Ausgrabungen im Rheinland 1979/80 : 3792706016, 9783792706015


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Ausgrabungen im Rheinland 1979/80 :
 3792706016, 9783792706015

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Ausgrabungen Rheinland

Ausgrabungen im Rheinland '79/80

Ausgrabungen im Rheinland '79/80

KUNST U N D A L T E R T U M A M R H E I N Führer des Rheinischen Landesmuseums Bonn herausgegeben im Auftrag des Landschaftsverbandes Rheinland Nr. 104

RHEINISCHES LANDESMUSEUM BONN

Ausgrabungen im Rheinland 1979/80

Rheinland-Verlag GmbH • Köln in Kommission bei Rudolf Habeh Verlag GmbH • Bonn

Rheinisches Landesmuseum Bonn Ausstellung 19. 2.—29. 3. 1981

Das Umschlagbild zeigt die Verladung eines Teilstücks der römischen Eifelwasserleitung mit Einstiegschacht bei Mechernich-Breitenbenden; das Teilstück befindet sich jetzt vor dem Rheinischen Landesmuseum Bonn.

A U S S T E L L U N G Konzept und Leitung: Heinz Günter Hörn und Gustav Müller Präsentation: Klaus Honnef, Heinz Günter Hörn und Mitarbeiter KATALOG

Gesamtredaktion: Gisela Hellenkemper Salies Textredaktion: Gerhard Bauchhenß Umschlag: Jörn Kraft unter Verwendung eines Fotos von Antonius Jürgens Lithos: Peukert & Co., Köln Druck: Druckhaus B. Kühlen GmbH & Co. KG, 4050 Mönchengladbach l

© Rheinisches Landesmuseum Bonn 1981 ISBN 3-7927-0601-6

Vorwort

Wieder einmal zeigt das Rheinische Landesmuseum Bonn eine Ausstellung, die von der Arbeit der Bodendenkmalpflege Rheinland berichtet. Dargestellt sind einige Resultate aus den Grabungsjahren 1979 und 1980, die bei fast 90 Untersuchungen kaum spektakuläre Einzelfunde, sondern eher Aufschlüsse für die historische Siedlungskunde des Rheinlandes brachten. Der begleitende Ausstellungskatalog behandelt im wesentlichen die Grabungsergebnisse des Jahres 1980; auf die in der Ausstellung präsentierten Funde und Befunde des Jahres 1979, die bereits im Sonderheft „Das Rheinische Landesmuseum Bonn — Ausgrabungen im Rheinland "79" bekannt gemacht wurden, wird in einem Nachtrag hingewiesen. Es war eine glänzende Idee des ausgeschiedenen Abteilungsleiters der Bodendenkmalpflege, Professor Dr. Walter Janssen, jährlich die Grabungsergebnisse vorzustellen. Leider aber hatte sie derart durchschlagenden Erfolg, daß der wissenschaftliche Jahresbericht, den die Rheinische Bodendenkmalpflege seit nunmehr fast 50 Jahren als Pflichtaufgabe an die Oberste Denkmalbehörde und die Wissenschaftler gibt, ins Hintertreffen geriet und mehr und mehr ausblutete. So liegt nun Katalog und Ausstellung eine veränderte Konzeption zugrunde, der aus Organisations- und Zeitgründen allerdings noch nicht voll entsprochen werden konnte. Sie soll nicht nur dem interessierten Laien und Ausstellungsbesucher zum besseren Verständnis des Dargebotenen dienen, sondern auch dem Jahresbericht des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege in den Bonner Jahrbüchern, unserer wissenschaftlichen Zeitschrift, wieder Gewicht verleihen. Betrachten wir also Ausstellung und Katalog in der beabsichtigten Form als Erweiterung der allgemeinen Idee einer „Mustermesse der rheinischen Archäologie" und als Dank an den ausgeschiedenen Erfinder. Zugleich geht mein Dank an die Mitarbeiter des Amtes unter den Abteilungsdirektoren Dr. Heinz Günter Hörn und Dr. Gustav Müller. Alle zusammen haben sie in bewährter Kooperation den Erfolg auch des Rückblicks über die Jahre 1979 und 1980 sichergestellt. Das zweite Halbjahr 1980 brachte die ersten Erfahrungen mit dem neuen Denkmalschutzgesetz, das am 1. Juli 1980 für Nordrhein-Westfalen in Kraft trat.

Abgesehen von der Tatsache, daß die Rheinische Bodendenkmalpflege die vom Ministerium für Landes- und Stadtentwicklung als Oberste Denkmalbehörde gestellte Aufgabe, alle bekannten Bodendenkmäler aufzulisten, weiter mit großem Erfolg nachkommt und den vorläufigen Abschluß dieser Liste bereits sieht, wird es noch eines guten Stücks Arbeit und Aufklärung in den Gemeinden als den Unteren Denkmalbehörden bedürfen, bis jener Grad der Zusammenarbeit erreicht ist, der es Amt und Gemeinden erlaubt, die Rettung der Denkmäler im Landesteil Nordrhein so wirksam wie möglich zu gestalten. Insgesamt ist jedoch bereits eine enge und einvernehmliche Kooperation mit dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege zu spüren. Das Interesse der Gemeinden an der Wahrung auch ihrer historischen Umwelt ist in unserem Lande groß. Möge diese Ausstellung, dieser Katalog den Denkmälern und ihren Erforschern neue Freunde bescheren, alte Freundschaften bekräftigen. Die Sorge um die Denkmäler kommt der Befindlichkeit des Menschen in unserem Lande zugute.

Bonn, im Januar 1981

Christoph B. Rüger Direktor des Rheinischen Landesmuseums Bonn/ Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege

Inhalt

G. MÜLLER, Zur Situation der Bodendenkmalpflege

l

R. LASKOWSKI, Die Bodendenkmälerliste — ein erster Überblick . . .

7

M. RECH UND MITARBEITER, Ausgrabungen im Bereich der Außenstelle Overath

20

A. JÜRGENS UND MITARBEITER, Die Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums in Zülpich

29

W. SCHWELLNUS UND MITARBEITER, Archäologie im Rheinischen Braunkohlenrevier: Die Außenstelle Braunkohle 1980

38

H.-H. WEGNER UND MITARBEITER, Die Außenstelle Niederrhein . . H. THIEME, Neue Untersuchungen zu mittelpaläolithischen Fundschichten in Mönchengladbach-Rheindahlen

50 57

S. K. ARORA, H. J. HOLZ UND E. KLEIN, Der mittelsteinzeitliche Fundplatz Mönchengladbach-Wickrathberg

63

J. WEINER, Die dritte Grabungskampagne auf dem steinzeitlichen Bergwerk Lousberg in Aachen

67

A. JÜRGENS, Bandkeramische Siedlungsspuren bei Nörvenich-Eggersheim, Kr. Düren, und Kerpen-Blatzheim, Erftkreis

72

S. ARORA UND MITARBEITER, Der Fundplatz Frimmersdorf 42

. . .

76

A. MELIN-SlMONS UND J. HERMANNS, Ein Gräberfeld der jüngeren vorrömischen Eisenzeit im Vorfeld des Tagebaus Zukunft-West . . . CH.-P. SCHMITZ, Bergung eines Einbaums in Duisburg

82 83

G. JUNGHANS, Eisenzeitliche Bauten und ein Gräberfeld frührömischer Zeit aus Hambach 503

87

G. PRECHT UND MITARBEITER, Der Archäologische Park Xanten, Kr. Wesel G. GERLACH, Zwei vorcoloniazeitliche Spitzgräben in der Südostecke der CUT C. J. BRIDGER, Neue Ergebnisse zur Badeanlage am „Haus am kleinen Hafentor" U. HEIMBERG, Ein Grabfund aus Xanten

90 106

111 115

M. DOHRN-lHMIG, Urnen- und Brandgräber der frühen römischen Kaiserzeit im Bereich des Tagebaus Hambach

119

W. GAITZSCH UND J. HERMANNS, Das Matronenheiligtum von Eschweiler, Kr. Aachen

122

A. JÜRGENS UND T. VOGT, Reste römischer Gewerbebetriebe in Stolberg-Gressenich, Kr. Aachen

129

W. GAITZSCH UND J. HERMANNS, Eine römische Hofanlage im „München Busch" bei Niederzier, Kr. Düren

133

K. GREWE, Untersuchungen an der Eifelwasserleitung

136

T. BECHERT, Asciburgium — Kastellgrabung 1980 A. JÜRGENS, Ein fränkisches Steinplattengrab aus Mechernich-Holzheim, Kr. Euskirchen J. GlESLER, Siedlungsarchäologische Untersuchungen in Krefeld-Stratum V. ZEDELIUS, Ein neuer Sceatta vom „Maastricht"-Typ aus dem Rheinland G. KRAUSE, Archäologische Entdeckungen zur ältesten Geschichte der Stadt Duisburg H.-H. WEGNER, Die Ausgrabungen in der St.-Willibrord-Kirche in Kleve-Rindern

144 148 151

159 161 171

D. VON BRANDT UND J. GOEBELS, Ausgrabungen in der Pfarrkirche St. Peter in Königshoven, Stadt Bedburg, Erftkreis

175

H.-E. JOACHIM, Eine Kirchenanlage des 12. Jahrhunderts auf dem Petersberg bei Königswinter

179

G. MÜLLER UND J. WENTSCHER, Archäologische Untersuchungen im Schloß Zons

183

A. JÜRGENS UND W. M. KOCH, Untersuchungen an der Pfarrkirche St. Viktor in Nörvenich-Hochkirchen, Kr. Düren

187

M. GROSS UND H. LOHMANN, Die archäologischen Untersuchungen auf der Löwenburg, Stadt Bad Honnef, Rhein-Sieg-Kreis . . . .

193

A. JÜRGENS UND A. WERNER, Archäologische Untersuchungen im Bereich der Burg Weisweiler, Kr. Aachen

201

M. RECH UND M. GROSS, Ergänzendes zur Burganlage Steiner Häuschen bei Bonn-Oberkassel

203

G. MÜLLER UND J. WENTSCHER, Ein Töpferofen vom Raerener Typ in Langerwehe

207

A. JÜRGENS, Töpferöfen des 19. Jahrhunderts in Frechen, Erftkreis

210

. .

H. G. HÖRN, Eine Privatsammlung vom Niederrhein

217

H. G. HÖRN, Ein Siegesmonument der legio VI victrix

223

Karte und Verzeichnis der Grabungs- und Fundorte des Jahres 1980 Nachtrag

.

226 229

Zur Situation der Bodendenkmalpflege von Gustav Müller

Die archäologische Erforschung des Rheinlandes, ehemals betrieben durch den Direktor des Rheinischen Landesmuseums Bonn als Staatlichen Vertrauensmann für Bodenaltertümer, heute durch das Rheinische Landesmuseum / Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland, wird seit einigen Jahrzehnten in Arbeitsweise und Zielsetzung entscheidend beeinflußt durch den teils hektischen wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes und durch die erstaunliche Weiterentwicklung technischer Maschinen und Geräte für Bergbau, Baggereien, Bau-, Land- und Forstwirtschaft. Zu den negativen Erscheinungen ist auch die Zersiedelung des Landes zu rechnen, die heute schon ein bedrohliches Ausmaß angenommen hat. Die moderne „Landnahme" setzt sich allem Anschein nach ohne Abschwächung fort: Urweltlichen Ungetümen gleich, graben haushohe Bagger, die täglich bis zu 200 000 m3 Boden abtragen können, im Dreieck Köln-Aachen-Grevenbroich riesige Löcher bis zu den Braunkohleablagerungen hinab; gleichzeitig schütten mächtige Auslader den Aushub neben den Gruben zu Hügellandschaften auf; starke Raupen schneiden weiterhin Trassen für neue Autobahnen und Bundesstraßen in die Landschaft; täglich werden neue Baugruben als Vorhut der ausufernden Städte und Siedlungen ausgehoben, dehnen sich bei der Entnahme von Baumaterialien unzählige Sand- und Kiesgruben immer weiter aus, überfluten dringend benötigte Stauseen immer neue Täler, reißen Tiefpflüge als Folge landwirtschaftlichen Raubbaus immer tiefere Narben in den Untergrund. Wer Meßtischblätter der Vorkriegszeit mit den letzten Ausgaben von 1979 vergleicht, wird mit Erschrecken feststellen, welch große land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, unter denen Höfe, Siedlungen und Ruhestätten unserer Altvorderen begraben lagen, in all diesen Jahren überbaut und einbetoniert worden sind. Schon frühzeitig — dies muß mit Anerkennung vermerkt werden — reagierten politische Vertretungen und Verwaltungen des Landschaftsverbandes Rheinland und des Landes Nordrhein-Westfalen auf die bedrängte Situation, der sich die Bodendenkmalpfleger ausgesetzt sahen. Die Zahl der Planstellen wurde in den

letzten Jahrzehnten mehrmals aufgestockt und die finanziellen Mittel für Ausgrabungen jährlich erhöht. Die nach bestem Vermögen gewährten Gelder reichten dennoch nie aus, die erforderlichen Maßnahmen zur wissenschaftlichen Rettung aller von Zerstörung bedrohten Bodendenkmäler zu treffen. Nach einer jüngsten Zählung sind dem Rheinischen Landesmuseum 15 000 archäologische Fundstellen und -platze aus dem Bereich des Landschaftsverbandes bekannt. Das Zehnfache dürfte nach Erfahrungswerten den gesamten Bestand ausmachen. Nach früheren Schätzungen gehen jährlich etwa 100 Fundplätze — unbeobachtet oder nicht gemeldet — verloren. Von weiteren 100 gefährdeten, aber bekannten Objekten können jährlich, im Hinblick auf den Etat und nach rein fachlichen Kriterien ausgewählt, 50 bis 70 Fundplätze ausschließlich durch Notgrabungen mehr oder minder ausreichend untersucht werden. Darunter fallen auch Grabungen, die das ganze Jahr über dauern. Bei der personellen Besetzung der Abteilung Bodendenkmalpflege ist die große Zahl der jährlichen Rettungsaktionen nur durch den Einsatz aller Kräfte der technischen und wissenschaftlichen Mitarbeiter möglich gewesen, ein auf Dauer aber unhaltbarer Zustand. Unter solchen Umständen muß die wissenschaftliche Aufarbeitung abgeschlossener Grabungen leiden. Gegenüber dem Preußischen Ausgrabungsgesetz von 1914 bringt das Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz-DSchG) vom 11. 3. 1980 einige Verbesserungen. Es überträgt den Gemeinden als Unteren Denkmalbehörden Aufgaben der Gefahrenabwehr: Sichtung, Sicherung und Schutz der ober- und unterirdischen Bodendenkmäler. Als unmittelbare Auswirkung dieses Auftrages ist zu erwarten, daß die oben genannte archäologische Dunkelziffer sich bald vermindern wird. Um die Absichten des Gesetzes zu verwirklichen, wird das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege als Fachbehörde des Landschaftsverbandes eine enge Zusammenarbeit mit den Unteren Denkmalbehörden anstreben. Das Amt ist gern bereit, bei der Bestellung von ehrenamtlichen Beauftragten für Denkmalpflege mitzuwirken und aus dem Kreis der ehrenamtlichen Mitarbeiter des ehemaligen Staatlichen Vertrauensmannes in der Bodendenkmalpflege erfahrene, geeignete Persönlichkeiten vorzuschlagen. Das Rheinische Landesmuseum hat, finanziell durch das Land unterstützt, in den beiden letzten Jahren die Bodendenkmäler der meisten Kreise und Städte des Rheinlandes erfaßt und über diese ausführliche Denkmalblätter angelegt. Diese Unterlagen stehen den Unteren Denkmalbehörden, die per Gesetzesauftrag Denkmallisten erarbeiten und führen müssen, auf Anfrage zur Verfügung. Die Denkmalblätter der letzten, nur zum Teil bereisten Städte Duisburg, Essen, Mülheim und Oberhausen und des Erftkreises werden noch im Laufe des Jahres vorliegen. Als entschieden schwierigeres Unterfangen müssen in den nächsten Jahren die unterirdischen Bodendenkmäler aufgearbeitet werden, ein für das Amt vordringliches Anliegen, da diese stärker gefährdeten Denkmäler dann erst als Gra-

bungsschutzgebiete ausgewiesen oder als Bodendenkmäler unter Schutz gestellt werden können. Für diese Aufgabe können leider keine Mitarbeiter des Amtes abgestellt werden. Um die benötigten Denkmalblätter in absehbarer Zeit erstellen zu können, ist eine weitere finanzielle Hilfe durch das Land Nordrhein-Westfalen dringend erforderlich. Das Rheinische Landesmuseum hat vor drei Jahren begonnen, die Bodendenkmalpflege im Rheinland, einer größeren Bürgernähe wegen, durch Einrichten von Außenstellen flächendeckend zu dezentralisieren und damit Bestrebungen des neuen Denkmalschutzgesetzes vorweggenommen. Bei der Suche nach geeigneten Dienstorten sind wir von vielen Seiten unterstützt worden. Bei allen Entscheidungen, die in keinem Fall leicht gewesen sind, haben die verkehrsgünstigsten Anbindungen den Ausschlag gegeben. Besonderer Dank gebührt den politischen Ausschüssen und Verwaltungen der ausgewählten Dienstorte für ihr großzügiges Entgegenkommen. Die Aufgaben der Außenstellen, die sich einerseits aus ihrer fachlichen Kompetenz und andererseits aus ihrem Verständnis als Dienstleistungsorgan ergeben, sind: die archäologische Erforschung ihres Dienstbereiches zu betreiben und zu fördern, insbesonders gefährdete Fundstellen und -platze zu überwachen und zu untersuchen, die Ziele der Bodendenkmalpflege in weiteren Kreisen der Bevölkerung, besonders in den Schulen und kulturellen Vereinigungen, bekannt zu machen, Heimatmuseen zu beraten, ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter zu betreuen und möglichst engen Kontakt zu kommunalen Behörden, Verwaltungen, Industrie- und Bauunternehmen zu suchen und zu pflegen. Der Abteilung Bodendenkmalpflege unterstehen vorerst fünf Außenstellen (Abb. 1): 1. Außenstelle Zülpich (Dr. A. Jürgens) für die Stadt Aachen und die Kreise Aachen, Euskirchen, Düren, Erftkreis und Heinsberg 2. Außenstelle Niederzier (Dr. W. Schwellnus) für den Braunkohlentagebau 3. Außenstelle Overath (Dr. M. Rech) für die Kreise und Städte Rhein-SiegKreis, Bonn, Oberbergischer Kreis, Bergischer Kreis, Leverkusen, Neuss, Düsseldorf, Mettmann, Solingen, Remscheid und Wuppertal 4. Außenstelle Xanten (z. Z. unbesetzt) für die Kreise und Städte Mönchengladbach, Viersen, Krefeld, Duisburg, Mülheim, Essen, Oberhausen, Bottrop, Wesel und Kleve 5. Außenstelle Archäologischer Park Xanten für die Colonia Ulpia Traiana. Von den geographischen Voraussetzungen her hat jede Außenstelle andere Forschungsaufgaben als Schwerpunkte zu erfüllen. So soll die Außenstelle Niederzier durch intensive Erforschung des relativ kleinräumigen Braunkohlentagebaus die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt vom Mesolithikum bis zur Neuzeit untersuchen, die Außenstelle Overath für den gleichen Zeitraum den Besiedlungsablauf im Bergischen Land verfolgen und die Frühphasen der Industrie- und Wirtschaftsgeschichte dieses Gebietes erforschen. Da die Außenstellen

Abb. l Arbeitsgebiet des Rheinischen Landesmuseums Bonn/Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege mit den Arbeitsbereichen der Außenstellen. — Maßstab 1:1 000 000.

personell noch unterbesetzt sind, können sie vorerst nur ihren dringendsten fachlichen Aufgaben nachkommen und nicht auch die ebenso wichtigen Dienstleistungen erbringen. Um sie zu entlasten und alle fachlichen Anforderungen zu erfüllen, möchten wir nicht nur eine weitere Außenstelle im Mittelstreifen des Rheinlandes zwischen Brüggen-Heinsberg und Essen-Wuppertal einrichten, sondern auch ein Kirchenreferat unter einem archäologisch erfahrenen Kunsthistoriker, da in den letzten Grabungskampagnen jährlich sechs bis zehn Kirchen untersucht werden mußten. Einen nicht geringen Anteil ihrer Effizienz verdankt die Bodendenkmalpflege im Rheinland dem Netz der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Staatlichen Vertrauensmannes. Auf eine Unterstützung durch diese vor Ort bewährten Kräfte kann auch in Zukunft nicht verzichtet werden. Das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege wird daher alle Heimatfreunde, die Bodenfunde nicht privat sammeln und ihre Arbeit nur als Dienst an der Allgemeinheit verstehen, zu ehrenamtlichen Mitarbeitern ernennen und ihnen die entsprechenden Ausweise übergeben. Kommunale Behörden, Unternehmer und Bauherren werden gebeten, den meist in der Freizeit ausgeübten Einsatz der freiwilligen Helfer zu unterstützen und zu fördern. Die Jahrestagung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, an der auch andere Interessenten teilnehmen können, wird, dank des Entgegenkommens der Stadt, wahrscheinlich vom 22. 5. bis zum 24. 5. 81 in Blankenheim stattfinden. Andere Heimatfreunde können dagegen nicht von ihrer Sammelleidenschaft lassen. Da die meisten ihre aufgelesenen Bodenfunde melden, werden wir den schon bestehenden Kontakt zu ihnen weiter ausbauen. Größere Schwierigkeiten werden wir auch in Zukunft von Raubgräbern zu erwarten haben, die nicht nur Fundplätze abgehen, sondern oft, allein aus habgierigen Beweggründen, auf der Suche nach Funden mit dem Spaten ungestörte archäologische Schichten zerstören. Wir können nur hoffen, daß die Strafandrohungen des neuen Denkmalschutzgesetzes wenigstens einen Teil der Raubgräber abschrecken. Das Amt wird alle strafwürdigen Handlungen, die bekannt werden, gerichtlich verfolgen und ahnden lassen. Das außergewöhnliche Interesse an ihren archäologischen Fundstätten veranlaßt häufig Heimatfreunde und auch kommunale Behörden, dem Rheinischen Landesmuseum die Ausgrabung dieser Objekte vorzuschlagen. Diese Bestrebungen werden in den nächsten Jahren sicherlich zunehmen. Aus personellen Gründen ist und wird es in absehbarer Zeit nicht möglich sein, diesen Wünschen nachzukommen, da nach dem Gesetzesauftrag vordringlich die von Zerstörung bedrohten Bodendenkmäler wissenschaftlich untersucht werden müssen. Wie schon früher, können wir auch jetzt nur alle Betroffenen bitten, Verständnis für unsere Argumente zu zeigen. Eine funktionierende Bodendenkmalpflege ist darauf angewiesen, rechtzeitig, d. h. schon im Planungsstadium, über Maßnahmen informiert zu werden, die archäologische Bodendenkmäler und Fundplätze bedrohen. In den vergangenen

Jahren haben zahlreiche Gemeinden und Verwaltungen aus ihrer Verantwortung heraus auf freiwilliger Basis uns jährlich über 1000 Unterlagen zur Überprüfung zugestellt. Durch das neue Denkmalschutzgesetz ist nun auch das Amt für Bodendenkmalpflege in die gleiche Rechtsposition versetzt wie früher schon der Landeskonservator. Das Amt muß sich organisatorisch darauf einstellen, daß zukünftig alle Gemeinden und Verwaltungen ihre Planungsvorhaben dem Amt zur Kenntnis vorlegen. Mit Sicherheit wird die Anzahl der unbeobachtet zerstörten Fundstellen dadurch vermindert. Der Überprüfung muß eine Vorfeldaufklärung der gefährdeten Flächen durch Begehung, Befliegung und Magnetometervermessung folgen. Der vorliegende Katalog soll kein Rechenschaftsbericht sein. Dieser ist an anderer Stelle abzugeben. Aus mehreren Gründen ist die Gestaltung des Kataloges geändert. Zunächst haben die Leiter der Außenstellen das Wort: Sie berichten über alle Planungen und Untersuchungen und über den jeweiligen Forschungsstand ihres Arbeitsbereiches. Anschließend an diese Rapporte beschreiben Ausgräber und Bearbeiter in knappen Zusammenfassungen die wichtigsten Grabungen und Fundobjekte, die in der Ausstellung Platz gefunden haben. Trotz seiner gestrafften Form ist der Katalog nicht nur ein nützlicher Begleiter durch die Ausstellung, sondern er vermittelt auch einen ausreichenden Überblick über alle Maßnahmen, die im Jahre 1980 im Rahmen der Bodendenkmalpflege getroffen worden sind.

