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German Pages 102 [104] Year 1958
ANTIKE
REITERSTANDBILDER
ANTIKE REITERSTANDBILDER VON
H A R A L D Y O N R O Q U E S DE M A U M O N T
M I T 50 T E X T A B B I L D U N G E N
WALTER
DE G R U Y T E R & CO
VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG GEORG REIMER
.
.
• BERLIN
J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG
KARL J . TRÜBNER
•
VEIT & COMP.
Printed in Germany Satz: Walter de Gruyter & Co , Berlin W 35.
Druck: Otto von Holten GmbH. Berlin W 35
Archiv-Nr. 3 5 1 2 5 8
INHALT
I. Griechische Reiterstatuen
1. A r c h a i s c h e Z e i t
7
2. Klassische Zeit
14
3. Zeit A l e x a n d e r s d. G r .
21
4. Hellenismus
29
II. R ö m i s c h e Reiterstatuen
1. Republikanische Z e i t
38
2. Kaiserzeit
47
a. Römische Kaiser
47
b. R ö m i s c h e Ritter
78
Anmerkungen
96
Verzeichnis der A b b i l d u n g e n
99
A b b . I a. Sog. Reiter Rampin, A t h e n , Akropolismuseum
I. GRIECHISCHE REITERSTANDBILDER i . A R C H A I S C H E ZEIT Die Geburtsstätte des Reiterstandbildes in der monumentalen Freiplastik ist das Athen des Peisistratos im 6. vorchristlichen Jahrhundert, wenn auch der Begriff der Monumentalität gemessen an den späteren römischen Kolossen noch denkbar bescheiden ist. Es berührt merkwürdig, daß das Reiterstandbild seinen Ausgangspunkt in einem Lande hatte, das weder durch seine geographische Beschaffenheit, noch durch die reiterliche Tüchtigkeit seiner Bewohner hierzu besonders prädestiniert zu sein schien. Keines der Völker, denen „der Sattel Wiege und Sterbebett" war, wie etwa die Perser oder Skythen, kannte den Brauch, ein freiplastisches Reiterbild zum ehrenden Gedächtnis eines Mannes zu errichten. Eine Zeit wie die peisistratidische Tyrannis, deren prächtige Hofhaltung die attische Kunst zu voller Entfaltung brachte, eine Zeit, in der ritterliche Lebensart in voller Blüte stand, in der reiterliche Siege, sei es auf der Rennbahn, sei es auf dem Schlachtfeld, durch Dichtung und bildende Kunst gefeiert wurden, ein solche Zeit war auch dazu angetan, den, der sich durch reiterliche Taten ausgezeichnet hatte, der Nachwelt im freiplastischen Monument in einer Weise zu überliefern, die dieses bereits äußerlich aus der Unzahl der übrigen Weihedarstellungen heraushob. Auf der Burg von Athen läßt sich eine Reihe von Reiterdarstellungen nachweisen, die dem 6. vorchristlichen Jahrhundert angehören und sich über verschiedene Jahrzehnte verteilen Am Anfang dieser Reihe steht der sog. Reiter Rampin, der für sich den Anspruch erheben kann, das älteste Reiterstandbild der Welt zu sein, jedenfalls nach dem Stande der heutigen Forschung (Abb. i a l Der Reiter Rampin1 hatte ein Gegenstück, das sich kaum von ihm unterschied und von dem sich nur wenige Fragmente erhalten haben (Abb. ib). Es liegt daher nahe, in diesen beiden Reitern ein Brüderpaar zu sehen, das als erstes diese Ehrung erfuhr. Zwar überwiegt bei den Werken der archaischen Zeit noch das Typische, der individuelle Charakter der Figuren wird nicht betont, doch läßt der Standort des Denkmals auf dem Burgplateau von 7
Athen zu einer Zeit, als dieses noch Wohnsitz des Tyrannen war, die Frage aufwerfen, ob in diesem Falle nicht historische Persönlichkeiten dargestellt sind. Es gab um diese Zeit — in der Mitte des 6. Jahrhunderts — wohl nur ein einziges Brüderpaar in Athen, das würdig gewesen wäre, diese Ehrung zu empfangen. Was liegt näher, als für dieses Doppelmonument die Namen der Söhne des Tyrannen, H i p p i a s und H i p p a r c h , zu wählen, zumal Herodot2 berichtet, daß die Schlacht von Pallene durch eine reiterliche Tat der beiden gewonnen wurde. Da durch diesen Sieg Peisistratos wieder Herrscher von Athen wurde und der Sieg bei dem Tempel der pallenischen Athena errungen worden war, so ist nichts natürlicher, als daß Peisistratos, bzw. seine Söhne, am Hauptheiligtum derselben Göttin — nämlich auf der Burg von Athen, die zudem noch Residenz ihres Hauses war — zur bleibenden Erinnerung an diese Schlacht und zum Dank für den göttlichen Beistand ihre Reitermonumente weihten3. Man hat auf Grund des Eppichkranzes, den der Reiter Rampin trägt, — denn nur einer der Köpfe der Gruppe ist erhalten — in ihm einen Sieger der isthmischen oder nemeischen Spiele sehen wollen4, aber die erhaltenen Fragmente der Hände scheinen darauf hinzudeuten, daß beide Reiter Lanzen gehalten haben, was unmöglich mit einem sportlichen Wettkampf in Verbindung zu bringen ist. Da Eppichkränze bei verschiedenen Gelegenheiten getragen wurden und es wahrscheinlich ist, daß diese Art der Siegerehrung sich aus dem kriegerischen Bereich ableitete5 — wie ja auch später in Rom der Kranz die höchste militärische Auszeichnung war — so ist dies als alleinige Deutung auf einen Sieger im reiterlichen Wettkampf nicht gerechtfertigt. Die feine höfische Frisur weist den Kopf in den Kreis des attischen Adels und der in eine Reihe einzelner Löckchen aufgeteilte gepflegte Bart zeigt, daß es sich um einen Jüngling handelt, da die Köpfe älterer Männer eine andere Barttracht aufweisen. Man kann wohl annehmen, daß das Denkmal kurz nach dem Sieg von Pallene, also zirka 546 v. Chr., errichtet wurde; eine Tatsache, die sowohl in den mutmaßlichen Geburtsdaten der beiden (um 565 v. Chr.) eine Stütze findet, als auch in der Stilkritik, die uns diese Figur dem Höhepunkt der archaischen Zeit zuweisen läßt, denn sie zeigt die Strenge und Gebundenheit dieser Epoche, jedoch noch nicht die Überbetonung zierlicher Einzelformen der Spätzeit6. Auch die flächenhafte Behandlung des Körpers sowie der weit vorgeschobene Sitz des Reiters mit den hochgezogenen Beinen, sprechen für diese Ansetzung des Werkes. 8
Abb. i b. Rekonstruktion des Reiters Rampin und seines Gegenstückes
Ob dieses Monument, das zu den schönsten der archaischen Zeit zählt und sicher der Werkstatt des „Hofbildhauers" entstammt, den Sturz der Tyrannis 509 überdauert hat und bei der Erstürmung der Burg durch die Perser 480 noch stand oder ob es erst bei dieser Gelegenheit der Wut der Sieger zum Opfer fiel, wird sich niemals ergründen lassen. Da es der Göttin geweiht und damit dem menschlichen Bereich entzogen war, besteht durchaus die Möglichkeit, daß es auch nach Einführung der Demokratie unzerstört erhalten geblieben ist7. Immerhin haben sich genügend Fragmente gefunden, um eine Rekonstruktion, wenigstens auf dem Papier, zu rechtfertigen. (Abb. ib). Bestechend wäre es nun, auf Grund der vorhandenen Fragmente nach einem Reiterstandbild des Peisistratos selbst zu suchen, das — falls die These, der Reiter Rampin und sein Gegenstück seien Bilder der Tyrannensöhne, richtig ist — unbedingt auch auf dem Plateau der Burg gestanden haben müßte. Im Hof des Akropolismuseums befindet sich heute das „ G r o ß e 9
Abb. 2 a. Sog. „Perserreiter", Athen, Akropolismuseum
P f e r d " , ein Monument, das sich allein schon durch seine Maße von den übrigen Reiterstandbildern unterscheidet und das in späterer Zeit durch Meißelhiebe auf der linken Seite bewußt zerstört wurde. Man ist versucht, gerade in ihm das bisher noch fehlende Standbild des Tyrannen zu vermuten, zumal seine Entstehungszeit mit dem Todesjahr des Peisistratos (528/7) zusammenfallen würde. Aber wie stimmt der in den Veröffentlichungen als „ k l e i n " bezeichnete Reiter dazu? Der Tyrann von Athen kann unmöglich als „reitender Knabe" dargestellt worden sein. Bei genauer Messung der Fragmente aber ergibt sich, daß die Reiterfigur die gleichen Maße hat wie die übrigen Statuen8. Sie ist also keineswegs kleiner als die
anderen, nur das Pferd ist größer und wuchtiger, so daß dadurch die Täuschung entsteht. Man muß annehmen, daß die Aufstellung von Statuen in der Residenz der Genehmigung des Tyrannen bedurfte. Es würde jeder höfischen Tradition und vor allem der Herrscherauffassung der damaligen Zeit widersprochen haben, wenn irgendein beliebiger Bürger seine Reiterstatue, deren Größenverhältnisse selbst die der Standbilder der Tyrannensöhne in den Schatten stellte, der Göttin geweiht hätte, während auf der anderen Seite die Monumentalität eines solchen Denkmals für den Fürsten von Athen durchaus berechtigt war. Um diese Heraushebung aus der Zahl der übrigen Weihebilder zu erreichen, genügte eine Vergrößerung des Pferdes. Der Reiter selbst war im üblichen Schema gegeben, beide Hände ruhten fest auf den Schenkeln, der Sitz war dicht an die Mähne geschoben, die Kleidung bestand aus einem Chiton, dessen farbige Reste erhalten sind. Als zeitlich nächstes Denkmal folgt der ebenfalls auf der Akropolis gefundene sog. P e r s e r r e i t e r (Abb. 2a, b). Die alte These, nach der man in diesem Reiter einen vornehmen Athener erblicken wollte, der am Feldzug gegen die Skythen teilgenommen und sich deshalb in skythischer Tracht habe darstellen lassen, erscheint sehr unwahrscheinlich, da die geringe Zahl 11
von Reiterstatuen der archaischen Zeit eher den Gedanken nahelegt, daß nur wenige Auserwählte, vielleicht nur die Familie des Tyrannen und seine nächste Umgebung, das Recht hatten, hier an bevorzugter Stelle ihre Bildnisse der schirmenden Göttin zu weihen, wie dieses bereits von den weiblichen Figuren der Akropolis behauptet wurde9. Da außerdem erwiesen ist, daß es sich bei der Gewandung des Reiters um persische und nicht um skythische Tracht handelt und da wir verwandtschaftliche Bindungen des peisistratidischen Hauses nach Persien nachweisen können, wird der Weihende ein Mann gewesen sein, der trotz seiner asiatischen Abstammung zu Athen in freundschaftlichen Beziehungen stand. So ist auch dieser Reiter im engsten Umkreis des Tyrannen zu suchen, dessen Schwiegersöhne Nationalperser waren und dessen jüngster Sohn als Regent von Sigeion dem Großkönig von Persien Untertan war. Die reiche Bemalung ist hier ausnahmsweise erhalten; sie zeigt, welches Gewicht bei den Statuen gerade auf die Farbe gelegt wurde und wie falsch der Eindruck ist, den wir heute von den antiken Standbildern erhalten, nachdem sie ihres Farbschmuckes beraubt sind. Im Jahrzehnt zwischen 520 und 510 1 0 mag dieses Reiterbild, das in seiner Starrheit kein Werk ersten Ranges ist und gegen den Reiter Rampin abfällt, geschaffen sein. Es verrät mehr handwerkliches Können als künstlerische Konzeption, obwohl es stilistisch schon weiter entwickelt ist, als der Reiter Rampin. Von dem schönsten Standbild, das auf der Burg gefunden wurde — Akro 700 — ist heute nur ein Torso erhalten, der uns traurig erkennen läßt, was wir an ihm verloren haben (Abb. 3). Wenn sich auch dieses Pferd von seinen Artgenossen auf der Akropolis durch bessere Erhaltung unterscheidet, so ist vom Reiter leider nichts geblieben als das linke Bein mit dem mit einer Sandale bekleideten Fuß und die linke Hand, die die Zügel hält. Die entwickelten und bereits völlig freiplastisch gearbeiteten Formen des Reiterbeines zeigen, daß dieses Denkmal am Ende der Tyrannis, ja vielleicht schon am Anfang der Demokratie entstanden ist 1 1 und daher der Spätphase der archaischen Kunst angehört. Aber nicht nur auf der Burg, — auf der wahrscheinlich nur die Standbilder des Herrscherhauses und seiner nächsten Umgebung Aufstellung fanden — sondern auch auf dem K e r a m e i k o s , dem Töpfermarkt von Athen, hat sich der Torso eines Reiterbildes der Tyrannenzeit erhalten (Abb. 4). Das Werk, das wohl vom Grabe eines attischen Ritters stammt, dürfte um 530 entstanden sein. Der Reiter, der in einen langen, herabhän12
Abb. 3. Torso eines Reiterstandbildes, Athen, Akropolismuseum
genden Mantel gehüllt ist, dessen geritzte Vorzeichnung erkennbar ist, hielt in der rechten Hand eine Lanze, wie die vorhandene Öffnung und die Abarbeitung am Oberschenkel deutlich erweisen. Fast alle Reitermonumente jener Zeit zeigten den Dargestellten nicht in „heroischer Nacktheit", sondern in der Tracht des täglichen Lebens. Nur ein Jahrzehnt nach dem Sturz der Tyrannis 509 v. Chr. hat sich in Athen der Brauch der Reiterstatuen noch gehalten. Es entsprach dem Sinn des demokratischen Zeitalters nicht mehr, eine Sitte fortzusetzen, die in der 13
Abb. 4. Reiter vom Kerameikos, Athen, Kerameikos Museum
verhaßten Tyrannis ihren Ursprung hatte und nur einen sehr beschränkten Kreis von Bevorzugten umfaßte. In Zukunft mußten sich in Athen selbst Strategen und Hipparchen — denen auf Grund ihrer Stellung als Feldherrn und Befehlshaber der Reiterei wohl Monumente zu Pferde hätten zustehen können — nur mit der Weihung eines Pferdes oder höchstens einer Statue neben, aber nicht auf dem Pferde begnügen. 2. R E I T E R S T A T U E N D E R K L A S S I S C H E N Z E I T Aus der klassischen Zeit sind bis zum Beginn des Hellenismus keinerlei Reiterstandbilder im attischen Land bekannt. Es muß daher angenommen werden, daß hier nicht die Bescheidenheit des Einzelnen, wohl aber die Auffassung der Gesamtheit vorliegt, Monumente, in denen man eine Reminiszenz an die verhaßte Tyrannis sah, und die mit dem Geist der Demokratie schwer vereinbar waren, nicht mehr aufzustellen. 14
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Abb. 5. Rekonstruktion und Basis des Standbildes eines attischen Hipparchen von der Akropolis, Athen
Einen Beweis für das Nichtvorhandensein berittener Statuen in dieser Zeit geben die beiden Standbilder attischer H i p p a r c h e n aus der Mitte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts — vermutlich aus dem Jahre 466 — die Werke des Bildhauers Lykios gewesen sein sollen und zu beiden Seiten der Propyläen aufgestellt waren (Abb. 5). Weihinschriften und Basen sind noch vorhanden; die zu Pausanias Zeiten noch erhaltenen Figuren sind längst vergangen12. Die neuesten Forschungen von amerikanischer Seite 13 haben auf Grund der noch vorhandenen Fußspuren auf den Standplatten ergeben, daß es sich hier nicht um Reiter, sondern um neben den Pferden stehende Figuren handelte. Allerdings dürfte Stevens Deutung 14 auf Rossebändiger 15
an dem Kern des Problems vorbeigehen, denn es handelt sich hier nicht um Reitknechte, die die Pferde halten, sondern um ein Abbild der attischen Ritterschaft nach ihrem Sieg im heiligen Krieg über Euböa, wobei dem demokratischen Gefühl entsprechend die Sieger nicht auf, sondern neben den Streitrossen dargestellt wurden. Gerade dieses Monument erhärtet die These von der Ablehnung des Reiterstandbildes innerhalb des attischen Staatswesens bis in den Hellenismus hinein. Die beiden unterlebensgroßen Bronzestatuen wurden wohl bald nach Beendigung des Krieges geschaffen und nach Errichtung der Propyläen dort rechts und links aufgestellt. Die südliche Figur wurde Ende des i. Jahrhunderts v. Chr. durch ein Standbild des Germanicus ersetzt, als Athen den römischen Prinzen mit Ehrungen verschiedenster Art überhäufte, doch kann es sich hierbei nur um ein Abbild zu Pferde gehandelt haben, denn es ist wohl ausgeschlossen, daß der Oberbefehlshaber des Ostens neben und nicht auf seinem Pferde gezeigt wurde. Wenn auch in der klassischen Zeit Reiterstandbilder als Ehren- und Weihemonumente in Attika nicht mehr zu finden waren, so fristeten sie doch als Grabbekrönung ihr Leben. Eine rotfigurige L u t r o p h o r o s , ein Hochzeitsgefäß des 5. Jahrhunderts v. Chr., dessen Fundort Attika ist, zeigt eine berittene Grabstatue (Abb. 6). Neben einem geschmückten Grabmal, das von Jünglingen und Mädchen umgeben ist, steht die Statue eines bekränzten Jünglings zu Pferde, bekleidet mit einem reichbestickten Chiton, das Schwert an der Seite, in der Rechten die Lanze haltend. Hohe geschnürte Schuhe und der im Nacken hängende Reisehut vervollständigen die Ausrüstung des jungen attischen Ritters, der in der gleichen Kleidung und Haltung dargestellt ist, als ob er zu einem Jagdritt auszöge. Auch die mit erlegten Tieren beladenen Freunde erinnern eher an eine Begrüßungsszene als an eine Totenehrung. Und doch kündet die weiße Farbe des Pferdes, daß es sich hier um das Standbild eines Verstorbenen handelt, der die Gaben seiner Freunde entgegennimmt. Die Vase zeigt in vollendeter Form den Stil der klassischen Zeit, aus der uns Reitermonumente nicht erhalten sind. Die archaische Gebundenheit ist gewichen und hat einer freieren Natürlichkeit und Ungezwungenheit Platz gemacht. Die jüngste uns bekannte Darstellung eines Reiterstandbildes als Grabbekrönung ist eine rotfigurige A m p h o r a des 4. Jahrhunderts v. Chr., die in Lucanien gefunden wurde (Abb. 7). Als obere Bekrönung eines altarähnlichen Grabtisches, unter dem eine riesige Marmoramphora steht, dient 16
Abb. 6. Reiterstatue von einer attischen rotfigurigen Lutrophoros, ehemals Berlin
die Reiterfigur eines nackten, nur mit Stiefeln bekleideten Jünglings. Eigenartig und von den bisherigen Darstellungen abweichend, ist die Handhaltung, denn während er in der Rechten lässig die Zügel hält, stützt sich die Linke auf die Kruppe seines in lebhaftem Schritt einhergehenden Pferdes. Von rechts und links treten ein Jüngling und ein Mädchen mit Opfergaben an das Grab heran. Hier kann es sich vielleicht um einen Sieger der Rennbahn handeln, der in der Blüte seiner Jahre hinweggerafft wurde. Wenn auch das freiplastische monumentale Reiterbild im Athen der klassischen Zeit nicht mehr in Erscheinung trat, so haben sich doch unterlebensgroße Statuen von sog. „Knabensiegern" erhalten, mit denen jugendliche Sieger im reiterlichen Wettkampf geehrt wurden. Es sind jedoch keine eigentlichen Reiterstandbilder, da sie die Maße von Statuetten kaum überschreiten15. 2 Reiterstandbilder
17
Abb. 7. Lukanische rotfigurige Amphora, früher Schwerin, Schloßmuseum
Die Statue eines reitenden K n a b e n aus Florenz gibt trotz vieler Ergänzungen noch das ungefähre Aussehen eines „puer celetizon" vom Ende des 5. Jahrhunderts wieder (Abb. 8). Daß diese unterlebensgroßen Denkmäler reitender Knaben gang und gäbe waren, berichtet Plinius 10 . Da diese Statuetten aber nur den Charakter kleiner Weihegaben und nicht den monumentaler Standbilder haben, sollen sie hier nur am Rande erwähnt werden. 18
Abb. 8. Statue eines reitenden Knaben, Florenz, Palazzo Orlando
Wenn auch im Griechenland der klassischen Zeit keinerlei Reiterstandbilder als Ehrenmonumente nachzuweisen sind, so hat sich doch ein besonders schönes Beispiel aus Kleinasien erhalten. Als zeitlich ältestes Reiterdenkmal des 4. Jahrhunderts kann der Torso vom M a u s s o l l e i o n gelten (Abb. 9). Zum erstenmal tritt uns hier ein Monument entgegen, dessen Pferd im hinreißenden Schwung der sprengenden Bewegung gegeben ist. Selbst der Torso läßt noch die ungebändigte Kraft ahnen, mit der der Reiter 19
Abb. 9. Reiter vom Maussolleion, London, British Museum
einst dahinstürmte. Deutlich zeigt sich hier der Gegensatz zur Strenge und Gebundenheit der vorangehenden Epoche. Der meisterhaft modellierte Leib des Pferdes, die weitausgreifende Bewegung der erhobenen Vorderhand, der Sitz des Reiters, der wie am Pferd angewachsene Schenkel, alles dies verrät einen Künstler der spätklassischen Zeit ganz großen Formats, bei dem schon die ersten Merkmale des hellenistischen Stils spürbar sind. Der noch erhaltene Rest zeigt, daß der Reiter mit der asiatischen Ärmeltunika und engen Hosen bekleidet war. Wenn auch die Haltung nicht mehr mit Sicherheit festzustellen ist, so scheint es sich hier doch weder um eine Amazone, noch um den Rest einer Tierkampfgruppe zu handeln17. Hier ist einer jener persischen Herren, die gewohnt waren, an der Spitze ihrer Reiterscharen über die Weiten der asiatischen Steppe zu stürmen, von einem der ersten Künstler seiner Zeit dargestellt worden. Nicht durch Zufall stand dieses Monument im oder am Grabbau des Landesfürsten Maussollos zu Halikarnass. Als erblicher Satrap von Carien hatte dieser zu seiner und seines Geschlechtes Ehre das Grabmal errichten lassen, das zu den sieben Weltwundern des Altertums zählte und von bedeutenden griechischen Künstlern geschaffen wurde. So ist es nicht er20
staunlich, daß auch dieser Reiter zu den kostbarsten Werken des 4. Jahrhunderts gehört. An der Nordseite des Grabmals gefunden — obwohl die Berichte hierüber auseinandergehen und einige Forscher von seiner Auffindung an der Westseite berichten18 — scheint er aus der Werkstatt des Bryaxis, des Meisters der Nordseite, zu stammen. Da die Figur des Maussollos selbst aller Wahrscheinlichkeit nach auf einer Quadriga die Bekrönung des Monuments bildete, so wird der Reiter kaum den Grabinhaber darstellen. Aber sollte nicht Maussollos am Ende seines Lebens sich dankbar seines Vaters H e k a t o m n o s erinnert haben, aus dessen Hand er einst die Herrschaft über Carien empfangen hatte? Dieser war 395 mit der Satrapie von Carien betraut worden und verstand es trotz seines zeitweiligen Gegensatzes zum Großkönig von Persien, durch alle Fährnisse hindurch sich und seinem Geschlecht das carische Reich zu erhalten, so daß sein Sohn bereits die Stellung eines erblichen Fürsten innehatte. Wenn man dem Monument einen Namen geben soll, so kommt nur der des Hekatomnos in Frage. Festgehalten zu werden verdient, daß das älteste ins 4. Jahrhundert v. Chr. gehörende Reiterstandbild nicht im Bereich des griechischen Mutterlandes, sondern in der Residenz eines kleinasiatischen Fürsten gestanden hat, aber von einem griechischen Künstler geschaffen wurde. Vielleicht wird es gerade diesen gereizt haben, am Hofe eines kleinasiatischen Tyrannen ein Monument zu errichten, das man im Heimatland nur noch als Grabbekrönung sah, das aber hier als Unterstreichung des Herrschergedankens aufzufassen ist; denn wie Maussollos durch seine Quadriga hervorgehoben wurde, so gebührte dem Gründer des Fürstentums das Pferd, das ihn gegenüber den anderen Figuren des Grabmals herausstellen sollte. Das Todesdatum des Maussollos 353/2 weist auch dieses Reiterstandbild in die fünfziger Jahre, da nicht anzunehmen ist, daß nach der eiligen Beendigung des Baues nach dem Tode des Fürsten gerade dieses Monument, das nur wenig mit ihm zu tun hatte, nachträglich errichtet wurde.
