzogen wird. 3. Entschädigung a) Die Beseitigung einer baulichen Anlage kann ein enteignender Eingriff sein. Sie ist daher nur gegen Ersatz der dadurch für die Betroffenen entstehenden Vermögensnachteile zulässig. Berechtigt ist neben dem Eigentümer der Mieter, Pächter oder der sonstige Nutzungsberechtigte (Satz 1). Die Entschädigung muß angemessen sein (siehe oben bei 2). b) Wenn es dem Eigentümer auf Grund des Abbruchgebots wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten, kann er nach Satz 2 anstelle einer Abbruchentschädigung die Übernahme des Grundstücks von der Gemeinde verlangen. Laut Ausschußbericht (BT-DS 7/4793 zu Nr. 30 zu § 39 d) bestand im federführenden Ausschuß Einvernehmen, „daß sich der Übernahmeanspruch schon auf Teilflächen beziehen kann". c) Ähnlich wie bei § 39 c Abs. 3 ist auch hier die Anwendung der §§ 44 b (Entschädigung und Verfahren) und 44 c Abs. 1 und 2 (Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche) für anwendbar erklärt worden (Satz 3). Die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils (§§ 93 bis 103) hinsichtlich des Entschädigungsverfahrens werden dort ausdrücklich genannt.
§ 39 e Modernisierungs-
und
Instandsetzungsgebot
(1) Weist eine bauliche Anlage nach ihrer inneren oder äußeren Beschaffenheit Mißstände oder Mängel auf, deren Beseitigung oder Behebung durch Modernisierung oder Instandsetzung möglich ist, kann die Gemeinde die Beseitigung der Mißstände durch ein Modernisierungsgebot und die Behebung der Mängel durch ein Instandsetzungsgebot anordnen. Zur Beseitigung der Mißstände und zur Behebung der Mängel ist der Eigentümer der baulichen Anlage verpflichtet. In dem Bescheid, durch den die Modernisierung oder Instandsetzung angeordnet wird, sind die zu beseitigenden Mißstände oder zu behebenden Mängel zu bezeichnen und eine angemessene Frist für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu bestimmen. (2) Mißstände liegen insbesondere vor, wenn die bauliche Anlage nicht den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entspricht. 345
§ 39 e 2
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Die Gemeinde darf keine höheren Anforderungen stellen, als für entsprechende Neubauten aufgrund der Vorschriften des Bauordnungsrechts und anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere des Gewerberechts, gestellt werden können. (3) Mängel liegen insbesondere vor, wenn durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinflüsse oder Einwirkungen Dritter 1. die bestimmungsmäßige Nutzung der baulichen Anlage nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, 2. die bauliche Anlage nach ihrer äußeren Beschaffenheit das Straßen- oder Ortsbild nicht nur unerheblich beeinträchtigt oder 3. die bauliche Anlage erneuerungsbedürftig ist und wegen ihrer städtebaulichen, insbesondere geschichtlichen oder künstlerischen Bedeutung erhalten bleiben soll. Kann die Behebung der Mängel einer baulichen Anlage nach landesrechtlichen Vorschriften auch aus Gründen des Schutzes und der Erhaltung von Baudenkmälern verlangt werden, darf das Instandsetzungsgebot nur mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde erlassen werden. In dem Bescheid über den Erlaß des Instandsetzungsgebots sind die auch aus Gründen des Denkmalschutzes gebotenen Instandsetzungsmaßnahmen besonders zu bezeichnen. (4) Für die Kosten von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gilt § 43 Abs. 1 bis 3 des Städtebauförderungsgesetzes entsprechend. 1. Vorbemerkung a) Diese Vorschrift entspricht in großen Teilen dem aufgehobenen § 2 1 StBauFG. Was f ü r die Sanierungsgebiete Vorschrift geworden war, wurde im Hinblick auf den mehr u n d mehr Fuß fassenden städtebaulichen Erhaltungsgedanken — verstärkt durch die Bestrebungen des Denkmalschutzes — auf das gesamte B B a u G ausgedehnt. Der f e d e r f ü h r e n d e Ausschuß hat in Beibehaltung der G r u n d z ü g e des RegE die Begriffe Instandsetzung u n d M i ß s t ä n d e sowie aus rechtsstaatlichen G r ü n d e n Ergänzungen (genaue Bezeichnung, Fristsetzung) eingefügt. M a n m u ß davon ausgehen, d a ß die Beseitigung schlechter Bausubstanz (Abbruchgebot nach § 39 d) erst in Frage k o m m t , wenn die in Frage k o m m e n d e n bestehenden G e b ä u d e nicht erhalten werden k ö n n e n . Bisweilen wird die Beseitigung nur von Teilen baulicher Anlagen, z. B. bei Hinterhausbebauung (Entkernung) genügen, während f ü r die Restsubstanz zweckmäßig Modernisierung Platz greifen kann. b) Zu beachten ist das am 1. 1. 1977 inkraftgetretene Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen ( W o M o d G ) vom 23. 8.1976 (BGBl. I S. 2429). 2. Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot (Abs. 1) a) W ä h r e n d Abs. 2 u n d 3 die Legaldefinitionen Mißstände u n d Mängel enthalten, hat Abs. 1 die Voraussetzungen u n d das Verfahren f ü r deren Besei346
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 e 2
tigung zum Inhalt. Der Begriff Modernisierung ist im Gesetz mit der „Beseitigung von Mißständen", der der Instandsetzung mit der „Behebung von Mängeln" gekoppelt (siehe hierzu im folgenden Absatz). b) Voraussetzungen für die Maßnahmen nach Abs. 1 sind aa) Vorliegen von Mißständen und Mängeln im Sinn der Abs. 2 und 3 (siehe die folgende Nr.), bb) Erforderlichkeit der alsbaldigen Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen (§ 39 a Abs. 2), cc) Prüfung, ob Modernisierung oder Instandsetzung der inneren und äußeren Beschaffenheit der baulichen Anlage ungeachtet des Erhaltungsgebots (§ 39 h) nicht bereits ein Abbruchgebot rechtfertigen, dd) vorherige Erörterung mit dem Eigentümer nach § 39 a Abs. 1. Hierbei sind auch die Finanzierungsmaßnahmen, insbesondere Möglichkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zum Gegenstand der Beratung zu machen. Bei der Erörterung wird sich herausstellen, ob der Eigentümer bereit und in der Lage ist, ohne Behördenzwang die notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Das Verfahren ist in den Sätzen 2 und 3 geregelt. Danach ist der Eigentümer Adressat des zu erlassenden Bescheides, der rechtsmittelfähig ist und verwaltungsgerichtlich angefochten werden kann. Im Bescheid sind die zu beseitigenden Mißstände oder Mängel im einzelnen zu bezeichnen; gleichzeitig ist eine angemessene (unbestimmter Rechtsbegriff) Frist zu setzen. Bei ihrer Forderung nach Mängelbeseitigung ist aber die Gemeinde nicht ungebunden, sie kann nicht alle wünschenswerten Beseitigungen fordern, sondern nur solche Anordnungen treffen, die auf geltende baurechtliche Vorschriften gestützt werden können, also Anordnungen, die sie auch bei Neubauten auf Grund der geltenden Bauvorschriften und gewerblichen Vorschriften treffen könnte. Sie muß auch immer im Auge behalten, daß nur die Beseitigung solcher Mängel gefordert werden kann, deren Behebung zur Erreichung des Zwecks erforderlich ist (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Das Modernisierungsgebot ist daher noch nicht zugleich ein Erhaltungsgebot. Hinsichtlich der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung von Gebäuden, die wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben sollen, vgl. § 43 Abs. 3 Satz 2 StBauFG und § 39 h BBauG; letztere Vorschrift hat den Erlaß einer Satzung zur Voraussetzung. c) Eine Ersatzvornahme ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie kann aber nach den allgemeinen Vorschriften durch die Gemeinde selbst oder durch einen Beauftragten erfolgen. Über die Vollstreckung von Verwaltungsakten im Verwaltungszwangsverfahren sind die Verwaltungsvollstrekkungsgesetze der Länder einschlägig. Wegen der Duldungspflicht Dritter siehe § 39 f. 347
§ 39 e 4
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
3. Begriffe (Abs. 2 und 3) a) Abs. 2 enthielt den vom federführenden Ausschuß geprägten Begriff „Mißstände". Die Schranke für die Gemeinde stellt Satz 2 dar, der die Vorschriften des Bauordnungsrechts und anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, wie z. B. des Gewerberechts oder der Landeswohnungsordnungen als Maßstab setzt. Wegen der schwierigen Definition hat der 15. Ausschuß der etwaigen Kritik an der nicht genügenden Konkretisierung vorbeugen wollen, indem er ausführt (BT-DS 7/4793 zu Nr. 30, zu Nr. 39 e, S. 38): „Die dem ständigen Wandel unterworfenen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse lassen sich indessen nach Ansicht des Ausschusses nicht über das bereits in der Vorschrift enthaltene Maß hinaus konkretisieren und standardisieren. Der Ausschuß geht davon aus, daß jedenfalls nach dem Sinn und Zweck des städtebaulich orientierten Modernisierungsgebots von höheren Anforderungen auszugehen ist, als sie sonst der bloßen Gefahrenabwehr zugrunde zu legen sind. Andererseits kann nicht der Höchststandard des modernen Wohnungsbaues verlangt werden." b) Abs. 3 enthält die Legaldefinition für Mängel. Hier sind drei Voraussetzungen ausdrücklich genannt (Nr. 1 bis 3). Während die beiden ersten Voraussetzungen eine „nicht nur unerhebliche" Beeinträchtigung voraussetzen, spricht Nr. 3 den Denkmalschutz an. Die Sätze 2 und 3 sehen die Notwendigkeit vorheriger Abstimmung der Maßnahmen mit den zuständigen denkmalschützerischen Landesbehörden vor. Der Einbau der Zustimmung der Landesbehörde trägt den Erfordernissen des GG Rechnung. Diese Einschaltung in Gestalt der Bestimmung tritt aber nur bei Gleichrangigkeit (oder Vorrangigkeit) eines Landesgesetzes ein. § 39 e schließt auch das Vorgehen nach anderen Rechtsvorschriften des Landesrechts (z. B. nach der Landeswohnungsordnung) nicht aus (siehe hierzu die Grundvorschrift des § 39 a Abs. 4). c) Ein Antrag der Ausschußminderheit, der auch einer Empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten entsprach, das Modernisierungsgebot und das Instandsetzungsgebot in den Fällen des Abs. 3 Nr. 1 für eine vom Eigentümer genutzte Wohnung auszuschließen, wurde von der Ausschußmehrheit nicht gebilligt. Nach Ansicht der Ausschußmehrheit würde eine derartige Ausnahme für einzelne Wohnungen oder für Einfamilienheime, die ohnehin kaum praktische Bedeutung habe, die städtebauliche Zielrichtung dieses Instruments in Frage stellen. 4. Kosten (Abs. 4) Für die Kostentragung ist § 43 Abs. 1 bis 3 StBauFG — diese Bestimmungen wurden durch die Novelle 1976 der neuen Rechtslage angepaßt — einschlägig (siehe Band II des Komm, bei § 43). Bedeutsam ist vor allem die Vorschrift, daß die dort normierte Möglichkeit einer teilweisen Kostentragung durch die Gemeinde entfällt, wenn der Eigentümer aufgrund anderer 348
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 g
Rechtsvorschriften verpflichtet ist, die Kosten selbst zu tragen, oder wenn er Instandsetzungen unterlassen hat und dabei nicht nachweisen kann, daß ihre Vornahme unwirtschaftlich oder unzumutbar war. Die in § 43 Abs. 2 StBauFG geregelte Regelung des Kostenanteils wurde durch den Vermittlungsausschuß neu gefaßt. Dabei sind die Erträge zu berücksichtigen, die für das modernisierte oder instandgesetzte Gebäude bei ordentlicher Bewirtschaftung nachhaltig erzielt werden können. Die noch im RegE enthaltene Möglichkeit einer Mieterhöhung konnte hier einmal wegen des Wegfalls des entsprechenden § 32 StBauFG im Zuge der Novelle 1976 entfallen; andererseits ist eine solche Regelung in Art. 3 § 3 des 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vom 18.12.1974 (BGBl. I S. 3603) enthalten. § 39 f Duldungspflicht Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte haben die Durchführung der Maßnahmen nach §§ 39 b bis 39 e zu dulden. Diese Vorschrift entspricht dem durch die Novelle 1976 außer Kraft gesetzten Abs. 5 des § 21 StBauFG. Inhaltlich bezieht sich die Vorschrift auf das Bau- und Pflanzgebot, das Nutzungsgebot, das Abbruchgebot und das Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot. Die Duldungspflicht erfordert, daß der Bescheid nach § 39 e Abs. 1 Satz 3 diesem Personenkreis zur Kenntnis gebracht werden muß, gegebenenfalls mit Rechtsmittelbelehrung, um eine Rechtsmittelfrist anlaufen zu lassen. Im Falle von verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten sind diese Personen beizuladen. Wegen des Ausschlusses von Entschädigungsansprüchen auch durch den von § 39 f angesprochenen Personenkreis siehe § 39 g.
§ 39 g Aufliebung,
Beendigung und Verlängerung von Miel- und
Pachtverhältnissen
Erfordern Maßnahmen nach den §§ 39 b bis 39 e die Aufhebung, Beendigung oder Verlängerung eines Miet- oder Pachtverhältnisses oder eines sonstigen Vertragsverhältnisses, das zum Gebrauch oder zur Nutzung eines Grundstücks oder Gebäudes oder einer sonstigen baulichen Anlage berechtigt, finden die §§ 26 bis 31 des Städtebauförderungsgesetzes entsprechend Anwendung. In den Fällen des § 39 c gilt § 30 des Städtebauförderungsgesetzes mit der Maßgabe, daß eine Entschädigung nicht verlangt werden kann, wenn eine vor Anordnung des Nutzungsgebots ausgeübte Nutzung unzulässig war. 349
§ 39 h
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
a) Die V o r s c h r i f t e n des S t B a u F G ü b e r die A u f h e b u n g , B e e n d i g u n g u n d V e r l ä n g e r u n g v o n Miet- u n d P a c h t v e r h ä l t n i s s e n einschließlich i h n e n gleichs t e h e n d e r a n d e r e r N u t z u n g s v e r h ä l t n i s s e m u ß t e n im H i n b l i c k auf die Möglichkeit, Bau-, Pflanz-, Nutzungs-, A b b r u c h - u n d M o d e r n i s i e r u n g s g e b o t e n a c h der Novelle 1976 a n z u o r d n e n , a u c h i m B B a u G f ü r a n w e n d b a r e r k l ä r t w e r d e n . D i e G e m e i n d e m u ß a u c h die Möglichkeit h a b e n , zur Verwirklic h u n g des Sozialplans Miet- o d e r P a c h t v e r h ä l t n i s s e ü b e r W o h n - o d e r Ges c h ä f t s r a u m zu v e r l ä n g e r n (§ 31 S t B a u F G ) . E n t s p r e c h e n d d e m Beschluß des 15. BT-Ausschusses w u r d e ü b e r d e n R e g E h i n a u s der E n t s c h ä d i g u n g s a u s s c h u ß generell, also a u c h g e g e n ü b e r M i e t e r n , P ä c h t e r n o d e r sonstigen N u t z e r n ausgesprochen. b) O b eine unzulässige N u t z u n g vorliegt, b e m i ß t sich n a c h d e n b a u o r d nungs- o d e r g e w e r b e r e c h t l i c h e n o d e r sonstigen s i c h e r u n g s r e c h t l i c h e n Vors c h r i f t e n des Landesrechts. c) Eine gewisse A b w a n d l u n g des S t B a u F G wird d u r c h Satz 2 i n s o f e r n angesprochen, als in d e n Fällen des N u t z u n g s g e b o t s (§ 39 c) eine Unzulässigkeit der f r ü h e r e n N u t z u n g (sei es mit oder o h n e vorherige b e h ö r d l i c h e Feststell u n g dieser Unzulässigkeit) eine E n t s c h ä d i g u n g ausschließt. H i e r v o n w e r d e n a u c h zivilrechtliche Verhältnisse, z. B. N u t z u n g d u r c h r e c h t s k r ä f t i g z u r R ä u m u n g verurteilte M i e t e r o d e r P ä c h t e r b e t r o f f e n .
§ 39 h Erhaltung
baulicher
Anlagen
(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen die Genehmigung für den Abbruch, den Umbau oder die Änderung von baulichen Anlagen aus den besonderen in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Gründen versagt werden kann. In der Satzung ist anzugeben, welche der in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Gründe auf das festgelegte Gebiet zutreffen. Für die Satzung gilt § 16 entsprechend. (2) Hat die Gemeinde beschlossen, für ein Gebiet eine Satzung nach Absatz 1 zu erlassen, und den Beschluß ortsüblich bekanntgemacht, gilt für einen Antrag auf Abbruch, Umbau oder Änderung einer baulichen Anlage § 15 Abs. 1 entsprechend. (3) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage erhalten bleiben soll, 1. weil sie allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt, 2. weil sie von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist oder 3. um in dem Gebiet die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten, wenn dies aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich ist. 350
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 h 1
(4) Die Genehmigung darf auch versagt werden, um bei städtebaulichen Umstrukturierungen einen den sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf auf der Grundlage von Grundsätzen für soziale Maßnahmen oder eines Sozialplans (§ 13a) zu sichern. Sind Grundsätze für soziale Maßnahmen oder ein Sozialplan nicht nach § 13 a aufgestellt worden, so hat die Gemeinde in entsprechender Anwendung des § 13 a solche Grundsätze oder einen Sozialplan aufzustellen. (5) Die Genehmigung wird durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, so wird im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren Uber die in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Belange entschieden. (6) Wird die Genehmigung im Falle des Absatzes 3 Nr. 1 und 2 versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 44 b Abs. 1, 4 und 5 sowie § 44 c Abs. 1 und 2 finden entsprechend Anwendung. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang zur Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes oder der sonstigen baulichen Anlage Mittel öffentlicher Haushalte zur Verfügung gestellt werden. (7) In den Fällen des Absatzes 3 Nr. 3 und des Absatzes 4 ist die Genehmigung zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung des Gebäudes wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. (8) Vor der Entscheidung über den Antrag auf Abbruch, Umbau oder Änderung eines Gebäudes oder einer sonstigen baulichen Anlage hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die Möglichkeit der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes sowie der Unterstützung bei der Erhaltung zu erörtern. Im Falle des Absatzes 3 Nr. 3 und des Absatzes 4 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. 1. Vorbemerkung Diese umfangreiche, auch durch die Novelle 1976 eingebaute Vorschrift dient vor allem dem Denkmalschutz. Sie hat im Laufe der Beratungen durch den federführenden BT-Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (sich auch in der Überschrift auswirkende) erhebliche und durch den Vermittlungsausschuß geringfügigere Umgestaltungen erfahren. Schon § 15 Abs. 2 Nr. 4 StBauFG sieht vor, daß nur mit schriftlicher Genehmigung bauliche Anlagen beseitigt werden dürfen, für deren Errichtung eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich wäre. Auch im allgemeinen Städtebaurecht bedurfte es einer Handhabe, Gebäude, die für das Ortsbild von Bedeutung sind oder die aus geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen städtebaulichen Gründen erhalten bleiben sollen, vor einem Abbruch zu schützen. Daneben ist es vor allem zum Schutze von Mietern notwendig, Gebäude bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erhalten, um einen den sozialen 351
§ 39 h 3
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Belangen Rechnung tragenden Ablauf bei städtebaulichen Maßnahmen und Umstrukturierungen zu gewährleisten. Es handelt sich hier um einen wesentlichen Teilaspekt der gemeindlichen Sozialplanung im Zusammenhang mit der Durchführung von BebPlänen (vgl. § 13 a BBauG). Schließlich kann es notwendig werden, Gebäude, die modernisiert werden sollen, vor einem vorzeitigen Abbruch zu bewahren (vgl. Amtl. Begr. zum RegE zu § 39 h, BT-DS 7/2496). Der federführende Ausschuß hat durch die Fassung der Überschrift „Erhaltung baulicher Anlagen (anstatt im RegE „Abbruchgenehmigung") dem sich mehr und mehr verstärkenden städtebaulichen Erhaltungsgedanken Rechnung getragen; die Vorschrift selbst wurde modifiziert und aus systematischen Gründen teilweise neu gegliedert. 2. Grundvorschrift (Abs. 1) Satz 1 gibt der Gemeinde die Möglichkeit, im BebPl. oder durch eigene Satzung solche Gebiete zu bezeichnen, in denen die Genehmigung für Abbruch, Umbau oder Änderung baulicher Anlagen versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen der Abs. 3 oder 4 (siehe folgende Absätze) vorliegen. Der Genehmigungsvorbehalt umfaßt auch Teilabbrüche. Satz 2 fordert aus rechtsstaatlichen Erwägungen die Angabe, warum und welche der in Abs. 3 oder 4 bezeichneten Gründe vorliegen; Satz 3 weist auf die Notwendigkeit der Genehmigung der Satzung durch die höhere Verwaltungsbehörde und die Vorschriften über die rechtswirksame Bekanntmachung hin. Dieser Genehmigungsvorbehalt ist sowieso für jede Art Satzung im Rahmen des BBauG vorgesehen. 3. Voraussetzungen für die Genehmigungsversagung (Abs. 3 und 4) Die in den Abs. 3 und 4 festgelegten Versagungsgründe wurden vom federführenden Ausschuß, z. T. unter Mitwirkung der Arbeitsgemeinschaft der Städte Bamberg, Lübeck und Regensburg umgearbeitet. Nr. 1 soll dabei die Erhaltung eines bestimmten Gebäudes wegen seiner prägenden Bedeutung für ein bestimmtes städtebauliches Ensemble oder einen geschlossenen Altstadtkern ermöglichen. Die Aufnahme des Belangs „Landschaftsbild" steht im Zusammenhang mit dem neuen § 5 Abs. 35 Nr. 3 und soll grundsätzlich auch für den Außenbereich die Zulässigkeit von Maßnahmen nach § 39 h eröffnen. Nr. 2 stellt auf den Denkmalschutz im engeren Sinn ab. Es kommt nicht allein auf die historische Seite, sondern auch auf die künstlerische Bedeutung an; d. h. es können auch moderne bauliche Anlagen in Betracht kommen. Nr. 3 dient dem „Milieuschutz", der für die zukünftige städtebauliche Entwicklung an Bedeutung gewinnt. Abs. 4 hat im besonderen den Erhaltungszweck zum Inhalt; durch die vom federführenden Ausschuß vorgeschlagene und Gesetz gewordene Fassung werden auch die durch private Entwicklungsträger verursachten Umstrukturierungen eingeschlossen. Bei den beiden 352
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 h 5
letztgenannten Bestimmungen ist die Einschränkung des Abs. 7 (wirtschaftliche Unzumutbarkeit) zu beachten. Auf Vorschlag des BR hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, die ursprüngliche Forderung nach einer förmlichen Beschlußfassung über die Grundsätze für soziale Maßnahmen und über den Sozialplan hier herauszunehmen und dies allein dem Kommunalverfassungsrecht zu überlassen. Die Aufstellung sozialer Grundsätze oder eines Sozialplans erfolgt entsprechend den Vorschriften des § 13 a (siehe dort). Dabei ist die in § 13 a vorgesehene Erörterung mit den Beteiligten auch hier Pflicht der Gemeinde. 4. Zurückstellung von Anträgen nach Abs. 1 (Abs. 2) Ähnlich wie bei der Veränderungssperre muß die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde Anträge auf Abbruch, Umbau oder Änderung einer baulichen Anlage die Entscheidung bis zu zwölf Monate aussetzen, wenn ein Beschluß ergangen ist, eine Satzung nach Abs. 1 zu erlassen und dieser Beschluß ortsüblich bekanntgemacht worden ist. Abs. 2 erfordert noch nicht, daß der Text der Satzung im einzelnen festgelegt ist; auch genügt die ortsübliche Bekanntmachung der Bekanntmachung des Beschlusses (z. B. Anschlag an der Gemeindetafel). Voraussetzung für die Zurückstellung ist entsprechend § 15 Abs. 1 die Befürchtung, daß durch eine die Genehmigung Einhaltung der Satzung des Antrags unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.
5. Verfahren (Abs. 5 und 7) a) Erteilung der Genehmigung: Wie allgemein ist auch hier die Baugenehmigungsbehörde für die Genehmigung zuständig; das Einvernehmen der Gemeinde (vgl. § 36 und die Erläuterung dort) ist auch hier erforderlich (Satz 1). Es entspricht den Grundsätzen einer vereinfachten Verwaltung, daß mit dieser Entscheidung im Rahmen eines notwendigen Baugenehmigungsverfahrens (Zustimmungsverfahren) gleichzeitig darüber entschieden wird, ob die in Abs. 3 und 4 angesprochenen Belange berührt werden (Satz 2). b) Im Rahmen des Milieuschutzes und bei städtebaulichen Umstrukturierungsmaßnahmen (Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4) muß in Einschränkung der strengen Grundsatzbestimmungen die Genehmigung erteilt werden, wenn wirtschaftliche Unzumutbarkeit gegeben ist; jedoch ist hier die Berücksichtigung des Allgemeinwohls (unbestimmter Rechtsbegriff) mit in die Waagschale zu werfen. Dies bedeutet, daß ganz allgemein auf die subjektive und objektive wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung des Gebäudes abzustellen ist. Daß hierbei die veränderte Einstellung zu denkmalschützerischen Bestrebungen im Hinblick auf die Substanzverluste der letzten Jahrzehnte eine gewichtige Rolle spielt, ist offensichtlich. 353
§ 39 i
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
6. Übernahmeverlangen (Abs. 6) Im Rahmen der denkmalschützerischen Einschränkungen der Nrn. 1 und 2 von Abs. 3 ist f ü r den Eigentümer die Möglichkeit gegeben, die Übernahme des Grundstücks unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 zu verlangen. Das Verfahren über die Entschädigung und das Verfahren sowie die Fälligkeit und das Erlöschen der Entschädigungsansprüche richtet sich nach § 44 b und 44 c. Satz 2 verlangt, daß bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit (§ 40 Abs. 2 Nr. 1) hier der diesen Fällen entsprechende besondere Umstand zu berücksichtigen ist, inwieweit öffentliche Mittel im Rahmen der Erhaltung, Erneuerung und Verwendung der baulichen Anlage zur Verfügung gestellt werden können. Diese Vorschrift muß beachtet werden, d. h. eine Unterlassung kann u. U. die Entschädigungsentscheidung fehlerhaft machen. 7. Erörterung (Abs. 7) Die in § 39 a für die anderen M a ß n a h m e n des Abs. 1 a vorgesehene Erörterungspflicht besteht nach Abs. 7 auch im Rahmen der Erhaltung baulicher Anlagen. Hier erstreckt sich der Inhalt des Erörterungsgesprächs mit dem Eigentümer oder mit den sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten auf die Erhaltung und Nutzung der baulichen Anlage sowie auf die Möglichkeit der Unterstützung durch die Gemeinde bei der Erhaltung. Soweit der Milieuschutz (Abs. 3 Nr. 3) und städtebauliche Umstrukturierungsmaßnahmen (Abs. 4) in Betracht kommen, sind über die Unterhaltspflichtigen hinaus die Mieter, Pächter und sonstigen Nutzungsberechtigten (§ 39 f) anzuhören. 8. Vorbehalte für Grundstücke, die besonderen Zwecken dienen (§ 39 i Abs. 3) Grundstücke, die besonderen Zwecken, wie der Landesverteidigung u. ä. oder der Seelsorge dienen, werden dann einer Sonderbehandlung unterzogen, wenn sie in einem Gebiet liegen, das nach § 39 h durch eine Satzung oder einen BebPl. gekennzeichnet ist. In solchen Fällen ist der Bedarfsträger von der Gemeinde zu unterrichten. Die weiteren Verpflichtungen für den Bedarfsträger ergeben sich im einzelnen aus § 39 i Abs. 3 (siehe dort).
§ 39 i Ausnahmen für Grundstücke, die besonderen Zwecken
dienen
(1) Die §§ 39 b bis 39 h finden keine Anwendung für Grundstücke, 1. die der Landesverteidigung oder 2. dienstlichen Zwecken des Bundesgrenzschutzes, der Polizei oder des Zivilschutzes dienen, 354
Abschnitt 1 a. Anordnungen von Baumaßnahmen, u. a.
§ 39 i 1
3. auf denen sich Anlagen befinden, die den in § 38 genannten Vorschriften unterliegen, oder für die ein Verfahren nach den in § 38 genannten Vorschriften oder nach dem Gesetz über Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung vom 23. Februar 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 134), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. November 1966 (Bundesgesetzbl. I S. 653), eingeleitet worden ist oder 4. die dem Gottesdienst oder der Seelsorge von Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts dienen. (2) Liegen für die in Absatz 1 bezeichneten Grundstücke die Voraussetzungen für den Ausspruch eines Gebots nach den §§ 39 b bis 39 e vor, soll auf Verlangen der Gemeinde der Bedarfsträger die entsprechenden Maßnahmen durchführen oder ihre Durchführung dulden, soweit dadurch nicht die Erfüllung seiner Aufgaben beeinträchtigt wird. (3) Befindet sich ein Grundstück der in Absatz 1 bezeichneten Art in einem Gebiet nach § 39 h, so hat die Gemeinde den Bedarfsträger hiervon zu unterrichten. Beabsichtigt der Bedarfsträger den Abbruch, den Umbau oder die Änderung von baulichen Anlagen, so hat er dies der Gemeinde anzuzeigen. Der Bedarfsträger soll auf Verlangen der Gemeinde von dem Abbruch, dem Umbau oder der Änderung absehen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die die Gemeinde berechtigen würden, die Genehmigung zum Abbruch, zum Umbau oder zur Änderung nach § 39 h zu versagen, und wenn die Erhaltung des Gebäudes dem Bedarfsträger auch bei Berücksichtigung seiner Aufgaben zuzumuten ist.
1. Ausnahmevorschrift für Grundstücke, die besonderen Zwecken dienen (Abs. 1 und 2) Diese Bestimmung lehnt sich an §§ 12 Abs. 2, 53 Abs. 2 StBauFG sowie an §§ 37 Abs. 2, 38 BBauG an. Dabei wird in Nr. 3 des Abs. 1 die letztere Bestimmung ausdrücklich angesprochen. Der Ausschuß hat den weiten Tatbestand des RegE erheblich eingeschränkt. Somit zählt Abs. 1 ausschließlich die einzelnen Ausnahmetatbestände für Grundstücke auf, bei denen von ihrer Zweckbestimmung her ein Durchsetzungsgebot nicht in Frage kommt. Andererseits verpflichtet Abs. 2 auch in den Fällen des Abs. 1 die öffentliche Hand zur Durchführung einer Gebotsmaßnahme, wenn nicht übergeordnete Gesichtspunkte aus der besonderen Zweckbestimmung des Grundstücks die Aufgabenerfüllung des Bedarfsträgers beeinträchtigen. Nr. 1 und 2 betreffen die Grundstücke der Landesverteidigung, des Bundesgrenzschutzes, der Polizei und des zivilen Bevölkerungsschutzes. Nr. 3 erfaßt Maßnahmen im Rahmen folgender Gesetze: FStG, Bundesbahngesetz, Telegrafenwegegesetz, Luftverkehrsgesetz, PersBefördG und Landbeschaffungsgesetz. Nr. 4 erfaßt nur Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts (z. B. katholische und evang.-luth. Kirche, israel. Religionsgemein355
Vor § § 39 j — 4 4 c
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
s c h a f t ) . D a b e i k o m m e n n i c h t n u r K i r c h e n b a u t e n u n d Betsäle, s o n d e r n a u c h P f a r r h e i m e u. ä. in B e t r a c h t . 2. Sondervorschrift im Rahmen der Erhaltung baulicher Anlagen (Abs. 3) Abs. 3 b e i n h a l t e t f ü r d e n Fall d e s § 39 h ( E r h a l t u n g b a u l i c h e r A n l a g e n ) m i t d e r Z i e l r i c h t u n g des Abs. 2 ein V e r f a h r e n z u r g e g e n s e i t i g e n U n t e r r i c h t u n g d e r G e m e i n d e u n d d e s B e d a r f s t r ä g e r s ü b e r M a ß n a h m e n i m S i n n dieser B e s t i m m u n g (Satz 1 und 2). D i e s e V o r s c h r i f t ist b e s o n d e r s wichtig d e s h a l b , weil die D u r c h s e t z u n g s k r a f t v o n B e d a r f s t r ä g e r n , im b e s o n d e r e n a u f d e m G e biet d e r L a n d e s v e r t e i d i g u n g u n d ö f f e n t l i c h e n S i c h e r h e i t v e r s t ä n d l i c h e r w e i s e n i c h t u n e r h e b l i c h sein k a n n . D e s h a l b ist a u c h in Satz 3 die S o l l v o r s c h r i f t ( g e b u n d e n e s E r m e s s e n ) e n t h a l t e n , d a ß u n t e r d e n d o r t gestellten V o r a u s s e t z u n g e n ( V e r s a g u n g s g r ü n d e n a c h § 39 h, Z u m u t b a r k e i t d e r E r h a l t u n g d e r b a u lichen Anlage für den Bedarfsträger) der Bedarfsträger von den geplanten M a ß n a h m e n Abstand nimmt.
ZWEITER
ABSCHNITT
Entschädigung Vorbemerkung zu §§ 39 j bis 44 c 1. Der zweite Abschnitt des Dritten Teils wurde durch die Novelle 1976 erheblich erweitert. Er enthielt als Vorspann den § 39 j (Ersatz des Vertrauensschadens) und zusätzlich die §§ 44 a bis 44 c; letztere ersetzen die alten Abs. 4, 5 und 6 des § 40. Diese Vorschriften wurden aus systematischen Gründen in eigenen Paragraphen untergebracht. Auch wurde § 41 gestrichen, die in § 41 bezeichneten Festsetzungen fanden in § 40 Aufnahme. 2. Die Änderung des Planungsschadensrechts stellt eines der wichtigsten bodenpolitischen Ziele der Baugesetznovelle 1976 dar, um den Bedürfnissen des Städtebaues Rechnung zu tragen. Während das vormalige Recht grundsätzlich alle einmal gewährten baulichen Nutzungsmöglichkeiten unbefristet und ohne Rücksicht darauf entschädigungsrechtlich schützt, ob der Eigentümer von der ihm gebotenen Nutzbarkeit Gebrauch gemacht hat oder nicht, werden nunmehr unter gleichzeitiger Verstärkung des Vertrauensschutzes Eingriffe durch Planungsmaßnahmen nur noch in tatsächlich ausgeübte (verwirklichte) Nutzungen im bisherigen Umfang entschädigt. Dagegen entfällt der Schutz für nicht ausgeübte (nicht verwirklichte) Nutzungen gegen planerische Eingriffe nach einer bestimmten Frist. Nach dem RegE sollte diese Schutzfrist für den Bestand eines BebPl. vier Jahre betragen. Der federführende Ausschuß hat jedoch eine siebenjährige Frist durchgesetzt. Darüber hinaus sind ergänzend eine Reihe von besonderen Vertrauenstatbeständen aufgenommen worden, bei deren Vorliegen auch nach Ablauf der siebenjährigen Schutzfrist ausnahmsweise auch noch Eingriffe in nicht verwirklichte Nutzungen zu entschädigen sind. Dadurch sollen insbesondere Härten und Unbilligkeiten vermieden werden, wenn einem Eigentümer die Verwirklichung einer zulässigen Nutzung inner356
2. Abschnitt. Entschädigung
Vor § § 39 j—44 c 2
halb der Schutzfrist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich war, die dann nach Ablauf der Schutzfrist infolge einer Planungsänderung ausgeschlossen ist. Für die bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes zulässigen Baunutzbarkeiten begann die siebenjährige Schutzfrist mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1977 (Übergangsvorschrift in Art. 3 § 11 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6). Im Hinblick auf die Rspr. des BVerwG (U vom 1. 11. 1974, DVB1. 1975, 496), wonach der BebPl., durch den grundsätzlich jeweils Art und Ausmaß der baulichen Nutzbarkeit eröffnet und festgelegt wird, zu den materiell-rechtlichen Vorschriften gehört, durch die im Sinn von Art. 14 G G Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden, hat sich der federführende Ausschuß der Auffassung des verfassungsrechtlichen Sachverständigen Prof. Badura angeschlossen. Dieser vertritt die Meinung, daß die planbedingte Nutzbarkeit eines Grundstücks, die noch nicht durch Nutzung oder nutzungsbezogene Dispositionen ins Werk gesetzt worden ist, keinen unbedingt zu schützenden Vertrauenstatbestand darstellt und die Minderung oder der Entzug einer rechtlich zugelassenen Aussicht oder Nutzungsmöglichkeit keinen enteignenden Charakter hat. Solche Befugnisse unterliegen in gleicher Weise wie das Eigentum selbst seiner Sozialbindung; eine schrankenlose Baufreiheit ist dem Eigentum am Grundstück nicht immanent. Andererseits wurde insgesamt auch die Notwendigkeit und das Bedürfnis für die vorgesehene Änderung anerkannt. Die nach dem vormaligen Recht vorgeschriebene sehr weitgehende Verkehrswertentschädigung von Planungsschäden auch bei nicht ausgeübten Nutzungen hatte zu einer weitgehenden Erstarrung der Planung geführt. Die Gemeinden sahen sich bisher zumeist daran gehindert, auch dringend notwendige Umplanungen durchzuführen, weil sie die damit verbundenen hohen Entschädigungslasten nicht tragen konnten. Die grundlegende Änderung der wirtschaftlichen, demographischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie die sich künftig verstärkt stellenden Aufgaben der Stadterhaltung und Stadterneuerung zwangen die Gemeinden vermehrt zum Überdenken und zur Anpassung ihrer Bauleitplanung. Diese notwendige Anpassung der Bauleitplanung an die sozial und wirtschaftlich gebotenen Realisierungsmöglichkeiten muß sie aber vornehmen können, ohne daß sie wie bisher daran durch weitgehende Entschädigungsfolgen gehindert ist. Aus diesem Grunde wurde die obenerwähnte Siebenjahresfrist erarbeitet, die in Verbindung mit den neuen Vertrauenstatbeständen insgesamt für vertretbar gehalten wird, um einerseits die planerische Handlungsfähigkeit der Gemeinden zu verbessern, andererseits aber das Vertrauen der Bürger in den Bestand eines BebPl. und einer damit eröffneten baulichen Nutzbarkeit angemessen zu schützen. Im übrigen läuft die Schutzfrist dann nicht nach sieben Jahren ab, wenn der Eigentümer während dieser Frist durch eine Veränderungssperre oder befristete Zurückstellung eines Baugesuchs (§ 9 a) ein Bauvorhaben nicht verwirklichen konnte, das er danach infolge einer Planungsänderung nicht mehr verwirklichen kann. Ein ähnlicher Vertrauenstatbestand ist für den Fall vorgesehen, daß während der siebenjährigen Schutzfrist bereits eine Baugenehmigung erteilt oder durch Vorbescheid über die Zulässigkeit eines Bauvorhabens entschieden war, dessen Verwirklichung dann nach Ablauf der Schutzfrist für den Eigentümer infolge einer Planungsänderung unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar geworden ist. Hier ist ebenfalls ohne zeitliche Befristung der Differenzwert des Grundstückes zu entschädigen, der sich aus dem Bodenwert unter Zugrundelegung der genehmigten Baunutzbarkeit und der sich aus der Planungsänderung ergebenden Baunutzbarkeit ergibt. Gleiches gilt einmal für den 357
§39 j
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Fall, daß die Baugenehmigung oder der Vorbescheid rechtswidrig abgelehnt worden sind und im Wege eines Rechtsmittelverfahrens dann infolge einer Planungsänderung die angestrebte bauliche Nutzung nicht mehr genehmigt werden kann, und zum anderen, wenn über derartige Anträge innerhalb der Schutzfrist nicht mehr entschieden worden ist, obwohl dies zeitlich durch- aus möglich gewesen wäre. Voraussetzung einer Entscheidung in all diesen Fällen ist, daß der Eigentümer bereit und in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben auch durchzuführen. 3. Der BGH hat für die Tatbestände des zweiten Abschnitts des Dritten Teils die Bezeichnung Planungsschäden geprägt (vgl. U vom 10. 12. 1957, III ZR 160/56 DÖV 1958, 311). Für die Entschädigung kommen neben den neuen §§ 44 b und 44 c noch die Bestimmungen des zweiten Abschnitts des fünften Teils über Entschädigung (§§ 93 ff.) in Anwendung (§ 44 b Abs. 2). Die nach § 39 j, §§ 40 ff. zu leistende Entschädigung ist entweder in Geld zu leisten oder durch Übernahme der betroffenen Flächen (bzw. Entzug des Eigentums auf Verlangen des Eigentümers); im Fall des § 42 sind Rechte zugunsten des Begünstigten zu begründen. Die §§ 43 und 44 sehen eine Entschädigung allein in Geld vor. Eine Entschädigung in Land ist in diesem Abschnitt nicht vorgesehen. § 44 b sieht auch die Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks oder durch Begründung eines Rechts vor. 4. Für alle Streitigkeiten aus den §§ 40 bis 44 c werden durch § 157 Abs. 1 die Baulandkammern/Baulandsenate für zuständig erklärt. Dort war zunächst § 39 j nicht aufgeführt. Dieses Redaktionsversehen wurde durch das ÄndG vom 6. 7. 1979 beseitigt. 5. Rechtsprechung Die für den zweiten Abschnitt des Dritten Teils wichtige Abgrenzung der entschädigungspflichtigen Tatbestände nach Art. 14 GG wurde sowohl vom BGH als auch vom BVerwG behandelt. Die anfängliche stärker abweichende Auffassung der genannten beiden oberen Bundesgerichte ist nicht mehr im ursprünglichen Umfang gegeben, zumal der BGH von der rein kasuistischen Behandlung des Reichsgerichts (vgl. RGZ 129, 149) durch Anwendung der modifizierten Einzelakttheorie in etwa abgegangen ist (vgl. BGHZ 6, 270/278; 15, 268/271; 23, 30/32) und gleich dem BVerwG (BVerwGE 4, 120; 5, 143; 6, 79; 10, 3; siehe auch Buchholz BVerwG 11. Art. 14 GG Nr. 8 - 1 8 ) , das von Anfang an hierauf in erster Linie abstellt, schließlich auch den Grad der Schwere des Eingriffs berücksichtigt (vgl. BGH III ZR 135, 55 vom 5. 4. 1956 in DÖV 1956, 581).
§ 39 j Vertrauensschaden Haben Eigentümer oder in Ausübung ihrer Nutzungsrechte sonstige Nutzungsberechtigte im berechtigten Vertrauen auf den Bestand eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans Vorbereitungen für die Verwirklichung von Nutzungsmöglichkeiten getroffen, die sich aus dem Bebauungsplan ergeben, können sie angemessene Entschädigung in Geld verlangen, soweit die Aufwendungen durch die Än-
358
2. Abschnitt. Entschädigung
§39j 3
derung, Ergänzung oder Aufhebung des Bebauungsplans an Wert verlieren. Dies gilt auch für Abgaben nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften, die für die Erschließung des Grundstücks erhoben wurden. 1. Allgemeines § 39 j wurde durch die Novelle 1976 neu geschaffen und den §§ 40 ff. als nunmehr erste Vorschrift des zweiten Abschnitts des Dritten Teiles vorangesetzt. Offensichtlich wollte der Gesetzgeber mit dieser Voranstellung zum Ausdruck bringen, daß der Schutz berechtigten Vertrauens auf alle Tatbestände der folgenden Bestimmungen anzuwenden ist. Der zum Erwerb eines Grundstücks getätigte Kaufpreis gehört nach der Amtl. Begr. (BT-DS 7/2496 zu Nr. 31) nicht zu den Aufwendungen im Sinn der Vorschrift. § 39 j ist nicht die einzige Vorschrift, die Vertrauenstatbestände regelt. Weitere sind in § 44 Abs. 5 bis 7 enthalten. 2. Vorschrift Berechtigte nach § 39 j sind neben dem Eigentümer auch sonstige Nutzungsberechtigte. Voraussetzung ist ein rechtsverbindlicher BebPl. Eine spätere Nichtigkeitserklärung des BebPl. im Normenkontrollverfahren ist seiner Aufhebung gleichzustellen. Die angemessene (unbestimmter Rechtsbegriff) Entschädigung kann für Wertverluste schlechthin geltend gemacht werden. Erfaßt werden durch diese Vorschrift nur Vorbereitungshandlungen. Der RegE nennt als Beispiel für entschädigungsfähige Aufwendungen Architektenhonorare. Vom Ausschuß wurden weiter als Beispiel genannt diejenigen Vorbereitungen und Maßnahmen, die ein Eigentümer zur Finanzierung des Bauvorhabens getätigt hat und die wegen der BebPl.-Änderung an Wert verlieren. Nach Satz 2, der auf Vorschlag des federführenden Ausschusses eingefügt wurde, werden von der Vorschrift auch öffentlich-rechtliche Abgaben nach Bundes- oder Landesrecht für die Erschließung des Grundstücks erfaßt. 3. Gerichtliche Zuständigkeit Durch die Beschleunigungsnovelle vom 6. 7. 1979 wurde § 39j ausdrücklich in den Katalog der Bestimmungen aufgenommen, deren Verwaltungsakte nur vor den Baulandgerichten, nicht vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten angefochten werden können; siehe hierüber bei § 157.
359
§40
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
§40 Entschädigung (1) 1. 2. 3. 4.
in Geld oder durch
Übernahme
Sind im Bebauungsplan Flächen f ü r den Gemeinbedarf, Flächen f ü r Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf, Flächen mit besonderem Nutzungszweck, von der Bebauung freizuhaltende Schutzflächen und Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor Einwirkungen, 5. Verkehrsflächen, 6. Versorgungsflächen, 7. Flächen f ü r die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen sowie für Ablagerungen, 8. Grünflächen, 9. Flächen f ü r Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen, 10. Flächen für Gemeinschaftsstellplätze und Gemeinschaftsgaragen, 11. Flächen f ü r Gemeinschaftsanlagen, 12. von der Bebauung freizuhaltende Flächen, 13. Wasserflächen, Flächen f ü r die Wasserwirtschaft, Flächen für Hochwasserschutzanlagen und Flächen für die Regelung des Wasserabflusses, soweit Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden können, festgesetzt, so ist der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze zu entschädigen, soweit ihm Vermögensnachteile entstehen. Dies gilt in den Fällen der Nummern 4 und 10 bis 13 nicht, soweit die Festsetzungen oder ihre Durchführung den Interessen des Eigentümers oder der Erfüllung einer ihm obliegenden Rechtspflicht dienen. (2) Der Eigentümer kann die Übernahme der Flächen verlangen, 1. wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf die Festsetzung oder Durchführung des Bebauungsplans wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen, oder 2. wenn Vorhaben nach § 32 nicht ausgeführt werden dürfen und dadurch die bisherige Nutzung einer baulichen Anlage aufgehoben oder wesentlich herabgesetzt wird. Der Eigentümer kann anstelle der Übernahme die Begründung von Miteigentum oder eines geeigneten Rechts verlangen, wenn die Verwirklichung des Bebauungsplans nicht die Entziehung des Eigentums erfordert. (3) Dem Eigentümer ist eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten, wenn und soweit Vorhaben nach § 32 nicht ausgeführt werden dürfen und dadurch die bisherige Nutzung seines Grundstücks wirtschaftlich erschwert wird. Sind die Voraussetzungen des Übernahmeanspruchs nach Absatz 2 gegeben, 360
2. Abschnitt. Entschädigung
§40 2
kann nur dieser Anspruch geltend gemacht werden. Der zur Entschädigung Verpflichtete kann den Entschädigungsberechtigten auf den Übernahmeanspruch verweisen, wenn das Grundstück für den im Bebauungsplan festgesetzten Zweck alsbald benötigt wird. 1. Vorbemerkung § 40 befaßt sich mit den sog. „Planungsschäden" (vgl. B G H vom 10. 12. 1957, III Z R 160/56, DÖV 1958, 311; B G H Z 23, 30 = Grünflächenurteil; 28,160 = Waldfriedhofsurteil; 30, 338 = Bausperrenurteil; BGH vom 9. 5. 1960, N J W 1960, 1618; BVerwGE 5, 143 = DVB1. 1957, 857 mit Anm. von Haas). Schon vor Ergehen des BBauG hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit der Baulandeigenschaft eines Grundstücks befaßt (BVerwGE 2, 154; 4, 191; 5, 143 = DVB1. 1957, 857; 6, 56; 8, 343). In der letztgenannten Entscheidung heißt es, daß der Baulandcharakter seinen Ausdruck im Verkehrswert findet und dieser von den örtlichen Verhältnissen abhängt. — Durch die Novelle zum BBauG wurde Abs. 1 als Folge der Erweiterung spezieller Festsetzungsmöglichkeiten und der Streichung des § 41 um drei N u m m e r n (2 a, 10 und 11) ergänzt, die früheren zweiten Sätze der Absätze 2 und 3 und die Abs. 4, 5 und 6 wurden hier herausgenommen und in die neuen §§ 44 a, b und c eingearbeitet. Vgl. auch die Vorbemerkung vor § 39 j. 2. Entschädigungspflichtige Tatbestände a) Die ausschließliche Aufstellung der Tatbestände der Nr. 1 bis 11 in Abs. 1 korrespondiert mit den Begriffen in § 9 Abs. 1 (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 = § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f; Nr. 2 = Nr. 1 Buchstabe h; Nr. 2a = Nr. 3 = Nr. 3; Nr. 4 = Nr. 5; Nr. 5 = Nr. 7; Nr. 6 = Nr. 8; Nr. 7 = Nr. 9; Nr. 8 = Nr. 12; Nr. 9 = Nr. 13; Nr. 10 = Nr. 10; Nr. 11 = Nr. 16), wobei der Natur der Sache nach nur ein Teil der in § 9 enthaltenen Tatbestände in § 40 als grundsätzlich entschädigungsfähig aufgenommen worden ist. Im gesamten gesehen handelt es sich — abgesehen von Nr. 2 und 7 — um bebauungsplanmäßige Festsetzungen für Bedürfnisse der Allgemeinheit (Baugrundstücke f ü r den Gemeinbedarf, Verkehrs- und Versorgungsflächen, Flächen für Verwertung und Beseitigung von Abwasser und Müll, Grünflächen, Flächen für Gemeinschaftsstellplätze und Gemeinschaftsgaragen, Flächen für Gemeinschaftsanlagen, von der Bebauung freizuhaltende Flächen, Wasserflächen u. ä.). Die A u f n a h m e von scheinbar systemwidrigen Tatbeständen der Nr. 2 u n d 7 in den Katalog der grundsätzlich entschädigungspflichtigen Tatbestände ist trotzdem gerechtfertigt, weil auch hier übergeordnete Interessen inmitten stehen. So sind die Baugrundstücke für besondere, privatwirtschaftlichen Zwekken dienende Bauanlagen (Nr. 2) und die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Boden361
§40 3
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
schätzen (Nr. 7) letzten Endes für die Gemeinde von Bedeutung, zumal es sich bei den privatwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bauanlagen um solche besonderer Art im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe h handeln muß, deren Lage also durch zwingende städtebauliche Gründe, insbesondere durch solche des Verkehrs, bestimmt ist (z. B. Anlage großer Industrieanlagen). Aufschüttungen, Abgrabungen u. ä. beeinflussen die städtebauliche Planung insbesondere durch Folgeerscheinungen wie Abraumhalden, Grundwasseransammlungen bei Ausbaggerungen, Auswirkungen der Anlage von Bergwerksstollen. b) Eine Entschädigungspflicht tritt jedoch nur ein, soweit dem Eigentümer Vermögensnachteile entstehen. Was unter Vermögensnachteile fällt, ergibt sich aus den §§ 93 bis 96 (siehe dort). Die Beweispflicht für den Eintritt von Nachteilen hat der Eigentümer. Der Zeitpunkt des Entstehens der Vermögensnachteile ist unmaßgeblich; diese können auch erst längere Zeit nach dem Inkrafttreten der Festsetzungen eintreten. Bei den Fällen der Nr. 2 a, 8—9 und 10, also bei Festsetzungen von Flächen f ü r Gemeinschaftsstellplätze und -garagen sowie für Gemeinschaftsanlagen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, f) nach Satz 2 ist eine Entschädigungspflicht ausgeschlossen, wenn die Festsetzung oder die Durchführung der Anlagen den Interessen des Eigentümers oder der Erfüllung einer ihm obliegenden Rechtspflicht dienen. Ob die „Durchführung den Interessen des Eigentümers dient", bestimmt sich nach objektiven, nicht subjektiven Gesichtspunkten. Im Streitfall unterliegt dieser unbestimmte Rechtsbegrifff der vollen richterlichen Nachprüfung. Eine Verpflichtung des Eigentümers zur Durchführung solcher M a ß n a h m e n , welche die Entschädigungspflicht ausschließt, besteht z. B. nach der R G a O (soweit sie noch in Kraft ist). Ob eine Verpflichtung vorliegt, hat im Streitfall das Gericht zu entscheiden. 3. Anspruch des Eigentümers auf Grundstücksübernahme (Abs. 2 Satz 1) Nach Abs. 2 Satz 1 kann der Eigentümer verlangen, daß ihm das Grundstück, das für ihn durch die Festsetzungen im BebPl. nur noch eine Belastung darstellt, abgenommen wird. Die Voraussetzungen, unter denen er das Verlangen an den Begünstigten auf Übernahme des Grundstücks stellen kann, sind hier erschöpfend aufgezählt. Es handelt sich hierbei entweder um wirtschaftliche Unzumutbarkeit (Nr. 1) — unbestimmter Rechtsbegriff — oder um Aufhebung (bzw. wesentliche Herabsetzung) der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks (Nr. 2). Ein Übernahmeanspruch besteht nur auf seiten des Eigentümers; der Gemeinde steht kein Recht zu, etwa vom Eigentümer die „ Ü b e r n a h m e " (in diesem Fall Übergabe) zu verlangen. Der Übernahmeanspruch schließt gleichzeitige Geldentschädigungsansprüche aus (vgl. die Fassung des § 44 b Abs. 1 Satz 1 „Ist die Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks zu leisten . . . " ) . 362
2. Abschnitt. Entschädigung
§40 5
4. Entschädigungsanspruch des Eigentümers bei Unzulässigkeit von Vorhaben (Abs. 3) Der vom seinerzeit federführenden Ausschuß eingefügte Abs. 3 Satz 1 steht in engem Zusammenhang mit Abs. 2 Nr. 2. Der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem gänzlich oder teilweise infolge der Festsetzungen des BebPl. Vorhaben nach § 32 (siehe dort und vorstehende Anm. 2) nicht ausgeführt werden dürfen, kann zwar nicht die Übernahme des Grundstücks, aber doch eine angemessene Geldentschädigung verlangen, wenn die bisherige Nutzung des Grundstücks nur „wirtschaftlich erschwert" wird; es ist also hier nicht erforderlich, daß die Nutzung bereits aufgehoben oder wesentlich herabgesetzt wird (Abs. 2 Nr. 2). Die Abstufungen werden in der Praxis oftmals nicht leicht einzuordnen sein. Die N a c h p r ü f u n g dieser unbestimmten Rechtsbegriffe obliegt letzten Endes dem Gericht. Auch auf diese Entschädigung sind die Bestimmungen der §§ 93 ff. sinngemäß anzuwenden. Der durch den 15. BT-Ausschuß anläßlich der Novellierung des BBauG eingefügte neue Satz 2 soll das Verhältnis des Entschädigungsanspruchs durch Übernahme nach Abs. 2 und in Geld nach Abs. 3 klarstellen. Wird das Grundstück alsbald zur Durchführung des BebPl. benötigt, so erhält nach Satz 3 der zur Entschädigung Verpflichtete die Befugnis, den Eigentümer auf den Übernahmeanspruch zu verweisen. 5. Rechtsprechung A. Bundesgerichtshof 1. B G H U vom 22. 5. 1967 (III Z R 124/66) B G H Z 48,66 = DÖV 1967, 715 a) Die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie umfaßt nicht den Schutz des Grundstückseigentümers dagegen, daß durch die Bauplanung die Nutzbarkeit anderer Grundstücke geändert wird. b) Wenn das Nachbarrecht es zuläßt, daß ein Grundstückseigentümer von anderen Grundstücken ausgehende Geräusche oder andere „Immissionen" in einem gegenüber einem früheren Zustand vermehrten Maße dulden muß, dann ist das von dem Grundstückseigentümer im Rahmen der gesetzlich geregelten Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums hinzunehmen. Eine Enteignung liegt dementsprechend selbst dann nicht vor, wenn das Grundstück infolge der in vermehrtem Maße darauf einwirkenden Immissionen in seinem Wert beeinträchtigt wird.
2. B G H U vom 29. 4. 1968 (III Z R 80/67) B G H Z 50,93 = BBauBl. 1968, 469, N J W 1968, 1278 = WM 1968, 730 a) Die Bestimmung des § 40 (a. F.) regelt die Entschädigung für — nicht nur erstmalige, sondern auch an die Stelle früherer tretende — Festsetzungen im BebPl. zu den in ihrem Absatz 1 aufgezählten und ihrerseits wieder einen Ausschnitt aus der Bestimmung des § 9 Abs. 1 d. G. bildenden Nutzungszweck. Die Bestimmung des § 44 ist in den Fällen nicht anzuwenden, in denen bereits die §§ 40 bis 42 eine, sei es positive oder negative, Entschädigungsregelung enthalten.
363
§40 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
b) Die Bestimmung des § 40 (a. F.) BBauG verstößt nicht gegen Art. 14 GG, insoweit sie in ihren Absätzen 2 und 3 dem Eigentümer einer in einem BebPl. herabgezonten und dadurch im Verkehrswert gesunkenen Fläche, nicht aber auf Leistung einer Entschädigung in Geld gewährt. c) Nach Art. 14 Abs. 3 G G ist die Entschädigung unter gerechter Abwägung sowohl der Interessen der Allgemeinheit wie der Beteiligten, also nicht nur nach den Belangen des von der Enteignung Betroffenen, zu bestimmen. 3. B G H U v o m 27. 11. 1969 (III ZR 2 6 / 6 9 ) VersR 1970, 253 a) Auch wenn ein Grundstück eine andere Qualität als die von Rohbauland besitzt (insbes. Baulandqualität), steht die Entschädigungsregelung des § 40 BBauG mit Art. 14 Abs. 3 GG im Einklang. b) § 32 BBauG ist nicht anwendbar, wenn das Grundstück nur eine behelfsmäßige Bebauung anstelle eines früheren, dann kriegszerstörten Gebäudes aufweist, auch wenn der Behelfsbau abgerissen und wieder ein neues Gebäude errichtet werden soll. 4. B G H U vom 27. 11. 1970 (III ZR 2 6 / 6 9 ) BBauBl. 1972, 28 Im Anwendungsbereich des BBauG handelt es sich bei der Ausweisung eines Grundstücks als Straßenfläche, die im BebPl. vorgenommen wurde, um einen Entschädigungsfall, wie er in § 40 BBauG geregelt ist. 5. B G H U vom 25. 11. 1975 (III ZR 4 2 / 7 3 ) BayVBl. 1976, 505 a) Sind im BebPl. öffentliche Grünflächen festgesetzt, so kann der Eigentümer die Übernahme der Flächen verlangen, sobald die dadurch bewirkte Minderung des Verkehrswertes ihm fühlbare, nicht nur unerhebliche, Vermögensnachteile bringt (Ergänzung zu BGHZ 50,91). b) Die sinngemäße Anwendung des $ 254 BGB rechtfertigt es nicht, den Eigentümer auf einen späteren Zeitpunkt der Übernahme der Fläche deshalb zu verweisen, weil er das Grundstück vor dem Wirksamwerden des BebPl. als „Bauerwartungsland" erworben hat. c) Kommt eine Einigung über die Übernahme eines im BebPl. als öffentliche Grünfläche ausgewiesenen Grundstücks nicht zustande, so kann der Eigentümer die Einleitung eines Enteignungsverfahrens gegen sich selbst beantragen. 6. B G H U vom 13. 4. 1978 (III ZR 122/76) BBauBl. 1979, 36 Dem Erbbauberechtigten steht ein Übernahmeanspruch nach § 40 Abs. 2 BBauG nicht zu. B. Oberverwaltungsgerichte Hamb. O V G U vom 15. 1. 1970 (Bf. II 6 4 / 6 8 ) D Ö V 1971, 250 Ein Bescheid, durch den die höhere Verwaltungsbehörde für ihre Entscheidung über die Entschädigung nach den §§ 40 bis 44 BBauG Kosten erhebt, kann gemäß § 157 BBauG nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden.
364
§42 1
2. Abschnitt. Entschädigung
§41 Entschädigung
bei Festsetzungen von unbebauten und von Schutzflächen
Grundstücken
(gestrichen)
§42 Entschädigung
von Geh-, Fahr- und
Leitungsrechten
Sind im Bebauungsplan Flächen festgesetzt, die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belasten sind, so kann der Eigentümer unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 verlangen, daß an diesen Flächen einschließlich der für die Leitungsführungen erforderlichen Schutzstreifen das Recht zugunsten des in § 44 a Bezeichneten begründet wird. Dies gilt nicht für die Verpflichtung zur Duldung solcher örtlichen Leitungen, die der Erschließung und Versorgung des Grundstücks dienen. Weitergehende Rechtsvorschriften, nach denen der Eigentümer zur Duldung von Versorgungsleitungen verpflichtet ist, bleiben unberührt. 1. Verlangen auf Begründung des belastenden Rechts Die Festsetzung von Flächen, die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zur Sicherung der verkehrsmäßigen Erschließung und der Versorgung zu belasten sind, hat ihre rechtliche Grundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 11. Der von einer solchen Festsetzung betroffene Eigentümer kann dann, wenn die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 § 44 a (siehe dort) vorliegen, also wenn er die Übernahme der Flächen durch den Begünstigten fordern kann, auch verlangen, daß an diesen Flächen (einschließlich der Schutzstreifen) das vorgesehene Recht zugunsten des Begünstigten bzw. der Gemeinde (siehe § 44 a) begründet wird (Abs. 1 Satz 1). Die Belastung mit Geh- und Fahrrechten zugunsten der Allgemeinheit (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 11) erfolgt in Gestalt beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten zugunsten der Gemeinde. Die Begründung von Rechten an oberirdischen oder unterirdischen Leitungen aller Art (Draht, Kabel, Rohr) nimmt entsprechend der wachsenden Bevölkerungsdichte erheblich an Bedeutung zu. § 42 sagt nichts darüber, an wen der verpflichtete Eigentümer das Verlangen auf Rechtsbegründung zu richten hat, doch ergibt sich aus § 40 Abs. 2 in Verbindung mit § 44 a, daß dies der Begünstigte, ersatzweise die Gemeinde, sein muß. Kommt bezüglich der Begründung des Rechts und der Abgeltung (vgl. § 44 b) eine Einigung zwischen Eigentümer und Begünstigtem (bzw. der Gemeinde) nicht zustande, dann kommt § 44 b Abs. 1 zusammen mit den Bestimmungen des Fünften Teils über Enteignung und Entschädigung, und zwar 365
§43
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
vor allem die §§ 86 Abs. 1, 92 Abs. 2 Satz 2, 93 ff., sinngemäß zur Anwendung. Streitigkeiten aus §42 werden nach § 157 Abs. 1 von den Baulandkammern/Baulandsenaten entschieden. 2. Ausschluß des Verlanges auf Begründung des belastenden Rechts Das Verlangen auf Begründung des Rechts ist ausgeschlossen, wenn örtliche Leitungen der Erschließung und Versorgung des Grundstücks selbst dienen (Abs. 1 Satz 2); denn die Anlage solcher Leitungen erfolgt im Interesse des Grundstückseigentümers. Auf Anregung des bei der Erstfassung zuständigen 24. Ausschusses wurde ein ausdrücklicher Hinweis aufgenommen (Abs. 1 Satz 3), daß Rechtsvorschriften unberührt bleiben, die dem Eigentümer weitergehende Duldungspflichten auferlegen. Hierzu zählen die mit Rechtsverordnungscharakter ausgestatteten Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Arbeit aus dem Niederspannungsnetz und die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Gas (AVB Strom und Gas).
§43 Entschädigung bei Bindungen fiir Bepflanzungen Sind im Bebauungsplan Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern sowie für das Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern festgesetzt, so ist dem Eigentümer eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten, wenn und soweit infolge dieser Festsetzungen 1. besondere Aufwendungen notwendig sind, die über das bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erforderliche Maß hinausgehen, oder 2. eine wesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 und 16 können im BebPl. Anpflanzungen von Bäumen und Sträuchern festgesetzt sowie „Bindungen" für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern festgelegt werden. Auch hier steht dem Eigentümer unter den in Nr. 1 und 2 genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf angemessene Geldentschädigung zu. Die genannten Voraussetzungen (besondere Aufwendungen — unbestimmter Rechtsbegriff — oder wesentliche Wertminderung des Grundstücks — Tatfrage —) müssen vom Eigentümer nachgewiesen werden. Die Notwendigkeit des Kausalzusammenhangs ist im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben („infolge . . . " ) . Eine Entschädigung in Gestalt des Verlangens auf Grundstücksübernahme ist bei den Tatbeständen des § 43 nicht vorgesehen. 366
§44
2. Abschnitt. Entschädigung
b) Die Geldentschädigung richtet sich seit der Novelle 1976 nach § 44 a bis 44 c. Sollten die Festsetzungen — was in diesen Fällen nicht die Regel ist — zugunsten eines Dritten erfolgt sein (z. B. Erhaltung eines alten Baumbestandes in einem Park, der sich in Privateigentum befindet, zugunsten eines botanischen Instituts), dann ist der Dritte als Begünstigter zur Entschädigung verpflichtet, wenn er mit der Festsetzung zu seinen Gunsten einverstanden ist (siehe bei § 44 a Abs. 1). Für Streitigkeiten ist nach § 157 Abs. 1 die Zuständigkeit der Baulandkammern und Baulandsenate gegeben.
§44 Entschädigung bei Änderung oder Aufliebung einer zulässigen
Nutzung
(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, so kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. (2) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, so bemißt sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt. (3) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist aufgehoben oder geändert, so kann der Eigentümer nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen, insbesondere wenn infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben, unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden. Die Höhe der Entschädigung hinsichtlich der Beeinträchtigung des Grundstückswerts bemißt sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der in Satz 1 bezeichneten Beschränkungen ergibt. (4) Entschädigungen für Eingriffe in ausgeübte Nutzungen bleiben unberührt. (5) Abweichend von Absatz 3 bemißt sich die Entschädigung nach Absatz 2, wenn der Eigentümer an der Verwirklichung eines der zulässigen Nutzung entsprechenden Vorhabens vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist durch eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung seines Vorhabens gehindert worden ist und er das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nicht mehr verwirklichen kann. (6) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist eine Baugenehmigung oder über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ein Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht erteilt worden und kann der Eigentümer das Vorhaben in367
§44
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
folge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nach Ablauf der Frist nicht mehr verwirklichen oder ist die Verwirklichung dadurch für ihn wirtschaftlich unzumutbar geworden, so kann der Eigentümer in Höhe des Unterschieds zwischen dem Wert des Grundstücks unter Zugrundelegung der nach der Genehmigung vorgesehenen Nutzung und dem Wert des Grundstücks, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung ergibt, Entschädigung verlangen. (7) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, rechtswidrig abgelehnt worden und kann dach dem Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens die Genehmigung oder der Vorbescheid mit dem beantragten Inhalt nicht erteilt werden, weil die im Zeitpunkt der Antragstellung zulässige Nutzung aufgehoben oder geändert worden ist, so bemißt sich die Entschädigung nach Absatz 6. Entsprechend findet Absatz 6 auch Anwendung, wenn über einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden und zu genehmigenden Bauantrag oder einen Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, innerhalb der in Absatz 2 bezeichneten Frist nicht entschieden wurde, obwohl der Antrag so rechtzeitig gestellt wurde, daß eine Genehmigung innerhalb der Frist hätte erteilt werden können. (8) In den Fällen der Absätze 5 bis 7 besteht der Anspruch auf Entschädigung nicht, wenn der Eigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Der Eigentümer hat die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeiten, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen. (9) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben, so besteht auch der Übernahmeanspruch nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. (10) Die Gemeinde hat dem Eigentümer auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob ein sich aus Absatz 2 ergebender vermögensrechtlicher Schutz der zulässigen Nutzung für sein Grundstück besteht und wann dieser durch Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist endet. Übersicht 1. Vorbemerkung a) Neufassung durch Novelle 1976 b) Amtl. Begründung c) Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Nutzung 2. Grundvorschrift (Abs. 1) 3. Fristregelung (Abs. 2 und 3) a) Siebenjahresfrist (Abs. 1) b) Entschädigung nach Ablauf der sieben Jahre 4. Ausnahme zugunsten ausgeübter Nutzungen (Abs. 4)
368
5. Ausnahmen zugunsten von Vertrauenstatbeständen (Abs. 5 bis 7) 6. Ausschluß der Entschädigung (Abs. 8) 7. Übernahmeanspruch anstatt Geldentschädigung (Abs. 9) 8. Auskunftspflicht (Abs. 10) 9. Rechtsprechung A. BGH B. Andere Gerichte
2. Abschnitt. Entschädigung
§44 1
1. Vorbemerkung a) Die Neufassung des BBauG von 1976 gestaltete den § 44 völlig um. N a c h wie vor regelt die Vorschrift die Planungsentschädigung in den Fällen, die durch die §§ 40 bis 42 nicht erfaßt sind (vgl. B G H , U vom 29. 4. 1968, siehe bei § 40 Nr. 4 A 2). Neben strukturellen Änderungen, die auch zur Anf ü g u n g der §§ 44a, 44b u n d 44c führten, wurde auch die Ausgestaltung des Planungsschadensrechts — diese Bezeichnung hatte die Rspr. f ü r die hier geregelten Tatbestände geprägt — aufgrund der nicht günstigen E r f a h r u n g e n mit der Erstfassung von 1960 einer Neukonzeption unterzogen. Die Zielrichtung, Erhalt u n d Schranken des von P l a n u n g s m a ß n a h m e n betroffenen G r u n d e i g e n t u m s durch Konkretisierung von Erhalt u n d Schranken des Eigentums (Art. 14 u n d 20 G G ) zu bestimmen, ist unverändert geblieben. Allerdings f u ß t die Neufassung auf zwischenzeitlich von der Rspr. klarer herausgearbeiteter Abgrenzung der Enteignung durch oder a u f g r u n d von Planungsm a ß n a h m e n von der Eigentumsbindung des Sozialstaats. Mit der Erstfassung hatte der Gesetzgeber weitgehend die damalige Rspr., die in der Zubilligung des Planungsschadensersatzes verhältnismäßig weitging, ü b e r n o m m e n . Allerdings hatte sich die Rspr. vor dem BBauG fast ausschließlich nur mit Fällen der vollständigen Entziehung der Baulandqualität befaßt. In der Zwischenzeit waren die G r u n d z ü g e der Sozialbindung im Bereich des G r u n d u n d Bodens auch in der Rspr. deutlicher herausgearbeitet worden. Das BVerfG hat wiederholt die Sonderstellung des G r u n d u n d Bodens betont. b) Der RegE hat in der Begründung (BT-DS 7/2496, zu Nr. 36) das Bedürfnis nach Ä n d e r u n g wie folgt dargestellt: „Die durch Planungs- u n d S t r u k t u r m a ß n a h m e n begründeten u n d gesicherten baulichen Nutzbarkeiten beruhen als solche allein auf M a ß n a h m e n u n d Leistungen der Allgemeinheit. Die Verflechtungen der Grundstücke mit dem städtebaulichen G e f ü g e sind im Laufe der Zeit stärker geworden u n d erstrecken sich auf mehr Bereiche als früher. Die Sicherung ihrer Nutzbarkeit ist von den äußeren Verhältnissen, d. h. von ihrer sinnvollen E i n o r d n u n g in das städtebauliche G e f ü g e u n d von dem Funktionieren des außerordentlich komplizierten Infrastruktursystems, weitaus stärker abhängig geworden als es früher der Fall war. Ihre Situation wird hiernach nicht nur von den Verhältnissen des engeren Baugebietes bestimmt, sondern von allen räumlich-strukturellen Verflechtungstatbeständen, die sich auf ihre N u t z u n g u n d Nutzbarkeit auswirken. Hieraus ergeben sich f ü r die Eigentümer auch regelmäßig größere Vorteile als früher, die aber heute wiederum in weitaus stärkerem M a ß e von der Sicherung der funktionsgerechten Nutzung durch die Allgemeinheit abhängig sind. D a s Bedürfnis, durch P l a n u n g s m a ß n a h m e n (Änderung v o r h a n d e n e r oder Aufstellung neuer Bebauungspläne) u n d ihre D u r c h f ü h r u n g die Funktionsfähigkeit zu sichern bzw. Funktionsschwächen zu beheben, ist nicht nur auf überalterte Baugebiete beschränkt, die ihre Funktion als Wohn- oder Arbeitsgebiete nicht mehr ausreichend erfüllen können. Das Bedürfnis ist vielmehr in dem M a ß e allgemein stärker geworden, wie sich der Strukturwandel in den vielen Bereichen, f ü r die der Städtebau Aufgaben zu erfüllen hat, auf Flächen, Standorte u n d Z u o r d n u n g e n der verschiedenen Funktionen auswirkt." 369
§44 l
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Da das alte Recht grundsätzlich alle zu irgendeiner Zeit einmal gewahrten Nutzbarkeiten unbefristet schützte, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Eigentümer von der Nutzbarkeit Gebrauch gemacht hat, war der Schutz des GG überzogen. Dem will die neue Fassung Rechnung tragen, weil die Erfahrungen gezeigt haben, daß die uneingeschränkte Entschädigung rechtlicher Gewährleistung einmal eingeräumter Nutzungsmöglichkeiten zu einer gewissen Erstarrung der Planung geführt hat. Dazu kam auch der Umstand, daß die steigenden Bodenpreise die private Zurückhaltung bei der Verwirklichung der Planung unter Berücksichtigung des alten Rechtszustandes (Bemessung des Planungsschadens und Verzinsung nach der Rspr.) gefördert haben. c) Die Neufassung des § 44 geht von der Grundtendenz aus, daß die ausgeübte Nutzung, die nach allgemeinen Grundsätzen rechtmäßig sein muß, und die sich aus ihr ergebenden wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten weiterhin auch im Planungsschadensrecht geschützt werden. Wird z. B. die Genehmigung für den Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes unter Berufung auf den geänderten BebPl. versagt oder ist nach Aufhebung der bisher zulässigen und in diesem Rahmen rechtmäßig ausgeübten Nutzung der Eigentümer gehindert, sein Grundstück zu veräußern, oder erzielt er bei der Veräußerung infolge der Planänderung einen nicht nur unwesentlichen Mindererlös, so wirkt sich in diesen Zeitpunkten die Änderung der Planung auf die ausgeübte Nutzung wirtschaftlich spürbar aus; nach allgemeinen Enteignungsgrundsätzen ist hierfür eine angemessene Entschädigung zu leisten. Dadurch wird dem Grundsatz der Wahrung des Bestandschutzes Rechnung getragen. Der federführende 15. Ausschuß hat diese Grundkonzeption unverändert gelassen. Er hat jedoch mit Billigung des Gesetzgebers als eine der wichtigsten Änderungen des RegE eine Siebenjahresfrist eingeführt, innerhalb der das Vertrauen auf die Bestandskraft eines BebPl. geschützt wird. Diese Frist gilt auch für solche BebPl., die vor Inkrafttreten des Gesetzes aufgestellt wurden. In diesem Fall beginnt die Frist mit Inkrafttreten der Änderungsnovelle (1.1. 1977) zu laufen, wenn zu diesem Zeitpunkt die bauliche Nutzung bereits zulässig war. Weiterhin hat der Ausschuß weitere Tatbestände eingebaut, die entschädigungsrechtlich geschützt werden. So ergibt sich für die einzelnen Absätze der umfangreichen Vorschrift des § 44: Nach Abs. 2 wird die zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von sieben Jahren entschädigungsrechtlich geschützt. Grundlage für die Höhe der Entschädigung ist die Differenz der Grundstückswerte: Wert der zulässigen Nutzung abzüglich Wert der nach der Beschränkung noch verbleibenden Nutzung. Nach Ablauf der sieben Jahre wird nur noch für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung Entschädigung gewährt. Abs. 4 stellt klar, daß z. B. bei einem Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein besonderer Entschädigungsanspruch nicht ausgeschlossen ist. Die Abs. 5 bis 7 enthalten in Ergänzung von § 39 j weitere Vertrauenstatbestände (im einzelnen siehe die Erläuterungen bei diesen Absätzen). 370
2. Abschnitt. Entschädigung
§44 2
Da die vorgenannten Absätze davon ausgehen, daß ein Entschädigungsanspruch nur entstehen kann, wenn ein schützenswertes Vertrauen vorliegt, muß die Sicherung gegeben sein, daß der Eigentümer bereit ist und die Möglichkeit hat, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Abs. 8 sieht daher vor, daß der Anspruch auf Entschädigung nicht besteht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Eigentümer nicht bereit und in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Wegen des schwer zu realisierenden Nachweises sieht Abs. 8 Satz 2 vor, daß der Eigentümer als — im juristischen Sinne — „Last im eigenen Interesse" die betreffenden Tatsachen darzulegen hat. In Anlehnung an § 40 wird in Abs. 9 gesetzlich verankert, daß der Eigentümer, wenn die bisher zulässige Nutzung aufgehoben wird, wahlweise Geldentschädigung oder die Übernahme des Grundstücks verlangen kann. Da Beginn und Ende der Siebenjahresfrist für den Eigentümer oft nicht eindeutig erkennbar sind, sieht Abs. 10 vor, daß insoweit die Gemeinde zur Auskunft verpflichtet sein soll. Entschädigungsansprüche nach anderen Vorschriften, z.B. nach §21, oder aufgrund von Landesrecht (z. B. wenn eine Baugenehmigung nicht erteilt oder eine erteilte zurückgenommen wurde) blieben von den Vorschriften der §§ 40 bis 44 unberührt. 2. Grundvorschrift (Abs. 1) Voraussetzungen einer Entschädigung, die abgesehen von Abs. 9 nur in Geld geleistet wird (daher kommen die §§ 100, 101 nicht zur Anwendung) und angemessen (unbestimmter Rechtsbegriff) sein muß, sind a) Aufhebung oder Änderung der Nutzung eines Grundstücks; b) Zulässigkeit der Nutzung; c) Eintritt einer „nicht nur unwesentlichen" (unbestimmter Rechtsbegriff) Wertminderung; d) Anspruchsgeltendmachung durch den Eigentümer; e) Vorliegen der Tatbestände der Abs. 2 bis 9. Im Hinblick auf die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe „nicht nur unwesentlich", „angemessen" und der notwendigen Voraussetzung der Zulässigkeit der Nutzung wird in vielen Fällen die nach § 157 Abs. 1 zuständige Baulandkammer angerufen werden. Im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der Tatbestände in diesem Rechtsbegriff wird es zumeist Tatfrage sein, ob die Wertminderung nicht mehr unwesentlich und ob die gebotene Geldentschädigung noch angemessen ist. Wichtige Hinweise bieten die Regelungen der folgenden Abs. 2 bis 8 und die Bestimmungen über den Verkehrswert (§ 142 ff.). Nach der Rspr. des BGH (U vom 12. 6. 1975, siehe Rspr. 9 A 2) kann eine Entschädigung auch dann in Betracht kommen, wenn die bisher zulässige bauliche Nutzung eines bebauten Grundstücks nicht durch einen BebPlan,sondern aufgrund des § 34 durch andere behördliche Akte aufgehoben oder geändert wird. Nach der wertenden Abgrenzungslehre des BVerwG (U vom 27. 1. 1967, BVerwGE 26, 111) ist bei differenzierender Wägung in bestimmten Fällen ein enteignender Eingriff auch bei gesetzlicher Baurechtsverschär371
§44 5
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
fung möglich. Jedenfalls ist § 44 Abs. 1 nicht auf BebPlaneingriffe beschränkt, da die Eingangsworte nur ausgrenzend auf die §§ 40—42 Bezug nehmen. Damit wird § 34 von § 44 Abs. 1 mit erfaßt (so auch Schmidt-Aßmann, DVB1. 1976, 170 f.). § 44 Abs. 1 ist jedoch keine Entschädigungsbestimmung für faktische Planfolgemaßnahmen (BGH 2 48, 46, DVB1. 1968, 22 = Wannseeurteil). Im Hinblick auf Abs. 4 beziehen sich die Einschränkungen der Abs. 2 und 3 nur auf die noch nicht ausgeübten, aber objektiv zulässigen und möglichen Nutzungen. 3. Fristregelung (Abs. 2 und 3) a) Die vom federführenden BT-Ausschuß eingeführte Zäsur von sieben Jahren (Abs. 2) ist bewußt so bemessen worden, daß der Eigentümer auch bei Berücksichtigung der für Ansparungen z. B. in Bausparkassen notwendigen Zeit sein beabsichtigtes Vorhaben innerhalb der Vertrauensfrist verwirklichen kann (BT-DS 7/4793 zu Nr. 36 S. 39). b) Nach Ablauf der sieben Jahre wird nur noch Eingriff in die ausgeübte Nutzung entschädigt. Als wesentliche Beispiele nennt Abs. 3 Satz 1 die Auswirkungen auf die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die Auswirkungen auf die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks. Anders als nach Abs. 2 bemißt sich hier die Entschädigung zwischen dem Unterschied des Wertes des Grundstücks aufgrund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der in Satz 1 bezeichneten Beschränkungen ergibt (Satz 2). 4. Ausnahme zugunsten ausgeübter Nutzungen (Abs. 4) Der Tatbestand der tatsächlich ausgeübten Nutzung wird durch die Einschränkungen der Abs. 2 ff. nicht berührt. Dies bedeutet, daß die zeitlichen und sachlichen Beschränkungen dieser Bestimmungen bei nicht unwesentlichen Wertminderungen unberücksichtigt bleiben können, soweit dies nach Lage des Einzelfalles gerechtfertigt erscheint. Auch hier muß es sich um zulässige Nutzungen handeln. Neben dem in der amtlichen Begründung genannten Beispiel des Gewerbebetriebs können auch nichtgewerbliche Nutzungen von Abs. 4 erfaßt werden (z. B. private Forschungsinstitute in der Nähe eines Universitätsforschungszentrums). 5. Ausnahmen zugunsten von Vertrauenstatbeständen (Abs. 5 bis 7) Die in den Abs. 5 bis 7 festgelegten Ausnahmen beziehen sich auf folgende vom 15. BT-Ausschuß vorgeschlagenen und vom Gesetzgeber sanktionierte Vertrauenstatbestände über § 39 j hinaus: a) Eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung eines Bauvorhabens nach § 15 hindert den Eigentümer, innerhalb der siebenjährigen Schutzfrist des Abs. 2 die zulässige Nutzung zu verwirklichen (Abs. 5); b) eine Baugenehmigung oder ein bauaufsichtsrechtlicher Vorbescheid über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ist erteilt worden und der Eigentümer kann nach Ablauf der Schutzfrist das beabsichtigte Vorhaben nicht mehr verwirklichen (Abs. 6); 372
2. Abschnitt. Entschädigung
§44 7
c) ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheides, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, ist rechtswidrig abgelehnt worden. Während des laufenden Rechtsmittelverfahrens ist die zulässige Nutzung aufgehoben oder geändert worden, so daß nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen infolge der Rechtsänderung die Baugenehmigung bzw. der Vorbescheid nicht mehr erteilt werden kann (Abs. 7 Satz 1); d) der Eigentümer hat rechtzeitig einen Bauantrag gestellt oder die Erteilung eines Vorbescheides über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens beantragt. Über den Antrag ist innerhalb der Siebenjahresfrist nicht entschieden worden, obwohl der Antrag so rechtzeitig gestellt wurde, daß eine Genehmigung innerhalb der Frist hätte erteilt werden können (Abs. 7 Satz 2). 6. Ausschluß der Entschädigung (Abs. 8) Voraussetzung für eine Entschädigung bei Vorliegen von Sondertatbeständen des Abs. 5 bis 7, also der in Nr. 5 a bis d aufgezeigten Sachverhalte ist ein schützenwertes Vertrauen. Das ist aber nur gegeben, wenn in der Person des Eigentümers wirklich die Bereitschaft und die Möglichkeit der Verwirklichung des beabsichtigten Vorhabens besteht. Ist der Eigentümer nicht bereit oder wirtschaftlich nicht in der Lage, das von ihm beabsichtigte Vorhaben in die Tat umzusetzen, dann besteht kein Anspruch auf Entschädigung. Dies schließt nicht aus, daß aus Billigkeitserwägungen von der Gemeinde Entschädigung geleistet wird, wobei diese nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung zu handeln hat, um sich auch der Rechnungsprüfung gegenüber verantworten zu können. Die in Satz 2 normierte, dem Eigentümer obliegende Beweislast ist erforderlich, weil die in der Person des Eigentümers liegenden Umstände von der Gemeinde nur sehr schwer nachgewiesen werden könnten. Als Beispiel nennt der Ausschußbericht (BT-DS 7/4793 zu Nr. 36) die Beauftragung eines Architekten mit der Entwurfsfassung und die mögliche Finanzierung über Bausparverträge. In diesem Bericht wird auch die Vorfrage angesprochen, ob nicht bereits der Umstand, daß Anträge auf Erteilung von Baugenehmigungen oder eines Vorbescheides gestellt worden sind, die Annahme im Sinne einer Fiktion rechtfertigen, daß der Bauwille auch als die Baumöglichkeit anzunehmen sind, muß nach der Praxis verneint werden. Gerade die Einbeziehung des Vorbescheides, die aus anderen Gründen wieder gerechtfertigt ist, nötigt dazu, hier weitere Nachweise zu verlangen. Dies entspricht auch im Gegensatz der ständigen Rspr. zum Schadensersatzrecht bei Planungssperren. Dort wird nämlich der Bauwille und die Möglichkeit zum Bauen als Voraussetzung für eine Entschädigung gefordert. 7. Übernahmeanspruch anstatt Geldentschädigung (Abs. 9) Die bereits in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 gegebene Wahlmöglichkeit wird auch für § 44 übernommen. Voraussetzung ist die Aufhebung einer zulässigen Nutzung eines Grundstücks. Abs. 9 bezieht sich nur auf Aufhebung aber nicht auf Änderung der Nutzung. 373
§44 9
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
8. Auskunftspflicht (Abs. 10) D a Beginn u n d E n d e der Siebenjahresfrist f ü r d e n E i g e n t ü m e r zuweilen nicht eindeutig e r k e n n b a r sind, f e r n e r o b angesichts der teilweise komplizierten Gesetzesregelung tatsächlich ein vermögensrechtlicher Schutz d e r zulässigen N u t z u n g besteht, m u ß die G e m e i n d e auf Verlangen d e m E i g e n t ü m e r ( n u r diesem o d e r dessen B e a u f t r a g t e n ) die n o t w e n d i g e n A u s k ü n f t e erteilen,. Im Hinblick auf die rechtlichen Folgen einer unrichtigen A u s k u n f t wird hier die G e m e i n d e sehr sorgfältig bei der A u s k u n f t s e r t e i l u n g sein müssen u n d sich g e g e b e n e n f a l l s juristischer Hilfe (z. B. d u r c h B e f r a g u n g des juristischen Bea m t e n des L a n d r a t s a m t e s ) b e d i e n e n müssen. 9. Rechtsprechung A. Bundesgerichtshof 1. B G H U v o m 28. 1. 1965 ( I I I Z R 3 8 / 6 4 ) B G H Z 43, 120 = DVB1. 1966, 353 = BBauBl. 1965, 227 = N J W 1965, 534 = D W W 1965,. 169 Die Entschädigung für die durch einen BebPl. herbeigeführte Änderung der baulichen Nutzbarkeit eines Grundstücks ist vom Inkrafttreten des rechtsverbindlichen Beb PI. an zu verzinsen, jedenfalls dann, wenn durch die Umklassifizierung eines bisher bebauten Grundstücks dessen Bebaubarkeit tatsächlich sofort ausgeschlossen wird. 2. B G H U v o m 12. 6. 1975 ( I I I Z R 158/72) DVB1. 1976, 165 mit A n m . v. Schmidt-Aßmann a) Eine Entschädigung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBauG kann auch dann in Betracht kommen, wenn die bisher zulässige bauliche Nutzung eines bebauten Grundstücks nicht durch einen BebPlan, sondern auf Grund des § 34 BBauG durch andere behördliche Akte aufgehoben oder geändert wird. b) Zum Entschädigungsausschluß nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBauG. B. A n d e r e G e r i c h t e 1. O L G B r e m e n U v o m 24. 2. 1971 (3 U 8 6 / 1 9 7 0 ) O L G Z 1971, 407 a) Der Inhalt des Eigentums wird entscheidend mitgeprägt durch die „Situation", in die das Grundstück hineingestellt ist. Diese kann den Inhalt des Eigentums beschränken („Situationsgebundenheit"), ihn aber auch erweitern („Situationsberechtigung"). b) Eine Veränderung der den Eigentumsinhalt mitbestimmenden „Situation" durch hoheitliche Maßnahmen stellt einen enteignenden Eingriff dar, wenn sie den Eigentümer schwer und unerträglich trifft (BVerwG in DVB1. 1970, 59, 62; DVB1. 1969, 213). Unter dieser — streng und einschränkend auszulegenden — Voraussetzung kann auch in der Änderung der Nutzung eines anderen Grundstücks ein enteignender Eingriff liegen. c) Wird ein bisheriges Reihengrundstück durch einen neuen BebPl. zu einem Eckgrundstück, so stellt das in der Regel keinen entscheidenden Eingriff dar.
374
§ 44 a 2
2. Abschnitt. Entschädigung
§ 44 a Entschädigungspflichtige (1) Zur Entschädigung ist der Begünstigte verpflichtet, wenn er mit der Festsetzung zu seinem Gunsten einverstanden ist. Ist ein Begünstigter nicht bestimmt oder liegt sein Einverständnis nicht vor, ist die Gemeinde zur Entschädigung verpflichtet. Erfüllt der Begünstigte seine Verpflichtung nicht, ist dem Eigentümer gegenüber auch die Gemeinde verpflichtet; der Begünstigte hat der Gemeinde Ersatz zu leisten. (2) Dient die Festsetzung der Beseitigung oder Minderung von Auswirkungen, die von der Nutzung eines Grundstücks ausgehen, so ist der Eigentümer zur Entschädigung verpflichtet, wenn er mit der Festsetzung einverstanden war. Ist der Eigentümer aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften verpflichtet, Auswirkungen, die von der Nutzung seines Grundstücks ausgehen, zu beseitigen oder zu mindern, so ist er auch ohne Einverständnis zur Entschädigung verpflichtet, soweit er durch die Festsetzung Aufwendungen erspart. Erfüllt der Eigentümer seine Verpflichtungen nicht, so gilt Absatz 1 Satz 3 entsprechend. Die Gemeinde soll den Eigentümer anhören, bevor sie Festsetzungen trifft, die zu einer Entschädigung nach Satz 1 oder 2 führen können. 1. Grundsatzvorschrift (Abs. 1) Die Vorschrift wurde 1976 aus § 40 a. F. (Abs. 4) herausgelöst und verselbständigt. Grundsätzlich ist der Begünstigte zur Entschädigung verpflichtet, gleich ob die Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks oder in Geld zu leisten ist (Satz 1). Begünstigter ist der Träger der Anlage oder des Vorhabens, das auf dem betroffenen Grundstück vorgesehen ist. Die Verpflichtung trifft den Begünstigten jedoch nur, wenn er mit der zu seinen Gunsten vorgenommenen Festsetzung im BebPl. auch einverstanden ist. Ist der Begünstigte nicht einverstanden oder ist ein Begünstigter nicht bestimmt, so ist die Gemeinde zur Entschädigung verpflichtet (Satz 2), und zwar auch neben dem Begünstigten, wenn dieser seiner Verpflichtung nicht nachkommt (Satz 3); die Gemeinde kann sich dann an den Begünstigten halten. Über Streitigkeiten entscheiden nach § 157 Abs. 1 die Baulandkammern/Baulandsenate. 2. Entschädigung nach dem Veranlassungsprinzip (Abs. 2) Durch die Novelle 1976 wurde neu dem Rechtsgedanken Rechnung getragen, daß der Eigentümer dafür einzustehen hat, wenn die Festsetzung im Beb PI. der Beseitigung oder Minderung von schädlichen Auswirkungen dient, die aus der Nutzung eines Grundstücks sich ergeben. Häufig sind noch andere Vorschriften in Richtung Minderung oder Beseitigung einschlägig, wie z. B. das Immissionsschutzgesetz. Der Eigentümer ist zur Entschädigung nach dem BBauG verpflichtet, wenn er mit der seinerzeitigen Festsetzung im 375
§ 44 b
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
Beb PI. einverstanden war. Ansonsten ist er nach Einverständnis zur Entschädigung d a n n verpflichtet, wenn er nach anderen gesetzlichen Vorschriften zur M i n d e r u n g oder Beseitigung verpflichtet ist u n d wenn er durch die Festsetzung im BebPl. A u f w e n d u n g e n erspart (Satz 2). Hilfsweise tritt auch hier die G e m e i n d e ein (Satz 3). N a c h Satz 4 soll die G e m e i n d e vor der Festsetzung den Eigentümer anhören. Der Eintritt der Gemeinde wird wohl die Regel sein, weil der Eigentümer in den seltensten Fällen einverstanden ist oder Aufwendungen erspart.
§ 44 b Entschädigung
und Verfahren
(1) Ist die Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks oder durch Begründung eines Rechts zu leisten und kommt eine Einigung nicht zustande, kann der Eigentümer die Entziehung des Eigentums oder die Begründung des Rechts verlangen. Der Eigentümer kann den Antrag auf Entziehung des Eigentums oder auf Begründung des Rechts bei der Enteignungsbehörde stellen. Auf die Entziehung des Eigentums oder die Begründung des Rechts finden die Vorschriften des Fünften Teils entsprechend Anwendung. (2) Ist die Entschädigung in Geld zu leisten und kommt eine Einigung über die Höhe der Geldentschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde. Vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend. Für Bescheide über eine zu zahlende Geldentschädigung gilt § 122 entsprechend. (3) Liegen die Voraussetzungen der §§ 40 und 42 vor, so ist eine Entschädigung nur nach diesen Vorschriften zu gewähren. In den Fällen der §§ 40, 42 und 43 sind solche Wertminderungen nicht zu berücksichtigen, die bei Anwendung des § 44 nicht zu entschädigen wären. (4) Bodenwerte sind nicht zu entschädigen, soweit sie darauf beruhen, daß 1. die zulässige Nutzung auf dem Grundstück den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der auf dem Grundstück oder im umliegenden Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen nicht entspricht oder 2. in einem Gebiet städtebauliche Mißstände im Sinne des § 3 Abs. 2 und 3 des Städtebauförderungsgesetzes bestehen und die Nutzung des Grundstücks zu diesen Mißständen wesentlich beiträgt. (5) Nach Vorliegen der Entschädigungsvoraussetzungen bleiben Werterhöhungen unberücksichtigt, die eingetreten sind, nachdem der Entschädigungsberechtigte in der Lage war, den Antrag auf Festsetzung der Entschädigung in Geld zu stellen, oder ein Angebot des Entschädigungspflichtigen, die Entschädigung in Geld in angemessener Höhe zu leisten, abgelehnt hat. Hat der Entschädigungs376
2. Abschnitt. Entschädigung
§ 44 b
2
berechtigte den Antrag auf Übernahme des Grundstücks oder Begründung eines geeeigneten Rechts gestellt und hat der Entschädigungspflichtige daraufhin ein Angebot auf Übernahme des Grundstücks oder Begründung des Rechts zu angemessenen Bedingungen gemacht, so gilt § 95 Abs. 2 Nr. 3 entsprechend. 1. Rechte des Eigentümers bei Nichteinigung und Verfahren in den Fällen der Grundstücksübernahme oder der Rechtsbegründung (Abs. 1) Abs. 1 kommt nur für die Fälle des § 40 Abs. 2 Satz 1 (Verlangen der Übernahme von Flächen) und des § 42 (Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten) in Frage. Die Entschädigung durch Übernahme erfolgt im allgemeinen nur gegen angemessenes Entgelt. Kommt eine Einigung zwischen Verpflichteten und Begünstigten (bzw. Gemeinde) über die Übernahme (einschließlich der damit zusammenhängenden Abgeltungen) nicht zustande, so hat der Eigentümer das Recht, die Entziehung des Eigentums nach den förmlichen Vorschriften über die Enteignung und Entschädigung im Fünften Teil (§§ 85 bis 122) zu verlangen. Soweit es sich um das Verlangen nach Übernahme handelt, war die in Abs. 1 enthaltene Regelung in § 40 a. F. Abs. 5 enthalten. Das Verlangen nach Begründung des Rechts stellt eine Ausweitung des ursprünglichen, durch die Novelle 1976 beseitigten Abs. 2 des § 42 dar. Auch hier entscheiden in Streitfällen nach § 157 Abs. 1 die Baulandgerichte. 2. Verfahren bei Nichteinigung in den Fällen der Geldentschädigung (Abs. 2) Kommt bei der Entschädigung in Geld (nicht bei der Entschädigung in Gestalt der Übernahme des Grundstücks) eine Einigung über diese Entschädigung nicht zustande, so hat die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung aller Beteiligten (Verpflichteter, Begünstigter und stets auch der Gemeinde) zu entscheiden. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde kann — gegebenenfalls (vgl. § 155) nach Durchführung eines Vorverfahrens — mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern/ Baulandsenate (§ 157 Abs. 1) von den Betroffenen angegangen werden. Zu den Betroffenen zählt die Gemeinde im Hinblick auf ihre weitgehende Verpflichtung neben und an Stelle des Begünstigten (Abs. 4) jedenfalls. Nach altem Recht stellte die Entscheidung über einen zu zahlenden Planungsschadensersatz keinen vollstreckbaren Titel dar. Satz 4 gibt hier nun durch den Verweis auf § 122 dem Eigentümer die Möglichkeit, mit dem Bescheid über den zu zahlenden Geldbetrag die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO über die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gegen den Entschädigungspflichtigen zu betreiben. 377
§ 44 b s
3. Teil. Regelung der baulichen und sonstigen Nutzung
3. Abgrenzungen (Abs. 3) Abs. 3 Satz 1 entspricht § 44 Abs. 1 der Fassung vor der Novelle 1976, allerdings dort in negativer Fassung, was bedeutet, daß die Entschädigung in den Fällen des § 40 (Festsetzungen im BebPl.) und des § 42 (Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten) sich nach diesen Vorschriften richtet und nicht nach § 44 b. Satz 2 harmonisiert wertmäßig die Grundlagen für die Bemessung der Entschädigung in allen Fällen des Planungsschadensrechts. Diese Regelung ist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz geboten. Der federführende Ausschuß hat in seiner Begründung (BT-DS 7/4793 zu Nr. 37 [zu § 44 b]) ein Beispiel angeführt. Wird nach Ablauf der Plangewährleistungsfrist, ohne daß ein Vertrauenstatbestand nach § 4 Abs. 5 bis 6 vorliegt, im Wege der Übernahme nach § 40 Abs. 2 das Eigentum an einem Grundstück auf die Gemeinde überführt, so ist Grundlage für die Entschädigung nicht die vorher zulässige Nutzung; denn nach Ablauf der siebenjährigen Schutzfrist würde in diesen Fällen nach § 44 Abs. 4 zu entschädigen sein. Abs. 3 Satz 2 stellt hier sicher, daß wertmäßig derjenige, der sein Grundstück nach einer Planänderung behält, gleichgestellt wird demjenigen, der sein Grundstück im Wege des Übernahmeverlangens an die Gemeinde abgibt. 4. Ausschluß der Entschädigung (Abs. 4) Ausgeschlossen ist die Entschädigung von Bodenwerten (also nicht von Rechten) — wie es bereits nach dem alten Rechtszustand in § 44 Abs. 1 Satz 2 a. F. ausgesprochen war — in den Fällen, in denen die Nutzungsänderung deshalb erforderlich ist, weil die bisherige Nutzung nicht den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit entspricht (Nr. 1). Gedacht ist hier vor allem an die Herabzonung von Sanierungsgebieten (vgl. zum Begriff Sanierungsgebiet §§ 5 Abs. 4, 26 und [§§ 3 — 52 ] StBauFG siehe Band II) oder an die Herabsetzung der Bebauungsdichte aus Gründen des zivilen Bevölkerungsschutzes durch entsprechende Festsetzungen im Beb PI. In Nr. 2 ist das StBauFG in seinem § 3 Abs. 2 und 3 angesprochen, wobei aber Voraussetzung ist, daß die Nutzung des Grundstücks zu den Mißständen wesentlich (unbestimmter Rechtsbegriff) beiträgt. Damit wird der Entschädigungsausschluß mit den Sanierungstatbeständen des StBauFG in Übereinstimmung gebracht. 5. Nichtberücksichtigung von Werterhöhungen (Abs. 5) Nach altem Recht waren für die Bemessung einer Entschädigung im Rahmen des Planungsschadensrechts die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches maßgebend. Diese Rechtslage hatte dazu geführt, daß viele Entschädigungsberechtigte ihre Ansprüche erst sehr spät geltend machten, um so die zwischenzeitlich eintretenden Wertsteigerungen noch entschädigt zu erhalten. Der durch die Novelle 1976 aufgrund Vor378
2. Abschnitt. Entschädigung
§ 44 C 1
schlags des 15. Ausschusses geschaffene neue Abs. 5 stellt klar, daß für die Entschädigung und deren Bemessung der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem der Entschädigungsberechtigte in der Lage war, den Antrag auf Festsetzung der Entschädigung in Geld zu stellen bzw. der Zeitpunkt, in dem er ein Angebot des Entschädigungsverpflichteten, die Entschädigung in Geld in angemessener Höhe zu leisten, abgelehnt hat. Wertsteigerungen nach diesem Zeitpunkt waren dem Entschädigungsberechtigten nicht mehr gewährt (§ 95 Abs. 2 Nr. 3; siehe auch dort).
§ 44 c Fälligkeit
und Erlöschen
der
Entschädigungsansprüche
(1) Der Entschädigungsberechtigte kann Entschädigung verlangen, wenn die in den §§ 39 j, 40 und 42 bis 44 bezeichneten Vermögensnachteile eingetreten sind. Er kann die Fälligkeit des Anspruchs dadurch herbeiführen, daß er die Leistung der Entschädigung schriftlich bei dem Entschädigungspflichtigen beantragt. Entschädigungsleistungen in Geld sind ab Fälligkeit mit 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen. Ist Entschädigung durch Übernahme des Grundstücks zu leisten, findet auf die Verzinsung § 99 Abs. 3 Anwendung. (2) Ein Entschädigungsanspruch erlischt, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Vermögensnachteile eingetreten sind, die Fälligkeit des Anspruchs herbeigeführt wird. (3) In der Bekanntmachung nach § 12 ist auf die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 und 2 sowie des Absatzes 2 hinzuweisen. 1. Fälligkeit (Abs. 1) Aus Rechtssicherheitsgründen wurden durch die Novelle 1976 Vorschriften über die Fälligkeit (und das Erlöschen, s. Nr. 2) eingefügt. Voraussetzung für die Fälligkeit ist der Eintritt der Vermögensnachteile nach §§ 39 j (Vertrauensschaden bei Vorbereitungshandlungen), § 40 (Grundvorschrift), § 42 (Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten), § 43 (Bindungen für Bepflanzungen), § 44 (Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung) Satz 1. Voraussetzung für den Eintritt der Fälligkeit ist nach Satz 2 der Antrag auf Leistung der Entschädigung beim Pflichtigen. Satz 3 und 4 regeln die Zinsleistung, die mit 2 % über dem Diskontsatz der Bundesbank festgesetzt ist. Bei Übernahme des Grundstücks ist der gleiche Zinssatz anzuwenden, und zwar jährlich von dem Zeitpunkt der Entscheidung über den Enteignungsantrag an. 379
Vor § 45
4. Teil. Bodenordnung
2. Erlöschen (Abs. 2) Die Dreijahresfrist des Abs. 1 bezieht sich auch auf die Vermögensnachteile nach den oben genannten Bestimmungen. Die Frist bemißt sich nach Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres. 3. Hinweis in der Bekanntmachung Uber das Inkrafttreten des Bebauungsplans (Abs. 3) Diese Bestimmung wurde 1976 auf Vorschlag des 15. BT-Aussch. eingefügt. Die bezeichnende Begründung (BT-DS 7/4793 zu Nr. 37 und zu § 44 c) besagt: „Im Hinblick auf die sehr differenzierten Regelungen des Planungsschadensrechts hielt es der Ausschuß für erforderlich, daß der Bürger darauf hingewiesen wird, wann ein solcher Anspruch entsteht und wie er geltend gemacht wird". Die Nichtbeachtung dieser Mußvorschrift kann u. U. einen BebPl. fehlerhaft machen. Daß deshalb in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO es zu einer Nichtigkeitsfeststellung kommt, wird wohl abzulehnen sein, weil es sich letztendlich um eine Schutzvorschrift für den einzelnen handelt, für den sich die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eröffnet.
VIERTER TEIL
Bodenordnung Vorbemerkung 1. a) Der Sammelbegriff Bodenordnung des BBauG umfaßt die Umlegung (§§ 45 bis 79) und Grenzregelung (§§ 80 bis 84). Beide Maßnahmen dienen dazu, den Grund und Boden entsprechend den Festsetzungen des BebPl. so zu gestalten, daß der BebPl. auch verwirklicht werden kann. Damit stellen Umlegung und Grenzregelung wichtige Voraussetzungen des Vollzugs des BebPl. dar. Oftmals hängt die Verwirklichung der Planung geradezu von den Umlegungs- bzw. Grenzregelungsmaßnahmen ab. Aus diesen Erwägungen haben die Aufbaugesetze der Länder nach 1945 (vgl. § 186 Abs. 1 Nr. 23, 25, 27, 30, 34, 38, 41, 46, 52, 54, 56 und 62) das Rechtsinstitut der Umlegung bereits aufgenommen oder es wurden nach dem zweiten Weltkrieg eigene Umlegungsgesetze (vgl. § 186 Abs. 1 Nr. 24, 31, 32 und 57) erlassen. Aber bereits früher gab es ein städtebauliches Umlegungsrecht: Sein Anfang findet sich in der hessischen Bauordnung vom 30.4.1881, im hessischen Gesetz betreffend die Erweiterung der Stadt Mainz vom 15. 7. 1885, dem Badischen Ortsstraßengesetz vom 6. 7. 1896 und dem sächsischen Allgemeinen Baugesetz vom 1. 7. 1909, dem preußischen Umlegungsgesetz für Frankfurt am Main vom 28.7. 1902, dem preußischen Wohnungsgesetz vom 28. 3. 1918, das den preußischen Gemeinden das Recht einräumte, das Umlegungsgesetz von 1902 durch Ortsstatut einzuführen. Nach dem ersten Weltkrieg erließen Braunschweig am 24. 1. 1920 ein Umlegungsgesetz, Bayern am 4. 7. 1923 ein Gesetz über die Erschließung von Baugelände, das eingehende Umlegungsvorschriften enthält, und Württemberg am 18. 2. 1926 ein Baulandgesetz.
380
1. Abschnitt. Umlegung
Vor § 45
Im Bereich der Landwirtschaft war die Notwendigkeit, Grundstücke auszutauschen, bereits frühzeitig aufgetreten und fand im früheren Preußen in den Gemeinheitsteilungsordnungen von 1769 und 1821 sowie im Allgemeinen Landrecht von 1794 seinen ersten Niederschlag. Infolge der sprunghaften Entwicklung der Städte im Zug der Technisierung seit der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mußte man notgedrungen die landwirtschaftsrechtlichen Umlegungsvorschriften in der Praxis auf den Städtebau übertragen, bis die obenerwähnten besonderen städtebaulichen Umlegungsgesetze erlassen wurden. Eine ähnliche Verknüpfung des landwirtschaftlichen und städtebaulichen Umlegungsrechts als Kriegsmaßnahme findet sich in der Verordnung über Neuordnungsmaßnahmen zur Beseitigung von Kriegsfolgen vom 2. 12. 1940, die für ihren räumlichen Geltungsbereich die Reichsumlegungsordnung vom 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 629) auch für städtische Baulandumlegung für sinngemäß anwendbar erklärt hatte. Nunmehr ist das landwirtschaftliche Umlegungsrecht im Flurbereinigungsgesetz vom 14. 7. 1953 (BGBl. I S. 591) selbständig geregelt; Ähnlichkeiten bezüglich des Verfahrens sind der Natur der Sache nach im BBauG mehrfach festzustellen. b) Im Zuge der 1976 vorgenommenen Novellierung des BBauG wurden die §§ 46, 51, 59, 61, 74 geändert und ergänzt. In § 46 wurde die den Länderregierungen gegebene Ermächtigung, Rechtsverordnungen im Rahmen des Umlegungsverfahrens zu erlassen, auch auf das Tätigwerden von Flurbereinigungsbehörden ausgedehnt. Eine Erweiterung des § 51 ermöglichte den Umlegungsstellen, Grundstücksteilungen und sonstige Rechtsänderungen in einem Umlegungsgebiet zu verhindern. In die Erweiterung des § 59 werden Rechtsgedanken des StBauFG zur Fortentwicklung der Eigentums-, Nutzungs- und Anteilsrechte auf das Städtebaurecht und insbesondere auf die Umlegung übertragen. Die Erweiterung des § 61 ermöglichte es, im Rahmen der Umlegung öffentlich-rechtliche Baulasten an Grundstücken, die der Neuordnung bzw. der Bebauung entgegenstehen, genauso wie privatrechtliche Belastungen zu behandeln. Schließlich ermöglicht es die Erweiterung des § 74, die Umlegungskarte und das Umlegungsverzeichnis dann als amtliches Verzeichnis im Sinn der GBO anzuerkennen, wenn die Flurbereinigungsbehörde die Fertigung durchgeführt hat. c) Auch die Novelle vom 6. 7. 1979 hat zum Zwecke der Beschleunigung einige Vorschriften zu vereinfachen versucht, und zwar § 46 (Zulässigkeit), § 51 (Veränderungs- und Verfügungssperre), § 76 (Vorwegnahme der Entscheidung), § 47 (Vorzeitige Besitzeinweisung), §§ 80, 82 und 83 (Grenzregelung). Während einerseits dem Umlegungsausschuß erweiterte Rechte eingeräumt wurden, erfuhr die Grenzregelung aus praktischen Erwägungen eine Ausweitung. Siehe hierzu bei den einzelnen Vorschriften. 2. a) Unter Umlegung ist ein rechtlich geregeltes Grundstückstauschverfahren zu verstehen. Eine Enteignung stellt sie nicht dar, weil sie auch dem Interesse des betroffenen Grundstückseigentümers und nicht nur einem fremden Interesse dient. In der Regel erhält der Eigentümer ein neues, grundsätzlich gleichwertiges Grundstück. Dazu bezweckt die Umlegung eine gerechte Verteilung der Belastungen, die sich für die betroffenen Eigentümer aus der notwendigen Ausscheidung der Gemeinbedarfsflächen ergeben. b) Das BVerwG hat sehr früh zu diesen Fragen grundsätzlich Stellung genommen, und zwar für die Flurbereinigung nach der Reichsumlegungsordnung mit B vom 9. 11. 1954 (BVerwGE 1, 225) und für die städtebauliche Umlegung (nach dem Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen) mit U vom 19. 12. 1957 (BVerwGE 6, 79); siehe hierzu Anm. 5. c) Überschneidungen zwischen Flurbereinigung und Umlegung nach dem BBauG sind seit Ergehen des BBauG ausgeschlossen; vorher war es so, daß im Rahmen der Flurbereinigung eine Sonderbehandlung nicht vorgesehen war (vgl. § 45 FlurbG). 381
Vor § 45
4. Teil. B o d e n o r d n u n g
3. Die Grenzregelung ist ein der Umlegung verwandtes Rechtsinstitut u n d dem bisher geltenden Landesrecht geläufig. Sie ist auf die N e u o r d n u n g unzweckmäßiger Grenzverhältnisse benachbarter G r u n d s t ü c k e beschränkt u n d erfordert deshalb nur eine geringe Zahl von Beteiligten u n d auch ein einfacheres Verfahren. Auch sie dient dem beschleunigten Vollzug des Beb PI. Durch die Novelle 1979 wurde die Grenzregelung erweitert; sie hatte sich wegen ihrer vereinfachten Gestaltung schon bei der vormaligen sehr beschränkten Anwendungsmöglichkeit bewährt. 4. Rechtsschutz und Verfahren Wenngleich nach § 46 Abs. 3 auf die A n o r d n u n g u n d D u r c h f ü h r u n g einer Umlegung kein Rechtsanspruch besteht, so unterliegen doch die „Verwaltungsakte" im Rahmen der gesamten B o d e n o r d n u n g nach dem Vierten Teil des BBauG der gerichtlichen N a c h p r ü f u n g , u n d zwar nach § 157 Abs. 1 durch die Landgerichte, K a m m e r n f ü r Baulandsachen, in der Berufung durch die Oberlandesgerichte, Senate f ü r Baulandsachen (§ 169), u n d in der Revision durch den Bundesgerichtshof (§ 170). Welche Akte im einzelnen f ü r eine A n f e c h t u n g in Frage k o m m e n , wird bei den einzelnen Vorschriften erörtert. 5. Rechtsprechung zur Bodenordnung Z u r Frage der B o d e n o r d n u n g , u n d zwar speziell zur Umlegung, ist eine Reihe von höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen. N e b e n dem BVerwG hat sich auch der B G H mit diesem Rechtsgebiet beschäftigt. Im einzelnen sind folgende Entscheidungen a n z u f ü h r e n , deren Leitsätze mit f ü r die Gestaltung der Umlegung im BBauG von Bedeutung waren u n d großenteils weiterhin von Bedeutung bleiben: A. Höchstrichterliche Rspr.
aa) BVerwG: 1. B vom 9. 11. 1954 (I B 145.53) BVerwGE 1, 225 Die Umlegung nach der Reichsumlegungsordnung ist grundsätzlich keine Enteign u n g im Sinn des Art. 14 G G .
2. U vom 26. 3. 1955 (I C 80.54) BVerwGE 2, 39 D e r Umlegungsbeschluß nach § 5 der Reichsumlegungsordnung ist ein im Verwaltungsstreit verfahren anfechtbarer Verwaltungsakt.
3. B vom 10. 5. 1955 (I B 51.54) Buchholz 406, 38; Bremen § 9 UmlG Nr. 1 Der Umlegungsbeschluß nach dem Bremischen Umlegungsgesetz ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt.
4. U vom 21. 6. 1955 (I C 173.54) BVerwGE 2, 154 Im ländlichen Umlegungsverfahren m u ß der Wert aller von der Umlegungstafel erf a ß t e n Baugrundstücke nach gleichem M a ß s t a b festgestellt werden.
5. B vom 6. 8. 1955 (I B 73.55) Buchholz 11; Art. 14 G G Nr. 9 Die Umlegung ist im Verhältnis zur Enteignung das weniger belastende Mittel.
6. B vom 15. 9. 1955 (I B 56.55) BVerwGE 2, 197 Umlegung nach dem FlurbG.
382
1. Abschnitt. Umlegung
Vor § 45
7. B vom 14. 1. 1956 (I B 183.55) Buchholz 406, 38; Württ.-Baden § 2 BaulandG Nr. 1 Es k a n n ermessensfehlerhaft sein, wenn eine Baulandumlegung nicht eingeleitet oder eine eingeleitete Baulandumlegung eingestellt wird.
8. U vom 25. 4. 1956 (I B 201.55) BVerwGE 3, 246 Oberster G r u n d s a t z des Umlegungsverfahrens (für die landwirtschaftliche Flurbereinigung) ist das Gebot der wertgleichen Abfindung.
9. U vom 19. 12. 1957 (I C 76.57) BVerwGE 6, 79 Die städtebauliche Umlegung nach dem Nordrhein-Westfälischen Baugesetz ist als solche keine Enteignung. Die B a r a b f i n d u n g in der Umlegung, mit der der Beteiligte dem G r u n d nach einverstanden ist, ist keine Enteignungsentschädigung.
10. U vom 17. 7. 1958 (I C 209.57) Buchholz 406, 18; § 27 Schlesw.-Holst. Nr. 1 Mehrwertausgleich ist keine Enteignung.
11. U vom 13. 1. 1959 (I C 155.58) BVerwGE 8, 95 Frage der Zulässigkeit einer Geldleistung als Ausgleich f ü r Land nach § 44 Abs. 3 Satz 2 F l u r b G ; unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Geldausgleich keine Enteignungsentschädigung.
12. U vom 9. 6. 1959 (I CB 27.58) BVerwGE 8, 343 Im R a h m e n der Umlegung m u ß die Gleichwertigkeit von Einlage u n d A b f i n d u n g in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem die rechtlichen Wirkungen der Umlegung eintreten. — Z u m Begriff u n d zur Verwertung von Bauland in der ländlichen Umlegung.
13. U vom 21. 7. 1959 (I C 39.59) BVerwGE 9, 93 G e l t e n d m a c h u n g der Baulandeigenschaft bei E i n w e n d u n g e n gegen die Schätzung im Umlegungsverfahren.
14. U vom 4. 11. 1959 (I C 118.59) BVerwGE 9, 288 Berichtigung des G r u n d b u c h s nach dem Erlaß einer vorzeitigen A u s f ü h r u n g s a n o r d n u n g des Umlegungsplans.
15. U vom 6. 10. 1960 (I C 64.60) BVerwGE 12, 1 Es wird an der Rechtsprechung festgehalten, d a ß die in der U m l e g u n g vorgenomm e n e n unentgeltlichen Landabzüge f ü r Verkehrsflächen keine Enteignung darstellen, wenn sich die M a ß n a h m e im R a h m e n des Umlegungszwecks hält u n d der G r u n d s a t z der wertgleichen A b f i n d u n g gewahrt ist.
16. U vom 27. 9. 1961 (I C 21.61) BVerwGE 13, 80 = DVB1. 1962, 716 = BBauG 1961, 1350 Auf Grundstücksumlegungsverfahren, die vor dem Inkrafttreten des BBauG noch nicht abgeschlossen worden sind, ist grundsätzlich das bisherige materielle Recht anzuw e n d e n (vgl. § 174 BBauG). Ist also dem Betroffenen eines Umlegungsverfahrens, das a u f g r u n d eines Landesaufbaugesetzes eingeleitet worden war, das alte G r u n d s t ü c k un-
383
Vor § 45
4. Teil. B o d e n o r d n u n g
verändert zugewiesen, aber ein Wertausgleich auferlegt worden, so beurteilt sich die Rechtmäßigkeit dieser Festsetzung nach dem Recht des Aufbaugesetzes u n d nicht nach dem BBauG.
17. BVerwG U vom 11. 11. 1970 (IV C 100.67) ZMR 1971, 384 a) Die Vorausverfügungen nach § 76 BBauG werden, sofern sie (sinngemäß) aufrechterhalten bleiben, mit dem Erlaß des Umlegungsplanes dessen Bestandteil. b) § 76 Satz 2 B B a u G , der lediglich bestimmte Vorschriften f ü r entsprechend anw e n d b a r erklärt, gilt f ü r die Vorausverfügung nur, „bevor der Umlegungsplan aufgestellt ist" (§ 76 Satz 1 BBauG). c) Ist der Umlegungsplan oder eine zu seinem Bestandteil gewordene Vorausverfügung ersichtlich unvollständig, so wird die Zulässigkeit der erforderlichen Ergänzung nicht d a d u r c h berührt, d a ß § 73 BBauG seine Ä n d e r u n g an bestimmte Voraussetzungen k n ü p f t .
bb) BGH: 1. U vom 3. 3. 1958 (III ZR 157/56) BGHZ 27, 15 Rechtsnatur der Umlegung: die A b f i n d u n g eines Grundstückseigentümers in einem Umlegungsverfahren mit Geld statt mit G r u n d u n d Boden verwirklicht — jedenfalls wenn er auf Ausgleich in L a n d besteht — den Tatbestand der Enteignung.
2. U vom 12. 10. 1959 (III ZR 48/58) BGHZ 31, 49 = M D R 1960, 35 Das Umlegungsverfahren ist d a d u r c h gekennzeichnet, d a ß die Umlegungsmasse entsprechend dem Anteil der einzelnen eingeworfenen G r u n d s t ü c k e an dieser Masse auf die beteiligten G r u n d e i g e n t ü m e r verteilt wird. Soweit die Umlegungsmasse nicht in diesem Verhältnis verteilt wird, wird dem nicht anteilsmäßig bedachten G r u n d e i g e n t ü mer ein S o n d e r o p f e r auferlegt, das die M a ß n a h m e als Enteignung kennzeichnet.
3. U vom 27. 2. 1967 (III ZR 58/66) BBauBl. 1967, 352 = DWW 1967, 175 Ein einzelnes G r u n d s t ü c k kann im R a h m e n eines Umlegungsverfahrens, das innerhalb seines Bereichs im Einklang mit dem Gesetz den G r u n d u n d Boden neu o r d n e t u n d im Zug dieser N e u o r d n u n g ein G e l ä n d e als Verkehrsfläche ausweist, umgelegt werden, um d a d u r c h zur Ermöglichung einer besseren N e u o r d n u n g des Umlegungsgebietes Verkehrsflächen zu gewinnen.
4. BGH U vom 29.6. 1970 (III ZR 155/69) NJW 1970, 1642 = 1971, 353
ZMR
Über den im Gesetz g e n a n n t e n Kreis der Beteiligten hinaus k ö n n e n Beteiligte in dem Umlegungsverfahren auch Eigentümer von G e b ä u d e n sein, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit einem im Umlegungsgebiet gelegenen G r u n d s t ü c k verbunden sind (§ 95 BGB).
5. BGH U vom 27. 4. 1970 (III ZR 226/68) DÖV 1971, 250 = NJW 1970, 1371 = BBauBl. 1971, 331 a) Ein a u ß e r h a l b des Umlegungsgebiets liegendes G r u n d s t ü c k kann im Umlegungsverfahren zu einem Wertausgleich herangezogen werden, wenn seine Wertsteigerung d a r a u f beruht, d a ß eine ihm dienende Grunddienstbarkeit, die auf einem G r u n d stück innerhalb des Umlegungsgebietes lastet, durch die Umlegung verbessert wird. 384
1. Abschnitt. Umlegung
Vor § 45
b) Bei der Änderung oder Neubegründung von Grunddienstbarkeiten kann der Berechtigte auch zur Mittragung von Kosten der Anlegung des Ausbaues und der Unterhaltung von Versorgungsleitungen (hier: Elektrizität und Wasser) und Wegen (hier: Umgestaltung eines unbefestigten Gehweges zu einem befestigten Geh- und Fahrweg) verpflichtet werden. c) Zur Frage, wieweit bei der Neugestaltung eines Rechtes nach § 61 (hier: Grunddienstbarkeit betreffend Versorgungsleitungen und Wegerechte) der Umlegungsplan, wenn er wegen der dem Berechtigten gemachten Auflagen angefochten wird, Gegenstand der Prüfung durch das Gericht ist, ob nur die Berechtigung der Auflagen oder die gesamten Fragen der Umgestaltung der Rechte (Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit, Kostentragung) zu prüfen ist.
cc) BayVerfGH: Entsch. vom 21.4. 1960 (Vf 1 0 0 - V I I - 5 9 ) BayVerfGH 13, 63 = M D R 1960, 561 Müssen im Rahmen des städtebaulichen Umlegungsverfahrens Grundstücke an die Gemeinde für den Gemeindebedarf abgetreten werden und erhalten Beteiligte bei der Neueinteilung Grundstücke im Wert unter den von ihnen in die Masse eingelegten Grundstücken, so sind sie angemessen zu entschädigen.
dd) BayObLG: BayObLG B vom 17. 11. 1969 (BReg 2 Z 52/69) BayVBl. 1970, 145 = BayBgm. 1970, 26
a) Die Auflassungsvormerkung bezüglich eines Grundstücks im Umlegungsgebiet ist keine „Verfügung über ein Grundstück" i. S. des § 51 I Nr. 1 B B a u G und bedarf deshalb nicht der Genehmigung der Umlegungsstelle. b) G r u n d : Damit wird keine endgültige, das Umlegungsverfahren behindernde Rechtslage geschaffen.
B. Andere Gerichte 1. OVG Münster U vom 14. 2. 1962 (IV A 1169/61) BBauBl. 1963, 26
a) Daß es sich bei der Geldabfindung eines Umlegungsbeteiligten im Umlegungsverfahren um eine Umlegungsmaßnahme handelt, schließt den Enteignungscharakter der Maßnahme nicht aus. Die Umlegung ist zwar ihrem Zweck nach keine Enteignung. Einzelne Maßnahmen zu ihrer Durchführung können aber zulässige Enteignungsmaßnahmen sein (vgl. BT— D S 3/1794 zu § 198 E). Eine Maßnahme mit Enteignungscharakter berührt diese Eigenschaft nicht dadurch, daß der Betroffene sein Einverständnis erklärt. Dieser Gedanke kommt jetzt auch in §§ 110, 111 B B a u G zum Ausdruck. b) Die Verweisung einer Sache, bei der es sich um einen Streit über die Höhe einer Enteignungsentschädigung handelt, von einem Zivilgericht an ein Verwaltungsgericht ist zwar nicht mit Art. 14 Abs. 3 Satz 4 G G vereinbar. Ist ein Verweisungsbeschluß jedoch nicht angefochten worden, so bindet er hinsichtlich der Verweisung das Verwaltungsgericht. Die Bindungswirkung erstreckt sich aber nicht auf die Begründung des Verweisungsbeschlusses. Hat die der Streitsache zugrunde liegende Maßnahme Enteignungscharakter, so ändert daran auch die Verweisung von dem Zivilgericht an das Verwaltungsgericht nichts. Es unterliegt nach der Verweisung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob es sich bei der Maßnahme um eine solche mit Enteignungscharakter handelt oder nicht.
2. LG Hamburg U vom 27. 11. 1961 (100 18/60) BBauBl. 1962, 636
a) Mit der Anordnung einer vorzeitigen Besitzeinweisung ist nach eingehender Prüfung aller Umstände vorsichtig zu verfahren. 385
4. Teil. B o d e n o r d n u n g
§45
b) Besonders in einem Bereich mit großstädtischer Bebauung kann die schnelle Herstellung eines Kinderspielplatzes sehr vordringlich sein, um die K i n d e r vor den G e f a h r e n des Straßenverkehrs zu schützen, wenn es im näheren Umkreis eines W o h n bereichs an Spielgelegenheiten f ü r Kinder völlig fehlt. 3 . O L G M ü n c h e n B v o m 5. 6. 1967 ( W 1 / 6 6 B a u l . ) N J W 1967, 1666 a) Der Verfassungsgrundsatz der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit gilt auch im Kostenrecht. Er besagt, d a ß die Kostenbelastung des Staatsbürgers nicht außer Verhältnis zu seinem Interesse am Ausgang des Verfahrens stehen darf. In Umlegungsverfahren nach dem BBauG ist der Streitwert f ü r jeden der beteiligten Grundstückseigentümer oder Rechtsinhaber gesondert festzusetzen. Er bemißt sich f ü r den einzelnen Grundstückseigentümer oder Rechtsinhaber nach den Verkehrswerten der von ihm nach dem Umlegungsplan abzugeben und von ihm zu e m p f a n g e n d e n Grundstücksteile oder G r u n d s t ü c k e sowie nach dem Wert etwaiger von ihm zu leistenden oder zu empf a n g e n d e n Entschädigungszahlungen. Die durch die Z u s a m m e n r e c h n u n g aller g e n a n n ten Posten g e w o n n e n e S u m m e ist zu halbieren. b) Für die G e m e i n d e , die den Umlegungsplan aufgestellt hat, ist als Streitwert die S u m m e der Streitwerte aller am gerichtlichen Verfahren beteiligten Antragsteller festzusetzen. 4. O L G M ü n c h e n U v o m 5. 10. 1967 ( U 1 / 6 7 ) n i c h t v e r ö f f e n t l i c h t D a s Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BBauG dient der zweckmäßigen Gestaltung von G r u n d s t ü c k e n zur Erschließung oder Neugestaltung bestimmter Gebiete. Es ist nicht dazu geschaffen, um den Nachteilen anderer Verfahren des BBauG mit anderer Zweckrichtung zu entgehen. D a s Umlegungsverfahren kann insbesondere nicht ersatz- oder hilfsweise dazu verwendet werden, um eine bessere Stellung einzelner Beteiligter gegenüber den primär einschlägigen Vorschriften des BBauG herbeizuführen. 5 . O L G K ö l n U v o m 1 3 . 5 . 1970 (2 U 1 2 8 / 6 9 - B a u l . ) N J W 1970, 8 1 4 u n d 2299 Eine Umlegung ist einer Enteignung nicht gleichzusetzen, auch wenn ein geringfügiger Flächenverlust erfolgt und eine Ausgleichsleistung aufgegeben wird. ERSTER
ABSCHNITT
Umlegung §45 Zweck
der
Umlegung
( 1 ) Im G e l t u n g s b e r e i c h eines B e b a u u n g s p l a n e s im S i n n e des § 3 0 können zur E r s c h l i e ß u n g oder N e u g e s t a l t u n g bestimmter G e b i e t e bebaute und u n b e b a u t e G r u n d s t ü c k e durch U m l e g u n g in der W e i s e neugeordnet werden, daß nach L a g e , Form und G r ö ß e f ü r die bauliche oder s o n s t i g e N u t z u n g z w e c k m ä ß i g g e s t a l t e t e G r u n d s t ü c k e entstehen. ( 2 ) D a s U m l e g u n g s v e r f a h r e n k a n n eingeleitet werden, a u c h wenn ein B e b a u u n g s p l a n n o c h nicht a u f g e s t e l l t ist. In d i e s e m F a l l e m u ß der B e b a u u n g s p l a n vor der A u s l e g u n g der U m l e g u n g s k a r t e ( § 6 9 Abs. 1) in Kraft getreten sein. 386
1. Abschnitt. Umlegung
§45 2
1. Begriff der Umlegung nach dem BBauG Abs. 1 kennzeichnet die Umlegung im Sinne des BBauG damit, daß zur Erschließung (vgl. hierzu §§ 123 ff.) oder Neugestaltung bestimmter Gebiete sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke durch Umlegung (also Austausch) so neugeordnet werden können, daß nach Lage, Form und Größe solche Grundstücke entstehen, die für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltet sind. Daraus ergibt sich, daß für die Umlegung die zweckmäßige Gestaltung der Grundstücke unerläßlich ist, daß also der Einwand der Unzweckmäßigkeit der Gestaltung u. U. bereits gegen den Umlegungsbeschluß (§§ 47, 50), der das Umlegungsverfahren einleitet, jedenfalls aber gegen den Umlegungsplan, der ebenfalls durch Beschluß aufgestellt wird (§ 66 Abs. 1), geltend gemacht werden kann, allerdings nur von einem Beteiligten (§§ 48, 49). Ob eine Umlegung durchzuführen ist, entscheidet nach § 46 die zuständige Gemeinde. Wenn die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 („wenn und sobald . . . " siehe Anm. 1 dort) vorliegen, dann muß die Gemeinde die Umlegung durchführen. Der unbestimmte Rechtsbegriff „zweckmäßige Gestaltung für die bauliche oder sonstige Nutzung" unterliegt der vollen richterlichen Nachprüfung. Die drei Erfordernisse: Lage, Form und Größe bedeuten Alternativen dergestalt, daß jedenfalls die bauliche oder sonstige (z. B. als Grünfläche) Nutzung gesichert sein muß. Die zweckmäßige Gestaltung kann u. U. dann erreicht werden, wenn erst durch die Umlegung Grundstücke entstehen, die hinsichtlich der baulichen Nutzung den bauordnungsrechtlichen Landesvorschriften über Mindestabstandsflächen genügen, ohne daß auf Dispensvorschriften zurückgegriffen werden müßte, oder wenn z. B. erst aufgrund der Umlegung Kleingaragen als Grenzbauten errichtet werden können oder entsprechend einem BebPl. gebaut werden kann. Die Nutzungsart („bauliche oder sonstige Nutzung") bezieht sich auf die jeweilige Festsetzung im BebPl. Von Absatz 1 werden nur Gebiete mit qualifiziertem BebPl. erfaßt (siehe folgende Erläut.). 2. Voraussetzungen für die Umlegung nach dem BBauG Grundsätzlich muß, damit ein Umlegungsverfahren in Gang kommen kann, ein BebPl. aufgestellt sein, der den Mindestanforderungen des § 30 genügt (siehe Anm. dort). Es genügt jedoch nach Abs. 2, daß dieser Plan in Kraft getreten ist, bevor die Umlegungskarte (§ 67) in der Gemeinde öffentlich ausgelegt ist (§ 69 Abs. 1). Dies bedeutet im Ergebnis, daß über die Aufstellung eines BebPl. so frühzeitig vom zuständigen Gemeindeorgan Beschluß gefaßt sein muß, daß Planung und rechtliche Fundierung (Satzung; Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde) rechtzeitig abgeschlossen werden können. Ansonsten verzögert sich das Umlegungsverfahren in nicht vertretbarer Weise, ja es kann u. U. sogar scheitern. 387
§ 46 1
4. Teil. Bodenordnung §46
Zuständigkeit und Voraussetzungen (1) Die Umlegung ist von der Gemeinde (Umlegungsstelle) in eigener Verantwortung anzuordnen und durchzuführen, wenn und sobald sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplanes erforderlich ist. (2) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, 1. daß von der Gemeinde Umlegungsausschüsse mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen für die Durchführung der Umlegung gebildet werden, 2. in welcher Weise die Umlegungsausschüsse zusammenzusetzen und mit welchen Befugnissen sie auszustatten sind, 2a. daß der Umlegungsausschuß die Entscheidung über Vorgänge nach § 51 von geringer Bedeutung einer Stelle übertragen kann, die seine Entscheidungen vorbereitet, 3. daß zur Entscheidung über einen Rechtsbehelf im Umlegungsverfahren Obere Umlegungsausschüsse gebildet werden und wie diese Ausschüsse zusammenzusetzen sind, 4. daß die Flurbereinigungsbehörde oder eine andere geeignete Behörde verpflichtet ist, auf Antrag der Gemeinde (Umlegungsstelle) die im Umlegungsverfahren zu treffenden Entscheidungen vorzubereiten. (3) Auf die Anordnung und Durchführung einer Umlegung besteht kein Anspruch. (4) Auf Antrag der Gemeinde kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle die Befugnis der Gemeinde zur Durchführung der Umlegung auf die Flurbereinigungsbehörde oder eine andere geeignete Behörde für das Gemeindegebiet oder Teile des Gemeindegebiets übertragen. Wird sie auf die Flurbereinigungsbehörde übertragen, findet § 18 Abs. 2 des Flurbereinigungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 3.1976 (Bundesgesetzbl. I 5. 546) entsprechend Anwendung. Die Einzelheiten der Übertragung einschließlich der Mitwirkungsrechte der Gemeinde können in einer Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der die Umlegung durchführenden Behörde geregelt werden. (5) Die Gemeinde kann dem Umlegungsausschuß für einzelne Fälle oder bestimmte Gebiete die Befugnis zur Ausübung eines ihr nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 zustehenden Vorkaufsrechts übertragen; die Gemeinde kann die Übertragung jederzeit widerrufen. Das Recht der Gemeinde, nach der Übertragung ein Vorkaufsrecht zu anderen als Umlegungszwecken auszuüben, bleibt unberührt. Ansprüche Dritter werden durch die Sätze 1 und 2 nicht begründet. 1. Vorbemerkung § 46 erhielt zunächst durch die Novelle 1976 zwei Ergänzungen, und zwar durch Einfügung einer Nr. 4 (Ausdehnung der Ermächtigung auf die Heranziehung der Flurbereinigungsbehörde oder anderer geeigneter Behörden) und 388
1. Abschnitt. Umlegung
§46 3
durch den neuen Abs. 4, der dem § 66 Abs. 4 des StBaufG entspricht (Übertragungsmöglichkeit der Durchführung der Umlegung auf Flurbereinigungsbehörden oder andere Behörden nach Landesrecht). Zwei weitere Ergänzungen erfolgten durch die Novelle 1979 in Gestalt einer weiteren Nr. 2 a in Abs. 2 und eines neuen Abs. 5. Die erstere hat die Möglichkeit der Übertragung von Routinegenehmigungen vom Umlegungsausschuß auf die vorbereitende Stelle, die letztere die Übertragung der Ausübung des Verkaufsrechtes (zu Umlegungszwecken) von der Gemeinde auf den Umlegungsausschuß zum Inhalt. 2. Zuständigkeit Die Besonderheit des Abschnitts Umlegung des BBauG liegt darin, daß hier der Gemeinde die völlige eigene Verantwortung vom Gesetzgeber zugebilligt worden ist. Die Zuweisung dieser Aufgabe an die Landkreise bzw. kreisfreien Gemeinden — wie es im RegE zur Erstfassung vorgesehen war — oder die ausschließliche Zuweisung an Umlegungsausschüsse, auch die Einschaltung der höheren Verwaltungsbehörde, sind schließlich unterblieben. Die Verantwortung, die der Gemeinde nunmehr auferlegt ist, erhellt daraus, daß die Umlegung bisher fast durchwegs in der Hand höherer Behörden, in Bayern der Regierung, lag. Die Gemeinde hat nach Abs. 1 die Umlegung anzuordnen und durchzuführen, wenn und sobald diese zur Verwirklichung eines BebPl. erforderlich ist. Somit ergibt sich für die Gemeinde unter diesen Voraussetzungen die bindende Verpflichtung zur Durchführung der Umlegung, wozu sie von der Aufsichtsbehörde angehalten werden kann, auf die jedoch der einzelne mangels der Zulässigkeit von Popularklagen keinen Rechtsanspruch hat (vgl. Abs. 3). In der Eigenschaft als Umlegungsbehörde heißt die Gemeinde Umlegungsstelle. Nach § 4 Abs. 4 kann die Umlegung auch durch einen Planungsverband durchgeführt werden, der dann an die Stelle der Gemeinde tritt (vgl. auch § 4 Abs. 1). 3. Umlegungsausschüsse nach Landesrecht a) Die Einrichtung von Umlegungsausschüssen mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen, also ohne Weisungsgebundenheit, beruht auf einer Anregung des Rechtsausschusses des BT im Rahmen der Beratung der Erstfassung zum BBauG; sie hat sich in der Gestalt durchsetzen können, daß den Landesregierungen gestattet ist, durch Rechtsverordnung die Einrichtung solcher entscheidenden und unabhängigen Gremien anzuordnen (Abs. 2). Diese treten für die Durchführung an die Stelle der Gemeinden. In diesem Falle muß eine solche Landes-Rechtsverordnung auch Bestimmungen über die Zusammensetzung und die Befugnisse der Umlegungsausschüsse enthalten, desgleichen über die Einrichtung Oberer Umlegungsausschüsse zur Entschei389
§46 3
4. Teil. Bodenordnung
dung über einen Rechtsbehelf im Umlegungsverfahren (Nr. 1—5). Nr. 5 (bis zur Novelle 1979 Nr. 4) ist erst seit 1.1.1977 in Kraft; sie wurde durch die Novelle 1976 eingefügt, und zwar auf Vorschlag des federführenden BT-Ausschusses im Hinblick „auf die besondere Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung des ländlichen Raums" mit dem Ziel „weitgehender Harmonisierung von städtebaulicher und agrarischer Bodenordnung und Bodennutzung" (BT-DS 7/4793, zu Nr. 37a). Mit der Neuregelung erhalten die Flurbereinigungsbehörden und die weiteren Stellen, z. B. die Vermessungsämter, im Ergebnis die Funktion einer Geschäftsstelle des Umlegungsausschusses. Fast alle Länder haben von der Ermächtigung des § 46 inzwischen Gebrauch gemacht (siehe unten b und Übersicht im Anhang). Die Nr. 3 wurde durch die Novelle vom 6. 7.1979 eingefügt. Mit ihr wird die Ermächtigung für die Landesregierung erweitert, dem Umlegungsausschuß die Möglichkeit zu geben, die Erteilung von Genehmigungen nach § 51, die nach dieser Vorschrift allein der Umlegungsstelle bzw. dem Umlegungsausschuß zusteht, auf eine Stelle zu übertragen, die die Entscheidungen vorbereitet. Die Ermächtigung beschränkt die Regelung in der Rechtsordnung auf die Entscheidung über Vorgänge nach § 51 von geringer Bedeutung. Dies sind in der Regel routinemäßig zu erteilende Genehmigungen, wie z. B. die Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung der Bestellung von Grundpfandrechten. Die zwingende Vorschrift des § 51 weist die Entscheidung auch über diese Routinevorgänge, bei denen selten Versagungen der Genehmigungen ausgesprochen werden, dem Umlegungsausschuß zu, so d a ß in jedem Einzelfall bei Bildung eines solchen Ausschusses Kollegialentscheidungen notwendig werden. Dies führt zu unnötigen Verzögerungen. Als Stellen, die Entscheidungen des Umlegungsausschusses vorbereiten sollen, kommen vor allem Geschäftsstellen der Umlegungsausschüsse, aber auch die in § 46 Abs. 2 Nr. 4 bezeichneten Behörden in Betracht. Die Ermächtigung bezieht sich nicht auf Einzelfälle. Würde die Landesregierung von ihr Gebrauch machen, könnten Umlegungsausschüsse im betreffenden Bundesland von sich aus generell nach ihrem Ermessen die Übertragung vornehmen. Im Sachzusammenhang mit dieser Änderung steht die Ergänzung des § 51 (siehe die Erläut. dort). b) Die Einrichtung Oberer Umlegungsausschüsse ist nicht davon abhängig, ob Umlegungsausschüsse nach Nr. 1 gebildet werden. Die Oberen Umlegungsausschüsse nehmen die Aufgaben der Widerspruchsbehörde in einem etwaigen Vorverfahren wahr (vgl. § 155 BBauG, §§ 69 ff. VwGO), und zwar gleich, ob es sich um einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Umlegungsausschusses oder der Gemeinde als Umlegungsstelle handelt; der weitere Rechtsbehelf (Antrag auf gerichtliche Entscheidung) geht jedoch kraft zwingenden Rechts (§ 157 Abs. 1) an die Baulandkammern der Landgerichte. 390
1. Abschnitt. Umlegung
§46 5
Das Rechtsinstitut der Umlegungsausschüsse und Oberen Umlegungsausschüsse ist nicht neu; teilweise waren sie in den landesrechtlichen Umlegungsgesetzen vorgesehen. Aus diesem Grunde bestimmt § 182, daß solche bestehenden Ausschüsse als nach § 46 Abs. 2 eingerichtet anzusehen sind, es sei denn, die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung etwas anderes. c) Von den Ländern sind folgende einschlägige Vorschriften erlassen worden: Baden-Württemberg (V vom 22. 11. 1960, GBl. S. 174); Bayern (V vom 18. 1. 1961, GVB1. S. 27); Berlin (V vom 31. 10. 1960, GVB1. S. 1094); Hamburg (V vom 8. 11. 1960, GVB1. S.442; G vom 22. 12. 1960, GVB1. S. 473, i. d. F. vom 16.3.1962, GVB1. S.70); Niedersachsen (V vom 14.12.1961, GVB1. S. 376); Nordrhein-Westfalen (V vom 29.11.1960, GVB1. S.433); Rheinland-Pfalz (V vom 20.1.1961, GVB1. S.23); Saarland (V vom 28. 2. 1961, ABl. S. 149); Schleswig-Holstein (V vom 30. 3. 1961, GVB1. S. 45). Hessen hat keine einschlägige Verordnung erlassen. Widerspruchsbehörde ist die Bezirksregierung in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz, der Obere Umlegungsausschuß in Berlin, Nordrhein-Westfalen und im Saarland. 4. Übertragungsbefugnis der Gemeinde (Abs. 4) Der durch die Novelle 1976 eingefügte Abs. 4 hat seine endgültige Gestaltung durch den BR und den federführenden Ausschuß erhalten. Er entspricht großenteils dem aufgehobenen § 66 Abs. 4. Die Befugnis kann nicht nur an Flurbereinigungsbehörden, sondern auch auf andere geeignete Behörden, z. B. Vermessungsämter, übertragen werden. Voraussetzung ist eine Übertragung durch die Landesregierung (oder eine von einer beauftragten untergeordneten Stelle, z. B. Ministerium) und Antrag der Gemeinde auf Übertragung. Der Bereich der Übertragung muß sich nicht auf das ganze Gemeindegebiet erstrecken, er kann auch Teile hiervon erfassen. Der Hinweis auf die Anwendung des § 18 Abs. 2 F1BG in Satz 2 bedeutet, daß auch auf die Teilnehmergemeinschaft (§§ 16 ff. F1BG) Aufgaben und Befugnisse übertragen werden können. Satz 3, eingefügt auf Anregung des 15. BT-Ausschusses, gibt den Gemeinden die Möglichkeit, auf die Umlegung rechtlich Einfluß zu nehmen, wenn sie nicht von ihr durchgeführt wird. Dies erfolgt zweckmäßig durch eine Vereinbarung, die zwar nicht ausdrücklich der schriftlichen Vertragsform bedarf, jedoch aber zweckmäßig zur Klarstellung und wegen der öffentlich-rechtlichen Bedeutung in dieser Form erfolgen sollte (öffentlichrechtlicher Vertrag). 5. Übertragungsbefugnis in bezug auf die Ausübung des Vorkaufsrechts (Abs. 5) a) Der durch die Novelle 1979 eingeführte neue Abs. 5 hat entsprechend dem Sinn dieses Gesetzes die Erleichterung und Beschleunigung des Umle391
§46 6
4. Teil. Bodenordnung
gungsverfahrens, zum Zweck und zwar durch Übertragung der Befugnis zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 auf den Umlegungsausschuß unter gleichzeitiger Wahrung des gemeindlichen Handlungsspielraums für eigenverantwortliche Entscheidungen. Vorher konnte nur die Gemeinde ein Vorkaufsrecht in einem Verfahren zur Bodenordnung nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 ausüben. Dies gilt auch dann, wenn von der Gemeinde ein Umlegungsausschuß gebildet worden ist. In diesen Fällen gab der Umlegungsausschuß eine Empfehlung über die Ausübung des Vorkaufsrechts ab. Über die Ausübung entschied zwingend nach dem BBauG die Gemeinde. Das Verfahren wurde dadurch belastet, daß andere gemeindliche Ausschüsse über die Ausübung des Vorkaufsrechts befanden; unter Umständen war sogar die Gemeindevertretung zuständig. b) Diese Nachteile werden vermieden, wenn die Gemeinde von der nun gegebenen Möglichkeit Gebrauch macht und die Ausübung des Vorkaufsrechts dem hierfür voll sachkundigen Umlegungsausschuß, dem auch Gemeindevertreter angehören, für einzelne Fälle oder bestimmte Gebiete überträgt (Satz 1 Halbsatz 1). Es entspricht dabei der Stellung der Gemeinde und nicht zuletzt auch ihrem Recht, in Fällen von besonderem Gewicht selbst zu entscheiden, wenn sie die Übertragung der Ausübung des Vorkaufsrechts zu jeder Zeit widerrufen kann (Halbsatz 2). c) In Satz 2 wird klargestellt werden, daß die Gemeinde nach Übertragung der Ausübungsbefugnis ein Vorkaufsrecht auch zu anderen als Umlegungszwecken (z. B. zur Sicherung von städtebaulichen Erhaltungszielen) ausüben kann. Diese Klarstellung besagt, daß die Übertragung der Ausübungsbefugnis auf den Umlegungsausschuß nur zum Zweck der Bodenordnung erfolgen soll, daß also der Gemeinde bei Vorliegen eines anderen Zwecks oder bei Zweckänderung die Ausübung des Vorkaufsrechts uneingeschränkt zusteht, ohne daß es eines Widerrufs nach Satz 1 Halbsatz 2 bedarf. d) Klarstellende Bedeutung hat auch Satz 3, wonach ein Anspruch Dritter darauf, daß die Gemeinde die Ausübung des Vorkaufsrechts zu Umlegungszwecken auf den Umlegungsausschuß überträgt oder nach Übertragung zu anderen als Umlegungszwecken ausübt, nicht besteht. Damit wird der gemeindliche Handlungsspielraum uneingeschränkt erhalten. 6. Rechtsprechung 1. BGH U vom 14. 7. 1965 (III ZR 2/64) NJW 1965, 2101 Die mit einem Umlegungsverfahren verbundenen Verfügungs- und Baubeschränkungen können zu einem enteignenden Eingriff werden, wenn sie den Eigentümer mehr und länger belasten, als durch die Notwendigkeiten des Verfahrens geboten.
2. BGH U vom 17.2.1966 (III ZR 171/65) NJW 1966, 1267 = M D R 1966, 663 = DWW 1966, 206 a) Zur Frage der Statthaftigkeit einer Untätigkeitsklage i. S. des § 75 VwGO vor den Baulandgerichten (§ 157 Abs. 1 BBauG), wenn die Verwaltungsbehörde — hier der
392
§48
1. Abschnitt. Umlegung
Obere Umlegungsausschuß i. S. des § 46 Abs. 2 Ziff. 3 BBauG i. V. m. § 15 1. DV N R W — im administrativen Vorverfahren über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden hat. b) Zur Frage der Befugnis des gemeindlichen Umlegungsausschusses, im Widerspruchsverfahren vor dem Oberen Umlegungsausschuß bei Abschluß eines Vergleichs die Gemeinde zu vertreten, und zur Frage der Formbedürftigkeit eines solchen Vergleichs.
§47 Umlegungsbeschluß Die Umlegung wird durch einen Beschluß der Umlegungsstelle eingeleitet (Umlegungsbeschluß). Im Umlegungsbeschluß ist das Umlegungsgebiet (§ 52) zu bezeichnen. Die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke sind einzeln aufzuführen. Das Umlegungsverfahren wird durch zwei markante verfahrensrechtliche Akte gekennzeichnet, einmal durch den Umlegungsbeschluß, der in dieser Bestimmung geregelt ist, und dann durch den ebenfalls beschlußmäßig aufzustellenden Umlegungsplan (§ 66). Beide Beschlüsse sind Verwaltungsakte, gegen die — gegebenenfalls nach Durchführung eines Vorverfahrens (§ 155) — mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern (§ 157 Abs. 1) angegangen werden kann (vgl. die in der Vorbemerkung zum Vierten Teil, Nr. 5 A aa Nr. 2, genannte Entscheidung des BVerwG vom 26. 3. 1955, BVerwGE 2, 39). Der Umlegungsbeschluß leitet die Umlegung ein. Er wird durch die Umlegungsstelle, also durch die Gemeinde bzw. durch den Umlegungsausschuß erlassen. Er hat das Umlegungsgebiet (vgl. § 52) unter Aufführung der einzelnen Grundstücke dieses Gebiets zu bezeichnen. Die Rechtssicherheit erfordert es, daß die Grundstücke genau bezeichnet werden (zweckmäßig mit den im Grundbuch oder im Katasterblatt enthaltenen Beschreibungen), damit Zweifel im Hinblick auf die Rechtswirkung des Umlegungsbeschlusses ausgeschlossen werden. Im landwirtschaftlichen Flurbereinigungsrecht entspricht dem Umlegungsbeschluß der Flurbereinigungsbeschluß (§ 4 FlurbG).
§48 Beteiligte (1) In dem Umlegungsverfahren sind Beteiligte 1. die Eigentümer der im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke, 2. die Inhaber eines im Grundbuch eingetragenen oder durch Eintragung gesicherten Rechtes an einem im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, 393
§48 1
4. Teil. Bodenordnung
3. die Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechtes an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, eines Anspruches mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder eines persönlichen Rechtes, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränkt, 4. die Gemeinde, 5. unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 die Bedarfsträger, 6. die Erschließungsträger. (2) Die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Personen werden zu dem Zeitpunkt Beteiligte, in dem die Anmeldung ihres Rechtes der Umlegungsstelle zugeht. Die Anmeldung kann bis zur Beschlußfassung über den Umlegungsplan (§ 66 Abs. 1) erfolgen. (3) Bestehen Zweifel an einem angemeldeten Recht, so hat die Umlegungsstelle dem Anmeldenden unverzüglich eine Frist zur Glaubhaftmachung seines Rechtes zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist er bis zur Glaubhaftmachung seines Rechtes nicht mehr zu beteiligen. (4) Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, für die ein Brief erteilt ist, sowie jeder seiner Rechtsnachfolger hat auf Verlangen der Umlegungsstelle eine Erklärung darüber abzugeben, ob ein anderer die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat; die Person des Erwerbers hat er dabei zu bezeichnen. § 150 Abs. 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. 1. Beteiligte am Umlegungsverfahren (Abs. 1) Der Kreis der Beteiligten am Umlegungsverfahren war in den Aufbaugesetzen der Bundesländer verschieden geregelt. Nunmehr sind es nach Abs. 1: a) die Eigentümer der Grundstücke des Umlegungsgebiets (Nr. 1); b) die Inhaber von dinglichen und persönlichen Rechten — gleich ob im Grundbuch eingetragen oder nicht — nach Maßgabe von Nr. 2 und 3, a. a. O. (vgl. hierzu die im wesentlichen gleichlautende Bestimmung in § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und die Erläut. hierzu); c) die Gemeinde (Nr. 4); d) ferner unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 — also im Falle der Einbringung von geeignetem Ersatzland (siehe Erl. 2b zu § 55) — die Bedarfsträger (Nr. 5); e) sowie der Erschließungsträger (Nr. 6) — vgl. §123 Abs. 1, zweiter Halbsatz —, soweit dieser nicht die Gemeinde selbst ist. Die unter d und e genannten Bestimmungen wurden auf Vorschlag des für die Erstfassung zuständigen 24. BT-Ausschusses eingefügt. Die Beteiligung der Gemeinde ohne Einschränkung (im Gegensatz zum RegE zur Erstfassung, nach dem nur diejenigen Gemeinden Beteiligte sein 394
1. Abschnitt. Umlegung
§48 3
sollten, die nicht zugleich Umlegungsstelle gewesen wären) begegnet insofern Bedenken, als die Gemeinde in den Fällen, in denen nicht landesrechtliche Umlegungsausschüsse gebildet sind, zugleich auch die entscheidende Behörde ist; doch hat der Gesetzgeber dies bewußt in Kauf genommen, weil die Gemeinde nach § 78 nicht nur die Verfahrenskosten, sondern auch die nicht durch Beiträge gedeckten Sachkosten trägt. 2. Zeitpunkt des Entstehens der Beteiligteneigenschaft für Inhaber nicht eingetragener Rechte (Abs. 2) Nach Abs. 2 entsteht die Beteiligteneigenschaft für die Inhaber nicht eingetragener Rechte im Zeitpunkt des Zugangs der Rechtsmeldung bei der Umlegungsstelle (Gemeinde bzw. Umlegungsausschuß). Entscheidend ist somit — wie zur Wahrung von Fristen nach deutschem Prozeßrecht allgemein üblich — der Zeitpunkt des Eingangs und nicht etwa der Poststempel des Aufgabetags. Eine wirksame Anmeldung für diesen Personenkreis kann nur bis zur Beschlußfassung über die Aufstellung des Umlegeplans (§ 66 Abs. 1) erfolgen. Diese Bestimmung ist notwendig, da der Kreis der Beteiligten zu einem bestimmten Zeitpunkt eindeutig feststehen muß. Vgl. hierzu auch Erläut. zu § 107 Abs. 2. Die übrigen Beteiligten (Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 5, 6) sind kraft Grundbuchausweisung (Nr. 1 und 2) oder kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (Nr. 4, 5, 6) Beteiligte, gleich ob und wann der Umlegungsstelle die Beteiligteneigenschaft bekannt ist. Es ist also Sache der Umlegungsstelle (des Umlegungsausschusses), von Amts wegen die Beteiligten zu Nr. 1, 2, 5 und 6 sorgfältig und lückenlos zu ermitteln. Eine öffentliche Aufforderung, Rechte anzumelden, kommt nur für den Personenkreis der Inhaber nicht eingetragener Rechte in Frage (§ 50 Abs. 2). Die Notwendigkeit einer Rechtsanmeldung zur Erlangung der Beteiligteneigenschaft gilt auch im Falle der Rechtsnachfolge während des Umlegungsverfahrens (siehe Anm. bei § 49). 3. Nachweis der Beteiligteneigenschaft (Abs. 3 und 4) Der Kreis der Beteiligten muß einwandfrei festgestellt werden. Bestehen Zweifel an einem nach Abs. 2 angemeldeten Recht, so muß die Umlegungsstelle (Gemeinde bzw. Umlegungsausschuß) nach Abs. 3 unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, dem Anmeldenden eine Frist zur Glaubhaftmachung (vgl. § 294 ZPO) des angemeldeten Rechts setzen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist entfällt eine Beteiligung bis zur Glaubhaftmachung. Die Glaubhaftmachung erst nach Beschlußfassung über den Umlegungsplan — § 47 — dürfte im Hinblick auf die Tatsache, daß das Recht durch Anmeldung (vgl. Abs. 2 Satz 2) bekannt ist, noch möglich sein (vgl. § 50 Abs. 3). Im Hinblick auf die besonderen Rechtsinstitute (Briefhypothek, Briefgrundschuld und Briefrentenschuld — vgl. §§ 1113 bis 1203 BGB, insbeson395
§50
4. Teil. Bodenordnung
dere §§ 1154 Abs. 1, 1192 BGB), die einen Gläubigerwechsel auch außerhalb des G r u n d b u c h s rechtlich zulassen, sieht Abs. 4 vor, daß sowohl der im G r u n d b u c h eingetragene Erstgläubiger als auch seine Rechtsnachfolger auf Anforderung der Umlegungsstelle sich erklären müssen, ob ein anderer u n d wer die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat. K o m m t der Betreffende dem Verlangen der Umlegungsstelle nicht nach, so kann ein Zwangsgeld bis 1 000 D M angedroht und festgesetzt werden (§ 150 Abs. 2 Satz 2 bis 4). Über die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Anmeldung bzw. Glaubhaftmachung enthält § 50 Abs. 3 nähere Bestimmungen (siehe auch Anm. 3 zu §50). Im Hinblick auf den fast völligen Gleichlaut der Vorschriften der Abs. 2 bis 4 mit § 107 Abs. 2 bis 4 wird auf die Erläut. dort verwiesen.
§49 Rechtsnachfolge Wechselt die Person eines Beteiligten während eines Umlegungsverfahrens, so tritt sein Rechtsnachfolger in dieses Verfahren in dem Zustande ein, in dem es sich im Zeitpunkt des Überganges des Rechtes befindet. Im Hinblick auf die oftmals nicht unerhebliche Dauer des Umlegungsverfahrens ist ein Wechsel im Beteiligtenverhältnis im Laufe des Verfahrens häufig. Im Interesse der Kontinuierlichkeit des Verfahrens sieht die Bestimmung des § 49 vor, daß der Rechtsnachfolger (also entweder der neue Eigentümer oder der neue Berechtigte oder der neue Bedarfs- bzw. Erschließungsträger) die Rechtsstellung einnimmt, wie sie der Rechtsvorgänger im Zeitpunkt des Rechtsübergangs besessen hat. Im Hinblick auf die Genehmigungspflicht von Verfügungen über ein Grundstück im Umlegungsgebiet oder über Rechte daran nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 und die Mitteilungspflicht des Grundbuchamts nach § 54 Abs. 2 (z. B. in Erbfällen) wird die Umlegungsstelle rechtzeitig über Eigentums- und Rechtsänderung an Grundstücken im Umlegungsgebiet unterrichtet sein.
§50 Bekanntmachung
des
Umlegungsbeschlusses
(1) Der Umlegungsbeschluß ist in der Gemeinde ortsüblich bekanntzumachen. Sind die Beteiligten einverstanden, so kann von der Bekanntmachung abgesehen werden. (2) Die Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses hat die Aufforderung zu 396
1. Abschnitt. Umlegung
§50 2
enthalten, innerhalb eines Monats Rechte, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, aber zur Beteiligung am Umlegungsverfahren berechtigen, bei der Umlegungsstelle anzumelden. (3) Werden Rechte erst nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist angemeldet oder nach Ablauf der in § 48 Abs. 3 gesetzten Frist glaubhaft gemacht, so muß ein Berechtigter die bisherigen Verhandlungen und Festsetzungen gegen sich gelten lassen, wenn die Umlegungsstellle dies bestimmt. (4) Der Inhaber eines in Absatz 2 bezeichneten Rechtes muß die Wirkung eines vor der Anmeldung eingetretenen Fristablaufes ebenso gegen sich gelten lassen wie der Beteiligte, dem gegenüber die Frist durch Bekanntmachung des Verwaltungsaktes zuerst in Lauf gesetzt worden ist. (5) Auf die rechtlichen Wirkungen nach den Absätzen 3 und 4 sowie nach § 51 ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. 1. öffentliche Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses (Abs. 1) Die Rechtsfolgen des Umlegungsbeschlusses — vgl. die gemäß § 51 eintretende Verfügungs- und Veränderungssperre — erfordern eine förmliche Bekanntmachung des Beschlusses über die Einleitung der Umlegung durch die Umlegungsstelle (vgl. § 46). Diese Bekanntmachung hat ortsüblich zu geschehen, d. h. gegebenenfalls im Amtsblatt oder durch Bekanntmachung in den hierfür bestimmten Tageszeitungen oder in kleinen Gemeinden durch Anschlag an der Gemeindetafel u. ä. Nur wenn alle Beteiligten einverstanden sind, kann von der Bekanntmachung abgesehen werden. Ob diese auf Vorschlag des damals zuständigen 24. Ausschusses aufgenommene Ausnahme zweckmäßig ist und der erforderlichen Offenlegungspflicht und damit der Rechtssicherheit dient, erscheint fraglich. Nach § 157 Abs. 2 Satz 2 ist die Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern bei denjenigen Verwaltungsakten, die durch öffentliche Bekanntmachung mitgeteilt werden, auf sechs Wochen festgelegt worden. Diese Spezialvorschrift läßt die kürzere Frist für die üblicherweise zugestellten Verwaltungsakte nicht zum Zuge kommen (vgl. zu den damit zusammenhängenden Rechtsfragen die Ausführungen zu § 157 Abs. 2). Daß der Umlegungsbeschluß ein Verwaltungsakt ist, wurde bei § 47 dargelegt. 2. Inhalt der Bekanntmachung (Abs. 2 und 5) Was der Umlegungsbeschluß selbst zu enthalten hat, besagt § 47 Satz 2. Die ortsübliche Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses hat dazu die Aufforderung zur Rechtsanmeldung innerhalb eines Monats durch den in § 48 Abs. 1 Nr. 3 genannten Personenkreis zu enthalten (Abs. 2). Es kommen somit nur die Inhaber von nicht im Grundbuch eingetragenen Rechten in Frage; die übrigen Beteiligten sind von Amts wegen zu ermitteln. Für die Monatsfrist ist der Eingang der Anmeldung bei der Umlegungsstelle (Gemeinde 397
§ 51
4. Teil. Bodenordnung
oder Umlegungsausschuß) entscheidend. Des weiteren hat nach Abs. 5 die Bekanntmachung auf die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Anmeldung (Glaubhaftmachung) und die Wirkung eines vor der Anmeldung eingetretenen Fristablaufs (siehe die in der folgenden Anm. erläuterten Abs. 3 und 4) sowie auf die nach § 51 eintretende Verfügungs- und Veränderungssperre hinzuweisen. 3. Rechtsfolgen der verspäteten Anmeldung von Rechten und eines vor der Anmeldung eingetretenen Fristablaufs (Abs. 3 und 4) a) Die Versäumnis der in § 48 Abs. 2 und 3 genannten Fristen hat zur Folge, daß im Falle der nachträglichen Geltendmachung der Berechtigte alle vor der Anmeldung liegenden Verhandlungen und Festsetzungen gegen sich gelten lassen muß, „wenn die Umlegungsstelle dies bestimmt". Somit ist diese Entscheidung vom Gesetzgeber dem Ermessen der Umlegungsstelle überlassen worden, ohne daß gesagt wird, unter welchen Voraussetzungen die Umlegungsstelle von der Anordnung im Sinn des Abs. 3 Abstand nehmen kann. Diese Regelung erscheint nicht unbedenklich, zumal das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch hier hätte Anwendung finden können. Rechtsstaatlichen Erfordernissen entspricht es, daß die Umlegungsstelle nicht willkürlich entscheidet, also bei den einen Anmeldenden die Versäumnis der Frist ohne weiteres hinnimmt und bei den andern von Abs. 3 Gebrauch macht; die Anwendung der Grundsätze der Wiedereinsetzung (vgl. § 153 Abs. 1) wird Richtschnur sein müssen. b) Abs. 4 soll die Gleichbehandlung verschiedener G r u p p e n der Beteiligten sichern: Die Inhaber nicht eingetragener Rechte (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 3), die nach Abs. 2 ihre Rechte anmelden können, müssen die Wirkung eines vor ihrer Anmeldung eingetretenen Fristablaufs (z. B. die Sechswochenfrist nach § 157 Abs. 2 Satz 2) in gleicher Weise gegen sich gelten lassen wie die kraft Gesetzes Beteiligten (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 1, 2), denen gegenüber die Frist infolge der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses nach Abs. 1 Satz 1 schon vorher in Lauf gesetzt worden ist.
§51 Verfügungs- und
Veränderungssperre
(1) Von der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses bis zur Bekanntmachung des Umlegungsplans (§ 71) dürfen im Umlegungsgebiet nur mit schriftlicher Genehmigung der Umlegungsstelle 1. ein Grundstück geteilt oder Verfügungen über ein Grundstück und über Rechte an einem Grundstück getroffen oder Vereinbarungen abgeschlossen werden, durch die einem anderen ein Recht zum Erwerb, zur Nutzung oder Bebauung eines Grundstücks oder Grundstücksteils eingeräumt wird; 398
1. Abschnitt. Umlegung
§51 1
2. erhebliche Veränderungen der Erdoberfläche oder wesentlich wertsteigernde, sonstige Veränderungen der Grundstücke vorgenommen werden; 3. nicht genehmigungsbedürftige, aber wertsteigernde bauliche Anlagen errichtet oder wertsteigernde Änderungen solcher Anlagen vorgenommen werden; 4. genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen errichtet oder geändert werden. (2) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt. (3) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß das Vorhaben die Durchführung der Umlegung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. (4) Die Genehmigung kann unter Auflagen und außer bei Verfügungen über Grundstücke und über Rechte an Grundstücken auch unter Bedingungen oder Befristungen erteilt werden.Wird die Genehmigung unter Auflagen, Bedingungen oder Befristungen erteilt, ist die hierdurch betroffene Vertragspartei berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 354 und 356 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (5) Überträgt der Umlegungsausschuß aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 a der dort bezeichneten Stelle Entscheidungen über Vorgänge nach Absatz 1, unterliegt diese Stelle seinen Weisungen; bei Einlegung von Rechtsbehelfen tritt der Umlegungsausschuß an ihre Stelle. Der Umlegungsausschuß kann die Übertragung jederzeit widerrufen. 1. Bedeutung und Umfang der Verfügungs- und Veränderungssperre (Abs. 1) a) Die Bedeutung der Verfügungs- und Veränderungssperre liegt in der Verhinderung einer Erschwerung der Umlegung und einer Erhöhung der Ausgleichsleistungen. Die Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses läßt — wie in Anm. 1 zu § 50 bereits angedeutet — eine Verfügungs- und Veränderungssperre anlaufen, deren Umfang in den Nr. 1 bis 4 des Abs. 1 festgelegt ist. Die Sperre dauert bis zur Bekanntmachung des Umlegungsplans (vgl. § 71 Abs. 1 in Verbindung mit § 66). Sie besagt, daß die Verfügungen und Veränderungen der Nr. 1 bis 4 (siehe b) innerhalb des Umlegungsgebiets nur mit schriftlicher Genehmigung der Umlegungsstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß) zulässig sind. Die zeitliche Begrenzung trägt dem Art. 14 G G Rechnung (vgl. die in Nr. 5 angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung). Durch die Novelle 1976 wurde ein neuer Abs. 4 angefügt (siehe unter Nr. 4); ferner wurde die Nr. 1 des Abs. 1 gemäß der Empfehlung des federführenden Ausschusses neu gefaßt. Die Übergangsvorschrift des Art. 3 § 6 Abs. 2 der Novelle 1976 besagt, daß die alte Fassung des § 51 in Anwendung kommt, also ohne die Erweite399
§51 2
4. Teil. Bodenordnung
rung in bezug auf Teilung und ohne den Abs. 4 (Auflagen u. a.), wenn bis 31. 12. 1976 die Umlegungsstelle über einen Genehmigungsantrag nach § 51 entschieden hat. b) Während der RegE zur Erstfassung des BBauG nur eine Veränderungssperre (im wesentlichen eine Bausperre) vorsah, wurde auf G r u n d der Ausschußberatungen auch eine Verfügungssperre aufgenommen. Diese (Nr. 1) betrifft Verfügungen (dieser Begriff ist hier rein zivilrechtlich, vgl. B G H Z 1, 304) über ein Grundstück und über Grundstücksrechte oder Vereinbarungen über Einräumung von Nutzungs- oder Bebauungsrechten auf Grundstücken und Grundstücksteilen. Durch die Novelle 1976 wurde in Nr. 1 auch die Grundstücksteilung aufgenommen. Diese Änderung die auf eine Anregung der kommunalen Spitzenverbände zurückgeht und sich an § 15 StBauFG sowie an die vom Ausschuß beschlossene Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 2 (neu) anlehnt, soll es den Umlegungsstellen künftig ermöglichen, Grundstücksteilungen in einem Umlegungsgebiet verhindern zu können, wenn dadurch die D u r c h f ü h r u n g der Umlegung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Es hat sich in der bisherigen Praxis als ein Mangel herausgestellt, daß im Umlegungsgebiet, solange noch kein BebPl. besteht, Grundstücksteilungen oft nicht verhindert werden können, obwohl sie die Umlegung erschweren. Von Nr. 1 werden auch betroffen Erbbaurechte, Verträge über den Erwerb von Eigentumswohnungen, Grundstückspachtverträge, Nießbrauchbestellungen, Verträge über Ausbeute von Kiesgruben oder über sonstige Veränderungen der Oberfläche (Steinbruch) — vgl. auch Nr. 2 —. Die Veränderungssperre (Nr. 2) beinhaltet Veränderungen der Erdoberfläche (z. B. Abgrabungen, Aufschüttungen u. a.) oder sonstige wesentlich wertsteigernde Grundstücksänderungen (z. B. Kultivierung; nicht darunter fällt die bloße Änderung der landwirtschaftlichen Nutzungsart, wenn sie nicht wesentlich wertsteigernd ist; vgl. letzter Absatz der folg. Nr. 2) sowie die genehmigungsfreie, jedoch wertsteigernde Errichtung oder Änderung baulicher Anlagen (Nr. 3) und die Errichtung oder Änderung genehmigungspflichtiger Bauanlagen schlechthin (Nr. 4). Die Zulassung der in Nr. 1 bis 4 genannten Verfügungen bzw. Veränderungen bedarf aus Rechtssicherheitsgründen der schriftlichen Genehmigung. 2. Von der Veränderungssperre nicht erfaßte Maßnahmen (Abs. 2) Nicht berührt von der Veränderungssperre werden die vor ihrem Inkrafttreten „baurechtlich genehmigten" Vorhaben, wobei unter baurechtlicher Genehmigung alle (vgl. unten die Anm. 3) für den Einzelfall etwa notwendigen landesrechtlichen Baugenehmigungen und Genehmigungen nach dem BBauG zu verstehen sind. Ebenso werden Unterhaltungsarbeiten und die Weiterführung der bisher ausgeübten Nutzung (z. B. die weitere Ausbaggerung einer Kiesgrube) von 400
1. Abschnitt. Umlegung
§51 5
der Veränderungssperre nicht betroffen. Unberührt bleiben ferner — wie sich aus Abs. 1 Nr. 2 (siehe oben Erl. lb) ergibt — Nutzungsänderungen, wenn sie nicht wesentlich wertsteigernd sind. 3. Genehmigungsversagungen der Umlegungsstelle (Abs. 3) Die Umlegungsstelle darf die Genehmigung nur versagen, wenn „Grund zur Annahme besteht, daß das Vorhaben die Durchführung der Umlegung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde". Die Überprüfung dieser Tatfrage obliegt im Streitfall den Baulandkammern/Baulandsenaten nach § 157 Abs. 1. Die Entscheidung der Umlegungsstelle über ein Baugesuch ist somit zu unterscheiden von der landesrechtlich notwendigen Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde über das Baugesuch; nach Bundesrecht ist in den Fällen der §§ 33 bis 35 nach § 36 die Gemeinde — hier natürlich in anderer Funktion als in ihrer Eigenschaft als Umlegungsstelle —, gegebenenfalls auch die höhere Verwaltungsbehörde, eingeschaltet. Die Mitwirkung der Gemeinde bei Entscheidungen über Vorhaben nach den letztgenannten Bestimmungen kann dann neben der Genehmigung der Umlegungsstelle nach § 51 erforderlich sein, wenn die Fälle des § 33 vorliegen oder eine Ausnahmegenehmigung nach § 31 erforderlich ist. Jedenfalls ist für baugenehmigungspflichtige Anlagen die landesrechtliche Entscheidung der Baubehörde erforderlich. Insofern hat also das BBauG eine erhebliche Komplizierung gebracht; man denke nur an hier mögliche gegensätzliche Entscheidungen der je nach der Verfahrensart zuständigen oberen Bundesgerichte (BVerwG und BGH). 4. Genehmigung unter Auflagen, Bedingungen und Befristungen (Abs. 4) Der durch die Novelle 1976 eingefügte Abs. 4 korrespondiert mit dem (nun auch geänderten) § 15 Abs. 5 StBauFG. Das hier allgemein für das Planungsrecht normierte Rücktrittsrecht des betroffenen Vertragspartners (Satz 2) stellt eine Schutzvorschrift im Rahmen der Eigentumsgarantie dar. Die in Satz 3 ausgesprochene Anwendung bürgerlich rechtlicher Vorschriften betrifft die Wirkung des Rücktritts — § 346 BGB —, die Haftung bei Rückgewähr - § 347 BGB - , die Erfüllung Zug um Zug - § 348 BGB die Erklärung des Rücktritts — § 349 BGB —, den zufälligen und verschuldeten Untergang - §§ 350, 351 BGB - , den Ausschluß des Rücktritts - §352 BGB —, die Veräußerung oder Belastung — § 353 BGB —, den Verzug mit Fristsetzung — § 354 BGB — und die Unteilbarkeit des Rücktrittsrechts — § 356 BGB. 5. Erweiterte Zuständigkeit bei Übertragungen durch den Umlegungsausschuß (Abs. 5) Der durch die Novelle vom 6. 7. 1979 eingefügte neue Abs. 5 steht im Zusammenhang mit der neuen Nr. 2 a in § 46 Abs. 2. Abs. 5 soll das Genehmi401
§51 7
4. Teil. Bodenordnung
gungsverfahren weiter erleichtern. Das vormalige Recht ging für alle Genehmigungen nach § 51 zwingend von der Zuständigkeit des Umlegungsausschusses aus, wenn ein solcher gebildet worden war. Im Rahmen einer Verordnung soll der Umlegungsausschuß die zu übertragenden Aufgaben konkretisieren und bei Bedarf das interne Zusammenwirken zwischen ihm und der Stelle regeln können. Grundlage hierfür wäre die Geschäftsordnung des Umlegungsausschusses, wenn nicht die Übertragung auf einzelne Umlegungsgebiete durch Beschluß des Ausschusses im Einzelfall in Aussicht genommen wird. Die Übertragung durch den Umlegungsausschuß bedarf nicht der Veröffentlichung. Das Weisungsrecht des Ausschusses, das Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 vorsieht, kann sich auf Einzelweisungen im konkreten Fall beschränken, schließt aber auch generelle Weisungen ein. Es ist zweckmäßig, auf den Umlegungsausschuß das weitere Verfahren überzuleiten, wenn Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen der Stelle eingelegt werden, so daß er im Widerspruchsverfahren entscheidet. Besteht ein oberer Umlegungsausschuß, befindet er gemäß § 72 VwGO darüber, ob dem Widerspruch abgeholfen werden kann (vgl. Satz 1 Halbsatz 2). Entsprechend seiner Stellung kann der Umlegungsausschuß die Übertragung jederzeit widerrufen (Satz 2). 6. Höchstrichterliche Rechtsprechung Eine zeitlich begrenzte Veränderungssperre muß nach der Rechtsprechung des BVerwG und des BGH als Ausfluß der Sozialgebundenheit des Eigentums entschädigungslos hingenommen werden (siehe auch Vorbemerkung zum Zweiten Teil vor § 14). Vgl. insbesondere: BVerwGE 4, 120; BGHZ 15, 268 und 30, 338. 7. Rechtsprechung 1. BGH U vom 14. 7. 1965 (III ZR 2/64) NJW 1965, 2101 = DWW 1965, 365 Die mit einem Umlegungsverfahren verbundenen Verfügungs- und Baubeschränkungen können zu einem enteignenden Eingriff werden, wenn sie den Eigentümer mehr und länger belasten, als durch die Notwendigkeit des Verfahrens geboten.
2. BayObLG B vom 17.4.1964 (BReg 2 Z 44/64) DNotZ 1965, 289 BayObLGZ 1964, 170 Rechtsgeschäftliche Verfügungen jeglicher Art über Grundstücke im Umlegungsgebiet bedürfen der Zustimmung der Umlegungsstelle.
402
§52 2
1. Abschnitt. Umlegung
§52 Umlegungsgebiet (1) Das Umlegungsgebiet ist so zu begrenzen, daß die Umlegung sich zweckmäßig durchführen läßt. Es kann aus räumlich getrennten Flächen bestehen. (2) Einzelne Grundstücke, die die Durchführung der Umlegung erschweren oder deren Grenzen durch die Umlegung nicht geändert werden sollen, können von der Umlegung ganz oder teilweise ausgenommen werden. (3) Unwesentliche Änderungen des Umlegungsgebietes können bis zur Auslegung der Umlegungskarte (§ 69 Abs. 1) von der Umlegungsstelle ohne förmliche Änderung des Umlegungsbeschlusses vorgenommen werden. Die Änderungen werden mit der schriftlichen Mitteilung den Eigentümern der betroffenen Grundstücke gegenüber wirksam. Im übrigen gilt § 50 entsprechend. 1. Abgrenzung des Umlegungsgebiets Aus den landesrechtlichen Vorschriften wurde der allgemeine Rechtsgrundsatz übernommen, daß für die Begrenzung des Umlegungsgebiets die Zweckmäßigkeit bestimmend sein soll, um das Ziel des Verfahrens zu erreichen (Abs. 1); vgl. § 45 Abs. 1, in dem die Zweckmäßigkeit zur Vorbedingung der Umlegung gemacht ist. Die Möglichkeit, daß das Umlegungsgebiet nicht eine zusammenhängende Fläche sein muß, entspricht den Erfordernissen der Praxis. Es können auch einzelne nicht zusammenhängende Grundstücke in die Umlegung mit einbezogen werden. Umgekehrt können nach Abs. 2 einzelne Grundstücke aus der Umlegung ganz oder teilweise ausgenommen werden, wenn durch sie die Durchführung der Umlegung erschwert würde oder wenn ihre Grenzen durch die Umlegung nicht geändert werden sollen. Dies kann z. B. bei größeren Fabrikanlagen der Fall sein, für die nach den örtlichen Gegebenheiten weder eine Standortänderung noch eine Umlegung in Frage kommt. 2. Vereinfachte Änderung des Umlegungsgebiets Der Vereinfachung des Verfahrens dient die Vorschrift des Abs. 3, wonach unwesentliche Änderungen (unbestimmter Rechtsbegriff) des Umlegungsgebiets bis zur Auslegung der Umlegungskarte (vgl. § 69 Abs. 1) vorgenommen werden können. Einer förmlichen Änderung des Umlegungsbeschlusses bedarf es hier nicht. Den Eigentümern der betroffenen Grundstücke gegenüber werden die Änderungen mit der schriftlichen Mitteilung durch die Umlegungsstelle wirksam (Satz 2). Doch ist (vgl. Satz 3) die ortsübliche Bekanntgabe nach § 50 Abs. 1 erforderlich; handelt es sich um eine — unwesentliche — Ausweitung des Umlegungsgebiets, so muß die Aufforderung nach § 50 Abs. 2 erneut folgen. Der Begriff „unwesentlich" ist, um nicht rechtsstaatliche Belange zu verletzen, eng auszulegen. In der ähnlichen Vorschrift des § 8 FlurbG ist der Ausdruck „geringfügige Änderungen" verwendet; es handelt 403
4. Teil. Bodenordnung
§53
sich dabei um das gleiche. Zur Auslegung dieser Bestimmung sagt Steuer, FlurbG, § 8 Anm. 1, bzgl. des Versuchs, die Geringfügigkeit auf das Verhältnis zur Gesamtfläche des Flurbereinigungsgebiets abzustellen: „Es würde aber der Absicht des Gesetzgebers nicht entsprechen, wenn es sich nicht nur um verhältnismäßig kleine Flächen handeln würde." Man kann in gleicher Weise für das BBauG sagen, daß für den Begriff „unwesentliche Änderung" nicht auf das Verhältnis zur Größe des Umlegungsgebiets abgestellt werden darf, vielmehr können für die Anwendung der vereinfachten Änderung des Umlegungsbeschlusses nur geringfügige, flächenmäßig unbedeutende Änderungen, sei es durch Neueinbeziehung oder durch Ausklammerung, in Frage kommen. Die nach Abs. 3 möglichen vereinfachten Änderungen des Umlegungsgebiets können mit Hinblick auf die manchmal schwierige Grenzziehung zwischen wesentlicher und unwesentlicher Änderung im besonderen Maße dem Betroffenen Anlaß zur Einlegung eines Rechtsmittels geben. Nach § 157 Abs. 2 Satz 2 ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern binnen sechs Wochen seit Bekanntmachung der Änderung zu stellen.
§53 Bestandskarte
und
Bestandsverzeichnis
(1) Die Umlegungsstelle fertigt eine Karte und ein Verzeichnis der Grundstücke des Umlegungsgebietes an (Bestandskarte und Bestandsverzeichnis). Die Bestandskarte weist die bisherige Lage, die Größe und die Nutzung der Grundstücke des Umlegungsgebietes aus und bezeichnet die Eigentümer. In dem Bestandsverzeichnis sind für jedes Grundstück aufzuführen 1. die im Grundbuch eingetragenen Eigentümer, 2. die grundbuch- und katastermäßige Bezeichnung der Grundstücke unter Angabe von Straße und Hausnummer sowie 3. die im Grundbuch in Abteilung II eingetragenen Lasten und Beschränkungen. (2) Die Bestandskarte und die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Teile des Bestandsverzeichnisses sind auf die Dauer eines Monats in der Gemeinde öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vor der Auslegung ortsüblich bekanntzumachen. Von der Auslegung der Bestandskarte und des Bestandsverzeichnisses kann abgesehen werden, wenn alle Beteiligten einverstanden sind. (3) Betrifft die Umlegung nur wenige Grundstücke, so genügt an Stelle der ortsüblichen Bekanntmachung die Mitteilung an die Eigentümer und die Inhaber sonstiger Rechte, soweit sie aus dem Grundbuch ersichtlich sind oder ihr Recht bei der Umlegungsstelle angemeldet haben. 404
1. Abschnitt. Umlegung
§53 2
(4) In den in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Teil des Bestandsverzeichnisses ist die Einsicht jedem gestattet, der ein Interesse darlegt. 1. Inhalt von Bestandskarte und Bestandsverzeichnis Bedeutsame Arbeitsunterlagen der Umlegungsstelle sind die Karte des Umlegungsgebietes und das Verzeichnis der Grundstücke. Beide — vom Gesetz Bestandskarte und Bestandsverzeichnis genannt — müssen vorhanden sein; sie sind von der Umlegungsstelle (Gemeinde bzw. Umlegungsausschuß) zu fertigen (Abs. 1 Satz 1). Die zeichnerische Darstellung des Umlegungsgebiets dient der besseren Übersicht; deshalb wurde der Vorschlag des federführenden Ausschusses auf Einführung der Bestandskarte als unerläßlicher Bestandteil des Umlegungsverfahrens — der RegE zur Erstfassung hatte nur das Bestandsverzeichnis vorgesehen — vom BT gebilligt. Notwendiger Inhalt der Bestandskarte sind die Ausweisung der Lage, Größe und Nutzung der Grundstücke im Umlegungsgebiet nach dem bisherigen Stand und die Bezeichnung der Eigentümer (Satz 2). Das Gegenstück zur Bestandskarte stellt die Umlegungskarte (§ 67) dar. Das Bestandsverzeichnis hat für jedes Grundstück die grundbuchmäßigen Eigentümer, die Bezeichnung der Grundstücke nach Grundbuch und Kataster unter Angabe von Straße und Hausnummer und die im Grundbuch (Abt. II) eingetragenen Lasten und Beschränkungen zu enthalten (Satz 3). Der Inhalt der Abteilung III des Grundbuchs, nämlich Hypotheken, Grundund Rentenschulden, wird nicht in das Bestandsverzeichnis aufgenommen. In den Teil des Bestandsverzeichnisses, der die Lasten und Beschränkungen enthält, kann jeder, der ein berechtigtes (siehe erster Absatz der folg. Anm. 2) Interesse darlegt, Einsicht nehmen (Abs. 4). Das Gegenstück zum Bestandsverzeichnis ist das Umlegungsverzeichnis (§ 68).
2. öffentliche Auslegung von Bestandskarte und Teilen des Bestandsverzeichnisses Die in Abs. 2 vorgeschriebene einmonatige öffentliche Auslegung von Bestandskarte und Bestandsverzeichnis — letzteres ohne die Aufstellung der Lasten und Beschränkungen (siehe Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 und Abs. 4) — soll den Beteiligten die Möglichkeit eröffnen, die tatsächlichen Angaben in Karte und Verzeichnis auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Die Beschränkung der Bekanntgabe der Grundstücksbelastungen auf den Kreis derjenigen, die ein berechtigtes Interesse haben, entspricht § 12 Abs. 1 der Grundbuchordnung. „Berechtigtes Interesse" ist umfassender als „rechtliches Interesse". Für den Anspruch auf Einsichtnahme genügt es, wenn der Antragsteller darlegt (Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich), daß er ein durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse mit der Einsicht in das Verzeichnis verfolgt. Der Kreis der Berechtigten geht somit über die — eingetragenen oder nicht eingetragenen 405
§54 1
4. Teil. Bodenordnung
— Rechtsinhaber am betroffenen Grundstück hinaus: Wirtschaftliche und wissenschaftliche Interessen können auch genügen, so z. B. die von ernsthaften Kaufbewerbern oder von wissenschaftlichen Instituten. Mindestens eine Woche vor der einmonatigen Auslegung sind Ort und Dauer der Auslegung ortsüblich (d. h. im Amtsblatt der Gemeinde oder in der hierfür bestimmten Tageszeitung oder in kleineren Gemeinden an der Gemeindetafel, vgl. Erläut. 3 zu § 2 a) bekanntzumachen. Abs. 2 Satz 3 sieht vor, daß von der Auslegung von Bestandskarte und Bestandsverzeichnis bei Einverständnis aller Beteiligten abgesehen werden kann. Im Hinblick darauf, daß die öffentliche Auslegung von Bestandskarte und Bestandsverzeichnis zeitlich nach der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses (§ 50), und zwar notwendigerweise erst nach Ablauf der in § 50 Abs. 2 genannten Monatsfrist nach jener Bekanntmachung erfolgt, so daß der Kreis der Beteiligten so ziemlich feststeht, erscheint diese Vorschrift vom rechtsstaatlichen Standpunkt aus gesehen noch als vertretbar. Das gleiche gilt für den Ersatz der ortsüblichen Bekanntmachung der Dauer der Auslegung durch Mitteilung an die Eigentümer und Inhaber von grundbuchmäßigen oder angemeldeten Rechten, wenn die Umlegung sich nur auf wenige Grundstücke (Tatfrage) erstreckt (Abs. 3).
§54 Benachrichtigung
des Grundbuchamtes und Umlegungsvermerk
Vollstreckungsgerichts;
(1) Die Umlegungsstelle teilt dem Grundbuchamt die Einleitung (§ 47) des Umlegungsverfahrens und die nachträglichen Änderungen des Umlegungsbebietes (§ 52) mit. Das Grundbuchamt hat in die Grundbücher der umzulegenden Grundstücke einzutragen, daß das Umlegungsverfahren eingeleitet ist (Umlegungsvermerk). (2) Das Grundbuchamt hat die Umlegungsstelle von allen Eintragungen zu benachrichtigen, die nach dem Zeitpunkt der Einleitung des Umlegungsverfahrens im Grundbuch der betroffenen Grundstücke vorgenommen sind oder werden. (3) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Umlegungsstelle dem Vollstreckungsgericht von dem Umlegungsbeschluß Kenntnis, soweit dieser das Grundstück betrifft, das Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist. 1. Gegenseitige Benachrichtigungspflicht von Umlegungsstelle und Grundbuchamt; Umlegungsvermerk Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 regeln die gegenseitige Benachrichtigungspflicht von Umlegungsstelle und Grundbuchamt. Daß die Umlegungsstelle dem 406
§55
1. Abschnitt. Umlegung
G r u n d b u c h a m t die Einleitung des Umlegungsverfahrens (siehe § 47) — zweckmäßig unter Übermittlung des Umlegungsbeschlusses — mitteilen muß, hat seinen Sinn darin, daß dem nach § 46 GBO zur Einsicht des Grundbuchs berechtigten Kreis auch die bedeutsame Tatsache zur Kenntnis gelangen muß, d a ß eine Umlegung eingeleitet ist. Das Grundbuchamt selbst m u ß von der Umlegung deshalb in Kenntnis gesetzt werden, weil es nur so im Falle der Auflassung eines Grundstücks in der Lage ist, eindeutig festzustellen, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde (§ 24 Abs. 1 Nr. 2) besteht. Deshalb hat das Grundbuchamt nach Abs. 1 Satz 2 in die Grundbücher der von der Umlegung betroffenen Grundstücke den Umlegungsvermerk einzutragen. Andererseits hat das Grundbuchamt die Umlegungsstelle von allen ab Einleitung des Umlegungsverfahrens vorgenommenen Eintragungen in Kenntnis zu setzen (Abs. 2). So wird die Umlegungsstelle in die Lage versetzt, das Bestandsverzeichnis und gegebenenfalls die Bestandskarte auf dem laufenden zu halten. 2. Benachrichtigung des Vollstreckungsgerichts Bei einer Anordnung einer Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung bedarf das Vollstreckungsgericht zur Klarstellung der Rechtsverhältnisse der Kenntnis, daß ein Umlegungsverfahren eingeleitet ist; eine solche Mitteilungspflicht obliegt der Umlegungsstelle (Abs. 3), die dem Vollstreckungsgericht den Umlegungsbeschluß, soweit er das in das Vollstreckungsverfahren einbezogene Grundstück betrifft — zweckmäßig durch Übermittlung eines Auszugs —, zur Kenntnis bringt.
§55 Umlegungsmasse
und
Verteilungsmasse
(1) Die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke werden nach ihrer Fläche rechnerisch zu einer Masse vereinigt (Umlegungsmasse). (2) Aus der Umlegungsmasse sind vorweg die Flächen, die nach dem Bebauungsplan als örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen festgesetzt sind, auszuscheiden und der Gemeinde oder dem sonstigen Erschließungsträger zuzuteilen; dies gilt für Grünflächen nur insoweit, als sie überwiegend den Bedürfnissen der Bewohner des Umlegungsgebietes dienen sollen. (3) Mit der Zuteilung ist die Gemeinde oder der sonstige Erschließungsträger für von ihnen in die Umlegungsmasse eingeworfene örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen insoweit abgefunden, als nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes Flächen für die in Absatz 2 genannten Zwecke benötigt werden. (4) Die verbleibende Masse ist die Verteilungsmasse. 407
§55 2
4. Teil. Bodenordnung
(5) Sonstige Flächen, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist, können ausgeschieden und dem Bedarfs- oder Erschließungsträger zugeteilt werden, wenn dieser geeignetes Ersatzland, das auch außerhalb des Umlegungsgebietes liegen kann, in die Verteilungsmasse einbringt. Die Umlegungsstelle soll von dieser Befugnis Gebrauch machen, wenn dies zur alsbaldigen Durchführung des Bebauungsplanes zweckmäßig ist. 1. Umlegungsmasse Bisherigem Recht entspricht die Vorschrift, alle Grundstücke des Umlegungsgebiets rechnerisch nach ihrer Fläche zur Umlegungsmasse zu vereinigen (Abs. 1). Zur Umlegungsmasse gehören auch die örtlichen Erschließungsflächen (Verkehrsflächen und Grünflächen), um eine Grundlage für die anteilmäßige Heranziehung der Eigentümer zu der notwendigen Ausscheidung der für öffentliche Zwecke benötigten Flächen zu erhalten. Die Vereinigung hat jedenfalls keinen Eigentumsuntergang zur Folge, da sie lediglich einen ideellen Vorgang darstellt. 2. Ausscheidung aus der Umlegungsmasse a) Vorweg sind nach Abs. 2 die laut BebPl. als Erschließungsflächen (Verkehrs* und Grünflächen) vorgesehenen Flächen auszuscheiden, weil sie für eine Zuteilung an die privaten Eigentümer nicht in Frage kommen. Sie sind der Gemeinde oder dem sonstigen Erschließungsträger (Bund für Bundesstraßen, Land für Staatsstraßen u. a.) zuzuteilen, Grünflächen jedoch nur insoweit, als sie überwiegend den Bedürfnissen der Bewohner des Umlegungsgebiets dienen sollen. Es genügt also nicht, wenn die Grünfläche überwiegend den Bedürfnissen der Allgemeinheit schlechthin dient. Abs. 3 regelt die Abfindung bezüglich der ausgeschiedenen Erschließungsflächen. Hiernach ist mit der Zuteilung an die Gemeinde (bzw. an den sonstigen Erschließungsträger) diese (bzw. dieser) für die eingeworfenen Erschließungsflächen in dem Umfange abgefunden, als diese Flächen auch als Verkehrs- und Grünflächen benötigt werden. Werden also von der Gemeinde mehr Erschließungsflächen in das Umlegungsgebiet eingebracht, als benötigt werden, so kann die Gemeinde nicht für die Mehrleistung Abfindung in Land verlangen. Nach der amtlichen Begründung dieser Bestimmung ist „ein Abfindungsanspruch der Gemeinde oder des sonstigen Erschließungsträgers für die eingeworfenen örtlichen Verkehrsflächen und Grünflächen nur im Rahmen der Zweckgebundenheit geboten"; da die Umlegung möglichst eine Nutzung gegen eine gleiche Nutzung austauschen soll, kann die Gemeinde für eingeworfene örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen ohne Berücksichtigung einer flächenhaften Ausdehnung nur die im BebPl. festgesetzten entsprechenden Flächen erhalten. Der etwa verbleibende „Überschuß" kommt allen Eigentümern (einschließlich Gemeinde) zugute, weil die erhöh408
§56
1. A b s c h n i t t . U m l e g u n g
ten Zuteilungen an die übrigen Eigentümer erhöhte Ausgleichsleistungen (vgl. § 58 Abs. 2, § 59) zur Folge haben. Bei Streitigkeiten aus Abs. 3 entscheiden auch — gegebenenfalls (wenn landesrechtlich vorgesehen) nach Durchführung eines Vorverfahrens — nach § 157 Abs. 1 im ersten Rechtszug die Baulandkammern bei den Landgerichten. b) Eine weitere Ausscheidungsmöglichkeit ist durch Abs. 5 gegeben, der auf Vorschlag des federführenden Bundestagsausschusses in das Gesetz eingefügt worden ist. Danach können sonstige, im BebPl. für öffentliche Nutzung (z. B. für Rathäuser, Schulhäuser, Badeanstalten u. ä.) vorgesehene Flächen vorweg ausgeschieden und dem Bedarfs- oder Erschließungsträger zugeteilt werden, wenn dieser geeignetes (auch außerhalb des Umlegungsgebiets liegendes) Ersatzland einbringt. Der Ausschuß begründete diese Vorschrift wie folgt: „Der Grundstückseigentümer, dem im Umlegungsverfahren ein Grundstück zugeteilt werden müßte, das im BebPl. als Fläche für öffentliche Zwecke festgesetzt ist, wird durch diese Regelung weniger hart getroffen, als wenn später gegen ihn ein Enteignungsverfahren durchgeführt würde; denn er erhält wieder Land und nicht nur eine Geldentschädigung." Zum Begriff „geeignetes Ersatzland" siehe § 90. Das Ersatzland, das eingebracht wird, tritt an Stelle der zugeteilten Fläche und wird wie jedes andere Grundstück von der Umlegung erfaßt. Nach Satz 2 soll die Umlegungsstelle von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn dies zur alsbaldigen Durchführung des BebPl. zweckmäßig ist. Der Ausdruck „zweckmäßig" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen richterlichen Nachprüfung unterliegt. Wird die Zweckmäßigkeit bejaht, dann liegt die Entscheidung noch im Ermessen der Umlegungsstelle ( „ s o l l . . . Gebrauch machen"). „Soll" bedeutet eine starke Bindung des Ermessens. Die Umlegungsstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß) muß also besondere Gründe haben, wenn sie von der Befugnis im Satz 1 nicht Gebrauch macht. c) Was nach den Ausscheidungen übrigbleibt, ist die Verteilungsmasse (Abs. 4), für deren Aufteilung die in den folgenden Paragraphen enthaltenen Grundsätze gelten. Aus der Tatsache, daß die Verteilungsmasse allein schon infolge des sich stets steigernden Verkehrsbedarfs und der Ausscheidung größerer Flächen hierfür meist kleiner als die eingebrachte Masse ist, ergeben sich Probleme der Ausgleichung, die in § 58 Abs. 2 und § 59 behandelt werden. §56 Verteilungsmaßstab (1) Für die Errechnung der den beteiligten Grundeigentümern an der Verteilungsmasse zustehenden Anteile (Sollanspruch) ist entweder von dem Verhältnis der Flächen oder dem Verhältnis der Werte auszugehen, in dem die früheren
409
§56
4. Teil. Bodenordnung
Grundstücke vor der Umlegung zueinander gestanden haben. Der Maßstab ist von der Umlegungsstelle nach pflichtmäßigem Ermessen unter gerechter Abwägung der Interessen der Beteiligten je nach Zweckmäßigkeit einheitlich zu bestimmen. (2) Sind alle Beteiligten einverstanden, so kann die Verteilungsmasse auch nach einem anderen Maßstab aufgeteilt werden. a) Die Grundsätze, nach denen die Neuaufteilung des Umlegungsgebiets vorzunehmen ist, sind in den §§ 56 bis 59 enthalten. Vielfach wurden Bestimmungen aus dem bisherigen Landesrecht übernommen. Die nach den Ausscheidungen für Verkehrs-, Grün- und gegebenenfalls sonstige zur öffentlichen Nutzung bestimmte (§ 55 Abs. 5) Flächen sind die Verteilungsmasse (zu der u. U. gemäß § 55 Abs. 5 eingebrachte Flächen treten). b) Für die Errechnung des Sollanspruchs — so heißen nach Abs. 1 die den beteiligten Grundeigentümern an der Verteilungsmasse zustehenden Anteile — hat das Gesetz nach bewährtem landesrechtlichem Vorbild die Wahl zwischen zwei Maßstäben gegeben, zwischen dem Verhältnis der Flächen oder dem Wertverhältnis vor der Umlegung. Ob Flächenmaßstab (siehe § 58) oder Wertmaßstab (siehe § 57) zur Anwendung kommen soll, entscheidet die Umlegungsstelle, und zwar einheitlich für die Gesamtverteilungsmasse „nach pflichtmäßigem Ermessen unter gerechter Abwägung der Interessen der Beteiligten je nach Zweckmäßigkeit". Es ist also derjenige Maßstab auszuwählen, der nach Lage der Umstände für das konkrete Umlegungsverfahren die bessere Eignung besitzt. Eine Vermengung der beiden Arten der Errechnung ist unzulässig. Wegen der Ermessensnachprüfung siehe unten d. Die Interessenabwägung muß alle Beteiligten erfassen, deren Kreis in § 48 Abs. 1 (Nr. 1 bis 6) aufgeführt ist. c) Bei Einverständnis aller Beteiligten kann auch irgendein anderer Maßstab angewandt werden (Abs. 2). Gedacht ist hier z. B. an den in der Praxis vorkommenden Fall des Maßstabs nach der Zahl der Schaufenster; er kommt allerdings nur in Betracht, wenn das Umlegungsgebiet auf eine Geschäftsstraße beschränkt ist. d) Die Frage, ob bei der Wahl des Verteilungsmaßstabes die Umlegungsstelle innerhalb ihres Ermessens gehandelt hat, kann als Inzidentfrage in einem Umlegungsstreit der gerichtlichen Nachprüfung (§ 157 Abs. 1) unterworfen sein; dabei hat das Gericht nur zu prüfen, ob der Ermessensbereich nicht verlassen worden ist; es kann nicht eigenes Ermessen an die Stelle des behördlichen Ermessens setzen.
410
§57 2
1. Abschnitt. Umlegung
§57 Verteilung nach Werten Geht die Umlegungsstelle von dem Verhältnis der Werte aus, so wird die Verteilungsmasse in dem Verhältnis verteilt, in dem die zu berücksichtigenden Eigentümer an der Umlegung beteiligt sind. Jedem Eigentümer ist möglichst ein Grundstück mit dem gleichen Verkehrswert zuzuteilen, den sein früheres Grundstück im Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses hatte. Für die zuzuteilenden Grundstücke ist der Verkehrswert, bezogen auf den Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses, zu ermitteln. Dabei sind Wertänderungen, die durch die Umlegung bewirkt werden, zu berücksichtigen. Unterschiede zwischen den so ermittelten Verkehrswerten sind in Geld auszugleichen. 1. Grundsatzregelung für den Wertmaßstab Für die Aufteilung nach dem Wertmaßstab gilt folgendes: Die Verteilungsmasse wird in dem Verhältnis verteilt, in dem die Eigentümer mit ihren Grundstücken wertmäßig an der Umlegung teilnehmen (Satz 1). Nach Möglichkeit ist jedem Eigentümer ein Grundstück mit dem gleichen Verkehrswert (vgl. § 141) zuzuteilen. Als Wert ist der Verkehrswert der Grundstücke im Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses sowohl für die eingeworfenen als auch für die zuzuteilenden Grundstücke anzunehmen (Satz 2). Wertänderungen, die durch die Umlegung verursacht werden, sind zu berücksichtigen und Unterschiede zwischen den Verkehrswerten der eingeworfenen und zugeteilten Grundstücke in Geld auszugleichen (Satz 3 und 4). Der Kausalzusammenhang zwischen Wertänderung und Umlegung ist unerläßlich. Eine Wertabschöpfung bei den zugeteilten Grundstücken vorzunehmen, hat die Mehrheit des federführenden Ausschusses im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz abgelehnt; dem hat der Bundestag zugestimmt. Die Bewertung erfaßt nur den Grund und Boden (entsprechend seiner Lage); für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Einrichtungen ist eine gesonderte Abfindung in Geld vorgesehen (§ 60). „Unterschiede zwischen den . . . ermittelten Verkehrswerten" (Satz 4) ist ein Rechtsbegriff, der nur eine Feststellung nach den gegebenen Tatsachen zuläßt; für eine Ermessensentscheidung ist hier kein Raum. 2. Besonderheiten, Beispiele und Rechtsprechung a) Es ist durchaus möglich, daß einem am Umlegungsverfahren Beteiligten sein eingeworfenes Grundstück wieder zugeteilt wird; in einem solchen Fall tritt das Problem auf, ob ein Wertausgleich gemäß Satz 3 erfolgen soll. § 52 Abs. 2 bietet die Möglichkeit, solche Grundstücke von vornherein von der Umlegung auszunehmen; ein solches Verfahren dürfte gerade im Hinblick auf das oben aufgezeigte Problem zweckmäßig sein. 411
§58
4. Teil. Bodenordnung
b) Beispiele für Wertverbesserung sind bessere landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit (bessere Lage oder Bonität), günstigere Anschlüsse an den Straßen-, Bahn- oder Wasserverkehr, vorteilhaftere Bebauungsmöglichkeit, Austausch eines Grundstücks gegen ein gleichgroßes Eckgrundstück in guter Geschäftslage, verbesserte Grenzverhältnisse. c) Die Rechtsprechung steht fast durchwegs auf dem Standpunkt, daß der Eigentümer einen Rechtsanspruch auf Zuteilung eines möglichst gleichwertigen Grundstücks hat (vgl. BVerwGE 3, 246 und 8, 95 für die landwirtschaftliche Umlegung nach dem FlurbG). Satz 2 bedeutet im Ergebnis, daß eine Abfindung ausschließlich in Geld eine ganz große Ausnahme bleiben muß; es müssen alle Möglichkeiten eines — wenn auch nur teilweisen — Ausgleichs in Land erschöpft sein, ehe an eine Abfindung in Geld gedacht werden kann. 3. Rechtsprechung 1. BGH U v. 14. 7. 1977 (III ZR 139/74) MDR 1978, 125 Bleibt die Zuteilung in Land hinter dem Verkehrswert des Einlagegrundstücks zurück, so hat das grundsätzlich die Rechtswidrigkeit des Umlegungsplans zur Folge. Ein Wertausgleich in Geld kommt erst in Betracht, wenn dem Eigentümer auch bei Beachtung des Grundsatzes der wertgleichen Abfindung (§ 57 S. 2 BBauG) ein nach den im Einzelfall festzustellenden Qualitätsmerkmalen völlig wertgleiches Grundstück nicht zugeteilt werden kann.
2. BGH U vom 22. 6. 1978 (III ZR 92/75) ZfBR 1978, 86 = BauR 1979, 48 Bei der Berechnung des Mehrwertausgleichs im Umlegungsverfahren (§ 57 Satz 5 BBauG) findet grundsätzlich keine Abschöpfung der allgemeinen Planungsgewinne statt. Bei der Ermittlung des umlegungsbedingten Bodenwertzuwachses ist zu vergleichen, welchen Wert der gesunde Grundstücksverkehr dem Gelände auf Grund der Nutzungsfestsetzungen des BebPlans und der sonstigen wertbildenden Faktoren vor und nach der Umlegung beigemessen hat.
§58 Verteilung
nach
Flächen
(1) Geht die Umlegungsstelle von dem Verhältnis der Flächen aus, so hat sie auf Verlangen der Gemeinde von den eingeworfenen Grundstücken einen Flächenbeitrag in einem solchen Umfang abzuziehen, daß die Vorteile ausgeglichen werden, die durch die Umlegung erwachsen. Der Flächenbeitrag darf in Gebieten, die erstmalig erschlossen werden, nur bis zu 30 vom Hundert, in anderen Gebieten nur bis zu 10 vom Hundert der eingeworfenen Fläche betragen. Die Umlegungsstelle kann statt eines Flächenbeitrages ganz oder teilweise einen entsprechenden Geldbeitrag erheben. 412
1. Abschnitt. Umlegung
§58
(2) Soweit ein Flächenabzug für Flächen im Sinne des § 55 Abs. 2 den nach Absatz 1 zulässigen Umfang übersteigt, findet ein Ausgleich in Geld statt. (3) Kann das neue Grundstück nicht in gleicher oder gleichwertiger Lage zugeteilt werden, so sind dadurch begründete Wertunterschiede in Fläche oder Geld auszugleichen. (4) Für die Bemessung von Geldbeiträgen und Ausgleichsleistungen sind die Wertverhältnisse im Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses maßgebend. a) Bei der Verteilung nach dem Flächenmaßstab gilt folgendes: Bei der Zuteilung der neuen Grundstücke bedarf es grundsätzlich keiner Bewertung, da für diesen Maßstab die Verteilung ohne Berücksichtigung der Werte lediglich nach Flächengröße wesentlich ist. Eine Bewertung bleibt auf Einzelfälle beschränkt, z. B. auf den Fall einer unvermeidbaren Lageänderung des zuzuteilenden Grundstücks im Vergleich zum eingeworfenen (Abs. 3) oder auf den Fall, daß der Beitrag zu den örtlichen Erschließungsflächen höher als 10 bzw. 30 v. H. der eingeworfenen Fläche beträgt (Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, siehe bei c). Auf Verlangen der Gemeinde muß die Umlegungsstelle (wenn diese die Gemeinde selbst ist, entscheidet sie allein, sonst der Umlegungsausschuß) von den eingeworfenen Grundstücken einen Flächenbeitrag (Abs. 1 Satz 1) dergestalt abziehen, daß die durch die Umlegung erwachsenen Vorteile ausgeglichen werden. Eine Begrenzung des Flächenbeitrags ist in Satz 2 a. a. O. enthalten, und zwar 30 v. H. bei erstmalig zu erschließenden Gebieten, bei den anderen Gebieten 10 v. H. der eingeworfenen Fläche. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 berücksichtigt die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der Abzüge in begrenztem Umfang für gemeinsamen Interessen dienende Erschließungsanlagen zulässig sind; ihrem Wesen nach stellen sie Naturalleistungen zum Ausgleich des durch die Erschließung eintretenden Mehrwerts dar (vgl. hierzu BVerwGE 1, 225; BVerwGE vom 6. 8. 1955 in Buchholz 11 Art. 14 G G Nr. 9; B G H Z 27, 15; 31, 49). b) Der leichteren Durchführung der Umlegung dient die Bestimmung des Abs. 1 Satz 3, nach der die Umlegungsstelle statt eines Flächenbeitrags im Sinn des Satz 2 ganz oder teilweise einen entsprechenden Geldbeitrag erheben kann. c) Da der Flächenabzug für örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen nach § 55 Abs. 2 in seinem Umfang über die aus Gründen des Vorteilsausgleichs abzuziehenden Flächenbeiträge (Abs. 1, insbesondere Satz 2) hinausgehen kann, ist ein Ausgleich in Geld vorgesehen (Abs. 2); bei Vorliegen der Voraussetzungen muß dieser Geldausgleich erfolgen. d) Wie beim Wertausgleich ist auch hier der Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses (§ 47) für die Bemessung von Geldbeiträgen und Ausgleichsleistungen maßgebend (Abs. 4), und zwar ist vom Datum des Beschlusses, nicht von seiner Bekanntmachung (§ 50 Abs. 1) auszugehen. 413
§59
4. Teil. Bodenordnung
e) Diese B e s t i m m u n g findet in d e m n a c h d e m S t B a u F G festgelegten Sanierungsgebiet keine A n w e n d u n g ( § 1 6 Abs. 2 S t B a u F G ) .
§59 Zuteilung
und
Abfindung
(1) Aus der Verteilungsmasse sind den Eigentümern dem Umlegungszweck entsprechend nach Möglichkeit Grundstücke in gleicher oder gleichwertiger Lage wie die eingeworfenen Grundstücke und entsprechend den nach den § § 5 7 und 58 errechneten Anteilen zuzuteilen. (2) Soweit es unter Berücksichtigung des Bebauungsplans und sonstiger baurechtlicher Vorschriften nicht möglich ist, die nach den §§ 57 und 58 errechneten Anteile tatsächlich zuzuteilen, findet ein Ausgleich in Geld statt. (3) Beantragt ein Eigentümer, der im Umlegungsgebiet eigengenutzten Wohnoder Geschäftsraum aufgeben muß und im Umlegungsverfahren kein Grundstück erhält, daß für ihn als Abfindung im Umlegungsverfahren eines der in Absatz 4 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Rechte vorgesehen wird, so soll dem entsprochen werden, sofern dies in der Umlegung möglich und mit dem Bebauungsplan vereinbar ist. (4) Mit Einverständnis der betroffenen Eigentümer können als Abfindung 1. Geld oder 2. Grundeigentum außerhalb des Umlegungsgebiets oder 3. die Begründung von Miteigentum an einem Grundstück, die Gewährung von grundstücksgleichen Rechten, Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder sonstigen dinglichen Rechten innerhalb und außerhalb des Umlegungsgebiets oder 4. die Gewährung von Immobilienfondsanteilen im Sinne des § 25 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes vorgesehen werden. (5) Eigentümer können in Geld oder mit außerhalb des Umlegungsgebiets gelegenen Grundstücken abgefunden werden, wenn sie im Gebiet keine bebauungsfähigen Grundstücke erhalten können oder wenn dies sonst zur Erreichung der Ziele und Zwecke des Bebauungsplans erforderlich ist; wer die Abfindung mit Grundstücken außerhalb des Gebiets ablehnt, kann mit Geld abgefunden werden. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend. (6) Lehnt der Eigentümer eine Abfindung mit den in Absatz 4 Nr. 2 und 3 bezeichneten Rechten ab, obgleich durch eine solche Abfindung für eine größere Anzahl von Beteiligten eine Abfindung in Geld vermieden werden kann und die Abfindung in diesen Rechtsformen mit dem Bebauungsplan vereinbar ist, ist der Eigentümer in Geld abzufinden. 414
1. Abschnitt. Umlegung
§59 2
(7) Die Umlegungsstelle — der Umlegungsausschuß auf Antrag der Gemeinde — kann bei der Zuteilung von Grundstücken unter den Voraussetzungen des § 39 b ein Bau- oder Pflanzgebot, unter den Voraussetzungen des § 39 c ein Nutzungsgebot, unter den Voraussetzungen des § 39 e ein Modernisierungsoder Instandsetzungsgebot anordnen. (8) Im Umlegungsplan sind die Gebäude oder sonstigen baulichen Anlagen zu bezeichnen, die dem Bebauungsplan widersprechen und der Verwirklichung der im Umlegungsplan in Aussicht genommenen Neugestaltung (§ 66 Abs. 2) entgegenstehen. Die Eigentümer und die sonstigen Nutzungsberechtigten haben die Beseitigung der im Umlegungsplan bezeichneten Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen zu dulden, wenn die Gemeinde die Beseitigung zum Vollzug des Umlegungsplans durchführt. (9) Die Befugnis der Gemeinde, ein Bau- oder Pflanzgebot, ein Nutzungsgebot, ein Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot oder ein Abbruchgebot nach den §§ 39 b bis 39 e anzuordnen, bleibt unberührt. 1. Vorbemerkung a) § 59 erfuhr durch die Novelle 1976 eine erhebliche Änderung und Erweiterung, und zwar wurden die alten Abs. 3 bis 5 durch neue Abs. 3 bis 9 ersetzt. Sie übertragen Rechtsgedanken des StBauFG zur Fortentwicklung der Eigentums-, Nutzungs- und Anteilsrechte auf das allgemeine Städtebaurecht und führen sie im Rahmen der Umlegung weiter aus. Damit soll nach der AmtBegr. des RegE (BT-DS 7/2496 zu Nr. 38) erreicht werden, daß in der Umlegung möglichst viele Eigentümer auch d a n n an der Nutzung der Grundstücke weiterhin teilnehmen können, wenn Parzelleneigentum im und außerhalb des Umlegungsgebiets nicht wieder zugeteilt werden kann. Die neuen Absätze 7, 8 und 9 nehmen die Gedanken des § 59 Abs. 5 BBauG in der alten Fassung auf und führen diese unter Berücksichtigung entsprechender Regelungen im StBauFG und der Novelle zum BBauG d a f ü r Sorge getragen werden, daß die Gemeinde den Verwirklichungsgeboten der neuen §§ 39b bis e auch in der Umlegung Geltung verschaffen kann (vgl. RegE a. a. O.). Soweit die Aufgaben der Umlegungsstelle ein Umlegungsausschuß wahrnimmt (vgl. § 46 Abs. 2), kann die Gemeinde das Verlangen an den Ausschuß stellen. Im Streitfall haben auch in den Fällen des § 59 die Gerichte zu befinden (nach § 157 Abs. 1 die Baulandkammern der Landgerichte, im Berufungsverfahren die Baulandsenate der Oberlandesgerichte). 2. Zuteilung und Abfindung a) Wie schon bei § 55 erwähnt, birgt der Umstand, daß die Verteilungsmasse wegen des Abzugs von Verkehrs- und Grünflächen, deren Bedarf durchwegs gegenüber dem alten Bestand steigt, kleiner als die eingebrachte 415
§59 3
4. Teil. Bodenordnung
Masse ist, Probleme des Ausgleichs in sich. Wenngleich grundsätzlich den Eigentümern — dem Umlegungszweck entsprechend — Grundstücke in gleicher oder gleichwertiger Lage wie die eingeworfenen Grundstücke aus der Verteilungsmasse zuzuteilen (Abs. 1) sind, so bleibt eine solche Zuteilung meist der Idealfall, da sie nur zum Teil möglich ist. Dem Ausdruck „nach Möglichkeit" in Abs. 1 entspricht insoweit Abs. 2, der den Ausgleich in Geld vorsieht, soweit die nach § 57 bzw. § 58 — d. h. also gleich ob nach dem Wertmaßstab oder dem Flächenmaßstab — errechnete Zuweisung von Grundstücksanteilen nach dem BebPl. und sonstigen baurechtlichen Vorschriften „nicht möglich" ist. b) Zwischen § 57 Satz 4 und § 59 Abs. 2 besteht folgender Unterschied: Der Ausgleich nach § 57 Satz 4 betrifft den Unterschied zwischen den Verkehrswerten der auszutauschenden Grundstücke schlechthin. Bei § 59 Abs. 2 handelt es sich um die Unmöglichkeit der Zuteilung der gesamten Fläche des auszutauschenden Grundstücks aus Gründen, die im BebPl. oder sonstigen baurechtlichen Vorschriften liegen (z. B. kann ein Teil des auszutauschenden Grundstücks deshalb nicht zugeteilt werden, weil sich die Ausklammerung von den im BebPl. festgesetzten Versorgungsflächen — Verkehrs- und Grünflächen sind nach § 45 Abs. 2 schon vorher auszuscheiden — als notwendig erweist); hier wird der zusätzliche Wertverlust, der sich aus der Nichtzuteilung der gesamten Fläche ergibt, berücksichtigt. Ein Geldausgleich kommt sowohl bei Minderzuteilungen als auch — was in Einzelfällen durchaus der Fall sein kann — bei Mehrzuteilungen an Fläche in Betracht. Die Verbindung der Ausdrücke „sind" und „nach Möglichkeit" in Abs. 1 bedeutet eine starke Bindung des Ermessens der Umlegungsstelle. Soweit nur immer möglich, muß die Umlegungsstelle Grundstücke in gleicher oder gleichwertiger Lage anteilmäßig zuteilen. Von einem Rechtsanspruch auf Zuteilung von Grundstücken in gleicher oder gleichwertiger Lage wird man nur bedingt sprechen können, nämlich insoweit, als die objektive Möglichkeit einer solchen Zuteilung gegeben ist. 3. Zuteilung von Grundstücken außerhalb des Umlegungsgebiets, von Geld und von Rechten (Abs. 3, 4, 5 und 6) Das ÄndG vom 18. 8. 1976 hat die Ersatzabfindung stärker differenziert. Zwar sind im wesentlichen Tatbestände der Erstfassung übernommen worden, doch ist aufgrund der Erfahrungen der Praxis eine größere Flexibilität bezüglich der Abfindung eingebaut worden. a) So sieht Abs. 3 eine Pflicht für die Umlegungsstelle vor, wenn dem Begehren des Betroffenen im Rahmen der Umlegung entsprochen werden kann und dies mit dem BebPl. vereinbar ist. Die Ablehnung eines solchen Begehrens kann mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor die Baulandkammern gebracht werden, zumal hier voll richterlich nachprüfbare Sachverhalte gegeben sind. 416
1. Abschnitt. Umlegung
§59 4
b) Häufig bringen Eigentümer nur Grundstücke von so geringer Fläche oder von so geringem Wert ein (sog. Kleingrundstücke), daß ihnen — entsprechend ihrem Anspruch — lediglich selbständig nicht bebaubare Grundstücke zugeteilt werden können; dazu kommt, daß die Verteilungsmasse meist geringer ist als die eingebrachte Masse. Hierfür sehen die Abs. 4 und 5 mehrere Möglichkeiten der Abfindung vor. Welche Art zu wählen ist, hängt in erster Linie von den vorhandenen Möglichkeiten ab; es entscheidet die Umlegungsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen (siehe aber Abs. 3). Diese Möglichkeiten der Abfindung in Geld oder mit außerhalb des Umlegungsgebiets gelegenen Grundstücken können dann Platz greifen, wenn im Umlegungsgebiet kein bebauungsfähiges Grundstück zur Verfügung steht oder „wenn dies sonst zur Erreichung der Ziele des Bebauungsplans erforderlich ist". Ein solcher Fall kann z. B. gegeben sein, wenn der BebPl. auch Festsetzungen über das Maß der zulässigen Bebauung enthält (z. B. vorgeschriebene aufgelockerte Bauweise), das eingeworfene Grundstück aber keine Zuteilung eines Grundstücks rechtfertigt, das entsprechend den Festsetzungen des Beb PI. bebaut werden könnte (vgl. Ausschußbegründung). Die Entschädigungsvorschriften der §§ 93 ff. wurden durch Satz 2 des Abs. 5 a. a. O. für ausdrücklich anwendbar erklärt. c) Abs. 4 Nr. 3 übernimmt landesrechtlich bewährte Abfindungsarten, die der Erhaltung des Eigentums dienen und zur Erleichterung des Verfahrensablaufs in starkem Maße beitragen können. Wohnungseigentum, Dauerwohnrecht sowie Wohnungserbbaurecht sind heutzutage häufig vorkommende Rechtsinstitute. Miteigentum, Teileigentum, Dauernutzungsrecht, das übliche Erbbaurecht und das Teilerbbaurecht sind aus Zweckmäßigkeitsgründen ebenfalls bereits in die Erstfassung des Gesetzes aufgenommen worden (vgl. §101 Abs. 1 Nr. 1 und die diesbezüglichen Erläuterungen). Um Unstimmigkeiten vorzubeugen, wird die Zuteilung solcher Rechte vom Einverständnis der betroffenen Eigentümer abhängig gemacht. Nr. 4 sieht seit Inkrafttreten der Novelle 1976 (1.1. 1977) auch die Gewährung von Immobilienfonds-Anteilen i. S. des § 25 Abs. 5 StBauFG (siehe auch dort) vor. d) Abs. 6 sieht die Abfindung in Geld in den Fällen der Ablehnung von Rechten im Sinne Abs. 4 Nr. 2 und 3 vor. Die Geldabfindung kann jedoch bei Einverständnis zwischen Umlegungsstelle und Eigentümer sonst stets Platz greifen (Abs. 4 Nr. 1). 4. Anordnung im Sinne von § 39 b, § 39 c und § 39 e (Abs. 7 und 9) Die durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 gegebenen Möglichkeiten, Bau- oder Finanzgebote, Nutzungsgebote, Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote zu erlassen, wird im Rahmen des Umlegungsverfahrens auch auf die Umlegungsstelle übertragen (Abs. 7). Unberührt bleibt das Recht der Gemeinde, solche Gebote zu erlassen (Abs. 9). 417
§60
4. Teil. Bodenordnung
5. Bezeichnung der dem Bebauungsplan widersprechenden baulichen Anlagen im Umlegungsplan (Abs. 8) Durch die Novelle 1976 wurde Abs. 8 eingefügt. Der Umlegungsplan (§ 66) muß nunmehr auch diejenigen baulichen Anlagen aller Art im einzelnen bezeichnen, die (gültigen) BebPl. widersprechen und der durch die Umlegung laut Plan in Aussicht genommenen Neugestaltung (siehe § 66 Abs. 2) entgegenstehen (Satz 1). Nur wenn der Umlegungsplan diese Anlagen ausweist, tritt die Duldungspflicht des Eigentümers nach Abs. 2 ein, sobald die Gemeinde die Beseitigung der Anlegung zum Vollzug des Umlegungsplans durchführt. 6. Überleitungsvorschriften Nach Art. 3 § 6 Abs. 1 des ÄndG vom 18. 8. 1976 ist der Zeitpunkt der Aufstellung des Umlegungsplans (§ 66) die Zäsur dafür, ob § 59 in der alten oder in der neuen Fassung Anwendung findet; d. h., wird der Plan vor dem 1.1. 1977 aufgestellt, gilt § 59 in der alten Form. Das gleiche gilt für eine Vorwegentscheidung nach § 76 über die Eigentums- und Besitzverhältnisse für Aufstellung des Umlegungsplans. §60 Abfindung und Ausgleich fiir bauliche Anlagen, Anpflanzungen sonstige Einrichtungen
und
Für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und für sonstige Einrichtungen ist nur eine Geldabfindung zu gewähren. Werden sie zugeteilt, so ist ein Ausgleich in Geld festzusetzen. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teiles gelten sinngemäß. Diese Vorschrift entspricht dem Grundsatz, daß im Umlegungsverfahren Fläche gegen Fläche auszutauschen ist. Soweit bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Anlagen die Fläche wertvoller machen, ist ein Ausgleich in Geld (und zwar nur in Geld) vorgesehen (Satz 1). Im Ergebnis hat derjenige, der ein mit einer solchen Anlage ausgestattetes Grundstück abgibt und ein Grundstück ohne bauliche Anlage oder Anpflanzung erhält, eine Geldabfindung hierfür zu beanspruchen, nicht etwa die Errichtung einer gleichwertigen baulichen oder anderen Anlage auf dem neuen Grundstück. Umgekehrt hat derjenige, der ein unbebautes Grundstück abgibt und ein bebautes erhält, einen Wertausgleich in Geld zu erlegen. Die Festsetzung erfolgt bei der Zuteilung (Satz 2). Was unter sonstigen Einrichtungen zu verstehen ist, sagt das Gesetz nicht. Es handelt sich um alle Anlagen, die geeignet sind, den Wert eines Grundstücks zu erhöhen (z. B. Kultivierung eines Ödgrundstücks durch Zuführung 418
§61
1. Abschnitt. Umlegung
v o n H u m u s o d e r A n l e g u n g von Be- u n d E n t w ä s s e r u n g s e i n r i c h t u n g e n , Herstellung einer T e e r d e c k e auf d e m G r u n d s t ü c k , u m es als P a r k p l a t z gegen Entgelt zu v e r w e n d e n , A n l a g e eines Sportplatzes mit A s c h e n b a h n ) . D a der Begriff A n p f l a n z u n g , der g e s o n d e r t a u f g e f ü h r t ist, sehr w e i t g e h e n d ist, m u ß es sich bei sonstigen A n l a g e n also im wesentlichen u m E i n r i c h t u n g e n h a n d e l n , die w e d e r b a u l i c h e A n l a g e n — gleich, ob g e n e h m i g u n g s p f l i c h t i g o d e r nicht — n o c h A n p f l a n z u n g e n sind. Satz 3 erklärt die Vorschriften ü b e r die E n t s c h ä d i g u n g (§§ 93 ff.) ausd r ü c k l i c h f ü r a n w e n d b a r (siehe a u c h die E r l ä u t e r u n g e n dort). Bei Streitfällen a u s § 60 entscheiden g e m ä ß § 157 Abs. 1 die B a u l a n d k a m mern/Baulandsenate.
§61 Aufhebung,
Änderung
und Begründung
von
Rechten
(1) Grundstücksgleiche Rechte sowie andere Rechte an einem im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, ferner Ansprüche mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder persönliche Rechte, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken, können durch den Umlegungsplan aufgehoben, geändert oder neu begründet werden. Insbesondere können zur zweckmäßigen und wirtschaftlichen Ausnutzung der Grundstücke Flächen für hintere Zuwege, gemeinschaftliche Hofräume, Stellplätze, Garagen oder andere Gemeinschaftsanlagen in Übereinstimmung mit den Zielen des Bebauungsplanes festgelegt und ihre Rechtsverhältnisse geregelt werden. Im Landesrecht vorgesehene öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem das Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen (Baulast) können im Einvernehmen mit der Baugenehmigungsbehörde aufgehoben, geändert oder neu begründet werden. (2) Soweit der Rechtsinhaber hierdurch in seinem Recht beeinträchtigt wird, ist in dem Umlegungsplan eine Geldabfindung festzusetzen. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils gelten entsprechend. (3) D i e Absätze 1 und 2 gelten auch für die nach § 55 Abs. 5 in die Verteilungsmasse eingebrachten Grundstücke. a) D a s f r ü h e r e U m l e g u n g s r e c h t der B u n d e s l ä n d e r hatte bereits Vorschriften, n a c h d e n e n die Umlegungsstelle eine inhaltliche Ä n d e r u n g o d e r A u f h e b u n g dinglicher R e c h t e v o r n e h m e n k o n n t e ; z u m Teil k a n n t e n die A u f b a u g e setze (wie § 24 B u c h s t a b e f des N o r d r h e i n - W e s t f ä l i s c h e n u n d § 28 Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen A u f b a u g e s e t z e s ) eine E i n w i r k u n g s m ö g l i c h k e i t a u c h auf o b l i g a t o r i s c h e Rechte. D a s B B a u G hat d e n Kreis ü b e r die l e t z t g e n a n n t e n 419
§62
4. Teil. Bodenordnung
Möglichkeiten hinaus erweitert. Seitdem können nicht nur grundstücksgleiche (dingliche) Rechte sowie andere (obligatorische) Rechte an einem im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstück aufgehoben, geändert oder neubegründet werden, sondern auch Ansprüche mit einem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder persönliche Rechte, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks im Umlegungsgebiet berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken (Abs. 1). Vgl. hierzu auch Anm. zu § 86. Zur zweckmäßigen und wirtschaftlichen Ausnutzung der Grundstücke können Flächen für hintere Zuwege, gemeinsame Hofräume, Kraftfahrzeugabstellplätze, Garagen und andere Gemeinschaftsanlagen festgelegt und auch ihre Rechtsverhältnisse geregelt werden. Es handelt sich also um eine umfassende, alle Möglichkeiten einschließende Regelung. Da diese Aufhebung, Änderung oder Neubegründung von Rechten im Umlegungsplan erfolgt (vgl. § 66 Abs. 1), der beschlußmäßig aufzustellen ist (vgl. § 66 Abs. 2), kommt dem Umlegungsplan nach neuem Recht gegenüber dem bisherigen landesrechtlichen Zustand eine tiefergreifende rechtliche Auswirkung zu. Auf Anregung der kommunalen Spitzenverbände wurde in Abs. 1 ein Satz 3 angefügt. Er ermöglicht es, im Rahmen der Umlegung öffentlich-rechtliche Baulasten an Grundstücken, die der Neuordnung der Grundstücke bzw. der Bebaubarkeit nach der Neuordnung entgegenstehen, in gleicher Weise wie privatrechtliche Belastungen aufzuheben, zu ändern oder neu zu begründen. Zwar wird durch die Vorschrift das Landesrecht angesprochen (Bauordnungsrecht), doch dürfte sie noch durch Art. 74 Nr. 18 G G gedeckt sein. Im Umlegungsplan ist auch, soweit der Rechtsinhaber in seinem Recht beeinträchtigt wird, eine Geldabfindung festzusetzen (Abs. 2 Satz 1). Dabei gelten die Entschädigungsvorschriften der §§ 93 ff. sinngemäß (Satz 2). b) Wenn außerhalb des Umlegungsgebiets gelegene Flächen unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 (siehe Anm. bei § 55) eingebracht werden, so gelten auch hierfür die vorgenannten Bestimmungen (Abs. 3). c) Streitigkeiten über die Höhe der im Umlegungsplan festgesetzten Geldentschädigungen werden von den Baulandkammern/Baulandsenaten behandelt (§ 157 Abs. 1). §62 Gemeinschaftliches
Eigentum; besondere rechtliche
Verhältnisse
(1) Wenn es dem Zweck der Umlegung dient und die Eigentümer zustimmen, kann gemeinschaftliches Eigentum an Grundstücken geteilt werden. (2) Wenn einem Eigentümer für mehrere verschiedenen Rechtsverhältnissen unterliegende alte Grundstücke oder Berechtigungen ein neues Grundstück zugeteilt wird, so werden entsprechend den verschiedenen Rechtsverhältnissen Bruch420
1. Abschnitt. Umlegung
§62
teile der Gesamtabfindung bestimmt, die an die Stelle der einzelnen Grundstücke oder Berechtigungen treten. In diesen Fällen kann für jedes eingeworfene Grundstück oder jede Berechtigung an Stelle des Bruchteiles ein besonderes Grundstück zugeteilt werden. (3) Wenn gemeinschaftliches Eigentum geteilt wird (Absatz 1) oder einem Eigentümer für sein Grundstück mehrere neue Grundstücke zugeteilt werden, so kann die Umlegungsstelle Grundpfandrechte und Reallasten, mit denen eingeworfene Grundstücke belastet sind, entsprechend den im Umlegungsverfahren ermittelten Werten auf die zuzuteilenden Grundstücke verteilen. a) Die Teilung des Gemeinschaftseigentums (Gesamthand, Bruchteil) durch den Umlegungsplan ist aus der Reichsumlegungsordnung übernommen (vgl. § 54 Abs. 4). Eine solche Möglichkeit hatten auch einige Aufbaugesetze der Länder eröffnet. Voraussetzung ihrer Zulässigkeit nach dem BBauG ist, daß sie „dem Zweck der Umlegung dient" (Abs. 1). Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist eine richterlich nachprüfbare Tatfrage. Hierbei sind die Grundsätze des § 45 Abs. 1 zu beachten; ferner ist die Zustimmung der beteiligten Eigentümer erforderlich. b) Abs. 2, der sein Vorbild ebenfalls in der Reichsumlegungsordnung hat (§ 69), trifft eine Regelung für die Fälle, in denen ein Eigentümer mehrere Berechtigungen (z. B. Miteigentum nach Bruchteilen mit mehreren Anteilen) oder alte, verschiedenen Rechtsverhältnissen unterliegende, insbesondere ungleich belastete Grundstücke einwirft und dafür ein neues Grundstück zugeteilt erhält (Satz 1). Da das dem Eigentümer zugeteilte neue Grundstück nur einheitlich belastet werden kann, erfolgt eine rein rechnungsmäßige Unterteilung der Gesamtabfindung auf die einzelnen alten Grundstücke oder Berechtigungen. Satz 2 behandelt die tatsächliche Aussonderung. Die Zuteilung besonderer Grundstücke — und zwar für jedes eingeworfene Grundstück oder für jede Berechtigung — an Stelle des Bruchteils ist in das Ermessen der Umlegungsstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß, vgl. § 46) gestellt. c) In Nachbildung von § 68 Abs. 2 (vgl. auch § 55 Abs. 2) FlurbG wurde der Umlegungsstelle durch Abs. 3 die von der Praxis geforderte Möglichkeit eingeräumt, in den Fällen der Teilung des gemeinschaftlichen Eigentums oder der Zuteilung mehrerer neuer Grundstücke an Stelle eines alten Grundstücks die auf den eingeworfenen Grundstücken ruhenden Grundpfandrechte oder Reallasten entsprechend den erhaltenen Werten auf die zuzuteilenden Grundstücke zu verteilen.
421
§64
4. Teil. Bodenordnung
§63 Übergang von Rechtsverhältnissen auf die Abfindung (1) Die zugeteilten Grundstücke treten hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken und der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse, die nicht aufgehoben werden, an die Stelle der alten Grundstücke. Die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den alten Grundstücken ruhen, gehen auf die in deren örtlicher Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke über. (2) Erhält der Eigentümer, dem ein neues Grundstück zugeteilt wird, für das alte Grundstück zum Ausgleich von Wertunterschieden einen Geldausgleich oder nach § 59 oder nach § 60 eine Geldabfindung, so sind dinglich Berechtigte, deren Rechte durch die Umlegung beeinträchtigt werden, insoweit auf den Geldanspruch des Eigentümers angewiesen. a) In dieser Vorschrift werden die Auswirkungen des unanfechtbar gewordenen Umlegungsplans (vgl. §72 Abs. 1 in Verbindung mit §71) auf die Rechte Dritter behandelt. Die Vorschrift des Abs. 1 ist § 68 Abs. 1 FlurbG nachgebildet. Dem bisherigen Umlegungsrecht war der hier ebenfalls ausgesprochene Surrogationsgrundsatz bereits geläufig, daß die alten Grundstücke mit Eintritt des neuen Rechtszustandes von den an ihnen bestehenden Rechten und den sie betreffenden Rechtsverhältnissen frei werden. Nach Satz 1 gehen die auf den alten Grundstücken ruhenden dinglichen Rechte auf die zugeteilten Grundstücke über, wenn sie nicht förmlich aufgehoben werden. Für die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten (z. B. Anliegerbeiträge) trifft Abs. 1 Satz 2 die Regelung, daß sie auf diejenigen neuen Grundstücke übergehen, die sich in der örtlichen Lage der alten Grundstücke befinden. b) Im Abs. 2 wird die Rechtsstellung Dritter für die Fälle behandelt, in denen ein Eigentümer neben einem neuen Grundstück zum Ausgleich des Wertunterschieds einen Geldausgleich (vgl. § 59 Abs. 2, § 60 Satz 2) oder eine Geldabfindung (vgl. § 60 Satz 2, § 61 Abs. 2) erhält. Wenn durch die Umlegung dingliche Rechte an dem alten Grundstück beeinträchtigt worden sind, so werden die Inhaber des Rechts insoweit auf den Geldanspruch verwiesen. Dieser Rechtsgedanke findet sich auch im Fünften Teil über die Enteignung (vgl. § 97 Abs. 4). c) Alle Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung der vorstehenden Bestimmungen ergeben, gehen vor die Baulandkammern bzw. in der Berufung vor die Baulandsenate (§ 157 Abs. 1). §64 Geldleistungen (1) Die Gemeinde ist Gläubigerin und Schuldnerin der im Umlegungsplan festgesetzten Geldleistungen. 422
1. Abschnitt. Umlegung
§64 2
(2) Geldleistungen werden mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplanes fällig. Die Fälligkeit der Ausgleichsleistungen für Mehrwerte (§§ 57 bis 59) kann bis zu längstens zehn Jahren hinausgeschoben werden; dabei kann vorgesehen werden, daß die Bezahlung dieser Ausgleichsleistungen ganz oder teilweise in wiederkehrenden Leistungen erfolgt. (3) D i e Verpflichtungen des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten zu Geldleistungen nach den §§ 57 bis 60 gelten als Beitrag und ruhen als öffentliche Lasten auf dem Grundstück oder dem Erbbaurecht. (4) Wird zur Sicherung eines Kredites, der 1. der Errichtung von Neubauten, dem Wiederaufbau zerstörter Gebäude oder dem Ausbau oder der Erweiterung bestehender Gebäude oder 2. der Durchführung notwendiger außerordentlicher Instandsetzungen an Gebäuden auf dem belasteten Grundstücke dient, ein Grundpfandrecht bestellt, so kann für dieses auf Antrag ein Befriedigungsvorrecht vor der öffentlichen Last gemäß Absatz 3 oder einem Teil derselben für den Fall der Zwangsvollstreckung in das Grundstück bewilligt werden, wenn dadurch die Sicherheit der öffentlichen Last nicht gefährdet wird und die Zins- und Tilgungssätze für das Grundpfandrecht den üblichen Jahresleistungen für erstrangige Tilgungshypotheken entsprechen. Die Bewilligung kann von der Erfüllung von Bedingungen abhängig gemacht werden. (5) Soweit die Kosten und Geldleistungen der Umlegung von einem Bedarfsoder Erschließungsträger verursacht sind, sind die von ihm der Gemeinde zu erstatten. (6) D i e öffentlichen Lasten (Absatz 3) sind im Grundbuch zu vermerken. 1. Stellung der Gemeinde D i e B e s t i m m u n g des Abs. 1 steht in Z u s a m m e n h a n g mit § 46 Abs. 1: D a die G e m e i n d e die U m l e g u n g in eigener V e r a n t w o r t u n g a n z u o r d n e n u n d — soweit nicht U m l e g u n g s a u s s c h ü s s e v o n ihr gebildet sind — a u c h d u r c h z u f ü h ren hat, ist sie G l ä u b i g e r i n u n d S c h u l d n e r i n der im U m l e g u n g s p l a n (vgl. § 66) festgesetzten Geldleistungen. D e m U m s t a n d , d a ß Bedarfs- o d e r Erschließungsträger (z. B. S i e d l u n g s u n t e r n e h m e n ) vielfach d e n A n s t o ß zur U m l e g u n g geben, trägt Abs. 5 R e c h n u n g ; er besagt, d a ß ein solcher T r ä g e r der G e m e i n d e diejenigen K o s t e n o d e r G e l d l e i s t u n g e n der U m l e g u n g zu ersetzen hat, die v o n i h m v e r u r s a c h t w o r d e n sind. 2. Fälligkeit der Leistungen G r u n d s ä t z l i c h ist f ü r die Fälligkeit von G e l d l e i s t u n g e n der Z e i t p u n k t d e r U n a n f e c h t b a r k e i t (vgl. § 71) des U m l e g u n g s p l a n s m a ß g e b e n d (Abs. 2). Dies hat seinen G r u n d d a r i n , d a ß zu diesem Z e i t p u n k t die rechtsgestaltenden Wirk u n g e n d e r U m l e g u n g eintreten (vgl. § 72). D e m Eintritt d e r U n a n f e c h t b a r 423
§65
4. Teil. Bodenordnung
keit steht es gleich, wenn der Umlegungsplan lediglich wegen der Höhe einer Geldabfindung anfechtbar ist (§ 71 Abs. 1 Satz 2). Die Hauptfälle der Geldleistungen sind die Ausgleichsleistungen für Mehrwerte (§§ 57—59). Hier kann nach Abs. 2 Satz 2 die Fälligkeit bis zu längstens zehn Jahren hinausgeschoben werden, und zwar auch mit der Maßgabe, daß die Bezahlung ganz oder teilweise mittels wiederkehrender Leistungen (vgl. Anm. bei § 99 Abs. 1 Satz 2) durchgeführt wird. Wer den Aufschub anordnet, steht nicht ausdrücklich im Gesetz, doch kann dies nach der Systematik der Bestimmungen über die Umlegung nur die Umlegungsstelle sein (also Gemeinde oder — wenn landesrechtlich vorgesehen — der Umlegungsausschuß). Der Hinausschub kommt in erster Linie denjenigen zugute, die im Rahmen der Umlegung Ausgleichsleistungen zu erbringen haben. Ob und in welchem U m f a n g die Umlegungsstelle von dem Recht des Aufschubs Gebrauch macht, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. 3. Rechtliche Einordnung der Verpflichtungen nach den §§ 57—60 Mit der Regelung des Abs. 3 soll erreicht werden, daß die in den §§ 57—60 enthaltenen Verpflichtungen von den Eigentümern (oder Erbbauberechtigten) wie Beiträge beigetrieben werden und bei etwaigen Zwangsversteigerungen mit Vorrang befriedigt werden können. Auch ruhen sie als öffentliche Last auf dem Grundstück (oder dem Erbbaurecht) und sind im G r u n d b u c h zu vermerken (Abs. 6). 4. Grundpfandrechte zur Kreditsicherung für bauliche Maßnahmen Die in Abs. 4 enthaltene Bestimmung dient den Interessen der von der Umlegung betroffenen Eigentümer bei der Kreditbeschaffung für bestimmte Bau- und Instandsetzungsvorhaben (Nr. 1 und 2). Durch die Eröffnung der Rücktrittsmöglichkeit der erstrangigen öffentlichen Last nach Abs. 3 soll Schwierigkeiten begegnet werden, die sich sonst aus der Vorrangigkeit der öffentlichen Lasten für den Realkredit ergeben können. Zuständig für diese Bewilligung — auch hier sagt das Gesetz nichts Ausdrückliches — ist die Umlegungsstelle (die Gemeinde oder — wenn landesrechtlich vorgesehen — der Umlegungsausschuß). Diese kann bei der Bewilligung des Befriedigungsvorrechts auch Bedingungen setzen (Satz 2). §65 Hinterlegung und
Verteilungsverfahren
Für die Hinterlegung von Geldleistungen und für das Verteilungsverfahren gelten die Vorschriften der §§ 118 und 119 sinngemäß. a) Im Rahmen des Fünften Teils über Enteignung sind im Dritten Abschnitt (Enteignungsverfahren) ausführliche Bestimmungen über die Hinter424
§66
1. Abschnitt. Umlegung
legung und das Verteilungsverfahren in den §§118 und 119 enthalten. Da die für die Regelung dieser Rechtsinstitute bei der Enteignung maßgebliche Erwägungen auch für die Umlegung zutreffen, wurden §§ 118 und 119 für sinngemäß anwendbar erklärt. Das 1961 außer Kraft getretene Baulandbeschaffungsgesetz hatte gleiche Vorschriften. b) Im wesentlichen gilt für Hinterlegung, daß sie beim Amtsgericht des betroffenen Grundstücks unter Verzicht auf das Rücknahmerecht zu erfolgen hat, soweit mehrere Personen auf eine Geldentschädigung Anspruch erheben und eine Einigung über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist. Näheres sei bei den Erläuterungen zu § 118. c) Für das Verteilungsverfahren siehe bei § 119. Hier sei nur erwähnt, daß nach dem Eintritt des neuen Rechtszustandes, also der Unanfechtbarkeit des Umlegungsbeschlusses, jeder Beteiligte sein Recht an der hinterlegten Summe vor den ordentlichen Gerichten, und zwar dem Amtsgericht des betroffenen Grundstücks, geltend machen kann. Es sind hier also nicht die Baulandkammern der Landgerichte zuständig.
§66 Aufstellung und Inhalt des
Umlegungsplanes
(1) Der Umlegungsplan ist von der Umlegungsstelle nach Erörterung mit den Eigentümern durch Beschluß aufzustellen. (2) Aus dem Umlegungsplan muß der in Aussicht genommene Neuzustand mit allen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen hervorgehen, welche die im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücke erfahren. Der Umlegungsplan muß nach Form und Inhalt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster geeignet sein. (3) Der Umlegungsplan besteht aus der Umlegungskarte und dem Umlegungsverzeichnis. 1. Aufstellung des Umlegungsplans (Abs. 1) Nach dem Umlegungsbeschluß (§ 47, § 50) ist der Umlegungsplan der zweite und abschließende rechtsförmliche Akt des Umlegungsverfahrens. Er ist ein Verwaltungsakt. Im Hinblick auf seine Bedeutung (rechtliche Auswirkung) ist eine vorhergehende Erörterung mit den Eigentümern, die mündlich und auch mit den einzelnen erfolgen kann, vorgeschrieben. Ihre Unterlassung macht den Beschluß fehlerhaft. Genau wie gegen den Umlegungsbeschluß ist auch gegen den Umlegungsplan das Rechtsmittel des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern der Landgerichte gegeben (§ 157). Im Hinblick auf die Rechtsförmlichkeit dieses Verwaltungsaktes ist er nach Abs. 1 ebenfalls durch Beschluß der Umlegungsstelle (Gemeinde oder — wenn landesrechtlich vorgesehen — des Umlegungsausschus425
§68
4. Teil. Bodenordnung
ses) aufzustellen. Er muß eine dem § 154 genügende Rechtsbehelfsbelehrung haben; landesrechtlich kann nach § 155 ein Vorverfahren vorgeschrieben werden. 2. Inhalt des Umlegungsplans (Abs. 2 und 3) Der Umlegungsplan besteht nach Abs. 3 aus der Umlegungskarte (§ 67) und dem Umlegungsverzeichnis (§ 68). Der Umlegungsplan gestattet mit seinem Inkrafttreten die Rechtsverhältnisse an den Umlegungsgrundstücken mit unmittelbarer Wirkung und bildet die Unterlage für die Berichtigung des Grundbuchs sowie des Katasters. Er muß aus Gründen der Rechtsklarheit bestimmten Anforderungen genügen. Deshalb muß der in Aussicht genommene neue Zustand mit allen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen der Grundstücke aus dem Umlegungsplan hervorgehen (Abs. 2 Satz 1). Nach Form und Inhalt muß er zur Übernahme in das Liegeschaftskataster geeignet sein (Satz 2). Der Beschluß über den Umlegungsplan muß das gesamte im Umlegungsbeschluß des § 47 bezeichnete Umlegungsgebiet umfassen; ein „Teilumlegungsplan" ist somit nicht zulässig, jedoch eine Teilinkraftsetzung (siehe bei §71 Erl. 3). §67 Umlegungskarte Die Umlegungskarte stellt den künftigen Zustand des Umlegungsgebietes dar. In die Karte sind insbesondere die neuen Grundstücksgrenzen und -bezeichnungen sowie die Flächen im Sinne des § 55 Abs. 2 einzutragen. Die Umlegungskarte enthält die zeichnerische Darstellung des künftigen Zustandes des Umlegungsgebietes. Der bisherige Zustand ist in der Bestandskarte enthalten (siehe § 53). Die Umlegungskarte muß die neuen Grundstücksgrenzen, die künftigen Grundstücksbezeichnungen und die örtlichen Verkehrs- und Grünflächen (vgl. § 55 Abs. 2) enthalten. Solange nicht diesen drei Erfordernissen genügt ist, ist die Umlegungskarte und damit der Umlegungsplan unvollständig. §68 Umlegungsverzeichnis (1) Das Umlegungsverzeichnis führt auf 1. die Grundstücke, einschließlich der außerhalb des Umlegungsgebietes zugeteilten, nach Lage, Größe und Nutzungsart unter Gegenüberstellung des alten und neuen Bestandes mit Angabe ihrer Eigentümer; der Anteil an örtli426
§69
1. Abschnitt. Umlegung
eben Verkehrs- und Grünflächen (§ 55 Abs. 2) ist seiner Größe nach besonders anzugeben; 2. die Rechte an einem Grundstück oder einem das Grundstück belastenden Recht, ferner Ansprüche mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder persönliche Rechte, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken, soweit sie aufgehoben, geändert oder neu begründet werden; 3. die Grundstückslasten nach Rang und Betrag; 4. die Geldleistungen sowie deren Fälligkeit und Zahlungsart; 5. diejenigen, zu deren Gunsten oder Lasten Geldleistungen festgesetzt sind; 6. die einzuziehenden und die zu verlegenden örtlichen Verkehrs- und Grünflächen (§ 55 Abs. 2) sowie die Wasserläufe. (2) Das Umlegungsverzeichnis kann für jedes Grundstück gesondert aufgestellt werden. Das Umlegungsverzeichnis dient der textlichen Erläuterung der Umlegungskarte; es legt alle tatsächlichen und rechtlichen Änderungen, die durch die Umlegung bewirkt werden, fest und gibt Aufschluß über die zu erbringenden Geldleistungen. Für jedes Grundstück kann ein gesondertes Umlegungsverzeichnis angelegt werden (Abs. 2); der Umlegungsplan ist jedoch erst d a n n vollständig, wenn für alle von der Umlegung erfaßten Grundstücke die Umlegungsverzeichnisse aufgestellt in den Plan einbezogen sind. Die A u f f ü h r u n g der Grundstücke im Umlegungsverzeichnis (siehe Abs. 1 Nr. 1) erstreckt sich auch auf die außerhalb des Umlegungsgebiets zugeteilten Grundstücke (vgl. § 55 Abs. 5) und hat auch den alten Bestand zu nennen. Die Rechte an einem Grundstück sind, wie aus Nr. 2 aaO hervorgeht, umfassend zu benennen. Die Grundstückslasten sind nach Rang u n d Betrag anzugeben (Nr. 3). Bei den Geldleistungen sind auch Fälligkeit und Zahlungsart (z. B. Raten u. a.) zu nennen (Nr. 4). Nach Nr. 5 sind die Begünstigten und Belasteten bzgl. Lasten und Geldleistungen anzugeben. Auch ist der Anteil an örtlichen Verkehrs- und Grünflächen (siehe § 55 Abs. 2) besonders zu vermerken; nur die aufzuhebenden und zu verlegenden Verkehrs- und Grünflächen, nicht die bestehend bleibenden sind aufzuführen; schließlich muß das Umlegungsverzeichnis auch alle Wasserläufe enthalten (Nr. 6).
§69 Auslegung der Umlegungskarte;
Einsicht in das
Umlegungsverzeichnis
(1) Die Umlegungskarte ist auf die Dauer eines Monats in der Gemeinde öffentlich auszulegen. Sind die Beteiligten einverstanden, so kann von der Auslegung 427
§70
4. Teil. Bodenordnung
abgesehen werden. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vor der Auslegung ortsüblich bekanntzumachen. (2) Das Umlegungsverzeichnis kann jeder einsehen, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Die öffentliche Auslegung der Umlegungskarte auf die Dauer eines Monats muß unter Angabe des Orts und der Dauer mindestens eine Woche zuvor ortsüblich (vgl. Erl. 5 b y zu § 2 a) bekanntgemacht werden. Auf Vorschlag des damal. 24. BT-Ausschusses wurde als Satz 2 in Abs. 1 die Bestimmung aufgenommen, daß von der öffentlichen Auslegung bei Einverständnis der (notwendigerweise: aller) Beteiligten abgesehen werden k a n n ; begründet wurde dieser Vorschlag damit, daß die Umlegungskarte nur dem Rechtsschutz der Beteiligten diene. (Der Ausschuß hat dabei allerdings nicht berücksichtigt, daß der breiten Öffentlichkeit Einblick in so wichtige Gemeindeangelegenheiten gegeben werden muß, wie sie die Umlegung von Grundstücken darstellt; dieser Umstand dürfte aber die Bestimmung nicht rechtsunwirksam machen.) D a ß das Umlegungsverzeichnis nicht öffentlich ausgelegt wird, sondern nur von demjenigen eingesehen werden kann, der ein berechtigtes Interesse (vgl. hierzu Anm. 2 zu § 53) darlegt (Abs. 2), ist wohlbegründet; dem Gesetzgeber erschien es nicht für vertretbar, nicht unmittelbar Beteiligten Einblick in die Rechtsverhältnisse, insbesondere in die Belastungen von Grundstücken zu geben. §70 Zustellung des
Umlegungsplanes
(1) Den Beteiligten ist ein ihre Rechte betreffender Auszug aus dem Umlegungsplan zuzustellen. (2) Hält die Umlegungsstelle Änderungen des Umlegungsplanes für erforderlich, so können die Bekanntmachung und die Zustellung des geänderten Umlegungsplanes auf die von der Änderung Betroffenen beschränkt werden. (3) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Umlegungsstelle dem Vollstreckungsgericht von dem Umlegungsverzeichnis Kenntnis, soweit dieses das Grundstück, das Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist, und die daran bestehenden Rechte betrifft. Aus der Eigenschaft des Beschlusses über den Umlegungsplan als rechtsgestaltender Verwaltungsakt folgt die Notwendigkeit seiner Zustellung an die Beteiligten, jedoch nur in dem Umfang, als ihre Rechte betroffen werden (Abs. 1). Den Beteiligten ist also nur der sie betreffende Auszug aus dem Umlegungsplan von der Umlegungsstelle zu übermitteln. 428
§71 l
1. Abschnitt. Umlegung
Abs. 2 ähnelt § 52 Abs. 3, wonach unwesentliche Änderungen des Umlegungsgebiets in vereinfachter Form durchgeführt werden können. Die von der Umlegungsstelle für erforderlich gehaltenen Änderungen des Umlegungsplans können jedenfalls vorgenommen werden, also auch, wenn sie nicht nur unwesentlicher Art sind; in diesem Fall kann die Bekanntmachung und die Zustellung auf die Betroffenen beschränkt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit hat die Umlegungsstelle dem Vollstrekkungsgericht im Falle der Eintragung einer Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung vom Umlegungsverzeichnis Kenntnis zu geben, allerdings nur insoweit, als das vom Zwangsverfahren betroffene Grundstück und Rechte daran in Frage kommen.
§71 Inkrafttreten des
Umlegungsplanes
(1) Die Umlegungsstelle hat ortsüblich bekanntzumachen, in welchem Zeitpunkt der Umlegungsplan unanfechtbar geworden ist. Dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplanes steht es gleich, wenn der Umlegungsplan lediglich wegen der Höhe einer Geldabfindung anfechtbar ist. (2) Vor Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans kann die Umlegungsstelle räumliche und sachliche Teile des Umlegungsplans durch Bekanntmachung in Kraft setzen, wenn sich die Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe auf diese Teile des Umlegungsplans nicht auswirken kann. Personen, die Rechtsbehelfe eingelegt haben, sind von der Inkraftsetzung zu unterrichten. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Der ursprüngliche, bis zur Novelle 1979 unberührt gebliebene § 71 hat Vorschriften über das Inkrafttreten und — zur Beschleunigung der Durchführung der Umlegung — auch über das teilweise Inkrafttreten des Umlegungsplans zum Inhalt. In seiner Erstfassung (Abs. 2 und 3) hat er zu Zweifelsfragen in der Praxis geführt. §71 hatte in der ursprünglichen Fassung folgende Grundstruktur: Nach Abs. 1 war Voraussetzung für das Inkrafttreten des Umlegungsplans dessen Unanfechtbarkeit, und zwar mußte sich die Unanfechtbarkeit auf den gesamten (räumlichen und sachlichen) Inhalt des Umlegungsplans erstrecken (Satz 1). Dem Fall der Gesamtunanfechtbarkeit wurde der Fall gleichgestellt, daß der Umlegungsplan lediglich noch wegen der Höhe einer Geldabfindung anfechtbar ist (Satz 2). Nach Abs. 2 (alt) konnte der Umlegungsplan, wenn sich die Rechtsbehelfe nicht auf alle Grundstücke des Umlegungsgebiets auswirken, für die nicht betroffenen Grundstücke in Kraft gesetzt werden (teilweise räumliche Inkraftsetzung). Nach Abs. 3 konnte der Umlegungsplan auch „dem G r u n d e nach" für das vom Rechtsbehelf betroffene Grundstück in Kraft gesetzt werden, wenn der 429
§71 2
4. Teil. Bodenordnung
Rechtsbehelf nur die Höhe von Ausgleichsleistungen betrifft (teilweise sachliche Inkraftsetzung). Der Sinngehalt der in den Absätzen 2 und 3 des bis 1979 geltenden Rechts enthaltenen Regelung bestand darin, daß Verzögerungen des Inkrafttretens von Umlegungsplänen durch Einlegung von Rechtsbehelfen dann vermieden werden sollten, wenn gegen das vorzeitige Inkraftsetzen deshalb keine Bedenken bestehen, weil die Entscheidung über dn Rechtsbehelf die nicht angefochtenen Teile des Plans nicht berühren konnte. Der vorzeitigen Inkraftsetzung kommt aber für die Inangriffnahme der Erschließung und der privaten Baumaßnahmen oft maßgebende Bedeutung zu; es bestand ein Bedürfnis, diese Zweifelsfragen durch eine Neufassung zu klären. b) Entsprechend dem tragenden Sinngehalt wurden im neuen Abs. 2 die bisherigen Absätze 2 und 3 ohne Veränderung ihres bisherigen rechtlichen Gehalts zusammengefaßt. 2. Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit (Abs. 1) Unverändert blieb Abs. 1 durch die Novellen 1979. Er hat das Inkrafttreten (mit der Unanfechtbarkeit) zum Inhalt. a) Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Umlegungsplans muß im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung dieses Plans genau und auch einheitlich feststellbar sein; deshalb wurde diese Bestimmung des bisherigen (landesrechtlichen) Umlegungsrechts in das BBauG übernommen. Der von der Umlegungstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß) ortsüblich (vgl. Erl. 5 b y zu § 2 a) bekanntzumachende Zeitpunkt, an dem der Umlegungsplan unanfechtbar geworden ist (Abs. 1 Satz 1), kann nicht beliebig gewählt werden. Abgesehen von den besonderen Fällen des Abs. 1 Satz 2, des Abs. 2 und des Abs. 3 ergibt sich die Unanfechtbarkeit aus dem Zeitpunkt, an dem das letzte Rechtsmittel verfahren durch Urteil abgeschlossen ist oder der Umlegungsplan durch Nichteinlegung von Rechtsbehelfen nicht mehr angegriffen werden kann. Im Hinblick auf die Rechtserheblichkeit der Bekanntgabe der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans — nach § 72 Abs. 1 tritt mit der Bekanntmachung der neue Rechtszustand in Kraft — ist der richtige Zeitpunkt genauestens zu ermitteln; jedenfalls würde eine vorzeitige Bekanntgabe einer vermeintlichen Unanfechtbarkeit — abgesehen von den sich u. U. entwikkelnden Rechtsstreitigkeiten — die Rücknahme der Bekanntmachungsverfügung und ihren Ersatz durch die Bekanntmachung eines späteren Zeitpunkts notwendig machen. b) Der Satz 2 des Abs. 1 beruht auf praktischen Erwägungen. Da der Ausgang eines Rechtsstreits über die Höhe der Geldabfindungen die Festsetzungen des Umlegungsplans als solchen nicht berührt, kann der Eintritt der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans ohne Rücksicht auf das laufende Verfahren bezüglich der Höhe der Geldabfindung festgestellt werden. 430
1. Abschnitt. Umlegung
§71 4
3. Teilinkraftsetzung (Abs. 2) a) Nach Satz 1 kann die Umlegungsstelle vor Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans räumliche und sachliche Teile dieses Plans durch Bekanntmachung in Kraft setzen. Voraussetzung für die teilweise Inkraftsetzung ist, daß sich die Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe auf die in Kraft gesetzten Teile des Umlegungsplans nicht auswirken kann. Mit dieser umfassenden Formulierung sollen zugleich die oben (1 a) erwähnten Zweifelsfragen geklärt werden, die sich aus dem Verhältnis der früheren Absätze 2 und 3 zueinander ergeben haben. Es wird durch Satz 1 nunmehr die sich auf den Ausschußbericht (zu BT-Drucksache III/1794, S. 17, zu § 65 Abs. 3 und 4) stützende Auffassung bestätigt, daß der frühere Abs. 3 nur den Fall meinte, bei dem die im Gesetz bezeichneten Ausgleichsleistungen (nicht Geldabfindungen) keinen Einfluß auf die Neuordnung des Grundstücks und die die Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse haben, bei dem die Ausgleichsleistungen folglich nur der Höhe nach, nicht auch dem Grund nach streitig sind. Seit 1. 8. 1979 ist die Voraussetzung weggefallen, daß die Rechtsbehelfe nicht eine Vielzahl von Grundstücken betreffen; es durfte sich also nur um eine im Verhältnis zur Gesamtzahl geringe Anzahl von Grundstücken handeln, die von Rechtsbehelfen erfaßt werden konnten. Wenn jedoch neben unmittelbar betroffenen Grundstücken andere mittelbar von Rechtsbehelfen betroffen werden, kann dies u. U. bereits eine Nichtanwendungsmöglichkeit des Abs. 2 zur Folge haben; dies ist im zweiten Teil des Satzes 1 ausdrücklich festgelegt. Eine sorgsame Prüfung ist deshalb erforderlich, da es bisweilen schwer voraussehbar ist, ob das eine oder andere bisher unbeteiligte Grundstück im Lauf eines Rechtsbehelfsverfahrens nicht doch noch von diesem berührt wird. b) Die Belange der durch die Vorwegnahme der Inkraftsetzung Betroffenen bleiben gewahrt, vor allem auch durch die vorgesehene Unterrichtung der Personen, die die Rechtsbehelfe eingelegt haben, von der vorzeitigen Inkraftsetzung (Satz 2). Diese Unterrichtung ist erforderlich, da die Belange der erwähnten Personen dann beeinträchtigt werden könnten, wenn sich in Zweifelsfällen die Entscheidung über eingelegte Rechtsbehelfe auf die vorzeitig in Kraft gesetzten Teile des Umlegungsplans auswirken würde und wenn mit der vorgezogenen Inkraftsetzung vollendete nachteilige Tatsachen für die Betroffenen geschaffen würden, gegen die sie nur bei Kenntnis rechtzeitig durch Einlegung eines Widerspruchs vorgehen könnten. 4. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 d) Hat die Umlegungsstelle vor dem 1. 8. 1979 räumliche oder sachliche Teile des Umlegungsplans durch Bekanntmachung in Kraft gesetzt, ist § 71 Abs. 2 und 3 in der bis zum 31.7. 1979 geltenden Fassung anzuwenden (§ 183 d Abs. 1). 431
§73
4. Teil. Bodenordnung
§72 Wirkungen der
Bekanntmachung
(1) Mit der Bekanntmachung nach § 71 wird der bisherige Rechtszustand durch den in dem Umlegungsplan vorgesehenen neuen Rechtszustand ersetzt. Die Bekanntmachung schließt die Einweisung der neuen Eigentümer in den Besitz der zugeteilten Grundstücke ein. (2) Die Gemeinde hat den Umlegungsplan zu vollziehen, sobald er unanfechtbar geworden ist. Sie hat den Beteiligten die neuen Besitz- und Nutzungsrechte, erforderlichenfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwanges, zu verschaffen. Der neue Rechtszustand, der durch die Bekanntmachung eintritt, ist nicht von der Eintragung in das Grundbuch abhängig. Vielmehr wird das Grundbuch unrichtig und muß berichtigt werden (vgl. § 74). Bezüglich der tatsächlichen Besitzeinweisung der neuen Eigentümer in den Besitz der zugeteilten Grundstücke bedurfte es einer eigenen Regelung (Abs. 1 Satz 2), weil die privatrechtsgestaltete Wirkung der Bekanntmachung über die Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans noch nicht die tatsächlichen Besitzverhältnisse erfaßt. Die Gemeinde (also nicht die Umlegungsstelle schlechthin, die ja auch ein Umlegungsausschuß sein kann) muß in Vollzug der Unanfechtbarkeit die Beteiligten in die neuen Besitz- und Nutzungsrechte, gegebenenfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwangs, einweisen (Abs. 2 Satz 2). Diese Einweisung stellt den wesentlichen Inhalt der Vollziehung des Umlegungsplans dar, die der Gemeinde obliegt (Satz 1). Der einzelne hat somit gegen die Gemeinde einen Rechtsanspruch auf Vollzug des Umlegungsplans, soweit er durch den Plan betroffen wird. Die Verwirklichung des Rechtsanspruchs kann gegebenenfalls gerichtlich erzwungen werden, und zwar nach § 157 Abs. 1 durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Baulandkammern (Unterlassung eines Verwaltungsakts). Vgl. zum Problem des unmittelbaren Eintritts des neuen Rechtszustandes die Anm. zu § 117 Abs. 1 und 3.