Die Bodendenkmälerliste — ein erster Überblick von Rainer Laskowski

Die Arbeiten an der Bodendenkmälerliste im Rheinischen Landesmuseum Bonn/ Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege konnten im vergangenen Jahr zügig weitergeführt werden. Bis zum 1. Dezember 1980 sind 80% des Arbeitsgebietes hinsichtlich der obertägigen Bodendenkmäler untersucht worden. Es fehlen noch die vier kreisfreien Städte Duisburg, Essen, Mülheim a. d. Ruhr und Oberhausen sowie der Erftkreis, der Kreis Viersen und der rechtsrheinische Teil des Kreises Wesel. Bei diesem Stand der Arbeiten kann durchaus schon eine vorläufige Bilanz über die obertägig im Gelände noch vorhandenen Bodendenkmäler vorgelegt werden. Bisher konnten 699 Bodendenkmäler inventarisiert werden; davon waren 380 bereits im Archiv des Rheinischen Landesmuseums Bonn enthalten, 319 (das sind 45%) wurden im Verlauf der Arbeiten neu entdeckt oder erstmalig exakt lokalisiert. Aufschlußreich ist ein Blick auf die einzelnen Denkmälergruppen und auf die Zahlenverhältnisse dieser Gruppen zueinander. Die ursprüngliche Anzahl der Grabhügel in unserem Arbeitsgebiet wird auf etwa 10 000 geschätzt. Bis heute konnten nur 19 einzeln liegende Grabhügel, 34 Grabhügelgruppen — d. h. zwei oder mehr dicht beieinander liegende Hügel — und 14 Grabhügelfelder lokalisiert werden. Fünf der einzeln liegenden Grabhügel und vier Grabhügelgruppen sind erst durch unsere Arbeiten entdeckt worden. Leider ist bei nahezu allen noch vorhandenen Hügeln die zentrale Bestattung offenbar entfernt worden, erkennbar an einer typischen, meist genau auf der Kuppe des Hügels sichtbaren, runden Einsenkung. Ein Teil der Grabhügelgruppen und vor allem die meisten der Grabhügelfelder wurden in einem beklagenswerten Zustand angetroffen. Als Beispiel sei hier nur das wohl bedeutendste Grabhügelfeld des Rheinlandes in der Nähe von Altenrath in der "Wahner Heide genannt, das mitten in einem Truppenübungsplatz liegt. Nur sein Kerngebiet ist gegen massive Übergriffe durch umgebende Leitplanken geschützt, das übrige durch verschiedene Aktivitäten ohne vorherige

archäologische Ausgrabungen weitgehend zerstört. Allgemein kann man davon ausgehen, daß die für die archäologische Wissenschaft bedeutende Quelle „Grabhügel" in unserem Arbeitsgebiet nahezu erschöpft ist und daß es wohl äußerster Anstrengung und energisch betriebenen Denkmalschutzes bedarf, hier wenigstens noch einzelne Anschauungsobjekte für spätere Generationen im Gelände zu erhalten. Zahlenmäßig weit geringer sind andere Gruppen von Bodendenkmälern. Zu nennen sind hier zunächst sechs Plätze mit römerzeitlichen Kultstätten. Sie liegen fast ausschließlich im Kreis Euskirchen und sind meist vorbildlich restauriert und in gutem Zustand erhalten. Hierher gehören auch die vier Plätze mit Felsritzungen in Form rechteckiger bis runder, oft miteinander durch lange, tiefe Rinnen verbundener Näpfchen (Abb. 3). Sie wurden alle in der Umgebung von Nideggen gefunden. Einer bestimmten Epoche konnte man sie bisher nicht eindeutig zuweisen, sicher gehören sie aber in den Bereich alter, magischer Vorstellungen. Aus dem Gebiet von Nideggen stammt auch der der Bonzezeit zugerechnete Schalenstein im Museum Düren (Abguß vor dem RLM Bonn). Vier noch aufrecht in der Erde stehende Steine gehören möglicherweise zur Gruppe der sog. Menhire (Abb. 2). Für den Stein in Düsseldorf-Kaiserswerth gilt dies als nahezu gesichert.

Abb. 2

Stein bei Birlinghoven, Rhein-Sieg-Kreis.

Abb. 3 Felsritzungen bei Nideggen, Kr. Düren.

Menhire werden von Menschen aufgestellte Steine genannt, die mit kultischen Vorstellungen — Ersatzleiber für Tote — in Verbindung gebracht werden. In den Umkreis dieser Vorstellungen gehören wohl auch die fünf inventarisierten Richtstätten (Galgenplätze). Sie liegen meist fernab im Wald und sind im Gelände als quadratische Hügel, teilweise mit Resten von Ummauerung, erkennbar. In einem Fall ist der Richtplatz durch einen kreisförmigen Graben mit innenliegendem Wall und durch den erhöhten Innenraum kenntlich. Die von bewohnten Orten möglichst entfernte Lage der Richtstätten und ihre deutliche Abgrenzung vom umgebenden Gelände darf man wohl auf Ängste der Menschen jener Zeiten — wahrscheinlich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit — vor den Toten zurückführen. Die umfangreichste Gruppe der bisher erfaßten Bodendenkmäler bilden die fortifikatorischen Einrichtungen. Dazu gehören die vor- und frühgeschichtlichen Befestigungsanlagen, römische Militärlager, sog. Motten, mittelalterliche Burgen, mittelalterliche und neuzeitliche Feldbefestigungen bis hin zu den wenigen übriggebliebenen Bunkern unserer Tage. Mit ihrer Hilfe lassen sich soziale und politische Strukturen und zivilisatorische Entwicklungen erkennen und dokumentieren. Die vor- und frühgeschichtlichen Befestigungsanlagen sind im Gelände allgemein durch charakteristische Wall- und Grabenverläufe gut erkennbar. Sie sind daher

Abb. 4

10

Plan des Burgberges bei Lobscheid, Oberbergischer Kreis. — Maßstab l : 2000.

Gem. Hennef - Uckerath Rhein - Sieg - Kreis

/ /\

\ Top Aufnahme K. Grewe 1979

Abb. 5 Plan des Ringwalles „Braubüsch" bei Bennerscheidt, Rhein-Sieg-Kreis. — Maßstab l : 2000.

teilweise schon recht früh und ziemlich vollständig im Rheinischen Landesmuseum Bonn inventarisiert worden. Insgesamt können nach dem neuesten Stand 63 vor- und frühgeschichtliche Befestigungsanlagen gezählt werden. Acht solcher Anlagen, darunter zwei sehr bedeutende, wurden im Verlauf der Arbeiten zur Denkmälerliste neu entdeckt. Der erste bedeutende Neufund, der Ringwall auf dem Stromberg bei Blankenheim, ist bereits im Sonderheft „Ausgrabungen im Rheinland '79" vorgestellt worden; ein weiterer wurde auf einer Höhe unweit von Gummersbach neu entdeckt. Er soll hier kurz besprochen werden: 4 km südwestlich von Gummersbach, auf der unmittelbar nördlich der Agger liegenden Kuppe des Burgberges bei Lobscheid konnte eine 6 — 7 m breite, flache Geländestufe entdeckt werden. Diese umzieht den ganzen Berg und bildet ein Oval von 135 m Länge und 100 m Breite. Die Geländestufe umzieht den Berg aber nicht auf gleicher Höhe, sondern ist am Südwesthang deutlich weiter heruntergezogen (Abb. 4). Dieses Detail unterscheidet die Anlage auffallend von den 11

meisten bisher bekannten unseres Arbeitsgebietes. Als Parallele kann nur der Ringwall auf dem Lüderich bei Overath genannt werden (vgl. Beitrag Rech S. 26f.). Außerhalb unseres Arbeitsgebietes sind zwei verwandte Anlagen aus dem Taunus bekannt: der Ringwall Gickelsburg und der Ringwall auf dem Bleibeskopf. Alle drei Anlagen datieren aufgrund der Funde in die frühe Eisenzeit, so daß diese Datierung auch für den Ringwall bei Lobscheid in Betracht gezogen werden muß. Dies ist insofern überraschend, als das innerbergische Gebiet in der Eisenzeit für unbesiedelt gilt. Ein erster eisenzeitlicher Grabfund südlich von Waldbröl — vorgestellt in den „Ausgrabungen im Rheinland '79" — sowie weitere Funde eisenzeitlicher Scherben unweit von Dattenfeld an der Sieg scheinen diese alte Lehrmeinung ins Wanken zu bringen. Eine weitere, in ihrer Art einzigartige Anlage ist der sog. Ringwall Braubüsch unweit von Bennerscheidt im Rhein-Sieg-Kreis. Er wurde jetzt erstmals von K. Grewe exakt vermessen (Abb. 5). Erkennbar ist in dem leicht nach Nordosten abfallenden Hang eine kreisrunde Wallanlage mit 40 m Durchmesser. Eine Wallunterbrechung, möglicherweise ein alter Eingang, ist im Nordosten feststellbar. Der Wall ist am Fuß durchschnittlich 6 m und an der Krone 1,5 m breit, seine Höhe beträgt bergseitig noch 0,75 m und talseitig (im NO) 1,35 m. Dem Wall ist bergseitig ein ca. 6 m breiter Graben vorgelagert. Südöstlich, unmittelbar an den Wall anschließend, befindet sich ein kreisrundes Loch von 2,5 m Tiefe und 3,5 m lichter Weite, wohl eine Finge. Die Bedeutung dieser Anlage, die bereits 1868 in den Bonner Jahrbüchern beschrieben worden ist, kann auch heute noch nicht sicher angegeben werden. Naheliegend ist aber ein Zusammenhang mit dem unmittelbar anschließenden alten Bergbaufeld. Es könnte sich um eine ältere Zufluchtstätte für Bergleute handeln. Römische Lager, speziell Legionslager, sind in der Denkmälerliste spärlich vertreten, da es sich hier meist um untertägige Bodendenkmäler handelt. Erwähnenswert sind sechs auffallend gleichartige, rechteckige Wallanlagen mit nach innen einziehenden Toren im Kottenforst bei Bonn. Wie bereits früher für eine Anlage gezeigt wurde, handelt es sich hier aller "Wahrscheinlichkeit nach um Reste römischer Übungslager der in Bonn stationierten Legion. Die Anzahl der inventarisierten Motten, d. h. künstlicher Erdhügel mit umgebendem Graben von oft beträchtlichem Ausmaß, ist hoch. Neben den bereits bekannten 59 Anlagen konnten 20 neu hinzugefügt werden, so daß der bekannte, im Gelände erhaltene Bestand dieser Anlagen jetzt 79 beträgt. Motten befinden sich vorwiegend in den Niederungen (Niederungsmotten), einzelne auch auf Hängen oder an Geländekanten (Hangmotten) sowie auf Bergrücken oder Kuppen (Höhenmotten). Die mittelalterlichen Burgen stellen die umfangreichste Denkmälergruppe dar. In die Bodendenkmälerliste wurden aber nur solche Anlagen aufgenommen, die nahezu vom Erdboden verschwunden sind und als Burgwüstungen bezeichnet 12

werden müssen. In den meisten Fällen sind sie nur noch durch ihre mächtigen Gräben feststellbar. Nur gelegentlich finden sich geringe Mauerreste. Es wurden bisher 83 Anlagen inventarisiert, 26 davon sind Neuzugänge. Landwehren grenzen Herrschaftsgebiete ein. Sie sind aber nicht, wie vielfach irrtümlich angenommen, die Grenzen selbst, sondern liegen, wie dies auch bei einer

Top Aufnahme: K.Grewe 1979 Rheia Landesmuseun Born

Abb. 6 Wallanlage „Esel" im Eselsberg bei Lützgenauel, Rhein-Sieg-Kreis. — Maßstab l : 2000.

Anzahl „moderner" Grenzsperren der Fall ist, knapp hinter der eigentlichen Grenze, noch auf dem eigenen Territorium. Für den Verlauf der Landwehren scheinen des öfteren strategische Gesichtspunkte wichtiger gewesen zu sein als der eigentliche Grenzverlauf. Von den Landwehren zu unterscheiden sind die sog. Wald-, Tal-, Höhen- und Wegesperren sowie die Grenzwehren. Insgesamt konnten bisher 74 Objekte der genannten Art inventarisiert werden; 51 davon sind Neuzugänge. Eine der Wegesperren — in ihrer Art einzig — wurde im Jahre 1979 erstmals exakt vermessen, da sie durch geplante Straßenbaumaßnahmen gefährdet ist. Sie wird „Der Esel" genannt und liegt in einem steil zur Sieg abfallenden Berghang, ca. l km nordöstlich von Merten (Abb. 6). Ein insgesamt noch knapp 50 m lan13

Abb. 7

Wurt auf der Rheinuferterrasse bei Kleve-Gnethausen, Kr. Kleve.

ger, schnurgerader Wall von 3 — 3,5 m Breite und 0,75—2,8 m Höhe besitzt in seiner Mitte einen 2 m breiten Durchlaß für einen beiderseits des Walles noch gut erhaltenen Hohlweg. Dieser an einer günstigen Stelle abgesperrte Weg führt von der Sieg (bei Lützgenauel) auf die Höhe. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen „Zubringer" zur alten Nutscheidstraße, so daß der an der Sperre wohl erhobene Wegezoll recht einträglich gewesen sein dürfte. Aus der frühen Neuzeit stammen Geschützstellungen oder Batterien sowie die Schanzen, Zeugnisse früher massiver Verwendung von schweren Feuerwaffen. Erhalten sind hufeisenförmige Wälle als Deckung für ein Geschütz oder mehrere sowie Schanzen der verschiedensten Form, darunter auch sog. Sternschanzen. Insgesamt konnten noch 33 Objekte dieser Art ausfindig gemacht werden, archiviert waren von ihnen erst acht. Viele sind jedoch schwer beschädigt oder teilweise zerstört, sicher deshalb, weil ihr Schutz bisher noch nicht ernsthaft erwogen worden ist. Auch die fortifikatorischen Anlagen der allerjüngsten Zeit, die ja ebenfalls bereits Geschichte geworden ist, Geschützstände und Bunker des Westwalls aus dem Zweiten Weltkrieg, sollten, wenigstens in einigen Beispielen, erhalten bleiben. Vierzehn Objekte, die im Arbeitsgebiet des Rheinischen Landesmuseums Bonn 14 Abb. 8

Fossa Eugeniana in Rheinberg, Kr. Wesel.

liegen, wurden für die Denkmälerlisten ausgewählt. Die Schutzwürdigkeit solcher Anlagen ist heute teilweise zwar noch umstritten; betrachtet man die Frage vom historischen Standpunkt, sollten nicht nur alte Zeugnisse menschlicher Aggressivität unter Schutz gestellt, die uns noch so nahestehenden aber ignoriert werden. Die letzte große Gruppe obertägiger Geländedenkmäler bilden die Überreste der menschlichen Wohn- und Arbeitsplätze bis hin zu industriellen Einrichtungen. Die frühesten nachweisbaren Wohnplätze von Menschen waren Höhlen und Abris, von denen elf -- fast alle in der Eifel gelegen — inventarisiert wurden. Nicht für alle ist der wissenschaftliche Nachweis einer frühen Benutzung erbracht worden, aber für die meisten ist er doch sehr wahrscheinlich. Die archäologische Prospektion dieser Plätze ist über geringe Anfänge noch nicht hinausgekommen, und es kann sicherlich noch eine Anzahl weiterer gefunden werden. Einige Wohnplätze aus römischer Zeit und aus dem Mittelalter sind ebenfalls bereits aufgenommen. Zu diesen Wohnplätzen muß wohl auch eine Gruppe von Objekten gezählt werden, die in der Denkmälerliste als Grabenrechtecke bezeichnet wird und die — zählt man auch die nicht ganz regelmäßigen Anlagen Abb. 9

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Spykerhügel beim Gehöft „Alte Huf", Gemeinde Goch, Kr. Kleve.

Abb. 10 Schacht in der „Alten Kaul" im Hürtgenwald bei Großhau, Kr. Düren.

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Abb. 11

Abbaukammern am „Griesberg" bei Mechernich, Kr. Euskirchen.

noch hinzu — eine bedeutende Gruppe darstellt. Kenntlich sind diese Anlagen im Gelände durch einen im allgemeinen 6—10 m breiten und bis zu 2 m tiefen Graben. Dieser umschließt eine meist ziemlich ebene, nicht überhöhte Fläche. Eine solche Anlage ist schon vor einiger Zeit untersucht und veröffentlicht worden. Insgesamt sind bis jetzt 70 von ihnen bekannt, darunter 30 mit streng rechteckigem Grundriß. Wahrscheinlich handelt es sich bei den meisten der bisher noch nicht untersuchten Anlagen um befestigte Höfe einfachster Art aus dem Mittelalter. Aber nur gezielt durchgeführte Grabungen können diese Frage letztlich klären. In den Wohnbereich gehören auch sechs bisher nicht archivierte Wunen am Niederrhein (Abb. 7). Als Wurt bezeichnet man hier einen in der Flußniederung angelegten Wohnplatz in Form eines Hügels, der den umgebenden Höchstwasserspiegel leicht überragt. Auch Anlagen für die Wasserversorgung und andere wasserbauliche Maßnahmen wurden bei der Inventarisation berücksichtigt. Hierzu zählen vor allem die römische Wasserleitung nach Köln sowie andere Leitungen, Brunnen, Dämme oder ganze Dammsysteme und Weiher, bzw. Teiche. Verschiedene Weiher sind hervorragende Belege für die besonders im Mittelalter von den Klöstern gewerblich 18

betriebene Fischzucht, die auch aus schriftlichen Quellen gut belegt ist. In die Liste aufgenommen wurden ferner einzelne Hohlwege, ältere Straßentrassen oder -dämme und in einem Fall in den Fels eingegrabene Karrenspuren als Dokumente teilweise uralter Handels- und Wirtschaftswege, oft nur wenige Meter neben den heutigen, modernen Straßen. Ältere künstliche Wasserstraßen wurden ebenfalls inventarisiert. Hierzu zählen die noch vorhandenen Reste der Fossa Eugeniana (Abb. 8), des Nordkanals und des Prinz-Moritz-Kanals in den Kreisen Kleve und Neuss. In den industriellen Bereich gehören eine konservierte römerzeitliche Kalkbrennerei, einzelne Speicherhügel (Spyker; Abb. 9), eine Mergelgrube, Köhlerplatten und eine größere Anzahl von Steinbrüchen, Schürfgruben, Pingen, Bergwerken und Stollen. Als zwei bedeutende Beispiele seien hier ein im Profil sichtbarer, wohl spätmittelalterlicher Schacht in der „Alten Kaul" im Hürtgenwald gezeigt (Abb. 10) sowie spätmittelalterliche oder frühneuzeitliche Abbaukammern am Griesberg bei Mechernich (Abb. 11). Dieser kurze Überblick macht wohl deutlich, wie wichtig die Denkmalinventarisation ist und welche Aufgabe sie für uns bedeutet. Es geht nicht darum, in den einzelnen Gemeinden mehr oder weniger zufällig Bodendenkmäler unter Schutz zu stellen, sondern um eine systematisch angelegte Dokumentation der verschiedenen Lebensbereiche des Menschen anhand sorgfältig ausgewählter Beispiele. Der beste Schutz für die Bodendenkmäler ist es, das "Wissen um ihre Bedeutung im Bewußtsein möglichst vieler zu verankern. Hierfür stellt die Denkmälerinventarisation einen bescheidenen, aber notwendigen Anfang dar.