3. R E I T E R S T A N D B I L D E R A L E X A N D E R S D E S GROSSEN Bei den vorstehenden Monumenten konnte nur vermutungsweise angenommen werden, daß es sich um bestimmte Persönlichkeiten handelte. Die ersten Reiterstandbilder, die nachweislich eine historische Persönlichkeit darstellen, sind die Monumente Alexanders d. Gr. Langsam setzt 21
sich jetzt eine mehr auf das Individuelle gerichtete Darstellungsweise durch, wenn auch eine gewisse Idealisierung der Gesichtszüge vorläufig noch bleibt. Im Museum von K l a g e n f u r t befindet sich eine kleine Bronzefigur, die einen gepanzerten Reiter mit eingelegter — jetzt verlorener — Lanze auf einem galoppierenden Pferde zeigt (Abb. 10). Der jugendliche Reiter ist barhäuptig und trägt einen hellenistischen Schuppenpanzer; das volle Lockenhaar ziert ein Diadem. Das mit einem Pantherfell gesattelte Pferd ist im Galopp mit geöffnetem Maul und erhobenem Schweife gegeben. Hier zeigen sich im Kleinen und bei einer recht primitiven Arbeit die Ansätze des hellenistischen Stils, der sich schon im Reiter vom Maussolleion ankündigte und der sich hier vor allem in einer leidenschaftlicheren Bewegtheit äußert. Im Museumskatalog wird diese kleine Statuette als ein idealisiertes Alexanderporträt bezeichnet, da keinerlei Züge eines bekannten römischen Kaisers vorhanden seien. Trotz des nicht sehr gut erhaltenen Gesichtes kann die Behauptung gewagt werden, daß diese Figur die vielleicht einzig erhaltenen Nachbildung eines Reiterstandbildes des Königs aus Alexandria ist. Das Denkmal selbst dürfte noch vor Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein und stellte wohl den König dar, wie er als Welteroberer seinen Heeren voraus gegen den Feind stürmte. Es kann nur in Alexandria seinen Standort gehabt haben, denn der Kopftyp der kleinen Figur ist alexandrinisch, und eine ganze Anzahl von Alexanderporträts, die fast sämtlich auf ägyptischem Boden gefunden wurden, können als Beweis herangezogen werden19. Es muß sich um ein Werk gehandelt haben, das nicht in der Tradition des Hofbildhauers Lysipp geschaffen wurde, sondern das von einem Künstler herrührte, der seine Werkstatt in Alexandria hatte. Leider ist uns jedoch von den drei Monumenten, die wohl als die Ahnherren aller hellenistischen Reiterstandbilder in Griechenland angesehen werden können, so gut wie gar nichts erhalten. Wie Pausanias berichtet, wurden in O l y m p i a , das ein bevorzugter Ort für die Errichtung solcher Monumente war, den makedonischen Königen Philipp und Alexander und dem syrischen König Seleukos Reiterstatuen errichtet. Bei Grabungen in der Nähe des Zeustempels kamen drei Basen zutage, die ihrer Form nach nur Reiterstandbilder getragen haben können. Die Einlaßspuren auf den Standplatten zeigen, daß die Pferde in bäumender Haltung gegeben waren. Da Schrift und Typ der Basen auf das Ende des 4. vorchristlichen Jahrhunderts hinweisen, ist anzunehmen, daß diese drei Postamente wirklich zu den oben erwähnten Statuen gehören20. Die Bilder Philipps und seines großen Sohnes sind höchstwahrscheinlich posthume Schöpfungen, die vermutlich 22
Abb. io. Bronzene Reiterstatuette Alexanders d. Gr., Klagenfurt, Landesmuseum für Kärnten
gleichzeitig mit der Statue für Seleukos aufgestellt wurden, also wohl kaum vor 305, — dem Jahre, in dem Seleukos den Königstitel annahm. Es ist oft die Frage nach weiteren Reiterbildnissen Alexanders aufgeworfen worden. Wir wissen, daß auf seine Anweisung den 25 am G r a n i k o s gefallenen Reitern seiner Gardetruppe bronzene Reiterstatuen von der Hand des Hof bildhauers Lysipp gesetzt wurden. Ob Alexander selbst mit dargestellt war, wie ein später Autor 21 behauptet, muß in Zweifel gezogen werden. Es ist anzunehmen, daß die Gruppe bald nach der Schlacht (334) in Angriff 23
genommen und noch zu Lebzeiten des Königs in der heiligen Stadt Makedoniens, in Dion, aufgestellt wurde, denn als das Reich auseinanderfiel, wird kaum einer der Diadochen Muße gehabt haben, sich um die Fertigstellung dieses Werkes zu kümmern. Sicher waren es keine kämpfenden Gruppen, die hier dargestellt wurden, da diese ja einen Gegner voraussetzen würden, sondern vermutlich nebeneinander aufgestellte einzelne Reiterstandbilder, wenn auch wohl die Haltung von Reiter und Pferd auf den entscheidenden Stoß der Hetairoi Bezug nahm. Es scheint daher ausgeschlossen, daß — wie man annahm — das heute im Konservatorenpalast in Rom befindliche Pferd der Gruppe angehört hat, da dessen ruhige Haltung in völligem Widerspruch zu der Darstellungsweise des Schlachtenmonumentes stehen würde (siehe Abb. 18). CaeciliusMetellus, Sieger über Perseus von Makedonien, nahm die Gruppe als einen Teil der Siegesbeute mit nach Rom und stellte sie hier 148 v. Chr. in einer von ihm gebauten Porticus, die später den Namen der Octavia trug, auf. Man geht wohl nicht fehl, gerade diese Monumente als die Ahnherren sämtlicher römischer Reitergruppen zu betrachten, denn von dieser Zeit an datiert in Rom die Vorliebe für diese Denkmalsart, während vorher in Anlehnung an die griechische Sitte nur vereinzelte Reiterbilder meist in Heiligtümern aufgestellt wurden. Es ist kaum anzunehmen, daß bei der ursprünglichen Aufstellung in Makedonien eine Reiterfigur Alexanders mitten unter ihnen stand, denn was sollte der Lebende unter den Toten ? Dagegen wäre es durchaus möglich, daß in der Folgezeit ein Reiterdenkmal des Königs, das in irgendeiner von den Römern eroberten Stadt seinen Platz gehabt hatte, mit nach Rom geführt und dort in der Porticus Octaviae seine Aufstellung gefunden hätte, da Vellerns Paterculus als einziger Autor zu Zeiten des Tiberius seine Aufstellung erwähnt. Es erhebt sich von selbst die Frage, ob das Vorbild der in Herculaneum gefundenen Statuette, die auf Alexander gedeutet ist, zu dieser Gruppe gehört hat, oder ob sie, wenn in ihr nicht der König dargestellt ist, vielleicht einen der gefallenen Hetairoi wiedergibt (Abb. 11). Im Grunde genommen ist die ruderförmige Stütze der einzige Hinweis, der an den Sieg am Granikos erinnert — der durch einen ReiterangrifF durch den Fluß errungen wurde; da aber die mitgefundene Statuette eines ledigen Pferdes die gleiche Stütze hat, so haben doch vielleicht beide Figuren zu einer Denkmalsgruppe gehört und waren aufeinander bezogen. Am Pferde Alexanders sind jedoch 24
Abb. I i . Reiterstatuette aus Herculaneum (Alexander d. Gr.?), Neapel, Nationalmuseum
alle vier Beine ergänzt; es ist daher möglich, daß auch die Stütze eine Restaurierung des 18. Jahrhunderts ist. Sollte sich letzteres erweisen, so fällt die ganze These des Zusammenhanges mit dem Granikos-Monument in sich zusammen. Für die Darstellung Alexanders spricht nur das Diadem und die Lockenfülle und, falls man in ihr ein Rangabzeichen sehen will, auch die Feldbinde. Die Gesichtszüge weisen keine Porträtähnlichkeit auf. Eine in Begram in Afghanistan gefundene kleine Bronzestatuette kann jedoch nach Haltung, Gesichtszügen und Haartracht zu schließen ohne
Abb. 12. Bronzene Reiterstatuette Alexanders d. Gr. aus Begram, Afghanistan. Kabul, Museum
Zweifel auf den makedonischen König bezogen werden (Abb. 12). Die sehr gut erhaltene Figur zeigt den reitenden Alexander, die erhobene Lanze in der Rechten, deren Schaft in der geschlossenen Hand noch zu erkennen ist; die Linke ist offen und hielt einst die Zügel. Bekleidet ist der König mit Muskelpanzer und Reitermantel, dessen wild wehender Zipfel die zweifellos bewegte Haltung des Pferdes, das heute verloren ist, unterstreichen sollte. Sicher handelt es sich bei dieser Statuette um die Nachbildung eines großplastischen Werkes. Da mitgefundene Silberschüsseln den alexandrinischen Typ dieser Gattung vertreten, liegt die Vermutung nahe, daß auch das Urbild dieser kleinen Reiterfigur seine Heimat in Ägypten hatte. Wir kennen noch ein weiteres Reitermonument, das mit Alexander in Zusammenhang zu bringen ist und dessen Aufstellung ungefähr zu Ende des 4. Jahrhunderts erfolgte. Bei Grabungen in Delphi fand sich eine Basis mit Weihinschrift wieder, aus der hervorgeht, daß Alexanders General K r a t e r o s dargestellt war, wie er bei einer Löwenjagd dem in Gefahr ge26
A b b . 13a. Rekonstruktion der Krateros-Gruppe in Delphi
ratenenKönig zu Hilfe kommt (Abb. 13a). Plutarch, der lange Jahre inDelphi Priester war, unterrichtet uns über das Aussehen der Bronzegruppe. Sie setzte sich aus dem mit dem Löwen kämpfenden Alexander, dem zu Hilfe eilenden Krateros und mehreren Hunden zusammen und war eine gemeinsame Arbeit der Bildhauer Leochares und Lysipp. Das Werk wurde erst nach dem Tode des verdienten Feldherrn 321 v. Chr. in Auftrag gegeben, und da die Weihung den Namen des unmündigen, erst nach dem Tode des Vaters geborenen Sohnes nennt, wird die Witwe die Stifterin gewesen sein. Allem Anschein nach hat sich eine Nachbildung des Denkmals in einem messenischen Relief, das ebenfalls vom Ende des 4. Jahrhunderts stammt, also ziemlich gleichzeitig geschaffen wurde, erhalten (Abb. 13b). Auf ihm sehen wir den König nackt, ein Löwenfell über dem Arm, mit einer Doppelaxt den Löwen bekämpfend, der bereits einen der beiden Hunde gerissen hat und sich zu dem zu Pferde heransprengenden Krateros umwendet. Die Tat des Krateros und seine Bedeutung in diesem gefahrvollen Augenblick werden dadurch unterstrichen, daß er als einziger zu Pferde dargestellt ist. Diese Tatsache dürfte die Aufstellung des Denkmals nicht vor das Jahr 305 datieren — dem Jahr, in dem vermutlich die ersten Reiterstandbilder Alexanders auf griechischem Boden errichtet wurden — weil kaum anzunehmen ist, daß man für einen, wenn auch noch so verdienten, General ein Reiterstandbild errichten ließ, während in Griechenland dem großen König diese Ehre noch nicht zuteil geworden war. Vielleicht war die Aufstellung einer alleinigen Reiterstatue für einen nicht mit dem Diadem geschmückten Feldherrn unstatthaft, denn wir kennen aus der ganzen Zeit des Hellenismus keinen Fall, daß einem General oder Staatsmann einer Monarchie ein solches Denkmal, das ausschließlich Vorrecht des Herrschers war, aufgestellt wurde. So verfiel man bei Krateros auf den Ausweg, diese 27
für ihn und das Schicksal des makedonischen Staates so wichtige Begebenheit in einer Gruppe der Nachwelt kundzutun. Den Anteil der beiden Meister Lysipp und Leochares an dem Werk zu scheiden, erscheint heute nicht mehr möglich, doch wird ohne Zweifel die Figur Alexanders und vermutlich auch der größte Teil der übrigen Figuren Lysipp zuzuschreiben sein, da Leochares schon kurz nach der Auftragserteilung starb.