§73 Änderung des
Umlegungsplanes.
Die Umlegungsstelle kann den Umlegungsplan auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit ändern, wenn 1. der Bebauungsplan geändert wird, 2. eine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes die Änderung notwendig macht oder 3. die Beteiligten mit der Änderung einverstanden sind. 432
§74
1. Abschnitt. Umlegung
Durch diese Vorschrift soll die Durchführung eines neuen selbständigen Umlegungsverfahrens, das längere Zeit in Anspruch nehmen würde, vermieden werden; sie entspricht somit den Bedürfnissen der Praxis und hat sich, soweit sie in ähnlicher Weise in den außer Kraft getretenen Landesvorschriften enthalten war, bewährt. Wenn auch im Gesetz nicht ausdrücklich vorgeschrieben, so entspricht es doch den in § 70 Abs. 2 festgelegten Erfordernissen, daß die Betroffenen von der beabsichtigten Änderung vorher verständigt werden. In den Fällen der Nr. 1 und 2 muß den Betroffenen ein Rechtsmittel gegen die Änderung des Umlegungsplans zur Verfügung stehen. Deshalb muß die Zustellung der Änderung an die Betroffenen in diesen Fällen eine Rechtsbehelfsbelehrung (§ 155) enthalten. Die Unanfechtbarkeit der Änderung des Umlegungsplans muß auch ortsüblich (vgl. Erl. 5 b y zu § 2 a ) bekanntgemacht werden.
§74 Berichtigung
der öffentlichen
Bücher
(1) Die Umlegungsstelle Ubersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift der Bekanntmachung nach § 71 sowie beglaubigte Abschriften aus dem Umlegungsplan und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen. Dies gilt auch für außerhalb des Umlegungsgebietes zugeteilte Grundstücke. (2) Bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters dienen die Umlegungskarte und das Umlegungsverzeichnis als amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 der Grundbuchordnung, wenn die für die Führung des Liegenschaftskatasters zuständige Stelle auf diesen Urkunden bescheinigt hat, daD sie nach Form und Inhalt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster geeignet sind. Diese Bescheinigung ist nicht erforderlich, wenn die Flurbereinigungsbehörde die Umlegungskarte und das Umlegungsverzeichnis gefertigt hat (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 4). Der rechtsgestaltete Akt der Bekanntmachung des Umlegungsplans hat — wie bereits bei § 71 dargelegt — die unmittelbare Folge der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Deshalb hat die Umlegungsstelle dem Grundbuchamt möglichst umgehend beglaubigte Abschriften ihrer Bekanntmachung nach § 71 und aus dem Umlegungsplan mit dem Ersuchen zu übermitteln, die Rechtsänderungen einzutragen (Abs. 1 Satz 1). Aus § 55 Abs. 5 folgt, daß auch die außerhalb des Umlegungsgebiets gelegenen, im Rahmen des Umlegungsgebiets zugeteilten Grundstücke von den Rechtswirkungen des Plans erfaßt werden. Deshalb hat der Antrag der Umlegungsstelle an das Grundbuchamt auch solche Grundstücke einzubeziehen (Satz 2). 433
§ 75
4. Teil. Bodenordnung
Der Beschleunigung dient Abs. 2; durch diese Bestimmung wird die Berichtigung des Grundbuchs von der häufig erst später möglichen Berichtigung des Liegenschaftskatasters unabhängig gemacht. Der Liegenschaftskataster ist an sich die Grundlage für das Grundbuch-Bestandsverzeichnis. Zur Überbrückung des Zeitraums bis zur Berichtigung des Katasters ist in dieser Bestimmung die Erteilung einer Bescheinigung durch die katasterführende Stelle vorgesehen, daß der Umlegungsplan nach Form und Inhalt zur Übernahme in den Liegenschaftskataster geeignet ist. Pflicht der Umlegungsstelle ist es, die Erfordernisse des § 66 Abs. 2 Satz 2 genauestens zu beachten, zumal auch Verstöße hiergegen den Umlegungsplan als solchen anfechtbar machen können. Die Einfügung des Satz 2 an Abs. 2 durch die Novelle 1976, die auf Vorschlag des federführenden Ausschusses erfolgte, ermöglicht es, die Umlegungskarte und das Umlegungsverzeichnis, sofern sie die Flurbereinigungsbehörde gefertigt hat, bis zur Berichtigung als amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 G B O anzuerkennen, auch ohne daß die für die Führung der Liegenschaftskataster zuständigen Vermessungsbehörden zuvor die Eignung für diesen Zweck bescheinigen. Gleich wie schon bei § 46 durch die Neufassung die Durchführung der Baulandumlegung auch auf die Flurbereinigungsbehörden übertragen werden kann, da die Flurbereinigungsbehörden auch mit vermessungstechnischen Personal besetzt sind und bei einer Flurbereinigung der Flurbereinigungsplan schon bisher als amtliches Verzeichnis der Grundstücke zur Verfügung steht, ist nunmehr aus G r ü n d e n der Verwaltungsvereinfachung und der im Interesse der Rechtsklarheit gebotenen Beschleunigung, so bald wie möglich nach einer Baulandumlegung ein amtliches Grundstücksverzeichnis zur Verfügung zu haben, die Bestätigung der von der Flurbereinigungsbehörde gefertigten Umlegungskarte u n d des Umlegungsverzeichnisses durch die Vermessungsbehörden entbehrlich. §75 Einsichtnahme in den
Umlegungsplan
Bis zur Berichtigung des Grundbuches ist die Einsicht in den Umlegungsplan jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Während des Zeitraums vom Eintreffen des Antrags beim G r u n d b u c h a m t bis zur Berichtigung des Grundbuchs soll den Interessenten die Möglichkeit gegeben werden, sich über die tatsächlichen Rechtsverhältnisse der Grundstücke und über die beabsichtigte Neuordnung Aufschluß zu holen. Deshalb gestattet § 75 innerhalb des genannten Zeitraums jedem, der ein berechtigtes Interesse (vgl. Erl. 2 zu § 53) darlegt, in den Umlegungsplan Einsicht zu nehmen. Nach Eintragung in das Grundbuch gilt allein § 12 Abs. 1 GBO. Vgl. auch Erl. zu § 69. 434
§76 2
1. Abschnitt. Umlegung
§76 Vorwegnahme der Entscheidung Mit Einverständnis der betroffenen Rechtsinhaber können die Eigentums- und Besitzverhältnisse für einzelne Grundstücke sowie andere Rechte nach den §§ 56 bis 62 geregelt werden, bevor der Umlegungsplan aufgestellt ist. Die §§ 70, 71, 74 und 75 gelten entsprechend. 1. Allgemeines § 76 hat in der Umlegungspraxis wesentliche Bedeutung erlangt. Er ermöglicht es, im Einverständnis mit den betroffenen Rechtsinhabern im Umlegungsgebiet Vorwegregelungen zu treffen, die die Durchführung der Umlegung im Interesse der Betroffenen erheblich zu beschleunigen vermögen. Die Vorwegnahme der Entscheidung hat wegen des vorausgesetzten Einverständnisses der Betroffenen weitgehend dazu beigetragen, daß Umlegungen in der Regel nicht streitig durchgeführt werden. Die Novelle von 1979 hat die Vorschrift wegen einer gewissen Unvollständigkeit im Sinne einer Erweiterung umgestellt (siehe folg. Nr. 2). 2. Vorschrift a) Die Bestimmung — im Kern aus dem Nordrhein-Westfälischen Aufbaugesetz (§ 28a Abs. 2) entnommen — nimmt nur für einzelne Grundstücke die Entscheidung vorweg. Sie dient der Beschleunigung der Umlegung und findet vor allem in den Fällen Anwendung, in denen ein Eigentümer bereit ist, sein Grundstück zur Verfügung zu stellen und nur Interesse an einer Geldabfindung hat. Die Vorwegnahme erfolgt durch Beschluß der Umlegungsstelle. Die rechtsbegründende Vorausregelung bedarf der Zustimmung aller betroffenen Rechtsinhaber. Vor der Neuregelung von 1979 bezog sich die Vorwegregelung nur auf die Eigentums- und Besitzverhältnisse (für einzelne Grundstücke) nach den §§ 56 bis 59 (Zuteilung von Grundstücken) sowie auf Entscheidungen nach § 61 (Aufhebung, Änderung und Begründung von Rechten). Nicht einbezogen waren die Bestimmungen über Abfindungen und Ausgleich für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Einrichtungen (§ 60) sowie über gemeinschaftliches Eigentum und besondere rechtliche Verhältnisse (§ 62). Da für die Einbeziehung in der Praxis ein dringendes Bedürfnis bestand, wurde die Vorwegnahme der Entscheidung in Satz 1 auf die Fälle der §§60 und 62 ausgedehnt. Nach dem RegE (BT-DS 8/2451, zu Nr. 16) wird sich die Erweiterung in bezug auf § 62 auf die Durchführung der Umlegung beschleunigend auswirken. Dabei kann auch die Neuregelung von Rechten (§ 61) an den betroffenen Grundstücken vorweggenommen werden. b) Dieser Beschluß der Umlegungsstelle unterliegt den gleichen Vorschriften wie der Umlegungsplan hinsichtlich der Zustellung an die Beteiligten 435
4. Teil. Bodenordnung
§77
(§ 70), der Bekanntmachung (§71), der Übersendung einer Ausfertigung an das G r u n d b u c h a m t zwecks Berichtigung des Grundbuchs (§ 74) u n d des Rechts der Einsichtnahme in den Vorwegnahmebeschluß (vgl. § 75). §§ 72 u n d 73 sind nicht für entsprechend anwendbar erklärt; sie können daher für die vorweggenommene Entscheidung keine Anwendung finden (a. M. Knaup-Ingenstau, Anm. zu § 76, letzter Absatz). c) In Sanierungsgebieten nach dem StBauFG verbleibt es bei der Entscheidung nach § 76 BBauG. 3. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 11. 11. 1970 (IV C 100.67) Z M R 1971, 384
a) Die Vorausverfügungen nach § 75 BBauG werden, sofern sie (sinngemäß) aufrechterhalten bleiben, mit dem Erlaß des Umlegungsplanes dessen Bestandteil. b) § 76 Satz 2 BBauG, der lediglich bestimmte Vorschriften für entsprechend anwendbar erklärt, gilt für die Vorausverfügung nur, „bevor der Umlegungsplan aufgestellt ist" (§ 76 Satz 1 BBauG). c) Ist der Umlegungsplan oder eine zu seinem Bestandteil gewordene Vorausverfügung ersichtlich unvollständig, so wird die Zulässigkeit der erforderlichen Ergänzung nicht dadurch berührt, daß § 73 BBauG seine Änderung an bestimmte Voraussetzungen knüpft.
B. Sonstige Gerichte O L G Köln U vom 13. 5. 1970 (2 U 70/69) M D R 1970, 1011
a) „Betroffener Rechtsinhaber" i. S. des § 76 BBauG ist jeder, nach dessen Behauptung die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts oder seiner „von der Rechtsordnung als schutzwürdig angesehener Interessen" oder seines „rechtlich geschützten Lebenskreises" durch den angefochtenen Verwaltungsakt in Betracht kommen kann. b) Im Rahmen des § 76 BBauG ist unter strikter Beschränkung auf Einzelfälle nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Beteiligten vorzugehen.
§77 Vorzeitige
Besitzeinweisung
(1) Ist der Bebauungsplan in Kraft getreten, so kann die Umlegungsstelle, wenn das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, 1. vor Aufstellung des Umlegungsplanes die Gemeinde oder den sonstigen Bedarfs- oder Erschließungsträger in den Besitz der Grundstücke, die in dem Bebauungsplan als Flächen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 21 oder des § 55 Abs. 2 und 5 festgesetzt sind, einweisen; 2. nach Aufstellung des Umlegungsplanes und Übertragung der Grenzen der neuen Grundstücke in die örtlichkeit auch sonstige am Umlegungsverfahren Beteiligte in den Besitz der nach dem Umlegungsplan für sie vorgesehenen Grundstücke oder Nutzungsrechte einweisen. 436
1. Abschnitt. Umlegung
§77 1
(1 a) Das Wohl der Allgemeinheit kann die vorzeitige Einweisung in den Besitz insbesondere erfordern 1. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 zugunsten der Gemeinde oder eines sonstigen Bedarfs- oder Erschließungsträgers, wenn Maßnahmen zur Verwirklichung des Bebauungsplans bevorstehen und die Flächen für die vorgesehenen Anlagen und Einrichtungen der Erschließung oder Versorgung des Gebiets benötigt werden, 2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 zugunsten sonstiger Umlegungsbeteiligter, wenn dringende städtebauliche Gründe für die Verschaffung des Besitzes bestehen und wenn diese Gründe die Interessen der Betroffenen an der weiteren Ausübung des Besitzes wesentlich überwiegen. (2) §§ 116 und 122 gelten sinngemäß. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Durch die Novelle von 1979 wurde auch § 77 in Teilen umgestaltet und ergänzt. Die Vorschrift, die sich auf die vorzeitige Besitzeinweisung vor Aufstellung (Abs. 1 Nr. 1) und nach Aufstellung (Nr. 2) des Umlegungsplans bezieht, ist für die Beschleunigung öffentlicher und privater Investitionen von erheblicher Bedeutung. In der Umlegungspraxis haben sich die Vorschriften allerdings teilweise als unvollständig (Nr. 1 alter Fassung) und unklar (Nr. 2 alter Fassung) erwiesen. b) Nach Abs. 1 Nr. 1 kannte eine vorzeitige Besitzeinweisung vor Aufstellung des Umlegungsplans nur in bezug auf Flächen nach § 55 Abs. 2 und folglich nur zugunsten einer Gemeinde oder eines sonstigen Erschließungsträgers erfolgen. In bezug auf Flächen nach § 55 Abs. 5 und damit zugunsten sonstiger Bedarfsträger blieb eine vorzeitige Besitzeinweisung ausgeschlossen, was nicht sachgerecht ist. Nach § 55 Abs. 2 sind nämlich aus der Umlegungsmasse vorweg die Flächen, die nach dem Bebauungsplan als örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen festgesetzt sind, auszuscheiden und der Gemeinde oder dem sonstigen Erschließungsträger zuzuteilen, ohne daß es der Einbringung von Ersatzland bedarf. Demgegenüber können nach § 55 Abs. 5 auch sonstige Flächen, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist (z. B. Flächen für Versorgungsanlagen, Schulen und Kinderspielplätze), ausgeschieden und dem Bedarfs- oder Erschließungsträger zugeteilt werden, hier nach der alten noch nicht erweiterten Fassung allerdings nur gegen bereits eingebrachtes Ersatzland. Durch die Ersatzlandeinbringung ist sichergestellt, daß eine vorzeitige Besitzeinweisung, die — wie vorgesehen — auch die Flächen nach §55 Abs. 5 erfaßt, die Rechtsposition der Betroffenen nicht verschlechtert. Würden die Flächen nach § 55 Abs. 5 nicht in die Regelung über die vorzeitige Besitzeinweisung vor Aufstellung des Umlegungsplans einbezogen werden, würde sich dies auch in Zukunft hemmend auf die Durchführung der Umlegung und damit zugleich auf die Verwirklichung des BebPl. sowie nachteilig für die Versorgung auswirken. 437
§77 1
4. Teil. Bodenordnung
Daher sieht die Ergänzung der Nummer 1 die Einbeziehung der sonstigen Flächen nach § 55 Abs. 5, insbesondere zugunsten der Bedarfsträger vor. c) Eine vorzeitige Besitzeinweisung war nach der alten Fassung des § 77 nicht möglich in Flächen, die in privatem Eigentum stehen und auch bleiben sollen, an denen aber nach einem Bebauungsplan Leitungsrechte (z. B. für die Abwasserableitung) zu begründen sind. Wenn die Begründung derartiger Rechte im Rahmen eines Umlegungsverfahrens vorgesehen ist, ergibt sich in der Praxis das Erfordernis, dann, wenn eine vorzeitige Besitzeinweisung für die sonstigen Erschließungsanlagen (nach § 77 Abs. 1 Nr. 1) erforderlich wird, auch die privaten Grundstücksteile für die Verlegung der Leitungen schon in Besitz zu nehmen. Das gilt besonders dann, wenn z. B. Leitungen zur Ableitung von Abwasser teils im Straßenraum verlegt werden, teils über die nur mit einem Leitungsrecht zu belegenden Grundstückflächen. Die vorgesehene Gesetzesergänzung hat nach Vorschlag des BR (BR-DS 446/78 Nr. 10) den Grundgedanken des § 77 Abs. 1 Nr. 1 auch für den letztgenannten Fall aufnehmen und damit der Beschleunigung des Baugeschehens in derartigen Fällen dienen. Diesem Anliegen des BR wurde durch die Formulierung „Flächen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 21" Rechnung getragen. Die mit Leitungsrechten zu belastenden Flächen der Nummer 21 erstrecken sich grundsätzlich nicht nur auf Versorgungsleitungen, sondern auch auf die leitungsähnlichen Versorgungsanlagen (Nr. 13). d) Der Wortlaut der Nr. 2 a. F. ließ offen, ob nach Aufstellung des BebPl. auch zugunsten der Träger nach Nr. 1 eine vorzeitige Besitzeinweisung erfolgen konnte oder nur zugunsten sonstiger am Umlegungsverfahren Beteiligter. In der Praxis wurde die Auffassung vertreten, daß die vorzeitige Besitzeinweisung nach Aufstellung des Umlegungsplans zugunsten der erwähnten Träger schon deshalb möglich sein müsse, weil sie bereits vor Aufstellung des Umlegungsplans erfolgen könne. Dieser Auffassung hat die BReg. (BT-DS 8/2451 zu Nr. 17) zugestimmt, da die Aufstellung des Umlegungsplans nicht dazu führen kann, die Stellung der genannten Träger in bezug auf die vorzeitige Besitzeinweisung zu verschlechtern. Daher wurde nun in Nr. 2 klargestellt, daß neben den Trägern nach Nr. 1 „auch" sonstige Umlegungsbeteiligte nach Aufstellung des Umlegungsplans Begünstigte einer vorzeitigen Besitzeinweisung sein können. e) Die Novelle 1979 hat auch einen neuen Abs. 1 a eingefügt. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung vor oder nach Aufstellung des Umlegungsplans sind, daß der BebPl. in Kraft getreten ist und daß das Wohl der Allgemeinheit die vorzeitige Besitzeinweisung erfordert. An diesen Voraussetzungen wurde festgehalten: Der Begriff des Allgemeinwohls ist jedoch vieldeutig und sollte im Rahmen der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht zu eng ausgelegt werden. Das Allgemeinwohl wurde daher im neuen Abs. l a beispielhaft konkretisiert; weitere Fälle, die über die Beispiele hinausgehen, bleiben also nach Maßgabe des Abs. 1 vorzeitig regelbar. Die Konkretisie438
1. Abschnitt. Umlegung
§77 4
rung des Allgemeinwohlbegriffs erfolgt im Hinblick auf die besonderen Belange, die sich im Rahmen der Umlegung ergeben oder mit ihr verbunden sind, und zwar zugunsten zweier Gruppen von Umlegungsbeteiligten. Die vorzeitige Besitzeinweisung wurde unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten von Bedarfs- oder Erschließungsträgern (Nr. 1) sowie zugunsten sonstiger Umlegungsbeteiligter (Nr. 2) für zulässig erklärt. 2. Grundvoraussetzungen für eine vorzeitige Besitzeinweisung Noch mehr in der verbesserten Fassung dient § 77 der Beschleunigung des Verfahrens. Da die vorläufige Besitzeinweisung regelmäßig endgültige Zustände schafft, ist von ihr sparsam Gebrauch zu machen, zumal sie in den Fällen der Nr. 1 sogar vor der Aufstellung des Umlegungsplans erfolgen kann. Gerade im Umlegungsverfahren sind die Voraussetzungen für eine vorläufige Besitzeinweisung eng auszulegen (vgl. O V G Münster vom 20. 7. 1955, BBauBl. 1956, 125). Die erste Grundvoraussetzung für die vorläufige Besitzeinweisung ist, daß sie vom Wohl der Allgemeinheit erfordert wird; dabei handelt es sich um einen der im B B a u G zahlreich enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, der im Streitfall von den Baulandkammern — § 157 Abs. 1 — in vollem Umfang nachgeprüft wird. Die gleiche Grundvoraussetzung gilt übrigens für die Enteignung nach dem Fünften Teil (siehe § 87 Abs. 1 und die Anm. dort). Es genügt nicht schlechthin, daß das Wohl der Allgemeinheit mit der vorläufigen Besitzeinweisung gewahrt bleibt, sondern die Besitzeinweisung muß zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich sein. Beispiele für das Allgemeinwohl sieht der neueingefügte Abs. 1 a vor. Die zweite Grundvoraussetzung ist das Vorliegen eines rechtsgültigen Bebauungsplans (vgl. §§ 10 bis 12). Da nach § 45 Abs. 2 die Einleitung des Umlegungsverfahrens auch vor Aufstellung des BebPl. möglich ist, ist diese zweite Grundvoraussetzung für die vorzeitige Besitzeinweisung u. U. von besonderer Bedeutung; im genannten Fall kann die vorzeitige Besitzeinweisung erst nach Inkrafttreten des BebPl. erfolgen. 3. Vorzeitige Besitzeinweisung in Verkehrs- und Grünflächen (Abs. 1 Nr. 1) Unter den in der Erläuterungen Nr. 1 b und c wurde Nr. 2 genannten Voraussetzungen ist eine vorläufige Besitzeinweisung der öffentlichen Erschließungsträger (zu ihnen gehört vor allem die Gemeinde) bereits vor Aufstellung des Umlegungsplans (§ 66) möglich, und zwar in die im BebPl. als Verkehrsflächen und Grünflächen festgesetzten Grundstücke. 4. Vorzeitige Besitzeinweisung in den übrigen Fällen (Abs. 1 Nr. 2) Nach Aufstellung des Umlegungsplans (§ 66) und nach Übertragung der Grenzen der neuen Grundstücke in die Örtlichkeit (Abmarkung, gegebenenfalls auch schon Auspflockung, die von den Betroffenen anerkannt ist) können auch sonstige am Umlegungsverfahren Beteiligte in die für sie vorgesehe439
§77 5
4. Teil. Bodenordnung
nen Grundstücke oder Nutzungsrechte eingewiesen werden, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert und der BebPl. in Kraft getreten ist (siehe Anm. 1). 5. Besondere Beispiele für das Wohl der Allgemeinheit (Abs. 1 a) a) Von besonderer Bedeutung ist die vorzeitige Besitzeinweisung zugunsten eines Bedarfs- oder Erschließungsträgers in bezug auf die nach § 55 Abs. 2 und 5 auszuscheidenden örtlichen Verkehrs- und Grünflächen sowie sonstigen für öffentliche Zwecke bestimmten Flächen (Nr. 1). Für Bedarfsund Erschließungsträger besteht ein besonderes Interesse an der vorzeitigen Besitzeinweisung, wenn bei bevorstehenden Maßnahmen zur Verwirklichung eines BebPl. der Abschluß des u. U. langwierigen Umlegungsverfahrens für die Erstellung von Erschließungs- und Versorgungsanlagen nicht abgewartet werden kann. Dies gilt insbesondere mit Rücksicht darauf, daß die Grundstückseigentümer im Umlegungsgebiet von vornherein ein besonderes Interesse am schnellen Abschluß der Umlegung und damit zugleich an der vorzeitigen Errichtung der Erschließungs- und Versorgungsanlagen haben. Lange Umlegungsverfahren führen nämlich zu erheblichen Einschränkungen für die Grundstückseigentümer, die in tragbaren Grenzen gehalten werden können, wenn die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Bebauung von den Bedarfs- und Erschließungsträgern rechtzeitig erstellt werden. Nr. 1 sieht daher klarstellend vor, daß das Allgemeinwohl die vorzeitige Besitzeinweisung zugunsten eines Bedarfs- oder Erschließungsträgers erfordern kann, wenn Maßnahmen zur Verwirklichung des Bebauungsplans bevorstehen und die Flächen für die vorgesehenen Anlagen und Einrichtungen der Erschließung oder Versorgung des Umlegungsgebiets benötigt werden. Die Verwirklichung des gesamten BebPl. muß nicht bevorstehen; es soll genügen, daß die Durchführung von Einzelmaßnahmen zur Verwirklichung des Bebauungsplans ansteht. Die vorzeitige Besitzeinweisung ist in diesem Fall vor Aufstellung des Umlegungsplans gerechtfertigt, da die Flächen für die Erschließung und Versorgung des Gebiets im Bebauungsplan bereits eindeutig festgesetzt sind und da in diesem Stadium in der Regel davon ausgegangen werden kann, daß keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die bei späterer Änderung der maßgebenden Grundlagen aufgrund von Rechtsbehelfen nicht vertretbar wären. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß die Grundstückseigentümer in der Regel zwecks Beschleunigung der Umlegung Bereitschaft zur Mitwirkung zeigen, wenn sie nach Abschluß der Umlegung ohne Aufschub bauen können; das setzt die erwähnte vorzeitige Erstellung der Infrastrukturanlagen und -einrichtungen voraus. Im übrigen umfaßt der Begriff der Erschließung im weiteren Sinne (vgl. § 127 Abs. 4) auch die Anlagen und Einrichtungen für die Entsorgung; die Anlagen und Einrichtungen für die Versorgung werden gesondert genannt. 440
1. Abschnitt. Umlegung
§77 6
b) Die vorzeitige Besitzeinweisung nach Aufstellung, aber vor Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans zugunsten sonstiger Umlegungsbeteiligter (Privateigentümer, Nr. 2) schafft zu einem Zeitpunkt vollendete Tatsachen, zu dem infolge der Entscheidung über einen Rechtsbehelf die Grundstücksverhältnisse noch Veränderungen unterligen können. Daher sieht Nr. 2 vor, daß das Allgemeinwohl die vorzeitige Besitzeinweisung zugunsten sonstiger Umlegungsbeteiligter nur rechtfertigt, wenn dringende städtebauliche G r ü n d e für die Verschaffung des Besitzes bestehen und die sich hieraus ergebenden Belange die des Betroffenen wesentlich überwiegen. Die Voraussetzung der dringenden städtebaulichen G r ü n d e für die Verschaffung des Besitzes liegt u. a. vor, wenn die vorzeitige Besitzeinweisung aus dringenden Gründen des sozialen Wohnungsbaus oder des Baues von Wohnungen f ü r Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf (u. a. kinderreiche Familien, alte Menschen und Behinderte) oder des Ersatzwohnungsbaus, des Baus von Wohnungen für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf und des Ersatzwohnungsbaus mit den Belangen der betroffenen Grundstückseigentümer abgewogen werden. Die Abwägung m u ß zu einem wesentlichen Überwiegen der erstgenannten Belange f ü h r e n ; wesentliche Belange der Betroffenen dürfen also durch die vorzeitige Besitzeinweisung in der Regel nicht beeinträchtigt werden. Bei der Abwägung wird somit einerseits zu berücksichtigen sein, ob sich die baulichen Absichten der Begünstigten oder auch der Betroffenen auf Flächen realisieren lassen, die wegen ihrer G r ö ß e das Ausmaß der tatsächlichen Beeinträchtigungen in vertretbaren Grenzen halten. Es können allerdings andererseits die Belange der Betroffenen wesentlich beeinträchtigt sein, wenn die vorzeitige Besitzeinweisung Flächen erfaßt, die zwar von geringfügigem Umfang, für das Bauvorhaben des Betroffenen aber von wesentlicher Bedeutung sind. 6. Entsprechende Anwendung einzelner Vorschriften des Enteignungsverfahrens (Abs. 2) Abs. 2 erklärt die Vorschriften über die vorzeitige Besitzeinweisung bei der Enteignung (§ 116) und über die Vollstreckbarkeit (§ 122) f ü r entsprechend anwendbar. Im Ergebnis bedeutet dies, daß eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat (vgl. § 116 Abs. 1 Satz 2) und daß der Beschluß den Beteiligten zuzustellen ist (vgl. Satz 3 a. a. O.); das Wirksamwerden der Besitzeinweisung ist von der Umlegungsstelle zeitlich zu bestimmen (Satz 4 a. a. O.); der Zeitpunkt kann auf Antrag um mindestens zwei Wochen verschoben werden (Satz 5 a. a. O.). Ferner kann die Umlegungsstelle die vorzeitige Besitzeinweisung von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen (§116 Abs. 2). Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten (Abs. 4 a. a. O.). Auch k a n n sowohl der Einzuweisende wie auch der weichende Besitzer von der Umlegungsstelle eine niederschriftliche Feststellung des Grundstückzustands ver441
§78
4. Teil. Bodenordnung
langen (Abs. 5 a. a. O.). Der Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung stellt einen vollstreckbaren Titel im Sinn des § 122 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 dar. Vgl. im übrigen die Anm. bei §§ 116 und 122. Aus der Verweisung auf § 116 in § 77 Abs. 2 ergibt sich, daß die vorzeitige Besitzeinweisung in Form eines Beschlusses (der Umlegungsstelle) erfolgt, obwohl § 77 das Wort Beschluß nicht verwendet. 7. Rechtsbehelfe Auch für die Anfechtung der vorzeitigen Besitzeinweisung gilt § 157 Abs. 1; es sind sonach Baulandkammern/Baulandsenate — gegebenenfalls nach Durchführung eines Vorverfahrens, soweit landesrechtlich angeordnet (vgl. § 155 in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Nr. 3) — zuständig. Dabei ist die Sondervorschrift des § 164 zu beachten, nach der Zwangsmaßnahmen zur Verschaffung des tatsächlichen Besitzes nur mit Zustimmung des Gerichts zulässig sind, bei dem die Sache anhängig ist (vgl. Erläut. bei § 164). 8. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 d) Hat die Umlegungsstelle vor dem 1. 8. 1979 eine vorzeitige Besitzeinweisung angeordnet, ist § 77 in der bis zum 31. 7. 1979 geltenden Fassung anzuwenden (§ 183d Abs. 2).
§78 Verfahrens- und Sachkosten Die Gemeinde trägt die Verfahrenskosten und die nicht durch Beträge nach § 64 Abs. 3 gedeckten Sachkosten. Die Unterscheidung in Sach- und Verfahrenskosten entspricht dem bisherigen Umlegungsrecht. Zu den Sachkosten gehören die Abfindungen, die Entschädigungen und der Wertausgleich. Den Verfahrenskosten sind zuzurechnen die Personal- u n d Raumkosten (einschließlich der sonstigen Aufwandskosten und der Kosten für öffentliche Zustellungen, Bekanntmachungen usw.), Sachverständigengebühren, Vermessungsgebühren u n d -kosten, nicht aber die durch einen Rechtsbehelf angefallenen Verfahrenskosten, über die in jedem Verfahrensabschnitt gesondert entschieden wird. Die Kosten des Umlegungsverfahrens hat die Gemeinde zu tragen; f ü r die Sachkosten wird von dieser Verpflichtung die Gemeinde nur insoweit betroffen, als diese Kosten nicht durch Beiträge nach § 64 Abs. 3 gedeckt sind.
442
§79 2
1. Abschnitt. Umlegung
§79 Gebühren-, Auslagen- und
Abgabenbefreiung
(1) Geschäfte und Verhandlungen, die der Durchführung oder Vermeidung der Umlegung dienen, einschließlich der Berichtigung der öffentlichen Bücher, sind frei von Gebühren, Auslagen und sonstigen Abgaben; dies gilt nicht für die Kosten eines Rechtsstreites. Hiervon unberUhrt bleiben Regelungen hinsichtlich der Gebühren, Auslagen und sonstigen Abgaben, die auf landesrechtlichen Vorschriften beruhen, und hinsichtlich der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. (2) Die Abgabenfreiheit ist von der zuständigen Behörde ohne Nachprüfung anzuerkennen, wenn die Umlegungsstelle versichert, daß ein Geschäft oder eine Verhandlung der Durchführung oder Vermeidung der Umlegung dient. 1. Gebührenfreiheit (Abs. 1) Abs. 1 hat sein Vorbild in § 29 des Reichssiedlungsgesetzes, in § 34 des Reichsheimstättengesetzes, in § 139 der Reichsumlegungsordnung und in §108 FlurbG. Die Vergünstigungen, die für Geschäfte und Verhandlungen eingeräumt sind, welche der Durchführung oder auch der Vermeidung der Umlegung dienen, erfassen nicht die Kosten eines Rechtsstreits. Die Befreiung erstreckt sich auf Gebühren, Auslagen und „sonstige Abgaben". Die weitgehende Befreiung des § 79 (und § 84 Abs. 2) erfaßt nicht nur die Gebühren und Auslagen, die bei der Umlegungsstelle anfallen, sondern auch diejenigen bei den anderen mit der Umlegung irgendwie befaßten Stellen (z. B. Grundbuchamt, Vermessungsamt, Notariat u. a.). — Unter die „sonstigen Abgaben" fallen auch Steuern. Der Satz 2 des Abs. 1 beinhaltet den nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG notwendigen landesrechtlichen Vorbehalt (Ausschluß der konkurrierenden Gesetzgebung). Aus der Fassung: „ . . . der Durchführung oder der Vermeidung der Umlegung . . . dienen" ergibt sich ein verhältnismäßig weiter Spielraum für die Anwendung der Kosten- und Gebührenfreiheit. Es werden wohl auch solche Verhandlungen und Geschäfte hiervon erfaßt werden, die bereits vor der Einleitung des Umlegungsverfahrens nach § 47 getätigt wurden, jedoch mittelbar oder unmittelbar der Umlegung dienten. 2. Anerkennung ohne Nachprüfung (Abs. 2) Aus Gründen der Vereinfachung genügt nach Abs. 2 die Versicherung der Umlegungsstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß), daß ein Geschäft oder eine Verhandlung im Sinn des Abs. 1 Satz 1 vorliegt.
443
§80 1
4. Teil. Bodenordnung
ZWEITER ABSCHNITT Grenzregelung §80 Zweck,
Voraussetzungen
und
Zuständigkeit
(1) Zur Herbeiführung einer ordnungsmäßigen Bebauung einschließlich Erschließung oder zur Beseitigung baurechtswidriger Zustände kann die Gemeinde im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile durch Grenzregelung 1. benachbarte Grundstücke oder Teile benachbarter Grundstücke gegeneinander austauschen, wenn dies dem öffentlichen Interesse dient, 2. benachbarte Grundstücke, insbesondere Splittergrundstücke oder Teile benachbarter Grundstücke einseitig zuteilen, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten ist. Die Grundstücke und Grundstücksteile dürfen nicht selbständig bebaubar und eine durch die Grenzregelung für den Grundstückseigentümer bewirkte Wertminderung darf nur unerheblich sein. (2) Im Rahmen des Verfahrens der Grenzregelung betroffene Dienstbarkeiten können neu geordnet und zu diesem Zweck auch neu begründet und aufgehoben werden. (3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnungen bestimmen, daß die nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 Nr. 1 und 2 gebildeten Umlegungsäusschüsse auch Grenzregelungen selbständig durchführen." 1. Entwicklung der Grenzregelung a) Zweck der Grenzregelung — dem früheren Landesrecht teilweise unter dem N a m e n Grenzausgleich bekannt — ist es, in einem unkomplizierten Verfahren den Grenzverlauf zwischen benachbarten Grundstücken durch neue Grenzziehung so zu regeln, daß eine wirtschaftlich und städtebaulich günstigere Ausnützung der Grundstücke erzielt wird oder baurechtswidrige Zustände behoben werden. Der rechtlichen Gestaltung nach ist die Grenzregelung das weniger eingreifende Rechtsinstitut gegenüber der Umlegung. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel gebietet, von der Grenzregelung anstatt der Umlegung Gebrauch zu machen, wenn schon erstere zum Ziel führt. b) Im Interesse der Beschleunigung und aus den Erfahrungen der Praxis, die dieses Rechtsinstitut sehr schätzt, wurde § 80 durch die Novelle vom 6. 7. 1979 umgestaltet und erweitert. Es wurde auf benachbarte Grundstücke (nicht mehr nur auf Teile hierzu) ausgedehnt. Dabei wurde der Begriff Splittergrundstücke eingeführt. Im Laufe der Gesetzgebungsverhandlungen wurde auf Vorschlag des BR durch einen neuen Abs. 3 den Länderregierungen die 444
2. Abschnitt. Grenzregelung
§80 2
Ermächtigung zu Rechtsverordnungen gegeben, daß die Umlegungsausschüsse auch Grenzregelungen selbständig durchführen können. 2. Voraussetzungen der Grenzregelung (Abs. 1) DieVoraussetzungenfürdieDurchführungeinerGrenzregelungsind,daß: a) eine ordnungsmäßige Bebauung oder Erschließung herbeigeführt oder baurechtswidrige Zustände beseitigt werden sollen, b) die betroffenen Grundstücke im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen BebPl. (vgl. §§ 10 bis 12) oder innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (vgl. Erläut. bei § 34) liegen, c) die Grenzregelung dem öffentlichen Interesse dient, d) der Wert der Grundstücke erhöht oder nur unerheblich geändert wird, e) es sich um benachbarte Grundstücke handelt, f) die Grundstücksteile nicht selbständig bebaubar sind, es sei denn, es liegt Einverständnis der Beteiligten vor und die Regelung dient der Verwirklichung städtebaulicher Ziele. Diese sechs Voraussetzungen müssen nebeneinander gegeben sein. Der Gesetzgeber hat bewußt eine Reihe von Einschränkungen vorgeschrieben, vor allem um eine Umgehung des weit förmlicheren Verfahrens der Umlegung durch die Gemeinde über den Weg der Grenzregelung von vornherein hintanzuhalten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war für den Gesetzgeber der Anlaß, daß die Grenzregelung nur in dem Ausmaß durchgeführt wird, als die Herbeiführung einer ordnungsmäßigen Bebauung (wozu nun ausdrücklich auch die Erschließung zu rechnen ist) oder die Beseitigung baurechtswidriger Zustände notwendig ist. Nr. 1 beschränkt sich nicht mehr auf Teile benachbarter Grundstücke, sondern erstreckt sich auch auf benachbarte Grundstücke. Dabei kann es sich im Gegensatz zu Nummer 2 (einseitige Zuteilung) nicht nur um „Splittergrundstücke" und diesen vergleichbare Grundstücke handeln, sondern auch um benachbarte Grundstücke, die nach Lage, Form oder Größe mehr als nur ein .Splitter' sind. Der Zulässigkeitsvoraussetzung steht § 87 Abs. 1 über die Allgemeinwohlvoraussetzung für die Zulässigkeit der Enteignung nicht entgegen, da der gegenseitige Austausch keinen Enteignungscharakter hat; der die Umlegung tragende Zweck — diese ist gleichfalls keine Enteignung — und die wertmäßigen Beschränkungen stehen einem enteignende Vorgang entgegen. Nr. 2 beschränkt sich hinsichtlich der selbständigen Grundstücke auf „Splittergrundstücke" oder diesen vergleichbare Grundstücke. Splittergrundstücke sind in der Regel nach Lage, Form oder Größe städtebaulich ungünstig geschnittene, selbständige Grundstücke. Diese Grundstücke, die z. B. nach einer Neuvermessung vor allem bei Straßenverbreiterungen grundbuchrechtlich verselbständigt werden, stehen wirtschaftlich den unselbständigen 445
§80 5
4. Teil. Bodenordnung
Grundstücksteilen, die Nr. 2 gleichfalls anführt, gleich, so daß ihre Einbeziehung in die Grenzregelung (einseitige Zuteilung) sachgerecht ist. Die Einseitigkeit der Zuteilung macht es erforderlich, es hier bei der Voraussetzung zu belassen, daß diese Art der Grenzregelung im öffentlichen, d. h. städtebaulichen Interesse „geboten" sein muß. In den Fällen der Nrn. 1 und 2 kommt es entgegen dem vormaligen Recht nicht mehr auf eine nur unerhebliche Wertänderung a n ; gesetzliche Grenzen sollen künftig in nicht nur unwesentlichen Wertminderungen bestehen. Führt also die Grenzregelung zu Werterhöhungen oder nur unerheblichen Wertminderungen oder bleibt der Wert der Grundstücke unverändert ist der gegenseitige Austausch oder die einseitige Zuteilung zulässig. Vor allem stehen erhebliche Werterhöhungen (u. a. bei Schaffung eines Zugangs zur Straße) z. B. in City-Lagen einer Grenzregelung nicht entgegen, wenn — wie häufig — die Grundstücksänderung flächenmäßig geringfügig ist. Der Begriff „unerhebliche Minderung des Grundstückswerts" ist richterlich nachprüfbar. In § 10 der Ersten Durchführungsverordnung zum Niedersächsischen Aufbaugesetz wurde eine Wertänderung von nicht mehr als 5 v. H. als noch nicht wesentlich angesehen. Andererseits wurde die im RegE noch enthaltene Voraussetzung des Einverständnisses der Rechtsinhaber nicht in die Novelle vom 6. 7.1979 aufgenommen. 3. Neuordnung von Dienstbarkeiten (Abs. 2) Die Möglichkeit der Neuordnung von Dienstbarkeiten im Grenzregelungsverfahren (Abs. 2) betrifft nicht mehr nur bestehende Dienstbarkeiten. Wenn an den auszutauschenden Grundstücksteilen solche Dienstbarkeiten bestehen, so sind sie — soweit erforderlich oder zweckmäßig — neu zu ordnen, gegebenenfalls sogar aufzuheben; es dürfen zum Zwecke der Grenzregelung, also gebunden an diese, auch völlig neue Dienstbarkeiten begründet werden. 4. Ermächtigung an die Landesregierungen (Abs. 3) Auf Vorschlag des BR kam zum Abschluß der Behandlung der Novelle vom 6. 7. 1979 noch Abs. 3 in das Gesetz. Er ermächtigt die Landesregierungen, aufgrund von Rechtsverordnungen den landesrechtlich gebildeten Umlegungsausschüssen die Grenzregelung zur selbständigen Durchführung zu übertragen. 5. Durchführung der Grenzregelung durch die Gemeinde Die Grenzregelung wird ebenso wie die Umlegung durch die Gemeinde als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises durchgeführt. Die Möglichkeit — wie bei der Umlegung (vgl. § 4 6 Abs. 2) —, landesrechtlich durch Rechtsverordnung Ausschüsse mit selbständiger Entscheidungsbefugnis ein446
§81
2. Abschnitt. Grenzregelung
zurichten, hat der Gesetzgeber für die Grenzregelung nicht vorgesehen. Vgl. aber die Erläut. b bei § 82. Die Grenzregelung erfolgt durch Beschluß (vgl. § 82 Abs. 1) des zuständigen Gemeindeorgans, bzw. (Abs. 3) des Umlegungsausschusses. 6. Rechtsprechung 1. O L G München U vom 20. 7.1967 (U 2 / 6 6 Baul.) BayBgm. 1968,101 a) Bei der Grenzregelung der §§ 80 ff. BBauG müssen im Unterschied zur Umlegung (§§ 45 ff. BBauG) die bisherigen Grundstücke hinsichtlich des Eigentümers und der örtlichen Lage im wesentlichen erhalten bleiben. Daraus folgt, daß lediglich ein Austausch kleinerer Grundstücksflächen zulässig ist. b) D a demnach die Grundstücke auch in ihrer Flächenform nicht wesentlich umgestaltet werden dürfen, kommt die Grenzregelung der §§ 80 ff. BBauG einer bloßen Grenzberichtigung nahe.
2. O L G Oldenburg U vom 9. 6. 1972 (7 U-Baul. 6/71) N J W 1972, 2043 Die Grenzregelung dient lediglich der Herstellung boden- und bauordnungsrechtlich gesetzmäßiger Zustände. Sie ist nicht zur Verbesserung der wirtschaftlichen Ausnutzbarkeit eines Grundstücks statthaft (Abweichung von OLG Köln in NJW 1966, 506).
§81 Geldleistungen (1) Wertänderungen der Grundstücke, die durch die Grenzregelung bewirkt werden, oder Wertunterschiede ausgetauschter Grundstücke sind von den Eigentümern in Geld auszugleichen. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teiles gelten sinngemäß. (2) Gläubigerin und Schuldnerin der Geldleistungen ist die Gemeinde. Die Beteiligten können mit Zustimmung der Gemeinde andere Vereinbarungen treffen. Die Geldleistungen werden mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Grenzregelung fällig. (3) Dinglich Berechtigte, deren Rechte durch die Grenzregelung beeinträchtigt werden, sind insoweit auf den Geldanspruch des Eigentümers angewiesen. Für die Hinterlegung von Geldleistungen und für das Verteilungsverfahren gelten die Vorschriften der §§ 118 und 119 sinngemäß. Häufig tritt durch die Grenzregelung (oder seit der Novelle vom 6. 7.1979 auch durch die Wertunterschiede ausgetauschter Grundstücke) auch eine Wertänderung der betroffenen Grundstücke ein. Diese sind unter den G r u n d stückseigentümern nach den Grundsätzen über die Enteignungsentschädigung in Geld auszugleichen (Abs. 1). Allerdings ergibt sich aus § 80 Abs. 1, daß eine Wertminderung nur unerheblich sein darf. Im übrigen entspricht § 81 den ähnlichen Bestimmungen für das Umlegungsverfahren (vgl. § 57 447
§82 l
4. Teil. Bodenordnung
Satz 4). Die Entschädigungsvorschriften der §§ 93 ff. sind sinngemäß anzuwenden. Die Gemeinde ist nach Abs. 2 Gläubigerin und Schuldnerin (vgl. hierzu auch § 64 Abs. 1). Die Fälligkeit der Geldleistungen tritt mit der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Grenzregelung ein, d. h. wenn kein Rechtsbehelf ergriffen wurde oder wenn über einen etwaigen Rechtsbehelf letztinstanziell entschieden ist. Andere Vereinbarungen der Beteiligten sind von der Zustimmung der Gemeinde abhängig. Die Bestimmung des Abs. 3 Satz 1, nach der dinglich Berechtigte im Fall einer Rechtsbeeinträchtigung auf den Geldanspruch des Eigentümers verwiesen werden, entspricht § 63 Abs. 2. Bezüglich Satz 2 vgl. § 65.
§82 Beschluß über die
Grenzregelung
(1) Die Gemeinde setzt durch Beschluß die neuen Grenzen sowie die Geldleistung fest und regelt in ihm, soweit es erforderlich ist, die Neuordnung, Neubegründung oder Aufhebung von Dienstbarkeiten. Beteiligten, deren Rechte durch den Beschluß betroffen werden, ist vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ist eine Regelung mit Einverständnis der betroffenen Rechtsinhaber zustande gekommen (§ 80 Abs. 2), ist diese dem Beschluß zugrunde zu legen. Der Beschluß muß nach Form und Inhalt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster geeignet sein. (2) Allen Beteiligten ist ein ihre Rechte betreffender Auszug aus dem Beschluß zuzustellen. 1. Beschluß (Abs. 1) a) Auch aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß die Grenzregelung als eine Art der vereinfachten Umlegung ähnliche Verfahrensgrundsätze wie die Umlegung hat. So hat die Gemeinde auch bei der Grenzregelung einen Beschluß zu erlassen. Als rechtsgestaltender Verwaltungsakt muß auch dieser Beschluß über die zwischen den Berechtigten getroffenen rechtlichen Vereinbarungen und über die sonstigen getroffenen Regelungen eindeutig Auskunft geben. Der notwendige Mindestinhalt ist in Abs. 1 Satz 1 und 4 genannt. Den durch den Beschluß in ihren Rechten Betroffenen (nicht nur den Beeinträchtigten) muß vorher Gelegenheit gegeben werden, sich zu äußern (Satz 2). Unterlassung der Anhörung macht den Beschluß anfechtbar. Weiter muß der Beschluß nach Form und Inhalt zur Übernahme in den Liegenschaftskataster geeignet sein; diese Bestimmung entspricht derjenigen für den Umlegungsplan (§ 66 Abs. 2 Satz 2). 448
§83
2. Abschnitt. Grenzregelung
b) Entsprechend der Neugestaltung des § 81 durch die Novelle 1979 wurde auch § 82 durch Einfügen der Worte „Neubegründung oder Aufhebung" sowie durch Einfühgung eines Satzes 3 erweitert. Er sichert der Einverständniserklärung die erforderliche Vollziehbarkeit. So wird sichergestellt, daß die einverständliche Regelung vollinhaltlich ohne die Möglichkeit der Änderung oder Ergänzung durch die Gemeinde Inhalt ihres Grenzregelungsbeschlusses wird. 2. Zustellung des Beschlusses (Abs.2) a) Früher mußte der gesamte Beschluß den Beteiligten zugestellt werden. Am Zuge der Vereinfachungsnovelle von 1979 beschränkt sich die Zustellung des Grenzregelungsbeschlusses nach Abs. 2 entsprechend § 70 Abs. 1 auf einen die Rechte der Beteiligten betreffenden Auszug. Diese Entlastung des Grenzregelungsverfahrens kann von besonderer Bedeutung bei umfangreichen Grenzbereinigungen in flurmäßig zersplitterten Gemeindegebieten sein. Mit der Beschränkung auf die auszugsweise Zustellung kann in der Praxis in zunehmenden Fällen der Verwaltungsaufwand verringert werden. Auch der Beschluß über die Grenzregelung m u ß nach § 154 eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Für die Austragung von Streitigkeiten hinsichtlich der Grenzregelung sind nach § 157 Abs. 1 die Baulandkammern/Baulandsenate zuständig; landesrechtlich kann nach § 155 ein Vorverfahren vorgeschaltet werden. b) N u r in einem Fall kann bei der Grenzregelung an die Stelle der Gemeinde ein anderes Organ treten, und zwar nach § 4 Abs. 4 Satz 2, wenn anstelle der Gemeinde ein Planungsverband zum Vollzug der bodenordnenden M a ß n a h m e n des BebPl. getreten ist (vgl. auch § 4 Abs. 1). 3. Überleitungsvorschriften zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 d) Hat die Gemeinde den Beschluß über die Grenzregelung nach § 82 vor dem 1. 8. 1979 gefaßt, sind die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Vierten Teils (§§ 80 bis 84 a. F., siehe vorangegangene sechste Auflage dieses Kommentars, S. 413 bis 418) in der bis zum 31. 7. 1979 geltenden Fassung anzuwenden (§ 183 d Abs. 3). §83 Bekanntmachung
und Rechtswirkungen der
Grenzregelung
(1) Die Gemeinde hat ortsüblich bekanntzumachen, in welchem Zeitpunkt der Beschluß unanfechtbar geworden ist. § 71 Abs. 2 über die vorzeitige Inkraftsetzung ist entsprechend anzuwenden. (2) Mit der Bekanntmachung wird der bisherige Rechtszustand durch den in dem Beschluß über die Grenzregelung vorgesehenen neuen Rechtszustand er449
§84
4. Teil. Bodenordnung
setzt. Die Bekanntmachung schließt die Einweisung der neuen Eigentümer in den Besitz der zugeteilten Grundstücke oder Grundstücksteile ein. (3) Soweit sich nicht aus einer Regelung nach § 80 Abs. 2 etwas anderes ergibt, geht das Eigentum an ausgetauschten oder zugewiesenen Grundstücksteilen lastenfrei auf die neuen Eigentümer über. Unschädlichkeitszeugnisse sind nicht erforderlich. Ausgetauschte oder zugewiesene Grundstücksteile und zugewiesene Grundstücke werden Bestandteil des Grundstücks, dem sie zugewiesen werden. Die dinglichen Rechte an diesem Grundstück erstrecken sich auf die zugewiesenen Grundstücke oder Grundstücksteile. Vorschrift Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 stimmen im wesentlichen mit den entsprechenden Vorschriften über den Umlegungsplan überein (§71 Abs. 1 Satz 1, § 72 Abs. 1, siehe Erläut. dort). Durch die Novelle 1979 wurde in Abs. 1 ein Satz 2 eingefügt. Diese Ergänzung dient vor allem der Beschleunigung bei umfangreichen Grenzregelungsverfahren, die in der Praxis an Häufigkeit zugenommen haben. In diesen Fällen wird durch Satz 2 verhindert, daß das Inkrafttreten von Grenzregelungsbeschlüssen durch Einlegung von Rechtsbehelfen verzögert wird, wenn die Entscheidung über den Rechtsbehelf die nicht angefochtenen Teile des Beschlusses nicht berühren kann. Abs. 3 entspricht der Besonderheit des Grenzregelungsverfahrens als einer vereinfachten Form der Umlegung. Der Übergang der Grundstücksteile erfolgt — soweit nicht Dienstbarkeiten neu geregelt werden (§ 80 Abs. 1 Satz 2) — lastenfrei. Unschädlichkeitszeugnisse entfallen hier. Als Bestandteile des Grundstücks, dem sie zugewiesen werden, treten die ausgetauschten Teile in die am Gesamtgrundstück bestehenden dinglichen Rechte ein (Satz 2 und 3). Durch die Novelle von 1979 wurden Abs. 2 und 3 durch die Einbeziehung ganzer Grundstücke erweitert. Dies entspricht der Erweiterung des § 80 (siehe dort).
§84 Berichtigung der öffentlichen Bücher (1) Die Gemeinde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses über die Grenzregelung, teilt den Zeitpunkt der Bekanntmachung nach § 83 Abs. 1 mit und ersucht das Grundbuchamt, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen. § 74 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Für die Kosten der Grenzregelung gelten die § § 7 8 und 79 entsprechend. Abs. 1 entspricht § 74 Abs. 1 mit der Maßgabe, daß für die Übersendung der notwendigen Urkunden an die Stelle der Umlegungsstelle (Gemeinde oder Umlegungsausschuß) allein die Gemeinde tritt. § 74 Abs. 2 wurde ent450
Vor § 85
5. Teil. Enteignung
sprechend anwendbar erklärt, d. h. bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters dient unter den in der genannten Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen die beglaubigte Abschrift des Grenzregelungsbeschlusses als amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinn von § 2 Abs. 2 GBO. Bezüglich der Kosten wurden §§ 78 und 79 für entsprechend anwendbar erklärt (siehe die Erläuterungen dort).
F Ü N F T E R TEIL
Enteignung Vorbemerkung 1. Baurechtliche Vorschriften berühren in vielfältiger Weise das Eigentum. Die Junktim-Klausel des Artikels 14 Abs. 3 G G verpflichtet den Gesetzgeber, festzulegen, welche Eingriffe im Rahmen der Sozialbindung liegen und welche sich als Enteignung darstellen, da in letzterem Fall Art und Ausmaß der Entschädigung im Gesetz zu regeln sind. Soweit es sich um Eingriffe handelt, die nicht einen Entzug des Eigentums enthalten, sondern nur in ihren Auswirkungen zu Vermögensnachteilen führen, die entschädigungslos nicht hingenommen zu werden brauchen, ist die Pflicht zur Entschädigungsleistung jeweils in den einzelnen Vorschriften des Gesetzes geregelt (vgl. z. B. §§21, 28, 39j ff.). Demgegenüber werden in diesem Teil des Gesetzes nur diejenigen Enteignungstatbestände behandelt, die unter den Begriff Enteignung im sogenannten klassischen Sinn fallen. Ursprünglich war das Enteignungsrecht rein landesgesetzlich geregelt. Nachdem die Weimarer Reichsverfassung eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Reiches auf dem Gebiet der Enteignung zuließ (vgl. Art. 7 Nr. 12 und Art. 153 Abs. 2 WRV) und auf dem Gebiet des Städtebaues die immer größer werdende Wohnungsnot nach dem ersten Weltkrieg reichseinheitliche und gegenüber dem Landesrecht vereinfachte Enteignungsvorschriften forderte, sah § 3 der Behebungsverordnung (Verordnung zur Behebung der dringendsten Wohnungsnot vom 9. Dezember 1919 — RGBl. S. 1968) eine vereinfachte Enteignung zur Beschaffung von Klein- und Mittelwohnungen vor. Später brachten § 11 der 3. Notverordnung 4. Teil Kapitel II (Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931 — RGBl. I S. 537 und 551) und die Verordnung über die Landbeschaffung für Kleinsiedlungen vom 17. Oktober 1936 (RGBl. I S. 896) Enteignungsvorschriften zum Zwecke der Errichtung von Kleinsiedlungen. Das Reichsheimstättengesetz i. d. F. der Bek. vom 25. November 1937 (RGBl. I S. 1291) schuf in § 28 die Enteignungsmöglichkeit zur Begründung oder Vergrößerung einer Heimstätte. Nach den zweiten Weltkrieg erforderte der Wiederaufbau der zerstörten Städte dringend eine Reform der bestehenden städtebaulichen Vorschriften, insbesondere des Enteignungsrechts. So entstanden noch vor der Gründung der Bundesrepublik in den meisten Ländern Aufbaugesetze, die u. a. die Enteignungsmöglichkeiten über die Zwecke der Baulandbeschaffung für Wohnungen hinaus auf sonstige städtebauliche Zwecke erweiterten und sich in unterschiedlicher Weise mit der Entschädigungsregelung befaßten. Wegen des Verfahrens wurde jedoch überwiegend auf die vorhandenen alten Enteignungsgesetze verwiesen.
451
Vor § 85
5. Teil. Enteignung
Um diese Rechtszersplitterung des Enteignungsrechts wenigstens auf dem Teilbereich der Baulandbeschaffung für Zwecke des Wohnungsbaues zu beseitigen und um eine praktikable Regelung zu schaffen, die gleichwohl dem rechtsstaatlichen Bedürfnis nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit genügte, wurde das Baulandbeschaffungsgesetz (BauLBG) vom 3. August 1953 (BGBl. I S. 720) erlassen. 2. Die Vorschriften des Fünften Teils des BBauG sind weitgehend dem BauLBG nachgebildet worden, das neben anderen Vorschriften durch das BBauG ersetzt wurde. Das BauLBG war das erste Enteignungsgesetz des Bundes. Es schuf für die Bereitstellung von Bauland eine neue Rechtsgrundlage. Da das BauBLG als eine teilweise Vorwegregelung des städtebaulichen Enteignungsrechts gedacht war, konnte auf seinen Vorschriften weitgehend der Enteignungsteil des BBauG aufgebaut werden. 3. Im einzelnen ergaben sich gegenüber dem BauLBG folgende grundlegende Abweichungen: a) Das BauLBG beschränkte sich angesichts der vordringlichen Aufgaben des Wohnungsbaues grundsätzlich auf die Enteignung von Bauland für den Wohnungsbau und der damit zusammenhängenden Flächen. Das BBauG mußte entsprechend seiner städtebaulichen Zielsetzung umfassendere Enteignungsvorschriften enthalten. An Stelle der in § 2 BauLBG kasuistisch aufgezählten Enteignungszwecke wird daher allgemein die Enteignung zur bebauungsplanmäßigen Nutzung sowie zur Vorbereitung dieser Nutzung für zulässig erklärt. Daneben wurde in gewissen Fällen die Enteignung zugunsten eines Dritten zugelassen, um das zu enteignende Grundstück durch diesen Dritten der baulichen Nutzung zuzuführen. Diese Erweiterung des Enteignungszwekkes soll der Sicherung des Vollzugs der Bauleitplanung dienen. Die Frage, welche Art der Bodennutzung dem Wohl der Allgemeinheit entspricht, wird bei der Aufstellung der Bauleitpläne, insbesondere der Bebauungspläne, entschieden. Gleichwohl ist aber zusätzlich in jedem Enteignungsverfahren zu prüfen, ob auch die Enteignung im jeweiligen Einzelfall dem Wohle der Allgemeinheit im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG dient (§ 87 Abs. 1; vgl. auch die Erläut. hierzu). b) Ein weiterer Unterschied gegenüber dem BauLBG besteht in der Beseitigung der Konkurrenz zwischen bundeseinheitlichen und landesrechtlichen Enteignungsvorschriften im Bereich eines Bebauungsplans. Während das BauLBG in § 2 Buchstabe c die Enteignung für Gemeinbedarfs-, Verkehrs- und Versorgungsflächen wahlweise auch nach Landesrecht gestattete, ist seit 1961 die städtebauliche Enteignung im Bereich eines BebPl. nach dem BBauG nur noch nach diesem Gesetz zulässig. c) Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem BBauG und dem BauLBG liegt schließlich darin, daß sich im ersteren die Enteignungsentschädigung für den Rechtsverlust nach dem Verkehrswert des Grundstücks bemißt (vgl. §§ 95, Abs. 1, 141), während das BauLBG bei der Wertermittlung von den Wertverhältnissen am 17. Oktober 1936 ausging und insbesondere Werterhöhungen, die durch die Möglichkeit einer Nutzungsänderung oder durch die Aussicht hierauf entstanden sind, unberücksichtigt ließ. Mit dieser Vorschrift wollte das BauLBG den Weg für eine Regelung offenhalten, die einen Vorteilsausgleich zwischen denjenigen Grundstückseigentümern herbeiführt, die durch städtebauliche Maßnahmen begünstigt, und jenen, die durch sie nicht begünstigt werden. In seiner Systematik folgte das BBauG in vielem dem BauLBG (vgl. hierzu auch AmtlBegr. zum Fünften Teil, B T - D S 3/336, S. 86). 4. Die Novelle von 1976 zum BBauG brachte im Bereich des Enteignungsrechts eine Reihe von Änderung bestehender Vorschriften (§§ 85, 86, 87, 89, 95, 100, 101, 103, 108, 109, 111, 113, 117, 121, 122), von denen § 89 über die Veräußerungspflicht der Gemeinde die umfangreichste Einzeländerung darstellt, ferner Einfügungen der §§ 109 a (Genehmigungspflicht für Rechtsvorgänge der in § 51 bezeichneten Art), 122 a (allgemeine Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs) und 122 b (Härteausgleich bei Aufhebung, Enteignung, Kündigung u. a.). Einige Bestimmungen des
452
§85 1
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
StBauFG wurden in diesen Änderungen weiter entwickelt und konnten demgemäß in jenem Gesetz entfallen. 5. Verwaltungsakte aufgrund der Vorschriften des Fünften Teils sowie des StBauFG, für die die Anwendung des Zweiten Abschnitts des Fünften Teiles des BBauG vorgeschrieben ist oder die in einem Verfahren nach dem Vierten oder Fünften Teil des BBauG erlassen werden, können auch nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach dem Neunten Teil des BBauG angefochten werden (§ 157 und § 86 Abs. 2 StBauFG). Damit ist die Zuständigkeit der Baulandkammern/senate, nicht die der allgemeinen Verwaltungsgerichte gegeben.
ERSTER ABSCHNITT Zulässigkeit der Enteignung §85 En teignungszweck (1) Nach diesem Gesetz kann nur enteignet werden, um 1. entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes ein Grundstück zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten, 2. unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke, die nicht im Bereich eines Bebauungsplanes aber innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen, insbesondere zur Schließung von Baulücken, entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen oder einer baulichen Nutzung zuzuführen, 3. Grundstücke für die Entschädigung in Land zu beschaffen oder 4. durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen. 5. in den in § 39 h Abs. 1 bezeichneten Gebieten ein Gebäude aus den in § 39 h Abs. 3 und 4 bezeichneten Gründen zu erhalten (2) Unberührt bleiben 1. die Vorschriften über die Enteignung zu anderen als den in Absatz 1 genannten Zwecken, 2. landesrechtliche Vorschriften über die Enteignung zu den in Absatz 1 Nr. 5 genannten Zwecken. 1. Allgemeines a) Die Vorschrift, welche die zulässigen Enteignungszwecke voranstellt, wurde in den Ausschußberatungen (damals 24. Ausschuß) gegenüber der Reg.-vorlage (§ 96 Abs. 1 E) insofern erweitert, als die Enteignung nicht auf den Bereich eines BebPl. und auf die Ersatzlandbeschaffung beschränkt ist (Abs. 1 Nr. 1 und 3), sondern noch auf andere Tatbestände ausgedehnt wurde (Abs. 1 Nr. 2 und 4). 453
§85 2
5. Teil. Enteignung
b) Die Enteignungszwecke des Städtebaues (vgl. Anm. 1 zu § 1; der Begriff „Städtebau" ist als Oberbegriff zu verstehen, der sowohl die Stadt- wie auch die ländliche Planung umfaßt) sind in § 85 abschließend geregelt. Abs. 2 stellt klar, daß eine Enteignung zu sonstigen Zwecken sich nach den dafür maßgeblichen Gesetzen richtet. Im übrigen handelt es sich bei den Enteignungsbestimmungen des BBauG nicht etwa um Neuschöpfungen, sondern in vielem um überkommenes Recht (vgl. die Länderaufbaugesetze und das BauLBG). Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 erhielt Abs. 1 im Hinblick auf den neuen § 39 h eine Nr. 5. Abs. 2 wurde in Bezug auf das Landesrecht erweitert. c) Die Enteignungszwecke werden bestimmt durch das Erfordernis aa) der Nutzung eines Grundstücks, der Vorbereitung und der Herbeiführung einer solchen Nutzung (Abs. 1 Nr. 1 und 2), bb) der Beschaffung eines Grundstücks zur Entschädigung in Land (Abs. 1 Nr. 3), cc) der Ersetzung von Rechten, die durch Enteignung entzogen wurden, durch neue Rechte (Abs. 1 Nr. 4), dd) des Vorliegends der Voraussetzung des § 39 h Abs. 1 bzw. 3 und 4 (Abs. 1 Nr. 5). d) Eine allgemeine Vorschrift darüber, in welchen Fällen ein Rechtsanspruch auf Einleitung eines Enteignungsverfahrens besteht, war entbehrlich, da dies in den jeweiligen Vorschriften, z. B. in § 40 Abs. 2, § 41 Abs. 3 ausdrücklich bestimmt ist (vgl. die Erläut. dort). e) Wegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist noch besonders auf § 87 Abs. 2 und 3 hinzuweisen. 2. Einzelne Enteignungszwecke a) Grundlage für die Enteignung nach Abs. 1 Nr. 1 sind die Festsetzungen des BebPl. Daraus geht hervor, welche überragende Bedeutung der BebPl. (§§ 8 ff.; s. Erläut. dort) für das Enteignungsverfahren nach dem BBauG hat. Auf Grund des rechtsverbindlich gewordenen BebPl. (§ 12) kann nach Maßgabe seiner Festsetzungen (§ 9), d. h. zum Zweck der im BebPl. vorgesehenen Nutzung eines Grundstücks, enteignet werden. Die Enteignung dient letzlich der Verwirklichung des BebPl. Für die Enteignung nach Abs. 1 Nr. 1 ist Voraussetzung, daß ein Bebauungsplan vorliegt, und zwar ist der BebPl. materielle und formelle Zulässigkeitsvoraussetzung. Der BebPl. steckt den Rahmen ab. Sein Vorliegen ist zunächst einmal formelle Voraussetzung für eine Enteignung nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 BBauG, d. h., auf Grund dieser Bestimmung kann eine Enteignung nur durchgeführt werden, wenn ein BebPl. aufgestellt ist. Der BebPl. macht damit für den Bereich des BBauG ein Planfeststellungsverfahren entbehrlich. Die Enteignung hat den Zweck, das Grundstück „entsprechend den Festsetzungen des BebPl. nutzen" zu können. Der BebPl. hat daher auch gewisse mate454
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§85 2
rielle Wirkungen. Die Enteignungsbehörde kann, wenn ein BebPl. aufgestellt ist, nicht generell die Auffassung vertreten, ein Grundstück, das im BebPl. als Straße ausgewiesen ist, eigne sich mehr für eine Bebauung, oder ein Gelände, das für eine Bebauung mit Villen vorgesehen ist, eigne sich mehr für eine Bebauung mit Fabriken, oder ein als Baugebiet ausgewiesenes Gelände eigne sich überhaupt nicht für eine Bebauung. Dagegen hat die Enteignungsbehörde im Einzelfall zu prüfen — und zwar hier ohne Bindung an den Plan —, ob die Voraussetzungen für die Enteignung überhaupt gegeben sind. Sie kann entscheiden, daß die Enteignung des ganzen Grundstücks für eine bestimmte Festsetzung im BebPl. überhaupt nicht erforderlich ist, daß also z. B. die Belastung mit einer Dienstbarkeit genügt. Sie kann also z. B. nicht sagen: Hier ist eine Straße nicht erforderlich, oder die Straße muß anders geführt werden ; sie kann nur über das Ausmaß der im Plan vorgesehenen Inanspruchnahme befinden. Denn der Umstand, daß eine beabsichtigte bauliche Nutzung den Festsetzungen des BebPl. entspricht, rechtfertigt allein und im allgemeinen die Durchführung der Enteignung noch nicht (vgl. § 87 Erläut. 2 a). Die Enteignungsbehörde muß von der im Plan vorgesehenen Linienführung ausgehen; damit ist die Größe und die Grenze der für eine Enteignung in Betracht kommenden Grundstücke festgelegt. Dagegen ist die Enteignungsbehörde nicht in der Richtung gebunden, daß sie nur mehr die Eigentumsentziehung und die Eigentumsübertragung auszusprechen hätte. Sie hat vielmehr zu prüfen und zu entscheiden, ob die Enteignung im einzelnen Fall zulässig ist; die Enteignung muß ultima ratio sein. Die Enteignungsbehörde muß also feststellen, ob die Ausführung des Vorhabens die vollständige oder teilweise Entziehung des Eigentums auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt. Ob und inwieweit im einzelnen Fall eine Enteignung notwendig wird, um die Ausführung des Vorhabens sicherzustellen, wird nicht im BebPl. entschieden; dieser ist daher in seiner rechtlichen Gültigkeit nicht davon abhängig, daß die für eine Enteignung in einem konkreten Fall erforderlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. hierzu auch § 87 Nr. 4 — Rspr.). aa) Materiell ist die Enteignung grundsätzlich vom BebPl. in der Weise abhängig, daß mit ihr nur eine solche Nutzung angestrebt werden darf, die mit den Festsetzungen des BebPl. übereinstimmt. Durch diese strenge Bezugnahme auf den BebPl. in Nr. 1 wird es entbehrlich, hier die einzelnen zulässigen Enteignungszwecke aufzuzählen. Es darf also zur Ermöglichung jeder im BebPl. festgelegten Nutzung enteignet werden. Dabei geht die amtliche Begründung (zu § 96 E) davon aus, daß die Nutzung, die durch den BebPl. unter Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen festgesetzt worden ist, die bestmögliche ist (vgl. § 1). So wird die förmliche und inhaltliche Verknüpfung der städtebaulichen Enteignung mit der städtebaulichen Planung hergestellt. Der BebPl. selbst kann aber im Enteignungsverfahren jedenfalls nicht mehr hinsichtlich der Zweckmäßigkeit seiner Festsetzungen angegriffen 455
§85 2
5. Teil. Enteignung
werden. Nach dem U des OLG München, Senat für Baulandsachen vom 4. 6. 1962 — 2 U 1/62 Baul. — bedeutet diese Bindungswirkung allerdings keine materielle (innere) Rechtskraft im Sinn der streitigen Gerichtsbarkeit. Dort schließt die materielle Rechtskraft jedes neue Verfahren und jede neue, d. h. abweichende Entscheidung in derselben Sache aus. Wäre das auch hier der Fall, dann träte nach einem rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplan (§ 12 BBauG) ein Erstarrungszustand ein, der es verböte, neue Möglichkeiten und Bedürfnisse der städtebaulichen Entwicklung zu berücksichtigen. Daß das vom BBauG nicht gewollt ist, ergibt sich bereits aus dem in § 1 Abs. 1 ausgesprochenen Gesetzeszweck und aus den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, den rechtsverbindlich gewordenen BebPl. nachträglich zu ändern und zu ergänzen. Die Bindungswirkung des Plans besagt vor allem nichts darüber, ob im Einzelfall das Wohl der Allgemeinheit die Enteignung erfordert und ob der Enteignungszweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Das sind vielmehr selbständige Fragen, die nicht schon durch einen rechtsverbindlichen BebPl. bindend vorweg entschieden sind, und zwar auch nicht einmal mit dem für eine vorzeitige Besitzeinweisung erforderlichen, aber auch genügend hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. In der bloßen Nichteinbeziehung eines Geländes in einen BebPl. kann ein enteignender Eingriff in das Eigentum nicht gesehen werden. Denn ein bloßes Unterlassen stellt grundsätzlich einen enteignenden Akt nicht dar, da dieser einen „ E i n g r i f f im Sinne einer unmittelbaren Beeinträchtigung von Eigentum zur Voraussetzung hat. Davon kann aber beim Unterlassen allenfalls dann gesprochen werden, wenn es sich wie ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren läßt (vgl. BGHZ 32, 208, 211, DVB1. 1969, 209 s. unten Rspr. 6 d). Zu beachten ist, daß die Enteignung nicht etwa nur zur baulichen Nutzung eines Grundstücks zulässig ist (wenn dies auch meist der Fall sein wird), in Frage kommt vielmehr jede im BebPl. vorgesehene Nutzung. Ausnahmen von der formellen Zulässigkeitsvoraussetzung des Vorliegens eines rechtsverbindlichen BebPl. bilden Nr. 2, 3 und 4 des Abs. 1 (siehe unten). bb) Neben der Enteignung zur Verwirklichung der bebauungsplanmäßigen Nutzung zugunsten eines jeden Bauwilligen, der in der Lage ist, den im BebPl. vorgesehenen Zweck zu erfüllen, enthält Abs. 1 Nr. 1 noch einen verwandten Enteignungszweck, nämlich die Vorbereitung der im BebPl. vorgesehenen Nutzung. Auch hier ist also der BebPl. Grundlage und formelle und materielle Zulässigkeitsvoraussetzung für die Enteignung. Die Enteignung für Vorbereitungszwecke darf nur zugunsten der Gemeinde erfolgen (§ 87 Abs. 3), also nicht zugunsten eines privaten Bauwilligen. Sie soll dazu dienen, der Gemeinde die Baureifmachung bisher unerschlossenen Geländes zu erleichtern und in vielen Fällen überhaupt erst zu ermöglichen. Es kommen also unbebaute oder geringfügig bebaute, zur Bebauung noch nicht aufge456
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§85
2
schlossene Grundstücke in Frage; dabei kann es sich sowohl um Enteignung größerer Flächen handeln als auch um die Enteignung einzelner Grundstücke, die in einem von der Gemeinde für Zwecke der Wiederbebauung oder Baureifmachung erworbenen Gelände liegen (wegen der Schließung von Baulücken siehe b). Da die Enteignung zur Nutzung die Glaubhaftmachung der vorgesehenen Zweckverwendung in angemessener Frist zur Voraussetzung hat, ist auch die Enteignung zur Vorbereitung der Nutzung nicht nur im Hinblick auf die Vorbereitung, sondern auch auf die Zweckverwendung von derselben Voraussetzung abhängig. Ob zur Vorbereitung der Nutzung im Sinne des § 85 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG bereits die Vollenteignung zulässig ist oder die Gemeinde sich insoweit mit weniger eingreifenden Enteignungsmaßnahmen begnügen muß, wenn sich der Enteignungszweck auch hierdurch erreichen läßt, richtet sich danach, ob die Gesamtkosten bei schrittweisem Vorgehen sich wesentlich höher stellen als bei sofortiger Vollenteignung (vgl. hierzu auch BGH U vom 19. 12. 1966 [III ZR 62/66] DÖV 1968, 65 = M D R 1967, 994). Die Enteignung zugunsten einer Gemeinde hinsichtlich eines Grundstücks, das in einer anderen Gemeinde liegt, ist nicht zulässig . Dies muß sich aus dem Wortlaut des § 87 Abs. 3 ergeben („Die Enteignung eines Grundstücks . . . darf nur zugunsten der Gemeinde erfolgen"; vgl. im Gegensatz dazu die Fassung des § 6 Abs. 3 BauLBG: „Die Enteignung zugunsten einer Gemeinde ist auch zulässig...", sowie Dittus-Zinkahn § 6 Anm 11). Wegen der Veräußerungspflicht der Gemeinde siehe § 89 Abs. 1. b) Auf Grund der Ausschußberatungen der Erstfassung wurde die Enteignungsmöglichkeit innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile auch unabhängig von der Aufstellung eines BebPl. für erforderlich gehalten, da es in diesen Gebieten nicht überall notwendig sein wird, einen BebPl. aufzustellen (so z. B. im zusammenhängend bebauten Stadtkern). Damit soll namentlich die Enteignung von Baulücken ermöglicht werden, ohne daß erst ein Verfahren zur Aufstellung eines BebPl. vorangehen muß. Voraussetzung für diese in Nr. 2 geregelte Enteignung ist also nicht das Vorliegen eines BebPl. Wenn ein solcher vorliegt, kommt nur die Enteignung nach Abs. 1 Nr. 1, nicht nach Nr. 2 in Frage. Voraussetzung ist hier: aa) daß es sich um ein unbebautes oder geringfügig bebautes Grundstück handelt und bb) daß dieses Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Als geringfügig bebaut ist dann ein Grundstück anzusehen, wenn auf ihm etwa Behelfsläden, Baracken, Schuppen, Kioske, behelfsmäßige Einstellplätze für Kraftfahrzeuge, Gartenhäuschen u. dgl. errichtet wurden. In § 3 Abs. 1 Buchst, c des BauLBG hieß es über den Begriff „gering457
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5. Teil. Enteignung
fügige Bebauung": Als geringfügig ist namentlich eine Bebauung anzusehen, die erheblich unter dem Maß der zulässigen oder üblichen Bebauung liegt oder nach ihrem Umfang die Verpflichtung zur Leistung von Anliegerbeiträgen nicht auslöst oder in behelfsmäßiger Bauart errichtet oder nur auf Widerruf genehmigt ist. Der Zweck der Enteignung nach Nr. 2 ist, daß Grundstück „entsprechend den baurechtlichen Vorschriften" zu nutzen. Da in diesen Fällen kein Bebauungsplan vorliegt, sind lediglich die für das betreffende Gebiet geltenden allgemeinen baurechtlichen Vorschriften zu beachten (z. B. die landesrechtlichen oder ortsrechtlichen Vorschriften über Art und Maß der baulichen Nutzung). Eine weitere Enteignungsmöglichkeit wurde in Nr. 2 (in Verbindung mit § 87 Abs. 3) zugunsten der Gemeinde geschaffen. Diese kann die Enteignung beantragen, um ein nicht im Bereich eines BebPl. gelegenes Grundstück, auf das die oben unter aa) und bb) angeführten Voraussetzungen zutreffen, einer baulichen Nutzung (durch einen Dritten) zuzuführen. Hier kommen vor allem derzeit unbebaute bzw. nur geringfügig bebaute Grundstücke in Betracht, die bereits erschlossen sind, die früher bereits bebaut waren und wieder voll bebaut werden sollen. Es wird sich daher vor allem um Grundstücke handeln, deren Bauwerke durch Schäden irgendwelcher Art (Kriegszerstörung, Naturkatastrophen) oder etwa durch Abbruch beseitigt oder stark beschädigt wurden. Die Inanspruchnahme erschlossener Grundstücke soll in erster Linie Baulücken erfassen, um die kostspielige Beschaffung und Erschließung neuen Geländes am Stadtrand zu vermeiden. Es liegt im Interesse der Allgemeinheit, wenn die Bautätigkeit zunächst an die vorhandenen Straßen gelenkt wird, um die öffentlichen Mittel zu schonen und die Inanspruchnahme von neuem Land zu Bauzwecken und damit weitere Kosten verursachende Erschließungsmaßnahmen zu vermeiden (vgl. BVerwG U vom 29.11. 1956, N J W 1956, 1798). Damit sollte zugleich einer etwaigen Zurückhaltung baureifer Grundstücke aus spekulativen Gründen entgegengewirkt werden. Der Eigentümer eines solchen Grundstücks ist geschützt durch die Bestimmung in § 87 Abs. 1, wonach die Enteignung im einzelnen Fall u. a. nur zulässig ist, wenn der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. Der Eigentümer kann also eine drohende Enteignung dadurch abwenden, daß er einwendet und glaubhaft macht, daß er die Baulücke in einer bestimmten Frist („entsprechend den baurechtlichen Vorschriften") selbst bebaut (vgl. hierzu besonders auch den in den Ausschußverhandlungen gestrichenen § 102 der Regierungsvorlage, der einen förmlichen Abwendungsanspruch des Eigentümers vorsah; die Vorschrift war nach übereinstimmender Ansicht des Ausschusses entbehrlich, weil die Enteignungsbehörde bei der Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Enteignung ohnehin feststellen müsse, ob der Eigentümer nicht selbst das betreffende Grundstück entsprechend den Festsetzungen des BebPl. selbst nutzen will, und weil, wenn 458
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§85 3
dies der Fall sei, die grundlegende Voraussetzung für eine Enteignung, daß sie zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich sei, in der Regel nicht gegeben sei - siehe B T - D S 3/1794, zu § 102 - ) . Für die Einführung dieses Enteignungstatbestandes war die Erwägung maßgebend, daß sich private Bauwillige erfahrungsgemäß oft scheuen, den für sie mühseligen, zeitraubenden und kostspieligen Weg der Enteignung zu beschreiten. Die Gemeinde ist verpflichtet, das zu ihren Gunsten enteignete Grundstück an Bauwillige weiter zu veräußern; siehe hierüber § 89 Abs. 2. c) Auch die Ersatzlandenteignung nach Nr. 3 kann außerhalb des Gebiets eines Beb PI. durchaus erfolgen; denn es wird in der Regel zweckmäßig sein, nur solches Gelände als Ersatzland in Anspruch zu nehmen, das voraussichtlich nicht alsbald wiederum für eine Enteignung zum Zwecke der Bebauung in Betracht kommen kann. Als Ersatzland kommen solche Grundstücke in Frage, die als Entschädigung in einem Enteignungsverfahren gewährt werden. Ihrem Zweck nach soll die Ersatzlandenteignung die Erhaltung der Existenz des Enteigneten gewährleisten. Über die Voraussetzungen der Ersatzlandenteignung vgl. im einzelnen §§ 90 und 100. Ein Grundstück kann zur Entschädigung in Land jedoch nur dann enteignet werden, wenn es land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden soll (§ 90 Abs. 3). d) Die Bestimmung in Nr. 4 — Enteignung zu dem Zweck, entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen — soll es ermöglichen, den bisherigen Inhaber eines Rechts (z. B. eines Rechts, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigt, wie Vorkaufs-, Miet- und Pachtrechte — § 86 Abs. 1 Nr. 3 —), das durch Enteignung entzogen wird, durch Begründung eines neuen entsprechenden Rechts zu entschädigen (vgl. auch § 101). e) Durch die Einfügung des § 39 h anläßlich des ÄndG 1976 erhielt Abs. 1 eine neue Nr. 5. Die Enteignung kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn dem Eigentümer z. B. eine Erhaltung des Gebäudes wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das öffentliche Interesse an der Erhaltung jedoch gegenüber dem privaten Interesse am Abbruch zum Zwecke einer wirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Die Voraussetzung für die Erhaltungswürdigkeit sind in § 39 h Abs. 3 und 4 ausschließlich aufgeführt. 3. Vorbehalt anderer Vorschriften (Abs. 2) In der Neufassung des Abs. 2 (ÄndG 1976) wird nicht nur allgemein ein Vorbehalt für andere Enteignungsvorschriften ausgesprochen (z. B. für Verteidigungszwecke nach dem Bundesleistungsgesetz), sondern auch für Landesvorschriften über Enteignung zur Erhaltung baulicher Anlagen. 459
§85 6
5. Teil. Enteignung
4. Übergangsregelung Als BebPl. gelten im ü b r i g e n a u c h alle b e s t e h e n d e n b a u r e c h t l i c h e n Vorschriften u n d B a u l i n i e n p l ä n e , soweit sie v e r b i n d l i c h e R e g e l u n g e n d e r in § 9 b e z e i c h n e t e n A r t e n t h a l t e n (§ 173 Abs. 3).
5. Sondervorschriften des Städtebauförderungsgesetzes I m s t ä d t e b a u l i c h e n E n t w i c k l u n g s b e r e i c h (vgl. §§ 53 ff., 57 S t B a u F G ) find e n die V o r s c h r i f t e n des § 85 B B a u G keine A n w e n d u n g (§ 57 Abs. 3 Satz 3 StBauFG).
6. Rechtsprechung (siehe auch bei § 95) A. Höchstrichterl.
Rspr.
1. B V e r f G U v o m 18. 12. 1968 (1 B v R 6 3 8 / 6 4 ) DVB1. 1969, 190 = BayVBl. 1969, 94 a) Im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde kann gerügt werden, der Gesetzgeber sei zum Anlaß des angegriffenen Enteignungsgesetzes nicht zuständig gewesen. b) Die Entstehung „öffentlichen Eigentums" an Hochwasserschutzanlagen nach § 2 Abs. 1 und 3 des Hamburgischen Deichordnungsgesetzes ist mit dem Grundgesetz vereinbar. c) Die Garantie des Eigentums als Rechtseinrichtung dient der Sicherung des Eigentumsgrundrechts. Die Institutsgarantie verbietet, solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung zu entziehen, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören. d) Enteignungsgesetze (Art. 14 Abs. 3 GG) schränken das Grundrecht des Eigentums nicht im Sinne des Art. 19 Abs. 1 GG ein. e) Ein den Bestand, nicht nur den Wert des Eigentums sichernder Rechtsschutz ist ein wesentliches Element der Eigentumsgarantie. f) Die Enteignung durch Gesetz (Legalenteignung) ist nur in eng begrenzten Fällen zulässig. g) Ob Enteignungsgesetze für ihren konkreten Sachbereich dem Begriff des Wohles der Allgemeinheit im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG gerecht werden, unterliegt der verfassungsgerichtlichen Prüfung. h) Auch für Legalenteignungen gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei der hiernach gebotenen Prüfung, ob zur Durchführung eines Vorhabens das Mittel der Enteignung erforderlich ist, ist das Bundesverfassungsgericht nicht an die Auffassung des Gesetzgebers gebunden. i) Entspricht die Entschädigungsregelung eines Enteignungsgesetzes nicht den Erfordernissen des Art. 14 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GG, so ist das ganze Gesetz verfassungswidrig. k) Besteht bei enteigneten Grundstücken kein wertmäßig bedeutsamer Unterschied in den wertbestimmenden Faktoren, so ist der Gesetzgeber nicht gehindert, im Gesetz selbst einen festen Quadratmeterbetrag als Grundlage für die Berechnung der Entschädigung zu bestimmen. 1) Das Abwägungsgebot des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG ermöglicht es dem Gesetzgeber, je nach den Umständen vollen Ersatz, aber auch eine darunter liegende Entschädigung zu bestimmen. Das Grundgesetz verlangt nicht, daß die Entschädigung stets nach dem Marktwert bemessen wird. 460
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§85 6
2. BVerwG U vom 18. 8. 1964 (I C 48.63) DVB1. 1965, 413 = M D R 1964, 1030 = NJW 1964, 2440 = BayVBl. 1964, 403 = BVerwGE 19, 171 = DÖV 1964, 812
Der durch das Enteignungsverfahren Begünstigte ist verpflichtet, durch Tausch von Grundstücksteilen dazu beizutragen, daß der Enteignungszweck auch durch einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen erreicht werden kann, der weniger schwer als die Entziehung des Eigentums ist.
3. BGH U vom 19. 12. 1966 (III ZR 62/66) DÖV 1968, 65 = M D R 1967, 994
a) Da die Enteignung zur Nutzung die Glaubhaftigkeit der vorgesehenen Zweckverwendung in angemessener Frist zur Voraussetzung hat, ist auch die Enteignung zur Vorbereitung der Nutzung nicht nur im Hinblick auf die Vorbereitung, sondern auch auf die Zweckverwendung von derselben Voraussetzung abhängig. b) Ob zur Vorbereitung der Nutzung im Sinne des § 85 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG bereits die Vollenteignung zulässig ist oder die Gemeinde sich insoweit mit weniger eingreifenden Enteignungsmaßnahmen begnügen muß, wenn sich der Enteignungszweck auch hierdurch erreichen läßt, richtet sich danach, ob die Gesamtkosten bei schrittweisem Vorgehen sich wesentlich höher stellen als bei sofortiger Vollenteignung.
4. BGH U vom 6. 6. 1968 (III ZR 32/68) DVB1. 1969, 209
Das Berufungsgericht hat mit Recht in der bloßen Nichteinbeziehung des hier interessierenden Geländes in einen Bebauungsplan der Beklagten einen enteignenden Eingriff in das Eigentum der Klägerin nicht gesehen. Denn ein bloßes Unterlassen stellt grundsätzlich einen enteignenden Akt nicht dar, da dieser einen „Eingriff im Sinne einer unmittelbaren Beeinträchtigung von Eigentum zur Voraussetzung hat. Davon kann aber beim Unterlassen allenfalls dann gesprochen werden, wenn es sich wie ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren läßt (vgl. BGHZ 32, 208, 211).
5. BGH U vom 18. 5. 1972 (III ZR 182/70) DVB1. 1972, 674
Ficht der Eigentümer die Zulässigkeit der Enteignung durch Klage erfolglos an, so bleiben Steigerungen des Grundstückspreises grundsätzlich unberücksichtigt, die bis zum Abschluß des Rechtsstreits über die Zulässigkeit der Enteignung eintreten.
6. BGH U vom 26. 1. 1978 (III ZR 184/75) DVB1. 1978, 378
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ausweisung einer geplanten Bundesfernstraße in einem Flächennutzungsplan als „Vorwirkung" der Enteigung eines für den Bau dieser Straße benötigten Grundstücks anzusehen ist.
7. BGH U vom 1. 6. 1978 (III ZR 170/76) BauR 1979, 146
Gelände, das für die Verbreiterung einer Ortsstraße im unbeplanten Innenbereich benötigt wird, kann nach den Vorschriften des Landesenteignungsrechts enteignet werden, wenn das Straßenbauvorhaben städtebaulich nicht relevant und daher die Aufstellung eines BebPlanes, der die Festsetzung Innerörtlicher Verkehrsflächen enthält, nicht zulässig ist (hier: Landesenteignungsgesetz Rheinland-Pfalz) B)
VGH/OVG
BayVGH U vom 23. 5. 1977 (Nr. 17 IX 75) DVB1. 1978, 185 461
§86 1
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
Energiewirtschaftliche Planungen, die nicht zu den in § 38 BBauG aufgeführten sog. privilegierten Planungen gehören, können entgegenstehende verbindliche Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht überlagern oder außer Kraft setzen; vielmehr sind sie an einen zeitlich vorhergehenden Bebauungsplan gebunden. Es bedarf erst einer Aufhebung oder Änderung der entgegenstehenden Festsetzungen im Bebauungsplan, um der energiewirtschaftlichen Fachplanung in Gestalt des Enteignungsbeschlusses zur rechtmäßigen Durchsetzung zu verhelfen.
§86 Gegenstand der Enteignung (1) Durch Enteignung können 1. das Eigentum an Grundstücken entzogen oder belastet werden; 2. andere Rechte an Grundstücken entzogen oder belastet werden; 3. Rechte entzogen werden, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Benutzung von Grundstücken beschränken; 4. soweit es in den Vorschriften dieses Teiles vorgesehen ist, Rechtsverhältnisse begründet werden, die Rechte der in Nummer 3 bezeichneten Art gewähren. (2) Auf das Zubehör eines Grundstücks sowie auf Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grundstück verbunden oder in ein Gebäude eingefügt sind, darf die Enteignung nur nach Maßgabe des § 92 Abs. 4 ausgedehnt werden. (3) Die für die Entziehung oder Belastung des Eigentums an Grundstücken geltenden Vorschriften sind auf die Entziehung, Belastung oder Begründung der in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Rechte sinngemäß anzuwenden. 1. Allgemeines a) § 86 enthält keine Definition des Enteignungsbegriffs, sondern sagt in Abs. 1 nur, durch welche Einzelmaßnahmen nach diesem Teil des Gesetzes enteignet werden kann. Die frühere Nr. 5 (Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen) entfiel mit der Novelle 1976. Mit dem nunmehr in §§ 39 b und 39 d normierten Bau- und Abruchgebot, ersteres in der AmtlBegr. (vgl. DS 7/2496 zu Nr. 42) als „Anpassungsgebot" angesprochen, entfiel das Bedürfnis für die Durchsetzung des Abbruchs oder der Anpassung von baulichen Anlagen durch Enteignung. b) Die Vorschrift zählt erschöpfend die Rechtsänderungen auf, die im Wege des BBauG durch Enteignung herbeigeführt werden können; sie ist so ausgestaltet, daß mit ihr die Ziele des Gesetzes erreicht werden können. Die städtebauliche Enteignung ist somit auf solche Einwirkungen beschränkt worden, die ausreichen, um den Begünstigten die bebauungsplanmäßige Nutzung der Grundstücke zu ermöglichen. Welche Maßnahmen im Einzelfall getroffen werden können, richtet sich nach dem (aus dem Antrag und den Um462
5. Teil. Enteignung
§86 2
ständen des Falles sich ergebenden) Zweck des Unternehmens (§ 85), nach den Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 87 ff.) und nach der Interessenlage der Beteiligten. c) Die Rechtsänderungen werden durch die Ausführungsverordnung (privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt) der Enteignungsbehörde (§ 117) vorgenommen. Die Feststellung, welche rechtsgestaltenden Wirkungen durch die Enteignung eintreten, wird durch die in § 113 Abs. 2 vorgeschriebenen ausführlichen Angaben im Enteignungsbeschluß erleichtert. 2. Gegenstände der Enteignung im einzelnen a) Es kann das Eigentum an Grundstücken entzogen oder belastet werden (Abs. 1 Nr. 1). aa) Der bürgerlich-rechtliche Begriff „Eigentum" (§ 903 BGB) beruht auf der individualistischen Auffassung, daß dieses Recht dem Eigentümer grundsätzlich die Befugnis verleiht, nach Belieben mit der Sache zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Durch den in § 903 BGB enthaltenen Zusatz „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen" sind aber der absoluten Herrschaftsmacht Schranken gesetzt, insbesondere ist der Sozialgebundenheit des Eigentums Rechnung getragen (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG). Die Enteignungsbestimmungen beruhen auf dieser Einschränkung der Herrschaftsmacht. In Nr. 1 handelt es sich um das Eigentum im Sinne des dinglichen Vollrechts im Gegensatz zu den sog. begrenzten dinglichen Rechten an einer Sache, z. B. Dienstbarkeit oder Hypothek. bb) „Grundstück" im Sinne dieser Bestimmung ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblattes unter einer besonderen Nummer gebucht ist (vgl. Palandt, Überblick zum 2. Abschnitt; RGZ 84, 270; HessVGH U vom 30. 6.1966 - OS IV 24/65 — DVB1. 1967, 244), und zwar ohne Rücksicht auf die Art seiner Nutzung. Vom „Grundstück" zu unterscheiden ist die Katasterparzeile (das ist eine Bodenfläche, die vermessungstechnisch in dem amtlichen Verzeichnis der Grundstücke — Grund- und Gebäudesteuerbuch, Sachregister — eine besondere Nummer erhält) und das Grundstück im wirtschaftlichen Sinn, nämlich die eine wirtschaftliche Einheit bildenden Bodenflächen. Bei der Anwendung von Vorschriften des BBauG, des StBauFG und der BauNVO ist grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgebend (vgl. unten Anm. 5). cc) Durch den Verwaltungsakt der Enteignung wird das Eigentum an dem zu enteignenden Grundstück zwangsweise auf den Enteignungsbegünstigten übertragen (Entziehung des Eigentums des bisherigen Eigentümers und seine Neubegründung in der Person des Enteignungsbegünstigten). Das Grundstück kann aber auch (für den Fall, daß der Entzug des Eigentums im Hinblick auf den Enteignungszweck nicht notwendig ist und daher ein zu starker Eingriff wäre) mit einem im Verhältnis zum Eigentumsrecht beschränkten 463
§86 2
5. Teil. Enteignung
dinglichen Recht belastet werden. Aus der Kennzeichnung der Enteignung als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt (vgl. oben 1 c) ergibt sich, daß nur die Belastung mit einem in der Privatrechtsordnung vorgesehenen Recht zugelassen sein wird. Solche Rechte sind z. B. Erbbaurecht (§§ 1012 ff. BGB, VO über das Erbbaurecht v. 15. 1.1919 — RGBl. S. 72, 122 —), Dienstbarkeit (Grunddienstbarkeit, §§ 1018-1029 BGB), Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB); beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§§ 1090 — 1093 BGB), dingliches Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff. BGB); ferner Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht (§31 Abs. 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes von 15.3. 1951 - BGBl. I S. 175). b) Es können andere Rechte an Grundstücken entzogen oder belastet werden (Nr. 2). aa) Während sich Nr. 1 mit dem Eigentum (als dem stärksten dinglichen Recht) befaßt, spricht die Nr. 2 von „anderen Rechten", und zwar auch wieder von Rechten „an Grundstücken" (also von dinglichen Rechten). Es kommen nur solche dinglichen Rechte in Frage, welche der Verwendung des Grundstücks zu dem beabsichtigten Enteignungszweck im Wege stehen. Dabei ist es denkbar, daß es sich um ein Recht eines Dritten an einem Grundstück handelt, das dem Enteignungsbegünstigten selbst gehört; wenn dieses Recht den Begünstigten hindert, sein Grundstück entsprechend dem BebPl. zu nutzen, kann es dem Dritten entzogen werden. (Beispiel: Das Grundstück des Begünstigten ist mit einem dinglich gesicherten Fahrtrecht zugunsten des Nachbargrundstücks belastet — § 1018 BGB —. Dieses Recht hindert den Begünstigten, sein Grundstück entsprechend dem BebPl. zu bebauen. Wenn zwischen den Beteiligten keine gütliche Einigung über die Löschung der Grunddienstbarkeit zustande kommt, kann das Enteignungsverfahren zugunsten des Begünstigten mit dem Ziel der Beseitigung der Dienstbarkeit eingeleitet werden). Ferner kann ein Recht in Betracht kommen, das ein Dritter an einem (fremden) Grundstück hat, das dem Begünstigten zum Zwecke der Bebauung zur Verfügung gestellt werden soll. (Beispiel: Dem A ist an dem Grundstück des B ein Nießbrauch eingeräumt — § 1030 BGB —; das Grundstück soll zugunsten des Z enteignet werden; zur Erreichung des Enteignungszwecks ist es erforderlich, daß auch der Nießbrauch beseitigt wird. In diesem Fall kann dem A das Recht entzogen werden.) Schließlich sind auch Fälle möglich, in denen ein Dritter ein Recht an einem Grundstück hat, dieses Grundstück zwar nicht enteignet werden soll, aber der Begünstigte das Recht zur Durchführung seines Bauvorhabens benötigt. (Beispiel: A hat das alleinige — dinglich gesicherte — Recht auf Wasserentnahme auf dem Grundstück des B. Dem Begünstigten Z muß zur Durchführung seines Vorhabens — eine andere Lösung kommt nicht in Betracht — die Wasserentnahme auf dem Grundstück des B zugesprochen werden. In diesem Fall kann dem A das Recht — ganz oder teilweise — entzogen werden). 464
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
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bb) Die Belastung von Rechten: vgl. §§ 873, 876 BGB. In Frage kommen unmittelbare Belastungen (so sind Reallasten — §1105 BGB — und das Dauerwohnrecht — § 31 ff. Wohnungseigentumsgesetz — mit Nießbrauch und Pfandrecht belastbar) oder mittelbare Belastungen (Grunddienstbarkeiten, Vorkaufsrechte und Reallasten als subjektiv-dingliche Rechte werden mittelbar durch alle am herrschenden Grundstück bestehenden Rechte belastet — vgl. Palandt § 876 Anm. 3). c) Entziehung von Rechien, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Benützung von Grundstücken beschränken (Nr. 3). In Frage kommt also hier die Entziehung bestimmter obligatorischer Rechte, so vor allem des obligatorischen Vorkaufs- oder des Wiederkaufsrechts (Rechte zum Erwerb oder zum Wiedererwerb eines Grundstücks), sowie von Miet- und Pachtrechten (Rechte, die dem Berechtigten den Besitz oder die Nutzung von Grundstükken ermöglichen oder die die Benutzung des Grundstücks durch den Eigentümer beschränken); diese Rechte können infolge der im Schuldrecht maßgeblichen Vertragsfreiheit sehr zahlreich sein. Auf Grund der Bestimmung der Nr. 3 können also z. B. den Mietern und Pächtern ihre Rechte aus den Mietund Pachtverhältnissen entzogen werden, wenn diese Rechte den Begünstigten hindern, das Grundstück zu dem Enteignungszweck zu nutzen. Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt (§ 117 Abs. 3 Satz 1); einer etwa in anderen Gesetzen vorgesehenen Zustimmung (z. B. nach der Mieter- und Pachtschutzgesetzgebung) bedarf es nicht. Wegen der Entschädigung für solche Rechte siehe § 97 Abs. 3 Nr. 2 und 3. Nr. 4 stellt klar, daß durch Enteignung in bestimmten Grenzen auch obligatorische Rechtsverhältnisse begründet werden können, was insbesondere bei der Entschädigung von Pächtern (durch Begründung eines entsprechenden Rechtes) erforderlich werden kann. Die Möglichkeit, dingliche Rechtsverhältnisse zu begründen, ist durch Nr. 1 und 2 gedeckt. Weil aber die Vorschriften der §§ 97 Abs. 2, 100 Abs. 5 und 102 Abs. 5 eine Ermächtigung zur Begründung obligatorischer Rechte voraussetzen, mußte in Nr. 4 eine entsprechende Möglichkeit geschaffen werden. Hinsichtlich der in Betracht kommenden Rechte vgl. oben c. 3. Die Vorschrift des Abs. 2 eröffnet im Interesse des Eigentümers einen Weg, ausnahmsweise die Enteignung auch auf nicht wesentliche Bestandteile oder auf das Zubehör auszudehnen. Die Enteignung darf aber nur ausgesprochen werden auf Verlangen des Eigentümers. Der Eigentümer kann die Ausdehnung der Enteignung verlangen, muß dies aber nicht tun. Seinem Verlangen kann nur stattgegeben werden, wenn und soweit er die in § 86 Abs. 2 465
§86 2
5. Teil. Enteignung
bezeichneten Gegenstände infolge der Enteignung nicht mehr wirtschaftlich nutzen oder nicht in anderer Weise angemessen verwerten kann (§ 92 Abs. 4). a) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache fcu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen; eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird (§ 97 Abs. 1 BGB). Das sogenannte Inventar ist immer als dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt anzusehen, also bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist (insbesondere bei einer Mühle, einem Brauhaus, einer Fabrik usw.), die zum Betrieb bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften, ferner bei einem landwirtschaftlichen Anwesen das zum Wirtschaftsbetrieb bestimmte Gerät und Vieh, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden (vgl. § 98 BGB). Zu prüfen bleibt aber auch hier, ob die übrigen Voraussetzungen des § 97 BGB (kein Bestandteil, räumliches Verhältnis und Fehlen einer entgegenstehenden Verkehrsauffassung) vorliegen (RGZ 69, 152). Weitere Einzelfälle für Zubehör sind: Apothekeneinrichtung auf einem Apothekengrundstück; Baumaterial auf einem Baugrundstück; Einrichtung einer Gastwirtschaft, eines Kaffeehauses, eines Metzgerladens; Fernleitungen eines Elektrizitätswerkes; Büroeinrichtungen einer Fabrik und Maschinen auf einem Fabrikgrundstück (und zwar auch schon vor Inbetriebnahme, dagegen nicht, solange das Fabrikgebäude noch im Bau ist). Kein Zubehör sind: Rohstoffvorräte, Fertigfabrikate, Waren einer Fabrik oder eines Geschäfts (vgl. hierzu Palandt Anm. zu § 97). b) Sachen, die zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden oder an ein Gebäude angefügt sind: vgl. hierzu § 95 BGB. Diese Sachen sind nicht Bestandteile des Grundstücks, auch nicht unwesentliche, obwohl sie äußerlich als solche erscheinen. Sie werden vielmehr als selbstverständige Sachen, und zwar, da sie zweifellos nicht Grundstücke sind, als bewegliche Sachen angesehen. Die Verbindung oder die Einfügung scheint nur zu einem vorübergehenden Zweck, wenn die spätere Wiedertrennung von Anfang an beabsichtigt ist oder mit Sicherheit erwartet wird, wenn auch erst nach langer Dauer, z. B. erst nach Ablauf eines mehrjährigen Pacht- oder Mietvertrags; es kommen also Gegenstände in Betracht, welche Mieter und Pächter auf Vertragsdauer für ihre Zwecke einfügen, wie Öfen, Waschbecken, Fernseheinrichtungen. Ferner werden als Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden sind, angesehen: Schaubuden, leichte Verkaufskioske; Gegensatz ist dauernde Verbindung, an deren Trennung ursprünglich nicht gedacht war. Der innere Wille des Einfügenden ist maßgebend (vgl. Palandt Anm. zu § 95; ferner RG JW 1935, 418, R G Z 158, 376). 466
§87 1
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
4. Abs. 3 besagt, daß in allen Fällen die für Grundstücke geltenden Enteignungsbestimmungen auch für die dinglichen und die genannten obligatorischen Rechte an Grundstücken sinngemäß gelten, ohne daß es an den betreffenden Stellen jeweils betont zu werden braucht; dies ermöglichte eine sprachliche Vereinfachung dieses Teils des Gesetzes. In den folgenden Vorschriften wird demgemäß nur von der „Entziehung des Eigentums", dem „Eigentümer", dem „Grundstück", abgestellt auf den Regelfall des Abs. 1 Nr. 1, gesprochen. 5. Rechtsprechung 1. BVerwG B vom 5. 12. 1968 (IV B 191.68) BayVBl. 1969, 245 Bei der Anwendung von Vorschriften des BBauG und der BauNVO ist grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgebend.
2. BGH U vom 8. 2. 1971 (III ZR 33/68) BayVBl. 1972, 107 Der Eigentumsschutz eines in Stadtrandlage angesiedelten Gewerbebetriebes erstreckt sich regelmäßig nicht auf Lagevorteile, die sich aus der Nähe einer außerhalb des bebauten Ortsteils gelegenen Kaserne und einer dahin führenden bestimmten Verkehrsverbindung der Anliegerstraße ergeben („Soldatengaststätte").
§87 Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Enteignung (1) Die Enteignung ist eim einzelnen Fall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. (2) Die Enteignung setzt voraus, daß der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, unter den Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 und 3 unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, daß das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird. (3) Die Enteignung eines Grundstücks zu dem Zweck, es für die bauliche Nutzung vorzubereiten (§ 85 Abs. 1 Nr. 1) oder es der baulichen Nutzung zuzuführen (§ 85 Abs. 1 Nr. 2), darf nur zugusten der Gemeinde erfolgen. (4) Die Zulässigkeit der Enteignung wird durch die Vorschriften des Abschnitts 1 a des Dritten Teils nicht berührt. 1. Allgemeines a) § 87 erfuhr durch das Ä n d G 1976 in Abs. 2 Änderungen und in dem neuen Abs. 4 eine Erweiterung in Gestalt eines Vorbehalts. b) Die Vorschrift legt für alle Enteignungszwecke die Voraussetzungen fest, unter denen eine Enteignung im einzelnen Fall ausgesprochen werden 467
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5. Teil. Enteignung
kann. An sich handelt der ganze Erste Abschnitt des Fünften Teils, wie aus der Überschrift hervorgeht, von der „Zulässigkeit" der Enteignung; dieser Begriff der Zulässigkeit umschließt also auch Zweck (§ 85) und Gegenstand (§ 86) der Enteignung. Die § 87 ff. regeln die speziellen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die im wesentlichen Beschränkungen der Enteignungsmöglichkeit zugunsten des Pflichtigen enthalten. Da die Enteignung stets ein besonderes Opfer von dem einzelnen im Interesse der Allgemeinheit fordert, muß auf der anderen Seite (neben der Entschädigung — Art 14 Abs. 3 Satz 2 GG) gewährleistet sein, daß der Eingriff in die geschützte Privatrechtssphäre zwingend erforderlich ist; die Enteignung darf also nur dann zulässig sein, wenn ihr Zweck auf andere Weise nicht verwirklicht werden kann, ferner nur in dem durch den Zweck gebotenen Umfang. Private Beweggründe oder fiskalische Interessen der Gemeinden rechtfertigen die Enteignung nicht. Diesen Erfordernissen tragen die Bestimmungen in §§ 87 ff. Rechnung, indem sie vor allem vorsehen, daß eine Enteignung nur dann zulässig ist, wenn die Bereitstellung eines geeigneten Grundstücks aus öffentlichem Besitz oder aus dem Besitz des Begünstigten nicht möglich ist (§ 87 Abs. 2 Nr. 1 und § 90 Abs. 1 Nr. 2) und wenn der Antragsteller bzw. der Enteignungsbegünstigte keine Möglichkeit hat, ein entsprechendes Grundstück anderweitig zu erwerben (§ 87 Abs. 2 Nr. 2, § 90 Abs. 1 Nr. 3). Der Antragsteller, der die Enteignung eines Grundstücks begehrt, muß außerdem glaubhaft machen, daß das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird (§ 87 Abs. 2 Nr. 3). Die Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land ist in § 90 Abs. 2—4 weiteren entscheidenden Einschränkungen unterworfen. Schließlich enthält auch § 92 eine Reihe von Beschränkungen des Umfangs und der Ausdehnung der Enteignung, die sicherstellen, daß die Enteignung das unbedingt erforderliche Maß nicht überschreiten und daß der Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder Rechtes sich nicht mit wertlosen verbleibenden Rechten oder Restgrundstücken begnügen muß, sondern auch deren Enteignung verlangen kann. 2. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen a) Die Enteignung muß dem Wohl der Allgemeinheit dienen; „Wohl der Allgemeinheit" ist ein unbestimmter, der vollen richterlichen Nachprüfung unterliegender Rechtsbegriff (vgl. auch § 24 Abs. 2 bezüglich des Vorkaufsrechts). Es wird hierbei vielfach auf den Einzelfall abzustellen sein. Nach geltendem Enteignungsrecht wird der Begriff des Wohls der Allgemeinheit bejaht, wenn ein konkretes Unternehmen oder Vorhaben dem gemeinen Besten dient, das Gemeinwohl dieses erfordert und gerade deshalb auch ein erhebliches sachliches Bedürfnis der Allgemeinheit an der Durchführung gerade dieses Unternehmens oder Vorhabens besteht. Unter „Allgemeinheit" ist dabei eine denkbare weite, räumlich gesehen überregionale Allgemeinheit zu verstehen (OLG München, Senat für Baulandsachen, U vom 4. 6.1962 — 2 U 468
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§87 2
1/62 Baul — und das dort zitierte Schrifttum). Ferner darf die Enteignung nur erfolgen, wenn der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise (z. B. Tausch von Grundstücken oder Grundstücksteilen, vgl. unten Nr. 4 A 1) nicht erreicht werden kann (vgl. hierzu auch § 92 und die dortigen Bemerkungen). Damit stellt Abs. 1 (in Übereinstimmung mit Art. 14 Abs. 3 G G und mit allgemeinen Enteignungsgrundsätzen) klar, daß in jedem einzelnen konkreten Fall besonders geprüft werden muß, ob diese Enteignungsvoraussetzungen vorliegen. Zwar sind die öffentlichen Belange schon bei der Aufstellung des Bebauungsplans in gerechter Abwägung mit den privaten Belangen eingehend zu prüfen (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG). Während aber bei dieser Prüfung die Gesamtbelange der Gemeinde in städtebaulicher Hinsicht berücksichtigt werden, muß hier im Einzelfall geprüft werden, ob das Öffentliche Wohl gerade die Enteignung dieses Grundstücks im jetzigen Zeitpunkt gebietet. Die Enteignung muß im konkreten Fall das letzte Mittel darstellen, um den dem allgemeinen Wohl dienenden Zweck zu erfüllen. Der Umstand allein, daß eine beabsichtigte bauliche Nutzung den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht, rechtfertigt daher allein und im allgemeinen die Durchführung der Enteignung noch nicht. Zwar sind im Enteignungsverfahren nach § 87 BBauG die einzelnen Festsetzungen eines rechtswirksamen Bebauungsplans als bindend anzunehmen, die Planer dürfen aber bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange nicht ihr Ermessen mißbraucht, offensichtlich gefehlt oder rechtswidrig gehandelt haben (vgl. BGH U vom 15. 6. 1967 in DÖV 1967, 725 = DVB1. 1968, 666; ferner § 92 Abs. 1 und die dort. Erläut. Nr. 2). b) Während sich die (systematisch wenig glücklich) in § 87 Abs. 1 ausgesprochenen Grundsätze ganz allgemein auf die „Enteignung" beziehen und daher für alle in § 85 genannten Enteignungszwecke Geltung haben müssen, konkretisieren die Absätze 2 und 3 den allgemeinen Rechtsgedanken für die in § 85 Abs. 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Enteignungszwecke, d. h. also für die Enteignung zur Nutzung oder Vorbereitung der Nutzung „entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans" und zur Nutzung (oder Nutzungszuführung) innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile „entsprechend den baurechtlichen Vorschriften"; nicht in Betracht kommt hier die Enteignung von Grundstücken zur Beschaffung für eine Entschädigung in Land und die Enteignung zur Ersetzung entzogener Rechte (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 und 4). Die frühere Zulässigkeitsvoraussetzung nach Abs. 2 Nr. 1 war, daß die Durchführung des beabsichtigten Vorhabens nicht durch die Bereitstellung eines Grundstücks der öffentlichen Hand oder aus dem Grundstücksbesitz des Antragstellers ermöglicht werden konnte; diese Voraussetzung entfiel mit der Novelle 1976. Die von den zusätzlichen Enteignungsvoraussetzungen nach § 87 Abs. 2 a. F. in den Nrn. 1 und 2 geforderten Prüfungen und Nachweise führten zu erheblichen Erschwernissen der Enteignung. In der Praxis hatten sie regelmä469
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ßig nicht das Ergebnis, daß von der Enteignung Abstand genommen werden kann. Im Geltungsbereich des StBauFG waren diese zusätzlichen Voraussetzungen bereits zum Teil entfallen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 StBauFG). Die Neufassung des Absatzes 2 ergänzt § 22 Abs. 1 StBauFG und entwickelt diese Vorschrift weiter. Im wesentlichen ist die frühere Nr. 2 des Abs. 2 geblieben. Der Antragsteller muß nachweisen, daß er sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb eines geeigneten Grundstücks zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat. Aus dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs folgt in Verbindung mit der Eigentumsgewährleistung, daß grundsätzlich vor der Einleitung eines Enteignungsverfahrens sachgerechte Verhandlungen über den freihändigen Erwerb aufgenommen werden müssen. Weitere Voraussetzung ist (wie nach altem Recht, daß der Antragsteller glaubhaft macht (wegen des Begriffs „Glaubhaftmachung" vgl. § 98 Anm. 2), er werde das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwenden. Die ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers (vgl. Ausschußbericht anläßlich der Erstfassung BT—DS/31794, zu §97), diese Frist auf ein Jahr festzusetzen (eine Frist, die in § 6 Abs. 1 BauLBG vorgesehen war), wurde wieder fallengelassen. Dafür war maßgebend, daß für die Enteignungszwecke des § 85 sehr unterschiedliche Fristen in Frage kommen können. So kann im Einzelfall, z. B. für ein großes Bauvorhaben, eine verhältnismäßig lange Frist erforderlich werden. Die Bestimmung der im jeweiligen Fall „angemessenen" Frist muß der Entscheidung der Enteignungsbehörde vorbehalten bleiben (Festsetzung im Enteignungsbeschluß gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 3). Der Festsetzung der Frist kommt eine erhebliche Bedeutung zu. Wird die Frist von dem Enteignungsbegünstigten nicht eingehalten, so ist die Rückenteignung zulässig (§ 102). Wegen der Verlängerung der Frist siehe §114. Auch die Enteignung zur Vorbereitung der Nutzung (§ 85 Abs. 1 Nr. 1) ist von der Glaubhaftmachung (hinsichtlich Vorbereitung und Zweckverwendung) abhängig (vgl. BGH U vom 19.12. 1966 in DÖV 1968, 65). Der Abschluß eines Tauschvertrages braucht im Rahmen der Verhandlungen über den freihändigen Erwerb dann nicht in Erwägung gezogen werden, wenn nach der jeweils einschlägigen gesetzlichen Regelung für den Fall einer Enteignung nur eine Entschädigung in Geld zu gewähren ist und diese Regelung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. BVerwG U vom 26. 4.1968. BVerwG IV C 156.65 s. u. Nr. 4 A 7). Die Enteignung ist also unzulässig, wenn der Antragsteller das benötigte Grundstück (sei es das den Gegenstand des Enteignungsantrags bildende Grundstück oder ein anderes zur Verwendung für den Enteignungszweck geeignetes Grundstück) auf dem Grundstücksmarkt erwerben kann. Das angemessene Angebot eines freihändigen Erwerbs muß grundsätzlich nicht nur den Betrag für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, sondern auch für andere durch die Enteignung eintretende entschädigungspflichtige 470
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Vermögensnachteile umfassen. Die Höhe des Angebots braucht nur in etwa der Enteignungsentschädigung entsprechen. Jedoch soll dem Antragsteller kein unwirtschaftliches Handeln zugemutet werden. Daher braucht sich der Nachweis nur darauf zu beschränken, daß er trotz „ernstlichen Bemühens" (d. h. also z. B. trotz wiederholter Aufgabe von Inseraten oder Beauftragung eines Maklers oder unmittelbarer und nachhaltiger Verhandlung mit Grundstückseigentümern, vor allem auch mit dem Eigentümer des Grundstücks, dessen Enteignung er beantragt) ein für seine Absichten geeignetes Grundstück zu angemessenen Bedingungen nicht erwerben konnte. Als „angemessen" wird dabei in der Regel ein Kaufpreis anzusehen sein, der der Höhe des Verkehrswertes entspricht (vgl. hierzu § 95 Abs. 1, § 141). Jedenfalls wird aber dem Antragsteller nicht zuzumuten sein, beim freihändigen Erwerb einen wesentlich höheren Preis anzubieten, als er im Falle einer Enteignung als Entschädigung bezahlen müßte. Die Frage, ob ein Angebot angemessen ist oder ob etwa der Eigentümer eine Haltung einnimmt, die die Abgabe eines Angebots als überflüssig erscheinen läßt, ist von den Baulandgerichten nach dem Sach- und Streitstand der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden (vgl. BGH U vom 27. 6. 1966 in DÖV 1967, 726). Der Antragsteller ist aber nicht bloß verpflichtet, Geld zur Beschaffung eines geeigneten Grundstücks aufzuwenden, er muß auch (wenn er nicht schon selber ein Grundstück besitzt, auf dem er das Vorhaben ausführen kann, versuchen, auf dem Tauschweg ein geeignetes Grundstück zu bekommen und zwar durch Angebot eines Grundstücks aus dem eigenen Vermögen oder aus dem Besitzstand von juristischen Personen des Privatrechts, an deren Kapital er überwiegend beteiligt ist. Die Zurverfügungstellung eines solchen Grundstücks muß möglich und zumutbar sein. 3. a) Nach Abs. 3 ist eine Enteignung zur Vorbereitung der baulichen Nutzung (§ 85 Abs. 1 Nr. 1; vgl. dort Erl. Nr. 2 a) und eine Enteignung zur Herbeiführung einer baulichen Nutzung (§ 85 Abs. 1 Nr. 2; vgl. dort. Erl. Nr. 2 b) nur zugunsten der Gemeinde zulässig. Zweck der Bestimmung ist, die Gemeinde als Planungsträgerin in den Stand zu setzen, größere Flächen im Interesse einer geregelten Bebauung zu erschließen und baureif zu machen (Vorbereitung der baulichen Nutzung) und andererseits Mißbräuche durch Einzelpersonen, insbesondere Grundstücksspekulationen, bei dem Vorhaben, ein Gelände der baulichen Nutzung zuzuführen, auszuschließen. Dieselben Rechte haben Planungsverbände nach Maßgabe des § 4 (vgl. insbes. Abs. 5 dort). Die Enteignung von Grundstücken darf auch dann nur zugunsten der Gemeinde erfolgen, wenn zur Vorbereitung der baulichen Nutzung eines Geländes nicht dessen gesamte Flächen, sondern lediglich die als Verkehrs*, Versorgungs- oder Grünflächen benötigten Grundstücke enteignet werden sollen; dies gilt selbst dann, wenn der Enteignungsantragsteller gegenüber der Gemeinde verpflichtet ist, die Erschließungkosten zu tragen und ihr an den Verkehrs- usw. Flächen das Eigentum zu verschaffen (s. Nr. 4 A). 471
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b) Der durch das ÄndG 1976 angefügte Abs. 4 entspricht dem aufgehobenen Abs. 8 des § 22 StBauFG. Er spricht den Vorbehalt der Enteignungsvorschriften gegenüber den §§ 39 b bis 39 h aus. c) Im städtebaulichen Entwicklungsbereich (vgl. §§ 53 ff., 57 StBauFG) finden die Vorschriften des § 87 BBauG keine Anwendung (§ 57 Abs. 3 Satz 3 StBauFG). 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerwG U vom 18. 8. 1964 (I C 48.63) DÖV 1964, 812 = NJW 1964, 2440 = DVB1. 1965, 413 = BayVBl. 1964, 403 = M D R 1964, 1030 = BVerwGE 19, 171 Verpflichtung des durch das Enteignungsverfahren Begünstigten, durch Tausch von Grundstücksteilen dazu beizutragen, daß der Enteignungszweck auch durch einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen erreicht werden kann, der weniger schwer als die Entziehung des Eigentums ist.
2. BGH U vom 27. 6. 1966 (III ZR 202/65) DÖV 1967, 726
a) Das angemessene Angebot eines freihändigen Erwerbs seitens des (späteren) Enteignungsantragstellers muß grundsätzlich nicht nur den Betrag für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, sondern auch für andere durch die Enteignung eintretende entschädigungspflichtige Vermögensnachteile umfassen, insb. vor dem Inkrafttreten des BBauG für den Fall, daß ein Grundstück von einem in innerem Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Vollenteignung stehenden Bauverbot betroffen wird, auch den durch dieses Bauverbot entstehenden und noch nicht abgegoltenen Planungsschaden. — Die Höhe des Angebots braucht, was die Höhe der einzelnen Entschädigungsposten anlangt, nur in etwa der Enteignungsentschädigung entsprechen. b) Die Fragen, ob ein Angebot angemessen ist oder ob der Eigentümer eine Haltung einnimmt, die die Abgabe eines Angebots als überflüssig erscheinen läßt, ist von den damit befaßten Baulandgerichten nach dem Sach- und Streitstand der letzten mündlichen Verhandlung von ihnen zu entscheiden.
3. BGH U vom 22.9.1966 (III ZR 187/65) NJW 1967, 103 = DVB1. 1967, 376 = DÖV 1967, 280
Auch im Enteignungsverfahren gemäß § 87 BBauG sind die in einem rechtswirksamen Beb Plan erfolgten einzelnen Festsetzungen als bindend hinzunehmen; es ist jedoch zu prüfen, ob das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, die Festsetzungen dieses BebPlans für ein bestimmtes Grundstück dadurch nunmehr zu verwirklichen, daß dem Eigentümer das Eigentum an diesem Grundstück — ganz oder teilweise — entzogen wird.
4. BGH U vom 19. 12. 1966 (III ZR 62/66) DÖV 1968, 65 = M D R 1967, 994
Da die Enteignung zur Nutzung die Glaubhaftmachung der vorgesehenen Zweckverwendung in angemessener Frist zur Voraussetzung hat, ist auch die Enteignung zur Vorbereitung der Nutzung nicht nur im Hinblick auf die Vorbereitung, sondern auch auf die Zweckverwendung von derselben Voraussetzung abhängig. 472
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5. BGH U vom 22. 5. 1967 (III ZR 124/66) DÖV 1967, 715
a) Die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie umfaßt nicht den Schutz des Grundstückseigentümers dagegen, daß durch die Bauplanung die Nutzbarkeit anderer Grundstücke geändert wird. b) Wenn das Nachbarrecht es zuläßt, daß ein Grundstückseigentümer von anderen Grundstücken ausgehende Geräusche oder andere „Immissionen" in einem gegenüber einem früheren Zustand vermehrten Maße dulden muß, dann ist das von dem Grundstückseigentümer im Rahmen der gesetzlich geregelten Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentümers hinzunehmen. Eine Enteignung liegt demnach selbst dann nicht vor, wenn das Grundstück infolge der in vermehrtem Maße darauf einwirkenden Immissionen in seinem Wert beeinträchtigt wird.
6. BGH U vom 15. 6. 1967 (III ZR 17/66) DÖV 1967, 725 = M D R 1968, 126 = DVB1. 1968, 666
a) Im Enteignungsverfahren gemäß § 87 BBauG sind die einzelnen Festsetzungen eines rechtswirksamen Bebauungsplans als bindend anzunehmen, wenn die Planer bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange nicht ihr Ermessen mißbraucht, offensichtlich gefehlt oder rechtswidrig gehandelt haben. b) Zur Anlegung notwendiger öffentlicher Parkplätze ist grundsätzlich die Vollenteignung des hierzu benötigten, im Privateigentum stehenden Grund und Bodens — nicht nur die Begründung eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses oder die Belastung mit einer Dienstbarkeit — zulässig.
7. BVerwG U vom 26. 4. 1968 (IV C 156.65) BBauBl. 1969, 27
a) Aus dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs folgt in Verbindung mit der Eigentumsgewährleistung, daß grundsätzlich vor der Einleitung eines Enteignungsverfahrens sachgerechte Verhandlungen über den freihändigen Erwerb aufgenommen werden müssen. b) Der Abschluß eines Tauschvertrages braucht im Rahmen der Verhandlungen über den freihändigen Erwerb dann nicht in Erwägung gezogen werden, wenn nach der jeweils einschlägigen gesetzlichen Regelung für den Fall einer Enteignung nur eine Entschädigung in Geld zu gewähren ist und diese Regelung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
8. BVerwG U vom 30. 4. 1969 (IV C 6.68) DÖV 1970, 64 a) Das Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG), ergibt sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein. b) Die Enteignungsgrundsätze — so u. a. der Grundsatz, daß eine Enteignung nur als letztes Mittel zulässig ist — sind auf die der förmlichen Enteignung vorangehende Planung nicht anwendbar.
9. BGH U vom 27. 10. 1969 (III ZR 150/68) JZ 1970, 6 = DÖV 1970, 685
Die Enteignung von Grundstücken darf auch dann nur zugunsten der Gemeinde erfolgen, wenn zur Vorbereitung der baulichen Nutzung eines Geländes nicht dessen gesamte Flächen, sondern lediglich die als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen benötigten Grundstücke enteignet werden sollen; dies gilt selbst dann, wenn der Enteignungsantragsteller gegenüber der Gemeinde verpflichtet ist, die Erschließungskosten zu tragen und ihr an den Verkehrs- usw. Flächen das Eigentum zu verschaffen. 473
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5. Teil. Enteignung
B. A n d e r e G e r i c h t e 1. O V G H a m b u r g U v o m 19. 5 . 1 9 5 8 , M D R 1959, 874 Ob eine Enteignungsmaßnahme dem „Wohl der Allgemeinheit" zu dienen bestimmt ist (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), ist allein nach ihrem Zweck zu beurteilen; die Auswahl der Mittel unterliegt grundsätzlich — gerichtlich unüberprüfbar — der Enteignungsbehörde; ebenso die Auswahl der Grundstücke, die in Anspruch genommen werden. 2. L G H a m b u r g U v o m 13. 2 . 1 9 6 3 (10 O 2 8 / 6 2 ) Z M R 1964, 348 Auch bei einer gegebenen planerischen Ausweisung muß im Einzelfall geprüft werden, ob die vorgesehene Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit erforderlich ist. 3. O L G H a m m B v o m 6. 4. 1965 (15 W 195/64) O L G Z 1965, 239 Im Grundbuch eingetragene Rechte können deshalb, weil sie einem verbindlichen Bebauungsplan widersprechen, als gegenstandslos von Amts wegen im Grundbuch gelöscht werden. (Begründung: Die Erklärung des Berechtigten, daß er sein dingliches Recht aufgebe und die Löschung des Rechts im Grundbuch beantrage — § 875 BGB — wird durch einen BebPl. nicht ersetzt. Eine solche Wirkung hat das BBauG dem BebPl. für den Fall, daß ein privates dingliches Recht der im BebPl. ausgewiesenen Nutzung widerspricht, nicht beigelegt. Dem BebPl. kommt nicht die Wirkung zu, daß mit seiner verbindlichen Feststellung die der Planung entgegenstehenden dinglichen Rechte an dem Grundstück aufgehoben werden, also erlöschen. 4. O L G M ü n c h e n U v o m 26. 6 1969 - U 1 / 6 6 (Baul) u. O 7 / 6 3 (Baul) a) Es ist jedenfalls im Sinne des § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBauG für die Gemeinde nicht zumutbar, für Verkehrsflächen, die zum überwiegenden Teil der Erschließung des Restgrundstückes des Enteigneten dienen, Ersatzland zur Verfügung stellen. Nachdem im vorliegenden Fall der Straßenbau erst die Bebaubarkeit des Restgrundstückes herbeigeführt, durch die Erschließung also auch den Interessen des Antragstellers gedient hat (vgl. für das Erfordernis der Erschließung für die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans § 30 BBauG), war es für die Antragsgegnerin (Enteignungsbegünstigte) nicht zumutbar, aus ihrem Grundvermögen dem Antragsteller Ersatzland anzubieten. b) In diesem Zusammenhang muß auch auf § 525 Abs. 2 und 5 BBauG verwiesen werden; danach werden bei der Umlegung aus der Umlegungsmasse vorweg die Flächen entnommen, die in einem BebPl. als örtliche Verkehrsflächen und Grünflächen festgesetzt sind, während andere für öffentliche Zwecke erforderliche Flächen nur bei Gestellung von Ersatzland gesondert zugeteilt werden können.
§88 Enteignung
aus zwingenden
städtebaulichen
Gründen
Wird die Enteignung eines Grundstücks von der Gemeinde zu den in § 85 Abs. 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Zwecken aus zwingenden städtebaulichen Gründen beantragt, so genügt an Stelle des § 87 Abs. 2 der Nachweis, daß die Gemeinde sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb dieses Grundstücks zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat. 474
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§88 1
1. Voraussetzungen Die Vorschrift trägt den Fällen Rechnung, in denen nur ein bestimmtes Grundstück für den vorgesehenen Enteignungszweck in Betracht kommt. Sie hat z. B. für die Schließung von Baulücken sowie namentlich für Zwecke der Stadtsanierung besondere Bedeutung. Folgende Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 88 müssen gegeben sein: a) Es muß der Enteignungsantrag einer Gemeinde oder eines Planungsverbandes — § 4, insbes. Abs. 5 — vorliegen. Ein privater Antragsteller kann die Vergünstigungen des § 88 nicht für sich in Anspruch nehmen. b) Es muß sich um einen in § 85 Abs. 1 Nr. 1 und 2 bezeichneten Zweck handeln, und zwar kommen alle diese Zwecke in Frage, nicht etwa nur die in § 87 Abs. 3 bezeichneten Zwecke, vgl. § 87 Anm. 3. c) Die Enteignung muß aus zwingenden städtebaulichen Gründen erforderlich sein. Die durch das BBauG verfolgten städtebaulichen Ziele sind im wesentlichen in § 1 (Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung), § 5 (Inhalt des F1NP1.) und § 9 (Inhalt des BebPl.) aufgezählt. Inwieweit eine Verwirklichung aus städtebaulichen Gründen „zwingend erforderlich" ist, ist im Einzelfall zu entscheiden und unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff im Streitfall (vgl. §§ 157 ff.) der vollen richterlichen Nachprüfung. Der Bebauungsplan bildet gemäß § 85 die Grundlage für die Enteignung, die in ihm enthaltenen Festsetzungen müssen daher naturgemäß städtebaulichen Erfordernissen entsprechen. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Enteignung muß geprüft werden, ob der Enteignungszweck nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann und ob deshalb das öffentliche Wohl gerade die Enteignung dieses Grundstücks im jetzigen Zeitpunkt gebietet (siehe § 87 Erl. 2 a). § 88 muß also im Sinne einer Steigerung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für bestimmte Fälle verstanden werden, d. h. es muß ein besonders strenger Maßstab angelegt werden; die Inanspruchnahme des bestimmten Grundstücks muß unumgänglich notwendig sein, um das angestrebte städtebauliche Ziel zu erreichen; dies ist anzunehmen, wenn ohne die Heranziehung eines bestimmten Grundstücks die Erfüllung des F1NP1., des BebPl. oder die Bebauung unbebauter oder geringfügig bebauter Grundstücke innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile entsprechend den baurechtlichen Vorschriften auf keine Weise möglich ist. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß die Grenzen zwischen den allgemeinen Anforderungen für die Enteignung und den besonderen Anforderungen des § 88 sich in vielen Fällen überschneiden werden. d) Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 StBauFG sind zwingende städtebauliche Gründe i. S. des § 88 BBauG immer gegeben, wenn ein im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet (§ 5 StBauFG) gelegenes Grundstück zugunsten der Gemeinde enteignet werden soll. Ein Angebot ist hinsichtlich des Kaufpreises als angemessen anzusehen, wenn es dem nach § 23 StBauFG bemessenen Wert des Grundstücks entspricht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StBauFG). 475
§89
5. Teil. Enteignung
e) Im städtebaulichen Entwicklungsbereich (vgl. §§ 53 ff., 57 StBauFG) finden die Vorschriften des § 88 BBauG keine Anwendung (§ 57 Abs. 3 Satz 3 StBauFG). 2. Erleichterungen Auf der anderen Seite bringt § 88 (gegenüber den gesteigerten Anforderungen hinsichtlich der Notwendigkeit des Enteignungszweckes) die Erleichterung, daß die Gemeinde nicht, wie sonst erforderlich, im Falle einer Enteignung nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 und 2 alle in § 87 Abs. 2 genannten Voraussetzungen erfüllen muß, vielmehr entfallen ohne weiteres die in Abs. 2 Nr. 1 und 3 geforderten Nachweise (Möglichkeit der Bereitstellung eines anderen Grundstücks und Glaubhaftmachung, daß das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wird), und die Gemeinde braucht nur nachzuweisen, daß sie sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des betreffenden in Frage kommenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat. Fraglich erscheint, ob hier in § 88 unter „angemessener Bedingung" entsprechend der Bestimmung in § 87 Abs. 2 Nr. 2 auch zu verstehen ist, daß die Stadt verpflichtet ist, soweit möglich u n d zumutbar, geeignetes anderes Land aus dem eigenen Vermögen usw. anzubieten (vgl. hierzu § 87 Anm. 2 b). Diese Frage wird zu verneinen sein, denn es dürfte nicht anzunehmen sein, daß der Gesetzgeber dies (etwa im Hinblick auf die vorangehende Bestimmung) nicht ausdrücklich erwähnt hätte. Außerdem wird es sich hier in den meisten Fällen um Grundstücke handeln, die nicht im Eigentum der Gemeinde verbleiben (Nutzung, Vorbereitung einer Nutzung und Herbeiführung einer baulichen Nutzung i. S. von § 85 Abs. 1 Nr. 1 und 2), so daß hier der eigene Grundstücksbestand der Gemeinde unberücksichtigt bleiben kann. Es wird also hier nur der Nachweis erforderlich sein, daß die Gemeinde versucht hat, das Grundstück vom Eigentümer zu einem angemessenen Preis im Wege eines Privatvertrages zu erwerben, wobei die der Gemeinde zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu berücksichtigen sind und an die Gemeinde keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden können.
§89 Veräußerungspflicht der Gemeinde (1) Sind Grundstücke zur Vorbereitung der baulichen Nutzung oder, um sie der baulichen Nutzung zuzuführen, zugunsten der Gemeinde ohne Hergabe von entsprechendem Austauschland, Ersatzland oder ohne Begründung von Rechten der in § 101 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Art enteignet oder aufgrund eines Übernahmeverlangens erworben, ist die Gemeinde verpflichtet, die Grundstücke zu veräußern, sobald der mit dem Erwerb des Grundstücks verfolgte Zweck verwirk476
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§89
licht werden kann. Von dieser Verpflichtung sind Grundstücke ausgenommen, die für öffentliche Zwecke oder für beabsichtigte städtebauliche Maßnahmen als Austauschland oder zur Entschädigung in Land benötigt werden. (2) Die Grundstücke sind nach Maßgabe der Ziele und Zwecke des Bebauungsplans unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung an Bauwillige zu veräußern, die glaubhaft machen, daß sie die Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans, seinen Zielen und Zwecken nutzen werden. Dabei sind zunächst die früheren Eigentümer zu berücksichtigen, und zwar in erster Linie diejenigen, denen kein sonstiges Grundeigentum oder nur Grundeigentum in geringem Umfang gehört. (3) Die Gemeinde hat ihre Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2 gegenüber den zu berücksichtigenden Personen in der Weise zu erfüllen, daß sie 1. ihnen Eigentum an den Grundstücken überträgt oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb von Grundstücken verschafft oder 2. für sie Erbbaurechte oder Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz begründet oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb solcher Rechte verschafft oder 3. für sie sonstige dingliche Rechte begründet oder ihnen einen Anspruch auf Erwerb solcher Rechte verschafft oder 4. das Eigentum auf eine juristische Person überträgt, an der sie als Gesellschafter oder Mitglieder überwiegend beteiligt sind, oder 5. das Eigentum auf einen Immobilienfonds im Sinne des § 25 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes mit der Maßgabe überträgt, daß dieser ihnen Anteile anbietet. Den Wünschen der nach Abs. 2 zu berücksichtigenden Personen ist in der Weise Rechnung zu tragen, daß Rechten nach einer vorangehenden Nummer in Satz 1 der Vorzug vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Rechten zu geben ist. Kann die Gemeinde den Wünschen der Bewerber auf Zuteilung von Rechten nach Satz 1 Nr. 1 und 2 nach der Zahl der zur Verfügung stehenden Grundstücke nicht entsprechen, so hat die Gemeinde die Auswahl unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zu treffen. Reicht die Zahl der zur Verfügung stehenden Grundstücke nicht aus, die Wünsche nach Gewährung von Rechten nach Satz 1 Nr. 1 und 2 voll zu berücksichtigen, so soll die Gemeinde unter diesen Rechten die Rechtsform wählen, bei der eine größere Zahl von zu berücksichtigenden Personen bedacht werden kann. Die Gemeinde kann von der sich aus den Sätzen 2 bis 4 ergebenden Rechtsform abweichen, wenn die Durchführung des Bebauungsplans dies erforderlich macht. Sollen nach den vorstehenden Grundsätzen Erbbaurechte für reine Wohnnutzung begründet werden, so soll die Gemeinde, wenn die Beteiligten nicht eine kürzere Dauer wünschen, die Erbbaurechte auf die Dauer von neunundneunzig Jahren begründen; bei Vorliegen besonderer Gründe kann die Begründung auch für eine kürzere Zeitdauer, in der Regel jedoch für nicht weniger als fünfundsiebzig Jahre erfolgen. (4) Soweit Grundstücke oder Rechte nach Absatz 3 für eine Veräußerung zur 477
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5. Teil. E n t e i g n u n g
Verfügung stehen, haben die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen einen Anspruch nur auf den Erwerb oder die Verschaffung von Grundeigentum oder Rechten in Höhe des Bodenwertes des hergegebenen Grundstücks. Soweit der Bodenwert des hergegebenen Grundstücks dies nicht ermöglicht, das hergegebene Grundstück nach seiner Beschaffenheit für eine bauliche Nutzung jedoch in Betracht kam, soll den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen der Erwerb oder die Verschaffung eines Grundstücks oder eines Rechts nach Absatz 3 ermöglicht werden. (5) Die Gemeinde kann Grundstücke oder Rechte nach Absatz 3 als den in Absatz 3 anderen als den in Absatz 2 bezeichneten Personen anbieten, wenn dies zur Erreichung der mit dem Bebauungsplan und den Sozialplänen verfolgten Ziele und Zwecke erforderlich ist. Kann die Gemeinde dadurch ihre Verpflichtungen gegenüber den in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Personen nicht erfüllen, hat sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß diesen Personen andere Grundstücke oder Rechte nach Maßgabe des Absatzes 3 angeboten werden. 1. Allgemeines a) Da eine Enteignung zur Vorbereitung der baulichen Nutzung (§ 85 Abs. 1 Nr. 1) oder zur Herbeiführung einer baulichen Nutzung durch einen Dritten (§85 Abs. 1 Nr. 2) nur die Voraussetzungen für eine Bebauung schaffen soll (vgl. hierzu § 85 Anm. 2a und b), ist die Gemeinde verpflichtet, die im Wege einer Enteignung beschafften und nicht für öffentliche Zwecke vorgesehenen Grundstücke an Bauwillige zu übereignen. Damit soll der Gemeinde die Erschließung ermöglicht, eine schnelle Bebauung vorbereitet und eine Vermehrung des Baulandangebots erreicht werden. 2. Novelle 1976 a) § 89 erfuhr durch das ÄndG vom 18. August 1976 eine tiefgreifende Ausweitung. Im RegE (BT-DS 7/2496) wird als Grund angegeben, daß Grundgedanken des StBauFG (vgl. §§ 25 und 59) in das allgemeine Städteplanungsgesetz übertragen werden sollen. Auch die Novelle verpflichtet die Gemeinde, alle Grundstücke zu veräußern, die sie durch Enteignung erworben hat, mit Ausnahme der Grundstücke, die für öffentliche Zwecke bestimmt sind. Dabei ist davon auszugehen, daß die öffentliche Zweckbestimmung auch von einem privaten Träger verwirklicht werden kann. b) Der BR hatte im Zug der Beratungen Änderungswünsche zu Abs. 5 (Satz 2 bis 6) mit folgender Begründung: Der durch diese Änderung vorgeschlagenen Erweiterung der Vorkaufsrechte der Gemeinden soll bei der Ausgestaltung der Veräußerungspflichten der Gemeinden nach § 89 Abs. 3, der auch in den Fällen des § 26 Anwendung findet, Rechnung getragen werden. Die vorgeschlagene Regelung soll verdeutlichen, daß bei der Wahl der in Betracht kommenden 478
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§89 2
Rechtsform vor allem auf die Wünsche der zu berücksichtigenden Personen abzustellen ist. Außerdem soll sichergestellt werden, daß die Gemeinden — sofern die zu berücksichtigenden Personen dies wünschen — nach Möglichkeit Eigentum oder dem Eigentum nahekommende Rechte einräumen. Aus diesem Grunde wird auch eine Mindestdauer der Erbbaurechte vorgesehen. Den Einwendungen des BR wurde vom federführenden Ausschuß, der sich sehr eingehend mit der Vorschrift befaßte, Rechnung getragen. c) Im einzelnen wurden folgende Ergänzungen durch den Ausschuß vorgenommen: Die vom Ausschuß vorgeschlagene und Gesetz gewordene Ergänzung des Abs. 1 Satz 1 stellt klar, wann die Grundstücke zu veräußern sind, nämlich, sobald der mit dem Erwerb des Grundstücks verfolgte Zweck verwirklicht werden kann. Abs. 3 erfuhr eine stärkere Differenzierung. Diese Differenzierung war vor allen Dingen deshalb notwendig, um die Rangfolgen eindeutiger bestimmen zu können, die von der Gemeinde bei der Privatisierung einzuhalten sind. Die Mehrheit des Ausschusses war der Auffassung, daß die Gemeinde im Rahmen der Privatisierung nicht solche Rechtsformen wählen darf, bei denen die mit dem BebPl. verfolgten Ziele und Zwecke nicht sachdienlich und wirtschaftlich erreicht werden können. Wenn aber die Ziele und Zwecke, die mit dem BebPl. angestrebt werden, sowohl durch die Vergabe von Volleigentum als auch durch die Vergabe von Erbbaurechten oder sonstigen dinglichen Rechten erfüllt werden können, so ist die Gemeinde verpflichtet, den Wünschen der zu berücksichtigenden Personen auf Vergabe von Volleigentum oder Erbbaurechten bzw. Rechten nach dem Wohnungseigentum im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen. Wünschen zu berücksichtigende Personen die Begründung von Volleigentum, so kann die Gemeinde nicht im Rahmen der Reprivatisierung eine andere Rechtsform wählen, wenn ausreichend Grundstücke zur Verfügung stehen und die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung dem nicht entgegensteht. Abs. 3 Satz 3 und 4 hebt dies ausdrücklich hervor. Ein Antrag, nach dem die Gemeinde im Rahmen der Privatisierung die Wünsche der Eigentümer nach Volleigentum unabhängig von den städtebaulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen hat sowie ein weiterer Antrag, der die Fristen bei der Vergabe von Erbbaurechten bestimmt, wurde von der Ausschußmehrheit abgelehnt. Im Rahmen der Privatisierung wird häufig das Problem auftauchen, daß die Anzahl der zu berücksichtigenden Personen größer ist als die Zahl der zur Verfügung stehenden Grundstücke. Hier sieht Abs. 3 in der von Ausschuß beschlossenen Fassung vor, daß dann die Rechtsform zu wählen ist, bei der eine größere Anzahl von zu berücksichtigenden Personen bedacht werden kann. Der RegE sah in Abs. 4 vor, daß bei der Privatisierung der Teil des Kaufpreises, der dem Ausgleichsbetrag entspricht, auf Verlangen des Käufers in 479
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ein Tilgungsdarlehen umgewandelt werden soll. Diese Regelung berücksichtige aber nicht, daß auch der Veräußerer ausgleichspflichtig ist. Infolge dieser Ausgleichspflichtigkeit des Veräußerers mußten in Abs. 4 die ursprünglich vorgeschlagenen Sätze 3 und 4 gestrichen werden.
3. Vorbereitung der baulichen Nutzung (Abs. 1) a) Verpflichtungen der Gemeinde Vor der Weitergabe hat die Gemeinde den Enteignungszweck zu erfüllen, d. h. sie muß das zu ihren Gunsten enteignete Gelände baureif machen (z. B. bei unerschlossenem Gelände die zweckmäßige Einleitung in Baugrundstücke — Parzellierung —, die Anlage von Versorgungsleitungen — Gas, Wasser, Elektrizität — und die Anlage neuer oder die Verbesserung bestehender Straßen vornehmen). Die Art und Weise der Verpflichtung der Gemeinde ist in Abs. 3 bis 5 geregelt. Bei Nichterfüllung der Verpflichtung der Gemeinde kommt die Rückenteignung an den früheren Eigentümer in Frage (§ 102 Abs. 1 Nr. 1). Stellt dieser keinen Rückenteignungsantrag, so kann das Grundstück zugunsten eines Bauwilligen wieder enteignet werden. Wegen Verlängerung der Verwendungsfrist siehe § 114. b) Ausnahme von der Veräußerungspflicht (Satz 2) Die Gemeinde ist berechtigt, aus dem zu ihren Gunsten enteigneten Gelände die Grundstücke zurückzubehalten, die sie als Baugrundstücke für öffentliche Zwecke, aber für den Gemeinbedarf wie Rathäuser, Schulen, gemeindliche Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude oder als Verkehrs-, Versorgungs- oder Grünflächen benötigt. Als Verkehrsflächen kommen vor allem die Straßen und die für Straßenbahnen, Straßenbahnhöfe, Omnibusbahnhöfe, Abstellflächen und Parkhäuser erforderlichen Flächen in Frage. Für die Versorgung benötigt die Gemeinde Grundstücke zur Verlegung von Leitungen aller Art und für die Errichtung von Gas, Elektrizitäts- und Fernheizwerken. Schließlich muß auch der notwendige Bedarf an Grünflächen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 5) gedeckt werden. Immer aber muß es sich um Flächen handeln, die für öffentliche Zwecke benötigt werden. Die Gemeinde darf also nicht Grundstücke horten, indem sie von den enteigneten Grundstücken übermäßig große Flächen für sich zurückbehält. Dies wird dadurch verhindert, d a ß schon bei der Enteignung der Bedarf der Gemeinde zu prüfen ist; ferner ist in Betracht zu ziehen, daß die Zurückbehaltung in der Regel nur bei solchen Grundstücken in Frage kommen wird, die in einem ordnungsgemäß festgesetzten Bebauungsplan als entsprechende Gemeinbedarfsflächen ausgewiesen sind oder die im Rahmen der ordnungsmäßigen Bebauung des Gemeindegebiets liegen, und schließlich, daß die Rechtsaufsichtsbehörde die Erfüllung der in § 89 der Gemeinde obliegenden gesetzlichen Pflichten überwacht. 480
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
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4. Veräußerungspflicht (Abs. 2) Die Neufassung der Veräußerungspflicht trägt den Grundgedanken Rechnung, die bereits im ersten und zweiten Abschnitt der Novelle zum Ausdruck kommen. a) Veräußerung an Bauwillige, die glaubhaft machen, die Grundstücke innerhalb angemessener Frist (unbestimmter Rechtsbegriff) entsprechend dem BebPl. zu nutzen. b) Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung, unter Berücksichtigung der früheren Eigentümer (Satz 2). c) Einhaltung der Ziele und Zwecke des BebPl. bei der Veräußerung. d) Dem sozialen Element wird durch die Fassung „weitere Kreise der Bevölkerung" und durch die Vorschrift, daß frühere Eigentümer mit keinem oder geringem Grundeigentum vorrangig berücksichtigt werden müssen, Rechnung getragen. Diese Anbietung ist Amtspflicht i. S. des § 839 BGB, Art. 34 G G ; ihre Verletzung macht in vollem Umfang schadensersatzpflichtig. Wenn der frühere Eigentümer auf den Rückerwerb keinen Wert legt, muß die Gemeinde das Grundstück an Nutzungswillige veräußern. Diesen Nutzungswillen müssen die Interessenten glaubhaft machen, und zwar bezieht sich die Glaubhaftmachung auf zwei Punkte: daß sie nämlich das Grundstück nur entsprechend den Festsetzungen des BebPlans nutzen werden und daß sie das innerhalb angemessener Frist tun werden. Diese Glaubhaftmachung kann etwa geschehen durch Vorlage von Nachweisen über das Vorhandensein der für eine Bebauung erforderlichen finanziellen Mittel, eines Bauvorlagenplans über das dem BebPl. entsprechende Bauvorhaben sowie eine verbindliche Angabe darüber, in welcher Frist die Bebauung abgeschlossen sein wird. Die „angemessene Frist" wird nach Lage des Einzelfalles, insbesondere nach der Größe des Bauvorhabens, verschieden sein, doch wird die Gemeinde darauf achten müssen, daß das Grundstück (entsprechend dem mit der Enteignung und der Baureifmachung verfolgten Ziel) möglichst bald bebaut wird. 5. Art der Erfüllung der Verpflichtung der Gemeinde (Abs. 3 , 4 und 5) a) In der Neufassung vom 18. 8. 1976 wird unter Abs. 3 die Verpflichtung der Gemeinde in fünf Möglichkeiten aufgezeigt. b) Die Gemeinden haben in der Vergangenheit vielfach eine Bodenvorratspolitik betrieben. Diese Tätigkeit war im Hinblick auf die Verknappung des Grund und Bodens, insbesondere des Baulandes, in den meisten Fällen durchaus begrüßenswert und wirkte preisregulierend. Eine der hauptsächlichsten Zielsetzungen des BBauG ist „die Erhöhung der Funktionsfähigkeit des Baubodenmarktes und die Schaffung der Voraussetzungen für eine gerechte Bodenpreisbildung" (Amtl. Begründung zur Erstfassung des BBauG, A 2 f.). Das Gesetz geht daher davon aus, daß in Auswirkung der vorgesehenen Einzelmaßnahmen eine Bodenvorratspolitik der Gemeinde hinfällig wird. Die 481
§89 8
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Normalform ist Eigentumsübertragung oder Übertragung eines Anspruchs auf Grundstückserwerb (Nr. 1). Um die Weitergabe eines zugunsten einer Gemeinde enteigneten Grundstücks auch dann zu ermöglichen, wenn etwa kein zahlungskräftiger Bauwilliger, der in der Lage ist, das Grundstück zu erwerben, vorhanden ist, sieht Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 auch die Möglichkeit vor, daß die Gemeinde an Stelle der Übereignung ein Erbbaurecht zugunsten des Nutzungswilligen bestellt oder den Anspruch darauf überträgt. Nach Satz 5 wird das Erbbaurecht grds. auf 99 Jahre, mindestens auf 75 Jahre, ausgegeben. Grundlage ist das Wohnungseigentumsgesetz. Die drei weiteren Möglichkeiten (Übertragung von sonstigen dinglichen Rechten oder von Ansprüchen hierauf, Nr. 3, Eigentumsübertragung auf eine juristische Person, die von der Gemeinde konfrontiert wird, Nr. 4 oder auf einen Immobilienfonds i. S. von § 25 Abs. 5 StBauFG, Nr. 5) entsprechen den Bedürfnissen der Praxis. c) Satz 2 befaßt sich ausführlich mit der vom BR vorgeschlagenen und Gesetz gewordenen Abstellung auf die Wünsche der Betroffenen. Dieser Satz und die Sätze 3 bis 6 des Abs. 3 enthalten für den einzelnen Möglichkeiten, das Verhalten der Gemeinde der gerichtlichen Nachprüfung zu unterziehen (§ 157, Zuständigkeit der Baulandkammern). Abs. 4 normiert einen Rechtsanspruch der in Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Personen auf den Erwerb oder die Beschaffung von Grundeigentum oder Rechten. Bei Divergenz des Bodenwerts sollen die Vorschriften des Abs. 3 Platz greifen. d) Ausnahmsweise kann die Gemeinde auch anderen als den in Abs. 2 genannten Bauwilligen Grundstücke und Rechte nach den Vorschriften des Abs. 5 Satz 1 anbieten. Voraussetzung ist, daß dies zur Erreichung von Zielen und Zwecken des BebPl. und des Sozialplans erforderlich ist. Satz 2 regelt den Ausgleich über Abs. 3 für den Fall, daß über Satz 1 die Verpflichtungen der Gemeinde nicht voll erfüllt werden können. 6. Überleitungsvorschriften Art. 3 § 8 des ÄndG vom 18. 8. 1975 besagt, daß für Grundstücke, welche von der Gemeinde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes oder nach seinem Inkrafttreten auf Grund von Verfahren erworben wurden, die nach Maßgabe der §§ 4 und 7 nach den bisher geltenden Vorschriften fortgeführt wurden, es bei § 25 Abs. 5 und § 89 in der bisher geltenden Fassung verbleibt. 7. Sondervorschriften des Städtebauförderungsgesetzes Gem. § 22 Abs. 1 Satz 3 StBauFG ist § 89 BBauG im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet (§ 5 StBauFG) nicht anzuwenden. 8. Rechtsprechung BGH U vom 2. 11.1966 (V ZR 108/64) DNotZ 1967, 495 Die Parteien eines Vertrages, durch den sich der Grundstückseigentümer verpflichtet, ein Erbbaurecht zu bestellen, können nicht willkürlich gewisse Vertragsbestimmun482
§90
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
gen v o n der Beurkundung ausschließen. Dies gilt nicht für Nebenbestimmungen, auf welche die Vertragschließenden keinen W e r t legen und von deren Wirksamkeit sie den Bestand des Veräußerungsvertrages nicht abhängig gemacht werden haben.
§90 Enteignung
von Grundstücken zur Entschädigung
in Land
( 1 ) D i e Enteignung von Grundstücken zur Entschädigung in Land (Ersatzland) ist zulässig, wenn 1. die Entschädigung eines Eigentümers nach § 100 in Land festzusetzen ist, 2. die Bereitstellung von Grundstücken, die im Rahmen der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung als Ersatzland geeignet sind, weder aus dem Grundbesitz des Enteignungsbegünstigten noch aus dem Grundbesitz des Bundes, des Landes, einer Gemeinde (Gemeindeverband) oder einer juristischen Person des Privatrechts, an der der Bund, das Land oder eine Gemeinde (Gemeindeverband) allein oder gemeinsam überwiegend beteiligt sind, möglich und zumutbar ist sowie 3. von dem Enteignungsbegünstigten geeignete Grundstücke freihändig zu angemessenen Bedingungen, insbesondere, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist, unter Angebot geeigneten anderen Landes aus dem eigenen Vermögen oder aus dem Besitzstand von juristischen Personen des Privatrechts, an deren Kapital er überwiegend beteiligt ist, nicht erworben werden können. ( 2 ) Grundstücke unterliegen nicht der Enteignung zur Entschädigung in Land, wenn und soweit 1. der Eigentümer oder bei land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstükken auch der sonstige Nutzungsberechtigte auf das zu enteignende Grundstück mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen und ihm im Interesse der Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Betriebs die Abgabe nicht zuzumuten ist oder 2. die Grundstücke oder ihre Erträge unmittelbar öffentlichen Zwecken oder der Wohlfahrtspflege, dem Unterricht, der Forschung, der Kranken- und Gesundheitspflege, der Erziehung, der Körperertüchtigung oder den Aufgaben der Kirchen und andererer Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie deren Einrichtungen dienen oder zu dienen bestimmt sind. ( 3 ) Außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile können Grundstücke zur Entschädigung in Land nur enteignet werden, wenn sie land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden sollen. ( 4 ) D i e Enteignung zum Zweck der Entschädigung eines Eigentümers, dessen Grundstück zur Beschaffung von Ersatzland enteignet wird, ist unzulässig. 483
§90 2
5. Teil. Enteignung
1. Allgemeines Die Vorschrift des § 90 hängt auf das engste mit den Bestimmungen des § 1 0 0 zusammen. Während die letzteren im einzelnen festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine Entschädigung in Land festzusetzen ist oder festgesetzt werden kann (§ 100 Abs. 1, 2 und 3), regelt § 90 die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Enteignung von Grundstücken, die zur Entschädigung in Land Verwendung finden sollen. Beide Vorschriften nehmen aufeinander Bezug (§ 90 Abs. 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3). Die Enteignung zur Beschaffung von Ersatzland ist eine der wichtigsten Bestimmungen des B B a u G , die ihre Vorgänger in einigen nach dem zweiten Weltkrieg erlassenen Aufbaugesetzen der Länder und in § 8 des B a u L B G hat; sie hat sich — wie sich aus der AmtlBegründung (vgl. B T — D S 3 / 3 3 6 , zu § 100 des Entw.) ergibt — nach den Erfahrungen der Vorkriegs- und besonders der ersten Nachkriegsjahre als zwingend notwendig erwiesen, da sonst in vielen Fällen eine Enteignung von Bauland nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten durchführbar war; vor allem liegt der Bestimmung der Gedanke zugrunde, den von der Enteignung Betroffenen, der zur Sicherung seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf das Ersatzland angewiesen ist (§ 100 Abs. 1), vor existenzvernichtenden Schädigungen zu bewahren. § 90 ermöglicht unter klar abgegrenzten Voraussetzungen die Beschaffung des Ersatzlandes im Enteignungswege. In diesem Fall muß nicht nur die Hauptenteignung, sondern auch die Ersatzlandenteignung vom öffentlichen Wohl getragen sein (Art. 14 Abs. 3 G G ) . Die Ersatzlandenteignung wird innerhalb des Hauptenteignungsverfahrens durchgeführt. Auch auf sie finden die allgemeinen Vorschriften über die Enteignung Anwendung, insbesondere gilt auch, daß Grundstücke zur Entschädigung in Land grundsätzlich (vgl. aber Abs. 3) nur im Bereich eines BebPlans oder eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils enteignet werden dürfen. 2. Zulässigkeitsvoraussetzungen im einzelnen a) Als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Enteignung zur Beschaffung von Ersatzland ist in Abs. 1 Nr. 1 angeführt, daß die Entschädigung „gemäß § 100 in Land festzusetzen ist". Es müssen also, damit eine solche Enteignung überhaupt möglich ist, auch die in § 100 angeführten Gesichtspunkte gegeben sein, so vor allem, daß der antragstellende, betroffene Eigentümer auf das Ersatzland angewiesen ist. b) Es muß vor der Enteignung geprüft werden (Nr. 2 und 3), ob nicht die Bereitstellung von geeignetem Ersatzland durch den Enteignungsbegünstigten selbst oder durch die öffentliche Hand möglich ist und — wenn entsprechende Grundstücke nicht zur Verfügung stehen — ob nicht durch den Enteignungsbegünstigten geeignete Grundstücke im Wege des freien Kaufs 484
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§90 3
durch Privatrechtsvertrag erworben werden können. Die Bereitstellung von Grundstücken oder der freihändige Erwerb müssen möglich und zumutbar sein (vgl. hierzu und zur Frage der angemessenen Bedingungen des Kaufs auf dem freien Markt sowie zum Angebot eigenen Landes oben bei § 87 Anm. 2 b). Zu beachten ist aber, daß die Anforderungen des § 90 Abs. 1 Nr. 3 etwas strenger sind als die allgemeinen für die Zulässigkeit der Enteignung in § 87 Abs. 2 Nr. 2 aufgestellten Anforderungen. Im letzteren Fall genügt es, wenn der Antragsteller nachweist, daß er sich um einen freihändigen Erwerb „vergeblich bemüht" hat. In § 90 Abs. 1 Nr. 3 ist dagegen gefordert, daß vom Enteignungsbegünstigten geeignete „Grundstücke freihändig nicht erworben werden können". Es genügt also nicht das „ernsthafte Bemühen", es muß vielmehr — unter den in Nr. 3 genannten Voraussetzungen — eine objektive Unmöglichkeit des freihändigen Erwerbs gegeben sein. 3. Ausnahmen Abs. 2 nimmt gewisse Grundstücke von der Inanspruchnahme im Wege der Ersatzlandenteignung aus, um Härten zu vermeiden. Dabei hat Nr. 1 die Vermeidung einer Existenzschädigung im Auge, während bei Nr. 2 in erster Linie der Verwendungszweck des Grundstücks maßgebend ist. a) Abs. 2 Nr. 1 enthält eine Schutzvorschrift zugunsten des von der Ersatzlandenteignung bedrohten Eigentümers. Er kann diese Enteignung abwenden, wenn er nachweisen kann, daß er auf das zu enteignende Grundstück mit seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit angewiesen und daß ihm im Interesse der Erhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Betriebes die Abgabe nicht zuzumuten ist. „Angewiesen" auf das Grundstück ist der Eigentümer dann, wenn er es zu seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit benötigt und tatsächlich auch benutzt (z. B. bei einer Gärtnerei alles Land, das zum Anbau von Gärtnereierzeugnissen verwendet wird, oder bei einem Handwerker, der neben seinem kleinen Handwerksbetrieb verwendete Grund und Boden). Dies allein genügt aber noch nicht, um die Ersatzlandenteignung abzuwenden. Der Eigentümer muß ferner nachweisen, daß ihm im Interesse der Betriebsrentabilität die Aufgabe des Grundstücks nicht zuzumuten ist. Diese Bestimmung enthält eine starke und in vielen Fällen empfindliche Einschränkung des Schutzes des Eigentümers, denn dieser muß dartun, daß im Falle der Abgabe des Grundstücks (das er im Rahmen seines Betriebes verwendet) die Rentabilität des Betriebes (z. B. landwirtschaftlicher Betrieb oder Nebenbetrieb, Gewerbebetrieb) wenn nicht vernichtet, so doch bedroht ist, und daß daher die Abgabe nicht zumutbar ist. Es ist demnach auch erforderlich, daß die Abgabe für den Eigentümer ein unzumutbares wirtschaftliches Opfer bedeuten würde. Ob ein solches vorliegt, kann nur nach Sachlage beurteilt werden und ist eine richterlich nachprüfbare Tat- und Rechtsfrage. Die angeführten Grundsätze gelten bei land- und forsttwirtschaftlich genutzten Grundstücke nicht nur für den Eigentümer, sondern auch für son485
§90 3
5. Teil. Enteignung
stige Nutzungsberechtigte, z. B. für Pächter; auch diese können also bei entsprechend begründetem Vorbringen die Enteignung abwenden. Voraussetzung ist immer, daß der Betrieb die Erwerbsgrundlage des Grundstückseigentümers bildet oder — wie insbesondere bei landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen — als alleinige Erwerbsgrundlage nicht ausreicht. b) Abs. 2 Nr. 2 brachte (gegenüber der Bestimmung des § 8 Abs. 3 BauLBG) eine erhebliche Verbesserung des Schutzes der dort aufgezählten Körperschaften und Vereinigungen. Während in der letztgenannten Vorschrift gefordert worden war, daß der Grundbesitz zur Erfüllung der Aufgaben benötigt wurde, verlangt Nr. 2 a. a. O. nur, daß die Grundstücke oder ihre Erträge entsprechenden Zwecken dienen oder zu dienen bestimmt sind. Der Begünstigte muß auch das Grundstück nicht etwa selbst benutzen. Der Enteignungsschutz wird auch gewährt, wenn Erträgnisse daraus (z. B. Stiftung, Miete oder Pacht) unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen oder zu dienen bestimmt sind. Andererseits müssen die Grundstücke oder ihre Erträgnisse unmittelbar den geforderten Zwecken dienen, d. h. sie dürfen ihnen nicht erst auf Umwegen zugute kommen (das Wort „unmittelbar" gehört nicht etwa nur zu „öffentlichen Zwecken", sondern zu allen in Abs. 2 Nr. 2 aufgezählten Zwecken); so wird ein Grundstück nicht den Schutz des Abs. 2 Nr. 2 genießen können, wenn der Eigentümer auf dem Grundstück ein Erwerbsunternehmen betreibt und von dem Gewinn einen bestimmten Teil an eine Wohlfahrtsorganisation abliefert. Der Schutz gilt nur, „wenn und soweit" die Grundstücke oder ihre Erträge den Zwecken dienen oder zu dienen bestimmt sind. Es ist also eine Teilenteignung möglich, genau wie auch ein teilweises „dienen" genügt. Der Katalog der Nr. 2 ist sehr umfangreich, allerdings ausschließlich. Einzelne Beispiele für den Enteignungsschutz hinsichtlich einer Ersatzlandenteignung: öffentliche Erholungsanlagen, Kinderheime und Kinderhorte, Altersheime, Fürsorgeerziehungsheime, öffentliche und private Erziehungs- und Unterrichtsanstalten, wissenschaftliche Forschungs- und Versuchsanstalten, Krankenhäuser, Erholungsheime, Sport-, Spiel- und Turnplätze, für die Erweiterung von Friedhöfen vorgesehene Grünflächen usw. c) Eine Enteignung zur Beschaffung von Ersatzland soll im Außenbereich nicht uneingeschränkt zulässig sein. Abs. 3 beschränkt daher die Zulässigkeit der Enteignung außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ausdrücklich auf die Beschaffung von Ersatzland, das für eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung bestimmt ist. Dadurch soll verhindert werden, daß im Wege der Ersatzlandbeschaffung bisher rein land- oder forstwirtschaftlich genutztes Gebiet vor Einbeziehung in die Planung als Bauland herangezogen wird. 486
§91
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
d) Der Abs. 4 enthält den allgemeinen Grundsatz des Enteignungsrechts, daß eine Enteignung von Ersatzland keine weiteren Enteignungen nach sich ziehen darf.
§91 Ersatz für entzogene
Rechte
Die Enteignung zu dem Zweck, durch Enteignung entzogene Rechte durch neue Rechte zu ersetzen, ist nur zulässig, soweit der Ersatz in den Vorschriften des Zweiten Abschnitts vorgesehen ist. Für den Ersatz entzogener Rechte durch neue Rechte im Wege der Enteignung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 gelten die in § 90 Abs. 1 und 2 für die Enteignung zur Entschädigung in Land getroffenen Vorschriften entsprechend. a) Die Vorschrift bringt die Zulässigkeitsvoraussetzungen f ü r die Enteignung nach § 85 Abs. 1 Nr. 4 (Ersatz von Rechten, die durch Enteignung entzogen worden sind, durch neue Rechte). Im Zusammenhang mit der Enteignung eines Grundstücks kann es notwendig werden, auf diesem Grundstück ruhende Rechte Dritter aufzuheben und in besonderen Fällen an anderen Grundstücken neu zu begründen. Die Möglichkeit, im Wege einer Enteignung Rechte, die durch Enteignung entzogen worden sind, durch neu zu begründende Rechte zu ersetzen, ist nach § 91 Satz 1 auf Fälle beschränkt, die in den Vorschriften des Zweiten Abschnitts („Entschädigung") ausdrücklich aufgezählt sind. Es handelt sich um die Bestimmungen in § 97 Abs. 2, § 100 Abs. 5 uns § 102 Abs. 5. b) Satz 2 der Vorschrift trifft den besonderen Fall des Ersatzes entzogener Rechte durch neue Rechte im Wege der Enteignung nach § 97 Abs. 2 Satz 3. Hiernach sind als Ersatz für dingliche oder persönliche Rechte eines öffentlichen Verkehrsunternehmens oder eines Trägers der öäffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme, oder Wasser, der auf diese zur Erfüllung seiner wesensgemäßen Aufgaben angewiesen ist, auf seinen Antrag Rechte gleicher Art zu begründen; soweit dazu Grundstücke des Enteignungsbegünstigten nicht geeignet sind, können zu diesem Zweck auch andere Grundstücke in Anspruch genommen werden. In diesem Fall sind die Vorschriften des § 90 Abs. 1 und 2 über die Enteignung zur Entschädigung in Land entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, daß für die Bestellung eines Ersatzrechtes zunächst Grundstücke des Enteignungsbegünstigten oder der öffentlichen H a n d heranzuziehen sind (§ 90 Abs. 1 Nr. 2 u n d 3) und daß bestimmte Grundstücke (Abs. 2 Nr. 1 und 2) f ü r eine solche Bestellung ausscheiden (vgl. hierzu Erläut. 1 , 2 b und 3 a und b zu § 90). 487
§92 2
5. Teil. E n t e i g n u n g
§92 Umfang, Beschränkung
und Ausdehnung
der
Enteignung
(1) Ein Grundstück darf nur in dem Umfang enteignet werden, in dem dies zur Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich ist. Reicht eine Belastung des Grundstücks mit einem Recht zur Verwirklichung des Enteignungszwecks aus, so ist die Enteignung hierauf zu beschränken. (2) Soll ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet werden, so kann der Eigentümer anstelle der Belastung die Entziehung des Eigentums verlangen. Soll ein Grundstück mit einem anderen Recht belastet werden, so kann der Eigentümer die Entziehung des Eigentums verlangen, wenn die Belastung mit dem dinglichen Recht für ihn unbillig ist. (3) Soll ein Grundstück oder ein räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundbesitz nur zu einem Teil enteignet werden, so kann der Eigentümer die Ausdehnung der Enteignung auf das RestgrundstUck oder den Restbesitz insoweit verlangen, als das Restgrundstück oder der Restbesitz nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden kann. (4) Der Eigentümer kann verlangen, daß die Enteignung auf die in § 86 Abs. 2 bezeichneten Gegenstände ausgedehnt wird, wenn und soweit er sie infolge der Enteignung nicht mehr wirtschaftlich nutzen oder in anderer Weise angemessen verwerten kann. (5) Ein Verlangen nach den Absätzen 2 bis 4 ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Enteignungsbehörde bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung geltend zu machen. 1. Allgemeines Die einzelnen Bestimmungen des § 92 bringen im wesentlichen den Rechtsgedanken zum Ausdruck, daß in die Rechte des von der Enteignung Betroffenen nur im unbedingt erforderlichen Umfang eingegriffen werden darf. Dieser Rechtsgedanke ist nicht neu, er ist schon in früheren Enteignungsgesetzen enthalten; ferner in dem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, daß ein hoheitlicher Eingriff nicht stärker sein darf, als es sein Zweck erfordert. Schließlich ist dieser Grundsatz allgemein auch bereits in § 87 Abs. 1 BBauG ausgesprochen, wonach die Enteignung nur zulässig ist, wenn der Enteignungszweck nicht auf andere zumutbare Weise errechnet werden kann. Er wird dem Sinn und dem wesentlichen Inhalt nach in den Vorschriften des § 92 wiederholt und gilt sowohl hinsichtlich des räumlichen Umfanges als auch hinsichtlich der räumlichen Ausgestaltung des Eingriffs. 2. Enteignung von Grundstücken (Abs. 1) Abs. 1 betrifft die Fälle, in denen der Antragsteller in einem Enteignungsverfahren die Entziehung des Eigentums an einem Grundstück erstrebt. Die Enteignungsbehörde hat von Amts wegen nicht nur zu prüfen, ob die bean488
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§92 3
tragte Enteignung einem gesetzlich anerkannten Zweck dient (§ 85), sondern auch, in welchem Umfang der Eingriff notwendig ist. Hierbei werden die Interessen des Antragstellers und des Grundstückseigentümers gegeneinander abzuwägen sein (vgl. hierzu auch § 87 Erläuterung Nr. 2 a). Wenn die Behörde zu der Überzeugung gelangt, daß die Belastung eines Grundstücks mit einem Recht zur Verwirklichung des Enteignungszwecks ausreicht, so darf nur die Belastung ausgesprochen werden. Beispiele: Bestellung eines Wegerechts (Grunddienstbarkeit) zugunsten des Baugrundstücks des Antragstellers statt der Enteignung des Grundstücks, auf dem das Wegerecht ruhen soll; Bestellung eines Erbbaurechts statt Entziehung des Eigentums; die Rechtsform des Erbbaurechts wird in manchen Fällen nicht nur dem Enteignungszweck genügen, sondern auch zur Erreichung des Enteignungszieles zweckmäßig sein, so z. B., wenn es dem Antragsteller nur auf die Bebauungsmöglichkeit ankommt und andererseits die Belastung mit dem Erbbaurecht den Wünschen des Betroffenen entgegenkommt. Andererseits wird es natürlich Fälle geben, in denen die Belastung mit einem Recht nicht möglich oder nicht ausreichend ist (z. B. keine Bestellung eines Erbbaurechts, wenn es sich um Gemeindebedarfsflächen handelt oder wenn durch die Bestellung Schwierigkeiten in der Finanzierung hervorgerufen würden). Hervorzuheben ist, daß in den Fällen des Abs. 1 (im Gegensatz zu Abs. 2, 3 und 4) kein Antrag des Eigentümers gefordert wird. Die Frage, ob eine Belastung eines Grundstücks mit einem Recht zur Verwirklichung des Enteignungszwecks ausreicht, ist eine Rechtsfrage, die gerichtlich nachprüfbar ist. 3. Belastung mit einem Erbbaurecht oder mit einem anderen Recht (Abs. 2) Abs. 2 Satz 1 geht davon aus, daß der Antragsteller nicht die Entziehung des Eigentums, sondern die Bestellung eines Erbbaurechts anstrebt und daß diese Bestellung regelmäßig für den Eigentümer eine so weitgehende Rechtseinbuße darstellt, daß man ihm den Anspruch eröffnen muß, statt dessen die Vollenteignung zu verlangen. Dieser Anspruch (der nur vom Eigentümer geltend gemacht werden kann und ohne dessen Antrag wohl ein entsprechender Ausspruch nicht möglich ist) bedarf keiner besonderen Begründung. Wenn der Antrag gestellt wird, muß ihm die Behörde entsprechen; der Eigentümer hat einen gerichtlich verfolgbaren (§ 157) Rechtsanspruch darauf, daß die Behörde entsprechend seinem Antrag tätig wird. Die Entscheidung darüber, ob statt der Bestellung eines Erbbaurechts die Eigentumsentziehung ausgesprochen werden soll, liegt also allein beim Eigentümer. Die Belastung eines Grundstücks mit einem anderen (dinglichen) Recht (als dem Erbbaurecht) wird dagegen nicht in jedem Fall eine so weitgehende rechtliche und wirtschaftliche Entwertung des Eigentums darstellen. Abs. 2 Satz 2 verlangt daher vom Eigentümer (zur Abwendung der Belastung mit einem Recht und zur Erreichung der Entziehung des Eigentums) den Nachweis 489
§92 4
5. Teil. Enteignung
der Unbilligkeit; er gibt dem Eigentümer das Recht, die Vollenteignung zu verlangen, wenn die vorgesehene Belastung für ihn unbillig ist. Auch die Frage, ob eine Unbilligkeit vorliegt, ist eine gerichtlich nachprüfbare Rechtsfrage. Dabei wird das Ergebnis von den Besonderheiten und Umständen des Einzelfalles abhängen. Es ist davon auszugehen, daß nur eine „Unbilligkeit" gefordert wird, also nicht eine unzumutbare Härte, daß also die Voraussetzungen nicht zu hoch gespannt werden dürfen. So kann die Unbilligkeit vorliegen, wenn durch die Bestellung des Rechts die wirtschaftlichen Verhältnisse des Eigentümers in der Weise beeinträchtigt würden, daß er eine etwaige Bauabsicht auf seinem Grundstück nur unter Aufwendungen an Geld und Arbeit verwirklichen kann und das Grundstück daher für ihn an Wert verliert. Dagegen dürfte keine Unbilligkeit gegeben sein, wenn der Eigentümer die (an Stelle der Bestellung des Rechts) durch Entziehung des ganzen Grundstücks zu erwartende Summe für persönliche oder familiäre Zwecke (Erweiterung des Geschäfts, Erziehung der Kinder, Sicherung der Existenz der Kinder, Beschaffung eines anderen Sachwertes) verwenden will; denn die hier verfolgten Ziele haben mit der Enteignung, mit deren Intensität nichts zu tun; ferner ist keine Unbilligkeit gegeben, wenn das Grundstück verpachtet war und es dem Eigentümer bisher und künftig nur auf die Erzielung laufender Erträgnisse ankommt oder wenn das betreffende Grundstück nur einen geringen Teil des gesamten Grundbesitzes oder des Gesamtvermögens darstellt. Die Belastung mit einem Recht muß für den Eigentümer unbillig sein; es findet also hier nicht (wie bei Nr. 1 — siehe oben Anm. 2 —) eine Interessenabwägung zwischen dem Antragsteller und dem Grundstückseigentümer statt. Maßgebend sind hier allein die Verhältnisse des Grundstückseigentümers und sein Antrag (vgl. oben Anm. zu Abs. 2 Satz 1). 4. Teilenteignung (Abs. 3) Abs. 3 übernimmt den nach dem früheren Enteignungsrecht (vgl. § 4 Abs. 3 BauLBG) bereits gegebenen Anspruch des Eigentümers auf räumliche Ausdehnung der Enteignung. Auch er dient dem Schutz des Eigentümers, dessen Antrag ein entsprechendes Tätigwerden der Enteignungsbehörde auslöst (vgl. oben Anm. 3). Voraussetzung dafür, daß die Behörde tätig werden muß, ist, daß eine Teilenteignung beantragt ist (Teil eines Grundstücks oder eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes) und daß das Restgrundstück oder der Restbesitz im Falle der Teilenteignung nicht mehr in angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden kann. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist eine gerichtlich nachprüfbare Tat- und Rechtsfrage. Bejahendenfalls muß dem Antrag des Eigentümers entsprochen werden, andernfalls darf ihm nicht stattgegeben werden. Insoweit ist für eine Ermessensentscheidung der Behörde kein Raum. 490
1. Abschnitt. Zulässigkeit der Enteignung
§92 4
a) Der räumliche Zusammenhang des Grundbesitzes ist gegeben, wenn die einzelnen Grundstücke desselben Eigentümers zusammenhängen, also aneinandergrenzen. Für den wirtschaftlichen Zusammenhang kommt es auf die Art der Zuordnung des Grundstücks zu einem Gesamtbetrieb an, vor allem können hier auch räumlich getrennte Grundstücke im Zusammenhang stehen, wenn sie nämlich wirtschaftliche Bestandteile eines Gesamtunternehmens sind. Erforderlich ist aber immer, daß die Grundstücke demselben Eigentümer gehören. Abs. 3 ist daher nicht anwendbar, wenn ein einheitlicher Wirtschaftsbetrieb zum Teil auf im Eigentum des Inhabers befindlichen Grundstücken, zum andern Teil auf Pachtgrundstücken geführt wird und nur das Pachtland ganz oder teilweise enteignet werden soll. In diesem Falle ist ein Ausdehnungsanspruch nur gegeben, wenn zugleich ein Teil des eigenen Grundbesitzes enteignet werden soll (ebenso Pathe, § 4 Anm. III C; DittusZinkahn, § 4 Anm. 6). b) Die weitere Voraussetzung dafür, daß dem Antrag des Eigentümers stattgegeben werden kann, ist, daß das Restgrundstück oder der Restbesitz nicht mehr im angemessenem Umfang baulich oder wirtschaftlich genutzt werden kann. Dabei ist unter „Restbesitz" die Gesamtheit der dem Eigentümer nach der Enteignung noch verbleibenden Grundstücke zu verstehen. Abs. 3 enthält den unbestimmten Rechtsbegriff „angemessener Umfang". Dieser unterliegt der vollen richterlichen Nachprüfung. Die bauliche Nutzung ist in angemessenem Umfang nicht mehr gegeben, wenn es z. B. dem Eigentümer nicht möglich ist, auf dem Restgrundstück oder auf dem Restbesitz ein solches Bauwerk (je nach der Größe des verbleibenden Besitzes) zu errichten, das den Festsetzungen des BebPlans oder der sonst üblichen und zulässigen Bebauung (z. B. F1NP1.) entspricht; dagegen kommt es nicht oder doch nicht ausschlaggebend auf die Bauabsichten des Eigentümers an. Neben der baulichen Nutzung kann auch die wirtschaftliche Nutzung „in angemessenem Umfang" Maßstab für den Erfolg oder Nichterfolg eines Ausdehnungsantrags sein. In einem solchen Fall muß der Eigentümer, der die Teilenteignung verhindern will, nachweisen, daß ihm im Falle der Teilenteignung die bisherige Art der wirtschaftlichen Nutzung nicht mehr möglich und daß eine angemessene Nutzung auch nicht durch eine zumutbare Änderung der Nutzungsart zu erreichen ist. Der Schutz des Eigentums greift jeweils nur insoweit ein, als die bauliche oder wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist. Das bedeutet, daß nicht immer die Enteignung auf das ganze Restgrundstück oder den ganzen Restbesitz ausgedehnt werden muß, vielmehr kann sich die Ausdehnung möglicherweise nur auf einen Teil erstrecken, wenn eben nur ein Teil des Restgrundstücks oder des Restbesitzes nicht mehr nutzbar ist, der verbleibende Teil aber (außer dem ursprünglich schon zu enteignenden Teil und dem Teil, auf den der Eigentümer die Ausdehnung verlangen kann) einer entsprechenden Nutzung noch zugeführt werden kann. 491
§92 6
5. Teil. Enteignung
5. Ausdehnung der Enteignung auf das Zubehör (Abs. 4) Abs. 4 erstreckt den Ausdehnungsanspruch des Abs. 3 auf die Zubehörteile des zu enteignenden Grundstücks (vgl. hierzu § 86 Anm. 3). Auch hier sind einige Voraussetzungen gefordert: Der Eigentümer kann die Ausdehnung der Enteignung auf die Zubehörteile nur verlangen, wenn und soweit er sie infolge der Enteignung nicht mehr wirtschaftlich nutzen oder in anderer Weise angemessen verwerten kann (diese Voraussetzung ist z. B. gegeben bei einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb, wenn durch die Enteignung die landwirtschaftlich nutzbare Fläche so klein wird, daß die bisher benutzten landwirtschaftlichen Maschinen nicht mehr verwendet und auch sonst nicht angemessen, etwa durch Verkauf, verwertet werden können; die Voraussetzung ist z. B. nicht gegeben, wenn bei einem landwirtschaftlichen Betrieb infolge Enteignung der Viehbestand verkleinert werden muß, das Vieh aber zu einem angemessenen Preis verkauft werden kann). Zu beachten ist, daß hier im Gegensatz zu Abs. 3 (in dem nur die bauliche oder wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit maßgebend ist, nicht aber die Unmöglichkeit einer angemessenen Verwertung eine Rolle spielt) der Ausdehnungsantrag erst dann Erfolg haben kann, wenn (außer der Unmöglichkeit der wirtschaftlichen Nutzung) auch keine angemessene Verwertungsmöglichkeit gegeben ist. 6. Form der Anträge (Abs. 5) Abs. 5 enthält die Formvorschrift für die nach den Absätzen 2, 3 und 4 zu stellenden Anträge. Es handelt sich dem Wesen nach um eine Verfahrensvorschrift (vgl. §§ 104 ff.), die nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit an den Schluß des § 92 gesetzt wurde und nur die Vorschriften dieser Bestimmung betrifft. Die Enteignungsbehörde ist die höhere Verwaltungsbehörde (§ 104 Abs. 1); vor ihr findet zur Durchführung des Enteignungsverfahrens eine mündliche Verhandlung statt (§§ 109, 112). Das Verlangen nach Abs. 2, 3 und 4 muß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (bei mehreren Verhandlungen bis zum Schluß der letzten Verhandlui-.g) gestellt werden, d. h. also, bevor der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen erklärt hat. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung wäre die Berücksichtigung eines entsprechenden Verlangens unzulässig und würde die Enteignung insoweit fehlerhaft machen. Form des Antrags: Das Verlangen muß schriftlich oder zur Niederschrift bei der Enteignungsbehörde geltend gemacht werden. Es genügt also jedenfalls nicht ein mündliches Vorbringen vor der Enteignungsbehörde vor oder auch in der mündlichen Verhandlung. Ein schriftlicher Antrag kann naturgemäß nur vor der mündlichen Verhandlung bei der Behörde gestellt werden; wenn nämlich die (letzte) mündliche Verhandlung bereits begonnen hat, 492
§93 l
2. Abschnitt. Entschädigung
kann nur noch ein Antrag zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung in Frage kommen, da sonst die Gefahr besteht, daß das Ausdehnungsverlangen aus Verschulden des Antragstellers nicht mehr rechtzeitig in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden kann. Eine Zurücknahme des Ausdehnungsverlangens wird, da es sich nicht um eine Prozeßerklärung handelt, bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung jederzeit möglich sein.
ZWEITER ABSCHNITT Entschädigung §93 Entschädigungsgrundsätze (1) Für die Enteignung ist Entschädigung zu leisten. (2) Die Entschädigung wird gewährt 1. für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, 2. für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile. (3) Vermögensvorteile, die dem Entschädigungsberechtigten (§ 94) infolge der Enteignung entstehen, sind bei der Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigen. Hat bei der Entstehung eines Vermögensnachteils ein Verschulden des Entschädigungsberechtigten mitgewirkt, so gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. (4) Für die Bemessung der Entschädigung ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. In den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung ist der Zustand in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird. 1. Allgemeines (Abs. 1) Entsprechend der Forderung des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 3 Satz 2) bestimmt Abs. 1 zunächst, daß f ü r die „Enteignung Entschädigung zu leisten ist". Diese Entschädigung soll den gerechten Ausgleich für das dem Betroffenen durch die Enteignung auferlegte Sonderopfer darstellen. Dabei ist zu beachten, daß das G G den in der WRV (Art. 153) verwendeten Begriff der „angemessenen Entschädigung" nicht übernommen hat. N a c h Art. 14 Abs. 3 Satz 3 G G ist „die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen". Andererseits kann die Enteignungsentschädigung auch nicht nach rein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen, etwa nach den Grundsätzen über Schadensersatz, bemessen werden, denn sie wird nicht jeden Schaden des Betroffenen umfassen, son493
§93 3
5. Teil. Enteignung
dem ist durch die genannten verfassungsrechtlichen Grundsätze in der Weise begrenzt, daß eine Abwägung der Interessen der Beteiligten und der Allgemeinheit stattzufinden hat (vgl. auch RGZ 116, 268 und BGHZ 6, 270/295); Dittus-Zinkahn, Vorbem. vor § 9). Diesen Grundsätzen wird die Entschädigungsregelung des Zweiten Abschnittes gerecht. Vgl. hierzu auch § 23 StBauFG. 2. Gegenstand der Entschädigung (Abs. 2) Enteignungsentschädigung wird nur gewährt: a) Für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, d. h. dem Betroffenen muß der objektive Wert des enteigneten Grundstücks oder sonstigen Gegenstandes ersetzt werden. Hier kommt vor allem die Entschädigung für die Entziehung des Eigentums an einem Grundstück und anderer Rechte an Grundstücken in Frage. Wegen der Höhe der Entschädigung vgl. §95. b) Für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile, d. h. der zusätzliche subjektive Vermögensschaden, der in Auswirkung der Enteignung entsteht. Dieser Schaden muß durch die Enteignung eingetreten sein, also kommen in der Regel nur unmittelbare Schäden in Betracht (vgl. hierzu auch § 96), nicht aber z. B. Ersatz der Kosten, die dem Enteignungsbetroffenen durch die Beschaffung eines anderen Grundstücks entstehen (vgl. unten Rspr. Nr. 6 A 1). 3. Vorteilsausgleich und Verschulden (Abs. 3) a) Abs. 3 Satz 1 legt zunächst den Grundsatz der Vorteilsausgleichung fest. Es werden die Fälle erfaßt, in denen der Entschädigungsberechtigte (also der durch die Enteignung Beeinträchtigte — § 94 Abs. 1) infolge der Enteignung einen Vermögensvorteil erlangt, also muß auch hier in der Regel ein unmittelbarer Vorteil gegeben sein. Der Grundgedanke dieser Vorschrift ist, daß der Entschädigungsberechtigte nach der Enteignung nicht besser gestellt sein soll als vorher. Dies kann dazu führen, daß der Berechtigte nicht den ganzen objektiven Wert des enteigneten Gegenstandes verlangen bzw. erhalten kann, wenn er auf der anderen Seite durch die Enteignung bereits einen Vermögensvorteil erlangt hat; er muß sich vielmehr diesen Vorteil auf die Gesamtentschädigung ausrechnen lassen. So wird sich ein Betroffener, dessen Grundstück zum Teil für Erschließungszwecke (z. B. für eine Verkehrsstraße) enteignet wurde, den Betrag anrechnen lassen müssen, um den sich der Wert des Restgrundstückes durch die Erschließung gesteigert hat, soweit er nicht zu den Erschließungskosten besonders herangezogen worden ist (vgl. hierzu auch unten Erl. 5 A 2—4 und Erl. 5 B). b) In Satz 2 ist der allgemeine Rechtsgedanke des § 254 BGB, daß nämlich bei einer Schadensbemessung auch etwaiges mitwirkendes Verschulden „des Beschädigten", hier des Entschädigungsberechtigten, mit berücksichtigt 494
2. Abschnitt. Entschädigung
§93 4
werden muß, als ein auch für das Enteignungsrecht geltender Grundsatz ausdrücklich aufgenommen worden. Dies erschien zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten erforderlich, da dieser Grundsatz auch bereits in anderen Enteignungsgesetzen — z.B. § 33 des Bundesleistungsgesetzes von 1956/1961, § 13 des Schutzbereichsgesetzes vom 7. 12.1956, § 19 des Luftverkehrsgesetzes i. d. F. vom 10.1. 1959 — ausgesprochen ist. Hat demnach bei der Entstehung des Vermögensnachteils (§ 93 Abs. 2 Nr. 2) ein Verschulden des Entschädigungsberechtigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung des Begünstigten zur Leistung einer Entschädigung sowie der Umfang der Entschädigungsleistung von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Vermögensnachteil von dem Entschädigungsberechtigten verschuldet worden ist. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Entschädigungsberechtigten darauf beschränkt, daß er schuldhaft unterlassen hat, den Entschädigungspflichtigen auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Verpflichtete weder kannte noch kennen mußte, oder daß er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern (vgl. hierzu U des BayObLG vom 14. 7. 1960, AZ 1 Z 34/1959 — DVB1. 60, 819 —, in dem ausgeführt ist, daß § 254 BGB entsprechend anzuwenden ist, wenn es der durch einen enteignungsgleichen Eingriff Betroffene schuldhaft unterlassen hat, den Schaden zu mindern; vgl. hierzu ferner unten Nr. 5 A 5). Die Vorschrift des § 278 BGB (Haftung für Verschulden anderer — Erfüllungsgehilfen —) findet entsprechend Anwendung. Beispiel: Infolge der Enteignung eines vom entschädigungsberechtigten Mieter bewohnten Gebäudes muß dieser umziehen. Die Umzugskosten können ihm nicht oder nur teilweise ersetzt werden, wenn das Haus durch sein Verschulden unbewohnbar geworden ist (er hat lange Zeit jegliche Reparatur, zu der er nach dem Mietvertrag verpflichtet war, unterlassen). 4. Zeitpunkt der Entschädigungsbemessung (Abs. 4) a) Abs. 4 bringt Vorschriften über den Zeitpunkt, der für die Bemessung einer Entschädigung für die Enteignung eines Grundstückes (§ 95) maßgebend ist; dies ist nach Satz 1 der Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet, d. h. in dem der Entscheidungsbeschluß ergeht (§ 112). Maßgebend ist ferner „der Zustand des Grundstücks". Hierunter ist nicht nur der tatsächliche, sondern auch der rechtliche, insbesondere planungsrechtliche Zustand des Grundstücks zu verstehen (z. B. Zustand nicht als „Baugrund", sondern als „Verkehrsfläche"). Dies kann sehr wichtig sein für die Frage des Verkehrswertes nach § 95 Abs. 1 BBauG (vgl. hierzu OLG München, U vom 26. 6. 1969 U 1/66 (Baul); ferner § 95 Anm. 4). Auf die Bemessung hat es keinen Einfluß, wenn der Enteignungsbeschluß angefochten wird, maßgebend bleibt immer der Zeitpunkt des Beschlusses. Eine Ausnahme davon ist in Satz 2 festgelegt: Wenn nach den Vorschriften des §116 die vorzeitige Besitzeinweisung ausgesprochen wurde, so ist für die Be495
§93 6
5. Teil. Enteignung
messung der Entschädigung der Zustand des Grundstücks maßgebend, in dem die vorzeitige Besitzanweisung wirksam wird; dies wird in dem von der Enteignungsbehörde in dem Besitzeinweisungsbeschluß bezeichneten Zeitpunkt wirksam; auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an ihn festzusetzen (§ 116 Abs. 1). Auf Antrag des Enteignungsbegünstigten, des Besitzers oder des Eigentümers hat die Enteignungsbehörde den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung- in einer Niederschrift feststellen zu lassen, soweit er für die Besitzeinweisungsoder die Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist (§ 116 Abs. 5). Der Zweck dieser Vorschriften ist, im Interesse des Betroffenen den Zeitpunkt der Bemessung der Entschädigung vorzuverlegen. Weitere Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung siehe §§ 95 und 96. b) Abs. 4 regelt nur ein Teilgebiet, und zwar nur die Bemessung der Entschädigung für den Verlust eines Grundstücks (ein Teilgebiet des Abs. 2 Nr. 1). Das Gesetz schweigt über die Bemessung der Entschädigung in allen übrigen Fällen, also z. B. bei Verlust von anderen Rechtspositionen oder bei Eintritt der in Abs. 2 Nr. 2 genannten anderen Vermögensnachteile. Man darf annehmen, daß es bei diesen auf den Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsverlustes bzw. des Vermögensnachteils ankommt. 5. Überleitungsvorschrift der Novelle 1976 Art. 3 § 11 Satz 2 der Überleitungsvorschrift zur Novelle 1976 zum B B a u G (G vom 18. 8. 1976) bestimmt folgendes: Ist ein Entschädigungsanspruch nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Teils in der früher geltenden Fassung vor dem 1.1. 1977 entstanden, so gilt die bis dahin gültige Fassung. Der Anspruch erlischt spätestens (soweit nicht vorher Verjährung oder Erlöschen Platz greifen) am 1.1. 1980. 6. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. B G H U vom 12. 3. 1964 ( I I I Z R 209/62) D W W 1965, 46
Wer für die Enteignung seines Grundstücks in Geld zu entschädigen ist, hat in der Regel keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihm durch die Beschaffung eines anderen Grundstücks entstehen.
3. B G H U vom 28. 2. 1966 ( I I I Z R 159/65) N J W 1966, 1075 Eine Vorteilsausgleichung ist auch bei einer Enteignungsentschädigung nur zu berücksichtigen, wenn der Vorteil ohne die Enteignung nicht entstanden wäre und zwischen der Enteignung als der schädigenden Maßnahme und dem Umstand, der den Vorteil gebracht hat, ein adäquater Zusammenhang besteht.
4. B G H U vom 28. 9. 1967 (III Z R 43/67) DÖV 1968, 364 = B G H Z 48, 291 Auf die Zinsen aus der Enteignungsentschädigung für ein Grundstück, die dem Enteigneten zustehen, ist die Nutzungsentschädigung anzurechnen, die dem Enteigne-
496
2. Abschnitt. Entschädigung
§93 6
ten für dieselbe Zeit zum Ausgleich des Verlustes der normalen Nutzung des Grundstücks gezahlt worden ist (entschieden für den Fall einer sog. Altrequisition — §§ 17, 38, 64 LBG).
5. BGH U vom 29. 1. 1968 (III ZR 2/67) DÖV 1968, 364 = JZ 1968, 301 = NJW 1968, 892 = DVB1. 1968, 667
Wird ein Grundstück bisher minderer Qualität in einem Bebauungsplan als Bauland für private Zwecke ausgewiesen und danach zugunsten einer bei der Bauplanung maßgeblich beteiligten Wohnungsbaugesellschaft enteignet, so ist grundsätzlich eine nach der Ausweisung eingetretene Werterhöhung des Grundstücks zur Folge der Ausweisung als Bauland, nicht aber als Folge der bevorstehenden Enteignung anzusehen und daher bei Festsetzung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen.
6. BGH U vom 29. 3. 1971 (III ZR 98/69) DVB1. 1971, 695
a) Bei der Bemessung der wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs zu leistenden Entschädigung ist in sinngemäßer Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB ein Mitverschulden des Betroffenen jedenfalls insoweit zu berücksichtigen, als ihm vorzuwerfen ist, die Folgen des Eingriffs nicht abgewendet oder gemindert zu haben. b) § 839 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung, wenn der Betroffene es unterläßt, gegen einen Verwaltungsakt, der den sachlichen Inhalt eines vorher erlassenen und von ihm angefochtenen Verwaltungsakts lediglich wiederholt, neuerdings ein Rechtsmittel einzulegen.
7. BGH U vom 17. 1. 1972 (III ZR 3/71) BauR 1972, 164 = NJW 1972, 31. Heft, XXII
Festsetzungen über die Art der Bebauung müssen nicht bewirken, daß Grünflächen, die in dem Plan als künftiges Straßenland zwar nicht festgesetzt, sondern zu erkennen sind, von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen sind.
8. BGH U vom 10. 2. 1972 (III ZR 188/69) JZ 1972, 53
Entschädigung bei Bausperre nur dann, wenn der Grundstückseigentümer das betroffene Grundstück während der Sperre selbst hätte bebauen wollen und können oder im Wege einer Veräußerung einer baulichen Nutzung hätte zuführen wollen und können.
B. Andere Gerichte 1. HansOLG Hamburg U vom 19. 3. 1965 (1 U 41/63) MDR 1966, 326
Wird durch einen Bebauungsplan ein Teil eines Grundstücks als Straßenfläche ausgewiesen und das Restgrundstück von W 20 (offene Wohnbebauung zweigeschossig) auf W 3 g (geschlossene Wohnhausbebauung dreigeschossig) heraufgestuft, so ist die Wertsteigerung des Restgrundstücks jedenfalls dann auf die Enteignungsentschädigung für die als Straßenland ausgewiesene Teilfläche anzurechnen, wenn sich diese Wertsteigerung für den Enteigneten bereits durch günstigen Verkauf des Restgrundstücks realisiert hat.
2. BayObLG U vom 14. 7. 1965 (RReg. 1 a Z 91/64) Informationsbrief des Bayer. Städteverbands 1965, 29
a) Bei der Entschädigung für ein zwangsenteignetes Grundstück sind im Fall gütlicher Einigung über die Abtretungspflicht diejenigen wertbildenden Umstände zu berücksichtigen, die das Grundstück bei der Eigentumsübertragung aufwies. 497
5. Teil. Enteignung
§94 2
b) Wertminderungen, insbesondere der Verlust der Eigenschaft als Bauerwartungsland, die infolge der vorbereitenden unverbindlichen Planung des Enteignungsunternehmens schon vor dem erwähnten Zeitpunkt eintraten, werden gleichfalls entschädigt.
2. O L G Bremen U vom 29. 11. 1967 (UB 5/67) M D R 1968, 412 = DVB1. 1968, 667 Die Entschädigung bemißt sich auch bei der Enteignung von lebenslänglichen Wohnrechten (§ 1093 BGB) nach dem Verkehrswert des Rechts. Dieser ist aus dem Nutzwert des Rechts und der Lebenserwartung des Berechtigten abzuleiten, dabei ist der Nutzwert des Wohnrechts höher zu veranschlagen, als der Mietwert der dem Wohnrecht unterliegenden Räume.
§94 Entschädigungsberechtigter
und
Entschädigungsverpflichteter
(1) Entschädigung kann verlangen, wer in seinem Recht durch die Enteignung beeinträchtigt wird und dadurch einen Vermögensnachteii erleidet. (2) Zur Leistung der Entschädigung ist der Enteignungsbegünstigte verpflichtet. Wird Ersatzland enteignet, so ist zur Entschädigung derjenige verpflichtet, der dieses Ersatzland für das zu enteignende Grundstück beschaffen muß. 1. Allgemeines a) Die Vorschrift stellt zunächst fest, wer eine Enteignungsentschädigung verlangen kann, d. h. wer „Entschädigungsberechtigter" sein kann. Es sind zwei Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch zu unterscheiden, nämlich eine Rechtsbeeinträchtigung und ein durch die Enteignung verursachter Vermögensnachteil; letzterer wurde (im Gegensatz zu § 9 Abs. 2 Satz 1 BauLBG) ausdrücklich gefordert, um klarzustellen, daß nicht jede durch eine Enteignung hervorgerufene Rechtsbeeinträchtigung zu einer Entschädigung führen muß. b) Hinsichtlich der Verpflichtung zur Leistung der Enteignungsentschädigung („Entschädigungsverpflichteter") führt das Gesetz ebenfalls zwei Fälle a n : Grundsätzlich ist zur Leistung der Enteignungsbegünstigte verpflichtet; abweichend davon ist der Fall der Ersatzlandbeschaffung geregelt (siehe hierzu unten Anm. 3). 2. Entschädigungsberechtigter (Abs. 1) Abs. 1 steht in einem engen Zusammenhang mit § 93 Abs. 2 Nr. 1 und 2. Während die letztere Bestimmung festlegt, in welchen Fällen eine Entschädigung überhaupt gewährt werden darf (bei einem durch Enteignung eintreten498
2. Abschnitt. Entschädigung
§94 3
den Rechtsverlust und bei anderen Vermögensnachteilen), bestimmt Abs. 1, wer diese Entschädigung verlangen kann. Gefordert wird, daß bei dem Betroffenen eine Rechtsbeeinträchtigung und ein Vermögensnachteil gegeben ist. Es muß also nicht in allen Fällen ein Rechtsverlust gegeben sein (§ 93 Abs. 2 Nr. 1 — z. B. Enteignung eines Grundstücks oder eines dinglichen Rechts —), es genügt, wenn ein Recht beeinträchtigt wird (z. B. Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Recht oder Einschränkung eines Mietoder Pachtrechts). In beiden Fällen muß aber durch die Enteignung ein Vermögensnachteil hervorgerufen worden sein (vgl. für andere als durch Rechtsverlust eintretende Beeinträchtigungen auch § 93 Abs. 2 Nr. 2 und Erl. 2 a und b zu § 93). Das Gesetz unterscheidet zwischen Hauptberechtigten (vgl. §§ 95, 96) und Nebenberechtigten (§ 97; vgl. auch Erl. 1 zu § 97). Nur der kann also mit Erfolg Antrag auf Entschädigung stellen, der durch die Rechtsbeeinträchtigung einen Schaden erleidet. Es sind Fälle denkbar, im denen zwar eine Rechtsbeeinträchtigung vorliegt, aber daraus kein Vermögensnachteil entsteht. So kann das Recht eines Pächters, dessen Pachtland zu einem so geringen Teil enteignet wird, daß er den Restteil ohne Ertragseinbuße bearbeiten kann, zwar beeinträchtigt werden, es wird ihm aber kein Vermögensnachteil zugefügt. 3. Entschädigungsverpflichteter (Abs. 2) Grundsätzlich ist derjenige zur Leistung der Enteignungsentschädigung verpflichtet, der durch die Enteignung „begünstigt" wird. Darunter ist derjenige zu verstehen, zu dessen Gunsten sich die Enteignung auswirkt, d. h. dessen Rechtsstellung durch die Enteignung verbessert wird, z. B. durch Erlangung des Eigentums an Grundstücken oder von Rechten an Grundstücken. Die Begünstigung muß unmittelbar aus der Enteignung sich ergeben. In erster Linie kommt hier in Frage der Antragsteller (§ 105, § 107 Abs. 1 Nr. 1). Nicht zu den Enteignungsbegünstigten zählen daher Personen, die nur einen mittelbaren Vorteil aus der Enteignung ziehen (z. B. wird der Inhaber eines Geschäftes für medizinische Apparate oder medizinische Bücher nicht dadurch ein Enteignungsbegünstigter, daß das Nachbargrundstück zur Erbauung einer Klinik enteignet wird). Im Falle der Ersatzlandenteignung ist in der Regel der Enteignungsbegünstigte zur Beschaffung des Ersatzlandes und damit (als Entschädigungsverpflichteter hinsichtlich des Ersatzgrundstückes) zur Leistung der Entschädigung für das Ersatzgrundstück verpflichtet (vgl. § 100 Abs. 1 Nr. 1 und 2). Es obliegt also meist dem Begünstigten, geeignetes Land aus seinem Besitz zur Verfügung zu stellen oder durch freihändigen Kauf zu erwerben. Der Begünstigte entschädigt hier nicht den bisherigen Eigentümer des enteigneten Grundstücks mit Geld, sondern beschafft ihm ein Ersatzgrundstück und bezahlt dieses unter Anrechnung auf die von ihm zu leistende Enteignungsentschädigung. Wenn er zur Beschaffung von Ersatzland nicht in der Lage ist, 499
§95
5. Teil. Enteignung
kann die öffentliche Hand zur Beschaffung des Ersatzlandes verpflichtet sein (§ 90 Abs. 1 Nr. 2). Gegebenenfalls kann der von der Hauptenteignung Betroffene selbst Antrag auf Enteignung eines Ersatzgrundstücks stellen (§ 100 Abs. 1 Nr. 3 mit § 90). Im letzten Fall m u ß dieser Betroffene die Entschädigung für das Ersatzland aus der vom Begünstigten in entsprechender Höhe zu leistenden Enteignungsentschädigung zahlen.
§95 Entschädigung für den
Rechtsverlust
(1) Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust beinißt sich nach dem Verkehrswert (§ 142) des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstands der Enteignung. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. (2) Bei der Festsetzung der Entschädigung bleiben unberücksichtigt 1. Wertsteigerungen eines Grundstücks, die in der Aussicht auf eine Änderung der zulässigen Nutzung eingetreten sind, wenn die Änderung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten ist; 2. Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind; 3. Werterhöhungen, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers mit angemessenen Bedingungen (§ 87 Abs. 2 Satz 1 und § 88) hätte annehmen können, es sei denn, daß der Eigentümer Kapital oder Arbeit für sie aufgewendet hat; 4. wertsteigernde Veränderungen, die während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde vorgenommen worden sind; 5. wertsteigernde Veränderungen, die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens ohne behördliche Anordnung oder Zustimmung der Enteignungsbehörde vorgenommen worden sind; 6. Vereinbarungen, soweit sie von üblichen Vereinbarungen auffällig abweichen und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie getroffen worden sind, um eine höhere Entschädigungsleistung zu erlangen; 7. Bodenwerte, die nicht zu berücksichtigen wären, wenn der Eigentümer eine Entschädigung in den Fällen der § § 4 0 und 42 bis 44 geltend machen würde. (3) Für bauliche Anlagen, deren Abbruch jederzeit aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften entschädigungslos werden kann, ist eine Entschädigung nur zu gewähren, wenn es aus Gründen der Billigkeit geboten ist. Kann der Abbruch entschädigungslos erst nach Ablauf einer Frist gefordert werden, so ist die Entschädigung nach dem Verhältnis der restlichen zu der gesamten Frist zu bemessen. 500
2. Abschnitt. Entschädigung
§95 2
(4) Wird der Wert des Eigentums an dem Grundstück durch Rechte Dritter gemindert, die an dem Grundstück aufrechterhalten, an einem anderen Grundstück neu begründet oder gesondert entschädigt werden, so ist dies bei der Festsetzung der Entschädigung für den Rechtsverlust zu berücksichtigen. 1. Allgemeines Die Vorschrift regelt die Höhe der Entschädigung für den objektiven Wert des durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlustes. Sie wurde im Zuge der Novelle 1976 im Abs. 2 um drei Tatbestände erweitert (neue Nrn. 1, 6 und 7). Ihr Grundgedanke ist, daß der von der Enteignung Betroffene für das besondere Opfer, das ihm im öffentlichen Interesse auferlegt wird, einen gerechten Ausgleich erhalten soll. Die Entschädigung muß also so bemessen sein, daß sie die durch die Enteignung gestörte Vermögensanlage des Betroffenen wieder herstellt und es ihm ermöglicht wird, einen bisherigen Aufgabenkreis zu erfüllen. Eine Interessenabwägung findet hier nicht statt (vgl. § 96 Anm. 1 b). § 95 findet auch Anwendung auf Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen für Maßnahmen, die der Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet dienen (§ 23 Abs. 1 StBauFG). 2. Bemessungsgrundlage (Abs. 1) Als geeignete Grundlage für die Bemessung der Enteignungsentschädigung wurde übereinstimmend mit der Regierungsvorlage der Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks oder sonstigen Gegenstandes der Enteignung (§ 86) bezeichnet. Der Verkehrswert, auch gemeiner Wert genannt (vgl. § 141 Abs. 1), wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht (vgl. unten Erläut. 3), im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks (oder des sonstigen Gegenstandes der Enteignung) ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. § 142 Abs. 2 und die dortigen Erläuterungen). Es erschien rechtlich nicht zulässig, die Entschädigung etwa unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks festzulegen und dem Eigentümer eines z. B. dem sozialen Wohnungsbau zugeführten Grundstücks eine niedrigere Entschädigung zuzubilligen, als wenn die Enteignung zu einem anderen Zweck erfolgt. Abgesehen davon, daß eine auf den zufälligen Verwendungszweck abgestellte Entschädigungsbemessung dem Realkredit die Grundlage entziehen würde, wäre es unbillig, wenn die Entschädigung nicht gleichmäßig, d. h. nach einheitlichen, für alle Betroffenen geltenden Gesichtspunkte erfolgte. Eine unterschiedliche Behandlung der Entschädigungsberechtigten wäre mit dem im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz nicht vereinbar. 501
§95 4
5. Teil. Enteignung
Wegen des Verkehrswertes für ein entzogenes Mietrecht siehe insbes. unten Rspr. Nr. 7 A 19. 3. Maßgebender Zeitpunkt Zur Vermeidung von Unklarheiten wurde im Gesetz ausdrücklich festgelegt, welcher Zeitpunkt für die Ermittlung des Verkehrswerts maßgebend sein soll, u n d zwar wurde auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Enteignungsbehörde abgestellt. Ausschlaggebend ist also der Tag der Erlassung des Enteignungsbeschlusses (§ 112). Mit der Frage des maßgebenden Zeitpunktes f ü r die Ermittlung des Verkehrswertes hat sich auch die Rechtsprechung eingehend beschäftigt (vgl. unten Nr. 7). 4. Nichtberücksichtigung von Wertänderungen Abs. 2 faßt in nunmehr sieben Ziffern die Wertänderungen zusammen, die bei der Entschädigung unberücksichtigt bleiben. Hierbei ging der Gesetzgeber von der Erwägung aus, daß durch die Enteignung dem Betroffenen kein ungerechtfertigter Gewinn zufließen darf. a) Im Zuge der Ausschußberatungen (vgl. BT-DS 7/4793 Zi 12 c, S. 22) zur Novelle 1976 hatte die Ausschußminderheit ( C D U / C S U ) vorgeschlagen, daß Wertsteigerungen eines Grundstücks, die in der Aussicht auf die Änderung der zulässigen Nutzung eingetreten sind, bei der Entschädigung nur d a n n berücksichtigt werden, wenn diese Änderung auch in absehbarer Zeit eintreten wird. Dieser von der Ausschußmehrheit akzeptierte und Gesetz gewordene (Nr. 1) Vorschlag gründet darauf, daß ein Regulativ zwischen Enteignung, Entschädigung und extremer Verkehrtswertentscheidung gegeben sein soll. b) Nach Nr. 2 dürfen bei der Ermittlung des Verkehrswerts nicht berücksichtigt werden Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind. Es m u ß sich hier um Werterhöhungen oder Wertminderungen handeln, die vor oder nach Einleitung des Enteignungsverfahrens entstanden sind und die ihren G r u n d in der bereits in Aussicht genommenen Enteignung haben. Im Gegensatz zu Abs. 2 Nr. 5 ist in Nr. 1 nicht auf die Einleitung des Enteignungsverfahrens (§ 109 Abs. 1) abgestellt und es handelt sich auch nicht um wertsteigernde Veränderungen, die etwa der Eigentümer vornimmt. Vielmehr kommen hier Wertänderungen in Frage, die mit Rücksicht auf die bevorstehende Enteignung ohne Zutun einer dritten Person entstehen (z. B. Werterhöhung des Restgrundstücks durch in Aussicht genommene Enteignung einer geringen Teilfläche zum Bau einer Erschließungsstraße oder Wertminderung allein durch Bekanntwerden der Tatsache der bevorstehenden Enteignung). Diese Wertänderungen können schon vor Einleitung des Enteignungsverfahrens eintreten, da schon vor diesem Zeitpunkt mit den Beteiligten verhandelt wird und daher die Enteignung bekannt werden kann (§ 105 ff.). Der B G H hat in seiner Entscheidung vom 22. 5. 1967 502
2. Abschnitt. Entschädigung
§95 4
(s. u. Rspr.) die Auffassung vertreten, daß nach § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG planungsrechtliche Qualitätsänderungen außer Betracht zu bleiben haben. Er stellt die Regel auf, daß die Enteignung immer dann mit Sicherheit zu erwarten sei, wenn in einem Bebauungsplan Grundstücke für Gemeindebedarfszwecke, sei es als Baugelände für öffentliche Zwecke, sei es als Verkehrsfläche, als Grünfläche usw. ausgewiesen werden. Der BGH kommt in dieser Entscheidung in Übereinstimmung mit seiner ständigen Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BBauG unter Annahme eines „Ausscheidens des Grundstückes aus der konjunkturellen Weiterentwicklung" zum Ergebnis, daß der Wert des Grundstücks nur nach derjenigen Qualität zu entschädigen sei, die vor Festsetzung des BebPl. bestanden habe (anders für die Enteignung v. Bauland zu privaten Zwecken BGH in NJW 1968, 892). Baugrundstücke können demnach nicht mit Verkehrsflächen verglichen werden und umgekehrt. Allerdings muß in Übereinstimmung mit dem U des OLG München vom 26. 6. 1969 - U 1/66 (Baul) u. O 7/63 (Baul) einschränkend bemerkt werden, daß es weder dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes noch in der Praxis üblichen Verwirklichung von BebPl. entspricht, wenn man in den planungsrechtlichen Festsetzungen für öffentliche Zwecke allgemein bereits einen Akt der bevorstehenden Enteignung sehen wollte. Zwar ist zuzugeben, daß diese Festsetzungen eine Voraussetzung der Enteignung darstellen (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 BBauG). In der überwiegenden Zahl der Fälle erwirbt aber die öffentliche Hand die von ihr benötigten Grundstücke freihändig. Auch das Gesetz geht davon aus, daß sich die öffentliche Hand ernstlich um den freihändigen Erwerb der benötigten Grundstücke bemüht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, § 88 BBauG). Die Enteignung soll nur das letzte Mittel sein. Es wäre daher bedenklich, etwa eine planungsrechtliche Festlegung im Jahre 1935 als einen Akt der fast 30 Jahre später beantragten Enteignung zu betrachten. Unter dem Begriff des „Bevorstehens" kann wohl nur ein relativ kurzer zeitlicher Zusammenhang verstanden werden. c) Nach Nr. 3 bleiben unberücksichtigt Werterhöhungen, die nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Eigentümer zur Vermeidung der Enteignung ein Kauf- oder Tauschangebot des Antragstellers mit angemessenen Bedingungen (§ 87 Abs. 2 Nr. 2, § 88) hätte annehmen können, es sei denn, daß der Eigentümer Kapital oder Arbeit für sie aufgewendet hat. Zunächst lag bei der Beratung der Erstfassung dem federführenden Ausschuß (vgl. BT — zu DS 3/1794, S. 21) ein Antrag vor, alle Werterhöhungen eines Grundstücks bei der Bemessung der Entschädigung unberücksichtigt zu lassen, die infolge der Aufstellung oder nach der Aufstellung des der Enteignung zugrunde liegenden Plans eingetreten sind. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, weil diese Regelung im Endergebnis auf die Einführung eines besonderen Verkehrswerts für das Enteignungsverfahren hinauslaufen würde. Die jetzige Regelung will verhindern, daß ein Grundstückseigentümer, der aus spekulativen Erwägungen sein Grundstück vom Markt zurückhält und 503
§ 95 4
5. Teil. Enteignung
durch eine Verzögerung des Verkaufs oder des Enteignungsverfahrens eine weitere Preissteigerung erhofft, in Zeiten schwankender Grundstückspreise durch die Zubilligung eines höheren Verkehrswerts im Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung der Enteignungsbehörde besser gestellt wird als derjenige, der sogleich auf ein Kaufangebot zu angemessenem Preis eingegangen ist. Zur Ausschaltung derartiger spekulativer Wertsteigerungen sind daher die oben genannten Werterhöhungen außer Betracht zu lassen. Der dort angegebene Zeitpunkt (in dem nämlich der Eigentümer ein angemessenes Kaufoder Tauschangebot hätte annehmen und damit die Enteignung hätte vermeiden können) läßt sich für die Enteignungsbehörde im Regelfall ohne besondere Schwierigkeiten feststellen, da der Antragsteller, auch die antragstellende Gemeinde, nach § 87 Abs. 2 Nr. 2 und § 88 ohnehin den Nachweis erbringen müssen, daß sie sich vergeblich um den freihändigen Erwerb des Grundstücks zu einem angemessenen Preis bemüht haben. Um die Gefahr auszuschließen, daß dabei auf Kaufangebote zurückgegriffen wird, die vor langer Zeit gemacht wurden (lediglich, um eine Festlegung des Entschädigungswerts auf diesen Zeitpunkt zu erreichen) stellt das Gesetz klar, daß nur ein solches Kaufangebot in Frage kommt, das zur Vermeidung der späteren Enteignung abgegeben ist. Es muß sich also um Angebote handeln, die zeitlich und sachlich im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Enteignungsverfahren stehen. Als „Werterhöhung" kommen hier vor allem Steigerungen des Bodenwerts durch Preiserhöhungen und durch Anlage von wertsteigernden Einrichtungen (ohne Zutun des Eigentümers) bei dem Grundstück oder in dessen Nähe in Frage (z. B. es führt eine neue Straßenbahnlinie in die Nähe des Grundstücks oder es wird eine Straße dorthin gebaut). Wegen der durch den Eigentümer geschaffenen Werterhöhungen siehe nachstehend Buchst, c. Demgegenüber dürfen aber auch nach dem in Nr. 2 genannten Zeitpunkt eingetretene Werterhöhungen berücksichtigt werden, für die der Eigentümer Kapital oder Arbeit aufgewendet hat. Hier kommen vor allem in Betracht Arbeiten, die der Eigentümer selbst vornahm oder von Hilfskräften vornehmen ließ, um die bauliche Nutzung des Grundstücks zu erleichtern oder erst zu ermöglichen, z. B. Entwässerungsarbeiten, Anlage von Wegen, Herstellung einer Wasserleitung. In die „Werterhöhung" ist hier nicht bloß der Wert der eigenen Arbeit des Eigentümers und der Kapitalaufwand (Bezahlung von Arbeitskräften, Materialkosten), sondern auch die durch die Tätigkeit des Eigentümers erzielte Steigerung des Werts des Grundstücks einzubeziehen. Diese Werterhöhungen dürfen aber nicht berücksichtigt werden, wenn sie während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde vorgenommen werden (s. nachstehend Anm. 5). Im übrigen verweist § 44 b Abs. 5 Satz 2 (durch die Novelle 1976 eingefügt) ausdrücklich auf Nr. 3. 504
2. Abschnitt. Entschädigung
§95
4
d) Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBauG kann eine Gemeinde, die die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder die Aufhebung eines BebPlans beschlossen hat, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt erlassen, daß erhebliche oder wesentliche Veränderungen der Grundstücke nicht vorgenommen werden dürfen; wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde von der Veränderungssperre eine Ausnahme zulassen (im einzelnen siehe bei § 14 und Vorbemerkung zum zweiten Teil). Wenn eine solche Veränderungssperre erlassen und von der Baugenehmigungsbehörde keine Ausnahme zugelassen ist, dürfen wertsteigernde Veränderungen, die der Eigentümer trotzdem vornimmt, bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung nicht berücksichtigt werden (§ 95 Abs. 2 Nr. 4). Es muß sich um eine Veränderung in bezug auf das Grundstück handeln, also um eine Tätigkeit des Eigentümers, durch die das Grundstück in besseren Zustand versetzt wird; auch hier kommen z. B. Entwässerungs- oder Bewässerungsarbeiten, Planierungen usw. in Frage. e) Wertsteigernde Veränderungen dürfen auch nicht mehr vorgenommen werden, wenn das Enteignungsverfahren bereits eingeleitet ist (Abs. 2 Nr. 5). Als Zeitpunkt kommt in Frage der Tag der formellen Einleitung des Enteignungsverfahrens durch die Enteignungsbehörde (§ 109 Abs. 1 Satz 1). Zweck der Bestimmung ist es, zu verhindern, daß etwaige sinnlose, den Enteignungszweck nicht fördernde oder ihm sogar abträgliche Arbeiten vorgenommen werden, die aber doch die Enteignungsentschädigung erhöhen könnten. Ausnahmen von dem Verbot können durch behördliche Anordnung oder mit Zustimmung der Enteignungsbehörde zugelassen werden. f) Der im Städtebauförderungsgesetz (§ 23 Abs. 4) nur speziell geregelte Rechtsgrundsatz ist nun seit Inkrafttreten des ÄndG 76 als allgemeines Entschädigungsprinzip in das BBauG übernommen worden (Nr. 6). Nach Auffassung des 15. BT-Ausschusses (BT-DS 7/4793 zu Nr. 45, S. 43) dürfen „ungesunde Wertentwicklungen, die auf einer in absehbarer Zeit realisierten Bauerweiterung beruhen, bei der Enteignungsentscheidung keine Berücksichtigung finden". Auch diese Nr. soll der verständlichen aber schwierig zu verwirklichenden Meinung zum Durchbruch verhelfen. g) Nr. 7, ebenfalls durch die Novelle 1976 eingefügt, überträgt den Rechtsgedanken des neuen §§ 44 b Abs. 4 (ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und städtebauliche Mißstände als Grundlage von Bodenwerten, die deshalb nicht entschädigbar sind) in das allgemeine Enteignungsrecht. Die in Nr. 7 genannten §§ 40, 42, 43 und 44 betreffen die Entschädigung in Geld oder durch Übernahme, bei Festsetzungen von unbebaubaren Grundstücken und von Schutzflächen, bei Begründung von den Geh- und Fahrrechten und bei Bindungen für Bepflanzungen. 505
§95 6
5. Teil. Enteignung
5. Entschädigung für nicht genehmigte Bauten (Abs. 3) In den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurden vielfach Bauten ohne behördliche Genehmigung errichtet. Der entschädigungslose Abbruch dieser Bauten könnte sich auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gefordert werden. Die Errichtung dieser Bauwerke wurde aber von der Baubehörde meist geduldet. Es würde eine Härte bedeuten, den Eigentümern jede Entschädigung zu versagen, wenigstens, soweit sie gutgläubig gehandelt haben. Abs. 3 Satz 1 bestimmt daher, daß für diese Bauten eine Entschädigung gewährt werden kann, wenn es aus Gründen der Billigkeit geboten ist (vgl. den fast gleichlautenden § 10 Abs. 3 BauLBG und die Amtl. Begründung hierzu und Dittus-Zinkahn, Anm. zu § 10). Bei der Prüfung der Frage der Billigkeit werden alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen sein, vor allem, inwieweit ein Verstoß gegen die baurechtlichen Bestimmungen vorliegt, ob die Behörde den Bau offensichtlich trotz Kenntnis geduldet hat, wie lange der Bau schon steht und in welchen finanziellen und beruflichen Verhältnissen der Eigentümer lebt. Der unbestimmte Rechtsbegriff „Billigkeit" unterliegt der vollen richterlichen Nachprüfung durch die Baulandkammern und Baulandsenate (§ 157). Abs. 3 Satz 2 bezieht sich auf die Fälle, in denen eine Baugenehmigung befristet erteilt wurde und in denen die Frist noch nicht abgelaufen ist (und daher ein Abbruch derzeit noch nicht gefordert werden kann). Hier muß eine Entschädigung nach dem Verhältnis der restlichen zu der gesamten Frist gewährt werden. Es muß sich aber auch hier um ein Bauwerk handeln, dessen entschädigungsloser Abbruch nach Ablauf der Frist gefordert werden kann. 6. Wertminderung durch Rechte Dritter (Abs. 4) Im Falle der Enteignung eines Grundstücks wird meist die Frage auftauchen, was mit den Rechten geschieht, die auf dem Grundstück lasten. Es handelt sich hier um Erbbaurechte, Altenteilsrechte, Dienstbarkeiten, persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks oder die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Nutzung des Grundstücks beschränken (vgl. § 97 Abs. 3). Diese Rechte können auch nach § 95 Abs. 4 a) an dem zu enteignenden Grundstück aufrechterhalten werden (§ 97 Abs. 1), b) an einem anderen Grundstück neu begründet werden (§ 97 Abs. 2) oder c) gesondert entschädigt werden (§ 97 Abs. 3). In allen diesen Fällen ist der Wert des zu enteignenden Grundstücks geringer; denn es verbleibt eine Belastung dieses oder eines anderen Grundstücks (Ersatzland, anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten) oder es muß eine gesonderte Entschädigung bezahlt werden. Entsprechend dem Grundgedanken des Entschädigungsrechts, daß dem von der Enteignung Betroffenen nur eine Entschädigung in Höhe des tatsächlichen Wertes des entzogenen 506
2. Abschnitt. Entschädigung
§95 7
R e c h t s zu g e w ä h r e n ist, m u ß diese W e r t m i n d e r u n g zu L a s t e n d e s B e t r o f f e n e n g e h e n , d. h. zu e i n e r K ü r z u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü h r e n . Im allgemeinen wird der Wert des Rechtes der M i n d e r u n g des G r u n d s t ü c k s w e r t s e n t s p r e c h e n . E s sind a b e r w o h l a u c h Fälle d e n k b a r , in d e n e n sich diese b e i d e n W e r t e n i c h t d e c k e n . D a h e r erklärt sich die e t w a s a l l g e m e i n e Fass u n g , d a ß d i e W e r t m i n d e r u n g bei d e r E n t s c h ä d i g u n g s f e s t s e t z u n g „zu b e r ü c k s i c h t i g e n " ist. W e n n d i e E n t e i g n u n g s b e h ö r d e d e m E n t e i g n u n g s a n t r a g stattgibt, so h a t sie g e m ä ß § 112 Abs. 2 zu e n t s c h e i d e n a) d a r ü b e r , w e l c h e R e c h t e d e r in § 97 b e z e i c h n e t e n B e r e c h t i g t e n a n d e m G e genstand der Enteignung aufrechterhalten bleiben. b) d a r ü b e r , m i t w e l c h e n R e c h t e n d e r G e g e n s t a n d d e r E n t e i g n u n g , d a s E r s a t z l a n d o d e r ein a n d e r e s G r u n d s t ü c k belastet w e r d e n . I m ü b r i g e n m u ß d e r E n t e i g n u n g s b e s c h l u ß g e m ä ß § 113 A b s . 2 N r . 8 d i e Art u n d die H ö h e der Entschädigung bezeichnen.
7. Rechtsprechung A. H ö c h s t r i c h t e r l . R s p r . 1. B G H U v o m 24. 2. 1958, B G H Z 26, 373 = M D R 1958, 314 Auch für das Hess. Aufbaugesetz gilt der Grundsatz, daß bei unrichtiger Festsetzung der Enteignungsentschädigung in Zeiten schwankender Preise als Stichtag der Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung maßgebend ist. Hat der Betroffene die Zahlung der unrichtig festgesetzten Entschädigung angenommen, dann kann sich die nach Satz 1 zu berücksichtigende Veränderung der Preisverhältnisse nur auf den Restbetrag auswirken, der dem Betroffenen am Tag der unrichtigen Entschädigungsfestsetzung zustand (ebenso BGH U vom 21. 1. 1959 in MDR 1959, 377, wo auch entschieden ist, daß § 287 Abs. 1 ZPO auf Enteignungsentschädigung anwendbar ist). 2. B G H U v o m 25. 9. 1958, B G H Z 28, 160 = M D R 1959, 11 Bei Grundstücken, die Gegenstand eines sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Enteignungsprozesses (vorbereitende Pläne — verbindlicher Bebauungsplan mit Bauverboten für bestimmte Grundstücke — Enteignung der von dem Bauverbot betroffenen Grundstücke) waren, ist bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung in der Regel von der Grundstücksqualität (Ödland, Ackerland, Bauland in bestimmter Lage) auszugehen, die die Grundstücke in dem Zeitpunkt aufwiesen, als sie endgültig von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen wurden. Davon unabhängig ist die Frage, welcher Zeitpunkt für die Wertbemessung maßgebend ist (vgl. zur Frage die Baulandqualität und der Bewertung als Bauland auch BVerwGE 6, 56 und 8, 343). 3. B G H U v o m 8. 6. 1959, B G H Z 30, 281 = M D R 1959, 827 Bei unrichtiger Festsetzung einer Enteignungsentschädigung in Zeiten schwankender Preise sind die Preisverhältnisse zur Zeit der letzten gerichtlichen Verhandlung des ersten Rechtszugs maßgebend, wenn ein Beteiligter gegen das im Ergebnis richtige erstinstanzielle Urteil ein Rechtsmittel einlegt. 507
§95 7
5. Teil. Enteignung
4. BGH U vom 9. 6. 1960 = MDR 1960, 746
Wenn sich die Auszahlung einer behördlich festgesetzten Enteignungsentschädigung nur wegen eines von dem Betroffenen gegen die Enteignung eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens verzögert, dann muß es für die Berechnung der Enteignungsentschädigung so angesehen werden, wie wenn die Auszahlung alsbald nach Zustellung des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses erfolgt wäre.
5. BGH U vom 4. 6. 1962, BGHZ 37, 269 = DVB1. 1962, 788; vgl. ferner MDR 1962, 720 u. BBauBl. 1963, 76
Der von einem enteignend wirkenden Bauverbot betroffene Grundstückseigentümer hat nicht nur einen Entschädigungsanspruch wegen des dadurch eingetretenen Substanzverlustes seines Eigentums, sondern auch einen Anspruch auf Verzinsung dieses Entschädigungsbetrages vom Zeitpunkt des Eintritts der endgültigen Enteignungswirkung an. Eine weitere Entschädigung wegen Entgangs der Nutzung für die Zeit zwischen diesem Zeitpunkt und dem der Vollenteignung steht dem Eigentümer grundsätzlich nicht zu, sondern nur, wenn in zusätzliche „konkrete Werte" im Sinne des Enteignungsrechts eingegriffen worden ist.
6. BGH U vom 8. 11. 1962 (III ZR 86/61), BGHZ 39, 198 = RdL 1963, 186 = NJW 1963, 1492 = VerwRspr. 1964, 306
a) Bei der Entscheidung, ob das enteignete Gelände seiner Qualität nach reines Akkerland oder wertvolleres Land darstellt, ist auf den Zeitpunkt der Zustellung des Enteignungsbeschlusses abzustellen. b) Ausdrücke wie „Bauerwartungsland", „merkantiles Bauland", „Baurohland" u. a. haben keine selbständige Bedeutung; alles kommt vielmehr darauf an, wie das unter diesen Beziehungen verstandene Gelände vom Geschäftsverkehr bewertet wird. c) Noch nicht bebautes Gelände ist qualitätsmäßig höher als Ackerland zu bewerten, wenn die Bebaubarkeit bereits in absehbarer Zeit zu erwarten oder zu erhoffen ist. Eine Sicherheit der künftigen Bebauung braucht nicht vorzuliegen. „In absehbarer Zeit" heißt nicht „innerhalb eines bestimmten Zeitraums, etwa innerhalb von 6 Jahren". d) Anhaltspunkte für eine Bebauungserwartung sind im gesunden Grundstücksverkehr alle Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Natur, die den realen Wert des Grundstücks bestimmen, vor allem die Lage und die Beschaffenheit des Geländes, die natürlichen Bedürfnisse, die natürliche Entwicklung sowie die vorhandene oder künftig zu erwartende Planung. e) Der Preisstopp ist für die Beurteilung der Qualität der enteigneten Grundstücke (Ackerland oder Bauland) ohne Bedeutung; er ist nur für die Höhe der Preise bestimmend, die für das Gelände nach seiner qualitätsmäßigen Einstufung zu zahlen gewesen wären. Es ist aber nicht der durch die Preisbehörde formell festgesetzte Stopp-Preis, sondern der „wirkliche" Preis zugrunde zu legen.
7. BGH U vom 30. 5. 1963 (III ZR 230/61) NJW 1963, 1916 = MDR 1963, 992 = DÖV 1964, 823
Maßgeblicher Zeitpunkt für Festsetzung der Enteignungsentschädigung: a) Die Bestimmung des Württ. Zwangsenteignungsgesetzes vom 20. 12. 1888, daß für die Enteignungsentschädigung der Wert im Zeitpunkt der „Verhandlung" über die Enteignungsentschädigung maßgebend sei, steht mit dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz nicht im Widerspruch, für die Berechnung der Entschädigung sei ein Zeitpunkt maßgebend, der der Auszahlung der Entschädigung möglichst nahe liegt, und dies sei im Regelfall der Zeitpunkt der Zustellung des Entschädigungsbe-
508
2. Abschnitt. Entschädigung
§95 7
scheides, wenn nach gescheiterter „Verhandlung" über die Entschädigungssumme alsbald die Entschädigungsfestsetzung durch die Verwaltungsbehörde und die Zustellung des Entschädigungsbescheides erfolgt. b) Die Verschiebung des Berechnungszeitpunktes in Zeiten schwankender Preise ist nicht gerechtfertigt, wenn die Verwaltungsbehörde bei der Festsetzung der Entschädigungssumme zu einem gewissen Prozentsatz unter dem objektiv richtigen Wert geblieben ist, sondern der dem Prozentsatz zugrunde liegende konkrete Wert muß auch eine Höhe haben, die den Enteigneten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nötigen mußte, den Rechtsweg zu beschreiten, um zu seinem Recht zu kommen (Ergänzung zu BGHZ 25, 225; 26, 273). c) Dem Umstand, ein als Ackerland genutztes Grundstück in der Zukunft gärtnerisch nutzen zu wollen, ist nur ein subjektiver Charakter beizumessen, der die Qualität des Grundstückes unter Berücksichtigung seiner Nutzungsart und Nutzungsmöglichkeit objektiv nicht beeinflussen kann. 8. B G H U vom 27. 6. 1963 (III Z R 165/61) J Z 1963, 705 = M D R 1963, 917 = VerwRspr. 1964, 303 = D Ö V 1964, 823 Bei unrichtiger Festsetzung einer Enteignungsentschädigung durch die Verwaltungsbehörde verschiebt sich der für die Preisverhältnisse maßgebliche Zeitpunkt auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts. Das Gericht hat dabei eine zwischenzeitliche Zahlung nur verhältnismäßig anzurechnen, nämlich mit dem Prozentsatz, der sich aus einem Vergleich zwischen dem gezahlten Betrag und der im Augenblick der Zahlung geschuldeten richtigen Entschädigung ergibt. 9. B G H U vom 27. 6. 1963 (III Z R 166/61) B G H Z 40, 87 = N J W 1963, 2165 = J Z 1963, 752 = M D R 1963, 993 = D Ö V 1964, 823 = VerwRspr. 1964, 301 In Zeiten schwankender Preise sind auch bei einer richtigen Festsetzung der Enteignungsentschädigung für die Berechnung der Preisverhältnisse zur Zeit der Zahlung oder der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung dann maßgebend, wenn der Enteignungsbegünstigte gegen die richtige administrative Festsetzung oder das im Ergebnis richtige erstinstanzliche Urteil ein unbegründetes Rechtsmittel einlegt und die Entschädigung überhaupt nicht oder nicht unwesentlich später gezahlt hat (Ergänzung zu BGHZ 25, 225; 26, 373; 30, 281). 10. B G H U vom 4. 7. 1963 (III Z R 152/61) B G H Z 40, 49 = N J W 1963, 1915 = M D R 1963, 916 = D Ö V 1964, 823 Entschädigungspflichtig wegen eines (rechtswidrigen) enteignungsgleichen Eingriffs ist nur die öffentliche Hand, nicht der private Unternehmer, der im Falle einer rechtmäßigen Enteignung entschädigungspflichtig wäre (Ergänzung zu BGHZ 26, 10 = DÖV 1958, 308). 11. B G H U vom 8. 4. 1965 (III Z R 60/64) D W W 1965, 264 Die Bestimmung des § 95 Abs. 1 Satz 2 BBauG, daß für die Bemessung der Enteignungsentschädigung der Zeitpunkt maßgebend sei, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet, steht der Anwendung des Grundsatzes nicht entgegen, daß bei unrichtiger Festsetzung der Enteignungsentschädigung in Zeiten schwankender Preise der Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung maßgebend ist. 509
§95 7
5. Teil. Enteignung
12. BGH U vom 29. 11. 1965 (III ZR 34/64) DWW 1966, 65
Bei der Entschädigung für ein geeignetes Grundstück haben, anders als beim Schadensersatzanspruch, in der Zukunft liegende Wertsteigerungen des Grundstücks, die ohne die Enteignung und deren vorwirkende Planungen eingetreten wären, unberücksichtigt zu bleiben. Zu berücksichtigen sind sie jedoch dann, wenn ihre Verwirklichung im Zeitpunkt der Enteignung oder deren Vorwirkung so sicher unmittelbar bevorstand, daß sie sich bereits als wertbildende Faktoren auswirkten, der allgemeine Grundstücksverkehr ihnen also schon Rechnung trug. Das Recht auf Entschädigung (Art. 14 Abs. 3 GG) setzt nicht voraus, daß sich der Enteignete mit der Entschädigung tatsächlich einen dem enteigneten Gegenstand gleichartigen und gleichwertigen Gegenstand beschaffen kann.
13. BGH U vom 19. 12. 1966 (III ZR 212/65) DÖV 1967, 725 = MDR 1967, 742
Die gleichen Grundsätze, die die Rechtsprechung auch im Anwendungsbereich des Bundesbaugesetzes dazu geführt haben, in Zeiten schwankender Grundstückspreise den Bewertungsstichtag für den Verkehrswert in den Fällen zu verschieben, in denen die Entschädigung nicht unwesentlich unrichtig festgesetzt oder nicht oder unangemessen verzögert gezahlt worden ist, führen zu einer Zurückverlegung des Bewertungsstichtages, wenn die Auszahlung der Entschädigung schon erfolgt ist, bevor die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entschieden hat.
14. BGH U vom 22. 5. 1967 (III ZR 121/66) DÖV 1968, 364 = MDR 1967, 996 = NJW 1967, 2306
Die Grundregel des § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG, daß Wertänderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind, bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt bleiben, gilt auch dann, wenn die Wertänderung auf einer Änderung des Zustandes (Qualität) des Grundstücks beruht, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten ist.
15. BGH U vom 28. 9. 1967 (III ZR 43/67) BGHZ 48, 291 = DÖV 1968, 364
Auf die Zinsen aus der Enteignungsentschädigung für ein Grundstück, die dem Enteigneten zustehen, ist die Nutzungsentschädigung anzurechnen, die dem Enteigneten für dieselbe Zeit zum Ausgleich des Verlustes der normalen Nutzung des Grundstücks gezahlt worden ist (entschieden für den Fall einer sog. Altrequisition — §§17, 38, 64 LBG).
16. BGH U vom 29. 1. 1968 (III ZR 2/67) DÖV 1968, 364 = JZ 1968, 301 = NJW 1968, 892 = DVB1. 1968, 667
Wird ein Grundstück bisher minderer Qualität in einem Bebauungsplan als Bauland für private Zwecke ausgewiesen und danach zugunsten einer bei der Bauplanung maßgeblich beteiligten Wohnungsbaugesellschaft enteignet, so ist grundsätzlich eine nach der Ausweisung eingetretene Werterhöhung des Grundstücks als Folge der Ausweisung als Bauland, nicht aber als Folge der bevorstehenden Enteignung anzusehen und daher bei Festsetzung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen.
17. BGH U vom 27. 2. 1969 (III ZR 85/67) DÖV 1970, 141 = MDR 1969, 464
a) Ist eine bauplanmäßige Ausweisung, die für die Bebaubarkeit eines Grundstücks nicht allein bestimmend ist, nichtig, so ist die Frage nach der Qualität der von der Aus-
510
2. Abschnitt. Entschädigung
§95 7
Weisung betroffenen Fläche dahin zu stellen, wie der gesunde Grundstücksverkehr die Fläche bewertet hätte, wenn die nichtige Ausweisung überhaupt nicht ergangen wäre. b) Wird Bauland zu einer öffentlichen Grünfläche herabgezont und wäre mit der Herabzonung zugleich eine Geldentschädigung zum Ausgleich des Herabzonungsschadens festzusetzen, so würde diese Festsetzung im Blick auf den Unterschied der Werte von Bauland und öffentlicher Grünfläche zu treffen sein, nicht aber auf den Unterschied zwischen dem Wert der Fläche als Bauland und einem über den Wert einer öffentlichen Grünfläche hinausgehenden Wert, den die Fläche mit Rücksicht darauf haben soll, daß sie noch eine Zeitlang als Land einer höheren Qualität, eben als Kleingartenland, genutzt werden kann.
18. BGH U vom 11. 6. 1970 (III ZR 7/69) DÖV 1970, 686
Erwirbt jemand ein Grundstück, das seit mehreren Jahren für eine neue Siedlung als Verbindungsweg zum allgemeinen Wegenetz hergerichtet und verwendet worden ist, bei dem aber die förmliche Widmung zur öffentlichen Straße und die vorgesehene Übereignung an die Gemeinde unterblieben waren, dann kann im Falle der späteren Enteignung zugunsten der Gemeinde bei der Ermittlung der Entschädigung als Anhaltspunkt der Betrag gewählt werden, den der Grundstückseigentümer von den Siedlern als Notwegrente erhalten könnte.
19. BGH U vom 15. 11. 1971 (III ZR 162/69) DVB1. 1972, 217 = DÖV 1972, 246 = BayVBl. 1972, 388
a) Die dem Mieter gem. § 95 BBauG zustehende Entschädigung für den Rechtsverlust, die nach dem Verkehrswert (§ 114 Abs. 2 BBauG) des entzogenen Mietrechts zu bemessen ist, kann nicht mit der Abstandssumme gleichgesetzt werden, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr der weichende Mieter für die Aufgabe seiner Rechte von einem Nachfolger erhält. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem maßgeblichen Zeitpunkt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Enteignungsobjektes ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (§ 141 Abs. 2 BBauG). b) Entgegen § 93 Abs. 4 Satz 1 BBauG ist für die Ermittlung des Verkehrswertes des Mietrechts nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag, sondern auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der Mieter tatsächlich den Besitz verloren hat.
20. BGH U vom 16. 3. 1972 (III ZR 26/71) DVB1. 1972, 675
a) Bei der Bemessung der Entschädigung für die Enteignung eines Vorgartenteils sind die von einer außerhalb des (ungeteilten) Grundstücks verlaufenden Hochstraße ausgehenden Beeinträchtigungen baulicher und verkehrsmäßiger Art insoweit zu berücksichtigen, als der abgetretene Vorgartenteil dem Eigentümer die tatsächliche Möglichkeit geboten hätte, das Grundstück gegen diese Beeinträchtigungen abzuschirmen. b) Ein in Anwendung von §44 Abs. 1 Nr. 1*) BBauG zu entschädigender Planungsschaden liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn eine auf dem Nachbargrundstück seit langem verlaufende Straße nach Maßgabe eines neuen Bebauungsplans zu einer Hochstraße ausgebaut wird und die hiervon ausgehenden Beeinträchtigungen ein be-
*) seit der Novelle 1976 § 44 Abs. 2 511
§95 7
5. Teil. Enteignung
bautes Nachbargrundstück zwar nicht unerheblich im Wert mindern, jedoch dessen Nutzung als Wohngrundstück nicht aufheben (Ergänzung zu BGHZ 48, 46 in DVB1. 1968, 22).
21. BGH U vom 18. 5. 1972 (III ZR 182/70) DVB1. 1972, 674
Ficht der Eigentümer die Zulässigkeit der Enteignung durch Klage erfolglos an, so bleiben Steigerungen des Grundstückspreises grundsätzlich unberücksichtigt, die bis zum Abschluß des Rechtstreites über die Zulässigkeit der Enteignung eintraten (Bestätigung von III ZR 171/69 vom 15. 11. 1971).
B. Andere Gerichte 1. LG Berlin (K. f. Baul.) U vom 10. 2.1964 (1805/61 1965, 31
Baul.) ZMR
Enteignung eines Raumnutzungsrechts nötigt zum Ausgleich der geminderten wirtschaftlichen Position.
2. OLG Bremen U vom 29. 11.1967 (UB 5/67) MDR 1968, 412 = DVB1. 1968, 667
Die Entschädigung bemißt sich auch bei der Enteignung von lebenslänglichen Wohnrechten (§ 1093 BGB) nach dem Verkehrs wert des Rechts. Dieser ist aus dem Nutzwert des Rechts und der Lebenserwartung des Berechtigten abzuleiten, dabei ist der Nutzwert des Wohnrechts höher zu veranschlagen, als der Mietwert der dem Wohnrecht unterliegenden Räume.
3. BayObLG U vom 27. 11.1969 (RReg 1 a Z 13/68) BayVBl. 1970, 188
Bei der Beurteilung der Frage, ob im Zeitpunkt der Enteignung oder ihrer Vorwirkung landwirtschaftlich genutztes Gelände bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung seiner Qualität nach höher als reines landwirtschaftliches Land zu bewerten ist, sind alle in dem genannten Zeitpunkt vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, soweit sie schon in greifbarer Nähe lagen, ihre Verwirklichung also in absehbarer Zeit zu erwarten oder zu erhoffen war. Dagegen ist nicht darauf abzustellen, ob mit dieser Verwirklichung — etwa einer Bebauung — mit Sicherheit gerechnet werden kann.
4. OLG Bremen, Senat für Baulandsachen, U vom 11.2.1970 (UB 13/1968 a) OLGZ 1970, 466
a) Wertminderungen, die infolge der bevorstehenden Enteignung eingetreten sind, bleiben in entsprechender Anwendung des § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung unberücksichtigt. b) Dem öffentlichen Verkehr dienende private Wegeflächen haben, sofern keine Umwidmungschance besteht, in der Regel weder einen Verkehrswert (§ 141 Abs. 2 BBauG) noch einen sonstigen Vermögenswert. Derartige Flächen sind bei der Enteignung mit einem symbolischen Betrag (hier 1 D M / q m ) zu entschädigen, es sei denn, daß die Anlegung und Widmung des Weges eine analog § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG nicht zu berücksichtigende Vorwirkung der Enteignung darstellt.
5. BGH U vom 26. 2. 1976 (III ZR 164/73) BayVBl. 1977, 314
Einem angemessenen Angebot im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 BBauG, von dem der Enteignungsbegünstigte später wieder abgerckt ist, fehlt schlechthin die Eignung, den 512
2. Abschnitt. Entschädigung
§96
Stichtag für die Preisverhältnisse festzulegen. Daher sind bei der Bemessung der Entschädigung auch die Preisveränderungen zu berücksichtigen, die in dem Zeitraum zwischen dem Zugang des Angebots und seiner Rücknahme oder Einschränkung eingetreten sind (Ergänzung zu BGHZ 61, 240). 6. B G H U vom 7. 10. 1976(III Z R 6 0 / 7 3 ) DVB1.1978, 57 BayVBl. 1977,315 Ist die Enteignungsentschädigung für ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück nach einer höheren Qualität (hier: Bauland, Bauerwartungsland) bemessen worden, so muß sich der Eigentümer auf eine weitere Entschädigung für Nachteile im landwirtschaftlichen Betrieb den Teil der Entschädigung für das Grundstück anrechnen lassen, der auf eine über die allgemeine landwirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks hinausreichende Qualität entfällt. 7. B G H U v o m 27. 1. 1977 (III Z R 153/74) BayVBl. 1977, 675 a) Zur Zulässigkeit der Enteignung von landwirtschaftlich genutzten Flächen, die entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans als Verkehrsflächen für ein neues Wohngebiet genutzt werden sollen. b) Einem angemessenen Angebot im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 BBauG a. F. ( = § 95 Abs. 2 Nr. 3 BBauG n. F.) fehlt die Eignung, den Stichtag für die Preisverhältnisse festzulegen, wenn der Enteignungsbegünstigte später im behördlichen Enteignungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren beantragt, die Enteignungsentschädigung wegen zu berücksichtigender Vorteilsausgleichung auf Null festzusetzen. 8. B G H U v o m 24. 3. 1977 (III Z R 3 2 / 7 5 ) DVB1. 1978, 59 a) Ein angemessenes Angebot zum freihändigen Erwerb einer für öffentliche Zwecke benötigten Grundfläche erfordert in der Regel nicht das Angebot geegneten Ersatzlandes. b) Sind in Zeiten schwankender Preise trotz richtiger administrativer Festsetzung der Enteignungsentschädigung für die Wertberechnung die Preisverhältnisse im Zeitpunkt der Zahlung oder der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung maßgebend (BGHZ 40, 87; 44, 52), so muß auch ein nach der administrativen Festsetzung eingetretener Preisrückgang berücksichtigt werden. 9. B G H U vom 26. 5. 1977 (III Z R 149/74) DVB1. 1977, 766 Zur Frage, in welchem Umfange sich der von einer Teilenteignung betroffene Eigentümer planungsbedingte Wertsteigerungen seines Restgrundstücks anrechnen lassen muß, wenn auch anderen Eigentümern, die nicht zu Landabgaben herangezogen wurden, Planungsvorteile zugeflossen sind.
§96 Entschädigung
für andere
Vermögensnachteile
(1) Wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile ist eine Entschädigung nur zu gewähren, wenn und soweit diese Vermögensnachteile nicht bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind. D i e Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen, insbesondere für 513
§96 1
5. Teil. Enteignung
1. den vorübergehenden oder dauernden Verlust, den der bisherige Eigentümer in seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder in Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben erleidet, jedoch nur bis zu dem Betrag des Aufwandes, der erforderlich ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen; 2. die Wertminderung, die durch die Enteignung eines Grundstücksteiles oder eines Teiles eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes bei dem anderen Teil oder durch Enteignung des Rechtes an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht, soweit die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Nummer 1 berücksichtigt ist; 3. die notwendigen Aufwendungen für einen durch die Enteignung erforderlich werdenden Umzug. (2) Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 ist § 95 Abs. 2 Nr. 3 anzuwenden. 1. Allgemeines a) Während § 95 die Entschädigung für den Rechtsverlust behandelt, regelt § 96 die Entschädigung für andere Vermögensnachteile (§ 93 Abs. 2 Nr. 2). Dabei muß hervorgehoben werden, daß in manchen Fällen bereits bei der Entschädigung für den Rechtsverlust (§ 95) durch eine entsprechende Festsetzung des Verkehrswertes die Entschädigung für andere Vermögensnachteile einbezogen werden kann (z. B. bei Berücksichtigung von Werterhöhungen, für die der Eigentümer Kapital oder Arbeit aufgewendet hat — § 95 Abs. 2 Nr. 3 (vor der Novelle 1976 Nr. 2) — oder durch Berücksichtigung wertsteigernder Veränderungen, die der Eigentümer während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der Baugenehmigungsbehörde vorgenommen hat a. a. O. Nr. 4 u. a. —). Deshalb bestimmt § 96 Abs. 1 zunächst, daß wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile eine Entschädigung nur zu gewähren ist, wenn und soweit diese Vermögensnachteile nicht bei der Bemessung der Entschädigung für den Rechtsverlust berücksichtigt sind. b) Im Gegensatz zu § 95 bestimmt § 96, daß bei der Entschädigung für die über den Rechtsverlust hinausgehenden „anderen Vermögensnachteile" stets eine Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten vorzunehmen ist (bei der Entschädigung für den Rechtsverlust ist diese Interessenabwägung entbehrlich, weil sie bereits von dem Gesetzgeber vorgenommen wurde und im Verkehrswert enthalten ist). Diese Interessenabwägung führt dazu, daß alle Gesichtspunkte, die für und gegen die Interessen der Beteiligten und der Allgemeinheit sprechen, zu berücksichtigen sind. Die Interessen der Allgemeinheit sind besonders im Sinn und Zweck des Gesetzes, die in den einzelnen Bestimmungen zum Ausdruck kommen, niedergelegt. Die Interessen der Beteiligten sind (auf Grund ihres Vorbringens und auf Grund der Kenntnis der Sach- und Rechtslage, welche die Behörde durch eigene 514
2. Abschnitt. Entschädigung
§96 2
Feststellungen gewonnen hat) gerecht gegeneinander abzuwägen (richterliche Nachprüfung möglich!); dabei ist vor allem zu beachten, daß eine „gerechte Entschädigung" zu leisten ist, d. h. eine Entschädigung, die unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes die dem Verpflichteten durch die Enteignung auferlegten Opfer wieder auszugleichen versucht. c) Aus dem Wort „insbesondere" ergibt sich, daß die Vorschrift nur Beispiele für die sonstigen Vermögensnachteile aufzählt. Es können z. B. auch die Aufwendungen für eine notwendig gewordene Umlegung von Versorgungsleitungen ersetzt werden. d) § 96 findet auch Anwendung auf Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen für Maßnahmen, die der Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet dienen (§ 23 Abs. 1 StBauFG). 2. Vermögensnachteile a) Bei der Enteignung eines Grundstücks kann der Betroffene außer dem Verlust des Grundstückswertes (Verkehrswert) noch andere Verluste erleiden, die in diesem Wert nicht enthalten sind. So verliert der Besitzer einer Gärtnerei seine Existenz, wenn ihm die zu seinem Betrieb verwendeten Grundstücke ganz enteignet werden (völliger Verlust der Erwerbstätigkeit); wenn ihm nur ein Teil der Grundstücke enteignet wird, erleidet er ebenfalls einen Vermögensnachteil, der entschädigt werden muß (dauernder teilweiser Verlust der Erwerbstätigkeit). Ein Gewerbetreibender oder Handwerker, dessen Grundstück (auf dem er sein Geschäft betreibt) enteignet wird und der sein Geschäft auf einem anderen Grundstück (z. B. auf einem Ersatzgrundstück) erst nach einer Pause von drei Monaten wieder aufnehmen kann, erleidet einen vorübergehenden Verlust in. seiner Berufs- und Erwerbstätigkeit. Ein Sportverein, dessen Sportplatz enteignet wird, erleidet (bis zu diesem Zeitpunkt, in dem er auf einem anderen Grundstück die entsprechenden Einrichtungen zur Wiederaufnahme des Sportbetriebs treffen kann) einen vorübergehenden Verlust in der Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben; wenn der Sportverein infolge der Enteignung gezwungen ist, seinen Betrieb überhaupt einzustellen, erleidet er einen dauernden Verlust. Dagegen besteht kein Recht auf Schadloshaltung für den Ausfall an Verdienst, der aus einem für das enteignete Grundstück geplanten, aber noch nicht errichteten betrieblichen Erweiterungsbau erwartet wurde. Hinsichtlich der Entschädigung wegen der Auswirkungen eines Enteignungsunternehmens, das auf dem enteigneten Teilstück eines Grundstücks ausgeführt wird (vgl. BGH vom 5. 2. 1968, Rspr. 3 b). b) In allen diesen Fällen ist der vorübergehende oder dauernde Verlust unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu entschädigen. Dabei gilt jedoch folgende Einschränkung: Die Entschädigung kann niemals höher sein als der Betrag des Aufwandes, der erforder515
§96 2
5. Teil. Enteignung
lieh ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen (Nr. 1). Aus dieser Bestimmung geht nicht hervor, daß das „andere Grundstück" etwa in das Eigentum des Betroffenen überführt werden muß, es genügt, wenn er auf einem anderen Grudstück (etwa im Wege der Pacht) seine Berufs- oder Erwerbstätigkeit fortsetzen oder die ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben wieder erfüllen kann. So kann der Besitzer einer Gärtnerei, dessen Betriebsgrundstücke enteignet werden, zunächst Entschädigung für den Rechtsverlust (Verlust des Eigentums an den Grundstücken) verlangen, dann aber auch Ersatz der Aufwendungen, die ihm dadurch entstehen, daß er auf einem anderen Grundstück (Eigengrundstück oder Pachtgrundstück) die Gärtnerei wieder einrichten muß (Glashäuser, Gebäude für Unterbringung der Geräte, Bearbeitung des Bodens, damit er für den Gärtnereibetrieb geeignet ist). Der Betroffene muß nicht von der Möglichkeit, seinem Betrieb auf einem anderen Grundstück fortzusetzen, Gebrauch zu machen. Tut er es nicht, so verliert er deswegen unter Umständen den Anspruch auf Ersatz des ihm entstehenden Verlustes. c) Bei Teilenteignung eines Grundstücks oder eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes kann der Eigentümer nach § 92 Abs. 3 unter den dort genannten Voraussetzungen die Ausdehnung der Enteignung auf das Restgrundstück oder den Restbesitz verlangen (vgl. Anm. 4 a und b zu § 92). Will er das nicht oder sind die Voraussetzungen nicht gegeben, ist aber durch die Enteignung eine Wertminderung eingetreten, so ist für diese (bei dem anderen Grundstücksteil oder dem Restbesitz eintretende)Wertminderung Entschädigung zu leisten (Nr. 2); ebenso ist eine Entschädigung zu gewähren für die Wertminderung, die „durch Enteignung des Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht" (z. B. für die durch Enteignung eines Geh- und Fahrtrechts an dem herrschenden Grundstück entstehende Wertminderung). Immer ist aber hier Voraussetzung, daß tatsächlich ein Vermögensschaden eingetreten ist und daß die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Abs. 1 Nr. 1 (siehe oben Anmerkung a und b) berücksichtigt ist (vgl. hinsichtlich der Entschädigung bei Teilenteignung auch unten BGH, Rspr. Nr.3b). d) Ferner ist in diesen Entschädigungsfällen der Nr. 2 immer zu beachten, daß § 95 Abs. 2 Nr. 3 zur Anwendung kommt (§ 96 Abs. 2). Wenn also eine Wertminderung anläßlich der einer Teilenteignung bei dem anderen Grundstücksteil oder anläßlich der Enteignung des Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück geltend gemacht wird, sind bei der Entschädigung etwaige Werterhöhungen nach dem in § 95 Abs. 3 Nr. 2 bezeichneten Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen, es sei denn, daß der Eigentümer für sie Kapital oder Arbeit aufgewendet hat. e) Besonders aufgeführt wurde noch (in der, wie erwähnt, nicht erschöpfenden Aufzählung) der häufige Fall, daß infolge einer Enteignung ein Um516
2. Abschnitt. Entschädigung
§963
zug n o t w e n d i g w i r d . H i e r s i n d a u c h d i e n o t w e n d i g e n (also i m e i n z e l n e n n a c h z u w e i s e n d e n u n d auf i h r e N o t w e n d i g k e i t zu b e g r ü n d e n d e n ) A u f w e n d u n g e n zu ersetzen (Abs. 1 Nr. 3). 0 I n § 18 S t B a u F G ist d e n G e m e i n d e n in b e s t i m m t e n F ä l l e n ein G r u n d e r werbsrecht zugestanden. Wegen anderer durch einen solchen G r u n d e r w e r b e i n t r e t e n d e r V e r m ö g e n s n a c h t e i l e ist auf A n t r a g des B e t r o f f e n e n e i n e E n t s c h ä d i g u n g e n t s p r e c h e n d d e r R e g e l u n g d e s § 96 B B a u G v o n d e r G e m e i n d e zu g e w ä h r e n . K o m m t eine E i n i g u n g ü b e r d i e H ö h e d e r E n t s c h ä d i g u n g n i c h t z u s t a n d e , so e n t s c h e i d e t d i e h ö h e r e V e r w a l t u n g s b e h ö r d e ( § 1 8 A b s . 4 StBauFG). g) Vgl. f e r n e r z u r B e m e s s u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r sog. F o l g e s c h ä d e n d e r E n t e i g n u n g i m R a h m e n des § 96 B B a u G : B G H U v o m 28. 2. 1971 ( I I I Z R 65/70) D Ö V 1971,420. 3. Rechtsprechung 1. B G H U v o m 20. 11. 1967 ( I I I Z R 1 6 1 / 6 5 ) D Ö V 1968, 364 = DVB1. 1968, 216 = M D R 1968, 219 Das Recht auf Entschädigung wegen „anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile" schließt eine Schadloshaltung für den Ausfall an Verdienst, der aus einem für das enteignete Grundstück geplanten, aber noch nicht errichteten betrieblichen Erweiterungsbau erwartet wurde, nicht ein. 2. B G H U v o m 5. 2. 1968 ( I I I Z R 2 1 7 / 6 5 ) D V B L . 1969, 204 = D Ö V 1970, 141 Die Auswirkungen eines Enteignungsunternehmens, das auf dem enteigneten Teilstück eines Grundstücks ausgeführt wird, können einen enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch nur auslösen, wenn der Teil-Enteignete gerade nach dem Umfang und Inhalt seiner früheren Rechtsstellung die Möglichkeit hatte, solche Auswirkungen oder Belästigungen, wie das Enteignungsunternehmen sie mit sich bringt, kraft seines Eigentums zu vermeiden oder zu bekämpfen, ohne auf die Bestimmungen des bürgerlichen Nachbarrechts (§ 906 BGB) angewiesen zu sein (z. B. wenn ein Sanatorium oder ein Landhaus mit einem größeren Parkgelände umgeben wird zu dem Zweck, es vor Lärm und Einblick zu schützen, und nunmehr ein Teil des Parkgeländes für ein mit Lärm verbundenes Unternehmen enteignet wird, oder in anderen vergleichbaren Fällen, in denen Größe oder Art des Geländes einen Schutz gegen Umwelteinflüsse gewähren; anders möglicherweise zu beurteilen der Fall, daß die Lärmbelästigung den Enteigneten in gleicher Weise getroffen hat, wie jeden anderen Grundbesitzer, dessen Grundstück an die Umgehungsstraße — für welche die Enteignung vorgenommen wurde — angrenzt, dem aber nicht ein Grundstücksteil für Zwecke der Umgehungsstraße enteignet worden ist). 3. B G H U v o m 15. 11. 1971 ( I I I Z R 1 6 2 / 6 9 ) DVB1. 1972, 217 = D Ö V 1972, 246 = BayVBl. 1972, 388 Steht fest, daß der Mieter auch ohne die Enteignungsmaßnahme die Mietsache — wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt — hätte räumen müssen, so beschränkt sich die nach § 96 Abs. 1 Nr. 1, 3 BBauG zu leistende Entschädigung grundsätzlich auf den Zwischenzins der dadurch erforderlich gewordenen Aufwendungen. 517
§97
5. Teil. Enteignung
4. BGH U vom 16. 3. 1972 (III ZR 26/71) DVB1. 1972, 675
aa) Bei der Bemessung der Entschädigung für die Enteignung eines Vorgartenteils sind die von einer außerhalb des (ungeteilten) Grundstücks verlaufenden Hochstraße ausgehenden Beeinträchtigungen baulicher oder verkehrsmäßiger Art insoweit zu berücksichtigen, als der abgetretene Vorgartenteil dem Eigentümer die tatsächliche Möglichkeit geboten hätte, das Grundstück gegen diese Beeinträchtigung abzuschirmen. bb) Ein in Anwendung von §44 Abs. 1 Nr. 1*) BBauG zu entschädigender Planungsschaden liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn eine auf dem Nachbargrundstück seit langem verlaufende Straße nach Maßgabe eines neuen Bebauungsplans zu einer Hochstraße ausgebaut wird und die hiervon ausgehenden Beeinträchtigungen ein bebautes Nachbargrundstück zwar nicht unerheblich im Wert mindern, jedoch dessen Nutzung als Wohngrundstück nicht aufheben (Ergänzung zu BGHZ 48, 46 = DVB1. 1968, 22). *) seit dem ÄndG 1976 § 44 Abs. 2
5. BGH U vom 7. 10. 1976 (III Z R 60/73) 1978, 57 BayBVl. 1977, 315 = DBV1.
Ist die Enteignungsentschädigung für ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück nach einer höheren Qualität (hier: Bauland, Bauerwartungsland) bemessen worden, so muß sich der Eigentümer auf eine weitere Entschädigung für Nachteile im landwirtschaftlichen Betrieb den Teil der Entschädigung für das Grundstück anrechnen lassen, der auf eine über die allgemeine landwirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks hinausreichende Qualität entfällt.