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Ausgrabungen im Bereich der Außenstelle Overath von Manfred Rech und Mitarbeitern

Die rechtsrheinische Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums/Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege in Overath, die auch linksrheinisches Gebiet zu betreuen hat (Kreis Neuss, linksrheinische Gebietsteile des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Düsseldorf; vgl. Abb. 1), besteht nunmehr seit zwei Jahren. Im Jahr 1980 wurden die beiden ersten Räume der Außenstelle in Overath-Immekeppel bezogen. Es handelt sich um Räume in einer ehemaligen Grundschule (Abb. 12). Sie wurden dankenswerterweise von der Gemeinde Overath gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung gestellt; auch die nicht unerheblichen Renovierungskosten übernahm die Gemeinde, wofür vor allem dem Beigeordneten P. Schmilz an dieser Stelle noch einmal gedankt sei. Die idyllisch am Waldrand gelegene Schule ist schnell über die Abfahrt Overath/Untereschbach der Autobahn Köln/Olpe zu erreichen. Die Außenstelle ist derzeit noch ein „Emmann-Betrieb". Der Außenstellenleiter wird von einer Grabungstechnikerin unterstützt, die über eine Baufirma bezahlt wird. Die Arbeiten im Jahr 1979 standen ganz im Zeichen von Kirchengrabungen. 1980 waren die Aktivitäten breiter gefächert, und wie immer waren auch Grabungen durchzuführen, mit denen man zu Anfang des Jahres nicht gerechnet hatte. Schon im Februar/März mußten wir in Düsseldorf-Kaiserswerth und am Neusser Münsterplatz mittelalterliche Mauerreste untersuchen. In D ü s s e l d o r f - K a i s e r s w e r t h war von Mitarbeitern des Rheinischen Amts für Denkmalpflege unter dem Haus Am Markt 10 ein steingemauerter Keller entdeckt worden, der erheblich älter sein muß als das Haus. Dieses war erst nach 1702 errichtet worden, als die Feste Kaiserswerth nach einer lang dauernden Beschießung dem Erdboden gleichgemacht und die Burg gesprengt worden war. Es zeigte sich, daß die Mauern, die aus Blaubasalt und Stein errichtet waren, zu einem großen romanischen Kellerraum gehörten, der sich bis unter das Nachbarhaus erstreckt hatte. Seine ursprüngliche Größe konnte nicht mehr exakt festgestellt werden. In der Mitte des Kellerraumes, heute in eine der Kellerwände eingebunden, stand ein mächtiger, im oberen Teil 1,65 m breiter und 2,40 m hoher 20

Abb. 12 Die ehemalige Grundschule Overath-Immekeppel. Sitz der Außenstelle Overath.

Pfeiler. Dieser Pfeiler wird die zentrale Stütze von Kreuzgratgewölben gewesen sein, wie sie auch aus anderen romanischen Kellern des Rheinlandes (z. B. Koblenz) bekannt sind. An Keramik wurden Scherben des sog. Faststeinzeugs gefunden, jedoch keine sog. Blaugraue Ware. Der Keller könnte daher etwa gleich alt sein wie zwei nur wenige hundert Meter entfernte romanische Häuser am Kaiserswerther Kirchplatz, die in die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert werden. Am N e u s s e r M ü n s t e r p l a t z wurden vier aus Ziegelsteinen gemauerte Kellerräume untersucht (Abb. 13). In zwei Räumen fanden sich in den gewachsenen Boden eingetiefte Brunnen, die aber nach Aussage der zu ihrem Bau verwendeten Ziegelsteine und der aus ihnen geborgenen Funde sicher nicht älter als das 16. Jahrhundert sein können. Einer der Brunnen war von der Ostwand des einen Kellerraumes überdeckt, das Ziegelmauerwerk der Keller muß also jüngeren Datums sein. Wichtiger als die beiden Brunnen war die Beobachtung, daß sich unter den Ziegelwänden und zum Teil bis in relativ große Höhe Mauerwerk aus Blaubasaltsteinen und Tuff fand. In einem der Räume kamen weitere Fundamentreste aus diesen beiden Steinarten zutage. Dieses Mauerwerk erinnert stark an die Mauern des Kellers aus Düsseldorf-Kaiserswerth. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die 1980 entdeckten Mauern aus Basalt und Tuffstein zu den Fundamentresten des im 13. Jahrhundert errichteten Kreuzganges des Münsters gehören, auch wenn nicht 21

Abb. 13 Neuss. Grundriß der Kellerräume nördlich von St. Quirin. — Maßstab l : 200.

jeder Mauerzug auf dem Plan von 1802 genau identifiziert werden kann. Der größte Teil des Ziegelmauerwerkes wird dem 16.717. Jahrhundert angehören, als der Kreuzgang des 13. Jahrhunderts völlig erneuert wurde (Grabung M. Rech und R. Rachuba). Der Düsseldorfer Raum blieb noch längere Zeit bevorzugtes Grabungsgebiet. Vor allem mußte die im Herbst 1979 begonnene Grabung an der germanischen Siedlung der jüngeren Kaiserzeit in D ü s s e l d o r f - S t o c k u m zu Ende geführt werden, da die Bauarbeiten an der A 44 weitergehen mußten. Insgesamt wurde hier ein ca. 4000 m 2 großes Gelände untersucht. Es fanden sich 13 sichere Grubenhäuser unterschiedlicher Größe, etwa ein Dutzend bis zu 1,5 m im Durchmesser betragender Gruben nicht eindeutig bestimmbarer Funktion, ein ca. 11 m langes Pfostenhaus an der Nordwestecke der Grabungsfläche und etwa 150 Pfostenlöcher, bei denen noch keine klare Zuweisung zu einem Hausgrundriß möglich ist. Bei den Grubenhäusern wurden mehrfach Überschneidungen festgestellt, die aber wohl nicht auf eine Zweiphasigkeit der Siedlung zurückgehen, sondern darauf, daß einzelne baufällig gewordene Grubenhäuser erneuert wurden. Eine Münze, Reste provinzialrömischer Vorratsgefäße und provinzialrömische Kleinbronzen deuten auf regen Austausch mit dem linksrheinischen Gebiet. Die Münze und einige Fibeln (Abb. 14) sind in die Zeit von 100 n. Chr. bis ins 3. Jahrhundert zu datieren. 22

Schwierig ist die ethnische Zuweisung der Siedlung von Düsseldorf-Stockum. Zwischen Ruhr und Sieg vermutet man in den ersten drei Jahrhunderten die Tencterer, während im 4. Jahrhundert an ihrer Stelle die Bructerer erscheinen. Sie bildeten später einen wesentlichen Bestandteil der Rheinfranken. Daher dürfte es von Interesse sein, den Beginn des einige 100 m entfernten fränkischen Gräberfeldes von Stockum zu fassen, da hier vielleicht eine Kontinuität nachzuweisen ist. Nur am Rande sei erwähnt, daß im Oktober/November an der Südseite der Basilika von Düsseldorf-Kaiserswerth Mauerzüge zutage kamen, die vermutlich Relikte ehemaliger Kapellen sind.

Abb. 14

Düsseldorf-Stockum. Bronzefibeln aus der germanischen Siedlung.

In der Nähe von E n g e l s k i r c h e n wurde bei Straßenbauarbeiten ein sicher frühneuzeitlicher Kalkofen geschnitten. Er war ungefähr in Ostwestrichtung in einen Hang hinein gebaut, wobei überraschenderweise die Rückseite hangabwärts gerichtet war. Um die Anlage befeuern zu können, hatte man also erheblich Erde wegnehmen müssen, um so an der Bergseite eine Arbeitsgrube zu schaffen. Die Kuppel des Ofens war nicht erhalten. Das Alter der Anlage läßt sich nicht mehr mit Bestimmtheit klären. Wahrscheinlich wurde der Ofen errichtet, als man Kalk zur Errichtung des benachbarten Hauses Ley benötigte, das im 16. und 17. Jahrhundert errichtet wurde. Das Kalkmaterial stammt vermutlich aus einem 350 m oberhalb der Fundstelle gelegenen Steinbruch (Grabung M. Rech und R. Rachuba). Im D h ü n n t a l bei D a b r i n g h a u s e n , wo eine neue Talsperre errichtet wird, war schon früher ein mesolithischer Rastplatz ausgegraben worden. Beim Scharrieren der Hänge wurden nun vermutlich mittelalterliche Plackenstellen angeschnitten, die auf eine ausgedehnte Eisenverhüttung hindeuten. Bei kleinen Grabungen konnte bisher noch kein Schmelzofen freigelegt werden. Daneben gab es weitere Untersuchungen im Gelände des zukünftigen Stausees, von denen nur eine erfolgreich war. Es gelang, die D h ü n n e n b u r g zu lokalisieren und den Grundriß der Anlage festzustellen. Es wird sich um ein sog. festes Haus handeln mit einer Außenlänge von jeweils etwa 1 0 m . Ähnliche Anlagen 23

sind auch sonst im Bergischen bekannt. Rings um das Haus lief ein 2,50 m breiter Wassergraben. Die Hauptmasse der Funde gehört dem 16. bis 18. Jahrhundert an; es fanden sich aber auch Bruchstücke blaugrauer und rotgebrannter Kugeltöpfe aus dem 12./13. Jahrhundert. Dies läßt vermuten, daß sich unter dem Steinbau die Relikte einer hölzernen Vorgängeranlage befinden, vermutlich einer kleinen Motte oder einer ebenerdigen Anlage. Ob zwischen dem Steinbau und dem vermuteten Holzbau eine zeitliche Lücke besteht, wird man erst nach Abschluß der Grabung und Auswertung der Funde entscheiden können. Die Suche nach einem 1217 genannten Hof namens Kunigispuzze erwies sich als vergeblich. Auf einem heute „ K ö n i g s s p i t z e " genannten Geländesporn, wo man ihn vermutete, fanden sich nur frühneuzeitliche Fundamente. In S c h i r p e n d h ü n n wurde nach einer gleichnamigen alten Burg gesucht, jedoch bisher ohne konkretes Ergebnis. Es fanden sich nur Fundamente der vor einigen Jahren abgerissenen Höfe, die aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts zu stammen scheinen. Die Stadt Troisdorf und das Rheinische Landesmuseum Bonn finanzierten gemeinsam die Untersuchung an der Burganlage H a u s R o t t bei T r o i s d o r f S i e g l a r , Rhein-Sieg-Kreis (Grabung M. Untermann und M. Groß). In einem langen Schnitt wurden die im Süden der neuzeitlichen Gebäude liegenden "Wälle und Gräben geschnitten. Die Abfolge der Bebauung von der mittelalterlichen Motte (darunter Flachsiedlung?) über eine Turmburg (um 1300) mit Vorburg (heute Gutshof) konnte an Hand der komplizierten Abfolge der Grabensysteme und mit Hilfe der teilweise recht mächtigen Kulturschichten geklärt werden. Über die Untersuchungen an der mittelalterlichen Burganlage S t e i n e r H ä u s c h e n bei Bonn-Oberkassel und an der L ö w e n b u r g , Stadt Bad Honnef, Rhein-Sieg-Kreis, wird auf S. 193 ff. und 203 ff. berichtet. Die einzige Kirchengrabung in herkömmlichem Sinne, in der Kirche St. B a s i l i d e s in R h e i n b a c h - R a m e r s h o v e n , wurde von M. Gechter übernommen. Im Zuge von Renovierungs- und Heizungsbauarbeiten konnte die Baugeschichte der ehemaligen Eigenkirche der Herren von Ramershoven geklärt werden. Die Kirchenschiffmauern stammen noch zum größten Teil aus dem 13. Jahrhundert, nur der Chor wurde mehrmals, zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg, umgebaut. Von der romanischen Kirchenausstattung fanden sich noch Reste des Plattenbodens und der Wandmalerei im Bereich des Kanzelaufgangs. Auf vorrömische Besiedlung deutet eine Grube; in römischer Zeit hat in der Umgebung möglicherweise ein Matronenheiligtum gestanden. Aus dem 8./9. Jahrhundert stammt ein Reihengräberfriedhof. Über diesem Friedhof erhob sich die romanische Kirche, in der weiter bestattet wurde. Die drei älteren von fünf übereinanderliegenden Bestattungen im Chor der Kirche können möglicherweise mit der Stifterfamilie in Zusammenhang gebracht werden. 24

Abb. 15 Rheinbach. Waldkapelle vor der Restaurierung. Im Vordergrund Fundamentreste des Klostergebäudes.

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Abb. 16 Overath. Ringwall auf dem Lüderich mit Grabungsschnitten 1956 und 1980 und Grabhügeln. — Maßstab ca. l : 4750.

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Eine „Kirchengrabung" eigener Art betraf die W a l d k a p e l l e bei R h e i n b a c h , Rhein-Sieg-Kreis (G. Müller und J. Wentscher) (Abb. 15). 1683 wurde hier am Standort einer Buche, in deren gespaltenem Holz sich die Buchstaben IHS abzeichneten, eine Kapelle mit einem Kloster errichtet. Die Grundmauern dieser Kapelle und der beiden westlich angefügten Klostergebäude waren noch erhalten. 1714, nachdem die Gebäude sieben Jahre lang leer gestanden hatten, wurde das Kloster umgebaut. Der Wohnteil wurde vergrößert, spiegelbildlich eine weitere Kapelle errichtet und in der alten Kapelle neben anderen Umbauten der Platz der Buche mit einem gemauerten Schacht umgeben, der auch in der heutigen Anlage nach mehreren Umbauten (1802 Auflösung des Klosters, seitdem in Privat- bzw. städtischem Besitz) noch erhalten ist. Über weitere Grabungen in Kirchen auf dem P e t e r s b e r g bei Bonn und in Z o n s berichten unten H.-E. Joachim und G. Müller (S. 179ff. und 183ff.). M. Gechter führte die einzige römische Grabung dieses Jahres durch: Die im "Winter 1979 begonnene Ausgrabung einer römischen Villa rustica bei R h e i n b a c h - F l e r z h e i m wurde 1980 zunächst beendet. Eine weitere römerzeitliche Notbergung sei kurz erwähnt: Bei Ausschachtungsarbeiten in A l f t e r , Rhein-Sieg-Kreis, wurden zwei Körpergräber der Zeit um 400 n. Chr. angeschnitten. 1980 gab es nur eine Ausgrabung, die sich mit rein vorgeschichtlichen Zeitepochen beschäftigt. In zwei Grabungsschnitten wurde der nördliche Teil des R i n g w a l l s „ L ü d e r i c h " bei O v e r a t h , Rhein-Sieg-Kreis, der durch den Ausbau eines Waldweges gefährdet war, untersucht (Abb. 16). An der Südseite war vor mehreren Jahren eine Holz-Erde-Mauer gefunden worden, vor der ein Doppelgraben lag. Die Gräben, mit einem dazwischenliegenden Wall, wurden auch im Norden festgestellt, von der Holz-Erde-Mauer fanden sich keine Spuren. Wahrscheinlich war sie hier von einem völlig erodierten Erdwall ersetzt. An der Nordseite weist der Wall eine Lücke von etwa 20 m auf, an der beide Wallenden eine Art Gasse zu bilden scheinen. Vielleicht ist hier ein Tor zu vermuten. Wichtiger als die Grabung am Wall ist wohl, daß in der Südhälfte eine kleine Grabhügelgruppe gefunden wurde. Ein isolierter Hügel an der Nordostseite, genau in der Trasse des neuen Weges, wurde angegraben, doch ergab sich kein Befund. Es kann daher nur vermutet werden, daß die Gräber aus der späten Hallstattzeit stammen, da die Masse der in den vorgelagerten Niederungen der Wahner Heide oder des Königsforstes befindlichen Hügel dieser Zeit angehören. Nicht auszuschließen ist aber auch, daß es sich um Gräber spätneolithischer Becherkulturen handelt. Das Bergische Land bietet auch für die Zukunft noch gute Aussichten, Bodendenkmäler zu finden, da sich durch die Bewaldung die Denkmäler in der Regel gut erhalten haben. 27

Bedauerlich ist, daß auch im vergangenen Jahr wieder von Laien „Grabungen" an Bodendenkmälern durchgeführt wurden, so etwa an den Motten „Müllerhof" und „Zoppesmuur", beide in der Nähe von L e i c h l i n g e n . Hier zeigt sich eine der Schattenseiten unserer Bemühungen, die Bevölkerung durch Beschilderung über Bodendenkmäler aufzuklären. Bedauerlich ist auch, daß immer wieder schon nach wenigen Monaten Hinweis- und Objektschilder verdreht, mit Farbe übersprüht oder entwendet werden. Dies wird sich vermutlich erst dann bessern, wenn es den Gemeinden gelingt, die Bodendenkmäler ihres Bereichs ständig zu überwachen.

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Die Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums in Zülpich von Antonius Jürgens und Mitarbeitern

Gegen Ende des Jahres 1978 wurde eine weitere Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums Bonn/Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege in ZülpichBessenich eingerichtet. Bei der Wahl ihres Standortes stand die Überlegung im Vordergrund, daß die Betreuung einer größeren Region von einem möglichst zentralen, verkehrsgünstig gelegenen Ort aus die Wege zu den Fundplätzen und Grabungsstellen verkürzen und damit den wirkungsvollsten Einsatz der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel und Kräfte für die archäologischen Aufgaben gewährleisten könnte. Die Außenstelle in Zülpich ist zuständig für den linksrheinischen Regierungsbezirk Köln (vgl. Abb. 1). Ihr Arbeitsgebiet umfaßt die Kreise Heinsberg, Düren, den Erftkreis und den Kreis Euskirchen sowie Kreis und Stadt Aachen. Ausgenommen sind der Braunkohlenbereich (Außenstelle Niederzier) und die Stadt Köln. In dieser Region liegt Zülpich relativ zentral und hat günstige Verbindungen nach allen Richtungen. Maßgebend für die Wahl von Zülpich als Standort der Außenstelle war aber nicht nur die günstige Lage, vielmehr galt es auch, ein geeignetes Gebäude zu finden. Dabei kam die Stadt dem Landschaftsverband dankenswerterweise entgegen und stellte zu günstigen Bedingungen die ehemalige Grundschule des Stadtteiles Bessenich zur Verfügung (Abb. 17). Es handelt sich um einen soliden Flachbau von 1964 sowie um Teile eines älteren Traktes aus den 50er Jahren mit günstiger Aufteilung und insgesamt knapp 220 m2 Fläche. Die Ausstattung muß im Hinblick auf den neuen Verwendungszweck (Möglichkeiten zur Bearbeitung von Grabungsunterlagen und Funden) noch weiter vervollständigt werden. Im Vergleich zu den äußeren Bedingungen ist die personelle Situation weniger günstig. Derzeit besteht das feste Personal der Außenstelle lediglich aus dem Dienststellenleiter, einer halbtags tätigen Phonotypistin und einer über die Stadt Zülpich beschäftigten Reinigungskraft. 29

Abb. 17 Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums in Zülpich-Bessenich.

Der dringende Bedarf vor allem an technischen Hilfskräften für die Bewältigung der Grabungen und Materialaufarbeitungen muß daher vorläufig noch durch Wissenschaftler, Techniker, Zeichner und Studenten ausgeglichen werden, die von den Grabungsfirmen jeweils befristet eingestellt sind. Auf Dauer wird es unumgänglich sein, die Außenstelle personell vor allem mit technischen Kräften aufzustocken. Das relativ große Arbeitsgebiet der Außenstelle Zülpich (80 km West-Ost- und fast 100 km Süd-Nord-Erstreckung) reicht über Landschaften mit sehr unterschiedlichen geologischen Verhältnissen und Bodenbedeckungen. Diese Teilregionen umfassen die Nordeifel, den vorgelagerten Lößgürtel und reichen im Norden bis an die niederrheinischen Sandergebiete. Dadurch ist der Erhaltungsgrad der Funde je nach Art und Alter sehr verschieden. Das gleiche gilt auch für die Grabungsbedingungen und -möglichkeiten. Die Grabungen und übrigen Aktivitäten der Außenstelle Zülpich wurden wie üblich vor allem durch äußere Zwänge bestimmt. Eine zunehmende Fülle von Bodeneingriffen durch Straßenbau, Versorgungsleitungen, Flurbereinigung und Abgrabungen sowie öffentliche und private Bauerschließungen trifft im dichtbesiedelten Rheinland allenthalben auf archäologische Spuren und Hinterlassenschaften. Die Bodendenkmalpflege konnte und kann bei weitem nicht alles bewältigen. Daher ist uns bewußt, daß unsere Grabungen und Unternehmungen nur relativ 30

Abb. 18 Bornheim-Walberberg. Römische Eifelwasserleitung in der Baugrube, von Nordwesten.

geringe Anteile dessen erfassen, was tatsächlich im Laufe des Berichtszeitraumes, bzw. der letzten zwei Jahre zutage gekommen ist. In der folgenden Zusammenstellung werden auch Grabungen und Unternehmungen des Jahres 1979 aufge31

nommen. Sie wurden zum Teil im Jahre 1980 fortgesetzt. Die Übersicht ist nach der Zeitstellung der Befunde geordnet. Ausgesprochen selten waren vorgeschichtliche Funde. Über bandkeramische Befunde in N ö r v e n i c h - E g g e r s h e i m , Kr. Düren, und K e r p e n - B l a t z h e i m , Kr. Düren, wird hier Seite 72 ff. ausführlicher berichtet, ebenso über die Arbeiten im steinzeitlichen Bergwerk L o u s b e r g in Aachen (S. 67ff.). Die r ö m i s c h e n W a s s e r l e i t u n g e n aus Eifel und Vorgebirge nach Köln wurden an mehreren Stellen beim Straßenbau (L 165 n bei Mechernich-Breitenbenden, Kr. Euskirchen) und bei privaten Bauarbeiten (Kall-Sötenich, Kr. Euskirchen; Mechernich-Eiserfey, Kr. Euskirchen; Brühl-Badorf und Brühl-Eckdorf, Erftkreis; Bornheim-Walberberg, Abb. 18; Frechen-Bachem) angetroffen. Neben Beobachtungen zur Konstruktion der Leitung galt das Interesse im Vorgebirge vor allem der Feststellung der Gefällewerte, da hier die neuen Aufschlüsse relativ dicht beieinander liegen. Die Gefällewerte schwanken zwischen mehr als l : 400 (Strecke Walberberg-Eckdorf) über l : 200 (Strecke EckdorfBadorf) bzw. gut l : 300 (Strecke Walberberg-Badorf). Als Mittelwert ist etwa l : 320 anzunehmen. Diese Abschnitte entsprechen also hinsichtlich der Gefälleverhältnisse den üblichen bekannten Normen. Über zwei weitere Aufschlüsse bei Mechernich-Lessenich, Kr. Euskirchen (Neubau der Eifelautobahn), und bei Frechen-Bachem, Erftkreis berichtet K. Grewe (unten S. 136ff.). Am S c h l a n g e n b e r g bei Stolberg-Breinigerberg, Kr. Aachen, waren in den letzten Jahren immer wieder römische Münzen und Keramik des frühen l. Jahrhunderts n. Chr. zutage gekommen. Da der Berg, ein Härtung aus oberdevonischem Riffkalk in der Nähe von Blei- und Zinkerzlagerstätten, durch Befahren mit Geländefahrzeugen akut gefährdet war, wurden zwei Suchschnitte von 35 bzw. 45 m Länge über das Plateau den Nordabhang hinabgeführt. Im unteren Bereich von Schnitt l fanden sich Holzkohle-, Eisenschlacke- sowie Roheisenstücke, die wohl Rückstände frühgeschichtlicher oder mittelalterlicher Eisenverhüttung sind. Im 7 m weiter westlich angelegten Schnitt 2 zeigte sich eine meist nur 10 cm starke römische Kulturschicht. Stellenweise traten Konzentrationen von ockerfarbenen, lila- bis zinnoberroten Mineralien (Galmei?) auf. Die Keramik entspricht der bisher vom Schlangenberg bekannten und ist demnach in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts zu daueren. Eine im Jahre 1977 von H. Löhr gemeldete Kalkbruchsteinsetzung in Form eines rechteckigen Gebäudegrundrisses wurde genau vermessen. Trotz sorgfältiger Abtragung der teilweise noch vorhandenen Humusdecke konnten keine Anhalte für die Datierung des Bauwerkes gewonnen werden. Eine genaue Untersuchung der Funde steht noch aus. Die römischen Spuren auf dem Plateau selbst lassen sich wohl am ehesten als militärischer Höhenwachtposten in den noch unsicheren Zeiten der frühen Okkupation des Rheinlandes deuten (Grabung A. Jürgens und B. Bös). 32

Abb. 19 Elsdorf-Niederembt. Rohrleitungsgraben südlich des Finkelbaches, von Westen.