4. R E I T E R D E N K M Ä L E R D E S H E L L E N I S M U S In Athen war seit dem Ende der Tyrannis die Sitte des Reitermonumentes als Ehrenstatue außer Gebrauch gekommen. Die wenigen uns heute bekannten Reiterstandbilder des 4. Jahrhunderts waren in Staaten mit monarchischer Regierungsform geschaffen worden und nicht in den Demokratien. (Reiter vom Maussolleion, die Granikosreiter in Dion, die Standbilder Alexanders). Dies änderte sich mit einem Schlage, als die Diadochen sich beeilten, aus dem Torso des sterbenden Reiches Alexanders d. Gr. die größten Stücke herauszuschneiden und sich selbst das Diadem um die Stirn zu binden. Mit der wachsenden Zahl der Monarchien und Dynastien vermehren sich auch die Reiterstandbilder. War das 5. und auch noch das 4. Jahrhundert dieser Denkmalsgattung gegenüber geradezu feindlich, so ist der Hellenismus beinahe süchtig auf Ehrungen dieser Art. Fast scheint es, als ob mit der Heroisierung des Ahnherrn und des regierenden Fürsten selber — wie es der Sitte der Zeit entsprach — dieser das Reiterstandbild zu seiner Erhöhung braucht. Und wie auf den Grabreliefs jener Zeit der Tote zu Pferde dargestellt ist, so erhält jetzt auch der Lebende, soweit er fürstlicher A b stammung ist oder das Feldherrenamt der Demokratien und damit die militärische Macht in seinen Händen hält, sein Reiterbild an heiliger Stätte. Auch Athen verschließt sich von jetzt ab nicht mehr völlig dem Gedanken des Aufstellens von Reiterbildern, obwohl diese Ehrung dort nur Königen fremden Geblüts gewährt wird, die sich um das Wohl des Staates besonders verdient gemacht haben. Wir kennen jedenfalls keinerlei Anzeichen dafür, daß einem athenischen Strategen jemals das gleiche Recht eingeräumt gewesen wäre. O l y m p i a konnte sich rühmen, als bevorzugter Ort für die Errichtung von Reitermonumenten zu gelten, doch nirgends in ganz Griechenland war ein Platz zur Errichtung des eigenen Reiterbildes so begehrt wie in der 29
in Olympia
heiligen Priesterrepublik zu D e l p h i . Die Angehörigen der großen Herrscherdynastien Kleinasiens — die Könige von Syrien, Bithynien, Pergamon —, die sieggewohnten Feldherren Roms und die Strategen der griechischen Kleinstaaten, sie alle drängten, dort, wo der Gott sich durch den Mund seiner Priester offenbarte, zur Ehre des pythischen Apolls und zum eigenen Ruhme sich ein bronzenes Reitermonument zu errichten. Von allen diesen Denkmälern ist mit Ausnahme der Postamente und Weihinschriften nichts mehr erhalten. Es handelt sich meist um Reitermonumente von bescheidener Größe aus vergoldeter Bronze. Eine Rekon30
Abb. 15. Hellenistisches Grabrelief aus Pelinna
struktion des Denkmals des Königs Attalos I. v o n P e r g a m o n , das aus den Jahren 162/160 stammt, mag uns als Beispiel dienen (Abb. 14). Aus den erhaltenen Standspuren läßt sich die Stellung des Pferdes ersehen, das nicht bäumend auf der Hinterhand, sondern in Schrittstellung gegeben war. Die stark unterschobene Hinterhand, die bei römischen Standbildern nicht üblich ist, scheint für hellenistische Reiterbilder in Schrittstellung bezeichnend zu sein. Das Aussehen hellenistischer Reiterstandbilder wird uns besonders gut durch ein Relief aus Pelinna vermittelt, das einen geharnischten makedonischen Ritter auf sprengendem Pferde zeigt, wenn auch der flatternde Mantel bei freiplastischen Statuen nicht ganz so bewegt gedacht werden muß
(Abb. 15). Trotzdem bietet dieses Relief einen guten Ersatz für die heute nicht mehr vorhandenen Monumental-Skulpturen und zeigt besonders eindrucksvoll den stark bewegten Stil des späten Hellenismus. Grabungen des Jahres 1904 in A t h r i b i s , einer unterägyptischen Stidt des Nildeltas, förderten eine kleine Reiterstatuette zutage, von der lediglich die Figur des Reiters erhalten ist (sie gehörte ehemals zur Sammlung Dattari) (Abb. 16). Die Ansatzspur des Pferdeleibes findet sich jedoch an den inneren Seiten der Schenkel des Reiters, und außerdem weist ein Loch zwischen ihnen darauf hin, daß Reiter und Pferd vermittels eines Dübels miteinander verbunden waren. In „heroischer Nacktheit", nur mit halbhohen Stiefeln und einer Elefantenhaut bekleidet, deren Kopf ihm gleichzeitig als Helm dient und die wie ein Mantel um seine Schultern gelegt ist, rast der Reiter auf einem wohl in voller Karriere gegebenen Pferd dahin. Die Rechte ist erhoben und hielt ehemals einen Gegenstand, dessen Rest noch in der geballten Faust erhalten ist; die Linke, in der der Reiter, in lebhafter Gebärde emporgereckt, einst die Zügel gehalten haben wird, ist leicht vorgestreckt und wird unter der links herabwehenden Haut sichtbar. Das verlorengegangene Pferd wird man sich in jener stürmischen Bewegung zu denken haben, wie das allerdings um 80 Jahre spätere Pferd des „Reiterknaben" von Kap Artemision (siehe Abb. 17a). Diese kleine Figur ist bisher immer in der Literatur für ein mehr oder weniger gesichertes Porträt Alexanders d. Gr. gehalten worden. Als Beleg hierfür galt die Elefantenhaut als Kopfbedeckung, in der man eine Angleichung an Herakles sah. Aber bereits auf den Münzprägungen des ersten Ptolemäers (Ptolemaios I. Soter, 305—285 v. Chr.), die dieser noch während seiner Satrapenzeit, also in den Jahren zwischen 323 und 306 prägen ließ, befindet sich der Kopf des Herakles mit der Elefantenhaut. Die Darstellung von Mitgliedern des ptolemäischen Hauses mit dem sonst ungewöhnlichen Elefantenhelm legt den Gedanken nahe, auch in unserer Statuette einen Angehörigen dieses Geschlechtes zu erblicken. Im Britischen Museum in London befindet sich eine Bronzestatuette Ptolemaios II. Philadelphos (285—247), die den König ebenfalls mit Elefantenhelm und geschulterter Keule zeigt. Es ist also die gleiche Aufmachung wie bei unserem Reiter, denn auch dieser hielt wohl in der emporgereckten Rechten eine Keule, da der in der Faust gehaltene Rest „rundlich" ist, also für eine Lanze nicht in Frage kommt. Die in keiner Weise idealisierten Züge unserer Statuette lassen auf den ersten Blick erkennen, daß niemals Alexander, sondern ohne Zweifel ein 32
Abb. 16. Hellenistische Reiterfigur aus Bronze, ehemals Sammlung Dattari, heute verschollen
Ptolemäer dargestellt ist. Der Vergleich mit Münzbildern legt nahe, daß es sich bei dieser Statuette um P t o l e m a i o s I I I . E u e r g e t e s (227—221) handelt. Sicher ist anzunehmen, daß wir in dieser kleinen Figur eine Nachbildung eines großplastischen Denkmals zu sehen haben. Der Fundort läßt den Gedanken aufkommen, daß das Original in der Hauptstadt des Ptolemäerreiches — Alexandria — gestanden haben wird. Sucht man einen Zeitpunkt für die Errichtung des Monumentes, so mag man an die Zeit kurz nach Beendigung des syrischen Krieges mit Seleukos II. denken (243 v. Chr.), denn die Darstellung als Reiter scheint für ein Siegesdenkmal besser gewählt als für ein Kultbild, obwohl merkwürdigerweise in späterer Zeit in Ägypten die Götter öfters beritten erscheinen 22 . Dieser von der Forschung bisher recht stiefmütterlich behandelte kleine Reiter, dessen Zuweisung an Alexander d. Gr. nicht möglich ist, gibt uns ein gutes Bild eines Reitermonumentes des ptolemäischen Hauses. Es ist jedenfalls das einzige, das uns der Boden Ägyptens bisher wiedergeschenkt hat. 3 Reiterstandbilder
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Abb. 1 7 a . Bronzepferd vom K a p Artemision, Athen, Nationalmuseum
Außer den Königen gab es zur Zeit des Hellenismus nur noch eine Rangklasse, die gleichfalls durch berittene Statuen ausgezeichnet wurde. Wen damals das Schicksal dazu ausersehen hatte, in einem demokratischen Staat das höchste militärische Amt in Händen zu halten, der konnte gewiß sein, daß ihm nach siegreichem Kampfe ein vergoldetes Bronzebild zu Pferde errichtet wurde. Die einzige Ausnahme bildete Athen, wo auch weiterhin die Befehlshaber neben ihren Pferden dargestellt wurden. Leider haben sich von diesen Reiterstandbildern der S t r a t e g e n und H i p p a r c h e n nur spärliche Reste der Basen bzw. Weihinschriften erhalten. Eine gute Vorstellung vom Aussehen eines „ K n a b e n s i e g e r s " aus der Zeit des Hellenismus vermittelt uns die am K a p A r t e m i s i o n gefundene Bronzestatue eines jugendlichen Reiters (Abb. 17 b). Auf einem mit äußerster Kraft dahinstürmenden Pferd sitzt ein Knabe als Rennreiter mit realistischen, fast ans Negroide erinnernden Porträtzügen. Mit dem Stachel des erhobenen Kentrons versucht er die Schnelligkeit des dahinfliegenden Renners noch zu steigern. Das von der Leidenschaft des Siegeswillens beherrschte Gesicht, die weit ausholenden Bewegungen, die geduckte Haltung des kleinen Reiters,
Abb. 1 7 b . Bronzefigur eines reitenden Knaben vom K a p Artemision, Athen, Nationalmuseum
all dieses beweist, daß hier ein Werk geschaffen wurde, in dem die ganze Wildheit des reiterlichen Spieles zum Ausdruck kommen sollte. Gerade diese Statue ist in ihrer pathetischen Bewegtheit ein gutes Beispiel für den Stil des Hellenismus in der 1. Hälfte des 2. vorchristlichen Jahrhunderts. Auch die im Gegensatz zur Klassik naturalistische, bis an die Grenze des Häßlichen gesteigerte Wiedergabe der persönlichen Züge ist bezeichnend für diese Zeit. „Die höchst naturalistische, reiche und eindringliche Durchbildung des Pferdekopfes, die Wiedergabe von Einzelheiten, wie den Haarbüscheln an den Hufen, den Schiebungen und Faltungen des Felles, machen seine hellenistische Entstehung deutlich", sagt Schuchhardt 23 . Pferd und Reiter sind sicher in derselben Zeit entstanden und gehören zusammen 24 . Die Statue dürfte dem 2. Viertel des 2. Jahrhunderts angehören und wurde vielleicht vom Vater des Knaben an geweihter Stätte oder an der des Sieges aufgestellt. Kein Reiterstandbild im eigentlichen Sinne, aber doch durch die ungeheure Lebendigkeit von Ausdruck und Bewegung eine der eindruckvollsten Reiterdarstellungen ihrer Zeit. Dies war wohl auch der Grund, 3
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daß es dazu ausersehen wurde, als Beutestück nach Italien entführt zu werden, worauf der Fundort im Meer hinweist. Zweifellos hat das jetzt im Konservatorenpalast zu Rom befindliche B r o n z e p f e r d auch einstmals einen Reiter getragen; die auf dem Rücken angebrachte Öffnung, das aufgerissene Maul, der stark beigezäumte Hals und vor allem die unterschobene Hinterhand deuten allein schon darauf hin (Abb. 18). Nach Ansicht von Heibig 25 „erinnern der schlanke Leib des Pferdes, der feine, verhältnismäßig kleine Kopf, die Charakteristik der Haut und der nervöse Ausdruck an die Kunstweise des Lysippos"; da wir jedoch von seinen Pferdeschöpfungen nichts mehr erhalten haben, ja nicht einmal genau wissen, ob außer der Granikosgruppe von ihm überhaupt repräsentative Reiterbilder geschaffen wurden, so ist diese Behauptung nicht recht überzeugend. Es ist zur Gewohnheit geworden, jedes hellenistische Pferdebild, das nicht gerade römische Arbeit ist, als ein Werk anzusehen, das zumindest aus der Schule des Lysipp stammt. Fest steht nur, daß es sich hier nicht um eine römische Arbeit handelt. Wenn es auch dicht an der Porticus der Octavia in Rom gefunden wurde, wo Metellus die Granikosgruppe aufgestellt hatte, so wird es doch keinesfalls zu dieser gehört haben, denn es kann kein Zweifel bestehen, daß es sich bei dieser Gruppe um eine Reihe von wildbewegten Einzeldarstellungen gehandelt haben muß, aus denen der heiße Atem der ersten großen Entscheidungsschlacht Alexanders gegen die Perser noch zu spüren war. Es ist daher undenkbar, sich inmitten dieses Getümmels ein Pferd wie das unsrige vorzustellen, das fast aktionslos dasteht. Vielmehr ist eher anzunehmen, daß dieses Pferd zu einem Reitermonument gehörte, das sich zu Ehren eines hellenistischen Herrschers oder eines Strategen irgendwo im griechischen Raum erhob. Für die griechische Herkunft spricht allein schon die stark unterschobene Hinterhand, die bei den römischen Monumenten fehlt 26 . Bei der Sammelfreudigkeit der Römer wäre es durchaus denkbar, daß es ebenfalls wie die Granikosgruppe von Metellus Macedonicus oder einem anderen Feldherrn anläßlich seines Sieges über Griechenland oder Makedonien mit nach Rom gebracht und dort aufgestellt wurde. Immerhin ist es der einzig erhaltene Rest eines repräsentativen hellenistischen Reitermonumentes aus Bronze, das uns einen Begriff gibt, wie wir uns einen Teil der in Delphi und Olympia geweihten Denkmäler vorzustellen haben, da die Standspuren auf den Deckplatten beweisen, daß durchaus nicht alle Pferde in sprengender Bewegung dargestellt wurden. 36
Abb. 18. Bronzepferd, Rom, Konservatorenpalast
Im allgemeinen müssen wir uns jedoch die hellenistischen Reitermonumente so vorstellen, daß die geschlossene Form der Klassik und ihre Ausgeglichenheit einer starken Bewegtheit und Heftigkeit des Ausdrucks gewichen sind. Das Typische wird zugunsten eines stärkeren Naturalismus, einer größeren Porträtähnlichkeit, die sich bis zur Häßlichkeit steigern kann, zurückgedrängt. Diese charakteristischen Merkmale finden bereits ihren ersten Ausdruck in der spätklassischen Zeit im Reiter vom Maussolleion und zeigen ihren Höhepunkt in den leidenschaftlich verzerrten Zügen des Reiters von Kap Artemision.
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II. RÖMISCHE REITERSTANDBILDER i. R E I T E R S T A N D B I L D E R
DER RÖMISCHEN
REPUBLIK
Plinius berichtet, daß die Römer die Sitte, Reiterstandbilder zu errichten, von den Griechen übernommen haben. Es lag nahe, in der etruskischen K u n s t nach Vorbildern für Reitermonumente zu suchen, doch haben sich keinerlei Anzeichen dafür ergeben, daß die Etrusker überhaupt die freiplastische Reiterfigur gekannt haben. Es ist nicht der geringste Rest eines monumentalen etruskischen Reiterstandbildes erhalten, so daß es sich in R o m keinesfalls um die Fortsetzung einer italischen Sitte handeln kann. Als weiterer Beweis, daß die griechische Sitte der Errichtung von Reiterstandbildern von den Römern aufgegriffen wurde, kann die Tatsache gelten, daß die ersten Monumente dieser Art, die römischen Feldherren errichtet wurden, nicht in R o m , sondern an den geweihten Orten Griechenlands, in Delphi und Olympia, standen. A u c h der Umstand, daß alle römischen Reitermonumente, die zur Zeit der Republik außerhalb Italiens errichtet wurden, sich nur innerhalb der griechischen Kultursphäre befanden, erhärtet diese These. A u s den wenigen erhaltenen Resten kann geschlossen werden, daß diese Monumente
stilistisch die hellenistische Tradition fortsetzten. Zwar b e -
richtet Livius, daß bereits zu Ende des 4. vorchristlichen Jahrhunderts den römischen Konsuln C . Maenius und L . Furius Camillus nach ihrem Siege über die Latiner im Jahre 338 v. Chr. vom Senat auf dem Forum Reiterstandbilder errichtet sein sollen; dieses ist, wie Livius selber sagt, „rara illa aetate res" 2 7 . Es muß jedoch die Frage aufgeworfen werden, ob Livius mit seiner Behauptung recht hat, daß sich im R o m des ausgehenden 4. vorchristlichen Jahrhunderts bereits Reiterstandbilder,
die vom Senat sieg-
reichen Feldherren gewidmet waren, erhoben hätten. Schenkt man Plinius mit seinen Worten: „equestres utiquae statuae Romanam celebrationem habent, orto sine dubio a Graecis exemplo . . ," 2 8 Glauben, so muß man sich vergegenwärtigen, daß zu dieser Zeit in Griechenland selbst die ersten Denkmäler dieser A r t geschaffen wurden, wenn man von der kurzen Zeit der Tyrannis in A t h e n und ihren Reiterdenkmälern absieht. D a künstle38
rische Beziehungen von Rom nach Griechenland noch kaum vorhanden waren, so muß man die zeitliche Ansetzung der Monumente durch Plinius ernstlich in Frage ziehen, denn daß in Rom eine Tradition fortgesetzt wurde, die in Athen seit den Tagen der peisistratidischen Herrschaft abgerissen war, darf unter keinen Umständen angenommen werden. Es wäre zudem mehr als unwahrscheinlich, wenn man, falls die Ehrung durch das Reitermonument in Rom in so früher Zeit bereits Sitte gewesen wäre, die an sich belanglosen Siege über die Latiner und Herniker in so hohem Maße gefeiert, den Siegern der sehr viel bedeutungsvolleren punischen Kriege dagegen diese Ehrung verweigert hätte. Augenscheinlich hat Plinius die Verhältnisse seiner eigenen Zeit auf die vorangehenden Epochen übertragen. Daß den Siegern über die Latiner Reiterdenkmäler errichtet worden sind, darf nicht in Frage gezogen werden, aber sie stammten aus einer späteren Zeit, vermutlich aus dem 2., wenn nicht sogar erst aus dem 1. vorchristlichen Jahrhundert, und waren auch nicht vom Senat, sondern von Nachkommen dieser Sieger zur Ehre ihres Geschlechtes gesetzt worden. Wenn auch von allen diesen Standbildern sich nichts bis in unsere Tage erhalten hat, so finden wir doch auf einigen Denaren des ausgehenden 2. und beginnenden 1. vorchristlichen Jahrhunderts wenigstens ein verkleinertes Abbild einiger dieser Denkmäler 29 . Die starke Betonung des Ahnenkultes und der Stolz des römischen Patriziers auf seine Abkunft veranlaßten gerade die Münzmeister dieser Zeit, möglichst Ruhmestaten aus der eigenen Familiengeschichte und historische Darstellungen auf den Münzrückseiten zu verewigen. Diesem Umstand verdanken wir die Kenntnis verschiedener Reitermonumente. Da gleichzeitig die laxe Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen in Rom die Möglichkeit bot, ganze Reihen von Ahnenbildnissen an öffentlichen Plätzen aufzustellen, ergriffen die alten Geschlechter mit Freuden diese Gelegenheit, alle nur verfügbaren Plätze mit eigenen oder zum mindesten doch mit Statuen ihrer Vorfahren zu „schmücken"; Cicero berichtet ein Jahrhundert später ironisch, daß sich dort oft ganze Schwadronen tummelten30. Wahrscheinlich ist, daß es sich bei einer auf der Rückseite eines Denars des Monetärs A e m i l i u s L e p i d u s abgebildeten Reiterstatue um ein solches Monument handelt (Abb. 19). Es dürfte der gleichnamige Konsul der Jahre 187 und 175 dargestellt sein, der zudem sechsmal das Amt des princeps senatus und gleichzeitig das des pontifex maximus bekleidete. Das Standbild wurde sicherlich erst nach seinem Tode 153/2 gesetzt. Die Münze zeigt einen nackten Reiter auf stehendem gezäumten Pferd, in der Rechten die 39
Lanze haltend, deren Schaft den Boden berührt; als Unterbau des Denkmals dienen drei Arkaden. Ein weiteres durch einen Denar des Jahres $6 belegtes Reiterstandbild ist das des Q. M a r c i u s T r e m u l u s , der im Jahre 306 v. Chr. das Konsulat bekleidete und Sieger im Kampf über die Hernicer war 31 (Abb. 20). Das Münzbild zeigt einen Reiter auf einem Aquädukt, der zudem durch die
Abb. 19. Silberdenar der römischen Republik mit dem Reiterdenkmal des M . Aemilius Lepidus
Bezeichnung „Aqua Mar [tia]" gekennzeichnet ist. Es handelt sich hierbei um den interessanten Fall der Zusammenziehung zweier Monumente durch den Monetär, der einfach zwei bedeutende, wenn auch zeitlich weit auseinanderliegende Ereignisse seiner Familiengeschichte auf einer Münze darstellte, und zwar den Bau der Aqua Marcia durch Q. Marcius Rex um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. und den Sieg über die Hernicer durch Q. Marcius Tremulus im Jahre 306 v. Chr. Wenn Vessberg32 meint, daß in „bedeutenderen Fällen von Statuenerrichtungen die Reiterstatue im 2. Jahrhundert v. Chr. sicher nicht ungewöhnlich" gewesen sei, so muß andererseits darauf hingewiesen werden, daß die Erbauung einer Wasserleitung nicht unbedingt zu einer derartigen Ehrung berechtigte, wohl aber eine bedeutende militärische Tat. So war der dargestellte Reiter zweifelsohne der Sieger von 306. Das auf dieser Münze abgebildete Denkmal zeigt im Gegensatz zu dem vorher erwähnten ruhig stehenden Pferd des Aemilius Lepidus einen mit einer Toga bekleideten sprengenden Reiter, dessen Rechte einen Lorbeerzweig hält, und ähnelt in seinem Typ den hellenistischen Monumenten. Es 40
stand noch im Jahre 43 und wird von Cicero erwähnt, scheint aber zur Zeit des Plinius nicht mehr vorhanden gewesen zu sein. Mit dem Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. entstehen berittene Standbilder nunmehr in rascher Folge. Der stark entwickelte Ahnensinn der Römer und der schnelle Aufstieg des Staates zum Imperium im eigentlichen Sinne, ließen es als eine der vornehmsten Aufgaben erscheinen, bedeutenden
Abb. 20. Silberdenar der römischen Republik mit dem Reiterdenkmal des Q. Marcius Tremulus