§97 Behandlung der Rechte der
Nebenberechtigten
(1) Rechte an dem zu enteignenden Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken, können aufrechterhalten werden, soweit dies mit dem Enteignungszweck vereinbar ist. (2) Als Ersatz für ein Recht an einem Grundstück, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers das Ersatzland oder ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten mit einem gleichen Recht belastet werden. Als Ersatz für ein persönliches Recht, das nicht aufrechterhalten wird, kann mit Zustimmung des Rechtsinhabers ein Rechtsverhältnis begründet werden, das ein Recht gleicher Art in bezug auf das Ersatzland oder auf ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten gewährt. Als Ersatz für dingliche oder persönliche Rechte eines öffentlichen Verkehrsunternehmens oder eines Trägers der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser, der auf diese zur Erfüllung seiner wesensgemäßen Aufgaben angewiesen ist, sind auf seinen Antrag Rechte gleicher Art zu begründen; soweit dazu Grundstücke des Enteignungsbegünstigten nicht geeignet sind, können zu diesem Zwecke auch andere Grundstücke in Anspruch genommen werden. Anträge nach Satz 3 müs518
2. Abschnitt. Entschädigung
§97 l
sen vor Beginn der mündlichen Verhandlung schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde gestellt werden. (3) Soweit Rechte nicht aufrechterhalten oder nicht durch neue Rechte ersetzt werden, sind bei der Enteignung eines Grundstücks gesondert zu entschädigen 1. Erbbauberechtigte, Altenteilsberechtigte sowie Inhaber von Dienstbarkeiten und Erwerbsrechten an dem Grundstück, 2. Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist, 3. Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Nutzung des Grundstücks beschränken. (4) Berechtigte, deren Rechte nicht aufrechterhalten, nicht durch neue Rechte ersetzt und nicht gesondert entschädigt werden, haben bei der Enteignung eines Grundstücks Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 festgesetzt werden.
1. Allgemeines a) Bei der Behandlung der Rechte der „Nebenberechtigten", d. h. der Inhaber von Rechten an dem zu enteignenden Grundstück, sowie persönlicher Rechte, die zum Besitz, zum Erwerb oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benützung des Grundstücks beschränken, sind vier Fälle zu unterscheiden: die Aufrechterhaltung von Rechten (Abs. 1) Belastung eines anderen Grundstücks als Ersatz für das bisherige Recht (Abs. 2), gesonderte Entschädigung von Rechten (Abs. 3) und Ersatz des Wertes des Rechts aus der Enteignungsentschädigung (Abs. 4). b) Während §§ 95 und 96 im wesentlichen die Entschädigung für den Hauptberechtigten regeln, also für die Inhaber des Hauptrechts (das ist der von der Enteignung Betroffene, dessen Recht — meist das Eigentum an einem Grundstück — entzogen wird), behandelt § 97 die Entschädigung für die Rechte der Nebenberechtigten, deren Rechte in das Enteignungsverfahren (Enteignung eines Grundstücks) einbezogen und damit mitbetroffen werden (z. B. Grunddienstbarkeiten, Hypotheken, Grundschulen, Miete, Pacht, Nießbrauch; vgl. hierzu auch § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und die Erläuterungen hierzu). Darüber, wie die Rechte der Nebenberechtigten zu behandeln sind (Aufrechterhaltung usw.), entscheidet (§§ 112, 113) die Enteignungsbehörde. 519
§97 3
5. Teil. Enteignung
2. Aufrechterhaltung der Rechte (Abs. 1) Um den Enteignungseingriff nicht weiter als unbedingt notwendig auszudehnen, ist vorgesehen, d a ß Rechte an dem Grundstück aufrechterhalten werden, soweit hierdurch der Enteignungszweck nicht beeinträchtigt wird. Nicht aufrechterhalten werden persönliche Rechte, die zum Erwerb eines Grundstücks berechtigen. Sie werden gesondert entschädigt (Abs. 3 Nr. 3). Die Aufrechterhaltung der Rechte wird, wo immer sie möglich und vor allem mit dem Enteignungszweck vereinbar ist, auszusprechen sein, da sie am wenigsten in das Recht des Betroffenen eingreift.
3. Belastungen eines anderen Grundstücks (Abs. 2) a) Statt der Aufrechterhaltung eines dinglichen Rechts an dem bisher belasteten Grundstück kann die Enteignungsbehörde (nach pflichtmäßigem Ermessen) die Belastung eines anderen Grundstücks mit dem (diesem dinglichen) Recht beschließen. Als Gegenstände der neuen Belastung kommen entweder das auf Antrag des bisherigen Eigentümers (d. h. des von der Enteignung betroffenen Grundstückseigentümers) diesem zugewiesene Ersatzland (§ 100) oder ein anderes, für die Belastung geeignetes Grundstück des Enteignungsbegünstigten in Frage. Diese Übertragung des Rechts bedarf immer der Zustimmung des Rechtsinhabers, es ist aber nicht dessen Antrag erforderlich. Gleiches gilt für die Übertragung eines persönlichen Rechts, das nicht aufrechterhalten wird. Hier kann ein Recht gleicher Art (z. B. Miete, Pacht) in bezug auf das Ersatzland oder auf ein anderes Grundstück des Enteignungsbegünstigten gewährt werden. Zustimmung des Rechtsinhabers, aber nicht dessen Antrag, ist erforderlich. b) Eine Ausnahmeregelung ist in Satz 3 geschaffen worden für öffentliche Verkehrsunternehmen (Bundesbahn, gemeindliche Straßenbahn- und Omnibusbetriebe, nicht aber private Verkehrsunternehmen) und für die Träger der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser (hier kommen vor allem die gemeindlichen Versorgungsunternehmen in Frage, im übrigen aber auch ohne Rücksicht auf Rechtsformen und Eigentumsverhältnisse alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit elektrischer Energie oder Gas versorgen oder Betriebe dieser Art verwalten — öffentliche Energieversorgung, § 2 Energiewirtschaftsgesetz —, oder Zusammenschlüsse zur Versorgung eines Gebiets mit Wasser). Für diese müssen Rechte der in Abs. 1 bezeichneten Art als Ersatz an einem anderen Grundstück begründet werden unter der Voraussetzung, daß ein Antrag des Unternehmens vorliegt u n d daß dieses „zur Erfüllung seiner wesensgemäßen Aufgaben" (d. h. zur Aufrechterhaltung der Versorgung) auf das Recht angewiesen ist. Der Anspruch ist auch auf die Inanspruchnahme von Grundstücken Dritter ausgedehnt. Für den Ersatz der hier in Frage kommenden Rechte durch neue Rechte im Wege der Enteignung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 gelten außerdem die in § 90 520
2. Abschnitt. Entschädigung
§97 4
Abs. 1 und 2 für die Enteignung zur Entschädigung in Land getroffenen Vorschriften sinngemäß (§ 91 Satz 2; vgl. Erläut. zu § 91). Die Anträge der Unternehmen auf Rechtsersatz müssen nach Satz 4 vor Beginn der mündlichen Verhandlung (§ 112) schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde gestellt werden. 4. Gesonderte Entschädigung (Abs. 3) Die Berechtigten, die einen Anspruch auf Sonderentschädigung haben, sind in Abs. 3 erschöpfend aufgezählt; alle übrigen Berechtigten fallen unter Abs. 4, d. h. sie sind aus der allgemeinen, für die Entziehung des Eigentums an dem Grundstück anfallenden Entschädigung zu befriedigen, während die Berechtigten nach Abs. 3 einen von der allgemeinen Entschädigung abgesonderten Ausgleich für die durch den Rechtsverlust eingetretene Vermögensschädigung erhalten. Der Grund für diese Sonderentschädigung ist offensichtlich, daß der Wert dieser Rechte vielfach nicht mit der allgemeinen Entschädigung abgegolten werden kann, da sie für den Berechtigten einen hohen Wert haben; sie sind in der Enteignungsentschädigung für das Grundstück nicht enthalten; so wird z. B. das Erbbaurecht für den Inhaber einen erheblichen Wert besitzen, der mit dem Erbbauzins nicht gleichzusetzen ist. Dasselbe kann gelten für ein Pachtrecht im Verhältnis zum Pachtzins. In der Sonderentschädigung kann dieser Wertunterschied ausgeglichen werden. Voraussetzung für die Sonderentschädigung ist naturgemäß, daß das in Frage kommende Recht bei der Grundstücksenteignung nicht an dem betroffenen Grundstück aufrechterhalten oder auf ein anderes Grundstück übertragen wurde, denn in diesen Fällen ist keine Vermögensschädigung eingetreten. Im einzelnen (vgl. Nr. 1 — 3 ) : Erbbauberechtigte (V über das Erbbaurecht vom 15. 1. 1919, RGBl. S. 72, 122). Altenteilsberechtigte: Das sind Inhaber von Ansprüchen auf Sach- und Dienstleistungen, die aus einem Grundstück zu gewähren sind, im süddeutschen Raum Austragsberechtigte genannt. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit, §§ 1090 ff. BGB; sie kann auch im Recht auf freie Wohnung bestehen. Inhaber von Dienstbarkeiten und Erwerbsrechten an dem Grundstück: Nießbrauch § 1030 ff. BGB, dingliche Vorkaufsrechte §§ 1094 ff. BGB, Grunddienstbarkeit §§ 1018 ff. BGB. Persönliche Rechte: Miete, Pacht (§§ 535 ff., §§ 581 ff. BGB). Der persönlich Berechtigte muß aber immer im Besitz des Grundstücks sein. Ferner erscheint es nicht vertretbar, z. B. den persönlich Berechtigten aus einem vertraglichen Vorkaufsrecht mit seinen Ansprüchen auf die Entschädigung des Eigentümers zu verweisen; auch er kann gesonderte Entschädigung verlangen. 521
§97 6
5. Teil. Enteignung
5. Ersatz aus der Enteignungsentschädigung (Abs. 4) a) Das Wesen der von Abs. 4 erfaßten Entschädigungsregelung ist, daß sie nicht selbständig neben dem Entschädigungsanspruch des Hauptberechtigten steht, sondern mit diesem Anspruch verknüpft ist in der Weise, daß die Entschädigung für den Anspruch des Nebenberechtigten in diesen Fällen aus der Entschädigung des Hauptberechtigten zu leisten ist. Unter diese Regelung fallen alle Nebenberechtigten, deren Rechte nicht schon nach den Absätzen 1, 2 und 3 abgegolten, also nicht aufrechterhalten oder nicht auf ein anderes Grundstück übertragen oder nicht gesondert entschädigt wurden. Sie werden für ihren Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechts auf die dem bisherigen Grundstückseigentümer zustehende Geldentschädigung verwiesen; nur gegen diesen (nicht etwa gegen den Enteignungsbegünstigten) richtet sich dieser Anspruch. In dem Beschluß der Enteignungsbehörde sind Geldentschädigungen, aus denen Betroffene nach § 97 Abs. 4 zu entschädigen sind, von den sonstigen Geldentschädigungen getrennt auszuweisen (§ 113 Abs. 2 Nr. 8, 2. Halbsatz). In Frage kommen hier alle dinglichen und persönlichen Nebenrechte, die nicht schon nach Abs. 1 bis 3 behandelt wurden, wenn also das Recht erlischt oder nicht gesondert entschädigt wird. Voraussetzung ist auch hier, daß der Berechtigte durch die Enteignung des Grundstücks eine Minderung seiner Rechtsstellung erfährt. Entsprechendes gilt für die Geldentschädigungen, die für den durch Enteignung eintretenden Rechtsverlust „in anderen Fällen" festgesetzt werden, z. B. wenn nicht ein Grundstück, sondern ein Recht an einem Grundstück enteignet wird, an dem ein anderer ein Recht hat (z. B. es wird ein Altenteilsrecht enteignet, an dem ein Dritter ein Pfandrecht hat). Auch hier ist der Betroffene auf die Entschädigung angewiesen, die dem Begünstigten infolge Wegfalls des Rechts zusteht. Entsprechendes gilt für Geldentschädigungen nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 (Entschädigung für Wertminderungen bei Teilenteignung). b) Wegen der Hinterlegung von Geldentschädigungen, aus denen andere Berechtigte nach § 97 Abs. 4 zu befriedigen sind, vgl. § 118. 6. Rechtsprechung BGH U vom 8. 4. 1965 (III ZR 60/64) DWW 1965, 264
Eine gesonderte Entschädigung der Nebenberechtigten nach § 97 BBauG setzt voraus, daß Grundstückseigentümer und Nebenberechtigte nicht nur rechtlich selbständig, sondern auch Träger verschiedener (Vermögens-)Interessen sind.
522
§98 1
2. Abschnitt. Entschädigung
§98 Schuldübergang (1) Haftet bei einer Hypothek, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich, so übernimmt der Enteignungsbegünstigte die Schuld in Höhe der Hypothek. §§ 415 und 416 des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten entsprechend ; als Veräußerer im Sinne des § 416 ist der von der Enteignung Betroffene anzusehen. (2) Das gleiche gilt, wenn bei einer Grundschuld oder Rentenschuld, die aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, der von der Enteignung Betroffene zugleich persönlich haftet, sofern er spätestens in dem gemäß § 109 anzuberaumenden Termin die gegen ihn bestehende Forderung unter Angabe ihres Betrages und Grundes angemeldet und auf Verlangen der Enteignungsbehörde oder eines Beteiligten glaubhaft gemacht hat. 1. Übergang der persönlichen Haftung bei Hypotheken (Abs. 1) Soweit Hypotheken aufgrund § 97 Abs. 1 und 2 aufrechterhalten oder ersatzweise an einem anderen Grundstück bestellt werden, bleiben die Rechtsbeziehungen zwischen dem Hypothekengläubiger und dem Schuldner durch die Enteignung unberührt. Dementsprechend wird an sich auch an dem persönlichen Schuldverhältnis durch die Enteignung nichts geändert, ebensowenig wie bei einem freihändigen Verkauf oder in einem Zwangsversteigerungsverfahren für die vorgehenden Berechtigten. Um aber den von der Enteignung Betroffenen aus Billigkeitsgründen gegen den Fortbestand einer persönlichen Haftung zu schützen, eröffnet § 98 Abs. 1 dem Betroffenen die Möglichkeit, durch Mitteilung entsprechend §§ 415, 416 BGB — ebenso wie im Falle einer freiwilligen Veräußerung oder im Falle einer Zwangsversteigerung — persönliche Rechtsbeziehungen zwischen dem Enteignungsbegünstigten und dem Hypothekengläubiger und damit eine unmittelbare persönliche Haftung des Enteignungsbegünstigten herzustellen und selbst von der persönlichen Haftung befreit zu werden. Aus dem Wortlaut des § 98 Abs. 1 („so übernimmt der Enteignungsbegünstigte die Schuld in Höhe der Hypothek") ist zu schließen, daß es einer Genehmigung der Schuldübernahme durch den Enteignungsbegünstigten gemäß §§ 415, 416 BGB nicht bedarf, sondern daß die Übernahme kraft Gesetzes eintritt, allerdings unter der Voraussetzung, daß der Betroffene dem Begünstigten die Mitteilung nach § 416 BGB zugehen läßt. Die Mitteilung des Betroffenen (der hier als „Veräußerer" i. S. des § 416 BGB anzusehen ist) kann erst erfolgen, wenn die Ausführungsanordnung nach § 117 erlassen ist, Die Mitteilung muß schriftlich geschehen und den Hinweis enthalten, daß der Begünstigte an die Stelle des Schuldners getreten ist (§416 Abs. 2 BGB). 523
§99
5. Teil. Enteignung
2. Übergang der persönlichen Haftung bei Grundschulden oder Rentenschulden (Abs. 2) Für Grundschulden (§§ 1191 ff. BGB) und für Rentenschulden (§§ 1199 ff. BGB) geht auch das BBauG davon aus, daß im Regelfall keine persönliche Schuld vorhanden ist. Wenn jedoch eine solche Schuld besteht und das Recht aufrechterhalten oder durch ein neues Recht an einem anderen Grundstück ersetzt wird, so kann die Enteignungsbehörde oder ein Beteiligter von dem von der Enteignung Betroffenen verlangen, daß er die gegen ihn bestehende Forderung glaubhaft macht. Glaubhaftmachen bedeutet, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dartun; nicht ist erforderlich, wie beim Beweis, eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit. § 294 Abs. 1 Z P O kann hier entsprechend angewendet werden; es sind daher zur Glaubhaftmachung alle Beweismittel (Zeugen, Urkunden, Parteivernehmung, Versicherung an Eidesstatt) zugelassen (Eyermann-Fröhler, VwGO, R d N r . 16 zu § 60). Das Verlangen nach Glaubhaftmachung kann von der Enteignungsbehörde selbst ausgehen oder von einem der Beteiligten oder von mehreren Beteiligten; die Enteignungsbehörde muß auf einen entsprechenden Antrag den Betroffenen zur Glaubhaftmachung auffordern. Auf jeden Fall aber m u ß der Betroffene die gegen ihn bestehende Forderung unter Angabe ihres Betrages und ihres Grundes spätestens in dem Enteignungstermin (§ 109) anmelden; eine schriftliche Anmeldung ist nicht vorgeschrieben; doch wird es mit Rücksicht auf die erforderlichen Angaben (Betrag und G r u n d , sonstige Unterlagen) zweckmäßig sein, die Anmeldung schriftlich vorzunehmen und sie schon möglichst früh der Enteignungsbehörde zuzuleiten. Im übrigen ist die Anmeldung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor der Enteignungsbehörde möglich (vgl. hierzu § 92 Nr. 6).
§99 Entschädigung in Geld (1) Die Entschädigung ist in einem einmaligen Betrag zu leisten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Auf Antrag des Eigentümers kann die Entschädigung in wiederkehrenden Leistungen festgesetzt werden, wenn dies den übrigen Beteiligten zuzumuten ist. (2) Für die Belastung eines Grundstücks mit einem Erbbaurecht ist die Entschädigung in einem Erbbauzins zu leisten. (3) Einmalige Entschädigungsbeträge sind mit 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. Im Falle der vorzeitigen Besitzeinweisung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird. 524
2. Abschnitt. Entschädigung
§99 3
1. Allgemeines § 99 stellt eine Grundsatzvorschrift dar. Sie sieht als Ausgleich für den durch Enteignung eintretenden Verlust grundsätzlich eine Geldentschädigung vor, die in der Regel in einem einmaligen Betrag zu leisten ist. Wenn andere Entschädigungsarten, wie Entschädigung in Land (§ 100) oder Entschädigung durch Gewährung von Rechten (§ 101), festgesetzt werden sollen, ist ein besonderer Antrag erforderlich. Durch Vereinbarung der Parteien (vgl. §110) können auch im Gesetz nicht erwähnte Entschädigungsarten gewählt werden, z. B. Sachleistungen oder Wertpapiere. Die Entschädigung ist auf Wertersatz und nicht auf Schadensersatz (Naturalrestitution) gerichtet. Der Regelung liegt die Auffassung zugrunde, daß dem Enteigneten die Möglichkeit belassen bleiben muß, den Ersatz für das entzogene Eigentum nach seinem Gutdünken anderweitig zu verwenden. Es muß daher dem von der Enteignung Begünstigten grundsätzlich zugemutet werden, das Kapital für das gesamte Vorhaben (einschließlich des Grundstückswerts) zu beschaffen und nicht den Kredit des von der Enteignung Betroffenen in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift geht weiter von dem Gedanken aus, daß eine Vorleistungspflicht des Begünstigten gegeben ist. Nach §117 Abs. 1 ergeht die Ausführungsanordnung erst, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. 2. Geldentschädigung (Abs. 1) Die Entschädigung „in einem einmaligen Betrag" schließt Teilzahlungen aus (siehe oben Ziff. 1). Im Interesse des Eigentümers ist aber bestimmt worden, daß auf seinen Antrag die Entschädigung auch in wiederkehrenden Leistungen festgesetzt werden kann. Anspruch auf wiederkehrende Leistungen gewähren: Reallasten, eingetragenes Erbbauzinsrecht, Entgelt für Dauerwohnrecht, Überbau- und Notwegrenten (Palandt BGB Anm. 1 zu § 1126). Voraussetzung ist jedoch (außer dem Antrag des Eigentümers), daß die Festsetzung in wiederkehrenden Leistungen den übrigen Beteiligten (vor allem dem Enteignungsbegünstigten) zugemutet werden kann. Die Entscheidung trifft die Enteignungsbehörde nach pflichtmäßigem Ermessen. Eine Mischform der Geldentschädigung (teils in einer einmaligen Leistung, teils in wiederkehrenden Leistungen) dürfte als zulässig zu erachten sein. 3. Entschädigung in einem Erbbauzins (Abs. 2) Eine Ausnahme von der Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 (wonach die Entschädigung in wiederkehrenden Leistungen festgesetzt werden kann) ist bestimmt im Abs. 2. Wenn nämlich im Wege der Enteignung ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet wird, dann muß die Entschädigung in einer wiederkehrenden Leistung, nämlich in der Form des Erbbauzinses gewährt werden. Die 525
§99 5
5. Teil. Enteignung
Höhe des Erbbbauzinses wird in diesem Fall von der Enteignungsbehörde festgesetzt (§ 113 Abs. 2 Nr. 8). Über die Berechnung der Höhe des festzusetzenden Erbbauzinses sagt das Gesetz nichts. Der Erbbauzins wird zumeist auf der Grundlage des Kapitals ermittelt, das dem Bodenwert entspricht, ohne daß eine Tilgung vorgesehen ist; er stimmt dann mit der Verzinsung des dem Bodenwert entsprechenden Kapitals überein. 4. Verzinsung des Entschädigungsbetrags (Abs. 3) Einmalige Entschädigungsbeträge (Abs. 1 Satz 1) sind mit 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Bei der Berechnung des Zinssatzes wird deshalb von dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ausgegangen, weil dieser Zinssatz verhältnismäßig leicht zu ermitteln ist. Die Verzinsung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet (Tag der Erlassung des Enteignungsbeschlusses, § 112). Hier kommt es also nicht auf die Ausführungsanordnung (§117) an. Ist der von der Enteignung Begünstigte vorzeitig in den Besitz des enteigneten Grundstücks eingewiesen worden (§ 116), so ist für den Zeitpunkt des Beginns der Verzinsung das Wirksamwerden der Einweisung maßgebend. Die Besitzeinweisung geschieht auf Antrag desjenigen, der die Enteignung beantragt hat, durch Beschluß der Enteignungsbehörde. In diesem Beschluß hat die Behörde auch den Zeitpunkt zu bezeichnen, in dem die Besitzeinweisung wirksam werden soll (§116 Abs. 1 Sätze 1 und 4). Von diesem Zeitpunkt an ist dann auch der einmalige Entschädigungsbetrag zu verzinsen (s. auch unten Anm. 5c). 5. Rechtsprechung A. Bundesgerichtshof 1. BGH U vom 21. 6. 1965 (III ZR 8/64) DVB1. 1965, 645 Das Angebot der behördlich festgesetzten Enteignungsentschädigung ist auch bei Anfechtung der Entschädigungsfestsetzung nicht das Angebot einer Teilleistung das der Gläubiger nach § 266 BGB ablehnen darf.
2. BGH U vom 22. 5. 1967 (III ZR 145/66) DÖV 1968, 365 = M D R 1968, 127 = NJW 1967, 2011 Angebot oder Hinterlegung des von der Enteignungsbehörde festgesetzten Entschädigungsbetrags ist eine „Teilleistung" selbst dann nicht, wenn nicht Entschädigung im gerichtlichen Verfahren erhöht wird (Ergänzung zu BGHZ 44, 52, 59).
3. BGH U vom 28. 9. 1967 (III ZR 43/67) DÖV 1968, 364 = BGHZ 48, 291 Auf Zinsen aus der Enteignungsentschädigung für ein Grundstück, die dem Enteigneten zustehen, ist die Nutzungsentschädigung anzurechnen, die dem Enteigneten für
526
§100
2. Abschnitt. Entschädigung
dieselbe Zeit zum Ausgleich des Verlustes der normalen Nutzung des Grundstücks gezahlt worden ist (entschieden für den Fall einer sog. Altrequisition — §§17, 38, 64 LBG).
4. B G H U vom 2. 12. 1971 (III Z R 161/69) BayVBl. 1972, 389
Nach § 99 Abs. 3 BBauG sind 2 von Hundert Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz zu zahlen. Die Ermittlung des üblichen als des angemessenen Zinssatzes führt auf einen vom jeweiligen Diskontsatz der Bundesbank abhängigen Zinsfuß; denn auf dem Kapitalmarkt, im Geldverkehr und im Wirtschaftsleben werden — sogar bei grundbuchlicher Sicherung — in so weitem Umfang Schuldzinsen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Diskontsatz vereinbart, daß gegen die Erwägung, der jeweilige Diskontsatz der Bundesbank sei ein Leitzins, an dem sich der Kapitalmarkt orientierte, nichts einzuwenden ist.
B. Andere Gerichte 1. O L G München U vom 16. 12. 1971 (1 U 2400/71) Bay VB1. 1972, 390
Der Zinssatz für eine nach bayerischem Enteignungsrecht zu bemessende Enteignungsentschädigung ist nicht auf 4 Prozent begrenzt; er ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls angemessen festzusetzen. Dabei kann die Regelung in § 99 Abs. 3 BBauG einen Anhaltspunkt für die im Verkehr übliche Zinshöhe geben (im Anschluß an BGHZ 37, 269 und 43, 120).
2. O L G Düsseldorf U vom 20. 12. 1971 (U Baul. 7/70) BauR 1972, 169 = N J W 1972, 32. Heft, X X I I
Wenn einem Enteignungsbegünstigten Ersatzland unmittelbar neben einem von einer Enteignung betroffenen Grundstück zur Verfügung steht, kann im Einzelfall eine Entschädigung in Geld statt der Entschädigung in Ersatzland unbillig sein.
§100 Entschädigung
in Land
(1) Die Entschädigung ist auf Antrag des Eigentümers in geeignetem Ersatzland festzusetzen, wenn er zur Sicherung seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäO obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist und 1. der Enteignungsbegünstigte über als Ersatzland geeignete Grundstücke verfügt, auf die er nicht mit seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben nach Ersatzland angewiesen ist, oder 2. der Enteignungsbegünstigte geeignetes Ersatzland nach pflichtmäßigem Ermessen der Enteignungsbehörde freihändig zu angemessenen Bedingungen beschaffen kann oder 3. geeignetes Ersatzland durch Enteignung nach § 90 beschafft werden kann. (2) Wird die Entschädigung in Ersatzland festgesetzt, so sind auch der Verwendungszweck des Ersatzlands und die Frist, in der das Grundstück zu dem vorge527
§100
5. Teil. E n t e i g n u n g
sehenen Zweck zu verwenden ist, zu bezeichnen. Die §§ 102 und 103 gelten entsprechend. (3) Unter den Voraussetzungen der Nummern 1 bis 3 des Absatzes 1 ist die Entschädigung auf Antrag des Eigentümers auch dann in geeignetem Ersatzland festzusetzen, wenn ein Grundstück enteignet werden soll, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut ist. Dies gilt nicht, wenn nach öffentlichrechtlichen Vorschriften der Abbruch des Gebäudes jederzeit entschädigungslos gefordert werden kann. (4) Die Entschädigung kann auf Antrag des Enteigneten oder Enteignungsbegünstigten ganz oder teilweise in Ersatzland festgesetzt werden, wenn diese Art der Entschädigung nach pflichtmäßigem Ermessen der Enteignungsbehörde unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten billig ist und bei dem Enteignungsbegünstigten die in Absatz 1 Nr. 1 oder 2 genannten Voraussetzungen vorliegen. (5) Für die Bewertung des Ersatzlands gilt § 95 entsprechend. Hierbei kann eine Werterhöhung berücksichtigt werden, die das übrige Grundvermögen des von der Enteignung Betroffenen durch den Erwerb des Ersatzlands über dessen Wert nach Satz 1 hinaus erfährt. Hat das Ersatzland einen geringeren Wert als das zu enteignende Grundstück, so ist eine dem Wertunterschied entsprechende zusätzliche Geldentschädigung festzusetzen. Hat das Ersatzland einen höheren Wert als das zu enteignende Grundstück, so ist festzusetzen, daß der Entschädigungsberechtigte an den durch die Enteignung Begünstigten eine dem Wertunterschied entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten hat. Die Ausgleichszahlung wird mit dem nach § 117 Abs. 5 Satz 1 in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag fällig. (6) Wird die Entschädigung in Land festgesetzt, so sollen dingliche oder persönliche Rechte, soweit sie nicht an dem zu enteignenden Grundstück aufrechterhalten werden, auf Antrag des Rechtsinhabers ganz oder teilweise nach Maßgabe des § 97 Abs. 2 ersetzt werden. Soweit dies nicht möglich ist oder nicht ausreicht, sind die Inhaber der Rechte gesondert in Geld zu entschädigen; dies gilt für die in § 97 Abs. 4 bezeichneten Berechtigten nur, soweit ihre Rechte nicht durch eine dem Eigentümer nach Absatz 5 zu gewährende zusätzliche Geldentschädigung gedeckt werden. (7) Anträge nach den Absätzen 1, 3, 4 und 6 sind schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde zu stellen, und zwar in den Fällen der Absätze 1, 3 und 4 vor Beginn und im Falle des Absatzes 6 bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (§ 109). (8) Sind Miteigentum, grundstücksgleiche Rechte oder Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz ebenso zur Sicherung der Berufs- oder Erwerbstätigkeit des Berechtigen oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben geeignet, so können dem Eigentümer diese Rechte anstelle des Ersatzlands angeboten werden. Der Eigentümer ist in Geld abzufinden, wenn er die ihm nach Satz 1 angebotene Entschädigung ablehnt. § 101 bleibt unberührt. 528
2. Abschnitt. Entschädigung
§ 100 l
(9) Hat der Eigentümer nach Absatz 1 einen Anspruch auf Ersatzland und beschafft er sich mit Zustimmung des Enteignungsbegünstigten außerhalb des Enteignungsverfahrens Ersatzland oder die in Absatz 8 bezeichneten Rechte selbst, so hat er gegen den Enteignungsbegünstigten einen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Aufwendungen. Der Enteignungsbegünstigte ist nur insoweit zur Erstattung verpflichtet, als er selbst Aufwendungen erspart. Kommt eine Einigung über die Erstattung nicht zustande, so entscheidet die Enteignungsbehörde; für den Bescheid gilt § 122 entsprechend. 1. Allgemeines a) Die Festsetzung der Entschädigung in Land (die bereits in älteren Landesenteignungsgesetzen — z. B. dem Hamburgischen Enteignungsgesetz —, in den meisten Aufbaugesetzen der Länder und im BauLBG enthalten war) hatte sich bewährt und wurde in das BBauG übernommen. Die Landabfindung kann einmal im Interesse des von der Enteignung Begünstigten liegen. Sie wird aber auch von dem Entschädigungsberechtigten vielfach einer Geldentschädigung vorgezogen werden, namentlich dann, wenn er das enteignete Grundstück selbst landwirtschaftlich, gärtnerisch oder gewerblich genutzt hat. Die Zuteilung des Ersatzlandes gibt ihm die Möglichkeit, auf diesem seine berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Die Entschädigung in Land ist daher besonders geeignet, die einschneidenden Wirkungen der Enteignung zu mildern, da hierdurch dem von der Enteignung Betroffenen ein Ausgleich gewährt wird, der es ihm erlaubt, seine bisherige wirtschaftliche Stellung zu behaupten. b) Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde § 100 durch drei Absätze erweitert (neuer Abs. 2, 8 und 9). Die bisherigen Abs. 2, 3, 4, 5 und 6 wurden Abs. 3, 4, 5, 6 und 7. c) Die Vorschrift enthält nun Bestimmungen darüber: in welchen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung in Land festgesetzt werden muß (Abs. 1, 2 und 3), in welchen Fällen die Entschädigung in Land festgesetzt werden kann (Abs. 3), nach welchen Grundsätzen das Ersatzland zu bewerten ist (Abs. 5), wie die dinglichen oder persönlichen Rechte an dem zu enteignenden Grundstück im Falle der Festsetzung der Entschädigung in Land zu behandeln sind (Abs. 6), in welcher Form die entsprechenden Anträge zu stellen sind (Abs. 7), wann Rechte statt Ersatzland angeboten werden kann (Abs. 8) und über den Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen bei Selbstbeschaffung von Ersatzland und von Rechten außerhalb des Enteignungsverfahrens. d) § 100 findet auch Anwendung auf Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen für Maßnahmen, die der Vorbereitung oder Durchführung der Sa529
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5. Teil. Enteignung
nierung im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet dienen (§ 23 Abs. 1 StBauFG). 2. Anspruch des Enteigneten auf Entschädigung in Ersatzland (Abs. 1, 2 und 3) a) Zunächst ist in den Fällen der Abs. 1 und 3, in denen dem von der Enteignung betroffenen Eigentümer ein Rechtsanspruch auf Entschädigung in Land zusteht, dessen Antrag erforderlich (über Form und Zeitpunkt der Anträge siehe unten Nr. 6). Der Antrag des Enteignungsbegünstigten genügt also hier nicht; stellt dieser den Antrag auf Entschädigung in Land, so ist nach Abs. 4 zu verfahren. b) Zwei Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit der Antrag des Eigentümers aufgrund des Abs. 1 Erfolg hat: Der Eigentümer muß zur Sicherung seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen sein, und es muß einer der drei in Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Fälle gegeben sein. Ist dies nicht der Fall, so muß Entschädigung in Geld (§ 99) gewährt werden, wobei allerdings die Berufs- oder Erwerbsbeeinträchtigung des Betroffenen zu berücksichtigen ist. c) Für den Antrag aufgrund des Abs. 2 sind ebenfalls zwei Voraussetzungen erforderlich: Es muß auch hier einer der drei in Abs. 3 Nr. 1 mit 3 genannten Fälle gegeben sein, und es muß sich um die Enteignung eines Grundstücks handeln, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut ist. (Vgl. hierzu auch unten e). d) Der Eigentümer muß zur Sicherung seiner Berufstätigkeit usw. auf Ersatzland angewiesen sein (siehe oben b). Er hat also unter der Voraussetzung, daß nach Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Ersatzland beschafft werden kann, einen Rechtsanspruch auf Ersatzland, wenn andernfalls die Fortsetzung seiner Berufstätigkeit (z. B. landwirtschaftlicher Betrieb), seiner Erwerbstätigkeit (z. B. Handwerksbetrieb) oder die Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben (z. B. Erfüllung kirchlicher Aufgaben, Weiterführung des Sportbetriebs) zum mindesten ernstlich gefährdet wäre. Es ist nicht erforderlich, daß der Eigentümer für jede für die Enteignung in Frage kommende Fläche Ersatzland erhält. Wenn es sich z. B. nur um eine Teilfläche handelt, auf die der Eigentümer ohne wesentliche Beeinträchtigung seiner Berufstätigkeit usw. verzichten kann, so hat er keinen Anspruch auf Zuweisung eines entsprechenden Ersatzlandes. Andererseits ist aber auch nicht erforderlich, daß die Vernichtung des Betriebs des Eigentümers zu befürchten sein muß, um die Ersatzlandzuweisung zu rechtfertigen, es genügt vielmehr ernstliche Gefährdung. Die Fassung „wenn . . . angewiesen ist" hat die Bedeutung „wenn und soweit . . . angewiesen ist", d. h. der Eigentümer 530
2. Abschnitt. Entschädigung
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hat nicht Anspruch darauf, daß ihm nun Ersatzland in genau dem gleichen Umfang zugewiesen wird, als er Land abgeben mußte (das ist schon wegen der Unterschiede in Lage und vor allem in Güte und Ausnutzungsmöglichkeit des Bodens nicht möglich). Dem Eigentümer ist soviel Ersatzland zur Verfügung zu stellen, daß er seine bisherige Berufstätigkeit usw. auf dem Ersatzland rentabel weiterführen kann. Für den etwa noch verbleibenden Verlust kann er in Geld entschädigt werden. Die weitere oben unter b) genannte Voraussetzung ist, daß geeignetes Ersatzland beschafft werden kann. Das kann in der Weise geschehen, daß entweder gemäß Nr. 1 der Enteignungsbegünstigte über als Ersatzland geeignete Grundstücke verfügt (d. h. in der Regel, daß er Eigentümer dieser Grundstücke ist), auf die er nicht mit seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben angewiesen ist (wegen dieser letzteren Voraussetzung siehe Ausführung oben d) oder gemäß Nr. 2 der Enteignungsbegünstigte geeignetes Ersatzland nach pflichtmäßigem Ermessen der Enteignungsbehörde freihändig zu angemessenen Bedingungen beschaffen kann (vgl. hierzu § 90 Abs. 1 Nr. 3 und die Anmerkungen hierzu) oder (falls also der Enteignungsbegünstigte weder selbst Ersatzland besitzt noch ein solches beschaffen kann), gemäß Nr. 3 geeignetes Ersatzland durch Enteignung nach § 90 beschafft werden kann, d. h., daß eine Enteignung möglich und zulässig ist. Durch die Enteignung von Ersatzland soll verhindert werden, daß u. U. die im dringenden öffentlichen Interesse liegende Hauptenteignung scheitert, weil kein Ersatzland freihändig beschafft werden kann. (Siehe auch oben b.) e) Entschädigung in Land ist dann zu gewähren, wenn der Enteignete zur Sicherung seiner Berufstätigkeit, seiner Erwerbstätigkeit oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben auf Ersatzland angewiesen ist. Durch die Regelung des § 100 soll nicht einer unerwünschten Bodenspekulation Vorschub geleistet werden. Der neue Abs. 2 sieht daher vor, daß im Enteignungsbeschluß der Verwendungszweck anzugeben ist und daß ein Rückenteignungsanspruch besteht, wenn der Verwendungszweck nicht innerhalb der festgesetzten Frist verwirklicht oder wenn er vor Ablauf der Frist aufgegeben wird. f) Ein Sonderfall wurde in Abs. 3 geregelt. Es wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten auf die Eigentümer solcher Grundstücke erweitert, die mit Eigenheimen oder Kleinsiedlungen bebaut sind. Dies erschien geboten, um den Enteigneten die Möglichkeit, sich wieder ein Eigenheim oder eine Kleinsiedlung zu errichten, durch die Zuteilung von geeigneten Ersatzgrundstücken zu erleichtern. g) Für die Fälle der Abs. 1 und 3 gilt gemeinsam, daß Entschädigung in Ersatzland nur in Frage kommt, wenn geeignetes Ersatzland vorhanden ist. Der Eigentümer kann ein bestimmtes Grundstück benennen, die Behörde ist 531
§ 100 3
5. Teil. Enteignung
aber an seinen Vorschlag nicht gebunden. Ausschlaggebend für die Auswahl (durch die Enteignungsbehörde) ist die Geeignetheit für die Sicherung der Berufstätigkeit oder der Erwerbstätigkeit oder der Erfüllung der wesensgemäß obliegenden Aufgaben oder der Geeignetheit für die Errichtung eines Eigenheims oder einer Kleinsiedlung. h) Die Vorschrift des Abs. 3 ist allerdings dann nicht anwendbar, wenn das auf dem zu enteignenden Grundstück errichtete Eigenheim oder die Kleinsiedlung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften jederzeit entschädigungslos abgebrochen werden können. 3. Entschädigung in Ersatzland nach Ermessen der Behörde (Abs. 4) a) Abs. 4 regelt die Fälle, in denen eine Entschädigung in Ersatzland festgesetzt werden kann. Es werden der Mußvorschrift der Abs. 1 und 2 die Fälle gegenübergestellt, in denen nach dem Ermessen der Enteignungsbehörde Ersatzland gewährt werden kann. Damit wird es der Enteignungsbehörde möglich gemacht, dem Enteigneten Ersatzland auch dann zuzusprechen, wenn zwar die zwingenden Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 nicht vorliegen, aber der Enteignungsbegünstigte genügend eigenes Gelände zur Verfügung stellen oder ohne Schwierigkeiten beschaffen kann. Voraussetzung für das Tätigwerden der Behörde ist auch hier ein Antrag, jedoch ist abweichend von Abs. 1 und 2 nicht nur der Antrag des Eigentümers zulässig, sondern der Antrag kann auch vom Enteignungsbegünstigten (Entschädigungsverpflichteten) oder anderen Beteiligten (z. B. Nebenberechtigten i. S. des § 97) gestellt werden. (Über Form und Zeitpunkt des Antrags siehe unten Nr. 6.) Der Antrag wird vom betroffenen Eigentümer (des zu enteignenden Grundstücks) gestellt werden, wenn dieser aufgrund der Bestimmungen in Abs. 1 und 2 (wegen Fehlens der dort genannten Voraussetzungen) nicht zu einem Ersatzland kommen kann; der Enteignungsbegünstigte wird Wert auf Festsetzung der Entschädigung in Land legen, wenn er genügend Ersatzland aus eigenem Besitz zur Verfügung hat und lieber dieses zur Verfügung stellt als eine Entschädigung in Geld leistet; schließlich kann ein Nebenberechtigter gemäß § 97 Abs. 2 Wert darauf legen, daß er für sein Recht nicht in Geld entschädigt, sondern daß das Ersatzland mit einem gleichen Recht belastet wird. b) Auch hier kann die Enteignungsbehörde die Entschädigung in Land auf einen Teil der Hauptentschädigung beschränken, d. h. sie kann die Entschädigung zu einem Teil in Ersatzland und zum anderen Teil in Geld festsetzen (vgl. hierzu oben 5 d). c) Maßgebend ist immer das pflichtmäßige Ermessen der Enteignungsbehörde. Das Ermessen der Behörde ist aber in der Hinsicht gebunden, daß sie ihre Entscheidung an zwei Rechtsvoraussetzungen orientieren muß, nämlich, ob die Entschädigung in Land unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten billig ist und 532
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ob bei dem Enteignungsbegünstigten die in Abs. 1 Nr. 1 oder 2 genannten Voraussetzungen vorliegen. Beide Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Behörde dem Antrag entsprechen darf. Fehlt eine der Voraussetzungen, so muß sie den Antrag abweisen. Ob die beiden Voraussetzungen jeweils gegeben sind, ist eine gerichtlich (§ 157 Abs. 1) in vollem Umfang nachprüfbare Rechtsfrage. Das pflichtmäßige Ermessen der Behörde bezieht sich daher auf die Frage, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Antrag entspricht und bejahendenfalls, ob sie ihm ganz oder teilweise entspricht. Zugunsten der Beteiligten sprechende Billigkeitsgesichtspunkte sind z. B. gegeben, wenn der Eigentümer einen Antrag auf Ersatzlandzuweisung stellt, und zwar nicht die Voraussetzungen des Abs. 1 Halbsatz 1 vorliegen, aber sonstige Gründe für seinen Antrag sprechen; oder ein Enteignungsbegünstigter besitzt geeignetes Ersatzland in reichlichem Maße, so daß sein Antrag, die Entschädigung in Ersatzland festzusetzen, gerechtfertigt erscheint (siehe auch oben a). Aufgrund dierer Generalklausel der Interessenabwägung ist die Behörde in der Lage, alle Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen, die für oder gegen eine Festsetzung der Entschädigung in Ersatzland sprechen. Es sind also nicht etwa bloß die Interessen der Beteiligten, sondern auch nach ausdrücklicher Bestimmung die Interessen der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Letztere werden in der Regel in der baldigen und zweckmäßigen Durchführung des Enteignungsverfahrens zu suchen sein. 4. Bewertung des Ersatzlandes und Berücksichtigung von Wertunterschieden (Abs. 5) a) Abs. 5 stellt zunächst klar (Satz 1 und 2), daß die Bewertung des Ersatzlandes in der gleichen Weise vorgenommen wird wie die Bewertung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust, d. h., maßgebend für die Bewertung des Ersatzlandes ist ebenfalls der Verkehrswert (vgl. hierzu § 95 Erl. 2 und § 141). Dieser Verkehrswert kann aber durch den Enteignungsvorgang selbst günstig beeinflußt werden. Dies ist dann der Fall, wenn das übrige Grundvermögen des von der Enteignung Betroffenen durch den Erwerb des Ersatzlandes über den Verkehrswert hinaus eine Werterhöhung erfährt, z. B. wenn bei einem landwirtschaftlichen Betrieb der Eigentümer anstelle eines weit entfernten Grundstücks, das enteignet wurde, ein unmittelbar beim Hof liegendes Grundstück als Ersatzland erhält und dadurch sein Gesamtgrundbesitz sehr vorteilhaft abgerundet wird. Dadurch entsteht für den Gesamtgrundbesitz eine Wertsteigerung. Die Behörde kann diese Werterhöhung bei der Bewertung des Ersatzlandes berücksichtigen (in der Weise, daß sich der von der Enteignung Betroffene die Werterhöhung auf die Entschädigung anrechnen lassen muß). 533
§100 5
5. Teil. Enteignung
b) Stellt sich nach der Bewertung des zu enteignenden Grundstücks und des dafür vorgesehenen Ersatzlandes heraus, daß ein Wertunterschied besteht (daß also das Ersatzland einen geringeren oder einen höheren Wert hat als das zu enteignende Grundstück), so ist nach Satz 3 ff. ein Wertausgleich durchzuführen. Hat das vom Begünstigten aus eigenem Bestand oder durch freihändigen Verkauf zur Verfügung gestellte (§ 100 Abs. 1 Nr. 1 und 2) oder im Wege der Enteignung beschaffte Ersatzgrundstück (§ 100 Abs. 1 Nr. 3) einen geringeren Wert als das zu enteignende Grundstück, so muß der von der Enteignung Begünstigte dem Betroffenen (der anstelle des ihm enteigneten Grundstücks das minderwertige Ersatzgrundstück bekommt) eine dem Wertunterschied entsprechende zusätzliche Geldentschädigung bezahlen; diese Entschädigung bildet einen Teil der dem Betroffenen zustehenden Gesamtentschädigung und ist im Enteignungsbeschluß auszuweisen (§113 Abs. 2 Nr. 8: „Entschädigungen"). Hat das Ersatzland einen höheren Wert als das zu enteignende Grundstück, so ist festzusetzen, daß der Entschädigungsberechtigte (also der, dessen Grundstück enteignet wurde und der nun an dessen Stelle ein höherwertiges Ersatzgrundstück bekommt) an den Enteignungsbegünstigten eine dem Wertunterschied entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten hat. Auch diese ist im Entschädigungsbeschluß auszuweisen (§113 Abs. 2 Nr. 8: „Ausgleichszahlungen"). Während die „Geldentschädigung" schon vor Erlaß der Ausführungsanordnung bezahlt oder hinterlegt werden muß, da sonst diese Anordnung nicht ergeht (§ 117 Abs. 1), wird die „Ausgleichszahlung" mit dem nach § 117 Abs. 3 Satz 1 in dieser Ausführungsanordnung festgesetzten Tag fällig (§ 100 Abs. 4 letzter Satz). 5. Übertragung von Rechten auf das Ersatzland (Abs. 6) a) Abs. 6 stellt den Grundsatz auf, daß an dem zu enteignenden Grundstück bestehende dingliche oder persönliche Rechte im Falle der Entschädigung des Betroffenen mit Ersatzland durch gleiche Rechte an diesem Ersatzland ersetzt werden sollen (vgl. § 97 Abs. 2), sofern diese Rechte nicht an dem zu enteignenden Grundstück aufrechterhalten werden (§ 97 Abs. 1). Der Vorschrift liegt, wie den Enteignungsbestimmungen allgemein, der Gedanke zugrunde, daß der durch die Enteignung hervorgerufene Eingriff in die Rechte der Betroffenen nicht schwerer sein soll, als es der Enteignungszweck erfordert, und daß der Betroffene durch die Entschädigung möglichst wieder seinen früheren Besitzstand bekommen soll. Wenn der von der Grundstücksenteignung Betroffene (dem also das Grundstückseigentum entzogen wird) statt seines bisherigen Grundstücks ein anderes Grundstück (auf dem Wege der Entschädigung in Land) zugewiesen bekommt, so verlangt es die Billigkeit, daß auf sein neues Grundstück auch die auf seinem bisherigen Grundstück ruhenden Belastungen übertragen werden (wegen des Begriffs dingliche oder persönliche Rechte siehe § 97 Erl. 1 b und § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 3 mit Erläuterungen hierzu). 534
2. Abschnitt. Entschädigung
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b) Es ist ein Antrag des Rechtsinhabers erforderlich; wenn aber der Antrag gestellt ist, so soll ihm die Enteignungsbehörde entsprechen. Dies bedeutet eine starke Bindung des Ermessens der Behörde; es müssen für die Ablehnung des Antrags besondere Gründe sprechen. Dies geht auch aus Satz 2 des Abs. 6 hervor: „Soweit dies nicht möglich ist oder nicht a u s r e i c h t . . . " Es muß also zunächst der Ersatz der Rechte mit gleichen Rechten am Ersatzland versucht werden. c) Voraussetzung für diesen Ersatz ist, daß überhaupt eine Entschädigung in Land geleistet wird. In diesem Fall sollen die Rechte nach Maßgabe des § 97 Abs. 2 ersetzt werden; das bedeutet, daß die in dieser Bestimmung angeführten „Kann- und Mußbestimmungen" (Satz 1: „kann . . . belastet werden"; Satz 2: „ . . . kann . . . begründet werden . . . " ; Satz 3, erster Halbsatz: „ . . . sind . . . zu begründen"; Satz 3, zweiter Halbsatz: „ . . . können . . . in Anspruch genommen werden") in den Fällen des § 100 Abs. 5 als „Sollbestimmungen" anzuwenden sind und daß die öffentlichen Verkehrsunternehmen und die Träger der öffentlichen Versorgung insofern auch hier eine Sonderstellung einnehmen, als zu ihren Gunsten auch „andere Grundstücke" in Anspruch genommen werden können. d) Im übrigen gilt der Grundsatz, daß, soweit ein Ersatz nicht möglich ist oder nicht ausreicht (letzteres ist der Fall, wenn etwa nur ein Teil des Rechts am Ersatzland ersetzt werden kann), die Inhaber der Rechte gesondert in Geld zu entschädigen sind (§ 97 Abs. 3). Diese Regelung gilt auch grundsätzlich für die in § 97 Abs. 4 bezeichneten Berechtigten (vgl. § 97 Erl. 5), denn für diese versagt die Regelung in der letztgenannten Bestimmung, da hier ja der von der Enteignung Betroffene keine Geldentschädigung, sondern Ersatz in Land erhält. Auch sie erhalten also eine gesonderte Geldentschädigung (vgl. § 97 Erl. 4), soweit ihre Rechte nicht durch eine dem Eigentümer gemäß § 100 Abs. 5 zu gewährende zusätzliche Geldentschädigung gedeckt werden (siehe oben Nr. 4), d. h. es ist jeweils zu prüfen, ob das gesondert zu entschädigende Recht nicht den Wert des zu enteignenden Grundstücks mindert; ist dies der Fall (hat also das Ersatzland infolge der auf ihm ruhenden Rechte einen geringeren Wert als das zu enteignende Grundstück), so werden die Ansprüche der Berechtigten bereits durch die dem Eigentümer von dem Begünstigten gemäß § 100 Abs. 5 Satz 3 zu zahlende zusätzliche Geldentschädigung gedeckt. 6. Form der Anträge (Abs. 7) In den Fällen der Abs. 1, 3, 4 und 6 ist jeweils ein Antrag erforderlich. Die Anträge sind schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde zu stellen (mündlicher Antrag genügt nicht), und zwar die Anträge auf Festsetzung der Entschädigung in Land vor Beginn und die Anträge auf Ersetzung von dinglichen und persönlichen Rechten bis zum Schluß der nach § 109 anzuberaumenden mündlichen Verhandlung. Der Zweck der Vorschrift ist, die 535
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5. Teil. Enteignung
Beteiligten möglichst frühzeitig auf vorliegende Anträge auf Ersatzlandzuweisung aufmerksam zu machen, um entsprechende Vorkehrungen (Beschaffung von Ersatzland) zu ermöglichen. Auch in den Fällen des Abs. 6 empfiehlt es sich daher, den Antrag bald zu stellen, da ja auch die Personen, die am Ersatzland Rechte besitzen, am Enteignungsverfahren beteiligt sind (§ 107 Abs. 1 Nr. 4) und zu der mündlichen Verhandlung zu laden sind (vgl. hierzu auch § 92 Abs. 5 und Erläuterungen hierzu). 7. Modifizierter Ersatzlandanspruch (Abs. 8) Der durch das ÄndG 1976 eingefügte neue Abs. 8 überträgt den durch das StBauFG entwickelten modifizierten Ersatzlandanspruch, wie er in der aufgehobenen Bestimmung des Abs. 3 in § 22 StBauFG zum Ausdruck gekommen war, auf das BBauG. Diese Bestimmung findet sich in Abänderung hier in Abs. 8 wieder. Die Entschädigung kann gewährt werden in Form von 1. Miteigentum an einem Grundstück, grundstücksgleichen Rechten oder Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder 2. sonstigen dinglichen Rechten oder 3. Immobilienfondsanteilen. Voraussetzung ist, daß diese Rechte der Art nach ebenso zur Sicherung der Berufs- und Erwerbstätigkeit des Berechtigten oder zur Erfüllung der ihm wesensgemäß obliegenden Aufgaben geeignet sind. Satz 2 der neuen Vorschrift gestattet sogar Geldabfindung, wenn der Eigentümer die angebotene Entschädigung ablehnt. Satz 3 besagt, daß die Entschädigung auch durch Gewährung anderer Rechte, wie sie in § 101 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 aufgeführt sind, gewährt werden kann. 8. Aufwendungsersatz bei anderweitiger Befriedigung (Abs. 9) Abs. 9 wurde auf Vorschlag des federführenden Ausschusses anläßlich der Beratung der Novelle 1976 eingefügt. Die Ausschußmeinung ging dahin, daß es einem Bedürfnis der Praxis entspreche, den Enteignungsbetroffenen, der sich selbst mit Zustimmung des Enteignungsbegünstigten das Ersatzland beschafft hat, nicht schlechter zu stellen als denjenigen, der das Ersatzland im Enteignungsbeschluß zugeteilt erhält; in diesem Fall entstehen ihm nämlich keine Kosten für den Erwerb des Ersatzlandes. Aus diesen Gründen gewährt die neue Vorschrift Ersatz für Aufwendungen, wobei Satz 2 eine Einschränkung vorsieht. Bei Streit über die Erstattung entscheiden die Enteignungsbehörden (Satz 3). Der Bescheid stellt einen vollstreckbaren Titel nach § 122 dar (Satz 4). 9. Rechtsprechung BGH U vom 8. 6. 1972 (III ZR 178/69) BauR 1972, 367 a) Ergibt es sich, daß ein als Entschädigung zugewiesenes Ersatzgrundstück wegen vorgefundenen Trümmerschutts dem enteigneten nicht gleichsteht, kann nicht wegen
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2. Abschnitt. Entschädigung
§ 101 1
der erforderlichen Baureifmachung, jedoch wegen des Minderwerts des Ersatzgrundstücks Entschädigung verlangt werden. b) Verhindert eine Bausperre den Wiederaufbau oder die Wiederherstellung eines kriegsbetroffenen gewerblich genutzten Gebäudes, so kann die Entschädigung auch dann, und zwar allein, zu bemessen sein, wenn der Grundstückseigentümer und der Inhaber des Gewerbebetriebes nicht personengleich sind. Entscheidend sind die Rechtsbeziehungen, wie sie zwischen den Betroffenen gehandhabt wurden. c) Wenn ein kriegszerstörtes Gebäude zunächst nur im Erdgeschoß wiederhergestellt wurde und eingeplant war, durch Anbau des Obergeschosses eine dringend benötigte größere Betriebsfläche zu gewinnen, läßt sich ein Eingriff in den konkreten Bestand des Gewerbebetriebes im Wiederaufbau nicht verneinen.
§101 Entschädigung
durch Gewährung anderer Rechte
(1) Der Eigentümer eines zu enteignenden Grundstücks kann auf seinen Antrag, wenn dies unter Abwägung der Belange der Beteiligten billig ist, ganz oder teilweise entschädigt werden 1. durch Bestellung oder Übertragung von Miteigentum an einem Grundstück, grundstücksgleichen Rechten, Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz, sonstigen dinglichen Rechten an dem zu enteignenden Grundstück oder an einem anderen Grundstück des Enteignungsbegünstigten sowie durch Immobilienfondsanteile im Sinne des § 25 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes oder 2. durch Übertragung von Eigentum an einem bebauten Grundstück des Enteignungsbegünstigten oder 3. durch Übertragung von Eigentum an einem Grundstück des Enteignungsbegünstigten, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut werden soll. Bei Wertunterschieden zwischen den Rechten nach Satz 1 und dem zu enteignenden Grundstück gilt § 100 Abs. 5 entsprechend. (2) Der Antrag nach Absatz 1 muß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung schriftlich oder zur Niederschrift der Enteignungsbehörde gestellt werden. 1. Allgemeines a) Außer der Entschädigung in Geld (§ 99) und der Entschädigung in Land (§ 100) sieht das Gesetz noch eine Art der Entschädigung vor, nämlich die „Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte". Die Rechte, die dem Betroffenen dadurch eingeräumt werden können, geben ihm zum Teil ganz (Abs. 1 Nr. 2 und 3), zum Teil wenigstens annähernd (Abs. 1 Nr. 1) die Stellung eines Grundstückseigentümers und gewähren damit einen etwa gleichwertigen und gleichgearteten Ersatz. 537
§ 101 2
5. Teil. Enteignung
Im Hinblick auf die Übertragung von Rechtsgedanken des StBauFG auf das allgemeine Städtebaurecht erhielt Nr. 1 des Abs. 1 durch die Novelle eine Ausweitung. b) Erforderlich ist auch hier wieder ein Antrag. Ohne Antrag, also von Amts wegen, kann diese Entschädigung nicht zuerkannt werden. Zulässig ist nur der Antrag des Eigentümers des zu enteignenden Grundstücks; ein etwaiger Antrag anderer Beteiligter wäre lediglich eine Anregung an die Enteignungsbehörde, auf einen entsprechenden Antrag des Eigentümers hinzuwirken (wegen Form und Frist des Antrags siehe Abs. 2). Voraussetzung dafür, daß dem Antrag des Eigentümers stattgegeben werden darf, ist, daß die Entschädigung durch Gewährung von Rechten i. S. des § 101 unter Abwägung der Belange der Beteiligten billig ist. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, ist eine gerichtliche (§ 157 Abs. 1) nachprüfbare Rechtsfrage. Bei Prüfung dieser Frage sind die Belange der Beteiligten abzuwägen. So wird der Antrag des Eigentümers auf Übertragung des Eigentums an einem bebauten Grundstück des Enteignungsbegünstigten keinen Erfolg haben, wenn die Abgabe für letzteren eine Härte bedeuten würde. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind (Antrag des Eigentümers, Billigkeit der Entschädigung mit „anderen Rechten"), so liegt die Entscheidung, ob in dieser Form entschädigt wird und gegebenenfalls, ob ganze oder teilweise Entschädigung in Frage kommt, im Ermessen der Behörde („kann . . . entschädigt werden"). 2. Einzelne Entschädigungsarten (Abs. 1) Als Entschädigungsarten kommen in Frage: a) Bestellung oder Übertragung von Miteigentum an einem Grundstück, grundstücksgleichen Rechten, Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz, sonstigen dinglichen Rechten an dem zu enteignenden Grundstück oder an einem anderen Grundstück des Enteignungsbegünstigten sowie durch Immobilienfondsanteile im Sinne des § 25 Abs. 5 StBauFG (Nr. 1). Diese erweiterte Fassung der Nr. 1 erfolgte durch das ÄndG 1976 zum BBauG. Die sonstigen Rechte und die der Immobilienfondanteile sind aus dem aufgehobenen Abs. 3 Satz 1 des § 12 StBauFG übernommen worden. Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 WEG). Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 3 WEG). Zu den Rechten nach dem W E G gehören auch das Dauerwohnrecht und das Dauernutzungsrecht. Dauerwohnrecht ist die Belastung eines Grundstücks in der Weise, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Aus538
2. Abschnitt. Entschädigung
§101
2
Schluß des Eigentümers eine bestimmte Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen. Das Dauerwohnrecht kann auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, sofern die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (§ 31 Abs. 1 WEG). Dauernutzungsrecht ist die Belastung eines Grundstücks in der Weise, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluß des Eigentümers nicht zu Wohnzwecken dienende bestimmte Räume in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu nutzen. Für das Dauernutzungsrecht gelten die Vorschriften des Dauerwohnrechts entsprechend (§ 31 Abs. 2 und 3 WEG). Alle diese Rechte können an irgendeinem Grundstück des Enteignungsbegünstigten bestellt werden, also an dem zu enteignenden Grundstück oder an einem anderen Grundstück, das dem Begünstigten gehört. b) In den Ausschußverhandlungen wurde die Bestimmung der Nr. 2 eingefügt, wonach der Eigentümer des zu enteignenden Grundstücks auch beantragen kann, daß ihm als Entschädigung das Eigentum an einem bebauten Grundstück des Begünstigten übertragen wird. Diese Entschädigung wird vor allem dann in Frage kommen, wenn der Betroffene ein bebautes Grundstück abgeben muß (z. B. Grundstück mit Mietshaus oder Werkstätte) und wenn auf dem Grundstück des Begünstigten, das als Entschädigungsleistung in Betracht gezogen wird, entsprechende Bauten (Mietshaus oder Werkstätte) bereits vorhanden oder durch geringfügige Änderungen geschaffen werden können. Natürlich sind nach dem Gesetzeswortlaut auch die Belange des Begünstigten dabei zu berücksichtigen. c) Nr. 3 gibt die Möglichkeit, dem von der Enteignung Betroffenen auch das Eigentum an einem Grundstück des Begünstigten zu beschaffen, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut werden soll. Zweck der Vorschrift ist, dem hier in Frage kommenden Personenkreis (vgl. zur Begriffsbestimmung Eigenheim und Kleinsiedlung § 20 des 1. WoBauG i. d. F. vom 25. 8.1953 - BGBl. I S. 1047 - ) die Möglichkeit zu geben, durch die Gewährung dieser Art der Entschädigung zu einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung zu kommen. In Frage kommt nur ein Grundstück des Begünstigten, das bereits für eine entsprechende Bebauung vorgesehen ist. d) Die unter b und c genannten Entschädigungsarten unterscheiden sich vor der Entschädigung in Land dadurch, daß im letzteren Fall nur unbebaute Grundstücke in Frage kommen, hinsichtlich deren Verwendung der Entschädigungsempfänger nicht gebunden ist, während es sich bei Nr. 2 um bebaute Grundstücke handelt und bei Nr. 3 um Grundstücke, die mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut werden sollen. In beiden Fällen stellt also die Bebauung ein entscheidendes Merkmal dar. 539
§ 102
5. Teil. Enteignung
e) Etwaige Wertunterschiede zwischen dem zu enteignenden Grundstück und dem im Enteignungsverfahren dem Entschädigungsberechtigten nach Satz 1 zugesprochenen Recht sind nach Satz 2 gemäß § 100 Abs. 4 auszugleichen (zusätzliche Geldentschädigung oder Ausgleichszahlung). Art und Höhe der Entschädigung und der Ausgleichszahlung sind im Enteignungsbeschluß auszuweisen (§ 113 Abs. 2 Nr. 8). f) Wegen des besonderen Verfahrens bei Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte vgl. § 115. 3. Antrag (Abs. 2) Wegen Form u n d Frist der Anträge vgl. die Erläut. 6 zu § 100.
§102 Rückenteignung (1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn und soweit 1. der durch die Enteignung Begünstigte oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück nicht innerhalb der festgesetzten Fristen (§ 113 Abs. 2 Nr. 3 und § 114) zu dem Enteignungszweck verwendet oder den Enteignungszweck vor Ablauf der Frist aufgegeben hat oder 2. die Gemeinde ihre Verpflichtung zur Übereignung nach § 89 nicht erfüllt hat. (2) Die Rückenteignung kann nicht verlangt werden, wenn 1. der Enteignete selbst das Grundstück im Wege der Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Baulandbeschaffungsgesetzes erworben hatte oder 2. ein Verfahren zur Enteignung des Grundstücks nach diesem Gesetz zugunsten eines anderen Bauwilligen eingeleitet worden ist und der enteignete frühere Eigentümer nicht glaubhaft macht, daß er das Grundstück binnen angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zwecke verwenden wird. Der Antrag auf Rückenteignung ist binnen zwei Jahren seit Entstehung des Anspruches bei der zuständigen Enteignungsbehörde einzureichen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. Der Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn in den Fällen des Absatzes 1 mit der zweckgerechten Verwendung begonnen oder die Veräußerung oder Ausgabe des Grundstücks in Erbbaurecht vor Eingang des Antrages bei der Enteignungsbehörde eingeleitet worden ist. (4) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist. 540
2. Abschnitt. Entschädigung
§102
2
(5) Der frühere Inhaber eines Rechtes, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes aufgehoben ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Rechts an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß. (6) Für das Verfahren gelten die §§ 104,105 und 107 bis 122 entsprechend. 1. Allgemeines Die Institution der Rückenteignung dient unmittelbar ebenfalls der Verwirklichung des BebPl. Sie ist eine wesentliche Einrichtung, um den Antragsteller (Enteignungsberechtigten) anzuhalten, das Grundstück entsprechend dem Enteignungszweck auch tatsächlich zu nutzen. Dieser Rückenteignungsanspruch des enteigneten früheren Eigentümers ist öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Es erschien angebracht, dem früheren Eigentümer für die Rückgewährung denselben Weg zu öffnen, durch den er seinerzeit das Eigentum verloren hat, und ihm überdies einen Anspruch hierauf zu geben. Der frühere Eigentümer muß aber zur Herbeiführung des früheren Zustandes selbst tätig werden, er muß einen entsprechenden Antrag stellen (vgl. Abs. 1: „Der enteignete frühere Eigentümer kann v e r l a n g e n . . . " ; Abs. 3: „Der Antrag auf Rückenteignung . . . " ) . Es ist also nicht so, daß die Enteignungsbehörde von sich aus die Rückenteignung in die Wege leiten könnte. Zwar ist dem Enteignungsakt durch die Nichterfüllung des Enteignungszwecks die Berechtigung nachträglich wieder entzogen worden, dadurch verliert er aber nicht ohne weiteres seine Rechtsgültigkeit. Er muß vielmehr durch den Akt der Rückenteignung ausdrücklich aus der Welt geschafft werden, in welchem das enteignete Grundstück rückenteignet wird. 2. Voraussetzungen der Rückenteignung (Abs. 1) Es sind zwei Fälle der Rückenteignung zu unterscheiden: a) Der durch die Enteignung Begünstigte ist verpflichtet, das Grundstück zu dem Enteignungszweck zu verwenden. Hierzu wird ihm im Enteignungsbeschluß eine Frist gesetzt (§ 113 Abs. 2 Nr. 3, § 114). Dieselbe Verpflichtung, den Enteignungszweck in der vorgeschriebenen Frist zu erfüllen, hat ein etwaiger Rechtsnachfolger (z. B. Erbe, Käufer, in deren Eigentum das enteignete Grundstück während des Laufs der Frist übergeht). Wird diese Verpflichtung nicht erfüllt, so hat der frühere Eigentümer einen Anspruch darauf, daß er im Wege der Rückenteignung wieder das Eigentum an seinem früheren Grundstück erhält. Das gleiche gilt, wenn der Begünstigte oder sein Rechtsnachfolger den Enteignungszweck vor Ablauf der Frist aufgegeben haben. Diese Absicht kann ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen kundgegeben werden. Ein Verschulden des Begünstigten oder seines Rechtsnachfolgers an der Nichterfüllung des Enteignungszwecks ist nicht erforderlich, es genügt die Tatsache, daß bei Ablauf der Frist der Ent541
§102 3
5. Teil. Enteignung
eignungszweck nicht erfüllt ist; dagegen wird die Rückenteignung nicht damit begründet werden können, daß der Enteignungszweck bei Fristablauf noch nicht vollständig (sondern erst zu einem Teil) verwirklicht ist. In den Fällen, in denen mit den erforderlichen Arbeiten ernstlich begonnen und die Erfüllung des Enteignungszwecks in absehbarer Zeit zu erwarten ist, kann nicht davon gesprochen werden, daß der Begünstigte oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück „nicht verwendet hat" (vgl. hierzu auch Abs. 3 Satz 3 und unten Nr. 5a). b) Eine Gemeinde ist in den Fällen des § 89 Abs. 1 und 2 (Enteignungen zur Vorbereitung der baulichen Nutzung oder zur Herbeiführung dieser Nutzung) verpflichtet, die zu ihren Gunsten enteigneten Grundstücke binnen zwei Jahren nach Ablauf der nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 festgesetzten Frist bzw. binnen zwei Jahren nach Eintritt der Rechtsveränderung weiterzugeben. Wenn sie diese Fristen nicht einhält (und nicht die Voraussetzungen des § 89 Abs. 3 vorliegen), kann der frühere Eigentümer Rückübereignung verlangen. Auch hier gilt, daß das Recht auf Rückübertragung nicht besteht, wenn die Gemeinde bei Ablauf bereits ernstliche Schritte zur Weitergabe des Grundstücks unternommen hat (z. B. Verkaufsverhandlungen, bereits erfolgte notarielle Beurkundung) oder wenn mit der zweckgerechten Verwendung begonnen oder die Ausgabe des Grundstücks in Erbbaurecht (vor Eingang des Antrags bei der Enteignungsbehörde) eingeleitet worden ist (vgl. Abs. 3 Satz 3). c) In beiden vorgenannten Fällen ist zu beachten, daß Anspruch auf Rückenteignung nur besteht, wenn und soweit der Enteignungszweck nicht erfüllt oder die Gemeinde ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Dies bedeutet, daß auch eine Teilrückenteignung möglich ist, nämlich dann, wenn der Begünstigte oder die Gemeinde ihre Verpflichtungen nur zum Teil erfüllt haben (z. B. wenn bei Enteignung von mehreren Grundstücken — gegebenenfalls Parzellen — eines bestimmten Eigentümers nur ein Teil der Grundstücke verwendet bzw. weitergegeben wurde). 3. Ausnahmen von dem Recht auf Rückenteignung (Abs. 2 und 4) a) Von dem Recht, die Rückenteignung geltend zu machen, sind zwei Ausnahmen vorgesehen, die in Nr. 1 und 2 enthalten sind. Die aus dem BauLBG [§51 Abs. 2] übernommene Formulierung „die Rückenteignung kann nicht verlangt werden" ist nicht ganz eindeutig; sie läßt nämlich die Frage offen, ob die Behörde nicht doch einem Antrag stattgeben könnte. Dittus-Zinkahn vertreten in Anm. 7 zu § 51 die Meinung, daß der Rückenteignungsanspruch in den hier in Frage kommenden Fällen ausgeschlossen ist. Dem kann man entsprechend den Absichten des Gesetzgebers und im Hinblick auf die Kann-Bestimmung des Abs. 4 — s. folgende Erläuterung b — zustimmen. aa) Wenn der von der Enteignung Betroffene das Grundstück, das ihm durch die Enteignung entzogen wurde, seinerseits selbst durch Enteignung 542
2. Abschnitt. Entschädigung
§102 3
nach den Vorschriften des BBauG oder des BaulBG erlangt hatte (Nr. 1). Es soll damit verhindet werden, daß ein Grundstückseigentümer, zu dessen Gunsten ein Grundstück zum Zwecke der Bebauung enteignet worden war, damit er es entsprechend den Festsetzungen des gültigen BebPl. nutze, und der den Enteignungszweck nicht erfüllt hat, nun auf dem Wege der Rückübereignung wieder dieses Grundstück bekommt, dessen Bebauung er früher schon verabsäumt hat. In einem solchen Fall kann das Grundstück (das innerhalb der Frist zum Enteignungzweck nicht verwendet wurde) zugunsten eines anderen Bauwilligen enteignet werden. bb) Wenn (nach Ablauf der für die Erfüllung des Enteignungszwecks bzw. der Weitergabe festgesetzten Fristen oder etwa nach Aufgabe des Enteignungszwecks durch den Begünstigten vor Ablauf der Frist) bereits ein Verfahren zur Enteignung des Grundstücks nach dem BBauG zugunsten eines anderen Bauwilligen eingeleitet worden ist (Nr. 2). In diesem Fall kann aber der enteignete frühere Eigentümer diese drohende Weiterenteignung des Grundstücks dadurch verhindern, daß er gegenüber der Enteignungsbehörde glaubhaft macht (vgl. § 98 Anm. 2), daß er das Grundstück binnen angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet. Ob die Frist angemessen ist, entscheidet die Enteignungsbehörde und gegebenenfalls das Gericht (§ 157 Abs. 1). Vgl. wegen der Angemessenheit der Frist § 87 Nr. 2 b am Ende. b) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung in zwei Fällen ablehnen, und zwar, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist (Abs. 4). Es muß sich um eine erhebliche Veränderung des Grundstücks handeln. Eine solche kann gegeben sein, wenn umfassende Aufschüttungen oder Abgrabungen vorgenommen wurden, so daß die ursprüngliche Höhenlage des Grundstücks kaum mehr zu erkennen ist. Ähnliches gilt für eine erhebliche Grenzveränderung, wenn z. B. infolge von Grundstücksumlegungen oder -Zusammenlegungen die ursprünglichen Grenzen nicht mehr festgestellt werden können. Ferner kann die Enteignungsbehörde die Rückenteignung ablehnen, wenn der enteignete frühere Eigentümer, dem ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt wurde, die Rückenteignung nach Abs. 1 fordert. In solchen Fällen unterstellt das Gesetz, daß die Rückgewähr dem öffentlichen Wohl widersprechen könnte, da der frühere Eigentümer bereits mit Sachwerten entschädigt wurde und im Hinblick hierauf kein Anlaß besteht, den früheren Zustand wiederherzustellen. Ob die in Abs. 4 genannten Voraussetzungen gegeben sind, ist eine der Nachprüfung durch die Gerichte (Baulandkammern, § 157 Abs. 1) unterliegende Rechtsfrage. Ob die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen den Antrag auf Rückenteignung ablehnt oder ihm stattgibt, steht in ihrem pflichtmäßigem Ermessen. Bestimmend bei Ausübung dieses Ermessens wird sein, in welchem Ausmaß Veränderungen an dem Grundstück vorgenommen wur543
§102 5
5. Teil. Enteignung
den (ob z. B. trotz „erheblicher" Veränderungen das Grundstück noch in seiner früheren Form deutlich erkennbar ist), ob die Möglichkeit der Rückenteignung besteht und auch die Gewährung der Entschädigung in Land nach den Umständen des Einzelfalles kein zwingendes Hindernis für die Rückgewähr bildet. 4. Rückgewähr von Rechten (Abs. 5) Abs. 5 befaßt sich mit den früheren Inhabern von Rechten an dem Grundstück, das dem von der Enteignung Betroffenen entzogen wurde, und zwar nur mit den (früheren) Rechtsinhabern, deren Rechte durch die Enteignung nach dem BBauG aufgehoben worden sind, also nicht nach § 97 Abs. 1 aufrechterhalten oder nach § 97 Abs. 2 auf ein anderes Grundstück übertragen, sondern gemäß § 97 Abs. 3 oder 4 mit Geld entschädigt wurden. Diese Rechtsinhaber wären schlechter gestellt, wenn zugunsten des früheren Eigentümers auf Grund § 102 Abs. 1 die Rückenteignung ausgesprochen würde, sie selbst aber sich mit der Geldentschädigung begnügen müßten. Abs. 5 räumt ihnen daher unter den in Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen einen Anspruch auf Wiederbegründung des früheren Rechts an dem früher belasteten Grundstück ein. Die Bestimmung, daß das Verlangen nach Wiederbegründung von Rechten „unter den in Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen" gestellt werden kann, bedeutet nicht etwa, daß der Rechtsinhaber den Antrag nur stellen kann, wenn der frühere Eigentümer den Rückenteignungsantrag stellt; vielmehr hat diese Bestimmung auch selbständige Bedeutung. Auch wenn der frühere Eigentümer keinen Rückenteignungsantrag stellt (etwa weil er an der Wiedererlangung des grundstücks kein Interesse mehr hat), kann der (frühere) Rechtsinhaber den Antrag aus Abs. 5 stellen. Diesem muß dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 oder 2 gegeben sind, entsprochen werden; der Rechtsinhaber kann dann verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück wieder begründet wird. 5. Antrag und Verfahren (Abs. 3 und 6) a) Der Anspruch des früheren Eigentümers bzw. des Rechtsinhabers auf Rückenteignung bzw. Wiederbegründung entsteht mit dem Tage, an dem die in Abs. 1 Nr. 1 oder 2 bezeichneten Fristen ablaufen. Innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung dieses Anspruchs muß der Antrag auf Rückenteignung oder Wiederbegründung gestellt worden sein. Der Fristbeginn wird also nicht auf den Enteignungsbeschluß bezogen, sondern auf den Ablauf der im Beschluß vorgesehenen Fristen. Dabei wird für den Lauf der Frist § 203 Abs. 2 BGB für entsprechend anwendbar erklärt (der besagt, daß eine Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt eintritt), da § 153 sich nur auf die Versäumung von Fristen für eine Verfahrenshandlung bezieht. Im Interesse der Rechtssicherheit ist das Antragsrecht für den Fall eingeschränkt, daß bereits 544
2. Abschnitt. Entschädigung
§ 103
mit der zweckgerechten Verwendung des Grundstücks begonnen (vgl. oben Nr. 2 a und b) oder eine Veräußerung oder Erbbaurechtsbestellung eingeleitet worden ist; diese beiden Voraussetzungen müssen aber bereits vor Eingang des Antrags auf Rückenteignung bzw. Wiederbestellung bei der Enteignungsbehörde, also unabhängig von diesem Antrag, geschaffen worden sein. Spätere Verwendungs- oder Einleitungsverhandlungen können nicht mehr berücksichtigt werden. Es müssen ernstliche Bemühungen vorliegen, nicht bloße Scheinhandlungen. b) Für das Verfahren auf Rückenteignung und Wiederbestellung gelten die auf das Hauptenteignungsverfahren anzuwendenden allgemeinen Bestimmungen der §§ 104, 105 und 107 bis 122 entsprechend (Abs. 6). 6. Sondervorschriften des Städtebauförderungsgesetzes Wird die Satzung über die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets (§ 5 StBauFG] oder über die förmliche Festlegung eines Ersatz- oder Ergänzungsgebiets (§ 11 StBauFG) aus den in § 51 Abs. 2 StBauFG bzeichneten Gründen aufgehoben, so hat der frühere Eigentümer eines Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Rückiibertragung dieses Grundstücks (§ 52 Abs. 1 u. 5 StBauFG). Ein Anspruch auf Rückenteignung nach § 102 BBauG bleibt unberührt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 StBauFG). 7. Rechtsprechung BVerwG U vom 8. 11. 1967 (IV C 101.65) DOV 1968, 362 Ein allgemeiner Anspruch auf Rückenteignung oder auf anderweitige Wiederbeschaffung des enteigneten Grundstücks für den Fall, daß dieses Grundstück nicht innerhalb angemessener Frist für den Enteignungszweck verwendet worden ist, läßt sich weder aus Art. 14 GG noch aus anderen Vorschriften herleiten.
§103 Entschädigung für die
Rückenteignung
Wird dem Antrag auf Rückenteignung stattgegeben, so hat der Antragsteller dem von der RUckenteignung Betroffenen Entschädigung fUr den Rechtsverlust zu leisten. § 93 Abs. 2 Nr. 2 ist nicht anzuwenden. Ist dem Antragsteller bei der ersten Enteignung eine Entschädigung für andere Vermögensnachteile gewährt worden, so hat er diese Entschädigung insoweit zurückzugewähren, als die Nachteile aufgrund der RUckenteignung entfallen. Die dem Eigentümer zu gewährende Entschädigung darf den bei der ersten Enteignung zugrunde gelegten Verkehrswert des Grundstücks nicht übersteigen, jedoch sind Aufwendungen zu berücksichtigen, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben. Im übrigen gelten die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt entsprechend. 545
§103
5. Teil. Enteignung
a) Die Vorschrift bringt zur Frage der Rückenteignungsentschädigung eine besondere Bestimmung. Der durch die Enteignung Begünstigte, der entgegen dem Sinne der Enteignung den Enteignungszweck nicht verwirklicht hat, soll aus der Enteignung keine Vorteile ziehen. Es kommt vielmehr allein darauf an, daß der frühere Eigentümer wieder seine alte Rechtsposition erhält. Die Entschädigung beschränkt sich daher auf den Rechtsverlust (Satz 1). Andere Vermögensnachteile des von der Rückenteignung Betroffenen sind nicht zu ersetzen; deshalb ist § 93 Abs. 2 Nr. 2 (Entschädigung „für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile") für nicht anwendbar erklärt (Satz 2). Durch die Novelle 1976 wurde auf Vorschlag des BR der neue Satz 3 eingefügt. Der Grund hierfür war folgende Erwägung: Die Rückenteignungsentschädigung ist so ausgestaltet, daß der frühere Eigentümer seine Rechtsposition ohne zusätzliche Aufwendungen wieder erhält. Er soll jedoch auch nicht zu Lasten des Erstenteignungsbegünstigten bessergestellt werden. Der frühere Eigentümer muß deshalb eine Entschädigung für andere Vermögensnachteile insoweit zurückgewähren, als durch die Rückenteignung die zugrunde gelegten Nachteile künftig wieder entfallen. Satz 4 soll klarstellen, daß derjenige, der den Antrag auf Rückenteignung stellt, höchstens Entschädigung in der Höhe zu zahlen hat, die dem Wert seines Grundstücks im Zeitpunkt der ersten Enteignung entsprach (Verkehrswert zur Zeit der ersten Enteignung; vgl. hierzu auch § 95 Abs. 1 und Nr. 2 zu §95; § 141). Zur Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherungen ist jedoch bestimmt, daß bei Bemessung der Entschädigung Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt haben (zum Begriff Werterhöhungen siehe § 95 Abs. 2 Nr. 2 und die dortigen Erläuterungen). Abgesehen von den aufgeführten Besonderheiten gelten im übrigen die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt sinngemäß (Satz 5). b) Wird die Satzung über die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets (§ 5 StBauFG) oder über die förmliche Festlegung eines Ersatz- oder Ergänzungsgebiets (§ 11 StBauFG) aus den in § 51 Abs. 2 StBauFG bezeichneten Gründen aufgehoben, so hat der frühere Eigentümer eines Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf RückÜbertragung dieses Grundstücks (§ 52 Abs. 1 u. 5 StBauFG). Ein Anspruch auf Rückenteignung nach § 102 BBauG bleibt unberührt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 StBauFG). Die dem Eigentümer in diesem Falle zu gewährende Entschädigung nach § 103 BBauG bemißt sich nach dem Wert des Grundstücks, der sich auf Grund des rechtlichen und tatsächlichen Zustandes im Zeitpunkt der Aufhebung der förmlichen Festlegung ergibt (§ 52 Abs. 6 Satz 2 StBauFG).
546
§104
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
DRITTER ABSCHNITT Enteignungsverfahren Vorbemerkung Die §§ 104 bis 122 bringen die Sondervorschriften über das Enteignungsverfahren, während der Achte Teil (§§ 145 bis 156) neben einigen allgemeinen Vorschriften vor allem (für alle Verfahren nach den BBauG geltende) Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und der Neunte Teil (§§ 157 bis 171) Bestimmungen über das Verfahren vor den Kammern (Senaten) für Baulandsachen enthält.
§104 Enteignungsbehörde (1) Die Enteignung wird von der höheren Verwaltungsbehörde durchgeführt (Enteignungsbehörde). (2) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß an den Entscheidungen der Enteignungsbehörde ehrenamtliche Beisitzer mitzuwirken haben. 1. Enteignungsbehörde ist die höhere Verwaltungsbehörde (Abs. 1), das sind die Regierungen bzw. Regierungspräsidenten bzw. Regierungspräsidien oder die entsprechenden Behörden der Stadtstaaten. Eine Übertragung der Zuständigkeit auf andere staatliche Behörden ist gem. § 147 Abs. 2 Satz 2 nicht zulässig. In die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde fallen damit alle im Rahmen einer Enteignung zu treffenden Entscheidungen. Es lag zwar bei der Regelung der behördlichen Zuständigkeit für die Durchführung der Enteignung unter Berücksichtigung der für die Gesamtregelung des Städtebaurechts wesentlichen Gesichtspunkte nahe, die Zuständigkeit hinsichtlich der Planung und der Enteignung in der Hand einer Behörde zusammenzufassen und daher auch letztere als ein der Bauordnung und Bauvorbereitung dienendes Rechtsinstitut in den Bereich der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit zu verlagern. Es ist aber nicht zu verkennen, daß bei einer solchen Regelung von der Gemeinde, wenn sie selbst die Enteignung betreibt, Entscheidungen in eigener Sache getroffen werden müssen u n d die Gefahr selbstbegünstigender Handlungen besteht. Trotz einiger Bedenken, die auch gegen die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde sprechen können (Gefahr einer geringeren Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen, übermäßige Belastung mit Enteignungsanträgen), hat der Gesetzgeber doch im Hinblick auf die in Frage stehenden, zum Teil schweren Eingriffe in die Privatrechtssphäre die Entscheidung der höheren, örtlichen Einflüssen weniger ausgesetzten Instanz übertragen (vgl. hierzu Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die vorläufige Regelung der Bereitstellung von Bauland, BTDS 1949 Nr. 2281, zu § 13, S. 25). 547
§ 105 1
5. Teil. Enteignung
2. Den Landesregierungen (nicht der Obersten Landesbehörde) ist insofern ein Mitspracherecht bei der personellen Zusammensetzung der „Enteignungsbehörde", also des entscheidenden Organs, eingeräumt, als sie durch Rechtsverordnung bestimmen können, daß an den Entscheidungen ehrenamtliche Beisitzer mitzuwirken haben (Abs. 2). Diese Beisitzer haben volles Stimmrecht, sie entscheiden also zusammen mit dem als Vorsitzenden tätigen Beamten der höheren Verwaltungsbehörde auf G r u n d Stimmenmehrheit (sie „wirken an den Entscheidungen der Enteignungsbehörde mit"; vgl. § 18 BauLBG u. Anl. 2 zu Drucks. 336 — Stellungnahme des BR zum Entw. der Erstf. des BBauG — Nr. 55b). Der Vorsitzende muß (im Gegensatz zur Regelung im BauLBG) keine bestimmte Vorbildung besitzen; jedoch kann eine solche von der Obersten Landesbehörde vorgeschrieben werden. 3. Über die an die Beisitzer etwa zu stellenden fachlichen Anforderungen wie überhaupt über die Organisation der Enteignungsbehörde enthält das Gesetz nichts. Der Erlaß dieser Organisationsbestimmungen kommt der zuständigen Obersten Landesbehörde zu.
§105 Enteignungsantrag Der Enteignungsantrag ist bei der Gemeinde, in deren Gemarkung das zu enteignende Grundstück liegt, einzureichen. Die Gemeinde legt ihn mit ihrer Stellungnahme binnen einem Monat der Enteignungsbehörde vor. 1. Einreichung des Antrags bei der Gemeinde (Satz 1) a) Es ist zweckmäßig und liegt im Interesse der Beschleunigung des Enteignungsverfahrens, die Gemeinde so frühzeitig als möglich einzuschalten. Sie erhält dadurch die Möglichkeit, das beabsichtigte Enteignungsvorhaben mit ihren eigenen planerischen Absichten zu vergleichen. Widersprüche u n d sonstige Unstimmigkeiten von vornherein auszugleichen und den Antragsteller zu beraten, damit gegebenenfalls seinem Anliegen auch ohne Enteignung Rechnung getragen werden kann und auf diese Weise unnötige oder aussichtslose Enteignungsanträge vermieden werden. b) Zuständig zur Entgegennahme des Antrags ist die Gemeinde, in deren Gemarkung das zu enteignende Grundstück (oder das Grundstück, an dem ein Recht besteht, das entzogen werden soll) liegt. Sollen in einem einheitlichen Enteignungsverfahren Grundstücke enteignet werden, die im Bereich mehrerer Gemeinden liegen, so sind Anträge bei den jeweils für das Grundstück zuständigen Gemeinden einzureichen. c) Eine Form ist für den Antrag nicht vorgeschrieben, doch kommt im Hinblick auf die Bedeutung jeder Enteignung und die Notwendigkeit, eine 548
§106
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
Reihe von Unterlagen vorzulegen, nur ein schriftlicher Antrag (bzw. ein Antrag zur Niederschrift der Gemeindebehörde) in Frage. Auch über den Inhalt des Antrags ist nichts Näheres im Gesetz enthalten. Genaue Pläne werden nicht verlangt; doch müssen die Unterlagen so vollständig sein, daß sie der Gemeinde und der Enteignungsbehörde als Grundlage für die Beurteilung des Antrags dienen können; insbesondere werden Angaben über Zweck, Gegenstand und U m f a n g der Enteignung sowie eine möglichst vollzählige Aufführung der Beteiligten (soweit sie eben dem Antragsteller bekannt sind) erforderlich sein. Es bleibt der Gemeinde unbenommen, den Antragsteller zur etwa erforderlichen Ergänzung der Unterlagen anzuhalten. 2. Vorlage des Antrags durch die Gemeinde (Satz 2) a) Die Gemeinde — im allgemeinen das für die laufende Verwaltung zuständige Organ ohne Einschaltung eines Beschlußorgans — hat den Antrag samt den Unterlagen mit ihrer Stellungnahme auf dem Dienstweg der Enteignungsbehörde vorzulegen. Diese Stellungnahme wird umfassend sein müssen, also sich auf alle f ü r die Enteignung wichtigen Gesichtspunkte beziehen, z. B. auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der örtlichen Planung, auf die Geeignetheit des Grundstücks für das Vorhaben und auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers; die Stellungnahme der Gemeinde ist f ü r die Enteignungsbehörde von großer Bedeutung hinsichtlich der Beurteilung der beantragten Enteignung; die Gemeinde wird daher dieser Stellungnahme besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Im übrigen ist die Gemeinde auch in dem weiteren Verfahren als Beteiligte eingeschaltet (§ 107 Abs. 1 Nr. 6). b) Die Frist, binnen welcher die Gemeinde ihre Stellungnahme abgeben muß, beträgt einen Monat nach Einlauf des Antrags bei ihr. Es handelt sich aber hier nur um eine Ordnungsvorschrift; irgendwelche Bedeutung f ü r das Verfahren kommt einer etwaigen Versäumung nicht zu. Auch die Einreichung des Antrags bei einer anderen Behörde (z. B. bei der Enteignungsbehörde) schadet nicht; diese Behörde muß aber den Antrag der zuständigen Gemeinde zuleiten. Eine Entscheidung der Entscheidungsbehörde ohne Stellungnahme der Gemeinde dürfte fehlerhaft sein (Anfechtungsrecht der Gemeinde als Beteiligte nach § 107 Abs. 1 Nr. 6).
§106 Zustimmung
der Obersten
Landesbehörde
(gestrichen) Die Regelung des § 106 war in die Erstfassung des BBauG aufgenommen worden, um sicherzustellen, daß die Notwendigkeit der Enteignung von Industriegelände nach übergeordneten Gesichtspunkten beurteilt wird. Dabei 549
§107
5. Teil. Enteignung
1
wurde davon ausgegangen, daß die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, aufgrund deren sich der Standort von Industrieanlagen beurteilen läßt, noch nicht festliegen. Dies ist jedoch inzwischen geschehen. § 106 wurde daher im Zuge der Novelle 1976 gestrichen. §107 Beteiligte
(1) In dem Enteignungsverfahren sind Beteiligte 1. der Antragsteller, 2. der Eigentümer und diejenigen, für welche ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist, 3. Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechts an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, eines Anspruches mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder eines persönlichen Rechtes, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt oder die Benutzung des Grundstücks beschränkt, 4. wenn Ersatzland bereitgestellt wird, der Eigentümer und die Inhaber der in den Nummern 2 und 3 genannten Rechte hinsichtlich des Ersatzlandes, 5. die Eigentümer der Grundstücke, die durch eine Enteignung nach § 91 betroffen werden, und 6. die Gemeinde. (2) Die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Personen werden in dem Zeitpunkt Beteiligte, in dem die Anmeldung ihres Rechts der Enteignungsbehörde zugeht. Die Anmeldung kann spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erfolgen. (3) Bestehen Zweifel an einem angemeldeten Recht, so hat die Enteignungsbehörde dem Anmeldenden unverzüglich eine Frist zur Glaubhaftmachung seines Rechtes zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist er bis zur Glaubhaftmachung seines Rechtes nicht mehr zu beteiligen. (4) Der im Grundbuch eingetragene Gläubiger einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, für die ein Brief erteilt ist, sowie jeder seiner Rechtsnachfolger hat auf Verlangen der Enteignungsbehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob ein anderer die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat; die Person eines Erwerbers hat er dabei zu bezeichnen. § 150 Abs. 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. 1. Allgemeines § 107 zählt die im Enteignungsverfahren „Beteiligten" erschöpfend auf. Diese sind hinsichtlich der sie betreffenden Punkte des Enteignungsverfahrens zur Stellung von Anträgen und zur Anfechtung von Entscheidungen be550
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§107 3
rechtigt. Es handelt sich also um eine auf dem Gebiet des Verfahrensrechts liegende Bestimmung. 2. Einzelne Beteiligte (Abs. 1 u. 2) Die in Nr. 2 bezeichneten Rechtsinhaber können nur aus dem Grundbuch ersehen werden. Im Gesetz ist nichts darüber gesagt, wie sich die Enteignungsbehörde Kenntnis über das etwaige Vorhandensein solcher Rechtsinhaber verschafft. Nach § 109 Abs. 5 teilt die Enteignungsbehörde dem Grundbuchamt die Einleitung des Enteignungsverfahrens mit. Die Behörde wird jedoch schon auf Grund § 108 zur Ermittlung des gesamten Sachverhalts nach Eingang des Antrags einen Grundbuchauszug erholen, um die erforderlichen Feststellungen treffen zu können. Bei Nr. 3 handelt es sich um Rechte, die nicht im Grundbuch eingetragen sind (z. B. persönliches Vorkaufsrecht, Pacht- oder Mietrecht). Diese Berechtigten sind (im Gegensatz zu den übrigen in § 107 aufgeführten Personen) nicht ohne weiteres Beteiligte, sie müssen vielmehr ihr Recht anmelden und sie werden erst in dem Zeitpunkt Beteiligte, in dem diese Anmeldung der Enteignungsbehörde zugeht (d. h. bei der Behörde eingelaufen ist). Der späteste Termin für die Anmeldung ist die letzte mündliche Verhandlung mit den Beteiligten (Abs. 2). Später angemeldete Rechte können von der Enteignungsbehörde nicht mehr berücksichtigt werden; der betreffende Rechtsinhaber ist von der Geletendmachung ausgeschlossen; da jedoch eine Verfahrenshandlung gegeben ist, ist gemäß § 153 Wiedereinsetzung möglich. Von der mündlichen Verhandlung erhalten diese Rechtsinhaber Kenntnis durch die ortsübliche öffentliche Bekanntmachung nach § 109 Abs. 4. Die Pflicht der Anmeldung nach Abs. 2 gilt auch für die in Nr. 4 genannten Inhaber von Rechten nach Nr. 3, die am Ersatzland bestehen. Nach Nr. 5 sind auch die Eigentümer der Grundstücke beteiligt, an denen im Wege der Enteignung nach § 91 ein neues Recht als Ersatz für ein entzogenes Recht begründet wird (vgl. Erläut. zu § 91). In Nr. 6 wurde schließlich (in den Ausschußverhandlungen, entgegen der Regierungsvorlage, aber entsprechend der Regelung in § 21 Abs. 1 Buchst, e BauLBG) die Gemeinde als Beteiligte in das Verfahren einbezogen. In Frage kommen sowohl die Gemeinden, in deren Bezirk die von der Enteignung betroffene Grundstücke liegen, als auch die Gemeinde, in deren Bezirk sich das Ersatzland befindet. Damit kann sie über die ihr in § 105 ermöglichte Stellungnahme hinaus ihren Standpunkt gegenüber der Enteignungsbehörde geltend machen. Vor allem muß sie zur mündlichen Verhandlung geladen werden (§ 109 Abs. 1). 3. Behebung von Zweifeln (Abs. 3) Die in Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 bezeichneten Rechtsinhaber werden in der Regel aus dem Grundbuch zu ersehen sein, und es werden sich kaum „Zwei551
§107 4
5. Teil. Enteignung
fei an dem Recht" ergeben. Wenn dies aber doch der Fall sein sollte, vor allem aber, wenn bei den gemäß Nr. 3 anzumeldenden Rechten Zweifel an ihrem Bestand auftauchen (diese können sich ergeben aus der Art und Weise der Anmeldung, aus dem Vorbringen des Anmeldenden oder aus sonstigen Unterlagen, welche die Behörde in diesem Verfahren bereits erhalten hat), hat der Anmeldende das Recht glaubhaft zu machen (wegen des Begriffs Glaubhaftmachung siehe § 98 Nr. 2). Die Enteignungsbehörde setzt ihm zur Glaubhaftmachung unverzüglich (also ohne schuldhaftes Verzögern, d. h. so bald als möglich nach Eingang der Anmeldung; die Behörde darf nicht warten, bis sie alle übrigen Beteiligten festgestellt hat) eine angemessene Frist. Die Frist hat aber nicht die Bedeutung, daß der Anmeldende bei Nichteinhaltung mit seinem Recht überhaupt ausgeschlossen ist, sondern er ist zunächst nur nicht mehr zu beteiligen, d. h. die Behörde braucht ihn nicht weiter in die Ermittlung des Sachverhalts (§ 108) einzubeziehen und braucht ihn auch nicht zur mündlichen Verhandlung zu laden. Er kann aber das Recht auch nach Ablauf der Frist noch glaubhaft machen; dies geht schon daraus hervor, daß die Anmeldung der Rechte nach Nr. 3 noch in der letzten mündlichen Verhandlung erfolgen k a n n ; dasselbe kann hinsichtlich der Glaubhaftmachung geschehen (spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung, zu der der Rechtsinhaber, dem fruchtlos eine Frist gesetzt wurde, zwar nicht geladen wurde, in der er aber erscheint und sein Recht glaubhaft macht). Darüber, ob das Recht glaubhaft gemacht wurde, wird die Enteignungsbehörde zweckmäßigerweise nicht vorweg, sondern in dem Enteignungsbeschluß entscheiden, der dann im Falle seiner Abweisung von dem Betroffenen angefochten werden kann. § 48 Abs. 2, 3 u. 4 bringen bezüglich des Umlegungsverfahrens fast wörtlich die gleichen Bestimmungen wie die Abs. 2 bis 4 des § 107. 4. Verfahren bei Vorhandensein eines Briefpfandrechts (Abs. 4) Wenn f ü r eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld ein Brief erteilt wurde, so kann es für die Enteignungsbehörde schwierig sein, den derzeitigen Inhaber des Briefes festzustellen, da der im Grundbuch eingetragene Gläubiger den Brief weitergegeben haben kann und u. U. nicht weiß, wer derzeit in dessen Besitz ist. Es hätte daher in diesen Fällen auch keinen Sinn, den Gläubiger zur Vorlage des Briefes (auf G r u n d § 108) aufzufordern (vgl. hierzu §§ 1154ff. BGB - Hypothek - , §§ 1192ff. - Grundschuld —, §§ 1199 ff. — Rentenschuld —). Um in diesen Fällen den Erwerber der Hypothek, der Grundschuld oder der Rentenschuld oder eines Rechts daran festzustellen, kann die Enteignungsbehörde den im G r u n d b u c h eingetragenen Gläubiger oder jeden der Enteignungsbehörde bekannt gewordenen Rechtsnachfolger des Gläubigers anhalten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob ein anderer (und gegebenenfallls wer) die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder ein Recht daran erworben hat. Die Erteilung dieser 552
§108 l
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
Auskunft kann auch durch Anwendung von Zwangsmitteln (§ 150 Abs. 2) herbeigeführt werden.
§108 Vorbereitung der mündlichen
Verhandlung
(1) Das Enteignungsverfahren soll beschleunigt durchgeführt werden. Die Enteignungsbehörde soll schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen treffen, die erforderlich sind, um das Verfahren tunlichst in einem Verhandlungstermin zu erledigen. Sie hat den gesamten Sachverhalt, soweit er für das Enteignungsverfahren von Bedeutung ist, zu ermitteln und dem Eigentümer, dem Antragsteller sowie den Behörden, für deren Geschäftsbereich die Enteignung von Bedeutung ist, Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Bei der Ermittlung des Sachverhaltes hat die Enteignungsbehörde ein Gutachten des Gutachterausschusses (§ 137) einzuholen, wenn Eigentum entzogen oder ein Erbbaurecht bestellt werden soll. (2) Die Enteignungsbehörde hat die Landwirtschaftsbehörde zu hören, wenn landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes liegen, zur Entschädigung in Land enteignet werden sollen. (3) Enteignungsverfahren können miteinander verbunden werden. Sie sind zu verbinden, wenn die Gemeinde es beantragt. Verbundene Enteignungsverfahren können wieder getrennt werden. 1. Allgemeine Vorbereitungsmaßnahmen der Enteignungsbehörde (Abs. 1) Die Vorschrift gibt der Enteignungsbehörde einige Fingerzeige, wie sie bereits vor Einleitung des Enteignungsverfahrens dieses fördern kann. Es ist der Grundsatz aufgestellt, daß das Enteignungsverfahren beschleunigt durchgeführt werden soll. Diese Beschleunigung erscheint vor allem im Hinblick darauf, daß es sich um eine M a ß n a h m e im Interesse des öffentlichen Wohles handelt und daß den Beteiligten mit Rücksicht auf die Schwere des zu erwartenden Eingriffs nicht lange die Entscheidung vorenthalten werden soll, gerechtfertigt. Im übrigen gilt das Beschleunigungsgebot sowohl für das behördliche wie auch für das gerichtliche Verfahren. Einige der in § 108 angeführten Vorschriften dienen aber auch anderen Zwecken als der Beschleunigung; vor allem ist eine gründliche Erforschung des Sachverhalts der Behörde zur Pflicht gemacht. Im einzelnen handelt es sich um folgende Bestimmungen: a) Es ist mißlich, wenn die mündliche Verhandlung, durch deren Anberaumung das Verfahren eingeleitet wird, nicht ausreichend vorbereitet ist, wenn also in der Verhandlung dann noch Fragen auftauchen, die eine Vertagung und weitere Erhebungen notwendig machen. Dies gilt vor allem dann, 553
§108
2
5. Teil. Enteignung
wenn Zweifel über Art und Umfang der Belastungen eines Grundstücks entstehen. Durch die Vertagung entstehen unnötige Kosten, und es geht Zeit verloren. Deshalb schreibt das Gesetz vor, daß die Enteignungsbehörde schon vor der mündlichen Verhandlung (und zwar auch schon vor der Ladung zu dieser Verhandlung — § 109 —) alle Anordnungen treffen soll, die erforderlich sind, um das Verfahren tunlichst in einem Termin zu erledigen. b) Im engen Zusammenhang mit der unter a) behandelten Vorschrift steht die Anweisung des Gesetzgebers an die Behörde, den gesamten Sachverhalt zu ermitteln (vgl. hierzu auch § 150). Auch hier ist der Sinn der Bestimmung, das Verfahren so umfassend vorzubereiten, daß möglichst ein Verhandlungstermin genügt. Anspruch auf rechtliches Gehör bereits in diesem Stadium des Verfahrens haben der Eigentümer, der Antragsteller und die Behörden, für deren Geschäftsbereich die Enteignung von Bedeutung ist (die Behörde „hat Gelegenheit zur Äußerung zu geben"). Eine Verletzung dieses Rechts auf rechtliches Gehör wäre zwar gegenüber dem Eigentümer und dem Antragsteller ein Verfahrensmangel, dieser könnte aber dadurch als geheilt gelten, daß der in seinem Recht Verletzte in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit zur Äußerung erhält. Bei der Nichtanhörung einer einschlägigen Behörde kann wohl nicht von einer Rechtsverletzung gesprochen werden, insoweit handelt es sich nur um die Verletzung einer Ordnungsvorschrift; insbesondere werden diese Behörden durch die Vorschrift des Abs. 1 nicht Beteiligte. Als zuständige Behörden, denen die Enteignungsbehörde „Gelegenheit zur Äußerung zu geben hat", kommen z. B. in Frage: für Enteignungen zum Bau von Krankenhäusern und Kliniken die Gesundheitsbehörden, für Enteignungen zur Errichtung von Schulen die Schulbehörden, für Enteignungen zugunsten des sozialen Wohnungsbaus die Wohnungsbehörden. c) Abs. 1 letzter Satz schreibt vor, daß die Behörde bei der Ermittlung des Sachverhalts, also schon vor Einleitung des Verfahrens, immer dann ein Gutachten des Gutachterausschusses (§ 137) einzuholen hat, wenn das Eigentum entzogen oder ein Erbbaurecht bestellt werden soll. Das Gutachten (ein Schätzgutachten) wird sich vor allem über den Verkehrswert der Grundstücke äußern (§§ 136, 142), die Behörde ist an das Gutachten nicht gebunden, soweit nichts anderes vereinbart ist (§ 143). Die Würdigung anderer Gutachten wird durch das Schätzgutachten selbstverständlich nicht ausgeschlossen. 2. Anhörung der Landwirtschaftsbehörde (Abs. 2) Eine weitere Ordnungsvorschrift enthält Abs. 2, welcher die Anhörungspflicht zugunsten einer bestimmten Behörde (Landwirtschaftsbehörde) begründet. Die Einschaltung der Landwirtschaftsbehörde erscheint gerechtfertigt, wenn es sich um eine Ersatzlandenteignung handelt und ein Grundstück in Frage kommt, das außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines BebPl. liegt und das landwirtschaftlich genutzt wird. Solche Grundstücke sol554
§109
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
len in der Regel ihre Nutzungsart behalten, da sie für eine Bebauung im allgemeinen nicht in Frage kommen (kein Baugebiet). Die Enteignung als Ersatzland bringt die Gefahr mit sich, daß es der bisherigen Nutzungsart entfremdet oder unsachgemäß genutzt wird. Die Landwirtschaftsbehörde soll geeignete Hinweise geben, ob das Grundstück unter den gegebenen Umständen als Ersatzland in Frage kommen kann. Unterbleibt die Anhörung trotz Vorliegens der Voraussetzungen, so liegt zwar ein Verfahrensfehler vor, der aber jedenfalls von der betroffenen Behörde nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann. 3. Verbindung von Verfahren (Abs. 3) Abs. 3 wurde durch das ÄndG 1976 neugefaßt, und zwar im Sinne einer Teilung in eine Kann- und eine Mußvorschrift. Er bringt eine praktische Anweisung für die Durchführung des Verfahrens. Unter Umständen ist es unzweckmäßig, im Falle einer Enteignung für ein zusammenhängendes Bauvorhaben, das sich auf mehrere Grundstücke erstreckt, mehrere (nach den Grundstücken) getrennte Verfahren durchzuführen. Die Vorschrift bestimmt daher, daß solche Verfahren miteinander verbunden werden können (Satz 1). Satz 2 wandelt die Kannbestimmung in eine Mußvorschrift ab, wenn ein Antrag der Gemeinde vorliegt. Satz 3 läßt die Möglichkeit einer Trennung der Verfahren zu. Ob dies geschehen soll, entscheidet die Enteignungsbehörde mit oder ohne Antrag nach pflichtmäßigem Ermessen.
§109 Einleitung des Enteignungsverfahrens und Anberaumung zur mündlichen Verhandlung
des Termins
(1) Das Enteignungsverfahren wird durch Anberaumung eines Termins zu einer mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten eingeleitet. Zu der mündlichen Verhandlung sind der Antragsteller, der Eigentümer des betroffenen Grundstücks, die sonstigen aus dem Grundbuch ersichtlichen Beteiligten und die Gemeinde zu laden. Die Ladung ist zuzustellen. Die Ladungsfrist beträgt einen Monat. (2) Das Enteignungsverfahren zugunsten der Gemeinde kann bereits eingeleitet werden, wenn 1. der Entwurf des Bebauungsplans nach § 2a Abs. 6 ausgelegen hat und 2. mit den Beteiligten die Verhandlungen nach § 87 Abs. 2 geführt und die von ihnen gegen den Entwurf des Bebauungsplans fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen erörtert worden sind. Die Gemeinde kann in demselben Termin die Verhandlungen nach § 87 Abs. 2 führen und die Bedenken und Anregungen erörtern. 555
§ 109 1
5. Teil. Enteignung
Das Verfahren ist so zu fördern, daß der Enteignungsbeschluß ergehen kann, sobald der Bebauungsplan rechtsverbindlich geworden ist. Eine Einigung nach § 110 oder 111 kann auch vor Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans erfolgen. (3) Die Ladung muß enthalten 1. die Bezeichnung des Antragstellers und des betroffenen Grundstücks, 2. den wesentlichen Inhalt des Enteignungsantrags mit dem Hinweis, daß der Antrag mit den ihm beigefügten Unterlagen bei der Enteignungsbehörde eingesehen werden kann, 3. die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen den Enteignungsantrag möglichst vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären, und 4. den Hinweis, daß auch bei Nichterscheinen über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann. (4) Die Ladung von Personen, deren Beteiligung auf einem Antrag auf Entschädigung in Land beruht, muß außer dem in Absatz 3 vorgeschriebenen Inhalt auch die Bezeichnung des Eigentümers, dessen Entschädigung in Land beantragt ist, und des Grundstücks, für das die Entschädigung in Land gewährt werden soll, enthalten. (5) Die Einleitung des Enteignungsverfahrens ist unter Bezeichnung des betroffenen Grundstücks und des im Grundbuch als Eigentümer Eingetragenen sowie des ersten Termins der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten in ortsüblicher Weise in der Gemeinde öffentlich bekanntzumachen. In der Bekanntmachung sind alle Beteiligten aufzufordern, ihre Rechte spätestens in der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen mit dem Hinweis, daß auch bei Nichterscheinen über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann. (6) Die Enteignungsbehörde teilt dem Grundbuchamt die Einleitung des enteignungsverfahrens mit. Das Grundbuchamt hat die Enteignungsbehörde von allen Eintragungen zu benachrichtigen, die nach dem Zeitpunkt der Einleitung des Enteignungsverfahrens im Grundbuch des betroffenen Grundstücks vorgenommen sind und vorgenommen werden. (7) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstreckungsgericht von der Einleitung des Enteignungsverfahrens Kenntnis, soweit dieses das Grundstück betrifft, das Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist. 1. Allgemeines a) Im Zug der Tendenz, Rechtsgedanken des gegenüber dem BBauG jüngeren StBauFG in das allgemeine Städtebaurecht zu übertragen, wurde § 22 jenes Gesetzes durch das Ä n d G vom 18. 8. 1976 erheblich gekürzt. Die dort weggefallenen Bestimmungen finden sich an geeigneten Stellen der Novelle 1976 des BBauG, so auch der weggefallene Abs. 2 des § 22 StBauFG. Ein 556
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§109
1
Rechtsgedanke wurde vom neuen Abs. 2 hier übernommen; die übrigen Absätze rückten um eine Nummer weiter. Der neue Abs. 2 erhielt noch eine Ausfeilung durch den federführenden Ausschuß. Die Vorbereitung des Verfahrens i. S. des § 108 erstreckt sich bis zum Zeitpunkt der Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung. In dieser Zeit sind auch sonstige Vorfragen zu klären (§§ 105, 106, 107 Abs. 3 und 4). b) Die Einleitung des Enteignungsverfahrens geschieht durch die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten. Die mündliche Verhandlung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht der wichtigste Abschnitt, denn in ihr müssen alle Beteiligten Gelegenheit haben, ihre Meinung zu äußern und Anträge zu stellen; auf Grund der mündlichen Verhandlung ergeht die Entscheidung (§ 112 Abs. 1). Das Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist also für die Entscheidung über den Enteignungsantrag maßgebend. Daraus ergibt sich, daß einer guten und gewissenhaften Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung große Bedeutung zukommt. c) Fraglich kann sein, ob eine Ablehnung des Enteignungsantrags auch in der Weise ausgesprochen werden kann, daß nicht ein Beschluß gemäß § 112 Abs. 1, § 113 Abs. 1 ergeht, sondern daß gar kein Termin zu einer mündlichen Verhandlung angesetzt, vielmehr dem Antragsteller, dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks und der Gemeinde mitgeteilt wird, daß die Einleitung des Verfahrens abgelehnt wird. Der BGH hat in seinem Urteil vom 28. 9. 1967 (III ZR 164/66) DÖV 1968, 64 (siehe u. Rspr. Nr. 5) die Ansicht vertreten, die Enteignungsbehörde könne einen aussichtslosen Enteignungsantrag bereits vor der eigentlichen Einleitung des Enteignungsverfahrens und daher ohne Anberaumung und Durchführung eines Verhandlungstermins ablehnen. Diese Entscheidung dient zwar wohl der Beschleunigung des Verfahrens, erscheint aber nicht bedenkenfrei. Der Vergleich des Wortlauts der Absätze 1 und 2 des § 112 (die von der „Entscheidung der Enteignungsbehörde" handeln) dürfte den Schluß nahelegen, daß die Enteignungsbehörde auch eine negative Entscheidung (und zwar ohne Einschränkung) auf Grund der mündlichen Verhandlung erlassen muß. Außerdem muß im Hinblick auf die Bedeutung der Enteignung nachden BBauG für die Allgemeinheit und für die Interessen der Beteiligten (die durchaus nicht immer den Interessen des Antragstellers entgegengesetzt zu sein brauchen, sondern diesen auch parallel laufen können) wohl gefordert werden, daß auch die Ablehnung des Antrags (und zwar in jedem Falle) nach Ladung der Beteiligten auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergeht, in der alle Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Für das in dieser Hinsicht gleichlautende BauLBG haben Dittus-Zinkahn in Anm. 2 zu § 22 BauLBG eine ähnliche Auffassung wie der BGH vertreten, allerdings,anscheinend nur für den Fall, daß „ganz abwegige Enteignungsanträge gestellt werden". — Jedenfalls dürfte hier das Ermessen 557
§109
2
5. Teil. E n t e i g n u n g
der Behörde sehr weit gezogen sein, wenn sie ohne Erörterung mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung darüber entscheiden soll, ob ein Antrag „aussichtslos" oder „abwegig" ist. 2. Ladung zur mündlichen Verhandlung (Abs. 1, 3 und 4) a) Zu laden sind in erster Linie die der Enteignungsbehörde bekannten (bzw. bei der Vorbereitung des Verfahrens bekannt gewordenen) Beteiligten, also der Antragsteller, der Eigentümer des betroffenen Grundstücks, die sonstigen aus dem Grundbuch ersichtlichen Beteiligten (Einholung eines Grundbuchauszugs) und die Gemeinde. Es bleibt der Gemeinde aber unbenommen, andere ihr bekannte Beteiligte, die nicht in Abs. 1 aufgezählt sind (z. B. Inhaber von Rechten nach § 107 Abs. 1 Nr. 3, die dieses Recht gemäß § 107 Abs. 2 angemeldet haben) der Enteignungsbehörde zu benennen. Die übrigen Beteiligten werden auf Grund der öffentlichen Bekanntmachung nach Abs. 5 geladen. Die Ladung muß förmlich zugestellt werden. Die Ladungsfrist beträgt einen Monat. Wird ein Beteiligter aus Versehen nicht geladen, so ist das Verfahren fehlerhaft, und die Entscheidung muß im Falle der Anfechtung unter Umständen aufgehoben werden. Die Ladungsfrist bedeutet, daß die Beteiligten die Ladung mindestens einen Monat vor dem Termin in Händen haben müssen. Eine Abkürzung der Ladungsfrist ist hier nicht vorgesehen. b) Der notwendige Inhalt der Ladung ist genau umschrieben (Abs. 3). Fehlt in der Ladung ein Teil dieses vorgeschriebenen Inhalts, so ist das Verfahren ebenfalls fehlerhaft; eine Anfechtung der ergehenden Entscheidung durch einen Beteiligten wird aber nur dann Erfolg haben, wenn dieser Beteiligte durch den Mangel einen Rechtsnachteil erlitten hat. Die Beschreibung des Inhalts des Enteignungsantrags (Nr. 2) wird zweckmäßigerweise möglichst umfassend sein, damit die Beteiligten auch ohne Einsicht in die Unterlagen ein Bild über das Vorhaben bekommen. Etwaige Einwendungen gegen den Enteignungsantrag sind möglichst vor mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde einzubringen; diese Vorschrift bezweckt, daß die Enteignungsbehörde nicht erst in der mündlichen Verhandlung von Inhalt und Begründung der einzelnen Einwendungen erfährt, sondern daß sie schon vorher die Einwendungen prüfen und sie auch den übrigen Beteiligten mitteilen kann. Es können jedoch Einwendungen auch noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden. Im übrigen ist zu beachten, daß es sich hier um Einwendungen gegen das geplante Unternehmen handelt, nicht etwa um Anträge nach § 92 Abs. 2 oder § 100 Abs. 1, 3, 4 und 6, die zum Teil vor der mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen. c) Einen weiteren zusätzlichen Inhalt muß die Ladung der Personen haben, die deswegen an dem Enteignungsverfahren beteiligt sind, weil ein Antrag auf Entschädigung in Land gestellt ist, das sind also vor allem der Eigen558
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§109 4
tümer des als Ersatzland in Frage kommenden Grundstücks und die Inhaber von Rechten hinsichtlich des Ersatzlandes (Abs. 4). In diesem Fall muß die Ladung (außer dem in Abs. 3 bezeichneten Inhalt) noch enthalten die Bezeichnung des Eigentümers, dessen Entschädigung in Land beantragt ist (also meist des Eigentümers des von der Enteignung betroffenen Grundstücks) und des Grundstücks, für das die Entschädigung in Land gewährt werden soll (also meist das von der Enteignung betroffene Grundstück). 3. Beschleunigung des Verfahrens (Abs. 2) Der durch das Ä n d G 1976 eingefügte neue Abs. 2 dient der Beschleunigung des Verfahrens. Ähnliches hatte das StBauFG im aufgehobenen Abs. 3 des § 22 vorgesehen. Die beiden Voraussetzungen der Nr. 1 und 2 müssen nebeneinander vorliegen, also Abschluß der Auslegung des Beb PI. nach § 2 a Abs. 6 und der Erörterungen nach § 87 Abs. 2. Letzteres kann im gleichen Termin noch nachgeholt werden (Satz 1 Nr. 2 Satz 2). Die Forderung des Verfahrens zielt auf eine Gleichzeitigkeit des Enteignungsbeschlusses mit der Rechtsverbindlichkeit des BebPl. (Satz 2). Durch den auf Empfehlung des federführenden Ausschusses zugefügten Satz 3 ist sichergestellt, daß Einigungen nach §§ 110, 111 auch im Verfahren nach Abs. 2 erfolgen können, also zu einem Zeitpunkt, in dem der BebPl. noch nicht rechtsverbindlich geworden ist, aber sein Inhalt weitgehend feststeht. 4. öffentliche Bekanntmachung (Abs. 5) a) Die öffentliche Bekanntmachung der Einleitung des Enteignungsverfahrens ist ein wichtiger Abschnitt der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung. Sie ist erforderlich, um die nicht im Grundbuch eingetragenen (§ 107 Abs. 1 Nr. 3; vgl. Nr. 2 zu § 107 und oben Nr. 2a) und nicht bereits gemäß § 109 Abs. 1 und 2 geladenen Beteiligten von der Einleitung zu verständigen. b) Der Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung ist genau vorgeschrieben. Sie muß drei Angaben enthalten: aa) Die Bezeichnung des betroffenen Grundstücks (auf G r u n d der im G r u n d b u c h enthaltenen Beschreibung). Kommt im Laufe der Vorbereitung noch ein „betroffenes Grundstück" hinzu (wenn z. B. ein bestimmtes Grundstück als Ersatzland gefordert wird) oder wechselt das Grundstück, so hat eine entsprechende neue Ausschreibung zu erfolgen. Wegen der Frist zwischen Bekanntmachung und mündlicher Verhandlung siehe unten cc. bb) Der im Grundbuch als Eigentümer Eingetragene muß in der öffentlichen Bekanntmachung aufgeführt sein; dadurch ist die Möglichkeit gegeben, noch vor der mündlichen Verhandlung etwaige Richtigstellungen zu veranlassen. cc) Schließlich m u ß in der Bekanntmachung der erste Termin der mündlichen Verhandlung enthalten sein. Eine Frist zwischen der Bekanntmachung 559
§109 5
5. Teil. Enteignung
und der mündlichen Verhandlung (wie etwa die Ladungsfrist in Abs. 1 letzter Satz) ist nicht bestimmt, doch wird es sich empfehlen, die Frist nicht zu kurz zu bemessen (mindestens einen Monat vorher), schon mit Rücksicht darauf, daß die Beteiligten möglichst schon vor der mündlichen Verhandlung ihre Einwendungen anbringen können (siehe unten d). c) Die Art der Bekanntmachung („in ortsüblicher Weise") richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen. In den meisten Fällen wird die Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde oder in einer Tageszeitung ortsüblich sein, zum Teil auch die Niederlegung in der Gemeindekanzlei und ein Hinweis darauf an der Gemeindetafel. Die Bekanntmachung erfolgt in der Gemeinde, in der das betroffene Grundstück liegt; liegen die für eine Enteignung in Frage kommenden Grundstücke in mehreren Gemeinden (z. B. bei einer Enteignung für ein zusammenhängendes Bauvorhaben, § 108 Abs. 3), so muß die Bekanntmachung in allen beteiligten Gemeinden erlassen werden. d) Mit der Bekanntgabe des Grundstücks, des Eigentümers und der mündlichen Verhandlung ist die Aufforderung an alle Beteiligten zu verbinden, „ihre Rechte spätestens in der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen". Es handelt sich hier in der Hauptsache um Rechte der in § 107 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Art, die nach § 107 Abs. 2 anzumelden sind. Die Rechtsinhaber können nicht, wie die Beteiligten nach Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 3, hier „Einwendungen gegen den Enteignungsantrag" vorbringen; die öffentliche Bekanntmachung soll nur dazu dienen, daß sie, die ja auch Beteiligte sind, ihre Rechte zur Geltung bringen können. Sie müssen das spätestens in der mündlichen Verhandlung tun, zweckmäßigerweise aber werden sie die Rechte schon vorher anmelden (vgl. § 107 Abs. 5 und die Anmerkung dazu). Im übrigen dient die öffentliche Bekanntmachung dazu, auch alle übrigen Beteiligten im Sinn des § 107, die etwa noch nicht nach § 109 Abs. 1 geladen wurden, auf das Verfahren hinzuweisen und zur Geltendmachung ihrer Rechte aufzufordern. Ferner muß die Bekanntmachung den Hinweis enthalten, daß auch bei Nichterscheinen eines oder mehrerer Beteiligter über den Enteignungsantrag und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann. 5. Mitwirkung des Grundbuchamts und des Vollstreckungsgerichts (Abs. 6 und 7) a) Sobald das Enteignungsverfahren eingeleitet ist (Abs. 1), ist es unerläßlich, daß eine enge Zusammenarbeit zwischen Enteignungsbehörde und Grundbuchamt stattfindet. Die Enteignungsbehörde benötigt die Eintragungen im Grundbuch, um die Beteiligten festzustellen. Sie wird daher schon bei der Vorbereitung einen Grundbuchauszug anfordern. Es können sich aber im Laufe des Verfahrens Veränderungen im Grundbuch ergeben, die für das Verfahren von größter Wichtigkeit sind (z. B. Wechsel des Eigentümers oder von Berechtigten). Es ist deshalb bestimmt, daß die Enteignungsbehörde dem 560
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§ 109 Q
Grundbuchamt sofort die Einleitung des Enteignungsverfahrens mitteilt und daß umgekehrt das Grundbuchamt die Enteignungsbehörde von allen Eintragungen zu benachrichtigen hat, die nach dem Zeitpunkt der Einleitung im Grundbuch hinsichtlich des betroffenen Grundstücks vorgenommen sind oder werden. Das Gesetz hat allerdings davon abgesehen, die Eintragung eines Vermerks in das Grundbuch über die Einleitung des Verfahrens vorzuschreiben, offenbar weil das nicht für erforderlich gehalten wurde. b) Wird vom Vollstreckungsgericht die Zwangsenteignung eines Grundstücks angeordnet (§ 15 ZVG), so hat das Gericht gemäß § 19 Abs. 1 ZVG zugleich das Grundbuchamt um Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch zu ersuchen. Entsprechendes gilt für die Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 146 Abs. 1 ZVG). Auch diese Eintragungen, die, wenn sie sich auf das betroffene Grundstück beziehen, für das Enteignungsverfahren von größter Bedeutung sind, werden der Enteignungsbehörde durch den (von ihr angeforderten) Grundbuchauszug bekannt. Die Enteignungsbehörde muß in diesem Falle (nämlich wenn sich das Enteignungsverfahren auf das Grundstück bezieht, das Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens ist) dem Vollstrekkungsgericht von der Einleitung des Enteignungsverfahrens Kenntnis geben. c) Auch das Umlegungsverfahren kennt ein ähnlich enges Zusammenwirken von Behörden (dort Umlegungsstelle) einerseits u. Grundbuchamt bzw. Vollstreckungsgericht andererseits (§ 54). 6. Rechtsprechung BGH U vom 28. 9. 1967 (III ZR 164/66) DÖV 1968, 64 = DVB1. 1968, 404 a) Die Enteignungsbehörde kann einen aussichtslosen Enteignungsantrag bereits vor der eigentlichen Einleitung des Enteignungsverfahrens und daher ohne Anberaumung und Durchführung eines Verhandlungstermins ablehnen. b) Wird diese Ablehnung durch den Enteignungsantragsteller mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten, so ist für die gerichtliche Entscheidung darüber, ob der Enteignungsantrag aussichtslos ist, der Sach- und Streitstand zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter maßgebend.
§ 109a Genehmigungspflicht
(1) Von der Bekanntmachung über die Einleitung des Enteignungsverfahrens an bedürfen die in § 51 bezeichneten Rechtsvorgänge, Vorhaben und Teilungen der schriftlichen Genehmigung der Enteignungsbehörde. (2) Die Enteignungsbehörde darf die Genehmigung nur versagen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß der Rechtsvorgang, das Vorhaben oder die Teilung die Verwirklichung des Enteignungszwecks unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. 561
§ 109 a 3
5. Teil. Enteignung
(3) Sind Rechtsvorgänge oder Vorhaben nach Absatz 1 vor der Bekanntmachung zu erwarten, kann die Enteignungsbehörde anordnen, daß die Genehmigungspflicht nach Absatz 1 bereits zu einem früheren Zeitpunkt eintritt. Die Anordnung ist in ortsüblicher Weise bekanntzumachen und dem Grundbuchamt mitzuteilen. (4) § 51 Abs. 2 und § 116 Abs. 6 gelten entsprechend. 1. Allgemeines (Abs. 1 und 2) § 109 a wurde durch die Novelle 1976 neu eingefügt. Nach dem vorangegangenen Recht hatte die Enteignungsbehörde nach förmlicher Einleitung des Verfahrens keine rechtlichen Handhaben, auf Rechtsvorgänge und Vorhaben Einfluß zu nehmen, die den Enteignungsgegenstand betreffen. Durch bestimmte Rechtsvorgänge und Vorhaben, z. B. bauliche Veränderungen, könnten aber Verfahren und Verwirklichung des Enteignungsunternehmens wesentlich erschwert werden. Abs. 1 ermöglicht durch Übernahme der in §.51 bezeichneten Rechtsvorgänge und Vorhaben auch während des Enteignungsverfahrens der Enteignungsbehörde die aus der Sicht der Enteignung erforderlichen Überprüfungen. Nach Abs. 2 ist die Versagungsmöglichkeit stark eingeschränkt. Es besteht also grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Genehmigung. Dieser Vorschrift ist § 51 Abs. 2 nachgebildet. Ob einer der Versagungstatbestände vorliegt, ist eine Frage. Im Versagungsfalle steht dem Betroffenen die Anrufung der Baulandkammer offen (§ 157 Abs. 1). 2. Anordnung einer früheren Genehmigungspflicht (Abs. 3) Im Regelfall soll die Genehmigungspflicht mit förmlicher Verfahrenseinleitung (§ 109) beginnen. Nach Abs. 3 kann die Enteignungsbehörde jedoch anordnen, daß die Genehmigungsfrist bereits früher beginnt, d. h. wenn der mit der Genehmigungspflicht verfolgte Sicherungszweck die Vorverlegung erfordert bzw. rechtfertigt, z. B. nach Eingang des Enteignungsantrags (§ 105). 3. Entsprechende Anwendung von Vorschriften (Abs. 4) Die entsprechende Anwendung des §51 Abs. 2 bezieht sich auf vor Inkrafttreten der Veränderungssperre genehmigte Vorhaben, auf Unterhaltungsarbeiten und die Durchführung der bisher ausgeübten Nutzung. § 116 Abs. 6 hat die Aufhebung der vorzeitigen Besitzeinweisung bei Abweisung des Enteignungsantrags zum Inhalt.
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§110 1
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§110 Einigung (1) Die Enteignungsbehörde hat auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken. (2) Einigen sich die Beteiligten, so hat die Enteignungsbehörde eine Niederschrift über die Einigung aufzunehmen. Die Niederschrift muB den Erfordernissen des § 113 Abs. 2 entsprechen. Sie ist von den Beteiligten zu unterschreiben. Ein Bevollmächtigter des Eigentümers bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. (3) Die beurkundete Einigung steht einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß gleich. § 113 Abs. § ist entsprechend anzuwenden. 1. Allgemeines (Abs. 1) Eine gütliche Einigung der Beteiligten ist einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung im Enteignungsverfahren vorzuziehen, weil viele Beteiligte im Falle der Einigung eher das Gefühl haben werden, mit ihren Anträgen und Anliegen durchgedrungen zu sein und einen befriedigenden Ausgleich erzielt zu haben, als bei einer Entscheidung, die vorhandene Differenzen zwangsweise durch einen Spruch beseitigt. Es ist daher den Enteignungsbehörden zur Pflicht gemacht, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dieses Bemühen der Behörde wird nicht erst in der mündlichen Verhandlung, sondern schon im Stadium der Vorbereitung (§ 108) einsetzen, jedenfalls sobald Art und Umfang des Verfahrens zu übersehen und die Zahl der Beteiligten bekannt ist. Diese Versuche, eine Einigung herbeizuführen, entsprechen auch der Absicht des Gesetzgebers, das Verfahren mit möglichster Beschleunigung durchzuführen (§ 108 Abs. 1). In der mündlichen Verhandlung wird sodann die Herbeiführung einer Einigung nach eingehender Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten nochmals zu versuchen sein. Erfahrungsgemäß ist es bei geschickter Verhandlungsführung möglich, einen erheblichen Teil der eingehenden Enteignungsanträge im Wege einer gütlichen Vereinbarung zu erledigen. Dadurch wird ein gerichtliches Verfahren vermieden. Eine Volleinigung i. S. des § 110 ist aber nur dann gegeben, wenn sie alle Beteiligten und alle sachlichen Punkte enthält, die zwischen den Beteiligten zu regeln sind (wegen der Teileinigung s. § 111). Es müssen also in der Einigung nicht bloß Übergang oder Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück, sondern auch alle damit zusammenhängenden Fragen (Art und Höhe der Entschädigung — Entschädigung in Land oder Geldentschädigung —, Begründung oder Aufhebung von Rechten usw.) enthalten sein. Im übrigen ist das Bemühen um eine Einigung auch in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren fortzusetzen, und hier gelten die §§ 110 und 111 entsprechend (§ 171). 563
§1103
5. Teil. Enteignung
2. Form der Einigung (Abs. 2) Die förmliche Beurkundung der Einigung und ihres gesamten Inhalts geschieht in einer Niederschrift, welche die Enteignungsbehörde aufzunehmen hat. Die Niederschrift muß den Erfordernissen des §113 Abs. 2 entsprec h e n d . h. sie muß alle dort geforderten Angaben über die betroffenen Personen und Gegenstände sowie die Wirkungen der Enteignung enthalten. W a n n diese Beurkundung vorgenommen wird, spielt keine Rolle; sie kann in der mündlichen Verhandlung oder zwischen zwei mündlichen Verhandlungen geschehen; sie kann in die Niederschrift über die mündliche Verhandlung aufgenommen werden. Sie muß von allen Beteiligten unterschrieben werden; verweigert ein Beteiligter die Unterschrift, so ist die Einigung nicht rechtswirksam zustande gekommen. Da die Einigungsverhandlungen meist viel Zeit in Anspruch nehmen, wird es zweckmäßig sein, die Einigung gründlich vorzubereiten und in den wesentlichen Punkten festzulegen, um sie d a n n in einer Verhandlung mit den Beteiligten abzuschließen. Die Bestimmung, daß ein Bevollmächtigter des Eigentümers zum Abschluß einer Einigung (Unterschrift unter die Niederschrift über die Einigung) einer öffentlich beglaubigten Vollmacht bedarf (Satz 4), ist eine Schutzvorschrift zugunsten des Eigentümers. Die (öffentlich beglaubigte) Vollmacht m u ß sich aber nicht ausdrücklich nur auf die Einigung beziehen, es genügt auch eine allgemeine Vollmacht „für das Enteignungsverfahren", doch darf die Befugnis zum Abschluß einer Einigung nicht ausgeschlossen sein. 3. Wirkung der Einigung (Abs. 3) Die beurkundete Einigung steht einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß gleich. Das Enteignungsverfahren hat damit rechtskräftig seinen Abschluß gefunden; das sonst gegen Enteignungsbeschlüsse vorgesehene gerichtliche Verfahren (§ 157 ff.) kann sich hier nicht anschließen, doch wird eine Anfechtung der Einigungserklärung wegen Irrtums (§§119ff. BGB), Täuschung oder Drohung (§§ 123 ff. BGB) nicht ausgeschlossen sein. Die Niederschrift über die Einigung ist (wie ein Enteignungsbeschluß) gemäß § 113 Abs. 1 allen Beteiligten zuzustellen. Ferner ist gemäß § 110 Abs. 3 Satz 2 und § 113 Abs. 3 dem Vollstreckungsgericht von der Einigung Kenntnis zu geben, wenn im Grundbuch hinsichtlich des für die Enteignung in Frage kommenden Grundstücks die Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung eingetragen ist. Im übrigen braucht das Grundbuchamt von der Einigung noch nicht in diesem Stadium des Verfahrens verständigt zu werden; denn da die Einigung einem unanfechtbaren Beschluß gleichsteht, muß die Behörde gemäß § 117 Abs. 1 zunächst auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung erlassen (wenn die Geldentschädigung bezahlt oder hinterlegt ist) mit den sich aus §117 Abs. 3 ergebenden Folgen. Eine gesonderte Besitzeinweisung braucht nicht ausgesprochen zu werden (§117 Abs. 4). Die Enteignungsbe564
§111 1
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
hörde übersendet sodann dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift der Niederschrift über die Einigung und der Ausführungsanordnung mit dem Ersuchen, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen (§117 Abs. 5). Die Niederschrift über eine Einigung ist wegen der in ihr bezeichneten Leistungen ein vollstreckbarer Titel, d. h. es findet aus dieser Niederschrift die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO über die Vollstrekkung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten statt. Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erteilt, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat (§ 122).
4. Verhältnis zu Bestimmungen des StBauFG Ist vor der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebietes (§ 5 StBauFG) eine Einigung nach § 110 BBauG beurkundet worden, so sind in dem Festlegungsverfahren die Vorschriften des BBauG weiter anzuwenden (§ 6 Abs. 6 StBauFG). 5. Übergangsvorschrift Für die Zeit bis zum Inkrafttreten der Novelle 1976 (1. 1. 1977) sah Art. 3 § 7 vor, daß die alten Vorschriften zur Anwendung kommen, wenn vor dem Inkrafttreten des ÄndG eine Einigung nach § 110 zustandegekommen ist und beurkundet wurde. 6. Rechtsprechung BGH U vom 14. 10. 1971 (III ZR 9/69) DVB1. 1972, 118 Eine Einigung, die im Enteignungsverfahren zwischen dem Enteignungsbegünstigten und dem Grundstückseigentümer über die Landabgabe und die Entschädigung geschlossen wird, kann einen Vergleich darstellen.
§111 Teileinigung
Einigen sich die Beteiligten nur über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück, jedoch nicht über die Höhe der Entschädigung, so ist § 110 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden. Die Enteignungsbehörde hat anzuordnen, daß dem Berechtigten eine Vorauszahlung in Höhe der zu erwartenden Entschädigung zu leisten ist, soweit sich aus der Einigung nichts anderes ergibt. Im übrigen nimmt das Enteignungsverfahren seinen Fortgang. 1. Voraussetzungen der Teileinigung In einer Reihe von Fällen wird sich der Widerstand gegen eine gütliche Einigung weniger aus der Frage des Übergangs oder der Belastung des Eigen565
§111 4
5. Teil. Enteignung
tums an dem zu enteignenden Grundstück ergeben, sondern vielmehr aus der Frage der Höhe der Entschädigung. Der betroffene Eigentümer ist des öfteren bereit, das Eigentum an dem Grundstück aufzugeben, er ist aber oft nicht mit der in den Verhandlungen als Entschädigung genannten Summe oder der Art der Entschädigung einverstanden. Für diesen Fall hat das Gesetz die Möglichkeit einer Teileinigung vorgesehen. Eine solche kann zustande kommen, wenn die Beteiligten über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück einig sind. Der Zweck der Vorschrift ist, eine Beschleunigung des Verfahrens dadurch zu erreichen, d a ß wenigstens hinsichtlich des in Frage kommenden Grundstücks die Rechtssituation möglichst bald geklärt wird. Es kann zwischen den Beteiligten z. B. vereinbart werden, daß das Eigentum auf den Antragsteller übergeht oder daß das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet werden soll. Es handelt sich also hier um einen Teil des Streitstoffes, der nach dem Willen der Beteiligten künftig als unstreitig behandelt werden soll. 2. Form der Teileinigung (Satz 1) Hinsichtlich der Form, in der die Teileinigung zu beurkunden ist, gilt § 110 Abs. 2 und 3 entsprechend, d. h. die Enteignungsbehörde hat eine Niederschrift aufzunehmen; diese Niederschrift hat alle Punkte zu enthalten, über welche eine Einigung zustande kam (mit den sich bei entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 2 ergebenden Angaben). Die Niederschrift m u ß von allen Beteiligten unterschrieben werden, auch hinsichtlich der öffentlichen Beglaubigung der Vollmacht für den Eigentümer gilt § 110 Abs. 2 entsprechend (im übrigen vgl. hierzu auch § 110 Anm. 2). Die Einfügung die auch den Abs. 3 des § 110 mitaufgenommen hat, im Zuge der Novelle 1976 soll es entsprechend § 22 Abs. 6 StBauFG ermöglichen, daß bei Teileinigungen sofort die Ausführungsanordnung nach § 117 ergehen kann und nicht zunächst aus formalen Gründen erst der Enteignungsbeschluß erlassen werden muß (vgl. auch die Änderungen der §§ 113 und 117). 3. Vorauszahlung (Satz 2) Auf Anregung des BR wurde ein neuer Satz 2 im Rahmen des Ä n d G 1976 zwischengeschaltet, der die Anordnung einer Vorauszahlung zum Inhalt hat. Die Begründung besagt, daß der Eigentümer im Fall der freiwilligen Teileinigung nicht schlechter gestellt werden soll als im Fall der inhaltlich entsprechenden Vorabentscheidung über den G r u n d der Enteignung (vgl. § 112 Abs. 2). 4. Wirkung der Teileinigung (Satz 3) a) Die Wirkungen der Teileinigung unterscheiden sich von den Wirkungen der Einigung nach § 110 hauptsächlich dadurch, daß § 110 Abs. 3 keine 566
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§111 4
entsprechende Anwendung finden kann. Da es sich eben nur um eine teilweise Einigung handelt, wird dadurch das Verfahren als Ganzes nicht rechtskräftig abgeschlossen; die Niederschrift über die Teileinigung kann einen unanfechtbaren Enteignungsbeschluß nicht gleichgestellt werden, das Enteignungsverfahren nimmt vielmehr im übrigen, d. h. soweit keine Einigung erzielt wurde, seinen Fortgang (Satz 2). Es kann auch nicht etwa auf Grund der Teileinigung eine Teil-Ausführungsanordnung, etwa auf Grund § 117 Abs. 1, ergehen. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil ja vor Erlaß der Ausführungsanordnung jedenfalls die Geldentschädigung bezahlt oder hinterlegt sein muß, bei einer Teileinigung aber gerade wegen der Geldentschädigung noch Streit besteht. Die wirksame Teileinigung beendet das Enteignungsverfahren, soweit die Einigung über den Übergang oder die Belastung des Eigentums reicht. Sie erlangt aber, anders als die Volleinigung (§110 Abs. 3), rechtliche Wirksamkeit erst durch ihre Aufnahme in einen Enteignungsbeschluß (s. u. Nr. 5 Rspr.). b) Trotzdem ist eine Teileinigung von größter Bedeutung und von Vorteil in verfahrensmäßiger Hinsicht, denn die in der Teileinigung geregelten Punkte sind aus dem Streitverfahren ausgeschieden, sie können später (vorbehaltlich einer Anfechtung wegen Irrtums usw. — vgl. §110 Anm. 3 —) nicht mehr zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden; die Behörde bzw. das Gericht braucht sich in den Entscheidungen nur mehr mit den noch verbliebenen Streitpunkten zu befassen und kann im übrigen auf die Teileinigung verweisen. Die Behörde wird also, statt im Beschluß den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück entsprechend der Vorschrift in § 113 Abs. 1 im einzelnen zu begründen, einfach auf die Beurkundung der Teileinigung verweisen („die Enteignungsbehörde entscheidet, soweit eine Einigung nicht zustande k o m m t . . . " , § 112 Abs. 1). Die Grundelemente der Teileinigung müssen demnach auch Teil des Enteignungsbeschlusses werden, der Beschluß ist aber insoweit unanfechtbar. Die Mitteilung an das Grundbuchamt gem. § 113 Abs. 3 erfolgt hinsichtlich der Teileinigung gemeinsam mit dem Enteignungsbeschluß (der über die restlichen Streitfragen entscheidet) bzw. nach einer etwaigen auf die Teileinigung folgenden Volleinigung. Die Mitteilung an das Grundbuchamt nach § 117 Abs. 5 ergeht auch hier nach der Ausführungsanordnung. Ein vollstreckbarer Titel i. S. des § 122 Abs. 1 ist die Niederschrift über die Teileinigung nicht, da sich die genannte Vorschrift nur auf die „Einigung" i. S. des § 110, nicht auf die Teileinigung bezieht. Dagegen kann eine Teileinigung eine Grundlage für die vorzeitige Besitzeinweisung (§ 116) sein (s. hierzu Erl. Nr. 3 zu § 116). c) Es sind Teileinigungen denkbar, die nicht den Anforderungen des § 111 entsprechen. So kann nicht etwa nach § 111 verfahren werden, wenn sich die Beteiligten z. B. darüber einig sind, daß bestimmte Grundstücke als Ersatzgrundstücke in Frage kommen oder daß im Falle der Enteignung diese auf die in § 86 Abs. 2 bezeichneten Gegenstände auszudehnen ist (vgl. § 92 567
§112
5. Teil. Enteignung
Abs. 4), wenn aber im übrigen das Vorliegen der Voraussetzungen der Enteignung noch strittig ist. Solche Teileinigungen sind durchaus begrüßenswert, und die Behörde wird auch auf ihre Herbeiführung Wert legen müssen, da auch sie zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen und die Enteignungsbehörde in dem Enteignungsbeschluß unter Hinweis auf die Einigung keine ausführliche Begründung zu bringen braucht (vgl. Dittus-Zinkahn Anm. 1 zu § 28). Eine Teileinigung nach § 111 mit den entsprechenden Wirkungen liegt aber nur vor, wenn sich alle Beteiligten über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück einigen. d) § 22 StBauFG enthält besondere Vorschriften über die Enteignung in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten. Nach § 22 Abs. 6 StBauFG ist, wenn eine Teileinigung nach § 111 BBauG beurkundet worden ist, auf Antrag der Gemeinde die Ausführungsanordnung nach § 117 BBauG zu erlassen, wenn die Gemeinde den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der R ü c k n a h m e hinterlegt hat. 4. Übergangsvorschrift Art. 3 § 7 des Ä n d G 1976 sieht vor, daß die alten Vorschriften zur Anwendung kommen, wenn vor dem Inkrafttreten der Novelle (1. 1.1977) eine Teileinigung nach § 111 zustandegekommen und beurkundet worden ist. 5. Rechtsprechung B G H U vom 19. 12. 1966 (III Z R 212/65) DÖV 1967, 725 = M D R 1967, 742 a) Im Enteignungsverfahren nach § 85 Abs. 1 Ziff. 1 BBauG setzt eine Teileinigung im Sinne des § 111 BBauG zwingend das Vorhandensein eines Bebauungsplans voraus. Dagegen bleibt es für die Wirksamkeit der Teileinigung ohne Einfluß, wenn von dem einen oder anderen der Beteiligten die Rechtsgültigkeit des vorhandenen Bebauungsplans in Zweifel gezogen wird. b) Die wirksame Teileinigung beendet das Enteignungsverfahren, soweit die Einigung über den Übergang oder die Belastung des Eigentums reicht. c) Die Teileinigung erlangt, anders als die Volleinigung ( § 1 1 0 Abs. 3 BBauG), rechtliche Wirksamkeit erst durch ihre Aufnahme in einen Enteignungsbeschluß.
§112 Entscheidung der
Enteignungsbehörde
(1) Soweit eine Einigung nicht zustande kommt, entscheidet die Enteignungsbehörde aufgrund der mündlichen Verhandlung durch Beschluß über den Enteignungsantrag, die übrigen gestellten Anträge sowie über die erhobenen Einwendungen (2) Auf Antrag eines Beteiligten hat die Enteignungsbehörde vorab über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grund568
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§112
1
stück oder über sonstige durch die Enteignung zu bewirkende Rechtsänderungen zu entscheiden. In diesem Fall hat die Enteignungsbehörde anzuordnen, daß dem Berechtigten eine Vorauszahlung in Höhe der zu erwartenden Entschädigung zu leisten ist. (3) Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, so entscheidet sie zugleich 1. darüber, welche Rechte der in § 97 bezeichneten Berechtigten an dem Gegenstand der Enteignung aufrechterhalten bleiben, 2. darüber, mit welchen Rechten der Gegenstand der Enteignung, das Ersatzland oder ein anderes Grundstück belastet werden, 3. darüber, welche Rechtsverhältnisse begründet werden, die Rechte der in § 86 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Art gewähren, 4. im Falle der Entschädigung in Ersatzland über den Eigentumsübergang oder die Enteignung des Ersatzlandes. 1. Allgemeines a) § 112 bringt den Grundsatz, daß die Enteignungsbehörde in einer einzigen umfassenden Entscheidung über die Zulässigkeit, den Umfang u n d die Rechtsfolgen der Enteignung zu befinden hat. Sie entscheidet insbesondere über den Enteignungsantrag, über die übrigen gestellten Anträge und über die erhobenen Einwendungen. Aus dieser Forderung nach umfassender Entscheidung ergibt sich, d a ß in dem Enteignungsverfahren grundsätzlich keine Teilentscheidungen möglich sind (Ausnahme s. §§ 116 und 164). b) Durch die Novelle 1976 wurde ein neuer Abs. 2 eingefügt (der vormalige Abs. 2 wurde zum Abs. 3). Die neue Vorschrift ermöglicht eine Teil-Vorabentscheidung (siehe unter Nr. 3). c) Der Enteignungsbeschluß ersetzt zugleich eine etwaige nach § 19 sonst erforderliche Genehmigung für die Teilung. d) Über die Anfechtung des Beschlusses s. § 157. Die Enteignungsbehörde ist bei der Gestaltung ihrer Entscheidung vielfach nicht durch zwingende Rechtsvorschriften gebunden, sondern sie kann die sich aus der Enteignung ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten in mancher Hinsicht frei regeln, sofern sie nur für die gerechte Wiederherstellung der Vermögenslage der Beteiligten Sorge trägt. So entscheidet die Behörde u. a., ob das Wohl der Allgemeinheit die Enteignung erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann (§ 87 Abs. 1), ob die Bereitstellung von Grundstücken der öffentlichen H a n d oder des Antragstellers möglich und zumutbar ist und ob der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb eines Grundstücks bemüht und ob er glaubhaft gemacht hat, daß er das Grundstück innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwenden wird (§ 97 Abs. 2); sie entscheidet über einen Antrag auf Entschädigung in Land (§§ 90, 569
§1122
5. Teil. Enteignung
100), über Beschränkung und Ausdehnung der Enteignung (§ 92), über die Zulässigkeit der Rückenteignung (§ 102) sowie über Höhe und Art der Entschädigung nach den einschlägigen Vorschriften; sie bestimmt, welche Rechte aufrechterhalten bleiben, welche Rechte übertragen werden und welche gesondert zu entschädigen sind (§97, § 112 Abs. 2). 2. Entscheidung durch Beschluß (Abs. 1) a) Unter der „Entscheidung" nach § 112 Abs. 1 ist die endgültige Entscheidung, die das Enteignungsverfahren abschließt, zu verstehen. Sie kann positiv (Stattgabe) oder negativ (Ablehnung) ausfallen. Auch die Entscheidung über die Ablehnung des Enteignungsantrags ergeht durch Beschluß (auf Grund der mündlichen Verhandlung). Dies geht schon aus der Einleitung des Abs. 2 hervor: „Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, so entscheidet sie zugleich . . . " und aus der Einleitung zu § 113 Abs. 2: „Gibt die Enteignungsbehörde dem Antrag statt, so muß der Beschluß (Enteignungsbeschluß) bezeichnen . . . " (a. M. im Falle der Aussichtslosigkeit eines Enteignungsantrags der BGH im U v. 28. 9. 1967 (III ZR 164/66) DÖV 1968, 64 = DVB1. 1968, 404; vgl. § 109 Nr. l b und 5). Ein ablehnender Beschluß ist zu begründen, den Beteiligten zuzustellen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (§113 Abs. 1); die Bestimmungen in § 112 Abs. 2 und § 113 Abs. 2 und 3 sind in diesem Falle nicht einschlägig, doch kann natürlich auch bei einer ablehnenden Entscheidung (z. B. bei einer Teilablehnung) sich die Notwendigkeit ergeben, auf Tatbestände der genannten Bestimmungen einzugehen. Die Ablehnung des Enteignungsantrags kann durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden (§ 157 Abs. 1). b) Die Entscheidung erstreckt sich auf den Streitstoff nur, „soweit eine Einigung nicht zustande kommt"; eine gütliche Einigung ersetzt insoweit den Enteignungsbeschluß (vgl. Erl. zu §§ 110 und 111). Ein positiver Beschluß kann Entscheidungen gemäß § 112 Abs. 2 (wenn nämlich die Voraussetzungen gegeben sind) und muß die Bezeichnungen gemäß § 113 Abs. 2 enthalten. c) Im Interesse eines umfassenden Rechtsschutzes und im Hinblick auf die Notwendigkeit, alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen und alle strittigen Fragen zusammenhängend zu erörtern, schreibt § 112 Abs. 1 zwingend vor, daß die Entscheidung über den Enteignungsantrag auf Grund der mündlichen Verhandlung ergehen muß. Von der Behörde können alle in den etwa notwendigen mehreren mündlichen Verhandlungen vorgebrachten Äußerungen und gestellten Anträge verwertet werden, die allerdings maßgeblich bestimmt werden durch die in der letzten mündlichen Verhandlung gegebene Fassung. Über das Verfahren in der mündlichen Verhandlung vor der Enteignungsbehörde enthält das Gesetz, außer etwa der Bestimmung des § 150 über die Erforschung des Sachverhalts, keine besonderen Vorschriften. Als Leiter der mündlichen Verhandlung kommt der zuständige Beamte der Enteignungsbe570
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§1123
hörde in Frage; wenn Beisitzer mitwirken (§ 104 Abs. 2), ist dieser Beamte der Vorsitzende. Zweifelhaft kann sein, ob der Vorsitzende oder die Beisitzer im Laufe des Verfahrens wechseln können (d. h. ob z. B. eine zweite in der Sache stattfindende mündliche Verhandlung von einem Vertreter des Vorsitzenden und mit anderen Beisitzern abgehalten werden kann). Diese Frage wird wohl im Hinblick auf das Fehlen entsprechender gesetzlicher Vorschriften zu bejahen sein, obwohl von dieser Möglichkeit im Interesse der Einheitlichkeit und Kontinuierlichkeit der Entscheidung sowie der klaren Verantwortlichkeit für die Entscheidung möglichst wenig Gebrauch gemacht werden sollte (vgl. hierzu Dittus-Zinkahn Anm. 6 zu § 23); diejenigen Personen, welche die Entscheidung zu fällen und zu unterschreiben haben, sollten möglichst von Anfang an an den mündlichen Verhandlungen beteiligt gewesen sein, damit sie den Prozeßstoff genügend beherrschen. Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung und stellt fest, ob alle Beteiligten richtig geladen sind und wer erschienen ist. Er entscheidet auch darüber, ob und gegebenenfalls welche Personen der Verhandlung beiwohnen dürfen (die Öffentlichkeit der Verhandlung ist nicht vorgeschrieben). Sodann wird er den Erschienenen mündlich nochmals den wesentlichen Sachverhalt bekanntgeben (Antragsteller, betroffene Grundstücke, Eigentümer dieser Grundstücke und sonstige bekannt gewordene Beteiligte, Inhalt und Umfang des Enteignungsantrags, Einwendungen und Anträge, die bisher gestellt wurden); die Beteiligten haben das Recht, zu Wort zu kommen, und es können Zeugen und Sachverständige vernommen und Urkunden verlesen werden. Infolge des in den meisten Fällen beträchtlichen Umfangs der Verhandlung wird die Zuziehung eines Schriftführers nicht zu umgehen sein; die von diesem anzufertigende Niederschrift ist von ihm und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Der Vorsitzende schließt die mündliche Verhandlung; dieser Zeitpunkt ist für eine Reihe von Verfahrenshandlungen der Beteiligten von großer Bedeutung (vgl. §§ 92 Abs. 5, 98 Abs. 2, 100 Abs. 6, 101 Abs. 2). Die Entscheidung kann — muß aber nicht — anschließend an die mündliche Verhandlung (nach Beratung) verkündet werden, jedenfalls ist sie aber (auch wenn sie verkündet wird) gemäß § 113 Abs. 1 den Beteiligten zuzustellen. 3. Teil-Vorabentscheidung (Abs. 2) a) Der durch das ÄndG 1976 eingefügte neue Abs. 2 entspricht dem aufgehobenen Abs. 5 des § 22 StBauFG. So wurde ein Rechtsgedanke jenes Gesetzes auf das allgemeine Städtebaurecht übertragen. Abs. 2 ermöglicht eine Trennung des Enteignungsverfahrens über den Grund der Enteignung und über die Höhe der Entschädigung. Dadurch wird die Enteignung unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen beschleunigt. Satz 2 gibt die der Vermeidung von Härten dienende Möglichkeit, Vorauszahlungen zu leisten. 571
§113
5. Teil. Enteignung
b) Dem BR erschien im Zuge der Beratung der großen Novelle der Begriff des „Beteiligten" im Sinne dieser Vorschrift zu weitgefaßt; er wollte eine Beschränkung des Antragsrechts auf bestimmte Beteiligte. Die Anregung hat aber der BT nicht aufgenommen. 4. Weiterer Inhalt des Beschlusses (Abs. 3) Die positive Entscheidung (diese nur, soweit nicht eine Einigung zustande gekommen ist) und die negative Entscheidung (vgl. Nr. l b zu § 109) müssen sich in jedem Fall mit dem Enteignungsantrag, den übrigen gestellten Anträgen und mit den erhobenen Einwendungen befassen. Im Falle der Stattgabe ist außerdem (natürlich nur soweit einschlägig) zu entscheiden a) über die Aufrechterhaltung von Rechten nach § 97 Abs. 1, b) über Belastung gemäß § 97 Abs. 2, c) über die Begründung von Rechtsverhältnissen hinsichtlich von Rechten, die zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigen oder die den Verpflichteten in der Benutzung von Grundstücken beschränken (§ 86 Abs. 1 Nr. 3 und 4), d) im Falle der Entschädigung in Land (§ 100) über den Eigentumsübergang (z. B. Bereitstellung von Ersatzland durch den Enteignungsbegünstigten aus seinem Grundbesitz oder durch freihändigen Erwerb) oder über die Enteignung des Ersatzlandes (§ 100 Abs. 3, § 90).
§113 Enteignungsbeschluß (1) Der Beschluß der Enteignungsbehörde ist zu begründen und den Beteiligten zuzustellen. Der Beschluß ist mit einer Belehrung über Zulässigkeit, Form und Frist des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§ 157) zu versehen. (2) Gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsantrag statt, so muß der Beschluß (Enteignungsbeschluß) bezeichnen 1. die von der Enteignung Betroffenen und den Enteignungsbegünstigten; 2. die sonstigen Beteiligten; 3. den Enteignungszweck und die Frist, innerhalb deren das Grundstück zu dem vorgesehenen Zwecke zu verwenden ist; 4. den Gegenstand der Enteignung, und zwar a) wenn das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung ist, das Grundstück nach Größe, grundbuchmäßiger, katastermäßiger und sonst üblicher Bezeichnung; im Falle der Enteignung eines Grundstücksteils ist zu seiner Bezeichnung auf Vermessungsvorschriften (Vermessungsrisse und -karten) Bezug zu nehmen, die von einer zu Fortführungsvermessungen befugten Stelle oder von einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur gefertigt sind, 572
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§113 1
b) wenn ein anderes Recht an einem Grundstück Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach Inhalt und grundbuchmäßiger Bezeichnung, c) wenn ein persönliches Recht, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken berechtigt oder den Verpflichteten in der Nutzung von Grundstücken beschränkt, Gegenstand einer selbständigen Enteignung ist, dieses Recht nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens, d) die in § 86 Abs. 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Enteignung auf diese ausgedehnt wird; 5. bei der Belastung eines Grundstücks mit einem Recht die Art, den Inhalt, soweit er durch Vertrag bestimmt werden kann, sowie den Rang des Rechtes, den Berechtigten und das Grundstück; 6. bei der Begründung eines Rechtes der in Nummer 4 Buchstabe c bezeichneten Art den Inhalt des Rechtsverhältnisses und die daran Beteiligten; 7. die Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnisse vor und nach der Enteignung; 8. die Art und Höhe der Entschädigungen und die Höhe der Ausgleichszahlungen nach § 100 Abs. 5 Satz 4 und § 101 Abs. 1 Satz 2 mit der Angabe, von wem und an wen sie zu leisten sind; Geldentschädigungen, aus denen andere von der Enteignung Betroffene nach § 97 Abs. 4 zu entschädigen sind, müssen von den sonstigen Geldentschädigungen getrennt ausgewiesen werden; 9. bei der Entschädigung in Land das Grundstück in der in Nummer 4 Buchstabe a bezeichneten Weise. (3) In den Fällen der §§ 111 und 112 Abs. 2 ist der Enteignungsbeschluß entsprechend zu beschränken. (4) Kann ein Grundstücksteil noch nicht entsprechend Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a bezeichnet werden, so kann der Enteignungsbeschluß ihn aufgrund fester Merkmale in der Natur oder durch Bezugnahme auf die Eintragung in einen Lageplan bezeichnen. Wenn das Ergebnis der Vermessung vorliegt, ist der Enteignungsbeschluß durch einen Nachtragsbeschluß anzupassen. (5) Ist im Grundbuch die Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung eingetragen, so gibt die Enteignungsbehörde dem Vollstrekkungsgericht von dem Enteignungsbeschluß Kenntnis, wenn dem Enteignungsantrag stattgegeben worden ist. 1. Allgemeines a) Während § 112 den Gegenstand der Entscheidung bezeichnet, also den Stoff, mit dem sich die Enteignungsbehörde in ihrer Entscheidung auseinandersetzen muß, regelt § 113 im wesentlichen den Inhalt der Entscheidung. Es ist außer formellen Erfordernissen (Begründung, Zustellung, Rechtsmittelbelehrung) eine Reihe von Punkten aufgezählt, die der Beschluß enthalten muß. 573
§113
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5. Teil. Enteignung
b) Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde § 113 um zwei Absätze (3 und 4) erweitert; der alte Abs. 3 wurde Abs. 5. Die ersetzte Einfügung war bereits im RegE enthalten; sie betrifft Einschränkungen des Beschlusses in den Fällen der Teileinigung und der Vorabentscheidung. Die zweite Einfügung (Abs. 4) stellt einen Vorschlag des BR dar, den der federführende Ausschuß übernahm. Sie betrifft die vorläufige Kennzeichnung der Grundstücksflächen. 2. Formelle Erfordernisse (Abs. 1 u. 5) a) Daß der Beschluß der Enteignungsbehörde, ob er nun dem Antrag stattgibt oder ihn ablehnt, begründet werden muß, ist selbstverständlich, doch wird hierauf im Hinblick auf die Bedeutung des Beschlusses für die Beteiligten noch besonders hingewiesen. Damit (und auf Grund des in Abs. 2 im einzelnen aufgeführten Inhalts des Beschlusses) wird sichergestellt, daß alle von der Enteignungsbehörde im Beschluß zu treffenden Entscheidungen eindeutig ersichtlich werden. Aus dem Beschluß sollen sich die von der Enteignung betroffenen Personen und Gegenstände sowie die Wirkungen der Enteignung zu einer auch für den Rechtsunkundigen klar erkennbaren Weise ergeben. Außerdem wird die Überprüfbarkeit der Entscheidung durch die Gerichte erleichtert. Die Begründung hat alle für die Entscheidung maßgebenden Gesichtspunkte herauszustellen und muß sich mit den einzelnen Anträgen und den vorgebrachten Einwendungen befassen. Die für die Entscheidung maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen sind anzuführen. b) Der Beschluß ist „den Beteiligten zuzustellen". Über die Form der Zustellung bestimmt das Gesetz nichts, es gelten die allgemeinen Vorschriften; jedenfalls muß ein Nachweis über die Zustellung zu den Akten genommen werden, damit die Anfechtungsfrist einwandfrei berechnet werden kann. Wenn das Gesetz bestimmt, daß „der Beschluß" zuzustellen ist, so ist damit nicht etwa nur der Tenor der Entscheidung gemeint, sondern der gesamte Inhalt (mit Tatbestand und Gründen), damit sich die Beteiligten über die Frage der Anfechtung und die Begründung einer solchen Anfechtung klarwerden können. Die begründete Entscheidung ist sämtlichen Beteiligten zuzustellen (vgl. § 107 Abs. 1), also auch der Gemeinde. Außerdem hat die Enteignungsbehörde (im Falle der Stattgabe) noch dem Vollstreckungsgericht von dem Enteigungsbeschluß Kenntnis zu geben, wenn im Grundbuch die Anordnung der Zwangsentscheidung oder der Zwangsverwaltung eingetreten ist (Abs. 5); es wird sich auch hier empfehlen, den gesamten Inhalt des Beschlusses zu übersenden, jedoch ist keine formelle Zustellung erforderlich. Ist einem Beteiligten (etwa aus Versehen) die Entscheidung nicht zugestellt worden, so wird sie ihm gegenüber nicht wirksam, was zur Folge haben kann, daß der ganze Beschluß nicht vollzogen werden kann. Nachträgliche Zustellung ist möglich. 574
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§1134
c) Nach § 154 ist den nach dem BBauG ergehenden Verwaltungsakten (also auch dem Enteignungsbeschluß nach § 113) eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, und über die Frist belehrt wird. Darüber hinaus enthält auch § 113 Abs. 1 die Vorschrift über die Rechtsmittelbelehrung (lediglich mit anderer Wortfassung.). Der Beschluß muß somit mit einer Belehrung über Zulässigkeit, Form und Frist des Antrags auf gerichtliche Entscheidung versehen sein. Auf § 157 wird ausdrücklich hingewiesen. Hiernach muß (bzw. soll) die Rechtsbehelfsbelehrung eines Enteignungsbeschlusses jedenfalls ausdrücklich den Inhalt des § 157 Abs. 1, 2 und 3 anführen. Nach § 155 können die Landesregierungen bestimmen, daß der Enteignungsbeschluß erst angefochten werden kann, wenn ein Vorverfahren durchgeführt ist. 3. Sachlicher Inhalt des Beschlusses (Abs. 2) Während Abs. 1 den formellen Inhalt des Enteignungsbeschlusses festlegt (Begründung, Zustellung, Rechtsmittelbelehrung), bestimmt Abs. 2 eingehend den sachlichen Inhalt; die geforderten Angaben und Bezeichnungen müssen, soweit einschlägig, in der Entscheidung aufgeführt werden, und zwar im Entscheidungssatz und nicht nur in den Gründen. Es handelt sich um Angaben und Bezeichnungen, die sich auf die betroffenen Personen, auf Enteignungszweck und Verwendungsfrist und schließlich auf die betroffenen Sachen oder Rechte und die Entschädigung beziehen. a) Gesondert sind bei den persönlichen Angaben aufzuführen einerseits der von der Enteignung Betroffene (also derjenige, gegen den sich der Enteignungsantrag richtet) und der Enteignungsbegünstigte (also in der Regel der Antragsteller, da zu dessen Gunsten die Enteignung ausgesprochen werden soll), andererseits die übrigen Beteiligten (z. B. Rechtsinhaber, Eigentümer von Ersatzlandgrundstücken, Gemeinde). b) Der Enteignungszweck muß im Hinblick auf die strengen Erfordernisse des § 85 genau angegeben werden. Ferner ist die Bestimmung der Verwendungsfrist für das Verfahren von erheblicher Wirkung (vgl. § 87 Abs. 2 Nr. 3, § 89 Abs. 1, § 102 Abs. 1 Nr. 1, ferner § 114). c) Über die notwendigen Angaben im Enteignungsbeschluß über den Gegenstand der Enteignung (Bezeichnung der Grundstücke, Rechte und Entschädigungen) bringt Abs. 2 Nr. 4 bis 9 eingehende Vorschriften. 4. Beschränkung des Enteignungsbeschlusses (Abs. 3) Die durch die Novelle 1976 eingefügte Bestimmung stellt sicher, daß in den Fällen der Teileinigung nach § 111 und der Vorabentscheidung nach §112 Abs. 2 der Enteignungsbeschluß nur noch die Punkte eine Aussage ent575
§114
5. Teil. Enteignung
halten muß, über die eine Einigung nicht erzielt bzw. über die noch nicht entschieden wurde. 5. Vorläufige Kennzeichnung von Flächen (Abs. 4) Der ebenfalls durch die Novelle 1976 eingefügte neue Abs. 4 erlaubt für den praktisch häufigen Fall der Enteignung von Grundstücksteilflächen eine vorläufige Kennzeichnung dieser Flächen. Das Enteignungsverfahren wird nicht durch das Fehlen der vermessungsamtlichen Veränderungsnachweise verzögert. Die Rechte der Betroffenen bleiben gewahrt. Die Vorschriften über die Ausführungsanordnung wurden für diesen Fall ergänzt. 6. Verhältnis zu Bestimmungen des StBauFG Hat die Enteignungsbehörde vor der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets (§ 5 StBauFG) den Enteignungsbeschluß nach § 113 BBauG für ein in dem Gebiet gelegenes Grundstück erlassen, so sind die Vorschriften des Bundesbaugesetzes weiter anzuwenden (§ 6 Abs. 6 StBauFG). 7. Übergangsvorschrift Nach Art. 3 § 7 des Ä n d G vom 18. 8. 1976 finden die Enteignungsvorschriften (Fünfter Teil des BBG) noch in der alten Fassung Anwendung, wenn die Enteignungsbehörde) den Enteignungsbeschluß noch vor Inkrafttreten der Novelle (1. 1. 1977) erlassen hat.
§114 Lauf der
Verwendungsfrist
(1) Die Frist, innerhalb der der Enteignungszweck nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 zu verwirklichen ist, beginnt mit dem Eintritt der Rechtsänderung. (2) Die Enteignungsbehörde kann diese Frist vor ihrem Ablauf auf Antrag verlängern, wenn 1. der Enteignungsbegünstigte nachweist, daß er den Enteignungszweck ohne Verschulden innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann, oder 2. vor Ablauf der Frist eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt und der Rechtsnachfolger nachweist, daß er den Enteignungszweck innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann. Der enteignete frühere Eigentümer ist vor der Entscheidung über die Verlängerung zu hören. 1. Beginn der Verwendungsfrist (Abs. 1) Als Beginn der nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 im Enteignungsbeschluß festzusetzenden Verwendungsfrist bestimmt Abs. 1 den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtsänderung. Nach rechtskräfigem Abschluß des Enteignungsverfahrens 576
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§ 114 2
und Zahlung oder Hinterlegung der Geldentschädigung durch den Begünstigten erläßt die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung (§117 Abs. 1). In dieser ist der Tag zu bestimmen, an dem der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt wird (§117 Abs. 3). Dieser von der Enteignungsbehörde in der Ausführungsanordnung bestimmte Tag ist also der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtsänderung im Sinne des § 114 Abs. 1; mit ihm beginnt die Verwendungsfrist zu laufen.
2. Fristverlängerung (Abs. 2) Abs. 2 trägt dem Gedanken Rechnung, daß sich die Durchführung des Bauvorhabens durch unvorhergesehene Ereignisse verzögern kann. Die Enteignungsbehörde ist daher in zwei Fällen berechtigt („kann verlängern"), die Verwendungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen zu verlängern, und zwar einmal auf Grund Antrags des Enteignungsbegünstigten, zum anderen auf Antrag des Rechtsnachfolgers. a) Die Frist kann stets nur auf Antrag verlängert werden, nicht von Amts wegen. Die Verlängerung muß vor Fristablauf beantragt und bewilligt werden. Eine Verlängerung, die zwar vor Fristablauf beantragt, aber erst nach Fristablauf von der Behörde bewilligt wurde, wäre rechtsunwirksam. b) Der Enteignungsbegünstigte muß, um seinem Antrag zum Erfolg zu verhelfen, der Behörde den Nachweis erbringen (nicht nur glaubhaft machen), daß er den Enteignungszweck ohne Verschulden innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann. Beweispflichtig ist also der Begünstigte; der Behörde bleibt es aber unbenommen, von sich aus Beweise zu erheben (vgl. § 150). Soald die Beweiserhebung ergibt, daß der Begünstigte den Enteignungszweck aus eigenem Verschulden oder Mitverschulden (leichtes Verschulden genügt) nicht erfüllen kann, so muß der Antrag abgelehnt werden; dies gilt auch dann, wenn die Nichterfüllung zum Teil wohl auch auf äußeren, widrigen Umständen beruht, zum Teil aber auch vom Begünstigten verschuldet wurde. c) Abs. 2 Nr. 2 stellt den Fall der Gesamtrechtsnachfolge (Erbgang) als Sonderfall heraus. Für derartige Fälle ist ebenfalls die Möglichkeit einer Fristverlängerung vorgesehen. Auch hier ist ein Antrag erforderlich, der vor Fristablauf gestellt werden muß. Wenn die Gesamtrechtsnachfolge während des Fristlaufs eintritt, der Antrag aber erst nach Fristablauf gestellt wird, kann ihm nicht entsprochen werden (denn die Frist kann auch im Falle von Nr. 2 — wie bei Nr. 1 — nur „vor ihrem A b l a u f verlängert werden — vgl. Abs. 2 Einleitung —). Der Rechtsnachfolger muß nachweisen, daß er den Enteignungszweck innerhalb der festgesetzten Frist nicht erfüllen kann, er braucht nicht zu beweisen, daß ihm an der Unmöglichkeit der Fristerfüllung kein Verschulden trifft. Offenbar wird unterstellt, daß er durch den Eintritt 577
§115 1
5. Teil. Enteignung
der Rechtsnachfolge ohnehin schon in der Erfüllung des Zwecks ohne seine Schuld beeinträchtigt wurde. d) Die Verlängerung der Frist wird durch die Enteignungsbehörde verfügt. Mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben, doch ist der enteignete frühere Eigentümer vor der Entscheidung zu hören, (letzter Satz), und zwar hat dieser das Recht, angehört zu werden, sowohl bei positiver wie bei negativer Entscheidung (er kann nicht bloß an der Ablehnung, sondern auch an der Stattgabe interessiert sein). Da die Entscheidung der Behörde nach rechtskräftigem Abschluß des Enteignungsverfahrens (vgl. § 114 Abs. 1, 117 Abs. 1 und 3 und oben Anm. 1) ergeht, kann sie nicht mehr zusammen mit dem Enteignungsbeschluß angefochten werden. Es handelt sich vielmehr um eine selbständige Entscheidung, die gemäß § 157 Abs. 1 durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden kann.
§115 Verfahren bei der Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte (1) Soll die Entschädigung des Eigentümers eines zu enteignenden Grundstücks gemäß § 101 festgesetzt werden und ist die Bestellung, Übertragung oder die Bewertung eines der dort bezeichneten Rechte im Zeitpunkt des Erlasses des Enteignungsbeschlusses noch nicht möglich, so kann die Enteignungsbehörde, wenn es der Eigentümer unter Bezeichnung eines Rechtes beantragt, im Enteignungsbeschluß neben der Festsetzung der Entschädigung in Geld dem Enteignungsbegünstigten aufgeben, binnen einer bestimmten Frist dem von der Enteignung Betroffenen ein Recht der bezeichneten Art zu angemessenen Bedingungen anzubieten. (2) Bietet der Enteignungsbegünstigte binnen der bestimmten Frist ein Recht der bezeichneten Art nicht an oder einigt er sich mit dem von der Enteignung Betroffenen nicht, so wird ihm ein solches Recht auf Antrag zugunsten des von der Enteignung Betroffenen durch Enteignung entzogen. Die Enteignungsbehörde setzt den Inhalt des Rechts fest, soweit dessen Inhalt durch Vereinbarung bestimmt werden kann. Die Vorschriften dieses Teiles des Gesetzes über das Verfahren und die Entschädigung sind sinngemäß anzuwenden. (3) Der Antrag nach Absatz 2 kann nur innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der bestimmten Frist gestellt werden. 1. Allgemeines § 101 gibt dem Eigentümer des zu enteignenden Grundstücks die Möglichkeit, statt der Geldentschädigung oder der Entschädigung in Land ganz oder teilweise eine Entschädigung „durch Gewährung andere Rechte" zu verlangen (Bestellung oder Übertragung von Wohnungseigentum, Teileigentum, Dauernutzungsrecht, Übertragung des Eigentums an einem bebauten Grund578
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§115 2
stück oder eines Grundstücks, das mit einem Eigenheim oder einer Kleinsiedlung bebaut werden soll — in Frage kommen jeweils nur Grundstücke des Eigentümers —; vgl. hierzu Erl. zu § 101). Zur Verwirklichung dieses Rechts des früheren Eigentümers ist in § 115 ein besonderes Verfahren vorgesehen. Es handelt sich also hier um die zu § 101 gehörende Verfahrensvorschrift, die verselbständigt und systematisch zutreffend in den verfahrensrechtlichen Teil eingeordnet wurde. § 115 ist weiter einer Ergänzung zu § 113 (Inhalt des Enteignungsbeschlusses). 2. Auflage im Enteignungsbeschluß (Abs. 1) a) Eine etwaige Entschädigung des Eigentümers eines zu enteignenden Grundstücks nach § 101 (Gewährung bestimmter Rechte) muß im Enteignungsbeschluß ausgesprochen werden (§113 Abs. 2 Nr. 8). Zusätzlich zu diesem Ausspruch kann der Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen (s. unten f) beantragen, daß in dem Beschluß dem Enteignungsbegünstigten aufgegeben wird, ein entsprechendes Recht anzubieten. Die Möglichkeit, dem Begünstigten eine solche Auflage zu machen, ist dadurch gegeben, daß durch die Verpflichtung zur Entschädigung nach § 101 immer nur der Begünstigte betroffen wird; es kommen jeweils nur Rechte an Grundstücken des Begünstigten in Frage (vgl. § 101 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3). Wenn die Voraussetzungen des § 101 gegeben sind (wenn also vor allem die Entschädigung durch Gewährung anderer Rechte unter Abwägung der Belange der Beteiligten billig ist — § 101 Abs. 1) und diese Art der Entschädigung im Enteignungsbeschluß festgesetzt wird, kann die Enteignungsbehörde dem Begünstigten zugleich auch die Pflicht auferlegen, das Recht anzubieten. Über Inhalt und Form, in der das Anbieten gegenüber dem Betroffenen zu geschehen hat, finden sich im Gesetz keine Bestimmungen. Es muß wohl davon ausgegangen werden, daß schon aus dem Angebot dessen Ernstlichkeit und die Art und Weise der Verwirklichung sich ergeben müssen. Es kann sich also nicht lediglich um formlose Versprechungen oder um Mitteilung von in Betracht kommenden Möglichkeiten handeln, sondern es muß das Angebot so beschaffen sein, daß der Betroffene durch die Annahme des Angebots auch gleich in den Besitz des Rechtes kommen kann. Es wird also z. B. bei einem Angebot der Übertragung von Wohnungseigentum oder von Grundstückseigentum (§101 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) schon das Angebot die Verpflichtung zur Übertragung in der nach §313 BGB vorgeschriebenen Form der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung enthalten müssen. Dem Betroffenen steht es frei, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. b) Das Angebot des Begünstigten muß in einer bestimmten Frist abgegeben werden, die von der Behörde im Beschluß festgesetzt wird. Die Frist muß angemessen sein, d. h. sie muß so bemessen sein, daß es dem Begünstigten möglich ist, in der angegebenen Zeit die entsprechenden verbindlichen Erklärungen abzugeben. 579
§1152
5. Teil. E n t e i g n u n g
c) Über den Begriff „angemessene Bedingungen" s. § 87 Nr. 2 b. d) Die Auflage in dem Enteignungsbeschluß wird neben der Festsetzung der Entschädigung in Geld ausgesprochen. Dies ist deshalb notwendig, weil es sich hier um Fälle handelt, in denen dem Betroffenen in dem Enteignungsbeschluß das von ihm begehrte Recht (§ 101) noch nicht zugewiesen werden kann, weil es noch nicht bestellt, übertragen oder bewertet werden kann. Gemäß § 99 muß der Betroffene grundsätzlich in Geld entschädigt werden. Wenn der Begünstigte bereits die Verfügungsmacht über ein Recht nach § 101 besitzt (z. B. wenn er Eigentümer eines Hauses ist, an dem ein Wohnungseigentum bestellt werden kann, oder wenn er im Eigentum eines bebauten Grundstücks ist), so kann dieses Recht dem Betroffenen im Enteignungsbeschluß gleich zugewiesen und es kann von einer Auflage nach Abs. 1 abgesehen werden. Es kann aber auch Fälle geben, in denen der Begünstigte erst später in die Lage kommt, ein entsprechendes Recht dem Betroffenen zu verschaffen (z. B. wenn ein Wohnungseigentum an dem zu enteignenden Grundstück bestellt werden soll, das ja erst durch die Enteignung in die Verfügungsgewalt des Begünstigten übergeht; oder wenn der Begünstigte ein bestimmtes bebautes Grundstück im Wege des freihändigen Erwerbs sich verschaffen und an den Eigentümer des zu enteignenden Grundstücks übertragen will — §101 Abs. 1 Nr. 2). In diesen Fällen muß (neben der Auflage, ein Recht anzubieten) die Entschädigung in Geld festgesetzt werden, da die Möglichkeit besteht, daß die Auflage nicht erfüllt wird bzw. daß sich der Begünstigte und der Betroffene hinsichtlich des Rechts nicht einigen und vom Betroffenen kein Entziehungsantrag gestellt wird (vgl. Abs. 2); dann bleibt dem Betroffenen nur die Annahme der Geldentschädigung. e) Antrag des Betroffenen und Bezeichnung des Rechts sind erforderlich; die Enteignungsbehörde kann demnach nicht von sich aus dem Begünstigten eine entsprechende Auflage machen. Wann dieser Antrag zu stellen ist, ist in Abs. 1 nicht bestimmt (vgl. dagegen Abs. 3 für die Frist des Abs. 2), doch muß er notwendigerweise vor Schluß der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Der Betroffene hat ein Recht, das ihm angeboten werden soll, zu bezeichnen; dabei wird es aber genügen, daß er angibt, welches der in § 101 Abs. 1 bezeichneten Rechte er in Anspruch nehmen will, er wird nicht auch schon etwa das Grundstück oder den Umfang des Rechts im einzelnen bezeichnen müssen, da dem Begünstigten die Möglichkeit gegeben sein muß, in der gesetzten Frist ein entsprechendes Recht ausfindig zu machen oder sich zu verschaffen, und da in der Folgezeit Verhandlungen zwischen ihm und dem Betroffenen über dieses Recht stattfinden werden (vgl. Abs. 2). f) Voraussetzung für die Auflage ist, daß die Entschädigung des Eigentümers eines zu enteignenden Grundstücks gemäß § 101 festgesetzt werden soll (s. Anmerkungen dort), daß also die Behörde auch die Voraussetzungen des § 101 für gegeben hält, ferner daß die Bestellung, Übertragung oder Bewertung eines der in § 101 bezeichneten Rechte im Zeitpunkt des Erlasses des 580
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§ 115 3
Enteignungsbeschlusses noch nicht möglich ist. Wenn die Bestellung oder Übertragung eines entsprechenden Rechtes bereits im Enteignungsbeschluß möglich ist, so bedarf es naturgemäß keiner Auflage nach Abs. 1 (vgl. hierzu oben d). 3. Entziehung des Rechts bei Nichteinigung (Abs. 2) a) Wenn von der Behörde dem Enteignungsbegünstigten eine Anbietungsfrist nach Abs. 1 gesetzt wurde, können sich (während des Laufs dieser Frist) drei Möglichkeiten ergeben: aa) Der Begünstigte bietet ein Recht an, und der Betroffene ist damit einverstanden, daß ihm die Entschädigung durch Gewährung des vom Begünstigten angebotenen Rechts gewährt wird. In diesem Falle vollzieht sich der Übergang des Rechts nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. Einigung und Eintragung im Grundbuch bei Übertragung von Grundeigentum). Die Enteignungsbehörde wird in diesem Falle nicht mehr tätig. bb) Der Enteignungsbegünstigte bietet binnen der von der Behörde bestimmten Frist ein Recht der bezeichneten Art nicht an. cc) Der Enteignungsbegünstigte bietet ein solches Recht an, es kommt aber zwischen ihm und dem Betroffenen keine Einigung zustande. In den beiden letztgenannten Fällen muß die Enteignungsbehörde tätig werden, wenn es der Betroffene bantragt. Es kommt nicht darauf an, warum der Begünstigte kein Recht anbietet oder sich mit dem Betroffenen nicht geeinigt hat, ob etwa die Schuld an dem Scheitern der Verhandlungen beim Begünstigten liegt (Unangemessenheit der von ihm geforderten Bedingungen) oder beim Betroffenen (zu hohe Forderungen hinsichtlich Art und Ausmaß des Rechts). Der von der Enteignung Betroffene braucht den (auch hier notwendigen) Antrag nur mit der Tatsache zu begründen, daß ihm ein Recht nicht angeboten wurde oder daß keine Einigung zustande kam. b) Die Folge des Nichtanbietens eines Rechts oder der Nichteinigung ist, daß auf den Antrag des Betroffenen (über die Antragsfrist s. unten Nr. 3) zugunsten des Begünstigten ein Recht der bezeichneten Art (Abs. 1) von der Behörde enteignet werden muß. Eine weitere Prüfung, ob die Voraussetzungen der Enteignung gegeben sind, ist deshalb nicht mehr erforderlich, weil ja schon die Fristsetzung nach Abs. 1 (die dann erst das Nachverfahren nach Abs. 2 auslösen kann) und nur ergehen kann, „wenn die Entschädigung des Eigentümers gemäß § 101 festgesetzt werden soll", d. h. wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 101 von der Behörde bejaht wurde. Daher finden auf das hier sich selbständig an das vorangegangene Enteignungsverfahren anschließende Verfahren über die Enteignung des bezeichneten Rechts nur die Bestimmungen des Zweiten Abschnitts („Entschädigung") und des Dritten Abschnitts („Enteignungsverfahren") des Fünften Teils des Gesetzes sinngemäß Anwendung, nicht aber die des Ersten Abschnitts („Zulässigkeit der 581
§115 5
5. Teil. Enteignung
Enteignung"), da, wie erwähnt, die Zulässigkeit bereits im vorangegangenen Verfahren geprüft werden mußte und geprüft wurde. In diesem Nachverfahren hat der bisherige Betroffene die Stellung eines von der Enteignung Begünstigten und der bisherige Begünstigte die Stellung des von der Enteignung Betroffenen. Es findet eine mündliche Verhandlung nach Ladung der Beteiligten statt, es ergeht ein Enteignungsbeschluß, der mit der Ausführungsanordnung (§ 117) in Kraft gesetzt wird. c) Die Enteignungsbehörde hat in dem Beschluß das in Frage kommende Recht zu konkretisieren, d. h. sie hat zu bestimmen, an welchem Grundstück, in welcher Art und in welchem Umfang das Recht zu bestellen ist oder wohin und in welcher Form es zu übertragen ist. Dabei geht das Gesetz davon aus, daß nun nach Ablauf einer längeren Zeit — nämlich der Anbietungsfrist und der Zeit bis zur Antragstellung — die „Bestellung oder Übertragung des bezeichneten Rechts" — vgl. Abs. 1 — möglich geworden ist. Sie setzt also den Inhalt des Rechts fest, kann dies aber nach ausdrücklicher Bestimmung nur, „soweit dessen Inhalt durch Vereinbarung bestimmt werden kann", d. h. soweit zwischen den beiden Parteien hinsichtlich des Rechts nach den Bestimmungen des BGB ein Vertrag geschlossen werden kann. Auch die Entschädigung, die der im Nachverfahren Begünstigte an den Betroffenen (dem das Recht entzogen wird) zu leisten hat, ist festzusetzen, und zwar gemäß § 99 in Geld. 4. Antragsfrist (Abs. 3) Für den Antrag nach Abs. 2 ist ausdrücklich eine Frist bestimmt. Sie beträgt 6 Monate nach Ablauf der gemäß Abs. 1 bestimmten Frist. Es wird also dem Enteignungsbegünstigten zunächst durch die Enteignungsbehörde eine Frist für das Anbieten des Rechts gesetzt. Wenn diese Frist ungenützt verstreicht (Nichtanbietung oder Nichteinigung), so hat der Betroffene (der das Recht begehrt) noch 6 Monate Zeit zur Stellung des Antrags nach Abs. 2 auf Durchführung des Nachverfahrens (Entzug des Rechts). Versäumt er diese Frist, so verliert er damit auch das Recht auf Entschädigung durch Gewährung dieses Rechts, und er kann nur mehr die Geldentschädigung, die in den Beschluß nach Abs. 1 aufgenommen wurde, verlangen, wenn ihm nicht gemäß § 153 Wiedereinsetzung zu gewähren ist. 5. Wirkung des Nachverfahrens Der Beschluß über die Entziehung eines Rechts nach Abs. 2 ist anfechtbar nach § 157 durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Ist der Enteignungsbeschluß nicht mehr anfechtbar, so ordnet (auf Antrag des Begünstigten, der das Recht begehrt) die Enteignungsbehörde seine Ausführung an (Ausführungsanordnung). Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Die Ausführungsanordnung schließt 582
§116
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
z. B. im Falle des § 101 Abs. 1 Nr. 2 und 3 die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks ein (§ 117 Abs. 1, 3 und 4). 6. Ausschluß des Nach Verfahrens Das Nachverfahren kann aber dadurch illusorisch gemacht werden, daß der ursprüngliche Enteignungsbegünstigte in der ihm nach Abs. 1 gesetzten Frist nicht in den Besitz eines entsprechenden Rechts gelangt oder ein solches Recht, das er besitzt, an einen Dritten veräußert und ihm keine sonstigen für den Vollzug der Auflage geeigneten Grundstücke gehören. Die Durchführung des Nachverfahrens gegen einen Dritten ist ausgeschlossen (so auch DittusZinkahn Anm. 11 zu § 15), da auf Grund des Nachverfahrens nur ein Entzug der dem Begünstigten zustehenden Rechte in Frage kommt. Auch hier wird dem Betroffenen (ebenso wie in dem Falle, daß er keinen Antrag nach Abs. 2 stellt — vgl. oben bei 2d) nur die Annahme der festgesetzten Geldentschädigung übrig bleiben.
§116 Vorzeitige Besitzeinweisung (1) Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Antragsteller auf Antrag durch Beschluß in den Besitz des von dem Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks einweisen. Die Besitzeinweisung ist nur zulässig, wenn über sie in einer mündlichen Verhandlung verhandelt worden ist. Der Beschluß über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung Uber die vorzeitige Besitzeinweisung an ihn festzusetzen. (2) Die Enteignungsbehörde kann die vorzeitige Besitzeinweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung und von der vorherigen Erfüllung anderer Bedingungen abhängig machen. Auf Antrag des Inhabers eines Rechtes, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt, ist die Einweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der ihm voraussichtlich zu gewährenden Entschädigung abhängig zu machen. Die Anordnung ist dem Antragsteller, dem Besitzer und dem Eigentümer zuzustellen. (3) Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Der Eingewiesene darf auf dem Grundstück das von ihm im Enteignungsantrag bzeichnete Bauvorhaben ausführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen. 583
§116 l
5. Teil. Enteignung
(4) Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung (§ 99 Abs. 3) ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung werden durch die Enteignungsbehörde spätestens in dem in § 113 bezeichneten Beschluß festgesetzt. Wird der Beschluß Uber Art und Höhe der Entschädigung vorher erlassen, so ist er den in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen zuzustellen. Die Entschädigung für die Besitzeinweisung ist ohne Rücksicht darauf, ob ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wird, zu dem in Absatz 1 Satz 4 bezeichneten Zeitpunkt fällig. (5) Auf Antrag einer der in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen hat die Enteignungsbehörde den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift feststellen zu lassen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder die Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden. (6) Wird der Enteignungsantrag abgewiesen, so ist die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige unmittelbare Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
1. Allgemeines a) Das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung hat seit langem in das Enteignungsrecht Eingang gefunden. Diese soll dem Antragsteller die Möglichkeit geben, schon vor dem Eigentumsübergang auf dem Grundstück die M a ß n a h m e n zu treffen, die im Rahmen des Enteignungszwecks notwendig sind. Auch im BBauG konnte auf die vorzeitige Besitzeinweisung nicht verzichtet werden, da es Fälle gibt, in denen mit der Bauausführung sofort begonnen werden muß. Voraussetzung ist auch hier das Vorliegen von Gründen des Wohles der Allgemeinheit. Da es sich um einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Betroffenen handelt, waren rechtsstaatliche Sicherungen zur Überprüfung dieses Eingriffs zu schaffen: mündliche Verhandlung (Abs. 1), Leistung einer Sicherheit (Abs. 2), Leistung einer Entschädigung (Abs. 4) und Anfechtungsmöglichkeit (§ 157). b) Im Rahmen der Gesetzgebungsverhandlungen anläßlich der „1. Beschleunigungs"-Novelle schlug der BR (BR—DS 446/78, zu Abs. 1 nach Nr. 20) folgende Fassung der Sätze 4 bis 6 vor: ,Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt sofort wirksam. Auf Antrag des Betroffenen ist dieser Zeitpunkt auf frühestens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an ihn festzusetzen. Der Beschluß ist mit dem von der Enteignungsbehörde festgesetzten Tag sofort vollziehbar.' In der Gegenäußerung der BR ( B T - D S 8/2451, zu 11 heißt es: 584
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§116
2
Die BReg. bejaht das Anliegen des BR, die zwangsweise Verschaffung des tatsächlichen Besitzes bei einer vorzeitigen Besitzeinweisung zu erleichtern und zu beschleunigen. Sie ist allerdings der Auffassung, daß es zur Erreichung dieses Zwecks der Änderung des § 116 Abs. 1 nicht bedarf. Diese Bestimmung enthält nur Vorschriften über die Voraussetzungen und die Wirkung der vorzeitigen Besitzeinweisung, nicht über deren Volziehbarkeit. Die Vollziehbarkeit sollte wie in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei den Rechtsbehelfen, also in § 164 geregelt werden. Darüber hinaus sollte eine dem neu zu fassenden § 164 entsprechende Regelung für das Verwaltunsvorverfahren in § 155 vorgesehen werden. Mit diesen Maßgaben konnte dem Anliegen des Bundesrats bei Berücksichtigung „des erforderlichen Überleitungsrechts" durch Ergänzung der §§ 155 und 164 (siehe dort) sowie durch Einfügung eines § 183 (siehe dort) entsprochen werden. 2. Voraussetzungen für die vorzeitige Besitzeinweisung (Abs. 1) a) Es müssen Gründe des Wohles der Allgemeinheit vorliegen, damit die vorzeitige Besitzeinweisung ausgesprochen werden kann. Daraus erfolgt, daß private Gründe, etwa die Interessen eines Beteiligten, die Einweisung nicht rechtfertigen können. Vielfach wird die Zweckbestimmung der beabsichtigten Maßnahme für das Vorliegen von Gründen des Wohles der Allgemeinheit ausschlaggebend sein (Errichtung von Schulen, Krankenhäusern, Versorgungseinrichtungen, sozialer Wohnungsbau); es ist aber auch denkbar, daß andere Umstände gegeben sein können, die zur Bejahung des Vorliegens der genannten Gründe führen können, so die Tatsache, daß bei Verzögerung des Baues das Baumaterial infolge der Witterungseinflüsse (Einbruch des Winters) zugrunde gehen würde oder daß eine größere Anzahl von Arbeitskräften entlassen werden müßte (im übrigen vgl. zum Begriff „Wohl der Allgemeinheit", Nr. 2 a zu § 87). b) Das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Wohles genügt aber für sich allein noch nicht. Es ist noch erforderlich, daß die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus den genannten Gründen dringend geboten ist. Es genügt also nicht, daß die Ausführung der Maßnahme an sich im Interesse des Wohles der Allgemeinheit liegt und daß bei einer Verzögerung Nachteile entstehen, es muß vielmehr dazu kommen, daß die Arbeiten überhaupt keinen Aufschub dulden, daß durch eine Verzögerung möglicherweise die Verwirklichung des Enteignungszweckes unmöglich oder jedenfalls sehr in Frage gestellt wird (z. B. ein bestimmtes Bauwerk, welches das Enteignungsunternehmen darstellt, muß zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein, da sonst der mit der Enteignung verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden kann). Ob die Voraussetzungen für die vorzeitige Besitzeinweisung gegeben sind, ist eine gerichtlich nachprüfbare Rechtsfrage. Da es sich, wie erwähnt, um ei585
§116 4
5. Teil. Enteignung
nen erheblichen Eingriff handelt, ist von dem Institut der vorzeitigen Einweisung nur mit Vorsicht Gebrauch zu machen; jedenfalls wird es sich empfehlen, bei der Entscheidung über die Besitzeinweisung auch die Erfolgsaussichten des Enteignungsantrags, d. h. die Frage, ob ihm voraussichtlich stattzugeben sein wird, zu prüfen. (Vgl. hierzu auch OLG München, Senat für Baulandsachen, U vom 4. 6. 1962 — 2 U 1/62 Baul —; hiernach ist Voraussetzung für die vorzeitige Besitzeinweisung, daß das Enteignungsverfahren mit einer fast an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Erfolg hat. Die Enteignungsbehörde muß vor der Entscheidung prüfen, ob die sämtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der jeweiligen Enteignung mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen, und dazu gehört auch die Ordnungsmäßigkeit des Plans. Dasselbe gilt für das Verfahren vor der Baulandkammer und im Berufungsverfahren. 3. Die Besitzeinweisung (noch Abs. 1) a) Erforderlich ist ein Antrag desjenigen, der die Enteignung betreibt („Antragsteller"). Die Behörde kann also nicht von sich aus eine Besitzeinweisung aussprechen. Der Antrag kann jederzeit während des Laufes des Verwaltungsverfahrens vor der Enteignungsbehörde gestellt werden. Die Behörde kann eine Besitzeinweisung nur bis zum Erlaß des Enteignungsbeschlusses nach § 113 aussprechen. Dies ergibt sich aus der Regelung in Abs. 4 über die Festsetzung der Entschädigung für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile. Eine solche Entschädigung ist von der Enteignungsbehörde „spätestens in dem in § 113 bezeichneten Beschluß" festzusetzen; also muß die Besitzeinweisung vorher erfolgen. b) Der Beschluß über die Besitzeinweisung darf nur auf Grund mündlicher Verhandlung ergehen (vgl. hierzu, auch wegen des Erfordernisses der Begründung, Nr. 2 c zu § 112). Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde („kann einweisen"), d. h. die Behörde muß beim Vorliegen der Voraussetzungen die Einweisung nicht aussprechen; sie kann auch — und das wird in vielen Fällen möglich und zweckmäßig sein — das Verfahren so beschleunigen, daß eine vorzeitige Besitzeinweisung hinfällig wird. Der Beschluß ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem (etwa vorhandenen) unmittelbaren Besitzer (z.B. Pächter — siehe unten Nr. 5) zuzustellen. 4. Inhalt des Einweisungsbeschlusses (noch Abs. 1) Der Einweisungsbeschluß hat zu enthalten a) die erforderlichen Angaben über die Durchführung der mündlichen Verhandlung (vgl. Nr. 2 c zu § 112), b) Bezeichnung des Antragstellers, des betroffenen Grundstücks und seines Eigentümers und etwaigen unmittelbaren Besitzers (z. B. Pächters), c) die Verfügung der Besitzeinweisung, 586
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
1166
d) Angabe des Zeitpunkts, in dem die Einweisung wirksam wird (Abs. 1 Satz 4), e) soweit erforderlich die Festsetzung einer Sicherheit und anderer Bedingungen (Abs. 2), f) Hinweis auf die Wirkungen der Einweisung (Abs. 3), g) Festsetzung einer Entschädigung (Abs. 4). 5. Zeitpunkt der Wirksamkeit (noch Abs. 1) Die vorzeitige Besitzeinweisung wird in dem Zeitpunkt wirksam, der von der Enteignungsbehörde im Einweisungsbeschluß festgesetzt wird. In dem Beschluß ist also hierfür ein ganz bestimmter Termin (Tag) festzusetzen; zu diesem Zeitpunkt treten die in Abs. 3 bezeichneten Wirkungen ein, d. h. der Eingewiesene wird ohne weiteres Besitzer und kann die erforderlichen Maßnahmen auf dem fraglichen Grundstück durchführen. Der Einweisungsbeschluß ist selbständig anfechtbar. Im Falle der Anfechtung treten die in § 164 bezeichneten Folgen ein; Zwangsmaßnahmen zur Verschaffung des „tatsächlichen Besitzes" sind sodann mit Zustimmung des Gerichts zulässig. Die im Einweisungsbeschluß erfolgte Festsetzung eines Zeitpunktes für die Wirksamkeit der Besitzeinweisung wird im Falle der Anfechtung insoweit illusorisch, als die Besitzeinweisung (ohne Zustimmung des Gerichts) nicht mehr mit behördlichen Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden kann. Ist der Eingewiesene schon vor der Anfechtung des Einweisungsbeschlusses in den Besitz des betroffenen Grundstücks gelangt, so bleibt es dabei. Aus Billigkeitsgründen (um ihm die Räumung des Grundstücks in angemessener Frist zu ermöglichen) wurde bestimmt, daß der unmittelbare Besitzer (z. B. Pächter, Mieter) verlangen kann, daß der Zeitpunkt der Besitzeinweisung nicht früher als zwei Wochen nach Zustellung des Einweisungsbeschlusses an ihn festgesetzt wird. 6. Sicherheitsleistung und andere Bedingungen (Abs. 2) a) Die vorzeitige Besitzeinweisung bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Rechte des von der Enteignung Betroffenen. Der Antragsteller wird durch die Einweisung in die Lage versetzt, frühzeitig mit den Arbeiten zu beginnen, während andererseits der Betroffene genötigt wird, den Besitz vorzeitig aufzugeben. Der Gesetzgeber hat es daher als billig angesehen, daß der Betroffene durch die Anordnung der Sicherheitsleistung so gestellt werden kann, als ob er bereits den ganzen Enteignungsschaden erlitten hätte. Die Leistung der Sicherheit (in Geld) kann verlangt werden „in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung", d. h. die Behörde wird im allgemeinen die Hauptentschädigung, die sie auf Grund der vorhandenen Enteignungsunterlagen annähernd berechnen kann, als Sicherheit festsetzen; doch ist es ihrem pflichtmäßigen Ermessen überlassen, ob und in welcher Höhe sie die Leistung einer Sicher587
§1166
5. Teil. Enteignung
heit fordern will. Es ist nicht anzunehmen, daß sie, wenn sie eine Sicherheitsleistung verlangt, nur eine solche in Höhe der voraussichtlichen Hauptentschädigung festsetzen kann, vielmehr wird dies die Höchstgrenze sein. Auch der Ausdruck „voraussichtliche" Entschädigung besagt, daß die Behörde nicht gezwungen ist, die Höhe der Sicherheitsleistung genau auf die Höhe der Hauptentschädigung abzustellen. Im übrigen wird die Festsetzung einer Sicherheit nicht dadurch ausgeschlossen, daß im Hauptverfahren an Stelle der Geldentschädigungen andere Entschädigungen in Frage kommen oder gefordert werden (z. B. Entschädigung in Land). Es handelt sich hier um eine vorläufige Maßnahme, durch die der Betroffene auf jeden Fall durch Erlegung eines Geldbetrags durch den Enteignungsbegünstigten (ohne Rücksicht auf die Art der später im Enteignungsbeschluß festzusetzenden Entschädigung) gesichert werden soll. Wegen der Art der Sicherheitsleistung vgl. § 232 ff. BGB. b) Die Besitzeinweisung kann außer von der Leistung einer Sicherheit in Geld auch noch von der vorherigen Erfüllung anderer Bedingungen abhängig gemacht werden. In der Auswahl dieser Bedingungen ist die Behörde grundsätzlich frei, allerdings müssen sie sich ihrem Sinn und Zweck nach darauf richten, die Wirkungen des Eingriffs (vorzeitige Besitzeinweisung) zu mildern und dem Betroffenen neben der finanziellen Sicherung noch sonstig mögliche Erleichterungen zu bringen. So könnte beispielsweise bestimmt werden, daß ernstliche Verhandlungen über den freihändigen Erwerb des Grundstücks stattfinden oder daß dem Betroffenen gestattet ist, das fragliche Grundstück auch nach der Besitzeinweisung noch für eine bestimmte Zeit in einem bestimmten Ausmaß zu benutzen, soweit dadurch der Enteignungszweck nicht gefährdet wird. Aus dem Wortlaut „vorherige Erfüllung anderer Bedingungen" könnte zwar geschlossen werden, daß die Behörde dem Antragsteller zunächst die Bedingungen auferlegen muß und erst nach deren Erfüllung die Besitzeinweisung aussprechen kann; doch wird nichts dagegen einzuwenden sein, daß Sicherheitsleistung und Bedingungen in den Einweisungsbeschluß aufgenommen werden. Allerdings handelt es sich dann nicht mehr um eine Bedingung, sondern um eine Auflage. c) Während die Anordnung der Sicherheitsleistung nach Abs. 2 Satz 1 in das Ermessen der Behörde gestellt ist, muß die Sicherheitsleistung nach Satz 2 bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags ausgesprochen werden. Es handelt sich hier um die Inhaber eines Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt (vgl. § 86 Abs. 1 Nr. 3 und die dortigen Erläuterungen); auf Antrag der Rechtsinhaber ist die Besitzeinweisung in das Grundstück, an dem sie dieses Recht besitzen, von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der ihnen voraussichtlich zu gewährenden Entschädigung abhängig zu machen. Daneben können auch Bedingungen im Sinne des Satz 1 festgesetzt werden. 588
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§116
8
7. Wirkungen der Besitzeinweisung (Abs. 3) Die Besitzeinweisung hat einen Besitzwechsel im Sinne des § 854 BGB zur Folge. Dem bisherigen Besitzer (dem unmittelbaren wie dem mittelbaren) wird der Besitz entzogen, und der Eingewiesene wird mit dem in der Einweisungsanordnung bezeichneten Zeitpunkt Besitzer, d. h. er erlangt die tatsächliche Gewalt über das Grundstück. Diese tatsächliche Gewalt kann er aber nicht unbeschränkt ausüben; das durch die Einweisung erlangte Besitzrecht ist, jedenfalls solange der Eingewiesene nicht nach Unanfechtbarkeit des Enteignungsbeschlusses Eigentümer ist, beschränkt auf bestimmte Handlungen, die der Erreichung des Enteignungszweckes dienen. Der Eingewiesene darf lediglich die erforderlichen Maßnahmen zur Ausführung des Bauvorhabens, das im Enteignungsantrag bezeichnet ist, treffen. Andere bauliche oder sonstige Maßnahmen auf dem Grundstück werden durch die Besitzeinweisung nicht gedeckt, auch gewährt die vorzeitige Besitzeinweisung lediglich die privat-rechtliche Befugnis zur Inangriffnahme der in Aussicht genommenen baulichen Anlage, die sonst erforderlichen öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse und Genehmigungen sind gleichwohl rechtzeitig einzuholen. Die Rechtswirkung des Besitzübergangs wird durch eine etwaige Anfechtung des Einweisungsbeschlusses nicht berührt (vgl. oben Nr. 5). 8. Entschädigungsleistung anläßlich der Besitzeinweisung (Abs. 4) a) Abs. 4 sieht eine Entschädigung für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung dem Betroffenen entstehenden Vermögensnachteile vor. Eine solche Entschädigung wird beispielsweise dann gerechtfertigt sein, wenn infolge der Besitzeinweisung die bisherige Nutzung entfällt und der Eigentümer einen laufenden Verdienstausfall erleidet. Es kommen also hier Vermögensnachteile in Frage, die dadurch entstehen, daß durch die vorzeitige Besitzeinweisung der bisherige Besitzer sein Besitzrecht früher verliert, als dies infolge des Enteignungsbeschlusses der Fall wäre. Diese Entschädigung entfällt aber, soweit die Vermögensnachteile durch die nach § 99 Abs. 3 vom Eingewiesenen zu zahlende Verzinsung ausgeglichen werden. Diese Verzinsung ist von dem Zeitpunkt ab zu leisten, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird (vgl. § 116 Abs. 1). b) Die Festsetzung des Einweisungsbeschlusses geschieht in einem Beschluß der Enteignungsbehörde. Nach Abs. 4 sind zwei Möglichkeiten gegeben: aa) Der Beschluß über Art und Höhe der Einweisungsentschädigung kann mit dem Enteignungsbeschluß nach § 113 verbunden werden, d . h . in diesem (Haupt-)Beschluß wird sowohl über die Hauptentschädigung wie über den Einweisungsschaden entschieden, oder bb) der Beschluß über Art und Höhe der Einweisungsentschädigung ergeht vor dem Enteignungsbeschluß nach § 113. Das kann geschehen sofort mit dem Einweisungsbeschluß (Abs. 1) oder durch einen späteren selbständi589
§116 9
5. Teil. Enteignung
gen (aber noch vor dem Beschluß nach § 113 ergehenden) Entschädigungsbeschluß. Ob einer der beiden letztgenannten Zeitpunkte zu wählen ist, hängt hauptsächlich davon ab, wann sich übersehen läßt, wie hoch der Einweisungsschaden zu bemessen ist. Dieser vorzeitig ergangene Beschluß ist jedenfalls dem Eingewiesenen, dem Betroffenen und einem etwaigen unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Später als zusammen mit dem Hauptbeschluß nach § 113 (s. oben) darf aber die Einweisungsentschädigung nicht festgesetzt werden, und zwar kann sie dann zusammen mit der Hauptentschädigung in einem Betrag angesetzt werden, da sich beide in diesem Zeitpunkt überblicken lassen werden. Auch ein solcher Beschluß ist selbständig anfechtbar (§ 157, gegebenenfalls § 155). c) Die Einweisungsentschädigung ist in jedem Fall, also auch wenn gegen den Entschädigungsbeschluß Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wurde, zu dem Zeitpunkt fällig, in dem die Besitzeinweisung nach dem von der Behörde erlassenen Einweisungsbeschluß wirksam wird (Abs. 1 Satz 4). 9. Feststellung des Zustandes des Grundstücks vor der Besitzeinweisung (Abs. 5) a) Durch die Besitzeinweisung wird der Eingewiesene ermächtigt, auf dem Grundstück verschiedene Maßnahmen zu treffen, durch die der Zustand des Grundstücks verändert wird (z. B. Erdaushub, Aufgrabungen, Aufschüttungen, Anlegung von Versorgungsleitungen). Dies könnte zu einer Quelle von Streitigkeiten werden, wenn das Ausmaß der Veränderungen bestritten wird, und wiederum einen erheblichen Einfluß auf Art und Höhe der zu gewährenden Entschädigungen (Besitzeinweisungs- und Enteignungsentschädigungen) ausüben. Um solche Streitigkeiten zu vermeiden, hat das Gesetz bestimmt, daß der Zustand des Grundstücks, soweit er für die genannten Entschädigungen von Bedeutung ist, von der Enteignungsbehörde vor der Besitzeinweisung festzustellen ist. Die Behörde wird aber auch hier nicht von sich aus tätig, sondern nur auf Antrag des „Antragstellers", des Grundstückseigentümers oder eines unmittelbaren Besitzers. b) Als Form dieser Feststellung ist eine Niederschrift durch die Behörde vorgesehen. Diese Niederschrift kann nur auf Grund einer Ortsbesichtigung durch den zuständigen Beamten der Behörde gefertigt werden, da in ihr alle wesentlichen Merkmale des Grundstücks (Lage, Größe, Form, jetzige Nutzung — insbesondere ob Ackerland, Wiese, Lagerplatz — Bepflanzung, Bebauung, Bodenerhebungen und -Vertiefungen, Wasserläufe, Umzäunungen usw.) aufgezeichnet werden müssen. Die Niederschrift ist von dem Beamten der Behörde zu unterzeichnen. Es ist zwar nicht vorgeschrieben, aber sehr zweckmäßig, die Beteiligten zu der Ortsbesichtigung zu laden, ihnen den Inhalt der Niederschrift bekanntzugeben und etwaige Einwendungen in die Niederschrift aufzunehmen. Den Beteiligten ist auch eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden. 590
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§116
11
10. Aufhebung der Besitzeinweisung (Abs. 6) a) In den Fällen, in denen der Enteignungsantrag abgewiesen wird (Beschluß nach § 112 Abs. 1, § 113 Abs. 1), muß auch die vorzeitige Besitzeinweisung wieder aufgehoben werden, da ihre Grundlage (sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme) weggefallen ist. Zugleich muß der vorherige unmittelbare Besitzer wieder in den Besitz eingewiesen werden. Dies ist notwendig, weil der unmittelbare Besitzer durch die Einweisungsverfügung aus seinem Besitz verdrängt wurde. Der unmittelbare Besitzer kann der frühere Eigentümer selbst oder eine Person sein, die von ihm den Besitz herleitet (Mieter, Pächter). Allerdings wird es unmöglich sein, den früheren unmittelbaren Besitzer wieder einzuweisen, wenn inzwischen das maßgebliche Rechtsverhältnis (z. B. Pacht) beendet wurde (z. B. Ablauf der Pachtzeit). In diesem Falle wird der frühere mittelbare Besitzer wieder einzuweisen sein (z. B. der Verpächter). Der Beschluß über die Aufhebung der Besitzeinweisung muß aber nicht erst zusammen mit dem Beschluß nach §§112, 113 ergehen; es kann wohl auch schon vorher, wenn sich die Behörde darüber klar ist, daß der Enteignungsantrag keine Aussicht auf Erfolg mehr hat, die Aufhebung ausgesprochen werden; schließlich kann aber auch der Fall eintreten, daß die Einweisung erst nach dem Enteignungsbeschluß aufgehoben werden muß, wenn nämlich der Enteignungsbeschluß der Behörde, in dem die Enteignung ausgesprochen wurde, mit Erfolg angefochten wurde und im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird. Der Beschluß ergeht von Amts wegen, ein Antrag ist nicht erforderlich. b) Mit dem Beschluß über die Aufhebung der Einweisung ist immer auch über Art und Höhe der Entschädigung zu entscheiden, die der Eingewiesene „für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile" zu leisten hat. Diese „Nachteile" decken sich durchaus nicht etwa mit den in Abs. 4 erwähnten, „durch vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen Vermögensnachteile"; während es sich bei den letzteren um Vermögensschäden handelt, die dadurch entstanden sind, daß der bisherige Besitzer den Besitz vorzeitig verloren hat (z. B. Entgang von Nutzungen, die in Aussicht standen — vgl. oben Erläuterung 8 a), betreffen die besonderen Nachteile nach Abs. 6 Schäden, die während der Besitzeinweisung entstanden sind (z. B. Veränderungen an dem Grundstück, die der vorherige Besitzer wieder beseitigen muß, oder Einrichtungen auf dem Grundstück, die der frühere Besitzer nicht verwenden kann und daher ebenfalls beseitigen muß, um die früheren oder von ihm weiter beabsichtigten Nutzungen ziehen zu können). 11. Anfechtung Die Beschlüsse und Verfügungen über die Anordnung und die Ablehnung der Besitzeinweisung (Abs. 1), über die Sicherheitsleistung (Abs. 2), über die Entschädigungsleistung (Abs. 4) und über die Aufhebung des Einweisungsan591
§ 1 1 6 12
5. Teil. Enteignung
trags (Abs. 6) können durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden (§ 157), gegebenenfalls nach Durchführung eines Vorverfahrens (§ 155).
12. Rechtsprechung A. Bundesgerichtshof 1. BGH U vom 30. 5. 1960 (III ZR 16/59) BGHZ 32, 338, 2. Leitsatz; M D R 1960, 745 Der Kläger sieht den Verlust „einer außergewöhnlichen vorübergehenden Nutzung", der ihm d a d u r c h entstanden ist, d a ß er den vor der neuen Fluchtlinie gelegenen Teil seines G r u n d s t ü c k s von der vorläufigen Besitzeinweisung bis zur endgültigen D u r c h f ü h r u n g der Umlegung nicht mehr als Ausstellungsgelände f ü r zum Verkauf bestimmte K r a f t w a g e n verpachten oder (gegen „ G e b ü h r e n " ) als Privatparkplatz verwerten konnte, als einen Schaden an, f ü r den ihm ein „ S c h a d e n s a n s p r u c h " zusteht. -Im R a h m e n des hier allein zu b e h a n d e l n d e n Enteignungsrechts gibt es jedoch einen derartigen Schadensersatzanspruch nicht. Als „ S c h a d e n " anläßlich der vorzeitigen Besitzeinweisung k a n n nur ein Nachteil angesehen werden, der nicht bereits durch die Entschädigung f ü r die regelmäßige Nutzung abgegolten ist u n d der sich andererseits als Substanzverlust im Sinne der G r u n d s ä t z e des Enteignungsrechts darstellt. Ein solcher Schaden k a n n etwa d a n n vorliegen, wenn durch die vorzeitige Besitzeinweisung die Einbringung einer bevorstehenden Ernte auf einem landwirtschaftlichen G r u n d s t ü c k nicht mehr erfolgen k a n n , die Festsetzung der Hauptentschädigung aber nur den Wert des zu enteignenden Grundbesitzes berücksichtigt. Ein zur Entschädigung verpflichtender Schaden wegen Entgangs weiterer Nutzung setzt mindestens voraus, d a ß diese über die regelmäßige Nutzung hinausgehende Nutzungsmöglichkeit sich als ein „konkreter Wert" darstellt u n d nicht nur eine „ C h a n c e " ist, den Grundbesitz vielleicht einmal in dieser Weise nutzen zu k ö n n e n .
2. BGH U vom 22. 2. 1965 (III ZR 104/64) NJW 1965, 915 = BBauBl. 1968,273. In Baulandsachen nach dem BBauG ist die Revision gegen Urteile nicht zulässig, durch die über die A n o r d n u n g oder A u f h e b u n g einer vorzeitigen Besitzeinweisung entschieden wird.
3. BGH U vom 26. 6. 1969 (III ZR 102/68) NJW 1969, 1897 = DÖV 1970, 142 Geht der Grundstücksvollenteignung eine vorzeitige Besitzeinweisung voraus, die sich f ü r den betroffenen Eigentümer wirtschaftlich bereits als eine (teilweise) Entzieh u n g der Grundstückssubstanz auswirkt, d a n n hat dies die W i r k u n g e n : Einmal wird der f ü r die Qualität des Enteignungsobjekts m a ß g e b e n d e Zeitpunkt auf den Zeitpunkt einer solchen Besitzeinweisung vorverlegt, so d a ß ein G r u n d s t ü c k insoweit von einer konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen wird; zum anderen aber hat die Verzinsung der Enteignungsentschädigung rechtsgrundsätzlich von einer derartigen Besitzeinweisung an zu erfolgen. Sie ist der abstrakt berechnete Ausgleich d a f ü r , d a ß dem Betroffenen das G r u n d s t ü c k nicht mehr so wie bisher zur Nutzung, die an die Stelle des G r u n d s t ü c k s tretende Enteignungsentschädigung aber noch nicht zur Verfügung steht.
592
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§ 117
B. A n d e r e G e r i c h t e O V G L ü n e b u r g B v o m 28. 9. 1964 (I O V G B 7 2 / 6 4 ) N J W 1965, 554 a) Die rechtsgestaltenden Wirkungen der vorzeitigen Besitzeinweisung treten ohne besondere Vollziehungsanordnung ein. Eine gleichwohl erfolgende Vollziehbarkeitserklärung ist jedoch unschädlich. b) Die vorzeitige Besitzeinweisung setzt lediglich ernstliche Verhandlungen über den freihändigen Erwerb voraus. Auf die Angemessenheit der angebotenen Entschädigung kommt es dabei nicht an. c) Ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses ist es, ob ein Anspruch auf Entschädigung in Ersatzland besteht. Darüber kann nur im Hauptverfahren entschieden werden.
§117 Ausführung
des
Enteignungsbeschlusses
(1) Ist der Enteignungsbeschluß oder sind die Entscheidungen nach § 112 Abs. 2 nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses oder der Vorabentscheidung an (Ausführungsanordnung), wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung, im Falle der Vorabentscheidung die nach § 112 Abs. 2 Satz 2 festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann im Falle des § 112 Abs. 2 die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung davon abhängig machen, daß der durch die Enteignung Begünstigte im übrigen für einen angemessenen Betrag Sicherheit leistet. (2) In den Fällen des § 111 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend, soweit sich nicht aus der Einigung etwas anderes ergibt. (3) Im Falle des § 113 Abs. 4 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die im Enteignungsbeschluß in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluß festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Der Nachtragsbeschluß braucht nicht unanfechtbar zu sein. (4) D i e Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluß betroffen wird. Die Ausführungsanordnung ist der Gemeinde abschriftlich mitzuteilen, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. § 113 Abs. 5 gilt entsprechend. (5) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechts593
§117
1
5. Teil. Enteignung
zustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die qach § 113 Abs. 2 Nr. 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart. (6) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlands zu dem festgesetzten Tag ein. (7) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen. 1. Die Ausführungsanordnung (Abs. 1) Der Schlußstein des gesamten Enteignungsverfahrens ist die Ausführungsanordnung. Sie beendet das Verfahren und setzt die Enteignung in Kraft; die rechtlichen Wirkungen der Enteignung treten also nicht etwa schon dadurch ein, daß der Enteignungsbeschluß rechtskräftig geworden ist, sondern erst durch die Erlassung der Ausführungsanordnung. Voraussetzung für diese Erlassung ist: a) Es muß ein Antrag eines Beteiligten vorliegen; der Antrag wird in der Regel vom Enteignungsbegünstigten ausgehen, der den Enteignungsantrag gestellt hat und das Vorhaben, das zur Enteignung Anlaß gab, durchführen will; er kann aber auch von jedem anderen Beteiligten gestellt werden, da. auch diese ein Interesse an dem endgültigen Abschluß des Verfahrens haben können, besonders wenn sie Entschädigungsleistungen erhalten. b) Die Ausführungsanordnung darf erst ergehen, wenn der Enteignungsbeschluß nicht mehr anfechtbar ist. Dies kann dadurch eintreten, daß der Beschluß nicht angefochten wurde, oder dadurch, daß die gegen ihn gerichtete Anfechtung letztinstanziell zurückgewiesen wurde. c) Schließlich muß die Behörde bei Erlassung der Ausführungsanordnung darauf achten, daß sie von dem durch die Enteignung Begünstigten den Nachweis verlangen muß, daß dieser die Entschädigung gezahlt (§§99, 113 Abs. 2 Nr. 8) oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat (§§ 372, 376, 378 BGB). Eine bestimmte Form des Nachweises der Verpflichtung der Begünstigten schreibt das Gesetz nicht vor, es ist daher dem Ermessen der Behörde überlassen, welche Nachweise sie fordern will. Außer der Bezahlung der Geldentschädigung oder der Hinterlegung werden wohl auch andere Nachweise, welche die Begleichung oder das Erlöschen der Schuld dartun können, für den Erlaß der Anordnung als genügend erachtet werden müssen, so z. B. ein Erlaßvertrag oder ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 BGB). d) Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde Abs. 1 um die sich aus den Ergänzungen der §§111 und 112 ergebenen Sachverhalte erweitert. Es wird damit sichergestellt, daß bei Teileinigungen und bei einer Vorabentscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung z. B. das Eigentum an dem zu enteignenden Grundstück auf den Enteignungsbegünstigten übergehen kann. Der 594
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§117 5
Enteignungsbegünstigte hat jedoch vor Eigentumsübergang eine Vorauszahlung zu leisten und kann im übrigen für den nachverbleibenden Betrag verpflichtet werden, Sicherheit zu leisten. 2. Die Aufhebung des Enteignungsbeschlusses bei Nichtzahlung der Entschädigung (noch Abs. 1) Es ist dem Begünstigten nicht möglich, die (von ihm möglicherweise aus irgendeinem Grund beabsichtigte) Hinauszögerung der Erlassung der Ausführungsanordnung etwa dadurch zu erreichen, daß er mit der Bezahlung der Geldentschädigung zuwartet. Dem schiebt nämlich § 120 dadurch einen Riegel vor, daß er der Enteignungsbehörde gebietet, den Enteignungsbeschluß auf Antrag (eines Beteiligten) aufzuheben, wenn die Ausführungsanordnung noch nicht ergangen ist und der durch die Enteignung Begünstigte die ihm durch den Enteignungsbeschluß auferlegten Zahlungen nicht innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt geleistet hat, in dem der Beschluß unanfechtbar geworden ist. 3. Ausführungsanordnung bei Teileinigung (Abs. 2) Der durch die Novelle 1976 eingefügte neue Abs. 2 stellt sicher, daß auch bei Teileinigungen Ausführungsanordnungen möglich sind. Voraussetzungen sind a) Antrag eines am Verfahren Beteiligten, b) Zahlung des unstreitigen Entschädigungsbetrags oder Hinterlegung unter Verzicht auf Rücknahme. Satz 2 verweist auf den Satz 1 des Abs. 1; d. h., daß die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung von der Sicherheitsleistung durch den Begünstigten abhängig machen kann. 4. Ausführungsanordnung bei vorläufiger Bezeichnung der Fläche (Abs. 3) Der neue Abs. 3 wurde auf Vorschlag des BR vom federführenden Ausschuß übernommen. Er korrespondiert mit dem Vorschlag des BR zu § 113, dessen neuer Abs. 4 die vorläufige Bezeichnung der Grundstücksteile zum Inhalt hat. Genau wie bei Abs. 3 kann auch hier eine Ausführungsanordnung erlassen werden, wenn ein Antrag eines Beteiligten vorliegt und der Begünstigte entweder die Geldentschädigung gezahlt hat oder — zulässig — unter Verzicht auf Rücknahme hinterlegt hat. Nach Satz 2 muß der Nachtragsbeschluß, der später entsprechend dem Ergebnis der Vermessung erfolgt, noch nicht rechtskräftig sein. 5. Form und Zustellung (Abs. 4) a) Über die Form der Ausführungsanordnung ist im Gesetz nichts enthalten, sie kann als Beschluß oder als Verfügung bezeichnet werden; im Falle des § 104 Abs. 2 müssen die ehrenamtlichen Beisitzer mitwirken. 595
§117 6
5. Teil. Enteignung
b) Formell zuzustellen ist die Anordnung nur den Beteiligten, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluß betroffen wird. Wer hier als Beteiligter in diesem Sinn in Frage kommt, ergibt sich wohl eindeutig aus dem Enteignungsbeschluß, da in ihm alle Personen aufgeführt sein müssen, die durch ihn betroffen werden. Mitteilung ohne förmliche Zustellung genügt: bei der Gemeinde, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt (Abschrift der Anordnung — Abs. 4); beim Grundbuchamt (beglaubigte Abschriften des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung mit dem Ersuchen, die Rechtsänderung in das Grundbuch einzutragen — Abs. 7; vgl. auch unten 6a —); beim Vollstreckungsgericht (Abschrift der Anordnung — Abs. 4 Satz 3 mit § 113 Abs. 5 - ) . 6. Die Rechtswirkungen der Ausführungsanordnung (Abs. 5, 6 und 7) a) Die Ausführungsanordnung ist für das Enteignungsverfahren deshalb von so großer Bedeutung, weil durch sie erst die Enteignung in Kraft gesetzt wird. Die Enteignungsbehörde hat in der Anordnung einen bestimmten Tag festzusetzen. An diesem Tag hört der bisherige Rechtszustand zu bestehen auf, und an seine Stelle tritt der durch die Enteignungsbehörde im Enteignungsbeschluß geregelte Rechtszustand. Der Rechtsübergang geschieht ohne weitere Formalitäten; es handelt sich um einen originären Rechtsübergang. Daraus folgt, daß die Eintragung im Grundbuch (Abs. 7) keine konstitutive Wirkung hat, daß es sich vielmehr im Wesen um eine Grundbuchberichtigung handelt. (Vgl. im übrigen zur Frage des Eigentumsübergangs in Enteignungsverfahren auch BayObLG B vom 8. 11. 1971 - B Reg 2 Z 57/71 BayVBl. 1972, 613: „Im Zwangsabtretungs-(Enteignungs-)Verfahren tritt der Eigentumsübergang kraft Gesetzes mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Abtretungspflicht in Verbindung mit der Zahlung der festgesetzten Entschädigung außerhalb des Grundbuchs ein. Die Eintragung des Abtretungsbegünstigten als Eigentümer im Grundbuch stellt eine Grundbuchberichtigung dar.") Infolge der tiefgreifenden Wirkungen der Festsetzung des Termins für den Rechtsübergang ist dieser Termin genau zu bezeichnen. In der Wahl des Tages wird die Behörde in der Regel frei sein, doch wird die Wahl eines vor der Anordnung liegenden Tages nicht zulässig sein. b) Kraft Gesetzes hat die Ausführungsanordnung auch die Wirkung, daß der Begünstigte in den Besitz des enteigneten Grundstücks bzw. des Ersatzlandes eingewiesen wird (Abs. 6). Diese Besitzeinweisung tritt zu demselben Zeitpunkt ein, der in der Ausführungsanordnung als Tag des Rechtsübergangs bezeichnet ist (Abs. 3). Die Wirkung der Besitzeinweisung entfällt, wenn bereits früher gemäß § 116 ein Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung ergangen ist. 596
§118
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
Obwohl die Besitzeinweisung durch die Ausführungsanordnung kraft Gesetzes eintritt, dürfte es doch zweckmäßig sein, in letzterer einen Hinweis auf die Tatsache und den Zeitpunkt der Besitzeinweisung zu bringen. 7. Sondervorschriften des Städtebauförderungsgesetzes § 22 StBauFG enthält besondere Vorschriften über die Enteignung in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten. Der durch die Novelle 1976 gestrichene Abs. 6 enthielt die Bestimmung, daß nach der Beurkundung einer Teileinigung nach § 111 BBauG auf Antrag der Gemeinde die Ausführungsanordnung nach § 117 BBauG zu erlassen war, wenn die Gemeinde den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hatte. Diese Vorschrift wurde im wesentlichen in das allgemeine Städtebaurecht in Gestalt des neuen Abs. 3 übertragen (siehe Band II des Komm.).
§118 Hinterlegung
(1) Geldentschädigungen, aus denen andere Berechtigte nach § 97 Abs. 4 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen, soweit mehrere Personen auf sie Anspruch haben und eine Einigung über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist. Die Hinterlegung erfolgt bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt; § 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes gilt sinngemäß. (2) Andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, werden hierdurch nicht berührt. a) Wegen der Entschädigung nach § 97 Abs. 4 (Anspruch auf Ersatz des Wertes des Rechts aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück) vgl. Nr. 5 zu § 97. b) Geldentschädigungen, aus denen andere Berechtigte nach § 97 Abs. 4 zu befriedigen sind, sind unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zu hinterlegen. Voraussetzung für den Eintritt der Pflicht zur Hinterlegung ist: aa) daß mehrere Personen auf die Befriedigung aus der Geldentschädigung Anspruch haben. Dies wird in der Regel immer dann der Fall sein, wenn neben dem Eigentümer, der für den Verlust des Eigentums an dem enteigneten Grundstück eine Geldentschädigung erhält, weitere Beteiligte vorhanden sind, deren Rechte nach § 97 Abs. 4 entschädigt werden sollen (vgl. die Fassung „aus denen andere Berechtigte" — nicht ein anderer Berechtigter — „zu befriedigen sind"): 597
§119
5. Teil. Enteignung
bb) daß eine Einigung über die Auszahlung nicht nachgewiesen ist. Der Nachweis, d a ß eine Einigung über die Auszahlung getroffen wurde, ist gegenüber der Enteignungsbehörde zu führen. Diese wird, wenn die Einigung nicht oder nicht genügend nachgewiesen wird und die vorstehende, unter aa) aufgeführte Voraussetzung gegeben ist, die Hinterlegung anordnen. c) Hinterlegungsstelle ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, welches Gericht zuständig ist, so hat das zunächst höhere Gericht eines der Amtsgerichte als Hinterlegungsstelle zu bestellen; die Vorschriften des § 37 ZPO finden entsprechende Anwendung (§ 2 Abs. 1 des Zwangsversteigerungsgesetzes — ZVG). Die gleiche Anordnung kann getroffen werden, wenn die Enteignung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren durchgeführt wurde (vgl. § 108 Abs. 3) und die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte gelegen sind. d) Durch die Bestimmung des Abs. 1 über die Notwendigkeit der Hinterlegung von Geldentschädigungen im Enteignungsverfahren werden andere Vorschriften, nach denen die Hinterlegung geboten oder statthaft ist, nicht berührt (Abs. 2); in Frage kommen hier vor allem die Vorschriften des BGB über die Hinterlegung (§§ 372 ff.).
§119 Verteilungsverfahren (1) Nach dem Eintritt des neuen Rechtszustandes kann jeder Beteiligte sein Recht an der hinterlegten Summe gegen einen Mitbeteiligten, der dieses Recht bestreitet, vor den ordentlichen Gerichten geltend machen oder die Einleitung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens beantragen. (2) Für das Verteilungsverfahren ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt; in Zweifelsfällen gilt § 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes sinngemäß. (3) Auf das Verteilungsverfahren sind die Vorschriften über die Verteilung des Erlöses im Falle der Zwangsversteigerung mit folgenden Abweichungen sinngemäß anzuwenden. 1. Das Verteilungsverfahren ist durch Beschluß zu eröffnen; 2. die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an den Antragsteller gilt als Beschlagnahme im Sinne des § 13 des Zwangsversteigerungsgesetzes; ist das Grundstück schon in einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmt, so hat es hierbei sein Bewenden; 3. das Verteilungsgericht hat bei Eröffnung des Verfahrens von Amts wegen das Grundbuchamt um die in § 19 Abs. 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes bezeichneten Mitteilungen zu ersuchen; in die beglaubigte Abschrift des 598
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§119 2
Grundbuchblattes sind die zur Zeit der Zustellung des Enteignungsbeschlusses an den Enteigneten vorhandenen Eintragungen sowie die später eingetragenen Veränderungen und Löschungen aufzunehmen; 4. bei dem Verfahren sind die in § 97 Abs. 4 bezeichneten Entschädigungsberechtigten nach Maßgabe des § 10 des Zwangsversteigerungsgesetzes zu berücksichtigen, wegen der Ansprüche auf wiederkehrende Nebenleistungen jedoch nur für die Zeit bis zur Hinterlegung. (4) Soweit auf Grund landesrechtlicher Vorschriften die Verteilung des Erlöses im Falle einer Zwangsversteigerung nicht von dem Vollstreckungsgericht, sondern von einer anderen Stelle wahrzunehmen ist, kann durch Landesrecht bestimmt werden, daß diese andere Stelle auch für das Verteilungsverfahren nach den Absätzen 1 bis 3 zuständig ist. Wird die Änderung einer Entscheidung dieser anderen Stelle verlangt, so ist die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes nachzusuchen. Die Beschwerde findet gegen die Entscheidung des Vollstrekkungsgerichtes statt. 1. Allgemeines Während § 118 bestimmt, daß im Fall der Nichteinigung der Beteiligten über die Befriedigung aus der Geldentschädigung eine Hinterlegung zu erfolgen hat, regelt § 119 das Verfahren, in dem die Verteilung des hinterlegten Geldbetrags vor sich zu gehen hat, wenn sich die Beteiligten über diese Verteilung nicht einigen. Das Verteilungsverfahren lehnt sich eng an das im Zwangsversteigerungsgesetz vorgeschriebene Verteilungsverfahren an; Abs. 3 sieht nur einige wenige Ausnahmen vor. 2. Geltendmachung des Rechts (Abs. 1) a) Nach § 117 Abs. 1 ergeht die Ausführungsanordnung erst, wenn der Begünstigte die Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat (§ 118). Nach § 117 Abs. 3 wird mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Dieser Zeitpunkt ist auch entscheidend für den Fall, daß die Geldentschädigung nicht bezahlt, sondern (nach den eben erwähnten Bestimmungen) hinterlegt wurde. Von dem Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes an kann nämlich jeder Beteiligte sein Recht an der hinterlegten Summe geltend machen. b) Wenn der neue Rechtszustand eingetreten ist, gibt es drei Möglichkeiten, um die Verteilung des hinterlegten Betrags zu bewirken: aa) Die vor der Hinterlegung nicht erfolgte Einigung über die Auszahlung der Entschädigung, die zur Hinterlegung geführt hat (vgl. § 118 Abs. 1), kann auch noch nach der Hinterlegung nachgeholt werden. Wenn sich die Beteiligten nach der Hinterlegung über die Verteilung einigen, besteht kein Anlaß zu 599
§120
5. Teil. E n t e i g n u n g
einem gerichtlichen Verfahren; die Hinterlegungsstelle wird vielmehr die Verteilung entsprechend der Einigung vornehmen. bb) Im Fall der Nichteinigung kann ein Beteiligter sein Recht an der hinterlegten Summe gegenüber demjenigen Mitbeteiligten, der dieses Recht bestreitet, durch Klage vor den ordentlichen Gerichten geltend machen. Es können also möglicherweise mehrere solche Prozesse zwischen Beteiligten in Frage kommen. Die Verteilungsstelle wird dann auf G r u n d der ergehenden Urteile die Verteilung vornehmen. cc) Statt der vorstehenden unter bb) angeführten Klage kann jeder Beteiligte auch Antrag auf Einleitung eines gerichtlichen Verteilungsverfahrens stellen. Dieses Verteilungsverfahren findet dann auf G r u n d der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 statt. 3. Verteilungsverfahren (Abs. 2 u. 3) Hinsichtlich der Zuständigkeit gilt das gleiche wie wie für die Zuständigkeit bei Hinterlegung des Betrags (§118 Abs. 1 Satz 2; vgl. auch J 118 bei c). Im allgemeinen sind für das Verteilungsverfahren die Vorschriften über die Verteilung des Erlöses im Fall der Zwangsversteigerung maßgebend. In Frage kommen hier die §§ 105 ff. ZVG. Abweichungen von diesem Verfahren bestimmt Abs. 3, die durch die besonderen Verhältnisse des hier in Frage kommenden Verteilungsverfahrens (gegenüber dem Zwangsversteigerungsverfahren) bedingt sich als notwendig erwiesen haben (gesonderter Beschluß, Festsetzung des Zeitpunkts der Beschlagnahme, wenn das Grundstück nicht schon in einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmt ist, Mitwirkung des Grundbuchamts und Berücksichtigung der in § 97 Abs. 4 bezeichneten Entschädigungsberechtigten). 4. Vorbehalt zugunsten landesrechtlicher Vorschriften (Abs. 4) Der Abs. 4 trägt dem Aufbau des Zwangsvollstreckungswesens im Land Baden-Württemberg Rechnung. Eine dem § 119 Abs. 4 entsprechende Regelung findet sich übrigens auch in § 54 Abs. 4 des Landbeschaffungsgesetzes.
§120 Aufliebung des
Enteignungsbeschlusses
(1) Ist die AusfUhrungsanordnung noch nicht ergangen, so hat die Enteignungsbehörde den Enteignungsbeschluß auf Antrag aufzuheben, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die ihm durch den Enteignungsbeschluß auferlegten Zahlungen nicht innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt geleistet hat, in dem der Beschluß unanfechtbar geworden ist. Antragsberechtigt ist jeder Betei600
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§120
ligte, dem eine nicht gezahlte Entschädigung zusteht oder der nach § 97 Abs. 4 aus ihr zu befriedigen ist. (2) Vor der Aufhebung ist der durch die Enteignung Begünstigte zu hören. Der Aufhebungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen und der Gemeinde und dem Grundbuchamt abschriftlich mitzuteilen. a) Die Vorschrift bezweckt, den Eigentümer des enteigneten Grundstücks für den Fall zu schützen, daß der Enteignungsbegünstigte die ihm obliegenden Entschädigungsleistungen nicht erbringt. Der Begünstigte könnte nämlich die Sache dadurch in der Schwebe halten, daß er, obwohl der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, die Zahlung der Entschädigung (oder die Hinterlegung eines entsprechenden Geldbetrags) verzögert und dadurch das Ergehen der Ausführungsanordnung verhindert (vgl. § 117 Abs. 1); der Eigentümer wäre dadurch möglicherweise gezwungen, auf die ihm zustehende Entschädigung zu warten. Das wird dadurch verhindert, daß der Eigentümer (und im übrigen jeder sonstige Beteiligte) das Recht hat, die Aufhebung des Enteignungsbeschlusses zu verlangen, wenn der Begünstigte die ihm auferlegten Zahlungen nicht innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt geleistet hat, in dem der Beschluß unanfechtbar geworden ist. Voraussetzung ist: aa) Daß die Ausführungsanordnung noch nicht ergangen ist. Das heißt also, daß nach Ergehen der Ausführungsanordnung der Enteignungsbeschluß nicht mehr aufgehoben werden kann. Normalerweise ist das auch nicht nötig, da ja, wie ausgeführt, nach § 117 Abs. 1 die Ausführungsanordnung erst erlassen werden darf, wenn bezahlt oder hinterlegt ist. Aber auch für den Fall, daß diese Anordnung irrigerweise vor Zahlung oder Hinterlegung ergangen wäre, könnte der zugrunde liegende unanfechtbar gewordene Enteignungsbeschluß nicht mehr nach Abs. 1 aufgehoben werden. bb) Daß ein Antrag gestellt wurde; die Enteignungsbehörde kann also den Beschluß nicht von sich aus aufheben, muß aber die Aufhebung aussprechen, wenn ein Beteiligter den Antrag stellt. Den Antrag kann der Beteiligte stellen, der entweder selbst unmittelbar eine Entschädigung zu bekommen hat oder der nach § 97 Abs. 4 aus einer Entschädigung zu befriedigen ist (vgl. § 97 Anm. 5). b) Die Aufhebung geschieht durch Beschluß (Abs. 2), der gemäß § 157 vor den Baulandkammern angefochten werden kann. Der durch die Enteignung Begünstigte hat das Recht, gehört zu werden. Die Verletzung dieses Rechts würde den Aufhebungsbeschluß fehlerhaft machen. Der Beschluß ist gleicherweise zuzustellen wie der Enteignungsbeschluß, ebenso sind die Gemeinde und das Grundbuchamt zu verständigen. c) Eine besondere Lage ergibt sich bei der Ausführung des § 120 dann, wenn bereits Gerichtsurteile vorliegen, d. h. wenn z. B. der Enteignungsbeschluß durch rechtskräftiges Gerichtsurteil bestätigt wurde und nun dessen 601
§ 121
5. Teil. Enteignung
Aufhebung „nach dem Zeitpunkt, in dem der Beschluß unanfechtbar geworden ist", verlangt wird. Hier bedeutet die Aufhebung des Beschlusses zugleich eine Art von Rückgängigmachung einer gerichtlichen Entscheidung durch die Enteignungsbehörde, und es tritt die Frage auf, ob dies zulässig ist. Dies ist (mit Dittus-Zinkahn, § 50 Anm. 3) zu bejahen, denn es handelt sich hier dem Wesen nach nicht etwa um die Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils, sondern um die gesetzlich vorgesehene und zulässige Rückgängigmachung des dem Urteil zugrunde liegenden Verwaltungsaktes auf Grund bestimmter (erst nach Erlaß des Urteils eingetretener) Verhältnisse, nämlich auf Grund der Nichtzahlung der auferlegten Zahlungen. Dagegen wird eine Aufhebung der — gemäß § 110 Abs. 3 als nicht mehr anfechtbarer Enteignungsbeschluß anzusehenden, auf dem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten beruhenden — Einigungsniederschrift nicht in Frage kommen.
§121 Kosten (1) Der Antragsteller hat die Kosten zu tragen, wenn der Antrag auf Enteignung abgelehnt oder zurückgenommen wird. Wird dem Antrag auf Enteignung stattgegeben, so hat der Entschädigungsverpflichtete die Kosten zu tragen. Wird einem Antrag auf Rückenteignung stattgegeben, so hat der von der Rückenteignung Betroffene die Kosten zu tragen. Wird ein Antrag eines sonstigen Beteiligten abgelehnt oder zurückgenommen, sind diesem die durch die Behandlung seines Antrags verursachten Kosten aufzuerlegen, wenn sein Antrag offensichtlich unbegründet war. (2) Kosten sind die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen von Rechtsbeiständen erstattet werden. (3) Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. (4) Die Kosten des Verfahrens richten sich nach den landesrechtlichen Vorschriften. Die Enteignungsbehörde setzt die Kosten im Enteignungsbeschluß oder durch besonderen Beschluß fest. Der Beschluß bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. 602
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§121
3
1. Allgemeines Die Vorschriften über die Kosten des Enteignungsverfahrens wurde durch das ÄndG vom 18. 8.1876 mit Wirkung vom 1. 1.1977 an erweitert. Die Bestimmung wurde dahin abgewandelt, daß von der unbedingten Kostentragung durch den Antragsteller Abstand genommen wurde. Es wird nun zwischen Antragsteller und Entschädigungsverpflichteten unterschieden (s. u.). Darüber hinaus wurde der Begriff Kosten normiert (siehe unten bei 3). 2. Grundvorschrift (Abs. 1) Nach Abs. 1 Satz 1 hat der Antragsteller im Enteignungsverfahren nur dann die Kosten zu tragen, wenn der Antrag auf Enteignung abgelehnt oder zurückgenommen wird. Bei Stattgabe des Antrags fallen sie dem Entschädigungsverpflichteten (Begünstigten) zur Last (Satz 2); es werden hier die Fälle geregelt, in denen ein Grundeigentümer einen Anspruch auf Übernahme seines Grundstücks hat, es jedoch nicht zu einer Einigung kommt. Im Falle der Rückenteignung ist der Betroffenen kostenpflichtig (Satz 3). Werden Anträge sonstiger Beteiligter abgelehnt, so trifft diese entsprechend dem Gesetz gewordenen Vorschlag des federführenden Ausschusses die Kostenlast nur dann, wenn deren Anträge offensichtlich unbegründet waren. Die offensichtliche Unbegründetheit des Rechtsbegriffs ist dem Rechtsleben, insbesondere im Rahmen von Gerichtsverfahren geläufig (Satz 4). 3. Kosten (Abs. 2) Satz 1 gibt früher nicht im Gesetz enthaltenen Begriffsbestimmung der Kosten, die sich an die anderer Gesetze anlehnt. Nach der alten Vorschrift waren die Kosten einer anwaltschaftlichen Vertretung des Eigentümers im Verwaltungsverfahren nicht geregelt. Nach der Rspr. waren diese Kosten als „andere Vermögensnachteile" im Sinne des § 96 BBauG anzusehen, so daß auf diesem Wege dem Eigentümer im Falle seiner Enteignung die Kosten für die anwaltschaftliche Vertretung ersetzt wurden. In den Fällen, in denen der Enteignungsantrag abgelehnt, also letztlich zugunsten des Eigentümers wurde, kam § 96 jedoch nicht zum Zuge. Der Eigentümer mußte dann die Kosten seiner anwaltschaftlichen Vertretung selbst tragen. Diese Rechtslage war als unbefriedigend empfunden worden. Nunmehr ist sichergestellt, daß auch die Kosten einer anwaltschaftlichen Vertretung erstattungsfähig sind, wenn sie zur zweckentsprechenden und erfolgreichen Wahrnehmung der Rechte des Enteigneten notwendig waren (Satz 2). Verschiedene enteignungsrechtliche Gesetze, wie § 48 Abs. 2 Bundesleistungsgesetz und § 22 Abs. 2 Schutzbereichsgesetz, enthalten bereits entsprechende Regelungen. Durch den federführenden Ausschuß wurde Satz 3 entsprechend dem § 139 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung zugefügt. 603
§122
5. T e i l . E n t e i g n u n g
Die Formulierung „von Rechtsbeiständen" in Abs. 2 erfolgte auf Anregung des B R , der erhöhte Kostenforderungen bei der ursprünglichen im R e g E enthaltenen Formulierung „von Rechtsanwälten" befürchtet hatte. 4. Verschulden (Abs. 3) Auch diese Vorschrift lehnt sich an die Regelung in anderen Gesetzen an. Es wird nur auf den Erstattungsberechtigten abgestellt. Satz 2 regelt das Verschulden des Vertreters ebenfalls entsprechend den sonstigen Gesetzen. Ein Bedürfnis, die Höhe der Kosten bundeseinheitlich zu regeln, bestand nicht. Sie konnte der landesrechtlichen Regelung vorbehalten bleiben (Abs. 4). 5. Vorbehalt des Landesrechts In Satz 2 wird bestimmt, daß die Enteignungsbehörde im Enteignungsbeschluß oder in einem besonderen Beschluß die Kosten zu setzen hat. Nach Satz 3 muß ein solcher Beschluß auch darüber zu befinden haben, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. Diese Vorschrift empfiehlt dem § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für das Vorverfahren.
§122 Vollstreckbarer Titel (1) Die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung Uber die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet statt 1. aus der Niederschrift Uber eine Einigung wegen der in ihr bezeichneten Leistungen ; 2. aus einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß wegen einer Ausgleichszahlung; 3. aus einem Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung oder deren Aufhebung wegen der darin festgesetzten Leistungen. Die Zwangsvollstreckung wegen einer Ausgleichszahlung ist erst zulässig, wenn die Ausführungsanordnung wirksam und unanfechtbar geworden ist. (2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichtes erteilt, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat, und, wenn das Verfahren bei einem Gericht anhängig ist, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichtes. In den Fällen der §§ 731, 767 bis 770, 785, 786 und 791 der Zivilprozeßordnung tritt das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Enteignungsbehörde ihren Sitz hat, an die Stelle des Prozeßgerichtes.
604
3. Abschnitt. Enteignungsverfahren
§ 122 2
1. Allgemeines Nach der früher im Baulandbeschaffungsgesetz geltenden Regelung stellten der Enteignungsbeschluß und die Ausführungsanordnung keine vollstreckbaren Titel dar; die festgesetzten Leistungen waren nicht ohne weiteres vollstreckbar, sie mußten vielmehr im Wege der Klage vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. § 122 beseitigt dieses schwerfällige Verfahren, indem er eine Reihe von innerhalb des Enteignungsverfahrens ergehenden Entscheidungen zu vollstreckbaren Titeln im Sinne der Zivilprozeßordnung erklärt. Allerdings war auch nach dem BBauG bis zur Neufassung von 1976 der Enteignungsbeschluß kein vollstreckbarer Teil. Auch die Einigungsniederschrift ist vollstreckbar (Nr. 1) und damit einem gerichtlich protokollierten Vergleich gleichgestellt. 2. Der vollstreckbare Titel (Abs. 1) Die Zwangsvollstreckung ist die mit den Machtmitteln des Staates erzwungene Befriedigung eines Anspruchs. Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist das Vorliegen eines Titels. Meist findet die Zwangsvollstrekkung statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind (§ 704 ff. ZPO). § 794 ZPO zählt eine Reihe weiterer Vollstrekkungstitel auf, aus denen die Zwangsvollstreckung stattfindet. Auch diese Aufzählung ist nicht vollständig (vgl. Baumbach-Lauterbach ZPO Anm. 9 zu § 794). Zu diesen Titeln fügt nun § 122 BBauG drei neue hinzu, aus denen die Zwangsvollstreckung nach §§ 704 ff. ZPO über die Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten stattfindet: a) Die Niederschrift über eine Einigung der Beteiligten über das Ausmaß der Enteignung und die Entschädigungsleistungen (§110 Abs. 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 2). Die Niederschrift bildet einen vollstreckbaren Titel hinsichtlich der in ihr bezeichneten Leistungen. — Nr. 1. b) Ein nicht mehr anfechtbarer Enteignungsbeschluß hinsichtlich der Geldentschädigung oder einer in ihm bezeichneten Ausgleichszahlung (§ 100 Abs. 4 Satz 4, § 101 Abs. 1 Satz 2, § 113 Abs. 2 Nr. 8). - Nr. 2. Zu beachten ist, daß die Zwangsvollstreckung wegen einer Ausgleichszahlung erst zulässig ist, wenn die Ausführungsanordnung wirksam und unanfechtbar geworden ist. Die im Enteignungsbeschluß festgesetzten Entschädigungsleistungen in Geld sind durch die Novelle 1976 einbezogen worden. Eines Titels für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen bedurfte es nicht, weil gemäß § 117 Abs. 3 mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag der bisherige Rechtszustand kraft Gesetzes durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt wird. c) Ein Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung oder deren Aufhebung wegen der darin festgesetzten Leistungen (vgl. hierzu § 116 und die Anmerkungen dazu) — Nr. 3. 605
§ 122 a l
Teil V a. Härteausgleich
3. Verfahren (Abs. 2) Abs. 2 regelt das Verfahren der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen in den Fällen des Abs. 1.
TEIL Va
Härteausgleich Vorbemerkung Der Begriff des Härteausgleichs stammt aus dem StBauFG. Dort ist er in § 85 niedergelegt. Die Novelle 1976 übernahm diesen Rechtsgedanken mit Modifikation in das allgemeine Bauplanungsrecht. Es entspricht einem Bedürfnis der Praxis, den Ausgleich von Härten zu ermöglichen, die sich aus der Anwendung des verstärkten planakzessorischen Instrumentariums, insbesondere aus der Anordnung und Durchführung der Abbruch- und Modernisierungsgebote sowie aus der Aufhebung von Miet- und Pachtverhältnissen ergeben können.
§ 122 a Allgemeine Voraussetzungen fiir die Gewährung eines Härteausgleichs (1) Zur Vermeidung oder zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, die für den Betroffenen in seinen persönlichen Lebensumständen, insbesondere im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, eine besondere Härte bedeuten und für die eine Ausgleichs- oder Entschädigungsleistung nicht zu gewähren ist und die auch nicht durch sonstige Maßnahmen ausgeglichen werden, soll die Gemeinde in den Fällen des § 122 b auf Antrag einen Geldausgleich gewähren, soweit es die Billigkeit erfordert (Härteausgleich). (2) Ein Härteausgleich wird nicht gewährt, soweit der Antragsteller es unterlassen hat und unterläßt, den wirtschaftlichen Nachteil durch zumutbare Maßnahmen, insbesondere unter Einsatz eigener oder fremder Mittel abzuwenden. 1. Allgemeines Der 15. BT-Ausschuß hat den im RegE enthaltenen Vorschlag „im Interesse der Klarheit" (BT-DS 7/4793 zu Nr. 57) in § 122 a die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung eines Härteausgleichs zusammengefaßt; der nachfolgende § 122 b zählt die einzelnen Fälle auf. Im Gegensatz zum RegE ist nicht mehr vorgesehen, daß ein Härteausgleich auch dann gewährt werden kann, wenn ein Eigentümer enteignet wird und die Enteignungsentschädigung sich nach § 9 6 a (Entschädigung von Wertsteigerungen infolge der Entwicklung oder Neugestaltung eines Gebiets) bemißt. Die Regelung im RegE war dem StBauFG nachgebildet. Sie hat dort auch ihre Berechtigung. Denn der Eigentümer eines im förmlich festgelegten 606
Allgemeine Voraussetzungen
§ 122 a 3
Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks, das enteignet wird, kann mit der ihm gewährten Entschädigung häufig außerhalb des Gebietes kein vergleichbares Grundstück erwerben; in Nachbargebieten findet nämlich eine dem StBauFG entsprechende Wertminderung bei der Enteignungsentschädigung nicht statt, ein Ausgleichsbetrag wird dort auch nicht erhoben. Anders ist die Situation im BBauG auf Grund der Novelle 1976. Hier unterliegen alle Grundstücke in BebPlangebieten hinsichtlich der Enteignungsentschädigung bzw. der Erhebung des Ausgleichsbetrages den gleichen Bestimmungen. Darüber hinaus ist auch kein Ansatz, Wertbestandteile, die bei der Enteignungsentschädigung nunmehr nicht zu berücksichtigen sind, über die Gewährung eines Härteausgleichs dem Eigentümer zukommen zu lassen. 2. Grundvorschrift (Abs. 1) Voraussetzungen für einen Härteausgleich sind a) Erwartung oder Eintritt wirtschaftlicher Nachteile, b) kein Anspruch nach anderen gesetzlichen Vorschriften auf Ausgleichsoder Entschädigungsleistung, c) Unmöglichkeit des Ausgleichs durch sonstige Maßnahmen, d) Vorliegen einer besonderen Härte in den persönlichen Lebensumständen des Betroffenen, e) Erfordernis der Billigkeit. Zu d): Als Beispiel der persönlichen Lebensumstände („insbesondere") wird der wirtschaftliche und Sozialbereich genannt. Bei der „besonderen Härte" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Das Gesetz verlangt das Vorliegen eines gesteigerten Grades von Härte. Im Streitfall haben die Baulandgerichte (§ 157 Abs. 1) diesen Rechtsbegriff voll zu überprüfen. Das Erfordernis der Billigkeit stellt ebenfalls einen richterlich voll nachprüfbaren Rechtsbegriff dar. Der Härteausgleich kommt bei Vorliegen der Fälle des § 122 b in Betracht. Es handelt sich um keine Muß- sondern um eine Sollvorschrift; d. h. nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann von der Gewährung abgesehen werden. Der Härteausgleich wird nur in Geld gewährt. 3. Ausschluß des Härteausgleichs (Abs. 2) Der auch in anderen Gesetzen (z. B. BSHG) enthaltene Grundsatz, daß Hilfe dann nur in vermindertem Maße oder gar nicht gewährt wird, wenn eigenes Verschulden den Notstand veranlaßt hat, schlägt sich auch in Abs. 2 nieder. Zwar spricht Abs. 2 nicht ausdrücklich von Verschulden, doch ist nach dem Sinn der Vorschrift diese nur anwendbar, wenn der Antragsteller es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat (oder weiterhin unterläßt), zumutbare (Rechtsbegriff!) Maßnahmen, insbesondere durch Einsatz eigener, 607
§ 122 b
l
Teil V a . Härteausgleich
aber auch fremder Mittel zu ergreifen. Wie in Abs. 1 muß der Nachteil nicht bereits eingetreten sein.