In M e c h e r n i c h - B r e i t e n b e n d e n und M e c h e r n i c h - O b e r g a r t z e m , Kr. Euskirchen, konnten an römischen Gebäuden, die schon im vorigen Jahr untersucht worden waren, noch einige ergänzende Sondierungen vorgenommen werden. In Breitenbenden wurde mit dem Bau eine Stützmauer begonnen, um einen Teil der römischen Anlage erhalten zu können. Reste römischer Ansiedlungen wurden in Eschweiler-Hastenrath, Kr. Aachen, Pulheim, Erftkreis, Elsdorf-Niederembt, Erftkreis, und Kerpen-Langenich, Erftkreis, gefunden. Während es sich bei den Funden von K e r p e n - L a n g e n i c h nur um durch einen Bach verlagertes Material einer hangaufwärts liegenden Siedlungsstelle handelt, konnte bei E l s d o r f - N i e d e r e m b t in ähnlich verlagerten Schichten der Rest eines römischen Brunnens gefunden werden (Abb. 19). Erhalten war, da der obere Teil durch einen Kanalgraben bereits zerstört war, nur ein Brunnenkasten aus Eichen- und Nadelholzbohlen. Die Konstruktion der Brunnenröhre konnte mit Hilfe von Werkstücken, die auf der nahegelegenen Kippe gefunden wurden, erschlossen werden. Das verlagerte Fundmaterial gehört wohl zu einer ausgedehnten römischen Trümmerstelle, die oberhalb der neuen Fundstelle schon seit längerer Zeit bekannt ist. Die Keramik gehört ins 2. — 4. Jahrhundert n. Chr. (Grabungen A. Jürgens mit B. Bös und Th.Vogt). 33

Ausgedehnte Mauerreste fanden sich bei der Villa rustica von E s c h w e i l e r H a s t e n r a t h . Noch im vorigen Jahrhundert sollen Kinder in den „Ruinen und Gewölben" gespielt haben. Nach den Grabungsbefunden muß mit zwei Bauphasen gerechnet werden. Die Keramik reicht vom 1. bis zum Anfang des 3. Jahrhunderts. Reste von schwarzglänzenden Schlacken, die zahlreich gefunden wurden, könnten darauf hindeuten, daß auch Erzverhüttung neben der Landwirtschaft Erwerbsquelle dieses Betriebes gewesen ist (Grabung A. Jürgens und B. Bös). Wegen des späten Grabungstermins (Oktober) sind die Befunde aus P u l h e i m noch kaum ausgewertet. Recht klar im Grundriß zu erkennen ist ein kleines massiv gemauertes Gebäude, an das im Nordwesten ein Heizraum angebaut war (Abb. 20). Auch hier gab es mindestens zwei Bauphasen. Die Keramik reicht vom 1. bis zum 4. Jahrhundert. In E r f t S t a d t - B l i e s h e i m , Erftkreis, wurde im Bereich der 1863 abgebrochenen Kirche St. Lambertus gegraben. Die Grabung ergab, daß die Kirche mit allen Grundmauern abgetragen ist. In einem Tiefschnitt konnten noch Reste römischer Mauern erkannt werden, die aber kein zusammenhängendes Gebäude ergaben. Als Einzelfund sei der Oberteil eines römischen Matronenaltares aus Kalkstein aus Z ü l p i c h - E n z e n , Kr. Euskirchen, erwähnt. Über die Grabung in einem römischen Gewerbebetrieb in S t o l b e r g - G r e s s e n i c h , Kr. Aachen, wird unten S. 129ff. berichtet. Bei Straßenbauarbeiten in der Umgebung des fränkischen Gräberfeldes „Gleisiger Heck" bei N e t t e r s h e i m - Z i n g s h e i m , Kr. Euskirchen, wurden keine weiteren Gräber gefunden. Ein Steinplattengrab fränkischer Zeit kam dagegen in M e c h e r n i c h - H o l z h e i m , Kr. Euskirchen, zum Vorschein (siehe unten S. 148 ff.). Nicht immer erfolgreich waren Untersuchungen in Pfarrkirchen. So konnten in E r k e l e n z - L ö v e n i c h , Kr. Heinsberg, in der Pfarrkirche St. Valentin Reste von Vorgängerbauten wegen verspäteter Meldung der Bauarbeiten nicht mehr untersucht werden. Ergänzungen früherer Untersuchungen ergaben sich während der Renovierungsarbeiten an der alten Pfarrkirche St. Arnoldus in D ü r e n A r n o l d s w e i l e r , Kr. Düren. Ohne klare Befunde blieben die Beobachtungen in der Pfarrkirche St. Cyriakus im Ortsteil G ö t z e n k i r c h e n , Gem. KerpenHorrem, Erftkreis. Erfolgreicher war die Grabung in der Kirche Heilig Kreuz in E u s k i r c h e n K r e u z w e i n g a r t e n , Kr. Euskirchen, obwohl sie kurzfristig erfolgen mußte und nicht der ganze Kirchenraum untersucht werden konnte. Es fanden sich im Chor und unter der Pfeilerstellung des nördlichen Seitenschiffs Mauerreste eines 34

Abb. 20

Pulheim. Römische Bauspuren an der Steinackerstraße, von Osten.

Vorgängerbaus, die durchaus zu der für das Jahr 1266 erwähnten Kirche in „Wingardin" im Besitz des Klosters Münstereifel gehören könnten. Kleinfunde und Reste verworfener Bestattungen traten nur selten auf (Grabung A. Jürgens und Th. Vogt). Geringe Reste des gotischen Vorgängerbaus fanden sich bei Heizungsarbeiten in der Kirche St. Maria Himmelfahrt in G e i l e n k i r c h e n , Kr. Heinsberg. Dieser stammt aus dem 15. Jahrhundert und hatte dem heutigen Bau, der 1822—1825 errichtet wurde, weichen müssen. Die aufgefundenen Mauerreste trugen einen dünnen, schwarzbemalten Verputz, waren also aufgehendes Mauerwerk. Ein mächtiger Ziegelmauerzug (10,30 m lang), in den das untere Ende einer Wendeltreppe eingebettet und der als südliches Fundament des gotischen Turmes verwendet worden war, dürfte noch älter sein. Es muß sich um einen Rest der Kirche handeln, die in einer Schenkungsurkunde von 1201 erwähnt wird und die 1487 zum Abbruch freigegeben wurde. Das Fundament liegt heute schräg unter dem Mittelschiff, Die gotische Kirche war also insgesamt nach Osten versetzt 35

und in einem Winkel von 20° südöstlich zur heutigen Längsachse verschoben. Vielleicht besteht hier die Möglichkeit, bei weiteren Grabungen Aufschlüsse über den romanischen Vorgängerbau der gotischen Kirche zu erhalten (Grabung A.Jürgens und B. Bös). Über die Grabungen in der Pfarrkirche St. Viktor in N ö r v e n i c h - H o c h k i r c h e n wird unten S. 187ff. ausführlicher berichtet, ebenso über die Arbeiten im Innenbereich der B u r g W e i s w e i l e r in Eschweiler-Weisweiler, Kr. Aachen, wo ein evangelisches Gemeindezentrum gebaut wurde (S. 201 f.). Im Bereich der Außenstelle liegen die großen mittelalterlichen und neuzeitlichen Töpferzentren Brühl-Badorf, Brühl-Pingsdorf, Frechen und Langerwehe. Daher ist es nicht überraschend, daß ein beachtlicher Teil unserer Aktivität sich auf Töpfereianlagen, d. h. vor allem Töpferöfen aus diesen Orten erstreckte. Über die Grabung an einem großen frühneuzeitlichen Töpferofen in L a n g e r w e h e , Kr. Düren, berichtet unten G. Müller (S. 207ff.); aus dem 19. Jahrhundert stammen drei Öfen, die beim Bau eines Einkaufszentrums in F r e c h e n , Erftkreis, angetroffen wurden (S. 210ff.). In B r ü h l - P i n g s d o r f , Erftkreis, sollte untersucht werden, ob ein schon früher angeschnittener Töpferofen die Restaurierung und Konservierung lohne, um mit ihm die große handwerkliche Tradition des Ortes dokumentieren zu können. Das Objekt erwies sich leider als hierfür untauglich, es konnten aber bei der vollständigen Freilegung (Abb. 21) weitere Erkenntnisse über die Konstruktionsart des Ofens gewonnen werden. Der Feuerraum war in den unteren Partien relativ gut erhalten. Den Übergang zum Brennraum, der fast 0,50 m höher lag, bildeten drei vorne halbrunde Pfeiler, die sich nach oben in kleine Türmchen fortsetzten. Durch die so gebildeten vier Züge konnte der Feuerstrom in den Brennraum gelangen, von dem nur noch geringe Spuren vorhanden waren. Da die aufgehenden Teile des Ofens nicht erhalten waren, soll nun ein ergänztes Modell in einem Ausstellungsraum der Pingsdorfer Zweigstelle der Kreissparkasse Köln einen Eindruck von Bau und Funktion der Anlage vermitteln. An anderen Fundstellen in B r ü h l - P i n g s d o r f (Euskirchener Straße, Alte Bonnstraße) wurden nur Keramikreste gefunden. In B r ü h l - B a d o r f waren schon 1978/79 Reste von zwei Töpferöfen und dicke Schuttschichten untersucht worden (Grabung A. und M. Jürgens). In A a c h e n - B u r t s c h e i d , beim geplanten Erweiterungsbau des Schwertbades, hoffte Verf., weitere Spuren der römischen Besiedlung anzutreffen. Bei Voruntersuchungen vor Beginn der Ausschachtungsarbeiten konnten aber nur Reste der mittelalterlichen und neuzeitlichen Bebauung festgestellt werden. Es bleibt abzuwarten, ob die bisherigen Erkenntnisse während der Bauarbeiten erweitert und vertieft werden können (Grabung A. Jürgens und Th. Vogt). Zu den hier kurz beschriebenen und erwähnten Unternehmungen kamen begrenzte Aktivitäten aufgrund kleinerer Fundmeldungen, privater Hinweise etc. 36

Abb. 21

Brühl-Pingsdorf. Töpferofen am Burgpfad, von Osten.

Außerdem fielen laufend Aufgaben im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit an (Kontakte zu ehrenamtlichen Mitarbeitern, Geschichts- und Heimatvereinen, Volkshochschulen; Vorträge und Führungen im Gelände). Sehr wichtig war und ist der enge Kontakt mit den Gemeinden, Städten und Kreisen im Hinblick auf die durch das neue Denkmalschutzgesetz teilweise veränderten bzw. verlagerten Pflichten und Aufgaben im Rahmen der archäologischen Bodendenkmalpflege.

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Archäologie im Rheinischen Braunkohlenrevier: Die Außenstelle Braunkohle 1980 von Winrich Schwellnus und Mitarbeitern

Das Jahr 1980 stand für die Außenstelle Braunkohle trotz aller Hektik und Arbeitsbelastung im Zeichen einer beginnenden Konsolidierung. War die Aufbauphase vor allem mit der im Herbst 1978 erfolgten Inbetriebnahme des Tagebaues Hambach I verbunden, der die Archäologen vor kaum lösbar scheinende Aufgaben stellte, so ist dieser „Schock" inzwischen überwunden und Arbeitsmethoden und -Organisation haben sich auf die Aufgabe einstellen können. In zunehmendem Maße war es 1980 möglich, das gesamte Braunkohlengebiet flächig zu betreuen. Eine wichtige Arbeitsentlastung stellte dabei die wie in den letzten Jahren von dem DFG-Projekt Aldenhovener Platte übernommene Betreuung des Vorfeldes der Tagebaue Zukunft-West und Inden dar. Sie machte es letztlich möglich, sich endlich in stärkerem Maße den Tagebauen der Gruppe Nord bei Frimmersdorf zuzuwenden, die bisher vor allem aus personellen Gründen noch nicht in dem notwendigen Umfang betreut werden konnten. Der Erfolg dieser Maßnahmen stellte sich prompt ein (siehe unten S. 76ff.). Das nächste Problem wird es allerdings sein, da das DFG-Projekt 1981 ausläuft, die Prospektionsaufgaben im Bereich Zukunft-West/Inden im Laufe des Jahres 1981 Zug um Zug zu übernehmen und keine Beobachtungslücken in diesem Gebiet entstehen zu lassen. Immerhin sind nach den Erfahrungen der letzten Jahre die Probleme eingrenzbar, der organisatorische Rahmen ist vorgegeben, und es kann auf dieser Grundlage eine kurze Bestandsaufnahme gemacht und ein Ausblick gegeben werden. Die Außenstelle Braunkohle betreut das gesamte Rheinische Braunkohlenrevier (Abb. 22; 23). In diesem Gebiet gehen jedes Jahr etwa 5 km2 Geländeoberfläche verloren, auf denen nach Hochrechnungen, die auf Daten des schon seit über 10 Jahren systematisch betreuten Tagebaues Zukunft-West beruhen, 70 bis 80 Fundplätze aller Art und aller Zeitstufen liegen dürften. Gegenwärtig werden pro Jahr etwa 30—40 Grabungen und Bergungen auf diesen gefährdeten Flächen durchgeführt. Weitere Bergungen, aber vor allem auch Aufsammlungen bei systemati38

sehen Begehungen auf erst mittelfristig gefährdeten Flächen, bei Rohrleitungstrassen und anderen Erdaufschlüssen im Vorfeld der Tagebaue führen insgesamt zu etwa 400 Fundeingängen pro Jahr. Sie liefern wichtige Daten über künftig gefährdete Fundplätze. Es versteht sich von selbst, daß nicht jeder erkannte und gefährdete Fundplatz vollständig ausgegraben werden kann. Es muß in jedem Einzelfall, und das heißt in der Praxis fast täglich, geprüft und entschieden werden, wie weit und wie intensiv die Untersuchung eines Platzes betrieben werden soll, um im Gesamtrahmen ein optimales Ergebnis für alle Zeitabschnitte der Ur- und Frühgeschichte zu erhalten. Das heißt, es müssen Schwerpunkte gebildet werden. Vollständig ausgegrabene Siedlungsplätze stellen auch im Braunkohlengebiet die Ausnahme dar, weil Großprojekte dieser Art schon aus personellen Gründen nur 4 — 5 mal im Jahr durchgeführt werden können. Wir müssen also mit dem Mittel der Großgrabung sehr vorsichtig umgehen, um unsere Kräfte nicht hoffnungslos zu verzetteln. Es ist andererseits aber unverzichtbar, von allen erkannten Plätzen wenigstens eine minimale Anzahl Grunddaten zu erhalten, die es erlauben, sie nach ungefährer Zeitstellung, Größe und Art und Bedeutung anzusprechen. Dies nun läßt sich mit verschiedenen Methoden und mit unterschiedlichem Grad von Genauigkeit erreichen. Während es bei manchen genügen wird, durch Begehung und bei der Kontrolle von Erdaufschlüssen diese Daten zu sammeln, wird bei anderen wenigstens eine ausschnitthafte Grabung notwendig sein. Diese Methode ist auf den ersten Blick wenig spektakulär, die Aussagemöglichkeit für den einzelnen Platz ist auch beschränkt; diese Methode ist es aber letztlich, die es erlauben wird, in einigen Jahren die Geschichte der Kulturlandschaft, die wir im Augenblick zerstören, wenigstens nachträglich zu rekonstruieren. Dies muß die Braunkohlenarchäologie als ihre eigentliche Aufgabe betrachten, auch wenn spektakuläre Einzelergebnisse oder besondere und einmalige Funde gelegentlich — auch für den Archäologen — den Blick für das Alltagsgeschäft verstellen können. Insgesamt gesehen begannen sich schon 1979 und in verstärktem Umfang 1980, die Ergebnisse der kontinuierlichen und systematischen Arbeit zu zeigen. Auch spektakuläre Funde blieben nicht aus. Von Mitarbeitern des Projektes Aldenhovener Platte war 1977 in der Nähe von K o s l a r bei Jülich ein Erdwerk der frühen Michelsberger Kultur entdeckt worden (Grabung: J. Eckert u. G. Pratt). Während sich die Kampagne des Jahres 1979 auf die Untersuchung der Umwehrung der Anlage konzentrierte — es lassen sich insgesamt drei Bauphasen unterscheiden —, wurde 1980 mitten im Siedlungsgebiet gegraben. In drei Flächen von 10 x 90 m wurden mehrere hundert Einzelbefunde freigelegt, ein dichtes Feld von Gruben und Pfosten. Die Grenze des Siedlungsbereiches wurde nirgends erreicht. Von den bislang ergrabenen über 80 Grubenkomplexen ist mehr als die Hälfte durch Fundmaterial datiert, wenn auch ausgesprochen reichhaltige Grubeninhalte in Koslar nicht häufig sind. 39

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Von besonderer Bedeutung ist der Nachweis von etwa 80 Pfostengruben, da über den Hausbau in der Michelsberger Kultur kaum Informationen vorhanden sind. Zwar hat sich bisher noch kein eindeutiger Hausgrundriß feststellen lassen, doch ist damit zu rechnen, sobald die fehlenden Zwischenflächen ausgegraben sind. Ansätze zu rechteckigen Systemen sind schon erkennbar. Die Vielzahl der Befunde macht es unmöglich, die Grabung noch 1980 zu schließen. Besonders erwähnt werden sollte weiterhin die Grabung eines Matronenheiligtums am Tagebau Zukunft-West (s. unten S. 122 ff.), ein Gräberfeld mit Kreisgräben der späten Bronze- und frühen Eisenzeit am Tagebau Frimmersdorf (s. unten S. 76 ff.) und ein großer Siedlungsplatz der Rössener Kultur vor der Kippe des Tagebaus Hambach (Hambach 471; Grabung M. Dohrn-Ihmig und E. Koller). Auf einem Gelände von 15 500 m2 Fläche konnten insgesamt Reste von neun, vielleicht zehn trapezförmigen neolithischen Häusern ganz oder teilweise bearbeitet werden. Nur bei einem der Häuser schwingen die Langseiten leicht konvex nach außen, so daß der ganze Bau schifförmig wirkt. Die anderen Häuser haben gerade Längswände. Sie sind durch Pfostenjoche und Innengräbchen in mehrere Räume gegliedert. Reste der Wandstandspur lassen darauf schließen, daß für den Wandaufbau nur Spaltbohlen in Frage kommen. Das Fundmaterial, Keramik und Steingerät, ist außerordentlich gering. Gruben waren nur wenige vorhanden und große Grubenkomplexe waren nahezu fundleer. Die Keramikreste sind nach Rössener Art verziert. Die Häuser können als Bauten mit Vorhalle interpretiert werden. Dieser Haustyp wird innerhalb der Entwicklung der Rössener Bauten als fortschrittlich angesehen. Eine weitere Analyse des Platzes wird zeigen, ob dieser Eindruck bestätigt werden kann. Weniger spektakulär begann die Ortskernuntersuchung von K ö n i g s h o v e n (Tagebau Frimmersdorf) mit der Grabung in der Kirche (vgl. S. 175 ff.). Sie wird in den nächsten Jahren mit Untersuchungen im Ortsbereich, die schon 1980 begonnen haben, fortgesetzt werden. Im Vorfeld des Tagebaus Frimmersdorf wurden weitere kleine Untersuchungen zur Jungsteinzeit und Eisenzeit durchgeführt. Dank der guten Zusammenarbeit mit den Rheinischen Braunkohlenwerken und der Stadt Bedburg gelang es, im gegenseitigen Einvernehmen, einen wichtigen Fundplatz der jüngeren Steinzeit, der römischen Zeit und des Mittelalters östlich der Altstadt von K a s t e r , der durch Rekultivierungsmaßnahmen bedroht war, zu erhalten. Wichtige Aufschlüsse brachte weiterhin die Autobahntrasse Jackerath-Bergheim, wo mehrere Notgrabungen durchgeführt werden mußten. Eine dieser Untersuchungen betraf ein bandkeramisches Erdwerk bei B e d b u r g , Erftkreis (Frimmersdorf 16) (Abb. 24). Es handelt sich um eine nach Südwesten abgeflachte, 41