Männern den Dank für hervorragende Taten in Form eines Standbildes zu Pferde abzustatten, das sich allein schon durch seine Größe aus der Unzahl von Fußstatuen hervorhob. So holte um die Jahrhundertmitte Q. Caecilius M e t e l l u s Pius S c i p i o , der durch Adoption aus der Familie der Scipionen in die der Meteller übertrat, eine Ehrenpflicht nach und errichtete seinen Ahnen auf dem Capitol eine so ansehnliche Anzahl von Reiterstandbildern, daß Cicero spöttisch das Wort von der „turma Metelli" gebrauchte. Er berichtete weiterhin, daß in der Hast der Aufstellung sogar die Inschrifttafeln vertauscht wurden und die Ämterlaufbahn des großen Africanus unter der Statue des Scipio Nasica Serapio prangte. Jedenfalls ist aus dieser Bemerkung zweierlei erkennbar, einmal, daß erst jetzt dem Sieger von Zama und Retter des Staates, also fast 150 Jahre nach seinem Tode, ein Reitermonument gesetzt wurde und daß mit ihm der Konsul des Jahres 133 und spätere Führer gegen die Gracchen P. Cornelius Nasica Serapio der gleichen Ehre gewürdigt wurde. Die Namen der übrigen Geschlechtsgenossen sind nicht bekannt. Die Tatsache, daß einem so bedeutenden Mann wie dem Scipio Africanus erst jetzt diese
Ehrung zu teil wurde, läßt die Meinung des Plinius 33 , daß die Sitte der Errichtung von Reiterstandbildern bereits zu Ende des 4. Jahrhunderts auf italischem Boden bestanden habe, mehr als unglaubwürdig erscheinen. Wäre es schon zu dieser Zeit Brauch gewesen, siegreichen Feldherren solche Monumente zu errichten — wenn auch nur in Einzelfällen — Rom hätte nicht gezögert, dem großen Africanus schon zu Lebzeiten diese Auszeichnung zu erweisen. Aber erst nach der Aufstellung der lysippischen Gruppe der Granikos-Reiter, der „turma Alexandri", scheint diese Sitte Allgemeingut des römischen Patriziats geworden zu sein, so daß man nicht annehmen kann, daß bereits vor dem Jahre 140, abgesehen von einzelnen in Tempelbezirken aufgestellten Statuen, auf den öffentlichen Plätzen Roms Reiterdenkmäler standen. Erst von diesem Zeitpunkt an können eine größere Anzahl und sogar Gruppen von Reitern nachgewiesen werden. Zum anderen aber erfahren wir aus dem Briefe des Cicero, daß doch wenigstens einzelne dieser Statuen porträtähnlich gewesen sein müssen; denn wie hätte man sonst die Verwechslung der Inschrifttafeln bemerkt? Vermutlich waren einem so gebildeten Manne wie Cicero die Porträtzüge des Einen, wahrscheinlich des Africanus, bekannt. Bei dem ausgeprägten römischen Ahnenkult ist es sehr wahrscheinlich, daß ein Teil der Reiterstandbilder die Gesichtszüge oder wenigstens die charakteristischen Merkmale der Dargestellten aufwies, was durch die von den Familien aufbewahrten Ahnenmasken leicht verwirklicht werden konnte. Ehe die Frage des Reiterstandbildes in der Kaiserzeit angeschnitten werden soll, ist noch ein Blick auf ein Monument zu werfen, das außerhalb der Hauptstadt errichtet worden war. Es handelt sich um ein außerordentlich interessantes Denkmal, das als einziger erhaltener Rest von Reiterstatuen der republikanischen Zeit angesehen werden kann. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden bei englischen Grabungen auf dem Gebiet der Vigna Sforza in L a n u v i u m in der Campagna am Westanhang der Akropolis inmitten einer alten Porticusanlage die Fragmente von sechs Reitern und sieben Pferden gefunden, die in die Museen von London und Leeds gelangten, während eine später gefundene siebte Reiterfigur in Lanuvium selbst verblieb (Abb. 21 a, b, c). Die Gruppe verdient der Vergessenheit entrissen zu werden, die sie an den Ufern der Themse umgibt, denn es ist kein anderer Fall bekannt, in dem eine so große Zahl von Reiterstandbildern, die der gleichen Zeit und Stilstufe angehören, gefunden wurde. 42
Abb. 21 a. Pferdetorso aus Lanuvium, London, British Museum
Diese sieben Reiter waren in einer Porticus aufgestellt, wobei anzunehmen ist, daß je drei von ihnen symmetrisch um die Hauptfigur gruppiert waren. Da sechs Reiter im Panzer mit Schwertgehenk und Feldbinde dargestellt sind und nur einer mit Tunika und Feldherrnmantel bekleidet ist, liegt es nahe, in dieser Figur den eigentlichen Mittelpunkt der Gruppe zu sehen, zumal auch die Sorgfalt und Feinheit der Ausführung dieses bestätigen. Die von Woodward vorgeschlagene Deutung34, in dieser Gruppe einen Kaiser mit seinen Soldaten bzw. Mitgliedern der kaiserlichen Familie zu sehen, hat einen bestechenden Reiz. Er datiert die Gruppe stilistisch in das 2. nachchristliche Jahrhundert. Da Lanuvium der Geburtsort des Antoninus Pius war und die Stadt manchen Beweis seiner Gunst erhalten hatte, würde nichts näher liegen als die Annahme, daß dieser Kaiser sich inmitten seiner Generalität in seiner Geburtsstadt ein ehrendes Monument errichten ließ, 43
Abb. 21 b. Torso eines Reiters aus Lanuvium, London, British Museum
obwohl der militärische Aufwand bei dem „Friedenskaiser" etwas befremdlich wirkt. Vielleicht hat Woodward auch aus diesem Grunde darauf verzichtet, nach einer Deutung und einer ikonographischen Auswertung zu suchen, zumal auch keiner der Köpfe vorhanden ist. Jedoch ist schon auf Grund der Panzerform eine Datierung in das 2. nachchristliche Jahrhundert nicht möglich. Der von einer Feldbinde umgürtete Muskelpanzer wird zwar im 1. Jahrhundert n. Chr. noch auf italischem Boden getragen, ist aber im 2. Jahrhundert nur noch im Osten, doch nicht mehr im Mutterland zu finden, während er zur Zeit der ausgehenden Republik Allgemeingut sämtlicher großen Heere des Abendlandes ist. Auch die bäumende Haltung der Pferde ließe sich allenfalls noch in die erste Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrunderts setzen (vergl. Drususbogen auf Münzen), ist aber bei den mehr repräsentativen Reiterdarstellungen der Freiplastik im
2. Jahrhundert nicht mehr üblich. Wie vertragen sich diese sprengenden, wie in der Levade erhobenen Pferde mit den ruhig dahinschreitenden Hengsten des Antoninus Pius (Castel Gandolfo), des Marc Aurel (Rom) oder des sogenannten „Regisole" (Pavia), mit denen sie angeblich gleichzeitig sein sollen ? In Stil und Haltung setzt die Gruppe also die Tradition der hellenistischen Reiterdarstellungen fort. Sie kann daher kaum aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stammen, sondern ist etwa um das Jahr 60 v. Chr. anzusetzen, ja sie kann geradezu als ein Ersatz für die verlorengegangenen hellenistischen Reiterstandbilder dienen. Der einheimische Marmor und die vernachlässigten Rückseiten lassen — da römische Monumente häufig in Nischen aufgestellt waren und oft nur die Schauseite sorgfältig bearbeitet wurde im Gegensatz zur griechischen stets rundplastisch gearbeiteten Figur — einwandfrei erkennen, daß dieses Denkmal auf italischem Boden entstanden ist, doch ist 45
der hellenistische Einfluß noch so stark erkennbar, daß kein Zweifel bestehen kann, daß es Griechen waren, die in Italien für ihre neuen Herren diese Gruppe schufen, die als einziger Rest eines Reitermonumentes aus republikanischer Zeit erhalten ist. Die Gruppe dürfte in jener Zeit entstanden sein, in der es Sitte war, zum Ruhme des eigenen Geschlechtes Reiterstatuen der Vorfahren und der noch lebenden Familienmitglieder zu errichten. Wir erinnern an das spöttische Wort des Cicero von der „turma" der Scipionen. Wir wissen, daß diese bronzenen und marmornen Reiter namentlich in Rom die öffentlichen Plätze fast allzusehr bevölkerten, und da die Hauptstadt in allem das unerreichte Vorbild war, so beeilte sich die Provinz, möglichst rasch zu folgen. Warum sollte Lanuvium eine Ausnahme bilden ? Auch diese Gruppe stellte eine berittene „Ahnengalerie" dar. Zum Patriziat von Lanuvium gehörte seit altersher das Geschlecht der Licinii Murenae, das bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. zur Praetur gelangt war und 62 v. Chr. auch das Consulat errang. Sieben Namen bedeutender Männer dieser Familie sind uns überliefert, von denen einer mit dem Titel eines Triumphators ausgezeichnet wurde und einer das Consulat bekleidete. Ist es ein Zufall, daß ausgerechnet sieben Reiterstatuen in derselben Stadt gefunden wurden? Da der eine der Reiter besonders sorgfältig gearbeitet ist, besteht die Möglichkeit, in ihm den Consul des Jahres 62 zu erkennen, zumal die Tracht — Tunika und Mantel — diesem nicht widerspricht; die sechs übrigen Torsen würden sich dann auf die anderen Familienmitglieder verteilen. Einer der Reiter fällt durch besondere Hervorhebung der Feldbinde auf und, falls man in dieser ein Rangabzeichen sehen will, so könnte es sich hierbei um den Triumphator handeln. Ein lückenloser Beweis hierfür ist natürlich nicht zu liefern. Die enge Verbindung, die das Haus der Licinier in friedlichen und kriegerischen Tagen mit Griechenland hatte, legt die Vermutung nahe, daß der Auftraggeber tatsächlich griechische Künstler beschäftigte, die noch völlig in der Tradition ihres Heimatlandes arbeiteten, denn die etwa gleichzeitigen Reiterdenkmäler in der Hauptstadt Rom zeigen bereits, jedenfalls soweit sie durch Münzen belegt werden können, einen völlig neuen Typ. Außerhalb des Mutterlandes fanden sich zur Zeit der Republik Reiterstandbilder nur im Bereich der griechischen Kultursphäre; keine der zahlreichen anderen unterworfenen Provinzen liefert auch nur den geringsten Beweis, daß dort bis zum Beginn des Kaisertums eine einzige Reiterstatue gestanden hätte. Schon dieser Umstand beweist zur Genüge, daß die Er46
richtung von Reitermonumenten griechische Sitte war, ebenso wie die Tatsache, daß zu einer Zeit, in der sich in Rom erst ein einziges Reiterstandbild im Schatten eines Tempels auf dem Capitol erhob, die römischen Feldherren in Griechenland längst dem Vorbild der hellenistischen Herrscher folgten und Reiterbilder errichteten. Im Gegensatz zu Rom befanden sich die Denkmäler in Griechenland an den geweihten Orten, meist in den Hauptheiligtümern von Delphi und Olympia. Sie standen also nicht, wie in Rom an öffentlichen Plätzen und Märkten, wo sie zur Verschönerung dienten, sondern blieben mit ganz wenigen Ausnahmen im Schutze der Götter. Außer geringen Fragmenten ist von diesen Monumenten römischer Feldherren in Griechenland nichts erhalten. Dargestellt waren, soweit wir aus den Inschriften erfahren, lediglich Legaten, d. h. Männer, die wenigstens den Rang eines Propraetors, meist jedoch den eines Proconsuls bekleideten. Die Denkmäler waren also nicht, wie in späteren römischen Zeiten, Ehrenrecht einer besonderen Klasse, sondern Auszeichnung für diejenigen, die durch ihre militärischen und politischen Machtbefugnisse aus der Menge hervorragten. Nicht der Dienst zu Pferde, wie später in kaiserlicher Zeit, entschied für die Errichtung eines solchen Monumentes, sondern die Leistug, soweit sie von Männern vollbracht wurde, die nach griechischer Auffassung im Range den Herrschern und Strategen gleich waren. Auch Rom unterwarf sich damals noch diesem Gesetz; kein noch so ehrgeiziger Kriegstribun, kein noch so begüterter Kaufmann, und sei er aus vornehmsten Geschlecht, hätte damals den Anspruch auf ein Reiterdenkmal erhoben. Es haben sich genügend Statuen aus jener Zeit erhalten, um dieses zu belegen. 2. K A I S E R Z E I T a. R E I T E R D E N K M Ä L E R R Ö M I S C H E R
KAISER
Mit dem Beginn der Kaiserzeit wird es ausschließliches Vorrecht des Herrschers, sich in der Hauptstadt des Reiches zu Pferde darstellen zu lassen. Bis in die Zeiten des Unterganges des Imperiums läßt sich kein Fall mehr nachweisen, daß jemand, der nicht aus kaiserlichem Geblüte stammte, es gewagt hätte, hier sein berittenes Abbild aufzustellen; selbst die höchsten und mächtigsten Günstlinge des Kaiserreiches mußten auf diese Ehrung verzichten, während in den übrigen Teilen des Reiches dieses Privileg auch dem neu geschaffenen ritterlichen Stande zukam. 47
Im Gegensatz zu dem vorwiegend bewegten Stil des Hellenismus, der das Pferd gern in bäumender oder sprengender, den Reiter zum Teil in kämpfender Haltung gibt, entsteht nunmehr der Typ des repräsentativen Reiterdenkmales, das für die kommenden Jahrhunderte richtungsweisend ist. Der Kaiser wird auf ruhig schreitendem Pferd, meist mit Tunika und Feldherrnmantel bekleidet, die Hand zum Gruß erhoben, dargestellt. Verglichen
Abb. 22. Römische Münze mit Darstellung von Reiterstatuen
mit der barocken, effekthaschenden Art des Hellenismus wirken diese römischen Monumente durch Schlichtheit, Ernst und Realistik, wie es uns in der Monumentalplastik am eindrucksvollsten der Marc Aurel vor Augen führt. Vereinzelt hält sich der bewegte hellenistische Typ noch einige Jahrzehnte, — in den Provinzstädten sogar über die Mitte des i. Jahrhunderts hinaus. Als Material wird jetzt meist vergoldete Bronze benutzt; die Maße steigern sich oft ins Überlebengroße; bei einigen Monumenten bis zur sechsfachen Lebensgröße. Leider ist von den bezeugten Reiterstandbildern des A u g u s t u s nichts erhalten, außer einer Wiedergabe von zwei berittenen Statuen als Bekrönung eines Triumphbogens auf einer Münze der spanischen Stadt Tarraco, die wohl auf den Kaiser zu beziehen sind (Abb. 22). Sie wurde in den Jahren 17—16 v. Chr. geprägt und trägt die Umschrift: QUOD VIAE MUN. SUNT, Die sich auf die Ausbesserung von Straßen bezieht. Der Bogen, der, nach den auf ihm befindlichen Trophäen zu schließen, ein Siegesdenkmal sein muß, wird in der Nähe von Tarraco gestanden haben. Dem kaiserlichen Prinzen Nero Claudius D r u s u s , der als Oberbefehlshaber der Nordarmee im Jahre 9 v. Chr. an den Ufern der Weser den Tod 48
fand, setzte das trauernde Rom zwei Triumphbogen, die beide als Bekrönung das Reiterbild des Prinzen aufwiesen. Ein Sesterz des Kaisers Claudius aus einer Münzprägung des Jahres 41 zeigt das Abbild eines Bogens für den verstorbenen Feldherrn; da ein Jahr später auf einer neuen Münzreihe abermals das gleiche Denkmal auftaucht, liegt die Vermutung nahe, daß es sich um den Bogen handelt, der kurz nach
Abb. 23. Sesterz mit Reiterstandbild des Prinzen Nero Claudius Drusus
der Thronbesteigung von dem dankbaren Sohne zu Ehren seines siegreichen Vaters Drusus errichtet wurde (Abb. 23). Auf einem mit Pilastern, Säulen, Attica und Giebel reich gegliederten eintorigen Bogen erhebt sich das Reiterbild, das den Feldherrn als kämpfenden Krieger zeigt. Mit leichter Drehung im Sattel, das Gesicht dem Beschauer zugewandt, stößt der mit kurzer Tunika bekleidete Reiter mit der in der Rechten gehaltenen Lanze auf einen unsichtbaren Feind nach unten. Also der gleiche T y p , wie er für einen Teil der hellenistischen Monumente auf Grund der noch vorhandenen Hufspuren auf den Basen erschlossen werden kann, an die sich die Darstellungen auf den römischen Reitergrabsteinen im Rheinland, Donaugebiet und in England eng anlehnen, die ohne hellenistische Vorbilder und Beeinflussung durch griechische Reiterbilder, wie z. B. den D e x i l e o s - S t e i n , garnicht gedacht werden können (Abb. 24). Alle diese Monumente gehören noch dem ersten nachchristlichen Jahrhundert an; daher ist es nicht erstaunlich, daß zu dieser Zeit auch in der Hauptstadt offizielle Denkmäler geschaffen wurden, die, noch hellenistisch beeinflußt, den kämpfenden T y p herausstellen und daher für einen im Felde umgekommenen Befehlshaber, wie in diesem Falle, außerordentlich geeignet 4
Reiterstandbilder
49
Abb. 24. Grabmal des Dexileos, Athen, Kerameikos-Museum
waren. Da sich jedoch in Rom, wie die damaligen Münzen belegen, der rein repräsentative T y p des ruhig dahinschreitenden Pferdes durchzusetzen beginnt, kann angenommen werden, daß das Schema des sprengenden Reiters das Werk griechischer Künstler in Rom war. Den anderen Bogen, den der Senat zu Ehren des verstorbenen Drusus über der Via Appia errichtete, scheint eine Münzprägung aus den Jahren von 41 bis 45 wiederzugeben, denn die architektonisch völlig andere Art 50
Abb. 25. Römisches Sarkophagrelief aus Marmor, Stockholm, Nationalmuseum
des Denkmals schließt es aus, daß beide Prägungen dasselbe Bauwerk darstellen. Es scheint sich hier um jenen Bogen zu handeln, von dem Sueton sagt „marmoreum arcum tropaeis Romae in Via Appia". Ein heute in S t o c k h o l m befindliches Relief aus dem 4. Jahrhundert zeigt diesen Bau mit der darauf befindlichen Reiterstatue; da sich neben ihm ein Grabmal befindet, kann sich die Darstellung wohl kaum auf ein anderes Monument beziehen als auf jenen Bogen, der an der Gräberstraße lag und der demnach im 4. Jahrhundert noch samt seiner Bekrönung bestanden haben muß (Abb. 25). 51
Auch hier wurde noch das hellenistische Schema des sprengenden Reiters verwandt. Die Statue selbst unterscheidet sich von der des ersten Bogens dadurch, daß das Pferd im vollen Galopp, aber nicht bäumend dargestellt ist; mit wehendem kurzen Mantel, die Lanze waagerecht haltend, stürmt der Reiter dahin. Im Britischen Museum in London befindet sich eine Reiterstatuette, die ohne jeden Grund für C a l i g u l a gilt, doch wohl nur deshalb, weil die hageren Glieder auf diesen Kaiser passen und sich Spuren mutwilliger Zerstörung erkennen lassen, die vielleicht auf die damnatio memoriae hinweisen könnten (Abb. 26). Da die Statue angeblich in den farnesinischen Gärten gefunden ist und vermutlich in Rom gestanden hat, so wird sie wohl einen Kaiser dargestellt haben; wen, bleibt zweifelhaft, zumal die zahlreichen Ergänzungen und Überarbeitungen diese Frage noch erschweren. Der noch jugendliche, nur mit Sandalen und Feldherrnmantel bekleidete Reiter stellt in gewisser Weise schon jenen T y p repräsentativer Reiterstandbilder dar, wie er für die folgenden Jahrhunderte bezeichnend werden sollte. Es handelt sich neben den Balbi (Abb. 41) und dem Bronzereiter aus Pompeji (Abb. 37) um eine der ältesten im Original erhaltenen freiplastischen Reiterschöpfungen der Kaiserzeit. Es ist jedoch ein künstlerisch nicht allzu hoch zu bewertendes Werk. Die gedrungenen, weichen Formen des Tieres lassen Kraft und Festigkeit vermissen. Eine genauere Datierung des Werkes ist auf Grund der vielen Ergänzungen nicht möglich, da nur der Leib des Reiters und der des Pferdes mit einem Teil des Kopfes antik ist. Soweit erkennbar, muß die Statue dem ersten nachchristlichen Jahrhundert zugewiesen werden. Durch Münzen gesichert ist jener berühmte „Equus T r a i a n i " , der kurz vor dem Tode des großen Kaisers 1 1 4 errichtet wurde und der noch im Jahre 357 anläßlich des Besuches des Kaisers Constantius in Rom dessen höchste Bewunderung erregte (Abb. 27a). Inmitten des von ihm angelegten Forums stand das vergoldete Bronzebild und zeigte den Kaiser in Panzer und Feldherrnmantel, barhäuptig, auf einem merkwürdig hochbeinigen Pferd, in der Rechten die Lanze, die mit ihrem Ende auf dem Boden steht. Das Denkmal wirkt durch seine Einfacheit und Wohlausgewogenheit. Das Pferd zeigt die gleiche ruhige Haltung, wie es beim offiziellen römischen Reiterbild in fast allen Fällen zu finden ist. Die Schlichtheit und edle Würde, die aus diesem Bilde sprechen, waren es wohl, die ihre Wirkung auch auf spätere Jahrhunderte nicht verfehlten, wie aus dem Gespräch des persischen Prinzen mit dem Kaiser Constantius hervorgeht 35 . 52
Abb. 26. Marmorstatue eines Reiters, sog. Caligula, London, British Museum
Auf den Münzen Trajans erscheint noch ein anderes Motiv, das den kämpfenden und siegreichen Kaiser darstellt, unter dessen dahinstürmendem Pferd sich ein zu Boden gesunkener Feind befindet, den er mit der Lanze durchbohrt (Abb. 27 b). Es ist nicht sicher, ob es sich hier um die Wiedergabe eines Reitermonumentes handelt, doch ist es möglich, daß gerade im griechischen Osten Standbilder des Kaisers zu Pferde diesen Typus wiedergaben, da hier das Bild des siegenden Reiters seit Jahrhunderten zu Hause war.
Daß die Münzen tatsächlich Ansichten monumentaler Werke zeigen, soll an einem Standbild des Kaisers A n t o n i n u s P i u s nachgewiesen werden, dessen Original oder zeitgenössische Kopie sich erhalten hat (Abb. 28 a). Auf dem Gebiet der alten Kaiservilla in Castel Gandolfo fand sich eine Marmorstatue, die nach dem sicher dazugehörigen Kopf als Standbild dieses Kaisers erkannt wurde. Nur der Oberkörper des Reiters ist modern nach
Abb. 27 a. Rom. Münze mit Reiterstandbild des Kaisers Trajan
dem Vorbild des Marc Aurel ergänzt; vermutlich unrichtig, da man sich in diesem Falle lieber an die Münzdarstellungen der gleichen Zeit hätte halten sollen. Eine Besonderheit dieses Monumentes ist, daß der schwere Hengst, den der Kaiser reitet, das eine Vorderbein nicht wie alle übrigen Tiere frei in der Luft hält, sondern es nur etwas vom Boden anhebt, so daß es mit der Hufspitze noch die Erde berührt, wodurch der Eindruck erweckt wird, als ob es am Boden scharrte. Die gleiche Beinhaltung haben Pferde der archaischen Zeit; bei den römischen Monumenten ist sie nirgends zu finden. Dieselbe Eigentümlichkeit der Hufstellung zeigt eine Münze des Jahres 152, die den Kaiser zu Pferde wiedergibt (Abb. 28 b). Die gute Arbeit des lebensvollen Denkmals läßt darauf schließen, daß hier ein Werk der offiziellen römischen Hofkunst vor uns steht. Wohl nicht das Original, da das in Castel Gandolfo gefundene Monument nur unterlebensgroß ist, aber doch immerhin eine zeitgenössische Replik, die ihren Standort im kaiserlichen Sommerpalast hatte.