§ 122b Härleausgleich bei Aufhebung, Enteignung, Kündigung und vorübergehender Unbenutzbarkeit oder Räumung von Miel- und Pachtraum (1) Ein Härteausgleich kann gewährt werden 1. einem Mieter oder Pächter, wenn das Miet- oder Pachtverhältnis mit Rücksicht auf die Durchführung städtebaulicher Maßnahmen nach den in § 39 g bezeichneten Vorschriften aufgehoben oder nach den Vorschriften des Fünften Teils enteignet worden ist; 2. einer gekündigten Vertragspartei, wenn die Kündigung zur Durchführung eines nach den Vorschriften des Abschnitts 1 a des Dritten Teils angeordneten Gebots erforderlich ist; dies gilt auch, wenn von dem Anspruch eines Gebots abgesehen wird, weil der Eigentümer sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, die entsprechende Maßnahme durchzuführen; dies gilt entsprechend, wenn ein Miet- oder Pachtverhältnis vorzeitig durch Vereinbarung der Beteiligten beendigt wird und die Gemeinde bestätigt hat, daß die Beendigung des Rechtsverhältnisses im Hinblick auf die alsbaldige Durchführung der städtebaulichen Maßnahme geboten ist; 3. einer Vertragspartei, wenn ohne Beendigung des Rechtsverhältnisses die vermieteten oder verpachteten Räume ganz oder teilweise vorübergehend unbenutzbar sind und die Gemeinde bestätigt hat, daß dies durch die alsbaldige Durchführung städtebaulicher Maßnahmen bedingt ist; 4. einem Mieter oder Pächter für die Umzugskosten, die dadurch entstehen, daß er nach der Räumung seiner Wohnung vorübergehend anderweitig untergebracht worden ist und später ein neues Miet- oder Pachtverhältnis in dem Gebiet begründet wird, sofern dies im Sozialplan vorgesehen ist. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für andere Vertragsverhältnisse, die zum Gebrauch oder zur Nutzung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils oder einer sonstigen baulichen Einrichtung berechtigen. 1. Allgemeines Die durch den federführenden BT-Ausschuß im Rahmen der Beratungen zum Ä n d G 1976 umgestaltete Vorschrift sieht, wie schon aus ihrer Überschrift hervorgeht, fünf Tatbestände vor, von denen zwei (Aufhebung oder Enteignung von Miet- und Wohnräumen) in Nr. 1, die übrigen je in den folgenden Nrn. 2, 3 und 4 enthalten sind. Abs. 2 weitet die Bestimmung des Härteausgleichs auf andere Vertragsverhältnisse aus. Der Härteausgleich wird hier als Kannvorschrift deklariert. 608
Vor § 123
6. Teil. Erschließung
2. Fälle des Härteausgleichs (Abs. 1 und 2) Während Abs. 1 nur Miet- und Pachtverhältnisse anspricht, läßt Abs. 2 auch andere Vertragsverhältnisse zu, wenn sie zum Gebrauch oder zur Nutzung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteiles oder einer sonstigen baulichen Einrichtung berechtigen. Der Begriff „sonstige Baueinrichtung" deckt sich mit dem Begriff der „baulichen Anlage" des Bauordnungsrechts der Länder. Zu Nr. 1: Voraussetzung ist die Aufhebung des Miet- und Pachtverhältnisses nach den Vorschriften des § 39 g oder die Enteignung nach §§ 85 bis 122. Zu Nr. 2: Voraussetzung für die Kündigung muß die Erforderlichkeit wegen eines Gebots nach § 39 b (Bau- und Pflanzgebot), § 39 c (Nutzungsgebot), § 39 d (Abbruchgebot) und § 39 e (Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot) sein. Der zweite Halbsatz schließt die Fälle ein, in denen vom Ausspruch eines Gebots abgesehen wird, weil der Eigentümer sich zur Durchführung der Maßnahme selbst der Gemeinde gegenüber verpflichtet hat. Zusätzlich kann der Härteausgleich bei vorzeitiger Beendigung von Miet- und Pachtverhältnissen im Hinblick auf die alsbaldige Durchführung der städtebaulichen Gebote gewährt werden. Zu Nr. 3: Die gänzliche oder teilweise Unbenutzbarkeit der Miet- oder Pachträume muß entsprechend einer Bestätigung durch die alsbaldige Durchführung der Gebote nach §§ 39 b ff. bedingt sein. Zu Nr. 4: Hier ist der Sozialplan Grundlage für die Gewährung des Härteausgleichs in Gestalt von Ersetzung von Umzugskosten im Rahmen einer Umquartierung des Mieters oder Pächters; denn die weitere Voraussetzung der Begründung eines neuen Miet- oder Pachtverhältnisses muß im Sozialplan vorgesehen sein.
SECHSTER TEIL
Erschließung Vorbemerkung I. Als wichtige Maßnahme im Zusammenhang mit der Bebauung eines Gebiets ist die Erschließung in die Regelung des BBauG aufgenommen worden. Ohne vorherige oder gleichzeitige Erschließung ist die Durchführung einer ordnungsgemäßen Bebauung nicht denkbar. Aus der amtl. Begründung zu diesem Teil ist folgendes hervorzuheben: 1. Unter Erschließung sind neben der Bereitstellung der hierfür erforderlichen Flächen diejenigen baulichen Maßnahmen zu verstehen, welche die bauliche Nutzung des Baulandes durch Herstellung der für die Allgemeinheit bestimmten örtlichen Verkehrsund Grünanlagen sowie der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen und der Anlagen für die Behandlung, Beseitigung oder Verwertung von Abwasser und festen Abfallstoffen, ferner der Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme (Erschließungsanlagen) ermöglichen und erleichtern. Die öffentlichen Erschließungsanlagen
609
Vor § 123
6. Teil. Erschließung
dienen somit der völligen Baureifmachung des Baulandes. Zur Erschließung rechnen dagegen nicht solche Maßnahmen, welche die Vorgänge auf den Baugrundstücken selbst betreffen, wie die Anlage der Zufahrtswege und die Anschlüsse an das öffentliche Versorgungs- und Abwassernetz. 2. Das Erschließungsrecht legt die Grundsätze fest, nach denen die Erschließung vorzunehmen ist. Es bestimmt, wer die Maßnahmen durchzuführen und ihre Kosten zu tragen hat. Es bindet ferner das Eigentum zugunsten der Allgemeinheit durch Duldungspflichten, welche die Durchführung der Erschließung erfordern, und bestimmt, in welchem Umfang die Grundstückseigentümer zur Deckung des Erschließungsaufwands herangezogen werden können. Diese Regelungen verändern entweder unmittelbar das Recht am Grund und Boden oder schaffen die Voraussetzungen für die bauliche Nutzung von Grundstücken. 3. Das Erschließungsrecht im vorgenannten Sinn war früher nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten zusammengefaßt. Die vorhandenen Regelungen behandelten nur einzelne Fragen, insbesondere das Erschließungsbeitragsrecht, zumeist unter Beschränkung auf den Anliegerbeitrag für die Straßenherstellung. Im übrigen war das Erschließungsrecht in den meisten Fällen durch Ortsrecht auf Grund landesgesetzlicher Ermächtigungen geregelt. 4. Die Erschließung gehört in herkömmlicher Weise zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, welche die Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 G G in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze regeln sollen. Das Gesetz gibt daher den örtlichen Regelungen (Satzungen) einen weiten Spielraum. Es überläßt der Selbstverwaltung der Gemeinden, die Erschließungsanlagen den örtlichen Verhältnissen, zu denen auch die Finanzkraft der Gemeinden gehört, anzupassen. Die Gemeinde trifft als Träger der örtlichen Selbstverwaltung auch die Erschließungslast, soweit sie nicht nach gesetzlichen Vorschriften, z. B. nach dem Bundesfernstraßengesetz, dem Energiewirtschaftsgesetz oder auf Grund meist auf Herkommen beruhender öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen einem anderen obliegt. 5. Die eingehende Beratung der Erstfassung des BBauG, und zwar des Sechsten Teils im damals zuständigen Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht (vgl. Drucksache 3/1794, S. 23) hat zu einer wesentlichen Umgestaltung und Vereinfachung der Regierungsvorlage geführt. Bei der Erörterung der allgemeinen Vorschriften ging der Ausschuß von der Überlegung aus, daß sich die Vorstellungen über den Inhalt des allgemeinen Erschließungsrechts seit langer Zeit durch die Erschließungstätigkeit der Gemeinden zu allgemein anerkannten Grundsätzen verdichtet haben, auf deren bundesrechtliche normative Festlegung verzichtet werden kann. Es kam hinzu, daß eine umfassende Regelung des Erschließungsrechts im Rahmen des BBauG kaum möglich war, da es notwendig in das grundsätzlich dem Landesgesetzgeber vorbehaltene allgemeine Wegerecht eingreift. Eine ins einzelne gehende Regelung im BBauG war daher nicht ratsam gewesen. Auf Grund dieser Erwägungen beschloß der Ausschuß, den größten Teil der in den drei ersten Abschnitten der Regierungsvorlage enthaltenen Vorschriften zu streichen. Soweit sie dem Baurecht angehören und für die Regelung des Erschließungsbeitrags von Bedeutung sind, wurden sie beibehalten und in einem Ersten Abschnitt „Allgemeine Vorschriften" zusammengefaßt. Der Ausschuß war einstimmig der Auffassung, daß auf eine Regelung des Erschließungsbeitrags in einem Bundesbaugesetz wegen der städtebaulichen Zusammenhänge, namentlich wegen der ihm zugewiesenen bodenpolitischen Funktion, nicht verzichtet werden konnte. Er gewann indessen nach Anhörung der Sachverständigen die Überzeugung, daß die Regelung der Regierungsvorlage schwerlich allen städtischen und ländlichen Verhältnissen gleichermaßen gerecht würde. Die Handhabung des im Entwurf vorgesehenen Erhebungssystems hätte insbesondere mit der Bildung von Erschließungszonen und der Einführung der zulässigen Geschoßflächen als maßgebliche Bemessungsfaktoren den kleineren Gemeinden unüberwindbare Schwierigkeiten berei610
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
Vor § 123
tet u n d voraussichtlich einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert. Auch der Bundesrat hatte bei seiner Stellungnahme, ohne auf Einzelheiten einzugehen, d a r a u f hingewiesen, d a ß die Vorschriften über den Erschließungsbeitrag in der Regierungsvorlage mit tragbarem Verwaltungsaufwand nicht praktiziert werden k ö n n t e n u n d konstruktiv nicht b e d e n k e n f r e i seien. Er hatte deshalb eine Vorbehaltsklausel gefordert, die die Länder ermächtigte, die Beitragsregelung des Gesetzes durch eine a n d e r e vereinfachte Regelung zu ersetzen. Aus diesen Erwägungen hat der Ausschuß beschlossen, sich auf die A u f n a h m e von R a h m e n b e s t i m m u n g e n zu beschränken, u n d den G e m e i n d e n die A u f g a b e zugewiesen, durch Ortssatzung ein ihren Verhältnissen angepaßtes Erhebungssystem einzuführen. Sie haben dabei den in den Rahmenvorschriften geregelten Erfordernissen zu genügen. D e m Anliegen der Regierungsvorlage, den beitragsfähigen A u f w a n d zu begrenzen u n d ihn in eine gerechte Beziehung zu den Vorteilen zu setzen, die den G r u n d s t ü c k e n aus der Erschließung entstehen, hat der Ausschuß ausdrücklich zugestimmt u n d auch bei den von ihm v o r g e n o m m e n e n Ä n d e r u n g e n der Regierungsvorlage R e c h n u n g getragen. 6. Die Novelle 1976 hat nur geringfügige Ä n d e r u n g e n im Erschließungsbeitragsrecht gebracht, u n d zwar bei §§ 126, 127 u n d 134 (siehe im einzelnen bei den angegebenen Bestimmungen). Der Entwurf der Novelle hatte 1974 zunächst das Erschließungsrecht ausgespart u n d n u r Ä n d e r u n g e n der Überschriften vorgesehen. In den Beratungen hat sich der Vorschlag der BR zur Ergänzung des § 127 Abs. 1 durch Nr. 4, zur N e u f o r m u l i e r u n g des § 134 Abs. 1 Satz 3 und zur Ergänzung des § 134 Abs. 2 voll durchgesetzt. Die A n r e g u n g einer Ergänzung von § 127 Abs. 1 durch Nr. 5 hat sich in geänderter Formulierung in der Novelle niedergeschlagen. Zusätzlich w u r d e schließlich auch § 126 geringfügig geändert. Die einzelnen Ä n d e r u n g e n werden bei den jeweils b e t r o f f e n e n Vorschriften erläutert. 7. D a s Ä n d G 1979 hat in § 125 den Abs. 1 a eingefügt (siehe dort). II. Z u m Erschließungsrecht ist eine außergewöhnlich große Anzahl von Gerichtsentscheidungen u n d A b h a n d l u n g e n erschienen. Die heute noch maßgeblichen Entscheidungen werden bei den einzelnen einschlägigen Vorschriften, die A b h a n d l u n g e n bei der dem K o m m e n t a r vorangestellten „Literaturübersicht" in einem besonderen Abschnitt („Erschließungsrecht") aufgeführt. III. Folgelasten A. In den letzten J a h r e n hat das Problem der „Folgelasten" (auch „Nachfolgelasten" genannt) immer größere Bedeutung erlangt u n d seinen Niederschlag in Schrifttum u n d Rechtsprechung g e f u n d e n . Es erscheint angezeigt, auch im R a h m e n dieses Erläuterungswerkes einige, wenn auch nur gedrängte A u s f ü h r u n g e n hierzu zu bringen. Z u r Verdeutlichung der einzelnen, in diesem Z u s a m m e n h a n g a u f t a u c h e n d e n Fragen ist zunächst grundsätzlich folgendes zu sagen: 1. D u r c h die ständig fortschreitende Ausweitung der Siedlungsräume nicht bloß der großen, s o n d e r n auch der mittleren u n d kleineren G e m e i n d e n k o m m e n schwerwiegende, zum Teil fast u n a b s e h b a r e Belastungen auf die G e m e i n d e n zu. Denn es ist nicht damit getan, den G r u n d u n d Boden f ü r die in großer Zahl neu erstellten Siedlungsprojekte zu beschaffen u n d die geplanten Wohneinheiten zu bauen. Eine Hauptlast f ü r die S c h a f f u n g der Einrichtungen, die erforderlich sind, um die Siedlung auch b e w o h n b a r zu m a c h e n , trifft die Gemeinde. Zu ihren Aufgaben zählt es nämlich, die Einrichtungen f ü r den öffentlichen Verkehr (insbesondere Straßen- u n d Wegebau), f ü r die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, G a s und elektrischer Energie, f ü r örtliche Polizei u n d Feuerschutz, f ü r örtliche Gesundheitswesen (einschließlich der Sorge f ü r die öffentliche Reinlichkeit u n d die Beseitigung von Abfallstoffen), öffentliche Fürsorge u n d Wohlfahrtspflege, f ü r den öffentlichen Unterricht u n d die Erwachsenenbildung, f ü r die Jugendertüchtigung, Kulturpflege, Bestattungen usw. zu schaffen. Dieser Katalog ist nicht vollständig. Je nach Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelung u n d nach dem Status der G e m e i n d e n sowie in Abhängigkeit von der Art der Energieversorgung 611
Vor § 123
6. Teil. Erschließung
können einzelne dieser Aufgaben anderen Gebietskörperschaften oder Energieversorgungsunternehmen übertragen sein. Soweit die Aufgaben den Gemeinden obliegen (als Pflichtaufgabe oder freiwillige Aufgabe), werden sie im „eigenen Wirkungskreis" erfüllt (für Bayern darf auf Art. 83 der Bay. Verfassung und auf Art. 57 BayGO verwiesen werden). Die Durchführung aller dieser Aufgaben, die mit der Errichtung neuer Siedlungen zusammenhängen, zählt zu den Folgelasten im weiteren Sinn. 2. Für Teile dieser Folgelasten besteht für die Gemeinde die Möglichkeit der Abwälzung auf einzelne Gemeindebürger oder auf Gruppen von Gemeindebürgern. a) Seit langer Zeit haben die Gemeinden das Recht, für die Herstellung und Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge und Gebühren zu erheben. Wahlweise können die Gemeinden die Kosten der Einrichtungen bei privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durch Entgelte abdecken. Bei öffentlich-rechtlicher Regelung kann nach Maßgabe der landesrechtlichen Kommunalabgabengesetze für einzelne Einrichtungen oder Leistungen die volle Kostendeckung meist durch Kombination von Beiträgen und Gebühren erreicht werden (z. B. für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung; vgl. Art. 5 und 8 BayKAG). Auch bei bürgerlich-rechtlicher Ausgestaltung ist dies in Teilbereichen möglich (z. B. Energieversorgung). Hier hat es die Gemeinde in der Hand, die sich aus der Ausweisung neuer Bauplätze ergebenden Folgelasten auf den Bürger voll abzuwälzen. b) Für andere Einrichtungen und Leistungen ist eine Kostendeckung durch Heranziehung der Begünstigten oder Benutzer entweder überhaupt nicht (nämlich für unrentierliche Einrichtungen wie z. B. Verwaltungsgebäude und Schulen) oder nur teilweise bzw. nur langfristig (Verkehrsmittel, Kulturpflege, Friedhof u. a.) möglich. Auch wenn theoretisch eine volle Deckung der Kosten denkbar wäre durch die Erhebung entsprechend hoher Gebühren oder die Festlegung von Entgelten, ist dies in der Praxis aus politischen Gründen oft nicht durchsetzbar oder wünschenswert (z. B. Badeanstalten, Verkehrsmittel, Büchereien, Theater u. a.). c) Eine bedeutsame Möglichkeit der Abwälzung von Kosten bis zu 90 v. H. brachte das BBauG mit den Vorschriften über die Erschließungsbeiträge. Für die Erweiterung oder Verbesserung von Straßen können nach landesrechtlichen Bestimmungen Beiträge erhoben werden (§ 128 Abs. 2, vgl. z. B. Art. 5 BayKAG). Der Eigenanteil der Gemeinde hängt ab von der Verkehrsbedeutung und muß nach der Rechtsprechung mindestens 20 v. H. betragen. d) Übrig bleibt — als Folgelasten im engeren Sinn — eine Reihe von Maßnahmen und Vorhaben, welche die Gemeinden bei der Schaffung neuer Siedlungen bewältigen müssen, soweit ihnen im bisherigen Recht keine Möglichkeit der Abwälzung an die Hand gegeben ist oder die Abwälzung in der Praxis nicht durchführbar ist; in Frage kommen hier vor allem: Anlagen und Einrichtungen der allgemeinen Verwaltung (z. B. Rathäuser), Verkehrsanlagen und Verkehrsmittel, Unterrichtsstätten (Schulen, Erwachsenenbildung), Anlagen zur Gesundheitspflege und zur Pflege der Leibesertüchtigung (Bäder, Sportplätze), Einrichtungen zur Kinder- und Jugendbetreuung (Kindergärten, Freizeitheime), Einrichtungen der Kulturpflege, Altersheime, und noch vieles andere. Die Aufwendungen hierfür sind sehr hoch. Wenn sich auch feste Sätze über die Höhe der Folgelasten schwer finden lassen, weil die örtlichen Verhältnisse zu verschieden sind, so kann doch gesagt werden, daß nach Untersuchungen in verschiedenen Gemeinden sich diese Kosten je Einwohner z. Z. in den Größenordnungen von etwa
612
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
Vor § 123
25 000 DM und mehr bewegen (Abreß in seinem Vortrag „Erschließungskosten und Nachfolgelasten aus der Sicht der Gemeinden", abgedruckt im Bericht der DEBA über die Jahrestagung 1969, Schema im Geschäftsbericht des Bayer. Prüfungsverbandes öffentlicher Kassen für das Rechnungsjahr 1972). B. Die Gemeinden haben nach Wegen gesucht, um auch diese Folgelasten (im engeren Sinn, siehe oben A 2 d) auf Bürger der Gemeinde oder auf Siedlungsunternehmungen abwälzen zu können. Dies geschieht vielfach in er Form von „freiwilligen Vereinbarungen über die Folgelasten". Durch solche Veträge wird ein erheblicher Teil der Folgelasten auf den Bauträger, der die Errichtung einer neuen Siedlung übernommen hat (in der Regel ein größeres Siedlungsunternehmen), oder auf Bauwerber abgewälzt. Dabei wird ein unterschiedlicher Berechnungsmaßstab verwendet; zum Teil stellt dieser auf den Kubikmeter umbauten Raumes, zum Teil auf die Wohnnutzfläche und zum Teil auch nur auf die Baulandfläche ab. 1. Bei der Frage nach der Gültigkeit solcher Verträge bestand lange eine uneinheitliche Rechtsprechung der Zivil- und Verwaltungsgerichte, wobei auch die Qualifizierung als privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Vertrag und damit der Rechtsweg umstritten war. Wegen dieser Rechtsprechung wird auf die Vorauflage (Anm. III B vor § 123) verwiesen. 2. Durch die Entscheidung des BVerwG (U vom 6. 7. 1973 BVerwGE 42, 331; in allen einschlägigen Fachzeitschriften abgedruckt) ist die Diskussion zu einem gewissen Abschluß gebracht worden. Im einzelnen sind diesem Urteil folgende Grundsätze zu entnehmen: a) Folgelastenverträge sind wegen ihres Bezugs auf öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte öffentlich-rechtliche Verträge (vgl. dazu jetzt auch die Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder). b) Für Streitigkeiten hieraus ist deshalb der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). c) Folgekostenvereinbarungen sind unzulässig und nichtig, wenn das damit zusammenhängende Bauvorhaben nach §§ 30, 34 oder 35 BBauG zu beurteilen ist. Entsprechendes gilt für § 33 BBauG mit der Maßgabe, daß allerdings unter Umständen die Annahme der „Planreife" vom Abschluß einer Folgekostenvereinbarung abhängig sein kann. Auch im Zusammenhang mit der Gewährung von Ausnahmen und Befreiungen nach § 31 BBauG kann im allgemeinen nichts anderes gelten. d) Zulässig sind Folgelastenverträge jedoch im Rahmen der Aufstellung von qualifizierten BebPl. Sie unterliegen der Bindung an Gesetz und Recht, dürfen deshalb also nicht gegen Gesetze verstoßen. Derartige Rechtsvorschriften bestehen derzeit (1973) weder im BBauG, im StBauFG noch — soweit ersichtlich — in den Kommunalabgabengesetzen der Länder (Sonderregelung nur für Schleswig-Holstein). Vereinbarungen über Folgekosten können unter folgenden Voraussetzungen als zulässig angesehen werden. aa) Der Vertrag darf zu keiner unzulässigen Bindung der Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplanes führen, insbesondere keine Verpflichtung zu bestimmten Festsetzungen enthalten. bb) Der Abschluß der Vereinbarung darf nicht auf Machtmißbrauch eines der Beteiligten beruhen. cc) Es dürfen nur die Kosten umgelegt werden, die durch die Ausführung der mit dem Vertrag zusammenhängenden Bauvorhaben verursacht werden. Bei der Ermittlung kann auch auf Erfahrungssätze zurückgegriffen werden. dd) Die Zuordnung der Kostenbeiträge zu bestimmten Folgemaßnahmen ist erforderlich, auch wenn dies im Vertrag nicht ausdrücklich bestimmt sein muß und gewisse Verschiebungen gestattet sein können. ee) Die durch Vertrag übernommenen Kosten müssen wirtschaftlich betrachtet in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Bauvorhabens stehen. 613
Vor § 123
6. Teil. Erschließung
3. Da das Urteil zunächst einige Zweifelsfragen offen ließ, haben sich die Länder zum Teil veranlaßt gesehen, der Verwaltung die der Entscheidung zu entnehmenden maßgeblichen Grundsätze näher zu erläutern (in Bayern z. B. IM-Bek. vom 5. 3. 1975 - MAB1. S. 316). Insgesamt gesehen ist die Entscheidung begrüßt worden; sie hat sich in der Praxis im wesentlichen bewährt. Die strengen Anforderungen an den notwendigen Inhalt dieser Verträge haben allerdings auch zu einer Vielzahl von Prozessen vor den Verwaltungsgerichten geführt. Betroffen sind dadurch vor allem die Gemeinden, die eine entsprechende Zuweisung der übernommenen Folgekosten zu bestimmten Folgemaßnahmen nicht nachweisen können. Selbstverständlich ergibt sich aus dem Urteil des BVerwG auch, daß die Gemeinden eine Verweigerung des Einvernehmens nach § 36 BBauG nicht darauf stützen können, eine Folgekostenvereinbarung sei nicht zustande gekommen. 4. Aus jüngster Zeit ist ein Urteil des BGH v. 8. 6. 1978 (III ZR 48/76) BBauBl. 1978, 453 bemerkenswert: a) Aus den Verhandlungen einer Gemeinde mit einem Bauwilligen über den Abschluß eines (öffentlich-rechtlichen) Vertrages zur Abwälzung von Folgelasten der Bebauung (sog. Folgelastenvertrag) können sich Pflichten der Gemeinde ergeben, deren Verletzung zur Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens beim Vertragsschluß (culpa in contrahendo) führt. b) Eine Haftung der Gemeinde wegen Verschuldens beim Vertragsschluß tritt nicht schon deshalb ein, weil der von ihr später aufgestellte Bebauungsplan (§ 8 BBauG) die im Folgelastenvertrag vorausgesetzte bauliche Nutzung von Grundstücken nicht oder nicht in dem gewünschten Maß ermöglicht. c) Es kann die Haftung der Gemeinde begründen, wenn sie gegenüber dem Verhandlungspartner unrichtige, seine Vermögensdispositionen nachhaltig beeinflussende Angaben über den Stand der Bauleitplanung macht oder ihm Tatsachen verschweigt, deren Kenntnis ihn veranlaßt hätte, sich vom Folgelastenvertrag früher als dann geschehen zu lösen. Das BVerwG sagt zur Frage der rechtlichen Zuständigkeit im Urteil vom 14. 4. 1978 (4 C 6.76) BBauBl. 1979, 35: Ob die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs, der sich aus der Nichtigkeit eines sog. Folgekostenvertrages ergibt, als Rechtsmißbrauch unzulässig ist, bestimmt sich grundsätzlich nicht nach Bundes-, sondern nach Landesrecht. 5. Einige Rechtsfragen sind jedoch auch jetzt noch als ungeklärt anzusehen. Es ist insbesondere nicht überzeugend, Schenkungen oder notarielle Schenkungsversprechen in jedem Falle bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit an dem erwähnten Urteil zu messen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vereinbarung nicht in sachlichem, sondern bloß zufälligem Zusammenhang mit einem geplanten Bauvorhaben steht. In diesen — seltenen — Fällen kann auch nicht ohne weiteres vom Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags ausgegangen werden. Vor allem in kleineren Gemeinden ist auch gelegentlich ein Bauwerber von sich aus bereit, einen Beitrag für Folgekosten zu erbringen, obwohl dies z. B. bei Beurteilung des Vorhabens nach § 34 gänzlich unzulässig wäre. Die Fortentwicklung der Rspr. wird zeigen, ob die Aufsichtsbehörden hier gehalten sind, den Gemeinden die Annahme von Folgekostenbeiträgen in Form von Spenden zu verwehren. Zweifel ergeben sich auch heute noch zur Frage des richtigen Rechtswegs. So hat der BGH (U vom 31. 1. 1975, BBauBl. 1978, 351 und VerwRspr. 27, 180, vgl. auch OLG München U vom 31. 10. 1968, BayVBl. 1969, 183) ohne weiteres den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten bejaht in einem Fall, in dem sich ein Vertragspartner in einem Kaufvertrag verpflichtet hatte, der Gemeinde als Dritter — die Gemeinde war nicht Vertragspartner — einen festgelegten Betrag für Folgekosten zu zahlen. Diese Entscheidung befaßt sich auch mit der Frage der Schenkungen, ohne eine befriedi614
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§123 1
gende Lösung bieten zu können. Nach wie vor besteht also die Gefahr, daß sowohl Verwaltungsgerichte als auch Zivilgerichte in gleichgelagerten Fällen entscheiden. Heute erkennt die Rspr. bei Nichtigkeit des Folgekostenvertrags nicht mehr stets an, daß die zweckgebundenen Beiträge zurückverlangt werden können. Ausgeschlossen ist die Rückforderung nach OVG Münster (U vom 6. 10. 1977 DVB1. 1978, 305) dann, wenn die Zweckbindung rechtlich gebilligt und eine vollständige Rückabwicklung unmöglich ist. Wegen der von der Gemeinde im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluß eines Folgelastenvertrages zu beachtenden Sorgfaltspflicht und der Haftung aus culpa in contrahendo ist auf das U des BGH vom 8. 6.1978 (DVB1. 1978, 798) hinzuweisen. 5. Überleitungsvorschrift zur Novelle 1976 Art. 3 § 9 Abs. 1 und 2 des ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 hat Überleitungsvorschriften bezüglich des Beitragsbescheids und der Kinderspielplätze sowie Anlagen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen zum Inhalt (siehe bei § 127). 6. Überleitungsvorschrift zur Novelle 1979 Wegen des durch das ÄndG v. 6. 7. 1979 neu eingefügten Abs. 1 a in den § 125 hat § 183 e auch hier eine Überleitungsvorschrift gebracht. Der Tag des Inkrafttretens der Novelle (1. 8. 1979) bestimmt die Trennung der Anwendung von neuem und altem Recht (siehe bei § 125, Erl. Nr. 1).
ERSTER ABSCHNITT Allgemeine V o r s c h r i f t e n §123 Erschließungslast Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt. (2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein. (3) D i e Gemeinde kann die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten Ubertragen. (4) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht. (5) D i e Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften. 1. Allgemeines D i e D u r c h f ü h r u n g d e r E r s c h l i e ß u n g s m a ß n a h m e n e r f o r d e r t einen erheblichen A u f w a n d a n d e n Mitteln u n d Arbeitskraft. Es w a r e n d a h e r vor allem B e s t i m m u n g e n d a r ü b e r zu t r e f f e n , wer die Erschließungslast zu tragen hat. 615
§123
2
6. Teil. Erschließung
Unter „Erschließung" i. S. des § 123 sind sämtliche Erschließungsmaßnahmen, also nicht etwa bloß die Erschließungsanlagen i. S. des § 127 Abs. 2 (Erschließungsanlagen im Sinne des Zweiten Abschnitts des Sechsten Teils des BBauG, nämlich die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze, die Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete, sowie in einem gewissen Umfang die Parkflächen und Grünanlagen und durch die Novelle 1976 nunmehr auch Kinderspielplätze innerhalb der Baugebiete und Einrichtungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen), sondern auch die Erschließungsanlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser zu verstehen. Im BBauG (§§ 127 ff.) ist das Recht über die Erhebung von Beiträgen allerdings nur für die in § 127 Abs. 2 genannten Erschließungsanlagen geregelt. Für die darüber hinausgehende Erschließung i. S. des § 123 ist das Abgabenrecht der Länder maßgebend (vgl. § 127 Abs. 4). Das gilt auch für die Verbesserung und Erweiterung von Straßen, die bereits vor Inkrafttreten des BBauG erstmalig hergestellt waren. Der Begriff der Erschließung wird im BBauG nicht definiert. Es sind darunter die Maßnahmen zu verstehen, welche die bauliche oder gewerbliche Nutzung von Grundstücken durch Herstellung der für die Allgemeinheit bestimmten Verkehrs- und sonstigen Anlagen ermöglichen (vgl. Ludyga, Erschließung und Erschließungsbeitrag in Bayern, Nr. 2 zu § 123). Im allgemeinen wird man zur „Erschließung" alle Maßnahmen zählen können, die dazu bestimmt sind, Grundstücke an Verkehrs- und Versorgungsanlagen anzuschließen. Nicht zur Erschließung nach § 123 zählen sonstige Infrastruktureinrichtungen wie Kindergarten, Schule, Friedhof u. ä., die im Zuge der Ausweisung neuer Bauplätze notwendig werden. Wegen der „Beiträge" zu diesen Nachfolgeeinrichtungen vgl. vor § 123. 2. Träger der Erschließungslast (Abs. 1 und 3) a) Grundsätzlich ist der Träger der Erschließungslast die Gemeinde. Die Erschließung war von jeher eine Aufgabe der Gemeinde, die sie im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung durchzuführen hat. Abweichendes kann in straßenrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder sowie in energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften bestimmt sein (Abs. 1). Soweit die Erschließungslast der Gemeinde obliegt, erfüllt sie die Aufgabe im eigenen Wirkungskreis (Art. 28 Abs. 2 GG). b) Dies hindert die Gemeinde aber nicht, die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zu übertragen. Insbesondere kann z. B. bei größeren Bauvorhaben die Übertragung der Erschließungslast auf den Bauherrn in Betracht kommen. Das Gesetz sieht hierfür als Rechtsform den Erschließungsvertrag vor (Abs. 3). Durch einen derartigen Vertrag kann auch die Herstellung einzelner Erschließungsanlagen, insbes. von Versorgungsleitungen, einem Unternehmer (Versorgungsunternehmen) übertragen werden. 616
1. Abschnitt. A l l g e m e i n e Vorschriften
§123
2
Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und einem Dritten (vgl. zur Frage privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Vertrag Rspr. 6 A 2 und 4). Die Gemeinde wird aber durch diesen Vertrag nicht aus ihrer Verpflichtung entlassen, der Vertrag hat nur Wirkung zwischen dem Dritten und der Gemeinde; letztere bleibt daher nach wie vor gesetzlich zur Herstellung der Erschließungseinrichtung verpflichtet. Dies erlangt Bedeutung, wenn der Erschließungsvertrag nicht oder nicht vollständig erfüllt wird. Auch bei Abschluß eines Erschließungsvertrags ist die Gemeinde verpflichtet, mindestens 10 v. H. des beitragspflichtigen Erschließungsaufwandes zu tragen (BVerwG U vom 23. 4.1969, BayVBl. 1970, 176 = M D R 1969, 692). Lediglich die Fälligkeit des gemeindlichen Eigenanteils kann durch vertragliche Regelung hinausgeschoben sein (Rspr. 6 A 6). Verstöße führen regelmäßig nur zur Teilnichtigkeit des Vertrages (Rspr. 6 A 15). Wird der Erschließungsvertrag erfüllt, so entsteht der Gemeinde kein nach §§ 127 ff. umlagefähiger Aufwand. Dies gilt auch für die sog. „Fremdanliegergrundstücke", wenn im Erschließungsvertrag nicht vorgesehen ist, daß die Gemeinde insoweit Erschließungsbeiträge erhebt und dem Partner des Vertrages erstattet. Die Form Vorschrift des § 313 BGB ist auch beim Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrages zu beachten (Rspr. 6 A 7). Sofern sich der Erschließungsvertrag auf andere Erschließungsanlagen als die im § 127 Abs. 2 genannten erstreckt, sind die abgaberechtlichen Vorschriften der Länder und die gemeindlichen Satzungen hierzu zu berücksichtigen. Abweichungen hiervon insbesondere zum Nachteil der Gemeinde führen zur Nichtigkeit (bzw. Teilnichtigkeit) des Vertrages (vgl. Rspr. 6 A 12 u. 14, B 5). Vom Erschließungsvertrag nach Abs. 3 ist der bloße Finanzierungsvertrag zu unterschieden, der im BBauG nicht geregelt ist. Dem Abschluß eines solchen Vertrages stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht entgegen. Erschließungs- oder Finanzierungsverträge sollten nur dann abgeschlossen werden, wenn größere Baugebiete ausgewiesen werden. Bei der Wahl des Vertragstyps wird die Gemeinde gelegentlich dem Finanzierungsvertrag den Vorrang geben, weil die Einflußmöglichkeit auf die Durchführung der Erschließungsmaßnahmen größer ist. Der Nachteil des Finanzierungsvertrages besteht darin, daß die Gemeinde dabei der Abrechnung durch den Erlaß von Beitragsbescheiden für sämtliche Erschließungsmaßnahmen nicht enthoben ist. Der Hauptzweck der Ersparnis von Verwaltungsaufwand wird also durch diese vertragliche Regelung nicht erreicht. Denkbar ist auch, daß ein privater Rechtsträger eine Erschließungsanlage herstellt und von der Gemeinde Kostenersatz unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen kann. Dies setzt aber regelmäßig eine Zustimmung der Gemeinde zur Bauausführung voraus; auch kann der Ersatzanspruch erst dann entstehen, wenn ausnahmsweise ein An617
§123 5
6. Teil. Erschließung
spruch auf Durchführung der Erschließung entstanden ist (VGH Mannheim U vom 21. 9. 1976 NJW 1977, 1843 und Erl. 3). c) Für Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, die als Zubehöreinrichtungen der örtlichen Verkehrsanlagen anzusehen sind, gilt nach § 5 b StVG eine besondere gesetzliche Regelung. Soweit der Gemeinde die Erschließungslast obliegt, ist sie auch zur Beschaffung, Anbringung und Unterhaltung dieser Einrichtungen verpflichtet (Amtl.Begr. zu § 136 E). 3. Kein Rechtsanspruch auf Erschließung (Abs. 4) In Abs. 4 ist ausdrücklich festgelegt, daß die gesetzlich festgelegte und die Gemeinde treffende Erschließungslast kein subjektiv-öffentliches Recht der Anlieger oder der künftigen Benützer auf Herstellung von Erschließungsanlagen begründet. Diese Herstellung kann daher grds. nicht erzwungn werden. Der einzelne kann lediglich durch die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde eine Anregung zu einer rechtsaufsichtlichen Überprüfung geben (Rspr. 6 B 4). Die Erfüllung der Erschließungslast wirkt sich auf den Betroffenen (insbesondere den Grundstückseigentümer oder den Erbbauberechtigten) nur in Form eines Rechtsreflexes aus. Ausnahmsweise kann sich aber die allgemeine Erschließungspflicht zu einer aktuellen Erschließungspflicht verdichten und mit Ansprüchen Dritter verbunden sein (vgl. Rspr. 6 A 10). 4. Unterhaltung der Erschließungsanlagen (Abs. 5) Mit der Herstellung der Erschließungsanlagen ist die Erschließung im Sinne des Gesetzes beendet. Von diesem Zeitpunkt ab endet auch die Verpflichtung der Gemeinde aus § 123; die Unterhaltung der Erschließungsanlagen, d. h. die Instandhaltung und die notwendigen Erneuerungen, richtet sich dann nach Landesrecht, doch wird in vielen Fällen die Unterhaltspflicht bei der Gemeinde verbleiben. Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen sind keine Unterhaltungsmaßnahmen und können nach Landesrecht beitragspflichtig sein. 5. Erschließungszeitpunkt (Abs. 2) Über den Zeitraum, in dem die Erschließung durchgeführt bzw. abgeschlossen werden soll, bestimmt das Gesetz in Abs. 2 lediglich, daß die Erschließungsanlagen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein sollen. Damit ist den Gemeinden hinsichtlich des Beginns und der Beendigung der Erschließung ein Spielraum gelassen worden. Zwar bedeutet auch diese Sollvorschrift eine starke Bindung, von der nur unter besonderen Verhältnissen abgegangen werden darf, doch wurde der ursprünglich vorgesehene Grundsatz des Erschließungsbeginns zusammen mit dem Baubeginn fallengelassen (vgl. § 138 des RegE-Erstfg.). 618
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
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Die Bestimmung in Abs. 2 ist dahin zu verstehen, daß die Straße bis zur Fertigstellung der erschlossenen Anlagen zwar nicht endgültig hergestellt zu sein braucht, sich aber in einem Zustand befinden muß, daß eine Benutzung durch Fahrzeuge und ein gefahrloser Fußgängerverkehr gesichert ist (ebenso Ludyga, Erschließung und Erschließungsbeitrag in Bayern, Nr. 9 zu § 123 BBauG, und Schmidt, Handbuch des Erschließungsrechts, Anm. 7 zu § 123 BBauG). 6. Rechtsprechung
A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BayObLG B vom 28. 9. 1962 (BReg 2 Z 40/62) DÖV 1963, 72 = BayBgm. 1962, 289 = BayVBl. 1963, 27 = KStZ 1963, 20 = DWW 1963, 375
a) In § 123 BBauG ist nunmehr die „Erschließung" — darunter ist auch die Herstellung der Ortsstraßen zu verstehen — grundsätzlich den Gemeinden zur Pflicht gemacht; der Grundstückseigentümer bzw. der Erbbauberechtigte ist jetzt nur mehr verpflichtet, einen Erschließungsbeitrag zu leisten (§§ 127, 129 Abs. 1 letzter Satz, § 134 Abs. 1 BBauG). Die mit der Herstellung der Erschließungsanlagen entstehende Beitragsschuld (§ 133 Abs. 2 BBauG) ruht auf dem Grundstück bzw. dem Erbbaurecht als öffentliche Last (§ 134 Abs. 2 BBauG). Damit ist für den Erstbauenden die Notwendigkeit entfallen, die Straße selbst herzustellen oder für ihre Errichtung Sicherheit zu leisten. b) Als öffentliche Last ist der Erschließungsbeitrag gemäß § 54 GBO von der Eintragung in das Grundbuch ausgeschlossen. Jedoch findet hier der allgemeine, auch in Art. 170 EGBGB anerkannte Rechtsgrundsatz Anwendung, wonach Schuldverhältnisse in ihrem Inhalt und ihrer Wirkung dem Recht unterstehen, das zur Zeit der Verwirklichung ihres Entstehungstatbestandes galt. Denn es ist davon auszugehen, daß jeder neue Rechtssatz nur die Zukunft, nicht die Vergangenheit ordnen will und daß, wenn etwas anderes gelten soll, dies einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf (BGHZ 10, 391/394; 14, 205/208; BayObLGZ 1959, 136/138; Enneccerus-Nipperdey 15. Aufl., Allg. Teil, 1. Halbband § 62 I, II 1 und II 1 a). Eine solche Regelung trifft das BBauG nicht. Vielmehr bringt § 180 Abs. 1 hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß es bei dem alten Rechtszustand verbleiben soll, wenn nach bisherigem Recht eine Beitragspflicht oder eine die Funktion des Anliegerbeitrags erfüllende Verpflichtung bereits entstanden ist und noch geltend gemacht werden kann. Diese Rechtsauffassung findet eine Stütze auch in § 180 Abs. 6 BBauG. Wenn danach schon Vereinbarungen über die Erfüllung von (öffentlich-rechtlichen) Anliegerbeitragspflichten vom BBauG nicht berührt werden (Brügelmann-Förster BBauG Anm. VII zu § 180), so muß das erst recht für vom Bauwerber rein privatrechtlich übernommene Verpflichtungen gelten. Haben daher eine Gemeinde und ein Grundstückseigentümer vor dem Inkrafttreten des BBauG einen Vertrag über die Herstellung einer Anliegerstraße durch die Gemeinde geschlossen, so können Kostenforderungen der Gemeinde hieraus auch jetzt noch durch eine Hypothek dinglich gesichert werden.
2. BGH U vom 30. 9. 1970 (I ZR 132/68) DÖV 1970, 860 = NJW 1970, 2101 = DVB1. 1971, 192 = DNotZ 1971, 41.
Erschließungsverträge nach § 123 Abs. 3 BBauG sind auch dann öffentlich-rechtliche Verträge, wenn die Gemeinde die Erschließung nur teilweise oder unter bestimmten Auflagen und Sonderregelungn in einzelnen Beziehungen überträgt.
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§123 6
6. Teil. Erschließung
3. BVerwG U vom 25. 8. 1971 (IV C 84, 69) ZMR 1972, 151 = NJW 1972, 29, Heft XXIV
In Bayern kann der Anlieger, der nach bayerischem Recht einen Anspruch auf Entschädigung des zum Straßenbau abgetretenen Landes gegenüber einem anderen Anlieger hatte, diesen Anspruch nunmehr gegenüber der Gemeinde geltend machen.
4. BGH U vom 26. 11. 1971 (V ZR 105/69) ZMR 1972, 246
Für Ansprüche aus einem Erschließungsvertrag, der vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes abgeschlossen worden ist, ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben. Kaufverträge und Schuldverhältnisse unterliegen in der Regel dem zur Zeit ihrer Begründung geltenden Recht (BGHZ 10, 391/394; 14, 205/208). Ein am 16. 12. 1960 abgeschlossener Erschließungsvertrag ist daher, soweit er Verpflichtungen zur Erschließung enthält, unabhängig von der Frage, welche Bedeutung § 123 Abs. 3 BBauG zukommt, nach dem Recht zu beurteilen, daß vor dem Inkrafttreten des bundesrechtlichen Erschließungsrechts gegolten hat.
5. BGH U vom 31. 1. 1972 (III ZR 220/69) BayVBl. 1972, 363
Verpflichtet sich ein Bauwerber gegenüber einer Gemeinde zur Zahlung eines verlorenen Zuschusses, damit diese in Änderung ihrer Planung den Entwässerungskanal zum Baugrundstück früher als vorgesehen verlegt, so ist für Streitigkeiten aus der Verpflichtungserklärung der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.
6. BVerwG U vom 4. 2. 1972 (IV C 59.70) DÖV 1972, 866
a) Die Verpflichtung der Gemeinde, mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands selbst zu tragen (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG), kann auch dann nicht abbedungen werden, wenn die Gemeinde eine bestimmte Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten überträgt (sog. Erschließungsvertrag; vgl. § 123 Abs. 3 BBauG. — Die Beteiligung der Gemeinde soll u. a. dem Umstand Rechnung tragen, daß Erschließungsanlagen nicht nur dem Interesse der Anlieger, sondern zugleich dem öffentlichen Interesse dienen. Unmittelbar daraus ergibt sich, daß die Gemeinden ihren Anteil auch dann tragen müssen, wenn sie die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten übertragen. Es soll auch erreicht werden, daß die Erschließung für den letztlich mit ihren Kosten belasteten Anlieger entsprechend billiger wird; unerheblich ist, ob das im Einzelfall auch geschieht. Die Kostenbeteiligung der Gemeinde ist Ausdruck der durch § 123 Abs. 3 BBauG nicht aufgehobenen Verantwortung für die sachgerechte Erschließung und darin zugleich Ausdruck der unveräußerlichen gemeindlichen Planungshoheit. Insofern kann und soll § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG darauf hinwirken oder doch dazu beitragen, daß sich die Gemeinde im Zusammenhang mit Erschließungsverträgen nicht in einer dem BBauG widersprechenden Weise des eigenverantwortlichen Einflusses auf die städtebauliche Entwicklung ihres eigenen Gebietes begeben —). Möglich ist in einem solchen Fall jedoch, die Fälligkeit durch Vertrag bis auf den Zeitpunkt hinauszuschieben, in welchem die Gemeinde bei ordnungsmäßiger Planung in der Lage wäre, das betreffende Gebiet selbst zu erschließen. (Im Anschluß an das Urteil vom 23. 4. 1969 - IV C 69.67 - in BVerwGE 32,37 = DÖV 1969, 863). b) Wird bei Abschluß eines Erschließungsvertrags über die Fälligkeit des eigenen Anteils der Gemeinde keine Vereinbarung getroffen, so tritt die Fälligkeit mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage ein. c) Sofern bereits abgeschlossene Erschließungsverträge über die Fälligkeit des eigenen Anteils der Gemeinde keine Vereinbarung enthalten (und sich die Beteiligten über die Anwendung von § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG auf den Erschließungsvertrag im unklaren sein konnten), kann sich aus Treu und Glauben ergeben, daß die Fälligkeit (in solchen Übergangsfällen) erst später eintritt.
620
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§123 6
7. BGH U vom 5. 5. 1972 (V ZR 63/70) NJW 1972, 1364 = DVB1. 1972, 672 = DÖV 1972, 858
Verpflichtet sich in einem Erschließungsvertrag (§ 123 Abs. 3 BBauG) der Vertragspartner der Gemeinde zur Übereignung von Grundstücken, so findet § 313 BGB entsprechende Anwendung.
8. BVerfG B vom 5.7. 1972 (2 BvL 6/66, 28/69, 3/70, 11/70, 12/70) DWW 1972, 255 = NJW 1972, 1851 = DVB1. 1972, 887 = DÖV 1972, 855
Der Bund hat nach Art. 74 Nr. 18 GG die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für das Erschließungsbeitragsrecht.
9. BVerwG U vom 8. 9. 1972 (IV C 21.71) DÖV 1972, 867 = DVB1. 1973, 499 = BBauBl. 1973, 492
Ein im Erschließungsvertrag zugunsten der Eigentümer der erschlossenen Grundstücke gegenüber dem Unternehmer ausgesprochener „Verzicht auf Erhebung von Erschließungsbeiträgen" bleibt nicht ohne weiteres auch für den Fall rechtswirksam, daß der Unternehmer die Erschließung nicht durchführt. (Die Rechtswirksamkeit des Verzichts widerspräche grundsätzlich — mit der Folge der Nichtigkeit der Vereinbarung — § 135 Abs. 5 BBauG, der der Gemeinde eine Freistellung von der Erhebung des Erschließungsbeitrags nur dann gestattet, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Während der Verzicht auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen sicher für den Fall im öffentlichen Interesse liegt, daß die Erschließung vom Unternehmer ordnungsgemäß durchgeführt wird, entfällt das öffentliche Interesse dann, wenn die Durchführung vertragswidrig unterbleibt. Die Erschließung verbleibt in einem solchen Falle nach § 123 Abs. 1 BBauG letztlich im Aufgabenbereich der Gemeinde. Dafür, daß die Gemeinde auch dann im öffentlichen Interesse berechtigt sei, auf Erschließungsbeiträge zu verzichten, müßten schon ganz besondere Gründe vorliegen. Ähnliches gilt für die Voraussetzungen der unbilligen Härte.)
10. BVerwG U vom 4. 10. 1974 (IV C 59.72) BayVBl. 1976, 23 = MDR 75, 80 = DVB1. 75, 37 = NJW 75, 402
Die allgemeine Erschließungspflicht einer Gemeinde kann sich zugunsten bestimmter Erschließungsmaßnahmen zu einer aktuellen Erschließungspflicht verdichten und dann auch mit Ansprüchen Dritter verbunden sein.
11. BVerwG U vom 6. 6. 1975 (IV C 27.73) DVB1. 1976, 306
a) Das einen Verzicht auf die Erhebung des Erschließungsbeitrages rechtfertigende „öffentliche Interesse" i. S. der § 135 Abs. 5 BBauG muß auf den Verzicht selbst gerichtet sein (im Anschluß an das Urteil vom 8. 9. 1972 — IV C 21.71 —). b) Eine „unbillige Härte" i. S. des § 135 Abs. 5 BBauG liegt nicht vor, wenn die Gemeinde einen Grundstückseigentümer zu den Herstellungskosten solcher Teile der Erschließungsanlage heranzieht, für die er nicht schon anderweitig gezahlt hat.
12. BVerwG U vom 22. 8. 1975 (IV C 7.73) BayVBl. 1976, 282 = NJW 1976, 819 = DVB1. 76, 309
a) Die Gemeinden müssen den ihnen entstehenden Erschließungsaufwand nach Maßgabe des Bundesbaugesetzes und ihrer Beitragssatzung abdecken; abweichende Vereinbarungen über den endgültigen Erschließungsbeitrag sind unzulässig.
621
§123 6
6. Teil. Erschließung
b) Zulässig ist jedoch die vor Inkrafttreten einer Erschließungsbeitragssatzung getroffene vertragliche Vereinbarung einer Vorauszahlung auf den späteren Erschließungsbeitrag.
13. BVerwG U vom 5. 9. 1975 (IV C 2.73) DÖV 1975, 855 = BayVBl. 76, 313 a) Die G e m e i n d e n dürfen Erschließungsbeiträge nur erheben, soweit sie die Erschließung in Erfüllung ihrer gesetzlichen Baulast durchgeführt haben. b) Die gesetzliche Baulast k a n n jedenfalls o h n e Mitwirkung der nach § 5 Abs. 4 FStrG bei der Festsetzung von Ortsdurchfahrten zu beteiligenden Behörden nicht vertraglich übertragen werden.
14. BVerwG U vom 14. 11. 1975 (IV C 84.73) BayVBl. 1976, 246 = DÖV 76, 311 a) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem von der Behörde eine Leistung versprochen wird, die sie in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage nicht zu erbringen vermag, ist — ebenso wie eine entsprechende Zusage — grundsätzlich unwirksam. b) Vergleichsverträge k ö n n e n zwar auch d a n n wirksam sein, wenn ihnen gesetzwidrige Leistungen vorgesehen sind (im Anschluß an das Urteil vom 28. 3. 1962 — BVerwG V C 100.61 — BVerwGE 14, 103). Diese Unempfindlichkeit gegenüber gewissen Gesetzesverletzungen erstreckt sich aber nicht auf Leistungsversprechen, deren Gesetzwidrigkeit mit der durch den Vergleich beizulegenden Ungewißheit nichts zu tun hat.
15. BGH U vom 10. 12. 1975 (VIII ZR 306/74) DÖV 1976, 355
Bei Nichtbeachtung der Verpflichtung einer G e m e i n d e zur Beteiligung an den Erschließungskosten in einem Erschließungsvertrag ist nur der Ausschluß der Selbstbeteiligung der G e m e i n d e nichtig, der Vertrag im übrigen aber wirksam. (Anm.: Wegen der Rechtsnatur eines Vertrages nach § 123 Abs. 3 sind zur Entscheidung dieser Fragen aber grundsätzlich die Verwaltungsgerichte berufen)
16. BVerwG U vom 13. 2. 1976 (IV C 44.74) DÖV 1976, 353 a) Werden Eheleute aus demselben Rechtsgrund inhaltlich übereinstimmend in Anspruch g e n o m m e n u n d ist auch sonst e r k e n n b a r kein U m s t a n d gegeben, der zu einer unterschiedlichen Beurteilung f ü h r e n könnte, genügt es dem § 68 VwGO, wenn einer der Eheleute Widerspruch einlegt (im Anschluß an das U vom 7. 1. 1972, Buchh. 310 § 70 V w G O Nr. 6). b) Z u r Auslegung einer Klageschrift m u ß unter U m s t ä n d e n der ihr vorangegangene Widerspruchsbescheid herangezogen werden. Ist er an Eheleute gerichtet worden, wie wenn es sich bei ihnen um eine juristische Einheit handelte, k a n n sich d a r a u s rechtfertigen, die Klageschrift auf beide Ehegatten zu beziehen, auch wenn in ihrem Wortlaut nur einer der Ehegatten genannt ist. c) Durch Vertrag begründete Pflichten dürfen grundsätzlich nicht durch den Erlaß von Verwaltungsakten durchgesetzt werden. Ein solches Vorgehen bedarf vielmehr einer besonderen gesetzlichen G r u n d l a g e . § 123 Abs. 3 BBauG stellt (für Erschließungsverträge) eine derartige G r u n d l a g e nicht dar.
B. OVG, VGH und andere Gerichte 1. VG Minden U vom 18. 7. 1961 (II K 12/61) KStZ 1962, 120 = DWW 1963, 375 § 123 Abs. 1 BBauG statuiert die gemeindliche Erschließungslast nur als Regelfall u n d läßt v o r h a n d e n e gesetzliche Vorschriften oder öffentlich-rechtliche Verpflichtun-
622
§124
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
gen, auf G r u n d deren die Erschließungslast einem anderen obliegt, unberührt. D a s gilt auch f ü r bestehende Observanzen.
2. BayVGH U vom 15. 1. 1969 (Nr. 113 II 64) BayVBl. 1969, 175 Für A n s p r ü c h e auf Rückübereignung von Grundstücksteilen, die zum Straßenbau unentgeltlich abgetreten, aber nicht f ü r diesen Zweck verwendet worden sind, ist der Zivilrechtsweg gegeben.
3. OVG Münster U vom 6. 10. 1969 (III A 1298/67) DÖV 1970, 429 = Z M R 1970, 89 Ist ein Erschließungsvertrag insoweit unwirksam, als er keine der Vorschrift des § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG entsprechende Regelung einer Kostenbeteiligung der Gemeinde enthält, so hat der U n t e r n e h m e r gegen diese mit der Erbringung seiner Leistung einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Er ist so zu stellen, wie wenn er einen vertraglichen Anspruch auf eine zehnprozentige Kostenbeteiligung gegen sie hätte. Die von der G e m e i n d e geschuldete Zahlung wird mit der Entstehung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs fällig.
4. BayVGH U vom 30.9. 1970 (1 IV 68) DVB1. 1971, 592 = 1971, 83
BayBgm.
Aus Art. 83 Abs. 1 der Bayer. Verfassung u n d Art. 57, 58 der Bayer. G e m e i n d e o r d n u n g lassen sich subjektive Rechte der G e m e i n d e b ü r g e r auf bestimmte Erschließungsm a ß n a h m e n der G e m e i n d e (hier: Versorgung mit elektr. Energie) nicht herleiten.
5. BayVGH U vom 28. 5. 1975 (100 IV 70) DÖV 1976, 99
a) Es ist grundsätzlich zulässig, wenn eine G e m e i n d e mit dem Eigentümer eines kanalanschlußpflichtigen G r u n d s t ü c k s vertraglich die Abgeltung von Anschlußgebühren vereinbart, soweit u n d solange d a d u r c h der G e m e i n d e keine unvertretbaren finanziellen Nachteile entstehen. Eine Abgeltungsvereinbarung ohne ausreichende Gegenleistung ist als einseitiger Gebührenverzicht zu werten, der nur beim Vorliegen der Voraussetzungen f ü r einen Billigkeitserlaß zulässig ist. b) Die Nichtigkeit eines (öffentl.-rechtl.) Vertrages kann nicht allein aus einer von mehreren Auslegungsmöglichkeiten gefolgert werden. Ergibt eine weitere Auslegungsmöglichkeit einen Vertragsinhalt, der nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führt, so ist diese „gesetzeskonforme" Auslegung zu wählen, wenn sie dem objektiven Willen der Parteien nicht ausdrücklich zuwiderläuft u n d sich innerhalb der Auslegungsschranken des § 157 BGB hält. (Insoweit nur Leitsatz.)
§124 Grundsätze für die Durchführung der Erschließung Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Richtlinien über die städtebaulichen Grundsätze der Erschließung aufzustellen. 623
§125
6. Teil. Erschließung
1
In § 140 RegE zur Erstfassung war folgende Regelung vorgesehen gewesen: „Die Erschließung ist nach den anerkannten Regeln der Baukunst, der Technik und des Verkehrs durchzuführen. Die der Erschließung dienenden M a ß n a h m e n sind technisch und zeitlich aufeinander abzustimmen. Die Erschließungsanlagen sind mit den notwendigen Einrichtungen zu versehen; hierzu gehören bei Verkehrsanlagen insbesondere die Einrichtungen für die Beleuchtung." In den Ausschußverhandlungen wurde diese Bestimmung gestrichen, die in ihr enthaltenen Gedanken in eine Ermächtigungsnorm umgewandelt und die zutreffende Regelung auf städtebauliche Grundsätze für die Erschließung beschränkt. Die Richtlinien wurden bisher nicht erlassen.
§125 Bindung an den
Bebauungsplan
(1) Die Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen setzt einen Bebauungsplan voraus. Sie hat sich nach seinen Festsetzungen zu richten. (1 a) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird nicht dadurch berührt, daß bei der Herstellung von den Festsetzungen des Bebauungsplans abgewichen wird, wenn 1. die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder 2. die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beinträchtigen und wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. (2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde hergestellt werden. Dies gilt nicht, wenn es sich um Anlagen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile handelt, f ü r die die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die Herstellung der Anlagen den in § 1 Abs. 4 , 6 und 7 bezeichneten Anforderungen widerspricht. 1. Allgemeines a) Der RegE z. Erstfg. (§ 137) hatte ursprünglich vorgesehen, die Erschließung in vollem U m f a n g grundsätzlich an einen Beb PI. zu binden. Auf G r u n d einer gemeinsamen Aussprache zwischen dem BT-Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht und dem BR-Ausschuß für Wiederaufbau und 624
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 125 2
Wohnungswesen (vgl. BT-DS 3/1794 zu § 137) beschloß der erstere Ausschuß, die Vorschrift des § 137 der Regierungsvorlage, die die Bindung der Erschließung an den BebPl. regelt, im Grundsatz beizubehalten. Er teilte die Auffassung des Bundesratsausschusses, daß die Herstellung der Erschließungsanlagen ohne Bebauungsplan in der Praxis zu einer Umgehung der Bauleitplanung führen kann. Bei nachträglicher Aufstellung des Bebauungsplans könnten sich infolge der notwendigen Abstimmung mit überörtlichen Verkehrsplanungen Änderungen als erforderlich erweisen, die nur noch mit erheblichem Kostenaufwand durchgeführt werden könnten. Zur Wahrung dieses Anliegens erschien es aber ausreichend, lediglich die Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen, nicht auch sonstiger Erschließungsanlagen, an einen Bebauungsplan oder, wenn kein Plan aufgestellt ist, an die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zu binden. Es würde dem Prinzip der Verwaltungsvereinfachung im übrigen auch widersprechen, wenn jeder Weg innerhalb der bereits bebauten Ortslage erst von der höheren Verwaltungsbehörde genehmigt werden müßte. Der Ausschuß hat daher abweichend von der Regierungsvorlage zum Ausdruck gebracht, daß innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, für die die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist, auch die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde entfällt (vgl. hierzu auch § 34). b) Das ÄndG 1979 hat durch den neu eingefügten Abs. 1 a Erleichterungen für die Gemeinden bei abweichender Herstellung der Erschließungsanlagen von den Festsetzungen des Beb PI. gebracht. Nach der Überleitungsvorschrift (§ 183 e) ist die Neuregelung auch auf BebPle. und Erschließungsanlagen anzuwenden, die vor dem 1.8. 1979 rechtsverbindlich geworden bzw. hergestellt worden sind. 2. a) Bindung an den Bebauungsplan (Abs. 1) Ein BebPl. kann u. a. Verkehrsflächen, Versorgungsflächen und die Führung oberirdischer Versorgungsanlagen und -leitungen festsetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 — 13). Besondere Bedeutung kommt davon den örtlichen Verkehrsflächen zu, deren Festsetzung neben anderen Voraussetzungen notwendig ist für die qualifizierte Beplanung eines Gebietes i. S. des § 30. Es ist deshalb konsequent, grundsätzlich die Herstellung der in Abs. 1 genannten Erschließungsanlagen an die Festsetzungen eines BebPl. zu binden. Hierfür ist andererseits nicht stets ein qualifizierter BebPl. zu fordern; auch ein einfacher BebPl., der die Bebauung nur im Rahmen des § 34 vorbestimmt, reicht aus, wenn er Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen enthält. Zutreffend stellt das BVerwG wegen der Frage der Erforderlichkeit nur auf die Erschließungsanlage ab (Buchholz 406.11 § 125 BBauG Nr. 11), weshalb bei Bejahung dieser Frage auch ein BebPl. genügt, der Festsetzungen nur für die Erschließungsanlage trifft. 625
§125 3
6. Teil. Erschließung
b) Unschädlichkeit von Abweichungen (Abs. 1 a) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen und damit die Rechtmäßigkeit von Beitragsbescheiden für diese Anlagen bleibt auch bei Abweichung von den Festsetzungen des BebPl. erhalten, wenn diese mit den Grundsätzen der Planung aund auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öfentllichen Belangen vereinbar ist. Diese allgemeine Voraussetzung entspricht der für die Erteilung einer Befreiung nach dem neugefaßten § 31 Abs. 2 Nr. 2. Hinzukommen muß, daß die Anlage hinter den Festsetzungen zurückbleibt, also z. B. die Straße schmaler gebaut wird als im Plan vorgesehen (Nr. 1). Es genügt aber auch, daß die Beitragspflichtigen nicht stärker als bei plangerechter Ausführung belastet werden und die Nutzung der erschlossenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigt wird (Nr. 2). Die Gemeinde kann die Voraussetzung nach Nr. 2 in Bezug auf die Belastung auch dadurch herbeiführen, daß sie einen entsprechenden Anteil übernimmt. Geringfügige Verbreiterungen von Straßen werden auf diese Weise ohne Umplanung ermöglicht. Wegen der Überleitungsvorschrift vgl. Erl. bei § 183 e, eingeführt durch Nov. 1979. 3. Ausnahmen von der Bindung (Abs. 2) Zwei Ausnahmen von der Bindung an den BebPl. sind möglich, nämlich eine Ausnahme durch Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (a) und eine Ausnahme, die an keine Entscheidung gebunden ist (b). a) Wie sich auch aus § 33 ergibt, kann eine Bebauung unter gewissen Umständen erforderlich und sinnvoll sein, bevor ein qualifizierter BebPl. Rechtsverbindlichkeit erlangt hat. In diesen Fällen besteht regelmäßig auch das Bedürfnis, die straßenmäßige Erschließung vorzeitig durchzuführen. Es wäre nicht sinnvoll, hier lediglich für die Erschließung die abschließende Planung mindestens für die Verkehrsflächen zu fordern. Deshalb wurde in Abs. 2 die Möglichkeit der Zustimmung durch die höhere Verwaltungsbehörde (vgl. aber § 147 Abs. 3) als Planersatz vorgesehen. Bei der Entscheidung hat die Behörde in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 5 die dadurch berührten Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die Herstellung der Anlagen den in § 1 Abs. 4, 6 u. 7 bezeichneten Anforderungen (vgl. die dortigen Erläuterungen) widerspricht oder nach dem Stand des Aufstellungsverfahrens eine Beurteilung nicht möglich ist. Hierbei handelt es sich um verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbare Rechtsfragen. In der Erteilung von Baugenehmigungen kann eine Zustimmung nach Abs. 2 nicht gesehen werden (Rspr. 5 A 6). Aus der Funktion der Zustimmung als Planersatz folgt ferner, daß auch im Falle des § 123 Abs. 3 die Gemeinde den Antrag auf Zustimmung jedenfalls stellen kann. Sofern man darüber hinaus den durch Erschließungsvertrag Verpflichteten eine Antragsbefugnis zugesteht, kann die Zustimmung 626
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§125 5
nur im Einvernehmen mit der Gemeinde erfolgen, weil sonst in jedem Falle die gemeindliche Planungshoheit verletzt würde. Rechtsstreitigkeiten sind vor den Verwaltungsgerichten auszutragen; die Zuständigkeit der Baulandkammern (§ 157) ist hier nicht gegeben. b) Keine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zur Herstellung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und Grünanlagen ist erforderlich, wenn es sich um Anlagen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile handelt, für die die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist. Die Zustimmung entfällt nur dann, wenn beide Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (Rspr. 5 A 4). Erschließungsanlagen mit einseitiger Bebauung, bei der die unbebauten Grundstücke dem Außenbereich zuzuordnen sind, sind regelmäßig nicht in den Bebauungszusammenhang einbezogen. Für deren Aufstellung bedarf es deshalb eines BebPl. oder der Zustimmung (Rspr. 5 A3). 4. Auswirkung auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen Bestehen keine Festsetzungen im BebPl. über Verkehrsflächen oder fehlt es gänzlich an einem BebPl. bzw. der erforderlichen Zustimmung, so stellt sich die Frage, ob dies ein Hindernis für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen darstellt. Mit einem Teil der Rspr. und Literatur wurde früher die Auffassung vertreten, daß dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Heranziehungsbescheide führt. Diese Ansicht wurde angesichts der nunmehr gefestigten Rspr. des BVerwG aufgegeben (Rspr. 5 A 1. 2. auch 5. und 6; vgl. auch B 2). Zur Vermeidung von Nachteilen müssen die Gemeinden jeweils genau prüfen, ob ausnahmsweise beide Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 2 vorliegen. Im Zweifel sollte vor Herstellung der Anlagen ein Antrag auf Zustimmung gestellt werden. Die möglichen Nachteile werden aber wesentlich dadurch gemildert, daß der nachträglichen Aufstellung des BebPl. bzw. der nachträglichen Zustimmung im Hinblick auf die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide heilende Wirkung bis zur letzten Tatsacheninstanz zukommt (vgl. Rspr. 5 A 5). Praktisch bedeutsame Erleichterungen hat auch der 1979 neu eingefügte Abs. 1 a gebracht, was wegen der strengen Rspr. zur Frage der Abweichung von den Festsetzungen des BebPl. wünschenswert war, um das Verfahren nicht unnötig zu komplizieren. 5. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerwG U vom 21. 10. 1968 (IV C 94.67) DVB1. 1969, 275 = DÖV 1969, 867 a) Erschließungsbeiträge können nur für Straßen gefordert werden, die auf Grund eines Bebauungsplans oder mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde herge-
627
§125 5
6. Teil. Erschließung
stellt werden. Eine endgültige hergestellte Verbindungsstraße unterliegt hinsichtlich des Grades ihrer Herstellung einer erneuten Beurteilung, wenn sie zur Erschließungsanlage geworden ist. b) Tritt nach der Heranziehung ein BebPl. in Kraft, so wird der Fehler geheilt.
2. BVerwG U vom 29. 5. 1970 (IV C 141.68) BVerwGE 35, 222 = ZMR 1970, 381 = BayVBl. 1971, 20 = DÖV 1971, 394 = MDR 1970, 954
a) Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für neue Straßen kann nur erfolgen, wenn ein entsprechender BebPl. vorliegt oder die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen von einem BebPl. abgesehen werden kann (Fortführung der Rechtspr. von BVerwG IV C 94.67). b) Eines BebPl. bedarf es auch dann nicht, wenn mit der Herstellung der Straße bei Inkrafttreten des BBauG bereits begonnen war.
3. BVerwG U vom 12.10. 1973 (IV C 3.72) BauR 1/74, 41, VerwRspr. 25, 577
Verläuft eine Erschließungsanlage (Straße) entlang solcher Grundstücke, die zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehören, während die Grundstücke auf der anderen Seite der Erschließungsanlage dem Außenbereich zuzuordnen sind, so gehört in der Regel auch die Erschließungsanlage zum Außenbereich. Ihre Herstellung setzt deswegen nach § 125 BBauG einen BebPl. oder die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde voraus.
4. BVerwG U vom 4. 4. 1975 (IV C 75.72) DÖV 1975, 713
Eine Erschließungsanlage darf nach § 125 Abs. 2 S. 2 BBauG ohne Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nur hergestellt werden, wenn beide Tatbestandsmerkmale — Verlauf der Anlage innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 BBauG und Entbehrlichkeit der Aufstellung eines BebPl. für die Anlage — erfüllt sind.
5. BVerwG U vom 23. 5. 1975 (IV C 51.73) BayVBl. 1976, 26, DÖV 1975, 716 Die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zum Ausbau einer Erschließungsanlage kann nachträglich noch im Berufungsverfahren erfolgen (Weiterführung der Rechtsprechung in BVerwG IV C 30.71).
6. BVerwG U vom 3. 10. 1975 (IV C 78.73) DÖV 1976, 97
Auch wenn die Baugenehmigungsbehörde nach § 147 Abs. 2 BBauG zuständig für die Zustimmung zur Herstellung einer Erschließungsanlage ist (§ 125 Abs. 2 Satz 1 BBauG), kann die Erteilung von Baugenehmigungen diese Zustimmung nicht ersetzen.
B. Andere Gerichte 1. BayVGH U vom 26. 7. 1971 (Nr. 309 VI 70) BayVBl. 1972, 272
Zweck des § 125 BBauG kann nur sein, zu vermeiden, daß Erschließungsanlagen wegen einer fehlenden Koordination mit weiteren Planungen geändert werden müssen. Wo für eine solche Änderung nach den topographischen Verhältnissen kein Raum ist, handelt es sich um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil, für den nach der genannten Bestimmung ein Bebauungsplan nicht erforderlich ist. 628
§126
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
2. V G H Bad.-Württ. U v o m 8. 12.1971 (II 6 3 3 / 6 6 ) D Ö V 1972, 867 a) Bei Erschließungsanlagen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils sieht § 125 BBauG vom Erfordernis eines Bebauungsplans oder der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde ab, sofern durch die schon vorhandenen Ortsstraßen die planerischen Festsetzungen über den Verlauf der Straße und ihre Anlage im übrigen bereits vorgegeben sind. Daraus folgt, daß ein diesbezüglicher zur Zeit der Straßenherstellung begründeter Mangel in der Rechtmäßigkeit nicht durch späteres allmähliches „Einwachsen" der Erschließungsanlage in einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil behoben werden kann. Bei dieser Sachlage bedarf es, soll die Herstellung der Erschließungsanlage rechtmäßig sein, der nachträglichen Aufstellung eines Bebauungsplans (vgl. BVerwG U vom 21. 10. 1968 BaWüVBl. 1969, 123) oder der nachträglichen Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (vgl. Clauß, MDR 1969, 352). b) Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen setzt voraus, daß die Erschließungsanlage, für die die Beiträge erhoben werden sollen, nach Maßgabe des § 125 BBauG hergestellt worden ist (s. u. a. BVerwG U vom 29. 5. 1970, BVerwGE 35, 222). Dies bedeutet, daß innerhalb eines einheitlichen Abrechnungsgebietes Erschließungsbeiträge nur erhoben werden können, wenn für sämtliche zum Zweck der einheitlichen Ermittlung des Erschließungsaufwands zusammengefaßten Anlagen eine der Voraussetzungen der rechtmäßigen Herstellung nach § 125 BBauG erfüllt ist. c) Da auch bei der Ortsdurchfahrt einer Bundes- oder Landesstraße Gehwege und Fahrbahn eine einheitliche Erschließungsanlage bilden (BVerwG U vom 30. 1. 1970, Buchholz 406.11 § 128 BBauG Nr. 7), darf bei Beantwortung der Frage, ob mehrere Erschließungsanlagen eine Einheit bilden (§ 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG), gegebenenfalls die Funktion der Fahrbahn der Ortsdurchfahrt der Bundes- oder Landesstraße nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil nach § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG die Anlieger für die Kosten dieser Fahrbahn (grundsätzlich) nicht aufzukommen haben. 3. O V G H a m b u r g U v o m 7 . 1 2 . 1978 ( O V G Bf II 8 8 / 7 7 ) BBauBl. 1 9 7 9 , 1 7 1 § 125 Das BBauG gilt grundsätzlich auch für das Ausbaubeitragsrecht.
§126 Pflichten des
Eigentümers
(1) Der Eigentümer hat das Anbringen von 1. Haltevorrichtungen und Leitungen für Beleuchtungskörper der Straßenbeleuchtung einschließlich der Beleuchtungskörper und des Zubehörs und 2. Kennzeichen und Hinweisschilder für Erschließungsanlagen auf seinem Grundstück zu dulden. Er ist vorher zu benachrichtigen. (2) Der Erschließungsträger hat Schäden, die dem Eigentümer durch das Anbringen oder das Entfernen der in Absatz 1 bezeichneten Gegenstände entstehen, zu beseitigen; er kann statt dessen eine angemessene Entschädigung in Geld leisten. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde; vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. (3) Der Eigentümer hat sein Grundstück mit der von der Gemeinde festgesetzten Nummer zu versehen. Im übrigen gelten die landesrechtlichen Vorschriften. 629
§ 126 2
6. Teil. Erschließung
1. Allgemeines Die Verpflichtung des Eigentümers (siehe auch § 145 Abs. 2), auf seinem Grundstück Vorrichtungen zu dulden und insbesondere auch anbringen zu lassen, die für die Sicherheit und Leichtigkeit der Benutzung von Erschließungsanlagen durch den Erschließungsträger und die Allgemeinheit erforderlich oder zweckmäßig sind, liegt grundsätzlich im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums. Dabei etwa entstehende Schäden (z. B. Gebäudeschäden) sind jedoch dem Eigentümer zu ersetzen. Auch ist er in jedem Fall vorher zu benachrichtigen; doch bedeutet die letztere Bestimmung wohl nur eine Ordnungsvorschrift; rechtliche Folgerungen aus der Unterlassung der vorherigen Beachrichtigung werden sich nicht ergeben. Die Aufzählung der Pflichten des Eigentümers ist nicht abschließend. So bestehen nach Landesrecht häufig in Verbindung mit Ortsrecht auf landesgesetzlicher Grundlage insbes. Verpflichtungen zum Reinigen der Straßen, zum Streuen bei Glätte und zur Räumung von Eis und Schnee. Diese und andere Unterhaltungspflichten sind jedoch nicht Gegenstand des Gesetzes und meist in den Straßen- und Wegegesetzen der Länder niedergelegt. Zweifelhaft ist, ob die Gesetzgebungskomponenten des Bundes für die in § 126 behandelten Angelegenheiten gegeben ist (Zimnich, BayStrWG, Art. 52 Anm. 12 b, „Die Fundstelle" 1963 RdNr. 272). Durch das ÄndG 1976 wurde Abs. 1 Nr. 1 in der Weise ergänzt, daß nunmehr auch der Beleuchtungskörper selbst sowie Zubehör zu den Einrichtungen zählen, deren Anbringung zu dulden ist. 2. Anbringung von Vorrichtungen (Abs. 1 und 3) a) Nur die Anbringung von Haltevorrichtungen und Leitungen für die Beleuchtungskörper der Straßenbeleuchtung hat der Eigentümer zu dulden; dagegen fallen entsprechende Einrichtungen etwa für Verkehrs- und Fernmeldeunternehmungen nicht in den Rahmen des Gesetzes, da es sich dabei nicht um Erschließungsmaßnahmen handelt. Auch ist nur von der Anbringung von Haltevorrichtungen und Leitungen die Rede, so daß es fraglich erscheint, ob der Eigentümer auch verpflichtet ist, das Anbringen des Beleuchtungskörpers selbst auf seinem Grundstück zu dulden (vgl. hierzu Rspr. 4 b). Diese Rechtsfrage ist nunmehr durch die Änderung im Rahmen der Novelle 1976 durch ausdrückliche Nennung in Nr. 1 gelöst. b) Unter Abs. 1 Nr. 2 fallen z. B. Schilder, welche die Lage (Tiefe, Höhe) von Erschließungsanlagen wie Wasser- und Gasleitungen, Abwasserkanäle und dgl. kennzeichnen, ferner insbesonders auch die Straßenbeschilderungen. Nicht unbestritten ist die (wohl zu verneinende) Frage, ob die Verpflichtung zur Anbringung eines Hinweisschildes für Feuerlöschhydranten auf § 126 BBauG gestützt werden kann (vgl. hierzu „Die Fundstelle 1961, RdNr. 248). 630
1. Abschnitt. Allgemeine Vorschriften
§ 126 4
Die Straßenbenennung und die Anbringung von Namensschildern (Straßennamen) — in letzterer Beziehung Duldungspflicht des Grundstückseigentümers hinsichtlich der Anbringung — ist Sache der Gemeinde (vgl. z. B. für Bayern Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayrStrWG); ferner hat § 126 Abs. 3 BBauG die Festsetzung der Hausnummern als Aufgabe der Gemeinde erklärt, während die Anbringung der Hausnummer und — nach dem Wortlaut des Gesetzes — auch die Beschaffung des Nummernschildes nach der genannten Vorschrift Pflicht des Grundstückeigentümers ist (vgl. hierzu „Die Fundstelle" 1963, RdNr. 262, ferner auch OVG Münster, U vom 1. 12. 1964 - II A 891/64 ZMR 1966, 902 u. Anm. 4). 3. Entschädigung (Abs. 2) Es erschien angezeigt, die Wahl der Geldentschädigung anstelle der Naturalherstellung in das Ermessen des Erschließungsträgers zu stellen. Eine Naturalherstellung wird regelmäßig auch im Interesse des Betroffenen sein. Schäden können durch das Anbringen oder das Entfernen der Vorrichtungen entstehen. Bei Streitigkeiten zwischen dem Erschließungsträger und dem Eigentümer „über die Entschädigung" (d. h. also sowohl über die Art der Entschädigung — ob Natural- oder Geldentschädigung — als auch im Falle der Einigung über die Art der Entschädigung bei Streitigkeit über das Ausmaß der Entschädigung — Angemessenheit der Naturalherstellung, Höhe der Geldentschädigung —) entscheidet zunächst die höhere Verwaltungsbehörde (§ 147 Abs. 3 dürfte hier nicht anwendbar sein); die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde kann nach § 157 Abs. 1 nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Kammer für Baulandsachen) angefochten werden. Handelt der Eigentümer seiner Ordnungspflicht zuwider und verhindert damit das Anbringen der in Abs. 1 genannten Gegenstände, so kann die Duldungspflicht erst nach Konkretisierung durch einen entsprechenden Verwaltungsakt — notfalls mit Verwaltungszwang — durchgesetzt werden. Der durch Vertrag nach § 123 Abs. 3 Erschließungsverpflichtete ist nicht zugleich „beliehener Unternehmer" und kann deshalb eine solche Anordnung nicht erlassen. Der Bescheid ergeht auch hier durch die Gemeinde. 4. Rechtsprechung a) OVG Münster U vom 1. 12. 1964 (II A 891/64) ZMR 1966, 1902 = DÖV 1965, 389 = BBauBl. 1965, 401 Der Grundstückseigentümer ist auf Grund des § 126 Abs. 3 Satz 1 BBauG auch verpflichtet, die bisherige Hausnummer durch die behördlich angeordnete neue Hausnummer auf seine Kosten zu ersetzen.
b) OVG Rheinland-Pfalz U vom 18. 2. 1965 (I A 43/64) BBauBl. 1965, 533 aa) Der Erschließungsträger ist nicht befugt, einseitig durch „Verfügung" dem Grundstückseigentümer gegenüber eine verbindliche Regelung über die in § 126 Abs. 1 Satz 1 BBauG normierte Duldungspflicht zu treffen. bb) Der Eigentümer ist nicht verpflichtet, das Anbringen des Beleuchtungskörpers selbst auf seinem Grundstück zu dulden.
631
Vor § 127
6. Teil. Erschließung
c) OVG Münster U vom 21. 5. 1968 (IV A 750/67) DVB1. 1968, 758 = DÖV 1969, 363
aa) Die Bezeichnung der Häuser nach Nummern u. Straßen ist im ehem. Preußen immer als eine der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dienende polizeiliche Aufgabe angesehen worden. Im Land Nordrhein-Westfalen erfolgt mangels besonderer zu § 126 Abs. 3 Satz 2 BBauG ergangener landesrechtlicher Vorschriften die Numerierung bez. Umnumerierung von Grundstücken auf der Grundlage des Ordnungsbehördengesetzes. bb) Numerierung und Umnumerierung von Grundstücken stehen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. cc) Soweit rechtliche Verordnungen nicht entgegenstehen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, bei der Numerierung oder Umnumerierung von Eckgrundstücken diese der Straße zuzurechnen, zu der der Hauseingang zeigt oder von der der Hauptzuweg besteht.
d) Hamb OVG U vom 7. 1. 1971 (Bf II 34/70) MDR 1971, 691
Die Zuweisung einer Hausnummer ist ein verwaltungsgerichtlich nachprüfbarer Verwaltungsakt.
e) OVG Münster U vom 22. 3. 1972 (IV A 196/71) DÖV 1972, 867
Eine mehrmalige Änderung der Hausnummer eines Hausgrundstücks innerhalb von wenigen Jahren durch ordnungsbehördliche Verordnung kann sachgerecht und mithin rechtmäßig sein. (Das Ermessen der Behörde bei der Zuteilung von Hausnummern ist von Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt und dementsprechend weit gefaßt. - Vgl. auch: OVG Münster U vom 1. 12. 1964 DÖV 1965, 391; U vom 21. 5. 1968 OVGE 24, 68 = DVB1. 1968, 758 = DÖV 1969, 363. - )
ZWEITER ABSCHNITT Erschließungsbeitrag
Vorbemerkung Aus der AmtlBegr. z. Erstfg. zu diesem Abschnitt ist folgendes anzuführen: Die Erschließung gehört zu den allgemeinen Aufgaben der Gemeinden. Es wäre daher nahegelegen, die hierfür erforderlichen Aufwendungen durch allgemeine Haushaltsmittel, insbesondere durch die den Gemeinden zufließenden Steuereinnahmen zu bestreiten. Da die Grundlage der Steuereinnahmen der Gemeinden im wesentlichen das Aufkommen aus der Grund- und Gewerbesteuer ist, würde die Bestreitung des Erschließungsaufwandes aus diesem Aufkommen den an eine Objektsteuer zu stellenden finanzpolitischen Anforderungen ohne weiteres entsprechen. Die Vorteile einer Erschließung wirken sich in erster Linie auf den der Grundsteuer im allgemeinen zugrundeliegenden Ertragswert aus; sie stehen also zur Grundsteuer in einem entsprechenden Verhältnis. Dies gilt im gewissen Grad auch für das Verhältnis zur Gewerbesteuer, obwohl hier der gewerbliche Ertrag nur zum Teil von Erschließungsvorteilen beeinflußt ist. Es würde daher der Verwaltungsvereinfachung dienen, wenn durch eine entsprechende Erhöhung des Grund- und Gewerbesteueraufkommens auf die Erhebung eines besonderen Erschließungsbeitrages verzichtet werden könnte, wie dies in vielen kleineren Gemeinden der Fall war. Wenn das Gesetz diesen Weg jedoch nicht gegangen ist, sondern die Grundstückseigentümer, denen die Vorteile aus der Erschließung zugute kommen, zu einem besonderen Beitrag heranzieht, so geschieht dies vor allem deshalb, weil der Erschließungsaufwand eine erhebliche Belastung des Gemeindehaushalts darstellt und daher jede 632
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
Vor § 127
grundsätzliche Änderung des bisherigen Deckungsverfahrens nicht ohne Auswirkung auf die Finanzwirtschaft der Gemeinden und das Grundstücks- und Mietpreisgefüge bleiben kann. Es würde auch von denjenigen Grundstückseigentümern, die bisher den Erschließungsbeitrag schon geleistet haben, nicht verstanden werden, wenn sie erneut mit der Grundsteuer den neuen Erschließungsaufwand, der ihnen nur wenig Vorteile bringt, nochmals mittragen sollten. Die Gemeinden würden sicher nur sehr ungern auf eine ihnen bisher zustehende Einnahmequelle verzichten. Vermutlich wäre damit zu rechnen, daß einzelne Länder von ihrem Recht, den Erschließungsbeitrag gesetzlich zu regeln, Gebrauch machen würden. Wo solches nicht geschähe, würden die bisherigen zum großen Teil als unzulänglich erklärten Regelungen aufrechterhalten bleiben. Eine bundesgesetzliche Regelung war daher im Interesse der Wahrung der Einheitlichkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse kaum zu vermeiden. Die Unhaltbarkeit der bisherigen Regelung des Erschließungsbeitragsrechtes (Anliegerbeitragsrecht) ist in der Fachliteratur in den vergangenen Jahrzehnten einmütig zum Ausdruck gekommen. Der Erschließungsbeitrag für die Straßenbaukosten ist bisher vielfach nach dem Frontmetersystem bemessen worden. Dieses System führte zur Begünstigung der hochzonigen Bebauung und zur Überlastung des Flachbaues, insbesondere der Kleinhausbebauung. Die Beitragspflicht der Eckgrundstücke und sonstiger an mehreren Straßen gelegener Grundstücke konnte in vernünftiger Weise kaum gelöst werden, während die Beitragsfreiheit der Hintergebäude der Logik entbehrte. Eine gerechte, den baulichen Nutzungsvorteilen entsprechende Regelung ist mit dem Frontmetersystem nur in ganz einfachen ländlichen Verhältnissen, wo die Grundstücke entlang einer Straße gleichmäßig bebaut werden, vielleicht noch zu erreichen. Im übrigen widerspricht dieses System den Forderungen der Gerechtigkeit und Gleichheit. Der Entwurf sah sich deshalb der Aufgabe gegenüber, einen Verteilungsmaßstab zu finden, der die Nachteile des Frontmetermaßstabes vermeidet und möglichst gerecht und gleichmäßig den Vorteilen aus der Erschließung angepaßt ist. Er ging dabei von folgenden Überlegungen aus: a) Der Verteilungsmaßstab muß einfach sein, damit er möglichst geringe Verwaltungsarbeit verursacht und von Hilfskräften gehandhabt werden kann. b) Der Verteilungsmaßstab muß ermöglichen, den Beitrag schon im voraus zu berechnen, damit er schon im Finanzierungsplan für einen Neubau oder in der Preisberechnung bei der Grundstücksveräußerung berücksichtigt werden kann. c) Der Verteilungsmaßstab muß nach objektiven Merkmalen bestimmt sein, um das Veranlagungsverfahren zu vereinfachen und Beschwerden und Verwaltungsprozesse nach Möglichkeit auszuschalten. Es muß daher der persönliche Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit ausscheiden; dieser kann nötigenfalls beim Einzugsverfahren im Einzelfall im Rahmen des Verwaltungsermessens berücksichtigt werden. Nach diesen Gesichtspunkten hat das Gesetz abweichend von der Regierungsvorlage der Gemeinde wahlweise mehrere Verteilungsmaßstäbe zur Verfügung gestellt (§ I3l Abs. 2). Die Maßstäbe können auch miteinander verbunden werden. Im übrigen hat der Gesetzgeber die Art und Weise der Berechnung und Erhebung des Erschließungsbeitrags nicht in allen Einzelheiten geregelt. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, den Rahmen zu setzen und eine Reihe von grundsätzlichen Fragen zu klären. Es ist Sache der Gemeinden, durch Ortsrecht die nähere Ausgestaltung vorzunehmen (§ 132). Als Neuerungen gegenüber dem früheren (landesrechtlichen Anliegerbeitragsrecht kommen vor allem in Betracht: 1. Alle Gemeinden sind zur Erhebung eines Erschließungsbeitrages verpflichtet (§ 127 Abs. 1). 2. Mehrere Erschließungsanlagen, die eine Einheit bilden, können zu einer Gesamtheit zusammengeschlossen werden (§ 130 Abs. 2 Satz 2). 633
§127
6. Teil. Erschließung
1
3. Die Gemeinden haben mindestens 10 v. H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwands selbst zu tragen (§ 129 Abs. 1 Satz 3). 4. Wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung möglich ist, muß ein Verteilungsmaßstab gewählt werden, der der Art und dem Maß der Nutzung entspricht (§ 131 Abs. 3). 5. Der Beitragsanspruch entsteht bereits bei Fertigstellung der Erschließungsanlage (§ 133 Abs. 2). 6. Auch die Möglichkeit der Forderung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (§ 133 Abs. 3) bildet gegenüber einem Teil des bisher geltenden Anliegerbeitragsrechts eine Neuerung. 7. Anläßlich der Novellierung des Gesetzes im Jahre 1976 wurde der Umfang der beitragspflichtigen Erschließungsanlagen durch Erweiterung des § 127 Abs. 2 um Nr. 4 (Kinderspielplätze) und Nr. 5 (Schutzeinrichtungen) ausgedehnt. Auch die Vorschrift über den Beitragspflichtigen (§ 134) wurde wesentlich geändert.
§127 Erhebung des
Erschließungsbeitrages
(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließunganlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze; 2. Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind; 3. Parkflächen und Grünanlagen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 und 2 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind; 4. Kinderspielplätze innerhalb der Baugebiete; 5. Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind. (3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung). (4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser. 1. Erhebung des Erschließungsbeitrags (Abs. 1) Die Vorschrift statuiert eine Rechtspflicht der Gemeinden zur Erhebung des Erschließungsbeitrags, das ist also des Aufwands, der den Gemeinden durch die Errichtung von Erschließungsanlagen entsteht (über Umfang des 634
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127
2
Erschließungsaufwands und den Begriff beitragsfähiger Erschließungsaufwand siehe §§ 128 und 129). Erschließungsbeiträge können daher bei Straßen nur dann oder nur insoweit erhoben werden, als die Straßenbaulast bei der Gemeinde liegt. Dies können Straßen insgesamt sein oder Bestandteile von Straßen (Überbreiten bei Ortsdurchfahrten von Kreis-, Staats- oder Bundesstraßen, Geh- oder Radwege an solchen Ortsdurchfahrten). Es steht also nicht etwa im Belieben der Gemeinden, ob sie einen Beitrag erheben wollen oder nicht. Weitere Voraussetzung für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist der Erlaß einer Satzung nach § 132, weil das Erschließungsbeitragsrecht des BBauG ohne Satzung unvollständig und nicht vollziehbar ist. Die Vorschrift geht davon aus, daß die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ihre innere Rechtfertigung in dem Ausgleich der Vorteile findet, die dem Anliegergrundstück durch die gemeindliche Erschließungstätigkeit zufließen. Beiträge können daher nicht zu den Aufwendungen für Erschließungsanlagen aller Art erhoben werden. Vielmehr sind in diesem Zusammenhang nur solche Anlagen von Bedeutung, die für die Erschließung eines Baugebietes notwendig sind, insbesondere solche Anlagen, die erst die Bebauung eines Grundstücks ermöglichen. Mit Hilfe des Beitrags soll erreicht werden, daß der Bau der in Frage kommenden Erschließungsanlagen mit der Bebauung eines Baugebiets Schritt halten und ihr nach Möglichkeit vorangehen kann. Wegen des Begriffs „anderweitige Deckung" siehe § 129 Nr. 2 c. 2. Erschließungsanlagen (Abs. 2) Dem oben unter Anm. 1 angegebenen Gesichtspunkt wurde durch eine gegenständliche Beschränkung der beitragspflichtigen Erschließungsanlagen in Abs. 2 Rechnung getragen. Erschließungsanlagen, für deren Herstellung ein Beitrag erhoben werden kann, sind demnach a) alle öffentlichen, zum Anbau bestimmten Straßen usw., d. h. demnach zunächst, daß es sich um öffentliche, also von der Gemeinde dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straßen handeln muß, damit eine Erschließungsanlage gegeben sein kann. Die Widmung ist übrigens auch für die Frage der Entstehung der Beitragspflicht von Bedeutung (s. § 133 Nr. 3). Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch eine Privatstraße eine „Erschließungsanlage" sein kann, nämlich dann, wenn eine private Straße nach den gesamten Umständen (Breite, Länge, Anzahl der angrenzenden Grundstücke usw.) eine selbständige Erschließungsfunktion hat (vgl. Rspr. A 8). In diesem Fall ist die Gemeinde verpflichtet, diese Straße dem öffentlichen Verkehr zu widmen und ihr damit den Charakter einer öffentlichen Straße zu geben. Erst dann kommt allerdings die Möglichkeit der Erhebung von Erschließungsbeiträgen in Betracht (siehe dazu auch §§ 128 Abs. 1 Nr. 3, 129 Abs. 2). Ferner besagt die Beschränkung auf die zum Anbau bestimmten Straßen, daß z. B. für Straßen usw. oder Teile davon, die nach ortsrechtlichen oder sonstigen Vorschriften von Anbauten freizuhalten sind, kein Beitrag erhoben 635
§127
2
6. Teil. Erschließung
werden kann. Für eine einseitig bebaubare Straße kann auf die Anlieger der bebaubaren Straßenseite grundsätzlich nur die Hälfte des Erschließungsaufwands umgelegt werden (BVerwG U vom 25. 6.1969 — IV C 14.68 — DÖV 1969, 864). Möglich ist es aber, daß auch in diesem Fall der Erschließungsaufwand voll auf die Anlieger überwälzt wird: bei einseitiger Bebauung ist jedoch die anrechenbare Breite der Erschließungsanlage geringer als bei beidseitiger Bebauung. Wenn die Straße entsprechend schmaler ausgeführt wird, entsteht der Gemeinde kein Nachteil durch den Ausfall von Beiträgen. Zu den Straßen gehören die Fahrbahn, Geh- und Radwege soweit sie mit der Fahrbahn im Zusammenhang stehen und mit dieser gleichlaufen (sog. unselbständige Ge- und Radwege), Trenn-, Seiten-, Rand-, Sicherheitsstreifen und sonstige Einrichtungen für den Verkehr, die Entwässerung und Beleuchtung. Bestimmte, besonders kostspielige Bestandteile der Straßen sind allerdings durch § 128 Abs. 3 Nr. 1 aus dem Umfang des umlegungsfähigen Erschließungsaufwands herausgenommen. Die Tatsache, daß eine Straße z. B. vor Ansiedlung eines bestimmten Industriebetriebs eine fertiggestellte Verbindungsstraße war, steht der Annahme nicht entgegen, daß sie später in dem in Frage kommenden Teilstück zur Erschließungsanlage geworden ist und also solche noch nicht endgültig hergestellt war (vgl. BVerwG U vom 21. 10. 1968 - IV C 94.67 - DVB1. 1969, 275, u. vom 31. 1.1969 - IV C 47.67 - BayVBl. 1970, 65). b) „Sammelstraßen" innerhalb der Baugebiete. Hier handelt es sich um solche öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, die zwar selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber für die Erschließung eines Baugebiets notwendig sind und innerhalb dieses Gebiets liegen. Es sind damit alle Straßen außerhalb der Baugebiete ausgeschlossen worden, insbesondere die Anschluß- und Verbindungsstraßen zu Baugebieten. Sammelstraßen in diesem Sinn sind in der Praxis selten. c) Die Anführung der Parkflächen und Grünanlagen, die einen Bestandteil neuzeitlicher Verkehrsanlagen bilden, dient der Klarstellung. Bestandteil der unter Nr. 1 und 2 genannten Erschließungsanlagen sind Parkflächen und Grünanlagen dann, wenn sie mit der Fahrbahn im Zusammenhang stehen und mit dieser gleichlaufen. Durch die klarstellende Einbeziehung dieser Teile wurde der herkömmliche Begriff der Erschließung erweitert (für Parkflächen: BayVGH U vom 9. 1. 1969 Nr. 244 VI 66). Daraus darf jedoch nicht im Umkehrschluß entnommen werden, die übrigen Bestandteile der Straßen — so wie die straßenrechtlichen Vorschriften diesen Begriff definieren — gehörten nicht zu den Erschließungsanlagen i. S. des Zweiten Abschnitts. Eine wesentliche Ausweitung der Erschließungsanlagen ist durch die Einbeziehung von Parkflächen und Grünanlagen erfolgt, die nicht Bestandteil von Straßen sind, aber nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind. Selbständige Parkflächen (nicht zu verwechseln mit „Parkanlagen" i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 15 — Unter636
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127
2
begriff der „Grünanlagen") lassen noch relativ leicht eine Beurteilung über die städtebauliche Notwendigkeit zu. Selbständige Grünanlagen dürfen weder zu klein — und damit ohne Erschließungswert — noch zu groß — etwa der Bevölkerung der gesamten Gemeinde oder eines ganzen Ortsteils dienend — sein. Im übrigen bereitet hier die Abgrenzung der durch die Anlage erschlossenen Grundstücke besondere Schwierigkeiten. Die Rspr. des BVerwG hat sich bei Grünanlagen auf die Faustregel der 200-m-Entfernung festgelegt. Die besondere Problematik von Kinderspielplätzen innerhalb der Grünanlagen besteht heute nicht mehr (siehe Nr. 4). d) Kinderspielplätze innerhalb der Baugebiete werden durch das Änderungsgesetz 1976 neu in den Kreis der beitragspflichtigen Erschließungsanlagen aufgenommen (wegen der Übergangsregelung siehe Art. 3, § 9 Abs. 2 des Änderungsgesetzes). Gemeint sind auch hier nur die gemeindlichen öffentlichen Kinderspielplätze. Durch die Gesetzesänderung kommt es bei Kinderspielplätzen innerhalb von Grünanlagen (vgl. dazu auch die Neufassung von § 9 Abs. 1 Nr. 15) nicht mehr darauf an, welchen Gesamtcharakter die Anlage erhält. Wegen der Erschließungsbeitragspflicht im Hinblick auf die Größe des Kinderspielplatzes und dessen Funktion sowie der Abgrenzung der dadurch erschlossenen Grundstücke gelten die gleichen Grundsätze wie für selbständige Grünanlagen. Wollte man hier anders entscheiden, dann entstünde die Problematik der Grünanlagen mit Kinderspielplätzen neu, diesmal aber nicht in Bezug auf die Beitragspflicht, sondern bei der Frage der Umlegung des Aufwandes auf die dadurch erschlossenen Grundstücke. e) Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des BImSchG, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind, wurden ebenfalls durch die Novelle 1976 in das Gesetz eingefügt (Übergangsregelung: Art. 3, § 9 Abs. 2 des Änderungsgesetzes). Die Schwierigkeiten bestehen im Vollzug dieser Bestimmung zunächst darin, daß die entsprechenden Verordnungen zur Ausführung des BImSchG noch nicht erlassen sind. Bei weit überwiegendem Durchgangsverkehr wird es außerordentlich schwierig sein, Art und Umfang des beitragsfähigen Aufwands durch Satzung (§ 132 Nr. 1) festzulegen. f) Die Ausweitung der Erschließungsanlagen durch Abs. 2 Nr. 4 und 5 führt dazu, daß die Gemeinden ihre Satzungen nach § 132 entsprechend ergänzen müssen. g) Werden in förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet (§ 5 StBauFG) Erschließungsanlagen i. S. des § 127 Abs. 2 BBauG hergestellt, erweitert oder verbessert, so sind Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen nicht anzuwenden. Beitragspflichten, die vor der förmlichen Festlegung entstanden sind, bleiben unberührt (§ 6 Abs. 7 StBauFG). 637
§127 3
6. Teil. Erschließung
3. Kostenspaltung (Abs. 3) Der Abs. 3 enthält den wichtigen Grundsatz der „Kostenspaltung". Dieser entspringt einem dringenden Bedürfnis der Praxis. Zwar ist der Erschließungsbeitrag grundsätzlich ein einmaliger Beitrag des Grundstückseigentümers zu dem seinem Grundstück zugute kommenden Erschließungsaufwand der Gemeinde. Um aber dieser die Möglichkeit zu geben, bei der in der Regel nur stufenweise stattfindenden Erschließung mit der Erhebung eines Beitrags nicht bis zur völligen Fertigstellung der gesamten Anlage warten zu müssen, sind auch bereits Teilanlagen als beitragsfähig anerkannt worden; die Gemeinde kann den Beitrag selbständig und gesondert erheben: a) für die Aufwendungen, die ihr für den Grundstückserwerb durch Kauf — auch Ausübung des Vorkaufsrechts — oder durch Enteignung entstehen, b) für die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen, z. B. Beseitigung von Bauten, Einfriedungen, Bäumen u. a., Verlegung von Hausanschlußleitungen für Wasser und Abwasser, c) für Teile der Erschließungsanlagen. Die Gemeinde kann also die Anlagen in einzelne Teile aufspalten; so kann vor allem die endgültige Herstellung einzelner Bestandteile wie Fahrbahn, Gehweg, Parkfläche, Grünstreifen, Beleuchtung oder Entwässerung getrennt abgerechnet werden. Einzelne Fahrstreifen der Fahrbahn sind jedoch einer getrennten Abrechnung im Wege der Kostenspaltung regelmäßig nicht zugänglich (anders aber bei Richtungsfahrbahnen, die durch einen Grünstreifen getrennt sind — siehe Rspr. 6 A 20 d). Eine „horizontale Kostenspaltung" für Teile der Erschließungsanlage (z. B. Abrechnung des Unterbaus der Fahrbahn) ist ebenfalls nicht zulässig (BVerwG U vom 3. 10. 1975, DÖV 1976, 97), d) die Kostenspaltung kann auch mit der Abschnittbildung (§ 130 Abs. 2) kombiniert werden (z. B. Gehweg für Teillänge der Erschließungsanlage etwa von Einmündung zu Einmündung). In diesem Fall ist die Gemeinde jedoch regelmäßig auch für die Abrechnung weiterer Teilmaßnahmen an diese Entscheidung gebunden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn Besonderheiten der weiteren Teilmaßnahmen die Bildung anderer Abschnitte erfordern (Gemeinde-Zeitung Nr. 7/1975). Umfang und Art und Weise der Kostenspaltung ist in der Satzung festzulegen (§ 132 Nr. 3). Ist die Möglichkeit der Kostenspaltung in der Ortssatzung allgemein zugelassen, so bedarf es für den Ausspruch einer Kostenspaltung für eine bestimmte Straße keines erneuten Ortsgesetzes (s. unten Rspr.). Wird die Kostenspaltung in der Ortssatzung nach § 127 Abs. 3 i. V. mit § 132 Nr. 3 BBauG in der Weise geregelt, daß Teilbeträge nach Abschluß eindeutig bestimmter Erschließungsteilmaßnahmen erhoben werden können, so genügt zur Heranziehung der Grundstückseigentümer zu Teilbeträgen ein Anforderungsbescheid (BayVGH U vom 30. 11. 1965 Rspr. 6 B 3). 638
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127 5
Die Gemeinden können aber im Rahmen der Kostenspaltung nicht etwa Erschließungsbeiträge in Raten nach ihrem Ermessen erheben (vgl. V G H Bad.-Württ. U vom 18. 12. 1967, K S t Z 1968, 78). Bei der Regelung der K o stenspaltung durch die Satzung ist der Gemeinde freigestellt, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung die Kostenspaltung zur Regel erheben oder sich nur als Möglichkeit neben der Abrechnung der ganzen Erschließungsanlage vorbehalten will. Die Vorschrift des § 127 Abs. 3 steht mit den Vorschriften des § 130 Abs. 2 und des § 131 Abs. 1 in systematischem Zusammenhang. Das Wort „ermittelt" in § 131 Abs. 1 soll die systematische Verbindung zu § 130 Abs. 2 herstellen; es soll aussagen, daß der „Verteilungsraum" dem „Ermittlungsraum" derart entspricht, daß er die Summe der Grundstücke umfaßt, die jeweils von der Anlage, dem Anlagenabschnitt oder der Anlagenmehrheit erschlossen werden, für die der beitragsfähige Aufwand ermittelt worden ist. Die Entscheidung, welche die Gemeinde für den Ermittlungsraum getroffen hat, enthält daher gleichzeitig die Entscheidung über den Verteilungsraum (vgl. hierzu Brügelmann-Förster, Kommentar zum B B a u G Anm. I I I 5 c zu § 130 und Anm. II 2 zu § 131, ferner B a y V G H U vom 13. 12. 1968 Nr. 180 VI 67).
4. Abgaben für andere Erschließungsanlagen (Abs. 4 ) Das Recht der Gemeinden, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen i. S. des Zweiten Abschnitts des Sechsten Teiles des B B a u G sind, bleibt unberührt. Hier kommen vor allem in Betracht die bisher schon auf Grund satzungsrechtlicher Regelung möglichen Beiträge und Gebühren für Anlagen zur Ableitung von Abwässern sowie zur Versorgung mit Wasser. Neben den in Abs. 4 beispielhaft genannten Anlagen kommt besondere Bedeutung der in den Kommunalabgabegesetzen der Länder geregelten Möglichkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Erweiterung und Verbesserung bereits erstmalig hergestellter Straßen zu (§ 128 Abs. 2 Satz 1).
5. Überleitungsvorschriften nach der Novelle 1976 Art. 3 § 9 des Ä n d G zum B B a u G vom 18. 8. 1976 enthält zwei wichtige Überleitungsbestimmungen: a) Ist vor dem 1 . 1 . 1977 der Beitragsbescheid zugestellt worden, so gelten die alten Bestimmungen über den Beitragspflichtigen (§ 134). b) Sind Kinderspielplätze (Abs. 2 Nr. 4) oder Anlagen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen endgültig hergestellt und konnte nach den bis dahin gültigen Vorschriften eine Beitragspflicht nicht entstehen, so kann auch nach der Novelle 1976 kein Beitrag erhoben werden. 639
§127
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6. Teil. Erschließung
6. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 10. 2. 1967 (IV C 121.65) NJW 1967, 1100
a) Für die selbständige Erhebung eines Erschließungsbeitrages für Teile von Erschließungsanlagen (Kostenspaltung) bedarf es nach Bundesrecht einer Ortssatzung lediglich über die allgemeinen Voraussetzungen einer Kostenspaltung, nicht jedoch hinsichtlich des Ausspruchs der Kostenspaltung für eine bestimmte Erschließungsanlage — s. auch unten Nr. 3 —. b) Ein bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes teilweise bebautes Grundstück kann bei einheitlicher Nutzung des Grundstücks für eine zu dieser Zeit bereits hergestellte Erschließungsanlage nach dem Bundesbaugesetz grundsätzlich nicht zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen werden.
2. BVerwG U vom 22. 9. 1967 (IV C 116.65) VerwRspr. 19, 472 Eine Ortssatzung, die eine Kostenspaltung für bereits teilweise hergestellte Straßen einführt, verstößt nicht gegen Bundesrecht. Bundesrecht verlangt nicht, daß die Ortssatzung, die eine solche Kostenspaltung nachträglich einführt, rückwirkend in Kraft gesetzt wird.
3. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 11.66) BBauBl. 1968, 468 DÖV 1969, 867 Ist die Möglichkeit einer Kostenspaltung in der Ortssatzung allgemein zugelassen, so bedarf es für den Ausspruch einer Kostenspaltung für eine bestimmte Straße nach Bundesrecht keines erneuten Ortsgesetzes (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 121.65) - s. oben Nr. 1 - .
4. BVerwG U vom 14. 6. 1968 (IV C 65.66) DVB1. 1968, 808 = DÖV 1968, 883
a) Nur Straßen, die nach Landesrecht den Charakter einer öffentlichen Straße haben, die mithin dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, können Erschließungsanlagen im Sinne des Bundesbaugesetzes sein. b) Auch für eine noch nicht gewidmete Straße können Erschließungsbeiträge im Wege der Kostenspaltung und der Vorausleistung erhoben werden. c) In die Berechnung des Erschließungsbeitrages sind auch erschlossene Grundstücke einzubeziehen, die beitragsfrei bleiben.
5. BVerwG U vom 6. 12. 1968 (IV C 30.67) DVB1. 1969, 272 = BayVBl. 1969, 354
a) Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage, die unter der Geltung des alten Erschließungsrechts hergestellt worden sind, unterliegen dem neuen Erschließungsrecht, wenn die Erschließungsanlage insgesamt bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes noch nicht fertiggestellt war und die Teileinrichtung nicht bereits durch Kostenspaltung nach altem Recht abgerechnet worden ist. b) Eine Kostenspaltung ist nur für Teile der Erschließungsanlage möglich, die als solche endgültig hergestellt sind.
6. BVerwG U vom 31. 1. 1969 (IV C 47.67) DÖV 1970, 428 = BayVBl. 1970, 65 = ZMR 1969, 248 = VerwRspr. 20, 446
a) Fahrbahn und Gehweg einer Landesstraße (Bundesstraße) stellen auch dann eine einheitliche Anlage i. S. des Erschließungsrechtes dar, wenn die Baulast für beide Teile nicht in einer Hand liegt. 640
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127
6
b) Eine Verbindungsstraße kann zur Erschließungsanlage werden und unterliegt dann hinsichtlich ihrer Herstellung einer erneuten Beurteilung. c) Das öffentliche Interesse einer Gemeinde an der Ansiedlung eines Industriebetriebs kann seine Freistellung von Erschließungsbeiträgen rechtfertigen.
7. BVerwG U vom 12. 12. 1969 (IV C 100.68) DVB1. 1970, 417 = DÖV 1970, 425 = NJW 1970, 876 = Gemeindetag 1970, 75 Der Erschließungsaufwand ist anderweitig grundsätzlich nur durch einen zweckbestimmten Zuschuß gedeckt, den die Gemeinde aus dritter Hand erhält.
8. BVerwG U vom 30. 1. 1970 (IV C 151.68) ZMR 1970, 248
Eine private Straße ist dann eine Erschließungsanlage, wenn sie nach den gesamten Umständen (Breite, Länge, Anzahl der angrenzenden Grundstücke usw.) eine selbständige Erschließungsfunktion hat.
9. BVerwG U vom 21. 10. 1970 (IV C 72.69) DÖV 1971, 389 = BayVBl. 1971, 384 = MDR 1971, 421 = DVB1. 1971, 214
a) Die Beitragspflicht für eine Grünanlage setzt nicht voraus, daß diese Anlage nach Art vieler moderner Siedlungen optisch eindeutig einem gewissen Baugebiet zugeordnet ist. b) Die Beitragspflicht für eine Grünanlage entfällt, wenn die Anlage nach ihrer Ausdehnung offensichtlich der Bevölkerung der gesamten Gemeinde oder eines ganzen Ortsteils zur Erholung dienen soll oder wenn sie wegen ihres zu geringen Umfanges keinen Erschließungswert hat. c) Die Ausdehnung des für eine Grünanlage in Anspruch genommenen Erschließungsgebietes ergibt sich aus den örtlichen Umständen, insbesondere auch aus der Größe der Grünanlage. Grundstücke, die weiter als etwa 200 m von der Grünanlage entfernt sind, können zu Beiträgen für die Anlage nicht herangezogen werden.
10. BVerwG U vom 21. 10. 1970 (IV C 51.69) BayVBl. 1971, 386 = DVB1. 1971, 213 = DÖV 1971, 391 Zum Erschließungsaufwand einer selbständigen Grünanlage gehören auch die Kosten für Wege, Sitzbänke und Kinderspielplätze innerhalb der Anlage.
11. BVerwG U vom 11. 12. 1970 (IV C 24.69) DÖV 1971, 395
Die Kosten für eine Parkspur, die als Bestandteil einer Erschließungsstraße notwendig ist, können abgespalten werden.
12. BVerwG U vom 8. 1. 1971 (IV C 43.69) DÖV 1971, 391 = BayVBl. 1971, 387 = DVB1. 1971, 508 = MDR 1971, 422
Ein Kinderspielplatz stellt bereits dann eine Grünanlage dar, wenn er zwar nicht überwiegend begrünt ist, die vorhandene Begrünung jedoch den Charakter des Platzes in ausreichendem Umfange mitbestimmt. Für das neue Recht ist die Entscheidung nicht mehr von Bedeutung (siehe § 127 Abs. 2 Nr. 4).
641
§127 6
6. Teil. Erschließung
13. BVerwG U vom 22. 1. 1971 (IV C 60.69) MDR 1971, 512
a) Eine unter der Geltung des alten Rechts hergestellte Teilanlage einer bei dem Inkrafttreten des BBauG insgesamt noch nicht hergestellten Erschließungsanlage ist nur dann nach dem alten Recht abzurechnen, wenn die Kosten für ihre Herstellung bereits unter altem Recht abgespalten worden sind (Klarstellung der Rspr. im BVerwG IV C 23.66, Z M R 1968, 277 und BVerwG IV C 30.67, ZMR 1969, 250). b) Für Bauarbeiten in den Jahren 1958/59 können die Einheitssätze aus dem Jahre 1962 zugrunde gelegt werden.
14. BVerwG B vom 1. 4. 1971, GemTag 1971, 283
Das Erschließungsbeitragsrecht des BBauG ist verfassungsmäßig.
15. BVerwG U vom 10. 12. 1971 (IV C 12.70) DVB1. 1972, 686 = Z M R 1972, 153 = DÖV 1972, 501 Ein mit allen Einrichtungen fertiggestelltes Teilstück (Teillänge) einer Straße kann nach pflichtgemäßem Ermessen im Wege der Kostenspaltung abgerechnet werden.
16. BVerwG U vom 14.7. 1972 (IV C 28.71) DVB1. 1972, 894 = DÖV 1972, 860 = BBauBl. 1973, 157
a) Eine Parkfläche, die als Parkspur oder Parkstreifen Bestandteil einer Erschließungsstraße ist, ist eine eigene Teilanlage, wenn sie ausschließlich zum Parken bestimmt ist (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 24.69). b) Die Kosten für die Herstellung dieser Parkfläche können auch dann in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand einbezogen werden, wenn die Parkfläche im Bauprogramm zunächst nicht vorgesehen war, jedoch vor der endgültigen Herstellung der gesamten Straße eingerichtet wurde und nicht auf der Fläche einer bereits endgültig hergestellten anderen Teilanlage der Straße liegt (vgl. BVerwG IV C 69.68 und 82.67). c) Alte Teilanlagen einer insgesamt (mit allen Teilanlagen) bei dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes noch nicht endgültig hergestellten Erschließungsanlage sind auch dann nach dem neuen Beitragsrecht abzurechnen, wenn die Anlieger zur Zeit der Herstellung für solche Anlagen nicht beitragspflichtig waren (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 30.67).
17. BVerwG U vom 23. 5. 1973 (IV C 19.72) Z M R 1974, 25
a) I. S. von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG „zum Anbau bestimmt" ist in der Regel jede Straße, die rechtlich und tatsächlich zum Ausbau geeignet ist. Diese Eignung reicht jedoch dann nicht aus, wenn die Straße nach den örtlichen Umständen im wesentlichen nicht dem Anbau, sondern der Verbindung eines Baugebietes mit einer anderen Straße dient. b) Eine Sammelstraße ist eine Erschließungsanlage i. S. von § 127 Abs. 2 Nr. 2 BBauG nur dann, wenn sie nach städtebaulichen Grundsätzen zur Erschließung eines Baugebietes notwendig ist. c) Auch ein Fußweg (Treppenweg) kann eine Sammelstraße i. S. von § 127 Abs. 2 Nr. 2 BBauG sein.
18. BVerwG U vom 20. 9. 1974 (IV C 70.72) BayVBl. 1976, 20
a) Ein bebautes Grundstück, das nicht mehr bebaut werden darf, wird nicht dadurch beitragspflichtig, daß das auf ihm vorhandene Gebäude Bestandsschutz genießt. b) Eine zum Anbau bestimmte Straße kann diese Bestimmung und damit die Eigenschaft als Erschließungsanlage von ihrem Eintritt in den Außenbereich an verlieren.
642
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127
6
19. B V e r w G U v o m 25. 4. 1975 (IV C 37.73) B a u R 75, 338 = BBauBl. 1978, 250 ( n u r LS) Durch eine Grünanlage erschlossen sind Grundstücke, die nicht weiter als eine Wegstrecke von etwa 200 Metern von der Anlage entfernt sind. Von dieser Anforderung kann in gewissem Umfange nach unten oder oben abgewichen werden, um den Erschließungsbereich möglichst durch Straßen abzugrenzen. 20. B V e r w G U v o m 8. 8. 1975 (IV C 74.73) D Ö V 1976, 347, BayVBl. 1976, 281 a) Eine die Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BBauG erfüllende Erschließungsanlage ist selbst dann eine „Sammelstraße", wenn sie — zusätzlich oder überwiegend — überörtlichen Durchgangsverkehr aufnimmt. b) Zusätzliche Fahrspuren, die nur wegen des überörtlichen Durchgangsverkehrs angelegt sind, sind nicht zur Erschließung der Bauflächen i. S. des § 129 Abs. 1 BBauG „erforderlich". c) Es ist zulässig, in der Satzung gemäß § 132 Nr. 1 BBauG für den Umfang der Sammelstraßen eine Höchstbreite festzulegen. d) Kostenspaltung für eine Richtungsfahrbahn ist zulässig, wenn diese von der Gegenfahrbahn durch einen Grünstreifen abgegrenzt ist. 21. B V e r w G U v o m 22. 8. 1975 (IV C 7.73) DVB1. 1976, 309, D Ö V 1976, 349 a) Die Gemeinden müssen den ihnen entstehenden Erschließungsaufwand nach Maßgabe des Bundesbaugesetzes und ihrer Beitragssatzung abdecken; abweichende Vereinbarungen über den endgültigen Erschließungsbeitrag sind unzulässig. b) Zulässig ist jedoch die vor Inkrafttreten einer Erschließungsbeitragssatzung getroffene vertragliche Vereinbarung einer Vorauszahlung auf den späteren Erschließungsbeitrag. 22. B V e r w G U v o m 22. 8. 1975 (IV C 58.72) B a u R 6 / 7 5 , 408 Ortsdurchfahrten sind dann zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmt, wenn das Vorhandensein der Straße den anliegenden Grundstücken die Qualität der (verkehrlichen) Erschließung vermittelt, also ihretwegen eine von der Erschließung abhängige Nutzung der anliegenden Grundstücke sowohl tatsächlich möglich als auch rechtlich zulässig ist. 23. B V e r w G U v o m 5. 9 . 1 9 7 5 (IV C 2.73) BayVBl. 1976, 313 a) Die Gemeinden dürfen Erschließungsbeiträge nur erheben, soweit sie die Erschließung in Erfüllung ihrer gesetzlichen Baulast durchgeführt haben. b) Die gesetzliche Baulast kann jedenfalls ohne Mitwirkung der nach § 5 Abs. 4 FStrG bei der Festsetzung von Ortsdurchfahrten zu beteiligenden Behörden nicht verträglich übertragen werden. 24. B V e r w G U v o m 11. 2. 1977 (IV C 10. 2. 74) BBauBl. 1978, 249 Der Unterbau einer Fahrbahn, zu deren endgültiger Herstelung die Verschleißdecke fehlt, darf nicht im Wege der Kostenspaltung abgerechnet werden (Fortsetzung der Rechtsprechung in BVerwG IV C 78.73). 643
§127 6
6. Teil. Erschließung
25. BVerwG U vom 15. 9. 1978 (IV C 50.76) DVB1. 1979, 119
a) Eine mit allen Einrichtungen fertiggestellte Teillänge einer Straße darf nicht im Wege der Kostenspaltung — unter Einbeziehung aller von der gesamten Straße erschlossenen Grundstücke — („Querspaltung") abgerechnet werden (Aufgabe der Rechtsprechung im Urteil des Senats vom 10. 12. 1971 - BVerwG IV C 12.70 —, Buchholz 406.11 § 127 Nr. 13 = DVB1. 1972, 227). b) Eine rechtswidrige, im Wege der „Querspaltung" erfolgte Heranziehung kann durch den Ausbau der Reststrecke und die dadurch bewirkte endgültige Herstellung geheilt werden. (Anm.: vgl. auch U vom selben Tage (IV C 65.77) DVB1. 1979, 122 und (IV C 7.76) BBauBl. 1979, 167).
26. BVerwG U vom 15.9. 1978 (IV C 31.76) BBauBl. 1979, 1&9 = BauR 1979, 51
Innerhalb einer Erschließungseinheit darf nicht eine mit allen Einrichtungen fertiggestellte einzelne Straße im Wege der Kostenspaltung — unter Einbeziehung aller Grundstücke im Gebiet der Erschließungseinheit — abgerechnet werden.
B Verwaltungsgerichtshöfe und Oberverwaltungsgerichte 1. OVG Münster U vom 24. 6. 1964 (III A 699/61) DWW 1964, 358
Es bedarf einer eindeutigen, jeden Zweifel ausschließenden ortsgesetzlichen Regelung, wenn die Kosten von Teileinrichtungen gemeindlicher Straßen in der Weise abgespalten werden sollen, daß Teilanliegerbeitragsforderungen der Gemeinde jeweils unmittelbar (ohne weiteres) mit der Fertigstellung von Teileinrichtungen entstehen sollen.
2. VGH Kassel U vom 9. 10. 1964 (OS IV 60/62) KStZ 1965, 81 = DVB1. 1965, 618
Die Gemeinden sind grundsätzlich verpflichtet, Anlieger- bzw. Erschließungsbeiträge in dem sich aus ihrem Ortsrecht ergebenden Umfang zu erheben; eine Zusicherung, einen niedrigeren als den nach Ortsrecht vorgeschriebenen Beitrag zu erheben, ist rechtswidrig.
3. BayVGH U vom 30. 11. 1965 (9 IV 65) BayBgm. 1966, 72 = BayVBl. 1966, 97
Wird die Kostenspaltung in der Ortssatzung nach § 127 Abs. 3 i. V. mit § 132 Nr. 3 BBauG in der Weise geregelt, daß Teilbeträge nach Abschluß eindeutig bestimmter Erschließungsmaßnahmen erhoben werden können, so genügt zur Heranziehung der Grundstückseigentümer zu Teilbeträgen ein Anforderungsbescheid.
4. OVG Lüneburg U vom 28. 4. 1966 (I OVG A 215/63) DVB1. 1967, 119
Nur öffentliche Straßen unterliegen der Erschließungsbeitragspflicht. Dazu ist eine Widmung oder ein ihr straßenrechtlich gleichgestelltes Verfahren erforderlich.
5. OVG Lüneburg U vom 26. 1. 1967 (I OVG A 117/65) KStZ 1967, 152
Das Bundesbaugesetz gestattet die Kostenspaltung nicht für Teilaufwendungen, die im Rahmen der Fahrbahnherstellung in der horizontalen Ebene für einzelne Schichten gemacht worden sind. 644
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§127 6
6. OVG Münster U vom 10. 5. 1967 (III A 26/65) DVB1. 1968, 522
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß die Bestimmung der Straßen und Teileinrichtungen, die im Verfahren der Kostenspaltung abzurechnen sind, Erlaß von Ortsrecht ist, und zwar jedenfalls auf Grund zwingender landesrechtlicher Vorschrift (§ 1 a KAG). Ob das BBauG den Erlaß von Ortsrecht für die Kostenspaltung verlangt (verneinend: Urt. des BVerwG vom 1. 2. 1967 — IV C 121.65 —), kann hiernach offenbleiben.
7. OVG Münster U vom 12. 7. 1967 (III A 1596/64) DÖV 1969, 362
a) § 38 BBauG befreit die dort privilegierten Planungsträger — insbesondere die Bundesbahn — nicht von der Erschließungsbeitragspflicht der §§ 127 ff. BBauG. b) Soweit die Bundesbahn Teile ihres Betriebsgeländes vermietet und dem Mieter die Errichtung eines Gebäudes auf dem vermieteten Teil gestattet, ist sie beitragspflichtig und damit auch vorausleistungspflichtig.
8. BayVGH U vom 18. 3. 1969 (Nr. 103 VI 68)
Der Zweck der Errichtung von Grünanlagen i. S. des § 127 Abs. 2 Nr. 3 BBauG erschöpft sich nicht darin, den Bewohnern der anliegenden Grundstücke Frischluft zuzuführen. Er ist gleichermaßen auch darauf gerichtet, die Baugebiete aufzulockern und den Bewohnern der erschlossenen Grundstücke Gelegenheit zu geben, sich in der Grünanlage zu ergehen. Wenn in einer solchen Grünanlage auch dem Spielbedürfnis der im Bereich der erschlossenen Grundstücke wohnenden Kinder durch Errichtung von Sandspielkästen Rechnung getragen wird, so hält sich dies noch im Rahmen des Zweckes der Grünanlage, und der hierfür entstehende Aufwand ist als Bestandteil des Aufwands für die Herstellung der gesamten Grünanlage erforderlich, um die Bauflächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen. Ebenso können die Kosten für Sitzbänke in den Grünanlagen sowie die Kosten für die Befestigung eines durch die Grünanlagen führenden Weges zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gehören. (Anm.: siehe jetzt § 127 Abs. 2 Nr. 4).
9. OVG Berlin U vom 20. 2. 1970 (II B 82.68) DÖV 1970, 427
a) Der Begriff der Erschließungsanlage im Sinne des BBauG wird von der Verkehrsanschauung und der Verkehrsfunktion her bestimmt. b) Grundsätzlich ist jede Straße eine selbständige Erschließungsanlage. Dabei ist nicht erforderlich, daß die Straße einen selbständigen Namen hat, wie es umgekehrt nicht darauf ankommt, ob eine einheitliche Erschließungsanlage mehrere Namen besitzt.
10. BayVGH B vom 13. 4. 1972 (Nr. 199 VI 71) BayVBl. 1973, 17 = DVB1. 1973, 421
Eine Straße, die keine unmittelbare Verbindung zu einem Baugebiet hat, kann schon aus diesem Grund keine Sammelstraße im Sinne des § 127 Abs. 2 BBauG sein.
11. BayVGH U vom 4. 4. 1977 (183 VI 73)BayVBl. 1977, 504
a) Zur Erforderlichkeit einer großen Grünanlage in einer locker bebauten Umgebung. b) Gesichtspunkte für die Begrenzung des Abrechnungsgebiets.
645
§ 128
6. Teil. Erschließung
2
§128 Umfang des
Erschließungsaufwandes
(1) Der Erschließungaufwand nach § 127 umfaßt die Kosten für 1. den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen; 2. ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung; 3. die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen. Der Erschließungsaufwand umfaßt auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. (2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, daß die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind. (3) Der Erschließungsaufwand umfaßt nicht die Kosten für 1. Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen; 2. die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern. 1. Allgemeines Während § 127 die Erschließungsanlagen aufzählt, für deren Erstellung überhaupt ein Erschließungsbeitrag erhoben werden kann, regelt § 128 den U m f a n g des Erschließungsaufwands, der hierfür in Betracht kommt, d. h. es wird der A u f w a n d bezeichnet, der bei Erstellung der Anlagen als durch die Erschließung verursacht angesehen werden kann. Ein A u f w a n d , der nicht unter die Aufzählung in § 128 Abs. 1 fällt, kann nicht als „Erschließungsaufw a n d " angesehen werden. Eine besondere Regelung für die Beleuchtung enthält Abs. 2 Satz 2. In Abs. 3 werden lediglich einige Erschließungsmaßnahmen aufgezählt, deren Erstellungskosten keinen „Erschließungsaufwand" darstellen. 2. Erschließungsaufwand (Abs. 1) a) Um die Erschließungsanlagen i. S. des § 127 Abs. 2 erstellen zu können, ist in vielen Fällen (wenn nämlich die Flächen nicht im Eigentum der Gemeinde stehen) zunächst der Erwerb der Grundflächen erforderlich. Der Erwerb geschieht im Wege des freihändigen Kaufs, des Tausches oder im Wege der Enteignung (vgl. hierzu § 85: Nutzung eines Grundstücks entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans). Zu den Grunderwerbskosten zählen auch deren Nebenkosten für die Beurkundung von Kauf und Auflassung sowie f ü r die Vermessung (vgl. Rspr. A 16). Weiter u m f a ß t der Erschließungsa u f w a n d die Kosten für die Freilegung der Flächen für die Erschließungsan646
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§128
2
lagen, also die Beseitigung von Gebäuden, von Einfriedungen, von Baumbestand und dgl. Wegen der Aufteilung von Kosten auf den Grundwert und die Freilegung siehe Rspr. B 11. Stellt die Gemeinde für die Erschließungsanlagen eigene Grundstücke aus ihrem Vermögen zur Verfügung, so zählt zum Erschließungsaufwand auch der Wert dieser Grundstücke im Zeitpunkt der Bereitstellung (Abs. 1 Satz 2). Die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücke müssen also in der Regel in den Erschließungsaufwand eingerechnet werden. Es ist jedoch zu beachten, daß der Wert der im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundflächen, die bereits als Straßengrund dienten oder z. B. unter der Geltung des § 62 BayBO 1901 von den Anliegern unentgeltlich als Straßengrund abgetreten wurden, nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gehören (vgl. unten Rspr. 5 A 3, 5, 14 und B 5, 8, und ferner § 180 Abs. 5 und die dortigen Erläuterungen, sowie OVG Lüneburg U vom 13. 12. 1967, I OVG A 111/67 - VerwRspr. 19, 474). Hinsichtlich der Anrechnung des Wertes eines von Anliegern zum Straßenbau unter der Geltung des BBauG unentgeltlich abgetretenen Grundstücks ist zu sagen, daß der Gesetzgeber wohl mit der Möglichkeit nicht gerechnet hat, es könne auch heute noch ein Anlieger mit den Kosten des Landes belastet werden, das unentgeltlich abgetreten worden ist. Hätte er das nach dem neuen Erschließungsrecht für Rechtens gehalten, so hätte er für diesen Fall sicher die gleiche Anrechnungsvorschrift erlassen wie für das alte Recht (§ 180 Abs. 5 BBauG), da die Rechtslage die gleiche wäre und auch eine gleiche Behandlung erfordert hätte. Diese Überlegung wird auch durch die Entstehungsgeschichte des BBauG bestätigt (siehe Bericht des BT-Ausschusses zu § 218 Abs. 7 RegE u. BT DS 3/1794). Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, daß unentgeltlich zur Verfügung gestelltes Land überhaupt nicht im Erschließungsaufwand berücksichtigt werden darf. Nach dem BBauG kann demnach der Wert des von Anliegern — auch nach dem Inkrafttreten des BBauG — zum Straßenbau unentgeltlich abgetretenen Landes nicht in den Erschließungsaufwand einbezogen werden (vgl. dazu Rspr. 5 A 3 , 5, H u n d B 5). Nach der oben angeführten Rechtsprechung des BayVGH (vgl. dazu auch BayVGH U vom 2. 10.1968, Nr. 265 VI 66) ist nicht jede Verwendung einer im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundfläche für eine Erschließungsanlage als Bereitstellung im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG anzusehen. Da jede Grundfläche, die die Gemeinde entgeltlich oder unentgeltlich erwirbt, in ihr Grundvermögen übergeht, wird an sich jede Erschließungsfläche aus dem Vermögen der Gemeinde bereitgestellt. Aus der ausdrücklichen Gegenüberstellung von Grunderwerb und Bereitstellung von Flächen aus dem Vermögen der Gemeinde in § 128 Abs. 1 BBauG ergibt sich jedoch, daß alle Flächen, die von der Gemeinde zum Zwecke der Verwendung für eine Erschließungsanlage von Dritten — entgeltlich oder unentgeltlich — erworben wurden, als Grunderwerb im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 BBauG anzusehen 647
§ 128
2
6. Teil. Erschließung
sind, während § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG solche Grundflächen betrifft, die die Gemeinde aus ihrem allgemeinen Liegenschaftsvermögen, das nicht als Grundfläche für Erschließungsanlagen zweckbestimmt ist, zur Verfügung stellt. § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz des Erschließungsbeitragsrechts dar, daß nur der tatsächliche Aufwand der Gemeinde beitragsfähig ist. Die Regelung des § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG gilt nur für den Fall, daß die Gemeinde Flächen, die zu ihrem allgemeinen, nicht für Erschließungsanlagen zweckbestimmten Grundvermögen gehören, für eine Erschließungsanlage zur Verfügung stellt. Nur in diesem Fall gilt der Wert der aus dem allgemeinen Liegenschaftsvermögen der Gemeinde für die Erschließungsanlage bereitgestellten Flächen nach § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG als beitragsfähiger Aufwand. Der insoweit abweichenden Auffassung des damals für Erschließungsbeitragssachen zuständigen IV. Senats im Urteil vom 25. 8. 1966 (BayVBl. 1966,000) ist die Rechtsprechung zu Recht nicht gefolgt. Die Auffassung neuerer Rspr. kann inzwischen als gefestigt angesehen werden. Über die Ermittlung von Grundstückswerten vgl. §§ 136 ff. b) Nur die erstmalige Herstellung der Anlagen fällt unter den Erschließungsaufwand, für den (unter Voraussetzung des § 129) Beiträge erhoben werden können (die weitere Unterhaltung der Anlage obliegt dem Baulastträger). Unter der „erstmaligen Herstellung" i. S. des § 128 Abs. 1 Nr. 2 BBauG ist das gleiche zu verstehen wie unter der „endgültigen Herstellung" im Sinne des § 132 Nr. 4 BBauG, nämlich alle Maßnahmen zur technischen Ausführung bis zu dem Stadium, in dem die Anlagen als endgültig anzusehen sind (siehe Rspr. 5 B 4). Durch den Begriff „erstmalig" wird aber darüber hinaus deutlich gemacht, daß Erschließungsbeiträge nur erhoben werden können, wenn die Anlage als Erschließungsanlage nicht bereits vor Inkrafttreten des BBauG hergestellt worden ist. Für die Beurteilung einer früheren erstmaligen Herstellung kommt es entscheidend auf das objektive Verkehrsbedürfnis unter Berücksichtigung von — örtlichen — straßenrechtlichen Vorschriften an. Bestanden solche Vorschriften nicht, dann ist auf die z. B. in Ausbauprogrammen niedergelegten Vorstellungen der Gemeinde abzustellen. Sind auch derart konkretisierte Ausbauabsichten nicht feststellbar, dann ist die damals übliche Erschließung vergleichbarer Gebiete in der Gemeinde oder — als letztes Hilfsmittel — in vergleichbaren Gemeinden maßgebend. Die Beurteilungskriterien lassen deutlich werden, daß die Rechtsfrage einer früheren erstmaligen Herstellung oft außerordentlich schwer zu entscheiden ist. Die Beurteilung kann sich immer nur auf den Zeitraum erstrecken, in dem eine Straße bereits Erschließungsfunktion hatte. Bei einer Änderung der Funktion muß der frühere Ausbauzustand außer Betracht bleiben. Wegen einer früheren Teilherstellung siehe Rspr. 5 A 2, 11 und 13. 648
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§128
2
Eine Baumaßnahme, welche nicht mehr zur erstmaligen Herstellung gehört, sondern zur Anpassung der Straße an die heutigen Verkehrsverhältnisse notwendig ist, kann die Gemeinde nicht den Anliegern anlasten ( B a y O b L G U vom 29. 4. 1964 BayVBl. 1964, 301; B a y V G H U vom 23. 11. 1964, BayVBl. 1965, 422). Beiträge können dafür nur nach landesrechtlichen Bestimmungen erhoben werden (Abs. 2 Satz 1). Der Erschließungsaufwand umfaßt u. a. die Kosten für die erstmalige Erstellung einer Erschließungsanlage einschließlich der Einrichtung für „ihre" Entwässerung. Der Aufwand für die Grundstücksentwässerung der Anliegergrundstücke gehört somit nicht zum Erschließungsaufwand (Rspr. 5 B 7 und U. d. HessVGH vom 11. 3. 1966, abgedruckt bei Boeger, Das Erschließungsbeitragsrecht in der Praxis, S. 96). Bezüglich einer sog. Mischkanalisation, d. h. wenn die Straßenentwässerungsleitung zugleich die Grundstücksentwässerungsleitung darstellt, wenn also eine Kanalisationsanlage sowohl der Hausund der Grundstücksentwässerung wie auch der Straßenentwässerung dient, läßt sich eine Aufteilung der Kosten nicht umgehen. Um denjenigen Kostenbetrag zu ermitteln, der auf die Straßenentwässerung trifft, muß dieser durch eine Berechnung gefunden werden, die auf der Grundlage der tatsächlich ausgeführten Anlagen und Einrichtungen unter Beachtung von wissenschaftlich gefestigten Erfahrungswerten beruht. Zur Entwässerung der Erschließungsanlagen i. S. von § 127 Abs. 2 rechnet nur das Ableiten des auf sie fallenden Niederschlagswassers und des wild zufließenden Wassers, nicht aber des Oberflächenwassers der angeschlossenen Grundstücke, das auf Gebäude, befestigte Höfe usw. fällt und in die Kanalisation geleitet wird, und das Schmutzwasser der angeschlossenen Grundstücke. Es erscheint zulässig und zweckmäßig, bei der Aufteilung einer Mischkanalisation in Straßen- und Grundstücksentwässerung das M a ß der baulichen Nutzung eines angeschlossenen Grundstücks zu berücksichtigen und für den Anteil der Straßenentwässerung Werte zwischen 15 bis 35 v. H. anzusetzen. J e höher das M a ß der baulichen Nutzung ist, um so geringer wird der auf die Straßenentwässerung entfallende Anteil sein, so daß also der Anteil von 35 v. H. nur bei einem sehr niedrigen M a ß von baulicher Nutzung angewendet werden kann. Schließlich gehört zum Erschließungsaufwand die Beleuchtung der Erschließungsanlagen. Es ist aber zu beachten, daß auch hinsichtlich der K o sten für die Entwässerung und die Beleuchtung jeweils nur die erstmalige Herstellung unter den Erschließungsaufwand fällt. (Wegen der Erweiterung und Verbesserung siehe unten Nr. 3). Für die erstmalige Herstellung einer Straße i. S. des Erschließungsbeitragsrechts kommt es bei eingetretenen Funktionsveränderungen der Straße auf deren Herstellung als Erschließungsanlage an ( B a y V G H U vom 9. 6. 1967 Nr. 47 IV 65, BayVBl. 1968, 29). Eine Straße ist bereits mit dem Abschluß des Ausbaues im Rechtssinn hergestellt, auch wenn die Gemeinde in diesem Zeitpunkt noch nicht grundbuchmäßige Eigentümerin der Straßenfläche war.
649
§128
2
6. Teil. Erschließung
Daher kann kein Erschließungsbeitrag gefordert werden für die Kosten des Grunderwerbs bei einer vor Inkrafttreten des BBauG hergestellten, aber erst nachträglich in das Eigentum der Gemeinde übergegangenen Straße (siehe Rspr. 5 B 4). Kosten für Maßnahmen, die erforderlich sind, um zum Zwecke der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage vorher geschaffene Provisorien (z. B. eine Mackadamdecke) zu beseitigen, gehören nicht zu den Kosten der Herstellung i. S. des § 128 Abs. 1 Nr. 2 BBauG. Zu ihnen gehören auch nicht die Kosten aller Maßnahmen, die dadurch bedingt sind, daß die Erschließungsanlage vorher nur provisorisch hergestellt war. Solche Maßnahmen fallen auch nicht unter den Begriff Freilegung (BayVGH U vom 3. 4. 1968 Nr. 207 VI 66 - BayVBl. 1968, 251). Der Umstand, daß eine Straße schon einen Unterbau besaß, daß in ihr bereits Entwässerungsrohre und Stromkabel verlegt waren und daß sie von der Gemeinde beschottert wurde, legt nicht unbedingt die Annahme nahe, die Straße sei damals bereits endgültig hergestellt gewesen (BayVGH U vom 23. 11. 1964, BayVBl. 1965, 422, und vom 30. 11. 1965, BayVBl. 1966, 97). c) Zu der Frage, ob die Gemeinden zum „Erschließungsaufwand" nach § 128 BBauG auch den Kapitaldienst, insbesondere die Zinsen rechnen dürfen, die sie für Anleihen aufwenden, mit denen sie ein Gelände erschließen, ist wohl folgendes zu bedenken: aa) Auf jeden Fall dürfte diese Frage zu verneinen sein (also die Berechnung von Zinsen nicht für zulässig zu erachten sein) in den Fällen, in denen eine Gemeinde Grundstücke kauft, um sie später für Erschließungsanlagen oder auch als Tauschobjekte zu verwenden (im letzteren Fall, um in den Besitz von Grundstücken zu kommen, die sie für die Erschließungsanlagen braucht), ohne daß bereits eine Beziehung zu einer bestimmten Erschließungsanlage hergestellt ist. Diese Fälle gibt es wohl vor allem in den größeren Gemeinden, die zum großen Teil vorsorglich Grundstücke gekauft haben um später ihren Erschließungsverpflichtungen (teils unmittelbar durch Verwendung dieser Grundstücke, teils durch Tausch) gerecht werden zu können. Bei solchen Grundstückskäufen ist es in der Regel nicht sicher, ob und in welchem Umfang die Grundstücke später für Erschließungsanlagen herangezogen werden. Wenn die Gemeinden für die Anschaffung solcher Grundstücke Darlehen aufnehmen, so können sie wohl keine Zinsen berechnen, auch wenn sie solche Grundstücke später ganz oder teilweise für Erschließungsanlagen verwenden. bb) Etwas anderes müßte aber wohl gelten, wenn eine Gemeinde (meist kleinere Gemeinden) speziell für eine ganz bestimmte Erschließungsanlage (eine bestimmte Straße) die hierfür benötigten Grundstücke kauft und hierfür ein Darlehen aufnimmt. Zu denken ist dabei an Fälle, in denen die Gemeinde mit den Grundstückseigentümern über den Ankauf der für die Straße benötigten Fläche verhandelt, daß die Gemeinde diese Flächen im Wege des freien Ankaufs erwirbt, daß sie das Geld hierfür nicht flüssig hat und daher 650
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§128 3
Kredit aufnehmen muß. In diesem Falle könnte man wohl die Auffassung vertreten, daß hier auch Zinsen zu den „Kosten für den Erwerb der Flächen für die Erschließungsanlage" (§ 128 Abs. 1 Nr. 1 BBauG) zählen. Jedenfalls können also wohl Kapitalkosten (Disagio und Darlehenszinsen) zur Vorfinanzierung einer Erschließungsanlage grundsätzlich in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand einbezogen werden (so auch OVG Lüneburg U vom 26. 2. 1970 - I A 51 - DÖV 1971, 394). cc) Die Abgrenzung der in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand aufzunehmenden Zinsen eines für den Straßenbau aufgenommenen Darlehens hat wie folgt zu geschehen (vgl. Rspr. 5 A 15, B 6, 13): — Die Aufnahme der Fremdmittel muß im Rahmen einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung notwendig sein, wobei nur ein angemessener Zinssatz beitragsfähig ist. — Verwendung des Darlehens in feststellbarer Weise für eine bestimmte Erschließungsanlage (bei Ländern mit haushaltsrechtlichem Gesamtdeckungsprinzip ist diese Feststellung mit Schwierigkeiten verbunden) ist zu fordern. — Beginn des Zinszeitraums: Inanspruchnahme des Darlehens (Problem: sind die Bereitstellungszinsen nicht beitragsfähig?). — Ende des Zinszeitraums; Möglichkeit der Erhebung von Beiträgen im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung nach endgültiger Herstellung; eine Verpflichtung zur Heranziehung etwa zu Vorausleistungen oder Abrechnung im Wege der Kostenspaltung besteht nicht. Wenn nur von einzelnen Anliegern Vorausleistungen erhoben wurden oder diese Leistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben wurden (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1), wird man bei der Einrechnung von Zinsen in den Aufwand nicht differenzieren können. Den Vorausleistenden sind schließlich die Vorteile aus der Erstellung der Anlage auch zu einem früheren Zeitpunkt zugute gekommen. dd) Bei Gewährung einer Stundung von Erschließungsbeiträgen (§ 135 BBauG) kann die Gemeinde in aller Regel im Rahmen ihres Ermessens eine Verzinsung der gestundeten Beträge verlangen. Die Höhe des Zinssatzes liegt in ihrem Ermessen, darf jedoch nicht um mehr als 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank liegen (BVerwG U vom 10. 9. 1971 — IV C 22.70 — BayVBl. 1972, 387). Heute besteht hinsichtlich der Stundungszinsen meist eine gesetzliche Regelung in den neueren Kommunalabgabengesetzen der Länder. 3. Beiträge nach Landesrecht (Abs. 2) In einer Reihe von Ländern bestand bisher im Rahmen des kommunalen Abgaberechts zugunsten der Gemeinde die Möglichkeit, außer für die in Abs. 1 angeführten Kosten noch für weitere den Gemeinden bei der Erschließung entstandenen Aufwendungen Beiträge zu erheben. Dieses Recht wird 651
§128 5
6. Teil. Erschließung
ihnen nach Abs. 2 belassen. Der Gesetzgeber ist von der Überlegung ausgegangen, daß der Erschließungsbeitrag nach dem Bundesbaugesetz grundsätzlich eine einmalige Leistung der Anlieger darstellen soll. Soweit der Gemeinde aber durch Erweiterung oder Verbesserung der Anlagen später Kosten entstehen, soll es ihr nach Maßgabe ihrer Finanzlage und der örtlichen Verhältnisse überlassen bleiben, ob sie diese Kosten durch Satzung auf landesrechtlicher Grundlage wieder hereinbringen will. Im Gegensatz zur Regierungsvorlage ist die Gemeinde dazu nicht mehr verpflichtet. Abweichend von der gesetzlichen Regelung (Abs. 1 Nr. 2) können die Gemeinden außerdem in ihren Satzungen bestimmen, daß die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlage in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind (vgl. hierzu auch § 127 Abs. 4 und die dortige Erläuterung 4). 4. Ausnahmen (Abs. 3) a) In Abs. 3 ist eine Reihe von Erschließungsanlagen (die an sich als den Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 zugehörig angesehen werden könnten) aufgezählt, deren Herstellungskosten nicht zum Erschließungsaufwand gehören. Diese Anlagen haben in der Regel überörtliche Bedeutung, und der gesetzlichen Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß der Aufwand für Verkehrsanlagen mit überörtlicher Bedeutung, der meistens ziemlich erheblich ist, nicht von den Anliegern, sondern aus allgemeinen Haushaltsmitteln bestritten werden muß. Bei den Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung ist dabei für die Frage der Freiheit vom Anliegerbeitrag von der Breite der an die Ortsdurchfahrt anschließenden freien Strecke auszugehen. Diese Regelung ist mit dem G G vereinbar (Rspr. 5 A 12). b) Nach § 12 Abs. 1 StBauFG umfaßt die Durchführung einer Sanierung (§§ 3 ff. StBauFG) auch die „Ordnungsmaßnahmen", zu denen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 u. a. auch die Erschließung gehört. Durch das Änderungsgesetz 1976 gehören die Erschließungslasten in diesem Falle zu den von der Gemeinde zu tragenden Kosten (§ 41 Abs. 1 und 2 StBauFG n. F.) — siehe Band II des Kommentars. 5. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 22.11.1968 (IV C 82.67) DVB1. 1969, 271 = DÖV 1969, 358 a) Die gesetzliche Regelung von Erschließungsbeiträgen in Ortsdurchfahrten ist verfassungsgemäß. b) Verwaltungskosten, die bei Herstellung einer Erschließungsanlage durch Einsetzung vorhandener Dienstkräfte der Gemeinde entstehen, gehören nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand.
652
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§128 5
c ) Kosten für die Änderung einer Teilanlage, die nach einem früheren Bauprogramm bereits endgültig hergestellt war, können bei der Erhebung v o n Erschließungsbeiträgen nicht berücksichtigt werden.
2. BVerwG U vom 6. 12. 1968 (IV C 30.67) DVB1. 1969, 272 Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage, die unter der Geltung des alten Erschließungsrechts hergestellt w o r d e n sind, unterliegen dem neuen Erschließungsrecht, wenn die Erschließungsanlage insgesamt bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes noch nicht fertiggestellt war und die Teileinrichtung nicht bereits durch Kostenspaltung nach altem Recht abgerechnet w o r d e n ist.
3. BVerwG U vom 2.7. 1969 (IV C 71.68) DÖV 1970, 428/29 = DVB1. 1970, 81 = Z M R 1969, 372 D i e Anrechnung des Wertes einer Grundstücksfläche, die der G e m e i n d e zum Straßenbau überlassen worden ist, auf den Erschließungsbeitrag ist im Bundesbaugesetz nur für den Fall geregelt worden, daß weder bei Abtretung des Landes noch später eine Entschädigung hierfür zu zahlen war (§ 180 Abs. 5 BBauG).
4. BVerwG U vom 5. 9. 1969 (IV C 67.68) DÖV 1970, 428 = DVB1. 1970, 81 = M D R 1970, 167 a ) D i e Kosten v o n Sachaufwendungen der G e m e i n d e (Baumaterial, Bepflanzung) für die Herstellung einer Erschließungsanlage gehören zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand. b ) D i e Kosten für die Errichtung einer provisorischen Erschließungsanlage und für deren Beseitigung gehören nur dann zum Erschließungsaufwand, wenn die A n l a g e nach den seinerzeit geltenden technischen Regeln zur Vorbereitung einer späteren endgültigen Erschließungsanlage erforderlich erschien.
5. BVerwG U vom 14. 11. 1969 (IV C 88.68) DÖV 1970, 426 = BayVBl. 1970, 177 D e r W e r t des v o n Anliegern zum Straßenbau unentgeltlich abgetretenen Landes kann nicht in den Erschließungsaufwand einbezogen werden.
6. BVerwG U vom 30. 1. 1970 (IV C 131.68) ZMR 1970, 252 = 1970, 866
DÖV
Fahrbahn und Bürgersteig der Ortsdurchfahrten einer Bundesstraße sind T e i l e der gesamten Erschließungsanlage.
7. BVerwG U vom 27. 2. 1970 (IV C 36.39) DVB1. 1970, 749 = BayVBl. 1970, 219 = DÖV 1970, 865 a ) Bei Einrichtung einer Mischkanalisation für Straßen- und Grundstücksentwässerung ist dem Erschließungsaufwand derjenige Kostenanteil zuzurechnen, der dem Anteil der Straßenentwässerung an der gemeinsamen Kanalisation entspricht. Dabei ist die M e n g e des Wasserabflusses v o n der Straße derjenigen Wassermenge gegenüberzustellen, die bei voller Ausnutzung der zugelassenen Bebauung von dem erschlossenen Grundstück zu erwarten ist. b ) A n l a g e n der Entwässerung, die nicht nur der Entwässerung der abzurechnenden Erschließungsanlage dienen, sind nur dann umlegungsfähig, wenn sie für ein begrenztes und überschaubares Gebiet erforderlich sind.
653
§128 5
6. Teil. Erschließung
8. BVerwG U vom 17. 2. 1971 (IV C 17.69) DÖV 1971, 388 = MDR 1971, 607 = BayVBl. 1972, 386
a) Für Streitigkeiten wegen der Verzinsung fälliger Erschließungsbeiträge sind die Verwaltungsgerichte zuständig. b) Bundesrecht gibt keinen Anspruch auf Verzugs- und Prozeß-Verzinsung von Erschließungsbeiträgen.
9. BVerwG B vom 1. 4. 1971, GemTag 1971, 283
§ 128 Abs. 3 Nr. 2 ist nicht analog anwendbar auf Autobahnzubringer.
10. BVerwG U vom 4. 2. 1972 (IV C 74.70) BayVBl. 1972, 586 = ZMR 1972, 250
Aus der unentgeltlichen Übergabe einer unfertigen Unternehmerstraße an die Gemeinde kann der Unternehmer keine Vergünstigung hinsichtlich seines Erschließungsbeitrags für die noch entstehenden Herstellungskosten herleiten, sofern nicht im Übergabevertrag etwas Besonderes vereinbart war.
11. BVerwG U vom 14. 12. 1972 (IV C 28.71) DVB1. 1972, 894 = DÖV 1972, 860
a) Eine Parkfläche, die als Parkspur oder Parkstreifen Bestandteil einer Erschließungsstraße ist, ist eine eigene Teilanlage, wenn sie ausschließlich zum Parken bestimmt ist (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 24.69). b) Die Kosten für die Herstellung dieser Parkfläche können auch dann in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand einbezogen werden, wenn die Parkfläche im Bauprogramm zunächst nicht vorgesehen war, jedoch vor der endgültigen Herstellung der gesamten Straße eingerichtet wurde und nicht auf der Fläche einer bereits endgültig hergestellten anderen Teilanlage der Straße liegt (vgl. BVerwG IV C 69.68 und 82.67). c) Alte Teilanlagen einer insgesamt (mit allen Teilanlagen) bei dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes noch nicht endgültig hergestellten Erschließungsanlage sind auch dann nach dem neuen Beitragsrecht abzurechnen, wenn die Anlieger zur Zeit der Herstellung für solche Anlagen nicht beitragspflichtig waren (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 30.67).
12. BVerfG B vom 8. 11. 1972 (1 BvL 15/68 1 BvL 26/69) BBauBl. 1973, 313 Die Herausnahme der Kosten für die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten aus dem Erschließungsaufwand gemäß § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG ist mit dem GG vereinbar.
13. BVerwG U vom 23. 3. 1973 (IV C 34.71) ZMR 1973, 280
a) Eine als solche bereits endgültig hergestellte Teilanlage kann nicht mehr auf Kosten der Anlieger geändert werden (Fortsetzung der Rspr. des BVerwG: IV C 82.67 in ZMR 69, 249; IV C 142.68 in Buchholz 406, 11 Nr. 7 zu 127 BBauG und 28.71 in Z M R 73, 118). b) Alte Teilanlagen, die vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes hergestellt worden sind, sind ebenso wie die unter der Geltung des neuen Rechtes hergestellten Teilanlagen nach neuem Recht abzurechnen (Fortsetzung der Rspr. des BVerwG: IV C 68.68 in Z M R 70, 148). c) Die Kosten für die alten Teilanlagen gehören auch dann zum Erschließungsaufwand, wenn das Recht zur Zeit ihrer Herstellung noch nicht erlaubte, dafür Beiträge zu erheben (Fortsetzung der Rspr. des BVerwG: IV C 30.67 in ZMR 69, 250 und 28.71 in ZMR 73, 118). 654
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§128 5
d) Einer Beitragserhebung steht auch nicht entgegen, daß die alte Teilanlage inzwischen beseitigt und durch eine verbesserte neue Anlage ersetzt worden ist.
14. BVerwG U vom 22. 2. 1974 (IV C 18.73) Bay VB1. 1976, 27
Eine nachträgliche Entschädigung für unentgeltlich oder unter Wert erworbenes Straßenland kann dem Anlieger nicht mit der Wirkung gezahlt werden, daß der Erschließungsaufwand dadurch belastet wird.
15. BVerwG U vom 21. 6. 1974 DVB1. 1974, 783
Unter welchen Voraussetzungen gehören Zinsen eines für den Straßenbau aufgenommenen Darlehens zum Erschließungsaufwand? (siehe dazu auch „Die Fundstelle" Nr. 40/1975).
16. BVerwG U vom 14. 11. 1975 (IV C 76.73) DÖV 1976, 351
Vermessungskosten, die im Zusammenhang mit dem Grunderwerb oder der Bereitstellung von gemeindeeigenen Flächen entstehen, gehören grundsätzlich zum Erschließungsaufwand. Sie dürfen bei der Ermittlung und Verteilung des Aufwandes berücksichtigt werden, wenn sie nicht erst nach Abschluß eines den Merkmalen der endgültigen Herstellung entsprechenden Straßenbaus entstanden sind.
17. BVerwG B vom 27.4. 1978 (VII B 50.77) BayVBl. 1978, 673
§ 128 Abs. 2 Satz 1 BBauG verbietet den Ländern nicht, auch nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes neue Normen über die Erhebung von Beiträgen zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erlassen.
18. BVerwG U vom 15. 9. 1978 (4 C 36.38 -
41.76) BauR 1979, 51
Innerhalb einer Erschließungseinheit darf nicht eine mit allen Einrichtungen fertiggestellte einzelne Straße im Wege der Kostenspaltung — unter Einbeziehung aller Grundstücke im Gebiet der Erschließungseinheit — abgerechnet werden.
B. VGH, OVG und andere Gerichte 1. BayVGH U vom 21. 7. 1967 (Nr. 234 IV 66) BayBgm. 1968, 101 = KStZ 1968, 11 = BayVBl. 1967, 391
Bauverwaltungskosten zählen nicht zu dem durch Erschließungsbeiträge zu deckenden Aufwand.
2. BayVGH U vom 19.10.1967 (Nr. 152 VI 67) BayVBl. 1968, 285 = DÖV 1968, 885
Kosten gemeinschaftlicher Einrichtungen, die auch der Stromversorgung anderer Straßen dienen, gehören nicht zu den Kosten der Straßenbeleuchtung i. S. des § 128 Abs. 1 Nr. 2 BBauG.
3. OVG Münster U vom 21.2.1968 (III A 995/66) DÖV 1969, 362 = NJW 1968, 1844 Ausbauarbeiten an Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage (Straße), die schon einmal bauprogrammäßig endgültig hergestellt waren, gehören nicht zur erstmaligen Herstellung. Sie sind Verbesserungsmaßnahmen. Zur Deckung ihrer Kosten kann ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden (Übernahme der Rspr. zu § 15 PrFluchtlG). 655
§128 5
6. Teil. Erschließung
4. BayVGH U vom 28. 2. 1968 (Nr. 181 VI 67) BayVBl. 1968, 211
Eine Straße ist bereits mit dem Abschluß des Ausbaues im Rechtssinn hergestellt, auch wenn die Gemeinde in diesem Zeitpunkt noch nicht grundbuchmäßige Eigentümerin der Straßenfläche ist. Zur Deckung der Kosten des Grunderwerbs kann daher für eine am 30. 6. 1961 endgültig hergestellte Straße ein Erschließungsbeitrag nicht mehr gefordert werden.
5. BayVGH U vom 20. 5. 1968 (Nr. 266 VI 66) BayVBl. 1968, 440
Der Wert der im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundflächen, die bereits als Straßengrund dienten oder unter der Geltung des § 62 BayBO 1901 von den Anliegern unentgeltlich als Straßengrund abgetreten wurden, gehört nicht zum beitragsfreien Erschließungsaufwand i. S. des § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG (Abweichung gegenüber VGH vom 25. 8. 1966 in BayVBl. 1966, 424).
6. HessVGH U vom 27. 9. 1968 (OS IV 121/64) HessVG Rspr. 1969, 1 = DÖV 1969, 867
a) Muß die Gemeinde zur Bezahlung der Rechnung für Erschließungsarbeiten einen Kredit aufnehmen, so sind die hierdurch entstehenden Kosten Erschließungsaufwand, mit dem die Beitragspflichtigen belastet werden können. b) Entscheidend für die Zuordnung einer Beleuchtungsvorrichtung ist, zu welcher Erschließungsanlage sie ihrem Standort nach gehört. Bei Straßenkreuzungen ist der Erschließungsaufwand in der Weise zu ermitteln, daß die Kreuzung diagonal geteilt und danach den einzelnen Straßen zugeordnet wird.
7. BayVGH U vom 3. 2. 1969 (Nr. 262 VI 67) BayVBl. 1969, 137
a) Der Senat hält es für angebracht, bei der Aufteilung einer Mischkanalisation in Straßen- und Grundstücksentwässerung das Maß der baulichen Nutzung zu berücksichtigen und dabei von Grenzwerten von 15 und 35 v. H. (für die Straßenentwässerung) auszugehen. b) In den Aufwand für die Straßenentwässerung dürfen Kosten für Teile der Kanalisation, die außerhalb der betreffenden Straßen liegen, auch nicht in Form eines pauschalierten Zuschlags einbezogen werden.
8. VG Freiburg U vom 1. 10. 1969 (VS I 186/68) KStZ 1970, 75
Die gemeindeeigene Fläche einer bestehenden öffentlichen Straße, die nachträglich zu einer Erschließungsanlage ausgebaut wird, gehört nicht zu den Flächen, die von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellt werden; ihr Wert gehört nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand i. S. von § 128 Abs. 1 BBauG.
9. OVG Lüneburg U vom 26. 2. 1970 (I A 51/69) DÖV 1971, 394
Kapitalkosten (Disagio und Darlehenszinsen) zur Vorfinanzierung der Erschließungsanlage sind grundsätzlich in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand einzubeziehen.
10. VG München U vom 19. 3. 1971 (Nr. 2184/69)
Ein Pauschalzuschlag von 30 v. H. zu den Kosten für Entwässerung und Beleuchtung zur Abdeckung für außerhalb des Erschließungsabschnitts liegende Straßenteile ist unzulässig. 656
§129
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
11. V G M ü n c h e n U v o m 7. 12. 1971 (Nr. 2 0 6 2 / 7 1 ) Zu den Freilegungskosten zählen nur die Kosten für das Abbrechen eines Zaunes. Der Wert eines bestehenden Zaunes gehört zu den Grunderwerbskosten. Die Kosten für die Neuerrichtung eines Zaunes hinter der neuen Straßenbegrenzungslinie sind nicht erschließungsbeitragsfähig. 12. V G H Bad.-Württ. U v o m 8. 12. 1971 (II 6 3 3 / 6 6 ) D Ö V 1972, 867 Da auch bei der Ortsdurchfahrt einer Bundes- oder Landesstraße Gehwege und Fahrbahn eine einheitliche Erschließungsanlage bilden (BVerwG U vom 30. 1. 1970, Buchholz 406.11 § 128 BBauG Nr. 7), darf bei Beantwortung der Frage, ob mehrere Erschließungsanlagen eine Einheit bilden (§ 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG), gegebenenfalls die Funktion der Fahrbahn der Ortsdurchfahrt der Bundes- oder Landesstraße nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil nach § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG die Anlieger für die Kosten dieser Fahrbahn (grundsätzlich) nicht aufzukommen haben. 13. B a y V G H U v o m 21. 3. 1972 (151 VI 68) BayVBl. 1972, 384 = BBauBl. 1973, 72 a) Zinsen aus für Erschließungsmaßnahmen aufgenommenen Darlehen dürfen als beitragsfähiger Erschließungsaufwand behandelt werden. b) Die Zinsen dürfen nur für einen Zeitraum umgelegt werden, der mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Darlehensaufnahme notwendig war, um die Baumaßnahmen finanziell zu sichern, und mit dem Zeitpunkt endet, an dem der Erlaß des Beitragsbescheids frühestens möglich war. c) Hinsichtlich der Höhe der Zinsforderung stellt, soweit nicht Darlehen zu günstigeren Bedingungen aufgenommen werden können, der bankübliche Zins die Richtschnur für den umlegungsfähigen Zinsaufwand dar. d) Finanziert eine Gemeinde verschiedene Erschließungsmaßnahmen teils mit Eigen-, teils mit Fremdmitteln, so kann es zur Erzielung der gleichmäßigen Behandlung der Beitragspflichtigen als zulässig angesehen werden, alle Pflichtigen anteilig mit dem Zinsbetrag zu belasten, der sich aus dem Fremdgeldanteil des betreffenden Haushaltsjahres ergibt. 14. O V G L ü n e b u r g U v o m 25. 10. 1978 ( I X O V G A 4 5 / 7 7 ) DVB1. 1979, 123 Die Gemeinde ist nicht berechtigt, den Wert der ihr nach § 55 Abs. 2 BBauG zugeteilten örtlichen Verkehrsflächen in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand einzubeziehen. Ihr entsteht insoweit weder ein beitragsfähiger Erschließungsaufwand i. S. des § 128 Abs. 1 Satz 2 BBauG noch ein solcher i. S. des §128 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 BBauG. §129 Beitragsfähiger
Erschließungsaufwand
(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwandes können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Abs. 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm aufgrund der Verordnung über Garagen- und Einstell657
§129
2
6. Teil. Erschließung
platze vom 17. 2.1939 (Reichsgesetzbl. I S. 219) in der Fassung des Erlasses vom 13.9.1944 (Reichsarbeitsblatt I S. 325)*) oder sonstiger baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes. (2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden. 1. Allgemeines Die §§ 127, 128 und 129 sind eng miteinander verbunden; eine Bestimmung entwickelt sich aus der andern. Während § 127 besagt, für welche Erschließungsanlagen (überhaupt und allgemein) ein Erschließungsbeitrag in Frage kommen kann, und § 128 klarstellt, daß von den Aufwendungen für die in § 127 genannten Anlagen nicht alle, sondern nur ganz bestimmte im Rahmen des Erschließungsaufwands liegen, bringt § 129 eine weitere Einschränkung in der Weise, daß von dem nach §§ 127 und 128 anfallenden Erschließungsaufwand wieder nur ein Teil beitragsfähig ist, d. h. daß auch von dem sich nach den genannten Bestimmungen ergebenden Erschließungsaufwand nur ein Teil der Berechnung des Beitrags zugrunde gelegt werden darf. 2. Beitragsfähiger Erschließungsaufwand (Abs. 1 Satz 1) a) Der Gesetzgeber hat in Abs. 1 rechtsgrundsätzlich zum Ausdruck gebracht, daß nur der für notwendige Erschließungsanlagen erforderliche Erschließungsaufwand umgelegt werden darf. Dabei ist die Notwendigkeit der Anlage nicht am Vorteil für das einzelne Grundstück nach der vom Eigentümer zufällig ausgeübten Nutzung, sondern an den Erfordernissen der Baugebiete, d. h. daran zu messen, ob sie für eine den baurechtlichen Vorschriften entsprechende Nutzung dieser Gebiete vorhanden sein müssen. Das Bundesbaugesetz geht demnach davon aus, daß der Beitrag nicht nach dem Maß des im Einzelfall erwachsenen Vorteils, sondern nach allgemeinen objektiven Merkmalen zu bemessen ist und daß es nicht darauf ankommt, ob und in welchem Umfang der Eigentümer von der Erschließungsanlage Gebrauch macht. Eine Regelung, die auf die im jeweiligen Einzelfall erwachsenden Vorteile abstellen würde, wäre nicht praktikabel (vgl. BayVGH n. F. 18, 78/83; ferner OVG Münster E vom 24.7.1963 - III A 1716/59; Finkler, Das Erschließungsrecht 1963, S. 46). Sie wäre u. U. auch nicht mit dem Gebot der Abgabenklarheit in Einklang zu bringen. Maßgebend für die Notwendigkeit der Anlagen ist also, welche planungs- und baurechtlichen Vorschriften für das betreffende Gebiet gelten, d. h. die rechtlich zulässige Nutzung. Diese ergibt sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und dem sonstigen *) letztmals in der 5. Auflage unter Teil III (Anhang) B abgedruckt.
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2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§129
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Baurecht (Bauordnungsrecht der Länder und Bauplanungsrecht — §§ 30 ff.). Dementsprechend werden verschiedene Anforderungen hinsichtlich der Notwendigkeit gestellt werden, je nachdem ob es sich z. B. um ein Gewerbegebiet oder ein reines Wohngebiet handelt. In ersterem werden die Straßen eine größere Breite und Tragfähigkeit aufweisen müssen als z. B. in einem Wohngebiet. Auch in letzterem können die Anforderungen (Straßen, Stellplätze, Grünanlagen, Kinderspielplätze) sehr verschieden sein, je nachdem, ob es sich um ein dichtbesiedeltes Gebiet (mehrere Geschosse, geschlossene Bauweise) handelt oder um ein reines Villengebiet. Die Unterscheidung zwischen Bauflächen (§§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit den Bestimmungen der BauNVO) und gewerblich zu nutzenden Flächen zeigt, daß nicht nur die Erschließung von baulich genutzten Flächen, sondern auch von Flächen mit nur gewerblicher Nutzung (z. B. Lagerplätze) als beitragsfähig angesehen wird. Unter dem Gesichtspunkt des § 129 Abs. 1 Satz 1 kann also der Bebauungsplan (vgl. auch § 125) eine große Rolle spielen. Sieht etwa ein Bebauungsplan für ein Baugebiet eine überwiegende Bebauung mit gewerblich genutzten Bauten vor, so ist für die Erschließung des Baugebiets regelmäßig eine andere Erschließung erforderlich als für ein Baugebiet, das vorwiegend kleine Einfamilienhäuser aufweist. Die Erforderlichkeit einer Änderung der Erschließungsanlage ist im Fall der Abweichung vom Bebauungsplan jedenfalls dann besonders zu prüfen, wenn die Erschließungsanlage ein aliud gegenüber der Planung darstellt (vgl. BayVGH U vom 23.2.1967 Nr. 132 IV 66). Schwierig wird in den meisten Fällen, vor allem bei größeren Gemeinden, die über ein differenziertes Erschließungsnetz verfügen, die Beantwortung der Frage sein, inwieweit die Erschließungsanlagen erforderlich sind. Diese Frage interessiert aber den betroffenen Grundeigentümer in erster Linie, und es muß ihm wenigstens annähernd eine gewisse Möglichkeit an die Hand gegeben werden, seine Verpflichtungen und die Begründetheit der an ihn herangetragenen Forderungen zu überblicken. Dies um so mehr, als die genannte Differenzierung sich immer weiter ausdehnt. Mit zunehmendem Verkehr macht sich ein verstärktes Bedürfnis nach ruhigem Wohnen bemerkbar. Dies hat wieder zur Folge, daß ein den verschiedensten Anforderungen Rechnung tragendes Straßensystem ausgearbeitet werden muß, das von den selbständigen Gehwegen über Anliegerstraßen (vornehmlich Ziel- und Quellverkehr), Haupterschließungsstraßen (Anlieger- und Durchgangsverkehr) bis zu den Hauptverkehrsstraßen (überwiegend innerörtlicher oder überörtlicher Durchgangsverkehr) führt. Hinzu kommt noch die Einbeziehung von Sammelstraßen, Grünanlagen, Parkflächen, Kinderspielplätzen und Umweltschutzeinrichtungen. Die Gemeinden haben im Rahmen ihrer Verpflichtung in einer Satzung Art und Umfang der Erschließungsanlagen zu regeln (§ 132 Nr. 1) und müs659
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6. Teil. Erschließung
sen darauf Bedacht nehmen, ein Höchstmaß der Anforderungen festzulegen. Dabei wird es ausschlaggebend auf die Art der zulässigen Bebauung, auf die Verschiedenartigkeit des Baugebiets und die sich daraus ergebenden Verkehrsaufgaben ankommen. Wenn es sich um sehr dichte (hochzonige) Bauten handelt, wird die Verkehrsbeanspruchung wesentlich größer sein, und es werden breitere Straßen erforderlich sein als bei einer Villenbauweise. Ebenso werden in einem Gewerbegebiet in der Regel höhere Anforderungen an das Verkehrsnetz gestellt werden müssen als in Wohngebieten. Aus der Bestimmung in § 129 Abs. 1 Satz 1 BBauG (Erforderlichkeit der Erschließungsanlage, um die Bauflächen usw. zu nutzen) ergibt sich übrigens nicht, daß die Gemeinden bei der baulichen Gestaltung von Erschließungsanlagen immer die billigste, die Erreichung des Zweckes der Anlage gerade noch sicherstellende Ausführungsart verwenden müssen. Wenn vernünftige Gründe für eine etwas aufwendigere Gestaltung einer Erschließungsanlage sprechen, muß der hierdurch entstandene Mehraufwand als erforderlich bezeichnet werden und kann der Berechnung des Erschließungsbeitrags zugrunde gelegt werden (vgl. BayVGH U vom 13. 6. 1969 Nr. 246 VI 66). In der Satzung nach § 132 werden, jedenfalls in größeren Gemeinden, die einzelnen den Umfang der Erschließungsanlagen bestimmenden Faktoren in Erscheinung treten müssen. Bei der Festlegung der erforderlichen und damit beitragsfähigen Breite untergliedert nach der Art der erschlossenen Gebiete und dem Maß der zulässigen baulichen Nutzung können sich die Gemeinden an den Richtlinien für die Anlage von Straßen orientieren (RAST). Ob eine Erschließungsanlage erforderlich ist, beurteilt sich nicht aus ihrer Beziehung zu einem einzelnen Grundstück, sondern zu dem gesamten zu erschließenden Gebiet (BVerwG U vom 6. 5. 1966 - IV C 136.65, DÖV 1967, 209). Die Erforderlichkeit i. S. von § 129 Abs. 1 Satz 1 hinsichtlich der Herstellung von Parkflächen an einer Straße kann nicht mit dem Einwand in Frage gestellt werden, daß ausreichend private Garagen und Unterstellplätze vorhanden seien. Für die Erforderlichkeit der Parkflächen spricht allein schon im Hinblick auf die fortschreitende Motorisierung die Vermutung. Wenn z. B. in einer Erschließungssatzung bestimmt ist, daß etwa die Parkflächen in einem Erschließungsgebiet in Höhe eines bestimmten Hundertsatzes (beispielsweise 15) der Geschoßflächen der beitragspflichtigen Grundstücke beitragsfähig sind, so kann angenommen werden, daß diese Relation der höchstzulässigen Parkflächen zur baulichen Nutzbarkeit der Anliegergrundstücke verbürgt, daß die Anlieger entsprechend dem Nutzen, den sie von der Erschließungsanlage ziehen können, herangezogen werden; der Gleichheitsgrundsatz dürfte hier beachtet sein (vgl. hierzu BayVGH U vom 4. 4. 1968 Nr. 151 VI 67 und vom 9. 1. 1969 Nr. 244 VI 66). Dieser Weg ist auch für Grünanlagen und nunmehr auch für Kinderspielplätze zulässig und als bestgeeignete Lösung regelmäßig zu empfehlen.
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2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 129 2
Bei der Frage der Erforderlichkeit ist im übrigen auch angemessen zu berücksichtigen, ob die geplante Breite der Straße nicht nur auf den Anliegerverkehr, sondern auch auf die Aufnahme eines überörtlichen Verkehrs abgestellt ist. Die für letzteren erforderlichen Aufwendungen können nicht als beitragsfähiger Erschließungsaufwand bezeichnet werden (vgl. BayVGH U vom 30. 11. 1965 Nr. 9 IV 65 - BayVBl. 1966/97). Im übrigen ist dabei noch folgendes zu bedenken: Selbst wenn in Betracht zu ziehen ist, daß für die Festlegung einer Straßenbreite z. B. von 32 m in einer Planung vor etwa 30 bis 40 Jahren auch Gesichtspunkte des überörtlichen Verkehrs maßgeblich waren, so kann doch andererseits nicht ausgeschlossen werden, daß die damalige Festlegung der Straßenbegrenzungslinien nach Gesichtspunkten einer großstädtischen Planung auch schon für die Erschließung der Stadtgebiete an dieser Straße für erforderlich gehalten wurde. Aber selbst wenn die Auffassung zuträfe, daß die Straße in einem über das damalige und auch das damals voraussehbare zukünftige Anliegerbedürfnis hinausgehenden Ausmaß geplant worden ist, würde sich daraus nicht ergeben, daß sie auch heute noch nicht in der damals festgelegten Breite für die Erschließung erforderlich ist. Es kann auch nicht generell gesagt werden, daß eine Straße, die auch dem Durchgangsverkehr dient, nicht gleichzeitig in ihrer Gesamtbreite für die Erschließung erforderlich sein könne. Fast alle Erschließungsanlagen dienen zugleich in irgendeiner Form und in größerem oder geringerem Umfange dem Durchgangsverkehr oder sonstigem überörtlichen Verkehr, ohne daß in der Regel gesagt werden kann, ihre Abmessungen könnten geringer sein, sofern man sich ihre dem Durchgangsverkehr dienende Funktion wegdenke. Denn die Gesamtfunktion einer Straße kann nicht als bloße Summe aus zwei gedachten, sachlich und zeitlich getrennten Summanden, nämlich der Erschließungsfunktion und der Funktion als Verkehrsanlage von überörtlicher Bedeutung, verstanden werden, weil beide Funktionen ineinander übergehen. Ferner muß bei der Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne des § 129 BBauG auch die übersehbare zukünftige Entwicklung der durch die Anlage erschlossenen Baugebiete berücksichtigt werden. Die Erschließungsanlage erfüllt nicht schon dann die Voraussetzung des § 129 BBauG, wenn sie den im Zeitpunkt ihrer Herstellung schon gegebenen Verhältnissen entspricht, sondern nur dann, wenn sie den vorhersehbaren baulichen und gewerblichen Bedürfnissen des von ihr erschlossenen Gebiets, gemessen am voraussichtlichen ungefähren Endzustand der Bebauung, genügen wird. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne des § 129 BBauG sind demnach allgemeine Entwicklungstendenzen des Baugebiets in angemessener Weise zu berücksichtigen, die notwendig auch eine Steigerung der Anforderungen an die Erschließungsfunktion der Anlage zur Folge haben, wie vor allem die steigende Zahl der Kraftfahrzeuge der Anlieger und die zu erwartende erhöhte Inanspruchnahme der Straße durch diese.
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§129 3
6. Teil. Erschließung
Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen kann es unter Berücksichtigung der weiteren Bebauung der von einer Straße erschlossenen Stadtgebiete durchaus zutreffen, daß diese Straße in ihren jetzt hergestellten Ausmaßen im Sinne des § 129 BBauG noch erforderlich ist (vgl. hierzu BayVGH U vom 22. 7. 1968 Nr. 251 VI 66). Für eine nur einseitig bebaubare Straße kann auf die Anlieger der bebaubaren Straßenseite grundsätzlich nur die Hälfte des Erschließungsaufwands umgelegt werden (vgl. hierzu auch § 133 Nr. 2d). Je nach Fallgestaltung ist aber auöh die volle Umlegung möglich. Dies insbesondere dann, wenn die andere Straßenseite auch künftig einer Bebauung entzogen ist und die Straße deshalb entsprechend schmaler angelegt wird. Hinsichtlich der Grünanlagen und der Kinderspielplätze siehe § 127 Nr. 5. b) Nach dem Erschließungsbeitragsrecht des BBauG obliegt die Herstellung der Straße der Gemeinde (soweit sie Trägerin der Straßenbaulast ist). Der Eigentümer eines hierdurch erschlossenen Grundstücks ist aber als Interessent verpflichtet, zu den Kosten der Herstellung der ganzen Straße (als Erschließungsanlage) verhältnismäßig beizutragen, weil ihm wie allen anderen An- und Hinterliegern, deren Grundstücke erschlossen werden, die Straße als Ganzes zugute kommt. Dem Beitragsgedanken widerspricht es nicht, daß die Gesamtkosten der Anlage auf die Eigentümer der durch sie erschlossenen Grundstücke ohne Rücksicht darauf verteilt werden, daß möglicherweise die Anlage auch ein Grundstück berührt, das nicht bebaut und daher in das Umlageverfahren nicht einbezogen werden darf (siehe § 133 Abs. 1 Satz 1). c) Als „anderweitig gedeckt" ist der Erschließungsaufwand insoweit anzusehen, als die Aufwendungen der Gemeinde durch Zuwendungen von dritter Seite verringert werden, die nicht auf der gesetzlichen Verpflichtung nach dem Sechsten Teil des BBauG beruhen; hierher gehören Verpflichtungen aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften, zweckgebundene Bundes- oder Landeszuschüsse oder freiwillige Zuwendungen von privater Seite. Der Gemeinde darf durch Beiträge nicht mehr zufließen, als sie selbst aufgewendet hat. Der Erschließungsaufwand ist anderweitig grundsätzlich nur durch einen zweckbestimmten Zuschuß gedeckt, den die Gemeinde aus dritter Hand erhält, siehe Rspr. 6 A 4 a , B 6. Der einzelne Pflichtige kann sich aber nicht etwa darauf berufen, daß die Gemeinde bei Erhöhung der allgemeinen Haushaltsmittel (z. B. durch Erhöhung der Gemeindesteuern) von einer Beitragserhebung absehen könnte. 3. Ausnahmen von der Beitragsfähigkeit (Abs. 1 Satz 2) Abs. 1 Satz 2 bestimmt Ausnahmen von dem Grundsatz, daß Beiträge für erforderliche Erschließungsanlagen erhoben werden dürfen. Es sind Fälle denkbar, in denen der Eigentümer bereits selbst Erschließungsanlagen oder Teile davon i. S. von § 127 Abs. 2 hergestellt hat (z. B. wenn der Eigentümer 662
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 129 4
eines größeren Grundstückskomplexes zur Erschließung der Grundstücke eine Straße angelegt hat) oder in denen von ihm aufgrund der RGaO solche Anlagen verlangt werden (vgl. § 2 ff. RGaO). In diesen Fällen dürfen Beiträge nicht erhoben werden. In der Praxis erlangt die Bestimmung nur dann Bedeutung, wenn der Eigentümer die Anlage teilweise hergestellt hat. Bei endgültiger Herstellung entsteht der Gemeinde nämlich ohnehin kein Aufwand, der umgelegt werden könnte. Es ist aber zu beachten, daß die Errichtung privater Stellplätze oder Garagen nach dem Wortlaut des § 129 Abs. 1 Satz 2 nicht die Freistellung von Erschließungskosten für Parkflächen rechtfertigt. Die genannte Vorschrift macht nämlich die Freistellung von der Errichtung von Anlagen nach § 127 Abs. 2 abhängig. Anlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 können jedoch nur öffentliche Parkflächen sein. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetzeswortlaut, wohl aber daraus, daß private Anlagen nicht Gegenstand des Erschließungsrechts des BBauG sind und deshalb von der Aufzählung in § 127 Abs. 2 auch nicht erfaßt sein können (vgl. hierzu BayVGH U vom 23. 2. 1967 Nr. 132 IV 66, U vom 1. 6. 1967 Nr. 226 IV 66 und U vom 7. 10. 1968 Nr. 216 VI 65). Gleiche Erwägungen gelten für Grünflächen und Kinderspielplätze. 4. Selbsttragung durch die Gemeinde (Abs. 1 Satz 3) a) Die Gemeinde kann nicht den gesamten notwendigen Erschließungsaufwand umlegen; vielmehr muß sie mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Aufwands selbst tragen. Ein Vertrag, durch den sich die Gemeinde die Zahlung eines Betrages versprechen läßt, um den nach § 129 Abs. 1 Satz 3 von der Gemeinde zu tragenden Anteil auf den Versprechenden abzuwälzen, ist unwirksam (OLG Celle U vom 22. 5. 1970, OLG Z 1971, 161; siehe unten Rspr. 6 B 7). Die Höhe der Selbsttragung wird in der Satzung (§ 132) bestimmt. Der von der Gemeinde zu tragende Teil wird nach Feststellung des Gesamtaufwands von diesem abgezogen; erst dieser wird umgelegt. Zu beachten ist, daß zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand nicht die Kosten zählen, welche die Gemeinde für die Anpassung der Straße an die Verkehrsbedürfnisse auslegen muß (hier handelt es sich überhaupt nicht um Erschließung). Erst der Rest (nach Abzug der Anpassungskosten) ist beitragsfähiger Erschließungsaufwand, und von diesem trägt dann die Gemeinde den von ihr bestimmten Hundertsatz. Es ist also nicht so, daß die Gemeinde einen höheren oder niedrigeren Hundertsatz je nach der Höhe der Verkehrsbeanspruchung der Straße übernehmen muß; die Höhe des von der Gemeinde zu tragenden Hundertsatzes bemißt sich nicht nach der Höhe der Straßenbaukosten; er wird vielmehr in der Satzung allgemein festgelegt. b) Nach § 123 Abs. 3 BBauG kann die Gemeinde durch Vertrag die Erschließung auf einen Dritten übertragen. Es entsteht die Frage, ob die Gemeinde auch in diesem Fall (Erschließungsvertrag) einen Teil des Erschließungsaufwands, der infolge des Vertrags dem Dritten entsteht, übernehmen 663
§129 5
6. Teil. Erschließung
muß. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage erstmals im Jahre 1969 bejaht (Rspr. 6 A 2). Seither hat sich diese Rechtsprechung zu einer ständigen gefestigt (siehe auch Rspr. 6 A 5). Zweifelhaft könnte allenfalls noch sein, ob das Ergebnis dieser Rechtsprechung umgangen werden kann durch eine Schenkung des 10-%-Anteils (vgl. Rspr. 6 B 7). Die Fälligkeit der gemeindlichen Mindestbeteiligung kann aber durch vertragliche Vereinbarung über den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung hinausgeschoben werden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung kann sich dies aus den Umständen ergeben (Rspr. 6 A 2 u. 5.)- Allein die volle Überwälzung der Erschließungskosten im Erschließungsvertrag führt nicht dazu, daß der ganze Vertrag nichtig wäre (siehe Nr. 3 b zu § 123). c) Ihren Eigenanteil am Erschließungsaufwand kann die Gemeinde einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festsetzen (BVerwG U vom 12. 12. 1969 - IV C 100.68 - DVB1. 1970, 417 = DÖV 1970, 425 = BayVBl. 1971, 189 = NJW 1970, 876). Eine Obergrenze für die Eigenbeteiligung der Gemeinde ist nicht festgesetzt. Diese Obergrenze, d. h. die Entscheidung der Gemeinde über die Höhe der Eigenbeteiligung, wird durch verschiedene Faktoren bestimmt sein, nämlich durch den Zweck der Beteiligung („Regulativ gegen zu viel Erschließung"), durch den Gesamtzweck des BBauG (Förderung des Wohnungsbaues) und durch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde (vgl. hierzu Rspr., insbesondere 6 B 9). 5. Übernahme von Anlagen (Abs. 2) Der bereits oben unter Nr. 3 ausgeführte Grundsatz, nach dem der Eigentümer von Doppelleistungen zu schützen ist, kommt auch in Abs. 2 zum Ausdruck. Diese Vorschrift betrifft den Fall des nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 für die Übernahme von Anlagen durch die Gemeinde entstehenden Aufwands. Bei dieser Übernahme dürfen Kosten, die ein Eigentümer oder seine Rechtsvorgänger bereits für die zu übernehmende Erschließungsanlage aufgewendet haben, nicht erneut (als Erschließungsbeitrag) erhoben werden. Dagegen tritt keine Kostenbefreiung für Eigentümer und deren Rechtsnachfolger ein, wenn z. B. ein Erschließungsvertrag nach § 123 Abs. 3 geschlossen wurde, die Eigentümer an den Vertragspartner der Gemeinde für die noch auszuführende Erschließung Leistungen erbracht haben, der Vertragspartner aber seine Erschließungsleistung nicht erfüllt und die Gemeinde daher die Erschließung doch selbst durchführen muß. Hier wird keine Erschließungsanlage „übernommen", die Gemeinde wird also hier Beiträge fordern können. Ebenso wie bei Abs. 1 Satz 2 kommt Abs. 2 nur dann zur Anwendung, wenn Teilanlagen unentgeltlich übernommen werden. Der Eigentümer wird also im Ergebnis zu denjenigen Erschließungskosten herangezogen, die der Gemeinde durch die Weiterführung bis zur endgültigen Herstellung der Anlage erwachsen (Rspr. 6 B 8). Der Sinn der Regelungen in Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 liegt wohl darin, daß eine Anpassung an die Unterscheidung in § 128 664
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§129 6
Abs. 1 N r . 2 u n d 3 e r f o l g e n sollte. T r o t z d e r u n t e r s c h i e d l i c h e n W o r t w a h l k o m m t § 129 Abs. 1 Satz 2 a u c h d a n n z u r A n w e n d u n g , w e n n d e r E i g e n t ü m e r n i c h t selbst herstellt, s o n d e r n — mit E r f o l g — Kosten f ü r d i e H e r s t e l l u n g a u f w e n d e t . U m g e k e h r t ist bei Abs. 2 n i c h t n o t w e n d i g , d a ß Kosten a u f g e w e n d e t w e r d e n ; eigene E r s c h l i e ß u n g s m a ß n a h m e n f ü h r e n zu d e m s e l b e n E r g e b n i s . 6. Rechtsprechung A. H ö c h s t r i c h t e r l i c h e R e c h t s p r e c h u n g 1. B V e r w G U v o m 31. 1. 1968 (IV C 221.65) DVB1. 1968, 510 = B B a u B l . 1968, 272 Eine Gemeinde handelt nicht ermessenswidrig, wenn sie ihren eigenen Anteil am Erschließungsaufwand einheitlich für Wohn- und Industriestraßen festsetzt, gewerblich genützte Eckgrundstücke aber von einer den Wohneckgrundstücken gewährten Ermäßigung ausnimmt. 2. B V e r w G U v o m 23. 4. 1969 (IV C 6 9 / 6 7 ) M D R 1969, 692 = B a y B g m . 1969, 302 = D Ö V 1969, 863 Auch im Erschließungsvertrag muß die Gemeinde grundsätzlich mindestens 10 Prozent des Erschließungsaufwands übernehmen, deren Zahlungstermin jedoch den Erschließungsverpflichtungen der Gemeinde angepaßt werden kann (vgl. auch Nr. 5). 3. B V e r w G U v o m 21. 5. 1969 (IV C 93.67) D Ö V 1970, 429 = Z M R 1969, 273 a) Der Abschluß eines reinen Straßensicherungsvertrages oder das Fehlen eines Vertrages steht der Anwendung des neuen Erschließungsrechts für neuhergestellte Straßen in Bayern nicht entgegen. Der Abschluß eines Ablösungsvertrages schließt die Anwendung des neuen Erschließungsrechts auch für neu hergestellte Straßen aus. b) Die erforderliche Straßenbreite bestimmt sich nicht nach dem Bedürfnis des einzelnen Anliegers, sondern nach der Beziehung der Straße zu dem gesamten zu erschließenden Gebiet. 4. B V e r w G U v o m 12. 12. 1969 (IV C 100.68) DVB1. 1970, 417 = D Ö V 1970, 425 = N J W 1970, 876 = G e m e i n d e t a g 1970, 75 = BayVBl. 1971, 189 a) Der Erschließungsaufwand ist anderweitig grundsätzlich nur durch einen zweckbestimmten Zuschuß gedeckt, den die Gemeinde aus dritter Hand erhält. b) Eine Veränderungssperre steht der Erhebung von Erschließungsbeiträgen dann nicht entgegen, wenn bei Anforderung der Beiträge feststeht, daß eine Baugenehmigung erteilt werden müßte, weil die Sperre demnächst endet. c) Die Gemeinde kann ihren Anteil am Erschließungsaufwand einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festsetzen. 5. B V e r w G U v o m 4. 2. 1972 (IV C 59.70) D Ö V 1972, 866 a) Die Verpflichtung der Gemeinde, mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands selbstzutragen (vgl. § 1209 Abs. 1 Satz 3 BBauG), kann auch dann nicht abbedungen werden, wenn die Gemeinde eine bestimmte Erschlie665
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ßung durch Vertrag auf einen Dritten überträgt (sog. Erschließungsvertrag; vgl. § 123 Abs. 3 BBauG. — Die Beteiligung der Gemeinde soll u. a. dem Umstand Rechnung tragen, daß Erschließungsanlagen nicht nur dem Interesse der Anlieger, sondern zugleich dem öffentlichen Interesse dienen. Unmittelbar daraus ergibt sich, daß die Gemeinden ihren Anteil auch dann tragen müssen, wenn sie die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten übertragen. Es soll auch erreicht werden, daß die Erschließung für den letztlich mit ihren Kosten belasteten Anlieger entsprechend billiger wird; unerheblich ist, ob das im Einzelfall auch geschieht. Die Kostenbeteiligung der Gemeinde ist Ausdruck der durch § 123 Abs. 3 BBauG nicht aufgehobenen Verantwortung für die sachgerechte Erschließung und darin zugleich Ausdruck der unveräußerlichen gemeindlichen Planungshoheit. Insofern kann und soll § 129 Abs. 1 Satz 1 BBauG darauf hinwirken oder doch dazu beitragen, daß sich die Gemeinde im Zusammenhang mit Erschließungsverträgen nicht in einer dem BBauG widersprechenden Weise des eigenverantwortlichen Einflusses auf die städtebauliche Entwicklung ihres eigenen Gebietes begeben. — Möglich ist in einem solchen Falle jedoch, die Fälligkeit durch Vertrag bis auf den Zeitpunkt hinauszuschieben, in welchem die Gemeinde bei ordnungsmäßiger Planung in der Lage wäre, das betreffende Gebiet selbst zu erschließen. (Im Anschluß an das Urteil vom 23. 4. 1969 - IV C 69.67 - in BVerwGE 32.37 = DÖV 1969, 863.) b) Wird bei Abschluß eines Erschließungsvertrages über die Fälligkeit des eigenen Anteils der Gemeinde keine Vereinbarung getroffen, so tritt die Fälligkeit mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage ein. c) Sofern bereits abgeschlossene Erschließungsverträge über die Fälligkeit des eigenen Anteils der Gemeinde keine Vereinbarung enthalten (und sich die Beteiligten über die Anwendung von § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG auf den Erschließungsvertrag im unklaren sein konnten), kann sich aus Treu und Glauben ergeben, daß die Fälligkeit (in solchen Übergangsfällen) erst später eintritt.
6. BVerwG U vom 4. 2. 1972 (IV C 74.70) ZMR 1972, 250 = BayVBl. 1972, 586
Aus einer unentgeltlichen Übergabe einer unfertigen Unternehmerstraße an die Gemeinde kann der Unternehmer keine Vergünstigung hinsichtlich seines Erschließungsbeitrags für die noch entstehenden Herstellungskosten herleiten, sofern nicht im Übergabevertrag etwas Besonderes vereinbart war.
7. BVerfG B vom 5.7.1972 (2 BvL6/66; 28/69; 3/11 und 12/70) NJW 1972, 1851 = DWW 1972, 255 = DVB1. 1972, 887 = DÖV 1972, 855
Die Selbstbeteiligung der Gemeinde am beitragsfähigen Erschließungsaufwand in Höhe von mindestens 10 v. H. (§ 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG) ist grundsätzlich bei dem Erschließungsaufwand für die einzelne Erschließungsanlage in Abzug zu bringen. Ein Abzug im Rahmen der Bemessung der Einheitssätze ist allenfalls dann als zulässig anzusehen, wenn gewährleistet ist, daß bei allen Erschließungsanlagen mindestens 10 v. H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwands von der Gemeinde getragen werden.
8. BVerwG U vom 24. 11. 1978 (IV C 18.76) DÖV 1979, 178 = BauR 1979, 51
a) § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG ist auf Straßen, die keine Ortsdurchfahrten einer Bundesstraße sind, aber infolge der Aufnahme überörtlichen Durchgangsverkehrs vergleichbare Funktionen erfüllen, nicht entsprechend anzuwenden. b) Zusätzliche Fahrspuren, die nur wegen des überörtlichen oder eines ungewöhnlich starken innerörtlichen Durchgangsverkehrs angelegt sind, sind nicht zur Erschlie-
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ßung der Bauflächen im Sinne des § 129 Abs. 1 S. 1 BBauG „erforderlich" (im Anschluß an Buchholz 406.11 § 127 Nr. 22). Was sich in diesem Sinne bereits über § 129 Abs. 1 S. 1 BBauG aufwandsmindernd auswirken kann, scheidet voraussetzungsgemäß nach § 135 Abs. 5 BBauG aus. c) § 135 Abs. 5 BBauG ermöglicht den Beitragserlaß nur in atypischen Fällen; die Zunahme von Verkehrsimmissionen nach erfolgtem Straßenausbau ist in der Regel nicht in diesem Sinne atypisch (im Anschluß an Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 10).
B. VGH, OVG und andere Gerichte 1. OVG Lüneburg U vom 28.4.1966 (I A 215/63) DÖV 1967, 211 = DVB1. 1967, 119
a) Nur öffentliche Straßen unterliegen der Erschließungsbeitragspflicht. Dazu ist eine Widmung oder ein ihr straßenrechtlich gleichgestelltes Verfahren erforderlich. b) Eine Tragfähigkeit von 8 t übersteigt nicht das für eine Wohnstraße erforderliche Maß gemäß § 129 BBauG.
2. OVG Rheinl.-Pfalz U vom 6.10. 1966 (I A 113/65) KStZ 1967, 150 = DVB1. 1967, 796
Welchen Anteil am beitragsfähigen Erschließungsaufwand die Gemeinde übernehmen will, darf nicht von Fall zu Fall für jede Erschließungsanlage gesondert durch einen Ratsbeschluß oder eine sonstige Maßnahme der Gemeindeverwaltung bestimmt, sondern muß generell in der Satzung festgelegt werden.
3. BayVGH U vom 14.11.1967 (Nr. 181 VI 64) VGH n. F. 20, 118 VerwRspr. 19, 331
Wird eine Erschließungsanlage im Hinblick auf den innerörtlichen oder überörtlichen Durchgangsverkehr breiter angelegt, als es erforderlich ist, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen, so gehören die dadurch entstehenden Kosten nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand. Abweichendes kann auch die Erschließungsbeitragssatzung nicht bestimmen.
4. OVG Lüneburg U vom 22. 2. 1968 (I OVG A 121/66) KStZ 1968, 184
Der Senat hat bereits entschieden, daß in der Regel nur Zuschüsse Dritter als anderweitige Deckung anzusehen sind. Selbst wenn eine Gemeinde eigene Mittel einsetzt, um zunächst einmal die Unternehmerrechnungen zu begleichen, bleibt im Regelfall ihr Recht unberührt, Erschließungsbeiträge zu erheben. Denn gerade durch die Bezahlung der Unternehmerrechnungen rechtfertigt es sich, daß die Gemeinde die Anlieger zur Erstattung der für eine Straße aufgewandten Kosten heranzieht. Ob die Gemeinde insoweit ihre Zahlungen mit Hilfe von Darlehen oder eine Darlehensaufnahme bestritten hat, macht keinen grundsätzlichen Unterschied. Eine Ausnahme von dieser Regel hat der Senat bisher nur anerkannt (U vom 13. 12. 1967 — I OVG A 100/66 —), wenn die Gemeinde die Kosten für bestimmte Maßnahmen mit dem Willen zahlt, insoweit keine Beiträge von den Anliegern zu erheben (so etwa, wenn das Ortsrecht vorsieht, daß die Kosten für bestimmte Maßnahmen allein von der Gemeinde zu tragen sind).
5. BayVGH U vom 2. 10. 1968 (Nr. 265 VI 66)
Die Gemeinden haben nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG „mindestens" 10 v. H. des Erschließungsaufwands zu tragen. Diese Bestimmung legt nur die Untergrenze für den
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durch Satzung zu bestimmenden Anteil der Gemeinden am Erschließungsaufwand fest und schließt nicht aus, daß die Gemeinden aus anderen Gründen einen Teil des auf die erschlossenen Grundstücke entfallenden Erschließungsbeitrags nicht erheben können und deshalb selbst tragen müssen. 6. H e s s V G H U v o m 19. 5. 1969 (VI O E 6 9 / 6 8 ) D Ö V 1971, 395 Bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands kann die Gemeinde, wenn nichts Entgegenstehendes angeordnet ist, einen Kreiszuschuß auf ihren Kostenanteil verrechnen (siehe aber A 4a). 7. O L G Celle, 13. ZS, U v o m 22. 5. 1970 (13 U 2 5 7 / 6 9 ) O L G Z 1971, 161 Ein Vertrag, durch den sich die Gemeinde die Zahlung eines Betrages versprechen läßt, um den nach § 129 Abs. 1 Satz 3 BBauG von der Gemeinde zu tragenden Anteil des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes auf den Versprechenden abzuwälzen, ist unwirksam. 8. O V G M ü n s t e r U v o m 14.10. 1970 (III A 4 3 3 / 6 9 ) Z M R 1971, 193 = K S t Z 1971, 19 = D Ö V 1971, 823 § 129 Abs. 2 BBauG will nur eine Doppelbelastung eines Anliegers ausschließen; dieser kann daher nach dieser Vorschrift nicht die wertmäßige Anrechnung von Leistungen verlangen, die er oder ein Rechtsvorgänger für den Ausbau einer — später von der Gemeinde unentgeltlich übernommenen — Erschließungsanlage erbracht hat, da er nur noch zu denjenigen Kosten herangezogen wird, die der Gemeinde für die endgültige Herstellung der Anlage erwachsen. 9. B a y V G H U v o m 12. 3. 1971 ( N r . 290 VI 70) BayVBl. 1971, 389 Die obere Grenze für die Eigenbeteiligung einer Gemeinde am Erschließungsaufwand kann durch verschiedene Faktoren bestimmt sein, z. B. Zweck der Beteiligung, Gesamtzweck des BBauG, finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde. §130 Art der Ermittlung
des beitragsfähigen
Erschließungsaufwandes
(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde für die üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen festzusetzen. (2) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden. 1. Tatsächlich entstandene Kosten oder Einheitssätze (Abs. 1) D i e in d e n Ausschüssen g e g e n ü b e r der R e g i e r u n g s v o r l a g e völlig n e u gef a ß t e Vorschrift, die d u r c h die Novelle 1976 nicht v e r ä n d e r t w u r d e , g e w ä h r t 668
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130 l
der Gemeinde für die Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands (die gem. § 132 Nr. 2 in der Satzung festzulegen ist) einen Ermessensspielraum. Es kann der von der Gemeinde nach Erstellung der Anlage nachgewiesene tatsächliche Kostenaufwand zugrundegelegt werden. Diese Art der Ermittlung hat den Nachteil, daß die Betroffenen erst spät Kenntnis von dem sie treffenden Beitragsteil erhalten. Es können der Ermittlung aber auch Einheitssätze zugrundegelegt werden. Dieser Weg vereinfacht die Verwaltungsarbeit der Gemeinde und ermöglicht den Beitragspflichtigen einen frühen Überblick über die voraussichtliche Höhe der Belastung. Es ist auch zulässig, den beitragsfähigen Erschließungsaufwand teilweise nach den tatsächlich entstandenen Kosten und teilweise nach Einheitssätzen zu ermitteln (siehe Rspr. A 1). a) Obwohl das Gesetz beide Ermittlungsarten gleichberechtigt nebeneinander nennt, ist die Ermittlung nach den tatsächlich entstandenen Kosten der Regelfall, weil hier in der Satzung (§ 132 Nr. 2) außer der grundsätzlichen Festlegung des Ermittlungsverfahrens keine weiteren Regelungen zu treffen sind. Kleinere Gemeinden, bei denen Kosten für vergleichbare Erschließungsanlagen nicht bekannt sind, müssen nach den tatsächlich entstandenen Kosten ermitteln, weil bei Einheitssätzen nicht auf die Erfahrungswerte anderer Gemeinden zurückgegriffen werden darf. Auch für Großgemeinden wird dies für einzelne Arten der Erschließungsanlagen (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 bis 5) oder für Teile der Erschließungsanlagen zutreffen. Generell läßt sich sagen, daß wegen der besonderen Anforderungen an die Abrechnung nach Einheitssätzen mindestens teilweise nach den tatsächlichen Kosten abzurechnen ist (zur Problematik der Einheitssätze siehe Landt, Der Bayer. Bürgermeister 1974, 466). Die der Gemeinde tatsächlich entstandenen Kosten sind — abgesehen von einzelnen Schwierigkeiten, wie z. B. bei der Entwässerung oder der Berücksichtigung von Zinsen — relativ leicht feststellbar. Im Rahmen der Anfechtung eines Erschließungsbeitragsbescheides kann mit Erfolg nur vorgebracht werden, die Gemeinde habe gegen den — gemeinderechtlich verankerten — Grundsatz sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung verstoßen. Gleiches gilt für Verstöße gegen die VOB, wenn deren Anwendung gemeinderechtlich vorgeschrieben ist (vgl. Rspr. 3 B 17). Wegen des geringeren Prozeßrisikos ist den Gemeinden diese Art der Ermittlung trotz des höheren Verwaltungsaufwands zu empfehlen. b) Die Ermittlung nach Einheitssätzen setzt voraus, daß nicht nur diese Abrechnungsart, sondern auch die Einheitssätze selbst in der Satzung nach § 132 Nr. 2 (oder in einer Anlage hierzu) festgelegt werden. Für den Grunderwerb und die Freilegung (§ 128 Abs. 1 Nr. 1) eignet sich diese Art schon deshalb grundsätzlich nicht, weil die Kosten regelmäßig so stark differieren, daß Vergleichswerte nicht feststellbar sind. Jedenfalls aber 669
§ 130 2
6. Teil. Erschließung
müßte eine derart komplizierte Staffelung der Einheitssätze erfolgen, daß Verwaltungsaufwand nicht eingespart würde. Die Pauschalierung in Form von Einheitssätzen muß alle wesentlichen Kostenfaktoren berücksichtigen und gewährleisten, daß bei allen ErschlieDungsanlagen der 10 %-Mindestanteil der Gemeinde von dieser getragen wird (Rspr. A 14). Unter Beachtung dieser Grundsätze erscheint die Festlegung von Einheitssätzen für Grünanlagen, Kinderspielplätze und Umweltschutzeinrichtungen (vgl. § 127 Abs. 2 Nr. 3 bis 5) kaum möglich. Bei Straßen muß relativ stark differenziert werden. Immerhin hat das BVerwG gleiche Einheitssätze für Straßen als zulässig angesehen, die in der Breite bis zu 2 m voneinander abweichen (siehe Rspr. 3 A 3). Es dürfte sich im übrigen bei Straßen empfehlen (auch bei Bestandteilen wie Gehwegen und Grünstreifen), als Maßeinheit „m 2 " zu wählen, während z. B. bei der Beleuchtung zweckmäßigerweise nach der Anzahl der Beleuchtungskörper gestaffelt werden sollte (Rspr. 3 C 2). Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich im Hinblick auf die Geldentwertung bzw. Steigerung der Kosten. Diese Entwicklung erfordert eine ständige Anpassung der Einheitssätze durch Satzungsänderung. Nach Auffassung des BVerwG soll hier grundsätzlich der bei Erlaß des Beitragsbescheids geltende Einheitssatz maßgebend sein (siehe Rspr. 3 A lOd). Ein früherer Einheitssatz soll nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Bauarbeiten so lange zurückliegen, daß von einem Mißverhältnis zu den tatsächlichen Kosten gesprochen werden kann oder wenn der Bescheiderlaß willkürlich verzögert worden ist. Diese Rechtsprechung wäre durch den weiteren Grundsatz zu ergänzen, daß in diesem Fall auch stets der gemeindliche 10%-Anteil erhalten bleiben muß. Außerdem weisen Schmidt (Erschließungsrecht S. 147) und der BayVGH zu Recht darauf hin, daß die Höhe der Beitragsschuld mit der Entstehung der Beitragspflicht festliegt; maßgebend müßte daher der Zeitpunkt der endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2) sein (BayVGH U vom 20. 6. 1966, Nr. 188 IV 64, und vom 1. 6. 1967, Nr. 263 IV 66). 2. Ermittlung nach räumlichen Gesichtspunkten (Abs. 2) Die Ermittlung des Aufwands kann entsprechend der bisherigen Praxis für jede einzelne Erschließungsanlage, aber auch für äußerlich erkennbare Bauabschnitte durchgeführt werden; dabei können die einer Beitragserhebung zugrunde gelegten Berechnungsabschnitte von den tatsächlichen Bauabschnitten abweichen, wenn dies nicht zu willkürlichen Beitragserhebungen führt (Rspr. 3 A 2). Darüber hinaus trägt Abs. 2 der Tatsache Rechnung, daß im neuzeitlichen Städtebau für Siedlungseinheiten Erschließungssysteme entwickelt worden sind, in denen schmale Straßen und Wege eindeutig von benachbarten breiteren und aufwendigeren Straßen derart abhängen, daß die Grundstücke erst durch die Gesamtheit dieser Anlagen erschlossen werden. In solchen Fällen kann der beitragsfähige Aufwand für diese Erschließungs670
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130
2
anlagen insgesamt ermittelt und auf die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke verteilt werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß (wie oben angeführt), die Art der Errechnung und der Verteilung des Aufwands durch Satzung zu regeln ist. Dabei ist es der Gemeinde freigestellt, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung die Bildung von Abrechnungsgebieten zur Regel erheben oder sich nur als Möglichkeit neben der Einzelabrechnung vorbehalten will. Eine Mußvorschrift in der Satzung zur Abschnitts- oder Einheitsbildung, wenn die Voraussetzungen vorliegen, wäre mit einem großen rechtlichen Risiko belastet. Ohne Ausnahmeregelung hierzu wäre auch die Einhaltung des vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraums nicht gewährleistet. Den Gemeinden ist also zu empfehlen, in der Satzung lediglich den Wortlaut des §130 Abs. 2 zu wiederholen. § 130 Abs. 2 kommt aber auch dann zur Anwendung, wenn eine entsprechende Bestimmung in der Beitragssatzung fehlt (vgl. Rspr. 3 A 4). Die Festlegung von Abrechnungsgebieten gem. § 130 Abs. 2 Satz 2 im Einzelfall entzieht sich nun zwar nicht ihrer Natur nach einer Regelung im Wege der Rechtsetzung. Da aber die Errichtung einer einzelnen Erschließungsanlage keines Rechtsetzungsakts bedarf, ist ein solcher auch für die Bildung eines Abrechnungsgebiets, deren Voraussetzungen das Gesetz selbst in § 130 Abs. 2 Satz 2, wenn auch allgemein (die für die Erschließung eine Einheit bilden) festlegt, nicht notwendig (BayVGH U vom 30.1.1974 Nr. 64 IV 73 BayVBl. 1976, 21). Das Kommunalverfassungsrecht der Länder kann allerdings zu einem anderen Ergebnis führen. Nach diesen landesrechtlichen Vorschriften ist auch die Frage zu beantworten, welches Organ der Gemeinde zur Beschlußfassung über die Einheits- oder Abschnittsbildung zuständig ist. Schließlich entscheidet auch das Kommunalrecht, ob bei Fehlen eines erforderlichen Gemeinderatsbeschlusses eine Heilung nach Erlaß des Beitragsbescheids möglich ist. In der Regel wird die Zuständigkeit des Gemeinderates zur Beschlußfassung über die Bildung von Abrechnungsgebieten gegeben sein, wobei allerdings der Größe der Gemeinde entscheidende Bedeutung zukommt. Heilende Wirkung kommt der Nachholung im Anfechtungsverfahren regelmäßig nicht zu (siehe Rspr. 3 B 13, aber auch B 15). Einen guten Überblick über die unterschiedliche Rechtslage in den einzelnen Bundesländern bietet Knobloch in Deutsche Gemeindesteuer-Zeitung 1975, 118 ff. (vgl. auch Rspr.). Ist ein Abrechnungsgebiet gebildet worden, dann müssen die Voraussetzungen der Beitragserhebung bezüglich dieses Gebiets vorliegen (Rspr. 3 C 3). a) Ermittlung für die einzelne Erschließungsanlage Weil diese Art der Ermittlung den Regelfall darstellt, bedarf es für die Abrechnung keines Gemeinderatsbeschlusses. Zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob eine einzelne Erschließungsanlage vorliegt, kommt es auf die Stra671
§ 133
4
6. Teil. Erschließung
ßenbenennung nicht entscheidend an. Kennzeichnend ist vielmehr eine etwa gleichbleibende Erschließungsfunktion der Straße (Rspr. 3 A 13; wegen der Gesamtabrechnung mehrerer Straßen ohne Bildung einer Erschließungseinheit vgl. Rspr. 3 A 7). b) Die Abschnittsbildung dient vornehmlich dem Zweck, den Gemeinden eine frühere Abrechnung zu ermöglichen (zur Problematik siehe Matloch in BayVBl. 1976, 8 ff. und Knobloch a. a. O.). Die Bildung derartiger Abschnitte ist zulässig, wenn sich die Teile als eigenständige Erschließungsanlagen etwa von Kreuzung (Einmündung) zu Kreuzung darstellen. Besondere Voraussetzungen für die Abschnittsbildung nennt das Gesetz nicht. Deshalb ist bei der Ermessensentscheidung eine relativ großzügige Handhabung möglich. Zweifelhaft ist allerdings, ob das Willkürverbot so weit reicht, daß die Abschnittbildung nur bei Veranlassung durch topografische oder städtebauliche Besonderheiten (Rspr. 3 B 19) möglich sein soll. Das BVerwG (U vom 3. 5. 1974 (IV C 16.72); kritisch dazu Matloch a . a . O . ) hält Willkür und damit eine rechtswidrige Bildung von Abschnitten dann für gegeben, wenn sich daraus ein unbilliges Ergebnis für die Anlieger ergibt. Folgt man dieser Ansicht, dann ist es konsequent zu fordern, daß sich die Gemeinde alle Möglichkeiten des § 130 Abs. 2 offenhalten muß. Wo jede andere Entscheidung ermessensmißbräuchlich wäre, ist die Gemeinde dann auch zur Wahl eines bestimmten Abrechnungsverfahrens gezwungen. Außerordentlich umstritten ist auch, ob die Gemeinde bei Abrechnung im Wege der Kostenspaltung an den einmal gewählten Ermittlungsraum gebunden ist (Rspr. 3 A 15, B 19, Erläuterungen zu § 127 Abs. 3 mit der dortigen Rspr.). Gleiches gilt für die Abrechnung von Teillängen, die die Voraussetzungen für eine Abschnittsbildung nicht erfüllen, im Wege der Kostenspaltung (Rspr. 3 A 11). c) Die Bildung einer Erschließungseinheit ist nur bei Vorliegen bestimmter Merkmale möglich (siehe Rspr. und die Darstellung in „Die Fundstelle" 1973 RdNr. 203 sowie Knobloch a. a. O.). Ausschlaggebend für die Zusammenfassung mehrerer Erschließungsanlagen in dieser Form wird regelmäßig der Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit sein. Die Erschließungseinheit ist ein im unmittelbaren Zusammenhang stehendes siedlungsmäßig oder sonst abgegrenztes System mehrerer Erschließungsanlagen (Rspr. 3 A 6). Erforderlich ist daher ein Funktionszusammenhang (Beispiel: Hauptstraße mit Stichstraßen) mit deutlicher Abgrenzung, die entweder optisch sichtbar oder doch sonst deutlich erkennbar sein muß. Auch wenn hier regelmäßig eine einheitliche Planung und zeitlich zusammenhängende Ausführung die Regel sind, ist dies nicht unbedingt erforderlich. Im Einzelfall kann es höchst zweifelhaft sein, ob die Voraussetzungen vorliegen; die Gemeinden sollten diese Möglichkeit deshalb nur in klaren Fällen wählen. Wie bei der Abschnittsbildung bezieht sich auch die Einheitsbildung nicht auf die Abgrenzung der erschlos672
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130 3
senen Grundstücke, sondern auf die Abgrenzung in Bezug auf die Erschließungsanlagen. Die Frage, ob eine Gemeinde, nachdem sie rechtmäßigerweise ein Abrechnungsgebiet gem. § 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG gebildet hat, nach Herstellung jeder einzelnen „Stichstraße" abrechnen, d. h. den anteiligen Erschließungsaufwand auf alle Anlieger (einschl. der Eigentümer der noch nicht fertig erschlossenen Grundstücke) umlegen kann, ist ebenso umstritten, wie die Möglichkeit der Abrechnung von Teillängen im Wege der Kostenspaltung (siehe oben b). Eine Gesamtabrechnung für mehrere Straßen, die kein Erschließungsgebiet bilden, kann nur dann Grundlage der Beitragsabrechnung sein, wenn die örtlichen Umstände bei allen Straßen so vollkommen gleich gegeben sind, daß zu einem einheitlichen Preis abgerechnet werden konnte (Rspr. 3 A 7). 3. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 221.65) BBauBl. 1968, 272 = DVB1. 1968, 520 = DÖV 1969, 362 = BVerwGE 29, 90 Es ist zulässig, den beitragsfähigen Erschließungsaufwand teilweise nach den tatsächlich entstandenen Kosten und teilweise nach Einheitssätzen zu ermitteln.
2. BVerwG U vom 29. 5. 1968 (IV C 23.66) DWW 1968, 340 = 1968, 277 = DÖV 1969, 362 = BayBgm. 1968, 274
ZMR
Die einer Beitragserhebung zugrunde gelegten Berechnungsabschnitte können von den tatsächlichen Bauabschnitten abweichen, wenn dies nicht zu willkürlichen Beitragserhebungen führt. Bei der Berechnung nach Einheitssätzen wird eine Abweichung in der Regel nicht willkürlich sein,.
3. BVerwG U vom 6.9.1968 (IV C 96.66) BVerwGE 30, 207 = DVB1. 1969, 274 = DÖV 1969, 356 Werden in einer Ortssatzung Einheitssätze je laufenden Meter Straßenlänge festgesetzt, so ist es nicht rechtmäßig, gleiche Einheitssätze für Straßen zugrunde zu legen, die in ihrer Breite um mehr als zwei Meter voneinander abweichen.
4. BVerwG U vom 23. 10. 1968 (IV C 26.68) BVerwGE 30, 293 = M D R 1969, 422 Der Erschließungsaufwand kann für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage oder für einheitliche Erschließungsgebiete auch dann berechnet werden, wenn in der Beitragssatzung der Gemeinde hierüber Vorschriften nicht enthalten sind.
5. BVerwG U vom 6. 12. 1968 (IV C 30.67) DVB1. 1969, 272 = BayVBl. 1969, 354 Neue Einheitssätze können auf viele Jahre zurückliegende Herstellungsarbeiten nicht ohne weiteres angewendet werden (Fortsetzung der Rspr. von BVerwG U vom
673
§130
3
6. Teil. Erschließung
25. 9. 1968 IV C 81.66 Z M R 1969, 23 = D Ö V 1969, 357 = DVB1. 1969, 281; siehe auch Nr. 12).
6. BVerwG U vom 5.9.1969 und vom 30.1.1970 (IV C 106.67 und 108.67) BayVBl. 1970, 285 und 1971, 189 = DÖV 1970, 428 und 865, DVB1. 1970, 79 und 837 = MDR 1970, 168 = ZMR 1970, 253 Ein einheitliches Erschließungsgebiet, das die Ermittlung des Erschließungsaufw a n d s f ü r mehrere Anlagen insgesamt gestattet, ist gegeben, wenn ein in unmittelbarem Z u s a m m e n h a n g stehendes siedlungsmäßig oder sonst sichtbar abgegrenztes System mehrerer Erschließungsanlagen geschaffen wird.
7. BVerwG U vom 16. 3. 1970 (IV C 63.68) ZMR 1970, 255 = DÖV 1970, 865 = DVB1. 1970, 838 = BayVBl. 1970, 285 = VRS 39, 149 Eine G e s a m t a b r e c h n u n g f ü r mehrere Straßen, die kein Erschließungsgebiet bilden, k a n n nur d a n n G r u n d l a g e der Beitragsberechnung sein, wenn die örtlichen U m s t ä n d e bei allen Straßen so vollkommen gleich sind, d a ß zu einem einheitlichen Preis abgerechnet werden konnte.
8. BVerwG U vom 12.6. 1970 (IV C 5.68) = DVB1. 1970, 904 = ZMR 1970, 382 = DÖV 1971, 395 a) Eine hufeisenförmige Straße, die von einer bereits hergestellten Straße ausgeht u n d auf diese zurückführt, kann zusammen mit drei schmalen von ihr ausgehenden N e b e n s t r a ß e n auch d a n n als eine Erschließungseinheit angesehen werden, wenn zwei dieser N e b e n s t r a ß e n keine Stichstraßen sind, aber in breitere Straßen e i n m ü n d e n . b) Ob ein von einer Erschließungseinheit erschlossenes G r u n d s t ü c k zu Beiträgen f ü r diese Einheit herangezogen werden k a n n , bestimmt sich nicht nach dem Vorteil, den es durch die Bildung der Erschließungseinheit erlangt. c) Weder zur Bildung der Erschließungseinheit noch zum Ausspruch der in der Ortssatzung vorgesehenen Kostenspaltung bedarf es einer Ortssatzung oder eines veröffentlichten Beschlusses des Gemeinderats (Fortsetzung der Rspr. von B V e r w G E 30, 293 u n d 26, 180). d) Ein Eckgrundstück wird auch dann von der zweiten Straße erschlossen, wenn diese E i n b a h n s t r a ß e ist.
9. BVerwG U vom 11. 12. 1970 (IV C 25.69) DVB1. 1971, 508 Für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage kann der Erschließungsaufw a n d nur d a n n getrennt ermittelt werden, wenn die Abschnittsbildung nicht willkürlich ist (Fortsetzung der Rspr. in BVerwG IV C 23.66 Z M R 1968, 277).
10. BVerwG U vom 25.8. 1971 (IV C 93.69) BayVBl. 1972, 133 = DÖV 1972, 502 a) Für die Straßenentwässerung k a n n innerhalb eines Entwässerungssystems ein einheitlicher Einheitssatz auch d a n n festgesetzt werden, wenn sich die Entwässerungskosten in den einzelnen Straßen d a d u r c h wesentlich v o n e i n a n d e r unterscheiden, d a ß in Richtung auf den Vorfluter Rohre mit jeweils größerem Durchmesser sind (Durchschnittssatz). b) Bei einer Mischkanalisation ist der Einheitssatz d a d u r c h zu ermitteln, d a ß vom Durchschnittssatz der Anlagekosten derjenige Anteil abzuziehen ist, der m e n g e n m ä ß i g auf das vom G r u n d s t ü c k eingeleitete Wasser entfällt (Fortsetzung der Rspr. BVerwG IV C 36.69). 674
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130 3
c) Bei Einleitung von Gebäudeabwässern ist der Nutzungsgrad des G r u n d s t ü c k s , bei Einleitung von Regenwasser des G r u n d s t ü c k s die Bauweise zu berücksichtigen, indem gebietsweise verschiedene Einheitssätze festgesetzt werden. d) M a ß g e b e n d ist der bei Bescheidserlaß geltende Einheitssatz, außer die Bauarbeiten liegen so lange zurück, d a ß von einem Mißverhältnis zu den tatsächlichen Kosten gesprochen werden k a n n , oder wenn die G e m e i n d e den Bescheidserlaß willkürlich verzögert.
11. BVerwG U vom 10. 12. 1971 (IV C 12.70) DVB1. 1972, 686 Ein mit allen Einrichtungen fertiggestelltes Teilstück (Teillänge) einer Straße k a n n nach pflichtgemäßem Ermessen im Wege der Kostenspaltung abgerechnet werden (a. A. B a y V G H U vom 26. 11. 1975 Nr. 163 VI 69).
12. BVerwG U vom 3.3.1972 (IV C 49.70) BayVBl. 1972, 586 = DÖV 1972, 861 a) Ein geltender Einheitssatz darf auf zurückliegende Erschließungsarbeiten nichtunverändert angewendet werden, wenn der sich d a n a c h errechnende Erschließungsa u f w a n d im groben Mißverhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten steht. In diesem Falle müssen entweder Abschläge vom Einheitssatz gemacht oder die tatsächlichen Kosten in Ansatz gebracht werden (Weiterführung der Rspr. von BVerwG IV C 81.66, IV C 92.66, IV C 30.67, IV C 21.68 u n d IV C 93,.69). b) Anstelle von Abschlägen k ö n n e n landesrechtlich auch besondere Einheitssätzef ü r die zurückliegende Zeit festgesetzt oder es kann auf frühere Einheitssätze zurückgegriffen werden.
13. BVerwG U vom 23.6.1972 (IV C 16.71) DVB1. 1972, 893 = DÖV 1972,861 = BBauBl. 1973, 490 Eine Straße kann nicht als eine einzelne Erschließungsanlage abgerechnet werden, wenn ihre Teile sich in der Erschließungsfunktion wesentlich v o n e i n a n d e r unterscheiden (z. B. teils Fußweg, teils Fahrstraße mit Gehwegen). Auch die A b r e c h n u n g als Erschließungseinheit verbietet sich in einem solchen Falle, wenn zwischen den unterschiedlichen Teilen kein F u n k t i o n s z u s a m m e n h a n g besteht.
14. BVerfG B vom 5. 7. 1972 (2 B v L 6 / 6 6 ; 28/29; 3, 11 und 12/70 NJW 1972, 1851 = DWW 1972, 255 = DVB1. 1972, 887 = DÖV 1972,855 a) Die Ermittlung des Erschließungsaufwandes nach Einheitssätzen beruht auf dem Kostenbeitragsprinzip. Vergleichbar i. S. von § 130 Abs. 1 Satz 2 BBauG sind nur solche Erschließungsanlagen, die in den f ü r die H ö h e der Kosten wesentlichen Merkmalen vergleichbar sind. Unterschiede in den Grunderwerbskosten u n d im Herstellungszeitraum d ü r f e n bei der Ermittlung des Erschließungsaufwands nach Einheitssätzen nicht unberücksichtigt bleiben. b) N a c h dem System der Bestimmungen über den Erschließungsbeitrag ist der Eigenanteil i. H. von mindestens 10% von dem beitragsfähigen E r s c h l i e ß u n g s a u f w a n d abzuziehen. D a der Erschließungsaufwand . . . jeweils f ü r eine Erschließungsanlage zu ermitteln ist, müßte der Abzug grundsätzlich bei der einzelnen Erschließungsanlage . . . erfolgen. Dies gilt . . . auch bei der Ermittlung des Erschließungsaufwands nach Einheitssätzen . . . Ein Abzug des Eigenanteils von den Gesamtkosten f ü r den Ausbau von Erschließungsanlagen k a n n allenfalls d a n n als zulässig angesehen werden, wenn gewährleistet ist, d a ß mindestens 10% des beitragsfähigen Erschließungsaufwands von 675
§130 3
6. Teil. Erschließung
der Gemeinde getragen werden und diese Beteiligung sich bei allen Erschließungsanlagen entsprechend auswirkt.
15. BVerwG U vom 4. 10. 1974 (IV C 9.73) BayVBl. 1976, 21
Der Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage kann nicht hinsichtlich einzelner Teilmaßnahmen für unterschiedlich lange, einander überschneidende Abschnitte ermittelt werden.
16. BVerwG U vom 3. 10. 1975 (IV C 78.73) DÖV 1976, 97
Das tatsächliche Ende des Straßenausbaues und der Bebauung der erschlossenen Grundstücke eignet sich jedenfalls dann nicht ohne weiteres als Begrenzung einer Erschließungseinheit, wenn ein Bebauungsplan die Weiterführung der Erschließungsanlagen und dementsprechend auch eine weitere Bebauung vorsieht.
17. BVerwG U vom 8. 10. 1976 (IV C 76.74) BayVBl. 1977, 409
a) Ob die Gemeinde zu einer Erschließungseinheit alle Erschließungsanlagen zusammenfaßt, die sie wegen ihrer besonderen funktionellen Verbindung zusammenfassen dürfte, oder ob sie die Bildung der Erschließungseinheit auf einige dieser Anlagen beschränkt, steht grundsätzlich in ihrem Ermessen. b) In den beitragsfähigen Erschließungsaufwand dürfen in der Regel die Kosten auch solcher Teilstrecken einbezogen werden, an denen nicht angebaut werden kann (hier: Straßenteil in einem abgesenkten „Trog"), soweit diese Teilstrecken für die ordnungsgemäße Erschließung des Erschließungsgebietes erforderlich sind, zumal dann, wenn ihre Länge im Verhältnis zur Länge aller zur Erschließungseinheit zusammengefaßten Erschließungsanlagen nur von untergeordneter Bedeutung ist.
18. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 84-92.74) NJW 1977, 1740
Daß ein Teil einer einheitlichen Erschließungsanlage noch nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist, hindert die Entstehung der Beitragspflicht, wenn nicht die Gemeinde den gewidmeten Teil im Wege der Abschnittsbildung abrechnen darf und abrechnet.
19. BVerwG U vom 11. 2. 1977 (IV C 102.74) BBauBl. 1978, 249
Werden mehrere Straßen zugleich ausgebaut, so können bei Abrechnung nach den tatsächlichen Kosten die für die einzelnen Straßen entstandenen Kosten dann nicht prozentual aus der Gesamtabrechnung entnommen werden, wenn es sich nicht um gleichgelagerte Straßen handelt, deren Ausbau daher auch gleiche Kosten verursacht hat (Fortsetzung der Rspr. in BVerwG IV C 69.68).
20. BVerwG U vom 29. 7. 1977 (IV C 3.75) BayVBl. 1978, 279
a) Ist in einer Satzung für die Herstellung der Gehwege ein Einheitssatz je Quadratmeter Gehwegfläche festgesetzt, so darf er nur auf diejenigen Teile des Gehwegs abgewendet werden, die die Gemeinde auf ihre Kosten hergestellt hat. b) Einheitssätze für die Straßenentwässerung sind nicht an den Kosten zu orientieren, die die Verlegung eines vergleichbaren Kanalisationsrohres verursacht (im Anschluß an das Urteil des Senats vom 25. 8. 1971 — BVerwG IV C 93.69 — BVerwGE 38, 275 - Buchholz 406.11 § 130 BBauG Nr. 9). c) Es ist nicht erforderlich, einen gesonderten Einheitssatz für jedes technisch abgegrenzte Entwässerungssystem zu bilden; vielmehr ist es auch zulässig, bei der Bildung eines Einheitssatzes wegen des funktionalen Zusammenhangs der Entwässerung
676
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130 3
auf das gesamte Entwässerungsnetz einer Gemeinde abzustellen (Aufgabe der engeren Auffassung im Urteil von 25. 8.1971). (Anm.: ebenso U vom selben Tage (IV C 86.75) DÖV 1978,56)
B. Oberverwaltungsgerichte 1. OVG Lüneburg U vom 11.3. 1965 (I OVG A 89/64) DVB1. 1966, 385 = BBauBl. 1965, 400
Grundstücke außerhalb des Bebauungsplans, die weder nach der Verkehrsauffassung Bauland sind, noch zur Bebauung anstehen, unterliegen auch dann nicht der Beitragspflicht, wenn sie gewerblich (etwa zum Abbau eines Kiesvorkommens) genutzt werden dürfen. Soweit die Grundstücksfläche als Verteilungsmaßstab herangezogen wird, ist es nicht zulässig, außerhalb der Satzung durch Abgrenzung eines sogenannten Abrechnungsgebiets die heranzuziehenden Grundstücksflächen näher zu bestimmen.
2. OVG Münster U vom 10.11. 1965 (III A 942/63) ZMR 1968, 148 = DVB1. 1968, 666
Die Gemeinde darf nicht willkürlich Abrechnungsabschnitte bilden, sondern hat einmal festgelegte Straßenbauabschnitte auch der Abrechnung zugrunde zu legen.
3. HessVGH U vom 7. 1.1966 (OS IV 45/65) DÖV 1967, 211
Die nach § 130 Abs. 1 BBauG zulässigen Einheitssätze können nur für solche Erschließungsanlagen herangezogen werden, bei deren Errichtung etwa die gleichen finanziellen und technischen Voraussetzungen bestanden wie bei den der Festlegung der Einheitssätze zugrunde liegenden Anlagen.
4. HessVGH U vom 30. 6. 1966 (OS IV 24/65) DVB1. 1967, 244 = DÖV 1968, 145
Der Erschließungsaufwand kann nach § 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG nur dann für mehrere Anlagen insgesamt ermittelt werden, wenn die betreffenden Grundstücke erst durch die Gesamtheit dieser Anlagen als erschlossen anzusehen sind (siehe aber A 6).
5. OVG Münster U vom 27. 7.1966 (III A 95/64) DVB1. 1967, 796 ZMR 1967, 154 = DÖV 1968, 144
Es ist unzulässig, Einheitssätze für den beitragsfähigen Erschließungsaufwand dadurch zu bilden, daß aus den Kosten gewisser Straßentypen des gesamten Gemeindegebiets (Wohnstraßen, Geschäftsstraßen u. ä.) jeweils ein Mittelwert errechnet wird, ohne die unterschiedlichen Breiten innerhalb der jeweiligen Straßentype zu berücksichtigen.
6. OVG Lüneburg U vom 26. 1. 1967 (I OVG A 86/64) KStZ 1967, 119
Für die Ermittlung des Erschließungsaufwandes für mehrere Anlagen (Bildung eines Abrechnungsgebiets) genügt ein Beschluß der Gemeindevertretung, der keiner Veröffentlichung nach den für Ortsrecht geltenden Vorschriften bedarf.
7. OVG Lüneburg U vom 23. 2. 1967 (I OVG A 187/64) KStZ 1967, 151
a) Die Erschließungseinheit ist ein in unmittelbarem Zusammenhang stehendes abgegrenztes System mehrerer Erschließungsanlagen, an dem alle Grundstücke mittelbar 677
§130
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6. Teil. Erschließung
teilhaben, obwohl durch die einzelne Anlage unmittelbar nur ein Teil der Grundstücke erschlossen zu werden braucht. Der erwähnte Zusammenhang ist dann zu bejahen, wenn die an einer Erschließungsanlage liegenden Grundstücke nicht nur über diese, sondern erst durch die Verbindung dieser Anlage mit einer anderen Anlage — etwa einer sog. Sammelstraße — voll erschlossen sind. b) In ein einheitliches Abrechnungsgebiet können auch Abschnitte von Erschließungsanlagen einbezogen werden, wenn für die Abgrenzung sachliche Gründe gegeben sind (hier Verlängerung bestehender Straßen) (siehe auch A 6 und B 4).
8. BayVGH U vom 23. 2. 1967 (132 IV 66) BayVBl. 1967, 281 Die Bildung von Abrechnungsgebieten im Sinne von § 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG im Einzelfall bedarf keiner Satzung. Sie ist kein einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO.
9. HessVGH U vom 24. 2. 1967 (OS IV 13/66) DÖV 1968, 143 = Z M R 1968, 153 = DVB1. 1968, 666
a) § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG ermöglicht es, den Erschließungsbeitrag für räumliche Teilabschnitte einer Erschließungsanlage zu ermitteln und zu erheben. In diesem Fall entsteht die Beitragspflicht mit Herstellung des Abschnitts in seiner Gesamtheit, der einer Erschließungsanlage gleichsteht. b) Die Anwendung des § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG setzt eine satzungsmäßige Regelung voraus. Ist in der Satzung die Möglichkeit der abschnittsweisen Ermittlung vorgesehen, so ist auch ein Beschluß des Magistrats im Einzelfall erforderlich (siehe dazu aber insbesondere A 4). c) Der räumliche Abschnitt einer Straße nach § 130 Abs. 2 BBauG darf nicht Teil einer gleichzeitig hergestellten größeren Straßenanlage sein, sondern muß als in sich geschlossene Anlage angesehen werden können.
10. OVG Rheinl.-Pf. U vom 22. 6. 1967 (I A 40/66) DVB1. 1968., 404 = DÖV 1968, 885 = KStZ 1968, 14
Eine Zusammenfassung des Erschließungsaufwands nach §130 Abs. 2 Satz 2 BBauG ist nur zulässig, wenn die Grundstücke des Erschließungsgebiets in der Weise auf die einzelnen in Betracht kommenden Erschließungsanlagen ausgerichtet sind, daß erst durch alle Anlagen zusammen eine ordnungsmäßige Erschließung der Grundstücke erfolgt (vgl. aber insbesondere A 6).
11. OVG Lüneburg U vom 10. 8. 1967 (I OVG A 143/66) VerwRspr. 19, 462 = DVB1. 1967, 947 = DÖV 1968, 144 = KStZ 1967, 204 a) Der Senat hält daran fest, daß die Ermittlung des Erschließungsaufwandes für mehrere Anlagen (sog. Bildung von Abrechnungsgebieten) nicht als ortsrechtliche Regelung anzusehen ist und demgemäß nicht der für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung bedarf. b) Die Begrenzung eines Abrechnungsgebietes in der Weise, daß die Grenze auf der Mitte einer als Einheit ausgebauten Straße verläuft, ist unzulässig.
12. OVG Münster U vom 29. 10.1967 (III A 45/65) ZMR 1968, 199 = DÖV 1969, 362
Die Zusammenfassung mehrerer Erschließungsanlagen zu einer Erschließungseinheit (§ 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG) bedarf eines als Ortsrecht zu veröffentlichenden Zusammenfassungsbeschlusses, wenn die Ortssatzung nur die Möglichkeit der Bildung ei-
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2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§130
3
ner Erschließungseinheit vorsieht (gegen BVerwG U vom 10. 2. 1967 — IV C 121.65 — DWW 1967, 253 und A 4).
13. BayVGH U vom 27. 5. 1968 (Nr. 263 VI 66) BayVBl. 1968, 407 = DÖV 1968, 885
Wurde eine Erschließungszone gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG vom ersten Bürgermeister statt vom zuständigen Gemeinderat gebildet und erging auf dieser Grundlage ein Erschließungsbeitragsbescheid, so ist der Bescheid rechtswidrig. Er wird auch durch eine nachträgliche Genehmigung der Zonenbildung durch den Gemeinderat nicht rechtmäßig (siehe aber Nr. 15).
14. HessVGH U vom 7. 12. 1970 (VI OE 67/69) Z M R 1972, 154
§ 130 Abs. 1 Satz 1 BBauG ist dahin auszulegen, daß der beitragsfähige Erschließungsaufwand (stets) nach den tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt werden kann, soweit keine (gültigen) Einheitssätze vorhanden sind.
15. VGH Bad.-Württ. U vom 8. 12. 1970 (II 852/67) = BaWüVBl. 1971, 42 = DÖV 1971, 395 = ZMR 1971, 292 = KStZ 1971, 222 Die Entscheidung nach § 130 Abs. 2 BBauG (Bestimmung des Abrechnungsabschnitts — einzelne Erschließungsanlage, Abschnitt einer Erschließungsanlage, Mehrheit von Erschließungsanlagen) ist, ebenso wie die Anordnung der Kostenspaltung, kein Geschäft der laufenden Verwaltung. Ein diesbezüglicher Verfahrensmangel kann auch noch während des Verwaltungsstreitverfahrens durch die Entscheidung des zuständigen Gemeindeorgans geheilt werden (siehe aber Nr. 13).
16. OVG Münster U vom 20. 1. 1971 (III A 244/70) Z M R 1971, 292 = DÖV 1971, 823
a) Zwei selbständige, funktionsverschiedene Erschließungsanlagen (hier: ausgebauter Fußweg und voll ausgebaute Fahrstraße) können nicht zu einer Erschließungseinheit zusammengefaßt werden. b) Selbst wenn die Bildung einer solchen Erschließungseinheit zulässig wäre, dürften die Eigentümer der nur am Fußweg gelegenen Grundstücke nicht zu den durch die Fahrstraße entstandenen Ausbaukosten herangezogen werden (vgl. dazu aber A 13).
17. HessVGH U vom 22. 10. 1971 (VI OE 15/70) Z M R 1972, 252
Die Höhe der tatsächlich entstandenen Erschließungskosten haben die Beitragspflichtigen grundsätzlich hinzunehmen. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn sich die Gemeinde bei der Vergabe der Bauaufträge oder bei der Durchführung der Baumaßnahmen offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch unvertretbare Mehrkosten entstanden sind.
18. VGH Bad.-Württ. U vom 8. 12. 1971 (II 633/66) DÖV 1972, 867
a) Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen setzt voraus, daß die Erschließungsanlage, für die die Beiträge erhoben werden sollen, nach Maßgabe des § 125 BBauG hergestellt worden ist (siehe u. a. BVerwG U vom 29. 5. 1970, BVerwGE 35, 222). Dies bedeutet, daß innerhalb eines einheitlichen Abrechnungsgebietes Erschließungsbeiträge nur erhoben werden können, wenn für sämtliche zum Zwecke der einheitlichen Ermittlung des Erschließungsaufwands zusammengefaßten Anlagen eine der Voraussetzungen der rechtmäßigen Herstellung nach § 125 BBauG erfüllt ist.
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§130 3
6. Teil. Erschließung
b) Da auch bei der Ortsdurchfahrt einer Bundes- oder Landesstraße Gehwege und Fahrbahn eine einheitliche Erschließungsanlage bilden (BVerwG U vom 30. 1. 1970, Buchholz 406.11 § 128 BBauG Nr. 7), darf bei Beantwortung der Fragen, ob mehrere Erschließungsanlagen eine Einheit bilden (§ 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG), gegebenenfalls die Funktion der Fahrbahn der Ortsdurchfahrt der Bundes- oder Landesstraße nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil nach § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG die Anlieger für die Kosten dieser Fahrbahn (grundsätzlich) nicht aufzukommen haben.
19. BayVGH U vom 30. 1. 1974 (Nr. 64 VI 73) BayVBl. 1974, 223
Die Bildung von Abrechnungsabschnitten nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG ist nur dann nicht willkürlich, wenn topografische oder städtebauliche Besonderheiten sie veranlassen. Sind solche Besonderheiten nicht gegeben, so darf die Gemeinde eine spätere Teilmaßnahme, z. B. den Grunderwerb, nicht in anderen Abschnitten abrechnen als eine frühere Teilmaßnahme, z. B. die Herstellung.
C. Verwaltungsgerichte 1. VG Freiburg U vom 5. 7. 1966 (VS II /51/66) KStZ 1967, 36
a) In einer großen Kreisstadt mit rund 30 000 Einwohnern bedarf die Bildung eines Abrechnungsgebiets eines Gemeinderatsbeschlusses. b) Die Bildung von Abrechnungsgebieten gehört nicht zu den Gegenständen, die gem. Art. 132 Abs. 2 BBauG durch Satzung zu regeln sind.
2. VG Köln U vom 14. 7. 1966 (7 K 267/66) DWW 1966, 304
a) Aus § 130 Abs. 1 BBauG, wonach für die Höhe der Einheitssätze die üblicherweise aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen maßgebend sind, ergibt sich, daß die Einheitssätze den tatsächlichen Kosten sachlich und zeitlich möglichst angenähert sein müssen. b) Das Prinzip der sachlichen und zeitlichen Kostennähe des Einheitssatzes ist nur gewahrt, wenn der Einheitssatz für jede Teileinrichtung der Erschließungsanlage (z. B. Fahrbahn, Radweg, Gehweg usw.) gesondert gebildet und in zeitlich angemessenen Abständen überprüft wird. Die Zusammenfassung der einzelnen Teileinrichtungen zu einem Einheitssatz je lfd. Meter Erschließungsanlage ist fehlerhaft, da bei der Anwendung eines solchen Einheitssatzes aa) die konkrete Ausführung der Erschließungsanlage, bb) die verschiedenen Zeitpunkte der Fertigstellung der einzelnen Teileinrichtungen unberücksichtigt bleiben. c) Der lfd. Meter ist lediglich für die Entwässerungseinrichtung ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Bildung eines Einheitssatzes. Als Einheitssatz für die Beleuchtungseinrichtungen empfiehlt sich der Durchschnittspreis der einzelnen Leuchte, da der Abstand der Leuchten voneinander bei den meisten Straßen verschieden ist. Für Fahrbahn, Gehwege und Radwege sollte der Quadratmeter-Preis zugrunde gelegt werden, ebenfalls beim Erwerb der Grundflächen und deren Freilegung, sofern der Ortsgesetzgeber bei letzteren Teileinrichtungen überhaupt das Einheitssatzverfahren für zweckmäßig hält.
3. VG München U vom 26. 1. 1971 (Nr. 2112/70)
Innerhalb einer Erschließungseinheit nach § 130 Abs. 2 BBauG kann Kostenspaltung nicht in der Weise durchgeführt werden, daß die Kosten für einzelne hergestellte Straßen jeweils auf sämtliche Beitragspflichtige in der Erschließungseinheit umgelegt werden. 680
§131 l
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
4. VG München U vom 28. 4. 1971 (Nr. 2779/69) Ein Abrechnungsabschnitt darf nicht so kurz bemessen sein, daß er keine selbständige Bedeutung für die Erschließung hat. Das gilt auch für die sogenannte Schrumpfanlage, bei welcher nur noch ein Rest der Straße ausgebaut wird, die Straße im übrigen bereits hergestellt und abgerechnet ist.
5. VG München U vom 13. 7. 1971 (Nr. 2107/70) Es ist zulässig, in einer Erschließungszone nur die Erschließungsstraßen zusammenzufassen, die selbständigen Grünanlagen in dem Gebiet jedoch einem anderen Kreis von Grundstücken zuzuordnen.
§131 Maßstäbe für die Verteilung des
Erschließungsaufwandes
(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. (2) Verteilungsmaßstäbe sind 1. die Art und das Maß der baulichen und sonstigen Nutzung; 2. die Grundstücksflächen; 3. die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage. Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden. (3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, daß der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird. 1. Verteilung auf die erschlossenen Grundstücke (Abs. 1) In Abs. 1 wird die Beziehung zwischen der Erschließungsanlage u n d den durch sie erschlossenen Grundstücken hervorgehoben u n d damit der Beitragscharakter der dem Eigentümer obliegenden Leistung betont. Der nach den Bestimmungen der §§ 128 bis 130 ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand ist unter Zugrundelegung der vorgesehenen Verteilungsmaßstäbe auf die Grundstücke zu verteilen, die durch die Anlage erschlossen werden. Der Begriff der „erschlossenen" Grundstücke hat nicht denselben Inhalt wie der der „beitragspflichtigen" Grundstücke im Sinne des § 133 Abs. 1, er ist vielmehr weiter, weil nicht jedes erschlossene Grundstück auch der Beitragspflicht unterliegt. Erschlossen ist ein Grundstück auch dann, wenn es nicht oder noch nicht beitragspflichtig ist. Wegen dieser Unterschiede entstehen der Gemeinde über den Mindestanteil des § 129 Abs. 1 hinaus häufig befristet oder auf Dauer Einnahmeausfälle. 681
§131
2
6. Teil. Erschließung
Bei Straßen sind alle diejenigen Grundstücke als erschlossen anzusehen, von denen aus in rechtlich und tatsächlich gesicherter Weise Zufahrts- und Zugangsmöglichkeit besteht. Bei Eckgrundstücken genügt bei einer von mehreren Erschließungsanlagen die Möglichkeit des Zuganges. Durch eine Grünanlage erschlossen sind Grundstücke, die nicht weiter als eine Wegstrecke von etwa 200 m von der Anlage entfernt sind (BVerwG U vom 21. 10. 1970 - IV C 72.69 - BVerwGE 36,155 und vom 25.4. 1975 IV C 37.73 — „Gemeindehaushalt" 1976, 186 sowie Erläuterungen zu § 127). Davon kann jedoch abgewichen werden, um den Bereich durch Straßen abzugrenzen. Ähnliches muß für die jetzt ebenfalls beitragspflichtigen Kinderspielplätze (§ 127 Abs. 2 Nr. 4) gelten. Hingegen lassen sich allgemeine Kriterien für selbständige Parkflächen kaum aufstellen. Es hängt hier von der Fallgestaltung ab, welchen Grundstücken aus der Parkfläche Erschließungsvorteile erwachsen. Gleiches gilt für Immissionsschutzeinrichtungen (§ 127 Abs. 2 Nr. 5). Über den erschließungsbeitragsrechtlichen Grundstücksbegriff siehe Rspr. und Erläuterungen zu § 133. Auch wenn in der Regel der grundbuchrechtliche Begriff verwendet werden kann, ist doch in besonderen Fällen auf den sog. planungsrechtlichen Grundstücksbegriff abzustellen. Auszugehen ist dabei vom Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs und der Beitragsgerechtigkeit mit der Folge, daß zwei Buchgrundstücke (z. B. Hausgrundstück und Wegefläche) als Einheit behandelt werden können oder Grenzen abweichend bestimmt werden können. 2. Verteilungsmaßstäbe (Abs. 2 und 3) Abweichend von der Regierungsvorlage wurden in der endgültigen Fassung des Gesetzes auf Grund der Ausschußverhandlungen (vgl. Bericht des federführenden Ausschusses, Drucks. 1794, zu § 151 E) den Gemeinden wahlweise mehrere Verteilungsmaßstäbe zur Verfügung gestellt, die z. T. bereits in der bisherigen Praxis Anwendung gefunden haben (Nr. 2 und 3) oder die auf Grund eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans (§9 Abs. 1, §12) in Betracht gezogen werden können; ferner kommt hier in Betracht die BaunutzungsVO, deren Vorschriften auch für Gebiete anzuwenden sind, die nicht in einen Bebauungsplan einbezogen sind (§ 24 Abs. 2 BauNV). Die Maßstäbe können in der Weise miteinander verbunden werden, daß der Erschließungsaufwand mit bestimmten Anteilen auf die einzelnen Maßstäbe verteilt wird. Dadurch soll eine wenigstens annähernd gerechte Verteilung erreicht werden. Heute werden in der Regel entweder die Maßstäbe des Abs. 2 Nr. 1 und 2 kombiniert oder es gelangen alle drei Verteilungsmaßstäbe zur Anwendung. Besonderen Schwierigkeiten begegnet die angemessene Regelung des Erschließungsbeitrags für sog. Eckgrundstücke. Unter solchen sind Grundstücke 682
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§131 3
zu verstehen, die durch zwei oder mehrere zusammenstoßende Erschließungsanlagen erschlossen werden, die also mittels zweier oder mehrerer solcher Anlagen zugänglich werden. Dabei genügt die Möglichkeit des Zugangs oder der Zufahrt, auch wenn sie tatsächlich nicht genutzt werden. Die Erschließung eines Grundstücks setzt, soweit dies technisch durchführbar ist, voraus, daß die Möglichkeit besteht, zur Straße eine Zufahrt zu nehmen. Besitzt allerdings ein (Eck-)Grundstück bereits eine Zufahrt, so genügt im Falle der Erschließung durch eine weitere Straße auch die Möglichkeit eines Zuganges (s. Rspr. 4 A7). Derartige Grundstücke pflegen, wenn sie für gewerbliche Zwecke verwendet werden, wegen ihrer Lage besondere Vorteile abzuwerfen. Dagegen sind die besonderen Vorteile, die sich für Eckwohngrundstücke aus ihrer Lage ergeben, in aller Regel von geringerem Ausmaß. Es ist — auch bei letztgenannten Grundstücken — sachlich gerechtfertigt, die Eigentümer von Eckwohngrundstücken zu den Kosten der zwei oder mehreren Erschließungsanlagen, an die sie grenzen, heranzuziehen, denn solche Eckgrundstücke erfordern hinsichtlich der Erschließung zweifellos höhere Aufwendungen als andere und sie haben — trotz gewisser Nachteile der Ecklage — doch im ganzen gesehen überwiegend Vorteile, die vor allem in dem Zugang von mehreren Seiten und in den regelmäßig gegebenen besseren Möglichkeiten der Gestaltung der Gebäude und der Ausnutzung des Grundstücks bestehen (vgl. Rspr. 4 A 3, B 1). Eine Regelung in einer Ortssatzung, in der Eckgrundstücken eine Vergünstigung durch Kürzung der Frontlänge gewährt wird, entspricht den Vorschriften des BBauG (BVerwGE 25,147). Die Belastung der Mittelanlieger mit dem durch die Eckplatzvergünstigung entstehenden Ausfall ist rechtens. Einer ausdrücklichen Festsetzung dieser Berechnungsmethode in der Ortssatzung bedarf es nicht (Rspr. 4 A 4). Vergünstigungen für Eckwohngrundstücke kommen z. B. bei U-förmigen Erschließungsanlagen oder innerhalb einer Erschließungseinheit nicht zum Tragen. Die Satzung kann allerdings auch für diese Fälle eine besondere Regelung enthalten (vgl. Rspr. 4 A 14). 3. Einzelheiten der Verteilung a) Verteilung nach Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung (Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3) Dieser Verteilungsmaßstab ist vorgeschrieben für Gebiete mit unterschiedlicher Nutzung, die nach Inkrafttreten des BBauG erschlossen werden (Abs. 3). Der Verteilungsmaßstab muß also die Verschiedenheit von Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigen (vgl. Rspr. 4 A 13 b). „Erschlossen" sind Gebiete auch dann, wenn die Anlage vor Inkrafttreten des BBauG nicht erstmalig hergestellt im Sinne des § 128 Abs. 1 Nr. 2 war.Wollte man die Begriffe nämlich gleichsetzen, dann wäre die vom Gesetzgeber in Abs. 3 gewählte Formulierung nicht mehr verständlich. An das 683
§131 3
6. Teil. Erschließung
„Erschlossensein" sind also geringere A n f o r d e r u n g e n zu stellen als an die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen. Weil aber bei den meisten heute d u r c h z u f ü h r e n d e n Abrechnungen die Gebiete nicht bereits vor dem (ursprünglichen; also vor d e m 30. 6.1961) Inkrafttreten des B B a u G erschlossen waren u n d fast immer eine unterschiedliche N u t z u n g zulässig ist, sind die G e m e i n d e n praktisch stets gehalten, (auch) den Verteilungsmaßstab nach Nr. 1 in die Satzung aufzunehmen. Hier ist auch der n a c h Abschluß der Gebietsreform größere Zuschnitt der G e m e i n d e n zu bedenken. Allerdings räumt das BVerwG (Hinweis bei Rspr. 4 A 13 am Ende) n u n m e h r ein, d a ß eine dem § 131 Abs. 3 entsprechende Satzungsbestimmung f ü r u n b e p l a n t e Gebiete d a n n entbehrlich ist, wenn Gebiete unterschiedlicher Nutzungsart weder v o r h a n d e n noch ihr Entstehen zu erwarten ist. Wegen der einmaligen Abrechnung in F o r m der E r h e b u n g von Erschließungsbeiträgen ist in dem M a ß s t a b auf die zulässige Nutzung abzustellen. N u r in nicht beplanten Gebieten k a n n unter bestimmten Voraussetzungen auf die tatsächliche N u t z u n g zurückgegriffen werden (vgl. Rspr. 4). Für G r u n d s t ü c k e mit nur gewerblicher Nutzung ist satzungstechnisch eine Erhöhung der Berechnungsdaten (z. B. 1/3) vorzusehen. b) Die Grundstücksflächen als Verteilungsmaßstab (Abs. 2 Nr. 2) Dieser M a ß s t a b empfiehlt sich schon wegen der relativ einfachen H a n d h a b u n g . Schwierigkeiten erwachsen allenfalls aus d e m planungsrechtlichen Grundstücksbegriff (siehe oben). Bereits die K o m b i n a t i o n der M a ß s t ä b e Nr. 1 u n d 2 f ü h r t zu befriedigenden Ergebnissen u n d wird deshalb von den meisten G e m e i n d e n gewählt. In die Satzung k a n n (von Bedeutung bei ländlichen G e m e i n d e n ) eine Tiefenbeschränkung — z. B. 40 m — a u f g e n o m m e n werden. c) Der Frontmetermaßstab (Abs. 2 Nr. 3) hat in der Praxis sehr an Bedeutung verloren. Auch w e n n n a c h Abs. 3 die Wahl dieses Maßstabes als alleinige Verteilungsregelung zulässig wäre, ist dies nur in G e m e i n d e n mit ganz einfachen u n d gleichartigen Nutzungsarten möglich. Deshalb spielt dieser M a ß s t a b n u r noch als K o m b i n a t i o n s m a ß s t a b eine Rolle. d) Besonderheiten bei der Verbindung der Maßstäbe (Abs. 2 Satz 2) U m eine Überbewertung der Grundstücksfläche zu vermeiden, sollten Teile des umzulegenden Erschließungsaufwands auf die einzelnen M a ß s t ä b e aufgeteilt werden. So sollte z. B. bei einer Verbindung von Nr. 1 u n d 2 derA u f w a n d je zur H ä l f t e auf die Summe der Geschoßflächen u n d die S u m m e der Grundstücksflächen entfallen. e) Eckgrundstücke Im Interesse der Beitragsgerechtigkeit empfiehlt es sich in der Satzung vorzusehen, d a ß G r u n d s t ü c k e mit Beitragspflicht f ü r mehrere Erschließungsanlagen nicht jeweils unter Zugrundelegung der vollen Berechnungsdaten herangezogen werden. Üblicherweise wird hier der Beitrag auf der G r u n d l a g e der u m 'A gekürzten Daten berechnet. Diese Eckgrundstücksvergünstigung 684
§ 131 4
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
wird in der Praxis meist dann eingeräumt, wenn der Eckwinkel nicht mehr als 135° beträgt. Entsprechend verfährt man bei der Erschließung durch zwei parallel verlaufende Straßen, wenn der Abstand ein bestimmtes Maß (z. B. 40 m) nicht überschreitet. Die Gewährung einer „Eckvergünstigung" führt dazu, daß die übrigen Anlieger entsprechend höher belastet werden. Hier braucht nur die Vergünstigung in der Satzung geregelt zu sein, die Mehrbelastung der Mittelgrundstücke tritt auch ohne zusätzliche Bestimmung ein (vgl. Rspr. 4 A 4 , 5, 6a). Wegen dieser Mehrbelastung darf die eingeräumte Eckvergünstigung ein bestimmtes Maß nicht überschreiten (Rspr. 4 A 6 b—d, 8 a, B 7 c). Die Gemeinde ist zur Einräumung einer Vergünstigung für Eckgrundstücke nicht verpflichtet (Rspr. 4 A 2, 9 a). Für Grundstücke mit gewerblicher Nutzung ist eine solche Regelung auch nicht anzuraten, weil sich der zusätzliche Erschließungsvorteil hier häufig voll auswirken kann. 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 6. 5.1966 (IV C 172.65) DVB1. 1967, 245 Eckgrundstücke sind für alle Straßen, durch die sie pflichtig. Es kommt nur darauf an, ob die Zufahrt oder rechtlich oder tatsächlich zulässig ist, nicht aber darauf, nach dem Willen des Grundstückseigentümers genommen
erschlossen waren, beitragsder Zugang zu den Straßen wohin Zufahrt oder Zugang werden kann.
2. BVerwG U vom 19. 10. 1966 (IV C 99.65) DVB1. 1967, 289 = Z M R 1967, 232 = BVerwGE 25,147 = DÖV 1968, 144 Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn in reinen Wohngebieten ein Eckgrundstück für beide Straßen voll nach dem Frontmetermaßstab zu Anliegerbeiträgen herangezogen worden ist.
3. BayVerfGH E vom 24.10. 1966 (Vf. 12-VII-64) BayVBl. 1967 22 = VerfGH 19, 89 = DWW 1966, 398 = KStZ 1967, 34 = DVB1. 1967, 245 Eine gemeindliche Satzung über Erschließungsbeiträge, die für Eckwohngrundstücke die Berechnung nach dem Frontmetermaßstab vorsieht, verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz.
4. BVerwG U vom 29. 5. 1968 in Mitteilungen des Deutschen Städtetages 1968/149 = Die Fundstelle 1968 RdNr. 443 Die Belastung der Mittelanlieger mit dem durch die Gewährung einer Eckplatzvergünstigung entstehenden Ausfall ist rechtens. Einer ausdrücklichen Festsetzung dieser Berechnungsmethode in der Ortssatzung bedarf es nicht; es ist vielmehr den Gemeinden überlassen, ob sie eine eingeschränkte Erfassung der Eckgrundstücke in Wohngebieten in ihrer Ortssatzung vorsehen oder ob die Berechnung des einzelnen Beitragsbereits gemäß § 131 Abs. 2 BBauG derart durchgeführt wird, daß die sich unter Berücksichtigung einer solchen Beschränkung für das Eckgrundstück ergebende Ver-
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§131
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6. Teil. Erschließung
teilungszahl etwa in halber Höhe der sich für ein gleichartiges Nachbargrundstück ergebenden Zahl mit den sich für alle in Frage kommenden Anlieger ergebenden Verteilungszahlen addiert wird, und somit zuungunsten der übrigen Anlieger eine Erhöhung der Errechnungseinheit herbeigeführt wird.
5. BVerwG U vom 29. 5. 1968 (IV C 23.66) DWW 1968, 340 = Z M R 1968, 277 = DÖV 1969, 362 = BayBgm. 1968, 274
Ermäßigungen von Erschließungsbeiträgen für Eckgrundstücke in Wohngegenden, die satzungsmäßig festgelegt sind, können auf die übrigen Anlieger der Erschließungsanlage umgelegt werden, ohne daß dies in der Satzung ausdrücklich festgelegt zu sein braucht.
6. BVerwG U vom 4. 9. 1970 (IV C 98.69) DVB1. 1971, 215 = Z M R 1971, 194 = BayVBl. 1972, 299 = DÖV 1971, 394 a) Ermäßigungen für Eckgrundstücke können auf die anderen von der Straße erschlossenen Grundstücke umgelegt werden (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 23.66 ZMR 1968, 277 u. BVerwGE 25,147). b) Die Erschließungsbeiträge für ein Eckgrundstück dürfen insgesamt nicht niedriger sein als der Beitrag für gleichartige Grundstücke, die an der Straße mit dem höchsten Erschließungsaufwand liegen. c) Durch die Ermäßigung für Eckgrundstücke dürfen nur die Erschließungsbeiträge für andere Grundstücke nicht höher ansteigen als bis zum Anderthalbfachen des Betrages, der auf sie bei einer vollen Belastung der Eckgrundstücke entfallen wäre. d) Die Eckermäßigung darf nur einem Teil des Grundstückes zugute kommen, wenn sich die Belästigungen der Ecklage auf den übrigen Grundstücksteil nicht auswirken.