Abb. 23 Karte der archäologischen Aktivitäten im Rheinischen Braunkohlenrevier. Grabungen: Quadrate; Bergungen: Dreiecke; Begehungen und sonstige Beobachtungen: Punkte. Maßstab l : 250 000.

ovale Anlage, die sich an das Steilufer eines kleinen vorbeiführenden Baches anlehnt. Der Durchmesser liegt bei 80—110 m. Ein Tordurchlaß konnte im Südwesten zum Tal hin gesichert werden, mit einem weiteren im Norden ist vielleicht zu rechnen. Die Anlage weist eine zunächst schwer interpretierbare Ausbuchtung nach Norden auf. Es handelt sich bei ihr nicht um eine spätere Erweiterung. Möglicherweise wurde hier schon während des Baus des Erdwerkes die Planung korrigiert und die Vergrößerung im Norden angefügt. Die großen Flächenuntersuchungen im Braunkohlengebiet im letzten Jahrzehnt 42

haben gezeigt, daß derartige Anlagen der bandkeramischen Kultur (5. Jahrtausend v. Chr.) keine spektakulären Ausnahmen sind, sondern sehr viel häufiger gewesen sein müssen, als man zunächst angenommen hat. Die Größe dieser Anlagen ist relativ einheitlich (etwa 100 x 100 m), immer sind sie von Spitzgräben von etwa 4,50 m Breite und etwas über 2 m Tiefe umgeben. Trotzdem ist nicht sicher, ob es sich hier tatsächlich um Befestigungsanlagen handelt. Eine Bebauung des Innenraumes konnte bis heute nicht nachgewiesen werden. Der Schwerpunkt der Arbeiten im Vorfeld des T a g e b a u s H a m b a c h I lag 1980 auf dem Gebiet der rasch vorrückenden Kippe Sophienhöhe. Es wurden mehrere eisenzeitliche, jungsteinzeitliche und römische Plätze gegraben, von denen außer dem erwähnten Rössener Siedlungsplatz hier noch die erste Siedlung der sog. Bischheimer Gruppe vom Beginn des jüngeren Neolithikum genannt sei. Ihre Untersuchung zieht sich über die Jahreswende 1980/81 hin. Auf der Abbauseite des Tagebaus Hambach I galt das Hauptaugenmerk der Fortsetzung der Grabung auf dem befestigten späteisenzeitlichen Siedlungsplatz Hambach 382 — er wird erst 1981 vollständig untersucht sein — und zwei römischen Gutshöfen, von denen einer — Hambach 69 — im nächsten Jahr vollständig untersucht werden wird (vgl. unten S. 133 ff.). Interessant ist der Befund an einer Villa rustica bei Niederzier, Kr. Düren (Hambach 252 A; Grabung: W. Gaitzsch). Schon 1977 war hier ein kleines Gebäude gefunden worden. Das neue Gebäude, das noch nicht ganz ausgegraben werden konnte, zeigt dieselbe OrienAbb. 24

Bedburg, Erftkreis. Das bandkeramische Erdwerk nach Aufschieben des Humus.

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Abb. 26

Gut Hausen bei Fronhoven. Grabung im spätmittelalterlichen Wohnturm.

tierung (Abb. 25). Der Grundriß läßt eine dreischiffige, basilikale Anlage erkennen. Sie geht von einer zentralen, wahrscheinlich älteren Mittelhalle aus, an die zwei schmalere Seitenschiffe angeschlossen worden sind. Nach den Ziegelkonzentrationen zu schließen, scheinen alle drei Schiffe überdacht gewesen zu sein. In einer späteren Phase muß das Gebäude gewerblich genutzt worden sein, wie die drei Öfen, der kleine Einbau sowie eine kräftige rote Verfärbung im Boden des südwestlichen Bereichs des Hauses anzeigen. Die Keramikformen, überwiegend Fragmente von Vorratsgefäßen und Gebrauchsgeschirr, erlauben eine Datierung in das 2. Jahrhundert n. Chr. Der T a g e b a u Z u k u n f t - W e s t wurde im Jahre 1980 — jedenfalls von archäologischer Seite — abgeschlossen. Er erbrachte zum Schluß neben dem erwähnten Matronenheiligtum (s. unten S. 122 ff.) noch ein späteisenzeitliches Gräberfeld und eine eisenzeitliche Siedlung, die in einer Bandstraßentrasse untersucht werden mußte. Bei den archäologischen Untersuchungen an diesem Tagebau wurde Entscheidendes zur Entstehung der Braunkohlenarchäologie, wie wir sie heute verstehen, beigetragen. Hier kam es 1969 zum ersten Mal zu einer kontinuierlichen und systematischen Betreuung eines Abbaugebietes. Zum ersten Mal wurde die Chance erkannt, die Abbaukante der Tagebaue als einen ständig durch das Gelände wandernden Erdaufschluß zu betrachten, der es möglich macht, die Kulturhinterlassenschaften, die sich im Laufe der Jahrtausende in Siedlungsspu45

Abb. 27 Ausgrabungen im Tagebau Zukunft. Schraffierte Fläche: weitgehend unbeobachtet abgebaggert; gerasterte Fläche: Beobachtung der Abbaukante und Vorfeldkontrolle seit 1969. Hohes Dreieck: Altsteinzeit; stehendes Dreieck: Jungsteinzeit; umgekehrtes Dreieck: Metallzeiten; Quadrat: römische Zeit; Kreis: Mittelalter. — Maßstab l : 50 000.

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ren niedergeschlagen haben, nahezu vollständig zu erfassen, um mit ihrer Hilfe den Besiedlungsablauf einer Kleinlandschaft beispielhaft zu rekonstruieren. Diese Möglichkeiten erkannt und sie trotz aller Probleme in die Praxis umgesetzt zu haben, ist das Verdienst einer Arbeitsgruppe, die sich aus ehrenamtlichen Mitarbeitern (F. Schmidt) sowie Studenten und Mitarbeitern des Kölner Instituts für Ur- und Frühgeschichte (J. Eckert, M. Dohrn-Ihmig, A. Jürgens, R. Kuper, H. Löhr, J. Lüning und I. Schröter) zusammensetzte. Sie wurde vom Rheinischen Landesmuseum und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt, die seit 1971 das Projekt weitgehend finanzierte. Die Ergebnisse dieser Beobachtungen sprechen für sich. Auf der Karte (Abb. 27) sind nur die Grabungen dargestellt, die sich aus Baggerkantenbeobachtung und Vorfeldkontrolle entwickelt haben. Sie zeigen trotz des jungsteinzeitlichen Schwerpunktes des DFG-Projektes, daß auch die anderen Zeitabschnitte nicht zu kurz kamen. Diese Grabungen wurden vom Rheinischen Landesmuseum finanziert und zum Teil von seinen Mitarbeitern durchgeführt. So stehen heute etwa 14 neolithischen Grabungen neun metallzeitliche, sieben römische und sechs mittelalterliche Untersuchungen gegenüber. Erwähnt seien hier neben den neolithischen Großgrabungen das fränkische Gräberfeld von Niedermerz, mittellatenezeitliche Siedlungen von Lohn/Laurenzberg, die Untersuchung der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Anlage von Gut Hausen (Abb. 26), die Dorfkernuntersuchung von Langendorf und ein spätantikes Gräberfeld von Fronhoven (Abb. 28). Eines der überraschenden Ergebnisse des letzten Jahres im Rheinischen Braunkohlengebiet war die Entdeckung einer ganzen Reihe von Gräbern und Gräberfeldern. Daß bisher nur aus fränkischer und auch römischer Zeit Gräberfelder in einiger Anzahl bekannt waren, liegt an verschiedenen Faktoren: Die Beigaben der urgeschichtlichen Gräber waren unscheinbar; aber auch die Skelette von Körperbestattungen haben sich in dem kalkarmen Löß unseres Gebietes nicht erhalten. Brandgräber waren nur sehr flach eingegraben und sind deshalb in der Regel abgeschwemmt oder durch landwirtschaftliche Arbeiten gestört. Auch stärker eingetiefte Gräber haben zudem nur sehr schwache Verfärbungen hinterlassen. Sie werden praktisch erst in der Tiefe der Bestattung selbst richtig sichtbar. So ist es sicher kein Zufall, daß von den acht Gräbern oder Gräberfeldern des Jahres 1980 allein vier in den Flächen der Grabungen zutage kamen, die eigentlich anderen Zielen dienten. Aber auch diese Gräberfelder waren durch Erosion und Tiefpflügen schon gestört. Besonders kraß zeigte sich dies bei einem Gräberfeld im östlichen Teil des Tagebaus Hambach (Hambach 507). Es handelt sich um einen Friedhof der Eisenzeit. Er konnte durch intensive Feldbegehung lokalisiert werden, und wir waren in der Lage, einen vorläufigen Plan herzustellen. Auf einer Fläche von etwa 200 x 80m konnten oberflächig die Reste von 39 Brandgräbern erkannt werden. Insgesamt ist mit weit über 100 Gräbern zu rechnen. Ein Teil der Gräber wird schon zer47

11, Abb. 28

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Fronhoven. Körpergrab im spätantiken Gräberfeld.

stört sein, es ist aber durchaus mit einer größeren Zahl unzerstörter Gräber auf dieser Fläche zu rechnen, da manche sicher stärker eingetieft waren und auch die Hangerosion nicht überall gleich stark gewesen sein kann. Lange Rohrleitungstrassen im Vorfeld der Tagebaue Inden und Hambach führten zu einer Reihe weiterer Beobachtungen und Bergungen, die Funde von der Jungsteinzeit bis zum Mittelalter lieferten. Die Karte der archäologischen Aktivitäten im rheinischen Braunkohlenrevier (Abb. 23) zeigt dies alles im Zusammenhang. Die angesprochenen Trassen sind hier schon an der Kette der kartierten Aktivitäten auszumachen, auch ohne daß man die Trassenführung einzeichnen müßte. Sichtbar wird auch, wie stark die archäologischen Aktivitäten an die Abbaukanten der Tagebaue und den Fuß der Kippe Hambach gebunden sind. Nur im Bereich Weisweiler konnte das DFG-Projekt Aldenhovener Platte seine systematischen Begehungen losgelöst von der Abbaukante im Bereich des zukünftigen Tagebaues Aldenhoven fortsetzen. So gesehen zeigt die Karte das Hauptproblem der Braunkohlenarchäologie: Schritt halten mit dem fortschreitenden Geländeabbau.

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Die Außenstelle Niederrhein von Hans-Helmut Wegner und Mitarbeitern

Am unteren Niederrhein, in einem Gebiet, das fast den gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf umfaßt, nimmt die Außenstelle Xanten des Rheinischen Landesmuseums Bonn/Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege die archäologische Denkmalpflege wahr. Aus dem Arbeitsgebiet der Außenstelle ist das Gelände der ehemaligen Römerstadt Colonia Ulpia Traiana ausgenommen, auf dem als Sonderprogramm des Rheinischen Landesmuseums der Archäologische Park Xanten eingerichtet wurde (vgl. unten S. 90 ff.). Das Arbeitsgebiet der Außenstelle ist insgesamt recht unterschiedlich strukturiert: hochindustrialisierte Ballungszentren in den Großstädten mit sehr dichter Bebauung und der ihnen eigenen Dynamik und unpersönlichen Rigorosität in ihrer Ausdehnung und Bautätigkeit auf der einen Seite; andererseits spielen die weiten ländlichen Bereiche eine große Rolle, in denen die intensive Landwirtschaft und die rücksichtslose Ausbeutung der Landschaft durch Aussiedlerbetriebe, Mülldeponien und die Ausweitung der alten Ortskerne durch Ausweisung weiterer Industrie- und Neubaugebiete als Folge der Stadtflucht ständig fortschreiten. Die größte Schwierigkeit in der archäologischen Denkmalpflege dieser Region bildet dabei aber doch immer wieder der Mangel an ausgebildetem Personal: Von einem Wissenschaftler und einem Grabungstechniker allein ist das ausgedehnte Gebiet mit seinem Fundreichtum archäologisch nicht wirkungsvoll zu überwachen. Durch modernste Maschinen mit ungeheuren Kapazitäten werden bei Erdbewegungen im Straßen- und Kanalbau, bei Industrie- und Wohnansiedlungen, beim Auskiesen und Tiefpflügen, bei der Anlage von Deponien und Industriehalden und bei Flurbereinigungen täglich unersetzliche archäologische Werte zerstört. Gemessen an den Anforderungen einer zeitgemäßen archäologischen Denkmalpflege ist die Außenstelle Niederrhein so unzureichend ausgestattet, daß sie ihre Aufgaben nicht zufriedenstellend erfüllen kann. Auch das neue Denkmalschutzgesetz wird der modernen Entwicklung der letzten Jahre in keiner Weise gerecht. Täglich gehen unzählige Befunde und wissenschaftliche Dokumente von unschätzbarem Wert für eine archäologische Erschließung dieser Landschaft undokumentiert verloren. Wenn es nicht gelingt, hier unverzüglich spürbar 50

Abhilfe zu schaffen, wird das Niederrheingebiet, das zwischen den großen prähistorischen Kulturräumen im Norden und im Süden des westlichen Mitteleuropa eine Art Schlüsselstellung einnimmt, in Zukunft siedlungsarchäologisch eine öde Landschaft werden. Hier sind die Politiker, die sich den kulturellen Belangen der niederrheinischen Landschaft verpflichtet fühlen, gefordert, die Akzente in Zukunft so zu setzen, daß eine schon seit den ältesten Zeiten dicht besiedelte Region nicht als weißer Fleck auf der archäologischen Fundkarte in die Wissenschaft eingeht. Von der Dienststelle konnten im vergangenen Jahr daher nur einige wichtige Akzente in der archäologischen Erforschung des Niederrheingebiets gesetzt werden, die dennoch zu guten Einzelergebnissen führten. In enger Zusammenarbeit mit der Universität Köln, dem Geologischen Landesamt Krefeld, dem Ruhrlandmuseum Essen und dem Bundesschiffahrtsamt Duisburg wurde an der Schleuse E s s e n - D e l l w i g eine gemeinsame Aktion durchgeführt, die durch den Ausbau des Rhein-Herne-Kanales ausgelöst worden war (Bericht H. P. Lanser). Bei der Anlage des Kanales zu Beginn des Jahrhunderts waren hier Steinartefakte und ein bearbeitetes Hirschgeweih gefunden worden. Zu diesem Zweck wurden 16 Bohrungen mittels Tauchgreifer niedergebracht. Das Bohrgut wurde ausgeschlämmt und Proben für geologische und paläontologische Untersuchungen sichergestellt, die zur Zeit noch am Lehrstuhl für Eiszeitenforschung in Köln ausgewertet werden. Bei den Bohrungen fanden sich keine Fundkonzentrationen, die eine Grabung gerechtfertigt hätten. Man beschränkte sich daher darauf, die Baggerarbeiten zu beobachten und eventuelle Funde zu bergen. Neben zahlreichen Resten von Mammut, Nashorn, Pferd und Wisent fanden sich ein großer Schaber und ein Abschlag aus Feuerstein. Im gleichen Bereich wie diese Steinwerkzeuge fand sich ein menschlicher rechter Oberschenkel. An einer anderen Stelle wurden ein Kernstein aus Feuerstein und zwei bearbeitete Pferdemittelhandknochen gefunden (Abb. 29). Sie zeigen an den distalen Gelenkenden, das kleinere Stück auch am proximalen, V-förmige Einschnitte. Der kleinere Knochen zeigt zudem noch am proximalen Ende drei parallele Eintiefungen. Abb. 29

Essen-Dellwig. Mittelhandknochen eines Pferdes mit V-förmigen Einschnitten an den Enden.

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Ein jungpaläolithischer Rentierjägerrastplatz wurde bei einer Grabung des Niederrheinischen Museums Duisburg auf dem K a i s e r b e r g bei D u i s b u r g ausgegraben (Grabung G. Tromnau). Über neue Untersuchungen zu den mittelpaläolithischen Fundschichten in M ö n c h e n g l a d b a c h - R h e i n d a h l e n und dem spätmittelsteinzeitlichen Fundplatz M ö n c h e n g l a d b a c h - W i c k r a t h b e r g wird unten S. 57ff. und S. 63 ff. ausführlich berichtet. Im Waldgelände der T w i s t e d e n e r H e i d e bei Kevelaer, Kr. Kleve, mußte wegen der bevorstehenden umfangreichen Baumaßnahmen das Gelände des ehemaligen Hügelgräberfeldes archäologisch untersucht werden. Zunächst war es erforderlich, einen Höhenschichtenplan anzulegen. Dadurch wurden insgesamt noch über 22 Hügel verschiedener Größenordnung erkennbar. Erst danach wurde versucht, den Friedhof in planmäßigen Grabungsschnitten zu erschließen. Durch unsere Untersuchungen steht nunmehr fest, daß wir es hier mit einem Grabhügelfeld der vorrömischen Eisenzeit zu tun haben. Die Hügel waren in den Profilen in ihrer Aufschüttung deutlich zu erkennen. Grabbauten, wie Stein- und Pfahlsetzungen, Kreisgräben oder deren Variante, die Schlüssellochgräben, waren nicht vorhanden. Alle Grabhügel waren weitgehend durch „Kopfsuch" gestört. In keinem Fall wurde daher die Urne angetroffen; in Einzelfällen ließ sich aber nachweisen, daß sie im Zentrum des Hügels gestanden hat. Einige Leichenbrandnester, die durch die früheren Ausbeutungen des Gräberfeldes nicht erfaßt waren, ließen erkennen, daß auch zwischen den einzelnen Hügeln Bestattungen eingebracht worden waren. An Funden traten nur einige Streuscherben auf, die die Datierung des Grabhügelfeldes festlegen. Nicht sehr zahlreich waren Grabungen an römerzeitlichen Fundstellen. In X a n ten und A s c i b u r g i u m / M o e r s - A s b e r g wurden die Arbeiten fortgesetzt (unten S. 90ff. und S. 144ff.). In K l e v e - R i n d e r n wurden während des Einbaus eines neuen Fußbodens in der St. Willibrordkirche die Reste einer römischen Hypokaustanlage direkt unter dem Mittelschiff gefunden (unten S. 171 ff.). Schließlich wurden im Raum M ö n c h e n g l a d b a c h , im Bereich einer Autobahntrasse, die Grundrisse einer römischen Villa untersucht und dokumentiert. Im Grabungsjahr 1980 lag ein deutlicher Schwerpunkt am Niederrhein auf der mittelalterlichen Archäologie. Besonders gute siedlungsarchäologische Ergebnisse wurden dabei in K r e f e l d - S t r a t u m erzielt. Hier ist es gelungen, in einer engen Siedlungskammer eine weilerartige Bebauung mit zugehörigem Herrensitz ( M o t t e P u p p e n b u r g ) und benachbartem Gräberfeld des 5./6. Jahrhunderts nahezu vollständig zu erschließen (vgl. unten S. 155 ff.). Fränkische Gräber wurden auch bei Bauarbeiten im Stadtgebiet von D u i s b u r g aufgedeckt, die zu dem schon bekannten Gräberfeld im Stadtzentrum gehören könnten. Doch dürfte für den Historiker wie auch den Frühgeschichtler der 52

offensichtlich gelungene archäologische Nachweis der Pfalz von Duisburg ein besonders gutes Ergebnis dieses Grabungsjahres sein (unten S. 161 ff.). Daneben sollen die schönen Funde der mittelalterlichen Stadtmauer am Alten Markt in Duisburg und die Bergung eines möglicherweise mittelalterlichen Einbaumes aus Duisburg-Kaldenhausen nicht unerwähnt bleiben (unten S. 83ff.). Der Ringwall auf der A l t e b u r g bei E s s e n - W e r d e n wurde im Rahmen einer Ingenieursarbeit der Universität Essen-GH genau vermessen. Nur erkennbare Teile der Anlage wurden dabei auf einer Karte im Maßstab l : 1000 verzeichnet. In der neuen Aufnahme fehlt die in früheren Plänen vermerkte, vom westlichen "Wall aus zur Ruhr hinunterziehende Abschnittsmauer. Von ihr konnten im Gelände keine Spuren nachgewiesen werden. Stattdessen wurde im Innern der Burganlage parallel zur westlichen Terrasse eine kurze, wallartig ausgeprägte Geländeform erfaßt, an die sich nördlich eine mäßig hohe Terrasse anschließt. Möglicherweise stellen sie Reste eines älteren Herings dar. In der ehemaligen Stiftskirche St. Clemens in W i s s e l, Kr. Kleve, wurden bei Renovierungsarbeiten Untersuchungen zur Baugeschichte angestellt (Grabung H.-P. Storch). Die Kirche (Abb. 30), eine kreuzförmige Gewölbebasilika, war 1150/60 aus Tuff erbaut worden. Bei den Grabungen wurden die abgetreppten Tuffsteinfundamente der Hauptpfeiler untersucht, die durch Tuffsteinstege miteinander verbunden waren. Unter dem heutigen Fußboden liegen Reste eines älteren Bodens aus faustgroßen, abgerundeten Tuffbrocken. In einer aus Ziegelsteinen gemauerten Gruft, die zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet und wieder verschlossen worden sein muß, wurden zwei Skelette angetroffen. Eines von vier weiteren in der Kirche gefundenen Skeletten fällt durch postmortale Lageveränderungen auf (Abb. 31). Die ehemals leicht angewinkelten und auf dem Unterleib gelegenen Arme befanden sich gestreckt neben dem Körper, während die Knochen der Hände noch wie bei der Bestattung auf dem Becken gelagert waren. Auch das rechte Bein wies Lageveränderungen auf. Sämtliche Skelette waren beigabenlos, es fanden sich aber Nägel und Griffe von Särgen, Gewandreste etc. Auch am K l o s t e r S a a r n in Mülheim/Ruhr machten Renovierungsarbeiten in den letzten beiden Jahren insgesamt drei Ausgrabungskampagnen notwendig (Grabung R. Lommerzheim). Die Mittel (Bauforschungsprogramm der Stadt Mülheim zur Erarbeitung von Grundlagen für Sanierung, Restaurierung und Renovierung des gesamten Klosterareals) erlaubten eine großflächige Untersuchung. Die aufgedeckten Befunde konnten die unzureichende Quellenlage zur Klostergeschichte erheblich verbessern: Aus dem kleinen, 1214 gegründeten Zisterzienserinnen-Kloster hatte sich im 15. Jahrhundert, was bisher nicht bekannt war, eine große, weitverzweigte Klosteranlage entwickelt. Der Grundriß war nicht mehr, wie allgemein üblich, rechtwinklig angelegt, sondern diagonal zur Kirche verlief ein Wirtschaftstrakt von 53