Die These, daß der Kopf nicht die Porträtzüge des Antoninus Pius trüge und erst später hinzugefügt sei, hat nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich, ebensowenig wie die Vermutung, daß es sich ursprünglich um ein Standbild des Kaisers Domitian gehandelt habe, dem erst später der PiusKopf aufgesetzt worden sei. Bestimmt gehören Kopf und Reiter der gleichen Zeit an, und da Antoninus Pius wenigstens zeitweilig in diesem
Abb. 27b. Rom. Münze mit Reiterstandbild des Kaisers Trajan
Palaste regierte, ist nicht einzusehen, was gegen ihn als Reiter sprechen sollte, zumal die Münzprägung die Identität bestätigt. Das einzige völlig unergänzte Original einer antiken Reiterstatue ist das Standbild des M a r c u s A u r e l i u s , das auch als einziges Reiterdenkmal niemals unter die Erde kam, sondern seit dem Jahre 1 1 8 7 vor dem Lateran stand, bis es 1538 seinen endgültigen Platz auf einem nicht dazugehörenden antiken Marmorblock fand (Abb. 29). Der heutige Eindruck täuscht insofern, als der Sockel für römische Begriffe zu hoch ist und ein antikes Reiterstandbild niemals als Mittelpunkt eines Platzes gedacht war 36 . Es stand meist an der Seite des Platzes, da die Mitte für die versammelte Menge freibleiben mußte. Niemand wird sich des großartigen Eindruckes dieses Meisterwerkes nicht nur der römischen, sondern der gesamten abendländischen Kunst verschließen können. Ein Meister ganz großen Formates muß dieses Standbild, das für die Reitermonumente aller Jahrhunderte bis in unsere Tage richtunggebend sein sollte, geschaffen haben. Beim Anblick dieses Werkes können 55
Abb. 28 a. Reitermonument des Kaisers Antoninus Pius, Castel Gandolfo
wir ermessen, was uns verlorengegangen ist, denn auch dieses Zeugnis römischer Kunst wäre dem Vandalismus späterer Zeiten zum Opfer gefallen, wenn nicht die edle Schlichtheit und stille Größe dieses Denkmals nachgeborenen Geschlechtern eher für den Schirmherrn der Kirche, Constantin, als für einen heidnischen Kaiser, zu passen schien. Dieser Irrtum rettete eines der herrlichsten Denkmäler der Welt. Marc Aurel, dessen Verlangen es war, ein guter Mensch und Philosoph zu sein und den das Schicksal bestimmte, als großer Soldat und Staatsmann 56
A b b . 28 b. Sesterz mit dem Reiterstandbild des Kaisers Antoninus Pius
fu wirken, der seine „Selbstbetrachtungen" inmitten seiner Truppen vor dem Feinde schrieb und der im Feldlager fern der Hauptstadt sein Ende zand, ist in der üblichen Tracht der Imperatoren dargestellt. Er trägt die mit dem cingulum militare gegürtete Tunika, darüber das purpurne Paludamentum, das an der rechten Schulter mit der schweren goldenen Mantelschließe geheftet ist. Mit Unrecht hat man diese Tracht als das Friedensgewand bezeichnet und behauptet, das Denkmal stelle den Kaiser im bürgerlichen Gewände dar. Es ist die offizielle Tracht des Feldherrn bei allen nicht kriegerischen Anlässen, modern ausgedrückt die „kleine Uniform". Auch der römische Offizier zeigte sich in Rom nicht im klirrenden Eisenpanzer, sondern ritt selbst bei Paraden im weißen Festgewand in betont unkriegerischer Haltung, wie etwa die Basis der Antoninus-Säule zeigt. Das cingulum militare bewahrte ihn davor, für einen geschäftetreibenden Bürger gehalten zu werden. Daß das Denkmal die militärischen Erfolge des Kaisers und nicht den Philosophen wiederspiegeln soll, beweist außerdem die fehlende Victoriastatuette, die er einstmals in der Linken hielt. Außer ihr fehlen nur noch die Bronzezügel, sonst ist der antike Eindruck voll erhalten. Der rechte erhobene Arm des Kaisers ist nicht segnend oder sogar verzeihend aufzufassen; es ist die Gebärde des Herrschers, mit der er sich zum Volk oder zu seinen Soldaten wendet. Genauso, wie er jetzt über den Kapitolsplatz reitet, wird ihn einst der schwere andalusische Hengst über das Forum getragen haben als den Herrscher der Stadt und der Welt. Die schwere, ge-
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drungene Form des Tieres wird geadelt durch die Ruhe und Sicherheit, die von dem ganzen Monument ausgehen. Die große Naturtreue und das Eingehen auf das Detail wirken in keiner Weise störend. Wenn Wegner meint37, daß die Aufstellung der Statue mit der Annahme des Siegertitels Armenicus im Jahre 164 in unmittelbarem Zusammenhang stehen müsse, so ist dieses nicht zwingend. Dem regierenden Kaiser gebührte in Rom ein Reiterstandbild, und dieses wurde ihm wohl immer bald nach dem Regierungsantritt errichtet; es brauchte daher keinesfalls mit irgendwelchen kriegerischen Ereignissen oder Siegen in Verbindung gebracht zu werden. Da Marc Aurel seit 147 Mitregent war, und sich auch anderwärts zu dieser Zeit schon Reiterstatuen von ihm befanden, ist nicht einzusehen, warum die Errichtung des Denkmals in Rom nicht bald nach diesem Zeitpunkt erfolgt sein sollte, zumal die Gesichtszüge dieser frühen Ansetzung nicht widersprechen. Kaum anzunehmen ist, daß sich in den Provinzstädten bereits Monumente des reitenden Kaisers befanden, während die Hauptstadt noch keines aufzuweisen hatte. Nach einem Bericht aus dem 12. Jahrhundert soll sich unter dem erhobenen Pferdehuf die Gestalt eines kleinen gefesselten Barbaren befunden haben, auf den man auch die Armhaltung des Reiters als verzeihend oder begnadigend gedeutet hat. Es scheint aber mehr als unwahrscheinlich, daß die Figur ursprünglich zugehörig war, falls sie überhaupt nicht nur in der Phantasie des mittelalterlichen Schreibers existierte, der auf dem Kopf des Pferdes eine Eule sah — wofür er vielleicht den zwischen den Ohren stehenden Schopf hielt —, der den Sattel übersah und der gleichzeitig annahm, das ganze Monument habe auf sechs großen Säulen gestanden. Keines der Reiterdenkmäler der damaligen Zeit hat auf Säulen gethront; die Unzahl der auf italischem Boden aufgefundenen Basen zeigt, daß die Sockel im Gegenteil ziemlich niedrig waren. Da die antike Unterseite des Pferdehufes völlig erhalten ist, kann man ohne Mühe feststellen, daß dieser kleine Barbar auch nicht als Stützfigur für den Pferdefuß gedient haben kann. Diese kleine Figur hätte die großartige Konzeption dieses Reiterbildes restlos zerstört. Nirgends läßt sich bei römischen Reiterstandbildern dieser Zeit etwas derartiges nachweisen. Das repräsentative Herrscherbild zu Pferde stellt lediglich den Kaiser und nicht irgendwelche Allegorien dar. Sollte diese kleine Figur wirklich im 12. Jahrhundert unter dem Denkmal ihren Platz gehabt haben, so kann sie nur eine frühmittelalterliche Zutat sein, wie es überhaupt byzantinische Sitte gewesen zu sein scheint, dem berittenen Herrscherbild einen gefangenen Barbaren oder sonstige Figuren zur Seite 58
Abb. 29. Reiterstandbild des Kaisers Marc Aurel, Rom, Kapitolsplatz
zu stellen. Als man in dem Reiter den christlichen Kaiser Constantin vermutete, wird man ihm vielleicht als Symbol für das unterworfene Heidentum diese kleine Gestalt als Begleiter beigegeben haben. Das Denkmal wird kaum dadurch gewonnen haben, aber da das Mittelalter dem Kaiser sogar Stützen aus Ziegelsteinen unter die Füße stellte, und auch den Pferdehuf auf diese Weise sicherte, wovon noch eine Flickstelle heute Zeugnis ablegt, muß der Eindruck überhaupt ein sehr zwiespältiger gewesen sein.
Abb. 30. Römische Reiterstatuette aus Marmor (Kaiser Commodus ?), Rom, Vatican
Erst seit der Aufstellung durch Michelangelo zeigt sich wieder die volle Schönheit des Werkes. Es ist der Ahnherr aller Reitermonumente späterer Jahrhunderte, denn weder der Gattamelata, noch der Colleoni, noch irgend ein anderes Standbild sind ohne den Capitolreiter denkbar. Eine im Vatikan befindliche Reiterstatuette aus gelblichem Marmor wird ohne ersichtlichen Grund auf den Kaiser C o m m o d u s (180—191) bezogen, wozu eine flüchtige Ähnlichkeit des Kopfes geführt haben mag (Abb. 30). Es handelt sich jedenfalls um ein Werk vom Ende des 2. Jahrhunderts. Die Jagdleidenschaft des Kaisers wird zu der irrtümlichen Benennung ihren Teil beigetragen haben, aber es ist kaum anzunehmen, daß das offizielle 60
Abb. 3 1 . Medaillon mit dem Reiterstandbild des Kaisers Constantin d. G r .
Bildnis in Rom ihn in dieser Pose dargestellt hat, obwohl Münzen der Jahre 181/2 ihn auf der Löwenjagd zeigen. Unwahrscheinlich ist, daß sich bei der damnatio memoriae des Kaisers der Kopf der Statue fast völlig unversehrt erhalten haben soll, denn nur Kinn und Nase sind ergänzt. Es ist überhaupt mehr als fraglich, ob ein Kaiser oder auch nur ein Mitglied des Herrscherhauses gemeint ist, denn das Pantherfell als Satteldecke besagt nichts. Ebensogut könnte es sich um die Weihgabe eines Jägers handeln. Künstlerisch ist das Werk etwas schwach, wenn auch handwerklich gekonnt; vielleicht eine Arbeit, die sich an Alexanderstatuetten anlehnt. Die unterlebensgroße Figur beweist, daß auch die Plastik der Kaiserzeit das hellenistische Motiv des sprengenden Reiters noch anwandte. Eine Verwandtschaft mit dem Schema des Dexileos-Steines (Abb. 25) ist nicht zu leugnen. Angeblich soll dieses nicht allzu bedeutende Werk Bernini als Vorbild für seine Constantin-Statue gedient haben. Auch mit der Verlegung der Hauptstadt nach Byzanz riß die Tradition der Reiterdenkmäler in Rom nicht ab. Kümmerliche Fragmente einer Ziegelbasis haben sich auf dem römischen Forum wiedergefunden und geben wenigstens den Platz an, auf dem einstmals die berühmte Reiterstatue des C o n s t a n t i n gestanden haben muß (Abb. 31). Das Aussehen der Statue ist auf einem zeitgenössischen Medaillon erhalten38, das zur Verdeutlichung die Umschrift E Q U I S R O M A N U S trägt und nur auf ein Reiterstandbild in Rom bezogen werden kann, da andernfalls die Bezeichnung des Kaisers als römischer Ritter völlig sinnlos wäre. Außer dem reichen Schmuck des 61
Abb. 32b. Zeichnung Leonardo da Vincis nach dem Regisole zu Pavia
Pferdes wich das Standbild vom üblichen Typus der Reiterstatuen römischer Herrscher nicht ab. Es ist das letzte der repräsentativen Reiterstandbilder in Rom, das wir bildlich nachweisen können. Mit Unrecht auf Theoderich d. Gr. ist jenes Bronzestandbild in Pavia gedeutet worden, das durch alle Stürme der Jahrhunderte hinübergerettet wurde, bis es am 16. Mai 1796 dem Unverstand der Zeit zum Opfer fiel. 62
Abb. 32 a. Der Regisole zu Pavia, nach einem Holzschnitt des 16. Jahrhunderts
Es ist der sog. „ R e g i s o l e " auf dem Domplatz, der einstmals zu den kostbarsten Schätzen der Stadt zählte und keinen Geringeren als Leonardo zu einer seiner Reiterschöpfungen inspirierte; ihm verdanken wir Zeichnungen des Pferdes (Abb. 32a). Soweit man aus einem Holzschnitt des 16. Jahrhunderts ersehen kann, scheint es sich um ein Reiterstandbild des 2. nachchristlichen Jahrhunderts zu handeln, das sich auf einer Säule mit reichgeschmücktem Kapitell erhob. Der Reiter, mit Tunika und Feldherrnmantel bekleidet, hält die Rechte im Gestus der Ansprache; das Pferd, mit prächtigem Zaumzeug und Satteldecke, geht in ruhigem Schritt; der erhobene rechte Huf wird durch eine kleine Gestalt, vielleicht einen Hund, gestützt. Ursprünglich hat das Standbild wohl kaum auf der Säule gestanden; diese Aufstellung kann erst im Mittelalter vorgenommen sein, ebenso wie auch das Kapitell nicht zum Sockel gehört und die kleine Stützfigur mittelalterliche Zutat ist. Es ist kein Beispiel bekannt, daß dem reinen Repräsentationsbild derartige Zusätze beigefügt wären, wie ja auch der „kleine König" beim Marc Aurel keinesfalls antiken Ursprungs ist. Auch sind gerade beim Regisole viele mittelalterliche Ergänzungen nachweisbar. Die Deutung des Reiters schwankt zwischen Lucius Verus, Commodus und Theoderich d. Gr. Commodus scheidet wegen der damnatio memoriae von vornherein aus, ebenso Theoderich, da dieser sicherlich mit christlichen Emblemen und nicht in der typisch römischen Haltung gegeben 63
wäre. Es mag sein, daß das Denkmal später für Theoderich usurpiert wurde und daß deshalb die Notizen Leonardos „Theodericus Rex — Semper Augustus bono rei publicae . ." vielleicht wirklich den Anfang der Denkmalsinschrift geben, aber ursprünglich war das Denkmal für einen anderen gesetzt. Sucht man im 2. Jahrhundert nach einer Bezeichnung des Reiters, so kämen wohl nur Hadrian, Antoninus Pius und Lucius Verus in Frage. Da es sich um ein Werk hoher Qualität gehandelt haben muß — sonst wäre es nicht von Leonardo und seinen Zeitgenossen so hoch geschätzt worden — dürfte es wahrscheinlich sein, daß Rom der ehemalige Standort des Denkmals war und daß es erst auf einem Plünderungszuge in die gotische Festung verschleppt wurde unter gleichzeitiger Neuaufstellung zu Ehren des Theoderich. In Pavia überdauerte das Monument die Zeiten wohl nur, weil man es auf Grund der Handhaltung auf Josua bezog, der den Lauf der Sonne bestimmte, weshalb ihm auch der Name „Regisole" beigelegt wurde. Wie sehr dieses Denkmal als Symbol der Stadt galt, zeigt seine Neuerrichtung im Jahre 1937. Nach alten Zeichnungen wurde das Monument neu gegossen, nur wurde jetzt aus dem bärtigen Kaiser ein bartloser Jüngling. Nicht nur in Italien, sondern auch im Norden des Imperiums haben sich Standbilder römischer Kaiser gefunden. In der tiefsten Provinz hat sich ein Standbild des Kaisers M a x i m i n i a n u s H e r c u l i u s (286—310) erhalten (Abb. 33). Das ziemlich rohe und unkünstlerische Werk, das nur geringes handwerkliches Können verrät und völlig in der Tradition der sogen. Juppiter-Gigantensäulen steht, wurde im lothringischen Bereich bei Grand gefunden. Auf hoher Säule zeigt die Gruppe den reitenden Kaiser, bekleidet mit Panzer, Mantel und Stiefeln; die erhobene Rechte hielt wohl einstmals eine Keule als Angleichung an Hercules. Voraus eilt ein geflügelter Genius, in seinen Händen eine Fackel oder ein Füllhorn haltend, wie es Münzen der gleichen Zeit aufweisen. Nicht ausgeschlossen ist, daß es sich bei dem Reiter von Grand um die Kopie eines zeitgenössischen Werkes handelt, das vielleicht in einer der größeren gallischen Städte seinen Platz hatte. Das nicht sehr gut erhaltene Werk dürfte der Werkstatt eines einheimischen Bildhauers entstammen. Es handelt sich hier nicht um ein repräsentatives Reiterbild des Herrschers, sondern um ein Siegesdenkmal des Kaisers. Durch Hinzufügen des Genius ist eine Figurengruppe entstanden. Auch die zeitlich etwas früher liegenden Juppiter-Gigantensäulen, (Abb. 34), deren Einfluß hier stark spürbar ist, sind Figurengruppen. Diese 64
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Abb. 33. Reiterstatue des Kaisers Maximinianus Herculius, Nancy
sind jedoch infolge ihrer Kleinheit keine Reiterstandbilder im eigentlichen Sinne und sollen hier daher nur am Rande erwähnt werden. Sie stellen keinen sterblichen Menschen, sondern den höchsten Gott im Kampf gegen den barbarischen Feind dar. Es sind Weihgaben an die Götter zum Dank für den schirmenden Schutz des Kaisers, dessen Schwert die Reichslande vor der heranbrandenden Gigantenflut der Barbaren bewahrt hatte. Ob die in einem Steinbruch bei B r e i t f ü r t an der Blies gefundenen beiden Steinkolosse, die heute den Aufgang des Speyrer Museums flankieren, wirk5 Reiterstandbilder
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Abb. 34. Juppiter-Gigantensäule aus Schierstein, Wiesbaden, Städtisches Museum
lieh Kaiser darstellen und ob ihre Deutung auf Valentin I. (364—75) und seinen Sohn Gratian (367—83) richtig ist, steht nicht fest (Abb. 35). Während ersteres durchaus glaubhaft zu sein scheint, muß letzteres bezweifelt werden und scheint nur in dem Bemühen beider um die Sicherung der Rheingrenze eine Begründung zu haben. Die ungewöhnliche Größe mag trotz des geringen Materials auf Imperatoren schließen lassen — zumal die Zeit berittener Gottheiten, wie etwa der Juppiter-Gigantenreiter, die allerdings sehr viel kleiner sind, vorüber war — doch dürfte die Ansetzung auf Herrscher des späten 4. Jahrhunderts verfehlt sein. Da aus den Denkmälern zweifellos noch die Tradition der Gigantensäulen spricht, wäre eine Datierung ins 3. Jahrhundert vorzuziehen. Es steht fest, daß das gallische Gegenkaisertum sein römisches Vorbild imitierte (eigener Senat, eigene Magistraturen, eigene Gardetruppen, eigener Oberpriester), daher darf angenommen werden, daß auch das Recht der Aufstellung von Reiterstandbildern usurpiert wurde. Will man den beiden Mo-
Abb. 35. Reiterstandbild eines römischen Kaisers aus Breitfurt, Speyer, Historisches Museum der Pfalz
numenten einen Namen geben, so käme wohl der des Kaisers Postumus (260—266) und seines gleichnamigen Sohnes und Mitregenten in Frage. Beide kämpften siegreich gegen die Germanen, und ihnen zu Ehren sollten sich vielleicht die Standbilder in einer kleineren Stadt des Landes erheben, da gegen die Aufstellung in der Hauptstadt Trier das schlechte Material spricht. Durch die Ermordung beider in Mainz wurde das Werk nicht mehr vollendet, so daß die Denkmäler unfertig im Steinbruch stehen blieben. Der unvoll-