7. BVerwG U vom 11. 12. 1970 (IV C 25.69) DVB1. 1971, 508 = DÖV 1971, 394 = BayVBl. 1971, 472
Die Erschließung eines Grundstücks setzt, soweit dies technisch durchführbar ist, voraus, daß die Möglichkeit besteht, zur Straße eine Zufahrt zu nehmen. Besitzt allerdings ein (Eck-)Grundstück bereits eine Zufahrt, so genügt im Falle der Erschließung durch eine weitere Straße auch die Möglichkeit eines Zuganges.
8. BVerwG U vom 3. 6. 1971 (IV C 28.70) MDR 1971, 1039 = DÖV 1971, 815 = KStZ 1972, 199
a) Die Erschließungsbeiträge für ein Eckgrundstück dürfen insgesamt nicht niedriger sein als der Beitrag für gleichartige Grundstücke, die an der Straße mit dem höchsten Erschließungsaufwand liegen (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 98.69). b) In nicht beplanten bebauten Gebieten, die vor dem Inkrafttreten des BBauG erschlossen worden sind, kann als Verteilungsmaßstab auch die tatsächliche Nutzung der Grundstücke zugrunde gelegt werden. c) Der Verteilungsmaßstab „Grundstücksfläche" kann allgemein bis zu einer bestimmten Tiefe beschränkt werden. d) Eine Eckermäßigung erfolgt in diesem Falle nur insoweit, als die eingeschränkte Grundstücksfläche an mehreren Straßen liegt.
9. BVerwG U vom 2. 7. 1971 (IV C 71.69) DÖV 1971, 817 = KStZ 1972, 202 a) Auch gewerblich genutzte Eckgrundstücke können für die anliegenden Straßen nach dem Frontmetermaßstab voll zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden (im Anschl. an BVerwG U vom 19. 10. 1966 - IV C 99.65 - BVerwGE 25, 147). 686
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
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b) Ein Hintergrundstück ist von einer Straße nicht erschlossen, wenn es vielleicht später einmal einen Zugang zu dieser Straße erhalten soll.
10. BVerwG U vom 16. 2. 1973 (IV C 52.71) DVB1. 1973, 502
Auch in nicht beplanten Gebieten, die erst nach dem Inkrafttreten des BBauG erschlossen werden, ist der unterschiedlichen Nutzung im Sinne von § 131 Abs. 3 BBauG zu entsprechen. Dabei muß auch der etwa unterschiedlichen Nutzungsart entsprochen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auf die tatsächliche Nutzung abgestellt werden (Weiterführung von BVerwGE 38,147).
11. BVerwG U vom 23. 8. 1974 (IV C 38.72) BayVBl. 1976, 27
Bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes kann die Gemeinde die nach dem geltenden Plan zulässige bauliche Nutzung (zweigeschossige Wohnbauten) auch für diejenigen Grundstücke im Baugebiet zugrunde legen, die vor der Planung bebaut worden sind und infolgedessen rechtmäßig baulich stärker, als nach dem Plan zulässig, genutzt werden.
12. BVerwG U vom 4. 10. 1974 (IV C 9.73) BayVBl. 1976, 21 Der Heranziehung des Eigentümers eines (noch) bebaubaren Grundstücks zum Erschließungsbeitrag steht ein in der Aufstellung befindlicher, aber noch nicht in Kraftgetretener Bebauungsplan, nach dessen Festsetzungen die Bebaubarkeit des Grundstücks entfallen soll, nicht entgegen; das gilt selbst dann, wenn die Durchführung dieses Bebauungsplanes von der Gemeinde durch Herstellungsarbeiten vorzeitig eingeleitet worden ist und die Verwirklichung der Planung damit nahezu sicher erscheint.
13. BVerwG U vom 28. 11. 1975 (IV C 18.74) DÖV 1976, 351
a) Eine Beitragssatzung darf in der Regel rückwirkend geändert werden, wenn die Rückwirkung dazu dienen soll, eine endgültige oder in ihrer Gültigkeit zweifelhafte Satzung durch eine neue Satzung zu ersetzen (wie U vom 28. 11. 1975 — IV C 45.74). b) Ein Verteilungsmaßstab entspricht den Anforderungen des § 131 Abs. 3 BBauG nur dann, wenn er für neu zu erschließende unbeplante Gebiete eine Regelung vorsieht, die eine Verschiedenheit von Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt; Art und Maß der vorhandenen Nutzung können auch in der Weise berücksichtigt werden, daß durch Einzelsatzung festgelegt wird, was als vorhanden anzusehen ist (Weiterführung der Rspr. im U vom 16. 2. 1973, BVerwGE 42, 17). (Siehe auch die Entsch. vom gleichen Tag (IV C 45.74) in BayVBl. 76, 315).
14. BVerwG U vom 24. 3. 1976 (IV C 16 u. 17.74) BayVBl. 1977, 740 Ein Privatweg ist dann eine selbständige Erschließungsanlage, wenn er im wesentlichen den gesetzlichen Anforderungen entspricht, so daß die Gemeinde ihn in dieser Form auch als öffentliche Erschließungsanlage hätte herstellen dürfen; der Ausbauzustand braucht jedoch nicht den darüber hinausgehenden satzungsmäßigen Merkmalen der endgültigen Herstellung zu entsprechen (Weiterentwicklung des U. v. 30. 1. 1970 — IV C 151.68 - Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4).
15. BVerwG U vom 8. 10. 1976 (IV C 56,74) BayVBl. 1977, 407
a) Es steht im Ermessen der Gemeinde, in der Erschließungsbeitragssatzung eine Eckgrundstücksermäßigung allgemein und ohne Rücksicht auf die Art der baulichen oder gewerblichen Nutzung der Grundstücke vorzusehen oder die Eckgrundstückser687
§131 4
6. Teil. Erschließung
mäßigung auf Wohngrundstücke zu beschränken oder von einer Eckgrundstücksermäßigung ganz abzusehen (im Anschluß an BVerwGE 25, 147). b) Der Umfang der zulässigen Eckgrundstücksermäßigung ist bundesrechtlich begrenzt: Einmal dürfen die anderen zu der Anlage Beitragspflichtigen nicht um mehr als 50 v. H. des Beitrages belastet werden, den sie ohne die Eckermäßigungsregelung zu tragen hätten. Zum anderen darf die Eckermäßigung nur für einen Teil besonders großer Grundstücke gewährt werden, wenn dies unter Berücksichtigung ihrer Form und Größe und des angewendeten Verteilungsmaßstabes zur Vermeidung einer zu hohen Belastung der anderen Beitragspflichtigen geboten ist (Fortführung der Rechtsprechung im Urteil vom 4. 9. 1970 - BVerwG IV C 98.69 - Buchholz 40.11 § 131 BBauG Nr. 4).
16. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 84-92.74) NJW 1977, 1740
Sieht in der Erschließungsbeitragssatzung die Verteilungsregelung vor, daß sich in Industriegebieten das Maß der baulichen Nutzung generell nur nach zwei Vollgeschossen bestimmt, so genügt das nicht den Anforderungen des § 131 III BBauG.
17. BVerwG U vom 25. 2. 1977 (IV C 35.74) NJW 1977, 1549 = BayVBl. 1978, 250
Der Beitragspflicht unterliegen beplante Grundstücke nur, soweit für sie eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist; Grundstücksteile, die als öffentliche Grünfläche festgesetzt sind, sind weder bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands noch bei der Heranziehung berücksichtigungsfähig.
18. BVerwG U vom 16.9.1977 (IVC71.74) DVB1. 1978, 301 = DÖV 1978, 58
a) Zum unterschiedlichen Inhalt der Begriffe „erschlossene Grundstücke" in §§ 131 Abs. 1 und 133 Abs. 1 Satz 2 BBauG. b) Ein Grundstück steht im Sinne von § 133 Abs. 1 Satz 2 BBauG zur Bebauung an, sobald es in zulässiger Weise einer Bebauung zugeführt werden darf; die Bebaubarkeit muß sich nicht darüber hinaus „anbieten" oder „aufdrängen".
19. BVerwG U vom 7. 10. 1977 (IV C 103.74) DVB1. 1978, 302 = BayVBl. 1978, 248 = NJW 1978, 438 = DÖV 1978, 609 a) Im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG „durch die Anlage erschlossen" sind Grundstücke, wenn die Eigentümer die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit haben; von der Erschließungsanlage eine Zufahrt bzw. einen Zugang zu ihren Grundstücken zu nehmen (im Anschluß an das Urteil vom 19. 10. 1966 — IV C 99.65 — in BVerwGE 25, 147 [149]). b) Hinterliegergrundstücke gehören zum Kreis der durch die Anlage erschlossenen Grundstücke im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG, wenn sie entweder tatsächlich Zufahrt bzw. Zugang zu der Anlage besitzen oder wenn sie von der Anlage zwar durch ein Grundstück mit geringer Tiefe, das selbst nicht bebaut oder gewerblich genutzt werden darf, getrennt sind, aber die rechtlichen Hindernisse, die der Zugänglichkeit wegen dieser Trennung entgegenstehen, ausräumbar sind. c) Die Beitragspflicht wird nach § 133 Abs. 1 BBauG erst ausgelöst, wenn für ein Grundstück die baurechtlich geforderte Erschließung gesichert ist; dazu gehört, daß rechtliche Hindernisse, die der Zugänglichkeit entgegenstehen, dadurch ausgeräumt sind, daß Zufahrt bzw. Zugang in rechtlich gesicherter Weise und auf Dauer genommen werden kann. 688
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§131 4
d) Ob und unter welchen Voraussetzungen gegenüber einer Erschließungsbeitragsforderung mit einer Gegenforderung aufgerechnet werden kann, bestimmt sich nach Landes-Abgabenrecht.
B. Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe 1. BayVGH U vom 6. 4. 1965 (142 IV 63) BayBgm. 1965, 225
Grenzt ein Grundstück an mehrere Straßen an, ist es für jede der Straßen erschließungsbeitragspflichtig,. Maßgebend ist, ob in zulässiger Weise der Zugang dorthin genommen werden kann, nicht aber der Umstand, wohin tatsächlich der Zugang genommen wird. Dies gilt sowohl für eine Heranziehung nach dem BBauG als auch nach altem Recht (§ 62 BayBO 1901).
2. OVG Lüneburg U vom 28.4.1966 (I A 215/63) DÖV 1967, 211 DVB1.1967, 119 Bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands gemäß § 131 BBauG sind auch die nach § 133 BBauG nicht beitragspflichtigen Grundstücke einzubeziehen.
3. OVG Rheinl.-Pf. U vom 4. 1. 1968 (1 A 114/66) DÖV 1968, 885 = K S t Z 1968, 162
a) Der Grundstücksbegriff des § 131 Abs. 1 BBauG ist nicht auf bauliche oder gewerbliche nutzbare Flächen beschränkt, vielmehr nehmen an der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands auch solche Flächen teil, die nicht oder noch nicht gemäß § 133 Abs. 1 BBauG der Beitragspflicht unterliegen. b) Als Grundstück i. S. des § 131 Abs. 1 BBauG ist, sofern ein Bebauungsplan insoweit keine Festsetzung enthält, unabhängig von ihrer katastermäßigen Einheit, diejenige zusammenhängende Fläche anzusehen, die ein einheitliches wirtschaftliches Ganzes bildet und dem selben Eigentümer gehört.
4. OVG Lüneburg U vom 22. 2.1968 (I OVG A 121/66) KStZ 1968,184
In einem unbeplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteil führen möglicherweise Unterschiede in Art und Maß der zulässigen baulichen oder sonstigen Nutzung von Grundstücken nicht dazu, daß diesen Verschiedenheiten im Beitragsmaßstab Rechnung getragen werden muß.
5. OVG Münster B vom 16. 7. 1968 (III B 199/68) DÖV 1969, 362 = Z M R 1969, 27
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob ein Ersatzverteilungsmaßstab zulässig ist, der bei nicht beplanten Flächen für bebaute Grundstücke die Zahl der tatsächlich vorhandenen Geschosse, bei unbebauten Grundstücken die überwiegende Zahl der vorhandenen Vollgeschosse der anderen durch die Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke maßgebend sein läßt.
6. OVG Münster U vom 10. 11.1969 (III A 1461/68) DVB1. 1970, 749 = DÖV 1970, 429 = Z M R 1970, 94
a) Ein Verteilungsmaßstab für Erschließungsbeiträge, der auf die tatsächliche Nutzung der Grundstücke im Zeitpunkt der Heranziehung abstellt, ist ungültig, weil er mit § 131 Abs. 2 Nr. 1 BBauG nicht vereinbar ist. b) Ein Ersatzverteilungsmaßstab, der neben einem Hauptmaßstab nach der zulässigen Nutzung für beplante Gebiete eine Verteilung nach der tatsächlichen Nutzung in
689
§131 4
6. Teil. Erschließung
nicht beplanten Gebieten festlegt, ist aus demselben Grunde ungültig, überdies auch wegen Verletzung des Gleichheitssatzes (vgl. hierzu oben A 8).
7. OVG Lüneburg U vom 4.2. 1970 (I A 116/68) DWW 1970, 226 = Z M R 1970, 317 = DÖV 1970, 866 = DVB1. 1971, 192 = DÖV 1971, 394 = KStZ 1970, 215
a) § 131 Abs. 2 Nr. 1 BBauG hindert die Gemeinde nicht schlechthin, in ihren Satzungen vorzuschreiben, Erschließungsbeitjäge auf die bebauten oder gewerblich genutzten Grundstücke in nicht beplanten Gebieten nach ihrer tatsächlichen statt nach der zulässigen Nutzung zu verteilen (vgl. hierzu oben A 8 und B 6). b) Erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG sind auch nicht beitragspflichtige Grundstücke, deren Zugänglichkeit von der Erschließungsanlage zur bestimmungsmäßigen Nutzung nicht durch dauernde tatsächliche Hinweise ausgeschlossen ist. Erschlossen sind also z. B. Sportplätze, Friedhöfe, landwirtschaftliche Grundstücke; nicht erschlossen sind z. B. Bahndämme, Abhänge usw. c) Satzungsmäßige Vergünstigungen für Grundstücke an mehreren Erschließungsanlagen sind nicht deshalb ungültig, weil sie im Einzelfall zu einer Besserstellung dieser Grundstücke gegenüber anderen Grundstücken führen können (vgl. aber oben A 6).
8. OVG Münster U vom 17. 3. 1971 (III A 1301/69) Z M R 1972, 257
Erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 3 BBauG war ein Gebiet vor dem 30. 6.1961 jedenfalls dann, wenn es eine mit funktionsfähiger Straßenentwässerung versehene Erschließungsanlage im Sinn des § 127 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BBauG besaß, deren provisorischer Ausbau es erlaubte, sie zunächst als Baustraße für die Errichtung der anliegenden Bauwerke zu verwenden.
9. VGH Bad.-Württ., U vom 9. 6. 1971 (II 10/68) KStZ 1972, 201
Zur Frage, wann ein an einer Straße angrenzendes Grundstück von dieser gleichwohl nicht erschlossen wird (6 m bis 11 m hohe, steile Böschung).
10. BayVGH U vom 14. 10. 1975 (Nr. 96 VI 75) BayVBl. 1976, 17
a) Ein anderweitig erschlossenes Grundstück wird dann nicht von einer Erschließungsanlage erschlossen, wenn zwischen ihm und dieser ein anderes Grundstück liegt, über das keine gesicherte Zufahrt besteht. b) Der Vorteil des Erschließungsbeitragspflichtigen, der durch den Erschließungsbeitrag abgegolten werden soll, muß sicher und von Dauer sein; ein widerrufliches, befristetes und an die Person eines Vertragspartners geknüpftes Recht erfüllt diese Anforderungen nicht. c) Ein Hinterliegergrundstück, dessen Eigentümer nicht zugleich Eigentümer des Vorderliegergrundstücks ist, wird nur dann in erschiießungsbeitragsrechtlichem Sinne erschlossen, wenn ein dinglich gesichertes Zufahrtsrecht zur Erschließungsanlage besteht.
11. BayVerfGH Entsch. vom 28. 4. 1976 (Vf. 1 - VII öffentlicht
75) -
nicht ver-
a) Zur Bemessung des Erschließungsbeitrages für Eckwohngrundstücke. b) Verteilt eine Erschließungsbeitragssatzung den beitragsfähigen Erschließungsaufwand nach den Grundstücksflächen und zulässigen Geschoßflächen, so verstößt es nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der Erschließungsbeitrag bei Eckwohngrundstücken je nach ihrer Lage innerhalb oder außerhalb eines für eine Erschließungseinheit gebildeten Abrechnungsgebietes unterschiedlich ermittelt wird. 690
§132 l
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
12. O V G M ü n s t e r U v o m 1. 12. 1977 (III A 7 9 7 / 7 6 ) DVB1. 1978, 304 Eine auf die Grundflächen und die Zahl der zulässigen Vollgeschosse abhebende Verteilungsregelung einer Erschließungsbeitragssatzung ist mit §131 Abs. 3 BBauG nicht vereinbar, wenn Industriegrundstücke, bei denen die Zahl der zulässigen Vollgeschosse fiktiv durch Teilung der Baumassenzahl ermittelt wird, trotz eines artbezogenen Zuschlags niedriger belastet werden als Wohngrundstücke. 13. B a y V G H B v o m 27. 1. 1978 (141 IV 77) BayVBl. 1978, 374 a) Der Umstand allein, daß die Satzungsregelung die anrechenbare Grundfläche nicht beschränkt, macht den Maßstab nicht wegen Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip rechtswidrig. b) Bei besonders großen Grundstücken ist die Kommune jedoch gehalten, der Beitragsberechnung dann einen verminderten Flächenumgriff zugrundezulegen, wenn sich sonst ein Beitrag ergäbe, der sowohl gegenüber den übrigen Beitragspflichtigen als auch im Hinblick auf den mit der Anschlußmöglichkeit erlangten Vorteil nicht mehr als gerechter Vorteilsausgleich angesehen werden könnte. 14. B a y V G H U vom 23. 3. 1978 (45 VI 76) BayVBl. 1978, 373 Verteilungsmaßstab gemäß § 131 Abs. 3 BBauG für nach § 34 BBauG zu beurteilende Gebiete. 15. B a y V G H U v o m 13. 11. 1978 (212 VI 76) BayVBl. 1979, 404 Ein Verteilungsmaßstab in einer Erschließungsbeitragssatzung, der den Grundflächen- und Geschoßzahlmaßstab kombiniert, entspricht für kleinere Gemeinden in der Regel den Anforderungen des § 131 Abs. 3 BBauG.
§132 Regelung
durch
Satzung
Die Gemeinden regeln durch Satzung 1. die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129, 2. die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwandes sowie die Höhe des Einheitssatzes, 3. die Kostenspaltung (§ 127 Abs. 3) und 4. die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage. 1. Allgemeines D i e Vorschrift verpflichtet die G e m e i n d e n , die in d e m Abschnitt „Ers c h l i e ß u n g s b e i t r a g " e n t h a l t e n e n R a h m e n v o r s c h r i f t e n n a c h M a ß g a b e der örtlichen Verhältnisse f ü r die in § 132 u m s c h r i e b e n e n G e g e n s t ä n d e d u r c h Satz u n g a u s z u f ü l l e n . W i r d keine Satzung erlassen o d e r fehlen in einer S a t z u n g V o r s c h r i f t e n ü b e r b e s t i m m t e G e g e n s t ä n d e (z. B. ü b e r die K o s t e n s p a l t u n g 691
§132 1
6. Teil. Erschließung
nach § 127 Abs. 3), so können die diese Gegenstände betreffenden Vorschriften des Erschließungsrechts nicht angewendet werden. Die Satzungen sind inhaltlich an die übergeordneten Vorschriften des Erschließungsrechts (Zweiter Abschnitt) gebunden. Im übrigen gelten die allgemeinen oder durch Landesrecht festgelegten Grundsätze über die Art des Erlasses, das Erfordernis einer rechtsaufsichtlichen Genehmigung, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten der Satzungen. Die von der Gemeinde zu erlassenden Satzungsvorschriften können sich auf die ganze Gemeinde, auch Teile davon und auch auf einzelne Erschließungsanlagen beziehen. Wie allen Rechtsnormen ist auch den Satzungen eigentümlich, daß sie Befehle und Gewährungen an Menschen richten und sich nur auf dem Wege über diese Befehle und Gewährungen auch auf Sachen auswirken (Enneccerus-Nipperdey: Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 14. Aufl. S. 118). Nun sind gemeindliche Satzungen Ortsgesetze und als solche auf das Gebiet der Gemeinde beschränkt (Territorialitätsprinzip). Daraus folgt, daß die Gemeinde durch die Satzung nur solche Personen verpflichten kann, die in ihrem Gebiet Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Grundstücke besitzen, ein Gewerbe ausüben oder sonstige Tatbestände erfüllen, durch die sie in nähere Beziehung zur Gemeinde treten und sich damit in die Hoheitsgewalt dieser Gemeinde begeben (ebenso für gemeindliche Steuersatzungen: Bohley-Krutsch-Foohs Handbuch des gemeindlichen Steuerrechts, 5. Auflage, Teil 10 S. 10). Bei Grundstücken, die zwar eine wirtschaftliche Einheit bilden, aber zum Teil in der Gemeinde A, zum Teil in der Gemeinde B liegen, können, wenn Erschließungsanlagen der beiden Gemeinden an die Grundstücke herangeführt wurden (z. B. Straßen auf der Vorder- und Rückseite des Grundstücks), beide Gemeinden Erschließungsbeiträge verlangen, allerdings nur jeweils hinsichtlich des auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücks, nicht hinsichtlich des Gesamtanwesens. Wegen der Rückwirkung von Satzungsbestimmungen ist auf folgendes hinzuweisen: Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind der an sich zulässigen Rückwirkung von Rechtsnormen Grenzen gesetzt. Diese können dort gesehen werden, wo ein Gesetz oder eine sonstige Rechtsnorm rückwirkend Eingriffe in Rechte oder Rechtsanlagen des Staatsbürgers vornimmt, mit denen dieser in dem Zeitpunkt, von dem ab sie nun gelten sollen, nicht hat rechnen können. Ein Abgabengesetz mit rückwirkender Kraft ist jedenfalls dann rechtsstaatlich unbedenklich, wenn die finanzielle Belastung voraussehbar, durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt und im einzelnen unbedeutend ist (BVerfG 1, 264, 280; 7, 89/93). Etwaige Bedenken wegen der Rückwirkung einer Satzung könnten auch nicht mit dem Hinweis auf eine (hier sich ebenfalls nach örtlichem Gemeindeverfassungs- und Abgabenrecht richtende) Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. z. B. für Bayern Art. 25 Abs. 1 BayGO) ausgeräumt werden, denn die rechtsaufsichtliche Genehmigung könnte niemals einen Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze 692
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§132 2
heilen (BayVGH n. F. 15, 34/38) Seit anerkannt ist, daß Erschließungsbeiträge auch dann erhoben werden können, wenn die Erschließungsanlagen in einer satzungslosen Zeit hergestellt worden sind (Rspr. A 11), ist oft kein Anlaß zum rückwirkenden Erlaß von Erschließungsbeitragssatzungen mehr gegeben. Die Beitragspflicht entsteht in diesem Fall frühestens mit dem Erlaß der Satzung und die — landesrechtlich bestimmte — Verjährungs- oder Erlöschungsfrist beginnt frühestens mit diesem Zeitpunkt zu laufen. Wenn aber allein wegen des verspäteten Erlasses der Satzung die Beitragspflicht erst mehr als 3 Jahre (das ist die üblicherweise landesrechtlich bestimmte Verjährungsfrist) später entstehen würde, ist mit dem Einwand der Verwirkung zu rechnen. Im Hinblick auf die Verpflichtung der Gemeinden zum Erlaß der Satzung ist die Frist der Verwirkung nicht wesentlich länger als die Verjährungsfrist. Rückwirkend werden Satzungen in diesem Bereich nur noch zu dem Zweck erlassen, Bescheide, die auf der Grundlage einer (teil-)nichtigen Satzung ergangen sind, zu heilen (Rspr. 3 A14). Nach dem BBauG genügt es, wenn in der Satzung die Möglichkeiten für die Art der Ermittlung im Sinne des § 130 Abs. 2 und die Teile der Erschließungsanlagen nach § 127 Abs. 3 aufgeführt werden. Landesrecht kann aber einen weitergehenden Inhalt gebieten. Kommunalverfassungsrecht bestimmt auch, welches Organ der Gemeinde über den Ermittlungsraum und die Kostenspaltung (§§ 130 Abs. 2, 127 Abs. 3) zu beschließen hat (in der Regel Gemeinderatsbeschluß) und ob eine Nachholung nach Erlaß von Erschließungsbeitragsbescheiden mit heilender Wirkung möglich ist. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß eine Gemeinde naturgemäß erst dann zum Erlaß einer Ortssatzung über Erschließungsbeiträge verpflichtet ist, wenn eine Erschließungstätigkeit überhaupt in Aussicht genommen wird (Rspr. A 5). 2. Notwendiger Inhalt der Satzungen a) Die Regelung der Art und des Umfangs der Erschließungsanlagen (Nr. 1) hat entsprechend dem Hinweis auf § 129 vor allem zu enthalten, inwieweit ein beitragsfähiger Erschließungsaufwand bei den einzelnen Erschließungsmaßnahmen vorliegt, d. h. es ist in der Satzung festzulegen, welcher Teil vom Gesamtaufwand erforderlich ist, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen. Von diesem beitragsfähigen Erschließungsaufwand ist dann ein Prozentsatz in der Satzung zu bestimmen, den die Anlieger zu tragen haben, höchstens jedoch 90 v. H. (§ 129 Abs. 1 letzter Satz). Zur Auslegung der Nr. 1 sind aber auch §§ 127 und 128 heranzuziehen, da ersterer bestimmt, welche Anlagen als Erschließungsanlagen i. S. des Zweiten Abschnitts in Frage kommen und letzterer den Umfang des Erschließungsaufwands festlegt. 693
§ 132 2
6. Teil. Erschließung
Die nähere Bestimmung des Umfangs in der Satzung sollte zweckmäßigerweise wie folgt geschehen: Bei Straßen ist gestaffelt nach der Art der Nutzung der Baugebiete und dem Maß der baulichen Nutzung die beitragsfähige Breite festzulegen. Eine besondere Regelung für einseitige Bebaubarkeit sollte enthalten sein. Bei selbständigen Parkflächen und Grünanlagen sowie bei Kinderspielplätzen kann entweder ein Prozentsatz der Summe der Geschoßflächen der von der Anlage erschlossenen Grundstücke (z. B. 15 v. H.) oder die Höchstfläche (z. B. 1000 m2) bestimmt werden. Bei Immissionsschutzeinrichtungen (§ 127 Abs. 2 Nr. 5) fällt die nähere Festlegung des Umfangs schwer, weil auch die Rechtsverordnungen zum BImSchG insoweit noch nicht erlassen worden sind. Es dürfte sich empfehlen, den Umfang auf den gesetzlich erforderlichen Aufwand zu begrenzen. b) Für die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands, sowie gegebenenfalls für die Höhe des Einheitssatzes (Nr. 2) kommen §§ 130 und 131 in Frage. Die Regelung in § 130 Abs. 2 gilt auch dann, wenn sie in der Satzung nicht wiederholt wird. Neuerdings geht das BVerwG nicht mehr davon aus, daß bei Nichtigkeit der Verteilungsvorschrift die ganze Satzung nichtig ist (Rspr. A 14 a; Ausführungen insoweit nicht abgedruckt). c) Schließlich sind auch die Kostenspaltung (§ 127 Abs. 3) und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage (§ 133 Abs. 2) für die Beitragspflicht so bedeutsame Gesichtspunkte, daß ihre Regelung in der Satzung vorgesehen ist (Nr. 3 und 4). Bei der Kostenspaltung genügt nach dem BBauG die Bezeichnung der Teile, für die die Möglichkeit der selbständigen Abrechnung geschaffen werden soll, wobei allerdings Landesrecht weitergehende Anforderungen stellen kann. Nicht vorgesehen werden kann die Kostenspaltung für die Längsspaltung der Fahrbahn (einzelne Fahrstreifen) sofern diese nicht durch einen Grünstreigen getrennt sind, für Teillängen (umstritten), für „horizontale" Teile (Unterbau und Verschleißschicht) und für einzelne Erschließungsanlagen, die zu einer Erschließungseinheit (§ 130 Abs. 2 Satz 2) zusammengefaßt sind (umstritten). Im einzelnen vgl. Erläuterungen zu § 127 Abs. 3 und § 130 Abs. 2 sowie die Rspr. zu diesen Vorschriften. Hinsichtlich des Begriffs endgültige Herstellung der Erschließungsanlage vgl. § 133 Anm. 3. Der Gesetzgeber ist bei Nr. 4 von der falschen Voraussetzung ausgegangen, die Merkmale der endgültigen Herstellung könnten z. B. für die Straßenherstellung einheitlich geregelt werden. Diese unbefriedigende Regelung ist auch durch die Novelle 1976 nicht bereinigt worden. Die Rechtsprechung hat versucht, eine einigermaßen praktikable Auslegung der Vorschrift zu finden (vgl. Rspr. A 10, 13), die aber letztlich doch als willkürlich empfunden werden muß. Wenn beispielsweise eine Satzung Gehwege zwingend vorsieht, soll dem nicht die Bedeutung beizumessen sein, daß die Ge694
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 132 3
meinde erst dann Erschließungsbeiträge fordern kann, wenn die Gehwege angelegt sind (BVerwG U vom 13. 6. 1973 - IV C 66.71 — „Die Fundstelle" 1975 RdNr. 41 = BauR 1973, 311). Größere Schwierigkeiten bestehen bei der Festlegung der Merkmale insbesondere auch für Grünanlagen, Kinderspielplätze und Immissionsschutzeinrichtungen, weil hier eine im einzelnen völlig unterschiedliche Ausgestaltung möglich ist. Angesichts der groben Fehleinschätzung des Gesetzgebers kann die Gültigkeit der Nr. 4 durchaus in Zweifel gezogen werden. Diesen Weg ist die Rspr. aber bisher nicht gegangen. Der BayVGH (B vom 5. 5. 1975 Nr. 43 VI 75 „Der Gemeindehaushalt" 1976, 89) geht davon aus, daß eine unzureichende Festlegung der Merkmale zur Nichtigkeit der ganzen Satzung führt (a. A. das BVerwG zur Frage nichtiger Verteilungsmaßstäbe, siehe oben b). Wäre diese Auffassung zutreffend, dann müßten die Gemeinden ihre Satzungen mit Wirkung zum 1.1. 1977 (wegen Ergänzung des § 127 Abs. 2 von Nr. 4 und 5) umgehend ergänzen, oder — wenn dies auch rückwirkend nicht möglich ist — neue Satzungen erlassen. d) Die Gemeinde kann aber über diese genannten Punkte hinaus weitere Regelungen in ihre Satzung aufnehmen (so z. B. Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht — § 133 Abs. 3 Satz 2 —). Auch der Eigenanteil nach § 129 Abs. 1 letzter Satz ist in der Satzung festzulegen. Bei Nichtigkeit einzelner Bestimmungen kann den Gemeinden angesichts der Rechtsunsicherheit bezüglich der Auswirkung auf andere Satzungsbestimmungen (siehe oben b und c) nur geraten werden, die ganze Satzung neu zu erlassen. 3. A. 1. 1968,
Rechtsprechung Höchstrichterliche Rechtsprechung BVerwG U vom 10. 2. 1967 (IV C 121.65) BVerwGE 26, 180 = DÖV 144
Für die selbständige Erhebung eines Erschließungsbeitrags für Teile von Erschließungsanlagen (Kostenplanung) bedarf es nach Bundesrecht einer Ortssatzung lediglich für die allgemeinen Voraussetzungen einer Kostenspaltung, nicht jedoch hinsichtlich des Ausspruchs der Kostenspaltung für eine bestimmte Erschließungsanlage.
2. BVerwG U vom 22.9. 1967 (IV C 116.65) DÖV 1968, 139 = DVB1. 1968, 519 Eine Ortssatzung, die eine Kostenspaltung für bereits teilweise hergestellte Straßen einführt, verstößt nicht gegen Bundesrecht. Bundesrecht verlangt nicht, daß die Ortssatzung, die eine solche Kostenspaltung nachträglich einführt, rückwirkend in Kraft gesetzt wird.
3. BVerwG U vom 6. 9. 1968 (IV C 96.66) BVerwGE 30, 207 = DÖV 1969, 356 = DVB1. 1969, 274 Die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage sind in einer Ortssatzung dann nicht geregelt, wenn dort lediglich die öffentliche Bekanntgabe der
695
§ 132 3
6. Teil. Erschließung
Herstellung, eine Herstellung entsprechend dem Verkehrserfordernis oder ein Ausbau im Sinne der städtischen Ausbaupläne verlangt werden.
4. BVerwG U vom 22. 11. 1968 (IV C 87.68) DVB1. 1969, 273 = DÖV 1969,359
Eine Ortssatzung über Erschließungsbeiträge kann sich rückwirkende Kraft beilegen (hier: Satzung vom März 1963 mit Rückwirkung auf den 29. 6. 1961). Die Einwohner der Gemeinde G. mußten mit einem solchen Ortsgesetz rechnen, da sie auch vor dem Erlaß des BBauG auf Grund einer Ortssatzung zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden waren und da das BBauG am 29. 6. 1961 bereits verkündet war. Nicht erforderlich ist, daß die zu erwartende Regelung bereits in jeder Einzelheit feststeht, es genügt, wenn sich die normative Regelung im Rahmen der Erwartung hält. Die hier ausgesprochene Rückwirkung greift auch zeitlich nicht übermäßig zurück.
5. BVerwG U vom 24. 4. 1969 (IV C 15.67) DÖV 1970, 203 = BayVBl. 1971, 189
Zum Erlaß einer Ortssatzung über Erschließungsbeiträge ist eine Gemeinde erst dann verpflichtet, wenn eine Erschließungstätigkeit in Aussicht genommen ist.
6. BVerwG U vom 21. 5. 1969 (IV C 104.67) BayVBl. 1970, 253 = DÖV 1970, 428 = ZMR 1969, 375
Ob eine Straße mit einer Beleuchtungsanlage versehen sein muß, ist in der Beitragssatzung der Gemeinde festzulegen.
7. BVerw U vom 29. 10. 1969 (IV C 78.88) DÖV 1970, 428 = ZMR 1970, 144
Die Merkmale der Herstellung einer Straße sind hinsichtlich Fahrbahn, Gehweg, Radweg und Parkfläche genügend bezeichnet, wenn in der Ortssatzung hierfür wahlweise eine Asphaltdecke, eine Betondecke, eine Pflasterung oder ein Plattenbelag verlangt wird.
8. BVerwG U vom 26. 6. 1970 (IV C 134.68) DÖV 1970, 861
a) Ein Verwaltungsakt, der durch eine nach seinem Erlaß verkündete Ortssatzung gedeckt wird, ist rechtmäßig, wenn sich die Ortssatzung rechtmäßig rückwirkende Kraft auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides beilegt. b) Eine Ortssatzung der Gemeinde über Erschließungsbeiträge kann sich rückwirkende Kraft beilegen. (Fortgesetzt durch BVerwG U vom 28. 11. 1975 (IV C 45.74) BayVBl. 1976, 315.)
9. BVerwG U vom 2. 7. 1971 (IV C 71.69) DÖV 1971, 817 = KStZ 1972, 202 § 132 BBauG ist verfassungsgemäß.
10. BVerwG U vom 23. 6. 1972 (IV C 15.71) BauR 1972, 369 = DVB1. 1973, 421 = KStZ 1973, 12 = DÖV 1973, 205 = BBauBl. 1973,159
Ortssatzungen, die keine Vorschriften über die Einrichtung bestimmter Teilanlagen von Erschließungsstraßen haben, können nicht dahin ausgelegt werden, daß die Einrichtung einer Normalausstattung (Standardeinrichtung) vorgesehen war.
696
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§132
3
Einrichtungen für die Entwässerung und Beleuchtung müssen in der Ortssatzung als Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage angeführt werden, wenn dafür Beiträge erhoben werden sollen. Die Einteilung der Fläche einer Erschließungsstraße in Fahrbahn, Gehweg, Radweg, Park- und Grünstreifen braucht in der Ortssatzung nicht als Merkmal der endgültigen Herstellung vorgesehen zu werden.
11. BVerwG U vom 21. 9. 1973 (IV C 39/72) Verw.-Rspr. 25. Bd. Nr. 135
Mit einem Bescheid, der aufgrund einer gültigen Beitragssatzung erlassen wird, können Erschließungsbeiträge auch für Erschließungsanlagen oder Teilanlagen gefordert werden, die zu einer Zeit ganz oder teilweise gebaut worden sind, in der eine Beitragssatzung nicht vorhanden war (fortgesetzt durch U vom 14. 3. 1975 (IV C 34.73) BayVBl. 1976, 25).
12. BVerwG U vom 22. 8.1975 (IV C 11.73) DÖV 3/1976
a) Eine Erschließungsanlage ist im Sinne des § 133 Abs. 2 BBauG endgültig hergestellt, sobald sie den Herstellungsmerkmalen einer gültigen Satzung entspricht und der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung. b) Abgesehen vom Merkmal der endgültigen Herstellung ist bei der Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen auf die für den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht geltende Beitragssatzung abzustellen. Dementsprechend ist, sofern die etwa erforderliche Widmung der Erschließungsanlage ihrer tatsächlichen Herstellung nachfolgt, insoweit die für den Zeitpunkt der Widmung geltende Satzung maßgebend.
13. BVerwG U vom 5. 9. 1975 (IV C 75.73) DÖV 1976, 96
Ein Gehweg darf in unterschiedlicher Weise befestigt werden, wenn die Satzung wahlweise verschiedene Befestigungsarten als Herstellungsmerkmale zuläßt; er ist endgültig auch dann hergestellt, wenn die Gemeinde Teile des derart unterschiedlich befestigten Weges als provisorisch hergestellt angesehen, dies aber nicht durch Rechtsnorm bestimmt hat.
14. U vom 28. 11. 1975 (IV C 45.74) BayVBl. 1976, 315
a) Eine Beitragssatzung darf in der Regel rückwirkend geändert werden, wenn die Rückwirkung dazu dienen soll, eine ungültige oder in ihrer Gültigkeit zweifelhafte Satzung durch eine neue Satzung zu ersetzen (Fortsetzung der Rechtsprechung des U vom 26. 6. 1970 - BVerwG IV C 134.68 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 7). b) Die Herstellung einer öffentlichen Straße erfordert nach § 125 Abs. 1 BBauG dann keinen Bebauungsplan, wenn die Herstellung vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits so weit fortgeschritten war, daß eine planerische Festsetzung darauf keinen Einfluß mehr hätte nehmen können (im Anschluß an das U vom 29. 5. 1970 — IV C 141.68 - BVerwGE 35,222). c) Ein Verteilungsmaßstab entspricht den Anforderungen des § 131 Abs. 3 BBauG nur dann, wenn er auch für — vorhandene oder doch zu erwartende — neu zu erschließende unbeplante Gebiete eine Regelung vorsieht, die eine Verschiedenheit von Art und Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt (Fortsetzung der Rechtsprechung des U vom 2.11.1973 - IV C 25.72 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 14).
15. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 84-92.74) NJW 1977, 1740
a) Ein besonderer Beitragsverteilungsmaßstab für Sondergebiete kann in einem Bebauungsplan nicht festgesetzt werden.
697
§132 3
6. Teil. Erschließung
b) Zustimmung des Eigentümers der Straßenfläche zur Widmung und Besitzüberlassungsverträge (als Alternativen zum gemeindlichen Eigentumserwerb an den Straßenflächen) sind keine rechtmäßigen Herstellungsmerkmale. c) Die Verjährung gemeindlicher Erschließungsbeitragsforderungen ist landesrechtlich geregelt; dies gilt auch für die Regelung, ob bei rückwirkender Inkraftsetzung einer Beitragssatzung die Verjährung bereits durch die in der Vergangenheit eingetretene Entstehung der Beitragspflicht oder erst mit der späteren Verkündung der Satzung in Lauf gesetzt wird. d) Daß die Rückwirkung der Beitragssatzung nach Landesrecht die Verjährung schon zu einem vergangenen Zeitpunkt in Lauf setzen und dadurch Beitragsansprüche vernichten kann, ist von der Gemeinde zu beachten, weil sie nicht die bundesrechtliche Verpflichtung zu Beitragserhebung und die Erlaßregelung des § 135 V BBauG durch eine solche Rückwirkung willkürlich umgehen darf.
16. BVerwG U vom 20. 1. 1978 (IV C 2.75) DÖV 1978, 568
a) Die Erschließungsbeitragspflicht entsteht für ein Grundstück grundsätzlich nur einmal. b) Ein mangels gültiger Beitragssatzung rechtswidriger Beitragsbescheid wird nicht geheilt, wenn eine später in Kraft gesetzte gültige Beitragssatzung die Beitragspflicht für das Grundstück entstehen läßt, und zwar auch dann nicht, wenn eine nachträgliche Satzungsänderung dieser gültigen Satzung Rückwirkung verleiht.
B. Oberverwaltungsgerichte 1. OVG Rh.-Pf. U vom 30. 9. 1965 (I A 8/65) KStZ 1966, 75
Durch § 132 Ziff. 1 BBauG ist den Gemeinden lediglich die Verpflichtung auferlegt, in der Satzung Höchstmaße für den Umfang der Erschließungsanlagen, deren Kosten allenfalls durch Erschließungsbeiträge gedeckt werden dürfen, generell festzulegen. Innerhalb dieser durch die Beitragssatzung festgelegten Höchstmaße bestimmt sich dagegen der Erschließungsaufwand, der im Einzelfall durch Beiträge gedeckt werden darf, nach § 129 Abs. 1 BBauG.
2. OVG Münster U vom 10.11.1965 (III A 942/63) ZMR 1968, 148 DVB1. 1968, 666 Ortssatzungen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach § 132 BBauG bedürfen in Nordrhein-Westfalen weder der Bestätigung noch der Genehmigung. Die Bestimmung der Straßen und Teileinrichtungen, die im Verfahren der Kostenspaltung abzurechnen ist, ist Erlaß von Ortsrecht (Ablehnung der gegenteiligen Auffassung des OVG Lüneburg).
3. OVG Münster U vom 26. 10. 1966 (III A 95/66) DVB1. 1967, 947
Die Gemeinden sind nach dem BBauG verpflichtet, Erschließungsbeitragssatzungen zu erlassen. Die Pflicht verletzt nicht die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung der Gemeinden.
4. OVG Münster U vom 10. 5. 1967 (III A 26/65) DVB1. 1968, 522 DÖV1968, 144 = Z M R 1968, 27 Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß die Bestimmungen der Straßenund Teileinrichtungen, die im Verfahren der Kostenspaltung abzurechnen sind, Erlaß von Ortsrecht ist, und zwar jedenfalls auf Grund zwingender landesrechtlicher Vor698
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§132 3
schrift (§ 1 a KAG). Ob das BBauG den Erlaß von Ortsrecht für die Kostenspaltung verlangt (verneinend BVerwGE 26, 180), kann hiernach offenbleiben.
5. OVG Münster U vom 13. 12. 1967 (III A 702/65) Z M R 1968, 151
Will eine Gemeinde von den nach § 132 Nr. 4 BBauG ortsrechtlich festzulegenden Merkmalen der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage für den einzelnen Fall abweichen, so ist hierzu eine ortsrechtliche Ergänzungsregelung erforderlich, die der Veröffentlichung auch dann bedarf, wenn die Beitragssatzung bereits die Möglichkeit der Abweichung zuläßt (Abweichungsbeschluß).
6. OVG Münster U vom 17. 3. 1971 (III A 1301/69) Z M R 1972, 257
a) Das Eigentum der Gemeinde am Straßenland ist ein zulässiges Merkmal der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage im Sinne des § 132 Nr. 4 BBauG. b) Erschließungsanlagen, die nach dem 30. 6. 1961, aber vor Inkrafttreten der ersten gültigen Merkmalsregelung der Gemeinde nach deren Willen straßenbautechnisch erstmalig hergestellt waren, sind im Rechtssinn nur dann endgültig hergestellt, wenn sie auch die im gültigen Ortsrecht etwa zusätzlich geforderten Fertigstellungsmerkmale (hier Übereignung des Straßenlandes an die Gemeinde) aufweisen.
7. BayVGH U vom 26. 7. 1971 (Nr. 309 VI 70) BayVBl. 1972, 272
a) Eine Satzungsbestimmung auf Grund des § 132 Nr. 4 BBauG hat nur die Bedeutung, daß die aufgeführten Merkmale — z. B. eine Entwässerung — vorhanden sein, nicht aber, daß sie durch die abgerechneten Baumaßnahmen geschaffen sein müssen. b) Bei einer Sackgasse von geringer Verkehrsbedeutung in einer Gebirgsgegend kann, wenn sich aus der Erschließungsbeitragssatzung nichts anderes ergibt, ein Ausbau der Fahrbahn in 3 bis 4 m Breite und ohne Gehsteig eine endgültige Herstellung darstellen.
8. OVG Münster U vom 8. 11.1972 (III A 925/71) KStZ 1973, 78 = Dt. Wohnungswirtsch. 1973, 205
Die Gemeinden sind nicht berechtigt, die Verteilung des ihnen entstandenen Erschließungsaufwandes ohne Satzung oder in Abweichung von ihr vertraglich zu regeln.
9. OVG Rheinl.-Pfalz U vom 29.1. 1973 (6 A 16/72) KStZ 1973,155
Zum rückwirkenden Erlaß einer neuen Satzung nach rechtskräftig festgestellter Ungültigkeit der ursprünglichen Abgabensatzung.
10. BayVGH U vom 11.3. 1976 (37 VI 72) BayVBl. 1977, 277
a) Eine Satzungsvorschrift, die die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage von einer „etwa vorgesehenen Beleuchtung" abhängig macht, bestimmt die Herstellungsmerkmale nicht eindeutig und führt zur Nichtigkeit der Beitragssatzung insgesamt. Der Mangel kann nicht dadurch behoben werden, daß über die endgültige Herstellung Einigkeit besteht. b) Bei der Verteilung des Erschließungsaufwands sind stets die Art und das Maß der baulichen und gewerblichen Nutzung zu berücksichtigen. Der Zeitpunkt der Erschließung des Baugebiets ist dabei grundsätzlich unerheblich. c) Der Frontmetermaßstab ist nur bei homogenen tatsächlichen Verhältnissen an der abzurechnenden Erschließungsanlage ein tauglicher Verteilungsmaßstab. d) Fehlerhafte ortsrechtliche Bestimmungen über den Verteilungsmaßstab führen zur Nichtigkeit der ganzen Beitragssatzung.
699
§133
6. Teil. Erschließung
§133 Gegenstand
und Entstehung
der
Beitragspflicht
(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung. (2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Abs. 1 Nr. 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde. (3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfange entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf diesem Grundstück genehmigt wird. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrages im ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen. (4) Soweit Erschließungsanlagen bereits hergestellt sind, entsteht die Beitragspflicht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Erschließungsanlagen hergestellt sind und für welche Anlagen Teilbeträge erhoben werden; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung. Übersicht 1. 2.
3.
700
Allgemeines (Frühere Regelung — jetzige Regelung) Gegenstand der Beitragspflicht a) Begriff der „Erschließung" der Grundstücke b) Begriff der „Baulandeigenschaft" c) Anstehen zur Bebauung d) Nur einseitig bebaubare Straßen Entstehung der Beitragspflicht a) Z e i t p u n k t der endgültigen Herstellung b) M e r k m a l e der endgültigen Herstellung c) Unterschied: frühere erstmalige Herstellung
4.
d) Entstehung der Beitragspflicht bei Teilmaßnahmen e) Entstehung der Beitragspflicht bei Übernahme von Anlagen f) Verwirkung der B e i t r a g s ansprüche Vorausleistungen a) Grundsätzliches über Vorausleistung und Ablösung b) Gesetzlicher Anspruch auf Vorausleistung; Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs (Genehmigung eines Bauvorhabens); zeitlichet Zusammenhang zwischen Erteilung der Baugenehmigung und Heranziehung zur Vorausleistung
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
5.
c) Vorausleistungen sind Geldleistungen d) Zeitlicher Zusammenhang zwischen Vorausleistung und endgültiger Herstellung der Anlage e) Verwirkung des Anspruchs auf V o r a u s l e i s t u n g Beitragspflicht für bereits bestehende Anlagen a) Übergangsregelung nach der Rechtsprechung des BVerwG b) Kritik an der Rechtsprechung des BVerwG durch das OVG Münster c) Übergangsrechtsprechung des BayVGH aa) Inkrafttreten der Bestimmungen des BBauG in Bayern
§133 1 bb) Regelung für v o r h a n dene Erschließungsanlagen und Heranziehung bebauter G r u n d s t ü c k e d) Bekanntmachung der bereits hergestellten Anlagen 6. Rechtsprechung I. Zeitlicher Geltungsbereich; Übergangsrecht IL. Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht III. Vorausleistungen IV. Grundstücksbegriff V. Verjährung und Verwirkung von Erschließungsbeiträgen VI. Erschließungsbeiträge für „bebaute" Grundstücke VII. „Erforderlichkeit" der Erschließungsanlage VIII. „Herstellung" der Erschließungsanlage
1. Allgemeines Die Vorschrift regelt den Gegenstand und die Entstehung der Beitragspflicht (Abs. 1, 2 und 4) sowie die Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag und die Ablösung des Erschließungsbeitrags im ganzen (Abs. 3). Der hier und in § 180 Abs. 2 verwendete Begriff Erschließungsanlage wird in § 127 Abs. 2 definiert. Nur für die dort bezeichneten Erschließungsanlagen gilt § 133. Können öffentlich-rechtliche Beiträge auch für andere als in § 127 Abs. 2 genannte Erschließungsanlagen erhoben werden, so verbleibt es bei dem bisherigen Recht (§ 127 Abs. 4). Fast alle früheren Regelungen hatten den Nachteil, daß die Beitragsverpflichtung an die Errichtung eines Gebäudes geknüpft war. Dies hat dazu geführt, daß die Allgemeinheit die Erschließung für die oft zu spekulativen Zwecken zurückgehaltene Bebauung finanzieren mußte und häufig Neubaugebiete erschlossen werden mußten, obwohl in den bereits erschlossenen Gebieten noch erhebliche Baulücken vorhanden waren. In Abweichung hiervon knüpft das BBauG nun an die Bebaubarkeit eines Grundstücks an. § 133 erleichtert die Erschließungstätigkeit der Gemeinden; denn sie erhalten einen wesentlichen Teil des von ihnen verauslagten Erschließungsaufwands bereits nach der Herstellung der Anlage wieder zurück. Die zeitliche Vorverlegung der Beitragspflicht soll auch erschweren, daß erschlossene Grundstücke von den Eigentümern auf längere Sicht von der Bebauung zurückgehalten werden. 701
§ 133 2
6. Teil. Erschließung
2. Gegenstand der Beitragspflicht (Abs. 1) Aus dem der Beitragsregelung zugrunde liegenden Gedanken (Gegenleistung des Grundstückseigentümers für eine Leistung der Gemeinde) folgt zwangsläufig, daß nur solche Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen, denen durch die Erschließung Vorteile gewährt werden. Diese sind in Abs. 1 begrifflich abgegrenzt. Der Beitragspflicht unterliegen nach Satz 1 zunächst alle im Bereich eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücke, für die also eine bauliche oder gewerbliche (z. B. als Lagerplatz) Nutzung rechtsverbindlich festgesetzt ist, und zwar unter der weiteren Voraussetzung, daß diese Nutzung nach den baurechtlichen Vorschriften verwirklicht werden kann, d. h. daß der Bebauung oder gewerblichen Nutzung rechtliche Hinderungsgründe nicht entgegenstehen. Es kann übrigens Fälle geben, in denen ein Grundstück als „bebaut" anzusehen ist, weil es in einem räumlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit den es umgebenden Grundstücken desselben Eigentümers steht. Ein mit einer eigenen FINr. bezeichnetes unbebautes Grundstück kann bei einem besonderen baulichen oder funktionellen Zusammenhang mit einem bebauten Nachbargrundstück als unselbständiger Teil des letzteren, als funktionelles Anhängsel, für das Erschließungsbeitragsrecht angesehen werden (z. B. Schulhof und Schule, Hausgartengrundstück und Hausgrundstück). Der Grundstücksbegriff des BBauG entspricht in der Regel dem grundbuchrechtlichen Begriff. Abweichungen sind denkbar. Es kommt darauf an, welche Fläche den Erschließungsvorteil hat. Auf dieser Basis können z. B. mehrere Grundstücke des Eigentümers zusammengefaßt werden (vgl. BVerwG U vom 16. 4. 1971, GemTag 1971, 283). Nicht beitragspflichtig sind Grundstücke, die zwar bebaut sind, aber nicht mehr bebaut werden dürfen. Der bloße Bestandsschutz löst die Beitragspflicht nicht aus. Umgekehrt ist bei einer Bebaubarkeit die Beitragspflicht auch dann gegeben, wenn das Grundstück künftig (nach Aufstellung des BebPl.) nicht mehr bebaut werden darf (Rspr. VI A 6 und 7). Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, die im Bereich eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücke gesondert bekanntzugeben, da sie aus dem Bebauungsplan ersichtlich sind. Satz 2 regelt die Beitragspflicht für die Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht rechtsverbindlich festgestellt ist. Hierzu gehören Grundstücke innerhalb und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Hier werden für die Heranziehung zum Erschließungsbeitrag erhöhte Anforderungen gestellt. a) Die Grundstücke müssen erschlossen sein. Die Erschließung muß bereits in einem Umfang durchgeführt sein, daß die Grundstücke baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen und können, d. h. zur Anwendung des Abs. 1 Satz 2 genügt es, wenn ein Grundstück in einem solchen Grad erschlossen ist, daß seine bauliche oder gewerbliche Nutzung möglich ist. 702
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
2
Der Beitragspflicht unterliegen auch Grundstücke, die nicht unmittelbar an die Erschließungsstraße angrenzen, sondern an diese über einen Privatweg angeschlossen sind. Unter Umständen (z. B. wenn der Privatweg mehrere Grundstücke anschließt) kann der Privatweg selbst eine Erschließungsanlage darstellen. Der Grundsatz, daß der Bauwerber nur zur Herstellung der Straße verpflichtet werden konnte, an der sein Gebäude zu stehen kam, schloß zwar nicht aus, daß auch der Bauwerber eines abseits der Straße errichteten Gebäudes zur Herstellung dieser Straße verpflichtet werden konnte, sofern nämlich sein Gebäude bzw. Grundstück von der Straße aus zugänglich war. Wenn jedoch das Gebäude oder Grundstück mit der Straße, für die ein Beitrag gefordert wird, durch eine selbständige Straße verbunden ist, die zwar auch dem Eigentümer des bebauten Grundstücks gehört, aber keinen Bestandteil des Baugrundstücks bildet und nicht allein dazu dient, sein Grundstück zugänglich zu machen, würde die Heranziehung des Bauwerbers zur Herstellung derjenigen Straße, in die die Stichstraße einmündet, zu einer durch § 62 BayBo 1901 nicht gedeckten Ausdehnung der Straßenherstellungspflicht führen (vgl. BayVGH U vom 6. 4. 1965 Nr. 18 IV 64). Wird heute ein Grundstück über einen Privatweg oder über einen öffentlichen Weg, der nicht in der Baulast der Gemeinde steht (z. B. Eigentümerweg nach Art. 53 c BayStrWG) mit der gemeindlichen Erschließungsstraße verbunden, dann ist die Beitragspflicht zu dieser dann zu bejahen, wenn dem Privatweg (oder Eigentümerweg) selbständige Erschließungsfunktion nicht zukommt. Dies ist bei geringer Länge und wenigen dadurch „erschlossenen" Grundstücken zu bejahen. Es entspricht den Zielsetzungen des Gesetzes, auch die Frage der Erschließung eines Grundstücks nicht auf die hergestellte oder geplante konkrete Beziehung des Grundstücks zur Straße, sondern auf die rechtlich zulässige bzw. nach der Verkehrsauffassung sowie einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise funktionsgerechte Beziehung abzustellen. Danach beurteilt sich auch die Frage, ob ein Grundstück, das zwischen zwei Straßen liegt, nur durch die eine oder auch die andere Straße erschlossen wird (BayVGH, U vom 28.10.1965, VGH n. F. 18, 78 und U vom 6.4.1965 Nr. 142 IV 63 BayBgm. 1965, 225). Es kann hier grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob der Eigentümer den Zugang seines Grundstücks zum Verkehrsnetz konkret nur über die eine oder auch die andere Straße nimmt. Nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung ist das Grundstück vielmehr schon dann als durch beide Straßen im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG als erschlossen anzusehen, wenn es nicht nur zu der einen, sondern auch zu der anderen angrenzenden Straße in rechtlich zulässiger Weise seinen funktionsgerechten Zugang zum Verkehrsnetz nehmen kann (s. hierzu auch unten Rspr., II, 10 und 11). Die Erschließungsfunktion einer Straße für ein Grundstück wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß es zur Herstellung der Zufahrt zusätzlicher Abgrabun703
§ 133
2
6. Teil. Erschließung
gen, Stützungen oder sonstiger Niveau-Ausgleichungen bedarf (BayVGH ASlg. n. F. 18,78 und 19,159). Von der Frage der Beziehung des Grundstücks zu der von der Gemeinde hergestellten Straße (Erschließung) ist die weitere Frage zu unterscheiden, nach welchen Verteilungsmaßstäben der Erschließungsvorteil eines Grundstücks im Verhältnis zu den anderen Grundstücken an der Erschließungsanlage zu bemessen ist, wenn das Grundstück auch bereits durch eine andere Straße an das Verkehrsnetz angeschlossen ist. Insoweit sind die Gemeinden nach Maßgabe des § 131 Abs. 2 und 3 BBauG ermächtigt, unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse einen Verteilungsmaßstab durch Satzung zu bestimmen. Dabei handelt es sich notwendigerweise um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Liegt zwischen Erschließungsanlage und Grundstück ein fremdes, für eine selbständige Bebauung in Betracht kommendes Grundstück, so besteht für den Grundstückseigentümer zunächst (nämlich vorbehaltlich einer besonderen Regelung) keine rechtliche Möglichkeit, zu der Straße zu gelangen; solange dies der Fall ist, hat die Straße für das Grundstück keine Erschließungsfunktion. Eine Straße hat jedoch Erschließungsfunktion, wenn der Eigentümer des hinterliegenden Grundstücks Miteigentümer des zwischenliegenden Grundstücks ist (vgl. § 743 Abs. 2 BGB; ferner unten Anm. 6 II 10), oder wenn ein dinglich gesichertes Geh- und Fahrtrecht besteht. b) Die Grundstücke müssen nach der Verkehrsauffassung Baulandeigenschaft besitzen. Das ist dann der Fall, wenn sie im Geschäftsverkehr als baureifes Land angesehen werden, d. h. wenn sie zu Baulandpreisen gehandelt werden. Der Ausdruck Bauland bezeichnet nicht etwa nur die Möglichkeit einer künftigen Bebauung (vgl. BayVGH U vom 31.10. 1967 Nr. 210 VI 65). Beitragspflichtig sind auch die Eigentümer bebauter Grundstücke (s. anschließend Anm. c Abs. 5), es sei denn, daß lediglich Bestandsschutz besteht und eine Bebauung im übrigen nicht zulässig ist. Bebaubare Grundstücke, bei denen diese Eigenschaft künftig wegfallen kann, sind nach der jüngsten Rspr. des BVerwG (Rspr. 6 VI A 6 und 7) dennoch beitragspflichtig. c) Die Grundstücke müssen endlich nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Für die Auslegung des Begriffs geordnete bauliche Entwicklung kann § 35 Abs. 3 mit herangezogen werden (vgl. auch Erl. dort). Im Hinblick auf diese objektiven, verwaltungsgerichtlich nachprüfbaren Voraussetzungen sind Ermessensentscheidungen der Gemeinde ausgeschlossen. Um die betroffenen Grundstückseigentümer möglichst frühzeitig zu unterrichten, hat die Gemeinde gemäß Satz 3 die nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke in ortsüblicher Weise bekanntzumachen (vgl. zur ortsüblichen Bekanntmachung Anm. zu § 2); wenn es sich nur um Einzelfälle handelt, genügt auch eine Mitteilung an die betreffenden Eigentümer. 704
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
2
Die Bekanntmachung und die Mitteilung haben keine rechtsbegründende Wirkung; sie sind nicht selbständig anfechtbar. Nach seinem zeitlichen Geltungsbereich kommt § 133 Abs. 1 nicht auf Erschließungsanlagen zur Anwendung, die vor dem 30.10. 1960 hergestellt worden sind. Die Vorschrift spricht zwar lediglich von einer Bebaubarkeit, nicht ausdrücklich auch von einer bereits erfolgten Bebauung. Sie ist aber nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, daß eine nach dem Inkrafttreten des BBauG hergestellte Erschließungsanlage grundsätzlich alle nutzungsberechtigten Anlieger dieser Anlage beitragspflichtig machen sollte, zu denen auch die Eigentümer bereits bebauter und nicht mehr weiter bebaubarer Grundstücke zählen (so auch BVerwG U vom 6. 5.1966 - IV C 136.65, DÖV 1967, 209; BayVGH U vom 30. 11. 1965 Nr. 9 IV 65, BayBgm. 1966, 72); hinsichtlich der Bebaubarkeit s. auch oben. d) In Fällen, in denen eine Straße nur einseitig bebaubar ist, ergibt sich hinsichtlich der Eigentümer der Grundstücke, die der unbebaubaren Seite gegenüber liegen, die Frage der Ausweitung der Kostenersatzpflicht für die ganze Breite der Straßenstrecke. Im Schrifttum wird diese Ausweitung mit dem Hinweis begründet, daß eine einseitig bebaubare Straße dem Bauwerber regelmäßig besondere Vorzüge bietet (z. B. die freie Aussicht), die es nicht unbillig erscheinen lassen, den Eigentümern der gegenüberliegenden Grundstücke größere Lasten aufzuerlegen. Das BVerwG hat aber entschieden (U vom 25. 6. 1969 - IV C 14/68 - NJW 1969, 1870), daß für eine einseitig bebaubare Straße auf die Anlieger der bebaubaren Straßenseite grundsätzlich nur die Häfte des Erschließungsaufwandes umgelegt werden kann. Das schließt jedoch im Einzelfall nicht aus, daß bei entsprechend schmalerer Ausgestaltung der Straße dennoch der volle Aufwand umgelegt werden kann. Die Gemeinden sollten deshalb besondere Regelungen für die einseitige Bebaubarkeit in die Satzung nach § 132 aufnehmen. e) Der Begriff der Erschließung im Sinne des BBauG ist nur unter dem Gesichtspunkt einer baulichen oder gewerblichen Nutzung der anliegenden Grundstücke zu verstehen. Das bedeutet freilich nicht, daß jedes einzelne an einer Erschließungsanlage liegende Grundstück bebaubar oder gewerblich nutzbar sein müsse, um als erschlossen zu gelten. Auch ein Grundstück, das gegenwärtig nicht bebaubar ist, ist vielmehr dann als erschlossen anzusehen, wenn es einer Bebauung jedenfalls nicht schlechthin entzogen ist, von der Erschließungsanlage aus erreicht werden kann, und das Gelände im übrigen bebaubar ist, die erschließende Straße mithin als zum Anbau bestimmt anzusehen ist. Das kann jedoch nicht für den Fall gelten, in dem eine Straße nach dem Willen der Gemeinde an einer Seite überhaupt nicht bebaut werden soll (vgl. ferner BVerwG U vom 14. 6. 1968 - IV C 65.66 - in DVB1. 1968, 808 = DÖV 1968, 883 und BVerwG U vom 25. 6. 1969 - IV C 14.68 - DÖV 1969, 864). 705
§133 3
6. Teil. Erschließung
3. Entstehung der Beitragspflicht (Abs. 2) a) Der Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht wird nicht, wie § 155 der Regierungsvorlage vorsah, mit dem Rechtsakt der Widmung der Anlage, sondern mit dem Zeitpunkt der endgültigen Herstellung in Verbindung gebracht. Dennoch ist die Widmung als Akt der Gemeinde, welcher die Straße den Charakter einer „öffentlichen" Straße (§ 127 Abs. 2 Nr. 1) verleiht, von erheblicher Bedeutung. Nur Straßen, die nach Landesrecht den Charakter einer „öffentlichen Straße" haben, die mithin dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, können Erschließungsanlagen im Sinne des BBauG sein. Wird eine Straße erst nach ihrer Herstellung für den öffentlichen Verkehr gewidmet, so entsteht die Beitragspflicht erst mit der Widmung (s. Rspr.). Der Erschließungsbeitrag erfüllt nur dann seinen Zweck, wenn er den Gemeinden rechtzeitig zufließt. Dieser Grundsatz schließt Maßstäbe, die wie bisher auf die Errichtung eines Gebäudes abstellen, von vornherein aus; es muß daher auf die Fertigstellung der Erschließungsanlage abgestellt werden. Zur Entstehung der Beitragspflicht ist weiter erforderlich, daß der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (Rspr. II A 12). Schließlich setzt das Entstehen weiter den Erlaß einer gemeindlichen Erschließungsbeitragssatzung voraus. Es fragt sich allerdings, ob schon bei der Fertigstellung der Anlage die Vorteile für den Grundstückseigentümer bereits realisierbar sind. Die eigentliche Realisierung tritt zweifellos erst mit der baulichen Nutzung ein. Es entspricht jedoch wirtschaftlichen Grundsätzen, daß sich die Vorteile im Grundstückswert schon mit der Fertigstellung der Erschließungsanlage auswirken. Der Eigentümer ist von diesem Zeitpunkt an in der Lage, sein Grundstück baulich zu nutzen. Verzögert er dies, so rechtfertigt das nicht, die Beitragsleistung zu Lasten der Allgemeinheit auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben (vgl. hierzu auch oben Anm. 1). Andererseits ist darauf hinzuweisen, daß zwar nach § 133 Abs. 2 BBauG die Beitragspflicht für neue Anlagen mit deren endgültiger Herstellung entsteht, doch dürfte aus der engen Verbindung des § 133 Abs. 1 mit dem Abs. 2 dieser Bestimmung zu entnehmen sein, daß ein bei Herstellung der Erschließungsanlage noch nicht bebaubares Grundstück nicht etwa beitragsfrei bleibt, sondern daß es entgegen dem in § 133 Abs. 2 BBauG zum Ausdruck gekommenen Grundsatz dann erst mit dem Eintritt der Bebaubarkeit der Beitragspflicht unterliegt. Wird eine Erschließungsanlage nach dem Inkrafttreten des BBauG erstmals hergestellt, so unterliegen der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 2 auch Grundstücke, die bereits unter der Geltung des § 62 BayBO 1901 bebaut wurden, ohne daß der Bauwerber Straßenkostensicherung leistete (vgl. BayVGH U vom 28. 10. 1965 Nr. 47 IV 64 und vom 30. 11. 1965 Nr. 9 IV 65). Für den bayerischen Rechtsbereich ist das BBauG allein maßgebend, wenn die Erschließungsanlage nach dem Stichtag (30. 6.1961) fertiggestellt wurde und zwar grundsätzlich auch dann, wenn unter der Geltung der BayBO 1901 eine 706
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 133
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Vereinbarung zur Sicherung von Straßenbaukosten nach § 62 dieses Gesetzes geschlossen worden war (vgl. BayVGH ASlg.n. F. 18,78 und 19,43). Diese Vereinbarung diente in aller Regel nur der Sicherung der Straßenherstellungskosten und es entsprach damals nicht allgemeiner kommunaler Praxis, die Straßenkostensicherungspflicht durch die Zahlung eines festen Betrags abzulösen; letzteres stellte die Ausnahme dar. b) Die Merkmale der endgültigen Herstellung ergeben sich aus der gemeindlichen Satzung (§ 132 Nr. 4), oder, wenn die Satzung keine Vorschriften hierüber enthält, aus den Umständen des Einzelfalls, insbesondere aus den üblichen Anforderungen an vergleichbare Erschließungsanlagen. Die Frage, wann eine Straße ordnungsgemäß hergestellt ist, kann nicht allgemein, sondern nur nach den örtlichen Verhältnissen und den dort für den Straßenbau einschlägigen Vorschriften festgestellt werden. Maßgebend ist in erster Linie das objektive Verkehrsbedürfnis. Da die Straße dem öffentlichen Verkehr dienen soll und ihre Herstellung den notwendigen sachgemäßen Anschluß der Anliegergrundstücke an das Straßennetz der Gemeinde bezweckt, kann es nämlich nicht von Bedeutung sein, ob der einzelne Anlieger den Ausbau der Straße für seine persönlichen Bedürfnisse bereits als hinreichend ansieht. Ebensowenig sind das Eigentum der Gemeinde an der Straßenfläche oder die Straßenbenennung für sich allein Anzeichen dafür, daß eine Straße bereits ordnungsgemäß hergestellt ist. Für die in der Satzung nach § 132 Nr. 4 festzulegenden Merkmale der endgültigen Herstellung (zur Problematik siehe Erläuterung zu § 132) hat das BVerwG folgende Grundsätze (für Straßen) entwickelt: aa) Eine Einteilung der Fläche einer Erschließungsanlage in einzelne Profile (Fahrbahn, Gehweg, Radweg etc.) braucht nicht festgelegt zu werden (U vom 23. 6. 1972, IV C 15.71, und vom 13. 6. 1973, IV C 66.71). bb) Entwässerung und Beleuchtung müssen ausdrücklich als Merkmale festgelegt werden (U vom 21. 5. 1969, IV C 104.67, BayVBl. 1970, 253). cc) Die Merkmale sind genügend gekennzeichnet, wenn für Fahrbahn, Gehweg, Radweg oder Parkfläche ein geeigneter Unterbau, Pflasterung oder Kunstdecke verlangt werden (U vom 25. 9. 1968, IV C 81.66, BayVBl. 1969, 393, und vom 29. 10.1969, IV C 78.68). dd) Der Grunderwerb muß (zwecks Vermeidung von Ausfällen) ausdrücklich als Merkmal festgelegt werden (U vom 24. 10. 1972, IV C 30.71). Diese Rechtsprechung ist der Kritik ausgesetzt, weil ihr ein gemeinsamer Nenner fehlt (Matloch in BayVBl. 75,527). Im Grunde hat die letztlich unberechenbare Rspr. ihre Ursache aber in einer höchst unbefriedigenden gesetzlichen Regelung. Die Ausweitung des § 127 Abs. 2 von Nr. 4 und 5 wird noch mehr als früher deutlich machen, daß die vom Gesetzgeber geforderte Festlegung der Merkmale der endgültigen Herstellung letztlich nicht möglich ist. c) Die „erstmalige Herstellung" ist von der „endgültigen Herstellung" zu unterscheiden. Ersterer Begriff ist vor allem dafür von Bedeutung, ob Er707
§133 3
6. Teil. Erschließung
Schließungsbeiträge nach dem BBauG für früher hergestellte Straßen erhoben werden können. Die Frage, ob eine Anlage, die schon vor Inkrafttreten des BBauG hergestellt worden ist, als erstmalig hergestellt anzusehen ist, beurteilt sich vor allem nach den erkennbar gewordenen Ausbauabsichten der Gemeinde (ebenso Finkler, Das Erschließungsrecht, 2. Aufl., S. 53 ff.; Schmidt, Handbuch des Erschließungsrechts, S. 166). Der Wille der Gemeinde kann aber nur im Rahmen des tatsächlichen Verkehrsbedürfnisses von Bedeutung sein, wobei allerdings der Gemeinde in fast allen Fällen ein ziemlich großer Ermessensspielraum bleibt (OLG München U vom 27. 6. 1957, NJW 1957, 1602). So hat auch das BVerwG im B vom 22. 11. 1968, IV C 81.67 ausgesprochen, daß die Gemeinden bei der Ausführung der Herstellungsarbeiten für eine Erschließungsanlage in weitem Umfang Ermessensfreiheit haben. Es ist daher durchaus möglich, daß das Recht einer Gemeinde zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen nicht dadurch berührt wird, daß die Gemeinde bei der Herstellung der Erschließungsanlage von einem bestehenden Bebauungsplan abgewichen ist (BayVGH U vom 23. 2. 1967 Nr. 132 IV 66 und vom 16. 4. 1969 Nr. 156 VI 68). Eine Baumaßnahme, welche nicht mehr zur erstmaligen Herstellung gehört, sondern zur Anpassung der Straße an die heutigen Verkehrsverhältnisse notwendig ist, kann die Gemeinde nicht den Anlie.gern anlasten (BayObLG U vom 29. 4. 1964, BayVBl. 1964, 301, Bay VGHU vom 23. 11. 1964, BayVBl. 1965, 422). Die Notwendigkeit wiederholter Aufschotterung spricht nach der Rechtsprechung des BayVGH (s. eben angef. U vom 23. 11. 1964) in aller Regel gegen eine endgültige Herstellung. Selbst wenn man berücksichtigt, daß eine Gemeinde nicht gehindert ist, ihre Planungen zu ändern, so kann dies nicht dazu führen, bereits planmäßig hergestellte Teileinrichtungen an den neuen Bauprogrammen zu messen und sie aufgrund späterer Ausbauabsichten als noch nicht erstmals hergestellte, nur provisorische Einrichtungen zu werten (vgl. OVG Münster in NJW 1966,2033). Nur hinsichtlich der noch nicht bauprogrammäßig fertiggestellten Teileinrichtungen ist die Gemeinde nicht gehindert, ihr Bauprogramm auch zu Lasten der Anlieger zu ändern. Eine erstmalig hergestellte Verbindungsstraße unterliegt aber hinsichtlich des Grades ihrer Herstellung einer erneuten Beurteilung, wenn sie zur Erschließungsanlage geworden ist (BVerwG U vom 21. 10. 1968 - IV C 94.67 - DVB1. 1963, 275). Ob die Straße einmal dem objektiven Verkehrsbedürfnis entsprochen hat, kann an Hand verschiedener Kriterien geprüft werden, z. B. das Kriterium der technischen Herstellungsart, der Instandhaltung, der Finanzierung, der Verkehrsbedeutung und des Ausbaues; eines dieser Kriterien kann aber für sich allein nicht ausschlaggebend angesehen werden (vgl. BayVGH U vom 19. 4. 1967 Nr. 270 IV 66). Welche Gestaltung eine Straße im Einzelfall auweisen muß, um mit dem Abschluß einer Straßenbaumaßnahme die Herstellung als erstmalig erscheinen zu lassen, ist also zu beurteilen 708
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
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aa) nach den örtlichen straßenbaurechtlichen Vorschriften bb) nach den örtlichen Ausbauprogrammen und Straßenbaugepflogenheiten cc) nach den örtlichen Verkehrsbedürfnissen (vgl. BayVGH U vom 30. 11.1965, BayVBl. 1966, 97, U vom 29.11. 1966 Nr. 38 IV 65, und U vom 7. 6. 1967, Nr. 279 IV 66); ferner BVerwG B vom 4. 3.1967, DÖV 1968,145). Auch interne Richtlinien, die dem Abschluß von Straßenkostenverträgen mit Bauwerbern zugrunde gelegt wurden, können hier herangezogen werden. Wo solche Richtlinien nicht vorliegen, läßt sich auf die Ausbauabsichten einer Gemeinde auch aus ihrer Straßenkostensicherungspraxis schließen (vgl. BayVGH U vom 30.11.1965 a. a. O.). Daß eine Straße auch von schweren Fahrzeugen, z. B. von Baufahrzeugen, befahren wurde, sagt für sich allein nichts über die Ordnungsmäßigkeit ihrer Herstellung (BayVGH U vom 1. 4. 1968 Nr. 158 VI 67). Die Ausbauabsichten der Gemeinde müssen nicht unbedingt in einem rechtsgültigen Plan (Bauleitplan) zum Ausdruck kommen, vielmehr stellt ein Ausbauprogramm der Gemeinde, auch wenn es nicht als rechtswirksamer Bauleitplan weiter gilt, das erste und wichtigste Indiz für die offengelegten Ausbauabsichten der Gemeinde dar. Hinsichtlich der ordnungsmäßigen Straßenherstellung besteht auch ein Unterschied zwischen den Verhältnissen in einer kleinen Gemeinde und der Erschließung einer Wohngegend in einem städtischen Bereich. Wird eine Straße stufenweise ausgebaut (z. B. Unterbau-Oberbau, Fahrbahn-Gehsteige) und ändern sich die Ausbauabsichten nach der Herstellung von Teileinrichtungen, so kann dies nicht dazu führen, auch bereits planmäßig hergestellte Teileinrichtungen an den neuen Bauprogrammen zu messen und sie aufgrund der späteren Ausbauabsichten der Gemeinde als noch nicht erstmals hergestellte, nur provisorische Einrichtungen zu werten (vgl. OVG Münster, NJW 1966, 2033/2035). Das Abstellen auf die Ausbauabsichten der Gemeinde im Zeitpunkt der ersten Bauarbeiten an der Erschließungsanlage kann andererseits nicht dazu führen, daß der beitragsfähige Erschließungsaufwand auch dann auf die nach den ursprünglichen Ausbauabsichten der Gemeinde erforderlichen Einrichtungen zu beschränken wäre, wenn das Bauprogramm vor der Herstellung der betreffenden Einrichtung geändert wird. Denn von einer bauprogrammäßigen erstmaligen Herstellung einer Einrichtung, die eine weitere Beitragspflicht für Erweiterungen oder Verbesserungen der Einrichtung ausschließt, kann nur nach der tatsächlichen baulichen Durchführung der Maßnahme die Rede sein. Hinsichtlich der noch nicht bauprogrammäßig fertiggestellten Teileinrichtungen ist die Gemeinde daher nicht gehindert, ihr Bauprogramm auch zu Lasten der Anlieger zu ändern (s. o. Abs. 1). Andererseits kann es aber auch nicht allein auf die jeweiligen Vorstellungen der Gemeinde ankommen, weil sonst die Frage der erstmaligen Herstellung, z. B. bei späteren Verbesserungen oder Erweiterungen 709
§ 133 3
6. Teil. Erschließung
der Straßen, stets in der Schwebe gehalten werden könnte (vgl. BayVGHE vom 23. 11. 1964, BayVBl. 1965, 422; BayObLG in BayVBl. 1964, 301). Das Ermessen der Gemeinde kann deshalb nur im Rahmen der tatsächlichen Verkehrsbedeutung der Straße walten. Welche Einrichtungen im Einzelfall vorhanden sein müssen, um den Ausbau einer Straße als erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage erscheinen zu lassen, ist, wie erwähnt, nach den örtlichen straßenbaurechtlichen Vorschriften und örtlichen gewöhnlichen Verkehrsbedürfnissen zu beurteilen. So könnte z. B. in einer kleinen Gemeinde unter Umständen schon eine Straße einfacherer Beschaffenheit als fertige Erschließungsanlage anzusehen sein, während für eine Erschließungsanlage im städtischen Bereich nach den bestehenden örtlichen Verhältnissen höhere Anforderungen zu stellen sind (vgl. hierzu Sieder-Zeitler, Kommentar zum Bayer. Straßen- und Wegegesetz — BayStrWG —, RdNr. 38 zu Art. 47, S. 14/15). Genügt eine nach den Verkehrsbedürfnissen einer früheren Zeit hergestellte Straße infolge der zunehmenden Besiedlung und der Änderung der Verkehrsbedürfnisse nicht mehr den Anforderungen und wird sie nunmehr mehr oder minder grundlegend verändert, so handelt es sich hierbei nicht um eine Herstellung, sondern um eine Verbesserung oder Erweiterung der Straße. Bei der erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage ist auch der Verkehr zu gewerblichen Betrieben zu berücksichtigen. Wichtig für die Frage der erstmaligen Herstellung werden ferner vielfach die aus früheren Gemeinderatsbeschlüssen hervorgehenden Absichten der Gemeinde über den vorgesehenen Ausbau der Straße, etwaige Kostenvorschläge und Abrechnungen, sowie der im Bebauungsplan festgestellte und von der Gemeinde bei der Planauslegung beschlossene Endzustand der Straße sein. Bei einer Straße, die zunächst ein Gemeindeverbindungsweg war und erst mit der Zeit Erschließungsfunktion übernahm, kommt es für die Beurteilung des ordnungsmäßigen Ausbaues nur auf die Zeit nach der Funktionsänderung an (BayVGH U vom 23. 11. 1966 Nr. 154 IV 66, BayVGH ASlg. n. F. 19, 160). Vgl. hierzu auch § 123 Anm. 1 Die Kosten für die Errichtung einer provisorischen Erschließungsanlage und für deren Beseitigung gehören nur dann zum Erschließungsaufwand, wenn die Anlage nach den seinerzeit geltenden technischen Regeln zur Vorbereitung einer späteren endgültigen Erschließungsanlage erforderlich erschien (vgl. BVerwG U vom 5.9. 1969, IV C 67.68, BayVBl. 1971, 306). d) Ist von der Gemeinde die Kostenspaltung vorgesehen worden (§ 127 Abs. 3, § 132 Nr. 3), so können Teilabrechnungen durchgeführt werden; die Beitragspflicht entsteht dann, sobald die Einzelmaßnahmen abgeschlossen sind. Es bedarf einer eindeutigen, jeden Zweifel ausschließenden ortsgesetzlichen Regelung, wenn die Kosten von Teileinrichtungen gemeindlicher Straßen in der Weise abgespalten werden sollen, daß Teilanliegerbeitragsforde710
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133 4
rungen der Gemeinde jeweils unmittelbar (ohne weiteres) mit der Fertigstellung von Teileinrichtungen entstehen sollen. Besteht eine solche Satzungsregelung nicht, dann entsteht die Beitragspflicht mit dem Ausspruch der Kostenspaltung, wofür in der Regel der Gemeinderat zuständig ist (vgl. Erläuterungen bei § 127 Abs. 3 und § 132 Nr. 3). e) Bei der Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen (§ 128 Abs. 1 Nr. 3) kann für die Entstehung der Beitragspflicht frühestens der Zeitpunkt der Übernahme maßgebend sein. 0 Die Verwirkung öffentlich-rechtlicher Beitragsansprüche setzt neben dem Ablauf einer längeren Zeit das Vorliegen besonderer Umstände voraus, aus denen der Schuldner entnehmen muß, die gegen ihn bestehende Forderung werde nicht mehr geltend gemacht werden. Das BVerwG hat hinsichtlich der Geltendmachung von Beitragsforderungen für eine zurückliegende Zeit einen großzügigen Standpunkt eingenommen. Es hat in dem U vom 6.12.1968 (BayVBl. 1969, 354) s. u. Anm. 6 I - ausgesprochen, daß die Gemeinden bei entsprechender Ausgestaltung der Satzungen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen auch Beiträge für Maßnahmen erheben können, die eine erhebliche Zeit (in dem damals entschiedenen Fall waren Teilmaßnahmen in den Jahren 1924 bis 1926 durchgeführt worden) zurückliegen und als Teilherstellung einer Erschließungsanlage anzusehen sind, wenn diese Anlage insgesamt bei Inkrafttreten des BBauG noch nicht erstmalig hergestellt war. Gegen diese Auffassung hat Lange — wohl berechtigterweise — in BayVBL. 1970, 209 erhebliche rechtsstaatliche Bedenken geltend gemacht. Die Verwirkung ist heute praktisch nur noch für Vorausleistungen und verspäteten Satzungserlaß von Bedeutung, weil in den meisten Ländern Verjährungsvorschriften (in den Kommunalabgabegesetzen) bestehen (für Vorausleistungen siehe unten 4e). 4. Vorausleistungen (Abs. 3) a) Die Beitragspflicht entsteht unabhängig davon, ob und wann die Baugenehmigung erteilt oder das Grundstück bebaut wird; die Herstellung der Erschließungsanlage ist maßgebend (vgl. oben Anm. 3), andererseits besteht grundsätzlich die Beitragspflicht nicht, wenn zwar gebaut wird, aber die Erschließungsanlage nicht fertiggestellt ist, wenn also z. B. an einer noch nicht oder nicht ganz hergestellten Straße gebaut wird. In diesem Fall kann die Gemeinde für dieses Grundstück, für das die Beitragspflicht nicht oder noch nicht in vollem Umfange entstanden ist, eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag verlangen, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt ist. Ferner kann die Gemeinde (in ihrer Satzung — § 132 —) Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen. Vorausleistungen und vorzeitige Ablösung erleichtern es der Gemeinde, ihrer Erschließungspflicht nachzukommen und liegen meist auch im Interesse des Bauherrn, der diese Leistungen als 711
§ 133 4
6. Teil. Erschließung
Teil der Gesamtkosten seines Bauvorhabens bei dessen Errichtung anteilig mitfinanzieren kann. Die Höhe der Ablösung hat sich nach den gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen (§§ 130, 131, 132) zu richten. Hinsichtlich der Vorausleistungen stellt § 133 Abs. 3 nicht lediglich eine ausfüllungsbedürftige Ermächtigungsvorschrift für die örtliche Normensetzung dar, sondern berechtigt die Gemeinde unmittelbar, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift im Einzelfall von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, durch Heranziehungsbescheid Vorausleistungen zu verlangen. Hier haben die Gemeinden eine Wahlmöglichkeit, die aber (wohl anders als bei der Kostenspaltung nach § 127 Abs. 3) nicht allgemein satzungsmäßig festgelegt sein muß. Es ist also so, daß eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für ein Grundstück, das für eine Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, nur nach Erlaß einer Ortssatzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen angefordert werden kann, daß aber die Möglichkeit, Vorausleistungen zu erheben, in der Satzung nicht geregelt zu werden braucht (BVerwG U vom 1. 3. 1967 IV C 15.66, NJW 1967, 1101). In der Satzung kann aber in allgemeiner Form etwas über die Höhe der Vorausleistungen gesagt werden, z. B. Vorausleistungen in Höhe des voraussichtlichen Erschließungsbeitrags (vgl. hierzu auch BayVGH ASlg. n. F. 18,78). b) Der Gemeinde ist in § 133 Abs. 3 ein gesetzlicher Anspruch auf eine Vorausleistung des Erschließungsbeitrags eingeräumt. Sie ist allerdings nicht verpflichtet, diese Vorausleistungen zu verlangen. Wenn sie diese aber verlangt, so muß sie es allgemein, nicht nur in einzelnen Fällen tun. Die Erhebung einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag ist zwar in das pflichtmäßige Ermessen der Gemeinde gestellt; wenn sie aber aus bestimmten — rechtsfehlerfreien — Ermessenserwägungen in einem Fall von der Erhebung einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag abgesehen hat, so kann es einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen, wenn sie in einem anderen gleichliegenden Fall eine Vorausleistung verlangt. Der Anspruch ist durch einen Bescheid (Verwaltungsakt) geltend zu machen. Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs ist, daß ein Bauvorhaben auf dem Grundstück — nach Inkrafttreten des BBauG — genehmigt, also eine Baugenehmigung erteilt worden ist, so ist die Fassung „wird" zu lesen. Auf Grund der Genehmigung eines Bauvorhabens kann aber eine Vorausleistung nur dann verlangt werden, wenn die Erschließungsanlage für das Bauvorhaben von Nutzen sein kann (BVerwG U vom 31. 1. 1968, BVerwG IV C 221.65 — BBauBl. 1968,272 —) und von der Baugenehmigung (noch) Gebrauch gemacht werden kann (Rspr. 6 III A 9). Es muß ferner zwischen der Erteilung der Baugenehmigung und der Heranziehung ein angemessener zeitlicher Zusammenhang sein, ebenso, wie ein angemessener zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anforderung der Vorausleistung und der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage bestehen muß (s. unten 712
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
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A n m . d). Eine Vorausleistung k a n n nach erteilter Baugenehmigung so lange gefordert werden, als sie nicht verwirkt ist. Sie k a n n erst d a n n verlangt werden, wenn die Herstellung der Erschließungsanlage in absehbarer Zeit geplant ist (BVerwG U vom 31. 1. 1968, s. o.). Allgemein läßt sich kaum eine Frist festlegen, nach deren Ablauf der erwähnte zeitliche Z u s a m m e n h a n g zwischen der Erteilung der Baugenehmigung u n d der Heranziehung nicht mehr als gewahrt anzusehen ist. Vielmehr ist jeweils unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles zu prüfen, ob dieser Zusamm e n h a n g noch gewahrt ist (vgl. BayVGH U vom 29. 10. 1968 Nr. 202 VI 65). W ä h r e n d f r ü h e r einzelne OVGs hinsichtlich der zeitlichen Verbindung mit der Baugenehmigung äußerst kurze Fristen (z. B. 6 Wochen) gefordert hatten, hat das BVerwG bereits früh einen großzügigen M a ß s t a b angelegt u n d zu Recht die Verwirkung als zeitliche Grenze gesehen (Rspr. 6 III A 2 u n d 10). Die Frist zur Verwirkung des Anspruchs k a n n allerdings erst zu laufen beginnen, wenn sämtliche Voraussetzungen f ü r die A n f o r d e r u n g e n von Vorausleistungen vorliegen. Neben der Erteilung der Baugenehmigung gehört dazu auch die Absicht der Gemeinde, die Erschließungsanlage in absehbarer Zeit herauszustellen. Im übrigen k a n n die Verwirkung erst nach längerer Zeit eintreten u n d wenn besondere U m s t ä n d e die verspätete A n f o r d e r u n g von Vorausleistungen als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. „ G e s c h ä f t s m a p p e " Nr. 24/1975). Die Vorausleistung k a n n noch nicht verlangt werden, wenn die Baugenehmigung erst beantragt ist. Der Vorausleistungsanspruch gemäß § 133 Abs. 3 entsteht aber auch d a n n , wenn nicht der Eigentümer des G r u n d s t ü c k s die Bauerlaubnis erhält, sondern — auf Antrag — der Pächter. Es ist ferner o h n e Bedeutung, ob das geplante G e b ä u d e wesentlicher Bestandteil des G r u n d stücks werden soll oder nicht. M a ß g e b e n d ist der in § 29 BBauG gebrauchte Begriff des Vorhabens, das die Errichtung, Ä n d e r u n g oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt hat u n d das einer bauaufsichtlichen G e n e h m i g u n g oder Zustimmung bedarf (vgl. hierzu A n m e r k u n g e n zu § 29). Der U m f a n g der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung d ü r f t e dabei keine Rolle spielen. Die Bestimmung geht o f f e n b a r davon aus, d a ß durch jede zugelassene bauliche (oder gewerbliche) Nutzung das Erschließungsbedürfnis entsteht oder gesteigert wird. Die A n w e n d u n g der Vorschrift wird daher nicht d a d u r c h gehindert, d a ß auf einem Grundstück, das mit einem W o h n h a u s oder einem gewerblichen Bauwerk bebaut werden darf, etwa zunächst nur eine G a r a g e oder ein kleiner Schuppen errichtet wird. Ist ein Bauvorhaben auf einem Grundstück genehmigt, so sind die Gem e i n d e n nach M a ß g a b e des § 123 Abs. 2 BBauG zur Erschließung veranlaßt, weil die Erschließungsanlagen nach dieser Vorschrift entsprechend den Erfordernissen der Bebauung u n d des Verkehrs hergestellt werden u n d spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden Anlagen benutzbar sein sollen. Der Zweck des § 133 Abs. 3 ist demnach ersichtlich darauf gerichtet, den 713
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6. Teil. Erschließung
Gemeinden schon dann Mittel zur Verfügung zu stellen, wenn sich ihre Pflicht zur Erschließung durch die Erteilung von Baugenehmigungen nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 BBauG verdichtet. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die unterschiedliche Behandlung der Eigentümer nur baureifer Grundstücke und der Eigentümer von Grundstücken, auf denen bereits ein Bauvorhaben genehmigt ist, hinsichtlich der Heranziehung zu Vorausleistungen sinnvoll (vgl. BayVGH U vom 18.10.1965 Nr. 47 IV 64). c) Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag sind ihrem Wesen nach Geldleistungen. Es ist daher unzulässig, daß eine Gemeinde in der Satzung bestimmt, daß unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorausleistung durch Abtretung von Grund und Boden an die Gemeinde zu erbringen ist. Dies schließt aber nicht aus, daß etwaige vereinbarte Sachleistungen (z. B. Grund und Boden für Erschließungsanlage) auf die Vorausleistung angerechnet werden (vgl. BayVGH, B vom 30. 11.1964, Nr. 145 IV 63, Bay. Gemeindezeitung 1965 Nr. 4 S. 4; zum Teil a.A. Finkler, „Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag und Baugenehmigung", DVB1. 1962, 331; W. Schneider, „Das neue System der Erschließungsbeiträge nach dem BBauG", DVB1. 1962, 45 und 332; Förster-Brügelmann, Kommentar zum BBauG Anm. IV zu § 133). d) Es ist unzulässig, Vorausleistungen zu verlangen, wenn der Ausbau der Erschließungsanlage überhaupt noch nicht absehbar ist (vgl. hierzu OVG Lüneburg, B vom 7.9.1964 — DVB1. 1965, 130; VG Oldenburg U vom 16. 8.1963 — DVB1. 1964, 160). Ein Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung ist bei Vorausleistungen nicht erkennbar, wenn eine geplante Anlage, für die ein Beitrag erhoben wird, nicht in ein gegenwärtig ablaufendes konkretes Erschließungsprogramm der Gemeinde aufgenommen ist (VG Köln U vom 25. 6.1964 - KStZ 1964, 183). Es ist kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, daß das BBauG etwa die Vorausleistung nach § 133 Abs. 3 nicht als Vorausleistung auf einen Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn verstanden wissen wollte. Eine solche aber ist nur anzunehmen, wenn sie die Umlegung des künftigen Aufwands für eine konkrete, dem Grundstück zum Vorteil gereichende Erschließungsanlage betrifft. Das bedeutet allerdings nicht, daß eine Vorausleistung stets nur dann verlangt werden dürfte, wenn die Herstellung der Erschließungsanlage unmittelbar bevorsteht, so daß der umzulegende Erschließungsaufwand schon genau festgelegt werden kann. Jedenfalls aber muß zwischen dem Zeitpunkt der Genehmigung des Bauvorhabens und der künftigen endgültigen (Teil-)Herstellung ein angemessener zeitlicher Zusammenhang zu erkennen sein, der es zuläßt, die Leistung noch als Vorausleistung auf die Umlegung des Aufwands gerade für diese Erschließungsanlage zu betrachten. Als angemessen kann man einen Zeitraum von etwa vier Jahren ansehen (Rspr. III A 10c). Ist dies nicht der Fall und bezweckt die Vorausleistung in Wirklichkeit die Deckung der Aufwendungen für andere Erschließungsanlagen oder die Bildung einer allgemeinen Reserve zur Herstellung von Erschließungs714
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
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anlagen oder wird sie gar den allgemeinen Haushaltsmitteln der Gemeinde zugeführt, so widerspricht ihre Anforderung dem Sinn und Zweck des § 133 Abs. 3 und ist rechtswidrig (vgl. hierzu BayVGH U vom 7.3. 1967 Nr. 43 IV 65 und die dort angeführte Literatur und Rspr.). Das OVG Lüneburg hat in seinem Beschluß vom 7. 9. 1964 (DVB1. 1965, 130) entschieden, daß eine Vorausleistung nur für eine solche Erschließungsanlage verlangt werden könne, durch die der erste — nicht ein weiterer — Zugang zu den Gebäuden auf dem Grundstück vermittelt werde. Der BayVGH hat in seinem U vom 28.10. 1965 (VGH ASlg. n. F. 18, 78 = NJW 1966, 219) ausgesprochen, daß eine Vorausleistung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch für eine weitere Erschließungsanlage verlangt werden kann, wenn das Grundstück des Pflichtigen auch durch sie erschlossen wird. Wenn die beiden Entscheidungen auch im Ergebnis voneinander abweichen mögen, so kommt doch in beiden der Gedanke zum Ausdruck, daß bei einer Vorausleistung strengere Anforderungen an die Notwendigkeit der betreffenden Anlage für die Erschließung des Grundstücks zu stellen sind als bei einem Erschließungsbeitrag. Dies rechtfertigt sich daraus, daß nach § 123 Abs. 2 BBauG die Erschließungsanlagen spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein sollen, was dahin zu verstehen ist, daß die Straße bis zur Fertigstellung der erschlossenen Anlagen zwar nicht endgültig hergestellt zu sein braucht, sich aber in einem Zustand befinden muß, daß eine Benutzung durch Fahrzeuge und ein gefahrloser Fußgängerverkehr gesichert ist (Ebenso Ludyga, Erschließung und Erschließungsbeitrag in Bayern, Anm. 8 zu § 123 BBauG und Schmidt, Handbuch des Erschließungsrechts Anm. 7 zu § 123 BBauG). Im übrigen muß sich die Gemeinde rechtzeitig überlegen, ob sie Vorausleistungen verlangen will. Jedenfalls dürfte es ermessensfehlerhaft sein, wenn eine Gemeinde verhältnismäßig kurze Zeit vor der Heranziehung bescheinigt, daß vorerst Straßenbaukosten nicht gefordert werden (und wenn sich der Bürger mit seinem Finanzierungsplan darauf eingestellt hat) und die Gemeinde dann kurz darauf von dem Betreffenden Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag fordert (vgl. HessVGH U vom 21. 2. 1963 — KStZ 1963, 129). e) Die Verwirkung öffentlich-rechtlicher Beitragsansprüche setzt den Ablauf einer längeren Zeit und das Vorliegen besonderer Umstände voraus, aus denen der Schuldner entnehmen konnte, daß die Forderung nicht mehr geltend gemacht werde. Hinsichtlich der Vorausleistung hat das BVerwG im U vom 23. 8. 1968 (DVB1. 1968, 921 BBaubl. 1969, 240 = KStZ 1969, 58) die Ansicht vertreten, der Anspruch einer Gemeinde auf Vorausleistung werde nicht schon dadurch verwirkt, daß die Gemeinde, in deren Ortssatzung die Erhebung von Vorausleistungen allgemein vorgeschrieben ist, einen Zeitraum 715
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von 17 Monaten zwischen Erteilung der Baugenehmigung und Anforderung der Vorausleistung verstreichen läßt. Vgl. ferner hinsichtlich der Vorausleistungen unten Rspr. 6 III. 5. Beitragspflicht für bereits bestehende Anlagen (Abs. 4) a) Die Vorschrift in Abs. 4 bildet zusammen mit § 180 eine Grundnorm der Überleitung des Erschließungsbeitragsrechts. Sie wurde in Literatur und Rechtsprechung vielfach sehr unterschiedlich ausgelegt (vgl. insbesondere OVG Münster U vom 19. 6. 1963, DÖV 1963, 844; OVG Lüneburg U vom 13. 12. 1962, DVB1. 1963, 220. Speziell zur Überleitung des bayer. Rechts vgl. die Entschließungen des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 21. 12. 1960, MAB1. 1961 S. 40 und vom 27.6. 1961, MAB1. S.469; Scheur, BayBgm. 1962, 79; Süß, BayBgm. 1963, 63; Fuchs, BayBgm. 1963, 175; Ludyga, Erschließung und Erschließungsbeitrag in Bayern, erschienen in der Schriftenreihe des Bayer. Gemeindetags 1962; Friedlein, BayVBl. 1964, 207). Die angeführte Literatur und Rechtsprechung nahm zu der Frage der Anwendung alten Rechts oder des Erschließungsrechts nach dem BBauG überwiegend den Standpunkt ein, daß sich die Beitragspflicht auch bei bereits hergestellten Erschließungsanlagen nicht nach altem Recht, sondern nach den Vorschriften des BBauG bestimme, es sei denn, daß die Beitragspflicht bereits aufgrund der bis zum Inkrafttreten des BBauG geltenden Vorschriften entstanden ist und noch geltend gemacht werden kann (§ 180 Abs. 1 BBauG) oder daß es sich um eine Erschließungsanlage handelt, für die als solche (z. B. Sammelstraßen, Parkflächen und Grünflächen i. S. des § 127 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BBauG) aufgrund des alten Rechts eine Beitragspflicht nicht entstehen konnte (§ 180 Abs. 2 BBauG). Schließlich schaffte das Urteil des BVerwG vom 25. 2. 1964 BVerwG I C 88.63 (BVerwGE 18, 80; DVB1. 1964, 443, DÖV 1964, 341; BBaubl. 1964, 253; BayVBl. 1964, 225; BB 1964, 578; KStZ 1964, 119) Klarheit und zwar in erster Linie für den Rechtsbereich des preuß. Fluchtliniengesetzes. Hiernach regelt § 133 Abs. 4 den Fall, daß die Erschließungsanlage vor dem 30. Oktober 1960 hergestellt worden ist, eine Beitragspflicht bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht entstanden war. Bei diesen Gegebenheiten kann der Grundsatz des § 133 Abs. 2 BBauG, daß die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Straße entsteht, nicht eingreifen. Daher bedurfte es — sollte nicht das bisherige Recht fortgelten — einer Vorschrift, wann bei diesem Tatbestand die Beitragspflicht entstehen sollte. Der Gesetzgeber hat sich aus baulandpolitischen Gründen dafür entschieden, bei bereits hergestellten Erschließungsanlagen die Beitragspflicht mit dem 30. Oktober 1960 entstehen zu lassen. Nach Auffassung des BVerwG ist es irrig, anzunehmen, daß alle Straßenanlieger mit dem Inkrafttreten des § 133 Abs. 4 BBauG verpflichtet worden seien, zu den Kosten für die Herstellung bereits bestehender Straßen beizutragen. Es muß unterschieden werden zwischen dem Recht der Gemeinde, 716
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
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den Aufwand für den Bau der Erschließungsanlage auf die Anlieger abzuwälzen, und der zeitlichen Entstehung ihrer Erstattungsforderung. § 133 Abs. 4 BBauG regelt nach seinem Wortlaut und dem Sachzusammenhang allein und ausschließlich in Ergänzung des § 133 Abs. 2 BBauG den Zeitpunkt für die Entstehung der Beitragsforderung, wenn die Erschließungsanlage vor dem 30.10.1960 hergestellt worden ist. Dagegen besagt die Vorschrift ebensowenig wie § 133 Abs. 2 BBauG etwas darüber, in welchen Fällen mit dem 30. Oktober 1960 eine Beitragspflicht entstanden ist. Sie muß im Zusammenhang mit § 134 BBauG gesehen werden. Hiernach ist die Pflicht, zu den Kosten für die Herstellung einer Straße beizutragen, eine persönliche Verpflichtung des Eigentümers (bzw. des Erbbauberechtigten), die durch die Tatsache begründet wird, daß sein Grundstück durch die gemeindliche Tätigkeit erschlossen worden ist. Das Grundstück ist zunächst Anknüpfungspunkt für diese persönliche Verpflichtung. § 133 Abs. 1 BBauG stellt klar, daß nicht jeder Eigentümer, der ein Grundstück an der Erschließungsanlage besitzt, beitragspflichtig ist, sondern nur derjenige, dessen Grundstück die Merkmale des § 133 Abs. 1 BBauG aufweist. Ein solches Grundstück unterliegt der Beitragspflicht. Insoweit ist es weiter Anknüpfungspunkt für die auf ihm ruhende öffentliche Last (§ 134 Abs. 2 BBauG), und es bestimmt den Umfang des Beitrages. § 133 Abs. 1 BBauG besagt aber nichts darüber, wann und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen der Eigentümer beitragspflichtig wird. Die gesetzliche Ermächtigung für seine Inanspruchnahme bildet nicht diese Vorschrift, sondern der § 127 Abs. 1 BBauG, nach der die Gemeinden befugt sind, die Kosten der Herstellung einer Erschließungsanlage nach Maßgabe der §§ 127 ff. BBauG auf die Anlieger umzulegen, und der die Anlieger verpflichtet, den auf sie entfallenden Anteil des beitragsfähigen Aufwandes zu tragen. Soweit diese Rechtsgrundlage nicht eingreift, entsteht auch dann für ein Grundstück keine Beitragspflicht, wenn es den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 BBauG entspricht (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 2 BBauG). § 127 Abs. 1 BBauG kommt aber als Rechtsgrundlage für die Begründung einer Beitragspflicht nur zum Zuge, wenn die Anlage nach dem 29. Juni 1961 hergestellt worden ist. Für Straßen, die vor dem 30. Oktober 1960 (bzw. in der Zeit vom 30. Oktober 1960 bis 29. Juni 1961) hergestellt worden sind, hat es das BBauG hinsichtlich der Rechtsgrundlage beim bisherigen Recht belassen. Nur wenn und soweit am 30. Oktober 1960 aufgrund anderer Vorschriften eine gesetzliche Verpflichtung des Anliegers bestand, zu den Kosten für die Herstellung der Erschließungsanlage, an der sein Grundstück liegt, beizutragen, konnte nach § 133 Abs. 4 BBauG eine konkrete Beitragspflicht entstehen. Fehlte es dagegen an einer solchen Rechtsgrundlage, so ist der Anlieger auch nicht nach dieser Vorschrift verpflichtet worden, einen Beitrag zu leisten. § 133 Abs. 4 BBauG hat für die Gemeinde keine — über das bisherige Recht hinausgehende — Rechtsgrundlage und für den Anlieger keinen zusätzlichen Verpflichtungstatbestand geschaffen. Diese Vorschrift hat lediglich 717
§133 5
6. Teil. Erschließung
für die Fälle, in denen am 30. Oktober 1960 ein Beitragsverhältnis bestand, in diesem Zeitpunkt aber eine Forderung hieraus noch nicht entstanden war, diese kraft Gesetzes entstehen lassen (vgl. zu dem genannten Urteil des BVerwG auch Böhmer in BayVBl. 1964, 312; Scheur und Fischer in BayVBl. 1964, 321; Schick in BayBgm. 1964,165; ferner Böhmer in BayVBl. 1965, 10). b) Das Urteil des BVerwG hat vor allem in dem Urteil des OVG Münster vom 15. 7. 1964 - III A 149/63 - (ZMR 1964, 349) insbesondere wegen der vom BVerwG getroffenen Unterscheidung zwischen einer persönlichen Beitragspflicht des jeweiligen Eigentümers und der gesetzlichen und allgemeinen Verpflichtung der Anlieger, zu den Kosten für die Herstellung einer Erschließungsanlage beizutragen (Beitragsschuldverhältnis) Kritik gefunden; nach dem BVerwG bedeutet in § 180 Abs. 1 das Wort Beitragspflicht die persönliche Beitragspflicht, aus der noch keine Zahlungspflicht entstanden ist, während in § 180 Abs. 2 dasselbe Wort das Beitragsschuldverhältnis bedeutet, aus dem noch keine persönliche Beitragspflicht entstanden ist. Demgegenüber ist das OVG Münster der Meinung, daß das bisherige Anliegerbeitragsrecht kein Beitragsschuldverhältnis ohne konkrete Beitragspflicht kannte; es begründet diese Ansicht eingehend aus den für den preußischen Rechtskreis bisher geltenden Bestimmungen und folgert daraus, daß das Wort Beitragspflicht in §133 Abs. 4 und § 180 Abs. 2 ein und dieselbe Rechtsfigur, nämlich die persönliche Beitragspflicht, also den Rechtszustand nach Entstehen der Forderung gegen einen bestimmten Eigentümer bezeichnet (vgl. ferner eine weitere kritische Stellungnahme im U des OVG Münster vom 9. 12. 1964 — III A 147/63 = ZMR 1965, 90 = DVB1. 1965, 618). Im übrigen schließt sich aber auch das OVG Münster weitgehend den Auslegungen des BVerwG an. c) Dies ist auch der Fall bei dem grundlegenden (und in den wesentlichen Gedanken vom BVerwG bestätigten) Urteil des BayVGH vom 5. 11.1964 Nr. 148 IV 63 (BayVBl. 1964, 23) ungeachtet der rechtlichen Unterschiede zwischen dem bisherigen bayerischen Rechtszustand (§ 62 BayBO 1901) und dem Rechtszustand nach dem preuß. Fluchtliniengesetz bzw. dem BBauG. aa) Hiernach zählt § 62 Abs. 1 bis 7 BayBO 1901 zu den Vorschriften, die gemäß § 186 Abs. 1 BBauG mit Inkrafttreten des Gesetzes und seiner einzelnen Teile außer Kraft getreten sind. Denn § 62 BayBO 1901 regelt unzweifelhaft die Erschließung von Grundstücken und befaßt sich damit mit einem Gegenstand, den der Sechste Teil des BBauG ordnet; im übrigen widerspricht auch der Ausgangspunkt des § 62 BayBO, nämlich die Herstellungslast des Bauwerbers für Erschließungsanlagen, dem § 123 Abs. 1 BBauG, so daß § 62 BayBO auch unter dem Gesichtspunkt der widersprechenden Regelung nach § 186 Abs. 1 BBauG außer Kraft getreten ist, vorbehaltlich seiner weiteren Anwendung nach Maßgabe der Übergangsvorschriften. § 186 Abs. 1 BBauG bestimmt, daß die bisherigen Vorschriften mit dem Inkrafttreten der einzelnen Teile dieses Gesetzes außer Kraft treten. Nach § 189 Abs. 2 BBauG treten die Vorschriften des Sechsten Teiles ein Jahr nach 718
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
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der Verkündigung (29. 6. 1960), also am 30. 6. 1961 in Kraft. § 62 BayBO ist demnach gemäß § 186 Abs. 1 i. V. mit § 189 Abs. 2 BBauG mit dem Ablauf des 29. 6.1961 außer Kraft getreten. Die Aufhebung bisheriger baurechtlicher Vorschriften durch Art. 109 Abs. 1 BayBO 1962 zum 1.10.1962 hat daher für § 62 BayBO keine Bedeutung mehr erlangt. Hinsichtlich der zeitlichen Außerkraftsetzung des § 62 BayBO 1901 im Zusammenhang mit der Bestimmung in §189 Abs. 2, erster Halbsatz, ist darauf hinzuweisen, daß in Bayern die Vorschrift des § 133 Abs. 4 BBauG, soweit nicht in Gemeinden — ganz ausnahmsweise — Anliegerbeitragspflicht aufgrund einer Satzung nach Art. 9 Gemeindeabgabengesetz bestanden hat, nicht schon am 30.10. 1960, sondern gemäß § 189 Abs. 2 BBauG erst am 30. 6. 1961 in Kraft getreten ist. Dies ergibt sich daraus, daß § 133 BBauG vorzeitig am 30.10.1960 nur für Rechtsbereiche in Kraft getreten ist, in denen aufgrund des bisherigen Anliegerbeitragsrechts eine konkrete Beitragspflicht kraft Gesetzes oder Satzungsrechts unmittelbar entstehen und somit ein öffentlich-rechtlicher Beitrag erhoben werden konnte. Im Anwendungsbereich des § 62 BayBO traf dies jedoch nicht zu, weil diese Regelung keine persönliche Beitragspflicht im abgabenrechtlichen Sinn begründete, sondern die Konkretisierung des allgemeinen Abwälzungsrechts einer Vereinbarung (privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur) vorbehalten hat. Dennoch bedeutet das gemeinsame Inkrafttreten der §§ 133 und 127 BBauG im Geltungsbereich des § 62 BBauO 1901 nicht etwa, daß sich hier abweichend vom Rechtsbereich des preuß. Anliegerbeitragsrecht die Beitragspflicht für vorhandene Anlagen ausschließlich nach den Vorschriften des BBauG (§§ 127 bis 133) bestimmt; vielmehr hat auch hier § 133 Abs. 4 BBauG nur die Bedeutung einer Überleitungsvorschrift (BayVGH a. a. O.). Nach § 133 Abs. 4 BBauG ist, wie schon angedeutet, nur für die Eigentümer solcher Grundstücke eine persönliche Beitragsschuld entstanden, für die auch nach dem bisherigen Recht noch eine Beitragspflicht entstehen konnte. Diesen Grundsatz, der schon daraus zu entnehmen ist, daß § 133 Abs. 4 BBauG nur einen unter der Geltung des bisherigen Rechts begonnenen Tatbestand vollendet, bestätigt § 180 Abs. 2 BBauG. Diese Vorschrift gibt zu erkennen, daß das BBauG für die Anwendung des § 133 Abs. 4 voraussetzt, daß nach dem bisherigen, mit dem Inkrafttreten des BBauG aufgehobenen Recht ein allgemeines Abwälzungsrecht bestanden hat, das nur noch der Konkretisierung durch § 133 Abs. 4 BBauG bedurfte. bb) Für die Anlieger an vorhandenen Erschließungsanlagen hat der BayVGH aus der Anwendung der §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 BBauG folgende Übergangsregelung herausgestellt: Die Eigentümer unbebauter Grundstücke an vorhandenen Erschließungsanlagen sind gemäß § 133 Abs. 4 BBauG mit dem Inkrafttreten des BBauG (30. 6. 1961) beitragspflichtig geworden, sofern von ihnen im Baufall nach § 62 Abs. 3 oder 4 BayBO eine Straßensicherung bzw. ein Straßenkostenrück719
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6. Teil. Erschließung
ersatz für die vorhandene Anlage verlangt werden konnte. Im Baufall wäre zwar kein öffentlich-rechtlicher und hoheitlich vollstreckbarer Erstattungsanspruch entstanden. Der Begriff der potentiellen Beitragspflicht in § 180 Abs. 2 BBauG gebietet jedoch nach dem Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift eine weite Auslegung dahingehend, daß darunter allgemein die Verpflichtung des Anliegers zu verstehen ist, zu den Kosten der Herstellung der Straße beizutragen. Einem gesetzlichen Zwang in diesem Sinne unterlag der Bauwerber aber im Falle des Anbaues an eine hergestellte Straße auch nach § 62 Abs. 3 und 4 BayBO im Hinblick auf das bedingte Nutzungsverbot. § 133 Abs. 4 BBauG hat demnach nicht eine bislang im Anwendungsbereich des § 62 BayBO unbekannte Verpflichtung rückwirkend begründet, sondern nur die im künftigen Baufall zu erwartende Verpflichtung aufgegriffen und generell für alle Grundstückseigentümer in vergleichbarer Lage auf den Tag des Inkrafttretens des BBauG konkretisiert und schließlich i. V. mit den §§ 134, 135 BBauG den Gemeinden zur hoheitlichen Einziehung überstellt. Stichtag für das Inkrafttreten des Erschließungsbeitragsrechts des BBauG ist, wie erwähnt, in Bayern der 30. 6. 1961. Wenn eine Baugenehmigung für ein am Stichtag auf dem Grundstück vorhandenes Gebäude nur in widerruflicher Weise erteilt worden war, so steht ein solches Grundstück im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts einem unbebauten Grundstück gleich und die spätere Entstehung der Beitragspflicht ist als typisch anzusehen (BayVGH U vom 17. 5. 1965 Nr. 146 IV 63; BVerwG U vom 5. 10. 1966, IV C 193.65, NJW 1967, 71). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Widerrufsvorbehalt auf der Verweigerung des Straßenkostenrückersatzes oder auf Gründen städtebaulicher Art beruht (z. B. fehlende Übereinstimmung mit einem Bebauungsplan) oder ob der Widerrufsvorbehalt seinen Grund in Vorschriften des Bauordnungsrechts hat (z. B. Verwendung nicht zugelassener Baustoffe). Ein mit widerruflich genehmigten Gebäuden bebautes Grundstück ist in der Regel auch dann als unbebaut anzusehen, wenn das ursprüngliche Motiv für den Widerrufsvorbehalt (z. B. Verwendung nicht zugelassener Baustoffe) inzwischen durch ein anderes Motiv (etwa planerischer Art) ersetzt wurde (BayVGH U vom 11. 8. 1966, Nr. 203 IV 65). Es trifft nicht zu, daß eine widerruflich erteilte Baugenehmigung durch Zeitablauf zu einer unwiderruflichen wird, vielmehr bedürfte es dazu eines entsprechenden Verwaltungsakts. Für ein solches (unbebautes) Grundstück hat das BBauG die Beitragspflicht, die nach früherem Recht erst mit der Bebauung entstanden wäre, auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des BBauG vorverlegt (§§ 180 Abs. 2, 133 Abs. 4). Bebaute Grundstücke können dagegen nur in besonders gelagerten Fällen zu den Kosten einer bereits vorhandenen Straße gemäß § 133 Abs. 4 BBauG herangezogen werden. Die Beitragspflicht scheitert zwar nicht an der Vorschrift des § 133 Abs. 1 BBauG. Denn diese Vorschrift ist bei vorhandenen Erschließungsanlagen ohnehin nicht anzuwenden. Für Grundstücke an vorhandenen Straßen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bebaut 720
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
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waren, wird die Beitragspflicht aber durch das Regulativ des bisherigen Rechts und § 180 Abs. 2 BBauG wesentlich eingeschränkt. Diese Vorschriften erweisen sich insoweit für die Gemeinden als rechtshemmend, als die Eigentümer bebauter Grundstücke an vorhandenen Straßen im Geltungsbereich des § 62 BayBO regelmäßig nicht mehr zur Straßenherstellung herangezogen werden konnten. Das ergibt sich schon daraus, daß sich das bedingte Nutzungsverbot des § 62 Abs. 3 und 4 BayBO, durch das der Eigentümer angehalten wurde, eine Verpflichtung zur Straßensicherung bzw. zum Kostenrückersatz einzugehen, nur an den Unternehmer einer Bauführung in neuen Bauanlagen wendete. Die BayBO ging demnach grundsätzlich davon aus, daß der Adressat des Gebots zum Kostenersatz Eigentümer eines noch unbebauten Grundstücks ist. Von diesem Grundsatz wurden allerdings beim Vollzug des § 62 BayBO gewisse Ausnahmen anerkannt, die sich aus der Auslegung der Begriffe Bauführung in neuen Bauanlagen ergeben (so z. B. bei Errichtung eines neuen Hauptgebäudes oder von Anbauten an der Straßenseite bestehender Hauptgebäude bzw. von neuen Nebengebäuden). Hauptänderungen und Hauptreparaturen sowie bauliche Veränderungen innerhalb der Gebäude wurden dagegen nicht schlechthin als Bauführungen im Sinne des § 62 BayBO anerkannt. Außer diesen Beschränkungen für die Heranziehung bebauter Grundstücke an vorhandenen Erschließungsanlagen, die aus dem bisherigen Vollzug des § 62 BayBO zu entnehmen sind, ergeben sich noch weitere Einschränkungen aus dem Sinn und Zweck des Übergangsrechts des BBauG. In der Theorie kann nämlich, worauf das BVerwG (a. a. O.) in einer Streitsache aus dem vormals preuß. Rechtsbereich verwiesen hat, jedes bebaute Grundstück durch die Beseitigung des ursprünglichen Gebäudes wieder zum unbebauten Grundstück werden, so daß auch der Eigentümer eines bebauten Grundstücks als potentieller späterer Bauwerber für einen Neubau wieder als Adressat des bedingten Nutzungsverbots nach § 62 BayBO in Betracht kommt. Es erscheint jedoch nicht gerechtfertigt, im Rahmen des Übergangsrechts von einem potentiellen Baufall dieser Art auszugehen und diesen atypischen Vorgang durch Anwendung der §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 zur Regel zu erheben. Als atypisch erweist sich in diesem Fall die Unterstellung eines die Ersatzpflicht noch auslösenden weiteren Baufalles insbesondere deshalb, weil § 62 BayBO den Zeitpunkt der Straßensicherung bzw. der Leistung des Kostenrückersatzes nicht etwa in das Ermessen der Beteiligten (Bauordnungsbehörde, Bauwerber, Gemeinde) gestellt hat, sondern eine Regelung der Straßensicherung und des Kostenrückersatzes von dem Bauwerber und der Gemeinde vor der Errichtung des Gebäudes forderte. Deshalb muß der Fall, daß die Verpflichtung zum Straßenkostenersatz nicht schon anläßlich des ersten Baufalles auf einem Grundstück unter der Geltung des § 62 BayBO begründet wurde, sondern erst bei der Errichtung eines neuen Bauwerks anstelle des alten nachgeholt wird, nach der bisherigen Regelung als atypischer 721
§ 133 5
6. Teil. Erschließung
Fall angesehen werden. Entsprechendes hat auch für den Fall zu gelten, daß ein Grundstück im Zeitpunkt der ersten Bauführung mit dieser Bebauung als vollständig oder im wesentlichen bebaut angesehen wurde und erst später aufgrund der veränderten Baugepflogenheiten nach dem jetzt maßgebenden Bebauungsplan noch eine weitere Bebaubarkeit des Grundstücks angenommen wird (z. B. durch Aufbau eines Geschosses, Anbau einer Garage, eines Raumes bzw. Wintergartens oder durch Aufteilung eines funktionsgerecht genutzten einheitlichen Grundstücks). Auch in diesen Fällen stellt sich die spätere Heranziehung des Grundstücks als atypischer Vorgang dar, weil die Beteiligten (Bauordnungsbehörde, Bauwerber und Gemeinde) unter den im Zeitpunkt des ersten Baufalles obwaltenden Umständen nicht davon ausgehen konnten bzw. nicht damit zu rechnen brauchten, daß die bei der ersten Gelegenheit zulässige, aber unterlassene Regelung des Straßenkostenersatzes in absehbarer Zeit bei einem späteren Baufall auf dem nämlichen Grundstück nachträglich herbeigeführt werden könne. Es ist also daran festzuhalten, daß der Zweck der §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 BBauG nur darin gesehen werden kann, den Gemeinden insoweit ein Abwälzungsrecht zu erhalten und mit dem Inkrafttreten des BBauG zu konkretisieren, als auf der Grundlage des bisherigen Rechts nicht zu atypischen, sondern nur bei regelmäßigem Verlauf noch eine Beitragspflicht entstehen konnte. Für selbständige Teile einer Erschließungsanlage, die vor dem Inkrafttreten des BBauG hergestellt wurden, entsteht die Beitragspflicht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 133 Abs. 4 BBauG mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, sofern nicht durch Straßenkostenvertrag nach § 62 BayBO 1901 ein früherer Zeitpunkt vereinbart war. Der Beitrag ist durch Leistungsbescheid geltend zu machen. (Vgl. hierzu auch oben Anm. 2 und 3.) d) Die Gemeinden haben die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits hergestellten Erschließungsanlagen, für die Beiträge erhoben werden sollen, in ortsüblicher Weise bekanntzumachen oder, wenn es sich nur um Einzelfälle handelt, den beitragsfähigen Eigentümern mitzuteilen. Ist nach der Satzung eine Kostenspaltung zulässig (§§ 127 Abs. 3, 132 Nr. 3), so sind die Anlagen, für die Teilbeträge erhoben werden sollen, in ortsüblicher Weise bekanntzumachen oder mitzuteilen. Die Bekanntmachung und die Mitteilung haben keine rechtsbegründende Wirkung; sie sind nicht selbständig anfechtbar. Sie dürfen nicht länger als unbedingt notwendig hinausgeschoben werden, da die Eigentümer über die sich aus der Rechtsumstellung für sie ergebenden beitragsrechtlichen Folgen rechtzeitig unterrichtet werden müssen. Es ist empfehlenswert, wenn die größeren Gemeinden die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits hergestellten Erschließungsanlagen und die Anlagen, für die Teilbeträge erhoben werden sollen, in einer Karte darstellen. Vgl. ferner hierzu auch Erläut. zu § 180 Abs. 1 und 2 und die dortige Rechtsprechungsübersicht. 722
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
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6. Rechtsprechung I. Zeitlicher Geltungsbereich; Übergangsrecht A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 25. 2. 1964 (I C 19.63) ZMR 1964, 381 = BayVBl. 1964, 328
Nach seinem zeitlichen Geltungsbereich kommt § 133 Abs. 1 BBauG nicht auf Erschließungsanlagen zur Anwendung, die vor dem 30. 10. 1960 hergestellt worden sind.
2. BVerwG U vom 25. 2.1964 (I C 88.63) BVerwGE 18, 80 = DÖV 1964, 341 = DVB1. 1964, 443 = BayVBl. 1964, 225 = BBaubl. 1964, 253 KStZ 1964, 119 = BB 1964, 578 = ZMR 1964, 183 = DWW 1964, 207
a) Der Begriff der .„vorhandenen Erschließungsanlage" in § 180 Abs. 2 BBauG deckt sich nicht mit dem der vorhandenen Straße im Sinne des ehemals preuß. Anliegerbeitragsrecht. b) Eigentümer solcher Anliegergrundstücke, die vor dem Inkrafttreten des ersten aufgrund des § 15 pr. F1LG erlassenen Ortsstatuts bebaut worden sind und deshalb bisher beitragsfrei waren, sind auch nicht nach § 133 Abs. 4 BBauG beitragspflichtig geworden.
3. BVerwG U vom 25. 2.1964 (I C 100.63) KStZ 1964, 243
a) Eigentümer solcher Grundstücke, die vor dem Inkrafttreten der ersten aufgrund des § 15 pr. F1LG erlassenen Ortsstatuts bebaut worden sind und deshalb bisher beitragsfrei waren, sind auch nicht nach § 133 Abs. 4 BBauG beitragspflichtig geworden. b) Der Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke an Erschließungsanlagen, die vor dem 30. 10. 1960 hergestellt worden sind, beurteilt sich ausschließlich nach altem Recht.
4. BVerwG U vom 28. 9.1965 (IV C 50.65) ZMR 1966, 91 = NJW 1965, 72 Die Gemeinden können Eigentümer von Anliegergrundstücken zu Straßenbaukosten für Straßen, die vor dem Inkrafttreten des BBauG hergestellt worden sind, nur heranziehen, wenn bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes nach altem Recht eine Beitragspflicht bestand. § 133 Abs. 4 BBauG führt in diesen Fällen einen einheitlichen Zeitpunkt für die Entstehung der Beitragsschuld ein. (Fortsetzung der Rechtsprechung des I. Senats im Urteil vom 25.2. 1964 — I C 88.63 in BVerwGE 18, 80).
5. BVerwG U vom 5. 10. 1966 (IV C 193/65) NJW 1967, 71
a) Die Frage, ob eine Rechtsgrundlage für die Entstehung einer Erschließungsbeitragspflicht für ein an einer bei Inkrafttreten des BBauG bereits hergestellten Straße gelegenes Grundstück vorhanden war, ist nicht revisibel. b) Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß von der Entstehung der Beitragspflicht gem. § 180 BBauG auch solche Grundstücke ausgenommen sind, für die die Beitragspflicht nur bei atypischen Geschehensablauf entstanden wäre, und ob es den Begriff des Typischen gegenüber dem des Atypischen zutreffend ausgelegt hat. 723
§133 6
6. Teil. Erschließung
c) Für ein bebaubares Grundstück, dessen vorhandene Bebauung nur befristet und widerruflich genehmigt ist, wäre die spätere Entscheidung der Beitragspflicht nach § 81 Münchener BauO typisch gewesen.
6. BVerwG U vom 15.3.1967 (IV C 239.65) DÖV 1968, 145 = 1967, 348
ZMR
Es erscheint nicht ausgeschlossen, in einem Anbauvertrag, der die Erschließungskosten nur zum Teil regelt, nachträglich auch den vom Vertrag nicht erfaßten Kostenanteil einzubeziehen, wenn die Beteiligten seinerzeit davon ausgegangen sind, daß insoweit eine gesetzliche Regelung bestehe, die vertragliche Vereinbarungen überflüssig mache.
7. BVerwG U vom 11.9.1967 (IV C 168.65) VerwRspr. 19, 467 BayVBl. 1967, 428 = DVB1. 1968, 190 = DÖV 1968, 142
=
Ein einheitlich genutztes Grundstück kann in aller Regel nicht mehr zu Erschließungskosten herangezogen werden, die für alte Straßen entstanden sind. Die einheitliche Nutzung eines Grundstücks ist ein tatsächlicher Begriff, für den der planerische Wille der Gemeinde ohne Bedeutung ist.
8. BVerwG U vom 15. 3. 1968 (IV C 141.65) BBaubl. 1968, 521 = BayVBl. 1968, 354
a) Eine in Bayern durch Sicherungsvertrag begründete Erschließungsbeitragspflicht ist heute rechtmäßige Grundlage für die Anforderung des Beitrags durch Bescheid. b) Anstelle des durch Sicherungsvertrag verpflichteten früheren Eigentümers eines Grundstücks kann der gegenwärtige Eigentümer nur dann zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden, wenn der Eigentumswechsel nach dem Inkrafttreten des BBauG erfolgt ist.
9. BVerwG U vom 29. 5. 1968 (IV C 23.66) BayBgm. 1968, 274
Die Beitragspflicht für eine vor dem Inkrafttreten des BBauG erfolgte Teilherstellung einer Erschließungsanlage, die erst nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes endgültig hergestellt worden ist, richtet sich nur dann nach altem Erschließungsrecht, wenn die Gemeinde — vor oder nach dem Inkrafttreten des BBauG — eine nach altem Recht zulässige Kostenspaltung beschlossen hat.
10. BVerwG U vom 6. 12. 1968 (IV C 30.67) BayVBl. 1969, 354
Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage, die unter der Geltung des alten Erschließungsrechts hergestellt worden sind, unterliegen dem neuen Erschließungsrecht, wenn die Erschließungsanlage insgesamt bei Inkrafttreten des BBauG noch nicht fertiggestellt war und die Teileinrichtung nicht bereits durch Kostenspaltung nach altem Recht abgerechnet worden ist.
11. BVerwG U vom 21. 5. 1969 (IV C 56.67) BayBgm. 1969, 219
Die Eigentümer von bebauten Grundstücken, die durch eine nach dem Inkrafttreten des BBauG hergestellte Straße erschlossen werden, können auch in Bayern zu Beiträgen nach dem neuen Erschließungsrecht des BBauG herangezogen werden, wenn sie mit der Gemeinde keinen Ablösungsvertrag abgeschlossen haben. 724
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
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12. BVerwG U vom 21.5.1969 (IV C 93.67) BayBgm. 1969, 218 BayVBl. 1970, 252
=
a) Der Abschluß eines reinen Straßensicherungsvertrages oder das Fehlen eines Vertrages steht der Anwendung des neuen Erschließungsrechts für neuhergestellte Straßen in Bayern nicht entgegen. b) Der Abschluß eines Ablösungsvertrages schließt die Anwendung des neuen Erschließungsrechtes auch für neuhergestellte Straßen aus.
13. BVerwG U vom 10. 10. 1969 (IV C 150.68) BayVBl. 1971, 472
Hat ein bayerischer Anlieger sich vertraglich verpflichtet, die Kosten für eine Erschließungsanlage bei der Bebauung seines Grundstücks zu erstatten, so ist seine Beitragspflicht für das noch unbebaute Grundstück mit dem Inkrafttreten des BBauG entstanden.
14. BVerwG U vom 29. 10. 1969 (IV C 78.68) BayVBl. 1971, 188
a) Garnisonsverträge mit der früheren Wehrmacht sind nicht in jedem Falle ohne weiteres rechtsunwirksam geworden. b) Ein vor dem Inkrafttreten des BBauG vertraglich vereinbarter Erlaß von Anliegerleistungen kann jedenfalls insoweit rechtswirksam bleiben, als auch nach geltendem Recht ein Erlaß möglich wäre.
15. BVerwG U vom 29. 5. 1970 (IV C 140.68) DÖV 1971, 395 = BayVBl. 1971, 19 = ZMR 1971, 63
Der Abschluß eines sogenannten bayerischen Straßensicherungsvertrages steht der Anwendung des neuen Erschließungsrechts für neu hergestellte Straßen in Bayern nur dann entgegen, wenn im Vertrage eindeutig zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die Beitragspflicht damit für alle Zeiten abgelöst werden sollte (Forts, der Rspr. in BVerwG IV C 136.65 und BVerwG IV C 93.67, VerwRspr. 20, 951).
B. Andere Gerichte 1. OVG Münster B vom 12. 7. 1962 (III B 105/62) DWW 1962, 306 KStZ 1962, 194 = DWW 1963, 376
Die Beitragspflicht unbebauter Grundstücke für vorhandene Erschließungsanlagen bestimmt sich nach dem alten Anliegerbeitragsrecht.
2. OVG Lüneburg U vom 13. 12. 1962 (I OVG A 21/62) DVB1. 1963, 220
Anliegergrundstücke, die vor Inkrafttreten des ersten aufgrund von § 15 FluchtlG erlassenen Ortsstatuts oder vor Beginn der Herstellung der Straße bebaut worden sind und deshalb der Beitragspflicht nach § 15 FluchtlG nicht unterlagen, werden auch nicht mit Inkrafttreten des § 133 BBauG beitragspflichtig.
3. BayObLG U vom 30. 4. 1964 (RReg 1 Z 82/63) BayBgm,. 1964, 207 = BayVBl. 1964, 301
Die durch Vereinbarung nach § 62 Abs. 3 BayBO 1901 (§ 81 Abs. 1 MBO) begründeten — bürgerlichrechtlichen — Pflichten der Bauwerber zur Sicherung und Erstattung der Straßenbaukosten sind auch unter der Geltung des BBauG aufrechterhalten geblieben. 725
§133 6
6. Teil. Erschließung
Sie sind auch durch Art. 47, 18 BayStrWG nicht beseitigt worden. § 62 Abs. 3 BayBO 1901 galt an sich auch für Ortsdurchfahrten von Bundes-, Staats- und Kreisstraßen. Eine Bauanlage war so lange neu nach § 62 Abs. 3 BayBO 1901, bis alle Anliegergrundstücke bebaut waren. § 62 Abs. 3 BayBO 1901 ließ die Heranziehung der Bauwerber nur zu den Kosten der erstmaligen ordnungsmäßigen Straßenherstellung zu. Die Ordnungsmäßigkeit der ersten Straßenherstellung bemaß sich nach den im Zeitpunkt der ersten Straßenherstellung geltenden Vorschriften. Sie hing grundsätzlich nicht von der Anlegung in der vollen durch die Straßenbegrenzungslinien ausgewiesenen Breite ab, vor dem BayStrWG auch nicht von der Ausstattung mit einem Gehweg.
4. OVG Münster U vom 15. 7.1964 (III A 149/63) ZMR 1964, 349 DWW 1964, 391 = KStZ 1964, 245
War für ein bebautes Grundstück, das am 29. 10. 1960 an eine hergestellte Erschließungsanlage grenzte, nach dem Ortsrecht der Gemeinde eine Anliegerbeitragspflicht noch nicht entstanden, so entstand sie am 30. 10.1960, falls nach diesem Zeitpunkt bei typischem Geschehensablauf eine Beitragsforderung alten Rechts entstanden wäre.
5. VGH Bad.-Württ. vom 28. 7. 1964 (III 618/62) DVB1. 1965, 295
Nach badischem Recht entstand die konkrete Pflicht zur Leistung eines Straßenkostenbeitrags nicht schon mit der Straßenherstellung, sondern erst mit der Bebauung des Grundstücks. Soweit Erschließungsanlagen bereits hergestellt sind, entsteht daher bei unbebauten Grundstücken die konkrete Beitragspflicht mit dem Inkrafttreten des BBauG.
6. BayVGH U vom 5.11.1964 (Nr. 148 IV 63) BayVBl. 1965, 23 = BayBgm. 1964, 275 = DVB1. 1965, 300
§ 62 BayBO 1901 ist mit dem Ablauf des 29. 6.1961 außer Kraft getreten. In Bayern ist § 133 Abs. 4, soweit nicht in Gemeinden — ausnahmsweise — Anliegerbeitragspflicht aufgrund einer Satzung nach Art. 9 GAG bestanden hat, gemäß § 189 Abs. 2 BBauG am 30. 6.1961 in Kraft getreten. Für eine bei Inkrafttreten des BBauG bereits vorhandene Erschließungsanlage kommt als Rechtsgrundlage für einen Erschließungsbeitragsbescheid nicht § 133 Abs. 1, sondern nur § 133 Abs. 4 i. V. mit § 180 Abs. 2 in Betracht. §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 geben den Gemeinden ein Abwälzungsrecht und konkretisieren es mit dem Inkrafttreten des BBauG insoweit, als auf der Grundlage des bisherigen Rechts nicht bei atypischen, sondern nur bei regelmäßigem Verlauf noch eine Beitragspflicht entstehen konnte. Bei unbebauten Grundstücken trifft dies unter den Voraussetzungen des § 62 BayBO regelmäßig zu. Bei im wesentlichen bereits bebauten Grundstücken hat die Möglichkeit außer Betracht zu bleiben, daß bei der Errichtung eines Ersatzbaues anstelle des vorhandenen Gebäudes oder bei einem sonstigen weiteren Baufall (z. B. Aufbau eines Geschosses, Anbau einer Garage oder eines Raumes) möglicherweise noch eine Verpflichtung zur Straßensicherung bzw. zum Straßenkostenrückersatz entstehen konnte.
7. OVG Münster U vom 9. 12. 1964 (III A 147/63) KStZ 1965, 21 ZMR 1965, 90 = DVB1. 1965, 618
Die Entstehung der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 4 BBauG für teilweise vor Erlaß der ersten Ortssatzung bebaute Grundstücke kann nicht davon abhängen, daß der
726
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133 6
noch bebaubare Teil des Grundstücks planungsrechtlich als selbständiges Grundstück ausgewiesen ist und eine kataster- und grundbuchmäßig selbständige Parzelle bildet (Ablehnung der Ansicht des BVerwG im U vom 25. 2. 1964 — I C 100.63). Die gesetzliche Begründung dieser Pflicht steht nicht in Widerspruch mit dem rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot.
8. OVG Münster U vom 6. 1.1965 (III A 544/62) DVB1. 1965, 853 KStZ 1965, 119
Mit dem Inkrafttreten von § 133 BBauG sind nur in denjenigen Fällen Teilbetragsforderungen für fertiggestellte Teileinrichtungen entstanden, in denen die dafür aufgewandten Kosten bereits durch Ortsgesetz abgespalten waren.
9. OVG Bremen U vom 17. 2.1965 (b BA 64/64) KStZ 1965, 116 DVB1. 1965, 853
a) § 180 Abs. 1 BBauG setzt voraus, daß am 30. 10.1960 bereits eine konkrete Beitragspflicht des Anliegers entstanden war, die damals schon und noch geltend gemacht werden konnte. b) Bei der Entscheidung, ob die konkrete Beitragspflicht etwa gemäß § 133 Abs. 4 BBauG entstanden ist, haben atypische Geschehensabläufe unberücksichtigt zu bleiben. c) Ist eine Beitragspflicht weder nach § 180 Abs. 1 noch nach § 133 Abs. 4 BBauG entstanden, so kann sie nicht mehr nachträglich aufgrund der bis zum Inkrafttreten des BBauG geltenden Vorschriften entstehen.
10. BayVGH U vom 6. 4.1965 (Nr. 142 IV 63) BayBgm. 1965, 225
a) Wurden Erschließungsstraßen vor dem 30. Juni 1961 erstmalig hergestellt, unterliegen der Erschließungsbeitragspflicht Grundstücke auf denen Schwarzbauten errichtet sind, auch dann, wenn die Straßenherstellungskosten nicht durch Vertrag gesichert sind; b) ist die Höhe des Erschließungsbeitrags nach den bisher in der Gemeinde maßgebenden Auslegungsgrundsätzen — also nicht nach der im Vollzug von § 132 BBauG erlassenen Satzung — zu ermitteln.
11. BayVGH U vom 28. 10. 1965 (47 IV 64) VGH n. F. 18.78 (vgl. mit ähnl. Leitsatz NJW 1966, 219) = BayVBl. 1966, 97 = BayBgm. 1965, 215
Für eine Erschließungsanlage, die nach dem Inkrafttreten des BBauG erstmals endgültig hergestellt wird, bestimmt sich die Beitragspflicht grundsätzlich auch dann nach den Vorschriften dieses Gesetzes, wenn unter der Geltung des § 62 BayBO 1901 mit der Gemeinde ein Vertrag zur Sicherung der Straßenbaukosten abgeschlossen wurde.
12. BayVGH U vom 30.11.1965 (Nr. 9IV 65) BayBgm. 1966, 72 = BayVBl. 1966, 97
Wird eine Erschließungsanlage nach dem Inkrafttreten des BBauG erstmals hergestellt, so unterliegen der Beitragspflicht nach § 132 Abs. 2 BBauG auch Grundstücke, die bereits unter der Geltung des § 62 BayBO bebaut wurden, ohne daß der Bauwerber Straßenkostensicherung leistete (Fortsetzung zur Entscheidung des Gerichts vom 28. 10. 1965 Nr. 47 IV 64 NJW 1966, 219). 727
§ 133 6
6. Teil. Erschließung
13. OVG Lüneburg U vom 28. 4. 1966 (I OVG A 112/65) KStZ 1966, 190
Wird eine Straße erst nach Inkrafttreten des BBauG hergestellt, so sind insoweit auch die Eigentümer von Grundstücken erschließungsbeitragspflichtig, die bei Herstellung der Straße unter der Geltung des alten Rechts beitragsfrei geblieben wären, weil sie das Grundstück vor Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts nach § 15 Preuß. FluchtlG bebaut hatten.
14. OVG Berlin U vom 6. 1. 1967 (OVG II B 48/65) DVB1. 1967, 796 = NJW 1967, 998
War ein Grundstück im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BBauG herrenlos, so konnte mangels eines Schuldners begrifflich ein Anliegerschuldverhältnis über § 133 Abs. 4 BBauG nicht entstehen und demgemäß auch nicht auf einen späteren Grundstückserwerber übergehen.
15. OVG Rheinl.-Pfalz U vom 10. 3. 1975 (GA 50/73) DÖV 1975, 718
Seit Inkrafttreten des 6. Teils des BBauG ist eine vertragliche Ablösung des Erschließungsbeitrags nur aufgrund allgemeiner, von dem nach Landesrecht zuständigen Organ der Gemeinde zu treffenden Bestimmungen zulässig (siehe auch BVerwG U vom 22. 8. 1975 (IV C 7.73) DÖV 1976, 349 DVB1. 1976, 309 = NJW 1976, 341) II. Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht
A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 1. 2. 1967 (IV C 130.65) DÖV 1968, 145 = Z M R 1968, 30
Die Entscheidung des Berufungsgerichts, Erschließungsbeiträge seien deswegen nicht entstanden, weil eine vor dem Inkrafttreten des BBauG hergestellte Straße nicht an das Grundstück angrenze, kann vom BVerwG nicht überprüft werden.
2. BVerwG U vom 1.2.1967 (IV C 178.65) NJW 1967, 1100 = DVB1. 1967, 796 = DÖV 1968, 144
Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht für eine Anlage nicht, wenn sie lediglich gewerblich genutzt werden dürfen, die Errichtung gewerblicher Bauten jedoch nur im Ausnahmeweg möglich ist.
3. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 221/65) DÖV 1969, 362 = BVerwGE 29, 90 Eine Gemeinde handelt nicht ermessenswidrig, wenn sie ihren Anteil am Erschließungsaufwand einheitlich für Wohn- und Industriestraßen festsetzt, gewerblich genutzte Eckgrundstücke aber von einer den Wohneckgrundstücken gewährten Ermäßigung ausnimmt.
4. BVerwG U vom 14. 6. 1968 (IV C 65.66) BBauBl. 1968, 522 = DVB1. 1968, 808 = DÖV 1968, 883
a) Nur Straßen, die nach Landesrecht den Charakter einer öffentlichen Straße haben, die mithin dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, können Erschließungsanlagen im Sinne des BBauG sein. 728
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133 6
b) Auch für eine noch nicht gewidmete Straße können Erschließungsbeiträge im Wege der Kostenspaltung und der Vorausleistung beigezogen werden. c) In die Berechnung des Erschließungsbeitrages sind auch erschlossene Grundstücke einzubeziehen, die beitragsfrei bleiben.
5. BVerwG U vom 19.9.1969 (IV C 68.68) BayVBl. 1971, 63 = 1970, 428 = DVB1. 1970, 82 = ZMR 1970, 148
DÖV
Ein Grundstück, das bei Herstellung der Erschließungsanlage noch nicht bebaubar ist, wird nach dem neuen Recht beitragspflichtig, sobald die Bebaubarkeit eintritt.
6. BVerwG U vom 29. 10. 1969 (IV C 43.68) DÖV 1970, 429 = 1970, 148
ZMR
Die Beitragspflicht für hergestellte Teilmaßnahmen entsteht erst mit dem Ausspruch der Kostenspaltung, falls dieser nicht schon vor der Herstellung erfolgt ist.
7. BVerwG U vom 12. 12. 1969 (IV C 100.68) DVB1. 1970, 417 = BayVBl. 1971, 189 = Gemeindetag 1970/75 = DÖV 1970, 425
a) Eine Veränderungssperre steht der Erhebung von Erschließungsbeiträgen dann nicht entgegen, wenn bei Anforderung der Beiträge feststeht, daß eine Baugenehmigung erteilt werden müßte, weil die Sperre demnächst endet. b) Wird eine Straße erst nach ihrer Herstellung für den öffentlichen Verkehr gewidmet, so entsteht die Beitragspflicht erst mit der Widmung (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 65.66 und BVerwG IV C 43.68).
8. BVerwG U vom 3.6. 1971 (IV C 10.70) BayVBl. 1972, 300 = DÖV 1971, 817 Ein Friedhof ist beitragspflichtig im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts.
9. BVerwG U vom 3. 6.1971 (IV C 28.70) M D R 1971, 1039 Sportplätze und Schwimmbäder sind erschlossene Grundstücke; dahingestellt
bleibt, ob sie auch beitragspflichtig sind.
10. BVerwG U vom 2. 7. 1971 (IV C 71.69) DÖV 1971, 817 = KStZ 1971, 220 Ein Hintergrundstück ist von einer Straße nicht erschlossen, wenn es vielleicht später einmal einen Zugang zu dieser Straße erhalten soll.
11. BVerwG U vom 12. 11. 1971 (IV C 11.70) ZMR 1972, 156 = NJW 1972, 29. Heft, XXIV.
Der Eigentümer eines mit einer Transformatorenstation bebauten Grundstücks hat einen Erschließungsbeitrag zu zahlen, auch wenn das Grundstück nicht weiter bebaut werden kann.
12. BVerwG U vom 22. 8. 1975 (IV C 11.73) DÖV 1976, 95
a) Eine Erschließungsanlage ist i. S. des § 133 Abs. 2 BBauG endgültig hergestellt, sobald sie den Herstellungsmerkmalen einer gültigen Satzung entspricht und der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung. 729
§133 6
6. Teil. Erschließung
b) Abgesehen vom Merkmal der endgültigen Herstellung ist bei der Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen auf die für den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht geltende Beitragssatzung abzustellen. Dementsprechend ist, sofern die etwa erforderliche Widmung der Erschließungsanlage ihrer tatsächlichen Herstellung nachfolgt, insoweit die für den Zeitpunkt der Widmung geltende Satzung maßgebend.
13. BVerwG U vom 7. 10. 1977 (IV C 103.74) NJW 1978, 438 = BayVBl. 1978, 248 = DVB1. 1978, 302 = DÖV 1978, 609
a) Im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG „durch die Anlage erschlossen" sind Grundstücke, wenn die Eigentümer die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit haben, von der Erschließungsanlage eine Zufahrt bzw. einen Zugang zu ihren Grundstücken zu nehmen (im Anschluß an BVerwGE 25, 147 [149]). b) Hinterliegergrundstücke gehören zum Kreis der durch die Anlage erschlossenen Grundstücke im Sinne der § 131 Abs. 1 BBauG, wenn sie entweder tatsächlich Zufahrt bzw. Zugang zu der Anlage besitzen oder wenn sie von der Anlage zwar durch ein Grundstück mit geringer Tiefe, das selbst nicht bebaut oder gewerblich genutzt werden darf, getrennt sind, aber die rechtlichen Hindernisse, die der Zugänglichkeit wegen dieser Trennung entgegenstehen, ausräumbar sind. c) Die Beitragspflicht wird nach § 133 Abs. 1 BBauG erst ausgelöst, wenn für ein Grundstück die baurechtlich geforderte Erschließung gesichert ist; dazu gehört, daß rechtliche Hindernisse, die der Zuständigkeit entgegenstehen, dadurch ausgeräumt sind, daß Zufahrt bzw. Zugang in rechtlich gesicherter Weise und auf Dauer genommen werden kann. d) Ob und unter welchen Voraussetzungen gegenüber einer Erschließungsbeitragsforderung mit einer Gegenforderung aufgerechnet werden kann, bestimmt sich nach Landes-Abgabenrecht.
14. BVerwG U vom 26. 1.1979 (IV C 17.76) BBauBl. 1979, 307
a) Die Durchführung der Vermessung — als notwendiges Element des Grunderwerbs — wirkt sich nur dort auf den Entstehungszeitpunkt der Beitragspflicht aus, wo die Beitragssatzung unter den „Merkmalen der endgültigen Herstellung" (§ 132 Nr. 4 BBauG) auch den Eigentumserwerb der Flächen für Erschließungsanlagen aufführt. b) Die Vermessung der Größe der erschlossenen Grundstücke gehört nicht zur Aufwandsermittlung, sondern zur Verteilung des Aufwands und vermag deswegen den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht nicht zu beeinflussen.
B. Andere Gerichte 1. BayVGH U vom 12. 11.1964 (Nr. 140 IV 63)
Eine Aufstockung nimmt keine weitere Grundfläche in Anspruch; sie ist somit keine die Beitragspflicht begründende Maßnahme.
2. OVG Lüneburg U vom 11. 3.1965 (I OVG A 89/64) BBauBl. 1865, 400 = DVB1. 1966, 385
Grundstücke außerhalb eines Bebauungsplans, die weder nach der Verkehrsauffassung Bauland sind, noch zur Bebauung anstehen, unterliegen auch dann nicht der Beitragspflicht, wenn sie gewerblich (etwa zum Abbau eines Kiesvorkommens) genutzt werden dürfen. 730
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 133 6
3. BayVGH U vom 23. 11. 1965 (Nr. 97 IV 62) BayVBl. 1966, 62
a) Fortgeltende Vereinbarungen nach § 62 Abs. 3 BayBO 1901 sind seit Ablauf des 29. 6. 1961 öffentlich-rechtlicher Natur. b) Einem Straßenbaukostenersatzanspruch kann die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung nicht entgegengehalten werden, solange der Anspruch noch nicht fällig ist.
4. HessVGH U vom 30. 6. 1966 (OS IV 24/65) ESVGH 17.142 = DVB1. 1967, 244 = ZMR 1967, 221 = DÖV 1968, 145 Der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 1 BBauG unterliegen in sinngemäßer Anwendung des § 145 Abs. 1 BBauG auch Grundstücksteile. Allerdings muß der Grundstücksteil so genau bestimmt sein, daß die Berechnung des Beitrags nach § 131 Abs. 2 BBauG möglich ist.
5. BayVGH U vom 16. 3. 1967 (Nr. 221 IV 65) BayVBl. 1968, 282
Werden gegen die Vollziehung aus einem Leistungsbescheid Einwendungen erhoben, die den Anspruch selbst betreffen, so entscheidet in Bayern die Anordnungsbehörde (Art. 21 VwZVG). Eine nach Erlaß des Leistungsbescheids eingetretene Änderung der Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht macht eine Vollziehung aus dem Leistungsbescheid weder rechts- noch sittenwidrig.
6. OVG Münster U vom 12. 7. 1967 (III A 1596/64) KStZ 1967, 248 = DVB1. 1968, 190 = DöV 1969, 362
§ 38 BBauG befreit die dort genannten privilegierten Planungsträger — insbesondere die Bundesbahn — nicht von der Erschließungsbeitragspflicht der §§ 127 ff. BBauG. Soweit die Bundesbahn Teile ihres Betriebsgeländes vermietet und dem Mieter die Errichtung eines Gebäudes auf dem vermieteten Teil gestattet, ist sie beitragspflichtig und damit auch vorausleistungspflichtig.
7. OVG Lüneburg U vom 22. 2. 1968 (I OVG A 121/66) KStZ 1968, 184
In der Regel bewirkt eine Veränderungssperre, daß die davon betroffenen Grundstücke nicht zur Bebauung „anstehen". Das muß insbesondere dann gelten, wenn die Veränderungssperre gerade deswegen beschlossen worden ist, weil etwa der genaue Verlauf von Erschließungsanlagen oder die Anlage von Grünflächen noch ungewiß sind, mithin also noch nicht feststeht, ob einzelne Grundstücke überhaupt Bauland werden können. Aber auch dann, wenn zu erwarten ist, daß die Grundstücke später einmal grundsätzlich bebaut werden können, die Veränderungssperre also nur eine rein zeitliche Sperre auslöst, weil Art und Umfang der baulichen Nutzung in diesem Gebiet noch ungewiß sind, kann eine Heranziehung in der Regel nicht erfolgen; denn das „Anstehen zur Bebauung" im Sinne des § 133 Abs. 1 BBauG ist der früheste Zeitpunkt der Heranziehung. Fehlt es an der Voraussetzung des Anstehens zur Bebauung, so ist jedenfalls die Heranziehung zur Zeit nicht möglich (siehe aber II A 6).
8. OVG Münster U vom 22. 5. 1968 (III A 866/66) KStZ 1969, 79 = VerwRspr. 20, 70 = DÖV 1969, 867 Kleinsiedler sind nicht von Erschließungsbeiträgen befreit.
731
§133 6
6. Teil. Erschließung
9. VG Gelsenkirchen U vom 7. 7.1969 (JK 180/68) D W W 1969, 329
Als erschlossen und damit beitragspflichtig ist ein Grundstück nur anzusehen, wenn es eine rechtlich gesicherte und tatsächliche Möglichkeit des Zugangs zur Erschließungsanlage besitzt. Ein Notwegrecht nach § 917 BGB genügt nicht.
10. OVG Münster U vom 30. 9. 1971 (III A 1205/69) DÖV 1972, 507
Die tatsächliche Möglichkeit der Kostenabrechnung und -Verteilung ist kein zusätzliches Erfordernis für die in § 133 Abs. 2 BBauG geregelte Entstehung der Beitragspflicht (siehe aber oben II A 12).
III. Vorausleistungen
A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 19. 10. 1966 (IV C 107.65) DÖV 1968, 145 = 1968, 154.
ZMR
Die Geschäftsgrundlage für einen Anbauvertrag, der die Verpflichtung zur Zahlung eines Vorschusses auf künftige Erschließungsbeiträge enthält, kann wegfallen, wenn sich die ordnungsmäßige Erschließung des Grundstücks übermäßig verzögert.
2. BVerwG U vom 1.3. 1967 (IV C 15.66) N J W 1967, 1101 = BayVBl. 1967, 316 = DVB1. 1967, 796 = DÖV 1968, 145
a) Eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für ein Grundstück für das eine Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, kann nur nach Erlaß einer Ortssatzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen angefordert werden. b) Die Möglichkeit, Vorausleistungen zu erheben, braucht in der Satzung nicht geregelt zu werden.
3. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 221.65) DÖV 1969, 362 = BVerwGE 29, 90
a) Aufgrund der Genehmigung eines Bauvorhabens kann eine Vorausleistung auf künftige Erschließungsbeiträge nur dann verlangt werden, wenn die Erschließungsanlage für das Bauvorhaben von Nutzen sein kann. b) Eine Vorausleistung kann nach erteilter Baugenehmigung so lange gefordert werden, als sie nicht verwirkt ist. Sie kann erst dann verlangt werden, wenn die Herstellung der Erschließungsanlage in absehbarer Zeit geplant ist.
4. BVerwG U vom 31.1.1968 (IV C 29.67) DVB1. 1968, 521 = 1969, 94 = DÖV 1969, 363
KStZ
a) Eine Vorausleistung auf künftige Erschließungsbeiträge kann solange gefordert werden, als der Anspruch der Gemeinde nicht verwirkt ist. Sie kann erst dann verlangt werden, wenn die Herstellung der Erschließungsanlagen in absehbarer Zeit geplant ist. b) Das Bauvorhaben, durch dessen Genehmigung die Möglichkeit zur Erhebung einer Vorausleistung geschaffen wird, muß eine eigene Beziehung zur Erschließungsanlage haben, so daß die Erschließungsanlage nicht allein für das Grundstück, sondern gerade für das genehmigte Bauvorhaben von Nutzen sein kann. 732
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 133 6
5. BVerwG U vom 23. 8. 1968 (IV C 16.67) DVB1. 1968, 921 = BBaubl. 1969, 240 = KStZ 1969, 58 = DÖV 1969, 363 Der Anspruch einer Gemeinde auf Anforderung einer Vorausleistung auf künftige Erschließungsbeiträge wird nicht schon dadurch verwirkt, daß die Gemeinde, in deren Ortssatzung die Erhebung von Vorausleistungen allgemein vorgeschrieben ist, einen Zeitraum von 17 Monaten zwischen Erteilung der Baugenehmigung und Anforderung der Vorausleistung verstreichen läßt.
6. BVerwG U vom 25.9. 1968 (IV C 81.66) BVerwGE 30, 240 = Z M R 1969, 23 = DÖV 1969, 357 = DVB1. 1969, 281 = BayVBl. 1969, 393
Von einer Vorausleistung auf künftige Erschließungsbeiträge können auch Beiträge erfaßt werden, die nach der Ortssatzung für bereits hergestellte Teileinrichtungen durch Kostenspaltung verlangt werden könnten.
7. BVerwG U vom 16. 4. 1971 (IV C 82.69) M D R 1971, 787 = DÖV 1971, 818 = NJW 1972, 701 Der Berechnung einer Vorausleistung kann der Erschließungsbeitrag für mehrere Grundstücke zugrunde gelegt werden, wenn der durch die Baugenehmigung erzielte Erschließungsvorteil sich auf mehrere Grundstücke desselben Eigentümers auswirkt.
8. BVerwG U vom 13. 12. 1974 (IV C 26.73) BayVBl. 1976, 24
a) Die Rechtsgrundlage eines unanfechtbar gewordenen Vorausleistungsbescheides kann wegfallen, wenn eine Erschließungsbeitragspflicht endgültig nicht entstehen kann. b) Die Verjährungsfrist beginnt nicht mit der endgültigen Herstellung der Anlage zu laufen, solange diese nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet und deshalb eine Beitragspflicht noch nicht entstanden ist.
9. BVerwG U vom 4.4.1975 (IV C 1.73) BauR 6/75, 415 = 1976, 277 = DÖV 10/1975
BayVBl.
a) Die Heranziehung zur Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag ist nicht schon durch den Formalakt der Erteilung der Baugenehmigung gerechtfertigt, sondern durch die damit verbundene Rechtsposition der Freigabe des Bauvorhabens. b) Ist der Vorausleistungsbescheid noch anfechtbar und entfällt infolge Erlöschens der ungenutzten Baugenehmigung die Freigabe des Bauvorhabens vorübergehend, so wird dadurch der Vorausleistungsbescheid nicht rechtswidrig; die Gemeinde ist nur gehindert, ihn zu vollziehen, solange der Herangezogene nicht bauen darf.
10. BVerwG U vom 23. 5. 1975 (IV C 73.73) BayVBl. 1976, 278 = DÖV 1975, 715 = Gemeindehaushalt 1976, 188 = BVerwGE 48, 247
a) Bundesrecht steht einer Verwirkung des Rechtes einer Gemeinde, eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag zu verlangen, nicht entgegen (im Anschluß an das Urteil vom 24. 11. 1971 - IV C 24.70 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 42). b) Kann das Recht, eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag zu verlangen, noch nicht geltend gemacht werden, weil die Voraussetzungen für eine Heranziehung zur Vorausleistung nicht ausnahmslos vorliegen, so können vor der Entstehung des Rechtes eingetretene besondere Umstände gegebenenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben der späteren Heranziehung zur Vorausleistung entgegengesetzt werden.
733
§133 6
6. Teil. Erschließung
c) Eine Vorausleistung darf erst dann verlangt werden, wenn die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von etwa vier Jahren durchgeführt werden soll; jedoch reicht es aus, wenn im Zeitpunkt des Erlasses eines Widerspruchsbescheides die Straßenherstellung innerhalb dieser Frist vorgesehen ist (im Anschluß an das Urteil vom 31. 1. 1968 - IV C 221.65 - BVerwGE 29, 90).
11. BVerwG U vom 5. 9. 1975 (IV C 75.73) DÖV 1976, 96
Die Vorausleistung tilgt die Beitragsforderung bei deren Entstehung in H ö h e der geleisteten Zahlung u n d kann bei späterer Verjährung der Forderung nicht zurückverlangt werden.
12. BVerwG U vom 22. 8. 1975 (IV C 7.73) DÖV 1976, 349 = DVB1. 1976, 309 = NJW 1976, 341
a) Die Gemeinden müssen den ihnen entstehenden Erschließungsaufwand nach Maßgabe des Bundesbaugesetzes u n d ihrer Beitragssatzung abdecken; abweichende Vereinbarungen über den endgültigen Erschließungsbeitrag sind unzulässig. b) Zulässig ist jedoch die vor Inkrafttreten einer Erschließungsbeitragssatzung getroffene vertragliche Vereinbarung einer Vorauszahlung auf den späteren Erschließungsbeitrag.
13. BVerwG U vom 26. 11. 1978 (IV C 79.74) NJW 1977, 1742
Ist ein Vorausleistungsbescheid deshalb zu Unrecht erlassen worden, weil die Herstellung der Erschließungsanlage noch nicht absehbar war, so kann der Beitragspflichtige, der den Bescheid hat bestandskräftig werden lassen, aus diesem Rechtsfehler keinen RückZahlungsanspruch herleiten, solange die Gemeinde den Ausbau der Anlage nur verzögert, aber nicht endgültig aufgibt.
B. Verwaltungsgerichtshöfe/Oberverwaltungsgerichte 1. HessVGH U vom 21. 2.1963 (OS V 154/61) KStZ 1963, 129 (vgl. auch OVG Münster U vom 24. 10. 1962 - III A 1349/58, DWW 1963, 385)
Hat eine Gemeinde kurz vor der Heranziehung bescheinigt, daß vorerst Straßenbaukosten nicht gefordert werden u n d hat sich der Bürger mit seinem Finanzierungsplan hierauf eingestellt, so ist es ermessensfehlerhaft, von ihm kurz darauf Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag zu fordern.
2. BayVGH B vom 30.11.1964 (Nr. 145 IV 63) BayVBl. 1965, 169 DVB1. 1965, 618
Eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag ist ihrem wesen nach eine Geldleistung; das schließt nicht aus, daß vereinbarte Sachleistungen (z. B. G r u n d u n d Boden f ü r die Erschließungsanlage) auf die Vorausleistung angerechnet werden. Eine Satzungsvorschrift, nach der unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorausleistung durch Abtretung von G r u n d und Boden an die Gemeinde zu erbringen ist, ist daher ungültig.
3. BayVGH U vom 28.10. 1965 (47 IV 64) VGH n. F. 18, 78 (vgl. mit ähnl. Leitsatz NJW 1966, 219) = BayVBl. 1966, 97 = BayBgm. 1965, 215
Nach § 133 Abs. 3 BBauG sind die Gemeinden unmittelbar berechtigt, im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, durch Heranziehungsbescheid Vorausleistungen zu verlangen. 734
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 133 6
4. OVG Münster U vom 15. 12. 1965 (III A 614/63) BBauBl. 1966, 360 = KStZ 1966, 183 Die Anforderung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag ist ohne eine zusätzliche ortsrechtliche Regelung der Vorausleistungspflicht zulässig. Die Heranziehung setzt aber gültiges Ortsrecht über Erschließungsbeiträge voraus.
5. Hess.VGH U vom 7.1. 1966 (OS IV 45/65) DOV 1967, 211
Eine Vorausleistung für zukünftig zu erstellende Erschließungsanlagen kann frühestens verlangt werden, wenn die Planungsarbeiten abgeschlossen sowie Schritte zur haushaltsmäßigen Deckung der entstehenden Kosten eingeleitet sind.
6. OVG Lüneburg U vom 24. 11. 1966 (I A 61/65) DÖV 1968, 145
Vorausleistungen nach § 133 Abs. 3 BBauG können nicht erhoben werden, wenn der Beginn des Straßenausbaues noch ungewiß und die Art der Straßenherstellung noch nicht geklärt ist.
7. OVG Lüneburg U vom 26.1.1967 (I OVG A 197/65) KStZ 1967, 119
Der nach der Rechtsprechung des Senats zu fordernde zeitliche Zusammenhang zwischen der Erhebung der Vorausleistung und der Herstellung der Erschließungsanlage ist gegeben, wenn diese zu einem so wesentlichen Teil bereits durchgeführt ist, daß die Benutzung der Erschließungsanlage möglich ist, und wenn daraus auf einen — auch in zeitlicher Beziehung — sinnvollen Abschluß der Herstellung geschlossen werden kann.
8. OVG Münster U vom 5. 4. 1967 (III A 724/64) DVB1. 1967, 947 NJW 1967, 1978 = DÖV 1968, 140
a) Bauvorhaben i. S. des § 133 Abs. 3 Satz 1 BBauG sind nur solche Bauwerke, die einen verstärkten Verkehr zum und vom Grundstück verursachen und damit die Gemeinde zu einer erstmaligen oder weiteren Erschließungstätigkeit veranlassen können. b) Umbauten, durch die alte Anbauten in eine moderne Toilettenanlage umgestaltet werden, machen nicht vorausleistungspflichtig.
9. OVG Lüneburg U vom 10. 8. 1967 (I 82.66) DVB1. 1968, 404 DÖV 1968, 886 = KStZ 1968, 36
Die Pflicht zur Vorausleistung entfällt, wenn von einer Baugenehmigung endgültig kein Gebrauch gemacht worden ist.
10. OVG Münster U vom 13. 3. 1968 (III A 632/65) NJW 1968, 2123 DÖV 1969, 363
a) Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, die gemäß § 133 Abs. 3 BBauG geforderten Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag zu verzinsen. b) Eine Verpflichtung zur Verzinsung kann ausnahmsweise bestehen, wenn eine Gemeinde unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes die aufgrund von Anbauverträgen alten Rechts erbrachten Vorausleistungen aus Haushaltsmitteln verzinst, jedoch für Vorausleistungen nach § 133 Abs. 3 BBauG keine Mittel zur Verfügung stellt. Mit Anm. Emrich in NJW 1969.53. 735
§ 133 6
6. Teil. Erschließung
11. BayVGH U vom 18. 6. 1969 (Nr. 190 IV 66) DWW 1969, 325
a) Die Erhebung von Beiträgen knüpft an die Vorteile an, die den an der öffentlichen Einrichtung besonders Interessierten erwachsen. b) Der das Beitragsrecht beherrschende Grundsatz der Vorteilsausgleichung schließt nicht aus, daß der beitragspflichtige Grundstückseigentümer, für den die Einrichtung von potentiellen Nutzen ist, schon vor ihrer Fertigstellung zur Entrichtung von Vorauszahlungen auf den Beitrag herangezogen wird.
12. OVG Lüneburg U vom 26. 2. 1970 (I A 51/69) DÖV 1971, 394 Eine Vorausleistung ist auf den Erschließungsbeitrag in der Weise anzurechnen, daß ihrem Betrag die durch sie ersparten Kapitalkosten hinzuzurechnen, mithin Kapitalkosten dem Beitragspflichtigen insoweit nicht anzulasten sind (in der Praxis kaum durchführbar).
13. OVG Münster U vom 4. 5. 1972 (III A 269/70) DVB1. 1972, 799 = DÖV 1972, 867 = KStZ 1972, 197
a) Der Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bedarf nicht einer ausdrücklichen Ermächtigung, sondern ist auch im Bereich der Hoheitsverwaltung immer zulässig, soweit nicht im Einzelfall zwingendes Recht oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen. b) Die Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag ist zu bejahen. Zwingendes Recht steht dieser Auffassung nicht entgegen. Es gibt auch keinen Rechtsgrundsatz, der es der Gemeinde verböte, den gesetzlichen Anspruch auf die Vorausleistung in der Weise geltend zu machen, daß sie die sonst im Heranziehungsbescheid enthaltenen Regelungen (die Entscheidung, den Anspruch überhaupt und in einer bestimmten Höhe geltend zu machen) in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Abgabenschuldner trifft.
14. OVG Münster U vom 9. 8. 1972 (III A 386/71) GemTag 1973, 281
Ist ein Vorausleistungsbescheid unanfechtbar geworden, so kann der Betroffene Rückzahlung seiner Vorausleistung auch dann nicht verlangen, wenn der Bescheid bei Eintritt der Unanfechtbarkeit rechtswidrig war. Gibt die Gemeinde jedoch zu erkennen, daß sie den zugehörigen Erschließungsbeitragsbescheid nicht mehr erlassen wird, so nimmt der Vorausleistungsbescheid damit die Rechtsnatur eines Erschließungsbeitragsbescheides an, der vom Betroffenen nunmehr nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften angegriffen werden kann.
15. OVG Münster U vom 7. 6. 1973 (III A 847/71) DGStZ 1974, 71
a) Voraussetzung des innerörtlichen Verkehrs als eines Merkmals der „vorhandenen" Straße war, daß die an ihr gelegenen, zur geschlossenen Ortslage gehörenden Gebäude auch einen Zugang zu ihr hatten, der (allein oder neben Zugängen zu anderen Straßen) den Verkehr von Haus zu Haus innerhalb der Ortslage ermöglichte. b) Eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag kann die Gemeinde noch nicht verlangen, wenn mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage erst nach einem Zeitraum von mehr als vier Jahren seit der Heranziehung zu rechnen ist. c) Hängt die Anforderung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag von einer Ermessensentscheidung der Gemeindeverwaltung ab, so muß diese innerhalb einer angemessenen Frist nach Erteilung der Baugenehmigung — den Grundstückseigentümer (Erbbauberechtigten) heranziehen oder — ihm mitteilen, daß er herangezogen wird, sobald die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage voraussehbar ist, oder — ihm erklären, sie behalte sich eine Entscheidung hierüber vor; 736
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133 6
andernfalls ist das Recht, eine Vorausleistung zu erheben, verwirkt. Die Angemessenheit der Frist hängt vom Fortgang des Bauvorhabens ab, wenn dieses von der Gemeinde im Rahmen der Wohnungsbauförderung betreut wird. Eine Frist von mehr als vier Jahren ist in der Regel nicht mehr angemessen (Fortführung der Rspr. in OVGE 24, 60).
C. Andere Gerichte 1. VG Düsseldorf B vom 31.5.1963 (5 L 146/63) KStZ 1963, 196 = DWW 1963, 377
Der Vorausleistungsanspruch gemäß § 133 Abs. 3 BBauG entsteht auch dann, wenn nicht der Eigentümer des Grundstücks die Bauerlaubnis erhält, sondern — auf Antrag — der Pächter. Es ist auch bedeutungslos, ob das geplante Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden soll oder nicht.
2. VG Oldenburg U vom 16. 8. 1963 (A 44/63) DWW 1963, 355 = DWW 1963, 377 = KStZ 1963, 211 = DVB1. 1964, 160
Eine Vorausleistung kann nur erhoben werden, wenn sich ihr Verhältnis zum künftigen Erschließungsbeitrag einigermaßen sicher und bindend festlegen läßt. Wesentlich ist, daß die Gemeinde wegen der genehmigten Bauvorhaben die beschleunigte Erschließung ins Auge faßt. Die Planungen müssen zumindest soweit festliegen, daß der Abgabepflichtige die hinreichende Sicherheit hat, daß seine Vorausleistung nicht in Wirklichkeit eine einseitige Leistung ist, andernfalls die Abgabe zu einer unzulässigen Steuer wird.
3. VG Hannover (I A 491/63) KStZ 1965, 125
Eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag kann nur erhoben werden, wenn die Gemeinde für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage bestimmte Pläne hat und diese in absehbarer Zeit zu verwirklichen beabsichtigt. Das ist für Gebiete, für die die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich ist, im allgemeinen nicht anzunehmen, wenn ein rechtswirksamer Bebauungsplan noch nicht vorliegt. Der Vorausleistungsbescheid braucht nicht zu bestimmen, welcher prozentuale Anteil der endgültigen Kosten mit der Vorausleistung erhoben wird. Er muß aber erkennen lassen, aufgrund welcher tatsächlicher Grundlagen die Vorausleistung festgesetzt ist.
4. VG Köln U vom 18. 2. 1965 (7 K 870/63) DGStZ 1965,172 Die Heranziehung zu Vorausleistungen auf einen Teilbetrag für Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage (§ 133 Abs. 3 BBauG) ist kein Fall der Kostenspaltung. Eines vom Rat der Gemeinde gefaßten und entsprechend der Bekanntmachungsvorschrift der Hauptsatzung veröffentlichten Kostenspaltungsbeschlusses bedarf es nicht.
5. VG Köln U vom 24. 2. 1966 (7 K 1261/65) KStZ 1966,120
Bauvorhaben im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 1 BBauG ist nicht gleichbedeutend mit Vorhaben im Sinne von § 29 Satz 1 BBauG. Als Bauvorhaben im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 1 BBauG gelten nicht Um- oder Erweiterungsbauten an bzw. in bestehenden Gebäuden, wenn bisher unbebaute Grundstücksflächen nicht in Anspruch genommen werden. 737
§ 133 6
6. Teil. Erschließung
6. V G S i g m a r i n g e n U v o m 8. 6. 1977 (V 1125/75) DVB1. 1978, 823 Zur Frage, in welcher Weise die Gemeinde die Ablösung eines Erschließungsbeitrags regeln kann. IV. Grundstücksbegriff 1. B V e r w G U v o m 25. 2. 1964 (I C 100.63) K S t Z 1964, 243 Grundstücke, die planungsrechtlich nicht als mehrere Grundstücke ausgewiesen sind, müssen für das Erschließungsbeitragsrecht als ein Grundstück angesehen werden. Das Erschließungsrecht muß auf den planungsrechtlichen Festsetzungen aufbauen. 2. B V e r w G U v o m 1 6 . 4 . 1 9 7 1 (IV C 8 2 / 6 9 ) M D R 1971, 787 = D Ö V 1971, 818 = G e m T a g 1971, 283 = N J W 1972, 701 Der Begriff des Grundstücks im Sinne des BBauG entspricht in aller Regel dem grundbuchrechtlichen Begriff (Fortsetzung der Rspr. v. BVerwG IVB 191.68 u. IV C 73.68, DÖV 1970, 750). Abweichungen sind denkbar. Es kommt darauf an, welche Fläche den Erschließungsvorteil hat. Auf dieser Basis können z. B. mehrere Grundstücke des Eigentümers zusammengefaßt werden (vgl. hierzu auch BVerwG B vom 5. 12. 1968 - IV B 191.68 - DVB1. 1969, 276 u. BGHZ 49, 145/146; „bei Anwendung von Vorschriften des BBauG und der BauNVO ist, wenn das Wort (Bau-)Grundstück verwendet wird, grundsätzlich von bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff, d. h. vom Begriff des Buchgrundstücks, auszugehen"). V. Verjährung und Verwirkung von Erschließungsbeiträgen A. Höchstrichterliche R e c h t s p r e c h u n g 1. B V e r w G U v o m 25. 2. 1964 (I C 124.63) DVB1. 1964, 746 = Z M R 1964, 348 = K S t Z 1964, 242 = BayVBl. 1964, 329 = BBaubl. 1964, 507 Eigentümer solcher Grundstücke, für die vor dem 30. 10. 1960 eine Anliegerbeitragspflicht entstanden, aber verjährt ist, sind nach § 133 Abs. 4 S. 1 BBauG nicht erneut beitragspflichtig geworden. 2. B V e r w G U v o m 25. 2. 1966 (IV C 82.65) Z M R 1967, 57 Ist eine Beitragsforderung für eine fertiggestellte Straße verjährt, so ist die Heranziehung des Anliegers nach § 133 Abs. 4 BBauG ausgeschlossen. 3. B V e r w G B v o m 10. 10. 1968 (IV B 128,.68) BayVBl. 1969, 64 = DVB1. 1969, 281 Auf die Verjährung von Erschließungsbeiträgen finden die landesrechtlichen Vorschriften für Kommunalabgaben Anwendung. Die Verjährung von Erschließungsbeiträgen ist nicht etwa aus bundesrechtlichen Normen, nämlich aus dem BGB, zu entnehmen. Der Bundesgesetzgeber hat das Recht der kommunalen Abgaben für das Sachgebiet der Erschließungsbeiträge durchaus nicht vollständig normiert. Das gilt insbesondere für das Verfahrensrecht, das sich nach wie vor aus dem landesrechtlich geregelten Kommunalabgabenrecht ergibt. Das muß auch für die Verjährung gelten. 4. B V e r w G U v o m 24. 11. 1971 (IV C 24.70) DVB1. 1972, 226 = J Z 1972, 244 = N J W 1972, 32. H e f t , X X I I = Z M R 1972, 157 = BBauBl. 1973, 118 Bundesrecht steht einer Verwirkung des Anspruchs einer Gemeinde auf Erschließungsbeiträge nicht entgegen. 738
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 133 6
5. BVerwG U vom 21. 1. 1977 (IV C 84 92.74) NJW 1977,1740
a) Die Verjährung gemeindlicher Erschließungsbeitragsforderungen ist landesrechtlich geregelt; dies gilt auch für die Regelung, ob bei rückwirkender Inkraftsetzung einer Beitragssatzung die Verjährung bereits durch die in der Vergangenheit eingetretene Entstehung der Beitragspflicht oder erst mit der späteren Verkündung der Satzung in Lauf gesetzt wird. b) Daß die Rückwirkung der Beitragssatzung nach Landesrecht die Verjährung schon zu einem vergangenen Zeitpunkt in Lauf setzen und dadurch Beitragsansprüche vernichten kann, ist von der Gemeinde zu beachten, weil sie nicht die bundesrechtliche Verpflichtung zu Beitragserhebung und die Erlaßregelung des § 135 Abs. 5 BBauG durch eine solche Rücksirkung willkürlich umgehen darf. (Vgl. auch A 3)
B. Andere Gerichte 1. OVG Lüneburg U vom 21. 6. 1965 (I OVG A 161/63) KStZ 1966, 59
Im Bereich der Übergangsregelung des § 133 Abs. 4 BBauG hindert die eingetretene Verjährung einer nach altem Recht entstandenen Beitragsforderung die Entstehung einer Erschließungsbeitragspflicht mit dem Inkrafttreten dieser Vorschrift (30. 10. 1960) dann nicht, wenn das Grundstück trotz seiner früheren Bebauung entweder nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans oder in Ermangelung eines solchen nach der Verkehrsauffassung weiterhin eine Baulücke darstellt. Die bloße rechtliche Möglichkeit einer zusätzlichen Bebauung reicht dagegen nicht aus.
2. OVG Münster U vom 4. 8. 1965 (III A 20/63) Z M R 1967, 63 = DWW 1966, 68
Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung einer Anliegerbeitragsforderung der Gemeinde nach § 15 pr. FluchtlG ist nicht die Vollendung des an der fertiggestellten Straße errichteten Gebäudes, sondern der Baubeginn (Ablehnung der gegenteiligen Auffassung des Preuß. Oberverwaltungsgerichts).
VI. Erschließungsbeiträge für „bebaute" Grundstücke
A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 6. 5. 1966 (IV C 136.65) DÖV 1967, 209 = DVB1. 1966, 693 = BayVBl. 1967, 59
Bebaute Grundstücke unterliegen der Beitragspflicht für eine nach dem Inkrafttreten des BBauG fertiggestellte Erschließungsanlage auch dann, wenn auf ihnen eine weitere Bebauung nicht möglich ist.
2. BVerwG U vom 6. 5. 1966 (IV C 172.65) DVB1. 1967, 245
Bebaute Grundstücke unterliegen der Beitragspflicht für neue Erschließungsanlagen auch dann, wenn sie nicht weiter bebaut werden können (siehe aber Nr. 6). 739
§ 133 6
6. Teil. Erschließung
3. BVerwG U vom 11.9. 1967 (IV C 69.65) VerwRspr. 19, 470 = DÖV 1968, 145 = DVB1. 1968, 666 Die Möglichkeit, auf einem bereits bebauten Grundstück eine Garage zu errichten, berechtigt die Gemeinde in der Regel noch nicht vom Eigentümer eines bisher beitragsfreien Grundstücks einen Erschließungsbeitrag für die Herstellung einer alten Straße zu erheben.
4. BVerwG U vom 31. 1. 1968 (IV C 11.66) BBauBl. 1968, 468 DÖV 1969, 867
Auch ein bereits bebautes Grundstück wird für eine Erschließungsanlage beitragspflichtig (Fortsetzung der Rechtsprechung von BVerwG IV C 136.65).
5. BVerwG U vom 3. 6. 1971, Der Gemeindetag 1971, 315
Bauland im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts ist jede Nutzung, die entsprechend der baulichen Nutzung im engeren Sinn und ganz ähnlich wie diese eine Belastung mit den Erschließungskosten rechtfertigt. Daher ist ein Friedhof auch ohne Gebäude beitragspflichtig.
6. BVerwG U vom 20. 9.1974 (IV C 70.72) BayVBl. 1/1976 = DVB1. 1975, 378
a) Ein bebautes Grundstück, das nicht mehr bebaut werden darf, wird nicht dadurch beitragspflichtig, daß das auf ihm vorhandene Gebäude Bestandsschutz genießt. b) Eine zum Anbau bestimmte Straße kann diese Bestimmung und damit die Eigenschaft als Erschließungsanlage von ihrem Eintritt in den Außenbereich an verlieren.
7. BVerwG U vom 4.10. 1974 (IV C 9/73) NJW 1975, 323 = DÖV 1975, 105 = BayVBl. 1/1976
Der Heranziehung des Eigentümers eines (noch) bebaubaren Grundstücks zum Erschließungsbeitrag steht ein in der Aufstellung befindlicher, aber noch nicht in Kraft getretener Bebauungsplan, nach dessen Festsetzungen die Bebaubarkeit des Grundstücks entfallen soll, nicht entgegen; das gilt selbst dann, wenn die Durchführung dieses Bebauungsplanes von der Gemeinde durch Herstellungsarbeiten vorzeitig eingeleitet worden ist und die Verwirklichung der Planung damit nahezu sicher erscheint.
8. BVerwG U vom 25. 2. 1977 (IV C 35.74) BayVBl. 1978, 250 = NJW 1977, 1549
Der Beitragspflicht unterliegen beplante Grundstücke nur, soweit für sie eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist; Grundstücksteile, die als öffentliche Grünfläche festgesetzt sind, sind weder bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands noch bei der Haranziehung berücksichtigungsfähig.
9. BVerwG U vom 16. 9. 1977 (IV C 71.74) DÖV 1978, 58 = DVB1. 1978, 301
a) Zum unterschiedlichen Inhalt der Begriffe „erschlossene Grundstücke" in §§ 131 Abs. 1 und 133 Abs. 1 Satz 2 BBauG. b) Ein Grundstück steht i. S. von § 133 Abs. 1 S. 2 BBauG zur Bebauung an, sobald es in zuverlässiger Weise einer Bebauung zugeführt werden darf; die Bebaubarkeit muß sich nicht darüber hinaus „anbieten" oder „aufdrängen". 740
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
6
B. Verwaltungsgerichtshöfe und Oberverwaltungsgerichte 1. OVG Lüneburg U vom 28. 3. 1963 (I OVG A 22/62) KStZ 1963, 109 = DWW 1963, 373 Nur gering bebaute Grundstücke können als Bauland im Sinne von § 133 Abs. 1 BBauG angesehen werden. Sie unterliegen der Beitragspflicht auch dann, wenn sie vor Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts oder vor Beginn der Straßenherstellung bebaut worden sind.
2. OVG Lüneburg U vom 27. 2. 1964 (I OVG A 200/62) KStZ 1965, 120 Ein Grundstück ist — noch — nicht erschließungsbeitragspflichtig, wenn es zwar in
einem Bereich liegt, der als Bauland anzusehen ist, aber ohne Veränderung seiner Grenzen allein nicht bebauungsfähig ist.
3. VGH Bad.-Württ. U vom 28. 7. 1964 (III 618/62) DVB1. 1965, 295 Grundstücke mit Gebäuden, die bei der Anlegung einer neuen Ortsstraße entfernt
werden müssen, weil sie in die Straßenflucht fallen, gelten in Ansehung des Beizugs der Angrenzer zu den Kosten der Straßenherstellung als nicht bebaut. Ein Grundstück gilt als ganzes für überbaut, wenn der unbebaute Teil nur als Zubehör zu vorhandenen Gebäuden dient und ohne Beeinträchtigung der Nutzung dieser Gebäude nicht bebaut werden kann.
4. OVG Rh.-Pf. U vom 21. 1. 1965 (I A 34/64) DÖV 1966, 574
Ein Grundstück, das eine katastermäßige Einheit bildet, kann, was den Gegenstand der Beitragspflicht betrifft, nicht deshalb als teilweise unbebaubar angesehen werden, weil es nur in geringem Umfang bebaut werden darf. Die Höhe der Beitragspflicht bemißt sich aber danach, ob das Grundstück ganz oder nur hinsichtlich eines Teils bebaut werden darf.
5. BayVGH U vom 7.12.1965 (Nr. 57 IV 61) BayVBl. 1966,97
Einseitige Bebaubarkeit im Sinne des § 62 Abs. 5 BayBO ist nicht nur anzunehmen, wenn die andere Straßenseite aus tatsächlichen Gründen (z. B. Flußlauf, Steilhang usw.) nicht bebaut werden kann; es genügt, wenn die Straße aus planungsrechtlichen Gründen nur einseitig bebaubar ist.
6. OVG Lüneburg U vom 28. 4. 1966 (I OVG A 215/63) DVB1. 1967, 119 = DÖV 1967,211 Grundstücke, denen durch die Erschließungsanlage der Anschluß an das gemeindliche Verkehrsnetz vermittelt wird, die also durch diese Anlage erschlossen werden, brauchen im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage keine oder noch keine Baulandeigenschaft zu besitzen, an die § 133 Abs. 1 BBauG die Beitragspflicht knüpft. Da der Erwerb der Baulandeigenschaft auch noch nach der Herstellung der Erschließungsanlage, sei es durch die bauliche Entwicklung der Gemeinde, sei es durch Planfestsetzungen, möglich ist, müssen alle durch die Anlage erschlossenen Grundstücke bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes berücksichtigt werden, um auszuschließen, daß der Gemeinde dann ihre Aufwendungen übersteigende Beiträge zufließen, wenn weitere durch diese Anlage erschlossene Grundstücke die Baulandeigenschaft nach § 133 Abs. 1 BBauG erwerben. 741
§ 133 6
6. Teil. Erschließung
7. O V G Rh.-Pf. U v o m 23. 11. 1967 (I A 116/66) V e r w R s p r . 19, 333 Zu den Beiträgen für den Ausbau von Erschließungsanlagen können nur die Eigentümer solcher Grundstücke herangezogen werden, die im Zeitpunkt der Fertigstellung der Ausbaumaßnahmen und der Möglichkeit ihrer Abrechnung nach dem geltenden Baurecht selbständig bebaubar sind. Ob in diesem Zeitpunkt unbebaubare Grundstücke durch den Hinzuerwerb angrenzenden Geländes einer Bebauung zugeführt werden könnten, ist unerheblich (§ 8 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz Rheinl.-Pf. vom 8.11. 1954 - GVB1. S. 139) (siehe aber unten 8.). 8. O V G Berlin U v o m 5. 2. 1971 ( O V G II B 37.69) N J W 1971, 956 DVB1. 1971, 706 = D Ö V 1971, 819 = Z M R 1971, 283 Die Baulandeigenschaft des erschlossenen Grundstücks hängt nicht davon ab, ob es wegen seiner Größe und seines Zuschnitts auch tatsächlich bebaut werden darf (siehe aber oben 7.). 9. O V G M ü n s t e r U v o m 21. 6. 1972 (III A 2 1 0 / 7 0 ) D Ö V 1972, 867 Für bebaute Grundstücke, die im Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlage nach dem geltenden Baurecht nicht bebaubar sind, entsteht eine Erschließungsbeitragsforderung erst mit dem Wiedereintritt der Bebaubarkeit. VII. „Erforderlichkeit" der Erschließungsanlage 1. B V e r w G U v o m 6. 5. 1966 (IV C 136.65) D Ö V 1967, 209 = DVB1. 1966, 693 = BayVBl. 1967, 59 Ob eine Erschließungsanlage erforderlich ist, beurteilt sich nicht aus ihrer Beziehung zu einem einzelnen Grundstück, sondern zu dem gesamten zu erschließenden Gebiet. 2. B V e r w G U v o m 21. 5. 1969 (IV C 93.67) BayBgm. 1969, 218 = BayVBl. 1970., 257 Die erforderliche Straßenbreite bestimmt sich nicht nach dem Bedürfnis des einzelnen Anliegers, sondern nach der Beziehung der Straße zu dem gesamten zu erschließenden Gebiet (Weiterführung der Rspr. von BVerwG IV C 136.65). VIII. „Herstellung" der Erschließungsanlage A. H ö c h s t r i c h t e r l i c h e R e c h t s p r e c h u n g 1. B V e r w G U v o m 4. 3. 1967 (IV B 193.66) D Ö V 1968, 145 = BBauBl. 1967, 395 = Z M R 1967, 287 a) Ob eine Straße bei Inkrafttreten des BBauG im Sinne des Erschließungsrechts hergestellt ist, richtet sich nach Ortsrecht oder örtlicher Übung. b) Dies gilt nicht nur in tatsächlicher (baulicher), sondern auch in rechtlicher Hinsicht. Für die Teilanlage einer Straße ist eine Beitragspflicht allenfalls dann entstanden, wenn nach Ortsrecht eine entsprechende Kostenspaltung vorgesehen war. 2. B V e r w G U v o m 31. 1. 1968 (IV C 11.66) BBauBl. 1968, 468 = D Ö V 1969, 867 Wird eine Verbindungsstraße zwischen zwei Gemeinden später zur Erschließungs742
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§133
6
anlage, so ist die Frage ihrer endgültigen Herstellung als Erschließungsanlage erneut aufgrund der veränderten Bedürfnisse zu überprüfen.
3. BVerwG U vom 21. 10. 1968 (IV C 94.67) DVB1. 1969, 275 a) Erschließungsbeiträge können nur für Straßen gefordert werden, die aufgrund eines Bebauungsplanes oder mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde hergestellt werden. Eine endgültig hergestellte Verbindungsstraße unterliegt hinsichtlich des Grades ihrer Herstellung einer erneuten Beurteilung, wenn sie zur Erschließungsanlage geworden ist. b) Tritt nach der Heranziehung ein Bebauungsplan in Kraft, so wird der Fehler geheilt.
4. BVerwG U vom 6.12.1968 (IV C 30.67) BayVBl. 1969, 354 und 1970, 209 Die Gemeinden können bei entsprechender Ausgestaltung der Satzungen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (§§ 127 ff. BBauG) auch Beiträge für Maßnahmen erheben, die eine erhebliche Zeit zurückliegen und als Teilherstellung einer Erschließungsanlage anzusehen sind, wenn diese Anlage insgesamt bei Inkrafttreten des BBauG noch nicht endgültig hergestellt war (vgl. dazu auch die kritischen Bemerkungen von Lange in BayVBl. 1970, 209).
5. BVerwG U vom 2. 7. 1969 (IV C 130.68) DÖV 1970, 866 = Z M R 1970, 93
Zur Beurteilung der Frage, ob eine Straße bei dem Inkrafttreten des BBauG hergestellt war oder nicht, kann nicht von einer nach diesem Zeitpunkt erlassenen Ortssatzung ausgegangen werden.
6. BVerwG U vom 29. 10. 1969 (IV C 78.68) BayVBl. 1971, 188
Die Merkmale der Herstellung einer Straße sind hinsichtlich Fahrbahn, Gehweg, Radweg und Parkfläche genügend bezeichnet, wenn in der Ortssatzung hierfür wahlweise eine Asphaltdecke, eine Betondecke, eine Pflasterung oder ein Plattenbelag verlangt werden.
B. Verwaltungsgerichtshöfe, Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte 1. VG Regensburg U vom 10.4.1963 (L 257 II/2) KStZ 1963, 151 = DWW 1963, 374 Bei der erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage ist auch der Verkehr zu gewerblichen Betrieben und der Durchgangsverkehr zu berücksichtigen. Die Straße ist ihrem Verwendungszweck und ihrer Verkehrsbedeutung entsprechend auszubauen.
2. BayVGH U vom 12. 11. 1964 (Nr. 140 IV 63)
Genügt eine nach den Verkehrsbedürfnissen einer früheren Zeit hergestellte Straße infolge der zunehmenden Besiedlung und der Änderung der Verkehrsbedürfnisse nicht mehr den Anforderungen, und wird sie nunmehr mehr oder minder grundlegend verändert, so handelt es sich hierbei nicht um eine Herstellung, sondern um eine Verbesserung oder Erweiterung der Straße. 743
§134
6. Teil. Erschließung
3. OVG Münster U vom 28. 7.1965 (III A 968/63) BBauBl. 1966, 360 = DÖV 1967, 212 Richtet sich die Fertigstellung der Straßen einer Gemeinde im Sinne des Anlieger(Erschließungs-)beitragsrechts nach einem ortsrechtlich festgelegten Bauprogramm (etwa durch satzungsrechtliche Verweisung auf die örtlichen Bestimmungen über das Anbauverbot nach § 12 FluchtlG), so kann die Gemeinde nicht durch Verwaltungsverfügung oder einfachen Ratsbeschluß auch nur für einzelne Straßen vom Bauprogramm abweichen. Es ist daher unzulässig, in derartigen Fällen eine nach dem Bauprogramm unfertige Straße unter Verzicht auf Restforderungen durch Verfügung oder bloßen Beschluß für fertiggestellt zu erklären.
4. OVG Münster U vom 9. 2. 1966 (III A 1611/64) DWW 1966, 338 ZMR 1966, 342 = DÖV 1967,211 Die Heranziehung eines Anliegers zu den Kosten des endgültigen Ausbaus einer Straße ist unzulässig, wenn der Anlieger oder sein Rechtsvorgänger früher bereits einmal zu den Kosten der Herstellung von Teileinrichtungen der Straße herangezogen worden war und diese Beschränkung bei der Heranziehung nicht zum Ausdruck gekommen war.
5. BayVGH U vom 23. 11. 1966 (Nr. 154 IV 66) VGH n. F. 19,160
Bei einer Straße, die zunächst ein Gemeindeverbindungsweg war und erst mit der Zeit Erschließungsfunktion übernahm, kommt es für die Beurteilung ihres ordnungsmäßigen Ausbaus nur auf die Zeit nach der Funktionsänderung an (siehe auch BayVGH U vom 9. 6. 1967 (Nr. 47 IV 65) BayVBl. 1968, 29 = DÖV 1968, 144).
6. BayVGH U vom 28. 2. 1968 (Nr. 181 VI 67) BayVBl. 1968, 211
Eine Straße ist bereits mit dem Abschluß des Ausbaues im Rechtssinn hergestellt, auch wenn die Gemeinde in diesem Zeitpunkt noch nicht grundbuchmäßige Eigentümerin der Straßenfläche ist. Zur Deckung der Kosten des Grunderwerbs kann daher für eine am 30. 6. 1961 endgültig hergestellte Straße ein Erschließungsbeitrag nicht mehr gefordert werden.
7. OVG Münster U vom 12. 5. 1971, GemTag 1971, 356
War der Zustand einer Straße über Jahrzehnte hinweg als vorläufig bezeichnet, so muß sich die Gemeinde so behandeln lassen, als ob der nach Ablauf dieser Zeit bestehende Zustand endgültig gewesen wäre.
8. BayVGH U vom 26. 7. 1971 (309 VI 70) BayVBl. 1972, 272
Bei einer Sackgasse von geringerer Verkehrsbedeutung in einer Gebirgsgegend kann, wenn sich aus der Erschließungsbeitragssatzung nichts anderes ergibt, ein Ausbau der Fahrbahn in 3 bis 4 m Breite und ohne Gehsteig eine endgültige Herstellung darstellen.
§134 Beitragspflich
tiger
(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Zustellung des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers 744
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§134 2
beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig. (2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum. 1. Vorbemerkung Die Vorschrift ist anläßlich des ÄndG 1976 durch Ergänzung von Abs. 1 Satz 3 und von Abs. 2 geändert worden. Durch die Novellierung wird der Umfang der Beitragspflicht und der Haftung für Wohnungs- und Teileigentümer eingeschränkt. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 3, § 9 Abs. 1 ist § 134 in der vor dem 1. 1. 1977 geltenden Fassung dann anzuwenden, wenn der Bescheid vor diesem Tage zugestellt worden ist. 2. Beitragspflicht (Abs. 1) a) Abs. 1 der Vorschrift knüpft an die Vorschriften der §§ 7, 8 und 9 des Grundsteuergesetzes an und erklärt grundsätzlich den Grundstückseigentümer als Schuldner des Erschließungsbeitrags. Die Einbeziehung des Bauherrn als Abgabeschuldner empfahl sich nicht, da die Vorteile aus der Erschließung in der Regel dem Grundstückseigentümer zufließen werden; die Beitragspflicht ist abgestellt auf den Zeitpunkt, in dem der von der Gemeinde zu erlassende Beitragsbescheid zugestellt wird; wer in diesem Zeitpunkt als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, ist Schuldner des Beitrags (Satz 1); siehe zum Beitragsbescheid auch § 135 Anm. la. Diese Beitragspflicht des im Zeitpunkt der Bescheidszustellung Eigentumsberechtigten gilt auch in den Übergangsfällen, in denen beim Fehlen eines Straßenkostensicherungsvertrages eine Kostenersatzpflicht für eine bei Inkrafttreten des BBauG vorhandene Erschließungsanlage an einem damals unbebauten Grundstück nach § 180 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 134, 135 BBauG entstanden ist (BayVGH U vom 9. 6. 1967 Nr. 47 IV 65, BayVBl. 1968, 29). In Satz 2 wird die Beitragspflicht für den Fall des Erbbaurechts vom Eigentümer auf den Erbbauberechtigten verlagert; diese Vorschrift bedeutet gegenüber dem bisherigen Rechtszustand,"nach dem nur der Eigentümer herangezogen werden konnte, eine Verbesserung zugunsten der Gemeinde. Die Frage, ob die beitragsberechtigte Gemeinde berechtigt ist, nach Fixierung eines Eigentümers als Beitragsschuldner durch einen Beitragsbescheid unter Aufhebung dieses Bescheids nach einem Eigentumswechsel einen neuen Beitragsbescheid gegen den Rechtsnachfolger im Eigentum zu erlassen und dadurch den neuen Eigentümer zum Beitragsschuldner zu machen, ist grundsätzlich zu verneinen (vgl. Rspr. 4 A 1). Die endgültige Fixierung des Eigentümers als Beitragsschuldner wird jedenfalls dadurch erreicht, daß der Beitragsbescheid an den wirklichen Eigen745
§134
2
6. Teil. Erschließung
tümer gerichtet und diesem zugestellt wird. Aus Wortlaut und Sinnzusammenhang des § 134 Abs. 1 BBauG folgt, daß materiell eine Beitragsschuld nur durch Zustellung des Bescheids an den wirklichen Eigentümer begründet werden kann. Der einem anderen zugestellte Bescheid ist rechtswidrig und kann daher von der Gemeinde aufgehoben werden. Zumindest in einem solchen Fall ist aber die Gemeinde dann befugt, nach Aufhebung des rechtswidrigen Bescheids den Beitragsbescheid nunmehr an denjenigen zu richten, der in diesem Zeitpunkt Grundstückseigentümer ist, und zwar selbst dann, wenn man für den Regelfall der Meinung ist, daß die Gemeinde die einmal erfolgte Fixierung des Beitragsschuldners nicht nachträglich wieder ändern kann. Eine Aufhebung des Bescheids und eine Heranziehung des neuen Eigentümers ist aber dann nicht zulässig, wenn der zunächst zu Unrecht Herangezogene zwischenzeitlich für einen bestimmten Zeitraum Eigentümer war. Im Rechtsbehelfs- und Klageverfahren ist der angefochtene Bescheid, wenn er dem Nicht-Eigentümer zugestellt worden ist (vgl. Rspr. 4 B 2), aufzuheben. Bei Eigentumswechsel hat die Gemeinde Mängel des Bescheids dann durch Änderungsbescheid zu beseitigen, wenn der Beitrag zu hoch angesetzt worden ist. Auch die Widerspruchsbehörde und das Verwaltungsgericht sollten hier von der Möglichkeit der Teilaufhebung (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Gebrauch machen. War die Gemeinde im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Grundstückseigentümerin, dann kann auch bei darauffolgender Übereignung des Grundstücks der neue Eigentümer nicht zu einem Beitrag herangezogen werden (Ludyga, Erschließungsbeitrag, Rdnr. 15 zu § 134). § 134 Abs. 1 Satz 1 BBauG macht schließlich den Eintritt der Schuldnerschaft durch die Zustellung des Beitragsbescheids nicht noch von anderen Voraussetzungen abhängig. Der Eigentümer, an den der Beitragsbescheid gerichtet und dem dieser zugestellt wird, kann also zwar nach den vorstehenden Darlegungen möglicherweise den Einwand erheben, die Gemeinde habe zuvor auch seinem Rechtsvorgänger einen Beitragsbescheid zugestellt und damit diesen als Schuldner endgültig fixiert, er kann aber nicht einwenden, die Gemeinde hätte bei sachgerechter Behandlung den Beitragsbescheid schon an seinen Vorgänger richten können und müssen. Ob er aus dem Verhalten der Gemeinde einen Schadensersatzanspruch ableiten kann, ist eine andere Frage, die mit dem Problem der Schuldnerschaft nichts zu tun hat. b) Falls mehrere Beitragspflichtige vorhanden sind (z. B. Miteigentümer, Gesamthandseigentümer), so haften sie für den Beitrag als Gesamtschuldner. Die Gemeinden können sich nur an einzelne oder alle Miteigentümer wenden (vgl. § 421 BGB). Diese Regelung schafft eine wesentliche Erleichterung, weil die Gemeinden nicht zu zeitraubenden Ermittlungen gezwungen werden. Allerdings war dadurch Wohnungs- und Teileigentum i. S. des WEG besonders belastet, weil insbesondere auch die Beleihung erschwert war. In der 746
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§1344
Praxis sind diese Erschwernisse durch Empfehlungen einer entsprechenden Handhabung gemildert worden. Nunmehr schließt das Gesetz ab 1. 1. 1977 diese Nachteile für Wohnungsund Teileigentümer (nach dem W E G ; auch Wohnungserbbauberechtigte) aus; sie sind nur noch entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtigEntgegen früheren Entscheidungen mehrerer OVGs ist das BVerwG der Auffassung, daß der an einen Miteigentümer gerichtete Bescheid von den übrigen Miteigentümern nicht angefochten werden kann (Rspr. 4 A 2). 3. öffentliche Last (Abs. 2) a) Die Bestimmung, daß der Erschließungsbeitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück bzw. auf dem Erbbaurecht ruht (Abs. 2), war zur Sicherung des Aufkommens notwendig. Es handelt sich hier um eine öffentliche Last i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zwangsversteigerungsgesetzes, die ein Recht auf Befriedigung vor den dinglichen Rechten gewährt, soweit der geschuldete Betrag nicht länger als vier Jahre rückständig ist. Entsprechend der Beschränkung der Beitragspflicht für Wohnungs- und Teileigentümer wurde durch die Novelle 1976 auch die Haftung durch Ergänzung von Abs. 2 eingeengt. b) Bei Grundstückskäufen kann die Frage von großer Bedeutung sein, ob der Erschließungsbeitrag vom Käufer oder vom Verkäufer zu tragen ist. Hierüber können wohl im Kaufvertrag besondere Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien getroffen werden. Wenn dies nicht der Fall ist, wird wohl davon auszugehen sein, daß im Innenverhältnis der Vertragsparteien derjenige zur Tragung des Erschließungsbeitrags verpflichtet ist, der bei Zustellung des Beitragsbescheids Grundstückseigentümer war. Dies kann wegen des unsicheren Zeitpunkts an dem die Auffassung im Grundbuch vollzogen wird, zu Unbilligkeiten führen. Es wird deshalb zweckmäßig sein, in den notariellen Kaufverträgen den Zeitpunkt des Übergangs von Nutzungen und Lasten genau zu bestimmen. (Vgl. auch Reiß der Erschließungsbeitrag nach dem BBauG und § 436 BGB, DNotZ 1962, 307.) Öffentlich-rechtlich sind die Vereinbarungen im Kaufvertrag ohne Bedeutung. 4. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 20. 9.1974 (IV C 32.72) BayVBl. 1976, 27 = 1975, 403 = die Fundstelle 1975 RdNr. 62
NJW
a) Ist der Erschließungsbeitragsbescheid dem Grundstückseigentümer zugestellt worden, so darf die Gemeinde jedenfalls dann, wenn dieser Bescheid unanfechtbar geworden ist, nicht denjenigen, der nach der Zustellung des Bescheides neuer Eigen747
§134 4
6. Teil. Erschließung
tümer des Grundstücks geworden ist, zusätzlich als persönlichen Schuldner zur Zahlung desselben Beitrags heranziehen. b) Sie kann jedoch gegen den neuen Eigentümer einen Duldungs- oder Haftungsbescheid erlassen, um sich aus dem Grundstück zu befriedigen, weil der Erschließungsbeitrag auf dem Grundstück als öffentliche Last ruht.
2. BVerwG U vom 31. 1. 1975 (IV C 46.72) BayVBl. 1976, 27
a) Der an nur einen Miteigentümer gerichtete Erschließungsbeitragsbescheid verletzt die übrigen Miteigentümer weder im Hinblick auf ihre gesamtschuldnerische Haftung noch im Hinblick auf die auf dem Grundstück ruhende öffentliche Last in ihren Rechten und kann deshalb von ihnen nicht mit Erfolg angefochten werden. b) Eine durch die Heranziehung eines Miteigentümers verursachte Minderung des Verkehrswertes eines Grundstücks verletzt die übrigen Miteigentümer nicht in ihren Rechten. c) Mit der Feststellungsklage kann vorbeugender Rechtsschutz nur begehrt werden, wenn ein gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht; dieses Interesse ist nicht gegeben, wenn es an einer begründeten Besorgnis der Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers fehlt.
3. BVerwG U vom 27. 2. 1976 (IV C 24/74) NJW 1976, 1908
Sind zwei Eigentümer verschiedener Grundstücke in der rechtsirrigen Annahme einer „wirtschaftlichen Grundstückseinheit" als gesamtschuldnerisch Beitragspflichtige in Anspruch genommen worden, wird auf ihren gemeinsamen Widerspruch die Heranziehung des einen Eigentümers mit seinem Grundstück aufgehoben und erhöht sich dadurch der der Beitragsrechnung zugrunde gelegte Quadratmetersatz für den anderen, weiter beitragspflichtigen Eigentümer, so liegt darin für diesen keine rechtserhebliche Schlechterstellung gegenüber der ursprünglichen Heranziehung („reformatio in peius").
B. OVG/VGH 1. BayVGH U vom 9. 6. 1967 (Nr. 47 IV 65) BayVBl. 1968, 29 = DÖV 1968, 144 Die Beitragspflicht des im Zeitpunkt der Bescheidzustellung Eigentumsberechtigten gilt auch in den Übergangsfällen, in denen beim Fehlen eines Straßenkostensicherungsvertrags eine Kostenersatzpflicht für eine bei Inkrafttreten des BBauG vorhandene Erschließungsanlage an einem damals unbebauten Grundstück nach § 180 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 134, 135 BBauG entstanden ist.
2. OVG Münster U vom 8. 5.1968 (III A 956/66) Der Gemeindetag 1969, 34 = KStZ 1969, 38 = DVB1. 1969, 281 = DÖV 1969, 867
Mit der Zustellung des Erschließungsbeitragsbescheides wird die Person des Beitragsschuldners bestimmt. Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse, die in der Zeit zwischen der Heranziehung und dem Erlaß des Widerspruchsbescheids eintritt, läßt die entstandene persönliche Beitragspflicht unberührt.
3. OVG Münster U vom 16. 6. 1971 (III A 500/70) DÖV 1971, 823
Erschließungsbeitragsbescheide sind zuzustellen. Wie die Zustellung durchzuführen ist, bestimmt das Landesrecht (vgl. BVerwG U vom 22.11.1968 — IV C 87.68 — Z M R 1969, 189/190). 748
§135
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
1
4. OVG Münster U vom 30. 9. 1971 (III A 1206/69) DÖV 1972, 504
Der Nießbraucher des Grundstücks wird durch einen an den Grundstückseigentümer gerichteten rechtswidrigen Erschließungsbeitragsbescheid nicht in seinen Rechten verletzt.
§135 Fälligkeit und Zahlung des
Beitrages
(1) Der Beitrag wird einen Monat nach der Zustellung des Beitragsbescheides fällig. (2) Die Gemeinde kann zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall, insbesondere soweit dies zur Durchführung eines genehmigten Bauvorhabens erforderlich ist, zulassen, daß der Erschließungsbeitrag in Raten oder in Form einer Rente gezahlt wird. Ist die Finanzierung eines Bauvorhabens gesichert, so soll die Zahlungsweise der Auszahlung der Finanzierungsmittel angepaßt, jedoch nicht über zwei Jahre hinaus erstreckt werden. (3) Läßt die Gemeinde nach Abs. 2 eine Verrentung zu, so ist der Erschließungsbeitrag durch Bescheid in eine Schuld umzuwandeln, die in höchstens zehn Jahresleistungen zu entrichten ist. In dem Bescheid sind Höhe und Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresleistungen zu bestimmen. Der jeweilige Restbetrag ist mit höchstens 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen. Die Jahresleistungen stehen wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zwangsversteigerungsgesetzes gleich. (4) Werden Grundstücke landwirtschaftlich genutzt, so kann der Beitrag so lange gestundet werden, wie das Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes genutzt werden muß. (5) Im Einzelfall kann die Gemeinde auch von der Erhebung des Erschließungsbeitrages ganz oder teilweise absehen, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Die Freistellung kann auch für den Fall vorgesehen werden, daß die Beitragspflicht noch nicht entstanden ist. 1. Fälligkeit des Erschließungsbeitrags (Abs. 1) a) Sobald Umfang und Höhe der Beitragspflicht aufgrund der Satzung und der sonstigen Umstände (insbesondere Entstehung der Beitragspflicht nach § 133) feststeht, erläßt die Gemeinde den Beitragsbescheid. Dieser ist ein Verwaltungsakt und kann mit den allgemeinen Rechtsbehelfen der VwGO, also schließlich vor den Verwaltungsgerichten angegriffen werden. Die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe entfällt (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Erschließungsbeiträge nach dem BBauG sind, wie sich aus § 134 Abs. 1 und § 135 Abs. 1 ergibt, durch einen förmlichen Beitragsbescheid festzusetzen ; die Beitragspflicht kann nicht wahlweise durch Leistungsklage verfolgt werden (siehe BayVGH U vom 3.2.1966 Nr. 109 IV 65 - BayVBl. 1966, 169). 749
§ 135 2
6. Teil. Erschließung
O b die A n f o r d e r u n g von Erschließungsbeiträgen ein einfaches Geschäft der l a u f e n d e n Verwaltung ist (und damit vom Bürgermeister verfügt werden k a n n — ohne Ratsbeschluß —) hängt von den U m s t ä n d e n des Falles, insbesondere auch von der G r ö ß e der Gemeinde ab. Die Fälligkeit des Beitrags tritt einen M o n a t nach der Zustellung des Bescheids ein, d. h. in diesem Zeitp u n k t m u ß er bezahlt sein u n d k a n n von d a n n ab beigetrieben werden, sofern nicht die Voraussetzungen der Abs. 2 bis 5 vorliegen. Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ist im Bescheid hinzuweisen. Wegen der Wichtigkeit der Zustellung empfiehlt es sich, einen Zustellungsnachweis zu den gemeindlichen Akten zu nehmen. Vom Tag der Fälligkeit ab dürften der G e m e i n d e auch Zinsen aus dem geforderten Beitrag zustehen (zur Frage der Zinsen u n d der Säumniszuschläge besteht heute vielfach eine landesrechtliche Regelung in K o m m u n a l abgabengesetzen). Auf das Erlöschen (bzw. „Verjährung") von Erschließungsbeiträgen finden ebenfalls die landesrechtlichen Vorschriften für die K o m m u n a l a b g a b e n A n w e n d u n g . Diese Landesgesetze regeln auch die weiteren Fragen wie z. B. die Unterbrechung. Dabei wird meist auf die A O verwiesen (früher waren die Vorschriften des BGB häufig f ü r entsprechend a n w e n d b a r erklärt). b) Der Bescheid m u ß mindestens den Beitragsschuldner, die H ö h e des Beitrags, das in Frage k o m m e n d e Grundstück u n d Art u n d U m f a n g der Erschließungsanlage bezeichnen. Im Falle der Kostenspaltung (§ 127 Abs. 3) ist es notwendig, den in Frage k o m m e n d e n Teil der Erschließungsanlage zu kennzeichnen u n d die Art der Kostenaufteilung zu erläutern. 2. Ratenzahlungen und Verrentung (Abs. 2 und 3) a) Die G e m e i n d e k a n n Ratenzahlungen bewilligen. Voraussetzung f ü r die Bewilligung ist, d a ß sie zur Vermeidung unbilliger Härten im Einzelfall erforderlich ist (unbestimmter Rechtsbegriff, der verwaltungsgerichtlich n a c h p r ü f bar ist). Als Beispiel wird vom Gesetz angeführt, d a ß die Bewilligung von Ratenzahlungen zur D u r c h f ü h r u n g eines genehmigten Bauvorhabens erforderlich ist; gemeint ist hier wohl, d a ß die D u r c h f ü h r u n g eines genehmigten Bauvorhabens nicht durch die Forderung der G e m e i n d e n auf Zahlung des fälligen Erschließungsbeitrags gefährdet werden soll (Abs. 2 Satz 1), wenn etwa der Grundstückseigentümer infolge der im Hinblick auf das Bauvorhaben eingegangenen Verpflichtungen zur sofortigen Zahlung des ganzen Beitrags nicht in der Lage ist. Demselben Zweck dient auch Abs. 2 Satz 2 (der auch f ü r die Verrentung gilt, vgl. nachfolgende Anm. b). Wenn nämlich die Finanzierung eines Bauvorhabens gesichert ist, so soll die G e m e i n d e die Zahlungsweise des Erschließungsbeitrags (Ratenzahlungen) der Auszahlung der Finanzierungsmittel anpassen, d. h. es sollen die Raten zu denselben Terminen fällig werden, an denen dem Bauherrn die Finanzierungsraten ausgezahlt w e r d e n ; jedoch soll hier die Teilzahlung nicht über zwei Jahre hinaus erstreckt werden (Ausnahmen sind also möglich). 750
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§135 3
Wenn die Voraussetzungen der Ratenzahlung gegeben sind, kann die Gemeinde diese bewilligen, muß aber nicht. Die Entscheidung liegt in ihrem pflichtmäßigen Ermessen. b) Die Gemeinde kann auch unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie für die Ratenzahlungen gelten, zulassen, daß der Erschließungsbeitrag in Form einer Rente bezahlt wird. Wie in Erl. c zu § 134 ausgeführt wurde, sind die Erschließungsbeiträge öffentliche Lasten. Durch diese vorangehende Last wird die Beleihungsmöglichkeit eines Baugrundstücks verkürzt und damit die Finanzierung eines Bauvorhabens beeinträchtigt. Dieser Nachteil kann durch die Verrentung des Erschließungsbeitrags vermieden werden, ohne d a ß die Interessen der anspruchsberechtigten Gemeinde gefährdet werden. Die Rente ist den wiederkehrenden Leistungen gleichgestellt (Abs. 3 Satz 4; vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zwangsversteigerungsgesetzes). Der nachstehende Hypothekengläubiger braucht daher nicht mehr den gesamten Erschließungsbeitrag, sondern höchstens die laufende Rente und die Raten für die beiden zurückliegenden Jahre als eine ihm vorgehende Last zu berücksichtigen. Das BBauG übernimmt die Regelung des nach § 186 Abs. 1 Nr. 16 BBauG außer Kraft getretenen Gesetzes über die Zahlung und Sicherung von Anliegerbeiträgen vom 30. 9. 1936 (RGBl. I S. 854), um die Bautätigkeit durch Entlastung von den Erschließungsbeiträgen zu fördern, die Ansprüche der Gemeinden zu sichern und andererseits auch die Forderungen der Hypothekengläubiger zu berücksichtigen. Im Falle der Verrentung ist der Erschließungsbeitrag durch Bescheid in eine Schuld umzuwandeln, die in höchstens zehn Jahresraten zu entrichten ist. Höhe und Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresleistungen sind im Bescheid festzulegen; die Verzinsung des jeweiligen Restbetrages ist gesetzlich geregelt (höchstens 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank). c) Die Entscheidungen nach Abs. 2 und 3 können auf Antrag oder von amtswegen ergehen. Landesrecht kann aber einen Antrag voraussetzen und für die Verrentung als besondere Art der Stundung Zinsen in einer bestimmten Höhe vorschreiben. 3. Stundung (Abs. 4) Wie sich aus § 133 Abs. 1 und 2 ergibt, unterliegen der Beitragspflicht nicht nur Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sondern auch solche erschlossenen Grundstücke, die nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und zur Bebauung anstehen (auch wenn keine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist). Es ist nun der Fall denkbar, daß ein solches (etwa am Stadtrand gelegenes) Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes (also des landwirtschaftlichen Betriebes, zu dem es gehört) landwirtschaftlich genützt werden muß. Für diesen Fall (und nach dem klaren Gesetzestext nur für diesen Fall) wurde die Bestimmung getroffen, daß der Erschließungsbeitrag solange gestundet werden 751
§135 4
6. Teil. Erschließung
kann, als die angeführte Nutzung erforderlich ist. Fällt die landwirtschaftliche Nutzung weg oder ist sie zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes nicht mehr erforderlich (gerichtlich nachprüfbare Tat- und Rechtsfrage!), so kann der Beitrag gefordert werden. Ob die Gemeinde diese Stundung gewährt, liegt in ihrem pflichtmäßigen Ermessen (BVerwG U vom 12.12. 1969 - IV C 41.69 - ZMR 1970, 149 = DÖV 1970, 866). Eine Ratenzahlung (Abs. 2) ist hier nicht vorgesehen. Die Bewilligung der Stundung bedeutet, daß der Pflichtige für den Zeitraum der Bewilligung keinen Beitrag, auch keine Teilzahlungen zu leisten braucht. Wegen der Verzinsung von gestundeten Beträgen ist stets zu prüfen, ob in diesem Fall (auch unter Beachtung ergänzender Landesgesetze) von der Anforderung von Zinsen abgesehen werden kann. Möglicherweise kann nämlich bei der Berechnung von Stundungszinsen der Zweck der Stundung gefährdet werden. Die NichtStundung eines zu Recht festgesetzten Erschließungsbeitrags für ein bebaubares, aber unbebautes Grundstück kann als Anreiz wirken, es einem Bauträger zu verkaufen. Solche bodenpolitischen Erwägungen hat die Behörde, die über einen Antrag nach § 135 Abs. 4 zu entscheiden hat, gegen das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Befreiung von der Abgabe abzuwägen. Aus der Notwendigkeit einer solchen Interessenabwägung ergibt sich, daß die Vorschrift des § 135 Abs. 4 (wie erwähnt) nicht nur ihrem Wortlaut nach (Kannvorschrift), sondern auch ihrem Sinn und Zweck nach der Gemeinde ein pflichtmäßiges Ermessen einräumt, das vom Gericht nur im Rahmen des § 114 VwGO nachgeprüft werden kann (vgl. hierzu auch VG München U vom 28. 5.1962, abgedruckt bei Boeger, Das Erschließungsbeitragsrecht in der Praxis, S. 300 und in KStZ 1963, 63, ferner BayVGH U vom 14. 2. 1969 Nr. 69 VI 68; a. M. Brügelmann-Förster u. a., Erl. III 3c zu § 135 BBauG). 4. Freistellung vom Erschließungsbeitrag (Abs. 5) Abs. 5 gibt den Gemeinden die Möglichkeit von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise abzusehen, d. h. den Pflichtigen von der Zahlung des Beitrags ganz oder teilweise freizustellen. Die Bestimmung unterscheidet zwei Fälle: a) Die Freistellung im Einzelfall, wenn die Beitragspflicht bereits entstanden ist (Satz 1). Voraussetzung dafür, daß die Freistellung genehmigt werden darf, ist, daß sie „im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten" geboten ist. Hier handelt es sich wieder um unbestimmte Rechtsbegriffe, die verwaltungsgerichtlich nachprüfbar sind. Ob die Gemeinde bei Vorliegen der Voraussetzungen die Freistellung bewilligt, liegt in ihrem pflichtmäßigen Ermessen, das im Einzelfall bis zum Verzicht auf den ganzen Erschließungsbeitrag gehen kann. Im Hinblick auf den allgemein verpflichtenden Grundsatz der Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen wird sich die Gemeinde einen ganzen oder auch nur teilweisen Verzicht wohl überlegen 752
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§135 5
müssen und sie wird ihn nur nach gewissenhafter Prüfung des Einzelfalles aussprechen. Ein öffentliches Interesse an der ganzen oder teilweisen Freistellung könnte z. B. gegeben sein, wenn im Falle der Forderung eines Erschließungsbeitrags ein Krankenhaus, ein Kinderheim, ein Sportplatz u. dgl. nicht gebaut werden könnte. — Auch das öffentliche Interesse einer Gemeinde an der Ansiedlung eines Industriebetriebes kann eine Freistellung von Erschließungsbeiträgen rechtfertigen (BVerwG U vom 31.1. 1969 — IV C 47.67 — BayVBl. 1970, 65). Bei der Würdigung der Frage, ob eine unbillige Härte gegeben ist, werden in der Regel die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers (der das Bauvorhaben durchführen will) zu berücksichtigen sein. Die Gemeinde kann hier ganz oder teilweise „von der Erhebung absehen", d. h. sie kann nach Entstehung der Beitragsschuld vor oder nach der Anforderung von deren Einhebung Abstand nehmen (unter Verständigung des Pflichtigen). Dies wirkt sich wie ein Erlaß aus. b) Die Freistellung in Fällen, in denen die Beitragsschuld noch nicht entstanden oder fällig ist (Satz 2). Die Gemeinde kann also in einzelnen Fällen auch schon vor Herstellung der Erschließungsanlage oder (im Falle der Kostenspaltung) eines Teils der Anlage die Freistellung von der Beitragspflicht bewilligen. Es müssen aber, wenn dies auch in Satz 2 nicht ausdrücklich bestimmt ist, in diesen Fällen ebenfalls die in Satz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen; die Freistellung liegt also nicht im Belieben der Gemeinde, sondern die Ausübung ihres Ermessens ist ihr nur gestattet, wenn die gesetzlich vorgesehenen (Rechts-)Voraussetzungen gegeben sind. Der Ausdruck „kann vorgesehen werden" dürfte wohl nur bedeuten, daß sich die Gemeinde schon vor Entstehen der Beitragspflicht über die Freistellung schlüssig werden kann (und dem Pflichtigen die Freistellung in Aussicht stellen kann).
5. Zusagen; Tilgung Rechtswidrige Zusagen, keine Erschließungsbeiträge zu erheben, binden die Gemeinde nicht. Zusagen haben also nur im Rahmen der Ermessensentscheidung, also dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 5 vorliegen, Bedeutung. Auch bedürfen Zusagen der Schriftform (siehe § 38 Abs. 1 VwVfG). Allerdings kann sich aus rechtswidrigen Zusagen ein Anspruch aus Amtspflichtverletzung ergeben. Wird die durch Bescheid geltend gemachte Beitragsforderung statt durch Zahlung durch Aufrechnung während des Anfechtungsverfahrens getilgt, dann wird dadurch der Bescheid nicht rechtswidrig (siehe Rspr. 6 B 9; umstritten). 753
§ 135 6
6. Teil. Erschließung
6. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BVerwG B vom 7. 3. 1967 (IV B 179.66) ZMR 1968, 154
Der Verpächter eines landwirtschaftlichen Betriebs kann die für landwirtschaftliche Grundstücke vorgesehene Stundung des Erschließungsbeitrags nicht in Anspruch nehmen.
2. BVerwG B vom 10. 10. 1968 (IV B 128.68) BayVBl. 1969, 64 = DVB1. 1969, 281
Auf die Verjährung von Erschließungsbeiträgen finden die landesrechtlichen Vorschriften für Kommunalabgaben Anwendung. Die Verjährung von Erschließungsbeiträgen ist nicht etwa aus bundesrechtlichen Normen, nämlich aus dem BGB, zu entnehmen. Der Bundesgesetzgeber hat das Recht der kommunalen Abgaben für das Sachgebiet der Erschließungsbeiträge durchaus nicht vollständig normiert. Das gilt insbesondere für das Verfahrensrecht, das sich nach wie vor aus dem landesrechtlich geregelten Kommunalabgabenrecht ergibt. Das muß auch für die Verjährung gelten.
3. BVerwG U vom 10. 9. 1971 (IV C 22.70) BayVBl. 1972, 387
Bei Gewährung einer Stundung von Erschließungsbeiträgen kann die Gemeinde in aller Regel im Rahmen ihres Ermessens eine Verzinsung der gestundeten Beträge verlangen. Die Höhe des Zinssatzes liegt in ihrem Ermessen, darf jedoch 2 v. H. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank nicht überschreiten.
4. BVerwG U vom 8. 9. 1972 (IV C 21.71) DÖV 1972, 867
Ein im Erschließungsvertrag zugunsten der Eigentümer der erschlossenen Grundstücke gegenüber dem Unternehmer ausgesprochener „Verzicht auf Erhebung von Erschließungsbeiträgen" bleibt nicht ohne weiteres auch für den Fall rechtswirksam, daß der Unternehmer die Erschließung nicht durchführt. (Die Rechtswirksamkeit des Verzichts widerspräche grundsätzlich — mit der Folge der Nichtigkeit der Vereinbarung — § 135 Abs. 5 BBauG, der der Gemeinde eine Freistellung von der Erhebung des Erschließungsbeitrags nur dann gestattet, wenn dies im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung unbilliger Härten geboten ist. Während der Verzicht auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen sicher für den Fall im öffentlichen Interesse liegt, daß die Erschließung vom Unternehmer ordnungsgemäß durchgeführt wird, entfällt das öffentliche Interesse dann, wenn die Durchführung vertragswidrig unterbleibt. Die Erschließung verbleibt in einem solchen Falle nach § 123 Abs. 1 BBauG letztlich im Aufgabenbereich der Gemeinde. Dafür, daß die Gemeinde auch dann im öffentlichen Interesse berechtigt sei, auf Erschließungsbeiträge zu verzichten, müßten schon ganz besondere Gründe vorliegen. Ähnliches gilt für die Voraussetzungen der unbilligen Härte.)
5. BVerwG U vom 6.6.1975 (IV C 27.73) DÖV 1975, 717 = BayVBl. 1976, 280
a) Das einen Verzicht auf die Erhebung des Erschließungsbeitrages rechtfertigende „öffentliche Interesse" i. S. des § 135 Abs. 5 BBauG muß auf den Verzicht selbst gerichtet sein (im Anschluß an das U vom 8. 9. 1972 — BVerwG IV C 21.71). b) Eine „unbillige Härte" i. S. des § 135 Abs. 5 BBauG liegt nicht vor, wenn die Gemeinde einen Grundstückseigentümer zu den Herstellungskosten solcher Teile der Er754
2. Abschnitt. Erschließungsbeitrag
§ 135 6
schließungsanlage heranzieht, für die er nicht schon anderweitig gezahlt hat. [Insoweit nur Leitsatz.]
6. BVerwG U vom 14. 11. 1975 (IV C 84.73) DÖV 1976, 311
a) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem von der Behörde eine Leistung versprochen wird, die sie in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage nicht zu erbringen vermag, ist — ebenso wie eine entsprechende Zusage — grundsätzlich unwirksam. b) Vergleichsverträge können zwar auch dann wirksam sein, wenn in ihnen gesetzwidrige Leistungen vorgesehen sind (im Anschluß an das U vom 28.3. 1962 — BVerwG V C 100.61 — BVerwGE 14, 103). Diese Unempfindlichkeit gegenüber gewissen Gesetzesverletzungen erstreckt sich aber nicht auf Leistungsversprechen, deren Gesetzwidrigkeit mit der durch den Vergleich beizulegenden Ungewißheit nichts zu tun hat.
7. BVerwG U vom 18. 11. 1977 (IV C 104.74) DÖV 1978, 611 = BBauBl. 1978, 250
a) § 135 Abs. 5 BBauG ermöglicht den Beitragsverzicht nur in atypischen Fällen. b) Bestehenden Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung darf nicht durch einen Beitragsverzicht, sondern unter entsprechenden Voraussetzungen allenfalls durch einen Vergleichsvertrag begegnet werden. c) Der Wunsch einer Gemeinde, das Straßenland im Wege des freihändigen Erwerbs und nicht im Wege der Enteignung zu erlangen, rechtfertigt nicht ohne weiteres einen Beitragsverzicht.
8. BVerwG U vom 24. 11. 1978 (4 C 18.76) DÖV 1979, 178 a) Zusätzliche Fahrspuren, die nur wegen des überörtlichen oder eines ungewöhnlich starken innerörtlichen Durchgangsverkehrs angelegt sind, sind nicht zur Erschließung der Bauflächen im Sinne des § 129 Abs. 1 Satz 1 BBauG „erforderlich". Was sich in diesem Sinne bereits über § 129 Abs. 1 Satz 1 BBauG aufwandsmindernd auswirken kam, scheidet voraussetzungsgemäß als Rechtfertigung für einen Billigkeitserlaß nach § 135 Abs. 5 BBauG aus. b) § 135 Abs. 5 BBauG ermöglicht den Beitragserlaß nur in atypischen Fällen; die Zunahme von Verkehrsimmissionen nach erfolgtem Straßenausbau ist in der Regel nicht in diesem Sinne atypisch.
B. Verwaltungsgerichtshöfe und Oberverwaltungsgerichte 1. BayVGH U vom 3. 2. 1966 (Nr. 109 IV 65) BayVBl. 1966, 169
Erschließungsbeiträge nach dem BBauG sind durch Beitragsbescheid festzusetzen; die Beitragspflicht kann nicht wahlweise durch Leistungsklage verfolgt werden.
2. BayVGH U vom 16. 3. 1967 (Nr. 221 IV 65) BayVBl. 1968, 282
Werden gegen die Vollziehung aus einem Leistungsbescheid Einwendungen erhoben, die den Anspruch selbst betreffen, so entscheidet in Bayern die Anordnungsbehörde (Art. 21 VwZVG). Eine nach Erlaß des Leistungsbescheids eingetretene Änderung der Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht macht eine Vollziehung aus dem Leistungsbescheid weder rechts- noch sittenwidrig.
3. BayVGH U vom 14. 2. 1969 (Nr. 69 VI 68)
Die Stundung eines Erschließungsbeitrags nach § 135 Abs. 4 BBauG kann im Hinblick auf § 10 Abs. 1 ZVG von einer dinglichen Sicherung abhängig gemacht werden. 755
§135 6
6. Teil. Erschließung
4. OVG Münster U vom 4.2.1970 (III A 357/69) DÖV 1971, 823 = VerwRspr. 21, 989 = ZMR 1970, 350
Eine Unterbrechung der Verjährung tritt bereits ein, wenn einer der in § 147 AO aufgeführten Vorgänge sich tatsächlich ereignet; es ist nicht erforderlich, daß dieser Vorgang — etwa die im Erschließungsbeitragsbescheid enthaltene Zahlungsaufforderung an den Abgabepflichtigen — zugleich Rechtens ist (vgl. auch BHF U vom 12. 11. 1959, BStBl. III 1960, 29 und vom 29. 4. 1960, a. a. O. S. 275; Abi. d. gegenteil. Ans. d. PrOVG, PrOVGE 38, 138/140 und 85, 143/145).
5. OVG Lüneburg U vom 26. 2. 1970 (I OVG A 30/69) DVB1. 1970, 419 = DÖV 1970, 866
a) Die Verjährungsfrist für eine Erschließungsbeitragsforderung beginnt grundsätzlich mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage (Eingang der letzten Unternehmerrechnung) zu laufen. b) Die Verjährung wird durch einen Heranziehungsbescheid unterbrochen, auch wenn dieser später durch einen anderen ersetzt wird.
6. OVG Münster U vom 23.9. 1970 (III A 1502/68) ZMR 1971, 98 = DÖV 1971, 395
Eine Stundung des Erschließungsbeitrages bei landwirtschaftlicher Nutzung kommt nach § 135 Abs. 4 BBauG auch dann in Betracht, wenn a) das herangezogene Grundstück bebaut ist und b) der Betriebsinhaber neben seiner Tätigkeit als Landwirt noch einer anderen Beschäftigung nachgeht.
7. OVG Münster U vom 6. 10. 1971 (III A 1160/69) DÖV 1972, 507
Prozeßzinsen für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der mit der gerichtlichen Aufhebung eines Heranziehungsbescheides über Erschließungsbeiträge — nach schon erfolgter Zahlung — entsteht, können neben der Anfechtungsklage im selben Verwaltungsstreitverfahren geltend gemacht werden.
8. HambOVG U vom 9.12. 1971 (Bf II 95/70) MDR 1972, 449
In Übergangsfällen, d. h. namentlich, wenn eine gemäß §§ 133 Abs. 4, 180 BBauG nach früherem Recht zu beurteilende Beitragsforderung erst nach Inkrafttreten des Hamburgischen Wegegesetzes geltend gemacht wird, besteht Beitragsfreiheit nicht nur dann, wenn nach altem Recht ein Beitrag dem Grund nach nicht entstehen konnte, sondern — unabhängig von einer Billigkeitsentscheidung nach § 135 Abs. 5 BBauG — auch dann, wenn eine Befreiungsvorschrift des Hamburgischen Wegegesetzes eingreift.
9. BayVGH U vom 23. 10. 1975 (Nr. 35 VI 73) - nicht veröffentlicht
Die Aufrechnung gegen eine Erschließungsbeitragsforderung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Erschließungsbeitragsbescheids.
C. Andere Gerichte 1. VG Münster U vom 28. 5. 1962 (1 K 655/61) KStZ 1963, 63 = DWW 1963, 375 Eine Stundung nach § 135 Abs. 4 BBauG kann bei landwirtschaftlichen Grundstükken nur erfolgen, wenn eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit besteht, das Grundstück weiter einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Die Stundung liegt im Ermessen der Gemeinde. 756
Vor § 136
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
2. VG Düsseldorf U vom 20. 11. 1962 (5 K 380/62) KStZ 1963, 73 = D W W 1963, 373. Die Anwendung der Billigkeitsvorschrift des § 135 Abs. 5 BBauG liegt im Ermessen der Gemeinde. SIEBENTER TEIL
Ermittlung von Grundstückswerten Vorbemerkung a) Die Bewertung des für eine Bebauung in Frage kommenden Bodens ist von wesentlicher Bedeutung für den Vollzug der Bauleitplanung. Die Festsetzungen des BebPl. können nur dann verwirklicht werden, wenn es gelingt, durch einen flüssigen und elastischen Bodenmarkt dem Bauwilligen die Möglichkeit zu verschaffen, Bauland zu einem vernünftigen Preis zu erwerben. Das Ziel, Bauland in die Hand des Bauwilligen zu überführen, kann durch die im Enteignungsteil des Gesetzes geschaffenen Möglichkeiten auch nach der Novelle von 1976 nur in besonderen Ausnahmefällen erreicht werden. Jede Enteignung ist grundsätzlich eine Notlösung, die nur dann angewandt werden darf, wenn alle anderen Mittel versagen. Das Hauptmittel zur Vermeidung von Enteignungen ist ein flüssiger Bodenmarkt. Ein solcher Markt besteht allerdings gegenwärtig und auch in absehbarer Zeit nicht. Der Bodenmarkt steht unter besonderen Bedingungen. Für den Kaufwilligen ist es stets schwer, die Situation auf diesem Markt richtig zu beurteilen. Es ist für ihn schwierig, den Preis, bis zu dem er gehen muß, zu ermitteln. Überdies hat der Baubodenmarkt seit mehr als einem Jahrhundert im allgemeinen den Charakter eines Verkäufermarktes. Die Nachfrage übersteigt das jeweilige Angebot. Die Industrialisierung und die Zunahme der Bevölkerung steigern sich in schnellem Umfang. So kommt es, daß der Verkäufer im allgemeinen auf dem Baubodenmarkt die stärkere Position einnimmt. Seine Stellung auf dem Markt wird nicht selten noch dadurch künstlich verstärkt, daß er sein Angebot zurückhält. Die Wahrnehmung des ständigen Steigens der Bodenpreise kann auch ihrerseits dazu führen, daß die Steigerungstendenz von der Meinung der Marktteilnehmer nach Stärke und Schnelligkeit überschätzt wird. Nach Aufhebung der Preisvorschriften können auf einem völlig sich selbst überlassenen Bodenmarkt angesichts der überaus großen Verknappung des Baubodens die Preise über das marktwirtschaftlich angebrachte Maß hinaus bis zu der Höhe steigen, die bei voller Ausnutzung der gegebenen Möglichkeiten erreichbar ist. Nach den Absichten des Gesetzgebers soll erreicht werden, daß für die Marktteilnehmer der sie interessierende Markt hinreichend übersichtlich wird. Die Möglichkeit der Marktbeobachtung und das so gewonnene Urteil über den wirklichen Grad der Knappheit des betreffenden Wirtschaftsgutes gehören zu den wesentlichen Vorbedingungen für das gute Funktionieren eines jeden Marktes. Erst wer vergleichen und aus diesem Vergleich Schlüsse über den Wert eines Gegenstandes ziehen kann, wird gegen Übervorteilung geschützt. Ob allerdings die guten Absichten des Gesetzgebers verwirklicht werden, mag bei den Erfährungen der letzten Jahre und den bekannten Erscheinungen auf dem Bodenmarkt sehr fraglich erscheinen. Das Gesetz sieht in Anlehnung an die Erfahrungen in diesen Ländern ebenfalls eine amtliche Wertermittlung (zweiter Abschnitt dieses Teils) vor. Es verzichtet auf neue Preisbindungen jeglicher Art, ermöglicht aber den Marktparteien, daß sie sich bei Grundstücksgeschäften zuvor über den nach objektiven Merkmalen ermittelten Verkehrswert des Grundstücks unterrichten können. Die Unterrichtung der Partner über den Verkehrswert erfolgt durch Gutachterausschüsse, die als kollegiale Einrichtung gebildet werden (Amtl. Begründung zum Sieben757
Vor § 136
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
ten Teil der Erstfassung „Grundstücksschätzung"). Durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 wurde die Regelung über die Gutachterausschüsse als Erster Abschnitt dieses Teils der Wertermittlung vorangesetzt. b) Die parlamentarische Behandlung des Siebenten Teils des BBauG im Rahmen der Beratung der Novelle von 1976 erhielt eine völlige Neufassung erst durch den 15. BT-Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Entgegen ursprünglichen Absichten, den 7. Teil des BBauG „Ermittlung von Grundstückswerten" erst in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren im Anschluß an die vorliegende Novellierung des BBauG fortzuentwickeln, hat der Ausschuß diesen Teil in das ÄndG einbezogen und die Zustimmung des BT erhalten. Dem Ausschuß erschien diese Einbeziehung „als unabweisbar (BT-DS 7/4793 Nr. II 13)". Unabhängig von den den Gutachterausschüssen mit dem vorliegenden Gesetz neu zu übertragenden Aufgaben bestand Einvernehmen, daß ihre Stellung und Organisation auf Grund der seit ihrem Bestehen gemachten Erfahrungen verbessert und fortentwickelt werden mußten. Die praktische Durchführbarkeit des abgaberechtlichen Teils der Baugesetznovelle erforderte deshalb die Änderung und Ergänzung der Bestimmungen über die Gutachterausschüsse und die Wertermittlung bereits mit der vorliegenden Novelle. Dabei wurde neben der bereits genannten Neugliederung in zwei Abschnitte der Aufgabenkatalog der Gutachterausschüsse entsprechend den Erfordernissen des StBauFG und des BBauG sowie der Erfahrungen der Praxis erweitert. Die Gutachterausschüsse haben künftig nicht nur Gutachten über den Wert einzelner Grundstücke, sondern auch den Wert von Rechten an Grundstücken sowie den Wert von sogenanten anderen Vermögensnachteilen bei Enteignungen oder ähnlichen Eingriffen zu ermitteln. Gleichzeitig wird auch der Kreis derjenigen erweitert, die ein Gutachten beim Gutachterausschuß beantragen können (§ 136). Weiter wird die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Gutachterausschüsse verstärkt. Gutachterausschüsse werden künftig grundsätzlich nur noch für den Bereich einer kreisfreien Gemeinde oder eines Landkreises gebildet, da nur Gutachterausschüsse mit ausreichend großem Einzugsgebiet über das erforderliche Vergleichsmaterial verfügen und die notwendigen Erfahrungen sammeln können. Bei kreisangehörigen Gemeinden sollten Gutachterausschüsse nur noch aufgrund einer Verordnung der Landesregierung bestehen bleiben oder auch neu eingerichtet werden können, wenn die Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist (§ 137). Außerdem wird die Einrichtung oberer Gutachterausschüsse durch Verordnung der Landesregierung ermöglicht, die vor allem bei Rechtsstreitigkeiten über den Wert von Grundstücken dann tätig werden sollen, wenn die Gutachten der Gutachterausschüsse schon im Vorverfahren „verbraucht" sind (§ 137 a). Die Verbindung der städtebaulichen Wertermittlung und der steuerlichen Bewertung wurde im Rahmen des Möglichen dadurch hergestellt, daß die Mitwirkung von Finanzbeamten in den Gutachterausschüssen gefördert und ein gegenseitiger Informationsaustausch vorgesehen ist (§§ 139 Abs. 2, 140 Abs. 2, 143 b Abs. 3). Die grundlegende Bestimmung über den Verkehrswert wurde näher ausgestaltet. Unter Beibehaltung der bisherigen Definition des Verkehrswerts wurde klargestellt, daß dabei auch die rechtlichen Gegebenheiten für den Wert des Grundstücks oder des zu bewertenden Gegenstandes zu berücksichtigen sind (§ 142 Abs. 2). Bei bebauten Grundstükken ist nunmehr der Wert des Grund und Bodens immer gesondert zu dem Gesamtwert auf der Basis des Wertes eines unbebauten Grundstücks zu ermitteln (§ 142 Abs. 3). Die Bodenrichtwerte sind künftig grundsätzlich jährlich zumindest für begünstigtes Agrarland (§ 135 b Abs. 3) und Bauland zu ermitteln und zu veröffentlichen. Durch Rechtsverordnung können die Landesregierungen für bestimmte Gebiete einen zweijährigen Turnus zulassen. c) Überleitungsvorschrift nach der Novelle 1976 Das ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 sieht als Überleitung vor, daß Gutachterausschüsse in kreisangehörigen Gemeinden, die nach den vormaligen Bestimmungen gebildet worden waren, bis zum 30. 6. 1978 bestehen bleiben, falls das Land nicht
758
§136
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
schon vorher anderes bestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach dem neuen Recht bestimmt, d) Novelle 1979 Im R a h m e n der Gesetzgebungsverhandlungen zu sog. 1. Beschleunigungsnovelle vom 6. 7. 1979 wollte der BR ( B R - D S 446/78) den § 137 Abs. 1 dahin verkürzen, d a ß nur der erste Halbsatz erhalten geblieben wäre. Dem widersetzte sich die BReg. (BTDS 8/2451, zu 13). Der BT beließ es bei der alten Fassung (siehe bei § 137 unter Nr. 1).
ERSTER A B S C H N I T T Gutachterausschüsse §136 Aufgaben des
Gutachterausschusses
Der Gutachterausschuß hat Uber den Wert von unbebauten und bebauten Grundstücken sowie von Rechten an Grundstücken ein Gutachten zu erstatten, wenn 1. die Eigentümer, die ihnen gleichstehenden Berechtigten (§ 145 Abs. 2, Nießbraucher, Gläubiger einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld, Inhaber anderer Rechte am Grundstück und Pflichtteilsberechtigte, f ü r deren Pflichtteil und Wert eines Grundstücks von Bedeutung ist, 2. die f ü r den Vollzug dieses Gesetzes und des Städtebauförderungsgesetzes zuständigen Behörden bei der Erfüllung der Aufgaben nach diesen Gesetzen, 3. die f ü r die Feststellung der Entschädigung f ü r ein Grundstück oder ein Recht an Grundstücken aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften zuständigen Behörden, 4. Gerichte und Justizbehörden oder 5. Kaufbewerber und Bewerber um eine Dienstbarkeit, solange sie mit dem Eigentümer in ernsthaften Verhandlungen stehen, es beantragen. (2) Der Gutachterausschuß hat die Bodenrichtwerte zu ermitteln (§ 143 b). (3) Der Gutachterausschuß kann bei einer Enteignung, im Falle von Übernahmeansprüchen oder bei Nutzungsbeschränkungen aufgrund dieses Gesetzes oder nach anderen Vorschriften auf Antrag eines Antragsberechtigten außer Gutachten über die Höhe der Entschädigung für den Rechtsverlust auch Gutachten über die Höhe der Entschädigung f ü r andere Vermögensnachteile erstatten. (4) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen können dem Gutachterausschuß weitere Aufgaben übertragen. (5) Eine Abschrift des Gutachtens Uber den Wert eines einzelnen Grundstücks oder eines Rechts an einem Grundstück ist dem Eigentümer des Grundstücks oder dem Inhaber des Rechts zu übersenden. Gutachten können ganz oder teilweise anderen Personen zur Kenntnis gebracht werden, soweit sie ein berechtig759
§136 2
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
tes Interesse haben und keine berechtigten Interessen anderer beeinträchtigt werden. Der Eigentümer des Grundstücks oder der Inhaber des Rechts ist vorher zu hören. 1. Allgemeines a) Die Vorschrift besagt, über welche Grundstücke ein Wertermittlungsgutachten erstattet werden kann und wer antragsberechtigt ist. Von der allgemeinen Wertermittlungspflicht wurde abgesehen, da hierdurch in zu starkem Umfang in die private Sphäre eingegriffen würde und weil ein zu hoher Verwaltungsaufwand vermieden werden muß. b) Der hier geregelte Aufgabenkatalog bedurfte sowohl wgen der wachsenden Bedeutung der Grundstückswerte im Städtebaurecht als auch aus den Erfahrungen der Praxis der Gutachterausschüsse einer Ergänzung und Präzisierung. Dies geschah im Zuge der Novelle zum BBauG vom 18. 8. 1976. 2. Die Wertermittlung (Abs. 1 und 2) a) In Erweiterung der Erstfassung sieht Abs. 1 die Wertermittlung grundsätzlich uneingeschränkt für alle unbebauten und bebauten Grundstücke sowie für Grundstücksrechte vor (Satz 1). Die anläßlich der Einbringung der Erstfassung des Gesetzes vorgesehene Beschränkung auf den Gesamtbaubereich wurde aufgegeben. Das Anliegen, dem die Wertermittlung dienen soll, nämlich den Bodenmarkt zu ordnen und für alle Interessen übersichtlich zu machen, ist nicht auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets beschränkt. b) Die frühere Regelung, daß ausgenommen von der Wertermittlung die Grundstücke sind, die einer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sind; ist von der Novelle nicht übernommen worden. Einen gewissen Ersatz stellt Abs. 2 dar, der in Verbindung mit § 143 b dem Gutachterausschuß die Ermittlung der Bodenrichtwerte überträgt. c) Die Gutachterausschüsse erstatten ihre Gutachten nur auf Antrag. Die Antragsberechtigten sind in Abs. 1 erschöpfend aufgezählt: Jeder Grundstückseigentümer, die Inhaber von grundstücksgleichen Rechten (z. B. Erbbauberechtigte), Nießbraucher sowie Gläubiger einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld; ferner die für den Vollzug des BBauG zuständigen Behörden (z. B. Gemeinden, soweit sie die Bewertung zum Vollzug dieses Gesetzes benötigen ; die höheren Verwaltungsbehörden) und alle Gerichte, ferner die Bewerber um den Kauf (und die Dienstbarkeit) eines Grundstücks; letztere Bestimmung ist getroffen worden, um im Interesse der Übersichtlichkeit des Grundstücksmarktes die Informationsmöglichkeiten zu verbessern; allerdings setzt hier (nach einer Empfehlung des Rechtsausschusses anläßlich der Beratung der Erstfassung des Gesetzes) die Erstattung des Gutachtens voraus, daß der Antragsteller noch mit dem Grundeigentümer in ernsthaften Kaufverhandlungen steht. Dies ist vom Gutachterausschuß nachzuprüfen. Sind die Verhandlungen inzwischen abgebrochen, so kann der Eigentümer 760
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§ 136 4
durch eine entsprechende Mitteilung die Wertermittlung verhindern. Das erscheint notwendig, um unberechtigte Eingriffe in die Rechtssphäre des Eigentümers zu verhindern. Die neue Formulierung des § 136 Abs. 1 sieht auch eine Erweiterung des Kreises derjenigen vor, die ein Gutachten beim Gutachterausschuß beantragen können. Neu hinzugekommen sind Inhaber von Rechten an Grundstükken und Pflichtteilsberechtigte (siehe Nr. 1) und vor allem die für die Feststellung von Enteignungsentschädigungen auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften außerhalb des Städtebaurechts zuständigen Behörden. Diese Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten kommt den Erfahrungen und Forderungen der Praxis entgegen und soll vor allem auch dazu beitragen, die Zersplitterung des Bewertungs- und Wertermittlungswesens in den verschiedenen Rechtsgebieten allmählich abzubauen. 3. Erweiterte Aufgaben des Gutachterausschusses (Abs. 3 und 4) a) Den Gutachterausschuß ist zusätzlich nach Abs. 3 (Kannvorschrift!) die Aufgabe der Ermittlung des Wertes von sogenannten „anderen Vermögensnachteilen" bei Enteignungen und ähnlichen Eingriffen übertragen worden. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß bei dieser Ermittlung auch Vermögensvorteile, die durch die Maßnahme entstanden sind, berücksichtigt werden. Die vorgenannten Aufgaben wurden auch bisher schon ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung von den Gutachterausschüssen wahrgenommen. Die vom Ausschuß weiter vorgesehene Übertragung der Erstellung von Analysen des Grundstücksmarktes an die Gutachterausschüsse wurde bei den Beratungen des Vermittlungsausschusses gestrichen. b) Darüber hinaus bestimmt Abs. 4, daß die Landesregierungen den Gutachterausschüssen weitere Aufgaben übertragen können. Hierdurch soll sowohl den verschiedenartigen Erfordernissen in den einzelnen Bundesländern Rechnung getragen als auch eine Ausweitung der gutachterlichen Wertermittlung ermöglicht werden. 4. Mitteilung an den Eigentümer (Abs. 5) Die Gutachterausschüsse erstatten ihre Gutachten unverbindlich (§ 143); die Gutachten sind stets dem Eigentümer zu übersenden, gegebenenfalls abschriftlich, wenn der Antragsteller nicht Eigentümer ist. Zusätzlich zum alten Abs. 2 sieht Abs. 5 vor, daß die Gutachten ganz oder teilweise — nach Anhörung des Berechtigten — auch anderen Personen als den Eigentümern, z. B. wenn sie von denselben städtebaulichen Maßnahmen betroffen sind, zur Kenntnis gegeben werden können. Verstöße gegen das Grundgesetz der Geheimhaltung (§ 138 Abs. 3) sind dadurch nicht zu befürchten, da Gutachten grundstücksbezogen sind und keine Angaben über persönliche Verhältnisse enthalten. Wegen der Ermittlung des Verkehrs wertes siehe § 142. 761
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
§137 1
§137 Gutachterausschuß
und
Geschäftsstelle
(1) Die Gutachten werden durch selbständige Gutachterausschüsse erstattet, die für den Bereich einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises gebildet werden. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß Gutachterausschüsse bei kreisangehörigen Gemeinden verbleiben oder eingerichtet werden, wenn die Erfüllung ihrer Aufgaben gewährleistet ist. In der Rechtsverordnung sind erforderlichenfalls zur Gewährleistung der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Anforderungen Bestimmungen zu treffen, bei welcher Behörde die Geschäftsstelle zu errichten ist. (2) Zur Vorbereitung seiner Arbeit bedient sich der Gutachterausschuß einer Geschäftsstelle bei einer Behörde. Die Landesregierungen können die Aufgaben der Geschäftsstelle dem örtlich zuständigen Kataster- und Vermessungsamt oder einer anderen vorhandenen kommunalen oder staatlichen Einrichtung übertragen, die über fachkundiges Personal verfügt und der die für die Wertermittlung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stehen. 1. Allgemeines Die Einrichtung von Gutachterausschüssen ist auch dem früheren Recht bekannt. Die bundesrechtliche Zuständigkeit war seit der Beratung der Erstfassung des BBauG umstritten. Einen neuen Vorstoß machte der BR anläßlich der Beratung der Beschleunigungsnovelle von 1979 (BR-DS 446/78, Nr. 13). Er schlug vor, von § 137 nur noch den ersten Halbsatz übrigzulassen und den Art. 3 § 11 des ÄndG zum BBauG v. 18. 8. 1976, der die ausschließliche bundesrechtliche Zuständigkeit zum Inhalt hat, zu streichen. Er begründete den Vorschlag wie folgt: „Es besteht bei den Gutachterausschüssen ebensowenig wie bei anderen Einrichtungen und Behörden ein Bedürfnis für eine ins einzelne gehende bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung. Bei den Gutachterausschüssen greift die bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung, die den Ländern durch die Einschränkung der frühreren Verordnungsermächtigung (§ 144 Abs. 2 a. F.) nur noch geringen Spielraum läßt, einschneidend in die landesinterne Aufgabenverteilung zwischen Landkreisen und Gemeinden ein und zerstört ohne Not einen Teil von traditionsreichen und weitgehend bewährten Einrichtungen auf Gemeindeebene. Die kreisangehörigen Gemeinden in Baden-Württemberg, die zum größten Teil durch die bundesrechtliche Regelung die bei ihnen gebildeten Gutachterausschüsse zum 1. Juli 1978 an die für den Bereich der Landkreise gebildeten Gutachterausschüsse verloren haben, haben mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß sie durch ihre Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse, der Marktpreise und zahlreicher für die Wertermittlung erforderlicher Unterlagen insbesondere aus den Bereichen der Planung, Umlegung, Erschließung und Beitragserhebung Gewähr für eine bürgernahe Erfüllung der Aufgaben der Gutachterausschüsse bieten. Ihre Verwaltungskraft ist durch die Gemeindegebietsreform gestärkt. Die für den Bereichder Landkreise eingerichteten Gutachterausschüsse sind in unbefriedigender Weise darauf angewiesen, daß die Gemeinden ihnen im Wege der Amtshilfe die meisten Unterlagen verschaffen.
762
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§137 2
Nach Streichung der unnötigen bundesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen bliebe diese Frage den Landesregierungen überlassen, die nach § 141 Abs. 1 ohnehin umfassend zur Regelung von Organisationsfragen ermächtigt sind. Kein Bundesland wäre bei Annahme des vorliegenden Antrags gezwungen, seine Zuständigkeitsregelung zu ändern." In ihrer Gegenäußerung (BT-DS 8/2451 zu 13) führte die BReg. aus: „Dem Vorschlag des Bundesrates wird nicht zugestimmt. § 137 Abs. 1 ist durch die Novelle 1976 mit der Absicht geändert worden, leistungsfähige Gutachterausschüsse zu schaffen. Der Vorschlag des Bundesrates wirkt diesem Anliegen entgegen. Die erwähnte Änderung des § 137 Abs. 1 ist seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren eingehend beraten worden. Es bestand Einigkeit darüber, daß Gutachterausschüsse, die für den Bereich einer oder mehrerer kleiner Gemeinden gebildet sind, „in der Regel keine befriedigende Arbeit leisten können, weil ihr Einzugsgebiet zu klein und das Vergleichsmaterial zu gering ist". Lediglich im Einzelfall sollten die Landesregierungen bestimmen können, daß Gutachterausschüsse bei kreisangehörigen Gemeinden verbleiben oder eingerichtet werden, wenn die Erfüllung hrer Aufbaben gewährleistet ist. Mit dieser Ausnahmeregelung hat der Gesetzgeber den Gebietsreformen und der damit verbundenen „Einkreisung" großer leistungsfähiger Städte hinreichend Rechnung getragen. Aufgrund des Überleitungsrechts sind — von den vorstehenden Ausnahmen abgesehen — die Aufgaben der für kreisangehörige Gemeinden eingerichteten Gutachterausschüsse erst vor wenigen Monaten auf die für einen größeren Zuständigkeitsbereich gebildeten Gutachterausschüsse übergegangen. Eine erneute Änderung des § 137 Abs. 1 wäre zu diesem Zeitpunkt insbesondere für die Praxis nicht vertretbar." Das Ergebbnis der abschließenden Gesetzesberatung war folgender Kompromiß: Wegfall der Worte im Einzelfall und Anfügung eines Satzes 3 in Abs. 1 (zu letzterer Bestimmung siehe Erläuterung Nr. 3 b). Damit ist dem Landesrecht etwas mehr Spielraum gegeben. 2. Gutachterausschüsse (Abs. 1) Die Gutachten über den Grundstückswert erfolgen durch selbständige G u t a c h t e r a u s s c h ü s s e , d i e f ü r d e n Bereich d e r k r e i s f r e i e n S t ä d t e u n d d e r L a n d k r e i s e gebildet w e r d e n (Abs. 1 Satz 1). D a s b e d e u t e t , d a ß diese A u s schüsse eigene („selbständige") G r e m i e n (Organe) der Gebietskörperschaft e n , bei d e n e n sie errichtet s i n d , b i l d e n , d a ß sie also n i c h t als Teil dieser weis u n g s g e b u n d e n e n K ö r p e r s c h a f t e n tätig w e r d e n (vgl. a u c h § 139 A b s . 1 Satz 2). Sie s i n d a b e r k e i n e K ö r p e r s c h a f t e n ö f f e n t l i c h e n R e c h t s . D a sich in d e r Praxis gezeigt h a t , d a ß G u t a c h t e r a u s s c h ü s s e , d i e e n t s p r e c h e n d d e n V o r s c h r i f t e n d e s alten § 144 Abs. 2 f ü r d e n Bereich e i n e r o d e r m e h r e r e r k l e i n e r G e m e i n d e n g e b i l d e t w e r d e n k o n n t e n , in d e r R e g e l k e i n e bef r i e d i g e n d e A r b e i t leisten k ö n n e n , weil ihr E i n z u g s g e b i e t zu klein u n d d a s V e r g l e i c h s m a t e r i a l zu g e r i n g ist, w u r d e im Z u g e d e r N o v e l l e 1977 u n t e r W e g fall d e r V o r s c h r i f t in § 144 Abs. 2 hier d i e M ö g l i c h k e i t g e s c h a f f e n , d a ß G u t a c h t e r a u s s c h ü s s e bei k r e i s a n g e h ö r i g e n G e m e i n d e n ( e t w a bei s o l c h e n , d i e d u r c h d i e G e b i e t s r e f o r m eine h ö h e r e B e d e u t u n g e r h a l t e n o d e r d i e K r e i s f r e i heit v e r l o r e n h a b e n ) v e r b l e i b e n o d e r n e u e i n g e r i c h t e t w e r d e n k ö n n e n , „ w e n n d i e E r f ü l l u n g i h r e r A u f g a b e n g e w ä h r l e i s t e t " ist. Es g e n ü g t n i c h t n u r d i e Erw a r t u n g ; v i e l m e h r m u ß mit a n Sicherheit g r e n z e n d e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t ge763
§137
3
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
sichert sein, daß ein solcher Ausschuß arbeitsfähig ist und mit positiven Ergebnissen seinen Pflichten nachkommen kann. 3. Geschäftsstelle; Delegation (Abs. 2) a) Zur Erleichterung ihrer Tätigkeit und im Interesse der Kosteneinsparung besitzen die Gutachterausschüsse keine eigene Geschäftsstelle. Ihre Geschäfte führt vielmehr die Verwaltung einer Behörde (Abs. 2 Satz 1). Diese hat ihr Personal zur technischen Durchführung der Arbeiten, wie Schreibarbeiten, Anlegung und Behandlung der anfallenden Akten, Herbeischaffung der Unterlagen usw., zur Verfügung zu stellen. Dabei können die nach Landesrecht bereits vorhandenen Einrichtungen kommunaler oder staatlicher Art (z. B. Katasterämter) übernommen oder fortgeführt werden. In der Erstfassung des Gesetzes war primär die Verwaltung der Bereichskörperschaft des Gutachterausschusses als Verwaltungsstelle genannt. Mit dem ÄndG 1976 ist diese Erstrangigkeit weggefallen. Es hat sich nämlich in der Vergangenheit gezeigt, daß die Arbeit der Gutachterausschüsse wesentlich von der Qualität ihrer Geschäftsstellen abhängt. Dabei ist die Erfahrung gemacht worden, daß in der Regel dort, wo die Geschäftsstellen bei der Vermessungsverwaltung bestehen, die Gutachterausschüsse befriedigend arbeiten, weil dort besonders fachkundiges Personal und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stehen. Dementsprechend können nach Satz 2 die Landesregierungen die Aufgaben der Geschäftsstelle dem örtlich zuständigen Kataster- und Vermessungsamt oder einer anderen kommunalen oder staatlichen Einrichtung übertragen, die über fachkundiges Personal verfügt und der die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stehen. b) Durch die Novelle vom 6. 7. 1979 wurde durch Anfügung von Satz 3 an Abs. 1 wird sicher gestellt, daß notfalls in der Rechtsverordnung die Bestimmung enthalten sein muß, bei welcher Landesbehörde die Geschäftsstelle zu errichten ist. c) In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten (§ 5 StBauFG) bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Genehmigung (§15 StBauFG). Beabsichtigt die Genehmigungsbehörde, diese Genehmigung aus der in § 15 Abs. 3 Satz 2 StBauFG genannten Gründen zu versagen, so soll sie ein Gutachten des Gutachterausschusses (§ 137 BBauG) einholen (§ 15 Abs. 3 Satz 3 StBauFG). d) Rechtsprechung LG Berlin, Kammer f. Baul.Sachen B vom 16.9.1963 (— 18 - O. 18/61 Baul.) BBauBl. 1963, 499 = BBauBl. 1964, 266 Der Gutachterausschuß für Grundstückswerte kann nicht nach den zivilprozessualen Vorschriften abgelehnt werden.