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Abb. 31

Wissel, Kr. Kleve. St. Clemens. Bestattung mit postmortalen Lageveränderungen.

beträchtlicher Länge (42 m). Dieser ungewöhnliche Grundriß kann bislang nur mit wesentlich veränderten Geländebedingungen in spätgotischer Zeit erklärt werden. Eine Grabung im Kircheninneren wird im Frühjahr 1981 durch den Einbau einer Fußbodenheizung notwendig werden. Da schon zur Jahrhundertwende im angrenzenden Pfarrgarten fränkische Gräber aufgedeckt werden konnten, muß auch hier mit interessanten Befunden gerechnet werden. Im Innendienst wurden die Funde dokumentiert und archiviert und auch die Verpflichtungen der Dienststelle als „Träger öffentlicher Belange" erfüllt: Es wurden z. B. Stellungnahmen zu Bebauungs- und Flächennutzungsplänen sowie Flurbereinigungsverfahren erarbeitet, Erörterungstermine und Anhörungsverfahren wahrgenommen. Die durch Fundbergung und Fundmeldung eingehenden Fundnachrichten wurden aufgearbeitet und Berichte dazu angefertigt sowie Publikationen vorbereitet. Fast nebenbei, obgleich sehr wichtig für die tägliche Arbeit und die wissenschaftliche Benutzbarkeit, wurde versucht, die Fundstellenkartei auf den neuesten Stand zu bringen. Parallel dazu lief der Aufbau einer Kartei der für das Niederrheingebiet wichtigen und auswertbaren archäologischen Literatur. Aus dem neuen Denkmalschutzgesetz ergibt sich für die Fachdienststellen die Verpflichtung, den Gemeinden als untersten Denkmalschutzbehörden bei der 55

Erstellung der Denkmälerlisten behilflich zu sein. Daher hat die Außenstelle Niederrhein damit begonnen, sämtliche Fundnachrichten und Vermerke zu Fundplätzen und über Feldbegehungen sowie über die dazugehörigen Grabungen und die gegebenenfalls schon vorhandenen Veröffentlichungen zusammenzustellen. Zunächst wurde im rechtsrheinischen Arbeitsgebiet zwischen den Orten Ehen und Walsum damit begonnen. Die umfangreichen Arbeiten dauern noch an. Die Aufgaben der archäologischen Denkmalpflege einer Außenstelle des Rheinischen Landesmuseums sind vielfältig und weitläufig. Der Arbeitsanfall des letzten Jahres konnte in dem hier vorliegenden kurzen Abriß nur in seinen wesentlichen Zügen dargestellt werden. Nicht immer sind es die großen, spektakulären archäologischen Unternehmungen, die unser Wissen vom Siedlungsbild einer Landschaft in der Vergangenheit prägen. Es ist vielmehr die Vielzahl der kleinen Nachrichten und Einzeluntersuchungen, die, über mehrere Jahre hinweg zusammengetragen, den Erfolg einer siedlungsarchäologischen Erforschung einer Region garantieren. In diesem Zusammenhang sei auch an dieser Stelle allen unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern, die uns durch zahlreiche Hinweise und Informationen unterstützten, aber auch allen Dienststellen und Personen, mit denen wir im vergangenen Jahr erfolgreich zusammengearbeitet haben, sowie unseren Kollegen, die uns tatkräftig geholfen haben, sehr herzlich gedankt.

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Neue Untersuchungen zu paläolithischen Fundschichten in Mönchengladbach-Rheindahlen von Hartmut Thieme

Fundschicht B l („ Westwand-Fundschicht") Anfang April 1980 wurde in der Mitte der ca. 200 m langen, nach Westen vorrükkenden Abbauwand der Ziegelei Dreesen vom Baggerführer eine Feuersteinklinge in situ entdeckt. Nachfolgende Sondierungen durch A. Mennen und Verf. erbrachten weitere Artefakte, die in der gleichen stratigraphischen Position lagen wie der seit 1964 bekannte mittelpaläolithische „Westwand-Horizont" (Fundschicht B 1) — im oberen Bereich der letztinterglazialen (Eem) Parabraunerde. Die auf nur wenige Meter begrenzte Streuung der Funde ließ darauf schließen, daß etwa 150 m westlich des von G. Bosinski 1964/65 untersuchten Siedlungsplatzes ein neuer, möglicherweise „zeitgleicher" Fundplatz durch den Bagger angeschnitten und somit unmittelbar gefährdet war. Daher wurde in den Monaten Mai und Juni im Streubereich der aus der Abbauwand stammenden Artefakte eine Notuntersuchung durchgeführt, in deren Verlauf eine ca. 50 m2 große Fläche in einer Mächtigkeit von 0,4—0,5 m abgebaut und durch 2 mm-Siebe geschlämmt wurde. Die Grabungsfläche enthielt eine gleichmäßig dünne Fundstreuung, die lediglich in der Nähe der Abbauwand geringfügig dichter war. Es ließ sich daher nicht entscheiden, ob die Artefaktstreuung zu einem Siedlungsplatz gehört oder eine nur kleine, durch spezifische Tätigkeiten gekennzeichnete Aktivitätszone darstellt. Während der Grabungsarbeiten wurden durch den Baggerführer beim fortschreitenden, maschinellen Lößabbau weitere Einzelfunde in dem gleichen stratigraphischen Niveau entdeckt, so daß systematische Sondierungen südlich und nördlich der 9 m langen Grabungsfläche erforderlich waren. Dabei konnten ca. 1 5 m nördlich der Grabungsfläche ebenfalls Artefakte geborgen werden, deren Streuungsdichte in einer dort angelegten, etwa 5 m2 großen Testfläche gleichfalls nur sehr dünn war. Das aus den Grabungsflächen stammende und überwiegend aus Maasschotterfeuerstein bestehende Fundmaterial setzt sich aus Absplissen (< 10 mm), 57-

Abschlägen sowie einigen Werkzeugen zusammen und entspricht formenkundlich und technologisch dem Inventar des „Westwand-Fundplatzes". Unter den "Werkzeugfunden ist besonders ein vielfältig genutztes Kombinationsgerät (Abb. 32) erwähnenswert. Es handelt sich um ein mediales Klingenbruch-

Abb. 32

Mönchengladbach-Rheindahlen. Fundschicht B l („Westwand"). Kombinationsgerät. Maßstab 1 : 1 .

stück, dessen linke Lateralkante fein retuschiert ist. Vermutlich war die proximale Bruchkante ebenfalls durchgehend retuschiert, da die beiden „basalen" Ecken des Werkzeugs durch Gebrauch weggebrochen und z. T. ventral ausgesplittert sind und ein Bruch die Retuschen kappt. Weiterhin wurde die distale Bruchkante von dorsal nach ventral retuschiert, bevor durch Stichelschläge auf beide Ecken spezialisierte Arbeitskanten geschaffen wurden. Aufgrund des ausgezeichneten frischen Erhaltungszustandes dieses Werkzeugs konnten erstmalig an Rheindahlener Funden testweise Gebrauchsspurenanalysen durchgeführt werden, die freundlicherweise P. Vaughan (Dept. of Anthropology, University Museum, Philadelphia) mit Hilfe eines Binokularmikroskops vorgenommen hat. Während sich nach seinen Aussagen an den distalen Stichelschneiden und im Bereich der basalen Kantenretusche keine eindeutigen Gebrauchsspuren fanden, wies die linke retuschierte Kante ventral Spuren von Lederbearbeitung in Form einer spezifischen Politur auf, die durch „Schaben" von Leder entstanden ist. An der gegenüberliegenden, unretuschierten Werkzeugkante, an der durchgehend feinste Gebrauchsretuschen mikroskopisch sichtbar sind, konnten dagegen Gebrauchsspuren analysiert werden, die auf „Lederschneiden" zurückzuführen sind. Die zuletzt genannten Merkmale fanden sich auch an einem weiteren untersuchten Artefakt, an der Lateralkante eines unretuschierten, gestreckten Abschlags. 58

Von besonderer Bedeutung für die Rekonstruktion der menschlichen Aktivitäten war außerdem die Entdeckung zweier in den letztinterglazialen Boden greifender Eintiefungen, ca. 60 m und ca. 75 m südlich der Hauptgrabungsfläche. Sie waren durch den Bagger angeschnitten worden und konnten, soweit noch erhalten, untersucht werden. Im Gegensatz zu den früher beschriebenen und ebenfalls im Südteil der Ziegeleigrube gelegenen kesselartigen Eintiefungen, deren Interpretation als Tierfallgruben möglich erscheint, waren die jetzt beobachteten Gruben an der Basis wannenartig flach und nur etwa 0,6 m eingetieft, bei Längen von maximal ca. 2,5 m und Breiten von etwa 1,2—1,5 m. Im südlichen Randbereich einer der Gruben wurde ein einfacher Schaber aus Feuerstein gefunden, wodurch zum wiederholten Male der anthropogene Charakter dieser Eintiefungen belegt werden konnte. Eine abschließende Wertung dieser Befunde sowie der oben skizzierten, schwachen Fundstreuungen ist erst nach Abschluß der Auswertungsarbeiten möglich. In deren Vordergrund steht zur Zeit der Versuch, von den jetzt ergrabenen Artefakten, die z. T. zu einigen der auf dem „Westwand-Fundplatz" zerlegten und überwiegend wieder zusammengesetzten Feuersteinknollen zu gehören scheinen, Material an die dort gefundenen Flintartefakte anzupassen. Damit könnte die bisher nur vermutete „Gleichzeitigkeit" der beiden Fundareale auch belegt werden. Die überregionale Bedeutung der durchgeführten Untersuchungen ist im wesentlichen in der großräumigen Rekonstruktion des Begehungshorizontes B l begründet, zu dem aus dem Mittelpaläolithikum Mitteleuropas nicht nur der bis jetzt älteste und einzige Behausungsgrundriß (wahrscheinlicher sind zwei Grundrisse) eines vermutlich wiederholt aufgesuchten Siedlungsplatzes gehört, sondern inzwischen auch mehrere wohl unterschiedlich genutzte, grubenartige Eintiefungen sowie eine durch „Lederbearbeitung" näher gekennzeichnete Fundstreuung zu rechnen sind.

Fundschicht B 3 („Ostecken-Komplex") Die Anfang August wiederaufgenommenen und bis Ende September 1980 dauernden Grabungsarbeiten in der Ostecke der Grube Dreesen waren durch die langfristigen Planungen des Ziegeleibetriebes notwendig geworden. Danach soll der zur Zeit noch nach Westen betriebene Lößabbau voraussichtlich Ende 1981 mit Erreichen der dortigen Eigentumsgrenze eingestellt und ab 1982 auf die Südostwand (Ostecke) der Ziegeleigrube verlegt werden. Die dort angeschnittene und in die vorletzte Eiszeit (Riß/Saale-Eiszeit) datierte, frühmittelpaläolithische Siedlungsschicht B 3, deren enorme Flächenausdehnung in erster Linie durch die Sammel- und Kartierarbeiten A. Mennens bekannt wurde (Abb. 33), sollte daher vor Beginn der industriellen Lößgewinnung bis zu 59

Abb. 33 Mönchengladbach-Rheindahlen. Ausdehnung der Fundschicht B 3 („Ostecke") mit Positionen der Sammelfunde A. Mennens und Lage der Grabungsflächen (schwarz). Maßstab ca. l : 1500.

ihrer südlichen Grenze ausschnittweise bekannt sein. Denn zur gezielten Begegnung der künftigen Gefährdung des Fundplatzes sind genaue Kenntnisse über den Fundschichtverlauf sowie über Art und Dichte der Fundstreuung erforderlich. Die Grabungsarbeiten konzentrierten sich daher ausschließlich auf den unmittel60

baren Böschungsbereich der Südostwand, der ohnehin wegen seiner starken Durchwurzelung weggebaggert worden wäre. Die Untersuchung setzte südlich der 1965 von G. Bosinski ausgegrabenen Fläche an, die mit den vom Verf. 1973 — 1975 gegrabenen Abschnitten eine zusammenhängende Siedlungsfläche von ca. 140 m2 darstellt. Der neu aufgedeckte, etwa 50 m2 umfassende Grabungsstreifen erstreckt sich auf einer Länge von 35 m und hat in Abhängigkeit vom Böschungsverlauf eine Breite von 1,1 — 1,75 m. Das in ca. 3,5 m Tiefe liegende und im Durchschnitt 0,5 m starke Fundschichtpaket, das nach Süden ansteigt, wurde mit der Kelle abgebaut und durch 2 mm-Siebe geschlämmt. Die Fundanzahl war in den zuerst abgebauten, nördlichen Quadraten wider Erwarten sehr hoch und lag, einschließlich der Absplisse (< 10 mm), zwischen 130 und 170 Stücken/m 2 . Die Streuungsdichte (= Anzahl/m 2 ) der Artefakte nahm nach Südwesten nicht gleichmäßig ab, sondern verringerte sich nach zunächst etwa 10 m und dann weiteren 14 m in zwei quantitativen Sprüngen jeweils um etwa die Hälfte und fiel in den beiden südlichsten Quadraten bis auf 4 Stücke/m2 ab. Der hier durch Grabungsflächen dokumentierte Fundabfall spiegelt sich exakt in den Fundkartierungen A. Mennens wider, in die die Positionen der vor der Ostecke aufgesammelten, beim Lößabbau aus den Baggerschaufeln gefallenen Artefakte eingeflossen sind (Abb. 33). Auf der Grundlage dieser im nachhinein abgesicherten Kartierungen kann somit vorausgesagt werden, daß etwa 15 m südlich der jetzigen Grabungsgrenze die Fundstreuung wieder dichter wird, da sich unmittelbar an die Abbauwand eine weitere Artefaktkonzentration anlehnt (Abb. 33). Dieser Bereich soll 1981 untersucht werden. Das aus dem Grabungsstreifen geborgene Rohmaterialspektrum zeigt die aus den früher untersuchten Flächenausschnitten bekannte Vielfalt, mit Maasschotterfeuerstein, Quarz, Quarzit (in unterschiedlichsten Varietäten), Kieselschiefer etc. Das Typenspektrum setzt sich, wenn auch durch den schmalen Flächenausschnitt reduziert, wiederum aus meist einfachen Schabern und Spitzen zusammen, von denen eine symmetrische Spitze (Abb. 34) aus einer sehr schmalen, langgestreckten und wohl gezielt ausgewählten Grundform hergestellt ist, mit bilateraler Kantenretusche, die besonders in der Spitzenpartie sehr sorgfältig ausgeführt ist. Außer einer Vielzahl von Werkzeugbruchstücken, worunter sich auch wahrscheinlich das abgebrochene Proximalende eines kleinen Faustkeils befindet, sind mehrere Quarzitartefakte, darunter auch ein längliches, hackenartig zugerichtetes Werkzeug erwähnenswert, die zusammen mit zahlreichen Quarztrümmern auf wenige laufende Meter konzentriert waren. Ein weiterer vorläufiger Hinweis auf eine differenziertere Fundplatzorganisation könnten einige krakelierte Silices sein, die auf einen feuerstellennahen Bereich hindeuten und mit kleinen, abgebrochenen Spitzenbruchstücken vergesellschaftet sind — ein Befund, der auch ca. 30 m nordöstlich in der Grabungsfläche 1974 angetroffen wurde. Zur Erhärtung der sich abzeichnenden, vielfältigen Befunde sind jedoch großräumigere Flächenabdeckungen erforderlich. 61

Abb. 34 Mönchengladbach-Rheindahlen. Fundschicht B 3 („Ostecke"). Symmetrische Spitze. — Maßstab 1:1.

Die mit der diesjährigen Grabung unterstrichene Bedeutung des „OsteckenFundplatzes" B 3 ergibt sich aus folgenden Umständen: Bisher sind ergrabene mittelpaläolithische Freilandstationen nur vereinzelt in Mitteleuropa bekannt. Der einzige nahezu vollständig ausgegrabene und stratifizierte mittelpaläolithische Fundplatz der Bundesrepublik lag in der Westwand der Ziegelei Dreesen (Fundschicht B 1). Vor dem Hintergrund dieses unzureichenden Forschungsstandes läßt die bisher für die Bundesrepublik einzigartige Flächenausdehnung der Löß-Freilandstation „Rheindahlen-Ostecke" (Abb. 33) vielversprechende Erkenntnisse erwarten, besonders in Hinblick auf die Siedlungsweise (Hüttengrundrisse), die Siedlungsplatz-Organisation (Zusammensetzungen) sowie auf die wirtschaftlichen Grundlagen, wobei ein erarbeitetes Modell des jüngeren Fundplatzes B l zum Vergleich herangezogen werden kann. Zudem liegt die Siedlungsschicht in einem weit über das Lokale hinausgehenden geologischen Standardprofil, das den Fundplatz in einen älteren Abschnitt des Riß- (Saale-)Komplexes datiert. Damit stellt die Freilandstation „RheindahlenOstecke" das bis jetzt älteste in einer Lößstratigraphie gefundene und in die Zeit des Präneandertalers gehörende Inventar der Bundesrepublik dar. 62

Der mittelsteinzeitliche Fundplatz MönchengladbachWickrathberg von S. K. Arora, H. J. Holz und E. Klein

Nach dem bisherigen Forschungsstand ist die späte Mittelsteinzeit (ca. 5000 v. Chr.) am Niederrhein nur spärlich belegt. Bis jetzt sind hier nur fünf Oberflächenfundplätze dieser Zeitstufe bekannt: Elmpt-Beek, Erkelenz-Isengraben I/II, Wegberg-Elsenkämp I/II, Lövenich-Haberg (alle Kr. Heinsberg) und Wickrathberg (Stadt Mönchengladbach). Da die ersten vier Fundplätze im Gebiet des ehemaligen Kreises Erkelenz liegen, wurde die niederrheinische Spätmittelsteinzeit vorläufig als Erkelenzer Gruppe bezeichnet. Wickrathberg ist dabei bis jetzt der einzige Oberflächenfundplatz dieser Erkelenzer Gruppe, der in seinem Artefaktenspektrum als einigermaßen geschlossen zu betrachten ist. Beek l, Isengraben I/II und Elsenkämp I/II weisen außer mesolithischen auch Funde aus dem Jungneolithikum II und dem Endneolithikum auf. Auf dem klassischen Michelsberger Fundplatz Haberg schließlich ist neben dem vorherrschenden Jungneolithikum I sowie etwas Jungneolithikum II und Endneolithikum nur sehr wenig Mesolithikum vorhanden. Der Fundplatz Beek l liegt auf einer Sanddüne, Isengraben I/II, Elsenkämp I/II und Haberg auf einer löß-lehmig-kiesigen Oberfläche, "Wickrathberg auf einem Untergrund aus Schwemmlöß unmittelbar an einem sumpfigen Gelände, ca. 120 m südlich der heute kanalisierten Niers. Die Erkelenzer Gruppe ist typologisch gekennzeichnet durch das Vorkommen von zahlreichen Trapezen (Viereckspitzen, symmetrischen und asymmetrischen Vierecken), mikrolithischen Endretuschen, Spitzbogenspitzen und Mistelblattspitzen. Interessant ist, daß von dem Fundplatz Isengraben I/II nur eine, von Beek l gar keine Mistelblattspitze vorhanden ist, während gleichzeitig der Anteil der Viereckspitzen unter den Trapezen hier höher ist als der der symmetrischen und asymmetrischen Vierecke. Auf den Fundplätzen Elsenkämp I/II und Haberg hingegen sind Mistelblattspitzen recht zahlreich unter den Mikrolithen vertreten, und symmetrische und asymmetrische Vierecke finden sich häufiger als Viereckspitzen. Offensichtlich sind in der Fazies, die kaum Viereckspitzen führt, Mistel63

blatt- und Spitzbogenspitzen gut vertreten, während dort, wo Viereckspitzen häufig sind, Mistelblattspitzen fast oder völlig fehlen. Ob diese Tatsache auf die geringe Zahl der Lesefunde von diesen Plätzen zurückzuführen ist, oder ob es innerhalb der Erkelenzer Gruppe tatsächlich eine Fazies gibt, die kaum oder keine Mistelblattspitzen führt, ist noch nicht geklärt, da zur Zeit nur diese wenigen Fundplätze der Spätmittelsteinzeit bekannt sind, von denen zudem nur Sammelfunde existieren. Eine chronologische oder chorologische Differenzierung kann deshalb aus diesem typologischen Unterschied nicht abgeleitet werden. Die Oberflächenfunde von Wickrathberg entsprechen denen von Beek l und Isengraben I/II, d. h. bei Fehlen von Mistelblattspitzen treten Viereckspitzen mehrfach auf. Die Fundplätze der Erkelenzer Gruppe besitzen einen höheren Anteil an Wommersomquarzitartefakten als andere mesolithische Fundinventare am Niederrhein; er beträgt z. B. bei Beek 13%, bei Wickrathberg (Oberflächenfunde) 7% und liegt auch bei Elsenkämp I/II, Isengraben I/II und Haberg über dem Durchschnitt, obwohl er hier aufgrund der Vermischung neolithischer Funde mit den mesolithischen schwer zu ermitteln ist. Auch Vetschauer Flintartefakte sind in diesen Inventaren gut vertreten, bei den Funden von Wickrathberg z. B. mit 6%. Derartige statistische Angaben sind allerdings mit Vorsicht zu behandeln, da es aufgrund der Tatsache, daß Lamellen und Absplisse bei Feldbegehungen häufig übersehen werden, fraglich ist, ob Lesefunde überhaupt die tatsächliche Zusammensetzung des jeweiligen Fundinventars widerspiegeln. Als auf dem Fundplatz Wickrathberg mit der Grabung begonnen wurde, waren deshalb nicht nur die typologischen Fragen der Erkelenzer Gruppe zu klären, sondern ebenfalls ihr tatsächlicher Anteil an „exotischen" Materialien. Ein weiterer Grabungsaspekt ergab sich durch die Lage des Fundplatzes im Lößgebiet unweit einer bandkeramischen Siedlung, so daß hier dem vieldiskutierten Nebeneinander von Bandkeramikern und Mesolithikern nachgegangen werden konnte. H. J. Holz, Wanlo, hat im Zuge seiner intensiven Sammeltätigkeit 1978 den Fundplatz entdeckt, als das Gelände, zuvor Wiese, umgepflügt wurde. Wegen eines geplanten Rückhaltebeckens im Bereich des Fundplatzes wurde die Grabung notwendig. Für die rechtzeitige Benachrichtigung sei H. J. Holz hier herzlich gedankt. Die örtliche Grabungsleitung hatte E. Klein, Tübingen, der auch die ausführliche Bearbeitung der Funde und des Fundplatzes vornehmen wird. Der Oberflächenfundplatz Wickrathberg liegt auf einem heute fast ebenen Gelände, das auf drei Seiten von Wald bzw. Sumpf umrahmt ist. Nach Süden bzw. Südwesten steigt das Gelände an; hier liegt auch der erwähnte neolithische Fundplatz auf lößig-lehmig-kiesigem Boden. Das torfige Sumpfgelände weist auf einen alten, verlandeten Nierslauf hin. Die Möglichkeit, eine wenigstens noch teilweise intakte, durch Pflügen ungestörte Kulturschicht zu finden, erschien am aussichtsreichsten auf einer Fläche von ca. 10 x 15 m im Westen, zum Wald hin. Sie war mit Ackerkratzdistel, Sumpf-Hornklee, Wasserminze und Hundspetersilie bewachsen und wegen zu starker Nässe nach Auskunft des Landwirtes noch 64