endete Zustand der Monumente, die nur grob mit dem Spitzmeißel aus dem Stein gehauen sind, erschwert jede Deutung. Daß es Grabfiguren gewesen sein sollen, scheint nicht glaubwürdig, da sie für diesen Zweck doch wohl zu kolossal sind. Die in große Mäntel gehüllten Reiter sind nicht im T y p der Adlocutio gegeben, sondern sprengen in vollem Galopp. Ob der stehengebliebene Teil des Steines einen unterworfenen kleinen Gegner als Stützfigur abgeben sollte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Mit der Verlegung des Reiches nach Konstantinopel hatte die Sitte des Reiterstandbildes auch dort Fuß gefaßt. Auch Byzanz hielt an dem Grundsatz fest, daß in der „Roma nova" dem Kaiser allein das Recht der berittenen Statue zustand. Als letztes, aber wohl ohne Zweifel prächtigstes Reiterdenkmal der Spätantike bleibt die große Reitersäule des Kaisers J u s t i n i a n zu nennen, die 542 oder 543 auf dem Augusteion von Konstantinopel errichtet wurde (Abb. 36a). Glücklicherweise ist das Monument etliche Male in der antiken und frühmittelalterlichen Literatur erwähnt; außerdem ist eine Zeichnung in einem Codex des 15. Jahrhunderts aus Konstantinopel erhalten39, so daß wir ziemlich genau über sein Aussehen unterrichtet sind. Der Sockel, zu dem sieben weiße Marmorstufen führten, war mit vergoldeten Erzplatten verkleidet. Auf ihm stand die überlebensgroße Reiterstatue aus vergoldeter Bronze. Zur gleichen Zeit beschreibt Procop das D e n k m a l : , , . . . ein überlebensgroßes ehernes Pferd, gen Osten gewandt, er (der Kaiser) blickt aber gen Sonnenaufgang, im Begriff, scheint es mir, den Ritt gegen die Perser zu machen. Und er trägt in der Linken die Weltkugel, womit der Bildhauer andeutet, daß ihm die ganze Erde und das Meer unterworfen ist, aber er hält weder Schwert noch Lanze, noch irgendeine andere Waffe, sondern das Kreuz steht auf der Weltkugel, durch das er die Herrschaft und die Kriegsmacht erworben hat. Indem er aber die Rechte gegen Sonnenaufgang ausstreckt und die Finger auseinanderspreizt, befiehlt er den Barbaren, dort zu Hause zu bleiben und nicht weiter vorzugehen. . .". Der Reiter selbst ist mit einer kurzen Ärmeltunika und darüberliegendem Panzer bekleidet, den kurzen Reitermantel um die Schultern, die Füße in Sandalen, auf dem Haupte die sogen. Toufa, ein Diadem mit Federschmuck. Die Rechte ist im alten Schema der Adlocutio erhoben, die Linke trägt den Globus, der das Kreuz als christliches Symbol erhalten hat. Diese Reiterfigur Justinians auf dem Augusteion läßt trotz mancherlei Neuem deutlich erkennen, daß sie noch in unmittelbarer Tradition dem alten repräsentativen Kaisertypus folgt. Sowohl die Haltung des Pferdes, 68
Abb. 36 a. Zeichnung einer Reiterstatue des Kaisers Justinian in Konstantinopel
als die des Reiters beweisen deutlich, daß hier noch immer Standbilder, wie sie seit den Tagen des Augustus in Rom üblich waren, Pate gestanden haben. Die Behauptung 40 , daß es sich bei diesem Monument nicht um eine Schöpfung der justinianischen Zeit, sondern um eine Umbenennung einer Statue des Kaisers Arcadius handele, scheint völlig unbegründet zu sein, denn wenn der Statuenraub in jener Zeit auch nichts Ungewöhnliches war, so ist es doch ziemlich unglaubwürdig, daß ein Mann wie Justinian sich 69
mit Spolien begnügt hätte und die zeitgenössischen Künstler nicht in der Lage gewesen wären, ein solches Denkmal zu schaffen. Es kann sich nur um einen Neuguß gehandelt haben. Aber das Wort von der Vergänglichkeit der Welt hatte auch hier seine Gültigkeit, denn das vielleicht prunkvollste Reitermonument kaiserlicher Herrlichkeit wanderte etwa 1530 in den Gießofen, um als Geschützrohre für die türkische Festungsartillerie Verwendung zu finden. Mit ihm war das letzte große Kaiserdenkmal von Byzanz für immer dahingegangen. Noch ein anderes Standbild läßt sich von J u s t i n i a n nachweisen (Abb. 36b). Einem Epigramm verdanken wir die Beschreibung, die durch ein Goldmedaillon erhärtet wird. „Dieses Geschenk, o Kaiser, der Meder Bändiger, sendet Dir Eustathius, Sproß Deiner Roma und Sohn, wegen des Sieges das Roß und Nike reichen den Kranz Dir, und Dich selbst auf dem Roß sitzend, das schnell wie der Wind. Hoch, o Justinian, Deine Herrschaft! Mögest Du immer halten die Meder im Zaum samt den skythischen Herren." Es ist nicht gewiß, ob der hier erwähnte Eustathius der Künstler oder nur der Besteller des Denkmals war, doch scheint er die Statue dem Kaiser geschenkt zu haben. Das Goldmedaillon zeigt den Kaiser, vom siegreichen Feldzug heimkehrend, schwergepanzert, mit Diadem und Nimbus, als Zeichen der christlichen Zeit. So reitet er auf reich geschmücktem Pferd in die Hauptstadt ein, während eine Nike, die die Tropaia der unterworfenen Feinde trägt, ihm vorauseilt. Münze und Dichtung beziehen sich auf dasselbe Werk, das als Siegesdenkmal aufzufassen ist. Das Schema des Reiterstandbildes in Verbindung mit einer Siegesgöttin ist relativ selten. Darstellungen aus der Großplastik sind leider nicht erhalten, doch gibt das Medaillon ein gutes Abbild vom Aussehen solcher Gruppen. Während die bisherigen Monumente fast ausnahmslos mit bestimmten Kaisern in Zusammenhang gebracht werden konnten, sollen anschließend noch einige Denkmäler behandelt werden, die wahrscheinlich ebenfalls Kaiser dargestellt haben, die aber infolge ihrer fragmentarischen Erhaltung heute nicht mehr auf eine bestimmte Persönlichkeit bezogen werden können. Bei Grabungen auf dem Marktplatz von P o m p e j i fand sich beim östlichen Bogen, der über der Merkurstraße stand, ein bronzenes Reiterdenkmal, das der Forschung große Schwierigkeiten machen sollte (Abb. 37). Zunächst muß man feststellen, daß das, was sich heute im Neapeler Museum befindet, ein pasticcio ist, denn Reiter und Pferd gehören nicht zusammen; das Pferd 70
Abb. 36 b. Goldmedaillon mit einem Reiterbildnis des Kaisers Justinian
ist sogar aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt. Der jetzige Anblick dieser beiden nicht zu einander passenden Teile ist außerordentlich zwiespältig, da der Reiter zu weit nach hinten sitzt und das ganze Werk dadurch an Kraft, Ausdruck und Geschlossenheit verliert. Der Reiter ist wie üblich mit Tunika und Mantel gegeben und erhebt die Rechte zur Ansprache. Dem Stil nach geht man nicht gern weit in die neronische Zeit hinauf, aber mit keinem der bekannten Kaiser weist der zwar antike, aber stark restaurierte Kopf eine Ähnlichkeit auf. Nach der wenig geglückten Restaurierung der übrigen Teile wird man auch hier mißtrauisch sein müssen. Wenn der Standort auf dem Bogen gesichert wäre, dürfte man daraus wenigstens die unumstößliche Folgerung ziehen, daß ein Mitglied des Herrscherhauses dargestellt ist, denn in den Tagen der Monarchie war es nicht mehr üblich, einem anderen als einem Angehörigen der kaiserlichen Familie den
Ehrenplatz auf dem Bogen einzuräumen. Der gewöhnliche Sterbliche mußte sich mit einem niedrigen Postament und der Aufstellung auf einem öffentlichen Platz begnügen. Ist aber der Standort auf dem Bogen nicht genügend gesichert, so geht man am besten von der Deutung eines Angehörigen des Kaiserhauses ganz ab und hat dann hier eine jener zahlreichen Ehrenstatuen vor sich, die zu Dutzenden zu beiden Seiten des Forums in Pompeji standen und deren Basen mit Inschrift zum Teil noch heute erhalten sind. Vielleicht hat Curtius mit seiner Deutung auf D r u s u s Julius Caesar, den Sohn des Tiberius, das Richtige getroffen, da angenommen werden muß, daß auf einem anderem Bogen des Forums die Reiterstatue des Tiberius stand; zumal die Mantelfalten des Neapler Standbildes deutlich spättiberische Behandlung aufweisen, könnte es auch stilistisch möglich sein. Der Reiter ist an künstlerischer Qualität zweifellos den Pferdefragmenten überlegen; selbst, wenn man bedenkt, daß das Pferd heute durch seine Zusammensetzung anatomisch deformiert wirkt, so war es auch in seinem ursprünglichen Zustand wohl nur ein Werk mittlerer Leistung. Auch außerhalb Italiens lassen sich Fragmente von Reitermonumenten, die vermutlich Kaiser darstellten, nachweisen. Am westlichen Rande des Hügels, auf dem Augusta Vindelicorum, das heutige A u g s b u r g , lag, wurde in der Wertach jener Pferdekopf gefunden, der zu den Paradestücken römischer Kunst in Germanien gehört (Abb. 38). Der lebensgroße Kopf ist in Bronze gegossen. Das eigenartige Zaumzeug mit den über der Stirn gekreuzten Riemen findet sich ebenfalls bei einem Pferdekopf in Herculaneum wieder (Abb. 43); die steil aufgerichteten Ohren und die kräftige Modellierung weisen in das 2. Jahrhundert n. Chr. Da Augsburg unter Hadrian zum Municipium erhoben wurde, besteht die Möglichkeit, daß diesem Kaiser entweder zu Lebzeiten oder von einem seiner Nachfolger ein Reiterstandbild errichtet wurde, von dem als letzter Rest der Pferdekopf erhalten ist. Erstaunlicherweise steuert auch Südarabien einen Beitrag zum Thema der Reiterstandbilder bei. Aus dem Gebiet des Y e m e n gelangte der Torso eines Reitermonumentes in den Besitz der Harvard University, U.S.A. (Abb. 39). Es handelt sich um ein sprengendes Bronzepferd,unterlebensgroß, bei dem nicht nur Satteldecke und Brustriemen, der genau wie der Bauchgurt mit einem wellenförmigen Ornament verziert ist, sondern vor allem auch die Öffnung im Rücken beweisen, daß es ursprünglich einen Reiter 72
Abb. 37. Bronzenes Reiterstandbild aus Pompeji, Neapel, Nationalmuseum
getragen hat, zumal die sprengende Haltung und das aufgerissene Maul des Pferdes bei einem reiterlosen Tier nicht verständlich wären. Das merkwürdig starre und schwerfällige Tier läßt sich stilkritisch nicht leicht unterbringen; obwohl die sprengende Haltung sicherlich auf hellenistische Vorbilder zurückgeht, lassen seine plumpe Art, der unnatürlich steife, hochstehende Schopf zwischen den Ohren, sowie die massigen und wulstigen Hautfalten eher auf die Spätantike schließen. Eine gewisse Stilisierung ist besonders beim Kopf nicht zu leugnen.
Abb. 38. Bronzener Pferdekopf, Augsburg, Städtische Kunstsammlungen
Aus stilkritischen Gründen muß das Pferd daher frühestens in das 5. nachchristliche Jahrhundert datiert werden. Von verschiedenen Seiten wurde eine Datierung in das 2. nachchristliche Jahrhundert vorgenommen, die jedoch in keiner Weise gerechtfertigt ist. Das Pferd trägt drei himjaritische Inschriften. Die Himjaren lösten im 2. Jahrhundert v. Chr. das Volk der Sabäer in der Herrschaft über Südarabien ab, ohne deren kulturelle und politische Bedeutung zu erreichen. Da das himjaritische Reich zu Beginn des 6. Jahrhunderts zu Grunde ging, kann dieses Denkmal nicht nach diesem Zeitpunkt geschaffen sein. Die Reiterstatue war damals in den Gebieten Südarabiens zweifellos unbekannt. Kulturelle Beziehungen der Römer zu Südarabien gab es kaum; ein Unterwerfungsversuch Südarabiens unter Augustus war 25 v. Chr. ge-
Abb. 39. Bronzepferd aus dem Yemen, Harvard University, U.S.A.
scheitert. Das Standbild, bei dem, wie wir gesehen haben, hellenistische Nachklänge spürbar sind, hatte vielleicht seinen eigentlichen Standort zu Ehren eines oströmischen Kaisers in einer der syrischen Städte und war von einem einheimischen Künstler geschaffen worden; auf einem Plünderungszuge mag es dann in den Süden des Landes verschleppt worden sein unter Hinzufügung der drei himjaritischen Inschriften. Die Inschrift A enthält eine Weihung an den christlichen Gott, kann also nicht vor dem 4. Jahrhundert entstanden sein, da das Christentum erst um diese Zeit in Arabien seinen Einzug hielt. Die Inschrift C nennt als Stifter einen Namen, der erst im 5. Jahrhundert auftaucht. (Die In-
schrift B mit sehr altertümlichen Buchstaben ist fälschlich beim Zusammensetzen des Pferdes mitverwandt worden und gab Anlaß zu falschen Datierungen)41. Den Abschluß der langen Reihe von Kaiserstandbildern zu Pferde mag eine kleine Bronzestatuette bilden, die sich heute in Wien befindet. Die außerordentlich primitive Arbeit zeigt einen Reiter im üblichen Schema der Adlocutio (Abb. 40). Die kleine Figur enthält so viele Fehler, daß man sich des Gedankens nicht erwehren kann, daß hier ein Werk nach der Erinnerung geschaffen wurde. Eine gewisse Diskrepanz scheint zwischen Reiter und Pferd zu bestehen. Da der Reiter sehr viel besser und bewußter geformt ist als das Pferd, liegt die Vermutung nahe, daß hier ein Künstler an der Arbeit war, der einem Volke angehörte, dem monumentale Reiterstandbilder unbekannt waren. Es wäre daher durchaus denkbar, daß er nach seiner Rückkehr aus Rom oder Byzanz aus dem Gedächtnis heraus diese kleine Figur formte, denn es handelt sich nicht um die Arbeit eines primitiven Geistes, weil einzelne Partien der Figur, wie die Beine und der Sitz des Reiters außerordentlich gut gelungen sind. Völlig mißlungen sind dagegen die Beine des Pferdes; durch nachträgliches Feilen wurde versucht, wenigstens die gröbsten anatomischen Fehler auszumerzen. Auch das Gewand des Reiters, das wohl in Wirklichkeit aus Tunika und Feldherrnmantel bestand, ist völlig mißverstanden und als eine Art Toga aufgefaßt. Die Pauschen am Sattel, der viel zu breite Brustriemen des Pferdes, ebenso wie die Fußbekleidung des Reiters, lassen erkennen, daß hier lauter unverstandene Dinge wiedergegeben wurden. Historisch völlig unrichtig ist die Strahlenkrone bei einem Reiterbild. Der Kaiser wird bis in die byzantinische Zeit hinein höchstens durch einen Lorbeerkranz ausgezeichnet, niemals aber durch eine Krone. Erst in der Spätantike kommen Darstellungen im Helm, mit dem Diadem oder der Federkrone vor, doch scheidet in christlicher Zeit die Strahlenkrone als heidnisches Symbol schon von selbst aus. Da Constantin d. Gr. als letzter römischer Kaiser nachweislich auf Münzen die Strahlenkrone trug, die auch später bei gelegentlichen Rückfällen in die heidnische Religion nicht mehr Attribut der Kaiser war, wurde die Deutung auf diesen Herrscher vorgeschlagen. Der Fundort der Figur soll Altino in Venetien sein. Dieser Ort, der in der Kaiserzeit ein blühendes Municipium war, wurde 452 durch Attila völlig zerstört und von den wenigen übrig gebliebenen Einwohnern bald darauf ganz verlassen. Daher datierte man die Statuette in das 4. bis 5. Jahrhundert, 76
Abb. 40. Frühmittelalterliche Bronzestatuette aus Altino, Wien, Kunsthistorisches Museum
wohl in der Annahme, daß man die Nachbildung eines Reitermonumentes des Forums von Altinum vor sich hatte. Sehr wahrscheinlich handelt es sich aber um ein Werk, das nicht mehr der antiken Zeit, auch nicht der Spätantike, sondern schon dem frühen Mittelalter angehört. Vielleicht lassen sich Parallelen im merowingischen oder frühfränkischen Kunstkreis finden. Es ist jedenfalls eine Erinnerung an ein Reiterdenkmal eines römischen Kaisers, geschaffen von einem Manne,
der Vieles vor Jahren einmal Geschaute miteinander vermengte, weil in seinem eigenen Lande Reitermonumente nicht existierten. Nur unter diesen Gesichtspunkten lassen sich sowohl die historischen Unrichtigkeiten, als auch der völlig unantike Stil erklären. Als Bindeglied wird aber diese Figur in der langen Kette der Reiterstandbilder, die vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis in unsere Tage reicht, immer ihren Wert behalten, wenn auch vielleicht nur als Kuriosum 42 . Zusammenfassend kann gesagt werden, daß bei den Reiterdarstellungen von Herrschern oder Angehörigen der jeweils regierenden Familien zwei große Gruppen voneinander unterschieden werden müssen. Einmal handelt es sich um das offizielle rein repräsentative Reiterstandbild, das von der Geburts- bis zur Sterbestunde der Monarchie stets dasselbe Thema hat: die Adlocutio des Imperators. Der Reiter, meist in Tunika und Paludamentum, erhebt die Rechte, um Volk oder Heer zu grüßen. Panzerdarstellungen sind verhältnismäßig selten, vielleicht weil auch der Kaiser in Rom das kriegerische Kleid ablegt; daher ist dieser T y p in den Provinzen häufiger anzutreffen, wobei der Kaiser dann meist das Szepter oder die Lanze trägt. Niemals sind in diesen Fällen irgendwelche Begleitfiguren dem Kaiser beigegeben. Eine weitere Gruppe bilden die Siegesmonumente, die jedenfalls auf Münzen seit der neronischen Zeit den kämpfenden bzw. siegenden Kaiser zeigen und im Gegensatz zu dem repräsentativ handlungslosen T y p Nachklänge des bewegten hellenistischen Stils aufweisen (Abb. 23, 27b). Teils befinden sich auch unter dem dahinstürmenden Streitroß des Imperator Invictus ein oder zwei schon in den letzten Zügen liegende oder um Gnade flehende Feinde, die dazu dienen, die Herrlichkeit des Kaisers zu unterstreichen, ein Thema, das seinen Ursprung in der griechischen Spätklassik hatte, wie der Dexileos-Stein (Abb. 24) beweist. Wenn auch monumentale Vorbilder dieser Münzdarstellungen bisher nicht nachgewiesen werden konnten, ist trotzdem anzunehmen, daß sie teilweise durch die Monumentalsculpturen inspiriert wurden. Dieses Motiv hält sich bis in die byzantinische Zeit, dann tritt ein neuer T y p hinzu: der Einzug des siegreichen Kaisers in die Hauptstadt, während eine Nike, den Triumph verkündend, sein Pferd führt oder ihm vorangeht (Abb. 36b). Der Nimbus um das Haupt des Herrschers zeigt den Sieg der christlichen Zeit.