764
§138
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§ 137 a Oberer
Gutachterausschuß
(1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß für den Bereich einer oder mehrerer höherer Verwaltungsbehörden ein Oberer Gutachterausschuß gebildet wird, der auf Antrag eines Gerichts Obergutachten zu erstatten hat, wenn das Gutachten eines Gutachterausschusses vorliegt. (2) Der Obere Gutachterausschuß hat sich zur Vorbereitung seiner Arbeit der Verwaltung einer vorhandenen staatlichen Einrichtung als Geschäftsstelle zu bedienen; die Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Gutachterausschusses wirkt dabei mit. Das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 1. (3) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen können dem Oberen Gutachterausschuß weitere Aufgaben übertragen. a) Der Gesetzgeber hat 1976 auf Vorschlag des federführenden Ausschusses mit dem neuen § 137 a den Ländern die Ermächtigung zur Einrichtung eines „oberen Gutachterausschusses" gegeben. Dieser soll nach Abs. 1 in erster Linie Obergutachten für die Gerichte erstellen; ihm können aber auch weitere Aufgaben zugewiesen werden. Es hat sich nämlich in der Praxis als unglücklich herausgestellt, daß in Gerichtsverfahren die Gutachterausschüsse oft schon als im Vorverfahren „verbraucht" angesehen werden und deshalb nur auf private Sachverständige zurückgegriffen werden konnte. Besonders häufig war das in Rechtsmittelverfahren der Fall. Durch die Schaffung der oberen Gutachterausschüsse wird die amtliche Wertermittlung, die über das zuverlässigste Material (Kaufpreissammlung, Bodenrichtwerte) verfügt, wieder in die Gerichtsverfahren eingeführt werden können. b) Abs. 2 sieht vor, daß der obere Gutachterausschuß eine eigene Geschäftsstelle haben muß. Hier ist ausdrücklich vorgesehen, daß die Geschäftsstelle bei einer staatlichen Einrichtung zu bilden ist, wobei die Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Gutachterausschusses mitzuwirken hat. In Satz 2 wird auf die zu erlassende Rechtsverordnung verwiesen. c) Eine Aufgabenerweiterung durch Landesrecht für den oberen Gutachterausschuß sieht Abs. 3 vor. §138 Zusammensetzung
der
Gutachterausschüsse
(1) Der Gutachterausschuß und der Obere Gutachterausschuß bestehen aus jeweils einem Vorsitzenden und ehrenamtlichen weiteren Gutachtern. Sie werden in der durch Rechtsverordnung nach § 141 bestimmten Besetzung tätig. (2) Die Gutachter werden von der höheren Verwaltungsbehörde auf vier Jahre bestellt; die Bestellung kann wiederholt werden. 765
§139
7. Teil. Ermittlung v o n Grundstückswerten
(3) Die Gutachter sind verpflichtet, die durch ihre Tätigkeit zu ihrer Kenntnis gelangenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten geheimzuhalten. a) Die Gutachterausschüsse setzen sich aus einem beamteten oder angestellten und in der Regel wohl der Behörde, bei der der Ausschuß errichtet ist, angehörenden Vorsitzenden und mehreren ehrenamtlichen Gutachtern zusammen (Abs. 1). Wegen der Qualifikation der Mitglieder der Ausschüsse siehe § 139 Abs. 2. In welcher zahlenmäßigen Besetzung die Ausschüsse zu entscheiden haben, ist durch eine Rechtsverordnung nach § 141 zu bestimmen. Diese Rechtsverordnung wird durch die Landesregierung erlassen. Die Beteiligung von ehrenamtlichen Gutachtern soll die Unabhängigkeit des Ausschusses stärken und das Vertrauen der Bevölkerung auf eine unparteiische Gutachtertätigkeit erhöhen. b) Die Bestellung der Gutachter obliegt nach Abs. 2 grundsätzlich der höheren Verwaltungsbehörde (vgl. aber wegen der Übertragung auf eine andere staatliche Behörde § 147 Abs. 2). Die Bestellung geschieht auf Zeit, nämlich auf vier Jahre, Wiederbestellung (im Falle der Bewährung) ist möglich. Es ist darauf zu sehen, daß eine genügende Anzahl von Stellvertretern bestimmt wird. c) Die für die ehrenamtlichen Gutachter normierte Geheimhaltungspflicht (Abs. 3) entspricht der gleichen Verpflichtung des Vorsitzenden auf G r u n d allgemeiner beamtenrechtlicher Vorschriften. Im übrigen vgl. hierzu § 141.
§139 Unabhängigkeit
und Sachkunde
(1) Die Gutachter haben ihr Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben und zu begründen. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. (2) Zu Gutachtern dürfen nur Personen bestellt werden, die in der Wertermittlung von Grundstücken erfahren sind; unter ihnen sollen sich Personen mit besonderer Sachkunde für die verschiedenen Grundstücksarten und Gebietsteile des Zuständigkeitsbereichs des Gutachterausschusses befinden. Insbesondere bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten sollen auch Bedienstete der örtlichen Finanzämter mit besonderer Sachkunde für die steuerliche Bewertung als Gutachter mitwirken. (3) Der Vorsitzende und die weiteren Gutachter dürfen nicht mit der Verwaltung des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands, auf die sich die Wertermittlung bezieht, oder hauptamtlich mit der Verwaltung der Grundstücke der Gebietskörperschaften, für deren Bereich der Gutachterausschuß gebildet ist, befaßt sein. 766
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§139 2
(4) Ein Gutachter ist von der Mitwirkung ausgeschlossen, wenn er an dem Grundstück wirtschaftlich interessiert ist. Das gleiche gilt, wenn der Ausschließungsgrund bei dem Ehegatten oder bei einer Person vorliegt, mit der der Auszuschließende in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert oder deren gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter er ist. Eine Verbindung durch Adoption steht der Verwandtschaft gleich. Ein Gutachter ist von der Mitwirkung auch ausgeschlossen, wenn er in anderer als öffentlicher Eigenschaft entweder in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst in anderer als öffentlicher Eigenschaft tätig geworden oder bei jemandem beschäftigt ist, der am Ergebnis des Gutachtens ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse hat. 1. Voraussetzung für Gutachten (Abs. 1) Voraussetzung für eine wirkungsvolle und von der Öffentlichkeit anerkannte Arbeit der Gutachterausschüsse ist, daß die Gutachter bei ihrer Tätigkeit völlig unabhängig, also nicht an Weisungen gebunden sind (Abs. 1). Sie sind durch das Gesetz gehalten, ihre Gutachten „nach bestem Wissen und Gewissen" abzugeben; irgendwelche persönlichen oder fiskalischen Interessen dürfen also keine Rolle spielen. Die Gutachten werden in gemeinsamer Arbeit erstellt. Es wird zweckmäßig sein, jeweils einen Sachbearbeiter für den Einzelfall aufzustellen; die Entscheidung über das Gutachten wird in geheimer Beratung zu fällen sein. Einzelheiten können in der Rechtsverordnung der Landesregierung (§ 141) geregelt werden. 2. Zusammensetzung (Abs. 2 und 3) a) Ebenfalls der wirkungsvollen Arbeit und Förderung des Ansehens der Ausschüsse in der Öffentlichkeit dient die Bestimmung, daß zu Gutachtern nur sachkundige Personen bestellt werden dürfen (Abs. 2). Voraussetzung für diese Sachkunde wird sein, daß der Gutachter ein gewisses Mindestalter hat, daß er schon einige Zeit auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken tätig war, also hierin schon eine gewisse Erfahrung hat, und daß er die Fähigkeit besitzt, seine Gutachten in gewandter, allgemein verständlicher Weise zu erstatten. Da für eine Reihe von Grundstücksarten (landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche oder zu Bebauung mit einem Wohnhaus oder einem Industrieunternehmen in Frage kommende Grundstücke), sowie auch je nach Lage der Grundstücke (städtische Grundstücke, verkehrsferne Grundstücke) verschiedene Bewertungsmaßstäbe in Frage kommen werden, erscheint es angezeigt, in die Gutachterausschüsse auch Personen mit besonderer Sachkunde für die verschiedenen Grundstücksarten und Teile der Gebietskörperschaft, bei der der Ausschuß gebildet ist, aufzunehmen. Bedienstete der örtlichen Finanzämter mit besonderer Sachkunde in der steuerlichen Grundstücksbewertung sollen zu den Gutachterausschüssen herangezogen werden (Satz 2). 767
§140
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
b) Zur Vermeidung von Interessenkollisionen (vgl. § 136 Abs. 1, bes. Nr. 2) ist in Abs. 3 vorgeschrieben, daß weder der Vorsitzende noch die weiteren Gutachter mit der Verwaltung der gemeindeeigenen Grundstücke befaßt sein dürfen. Unzulässig wäre es daher (und würde die Tätigkeit des Ausschusses fehlerhaft machen), wenn in dem bei einer kreisfreien Stadt gebildeten Ausschuß Beamte oder Angestellte des städtischen Liegenschaftsamtes tätig waren. 3. Ausschluß eines Gutachters (Abs. 4) Im Hinblick auf die Beteiligung ehrenamtlicher Gutachter, die bei Abgabe eines Gutachtens möglicherweise auch in eine Interessenkollision kommen können, führt Abs. 4 eine Reihe von Ausschließungsgründen an. Eine solche Interessenkollision kommt in Frage: a) wenn ein Gutachter (oder eine sonstige ihm im Rahmen des Abs. 3 nahestehende Person) „an dem Grundstück wirtschaftlich interessiert ist", d. h. vor allem, wenn er als Eigentümer oder Käufer oder sonstiger an dem Grundstück Berechtigter — Hypothekengläubiger, Vorkaufsberechtigter usw. — in Frage kommt, b) wenn ein Gutachter „in der Angelegenheit", d. h. hinsichtlich der Bewertung des in Frage kommenden Grundstücks, bereits einmal ein Privatgutachten abgegeben hat, oder „sonst tätig geworden ist", d. h. etwa als Grundstücksmakler aufgetreten ist, c) wenn ein Gutachter bei jemandem beschäftigt ist, der an dem Ergebnis des Gutachtens ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse hat (z. B. als Angestellter des Grundstückseigentümers oder des in Frage k o m m e n d e n Käufers oder Enteignungsbegünstigten). 4. Rechtsprechung O L G Frankfurt B vom 23.11. 1964 (1 W (Baul.) N J W 1965, 306 = N J W 1965, 542 mit Anm. von Gerhard Hösen Ein Gutachterausschuß (in Baulandsachen) kann als solcher wegen Besorgnis der Befangenheit nicht abgelehnt werden.
§140 Auskunfts- und Vorlagepflicht (1) Der Gutachterausschuß kann mündliche oder schriftliche Auskünfte von Sachverständigen und von Personen einholen, die Angaben über das Grundstück und, wenn das zur Ermittlung von Ausgleichsbeträgen und von Enteignungsentschädigungen erforderlich ist, über ein Grundstück, das zum Vergleich herangezogen werden soll, machen können. Er kann verlangen, daß Eigentümer und sonstige Inhaber von Rechten an Grundstücken die zur Führung der Kaufpreis768
§141
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
Sammlung und zur Begutachtung notwendigen Unterlagen vorlegen. Der Eigentümer und der Besitzer des Grundstücks haben zu dulden, daß Grundstücke zur Auswertung von Kaufpreisen und zur Vorbereitung von Gutachten betreten werden. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung der Wohnungsinhaber betreten werden. (2) Alle Gerichte und Behörden haben dem Gutachterausschuß Rechts- und Amtshilfe zu leisten. Das Finanzamt erteilt dem Gutachterausschuß Auskünfte über Grundstücke, soweit dies zur Ermittlung von Ausgleichsbeträgen und Enteignungsentschädigungen erforderlich ist. a) Der durch das Ä n d G vom 18. 8. 1976 geänderte § 140 bringt eine Erweiterung der Auskunfts- und Vorlagepflicht des Eigentümers und der sonstigen Berechtigten sowie eine Auflockerung des Steuergeheimnisses. Sowohl die Ausdehnung der Auskunfts- und Vorlagepflicht auf Grundstücke, die zum Vergleich geeignet sind, in Abs. 1 als auch die Neuschaffung einer Auskunftspflicht des Finanzamts gegenüber dem Gutachterausschuß über Grundstücke schlechthin, soweit dies zur Ermittlung von Ausgleichsbeträgen und Enteignungsentschädigungen erforderlich ist, in Abs. 2 dienen ausschließlich unmittelbar öffentlichen Interessen, nämlich der Ermittlung der Ausgleichsbeträge und der Ermittlung von Enteignungsentschädigungen. Darüber hinaus gibt es keine zusätzlichen Auskunftspflichten über Vergleichsgrundstücke für sonstige Gutachten, die nicht unmittelbar der Ermittlung der Ausgleichsbeträge oder der Enteignungsentschädigungen dienen. b) Um zuverlässige Unterlagen für die Wertermittlung zu bekommen, ist es notwendig, eine gesetzliche Auskunfts- und Vorlagepflicht gegenüber dem Gutachterausschuß für alle Personen festzulegen, die sachdienliche Angaben über die Grundstücke machen können oder maßgebliche Urkunden in ihrem Besitz haben (z. B. Eigentümer, Hypothekengläubiger, Erbbauberechtigter). Aus demselben G r u n d haben Eigentümer und Besitzer die Besichtigung des Grundstücks zum Zwecke der Begutachtung zu dulden; dabei dürfen jedoch Wohnungen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden (vgl. zu letzterer Bestimmung auch § 151 Abs. 1 Satz 3). Die Leistung von Rechts- und Amtshilfe gegenüber dem Gutachterausschuß entspricht allgemeinen Grundsätzen.
§141 Organisation und Verfahren (1) Die Einzelheiten der Organisation und des Verfahrens der Gutachterausschüsse, der Oberen Gutachterausschüsse und ihrer Geschäftsstellen werden von den Landesregierungen durch Rechtsverordnung geregelt. Die Rechtsverordnung soll insbesondere regeln 769
§141
3
7. Teil. Ermittlung v o n Grundstückswerten
1. die Auswahl und Zahl der Gutachter, die im Einzelfall mitwirken, 2. die Voraussetzungen, unter denen ein Gutachter vorzeitig abberufen werden kann, 3. die Aufgaben, die von den Gutachterausschüssen im Einzelfall, für bestimmte Fallgruppen oder allgemein auf ihre Vorsitzenden oder auf ihre Geschäftsstellen übertragen werden können, 4. die Vertretung der Gutachterausschüsse vor Behörden und Gerichten zur mündlichen Erläuterung der Gutachten, 5. die Entschädigung für die Mitglieder der Gutachterausschüsse. (2) Die Aufbringung der Kosten richtet sich nach Landesrecht. 1. Allgemeines In Folge der neuen Gliederung des 7. Teils durch die Novelle 1976 entspricht § 141 im wesentlichen dem früheren § 144. Neu hinzu gekommen ist in Abs. 1 lediglich die Nennung des „oberen Gutachterausschusses". Entfallen sind die Nrn. 3 und 4, die nunmehr leicht verändert in § 144 Abs. 2 erscheinen. An ihrer Stelle sind neu in § 141 geregelt die Nrn. 3 und 4. In Nr. 3 wird nunmehr den Ländern eingeräumt, zu bestimmen, welche Aufgaben die Gutachterausschüsse auf die Geschäftsstellen oder auf den Vorsitzenden übertragen können. Diese Regelung sanktioniert die schon vielfach in der Praxis bestehenden, von den Gutachterausschüssen auf den Vorsitzenden oder die Geschäftsstellen delegierten Aufgaben und trägt somit der Tatsache Rechnung, daß die Aufgaben der Gutachterausschüsse in Zukunft noch weiter wachsen und bei der Beibehaltung des ehrenamtlichen unabhängigen Gutachters die Notwendigkeit der Delegation insbesondere von Routine- und technischen Aufgaben auf die Geschäftsstellen noch zunehmen wird. Hiermit ist gleichzeitig eine Aufwertung der Geschäftsstellen verbunden. Nr. 4, die die Vertretung der Gutachterausschüsse vor Behörden und Gerichten einer positiven Regelung durch die Landesregierung zuführen soll, ist notwendig geworden, da die Praxis gezeigt hat, daß immer wieder Zweifel darüber auftreten, wer den Gutachterausschuß vor Gericht vertritt, wenn ein Gutachten dort zu erstatten bzw. zu erläutern ist. 2. Ermächtigung für die Landesregierungen (Abs. 1) Soweit die Vorschriften über das Verfahren der Gutachterausschüsse sowie die Anlegung der Kaufpreissammlungen und Richtwertübersichten nicht schon im Gesetz festgelegt sind, haben die Landesregierungen die näheren Einzelheiten dazu durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Aufzählung in Abs. 1 ist nicht erschöpfend. 3. Aufbringung der Kosten (Abs. 2) Folgende Rechtsverordnungen der Länder sind ergangen: 770
§142
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
Baden-Württemberg: Bayern: Hessen: Niedersachsen: Nordrhein-Westfalen: Rheinland-Pfalz: Saarland: Schleswig-Holstein:
1
V v . 22. 11. 1968 (GVB1. S. 174) i. V. m. § 19 Landesjustizkostengesetz, V v . 18. 1. 1961 (GVB1. S. 28) V v . 15. 11. 1960 (GVB1. S. 219) und v . 2 1 . 9 . 1972 (GVB1. S. 331) V v. 29. 12. 1960 (GVB1. S. 293) V v . 29. 11. 1960 (GVB1. S. 433) V v . 20. 1. 1961 (GVB1. S. 23) V v . 18. 7. 1961 (ABl. S. 485) V v . 9. 12. 1960 (GVoBl. S. 198)
ZWEITER ABSCHNITT Wertermittlung §142 Verkehrswert (1) Der Gutachterausschuß ermittelt den gemeinen Wert (Verkehrswert). Dabei sind insbesondere Vorschriften Uber die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung bestimmter Umstände zu beachten. (2) Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. (3) In den Gutachten über den Verkehrswert bebauter Grundstücke soll, wenn dies aufgrund von Vergleichspreisen möglich ist, neben dem Gesamtwert des Grundstücks der Wert des Grund und Bodens mit dem Wert angegeben werden, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre. 1. Vorbemerkung § 142 entspricht dem früheren § 141 und definiert den Verkehrswert gleich. Dabei ist neu, daß in Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß bei der Ermittlung des Verkehrswertes die Vorschriften über die Berücksichtigung bestimmter Umstände zu beachten sind, was aber nur deklaratorischen Charakter hat; denn bei der Wertermittlung sind immer alle wertbeeinflussenden Umstände zu berücksichtigen. So ist der neu aufgenommene Hinweis auf die „rechtlichen Gegebenheiten" in der Verkehrswertdefinition des 771
§142
3
7. Teil. Ermittlung v o n Grundstückswerten
Abs. 2 nichts neues sondern dient nur der Vollständigkeit u n d der Erinnerung an das Gewicht der rechtlichen Gegebenheiten f ü r den Wert des G r u n d s t ü k kes oder den zu bewertenden Gegenstand. Am Verkehrswertprinzip wird dabei festgehalten. 2. Verkehrswert (Abs. 1) a) Das Ziel der Ermittlungen des Gutachterausschusses ist es, den „gemeinen Wert (Verkehrswert)" eines Grundstücks festzustellen. Beide Begriffe (gemeiner Wert u n d Verkehrswert), die hier gleichwertig n e b e n e i n a n d e r stehen, sind ü b e r n o m m e n von anderen Gesetzen: § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes i. d. F. v. 26. 9. 1974 (BGBl. I S. 2360) lautet:„Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle U m s t ä n d e , die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen." § 7 4 a Abs. 5 des Zwangsversteigerungsgesetzes vom 24. März 1897 (RGBl. S. 97) mit späteren Änderungen spricht vom „Grundstückswert (Verkehrswert)". b) Durch die Wahl des Wortes „Verkehrswert" soll betont werden, d a ß es sich hier um einen individuellen Wert handelt, der keine Beziehung zu einer Steuerbemessungsgrundlage hat. Der nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu berechnende Einheitswert ist hier nicht brauchbar, weil er wesentliche Bewertungselemente enthält, die lediglich eine Steuerbemessungsgrundlage mit dem Ziele einer gerechten Besteuerung bilden sollen. Hinzu k o m m t , d a ß die Feststellung der Einheitswerte häufig summarisch erfolgt (Stichtagsbewertung, Massenbewertung), während f ü r die Ermittlung des Grundstückswertes nach dem BBauG eine auf den einzelnen Fall abgestellte (individuelle) Festsetzung nicht zu entbehren ist. c) Satz 2 hat wie in 1 bereits ausgeführt, lediglich deklaratorischen Charakter. 3. Ermittlung des Verkehrswerts (Abs. 2) Abs. 2 u n d 3 bringen Vorschriften über die Art u n d Weise der Ermittlung des Verkehrswerts. a) Entscheidend für die Ermittlung des Verkehrswerts ist zunächst „der Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht"; das bedeutet wohl, d a ß m a ß gebend der Zeitpunkt ist, an dem die Ermittlungen abgeschlossen sind u n d das Gutachten fertiggestellt (datiert) ist. Ein früherer Zeitpunkt, z. B. der Beginn der Ermittlungen, dürfte nicht in Frage k o m m e n , da nicht abzusehen ist, wie lange sich das Verfahren bis zur Fertigung des Gutachtens hinzieht. b) Weiter ist m a ß g e b e n d der Preis, der in dem unter a) genannten Zeitpunkt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, d. h. also im freien Handel, erzielt 772
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§142 5
werden kann. Als wertbestimmende Faktoren bezüglich der Wertermittlung eines Grundstücks sind angeführt dessen „Eigenschaften" (Nutzungsart, Ertragsfähigkeit), dessen „sonstige Beschaffenheit" (ebenes, felsiges, sumpfiges Grundstück, Hanggrundstück) und dessen „Lage" (Verkehrsnähe, Nähe eines großen Industriewerks oder einer Villensiedlung). c) Nicht zu berücksichtigen sind bei der Ermittlung „ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse". Als ungewöhnliche Verhältnisse können z. B. in Frage kommende besondere Schwierigkeiten bei der Herrichtung eines Grundstücks begründet liegen, oder Belastungen eines Grundstücks; persönliche Verhältnisse, die den Grundstückswert beeinflussen, liegen vor, wenn ein Grundstück für den Verkäufer oder den Käufer aus einem persönlichen Grund einen besonders hohen Wert (Liebhaberwert) oder geringen Wert hat (so etwa ein besonders geringer Wertanschlag bei Verwandtenkauf oder bei Notverkauf, ein besonders hoher Wert, wenn der Käufer das Grundstück unbedingt zu Geschäftszwecken benötigt). 4. Inhalt des Gutachtens über den Verkehrswert bebauter Grundstücke (Abs. 3) Abs. 3 des alten § 141 wurde in § 144 Abs. 3 dahin abgeändert, daß in Zukunft bei bebauten Grundstücken immer der Grund und Boden gesondert zu bewerten ist und zwar so, wie wenn das Grundstück unbebaut wäre. Die getrennte Bewertung des Grund und Bodens ist nunmehr zwingend notwendig geworden, um Bodenwertsteigerungen nach den Erfordernissen des StBauFG und dieses Gesetzes exakt festzustellen und um auch die Ermittlung der Bodenrichtwerte durch eine größere Zahl von zur Verfügung stehenden Bodenwerten wesentlich zu verbessern. Obwohl die Anzahl der Vergleichspreise nicht zunimmt, stehen in Zukunft durch die in jedem Falle vorzunehmende gesonderte Wertermittlung des Grund und Bodens insgesamt mehr Bodenwerte zur Verfügung, die die Gutachterausschüsse bei ihrer Arbeit jeweils zu beachten haben und als Vergleichswerte heranziehen können. Insgesamt kann die Qualität der Wertermittlung hierdurch nur gehoben werden. Aus diesem Grund wurde Abs. 3 vom Gesetzgeber entsprechend dem Vorschlag des federführenden Ausschusses gefaßt. 5. Rechtsprechung a) BGH U vom 13. 12. 1962 (III ZR 164/61) DVB1. 1963, 625 = Z M R 1964, 15 Zur Frage der Einwirkung von vorbereitenden und rechtsverbindlichen Bauleitplänen auf den Verkehrswert von Grundstücken, die zur Zeit der Enteignung auch landwirtschaftlich genutzt wurden.
Der BGH sagt in dieser Entsch. u. a.: Der Verkehrswert eines Grundstücks hängt von seiner Qualität ab, und diese nun wiederum wird nicht nur durch die derzeitige Nutzung bestimmt, sondern auch wesentlich durch die mögliche Nutzungsfähigkeit beeinflußt. 773
§ 143 a
7. Teil. Ermittlung von Grundstückswerten
b) V G M ü n c h e n U vom 8. 10. 1964 (Nr. 840363) Die Aufteilung eines Grundstücks in Vorgarten, Vorderplatzzone und Rückplatzzone ist eine Aufgliederung unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, wie sie in § 5 der VO über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken vom 7. 8. 1961 (BGBl. I S. 1183) verlangt ist.
§143 Wirkung der
Gutachten
Die Gutachten haben keine bindende Wirkung, soweit nichts anderes bestimmt oder vereinbart ist. a) Die Wertermittlung bezweckt die A u f k l ä r u n g der Vertragsparteien über den Verkehrswert des in Frage k o m m e n d e n Grundstücks. U m das marktwirtschaftliche Prinzip auch auf dem Gebiet des Bodenmarktes weitgehend d u r c h z u f ü h r e n , m u ß t e davon abgesehen werden, den Gutachten der Gutachterausschüsse eine b i n d e n d e Wirkung beizulegen. Den Parteien bleibt es aber u n b e n o m m e n , die Bindung des Gutachtens f ü r sich persönlich zu vereinbaren. b) § 143 entspricht im wesentlichen dem früheren § 142. Der zweite Halbsatz „soweit nichts anderes bestimmt oder vereinbart ist", trägt j e d o c h der Regelung des § 18 S t B a u F G Rechnung. Damit ist allerdings keine Ermächtigung gegeben, allgemein durch Rechtsverordnung die Verbindlichkeit von Gutachten vorzuschreiben; dies könnte nur durch Bundesgesetz erfolgen.
§ 143a Kaufpreissammlungen (1) Jeder Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, Eigentum an einem Grundstück gegen Entgelt, auch im Wege des Tausches, zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu begründen, ist von der beurkundenden Stelle in Abschrift dem Gutachterausschuß zu übersenden. Dies gilt auch für das Angebot und für die Annahme eines Vertrags, wenn diese getrennt beurkundet werden, sowie entsprechend für die Einigung vor einer Enteignungsbehörde, den Enteignungsbeschluß, den Beschluß über die Vorwegnahme einer Entscheidung im Umlegungsverfahren, den Beschluß über die Aufstellung eines Umlegungsplans und den Grenzregelungsbeschluß sowie für den Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren. (2) Bei den Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse sind Kaufpreissammlungen einzurichten und zu führen. Die Kaufverträge sind nach Weisung der Gutachterausschüsse bei den Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse auszuwer774
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§ 143 a 2
ten. Dabei sind auch die Eigenschaften, die sonstige Beschaffenheit und die Lage des Grundstücks zu erfassen und in Beziehung zum bezahlten Kaufpreis zu setzen. Das Ergebnis der Auswertung ist in die Kaufpreissammlung zu übernehmen. Soweit anzunehmen ist, daß ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse die Höhe der vereinbarten Kaufpreise beeinflußt haben, sind die Kaufpreise in den Sammlungen unter Hinweis auf diese Umstände zu kennzeichnen. (3) Auf der Grundlage der ausgewerteten Kaufpreise sind nach Weisung der Gutachterausschüsse die für die Wertermittlung wesentlichen Daten, insbesondere Bodenpreisindexreihen, Umrechnungskoeffizienten, Bewirtschaftungsdaten und Liegenschaftszinssätze nach der jeweiligen Lage auf dem Grundstücksmarkt abzuleiten. (4) Die Kaufpreissammlung ist dem Finanzamt zugänglich zu machen. 1. Vorbemerkung und Abs. 1 Der frühere § 143 wurde in die §§ 143 a und 143 b aufgeteilt. § 143 a enthält die früheren Abs. 1 und 2 über die Kaufpreissammlungen und zur besseren Transparenz des Grundstücksmarktes und zur Erleichterung ihrer Auswertung werden nach Abs. 1 in Zukunft außer den Kaufverträgen auch die Tauschverträge und die Erbbaurechtsverträge sowie Einigungen in einem Enteignungsverfahren und Entscheidungen der Enteignungsbehörden, Beschlüsse über die Vorwegnahme einer Entscheidung in Umlegungsverfahren, Umlegungs- und Grenzregelungsbeschlüsse sowie Zuschläge in Zwangsversteigerungsverfahren den Gutachterausschüssen zugänglich gemacht werden. Die Vorschrift bringt den Stellen, die Verträge beurkunden, durch die sich jemand verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück gegen Entgelt zu übertragen (also vor allem Notaren und Grundbuchämtern), eine erhebliche zusätzliche Belastung. Sie müssen von jedem solchen Vertrag eine Abschrift dem Gutachterausschuß übersenden. In Frage kommt hier wohl der Gutachterausschuß, der bei der Körperschaft (kreisfreie Stadt oder Landkreis) gebildet ist, in deren Bereich das Grundstück liegt, für das die Rechtsänderung beurkundet wird. 2. Führung von Gutachtersammlungen (Abs. 2 und 3) a) Der Übersichtlichkeit des Grundstücksmarktes sollen neben den Einzelgutachten allgemeine Kaufpreissammlungen dienen, die bei den Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse anzulegen sind (Abs. 2). Grundlage dieser Sammlungen sind die im Zuständigkeitsbereich der Gutachterausschüsse abgeschlossenen Grundstückskaufverträge, die ihnen abschriftlich mitzuteilen sind (s. oben Anmerkung 1). Soweit aus den den Ausschüssen zugänglichen Unterlagen (vgl. auch § 140) hervorgeht, daß die Höhe des vereinbarten Kaufpreises durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflußt wurde, muß eine besondere Kennzeichnung des Kaufpreises erfolgen (Satz 4). 775
§ 143 b
7. Teil. Ermittlung v o n Grundstückswerten
b) Abs. 2 w u r d e e n t s p r e c h e n d d e n E r f a h r u n g e n in der Praxis g e ä n d e r t . D a b e i w u r d e d a s Schwergewicht von der b l o ß e n S a m m l u n g weg auf die Ausw e r t u n g der K a u f p r e i s e verlagert, die die Geschäftsstelle des G u t a c h t e r a u s schusses auf W e i s u n g des G u t a c h t e r a u s s c h u s s e s v o r z u n e h m e n h a t ; d e n n nicht die S a m m l u n g gibt wesentliche E r k e n n t n i s s e ü b e r d e n B o d e n m a r k t wieder, s o n d e r n die Ergebnisse der A u s w e r t u n g der K a u f p r e i s e . Diese soll insbes o n d e r e A u f s c h l u ß geben ü b e r den E i n f l u ß der v e r s c h i e d e n e n w e r t b i l d e n d e n F a k t o r e n auf den Preis der einzelnen G r u n d s t ü c k e . c) Die A b l e i t u n g der wesentlichen D a t e n (Abs. 3) erfolgt n a c h W e i s u n g des G u t a c h t e r a u s s c h u s s e s . F ü n f Beispiele ( „ i n s b e s o n d e r e " ) w e r d e n in diesem Absatz aufgezählt. 3. Kenntnisgabe der Kaufpreissammlung an Finanzamt (Abs. 4) D e r d u r c h die Novelle 1976 neu eingefügte Abs. 4 bestimmt, d a ß die K a u f p r e i s s a m m l u n g d e m z u s t ä n d i g e n F i n a n z a m t zugänglich zu m a c h e n ist. D a m i t wird eine in der Praxis schon bisher vielfach v o r h a n d e n e Ü b u n g gesetzlich s a n k t i o n i e r t u n d die schon in d e n Vorschriften der §§ 139 Abs. 2 u n d 140 Abs. 2 v o r g e n o m m e n e V e r k n ü p f u n g von steuerlicher Bewertung u n d s t ä d t e b a u l i c h e r W e r t e r m i t t l u n g vertieft (Ausschußbegr. zu § 143 a B T - D S 7/4793). § 143 b Bodenrichtwerte
und
Übersichten
(1) Aufgrund der Kaufpreissammlungen sind jeweils zum Ende jedes Kalenderjahrs für das Gemeindegebiet durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands, mindestens jedoch für erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland, zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn die Grundstücke unbebaut wären. (2) D i e Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß für das ganze Land oder für bestimmte Gebiete Bodenrichtwerte jeweils zum Ende jedes zweiten Jahrs zu ermitteln sind. (3) Ist in einem Gebiet seit der letzten Ermittlung von Bodenrichtwerten ein Bebauungsplan in Kraft getreten oder hat sich die Qualität der Grundstücke in dem Gebiet durch andere Maßnahmen geändert, so sind bei der darauf folgenden Ermittlung von Bodenrichtwerten für diese Grundstücke die Bodenrichtwerte nach den geänderten Qualitätsmerkmalen, auch bezogen auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung der Einheitsbewertung des Grundsbesitzes, zu ermitteln und dem Finanzamt mitzuteilen. (4) Die Bodenrichtwerte sind jeweils nach ihrer Ermittlung in der Gemeinde ortsüblich bekanntzumachen sowie der höheren Verwaltungsbehörde und dem 776
1. Abschnitt. Gutachterausschüsse
§ 143 b
2
zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Auf der Grundlage der Bodenrichtwerte sind von der höheren Verwaltungsbehörde Übersichten Uber die Bodenrichtwerte, gegliedert nach Orten, typischem Entwicklungszustand und Art der Nutzung der Grundstücke ihres Bereichs, zusammenzustellen und zu veröffentlichen. Ist ein Oberer Gutachterausschuß gebildet, so kann von der Landesregierung bestimmt werden, daß dieser an die Stelle der höheren Verwaltungsbehörde tritt. (5) Jedermann kann von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses über die Bodenrichtwerte und von der höheren Verwaltungsbehörde, gegebenenfalls vom Oberen Gutachterausschuß über den Inhalt der Übersichten Auskunft verlangen. 1. Allgemeines § 143b wurde durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 eingefügt, und zwar die Erweiterung der alten Abs. 3 und 4 des § 143. Dabei wird dem Landesrecht ein gewisser Spielraum gegeben (Abs. 2). 2. Vorschrift a) Abs. 1 sieht vor, daß nunmehr grundsätzlich jährlich Bodenrichtwerte mindestens für begünstigtes Agrarland und Bauland zu ermitteln sind. b) Die Landesregierungen können jedoch im Verordnungswege bestimmen, daß für bestimmte Gebiete ein Zweijahresturnus gilt (Abs. 2). Die Einführung eines festen kurzzeitigen Rhythmus bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte hat sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen und macht die Bodenrichtwerte für die Wertermittlung überhaupt erst hilfreich. Die Heraushebung der Richtwerte von „begünstigtem Agrarland" und „Bauland" ist erforderlich, weil diese Werte bei der Durchführung städtebaulicher Maßnahmen besonders häufig benötigt werden. c) Abs. 3 legt den Gutachterausschüssen neue Pflichten zugunsten der Finanzämter auf. Nur wenn der Gutachterausschuß auch diese Werte für die Finanzverwaltung ermittelt, ist deren Information durch den Gutachterausschuß vollständig. Die Richtwerte können und sollen jedoch für die Finanzverwaltung nicht rechtsverbindlich sein; denn diese stellt die steuerlichen Werte ja nach dem Bewertungsgesetz fest. Die Kenntnis der Richtwerte kann aber zu einer beachtlichen Arbeitsersparnis bei der Finanzverwaltung führen. Sie ist daher besonders geeignet, das Zusammenspiel von steuerlicher Bewertung und städtebaulicher Wertermittlung zu vertiefen. d) Der neue Abs. 4, der den früheren § 143 Abs. 4 aufgreift und ergänzt, dient dazu, die Bodenrichtwerte und die Bodenwerte überhaupt allgemein bekannt und transparent zu machen und sie jederzeit für steuerliche Zwecke nutzbar zu machen. Damit wird zugleich ermöglicht, die Richtwerte auch für überörtliche Zwecke, vor allem für die Landesplanung nutzbar zu machen. 777
§144 3
7. Teil. Ermittlung v o n Grundstückswerten
§ 144 Ermächtigungen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über 1. die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte, 2. die Ableitung wesentlicher Daten für die Wertermittlung (§ 143 a Abs. 3) sowie deren Fortschreibung und Veröffentlichung, 3. die Zusammenfassung der Übersichten über die Bodenrichtwerte (§ 143 b Abs. 4) sowie deren Veröffentlichung für die Länder und das Bundesgebiet. (2) Die Landesregierungen regeln durch Rechtsverordnung 1. die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlungen, 2. die Ermittlung der Bodenrichtwerte und die Anlage der Übersichten nach § 143 b Abs. 4. 1. Vorbemerkung Die Vorschrift wurde durch die Novelle 1976 umgestaltet. In der neuen Fassung des § 144 sind entsprechend der Aufteilung des Siebten Teils in zwei Abschnitte nunmehr nur noch Ermächtigungen, die das materielle Wertermittlungsrecht betreffen, enthalten. Abs. 1 Nr. 1 entspricht § 141 Abs. 4 des früheren Rechts, der die Ermächtigung zum Erlaß der Wertermittlungsverordnung enthält. Nr. 2 ergänzt diese Ermächtigung, damit § 143 a Abs. 3 überall gleichmäßig ausgefüllt werden kann. Nr. 3 enthält den bisherigen § 143 Abs. 6. 2. Ermächtigung an die Bundesregierung (Abs. 1) Statt einzelner, bei der Erstfassung des Gesetzes ausführlich beratenen, nicht in das Gesetz aufgenommenen Vorschriften (z. B. Vergleichspreis; Ertragswert — Sachwert) wurde die BReg ermächtigt, mit Zustimmung des BR durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, um die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte zu sichern. Auch die „Vorschriften" der Bundesregierung können nur allgemeine Richtlinien f ü r die Arbeit der Gutachterausschüsse, nicht ins einzelne gehende bindende Vorschriften enthalten. Die erste Rechtsverordnung der Bundesregierung (WertV) ist am 10. 8. 1972 (BGBl. S. 1416) in neuer Fassung erlassen worden (siehe Teil II), die Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken wurden nach mehrmaliger Neufassung zuletzt in der Fassung vom 31. 5. 1976 neu bekanntgemacht (Beil.-Nr. 21/76 zum BAnz. Nr. 146 vom 6. 8. 1976). 3. Ermächtigung an die Landesregierungen (Abs. 2) Den Landesregierungen wird in Abs. 2 vorbehalten, Rechtsverordnungen über die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung (§ 143 a Abs. 2) und über die Ermittlung der Bodenrechtswerte (§ 143 b) sowie die Anlage der Übersichten (a. a. 0 . Abs. 4) zu erlassen. 778
§ 144 a 2
Städtebauliche Maßnahmen
T E I L VII a Städtebauliche M a ß n a h m e n im Zusammenhang mit M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Agrarstruktur Vorbemerkung Die Einfügung der § 144a bis § 144f durch das ÄndG vom 18. 8. 1976 (BGBl. I S. 2256) geschah im Zuge der Aufhebung der §§ 64 bis 70 StBauFG, und zwar deswegen, weil diese im Vierten Teil des StBauFG enthaltenen Vorschriften über Maßnahmen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur in das allgemeine Städteplanungsgesetz aufgenommen werden sollten. Diese Übernahme erfolgte zum Teil im Wortlaut.
§ 144a Abstimmung von
Maßnahmen
(1) Bei der Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen sind Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere auch die Ergebnisse der Vorplanung nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" vom 3. September 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1573), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgaben vom 23. Dezember 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 2140), zu berücksichtigen. (2) Bei der Aufstellung von Bauleitplänen hat die obere Flurbereinigungsbehörde zu prüfen, ob im Zusammenhang damit eine Flurbereinigung oder andere Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur einzuleiten sind. 1. Allgemeines Die Vorschrift entspricht dem aufgehobenen § 64 StBauFG. 2. Maßnahmen zugunsten der Landwirtschaft (Abs. 1) Schon bei der Einfügung des StBauFG hatte die BReg. diese Vorschrift damit begründet, daß „im Interesse des gezielten Einsatzes der öffentlichen Mittel und zur Vermeidung von Fehlinvestitionen nach Möglichkeit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig aufeinander abgestimmt werden" sollen (DS VI/510 S. 50). Neue Ansiedlungen, Schaffung von Wegen u. a. wirken sich städtebaulich aus. Die Mußvorschrift, daß die Planung und M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Agrarstruktur und die Ergebnisse der entsprechenden Vorplanungen (vgl. § 38 FlurbG) zu berücksichtigen sind, verweist auf das einschlägige Gesetz vom 3. 9. 1969/23. 12. 1971. 779
§ 144 b 1
Teil VII a
3. Flurbereinigungsmaßnahmen (Abs. 2) Die Einschaltung der Flurbereinigungsbehörde ist zweckmäßig. Sie beschränkt sich nicht auf Abs. 2, sondern kehrt in den folgenden Vorschriften immer wieder. Unter Flurbereinigung ist nach § 1 des FlurbG die Zusammenlegung, wirtschaftliche Gestaltung und Verbesserung zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten ländlichen Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verstehen. Die in Abs. 2 ausgesprochene Verpflichtung für die obere Flurbereinigungsbehörde (d. i. meist das Landwirtschaftsministerium) ist Voraussetzung für eine möglichst frühzeitige Einschaltung der (unteren) Flurbereinigungsbehörde (nach den Ausführungsgesetzen der Länder meist die Flurbereinigungsdirektionen); diese ist in § 144b Abs. 2 der Gemeinde zur Pflicht gemacht. Wie sich aus den folgenden Vorschriften ergibt, ist eine weitgehende Koordination vorgesehen. Bei beabsichtigter oder angeordneter Flurbereinigung muß die Gemeinde grds. Bauleitpläne aufstellen (§ 144c Abs. 1).
§ 144 b Bauleitplanung
und Maßnahmen zur Verbesserung der
Agrarstruktur
(1) Ist zu erwarten, daß Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur zu Auswirkungen auf die bauliche Entwicklung des Gemeindegebiets führen, hat die Gemeinde darüber zu befinden, ob Bauleitpläne aufzustellen sind und ob sonstige städtebauliche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. (2) Die Gemeinde hat die Flurbereinigungsbehörde und, sofern die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur von anderen Stellen durchgeführt werden, diese bei den Vorarbeiten zur Aufstellung der Bauleitpläne möglichst frühzeitig zu beteiligen. 1. Vorbemerkung a) Während § 144a und §§ 144c bis f unverändert, d. h. entsprechend dem RegE zur Novelle 1976 vom Gesetzgeber sanktioniert wurden, erfuhr § 144b auf G r u n d des Vorschlags des federführenden Ausschusses in Abs. 1 dahin eine Änderung, daß die Gemeinde verpflichtet ist, im Anschluß an Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, die die räumliche Entwicklung des Gemeindegebiets beeinflussen, neben der Aufstellung von Bauleitplänen auch die Durchführung der sonstigen städtebaulichen M a ß n a h m e n , z. B. der Sanierung zu prüfen. Ansonsten entspricht die Vorschrift dem aufgehobenen § 65 StBauFG. b) Die M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Agrarstruktur wirken sich oftmals auf die bauliche Struktur der Gemeinde aus, insbesondere,' wenn es um 780
Städtebauliche M a ß n a h m e n
§ 144 C 2
die Aussiedlung von Höfen geht. Der spezielle Fall der Agrarstrukturmaßnahmen, die Flurbereinigung, ist im folgenden § 144e geregelt. 2. Notwendige Maßnahmen der Gemeinde Die Gemeinde prüft im Rahmen ihrer Selbstverwaltung, ob Sanierungsmaßnahmen im Rahmen von Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur in Betracht kommen. Aus der Mußvorschrift des Abs. 1 ergibt sich, daß die Gemeinde bei Vorliegen der Sachverhaltsvoraussetzungen nicht von dieser Prüfung Abstand nehmen kann. Die Einschränkung auf Auswirkungen baulicher Art ergibt sich aus dem Sinn der Maßnahmen. Wenn das Gemeindevertretungsorgan zu dem Ergebnis kommt, daß Maßnahmen vorgesehen werden müssen, besteht für die Gemeinde die gesetzliche Verpflichtung des § 144 c Abs. 1 Bauleitpläne — also F1NP1. oder (bzw. und) Beb PI. — aufzustellen. Die praktische Durchführbarkeit ist eine Frage der Finanzierung. Die Pflicht zur Unterrichtung der Flurbereinigungsbehörde besteht nach Abs. 2. Die Einschaltung anderer Stellen (z. B. anderer Planungsträger) entspricht dem Erfordernis der notwendigen Koordinierung. In Betracht kommen auch Wasserwirtschaftsämter, Gesundheitsbehörden, Abwasserverbände u. a.). § 144c Bauleitplanung
und
Flurbereinigung
(1) Ist eine Flurbereinigung aufgrund des Flurbereinigungsgesetzes in einer Gemeinde nach Mitteilung der Flurbereinigungsbehörde beabsichtigt oder ist sie bereits angeordnet, ist die Gemeinde verpflichtet, rechtzeitig Bauleitpläne aufzustellen, es sei denn, daß sich die Flurbereinigung auf die bauliche Entwicklung des Gemeindegebiets voraussichtlich nicht auswirkt. (2) Die Flurbereinigungsbehörde und die Gemeinde sind verpflichtet, ihre das Gemeindegebiet betreffenden Absichten möglichst frühzeitig aufeinander abzustimmen. Änderungen der Planungen sollen bis zum Abschluß der Flurbereinigung nur vorgenommen werden, wenn zwischen der Flurbereinigungsbehörde und der Gemeinde Übereinstimmung besteht oder wenn zwingende Gründe die Änderung erfordern. 1. Allgemeines Auch diese Vorschrift wurde im Zuge der Novelle 1976 aus dem aufgehobenen § 66 StBauFG übernommen. 2. Pflichten der Gemeinde im Rahmen der Flurbereinigung (Abs. 1) Da nach § 37 Abs. 1 FlurbG die Ortslage von der Flurbereinigung miterfaßt werden kann, ist es zweckmäßig, daß die Gemeinde gleichlaufend zum 781
§ 144 d
Teil V I I a
Flurbereinigungsverfahren das Bauleitverfahren betreibt, und zwar zweckmäßig im FINPl. gleichlaufend mit dem Wege- und Gewässerplan (vgl. § 41 FlurbG) u n d im BebPl. gleichlaufend zum Flurbereinigungsplan (§ 58 FlurbG). Die Entscheidung darüber, ob sich die Flurbereinigung voraussichtlich nicht auf die bauliche Entwicklung des Gemeindegebiets auswirkt, trifft letzten Endes die Aufsichtsbehörde. 3. Gemeinsame Pflichten von Gemeinde und Flurbereinigungsbehörde (Abs. 2) Im Hinblick auf den engen Zusammenhang von Flurbereinigung u n d städtebaulichen M a ß n a h m e n ist in Abs. 2 die Abstimmung der beidseitigen Absichten u n d darüber hinaus in Satz 2 bei Planungsänderungen Übereinstimmung vorgesehen. Von diesem Einvernehmen kann nur abgesehen werden, wenn zwingende Gründe (unbestimmter Rechtsbegriff, im Streitfall verwaltungsrichterlich nachprüfbar) die Planungsänderung erfordern.
§ 144 d Ersatzlandbeschaffung (1) Wird bei einer städtebaulichen Maßnahme ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ganz oder teilweise in Anspruch genommen, soll die Gemeinde mit dem Eigentümer des Betriebs auch klären, ob er einen anderen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder land- oder forstwirtschaftliches Ersatzland anstrebt. Handelt es sich bei dem in Anspruch genommenen Betrieb um eine Siedlerstelle im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 (Reichsgesetzbl. S. 1429), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes vom 15. März 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 533), ist die zuständige Siedlungsbehörde des Landes zu beteiligen. (2) Die Gemeinde soll sich um die Beschaffung oder Bereitstellung geeigneten Ersatzlands bemühen und ihr gehörende Grundstücke als Ersatzland zur Verfügung stellen, soweit sie diese nicht für die ihr obliegenden Aufgaben benötigt. a) § 144d entspricht dem aufgehobenen § 68 StBauG. b) Auch diese Bestimmung dient der Erhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe, der im Hinblick auf die Europ. Wirtschaftsgemeinschaft besondere Bedeutung zukommt. Bei der seit Jahren sich verstärkenden Schrumpfung der Zahl der selbständigen landwirtschaftlichen Betriebe in der Bundesrepublik kommt dem § 68 besondere Bedeutung zu. Das Gesetz versucht, durch die Beschreitung des gütlichen Weges zum Ziel zu gelangen; dies gilt auch f ü r § 69. Im Ergebnis kann der Eigentümer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes zwischen drei Möglichkeiten wählen: Entschädigung in Land (§ 22 782
§ 144 e l
Städtebauliche M a ß n a h m e n
Abs. 3, § 25 Abs. 1 bis 3), Entschädigung in Geld — mit der Möglichkeit der Beschaffung eines Ersatzhofs — (§ 22), Verlangen der Übernahme im Rahmen des § 56 Abs. 1. c) Die Einfügung dieser Vorschriften in das StBauFG erfolgte auf Vorschlag des damals federführenden Ausschusses (vgl. zu DS VI/2204 zu § 68 StBauFG). Der Ausschuß wollte damit über die Tatbestände im Rahmen des Sozialplanes nach §§ 4 und 8 StBauFG hinaus eine Erörterung mit den weichenden Land- und Forstwirten der Gemeinde zur Pflicht machen und sie anhalten, bei der Beschaffung von Ersatzland behilflich zu sein. Abs. 2 hat diese Vorschrift übernommen.
§ 144 e Ersatzlandbeschaffung
durch
Siedlungsunternehmen
(1) Zu den Aufgaben des Siedlungsunternehmens im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes gehört es auch, fUr die Gemeinde geeignete Grundstücke zu beschaffen oder zur Verfügung zu stellen, wenn im Zusammenhang mit einer städtebaulichen Maßnahme einem Land- oder Forstwirt Ersatzland gewährt werden soll. Die Siedlungsunternehmen können von der Gemeinde auch mit der Durchführung von Umsiedlungen beauftragt werden. (2) Das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz kann zum Erwerb von Grundstücken für die in Absatz 1 genannten Zwecke auch dann ausgeübt werden, wenn der Eigentümer das Grundstück an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts verkauft hat. Diese ist vor der Ausübung des Vorkaufsrechts zu hören. Das Vorkaufsrecht kann nicht ausgeübt werden, wenn die Körperschaft des öffentlichen Rechts das Grundstück für die ihr obliegenden Aufgaben benötigt. 1. Zusätzliche Aufgaben der gemeinnützigen Siedlungsunternehmen (Abs. 1) Auch diese Vorschrift stammt aus dem StBauFG. Sie ersetzt dessen aufgehobenen § 69. Die Tätigkeit der gemeinnützigen Siedlungsunternehmen war schon im Rahmen des StBauFG (§ 90 Abs. 1 Nr. 2) als Organ der staatlichen Wohnungspolitik neben den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen durch steuerliche Erleichterungen und in § 34 Abs. 1 Nr. 3, § 55 Abs. 2 StBauFG (neben anderen Unternehmen) im Rahmen der Bestätigung für die Übernahme der Aufgaben als Sanierungs- oder Entwicklungsländer hervorgehoben. Demgemäß werden durch Abs. 1 dieser gesetzlichen Bestimmung den gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes, die hier genannte zusätzliche Aufgabe übertragen. Die Gemeinde ist berechtigt, dem Unternehmen dieser Art die Durchführung der Umsiedlung zu 783
§ 144 f
Teil V I I a
übertragen (Satz 1). Ein solcher Schritt bietet sich angesichts der Erfahrungen an, die die gemeinnützigen Siedlungsunternehmen mit Umsiedlungen gerade in den letzten Jahrzehnten gesammelt haben. Eine gleichlautende Vorschrift findet sich in § 7 des Landbeschaffungsgesetzes für Zwecke der Landesverteidigung. 2. Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz (Abs. 2) § 4 des Reichssiedlungsgesetzes (in der Fassung durch § 27 G r V G ) räumt ein Vorkaufsrecht bei Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks oder von M o o r - und Ödland von mehr als 2 ha ein, wenn der Vertrag der Genehmigung nach § 2 G r V G unterliegt, diese Genehmigung aber nach § 9 jenes Gesetzes versagt werden müßte; nach Abs. 2 des genannten § 4 ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn der Käufer eine öffentlich-rechtliche K ö r perschaft ist. Somit wandelt § 144e das Vorkaufsrecht des Reichssiedlungsgesetzes zugunsten des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens zur Beschaffung von Ersatzland im Rahmen von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen ab und entspricht auch hier dem Landbeschaffungsgesetz für Zwecke der Landesverteidigung. D i e Unterlassung der Anhörung der betroffenen Körperschaft des öffentlichen Rechts macht die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft. D i e K ö r perschaft kann die Rückgängigmachung verlangen; dies ergibt sich aus der Vorschrift des letzten Satzes des Abs. 2. Im Streitfall sind die Baulandkammern/senate zuständig (§ 157 Abs. 1).
§ 144 f Flurbereinigung
aus Anlaß einer städtebaulichen
Maßnahme
( 1 ) Werden für städtebauliche Maßnahmen land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke in Anspruch genommen, kann auf Antrag der Gemeinde mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 87 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes ein Flurbereinigungsverfahren eingeleitet werden, wenn der den Betroffenen entstehende Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur, die durch die städtebaulichen Maßnahmen entstehen, vermieden werden sollen. Das Flurbereinigungsverfahren kann bereits angeordnet werden, wenn ein Bebauungsplan noch nicht rechtsverbindlich ist. In diesem Fall muß der Bebauungsplan vor Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans ( § 59 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes) in Kraft getreten sein. Die Gemeinde ist Träger des Unternehmens im Sinne des § 88 des Flurbereinigungsgesetzes. ( 2 ) D i e vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans nach § 63 des Flurbereinigungsgesetzes kann bereits angeordnet werden, wenn der Flurbereinigungsplan bekanntgegeben ist. 784
Städtebauliche M a ß n a h m e n
§ 144 f l
(3) Die Zulässigkeit einer Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes bleibt auch nach Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens unberührt. 1. Flurbereinigungsverfahren im Rahmen von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen (Abs. 1) a) Da sich das Flurbereinigungsverfahren nach § 87 Abs. 1 FlurbG beim Bau von Autobahnen, Talsperren oder Flughäfen, bei denen auch Grundstücke in erheblichem Maße in Anspruch genommen werden müssen, bewährt hat, wurde diese Vorschrift wörtlich aus dem aufgehobenen § 70 StBauFG übernommen. b) Das Verfahren nach Abs. 1 ermöglicht es, Landverluste auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen, und vermeidet unnötige Nachteile für die allgemeine Landeskultur im Rahmen der Inanspruchnahme von landund forstwirtschaftlichen Grundstücken. c) Der Gemeinde ist die Möglichkeit („kann") eröffnet, die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens zu beantragen. Sie bedarf der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde, die im Streitfalle vom Flurbereinigungsgericht (vgl. § 86 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 140 FlurbG) ersetzt werden kann. Die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 FlurbG im Rahmen des § 144 sind gegeben, wenn durch die Maßnahmen land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke in großem Umfang in Anspruch genommen worden sind und der den Betroffenen entsprechende Landverlust auf einen großen Teil von Eigentümern verteilt werden soll bzw. durch die Maßnahmen Nachteile für die Landeskultur vermieden werden sollen. Nach § 88 Nr. 2 FlurbG ist der Träger des Unternehmens Nebenbeteiligter im Verfahren. Zugunsten dieses ist eine vorläufige Anordnung (z. B. Regelung der Nutzung von Grundstücken, Regelung des Besitzes, Regelung der Ausübung anderer Rechte) zulässig. Die obere Flurbereinigungsbehörde setzt auf Antrag der für Unternehmen zuständigen höheren Verwaltungsbehörde den Zeitpunkt fest, zu dem der Träger des Unternehmens in den Besitz der benötigten Flächen einzuweisen ist. Träger des Unternehmens ist entweder die Gemeinde selbst oder, wenn sie einen Sanierungs- bzw. Entwicklungsträger benannt hat, dieser. d) Das weitere Verfahren stellt sich wie folgt dar: Von den Teilnehmern der Flurbereinigungsgemeinschaft sind die für das Unternehmen benötigten Flächen nach dem Verhältnis des Wertes ihrer alten Grundstücke zum Wert aller Grundstücke des Flurbereinigungsgebiets aufzubringen. Landwirtschaftliche oder gärtnerische Betriebe sind nur insoweit heranzuziehen, als ihre wirtschaftliche Fortführung nicht gefährdet wird. Durch den Flurbereinigungsplan werden die Flächen dem Träger des Unternehmens zu Eigentum zugeteilt. Für die von einem Teilnehmer aufgebrachte Fläche hat der Träger des Unternehmens Geldentschädigung zu leisten. Die Höhe der Geldentschädigung und dje sonstigen Entschädigungsansprüche 785
§ 144 f
3
Teil VII a
des Teilnehmers richten sich nach dem f ü r das U n t e r n e h m e n geltenden Gesetz, hier also nach dem StBauFG. Die Teilnehmergemeinschaft, zu deren H ä n d e n die Geldentschädigung zu zahlen ist, k a n n diese gegen Beiträge (§ 19 FlurbG) verrechnen. Nachteile, die den Beteiligten durch das Unternehmen entstehen, sind vom Unternehmensträger zu beheben oder — soweit unmöglich oder nach dem Ermessen der Flurbereinigungsbehörde unzweckmäßig — durch Geldentschädigung auszugleichen. Wegen der H ö h e der Geldentschädigung steht der Rechtsweg zu den B a u l a n d k a m m e r n (Baulandsenaten) o f f e n (vgl. § 95 StBauFG); diese k a n n erst nach rechtskräftiger Feststellung der L a n d a b f i n d u n g e n aller Teilnehmer erfolgen. Obere Behörde im Sinne des § 88 Nr. 3 F l u r b G ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Durchführungsgesetze der Länder zum F l u r b G haben z. T. die Aufgaben delegiert. e) Die Nichtanwendbarkeit von § 88 Nr. 9 F l u r b G besagt, d a ß die Steuerfreiheit hier auch f ü r die Grunderwerbssteuer beim Übergang von G r u n d stücken auf den Träger des Unternehmens gilt. Der Mehrwert, der durch die Sanierung bzw. Entwicklung ausgelöst werden sollte, gehört nicht zu den besonderen Schäden i. S. des § 89 FlurbG. 2. Anordnung der vorzeitigen Ausführung (Abs. 2) § 63 Abs. 1 F l u r b G sieht vor, d a ß die A u s f ü h r u n g des Flurbereinigungsplanes vor seiner Rechtskraft angeordnet werden kann, wenn die Flurbereinigungsbehörde noch nicht erledigte Beschwerden der oberen Flurbereinigungsbehörde vorgelegt hat u n d aus einem längeren Aufschub voraussichtlich erhebliche Nachteile erwachsen würden. Diese vorzeitige Ausführungsa n o r d n u n g k a n n bei Sanierungs- bzw. E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n noch f r ü h e r erlassen werden, nämlich schon nach Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes (§ 59 Abs. 1 FlurbG). N a c h Abs. 2 der genannten Bestimmung k a n n Beschwerde ü b e r h a u p t erst nach dieser Bekanntgabe eingelegt werden. 3. Zulässigkeit der Enteignung (Abs. 3) Unbeschadet der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens k ö n n e n Enteignungsverfahren im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet u n d im Entwicklungsbereich (§ 85 BBauG) eingeleitet u n d weiter betrieben werden. Die Zweckmäßigkeit einer solchen Zweigleisigkeit d ü r f t e zweifelhaft sein; offensichtlich wollte der f e d e r f ü h r e n d e Ausschuß, der die Vorschrift eingefügt hat, der Möglichkeit, ein Enteignungsverfahren einzuleiten oder durchzuführen, durch seinen Vorschlag keinen Riegel vorschieben.
786
§145
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren ACHTER TEIL Allgemeine Vorschriften; Verwaltungsverfahren Vorbemerkung
a) Der Achte Teil des BBauG erfuhr durch die sonst sehr einschneidende Gesetzesnovelle vom 18. August 1976 keine sehr bedeutenden Änderungen u n d Ergänzungen. Betroffen sind die §§ 146 (Zusatz berufsmäßige Ausübung von Imkerei u n d Binnenfischerei), 147 (Übertragung von Aufgaben), 155 a (Verletzung von Vorschriften bei Zustandekommen von Satzungen) u n d 156 (Ordnungswidrigkeit wegen Abbruchs u n d Änderung ohne Genehmigung). b) Der bei der ersten Fassung zuständige federführende Ausschuß war übereinstimmend der Auffassung, daß in das Gesetz nur diejenigen verfahrensrechtlichen Vorschriften aufgenommen werden sollten, die zur Durchführung des Gesetzes unbedingt notwendig sind. Hierbei war die Erwägung maßgebend, daß es nicht wünschenswert ist, der Entwicklung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts dadurch vorzugreifen, daß bei der gesetzlichen Regelung jeder verwaltungsrechtlichen Materie besondere Vorschriften über das Verwaltungsverfahren erlassen werden. Andererseits mußte berücksichtigt werden, daß es eben infolge des Fehlens eines normativ geregelten Teils des Verwaltungsrechts zur Zeit notwendig ist, in jedem Gesetz, dessen Durchführung ein allgemeines Verwaltungsverfahren notwendig macht, die unumgänglich erforderlichen einschlägigen Vorschriften aufzuführen. Aus dieser Erwägung heraus haben auch andere Gesetze, z. B. das FlurbG in den §§ 109 ff., solche Vorschriften aufgenommen. c) Gem. § 86 Abs. 1 Satz 2 des StBauFG findet der Achte Teil des BBauG auch für die Aufgaben nach dem StBauFG Anwendung.
§145 Grundstücke;
Rechte
an
Grundstücken
( 1 ) D i e für Grundstücke geltenden Vorschriften dieses Gesetzes gelten sinngem ä ß auch für Grundstücksteile. ( 2 ) D i e für das Eigentum an Grundstücken bestehenden Vorschriften gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorschreibt, sinngemäß auch für grundstücksgleiche Rechte. 1. D i e m a t e r i e l l e n V o r s c h r i f t e n d e s G e s e t z e s s i n d i h r e r F a s s u n g n a c h a u f „ G r u n d s t ü c k e " b e z o g e n . D a sie a b e r a u c h a u f G r u n d s t ü c k s t e i l e A n w e n d u n g f i n d e n , w ä r e es n o t w e n d i g g e w e s e n , in a l l e n V o r s c h r i f t e n , in d e n e n v o n G r u n d s t ü c k e n d i e R e d e ist, a u c h G r u n d s t ü c k s t e i l e z u e r w ä h n e n . U m d i e s e s p r a c h l i c h e S c h w e r f ä l l i g k e i t zu v e r m e i d e n , e r s c h i e n es s a c h d i e n l i c h , i n d e n „ A l l g e m e i n e n V o r s c h r i f t e n " generell zu b e s t i m m e n , d a ß die G r u n d s t ü c k s t e i l e w i e G r u n d s t ü c k e z u b e h a n d e l n s i n d (Abs. 1). 2. A u s d e n g l e i c h e n G r ü n d e n e m p f a h l es sich, e i n e g e n e r e l l e V o r s c h r i f t z u schaffen, nach der die grundstücksgleichen Rechte den für das Eigentum an 787
§146
8. Teil
Grundstücken aufgestellten Vorschriften unterworfen werden (Abs. 2). In den Fällen, in denen eine Ausnahme von diesem Grundsatz gemacht werden soll, m u ß dies in den einzelnen Bestimmungen des Gesetzes besonders gesagt sein. Als grundstücksgleiches Recht kommt insbesondere das Erbbaurecht im Sinne der Verordnung vom 15. Januar 1919 (RGBl. S. 72, 122) in Betracht. Bei der Anwendung von Vorschriften des Bundesbaugesetzes und der Baunutzungsverordnung ist grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgebend (vgl. BVerwG B vom 5. 12. 1968, IV B 191.68, BayVBl. 1969, 245). 3. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BVerwG B vom 5. 12. 1968 (IV B 191.68) BayVBl. 1969, 245 = DVB1. 1969, 276 = D N o t Z 1969, 550 = BayVBl. 1969, 245 Bei der Anwendung von Vorschriften des Bundesbaugesetzes und der BauNVO ist grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgebend.
2. BVerwG U vom 16. 4. 1971 (IV C 82.69) EBG 38, 35 Der Begriff des Grundstückes i. S. des BBauG entspricht in aller Regel dem grundbuchrechtlichen Begriff.
B. OVG und VGH 1. Hess V G H U vom 30. 6. 1966 (OS IV 24/65) ESVGH 17, 142 = Z M R 1967, 221 = DÖV 1968, 145 Der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 1 BBauG unterliegen in sinngemäßer Anwendung des § 145 Abs. 1 BBauG auch Grundstücksteile. Allerdings muß der Grundstücksteil sogenau bestimmt sein, daß die Berechnung des Beitrags nach § 131 Abs. 2 BBauG möglich ist.
§146 Begriff der
Landwirtschaft
Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft, der Erwerbsgartenbau, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. a) Im Interesse der redaktionellen Vereinfachung erschien es zweckmäßig, eine allgemeine Definition des Begriffs „Landwirtschaft" zu geben, um in den einzelnen Vorschriften eine wiederholte Aufzählung der einzelnen zur Landwirtschaft in diesem Sinn zu rechnenden Erwerbszweige zu vermeiden. 788
§147
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
Die „Forstwirtschaft" ist nicht genannt, doch ist das kein Beweis dafür, daß sie nicht unter den Begriff der Landwirtschaft fallen kann, da die Aufzählung in § 146 (vgl. das Wort „insbesondere") nicht vollständig ist. b) Zum Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes vgl. Haegele, Die Beschränkungen im Grundstücksverkehr, Erster Teil, 1. Abschnitt. Zum Begriff „Landwirtschaftlicher Betrieb" vgl. Heymann, in BayVBl. 1969,163, ferner Anm. 2, zu c, bb und cc bei §35. Die in Art. 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG vorgesehene Privilegierung der land- u n d forstwirtschaftlichen Betriebe erstreckt sich nicht auf Vorhaben, die der Bienenzucht und Imkerei dienen. Zwar ist die für den Begriff „Landwirtschaft" in der Legaldefinition des § 146 angeführte Aufzählung, wie der Ausdruck „insbesondere" zeigt, nicht erschöpfend. Sie läßt sich andererseits nach ihrem Sinngehalt aber auch nicht unbegrenzt erweitern. Den in § 146 angeführten Beispielen ist gemeinsam, d a ß es sich in allen Fällen um eine unmittelbare Bodennutzung handelt. Diese Gemeinsamkeit bestimmt zugleich die Grenzen, in denen der Katalog der Erweiterung zugänglich ist. Damit scheidet seine Anwendung auf Bienenzucht und Imkerei aus mit der Folge, daß diese nicht zur Landwirtschaft im Sinne des Bundesbaugesetzes zählen. Ebensowenig können sie zur „Forstwirtschaft" gezählt werden (vgl. BVerfGE 19, 75ff.; BVerwG U vom 13. 1. 1967, IV C 47.65, BBauBl. 1968, 71; V G H Bad.-Wttb. U vom 6. 11. 1968, VerwRspr. 20, 426; BayVGH U vom 24. 9. 1969, Nr. 129 II 67, BayVBl. 1970, 29 u. BayVGH U vom 27. 5. 1970, Nr. 10 II 70, BayVBl. 1971, 26). c) Die A u f n a h m e der berufsmäßigen Tätigkeiten von Imkerei und Binnenfischerei auf G r u n d Ausschußvorschlags durch das Ä n d G 1976 entspricht einem Bedürfnis der Praxis. Freilich sind die Grenzen zwischen „ H o b b y " und Beruf gerade bei diesen beiden Tätigkeiten oft schwer zu ziehen. Letztendlich wird es auf den Ertrag aus der Tätigkeit ankommen. Jedenfalls ist Nebenerwerbstätigkeit von § 146 miterfaßt. Bei der Anwendung der Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 ist dem § 146 Satz 2 besondere Beachtung zu schenken. d) Rechtsprechung BVerwG U vom 14. 5. 1969 (IV C 19.68) BayVBl. 1969, 391 Ein Fischereibetrieb ist kein landwirtschaftlicher Betrieb im S i n n e der §§ 146, 35 Abs. 1 Nr. 1 B B a u G .
§ 147 Abweichende
Zuständigkeitsregelung
(1) Die zuständige Oberste Landesbehörde kann im Einvernehmen mit der Gemeinde bestimmen, daß die nach diesem Gesetz der Gemeinde obliegenden Auf789
§147
8. Teil
gaben auf eine andere Gebietskörperschaft übertragen werden oder auf einen Verband, an dessen Willensbildung die Gemeinde mitwirkt. (2) Durch Landesgesetz können Aufgaben der Gemeinden nach diesem Gesetz oder dem Städtebauförderungsgesetz auf Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften oder vergleichbare gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden, denen nach Landesrecht örtliche Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde obliegen, Ubertragen werden. In dem Landesgesetz ist zu regeln, wie die Gemeinden an der Aufgabenerfiillung mitwirken. (3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die nach diesem Gesetz den höheren Verwaltungsbehörden zugewiesenen Aufgaben auf andere staatliche Behörden, Landkreise oder kreisfreie Gemeinden übertragen. a) Der federführende Bundestagsausschuß hatte bei der Beratung der Erstfassung des BBauG dem Vorschlag des BR, den Ländern die Möglichkeit zu geben, die den Gemeinden nach dem BBauG obliegenden Aufgaben allgemein, also ohne Mitwirkung der Gemeinden, auf andere Gebietskörperschaften zu übertragen, nicht entsprochen. Gegen eine so weitgehende Delegationsmöglichkeit hatte der Ausschuß im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 G G verfassungsrechtliche Bedenken. Andererseits hat der Ausschuß nicht verkannt, daß im Einzelfall durchaus ein Bedürfnis entstehen kann, die Befugnisse der Gemeinde ganz oder teilweise durch eine andere Stelle wahrnehmen zu lassen (z. B. wenn eine Gemeinde im Hinblick auf ihre personellen Verhältnisse nicht in der Lage ist, einzelne Aufgaben, wie Planungen, zu erfüllen, oder wenn die Gemeinde gar keine einschlägigen Aufgaben bewältigen kann). Da in einem solchen Fall die Planungshoheit der Gemeinde berührt sein kann, wurde sichergestellt, daß die Übertragung der Zuständigkeit nur im Einvernehmen mit der Gemeinde verfügt werden kann. Wenn dieses Einvernehmen nicht zu erreichen ist, kann die Übertragung nicht stattfinden (Abs. 1). Die Aufgaben können ganz oder teilweise übertragen werden (Satz 2). Die Vorschrift gibt der obersten Landesbehörde nicht nur die Möglichkeit der Übertragung der Aufgaben auf eine andere Gebietskörperschaft (z. B. Gemeindeverband — Landkreis —), sondern auch auf andere Verbände, an deren Willensbildung die Gemeinde mitwirkt, z. B. auf Planungsverbände (§ 4). Eine solche Übertragung kann vor allem unter dem Gesichtspunkt der überörtlichen Planung eine bedeutende Rolle spielen. Auch Zweckverbände kommen hier in Frage. Aufgaben, bei denen eine Übertragung in Betracht gezogen werden kann, sind z. B. enthalten in §§2, 14, 19 Abs. 4, 24 bis 27, 31, 36, 39aff., 46ff., 123 ff. b) Mit dem durch die Novelle eingeführten neuen Abs. 2 wurde auf Vorschlag des 15. BT-Ausschusses einer Anregung des BR Rechnung getragen. Der Landesgesetzgeber wird mit dem ÄndG vom 18. 8. 1976 ermächtigt, sämtliche städtebaulichen Aufgaben auf gesetzliche Zusammenschlüsse von 790
§148
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
Gemeinden zu übertragen, denen nach Landesrecht örtliche Selbstverwaltungsaufgaben obliegen. Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde der Ausdruck „Samtgemeinden" durch „Verwaltungsgemeinschaften" ersetzt. Satz 2 verlangt eine Regelung im Landesgesetz, über die Art der Mitwirkung der Gemeinde. c) Mit Abs. 3 (früher 2) hat der damals federführende Ausschuß dem Wunsch des BR Rechnung getragen, daß die Landesregierungen entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen ihres Landes die zuständigen Verwaltungsbehörden selbst bestimmen und die der höheren Verwaltungsbehörde gesetzlich zugewiesenen Aufgaben auf andere staatliche Behörden (also auch auf untere Verwaltungsbehörden — soweit diese staatlich sind — oder auf die Oberste Landesbehörde) übertragen können. Erforderlich ist eine Rechtsverordnung der Landesregierung; die Oberste Landesbehörde ist (anders wie in Abs. 1) nicht zuständig. Eine Sonderregelung erschien für die Enteignungsbehörde entsprechend dem bisherigen Recht erforderlich; für die Fälle des Fünften Teils kann also keine Übertragung der Aufgaben auf eine nachgeordnete Behörde stattfinden, wohl aber auf die Oberste Landesbehörde (vgl. auch § 148 Abs. 2). Durch die Novelle 1976 wurde Abs. 3 geändert. Mit der Neufassung werden die Landesregierungen ausdrücklich ermächtigt, durch Rechtsverordnung die nach diesem Gestz der höheren Verwaltungsbehörde zugewiesenen Aufgaben auch auf andere staatliche Behörden, Landkreise oder kreisfreie Gemeinden übertragen zu können. Mit dieser Änderung wird bundeseinheitlich einem insbesondere vom Freistaat Bayern vorgetragenen Anliegen Rechnung getragen, die Zuständigkeit der Enteignungsbehörden auch auf kommunale Behörden übertragen zu können. Diese Möglichkeit stand den Landesregierungen zwar bereits nach dem geltenden Recht offen, nachdem Satz 2 des alten Abs. 2 mit dem Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 10.3. 1975 (BGBl. I S. 685) gestrichen worden war. Die 1976 Gesetz gewordene Änderung stellt diese Möglichkeit indessen ausdrücklich klar.
§148 Örtliche und sachliche
Zuständigkeit
(1) örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bereich das betroffene Grundstück liegt. Werden Grundstücke betroffen, die örtlich oder wirtschaftlich zusammenhängen und demselben Eigentümer gehören, und liegen diese Grundstücke im Bereich mehrerer nach diesem Gesetz sachlich zuständiger Behörden, so wird die örtlich zuständige Behörde durch die nächsthöhere gemeinsame Behörde bestimmt. (2) Ist eine höhere Verwaltungsbehörde nicht vorhanden, so ist die Oberste Landesbehörde zugleich höhere Verwaltungsbehörde. 791
§149
8. T e i l
a) Der Grundsatz, daß örtlich zuständig diejenige Behörde ist, in deren Bereich das betroffene Grundstück liegt, entspricht der Zweckmäßigkeit und Üblichkeit (Abs. 1 Satz 1). Die ortsnahe Behörde ist am besten in der Lage, die in Frage kommenden besonderen Verhältnisse zu beurteilen. Eine inhaltlich übereinstimmende Regelung enthält z. B. § 3 Abs. 1 FlurbG. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2, wonach die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde in den dort bezeichneten Fällen durch die nächsthöhere gemeinsame Behörde erfolgt, dient dem Zweck, Zweifel über die Zuständigkeit auszuschalten. Ein Fall des Satz 2 ist beispielsweise gegeben, wenn die zu enteignenden Grundstücke oder wenn das zu enteignende Grundstück und das Ersatzland in den Bezirken verschiedener Enteignungsbehörden liegen. b) In einer Reihe von Einzelvorschriften des Gesetzes ist die Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde begründet worden, z.B. §§11, 31 Abs. 2, 104. Die Regelung des Abs. 2 trägt der Tatsache Rechnung, daß nicht in allen Ländern (z. B. Schleswig-Holstein, Saarland; vgl. ferner die Sonderregelungen in § 188) eine höhere Verwaltungsbehörde eingerichtet ist.
§149 Von Amts wegen bestellter
Vertreter
Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat das Vormundschaftsgericht auf Ersuchen der zuständigen Behörde einen rechts- und sachkundigen Vertreter zu bestellen 1. für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt, oder für eine Person, deren Beteiligung ungewiß ist, 2. für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt oder dessen Aufenthalt zwar bekannt, der aber an der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist, 3. für einen Beteiligten, dessen Aufenthalt sich nicht innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes befindet, wenn er der Aufforderung der zuständigen Behörde, einen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist, 4. für Gesamthandseigentümer oder Eigentümer nach Bruchteilen sowie für mehrere Inhaber eines sonstigen Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, wenn sie der Aufforderung der zuständigen Behörden, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihnen gesetzten Fristen nicht nachgekommen sind, 5. bei herrenlosen Grundstücken zur Wahrung der aus dem Eigentum sich ergebenden Rechte und Pflichten. Für die Bestellung und für das Amt des Vertreters gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Pflegschaft entsprechend. 792
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§149
a) Die Vorschrift kommt einem Bedürfnis der Praxis entgegen. Die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen für bestimmte Fälle dient der Erleichterung und Beschleunigung, namentlich im Bodenordnungs- und Enteignungsverfahren (wenn z. B. die Eigentümer oder sonstigen Berechtigten aus irgendeinem Grund nicht erreichbar sind und dadurch Verzögerungen im Ablauf des Verfahrens eintreten). Eine ähnliche Regelung enthält das FlurbG in § 119. In Frage kommt die Bestellung eines Vertreters für alle Rechtsinhaber, deren Rechte bei Maßnahmen auf Grund des BBauG berührt werden, also Grundstückseigentümer, Hypothekengläubiger, Erbbauberechtigte, Mieter, Pächter usw. Zuständig zur Bestellung ist das Vormundschaftsgericht (wohl das Vormundschaftsgericht, in dessen Bezirk das betroffene Grundstück liegt), das auch zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen der Nr. 1 — 5 vorliegen. Maßgebend für die Begründung der Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts war nach der amtlichen Begründung die Erwägung, daß die Gerichte eine größere Sachkunde und Erfahrung auf diesem Gebiet besitzen als die mit dem Vollzug des BBauG befaßten Behörden und daß nach außen hin die in solchen Fällen gebotene Objektivität in höherem Maße gewährleistet erschien, als wenn der Vertreter von der das Verfahren durchführenden Verwaltungsbehörde bestellt würde. Schließlich sollte auch vermieden werden, Verwaltungsbehörden mit Aufgaben zu belasten, die ihnen ihrem Wesen nach fernliegen und durch deren Erledigung sie nur von ihrer eigentlichen Aufgabe, der Durchführung der entsprechenden Verfahren, abgehalten werden. Das Vormundschaftsgericht muß auf Ersuchen der zuständigen Behörde den rechts- und sachkundigen Vertreter bestellen. Dieser wird vielfach schwierige und in den Auswirkungen für den Vertretenen weittragende Entschlüsse fassen müssen. Die Forderung nach „Rechts- und Sachkunde" verlangt nicht die Ablegung bestimmter Prüfungen oder den Abschluß einer bestimmten Laufbahn; vielmehr genügt es, daß der Vertreter auf Grund einer durch längere Zeit ausgeübten einschlägigen Tätigkeit hinreichende Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Besorgung von Grundstücksangelegenheiten besitzt. Selbstverständlich kann der Vertreter nur Geschäfte, die im Rahmen seiner Vertretungsmacht liegen, abschließen, also Rechtsgeschäfts und prozessuale Erklärungen, die sich auf das Verfahren beziehen, für das er bestellt ist. Gegen die Ablehnung des Antrags auf Bestellung des Vertreters und sonstige Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts findet die Beschwerde (§§ 10 ff. FGG) bzw. die sofortige Beschwerde (§§ 57 ff. FGG) statt. b) In Nr. 1 — 5 sind die Fälle aufgezählt, in denen die Bestellung eines Vertreters in Frage kommt. Eine Verhandlung im Sinne der Nr. 2 ist gegeben, wenn der Beteiligte nicht nur vorübergehend (also etwa auf kurze Zeit) von der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ausgeschlossen ist. In Nr. 3 ist Vorsorge getroffen für den Fall, daß ein Beteiligter sich außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesbaugesetzes aufhält; da der verfahrens793
§150
8. Teil
mäßige Verkehr mit ihm, insbesondere die Bewirkung von Zustellungen, schwierig und zeitraubend ist, erschien es im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens angebracht, für ihn von Amts wegen einen Vertreter zu bestellen, wenn er der Aufforderung, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, nicht fristgemäß nachkommt. Eine ergänzende Regelung ist in Nr. 4 für den Fall vorgesehen, daß eine Mehrheit von Eigentümern oder von Inhabern sonstiger Rechte vorhanden ist, da beim Fehlen einer einheitlichen Willensbildung das Verfahren erschwert oder verzögert werden könnte. Schließlich bedurfte auch der Fall der Herrenlosigkeit eines Grundstücks einer Regelung (Nr. 5), da nach § 928 BGB zwischen der Aufgabe des Eigentums seitens des bisherigen Berechtigten und der Aneignung seitens des Fiskus eine Zeitspanne liegen kann, in der kein Berechtigter vorhanden ist. Die gleiche Regelung enthält das FlurbG in § 119 Abs. 1 Nr. 2. c) Da die Regelung des § 149 eine ähnliche Tätigkeit wie die Pflegschaft zum Inhalt hat, sind die Vorschriften des BGB über die Pflegschaft f ü r entsprechend anwendbar erklärt worden. In Frage kommen die Vorschriften des §§ 1909 ff., BGB, insbesondere § 1911 (Abwesenheitspflegschaft) und § 1913 (Pflegschaft f ü r unbekannte Beteiligte). Nach § 1915 finden auf die Pflegschaft die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechend Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Demnach finden auch entsprechend Anwendung § 1785 BGB (Verpflichtung zur Übernahme der Pflegschaft) und § 1786 BGB (Ablehnungsgrund).
§150 Erforschung des
Sachverhaltes
(1) Die Behörden haben den Sachverhalt, soweit er für die Entscheidung Bedeutung hat, von Amts wegen zu erforschen. Sie können insbesondere Besichtigungen durchführen, Zeugen und Sachverständige vernehmen sowie Urkunden und Akten heranziehen. (2) Die Behörden können anordnen, daß 1. Beteiligte persönlich erscheinen, 2. Urkunden und sonstige Unterlagen vorgelegt werden, auf die sich ein Beteiligter bezogen hat, 3. Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldgläubiger die in ihrem Besitz befindlichen Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe vorlegen. Für den Fall, daß ein Beteiligter der Anordnung nicht nachkommt, kann ein Zwangsgeld bis zu eintausend Deutsche Mark angedroht und festgesetzt werden. Ist ein Beteiligter eine juristische Person oder eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung, so ist das Zwangsgeld dem nach Gesetz oder Satzung Vertre794
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§ 151
tungsberechtigten anzudrohen und gegen ihn festzusetzen. Androhung und Festsetzung können wiederholt werden. a) Da den nach dem Gesetz mit der Durchführung betrauten Behörde die Pflicht obliegt, sowohl die öffentlichen Belange als auch die Interessen der Beteiligten zu wahren, führt Abs. 1 für das Verfahren die Offizialmaxime ein (vgl. hierzu insbes. Eyermann-Fröhler, VwGO, R d N r . I zu § 86). Die Behörden können ihre vielfältigen Aufgaben nur lösen, wenn sie nicht an das Vorbringen der Beteiligten und an die von ihnen angebotenen Beweise gebunden, sondern von sich aus den Sachverhalt zu klären befugt sind. Dies kann durch verschiedene Arten der Beweiserhebung erfolgen, wie Augenschein (Besichtigung von Wohnungen allerdingsnur, wenn der Inhaber einverstanden ist — Art. 13 G G , § 151 Abs. 1 Satz 3 BBauG —), Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, ferner Heranziehung von Urkunden und Akten. Dagegen sind die Verwaltungsbehörden nicht befugt, eidesstattliche Versicherungen entgegenzunehmen, sowie Zeugen oder Sachverständige eidlich zu vernehmen; erforderlichenfalls muß sich die betreffende Behörde hierbei der Rechtshilfe eines Gerichts bedienen (§ 152). Über die Offizialmaxime im Verfahren vor den K a m m e r n (Senaten) für Baulandsachen s. § 161 u n d die dortige Erläut. 2. b) Abs. 2 Satz 1 gibt der Behörde in Anlehnung an §§ 141, 142 ZPO (und §116 FlurbG) ein weiteres Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts an die H a n d ; er regelt die Androhung des persönlichen Erscheinens Beteiligter und die Verpflichtung zur Vorlegung von Urkunden. Da die das Verfahren durchführende Behörde bei der Erforschung eines Sachverhalts häufig auf die Erklärung der Beteiligten und den Inhalt der Urkunden angewiesen sein wird, m u ß die getroffene Anordnung (persönliches Erscheinen, Vorlage von Urkunden) erforderlichenfalls auch im Zwangswege durchsetzbar sein (Satz 2). Gegen die Anordnung des Zwangsgeldes (Verwaltungsakt) steht dem Betroffenen die Anfechtung vor den Verwaltungsgerichten offen.
§151 Vorarbeiten auf Grundstücken (1) Eigentümer und Besitzer haben zu dulden, daß Beauftragte der zuständigen Behörden zur Vorbereitung der von ihnen nach diesem Gesetz zu treffenden Maßnahmen Grundstücke betreten und Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen oder ähnliche Arbeiten ausführen. Die Absicht, solche Arbeiten auszuführen, ist den Eigentümern oder Besitzern vorher bekanntzugeben. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung der Wohnungsinhaber betreten werden. (2) Entstehen durch eine nach Absatz 1 zulässige Maßnahme dem Eigentümer 795
§151 l
8. Teil
oder Besitzer unmittelbare Vermögensnachteile, so ist dafür von der Stelle, die den Antrag erteilt hat, eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten; kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde; vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören. Hat eine Enteignungsbehörde den Auftrag erteilt, so hat der Antragsteller, in dessen Interesse die Enteignungsbehörde tätig geworden ist, dem Betroffenen die Entschädigung zu leisten; kommt eine Einigung über die Geldentschädigung nicht zustande, so setzt die Enteignungsbehörde die Entschädigung fest; vor der Entscheidung sind die Beteiligten zu hören.
1. Duldung von Vorarbeiten (Abs. 1) Es wird sich bei der Durchführung der den Behörden nach dem BBauG obliegenden Aufgaben (Planung, Bodenordnung, Enteignung) häufig als notwendig herausstellen, daß Beauftragte dieser Behörden auf den in Frage kommenden Grundstücken Ortsbesichtigungen und Vorarbeiten durchführen, ehe die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens getroffen werden kann. Als solche Vorarbeiten sind im Gesetz genannt Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen (Abs. 1). Da aber eine erschöpfende Aufzählung der hier in Betracht kommenden Arbeiten nicht möglich ist, ist zusätzlich der Sammelbegriff (unbestimmter Rechtsbegriff!) „ähnliche Arbeiten" aufgenommen worden. Darunter fallen z. B. Verpflockungen zur Kenntlichmachung einer Grenze, die Aufstellung eines Gerüstes usw. Es ist aber zu beachten, daß es sich immer nur um vorbereitende Tätigkeiten, nicht aber um Arbeiten handeln darf, die bereits der Durchführung der geplanten Maßnahme (z. B. Abbruch eines Gebäudes, Ausheben einer Baugrube) dienen. Soweit die Anbringung von Markierungszeichen nicht bereits durch den Ausdruck „Vermessungen" gedeckt wird, fällt sie gleichfalls unter den Begriff „ähnliche Arbeiten". Der Umfang solcher Vorarbeiten wird niemals über den Rahmen des Notwendigen hinausgehen dürfen. Um die Durchführung der notwendigen und zulässigen Vorarbeiten zu sichern, bedarf es einer gesetzlich statuierten Duldungspflicht der betroffenen Eigentümer und Besitzer, um Schwierigkeiten zu vermeiden (Satz 1). Aus rechtsstaatlichen Gründen ist die Einbeziehung der Eigentümer (neben den Besitzern) in den Kreis der zu benachrichtigenden Personen sachdienlich (Satz 2). Für die Art der Bekanntmachung besteht keine Vorschrift; es wird sich in der Regel um eine schriftliche Mitteilung handeln, doch ist auch eine mündliche Benachrichtigung zulässig. Die Mitteilung muß jedoch vorher, d. h. in einer angemessenen Frist vor Beginn der Vorarbeiten erfolgen ; auch der Zeitpunkt des Beginns der Arbeiten wird bekanntzugeben sein. Die letzteren beiden Erfordernisse (Frist und Zeitpunkt) sind zwar im Gesetz nicht festgelegt, doch würde eine Benachrichtigung unmittelbar vor Beginn der Arbeiten beim Eintreffen der hiermit Beauftragten dem Sinn und Zweck 796
Allg. V o r s c h r i f t e n ; V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n
§151 2
der Vorschrift des § 151 nicht entsprechen (die „Absicht" ist bekanntzugeben). Die Bekanntgabe muß an den Eigentümer oder Besitzer erfolgen; die Benachrichtigung eines von beiden genügt also. Das Betreten der Wohnungen wird bei Durchführung der Vorarbeiten kaum einmal notwendig werden. Es wurde daher (auch mit Rücksicht auf Art. 13 G G ) die Bestimmung aufgenommen, daß Wohnungen nur mit Zustimmung der Wohnungsinhaber betreten werden dürfen (Satz 3). Die Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde, daß ein Grundstückseigentümer die Durchführung von Vermessungsarbeiten zur Vorbereitung der Enteignung zu dulden hat, kann nicht mit der Begründung angefochten werden, die vorgesehene Enteignung sei unzulässig (vgl. O V G Lüneburg U vom 23. 9. 1969, I O V G A 105/68, N J W 1970, 1142). 2. Entschädigung (Abs. 2) Abs. 2 regelt die Entschädigung der Betroffenen. Es wird dabei unterschieden, ob die Maßnahmen nach Abs. 1 im Rahmen eines Enteignungs- oder eines sonstigen Verfahrens vorgenommen worden sind. Hatte die Enteignungsbehörde die Maßnahmen angeordnet, so ist der Antragsteller (in der Regel der durch Enteignung Begünstigte) zur Zahlung der Entschädigung verpflichtet, da die Maßnahmen überwiegend in seinem Interesse erfolgt sind. Diese Regelung läßt sich aber nicht auf andere Verfahren ausdehnen, deren Durchführung ausschließlich oder überwiegend im öffentlichen Interesse liegt (z. B. planende oder bodenordnende Maßnahmen). Die Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung ist in diesen Fällen der anordnenden Behörde auferlegt worden. Wenn eine Einigung zwischen den Beteiligten über die Höhe der zu leistenden Entschädigung nicht zustande kommt, entscheidet im ersteren Falle (Enteignungsverfahren) die Enteignungsbehörde, im letzteren Falle (sonstiges Verfahren) die höhere Verwaltungsbehörde (vgl. aber § 147 Abs. 2 Satz 1). Der federführende Ausschuß hat hinsichtlich der Höhe der Entschädigung eine Regelung beschlossen, nach der alle unmittelbaren Vermögensnachteile, die durch Vorarbeiten auf dem Grundstück entstehen, entschädigt werden müssen, ohne daß es darauf ankommt, ob dem Eigentümer wirtschaftlich ein besonderes Opfer auferlegt wird. Dem entspricht auch die endgültige Fassung des Gesetzes. In beiden Fällen haben die Beteiligten das Recht auf Gehör vor Erlassung der Entscheidung. Eine Verletzung dieses Rechts bildet einen erheblichen Verfahrensmangel, der die getroffene Entscheidung fehlerhaft macht. Die Festsetzung der Geldentschädigung durch die höhere Verwaltungsbehörde bzw. durch die Enteignungsbehörde ist ein Verwaltungsakt, der nach § 1 5 7 Abs. 1 nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Baulandkammern angefochten werden kann. 797
§153 l
8. Teil
§152 Rechts- und
Amtshilfe
Alle Gerichte und Behörden sind verpflichtet, den zuständigen Behörden auf Verlangen Rechts- und Amtshilfe zu leisten. Hierzu gehört insbesondere die Erteilung beglaubigter Abschriften und Abdrucke aus öffentlichen Büchern, Kartenwerken und sonstigen Urkunden. Die Vorschrift konkretisiert den Art. 35 G G . Es erschien nicht erforderlich, im einzelnen festzulegen, welche Maßnahmen die Rechts- und Amtshilfe umfassen. Es wird dagegen zur Vermeidung von Zweifeln in Satz 2 ausdrücklich hervorgehoben, daß auch die Erteilung von beglaubigten Abschriften und Abdrucken — es dürfen auch Ablichtungen hier eingeschlossen sein — aus öffentlichen Büchern, Kartenwerken und sonstigen Urkunden unter diesen Begriff fallen. Die Regelung der Kostenfrage bleibt der Landesgesetzgebung überlassen. Vgl. im einzelnen zur Frage der Rechts- und Amtshilfe auch EyermannFröhler, VwGO, § 14 R d N r . 1 — 3; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Anm. II zu § 14; Kopp, Anm. 1 - 3 zu § 14.
§153 Wiedereinsetzung (1) Wenn ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmte Frist für eine Verfahrenshandlung einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen einem Monat nach Wegfall des Hindernisses, spätestens jedoch innerhalb eines Jahrs seit dem Ende der versäumten Frist, zu stellen und zu begründen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. (3) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Sie kann nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an Stelle einer Entscheidung, die den durch das bisherige Verfahren herbeigeführten neuen Rechtszustand ändern würde, eine Entschädigung festsetzen. 1. Voraussetzungen des Wiedereinsetzungsantrags (Abs. 1) In Abweichung von der Vorschrift des § 233 ZPO und § 158 BBauG (die das Vorliegen von „Naturereignissen oder anderen unabwendbaren Zufäl798
A l l g . Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§153 l
len" fordern) und in Anlehnung an § 60 V w G O findet die Wiedereinsetzung im Verwaltungsverfahren (nicht Gerichtsverfahren) statt, wenn ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche oder eine aufgrund der Vorschriften des BBauG bestimmten Frist für eine Verfahrenshandlung einzuhalten. Diese Fassung gewährt also einen größeren Spielraum als die Vorschriften für das Gerichtsverfahren. a) Verschuldet ist die Fristversäumnis, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer acht gelassen hat, die für einen gewissenhaft und sachgemäß seine Interessen Vertretenden geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (vgl. für das Gerichtsverfahren BVerwG vom 29. 7. 1955 in D Ö V 1956, 125; Bayer. V G H in V G H n. F. 1, 94; 2, 22). Es kommt jeweils auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. b) Verschulden des gesetzlichen oder gewillkürten Vertreters ist als Verschulden des durch ihn vertretenen Beteiligten anzusehen; dies geht zwar aus dem Gesetz nicht unmittelbar hervor, kann aber aus § 232 Abs. 2 ZPO, der entsprechend angewendet werden kann, sowie aus der im bisherigen Verwaltungsprozeßrecht durchaus herrschenden Ansicht gefolgert werden (vgl. BVerwG in N J W 1957, 1572 für M R V O Nr. 165 und BVerwGE 6, 161; für südd. V G G Bayer. V G H n. F. 2, 22; O V G Hamburg in N J W 49,36; Hess. V G H in VerwRspr. 10, Nr. 187; O V G Koblenz in AS 5, 378; O V G Lüneburg in AS 2, 237; O V G Münster in VerwRspr. 11, Nr. 22). Verschulden der Hilfspersonen eines Anwalts — wenn ein solcher im Verwaltungsverfahren schon beigezogen wurde — ist nur dann als Verschulden des Beteiligten zu erachten, wenn es vom Anwalt zu vertreten ist; maßgebend ist sorgfältige Auswahl (vgl. hierzu und wegen einzelner Beispiele für ein Verschulden EyermannFröhler, VwGO, § 60 RdNr. 5 - 1 1 , Koehler VwGO, Anm. II, 3 und I I I zu § 60; Klinger, VwGO, Anm. B zu § 60). c) Verhindert ist der Beteiligte nur, wenn die Einhaltung der Frist nicht von seinem Willen abhängt; keine Verhinderung liegt also vor, wenn z. B. eine Rechtsmittelfrist nicht ausgenutzt wird, weil der Beteiligte den Rechtsbehelf zunächst für aussichtslos hält, später aber dann doch das Rechtsmittel ergreifen will. d) Für die Wiedereinsetzung kommen sämtliche (in irgendeinem Gesetz vorgeschriebenen) gesetzlichen Fristen oder sonstige im BBauG bestimmten Fristen für Verfahrenshandlungen in Frage (vgl. z. B. § 102 Abs. 3 BBauG in Verbindung mit § 203 Abs. 2 BGB). Für die Fristen zur Einleitung und Durchführung des Gerichtsverfahrens gilt die Sondervorschrift des § 158 BBauG. e) Ein Antrag des Beteiligten ist erforderlich; ohne Antrag (also von Amts wegen) kann die Wiedereinsetzung auch im Verwaltungsverfahren nicht gewährt werden. Die Form des Antrags richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten (§ 236 ZPO), also etwa die Vorschriften über den Widerspruch (§ 155 BBauG i. V. m. §§70ff. VwGO). In 799
§153 3
8. T e i l
formeller Hinsicht dürften aber nicht allzu strenge Anforderungen zu stellen sein. Es wird genügen, wenn sich aus dem Zusammenhang ergibt, daß ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden wollte. 2. Fristen; Inhalt des Antrags (Abs. 2) a) Die Monatsfrist für die Einreichung des Wiedereinsetzungsantrags beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem das Hindernis wegfällt (oder in dem das Vorliegen eines Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann). Gegen die Versäumnis der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag ist Wiedereinsetzung möglich. Die Jahresfrist ist eine Ausschlußfrist, gegen deren Versäumung es keine Wiedereinsetzung gibt. Nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist kann der Wiedereinsetzungsantrag also nicht mehr mit Erfolg gestellt werden, auch wenn höhere Gewalt vorlag (Gegensatz zu § 60 Abs. 3 VwGO!). b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist zu begründen und zwar innerhalb der Monatsfrist. Eine Glaubhaftmachung der zur Begründung angeführten Tatsachen ist (im Gegensatz zur Vorschrift in § 60 Abs. 2 VwGO) nicht vorgeschrieben. c) Innerhalb der Monatsfrist ist ferner die versäumte Rechtshandlung nachzuholen, d. h. es muß z. B. der Widerspruch eingelegt werden. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung ohne Antrag gewährt werden, d. h. es braucht in diesem Fall der Antrag auf Wiedereinsetzung (vgl. oben 1 e) nicht ausdrücklich gestellt zu sein. Dadurch soll vermieden werden, daß einem Beteiligten lediglich wegen des Fehlens eines formellen Antrags ein Rechtsnachteil entsteht. 3. Entscheidung der Behörde (Abs. 3) a) Die Entscheidung der Behörde über den Wiedereinsetzungsantrag (Satz 1) kann gesondert erfolgen, sie kann aber auch in dem Verfahren über die nachgeholte Handlung ergehen (vgl. hierzu Eyermann-Fröhler, VwGO, § 60 Randnoten 2 5 - 3 1 ) . b) Mit der in Satz 2 getroffenen Regelung wird dem namentlich in einem Bodenordnungs- und Enteignungsverfahren denkbaren Fall Rechnung getragen, daß vor einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag eine Änderung des Rechtszustandes eingetreten ist, der nur unter großen Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden könnte. Insolchen Fällen soll die entscheidende Behörde für den Fall, daß sie dem Wiedereinsetzungsantrag stattgibt, je nach den gegebenen Umständen nach freiem Ermessen anstelle der Rückgängigmachung des neuen Rechtszustandes für den Beteiligten eine Entschädigung festsetzen können. Für die daraus (Entscheidung nach Satz 2) entstehenden Streitigkeiten ist das Verfahren vor den Baulandkammern und -Senaten vorgeschrieben (§ 157 Abs. 1). 800
§155
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§154 Belehrung über
Rechtsbehelfe
Den nach diesem Gesetz ergehenden Verwaltungsakten ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte Uber den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, und über die Frist belehrt wird. a) Die Vorschrift lehnt sich hinsichtlich der Belehrung über Rechtsbehelfe weitgehend an die VwGO (§ 59) an. Der Regierungsentwurf hatte nur eine Sollvorschrift vorgesehen. Nach der endgültigen Fassung auf Grund der Ausschußverhandlungen ist die Rechtsbehelfsbelehrung nun zwingend vorgeschrieben ( „ . . . ist beizufügen . . . " ) . b) Das Gesetz legt den Begriff des Verwaltungsakts nicht fest. Wegen dieses Begriffs im allgemeinen vgl. Eyermann-Fröhler VwGO § 42 RdNr. 11 ff.; Koehler, VwGO, Anm. III zu § 42; Klinger, VwGO, Anm. E zu § 42. § 154 bezieht sich nur auf Verwaltungsakte nach dem BBauG. c) Das Gesetz hat auch davon abgesehen, bestimmte Formvorschriftenfür Verwaltungsakte zu erlassen, um der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse, sowie den unterschiedlichen Bedürfnissen der gegenwärtigen und künftigen Praxis Rechnung zu tragen. d) Soweit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten in Frage kommt, hat § 154 keine Bedeutung, da hier § 59 VwGO maßgebend ist; allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß § 59 VwGO eine Verpflichtung, eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen, wegen Art. 74 Nr. 1 G G nur für die Bundesbehörden festgelegt hat (vgl. hierzu auch Eyermann-Fröhler VwGO RdNr. I zu §59; Koehler VwGO, Anm. I, 3 zu §59: Klinger VwGO, Anm. zu § 59; Kopp VwGO Nr. 1 zu § 59). Die Rechtsmittelbelehrung muß richtig und vollständig sein; andernfalls wird ebenso wie beim Fehlen einer Belehrung die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt. Eine Wiedereinsetzung ist im Falle des Fehlens der Belehrung, ihrer Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit nicht erforderlich. Bei fehlender Rechtsmittelbelehrung tritt in entsprechender Anwendung des § 58 VwGO an Stelle der Frist des § 157 Abs. 2 Satz 2 BBauG eine Jahresfrist (OLG Köln U vom 13. 5. 1970 - 2 U 70/69 - MDR 1970, 1011). §155 Vorverfahren (1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß ein nach dem Vierten oder Fünften Teil dieses Gesetzes erlassener Verwaltungsakt durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 erst angefochten werden 801
§155
2
8. Teil
kann, nachdem seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist; das Vorverfahren ist in Anlehnung an die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung zu regeln. (2) Ist ein Vorverfahren vorgesehen, hat der Widerspruch gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 4 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Diese Vorschrift beruht auf einer Anregung des Rechtsausschusses anläßlich der Beratung der Erstfassung des BBauG. Durch sie soll im Interesse des Rechtsschutzes des Betroffenen ermöglicht werden, daß die Entscheidungen der Behörden in Bodenordnungs- und Enteignungsangelegenheiten von ihrer gerichtlichen Nachprüfung insbesondere auch auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft werden. In § 46 Abs. 2 Nr. 3 ist vorgesehen, daß im Umlegungsverfahren zur Entscheidung über einen Rechtsbehelf (gegen Entscheidungen der Umlegungsstellen bzw. Umlegungsausschüsse) Obere Umlegungsausschüsse durch Rechtsverordnung der Landesregierungen eingerichtet werden können. Diese Oberen Umlegungsausschüsse haben dann im Vorverfahren nach § 155 zu entscheiden. b) Anläßlich der Beratung der Novelle vom 6. 7.1979 schlug die BReg. die Anfügung eines Absatzes 2 (BT-DS 8/2451), um dem Anliegen des BR Rechnung zutragen, daß die zwangsweise Verschaffung des tatsächlichen Besitzes bei einer vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 166) beschleunigt werden sollte. Dieser Vorschlag wurde schließlich im letzten Gang der Gesetzgebungsverhandlungen Gesetz. 2. Vorschrift a) Absatz 1 Für das Vorverfahren hinsichtlich anderer Verwaltungsakte als solche nach dem Vierten oder Fünften Teil des Gesetzes gilt die VwGO unmittelbar. Für das Vorverfahren hinsichtlich der nach dem Vierten oder Fünften Teil des Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte ist das Vorverfahren „in Anlehnung an die Vorschriften der VwGO" zu regeln. In Frage kommen die §§68 ff. VwGO. Hiernach beginnt das Vorverfahren mit der Erhebung des Widerspruchs (§ 69 VwGO). Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat (§ 70 VwGO). Widerspruchsbehörde ist die nächsthöhere Behörde bzw., wenn diese eine oberste Bundes- oder Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat; in Selbstverwaltungsangelegenheiten entscheidet die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt ist (§ 73 Abs. 1 VwGO). Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen (§ 73 Abs. 3 VwGO). 802
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§ 155 a
b) Absatz 2 Der Beschleunigung dient der durch die Novelle vom 6. 7. 1979 eingefügten Abs. 2. Satz 1 schließt die aufschiebende Wirkung gegen die vorzeitige Besitzeinweisung grundsätzlich aus. Andererseits soll aber vor allem in den Fällen, in denen das Verwaltungsvorverfahren längere Zeit in Anspruch nimmt und die sofortige Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung vollendete Tatsachen schafft, die Widerspruchsstelle die Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung aussetzen können. Setzt die Widerspruchsstelle die Vollziehung nicht aus, so soll darüber hinaus das Gericht die Möglichkeit haben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auf Antrag anzuordnen. Beides wird dadurch sichergestellt, daß § 80 Abs. 4 und 5 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt wird (Satz 2). 3. Überleitungsvorschrift zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 g) Ist vor dem 1. 8. 1979 ein Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung ergangen, sind die Vorschriften der §§ 155 und 164 in der bis zum 31. 7. 1979 geltenden Fassung anzuwenden (§ 183 g). Dies bedeutet hinsichtlich § 155, daß nur dessen erster Absatz einschlägig ist; der selbständige Wegfall der aufschiebenden Wirkung (Abs. 2 neu) mit den Möglichkeiten der Wiederherstellung findet noch keine Anwendung.
§ 155 a Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung chennutzungsplänen und Satzungen
von Flä-
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften dieses Gesetzes bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen oder von Satzungen nach diesem Gesetz ist unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahrs seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen. (2) Die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder Bebauungsplans bestimmt sich hinsichtlich der Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung allein danach, ob das Verfahren nach § 2a Abs. 6 und 7 eingehalten worden ist; für dieses Verfahren gilt Absatz 1. (3) Absatz 1 gilt nicht für die Verletzung von Vorschriften über die Genehmigung und die Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung. (4) Bei der Bekanntmachung der Genehmigung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und die Rechtsfolgen (Absätze 1 und 3) hinzuweisen. 803
§ 155 a l
8. Teil
(5) Behebt die Gemeinde einen Fehler, der sich aus der Verletzung von Vorschriften über die Genehmigung und die Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder einer Satzung ergibt, oder einen sonstigen Verfahrens- oder Formfehler nach diesem Gesetz oder nach Landesrecht, kann sie den Flächennutzungsplan oder die Satzung mit Rückwirkung erneut in Kraft setzen. 1. Vorbemerkung a) Der erstmals durch die Novelle 1976 auf Vorschlag des federführenden Ausschusses eingefügte § 155 a vereinigt — entsprechend dem Vorschlag des BR — die § 155 a und b des damaligen RegE. Schon seiner Zeit war die Heilung von Verletzungen verschiedener Verfahrens- oder Formvorschriften ein Problem geworden und hatte zu Unwirksamkeiten von Bauleitplänen geführt. Durch eine eingreifende Erweiterung der Vorschrift will man eine weitgehende Absicherung gegenüber der Rspr. erreichen. Es erheben sich dabei Zweifel, ob nicht die Bestimmungen über die Bauleitpläne überhaupt allzu kompliziert gestaltet worden waren. Der RegE für den neuen § 115 a war deshalb sehr unübersichtlich geworden, so daß man sich entschloß, ihn in drei Teile aufzuspalten (§ 155 a, § 155 b, § 155 c). Siehe im einzelnen auch bei den folgenden § 155b und § 155c. b) Die höchstrichterliche Rspr. hat seit der Novelle 1976 in verstärktem Maße Bauleitpläne für unwirksam erklären müssen. Um den Nachteil, der für viele als Folge solcher Entscheidungen entsteht, zu lindern und den Vertrauensschutz wieder herzustellen, versucht die sogen. Beschleunigungsnovelle 1979, diese Unwirksamkeit der Bauleitpläne und die mit ihr verbundenen Folgen in rechtsstaatlich vertretbaren Grenzen zu beheben. Der als „Heilungsvorschrift" ausgestaltete § 155 a in der vorherigen Fassung stellte in Sätzen 1 bis 3 sicher, daß die Verletzung nur der Verfahrens- und Formvorschriften „heilbar" ist, die rechtsstaatlich ohne wesentliche Bedeutung waren; daher waren Verletzungen von Vorschriften über die Genehmigung und die Veröffentlichung der Satzung (§ 11 i. V. m. § 6 Abs. 2 bis 4 sowie § 12) nach Satz 2 nicht heilbar. Darüber hinaus stellte der alte § 155 a in Satz 4 fest, daß die Verletzung der Vorschriften über die Grundsätze der Sozialplanung (§ 13 a Abs. 1) und der „vorgezogenen" Bürgerbeteiligung (§ 2 a Abs. 2 bis 4) für sich betrachtet nicht zu neuen Fehlerquellen führen kann, die möglicherweise die Ungültigkeit eines BebPlanes zur Folge haben. Dabei stellte Satz 4 zugleich sicher, daß die rechtsstaatlich unverzichtbaren Grundsätze der Bauleitplanung und besonders das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 und 7) voll ihre Geltung behalten; auch die Vorschriften über die förmliche Auslegung der Bauleitplanentwürfe (§ 2 a Abs. 6) wurden nicht berührt. Ausgehend hiervon wurde § 155 a — z. T. durch die neuen §§ 155 b, c — erweitert und fortentwikkelt. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß nicht nur für die Heilung von Satzungen und damit vor allem von BebPlänen, sondern auch für die Heilung von FINPlänen in der Praxis ein Bedürfnis besteht. Abs. 1 Satz 1 hat da804
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
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her die Flächennutzungspläne in seine Regelung mit einbezogen, um auch sie in ihrem Bestand stärker abzusichern. 2. Zeitlich begrenzte Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften (Abs. 1) a) Schon durch die Novelle 1976 wurden im Interesse der Bestandskraft der zahlreich nach dem BBauG erlassenen Satzungen die Geltendmachung von Verfahrensmängeln und Formvorschriften beim Zustandekommen dieser Satzungen durch § 155 a zeitlich eingeschränkt (Satz 1). Dies ist im Interesse der Rechtssicherheit geboten. Denn der BebPl. ist die Grundlage für eine Vielzahl von Vollzugsakten. Auch den Interessen der Bürger ist nicht gedient, wenn ein BebPl. u.U. viele Jahre nach erfolgter Bebauung des Gebiets oder nach Abschluß von Vollzugsmaßnahmen, auf deren Bestandskraft die Mehrzahl der Eigentümer (z. B. bei Umlegungen) vertraut hat, auf Grund von erst dann geltendgemachten Form- und Verfahrensmängeln für nichtig erklärt wird. Es ist den Beteiligten zuzumuten, innerhalb der vorgesehenen Jahresfrist diese Mängel geltend zu machen. Dann allerdings ist die Heilung gegenüber jedermann ausgeschlossen. Durch Satz 1 werden nur die Form- und Verfahrensmängel geheilt, die nach den Vorschriften des BBauG entstehen können. Gemäß § 86 Abs. 1 StBauFG gilt allerdings § 155 b auch für Satzungen nach dem StBauFG. b) Darlegung des Sachverhalts Um zu verhindern, daß die Heilung der Unwirksamkeit eines Bauleitplans nur durch rein formale und möglicherweise nur vorsorgliche Zitierung von Verfahrens- oder Formvorschriften verhindert wird und um die Prüfung der angeblichen Rechtsverletzung zu erleichtern, sieht Satz 2 vor, daß bei der Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nach Satz 1 nur der Sachverhalt darzulegen ist, der die Verletzung begründen soll. Nicht erforderlich ist nunmehr, daß die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften bezeichnet werden; es genügt, daß in der Schrift nach Abs. 1 Satz 1 der dargelegte Sachverhalt darauf hindeutet, daß die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nicht ausgeschlossen ist. 3. Überleitungsvorschriften zur Novelle von 1976 Art. 3 § 13 der Überleitungsvorschriften zum ÄndG 1976 des BBauG sahen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei Zustandekommen von Satzungen folgendes vor: Sind Satzungen nach dem BBauG oder nach dem StBauFG rechtsverbindlich, so konnte die Wirkung des § 155 a für diese Satzungen nachträglich herbeigeführt werden, wenn die Gemeinde innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der damaligen Novelle des BBauG, also bis spätestens 30. 6.1977, allgemein oder für einzelne Satzungen durch ortsübliche Bekanntmachung auf die in § 155 a 805
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Satz 1 und 2 bezeichneten Rechtsfolgen und auf die in Satz 1 bestimmte Frist von einem Jahr, die mit der Bekanntmachung beginnt, hinweist. 4. Rechtswirksamkeit hinsichtlich der Beteiligung der Bürger (Abs. 2) Erst gegen Ende der Gesetzgebungsverhandlungen zur Novelle 1979 wurde der Abs. 2 in § 155 a eingefügt. Er hat die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne hinsichtlich der Verfahrens- und Formfehler bei der Beteiligung der Bürger (§ 2 a) zum Inhalt. Auch hier wird von der Ausschlußfrist des Abs. 1 (ein Jahr) Gebrauch gemacht. Doch ist die Rechtswirksamkeit allein von der Einhaltung der Abs. 6 und 7 des § 2a abhängig gemacht worden; d. h., daß nur maßgeblich ist, ob die öffentliche Auslegung, die Fristen, die Bekanntmachung, der Hinweis auf Bedenken und Anregungen und deren Vorlage nach oben (Abs. 6) sowie die Ermöglichung der Stellungnahme der Beteiligung im vereinfachten Verfahren (Abs. 7) gewahrt worden sind. 5. Ausschluß der Heilungsmöglichkeit (Abs. 3) Abs. 3 entspricht dem vorherigen § 155 a Satz 2 nunmehr unter Einbeziehung des F1NP1., d. h. die „Heilungsvorschrift" des Abs. 1 erstreckt sich nicht auch auf die Genehmigung des FINPlans und seine Bekanntmachung (§ 6). 6. Hinweispflicht (Abs. 4) In Abs. 4 ist der vorherige Satz 3 des § 155 a übernommen worden. Die darin enthaltene Hinweispflicht wird auch auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften nach Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bezogen. Außerdem sind entsprechend der Erstreckung der „Heilungsschrift" des Abs. 1 auf FINPläne die Hinweise auch bei der Veröffentlichung der Genehmigung des Flächennutzungsplans zu geben. 7. Erneute Inkraftsetzung mit Rückwirkung (Abs. 5) Die „Heilungsvorschrift" wird durch Abs. 5 weiter ergänzt. Diese Regelung knüpft an das in Abs. 1 zugleich verfolgte Ziel an, die Gemeinde in die Lage zu versetzen, zu prüfen, was sie angesichts des unterlaufenen Fehlers unternehmen kann, z. B. ob der Neuerlaß einer Satzung zweckmäßig oder erforderlich ist. Abs. 5 soll daher die Möglichkeit der Gemeinde verankern, durch eigene Maßnahmen eine Heilung verletzter Verfahrens- oder Formvorschriften mit Rückwirkung auf den Erlaß herbeizuführen. Es handelt sich um eine Ermessensvorschrift. Eine solche rückwirkende „Heilung" kann allerdings nur in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß des FINPlans oder der Satzung noch in dem Zeitpunkt gegeben sind, in dem sie diese erneut in Kraft setzen will, also der F1NP1. oder die Satzung mit dem bisherigen Inhalt auch erneut beschlossen werden könnte. Satz 2 will dies sicherstellen. 806
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8. Überleitungsvorschrift zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 f) § 183 f enthält wichtige Überleitungsvorschriften für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung von FlächennutzungsPlänen und Satzungen. a) Sind vor dem 1. 8.1979 FINPläne bekanntgemacht worden, kann für sie die Wirkung des § 155 a Abs. 1 und 3 nachträglich herbeigeführt werden, wenn die Gemeinde innerhalb von sechs Monaten nach dem 1. 8. 1979, also bis 31. 1. 1979 durch ortsübliche Bekanntmachung auf die in § 155 a Abs. 1 und 3 bezeichneten Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und Rechtsfolgen sowie auf die in § 155 a Abs. 1 bezeichnete Frist, die mit der Bekanntmachung beginnt, hinweist. b) § 155 a Abs. 2 ist auch auf Beb Pläne und FINPläne anzuwenden, die vor dem 1. 8.1979 bekanntgemacht worden sind. c) Die Gemeinde kann einen FINPlan oder Satzungen, die vor dem 1. 8. 1979 bekanntgemacht worden sind, unter den Voraussetzungen des § 155 a Abs. 5 (erneute Inkraftsetzung) auch für einen Zeitpunkt vor dem 1. 8. 1979 rückwirkend erneut in Kraft setzen. 9. Rechtsprechung BayVGH, Normenkontroll-Beschluß vom 26.6. 1978 (Nr. 29 XIV 75) BayVBl. 1979, 151 Hat ein Antragsteller schon vor der Bekanntmachung eines Hinweises gemäß Art. 3 § 12 des Gesetzes zur Änderung des BBauG (1976) einen Antrag auf Überprüfung der Gültigkeit eines BebPl. gemäß § 47 VwGO gestellt, so kann die Wirkung des § 155 a BBauG (a. F.) für den, den Gegenstand des anhängigen Normenkontrollverfahrens bildenden BebPl. nicht mehr herbeigeführt werden.
§ 155 b Verletzung sonstiger Vorschriften über die
Bauleitplanung
(1) Für die Rechtswirksamkeit eines Bauleitplans sind Mängel, die sich aus der Verletzung einer oder mehrerer der nachstehend bezeichneten Vorschriften ergeben, unbeachtlich, wenn die Grundsätze der Bauleitplanung und die Anforderungen an die Abwägung (§ 1 Abs. 6 und 7) gewahrt sind: 1. die Ergebnisse einer Entwicklungsplanung, die städtebaulich von Bedeutung sind, sind bei der Aufstellung des Bauleitplans unzureichend berücksichtigt worden (§ 1 Abs. 5 Satz 1). 2. einzelne von der Bauleitplanung berührte Träger öffentlicher Belange sind an der Aufstellung des Bauleitplans nicht beteiligt worden (§ 2 Abs. 5); 3. der Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (§ 5 Abs. 7) oder die Begründung zum Bebauungsplan (§ 9 Abs. 8) oder zu dem nach § 2a Abs. 6 Satz 1 auszulegenden Entwurf des Bauleitplans ist unvollständig; 807
§ 155 b 2
8. Teil
4. Grundsätze für soziale Maßnahmen sind in der Begründung zum Bebauungsplan nicht dargelegt worden (§ 13 a Abs. 1); 5. die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 2 Abs. 2) oder an die in § 8 Abs. 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans sind nicht richtig beurteilt worden; 6. § 8 Abs. 2 ist hinsichtlich des Entwickeins des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan versetzt worden, ohne daß hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist; 7. der Bebauungsplan ist aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt; 8. im Parallelverfahren ist gegen § 8 Abs. 3 verstoßen worden. Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nr. 3 der Erläuterungsbericht oder die Begründung in den für die Abwägung wesentlichen Beziehungen unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. (2) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Bauleitplan maßgebend. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. 1. Allgemeines Auch diese Vorschrift verdankt ihr Entstehen der Novelle vom 6. 7. 1979, die es sich mit zum Ziel gemacht hat, aus Gründen der Beschleunigung der Bauverfahren und der Anregung der Wohnbautätigkeit, großzügig die Verletzung von Vorschriften über die Bauleitplanung einer Heilung zuzuführen, um langwierige und zeitraubende Gerichtsverfahren nun mehr auszuschalten. In Erweiterung des § 155 a wurde in der ursprünglichen Entwurfsfassung durch § 155 b (neben § 155 c) neugeschaffen, der im einzelnen Verletzungsmöglichkeiten aus den §§ 1, 2, 2a, 5, 6, 8 und 9 zum Inhalt hat, und zwar nicht mehr in bezug auf das Zustandekommen der Bauleitpläne schlechthin ( = § 155 a), sondern auf die im einzelnen genannten, sonst unerläßlichen Rechtsvorgänge gelegentlich der Aufstellung von Bauleitplänen (F1NP1. und BebPl.). 2. Vorschrift a) Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit auch bei Mängeln der Nr. 1 bis 8 in Abs. 1 Nach der Rspr. führt eine unvollständige Begründung zum BebPl., in der nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte für die Grundsätze der Bauleitplanung und die Abwägung nach § 1 Abs. 7 dargelegt sind, zu dessen Nichtigkeit 808
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§ 155 b 3
(vgl. die bei den Erläuterungen Nr. 6 ed zu § 1 und Nr. 2d zu § 3 angegebene Rspr. Deshalb ist die Wahrung des in § 1 Abs. 1 und 7 dargelegten Grundsätze auch durch die Novelle als unabdingbar anerkannt worden. In Abs. 6 von § 1 sind nicht weniger als 18 Berücksichtigungspunkte aufgeführt, deren Grundsätze gewahrt sein müssen. In Abs. 7 von § 1 ist das Abwägungsgebot enthalten, wobei den öffentlichen Belangen nicht grundsätzlich der Vorrang gegeben werden darf. Es ist Rechts- und Tatfrage, ob dies alles eingehalten ist. Die Normenkontrollverfahren werden daher nur unwesentlich kürzer, allerdings im Ergebnis bisweilen günstiger verlaufen. b) Der Gesetzgeber hat bewußt — sozusagen in letzter Stunde vor der Verabschiedung der Novelle vom 6. 7. 1979 — einen genau festgelegten Katalog (Nr. 1 bis 8) aufgestellt, um eine rechtsstaatliche, also gerade auch dem Schutz des Bürgers dienende Anwendung der an sich ungewöhnlichen nachträglichen (siehe auch folgende Nr. 4) Mängelbeseitigungsvorschriften zu gewährleisten. So genau war es jedenfalls im RegE nicht vorgesehen; hier hat u. a. auch der Rechtsausschuß des BT gründliche Arbeit geleistet. Freilich tangieren mehrere der hier aufgeführten Vorschriften sehr stark von vornherein das Abwägungsgebot (der Natur der Bestimmung nach) wie Nichtbeteiligung „einzelner" Träger öffentlicher Belange (Nr. 2), Unvollständigkeit der Begründung des BebPlans (Nr. 3), Nichtdarlegung der Grundsätze für soziale Maßnahmen (Nr. 4). Die Zuschaltung der Auskunftserteilung durch die Gemeinde (Satz 2) bei Unvollständigkeit des Erläuterungsberichts oder der BebPlan-Begründung ist von der Darlegung, also Wahrscheinlichmachung des berechtigten Interesses abhängig. Der Hinweis auf die Unvollständigkeit der Darlegung, der „für die Abwägung wesentlichen Beziehungen", zeigt allzu deutlich, wie stark das Abwägungsgebot, das nicht verletzt werden darf (Satz 1), doch tangiert wird. Die Bestimmung wird in Normenkontrollverfahren noch etliche Schwierigkeiten bereiten. c) Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Abwägung ist in Abs. 2 Satz 1 Sachund Rechtstand bei Beschlußfassung über den Bauleitplan der Zeitpunkt der Beschlußfassung durch das Gemeindeorgan festgelegt. Satz 2 will eine besondere Absicherung hinsichtlich einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots geben. Kriterium ist der Einfluß des Mangels (der Mängel) auf das „Abwägungsergebnis". Das kann doch nichts anderes bedeuten, als die Entscheidung selbst. 3. Überleitungsvorschrift zur Novelle vom 6. Juli 1979 (§ 183 f) Nach § 183 f ist § 155 b auch auf Beb Pläne und FINPläne anzuwenden, die vor dem 1. 8. 1979 bekanntgemacht worden sind.
809
§156 1
8. Teil
§ 155 c Aufgabe der
Genehmigungsbehörde
Die Verpflichtung der für die Genehmigung des Flächennutzungsplans oder der Satzung zuständigen Behörde, die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen, deren Verletzung sich nach den §§ 155 a und 155 b auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder einer Satzung nicht auswirkt, bleibt unberührt. Vorschrift Unabhängig von den Regelungen in anderen Vorschriften ist es Sache der zuständigen Genehmigungsbehörde, die Einhaltung der dort erwähnten Verfahrens- und Forrtlvorschriften zu prüfen und bei ihrer Verletzung die Genehmigung erforderlichenfalls zu verweigern. Dies wird in § 155 c klargestellt.
§156 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. wider besseres Wissen unrichtige Angaben macht oder unrichtige Pläne oder Unterlagen vorlegt, um einen begünstigenden Verwaltungsakt zu erwirken oder einen belastenden Verwaltungsakt zu verhindern; 2. Pfähle, Pflöcke oder sonstige Markierungen, die Vorarbeiten dienen, wegnimmt, verändert, unkenntlich macht oder unrichtig setzt; 3. einer Vorschrift einer nach § 39 ergangenen Rechtsverordnung zum Schutze des Mutterbodens zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung auf diese Bußgeld Vorschrift verweist; 3a. einer in einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 Buchstabe b festgesetzten Bindung für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern dadurch zuwiderhandelt, daß diese beseitigt, wesentlich beeinträchtigt oder zerstört werden; 4. ein Gebäude oder eine sonstige bauliche Anlage in einem nach § 39 h Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Gebiet ohne Genehmigung abbricht oder ändert. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 mit einer Geldbuße bis zu tausend Deutsche Mark, im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 a mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Deutsche Mark und im Falle des Absatzes 1 Nr. 4 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. 1. Entwicklung der Vorschrift a) Der frühere § 156 Abs. 3 BBauG wurde durch Art. 150 Abs. 2 Nr. 3 E G O W i G vom 24. 5. 1968 (BGBl. I S. 503) aufgehoben. 810
Allg. Vorschriften; Verwaltungsverfahren
§156 2
b) Durch das ÄndG zum B B a u G vom 18. 8. 1976 erfuhr § 156 weitere Änderung, und zwar durch Einfügung einer Nr. 4 (s. u.) und durch Änderung des Abs. 2. c) Durch die Beschleunigungsnovelle vom Juli 1979 wurde — z. T. mit Übernahme eines Ergänzungsvorschlags des B R — die neue Nr. 3 a eingefügt und demgemäß auch Abs. 2 ergänzt (siehe unten 2 d und 3 b). 2. Aufzählung der Ordnungswidrigkeiten (Abs. 1) In Abs. 1 werden die Tatbestände erschöpfend aufgezählt, die im Rahmen des B B a u G als Ordnungswidrigkeiten bestraft werden können. a) Der Tatbestand der Nr. 1 wird als Ordnungswidrigkeit angesehen, um zu verhindern, daß jemand durch unrichtige Angaben oder durch Vorlage unrichtiger Pläne oder Unterlagen eine Behörde zu einer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht gewollten Maßnahme veranlaßt oder zu veranlassen versucht. Voraussetzung ist, daß die Täuschungshandlung wider besseres Wissen geschieht; es muß sich also um eine bewußte Irreführung handeln. Dagegen ist es nicht erforderlich, daß die Behörde auf Grund der Täuschungshandlung den Verwaltungsakt tatsächlich erläßt; es genügt schon die Absicht, einen begünstigenden Verwaltungsakt zu erwirken oder einen belastenden Verwaltungsakt zu verhindern; daraus geht auch hervor, daß sich die Bestimmung nicht etwa bloß auf den Antragsteller bezieht (der einen ihm günstigen Verwaltungsakt herbeiführen will), sondern auch auf den Betroffenen (der einen ihn belastenden Verwaltungsakt verhindern will). Die Vorschrift wurde eingefügt, weil der Tatbestand des strafbaren Betrugs (§ 263 S t G B ) nicht alle hier möglichen Fälle deckt. b) Die Vorschrift der Nr. 2 war erforderlich, weil nach dieser Bestimmung Gegenstand der Ordnungswidrigkeit nur solche Markierungszeichen sind, die den Vorarbeiten im Sinne des § 151 B B a u G dienen und daher nicht unter § 274 Abs. 1 Nr. 2 S t G B fallen. Ein Schutz auch solcher den Vorarbeiten dienender Markierungen erschien aber notwendig, um zu verhindern, daß die Durchführung von Arbeiten durch böswillige Handlungen erschwert oder vereitelt wird. c) In Erweiterung der Regierungsvorlage sind durch Nr. 3 Verstöße gegen die Vorschriften zum Schutz des Mutterbodens (vgl. dazu § 39 B B a u G ) ebenfalls als Ordnungswidrigkeiten bezeichnet worden, um ihre Beachtung durchsetzen zu können. d) Die Ergänzung des Abs. 1 durch die Nr. 3 a anläßlich der Novelle von 1979 erweitert den Katalog der Ordnungswidrigkeiten auf die Fälle, bei denen im BebPl. festgesetzte Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern dadurch mißachtet werden, daß diese beseitigt, wesentlich beeinträchtigt oder zerstört werden. Die Praxis hat gezeigt, daß diese Sanktionsmöglichkeit, insbesondere im Interesse der Erhaltung des Grüns in Stadtgebieten notwendig ist. Nicht jeder geringe Ver811
Vor § 157
9. Teil
stoß gegen die Festsetzungen im Bebauungsplan stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (z. B. Abschneiden von Zweigen, Kürzung der Krone, geringe Änderungen des Verlaufs des Gewässers). Nur wesentliche Beeinträchtigungen oder Zerstörungen fallen unter die Bußgelddrohung. e) Die Ergänzung mit Nr. 4 durch die Novelle 1976 enthält die notwendigen Sanktionen, wenn der Eigentümer ein nach § 3 9 h zu erhaltendes Gebäude ohne Genehmigung abbricht oder ändert. 3. Geldbußen (Abs. 2) a) Eine Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 kann gemäß Abs. 2 mit einer Geldbuße geahndet werden. Auch ohne besondere Bezugnahme findet das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) vom 24. 5.1968 (BGBl. I S. 481, mit Einführungsgesetz vom 24. 5. 1968, BGBl. I S. 503) i. d. F. vom 2. 1. 1975 (BGBl. I S. 80, 520) mit Änderung vom 20. 8.1975 (BGBl. I S. 2189), Anwendung. Das OWiG ist für alle Zuwiderhandlungen auf Sachgebieten anzuwenden, für die der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Dies ist beim BBauG der Fall. b) Im Hinblick auf die oft bedeutenden Werte, die bei Anwendung des nunmehr durch obige Nr. 4 eingeführten § 39 h Abs. 1 Satz 1 in Frage stehen, hat sich der Gesetzgeber entschlossen, im durch das ÄndG 1976 neugefaßten Abs. 2 eine Differenzierung durchzuführen. Während ansonstigem die Geldbuße grundsätzlich höchstens 1000 DM beträgt, kann sie in den Fällen des Abs. 1 Nr. 3 a wegen der Bedeutung, die eine im Bebauungsplan festgesetzte Bindung für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und Gewässern im Einzelfall haben kann, bis zu einer Höhe von 20 000 DM und angesichts der Gewichtigkeit der Ordnungswidrigkeit der genehmigungswidrigen Änderung oder des Abbruchs eines Bauwerks nach Nr. 4 bis auf 50 000 DM erhöht werden. Gemäß § 13 Abs. 4 OWiG kann dabei u. U. das vorgesehene Höchstmaß von 50 000 DM überschritten werden.
N E U N T E R TEIL
Verfahren vor den K a m m e r n (Senaten) für Baulandsachen Vorbemerkung a) Schon anläßlich der Beratung der Erstfassung des Gesetzes war der RegEw insofern erweitert worden, als nicht nur die Entscheidungen der Enteignungsbehörde (Fünfter Teil des Gesetzes) der gerichtlichen Nachprüfung durch die Baulandkammern unterliegen sollten, sondern auch alle Entscheidungen in Umlegungs- und Grenzregelungsverfahren (Vierter Teil des Gesetzes). Für diese Erweiterung der Zuständigkeit der Baulandkammern und -Senate war die Erwägung maßgebend, daß die in einem Umlegungsverfahren ergehenden Entscheidungen vielfach eine Enteignung darstellen und daher nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 G G hinsichtlich der Entschädigungshöhe nur durch
812
§157
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
die Anrufung der Zivilgerichte angefochten werden können, während bei der Anfechtung anderer Entscheidungen im Umlegungsverfahren die Verwaltungsgerichte zuständig wären. Um eine Aufspaltung des Umlegungsverfahrens in verschiedene Rechtsmittelzüge zu vermeiden, erschien es dem Ausschuß ebenso wie beim Enteignungsverfahren sachdienlich, das Rechtsmittelverfahren in Umlegungs- und Grenzregelungssachen einheitlich den Baulandkammern zu übertragen. b) Die Erweiterung des Katalogs des § 157 in Abs. 1 das ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 beruht auf den Ergänzungen und Änderungen, die das Gesetz in seiner Paragraphenfolge und zum Teil auch durch Einschaltung von Abschnitten erfuhr. c) Die Novelle vom 6. Juli 1979 fügte in § 157 den 1976 eingeführten § 39 j ein. § 164 wurde geändert, und zwar auf Gegenvorschlag der BReg. gegenüber dem BR (vgl. BTDS 8/2451 zu Nr. 21 S. 51 und BR-DS 446/78 Nr. 24a). Die Neufassung (Ausschluß der aufschiebenden Wirkung bei Anträgen auf gerichtliche Entscheidung gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung) dient der Beschleunigung. Ferner wurden in § 158 Abs. 1 Satz 1 die Worte „durch Naturereignis oder andere unabwendbare Zufälle" durch den der Rechtssprache geläufigeren Ausdruck „ohne Verschulden" ersetzt. Außerdem wurde durch den neugefaßten § 164 die aufschiebende Wirkung grundsätzlich ausgeschlossen, dabei aber der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ermöglicht (§ 80 Abs. 5 VwGO). d) Verwaltungsakte nach den §§ 18 und 85 StBauFG sowie nach § 57 StBauFG hinsichtlich des gemeindlichen Grunderwerbsrechts können auch nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach dem Neunten Teil des BBauG angefochten werden. Das gleiche gilt für Verwaltungsakte aufgrund des StBauFG, für die die Anwendung des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des BBauG vorgeschrieben ist oder die in einem Verfahren nach dem Vierten oder Fünften Teil des BBauG erlassen werden.
§157 Antrag auf gerichtliche
Entscheidung
(1) Verwaltungsakte nach dem Vierten und Fünften Teil sowie nach den §§ 18, 21 Abs. 3, §§ 28, 2 8 a , 3 9 j bis 4 4 c , 122a und 122b, 126 Abs. 2, § 151 Abs. 2 oder § 153 Abs. 3 Satz 2 können nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Satz 1 gilt auch für andere Verwaltungsakte aufgrund dieses Gesetzes, für die die Anwendung des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils vorgeschrieben ist oder die in einem Verfahren nach dem Vierten oder Fünften Teil erlassen werden, sowie für Streitigkeiten über die Höhe der Geldentschädigung nach § 144 f in Verbindung mit § 88 Nr. 7 und § 89 Abs. 2 des Flurbereinigungsgesetzes. Über den Antrag entscheidet das Landgericht, Kammer für Baulandsachen. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats seit der Zustellung des Verwaltungsakts bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Ist die ortsübliche Bekanntmachung des Verwaltungsakts vorgeschrieben, so ist der Antrag binnen sechs Wochen seit der Bekanntmachung einzureichen. Hat ein Vorverfahren (§ 155) stattgefunden, so beginnt die in Satz 1 bestimmte Frist mit der Zustellung des Bescheids, der das Vorverfahren beendet hat. 813
§157 2
9. Teil
(3) Der Antrag muß den Verwaltungsakt bezeichnen, gegen den er sich richtet. Er soll die Erklärung, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten wird, und einen bestimmten Antrag enthalten. Er soll die Gründe sowie die Tatsachen und Beweismittel angeben, die zur Rechtfertigung des Antrags dienen. (4) Die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, hat den Antrag mit ihren Akten unverzüglich dem zuständigen Landgericht vorzulegen. Ist das Verfahren vor der Stelle noch nicht abgeschlossen, so sind statt der Akten Abschriften der bedeutsamen Aktenstücke vorzulegen. 1. Allgemeines a) Die Besonderheit des nach § 157 gegebenen gerichtlichen Verfahrens zeigt sich vor allem darin, daß nicht etwa, wie im Zivilprozeß oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, Kläger und Beklagte auftreten, sondern Beteiligte (vgl. § 162). b) Wer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen kann, ist im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt, doch kann im Hinblick auf § 162 (vgl. ferner §§ 48 und 107) davon ausgegangen werden, daß jeder, der in dem Verfahren, in dem der Verwaltungsakt erlassen worden ist, Beteiligter war und dessen Rechte oder Pflichten durch die Entscheidung der Behörde betroffen wurden, antragsberechtigt ist. Anfechten kann ferner nur derjenige, der geltend macht, daß er durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt wurde (indem z. B. seinen Anträgen im Verwaltungsverfahren nicht oder nur teilweise stattgegeben wurde oder ihm zu Unrecht eine Verbindlichkeit auferlegt oder eine Leistung, auf die er Anspruch zu haben glaubt, verweigert wurde). Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 ist in dem gerichtlichen Verfahren auch die Stelle Beteiligte, die den Verwaltungsakt erlassen hat (also etwa die Enteignungsbehörde); doch hat diese kein Antragsrecht nach § 157 Abs. 1, da sie nicht ihre eigene Entscheidung anfechten kann. c) Durch die Beschleunigungsnovelle vom Juli 1979 wurde auch § 39j (Ersatz des Vertrauensschadens) ausdrücklich in den Katalog der von den Baulandgerichten zu behandelnden Streitsachen aufgenommen. 2. Grundvorschrift (Abs. 1) a) Gegenüber der ursprünglichen Fassung des Abs. 1 wurden neu in den Katalog aufgenommen § 28 a (Ausübung des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert), § 39j (Ersatz des Vertrauensschadens — neu seit August 1979 —), § 40 (Entschädigung in Geld oder durch Übernahme), § 41 (Entschädigung bei Festsetzungen von unbebauten Grundstücken und von Schutzflächen) seit 1976 gestrichen, § 42 (Entschädigung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten), § 43 (Entschädigung bei Bindungen für Bepflanzungen), § 44 (Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung) § 4 4 a (Entschädigungspflichtige), § 44b (Entschädigung und Verfahren), § 44c (Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche), § 122 a (allgemeine Voraussetzun814
Verfahren vor den K a m m e r n f ü r Baulandsachen
§157 2
gen für Härteausgleich) und § 122 b (Härteausgleich bei bestimmten Maßnahmen — Satz 1. Bezüglich der nun eindeutigen Rechtslage bei Ausübung des Vorkaufsrechts siehe im einzelnen bei den Erläuterungen Nr. 4 e zu § 24. b) Der neue Satz 2 enthält insbesondere eine Art Generalklausel, als er auf „andere Verwaltungsakte" auf Grund des BBauG Bezug nimmt, für die die Anwendung des zweiten Abschnitts des fünften Teils über Entschädigung vorgeschrieben ist oder die entsprechend Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG in einem Verfahren nach dem Vierten oder Fünften Teil, also über Bodenordnung (Umlegung und Grenzumlegung) und Enteignung selbst erlassen werden. Der aufgehobene Abs. 2 des § 86 StBauFG wurde im Zug der Novelle 1976 in Satz 2 des § 157 übernommen. c) Das gegebene Rechtsmittel ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des belastenden Verwaltungsakts. Sachlich zuständig ist das Landgericht, Kammer für Baulandsachen (Satz 3). Über die örtliche Zuständigkeit siehe § 159. Gemäß § 155 können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, daß — ausgenommen die Fälle der §§ 18, 21 Abs. 3, 28, 28a, 39j bis 44 c, 122 a, 122 b, 126 Abs. 2, 151 Abs. 2, 153 Abs. 3 Satz 2 - vor dem Antrag nach § 157 Abs. 1 ein Vorverfahren durchzuführen ist. d) Anfechtbar sind Verwaltungsakte, d. h. alle Sachentscheidungen, die in die Rechtssphäre eines Beteiligten eingreifen; von der Anfechtung ausgeschlossen sind geschäftsleitende, das Verfahren fördernde oder unterstützende Verfügungen und Anordnungen (z. B. Terminansetzung, Beiziehung von Akten, Vertagungen). Vgl. wegen der Teilentscheidungen § 112 Anm. 1; ferner § 114 Anm. 2d. Die Anfechtbarkeit vor den Baulandkammern ist entsprechend den Neufassungen von 1976 und 1979 somit gegeben bei Verwaltungsakten, die in den folgenden Verfahren ergehen: — im Umlegungsverfahren (§§ 45 ff.), — im Grenzregelungsverfahren (§§ 80 ff.), — im Enteignungsverfahren (§§ 85 ff.), ferner bei Streitigkeiten über Entschädigungsleistungen: — für länger als vier Jahre dauernde Veränderungssperren (§ 18), — anläßlich der Versagung einer Baugenehmigung (§21 Abs. 2 und 3), — anläßlich der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde (§ 28 und § 28 a), — bei Festsetzung des Vertrauensschadens — bei Festsetzung öffentlicher Flächen im Bebauungsplan (§ 40), — bei Festsetzung von unbebauten Grundstücken und von Schutzflächen (§ 41), — bei Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (§ 42), — bei Festsetzung von Bindungen für Bepflanzungen (§ 43), 815
§157 2
9. Teil
— — — — — — — —
bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung (§ 44), bei Entschädigungspflichtigkeit (§ 44 a), bei Entschädigung und Verfahren (§ 44 b), bei Fälligkeit und Erlöschen der Entschädigungsansprüche (§ 44 c), bei Verfahren wegen Härteausgleichs (§§ 122a, 122b), bei Anbringung oder Entfernung von Haltevorrichtungen (§ 126 Abs. 2), bei Durchführung von Vorarbeiten auf Grundstücken (§151 Abs. 2), bei Streitigkeiten über die Höhe der Geldentschädigung nach § 144f i. V. m. §§ 88 Nr. 7 und 89 Abs. 2 FlurbG, — im Falle der Wiedereinsetzung bei Aufrechterhaltung des neuen Rechtszustandes (§ 153 Abs. 3 Satz 2), — sowie bei sonstigen Verfahren (entsprechend Satz 2) nach dem Vierten und Fünften Teil des BBauG (Bodenordnung und Enteignung).
Form, Frist und Inhalt des Antrags (Abs. 2 und 3) a) Über die Form des Antrags ist im Gesetz nichts enthalten. Es kann davon ausgegangen werden, daß er in der Regel schriftlich einzureichen ist. Wird er mündlich vorgebracht, so hat die Behörde über den Antrag eine Niederschrift aufzunehmen, die den Erfordernissen der Abs. 2 und 3 entspricht. Wenn, was in der Regel der Fall sein wird, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch einen Antrag zur Hauptsache enthält (Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz), so ist Anwaltszwang gegeben (§ 162 Abs. 3 Satz 2 i. V. mit § 78 ZPO); s. hierzu auch unten Nr. 4 (Rechtspr.). b) Der Antrag ist nicht etwa beim Landgericht für Baulandsachen, zu stellen, sondern bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, also z. B. bei der Umlegungsstelle oder bei der Enteignungsbehörde. Eine rechtzeitige Einreichung des Antrags bei der Baulandkammer dürfte aber auch genügen und die Frist wahren (a. M. aber BGH, siehe unten Rspr. 4 A 4b!). c) Die Antragsfrist beträgt im Regelfall einen Monat; sie beginnt mit der Zustellung der Entscheidung; hat ein Vorverfahren nach § 155 stattgefunden, so beginnt die Monatsfrist mit der Zustellung des Bescheids, der das Vorverfahren beendet hat (Abs. 2 Satz 3). Eine Abweichung von der Regel (Monatsfrist) ergibt sich für den Fall, daß die ortsübliche Bekanntmachung des Verwaltungsakts vorgeschrieben ist (z. B. §§ 50, 71, 83); hier ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen sechs Wochen „seit der Bekanntmachung" einzureichen (Abs. 2 Satz 2). Maßgebend ist dabei das Datum, das die öffentliche Bekanntmachung trägt. Bei Versäumung der Frist ist der Antrag als unzulässig abzuweisen; über die Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis siehe § 158. d) Der Antrag muß den Verwaltungsakt bezeichnen, gegen den er sich richtet; diese Formvorschrift ist — anders als in der VwGO, vgl. § 82 Abs. 2 — zwingend; ihre Verletzung bewirkt, daß der Antrag unzulässig ist. Ferner soll der Antrag den in Abs. 3 Satz 2 und 3 bezeichneten Inhalt aufweisen (vgl. 816
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§157 4
hierzu auch Eyermann-Fröhler VwGO, RdNr. 1—4 zu §82; Kopp VwGO, Anm. 1 bis 4 zu § 82). Der sogenannte Antrag auf gerichtliche Entscheidung braucht also nicht zwingend einen bestimmten Antrag zu enthalten. Es ist daher, obwohl der Antrag auf gerichtl. Entscheidung befristet ist, z. B. die nachträgliche Erhöhung des verlangten Entschädigungsbetrags möglich. Die Erhöhung des Klageantrags ist auch sonst im Zivilprozeß noch in der Berufungsinstanz zulässig (Zöller, ZPO, 10. Aufl. § 529 Anm. 1). 3. Vorlagepflicht der Behörde (Abs. 4) Abs. 4 verpflichtet die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit den Akten unverzülich (d. h. ohne schuldhafte Verzögerung) dem Landgericht (BaulKr.) vorzulegen. Das Gesetz sagt nichts darüber, ob die Behörde den Verwaltungsakt auf den Antrag hin etwa von sich aus aufheben oder (zugunsten des Antragstellers) abändern kann. In Anlehnung an den allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, daß eine Behörde in der Regel Herr über die von ihr getroffenen Entscheidungen ist und einen Verwaltungsakt auch nach Klageerhebung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufheben oder abändern kann, sofern ihr dies nicht die Grundsätze über den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts verbieten (Eingriffe in die Rechte anderer Beteiligter, vgl. auch § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), wird diese Frage zu bejahen sein (ähnlich Schütz-Frohberg Anm. 4 zu § 157; vgl. ferner v. Hausen — v. d. Heide, Anm. 5 zu § 157). Durch die Vorschrift des Satz 2 soll erreicht werden, daß die Behörde im Falle der Anfechtung von Entscheidungen, die vor dem endgültigen Abschluß des Verfahrens liegen (z. B. über vorzeitige Besitzeinweisung, §§ 77, 116), das Hauptverfahren ungestört fortsetzen kann. (Vorlage von Abschriften der bedeutsamen Aktenstücke statt der Akten selbst); doch kann auch hier das Landgericht die Vorlage der Akten anordnen. 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerfG B vom 15. 12. 1970 (2 BvR 377/69) DÖV 1971, 250 Gemäß § 93 Abs. 1 BVerfGG beginnt die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung in Baulandsachen mit der Verkündung.
2. BGH, U vom 14. 10. 1963 (III ZR 213/62) BBauBl. 1964, 96 = M D R 1964, 34 = DVB1. 1964, 372 = DWW 1964, 16 Darin, daß die Kammer für Baulandsachen über einen nicht nach dem BBauG zu beurteilenden Anspruch auf Entschädigung einer Baulandsperre entschieden hat, liegt kein unverzichtbarer Verfahrensmangel.
3. BGH, U vom 16. 3. 1964 (III ZR 98/63) BGHZ 41, 183 = DVB1. 1964, 437 = BBauBl. 1964, 350 = NJW 1964, 1522 = DÖV 1964, 790 Im Verfahren nach dem BBauG unterliegt der bei der Verwaltungsbehörde einzu-
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§157
4
9. Teil
reichende Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch nicht dem Anwaltszwang (vgl. auch Volk in DÖV 1964, 45/47).
4. BGH, U vom 16. 3. 1964 (III ZR 85/63) BGHZ 41, 249 = DWW 1964, 323 = NJW 1964, 1568 = M D R 1964, 659 = DÖV 1964, 790 = Z M R 1965, 27 = BBauBl. 1965, 230 a) Urteile der Kammern und der Senate für Baulandsachen sind von diesen Spruchkörpern zu verkünden; doch ist die Verkündung eines solchen Urteils durch eine Zivilkammer (Zivilsenat) desselben Gerichts eine wirksame Verlautbarung. b) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Baulandsachen kann mit fristwahrender Wirkung nicht unmittelbar beim Landgericht, sondern nur bei der Verwaltungsbehörde eingereicht werden. c) Es spricht manches gegen die Annahme, daß das Fehlen oder die Unrichtigkeit der in § 154 BBauG angeordneten Belehrung über Rechtsbehelfe den Lauf der Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 Abs. 2 BBauG hindert. d) Es wird offengelassen, ob § 158 BBauG nicht eine abschließende Regelung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Antragsfrist des § 157 Abs. 2 BBauG derart bringt, daß über das Gesuch auf Wiedereinsetzung stets zuerst das Landgericht, über eine Beschwerde das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, wobei sehr viel dafür spricht, daß diese Entscheidungen von der Kammer und dem Senat für Baulandsachen getroffen werden.
5. BGH, U vom 19. 12. 1966 (III ZR 62/66) DÖV 1968, 65 = M D R 1967, 994
Ist im Verfahren für Baulandsachen ein eingeschränkter Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, ergibt sich aber aus der Begründung oder den sonstigen Regelungen nicht auch eindeutig die endgültige Beschränkung der Anfechtung, so ist eine Erweiterung des Antrags im Laufe des Rechtsstreits auch nach Ablauf der Antragsfrist zulässig.
6. BGH, U vom 26. 10. 1970 (III ZR 33/69) NJW 1971, 97 = DVB1. 1971, 229
a) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann auch dann, wenn ein Widerspruchsverfahren stattgefunden hat, in allen Fällen mit rechtlicher Wirksamkeit bei der Stelle angebracht werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat (Ergänzung zu BGHZ 41, 249, 257/8 = NJW 64, 1568). b) Darin, daß in einem gemäß § 155 BBauG geregelten Vorverfahren eine staatliche Behörde einen von einer gemeindlichen Behörde erlassenen Verwaltungsakt nicht nur auf seine Rechtmäßigkeit, sondern auch auf seine Zweckmäßigkeit nachprüfen kann, liegt nicht ein Verstoß gegen die grundsätzliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung.
7. BGH U vom 25. 11. 1978 (III ZR 45/74) BauR 1977, 197 Im Verfahren vor den Gerichten für Baulandsachen sind Feststellungsanträge zuständig.
8. BGH U vom 14. 7. 1977 (III ZR 139/74) BayVBl. 1978, 314
Bleibt die Zuteilung in Land hinter dem Verkehrswert des Einlagegrundstücks zurück, so hat das grundsätzlich die Rechtswidrigkeit des Umlegungsplans zur Folge. Ein
818
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§157 4
Wertausgleich in Geld kommt erst in Betracht, wenn dem Eigentümer auch bei Beachtung des Grundsatzes der wertgleichen Abfindung (§ 57 Satz 2 BBauG) ein nach den im Einzelfall festzustellenden Qualitätsmerkmalen völlig wertgleiches Grundstück nicht zugeteilt werden kann.
B. Andere höhere Gerichte 1. OLG München, U vom 12. 2. 1963 (U 2/62 Baul.) 1963, 450 = DÖV 1963, 846
Die Antragsfrist des § 157 Abs. 2 BBauG ist auch dann gewahrt, wenn der durch den angefochtenen Verwaltungsakt betroffene Beteiligte den Antrag binnen der Monatsfrist bei dem zur Entscheidung über den Antrag zuständigen Landgericht einreicht (s. aber oben A 4b!).
2. OLG München, Senat für Baulandsachen, B vom 10. 4. 1964 (U 1/64 Baul.) DVB1. 1964, 548 = NJW 1964, 1282 = DÖV 1964, 790
a) Die Kammer für Baulandsachen ist ein Spruchkörper der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit. Erachtet sie eine andere Zivilkammer desselben Landgerichts für zuständig, so kann sie den Rechtsstreit dorthin abgeben. b) Die Zuständigkeit der Baulandkammern bestimmt sich nicht nach der Rechtsnatur des Anspruchs, sie ist nur dann gegeben,wenn ein Verwaltungsakt der in § 157 Abs. 1 BBauG bezeichneten Art angefochten wird.
3. OLG München, B vom 25. 7. 1968 (W 3/68 Baul.) BBauBl. 1969, 91
a) In Verfahren vor den Baulandkammern beginnt der Anwaltszwang mit Einreichung des vorbereitenden Schriftsatzes, der die in der mündlichen Verhandlung zu stellenden Anträge zur Hauptsache ankündigt. b) Die Erklärung, die Hauptsache sei erledigt, ist ein Antrag zur Hauptsache im Sinn des § 162 Abs. 3 Satz 2 BBauG. c) Auch in den Verfahren, in denen nur ein Beteiligter einen Antrag zur Hauptsache gestellt hat und sodann die Hauptsache für erledigt erklärt, ist § 91 a ZPO anwendbar, wenn die übrigen Beteiligten Gelegenheit hatten, der Erledigterklärung durch Stellung eines abweichenden Antrags zur Hauptsache entgegenzutreten. d) Bei einer Entscheidung nach § 91 a ZPO kann das Gericht auch einen Beteiligten, der noch keinen Antrag zur Hauptsache gestellt hatte, die Kosten des Rechtsstreits auferlegen, sofern im weiteren Verlauf des Verfahrens damit gerechnet werden konnte, daß er einen Antrag zur Hauptsache stellen werde. § 168 Abs. 1 BBauG ist dann nicht anwendbar. e) Ein Einzelrichter darf in den Verfahren vor den Baulandkammern weder ein Urteil noch ein urteilsvertretendes Erkenntnis anstelle des Kollegiums erlassen. Ob die Bestellung eines Einzelrichters überhaupt zulässig ist, läßt der Senat dahingestellt.
4. OLG Hamburg, U vom 19. 8. 1968 (1 W 46/88 Baul.) BBauBl. 1968, 522 = DVB1. 1969, 279
Im Verfahren über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 157 Abs. 1 BBauG) ist das Gericht befugt, hinsichtlich der Vollziehung eines Besitzeinweisungsbeschlusses (§116 BBauG) eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Diese Befugnis ergibt sich aus dem — nach § 161 BBauG auch im Verfahren der Gerichte für Baulandsachen geltenden — allgemeinen Rechtsgedanken, der in den §§ 572 Abs. 3, 707, 719, 769 und 771 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck kommt. Seiner Anwendung steht § 164 BBauG 819
§158
9. Teil
nicht entgegen, weil diese Bestimmung keine ausschließliche Regelung des Rechtsschutzes gegen die Vollziehung eines Besitzeinweisungsbeschlusses enthält. 5. K G U v o m 17. 12. 1969 (U 1666/69 Bail) DVB1. 1970, 467 = N J W 1970, 614 a) Gegen die Androhung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung einer vorzeitigen Besitzeinweisung im Wege der Verwaltungsvollstreckung ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 Abs. 1 BBauG gegeben. b) Das Begehren der Feststellung der Rechtswidrigkeit der nach § 157 Abs. 1 BBauG anfechtbaren Verwaltungsakte ist als solches im gerichtlichen Verfahren in Baulandsachen statthaft. c) Das rechtliche Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines während des gerichtlichen Verfahrens in Baulandsachen erledigten Verwaltungsaktes ist — wie im Verwaltungsrechtsstreit (BVerwGE 9, 196 = NJW 1960, 310) — dann zu bejahen, wenn die Feststellung in einem zu erwartenden Zivilprozeß den Zivilrichter bindet und der Zivilprozeß nicht offensichtlich aussichtslos ist. d) Die rechtskräftige Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes durch die Gerichte für Baulandsachen ist für den Zivilrichter bindend. 6. O V G H a m b u r g , U v o m 15.1. 1970 ( O V G Bf.) BBauBl. 1972, 67 Ein Bescheid, durch den die höhere Verwaltungsbehörde für ihre Entscheidung über die Entschädigung nach den §§ 40—44 BBauG Kosten erhebt, kann gemäß § 157 BBauG nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. 7. O L G K ö l n U v o m 13. 5. 1970 (2 U 7 0 / 6 9 ) M D R 1970, 1011 = DVB1. 1971, 229 Bei fehlender Rechtsmittelbelehrung tritt in entsprechender Anwendung des § 58 VwGO an Stelle der Frist des § 157 Abs. 2 S. 2 BBauG eine Jahresfrist. „Betroffener Rechtsinhaber" i. S. des § 76 BBauG ist jeder, nach dessen Behauptung die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts oder seiner „von der Rechtsordnung als schutzwürdig angesehenen Interessen" oder seines „rechtlich geschützten Lebenskreises" durch den angefochtenen Verwaltungsakt in Betracht kommen kann. Im Rahmen des § 76 BBauG ist unter strikter Beschränkung auf Einzelfälle nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Beteiligten vorzugehen. §158 Wiedereinsetzung
in den vorigen
Stand
(1) War ein Beteiligter ohne Verschulden verhindert, die Frist nach § 157 Abs. 2 einzuhalten, so ist ihm auf Antrag vom Landgericht, Kammer für Baulandsachen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einreicht und die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Gegen die Entscheidung über den Antrag findet die sofortige Beschwerde an das Oberlandesgericht, Senat für Baulandsachen, statt. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 820
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§158 1
(2) Ist der angefochtene Verwaltungsakt ein Enteignungsbeschluß und ist der bisherige Rechtszustand bereits durch den neuen Rechtszustand ersetzt (§ 117 Abs. 5), so kann das Gericht im Falle der Wiedereinsetzung den Enteignungsbeschluß nicht aufheben und hinsichtlich des Gegenstandes der Enteignung oder der Art der Entschädigung nicht ändern. 1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung; Anfechtung (Abs. 1) Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung bei Versäumung der Frist des § 157 Abs. 2 (Antrag auf Gerichtsentscheidung) waren früher strenger gefaßt als diejenigen bei Versäumung einer Frist im Verwaltungsverfahren. Nunmehr — durch die Novelle vom 6. 7. 1979 — ab 1. 8.1979 ist die Vorschrift der des § 153 Abs. 1 angeglichen. Es genügt jetzt, daß der Beteiligte „ohne Verschulden" verhindert war, eine Frist einzuhalten. Den Begriff des Verschuldens hat die Rspr. (vgl. BVerwG in DÖV 1956, 125; BayVGH Amtliche Sammlung n. F. Bd. 2, S. 22) wie folgt umschrieben: Verschuldet ist die Säumnis, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozeß-Verschulden des gesetzlichen Vertreters oder des Bevollmächtigten als Verschulden der Partei selbst anzusehen (§ 173 VwGO iVm § 232 Abs. 2 ZPO). Verschulden von Hilfskräften des Rechtsanwalts ist nur dann als Verschulden des Beteiligten zu werten, wenn die Versäumnis als Verschulden des Anwalts anzusehen ist (z. B. Betrauung seiner siebzehnjährigen, erst vor kurzer Zeit eingetretenen Angestellten mit der Führung des Terminkalenders). Nach der Rspr. des BVerwG ist die Ausnützung der Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs bis zum letzten Tag unter Anrechnung des durchschnittlichen Postlaufs von — je nach dem Aufgabeort — ein bis zwei Tagen (es entscheidet ja der Eingang bei der Behörde bzw. beim Gericht) nicht mehr als Verschulden anzusehen. Auch die Armut kann ein Hinderungsgrund sein, nicht nur bei Anwaltszwang (BVerwG), sondern allgemein dann, wenn für den Antragsteller wegen der Schwierigkeit der Streitsache oder seiner besonderen Unerfahrenheit die Zuziehung eines Anwalts erforderlich erschien. Ein Hinderungsgrund liegt auch vor, wenn der Betroffene wegen Abwesenheit (z. B. im Ausland) von der Entscheidung keine Kenntnis hatte. Die Wiedereinsetzung wird nur auf Antrag gewährt. Er ist binnen 2 Wochen nach Beseitigung des Hindernisses zu stellen (Satz 1). Die Ausschlußfrist für diesen Antrag beträgt nach Satz 3, wie bei § 234 Abs. 3 ZPO, ein Jahr; nach Ablauf dieser Jahresfrist, die von dem Ende der versäumtenFristan gerechnet wird, kann die Wiedereinsetzung überhaupt nicht mehr beantragt werden. Für den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die obengenannte Frist von zwei Wochen in der Weise wahrzunehmen, daß nach Beseitigung des Hindernisses in dieser Frist sowohl der Wiedereinsetzungsantrag als auch der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 (hinsichtlich dessen die Frist versäumt 821
§158 2
9. T e i l
wurde) gestellt werden muß. Der Antrag nach § 157 ist grundsätzlich bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat (§ 157 Abs. 2), der Antrag auf Wiedereinsetzung ist beim Landgericht zu stellen; doch wird es als zulässig zu erachten sein, daß beide Anträge miteinander verbunden und entweder bei der Behörde oder beim Gericht eingereicht werden. Bei Versäumung der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag kann Wiedereinsetzung beantragt werden, ausgenommen, wenn die Jahresausschlußfrist (s. o.) abgelaufen ist. In dem Fall, in dem die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Klagefrist erst im Berufungsverfahren beantragt wird, das Berufungsgericht zu entscheiden, weil die Sache beim Erstgericht (Baulandkammer) nicht mehr anhängig ist. Das Gericht kann die Entscheidung über die Wiedereinsetzung mit derjenigen über die nachgeholte Prozeßhandlung verbinden (z. B. im Urteil wird auch über die Wiedereinsetzung entschieden). c) Die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, müssen in dem Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft gemacht werden (Satz 1). Wegen der Glaubhaftmachung wird auf § 294 ZPO und Erl. 2 zu § 98 verwiesen. d) Über die Wiedereinsetzung entscheidet das Landgericht, Kammer für Baulandsachen; gegen diese Entscheidung findet die sofortige Beschwerde an das Oberlandesgericht statt (Satz 2), und zwar spielt es keine Rolle, ob die Wiedereinsetzung bewilligt oder abgelehnt wurde (anders in der VwGO, vgl. § 60 Abs. 5). Der Bewilligte, der Beschwerde einlegt, muß durch die Entscheidung beschwert sein (so auch Schütz-Frohberg Anm. 1 zu § 158; a. M. Knaupp-Ingenstau Anm. zu § 158). 2. Verbot der Aufhebung oder Änderung des Enteignungsbeschlusses im Fall der Wiedereinsetzung (Abs. 2) Die Wiedereinsetzung wirkt sich im Regelfall dahin aus, daß der Antragsteller in jeder Richtung so gestellt wird, als ob die Frist für die Stellung des Antrags nach § 157 Abs. 2 nicht versäumt wäre. Abs. 2 bringt aber gegenüber diesem Grundsatz erhebliche Einschränkungen (ähnlich der Einschränkung bei der Wiedereinsetzung im Verwaltungsverfahren gemäß § 153 Abs. 3 Satz 2). Wenn nämlich der angefochtene Verwaltungsakt ein Enteignungsbeschluß ist und wenn gemäß § 117 Abs. 3 der bisherige Rechtszustand bereits durch den neuen Rechtszustand ersetzt ist (d. h. also, wenn die Enteignungsbehörde — infolge der Versäumung der Antragsfrist nach § 157 Abs. 2 — zu Recht der Meinung sein konnte, der Enteignungsbeschluß sei nicht mehr anfechtbar, sie daher gemäß § 117 Abs. 1 auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung erlassen hat und mit dem in der Ausführungsordnung festgesetzten Tag der bisherige Rechtszustand gemäß § 117 Abs. 3 ohne weiteres durch den im Enteignungsbeschluß geregelten neuen Rechtszustand ersetzt wurde), so kann das Gericht zwar die Wiedereinsetzung gewähren, im 822
§159
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
2
weiteren Verfahren aber dann den Enteignungsbeschluß nicht mehr aufheben und seine Abänderung nur verfügen, soweit es sich nicht um den Gegenstand der Enteignung oder die Art der Entschädigung handelt. Es wird also z. B. die Enteignung nicht auf das ganze in Frage kommende Grundstück ausdehnen können, wenn im Enteignungsbeschluß etwa nur ein Teil des Grundstücks enteignet wurde, und es kann nicht die Entschädigung in Geld festsetzen, wenn im Enteignungsbeschluß die Entschädigung in Land festgesetzt wurde; wohl kann aber das Gericht Änderungen hinsichtlich der Höhe der Entschädigung treffen.
§159 Örtliche Zuständigkeit
der
Landgerichte
(1) örtlich zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, ihren Sitz hat. (2) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Verhandlung und Entscheidung über Anträge auf gerichtliche Entscheidung einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuweisen, wenn die Zusammenfassung für eine Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren sachdienlich ist. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 1. örtliche Zuständigkeit (Abs. 1) Während in § 52 Nr. 1 VwGO f ü r das verwaltungsgerichtliche Verfahren bestimmt ist, daß in Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk das Vermögen liegt, ist nach § 159 Abs. 1 BBauG für die Zuständigkeit des Landgerichts die Stelle maßgebend, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Es ist das Landgericht zur Entscheidung zuständig, in dessen Bezirk diese Stelle liegt. Wie hoch der Streitwert ist, spielt für die Zuständigkeit keine Rolle. 2. Landesrechtliche Bestimmungen (Abs. 2) In Abs. 2 Satz 1 sind Art und Umfang der Ermächtigung zum Erlaß v.on Rechtsverordnungen mit Rücksicht auf die neueren Ergebnisse der Rechtsprechung zu Art. 80 G G näher bestimmt (vgl. hierzu auch v. Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz, Anm. 2 zu Art. 80). Die Landesregierungen werden ermächtigt, für die Bezirke zweier oder mehrerer Landgerichte eine Baulandkammer im Interesse der Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren zu errichten. N a c h Satz 2 ist die Übertragung dieser Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen vorgesehen. 823
§161
9. Teil
§160 Zusammensetzung
der Kammern für
Baulandsachen
(1) Bei den Landgerichten werden eine oder mehrere Kammern für Baulandsachen gebildet. Die Kammer für Baulandsachen entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern des Landgerichts einschließlich des Vorsitzenden sowie zwei hauptamtlichen Richtern der Verwaltungsgerichte. Die Vorschriften über den Einzelrichter sind nicht anzuwenden. (2) Die Richter der Verwaltungsgerichte und die für den Fall ihrer Verhinderung erforderlichen Vertreter werden von der für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständigen Obersten Landesbehörde auf die Dauer von drei Jahren bestellt. a) Die Bestimmung entspricht dem § 35 BauLBG. Sie regelt die Besetzung der Baulandkammern mit drei Richtern des Landgerichts und zwei hauptamtlichen Richtern der Verwaltungsgerichte (wegen der Besetzung der Senate für Baulandsachen siehe § 109). Diese Besetzung wurde vorgesehen, um einerseits dem Art. 14 Abs. 3 Satz 4 G G (wegen der Höhe der Entschädigung Rechtsweg von dem ordentlichen Gerichten) Rechnung zu tragen, andererseits aber auch des Enteignungs- und des Umlegungsrechts verwerten zu können. Das BVerfG (BVerfGE 4, 387) hat die Frage, ob die (dem § 160 BBauG entsprechenden) Baulandkammern nach § 35 BauLBG ordentliche Gerichte i. S. des Art. 14 G G sind, bejaht. b) Die ausdrückliche Ausschaltung des Einzelrichters in Abs. 1 Satz 2 ist insbesondere im Hinblick auf die Vereinfachungsnovelle vom 3. 12. 1976 (BGBl. I S. 3281) zur Klarstellung erforderlich geworden. c) Rechtsprechung O L G München B vom 25. 7. 1968 (W 3/68 Baul.) BBauBl. 1969, 91 Ein Einzelrichter darf in Verfahren vor den Baulandkammern weder ein Urteil noch ein urteilsvertretendes Erkenntnis anstelle des Kollegiums erlassen. Ob die Bestellung eines Einzelrichters überhaupt zulässig ist. läßt der Senat dahingestellt.
§161 Allgemeine
Verfahrensvorschriften
(1) In den Sachen, die auf Grund eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung bei den Gerichten anhängig werden, sind die bei Klagen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich aus den §§ 157 bis 171 nichts anderes ergibt. Auf das Verfahren sind die Gerichtsferien ohne Einfluß. 824
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§161
2
(2) Das Gericht kann auch von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und nach Anhörung der Beteiligten auch solche Tatsachen berücksichtigen, die von ihnen nicht vorgebracht worden sind. (3) Sind gegen denselben Verwaltungsakt mehrere Anträge auf gerichtliche Entscheidung gestellt, so wird über sie gleichzeitig verhandelt und entschieden. (4) Die Vorschriften über die Vorauszahlung der Gebühr für das Verfahren im allgemeinen und der Auslagen für die Zustellung der Klage nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes sind nicht anzuwenden. 1. Anwendung von Vorschriften der ZPO (Abs. 1 und 4) a) In Abs. 1 des § 36 BauLBG war die Anwendung des § 78 Abs. 1 ZPO über den Anwaltszwang ausgeschlossen. Dieser Ausschluß ist in § 161 BBauG nicht aufgenommen worden, da die Erwägungen, die dem Ausschluß des Anwaltszwang im BauLBG zugrunde lagen, nicht in vollem U m f a n g auf den Kreis der Sachen zutrafen, die nach § 157 jetzt in den Zuständigkeitsbereich der Baulandkammern fallen. Außerdem hat sich in der Praxis bei der Anwendung des BauLBG erwiesen, daß sich die Beteiligten in der weitaus größten Zahl der Fälle durch Anwälte vertreten ließen. b) Im Zusammenhang mit dem Ausschluß des Anwaltszwangs war früher vorgeschrieben, daß in den bei den Baulandkammern anhängigen Sachen grundsätzlich die Vorschriften über das Verfahren vor den Amtsgerichten sinngemäß anzuwenden seien. Mit der nunmehr festgelegten Anwendung auch des § 78 Abs. 1 ZPO entfällt der G r u n d für die bisherige Abweichung von den allgemeinen Verfahrensvorschriften für die Landgerichte. Auch bei den K a m m e r n f ü r Baulandsachen sind daher die sonst für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften anzuwenden, soweit sich aus den §§ 157 bis 171 nichts anderes ergibt (vgl. z. B. § 167 Abs. 3 Satz 2, insb. § 162 Erl. 3 u. 4). Alle Verfahren vor den Baulandkammern sind Feriensachen i. S. von § 200 GVG. c) Abs. 4 (berichtigt im BGBl. 1976 S. 3617) beinhaltet den Ausschluß des für das zivilrechtliche Verfahren typischen, aber f ü r das öffentlich-rechtliche Verfahren entbehrlichen Vorauszahlungsvorschriften. d) Der frühere Abs. 5 entfiel aufgrund Art. 9 Nr. 1 a der Vereinfachungsnovelle vom 3. 12. 1976 (BGBl. I S. 3281) mit Wirkung vom 1. 7.1977 (Art. 12 Abs. 1 der Novelle). Er hatte auf die entsprechende Geltung des durch Art. 1 Nr. 45 aufgehobenen § 510 c ZPO (Schiedsurteil bei Bagatellsachen bis 50 D M Wert des Streitgegenstands) verwiesen. 2. Offizialmaxime (Abs. 2) Nach Abs. 2 herrscht bei den Baulandkammern und -Senaten eine beschränkte Offizialmaxime. Im Gegensatz zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in dem der Untersuchungsgrundsatz vor allem für die Erforschung 825
§161 4
9. Teil
des Sachverhalts gilt und das Verwaltungsgericht grundsätzlich von Amts wegen entweder selbst oder unter Inanspruchnahme der Rechtshilfe anderer Gerichte oder Behörden von allen für die rechtliche Beurteilung der Streitsache erheblichen tatsächlichen Verhältnissen — ohne Rücksicht auf die Anträge der Parteien — Kenntnis verschaffen muß (vgl. Eyermann-Fröhler VwGO, RdNr. 1 zu § 86; Koehler VwGO Anm. A zu § 86; Klinger VwGO Anm. A zu § 86; Kopp Anm. 2 zu § 86), im Gegensatz aber auch zu der für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten geltenden Regelung, wonach das Gericht an das Vorbringen der Parteien gebunden ist (Parteimaxime), bestimmt Abs. 2, da das Gericht von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und nach Anhörung der Beteiligten auch solche Tatsachen berücksichtigen kann, die von ihnen nicht vorgebracht worden sind. Die Baulandgerichte können also auch ohne Anträge der Parteien von Amts wegen sachdienliche Beweiserhebung durchführen und mit sonstigen Mitteln eine Klärung des Prozeßstoffes herbeiführen. Kommen dabei neue, bisher nicht in den Prozeß eingeführte Tatsachen zur Sprache, so muß das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme geben.. Andererseits bleiben aber auch die Parteien für ihre Behauptungen beweispflichtig; das Gericht ist nicht verpflichtet, alle erdenklichen Beweise zu erheben. Wegen der Offizialmaxime im Verwaltungsverfahren s. a) bei § 150. 3. Einheitliches Verfahren (Abs. 3) Gegen einen Verwaltungsakt können mehreren Beteiligten Anträge auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden, so z. B. in einem Enteignungsverfahren vom Enteignungsbegünstigten, von dem von der Enteignung Betroffenen oder von sonstigen Beteiligten. Alle diese Beteiligten können verschiedene Interessen verfolgen, und es können daher gegensätzliche Anträge gestellt werden. Es ist in diesen Fällen unbedingt notwendig, daß über alle diese Anträge in einem einheitlichen Verfahren („gleichzeitig") verhandelt und entschieden wird, da sonst die Gefahr gegensätzlicher Entscheidungen besteht. 4. Rechtsprechung (siehe auch Rspr. bei § 157 4 A u. B) A. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BGH, U vom 13. 7. 1967 (III ZR 199/66) M D R 1967, 824 Der Wert des Beschwerdegegenstandes einer Berufung oder Revision, die seitens des Enteigneten auf Zuweisung von Ersatzland statt einer Geldentschädigung oder seitens des Enteignungsbegünstigten auf Zubilligung einer Geldentschädigung statt einer Zuweisung von Ersatzland zielt, ist mit 20 v. H. des Wertes der enteigneten Fläche, für die eine Abfindung in Land in Betracht kommt, zu bemessen.
2. BGH, B vom 28. 9. 1967 (III ZR 164/66) DÖV 1968, 365 = NJW 1968, 153 Der Streitwert eines in einer Baulandsache gestellten Antrages auf gerichtliche Entscheidung, die die Enteignungsbehörde zur Einleitung des Enteignungsverfahrens ver-
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Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§ 161 4
pflichten soll, wird durch den Wert des Grundstücks, das enteignet werden soll, bestimmt.
3. BGH, U vom 22. 2. 1968 (Nr. III ZR 140/66) NJW 1968, 890 = WM 1968, 483
Der Wert eines Verfahrens, das sich gegen die Einbeziehung eines Grundstücks in ein Umlegungsverfahren richtet, ist nicht in entsprechender Anwendung des § 6 ZPO, sondern nur in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO festzusetzen. Der Streit, ob ein Grundstück in die Umlegung einbezogen werden darf, kann grundsätzlich einem Eigentumsstreit i. S. des § 6 ZPO nicht gleich- oder auch nur nahegestellt werden, was um so mehr gelten muß, als der Umlegungsbeschluß nur die Einleitung zur Umlegung darstellt (§ 47 BBauG) und erst der Vollzug des Umlegungsverfahrens einen Eigentumswechsel und Austausch an den umgelegten Flächen zur Folge haben kann.
B. Andere Gerichte 1. OLG München, B vom 5.6. 1967 (W 1/66 Baul) NJW 1967, 1666 = ZMR 1968, 23
a) Der Verfassungsgrundsatz der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit gilt auch im Kostenrecht. Er besagt, daß die Kostenbelastung des Staatsbürgers nicht außer Verhältnis zu seinem Interesse am Ausgang des Verfahrens stehen darf. Im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz ist der Streitwert für jeden der beteiligten Grundstückseigentümer oder Rechtsinhaber gesondert festzusetzen. Er bemißt sich für den einzelnen Grundstückseigentümer oder Rechtsinhaber nach den Verkehrswerten der von ihm nach dem Umlegungsplan abzugebenden und von ihm zu empfangenden Grundstücksteile oder Grundstücke sowie nach dem Wert etwaiger von ihm zu leistenden oder zu empfangenden Entschädigungszahlungen. Die durch die Zusammenrechnung aller genannten Posten gewonnene Summe ist zu halbieren. b) Für die Gemeinde, die den Umlegungsplan aufgestellt hat, ist als Streitwert die Summe der Streitwerte aller am gerichtlichen Verfahren beteiligten Antragsteller festzusetzen.
2. OLG München B vom 22. 5. 1968 (W 1/67 Baul) NJW 1968, 1937 = BB 1969, 552 = Rechtspfl. 1968, 321 = WM 1968, 996
a) Das Gericht der Streitwertbeschwerde hat den nach § 3 ZPO ergangenen Streitwertbeschluß der Vorinstanz in vollem Umfang zu überprüfen und über die Höhe des Streitwertes nach seinem eigenen Ermessen zu entscheiden (entgegen OLG Köln, Büro 1965, 390 und OLG Frankfurt, Büro 1968, 313). b) Der Streitwert einer unbezifferten Leistungsklage bemißt sich auf den Betrag, der sich als angemessene Entschädigung des Klägers ergeben würde, wenn dessen Tatsachenbehauptungen über das den Entschädigungsanspruch auslösende Geschehen und über den Umfang des entstandenen und zu ersetzenden Schaden zuträfen. c) Etwa im Klageantrag bezifferte Mindest- oder Höchstbeträge stellen in jedem Fall die äußerste untere bzw. obere Grenze für den Streitwert dar. d) Das Festsetzungsverfahren nach Nrn. 1 bis 3 ist auch im Verfahren nach dem BBauG anwendbar und geboten, soweit es sich um die unbezifferte Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen handelt. 827
§162 l
9. Teil
e) Die außergerichtlichen Kosten, die durch eine teilweise begründete Streitwertbeschwerde entstanden sind, können im Verhältnis des Beschwerdeerfolges auf die am Beschwerdeverfahren Beteiligten verteilt werden (im Anschluß an OLG Nürnberg, NJW 1968, 849). f) Bei Verwerfung oder Zurückweisung einer Streitwertbeschwerde erscheint auch hinsichtlich der Gerichtskosten eine Kostenentscheidung nicht entbehrlich.
3. OLG München, B vom 25. 7.1968 (W 3/68 Baul) BBauBl. 1969, 91
In Verfahren vor den Baulandkammern beginnt der Anwaltszwang mit Einreichung des vorbereitenden Schriftsatzes, der die in der mündlichen Verhandlung zu stellenden Anträge zur Hauptsache ankündigt.
§162 Beteiligte
(1) Wer an dem Verfahren, in dem der Verwaltungsakt erlassen worden ist, Beteiligter war, ist auch in dem gerichtlichen Verfahren Beteiligter, wenn seine Rechte oder Pflichten durch die Entscheidung des Gerichts betroffen werden können. In dem gerichtlichen Verfahren ist auch die Stelle Beteiligte, die den Verwaltungsakt erlassen hat. (2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist den übrigen in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Beteiligten, soweit sie bekannt sind, zuzustellen. (3) Auf die Beteiligten sind die für die Parteien geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. § 78 der Zivilprozeßordnung gilt in dem Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht nur für Beteiligte, die Anträge in der Hauptsache stellen. (4) Die Beteiligten können sich auch durch Rechtsanwälte vertreten lassen, die bei einem Landgericht zugelassen sind, in dessen Bezirk das den Gegenstand des Verfahrens bildende Grundstück liegt. Vor dem nach § 159 Abs. 2 bestimmten Gericht können sie sich ferner durch Rechtsanwälte vertreten lassen, die bei dem Landgericht zugelassen sind, vor das der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne die Regelung nach § 159 Abs. 2 gehören würde. 1. Beteiligte (Abs. 1) Im Verfahren vor den Baulandgerichten stehen sich nicht Kläger und Beklagte, sondern „Beteiligte" gegenüber (Abs. 1). Ob eine Person als Beteiligte in diesem Verfahren auftreten kann, hängt von zwei Voraussetzungen ab: a) Sie muß bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen sein. Ob dies der Fall war, geht im allgemeinen aus dem angefochtenen Beschluß hervor (vgl. z.B. im Enteignungsverfahren §113 Abs. 2 Nr. l u n d 2); es können aber auch Personen in Frage kommen, die durch eine Zwischenentscheidung aus dem Verwaltungsverfahren ausgeschieden sind (vgl.z. B. § 107 Abs. 3 Satz 2). Hinsichtlich der Beteiligteneigenschaft im Ver828
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§ 162 3
waltungsverfahren siehe § 48 (Umlegungsverfahren) und § 107 (Enteignungsverfahren). Im übrigen ist im gerichtlichen Verfahren auch die Stelle Beteiligte, die den Verwaltungsakt erlassen hat; die Folge davon ist, daß sie als Prozeßpartei zu allen Terminen zu laden ist und daß sie Prozeß- und Sachanträge stellen kann. Vgl. auch den Wortlaut von § 168 Abs. 1. b) Die Rechte oder Pflichten des Beteiligten müssen durch die Entscheidung des Gerichts betroffen werden können. Nicht beteiligt im gerichtlichen Verfahren ist also ein am Verwaltungsverfahren Beteiligter, wenn die Entscheidung der Behörde insoweit, als sie ihn betrifft, nicht mehr im Streit vor den Baulandgerichten befangen ist, weil sie insoweit nicht angefochten ist (Teilanfechtung); dies ist z. B. der Fall, wenn der von der Enteignung Betroffene die Entscheidung der Enteignungsbehörde hinsichtlich der Höhe der ihm vom Enteignungsbegünstigten zu zahlenden Entschädigung anficht und dabei die im Enteignungsbeschluß geregelten Rechte eines Nebenberechtigten überhaupt nicht berührt werden; hier ist der Nebenberechtigte am gerichtlichen Verfahren nicht mehr beteiligt. 2. Zustellung des Antrags (Abs. 2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gleicht der Einreichung der Klage im Zivil- und Verwaltungsprozeß (§ 253 ZPO, § 85 VwGO). Er ist daher allen Beteiligten zuzustellen (Abs. 2). Sind mehrere Anträge gestellt worden, so sind sie alle den Beteiligten zuzustellen. Der Zusatz „soweit sie (nämlich die Beteiligten) bekannt sind" will besagen, daß sich die Beteiligtenstellung aus den Unterlagen (Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Akten der Behörde) ergeben muß. Stellt sich im weiteren Verfahren heraus, daß die Zustellung an einen Beteiligten oder mehrere Beteiligte noch nicht erfolgt ist, so kann sie nachgeholt werden. 3. Anwendung der ZPO (Abs. 3) Obwohl in dem Verfahren vor den Baulandgerichten die Stellung der Beteiligten eine andere ist als im Zivilprozeß (siehe oben Anm. a), sind nach Abs. 3 die für die Parteien geltenden Vorschriften der ZPO auf diese Beteiligten entsprechend anzuwenden. Hierher gehören vor allem die Bestimmungen über die Parteifähigkeit (§ 50 ZPO) und über die Prozeßfähigkeit (§§ 51 ff. ZPO). Eine Ausnahme ist geschaffen hinsichtlich § 78 ZPO. Dieser bestimmt, daß vor den Landgerichten und vor allen Gerichten des höheren Rechtszuges die Parteien sich durch einen bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen müssen (Anwaltsprozeß).Abs. 3 modifiziert diese Bestimmung dahin, daß § 78 ZPO in dem Verfahren vor der Baulandkammer des Landgerichts und dem Baulandsenat des Oberlandesgerichts (also nicht in der Revisionsinstanz — § 170) nur für Beteiligte gilt, dieAnträge in der Hauptsache stellen. Einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten 829
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müssen also im Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht beispielsweise die Beteiligten stellen, die den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen (da dieser Antrag dann im Verfahren immer „die Hauptsache" darstellt), ferner die Beteiligten, gegen den sich der Einzelantrag richtet (z. B. ein Beteiligter, der in Land entschädigt werden soll, wogegen sich der Enteignungsbegünstigte wehrt). Ein Beteiligter, der keine Anträge in der Hauptsache stellt (z. B. ein Beteiligter, dessen bisheriges Recht an einem Grundstück auf ein anderes Grundstück übertragen werden soll, ohne daß sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diese Übertragung wendet) braucht in dem gerichtlichen Verfahren keinen Anwalt zu bestellen. Die Vorschrift des § 162 Abs. 3 Satz 2, die eine Beschränkung des Anwaltszwangs beinhaltet, hat in der Praxis eine Reihe von Zweifelsfragen verursacht. So kann es fraglich erscheinen, wie sich der beschränkte Anwaltszwang auf besondere Anträge wie Vergleiche, Anträge auf Erledigung der Hauptsache und auf Antragsrücknahme auswirkt. Es dürfte wohl zutreffend sein, alle hier in Frage kommenden Anträge als „Anträge in der Hauptsache" anzusehen und damit den Anwaltszwang zu bejahen. Vgl. hierzu auch unten bei 5 (Rechtspr.) B 1 a. 4. Vertretung durch Rechtsanwälte (Abs. 4) Die bereits bisher normierte Vertretungsmöglichkeit wurde im Rahmen der Novelle 1976 ergänzt. Es soll nach der Amtl. Begr. des RegE (BT-DS 72496 zu Nr. 65) dem berechtigten Anliegen der Rechtssuchenden und auch der Rechtsanwälte Rechnung getragen werden, indem die Vertretung durch einen mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Prozeßbevollmächtigten ermöglicht wird ((Satz 1). Satz 2 bringt die Möglichkeit der Zulassung von Anwälten in den Fällen des § 159 Abs. 2, also wenn die Entscheidung einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zugewiesen wurde. Die Anwälte der (durch die Zuweisung) nicht zuständigen Landgerichte sollen von der Vertretung nicht ausgeschlossen sein. Jedenfalls hat auch das ÄndG 1976 an dem beschränkten Anwaltszwang nichts geändert, d. h. für das Verfahren selbst bedarf es anwaltschaftlicher Vertretung, nicht aber schon für die Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung. 5. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BGH, U vom 16. 3. 1964 (III ZR 98/63) DVB1. 1964, 437 = BBauBl. 1964, 350 Im Verfahren nach dem Bundesbaugesetz unterliegt der bei der Verwaltungsbe-
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§ 163 l
hörde einzureichende Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch nicht dem Anwaltszwang.
B. Andere Gerichte 1. OLG München B vom 25. 7. 1968 (W 3/68 Baul) BBauBl. 1969, 91 a) Die Erklärung, die Hauptsache sei erledigt, ist ein Antrag zur Hauptsache im Sinn des § 162 Abs. 3 Satz 2 BBauG. b) Auch in den Verfahren, in denen nur ein Beteiligter einen Antrag zur Hauptsache gestellt hat und sodann die Hauptsache für erledigt erklärt, ist § 91 a ZPO anwendbar, wenn die übrigen Beteiligten Gelegenheit hatten, der Erledigterklärung durch Stellung eines abweichenden Antrags zur Hauptsache entgegenzutreten.
§163 Anfechtung von
Ermessensentscheidungen
Soweit die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, kann der Antrag nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dies gilt nicht, soweit in dem Verwaltungsakt über einen Anspruch auf eine Geldleistung entschieden worden ist. 1. Überprüfung von Ermessensentscheidungen (Satz 1) Die Bestimmung entspricht im wesentlichen dem § 114 VwGO. Der gerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Behörde sind gewisse Grenzen gesetzt; das Verwaltungsermessen kann grundsätzlich durch das Gericht nicht uneingeschränkt nachgeprüft werden (Ausnahme siehe unten Anm. 2). Das Gericht kann eine Ermessensentscheidung der Behörde nicht durch eine andere Ermessensentscheidung ersetzen, die es für sachdienlich hält (vgl. für das verwaltungsgerichtliche Verfahren BVerwGE 4, 283/284; BayVGH in VerwRspr. 1 Nr. 25; WÜBad VGH in DÖV 1949, 179). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann, soweit eine Ermessensentscheidung der Behörde vorliegt (also soweit nicht die Behörde in einer Rechtsfrage eine Entscheidung gefällt hat), nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung rechtswidrig ist (d. h. der Antragsteller muß behaupten, daß ihm gegenüber eine Rechtsverletzung vorliegt), weil a) die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, d. h. wenn sie bei ihrer Entscheidung den Ermessensrahmen verläßt, der ihr durch das Gesetz zugewiesen wurde; hierher gehören z. B. die Fälle, in denen die Behörde nach freiem Ermessen entscheidet, während die Ausübung ihres 831
§164
9. Teil
Ermessens im Gesetz an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, ferner Fälle der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder der Gleichheit; oder b) die Behörde von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Hier handelt es sich um den sog. Ermessensfehlgebrauch, der d a n n gegeben ist, wenn die Behörde zwar im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens tätig wird, aber zu einem gesetzwidrigen, dem Sinn des Gesetzes nicht entsprechenden Ergebnis kommt. Im übrigen vergleiche zum Begriff des Ermessens u n d der Ausübung des Ermessens Eyermann-Fröhler VwGO § 114 Randnote 1—28; Koehler VwGO Anm. A zu § 114; Klinger VwGO Anm. G IV u. V zu § 42; K o p p Anm. 2 zu § 114. 2. Ausnahmen (Satz 2) Im vollen U m f a n g kann die Ermessensentscheidung der Behörde durch das Baulandgericht nur nachgeprüft werden, soweit in dem Verwaltungsakt über einen Anspruch auf eine Geldleistung entschieden worden ist, so z. B. über die Höhe der Entschädigung im Enteignungsverfahren. Der G r u n d hierfür liegt in der Vorschrift des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 G G (Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Höhe einer Enteignungsentschädigung), der seinem Sinn nach das normale Verfahren vor den Zivilgerichten voraussetzt. Hier muß also auch (da andernfalls eine Änderung des G G notwendig gewesen wäre) das Verfahren nach der ZPO in vollem U m f a n g Platz greifen. 3. Rechtsprechung BGH U vom 28. 5. 1976 (III Z R 137/74) DVB1. 1976, 776 Ein Beb Plan kann von den Baulandgerichten darauf geprüft werden, ob die Planer bei der in § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG vorgeschriebenen Abwägung den zu beachtenden öffentlichen und privaten Belangen das ihnen zukommende Gewicht beigemssen haben und ob wirklich ein „Abwägungsvorgang" stattgefunden hat (Abweichung von der bish. Rechtsprechung des Senats*)
§164 Anfechtung einer vorzeitigen
Besitzeinweisung
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung hat keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. *) U v. 28. 6. 1975, Rspr. (8) bei § 1, 14. 832
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§ 164 2
1. Entwicklung der Vorschrift Nach der ursprünglichen Fassung des § 164 bis zur Novelle 1979 waren Zwangsmaßnahmen zur Verschaffung des tatsächlichen Besitzes bei einer vorzeitigen Besitzeinweisung nur mit Zustimmung des Gerichts zulässig; es mußte aber ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt worden sein. In der Praxis hatten sich viele Baulandgerichte angewöhnt, diese Entscheidung nicht, wie es dem Sinn der vorzeitigen Besitzeinweisung entsprechen würde, alsbald zu treffen, sondern sie erteilen ihre Zustimmung häufig erst zusammen mit dem Endurteil über die Besitzeinweisung. Der BR schlug deshalb im Rahmen der Gesetzesverhandlungen zur Novelle vom Juli 1979 im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens eine Neuregelung vor (BR-DS 446/78), die von der BReg. in modernisierter, Gesetz gewordener Fassung aufgegriffen wurde (BT-DS 8/2451, zu I I b , S. 51). Schwerpunkt der neuen Regelung ist, d a ß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung keine aufschiebende Wirkung hat und nur das Baustandgericht die aufschiebende Wirkung bestellen kann. a) Die vorzeitige Besitzeinweisung kann ausgesprochen werden im Umlegungsverfahren nach § 77 und im Enteignungsverfahren nach § 116 (siehe die Erleuterung dort). Diese vorzeitige Besitzeinweisung ist ihrem Wesen nach die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts (ähnlich die Bestimmungen in § 80 VwGO). b) Die vorzeitige Besitzeinweisung kann (wie ihre Ablehnung) durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden (s. § 116 Erläut. 11). Anfechtungsberechtigt sind „die Beteiligten", das sind die Antragsteller (im Falle der Ablehnung), der Eigentümer und der unmittelbare Besitzer (§116 Abs. 1 Satz 3). c) Wenn dem Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung von der Behörde stattgegeben wurde, kann ein Beteiligter dagegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 stellen, d. h. auf Verschaffung des tatsächlichen Besitzes an dem Grundstück, in dessen Besitz der Begünstigte eingewiesen wurde. 2. Vorschrift a) Die Zwangseinweisung ist grundsätzlich zulässig, wenn nicht das Gericht in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO (weil Abs. 7 nicht für anwendbar erklärt wurde, hier nicht der Vorsitzende) die aufschiebende Wirkung wiederherstellt. Bei der Entscheidung wird das Gericht insbesondere das Wohl der Allgemeinheit (§§ 77 Abs. 1, 116 Abs. 1) zu prüfen haben und dabei auch mit entscheiden, ob gegebenenfalls die Leistung einer Sicherheit oder andere Auflagen dabei angeordnet werden. b) Im Verfahren über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 157 Abs. 1 BBauG) ist das Gericht befugt, hinsichtlich der Vollziehung eines Besitzeinweisungsbeschlusses (§ 116 BBauG) eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Diese Befugnis ergibt sich aus dem — nach § 161 BBauG auch im Ver833
§164
4
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fahren der Gerichte für Baulandsachen geltenden — allgemeinen Rechtsgedanken, der in den §§ 572 Abs. 3, 707, 719, 769 und 771 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck kommt. Seiner Anwendung steht § 164 BBauG nicht entgegen, weil diese Bestimmung keine ausschließliche Regelung des Rechtsschutzes gegen die Vollziehung eines Besitzeinweisungsbeschlusses enthält (OLG Hamburg, U vom 19. 8. 1968, 1 W 46/68 Baul., DVB1. 1969, 279). c) Der Rechtsbestand der vorzeitigen Besitzeinweisung wird durch die Verweigerung der Zustimmung des Gerichts nicht berührt; unzulässig sind dann nur die in § 164 bezeichneten Zwangsmaßnahmen. Über die vorzeitige Besitzeinweisung selbst wird durch das Gericht auf Antrag nach § 157 entschieden. 3. Überleitungsvorschrift zur Novelle vom 6. 7.1979 (§ 183 g) Ist vor dem 1. 8.1979 ein Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung ergangen, so ist nach § 183 g der § 164 in der alten Fassung anzuwenden. Dieser lautete: Hat ein Beteiligter gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, so sind Zwangsmaßnahmen zur Verschaffung des tatsächlichen Besitzes nur mit Zustimmung des Gerichts zulässig, bei dem die Sache anhängig ist. 4. Rechtsprechung a) OLG Bremen, Baulandsenat, B vom 15. 2. 1967 (WB [b] 1 u. 2/67) OLGZ 1968, 192
Der Antrag, das Gericht wolle gemäß § 164 BBauG die Zustimmung zu Zwangsmaßnahmen erteilen, und die sofortige Beschwerde gegen eine hierauf ergangene gerichtliche Entscheidung unterliegen dem Anwaltszwang. Das gilt auch für die Enteignungsbehörde.
b) OLG Bremen, Baulandsenat, B vom 19.1.1968 (WB [a] 6/1967) OLGZ 1968, 251
aa) Gegen Entscheidungen gemäß § 164 BBauG ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft. bb) In erster Linie ist die Enteignungsbehörde befugt, Anträge gemäß § 164 BBauG zu stellen.
c) OLG München B vom 6. 4. 1976 (W l/76[Baul]), rkr., BayVBl. 1978, 90
aa) In Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz findet eine entsprechende Anwendung des § 80 VwGO nicht statt. bb) § 164 BBauG ist eine eigenständige Vorschrift des vorläufigen Rechtsschutzes, cc) Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 BBauG gegen die vorzeitige Besitzeinweisung kommt keine aufschiebende Wirkung zu, doch bedarf es zur Durchsetzung des Besitzeinweisungsbeschlusses der Zustimmung des Gerichts. dd) Eine pauschale Zustimmung des Gerichts zu Zwangsmaßnahmen nach § 164 BBauG ist unzulässig.
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Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§165 2
§165 Vorzeitige
Ausfiihrungsanordnung
Ist nur noch die Höhe einer Geldentschädigung streitig, so kann das Gericht auf Antrag des Enteignungsbegünstigten beschließen, daß die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses anzuordnen hat. In dem Beschluß kann bestimmt werden, daß der Enteignungsbegünstigte für den im Streit befindlichen Betrag Sicherheit zu leisten hat. Die Ausführungsanordnung darf erst ergehen, wenn der Enteignungsbegünstigte die festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. 1. Vorzeitige Erlassung der Ausführungsanordnung (Satz 1) Nach § 117 Abs. 1 ist Voraussetzung für die Erlassung der Ausführungsanordnung, daß der Enteignungsbeschluß nicht mehr anfechtbar ist (vgl. § 117 Anm. 1 b). Diese Vorschrift kann dazu führen, daß der Eintritt des durch die Enteignung angestrebten neuen Rechtszustandes und damit die Möglichkeit der Verwirklichung des geplanten Enteignungszweckes durch längere Dauer eines Prozesses über Regelungen, die im Enteignungsbeschluß getroffen wurden, hinausgezögert wird. Soweit Fragen der Enteignung selbst (Notwendigkeit und Umfang) strittig sind, muß dies hingenommen werden. Der Gesetzgeber hat es aber für notwendig gehalten, für den Fall, daß nur noch die Höhe der Geldentschädigung im gerichtlichen Verfahren strittig ist (wenn etwa der Enteignungsbeschluß hinsichtlich des Umfangs der Enteignung nicht angefochten wurde oder der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in dieser Hinsicht zurückgenommen wurde), die Möglichkeit einer Beschleunigung des Verfahrens zu schaffen. Diese Möglichkeit besteht in der vorzeitigen Erlassung der Ausführungsanordnung nach § 117. a) Die Entscheidung darüber, ob in dem Fall, daß nur noch die Höhe der Entschädigung im gerichtlichen Verfahren strittig ist, die Ausführung des Enteignungsbeschlusses anzuordnen ist, prüft das Gericht — und zwar sind zumindest die beiden Tatsacheninstanzen zuständig. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß; dieser hat zum Inhalt, daß die Enteignungsbehörde angewiesen wird, die Ausführungsanordnung zu erlassen. b) Der Beschluß ergeht nur auf Antrag des Enteignungsbegünstigten ; auf Antrag eines anderen Beteiligten oder von Gerichts wegen kann der Beschluß nicht erlassen werden. Der Beschluß kann nach den Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO angefochten werden, wenn es sich nicht um einen Beschluß des Oberlandesgerichts, Senat für Baulandsachen, handelt (§ 567 Abs. 3 ZPO). 2. Sicherung des Betroffenen vor Nachteilen (Satz 2 und 3) a) Auch für die vorzeitige Ausführungsordnung ist wie bei der auf Grund des unanfechtbar gewordenen Enteignungsbeschlusses nach § 117 Abs. 1 er835
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9. Teil
gehenden Ausführungsanordnung — Voraussetzung, daß der Enteignungsbegünstigte die im Enteignungsbeschluß (der hier hinsichtlich der Höhe der Entschädigung noch nicht unanfechtbar geworden ist) festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der R ü c k n a h m e hinterlegt hat (Satz 3; vgl. dazu bei l c zu § 117). b) Ferner kann das Gericht im Falle eines Beschlusses nach § 165 Satz 1 bestimmen, daß der Enteignungsbegünstigte für den im Streit befindlichen Betrag (also f ü r den Betrag, den der von der Enteignung Betroffene noch über den im Enteignungsbeschluß festgesetzten Betrag hinaus verlangt, weil er mit diesem Betrag nicht zufrieden ist) Sicherheit zu leisten hat (Satz 2; vgl. §§ 108 ff. ZPO). Hat der Enteignungsbegünstigte wegen der Höhe der Geldentschädigung Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt (weil ihm die im Enteignungsbeschluß festgesetzte Geldentschädigung als zu hoch erscheint) so schlägt nur Satz 3 ein, d. h. der Begünstigte hat auf jeden Fall zunächst die im Enteignungsbeschluß festgesetzte Geldentschädigung zu zahlen oder zu hinterlegen, wenn er eine vorzeitige Ausführungsanordnung nach § 165 herbeiführen will.
§166 Urteil (1) Über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird durch Urteil entschieden. (2) Wird ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der einen Anspruch auf eine Geldleistung betrifft, für begründet erachtet, so hat das Gericht den Verwaltungsakt zu ändern. Wird in anderen Fällen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung für begründet erachtet, so hat das Gericht den Verwaltungsakt aufzuheben und erforderlichenfalls auszusprechen, daß die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet ist, in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts anderweit zu entscheiden. (3) Einen Enteignungsbeschluß kann das Gericht auch ändern, wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht einen Anspruch auf Geldleistung betrifft. Es darf in diesem Falle über den Antrag des Beteiligten, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, hinaus den Enteignungsbeschluß auch ändern, soweit ein anderer Beteiligter es beantragt hat; dabei ist eine Änderung des Enteignungsbeschlusses zum Nachteil dessen, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, nicht statthaft. Wird ein Enteignungsbeschluß geändert, so ist § 113 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. Wird ein Enteignungsbeschluß aufgehoben oder hinsichtlich des Gegenstandes der Enteignung geändert, so gibt das Gericht im Falle des § 113 Abs. 5 dem Vollstreckungsgericht von seinem Urteil Kenntnis. 836
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§166
2
(4) Ist von mehreren Anträgen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Antrages zur Entscheidung reif, so soll das Gericht hierüber ein Teilurteil nur erlassen, wenn es zur Beschleunigung des Verfahrens notwendig erscheint. 1. Entscheidung über den Antrag nach § 157 (Abs. 1) Die Entscheidung des Baulandgerichts über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 157 ergeht immer in Form eines Urteils, das aus Tenor, Tatbestand, G r ü n d e n und einer Rechtsmittelbelehrung besteht. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Antrag als unzulässig verworfen (Prozeßurteil) oder ganz oder teilweise als unbegründet abgewiesen oder ob ihm stattgegeben wird (Sachurteil). Im allgemeinen herrscht auch im Verfahren vor den Baulandkammern und -Senaten das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren übliche kassatorische Prinzip (Abs. 2 Satz 2; vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VwGO); dieses wird nur verlassen bei Entscheidungen, die einen Anspruch auf Geldleistung betreffen (Abs. 2 Satz 1; entsprechend § 113 Abs. 2 VwGO), sowie allgemein bei Enteignungsbeschlüssen (Abs. 3; letztere Regelung hat in der V w G O keine Parallele). Vgl. hierzu auch nachf. Nr. 2. 2. Ausspruch im Urteil (Abs. 2 und 3) Das Gesetz befaßt sich mit dem Prozeßurteil. Dagegen unterscheidet es hinsichtlich des Sachurteils zwei Fälle, nämlich a) Zulässigkeit der Änderung des Verwaltungsaktes (Abs. 2 Satz 1, Abs. 3). b) Aufhebung des Verwaltungsakts und Verpflichtungsausspruchs (Abs. 2 Satz 2). Zu a): Hier werden wieder zwei Fälle unterschieden: aa) Das Gericht hat stets (also in allen in § 157 Abs. 1 genannten Fällen) den Verwaltungsakt der Behörde zu ändern, wenn mit den Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung ein Anspruch auf Heraufsetzung oder Herabsetzung einer Geldleistung geltend gemacht wird und wenn es den Antrag auf gerichtliche Entscheidung ganz oder teilweise für begründet erachtet. Das Gericht kann also die Geldleistung höher oder niedriger festsetzen oder die Verpflichtung zur Leistung einer Geldentschädigung verneinen oder eine bisher nicht zuerkannte Geldleistung festsetzen. bb) Ist der angegriffene Verwaltungsakt ein Enteignungsbeschluß (§§ 112, 113), so kann er stets abgeändert werden, auch wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht einen Anspruch auf Geldleistung betrifft. Im Enteignungsverfahren kann also das Gericht den Enteignungsbeschluß auch hinsichtlich des Enteignungsgegenstandes oder einer sonstigen Entscheidungselbst ändern. Es muß d a n n einen neuen Enteignungsbeschluß nach § 113Abs. 2 erlassen. Die Erlassung der Ausführungsanordnung nach § 117 837
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verbleibt jedoch in der Zuständigkeit der Behörde. Im Fall der Aufhebung oder Änderung des Enteignungsbeschlusses ist § 113 Abs. 3 zu beachten (Abs. 3 Satz 3 und 4). Entsprechend einer Empfehlung des Rechtsausschusses ist ferner klargestellt, daß das Gericht, sofern nur ein Beteiligter einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, bei seiner Entscheidung zwar über dessen Antrag hinaus auch Anträge anderer Beteiligter berücksichtigen kann, jedoch nur insoweit, als dadurch die bisherige Rechtsstellung des Beteiligten, der die gerichtliche Entscheidung beantragt hat, nicht verschlechtert wird (Verbot der reformatio in peius). Zu b): In allen übrigen (also außer den oben unter a) aufgezählten) Fällen hat das Gericht, wenn es den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für begründet hält, den Verwaltungsakt aufzuheben und erforderlichenfalls auszusprechen, daß die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet ist, in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts anderweit neu zu entscheiden. Damit wird insbesondere erreicht, daß in Umlegungsverfahren das Gericht selbst keine Sachentscheidung über eine Änderung des Umlegungsplans trifft. Angesichts des inneren Zusammenhangs, in dem die einzelnen Verfügungen im Umlegungsplan miteinander stehen, erschien eine andere Regelung für diese im Selbstverwaltungsbereich der Gemeinden liegende Aufgabe nicht möglich. 3. Teilurteile (Abs. 4) In Abs. 4 ist klargestellt, daß das Gericht zwar (gemäß § 301 ZPO) ein Teilurteil erlassen kann, daß aber davon nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden soll und zwar nur in dem Fall, daß es zur Beschleunigung des Verfahrens notwendig erscheint. Grundsätzlich gilt gemäß § 161 Abs. 3 der Grundsatz der Unteilbarkeit des Verfahrens. Der frühere Abs. 5, der die Zustellung der Urteile von Amts wegen vorsah, wurde als überflüssig (vgl. §§ 166 ff. ZPO) durch die Novelle vom 6. 7. 1979 gestrichen. 4. Rechtsprechung O L G Bremen, Baulandsenat, U vom 17. 11. 1966 (UB [a] 11/65) OLGZ 1968, 148 Bei verfassungskonformer Auslegung des Verbots der Schlechterstellung (§ 166 B B a u G ) muß dieser prozessuale Grundsatz des Verfahrens nach dem B B a u G insoweit der Eigentumsgarantie (Art. 14 G G ) weichen, als er in Zeiten schwankender Preise dazu führen würde, daß der Enteignete wegen einer durch unbegründete Anfechtung seitens eines anderen Beteiligten verzögerten Auszahlung der Entschädigung sich nicht mehr ein wertgleiches Objekt beschaffen kann.
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§167 1
§167 Säumnis eines Beteiligten (1) Erscheint der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, in einem Termin zur mündlichen Verhandlung, so kann auch dann mündlich verhandelt werden, wenn einer der anderen Beteiligten nicht erscheint. Über einen Antrag, den ein nichterschienener Beteiligter in einer früheren mündlichen Verhandlung gestellt hat, kann nach Lage der Akten entschieden werden. (2) Erscheint der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, in einem Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so kann jeder andere Beteiligte eine Entscheidung nach Lage der Akte beantragen. (3) Die §§ 332 bis 335, 336 Abs. 2 und § 337 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß. Im übrigen sind die Vorschriften über die Versäumnisurteile nicht anzuwenden. 1. Folgen der Säumnis eines Beteiligten (Abs. 1 und 2) Ein Versäumnisurteil nach §§ 330 ff. ZPO gibt es im Verfahren vor den Baulandkammern und -Senaten grundsätzlich nicht. Es finden nur einzelne Bestimmungen über Versäumnisurteile Anwendung (vg. Abs. 3, s. Erläut. 2). Das Gesetz sieht statt des Versäumnisurteils die mündliche Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten (oder mehrerer Beteiligter) und die Entscheidung nach Lage der Akten vor. a) Es kann in jedem Fall mündlich verhandelt werden, wenn der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, anwesend ist (Abs. 1 Satz 1). Es spielt hier keine Rolle, ob und gegebenenfalls wieviele andere Beteiligte erschienen oder abwesend sind. Über die Anträge der erschienen Beteiligten wird verhandelt und auf Grund der mündlichen Verhandlungen entschieden. Anträge von nicht erschienenen Beteiligten, die in Schriftsätzen gestellt sind, bleiben unberücksichtigt: dies ergibt sich aus Abs. 1 Satz 2.Über die Frage, wie zu verfahren ist, wenn einer der nicht erschienenen Beteiligten bereits in einer früheren mündlichen Verhandlung einen Antrag gestellt hat, siehe folg. Erläut.). b) Nach Lage der Akten kann (nach Durchführung der anberaumtenmündlichen Verhandlung) entschieden werden: aa) über einen Antrag, den ein in der weiteren mündlichen Verhandlung(siehe oben Anm. a) nicht erschienener Beteiligter in einer früheren mündlichen Verhandlung gestellt hat (Abs. 1 Satz 2). bb) Wenn der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, in der mündlichen Verhandlung nicht erscheint. In diesem Fallekann jeder andere (in der Verhandlung erschienene) Beteiligte den Antragstellen, daß nach Lage der Akten entschieden wird (Abs. 2). 839
§168
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Wird dieser Antrag nicht gestellt oder erscheint überhaupt niemand im Termin zur mündlichen Verhandlung, so kann das Gericht entsprechend § 251a ZPO entweder nach Lage der Akten entscheiden (wenn bereits in einem früheren Termin eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat) oder von Amts wegen einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen (so auch Schütz-Frohberg Anm. 1 zu § 167). Bei der Entscheidung nach Lage der Akten kann das Gericht den gesamten ihm vorliegenden Akteninhalt verwerten. 2. Anwendung von Vorschriften über das Versäumnisurteil (Abs. 3) Von den Vorschriften der ZPO über das Versäumnisurteil (§§ 330ff.) sind nur anzuwenden: § 332 (Begriff des Verhandlungstermins) § 333 (als Nichterscheinen einer Partei gilt auch, wenn die Partei im Termin nicht verhandelt); § 334 (rechtliche Wirkung eines teilweisen Verhandeins im Termin); § 335 (Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung einer Entscheidung nach Lage der Akten); § 336 Abs. 2 (die Ablehnung eines Antrags auf Entscheidung nach Lage der Akten ist unanfechtbar); § 337 (Vertagung der Verhandlung von Amts wegen über einen Antrag auf Erlassung einer Entscheidung nach Lage der Akten). 3. Rechtsprechung K G U vom 17. 12. 1969 (U 1666/69 Bail) DVB1. 1970, 467 = N J W 1970, 614 Der Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten nach § 167 Abs. 2 BBauG unterliegt nicht dem Anwaltszwang. Ein Urteil kann als Entscheidung nach Lage der Akten nach § 167 Abs. 2 BBauG ergehen, ohne daß eine frühere mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
§168 Kosten des Verfahrens (1) Soweit der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, obsiegt, gilt, wenn keiner der Beteiligten dazu im Widerspruch stehende Anträge in der Hauptsache gestellt hat, bei Anwendung der Kostenbestimmungen der Zivilprozeßordnung die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, als unterliegende Partei. (2) Über die Erstattung der Kosten eines Beteiligten, der zur Hauptsache keinen Antrag gestellt hat, entscheidet das Gericht auf Antrag des Beteiligten nach billigem Ermessen. 840
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§169
Da es im Verfahren vor den Baulandgerichten keine „Parteien", insbesondere keinen Kläger und keinen Beklagten und daher keinen „unterliegenden Teil" gibt (vgl. § 157 Erl. 1 a) können §§ 91 ff. ZPO nicht unmittelbar, sondern nur sinngemäß angewendet werden. Es ist daher eine Sonderregelung in der Form getroffen worden, daß mehrere Fälle unterschieden werden: a) Wenn der Beteiligte, der den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat, ganz oder teilweise obsiegt und keiner der Beteiligten dazu in Widerspruch stehende Anträge in der Hauptsache gestellt hat, so gilt die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, als „unterliegende Partei" i. S. des § 91 ZPO, da sonst kein „Prozeßgegner" vorhanden ist (Abs. 1). Diese Behörde ist gemäß § 162 Abs. 1 Satz 2 in dem gerichtlichen Verfahren beteiligt; sie hat also im Falle des Obsiegens des Antragstellers die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und zwar insoweit, als der Antragsteller (s. o.) obsiegt; soweit dieser unterliegt, hat er selbst die Kosten zu tragen (§§91, 92 ZPO). b) Sind Gegenanträge von anderen Beteiligten im Verfahren gestellt worden, so bemißt sich die Frage der Kostentragung nach dem Umfang, in dem die einzelnen Beteiligten (Antragsteller und sonstige Beteiligte) mit ihren Anträgen durchgedrungen sind bzw. abgewiesen wurden (§§91, 92 ZPO). Insoweit ist die Behörde nicht kostenpflichtig. c) Abs. 2 regelt den Fall, daß sich ein Beteiligter während des ganzen Verfahrens passiv verhalten, also in der Hauptsache keinen Antrag gestellt hat (Kostenanträge spielen hier keine Rolle); über die Erstattung der Kosten dieses Beteiligten (§ 91 Abs. 1 und 2 ZPO) entscheidet das Gericht auf Antrag des Beteiligten nach billigem Ermessen. d) Rechtsprechung O L G München, B vom 25. 7. 1968 - W 3/68 (Baul.) -
BBauBl. 1969, 91
Bei einer Entscheidung nach § 91 a ZPO kann das Gericht auch einem Beteiligten, der noch keinen Antrag zur Hauptsache gestellt hatte, die Kosten des Rechtsstreit auferlegen, sofern im weiteren Verlauf des Verfahrens damit gerechnet werden konnte, daß er einen Antrag zur Hauptsache stellen werde. § 168 Abs. 1 BBauG ist dann nicht anwendbar.
Vgl. hierzu auch Nr. 4 (Rechtspr.) bei § 161.
§169 Berufung,
Beschwerde
(1) Über die Berufung und die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, Senat für Baulandsachen, in der Besetzung mit drei Richtern des Oberlandesgerichts einschließlich des Vorsitzenden und zwei hauptamtlichen Richtern eines Oberverwaltungsgerichts. § 160 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 gilt entsprechend. 841
§169 1
9. Teil
(2) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Verhandlung und Entscheidung über die Berufungen und Beschwerden gegen die Entscheidungen der Kammern für Baulandsachen einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte zuweisen, wenn die Zusammenfassung für eine Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren sachdienlich ist. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (3) Vor dem nach Absatz 2 bestimmten Gericht können sich die Beteiligten auch durch Rechtsanwälte vertreten lassen, die bei dem Oberlandesgericht zugelassen sind, das ohne die Regelung des Absatzes 2 zur Entscheidung über die Berufungen und Beschwerden zuständig wäre. 1. Grundvorschrift (Abs. 1) a) Der jetzige Abs. 1 stellte vor der Novelle 1976 die gesamte Vorschrift dar. Zusätzlich wurde die Beschwerde mit einbezogen; dies dient der Klarstellung. Entsprechend einer Empfehlung des Rechtsausschusses hat der damals — bei der Beratung der Erstfassung des BBauG — federführende Ausschuß f ü r Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht die im RegE vorgesehene und dem § 43 BauLBG entsprechende Beschränkung des Rechtsmittelzuges vor den Baulandkammern und -Senaten (Revision zum Oberlandesgericht als Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Landgerichts — K a m m e r für Baulandsachen) im Interesse der Schaffung eines einheitlichen Instanzenzuges aufgegeben. Er war der Auffassung, daß ebenso wie in den sonstigen Verfahren vor den bürgerlichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten auch in den Umlegungs-, Enteignungs- und Entschädigungsverfahren nach dem BBauG zwei Tatsacheninstanzen notwendig sind. Es ist daher gegen Urteile der Baulandkammern der Landgerichte die Berufung an das Oberlandesgericht, Senat f ü r Baulandsachen, gegeben; dieser entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern des Oberlandesgerichts einschließlich des Vorsitzenden und zwei hauptamtlichen Richtern eines OVG (VGH). Für das Verfahren vor den Oberlandesgerichten, Senaten für Baulandsachen, gelten ebenfalls die Vorschriften der §§ 161 bis 168 BBauG; im übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 511 ff. ZPO entsprechend. Die formellen Voraussetzungen des Antrags auf gerichtliche Entscheidung und des Bescheids der vorläufigen Besitzeinweisung hat der Baulandsenat, auch wenn die Baulandkammer ihr Vorliegen festgestellt hat, im Berufungsverfahren von Amts wegen zu prüfen, weil sie unbedingte Voraussetzungen f ü r eine Sachentscheidung sind (OLG München, Senat f ü r Baulandsachen, U vom 4. 6. 1962 - 2 U 1/62 Baul.). b) Satz 2 des Abs. 1 erhielt durch Art. 9 Nr. l b der Vereinfachungsnovelle vom 3. 12. 1976 (BGBl. I S. 3281) eine Einfügung durch Hinzunahme von Satz 3 des Abs. 1 in die entsprechend geltenden Vorschriften. Dies bedeutet 842
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§170
eine Klarstellung dahingehend, daß die neue Einzelrichterregelung der Z P O (§ 349 neugefaßt durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung der Landgerichte u n d zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20. 12.1974 (BGBl. I S. 3649) u n d durch Art. 1 Nr. 49 Vereinfachungsnovelle) f ü r die K a m m e r für Baulandsachen nicht gilt. Gerade für die Baulandgerichte ist das Zusammenwirken von Zivil- und Verwaltungsrichtern wesentlich, so d a ß eine Einzelrichterregelung hier nicht in Frage kommen konnte. 2. Ermächtigung an die Landesregierungen (Abs. 2) Dieser Absatz wurde durch das Ä n d G vom 18. 8.1976 eingefügt. Er entspricht § 159 Abs. 2. N u n m e h r ist es möglich, daß auch die Entscheidungen des zweiten Rechtszuges bei einem von mehreren Oberlandesgerichten oder bei einem Oberlandesgericht zusammengefaßt werden können. Mit Satz 2 wird den Landesregierungen die Möglichkeit gegeben, durch Rechtsverordnung die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung zu delegieren. 3. Vertretung durch Rechtsanwälte (Abs. 3) Die Novelle 1976 hat auch den neuen Abs. 3 geschaffen. Durch die Konzentration des Rechtsmittelverfahrens bei einem O L G nach Abs. 2 sollen die Beteiligten nicht die Möglichkeit verlieren, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, der bei dem an sich zuständigen O L G zugelassen ist. Die Gründe, die für die gleichartige Regelung im Verfahren vor den Landgerichten nach § 162 Abs. 4 Satz 2 angeführt werden, gelten auch hier. Die Möglichkeit der Konzentration bei einem obersten Landesgericht bedarf in diesem Zusammenhang keiner besonderen Erwähnung, weil nach § 227 BRAO jeder bei den Oberlandesgerichten des Landes zugelassene Rechtsanwalt als bei dem obersten Landesgericht zugleich zugelassen gilt.
§170 Revision Über die Revision entscheidet der Bundesgerichtshof. 1. Vorschrift Unter entsprechender Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Revision (§§ 545 ff. ZPO) ist gegen Urteile der Oberlandesgerichte, Senat f ü r Baulandsachen, die Revision zum Bundesgerichtshof gegeben. Dieser entscheidet ohne Mitwirkung von Richtern aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit; diese Regelung erfolgte entgegen dem Vorschlag des federführenden Aus843
§171
9. Teil
schusses und auch entgegen den Empfehlungen des Rechtsausschusses. Beide Ausschüsse waren der Auffassung, daß die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs gleichfalls einem besonderen, unter Hinzuziehung von zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichtes zu bildenden Senat für Baulandsachen zu übertragen sei; sie vertraten die Meinung, die Mitwirkung von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit gerade auch im Revisionsverfahren erscheine deshalb sachdienlich, weil die zu entscheidenden Rechtsfragen häufig, besonders in Anbetracht der erweiterten Zuständigkeit der Baulandkammern nach § 157, öffentlich-rechtlicher Art seien oder öffentlich-rechtliche Fragen dabei incidenter mit zu entscheiden seien; dabei falle auch ins Gewicht, daß die revisionsgerichtliche Rechtsprechung im Enteignungsrecht außerhalb dieses Gesetzes beim Bundesverwaltungsgericht liege, so daß auch aus diesem G r u n d e eine möglichst weitgehende Abstimmung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u n d des Bundesverwaltungsgerichts geboten sei, die durch diese personelle Verbindung ermöglicht werden solle. Der Bundestag ist jedoch dieser — an sich durchaus begründeten — Auffassung nicht gefolgt. 2. Rechtsprechung 1. BGH, U vom 22.2. 1965 (III Z R 104/64) N J W 1965, 915 = BBauBl. 1968, 273 In Baulandsachen nach dem BBauG ist die Revision gegen Urteile nicht zulässig, durch die über die Anordnung oder Aufhebung einer vorzeitigen Besitzeinweisung entschieden wird.
2. BGH, B vom 24. 10. 1966 (III Z R 141/66) VerwRspr. 18, 805 Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Einlegung von Revisionen gegen Urteile bayerischer Oberlandesgerichte in Baulandsachen nach dem BBauG nicht zuständig.
§171 Einigung
Einigen sich die Beteiligten während eines gerichtlichen Verfahrens, das eine Enteignung betrifft, so gelten die §§ 110 und 111 entsprechend. Das Gericht tritt an die Stelle der Enteignungsbehörde. Über die Einigung im Enteignungsverfahren vor der Enteignungsbehörde vgl. die Anmerkungen zu §§ 110 und 111. Das Bemühen um eine Einigung ist nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens im gerichtlichen Verfahren fortzusetzen. Wenn sich die Beteiligten in einem gerichtlichen Verfahren, das eine Enteignung betrifft, einigen, so finden §§110, 111 entsprechende Anwendung. Das Gericht tritt an die Stelle der Enteignungsbehörde, d. h. es hat eine Niederschrift über die Einigung a u f z u n e h m e n ; die Niederschrift m u ß 844
Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen
§ 171a 2
den Vorschriften des § 113 Abs. 2 entsprechen und von den Beteiligten unterschrieben werden. Die beurkundete Einigung steht einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluß gleich, so daß daraufhin die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung erlassen kann (§ 117 Abs. 1). § 110 Abs. 2 findet auch auf eine gerichtliche Teileinigung Anwendung (§§ 111, 171). Eine außergerichtliche Einigung ist den Beteiligten nicht verwehrt, doch sind d a n n die einschlägigen Formvorschriften (z. B. für den Eigentumsübergang an Grundstücken) einzuhalten.
§ 171a Weitere Zuständigkeit
der Kammern (Senate) für
Baulandsachen
Die Länder können durch Gesetz den Kammern und Senaten für Baulandsachen die Verhandlung und Entscheidung über Maßnahmen der Enteignung und enteignungsgleiche Eingriffe, die die in § 86 genannten Gegenstände betreffen und auf Landesrecht beruhen oder nach Landesrecht vorgenommen werden, und über hierauf gestützte Entschädigungsansprüche übertragen sowie die Vorschriften des Neunten Teils für anwendbar erklären. 1. Vorbemerkung § 171a verdankt dem RegE zur Novelle 1976 seine A u f n a h m e in das BBauG. Durch die neue Vorschrift wird klargemacht, daß die Länder, ohne gegen Bundesrecht zu verstoßen, den Gerichten für Baulandsachen auf Landesrecht beruhende Enteignungs- und Entschädigungsverfahren zuweisen können. Die Zuweisung beschränkt sich im Hinblick auf den Aufgabenbereich der Gerichte f ü r Baulandsachen auf Verfahren im Zusammenhang mit Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten oder Rechten an diesen. Es kann nicht das Ziel sein, daß die Gerichte für Baulandsachen zu allgemeinen Enteignungsspruchkörpern werden. 2. Vorschrift a) Der Bundesgesetzgeber trug mit § 171a auch dem Anliegen mehrerer Länder Rechnung, die sich im Hinblick auf rechtliche Zweifelsfragen gehindert sehen, auf Landesrecht beruhende Verfahren in Enteignungsangelegenheiten den Gerichten für Baulandsachen zuzuweisen. Durch die Zuweisung dieser Angelegenheiten an die Spruchkörper für Baulandsachen wird — wie bei den in § 157 BBauG bezeichneten Angelegenheiten — die Zweispurigkeit des Rechtsweges vermieden, da die Spruchkörper für Baulandsachen einheitlich über die Rechtmäßigkeit einer enteigneten M a ß n a h m e und über die Entschädigungsfrage entscheiden. Es bleibt jedoch den Landesgesetzgebern überlassen, die Frage der Zweckmäßigkeit einer solchen Zuweisung zu prüfen und den Umfang der Zuweisung zu bestimmen. 845
§ 171a
9. Teil
2
b) Die zuletzt auch in dem Bericht der Kommission zur Reform des Staatshaftungsrechts vorgeschlagene Neuregelung des Rechtsweges in Enteignungsangelegenheiten (vgl. „Reform des Staatshaftungsrechts, Kommissionsbericht", herausgegeben vom Bundesminister der Justiz und vom Bundesminister des Innern, Oktober 1973, insbesondere S. 11, 62 f.) spricht nicht gegen die Einfügung des § 171 a in das BBauG. Ob und wann diese Vorschläge verwirklicht werden können und wie dann der Rechtsweg in Enteignungsangelegenheiten geregelt werden wird, ist gegenwärtig noch nicht zu übersehen. Aus diesem G r u n d e ist es sachgerecht, für die in der Vorschrift genannten Enteignungsangelegenheiten die Möglichkeit vorzusehen, die Zweispurigkeit des Rechtsweges durch eine Zuweisung an die Spruchkörper für Baulandsachen zu vermeiden. c) Auf Vorschlag des BR wurden die im RegE enthaltenen Worte „Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte oder Rechte an diesen" nicht durch die Worte „die in § 86 genannten Gegenstände" oder eine ähnliche Erweiterung ersetzt. Der BR wollte damit einer engen Begrenzung entgegenwirken. Insbesondere wird damit auch die Anfechtung der Enteignung persönlicher Rechte in bezug auf Grundstücke oder des Zubehörs von Grundstücken vor den Baulandkammern möglich.
ZEHNTER
TEIL*)
Änderung grundsteuerlicher
Vorschriften
§172 (gestrichen)
*) Mit Wirkung ab 1. 1. 1963 an außer Kraft (Art. 1 und 2 des Gesetzes vom 10. 6. 1964 (BGBl. I S. 347).
846
Vor § 173
Überleitungs- und Schlußvorschriften ELFTER TEIL
Überleitungs^ und Schlußvorschriften ERSTER A B S C H N I T T Überleitungsvorschriften zu diesem Gesetz in der Fassung vom 23. Juni 1960 Vorbemerkung a) Für die Änderung des BBauG aufgrund des Art. 1 ÄndG gilt folgendes, im Kommentar an entsprechender Stelle behandeltes Überleitungsrecht (Artikel 3 §§ 1 bis 12 des ÄndG 1976). „Artikel 3 Überleitungs- und Schlußvorschriften §1 Überleitungsvorschriften fiir die Bauleitplanung und die Sozialplanung (1) Die Vorschriften über die Entwicklungsplanung (§ 1 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes) und über die ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbaugesetzes) finden keine Anwendung auf Bauleitpläne, deren Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung die Gemeinde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes beschlossen hat. Satz 1 gilt auch, wenn die Gemeinde einen gesonderten Beschluß über die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Bebauungsplans nicht gefaßt hat, jedoch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung begonnen hat. (2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 vor, so finden die Vorschriften über die Grundsätze der Bauleitplanung sowie über die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürger an der Bauleitplanung in der bisher geltenden Fassung Anwendung; die Vorschrift über die Beteiligung der Gemeinden bei Planungsverbänden (§ 4 Abs. 9 des Bundesbaugesetzes) findet keine Anwendung. Die Gemeinde hat jedoch die Bürger in einer dem Stand der Planung entsprechenden Weise nach § 2a Abs. 2, 3 und 5 des Bundesbaugesetzes zu beteiligen, wenn die Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht ortsüblich bekanntgemacht (§ 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes) und auch mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes) noch nicht begonnen worden ist. (3) Sind die Entwürfe von Bauleitplänen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes öffentlich ausgelegt oder ist mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden, so finden die Vorschriften über den Inhalt des Flächennutzungsplans (§ 5 des Bundesbaugesetzes), über den Inhalt des Bebauungsplans (§ 9 des Bundesbaugesetzes) und über die Genehmigung des Bebauungsplans (§11 des Bundesbaugesetzes) in der bisher geltenden Fassung Anwendung. § 9a Abs. 1 bis 7 des Bundesbaugesetzes findet keine Anwendung. Das Recht der Gemeinde, das Bauleitplanverfahren erneut einzuleiten, bleibt unberührt. (4) Hat die Gemeinde den Antrag auf Erteilung der Genehmigung eines Bauleitplans vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gestellt, so findet § 6 des Bundesbaugesetzes mit Aus-
847
Vor § 173
11. Teil
nähme des Absatzes 4 Satz 4 Anwendung. Ist mit der öffentlichen Auslegung nach § 12 des Bundesbaugesetzes vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden, so findet § 12 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung Anwendung. (5) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 vor, so finden die Vorschriften über die Grundsätze für soziale Maßnahmen (§ 13a Abs. 1 des Bundesbaugesetzes) keine Anwendung. Die Gemeinde kann abweichend von Satz 1 Grundsätze für soziale Maßnahmen nach § 13a Abs. 1 des Bundesbaugesetzes erarbeiten. Ist ein Bebauungsplan bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtsverbindlich und beabsichtigt die Gemeinde die Anordnung von Maßnahmen nach den §§ 39b bis 39e des Bundesbaugesetzes, so findet § 13a Abs. 2 und 3 des Bundesbaugesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß der Sozialplan für die davon unmittelbar Betroffenen vor Anordnung der Maßnahmen aufzustellen ist; steht die Verwirklichung des Bebauungsplans durch einen anderen als die Gemeinde bevor, so kann die Gemeinde nach § 13a Abs. 4 des Bundesbaugesetzes verfahren. §2
Überleitungsvorschriften ßir
Veränderungssperren
(1) Besteht bei Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Veränderungssperre, so erstreckt sich ihre Wirkung auf die in § 14 Abs. 1 Nr. 3 des Bundesbaugesetzes bezeichnete Beseitigung genehmigungsbedürftiger baulicher Anlagen, wenn die Gemeinde dies durch Änderung der Veränderungssperre beschließt. (2) Ist mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Veränderungssperre dieses Gesetzes begonnen worden, so findet § 16 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung Anwendung. §3 Überleitungsvorschriften für den
Bodenverkehr
Hat die Genehmigungsbehörde über einen Antrag auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung nach § 19 des Bundesbaugesetzes bei Inkrafttreten dieses Gesetzes entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, so finden die Vorschriften über die befristete Zurückstellung von Anträgen auf Erteilung einer Bodenverkehrsgenehmigung (§15 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes) sowie über die Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung bei Bestehen einer Veränderungssperre (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesbaugesetzes) keine Anwendung.
§4 Überleitungsvorschriften für das
Vorkaufsrecht
(1) Bei Verkaufsfällen aus der Zeit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes finden für das Vorkaufsrecht die bisher geltenden Vorschriften Anwendung. Bei Verkaufsfällen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes kann das Vorkaufsrecht nicht aufgrund von Satzungen nach den §§ 25 und 26 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung ausgeübt werden. (2) Gegenüber demjenigen, der nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht erwirbt, kann sich die Gemeinde auf das Vorkaufsrecht nur berufen, wenn dem Erwerber das Vorkaufsrecht bekannt war. Für den Zeitpunkt der Kenntnis gilt § 892 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. 848
Vor § 173
Überleitungs- und Schlußvorschriften §5 Uberleitungsvorschriften für die Regelung der baulichen und sonstigen
Nutzung
Ist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, so finden die Vorschriften dieses Gesetzes über den Begriff des Vorhabens (§ 29 des Bundesbaugesetzes), über die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 des Bundesbaugesetzes) und im Außenbereich (§ 35 des Bundesbaugesetzes) Anwendung. §6 Überleitungsvorschriften für
Umlegungen
(1) Die Vorschriften über Zuteilungen und Abfindungen (§ 59 des Bundesbaugesetzes) finden in der bisher geltenden Fassung Anwendung, wenn die Umlegungsstelle vor Inkrafttreten dieses Gesetzes den Umlegungsplan nach § 66 des Bundesbaugesetzes aufgestellt hat. Ist eine Vorwegentscheidung nach § 76 des Bundesbaugesetzes getroffen worden, so bleiben hierfür die bisher geltenden Vorschriften maßgebend. (2) Hat die Umlegungsstelle über einen Antrag auf Genehmigung nach § 51 des Bundesbaugesetzes bei Inkrafttreten dieses Gesetzes entschieden, so findet §51 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung Anwendung. §7 Überleitungsvorschriften für
Enteignungen
Die Vorschriften des Fünften Teils des Bundesbaugesetzes über die Enteignung finden in der bisher geltenden Fassung Anwendung, wenn vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die Enteignungsbehörde den Enteignungsbeschluß nach § 113 des Bundesbaugesetzes erlassen hat oder eine Einigung oder Teileinigung nach den §§ 110 und 111 des Bundesbaugesetzes beurkundet worden ist. §8 Überleitungsvorschrift für die Veräußerungspflicht der Gemeinde Für Grundstücke, die von der Gemeinde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes oder nach seinem Inkrafttreten aufgrund von Verfahren erworben wurden, die nach Maßgabe der §§ 4 und 7 nach den bisher geltenden Vorschriften fortgeführt werden, verbleibt es bei § 25 Abs. 5 und § 89 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung. §9 Überleitungsvorschriften für
Erschließungsbeiträge
(1) Ist vor Inkrafttreten dieses Gesetzes der Beitragsbescheid zugestellt worden, so verbleibt es bei den Vorschriften über den Beitragspflichtigen (§ 134 des Bundesbaugesetzes) in der bisher geltenden Fassung. (2) Sind Kinderspielplätze (§ 127 Abs. 2 Nr. 4 des Bundesbaugesetzes) oder Anlagen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 127 Abs. 2 Nr. 5 des Bundesbaugesetzes) bei Inkrafttreten dieses Gesetzes endgültig hergestellt und konnte hierfür eine Beitragspflicht aufgrund der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften nicht entstehen, kann auch nach diesem Gesetz kein Beitrag erhoben werden. 849
Vor § 173
11. Teil §10 Überleitungsvorschriften
fiir
Entschädigungen
(1) Ist eine Nutzung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes zulässig, so beginnt die Frist des § 44 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes mit Inkrafttreten dieses Gesetzes. Ist ein Entschädigungsanspruch nach den Vorschriften des § 18 und des Zweiten Abschnitts des Dritten Teils des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden, so finden die Vorschriften des § 18 u n d dieses Abschnitts des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung Anwehdung; der Anspruch erlischt spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, soweit er nicht nach den bisher über die Verjährung oder das Erlöschen geltenden Vorschriften vorher verjährt oder erlischt. (2) Wird durch die Änderung des § 34 des Bundesbaugesetzes die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, so ist eine Entschädigung in entsprechender Anwendung der §§ 44, 44a Abs. 1 Satz 2, des § 44b Abs. 1, 2, 4 und 5 sowie des § 44c Abs. 1 u n d 2 des Bundesbaugesetzes zu gewähren; dies gilt nicht, soweit in dem Zeitpunkt, in dem nach § 44c des Bundesbaugesetzes Entschädigung verlangt werden kann, eine entsprechende Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung auch nach § 34 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung hätte eintreten können, ohne daß die Aufhebung oder Änderung nach § 44 des Bundesbaugesetzes in der bisher geltenden Fassung zu entschädigen gewesen wäre. Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt.
Uberleitungsvorschrift
§11 für die Ermittlung
von
Grundstückswerten
Nach den bisher geltenden Vorschriften gebildete Gutachterausschüsse in kreisangehörigen Gemeinden bleiben bis zum 30. Juni 1978 bestehen, soweit das Land vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt hat oder durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. §12 Überleitungsvorschriften für die Geltendmachung der Verletzung von VerfahrensFormvorschriften beim Zustandekommen von Satzungen
und
Sind vor Inkrafttreten dieses Gesetzes Satzungen nach dem Bundesbaugesetz oder dem Städtebauförderungsgesetz in Kraft getreten, so kann die Wirkung des § 155a des Bundesbaugesetzes für diese Satzungen nachträglich herbeigeführt werden, wenn die Gemeinde innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes allgemein oder für einzelne Satzungen durch ortsübliche Bekanntmachung auf die in § 155a Satz 1 u n d 2 des Bundesbaugesetzes bezeichneten Rechtsfolgen u n d auf die in § 155a Satz 1 des Bundesbaugesetzes bezeichnete Frist, die mit der Bekanntmachung beginnt, hinweist." b) Das BBauG in der ursprünglichen Fassung ist am 29. Juni 1960 verkündet worden und nach Maßgabe des § 189 in der bis 31. Dezember 1976 geltenden Fassung in Kraft getreten: ,,§ 189 Inkrafttreten (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes treten unbeschadet der Absätze 2 und 3 vier Monate, die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils ein Jahr nach der Verkündung in Kraft. 850
§173
Überleitungs- und Schlußvorschriften
(2) § 133 tritt für öffentlich-rechtliche Beiträge, die aufgrund landesrechtlicher Vorschriften für Erschließungsanlagen erhoben werden können, vier Monate, die übrigen Vorschriften des Sechsten Teils treten ein Jahr nach der Verkündung in Kraft. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß diese Vorschriften zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft treten. (3) Vorschriften, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen oder den Erlaß von Landesgesetzen vorsehen, sowie die Ermächtigungen zum Erlaß von Satzungen in den §§ 25 und 132 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft."
§173 Überleitung bestehender
Pläne
(1) Bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende rechtsgültige Wirtschaftspläne nach dem Gesetz über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten vom 22. September 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 659) in der Fassung des Gesetzes vom 27. September 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 1246) — Wohnsiedlungsgesetz — gelten bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als Flächennutzungspläne im Sinne des § 5, wenn sie nicht vor diesem Zeitpunkt aufgehoben werden. Entsprechen diese Wirtschaftspläne inhaltlich und verfahrensrechtlich im wesentlichen den an einen Flächennutzungsplan gestellten Anforderungen, so können sie von der höheren Verwaltungsbehörde zu unbefristet geltenden Flächennutzungsplänen im Sinne des § 5 erklärt werden. (2) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß sonstige aufgrund bisher geltender Vorschriften aufgestellte vorbereitende städtebauliche Pläne unverändert oder mit besonderen Maßgaben weitergelten, wenn sie den an einen Flächennutzungsplan gestellten Anforderungen inhaltlich und verfahrensrechtlich im wesentlichen entsprechen. (3) Bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne gelten als Bebauungspläne, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 bezeichneten Art enthalten. Dies gilt f ü r Festsetzungen in den Fällen des § 9 Abs. 7 des Bundesfernstraßengesetzes vom 6. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 903) in der Fassung des § 183 dieses Gesetzes nur, wenn sie unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast zustande gekommen sind oder ihnen der Träger der Straßenbaulast nachträglich zugestimmt hat. Soweit die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften und Pläne den in § 1 Abs. 3 bis 5 gestellten Anforderungen nicht entsprechen, sind sie zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies von einem bei der Bauleitplanung zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange (§ 2 Abs. 5) innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beantragt wird. (4) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß die in Absatz 3 Satz 1 genannten Bebauungspläne längstens f ü r die Dauer von fünf Jahren als Bebauungspläne im Sinne des § 30 gelten, auch wenn sie keine Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen enthalten, weil die f ü r diese Fest851
§173
2
11. Teil
Setzungen erforderlichen vermessungstechnischen Unterlagen nicht vorhanden sind. (5) Bis zum Inkrafttreten der in § 2 Abs. 10 bezeichneten Rechtsverordnungen sind die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften weiterhin anzuwenden. (6) Sollen weitergeltende baurechtliche Vorschriften oder städtebauliche Pläne (Absätze 1 bis 3) geändert oder aufgehoben werden, so sind die für Bauleitpläne geltenden Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden, auch wenn nach den landesrechtlichen Vorschriften ein anderes Verfahren vorgeschrieben war. 1. Allgemeines Durch § 186 wurden diejenigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften aufgehoben, die bisher die Grundlage für die städtebauliche Planung bildeten. Aus G r ü n d e n des Rechtssicherheit wäre es nun an sich erwünscht gewesen, wenn alle Pläne und baurechtlichen Vorschriften den Vorschriften des Gesetzes mit dessen Inkrafttreten angepaßt worden wären. Bei der Fülle der Pläne und Vorschriften, deren Änderung einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten verursachte, ließ sich diese Forderung jedoch nicht sofort in vollem U m f a n g durchsetzen. Es mußte deshalb eine Lösung gefunden werden, welche die Kontinuität wahrt, um die Durchführung der Bauprogramme nicht zu unterbrechen, die aber auch dazu führt, daß die Vorschriften des Gesetzes möglichst bald in der Praxis angewendet werden. § 173 regelt daher die Weitergeltung von vormaligen „Flächennutzungsplänen" und sonstigen vorbereitenden städtebaulichen Plänen als F1NP1. im Sinne des BBauG, die Weitergeltung von Bebauungs- und ähnlichen Plänen, sowie die Änderung oder Aufhebung solcher weitergeltender Pläne. 2. Flächennutzungspläne (Abs. 1 und 2) a) Entgegen dem urspr. RegE ist in Abs. 1 bestimmt, daß alle rechtsgültigen, bei Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Wirtschaftspläne, die aufgrund des W S G aufgestellt wurden, bis zu zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes als Flächennutzungspläne i. S. des § 5 weiter gelten, falls die Gemeinden sie nicht vorher aufheben (Satz 1). Damit ist den Gemeinden ein ausreichender Überlegungszeitraum gegeben, in dem sie ihre bisherigen Planungsvorhaben überprüfen können. D a das Gesetz nach § 189 nicht einheitlich zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft trat, konnte es zweifelhaft erscheinen, welcher Zeitpunkt mit dem Ausdruck „bei Inkrafttreten dieses Gesetzes" gemeint ist; da es sich aber um Gegenstände des Ersten Teils des BBauG handelt, muß davon ausgegangen werden, daß als Zeitpunkt „ein Jahr nach der Verkündung des Gesetzes" (§ 189 Abs. 1) maßgebend ist, das ist also der 30. Juni 1961. Die Wirtschaftspläne mußten, wenn sie fortgelten sollten, „rechtsgültig" sein, d. h. sie müssen in formeller Hinsicht entsprechend den Bestimmungen des WSG und den dazu erlassenen landesrechtli852
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§173
2
chen Bestimmungen in rechtsgültiger Weise zustande gekommen sein und müssen inhaltlich den an einen Wirtschaftsplan zu stellenden Anforderungen entsprechen. Über das Verfahren, wie die Wirtschaftspläne aufzustellen sind, enthielt das Wohnsiedlungsgesetz keine Vorschriften. § 14 WSG ermächtigte die Obersten Landesbehörden, in gewissem Umfang Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Davon haben einige Länder Gebrauch gemacht (z. B. Niedersachsen in der Verordnung vom 3. 7. 1959, GVB1. S. 87). Eine Genehmigungspflicht der Wirtschaftspläne durch eine höhere Verwaltungsbehörde kannte das Wohnsiedlungsgesetz nicht. Der BayVGH hat in der in der ASlg. Bd. 5, 247 abgedruckten Entscheidung den Beschluß des Gemeinderats als für die Aufstellung des Wirtschaftsplans genügend angesehen. Die Weitergeltung dieser Wirtschaftspläne bis 29. Juni 1963 trat kraft Gesetzes ein, brauchte also von der Gemeinde nicht besonders beschlossen oder bekanntgemacht zu werden. b) Eine weitere Erleichterung hinsichtlich der Weitergeltung von Wirtschaftsplänen bringt Abs. 1 Satz 2. Hiernach konnte die unbefristete Weitergeltung von solchen Wirtschaftsplänen verfügt werden, die inhaltlich und verfahrensrechtlich im wesentlichen den an einen F1NP1. gestellten Anforderungen entsprechen. Der für FINPle. erforderliche Inhalt ergibt sich aus § 5, das Verfahren bei ihrer Genehmigung aus § 6. Da jedoch diese Anforderungen nur „im wesentlichen" erfüllt sein müssen, kann davon ausgegangen werden, daß auch solche Pläne zu unbefristet geltenden FINPln. erklärt werden konnten, die diesen Anforderungen in unwesentlichen Punkten nicht entsprechen (wenn also die eine oder andere in § 5 Abs. 2 ausgeführte Darstellung nicht enthalten ist oder wenn bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans die höhere Verwaltungsbehörde nur Gelegenheit zur Stellungnahme hatte und auch positiv Stellung genommen, nicht aber eine ausdrückliche Genehmigung ausgesprochen hat; durch die spätere Sanktionierung wurde dieser Formfehler geheilt). Sonst müssen die für unbefristet geltend erklärten Pläne rechtsgültig zustande gekommen sein (z. B. ordnungsmäßiger Beschluß der Vertretungskörperschaft der Gemeinde). Zuständig für die Erklärung nach Abs. 1 Satz 12 ist die höhere Verwaltungsbehörde (vgl. aber § 147 Abs. 2). c) Schließlich ist in Abs. 2 den Landesregierungen noch eine Ermächtigung eingeräumt, um sonstige aufgrund früher geltender Vorschriften aufgestellte vorbereitende städtebauliche Pläne (in Betracht kommen vor allem Generalbebauungspläne, Aufbaupläne, Bauleitpläne usw., die aufgrund von landesrechtlichen Aufbaugesetzen aufgestellt wurden) unverändert oder mit besonderen Maßgaben durch Rechtsverordnung als weitergeltend erklärt werden. Auch sie müssen den an einen F1NP1. gestellten Anforderungen (§§ 5, 6) inhaltlich und verfahrensrechtlich im wesentlichen entsprechen (siehe oben b). 853
§173 4
11. Teil
Von der Ermächtigung des Abs. 2 haben außer Bayern, Bremen und Saarland alle Länder Gebrauch gemacht. Bremen und Saarland haben dafür von der Ermächtigung des Abs. 4 Gebrauch gemacht. 3. Bebauungspläne (Abs. 3 und 4) a) Abs. 3 und 4 schufen entsprechend der für den F1NP1. geltenden Regelung in Abs. 1 und 2 für die bei Inkrafttreten des Gesetzes (siehe hierzu oben 2 a) bestehenden baurechtlichen Vorschriften und städtebaulichen Pläne die Möglichkeit der Weitergeltung als BebPl. Voraussetzung ist, daß diese Vorschriften oder Pläne verbindliche Regelungen der in § 9 („Inhalt des Bebauungsplans") bezeichneten Art enthalten; nur soweit sie solche verbindliche Regelungen enthalten, gelten sie weiter; bei anderen, nicht dem § 9 entsprechenden Regelungen ist dies nicht der Fall. In Frage kommen für die Weitergeltung vor allem aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen früher erlassene Baulinienfestsetzungen, Bebauungspläne, Staffelbaupläne, Bauzonen- sowie Baugebietspläne u. dgl. Bei der Behandlung der verbindlichen Pläne hatte der damals federführende Ausschuß in Ergänzung des RegE vorgesehen, daß die nach § 2 Abs. 5 künftig bei der Bauleitplanung zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange unter bestimmten Voraussetzungen einen befristeten Rechtsanspruch auf Änderung oder Ergänzung der als BebPl. fortgeltenden Pläne haben. Der Ausschuß hielt dies für erforderlich, weil diese Träger bei Aufstellung der alten Pläne nicht immer Beteiligte waren und weil die grundsätzlichen Forderungen des § 1 Abs. 3 bis 5 nicht überall in ausreichendem Umfang berücksichtigt worden sind. Mit dieser Regelung ist inhaltlich auch der Empfehlung des Bundesrats entsprochen worden, nach der Pläne, die die kirchlichen Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt haben, nur in beschränktem Umfang fortgelten sollten. b) In Abs. 4 wurde eine befristete Sonderregelung für solche Gemeinden vorgesehen, in deren verbindlichen Plänen mangels ausreichender vermessungstechnischer Unterlagen Straßenfluchtlinien (Baulinien) zum Zwecke der Festlegung der öffentlichen Verkehrsflächen seinerzeit nicht sofort festgesetzt werden konnten. Dieser Regelung kommt im Hinblick auf § 30 besondere Bedeutung zu. Die Fünfjahresfrist begann am 30. Juni 1961 zu laufen. Von der Ermächtigung haben Bremen, Hamburg und das Saarland Gebrauch gemacht. 4. Weitergeltung landesrechtlicher Vorschriften (Abs. 5) Durch Abs. 5 wird zur Vermeidung von Zweifeln klargestellt, daß die landesrechtlichen Vorschriften über die in § 2 Abs. 10 bezeichneten Sachgebiete (insbesondere die Vorschriften über Art und Maß der baulichen Nutzung) so lange in Kraft bleiben, bis die entsprechenden Rechtsverordnungen des Bun854
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§ 173 6
desministers f ü r W o h n u n g s b a u e r g a n g e n sind. Vgl. die inzwischen e r g a n g e n e B a u N V O (II 3) u n d P l a n z e i c h e n v e r o r d n u n g (II 5). 5. Änderung von weitergeltenden Vorschriften und Plänen (Abs. 6) W e n n sich im L a u f e der Geltungszeit der n a c h § 173 Abs. 1 bis 3 befristet o d e r u n b e f r i s t e t weitergeltenden b a u r e c h t l i c h e n Vorschriften o d e r s t ä d t e b a u lichen P l ä n e die N o t w e n d i g k e i t ihrer Ä n d e r u n g o d e r A u f h e b u n g herausstellt, sind die V o r s c h r i f t e n des B B a u G a n z u w e n d e n (§§ 5, 6, 9, 10, 1 1 , 1 2 , 13), a u c h w e n n n a c h den landesrechtlichen Vorschriften ein a n d e r e s V e r f a h r e n vorgeschrieben war. Eingeleitete V e r f a h r e n w e r d e n j e d o c h n a c h der f o l g e n d e n B e s t i m m u n g des § 174 abgewickelt. F ü r die d u r c h Abs. 3 Satz 1 übergeleiteten P l ä n e gilt die B a u N V O nicht ( B V e r w G U v o m 23. 8. 1968, siehe R s p r . 6 A 3). 6. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. B V e r w G U v o m 18. 8. 1964 (I C 6 3 / 6 2 ) DVB1. 1964, 918 = D Ö V 1964, 740 = BBauBl. 1964, 548 a) Die vorhandene Bebauung ist für die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur maßgeblich, soweit die städtebauliche Ordnung nicht durch die Festsetzungen eines BebPl. geregelt ist. b) Befreiung kann auch von den Festsetzungen eines BebPl. erteilt werden, der nicht die Mindestfestsetzungen des § 30 BBauG enthält. 2. B V e r w G U v o m 12.1. 1968 (IV C 175.65) DVB1. 1968, 515 = BBauBl. 1969, 240 Galten „bestehende baurechtliche Vorschriften" im Sinne des § 173 Abs. 1 S. 1 BBauG nur befristet, so ist diese Befristung durch die Überleitung nicht berührt worden. 3. B V e r w G U v o m 23. 8 . 1 9 6 8 (IV C 103.66) BayVBl. 1969, 26 a) Die Vorschriften der BauNVO gelten für die durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Pläne nicht (im Anschluß an das U vom 27.1.1967, IV C 12.65, BVerwGE 26, 103). b) Vorschriften, die vor dem Inkrafttreten des BBauG einer sowohl planungs- als auch ordnungsrechtlichen Zielsetzung dienten, sind durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG jedenfalls dann nicht übergeleitet worden, wenn die ordnungsrechtliche Zielsetzung eindeutig überwog. 4. B V e r w G U v o m 3. 6. 1971 (IV C 64.69) G e m T 1971, 370 = D Ö V 1971, 644 = DVB1. 1971, 929 a) § 173 Abs. 3 BBauG gebietet im Interesse einer möglichst vollständigen Überleitung eine der Überleitung dienliche Auslegung des überzuleitenden Rechts. b) Ausnahmen, die in den nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Vorschriften vorgesehen waren, nehmen an der Überleitung nur teil, wenn sie § 3 Abs. 1 855
§173 6
11. Teil
BBauG genügen. § 31 Abs. 1 BBauG fordert insoweit jedoch nicht mehr als ein Mindestmaß von — „Art und Umfang" der Ausnahmen betreffender — Konkretisierung des Ausnahmetatbestandes.
5. BGH U v. 25. 3. 1977 (V ZR 92/74) DÖV 1978, 222
Zur Frage der Auswirkung der Überleitung baurechtlicher Vorschriften und festgestellter städtebaulicher Pläne — hier bremischen Rechts — auf den Verkehrswert eines unbebauten Grundstücks.
6. BVerwG B vom 21.9. 1971 (IV B 104.71) BauR 1972, 32 = JZ 1972 Umschlag S. 21 Die Überleitung städtebaulicher Pläne erfordert nicht, daß das ihrem Erlaß zugrunde liegende Gesetz eine Interessenabwägung nach Art des § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG verlangt.
7. BVerwG U vom 20. 10. 1972 (IV C 14.71) DVB1. 1973, 42
a) Eine rechtsstaatliche Planung setzt unabhängig von § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG eine gerechte Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange voraus (im Anschluß an das U vom 30. April 1969 - IV C 6.68 — [BauR 1970, 35]). b) Vorschriften und Pläne sind durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG nur insoweit „als Bebauungspläne" übergeleitet worden, als sie einen Inhalt hatten, der auch rechtmäßiger Inhalt eines zu dieser Zeit erlassenen Bebauungsplanes hätte sein können.
8. BVerwG U vom 14. 3. 1975 (IV C 44.72) DÖV 1975, 720
a) Das aus dem Rechtsstaatsgrundsatz folgende Abwägungsgebot wird nicht dadurch verletzt, daß dem Erlaß eines Planes (hier: nach § 1 BauRegVO) — entsprechend dem dafür geltenden Verfahrensrecht — eine förmliche Auslegung nicht vorangegangen ist. b) Die eigentumskräftige Verfestigung des Anspruchs auf die Gestattung einer bestimmten Bebauung kann nicht eintreten, solange die erforderliche Erschließung nicht vorhanden oder doch gesichert ist (im Anschluß an das U vom 27. 1. 1967 — IV C 33.65 - BVerwGE 26, 111).
B. Andere Gerichte 1. OVG Münster U vom 18. 7. 1961 (VII A 1748/56) VerwRspr. 15, 477
Bisherige städtebauliche Pläne, die als BebPl. nach dem BBauG weitergelten, sind für die Entscheidung über einen Bauantrag nur dann beachtlich, wenn sie — gegebenenfalls zusammen mit anderen BebPl. dieser Art — die Mindestfestsetzungen des § 30 BBauG, insbesondere also auch solche über die Verkehrsflächen, enthalten.
2. OVG Münster U vom 27. 10. 1961 (VII A 244/59) DÖV 1962, 77
a) Bei dem Inkrafttreten des BBauG bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne gelten, soweit sie verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art enthalten, zwar als BebPl. (§ 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG), sie sind aber für die Entscheidung, ob ein Bauvorhaben vom Gesichtspunkt der Planung aus zulässig ist, nur dann noch maßgebend, wenn sie allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften die in § 30 BBauG genannten Mindestfestsetzungen, u. a. Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen enthalten. 856
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§173
6
b) Enthalten die in § 173 Abs. 3 Satz 1 genannten Beb PI. keine Festsetzungen über die örtlichen Verkehrsflächen und hat weder die Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt, daß diese BebPl. als BebPl. im Sinne des § 30 BBauG gelten (§ 173 Abs. 4 BBauG), noch die Gemeinde beschlossen, einen BebPl. im Sinne des § 30 BBauG aufzustellen (§ 33 BBauG), so ist der Entscheidung darüber, ob ein Bauvorhaben vom Gesichtspunkt der Planung aus zulässig ist, für Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile § 34 BBauG, für Vorhaben im Außenbereich § 35 BBauG zugrunde zu legen. c) Unter „Vorschriften des Bauordnungsrechts" im Sinne des § 29 letzter Satz BBauG, die unberührt geblieben sind, sind die Vorschriften herkömmlichen baupolizeilichen Inhalts in den Bauordnungen zu verstehen, d. h. die Bestimmungen, die regeln, was bei der Ausführung eines Bauvorhabens in sicherheitspolizeilicher, hygienischer und ästhetischer Hinsicht zu beachten ist. d) Unberührt geblieben im Sinne des § 29 letzter Satz BBauG sind auch solche Vorschriften in den Bauordnungen, die sowohl planerischen als auch bauordnungsrechtlichen Charakter haben; dazu gehören u . a . die Baulichbestimmungen in den Bauordnungen.
3. OVG Lüneburg U vom 31. 8. 1961 (I A 74/(16) DVB1. 1961, 824 Eine baurechtliche Vorschrift, die — ohne selbst Plan zu sein — eine verbindliche Regelung über das Maß der baulichen Nutzung in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil enthält, gilt kraft der Übergangsregelung des BBauG bis auf weiteres fort.
4. OVG Lüneburg U vom 26. 2. 1962 (I OVG A 54/61) DVB1. 1962, 722
Pläne, die eine rechtsverbindliche Ausweisung von Baugebieten nach § 1 BauRegV enthalten, gelten nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG als BebPl. fort.
5. OVG Münster U vom 29. 5. 1962 (VII A 853/59) DWW 1963, 326/327
Über die Voraussetzungen, unter denen ein Durchführungsplan im Sinne des Aufbaugesetzes Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften (VerbandsBauO) die Erfordernisse eines qualifizierten BebPl. im Sinne des § 30 BBauG erfüllt.
6. Bad.-Württ. VGH B vom 18. 7. 1962 (I 364/62) VerwRspr. 1963, S. 582 Nr. 181
Eingeleitete, aber noch nicht abgeschlossene Verfahren zur Aufstellung, Änderung und Aufhebung städtebaulicher Pläne können nicht nur dann nach altem Recht weitergeführt werden, wenn sie bei Inkrafttreten des BBauG bereits ausgelegt waren, sondern auch dann, wenn mit ihrer Verlautbarung im Wege eines anstelle der Auslegungsgesetze vorgesehenen anderen Verfahrens begonnen worden war.
7. Bad.-Württ. VGH U vom 10. 12. 1963 (II 522/62) DVB1. 1964, 386 = DÖV 1964, 386
Die Einordnung des überkommenen Baurechts in den Kreis des Bauordnungsrechts oder des Planungsrechts nach seiner Wirkung oder nach örtlicher Handhabung wird vom Senat abgelehnt. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Vorschrift als Baupolizeirecht erlassen worden ist. Hierbei ist allerdings das Recht auszuscheiden, dessen Anwendung inzwischen Aufgabe der gemeindlichen Planungsbehörden geworden ist und das ferner das BBauG als Planungsrecht betrachtet.
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§173 6
11. Teil
8. OVG Münster U vom 11.12.1962 (VII A 214/62) DVB1. 1963, 634 DÖV 1963, 848 = ZMR 1964, 90
a) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß städtebauliche Pläne, die als Bebauungspläne nach dem BBauG weitergelten, für die Entscheidung über einen Bauantrag nur maßgebend sind, wenn sie — gegebenenfalls zusammen mit anderen Bebauungsplänen — die Mindestfestsetzungen des § 30 BBauG enthalten. b) Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung, die in einer bisher geltenden BaupolVO enthalten sind, sind weder durch das BBauG, noch durch § 108 BauO NW außer Kraft gesetzt worden.
9. HessVGH U vom 10. 7. 1964 (OS IV 30/62) DÖV 1964, 752
a) Beim Inkrafttreten des BBauG bestehende städtebauliche Pläne haben nur dann „verbindliche" Regelungen im Sinne von § 173 Abs. 3 BBauG enthalten, wenn sie Rechtsnormen waren. b) Jede Norm des geschriebenen Rechts bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Verkündung. Diese kann entweder in der Form der öffentlichen Bekanntmachung ( = Veröffentlichung) oder der Form öffentlicher Auslegung ( = Offenlegung) erfolgen. Der Rechtsgrundsatz der notwendigen Verkündung aller geschriebenen Rechtsnormen verbietet es dem Gesetzgeber, einen städtebaulichen Plan zum Bestandteil des Ortsbaurechts zu erklären, ohne daß dieser Plan veröffentlicht oder offengelegt wird. c) Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 HessAufbauG hat gegen die im Grundgesetz enthaltenen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verstoßen, soweit sie nicht zu verkündende Bauleitpläne zu Teilen des Ortsbaurechts erklärte. d) Kann ein Gericht selbst entscheiden, daß ein insoweit vorkonstitutionelles Gesetz gegen das Grundgesetz verstößt, so hat eine Vorlage an den Staatsgerichtshof des Landes zur Entscheidung, ob das insoweit nachkonstitutionelle Gesetz auch gegen die Landesverfassung verstößt, als unerheblich zu unterbleiben.
10. OVG Münster U vom 22. 4. 1965 (VII A 819/63) DWW 1965, 370
Die in den Bezirksbauordnungen enthaltenen Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art sind nicht für sich gesehen als Beb PI. gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleitet, sondern jeweils nur als Teil (Ergänzung) einer nach altem Recht erlassenen oder festgestellten gemäß § 173 Abs. 13 Satz 1 BBauG als Bebauungsplan geltenden ortsrechtlichen Regelung und teilen, insbesondere was ihre Geltungsdauer angeht, deren rechtliches Schicksal.