Abb. 35

Mönchengladbach-Wickrathberg. Mcsolithische Funde. — Maßstab 1 : 1 . 65

nicht beackert worden. Auch Stellen neben dem Fundplatz, die keine Lesefunde geliefert hatten, schienen in dieser Hinsicht erfolgversprechend. Hier war möglicherweise die Kulturschicht durch geringes Kolluvium überdeckt und damit vollständig erhalten. Eine Fläche von 60 X 40 m wurde deshalb in Einmeterquadrate unterteilt und von diesen 52 näher untersucht. Die Erde wurde in jeweils drei Schichten abgetragen und dann nach Funden durchschlämmt. Die drei Schichten waren im einzelnen: Ap- oder Ah-Horizont, ca. 15—25 cm mächtig; Übergangshorizont zwischen Ap oder Ah und dem gewachsenen Boden, ca. 5—25 cm stark, und der gewachsene, gelbe, schluffig-lehmige Boden, der in einer Stärke von 15—20 cm abgebaut wurde. Schicht l und 2 lieferten dabei die meisten Funde, insgesamt 253 bzw. 230 Artefakte, während aus dem ungestörten Boden immerhin noch über 157 Stücke ans Tageslicht kamen. Zahlreiche krakelierte Kieselsteine, die teilweise schon während des Abtragens des Bodens entdeckt werden konnten, geben hierbei Hinweise auf ehemalige Feuerstellen. An einigen Stellen waren kleinere Artefaktkonzentrationen festzustellen. Leider war aber eine intakte Kulturschicht mit humoser Lage, in situ befindlichen Feuer- oder Herdstellen, Gruben oder Holzkohle nicht mehr vorhanden, was möglicherweise auf die Abtragung der alten mesolithischen Oberfläche durch Erosionsvorgänge, wie z. B. zeitweise Überflutung des Platzes mit fließendem oder stehendem "Wasser, zurückzuführen ist. Eine flüchtige Durchsicht der Funde ergab im Mikrolithenspektrum eine weitgehende Übereinstimmung mit den Begehungsfunden, d. h. zahlreiche Viereckund keine MisteIblattspitzen (Abb. 35). Bei der Rohstoffverteilung lag der Anteil an Wommersomquarzit jedoch doppelt so hoch wie bei den an der Oberfläche aufgesammelten Stücken, nämlich bei 15% mit 106 von 666 Artefakten. Zum Abschluß wurden im Wald westlich der Grabungsfläche noch zwei Suchschnitte angelegt, von denen der eine überraschenderweise einen kleinen Schuhleistenkeil lieferte, der sich im gewachsenen, gelben, lehmigen Boden direkt unter dem Ah-Horizont befand. Da dieser Fund jedoch isoliert vorkam und an dieser Stelle weder eine mesolithische noch eine neolithische Kulturschicht und auch keine anderen Befunde festzustellen waren, muß angenommen werden, daß er durch Kolluvium von der angrenzenden Hochfläche ins Tal verfrachtet worden ist, wie es ebenfalls bei einigen auf dem Fundplatz zutage getretenen römischen Funden beobachtet wurde. Die Grabung brachte damit keine Beweise für einen Dualismus Bandkeramiker — Spätmesolithiker. Im nördlich angrenzenden Sumpfgelände wurden anhand eines Profilschnittes mehrere Torf schichten festgestellt: 20 cm Schilftorf im oberen und ca. 60 cm Bruchwaldtorf im unteren Bereich des Profiles. Eine pollenanalytische Untersuchung dieser Schichten steht noch aus; falls dabei aber boreale oder atlantische Torfe gefunden werden, sollen auf dem gesamten Sumpfgelände Probebohrungen nach mesolithischen Artefakten vorgenommen werden. Auf diese Weise kann der mesolithische Fundplatz Wickrathberg dann pollenanalytisch datiert werden. 66

Die dritte Grabungskampagne auf dem steinzeitlichen Bergwerk Lousberg in Aachen von Jürgen Weiner

Im Jahr 1956 wurde auf dem zentralen Plateau des Lousberges ein Wasserturm errichtet. Der Aachener Geologe H. Breddin untersuchte die Baugrube dieses Turmes und erkannte, daß deren Wandungen teilweise aus primär anstehenden, bis zu 7 m mächtigen Kreidekalken, teilweise aber auch aus umgelagertem Sediment bestanden. Er beschrieb diese Situation einige Jahre später, wobei er die Ansicht vertrat, daß es sich dabei um Reste mittelalterlicher Kalksteinbrüche handele; die dort abgebauten Kalke seien als Füllmaterial beim Bau der inneren Stadtmauer (sog. Barbarossamauer) im 12. Jahrhundert verwendet worden. In der Tat lassen sich Kalkbrocken mit eingelagerten typischen Lousberg-Feuersteinen in aufgeschlossenen Resten der Stadtmauer mit bloßem Auge erkennen. Dieser Bericht Breddins war für die Erforschung des jungsteinzeitlichen Feuerstein-Abbaus auf dem Lousberg von großer Bedeutung. Er deutete die Möglichkeit an, durch eine Ausgrabung noch Reste der steinzeitlichen Abbaue im massiven Kalkgestein zu finden. Während der beiden vorausgegangenen Ausgrabungskampagnen der Jahre 1978 und 1979 gelang es jedoch nicht, solche Befunde freizulegen. Es konnte lediglich während der letztjährigen Kampagne auf der Sohle eines Baggergrabens über eine Strecke von 30 m eine feuersteinfreie Kreidekalkschicht freigelegt werden, deren Aufbau dem untersten Bereich der von Breddin beschriebenen Kalkwand der Wasserturmbaugrube entsprach, d. h., daß die hier ehemals im Hangenden vorhandenen Kreidekalke von ca. 4 m Mächtigkeit der jungsteinzeitlichen Rohmaterialgewinnung zum Opfer gefallen sind. Vor allem diese Befundsituation, die eine erste Rekonstruktion der bis dahin unbekannten Abbautechnik in Form eines Tagebaus ermöglichte, ließ immer stärkere Zweifel an der Richtigkeit der Breddinschen Ansprache der Kalke im Wasserturmbereich als Reste mittelalterlicher Steinbrüche aufkommen. Dieser Eindruck wurde noch durch das Fehlen von Artefakten entsprechender Zeitstellung bestärkt. Es schien vielmehr einiges dafür zu sprechen, daß die Kalke aufgelassene Überreste steinzeitlicher Feuerstein-Gewinnungssysteme darstellen. 67

Deshalb stand im Mittelpunkt der letzten Kampagne auf dem Lousberg im Juli und August dieses Jahres der Versuch, diese anstehende Kalkformation freizulegen, in der Hoffnung, doch noch primäre jungsteinzeitliche Abbauspuren nachzuweisen. Fotografien vom Bau des Wasserturmes lassen deutlich Kalkreste mit eingelagerten Feuersteinschichten in der "Wandung der Baugrube erkennen. Leider war es nicht möglich, die Lage dieser Reste von der heutigen Oberfläche aus zu lokalisieren. Wir entschlossen uns deshalb, im unmittelbaren Turmbereich mittels eines Baggers Suchschnitte anzulegen, was jedoch durch die zahlreichen Kabelleitungen und Rohre, die zu dem Turm führten, erheblich erschwert wurde. In einem der Suchschnitte stieß der Bagger in über 3 m Tiefe auf massiven Kalk und mit der nächsten Baggerschaufel auf eine bis zu 45 cm mächtige Schicht, in der Feuersteinartefakte, Hirschgeweihbruchstücke und Felsgesteinreste enthalten waren. Im nördlichen Bereich dieses Suchschnittes (AC 4/80—1) wurde nun in annährend rechtem Winkel ein zweiter, gleichlanger Schnitt niedergebracht, um diese „Kulturschicht" freizulegen (AC 4/80—2). Beim Ausgraben der „Kulturschicht" auf der Fläche AC 4/80—2 stellte sich heraus, daß sich auf einer begrenzten Fläche im ungestörten Sediment zahlreiche gebrannte Silices, grau und rosa verfärbte Kalkbrocken sowie Holzkohlestückchen unterschiedlichster Größe fanden. Da es sich hierbei möglicherweise um Reste einer Feuerstelle handelte, beschlossen wir, durch den am intensivsten verfärbten Bereich einen Profilschnitt zu legen und die dabei abzugrabende Fläche in Sechzehntelquadratmetern tieferzulegen (Abb. 36). In den beiden so entstandenen Längsprofilen fanden sich mehrere, durch Feuereinwirkung überprägte, linsenförmige Schichten, die davon zeugen, daß an dieser Stelle im Lauf der Zeit wahrscheinlich drei Feuerstellen übereinander angelegt worden waren. Im Bereich der dadurch erkannten ehemaligen Oberflächen fanden sich zahlreiche Belege für die Gewinnung und Verarbeitung des in unmittelbarer Nähe anstehenden Feuersteins, vor allem in unterschiedlichen Bearbeitungsstadien zerbrochene Beilklingen, die sich in einigen Fällen noch zusammensetzen lassen, sowie typische Abbaugeräte in Form von sog. Kerbschlägeln, die oft aus Felsgestein hergestellt worden sind. Einen besonderen Fund stellt ein Kompositgerät aus Hirschgeweih dar, bei dem ein Ende eine Hammerfunktion aufwies, das andere jedoch als „Zangenschäftung" ausgearbeitet war, die zur Aufnahme eines steinernen Einsatzes diente (Abb. 37). Entsprechende Begleitfunde lassen vermuten, daß man mit diesem Gerät den am gewonnenen Feuerstein noch anhaftenden harten Kreidekalk, der die Beilproduktion beeinträchtigte, bis auf geringe Reste abgepickt hat. Meines Wissens gibt es in steinzeitlichem Bergbauzusammenhang bis jetzt keine Parallele zu diesem Werkzeug. Schließlich konnten wir die „Kulturschicht", die im ersten Suchgraben von Nord68

Abb. 36 Aachen, Lousberg. Abgraben der „Kulturschicht" in Sechzehntelquadraten.

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Abb. 37 Aachen, Lousberg. Kompositgerät aus Hirschgeweih.

west nach Südost bis auf den angeschnittenen Kalkfelsen steil einfiel, getrennt nach Sechzehntelquadraten, vollständig bergen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, durch eventuelle Zusammensetzungen die Herstellungstechnik der Lousberg-Beilklingen besser zu verstehen. Parallel zu der Grabung auf der Fläche AC 4/80 — 2 wurde im Baggergraben AC 4/80 — l der angeschnittene Kreidekalk freigelegt. Dabei stellte sich heraus, daß wir auf eine Kalkklippe gestoßen waren, d. h. auf einen Kalkrest, der ca. 1,20 m hoch über einen horizontalen, aus festem Kreidekalk gebildeten Untergrund aufragte und bei einer Dicke von ca. 1,40 m über die gesamte Grabenbreite von Wand zu Wand verlief. Auf beiden Wänden der Klippe waren acht Feuersteinlagen zu erkennen. Die Suche nach eventuell noch vorhandenen Abbauspuren verlief im Bereich der Südwand negativ. Dieser Umstand verwunderte zunächst, denn es war anzunehmen, daß der Gebrauch der so zahlreich nachgewiesenen schweren Kerbschlägel bei der „zermalmenden Gewinnung" auf den härteren Partien der Kalkklippe Abbauspuren hinterlassen hatte. Der Grund für das Fehlen entsprechender Spuren war jedoch schnell gefunden: Im untersten Bereich 70

der Südwand unserer Klippe verlief zwischen dem vor der Wand liegenden Kalkboden und der Wand selbst über deren gesamte Breite eine bis zu 5 cm weite, mit zähem Verwitterungslehm gefüllte, senkrechte Spalte, die den Wandverlauf geprägt hatte. Dadurch waren die ehemals im Bereich südlich der Wand anstehenden Kalke von der Wand selbst getrennt. Es war den steinzeitlichen Bergleuten möglich, auf die Anwendung der schweren Gezähe zu verzichten, da sie die dort anstehenden Feuersteinschichten durch einfaches Loshebeln mittels einer Brechstange aus Holz oder Hirschgeweih aus den Kalkschichten lösen konnten. Eine Untersuchung der Nordwand der Klippe ergab, daß hier keine Kluftspalte vorhanden war. Nach einer sorgfältigen Reinigung der Wand konnten dort dann die erhofften Abbauspuren gefunden werden, die sich in Form von unterschiedlich stark ausgeprägten Zerrüttungszonen auf den härteren Kalkpartien sowie den ausbeißenden Schichtköpfen der Feuersteinlagen zeigten. Darüber hinaus lassen die gesäuberten Profilwände des Baggergrabens AC 4/80—l in einer in dieser Form für den Lousberg erstmals dokumentierten Deutlichkeit den Rest eines aufgelassenen steinzeitlichen Abbausystems in Verbindung mit Verarbeitungs- und Verfüllungsphasen erkennen. Die Grabungskampagnen der Jahre 1978 —1980 auf dem Lousberg haben eine große Fundmenge und zahlreiche interessante Befunde geliefert. Auf dieser Basis wird in den kommenden Jahren die umfangreiche Auswertung vorgenommen werden, die detaillierte Aufschlüsse über die Abbau- und Verarbeitungsmechanismen auf diesem größten deutschen Silexbergwerk liefern wird.

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Bandkeramische Siedlungsspuren bei Nörvenich-Eggersheim, Kr. Düren, und Kerpen-Blatzheim, Erftkreis von Antonius Jürgens

Im Zuge des weiteren Ausbaues der Bundesstraße 477 (B 477 n), die generell verbreitert und streckenweise geringfügig verlegt wird, beobachteten in den letzten Jahren Angehörige des Rheinischen Landesmuseums und ehrenamtliche Mitarbeiter kontinuierlich neue Geländeanschnitte. Die B 477 durchquert von Süden nach Norden den fundträchtigen Lößgürtel, der seit neolithischen Zeiten besonders intensiv besiedelt wurde. So war auch in der Gegend westlich N ö r v e n i c h - E g g e r s h e i m durch jahrelange Begehungen von privater Seite (H. Reimer, Eggersheim; B. Goerres, Düren, und dem ehrenamtlichen Mitarbeiter des RLMB, W. Bender) ein größerer neolithischer Siedlungsplatz bekannt. Im Herbst 1979 wurde dann bei Arbeiten an der B 477 n im Zuge einer leichten Westverschiebung und Aufhebung am Ortsrand von Eggersheim eine größere Zahl bandkeramischer Gruben und Komplexe im mächtigen Lößlehm angeschnitten (Abb. 38). Auf ca. 100 m Strecke konnten in einem seitlich aufgeschobenen neuen Randstreifen von bis zu 4 m Breite fünf größere Grubenkomplexe untersucht werden. Dazu kam eine größere Anzahl kleinerer Befunde, die jedoch — bedingt durch frühere Abtragungen im Böschungsbereich der alten Straße — zum Teil bereits unterschnitten waren. Sie ließen sich nur noch an „Ausfettungsspuren", d. h. den in tiefere Bodenpartien ausgewaschenen bzw. gewanderten dunkleren Partikeln erkennen. Aufgrund der günstigen Nord-Süd-Ausrichtung des Untersuchungsstreifens bestand die Hoffnung, evtl. auch Standspuren von bandkeramischen Langhäusern im Planum schräg anzuschneiden, die ja gegen die Hauptwetterrichtung nordwest-südöstlich orientiert sind. Leider waren jedoch weder Wandgräbchen noch Pfostenstellungen auszumachen. Für Untersuchungen dieser Art war der 4 m breite Streifen allerdings auch zu schmal. Die Grubenkomplexe zeigen im Planum die übliche Häufung ineinanderge72

Abb. 38

Nörvenich-Eggersheim, Kr. Düren. Bandkeramische Grubenkomple in der Trasse der B 477 n.

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Abb. 39

Nörvenich-Eggersheim, Kr. Düren. Bandkeramischer Grubenkomplex (Profil) in der Trasse der B 477 n.

schachtelter Einzelgruben (Abb. 38). Mindestens zwei Befunde können nach ihrem Längen-Breiten-Verhältnis im Planum und der Richtung ihrer Längsachse zum Typ der langovalen hausbegleitenden Komplexe gehören. Diese dienten nach üblicher Auffassung als Lehmentnahmestellen für Bauten. Sie können indirekt und mit Vorbehalt auch als Indizien für die ehemalige Existenz von Häusern herangezogen werden. In den Profilen reichten die tieferen Gruben bis zu 2,40 m unter das heutige Niveau und tauchten damit z. T. bis in den kalkreichen C-Löß hinab. Abb. 39 zeigt deutlich die Beeinflussung der gesamten Umgebung durch den Grubenkomplex. Zur Straßenseite hin waren die fundreichen höheren Partien der Gruben z. T. durch den Trassenabschub gestört. An der Feldseite war dagegen noch mehr Grubensubstanz mit intakten Fundhorizonten erhalten. Die Keramik umfaßt relativ frühe, wenig profilierte und schlicht dekorierte Kumpfreste (ohne Verzierung unter dem Rand), jedoch auch entwickeltere Typen. Die spätere Keramik ist u. a. durch geschwungen einziehenden Rand mit doppelten Stichreihen darunter sowie reiche flächige Bandfüllungen auf dem Gefäßkörper gekennzeichnet. Insgesamt scheinen die nördlicher liegenden Gruben älteres Material zu enthalten. 74

Abb. 40

Kerpen-Blatzheim, Erftkreis. Bandkeramische Gruben in der Trasse einer Gasleitung.

Das Steinmaterial umfaßt — neben den üblichen Mahlwannenstücken aus quarzitischem Sandstein — Flintkernsteine, -abschlage und -klingen, typische Kratzer, u. a. eine sauber retuschierte Pfeilspitze jünger-bandkeramischer Art aus dem Südbereich und facettierte Rötelstücke. Bemerkenswert sind aus dem nördlichen Siedlungsteil gut erhaltene Tierknochen und ein sauber gearbeiteter Knochenpfriem. Da das Material sich noch in der Aufarbeitung befindet, mögen diese Hinweise vorläufig genügen. Nur gut 3 km nördlich dieser Siedlungslage kamen im Sommer 1980 bei K e r p e n - B l a t z h e i m im Zuge der Verlegung einer Gasleitungstrasse an der Ostseite der B 477 weitere bandkeramische Gruben zum Vorschein. Diese Befunde sind offenbar z. T. alt erodiert und später durch ein Kolluvium von fast l m Mächtigkeit überdeckt worden (Abb. 40). Daher war der Fundanfall relativ gering. Nach dem ersten Überblick entspricht das Material der mittleren Bandkeramik. Die genaue Auswertung steht noch aus.