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b. REITERDENKMÄLER RÖMISCHER RITTER War es in der Republik — von wenigen Ausnahmen abgesehen — eine Auszeichnung, die immerhin ein gewisses Maß an Verdiensten um den Staat zur Voraussetzung hatte, so wurde es im kaiserlichen Rom das alleinige Vorrecht des Kaisers und seines Hauses, durch die Errichtung einer Reiterstatue geehrt zu werden. In den übrigen Städten des Imperiums aber wurde diese Denkmalsform die Standesauszeichnung einer bestimmten Klasse. Je mehr sich seit den Tagen des Augustus die Besetzung von Offiziers- und Beamtenstellen zugunsten der Angehörigen des Ritterstandes verschob, je mehr wurde die Reiterstatue ein Standesabzeichen des Geldadels, der sich aus den Rittern zusammensetzte. Nicht ein einziger Fall ist nachzuweisen, daß einem Angehörigen des Senatorenstandes die Ehre des Reitermonuments zuteil wurde, dagegen können unzählige Monumente für Ritter nachgewiesen werden. Sogar den verstorbenen Rittern, die zu Lebzeiten noch nicht in den Besitz dieser Ehrung gekommen waren, wurden wenigstens nachträglich Reiterstandbilder gesetzt. In späterer Zeit wurde dieses Vorrecht sogar stellenweise auf deren Kinder ausgedehnt, wenn der T o d sie in einem Alter hinwegraffte, in dem sie infolge ihrer Jugend noch nicht in den Besitz der Vorrechte ihres Standes gekommen waren. Da der Ritter mit dem equus publicus ausgestattet wurde, seinen militärischen Dienst also ausschließlich zu Pferde abzuleisten hatte, wird sich wohl auch aus diesem Grunde die Bedeutung der Reiterstatue von einer Auszeichnung für Verdienste um den Staat zum gewöhnlichen Standesabzeichen gewandelt haben. Aus Inschriften sind sogar Fälle bekannt, wo der Erblasser bestimmt, daß ihm nach seinem Tode aus eigenen Geldmitteln ein Reitermonument zu errichten sei; ein in der Republik unmöglicher Vorgang 43 . Eine Anzahl dieser Denkmäler aus allen Jahrhunderten der Monarchie ist uns erhalten geblieben. A m bekanntesten sind die beiden Reiterstatuen der B a l b i aus Herculaneum, die einst am Eingang der Basilika gestanden haben sollen (Abb. 41 a, b). Durch Inschrift gesichert, stellen sie den M . Nonius Baibus, Praetor und Proconsul von Kreta und Cyrenaika, und seinen Vater gleichen Namens dar. Die Statuen, die von den dankbaren Herculanern für die der Stadt erwiesenen Wohltaten, darunter auch die Errichtung der Basilika, aufgestellt wurden, gehören vermutlich der neronischen Zeit an. 79
Abb. 41 a. Reiterstatue des Marcus Nonius Baibus, Sohn, Neapel, Nationalmuseum
Der Sohn ist im Panzer und kurzen Reitermantel dargestellt, umgürtet mit dem Parazonium, dem Paradeschwert. Auffallend ist die Jugendlichkeit der Gesichtszüge; da jedoch der Kopf 1799 durch eine Kanonenkugel schwer beschädigt wurde, kann dieser Umstand vielleicht auf Kosten des 80
Abb. 41 b. Reiterstatue des Marcus Nonius Baibus, Vater, Neapel, Nationalmuseum
Restaurators gehen, obgleich er angeblich treu ergänzt sein soll. Trotz der realistischen und porträthaften Gestaltung des Reiters handelt es sich um ein künstlerisch nicht allzu hoch zu bewertendes Werk. Das ruhig schreitende Pferd fällt gegen den Reiter künstlerisch ab; doch ist hier manches ergänzt. Auch der Vater, dessen Pferd einen lebensvolleren Eindruck macht, was vielleicht auf den besseren Erhaltungszustand zurückzuführen ist, trägt zum 6
Reiterstandbilder
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Panzer den schweren Mantel über die linke Schulter und das Paradeschwert. Der Kopf wurde nach einer anderen Statue des Vaters ergänzt. Beide Figuren sind im Schema der Adlocutio gegeben. Der T y p des ruhig repräsentativen Reitermonumentes, wie er für die römischen Kaiser nachgewiesen werden konnte, bleibt also nicht nur auf das Herrscherhaus beschränkt. Der Zustand beider Monumente ist ein recht guter; ihr Wert liegt nicht so sehr im Künstlerischen, denn es handelt sich um eine leistungsmäßig zwar sehr gekonnte, im Grunde aber mehr technische als kunstvolle Arbeit. Unser Interesse an diesen beiden Werken ist in erster Linie ein historisches, da es die einzigen erhaltenen Consularstatuen zu Pferde sind, die gleichzeitig zu den frühesten Beispielen gehören, die uns den voll ausgebildeten T y p des repräsentativen römischen Reiterdenkmals zeigen, wie er auf die Monumentalplastik kommender Zeiten einen bleibenden Einfluß haben sollte. Da beide Figuren durch die gleiche Haltung der Reiter und die Schrittstellung der Pferde aufeinander bezogen waren, ist es durchaus vertretbar, in ihnen tatsächlich zwei Mitglieder der Familie Baibus zu sehen, zumal wenigstens der Name des Sohnes durch Inschrift gesichert ist. Nach den neuesten Forschungen von Maiuri 4 4 handelt es sich hier allerdings um Ehrenmonumente für ein und dieselbe Person und zwar für den Sohn. Eine neu aufgefundene Inschrift besagt, daß ihm für seine Verdienste eine Reiterstatue aus öffentlichen Mitteln an hervorragendem Platze von Herculaneum errichtet wurde. Die zweite kopflos gefundene Statue wird von Maiuri als wahrscheinliche Weihung seiner Vaterstadt Nuceria erklärt und mit einer heute verlorenen Inschrift: „ M . Nonio Balbo Procos. Nucherini municipes sui" in Verbindung gebracht, da diese mit dem Standbild zusammen gefunden sein soll. Die heutigen Köpfe beider Statuen sind modern, bzw. stark restauriert, so daß vom ikonographischen Standpunkt aus eine Zuweisung der Monumente auf den Proconsul oder dessen Vater nicht möglich ist. Jedoch Maiuris Ansicht, daß eine solche Ehrung zwar für einen Proconsul, nicht aber für einen Mann, der nur das Verdienst habe, Vater eines berühmten Sohnes zu sein, möglich sei, scheint für die zweite Hälfte des i. Jahrhunderts n. Chr. nicht stichhaltig zu sein, da die Anzahl der in Pompeji erhaltenen Reiterbasen zeigt, daß zu dieser Zeit nicht nur die höchsten W ü r denträger des Imperiums, sondern bereits jede Lokalgröße mit dieser Ehrung bedacht wurde. Außer bei dem Säulenportal der Basilica haben sich auch im T h e a t e r v o n H e r c u l a n e u m Fragmente von Reiterstatuen gefunden (Abb. 42). Als
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Abb. 42 Bronzetorso eines Reiters aus dem Theater von Herculaneum, Neapel, Nationalmuseum
besterhaltenes Stück kann der heute im Neapler Museum befindliche Bronzetorso eines Reiters gelten, der in gegürteter Tunika und Mantel mit dem Schwert zur Linken dargestellt ist. Die leichte Linksdrehung und das Vorneigen des Oberkörpers zeigen, daß er von den repräsentativen handlungslosen römischen Denkmälern abweicht; er steht noch unter dem Einfluß der bewegten hellenistischen Reiterfiguren und beweist, daß diese Denkmalsform sogar im 7. Jahrzehnt des 1. nachchristlichen Jahrhunderts in Italien, jedenfalls in den Provinzstädten, noch üblich war, während sich in Rom selbst der repräsentative Typ schon völlig durchgesetzt hatte, sofern es sich nicht um ein ausgesprochenes Siegesdenkmal, d. h. um eine Figurengruppe mit einem niedergeworfenen Feind handelte. Der verschwommene Faltenstil dieser Figur weist in die flavische Epoche, d. h. in diesem Falle in die vespasianische Zeit, dem Jahrzehnt vor der Katastrophe des Jahres 79 in Herculaneum. Im ganzen lassen sich mindestens sechs Reiterstatuen im Theater von Herculaneum nachweisen, dessen ganze Ausstattung sehr überladen ge6'
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Abb. 43. Bronzener Pferdekopf aus Herculaneum, Neapel, Nationalmuseum
wesen sein muß. Zu einer von ihnen gehört der schöne Pferdekopf, der sich heute ebenfalls in N e a p e l befindet (Abb. 43). Sein merkwürdiges Zaumzeug mit den sich über der Pferdestirn kreuzenden Riemen hat eine Parallele in dem allerdings sehr viel späteren Pferdekopf in Augsburg (Abb. 38). Die Art des Musters der Riemenverzierung — je eine kelchförmige Metallform zwischen zwei kleinen knopfähnlichen — erinnert weitgehend an einen jetzt in B a l t i m o r e befindlichen Pferdekopf, dessen Zaumzeug sehr ähnlich ist, jedoch noch um Phalerae bereichert, deren Form schon in das 2. Jahrhundert weist (Abb. 44). Dieses Stück stammt zusammen mit einem gleichzeitig gefundenen Schwert mit Scheide aus einer römischen Sammlung; da beide Stücke wahrscheinlich von ein und demselben Monument herrühren, ist es anzunehmen, daß es sich hier um ein Reiterdenkmal gehandelt hat. Die Ab84
Abb. 44. Römischer Pferdekopf aus Bronze, Baltimore, Walters Art Gallery
hängigkeit vom Neapler Pferdekopf ist groß, aber nicht groß genug, als daß die Frage berechtigt wäre, ob beide aus der gleichen Werkstatt stammen könnten. Das Baltimore-Fragment steht schon am Anfang des 2. Jahrhunderts, während der Pferdekopf aus Herculaneum,wie der vorher besprochene Reitertorso, dem Jahrzehnt vor der Katastrophe zuzuweisen ist. Beide Pferdeköpfe weisen hohe künstlerische Qualität auf. In der von dem gleichen Schicksal betroffenen Schwesterstadt P o m p e j i sind bei den Ausgrabungen zahlreiche Reste von Reiterstandbildern zu Tage gekommen, namentlich die noch in situ stehenden Basen, deren Form und Höhe deutlich erkennen lassen, daß auf ihnen berittene Statuen ihren Platz hatten (Abb. 45). Man nimmt sogar an, daß ihre Zahl etwa 70 bis 80 betragen hat. Die teilweise noch gut lesbaren Inschriften lassen Rückschlüsse auf die Persönlichkeiten der Reiter zu 5 auch hier handelt es sich ausnahms85
los um Angehörige des Ritterstandes. Die einfachen rechteckigen, unten profilierten, meist mit buntem Marmor verkleideten, oben oft mit einem Fries geschmückten Basen, auf deren Vorderseite die Inschrift mit großen, schönen Buchstaben steht, sind ziemlich niedrig und zeigen, daß die Standplatte des eigentlichen Reiterbildes etwa in Augenhöhe lag. Auf der Südseite des Forums aber erhoben sich die Monumente der kaiserlichen Familie, wie aus den größeren Basen hervorgeht, von denen eine höchstwahrscheinlich ein Reiterbild des Kaisers trug. Hinreichend orientiert über das Aussehen dieses plastischen Schmuckes öffentlicher Plätze sind wir durch Wandmalereien, die ebenfalls in Pompeji freigelegt sind. Die Bilder zeigen Szenen des öffentlichen Lebens, das sich auf dem Markplatz abspielte. Vor den Säulenhallen des Hintergrundes erheben sich auf schlanken, rechteckigen Basen Reiterbilder der Wohltäter und Notabein der Stadt. Das unerträgliche Einerlei dieser fein säuberlich ausgerichteten Reiterreihe wurde durch verschiedene Armhaltung und Kopfwendung der Reiter und durch die wechselnde Schrittstellung der Pferde einigermaßen gemildert. Die Hoffnung, daß manche dieser Monumente bei späteren Grabungen das Tageslicht wieder erblicken werden, wird durch den Fund von P e r gola oder C a r t o c e t o (Pesaro-Urbino) gestärkt. Hier gab der Boden 1946 zwei vergoldete bronzene Reiterstandbilder wieder frei, die bereits im Altertum zerschlagen und vergraben worden waren. Sie haben vielleicht einstmals das Forum der Bürgerkolonie von Senegallia geschmückt und sind bei einer der zahlreichen Plünderungen der Zerstörungswut zum Opfer gefallen. Die Statuen stellen nicht Imperatoren, sondern Angehörige des Ritterstandes dar, die mit der Toga bekleidet sind. Es handelt sich um ein Werk hoher künstlerischer Qualität. Die außerordentlich schön modellierten, leicht nach der Seite gewandten Pferdeköpfe tragen reichen Schmuck von runden und länglichen Phalerae, die zum Teil Götterbilder zeigen. Die Brustgurte der Pferde sind mit Seetieren verziert. Einer dieser mit Toga und Schuhen bekleideten Reiter erhebt die Rechte zur Adlocutio. Vom zweiten Reiter sind nur wenige Reste gefunden. Typmäßig scheint der Pferdekopf der einen Reiterstatue aus dem Theater von Herculaneum45 den Köpfen der Pferde von Cartoceto am nächsten zu stehen. Die aus einer Unzahl von Fragmenten bestehenden Standbilder werden augenblicklich in Florenz wieder zusammengesetzt. Da eine Publikation noch nicht erfolgt ist, war es leider nicht möglich, eine Aufnahme dieser 86
Abb. 45. Reiterstandbilder auf dem Forum von Pompeji. Nach einem antiken Wandgemälde. Neapel, Nationalmuseum
Monumente zu bringen. Eine genaue Datierung ist vorläufig schwer vorzunehmen; vermutlich sind sie der julisch-claudischen Epoche zuzuweisen. Es ist zu hoffen, daß dieses großartige Werk, das zweifellos als das schönste erhaltene Reiterstandbild der Antike angesehen werden darf, 87
Abb. 46. Römischer Reitertorso, Auxerre, Museum
in absehbarer Zeit im Museum von Ancona der Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Auch in G a l l i e n sind eine Reihe von Fragmenten gefunden worden, die wohl kaum als Denkmäler des Kaiserhauses anzusehen sind, sondern vermutlich Angehörigen des ritterlichen Standes errichtet wurden, da keines der hier erhaltenen Monumente aus edlem Material ist. Sie bestehen sämtlich aus Stein oder Granit und zeigen mehr handwerkliches Können als künstlerische Qualität, so daß man ohne weiteres behaupten kann, daß es einheimische Steinmetzen waren, die mit der Herstellung beauftragt worden waren. In A u x e r r e , dem alten Autessiodorum, der Stadt der Senones in Gallia Lugdunensis, fand man bereits 1789 den Torso eines steinernen Reitermonumentes, der wohl nur seinem geringen Material zu verdanken hat, daß er nicht den Weg der zahllosen Bronze- und Marmorwerke in den Schmelzund Kalkofen gegangen ist (Abb. 46). Im Gegensatz zum Museumskatalog wird man in ihm nicht einen römischen Legionär, sondern einen jener römi-
Abb. 47. Römischer Reitertorso, Brive-la-Gaillarde, Museum
sehen Ritter sehen müssen, deren Standesdenkmäler genau so wie im Mutterland auch in den Provinzen längst Mode geworden waren. So ehrte auch die senonische Stadt auf diese Weise einen ihrer Gönner. Der im ruhigen Schritt daherkommende Reiter — der wohl in das 1. Jahrhundert n. Chr. zu datieren wäre — ist mit gegürteter Tunika, der Tracht des Offiziers, dargestellt. Wohl einzigartig ist die Satteldecke, die wechselnd das Muster von Kreuzen und Rechtecken zeigt und durch einen mit großen Scheiben verzierten Brustriemen gehalten wird. Einen Reiter in kriegerischer Tracht zeigt das Standbild von B r i v e , das in dem nordwestlichen Teil der Provinz Cantal gefunden wurde (Abb. 47). Über der kurzen Tunika muß er einen Panzer getragen haben, dessen untere Lederlaschen noch erhalten sind. Auch bei diesem Monument liegt der Sattel auf einer Decke, deren Riemen hier mit großen rosettenartigen Phalerae beschlagen sind, an denen je drei Bänder herabhängen. Um den Pferde89
hals liegt ein Riemen, der die Form einer Kette aus Oliven hat und der mehrfach bei Reiterdarstellungen vorkommt, ohne daß man seine Bedeutung kennt; vielleicht diente er nur zum Schmuck, ohne einen praktischen Zweck zu erfüllen. Da die gleiche Art des Pferdeschmuckes, nämlich die rosettenartigen Phalerae mit den herabhängenden Bändern, sich auch auf Reitergrabsteinen des i. nachchristlichen Jahrhunderts im Rheinland und in Britannien findet, gehört dieses Standbild zweifellos derselben Zeit an. Außer in Gallien lassen sich auch in den anderen Provinzen des Imperiums Fragmente oder wenigstens inschriftliche Erwähnungen von Reiterstandbildern nachweisen. Bei der Freilegung der Grundmauern eines römischen Gutshofes in der Nähe von Waldmohr in der Pfalz fand man den Rest eines steinernen Reiterbildes (Abb. 48). Das Pferd ist in Schrittstellung gegeben und hatte, nach der Bauchmuskulatur zu schließen, die linke Hinterhand zurückgesetzt, was die Zugehörigkeit zu einer Juppiter-Gigantengruppe ausschließt, da diese stets in sprengender Haltung dargestellt wurde. Der Reiter ist mit Ärmeltunika und Mantel bekleidet, der rechte Arm leicht nach oben angewinkelt. Das Denkmal wurde mit einer Reihe von Architekturbruchstücken gefunden, die am ehesten zu einem Grabbau passen. Keinesfalls handelt es sich hier um das Standbild eines Kaisers, wogegen schon die geringeren Maße und das schlechte Material sprechen. Unerklärlich bleibt die Aufstellung dieses Monuments an einem Grabbau, bzw. auf dem Gebiet eines Gutshofes, für das bisher aus römischer Zeit keinerlei Parallelfälle gefunden wurden. Vielleicht kann es sich um ein Heiligtum gehandelt haben, das sich in der Nähe eines Gutes befand und in dessen Bezirk dieses kleine Reiterbild als Weihgabe aufgestellt war. Im März des Jahres 1877 wurde auf der Insel Melos am Meeresufer außer vier Frauenstatuen auch ein Reitertorso aus feinkörnigem Marmor gefunden, der sich heute vor dem Athener National-Museum befindet (Abb. 49). Der Reiter trägt einen Panzer griechischer Form, der mit einem von Schlangen umgebenen Gorgonenhaupt verziert ist und in zwei Reihen mit Fransen geschmückter Laschen endet; eine Schärpe, das sogen, cingulum militare, umgürtet ihn. Von der linken Schulter hängt ein kurzer Mantel herab. Satteldeckel und Reste des Zaumzeuges sind deutlich erkennbar; die ehemals aus Bronze gearbeiteten Zügel sind heute verloren. In unmittelbarer Nähe des Fundortes wurde durch Zufall später die dazugehörige Basis mit der Ehreninschrift gefunden. Aus ihr geht hervor, daß diese Statue dem 90
Abb. 48. Römischer Reitertorso aus Waldmohr, Speyer, Historisches Museum der Pfalz
Tiber ius Claudius Frontonianos gesetzt wurde, der sich in drei Feldzügen ausgezeichnet hatte und außerdem verschiedene Ehrenämter seiner Vaterstadt Melos bekleidete. Also auch hier wieder ein Monument zu Ehren eines römischen Ritters. Nach der Panzerform zu schließen, dürfte es um die Mitte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts von der Stadt Melos errichtet worden sein. Fuhrmanns Ansicht 46 , daß der Torso frühhellenistisch sei und einen der hellenistischen Könige, wenn nicht gar Alexander d. Gr., darstellte, ist nicht stichhaltig. Die griechische Form des Panzers war im 2. Jahrhundert n. Chr. zwar nicht mehr in Italien gebräuchlich, wohl aber im Osten des Imperiums;
Abb. 49. Reiterstatue eines römischen Ritters aus Melos, Athen, Nationalmuseum
auch der Reliefschmuck des Muskelpanzers weist eher auf die römische Zeit hin. Außerdem steht auch die Gangart des Pferdes — Schrittstellung mit erhobenem Vorderhuf — wie dieses sowohl aus dem Torso, als auch aus der Deckplatte der Basis zu ersehen ist, im Gegensatz zu den meisten hellenistischen Reiterstandbildern, die das Pferd im allgemeinen in bäumender oder sprengender Haltung geben. Auch die Art des Werkstoffes — Marmor — ist nur schwer mit der hellenistischen Zeit in Einklang zu bringen, da die uns bekannten Reitermonumente dieser Epoche aus Bronze gefertigt sind, während die Reiterbilder aus römischer Zeit sowohl Bronze wie auch Marmor als Material aufweisen. Die Ehrung durch das Reitermonument war zur Zeit der Monarchie das Vorrecht des ritterlichen Standes. Sogar deren in früher Jugend verstorbene Söhne wurden zum Teil auf diese Weise ausgezeichnet. Eine unterlebensgroße Reiterstatue aus Marmor und Alabaster im T h e r m e n m u s e u m in R o m liefert uns hier ein schönes Beispiel (Abb. 50). Sie stellt einen K n a b e n in Ärmeltunika und eng anliegenden Hosen auf spren-
Abb. 50. Reiterstatuette eines Knaben aus Marmor u. Alabaster, Rom, Thermenmuseum
gendem Pferde dar; als Satteldecke dient ein Tierfell, dessen herabhängende Klauen deutlich erkennbar sind. Der Knabe selbst ist in anfeuernder Gebärde mit weit nach rückwärts ausholender Bewegung des rechten Armes dargestellt. Merkwürdigerweise ist der Leib des Pferdes hohl; wie man annimmt, zur Aufnahme der Aschenurne. Wahrscheinlich ist daher, daß dieses Monument von einem Grabmal stammt. A u f Grund der Tracht des Knaben wurde ursprünglich auf einen Orientalen geschlossen. Es sei aber nur an ein römisches Relief aus Virunum 47
erinnert, das etwa der trajanischen Zeit entstammt und ein Reiterspiel der Jugend wiedergibt; auch dort tragen die reitenden Knaben die Ärmeltunika mit den eng anliegenden Hosen, so daß durchaus anzunehmen ist, daß auch diese Statue einen jungen Römer zeigt. Die Statue ist wohl in das i. nachchristliche Jahrhundert anzusetzen, da der Typus des sprengenden Reiters noch in der tiberisch-claudischen Zeit durch die Münzen mit dem Drususbogen hinreichend bezeugt ist. Ähnlich wie dieses kleine Standbild sind auch die Reiterstatuen für Knaben zu denken, die wir aus Inschriften kennen und die den frühverstorbenen Kindern römischer Ritter die Ehre ihres Standes zukommen lassen sollten48. Durch die vorstehenden Ausführungen über römische Reitermonumente sollte der Versuch unternommen werden, den Nachweis zu erbringen, daß der von den Griechen überkommene Brauch, Reiterstandbilder zu errichten in der späten Republik zur Verherrlichung der Ahnen senatorischer Geschlechter üblich war. Zur Zeit der Monarchie war die Aufstellung solcher Monumente in Rom selbst das alleinige Vorrecht des kaiserlichen Hauses. Es dürfte dagegen wohl feststehen, daß in der Kaiserzeit außerhalb der Hauptstadt das Reiterstandbild neben den Mitgliedern des Herrscherhauses nur den Angehörigen des Ritterstandes gebührte. Nicht nur die mehr oder minder fragmentarischen Standbilder selbst, sondern auch Inschriften, in denen Reiterstatuen erwähnt werden und die sämtlich der römischen Kaiserzeit entstammen, erhärten die These, daß nur der Ritterstand mit dieser Auszeichnung geehrt wurde und daß sie gleichsam als Standesabzeichen für den Geldadel anzusehen war. Das Standbild wurde in fast allen Fällen vom Ordo errichtet, bei besonderen Verdiensten schon zu Lebzeiten, sonst nach dem Tode, wobei mit dieser Ehrung unter Umständen auch das Begräbnis auf Staatskosten verbunden war. Nur in Ausnahmefällen mußte die Errichtung der Statue von den Erben übernommen werden, etwa wenn der Verstorbene nicht lange genug öffentliche Ämter bekleidet hatte. Die höhere Ehrung war die Aufstellung vergoldeter Bigen — Quadrigen waren dem Kaiser vorbehalten — diese wurden sowohl den Rittern als auch den Mitgliedern des Senatorenstandes errichtet, wie aus den Inschriften hervorgeht. Je einflußreicher der Geldadel bei der Besetzung wichtiger Verwaltungsämter wurde, um so mehr nahm die Zahl der Reitermonumente zu. Wenn Cicero schon zu seiner Zeit von den Schwadronen der Bronzereiter erzählt49, so hätten spätere Redner mit einiger Übertreibung, verglichen mit 94
der Zahl der republikanischen Denkmäler, getrost von den Legionen der Equi berichten können. Es ist daher erklärlich, daß es sich bei dieser Massenanfertigung von Monumenten häufig keinesfalls um große Kunstwerke handelte, da sie auf Vorrat fast fabrikmäßig hergestellt wurden. Es kam vor, daß auf das bereits fertige Standbild beim Kauf nur der Kopf aufgesetzt wurde, der mehr oder minder porträtähnliche Züge trug. Oft war nur aus der Inschrift zu ersehen, wer dargestellt sein sollte. War kein Platz mehr vorhanden für die Errichtung neuer Monumente, so wurden kurzerhand nur die Inschriften der Standbilder bereits Verstorbener — in einigen Fällen auch die Köpfe — durch neue ersetzt. Dieses trifft aber wohl nur für die Monumente des Ritterstandes zu. Das Standbild eines Kaisers — das sich fast immer, auch in den Provinzen, durch monumentale Formen oder kostbares Material auszeichnete — blieb natürlich erhalten, sofern der Kaiser nicht der damnatio memoriae verfiel. Im Gegensatz zu den meist unterlebensgroßen, aus geringem Material und von weniger bedeutenden einheimischen Künstlern verfertigten Statuen römischer Ritter, waren die Standbilder der Kaiser — besonders in Rom — zum Teil hervorragende Kunstwerke, wie uns vor allem das herrliche Bildnis des Marc Aurel bezeugt. Diese Denkmäler sind es, die einen Höhepunkt der römischen Kunst darstellen und für das Reitermonument in der abendländischen Plastik, insbesondere in der Renaissance, richtungweisend sein sollten.