11. OVG Münster U vom 8. 5.1967 (X A 553/65) OVGE 1969, 183
a) Ein aufgrund des NW AufbG ausgelegter und förmlich festgestellter Durchführungsplan, dessen förmliche Feststellung jedoch erst nach Inkrafttreten des BBauG bekanntgemacht worden ist, gilt als Bebauungsplan im Sinne von § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG, soweit er verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art enthält. Die Rechtswirkungen eines solchen Planes ergeben sich aus dem ihm zugrunde liegenden materiellen und Verfahrensrecht im Umfange des durch die Auslegung bekanntgemachten Inhalts. b) Zur Befreiung von den Festsetzungen eines BebPl., wenn Gründe des Wohles der Allgemeinheit die Befreiung erfordern.
12. OVG Berlin U vom 5. 2. 1971 (OVG II B 37.69) NJW 1971, 956 DVB1. 1971, 706
a) Die Baulandeigenschaft des erschlossenen Grundstücks hängt nicht davon ab, ob es wegen seiner Größe und seines Zuschnitts auch tatsächlich bebaut werden darf.
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§174
Überleitungs- und Schlußvorschriften
b) Die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zum Ausbau von Erschließungsanlagen nach § 125 Abs. 2 BBauG kann jedenfalls noch bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens gegen den Erschließungsbeitragsbescheid nachgeholt werden.
13. O V G Münster U vom 19. 10. 1973 (X A 1207/69) BBauBl. 1975, 334 Wird die Begrenzung eines Baugebiets in einem übergeleiteten durch die Formulierung „nördliche Parallele in ca. 390 m Abstand zu beschrieben, so ist die Grenze dieses Baugebiets nicht bestimmbar. Der ist damit jedenfalls für den Bereich, in dem die Grenze in etwa verläuft,
Bebauungsplan der . . . Straße" Bebauungsplan unwirksam.
14. OVG Hamburg U von 1978, BBauBl. 1978, 507 Zur Entstehung und Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts der Gemeinde im Sanierungsgebiet (§ 26 Abs. 1 BBauG) innerhalb des Geltungsbereichs eines Baustufenplans, der auf Grund der BauRegV durch Verordnung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg 1955 festgesetzt wurde und gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan im Sinne des BBauG gilt.
§174 Abwicklung eingeleiteter
Verfahren
(1) Eingeleitete Verfahren zur Aufstellung, Änderung und Aufhebung vorbereitender und verbindlicher städtebaulicher Pläne werden nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt, wenn die Pläne bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits ausgelegt sind. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß die Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes weiterzuführen sind; § 173 Abs. 3 Satz 3 gilt sinngemäß. (2) Eingeleitete Verfahren zur Bodenordnung sind nach den bisher geltenden Vorschriften weiterzuführen. Soweit bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes noch keine Festsetzungen erfolgt sind, die nach diesem Gesetz dem Umlegungsplan oder dem Beschluß über die Grenzregelung vorbehalten sind, gelten für Geldabfindungen die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teiles dieses Gesetzes sinngemäß; die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, daß diese Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes weiterzuführen sind. (3) Eingeleitete Enteignungsverfahren sind nach den bisher geltenden Vorschriften weiterzuführen. Hat die Enteignungsbehörde die Entschädigung noch nicht festgesetzt, so sind die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teiles dieses Gesetzes anzuwenden. (4) Eingeleitete Verfahren nach dem Wohnsiedlungsgesetz, welche die Genehmigung eines nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht mehr genehmigungsbedürftigen Rechtsvorganges zum Gegenstand haben, sind einzustellen. Gerichtskosten bleiben in diesem Falle außer Ansatz. (5) Sonstige eingeleitete Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes weiterzuführen. 859
§174
2
11. Teil
1. Verfahren über Bauleitplanung (Abs. 1) a) Bei der Abwicklung eingeleiteter Verfahren zur Aufstellung, Änderung oder Aufhebung städtebaulicher Pläne hat es der federführende Ausschuß für zweckmäßig gehalten, daß grundsätzlich die bisherigen Vorschriften weiterhin zur Anwendung gelangen, um diese Verfahren nicht aufzuhalten und bei den Beteiligten keine Unsicherheit über die Rechtslage zu schaffen. Voraussetzung dafür, daß die bisherigen Vorschriften noch angewendet werden dürfen, ist, daß die Pläne bei Inkrafttreten des Gesetzes (das ist hier der 29. Juni 1961, vgl. § 173 Erläut. 2a) bereits ausgelegt sind (Satz 1) — vgl. z. B. §61 BayBO —. Im übrigen ist wohl davon auszugehen, daß für den Fall, daß nach Landesrecht keine Auslegung vorgesehen ist, § 174 Abs. 1 Satz 1 keine Anwendung finden kann, daß also dann nach den Bestimmungen des BBauG verfahren werden muß (vgl. dazu auch Knaup-Ingenstau Anm. zu § 174 und von Hausen-v. d. Heide, Anm. 4 zu § 174). Natürlich kann die Stelle, die den Plan aufstellen, ändern oder aufheben will, auch von sich aus von der Weiterführung des Verfahrens absehen und ein neues Verfahren nach dem BBauG einleiten. b) Satz 2 bringt eine Ermächtigung für die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Satz 1 nicht zur Anwendung kommt, sondern daß alle eingeleiteten Planungsverfahren nach den Vorschriften des BBauG weitergeführt werden müssen (in aller Regel — vor allem wenn die Gemeinde an dem Zustandekommen der Pläne nach den bisher geltenden Vorschriften nicht beteiligt wurde — wird hier die „Weiterführung" ein völlig neues „Beginnen" des Verfahrens bedeuten, schon wegen der nach dem BBauG erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. § 2 Abs. 6 und 7, §§ 6, 10, 11, 12). Die Träger öffentlicher Belange können verlangen, daß die Pläne entsprechend ihrer Forderung ergänzt oder geändert werden (§ 173 Abs. 3 Satz 3). 2. Verfahren zur Bodenordnung, Enteignungsverfahren (Abs. 3 und 3) Ähnliche Grundsätze, wie bei der Weitergeltung der bisherigen Vorschriften im Planungsverfahren, gelten auch bei den eingeleiteten Verfahren zur Bodenordnung und in einem eingeleiteten Enteignungsverfahren. Auch hier sind grundsätzlich die eingeleiteten Verfahren nach den bisher geltenden Vorschriften weiterzuführen. Ausnahmen hiervon sind bestimmt: a) Für das Bodenordnungsverfahren hinsichtlich der Fälle, in denen beim Inkrafttreten des BBauG (hier ist dies, da Vorschriften des Vierten Teils in Frage kommen, der 30. Oktober 1960) noch keine Festsetzungen erfolgt waren, die nach dem BBauG dem Umlegungsplan oder dem Beschluß über Grenzregelung vorbehalten sind (§§ 66, 82); hier gelten für die Geldabfindung die Vorschriften des BBauG über die Entschädigungsgrundsätze im Enteignungsverfahren (§§ 93 ff.). 860
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§174 5
b) Für eingeleitete Enteignungsverfahren hinsichtlich der Fälle, in denen beim Inkrafttreten des BBauG (das ist hier, wie oben bei a) ebenfalls der 29. Oktober 1960, da es sich um Vorschriften des Fünften Teils handelt) die Enteignungsbehörde die Entschädigung noch nicht festgesetzt hat; auch in diesem Fall sind dann für die Festsetzung von Art und Höhe der Entschädigung die Vorschriften der §§ 93 ff. anzuwenden. c) Zu beachten ist, daß im Bodenordnungsverfahren nach Abs. 2 Satz 2, zweiter Halbsatz den Landesregierungen die Ermächtigung erteilt wurde, abweichend von Satz 1 durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die bereits eingeleiteten Bodenordnungsverfahren nach den Vorschriften des BBauG weiterzuführen sind (also nicht nur hinsichtlich der Geldabfindungen — der Strichpunkt ist ein Redaktionsversehen —), während diese Ermächtigung für Enteignungsverfahren nicht vorgesehen ist. 3. Verfahren nach dem WSG (Abs. 4) Verfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes (hier 30. Juni 1961, da die Bestimmungen des Zweiten Abschnitts des Zweiten Teils in Frage stehen) aufgrund des WSG eingeleitet worden waren, waren nur dann weiterzuführen, wenn sie Rechtsvorgänge zum Gegenstand haben, die nach §§ 19, 20 BBauG genehmigungspflichtig sind. Ist dies nicht der Fall (z. B. eine Vereinbarung, durch die einem andern ein Recht zur Nutzung oder Bebauung eines Grundstücks eingeräumt wird — vgl. § 4 Abs. 1 WSG), so ist das Verfahren einzustellen und (wenn das Verfahren bereits in einer gerichtlichen Instanz anhängig ist) von der Erhebung von Gerichtskosten Abstand zu nehmen. Im übrigen wird die Hauptsache als erledigt anzusehen sein. 4. Sonstige Verfahren (Abs. 5) Abs. 5 betrifft die nicht von Abs. 1 bis 4 erfaßten eingeleiteten Verfahren. Hier kommen vor allem die Verfahren (auch solche, die bereits bei Gerichten anhängig sind) in Frage, die Vorhaben betreffen, welche von der außer Kraft getretenen Bauregelungsverordnung erfaßt waren (§ 186 Abs. 1 Nr. 15), und auch die nicht unter Abs. 4 fallenden weiterzuführenden bisherigen WSG-Genehmigungsverfahren. Diese Verfahren waren nach den Vorschriften des BBauG weiterzuführen. Für die unter Zugrundelegung der Bauregelungsverordnung eingeleiteten Verfahren (vgl. insbesondere § 3 BauRegVO) griff seither vor allem § 35 BBauG Platz (Vorhaben im Außenbereich), der strengere Bestimmungen als die Bauregelungsverordnung bringt (vgl. Erläuterungen bei § 35). 5. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerwG U vom 2. 7. 1963 (I C 110.62) DVB1. 1964, 184 Bauanträge sind ohne Rücksicht auf die Rechtslage bei ihrer Einreichung nach den sachlich- und verfahrensrechtlichen Vorschriften des BBauG zu bescheiden. 861
§175
11. Teil
2. B G H U v o m 14. 10. 1963 (III Z R 2 1 3 / 6 2 ) D W W 64, 16 = Z M R 1964, 137 a) Der Anspruch auf Entschädigung wegen einer vor Inkrafttreten des BBauG beendeten Bausperre findet in diesem Gesetz keine sachlich-rechtliche Grundlage; auch regelt sich seine Geltendmachung nicht nach den Verfahrensvorschriften des Bundesbaugesetzes. b) Darin, daß die Kammer für Baulandsachen über einen nicht nach dem Bundesbaugesetz zu beurteilenden Anspruch auf Entschädigung wegen einer Bausperre entschieden hat, liegt kein unverzichtbarer Verfahrensmangel. B. O V G , V G H u n d a n d e r e G e r i c h t e 1. O V G M ü n s t e r U v o m 8. 5 . 1 9 6 2 (VII A 9 2 / 6 1 ) D Ö V 1963, 77 = DVB1. 1962, 792 Die Einstellung des Verfahrens nach § 174 Abs. 4 BBauG ist nur dann zulässig, wenn die Parteien keine Anträge zur Hauptsache mehr stellen. 2. B a y V G H U v o m 23. 11. 1964 ( N r . 308 I 63) (nicht v e r ö f f e n t l i c h t ) Für die bereits nach dem WSG gestellten Anträge gilt die Bestimmung in § 19 Abs. 4 Satz 3 BBauG, daß die Zweimonatsfrist mit dem Inkrafttreten des BBauG anläuft, nicht. 3. O V G M ü n s t e r B v o m 31. 3. 1978 ( X a N D 8 / 7 7 ) DVB1. 1979, 193 a) Ist ein vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes aufgestellter städtebaulicher Plan wegen eines Bekanntmachungsfehlers unwirksam, so kann der Plan auch noch nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes durch eine dem bisherigen Recht entsprechende Neubekanntmachung rechtsverbindlich werden. b) Es bleibt offen, ob ein gemäß § 174 Abs. 1 BBauG nach den Vorschriften des nordrhein-westfälischen Aufbaugesetzes erlassener Durchführungsplan eine Satzung ist, die i. S. des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO „nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes" erlassen worden ist. Bedenken insoweit stehen der Statthaftigkeit des Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren gegen einen solchen Durchführungsplan nicht entgegen. c) Die Baugenehmigungsbehörde ist berechtigt, den Antrag auf Überprüfung der Gültigkeit eines von ihr anzuwendenden Bebauungsplans im Normenkontrollverfahren zu stellen.
§175 Anfechtung
von
Entscheidungen
(1) D i e Anfechtung von Verwaltungsakten, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgrund der außer Kraft getretenen Vorschriften ergangen und noch nicht unanfechtbar geworden sind, sowie das weitere Verfahren und die Entscheidung richten sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes über die entsprechenden Verwaltungsakte. Ein nach den bisher geltenden Vorschriften zulässiger Rechtsbehelf wird als ein nach diesem Gesetz zulässiger Rechtsbehelf be862
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§175
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handelt, auch wenn er bei einer nicht mehr zuständigen Stelle eingelegt wird; die Sache ist von dieser an die nunmehr zur Entscheidung zuständige Stelle abzugeben. (2) Die Anfechtung von gerichtlichen Entscheidungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen und noch nicht unanfechtbar geworden sind oder die in den bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängigen gerichtlichen Verfahren ergehen, sowie das weitere Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung richten sich nach den bisher geltenden Vorschriften. 1. Allgemeines Während § 174 das materielle Recht (allerdings auch im Gerichtsverfahren) betrifft, beschäftigt sich § 175 nur mit dem Verfahrensrecht. Dies ergibt sich auch aus dem Text des seinerzeit. RegE (§ 213 Abs. 4), wo es heißt: „Für das weitere Verfahren und die Entscheidung gelten die Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes." Der dam. Ausschuß hat die Fassung des RegE in einen neuen Paragraphen aufgenommen, allerdings nur noch von „Vorschriften" gesprochen. Es besteht aber kein Zweifel, daß § 175 nur das Verfahren betrifft, weil sonst allein aus Abs. 2 sich ein Widerspruch zu wesentlichen Teilen des § 174 ergeben würde. Die Vorschrift behandelt einerseits die Anfechtung von Verwaltungsakten, die aufgrund des bisherigen Rechts ergangen sind, sowie das weitere Verfahren (auch zu den Gerichten), das bei der Anfechtung dieser Entscheidungen einzuschlagen ist (Abs. 1), andererseits die Anfechtung von gerichtlichen Entscheidungen, sowie das weitere Gerichtliche Verfahren (Abs. 2). Dabei gilt grundsätzlich, daß das erstere Verfahren sich nach den Vorschriften des BBauG, das weitere gerichtliche Verfahren nach den früheren Vorschriften richtet. Allgemein ist darauf hinzuweisen, daß die Vorschrift vielfach auf das Inkrafttreten des BBauG abstellt und daß dieses Inkrafttreten zu verschiedenen Zeitpunkten stattgefunden hat (siehe § 189) ; es ist also bei der Anfechtung jeweils darauf zu achten, in welchen Teil der neuen Bestimmungen des BBauG das dem Verwaltungsakt bzw. der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegende Rechtsgebiet einzuordnen ist. 2. Anfechtung von Verwaltungsakten (Abs. 1) In Frage kommen für diese Übergangsvorschrift nur Verwaltungsakte, die nicht unanfechtbar geworden sind. Soweit Verwaltungsakte, die nach dem früheren Recht ergangen sind, nach den damals geltenden Vorschriften im Zeitpunkt des jeweiligen Inkrafttretens des entsprechenden Teils des BBauG unanfechtbar geworden sind, verblieb es auch nach neuem Recht dabei. Bei noch anfechtbaren Verwaltungsakten richten sich im Falle der Anfechtung Form und Frist sowie das weitere Verfahren (gegebenenfalls Vorverfahren der VwGO oder nach § 155, gerichtliches Verfahren § 157 ff.) und die Ent863
§176
11. Teil
Scheidung (gemeint ist sicherlich die Art der Entscheidung) nach den Vorschriften des BBauG. Für alle bis zum Inkrafttreten des Gesetzes (siehe oben 1) ergangenen Verwaltungsentscheidungen gelten die früheren Rechtsbehelfe als noch zulässig, auch wenn sie in den neuen Bestimmungen nicht mehr vorgesehen sein sollten. So konnte es vorkommen, daß ein Rechtsbehelf bei einer Behörde eingelegt wurde, die nach den neuen Bestimmungen zur Entscheidung nicht mehr zuständig war; in diesem Fall hatte diese Behörde die Sache an die nach dem BBauG zuständige Behörde abzugeben. 3. Anfechtung von gerichtlichen Entscheidungen (Abs. 2) Für Übergangsfälle im gerichtlichen Verfahren ist weitgehend das frühere Recht maßgebend, so für alle Fälle, in denen beim Inkrafttreten des (in Frage kommenden Teils) des Gesetzes bereits ein Gerichtsverfahren anhängig war, und zwar durch alle Instanzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung sowohl hinsichtlich des einzuhaltenden Verfahrens als auch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der ergangenen Gerichtsentscheidungen. In diesen Fällen fand daher ein Wechsel in der Zuständigkeit (Abgabe des Falles an ein anderes Gericht) nicht statt; dies ist vor allem bedeutsam für die vorher bei den Verwaltungsgerichten abhängigen Verfahren (z. B. Verfahren wegen Umlegung nach bisherigem Landesrecht — vgl. jetzt Bodenordnung, §§ 45 ff., für die nunmehr nach § 157 die Baulandkammern und -senate zuständig sind); bei den Enteignungsverfahren dagegen waren schon bisher die Baulandgerichte zuständig. 4. Rechtsprechung OVG Lüneburg B vom 3. 3. 1961 (I B 96/60) DVB1. 1961, 298 Zur Entscheidung über eine vor Inkrafttreten des BBauG bei dem Verwaltungsgericht anhängig gewordene Anfechtungsklage gegen einen im Umlegungsverfahren ergangenen Verwaltungsakt bleibt das Verwaltungsgericht auch nach Inkrafttreten des BBauG zuständig.
§176 Fortgeltung von Bausperren Bausperren, die nach den bisher geltenden Vorschriften angeordnet sind, gelten mit den bisherigen Wirkungen bis zu deren Ablauf weiter, längstens bis zur Dauer von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, jedoch nicht Uber eine Gesamtdauer von vier Jahren hinaus. Nach ihrem Außerkrafttreten ist die Anordnung einer Veränderungssperre für dieses Gebiet nur unter Anrechnung der Geltungsdauer der bisherigen Bausperre auf die Fristen nach § 17 zulässig; § 18 findet Anwendung. 864
§177
Überleitungs- und Schlußvorschriften
1
Nach § 186 Abs. 1 Nr. 17 wurde die Verordnung über die Zulässigkeit befristeter Bausperren vom 29. Oktober 1936 (RGBl. I S. 933) aufgehoben. Die dort geregelte Materie wurde im wesentlichen in den Vorschriften des Ersten Abschnitts („Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen") des Zweiten Teils des BBauG (§§ 14 bis 18) aufgenommen. Diese Bestimmungen traten nach § 189 Abs. 1 am 30. Juni 1961 in Kraft. Die Vorschrift des § 176 traf eine Übergangsregelung f ü r Bausperren, die vor dem Inkrafttreten des BBauG erlassen worden sind. Eine Aufhebung aller Bausperren in diesem Zeitpunkt hätte die Bauleitplanung gefährden können. Andererseits könnte eine langjährige Weitergeltung von Bausperren nach Maßgabe der bisherigen Rechtsvorschriften zu rechtlichen Schwierigkeiten führen. Die aufgrund der oben genannten Verordnung angeordneten Bausperren traten daher spätestens sechs Monate nach dem Inkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen des BBauG, also spätestens am 30. Dezember 1961 außer Kraft. Wenn sie nach der zeitlichen Befristung bei ihrer Anordnung früher abliefen, hat es dabei sein Bewenden; ebenso lief die Sperre schon vor Beendigung der genannten Sechsmonatsfrist ab, wenn sie eine Gesamtdauer von vier Jahren erreicht hatte. Wurde nach dem Außerkrafttreten der Bausperre in dem betreffenden Gebiet eine Veränderungssperre nach den Vorschriften der §§ 14 ff. angeordnet, so war die Geltungsdauer der bisherigen Bausperre anzurechnen (§§ 17, 18). Die Übergangsbestimmung des § 176 findet auf die Verfügungs- u n d Veränderungssperre im Bodenordnungsverfahren (§51) keine Anwendung.
§177 Übergangsvorschriften für den
Bodenverkehr
(1) Für Genehmigungen, die nach § 4 des Wohnsiedlungsgesetzes oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erteilt worden sind, gilt § 21 entsprechend. (2) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr sind auf Rechtsvorgänge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind, nur anzuwenden, soweit diese auch nach den Vorschriften des Wohnsiedlungsgesetzes oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften genehmigungsbedürftig waren und über die Genehmigung noch nicht unanfechtbar entschieden ist. 1. Entsprechende Geltung des § 21 Die Vorschrift dient der Rechtskontinuität und der Rechtsklarheit. Abs. 1 beantwortet die Frage, welche rechtliche Bedeutung einer nach dem W S G 865
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11. Teil
oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erteilten Genehmigung beizumessen ist. Für eine solche Genehmigung gilt (sofern für den Rechtsvorgang auch nach dem BBauG noch eine Genehmigung erforderlich ist) § 21 entsprechend, d. h. es darf in einer bestimmten Frist und unter bestimmten Voraussetzungen eine Baugenehmigung nicht versagt werden, außer es liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 vor; auch die Entschädigungsbestimmungen des § 21 finden entsprechend Anwendung (vgl. hierzu im übrigen die Erläuterungen zu § 21). 2. Beschränkte Anwendung auf frühere Rechtsvorgänge Abs. 2 bringt zum Ausdruck, daß auf vor Inkrafttreten des BBauG (hier der 29. Juni 1961) bereits eingetretene Rechtsvorgänge, die nach dem WSG oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig waren (und die nach den Bestimmungen des BBauG weiterhin genehmigungspflichtig sind), die Vorschriften des BBauG über die Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr (§§ 19 ff.) anzuwenden sind, wenn über die Genehmigung noch nicht unanfechtbar entschieden ist. Für Rechtsgeschäfte, die nach dem WSG oder nach landesrechtlichen Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren, gelten die Vorschriften des BBauG seit dem 29. Juni 1961, wenn sie nach diesen genehmigungspflichtig sind. Für Rechtsvorgänge, die zwar nach dem WSG, nicht mehr aber nach dem BBauG genehmigungspflichtig waren, gilt § 174 Abs. 4 (Einstellung des Verfahrens). Die Unanfechtbarkeit ergibt sich aus der Erschöpfung der Rechtsmittel (nach der VwGO) und aus § 58 Abs. 2 VwGO (Einjahresfrist bei unterlassener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung). 3. Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 10. 5. 1968 (IV C 186.65) DVB1. 1970, 75 Genehmigungen nach § 4 WSG wirken sich seit dem Inkrafttreten des § 21 Abs. 1 BBauG nur auf Baugenehmigungen bindend aus, die innerhalb von drei Jahren seit der Erteilung der Genehmigung gestellt worden sind.
2. OVG Münster U vom 19. 3. 1964 (VII A 383/62) DÖV 1964, 751 Die bindende Wirkung, die das BBauG nach § 21 Abs. 1 in Verbindung mit § 177 Abs. 1 einer unanfechtbaren Wohnsiedlungsgenehmigung für das Baugenehmigungsverfahren beilegt, tritt ohne Rücksicht auf die Vorschriften des BBauG über den Bodenverkehr ein. Bezüglich einer unanfechtbaren Wohnsiedlungsgenehmigung ist das Inkrafttreten der Bestimmungen des BBauG über den Bodenverkehr nicht als eine Änderung der für die Genehmigung maßgebenden rechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 2 BBauG anzusehen.
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§179
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§178 Ubergangsvorschriften für das Vorkaufsrecht der Gemeinden (1) Ein gesetzliches Vorkaufsrecht, das aufgrund der bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften einer Gemeinde zustand, kann nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr ausgeübt werden. (2) Die Vorschriften dieses Gesetzes über das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinden sind auf Verkaufsfälle aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nur anzuwenden, soweit aufgrund der bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften der Gemeinde ein gesetzliches Vorkaufsrecht zustand und die Frist für die Ausübung dieses Vorkaufsrechtes noch nicht abgelaufen war. a) Abs. 1 stellt den Grundsatz auf, daß den Gemeinden nach Inkrafttreten des Gesetzes (hier 29. Juni 1961; § 189 Abs. 1, §§ 24 ff.) ein Vorkaufsrecht nur nach Maßgabe des neuen Rechts zusteht; frühere landesrechtliche Bestimmungen über Vorkaufsrechte der Gemeinden können von dem genannten Zeitpunkt an nicht mehr angewendet werden. b) Abs. 2 regelt die Anwendung des neuen Rechts auf Verkaufsfälle vor Inkrafttreten des Gesetzes. Entscheidend ist hier, ob der Gemeinde nach den früheren Vorschriften ein Vorkaufsrecht zustand und ob die Frist für die Ausübung dieses Rechts noch nicht abgelaufen war. Im Falle der Bejahung dieser beiden Fragen ist auf diese Verkaufsfälle das neue Recht anzuwenden, wenn das Vorkaufsrecht auch nach dem BBauG gegeben ist. Es sind also drei Voraussetzungen zu erfüllen. Die Vorschrift trägt u. a. der Erwägung Rechnung, daß es ungerechtfertigt wäre, das Vorkaufsrecht des BBauG auf frühere Verkaufsfälle anzuwenden, wenn zu jener Zeit ein Vorkaufsrecht der Gemeinde infolge Fristablaufs überhaupt nicht mehr bestand.
§179 Übergangsvorschriften für die
Rückenteignung
(1) Ist ein Grundstück nach § 11 Vierter Teil Kapitel II der Dritten Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 537, 551) oder nach dem Baulandbeschaffungsgesetz vom 3. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 720) enteignet worden, so gelten die Vorschriften über die Rückenteignung entsprechend. (2) Die Rückenteignung kann nur innerhalb der Frist verlangt werden, binnen der nach den bisher geltenden Vorschriften der Anspruch auf Rückenteignung besteht oder der Antrag auf Rückenteignung einzureichen ist. Im Falle der Anfechtung der Entscheidung gelten die §§ 157 bis 171. 867
§180
11. Teil
a) Mit dem Inkrafttreten der Erstfassung wurden alle bisherigen städtebaulichen Enteignungsvorschriften, auch soweit sie die Möglichkeit einer Rückenteignung oder Rückübereignung vorsehen, aufgehoben. Da das BBauG das Rechtsinstitut der Rückenteignung beibehält, mußte eine Schlechterstellung derjenigen Eigentümer, denen nach dem bisherigen Recht Eigentum entzogen worden ist, vermieden werden. Das Gesetz sieht daher vor, daß in den Fällen, in denen ein Grundstück nach den in Abs. 1 genannten Vorschriften (§11 Vierter Teil Kapitel II der Dritten Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 — RGBl. I S. 537 — oder § 5 1 BauLBG) enteignet worden ist, die Vorschriften des BBauG über die Rückenteignung (§§ 102, 103) gelten. Der enteignete frühere Eigentümer kann also unter den in § 102 genannten Voraussetzungen die Rückenteignung verlangen; er hat gegebenenfalls die in § 103 vorgesehene Entschädigung zu leisten. b) Der Antrag auf Rückenteignung war aber auch hier gemäß Abs. 2 Satz 1 befristet, und zwar ist die in den bisherigen Vorschriften bestimmte Frist maßgebend (vgl. z. B. § 51 Abs. 3 BauLBG). Wenn diese Frist verstrichen ist, ist ein Antrag auf Rückenteignung unzulässig. Bei Streitigkeiten, die über einen Antrag auf Rückenteignung nach § 179 entstehen, greift das gerichtliche Verfahren vor den Baulandkammern und Senaten Platz (Satz 2).
§180 Überleitung des
Erschließungsbeitragsrechtes
(1) Ist für Grundstücke eine Beitragspflicht bereits aufgrund der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften entstanden und kann sie noch geltend gemacht werden, so gelten anstelle der §§ 127 bis 133 die bisherigen Vorschriften. (2) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht aufgrund der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetz kein Beitrag erhoben werden. (3) Für unbebaute Grundstücke, die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung liegen, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 Erschließungsbeiträge nach diesem Gesetz zu erheben; insoweit ist § 128 Abs. 3 Nr. 2 nicht anzuwenden. (4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 können Erschließungsbeiträge nach diesem Gesetz erhoben werden, wenn künftig die Voraussetzungen des § 128 Abs. 2 vorliegen. (5) Wird der Erschließungsbeitrag nach Absatz 1 nach den bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften erhoben, so ist der Wert unentgeltlicher Geländeabtretungen für Erschließungsanlagen anzurechnen, soweit solche Abtretungen bei der Ermittlung des Erschließungsaufwandes für den Erschlie868
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§180 3
ßungsbeitrag berücksichtigt worden sind. Maßgebend ist der Verkehrswert im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht. (6) Soweit zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestehen, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln. 1. Früher entstandene Beitragspflicht (Abs. 1) In Abs. 1 wird als Kriterium für die Abwicklung des bisherigen Rechts darauf abgestellt, ob die Beitragspflicht (nach den bisherigen Vorschriften) bereits entstanden war und noch geltend gemacht werden kann (wenn also der Beitragsanspruch nicht schon verjährt oder aus sonstigen Gründen erloschen ist). Maßgebend ist das Inkrafttreten des Gesetzes, hier — mit Ausnahme des § 133 - der 29. Juni 1961 (§ 189 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz), wenn nicht eine Landesregierung durch Rechtsverordnung einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat (§ 189 Abs. 2 Satz 2). Liegen zu diesem Zeitpunkt die genannten Voraussetzungen vor, so gelten anstelle der §§ 127 bis 133 die bisherigen Bestimmungen (die §§ 123 bis 126 sind nicht mehr einschlägig, da die Beitragspflicht bereits entstanden ist); die Bestimmungen des BBauG werden also in einem solchen Fall für den bereits entstandenen Erschließungsbeitrag nicht angewendet; dagegen wird die künftig entstehende Beitragspflicht nach den neuen Bestimmungen beurteilt. Vgl. ferner auch Abs. 5 (unten 6). Im übrigen stehen den Gemeinden weitgehend Möglichkeiten zu einer Handhabung der Beitragsregelung zur Verfügung, die Härten im Einzelfall ausgleichen und örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen können (vgl. § 132, § 135 Abs. 5). Der Umfang des Erschließungsaufwands und der Beitragsschuld richtet sich in den Fällen des Übergangsrechts nicht nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes und der Erschließungsbeitragssatzung, sondern nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts. 2. Vorhandene Erschließungsanlagen (Abs. 2) Abs. 2 schließt vorhandene Erschließungsanlagen dann von der Beitragsregelung des BBauG aus, wenn ihre Herstellung auch nach bisherigem Recht keine Beitragspflicht ausgelöst hat. Damit sind in den Ländern, in denen diese Voraussetzungen gegeben waren, Baulücken an vorhandenen, bereits ausgebauten Straßen („historische Straßen") von der Beitragspflicht freigestellt (vgl. Ausschußbegründung zu § 218 E). Dagegen ist bei Erweiterungen oder Verbesserungen solcher Straßen § 128 Abs. 2 anzuwenden. 3. Verhältnis von Abs. 1 zu Abs. 2 Das BVerwG brachte in seinem grundlegenden Urteil vom 25. 2. 1964 — I C 88.63 (BVerwGE 18, 80) eingehende Ausführungen über das Verhältnis von Abs. 1 zu Abs. 2 des § 180. 869
§180 3
11. Teil
a) Das BVerwG weist darauf hin, daß § 180 Abs. 1 den ersten vom alten in das neue Recht hineinreichenden Sachverhalt regelt (den zweiten Sachverhalt regelt § 133 Abs. 4), nämlich den Fall, daß eine Erschließungsanlage vor dem 30. 10. 1960 hergestellt worden und eine Beitragspflicht schon entstanden ist, die Gemeinde den Beitrag aber noch nicht erhoben hat. Die Vorschrift, daß „anstelle der §§ 127 bis 133 die bisherigen Vorschriften" zur Anwendung kommen sollen, bedeutet zweierlei: aa) Zunächst ist mit dieser Regelung der allgemeine Grundsatz für das BBauG für anwendbar erklärt, daß für ein nach altem Recht entstandenes Schuldverhältnis die bisherigen Vorschriften maßgebend bleiben (vgl. Art. 170 EGBGB und BVerwGE 10, 282/287; 13, 80/82; 15, 48/50). Nach dem alten Recht beurteilt sich daher die Frage, ob eine Beitragspflicht entstehen konnte und — wenn das bejaht wird — welchen Inhalt und welchen Umfang die Beitragsschuld hat; nach ihm ist auch zu entscheiden, ob die Forderung von der Gemeinde noch eingezogen werden kann. Ist das vor dem 30. Oktober 1960 entstandene „gesetzliche Schuldverhältnis" erloschen oder stehen der Forderung Einreden entgegen, kann die Beitragspflicht also nicht mehr geltend gemacht werden, so bleibt es hierbei. Ein gleichwohl ergangener Beitragsbescheid wäre rechtswidrig. bb) Hierin erschöpft sich die Bedeutung der Vorschrift aber nicht: Ist eine Beitragsforderung aufgrund des alten Rechts entstanden und kann sie noch geltend gemacht werden, so hat ihre Abwicklung nach Maßgabe der §§ 134 und 135 BBauG zu erfolgen. Das ergibt sich nämlich daraus, daß nicht der gesamte Zweite Abschnitt des Sechsten Teiles des BBauG, sondern nur die §§ 127 bis 133 BBauG in diesem Fall keine Anwendung finden sollen. Beitragspflichtig ist somit derjenige, der im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides Eigentümer (bzw. Erbbauberechtigter) ist. Der nach altem Recht entstandene Beitrag ruht — wie ein nach neuem Recht entstandener — als öffentliche Last auf dem Grundstück; Fälligkeit und Zahlung beurteilen sich nach neuem Recht. Dagegen zählt nicht zu den „bisherigen Vorschriften" im Sinne des § 180 Abs. 1 die Bestimmung in § 133 Abs. 4, da nach dem zweifelsfreien Wortlaut des § 180 Abs. 1 die Anwendung des § 133, also auch seines Abs. 4, ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die erstgenannte Vorschrift enthält eine Übergangsregelung, die an einen Sachverhalt anknüpft, dessen Voraussetzungen im zeitlichen Geltungsbereich des alten Rechts eingetreten sind, dessen Abwicklung aber in den Wirkungsbereich des neuen Rechts hineinfällt. Ihre Bedeutung besteht in der Klarstellung, welche Vorschriften des neuen Rechts bei der Abwicklung dieser Fälle keine Anwendung finden sollen. b) In der nach § 189 Abs. 1 BBauG ebenfalls am 30.10. 1960 in Kraft getretenen Bestimmung des § 180 Abs. 2 BBauG ist klargestellt, daß die Gemeinden nicht ermächtigt sind, nach dem BBauG einen Beitrag für eine Erschließungsanlage zu erheben, wenn eine Beitragspflicht für diese aufgrund 870
Überleitungs- u n d Schlußvorschriften
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des bisher geltenden Rechts nicht entstehen konnte. Das ergibt: Nach § 133 Abs. 4 BBauG konnte eine Beitragspflicht nur dann entstehen, wenn im bisher geltenden Recht hierfür eine ausreichende Rechtsgrundlage bestand. §180 Abs. 2 BBauG regelt somit eine rechtliche Voraussetzung für die Anwendung des § 133 Abs. 4 BBauG. Beide Vorschriften besagen zusammengenommen folgendes: Ist eine persönliche Beitragspflicht für eine am 30. Oktober 1960 bereits hergestellte Erschließungsanlage, für die eine Beitragspflicht der Anlieger entstehen konnte, noch nicht entstanden, so entsteht sie kraft Gesetzes mit dem 30. Oktober 1960. Dabei ist davon auszugehen, daß der Begriff der „vorhandenen Erschließungsanlage" sich nicht deckt mit dem Begriff der „vorhandenen Straße", den die Rechtsprechung zum preußischen Anliegerbeitragsrecht entwickelt hat. Die „vorhandene Erschließungsanlage" des § 180 Abs. 2 BBauG ist lediglich eine andere Bezeichnung für die „bereits hergestellte Erschließungsanlage" des § 133 Abs. 4 BBauG. c) Das Gesetz verwendet den Ausdruck „Beitragspflicht" in § 180 Abs. 1 für die persönliche und konkrete Pflicht des Eigentümers, der Gemeinde den für die Erschließung seines Grundstücks aufgewendeten Betrag zu erstatten, in Abs. 2 dagegen für die gesetzliche und allgemeine Verpflichtung der Anlieger, zu den Kosten für die Herstellung einer Erschließungsanlage beizutragen. Eine Beitragspflicht kann aber für ein einzelnes Grundstück nur dann entstehen, wenn eine gesetzliche Beitragspflicht für die Erschließungsanlage besteht, ander das Grundstück liegt. § 180 Abs. 2 BBauG schränkt die Vorschrift des § 180 Abs. 1 BBauG somit nicht ein, sondern ergänzt sie. Beiden Vorschriften ist in tatsächlicher Richtung gemeinsam, daß sie sich auf Erschließungsanlagen beziehen, die am 30. Oktober 1960 vorhanden waren. In § 180 Abs. 1 BBauG ist in rechtlicher Hinsicht vorausgesetzt, daß für die vorhandene Erschließungsanlage eine allgemeine gesetzliche Beitragspflicht besteht, aus der eine Beitragspflicht für das einzelne Grundstück entstehen konnte. Besteht eine solche Beitragspflicht nicht, so kommt die in § 180 Abs. 1 BBauG angeordnete Rechtsfolge nicht zum Zuge. Die Frage, ob eine Anlage insgesamt „beitragspflichtig" ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des bisherigen Rechts. Das ist in § 180 Abs. 1 BBauG für den Fall ausgesprochen, daß für die Grundstücke an einer vorhandenen Erschließungsanlage vor dem 30. Oktober 1960 eine Beitragspflicht bereits entstanden war; in §180 Abs. 2 BBauG ist zusätzlich klargestellt, daß dieser Grundsatz auch dann gelten soll, wenn eine Beitragspflicht vor dem 30. Oktober 1960 noch nicht entstanden ist. Die Gemeinde soll auch in diesem Fall einen Beitrag nur dann erheben dürfen, wenn aufgrund des alten Rechts ein Beitragsschuldverhältnis bestanden hat, aus dem eine Beitragsforderung entstehen konnte. d) Der Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, für das nach § 62 BayBO 1901 im Bebauungsfalle eine Beitragspflicht entstanden wäre, ist beim Inkrafttreten des BBauG nach den Übergangsvorschriften dieses Gesetzes zu Erschließungskosten für eine vor dem Stichtag hergestellte Straße, 871
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11. Teil
durch die das Grundstück erschlossen wird, heranzuziehen. Aus dem U des BVerwG vom 28. 9. 1965 (NJW 1966, 72), das den Rechtskreis des Preußischen Fluchtliniengesetzes betrifft, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Anders als in Bayern, wo aufgrund des § 62 BayBO 1901 im Bebauungsfalle eine unmittelbare, in der Form eines Zwangs zum Vertragsabschluß gehüllte Beitragspflicht entstand, war auch dem Preußischen Fluchtliniengesetz zum Entstehen einer Beitragspflicht eine Ortssatzung nötig. Wurde im preußischen Rechtsbereich ein Haus gebaut, ehe eine solche Ortssatzung bestand, entstand nicht nur keine Beitragspflicht, sondern sie konnte nicht entstehen, so daß der Tatbestand des § 180 Abs. 2 BBauG erfüllt ist. Dieses Ergebnis beruht gerade auf der Verschiedenheit des preußischen vom bayerischen Recht. e) Für bebaute Grundstücke an vorhandenen Straßen hat das BBauG gemäß § 180 Abs. 2 nur mit Einschränkungen eine Beitragspflicht ausgelöst. Da im bayerischen Rechtsbereich nach § 62 BayBO 1901 grundsätzlich bereits die erste genehmigungspflichtige Bauführung auf dem Grundstück von der Leistung einer Straßenkostensicherung bzw. des Straßenkostenrückersatzes abhängig gemacht werden sollte, entsprach es nach dem bisherigen Recht im allgemeinen nicht dem typischen Verlauf, daß ein Grundstück erst nach dem ersten Baufall zu den sich aus dieser Vorschrift ergebenden Verpflichtungen herangezogen wurde. Etwas anderes galt nur, wenn beim ersten Baufall eine spätere Heranziehung ausdrücklich vereinbart wurde oder wenn mit der ersten Bauführung nur ein Teil der Baufläche des Grundstückes ausgenutzt wurde, so daß bei regelmäßigem Verlauf noch mit einer weiteren unter dem Genehmigungsvorbehalt des § 62 BayBO 1901 stehenden Bauführung auf dem Grundstück zu rechnen war (vgl. BayVGH n. F. 19, 43/53). Deshalb wurde bei bereits bebauten Grundstücken das künftige Entstehen einer Beitragspflicht nur dann als im regelmäßigen Verlauf liegend angesehen, wenn das Grundstück bisher mit einem widerruflich genehmigten Bauwerk oder mit dem vorhandenen genehmigten Bauwerk noch nicht funktionsgerecht bebaut war (vgl. BayVGHE vom 25.7.1966 Nr. 143 IV 65, vom 11.8.1966 Nr. 203 IV 65 und vom 28. 10. 1966 Nr. 96 IV 66). Ob ein Grundstück bei Inkrafttreten des BBauG — auf diesen Zeitpunkt wird das Entstehen der Beitragspflicht vorverlegt — noch bebaubar war mit der Folge, daß eine Verpflichtung nach § 62 BayBO 1901 typischer Weise noch zu erwarten war, hängt zunächst von den bestehenden planungsrechtlichen Festsetzungen ab (vgl. auch BVerwG vom 25. 2. 1964 I C 100.63, KStZ 1964, 243). Bestanden für das betreffende Gemeindegebiet keine planungsrechtlichen Festsetzungen, so kommt es darauf an, ob das Grundstück ungeachtet seiner bereits vorhandenen Bebauung nach der Verkehrsauffassung bereits als im wesentlichen bebaut oder aber noch als zur Bebauung anstehend anzusehen war. Hierbei sind insbesondere Art, Lage und Zweckbestimmung der vorhandenen Bauführung sowie der Zuschnitt des Grundstücks und vergleichsweise die bauli872
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che Nutzung des gesamten Baugebiets an der Erschließungsanlage zu berücksichtigen. Aus den Überleitungsvorschriften des BBauG ergibt sich für die am Stichtag in Bayern (30. 6.1961) endgültig hergestellten Ortsstraßen in Gemeinden, in denen § 62 BayBO 1901 (oder § 81 MBO) anzuwenden war, folgendes: War zwischen der Gemeinde und dem an der Erschließung Interessierten über die Straßenkosten ein Vertrag geschlossen worden, so richten sich die Ansprüche der Gemeinde gemäß § 180 Abs. 1 BBauG allein nach dem Vertrag. Liegt kein Vertrag über die Straßenkosten vor, so kommt es nach dem Sinngehalt des § 180 Abs. 2 BBauG darauf an, ob am 30. 6. 1916 aufgrund §62 BayBO 1901 (oder des §81 MBO) noch eine Beitragspflicht entstehen konnte. Das Entstehenkönnen einer Beitragspflicht im Sinne des § 180 Abs. 2 BBauG erfaßt jedoch nicht jede nur denkbare Möglichkeit; es ist vielmehr auf normale, typischerweise eintretende Baufälle einzugrenzen (vgl. BVerwGE vom 16. 3. 1966 BayVBl. 1966, 317), so daß atypische Fälle ausscheiden. Bei bebauten Grundstücken wird sich regelmäßig ergeben, daß eine Anwendung der §§ 133 Abs. 4 und 180 Abs. 2 BBauG daran scheitert, daß eine Beitragspflicht nur aufgrund eines außerhalb des regelmäßigen Verlaufs liegenden, also atypischen Vorgangs entstehen könnte (Beispiel: ein Grundstück ist mit einem Doppelwohnhaus bebaut; wenn diese Bebauung als funktionsgerecht anzusehen ist, ist die Heranziehung des Eigentümers anläßlich des Baues einer Garage, der noch möglich wäre, nicht zulässig, weil ein atypischer Fall vorliegt. Vgl. BayVGH U vom 12. 6. 1967 Nr. 39 IV 67 und vom 9. 12. 1965 Nr. 155 IV 63). Das BBauG hat nach seinem zeitlichen Geltungswillen für die Gemeinden nicht erst eine Rechtsgrundlage schaffen wollen, die sie dazu ermächtigt, die Anlieger an bereits vorhandenen Erschließungsanlagen zum Kostenersatz heranzuziehen. § 127 Abs. 1 BBauG kommt als Rechtsgrundlage nur in Betracht, wenn der für die Entstehung der Beitragspflicht nach dem Bundesbaugesetz maßgebende Tatbestand, nämlich die Herstellung der Straße, unter der Geltung des Bundesbaugesetzes verwirklicht worden ist. In die bis zum 30. 6.1961 bestehende Rechtslage hat das Bundesbaugesetz nur insoweit eingreifen wollen, als der unter der Geltung des bisherigen Rechts durch die Herstellung der Erschließungsanlage begonnene rechtliche Tatbestand noch der Vollendung bedurft hat. Den nach dem bisherigen Recht die Beitragspflicht konkretisierenden Tatbestand, der bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes noch nicht verwirklicht gewesen ist, hat § 133 Abs. 4 BBauG kraft Gesetzes verwirklicht. f) Nach dem Sinn des § 180 Abs. 2 BBauG scheidet die Erwägung aus, jedes Grundstück könne durch Beseitigung des vorhandenen Gebäudes wieder zum unbebauten Grundstück werden. Auch kann von einer nach dem regelmäßigen Verlauf gegebenen Möglichkeit der Entstehung einer Beitragspflicht nicht gesprochen werden, wenn ein Grundstück mit der ersten Bauführung vollständig oder im wesentlichen als bebaut angesehen wurde und erst später 873
§180 3
11. Teil
aufgrund der veränderten Baugepflogenheiten nach dem jetzt maßgebenden Bebauungsplan noch eine weitere Bebaubarkeit des Grundstücks angenommen wird (z. B. durch Aufbau eines Geschosses, Anbau eines Raumes oder durch Aufteilung des funktionsgerecht genutzten einheitlichen Grundstücks). In diesen Fällen stellt sich die spätere Heranziehung des Grundstücks als atypischer Vorgang dar, weil die Beteiligten (Bauordnungsbehörde, Bauwerber, Gemeinde) unter den im Zeitpunkt des ersten Baufalls obwaltenden Umständen nicht davon ausgehen bzw. nicht damit zu rechnen brauchten, daß die bei der ersten Gelegenheit zulässige, aber unterlassene Regelung des Straßenkostenersatzes in absehbarer Zeit bei einem späteren Baufall auf dem nämlichen Grundstück nachträglich herbeigeführt werden könne. Ein solches Verhalten wäre allenfalls vertretbar, wenn nach den Umständen des Einzelfalles von vornherein noch eine weitere Bebauung des Grundstücks (z. B. zur Schließung einer Baulücke) zu erwarten war. Die Überleitungsregelung der §§ 133 Abs. 4, 180 Abs. 2 BBauG soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu führen, daß Sachverhalte, die von den Anliegern mit der Bebauung des Grundstücks als abgeschlossen angesehen werden durften, jetzt wieder aufgegriffen und zum Anlaß einer finanziellen Belastung der Anlieger gemacht werden ohne Rücksicht darauf, daß etwa bei Fortgeltung des bisherigen Rechts einer solchen nach der vollständigen Bebauung des Grundstücks entstandenen Belastung der Anlieger der Gesichtspunkt der Verwirkung entgegengestanden hätte. Der Zweck der §§ 133 Abs. 4 und 180 Abs. 2 BBauG kann also nur darin gesehen werden, den Gemeinden insoweit ein Abwälzungsrecht zu erhalten und mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes zu konkretisieren, als auf der Grundlage des früheren Rechts nicht bei atypischen, sondern nur bei regelmäßigem Verlauf noch eine Beitragspflicht entstehen konnte. g) Besonders hervorzuheben ist für die Überleitung im bayerischen Rechtsbereich noch folgendes: Der BayVGH ist zwar in dem Urteil vom 23.11.1965 Nr. 97 IV 62 (BayVBl. 1966, 62) zu dem Ergebnis gelangt, daß unter der Geltung des bisherigen Rechts (§ 62 BayBO 1901) abgeschlossene fortgeltende Vereinbarungen seit der Außerkraftsetzung dieser Bestimmung durch das BBauG (Ablauf des 29. 6. 1961) öffentlich-rechtlicher Natur sind, doch betrifft diese Feststellung nur eine Vereinbarung nach § 62 Abs. 3 BayBO 1901 über die Übernahme und Sicherung der Straßenherstellungskosten. Sie läßt sich wegen der Eigenständigkeit der Übereinkommen über die Abtretung von Straßengrund nicht auf diese übertragen. Das Bundesbaugesetz überläßt die Grundstücksbeschaffung für die Erschließungsstraßen dem freihändigen Erwerb durch die Gemeinden und regelt die Enteignung für den Fall des Nichtzustandekommens eines gütlichen Übereinkommen (vgl. § 85 ff. BBauG). Es hat demnach privatrechtliche Vereinbarungen weder ausgeschlossen noch Übereinkommen abweichend von dem bisherigen Rechtszustand dem öffentlichen 874
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§ 180 4
Recht unterstellt. N u r der Gegenstand bisheriger Vereinbarungen im Sinne des § 62 Abs. 3 BayBO 1901 (§ 81 Abs. 1 MBO) über die Tragung der Straßenherstellungskosten wurde einer öffentlich-rechtlichen (subordinationsrechtlichen) Regelung unterstellt, die Vereinbarungen über Grundstücksabtretungen waren u n d sind zivilrechtlicher Natur. Bei Streitigkeiten hierüber sind daher die Zivilgerichte, nicht die Verwaltungsgerichte zuständig (BayVGH U vom 7. 6. 1967, Nr. 2 IV 67, ASlg. BayVGH 20, 62; vgl. auch unten Anm. 8 B Nr. 8). Wegen „Eigentümerwechsel" siehe bei § 134 (a). 4. Behandlung unbebauter Grundstücke im Sinne von Abs. 3 N a c h § 128 Abs. 3 Nr. 2 umfaßt der Erschließungsaufwand nicht die Kosten f ü r die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. u n d II. O r d n u n g (Staats- und Kreisstraßen), soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern. Diese Bestimmung findet aber nach § 180 Abs. 3 keine Anwendung (d. h. es ist ein Erschließungsbeitrag zu erheben), soweit es sich um unbebaute Grundstücke handelt, die beim Inkrafttreten des Gesetzes (29. Juni 1961; siehe oben Anm. 1) an Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen usw. liegen und soweit nicht § 180 Abs. 2 gegeben ist, d. h. soweit es sich nicht um bereits vorhandene Erschließungsanlagen handelt, für die eine Beitragspflicht aufgrund der bis zum Inkrafttreten des BBauG geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte (siehe oben Anm. 2 und 3). Sinn und Zweck des Abs. 3 ist es, eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung der dort bezeichneten unbebauten Grundstücke gegenüber bebauten und bereits zum Erschließungsbeitrag herangezogenen Grundstücke auszuschließen,. Das BBauG hat es für die bei seinem Inkrafttreten bereits vorhandenen Erschließungsanlagen hinsichtlich der Rechtsgrundlage beim bisherigen Recht belassen, weil sich das in § 127 BBauG verankerte Recht u n d die Pflicht zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen nur auf die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes hergestellten Einrichtungen bezieht (vgl. BVerwGE 18, 80; BayVGH n. F. 19, 43/50 ff.). Es stellt sich nun hier die Frage, ob diese Grundsätze auch für den Fall des § 180 Abs. 3 BBauG (unbebautes Grundstück an Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen usw.) gelten. Der Wortlaut des § 180 Abs. 3 könnte darauf hindeuten, daß sich in solchen Fällen die Beitragspflicht ausschließlich nach dem Erschließungsrecht des BBauG bestimmt. Zu dieser Auffassung neigt auch ein Teil des Schrifttums, wobei allerdings ein einleuchtender G r u n d für eine solche Regelung vermißt wird (vgl. Schmidt, H a n d b u c h des Erschließungsrechts, S. 352; Finkler, Erschließungsrecht, 2. Aufl. Anm. 10 zu § 180 BBauG; a. A. offenbar Cholewa, Erschließungsbeitragsrecht, 3. Aufl. S. 250). Der Zweck der Vorschrift ist ersichtlich darauf gerichtet, die Vorschrift des § 128 Abs. 3 Nr. 2 BBauG (Beschränkung 875
§180 6
11. Teil
des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes auf die die freie Strecke der Staatsstraße überschreitende Fahrbahnbreite) in den genannten Überleitungsfällen nicht anzuwenden, um eine sonst u. U. mögliche Begünstigung der unbebauten Grundstücke gegenüber bebauten und bereits zu einer Kostenbeteiligung herangezogenen Grundstücke zu vermeiden (siehe oben). Dieses Anliegen hätte allerdings keiner gesonderten Regelung bedurft, weil die Anwendung der Vorschriften des BBauG über den beitragsfähigen Erschließungsaufwand für die Übergangsfälle durch § 133 Abs. 2 und 4 i. V. mit § 180 Abs. 2 BBauG ohnehin ausgeschlossen ist.Andererseits verweist § 180 Abs. 3 selbst ausdrücklich auf Abs. 2 dieser Vorschrift und stellt damit die Anwendung der Vorschrift unter den für sämtliche Übergangsfälle des § 133 Abs. 4 BBauG kennzeichnenden Vorbehalt, daß für Grundstücke an den vor Inkrafttreten des BBauG hergestellten Erschließungsanlagen nur insoweit eine Beitragspflicht entstehen kann, als nach der Regelung des bisherigen Rechts eine Beitragspflicht entstehen konnte. Nach ihrem Sinngehalt und Zusammenhang mit den übrigen Überleitungsvorschriften läßt die nach ihrem Wortlaut in sich widersprüchliche Vorschrift (vgl. auch Cholewa, a. a. O., S. 114 und 250) daher nur die Auslegung zu, daß es auch bei den unbebauten Grundstücken an vorhandenen Ortsdurchfahrten bei den Grundsätzen der §§ 133 Abs. 4 und 180 Abs. 2 BBauG mit der Folge verbleibt, daß eine Beitragspflicht bei Inkrafttreten des BBauG nur dann und insoweit entstanden ist, als sie auch nach den Vorschriften des bisherigen Rechts im Baufall, den § 133 Abs. 4 BBauG auf den 30. 6.1961 vorverlegt, entstehen konnte (vgl. BayVGH U vom 21.7. 1967, Nr. 178 IV 66). 5. Redaktionsversehen bei Abs. 4 Abs. 4 hat infolge der Abänderung des § 128 Abs. 2 durch das Plenum des Bundestags (vgl. 114. Sitzung des 3. BT S. 6468, 6514 - Umdruck 615 Nr. 19) seinen Sinn verloren, da er auf die alte, vom federführenden Ausschuß vorgeschlagene Fassung (§ 150 Abs. 2 E, vgl. DS 1794 S. 95) abgestellt hatte. Infolge eines Redaktionsversehens unterblieb die Streichung durch den BT sowohl bei der Erstfassung wie auch anläßlich der Novelle 1976. 6. Anrechnung von unentgeltlichen Geländeabtretungen (Abs. 5) Abs. 5 trägt den Fällen Rechnung, in denen für eine vor Inkrafttreten des BBauG entstandene Beitragspflicht nach Abs. 1 der Beitrag nach bisherigem Recht ermittelt und erhoben worden ist und dabei frühere unentgeltliche Geländeabtretungen, die nach den bisherigen Vorschriften vielfach gefordert wurde, nicht zugunsten des Abtretenden berücksichtigt worden sind; hier ist der Wert dieser Geländeabtretungen (maßgebend ist der Verkehrswert im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht; vgl. zum Verkehrswert § 141 und die dortigen Anmerkungen) vom Erschließungsbeitrag verhältnismäßig abzuziehen. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn die Gemeinden den Wert des 876
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§ 180 8
unentgeltlich abgetretenen Grundstücks(-teils) in die Beitragsrechnung einbezogen hat; sie muß dann den Verkehrswert dieses Grundstücks oder Grundstücksteils dem Beitragspflichtigen, der seinerzeit unentgeltlich abgegeben hat, anteilsmäßig anrechnen. Zu beachten ist, daß § 180 Abs. 5 BBauG im Falle der Erhebung des Erschließungsbeitrags nach den §§ 127 ff. BBauG auch nicht entsprechend angewendet werden kann; siehe unten Anm. 8 B 9; vgl. aber auch § 128 Abs. 1 Satz 2 und Anm. 2 zu § 128. Für Ansprüche auf RückUbereignung von Grundstücksteilen, die zum Straßenbau unentgeltlich abgetreten, aber nicht für diesen Zweck verwendet worden sind, ist der Zivilrechtsweg gegeben (BayVGH U vom 15. 1. 1969, Nr. 113 II 64, BayVBl. 1969, 175). 7. Abwicklung vorheriger Ländervorschriften (Abs. 6) Die Beschaffenheit der in den einzelnen Ländern vorher üblichen privatrechtlichen Vereinbarungen über die Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten lassen eine bundesrechtliche Regelung ihrer Abwicklung nicht zweckmäßig erscheinen. Abs. 6 enthält daher einen Vorbehalt für die Landesgesetzgebung. Eine Frist für das Tätigwerden der Länder ist nicht vorgesehen, doch ergibt sich aus der Natur der Sache, daß es alsbald erfolgen muß, da es sich um Übergangsvorschriften handelt. Zu beachten ist, daß für die Länder eine Regelung durch Gesetz vorgeschrieben i«t. 8. Rechtsprechung A. Höchstrichterliche Rspr. 1. BVerwG U vom 25. 2. 1964 (I C 124/63) DVB1. 1964, 746 = BayVBl. 1964, 329 = Z M R 1964, 398 = KStZ 1964, 242 = BBauBl. 1964, 507 Eigentümer solcher Grundstücke, für die vor dem 30. 10.1960 eine Anliegerbeitragspflicht entstanden, aber verjährt ist, sind nach § 133 Abs. 4 Satz 1 BBauG nicht erneut beitragspflichtig geworden.
2. BVerwG U vom 25. 2. 1964 (I C 19/63) DVB1. 1964, 744 = BayVBl. 1964, 328 = Z M R 1964, 381 Nach seinem zeitlichen Geltungsbereich kommt § 133 Abs. 1 BBauG nicht auf Erschließungsanlagen zur Anwendung, die vor dem 30. 10. 1960 hergestellt worden sind.
3. BVerwG U vom 25. 2. 1966 (IV C 82.65) DWW 1966, 212 Ein Erschließungsbeitragsanspruch der Gemeinde, der beim Inkrafttreten des BBauG bereits verjährt war, ist nach diesem Gesetz nicht neu entstanden.
4. BVerwG U vom 16. 3. 1966 (IV C 142.65) BayVBl. 1966, 317 Auch soweit bei der Überleitung des Erschließungsbeitragsrechts § 180 Abs. 2 BBauG im bayerischen Rechtsbereich anzuwenden ist, sind die nach der Rechtspre877
§180
8
11. Teil
chung des Bundesverwaltungsgerichts (siehe BVerwGE 18, 80/95) von der Beitragspflicht auszunehmenden „atypischen Fälle" nicht enger zu fassen als im ehemals preußischen Rechtsbereich (§ 15 PrFLG). 5. BVerwG U v o m 25. 2. 1966 (IV C 82.65) Z M R 1967, 57 Ist eine Beitragsforderung für eine fertiggestellte Straße verjährt, so ist die Heranziehung des Anliegers nach § 133 Abs. 4 BBauG ausgeschlossen. 6. BVerwG U vom 16. 3. 1966 (IV C 142.65) D Ö V 1967, 213 = Z M R 1966, 337 Gemäß § 180 Abs. 2 BBauG kann eine Beitragserhebung nach dem Bundesbaugesetz auch durch einen unter der Geltung alten Rechts abgeschlossenen Vertrags ausgeschlossen sein. 7. BVerwG U vom 5. 11. 1966 (IV C 193.65) DVB1. 1967, 245 = N J W 1967, 71 a) Die Frage, ob eine Rechtsgrundlage für die Entstehung einer Erschließungsbeitragspflicht für ein an einer bei Inkrafttreten des BBauG bereits hergestellten Straße gelegenes Grundstück vorhanden ist, ist nicht revisibel. b) Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß von der Entstehung der Beitragspflicht gemäß § 180 BBauG auch solche Grundstücke ausgeschlossen sind, für die die Beitragspflicht nur bei atypischem Geschehensablauf entstanden wäre, und ob es den Begriff des „Typischen" gegenüber dem des „Atypischen" zutreffend ausgelegt hat. c) Für ein bebaubares Grundstück, dessen vorhandene Bebauung nur befristet und widerruflich genehmigt ist, wäre die spätere Entstehung der Beitragspflicht nach § 81 Münchener BO typisch gewesen. 8. BVerwG U vom 2. 12. 1966 (IV C 127.65) DVB1. 1967, 291 = D Ö V 1968, 145 Die Geschäftsgrundlage alter Anbauverträge kann durch das BBauG wesentlich beeinträchtigt worden sein. § 180 Abs. 1 BBauG ist ausnahmslos am 30. 10. 1960 in Kraft getreten. Auf Erschließungsbeiträge für Straßen, die vom 30. 10. 1960 bis zum 29. 6. 1961 hergestellt worden sind, können weder die §§ 127 bis 132 BBauG noch die hierauf beruhenden Ortssatzungen angewendet werden. Für sie gilt insoweit vielmehr altes Landes- und Ortsrecht (Fortsetzung der Rspr. in DvBl. 1964, 443 und 744). 9. BVerwG U vom 10. 2. 1967 (IV C 121.65) BVerwGE 26, 180 = D Ö V 1968, 144 Ein bei Inkrafttreten des BBauG teilweise bebautes Grundstück kann bei einheitlicher Nutzung des Grundstücks für eine zu dieser Zeit bereits hergestellte Erschließungsanlage nach dem BBauG grundsätzlich nicht zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen werden. 10. BVerwG U vom 1 1 . 9 . 1 9 6 7 (IV C 168.65) VerwRspr. 19, 467 = BayVBl. 1967, 428 Ein einheitlich genutztes Grundstück kann in aller Regel nicht mehr zu Erschließungskosten herangezogen werden, die für alte Straßen entstanden sind.
878
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§180 8
11. BVerwG U vom 15.3.1968 (IV C 141.65) BBauBl. 1968, 521 BayVBl. 1968, 354
=
a) Eine in Bayern durch Sicherungsvertrag begründete Erschließungsbeitragspflicht ist heute rechtmäßige Grundlage für die Anforderung des Beitrags durch Bescheid. b) Anstelle des durch Sicherungsvertrag verpflichteten früheren Eigentümers eines Grundstücks kann der gegenwärtige Eigentümer nur dann zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden, wenn der Eigentumswechsel nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erfolgt ist.
12. BVerwG U vom 21. 5. 1969 (IV C 93.67) BayVBl. 1970, 252
a) Der Abschluß eines reinen Straßensicherungsvertrages oder das Fehlen eines Vertrages steht der Anwendung des neuen Erschließungsrechts für neu hergestellte Straßen in Bayern nicht entgegen. b) Der Abschluß eines Ablösungsvertrages schließt die Anwendung des neuen Erschließungsrechts auch für neu hergestellte Straßen aus.
13. BVerwG U vom 2. 7. 1969 (IV C 71.68) DVB1. 1970, 81
Die Anrechnung des Wertes einer Grundstücksfläche, die der Gemeinde zum Straßenbau überlassen worden ist, auf den Erschließungsbeitrag ist im BBauG nur für den Fall geregelt worden, daß weder bei Abtretung des Landes noch später eine Entschädigung hierfür zu zahlen war (§ 180 Abs. 5 BBauG).
14. BVerwG U vom 10. 10. 1969 (IV C 150.68) BayVBl. 1971, 472
Hat ein bayerischer Anlieger sich vertraglich verpflichtet, die Kosten für eine Erschließungsanlage bei der Bebauung seines Grundstückes zu erstatten, so ist seine Beitragspflicht für das noch unbebaute Grundstück mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes entstanden.
15. BVerwG U vom 29. 5. 1970 (IV C 141.68) BayVBl. 1971, 19 = M D R 1970, 954
Der Abschluß eines sog. bayerischen Straßensicherungsvertrages steht der Anwendung des neuen Erschließungsrechts für neu hergestellte Straßen in Bayern nur dann entgegen, wenn im Vertrag eindeutig zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die Beitragspflicht damit für alle Zeiten abgelöst werden sollte (Fortsetzung der Rspr. in BVerwG IV C 136.65 und BVerwG IV C 93.67).
16. BVerwG U vom 11. 12. 1970 (IV C 25.69) DVB1. 1971, 508
Wer seinerzeit tatsächlich unentgeltlich Land abgetreten hat, muß auch nach der Ansicht des erkennenden Senats dies heute gegen sich gelten lassen und sich an den im übrigen entstandenen Kosten beteiligen (BVerwG IV C 88.68 in DÖV 1970, 426). Sollten freilich Straßensicherungsverträge dahin ausgelegt werden, daß sie auf der Grundlage abgeschlossen worden seien, jeder Anlieger habe nach Landesrecht das benötigte Land unentgeltlich abzutreten, und sollten die Gerichte der Länder deswegen zu der Überzeugung gelangen, diese Geschäftsgrundlage sei durch das neue Erschließungsrecht derart erschüttert, daß nunmehr auch nachträglich aus alten Verträgen dieser Art Entschädigungen zu zahlen seien, so wäre das bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Indessen wird bei Prüfung der Geschäftsgrundlage nicht außer acht zu lassen sein, daß derjenige, der früher Land unentgeltlich abgetreten hat, auch früher bauen konnte und schon daraus einen besonderen Vorteil erlangt hat. 879
§180
11. Teil
8
17. BGH U vom 12.3.1971 ( V Z R 113/68) NJW 1971, 1137 = 1971, 469 = DVB1. 1971, 706 = DÖV 1971, 823 = Z M R 1971, 386
MDR
Die in § 180 Abs. 5 BBauG getroffene Regelung hinsichtjich des Erschließungsbeitrags berührt nicht die Verpflichtung auf „unentgeltliche" Übereignung des Straßenlandes, die der ehemalige Eigentümer des erschlossenen Landes in einem Baudispensvertrag gegenüber der Gemeinde eingegangen ist. Eine Nachzahlung der Gemeinde kommt nicht in Frage.
18. BVerwG U vom 25. 8. 1971 (IV C 84.69) BayVBl. 1972, 301
In Bayern kann der Anlieger, der nach bayerischem Recht einen Anspruch auf Entschädigung des zum Straßenbau abgetretenen Landes gegenüber einem anderen Anlieger hatte, diesen Anspruch nunmehr gegenüber der Gemeinde geltend machen.
B. Andere Gerichte 1. BayObLG B vom 28. 9. 1962 (BReg 2 Z 40/62) DÖV 1963, 72 = NJW 1962, 2157 = DVB1. 1963, 121
Haben eine Gemeinde und ein Grundstückseigentümer vor dem Inkrafttreten des BBauG einen Vertrag über die Herstellung der Anliegerstraße durch die Gemeinde geschlossen, so können Kostenforderungen der Gemeinde hieraus auch jetzt durch eine Hypothek dinglich gesichert werden.
2. OVG Hamburg U vom 14.3.1963 (Bf II 77/62) DWW 1963, 322 = Z M R 1964, 32 a) Von der Beitragspflicht sind nach § 180 Abs. 2 BBauG diejenigen Grundstücke ausgenommen, die ausschließlich vor dem Inkrafttreten des ersten, aufgrund des § 15 pr. FluchtlG erlassenen Ortsstatus der heranziehenden Gemeinde bebaut worden sind. b) Die Bestimmung des § 180 Abs. 2 BBauG ist so zu lesen, daß für bebaute Grundstücke an bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits fertiggestellten Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht aufgrund der bisherigen Vorschriften ohne Zutun des Anliegers nicht entstehen konnte, auch nach § 113 BBauG kein Beitrag erhoben werden darf.
3. OVG Münster U vom 19. 6. 1963 (III A 1134/61) DÖV 1963, 844
a) Grundsätzlich unterliegen auch bebaute Grundstücke der Beitragspflicht nach dem Bundesbaugesetz. b) § 180 Abs. 2 BBauG erfaßt nur solche Erschließungsanlagen, die nach bisherigem Recht für keines der an ihnen gelegenen Grundstücke eine Beitragspflicht in Vergangenheit oder Zukunft entstehen ließen.
4. Kammergericht Berlin B vom 5. 3. 1964 (1/4 57/63 1964, 351
VH) BBauBl.
§ 180 Abs. 6 BBauG ist auf Verpflichtungen zur Übernahme von Straßenbaukosten, die auf Verträgen des Privatrechts beruhen, nicht anwendbar.
5. OVG Münster U vom 15. 7. 1964 (III A 149/63) Z M R 1964, 349 = DWW 1964, 391 = KStZ 1964, 245
War für ein bebautes Grundstück, das am 29. 10. 1960 an eine hergestellte Erschließungsanlage grenzte, nach dem Ortsrecht der Gemeinde eine Anliegerbeitragspflicht noch nicht entstanden, so entstand sie am 30. 10. 1960, falls nach diesem Zeitpunkt bei typischem Geschehensablauf eine Beitragsforderung alten Rechts entstanden wäre.
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Überleitungs- und Schlußvorschriften
§ 180 8
6. BayVGH U vom 5.11.1964 (Nr. 148 IV 63) BayVBl. 1965, 23 BayBgm. 1964, 275
=
7. BayVGH U vom 5.11.1964 (Nr. 148 IV 63) BayVBl. 1965, 23 BayBgm. 1964, 275 = DVB1. 1965, 300
=
Der Begriff „Beitragspflicht für Grundstücke" umfaßt alle Verpflichtungen zur Beteiligung des Anliegers an der Herstellung von Erschließungsanlagen, gleichgültig, ob sie hoheitsrechtlicher Natur sind oder auf einem anderen Verpflichtungsgrund beruhen.
Im Geltungsbereich des § 62 BayBO ist bei vorhandenen Erschließungsanlagen eine persönliche Beitragspflicht i. S. des § 180 Abs. 1 BBauG bereits konkretisiert (entstanden), wenn sich der Anlieger anläßlich des Baufalles zur Erlangung der Baugenehmigung zum anteiligen Ersatz der Kosten für die Herstellung der Straße verpflichtet hat.
8. BayVGH U vom 16. 11. 1964 (Nr. 150 IV 63) BayGemZ 1965, 6
Eine Gemeinde kann sich auf die Rechte aus einem Straßenkostenvertrag aus der Zeit vor Inkrafttreten des BBauG gegenüber dem jetzigen Grundstückseigentümer nicht mehr berufen, wenn die Beitragspflicht beim Eigentumswechsel nicht auf diesen übergegangen ist, da § 62 der alten BayBO einen kraft Gesetzes eintretenden Übergang der gemeindlichen Forderung bei Eigentumswechsel nicht gekannt hat. Aber auch nach neuem Recht ist kein Anspruch für die Gemeinde erwachsen, denn eine Beitragspflicht für ein Grundstück kann nur einmal entstehen.
9. OVG Lüneburg U vom 28. 4. 1966 (1 OVG A 112/65) KsTZ 1966, 190
Wird eine Straße erst nach Inkrafttreten des BBauG hergestellt, so sind insoweit auch die Eigentümer von Grundstücken erschließungsbeitragspflichtig, die bei Herstellung der Straße unter der Geltung des alten Rechts beitragsfrei geblieben wären, weil sie das Grundstück vor Inkrafttreten des ersten Ortsstatus nach § 15 Preuß. FluchtlG bebaut hatten.
10. OVG Münster U vom 5. 10.1966 (III A 1189/64) DWW 1967, 21 = DVB1. 1967, 121 = DÖV 1967, 212
Der Senat hält auch im Hinblick auf die Entscheidungen des BVerwG zu den Übergangsbestimmungen für das Erschließungsbeitragsrecht an seiner Rechtsprechung fest, daß die Beitragspflicht bei „vorhandenen Straßen" nach § 180 Abs. 2 BBauG nicht gegeben ist.
11. BayVGH U vom 7. 6. 1967 (Nr. 2 IV 67) VGH n. F. 20, 62
Vereinbarungen über Grundabtretungen zu öffentlichen Straßen nach § 80 MBO sind auch nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes nicht öffentlich-rechtlicher Natur. Der Senat ist zwar im Urteil vom 23. 11.1965 Nr. 97 IV 62 (BayVBl. 1966, 62) zu dem Ergebnis gelangt, daß unter der Geltung des bisherigen Rechts (§ 62 BayBO 1901) abgeschlossene fortgeltende Vereinbarungen seit der Außerkraftsetzung dieser Bestimmung durch das BBauG (Ablauf des 29. 6. 1961) öffentlich-rechtlicher Natur sind. Die Feststellungen des Senats betreffen jedoch eine Vereinbarung nach § 62 Abs. 3 BayBO 1901 über die Übernahme und Sicherung der Straßenherstellungskosten und lassen sich wegen der Eigenständigkeit der Übereinkommen über die Abtretung von Straßengrund nicht auf diese übertragen. 881
§181
11. Teil
12. BayVGH U vom 20. 5. 1968 (Nr. 266 VI 66) BayVBl. 1968, 440 § 180 Abs. 5 BBauG gilt nur für den Fall, daß der Erschließungsbeitrag gemäß § 180 Abs. 1 BBauG nach den bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes geltenden Vorschriften erhoben wird. Er kann im Falle der Erhebung des Erschließungsbeitrags nach den §§ 127 ff. BBauG auch nicht entsprechend angewendet werden.
13. OVG Münster U vom 5. 6. 1968 (III A 983/66) KStZ 1969, 41 Hatte eine Gemeinde bis zum Inkrafttreten des BBauG keine Beitragssatzung nach altem Recht, so kann sie für solche Straßen, für die sie bei fiktivem Erlaß einer solchen Abgabenordnung keine Straßenbaukostenbeiträge hätte erheben können, auch keine Erschließungsbeiträge nach neuem Recht erheben.
14. BayVGH U vom 15. 1. 1969 (Nr. 113 II 64) BayVBl. 1969, 175 Für Ansprüche auf Rückübereignung von Grundstücksteilen, die unter der Geltung der BayBO 1901 zum Straßenbau unentgeltlich abgetreten wurden, aber nicht für diesen Zweck verwendet wurden, ist der Zivilrechtsweg gegeben. Vgl. hierzu auch § 133 Rspr. (6).
§181 Fortgeltung von
Rechtsverordnungen
Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgrund des § 34 Abs. 2 des Baulandbeschaffungsgesetz vom 3. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 720) erlassenen Vorschriften gelten als aufgrund des § 159 Abs. 2 erlassen. § 34 Abs. 2 BauLBG ermächtigte hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Baulandkammern bei den Landgerichten die Landesregierungen, Baulandkammern (statt bei jedem Landgericht) auch für die Bezirke mehrerer Landgerichte bei einem Landgericht zu bilden; ferner konnten die Landesregierungen diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Diese Vorschriften würden mit dem Inkrafttreten des BBauG aufgehoben werden, da nach § 186 Abs. 1 Nr. 20 das BauLBG seine Wirksamkeit in diesem Zeitpunkt verliert. Um zu verhindern, daß diese landesrechtlichen Vorschriften formell außer Kraft treten und erneut aufgrund des § 159 Abs. 2 erlassen werden müßten, bestimmt § 181, daß die vor dem Inkrafttreten des BBauG aufgrund des § 34 Abs. 2 BauLBG erlassenen Vorschriften als aufgrund des § 159 Abs. 2 BBauG erlassen gelten. Die Weitergeltung dieser landesrechtlichen Vorschriften (auch soweit sie von den Landesjustizverwaltungen getroffen wurden) war damit sichergestellt.
882
§183
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§182 Fortbestand von
Umlegungsausschüssen
Soweit aufgrund landesrechtlicher Vorschriften vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Umlegungsausschiisse und Obere Umlegungsausschüsse eingerichtet worden sind, gelten sie als aufgrund des § 46 Abs. 2 eingerichtet, es sei denn, daß die Landesregierungen durch Rechtsverordnungen etwas anderes bestimmen. Damit in den Ländern, in denen bereits Umlegungsausschüsse bestanden, kein Stillstand in der Tätigkeit dieser Ausschüsse bis zum Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 46 Abs. 2 eintrat, hat der seinerzeit, federführende Ausschuß (vgl. zu BT-DS 3/1794, Begründung zu § 220a) einem Wunsch des Bundesratsausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen entsprochen, eine besondere Überleitungsvorschrift für Umlegungsausschüsse zu beschließen. Es ist selbstverständlich, daß diese Vorschrift auch für Obere Umlegungsausschüsse gilt, soweit solche bestehen. Der Vorbehalt zugunsten einer abweichenden landesrechtlichen Regelung war erforderlich, weil die Einrichtung von Umlegungsausschüssen und Oberen Umlegungsausschüssen in den landesrechtlichen Vorbehalt fällt.
ZWEITER ABSCHNITT Überleitungsvorschriften zum Änderungsgesetz vom 6. Juli 1979 § 183 Überleitungsvorschriften für die
Bauleitplanung
(1) Ist vor dem 1. August 1979 mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 2 Abs. 5 begonnen worden, ist die Vorschrift über die Fristsetzung durch die Gemeinde (§ 2 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1) in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. (2) Hat die höhere Verwaltungsbehörde vor dem 1. August 1979 über die Genehmigung des Flächennutzungsplans entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, kann sie die Vorschriften über das Ausnehmen von Teilen des Flächennutzungsplans von der Genehmigung (§ 6 Abs. 3 Satz 2) anwenden. Hat die höhere Verwaltungsbehörde vor dem 1. August 1979 Teile des Flächennutzungsplans von der Genehmigung ausgenommen, ist dies für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 erfüllt sind. (3) Hat die Gemeinde die vereinfachte Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplans vor dem 1. August 1979 beschlossen, ist § 13 in der bis zum 31. Juli 883
§ 183 c
11. Teil
1979 geltenden Fassung anzuwenden. Das Recht der Gemeinde, das Verfahren erneut einzuleiten, bleibt unberührt. § 183 a Uberleitungsvorschriften
für den
Bodenverkehr
(1) Eingeleitete Verfahren nach dem Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils, die die Genehmigung einer Auflassung oder einer Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts zum Gegenstand haben, sind einzustellen, wenn über die Genehmigung vor dem 1. August 1979 noch nicht entschieden ist oder die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Gerichtskosten bleiben in diesem Fall außer Ansatz. (2) Ist über den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für eine Teilung vor dem 1. August 1979 entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, sind die seit dem 1. August 1979 geltenden Vorschriften anzuwenden. (3) Ist eine Genehmigung nach § 21 Abs. 2 vor dem 1. August 1979 versagt worden, ist § 21 Abs. 3 in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. § 183 b Überleitungsvorschriften für die Regelung der baulichen oder sonstigen Nutzung Ist vor dem 1. August 1979 über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, sind die seit dem 1. August 1979 geltenden Vorschriften über die Zulässigkeit von Befreiungen (§ 31 Abs. 2), über die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung (§ 33 Abs. 2) und über die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 5 Nr. 4 und 5) anzuwenden. § 183 c Überleitungsvorschriften
für die Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde
In den Fällen, in denen nach § 19 Abs. 4 Satz 7 und den §§ 31 und 36 das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich sind und vor dem 1. August 1979 das Ersuchen um das Einvernehmen oder die Zustimmung bei der Gemeinde oder der höheren Verwaltungsbehörde eingegangen und darüber nicht entschieden ist, beginnt der Lauf der in § 19 Abs. 4 Satz 7, § 31 Abs. 3 und § 36 Abs. 2 bezeichneten Fristen am 1. Oktober 1979. Das gleiche gilt, wenn das Ersuchen bis zum 30. September 1979 eingeht und darüber vor Ablauf dieser Frist nicht entschieden wird. 884
§ 183 g
Überleitungs- u n d Schlußvorschriften
§ 183 d Überleitungsvorschriften für die
Bodenordnung
(1) Hat die Umlegungsstelle vor dem 1. August 1979 räumliche oder sachliche Teile des Umlegungsplans durch Bekanntmachung in Kraft gesetzt, ist § 71 Abs. 2 und 3 in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. (2) Hat die Umlegungsstelle vor dem 1. August 1979 eine vorzeitige Besitzeinweisung angeordnet, ist § 77 in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. (3) Hat die Gemeinde den Beschluß über die Grenzregelung nach § 82 vor dem 1. August 1979 gefaßt, sind die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Vierten Teils in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. § 183 e Überleitungsvorschrift
für die Erschließung
§ 125 Abs. 1 a ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. August 1979 rechtsverbindlich geworden sind. Dies gilt auch, wenn die Erschließungsanlage vor dem 1. August 1979 hergestellt worden ist. § 183 f Überleitungsvorschriften für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen (1) Sind vor dem 1. August 1979 Flächennutzungspläne bekanntgemacht worden, kann für sie die Wirkung des § 155 a Abs. 1 und 3 nachträglich herbeigeführt werden, wenn die Gemeinde innerhalb von sechs Monaten nach dem 1. August 1979 durch ortsübliche Bekanntmachung auf die in § 155 a Abs. 1 und 3 bezeichneten Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrens- oder Form Vorschriften und Rechtsfolgen sowie auf die in § 155 a Abs. 1 bezeichnete Frist, die mit der Bekanntmachung beginnt, hinweist. (2) § 155 a Abs. 2 und § 155 b sind auch auf Bebauungspläne und Flächennutzungspläne anzuwenden, die vor dem 1. August 1979 bekanntgemacht worden sind. (3) Die Gemeinde kann einen Flächennutzungsplan oder Satzungen, die vor dem 1. August 1979 bekanntgemacht worden sind, unter den Voraussetzungen des § 155 a Abs. 5 auch für einen Zeitpunkt vor dem 1. August 1979 rückwirkend erneut in Kraft setzen. § 183 g Überleitungsvorschriften für die vorzeitige
Besitzeinweisung
Ist vor dem 1. August 1979 ein Beschluß über die vorzeitige Besitzeinweisung er885
§ 183 g 2
11. Teil
gangen, sind die Vorschriften der §§ 155 und 164 in der bis zum 31. Juli 1979 geltenden Fassung anzuwenden. 1. Grundsätzliches zu §§ 183 bis 183 g Die zahlreichen Änderungen der Beschleunigungsnovelle vom 6. 7. 1979 erforderten Überleitungsvorschriften, die aus rechtsförmlichen Gründen als §§•183 bis 183 g in einem Zweiten Abschnitt (Überleitungsvorschriften zum Änderungsgesetz vom 6. 7. 1979) in den Elften Teil des BBauG eingefügt wurden. Der alte § 183 wurde aufgehoben. Die Überleitungsbestimmungen der §§ 183 bis 183g erfassen folgende Vorschriften: § 2 Abs. 5, § 6 Abs. 3, § 13, § 19, § 21, § 31, § 33 Abs. 2, § 36, § 77, § 82, § 125, § 155, § 155a, § 155b und § 164. 2. Zu § 183 — Überleitungsvorschriften für die Bauleitplanung a) Nach altem Recht konnte die Gemeinde den Trägern öffentlicher Belange eine angemessene Frist zur Abgabe der Stellungnahme setzen; sie war hierzu aber nicht verpflichtet. Nach Abs. 1 ist das alte (§ 2 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1) Recht anzuwenden, wenn vor Inkrafttreten dieses Gesetzes mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange begonnen worden ist, d. h. wenn die erste schriftliche Zuteilung oder Anfrage erteilt ist. b) Abs. 2 bringt folgende Regelung: Hat die höhere Verwaltungsbehörde vor dem 1. 8. 1979 über die Genehmigung des FINPlans entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, kann sie die Vorschriften über das Ausnehmen von Teilen des FINPlans von der Genehmigung (§ 6 Abs. 3 Satz 2) anwenden. Hat die höhere Verwaltungsbehörde vor dem 1. 8. 1979 die Teile des FINPlans von der Genehmigung ausgenommen, ist dies für die Rechtswirksamkeit des FINPlans unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 erfüllt sind. Es wird also unterschieden zwischen der Entscheidung über den F1NP1. ohne gleichzeitige Ausnahme von Teilen und einer Entscheidung mit gleichzeitiger Ausnahme von Teilen — beide vor dem 1. 8. 1979 und ohne Eintritt der Unanfechtbarkeit bis dahin. Im ersteren Falle kann (Ermessen!) die höhere Verwaltungsbehörde eine zusätzliche Entscheidung treffen, die u. U. eine große Erleichterung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des „Rest"Plans zur Folge hat. Im zweiten Fall spielt die Ausnahme von Teilen des FINPlans von der Genehmigung dann keine Rolle, wenn die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag der Gemeinde Teile des F1NP1. von der Genehmigung ausgenommen hat (siehe die Erläut. bei § 6). c) Die in § 13 nunmehr vorgesehene Erleichterung der vereinfachten Änderung und Ergänzung des BebPl. findet nach Abs. 3 keine Anwendung, wenn die Gemeinde die vereinfachte Änderung oder Ergänzung des BebPlans bereits vor Inkrafttreten der Novelle (1. 8. 1979) beschlossen hat. Die Gemeinde kann jedoch das Verfahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erneut einlei886
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§ 183 g
5
ten und unter den erleichterten Voraussetzungen dieses Gesetzes durchführen. 3. Zu § 183 a — Überleitungsvorschriften für den Bodenverkehr a) Die Genehmigung der Auflassung eines im Außenbereich liegenden Grundstücks sowie die Genehmigung der Einigung über die Erbbaurechtsbestellung im Außenbereich sind nach der Novelle entfallen. Eingeleitete Verfahren, die die Genehmigung einer Auflassung oder einer Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts zum Gegenstand hatten, werden daher nach Abs. 1 Satz 1 eingestellt, wenn über die Genehmigung vor Inkrafttreten dieser Novelle noch nicht entschieden oder die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Bei der Einstellung des Verfahrens entstehen für dieses keine Gerichtskosten (Satz 2). Diese Regelung entspricht der Vorschrift des § 174 über die Abwicklung eingeleiteter Verfahren. b) Abs. 2 regelt die Anwendung der neugefaßten Vorschriften über die Teilungsgenehmigung auf bis 31. 7. 1979 entschiedenen Fälle, die noch nicht unanfechtbar geworden sind. Dies erschien den Gesetzgebern vertretbar, weil die neugefaßten Vorschriften die bisherige Rechtslage nicht wesentlich ändern. c) Nach Abs. 3 findet die bis 31.7. 1979 geltende Vorschrift des §21 Abs. 3 Anwendung, wenn eine Genehmigung nach § 21 Abs. 2 vor Inkrafttreten dieser Novelle unanfechtbar versagt worden ist. Der Wortlaut des alten Abs. 3 von § 21 ist bei den Erläuterungen Nr. 5 des § 21 abgedruckt. 4. Zu § 183 b — Überleitungsvorschriften für die Regelung der baulichen oder sonstigen Nutzung § 183 b enthält die Überleitungsvorschriften zu den beabsichtigten Änderungen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2, für die Zulässigkeit von Vorhaben — während — der Planaufstellung nach § 33 Abs. 2 und für Außenbereichsvorhaben nach § 35 Abs. 5 Nr. 4 und 5. Danach kommen diese Regelungen unmittelbar zur Geltung, auch wenn über die Zulässigkeit eines diese Regelungen betreffenden Vorhabens bereits entschieden wurde, allerdings diese Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Die in den Änderungen des § 31 Abs. 2, des § 33 Abs. 2 und des § 35 Abs. 5 „enthaltenen Begünstigungen sollen damit den Betroffenen unmittelbar zugute kommen" (BT-DS 8/2451). 5. Zu § 183 c — Überleitungsvorschriften für die Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde § 183 c enthält die notwendigen Überleitungsvorschriften bei laufenden Beteiligungsverfahren, und zwar für den Beginn der Fristen, innerhalb derer die Gemeinde ihr Einvernehmen und die höhere Verwaltungsbehörde ihre Zustimmung nach §19 Abs. 4 Satz 7, §31 Abs. 3 oder §36 Abs. 2 erteilt. 887
§ 183 g
8
11. Teil
§ 183 c geht davon aus, daß im Hinblick auf die Umstellung der Verwaltung auf diese neuen Beteiligungsregelungen der Beginn der Frist zwei Monate nach Inkrafttreten der Novelle angemessen ist.
6. Zu § 183 d — Überleitungsvorschriften für die Bodenordnung Die Überleitungsvorschriften für die geänderten Umlegungsregelungen stellen darauf ab, daß das vorher geltende Recht weiterhin Anwendung findet, wenn bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes die in den Absätzen 1 bis 3 bezeichneten Entscheidungen ergangen sind.
7. Zu § 183 e — Überleitungsvorschrift für die Erschließung Die Überleitungsvorschrift für die erschließungsrechtliche Neuregelung will klarstellen, daß sich auch in den Fällen, in denen ein BebPl. bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtsverbindlich geworden ist, die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen nach § 125 Abs. 1 a richtet.
8. Zu § 183 f — Überleitungsvorschriften für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen a) Abs. 1 will die Frage regeln, ob und in welchem Umfang die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften beim Zustandekommen von FlNPlänen, die bereits bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bekanntgemacht waren, geltend gemacht werden kann. Entsprechend der in § 155 a Abs. 1 und 3 vorgesehenen Regelung, nach der vor allem auf die Rechtsfolgen der „Heilungsvorschrift" bei der Bekanntmachung der Genehmigung des FINPlans oder der Satzung hinzuweisen ist, setzt Abs. 1 voraus, daß die Bürger seitens der Gemeinde ausdrücklich durch öffentliche Bekanntmachung darauf hingewiesen werden, daß die Jahresfrist zu laufen beginnt. b) Die Erstreckung der Rechtswirkungen des § 155 a Abs. 2 und § 155 b nach Abs. 2 auch auf FINPläne und BebPläne, die vor Inkrafttreten der Novelle am 1. 8. 1979 bekannt gemacht worden sind, berücksichtigt, daß sich diese Rechtswirkungen bereits teilweise aus der vorherigen Rechtslage ergeben, sich im übrigen in einem rechtsstaatlich vertretbaren Rahmen halten und mit den Grundsätzen der Bauleitplanung vereinbar sind. c) Abs. 3 soll sicherstellen, daß die nach § 155 a Abs. 5 mögliche rückwirkende erneute Inkraftsetzung auch bei FINPlänen und Satzungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bekanntgemacht worden sind, erfolgen und daß sich dementsprechend die Rückwirkung auch auf einen Zeitpunkt erstrecken kann, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegt. 888
§186
Überleitungs- und Schlußvorschriften
9. Zu § 183g — Überleitungsvorschriften für die vorzeitige Besitzeinweisung Die Überleitungsvorschriften für die vorzeitige Besitzeinweisung und deren Vollziehbarkeit stellen darauf ab, daß das vorher geltende Recht weiterhin Anwendung findet, wenn bereits vor Inkrafttreten der Novelle 1979 der Besitzeinweisungsbeschluß ergangen ist. § 184 und § 185 gestrichen durch Art. 1 G v. 6. 7. 1979 (BGBl. I S. 949) DRITTER ABSCHNITT Schlußvorschriften
§186 Aufliebung
sonstiger
Vorschriften
(1) Vorschriften, deren Gegenstände in diesem Gesetz geregelt sind oder die ihm widersprechen, treten mit dem Inkrafttreten der einzelnen Teile dieses Gesetzes außer Kraft. Es treten insbesondere außer Kraft*): (2) Soweit in Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Länder auf die nach Absatz 1 außer Kraft getretenen Vorschriften verwiesen ist, treten an ihre Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes. (3) Unberührt bleiben die Vorschriften der Verordnung über Garagen- und Einstellplätze vom 17. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 219) in der Fassung des Erlasses vom 13. September 1944 (Reichsarbeitsbl. I S. 325)**), soweit sie nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes entgegenstehen. a) Eines der wesentlichsten Ziele des BBauG war die Vereinheitlichung und Zusammenfassung des gesamten Baurechts, soweit die Zuständigkeit des Bundes gegeben ist. Daher verloren die bisherigen einschlägigen Vorschriften des Bundes und der Länder mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Wirksamkeit. Die Aufzählung in Abs. 1 ist nicht erschöpfend. Vorschriften, die nicht aufgezählt sind (auch etwaige Ortsvorschriften), treten außer Kraft, soweit ihre Gegenstände im BBauG geregelt sind oder soweit sie diesem Gesetz widersprechen. Hinsichtlich des Außerkrafttretens der einzelnen Vorschriften ist darauf zu achten, daß die einzelnen Teile des BBauG zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft getreten sind.
*) Von einem Abdruck wurde abgesehen (siehe frühere Auflagen des Kommentars). **) Abgedruckt in der fünften Auflage dieses Kommentars im Anhang (III).
889
§187
11. Teil
Da die RGaO sowohl planungsrechtliche als auch bauordnungsrechtliche Vorschriften enthält, war es notwendig, durch Abs. 3 klarzustellen, daß die bauordnungsrechtlichen Regelungen der RGaO, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, durch das BBauG nicht berührt werden. Hinsichtlich der RGaO ist noch auf folgendes Rechtsproblem hinzuweisen: Ihre Rechtsgrundlage, das Gesetz über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3. Juli 1934 wurde durch Abs. 1 Nr. 14 aufgehoben. Die Weitergeltung des erhaltenen Teils der RGaO dürfte aber dadurch nicht in Frage gestellt sein. Während die BauRegV durch Abs. 1 Nr. 15 aufgehoben wurde, erfolgte für die Verordnung über Baugestaltung vom 10. November 1936 (RGBl. I S. 938 — siehe Anhang Nr. 1) keine Aufhebung. Abgesehen von dem oben bezüglich der Weitergeltung der RGaO erörterten Problem erhebt sich die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit diese V durch Abs. 1 Satz 1 („Vorschriften deren Gegenstände in diesem Gesetz geregelt sind oder die ihm widersprechen, treten . . . außer Kraft") betroffen sein könnte. Diese Frage dürfte zu verneinen sein, da die genannte Verordnung wohl durchwegs Bauordnungsrecht enthält. Die Fassung in § 2 Abs. 1 BaugestV „zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung, vor allem zur Durchführung bestimmter städtebaulicher A b s i c h t e n , . . . " kann im Hinblick auf Abs. 2 a. a. O. nicht als planerische Bestimmung angesehen werden, die durch § 186 Abs. 1 Satz 1 BBauG aufgehoben wäre. b) Rechtsprechung 1. BayVGH U vom 5.11.1964 (Nr. 148IV 63) BayVBl. 1965, 23 BayBgm. 1964, 275
=
§ 62 Abs. 1 bis 7 BayBO 1901 ist durch § 186 Abs. 1 in Verbindung mit § 189 Abs. 2 BBauG mit Ablauf des 29. 6. 1961 außer Kraft gesetzt worden.
2. BGH U vom 28. 6. 1968 (V ZR 77/65) DNotZ 1969, 94 Der Grundsatz, daß ein wegen Fehlens der Wohnsiedlungsgenehmigung schwebend unwirksamer Grundstückskaufvertrag mit dem Wegfall des Genehmigungserfordernisses gemäß § 186 Abs. 1 Nr. 10 BBauG seine volle Wirksamkeit erlangte (BGHZ 37, 233/236), ist dann nicht anwendbar, wenn die Vertragspartner einen unrichtigen Kaufpreis haben beurkunden lassen und dabei von vornherein die Absicht hatten, für den wirklich gewollten, aber nicht beurkundeten Vertragsinhalt keine Genehmigung der Wohnsiedlungsbehörde einzuholen; schwebende Unwirksamkeit liegt in diesem Fall nicht vor, sondern das Vertragsverhältnis war schon bei Beginn endgültig unwirksam.
§187 Geltung
in
Berlin
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 und 5 sowie des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) 890
§188
Überleitungs- u n d Schlußvorschriften
auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die aufgrund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes.
§188 Sonderregelung für einzelne Länder und das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Abs. 1, §§ 9 a, 11, 16, 17, 25, 34 Abs. 2 und § 144 f Abs. 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, daß diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen. (2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtssetzung an die Stelle der in diesem Gesetz vorgesehenen Satzung tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von §§ 12 und 16 Abs. 2 abweichende Regelung treffen. (2 a) Im Land Berlin ist ein vorzeitiger Bebauungsplan nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 auch zulässig, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist. Der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen. (3) Das Land Bayern kann zu § 6 Abs. 2 und § 11 weitergehende Versagungsgründe festlegen. (4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes Uber die Zuständigkeit von Behörden und den Sitz der Gutachterausschüsse (§ 137 Abs. 1) dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen. (5) Im Land Nordrhein-Westfalen bleiben für das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk die bestehenden Zuständigkeiten anderer als der in diesem Gesetz genannten Stellen bis zu einer anderen landesrechtlichen Regelung unberührt. Soweit deren Zuständigkeiten auf Vorschriften beruhen, die durch dieses Gesetz aufgehoben werden, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an ihre Stelle. (6) Die Freie und Hansestadt Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzes auch als Gemeinde. a) Abs. 1 sieht f ü r die Stadtstaaten hinsichtlich Genehmigung und Zustimmung durch die Höhere Verwaltungsbehörde Sonderregelungen vor. Das Ä n d G 1976 trägt durch Erweiterung des Katalogs der Einfügung der §§ 9 a, 34 Abs. 2 und 144f Abs. 1 in das BBauG Rechnung. b) § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der Neufassung vom 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2437) sieht die Möglichkeit der Normenkontrolle durch das OVG auch hinsichtlich der nach § 188 Abs. 2 erlassenen Rechtsordnung vor. c) Auf Vorschlag des BR wurde durch die Novelle vom Juli 1979 der Abs. 2 a in von der BReg. in einem Gegenvorschlag — bei grundsätzlicher 891
§189
11. Teil
Zustimmung — abgeänderter Fassung eingefügt. Die Sonderregelung für Berlin war erforderlich, da das in § 8 Abs. 3 BBauG vorgesehene Parallelverfahren nicht ausreicht, Investitionshemmnisse in Berlin auszuräumen. Änderungen des F1NP1., die vom Senat von Berlin zu beschließen sind, bedürfen nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Berliner AG BBauG der Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Dieses Verfahren nimmt mehr Zeit in Anspruch als ein Parallelverfahren in den Flächenstaaten. Beim Vorliegen dringender G r ü n d e ist es daher nun möglich, einen vorzeitigen BebPl. aufzustellen, bevor der F1NP1. geändert wird. BebPle. werden in Berlin als Rechtsverordnungen erlassen, die nach Artikel 47 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung von Berlin dem Abgeordentenhaus unverzüglich zur Kenntnisnahme vorzulegen sind und von diesem durch Beschluß abgeändert oder aufgehoben werden können. Vom Abgeordnetenhaus nicht gebilligte vorzeitige Bebauungspläne können von diesem wieder korrigiert werden. §189 Inkrafttreten
*)
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1977 in Kraft. Vorschriften, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen, treten am Tag nach der Verkündung in Kraft. I. Vorschriften über das Inkrafttreten Das Verkündungsdatum der Erstfassung des BBauG war der 29. Juni 1960. § 189 setzte für einzelne Teile und Bestimmungen des BBauG verschiedene Zeitpunkte des Inkrafttretens fest. Die Landesregierungen konnten durch Rechtsverordnung bestimmen, daß diese Vorschriften zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft treten (§ 189 Abs. 2 Satz 2), haben aber keinen Gebrauch hiervon gemacht. II. Rechtsprechung B G H U vom 26. 11. 1971 (V Z R 105/69) Z M R 1972, 246 Für Ansprüche aus einem Erschließungsvertrag, der vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes abgeschlossen worden ist, ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben. Kaufverträge und Schuldverhältnisse unterliegen in der Regel dem zur Zeit ihrer Begründung geltenden Recht (BGHZ 10, 391/394; 14, 205/208). Ein am 16. 12. 1960 abgeschlossener Erschließungsvertrag ist daher, soweit er Verpflichtungen zur Erschließung enthält, unabhängig von der Frage, welche Bedeutung § 123 Abs. 3 BBauG zukommt, nach dem Recht zu beurteilen, das vor dem Inkrafttreten des bundesrechtlichen Erschließungsrechts gegolten hat. *) Diese Vorschrift lautete in der Erstfassung des BBauG:
„§ 189 Inkrafttreten (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes treten unbeschadet der Absätze 2 und 3 vier Monate, die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teiles ein Jahr nach der Verkündung in Kraft.
892
Überleitungs- und Schlußvorschriften
§189
(2) § 133 tritt für öffentlich-rechtliche Beiträge, die aufgrund landesrechtlicher Vorschriften für Erschließungsanlagen erhoben werden können, vier Monate, die übrigen Vorschriften des Sechsten Teiles treten ein Jahr nach der Verkündung in Kraft. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnungen bestimmen, daß diese Vorschriften zu einem früheren Zeitpunkt in Kraft treten. (3) Vorschriften, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen oder den Erlaß von Landesgesetzen vorsehen, sowie die Ermächtigungen zum Erlaß von Satzungen in §§ 25 und 132 treten am Tage nach der Verkündung in Kraft." Die letzte Fassung des § 189 betrifft die Novelle vom 18. 8. 1976 (BGBl. I S. 2256, bes. S. 3617).
893
II. AUSFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN DES BUNDES 1. Wertermittlungsverordnung 2. Wertermittlungs-Richtlinien 1976 3. Baunutzungsverordnung 4. Planzeichenverordnung 1. Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung — WertV) in der F a s s u n g v o m 15. August 1972 (BGBl. I S. 1416) Teil I Allgemeine V o r s c h r i f t e n §1 An
Wendungsbereich
Bei der Ermittlung von Grundstückswerten nach dem Bundesbaugesetz und dem Städtebauförderungsgesetz sind die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden. §2 Grundlagen der Wertermittlung (1) Gegenstand der Wertermittlung ist das Grundstück einschließlich seiner Bestandteile, insbesondere der Gebäude, und des Zubehörs, soweit dieses den Verkehrswert des Grundstücks beeinflußt. Maßgebend ist der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht (Wertermittlungsstichtag), es sei denn, daß nach dem Wertermittlungsantrag oder aus rechtlichen Gründen ein anderer Zustand zugrunde zu legen ist. Der Zustand bestimmt sich nach der Gesamtheit der wertbildenden Faktoren insbesondere den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks. (2) Bei der Wertermittlung sind alle den Verkehrswert des Grundstücks beeinflussenden tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen. Aufwendungen, die aus Anlaß der Veräußerung des Grundstücks entstehen, wie Ab894
WertV
1. Wertermittlungsverordnung
standszahlungen, Ersatzleistungen, Steuern oder Gebühren, sowie sonstige Umstände, die nur den Preis im einzelnen Falle beeinflussen, namentlich besondere Zahlungsbedingungen, bleiben bei der Wertermittlung unberücksichtigt. §3 Wertermittlungsverfahren (1) Der Verkehrswert ist nach dem Preis zu bestimmen, der am Wertermittlungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach dem Zustand des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. (2) Zur Ermittlung sind das Vergleichswertverfahren (§§ 4 bis 7), das Ertragswertverfahren (§§ 8 bis 14) oder das Sachwertverfahren (§§ 15 bis 20) heranzuziehen. Das Verfahren ist nach der Lage des Einzelfalles unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten auszuwählen. (3) Der Bodenwert ist in der Regel durch Preisvergleich (§§ 4 bis 7) zu ermitteln.
Teil II Vergleichswertverfahren §4 Heranziehung
von Vergleichspreisen
(1) Soll der Verkehrswert durch Preisvergleich ermittelt werden, so sind Kaufpreise geeigneter Vergleichsgrundstücke in ausreichender Zahl heranzuziehen. (2) Die Vergleichsgrundstücke sollen hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Umstände mit dem zu bewertenden Grundstück soweit wie möglich übereinstimmen. Insbesondere sollen sie nach Lage, Art und Maß der baulichen Nutzung, Bodenbeschaffenheit, Größe, Grundstücksgestalt und Erschließungszustand sowie nach Alter, Bauzustand und Ertrag der baulichen Anlagen einen Vergleich zulassen. (3) Kaufpreise, bei denen anzunehmen ist, daß sie nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustandegekommen oder durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflußt worden sind, dürfen zum Preisvergleich nur dann herangezogen werden, wenn diese Besonderheiten in ihrer Auswirkung auf den Preis erfaßt werden können und beim Preisvergleich unberücksichtigt bleiben. Besonderheiten können insbesondere vorliegen, wenn 1. die Kaufpreise erheblich von den Preisen in vergleichbaren Fällen abweichen, 2. ein außergewöhnliches Interesse des Käufers an dem Erwerb des Grundstücks bestanden hat, 3. dringende Gründe für einen alsbaldigen Vertragsabschluß vorgelegen haben, 4. die Veräußerung zum Zwecke der Erbauseinandersetzung erfolgt ist, 5. besondere Bedingungen verwandtschaftlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art zwischen den Vertragsparteien bestanden haben, 6. wertbeeinflussende Rechte oder Belastungen bestanden haben. §5 Heranziehung von Richtwerten zur Ermittlung des Bodenwertes Soll der Bodenwert durch Preisvergleich ermittelt werden, so können neben oder anstelle von Vergleichspreisen auch geeignete Richtwerte (§ 143 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes) herangezogen werden. Die Richtwerte sind nur dann geeignet, wenn sie entsprechend den örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung von Lage und Entwick895
WertV
Ausführungsvorschriften des Bundes
lungsstand gegliedert sowie nach Art und Maß der baulichen Nutzung, Erschließungszustand und jeweils vorherrschender Grundstücksgestalt hinreichend bestimmt sind. §6 Berücksichtigung von Abweichungen Soweit die herangezogenen Vergleichsgrundstücke hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Umstände von dem zu bewertenden Grundstück abweichen, oder soweit sich die Lage auf dem Grundstücksmarkt seit der Veräußerung der Vergleichsgrundstücke geändert hat, ist dies durch angemessene Zu- oder Abschläge zu den Kaufpreisen zu berücksichtigen. Satz 1 gilt sinngemäß, wenn Richtwerte herangezogen werden. §7 Ermittlung des Verkehrswertes Der Verkehrswert ist aus dem sich nach den §§ 4 bis 6 ergebenden Wert unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt abzuleiten. Bei bebauten Grundstücken können der Ertragswert und der Sachwert unterstützend herangezogen werden. Der Vergleichswert ist auf Grund der unterstützend herangezogenen Werte kritisch zu würdigen und, sofern es geboten erscheint, zu berichtigen. Teil III Ertragswertverfahren §8 Ermittlungsgrundlagen (1) Soll der Verkehrswert nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden, so ist der Wert der Gebäude und der sonstigen baulichen Anlagen getrennt von dem Bodenwert auf der Grundlage zu ermitteln (Gebäudeertragswert). Bodenwert und Gebäudeertragswert ergeben sich nach Berücksichtigung von Zu- oder Abschlägen wegen sonstiger wertbeeinflussender Umstände (§ 13) den Ertragswert des Grundstücks, soweit dieser nicht nach § 12 ermittelt ist. (2) Der Bodenwert ist in der Regel nach Preisvergleich (§§ 4 bis 7) zu ermitteln. (3) Der Gebäudeertragswert ist der um den Verzinsungsbetrag des Bodenwertes verminderte und sodann unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen kapitalisierte nachhaltig erzielbare Reinertrag des Grundstücks. Er ist nach den §§ 9 bis 13 zu ermiteln. §9 Ermittlung des
Gebäudeertragswertes
(1) Bei der Ermittlung des Gebäudeertragswertes ist von dem nachhaltig erzielbaren jährlichen Reinertrag auszugehen. Der Reinertrag ergibt sich aus dem Rohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten. (2) Der Reinertrag ist um den Betrag zu vermindern, der sich durch angemessene Verzinsung des Bodenwertes ergibt (Verzinsungsbetrag des Bodenwertes). Der Verzinsung ist ein Zinssatz zugrunde zu legen, der dem bei der Kapitalisierung zugrunde gelegten Zinssatz entspricht. Ist das Grundstück wesentlich größer, als es einer den baulichen Anlagen angemessenen Nutzung entspricht, und ist eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich, so ist bei der Berechnung des Verzinsungsbetrages der Bodenwert dieser Teilfläche nicht anzusetzen. 896
WertV
1. Wertermittlungsverordnung
(3) Der um den Verzinsungsbetrag des Bodenwertes verminderte Reinertrag ist mit dem sich aus Anlage 1 dieser Verordnung ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Maßgebend ist derjenige Vervielfältiger, der nach der Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen und nach dem zugrunde gelegten Zinssatz in Betracht kommt. Der Zinssatz ist nach der Art der baulichen Anlagen und nach der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen. (4) Als Restnutzungsdauer ist die Anzahl der Jahre anzusehen, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsmäßiger Unterhaltung und Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können. Hierbei ist zu beachten, ob die baulichen Anlagen den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- u n d Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der auf dem betroffenen Grundstück oder im umliegenden Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen entsprechen. §10 Rohertrag (1) Der Rohertrag umfaßt alle bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung unter Beachtung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück, insbesondere Mieten und Pachten einschließlich Vergütungen, soweit sie die zulässige Nutzung des Grundstücks und seiner baulichen Anlagen betreffen. (2) Für Grundstücke oder Grundstücksteile, die eigengenutzt oder ungenutzt sind oder unentgeltlich oder zu einem vom Üblichen abweichenden Entgelt überlassen sind, sind die bei einer Vermietung oder Verpachtung üblicherweise erzielbaren Einnahmen zugrunde zu legen. §11 Bewirtschaftungskosten (1) Bewirtschaftungskosten sind die Abschreibung, die Verwaltungskosten, die Betriebskosten, die Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis. Die Abschreibung ist durch Einrechnung in den bei der Kapitalisierung nach § 9 Abs. 3 anzuwendenden Vervielfältiger berücksichtigt. Durch Umlagen gedeckte Betriebskosten sind den Bewirtschaftungskosten nicht zuzurechnen. Sind im Rohertrag jedoch Beträge, durch die umlegefähige Kosten abgegolten werden, enthalten, so sind die entsprechenden Aufwendungen den Bewirtschaftungskosten zuzurechnen. (2) Verwaltungskosten sind die Kosten der zur Verwaltung des Grundstücks u n d seiner baulichen Anlagen erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht sowie der Wert der vom Eigentümer persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit. Zu den Verwaltungskosten gehören auch die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und der Geschäftsführung. (3) Betriebskosten sind die Kosten, die einem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks sowie seiner baulichen u n d sonstigen Anlagen laufend entstehen § 27 u n d die Anlage 3 zur Zweiten Berechnungsverordnung vom 17. Oktober 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1719), zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung berechnungsrechtlicher u n d mietpreisrechtlicher Vorschriften vom 26. Mai 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 857), in der jeweils geltenden Fassung sind entsprechend anzuwenden. (4) Instandhaltungskosten sind die Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs der baulichen Anlagen aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen Schäden ordnungsgemäß zu beseitigen. (5) Mietausfallwagnis ist das Wagnis einer Ertragsminderung, die durch unein897
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Ausführungsvorschriften des Bundes
bringliche Mietrückstände oder Leerstehen von Raum, der zur Vermietung bestimmt ist, entsteht. Es dient auch zur Deckung der Kosten einer Rechtsverfolgung auf Zahlung, Aufhebung eines Mietverhältnisses oder Räumung. (6) Die Verwaltungskosten, die Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis sind nach Erfahrungsgrundsätzen anzusetzen, die unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entsprechen. Die Betriebskosten sind unter Berücksichtigung der Grundsätze einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung nach ihrer tatsächlichen Höhe, soweit diese sich nicht ermitteln läßt, nach Erfahrungssätzen anzusetzen. §12 Ermittlung des Ertragswertes in besonderen Fällen Verbleibt bei der Verminderung des Reinertrags um den Verzinsungsbetrag des Bodenwertes nach § 9 Abs. 2 kein Anteil für die Ermittlung des Gebäudeertragswertes, so ist abweichend von § 8 Abs. 1 als Ertragswert des Grundstücks nur der Bodenwert anzusetzen. Dabei sind erforderlichenfalls Umstände, die es nicht gestatten, einem dem Verzinsungsbetrag des Bodenwertes entsprechenden Ertrag zu erzielen, angemessen zu berücksichtigen. §13 Berücksichtigung sonstiger wertbeeinflussender
Umstände
Soweit besondere den Verkehrswert beeinflussende Umstände, wie Abweichungen vom normalen baulichen Zustand, Aufwendungen für einen bevorstehenden Abbruch des Gebäudes, die Nutzung von Gebäudeflächen für Reklamezwecke oder die Beeinflussung der Ertragsverhältnisse durch wohnungs- und mietrechtliche Bindungen bei der Ermittlung nach den §§ 9 bis 12 noch nicht erfaßt sind, sind sie durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen. Insbesondere sind Abweichungen vom normalen baulichen Zustand infolge unterlassener Instandhaltung, Baumängel und Bauschäden zu beachten, soweit sie nicht bereits durch den Ansatz eines geringeren als des bei ordnungsmäßigem Zustand nachhaltig erzielbaren Ertrages berücksichtigt sind. §14 Ermittlung des Verkehrswertes Der Verkehrswert ist aus dem sich nach den §§ 8 bis 13 ergebenden Wert unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt abzuleiten. Unterstützend können auch der Vergleichswert und der Sachwert herangezogen werden. Der Ertragswert ist auf Grund der unterstützend herangezogenen Werte kritisch zu würdigen und, sofern es geboten erscheint, zu berichtigen.
Teil IV Sachwertverfahren §15 Ermittlungsgrundlagen (1) Der Sachwert im Sinne dieser Verordnung umfaßt den Bodenwert und den Bauwert. (2) Der Bodenwert ist in der Regel durch Preisvergleich (§§ 4 bis 7) zu ermitteln. 898
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1. Wertermittlungsverordnung
(3) Der Bauwert ist der Herstellungswert der G e b ä u d e sowie der Außenanlagen und der besonderen Betriebseinrichtungen nach Anlage 2 dieser Verordnung unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Wertminderung sowie sonstiger wertbeeinflussender Umstände. Er ist nach den §§ 16 bis 19 zu ermitteln. §16 Ermittlung des
Herstellungswertes
(1) Der Herstellungswert der G e b ä u d e ist vorbehaltlich des Absatzes 4 durch Vervielfachung der gewöhnlichen Herstellungskosten je Kubikmeter unbebauten Raumes (Normalherstellungskosten) mit der Anzahl der Kubikmeter umbauten Raumes zu ermitteln; der unbebaute Raum ist nach Anlage 3 dieser Verordnung zu berechnen. Soweit eine Berechnung nach Kubikmeter umbauten Raumes keine geeignete Ermittlungsgrundlage bildet oder einzelne Bauteile nicht mit umfaßt, können die gewöhnlichen Herstellungskosten ohne Beziehung auf den Kubikmeter umbauten Raumes zugrunde gelegt werden. (2) Zu den gewöhnlichen Herstellungskosten gehören auch die Baunebenkosten; Baunebenkosten sind die Kosten der Architekten- und Ingenieurleistungen, die Verwaltungsleistungen und der Behördenleistungen sowie sonstige Nebenkosten. (3) die Normalherstellungskosten sind nach Erfahrungssätzen anzusetzen, deren Bezugszeitpunkt bekannt sein muß. Sind in den Erfahrungssätzen Baunebenkosten nicht enthalten, so sind diese gesondert anzusetzen. Die so ermittelten Normalherstellungskosten des zugrunde gelegten Zeitpunktes sind mit Hilfe geeigneter amtlicher Baupreisindexreihen auf die Preisverhältnisse am Stichtag der Wertermittlung umzurechnen. In geeigneten Fällen kann unmittelbar von den Normalherstellungskosten des Wertermittlungsstichtages ausgegangen werden. (4) Der Herstellungswert kann in geeigneten Fällen auch nach den tatsächlich entstandenen Herstellungskosten ermittelt werden, wenn diese den gewöhnlichen Herstellungskosten entsprechen. Abs. 2 gilt sinngemäß. Soweit die gewöhnlichen Herstellungskosten im Einzelfall durch Nacht- oder Feiertagsarbeiten, Auslösungen oder sonstige außergewöhnliche Leistungen überschritten worden sind, sind die Mehrkosten nicht zu berücksichtigen; unberücksichtigt bleiben ferner außergewöhnliche Kosteneinsparungen, insbesondere durch eigene Sach- und Arbeitsleistungen. (5) Für die Ermittlung des Herstellungswertes der Außenanlagen u n d der besonderen Betriebseinrichtungen gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Der Wert kann auch nach Erfahrungssätzen ermittelt werden.
Technische
§ 17 Wertminderung
(1) Technische Wertminderung ist die Minderung des Herstellungswertes wegen Alters, Baumängel oder Bauschäden. (2) Die Wertminderung wegen Alters bestimmt sich nach der Restlebensdauer (Restnutzungsdauer) der baulichen Anlagen. Sie ist in einem Vomhundertsatz des Herstellungswertes auszudrücken. Dabei ist je nach Art und Nutzung des Gebäudes von einer gleichmäßigen oder von einer mit zunehmendem Alter sich verändernden Wertminderung auszugehen. Führen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten zu einer Verlängerung oder unterlassene Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten oder andere Gegebenheiten zu einer Verkürzung der Restlebensdauer, so ist eine entsprechend geänderte Restlebensdauer zugrunde zu legen. (3) Die Wertminderung wegen Baumängel oder Bauschäden einschließlich unterlassener Instandhaltung, soweit sie nicht nach Absatz 2 berücksichtigt ist, ist nach Erfahrungssätzen oder nach den für ihre Beseitigung am Wertermittlungsstichtag erforderlichen Kosten zu bestimmen.
899
WertV
Ausführungsvorschriften des Bundes §18 Wirtschaftliche
Wertminderung
Als Umstände, die eine verminderte wirtschaftliche Verwendbarkeit begründen, kommen insbesondere in Betracht 1. ein zeitgemäßen Bedürfnissen nicht entsprechender, unwirtschaftlicher Aufbau (z. B. Grundriß, Geschoßhöhe, Raumtiefe, Konstruktion usw.), 2. eine zeitbedingte oder persönliche Baugestaltung die neueren Anforderungen nicht entspricht, 3. ein Zurückbleiben hinter den allgmeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, 4. sonstige die Nutzung oder die Restnutzungsdauer beeinflussende Umstände. Sie sind durch Abschläge zu berücksichtigen. §19 Berücksichtigung sonstiger wertbeeinflussender
Umstände
Sonstige den Wert beeinflussende Umstände, die bei der Ermittlung nach den §§ 15 bis 18 noch nicht erfaßt sind, sind durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen. §20 Ermittlung des Verkehrswertes Der Verkehrswert ist aus dem sich nach den §§ 15 bis 19 ergebenden Wert unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt abzuleiten. Unterstützend können der Vergleichswert und der Ertragswert herangezogen werden. Der Sachwert ist auf Grund der unterstützend herangezogenen Werte kritisch zu würdigen und, sofern es geboten erscheint, zu berücksichtigen. Teil V Ergänzende Vorschriften für Sanierungsgebiete und Entwicklungsbereiche §21 Grundsätze flir die Wertermittlung (1) Zur Ermittlung des nach den §§ 23 und 57 Abs. 1 Nr. 9 des Städtebauförderungsgesetzes maßgebenden Wertes eines Grundstücks sind die Teile I bis IV nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 anzuwenden. (2) Bei der Ermittlung von Werten, in denen die nach § 23 Abs. 2 des Städtebauförderungsgesetzes nicht zu berücksichtigenden Werterhöhungen nicht enthalten sind, sind als nach § 2 maßgebende tatsächliche, rechtliche oder wirtschaftliche Umstände Änderungen infolge der Aussicht auf die Sanierung oder Entwicklung, deren Vorbereitung oder Durchführung, insbesondere hinsichtlich Struktur des Gebietes und Lage des Grundstücks, Entwicklungsstufe, Art und Maß der baulichen Nutzung, Grundstücksgestalt und Erschließungszustand sowie in den Ertragsverhältnissen, z. B. bei den nachhaltig erzielbaren Erträgen und Bewirtschaftungskosten, außer Betracht zu lassen. (3) Zur Wertermittlung nach Absatz 1 sind bei einem Preisvergleich auch Preise aus vergleichbaren Gebieten heranzuziehen, in denen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen nicht erwartet werden. Das gleiche gilt für die Erträge, die der Ermittlung des Ertragswertes zugrunde zu legen sind, sowie für Umstände, die eine verminderte wirtschaftliche Verwendbarkeit begründen. Die Restnutzungsdauer der Gebäude ist nach
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WertV
1. Wertermittlungsverordnung
den Grundsätzen des § 9 Abs. 4 ohne Berücksichtigung besonderer Einflüsse, die sich aus der Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahme ergeben, zu bestimmen. (4) Erhöhte Preise oder Nutzungsentgelte, die sich auf dem Grundstücksmarkt in Erwartung der durch die Sanierung oder Entwicklung in Aussicht stehenden Änderungen gebildet haben, sind nicht zu berücksichtigen. Das gleiche gilt für Maßnahmen, z. B. Nutzungsänderungen, die im Hinblick auf die bevorstehenden Änderungen durchgeführt worden sind. Jedoch sind Werterhöhungen, die durch eigene Aufwendungen in zulässiger Weise bewirkt worden sind, zu berücksichtigen. (5) Ist die bisher zulässige Nutzung geändert worden, weil sie den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der auf dem betroffenen Grundstück oder im umliegenden Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen nicht entsprochen hat, so ist bei der Wertermittlung die nunmehr zulässige Nutzung zugrunde zu legen. Das gleiche gilt, wenn für eine Wertminderung, die durch eine Änderung der zulässigen Nutzung bewirkt worden ist, eine gesonderte Entschädigung geleistet worden ist oder beansprucht werden kann. §22 Sondervorschriften für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke (1) Zur Ermittlung des nach § 57 Abs. 4 des Städtebauförderungsgesetzes maßgebenden Wertes sind die Teile I bis IV nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 anzuwenden. (2) Hat sich in dem Entwicklungsbereich oder in dem Teilgebiet des Entwicklungsbereichs, in dem das Grundstück liegt, ohne die Aussicht auf die Entwicklungsmaßnahmen ein Verkehrswert gebildet, der den innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert übersteigt, so ist dieser Wert maßgebend. (3) Hat sich ein nach Absatz 2 zugrunde zu legender Wert nicht gebildet, so sind für die Ermittlung des Bodenwertes Vergleichspreise heranzuziehen, die auf dem allgemeinen Grundstücksmarkt in vergleichbaren Fällen in Gebieten mit vergleichbarer Struktur, in denen keine Entwicklungsmaßnahmen vorgesehen sind, gezahlt werden. (4) Bei Anwendung der Absätze 2 und 3 sind besondere Werte für aufstehende Gebäude sowie für den Aufwuchs nur zu berücksichtigen, soweit dies nach Art, Lage und Größe des Grundstücks der Marktüblichkeit entspricht. Sofern erforderlich, ist für die Ermittlung dieser besonderen Werte die Auskunft einer mit der Ermittlung landwirtschaftlicher Werte befaßten Stelle einzuholen. (5) Der innerlandwirtschaftliche Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zwischen Landwirten nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Hinblick auf eine dauernde landwirtschaftliche Nutzung zu erzielen wäre. Dieser darf nicht durch die Erwartung einer anderweitigen Nutzung beeinflußt sein. (6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke entsprechend anzuwenden. Forstwirtschaftlich genutzt sind Grundstücke, die der Erzeugung und Gewinnung von Rohholz zu dinen bestimmt sind. Soweit der Wert forstwirtschaftlichen Aufwuchses zu ermitteln ist, sind die allgemein üblichen Waldwertermittlungsverfahren anzuwenden. §23 Grundstückswerte nach Durchführung der Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen Der Verkehrswert, der sich durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des Gebietes ergibt (§ 25 Abs. 6 und § 59 Abs. 5 StBauFG) ist nach den Grundsätzen der
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Ausführungsvorschriften des Bundes
Teile I bis IV zu ermitteln. Dabei ist der Zustand des Gebietes nach Abschluß der Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahme zugrunde zu legen. Insbesondere sind Änderungen infolge der Aussicht auf die Sanierung oder Entwicklung, deren Vorbereitung oder Durchführung, insbesondere hinsichtlich Struktur des Gebietes und Lage des Grundstücks, Entwicklungsstufe, Art und Maß der baulichen Nutzung, Grundstücksgestalt und Erschließungszustand sowie in den Ertragsverhältnissen zu berücksichtigen. Soweit Maßnahmen noch nicht abgeschlossen sind, sind auch die Aussicht auf die in der Planung vorgesehenen Änderungen und sonstige durch die Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahme bedingte Wertverbesserungen zu berücksichtigen. §24 Sanierungs- oder entwicklungsbedingte
Werterhöhung
(1) Zur Feststellung des Ausgleichsbetrages, den der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im Entwicklungsbereich gelegenenen Grundstücks nach § 41 Abs. 4 und 5 und § 54 Abs. 3 des StBauFG zu leisten hat, ist der Wert zu ermitteln, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des Gebietes ergibt (§ 23). Davon ist der Wert abzuziehen, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre. Dieser Wert ist nach § 21 oder § 22 zu ermitteln. Der Wert der Bebauung bleibt jedoch außer Ansatz. (2) Bei der Ermittlung des Wertes nach Abs. 1 Satz 1 ist der Wert des Bodens ohne Bebauung durch Vergleich mit dem Wert vergleichbarer unbebauter Grundstücke zu ermitteln. Jedoch sind Beeinträchtigungen der zulässigen Nutzungsmöglichkeit, die sich aus der bestehenbleibenden Bebauung auf dem Grundstück ergeben, zu berücksichtigen, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise geboten erscheint, das Grundstück in der bisherigen Weise zu nutzen.
Teil VI Schlußvorschriften §25 Berlin-Klausel Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 1) in Verbindung mit § 187 des Bundesbaugesetzes und § 96 des Städtebauförderungsgesetzes auch im Land Berlin. §26*) Inkrafttreten (1) Diese Verordnung tritt einen Monat nach der Verkündung in Kraft. (2) Soweit vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung der Verkehrswert von Grundstücken nach dem Siebenten Teil des Bundesbaugesetzes ermittelt worden ist, bleiben diese Wertermittlungen unberührt. *) Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken in der ursprünglichen Fassung vom 7. August 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1183).
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WertV
1. Wertermittlungsverordnung Vervielfältigertabelle Bei einer Restnutzungsdauer von ...Jahren
bei einem Zinssatz in Höhe von 3 % 3,5%
4%
4,5%
5%
5,5%
6%
6,5%
7%
1 2 3 4 5
0,97 1,91 2,83 3,72 4,58
0,97 1,90 2,80 3,67 4,52
0,96 1,89 2,78 3,63 4,45
0,96 1,87 2,75 3,59 4,39
0,95 1,86 2,72 3,55 4,33
0,95 1,85 2,70 3,51 4,27
0,94 1,83 2,67 3,47 4,21
0,94 1,82 2,65 3,43 4,16
0,93 1,81 2,62 3,39 4,10
6 7 8 9 10
5,42 6,23 7,02 7,79 8,53
5,33 6,11 6,87 7,61 8,32
5,24 6,00 6,73 7,44 8,11
5,16 5,89 6,60 7,27 7,91
5,08 5,79 6,46 7,11 7,72
5,00 5,68 6,33 6,95 7,54
4,92 5,58 6,21 6,80 7,36
4,84 5,48 6,09 6,66 7,19
4,77 5,39 5,97 6,52 7,02
11 12 13 14 15
9,25 9,00 8,76 8,53 8,31 8,09 9,95 9,66 9,38 9,12 8,86 8,62 10,63 10,30 9,99 9,68 9,39 9,12 11,30 10,92 10,56 10,22 9,90 9,59 11,94 11,52 11,12 10,74 10,38 10,04
7,89 8,38 8,85 9,29 9,71
7,69 8,16 8,60 9,01 9,40
7,50 7,94 8,36 8,75 9,11
16 17 18 19 20
12,56 13,17 13,75 14,32 14,88
12,09 12,65 13,19 13,71 14,21
11,65 12,17 12,66 13,13 13,59
11,23 11,71 12,16 12,59 13,01
10,84 11,27 11,69 12,09 12,46
10,46 10,86 11,25 11,61 11,95
10,11 10,48 10,83 11,16 11,47
9,77 9,45 10,11 9,76 10,43 10,06 10,73 10,34 11,02 10,59
21 22 23 24 25
15,42 15,94 16,44 16,93 17,41
14,70 15,17 15,62 16,06 16,48
14,03 14,45 14,86 15,25 15,62
13,40 13,78 14,15 14,50 14,83
12,82 13,16 13,49 13,80 14,09
12,28 12,58 12,88 13,15 13,41
11,76 12,04 12,30 12,55 12,78
11,28 11,54 11,77 11,99 12,20
10,84 11,06 11,27 11,47 11,65
26 27 28 29 30
17,88 18,33 18,76 19,19 19,60
16,89 17,29 17,67 18,04 18,39
15,98 16,33 16,66 16,98 17,29
15,15 15,45 15,74 15,02 16,29
14,38 14,64 14,90 15,14 15,37
13,66 13,90 14,12 14,33 14,53
13,00 13,21 13,41 13,59 13,76
12,39 12,57 12,75 12,91 13,06
11,83 11,99 12,14 12,28 12,41
31 32 33 34 35
20,00 20,39 20,77 21,13 21,49
18,74 19,07 19,39 19,70 20,00
17,59 17,87 18,15 18,41 18,66
16,54 16,79 17,02 17,25 17,46
15,59 15,80 16,00 16,19 16,37
14,72 14,90 15,08 15,24 15,39
13,93 14,08 14,23 14,37 14,50
13,20 13,33 13,46 13,58 14,69
12,53 12,65 12,75 12,85 12,95
36 37 38 39 40
21,83 22,17 22,49 22,81 23,11
20,29 20,57 20,84 21,10 21,36
18,91 19,14 19,37 19,58 19,79
17,67 17,86 18,05 18,23 18,40
16,55 16,71 16,87 17,02 17,16
15,54 15,67 15,80 15,93 16,05
14,62 14,74 14,85 14,95 15,05
13,79 13,89 13,98 14,06 14,15
13,04 13,12 13,19 13,26 13,33
903
I11
I11
WertV
Ausführungsvorschriften des Bundes
Bei einer Restnutzungsdauer von ...Jahren
904
bei einem Zinssatz in Höhe von 3 % 3,5%
4 % 4,5%
5% 5,5%
6 % 6,5%
7%
41 42 43 44 45
23,41 23,70 23,98 24,25 24,52
21,60 21,83 22,06 22,28 22,50
19,99 20,19 20,37 20,55 20,72
18,57 18,72 18,87 19,02 19,16
17,29 17,42 17,55 17,66 17,77
16,16 16,26 16,36 16,46 16,55
15,14 15,22 15,31 15,38 15,46
14,22 14,29 14,36 14,42 14,48
13,39 13,45 13,51 13,56 13,61
46 47 48 49 50
24,78 25,02 25,27 25,50 25,73
22,70 22,90 23,09 23,28 23,46
20,88 21,04 21,20 21,34 21,48
19,29 19,41 19,54 19,65 19,76
17,88 17,98 18,08 18,17 18,26
16,63 16,71 16,79 16,86 16,93
15,52 15,60 15,65 15,71 15,76
14,54 14,59 14,64 14,68 14,72
13,65 13,69 13,73 13,77 13,80
51 52 53 54 55
25,95 26,17 26,37 26,58 26,77
23,63 23,80 23,96 24,11 24,26
21,62 21,75 21,87 21,99 22,11
19,87 19,97 20,07 20,16 20,25
18,34 18,42 18,49 18,57 18,63
17,00 17,06 17,12 17,17 17,23
15,81 15,86 15,91 15,95 15,99
14,76 14,80 14,84 14,87 14,90
13,83 13,86 13,89 13,92 13,94
56 57 58 59 60
26,97 27,15 27,33 27,51 27,68
24,41 24,55 24,69 24,82 24,94
22,22 22,33 22,43 22,53 22,62
20,33 20,41 20,49 20,57 20,64
18,70 18,76 18,82 18,88 18,93
17,28 17,32 17,37 17,41 17,45
16,03 16,06 16,10 16,13 16,16
14,93 14,96 14,99 15,01 15,03
13,96 13,98 14,00 14,02 14,04
61 62 63 64 65
27,84 28,00 28,16 28,31 28,45
25,07 25,19 25,30 25,41 25,52
22,71 22,80 22,89 22,97 23,05
20,71 20,77 20,83 20,89 20,95
18,98 19,03 19,08 19,12 19,16
17,49 17,52 17,56 17,59 17,62
16,19 16,22 16,24 16,27 16,29
15,05 15,07 15,09 15,11 15,13
14,06 14,07 14,08 14,10 14,11
6 67 68 69 70
28,60 28,73 28,87 29,00 29,12
25,62 25,72 25,82 25,91 26,00
23,12 23,19 23,26 23,33 23,39
21,01 21,06 21,11 21,16 21,20
19,20 19,24 19,28 19,31 19,34
17,65 17,68 17,70 17,73 17,75
16,31 16,33 16,35 16,37 16,38
15,14 15,16 15,17 15,19 15,20
14,12 14,13 14,14 14,15 14,16
71 72 73 74 75
29,25 29,37 29,48 29,59 29,70
26,09 26,17 26,25 26,33 26,41
23,46 23,52 23,57 23,63 23,68
21,25 21,29 21,33 21,37 21,40
19,37 19,40 19,43 19,46 19,48
17,78 17,80 17,82 17,84 17,85
16,40 16,42 16,43 16,44 16,46
15,21 15,22 15,23 15,24 15,25
14,17 14,18 14,18 14,19 14,20
76 77 78 79 80
29,81 29,91 30,01 30,11 30,20
26,48 26,55 26,62 26,68 26,75
23,73 23,78 23,83 23,87 23,92
21,44 21,47 21,50 21,54 21,57
19,51 19,53 19,56 19,58 19,60
17,87 17,89 17,90 17,92 17,93
16,47 16,48 16,49 16,50 16,51
15,26 15,26 15,27 15,28 15,28
14,20 14,21 14,21 14,22 14,22
WertV
1. Wertermittlungsverordnung Bei einer Restnutzungsdauer von ...Jahren
bei einem Zinssatz in Höhe von 3%
3,5% 4 %
4,5% 5%
5,5% 6 %
6,5%
7%
81 82 83 84 85
30,29 30,28 30,47 30,55 30,63
26,81
26,87 26,93 26,98 27,04
23,96 24,00 24,04 24,07 24,11
21,59 21,62 21,65 21,67 21,70
19.62 19.63 19,65 19.67 19.68
17,94 17.96 17.97 17.98 17.99
16.52 16.53 16.53 16.54 16.55
15.29 15.30 15.30 15.31 15.31
14,23 14,23 14.23 14.24 14,24
86 87 88 89 90
30,71 30,79 30,86 30,93 31,00
27,09 27,14 27,19 27,23 27,28
24,14 24,18 24,21 24,24 24,27
21,72 21,74 21,76 21,78 21,80
19.70 19.71 19.73 19.74 19.75
18,00 18,01 18,02 18,03 18.03
16.56 16.56 16.57 16.57 16.58
15.32 15,32 15.32 15.33 15,33
14.24 14.25 14,25 14,25 14.25
91 92 93 94 95
31,07 31,14 31,20 31,26 31,32
27,32 27,37 27,41 27,45 27,48
24,30 24,32 24,35 24,37 24,40
21,82
21,83 21,85 21.87 21.88
19.76 19.78 19.79 19.80 19.81
18.04 18.05 18.06 18,06 18.07
16.58 16.59 16.59 16.60 16,60
15.33 15.34 15,34 15.34 15.35
14.26 14,26 14,26 14,26 14,26
96 97 98 99 100
31,38 31,44 31,49 31,55 31,60
27,52 27,56 27,59 27,62 27,66
24,42 24,44 24,46 24.49 24.50
21.90 21.91 21.92 21.94 21.95
19.82 19.82 19.83 19.84 19.85
18.08 18,08
16,60 16,61 18,09 16,61 18.09 16,61 18.10 16,62
15,35 15,35 15,35 15.35 15.36
14.26 14.27 14,27 14,27 14,27
Anlage 2 (zu § 15 Abs. 3) Außenanlagen und besondere Betriebseinrichtungen
1.
2. 3. 4.
Außenanlagen Zu den Außenanlagen gehören Entwässerungs- u n d Versorgungsanlagen vom Hausanschluß ab bis an das öffentliche Netz oder an nichtöffentliche Anlagen, die Daueranlagen sind; außerdem alle anderen Entwässerungs- und Versorgungsanlagen außerhalb der Gebäude, Kleinkläranlagen, Sammelgruben, Brunnen, Zapfstellen usw.; Befestigungen f ü r Höfe und Wege, Einfriedungen, nichtöffentliche Spielplätze usw.; Gartenanlagen u n d Pflanzungen, die nicht mit einem G e b ä u d e verbundenen Freitreppen, Stützmauern, festeingebauten Flaggenmaste, Teppichklopfstangen, Wäschepfähle usw.; sonstige Außenanlagen, z. B. Luftschutzanlagen.
Besondere Betriebseinrichtungen Zu den besonderen Betriebseinrichtungen gehören 1. bei W o h n g e b ä u d e n : Personen- u n d Lastenaufzüge, Müllbeseitigungsanlagen, Hausfernsprecher, Uhrenanlagen, gemeinschaftliche Wasch- u n d Badeeinrichtungen usw.; 2. bei öffentlichen Bauten, Anstalten u n d Gebäuden für Sonderzwecke: Anlagen u n d Einrichtungen, die für die Zweckbestimmung des Gebäudes notwendig sind, z. B. 905
I11
WertV
Ausführungsvorschriften des Bundes
Einrichtungen für Lehr- und Hörsäle, Meldeanlagen, Einrichtungen für Archive und Büchereien, Einrichtungen für Kassen- und Tresoranlagen, Tankanlagen; 3. bei gewerblich genutzten Gebäuden usw.: Anlagen und Einrichtungen, die für die Zweckbestimmung des Gebäudes notwendig sind, z. B. Schankanlagen, Back-, Koch-, Kühlanlagen, Hebevorrichtungen, Gleisanlagen, Förderanlagen. Anlage 3 (zu § 16 Abs. 1) Ermittlung des umbauten Raumes für ausgeführte Hochbauten Der umbaute Raum ist in m 3 anzugeben. 1 V o l l a n z u r e c h n e n ist der umbaute Raum eines Gebäudes, der umschlossen wird 1.1 seitlich von den Außenflächen der Umfassungen. 1.2 unten 1.21 bei unterkellerten Gebäuden von den Oberflächen der untersten Geschoßfußböden, 1.22 bei nicht unterkellerten Gebäuden von der Oberfläche des Geländes. Liegt der Fußboden des untersten Geschosses tiefer als das Gelände, gilt Abschnitt 1.21; 1.3 oben 1.31 bei nichtausgebautem Dachgeschoß von den Oberflächen der Fußböden über den obersten Vollgeschossen, 1.32 bei ausgebautem Dachgeschoß, bei Treppenhausköpfen und Fahrstuhlschächten von den Außenflächen der umschließenden Wände und Decken. (Bei Ausbau mit Leichtbauplatten sind die begrenzten Außenflächen durch die Außen- oder Oberkante der Teile zu legen, welche diese Platten unmittelbar tragen), 1.33 bei Dachdecken, die gleichzeitig die Decke des obersten Vollgeschosses bilden, von den Oberflächen der Tragdecke oder Balkenlage, 1.34 bei Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschoßboden von den Außenflächen des Daches, vgl. Abschnitt 3.5 2 M i t e i n e m D r i t t e l a n z u r e c h n e n ist der umbaute Raum des nicht ausgebauten Dachraumes, der umschlossen wird von den Flächen nach Abschnitt 1.31 oder 1.32 und den Außenflächen des Daches. 3 b e i d e n E r m i t t l u n g e n n a c h A b s c h n i t t 1 und 2 i s t 3.1 die Gebäudegrundfläche nach den Rohbaumaßen des Erdgeschosses zu berechnen; 3.2 bei wesentlich verschiedenen Geschoßgrundflächen der umbaute Raum geschoßweise zu berechnen; 3.3 nicht abzuziehen der umbaute Raum, der gebildet wird von 3.31 äußeren Leibungen von Fenstern und Türen und äußeren Nischen in den Umfassungen, 3.32 Hauslauben (Loggien), d. h. an höchstens zwei Seitenflächen offenen, im übrigen umbauten Räumen; 3.4 nicht hinzuzurechnen der umbaute Raum, den folgende Bauteile bilden: 3.41 stehende Dachfenster und Dachaufbauten mit einer vorderen Ansichtsfläche bis zu je 2 m 2 (Dachaufbauten mit größerer Ansichtsfläche siehe Abschnitt 4.2), 3.42 Balkonplatten und Vordächer bis zu 0,5 m Ausladung (weiter ausladende Balkonplatten und Vordächer siehe Abschnitt 4.4), 3.43 Dachüberstände, Gesimse, ein bis drei nicht unterkellerte, vorgelagerte Stufen, Wandpfeiler, Halbsäulen und Pilaster,
906
WertR 76
2. Wertermittlungs-Richtlinien 1976
3.44 Gründungen gewöhnlicher Art, deren Unterfläche bei unterkellerten Bauten nicht tiefer als 0,5 m unter der Oberfläche des Kellergeschoßfußbodens, bei nichtunterkellerten Bauten nicht tiefer als 1 m unter der Oberfläche des umgebenden Geländes liegt (Gründungen außergewöhnlicher Art und Tiefe siehe Abschnitt 4.8), 3.45 Kellerlichtschächte und Lichtgräben; 3.5 für Teile eines Baues, deren Innenraum ohne Zwischendecken bis zur Dachfläche durchgeht, der umbauten Raum getrennt zu berechnen, vgl. Abschnitt 1.34; 3.6 für zusammenhängende Teile eines Baues, die sich nach dem Zweck und deshalb in der Art des Ausbaues wesentlich von den übrigen Teilen unterschieden, der umbaute Raum getrennt zu berechnen. 4 Von der B e r e c h n u n g des u m b a u t e n R a u m e s nicht e r f a ß t w e r d e n folgende (besonders zu veranschlagende) Bauausführungen und Bauteile: 4.1 geschlossene Anbauten in leichter Bauart und mit geringwertigem Ausbau und offene Anbauten, wie Hallen, Überdachungen (mit oder ohne Stützen) von Lichthöfen, Unterfahrten auf Stützen, Veranden; 4.2 Dachaufbauten mit vorderen Ansichtsflächen von mehr als 2 m2 und Dachreiter; 4.3 Brüstungen von Baikonen und begehbaren Dachflächen; 4.4 Balkonplatten und Vordächer mit mehr als 0,5 m Ausladung; 4.5 Freitreppen mit mehr als drei Stufen und Terrassen (und ihre Brüstungen); 4.6 Füchse, Gründungen für Kessel und Maschinen; 4.7 freistehende Schornsteine und der Teil von Hausschornsteinen, der mehr als 1 m über den Dachfirst hinausragt; 4.8 Gründungen außergewöhnlicher Art, wie Pfahlgründungen und Gründungen außergewöhnlicher Tiefe, deren Unterfläche tiefer liegt als in Abschnitt 3.44 angegeben; 4.9 wasserdruckhaltende Dichtungen.
2. Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungs-Richtlinien 1976) (WertR 76) in der Fassung vom 31. Mai 1976 Beilage Nr. 2 1 / 7 6 zum Bundesanzeiger Nr. 146 vom 6. August 1976
Inhaltsübersicht Teil I Allgemeine Richtlinien 1 1.1 1.2 1.3
Vorbemerkung Gesetzliche Regelungen und andere Vorschriften Definition des Verkehrswertes Grundlagen der Wertermittlung
907
WertR 76 1.4 2 2.1 2.2 2.3 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4
Ausführungsvorschriften des Bundes
Vordrucke Wertermittlung unbebauter Grundstücke — Bodenwert Allgemeine Angaben Grund- und Bodenbeschreibung Bodenwert — Verkehrswert Wertermittlung bebauter Grundstücke Grundsätzliches Grundstücksbeschreibung Bodenwert Ertragswert Sachwert Verkehrswert Kaufpreis Teil II Zusätzliche Richtlinien für Teilbereiche
5 5.1 5.2 5.3 6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7
Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen Vorbemerkung Erbbaurecht und das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück Sonstige die Nutzung des Grundstücks betreffenden Rechte und Belastungen Zum Bodenwert in speziellen Fällen Wertverhältnis von gleichartigen Grundstücken bei unterschiedlich zulässiger baulicher Nutzung (GFZ : GFZ) v Schicht"-Nutzung*) Öffentliche Verkehrs- und Grünflächen Teilflächen Außenbereich**) Wasserflächen Grundsätze der Enteignungsentschädigung
*) Die Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungs-Richtlinien 1976 — WertR 76) vom 31. Mai 1976, stellen eine Ergänzung der Wertermittlungsverordnung in der Fassung der Bek. vom 15. August 1972 (BGBl. I S. 1416) — siehe vorstehend — dar. Diese Richtlinien treten an die Stelle der Wertermittlungs-Richtlinien in der Fassung vom 27. Juli 1973 (Beilage zum BAnz. Nr. 182 vom 27. September 1973). **) Mit Rücksicht auf die bei Veröffentlichung dieser Richtlinien noch nicht abgeschlossene Novellierung des BBauG wurden noch keine Aussagen zur „Schicht"-Nutzung und zum Außenbereich gemacht; sie sollen später veröffentlicht werden. Anlagen zu Teil I Anlage
Wertermittlung unbebauter Grundstücke (Bodenwert) — Vordruck 1 — Anlage 2 Wertermittlung bebauter Grundstücke — Vordruck 2 — Anlage 2 a Einlegeblatt zu Anlage 2 Anlage 3 Durchschnittliche pauschalierte Bewirtschaftungskosten Anlage 3 a Bewirtschaftungskosten gem. Zweite Berechnungsverordnung Anlage 4 Vervielfätiger-Tabelle (Rentenbarwertfaktoren)
908
1
WertR 76
2. Wertermittlungs-Richtlinien 1976 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
Technische Lebensdauer von baulichen Anlagen u n d Bauteilen Tabelle zur Berechnung der technischen Wertminderung (Alter) von Gebäuden Technische Lebensdauer von Außenanlagen Technische Lebensdauer von besonderen Betriebseinrichtungen u n d Gerät Baufachliches Gutachten über das Baugrundstück (K 1) gemäß Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau) Baupreisindex 1970 = 100 Anlagen zu Teil II***) Mit Erbbaurecht belastetes Grundstück (Vergleichswertverfahren) Beispiel 2 Bodenwertanteil des Erbbaurechts und des belasteten G r u n d stücks; Vertrag ohne Anpassungsklausel (finanzmathematische Methode) Beispiel 3 Bodenwertanteil des Erbbaurechts und des belasteten G r u n d stücks; Vertrag mit ursprünglich vereinbarter Anpassungsklausel (finanzmathematische Methode) Beispiel 4 Bebautes Erbbaurecht und belastetes Grundstück; Restlaufzeit des Vertrages fe Restnutzungsdauer (finanzmathematische Methode) Beispiel 5 Bebautes Erbbaurecht und belastetes Grundstück; Restlaufzeit des Vertrages < Restnutzungsdauer (finanzmathematische Methode) Beispiel 6 Bei Bestellung bereits bebautes Erbbaurecht u n d belastetes Grundstück (finanzmathematische Methode) Beispiel 7 Wegerecht Beispiel 8 Aussichtsrecht Beispiel 9 Nießbrauch Beispiel 10 Wohnrecht Barwert eines Kapitals (Abzinsung) Durchschnittliche Lebenserwartung — Allgemeine Sterbetafel 1970/1972 Umrechnungskoeffizienten für das Wertverhältnis von gleichartigen Grundstücke bei unterschiedlich baulicher Nutzung ( G F Z : G F Z )
Anlage 11 Beispiel 1 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage Anlage
17 18 19 20 21 22 23
***) Vom Abdruck der im BAnz. Nr. 146 vom 6. 8. 1976 Anlagen wurde abgesehen.
Beilage — veröffentlichten
Teil I Allgemeine Richtlinien 1. Vorbemerkung Diese Richtlinien enthalten in Ergänzung der Grundsätze der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundsätzen (Wertermittlungsverordnung — WertV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 1972 Bundesgesetzbl. I S. 1416) Hinweise für die Ermittlung des Verkehrswertes von unbebauten und bebauten Grundstücken. Durch ihre Anwendung soll eine objektive Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken nach einheitlichen Grundsätzen sichergestellt werden.
909
WertR 76
Ausführungsvorschriften des Bundes
Die Richtlinien sind verbindlich, soweit ihre Anwendung angeordnet wird. Bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sind ergänzende bzw. abweichende Bestimmungen in den jeweils geltenden Fassungen im Rahmen ihres Geltungsbereichs zu beachten (vgl. z. B. LandwR 1963 vom 18. Juni 1963 — Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1963 S. 426 und ForstR 1959 vom 1. April 1959 — MinBIFin 1959 S. 385 in der Fassung vom 1. Februar 1963 — MinBIFin 1963 S. 125). Die Richtlinien finden keine Anwendung bei der Wertbemessung von Betrieben und Betriebsteilen, wenn entscheidend auf den Umsatz abzustellen ist. 1.1. Gesetzliche Regelungen und andere
Vorschriften
Als Grundlage für die Wertbemessung von Grundstücken sind folgende Gesetze und Vorschriften von besonderer Bedeutung: Bundesbaugesetz (BBauG) vom 23. Juni 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 341), Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) vom 27. Juli 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1125), Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. November 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1237), Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung — WertV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1416), Verordnung über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen nach den §§ 41 und 42 des Städtebauförderungsgesetzes (AusgleichsbetragV) vom 6. Februar 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 273), Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1975 (Bundesgesetzbl. I S. 569), Verordnung über das Erbbaurecht vom 15. Januar 1919 (Reichsgesetzbl. S. 72, 122), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und der Verordnung über das Erbbaurecht vom 30. Juli 1973 (Bundesgesetzbl. I S. 910) und durch das Gesetz zur Änderung der Verordnung über das Erbbaurecht vom 8. Januar 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 41), Bundeshaushaltsordnung (BHO] vom 19. August 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1284), Vorläufige Verwaltungsvorschriften zur BHO (Vorl. VV-BHO) vom 21. Mai 1973 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen S. 190), D I N 276 Kosten von Hochbauten — Ausgabe März 1954, D I N 277 Hochbauten, Umbauter Raum — Ausgabe November 1950 — Anlage 3 zur WertV, D I N 283 Wohnungen, Berechnung der Wohnflächen und Nutzflächen — Ausgabe Februar 1962, Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen (RBBau) — Ausgabe 1970. Alle Gesetze und Vorschriften in der jeweils geltenden Fassung; außer D I N 276 und 277. 1.2. Definition des
Verkehrswertes
Der Verkehrswert wird gemäß § 141 Abs. 2 BBauG durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. auch § 3 WertV). 1.3. Grundlagen der
Wertermittlung
Bei der Wertermittlung sind alle den Verkehrswert des Grundstücks beeinflussenden tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen. Auf910
WertR 76
2. Wertermittlungs-Richtlinien 1976
Wendungen, die aus Anlaß der Veräußerung des Grundstücks entstehen, wie Abstandszahlungen, Ersatzleistungen, Steuern oder Gebühren, sowie sonstige Umstände, die nur den Preis im einzelnen Falle beeinflussen, namentlich besondere Zahlungsbedingungen, bleiben bei der Wertermittlung unberücksichtigt (§ 2 Abs. 2 WertV). Geschäftswerte, Firmenwerte u n d Konzessionen sind nicht Bestandteile des Verkehrswertes von Grundstücken. 1.4
Vordrucke
Die nachstehenden Ausführungen gehen grundsätzlich von der Anwendung der in den Anlagen 1 und 2 beigefügten Vordrucke aus. Soweit die Anwendung der Vordrucke nicht verbindlich ist, gelten die hierzu gegebenen Hinweise nicht; die übrigen Ausführungen gelten sinngemäß. 2. Wertermittlung unbebauter Grundstücke — Bodenwert (vgl. Anlage 1) Der Vordruck gemäß Anlage 1 ist zu verwenden, wenn tatsächliche u n d baurechtliche Umstände gegeben sind, die den Verkehrswert beeinflussen u n d baufachlich beurteilt werden können. Es bedarf nicht der Verwendung des Vordrucks, wenn insbesondere nur die Marktlage zu berücksichtigen ist. 2.1. Allgemeine Angaben (Vordruck Nummer 0) Die im Vordruck unter Nr. 0 vorgesehenen Angaben sind in der Regel für die von den technischen Dienststellen durchzuführende Wertermittlung erforderlich u n d von der Liegenschaftsverwaltung einzusetzen. Die Größe der Grundstücksflächen (Vordruck Nr. 0.14) ist dem Grundbuch oder den Unterlagen der Vermessungs- bzw. Katasterämter zu entnehmen. Die Flächengrößen sind grundsätzlich in Quadratmetern (m 2 ) anzugeben. Die grundstücksbezogenen Rechte und Belastungen (Vordruck Nr. 0.2) beruhen auf Gesetz, Vertrag oder Gewohnheitsrecht. Hierbei kann es sich insbesondere um Aussichtsrechte, Fenster- oder Lichtrechte, Notweg-, Durchfahrts- und Überwegungsrechte, Leitungs-, Trauf- und Überbaurechte sowie Baulasten handeln. Grundbuchund Baulastenverzeichnis (vgl. Landesbauordnungen) sind einzusehen. Bekannte Kaufpreise von vergleichbaren Grundstücken (Vordruck Nr. 0.3) sind zu benennen. Dabei sind insbesondere Ort, Lage, Größe, bauliche Nutzbarkeit und Erschließungszustand der Vergleichsgrundstücke sowie Kaufvertragsdaten anzugeben. Das gleiche gilt für ungewöhnliche u n d persönliche Umstände, die möglicherweise den Kaufpreis beeinflußt haben. 2.2 Grund- und Bodenbeschreibung zur Ermittlung des Zustandes (Vordruck Nummer 1.0) Für die Grund- und Bodenbeschreibung ist im Regelfall eine Ortsbesichtigung vorzunehmen. Aus der Beschreibung müssen die allgemeinen und die besonderen Merkmale des zu beurteilenden Grundstücks erkennbar sein, die für die Bodenwertbemessung von wesentlicher Bedeutung sind. Im einzelnen sind als wertbeeinflussende Umstände regelmäßig zu berücksichtigen: 2.2.1. Lage (Vordruck Nr. 1.01) Die Grundstücksqualität ist für den Bodenwert von besonderer Bedeutung. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um baureifes Land Rohbauland Bauerwartungsland oder sonstige Flächen handelt; bei letzteren ist ggf. § 22 WertV zu beachten. In den Baugebieten sind bebaubare und nicht bebaubare Flächen zu unterscheiden. Unter nicht bebaubaren Flächen 911
WertR 76
Ausführungsvorschriften des Bundes
sind Verkehrs- und Freiflächen, insbesondere nach § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG, zu verstehen. Weiterhin sind insbesondere zu berücksichtigen: Ortslage (z. B. Kleinstadt, Stadtkern, Stadtrand), die besondere Art des Grundstücks (Baulücke, Eck-, Trümmer-, Abbruchgrundstück u. a.), Verkehrslage, Himmelsrichtung und Beeinträchtigungen — Immissionen (Gase, Dämpfe, Gerüche, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen o. ä.). 2.2.2. Art und Maß der baulichen Nutzung (Vordruck Nr. 1.02) Im Flächennutzungsplan (§ 5 BBauG) ist die allgemeine Art der baulichen Nutzungsmöglichkeit (§ 1 Abs. 1 BauNVO) dargestellt. Es werden unterschieden: Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen, Sonderbauflächen. Im Bebauungsplan (§ 9 BBauG) ist die besondere Art der baulichen Nutzungsmöglichkeit (§ 1 Abs. 2 BauNVO) festgesetzt: Wohnbauflächen Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete; Gemischte Bauflächen Dorfgebiete, Mischgebiete, Kerngebiete; Gewerbliche Bauflächen Gewerbegebiete, Industriegebiete; Sonderbauflächen Wochenendhausgebiete, Sondergebiete. In einzelnen Fällen enthält bereits der Flächennutzungsplan Angaben über Geschoßflächenzahl oder Baumassenzahl (§ 16 Abs. 1 BauNVO). Im qualifizierten Bebauungsplan (§ 30 BBauG) wird das zulässige Maß der baulichen Nutzung bestimmt durch Festsetzung der Geschoßflächenzahl oder der Größe der Geschoßfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse, der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen und der Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 BauNVO). Art und Maß der zulässigen Bebauung ergeben sich innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, für die ein Bebauungsplan im Sinne des § 30 BBauG nicht vorliegt, aus der vorhandenen Bebauung und Erschließung (§ 34 BBauG). Im übrigen kann eine Bebauung nach Maßgabe der §§ 33 und 35 BBauG zulässig sein. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, welches Maß der baulichen Nutzung tatsächlich realisierbar ist (Landesbauordnungen, Abstandsflächenverordnungen, Wirtschaftlichkeit usw.). 2.23. Bodenbeschaffenheit (Vordruck Nr. 1.03) Die Bodenbeschaffenheit kann im Falle der Bebauung zu erhöhten Baukosten führen und damit den Bodenwert beeinflussen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen: Oberflächenbeschaffenheit (z. B. Geländeneigung, Wasserlauf), Baugrund (z. B. aufgefülltes Gelände, Grundwasserstand) vgl. D I N 1054. Bodenvorkommen (z. B. Kies, Ton, Sand) sind gesondert anzugeben. 2.2.4. Grundstücksgehalt (Vordruck Nr. 1.04) Der Grundstückszuschnitt ist auf die Wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten zu prüfen. Die Kosten der inneren Erschließung (Außenanlagen) werden ggf. von der Grundstücksgestalt wesentlich beeinflußt.
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Auf eventuell erforderlich werdende Grenzbereinigungen ist hinzuweisen. 2.25. Erschließungszustand (Vordruck Nr. 1.05) Der tatsächlich gegebene Erschließungszustand ist nach Art u n d U m f a n g zu beschreiben, die noch fehlenden Erschließungsmaßnahmen sind aufzuführen, soweit dies für die Wertermittlung erforderlich ist. Hierzu gehört auch die Benennung und Begründung von eventuell für Straßenzwecke abzutretende Grundstücksflächen. Erschließungsanlagen sind grundsätzlich Anlagen außerhalb des zu bebauenden Grundstücks. Zu den Erschließungsanlagen zählen: Öffentliche u n d private zum Anbau bestimmte Straßen, Wege u n d Plätze, Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete, Parkflächen u n d Grünanlagen (entsprechend § 127 BBauG), Versorgungs-, Entwässerungsleitungen und Beleuchtung. In nicht erschlossenen Gebieten ist zwischen Bruttorohbau- und Nettorohbauland zu unterscheiden. Das Bruttorohbauland umfaßt künftig bebaubare u n d nicht bebaubare Flächen; mit Nettorohbauland werden die um die Erschließungsflächen verkleinerten, künftig bebaubaren Flächen bezeichnet. In erschlossenen Gebieten ist von Bedeutung, ob es sich um noch erschließungsbeitragspflichtige (ebp) oder bereits erschließungsbeitragsfreie (ebf) Grundstücke handelt. Es können auch Teilerschließungsbeiträge geleistet sein.
2.3. Bodenwert — Verkehrswert (Vordruck Nummer 1.1) 2.3.1. Grundlagen (Vordruck Nr. 1.11) Der Bodenwert ist grundsätzlich durch Preisvergleich zu ermitteln, wobei auch Richtwerte herangezogen werden können (§ 5 WertV). Wertbeeinflussende Bestandteile wie z. B. Aufwuchs, Einfriedung u n d Trümmer sind zu berücksichtigen. 2.3.1.1. Vergleichspreise (Vordruck Nr. 1.111) Bei der Heranziehung von Pressen für Vergleichsgrundstücke ist von wesentlicher Bedeutung, on ein unmittelbarer Vergleich entsprechend dem Vordruck Nr. 1.01 bis 1.05 der Grund- u n d Bodenbeschreibung möglich ist. Hierbei sind insbesondere die Grundstücksqualität gemäß N u m m e r 2.2.1. under der Erschließungszustand gemäß N u m m e r 2.2.5. zu berücksichtigen. Ein mittelbarer Preisvergleich neben oder anstelle eines unmittelbaren Preisvergleichs ist möglich, wenn Abweichungen der Vergleichsgrundstücke bei der Wertermittlung des zu bewertenden Grundstücks angemessen berücksichtigt werden können (vgl. z. B. N u m m e r 6.1 und Anlage 23). Soweit behördlich keine oder nicht ausreichende Vergleichspreise gegeben sind, kann auch auf vergleichbare Grundstücke in anderen Gemeinden zurückgegriffen werden, sofern die örtlichen Verhältnisse und die Marktlage einen Vergleich nicht ausschließen. 2.3.1.2. Richtwerte (Vordruck Nr. 1.112) Nach § 143 BBauG sind von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses Kaufpreissammlungen zu führen. Diese Ausschüsse ermitteln hieraus durchschnittliche Lagewerte (Richtwerte), die in regelmäßigen Abständen ortsüblich bekanntgegeben werden. Jedermann kann von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses Auskunft über die Richtwerte verlangen. Die Richtwerte sind bei der Ermittlung des Bodenwertes heranzuziehen und zu würdigen (§ 5 WertV). 2.3.1.3. Auswertung der Grund- u n d Bodenbeschreibung zur Ermittlung des Zustandes (Vordruck Nr. 1.113). . Bei unmittelbarem, insbesondere aber bei mittelbarem Preisvergleich sind die wertbestimmenden bzw. wertbeeinflussenden Faktoren, die sich aus den Merkmalen der G r u n d - und Bodenbeschreibung abweichend zu den Vergleichsobjekten ergeben, zu kennzeichnen und auszuwerten. 913
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Die wertmäßige Aufteilung eines Grundstücks nach Vorder- und Hinterland ist in der Regel nicht berechtigt, wenn eine gleichmäßige bauliche Nutzung zulässig ist. Bei ungewöhnlich großen bzw. kleinen Flächen kann die Größe den Bodenwert beeinflussen. Eine gesonderte Wertermittlung vorhandener Bodenschätze, z. B. Kies, Sand, Ton, ist — erforderlichenfalls durch besondere Sachverständige — vorzunehmen, wenn der Verkehrswert des Grundstücks dadurch beeinflußt wird, z. B., wenn der Abbau in absehbarer Zeit in rentabler Form zulässig u n d zu erwarten ist. Der Aufwand für Erschließungsanlagen umfaßt insbesondere: Wert der für die Erschließungsanlagen in Anspruch genommenen Flächen, Kosten des Straßenbaues, der Straßenentwässerung, der Straßenbeleuchtung (Erschließungsbeitrag) sowie M a ß n a h m e n zur Ableitung von Abwasser und zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme u n d Wasser (Abgaben nach Ortsstatut o. ä.). Nach § 130 BBauG kann die Gemeinde den Erschließungsaufwand nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermitteln. Bei Aufteilung einer größeren Liegenschaft in Teilflächen und Verkauf an mehrere Interessenten werden aus Außenanlagen (z. B. Privatstraßen) Erschließungsanlagen. Für die Berechnung des entsprechenden, bereits geleisteten „Erschließungsbeitrages" können die einstmals geleisteten Kosten als Grundlage dienen. Da die Kosten in der Regel nicht mehr bekannt sind, ist der Bodenwertanteil für Erschließungsanlagen nach ortsüblichen Einheitssätzen zu berücksichtigen u n d in gleicher Höhe bei allen Teilverkäufen beizubehalten. 2.3.1.4. Auswirkung der Ermittlung des Wertes von Rechten und Belastungen u n d deren Auswirkungen auf die davon betroffenen Grundstücke wird auf Teil II verwiesen. 2.3.1.5. Auswirkung des örtlichen Grundstücksmarktes (Vordruck Nr. 1.115) Die Entwicklung auf dem örtlichen Grundstücksmarkt ist sorgfältig zu beachten und zu berücksichtigen. Anomale Preise bei einzelnen Grundstücksverkäufen sind nicht zu berücksichtigen, insbesondere, wenn es sich offensichtlich um Not-, Liebhaber-, Gefälligkeits- oder Interessenpreise handelt. 2.3.2. Bemessung des Bodenwertes — Verkehrswertes (Vordruck Nr. 1.12) Alle o. a. wertbeeinflussenden Faktoren sind in Form von Zu- u n d Abschlägen zu den Vergleichspreisen bzw. Richtwerten angemessen zu berücksichtigen. Aus den sich daraus ergebenden Werten ist der Bodenwert als Verkehrswert am Wertermittlungsstichtag zu ermitteln. 3. Wertermittlung bebauter Grundstücke (vgl. Anlage 2) 3.1. Grundsätzliches In der Regel bilden das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren — unbeschadet der Ausführungen unter N u m m e r 3.3 — die Grundlage für die Ermittlung des Verkehrswertes. In geeigneten Fällen kann das Vergleichswertverfahren angewendet werden. Maßgebend ist, wie im allgemeinen Geschäftsverkehr der Verkehrswert ermittelt wird. 3.1.1. Das Ertragswertverfahren kommt insbesondere bei Grundstücken in Betracht, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag von Bedeutung ist, z. B. bei: Mietwohngrundstücken, d. h. Grundstücken, die zu mehr als 80 v. H., berechnet nach der Jahresrohmiete, Wohnzwecken dienen; gemischtgenutzten Grundstücken, d. h. Grundstücken, die teils Wohn-, teils anderen Zwecken dienen. Es kommt auch in Betracht bei Grundstücken, deren nachhaltige Nutzung nicht der ursprünglichen Zweckbestimmung entspricht, sofern ortsübliche Mieten für die nachhaltige Nutzung bekannt sind. 3.1.2. Das Sachwertverfahren ist in der Regel bei Grundstücken anzuwenden, bei denen es auf einen Ertrag im vorstehenden Sinne nicht in erster Linie ankommt. Dies gilt vorwiegend auch bei Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken. 914
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3.1.3. Bei stillgelegten oder vor der Stillegung stehenden Fabrikanlagen, Lagerhallen, Silos, geschlossenen Hotels und Kinos sowie ehemaligen Luftschutzgrundstücken u. a. ist im Einzelfall ein Verfahren (Sachwert- oder Ertragswertverfahren) zu wählen, das zu gesicherteren marktgerechten Ergebnissen führt (vgl. Nummer 3.5.2.4). Das gleiche gilt bei der Ermittlung des Verkehrswertes von Sonderfällen und von Wirtschafts- und Wohngebäuden einschließlich Außenanlagen bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, soweit der Wert nicht im Hektarwert enthalten ist. 3.1.4. Neben dem angewandten Verfahren ist ein anderes Verfahren zur Unterstützung heranzuziehen, es sei denn, daß dies nicht zweckdienlich ist (§§ 7, 14 und 20 WertV). 3.1.5. Zu den in Anlage 2 unter Nummer 0 einzusetzenden „Allgemeinen Angaben" wird auf die Ausführungen unter Nummer 2 der „Wertermittlung unbebauter Grundstücke" verwiesen. Zusätzlich ist zu beachten: Der amtliche Brandversicherungswert (Vordruck Nr. 0.18) ist dem Brandversicherungsschein zu entnehmen. Die von privaten Feuerversicherungsanstalten ermittelten Werte sind besonders zu kennzeichnen. Der Erwerbspreis oder die Gestehungskosten (Vordruck Nr. 0.5) können ggf. bei An- bzw. Verkauf als Anhalt dienen. Sie sind ohne bzw. mit Aufgliederung gemäß Vordruck Nr. 0.51 und 0.52 anzugeben. Anomale Kosten sind nicht zu berücksichtigen. Die Gestehungskosten sind die Gesamtkosten gemäß DIN 276, d. h. die Kosten des Grundstücks und die Baukosten. Die Herstellungskosten umfassen alle anfallenden Kosten zur Herstellung der Baulichkeiten (vgl. DIN 276 Abs. 2). Zu den Grunderwerbsnebenkosten zählen alle durch den Erwerb des Grundstücks verursachten Nebenkosten (vgl. D I N 276 Abs. 1). Die bei Vordruck Nr. 0.8 „Rohertrag und Bewirtschaftungskosten" zu beachtenden Gesichtspunkte sind den Ausführungen unter Nummer 3.4 zu entnehmen. 3.2. Grundstücksbeschreibung 3.2.1. Grund und Bodenbeschreibung (Vordruck Nr. 1.01) Es gelten die Ausführungen unter Nummer 2.2 der „Wertermittlung unbebauter Grundstücke". Eine Aufteilung in überbaute und nicht überbaute Flächen ist nicht vorzunehmen. Die unter K 1 der „Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen" (RBBau) enthaltenen Gesichtspunkte sind ggf. zu beachten (vgl. Anlage 9). Es ist zwischen rechtlich zulässiger und tatsächlich vorhandener baulicher Nutzung zu unterscheiden. 3.2.2. Baubeschreibung (Vordruck Nr. 1.02) Die Stichworte (Vordruck Nr. 1.021 — 1.029) dienen als Anhalt. Jedes Gebäude ist getrennt zu beschreiben. Kurze Angaben genügen, ausführliche Beschreibungen sind zu vermeiden. Die zu den Außenanlagen (Vordruck Nr. 1.025) und den besonderen Betriebseinrichtungen (Vordruck Nr. 1.026) zählenden Anlagen sind aus D I N 276 zu entnehmen. Betreffend Baumängel und Bauschäden (Vordruck Nr. 1.027) vergleiche Nummer 3.5.2.3. Falls erforderlich, sind Einlegeblätter zu verwenden (Anlage 2a). 3.3. Bodenwert (Vordruck Nummer 1.1) Die Ausführungen unter Nummer 2.3 „Wertermittlung unbebauter Grundstücke" gelten sinngemäß. 3.4. Ertragswert (Vordruck Nummer 1.2) Der Ertragswert umfaßt den Bodenwert und den Gebäudeertragswert. Der Gebäudeertragswert ist der um den Verzinsungsbetrag des Bodenwertes verminderte und sodann unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen kapitali915
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sierte, nachhaltig erzielbare Reinertrag des Grundstücks (§ 9 WertV). Der Reinertrag ist der Überschuß des Rohertrages über die Bewirtschaftungskosten. 3.4.1. Rohertrag (Vordruck Nr. 1.21) Der Rohertrag umfaßt alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung unter Beachtung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nachhaltig erzielbaren Erträge aus einem Grundstück. Dazu gehören insbesondere die Mieten, Pachten und sonstigen Leistungen der Mieter oder Pächter (ausschließlich Umlagen). Wenn die tatsächlichen Erträge von den nachhaltig erzielbaren ortsüblichen Erträgen abweichen, dann sind nicht die tatsächlichen, sondern letztere zugrunde zu legen. Beruht die Abweichung auf einer nicht kurzfristig lösbaren Mietbindung, dann ist dies im Rahmen der Nummern 3.4.6 bzw. 5.3 (Teil II) zu berücksichtigen. Eine aufgegliederte Mietberechnung nach Gebäudeart, Geschossen und Flächen (m2) ist nach Vordruck Nr. 1.21 als Anlage beizufügen. Für leerstehende und eigengenutzte Räume sowie für solche, die aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen billiger vermietet werden, ist ebenfalls die ortsüblich nachhaltig erzielbare Miete anzusetzen. Die Miete für Reklameflächen, Vitrinen, Gartenflächen und Einstellplätze usw. sind gesondert auszuweisen und auszuwerten. 3.4.2. Bewirtschaftungskosten (Vordruck Nr. 1.22) Es handelt sich um regelmäßig anfallende Ausgaben. Soweit die nachhaltigen Kosten nicht ermittelt werden können, sind Erfahrungsgrundsätze*) zugrunde zu legen. Zinsen für Hypotheken oder sonstige auf dem Grundstück lastende privatrechtliche Verpflichtungen sowie Lastenausgleichsabgaben sind bei den Bewirtschaftungskosten nicht zu berücksichtigen. Die Bewirtschaftungskosten setzen sich zusammen aus: 3.4.2.1. Abschreibung Der Ansatz eines besonderen Betrages entfällt, da die Abschreibung im Vervielfältiger erfaßt ist. 3.4.2.2. Verwaltungskosten (Vordruck Nr. 0.821) Die Verwaltungskosten betragen etwa 3 bis 5 v. H. des Rohertrages je nach örtlichen Verhältnissen. Die Sätze nach § 26 Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) können als Anhalt dienen (s. Anlage 3a). 3.4.2.3. Betriebskosten (Vordruck Nr. 0.822) Diese Kosten sind nur einzusetzen, soweit sie nicht durch besondere Umlage, die von Aufwand und Verbrauch abhängig ist, neben der Miete erhoben werden. Dies kann insbesondere bei den Betriebskosten für die Warmwasserversorgung, die Heizung und die Hausreinigung der Falll sein (vgl. § 27 Abs. 2 der II. BV). Bei grundsteuerbefreiten Objekten ist zu prüfen, inwieweit fiktive Beträge für die Grundsteuer in Ansatz zu bringen sind. 3.4.2.4. Instandhaltungskosten (Vordruck Nr. 0.823) Die Instandhaltungskosten (§ 11 Abs. 4 WertV) umfassen sowohl die für die laufende Unterhaltung als auch die für die Erneuerung einzelner baulicher Teile aufzuwendenden Kosten. Die Schönheitsreparaturen werden u. U. von den Mietern getragen. Angestauter Reparaturbedarf ist gesondert nachzuweisen und gemäß Nummer 3.4.6 zu berücksichtigen. Die Instandhaltungskosten können mit Hilfe von Erfahrungssätzen je m 2 Geschoßfläche oder Wohnfläche ermittelt werden. Die Instandhaltungskosten (ohne Aufwand für Schönheitsreparaturen) können in etwa betragen: bei Mietwohngrundstücken mit vor 1925 errichteten Gebäuden einfacher Ausstattung (ohne Bad, ohne Heizung) etwa 20—25 v.H. des Rohertrages,
*) Die Anlage 3 enthält Erfahrungssätze für Bewirtschaftungskosten in Teilen des Rohertrages, die sich auf die preisgebundenen Mieten nach dem Stand der Jahre 1950 bis 1955 beziehen. Eine Neufassung wird vorbereitet.
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mittlerer und besserer Ausstattung etwa 15—20 v. H. des Rohertrages, bei Mietwohngrundstücken mit nach 1924 errichteten Gebäuden etwa 10—15 v. H. des Rohertrages. Sie können auch auf der Grundlage der Sätze des § 28 der II. BV (siehe Anlage 3a) in der jeweils geltenden Fassung angesetzt werden; hierbei ist zu beachten, daß sich diese auf nach 1945 errichtete Gebäude beziehen. Ältere Gebäude haben in der Regel einen höheren Instandhaltungsbedarf; diese kann durch folgende Zuschläge erfaßt werden: bei vor 1925 errichteten Gebäuden mit 15 v. H. bei 1925 bis 1934 errichteten Gebäuden mit 10 v. H. bei 1935 bis 1945 errichteten Gebäuden mit 5 v. H. 3.4.2.5. Mietausfallwagnis (Vordruck Nr. 0.824) Erfahrungsgemäß sind in etwa anzusetzen: 2 v. H. des Rohertrages bei Mietwohn- und gemischtgenutzten Grundstücken 4 v. H. des Rohertrages bei Geschäftsgrundstücken. 3.4.3. Reinertrag (Vordruck Nr. 1.23) Er ergibt sich aus dem um die Bewirtschaftungskosten geminderten Rohertrag. Es ist eine Aufteilung in Bodenanteil (Vordruck Nr. 1.24) und Bauanteil (Vordruck Nr. 1.25) vorzunehmen. Grundsätzlich ist die gesamte vorhandene Grundstücksfläche bzw. deren Bodenwert anzusetzen. Ist allerdings die vorhandene Grundstücksfläche größer, als es einer den baulichen Anlagen angemessenen Nutzung entspricht, so ist die Mehrfläche nicht anzusetzen, soweit sie nach rechtlichen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten zusätzlich oder verwertbar ist (Vordruck Nr. 1.24). Der Verzinsung des Bodenwertes ist ein Zinssatz zugrunde zu legen, der dem bei der Kapitalisierung entspricht (s. Nummer 3.4.5). 3.4.4.Restnutzungsdauer (Vordruck Nr. 1.26) Sie ist die restliche wirtschaftliche Nutzungsdauer, die bei ordnungsgemäßer Nutzung und Bewirtschaftung des Bauwerks noch erwartet werden kann. Bei ihrer Bemessung ist zu beachten, ob die baulichen Anlagen den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der auf dem betroffenen Grundstück oder im umliegenden Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen entsprechen. 3.4.5. Vervielfältiger (Vordruck Nr. 1.27) Der Vervielfältiger für die Berechnung des Gebäudeertragswertes ist aus Anlage 4 zu entnehmen. Er berücksichtigt Soll- und Abschreibungszinsen in gleicher Höhe. Der Zinssatz ist nach der Art der baulichen Anlagen und nach der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen (§ 9 Abs. 3 Satz 3 WertV). Sind keine marktorientierten Zinssätze feststellbar, so können folgende Zinssätze als Anhalt dienen: 5,0 v. H. bei Mietwohngrundstücken 5,5 v. H. bei gemischtgenutzten Grundstücken mit weniger als 50 v. H. gewerblichem Mietanteil 6,0 v. H. bei gemischtgenutzten Grundstücken mit mehr als 50 v. H. gewerblichem Mietanteil 6,5 v. H. bei Geschäftsgrundstücken (ggf. bis 8,0 v. H., z. B. bei Citylagen). 3.4.6. Besondere Zu- und Abschläge beim Ertragswertverfahren: Kosten für angestaute Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten (Reparaturanstau), soweit sie bisher nicht berücksichtigt worden sind (Vordruck Nr. 1.29), Beeinflussung der Ertragswertverhältnisse durch wohnungs- und mietrechtliche Bindungen. 3.4.7. Ertragswert in Sonderfällen Eine abweichende Ermittlung des Ertragswertes ist dann berechtigt, wenn bei der Verminderung des Reinertrages um den Verzinsungsbetrag des Bodenwertes kein Anteil für die Berechnung des Gebäudeertragswertes verbleibt, letzterer also einen Minus917
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betrag ergibt. Dann gilt der Bodenwert als Ertragswert. Sind aber Umstände gegeben, die einer Erzielung des Bodenwertes entgegenstehen (z. B. Abbruch, Trümmer), sind sie angemessen zu berücksichtigen. 3.5. Sachwert (Vordruck Nummer 1.3) Der Sachwert umfaßt den Bodenwert und den Bauwert (§ 15 WertV) 3.5.1. Allgemeines (Vordruck Nr. 1.30) Der Ermittlung des Bauwertes ist grundsätzlich der letzte vor dem Wertermittlungsstichtag veröffentlichte Preisindex für Wohngebäude (Baupreisindex) des Statistischen Bundesamtes mit der Grundlage 1970 = 100 (Anlage 10) zugrunde zu legen, soweit nicht andere geeignete amtliche Baupreisindexreihen zur Verfügung stehen. Die Ergänzungen zu Anlage 10 sind den vierteljährlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen. 3.5.2. Bauwert am Wertermittlungsstichtag (Vordruck Nr. 1.31) Der Bauwert ist der Herstellungswert der Gebäude (Gebäudewert, aller sonstigen baulichen Anlagen und der Außenanlagen sowie der besonderen Betriebseinrichtungen einschl. der Baunebenkosten (vgl. DIN 276, Ausgabe März 1954) unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Wertminderung sowie sonstiger und wertbeeinflussender Umstände. 3.5.2.1. Der H e r s t e l l u n g s w e r t ist aus der Anzahl der m 3 umbauten Raum durch Multiplikation mit dem der Bauart und Bauweise entsprechenden durchschnittlichen Raummeterpreis (DM/m 3 ), d. h. den Normalherstellungskosten, zu ermitteln. Der umbaute Raum ist gem. D I N 277 Ausgabe November 1950 zu berechnen (vgl. Anl. 3 WertV). In geeigneten Fällen kann unmittelbar von den Normalherstellungskosten des Wertermittlungsstichtags ausgegangen werden. Die Normalherstellungskosten sind nach Erfahrungssätzen (DM/m 3 ) anzusetzen. In den Raummeterpreis sind die Baunebenkosten gemäß DIN 276 Ausgabe März 1954 Abs. 2.3 einzubeziehen. Mehrkosten, z. B. infolge Nacht- und Feiertagsarbeiten, Auslösungen, bleiben unberücksichtigt, ebenso außergewöhnliche Kosteneinsparungen durch eigene Sach- und Arbeitsleistungen. Raummeterpreise für LS-Bauten sind der Anlage 5 Nr. 1.4 zu entnehmen. Fehlende Bauteile sind in vH-Sätzen von den durchschnittlichen Kosten für den m 3 umbauter Raum abzusetzen. Dem Normalherstellungswert sind die Kosten der folgenden Jahre zugrunde zu legen: 1913 für bauliche Anlagen, die bis einschließlich 1918 erstellt worden sind, 1936 für bauliche Anlagen, die von 1919 bis 1944 erstellt worden sind bzw. das Herstellungsjahr für Bauten, die nach 1944 erstellt worden sind. Sind geeignete Erfahrungssätze anderer Bezugszeitpunkte bekannt, können diese herangezogen werden. 3.5.2.2. Die einzelnen baulichen Anlagen sind getrennt zu bewerten. Entsprechen die zugrundegelegten Herstellungskosten nicht denen am Wertermittlungsstichtag, sind sie mittels der gewählten B a u p r e i s i n d e x r e i h e gemäß Nummer 3.5.1 1970 = 100 auf die Preisverhältnisse des Wertermittlungsstichtages umzurechnen (Anlage 2 Vordruck S. 24 Sp. 8). Zu berücksichtigen ist, daß bei den besonderen Betriebseinrichtungen (DIN 276 Abs. 2.4) der Baupreisindex, soweit es sich um rein maschinentechnische Anlagen handelt, keine Gültigkeit besitzt. Der entsprechende Index ist zu berücksichtigen. Für die Ermittlung des Herstellungswertes der Außenanlagen (DIN 276 Abs. 2.2) und der Geräte (DIN 276 Abs. 2.5) gelten diese Ausführungen sinngemäß. In geeigneten Fällen, z. B. bei Außenanlagen, deren Wert im Verhältnis zum Gebäudewert unerheblich ist, kann von Erfahrungswerten ausgegangen werden. 918
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3.5.2.3. Die t e c h n i s c h e W e r t m i n d e r u n g ist die Minderung des Herstellungswertes wegen Alters, Baumängeln und Bauschäden. Der Wertminderung wegen Alters kann die Anlage 6 — Tabelle zur Berechnung der technischen Wertminderung (Alter) von Gebäuden in v. H. des Herstellungswertes — zugrundegelegt werden. Bei allen sonstigen baulichen Anlagen, den Außenanlagen, besonderen Betriebseinrichtungen und Gerät kann abweichend hiervon die technische Wertminderung infolge Alters geradlinig nach dem Verhältnis Lebensalter/Lebensdauer vorgenommen werden. Eine Grundlage für die Nutzungsdauer von baulichen und sonstigen Anlagen geben Anlage 5 — Technische Lebensdauer von baulichen Anlagen und Bauteilen Anlage 7 — Technische Lebensdauer von Außenanlagen Anlage 8 — Technische Lebensdauer von besonderen Betriebseinrichtungen und Gerät. Die in den Anlagen 5, 7 und 8 angegebenen Jahre technischer Lebensdauer — nicht identisch mit der wirtschaftlichen Lebensdauer — sind Mittelwerte; sie stellen in der Regel Grenzwerte für die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer dar, die nur beizweckentsprechender Nutzung und ordnungsgemäßer Unterhaltung erreicht werden können. Die im Rahmen dieser Richtlinien anzusetzende Restlebensdauer entspricht grundsätzlich der Restnutzungsdauer des Ertragswertverfahrens (Nummer 3.4.4). Besondere Verhältnisse können die Restlebensdauer beeinflussen. So können z. B. durch umfangreiche Instandsetzungs-, Umbau- oder Modernisierungsarbeiten die baulichen oder sonstigen Anlagen in wesentlichen Teilen wirtschaftlich gesehen verjüngt worden sein. Die Wertminderung wegen Alters ist dann nach der entsprechend verlängerten Restlebensdauer anzusetzen. Baumängel entstehen während der Bauzeit; dazu gehören z. B. mangelnde Isolierung, mangelnde statische Festigkeit, unzweckmäßige Baustoffe. Bauschäden entstehen nach Fertigstellung infolge äußerer Einwirkung; dazu gehören z. B. vernachlässigte Instandhaltung (Reparaturanstau), Bergschäden, Wasserschäden, Holzerkrankungen. Die technische Wertminderung infolge Baumängel oder Bauschäden ist nach Erfahrungssätzen (v. H.) oder nach den für ihre Beseitigung am Wertermittlungsstichtag erforderlichen Kosten zu bestimmen. 3.5.2.4. für die w i r t s c h a f t l i c h e W e r t m i n d e r u n g (vgl. § 18 WertV) kommen u. a. folgende Umstände in Betracht, die in v. H.-Sätzen (Anlage 2 Vordruck S. 25 Spalte 16) als Abschläge zu berücksichtigen sind: Zeitbedingte Baugestaltung, überdimensionale Raumgrößen und Raumhöhen, unorganischer Aufbau des Gebäudes, unorganische Anordnung der Gebäude zueinander, Strukturänderung, Zweckentfremdung (allgemeine Nutzungsmöglichkeit). Soweit das Nebeneinander von Gebäuden bzw. Gebäudeteilen einen Unwirtschaftlichkeitsabschlag erforderlich macht, ist dieser zusätzlich (Anlage 2 Vordruck S. 25 Spalte 16) zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Wertminderung der Außenanlagen ist abhängig von der wirtschaftlichen Wertminderung der Gebäude. Der v. H.-Satz dieser Wertminderung der Außenanlagen wird in der Regel dem gewogenen gemittelten v. H.-Satz der Wertminderung der Gebäude entsprechen. Aus den ermittelten Herstellungskosten ergibt sich nach Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Wertminderung der Bauwert. 3.5.2.5. Wenn w e r t e r h ö h e n d e I n v e s t i t i o n e n D r i t t e r zu beurteilen sind, sind sie gesondert auszuweisen (Vordruck Nummer 1.316), soweit sie nicht abgelöst, ggf. durch verbilligte Miete verrechnet sind.
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Es sind in der Regel anzugeben: Investitionskosten nach Baujahren getrennt mit Angabe der Art der baulichen Maßnahmen, Investitionsforderung, Investitionswert. Sofern vertragliche Regelungen nicht entgegenstehen, ist der Investitionswert gleich der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks mit Berücksichtigung der Investitionen u n d dem Verkehrswert des gleichen Grundstücks ohne Berücksichtigung der Investitionen am gleichen Wertermittlungsstichtag. 3.5.2.6. B e l e g u n g s s c h ä d e n sind Schäden, die von ausländischen Streitkräften an den ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften sowie sonstigen Vermögenswerten verursacht worden sind. Die gesonderte Ausweisung von K r i e g s s c h ä d e n ist nur erforderlich, wenn es sich um erhebliche Schäden handelt (Vordruck N u m m e r 1.317). 3.5.2.7. Sind im Einzelfall die baulichen Anlagen nicht mehr wirtschaftlich nutzbar, ist der Bauwert also nicht mehr realisierbar, dann ist der Sachwert gleich dem Bodenwert. Umstände, die einer Erzielung des Bodenwertes entgegenstehen (z. B. Abbruch), sind gemessen zu berücksichtigen. Bei a b b r u c h r e i f e n G e b ä u d e n sind die Abbruchkosten u n d ggf. der Erlös aus Materialverrechnung anzugeben. 3.5.3. Besteht ein offensichtliches Mißverhältnis zwischen der tatsächlichen Nutzung u n d der rechtlich zulässigen bzw. lagetypischen Nutzung und wird dadurch die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks tatsächlich eingeschränkt oder überschritten, so kann hierdurch eine Minderung oder Erhöhung des Gesamtwerts des Grundstücks begründet sein, ohne daß der Anteil des Bodenwertes am Verkehrswert zu verändern ist. Dieser durch die vorhandene Bebauung bedingten Wertminderung oder -erhöhung ist durch einen entsprechenden Wertabschlag oder -Zuschlag (entsprechend § 19 WertV) Rechnung zu tragen. Die Höhe der Wertminderung oder -erhöhung ist von dem Ausm a ß des Mißverhältnisses und von der Restnutzungsdauer der vorhandenen Bebauung abhängig. 3.6. Verkehrswert (Vordruck Nummer 1.4) Der Verkehrswert ist aus dem Ergebnis des angewandten Wertermittlungsverfahrens abzuleiten. Die Lage auf dem Grundstücksmarkt ist zu würdigen, ggf. in Zu- und Abschlägen. Weicht das Ergebnis des angewandten Wertermittlungsverfahrens erheblich von den Ergebnissen der zur Unterstützung herangezogenen Verfahren (vgl. N u m m e r 3.1) ab, so sind die Ergebnisse kritisch zu würdigen und, sofern es geboten erscheint, durch Zu- oder Abschläge zu berichtigen. Der Verkehrswert ist nicht aus dem einfachen arithmetischen Mittel (Mittelwert) zu bilden. Eine solche schematische Berechnungsweise wäre keine sachgerechte Ermittlung des Verkehrswertes im Sinne der gesetzlichen Begriffsbestimmungen. Für spezielle Objekte gibt es häufig keine Marktlage. Hier ist der Verkehrswert als der Preis zu ermitteln, der für das betreffende Grundstück gezahlt werden würde, wenn ein gewöhnlicher Markt bestünde.
4. Kaufpreis (Vordruck Nummer 1.5) Der Verkehrswert unbebauter u n d bebauter Grundstücke bildet die Grundlage des Kaufpreisvorschlages. Zur Kaufpreisforderung bzw. zum Kaufpreisgebot (Vordruck N u m m e r 1.51) des Vertragspartners ist Stellung zu nehmen; zweckmäßig a n h a n d einer Gegenüberstellung, aus der übereinstimmende und abweichende Einzelheiten offensichtlich werden.
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2. Wertermittlungs-Richtlinien 1976 Teil II Zusätzliche Richtlinien für Teilbereiche 5. Grundstücksbezogene Rechte und Belastungen
5.1. Vorbemerkung Nach Teil I Nr. 2.1 sind grundstücksbezogene Rechte und Belastungen einzeln zu bezeichnen und zu bewerten (s. Vordrucke 1 und 2 unter Nr. 0.2 u n d 1.114). Der Wert des Rechtes, der Wert des belasteten Grundstücks oder der Wert des begünstigten Grundstücks kann zu ermitteln sein. In N u m m e r 5.2 werden das bestehende Erbbaurecht und das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück behandelt, in N u m m e r 5.3 sonstige werterhöhende Rechte und wertmindernde Belastungen. 5.2. Erbbaurecht und das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück 5.2.1. Grundsätze 5.2.1.1. Das Erbbaurecht und das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück sind selbständige Gegenstände der Wertermittlung. Bei der Ermittlung ihrer Verkehrswerte sind die Gegensätze des Teils I zu beachten. 5.2.1.2. Für die Bemessung des Verkehrswertes eines Erbbaurechts und des Verkehrswertes des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist zunächst der Bodenwert ohne Berücksichtigung der Belastung mit dem Erbbaurecht u n d gegebenenfalls zusätzlich der Verkehrswertanteil der Gebäude, der Außenanlagen u n d der besonderen Betriebseinrichtungen zu ermitteln. 5.2.1.3. Der Verkehrswert des Erbbaurechts u n d der Verkehrswert des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks sind unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere der Höhe des Erbbauzinses, der Dauer des Erbbaurechts, einer bei Zeitablauf zu zahlenden Entschädigung sowie sonstiger den Wert beeinflussender Umstände zu ermitteln. Durch das Gesetz zur Änderung der Verordnung über das Erbbaurecht vom 8. Januar 1974 wird die Anpassungsklausel beim Wohnungsbau im allgemeinen begrenzt auf die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und schließt die Berücksichtigung von Änderungen der Bodenwertverhältnisse in der Regel aus. 5.2.1.4. Wenn der im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte oder durch „Anpassungsklausel" gesetzlich zulässig anpaßbare Erbbauzins der nachhaltig marktgerechten Verzinsung des Bodenwertes entspricht, ergibt sich regelmäßig kein Bodenwertanteil des Erbbaurechts. „Bodenwertanteil des Erbbaurechts" im Sinne dieser Richtlinien ist der sich ohne Berücksichtigung der Gebäude, Außenanlagen u n d besonderen Betriebseinrichtungen ergebende Wertanteil des Erbbaurechts. 5.2.1.5. Liegt der Erbbauzins unter der marktüblichen Verzinsung des Bodenwertes des unbelasteten Grundstücks, so ist hierdurch ein Bodenwertanteil des Erbbaurechts u n d eine Wertminderung des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks gegenüber einem unbelasteten Grundstück begründet. 5.2.1.6. Neben den sich aus der Höhe des Erbbauzinses ergebenden Vor- oder Nachteilen sind die sich aus dem Erbbauvertrag ergebenden sonstigen Einwirkungen — insbesondere Bindungen des Erbbauberechtigten — bei einer Veräußerung oder Belebung des Erbbaurechts sowie bei einer wesentlichen Veränderung der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen von Einfluß. Das gleiche gilt für die marktbeeinflussenden Möglichkeiten einer Änderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen. § 7 der Verordnung über das Erbbaurecht ist zu beachten. 5.2.1.7. Die Summe der Verkehrswerte des Erbbaurechts und des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks wird in der Regel den Verkehrswert des unbelasteten
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Grundstücks einschließlich des Verkehrswertanteils vorhandener Gebäude, Außenanlagen und besonderer Betriebseinrichtungen nicht überschreiten. 5.2.2. Ermittlung des Bodenwertanteils des Erbbaurechts und des Wertes des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks. 5.2.2.1. Vorbemerkung Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts bzw. der Wert des belasteten Grundstücks kann entweder direkt aus Marktuntersuchungen (Vergleichswertverfahren) abgeleitet oder mit Hilfe finanzmathematischer Methoden ermittelt werden. Hinweise für die Berechnung können den nachgenannten schematischen Beispielrechnungen entnommen werden. Bei Rechengängen, die die Verwendung von Wertfaktoren erfordern, ist zu runden. Beispiel 1 nach Nummer 5.2.2.2 Verkehrswert eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks — Vergleichswertverfahren — auf der Grundlage einer Kaufpreisanalyse (s. Anlage 11) Beispiel 2 nach Nummer 5.2.2.3 Bodenwertanteil des Erbbaurechts und Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks — Vertrag ohne Anpassungsklausel — mit Hilfe finanzmathematischer Methoden (s. Anlage 12)
Beispiel 3 nach Nummer 5.2.2.3 Bodenwertanteil des Erbbaurechts und Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks — Vertrag mit ursprünglich vereinbarter Anpassungsklausel — mit Hilfe finanzmathematischer Methoden (s. Anlage 13). 5.2.2.2. Wertermittlung nach dem Vergleichswertverfahren Soweit ein unmittelbarer Preisvergleich nicht möglich ist, kann ggf. ein mittelbarer Preisvergleich durchgeführt werden. Bei einer ausreichenden Anzahl geeigneter Kaufpreise läßt sich grundsätzlich der Einfluß von Merkmalen des Grundstücks und des Erbbaurechtsvertrages auf den Verkehrswert des Erbbaurechts bzw. des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch eine Analyse feststellen. Werden derartige Untersuchungen durchgeführt oder liegen sie vor, können die Ergebnisse zur Wertermittlung unmittelbar verwendet werden, wenn die sich aus der Gesamtheit der untersuchten Kaufpreise ergebenden sachlichen und regionalen Beschränkungen beachtet werden. Uber ihren sachlichen und räumlichen Geltungsbereich hinaus können die jeweiligen Untersuchungsergebnisse dann verwendet werden, wenn zuvor ihre Gültigkeit an mehreren geeigneten Kaufpreisen von Objekten, die sachlich und räumlich dem zu bewertenden Objekt entsprechen, überprüft wurde. 5.2.2.3. Wertermittlung unter Berücksichtigung finanzmathematischer Methoden 5.2.2.3.1. Zur Ermittlung des B o d e n w e r t a n t e i l e s des Erbbaur e c h t s ist von der Differenz zwischen dem vertraglich und gesetzlich erzielbaren Erbbauzins und dem am Stichtag angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwertes des nicht mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks auszugehen. Der Zinssatz ist nach der Art des Grundstücks (z. B. Einfamilienhausgrundstück, Mietwohngrundstück) u n d / o d e r nach der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen. Die Differenz ist mit Hilfe des Vervielfältigers (zugleich Rentenbarwertfaktor, s. Anlage 4) auf die Restlaufzeit des Erbbauvertrages zu kapitalisieren und im Hinblick auf die in Nummer 5.2.1.6 genannten Einflüsse mit einem Wertfaktor zu multiplizieren. Dieser Wertfaktor ist abhängig von der Gewichtung der in Nummer 5.2.1.6 genannten Faktoren; er liegt regelmäßig zwischen 0,3 und 0,8, in Einzelfällen bis 0,9, bei Verträgen ohne Anpassungsklausel im Durchschnitt bei 0,5. Der Wertfaktor ist um so größer, je
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geringer die Einschränkungen für den Erbbauberechtigten sind, er ist um so kleiner, je größer sie sind. Die Wahl des Wertfaktors ist zu begründen. Ergeben Marktuntersuchungen abweichende Faktoren, so sind diese zugrunde zu legen. 5.2.2.3.2. Zur Ermittlung des W e r t e s d e s m i t d e m E r b b a u r e c h t b e l a s t e t e n G r u n d s t ü c k s ist von dem Bodenwert des unbelasteten Grundstücks auszugehen. Zur Berücksichtigung der Wertminderung infolge der Belastung des Grundstücks durch das Erbbaurecht ist der Minderertrag (Differenz zwischen dem am Stichtag angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwertes des unbelasteten Grundstücks und dem vertraglich und gesetzlich erzielbaren Erbbauzins) auf die Restlaufzeit mit Hilfe des Vervielfältigers (Anlage 4) zu kapitalisieren und wegen der neben dem Erbbauzins dem Grundstückseigentümer zustehenden sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Rechte mit einem Wertfaktor zu multiplizieren. Dieser Wertfaktor ist abhängig von dem Gewicht der Beeinträchtigungen des Grundstücks durch das Erbbaurecht. Er liegt regelmäßig zwischen 0,3 (bei geringeren Beeinträchtigungen des Grundstücks) und 0,8 (bei überdurchschnittlichen Beeinträchtigungen des Grundstücks), in Einzelfällen bei 0,9, bei Verträgen ohne Anpassungsfaktor in der Regel bei 0,5. Der Wertfaktor und damit die Wertminderung ist um so größer, je größer die Einschränkungen für den Eigentümer sind, er ist um so kleiner, je geringer sie sind. Die Wahl des Wertfaktors ist zu begründen. Ergeben Marktuntersuchungen abweichende Faktoren, so sind diese zugrundezulegen. 5.2.2.3.3. Der bei der Ermittlung des Wertes des belasteten Grundstücks anzusetzende Wertfaktor, der die Wertminderung betrifft, darf für das gleiche Grundstück in der Regel den bei der Ermittlung des Bodenwertanteiles des Erbbaurechts anzusetzenden Wertfaktor nicht unterschreiten. 5.2.3. Wertermittlung bei bebauten Erbbaurechten. 5.2.3.1. Hat der Erbbauberechtigte aufgrund des Erbbaurechts das Grundstück bebaut, so ist neben dem nach Nummer 5.2.2 ermittelten Bodenwertanteil des Erbbaurechts der nach Teil I ermittelte Wert der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen zu berücksichtigen. Beispiel 4 nach Nummer 5.2.3.1 Wert des Erbbaurechts und des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks — wenn Restlaufzeit des Vertrages gleich oder größer als Restnutzungsdauer des Gebäudes — mit Hilfe finanzmathematischer Methoden (s. Anlage 14) Beispiel 5 nach Nummer 5.2.3.3 Wert des bebauten Erbbaurechts und des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks — wenn Restlaufzeit des Vertrages kürzer als Restnutzungsdauer des Gebäudes, das nach Vertragsablauf vom Grundstückseigentümer nicht zu entschädigen ist — mit Hilfe finanzmathematischer Methoden (s. Anlage 15) Beispiel 6 nach Nummer 5.2.3.4 Wert des Erbbaurechts und des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks mit Gebäuden, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen, die im Zeitpunkt der Erbbaurechtsbestellung bereits vorhanden waren — mit Hilfe finanzmathematischer Methoden (s. Anlage 16). 5.2.3.2. Ubersteigt die Restnutzungsdauer der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht oder sind diese voll zu entschädigen, so ist eine Minderung des hierfür ermittelten Wertes nicht begründet. 923
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5.2.3.3. Übersteigt die Restnutzungsdauer der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen die Restlaufzeit des Erbbaurechts und sind diese nicht zu entschädigen, so ist zur Ermittlung des sich hieraus ergebenden Werteinflusses der im Zeitpunkt der Beendigung des Erbbaurechts verbleibenden Wert der Gebäude, Außenanlagen und besonderen Betriebseinrichtungen, die dann entsprechend älter sind, nach den allgemeinen Wertverhältnissen des Wertermittlungsstichtages zu ermitteln und auf diesen Zeitpunkt abzuzinsen. Der abgezinste Wert ist bei der Ermittlung des Wertes des Erbbaurechts wertmindernd und bei der Ermittlung des Wertes des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks werterhöhend zu berücksichtigen. Ist im Erbbaurechtsvertrag eine Teilentschädigung vereinbart, so ist entsprechend zu verfahren. 5.2.3.4. Sind Gebäude, Außenanlagen und besondere Betriebseinrichtungen dem Erbbauberechtigten mit dem Erbbaurecht überlassen, so ist zu unterscheiden, ob der Erbbauberechtigte dem Grundstückseigentümer den Wert dieser Anlagen vergütet hat oder ob dieser Wert bei der Bemessung des Erbbauzinses in Ansatz gebracht worden ist. Im ersteren Falle finden die Nummern 5.2.3.1 bis 5.2.3.3 entsprechende Anwendung. Im anderen Falle sind Wertfaktoren in Ansatz zu bringen, dei den vertraglichen Vereinbarungen und der begrenzten Lebensdauer der baulichen Anlagen Rechnung tragen (Beispiel Anlage 16). 5.2.4 Verkehrswert Der Verkehrswert ist aus den Ergebnissen der angewandten Wertermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt abzuleiten. Folgeschäden (§ 96 BBauG/§ 19 LBG) bleiben bei der Ermittlung des Verkehrswertes unberücksichtigt. 5.3. Sonstige die Nutzung des Grundstücks betreffenden Rechte und Belastungen 5.3.1. Allgemeines Die bedeutsamen sonstigen werterhöhenden Rechte und wertmindernden Belastungen sind insbesondere: Die die Nutzung des Grundstücks betreffenden dinglichen Rechte des BGB Dienstbarkeiten (Nießbrauch, Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, u. a. Wegerechte, Überfahrts- und Durchgangsrechte, Leitungsrechte, Wohnrechte, Aussichtsrechte) Reallasten (Altenteilsrechte und dergl.) Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte Baulasten gemäß Landesbauordnungen Nachbarrechte (Überbaurechte, Notwegerechte, Traufrechte, Fenster- und Lichtrechte, Wasserund Wassernutzungsrechte) Auf das Grundstück bezogene Ansprüche gegen den Eigentümer (Miet- und Pachtrechte) Diese Rechte können gesetzlich oder öffentlich-rechtlich begründet, vertraglich vereinbart, z. T. im Grundbuch oder im Baulastenverzeichnis eingetragen sein oder auf Gewohnheitsrecht beruhen. 5.3.2. Grundsätze 5.3.2.1. Die zuvor genannten Rechte und Belastungen können die zulässige wirtschaftliche Nutzung bzw. die Ertrragsfähigkeit von Grundstücken mehr oder weniger stark beeinflussen und sich entsprechend unterschiedlich auf den Verkehrswert auswirken. Die wertmäßigen Auswirkungen dieser Rechte und Belastungen können vielfach — je nach Art und Einfluß — für das begünstigte und das belastete Grundstück unterschiedlich groß sein.
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Bei Rechten — wie z. B. Nießbrauch, Wohnrecht — die personenbezogen sind und bei denen es deshalb an einem begünstigten Grundstück fehlt, entspricht der Wert des Rechtes häufig dem Minderwert des belasteten Grundstücks. Bei der Ermittlung des Werteinflusses bzw. Wertes dieser Rechte und Belastungen gelten die Grundsätze des Teils I sinngemäß. Im übrigen kann möglicherweise der Rang des Rechtes dessen Wert beeinträchtigen. 5.3.2.2. Wird für die Einräumung eines Rechtes eine wiederkehrende Gegenleistung erbracht, so ist diese bei der Ermittlung des Wertes und der Belastung zu berücksichtigen. Ist sie z. B. bezogen auf die Belastung nachhaltig angemessen, so wirkt sich die Belastung in der Regel nicht wertmindernd aus. Dies gilt insbesondere für Miet- und Pachtrechte. 5.3.2.3. Das Leiterrecht, das Schaufelschlagsrecht und ähnliche Rechte beeinflussen in der Regel nicht die Verkehrswerte des begünstigten und des belasteten Grundstücks. 5.3.3. Wertermittlung 5.3.3.1. Bei der Wertermittlung für das begünstigte und das belastete Grundstück ist in der Regel zunächst der Verkehrswert ohne Berücksichtigung des Rechts zu ermitteln. Wird jedoch die Grundstücksqualität durch das Recht entscheidend geändert (wie Fortfall der Baulandqualität durch ein Aussichts- oder Leitungsrecht oder Entstehen von Baulandqualität durch ein Wegerecht), so ist bei der Ermittlung des Grundstückswertes unmittelbar von der durch das Recht geänderten Qualität auszugehen. 5.3.3.2. Der Wertvorteil, den das begünstigte Grundstück durch das Recht erfährt, bzw. die Wertminderung, die das belastete Grundstück erleidet, ist nach dem wirtschaftlichen Vorteil bzw. Nachteil zu bemessen, wobei auf objektive Gesichtspunkte abzustellen ist. Das gleiche gilt für personenbezogene Rechte (vgl. Nummer 5.3.2.1). 5.3.3.3. Bei befristeten Rechten und Belastungen ist der jährliche Vor- bzw. Nachteil auf die Restlaufzeit zu kapitalisieren, bei Rechten an Bauwerken jedoch längstens auf deren Restnutzungsdauer. Der Kapitalisierung sind die Zinssätze gemäß Nummer 3.4.5 zugrunde zu legen, soweit es sich nicht um reine Geldleistungen handelt. Bei personenbezogenen Rechten auf Lebenszeit ist als Restlaufzeit regelmäßig die am Wertermittlungsstichtag maßgebende durchschnittliche Lebenserwartung anzusetzen (durchschnittliche Lebenserwartung s. Anlage 22). 5.3.3.4. Bei der Beurteilung von W e g e r e c h t e n — Anlage 17 Beispiel 7 — ist insbesondere die jeweilige Änderung der Nutzungsmöglichkeit des begünstigten bzw. des belasteten Grundstücks zu berücksichtigen. 5.3.3.5. Bei der Beurteilung von A u s s i c h t s r e c h t e n — Anlage 18 Beispiel 8 — ist neben den in Nummer 5.3.3.4 genannten Gesichtspunkten die damit eintretende Lageverbesserung unter Berücksichtigung der jeweiligen Art der Nutzung zu beachten. Diese ist soweit möglich durch Lagevergleiche zu ermitteln. 5.3.3.6. L e i t u n g s r e c h t e sind nach den Grundsätzen und Beispielen der Nummern 5.3.3.4 und 5.3.3.5 sinngemäß zu behandeln. Eine Wertminderung kann — insbesondere im Außenbereich — auch dann gegeben sein, wenn eine Ertragseinbuße nicht vorliegt. Feste Prozentsätze zum Ausgleich von Wertminderungen kommen allenfalls im Außenbereich in Betracht. 5.3.3.7. Beim N i e ß b r a u c h — Anlage 19 Beispiel 9 — ist, soweit vertraglich nicht anderes vereinbart, zu berücksichtigen, daß der Berechtigte die Bewirtschaftungskosten sowie die zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf dem Grundstück ruhenden privatrechtlichen Lasten zu tragen hat, insbesondere die Zinsen der Hypotheken und Grundschulden sowie die aufgrund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen. 925
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5.3.3.8. Beim W o h n r e c h t — Anlage 20 Beispiel 10 — sind die öffentlichen Lasten grundsätzlich vom Eigentümer zu tragen. Der Berechtigte trägt die Instandhaltung der W o h n u n g (ohne Gemeinschaftsanlagen) sowie die ortsüblichen Umlagen. Schuldrechtlich vereinbarte Abweichungen vom Regelfall sind entsprechend zu berücksichtigen. Der Zinssatz nach N u m m e r 3.4.5 trägt dem Inhalt des Wohnrechtes Rechnung. 5.3.3.9. Andere vorstehend nicht behandelte Rechte und Belastungen, welche die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks betreffen, können entsprechend behandelt werden. 5.3.3.10. Rechte und Belastungen, die mit der Nutzung des Grundstücks nicht in Zusammenhang stehen, haben regelmäßig auf den Verkehrswert keinen Einfluß. 6. Zum Bodenwert in speziellen Fällen 6.1. Wertverhältnis
von gleichartigen Grundstücken bei unterschiedlich zulässiger Nutzung (Geschoßflächenzahl zu Geschoßflächenzahl — GFZ : GFZ) 6.1.1. Nach Teil I Nr. 2.3 sind die Bodenwerte aufgrund von Preisen vergleichbarer Grundstücke (Vordruck Nr. 1.111) und Richtwerten (Vordruck Nr. 1.112) zu ermitteln. Dabei sollen nach Möglichkeit Preise und Werte gleichartiger Grundstücke herangezogen werden. Wenn Preise und Werte von Grundstücken herangezogen werden, die sich offensichtlich nur im M a ß der zulässigen baulichen Nutzung unterscheiden, sind die nachfolgenden Abschnitte der N u m m e r n 6.1.2 bis 6.1.5 anzuwenden. 6.1.2. Es ist zunächst festzustellen, inwieweit Preise und Richtwerte vorliegen, die einen unmittelbaren Vergleich zulassen. Insbesondere ist die Vergleichbarkeit gemäß N u m m e r 2.2 unter Beachtung etwa vorhandener werterhöhender Rechte bzw. der wertmindernden Belastungen u n d des Grundstücksmarktes zu prüfen. 6.1.3. Ist eine Abweichung hinsichtlich des Maßes der zulässigen baulichen Nutzbarkeit gegeben oder ist dieses M a ß bei den zu beurteilenden bzw. auch bei den zu vergleichenden Grundstücken nicht voll realisierbar, lassen sich die dadurch bedingten Wertunterschiede mit Hilfe von Umrechnungskoeffizienten auf der Grundlage der zulässigen oder der realisierbaren Geschoßflächenzahl feststellen. 6.1.4. Die in Anlage 23 benannten Umrechnungskoeffizienten stellen Mittelwerte eines ausgewogenen Marktes dar. Aufgrund örtlicher Verhältnisse sind Abweichungen möglich, wobei im allgemeinen das Maximum der Wertänderung eine Wertänderung proportional zu den entsprechenden Geschoßflächenzahlen nicht erreichen sollte, während 20 v. H. dieser Änderung das Minimum der Wertänderung darstellen sollte. In Anlage 23 ist eine beispielhafte Umrechnung von G F Z : G F Z dargestellt. Die Verwendung von Umrechnungskoeffizienten, die von denen in der Anlage 23 abweichen, ist jeweils zu begründen. 6.1.5. Bei unterschiedlichen Nutzungsarten ist eine eingehende Prüfung der den Bodenwert bestimmenden Wertmerkmale erforderlich. So kann z. B. in Geschäftslagen die Abhängigkeit des Bodenwertes von den höherwertig genutzten Flächen (Läden) erheblich größer sein als die Abhängigkeit von der GFZ. In diesen Fällen ist eine eingehende Prüfung hinsichtlich der den Bodenwert bestimmenden Wertmerkmale erforderlich. 6.2.
,,Schicht"-Nutzung*)
6.3. Öffentliche Verkehrs- und Grünflächen 6.3.1. Es ist zu unterscheiden zwischen Flächen, die zur künftigen Nutzung als Ver*) Mit Rücksicht auf die bei Erlaß noch nicht abgeschlossene Novellierung des BBauG wurden noch keine Aussagen zur „Schicht"-nutzung gemacht.
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kehrs- oder Grünflächen erworben werden sollen, solchen, die bereits als Verkehrsoder Grünflächen genutzt werden und im Gemeingebrauch verbleiben, und solchen, die einer anderen Nutzung zugeführt werden sollen. 6.3.2. Künftige Verkehrs- und Grünflächen Für Grundstücke, die zur Nutzung als Verkehrs- oder Grünflächen zu beschaffen sind, ist deren Qualität, d. h. deren Zustand in dem Zeitpunkt, in dem sie endgültig von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen worden sind, maßgebend (vgl. Nr. 7). Bei der Wertermittlung sind die allgemeinen Grundsätze, wie sie sich aus Teil I ergeben, uneingeschränkt anzuwenden. Bei der Wertermittlung ist zu unterscheiden, ob es sich um Unland ohne Bauerwartung, um land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke ohne Bauerwartung, um Bauerwartungsland oder um Grundstücke handelt, die Bauland (Rohbau-land oder erschlossenes Bauland) sind. Sollen Teilflächen von bebauten oder unbebauten Grundstücken als Verkehrs- oder Grünflächen genutzt werden, so ist Nr. 6.4 zu beachten. 6.3.3. Vorhandene Verkehrs- und Grünflächen 6.3.3.1. Im Gemeingebrauch befindliche Verkehrs- und Grünflächen sind nicht zu bewerten, soweit gesetzliche Regelungen vorhanden sind, die eine unentgeltliche Übertragung vorsehen. Soweit keine derartigen Regelungen bestehen, ist, da grundsätzlich keine rentierliche Nutzung aus den gesetzlichen Flächen zu ziehen ist, allenfalls ein geringer Anerkennungsbetrag in Ansatz zu bringen. Ein künftiger Anspruch auf Rückgabe hat nur dann Auswirkungen auf den Verkehrswert, wenn die Realisierbarkeit in absehbarer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dienen Grundstücke oder Grundstücksteile als Verkehrs- oder Grünflächen, ohne daß die Eigentums- und Entschädigungsfragen geregelt worden sind, ist allerdings vorab zu klären, ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht, der ggfs. nach Nummer 6.3.2 zu behandeln ist. Entscheidend ist die nach Landesrecht und nach Ortssatzung mögliche unterschiedliche Regelung. 6.3.3.2. Soweit Verkehrs- oder Grünflächen ausnahmsweise einen nicht unwesentlichen nachhaltigen Ertrag bringen, wird deren Verkehrswert davon beeinflußt. Öffentliche Gebühren sind nicht als Erträge zu berücksichtigen. 6.3.3.3. Ist Einsatzbeschaffung geboten, so sind anstelle des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Fläche die notwendigen Kosten eines etwa bereitgestellten Grundstücks im Rahmen gleichartiger, gleichwertiger, u. U. auch fiktiver Maßnahmen zugrunde zu legen. Gesetzliche Bestimmungen über den Umfang der Ersatzbeschaffung sind zu berücksichtigen. 6.3.4. Nutzungsänderung von Verkehrs- und Grünflächen Verlieren öffentliche Verkehrs- und Grünflächen diese Eigenschaft, z. B. durch Einziehung einer Verkehrsfläche nach Straßenrecht, so geht die Funktion als öffentliche Verkehrs- oder Grünfläche unter. Werden diese Flächen umgezont, z. B. als Bauland ausgewiesen, so ist für den Verkehrswert derartiger Flächen die ausgewiesene bzw. die zu erwartende Qualität maßgebend. Dabei kann der Verkehrswert der umliegenden Grundstücke herangezogen werden. Soweit Umstände vorhanden sind, die sich wertmindernd gegenüber den angrenzenden Grundstücken auswirken, sind sie angemessen zu berücksichtigen, z. B. Aufwendungen infolge Abbruchs des Straßenkörpers, Rekultivierung. 6.3.5. Sonstige Gemeinbedarfsflächen Die Bestimmungen der Nummern 6.3.1 und 6.3.2 gelten sinngemäß auch für die Grundstücke, die für Zwecke der Verteidigung und des sonstigen Gemeinbedarfs beschafft werden sollen. 927
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6.4. Teilflächen 6.4.1. Teilflächen im Sinne der folgenden Ausführungen sind in der Regel unselbständige Flächen, die aus einer wirtschaftlichen Einheit abgetrennt und einer anderweitigen Zweckbestimmung, insbesondere dem Gemeinbedarf, zugeführt werden sollen. Dazu gehören Vorgarten-, Vorderland-, Vorland-, Seiten- und Hinterlandflächen; sie können bebaut oder nicht bebaut, bebaubar, beschränkt bebaubar oder nicht beb a u b a r sein. Bei der Ermittlung des Wertes der Teilflächen ist grundsätzlich nach der Differenzmethode zu verfahren; dabei ist der Wert des Gesamtgrundstücks vor der Abtretung mit dem Wert des Restgrundstücks zu vergleichen. In geeigneten Fällen kommen die Verschiebemethode, Durchschnittswerte oder Bruchteilswerte als Anwendungsfälle der Differenzmethode in Betracht. Die Vorschriften über die in Teil I aufgeführten Verfahren sind entsprechend zu berücksichtigen. Werden mit der Inanspruchnahme von Teilflächen Gebäude, Außenanlagen oder besondere Betriebseinrichtungen betroffen, so sind deren Wertanteile nach den Grundsätzen des Teil I zu ermitteln. Dabei ist zu prüfen, ob u n d inwieweit das Vorhandensein von Außenanlagen (z. B. Aufwuchs) den Wert des Grundstücks beeinflußt. Andere Vermögensnachteile (z. B. § 96 B B a u G / § 19 LBG), soweit sie bei der Wertermittlung nach den folgenden Ziffern nicht berücksichtigt sind, müssen im Rahmen oder zur Abwendung der Enteignung ggf. gesondert erfaßt werden. Das gleiche gilt für Vermögensvorteile, die bei Abtretung der Teilfläche entstehen (z. B. § 9 3 Abs. 3 BBauG); ggf. können Vor- und Nachteile gleichzeitig ermittelt und miteinander ausgeglichen werden. 6.4.2. Werden Teilflächen eines unbebauten Grundstücks in Anspruch genommen und ändert sich dabei die relative Bebaubarkeit (rechnerische Bebaubarkeit in m 2 ) des Restgrundstückes gegenüber der des ursprünglichen Grundstücks, z. B. infolge einer Verminderung durch rückwärtige Baulinien oder Abstandsflächen bzw. Erhöhung infolge Beibehaltung der ursprünglichen absoluten Bebaubarkeit, so ist der Wert der Teilfläche nach der Differenzwertmethode zu ermitteln. In geeigneten Fällen, etwa wenn ein Grundstück baurechtlich nicht notwendige Freifläche enthält, kann dies nach der Verschiebemethode erfolgen; hierbei kann z. B. der Bodenwert des rückwärtigen Grundstücksteils maßgebend für die zu beurteilende Teilfläche (Vorland) sein. Haben sich auf dem örtlichen Markt Bruchteilswerte gebildet, können diese zur Ermittlung des Wertes der in Anspruch genommenen Teilfläche herangezogen werden. Ändert sich die relative Bebaubarkeit nicht, so ist für die Teilfläche in der Regel der Durchschnittswert der ungeteilten Fläche maßgebend. Dienen Teilflächen bereits seit Jahrzehnten als öffentliche Verkehrs- und Grünflächen, so ist N u m m e r 6.3 anzuwenden. 6.4.3. Bei der Ermittlung des Wertes der Teilflächen bzw. der Wertminderung bebauter Grundstücke finden die Grundsätze der N u m m e r n 6.4.1 u n d 6.4.2 entsprechend Anwendung. Hierbei ist jedoch die Funktion der Teilfläche für das bebaute G r u n d stück — insbesondere eine bisherige Schutzfunktion als Vorgarten — angemessen zu berücksichtigen. Soweit die bauliche Nutzbarkeit des Restgrundstücks durch die Inanspruchnahme der Teilfläche beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung erst nach Beseitigung des Gebäudes eintritt, ist dem unter Beachtung der Restnutzungsdauer Rechnung zu tragen (Gegenwartswert einer erst zukünftig wirksam werdenden Beeinträchtigung). Für Teilflächen, die eine zugelassene selbständige Nutzung aufweisen, z. B. Aufstellung von Schaukästen, Automaten u. a. m., ist in der Regel der auf den Ertragsverhältnissen beruhende Wert maßgebend.
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6.5.
Außenbereich*)
Wasserflächen 6.6.1. Wasserflächen im Sinne der W e r t R sind die von oberirdischen Gewässern nicht nur vorübergehend eingenommenen Flächen (insbesondere Flüsse, Kanäle, Häfen, Meeresteile, Seen, Teiche). 6.6.2. Die Abgrenzung der Gewässer gegen ihre Ufer richtet sich nach den wasserrechtlichen Vorschriften. Zugrunde zu legen ist in der Regel die zuletzt ermittelte Uferlinie/Wasserlinie, bei Kanälen die Wasserlinie bei Normalstau. Auskunft über den Verlauf der Begrenzungslinien kann gegebenenfalls bei den zuständigen Kataster- bzw. Vermessungsämtern oder Wasserbehörden eingeholt werden. 6.6.3. Der Verkehrswert von Wasserflächen hängt vor allem von der zulässigen Nutzungsmöglichkeit ab. Eine über den Gemeingebrauch bzw. Eigentümer- oder Anliegergebrauch hinausgehende Nutzungsmöglichkeit entsteht in der Regel durch Erteilung einer wasserrechtlichen bzw. baurechtlichen Genehmigung. 6.6.4. An Nutzungsmöglichkeiten sind solche für private und solche für Gemeinbedarfszwecke zu unterscheiden, insbesondere: 6.6.4.1. Umschlag, Industrie (z. B. Werften), Lagerei, Restaurants 6.6.4.2. Liegeplätze und Landeanlagen für Personenschiffahrt, Bootsverleih, Bootshäuser, Camping (privat) und dgl. 6.6.4.3. Gewinnung von Bodenschätzen, Bodenentnahmen, Bodenablagerungsflächen 6.6.4.4. Fischerei, Schilf-, Weidenanpflanzungen 6.6.4.5. Sonstige private Nutzungen (z. B. Triebkraft, Wasserentnahme, Gartenanlagen) 6.6.4.6. Sport und Erholung (nicht gewerblich) 6.6.4.7. Kreuzungen, wie Ein- und Durchleitungen (z. B. Ein- oder Auslaßbauwerke) u. a. 6.6.4.8. Anlagen des öffentlichen Verkehrs sowie Hochwasserschutzanlagen. 6.6.5. Der Verkehrswert von Wasserflächen wird — unter Berücksichtigung der Nutzungsmöglichkeit (vgl. Nummer 6.6.3) — in der Regel örtlich bzw. regional unterschiedlich sein. Das örtliche bzw. regionale Bodenwertgefüge kann einen Anhalt bieten. Vielfach, vor allem bei den Fällen nach Nummer 6.6.4.1, besteht eine Abhängigkeit zwischen dem Verkehrswert von Wasserflächen und dem Wert einer mit der Wasserfläche in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Landfläche, welche in aller Regel in dem der Wasserfläche benachbarten Uferbereich liegt. Unmittelbare Nachbarschaft braucht nicht zu bestehen. Im Normalfall wird der Wert der Wasserfläche niedriger als der Wert der Bezugsfläche an Land sein, weil die Wasserflächennutzung durch die Natur der Gewässer eingeschränkt oder erschwert ist. Hinzu kommt, daß Wasserflächen in der Regel erst durch Umwandlung in Landflächen beleihbar werden. In den Fällen des Absatzes 2 wird der Verkehrswert in der Regel mit etwa 25 v. H. des Wertes der Landfläche (ebp) anzusetzen sein. Der Erschließungszustand kann die Höhe des v. H.-Satzes beeinflussen. Sofern nur Gemeingebrauch bzw. Eigentümer- oder Anliegergebrauch zulässig ist, ist dieser besondere Umstand im Einzelfall mindernd gegenüber Nummer 6.6.4.3 zu berücksichtigen. *) Mit Rücksicht auf die bei Erlaß noch nicht abgeschlossene Novellierung des B B a u G wurden noch keine Aussagen zum Außenbereich gemacht.
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6.6.6. Besteht kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Wasser- und Landfläche, so bilden Vergleichspreise die Grundlage für den Verkehrswert der zu bewertenden Wasserfläche. Sind Wasserflächen gegen Entgelt zur Nutzung überlassen, so kann in geeigneten Fällen aus dem Entgelt nach dem Ertragswertverfahren der Verkehrswert der Wasserflächen ermittelt werden. Gräben und schmale Bäche können einheitlich zusammen mit ihren Böschungen bewertet werden. Auch hierbei ist — gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Herrichtungsaufwandes — die zulässige Nutzungsmöglichkeit maßgebend. 6.6.7. Die Wertermittlung für vorhandene Außenanlagen (z. B. wasserbauliche Anlagen, Dalben usw.) erfolgt nach den Regeln des Teils I s. Anlage 5). Sonstige Aufwendungen des Gewässereigentümers für Ausbau und Unterhaltung bleiben im Regelfall außer Betracht. 6.6.8. Zu- und Abschläge wegen Wassertiefe, Nutzungserschwernissen oder infolge von rechtlichen Belastungen (vgl. Nummer 5.3) sind nur vorzunehmen, wenn die genannten Faktoren von wesentlichem Einfluß auf die Nutzungsmöglichkeiten sind. 6.6.9. Fischereirechte, Berechtigungen zur Gewinnung von Bodenschätzen u. a. sind gesondert zu bewerten, wenn sie nicht mit dem Wert der Wasserfläche abgegolten sind. 6.6.10. Für die Ermittlung des Verkehrswertes von Landgrundstücken als Bezugsflächen für die Wertermittlung von Wasserflächen (s. Nummer 6.6.5) gelten die Grundsätze des Teil I. 7. Grundsätze der Enteignungsentschädigung Für die Wertermittlung sind in der Regel zwei Zeitpunke zu beachten: der Zeitpunkt, der maßgebend ist für die Qualität und der andere Zeitpunkt, der maßgebend ist für den Preis/Wert. Beide Zeitpunkte können zeitlich auseinander liegen; sie sind dem Gutachter regelmäßig vorzugeben. Bei der Grundstücksqualität — bei dem Grundstückszustand — kommt es in der Regel nicht auf die tatsächliche Nutzung, sondern auf die zulässige Nutzungsmöglichkeit an. Wertänderungen des zu enteignenden Grundstücks infolge von Maßnahmen, die eine Enteignung begründen können, bleiben unberücksichtigt (Vorwirkung der Enteignung). Die Ermittlung des Verkehrswertes von Verkehrs- und Grünflächen (vgl. Nummer 6.3), von Teilflächen (vgl. Nummer 6.4) und von Flächen im Außenbereich (vgl. Nummer 6.5), soweit sie für öffentliche Zwecke in Anspruch genommen werden, ist auch bei freivertraglicher Beschaffung nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung vorzunehmen.
3. Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung — B a u N V O )
in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1763) Vorbemerkung I. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO); in ihrer ursprünglichen Fassung vom 26. 6. 1962 - BGBl. I S. 429, erstmals neugefaßt am 26. 11. 1968 - BGBl. I S. 1238, 930
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
berichtigt BGBl. 1969 I S. 11 - ) stellt entsprechend § 2 Abs. 8 Nr. 1 BBauG eine Vorschrift über Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung einschließlich seiner Berechnung, die Bauweise und die überbaubaren sowie nicht überbaubaren Grundstücksflächen dar. Die §§ 17—21 BauNVO geben höchstzulässige Werte (in Schlüsselzahlen) an; über die Mindestgröße der Baugrundstücke (vgl. § 2 Abs. 8 Nr. 1 Buchstabe d) bringt die BauNVO auch in der Novelle von 1977 noch keine Vorschriften. Ziff. 2 des Abs. 8 von § 2 BBauG ist im Ersten Abschnitt der BauNVO, Ziff. 3 aaO im Vierten Abschnitt der BauNVO enthalten. Die BauNVO spricht grundsätzlich nur die planende Gemeinde an. Für den Bauwilligen gilt die Verordnung nur insoweit, als ihre Regelungen in einem BebPl. als verbindliches Recht festgesetzt worden sind; in § 24 wird für die Fälle des § 33 BBauG, also für die Gebiete, für die die Gemeinde die Aufstellung eines BebPl. beschlossen hat, unmittelbar bestimmt, daß die BauNVO entsprechend dem Stand der Planungsarbeiten anzuwenden ist. In solchen Fällen ist das Baugebiet auf Grund des tatsächlich vorhandenen Baubestands zu ermitteln. Die Bedeutung der BauNVO ist daraus ersichtlich, daß sie nicht nur die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften (d. h. auch Ortsrecht) außer Kraft gesetzt hat, sondern auch sonst sehr weitgehende Bestimmungen brachte, deren Verfassungsmäßigkeit nach der Erstfassung nicht unzweifelhaft war — selbst gegen die Ermächtigung nach § 2 Abs. 10 Nr. 2 waren bezüglich ihrer Verfassungskonformität (Art. 80 GG) verschiedentlich Bedenken angemeldet worden. Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Abs. 5 von § 173 traten insbesondere Schwierigkeiten im Hinblick auf § 24 Abs. 2 BauNVO a. F. auf, was die Streichung des auf § 34 BBauG zielenden Abs. 2 dieser Bestimmung in der Novelle 1977 zur Folge hatte. Eine weitere Problematik der BauNVO in ihrer Erstfassung ergab sich auch aus einer Entscheidung des BayVGH (U vom 1. 4. 1966, Nr. 196 I 65) VerwRspr. Bd. 18, 196 in der er zur sinngemäßen Anwendung von Vorschriften der BauNVO auf im Zusammenhang bebaute, aber unverplante Ortsteile Stellung nahm. II. 1. Schließlich erfolgte die erste fällige Novellierung am 26.11.1968 (BGBl. I S. 1238). Die BauNVO hatte in ihrer Erstfassung mit ihren Vorschriften über die Art und das Maß der baulichen Nutzung sowie über die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche eine Perfektionierung gebracht, der gerade im Hinblick auf die schnelle bautechnische Entwicklung die Weiterentwicklung neuer städtebauplanerischer Formen und die sprunghafte Verdichtung einiger Großstadträume in dieser normierten Form kein langes Leben beschieden sein konnte. Tatsächlich mußte bereits nach sechs Jahren eine völlige Überarbeitung erfolgen, die sich aus der Erfahrung heraus im besonderen auf eine mehr flexible Gestaltung verschiedener Normen erstrecken mußte, um nicht nach einigen Jahren eine weitere Novellierung in Kauf nehmen zu müssen. Die Kritik an der starren Aufteilung der Zonen für Arbeiten, Wohnen und Erholung hatte ihre reale Bestätigung in der Verödung ganzer Stadtzentren. Die Neufassung versuchte nun, dieser verhängnisvollen Entwicklung entgegenzuwirken (AmtlBegr.: „Es galt, eine flexiblere Handhabung der bisherigen Vorschriften zu ermöglichen, damit auch den zukünftigen städtebaulichen Erfordernissen Rechnung getragen werden kann"). Die Änderungen der ersten Novelle erstreckten sich — ihrer Wichtigkeit nach aufgeführt — in erster Linie auf die Änderung des § 17, durch den das höchstzulässige Maß der baulichen Nutzung, d. h. die flächenmäßige Bebaubarkeit der Grundstücke im einzelnen in den einzelnen Baugebieten bestimmt sind. Die Meßzahlen waren schon kurz nach Ergehen der ursprünglichen BauNVO überholt. Seit 1960 hatten sich die Geschoßflächen von neugebauten Wohnungen im Hinblick auf den gestiegenen Wohn-
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Ausführungsvorschriften des Bundes
komfort durchschnittlich über 10 v. H. vergrößert. Ein Anheben der Meßzahlen ergab sich auch aus der Entwicklung der Beschäftigungsdichte, also für die höchstzulässige Anzahl von Beschäftigten je Hektar Baufläche; die moderne Arbeitstechnik und Arbeitsraumgestaltung erfordert mehr Raum für die einzelnen Arbeitsplätze. § 21 a versuchte eine Lösung des Parkproblems außerhalb des fließenden Verkehrs, also außerhalb des Straßenraums, und zwar dadurch, daß den Bauherren ein Anreiz gegeben werden sollte, auf ihren Grundstücken Stellplätze und Garagen einzurichten; ein solcher Anreiz besteht dann, wenn die Errichtung von Parkflächen nicht wie früher zu einer Verringerung der Grundfläche führt, die von übrigen Anlagen überdeckt werden darf. Durch die Novelle 1977 erfuhr § 21 a eine der Novelle 1976 zum BBauG angepaßte und in Abs. 4 Nr. 3 eine klarstellende Änderung. Eine weitere Neuerung durch die erste Novelle (1968) stellte die Änderung des § 7 Abs. 3 dar. Die Neufassung sollte die rechtlichen Grundlagen schaffen, um der oben erwähnten Verödung der Stadtzentren engegenzuwirken. Für das Kerngebiet kann nach Abs. 4 (durch die Novelle 1977 erneut erweitert) festgesetzt werden, daß in bestimmten Bereichen im Erdgeschoß oder in sonstigen Geschossen, die an begehbaren Flächen liegen, publikumsintensive Einrichtungen, wie Läden mit Schaufenstern, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, nebeneinander zulässig sind. Dies ermöglicht für die mehr und mehr entstehenden Fußgängerzonen in den Kerngebieten eine attraktivere Gestaltung. Eine gleichlautende Regelung wie in § 7 Abs. 4 ist 1968 für die allgemeinen Wohngebiete (§ 4) und für Mischgebiete (§ 6) eingeführt worden; die Novelle 1977 änderte diese Bestimmungen; s. u. Die modernen, zwischenzeitlich aus den Vereinigten Staaten übernommenen Einkaufsgewohnheiten haben die Einrichtung der sog. Verbrauchermärkte (ShoppingCenters) mit sich gebracht. Ein solches Einkaufszentrum kann als Anziehungspunkt Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur der Umgebung haben und kann u. U. die planerisch gewünschte Entwicklung einer Gemeinde in ungewollte Bahnen lenken. Dies gilt auch in verkehrsmäßiger Hinsicht (Zustrom von Kraftfahrzeugen zum Einkaufszentrum). Um zu vermeiden, daß ein Einkaufszentrum in Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung und Landesplanung steht, bestimmte der durch die Novelle von 1968 eingeführte neue Abs. 3 des § 11, (durch die Novelle 1977 nochmals geändert, s. u.), daß solche Einrichtungen außerhalb von Kerngebieten nur zulässig sind, wenn sie als Sondergebiete dargestellt und festgesetzt werden. Nur so kann bei der Prüfung und Genehmigung des Bauleitplans durch die Aufsichtsbehörde festgestellt werden, ob das Einkaufszentrum planerisch vertretbar ist. Von der BauNVO wurden allerdings bis zur Novelle 1977 die Einkaufszentren außerhalb der Baugebiete, die mehr und mehr dem Landschaftsbild ein nicht gerade förderndes Gepräge geben, nicht erfaßt. Ihre Zulässigkeit richtet sich allein nach den Vorschriften des § 35 BBauG über Vorhaben im Außenbereich. 2. a) Ging es bei der ersten Novellierung der BauNVO im Jahre 1968 hauptsächlich darum, gewisse Schwierigkeiten und Schwächen, die sich bei der praktischen Handhabung der Verordnung in der Vergangenheit gezeigt hatten, zu beseitigen, gebot die Veränderung der städtebaulichen Aufgaben, die sich zunehmend auf die Umgestaltung bebauter Gebiete, insbesondere in den Innenbereichen der Gemeinden bezog, eine weitere Novellierung. Insbesondere ergab sich aus der Novelle 1976 zum BBauG, die Vorschriften der BauNV dem neuen Recht anzupassen. Sie erfolgte durch die Änderungsverordnung vom 15. 9. 1977 (BGBl. I S. 1763). Nach der Amtl. Begr. (BRDS 261/77) ist „ein wesentliches städtebauliches Anliegen die Verbesserung der Ordnungsmöglichkeiten für bestehende Baugebiete mit gemischter Nutzung, damit die Gemeinden insbesondere gesunde Wohn- und Arbeitsbedingungen sichern und Belangen des 932
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Immissionsschutzes gerecht werden, aber auch die Standorte gewerblicher Nutzung, die erhalten bleiben sollten, sichern können. Um Fehlnutzungen nach örtlichen Gegebenheiten zu vermeiden, sind differenziertere Nutzungsfestsetzungsmöglichkeiten notwendig; damit kann zugleich einem zu starken räumlichen Auseinanderrücken einander bedingender Nutzungen entgegengewirkt werden." Für unterschiedliche Nutzungen in übereinanderliegenden Geschossen und Ebenen bietet bereits § 9 Abs. 3 der Novelle 1976 BBauG Möglichkeiten. Gemäß Ermächtigung in § 2 Abs. 8 BBauG steckt die Novelle 1977 zur BauNVO den Rahmen für entsprechende Festsetzungen ab. Des weiteren soll durch diese Novelle die Planung in bereits bebauten Bereichen dadurch erleichtert werden, daß für überwiegend bebaute Gebiete, die in bezug auf die Wohnnutzung und die Gewerbenutzung eine besondere Eigenart ausweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll, eine entsprechende Baugebietsart zur Verfügung gestellt wird. Ein weiterer Schwerpunkt der zweiten Änderung der BauNVO ist das Problem der Einkaufszentren und Verbrauchermärkte. In der Novelle von 1968 wurde diese Frage erstmalig einer gesonderten Regelung zugeführt mit der Maßgabe, daß solche Anlagen in bestimmten Baugebieten unzulässig sind, wenn sie vorwiegend der „übergemeindlichen" Versorgung dienen sollen. Der Begriff „übergemeindlich" hat sich jedoch inzwischen u. a. infolge der durchgreifenden kommunalen Gebietsreformen als unpraktikabel erwiesen. Die Erfahrungen der Praxis geboten neue Lösungen. Schließlich versucht die Novelle 1977, „nicht nur eine gezieltere, sondern auch eine flexiblere und liberalere Handhabung der bisherigen Vorschriften zu ermöglichen" (Amtl. Begr. aaO). b) Der BR, dessen Zustimmung erforderlich war, setzte in der Novelle 1977 seine Änderungsvorschläge insgesamt durch. Allerdings gab Staatssekretär Dr. Abreß in der 448. Sitzung des BR am 15. 7. 1977 eine Erklärung ab, in der er einerseits darauf hinwies, daß die Erfahrungen der Länder mit der BauNVO zahlreiche Änderungsvorschläge ergaben, andererseits aber zu zwei der Änderungsvorschläge (§ 4 a Abs. 1 und § 11 Abs. 3) inhaltlich Bedenken erhob, die sich bezüglich der letztgenannten Bestimmung auch dahin niederschlugen, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau im BAnz. v. 20. 9.1977 sogar in einer eigenen Bekanntmachung einen Auszug aus der AmtlBgr. des RegE zu § 11 Abs. 3 veröffentlichte, obwohl im Vorspann ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß im Hinblick auf die Beschlüsse des BR „die nachfolgend abgedruckte Begründung des Regierungsentwurfs § 11 Abs. 3 Satz 3 .... überholt" sei (im einzelnen siehe bei der Kommentierung zu §§ 4 a und 11). Die Änderungswünsche des BR, die die Endfassung der Novelle prägten, betrafen außer den obengenannten §§ 4 a und 11 folgende Bestimmungen, auf die bei der Kommentierung im einzelnen eingegangen wird: Streichung von Vorschlägen in §§ 1 und 4, Ersatz des Art. 2 der ÄndV durch einen neuen § 25 a, Anfügungen und Textänderungen in den §§ 4 Abs. 3 Nr. 6, 4 a Abs. 2 (diese Bestimmung wurde durch den RegE eingefügt), 6 Abs. 3, 10, 12, 13, 17 Abs. 1, 5, 7 und 9. Die Novelle 1977 trat bereits am 1. 10. 1977 in Kraft; die Übergangsvorschrift ist in § 25 a enthalten (siehe dort). III. Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 23. 8. 1968 (IV C 103.66) Der Gemeindetag 1969, 286 a) Die Vorschriften der BauNVO gelten für die durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG übergeleiteten Pläne nicht (im Anschluß an das U vom 27.1. 1967 — BVerwGE 26, 103). b) Die Vorschriften, die vor dem Inkrafttreten des BBauG einer sowohl planungsals auch ordnungsrechtl. Zielsetzung dienten, sind durch § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG je-
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denfalls dann nicht übergeleitet worden, wenn die ordnungsrechtl. Zielsetzung eindeutig überwog. 2. Bad.-Württ. V G H B vom 27. 1. 1972 (II 2 1 7 / 7 0 ) BBauBl. 1972, 429 Ist ein Baugrundstück für den Gemeindebedarf nicht zugleich Teil des umgebenden Baugebiets, so finden die Vorschriften der BauNVO über die Art und das M a ß der baulichen Nutzung auf die Gemeindebedarfsfläche keine unmittelbare Anwendung. Schrifttum zur BauNVO siehe Literaturverzeichnis im Hauptband Inhaltsübersicht
Erster Abschnitt Art der baulichen Nutzung Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete Kleinsiedlungsgebiete Reine Wohngebiete Allgemeine Wohngebiete Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung (besondere Wohngebiete) Dorfgebiete Mischgebiete Kerngebiete Gewerbegebiete Industriegebiete Sondergebiete, die der Erholung dienen Sonstige Sondergebiete Stellplätze und Garagen Gebäude und Räume für freie Berufe Nebenanlagen Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen
§
1 2 3 4 4 a 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Zweiter Abschnitt Maß der baulichen Nutzung Allgemeine Vorschriften Zulässiges M a ß der baulichen Nutzung
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16 17
Vollgeschosse Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche Geschoßflächenzahl, Geschoßfläche Baumassenzahl, Baumasse Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen
§ 18 19 20 21 21a
Dritter Abschnitt Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche Bauweise 22 Überbaubare Grundstücksfläche . 23 Vierter Abschnitt Anwendung der Verordnung im Falle des § 33 des Bundesbaugesetzes
24
Fünfter Abschnitt Überleitungs- und Schlußvorschriften Fortführung eingeleiteter Verfahren Überleitungsvorschriften aus Anlaß der zweiten Änderungsverordnung Berlin-Klausel Inkrafttreten
25 25 a 26 27
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
Erster Abschnitt Art der baulichen Nutzung §1 Allgemeine
Vorschriften für Bauflächen
und
Baugebiete
(1) Im Flächennutzungsplan sind, soweit es erforderlich ist, die für die Bebauung vorgesehenen Flächen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesbaugesetzes) nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) darzustellen als 1. Wohnbauflächen (W) 2. gemischte Bauflächen (M) 3. gewerbliche Bauflächen (G) 4. Sonderbauflächen (S). (2) Soweit es erforderlich ist, sind die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) darzustellen als 1. Kleinsiedlungsgebiete (WS) 2. reine Wohngebiete (WR) 3. allgemeine Wohngebiete (WA) 4. besondere Wohngebiete (WB) (MD) 5. Dorfgebiete 6. Mischgebiete (MI) 7. Kerngebiete (MK) 8. Gewerbegebiete (GE) 9. Industriegebiete (Gl) 10. Sondergebiete (SO). (3) Im Bebauungsplan sind, soweit es erforderlich ist, die in Absatz 2 bezeich neten Baugebiete festzusetzen. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht aufgrund der Absätze 4 bis 9 etwas anderes bestimmt wird. (4) Für die in den §§ 4 bis 9 und 11 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet 1. nach der Art der zulässigen Nutzung, 2. nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt. (5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2,4 bis 9 und 13 allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. 935
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind, 1. nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder 2. in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. (7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 und 11 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes), festgesetzt werden, daß in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen 1. nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind, 2. einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder 3. alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind. (8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken. (9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, daß nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. 1. Allgemeines a) Die Vorschrift erfuhr durch die zweite Novelle von 1977 in Überschrift und Inhalt erhebliche Ergänzungen. In der Fassung der vorangegangenen Novelle sah die BauNVO für eine Reihe von Baugebieten Möglichkeiten einer räumlichen Gliederung des Gebiets vor. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß ein Bedürfnis zur Gliederung z. B. auch für Mischgebiete oder allgemeine Wohngebiete bestehen kann. Im Interesse der Übersichtlichkeit wurde die Möglichkeit der räumlichen Gliederung für alle in Betracht k o m m e n d e n Gebiete in § 1 Abs. 4 einheitlich geregelt. Alle diese Baugebiete können, wie vorher bereits Gewerbe- und Industriegebiete, im BebPl. nun nicht nur nach der Art der zulässigen Nutzung, sondern auch — im Interesse des Umweltschutzes — nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gegliedert werden. b) Durch die Novelle 1977 wurde die Bezeichnung „besondere Wohngebiete (WB)" eingefügt und die „Wochenendhausgebiete (SW)" wegen ihrer neuen Zuordnung unter § 10 auf Vorschlag des BR aus Abs. 2 herausgenommen (siehe bei § 10). Die Unterteilung in Bauflächen u n d Baugebiete fußt auf § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBauG. Abs. 2 dieses § 1 zeigt, daß Bauflächen in Baugebiete unterteilt werden. 936
3. Baunutzungsverordnung
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c) Während Abs. 1 auf den FINP1. abstellt, befassen sich die übrigen Absätze mit dem BePl. d) Die Bestimmungen über die Art der baulichen Nutzung sind grundsätzlich nachbarschiitzend, während die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung diese Qualität nicht haben (siehe Erläut. 6 bei § 16 BauNVO). Die Bestimmungen über die Art der baulichen Nutzung dienen nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer städtebaulich geordneten und zweckmäßigen Entwicklung des Baugebiets, sondern gleichzeitig auch dem Interesse der Bewohner an der Verhinderung des Eindringens wesensfremder und störender Nutzungen. 2. Bauflächen und Baugebiete Die Aufzählung der Bauflächen und Baugebiete ist abschließend. Die Bauflächen stellen die allgemeine Art der baulichen Nutzung des F1NP1., die Baugebiete die besondere Art der Nutzung dar; diese sind erforderlichenfalls im BebPl. zu bezeichnen. Dementsprechend können Bauflächen nur im F1NP1. und nicht in dem die exakte Planung ausweisenden BebPl. festgesetzt werden. Baugebiete können allerdings auch im F1NP1. enthalten sein, ohne diesem den nach § 5 BBauG gegebenen Charakter zu nehmen. Ob eine Gemeinde bereits die weitergehende Planung von Baugebieten in den F1NP1. aufnimmt, hängt von den örtlichen Erfordernissen ab. Die Unterteilung der Bauflächen in die in Abs. 2 im einzelnen aufgeführten Gebiete dient nicht nur einer Charakterisierung, sondern bedeutet eine Bindung der Gemeinde dahin, bei der Entwicklung des BebPl. aus dem F1NP1. keine anderen Gebiete im BebPl. festzusetzen, als die entsprechende Baufläche zuläßt. 3. Arten der Bauflächen (Abs. 1) Abs. 1 zählt — ausschließlich — vier Arten von Bauflächen auf. Die beigefügten Abkürzungen entsprechen der Anlage zur Planzeichenverordnung (siehe II 4 des Kommentars); die Verwendung anderer Abkürzungen ist ausgeschlossen. Aus der Unterteilung der Bauflächen (Abs. 2, siehe die folgende Erläut.) ergibt sich die Bedeutung der Bezeichnungen. 4. Darstellung der Bauflächen (Abs. 2) a) Abs. 2 hat durch die beiden Novellen von 1968 und 1977 eine flexiblere Fassung erhalten. In der Erstfassung vom Jahr 1962 waren die in Abs. 2 bezeichneten Baugebiete bestimmten Arten von Bauflächen (Wohnflächen, gemischten Bauflächen, gewerblichen Bauflächen und Sonderbauflächen) zugeordnet. Da diese Beschränkung nicht nur die Darstellungen im F1NP1., sondern wegen der Verweisung in Abs. 3 auch für die Festsetzung im BebPl. bindend ist, entsprachen die Lockerungen einem Bedürfnis der Praxis. Dazu kommt, daß — abgesehen von der zu groben und ungenauen Aufgliederung - § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG lediglich fordert, daß der BebPl. aus dem F1NP1. 937
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
zu entwickeln ist, nicht aber eine strenge Einhaltung der Darstellung des F1NP1. verlangt; der F1NP1. soll nach § 5 BBauG nur die Grundzüge darstellen. b) Die Wortfassung Baugebiet weist darauf hin, daß eine Festsetzung nur für ein einzelnes, kleineres Baugrundstück unzulässig ist (vgl. BayVGH U vom 28. 4.1967, Erläut. 4 zu § 2 BauNVO). Auch aus § 9 BBauG folgt zwingend, daß eine Baugebietsausweisung mehrere Grundstücke — mindestens zwei — zu umfassen hat. Andererseits bestehen für die Größe der Baugebiete keine Vorschriften. c) Der Unterschied zwischen reinem Wohngebiet und allgemeinem Wohngebiet ergibt sich auch aus §§ 3 und 4. 5. Wirkung der Festsetzung im Bebauungsplan (Abs. 3 Satz 2) Satz 2 Abs. 3 enthält die rechtlich und für die Praxis bedeutsame Regelung, daß mit der Festsetzung von Baugebieten im BebPl. eine Reihe von Vorschriften der BauNVO — soweit nicht von den Möglichkeiten der Abs. 4 bis 9 Gebrauch gemacht wird — Bestandteil des BebPl. werden. Damit entfällt eine ausdrücklich textliche Aufführung im BebPl. Weiter ergibt sich aus der Bestimmung, daß die in §§ 2 bis 4 a, 6 bis 9 und in §§ 12 bis 14 für ausnahmsweise zulässig erklärten Anlagen im BebPl. festgesetzte Ausnahmen im Sinne des §31 Abs. 1 BBauG sind. Die Bestimmung des Satz 2 beschränkt sich nicht auf die qualifizierten BebPl. im Sinne des § 30 BBauG. 6. Ausnahmen der Abs. 4 bis 9 a) Die Novelle 1977 brachte eine erhebliche Erweiterung der früheren Abs. 4 und 5 auf sechs Absätze. Wie schon vor der letzten Novellierung haben diese Bestimmungen den Sinn, der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit die Möglichkeit zu geben, im Hinblick auf die örtlichen Erfordernisse, Baugebietsarten auszuschließen oder in der Verordnung als Ausnahmen bezeichnete Anlagen allgemein zuzulassen. Diese Abweichungen müssen im BebPl. förmlich festgesetzt werden. Die Ausnahmen werden auf Anlagen der §§ 2 und 4 bis 9 sowie 11 der Verordnung beschränkt. b) Die größere Flexibilität, die die Novelle von 1977 geschaffen hat, wirkt sich bereits in dem völlig neugestalteten Abs. 4 aus. Satz 1 geht dabei davon aus, daß das jeweils festgesetzte Baugebiet in sich gegliedert wird. Satz 2 sieht eine Sonderregelung für Gewerbe- und Industriegebiete vor; die Regelung trägt einem Bedürfnis nach einer Gesamtgliederung dieser Gebiete im Gemeindebereich Rechnung. Die Gemeinden werden damit in die Lage versetzt, die in Gewerbe- oder Industriegebieten zulässigen Anlagen auf verschiedene, voneinander getrennte Bereiche gleichsam zu verteilen. Dies ist insbesondere aus immissionsschutzrechtlichen Gründen von Bedeutung. So ist beispielsweise eine Gliederung in der Weise möglich, daß bestimmte Teile des Gebiets ausschließlich solchen Tiefen vorbehalten sind, die eines Gleisanschlusses be938
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dürfen oder die an einem Industriekanal oder an einer sonstigen Wasserstraße liegen müssen. Im einzelnen Baugenehmigungsverfahren ist dann zu prüfen, ob der betreffende Betrieb diesen Erfordernissen entspricht, d. h. ob seine besondere Lage nach Struktur und Produktion nachweisbar erforderlich ist. Die Aufgliederung kann nur im BebPl., also im Rahmen einer Ortssatzung (§10 BBauG) erfolgen. c) Die BauNVO geht davon aus, daß hinsichtlich der Art der zulässigen Nutzung in einem Bebauungsplan die Gemeinden bestimmte, in Abs. 2 bezeichnete Baugebiete festsetzen können mit der Folge, daß bestimmte Vorhaben in diesem Gebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind. In der Praxis wurde auch seit langem die Forderung erhoben, im Rahmen des Bauleitplanungsrechts der Gemeinde die Möglichkeit zu geben, durch entsprechend konkrete Festsetzungen im BebPl. etwaige Fehlnutzungen zu vermeiden. Diesen Forderungen ist in § 9 BBauG in der Fassung der Novelle 1976 entsprochen worden. In der Novelle 1977 der BauNVO sind hieraus weitere Folgerungen gezogen worden. Vor allem ermöglicht es daher der neue Abs. 5, im BebPl. festzusetzen, daß einzelne, gemäß der BauNVO allgemein zulässige Arten von Nutzungen, d. h. die in den Nummern der jeweiligen Baugebietsnormen bestimmten Nutzungen, nicht zulässig sind. Eine solche Festsetzung darf jedoch nicht dazu führen, daß die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets, wie sie sich aus den jeweiligen Absätzen 1 der entsprechenden „Baugebietsnormen" ergibt, nicht mehr gewahrt ist. Abs. 5 verlangt daher auch ausdrücklich, daß die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt; es kommt somit nicht auf die konkrete Eigenart eines bestimmten Baugebietes an, sondern auf die Beibehaltung des Gebietscharakters, wie er sich aus Absatz 1 der betreffenden Baugebietsnorm ergibt. Entsprechendes gilt für Abs. 6 Nr. 2, Abs. 7 Nr. 3. Dies bedeutet, daß nur einige der allgemein zulässigen Nutzungsarten durch Festsetzungen des BebPl. im Baugebiet ausgeschlossen werden können. Entsprechende Festsetzungen können sich nach Abs. 8 auch auf Teile des Gebiets bzw. nach Abs. 7 auf bestimmte Geschosse oder Ebenen beschränken. Eine weitere in Abs. 5 vorgesehene Möglichkeit besteht darin, daß der BebPl. nicht die Unzulässigkeit solcher Nutzungsarten vorsieht, sondern bestimmt, daß diese Anlagen ausnahmsweise zugelassen werden können. Es bleibt dann der Prüfung des Einzelfalles überlassen, ob das jeweilige Vorhaben zugelassen werden kann oder nicht. Abs. 6 dient der Klarstellung. Nach dem Abs. 4 in der Fassung vor der Novelle 1977 war zweifelhaft, ob die Festsetzungen der Ausnahmen, die ganz oder teilweise nicht Bestandteil des BebPl. wurden, sowohl auf Teile des Gebietes als auch auf bestimmte Ausnahmen beschränkt werden können. Die herrschende Meinung hatte dies schon bejaht, was nun Abs. 6 (insbesondere in Verbindung mit Abs. 4 Nr. 2) deutlich ausspricht. 939
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d) Das BBauG in der Fassung der Novelle 1976 bestimmt in § 9 Abs. 3, daß bei Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe Festsetzungen für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen gesondert getroffen werden können. In der Ermächtigungsnorm zur BauNVO in § 2 Abs. 8 BBauG ist unter Nr. 3 geregelt, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Vorschriften erlassen kann über die Zulässigkeit von Festsetzungen nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 BBauG über verschiedenartige Baugebiete oder verschiedenartige in den Baugebieten zulässige bauliche und sonstige Anlagen. Abs. 7 beruht auf dieser Ermächtigung. Hiernach kann im Beb PI. festgesetzt werden, daß in einzelnen Geschossen oder Ebenen nur bestimmte Nutzungsarten zulässig sind. Die Festsetzung muß sich allerdings im Rahmen des jeweiligen Baugebiets halten, d. h. sie ist beschränkt auf solche Nutzungsarten, die in dem jeweiligen Baugebiet verwirklicht werden dürfen. Abs. 7 läßt es deshalb zu, daß im Beb PI. für ein bestimmtes Geschoß festgesetzt wird, daß mehrere der allgemein zulässigen Anlagen dort ausgeführt werden dürfen, aber auch, daß nur eine einzige der zulässigen Anlagen in dem Geschoß errichtet werden darf. Voraussetzung für eine solche Festsetzung soll sein, daß entsprechend § 9 Abs. 3 BBauG besondere städtebauliche Gründe eine „vertikale Gliederung" rechtfertigen. Abs. 7 läßt darüber hinaus auch zu, für einzelne Geschosse festzusetzen, daß dort zusätzlich zu den allgemein zulässigen Vorhaben auch einzelne ausnahmsweise zulässige Nutzungen verwirklicht werden dürfen. Unzulässig ist jedoch die Festsetzung dahingehend, daß für ein bestimmtes Geschoß nur eine der in dem Gebiet ausnahmsweise zulässigen Anlagen allein verwirklicht werden darf. Will die Gemeinde solche Festsetzungen treffen, so ist sie genötigt, nach § 9 Abs. 1 Nr. 9 BBauG (n. F.) zu verfahren. Auch in der neuen Fassung hat die BauNVO keinen Gebrauch von der in § 2 Abs. 8 Nr. 3 BBauG geregelten Möglichkeit gemacht, Vorschriften über die Schichtung von Baugebieten zu erlassen. Hierfür besteht nach den bisherigen Erkenntnissen kein Bedürfnis; sie wäre auch nicht unbedenklich. Die Frage, ob in Verbindung mit Gebietsgliederungen in einzelnen Gebietsteilen auch die alleinige Zulässigkeit von Wohnungen festgesetzt werden kann, war nach geltendem Recht umstritten. Abs. 7 ermöglicht solche Festsetzungen nunmehr eindeutig. Abs. 7 war als Abs. 4 durch die Novelle 1968 beschränkt auf Mischgebiete in den § 6 eingefügt worden. Nach der seinerzeitigen (z. T. heute noch mehr gültigen) Meinung sollte auch in Mischgebieten entsprechend den zwischenzeitlich entwickelten Stadtplanungsformen für Erdgeschosse (Fußgängerbereiche) eine ganz bestimmte Mischform ausschließlich bestimmt werden können, und zwar durch die Zulassung von Einzelhandelsbetrieben, Schank- und Speisewirtschaften, Hotels und sonstige Läden unter Ausschluß anderer Betriebe, insbesondere von Wohnungen. Die Übernahme und Erweiterung 940
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
durch § 1 Abs. 7 erfolgte nicht zuletzt deshalb, weil die starre Regelung in § 6 die Zulassung von Handwerksbetrieben eigentlich ausschloß. e) Eine weitere Differenzierung der nach den Absätzen 5 bis 8 zulässigen Festsetzungen sieht der neue Abs. 9 vor. Nicht immer ist es notwendig, alle unter eine bestimmte allgemein oder ausnahmsweise zulässige Nutzungsart fallenden Nutzungen vollständig auszuschließen. Häufig reicht es aus, nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen für unzulässig zu erklären. Voraussetzung muß allerdings sein, daß besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen. Absatz 9 soll ein entsprechend flexibles Vorgehen ermöglichen. Die in den Absätzen 4 bis 9 vorgesehenen Regelungen haben dabei gleichermaßen für die Sicherung der gewerblichen Nutzungen wie auch für die Sicherung einer Wohnnutzung Bedeutung. Festsetzungen in einem BebPl. nach § 1 dürfen nur städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigen; so dürfen z. B. Festsetzungen nach den Absätzen 5 und 9 nicht das Ziel haben, aus Wettbewerbsgründen einzelne Nutzungsarten in bestimmten Bereichen auszuschließen. Auch bei der Anwendung des Abs. 5 muß die Gemeinde nach Abs. 9 BBauG die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abwägen. Die Rechtsprechung legt auf die Begründung zunehmend Wert. Hiernach muß davon ausgegangen werden, daß die Gründe für Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 in der Begründung darzulegen sind. Danach ist die Niederlegung der Abwägungsüberlegungen in der Begründung zum BebPl. einer der wesentlichen Teile der Begründung. Nach der Rechtsprechung sind BebPläne, bei denen die Begründung keine Ausführungen zu den wesentlichen Fragen enthält, nichtig. 7. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 27. 1. 1967 (IV C 12.65) BVerwGE 26, 103 = DVB1. 1968, 25 Die RGaO findet Anwendung, wenn nicht neue BebPl. auf Grund des BBauG in Verbindung mit der BauNVO mit der Wirkung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO (a. F.) erlassen worden sind.
2. BVerwG B vom 5. 12. 1968 (IV B 191.68) BayVBl. 1969, 245 Bei der Anwendung von Vorschriften des BBauG und der BauNVO ist grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgebend.
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Ausführungsvorschriften des Bundes
§2 Kleinsiedlungsgebiete (1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen und Gartenbaubetriebe, 2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. sonstige Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, 2. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 3. Tankstellen, 4. nicht störende Gewerbebetriebe. 1. Zweckbestimmung der Kleinsiedlungsgebiete (Abs. 1) Die in Abs. 1 enthaltene Zweckbestimmung ist für die allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen in § 15 bedeutsam. Die Kleinsiedlungsgebiete dienen nicht ausschließlich, sondern nur „vorwiegend", also überwiegend (siehe hierzu Abs. 2 und 3) der Unterbringung von Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. Der Begriff „Kleinsiedlung" findet sich in § 10 II. W o B a u G i. d. F. der Bek. v. 1. 9. 1976 (BGBl. I S. 2673): „Eine Kleinsiedlung ist eine Siedlerstelle, die aus Wohngebäude mit angemessenem Wirtschaftsteil und angemessener Landzulage besteht und die nach Größe, Bodenbeschaffenheit und Einrichtung dazu bestimmt und geeignet ist, dem Kleinsiedler durch Selbstversorgung aus vorwiegend gartenbaumäßiger Nutzung des Landes und Kleintierhaltung eine fühlbare Ergänzung seines sonstigen Einkommens zu bieten. Das Wohngebäude kann neben der für den Kleinsiedler bestimmten Wohnung eine Einliegerwohnung enthalten."