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Der Fundplatz Frimmersdorf 42 von Surendra K. Arora und Mitarbeitern

Bei der Begehung des Flutgrabens des Vorfelds im Braunkohlentagebau Frimmersdorf-Süd fand F. Schmidt im Januar 1980 Reste von zwei Urnen mit Leichenbrand. Im August wurde der Flutgraben nochmals begangen, wobei K. Leidorf und R. Bauche beim Putzen der Westwand eine nahezu vollständige Urne mit Leichenbrand im rezenten Bt-Horizont entdeckten. Mitte August 1980 mußte mit der Grabung des Friedhofs begonnen werden. Der Fundort Frimmersdorf 42 liegt auf lößigem Boden der rezenten Parabraunerde in einer Hanglage im Gebiet der Gemeinde Bedburg (Erftkreis). Das Gelände fällt nach Osten und Nordosten zum ehemaligen Lauf der Erft hin ab. Urnen und Brandschüttungen traten erst dann zutage, als sie beim Baggerplanum angeschnitten wurden (Abb. 43). Die Topographie dieses Bereiches war früher feiner gegliedert als heute; deshalb lagen die Gräber in verschiedener Höhe, so daß der Boden vorsichtig schichtweise durch den Bagger abgetragen werden mußte. Es wurden insgesamt drei Plana im Abstand von jeweils 15—20 cm angelegt. Nach dem Anschneiden einer Urne durch den Bagger wurde sofort der Abraum an der betreffenden Stelle nach verlorengegangenen Scherben durchsucht. Auf dem untersten Planum zeichnete sich ein System von Kreisgräben ab, das erst in dieser Tiefe deutlich zu erkennen war (Abb. 41, 42). Die Kreisgräben, die bis auf den inneren Graben einer Doppelanlage keine Öffnungen aufweisen, messen entweder 15 und 20 m (Doppelkreisgraben, innerer und äußerer Teil) oder zwischen 4,50 und 11 m im Durchmesser und sind unterschiedlich breit und tief angelegt. Es handelt sich durchweg um sohlen- bzw. muldenförmige Gräben, in deren hellgrauen, schluffigen Verfüllungen mit Eisenausfällungen sich manchmal Holzkohle, verstreute Keramikscherben und vollständige Gefäße finden. Außer Kreisgräben fanden wir auch parallel verlaufende Gräben, die an einem oder beiden Enden durch gebogene oder halbkreisförmige Gräben verbunden sind. Sowohl zwischen diesen Parallel- als auch in der Mitte der Kreisgräben befindet sich meistens ein Urnengrab mit Leichenbrand (Abb. 44), während 58 76

Abb. 41

Frimmersdorf 42. Doppelkreisgräben, teilweise freigelegt.

Abb. 42

Frimmersdorf 42. Aufsicht eines Kreisgrabens.

77

Abb. 44

Fnmmersdorf 42. Urne im Profil.

weitere Gräber ohne Bezug auf irgendwelche Grabbauten gefunden wurden. Von diesen bestehen die meisten aus Urnen mit Leichenbrand, einige auch aus Leichenbrandschüttungen. Bei den Brandschüttungen sind manchmal Beigefäße vorhanden; in den Urnengräbern fehlen sie, dagegen finden sich zuweilen in den Urnen selbst Miniaturgefäße aus Keramik. Aus deren genauer Lage in den Urnen (auf oder innerhalb des Leichenbrandes) kann man wertvolle Hinweise auf den Bestattungsritus erwarten. Der Urnendeckel, der fast immer fehlt, muß nicht aus Keramik bestanden haben. Einige stark zusammengedrückte Gefäße lassen eher an schweres organisches Material denken. Zwei Urnen sind mit nord-niederrheinischem Kerbschnitt verziert; zwei ähneln den Harpstedter Rauhtöpfen. Außer den Urnen, Bei- und Miniaturgefäßen wurden keine weiteren Funde geborgen. Anhand von Profilen ließ sich feststellen, daß die alte Oberfläche nirgends mehr existiert. Das Urnenfeld, das erste Kreisgrabenurnenfeld im niederrheinischen Lößgebiet, ist von der Spätbronzezeit bis in die frühe Eisenzeit benutzt worden. Das Urnenfeld wurde von einem römischen Gebäude überlagert, das schon durch seine außergewöhnliche Länge von über 40 m auffällt (Abb. 45). Es besteht aus zwei parallel verlaufenden südwest-nordost orientierten Gräben (St. 17 und 25), die 1 0 m von einander entfernt liegen und auf dem untersten Planum etwa 50 cm breit sind. Etwa 1,50 —3,00 m südlich des Grabens St. 17 und 1,00—1,20m 79

Abb. 45

80

Frimmersdorf 42. Römischer Graben, teilweise freigelegt.

nördlich des Grabens St. 25 zieht sich jeweils eine Pfostenreihe hin. Die unterschiedlich breiten und tiefen Pfosten sind viereckig und stehen leicht versetzt zueinander. Im südwestlichen Teil des ca. 5 m breiten Raumes befindet sich zwischen den Pfostenreihen eine längliche, eckige Verfärbung (St. 24) von 5 x 2,50 m, an deren Schmalseiten jeweils eine viereckige Pfostengrube eingelassen ist. Etwa 15m nordöstlich dieses Befundes, ebenfalls innerhalb des Gebäudes, liegt eine ähnliche Verfärbung, über deren Aufbau allerdings noch nichts gesagt werden kann. Direkt daneben aber zeichnet sich eine rundliche Verfärbung auf dem Boden ab (St. 66), die sich nach näherer Untersuchung als 2 m tief reichender quadratischer Holzkasten mit Deckel herausstellte. Zu diesem Kasten führt eine gut erhaltene, aus nebeneinandergesetzten Ziegelsteinen bestehende und mit Gefalle versehene Leitung (wahrscheinlich Wasserleitung) hin. Direkt hinter der St. 66 beginnt auch ein etwa l m breiter Graben (St. 218), dessen Beziehung zur St. 66 allerdings noch nicht geklärt ist. Der Graben St. 17 besitzt an einer Stelle eine viereckige Ausstülpung (St. 63), in der acht Pfostengruben entdeckt wurden. Die beiden mittleren sind rund, die anderen viereckig. Die Verfüllung — mit Ausnahme von St. 66 — besteht aus homogener, hellgrauer, lößiger Erde, fast ohne Ziegelsteine, Gerolle, Sand oder Keramikscherben. Bei dem Gebäude handelte es sich um eine Holzkonstruktion. Anhand der Münzen, die in einer Grube direkt neben dem Haus aufgefunden wurden, könnte es ins 4. Jahrhundert n. Chr. datiert werden. Der Zweck und die Bedeutung dieser Anlage liegt vorläufig noch im Dunkeln; erst wenn sie vollständig freigelegt und dokumentiert ist, können hier präzisere Aussagen getroffen werden. Auch die Untersuchung des Gräberfeldes muß nach allen Richtungen hin fortgesetzt werden, soweit nicht die heranrückende Abbauwand im Osten die Grabungsflächen begrenzt.

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Ein Gräberfeld der jüngeren vorrömischen Eisenzeit in Eschweiler-Weisweiler, Kr. Aachen von Angela Melin-Simons und Jakob Hermanns

In einem Baggertiefschnitt, der gezogen wurde, um die ungewöhnliche geologische Situation einer römischen Ausgrabung zu klären, kamen überraschenderweise einige größere Bruchstücke einer latenezeitlichen Schale zutage. Die Größe des erhaltenen Gefäßstücks deutete eher auf die Überreste eines Grabes als auf die einer Siedlung, da der Keramikabfall von Siedlungen normalerweise in kleinere Scherben zerbrochen ist. Bei der flächigen Aufdeckung des Platzes (Weisweiler 38) bestätigte sich diese Hoffnung: es wurden insgesamt 12 Brandgräber (oder Reste davon) freigelegt. In dem kiesigen Untergrund waren Grabgruben nur schwer auszumachen. Die Gräber waren ursprünglich wohl nur flach eingetieft und nur die tieferen sind überhaupt erhalten. Die aufgedeckten Gräber bilden sicher nur einen Teil eines ehemals größeren Gräberfeldes. Der Friedhof liegt auf dem nach Westen hin abfallenden Hang einer kleinen Kieskuppe. Sowohl auf ihrem höchsten Punkt als auch von der Mitte des Hangs abwärts, hat die starke Erosion, begünstigt durch den intensiven Ackerbau der letzten Jahrhunderte, alle Befunde zerstört. Die vollständigen Urnengräber liegen daher im Osten, d. h. direkt am oberen Hang der Kuppe. Zur Hangmitte, nach Westen hin, zeigen nur noch Leichenbrand und Holzkohle die Stellen der Gräber an; weiter hangabwärts fehlen alle Befunde. Bereits die römischen Baumaßnahmen haben hier einen Teil des Friedhofs zerstört. An bestimmbaren Funden konnten außer den oben erwähnten Scherben eine vollständige kleine Urne und mehrere Urnen- und Beigefäßreste geborgen werden. Die Keramik und eine bronzene Schüsselfibel datieren den Friedhof in die Mittel- und Spätlatenezeit (2. und 1. Jahrhundert v. Chr.). Er ist bisher das einzige Gräberfeld der jüngeren vorrömischen Eisenzeit im Lößgebiet.

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Bergung eines Einbaums in Duisburg-Kaldenhausen von Christian-Peter Schmilz

Rund l km westlich von Moers-Schwafheim liegt in einer von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Niederungsrinne das sogenannte Schwafheimer Meer. Es handelt sich bei diesem um die ca. 400 x 50 m großen Reste eines verlandeten Binnengewässers, das bis vor wenigen Jahren noch von Südosten her durch den Schwafheimer Bruch-Kendel gespeist wurde und nach Nordwesten hin über den Aubruch-Kanal in den Moersbach entwässerte. Durch das Absinken des Grundwasserspiegels im Zuge von Entwässerungsmaßnahmen ist auch der letzte Rest offenen Wassers verschwunden. Heute findet sich an der Stelle des ehemaligen Schwafheimer Meeres ein langgestrecktes Moorgelände, in dessen Mittelpunkt ein von dichten Schilfgürteln umgebener Sumpf liegt. Anfang Oktober 1980 fanden am westlichen Rande des Schwafheimer Meeres Aushubarbeiten statt, bei denen Torfablagerungen von fast 2 m Mächtigkeit angeschnitten wurden. In 1,20 m Tiefe stieß der Bagger auf zwei kräftige, hochkam im Untergrund steckende Holzplanken, die man glücklicherweise nicht entfernte, sondern in situ beließ. Nur wenige Tage später suchten zwei Mitglieder der Niederrheinischen Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichtsforschung Duisburg e. V., die Schüler H. Heimbach und V. Vogel aus Moers, das Gelände im Rahmen einer archäologischen Feldbegehung auf und stießen bei der Überprüfung der Baugrube auf die aus dem Boden ragenden Holzstücke. Da ihnen die regelmäßige Anordnung der Hölzer verdächtig erschien, versuchten sie, sich mit Hilfe einer vorsichtigen Probegrabung Klarheit über die Art des Fundes zu verschaffen. Bereits kurze Zeit später erkannten die beiden Hobby-Archäologen, daß sie die Überreste eines hölzernen Wasserfahrzeuges entdeckt hatten. Sie stellten ihre Grabungstätigkeit sofort ein und benachrichtigten noch am selben Tag das Niederrheinische Museum in Duisburg. Am darauffolgenden Tage wurde die Fundstelle von den Mitarbeitern des Museums der Deutschen Binnenschiffahrt Duisburg-Ruhrort besichtigt und eine Nachuntersuchung eingeleitet. Dabei wurde festgestellt, daß es sich bei dem Fundstück um einen Einbaum handelte, der von seinen Entdeckern bereits zur Hälfte freigelegt worden war. 83

Abb. 46

Einbaum aus dem Schwafheimer Meer (Duisburg). Endphase der Bergung.

Da eine Zerstörung der Fundstelle im Zuge der Bauarbeiten drohte, mußte auf eine planmäßige Ausgrabung verzichtet werden. Statt dessen wurde in Zusammenarbeit mit dem Niederrheinischen Museum eine Notbergung durchgeführt. Zu diesem Zweck mußte der Einbaum in seiner vollen Länge freigelegt und seitwärts auf eine aus Brettern und Balken gezimmerte Palette geschoben werden. Um ein Auseinanderbrechen des Fundstückes zu vermeiden, wurden im Inneren und an den Außenseiten Stützvorrichtungen aus Holzkeilen, Brettern und Seilen angebracht. Einzelne Partien des Vorder- und Hinterendes sowie des Bodens waren aufgrund des Gewichts der Baumaschinen von Rissen durchzogen und konnten nur in Einzelteilen geborgen werden. Die Verladung des Einbaums auf ein Transportfahrzeug wurde dankenswerterweise von den Mitarbeitern der auf der Baustelle eingesetzten Firma Gebr. Igel, Dinslaken, tatkräftig unterstützt (Abb. 46). Um den Fund vor dem Austrocknen und dem damit verbundenen Schrumpfen und Reißen des Holzes zu bewahren, wurde der Einbaum zunächst in einem wassergefüllten Container eingelagert. Die endgültige Konservierung soll im Museum der Deutschen Binnenschiffahrt durchgeführt werden, wo zur Zeit die technischen Einrichtungen für eine Polyäthylenglykol-Konservierung im Aufbau sind. Nach Abschluß der voraussichtlich zwei bis drei Jahre dauernden Konservierungsarbeiten wird der Einbaum in die ständige Ausstellung des Museums einbezogen werden. Die ursprüngliche Länge des aus einem kräftigen Eichenstamm gearbeiteten Ein84

Abb. 47

Einbaum aus dem Schwafheimer Meer (Duisburg) während der Freilegung.

baums dürfte ca. 3,00 m betragen haben; die größte Breite liegt bei 0,75 m, die noch erhaltene Höhe beträgt rund 0,40 m. Der Querschnitt zeigt eine deutliche Kastenform mit fast flachem Boden und annähernd senkrechten Bordwänden. Vorder- und Hinterende sind stumpf abgearbeitet und zum Boden hin abgeschrägt. Im Inneren des Einbaums findet sich eine Verstärkung des Hinterendes durch einen bei der Aushöhlung des Stammes stehengelassenen Absatz (Abb. 47). Als technisch interessante Merkmale sind ferner drei Ausbesserungsversuche zu nennen, bei denen jeweils ein an den Ecken abgerundetes Holzbrettchen mit vier Holzdübeln zur Verklammerung von Längsrissen auf die Oberfläche des Einbaums geheftet worden ist. Zwei dieser Ausbesserungen wurden von außen her im Bereich des Vorderendes, eine weitere im Bootsinneren vorgenommen. Die Bearbeitungsspuren am Einbaumkörper weisen auf die Verwendung von Beil und Dechsel hin. Eines der Ausbesserungsbrettchen zeigt an der Unterseite aber auch deutliche Spuren, die nur von einer Säge herrühren können. Weitere technische Einzelheiten sind von einer genauen Untersuchung zu erwarten, die unmittelbar vor dem Beginn der Konservierung durchgeführt werden soll. Für eine sichere Datierung des Einbaums liegen bisher keine eindeutigen Anhaltspunkte vor. Die Stratigraphie der Fundstelle ist nur unvollständig bekannt, da die Deckschichten durch den Bagger abgeräumt worden waren. Immerhin konnte anhand eines benachbarten Profils in der Baugrubenwand festgestellt werden, daß der Einbaum unter einem Torfschichtenpaket von ca. 1,20 m Stärke gelegen hatte. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß auch in der Umgebung der Fundstelle die obersten Moorschichten schon vor Jahrzehnten der noch an vielen Stellen des Schwafheimer Meeres sichtbaren Abtorfung zum Opfer gefallen sind. Der Einbaum lag mit dem Vorderende in einem Bruchwaldtorf, der den untersten Abschnitt des Torfschichtenpakets bildete. Das Hinterende ruhte auf einer graugrünen Gyttja, deren Mächtigkeit aufgrund des Einbruchs von Grundwasser nicht mehr ermittelt werden konnte. Es wurden mehrere Bodenproben aus dem Profil der Baugrube und aus der Auflageschicht des Einbaums entnommen und zur pollenanalytischen Untersuchung an das Geologische Landesamt in Krefeld abgegeben; die Ergebnisse liegen noch nicht vor. In Ergänzung dazu ist vor Beginn der Konservierungsarbeiten eine Probenentnahme für dendrochronologische Untersuchungen und den Versuch einer C14-Datierung geplant. Während der Freilegung des Einbaums konnten aus einer Schicht, die unmittelbar über dem Bruchwaldtorf lag, mehrere Knochen- und Fischreste sowie eine rauhwandige, grob gemagerte Scherbe geborgen werden. Die Scherbe ist leider wenig charakteristisch und kann nur als allgemein vorgeschichtlich bezeichnet werden. Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, daß Einbaum, fundführende Schicht und einige vom angrenzenden Ackergelände stammende Oberflächenfunde der vorrömischen Eisenzeit in einem chronologischen und kulturellen Zusammenhang stehen. Für eine genauere zeitliche Einordnung des Einbaums aus dem Schwafheimer Meer bleiben allerdings noch die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Untersuchungen abzuwarten. 86

Eisenzeitliche Bauten und ein Gräberfeld frührömischer Zeit aus Jülich-Stetternich, Kr. Düren •von Günter Junghans

1980 wurde im Bereich der Außenkippe Sophienhöhe des Tagebaus Hambach I, etwa auf halbem Wege zwischen den Fundplätzen Hambach 21 und Hambach 260, eine Sondierungsgrabung begonnen (Hambach 503). Sie galt der Nachprüfung, ob zu den bei Oberflächenbegehungen gefundenen jungneolithischen Materialien noch Siedlungsbefunde zu erwarten seien. Es zeigte sich bald, daß sich diese Hoffnung nicht erfüllen würde. Lediglich die fundleere aber charakteristisch gefärbte Verfüllung einiger Grubenreste bestäAbb. 48

Hambach 503. Blick von der Kippe auf die Grabungsfläche.

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A

BRANDSGHUTTUNG

Abb. 49

.*.

ZERST B R A N D S ,

D

BRANDGRUBE

O URNE,

=

HOLZKOHLENKONZENTRATION

Hambach 503. Plan der Hofanlage und des frührömischen Gräberfeldes. Maßstab l : 500.

tigte, daß hier ehemals eine Siedlung vorhanden war. Daneben zeigten sich bald erste Spuren von Pfostengruben, die sämtlich Merkmale von eisenzeitlichen Siedlungsresten der Gegend aufwiesen. Bei Erweiterung der Suchschnitte zu einer größeren Fläche (Abb. 48; 49) zeigten sich entsprechende Befunde. Besonders hervorzuheben ist der wohl fast vollständige Grundriß eines 6 m breiten und wahrscheinlich 13m langen Hauses mit ungefährer Ost-West-Orientierung. Die Langseiten und die westliche Stirnwand sind als Wandgräben ausgebildet. Die östliche Schmalseite ist möglicherweise in einer Reihe kleinerer engstehender Pfostenstellungen gegeben. Etwa in der Mitte der Längsseiten finden sich zwei gegenüberliegende Eingänge, die durch Erweiterungen der Wandgräben zu Pfostengruben gekennzeichnet sind. Im Innern finden sich drei Pfostenreihen zu je drei Pfosten, wohl tragende Elemente der Dachkonstruktion. Im Bereich östlich, südlich und — weniger zahlreich — westlich fanden sich weitere Pfostenspuren, die mehrheitlich verschiedenen Speicherbauten zuzurechnen

sind. Besonders gut erhalten waren die Reste eines neunpfostigen Speichers von etwa 4 x 5 m Größe, ähnlich einem in Weisweiler 36 gefundenen. Funde waren äußerst spärlich. Sie entstammen vor allem zwei Gruben im Randbereich der Befunde. Sie stützen die Annahme, daß die Bauten jünger-eisenzeitlich sein dürften. Ein weiterer interessanter Befund ergab sich bei Erweiterung der Grabungsfläche nach Norden. Hier befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft des beschriebenen Hauses ein kleines Brandgräberfeld. Es wurden insgesamt etwa 20 weitgehend intakte Bestattungen gefunden. Der Leichenbrand ist zum Teil in Urnen, zum Teil in kleinen, in den Löß eingetieften Mulden niedergelegt. Daneben waren einige Sonderformen zu beobachten, so in einem Falle eine genagelte kleine Holzkiste, die unmittelbar auf der Mündung einer Urne aufsaß. Als vorläufige Datierung wird die Zeit um Christi Geburt angenommen. Eine nähere Präzisierung wird noch auf Grund der mitverbrannten Trachtbestandteile, vor allem einiger leidlich erhaltener Fibeln, zu treffen sein. Hierzu muß der Abschluß der im Bonner Landesmuseum begonnenen Nachuntersuchung der Bestattungen abgewartet werden. Erwähnt werden soll noch ein wohl als Verbrennungsplatz zu deutender Befund südlich des Hauses und ein annähernd quadratisches Gräbchen, das einige der Bestattungen „einfriedete". Inmitten des Gräberfeldes fand sich eine Grube beträchtlichen Ausmaßes mit römischer Keramik.

Der Archäologische Park Xanten, Kr. Wesel von Gundolf Precht und Mitarbeitern

Für zwei spektakuläre Veranstaltungen gab der Archäologische Park Xanten den Rahmen ab, neben denen die eigentlichen Grabungs- und Rekonstruktionsarbeiten zum Ausbau des Parks beinahe in den Hintergrund traten: vom 4. bis 17. Juni 1980 fand im nördlichen Areal des Archäologischen Parks eine Landesgartenschau statt, deren Vorbereitungen sich letztlich auch die Mitarbeiter des Archäologischen Parks nicht entziehen konnten, sollten doch einige archäologische Bereiche in das Rahmenprogramm der Landesgartenschau mit einbezogen werden. Das vom 15. August bis 15. September vom Aktionskünstler H. A. Schult in der Arena des Amphitheaters aufgebaute „Tableau der Alltäglichkeit" brachte eine Konfrontation mit der „Archäologie der Gegenwart". Die Vorbereitungen zu diesem Ereignis stießen bei den Xantenern wider Erwarten auf Unverständnis und Ablehnung, die schließlich zu einer heftigen Auseinandersetzung führte. Trotz dieser beiden Veranstaltungen wurde am Aufbau des Archäologischen Parks weitergearbeitet. Drei größere Ausgrabungskomplexe — der des Burginatium-Tores, einer Badeanlage am „Haus am kleinen Hafentor" und die Ausgrabungen an der südlichen Tempelhofmauer — standen in diesem Jahr im Vordergrund; darüber hinaus galt es, kleinere Untersuchungen zur Erforschung des antiken Straßennetzes, die im Vorjahr nicht abgeschlossen werden konnten, weiterzuführen (Abb. 50). Bei Untersuchungen zur Klärung der städtebaulichen Einbindung des Amphitheaters wurde das bereits in den dreißiger Jahren bei der Freilegung des Amphitheaters beobachtete Doppelgrabensystem erneut angeschnitten. Bei der Deutung dieser Gräben tauchte die Vermutung auf, daß sie möglicherweise zu einem Befestigungssystem der älteren Siedlung gehören könnten und damit die südliche Begrenzung dieser vorcoloniazeitlichen Siedlungen aufgefunden worden wäre (vgl. unten S. 106 ff.).

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