Ähnlich wie bei § 19 BBauG erschweren die in § 10 II. WoBauG auch enthaltenen subjektiven Merkmale die Anwendung der Vorschrift in Praxis und Rechtsprechung. Letzten Endes sind für die baurechtliche Beurteilung allein die objektiven Merkmale in § 10 II. WoBauG maßgebend. Die in Verwaltungsvorschriften einer Reihe von Ländern enthaltenen Größenordnungen (z. B. 600 qm bis 2500 qm in den Förderungsbestimmungen Nordrhein-Westfalens, MB1NW 1965 S. 206) sind lediglich Anhaltspunkte. Der Begriff „landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle" hat keine Legaldefinition. Er ist ein Produkt der landwirtschaftlichen Verwaltungspraxis. Die Nebenerwerbsstelle liegt zwischen Kleinsiedlung und landwirtschaftlichem 942
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
Betrieb (vgl. § 146 BBauG). Da sowohl Kleinsiedlung als auch landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle im Kleinsiedlungsgebiet zulässig sind, ist der Unterschied für die Anwendung der BauNVO nicht wesentlich; anders ist es hinsichtlich der Abgrenzung zum landwirtschaftlichen Betrieb. Auch hier können keine Größenordnungen maßgebend sein; es kommt auf den einzelnen Fall an, wieweit landschaftliche Verschiedenheiten von Bedeutung sein können. Die beiden Novellen zur BauNVO ließen § 2 unverändert. 2. Zulässige Anlagen im Kleinsiedlungsgebiet (Abs. 2) a) Nr. 1 führt neben den bereits in Abs. 1 genannten Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen die Gartenbaubetriebe auf. Sie sind trotz ihrer Zugehörigkeit zu den landwirtschaftlichen Betrieben gemäß § 146 BBauG in Kleinsiedlungsgebieten zulässig. Abs. 2 stellt nicht darauf ab, ob der Gartenbaubetrieb erwerbsgärtnerisch betrieben wird. Es sind auch Gartenbaubetriebe zu Lehrzwecken oder städtische Gärtnereien in Kleinsiedlungsgebieten zulässig. Die in Nr. 2 genannten Läden, Schank- und Speisewirtschaften müssen der Versorgung des betreffenden Baugebiets (§ 1 Abs. 2) dienen (Tat- und Rechtsfrage). Dabei darf der Begriff „dienen" nicht zu eng ausgelegt werden, z. B. in dem Sinn, daß die Anlage ausschließlich oder auch überwiegend das Gebiet versorgt. Maßgeblich ist die objektive Funktion (vgl. U des BVerwG vom 30. 6. 1964, DÖV 1964, 742). Der Begriff Laden ist hinsichtlich der Art des Geschäftsbetriebs nicht einschränkend; anders verhält es sich hinsichtlich der Größe. Kaufhäuser und große Verkaufsbetriebe scheiden aus. Zu den Anlagen, die der Versorgung der Gebiete dienen, gehören jedenfalls Apotheken, Drogerien, Lebensmittelgeschäfte in ladenmäßigem Umfang, Tabakgeschäfte. Von den weiter genannten Schank- und Speisewirtschaften sind die Beherbergungsbetriebe (Hotels, Pensionen, Gasthöfe) zu unterscheiden; sie sind in Kleinsiedlungen nicht zulässig. b) Was Handwerksbetrieb ist, ergibt sich aus der Handwerksordnung vom 17. 9. 1953 i. d. F. vom 28. 12. 1965 (BGBl. I 1966 S. 1, mit zahlreichen späteren Änderungen, zuletzt durch § 25 FernunterrichtsG v. 24. 8. 1976, BGBl. I S. 2525), insbes. aus Anlage A, aber auch Anlage B der handwerksähnlichen Betriebe. Im Kleinsiedlungsgebiet sind Handwerksbetriebe nur zulässig, die der Versorgung des betreffenden Baugebiets dienen und „nicht stören". Letzterer Begriff stellt ab auf Ausstattung, aber auch auf Größe. „Nicht störend" ist nicht gleichzusetzen dem ähnlichen Begriff der GewO; während dort Betriebe erfaßt sind, die erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen mit sich bringen oder die wegen ihrer Gefährlichkeit einer besseren Überwachung bedürfen (§ 24 GewO), genügt für die Unzulässigkeit nach § 2 BauNVO lediglich das Merkmal der Störung. Es kann somit eine Installa943
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Ausführungsvorschriften des Bundes
tionswerkstätte u. U. also je nach der Ausstattung mit Maschinen oder der Größe und baulichen Beschaffenheit noch als „nicht störend" oder bereits als „störend" u n d vielleicht noch nicht als lästig im Sinn des § 16 ff. GewO angesehen werden. Bezüglich der Größenordnung der Anlagen ist noch zu beachten, daß nach § 17 Abs. 1 das Maß der baulichen Nutzung in Kleinsiedlungsgebieten höchstens zwei Vollgeschosse bei 0,2 Grundflächenzahl und 0,3 Geschoßflächenzahl vorsieht. 3. Ausnahmen (Abs. 3) Die Ausnahmebedingungen des Abs. 3 sind über § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zugelassene Ausnahmen im Sinne des § 31 Abs. 1 BBauG. Die Wortfassung „können" bedeutet, daß es sich um eine (verwaltungsrichterlich nachprüfbare) Ermessensentscheidung der Behörde handelt, ob und welche der zugelassenen Ausnahmen sie zulassen will. Für die „sonstigen Wohngebäude" nach Nr. 1 ist die Höchstzahl von 2 Wohnungen festgelegt. Diese Zahl darf auch nicht überschritten werden, wenn etwa kleine Wohnungen möglich wären. Andererseits ist die G r ö ß e der W o h n u n g nicht entscheidend; Grenze bildet nur das zulässige M a ß der baulichen Nutzung nach § 17 mit der Grundflächen- und Geschoßflächenzahl von jeweils 0,2. Die in Nr. 2 genannten Anlagen dienen der Allgemeinheit (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BBauG). Die Gemeinde kann im BebPl. die Baugrundstücke für den Gemeinbedarf ausschließlich festsetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BBauG). Tut sie das nicht, dann gilt ergänzend die BauNVO, und zwar hier § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3, § 4 a Abs. 2 Nr. 5, § 5 Abs. 2 Nr. 8, § 6 Abs. 2 Nr. 5, § 7 Abs. 2 Nr. 4, § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 9 Abs. 3 Nr. 2. Nach diesen Bestimmungen richtet sich d a n n die Zulässigkeit der Anlagen. Entsprechend dem Charakter von Kleinsiedlungsgebieten gehören zu den kirchlichen, kulturellen und sportlichen Anlagen — von Kirchen selbst abgesehen — nur solche nicht größeren Umfangs, also nicht z. B. Theater, größere Sporthallen. Unter den Begriff Tankstellen (Nr. 3) sind nicht Kfz.-Reparaturwerkstätten unterzubringen. Nr. 4 läßt ausnahmsweise über die nicht störenden Handwerksbetriebe (Abs. 2 Nr. 2) hinaus auch die nicht störenden (sonstigen) Gewerbebetriebe zu, z. B. Waschanstalten. 4. Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 27. 1. 1967 (IV C 12/65) M D R 1967, 614 Die RGaO findet Anwendung, wenn nicht neue BebPl. auf Grund des BBauG in Verbindung mit der BauNVO mit der Wirkung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO erlassen sind. 944
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2. OVG Münster U vom 6. 2. 1964 (VII A 644/63) DÖV 1964, 788 Steht ein Gebäude oder ein Grundstück nach seiner Nutzung in deutlichem Gegensatz zu der übrigen vorhandenen Bebauung, so ist es als Fremdkörper des Baugebiets anzusehen und bei der Bestimmung der Art des Baugebiets nicht zu berücksichtigen, sofern von ihm nicht Wirkungen ausgehen, die der Umgebung ein bestimmtes Gepräge aufdrücken.
3. BayVGH U vom 28. 4. 1967 (Nr. 65 I 65)
Es widerspricht dem Sinn und Zweck der Aufteilung des Baulandes in Baugebiete, kleinste Flächen, auf denen nur eine einzige Anlage möglich ist, als gesondertes Baugebiet auszuweisen. Die Ausweisung eines nicht einmal 1000 qm großen Grundstücks als Mischgebiet inmitten eines Wohngebietes begegnet daher erheblichen Bedenken.
§3 Reine
Wohngebiete
(1) Reine Wohngebiete dienen ausschließlich dem Wohnen. (2) Zulässig sind Wohngebäude. (3) Ausnahmsweise können Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zugelassen werden. (4) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß in dem Gebiet oder in bestimmten Teilen des Gebiets Wohngebäude nicht mehr als zwei Wohnungen haben dürfen. 1. Begriff und zulässige Anlagen (Abs. 1,2 und 4) a) Der Begriff „reines Wohngebiet" ist kein erstmals in der BauNVO gebrauchter Begriff. Er wird im Planungs- und Bauordnungsrecht seit Jahrzehnten gebraucht und bedeutet zum Unterschied zu anderen Baugebieten, insbesondere den „allgemeinen Wohngebieten" (§ 4), den besonderen Wohngebäuden (§ 4a) und den „Mischgebieten" (§ 6) hinsichtlich der Besetzung mit Wohngebäuden den grundsätzlichen (Abs. 3, §§ 12 Abs. 1, 14) Ausschluß von Nichtwohngebäuden und damit das von Störungen am meisten freizuhaltende Gebiet. Demgemäß sind nach Abs. 2 nur Wohngebäude zulässig, die hinwiederum — was sich aus Abs. 1 ergibt — ausschließlich dem Wohnen zu dienen haben. Dabei ist es nicht erforderlich, daß diese Gebäude nur mit Wohnungen im landläufigen Sinn ausgestattet sind. Auch Wohnheime aller Art sind Wohngebäude im Sinne des § 3. Andererseits fallen — wie sich schon aus Abs. 3 ergibt — Beherbergungsbetriebe nicht unter Wohngebäude, auch nicht Obdachlosenasyle. Einschränkungen bezüglich der Zahl der Wohnungen in einem Gebäude sind nach Abs. 4 zulässig. Die alte Fassung („nicht mehr als zwei Wohnungen . . . zulässig") hatte zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Mit der durch die Neufassung 1977 erfolgten Klarstellung wird erreicht, daß entsprechende Festsetzungen es nicht ausschließen, daß ausnahmsweise Läden und sonstige 945
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Anlagen n a c h § 3 Abs. 3 zugelassen werden können. Auch die neue Fassung schließt d i e A n l a g e v o n W o h n h e i m e n a u s (a. A. R ö s s l e r B a u N V O § 3 A n m . 1). D i e G r ö ß e d e r W o h n u n g e n findet ihre B e s c h r ä n k u n g allein in § 17 A b s . 1 (siehe dort), b) Lärmschutz D e r Schutz v o r s c h ä d l i c h e n U m w e l t e i n w i r k u n g e n , d u r c h L u f t v e r u n r e i n i g u n g e n , E r s c h ü t t e r u n g e n u n d v o r allem G e r ä u s c h e (vgl. B u n d e s i m m i s s i o n s schutzgesetz v. 15. 3. 1974, zuletzt g e ä n d e r t 4. 5. 1976, B G B l . I S. 1148) schlägt sich a u c h bzgl. d e r A r t d e r W o h n g e b i e t e im S i n n d e r B a u N V O n i e d e r . W e n n gleich d i e e i n s c h l ä g i g e „ T e c h n i s c h e A n l e i t u n g z u m S c h u t z g e g e n L ä r m ( T A L ä r m ) v. 16. 7. 1968 ( B A n z . N r . 137 v. 26. 7. 1 9 6 8 - B e i l . ) k e i n e e x a k t e A b s t u f u n g n a c h d e m C h a r a k t e r d e r W o h n g e b i e t e v o r n i m m t , e r g e b e n sich j e d o c h a u s d e r n a c h s t e h e n d a b g e d r u c k t e n N r . 2.321 wichtige A n h a l t s p u n k t e , w e l c h e G e r ä u s c h w e r t e (Schallpegel = d B ( A ) ) im e i n z e l n e n ( n o c h ) zulässig s i n d . Auszug aus TALärm: „2.321 Immissionswerte Die Immissionswerte werden festgesetzt für a) Gebiete, in denen nur gewerbliche oder industrielle Anlagen und Wohnungen für Inhaber und Leiter der Betriebe sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen untergebracht sind, auf 70 dB(A) b) Gebiete, in denen vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind, auf tagsüber 65 dB(A) nachts 50 dB(A) c) Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind, auf tagsüber 60 dB(A) nachts 45 dB(A) d) Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind, auf tagsüber 55 dB(A) nachts 40 dB(A) e) Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind, auf tagsüber 50 dB(A) nachts 35 dB(A) f) Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeanstalten auf tagsüber 45 dB(A) nachts 35 dB(A) g) Wohnungen, die mit der Anlage baulich verbunden sind, auf tagsüber 40 dB(A) nachts 30 dB(A) Die Nachtzeit beträgt acht Stunden; sie beginnt um 22 Uhr und endet um 6 Uhr. Die Nachtzeit kann bis zu einer Stunde hinausgeschoben oder vorverlegt werden, wenn dies wegen der besonderen örtlichen oder wegen zwingender betrieblicher Verhältnisse erforderlich und eine achtstündige Nachtruhe des Nachbarn sichergestellt ist. 2.322 Die Zuordnung des Einwirkungsbereichs einer Anlage zu den in Nr. 2.321 aufgeführten Gebieten ist nach folgenden Grundsätzen vorzunehmen: Sind im Bebauungsplan Baugebiete festgesetzt, die den in Nr. 2.321 aufgeführten Gebieten entsprechen (auf die BauNVO v. 26. 6. 1962 wird hingewiesen), so ist vom Bebauungsplan auszugehen. 946
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
Weicht die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Anlage erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung ab, so ist von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes auszugehen. Ist ein Bebauungsplan nicht aufgestellt, so ist die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen; eine voraussehbare Änderung der baulichen Nutzung ist zu berücksichtigen."
2. Ausnahmen (Abs. 3) a) Abs. 3 enthält nicht alle Ausnahmen; denn die Grundvorschrift des § 12 Abs. 1 läßt auch in reinen Wohngebieten Stellplätze und Garagen mit den Einschränkungen der dortigen Abs. 2 und 3 zu. Damit sind Stellplätze und Garagen für Personenkraftwagen in dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf auch in reinen Wohngebieten zulässig. Auch müssen nach § 13 zusätzliche Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger u. ähnl. Gewerbetreibender auch in reinen Wohngebieten zugelassen werden. Schließlich eröffnet § 14 die Möglichkeit — abgesehen von ausdrücklichem Ausschluß durch einen BebPlan —, untergeordnete Nebenanlagen auch in reinen Wohngebieten zuzulassen. Dies gilt insbesondere auch für Nebenanlagen, die der Versorgung mit Strom, Gas, Wärme und Wasser sowie der Abwasserbeseitigung dienen. Die Anlagen für nicht gewerbliche Kleintierhaltung, die nicht in § 3 genannt sind (vgl. aber § 4 Abs. 2 Nr. 6), sind in reinen Wohngebieten nur zulässig, wenn sie im Einzelfall in § 14 (untergeordnete Nebenauflagen) unterzubringen sind. Nur in denjenigen Fällen, in denen die Tierhaltung auf Grund besonderer Umstände nach Anzahl, Lage oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht, kann die Hobbytierhaltung u. a. auch nach § 15 unzulässig sein. b) Die in Abs. 3 genannten Anlagen entsprechen dem Bedürfnis der Wohnbevölkerung, die ihren eigenen Bedarf im Baugebiet selbst decken soll. Somit sind von vornherein solche Läden gestattet, zu denen Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogerien, Milchgeschäfte, Tabak- und Spirituosengeschäfte zählen. Der Begriff „täglicher Bedarf darf nicht zu eng gefaßt werden, er stellt sich als solcher Bedarf dar, der in regelmäßigen kürzeren Zeitabständen entsteht. Damit müssen auch kleinere Wäschegeschäfte, Schuhgeschäfte zulässig sein. c) Für die in reinen Wohngebieten zugelassenen Handwerksbetriebe wurde die gleiche Wortfassung „nicht störend" gewählt wie in § 2 (Kleinsiedlungsgebiete). In § 6 (Mischgebiete) wird dagegen der Ausdruck „nicht wesentlich störende Handwerksbetriebe" gebraucht. Daraus ist zu schließen, daß der zulässige Störungsgrad für reine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete gleich ist (a. A. Rössler BauNVO, § 3 Anm. 2, und Geizer, Das neue Bauplanungsrecht, § 125 c). Jedenfalls sind unter der weiteren notwendigen Voraussetzung der „Deckung des täglichen Bedarfs" in reinen Wohngebieten (wie in Kleinsiedlungsgebieten) nicht störende Handwerksbetriebe etwa fol947
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
g e n d e r A r t zulässig: B ä c k e r e i e n , F r i s e u r b e t r i e b e , M e t z g e r e i e n , S c h u s t e r , n i c h t j e d o c h — weil nicht d e m E i g e n b e d a r f d i e n e n d — S c h n e i d e r w e r k s t ä t t e n , M a l e r g e s c h ä f t e , n i c h t a b e r eine — w e n n a u c h n u r k l e i n e — B a u - u n d M o d e l l s c h r e i n e r e i ( O V G M ü n s t e r U v o m 6. 10. 1966, D W W 1967, 214). d) W e i t e r g e h e n d als in K l e i n s i e d l u n g s g e b i e t e n k ö n n e n in r e i n e n W o h n g e b i e t e n „ k l e i n e Betriebe des B e h e r b e r g u n g s g e w e r b e s " z u g e l a s s e n w e r d e n . Es h a n d e l t sich d a b e i u m P e n s i o n e n , H o t e l s g a r n i , n i c h t a b e r u m G a s t w i r t s c h a f t e n (siehe d a s im R e c h t s p r e c h u n g s t e i l mit Leitsätzen w i e d e r g e g e b e n e Urteil des H e s s V G H v o m 5. 7. 1963). D i e A n l a g e n d e s G e m e i n b e d a r f s (§ 9 Abs. 1 N r . 5 u n d 15 B B a u G ) s i n d a n d e r s als in § 2 u n d in §§ 4 ff. B a u N V O in § 3 n i c h t a u f g e f ü h r t . 3. Rechtsprechung 1. B V e r w G B v o m 13. 11. 1968 (IV B 58.68) DVB1. 1969, 361 a) Die Zulassung von Tankstellen in einem Wohngebiet kann ohne Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 G G in das Ermessen der Verwaltung gestellt werden. b) Die Frist der Bindung an eine Bebauungsgenehmigung bestimmt sich nach dem irreversiblen Bauordnungsrecht der Länder. 2. H e s s V G H U v o m 5. 7. 1963 (OS IV 3 / 6 2 ) B B a u B l . 1964, 355 a) In einem reinen Wohngebiet stellen die mit dem Betrieb einer Gastwirtschaft regelmäßig verbundenen Geräusche eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung der Nachbarschaft dar. b) Eine Gastwirtschaft ist kein „Betrieb des Beherbergungsgewerbes" im Sinne von § 3 BauNVO. 3. O V G M ü n s t e r U v o m 3. 10. 1963 (VII A 1 0 0 8 / 6 2 ) D Ö V 1964, 788 Zahl der zulässigen Garagen auf einem Wohngrundstück. In dieser Entscheidung heißt es: „Im Zuge der schnell fortschreitenden Motorisierung ist es nicht zu verhindern, daß mehr und mehr Kraftfahrzeuge auf den Grundstücken in Garagen oder auf Einzelplätzen untergebracht werden müssen. Die hierbei unvermeidlichen Geräusche und vielleicht auch bemerkbaren Gerüche der ein- und ausfahrenden Kraftfahrzeuge müssen auch von Bewohnern in reinen Wohngebieten hingenommen werden, wenn sich die Garagenanlagen noch in den Grenzen der §§ 12 Abs. 3 und 15 Abs. 1 BauNVO halten. Auch in einem Wohngebiet treten seit jeher Geräusche auf, die vielleicht als störend empfunden werden (z. B. Teppichklopfen, Rasenmähen u. ä.). Zu diesen bisher üblichen Geräuschen müssen im Zuge der fortschreitenden Motorisierung auch die Geräusche der Kraftfahrzeuge hinzugerechnet und hingenommen werden, auch wenn sie als belästigend empfunden werden sollten. Es ist nicht möglich, in festen Zahlen auszudrücken, wieviele Garagen auf einem Wohngrundstück noch zumutbar, also noch zulässig sind. Solche Zahlen könnten sich, wenn die Motorisierung weiter ansteigt, schon in kurzer Zeit als überholt erweisen." 4. O V G M ü n s t e r U v o m 6. 10. 1966 (VII A 6 0 3 / 6 6 ) D W W 1967, 214 Auch eine kleine Bau- und Möbelschreinerei ist in einem Wohngebiet nicht zulässig.
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§4 Allgemeine
Wohngebiete
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude, 2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, 3. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 2. sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, 3. Anlagen für Verwaltungen sowie für sportliche Zwecke, 4. Gartenbaubetriebe, 5. Tankstellen, 6. Ställe für Kleintierhaltung als Zubehör zu Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen; die Zulässigkeit von untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen für die Kleintierhaltung nach § 14 bleibt unberührt. (4) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß in bestimmten Teilen des Gebiets Wohngebäude nicht mehr als zwei Wohnungen haben dürfen.
1. Begriff und zulässige Anlagen (Abs. 1 und 2) a) Der Begriff „allgemeines Wohngebiet" soll gegenüber dem „reinen Wohngebiet" die minder strengen Anforderungen bzgl. zulässiger Anlagen kennzeichnen. Dies zeigt sich aus dem Katalog sowohl der zulässigen Anlagen (Abs. 2) als auch der zulässigen Ausnahmen (Abs. 3), der gegenüber dem reinen Wohngebiet etwas erweitert ist. Daraus ergibt sich weiter, daß im allgemeinen Wohngebiet auch Gebäude zulässig sind, die mehrere der in § 4 genannten Nutzungsarten gleichzeitig aufweisen. b) Die Novelle 1977 erweiterte die Nr. 6 des Abs. 2 und veränderte Abs. 4 zur Klarstellung; Abs. 5 wurde gestrichen. Eine im RegE enthaltene Einengung (Ausschluß zentraler Verwaltungseinrichtungen) wurde vom BR gestrichen. Der durch die Novelle 1968 eingeführte Abs. 5 wurde wieder gestrichen da er durch den neuen Abs. 7 des § 1 ersetzt wurde. c) Die Frage, ob der in Abs. 2 genannte Begriff „nicht störende Handwerksbetriebe" relativ, also in bezug auf die sonst minderen Anforderungen an das allgemeine Wohngebiet auszulegen ist, ist zu verneinen; vgl. auch Erläuterung 2 b zu § 2. Schreinereien sind nach der Rechtsprechung des BVerwG in Wohngebieten grundsätzlich unzulässig (s. Rspr. 3 Nr. 4). Unter die in Nr. 3 u. a. genannten Anlagen für gesundheitliche Zwecke fallen nicht auch Sportanlagen, die gesondert unter den Ausnahmen des 949
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Ausführungsvorschriften des Bundes
Abs. 3 aufgeführt sind. Bei den Anlagen nach Ziff. 2 und 3 ist allgemeiner Grenzmaßstab § 15 (siehe die Erläuterungen dort). 2. Ausnahmen und Einschränkungen (Abs. 3 und 4) Der Katalog der Ausnahmen Abs. 3 ist größer als bei den vorgenannten Gebieten. Insbesondere können (Ermessensentscheidung) über die von vornherein zulässigen Schrank- und Speisewirtschaften hinaus Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Hotels, Pensionen, Motels) zugelassen werden. Zu den Anlagen für Verwaltungen zählen nicht nur solche öffentlicher Art, sondern auch private Verwaltungen, soweit nicht §15 Platz greift (a. A. Rössler, Anm. 2 zu § 4 und Geizer § 127). Es können somit Verwaltungen von Privatunternehmen, von Versicherungen ebenso darunter fallen wie solche der öffentlichen Hand. Das gleiche gilt für sportliche Anlagen, die in derselben Nr. 3 genannt sind. Die Zulässigkeit von Tankstellen hier bedeutet, daß solche in reinen Wohngebieten unzulässig sind. Nr. 6 stellt auf ländliche Gemeinden und auf ländliche Vororte von Städten (Stadtrandgebiete) ab. Aus der Zulassung der Nebengebäude für Kleinsiedlungen und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen muß geschlossen werden, daß auch die Hauptgebäude im allgemeinen Wohngebiet zugelassen werden können, soweit nicht § 15 einen Riegel vorschiebt. Nr. 6 erhielt durch die ÄndV von 1977 auf Vorschlag des BR eine Erweiterung durch einen angehängten Halbsatz. Dieser dient der notwendigen Klarstellung wegen unterschiedlicher gerichtlicher Entscheidungen hinsichtlich der baurechtlichen Zulässigkeit von Kleintierhaltungen in den einzelnen Baugebieten. Das BBauG hat in seiner Novelle von 1976 sich der Kleintierhaltung durch die neu aufgenommene Festsetzungsmöglichkeit des § 9 Abs. 1 Nr. 19 (Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen) besonders angenommen. Die Einschränkung des Abs. 4 findet sich in gleicher Weise bei der Bestimmung über die reinen Wohngebiete (§ 3) — siehe dort. 3. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 7. 5. 1971 (IV C 76.68) DVB1. 1971, 759 = DÖV 1971, 633 Tischlerwerkstätten sind grundsätzlich in Wohngebieten nicht zulässig. Grundsatz kann bei atypischen Fallgestaltungen Ausnahmen erfahren.
B. O V G / V G H 1. OVG Berlin U vom 20. 1. 1967 (II B 91.65) DÖV 1968, 63 950
Dieser
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
a) Der Warenautomat ist eine bauliche Anlage, die in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig ist (bestritten!). b) Zu den Begriffen der Lärmbeeinträchtigung und der Störung des Straßenbildes.
2. OVG Lüneburg U vom 14. 6. 1967 (IV C 19.66) DÖV 1968, 235 Sogenannte Discountläden gehören nicht zu den im Wohngebiet zulässigen Ladengeschäften, die der Versorgung der Bewohner des Gebiets zu dienen bestimmt sind.
3. Bad.-Württ. VGH U vom 23. 4. 1969 (III 566/67) DÖV 1969, 646 Störungen i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind anzurechnen, wenn von einem Gewerbebetrieb Nachteile ausgehen oder wenn Belästigungen verursacht werden.
4. OVG Berlin U vom 24. 9. 1971 (II B 12.71) BauR 1972, 35 Zum Begriff des Abenteuer-Spielplatzes. Er kann im allgemeinen Wohngebiet auch nicht durch Befreiung ermöglicht werden.
§4a Gebiete zur Erhaltung und Entwicklung der (besondere Wohngebiete)
Wohnnutzung
(1) Besondere Wohngebiete sind im wesentlichen bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude, 2. Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften, 3. sonstige Gewerbebetriebe, 4. Geschäfts- und Bürogebäude, 5. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, sportliche und gesundheitliche Zwecke. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung, 2. Vergnügungsstätten, 3. Tankstellen. (4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes), festgesetzt werden, daß 1. oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder 951
II 3
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
2. in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschoßfläche oder eine bestimmte Größe der Geschoßfläche für Wohnungen zu verwenden ist. 1. Allgemeines und Begriff (Abs. 1) a) § 4 a v e r d a n k t seine E i n f ü g u n g d e m Ä n d G v. 15. 9. 1977. In der Amtl. Begr. des E n t w u r f s ( B R - D S 2 6 1 / 7 7 ) heißt es: „In der Praxis des Städtebaues haben sich in der Vergangenheit besonders in mittleren und größeren Gemeinden bebaute Gebiete entwickelt, die sich vom Typ her nicht in die in der geltenden BauNVO enthaltenen Kategorien der Baugebiete einordnen lassen. Gekennzeichnet sind diese bebauten Gebiete dadurch, daß sie überwiegend von einer Wohnnutzung geprägt sind, daß dort aber auch bestimmte, mit der Wohnnutzung noch verträgliche gewerbliche Nutzungen vorhanden sind. Von den Aufgaben und dem Charakter, den diese Gebiete haben, ist es nicht angezeigt, sie zu einem allgemeinen Wohngebiet zu entwickeln. Auch die Ausübung gewerblicher Nutzungen ist dort aus städtebaulicher Sicht durchaus sinnvoll. Diese Gebiete sind nicht auf Citybereiche beschränkt, häufig auch nicht mit diesen vergleichbar. In der öffentlichen Diskussion ist allerdings häufig von Citywohngebieten die Rede. Auf den Sachverhalt trifft aber eher die Bezeichnung „Innerstädtisches Wohngebiet" zu. § 4 a verwendet diese Bezeichnung nicht, weil sie zu rechtlichen Zweifelsfragen bei der Abgrenzung führen kann und die Gebiete nicht unbedingt innerstädtisch zu sein brauchen. § 4 a knüpft daran an, daß diese besonderen Wohngebiete bereits im wesentlichen bebaut sind. Damit wird ausgeschlossen, entsprechende Festsetzungen für Neubaugebiete vorzunehmen. Hierfür besteht kein Bedürfnis. § 4 a soll im Unterschied zu den Vorschriften über reine und allgemeine Wohngebiete auf die besondere Eigenart abstellen, die diese im wesentlichen bebauten Gebiete aufweisen. Die Gemeinde ist nicht genötigt, diese Gebiete in die Kategorie einerseits des allgemeinen Wohngebiets oder andererseits des Mischgebiets hineinzuzwängen. Dieser Eigenart soll für die entsprechenden Gebiete durch eine besondere Festsetzungsmöglichkeit Rechnung getragen werden. Bestimmend und prägend für diese Gebiete ist die Wohnnutzung; sie gilt es zu erhalten und dort fortzuentwickeln, wo sie Gefahr läuft, verdrängt zu werden. Besondere Wohngebiete müssen daher nach dem Entwurf vorwiegend dem Wohnen dienen. Sie sollen aber z. B. auch für eine gewerbliche Nutzung offen sein, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar ist. Für die Abgrenzung des hinzunehmenden Ausmaßes der Störungen, die von diesem Gewerbe auf die Wohnnutzung ausgeht, muß nach dem Entwurf die jeweilige Eigenart des bebauten Gebiets bestimmend sein. Die Eigenart der besonderen Wohngebiete, die sich aus ihrer besonderen städtebaulichen, auch entstehungsgeschichtlichen Situation ergibt, bedingt es, daß sie eine andere Störanfälligkeit aufweisen als die übrigen, in der Baunutzungsverordnung geregelten Gebietstypen. Dem entspricht auf der anderen Seite das vorgesehene Erfordernis, daß in diesen besonderen Wohngebieten nur eine Nutzung zulässig ist, die mit der Erhaltung und Fortentwicklung der Wohnnutzung abgestimmt ist (Abs. 1 Satz 2)." D i e D e f i n i t i o n der „ b e s o n d e r e n W o h n g e b i e t e " , wie sie die BReg. im R e g E gegeben hatte, k o n n t e sich trotz des A b ä n d e r u n g s v o r s c h l a g s des W i r t s c h a f t s ausschusses des BR d u r c h s e t z e n , d a der B u n d e s r a t in seiner Vollsitzung v. 15. 7. 1977 hier d e n E i n w e n d u n g e n von Staatssekretär A b r e ß (vgl. Anl. 6 z u m S i t z u n g s p r o t o k o l l des BR ü b e r die 448. Sitzung, S. 222) R e c h n u n g trug (nicht a b e r zu § 11 Abs. 3, siehe dort. E r l ä u t e r u n g e n ) . 952
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
b) § 4 a stellt, wie sich besonders aus der AmtlBegr. (siehe a) oben) ergibt, eine Ausweichvorschrift dar, die im Hinblick auf das vorhandene Ineinandergreifen verschiedener Baugebietsformen nicht nur in den Großstädten sondern auch in kleineren und kleinen Orten die notwendige und durch die Novelle 1977 gewollte Flexibilität aufweist, um solche gewachsene Gebiete zu erhalten und weiterzuentwickeln. Hierzu gehören auch die seit Jahrzehnten, zum Teil seit gut einem Jahrhundert gewachsene Siedlungen um eine oder einige angestammte Industrieanlagen kleinen oder mittleren Umfangs (z. B. Glashütten), wenn sie nicht durch Übergröße den Rahmen der Zusammengehörigkeit der umgebenden Wohnbebauung mit dem Betrieb örtlich oder betrieblich sprengen. Die Anwendung des § 4 a bietet sich besonders wegen der Einhaltung der strengen Bestimmungen des Immissionsschutzes an, weil z. B. die zulässigen Geräuscheinwirkungen je nach Art der Bebauung unterschiedlich sind (vgl. hierzu die einschläg. Bestimmungen der TALärm, abgedruckt bei den Erl. 1 b zu § 3 BauNVO). Die Erhaltung solcher gewachsenen Wohnanlagen über § 4 a ist sowohl aus Gründen der Wohnraumerhaltung als auch der industriellen Entwicklungsförderung wünschenswert. Sie dient auch der Arbeitsplatzerhaltung und der Arbeitsplatznähe.
2. Grundsätzliche Zulässigkeit (Abs. 2) Abs. 2 erklärt diejenigen Nutzungen für allgemein zulässig, die in den besonderen Wohngebieten nach der Entwicklung in der Praxis ausgeübt werden und mit der Fortentwicklung der Eigenart dieser Gebiete vereinbar sind. Bereits in Abs. 1 wurde bestimmt, daß in besonderen Wohngebieten nur solche Gewerbebetriebe und sonstigen Anlagen zulässig sind, die nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind. In Abs. 2 brauchte daher nicht mehr geregelt zu werden, daß neben den Wohngebäuden nur solche Gewerbebetriebe und sonstigen Anlagen zulässig sind, die mit der Wohnnutzung vereinbar sind. Auf Vorschlag des BR wurde Nr. 4 eingefügt, und zwar mit der Begründung: Geschäfts- und Bürogebäude, die mit der Wohnnutzung vereinbar sind (§ 4 a Abs. 1), bringen keine stärkeren Beeinträchtigungen des Wohnens als die schon nach der Verordnung in dieser Gebietskategorie zugelassenen Läden, Wirtschaften und sonstigen Gewerbebetriebe. 3. Ausnahmsweise Zulässigkeit (Abs. 3) Nr. 1 erhielt die endgültige Fassung auf Vorschlag des BR (BR-DS 261/77), mit der Begründung, daß es „berechtigt erscheint, analog der Regelung für allgemeine Wohngebiete Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung, die wegen ihres Raumbedarfs den Gebietscharakter verändern können, anders zu behandeln." 953
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Auch die in Nr. 2 und 3 aufgeführten Nutzungen werden deshalb nur ausnahmsweise zugelassen, „um einer übermäßigen Ausdehnungen des tertiären Bereichs in besonderen Wohngebieten zu begegnen" (AmtlBegr.). 4. Sicherung der Wohnnutzung (Abs. 4) Abs. 4 dient vor allem der Sicherung der — zumeist althergebrachten, siehe Erläut. oben 1 b — Wohnnutzung und stellt die entsprechenden Festsetzungsmöglichkeiten bereit. Das M a ß der baulichen Nutzung wird durch § 17 Abs. 7 (Novelle 1977) bestimmt.
§5 Dorfgebiete (1) Dorfgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und dem dazugehörigen Wohnen; sie dienen auch dem sonstigen Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude, 2. Kleinsiedlungen und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen, 3. sonstige Wohngebäude, 4. Betriebe zur Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, 5. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 6. Handwerksbetriebe, die der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienen, 7. sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, 8. Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 9. Gartenbaubetriebe, 10. Tankstellen. 1. Allgemeines (Abs. 1) a) Die reichhaltige, trotzdem nur auf die Lebensbedürfnisse der Dorfgemeinschaft abstellende A u f f ü h r u n g von zulässigen Anlagen im Dorfgebiet weist auf seine Struktur als eine Art von Mischgebiet hin. Im Hinblick auf den folgenden § 6 ist das Dorfgebiet diejenige Art von Mischgebiet, die vorwiegend mit Land- und Forstwirtschaftsbetrieben, d a n n mit Wohnanlagen, daneben Kleinsiedlungen, Einzelhandels-, Handwerksbetrieben, sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieben zu besetzen ist, während das eigentliche Mischgebiet vorwiegend dem Wohnen und der Unterbringung nicht störender Gewerbebetriebe dient. Die Bezeichnung Dorfgebiet weist zwar auf eine 954
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ländliche Struktur hin, soll aber nicht sagen, daß ein solches Gebiet auf Dörfer beschränkt ist. Auch innerhalb von Stadtgrenzen, insbesondere am Stadtrand können durchaus Gebiete im Sinne des § 5 angelegt werden. b) Durch die 2. ÄndV v. 15.9.1977 wurde Abs. 1 erweitert. In der AmtlBegr. heißt es dazu: „Das gleichberechtigte Nebeneinander von Wohngebäuden und landwirtschaftlichen Betrieben hat aber in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten wegen der von den Betrieben ausgehenden Störungen geführt. Die Neufassung des Abs. 1 soll deutlich machen, daß Störungen, die von landwirtschaftlichen Betrieben in Dorfgebieten entstehen, bei einer Wohnnutzung hingenommen werden müssen."
Die Unterscheidung der Wohnarten schlägt sich auch in Abs. 2 Nr. 1 und 3 der neuen Fassung nieder. Der frühere Abs. 3 ging im neuen § 1 Abs. 4 auf. 2. Zulässige Anlagen (Abs. 2) a) Die Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Abs. 2 Nr. 1) die zu den privilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BBauG (Nr. 1) gehören, sind auch im Außenbereich (Begriff s. § 19 Abs. 2 BBauG) zulässig. Nr 2: Zum Begriff Kleinsiedlung s. Erläut. 1 bei § 2, zum Begriff landw. Nebenerwerbsstelle ebenda. b) Zu den in Nr. 4 genannten Betrieben gehören Mühlen, Brotfabriken, Molkereien, Käsereien, Zuckerrübenverwertungsanlagen, genossenschaftliche Lagerhäuser für landwirtschaftliche Produkte, auch Brauereien (a. A. Rössler, § 5 Anm. und Geizer § 128). c) Der in Nr. 5 genannte Begriff „Einzelhandelsbetriebe" ist umfassender als der Begriff „Läden" (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 2 Nr. 2). Zwar ist auf keine feste Größenordnung abgestellt, auch nicht auf die Art des Einzelhandelsbetriebs, doch müssen die Neufassung des § 11 (siehe die Erl. dort) und § 15 in Betracht gezogen werden. Dementsprechend können Einrichtungen der Nr. 5 nur zugelassen werden, soweit sie mit dem Charakter des Dorfgebiets planerisch und gestalterisch noch zu vereinbaren sind. d) Alle Handwerksbetriebe, die der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienen, sind in Dorfgebieten zulässig (Nr. 6), ohne Rücksicht auf allenfallsige Störungen, die von solchen Betrieben ausgehen (z. B. Schlossereien, Kfz.-Reparaturbetriebe, Schmieden, Schreinereien). Das einzige Kriterium ist die notwendige Versorgung der Bevölkerung des Gebiets. e) Bezüglich „nicht störend" (Nr. 7) vgl. Erläut. 2 zu § 2 und Erläut. 1 zu § 4. Soweit es sich um Handwerksbetriebe handelt, die der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienen, können die gewerblichen Gebiete über Nr. 7 hinaus auch störend sein. f) Nr. 8 schränkt die Zulässigkeit von Verwaltungen auf solche örtlicher Art ein, wobei auch hier nicht notwendig ist, daß es sich um Verwaltungen der öffentlichen Hand handelt (a. A. Rössler § 5 Anm.). Es muß jedenfalls 955
BauNVO
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eine Beziehung zum Ort, der nicht unbedingt mit dem Dorfgebiet identisch zu sein braucht, jedenfalls auch zum Dorfgebiet vorliegen. g) Tankstellen (Nr. 10) sind in dem durch § 15 gebotenem U m f a n g zulässig; eine Verbindung mit einer Kfz.- Reparaturwerkstatt ist (im Gegensatz zu § 2 ) wegen Nr. 7 u . U . möglich; die früher üblichen Schmieden w a r e n ' i m Dorfgebiet notwendige Einrichtungen, die auch mit Geräuschen verbunden waren.
§6 Mischgebiete (1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude, 2. Geschäfts- und Bürogebäude, 3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, 4. sonstige Gewerbebetriebe, 5. Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, 6. Gartenbaubetriebe, 7. Tankstellen. (3) Ausnahmsweise können Ställe für Kleintierhaltung als Zubehör zu Kleinsiedlungen und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen zugelassen werden; die Zulässigkeit von untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen für die Kleintierhaltung nach § 14 bleibt unberührt. 1. Novelle 1977 und Begriff (Abs. 1) a) Durch die 2. ÄndV v. 15.9. 1977 wurde der Zusatz „nicht wesentlich störend" aus der Nr. 4 des Abs. 2 herausgenommen, da diese Einschränkung für die Gewerbebetriebe bereits im Abs. 1 ihren Ausdruck gefunden hat. Der alte, durch die 1. ÄndV von 1968 eingefügte Abs. 4 wurde gestrichen; er ging in § 1 Abs. 7 auf. Abs. 3 wurde auf Vorschlag des BR ebenso wie § 4 Abs. 3 Nr. 6 (mit gleichem Wortlaut) zur Klarstellung und als Ergänzung erweitert. b) Abs. 1 bringt die Begriffsbestimmung des Mischgebiets. Zum Begriff „nicht wesentlich stören" siehe die Erläut. Nr. 2 b bei § 2 mit der hier gegebenen Abmilderung und unten bei 2. Für die allenfälligen Grenzwerte, bei denen das Immissionsschutzgesetz zu beachten ist, werden bezüglich der Lärmbelästigungen die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TALärm), die VDI 2571 und 2714 mit den zulässigen Wirkpegelwerten [dB(A)] heranzuziehen sein (vgl. auch Erläut. 1 b zu § 3). 956
3. Baunutzungsverordnung
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2. Zulässige Anlagen im Mischgebiet (Abs. 2) Die Kategorie der Mischgebiete ist ungeachtet der Forderung der Städtebauer nach einheitlichen Baugebieten dem Erfordernis der Praxis entsprungen. Wohnanlagen und Gewerbebetriebe werden gleichwertig nebeneinander gestellt, wobei die Zulassung der Gewerbebetriebe nur insoweit eingeschränkt ist, als sie „nicht wesentlich stören" dürfen. Gegenüber den „störenden" Gewerbebetrieben bzw. Handwerksbetrieben (siehe §§ 2 bis 5) bedeutet dies eine Erweiterung des Kreises der zulässigen Betriebe. In der Praxis wird es schwierig sein, die verschiedenen Abstufungen (störend — nicht wesentlich störend — nicht störend), insbesondere zum Unterschied von den gewerberechtlichen Begriffen der „lästigen" Betriebe, zutreffend anzuwenden. Jedenfalls wird im Streitfall der Verwaltungsrichter diesen Rechtsbegriff — abgestellt auf den Einzelfall — auszulegen haben. Ob alle der in § 16 GewO genannten Betriebe nicht mehr unter dem Begriff „nicht wesentlich störend" fallen, könnte im Hinblick auf die in § 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 16 GewO i. d. F. vom 4. 8. 1960 (BGBl. I S. 690) aufgeführten Anlagen (Feuerungsanlagen, Mullverbrennungsanlagen, Müllverwertungsanlagen) zweifelhaft sein. Die überwiegende Zahl fällt auch unter die störenden Gewerbebetriebe und ist damit auch im Mischgebiet unzulässig. 3. Kleintierhaltung (Abs. 3) Anlagen der Kleintierhaltung mit den dazugehörigen — meist primitiven — Wohnanlagen haben in den letzten Jahrzehnten Verwaltung und Rechtsprechung wegen ihrer meist nicht zweifelsfreien Einordnung in die Umgebung stark beschäftigt. Die Novelle 1977 will auf Vorschlag des BR durch die Erweiterungen in § 4 Abs. 3 Nr. 6, § 6 Abs. 3 und § 14 Abs. 1 (siehe dort) zur Klarstellung der Rechtslage beitragen. Die in Abs. 3 genannten Ausnahmen (Kleintierställe als Zubehör) können aber auch nur unter der Generalklausel des § 15 in Betracht gezogen werden. 4. Rechtsprechung A. Höchstrichterl. Rspr. 1. BGH U vom 25. 11. 1968 (III ZR 73/67) DWW 1969, 75 a) Die Pflicht der Baugenehmigungsbehörden, in Mischgebieten den Bau von gewerblichen Anlagen, die das Wohnen wesentlich stören, nicht zu genehmigen, besteht auch den Bauherren (Gewerbetreibenden) gegenüber. b) Auch wenn ein Gewerbetreibender eine seinem Gewerbebetrieb dienende bauliche Anlage errichtet hat, deren Bau mit Rücksicht auf die von ihr ausgehenden Störungen von der Baugenehmigungsbehörde nicht hätte genehmigt werden dürfen, aber tatsächlich doch genehmigt worden ist, war er von der eigenen Verantwortung für eine der gesetzlichen Ordnung entsprechende Durchführung des Betriebes nicht freigestellt.
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B. V G H / O V G 1. BayVGH U vom 28. 4. 1967 (Nr. 65 I 65) nicht veröffentlicht Daß nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 (a. F.) BauNVO „sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe" zulässig sind und ein Lagerhaus oder Lagerplatz unter Umständen unter diese Art von Anlage fallen kann, ändert nichts daran, daß Lagerhäuser und Lagerplätze in einem Bebauungsplan nicht ohne die sich eben aus der Nr. 4 ergebende Einschränkung „nicht wesentlich störend" als in einem Mischgebiet zulässige Anlagen bestimmt werden können.
2. Bad.-Württ. VGH B vom 8. 11.1972 (II 906/70) BauR 1973,173 Die Ausweisung eines Mischgebietes und damit die Zulassung einer Wohnbebauung in der Nähe eines Gewerbebetriebes kann mit den bauplanungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar sein und auch dem Abwägungsgebot entsprechen.
§7 Kerngebiete
(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und der Verwaltung. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, 2. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, 3. sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, 4. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, 5. Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, 6. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, 7. sonstige Wohnungen oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nr. 5 fallen, 2. Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nr. 6 und 7 fallen. (4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes), festgesetzt werden, daß 1. oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder 2. in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschoßfläche oder eine bestimmte Größe der Geschoßfläche für Wohnungen zu verwenden ist. Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und Verwaltung dient. 958
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1. Allgemeines Die in den §§ 7, 8 und 9 aufgeführten Gebiete dienen den wirtschaftlichen Erfordernissen, wobei die Anlagen für Wohnungen untergeordnete Bedeutung haben (§ 7) oder die Ausnahmen bilden (§ 8 und § 9). § 7 erhielt schon durch die Novelle vom 26.11. 1968 eine erhebliche und durch die Novelle vom 15.9. 1977 eine weitere starke Umgestaltung; durch erstere wurden in Abs. 2 Ziffer 5 erweitert und Ziffer 7 sowie die Absätze 3, 4 und 5 eingefügt; die letztere ließ den alten Abs. 4 wegfallen (er ist in § 1 Abs. 7 aufgegangen) und führte einen neuen Abs. 4 (s. u.) ein. 2. Begriff Kerngebiet Das Kerngebiet stellt insofern, als in ihm Wohnungen — mit Einschränkungen — noch zulässig sind, noch ein Mischbaugebiet dar. Es ist ein Ergebnis der städtebaulichen Entwicklung seit der Währungsreform von 1948 und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Aufstieg, der sich auch in der Übernahme von wirtschaftlichen Gewohnheiten aus den USA niedergeschlagen hat. Dazu gehört auch der vorher in Deutschland kaum bekannte Begriff der City als des zentralen Geschäfts- und Büroviertels. In Westdeutschland hat diese Entwicklung nicht nur die Großstädte über 500 000 Einw. ergriffen; die Abwanderung der Wohnbevölkerung aus solchen Citygebieten ist kennzeichnend für diese Entwicklung. Dieser soziologisch bedauerlichen Entwicklung trägt vor allem § 7 Rechnung. Demgemäß soll (nicht muß) das Kerngebiet seiner Natur nach nur für die Städte (und da für größere), und nicht für kleinere Gemeinden in Betracht gezogen werden. Andererseits kann eine größere Stadt durchaus mehrere Kerngebiete haben. 3. Zulässige Anlagen im Kerngebiet (Abs. 2 und 3) Entsprechend der Zweckbestimmung des Kerngebiets sind in Nr. 1 bis 7 des Abs. 2 die im Kerngebiet zulässigen Anlagen aufgezählt. Zu bemerken ist, daß die Vergnügungsstätten außerhalb der Schank- und Speisewirtschaften nicht unter diese fallen, was für die Auslegung der §§ 4 bis 6 von Bedeutung ist. Gewerbebetriebe sind auch im Kerngebiet nur zulässig, soweit sie „nicht störend" sind; dies bedeutet eine Einengung gegenüber den im Mischgebiet zulässigen „nicht wesentlich störenden" Gewerbebetrieben. Die Zulässigkeit von Wohnungen ist grundsätzlich (siehe aber den neuen Abs. 4, u. Nr. 4) auf solche beschränkt, die für die Aufsichts- und Bereitschaftspersonen, für die Betriebsinhaber und Betriebsleiter bestimmt sind, wobei es dem Ermessen der Behörde obliegt, gemäß Abs. 3 auch Wohnungen für sonstige Personen zuzulassen (siehe folgende Erläut. 4). Die mit der Novelle 1968 eingeführte Ziffer 7 in Abs. 2 entspricht einem Bedürfnis der im Kerngebiet ansässigen Betriebe und auch der dort arbeitenden Bevölkerung. Gerade diese Bestimmung soll einer Verödung der Zentren der Großstädte nach Ladenschluß entgegenwirken. Allerdings muß der 959
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Ausführungsvorschriften des Bundes
BebPl. in solchen Fällen ein bestimmtes Geschoß festlegen, oberhalb dessen Wohnungen zulässig sind (siehe die Ausnahmeregelung des Abs. 4 in der Erläut. 5). Nr. 5 des Abs. 2 läßt Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen allgemein zu. Auch diese Vorschrift ist die Folge der städtebaulichen Entwicklung, insbesondere des Verkehrs in der Großstadt. Die Tankstellen müssen im räumlichen Zusammenhang damit stehen. In diesen Fällen besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung; für Ausnahmen siehe die folgende Erläut. 4. 4. Ausnahmsweise Zulassung von Tankstellen und Wohnungen (Abs. 3) Im Gegensatz zu Abs. 2, der einen Rechtsanspruch auf die Zulassung bestimmter Kategorien eröffnet, beinhaltet Abs. 3 eine Kannbestimmung für Ausnahmefälle. Der Behörde steht hier die Ermessensentscheidung zu, ob sie — nicht im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen stehende — Tankstellen und Wohnungen außerhalb der Nr. 6 und 7 des Abs. 2 in begründeten Einzelfällen zuläßt. In allen Fällen — gleich ob nach Abs. 2 oder nach Abs. 3 — müssen bei der Zulassung von Wohnungen die Abstandsflächen nach den Landesbauordnungen beachtet werden. 5. Besondere Festsetzungen für Teile des Kerngebiets im Bebauungsplan (Abs. 4) a) Der durch die Novelle 1977 neugeschaffene Abs. 4 soll ergänzend zu Abs. 2 Nr. 7 den Bau von Wohnungen in Kerngebieten erleichtern und die Wohnnutzung sichern. In der Praxis hat sich nämlich gezeigt, daß das Anliegen, auch in Kerngebieten das Wohnen möglichst störungsfrei zu ermöglichen, nach vorherigem Recht nur schwer durchzusetzen war. Seit 1968 war zwar in Kerngebieten das Wohnen oberhalb eines im BebPl. bestimmten Geschosses zulässig, und es konnten ausnahmsweise weitere Wohnungen zugelassen werden. Dies stand jedoch unter dem Vorbehalt des §7 Abs. 1, daß Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und Verwaltung dienen; darüber hinaus steht es einem Eigentümer frei, diese oder eine andere im Kerngebiet zulässige Nutzung zu verwirklichen. In der AmtlBegr. zur Novelle 1977 (BR-DS 261/77) heißt es: „Die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 würde die anderen zulässigen Nutzungen, die das Wohnen nicht stören, zu sehr einengen. Vor allem in bereits bebauten innerstädtischen Bereichen, die noch vorwiegend dem Wohnen dienen und gesunde Wohnverhältnisse aufweisen, ergibt sich die Notwendigkeit, das Gebiet in seiner gegebenen gesunden Struktur durch Aufstellung eines Bebauungsplans zu sichern. Dabei können vielfach Betriebe, die nicht nur der Versorgung des Gebiets dienen, aber in keiner Weise das Wohnen stören, zugelassen werden, ja sogar erwünscht sein."
Diesen Bedürfnissen will die Neufassung dadurch gerecht werden, daß auch in Kerngebieten durch Festsetzung im BebPl. oberhalb eines bestimm960
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
ten Geschosses nur Wohnungen zugelassen werden, während es unterhalb dieser festgesetzten Wohnungen bei dem gesamten Katalog zulässiger Nutzungen verbleibt. Neben der Festsetzung der ausschließlichen Zulässigkeit von Wohnungen in bestimmten Geschossen kann die Wohnnutzung auch durch eine Festsetzung gesichert werden, die es dem Eigentümer freistellt, in welchen Geschossen des Gebäudes er die erforderlichen und vorgeschriebenen Wohnungen unterbringt. Die Nr. 1 und 2 des neuen Abs. 4 können je nach den Erfordernissen der Teile der verschiedenen Kerngebiete gehandhabt werden. Nach vorherigen Recht konnten Wohnungen gem. Abs. 2 Nr. 7 nur neben den anderen nach Abs. 1 zulässigen Nutzungen zugelassen werden. b) Durch Abs. 4 soll klargestellt werden, daß auch bei geschoßweisen Festsetzungen Teile von Kerngebieten nicht mehr vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und der Verwaltung dienen müssen (Abs. 1). Abs. 2 Nr. 7 bleibt unberührt. Danach sind sonstige Wohnungen oberhalb eines im BebPl. bestimmten Geschosses zulässig, d. h. neben den nach Nr. 6 zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter. Durch Abs. 4 wird somit nicht ausgeschlossen, daß auch in anderen Teilen des Kerngebiets nach entsprechender Festsetzung im BebPl. ebenfalls Wohnungen zugelassen werden können. c) Im Hinblick auf verstärkt mögliche Konzentrationen von Wohnungen bei hoher Baudichte ist allerdings eine besondere Voraussetzung für entsprechende Festsetzungen, daß die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht beeinträchtigt werden (§ 1 Abs. 6 und 7 BBauG i. d. F. der Novelle 1976). 6. Rechtsprechung VG Köln U vom 25. 1. 1972 (2 K 1076/70) G e m T 1972, 213 a) In einem Dorfgebiet oder allgem. Wohngebiet ist eine Diskothek unzulässig. b) Eine Diskothek stellt eine Vergnügungsstätte i. S. von § 7 Abs. 2 Ziff. 2 BauNVO dar und ist nur im Kerngebiet zulässig.
§8
Gewerbegebiete (1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind 1. Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, soweit diese Anlagen für die Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können, 2. Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, 3. Tankstellen. 961
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Ausführungsvorschriften des Bundes
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, 2. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. §9 Industriegebiete (1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind 1. Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, 2. Tankstellen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, 2. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. 1. Allgemeines Die in §§ 8 und 9 aufgezeigten Gebiete dienen in erster Linie der Unterbringung von gewerblichen (einschl. industriellen) Betrieben, und zwar das Gewerbegebiet von nicht erheblich belästigenden und das Industriegebiet vorwiegend von störenden und lästigen gewerblichen Betrieben. §§ 8 u n d 9 erhielten zwar d u j c h die Neufassung vom 26. 11. 1968 gleichlautende Ergänzungen, und zwar jeweils in den Absätzen 2 Nr. 1 durch den Zusatz „mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne des § 11 Abs. 3" nach den Worten „Gewerbebetriebe aller Art"; diese Einschränkung wurde jedoch durch die Novelle 1977 wegen der neuen abschließenden Regelung in § 11 Abs. 3 beseitigt. Aus städteplanerischen Gründen sollen sowohl aus den Gewerbegebieten wie aus den Industriegebieten Einkaufszentren und Verbrauchermärkte ferngehalten werden. Sie sind in Sondergebieten festzustellen (§ 11 Abs. 3). Der Abs. 4 beider Paragraphen wurde durch die Novelle 1977 wegen der Neuregelung in Abs. 4 des § 1 gestrichen. 2. Zulässige Anlagen in Gewerbegebieten (§ 8) und in Industriegebieten (§ 9) a) § 8 verwendet den Ausdruck „störend" nicht, sondern lehnt sich an die Gewerbeordnung an („soweit diese Anlagen für die Umgebung keine erhebli962
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3. Baunutzungsverordnung
chen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können"). Auch hier wird die bereits genannte Verordnung über genehmigungspflichtige Anlagen nach § 16 GewO zur Bestimmung der einzelnen in Frage kommenden gewerblichen Betriebe heranzuziehen sein. b) Für Gewerbebetriebe spannt § 9 den weitesten Rahmen. Ohne Rücksicht auf mögliche Belästigung oder Nachteile für die Umgebung können hier auch Fabriken aller Art sich ansiedeln; § 15 greift wie bereits schon im Gewerbegebiet des § 8 auch bei § 9 nicht ein. Der Begriff „störend" ist schwächer als „erhebliche Nachteile oder Belästigungen", so daß auch solche gewerbliche Betriebe in Gewerbegebieten u n d Industriegebieten zulässig sind, die zwar störend sind, aber noch nicht erhebliche, d. h. starke Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können. Es kommt nicht darauf an, daß die erheblichen Nachteile oder Belästigungen bereits ausgelöst worden sind, sondern daß damit nach der Erfahrung gerechnet werden kann. Für Betriebe nach § 8 kommt — in gleicher Weise wie für § 9 — die Einschränkung des § 15 nicht in Betracht. 3. Rechtsprechung 1. BayVGH U vom 28. 4. 1967 (Nr. 65 I 65), nicht veröffentlicht Die BauNVO behandelt Lagerhäuser und Lagerplätze als besondere Kategorien von Anlagen, die ausschließlich in Gewerbegebieten und Industriegebieten den ihnen angemessenen Standort haben.
2. BayVGH U vom 16. 12. 1977 (Nr. 1 XV 70), rkr., BayVBl. 1978, 309 a) Ein Bebauungsplan ist nur dann im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG rechtswirksam aus einem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn der FIPlan zeitlich vor oder zumindest gleichzeitig mit dem Bebauungsplan genehmigt worden ist. b) Ein Betrieb der Urproduktion stellt keinen Gewerbebetrieb im Sinne der BauNVO dar. c) Zur Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage nach §113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bei Zurückweisung des Verpflichtungsantrags.
§10 Sondergebiete,
die der Erholung dienen
(1) Als Sondergebiete, die der Erholung dienen, kommen insbesondere in Betracht Wochenendhausgebiete, Ferienhausgebiete, Campingplatzgebiete. (2) Für Sondergebiete, die der Erholung dienen, sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß bestimmte, der Eigenart des Gebiets entsprechende Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung des Gebiets und für sportliche Zwecke allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. 963
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Ausführungsvorschriften des Bundes
(3) In Wochenendhausgebieten sind Wochenendhäuser als Einzelhäuser zulässig. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß Wochenendhäuser nur als Hausgruppen zulässig sind oder ausnahmsweise als Hausgruppen zugelassen werden können. Die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser ist im Bebauungsplan, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festzusetzen. (4) In Ferienhausgebieten sind Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Im Bebauungsplan kann die Grundfläche der Ferienhäuser, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festgesetzt werden. (5) In Campingplatzgebieten sind Campingplätze und Zeltplätze zulässig. 1. Allgemeines (Abs. 1) a) § 10 erfuhr durch die Novelle 1977 auf Vorschlag des B R (vgl. B R - D S 261/77) eine völlige Neugestaltung. Die BR-Ausschüsse begründeten diesen lapidar kurz, aber richtig wie folgt: „Regelungsbedürftig sind nicht nur Wochenendhausgebiete, sondern auch andere Gebiete, die der Erholung dienen. Die Neufassung des § 10 dient dem Zweck, für alle diese Gebiete Regelungen, soweit notwendig, zu schaffen."
Der R e g E hatte nämlich nur die Wochenendhausgebiete im Auge, während die beiden anderen Sparten, die Ferienhausgebiete und die Campingplatzgebiete mehr und mehr zunehmen und eine Regelung erheischen. b) Da für diese Gebiete eine eigene Bestimmung in der B a u N V O vorgesehen ist, ist es nicht angängig, solche Gebiete nach den Vorschriften für Wohngebiete (§§ 2 bis 4) zu behandeln. Außer den in § 10 ausschließlich genannten Anlagen sind entsprechend § 12 Garagen und Stellplätze im Umfang des notwendigen Bedarfs und der dort gegebenen Einschränkungen sowie Nebenanlagen nach Maßgabe des § 14 zulässig. c) In Wochendhausgebieten sind im Gegensatz zu den anderen genannten Gebieten Räume für die freiberufliche Berufsausübung nicht zulässig (vgl. §13). 3. Zulässige Anlagen (Abs. 2 u. 3) Sondergebiete müssen nach Abs. 2 Satz 1 im BebPl. festgesetzt sein, um als solche anerkannt zu werden (wichtig wegen § 35 B B a u G ) . Abs. 2 Satz 2 bietet die Möglichkeit, daß Anlagen wie Läden, Schankstätten (Ausflugslokal!), Sportplätze u. a. im Sondergebiet zugelassen werden können, u. zw. entweder allgemein oder im Einzelfall. Es bedarf jedenfalls einer Festsetzung im Beb PI. Abs. 3 Satz 1 läßt Wochenendhäuser als Einzelanlagen zu, allerdings kann ein BebPl. Hausgruppen vorschreiben (Satz 2). Im BebPl. muß die Grundfläche als solche festgelegt werden. Ausweisung nach der Grundflächenzahl al-
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lein (§ 17) genügt nicht. Der G r u n d für diese Bestimmung liegt in der Lage dieser Gebiete im Außenbereich, die eine besondere Anpassung an die Eigenart der Landschaft erfordert. Allerdings m u ß die Grundflächenzahl bei der Ausweisung der Grünflächen für das Wochenendhausgebiet — 0,2 nach § 17 — beachtet werden. 4. Ferienhausgebiete und Campingplatzgebiete (Abs. 4 und 5) a) Die Regelung für die in den Abs. 4 und 5 genannten Gebiete erfaßt die Abgrenzung und die Möglichkeit einer Abgrenzung der Ferienhausgebiete nach der Eigenart des Gebiets und der Landschaft durch den BebPl. (Abs. 4 Satz 2). b) Unter Ferienhausgebieten (Abs. 4) sind Gebiete zu verstehen, in denen in erster Linie Ferienhäuser errichtet werden dürfen. Hierunter sind Freizeitwohngelegenheiten zu verstehen, die aufgrund ihrer Lage, G r ö ß e und Ausstattung abweichend von Wochenendhäusern für einen längeren Erholungsaufenthalt geeignet sind und die überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis für einen Erholungsaufenthalt überlassen werden (vgl. Musterentwurf von Hinweisen für die Planung von Ferienhausgebieten der A R G E B A U , Stand 29. 4. 1974). c) Campingplatzgebiete (Abs. 5) sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, d a ß sie während des ganzen Jahres oder wiederkehrend während bestimmter Zeiten in der Form betrieben werden, daß „vorübergehend" von den Benutzern Zelte, Wohnwagen und ähnliche Anlagen aufgestellt werden. d) Die Zeltplätze werden den Campingplätzen gleichgestellt (Abs 5). D a ß auch hier auf die Eigenart des Gebiets und auf die Erhaltung der Landschaft Rücksicht genommen werden muß, ergibt sich aus der Lage im Außenbereich (§ 35 BBauG). §11 Sonstige
Sondergebiete
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht Kurgebiete, Ladengebiete, Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe, Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse, Hochschulgebiete, Klinikgebiete, Hafengebiete. 965
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Ausführungsvorschriften des Bundes
(3) 1. 2.
Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, 3. sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind, sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 721, 1193), zuletzt geändert durch Artikel 45 des Gesetzes vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341), sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschoßfläche 1500 m2 überschreitet. 1. Allgemeines (Novellen 1968 sowie 1977 und Abs. 1) a) Hatte § 11 bereits durch die Novelle von 1968 wegen der seit längerer Zeit festzustellenden Verbreitung von Einkaufszentren eine durchgreifende Änderung erfahren, so brachte die ÄndV von 1977 eine weitere erhebliche Umgestaltung, die zum Teil auf die ursprüngliche Fassung von 1962 zurückgreift. Zudem hat die Beratung des § 11 Abs. 3 zu einer Auseinandersetzung des Wohnungsbauministers mit dem BR geführt. Zwar hat sich der BR durchgesetzt, doch veranlaßte die unveränderte Haltung des Fachministers diesen nicht nur zu einer ungewöhnlichen Art der Rechtfertigung durch Bekanntmachung eines Auszugs aus der Begründung des RegE zur Änderung des § 11 Abs. 3, sondern auch zu einer Erklärung des Staatssekretärs Dr. Abreß zu Punkt 38 der Tagesordnung der 448. Sitzung des BR vom 15. 7. 1977, in der er den BR Beschluß eine Umkehrung der Vermutungsregelung in der Weise, daß „Handelsbetriebe oberhalb einer bestimmten Quadratmetergrenze grundsätzlich unter die Sondergebietsregelung des §11 Abs. 3 fallen würden", durchzuführen, „für bedenklich hält; die Bundesregierung befürchtet, daß hierdurch faktisch eine sehr starke Zementierung der Größenstruktur im Einzelhandel bewirkt werden könnte, die nicht zuletzt auch den mittelständischen Handel treffen würde; der vorgeschlagenen Umkehrung der Vermutungsregelung ist dabei größeres Gewicht beizumessen als der Herabsetzung der Flächengröße." Bei Abs. 3 (Erläut.) wird auf diese Fragen ausführlich eingegangen werden. 966
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
b) Abs. 1 blieb im wesentlichen unverändert; lediglich wegen der Neufassung des § 10 wurde dem Wort „Sondergebiet" das Beiwort „sonstige" vorangestellt. Unter sonstigen Sondergebieten sind solche Gebietstypen zu verstehen, die nicht unter den Gebietsarten der §§ 2 bis 10 unterzubringen sind. In der Praxis wird mit Hilfe der Sondergebiete nach § 10 und der sonstigen Sondergebiete des § 11 eine bessere Ausnutzung des Maßes der baulichen Nutzung zu erreichen sein, da nach § 17 Abs. 8 mit Ausnahme von Hafengebieten größere Höchstwerte für die Geschoßflächenzahl (2,4) und die Baumassenzahl (9,0) als für eine Reihe der anderen Gebietsarten möglich sind. 2. Hauptbeispiele sonstiger Sondergebiete (Abs. 2) a) Die Erstfassung der BauNVO von 1962 zählte beispielhaft Gebietsarten auf, die als Sondergebiet festgesetzt werden konnten. Diese Beispiele sind bei der Novellierung der BauNVO im Jahre 1968 gestrichen worden. Die zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen in der Praxis haben jedoch gezeigt, daß es als nützlich angesehen wird, wenn die Gebietsarten, die als sonstige Sondergebiete außer den in § 10 genannten in Betracht kommen, ausdrücklich genannt werden. Sie sind jedoch nur beispielhaft aufgeführt. Auch andere Gebiete, z. B. besondere Verwaltungsbereiche oder zentrale Regierungseinrichtungen können als sonstige Sondergebiete festgesetzt werden. b) Die meisten aufgezählten Gebiete wie Kur-, Laden-, Hochschul- und Klinikgebiete entsprechen der Aufzählung des § 11 Abs. 2 der BauNVO in der Erstfassung von 1962. Die Möglichkeit, Hafengebiete festzusetzen, schließt eine landesgesetzliche Sonderplanung für Häfen überregionaler Bedeutung nicht aus. Die im RegE in § 11 Abs. 2 Satz 2 auch enthaltenen „Wassersportgebiete" wurden vom BR mit folgender Begründung gestrichen: „Die Einrichtung von Wassersportgebieten unterliegt verschiedenen landesrechtlichen Vorschriften. Es besteht deshalb kein Grund, die Wassersportgebiete als bauliche Anlagen im Sinne dieser Verordnung zu behandeln. Selbst wenn man die Einrichtung von Wassersportgebieten als Sonderbaugebiete wünscht, sind sie doch nicht so bedeutend, daß sie in der beispielhaften Aufzählung besonders hervorgehoben werden sollten."
Damit könnten trotz der beispielhaften Aufzählung der sonstigen Sondergebiete jedenfalls Wassersportgebiete nicht nach § 11 behandelt werden. 3. Einkaufszentren, großflächige Einzel- und sonstige Handelsbetriebe bestimmter Auswirkung (Abs. 3) a) Der seit 1968 eingeführte Abs. 3 war auf Einkaufszentren und Verbrauchermärkte beschränkt, die vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollten. Diese Regelung hat vielfach durch Gemeindegebietsänderungen zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Darüber hinaus wurde den städtebaulichen Auswirkungen von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im innergemeindlichen Gefüge mit der alten Fassung des Abs. 3 nicht hinrei967
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Ausführungsvorschriften des Bundes
chend Rechnung getragen. Die Neuregelung bot sich dringend an. Doch gab es hinsichtlich der Art und Weise erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Wohnungsbauministerium und dem BR. Der Standort der in Abs. 3 aufgeführten Einrichtungen muß den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entsprechen, da Unternehmen im Hinblick auf ihre Anziehungskraft Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und die Verkehrsplanung der Umgebung haben. Darüber bestand keine Meinungsverschiedenheit, auch nicht darüber, daß bei der Genehmigung eines Bauleitplanes aus dem Plan ersichtlich sein muß (Abs. 1), ob die Gemeinde außerhalb ihres Kerngebietes die Errichtung eines Einkaufszentrums oder großflächiger Handelsbetriebe bestimmter Auswertung vorgesehen hat bzw. ob solche Unternehmen regional erwünscht sind, also daß Fehlleistungen von Gemeinden bei der Ansiedlung solcher großflächiger Betriebe nach Möglichkeit durch eine einreihende Verordnungsregelung vermieden werden müssen (vgl. Staatssekretär Abreß zu Punkt 38 der Tagesordnung der 448. Sitzung des BR, 15. 7. 1977, Anlage 6 des Sitzungsprot., S. 222). Der RegE ging jedoch bei der Fassung des Abs. 3 davon aus, daß bei den großflächigen Handelsbetrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 Auswirkungen der bei Satz 2 beschriebenen Art in der Regel nicht anzunehmen seien, wenn die Geschoßfläche des Betriebes 2000 qm nicht überschreite. Hiermit sollte bestimmt werden, daß städtebauliche Auswirkungen regelmäßig nicht anzunehmen seien, wenn die Geschoßfläche 2000 qm beträgt oder kleiner als 2000 qm ist. Eine Geschoßfläche von 2000 qm entspricht etwa einer Verkaufsfläche von 1500 qm. Satz 3 bedeutet nach dem RegE, daß dann, wenn besondere Umstände vorliegen, auch bei einer Unterschreitung einer Geschoßfläche von 2000 qm die Unzulässigkeit eines derartigen Betriebes gegeben sein kann, aber auch, daß je nach der Lage des Einzelfalles auch Handelsbetriebe mit größerer Geschoßfläche als 2000 qm in Misch-, Gewerbe- oder Industriegebieten zulässig sein können, wenn nämlich keine Auswirkungen im Sinne der Sätze 1 und 2 anzunehmen sind. Dabei legte der RegE besonderen Wert auf die ursprüngl. vorgesehene Vermutungsregelung zugunsten von Handelsbetrieben bis zu 2000 qm, um eine gewisse Flexibilität den Gemeinden zu gewähren. Die endgültig auf Vorschlag des BR-Plenums zustandegekommene Umkehrung der Vermutungsregelung in der Weise, daß alle Handelsbetriebe oberhalb einer bestimmten Quadratmetergrenze grds. unter die Regelung des § 11 Abs. 3 fallen, hielt die BReg (vgl. Abreß aaO) deshalb für bedenklich, weil „hierdurch faktisch eine sehr starke Zementierung der Größenstruktur im Einzelhandel bewirkt werden könnte, die nicht zuletzt auch den mittelständischen Handel treffen würde". Der Bundesrat dagegen begründete seinen Gegenvorschlag wie folgt: „Nach der Formulierung der Verordnung hat der angegebene Schwellenwert von 2000 m 2 Geschoßfläche nur negative Bedeutung. Bleibt das geplante Vorhaben unter diesem Wert, so sind in der Regel keine städtebaulichen Auswirkungen anzunehmen.
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BauNVO
Für die bedeutsameren Fälle der großen Vorhaben enthält die Verordnung keine Regelung. Gerade für diese städtebaulich bedeutsameren Vorhaben bedarf es, nicht zuletzt im Interesse einer einheitlichen Handhabung, konkreter Aussagen in der Verordnung. Ziel der Änderung ist es, landesplanerisch oder städtebaulich relevante Vorhaben nur noch im Kerngebiet oder in einem besonders dafür vorgesehenen Sondergebiet zuzulassen. Dann muß aber auch konkret gesagt werden, wann solche landesplanerischen oder städtebaulichen Auswirkungen in der Regel anzunehmen sind. Der in der Verordnung vorgesehene Schwellenwert von 2000 m 2 Geschoßfläche ist zu hoch. In der Praxis hat sich weitgehend eine Geschoßfläche von 1500 m 2 als die Größenordnung herausgestellt, die besondere städtebauliche und landesplanerische Überlegungen notwendig macht. Der Schwellenwert von 1500 m 2 hat bereits auch in verschiedenen landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften seinen Niederschlag gefunden."
b) Die planungsrechtliche Zulässigkeit von großflächigen Handelsbetrieben in den Baugebieten bemißt sich wie die Zulässigkeit aller anderen in der BauNVO genannten Anlagen nach städtebaulichen Kriterien. Handelsbetriebe, die nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen, sind nach § 15 unzulässig. Handelsbetriebe, bei denen nicht von vornherein solche städtebaulichen Auswirkungen bestehen, die aber nach Art, Lage und Umfang solche Auswirkungen haben können, sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig (Abs. 3 Satz 1). Nicht immer nämlich läßt sich von vornherein eindeutig feststellen, ob und welche Auswirkungen im einzelnen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit städtebaulicher Auswirkungen besteht nach bisherigen Erfahrungen bei den großflächigen Handelsbetrieben, die nicht Großhandelsbetriebe sind. Dies bedeutet für eine Gemeinde, daß sie —abgesehen von Standorten in Kerngebieten — durch Festsetzung von entsprechenden Sondergebieten eine sachgerechte Einordnung solcher Vorhaben in das jeweilige städtebauliche Gefüge ermöglichen muß. Seit 1968 haben sich zunehmend gerade großflächige Handelsbetriebe mit schnellerer Bedienung (Selbstbedienung) und mit dem Verkauf großer Mengen vorwiegend an motorisierte Kunden entwickelt. Die hieraus entstehenden städtebaulichen Auswirkungen gebieten es, daß diese Betriebe nicht erst im Baugenehmigungsverfahren hinsichtlich ihrer Zulässigkeit im Einzelfall geprüft werden, sondern daß sie vorausschauend bereits in der Bauleitplanung selbst hinsichtlich möglicher Auswirkungen Berücksichtigung finden. c) Abs. 3 in der Fassung der ersten Novelle von 1968 nannte neben den Einkaufszentren nur die Verbrauchermärkte. Angesichts der Entwicklung neuer Verkaufsformen wird mit dieser Beschränkung der Kreis entsprechender Anlagen, die einer vorsorglichen städtebaulichen Planung bedürfen, nicht mehr voll erfaßt. Deshalb stellte die Neufassung von 1977 insoweit nicht mehr allein auf die Betriebsform, sondern neben den Einkaufszentren auf großflächige Einzelhandelsbetriebe sowie auf sonstige großflächige Handelsbetriebe ab, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die städtebaulichen Auswirkungen den großflächigen Einzelhandelsbetrieben 969
BauNVO
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vergleichbar sind. Mit dem Begriff „Einzelhandelsbetriebe" knüpft die Novelle 1977 an den Begriff in § 6 a Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb an, wonach Einzelhändler überwiegend letzte Verbraucher beliefern. Großhandelsbetriebe sind im Sinne des § 6 a Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Betriebe, die überwiegend an Wiederverkäufer oder gewerbliche Verbraucher liefern. Im Hinblick darauf, daß die Abgrenzung von Großhandel zu Einzelhandel schwierig ist, bezieht Abs. 3 Nr. 3 von den Großhandelsbetrieben nur diejenigen großflächigen Handelsbetriebe in die Regelung ein, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher sowie auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung sich nur in wesentlich (verwaltungsgerichtlich nachprüfbarer Rechtsschrift) auswirken können. d) In Satz 2 sind Auswirkungen im Sinn der Nr. 2 und 3 des Satzes 1 beispielsweise („insbesondere") genannt, wobei auf Vorschlag des BR der Naturhaushalt (also die Naturgüter Boden, Wasser [Oberflächenversiegelung], Luft, Klima) miteinbezogen wurde. Der Immissionsschutz ist im übrigen an erster Stelle genannt. Der Natur der Sache nach gehören die Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung und Landesplanung, sowie auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung hierher. e) Ausdrücklich werden Kerngebiete miteinbezogen. Kerngebiete (§ 7) dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft und Verwaltung. In solche Gebiete gehören ihrer Natur und Zweckbestimmung nach auch Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe. Die Gemeinden haben es allerdings in der Hand, diese Betriebe über Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 in Kerngebieten auszuschließen bzw. zu bestimmen, daß sie dort nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Der RegE hatte darüber hinaus die Zulassung ausnahmsweise auch in Misch-, Gewerbe- und Industriegebieten zulassen wollen. Der BR wandte sich mit Erfolg dagegen, u. zw. mit der Begründung (BR-DS 261/77): „Die Grundsatzentscheidung, daß die in Satz 1 genannten Betriebe nur in Kerngebieten oder in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind, würde in unvertretbarer Weise durchbrochen, wenn diese Betriebe auch ausnahmsweise in Misch-, Gewerbe- oder Industriegebieten zugelassen werden könnten. Im Hinblick auf ihre landesplanerischen und städtebaulichen Auswirkungen ist für die in Satz 1 genannten Betriebe eine konkrete Standortentscheidung erforderlich. Es ist deshalb nicht möglich, diese Betriebe auch nur ausnahmsweise im gesamten Bereich des Misch-, Gewerbe* oder Industriegebiets zuzulassen."
Einkaufszentren werden von Satz 3 auch nicht erfaßt. Bei ihnen werden von ihrer Betriebsform her stets größere Geschoßflächen als 1500 m2 benötigt. f) Die nunmehr (siehe oben bei a) strengere Fassung des Satzes 3 hat nicht nur die Herabsetzung des Grenzwertes von 2000 m2 auf 1500 m2 gebracht, sondern auch die normative Vermutung, daß Auswirkungen der in Satz 2 genannten Art (vgl. oben d), „in der Regel" als vorliegend anzusehen sind, wenn die Geschoßfläche 1500 m2 überschreitet. Der Ausdruck „in der Regel" 970
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
besagt, daß in Ausnahmefällen (Ermessensentscheidung, zu beachten bei allenfallsiger normativer oder inzidenter Überprüfung eines BebPl. vor den Verwaltungsgerichten) dieses Hindernis wegfallen k a n n ; doch müssen die übrigen in Satz 2 genannten und allenfallsige weitere Hindernisse noch ausgeräumt werden, ehe eine Zulassung überhaupt möglich ist. 4. Darstellung von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten (Abs. 3) Abs. 3 wurde durch die Novelle von 1968 eingefügt. In einem Einkaufszentrum (Shopping-Center) sind Betriebe verschiedener Branchen und Größenordnungen zusammengefaßt. Meist ist der hierfür bestimmte Gebäudekomplex einheitlich geplant, finanziert, gebaut und verwaltet; die einzelnen Läden werden gesondert vermietet. Unter Verbrauchermärkten versteht man Einkaufsgelegenheiten für Endverbraucher mit der Absicht, größere Mengen bei preisgünstigem Angebot zu verkaufen. Die Waren werden in der Regel im Selbstbedienungsprinzip angeboten. 5. Rechtsprechung 1. BayVGH B vom 30. 1. 1970 (Nr. 33 I 69) BayVBl. 1970, 182 Es bestehen keine Bedenken dagegen, auch ein größeres Gelände für ein Hallenund Freibad bebauungsplanmäßig als Sondergebiet nach § 11 Abs. 1 BauNVO auszuweisen, obwohl diese Anlagen auch in einem der nach §§ 2 bis 10 BauNVO vorgesehenen regulären Baugebiet zulässig sind.
2. BVerwG U vom 28. 4. 1978 (IV C 59.75) DÖV 1978, 736 = DVB1. 1979, 149 Die Festsetzung eines Sondergebiets kann zur Folge haben, daß solche „sonstigen" Nutzungen ausgeschlossen sind, die die Verwirklichung des Bebauungsplans verhindern oder wesentlich erschweren und dem Gebietscharakter widersprechen; in diesem Sinn kann die Nutzung eines in einem Sondergebiet „Wassersport" liegenden Grundstücks zu Zwecken eines Speditions-, Güterverkehrs- und Lagerbetriebs unzulässig sein (im Anschluß an BVerwGE 42, 30).
§12 Stellplätze und Garagen (1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt. (2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. (3) Unzulässig sind 1. Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten, 2. Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten. 971
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes), festgesetzt werden, daß in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt. (5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes), festgesetzt werden, daß in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. (6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. (7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt. 1. Zulässigkeit von Stellplätzen und Garagen Angesichts der nicht nachlassenden Steigerung des Volumens an Kraftfahrzeugen kommt der Bestimmung des § 12 besondere Bedeutung zu. Sie gilt für alle Bauleitpläne, in denen Baugebiete nach der BauNVO festgesetzt sind, außerdem gemäß § 24 BauNVO auch in den Fällen des § 33 BBauG. Die Begriffe Stellplätze und Garagen sind der R G a O zu entnehmen, soweit diese in ihren Bauordnungsbestimmungen als Landesrecht seit 1949 nicht durch Ländervorschriften außer Kraft gesetzt wurden. Aber auch letztere (z. B. die Bayer. Garagenordnung) fußen auf den Begriffen, die die R G a O festgelegt hatte: Garagen sind ganz oder zum Teil umschlossene Abstellräume von Kraftfahrzeugen; Stellplätze dienen dem Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen. Ergänzend, d. h. außerhalb der formellen Festsetzung von Baugebieten nach der BauNVO in den BebPl. kommen u. U. noch die planungsrechtlichen Bestimmungen des § 11 R G a O (Abs. 1 erster Halbsatz und Abs. 2) zur Anwendung (siehe die 5. Auflage des Kommentars). Die grundsätzliche Zulässigkeit von Stellplätzen und Garagen erstreckt sich auch auf die Sondergebiete der §§ 10 und 11. 2. Novelle 1977 Die ÄndV v. 15. 9. 1977 hat einige Erweiterungen gebracht: Zum einen wurden die Anhänger von Kraftfahrzeugen der in Abs. 3 genannten Art die972
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
sen gleichgestellt. Der Begriff „Wochenendhausgebiete" wurde erweitert auf „Sondergebiete, die der Erholung dienen" (Abs. 2); schließlich wurde der alte Abs. 4 (Festsetzung von Garagengeschossen im BebPl.) durch drei neue Absätze (4, 5, 6) ersetzt, die eine bedeutsame Erweiterung darstellen. Schließlich wurde noch ein landesrechtlicher Vorbehalt eingeführt (Abs. 7). Im einzelnen siehe bei den entsprechenden Erläuterungen. 3. Einschränkungen (Abs. 2) Abs. 2 schränkt die Zulässigkeit von Stellplätzen und Garagen in den Gebieten der §§ 2, 3, 4 und 10 auf den „durch die zugelassene Nutzung verursachten B e d a r f ein (weitere Einschränkungen siehe Abs. 4 bis 6; Abs. 3 beinhaltet eine absolute Unzulässigkeit). Dies bedeutet, daß Stellplätze und Garagen nur insoweit zulässig sind, als im Einzelfalle Hauptanlagen im Bauordnungsverfahren, gegebenenfalls auch durch Ausnahmen und Befreiung, genehmigt wurden, deren Genehmigung den Bedarf an Stellplätzen zur Folge hat. 4. Unzulässige Stellplätze und Garagen (Abs. 3) Das Straßenverkehrsrecht trennt begrifflich zwischen Kraftfahrzeugen und Anhängern. Abs. 3 in der alten Fassung beschränkte sich darauf, daß in den genannten schützenswerten Gebieten nur Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge unzulässig sind. Unerwünschte Störungen können aber auch durch das Abstellen von Anhängern hervorgerufen werden. Abs. 3 bezieht daher nun auch Kfz.- und Omnibus-Anhänger in die Regelung ein. Als Lastkraftwagen bezeichnet § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG solche Kraftwagen, die nach Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind; Kraftomnibusse sind nach Nr. 2 aaO Kraftfahrzeuge, die nach Bauart und Eignung zur Beförderung von mehr als 9 Personen (einschließlich Fahrer) geeignet und bestimmt sind. Die Einschränkung der Nr. 2 in Abs. 3 stellt ausdrücklich auf das Eigengewicht, nicht auf die Art des Kraftfahrzeugs ab. 5. Besondere Festsetzungen im Bebauungsplan (Abs. 4, 5 und 6) •a) Die alte Fassung des Abs. 4 sah vor, daß im BebPl. festgesetzt werden konnte, daß in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Durch den neuen Abs. 4 Satz 2 wird ausdrücklich klargestellt, daß eine Festsetzung nach Satz 1 auch für Geschosse unterhalb der Erdoberfläche getroffen werden kann. Nach der alten Fassung des Abs. 4 konnte zweifelhaft sein, ob bei entsprechenden Festsetzungen weitere Stellplätze oder Garagen außerhalb der Garagengeschosse auf dem Grundstück oder in anderen Geschossen zulässig sind. 973
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Der nunmehrige Satz 3 schließt die Zulässigkeit weiterer Stellplätze oder Garagen nunmehr aus, soweit der BebPl. nichts anderes bestimmt. b) Nach § 12 Abs. 4 des alten Rechts konnten entsprechende Festsetzungen nicht für Teile des Geschosses getroffen werden. Dies läßt Abs. 5 Satz 1 nunmehr ausdrücklich zu. Satz 2 bestimmt, daß eine derartige Festsetzung auch für Teile unterirdischer Geschosse getroffen werden kann und daß bei solchen Festsetzungen in anderen Geschossen und an anderen Stellen auf dem Grundstück Stellplätze und Garagen unzulässig sind, soweit der BebPl. nichts anderes bestimmt. c) Im Hinblick auf § 9 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 4 BBauG (Fassung 1976) kann von den Festsetzungsmöglichkeiten der Absätze 4 und 5 für Geschosse oder Teile von Geschossen nur Gebrauch gemacht werden, wenn besondere städtebauliche Gründe (Rechts- und Tatfrage) dies rechtfertigen. d) Abs. 6: In zunehmendem Maße hat es sich herausgestellt, daß es aus städtebaulicher Sicht notwendig ist, in bestimmten Bereichen die Einrichtung von Stellplätzen oder Garagen zu untersagen. Gründe hierfür sind u. a. die Vermeidung von Störungen, die von Stellplätzen oder Garagen auf die umliegende Bebauung ausgehen können, die Vermeidung von Verkehrsstörungen durch Ein- und Ausfahrten sowie die Vermeidung einer Überlastung des Straßennetzes. Umfang und Lage privater Stellplätze für Kraftfahrzeuge haben auf die Verkehrsverhältnisse erheblichen Einfluß. Die Ausweisung dieser Stellplätze muß deshalb ebenso wie die Einrichtung von Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum im Einklang stehen mit der Leistungsfähigkeit und Zweckbestimmung der jeweiligen Verkehrsflächen. In vielen Fällen ist das Straßennetz nicht mehr zusätzlich aufnahmefähig und auch nicht mehr ausbaufähig. Dies gilt vor allem für bestehende Baugebiete, insbesondere, wenn sie in ihrer gegebenen Struktur erhalten werden sollen. Die Errichtung von Stellplätzen muß hier ausgeschlossen bzw. auf bestimmte Grundstücke oder auf ein mit der Leistungsfähigkeit des Straßennetzes in Einklang stehendes Maß begrenzt werden können. Die Vorschrift des Abs. 6 soll auch dazu beitragen, an geeigneten Standorten Park- and Ride-Parkplätze vorzusehen und somit einen Beitrag zur Entlastung des Straßennetzes zu leisten. Eine Begrenzung kann auch notwendig werden, wenn z. B. Mischgebiete gemäß § 1 Abs. 4 gegliedert und dabei Gebietsteile gebildet werden, die wesentlich dem Wohnen dienen. In diesen Gebietsteilen müssen Stellplätze und Garagen im Interesse gesunder Wohnbedingungen ebenso wie bei allgemeinen Wohngebieten (vgl. § 12 Abs. 2) auf den von der zugelassenen Nutzung verursachten Bedarfsumfang beschränkt werden können. Abs. 6 sieht daher vor, daß für Baugebiete oder Teile von Baugebieten im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, daß Stellplätze oder Garagen unzulässig oder in beschränktem Umfang zulässig sind, z. B. für den durch die in dem Gebäude wohnenden Personen verursachten Bedarf. Diese Bestimmung 974
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
steht in engem Zusammenhang mit den Bestimmungen des Bauordnungsrechts über die Pflichten des Bauherrn zur Unterbringung des „ruhenden" Verkehrs durch Bau von Garagen oder Einsteilplätzen. Sie stellt daher klar, daß eine Beschränkung oder ein Ausschluß von Stellplätzen und Garagen nur festgesetzt werden kann, soweit das Landesrecht nicht entgegensteht. e) Abs. 7: Durch Festsetzungen nach Absatz 4 und 5 kann die nach landesrechtlichen Vorschriften bestehende Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen oder Garagen auf dem Grundstück eingeschränkt sein, so wenn z. B. in dem festgesetzten Garagengeschoß die notwendigen Stellplätze nicht untergebracht werden können und an anderer Stelle auf dem Grundstück weitere Stellplätze nicht errichtet werden dürfen. Abs. 7 soll daher klarstellen, daß die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im BebPl. festgesetzten Bereiche von Festsetzungen nach den Absätzen 4 und 5 unberührt bleiben. Dies gilt naturgemäß auch, wenn gemäß Abs. 6 Stellplätze oder Garagen auf dem Grundstück überhaupt nicht geschaffen werden dürfen. 6. Rechtsprechung 1. BVerwG U vom 14. 12. 1973 (IV C 71/71) NJW 1974, 811 = BauR 1974, 189 a) Bundesrecht schließt nicht aus, daß die Festsetzungen eines BebPl. auch bestimmten Grundstückseigentümern außerhalb des Plangebiets Nachbarschutz vermitteln. b) § § 1 2 und 15 BauNVO haben keine nachbarschützende Funktion.
2. BVerwG U vom 1.11. 1974 (IV C 38.71) DÖV 1975, 101 Zur Rechtsgebundenheit und Vorwegnahme der Interessenabwägung bei der Bauleitplanung — Umweltschutz und Zulässigkeit öffentlicher Parkplätze in Wohngebieten — Entschädigungspflichtige Enteignung durch Bebauungsplan — Zum Verhältnis von Straßen- und Bebauungsrecht.
§13 Gebäude und Räume für freie Berufe FUr die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4 a bis 9 auch Gebäude zulässig. 1. Vorschrift a) Diese Vorschrift schließt der Erholung dienende Sondergebiete (§ 10) und sonstige Sondergebiete (§ 11) aus. Die Bestimmung bezieht sich nach der Novelle 1977 auch auf Gebäude, aber nur im Rahmen der §§ 4 a bis 9, also nicht für Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete und Sondergebiete. 975
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Soweit in den vorgenannten Bestimmungen Bürogebäude oder gewerbliche Betriebe allgemein oder mit Einschränkungen generell oder ausnahmsweise als zulässig erklärt worden sind, schließen diese die nach § 13 zulässigen Räume ohne weiteres mit ein. b) Zu den Gewerbetreibenden, die ihre Tätigkeit ähnlich den freiberuflich Tätigen ausüben, sind die Makler, Versicherungsvertreter und sonstigen Vertreter zu zählen, letztere, soweit sie nicht gleichzeitig einen Auslieferungslagerbetrieb unterhalten. 2. Rechtsprechung BVerwG U vom 30.1. 1970 (IV C 143.65) DVB1. 1970, 832 = GemTag 1970, 182 Z u r Auslegung des § 13 B a u N V O a. F. (hier: Zur Zulässigkeit einer Privatklinik). Aus den Gründen: „Der besondere Schutz, den reine Wohngebiete durch die Bes c h r ä n k u n g auf die Errichtung von W o h n g e b ä u d e n genießen (§ 3 Abs. 2 B a u N V O ) , hindert nicht, d a ß auch dort „ R ä u m e f ü r die Berufsausübung freiberuflich Tätiger u n d solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art a u s ü b e n " , zulässig sind (§ 13 B a u N V O a. F.). Diese Regelung, die als Richtlinie zu berücksichtigen ist (vgl. das Urteil vom 23. 4. 1967), begünstigt auch Kliniken, sofern sie erstens nur „ R ä u m e " , d. h. (nicht notwendig untergeordnete) Gebäudeteile, in Anspruch n e h m e n u n d zweitens in einem noch näher kennzeichnenden Sinne „wohnartig" betrieben werden. Diese Feststellung erfordert keine Entscheidung, ob Kliniken, wenn sie sich in diesen G r e n z e n halten, unter die (ärztliche) Berufsausübung eines freiberuflich Tätigen oder aber unter die zweite Alternative des § 13 B a u N V O (a. F.) fallen. Denn was gleichermaßen hier wie dort den Ausschlag gibt, hängt von der „Wohnartigkeit" der Berufsausübung ab . . . D a m i t ist gemeint: Den angeführten Berufen ist im großen u n d ganzen nicht nur eigen, d a ß sie sich innerhalb von W o h n u n g e n ausüben lassen, sondern ferner, d a ß die Tätigkeit inhaltlich Beschäftigungen vergleichbar ist, die mehr oder weniger in jeder W o h n u n g stattfinden oder doch stattfinden k ö n n e n . . . Diese „Wohnartigkeit" ist der G r u n d , d a ß § 13 B a u N V O (a. F.) die freie Berufsausübung f ü r in grundsätzlich allen Baugebieten zulässig erklärt u n d dabei insbesondere auch die gegenüber Störungen besonders schutzwürdigen Wohngebiete nicht ausnimmt. Gleichzeitig ergibt sich aus dieser „Wohnartigkeit" die K l a m m e r , die innerhalb des § 13 B a u N V O (a. F.) die beiden Alternativen miteinander verbindet u n d damit überhaupt den Unterschied zwischen der „Berufsausübung freiberuflich Tätiger" u n d einer Berufsausübung „ähnlicher Art" in den H i n t e r g r u n d treten läßt. Das bedeutet f ü r den (hier in Betracht k o m m e n d e n ) Betrieb einer privaten Klinik, d a ß er von § 13 B a u N V O d a n n erfaßt wird, wenn er nach seiner G r ö ß e u n d sonstigen Ausgestaltung die Grenzen einer noch „ w o h n a r t i g e n " Betätigung nicht ü b e r s c h r e i t e t . . . . "
§14 Nebenanlagen (1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung zulässig sind, 976
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltcng. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. 1. Untergeordnete Nebenanlagen (Abs. 1) Die Vorschrift des § 14 entspricht einer Notwendigkeit des täglichen Lebens. Unter Nebenanlage versteht man eine unselbständige, der Hauptanlage dienende Einrichtung. Von § 14 werden allerdings nicht („außer") die bereits in den vorgenannten §§ genannten Anlagen angesprochen, die auch als Nebenanlagen gelten, z. B. vor allem Stellplätze und Garagen. Nebenanlagen im Sinne des § 14 sind bauliche Anlagen; nichtbauliche Anlagen werden von dem hier weiter genannten Begriff „Einrichtungen" erfaßt. Die Funktion des „Dienens", und zwar dem Nutzungszweck des einzelnen Grundstücks (Einfriedung, Mülltonnenanlage u. a.) oder dem des Baugebiets selbst (Fernsprechzellen, Brunnen u. a.), wird für die Zulässigkeit eigens hervorgehoben; weiter darf kein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets vorliegen (richterlich nachprüfbare Tatfrage). Werbeanlagen, die nicht bauliche Anlagen sind, gehören nach einer Entscheidung des BVerwG (siehe Nr. 3) nicht zu den Anlagen des § 14. Nicht zu den untergeordneten Anlagen gehören selbständige Anlagen für Gemeinschaftszwecke wie Heizwerke, Müllverwertungsanlagen, Waschanstalten. Die Nebenanlagen umfassen nicht die Hauptanlagen (E-Werk, Gaswerk, Großkläranlage u. a.); die Zulässigkeit letzterer richtet sich nach §§ 2 bis 9 BauNVO. Nebenanlagen sind z. B. Trafohäuschen, E-Masten, Telefonmasten. Durch die Novelle 1977 wurden auf Vorschlag des BR durch den neuen Satz 2 Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung eingeführt und hilfsweise dem Satz 1 zugeordnet. Die Gemeinde als Planungsbehörde kann nach Satz 3 im BebPl. die Zulässigkeit untergeordneter Nebenanlagen und Einrichtungen ausdrücklich ausschließen (z. B. Gerätehütten und Holzlegen in rückwärtigen Grundstücksteilen) oder sie nur in eingeschränktem Umfang zulassen. 2. Besondere Nebenanlagen (Abs. 2) Die zur Versorgung der Baugebiete unerläßlichen Nebenanlagen, wie sie in Abs. 2 aufgeführt sind, können in den Baugebieten ausnahmsweise zugelassen werden, und zwar unabhängig, ob für sie Flächen im BebPl. festgesetzt sind. Sind solche Flächen festgesetzt (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 bis 26 BBauG), dann 977
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Ausführungsvorschriften des Bundes
sind die Nebenanlagen ohne weiteres zulässig, also nicht nur im Wege der in Abs. 2 vorgesehenen Ausnahme. 3. Rechtsprechung 1. BVerwG B vom 29. 12. 1964 (I C 97.63) DVB1. 1965, 203 = N J W 1965, 879 = BBauBl. 1965, 263 Anlagen der Außenwerbung, die keine baulichen Anlagen sind, fallen nicht unter untergeordnete Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO.
2. OVG Hamburg U vom 3. 2. 1972 (Bf II 12/71) M D R 1972, 897 a) Anschlagsäulen in einem „Sondergebiet Läden" sind Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO. b) Bei der Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 5 BauNVO kommen nicht nur städtebauliche Gesichtspunkte in Betracht; baupflegerische Belange müssen dabei jedoch ausscheiden.
§15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen (1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. (2) Absatz 1 gilt auch für die Änderung, Nutzungsänderung und Erweiterung baulicher und sonstiger Anlagen innerhalb der festgesetzten Baugebiete. (3) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 dürfen nur städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. 1. Novelle 1977 § 15 wurde durch die ÄndV v. 15. 9. 1977 auf den Bereich außerhalb des Baugebiets ausgedehnt (Abs. 1 Satz 2) und sprachlich bereinigt. Nach der AmtlBegr. (BR-DS 261/77) ist es nicht hinnehmbar, wenn sich Störungen und Belästigungen eines Vorhabens außerhalb des festgesetzten Baugebietes auswirken; die Unterlassung einer Schutzvorschrift würde auch dem Gedanken des Umweltschutzes nicht gerecht. 2. Unzulässige Anlagen bei Unvereinbarkeit mit der Eigenart des Baugebiets a) § 15 hat eine Art von Generalklausel zum Inhalt. Ob die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten Anlagen im Einzelfall der Eigenart des Baugebiets widersprechen, ist eine Rechtsfrage und keine dem Ermessen der Baubehörde überlassene Entscheidung (a. A. Rössler § 15 Anm.). Insbesondere besagt die 978
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
Wortfassung „sind", daß von Ermessen keine Rede sein kann. Die Überschrift „Allgemeine" Voraussetzungen ist irreführend, weil es sich in § 15 allein um unzulässige Anlagen im Einzelfall handelt. b) Satz 2 darf nach der AmtlBegr. nicht führen, daß bei der Aufstellung der Bauleitpläne weniger intensiv geprüft wird, ob die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung in benachbarten Gebieten oder die Belange des Umweltschutzes für solche Bereiche gewahrt sind. Soweit bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu erkennen ist, daß die nach den Festsetzungen zulässigen Anlagen Auswirkungen auf benachbarte Gebiete haben können, ist dies in die Planungsüberlegungen einzubeziehe, und es sind entsprechende Festsetzungen (z. B. Gebietsgliederungen, Modifizierung der zulässigen Anlagen) nach § 1 Abs. 5 und 9 zu treffen. Tut der BebPl. dies nicht, so kann ein Abwägungsfehler vorliegen, der zur Nichtigkeit führen kann. 3. Erweiterung des Abs. 1 durch Abs. 2 Nach Abs. 2 gilt Abs. 1 nicht nur für die Errichtung von Anlagen, sondern auch für Änderungen, Nutzungsänderungen und Erweiterungen. 4. Städtebauliche Gesichtspunkte (Abs. 3) Die Einschränkung des Abs. 3 bedeutet, daß Gesichtspunkte nichtstädtebaulicher (nicht planerischer) Art, etwa solche des Bedürfnisses, nicht zur Grundlage von Entscheidungen nach Abs. 1 und 2 gemacht werden dürfen. Im Hinblick auf die Zuständigkeit der Länder für das Bauordnungsrecht dürfen auch bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte nicht auf § 15 gestützt werden. Die Baubehörde soll schon die jeweilige Landesbauordnung heranziehen — soweit diese ähnliche Bestimmungen aufweist —, wenn sie im Einzelfall baulichen Anlagen ihre Zustimmung aus Gründen verweigern will, die denen des § 15 BauNVO gleich sind; denn Bauordnungsbestimmungen haben in der vom Bund erlassenen BauNVO nichts zu suchen (vgl. hierzu die Erläuterung zu § 177). 5. Rechtsprechung OVG Münster U vom 3. 3.1961 (VII A 71/61) DVB1. 1961, 825 = OVGE 10, 238 Ein Bauvorhaben, das einem Durchführungsplan nicht entspricht, kann dann nicht im Wege einer Ausnahme gestattet werden, wenn es das Wesen des Baugebietes in seiner Gesamtheit verändert; hier ist es erforderlich, den Durchführungsplan selbst zu ändern.
979
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Zweiter Abschnitt Maß der baulichen Nutzung §16 Allgemeine
Vorschriften
(1) Soweit es erforderlich ist, im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung darzustellen, genügt die Angabe der Geschoßflächenzahl oder der Baumassenzahl nach Maßgabe des § 17. Im Flächennutzungsplan kann die Begrenzung der Höhe baulicher Anlagen dargestellt werden. (2) Bei der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan sind die Vorschriften des § 17 einzuhalten. Das Maß der baulichen Nutzung wird bestimmt durch Festsetzung 1. der Geschoßflächenzahl oder der Größe der Geschoßfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse, 2. der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen und 3. der Zahl der Vollgeschosse. Die Geschoßfläche kann für jedes Vollgeschoß gesondert festgesetzt werden. Wird nach Nummer 1 die Geschoßfläche oder die Baumasse festgesetzt, so sind auch die Grundflächen der baulichen Anlagen festzusetzen. (3) Im Bebauungsplan kann die Höhe baulicher Anlagen zwingend, als Höchstgrenze oder als Mindestgrenze festgesetzt werden. Wird eine Höchstgrenze festgesetzt, so kann zugleich eine Mindestgrenze festgesetzt werden. (4) Von einzelnen der in Absatz 2 Satz 2 genannten Festsetzungen kann abgesehen werden, wenn die getroffenen Festsetzungen zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 17 ausreichen. Von der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse oder der Höhe baulicher Anlagen darf nicht abgesehen werden, wenn sonst öffentliche Belange, insbesondere die Gestaltung des Ortsund Landschaftsbilds, beeinträchtigt werden können. (5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets oder für einzelne Grundstücke unterschiedlich festgesetzt werden. 1. Allgemeines Bereits im F1NP1. kann ein Bedürfnis dafür bestehen, die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen als Höchstgrenze darzustellen. Die Darstellung der Zahl der Vollgeschosse ließ die BauNVO bereits in der ursprünglichen Fassung des § 16 zu. Der durch die Novelle 1977 angefügte neue Satz 2 erweitert die Möglichkeit der Darstellung um die Höhe baulicher Anlagen als Höchstgrenze. Weitere Änderungen durch die ÄndV v. 15.9. 1977 betrafen Satz 5 des Abs. 2 (Bestimmung für Industrie- und Sondergebiete), der wegfiel, Einfü980
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
gung eines neuen Abs. 3 (Festsetzung einer Höchst- und einer Mindestgrenze im BebPl.), schließlich eine Neufassung des Satzes 2 im alten Abs. 3 (nunmehr Abs. 4). 2. Maß der baulichen Nutzung im Flächennutzungsplan (Abs. 1) Allein bei der Darstellung von Baugebieten im F1NP1. kommt Abs. 1 in Betracht (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BBauG). Aus der Wortfassung „genügt" ergibt sich, daß die Gemeinde über die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl hinaus auch die Grundflächenzahl und die Zahl der Vollgeschosse nach § 17 darstellen kann. Grundlage für diese Darstellung ist jedenfalls § 17 (siehe dort). Der 1977 angefügte Satz 2 beinhaltet die Festsetzungsmöglichkeit für Höhengrenzen baulicher Anlagen, ein Erfordernis angesichts der modernen Bauweise. 3. Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan (Abs. 2) a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BBauG setzt der BebPl*., soweit es erforderlich ist, die Art und das Maß der baulichen Nutzung fest. Dann ist die Gemeinde an die Beachtung des § 16 Abs. 2 bis 5 und damit an § 17 gebunden. Damit sind andere Faktoren als die des § 17 zur Bestimmung des Maßes der Nutzung nicht zulässig. Ausgenommen ist die in Abs. 2 Nr. 2 ausdrücklich vorgesehene Bestimmung bezüglich der Grundflächen der baulichen Anlagen; diese erfolgt durch Baulinien und Baugrenzen. Die Begriffe Geschoßflächenzahl, Baumassenzahl und Grundflächenzahl werden in §§ 19, 20 und 21 erklärt (siehe dort). b) Schon durch die Novelle 1968 wurde Abs. 2 erweitert. Den Gemeinden wurde die grundsätzliche Möglichkeit gegeben, anstelle der Geschoßflächenzahl oder der Baumassenzahl die Geschoßfläche oder die Baumasse festzusetzen. Diese Ergänzung war erforderlich, um in den Fällen, bei denen weder der künftige Grundstückszuschnitt noch die Bauträger bekannt oder voraussehbar sind, Baukörper aus gestalterischen Gründen ohne genaue Festlegung der Ausmaße mit Baugrenzen und Geschoßzahlen zu fixieren, wenn dies zur Erreichung der städtebaulichen Ziele sinnvoll erscheint. In der Regel werden in solchen Fällen die Baugrenzen gezogen werden, um unterschiedliche Gebäudetypen zu ermöglichen. c) Auch bei der Festsetzung von Geschoßflächen oder Baumassen sind die in § 17 vorgeschriebenen Maße (Vollgeschoßzahl, Grundflächenzahl, Geschoßflächenzahl, Baumassenzahl) einzuhalten. Die festgesetzte höchstzulässige Geschoßfläche oder Baumasse darf, bezogen auf die Grundstücksfläche, die für das Baugrundstück höchstzulässige Geschoßzahl oder Baumassenzahl nicht überschreiten. Die Festsetzung der Geschoßfläche für einzelne Vollgeschosse, besonders in Gebieten mit hoher Baudichte, dient dazu, die Gestaltung im Rahmen der Höhenentwicklung zu variieren. 981
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
4. Möglichkeit zwingender Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan (Abs. 3) Die Ausdehnung der Höhenentwicklung baulicher Anlagen, die z. T. soziologisch und ortsbildnerisch überaus schädliche Auswirkungen gezeigt haben, erforderte eine besondere Vorschrift, solchen Entwicklungen künftig einen Riegel vorzuschieben. Bis zur Novelle 1977 war es nach Satz 5 nur zulässig, in Industriegebieten und in Sondergebieten im BebPl. die Höhe der Gebäude als Höchstgrenze festzusetzen. Dieser Satz ist weggefallen. Der neue Abs. 3 (der alte Abs. 3 wurde unter Abänderung Abs. 4) ermöglicht es, in Erweiterung alter Bestimmungen im BebPl. nunmehr allgemein eine Mindestund Höchstgrenze zu bestimmen. Dabei kann nach Satz 2 zugleich mit einer Höchstgrenze eine Mindestgrenze festgesetzt werden. 5. Sonderbestimmungen (Abs. 4 und 5) a) Abs. 4 gibt die Möglichkeit, von einzelnen der Festsetzungen des Abs. 2 Satz 2 mit Ausnahme der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse bei möglicher Beeinträchtigung abzusehen. Da nach § 17 Abs. 1 eine Begrenzung hinsichtlich der Vollgeschosse für Industriegebiete nicht vorgesehen ist, kommt Abs. 3 für solche Gebiete (§ 10) gar nicht in Betracht. Die Festsetzungen nach Abs. 2 Satz 2 können sowohl für die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes als auch aus Gründen des Immissionsschutzes (z. B. Höhe von Schornsteinen) bedeutsam sein. Die Erweiterung des Satzes 2 im nunmehrigen Abs. 4 war deshalb geboten. Auch für diese Festsetzung gilt das in § 1 Abs. 7 BBauG vorgeschriebene Abwägungsgebot. Bei der Prüfung, ob eine solche Festsetzung in dem betreffenden BebPl. erforderlich ist, hat die Gemeinde unter anderem auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit Erfordernisse für die vorgesehene Nutzung zu bestimmten Sachzwängen führen. In diesem Falle unterliegt die Gemeinde einer besonderen Abwägungspflicht. Diese Ermessensentscheidung ist verwaltungsgerichtlich nachprüfbar, u. zw. entspr. § 47 VwGO in einem Normenkontrollverfahren vor den Verwaltungsgerichten der höheren Stufe. b) Daß Abs. 5 eine unterschiedliche Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung zuläßt, ist um so mehr geboten, als sonst die BauNVO perfektioniert angewendet werden könnte und somit die Gefahr einer eintönigen Gestaltung von Gebieten heraufbeschworen würde. Die unterschiedliche Behandlung nach Abs. 5 fordert jedoch auch Beachtung des Gleichheitssatzes: nur verschiedene Tatbestände können unterschiedlich behandelt werden. 6. Frage der nachbarschützenden Funktion der Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung In Rechtsprechung und Literatur ist bestritten, ob wie bei der Art der baulichen Nutzung (siehe Erläut. 1 d bei § 1) auch die Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung nachbarschützend sind, d. h. ob ein Nachbar ei982
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nes Baugesuchstellers in einem Rechtsstreit rügen kann, daß bei Verwirklichung des beabsichtigten Bauvorhabens Bestimmungen der §§16 ff. BauNVO verletzt worden seien. Der seinerzeitigen Ansicht des OVG Münster in seinen Entscheidungen vom 5. 3. 1963, NJW 1964, 74 und vom 25. 2. 1964, NJW 1964, 1738 kann nicht gefolgt werden. Die Vorschriften über das Maß der baulichen Nutzung dienen vielmehr ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die Einhaltung der zulässigen Geschoß- und Grundflächenzahlen sagt noch nichts über die Lage des Bauvorhabens zum Nachbargrundstück hin aus, was von Bedeutung für die durch die Beschränkung des Maßes der baulichen Nutzung bewirkte Auflockerung des Baugefüges wäre (vgl. U des Bd.-Wttb. VGH vom 13.4. 1965, DÖV 1965, 531 und U des OVG Berlin vom 14.4. 1967, II B 27/66, JR 1968, 33).
§17 Zulässiges Maß der baulichen Nutzung (1) Das Maß der baulichen Nutzung darf höchstens betragen 1
2
3
4
Baugebiet
Zahl der Vollgeschosse (Z)
Grundflächenzahl (GRZ)
Geschoß- Baumasflächen- senzahl zahl (BMZ) (GFZ)
1 2
0,2 0,2
0,3 0,4
1 2 3 4 und 5 6 und mehr
0,4 0,4 0,4 0,4 0,4
0,5 0,8 1,0 1,1 1,2
1 2 und mehr
0,4 0,4
0,5 0,8
in Kleinsiedlungsgebieten (WS)
bei:
in reinen Wohngebieten (WR) Allg. Wohngebieten (WA) Mischgebieten (MI) bei: Ferienhausgebieten
In Dorfgebieten (MD)
bei:
5
— —
— —
— —
—
—
—
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II 3
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1
2
3
4
Baugebiet
Zahl der Vollgeschosse (Z)
Grundflächenzahl (GRZ)
Geschoß- Baumasflächen- senzahl zahl (BMZ) (GFZ)
1 2 3 4 und 5 6 und mehr
1,0 1,0 1,0 1,0 1,0
1,0 1,6 2,0 2,2 2,4
1 2 3 4 und 5 6 und mehr
0,8 0,8 0,8 0,8 0,8
1,0 1,6 2,0 2,2 2,4
in Industriegebieten (Gl)
—
0,8
—
9,0
in Wochenendhausgebieten bei:
1 und 2
0,2
0,2
—
in Kerngebieten (MK)
bei:
in Gewerbegebieten (GE) bei:
5
— —
— —
— — — — —
(2) In Gebieten, die für eine Bebauung mit eingeschossigen Wohngebäuden mit einem fremder Sicht entzogenen Gartenhof, wie Gartenhof- und Atriumhäuser, vorgesehen sind, können im Bebauungsplan eine Grundflächenzahl und eine Geschoßflächenzahl bis 0,6 festgesetzt werden. (3) In Gebieten, für die keine Baumassenzahl angegeben ist, darf bei Gebäuden, die Geschosse von mehr als 3,50 m Höhe haben, eine Baumassenzahl, die das Dreieinhalbfache der zulässigen Geschoßflächenzahl beträgt, nicht überschritten werden. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, daß eine größere Geschoßhöhe als 3,50 m außer Betracht bleibt, soweit diese ausschließlich durch die Unterbringung technischer Anlagen des Gebäudes wie Heizungs-, Lüftungs- und Reinigungsanlagen bedingt ist. (4) Wird im Bebauungsplan die Zahl der Vollgeschosse festgesetzt, so ist sie entweder als zwingend oder als Höchstgrenze festzusetzen. Wird eine Höchstgrenze festgesetzt, so kann zugleich eine Mindestgrenze festgesetzt werden. (5) Im Bebauungsplan kann vorgesehen werden, daß im Einzelfall von der Zahl der Vollgeschosse, der Grundflächenzahl oder der Grundfläche Ausnahmen zugelassen werden können, wenn die Geschoßflächenzahl oder die Geschoßfläche, die Baumassenzahl oder die Baumasse nicht überschritten wird. 984
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
(6) Auf Grundstücke, die im Bebauungsplan ausschließlich für Stellplätze, Garagen oder Schutzraumbauten festgesetzt sind, sind die Vorschriften über die Grundflächenzahl nicht anzuwenden. Als Ausnahme kann zugelassen werden, daß die nach Absatz 1 zulässige Geschoßflächenzahl oder Baumassenzahl überschritten wird. (7) Für besondere Wohngebiete ist das Maß der baulichen Nutzung entsprechend der besonderen Eigenart und Zweckbestimmung der Gebiete darzustellen und festzusetzen; dabei dürfen jedoch eine Grundflächenzahl von 0,6 und eine Geschoßflächenzahl von 1,6 nur überschritten werden, wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen und sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen. (8) Für Sondergebiete mit Ausnahme der Wochenendhausgebiete und der Ferienhausgebiete ist das Maß der baulichen Nutzung entsprechend ihrer Zweckbestimmung darzustellen und festzusetzen. Dabei darf eine Geschoßflächenzahl von 2,4 und eine Baumassenzahl von 9,0 nicht überschritten werden. Die Höchstwerte gelten nicht für Hafengebiete. (9) In Gebieten, die bei Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung überwiegend bebaut waren, können in den Bauleitplänen die Höchstwerte des Absatzes 1 Spalte 3 bis 5 und des Absatzes 8 überschritten werden, wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen und sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen. (10) Im Bebauungsplan können höhere Werte, als sie nach Absatz 1 Spalte 3 bis 5 sowie den Absätzen 2 und 8 zulässig sind, festgesetzt oder als Ausnahme vorgesehen werden, wenn 1. besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, 2. die Überschreitungen durch Umstände ausgeglichen sind oder durch Maßnahmen ausgeglichen werden, durch die sichergestellt ist, daß die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt und die Bedürfnisse des Verkehrs befriedigt werden, und 3. sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Dies gilt nicht für Kleinsiedlungsgebiete, Dorfgebiete, Wochenendhausgebiete und Ferienhausgebiete.
1. Allgemeines a) Diese Vorschrift enhält Höchstwerte, deren Überschreitung in der Darstellung des Beb PI. nicht gestattet ist. Es gilt der Grundsatz: Nur insoweit, als die Werte des § 17 im Beb Plan ausdrücklich enthalten sind, sind sie dem einzelnen gegenüber rechtsverbindlich. Andererseits könnte ihre Festsetzung vom einzelnen, der sich betroffen glaubt, nur über einen Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO angegriffen werden. 985
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
Daraus, daß die Überschreitung der Höchstwerte einschneidend auf die Rechtsgültigkeit des BebPl. einwirkt, zumindest ihn fehlerhaft macht, ergibt sich im besonderen die Tragweite des § 17. Daß § 17 sehr weitgehend in die Planung eingreift und darüber hinaus auch bereits Bauordnungsrecht berührt, ist unverkennbar. Die Beziehung der in § 17 genannten Maßzahlen zueinander und die Einzelbestimmungen der Abs. 2 bis 9 bedeuteten mit der Einführung des § 17 für verschiedene Länder gegenüber dem früheren Rechtszustand eine erhebliche Änderung. b) § 17 erhielt durch die Novelle vom 26.11.1968 in wesentlichen Teilen erstmals eine Neufassung. Hiervon waren nur die Absätze 2, 3 und 6 ausgenommen. Die Novelle vom 15. 9.1977 brachte eine erneute Änderung, u. zw. durch die Einbeziehung der Ferienhausgebiete in Abs. 1, 7 alt und 9 alt und die Erweiterung der Zahl der Vollgeschosse bei Wochenendhausgebieten in Abs. 1 durch Erweiterung des Abs. 3, Änderung des Abs. 5 Einfügung eines neuen Absatzes nach Abs. 5 und Neufassung des Abs. 9 alt (jetzt 10) Satz 1. Im einzelnen siehe unten. 2. Tabelle der normalen Höchstmaßzahlen (Abs. 1) a) Die Tabelle vor der ersten Novellierung ging von inzwischen völlig überholten Vorstellungen aus. Insbesondere war ein heute weit überschrittener Sättigungsgrad der Motorisierung zugrunde gelegt worden. Bei der Errechnung der Geschoßflächenzahl z. B. hatte man entsprechend den Verhältnissen von 1960/61 eine Geschoßfläche von 20 bis 29 qm je Einwohner und eine Durchschnittsgröße einer Wohnung von 72,5 qm zugrundegelegt. Diese Zahlen waren im Hinblick auf den gestiegenen Wohnkomfort und die modernere Gestaltung der Arbeitsräume nicht mehr realistisch. 1966/67 mußte man je Einwohner eine Geschoßfläche von 28 bis 34 qm und eine Wohnungsdurchschnittsgröße von 80,4 qm annehmen. Entsprechendes gilt für die angestrebten Beschäftigungsdichten, die in der Regel zwischen 800 und 1300 Beschäftigten je ha in Kerngebieten liegen. Die erste Novelle 1968 erweiterte somit die Höchstwerte, die im großen und ganzen standhielten. b) Die Novelle 1977 hat in die Regelung bzgl. der reinen und der allgemeinen Wohngebiete sowie der Mischgebiete die Ferienhausgebiete mit gleicher Wertung aufgenommen. Durch die Erweiterung der Regelung bzgl. der Wochenendhausgebiete trägt die Novelle der Tatsache Rechnung, daß auch Wochenendhäuser mit zwei Geschossen den landschaftlichen Gegebenheiten entsprechen können. Die zulässige Grundflächenzahl und die Geschoßflächenzahl blieben unverändert. Die Neufestsetzung der Grundflächenzahl in Gewerbegebieten ging von der Erwägung aus, daß so viel unbebaute Fläche verbleiben müsse, daß das Be- und Entladen als Arbeitsvorgang ohne Erschwernis außerhalb der Ge986
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
bäude, jedoch ohne Beanspruchung von öffentlichen Verkehrsflächen durchgeführt werden kann. c) Im Hinblick auf die Verknappung des Baulandes entschloß sich der Verordnungsgeber auf Vorschlag des BR zu einer höheren baulichen Nutzung auch von Wochenendhausgebieten, insbesondere um eine zu weitgehende Inanspruchnahme der freien Landschaft zu vermeiden; die Grundflächenzahl und die Geschoßflächenzahl wurden von jeweils 0,1 auf 0,2 hinaufgesetzt. 3. Sonderbestimmungen (Abs. 2 bis 9) a) Abs. 2 führte 1968 den Begriff der Gartenhof- und Atriumhäuser unter gleichzeitiger Erklärung ein. „Fremder Sicht entzogen" bedeutet nicht, daß im Falle der Einblickmöglichkeit von nahegelegenen Hochhäusern her der Begriff des Atriumhauses nicht mehr gegeben wäre. b) Abs. 3 stellt eine Sondervorschrift für diejenigen Gebiete dar, für die keine Baumassenzahl angegeben wird. Bei Gebäuden, deren Geschosse über 3,50 m hoch sind, darf die Baumassenzahl das Dreieinhalbfache der zulässigen Geschoßflächenzahl nicht überschreiten. Die höchstzulässige Baumassenzahl (siehe hierzu § 21) für das betreffende Geschoß, das die angegebene Höhe übersteigt, darf nicht über der für dieses Geschoß errechneten Geschoßflächenzahl (siehe hierzu § 20) x 3,5 liegen. Die Erweiterung des Abs. 3 durch den Satz 2 im Rahmen der Novelle 1977 erfolgte aus praktischen Erwägungen; die starre Vorschrift hat zu Härten geführt. Der Einbau von Kanälen insbesondere für Heizungs-, Lüftungsund Reinigungsanlagen in Geschossen erfordert häufig, insbesondere bei Geschäfts* und Bürohäusern, Instituten und Kliniken, Geschoßhöhen von mehr als 3,50 m Höhe. Dem trägt die neue Ausnahmeregelung Rechnung. c) Die Vorschrift des Abs. 4 ist für den Bauwilligen einschneidend, insbesondere wenn die Zahl der Vollgeschosse zwingend festgesetzt wird. Die Gemeinde muß in solchen Fällen eine hinreichend fundierte Begründung, die nur auf städtebaulicher Ebene liegen darf, im BebPlan geben, sonst läuft sie Gefahr, daß das seit 1976 im Rahmen des BBauG nun überall im Bundesgebiet zulässige Normenkontrollverfahren (§ 47 VGO) einen Teil des BebPl. und u. U. diesen ganz zu Fall bringt. Der Regelfall wird wohl die Festsetzung der Geschoßzahl als Höchstgrenze sein; hier kann der Bauherr darunterbleiben (nach der Planzeichenordnung in diesem Falle als römische Ziffer ohne Kreis dargestellt). Einem Bedürfnis der städtebaulichen Praxis entspricht es, bei der Festsetzung einer Höchstgrenze im BebPlan gleichzeitig die Möglichkeit zu eröffnen, auch eine Mindestgrenze festzusetzen. Dem entspricht die Anfügung eines zweiten Absatzes im Abs. 4 durch die Novelle vom 26.11. 1968. d) Abs. 5 enthält eine Ausnahmemöglichkeit unter der Voraussetzung, daß die im BebPlan festgesetzte Geschoßflächenzahl oder die Geschoßfläche nicht überschritten wird. Die Abweichungsmöglichkeit ist im Einzelfall für 987
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
die Zahl der Vollgeschosse, die Grundflächenzahl und die Grundfläche vorgesehen. Es kann durchaus vorkommen, daß die drei Ausnahmemöglichkeiten in einem einzigen Fall zur Anwendung kommen, ohne daß die Behörde ermessensfehlerhaft handelt; denn die modernen Bauformen, wie z. B. Terrassenhäuser, fordern häufig geradezu Ausnahmen. Die Verringerung des Freiflächenwertes kann durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden. Durch die Bindung an die Geschoßflächenzahl oder die Geschoßfläche wird der Gefahr einer zu starken Verdichtung entgegengetreten. Notwendig ist, daß die Ausnahmen im BebPl. vorgesehen werden. Über die Ausnahme im Einzelfall entscheidet die Baugenehmigungsbehörde im Baugenehmigungsverfahren (vgl. § 31 Abs. 1 BBauG). Ist im BebPl. neben einer Baumassenzahl oder Baumasse auch eine Grundflächenzahl oder Grundfläche festgesetzt, so ist es bisweilen zweckmäßig, Ausnahmen von der festgesetzten Grundflächenzahl oder Grundfläche auch dann zuzulassen, wenn die Baumassenzahl oder Baumasse nicht überschritten wird. Die Erweiterung des Abs. 5 durch die ÄndV vom 15. 9. 1977 trägt diesem Erfordernis Rechnung. Abs. 5 räumt keinen Rechtsanspruch ein („kann"). e) Eine Befreiung von den Vorschriften über die Grundflächenzahl gibt Abs. 6 für solche Grundstücke, die im BebPlan ausschließlich für Stellplätze, Garagen und für Schutzraumbauten festgesetzt sind; die Vorschriften über die Grundflächenzahl sind hier überhaupt nicht anwendbar. Bezüglich der Geschoßflächenzahl und der Baumassenzahl kann nach Satz 2 eine Ausnahme im BebPl. vorgesehen werden. Nach Abs. 6 Satz 1 könnte im Hinblick auf die Nichtanwendung von § 19 BauNVO theoretisch das Grundstück völlig überbaut werden, wenn nicht durch Baulinien oder durch Festsetzung der Grundflächen nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 insoweit eine Einschränkung erfolgt. f) Abs. 7 wurde durch die Novelle 1977 (§ 6 a E) eingefügt, allerdings auf Einwirken des BR in stark abgemilderter Form. Die besonderen Wohngebiete, die hier angesprochen werden, sind im neuen § 4 a geregelt. Da hier die „Wohnnutzung erhalten und entwickelt" werden soll, bedarf deren „besondere Eigenart" einer behutsamen Behandlung, da diese Gebiete nur in seltenen Ausnahmefällen eine Geschoßflächenzahl unter 1,2 aufweisen. Im Interesse einer Vereinfachung der Maßvorschriften verblieb es bei dem nunmehr übriggebliebenen Teil des RegE (dort Satz 3) dergestalt, daß Grenzwerte 0,6 GRZ und 1,6 GFZ festgelegt wurden. Wie bei anderen Bestimmungen der BauNVO (vgl. §§ 34, 35 BBauG, 17 Abs. 9 BauNVO) sind Richtschnur städtebauliche Gründe und Einhaltung sonstiger öffentlicher Belange. Ihre Einhaltung ist in einem Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO) verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbar. g) Für Sondergebiete, die mit Ausnahme der Wochenendhausgebiete und Ferienhausgebiete in der Tabelle des Abs. 1 nicht enthalten sind, gilt Abs. 8. Dieser Absatz (vorher 7) wurde erstmals durch die Novelle vom 26. 11. 1968 mit Wirkung vom 1. 1. 1969 neu gefaßt. Die damalige Höchst988
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
grenze für die Grundflächenzahl (0,8) ist ersatzlos gestrichen worden, damit für besondere Bauvorhaben in diesen Gebieten eine Grundfläche ohne Beschränkung ermöglicht werden kann. Die Geschoßflächenzahl (Satz 2) entspricht mit 2,4 den Höchstzahlen für Kerngebiete und Gewerbegebiete. Für geschlossene Hafengebiete (sowohl an der Küste wie im Landesinnern) gelten die Höchstwerte nicht (Satz 3). h) Für überwiegend bebaute Gebiete gibt Abs. 9 die Möglichkeit eines Überschreitens der Höchstwerte bei Grundflächenzahl, Geschoßflächenzahl und Baumassenzahl. Voraussetzung ist die Rechtfertigung aus städtebaulichen Gründen und die Wahrung öffentlicher Belange (verwaltungsgerichtlich in vollem Umfang nachprüfbare Gesetzesbegriffe). Durch die Novelle vom 26. 11. 1968 erhielt Abs. 9 (damals 8) eine klarere, aber auch erweiterte („Bauleitpläne" statt „Bebauungspläne") Fassung. Es ist eindeutig klargestellt, daß es sich um eine Übergangsvorschrift handelt, weil auf das Inkrafttreten der BauNVO (1. 8. 1962) abgestellt ist. Für Gebiete, die erst nach dem 1. 8. 1962 überwiegend (Tatfrage) bebaut werden, müssen die Höchstwerte des Abs. 1 bei der Aufstellung der Bauleitpläne beachtet werden. i) Abs. 10 (früher 9) in der von 1969 bis 30. 9. 1977 geltenden Fassung eröffnete die Möglichkeit, unter den in den Nrn. 1 bis 3 genannten, unverändert gebliebenen Voraussetzungen, die nebeneinander vorliegen müssen, die Höchstwerte des Abs. 1 Spalte 3 bis 5 und der Absätze 2 und 7 zu überschreiten. Diese Sondervorschrift wollte und will auch in der Fassung der Novelle 1977 außergewöhnliche Situationen berücksichtigen, die in Großstädten, vielleicht auch in Mittelstädten besondere städtebauliche Maßnahmen erfordern (Nr. 1). Als Ausgleich für Überschreitungen (Nr. 2) können u. U. nahegelegene Parkanlagen oder Landschaftsschutzgebiete gewertet werden. Auch können künstliche Terrassen und Dachgärten — Ausdrucksform modernen Bauens — bei entsprechender Gestaltung die natürlich vorhandenen Freiflächen ergänzen und durch eine gute planerische Lösung zum Ausgleich beitragen. Daß dabei auch den Verkehrserfordernissen Rechnung getragen werden muß, hat der Verordnungsgeber in Nr. 2 ausdrücklich hervorgehoben. Die Wahrung sonstiger öffentlicher Belange (Nr. 3) bedeutet eine Schutzvorschrift, die absichtlich weit gefaßt Auslegungsfrage im Einzelfall ist. Da die Bauleitpläne jedoch von einzelnen nicht im Klagewege angegriffen werden können, kommt eine rechtliche Nachprüfung gegebenenfalls nur in einem Verfahren der Gemeinde wegen Nichtgenehmigung ihres Bauleitplanes durch die höhere Verwaltungsbehörde oder im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO in Betracht. Die Novelle 1977 erweiterte die Bestimmung. Das Ausmaß der Überschreitung ist im BebPl. jeweils festzusetzen. Ferner wird die Möglichkeit eröffnet, die Überschreitung bis zu einem im BebPl. festzusetzenden Maß ausnahmsweise zuzulassen (Satz 1). Die Rechtfertigung für die Überschreitung 989
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
der Höchstwerte des § 17 Abs. 1 ist bereits bei der Aufstellung des BebPl. zu p r ü f e n ; sie muß, um die Grenzen des Ermessens zu wahren, durch besondere örtliche Gegebenheiten, die eine Überschreitung in der Regel nur bis zu einer begrenzten Höhe zulassen, begründet sein. Dementsprechend sind die Voraussetzungen nach Nrn. 1—3 auch für eine obere Grenze der Überschreitung bestimmend; sie ist im Interesse der Plansicherheit im Beb PI. festzusetzen. Satz 2 schließt ausdrücklich solche Gebiete von der Möglichkeit der Überschreitung der Höchstwerte aus, die ihrer Struktur nach hierfür nicht in Frage kommen (Kleinsiedlungsgebiete, Dorfgebiete, Wochenendhausgebiete und nach der ÄndV vom 15. 9.1977 auch die Ferienhausgebiete [§ 10 BauNVO]).
§18 Vollgeschosse Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden. Der Begriff Vollgeschoß wird nicht bundesrechtlich bestimmt, nach § 18 bleibt die Bestimmung dem Landesrecht überlassen; die Länder haben in ihren Landesbauordnungen entsprechende Vorschriften, insbesondere über die Berechnung von Vollgeschossen.
§19 Grundflächenzahl, zulässige
Grundfläche
(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind. (2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf. (3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist. (4) Auf die zulässige Grundfläche werden die Grundflächen von Nebenanlagen im Sinne des § 14 nicht angerechnet. Das gleiche gilt für Balkone, Loggien, Terrassen sowie für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht im Bauwich oder in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. 990
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
1. Begriffsbestimmungen (Abs. 1 und 2) Abs. 1 gibt die Begriffsbestimmung für die Grundflächenzahl. Da nach § 17 (Tabellen in Abs. 1 sowie Abs. 2 und 7) die Grundflächenzahl stets unter 1 liegt, ist damit eine völlige Überbauung eines Grundstücks, für das die Grundflächenzahl maßgebend ist, nicht gestattet. Die zulässige Grundfläche ist nach Abs. 2 rechnerisch zu ermitteln, also Grundflächenzahl x Grundstücksfläche. Wenn z. B. ein Grundstück 800 qm groß ist und die Grundflächenzahl 0,3 beträgt, so dürfen 800 x 0,3 = 240 qm des Grundstücks überbaut werden. Auf welchen Teil des Grundstücks diese 240 qm zu liegen kommen, bestimmt sich nach § 23 (siehe dort). Bei der Anwendung des Abs. 2 ist zu beachten, daß überhängende Gebäudeteile (z. B. Loggien und Balkone) mitzurechnen sind, auch wenn sie nicht auf Stützen stehen (Wortfassung „überdeckt" und nicht „überbaut" in Abs. 2). Die Grundflächenerrechnungsart ist nicht auf die Art der Bestimmung der Kubatur (Kubikinhalt) eines Geländes anzuwenden. Hierfür sind die einschlägigen Richtlinien (derzeit D I N 277 neu) anzuwenden. Der Begriff Baugrundstück hat sich aus der Baupraxis hieraus gebildet und ist nicht gleichbedeutend mit Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn. Es ist derselbe Begriff wie er den Landesbauordnungen und dem BBauG zugrunde gelegt wird. Die Abrenzung nach Flurnummern braucht nicht zugleich eine Trennung von Baugrundstücken zu sein. Baugrundstück ist das nach öffentlichen Vorschriften bebaubare oder schon bebaute Grundstück. 2. Errechnung der Grundfläche (Abs. 3 und 4) Für die Errechnung der zulässigen Grundfläche scheiden das Nichtbauland und die vor der Straßenbegrenzungslinie liegenden Flächen aus, sei es, daß diese im BebPl. förmlich festgesetzt oder tatsächlich gegeben sind. Eine weitere Alternative kennt die im BebPl. für die Errechnung der zulässigen Grundfläche festgesetzte Fläche. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten kommen nicht in Betracht, wenn ein qualifizierter BebPl. besteht. Grundflächen von untergeordneten und der Versorung dienenden Nebenanlagen (§14 Abs. 1 und 2) werden auf die zulässige Grundfläche nicht angerechnet (Abs. 4), auch nicht — entsprechend der Novelle von 1968 — Balkone, Loggien und Terrassen, deren hoher Wohnwert erkannt wurde und neuzeitlichem Bauen mehr und mehr das Gepräge geben. Bezüglich der Errechnung der Kubatur (Kubikinhalt) von Nebenanlagen ist die „ D I N 277 neu", angewendet seit 1975, maßgebend. Auch die Grundflächen der im Bauwich ( = seitlicher Grenzabstand) oder in den Abstandsflächen zulässigen Bauanlagen werden in die Berechnung der zulässigen Grundfläche nicht miteinbezogen.
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BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
§20 Geschoßflächenzahl,
Geschoßfläche
(1) Die Geschoßflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschoßfläche je Quadratmeter Grundstiicksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 zulässig sind. (2) Die Geschoßfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände sind mitzurechnen. (3) Bauliche Anlagen und Gebäudeteile im Sinne des § 19 Abs. 4 bleiben bei der Ermittlung der Geschoßfläche unberücksichtigt. 1. Begriffsbestimmung (Abs. 1) Ausgangspunkt ist die Grundstücksfläche, und zwar im Sinne der Eingrenzung durch das Bauland und die Straßenbegrenzungslinie (§ 19 Abs. 3). Die Geschoßflächenzahl (GFZ) bewegt sich gemäß der Tabelle in § 17 Abs. 1 zwischen 0,1 und 2,0. Die Geschoßfläche errechnet sich wie folgt: Geschoßflächenzahl x Grundstiicksfläche (§ 19 Abs. 3) = zulässige Geschoßfläche. Somit dürfen auf einem 1000 qm großen Grundstück (Bauland) in einem allgemeinen Wohngebiet mit 2 Vollgeschossen (Geschoßflächenzahl 0,8) 800 qm Geschoßfläche angelegt werden.
2. Ermittlung (Abs. 2 und 3) Für die Errechnung der Geschoßfläche sind nach Abs. 2 die Außenmaße der Gebäude maßgebend. Während aus der Fassung des Satzes 2 vor der Novelle von 1968 entnommen werden konnte, daß diese Aufenthaltsräume nur dann auf die Geschoßflächenzahl anzurechnen seien, wenn sie bereits im Baugenehmigungsverfahren „zugelassen" worden waren, ergibt sich aus dem seitherigen Wortlaut eindeutig, daß die Anrechnung auch zu erfolgen hat, wenn die Aufenthaltsräume erst nach der Baugenehmigung für das Gebäude eingerichtet werden. Auf Vorschlag des BR erhielt Satz 2 eine nochmalige Ergänzung dahingehend, daß die Vorschrift nur für Geschosse gelten soll, die keine Vollgeschosse im Sinn des § 18 BauNVO sind; Vollgeschosse fallen bereits unter Satz 1. Zu den anderen Geschossen gehören auch Dachräume und Keller. Hier sind besonders die sog. Hobbyräume zu nennen. Nicht angerechnet werden auch die Anlagen nach § 19 Abs. 4, also die Nebenräume nach § 14, die Balkone, Loggien und Terrassen, sowie diejenigen Anlagen, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind. Die Art der Berechnung der Kubatur (cbm-Inhalt) eines Bauwerks bemißt sich nach der „ D I N 277 neu". 992
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
3. Rechtsprechung OVG Münster U vom 5. 3. 1963 (VII A 1294/62) DVB1. 1963, 638 Zur Frage der Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen durch Überschreiten der Geschoßflächenzahl. Kein Nachbar hat ein Recht darauf, daß eine Norm um ihrer selbst willen oder im öffentlichen Interesse eingehalten wird.
§21 Baumassenzahl,
Baumasse
(1) Die Baumassenzahl gibt an, wieviel Kubikmeter Baumasse je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 zulässig sind. (2) Die Baumasse ist nach den Außenmaßen der Gebäude vom Fußboden des untersten Vollgeschosses bis zur Decke des obersten Vollgeschosses zu ermitteln. Die Baumassen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände und Decken sind mitzurechnen. Bei baulichen Anlagen, bei denen eine Berechnung der Baumasse nach Satz 1 nicht möglich ist, ist die tatsächliche Baumasse zu ermitteln. (3) Bauliche Anlagen und Gebäudeteile im Sinne des § 19 Abs. 4 bleiben bei der Ermittlung der Baumasse unberücksichtigt. 1. Begriffsbestimmung (Abs. 1) N u r in Industriegebieten und Sondergebieten kommt die Baumassenzahl (BMZ) zur Anwendung. Errechnet wird die Baumasse aus der Baumassenzahl x Grundstücksfläche; d. h. in einem Industriegebiet der Stufe I darf ein Grundstück mit 2000 qm mit einer Baumasse von 2000 x 9,0 = 18 000 cbm überbaut werden, wobei die Grundflächenzahl von 0,8 einzuhalten ist, d. h. die zulässige Grundfläche darf 1600 qm nicht überschreiten. 2. Ermittlung (Abs. 2 und 3) Auch für die Errechnung der Baumasse sind die Außenmaße zu nehmen, und zwar von der Unterkante Fußboden des untersten Vollgeschosses bis Oberkante der Decke des obersten Vollgeschosses. Die Neufassung von Abs. 2 Satz 2 und von Abs. 3 durch die Novelle von 1968 entsprach sinngemäß den damaligen Änderungen in § 20 (s. die dort. Nr. 2). § 21 a Stellplätze, Garagen und
Gemeinschaftsanlagen
(1) Garagengeschosse oder ihre Baumasse sind in sonst anders genutzten Gebäuden auf die Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder auf die zulässige Baumasse nicht anzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht. 993
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
(2) Der Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 sind Flächenanteile an außerhalb des Baugrundstücks festgesetzten Gemeinschaftsanlagen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 22 des Bundesbaugesetzes hinzuzurechnen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht. (3) Auf die zulässige Grundfläche (§ 19 Abs. 2) sind überdachte Stellplätze und Garagen nicht anzurechnen, soweit sie 0,1 der Fläche des Baugrundstücks nicht überschreiten. Darüber hinaus können sie ohne Anrechnung ihrer Grundfläche auf die zulässige Grundfläche zugelassen werden 1. in Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten, 2. in anderen Baugebieten, soweit solche Anlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesbaugesetzes im Bebauungsplan festgesetzt sind. § 19 Abs. 4 findet keine Anwendung. (4) Bei der Ermittlung der Geschoßfläche (§ 20) oder der Baumasse (§ 21) bleiben unberücksichtigt die Flächen oder Baumassen von 1. Garagengeschossen, die nach Absatz 1 nicht angerechnet werden, 2. Stellplätzen und Garagen, deren Grundflächen nach Absatz 3 nicht angerechnet werden, 3. Stellplätzen und Garagen in Vollgeschossen, wenn der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht. (5) Die zulässige Geschoßfläche (§ 20) oder die zulässige Baumasse (§ 21) ist um die Flächen oder Baumassen notwendiger Garagen, die unter der Geländeoberfläche hergestellt werden, insoweit zu erhöhen, als der Bebauungsplan dies festsetzt oder als Ausnahme vorsieht. 1. Allgemeines a) Durch die Novelle vom 26. 11. 1968 war in § 21 a eine eigene Vorschrift geschaffen worden, die teils die Zusammenfassung der bisher für Stellplätze, Garagen und Gemeinschaftsanlagen geltenden Bestimmungen darstellt, zum großen Teil jedoch Neues schuf, hervorgerufen durch die seit vielen Jahren festzustellende Entwicklung des Kraftfahrzeugverkehrs. Um zu erreichen, daß die Fahrzeuge nicht mehr (wie zur Zeit noch in zunehmendem Maße) auf Fahrbahnen, Bürgersteigen oder auf sonstigen nicht freigegebenen Grundstücksflächen abgestellt werden, muß den Bauwilligen Anreiz gegeben werden, auf ihren Grundstücken Stellplätze und Garagen einzurichten. Dem dient § 21 a, der unter bestimmten Voraussetzungen gestattet, die zulässige Zahl der Vollgeschosse, die Grundflächenzahl, die Geschoßflächenzahl oder die Baumasse zu überschreiten, wenn der Bauherr Stellplätze und Garagen in bestimmter Art und Weise einrichtet. b) Die Novelle zur BauNVO vom 15.9. 1977 hat neben redaktionellen, durch die Änderung des BBauG v. 16. 8. 1976 bedingten, Änderungen eine Klarstellung in Abs. 4 gebracht. Der Zusatz in Abs. 4 Nr. 3 „oberhalb der Geländeoberfläche" hat zu Schwierigkeiten in der Praxis geführt u n d erschien dem Verordnungsgeber überflüssig. Es reicht aus, auf die Lage der Stellplätze 994
3. Baunutzungsverordnung
BsuNVO
oder Garagen in Vollgeschossen abzustellen, zumal § 21 a Abs. 5 davon ausgeht, daß für die dort vorgesehene Anrechnung nur Garagen in Betracht kommen, die vollständig unterhalb der Erdoberfläche errichtet werden. 2. Festsetzungen im Bebauungsplan (Abs. 1 und 2) Mit Rechtsanspruch für den Bauherrn kann im BebPl. förmlich festgesetzt oder als Ausnahme ausdrücklich vorgesehen werden, daß Garagengeschosse, d. h. Geschosse, in denen nur Stellplätze oder Garagen mit den zugehörigen Nebeneinrichtungen vorhanden sind, nicht auf die Zahl der zulässigen Vollgeschosse oder in Industriegebieten und in Sondergebieten, in denen Vollgeschosse nicht festgesetzt werden, nicht angerechnet werden (Abs. 1); das gleiche gilt für die Baumaße der Garagengeschosse. Ob die Gemeinde von einer besonderen Festsetzung dieser Art im BebPl. Gebrauch macht, steht in ihrem pflichtmäßigen Ermessen. U. U. könnte sie von der Aufsichtsbehörde dienstaufsichtlich dazu angehalten werden, hätte in einem solchen Falle jedoch wegen des Eingriffs in die Planungshoheit die Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung. Zur Förderung von Gemeinschaftsanlagen bringt Abs. 2 eine ähnliche Vorschrift. Im BebPl. kann festgesetzt oder als Ausnahme vorgesehen werden, daß Flächenanteile an Gemeinschaftsanlagen, die außerhalb des Baugrundstücks festgesetzt sind, bei der Errechnung der zulässigen Grundfläche der Grundstücksfläche hinzuzurechnen sind. Die Größe des Flächenanteils, der hinzuzurechnen ist, ergibt sich aus dem gedachten Anteil an der Gemeinschaftsanlage, der zur Benutzung des betroffenen Grundstücks dienen soll. 3. Nichtanrechnung von Stellplätzen und Garagen (Abs. 3) Abs. 3 stellt zum Teil den Ersatz für den durch die Novelle von 1968 gestrichenen Abs. 5 in § 19 dar. Während früher jedoch nur eingeschossige Garagen von einer Anrechnung befreit waren, wurden in der Ersatzvorschrift auch die mehrgeschossigen Garagen miteinbezogen, weil sie bei der Unterbringung von Kraftfahrzeugen weniger Freifläche als eingeschossige Garagen beanspruchen. Die Mußbestimmung „sind nicht anzurechnen" stellt auf die Grenze von 0,1 der Baugrundstücksfläche ab. Damit wird den Bauherren ein Rechtsanspruch auf Nichtanrechnung eröffnet. Die Kannbestimmung des Satzes 2 geht vom Vorliegen bestimmter Gebiete aus, und zwar von Kerngebieten, Gewerbegebieten, Industriegebieten und von anderen Baugebieten, soweit die Flächen für Stellplätze und Garagen im BebPl. förmlich festgesetzt sind. Im Hinblick auf die weitgehende Nichtanrechnung hier ist eine weitere Nichtanrechnung, wie sie § 19 Abs. 4 für die Nebenanlagen sowie für Balkone u. ä. vorsieht, nicht möglich. 995
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
4. Sonderbestimmungen für Stellplätze und Garagen bei der Errechnung der Geschoßfläche oder Baumasse (Abs. 4 und 5) Abs. 4 enthält notwendige Folgerungen aus den Regelungen der Abs. 1 und 3. Für den Bauherrn bestünde kein Anreiz, Stellplätze und Garagen auf seinem Grundstück bzw. in den Vollgeschossen seines Gebäudes einzurichten, wenn diese Anlagen auf die Geschoßfläche oder die Baumasse angerechnet würden. Nach Abs. 5 kann im BebPl. mit Rechtsanspruch f ü r den Bauherrn (im Baugenehmigungsverfahren einklagbar) oder als Ausnahme, deren Gewährung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, festgesetzt werden, daß die Flächen oder Baumassen notwendiger unterirdischer Garagen um das im BebPl. angegebene Maß erhöht werden. Dem Verordnungsgeber erschien dies gerechtfertigt, weil durch unterirdische Garagen keine Freiflächen auf dem Baugrundstück in Anspruch genommen werden.
Dritter Abschnitt Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche §22 Bauweise (1) Im Bebauungsplan ist, soweit es erforderlich ist, die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festzusetzen. (2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind. (3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, daß die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert. (4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. 1. Allgemeines Diese Bestimmung regelt die Lage der Gebäude zur seitlichen Grundstücksgrenze. Es erhebt sich die Frage, ob diese Vorschrift nicht bereits dem Bauordnungsrecht zuzurechnen und damit der Regelung durch den Bundesgesetzgeber entzogen ist. Die aus den Bauordnungen der Länder übernommenen Begriffe „offene" und „geschlossene" Bauweise deuten auf diese Gemengelage hin. 996
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
2. Offene und geschlossene Bauweise (Abs. 1) Nach der Fassung des Abs. 1 vor der Novelle von 1968 konnte in einem Beb Plan nur die offene, die geschlossene oder nach Abs. 4 eine davon abweichende — also weder die offene noch die geschlossene — Bauweise festgesetzt werden. Die Praxis hat gezeigt, daß es Fälle gibt, z. B. bei Industriegebieten, in denen es nicht sachdienlich ist, im BebPl. eine bestimmte Bauweise festzusetzen bzw. daß bei Fällen entsprechender Festsetzungen automatisch die Vorschriften über die offene Bauweise anzuwenden sind. Der frühere Satz 2 wurde deshalb bereits 1968 gestrichen. Wenn somit der BebPl. keine Aussage über die Bauweise enthält, ist im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen, welche Bauweise aufgrund der betreffenden im Bundesland geltenden Bauordnung zulässig ist. Dann, also im Einzelfall, kann wenigstens eines der oben in Erläut. 1 vorgetragenen Bedenken ausgeräumt werden; es verbleiben jedoch noch einige (siehe auch Abs. 2 und 3). 3. Einzelhäuser, Doppelhäuser, Hausgruppen (Abs. 2) Abs. 2 Satz 1 bestimmt von Bundes wegen — ob zulässig kann bezweifelt werden —, was als offene Bauweise zu gelten hat; Satz 2 jedenfalls dürfte noch dem Planungsrecht angehören. Die Fassung der Vorschrift vor dem 1.1. 1969 ließ nur zwei Möglichkeiten offen: entweder Flächen, auf denen nur Einzel- und Doppelhäuser zulässig sind, oder Flächen mit Häusergruppen. Durch die Neufassung vom 26. 11. 1968 wurde es möglich, auch Flächen nur für Einzelhäuser und nur für Doppelhäuser oder nur Hausgruppen oder auch zwei dieser Formen, festzusetzen. 4. Begriff der geschlossenen Bauweise (Abs. 3) Abs. 3 bestimmt die geschlossene Bauweise, nach der die Gebäude aneinandergereiht werden. Erfordert die vorhandene Bebauung eine Abweichung (Satz 2), dann sind Ausnahmen hiervon zulässig, z. B. ortsübliche Unterbrechung geschlossener Zeiten jeweils nach mehreren Häusern. Auch hier sind Bedenken am Platz, ob diese Vorschrift nicht in Landesrecht eingreift. 5. Abweichende Festsetzungen (Abs. 4) Neben der offenen und der geschlossenen Bauweise gibt es auch die halboffene Bauweise (seitlicher Abstand an der einen, Anbau an der anderen Seite). Auch andere Bauweisen sind möglich. Abs. 4 schafft der Gemeinde die Möglichkeit, solche abweichenden Bauweisen im BebPl. festzusetzen.
997
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
§23 Überbaubare
Grundstücksfläche
(1) Die überbaubaren Grundstiicksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. Die Festsetzungen können geschoßweise unterschiedlich getroffen werden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muß auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden. (3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. (4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist. (5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht im Bauwich oder in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. 1. Allgemeines Auch § 23 begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken insoweit, als er das Bauordnungsrecht tangiert. Diese Bedenken werden auch nicht dadurch ausgeschaltet, daß die hier gegebenen Definitionen der Baulinien, der Baugrenze und der Bebauungstiefe im großen und ganzen mit landesrechtlichen Begriffsbestimmungen übereinstimmen. 2. Baulinie, Baugrenze, Bebauungstiefe (Abs. 1 bis 4) Abs. 1 zeigt die drei möglichen Festsetzungsarten für die überbaubaren Grundstücksflächen (vgl. hierzu §§ 19 und 21). Grundlage ist § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG. Die „überbaubare Grundstücksfläche" ist zu unterscheiden von der „zulässigen Grundfläche" des § 19 Abs. 2 BauNVO; letztere bezeichnet allgemein den überbaubaren Teil des Baugrundstücks; die überbaubare Grundstücksfläche ist im BebPl. förmlich bezeichnet. Beide Flächen brauchen nicht übereinzustimmen. Je besser die Planung, desto mehr nähern sich beide Flächen der Übereinstimmung. Die überbaubare Grundstücksfläche kann allseitig durch Baulinien begrenzt werden; in einem solchen Fall darf die so festgesetzte Fläche weder unterschritten noch überschritten werden. Zum Unterschied von den Baulinien stellt die Baugrenze diejenige Linie dar, über die nicht hinaus gebaut, hinter der aber zurückgeblieben werden darf. Die Bebauungstiefe als dritte der in Abs. 1 genannten Arten stellt die rückwärtige 998
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
Baugrenze dar. Nach Abs. 4 Satz 2 ist sie grundsätzlich von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, wobei der Gehsteig miteinzurechnen ist. Die Novelle von 1968 hatte die Vorschrift etwas lockerer gestaltet, u n d zwar insofern, als bezüglich der Baulinie und der Baugrenze im BebPl. weitere, allerdings nach Art und Umfang genau bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden können. 3. Zulassung von Nebenanlagen (Abs. 5) Bezüglich der Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 1 und 2 (siehe dort) gibt Abs. 5 eine Ausnahmeregelung; sie können außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen von der Baubehörde zugelassen werden, es sei denn, d a ß diese im BebPl. ausgeschlossen ist. Das gleiche gilt für alle baulichen Anlagen, die nach Landesrecht in den seitlichen Gebäudeabständen oder in den sonstigen Abstandsflächen zulässig sind. 4. Rechtsprechung 1. BVerwG B vom 5. 12. 1968 (IVB 191.68) DVB1. 1969, 276 Bei der Anwendung von Vorschriften des BBauG und der BauNVO ist grundsätzlich der bürgerlichrechtliche Grundstücksbegriff maßgebend.
2. OVG Münster U vom 7. 9. 1967 (VII A 445/66) D W W 1968, 147 § 23 Abs. 5 BauNVO ist eine echte „Kann"-Vorschrift und trifft keine die Anwendung des § 31 Abs. 1 BBauG rechtfertigende Ausnahmeregelung. Er gewährt der Bauaufsichtsbehörde einen dem Zwecke der Ermächtigung entsprechenden Raum für die Betätigung ihres pflichtgemäßen Ermessens.
Vierter Abschnitt §24 Anwendung der Verordnung im Falle des § 33 des
Bundesbaugesetzes
In den Fällen des § 33 des Bundesbaugesetzes sind die Vorschriften dieser Verordnung entsprechend dem Stand der Planungsarbeiten anzuwenden. 1. Allgemeines In der ursprünglichen Fassung, in der sich § 24 BauNVO sowohl auf § 33 BBauG (Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung) als auch auf § 34 (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile) bezog, war diese Vorschrift, insbesondere die alten Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3, hinsichtlich der Rechtsgültigkeit stark umstritten (vgl. Geizer in DVB1. 1963, 129 u n d „Das neue Bauplanungsrecht", §§ 177, 179; Mayer in DVB1. 1964 518; Schrödter, BBauG § 2 R d N r . 13, sowie Bad.-Wtt. V G H U vom 13.4. 1965, DÖV 1965, 531, HessVGH U vom 13. 1. 1967, DVB1. 1967, 593 und OVG Münster U vom 11. 12. 1964, BBauBl. 1966, 463). Diesen Be999
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
denken trug der Verordnungsgeber zum Teil mit der Novelle vom 26.11.1968, indem er die Sätze 2 und 3 des Abs. 2 und des gesamten Abs. 3 strich, und schließlich in der Novelle vom 15.9.1977 Rechnung, durch die Abs. 2 gänzlich in Wegfall kam. Die Ursache für die radikale Änderung war die Entscheidung des BVerwG vom 23. 4.1969 (siehe unten Rspr. Nr. 4 A 2), die die gesetzliche Ermächtigung (§ 2 Abs. 10 BBauG a. F. als nicht ausreichend ansah. § 34 BBauG in der Fassung der Novelle von 1976 läßt es im übrigen nunmehr zu, von Regelungen in der BauNVO über die Geltung der Vorschriften der Verordnung in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen auf der Grundlage der durch die Novelle zum BBauG geänderten Ermächtigungsgrundlage (§ 2 Abs. 8 Nr. 4) abzusehen. Der RegE zur Novelle der BauNVO von 1977 (BR-DS 261/77) besagt bezüglich der Neufassung der BauNVO: „Die praktischen Erfahrungen mit der Neufassung des § 34 des BBauG werden zeigen, ob auch auf die Dauer auf ergänzende Vorschriften in der Verordnung verzichtet werden kann."
Offensichtlich will man nicht ganz auf die Wiedereinführung des § 34 BBauG in die BauNVO verzichten, was dieser Vorbehalt zum Ausdruck bringt. Jedenfalls bedürfte dies einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage. 2. Anwendung in den Fällen des § 33 BBauG Das Verhältnis der BauNVO zu § 33 BBauG wird durch § 24 n. F. bestimmt. § 33 BBauG behandelt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Beb Planaufstellung; über die Zulässigkeit des Vorhabens entscheidet die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde und nach Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde (§ 36 Abs. 1 S. 1 und 2 BBauG). Entsprechend dem Stand der Planungsarbeiten sind die Vorschriften der BauNVO anzuwenden. 3. Rechtsprechung A. BVerwG 1. BVerwG U vom 18. 8. 1964 (I C 63.62) BVerwGE 19, 164
Die vorhandene Bebauung ist für die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur maßgeblich, soweit die städtebauliche Ordnung nicht durch die Festsetzungen eines BebPl. geregelt ist.
2. BVerwG U vom 23. 4. 1969 (IV C 12. 67) BVerwGE 32, 31
§ 24 Abs. 2 und 3 BauVO in der Fassung vom 26. 6. 1962 war durch § 2 Abs. 10 BBauG nicht gedeckt und daher ungültig.
B. OVG und VGH 1. BayVGH U vom 1. 4. 1966 (196 I 65) VerwRspr. 18, 196 a) Zur sinngemäßen Anwendung von Vorschriften der BauNVO auf im Zusammenhang bebaute, aber unverplante Ortsteile. 1000
3. Baunutzungsverordnung
BauNVO
b) Der BayVGH führt in dieser Entscheidung aus, „die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der BauNVO (§ 24) zwingt nicht, die im Zusammenhang bebauten, aber unverplanten Ortsteile genau wie bei der Aufstellung eines BebPl. in jedem Falle in die in der BauNVO vorgesehenen Baugebiete aufzuteilen mit der Folge, daß in dem jeweiligen Gebiet nur diejenigen baulichen Anlagen zulässig wären, die nach der BauNVO in einem bestimmten Gebiet zulässig sind. Es ist ohnehin bestritten, ob das BBauG eine ausreichende Ermächtigung für § 24 BauNVO (alter Fassung) enthält". 2. O V G M ü n s t e r U v o m 19. 3 . 1 9 6 9 (VII A 2 1 7 / 6 8 ) N J W 1969, 1639 Ein nicht beplanter, im Zusammenhang bebauter Ortsteil, der allein aus zwei Häuserzeilen beiderseits einer stark befahrenen Durchgangsstraße besteht, ist kein fiktives reines Wohngebiet. 3. Bad.-Wtt. V G H U v o m 29. 11. 1978 ( I I I 1988/78) B a u R 1979, 219 Bei der Entscheidung über die Zulassung von Stellplätzen im Vorgartenbereich darf sich die Baurechtsbehörde nicht allein von dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Vorgärten leiten lassen; sie hat in die gebotene Interessenabwägung auch das öffentliche Interesse an der Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums vom ruhenden Verkehr und das hiermit einhergehende Interesse an der Herstellung von Stellplätzen auf seinem Grundstück einzustellen.
Fünfter Abschnitt Übergangs- und Schlußvorschriften §25 Fortführung eingeleiteter
Verfahren *)
Für Bauleitpläne, deren Aufstellung oder Änderung bereits eingeleitet ist, sind die dieser Verordnung entsprechenden bisherigen Vorschriften weiterhin anzuwenden, wenn die Pläne bei dem Inkrafttreten dieser Verordnung bereits ausgelegt sind.
*) Diese Vorschrift betrifft die Fortführung eingeleiteter Verfahren bei Inkrafttreten der BauNVO (1. August 1962) in der ursprünglichen Fassung vom 26. Juni 1962 (BGBl. I S. 429). Für die Fortführung eingeleiteter Verfahren bei Inkrafttreten der 1. AndV (1. Januar 1969) bestimmt Artikel 2 der Verordnung zur Änderung der BauNVO vom 26. November 1968 (BGBl. I S. 1233): „Für Bauleitpläne, deren Aufstellung oder Änderung bereits eingeleitet ist, gilt die Verordnung in der bisherigen Fassung, wenn die Pläne bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits nach § 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes ausgelegt sind." Siehe die gleiche Regelung durch die 2. ÄndV von 1977 im folgenden § 25 a. 1001
BauNVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
1. Fortführung von Verfahren bei Inkrafttreten der Erstfassung (1. August 1962) Die Fortführung eingeleiteter Verfahren ist bereits in § 174 Abs. 1 Satz 1 BBauG vorgesehen. Insofern sagt § 25 nichts Neues. Allerdings bezieht sich diese Vorschrift nur auf Darstellung und Festsetzungen, die ihrer Art nach in der BauNVO geregelt sind. Z. B. kann § 25 bei Grünflächen keine Anwendung finden. Zäsur für die Anwendung des alten Rechts war, ob die Pläne am 1. 8. 1962 (Inkrafttreten der Erstfassung der BauNVO) bereits ausgelegt waren. 2. Fortführung bei Inkrafttreten der ersten Änderungsverordnung (1. Januar 1969) Bezüglich des Standes bei Inkrafttreten der ersten Novelle am 1.1. 1969 siehe die Zitierung der einschlägigen Übergangsvorschrift in der Fußnote*). 3. Fortführung bei Inkrafttreten der zweiten Änderungsverordnung (1. Oktober 1977) Die Regelung der Fortführung von Verfahren bei Inkrafttreten der ÄndV 1977 regelt sich nach § 25 a (siehe dort). § 25 a Überleitungsvorschriften
aus Anlaß der zweiten
Änderungsverordnung
(1) Für Bauleitpläne, deren Aufstellung oder Änderung bereits eingeleitet ist, gilt diese Verordnung in ihrer bis zum Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 15. September 1977 (BGBl. I S. 1757) gültigen Fassung, wenn die Pläne bei Inkrafttreten der zweiten Änderungsverordnung nach § 2 a Abs. 6 des Bundesbaugesetzes oder § 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes in der bis zum 1. Januar 1977 geltenden Fassung ausgelegt sind. (2) Von der Geltung der Vorschriften der zweiten Änderungsverordnung über gesonderte Festsetzungen für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen sowie sonstige Teile baulicher Anlagen sind solche Bebauungspläne ausgenommen, auf die § 9 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes in der ab 1. Januar 1977 geltenden Fassung nach Maßgabe des Artikels 3 § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbaugesetzes vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2221) keine Anwendung findet. Auf diese Bebauungspläne finden die Vorschriften dieser Verordnung über gesonderte Festsetzungen für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen in der bis zum Inkrafttreten der zweiten Änderungsverordnung gültigen Fassung weiterhin Anwendung. 1. Allgemeines § 25 a wurde auf Vorschlag des BR in die BauNVO-Novelle 1977 unmittelbar eingefügt nachdem der gleichlautende Text als Art. II des E der ÄndV vorgesehen war. Dem BR erschien es zweckmäßig, die Überleitungsvorschrift in die Verordnung selbst zu übernehmen. 1002
BauNVO
3. Baunutzungsverordnung
2. Grundvorschrift für die Überleitung (Abs. 1) Die Altfassung der BauNVO (Stand 1. 1. 1969) ist noch anzuwenden, wenn a) die Aufstellung oder Änderung von FLNPlänen oder BebPlänen bereits eingeleitet ist u n d b) diese Pläne am 1.10.1977 nach § 2 a Abs. 6 BBauG n. F. oder § 2 Abs. 6 BBauG a. F. bereits ausgelegt waren. 3. Ausnahmen (Abs. 2) Abs. 2 der Überleitungsvorschrift hat die gesonderte Festsetzung f ü r übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und wichtige Teile baulicher Anlagen (§ 1 Abs. 7, § 4 a Abs. 4, § 7 Abs. 4) zum Inhalt. BebPläne, und zwar nur solche Bauleitpläne, für die Art. 3 § 1 Abs. 3 Ä n d G B B a u G v. 18.8. 1976*) Anwendung findet, bei denen also im wesentlichen öffentliche Auslegung oder Beginn der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange stattgefunden hat und bei denen die Anwendung des § 9 Abs. 3 BBauG**) ausgeschlossen ist, werden noch nach der BauNVO in der Fassung vor dem 1. 10. 1977 behandelt. §26
Berlin-Klausel
Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes in Verbindung mit § 187 des Bundesbaugesetzes auch im Land Berlin. § 27***) (Inkrafttreten) *) Wortlaut 18. 8. 1976:
der angegebenen
Bestimmung
aus Art. 3 § 1 ÄndGBBauG
v.
(3) Sind die Entwürfe von Bauleitplänen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes öffentlich ausgelegt oder ist mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 2 Abs. 5 des Bundesbaugesetzes vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen worden, so finden die Vorschriften über den Inhalt des Flächennutzungsplans (§ 5 des Bundesbaugesetzes), über den Inhalt des Bebauungsplans (§ 9 des Bundesbaugesetzes) und über die Genehmigung des Bebauungsplans (§ 11 des Bundesbaugesetzes) in der bisher geltenden Fassung Änwendung. § 9 a Abs. 1 bis 7 des Bundesbaugesetzes findet keine Anwendung. Das Recht der Gemeinde, das Bauleitplanverfahren erneut einzuleiten, bleibt unberührt. **) Wortlaut des § 9 Abs. 3 BBauG n. F. (in Kraft seit 1. 1. 1977): ***) Betrifft das Inkrafttreten der ursprünglichen Fassung vom 26.6.1962 am 1. 8. 1962. Die BauNVO in der Fassung vom 15. 9. 1977 trat gemäß Art. 4 der Zweiten ÄndV v. 15. 9. 1977 (BGBl. I S. 1757) am 1.10. 1977 in Kraft.
1003
PlanZVO
Ausführungsvorschriften des Bundes
(3) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, können Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.
4. Verordnung Uber die Ausarbeitung der Bauleitpläne sowie über die Darstellung des Planinhalts (Planzeichenverordnung) vom 19. Januar 1965 (BGBl. I S. 21) Auf G r u n d des § 2 Abs. 10 Nr. 4 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 341) wird mit Zustimmung des Bundesrates verordnet: § 1 Planunterlagen (1) Als Unterlagen für Bauleitpläne sind Karten zu verwenden, die in Genauigkeit und Vollständigkeit den Zustand des Plangebietes in einem für den Planinhalt ausreichenden Grade erkennen lassen. Die Maßstäbe sind so zu wählen, daß der Inhalt der Bauleitpläne eindeutig dargestellt oder festgesetzt werden kann. (2) Aus den Planunterlagen für Bebauungspläne sollen sich die Flurstücke mit ihren Grenzen und Bezeichnungen in Übereinstimmung mit dem Liegenschaftskataster, die vorhandenen baulichen Anlagen, die Straßen, Wege und Plätze sowie die Geländehöhe ergeben. Von diesen Angaben kann insoweit abgesehen werden, als sie für die Festsetzungen nicht erforderlich sind. §2 Planzeichen (1) Als Planzeichen in den Bauleitplänen sollen die in der Anlage zu dieser Verordnung enthaltenen Planzeichen verwendet werden. Die Darstellungsarten können miteinander verbunden werden. (2) Soweit Darstellungen oder Festsetzungen in Bauleitplänen erforderlich sind, für die in der Anlage keine Planzeichen enthalten sind, können Planzeichen sinngemäß aus den angegebenen Planzeichen entwickelt werden. Das gleiche gilt, wenn in besonderen Fällen die angegebenen Planzeichen für eine eindeutige Darstellung oder Festsetzung nicht ausreichen.
1004
PlanZVO
4. Planzeichenverordnung
(3) Die Planzeichen sollen in Funktion, Strichstärke und Dichte den Planunterlagen so angepaßt werden, daß deren Inhalt erkennbar bleibt. (4) Die verwendeten Planzeichen sollen im Bauleitplan erklärt werden.
§3 Übergangsvorschrift Die bisherigen Planunterlagen und Planzeichen können weiterhin verwendet werden 1. für Bauleitpläne, deren Aufstellung, Änderung oder Ergänzung der Gemeinde vor Inkrafttreten dieser Verordnung beschlossen hat, 2. für Bauleitpläne, die innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Verordnung nach § 2 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes ausgelegt werden, 3. für Änderungen oder Ergänzungen von Bauleitplänen innerhalb von acht Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung.
§4 Berlin-Klausel Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit § 187 des Bundesbaugesetzes auch im Land Berlin.
§5 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am ersten Tage des dritten Monats nach der Verkündigung in Kraft.*) *) Verkündet am 16. Februar 1965, in Kraft somit seit 1. Mai 1965.
1005
Anlage zur Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne sowie über die Darstellung des Planinhalts (Planzeichenverordnung) PLANZEICHEN FÜR BAULEITPLÄNE
1,
Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 1 bis 3 der Baunutzungsverordnung vom 26. Juni 1962 — Bundesgesetzbl. I S. 429 — BauNVO —)
schwarz/weiß Kaster 1,1.
Wohnbauflächen § 1 Abs. 1 Nr. 1 BauNVO
w
Sdiraffur
|7"
mit Buchstaben
farbig
ohne Buchstaben
W Englisdirot mittel
Englisdirot mittel
Englisdirot mittel
Englisdirot hell
Englisdirot mittel
Englischrot dunkel
1.1.1. Kleinsiedlungsgebiete § 2 BauNVO
1006
PlanZVO
4. Planzeichenverordnung schwarz/weiß Raster 1.2
Gemisdite Bauflädien 5 1 Abs. 1 Nr. 2 BauNVO
1.2.1, Dorfgebiete § 5 BauNVO
farbig
Sdiraffur
mit Budistaben
ohne Buchstaben
Sepia col. mittel
Sepia col. mittel
M
MD
MD
!
,
Sepia col. mittel
1.2.2. Mischgebiete § 6 BauNVO
Ml
1.3.
1.3.1.
Gewerbliche Bauflächen § 1 Abs. 1 Nr. 3 BauNVO
M,
Gewerbegebiete } 8 BauNVO
; MK
CK
;
S e p i a col. mittel
-r-
MK Sepia col. mittel
Sepia col. dunkel
Paynesgrau hell
Paynesgrau hell
®
GE
GE Paynesgrau hell
1.3.2.
f
S e p i a col. hell
S e p i a col. mittel
1.2.3. Kerngebiete § 7 BauNVO
H
Paynesgrau hell
Industriegebiete § 9 BauNVO
1007
PlanZVO
A u s f ü h r u n g s v o r s c h r i f t e n des B u n d e s schwarz/weiß Raiter
1.4.
1.4.1.
1.4.2.
mit Buchstaben
SchraHur
farbig
ohne Buchstaben
S o n d e r b a u flächen S 1 A b s . 1 Nr. 4 B a u N V Ö
Echtorange hell
Echtorange hell
Echtorange hell
Echtorange hell
Echtorange hell
Echtorange dunkel
Wochenendhausgebiete § 10 B a u N V O
S o n d e r g e b i e t e , z. B. Hochschul-, Klinik-, Kur-, Hafen- oder L a d e n g e b i e t e § 11 B a u N V O
Im B e b a u u n g s p l a n b r a u d i e n die P l a n z e i d i e n für d i e B a u g e b i e t e nicht das g e s a m t e B a u g e b i e t zu überdecken, w e n n d e s s e n G r e n zen aus dem B e b a u u n g s p l a n eindeutig ersichtlich sind.
M a ß der b a u l i c h e n
Nutzung
(5 5 A b s . 2 N r . 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des B u n d e s b a u g e s e t z e s — B B a u G s o w i e §§ 16 und 17 B a u N V O )
2.1.
2.2.
Zahl der V o l l g e s c h o s s e (Z) als Höchstgrenze
röm. Ziffer, z. B.
zwingend
röm. Ziffer in einem Kreis, z. B.
Grundflädienzahl
Dezimalzahl, z. B.
III (Hl)
0,4
oder G R Z mit Dezimalzahl, z.B. 2.3.
2.4.
Geschoßflädienzahl
Baumassenzahl
GRZ 0,4
Dezimalzahl Im Kreis, z. B. oder
G F Z mit Dezimalzahl,
z.B.
GFZ 0 , 7
Dezimalzahl im Rechteck, z. B. oder B M Z z.B.
1008
mit Dezimalzahl,
BMZ 3 , 0
3.0
PlanZVO
4. Planzeichenverordnung 3.
Bauweise, Baulinien, Baugrenzen (9 9 Abs. 1 N r . 1 Buchstabe b BBauG und §§ 22 u n d 23 BauNVO)
3.1.
O f f e n e Bauweise
A
3.1.1. n u r Einzel- u n d Doppelhäuser zulässig
3.1.2. n u r H a u s g r u p p e n zulässig
3.2.
Geschlossene B a u w e i s e
3.3.
Baulinie
3.4.
Baugrenze Ultramarinblau
4.
Bauliche A n l a g e n und E i n r i c h t u n g e n für den (5 5 Abs. 2 N r . 2 u n d § 9 Abs. 1 N r . 1 Buchstabe f BBauG)
Flächen oder Baugrundstücke für d e n Gemein^ bedarf
Gemeinbedarf
• Karminrot
Karminrot
Für Darstellung oder Festsetzung der j e w e i l i g e n A r t der baulichen A n l a g e n u n d Einrichtungen durch Planzeichen sollen die n a c h s t e h e n d e n Zeichen v e r w e n d e t w e r d e n : Verwaltungsgebäude
•
Kirche
Schule
Hallenbad
Krankenhaus
Kindertagesstätte Kindergarten
ED Jugendheim Jugendherberge
Schutz räum
Feuerwehr
Im Flächennutzungsplan k ö n n e n v o r s t e h e n d e Zeichen zur Kennzeichnung der Lage auch ohne Flächendarstellung v e r w e n d e t werden.
1009
A u s f ü h r u n g s v o r s c h r i f t e n des Bundes
PlanZVO 5.
F l ä c h e n f ü r den ü b e r ö r t l i c h e n V e r k e h r und für die ö r t l i c h e n H a u p t v e r k e h r s z ü g e (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BBauG)
5.1.
Autobahnen oder autobahnähnliche Straßen
... •;;;
.
ÄE5Ä?" = = = = =
• -=
Straßen
6.
Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 BBauG)
6.1,
Straßenverkehrsflädien
Goldocker
Goldodcer 6.2.
Öffentliche Parkflächen
6.3.
Spaltenbegrenzungslinie, Begrenzung sonstiger Verkehrsflächen
•
B
e Pennanentgrün hell
Der Farbstreifen kann entfallen, wenn die Begrenzungslinie mit einer Baulinie oder Baugrenze zusammenfällt.
F l ä c h e n für V e r s o r g u n g s a n l a g e n oder für die V e r w e r t u n g o d e r von Abwasser oder festen Abfallstoffen (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 N m . 5 und 7 BBauG) Flächen oder Baugrundstücke f ü r Versorgungsanlagen oder für die Beseitigung von Abwasser oder festen Abfallstoffen
O 0= 0 Kadmiumgelb hell
1010
Beseitigung
Ö Kadmiumgelb heU
PlanZVO
4. P l a n z e i c h e n v e r o r d n u n g
Für Darstellung oder Festsetzung der jeweiligen Art der Anlagen durch Planzeichen sollen die nachstehenden Zeichen verwendet werden: Elektrizitätswerk
Fernheizwerk
Gaswerk
Wasserwerk
Wasserbehälter
Umspannwerk
Umformerstation
Brunnen
Pumpwerk
Kläranlage
@ ®
Müllbeseitigungsanlage Im Flächennutzungsplan können vorstehende Zeichen zur Kennzeichnung der Lage auch ohne Flächendarstellung verwendet werden. F ü h r u n g o b e r i r d i s c h e r V e r s o r g u n g s a n l a g e n und H a u p t a b w a s s e r l e i t u n g e n (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 6 BBauG)
9.
Grünflächen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 und § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG) Grünflächen
Zinnobergrün hell
Zinnobergrün hell
Für Darstellung oder Festsetzung der jeweiligen Art der Grünflächen durch Planzeichen sollen die nachstehenden Zeichen verwendet werden: Parkanlage
Dauerkleingärten
Zeltplatz
Sportplatz
Badeplatz
Spielplatz
Friedhof
O Ü
V "
Im Flächennutzungsplan können vorstehende Zeichen zur Kennzeichnung der Lage auch ohne Flächendarstellung verwendet werden.
1011
PlanZVO
A u s f ü h r u n g s v o r s c h r i f t e n des B u n d e s
10.
W a s s e r f l ä c h e n und Flächen für die W a s s e r w i r t s c h a f t (5 5 Abs. 2 Nr. 6 BBauG)
10.1.
Wasserflächen, Häfen
Kobaltblau hell
10.2.
Flächen für die Wasserwirtschaft
Kobaltblau hell Die Planzeichen brauchen nicht die gesamten Flächen zu überdecken. 11.
Flächen für A u f s c h ü t t u n g e n , A b g r a b u n g e n oder für die G e w i n n u n g von Bodenschätzen l§ 5 Abs. 2 Nr. 7 und $ 9 Abs. 1 Nr. 9 BDauG)
11.1.
Flächen für Aufschüttungen
11.2.
Flächen für Abgrabungen oder für die Gewinnung von Bodenschätzen
12.
Flächen für die L a n d w i r t s c h a f t und für die F o r s t w i r t s c h a f t (5 5 Abs. 2 Nr. 8 und § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG)
12.1.
Flächen für die Landwirtschaft
12.2.
Flächen für die Forstwirtschaft
12.3.
Flächen für Land- oder Forstwirtschaft
yvvvvwv
Brill, gelbgrün hell Pennaneatgrün dunkel
1012
Permanen (grün dunkel
PlanZVO
4. P l a n z e i c h e n v e r o r d n u n g 13.
Sonstige Darstellungen und
Festsetzungen
Flächen für Stellplätze oder Garagen (8 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e und Nr. 12 BBauG) Kadmiumrot dunkel
Für Festsetzungen der jeweiligen Art der Anlagen durch Planzeichen sollen die nachstehenden Buchstaben verwendet werden;
13.2.
Stellplätze
St
GemeinsdhaftsstellplÄtze
GSt
Garagen
6 a
Gemelnsdiaftsgaragen
66a
Baugrundstücke für besondere bauliche Anlagen, die privatwirtschaftlichen Zwecken dienen 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe h BBauG) Kennzeichnung der Fläche entsprechend d o n Baugebiet _ — — -T
13.3.
Mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastende Flächen (5 9 Abs. 1 Nr. 11 BBauG)
13.4.
Von der Bebauung freizuhaltende Grundstücke (6 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG)
13.5.
Abgrenzung unterschiedlicher Nutzung, z. B. von Baugebieten, oder Abgrenzung des Maßes der Nutzung innerhalb eines Baugebietes (5 16 Abs. 4 BauNVO)
Grenze des räumlichen Geltungsbereiches des Bebauungsplanes (g 9 Abs. 5 BBauG)
13.7.
Von der Bebauung freizuhaltende Sdiutzflächen ($ 9 Abs. 1 Nr. 14 BBauG)
ü Ü 2 2 1 H
•
•
S
O
E l ED O O Lichter Ocker hell
Sepia col.
dl
NeutnlUnte hell
1 M M J L VTYTTy
1013
PlanZVO
A u s f ü h r u n g s v o r s c h r i f t e n des Bundes
14.
K e n n z e i c h n u n g e n und n a c h r i c h t l i c h e
14.1.
Umgrenzung der Flächen, die dem Natur- oder Landschaftsschutz unterliegen (5 S Abs. 5 und § 9 Abs. 4 BBauG)
Übernahmen
limi mm litui Mitir mir
Hookersgrün dunkel
Für d i e Kennzeichnung d e r j e w e i l i g e n A r t des Schutzes durch Planzeichen sollen nachstehende Zeichen v e r w e n d e t w e r d e n :
Naturschutzgebiet
©
D e m Landschaftsschutz u n t e r l i e g e n d e Flächen
14.2.
U m g r e n z u n g der Flächen m i t wasserrechtlichen Festsetzungen (§ 5 Abs. 5 u n d § 9 Abs. 4 BBauG)
InnVrinnfiff Ultramarinblau
Für die Kennzeichnung d e r j e w e i l i g e n A r t d e r wasserrechtlichen Festsetzungen durch Planzeichen sollen die n a c h s t e h e n d e n Zeichen verwendet werden:
( W
Wasserschutzgebiet
Quellenschutzgebiet
Überschwemmungsgebiet
14.3.
®
U m g r e n z u n g der Sanierungsgebiete (§ 5 Abs. 4 BBauG) Kadmiumgelb mittel
U m g r e n z u n g der Bauflächen, f ü r die e i n e z e n t r a l e Abw a s s e r b e s e i t i g u n g nicht vorg e s e h e n ist (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BBauG)
1014
Kadmiumgelb mittel
PlanZVO
4. P l a n z e i c h e n v e r o r d n u n g 14.5.
U m g r e n z u n g d e r Flächen, bei d e r e n B e b a u u n g besond e r e bauliche V o r k e h r u n g e n oder bei d e n e n b e s o n d e r e bauliche Sicherungsmaßnahm e n gegen N a t u r g e w a l t e n erforderlich sind, s o w i e F l ä chen, u n t e r d e n e n d e r Bergb a u u m g e h t oder die f ü r d e n A b b a u von M i n e r a l i e n b e stimmt sind (§ 5 Abs. 3 u n d § 9 Abs. 3 BBauG)
14.6.
Flächen f ü r B a h n a n l a g e n (§ 5 Abs. 5 und § 9 Abs. 4 BBauG)
14.7.
U m g r e n z u n g der Flächen f ü r den L u f t v e r k e h r {§ 5 Abs. 5 u n d 5 9 Abs. 4 BBauG)
KXXXXXg
i
X
Rxxxxyx
Lampen schwarz mittel
Jl
IMMI
IL
I i ihni ir
Für die Kennzeichnung der jeweiligen Art der A n l a g e n d u r d i Planzeichen sollen die n a c h s t e h e n d e n Zeichen v e r w e n d e t w e r d e n :
Flughafen
Landeplatz
Segelfluggelände
1015
III. Übersicht über die Gesetze und Verordnungen der Länder zum Bundesbaugesetz Baden-Württemberg 1. Erste Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 22. 11. 1960 (GBl. S. 174). 2. Erste Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 9. 11. 1960 (GBl. S. 178) i. d. F. d. Bek. vom 13. 10. 1978 (GBl. S. 574). 3. Zweite Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 27.6. 1961 (GBl. S. 208), geändert durch Verordnung vom 11.8. 1977 (GBl. S. 387). 4. Zweite Verordnung des Innenministeriums zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 30. 6. 1961 (GBl. S. 212). 5. Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des § 19 Abs. 6 des Bundesbaugesetzes vom 18. 7. 1961 (GBl. S. 221). 6. Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 19 Abs. 6 BBauG vom 22. 1. 1963 (GBl. S. 14). 7. Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Rechtsvorgängen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes (GrEStBauG) vom 26. 11. 1963 (GBl. S. 179). 8. Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des § 143 Abs. 3 bis 5 Bundesbaugesetz (Richtwerte-Verordnung) vom 26. 11. 1963 (GBl. S. 182). 9. Verordnung über Gebühren der staatlichen Beratungsstellen für Bauleitplanung vom 19. 7. 1966 (GBl. S. 149). 10. Dritte Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des § 19 Abs. 6 BBauG vom 16. 7. 1969 (GBl. S. 153). 11. Gesetz über Kinderspielplätze (Kinderspielplatzgesetz). Vom 6.5.1975 (GBl. S. 260).
Bayern 1. Verordnung über die Zuständigkeit zur Bestimmung von gemeinsamen Landgerichten in Verfahren nach dem Bundesbaugesetz vom 21.9. 1960 (GVB1. S. 224). 2. Verordnung über die örtliche Zuständigkeit der Landgerichte in Verfahren nach dem Bundesbaugesetz vom 7. 10. 1960 (GVB1. S. 242). 3. Verordnung über die Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des § 12a Abs. 7 des Grundsteuergesetzes vom 23. 12. 1960 (GVB1. 1961 S. 1) siehe auch Nr. 5. 4. Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 18.1. 1961 (GVB1. S. 27), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. 5. 1978 (GVB1. S. 217). 4a. Verordnung über die Gutachterausschüsse und die Kaufpreissammlungen nach dem Bundesbaugesetz vom 18. 1. 1961 (GVB1. S. 28).
1016
Übersicht über die Ländervorschriften 5. Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des § 12 a Abs. 7 des Grundsteuergesetzes vom 22. 6. 1961 (GVB1. S. 161). Außer Kraft durch Nr. 18. 6. Verordnung über Festsetzungen im Bebauungsplan vom 22.6.1961 (GVB1. S. 161). 7. Verordnung über die Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr vom 22. 6. 1961 (GVB1. S. 162). Außer Kraft durch Nr. 19. 8. Verordnung über die Umlegungsausschüsse und das Vorverfahren in Umlegungsund Grenzregelungsangelegenheiten vom 18. 1. 1961 (GVB1. S. 27). 9. Gesetz über die grunderwerbssteuerliche Behandlung von Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des BBauG vom 26. 10.1962 (GVB1. S. 280); siehe Nr. 17 unten. 10. Verordnung über die Richtwerte von Grundstücken vom 17. 10. 1963 (GVB1. S. 193). 11. Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Regierung nach dem Bundesbaugesetz auf die Kreisverwaltungsbehörden vom 17. 10. 1963 (GVB1. S. 194). 12. Gesetz über die Zuständigkeit der Regierung nach § 17 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes vom 21. 12,1964 (GVB1. S. 254). 13. Verordnung zur Änderung der Verordnung über Gutachterausschüsse und Kaufpreissammlungen nach dem BBauG vom 27. 1. 1965 (GVB1. S. 2). 14. Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr vom 23. 11. 1965 (GVB1. S. 347). Außer Kraft durch Nr. 19. 15. Zehnte Verordnung zu Art. 7 des Kostengesetzes vom 21. 1. 1966 (GVB1. S. 82) — Kostenfreiheit für Genehmigungen zur Teilung eines Grundstücks nach § 19 BBauG. 16. Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Regierung nach dem Bundesbaugesetz auf die Kreisverwaltungsbehörden vom 23. 10. 1968 (GVB1. S. 327), geändert 4. 12. 1973 (GVB1. S. 650) und 7. 11. 1975 (GVB1. S. 355), siehe nunmehr Nr. 21. 17. Gesetz zur Änderung grunderwerbsteuerlicher Vorschriften vom 24.6.1969 (GVB1. S. 153); in § 3 Änderung des Gesetzes über die grunderwerbsteuerliche Behandlung von Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des BBauG (Art. 1 und 3). 18. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Regierung nach dem Bundesbaugesetz auf die Kreisverwaltungsbehörden vom 25. 11. 1969 (GVB1. S. 370). 19. Verordnung über die Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr vom 24.9.1970 (GVB1. S. 425). 20. Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder der Umlegungsausschüsse nach dem BBauG vom 30. 9. 1974 (GVB1. S. 635). Berlin 1. Gesetz zur Übernahme des Bundesbaugesetzes vom 8. 7. 1960 (GVB1. S. 665). 2. Gesetz zur Ausführung des Bundesbaugesetzes vom 21. 10. 1960 (GVB1. S. 1080) in der Fassung der Bek. vom 23. 1. 1979 (GVB1. S. 321). 3. Erste Verordnung zur Ausführung des Bundesbaugesetzes vom 31. 10. 1960 (GVB1. S. 1094), zuletzt geändert durch Art. II der Verordnung vom 7. 9. 1977 (GVB1. S. 1942). 4. Verordnung zu § 12a des Grundsteuergesetzes vom 17.12. 1960 (GVB1. S. 1226). 5. Zweite Verordnung zur Ausführung des Bundesbaugesetzes vom 27.6. 1961 (GVB1. S. 813). 6. Erschließungsbeitragsgesetz des Landes Berlin vom 27. 6. 1962 (GVB1. S. 579). Siehe Nr. 11. 1017
Übersicht über die Ländervorschriften 7. Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Ausführung des Bundesbaugesetzes vom 21. 7. 1964 (GVB1. S. 805). 8. Änderungsgesetz zum Ausführungsgesetz des Bundesbaugesetzes vom 29. 11. 1966 (GVB1. S. 1681). 9. Erste Verordnung zur Neufestsetzung von Einheitssätzen des Erschließungsbeitragsgesetzes vom 8. 12. 1969 (GVB1. S. 2563). 10. Gesetz zur Änderung des Erschließungsbeitragsgesetzes vom 18. 12. 1970 (GVB1. Nr. 112 S. 2073). 11. Bekanntmachung der Neufassung des Erschließungsbeitragsgesetzes vom 14. 1. 1971 (GVB1. S. 337, ber. S. 731), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. 12. 1975 (GVB1. S. 3021).
Bremen
1. Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 3. 1. 1961 (GBl. S. 1). 2. Verordnung über die Gutachterausschüsse nach dem Bundesbaugesetz vom 21.2.1961 (GBl. S. 49), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.6.1973 (GBl. S. 167). 3. Verordnung zur Überleitung städtebaulicher Pläne gemäß § 173 Abs. 4 BBauG vom 21. 2. 1961 vom 5. 12. 1961 (GBl. S. 238). 4. Verordnung über den Inhalt des Bebauungsplans vom 5. 12. 1961 (GBl. S. 239). 5. Gesetz über den Wegfall von Genehmigungen und Zustimmungen nach dem BBauG vom 22. 2. 1962 (GBl. S. 55). 6. Gesetz über die grunderwerbssteuerliche Behandlung von Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des BBauG vom 22. 11. 1962 (GBl. S. 217). 7. Ortsgesetz betr. die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 3. 9. 1963 (GBl. 1963, S. 154). 8. Verordnung über die Richtwerte von Grundstücken vom 1. 3. 1966 (GBl. S. 55). 9. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gutachterausschüsse nach dem Bundesbaugesetz vom 15. 3. 1966 (GBl. S. 57). 10. Ortsgesetz über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 21.4. 1970 (GBl. S. 46). 11. Ortsgesetz über die Erhebung von Beiträgen für die Erweiterung und Verbesserung von Erschließungsanlagen vom 12. 6. 1973 (GBl. S. 127), geändert durch G vom 20. 3. 1978, GBl. S. 103).
Hamburg
1. Verordnung zur Durchführung des Enteignungsverfahrens und des Bodenordnungsverfahrens nach dem Bundesbaugesetz (1. DVO/BBauG) vom 8.11.1960 (GVB1. S. 442). 2. Gebührenordnung für das Enteignungsverfahrens nach dem Bundesbaugesetz vom 8. 11. 1960 (GVB1. S. 444). 3. Gesetz zur Durchführung des BBauG vom 22. 12. 1960 (GVB1. S.473, ber. 1961 S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. 11. 1971 (GVB1. S. 219). 4. Verordnung über die Bauleitplanung nach dem Bundesbaugesetz (3. D V O / BBauG) vom 24. 5. 1961 (GVB1. D. 173). 5. Gesetz über die Feststellung von Bauleitplänen und ihre Sicherung vom 3. 7. 1961 (GVB1. S. 232). 6. Verordnung über Vorkaufsrechte der Freien und Hansestadt Hamburg nach dem Bundesbaugesetz (4. DVO/BBauG) vom 18. 7. 1961 (GVB1. S. 244) mit Änderung vom 26. 6. 1962 (GVB1. S. 147). 7. Verordnung über Veränderungssperren nach dem Bundesbaugesetz (5. DVO/ BBauG) vom 25. 7.1961 (GVB1. S. 247) mit nachfolgenden zahlreichen Änderungen und Ergänzungen.
1018
Übersicht über die Ländervorschriften 8. Gesetz über die Kommission für Bodenordnung vom 22. 12. 1960 (GVB1. S. 473); Änderungsgesetz hierzu vom 16. 3. 1962 (GVB1. S. 70). 9. Verordnung zur Änderung der 5. Durchführungsverordnung zum BBauG (6. DVO/BBauG) vom 19. 1. 1965 (GVB1. S. 6). 10. Zweite Verordnung über Veränderungssperren nach dem Bundesbaugesetz (6. DVO/BBauG) vom 22. 6. 1965 (GVB1. S. 118) mit nachfolgenden zahlreichen Änderungen. 11. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ermittlung von Grundstückswerten nach dem Bundesbaugesetz (2. DVO/BBauG) vom 19. 3. 1968 (GVB1. S. 28). Außer Kraft durch Nr. 12. 12. Verordnung zur Ermittlung von Grundstückswerten nach dem Bundesbaugesetz (2. DVO/BBauG) vom 1. 12. 1970 (GVB1. S. 305). 13. Gesetz über die Kommission für Bodenordnung vom 22. 12. 1960 (GVB1. S. 4731) geändert durch Gesetze vom 16. 3. 1962 (GVB1. S. 70), 5. 3. 1971 (GVB1. S. 45) und vom 8. 11. 1971 (GVB1. S. 210). 14. Verordnung zur Änderung der VO zur Durchführung des Enteignungs- und Bodenordnungsverfahrens nach dem BBauG vom 14. 7. 1970 (GVB1. S. 208). 15. Gesetz zur Durchführung des BBauG i. d. F. vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 89). Hessen 1. Verordnung über die Zuweisung von Baulandsachen an ein Landgericht für den Bezirk mehrerer Landgerichte vom 4. 2. 1954 (GVB1. S. 3). 2. Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 15.11.1960 (GVB1. S. 219), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. 6. 1978 (GVB1. S. 407). 3. Erste Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des § 12a Abs. 7 des Grundsteuergesetzes vom 15. 2. 1961 (GVB1. S. 45). 4. Verordnung über die zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 156 des Bundesbaugesetzes zuständigen Behörden vom 19. 6. 1961 (GVB1. S. 86). 5. Zweite Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des § 12 a Abs. 7 des Grundsteuergesetzes vom 20. 6. 1961 (GVB1. S. 83). 6. Erste Verordnung über die Freistellung von der Bodenverkehrsüberwachung vom 20. 6. 1961 (GVB1. S. 84), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. 8. 1978 (GVB1. S. 518). 7. Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 20. 6. 1961 (GVB1. S. 86). 8. Dritte Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des § 12a Abs. 7 Grundsteuergesetz vom 2. 3. 1962 (GVB1. S. 137). 9. Dritte Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 7. 6. 1963 — Richtwerteverordnung (GVB1. S. 63), geändert durch Verordnung vom 18. 3. 1965 (GVB1. S. 87). 10. Vierte Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 16. 7.1963 (GVB1. S. 105). 11. Verordnung zur Änderung der Zweiten und Dritten Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 18. 3. 1965 (GVB1. S. 63). 12. Erste Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem Bundesbaugesetz vom 22. 7. 1965 (GVB1. S. 164). 13. Zweite Hess. Verordnung über die Freistellung von der Boden Verkehrsüberwachung vom 21. 9. 10965 (GVB1. S. 203). 14. Zweite Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 29. 7. 1966 (GVB1. S. 255). 15. Dritte Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 9. 9. 1966 (GVB1. S. 275). 16. Vierte Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 20. 3. 1967 (GVB1. S. 87). 1019
Übersicht über die Ländervorschriften 17. Fünfte Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 19. 10. 1967 (GVB1. S. 185). 18. Sechste Hess. Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 7. 2. 1968 (GVB1. S. 47). 19. Siebente Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 16. 6. 1969 (GVB1. 1969, S. 121). 20. Achte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 28. 11. 1969 (GVB1. 1969, S. 298). 21. Neunte Hessische VO zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 11.2. 1970 (GVB1.S. 194). 22. Zehnte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 6. 4. 1970 (GVB1. 1970, S. 287), 23. Elfte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 12. 6. 1970 (GVB1. S. 374). 24. Dritte Hessische Verordnung über die Freistellung von der Bodenverkehrsüberwachung vom 23. 7. 1970 (GVB1. S. 443). 25. Zwölfte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 22. 2. 1971 (GVB1. S. 62). 26. Vierte Hessische Verordnung über die Freistellung von der Bodenverkehrsüberwachung vom 16. 11. 1971 (GVB1. S. 273). 27. Gesetz über die Erhebung von Gebühren für die Erstattung von Wertgutachten nach dem Siebenten Teil des BBauG vom 13. 3. 1972 (GVB1. S. 73). 28. Dreizehnte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 28. 7. 1972 (GVB1. S. 300). 29. Fünfte Hessische Verordnung über die Freistellung von der Bodenverkehrsüberwachung vom 17. 8. 1972 (GVB1. S. 317). 30. Gebührenordnung der Landesregierung für die Erstattung von Wertgutachten nach dem Siebenten Teil des BBauG vom 21. 9. 1972 (GVB1. S. 331). 31. Verordnung zur Änderung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 17. 12. 1973 (GVB1. S. 485). 32. Erste Hessische Verordnung zur Aufhebung der Aufgabenübertragungen nach dem BBauG vom 25.10.1974 (GVB1. S. 556). 33. Dritte Verordnung zur Änderung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 5. 8. 1975 (GVB1. S. 196). 34. Dritte Verordnung zur Änderung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 5. 8. 1975 (GVB1. S. 196). 35. Fünfzehnte Hessische Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 13. 9. 1975 (GVB1. S. 221). 36. Gesetz über einstweilige Außerkraftsetzung des Kindergartengesetzes vom 15. 12. 1975 (GVB1. S. 303). 37. Erste Hessische Verordnung zur Übertragung der Befugnisse zur Durchführung der Umlegung nach § 46 Abs. 4 BBauG vom 15. 6. 1978 (GVB1. S. 410). 38. Neunzehnte Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem BBauG vom 13. 6. 1978 (GVB1. S. 140). 39. Dritte Hessische Verordnung zur Übertragung der Befugnisse zur Durchführung der Umlegung nach § 46 Abs. 4 BBauG vom 30. 10. 1978 (GVB1. S. 605).
Niedersachsen 1. Verordnung über die Zuweisung der Baulandsachen an bestimmte Landgerichtevom 4. 10. 1960 (GVB1. S. 278). 2. Verordnung über die Bildung von Gutachterausschüssen und über die Anlegungvon Kaufpreissammlungen vom 29. 12. 1960 (GVB1. S. 293).
1020
Übersicht über die Ländervorschriften 3. Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit vom 7. 3. 1961 (GVB1. S. 104); Änderungsverordnung hierzu vom 31. 10.1962 (GVB1. S. 219). 4. Verordnung über Bauleitpläne vom 28. 6. 1961 (GVB1. S. 156). 5. Verordnung über die Freistellung von Gebieten von der Überwachung des Bodenverkehrs vom 11. 7. 1961 (GVB1. S. 167). Aufgehoben, s. Nr. 11. 6. Verordnung über die Bildung von Umlegungsausschüssen sowie das Vorverfahren in Umlegungs- und Grenzregelungsangelegenheiten vom 14. 12.1961 (GVB1. S. 376). 7. Zweite Verordnung über die Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit vom 31. 10. 1962 (GVB1. S. 219). 8. Verordnung über die Ausarbeitung von Bauleitplänen vom 30. 9. 1963 (GVB1. S. 374). 9. Verordnung über die Richtwerte von Grundstücken vom 4. 3. 1964 (GVB1. S. 59). 10. Verordnung über die Freistellung von Gebieten von der Überwachung des Bodenverkehrs vom 31. 5. 1965 (GVB1. S. 139). 11. Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Freistellung von Gebietenvon der Überwachung des Bodenverkehrs vom 4. 5. 1971 (GVB1. S. 219). 12. Verordnung über Gestaltungsvorschriften und Kennzeichnung von Denkmalen in Bebauungsplänen vom 14. 6. 1974 (GVB1. S. 333). 13. Verordnungen vom 14.12. 1973 (GVB1. S. 524) und vom 24.6. 1976 (GVB1. S. 141), letztere geändert am 16. 12. 1975 (GVB1. S. 438). 14. Gebührenverordnung für die Erstattung von Gutachten vom 16.1. 1976 (GVB1. S. 8), geändert durch Verordnung vom 22. 7. 1977 (GVB1. S. 277). 15. Duchführungsverordnung zum BBauG vom 19.6.1978 (GVB1. S. 560),geändert durch Verordnung vom 15. 5. 1979 (GVB1. S. 121). Nordrhein-Westfalen 1. Verordnung über die Zusammenfassung der Baulandsachen bei bestimmten Landgerichten vom 29. 11. 1960 (GVB1. S. 430). 2. Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 29. 11. 1960 (GVB1. S. 433) - Änderung siehe Nr. 9 - . 3. Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 29. 11. 1960 (GVB1. S. 436) (Aufgehoben, siehe folg. Nr. 13). 4. Gesetz über die Befreiung von der Grunderwerbssteuer bei Grunderwerb nachdem BBauG vom 25. 6.1962 (GVB1. S. 347). 5. Dritte Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 1. 8. 1962 (GVB1. S. 520). 6. Vierte Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 23. 7.1963 — Richtwerteverordnung (GVB1. S. 254). 7. Verordnung über die Richtwerte von Grundstücken vom 23. 7. 1963 (GVB1.S. 254). 8. Gesetz über Grunderwerbssteuerbefreiung für Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Siedlung vom 29. 3. 1966 (GVB1. S. 140). 9. Verordnungen zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 10. 1. 1967 (GVB1. S. 17) und vom 9. 1. 1973 (GVB1. S. 98). 10. Zweite Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 10. 6. 1969 (GVB1. S. 281). 11. Dritte Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 21. 4. 1970 (GVB1. S. 299). 12. Erste Landesverordnung zur Änderung der Letzten Landesverordnung zur Durchführung des BBauG vom 11. 10. 1971 (GVB1. S. 236). 13. Verordnung zur Aufhebung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 11.7. 1962 (GVB1. 38 S. 236). 14. Zweite Landesverordnung zur Änderung der Vierten Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 18. 4. 1974 (GVB1. Nr. 11 S. 181). 1021
Übersicht über die Ländervorschriften Rheinland-Pfalz 1. Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Baulandsachen vom 10. 11. 1960 (GVB1. S. 257). 2. Zweite Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Baulandsachen vom 25. 11. 1960 (GVB1. S. 259). 3. Erste Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 20.1.1961 (GVB1. S. 23), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.4.1974 (GVB1. S. 181). 5. Dritte Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 20. 1. 1961 (GVB1. S. 26), siehe auch Nr. 7 und 8. 6. Vierte Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 28.6. 1961 (GVB1. S. 151), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.4. 1974 (GVB1. S. 181). 7. Landesverordnung zur Änderung der Dritten Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 24. 8. 1961 (GVB1. S. 189). 8. Zweite Landesverordnung zur Änderung der Dritten Landesverordnung zur Durchführung des BBauG vom 23. 5. 1962 (GVB1. S. 49). 9. Landesgesetz über die Grunderwerbssteuerbefreiung bei Durchführung des BBauG vom 19. 12. 1962 (GVB1. 1963, S. 1). 10. Landesgesetz über Grunderwerbssteuerbefreiung bei Durchführung des Bundesbaugesetz vom 19. 12. 1962 (GVB1. 1963, 1). 11. Dritte Landesverordnung zur Änderung der Dritten Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 2. 10. 1963 (GVB1. S. 201). 12. Fünfte Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes (Richtwertverordnung) vom 10. 12. 1963 (GVB1. S. 225). 13. Landesgesetz zur einmaligen Verlängerung der Verjährungsfrist für Erschließungsbeiträge vom 13. 12. 1963 (GVB1. S. 225). 14. Landesverordnung zur Änderung der Ersten Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 8. 4. 1964 (GVB1. S. 67). 15. Landesverordnung zur Änderung der Zweiten Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 12. 6. 1964 (GVB1. S. 105). 16. Landesverordnung über die örtliche Zuständigkeit der Landgerichte in Baulandsachen vom 5. 12. 1966 (GVB1. S. 343). 17. Sechste Landesverordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 13. 3. 1968 (GVB1. S. 28). 18. Verordnung über Gestaltungsvorschriften in BebPlänen vom 4. 2. 1969 (GVB1. S. 78). 19. Erste Landesverordnung zur Änderung der Sechsten Landesverordnung zur Durchführung des BBauG vom 11,10. 1971 (GVB1. S. 236). 20. Zweite Landesverordnung zur Änderung der Vierten Landesverordnung zur Durchführung des BBauG vom 18. 4. 1974 (GVB1. S. 181). 21. Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen nach dem BBauG (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 5. 6. 1975 (GVB1. S. 230). 22. Zweite Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen nach dem BBauG (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 24. 2. 1978 (GVB1. S. 114). Saarland 1. Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des Grundsteuergesetzes vom 7. 3. 1961 (ABl. S. 145). 2. Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Bildung von Umlegungsausschüssen und eines öffentlichen Umlegungsausschusses sowie über 1022
Übersicht über die Ländervorschriften
3.
4. 5. 6.
7. 8. 9. 10. 11. 12.
das Vorverfahren in Umlegungs- und Grenzangelegenheiten vom 28. 2. 1961 (ABl. S. 149). Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Ausarbeitung von Bauleitplänen und die Weitergeltung von bestehenden baurechtlichen Vorschriften und festgestellten städtebaulichen Plänen vom 9.5.1961 (ABl. S. 293). Dritte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Bildung von Gutachterausschüssen und die Anlage von Kaufpreissammlungen vom 18. 7. 1961 (ABl. S. 485), geändert durch Verordnung vom 4. 2. 1976 (ABl. S. 154). Verordnung zur Änderung der Verordnung über Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit im Sinne des Grundsteuergesetzes vom 15. 10. 1962 (ABl. S. 729). Gesetz Nr. 792 über Grunderwerbssteuerbefreiung bei Grundstückserwerb nachdem Bundesbaugesetz und zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Grundsteuererwerbsbefreiung beim Wohnungsbau (SGrEBBauG) vom 22. 4. 1964 (ABl. S. 397). Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes (Richtwerteverordnung) vom 31. 8. 1964 (ABl. S. 979). Fünfte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr vom 10. 12. 1966 (ABl. 1967 S. 2). Sechste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über Gebiete ohne Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr vom 13. 5. 1969 (ABl. S. 281). Siebente Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes (Bodenverkehrsgenehmigung) vom 8. 1. 1974 (ABl. Nr. 5 S. 77). Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem BBauG vom 18. 1. 1974 (ABl. S. 118). Neunte Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 4. 2. 1976 (ABl. S. 154).
Schleswig-Holstein 1. Verordnung zur Übertragung der Ermächtigung zur Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeiten nach dem Bundesbaugesetz vom 19. 10. 1960 (GVB1. S. 188). 2. Verordnung über die Zuständigkeit der Landgerichte nach dem Bundesbaugesetz vom 26. 10. 1960 (GVB1. S. 190). 3. Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 9. 12. 1960 (GVB1. S. 198), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. 6. 1978 (GVB1. S. 179). 4. Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Freistellung von Gebieten von der Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr und vonder erhöhten Grundsteuer vom 27. 3. 1961 (GVB1. S. 35). 5. Dritte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes vom 30.3. 1961 (GVB1. S. 45). 6. Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Bildung von Umlegungsausschüssen und das Vorverfahren in Umlegungs- und Grenzregelungsangelegenheiten vom 30. 3. 1961 (GVB1. S. 45). 7. Fünfte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Bestellung von Beisitzern der Enteignungsbehörde vom 16. 6. 1961 (GVB1. S. 108) — Änderung siehe Nr. 12 —. 8. Sechste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Weitergeltung von Aufbauplänen vom 14. 6. 1961 (GVB1. S. 108). 9. Gesetz über die Befreiung von der Grunderwerbssteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes i. d. Fassung vom 28. 6. 1962 (GVB1. S. 225 = BBauBl. S. 556). 10. Siebente Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Freistel1023
Übersicht über die Ländervorschriften
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
18.
lung von Gebieten von der erhöhten Grundsteuer für unbebaute baureife G r u n d stücke vom 28. 2. 1963 (GVB1. S. 19). Achte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Freistellung von Gebieten von der Genehmigungspflicht für den Boden verkehr vom 14. 2. 1964 (GVB1. S. 21). Verordnung zur Änderung der 5. Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über die Bestellung von Beisitzern der Enteignungsbehörde vom 20. 7. 1964 (GVB1. S. 86). Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes über Richtwerte von Grundstücken (RichtwertVO) vom 23. 10. 1964 (GVB1. S. 219). Landesverordnung über die Erhebung von Kosten für die Erstattung von Gutachten durch Gutachterausschüsse (Kostenordnung für Gutachterausschüsse) vom 9. 10. 1970 (GVB1. S. 289). Landesverordnung über den städtebaulichen Entwicklungsbereich Norbergstedt vom 13. 7. 1973 (GVB1. S. 279). Landes Verordnung über Verwaltungsgebühren in Angelegenheiten der Bauaufsicht, des Bodenverkehrs u n d der Wertermittlung von Grundstücken (Baugebührenverordnung) vom 13. 8.1974 (GVB1. Nr. 18 S. 257). Bek. der Neufassung des Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbssteuer bei M a ß n a h m e n des sozialen Wohnungsbaus, bei M a ß n a h m e n aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes und bei M a ß n a h m e n zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (Grunderwerbssteuerbefreiungsgesetz — G r E S B G ) vom 16.9.1974 (GVB1.S. 353). Landesverordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des BBauG vom 15. 3. 1976 (GVB1. S. 119).
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Stichwortverzeichnis Die fettgedruckten arabischen Zahlen geben die Paragraphen des BBauG an, die normalgedruckten Zahlen und Buchstaben die Erläuterungen; vorangestellte fettgedruckte römische Zahlen verweisen auf die entsprechenden Fundstellen in den anderen Teilen des Kommentars. A Abbau von Mineralien 5; 9; 29 Abbruchgebot vor 39 a, 39 a; 39 d Abgrabungen 5; 9 1; 29 Abrechnungsgebiete 130 2 Abstimmung von Bauleitplänen 2 6 Abwägung der öffentlichen und privaten Belange 1 6 e Abweichung von künftigen Festsetzungen des BebPlans 33 3 — vom BebPlan bei Herstellung von Erschließungsanlagen 125 2 b abweichende Zuständigkeitsregelung 147 Abwicklung eingeleiteter Verfahren 174 1, 2, 4, 5; ÄndG 76 Art. 3 § 1 Agrarstruktur 35 4 c; 144 a bis 144 f Alternativbeurkundung von Kaufverträgen 19 2 d Anfechtung von Ermessensentscheidungen 163 1 Anfechtung von Verwaltungsakten 157, 175 1, 2 Anfechtung von gerichtlichen Entscheidungen 157, 175 3 Anpassung an den Verkehr — Kosten — 128 2 b 3 Ansprüche wegen unterlassener Bauleitplanung 2 4 Anstehen zur Bebauung 133 2 c; 172 3 zu c bb) Antrag auf gerichtliche Entscheidung 18; 21 5; Vorbem. 5 vor 40; 40 6; 41; 42; 43; 44 3; 60; 61 c; 63; 77 5; 115 5; 116 11; 126 3; 153 3 b; 157; 162b; 175 2 Anwaltszwang 162 4
anzeigepflichtige Vorhaben 29 1 Arten der Bauleitplanung 1 4 Aufgabe der Bauleitplanung 1 3 Aufhebung der Dritten Notverordnung des Reichspräsidenten 184 — der Planungsvorschriften der Länder 186 — von Preisvorschriften für Erschließungsbeiträge II 2 — der Preisvorschriften für den Grundstücksverkehr 185 — sonstiger Vorschriften 186 Auflagen im Bodenverkehrsverfahren 20 1e Auflassung 19 3 Aufrechterhaltung von Rechten Nebenberechtigter im Entschädigungsverfahren 97 1, 2 aufschiebende Wirkung, Wiederherstellung 164 Aufschüttungen 5; 9 1; 29 Aufwendungen 44 2 b Ausführungsanordnung im Enteignungsverfahren —, Anordnung der A. 117 1 Form der A. 117 3 —, Rechtswirkungen der A. 117 4 —, Vorzeitige Erlassung der A. 165 1, 2 —, Zustellung der A. 117 3 Ausgleich für bauliche Anlagen im Umlegungsverfahren 60 Ausgleichszahlung 100 4 b Auskunftserteilung, Anspruch auf A. 143 d 1025
Stichwortverzeichnis Auslegung — der Bestandskarte 53 2 — von Teilen des Bestandsverzeichnisses 53 2 Ausschachtungen 29 Ausschluß der Mitglieder der gemeindl. Beschlußorgane 2 5 i; 11 1 a Austausch- oder Ersatzland 25 a Außenanlagen und besondere Betriebsanlagen II 1 Anl. 2 Außenbereich 19 5 b, 6 20 a; 29; 35 2, 4, 5; 90 3 c; 172 3 c bb) B Bauanlage 32; 51 1 b; 86 2 e —, Errichtung einer B. 51 1 b —, Änderung einer B. 51 1 b Baubeschränkungen 9 1 Baubodenmarkt Vorbem. vor 136 Bauflächen 5 3 a) aa; II 3 § 1 Baugebiete 5 3 ; 3 0 1 ; 3 4 3 a ; 4 1 1 , I I 3 § l Baugebot 39 b; 59 d Baugenehmigungsbehörde, Einschaltung der B. 14 a; 15 a —, Bindung der B. 21 —, Entscheidung der B. 33 Bauland 5; 9 Baulandbeschaffungsgesetz Vorbem. 1, 2 und 3 vor 85; 85 2 a Baulandkammern (Baulandgerichte) 18; 21 5; Vorbem. 5 vor 40; 40 6; 41; 42; 43; 44 3; 60; 61 c; 63; 77 5; 126 3 b; 153 3 b; 157 1 c; 160; 166 1, 2; 168; 175 3 Baulandsenate 40 6; 41; 42; 43; 44 3; 60; 61 c; 63; 77 5; 153 3 b; 169; 175 3 Bauleitpläne 1 3, 4, 5, 6; 2 4, 5; II 3 § 17 —, Abstimmung der B. 2 6 —, Änderung der B. 2 8 —, Arten der B. 1 4 —, Aufhebung der B. 2 8 —, Auslegung der B. 2; 2 a; 6; 12; 13 —, Entwurf der B. 2 a 5 —, Ergänzung der B. 2 8; 13 — .Übergangsvorschriften 174 1; ÄndG 76 Art. 3 § 1 Bauleitplanentwürfe 2 a 5
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Bauleitplanung Vorbem. 1, 2 und 4 vor 1; 1 2, 3, 4, 6; 144 b; 144c Begriff der B. 1 2 a, b —, B. bei Bestands- und Gebietsänderungen 4 a —, Bürgerbeteiligung 2 a —, B. und Flurbereinigung 144 c —, Sicherung der B. Vorbem. vor 14 —, Umfang der B. 2 2 b Zweck der B. 1 1 b, 2 b, 3; 34 1 bauliche Maßnahmen des Bundes und der Länder 37 bauliche Anlage 29 1 b bauliche Maßnahmen nach anderen Gesetzen 38 bauliche Nutzung 1 2 a; 5; 44; 45 2; 89 1, 3; 131 1; II 3 —, Enteignung zur Vorbereitung b. N. 89 2 bauliche Vorkehrungen 5 2 b Baulinienplan 2 10 A; 173 Baumassenzahl II 3 § 21 Baunutzungsverordnung 2 9; 33 4; 34 3 a; II 3 Bauordnungsrecht 1 2 a Baupflicht 39 c; 59 d Baupolizeirecht 1 2 a Bausperren, Fortgeltung von B. 176 Bauvorhaben nachgeborener Landwirtskinder 35 2 Bauweise II 3 § 22 Beauftragung von Stellen zur Aufstellung von Bauleitplänen 2 5 Bebaubarkeit 133 2 d Bebauungsplan 1 3; 2 6; 24 2; 41 1; 45 2; 85 3; 86 2 e ; 125 1, 2; 129 2; 172 5; 173 3 —, Änderung des B. 2 8; 13 —, Ausnahmen und Befreiungen von den Festsetzungen des B. 31 —, Außerkraftsetzen des B. durch Gewohnheitsrecht 2 8 —, Bedeutung des B. 8 3 —, Begründung des B. 9 5 —, besondere Kennzeichnungen im B. 9 2 —, einfacher (nichtqualif.) B. 34
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. —, Entwicklung des B. 8 2 —, Festsetzungen des B. 9 1; 86 2 b; Vorbem. 1 vor 40 —, Genehmigung des B. 11 1 a —, Genehmigungspflicht 11 1 —, Inhalt des B. 9 1 —, Inkrafttreten des B. 12; 17 3 —, Mindestvoraussetzungen 30 —, Rechtsnatur des B. 8 1; 10 —, Rechtsprechung 11 3 —, als Satzung 10 —, Rechtsverbindlichkeit des der tatsächl. Entwicklung widersprech. B. 2 8 —, Vereinfachte Änderung des B. 13 —, Verwaltungsgerichtl. Überprüfung 11 2 — als Voraussetzung der Enteignung 85 2a Beeinträchtigung der Landschaft 35 4 a) gg Befangenheit von Mtgl. der Gemeindeorgane 11 1 a Begriff Bauleitplanung 1 2 a Beiladung der Gemeinde 19 7 b; 36 1 Beiträge für Erschließungsaufwand 128 3; 129 1, 2, 3; 135 1, 2 Bekanntmachung 2 a ; 6 5; 12; 16 a; 50 1; 143 c — der Bauleitplanentwürfe 2 a 3, 5 — des Bebauungsplans 12 — der Bestandskarte 53 2 — der Einleitung des Enteignungsverfahrens 109 3 — des Umlegungsbeschlusses 50 1 — des Umlegungsplans 71 a — der Veränderungssperre 16 a Belastung anderer Rechte 86 2 b Belehrung über Rechtsbehelfe 154 Beratung bei Anordnung von Baumaßnahmen 39 a berechtigtes Interesse 75 Berichtigung der öffentlichen Bücher im Umlegungsverfahren 74 — im Grenzregelungsverfahren 84 Berlin, Sondervorschrift für B. 188 —, Ausführungsgesetze zum BBauG II
—, Geltung der Bundesvorschriften II 1 § 19 Berufung 169 beschränkter Anwaltszwang 162 4 Beschwerde 149 a Beseitigungsverpflichtung 39 b Besonderes Wohngebiet II 4 § 4 a Bestandskarte 53 1, 2 Bestandsverzeichnis 53 1, 2 Beteiligte im Verfahren vor den Baulandgerichten 162 Beteiligung der Bürger an der Planung 2 a, 13 1, 2 Beteiligung der Gemeinde 19 7 b; 34 3; 36 —, Rechtsprechung 36 4 Bewirtschaftungskosten II 1 § 10 Bindung an den Bebauungsplan 125 Bodenmarkt Vorbem. vor 136 Bodenordnung Vorbem. 1 vor 45 —, Rechtsschutz bei der B. Vorbem. 4 vor 45 —, Rechtsprechung bei der B. Vorbem. 5 vor 45 —, Verfahren bei der B. Vorbem. 4 vor 45 Bodenordnungsverfahren 19 9 a ; 24 2; Vorbem. vor 45; 174 2 i Bodenrichtwerte 143 b Bodenschätze 5; 9 Bodenverkehr 19 ff. —, Inhalt des Rechtsgeschäfts 19 2 —, Übergangsvorschriften für den B. 177; ÄndG 76 Art. 3 § 3 Bodenverkehrsgenehmigung, siehe nunmehr bei Teilungsgenehmigung Bodenwert, Richtwerte zur Ermittlung des B. 143 c; II 1 Bürgerbeteiligung 2 a Briefpfandrechte 107 4 Bürgerbeteiligung 2 a Bundesbahngesetz 38 1 Bundesfernstraßengesetz 38 1; Bundesgerichtshof 170 Bundesgrenzschutz Vorhaben des B. 37 2 D Darstellung der für die Bebauung vorgesehenen Flächen 5 9 1027
Stichwortverzeichnis Dauernutzungsrecht 101 2 a Dauerwohnrecht 101 2 a Dienen einem Betrieb 35 2 c) cc Dispens 31 Dorfgebiete II 3 § 5 Dringende Gründe für Aufstellung des BebPlans 8 3 Drittbehörde 19 7 c Duldung von Vorarbeiten auf Grundstükken 151 1 Duldungspflicht 39 f E Eckgrundstücke 131 2 e Ehrenamtliche Beisitzer 104 2 Eigentum 86 2 a) aa Eigentümernutzung im Außenbereich 35 6 Eigentümerwechsel 134 2 a Eigentumsentziehung 86 2 a —, Verlangen auf E. 40 5 Eigentumsübergang 117 4 Eigentumswohnungen 51 1 b Einfacher Bebauungsplan 34 eingeleitete Verfahren, Fortführung 174 3, 4; ÄndG 76 Art. 3 § 1; II 3 § 25 eingeschränkte Beteiligung 2 a 5 d Einheitssätze 130 1 Einigung im Enteignungsverfahren 110, 171 Form der E. 110 1 — während eines gerichtlichen Verfahrens 171 Wirkung der E. 110 3 Einkaufszentren II 3 Einstweilige Anordnung 164 b Eintragung von öffentlichen Lasten im Grundbuch 64 3 Einvernehmen mit der Gemeinde 36 1, 2 Endgültige Herstellung einer Straße 132 2 c; 133 8 a u. b Enteignung, —, Abwicklung von Verfahren 174 2 — Änderung der Baulandqualität 86 5 —, Antrag auf E. 105 —, Ausdehnung der E. 92 Beschluß über die E. 112 2
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—, Bindungswirkung des BebPlans 85 2 a, 4 — Entschädigung 93 —, Entscheidung über die E. 112 — von Ersatzland 85 2 c —, Gegenstände der E. 86 2 — Härteausgleich 122 b — Mehrwertausgleich 86 5 — durch Planungsverband 4 4 —, Umfang der E. 92 Verfahren 104 ff. —, Voraussetzungen für die Zulässigkeit der E. 87 1, 2, 3 — zur Vorbereitung der baulichen Nutzung 89 1, 2 — zugunsten der Gemeinde 85 1 b; 87 3 —, Zulässigkeitsvoraussetzungen für die E. 87 1, 2, 3 —, Zwecke der E. 85 1 , 2 — E. aus zwingenden städtebaulichen Gründen 88 1 c Enteignungsbehörde 104; 108 1; 112 Enteignungsbeschluß 112 2; 113; 117 —, Aufhebung des E. 117 2; 120 —, Auflage im E. 115 2 —, Ausführung des E. 117 —, Ausführungsanordnung 117 1, 3, 4 —, Erfordernisse des E. 113 2 - , Inhalt des E. 113 3 —, Verbot der Aufhebung oder Änderung des E. 158 2 Enteignungsentschädigung 95 Enteignungsverfahren 104 ff. —, Anhörung der Landwirtschaftsbehörde im E. 108 2 —, Anspruch auf rechtliches Gehör im E. 108 1 b —, Ausführungsanordnung im E. 117 —, Beschluß im E. 113 —, Beteiligte im E. 107 2; 109 —, Einigung im E. 110 —, Einleitung des E. 109 1, 2, 3 — Genehmigungspflicht 109 a —, Kosten im E. 121 —, Ladung zur mündlichen Verhandlung im E. 109 2 —, mündliche Verhandlung im E. 112 2
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. —, Teileinigung im E. 111 —, Verbindung von E. 108 3 —, Verlängerung der Verwendungsfrist im E. 114 2 —, Verteilungsverfahren 119 —, Verwendungsfrist im E. 114 —, Vorbereitung der mündlichen Verhandlung im E. 108 1 —, vollstreckbarer Titel im E. 122 —, vorzeitige Besitzeinweisung im E. 116 —, Zwangsvollstreckung im E. 122 2 Enteignungszweck 85 1, 2; 113 3; 114 Entgegenstehen öffentlicher Belange 14 a; 35 2 a Entschädigung 28; Vorbem. vor 39 j; 39 j; 42; 43; 44; 44 a; 44 b; 44 c; 60; 93 ff.; 151 2 — für andere Vermögensnachteile 96 —, Behandlung der Rechte Nebenberechtigter 97 —, Bemessungsgrundlage der E. 95 2, 9 — in einem Erbbauzins 99 3 — Erlöschen der Ansprüche auf E. 44 c — Fälligkeit der E. 44 c —, Gegenstand der E. 93 2 — in Geld 99 — durch Gewährung anderer Rechte 100 — für nichtgenehmigte Bauten 95 7 — in Land 100 — für Rechtsverlust 95 — für Rückenteignung 103 — bei Vorarbeiten 151 2 — bei der vorzeitigen Besitzeinweisung 116 8 —, Zeitpunkt der Bemessung der E. 93 3; 95 3 Entschädigungsanspruch — bei Unzulässigkeit von Vorhaben 40 3 — bei Sanierungsmaßnahmen 44 2 a Entschädigungsberechtigter 40 3; 94 2 Entschädigungsgrundsätze 93 Entschädigungspflicht 40 4; 43; 44 3; 44 a ; 94 3 Entschädigungsverfahren 44 3; 115 1 —, Schuldübergang im E. 98 Entwicklungsbereich II 1 § 21 ff. Entwicklungsmaßnahmen II 1 § 24
Entwicklungsplanung 1 6 b Entziehung anderer Rechte 86 2 b Entziehung des Rechts bei Nichteinigung 115 3 Erbbaurechtsbestellung 19 1; 24 2 b; 51 1 b; 89 4; 92 3 Erdgeschoß, Sonderregelung für E. II 3 §62 Erfordernisse der Bauleitpläne 1 6 Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen 150 a, b Erhaltung baulicher Anlagen 39 h Erläuterungsbericht 5 3 g Erlöschen öffentlicher Ansprüche 133 3 f., 4 e; 135 1 a Erlöschen von Beitragsforderungen 135 1 a Ermächtigung an den Fachminister 2 7; 124; 173 4 Ermessen 6 2; 20 a; 35 3; 56 d; 62 b; 100 3 a, c; 163 Ermittlung des umbauten Raums für ausgeführte Hochbauten II 1 Anl. 3 Ermittlung von Grundstückswerten Vorbem. vor 136; 136 ff. Errichtung einer Baulandkammer für die Bezirke mehrerer Landgerichte 159 2 Ersatz für entzogene Rechte im Enteignungsverfahren 91 Ersatzland, Anmeldung von Rechtsinhabern an E. 107 2 —, Anspruch des Enteigneten auf Entschädigung in E. 100 2 —, Beschaffung von E. 144 d; 144 c —, Bewertung des E. 100 4 — Vorkaufsrecht zum Erwerb von E. 25 a Erschließung 21 1; 30, 33 bis 35; Vorbem. vor 123; 123 ff. —, Anbringung von Vorrichtungen 126 2, 3 — als Aufgabe der Gemeinde 123 2 — .Bindung an den Bebauungsplan 125 2, 3 —, Grundsätze für die Durchführung 124 —, Haltevorrichtungen f. Beleuchtung 126 2 —, Kein Rechtsanspruch auf E. 123 3
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Stichwortverzeichnis —, Kennzeichen und Hinweisschilder 126 2 b —, Pflichten des Eigentümers bei der E. 126 1, 2 —, Sicherstellung der E. 30 —, Übertragung durch Vertrag 123 2 b Erschließungsanlagen 127 2; 132 —, Abgaben für andere E. 127 4 — Begriff 127 2 —, Endgültige Herstellung 132 2 c; 133 3 b und 6 —, Freilegung der Flächen 127 3 Kosten für E. 123 1 —, Rechtmäßigkeit der Herstellung von E. 125 2 b —, Überleitungsvorschriften für E. 180; 133 5 —, Unterhaltung der E. 123 4 Erschließungsaufwand 128 2, 3, 4; 129 1, 2; 130 1, 2 —, Anderweitige Deckung des E. 129 2 c —, Ausnahmen von der Beitragsfähigkeit des E. 129 3 —, Beitragsfähigkeit des E. 129 2 —, Beitragscharakter des E. 131 2 —, Eigenbeteiligung der Gemeinde 129 4 —, Einheitssätze 130 1 —, Ermittlung des E. 130 2 —, Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht für den E. 133 —, Maßstäbe für die Verteilung des E. 131 —, Regelung des E. durch Satzung 132 1, 2 — Selbsttragung durch Gemeinde 129 4 — Verteilungsmaßstäbe 131 3 —, „Verwaltungskostenzuschlag", kein E. 129 2 —, Vorausleistungen auf den E. 133 4 Erschließungsbeitrag 127 ff. —, für bebaute Grundstücke 133 5 —, Beitragspflichtiger 134 — für Eckgrundstücke 131 3 —, Entstehung der Beitragspflicht 133 3 —, Erhebung des E. 127 1 — für erschlossene Grundstücke 131 2; 133 2 a
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—, Fälligkeit des E. 135 1 —, Freistellung von E. 135 4 —, Grundstücksbegriff 131 4; 133 2 —, Kostenspaltung beim E. 127 3 — Selbsttragung durch die Gemeinde 129 4 —, Stundung des E. 135 3, 5 Überleitung des E. 180 —, für unbebaute Grundstücke 133 5 —, Verrentung des E. 135 2 —, Verjährung des E. 133 3 f, 4 e; 135 1 a —, Vorausleistung des E. 133 4 —, Zahlung des E. 135 2 Erschließung, Sicherung der E. 30 2 Erschließungsfunktion 133 2 a Erschließungskosten bei Vorhaben im Außenbereich 35 4 a) cc Erschließungslast 123 Erschließungsvertrag 123 2 b; 129 S Erschließungszeitpunkt 123 4 b Erstattung des Entschädigungsbetrags 28 d Erster Entwurf des BBauG Einf. I erstmalige Herstellung von Anlagen 128 2b Ertragswertverfahren II 1 §§ 8 ff. Erweiterte Zuständigkeit des Umlegungsausschusses 46 5 Erwerbszweck 19 7 2 F Fahrrechte 42 Fernstraßengesetz 38 1; 183 Festsetzungen — des BebPlans als Enteignungsgrundlage 85 2 a — nach dem BebPlans II 3 § 1 — der überbaubaren Grundstücksflächen II 3 § 23 Feststellungsklage 23 2 Fiktion der Teilungsgenehmigung bei Schweigen 19 5 e fiktive Teilungsgenehmigung 19 7 d Flächenmaßstab im Umlegungsverfahren 58 a Flächennutzungsplan 1 4; 173 2 a —, Erläuterungsbericht zum F. 5 3 g
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. —, Genehmigung des F. 6 Inhalt des F. 5 3 —, Rechtsnatur des F. 5 2 —, Überleitung in F. 173 2 a —, Umfang des F. 5 2 —, Versagung der Genehmigung des F. 6 2 Fluchtlinienplan 2 10 a; 173 Flurbereinigung Vorbem. 1 vor 45; 62 c; 144 c; 144 f —, Rechtsprechung zur F. Vorbem. 2 vor 45 Flurbereinigungsbeschluß 47 Folgelasten Vorbem. III vor 123 5 Folgenbeseitigungsansprüche aus rechtswidr. Veränderungssperre 17 2 forstwirtschaftlicher Betrieb 35 2 c Frist —, Satzung einer Frist durch die Gemeinde 2 7 ; 2 a 5 d G Garagen II 3 §§ 12, 14 Garagenordnung 9 1; 129, 186 Garagengeschosse II 3 § 12 Gebäudeertragswert II 1 § 8 —, Vervielfältiger zur Ermittlung des G. II 1 Anl. 1 Gebiete mit geringer Wohnsiedlungstätigkeit 19 9 b Gehrechte 42 Geh- und Radwege 127 2 a Geldabfindung im Umlegungsverfahren 5 9 b ; 6«; 6 1 a ; 6 3 b Geldbußen 156 2 Geldentschädigung 97 4; 99; 100 5 d Gemeinbedarf 5 9 32 Gemeinde —, Behandlung des Entwurfs der Bauleitpläne durch die G. 2; 2 a Beiladung d. G. 19 7 b Beschluß der G. 10; 16 a; 17 3 Beteiligung der G. 19 7 b; 36 1; 107 2 —, Durchführung der Grenzregelung durch die G. 80 3 —, Einreichung des Enteignungsantrags bei der G. 105 1
—, —, —, —, —,
Einvernehmen mit der G. 31; 36 Enteignungsantrag der G. 88 1 a Ersatzanspruch der G. 37 3; 38 2 als Erschließungsträger 123 2 Kostentragung im Umlegungsverfahren durch die G. 78 —, Mitwirkung d. G. am Vollzug des BBauG vor 1 IV —, Regelung des Erschließungsaufwands durch die G. 132 1,2 —, Selbsttragung des Erschließungsaufwands durch die G. 129 4; 132 2 —, Selbstverwaltung der G. 2 1 —, Stellung der G. im Umlegungsverfahren 64 1 —, Veräußerungspflicht der G. 89 —, Verpflichtung der G. zur Geldentschädigung 43; 44 3 —, Verpflichtung d. G. bei der Enteignung 89 2 a —, Vollzug des Umlegungsplans durch die G. 72 —, Vorkaufsrecht der G. Vorbem. vor 14; 24 ff. —, Vorlage des Enteignungsantrags durch die G. 105 2 —, Widerspruch der G. 37 2 —, Zuständigkeit der G. zur Aufstellung der Bauleitpläne 2 1 , 2 —, Zuständigkeit der G. für die Umlegung 46 1 Gemeindesatzung 10; 16 a; 17 1; 25 1; 26 d; 45 2; 132 1,2 Gemeinsame Flächennutzungspläne 3 Gemeinsame Landgerichte 159 2 gemeinschaftliches Eigentum, Behandlung im Umlegungsverfahren 62 a, b, c Gemeinschaftsanlagen 9 Genehmigungsbehörde 19 Genehmigungserteilung im Bodenverkehr 19 7 Genehmigungsfreie Rechtsvorgänge im Bodenverkehrsverfahren 19 2, 9 Genehmigungspflicht 19 2, 9 a; 109 a genehmigungspflichtige Rechtsvorgänge im Bodenverkehr 19 2, 9
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Stichwortverzeichnis Genehmigungsversagung der Umlegungsstelle 51 3 Genehmigung unter Auflagen 6 2; 20 1 Generelle Befreiungen im Bodenverkehr 19 9 Gesamtrechtsnachfolge 114 2 c Geschäftsstellen für Gutachterausschüsse 137 Geschichte des BBauG Einf. Fußnote — der Novelle vom 6. 7. 1979 Einf. — des Enteignungsrechts Vorbem. I vor 85 Geschoßflächenzahl II 3 § 20 Gewährung anderer Rechte im Enteignungsverfahren 115 1, 2, 4 Gewerbegebiete II 3 § 8 Gewinnung von Bodenschätzen 5 Gewohnheitsrecht, Außerkraftsetzung des Bebauungsplans durch 2 8 Glaubhaftmachung 48 3; 87 2; 89 2 d; 107 3; 153 2 b Grenzregelung Vorbem. 3 vor 45 Begriff 80 1 —, Bekanntmachung der G. 83 —, Beschluß über die G. 82 a —, Geldleistungen bei der G. 81 —, Rechtswirkungen der G. 83 —, Voraussetzungen der G. 80 2 —, Zweck der G. 80 1 Grünflächen 5; 9; 67; 127 2 c und 5 Grundbuchamt 23; 54 1; 74; 75; 76; 109 4 Grundflächenzahl II 3 § 19 Grundpfandrechte, Behandlung im Umlegungsverfahren 62 c; 64 4 Grundsätze der Bauleitplanung 1 Grundsätze der Wertvermittlung 136 3 Grundstück 86 2 a, bb; 133 2; 145; 172 3 a Grundstücke, die besonderen Zwecken dienen 39 i Grundstücksänderungen 51 1 b Grundstücksauflassung 19 3 Grundstücksfläche II 3 § 23 grundstücksgleiche Rechte 61 a, 145 Grundstückspachtverträge 51 1 b Grundstücksteilung 19 5 Grundstücksübernahme, Verlangen auf G. 40 2; 41 2
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Grundstücksverkehr 22 Grundziele des BBauG Einf. 2 Grundzüge der Planung 31 3 Gutachten des BVerfG über die Zuständigkeit zum Erlaß eines Baugesetzes Einf. I Gutachten zur Wertermittlung 142; 143 Gutachterausschuß 108 I c; 136 2, 3; 137; 137 a; 138; 139; 140; 141; 143 a; 143 b —, Auskunftspflicht an den G. 140 —, Geheimhaltungspflicht des G. 138 c — oberer G. 137 a — Organisation und Verfahren 141 —, Sachkunde der Mitglieder der G. 139 b —, Unabhängigkeit des G. 139 a —, Vorlagepflicht an den G. 140 —, Zusammensetzung des G. 138 a H Härte, nicht beabsichtigte 31 3 Härteausgleich 122 a, 122 b Handwerksbetriebe II 3 § 5 Heilung von Verfahrensmängeln 155 a Herabsetzungsveranlagung 172 11 Herstellungswert II 1 § 15 Hinterlegung 65 a, b; 97 5 b; 118; 119 1,2 Hobbyraum II 3 § 20 Höhenlagen 9 1 höhere Verwaltungsbehörde 6; 11; 13; 14 1 b; 16 a, b; 17 1, 2; 18; 19 7 c; 25 1 zu b, zu d; 28 c; 31; 35 1, 4 e; 36 2; 37 2; 44 3; 104 1; 125; 126; 1 3 8 b ; 143; 147b; 173 2 b I, J Immissionen, Abwehr von I. 1, 127 Industriegebiete II 3 § 9 Infrastruktur 9 a Inkrafttreten des BBauG 189 Instandsetzungsgebot 39 e Jagdhütte 35 2 c ff. K Kaufpreissammlungen 143 a; 143 b Kerngebiet II 3 § 7
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. Kiesgrubenausbeutung 51 1 b Kinderspielplätze 127 2 d Kirchen 1 kleingärtnerische Dauernutzung 19 3 c Kleinsiedlungen 100 2 e Kleinsiedlungsgebiete II 3 § 2 Koordinierung von Planungen 5 2 d Kosten des Verfahrens vor den Baulandgerichten 168 — , Abstand von Erhebung von K. 174 4 Kostenspaltung 127 3, 132 Kostenvorschuß 161 4 L Ländervorschriften III Landarbeiterstelle 35 2 c ee Landesplanung Vorbem. 3 vor 1 ; 1 1 a, 4 Landesregierung 4 —, Antrag der L. 4 —, Rechtsverordnungen der L'en 9 5; 19 5 b; 46 2 a; 104 2; 144; 147 b; 155; 159 2; 173 2 c; 174 1 b; 182; 188; 189 Landesverteidigung, Vorhaben der L. 29; 37 2 Landgerichte, Kammern für Baulandsachen 18; 21 5; Vorbem. 5 vor 40; 40 6; 41; 42; 43; 44 3; 60; 61 c; 63; 77 5; 126 3; 153 3 b; 157 1 c; 160; 175 2 Landschaftsschutz 1 6 d Landschaftsschutzgebiete 1 6 d; 5; 9 Land- und Forstwirtschaft 35 2 c; 146 land- und forstwirtschaftlicher Betrieb 35 2 c cc Landwirtschaft, Begriff der L. im Sinn des BBauG 35 2 c bb, cc; 146 landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle 35 2c landwirtschaftlicher Betrieb 35 2 c cc; 146 landwirtschaftlich genutzte Flächen 1; 5; 22 Lastenfreier Übergang bei Grenzregelung 83 Löschungsantrag beim Grundbuchamt 23 Luftverkehrsgesetz 38 1 Legende 5; 9 Leitungsrechte 42
M Marktbeobachtung Vorbem. vor 136 Massenanregungen und Massenbedenken 2a 5 c Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur 144 a; 144 b; 144 c; 144 d; 144 e; 144 f Maß der baulichen Nutzung II 3 § 16 mehrstufiger Verwaltungsakt 36 3 Mietverhältnisse — bei Maßnahmen 39 g Mischgebiete II 3 § 6 Mitwirkung der Gemeinde am Vollzug des BBauG vor 1 IV Mitwirkung von Behörden 19 7; 36 1, 2 Mitwirkungsrecht des Staatsbürgers 2 a Modernisierungsgebot 39 e Mutterboden, Schutz des M. 39 N Nachbar 31 1 Nachbarschutz, Frage des N. im Planungsrecht 19 8; 30 3; 31 1 c, 4; 34 3 e; 35 1 a; II 3 § 1 1 Nachfolgelasten Vorbem. III vor 123 Natur- und Landschaftsschutz 1 Nebenanlagen II 3 § 14 Nebenberechtigte im Entschädigungsverfahren 97 1 Negativbescheinigung 19 7 a; 23 2 Nichtqualifizierter Bebauungsplan 34 NieObrauchbestellung 51 1 b Normenkontrollverfahren 8 1 b; 13 c; 26 d Novelle 1979 zum BBauG Einf. Nutzungsänderung 35 5; 44 1 , 2 Nutzungsaufhebung 44 1, 2 Nutzungsgebot 39 c Nutzungsregelungen in Landschaftsschutzgebieten 5; 9 O Obere Umlegungsausschüsse 46 2 a; 155 a Oberlandesgericht, Senat für Baulandsachen 40 6; 41; 42; 43; 44 3; 60; 61 c; 63; 77 5; 153 3 b; 169 oberste Landesbehörde 6; 104 3; 106; 147
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Stichwortverzeichnis öffentliche Auslegung der Umlegungskarte 69 öffentliche Bekanntmachung 2 5 c; 61; 12; 16 a; 50 1; 53 2; 109 3; 143 c öffentliche Belange, Beeinträchtigung ö. B. 20 1 f; 35 4 —, Entgegenstehen von ö. B. 35 2 —, Wahrung der ö. B. 35 2 a, 4 öffentliche Planungsträger 7 öffentliche Lasten, Eintragung im Grundbuch 64 3; 134 öffentliche Verkehrsunternehmen 97 3 b örtliche Zuständigkeit der Landgerichte 159 1 Offizialmaxime 150 a; 161 2 Ordnung des Bodenmarktes Einf. II Ordnungswidrigkeiten 156 1 a, b, c Ortsbauplan 2 8; 8 4 Ortsplanungsstellen 2 3 a Ortsteile, im Zusammenhang bebaute O. 19 6 b; 34 1 Ortsübliche Bekanntmachung 2; 2 a; 6; 12; 16 a; 50 1; 53 2; 109 3 c; 143 c Orts- und Landschaftsbild 1; 35 4 P, Qu Pachtverhältnisse bei Maßnahmen 39 g Parzellierung 19 5 Personenbeförderungsgesetz 38 1 Pflanzgebot 39 b Pflegschaft 149 c Planfeststellungen 9; 38 1 Planungsschäden 17 2; vor 40 1; 40 1 a Planungsträger 2; 4; 7 Planungsverbände 4 1, 4 a; 82 b —, Auflösung des P. 4 5 —, Enteignungsantrag des P. 88 1 a —, Satzung des P. 4 3 —, Sonderaufgaben des P. 4 4 Planungsverfahren in den Stadtstaaten 2 2c Planzeichen für Bauleitpläne II 4 § 1 und Anlage Planzeichenverordnung II 4 privilegierte Vorhaben im Außenbereich 19, 6 d; 35 2 qualifizierter Bebauungsplan 30 1
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R Räume für freie Berufe II 3 § 13 Raumordnung 1 2 a, 6 a; 106 c Raumordnungsgesetz vor 1 3 a; 1 6 a Reallasten, Behandlung im Umlegungsverfahren 62 c Rechte Dritter, Behandlung im Umlegungsverfahren 63 a, b Rechtsänderung im Umlegungsverfahren 49; 6 1 a Rechtsanspruch 35 3; 57 2 c; 72; 143 d; 173 3 a Rechtsaufhebung im Umlegungsverfahren 61 a Rechtsbegründung im Umlegungsverfahren 61 a Rechtsnatur des Flächennutzungsplans 5 1 Rechtsprechung 1 8 ; 2 11; 2 a 7; 5 4; 6 8; 8 4; 9 8; 10 6; 12 4; Vorbem. a vor 14; 14 4; 15 4; 16 5; 17 4; 18 7; 19 9; 20 5; 21 7; 23 4; 24 7; Vorbem. 3 vor 29; 29 3; 30 5; 31 7; 32 2; 33 8; 34 6; 35 10; 36 6; 37 5; 38 3; Vorbem. 5 vor 39j; 40 4; 44 9; Vorbem. 2 und 5 vor 45; 46 6; 51 6; 57 3; 76 3; 80 6; 85 6; 86 5; 87 4; 88 8; 93 6; 95 7; 97 6; 99 5; 100 9; 102 7; 109 5; 110 6; 111 5; 116 12; 123 6; 125 5; 126 4; 127 6; 128 5; 129 6; 130 3; 131 4; 132 3; 133 6; 134 4; 135 6; 137 3 d; 139 5; 142 5; 145 3; 146 d; 157 4; 160 c; 161 4; 162 5; 163 3; 164 4; 166 4; 167 3; 168 d; 170 b; 173 6; 174 5; 175 4; 177 3; 180 8; 186 b; II 3, Vorbem. III; § 1 Nr. 7, § 2 Nr. 4, § 3 Nr. 3, § 4 Nr. 3, § 6 Nr. 4, § 7 Nr. 6, §§ 8 u. 9 Nr. 3, § 11 Nr. 5, § 12 Nr. 6, § 13 Nr. 2, § 14 Nr. 3, § 15 Nr. 5, § 20 Nr. 3, § 23 Nr. 4, § 24 Nr. 4 Rechtsschutz 19 8; 30 3; 31 1 c; 34 3 e; 35 1 a; 36 2 d, 5 b; 157; 175 Rechts- und Amtshilfe 152 Rechtsverordnungen — des Bundesfinanzministers im Einvernehmen mit dem Bundeswohnungsbauminister 172 I I a ; 173 4 — der Bundesregierung 143; II 1 bis 5 —, Fortgeltung von R. 181
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. — der Landesregierungen 2; 9; 19; 46 2 a; 104; 144; 147; 155; 159 2; 173 2 c; 174 1 b; 182; 188; 189 Rechtsweg bei der Zurückstellung von Baugesuchen 15 2 Rechtswirkungen der Bekanntmachung des Umlegungsplans 72 Regelung des Verkehrswerts von Grundstücken II 1 Reichsgaragenordnung 9 1; 129; 186 Rechtsbehelfsbelehrung 154 Reichsumlegungsordnung Vorb. 2 vor 45; 62 b Religionsgesellschaften 1 4 Revision 170 Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit — bei den Baulandkammern 160 — bei den Baulandsenaten 169 Richtwerte 143 c; II 1 Rohertrag II 1 § 9 Rückenteignung 102 1, 2, 3, 5; 103; 179 Rückgewähr von Rechten 102 4 Rückwirkung von Satzungsbestimmungen 132 1 S Sachen, zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden 86 3 b Sachwertverfahren II 1 §§ 15 ff. Säumnis im Verfahren vor den Baulandgerichten 167 1, 2 Sanierungsgebiete 26 a; 44 2; II 1 § 21 ff. Wertermittlung II 1 § 21 ff. Sanierungsmaßnahmen 5 2 c; 44 2 Satzung 10; 16 a; 17 1; 25 1; 26 d; 45 2; 127 3; 132 1, 2; 155 a Schiedsverfahren 181 4 Schuldübergang im Entschädigungsverfahren 98 Schutz der Bepflanzung 156 2 c Schutz des Mutterbodens 39 Schutzflächen 41 schwebend unwirksames Grundstücksgeschäft 19 Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde 2
Sicherung — der Bauleitplanung 33 2 — der Bodenverkehrsvorschriften 23 — der Erschließung 30 2; 35 3 — der Infrastruktur 9 a — der städtebaulichen Erhaltungsziele 24a SicherungsmaOnahmen gegen Naturgewalten 5 Sofortige Vollziehung des Besitzeinweisungsbeschlusses 164 b Sonderentschädigung 97 4 Sondergebiete II 3 § 11 Sonderregelung — für einzelne Länder 6; 11 b; 188 — für das Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk 188 Soziale Maßnahmen 13 a Stadtstaaten 2; 6; 188 Städtebauliche Erhaltungsziele 24 a Stellplätze II 3 § 12 Streusiedlungen, Verhinderung von St. 35 4 a hh Stundung des ErschlieOungsbeitrags 135 3, 5 Systematik des BBauG, u. zwar des Ersten Teils: Vorb vor 1 2 T Teilabrechnung des ErschlBeitr. 127 3; 132 Teilbebauungsplan 9 4 Teileigentum 101 2 a; 134 Teileinigung im Enteignungsverfahren 111 Form der T. 111 2 —, Voraussetzungen der T. 111 1 Wirkung der T. 111 3 Teileinrichtungen der Erschl. 127 3 Teilenteignung 90 3 b ; 92 4 Teilgenehmigung von FINPlänen 6 2 b Teilinkraftsetzung des Umlegungsplans 71 3 Teilumlegungsplan, Unzulässigkeit des T. 66 2 Teilung eines Grundstücks 19 5 Teilungsbegriff 19 5 a Teilungserklärung 19 5 a
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Stichwortverzeichnis Teilungsgenehmigung — Ausnahme von der begünstigenden Wirkung der T. 21 2 —, Auswirkung 21 1 —, Entschädigung 21 3, 4 —, Rechtsschutz 21 5 —, Rechtsprechung 19 4; 21 6 —, zu Unrecht erteilte 21 1 b —, Zweck der T. 19 2 a Teilurteil 166 3 Träger öffentlicher Belange 2 7 Träger von Gemeinbedarfseinrichtungen 27 1; 97 3 b U Überbaubare Grundstücksfläche II 3 § 23 Übergangsvorschriften ÄndG 76 Art. 3 Rechtsprechung 173 6; 174 5; 177 3 Übergebietliche Flächennutzungspläne 6 Überleitung bestehender Pläne bei Inkraftsetzen der Erstfassung 173 Überleitungsvorschriften für das Erschließungsbeitragsrecht 180 — Abwicklung von Ländervorschriften 180 5 — Anrechnung unentgeltlicher Geländeabtretungen 180 5 — Behandlung unbebauter Grundstücke 180 3 — Redaktionsversehen bei Hinweis auf § 128 Abs. 2 180 4 — für die Novelle 1979 183, 183 a, b, c, d, e, f, g und bei den §§ 2, 6, 13, 19, 21, 31, 35, 36, 71, 77, 82,125, 155,155 a, 164 Übernahme von Anlagen 123 2; 129 5 überörtlicher Verkehr 129 2 Übersichten der Richtwerte 143 b Übertragung von Rechten auf das Ersatzland 100 5 — nach dem Wohnungseigentumsgesetz 101 2 a Umfang des Erschließungsaufwands 128; 129; 132 Umlegung Vorbem. 2 vor 45; 45 ff. - , Begriff 45 1
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—, Rechtsprechung zur U. Vorbem. 2 vor 45 —, Schrifttum zur U. Vorbem. 6 vor 45 —, Voraussetzungen 45 2; 46 —, Zuständigkeit 46 1 Umlegungsausschiisse 46 2; 48 3; 182 Umlegungsbeschluß 47 —, Bekanntmachung des U. 50 1 , 2 —, Zeitpunkt des U. 57 1; 58 d Umlegungsgebiet 47 —, Absperrung des U. 52 1 —, Änderung des U. 52 2 —, Bezeichnung des U. 67 Umlegungskarte 67; 69 Umlegungsmasse 55 1, 2 a, b Umlegungsplan 47; 61 a; 62 a; 63; 66 1,2; 70; 71 1, 2, 3; 72; 73; 74 Umlegungsstelle 46 1; 48 3; 50; 51 3; 54 1, 2; 62 b, c; 74; 76; 77; 79 Umlegungsverfahren, Abfindung im U. 59 b, c —, Abgabenbefreiung im U. 79 —, Auslagenbefreiung im U. 79 —, Berichtigung der öffentlichen Bücher im U. 74 —, Beteiligte am U. 48 1 —, Gebührenbefreiung im U. 79 —, Entstehen der Beteiligteneigenschaft im U. 48 2 —, Geldleistungen im U. 64 1, 2, 3 —, Nachweis der Beteiligteneigenschaft im U. 48 3 —, Rechtsnachfolge im U. 49 —, Richtlinien Vor 45 2 d —, Verfahrens- und Sachkosten im U. 78 —, verspätete Rechtsanmeldung im U. 50 3 —, Verteilungsverfahren 65 c —, Wechsel der Person im U. 49 —, Zuteilung im U. 59 a; 62 b, c Umlegungsvermerk 54 1 Umlegungsverzeichnis 69; 70 Umwandlung von Eigentum im Bodenverkehr 19 5 unbebaute Grundstücke 25 1 zu c; 26 c; 41; 172 3 zu b ; 180 5
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. Unbenutzbarkeit von Miet- und Pachtraum 122 b unentgeltliche Abtretung von Grundstükken 180 6 Unterhaltungsarbeiten 51 2 Unterlassung wesentlicher Angaben für Teilung 20 1 f unterlassene Bauleitplanung 2 4 Unternehmerstraßen 123 unwirtschaftliche Aufwendungen 35 4 Urkundsbeamter der Geschäftsstelle 122 Urteil 166
V Veränderungssperre Vorbem. vor 14 —, Ausnahme von der V. 14 2 —, Außerkrafttreten der V. 17 3 Begriff 14 1 Beschluß über die V. 14 2; 16 —, Dauer der V. 17 1 —, Entschädigung bei V. 18 2 — im Grenzbereich von sozialer Bindung 18 1 — im Umlegungsverfahren 51 1, 2 —, Rechtsprechung 51 4 —, Voraussetzung der V. 14 1 —, Vorschriften der Länder über V. III Veräußerung durch die Gemeinde bei der Enteignung zur Vorbereitung der baulichen Nutzung 89 2 d, 3 c Veräußerungsfrist bei der Enteignung zur Vorbereitung der baulichen Nutzung 89 2 c Veräußerungspflicht der Gemeinde 89 2 a, c — Ausnahme von der V. 89 2 b Verbrauchermärkte II 3 Verfahrensvorschriften bei den Baulandgerichten 157 4; 161 Verfügungssperre im Umlegungsverfahren 50 1 a, b Vergleichspreise II 1 § 4 Vergleichswertverfahren II 2 II Verjährung 133 3 f, 4 e; 135 1 a Verkehrsflächen 5; 9; 67; 77 2 Verkehrswert 59 d; 95 2; 100 4 a; 142; II 1
Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften 155 a; 155 b Vermögensnachteile 96 2 a, b, c, d Verpflichtungsklage 15 b Verpflichtungsverträge 143 a Versagungsgründe im Bodenverkehrsverfahren 20 Versorgungsanlagen 5; 9; 19 5 Verteilung im Umlegungsverfahren nach Flächen 58 — nach Werten 57 1 — Nichtanwendung in Sanierungsgebieten nach dem StBauFG 58 e Verteilungsmasse im Umlegungsverfahren 55 2 c; 56 a; 59 a Verteilungsmaßstab für den Erschließungsaufwand 131 1, 2, 3 — im Umlegungsverfahren 56 a, b, c, d; 57 1 Verteilungsverfahren bei der Enteignung 119 —, Geltendmachung des Rechts an der hinterlegten Summe 119 2 —, Vorbehalt zugunsten landesrechtlicher Vorschriften 119 4 Vertrauensschaden 39 j Vertreter, Bestellung eines V. durch das Vormundschaftsgericht 149 a Verwaltungsabkommen 4 5 Verwaltungsakte 157 1, 3 Verwaltungsrechtsweg 6 2 a, 3; 15 b; 17 1; 20 a; 21 5; 25 1 zu d; 31; 33; 35 4 a, d; 38 2; 126 3 a; 150 b; 154 d; 172 13 b Verwaltungsverfahren Vorbem. vor 145; 145 ff. Verwendungsfrist im Enteignungsverfahren 114 Verwirkung 133 3 f, 4 e; 135 1 a Verzinsung des Entschädigungsbetrags 99 4 — der Erschließungsbeiträge 128 2 c; 135 1 a — des Kapitaldienstes f. d. Erschließungsaufwand 128 2 c Vollgeschosse II 3 § 18 Vollstreckungsgericht, Benachrichtigung des V. 54 2; 109 4; 119 1037
Stichwortverzeichnis Vorarbeiten auf Grundstücken 151 1 Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag 133 4 Vorbehalt für Bayern 6; 11; 188 Vorhaben 29 1; 37 2 — auf nach dem Landbeschaffungsgesetz zu beschaffenden Grundstücken 37 4 —, Begriff des V. 29 Rechtsprechung 29 1; 30 3; 31 2; 33 4; 34 3; 35 5 —, Zulässigkeit 30; 33; 34; 35 Vorkaufsrecht der Gemeinde Vorbem. vor 14; 2 4 - 2 8 a —, allgemeines V. 24 1 —, Ausschluß der Ausübung und Übertragung des V. 24 4 a —, Ausübung des V. 24 3 ; 28 a —, besonderes V. 24 a ; 25; 25 a ; 26 —, Entschädigung für ältere Erwerbsrechte 28 —, Geltendmachung des V. 24 3 c —, Pflichten der Gemeinde bei Ausübung des V. 25 3 —, Rechte des Käufers 25 4 —, Rechtsfolgen der Ausübung 24 3; 27 2 —, Rechtsprechung zum V. 24 6 —, Rücktrittsrecht 28 a 3 —, Schrifttum 24 7 —, Übergangsvorschriften für den V. 178 —, Verkehrswert 28 a —, Voraussetzungen 24 2; 27 1 — Vorabentscheidung des Baulandgerichts 28 a 4 —, Vorbehalt von Rechten 25 2 —, Vorrangigkeit des V. 24 5 —, Vorschriften der Länder zum V. IV A —, zugunsten eines anderen 27 —, Zuständigkeit bei Streit um die Wirksamkeit der Ausübung des V. 24 3 c Vorlagepflicht der Behörde bei Antrag auf gerichtliche Entscheidung 157 3 Vormundschaftsgericht 149 a Vorrang von Planungen 38 1 Vorverfahren 155 Vorwegnahme der Entscheidung im Umlegungsverfahren 76
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Vorzeitige Ausführungsanordnung im Enteignungsverfahren 165 1, 2 Vorzeitige Besitzeinweisung 116 Anfechtung der v. B. 116 11; 164 b —, Antrag auf v. B. 116 3 a —, Aufhebung der v. B. 116 10 —, Beschluß über v. B. 116 3 b —, Entschädigungsleistung 116 8, 12 —, Inhalt d. Beschl. üb. die v. B. 116 4 — im Umlegungsverfahren 77 1, 2, 3, 4, 5 —, mündliche Verhandlung 116 3 b —, Sicherheitsleistung 116 6 —, Voraussetzungen der v. B. 116 2 —, Wirkungen der v. B. 116 7 —, Zustandsfeststellung vor der v. B. 116 9 W Wasserflächen 5 2 a Wasserhaushaltsgesetz 38 1 zu a Wasserverbandsordnung 38 1 zu a Wasserschutz- und Quellenschutzgebiete 5 2b Weiterführung bisheriger Nutzung 51 2 Wertausgleich 100 4 b Wertänderungen, Nichtberücksichtigung von W. bei der Entschädigung für Rechtsverluste 95 4 Werterhöhung, Nichtberücksichtigung 96 2d Wertermittlung 136 2; 142; II 1, 2 Wertermittlungsrichtlinien II 2 WertmaDstab im Umlegungsverfahren 57 1 Wertminderung 44 2; 95 8 — bei Ermittlung des Verkehrswerts II 1 § 16 —, technische W. II 1 § 16 wertsteigernde Veränderungen 14 1 a; 51 1 b; 95 5, 6 Wertunterschiede Berücksichtigung von W. 100 4; 101 2 e Widerspruch gegen Grundbucheintragung 23 — im Verwaltungsverfahren 155 2 b
Rom. Zahl = Teil; fette arab. = §; magere = Anm. Wiedereinsetzung 153 1; 2, 3; 158 1, 2 Wirkung der Versagung der Bodenverkehrsgenehmigung 19 7 Wirtschaftsplan nach dem Wohnsiedlungsgesetz 5; 173 2 a Wochenendhausgebiete II 3 § 10 Wochenendhäuser 35 2 c Wohngebiete II 3 3, 4 Wohl der Allgemeinheit 24 2; 77 1, 3; 87 2 a, 4 Wohnsiedlungsgesetz 19 1 —, Abwicklung von Verfahren nach dem W. 174 4 —, Weiterführung von Verfahren nach dem W. 174 5 Wohnungseigentum 101 2 a
Z Zinsen 99 4; 95 7; 128 2 c; 135 1 a Zinsen aus Enteignungsentschädigung 95 7 A 15; 99 4 Ziviler Bevölkerungsschutz Vorhaben des z. B. 37 2 Zivilprozeßordnung, Anwendung von Vorschriften der Z. 161 1; 167 2
Zubehör 86 3 a; 92 4 c; 123 Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Grundstücksenteignung zur Entschädigung in Land 90 2 a, b —, Ausnahmen 90 3 a Zurückstellung von Baugesuchen 15 a Zusammenschlüsse nach Zweckverbandsgesetz 4 6 Zuständigkeit —, örtliche und sachliche Z. 148 — bestimmter Landgerichte 159 2 Zuständigkeitsregelung abweichende Z. 147 Zuständigkeitsiibertragung 6 11; 1 6 b ; 36; 147 b Ausschuß der Z. 28 c; 104 1 Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde 36 2 Zustimmung der Obersten Landesbehörde
106 Zwangsenteignung eines Grundstücks 109 4 Zwangsgeld 48 3 Zwangsmittel 48 3; 107 4; 150 Zwangsvollstreckung 122 2 Zwangszusammenschlüsse 4 2
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