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Dem genialen Scharfblick von H. Payne wird die Zusammengehörigkeit des Kopfes 3104 (Louvre, Paris) mit dem Torso Akro 590 (Akrop. Museum, Athen) verdankt. Herodot I, 63/4: „ U n d als sie (die Athener) flohen, ersann Peisistratos einen weisen Rat, daß die Athener sich nicht wieder sammelten, sondern in der Zerstreuung verblieben. Er schickte nämlich seine Söhne zu Pferde voraus, die holten die Fliehenden ein und sagten, wie ihnen Peisistratos geboten hatte, sie sollten getrost sein und heimgehen, ein jeglicher in sein Haus. Das taten denn auch die Athener und so gewann Peisistratos Athen zum dritten Male und befestigte seine Herrschaft . ." v. Buttlar, Griechische Köpfe 107, Nr. 16: „Peisistratos, der mächtige Tyrann, oder seine Söhne, könnten so ausgesehen haben." Schräder, Die antiken Marmorwerke auf der Akropolis, 225: „Etwa die Söhne des Peisistratos in ihnen zu sehen, zu dessen Haus der Künstler der Gruppe gehört haben muß, ist zeitlich nicht unmöglich." Schuchhardt in Langlotz/Schuchhardt, Archaische Plastik auf der Akropolis, zu Tafel 6. Sam Eitrem in Serta Hoffilleriana 106: „Bekränzt zogen zuweilen die Krieger in den Kampf (spartanische Sitte nach Plutarch Lyk. 22,4 f.)" und „ D e r Kranz . . . hebt den Betreffenden aus der Masse heraus und markiert den außergewöhnlichen und festlichen Augenblick, es möge sich um Beamte, Priester, Seher, Sieger usw. oder Teilnehmer am Feste an der Trauer handeln." Die zeitliche Ansetzung des Monumentes ist umstritten: S c h r ä d e r : zwischen 560 u. 555, dieser Meinung schließen sich an: S c h u c h h a r d t u. P a y n e . B u d d e : um 560, B u l a s : um 555, ebenso v. M e r c k l i n . K l e i n e r : zwischen 550 u. 545, C u r t i u s : zwischen 550 u. 540, L a n g l o t z : um 540, ebenso I p p e l . Crome, A. M . 60/61, 307: „ A l s die Herrschaft der Peisistratiden zerbrach, wurde der Zwölfgötteraltar ummantelt und die Weihinschrift, die an das Herrschergeschlecht erinnerte, hierdurch verdeckt. (Thuk. 6, 54, 7)". Der erhaltene Fuß z. B. ist größer als der des „Perserreiters." Langlotz in Schräder, Marmorwerke 9: „ E s ist deshalb wahrscheinlich anzunehmen, die Akropolis sei unter Peisistratos, der auf ihr wohl seinen Palast gehabt hat, aus verständlichen Gründen nur beschränkt zugänglich gewesen und erst nach dem Sturz des T y rannen sei die Burg dem Volk wieder zurückgegeben worden, so daß jeder, der wollte, Weihgeschenke aufstellen konnte." Von G. Richter, Animals in Greek Sculpture 16, in das Jahrzehnt 510—500 datiert. Zur Datierung: G. R i c h t e r : 500—490, G e r k e : um 500, S c h r ä d e r : Letztes Jahrzehnt, W a l d m a n n : Letztes Viertel 6. Jahrh. In die gleiche Zeit fällt die Schale des Euphronios (München), deren Innenbild Leagros zu Pferde zeigt. Pausanias I, 22, 4: „ V o n den Bildsäulen der Reiter kann ich nicht bestimmt sagen, ob sie die Söhne des Xenophon vorstellen oder sonst nur zur Verzierung aufgestellt sind." Stevens, Hesperia 15, 73fr. Abb. 5, 6 zeigt die Rekonstruktion.
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Stevens, a. a. O. 83 : „ A n d the restored base of figure 5 is in turn probably a restauration of a copy. T h e cuttings in the base show that the group was made of bronze, not marble. T h e cuttings ,,a" and , , b " , figure 5 were for two of the horse's hoofs; the remainings of two hoofs were raised; that is the horse was in action. As the cuttings „ a " and , , b " are contained in one half of the base, the horse was not centered over the pedestal, there was a room for some other object over the half of the base. At „ c " a r e cuttings for the foot of a man, doweled at the ball and the heel of the foot, and at ,,d"a cutting for the other foot of the man, doweled at the ball only. Cuttings ,,c"and„d"plainly tell us that a man was standing above then, that he was facing the horse, and that he had his left heel raised . . . " „ T h e standing figure was undoubtedly an athletic young groom, there was probably no rider, for one man would be sufficient to care for the horse . . . "
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Die ältesten „Knabensieger" in Olympia erwähnt Pausanias 6, 1 2 , i als Werke des Kaiamis. Sie waren zu Ehren Hierons 1 . von Syrakus anläßlich von Rennsiegen errichtet.
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Plinius n. h. 34, 19, 25 : „Derselbe (Canachos) machte Knaben zu Pferd." — n. h. 34, 19, 28 : „Hegios erwarb sich durch . . , sowie durch seine Knaben zu Pferd . . . R u h m . " Hegias lebte v. 6. bis zur Mitte d. 5. Jahrhunderts und war Lehrer des Phidias.
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Buschor, Maussollos und Alexander 37 f. hält ihn für einen siegreichen Reiter oder kühnen Raubtierjäger. Über die Zuweisung des Reiters zu einem bestimmten Meister des Maussolleions besteht keine Einmütigkeit. Pfahl, J . d. I . 43, 50 stellt ihn an die Westseite, Buschor a. a. O. dagegen schreibt ihn dem Nordmeister (Bryaxis) zu. F ü r letzteren hatte sich auch Overbeck entschieden, Geschichte d. griechischen Plastik II, 1882, 74.
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Mon. Piot 2 1 , 1 , T a f . 5 : Alexander mit der Ägis, Kairo, Musée Gréco-Romain. Schreiber, Studien über das Bildnis Alex. d. Gr. 53, Abb. 6 D 4: Granitkopf Alexanders mit der Uräusschlange. Ders. Tafel 4 H : Köpfchen aus Kalkstein, Slg. v. Bissing, München. Hekler, Mus. d. bildenden Künste, Budapest 68, Nr. 55 : Köpfchen Alexanders, Marmor. Ders. N r . 56 Marmor. „Expedition Sieglin" 2, 1 B 3, Taf. 1 , 2, 3, 5 : Kopf Alexanders (B), Stuttgart.
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Purgold, Olympia 2, 1 5 6 : „ E s werden also Ehrenbildnisse u. zwar von hellenistischen Herrschern gewesen sein u. die Sophoklesbasen eröffnen somit für uns sachlich und zeitlich die Reihe der in der Altis aufgestellten Reiterbilder fremder Machthaber." Veil. Paterculus 1 , 1 1 , 3. Z. B . Antinous, Herakles, Helios, Horus, ja selbst Salomon und Christus. (Strzygoswki, Bull. Soc. Arch. Alexandrie, 5,24). Schuchhardt, Die Kunst der Griechen, 429, Abb. 399 (Pferd), 397/8 u. 400 (Knabe).
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Anders : Buschor, Plastik der Griechen, 107 : „ N o c h ungehemmter äußern sich die zentrifugalen Kräfte im ausgehenden Jahrhundert (im 2.), besonders deutlich und bedeutend in locker gebauten Erzfiguren wie dem Reiterknaben, der mit dem älteren Pferd im Meer gefunden wurde . . " Ders., ebenda 70: „ D a s im Meer gefundene galoppierende Pferd gehört zu diesen Meisterleistungen des noch vorparthenonischen Stils."
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Heibig, Führer 2 1 , Nr. 935: — abgeb. R . M . 28, 146, Abb. 7. Von einer pergamenischen Reiterstatue sagt Schober, J . d. I. 53, 135 : „ N a c h der Stellung des Hufs und nach dem erhaltenen Ansatz der Fessel ist der linke hintere Fuß eines Pferdes erhalten, dessen Hinterhand stark unterschoben, dessen Vorderhand aufgebäumt gebildet war. Es ist jene Stellung, die für ein steigendes Reitpferd seit dem Parthenonfries
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Reiterstandbilder
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üblich wird und die in einer Kampfscene besonders deutlich am Alexandersarkophag mehrfach in Erscheinung tritt." 27 Livius 8, 13, 9: „additus triumpho honos, ut statuae equestris eis — rara illa aetate res — in foro ponerentur." 28 Plinius, n. h. 34, 19. 29 Goethert, Zur Kunst d. römischen Republik, Diss. Köln, 1931, 8: „Gerade die Münzbilder des 1. Jahrhunderts v. Chr. bevorzugen bekanntlich ganz entschieden Ereignisse aus der Familiengeschichte und zumal historische Darstellungen und Porträts gegenüber solchen aus der Zeitgeschichte . . ." 30 Cicero ad Att. 6, 1, 17. Hülsen, Forum und Palatin, 17, erwähnt ein Gesetz des Jahres 158 v. Chr. nach dem alle Statuen von Bürgern, die nicht vom Volk und Staat gesetzt waren, entfernt werden müssen. 31 Mommsen, Geschichte des röm. Münzwesens, 641 f. Nr. 290. 32 Vessberg, Zur Kunstgeschichte der röm. Republik, 45, Nr. 1 1 7 . 33 Plinius n. h. 34, 13. 34 Woodward, Papers of the British School at Rome 7, 91, Anm. 3 : „There is no difficulty about believing that the group may have represented members of the imperial family and mounted retainers." 35 Ammianus Marcellinus 16, 10, 15. 36 Wegner, Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit, 114. 37 Wegner, Herrscherbildnisse in antoninischer Zeit, 42, 1 2 1 , 190. 38 Cohen, 7, Nr. 138/9. Die Inschrift kann nur Equus Constantini bedeuten, also Reiterstandbild des Constantin, wie schon Babut, Mélanges Nicole 20, 217, erkannt hat. 39 Heute Universitätsbibliothek Budapest, abgeb. Antike 19, 1943, 118, Abb. 8 und A. A. 1931, 328ff. Abb. 11/2. 40 Malalas, Chronogr. 18, 482, 16. — v. Lorentz, R. M. 50, 347. 41 Nach Mitteilung von Pater A. Jammes, Washington enthält eine der himjaritischen Weihinschriften das Wort „ f r s " , was sowohl Pferd als auch Reiter bedeuten kann; auch das deutet darauf hin, daß es sich bei dem Pferd von Yemen um ein Reitermonument handelt. 42 Prof. Fritz Eichler, Wien, teilte mir mit, daß es sich nach seiner Ansicht zweifellos um eine spätantike Arbeit handele. 43 Die von Kluge-Lehmann-Hartleben, Antike Großbronzen 2, 120 geäußerte Meinung, daß das Reiterbild als typische Grundform nur für den Feldherrn bestimmt sei, läßt sich nicht halten. 44 Rend. Acc. Italia V I I , Bol. 3, Roma, 1943 (1941/42) Aprile-Giugno 1942, S. 253—278 mit 2 Tafeln. 45 Neapel Nr. 531 (115390), Bronzi di Ercolano 1 p. 94. 46 Fuhrmann, Philoxenos von Eretria 315, Anm. 42. 47 Im Landesmuseum f. Kärnten, Klagenfurt, Inv. Nr. 5, abgeb. im Museumsführer Abb. 5. 48 Ein Grabstein im Thermenmuseum, Rom, zeigt einen im Alter von 2 Jahren gestorbenen Knaben, welcher auf einem sprengenden Pferde reitet, dessen Zügel ein fliegender Adler im Schnabel hält. Ebenso berichten zwei Inschriften aus Brixia u. Doclea Auctarium in Illyrien, daß dort Kindern, die Söhne von Rittern waren, Reiterstandbilder gesetzt wurden. 49 Cicero, Philipp. 9, 13. 98
V E R Z E I C H N I S DER A B B I L D U N G E N l a . Reiter Rampin; Akro 590, Athen, Akrop. Museum; Kopf Nr. 3104. i b . Paris, Louvre. Inselmarmor. Höhe d. Torsos: 0,815 m, Höhe d. Kopfes: 0,29 m. U m 546 v. Chr. Fundort: Athen, Akropolis. Foto Seltman, Rekonstruktion Prof. F. Krischen. 2a. Perserreiter; Akro 606, Athen, Akrop. Museum. Inselmarmor. Erhaltene Höhe: 1,08 m. 2b. Etwa 520—510 v. Chr. Fundort: Athen, Akropolis. Foto Marburg, Rekonstruktion aus Schräder, Marmorwerke der Akropolis. 3. Reitertorso; Akro 700, Athen, Akrop. Museum. Pentelischer Marmor. Erhaltene Höhe: 1,12 m. Ende 6. Jahrh. v. Chr. Fundort: Athen, Akropolis. Foto Deutsches Archäol. Institut Athen. 4. Reiter vom Kerameikos; Athen, Kerameikos Museum. Marmor. Erhalt. Höhe: 0,77m. Etwa 535 v. Chr. Fundort: Athen, Kerameikos. Aus Jahrb. d. Instituts 1933. 5. Reiterstandbilder attischer Hipparchen. Bronze, unterlebensgroß. Um 466 v. Chr. Standort: Athen, Akropolis. Rekonstruktion aus Stevens, Hesperia 15, 1946,82. 6. Zeichnung eines Reiterstandbildes auf einer attischen Lutrcphcrcs. Ehemals Berlin, Antiquarium. Heute verschollen. Letztes Viertel 5. Jahrh. v. Chr. Zeichnung G. Wüst-Krischen. 7. Lukanische rotfigurige Amphora; früher Schwerin, Schlcßmuseum. 4. Jahrh. v. Chr. Foto Heindl, Celle. 8. Statue eines reitenden Knaben; Florenz, Palazzo Orlando. Marmor, unterlebensgroß. Ergänzt: Kopf, 1. Arm, r. Unterarm, Füße des Knaben; Schnauze u. Beine des Pferdes; Harnisch u.Basis. Vielleicht noch 5. Jahrh. v. Chr. Fundort: unbekannt. Foto Alinari. 9. Reiter vom Maussolleion; London, Brit. Museum. Marmor. Erhalt. Höhe 1,25 m. Mitte 4. Jahrh. v. Chr. Fundort: Maussolleion v. Kalicarnasscs. Foto d. Museums. 10. Rciterstatuette Alexanders d. Gr.; Klagenfurt, Landesmuseum f.Kärnten. Bronze. Höhe: Reiter 0,15 m, Pferd 0,14 m. Fundort: Tigring, Kärnten. Foto d. Museums. 11. Reiterstatuette aus Herculaneum; Neapel, Nat. Museum. Bronze. Höhe: 0,50. Ergänzt: Arm, Schwert, Pferdebeine. Ende 4. Jahrh. v. Chr. Foto Anderson. 12. Reiterstatuette Alexanders d. Gr.; Kabul, Afghanistan, Museum. Bronze. Höhe d. Reiters: 0,34 m. Pferd verloren. Fundort Begram, Afghanistan. Foto Sir Mortimer Wheeler. 13a. Rekonstruktion der Kratercs-Gruppe aus Delphi. Ende 4. Jahrh. v. Chr. Aus Jahrb. d. Instituts 3, 1888. Zeichnung nach O. M . v. Stackelberg. 13b. Krateros-Relief aus Messene; Paris, Louvre. Marmor. Ende 4. Jahrh. v. Chr. Foto d. Museums. 7'
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14- Rekonstruktion eines Reiterstandbildes des Attalos I I . von Pergamon. Bronze, vergoldet. 3/4 Lebensgröße. Etwa 160 v. Chr. Standort: Delphi. Rekonstruktion: J . v. Scheffler-Knox. 15. Zeichnung nach einem Relief aus Pelinna. Hellenistisch. Aus Heuzey et Daumet, Mission archéolog. de Macédoine 4 1 8 , 3. 16. Reiterfigur aus der Sammlung Dattari, heute verschollen. Bronze. Höhe etwa 0.20 m. 2. Hälfte 3. Jahrh. v. Chr. Fundort: Athribis/Nildelta. Aus Vente Coll. Lambrcs-Dattari. 1 7 a . Vorderteil eines Pferdes; Athen,Nationalmuseum. Bronze. Lebensgroß. Erhaltene Länge : 1,40 m. Fundort : K a p Artemision. 1 7 b . Reiterstatue eines Knaben; Athen, Nationalmuseum. Bronze. Höhe: 0,84 m. 2. Viertel 2. Jahrh. v. Chr. Fundort: K a p Artemision. Foto Marburg. 18. Pferd von einem Reiterdenkmal; Rom, Konservatorenpalast. Bronze. Höhe : 1,95 m. Hellenistisch. Fundort: Vicolo delle Palme in Trastevere. Foto Anderson. 19. Denar mit Reiterstandbild des M . Aemilius Lepidus; Hannover, Kestner-Museum. 1 . Hälfte 1 . Jahrh. v. Chr. Foto d. Museums. 20. Denar mit Reiterstandbild des Q. Marcius Tremulus; Hannover, Kestner-Museum. 56 v. Chr. Foto d. Museums. 2 1 a, b. Pferde- und Reitertorso aus Lanuvium; London, Brit. Museum. Marmor. Unterlebensgroß. Mitte 1 . Jahrh. v. Chr. Fundort: Lanuvium, Villa Sforza. Foto d. Museums. 2 1 c. Rekonstruktion von Prof. F . Krischen. 22. Denar mit Darstellung von Reiterstatuen auf einem Ehrenbogen, vermutlich Augustus, 1 6 — 1 7 v. Chr. 23. Sesterz mit Reiterstandbild des Prinzen Nero Claudius Drusus; London, Brit. Museum. 42 n. Chr. Foto d. Museums. 24. Römisches Sarkophagrelief; Stockholm, Nationalmuseum. Marmor. 4. Jahrh. n. Chr. Foto d. Museums. 25. Grabstein des Dexileos; Athen, Kerameikos-Museum. Marmor. 394 v. Chr. Foto Marburg. 26. Reiterstatuette, sog. Caligula; London, Brit. Museum. Marmor. Höhe: 1,40 m. Ergänzt: K o p f d. Reiters, Beine d. Pferdes, Pfeiler u. Basis. 1 . Jahrh. n. Chr. Fundort: Rom, Farnesinische Gärten. Foto d. Museums. 27a. Denar mit Reiterstandbild des Kaisers Trajan; 1 1 4 n. Chr. 2 7 b . Großbronze mit Reiterstandbild des Kaisers Trajan; Hamburg, Kunsthalle. Foto d. Museums. 28a. Reiterstatue des Kaisers Antoninus Pius; Castel Gandolfo. Marmor. Unterlebensgroß. Ergänzt: Oberkörper d. Reiters. Mitte 2. Jahrh. n. Chr. Foto Museo Vaticano. 28b. Sesterz mit Reiterstandbild des Kaisers Antoninus Pius; 152 n. Chr. 29. Reiterstatue des Kaisers Marcus Aurelius; Rom, Kapitolsplatz. Vergoldete Bronze. Mitte 2. Jahrh. n. Chr. Foto Anderson. 30. Reiterstatue, angeblich des Kaisers Commodus; Rom, Museo Vaticano. Marmor. Höhe: 1,40 m. Ende 2. Jahrh. n. Chr. Ergänzt: am Reiter K i n n , Nase, Hals, r. A r m ; am Pferd Ohren, Mähne, r. Schulterblatt, Vorderbeine, hintere Unterschenkel, Schwanz, Zügel. Foto Anderson.
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31. Medaillon mit Reiterstandbild des Kaisers Constantin d. Gr. 32 a. Zeichnung Leonardo da Vincis nach dem „Regisole" zu Pavia; Windsor. Royal Library. Aus Popham, The Drawings of Leonardo da Vinci. 32b. Der „Regisole" zu Pavia; Holzschnitt aus Pochidrappi's Statua 1505. 33. Reiterstandbild des Kaisers Maximinianus Herculius; Nancy, Museum. Stein. 3. Jahrh. n. Chr. Auf hoher Säule stehend. Höhe d. Gruppe: 1,60 m. Gesamthöhe m. Säule: 10,40 m. Fundort: Champ-Marguerite bei Grand. Foto d. Museums. 34. Juppiter-Gigantensäule aus Schierstein; Wiesbaden, Städt. Museum. Sandstein. 3. Jahrh. n. Chr. Foto Strauch, Wiesbaden. 35. Reiterstandbild aus Breitfurt; Speyer, Hist. Museum der Pfalz. Stein. Höhe: 2,85 m. 3. Jahrh. n. Chr. Unfertige Arbeit. Fundort: Steinbruch bei Breitfurt/Pfalz. Foto d. Museums. 36a. Zeichnung einer Reiterstatue des Kaisers Justinian aus Konstantinopel. Aus einem Codex des 15. Jahrhunderts; Budapest, Universitätsbibliothek. 36 b. Goldmedaillon mit einer Reiterstatue des Kaisers Justinian aus Konstantinopel. Aus Fuchs, Antike 19, 1943. 37. Reiterstandbild aus Pompeji; Neapel, National-Museum. Bronze. Höhe: 2,41 m. Mitte 1. Jahrh. n. Chr. Pferd u. Reiter gehören nicht zusammen. Ergänzt: beim Pferd, Hinterbeine, 1. Vorderbein. Schwanz; fraglich ob Pferdehals u. Kopf zum Rumpf gehören. Fundort: Pompeji, Forum. Foto Anderson. 38. Pferdekopf; Augsburg, Städt. Kunstsammlungen. Bronze. Lebensgroß. 2. Jahrh. n. Chr. Fundort: in d. Wertach b. Augsburg. Foto Bayer. Landesamt f. Denkmalspflege, München. 39. Pferd aus dem Yemen; Harvard University, U. S. A. Bronze. Höhe 1 , 1 1 m. 5. Jahrh. n. Chr. Fundort: Sana/Yemen. Foto d. Museums. 40. Reiterstatuette aus Altino; Wien, Kunsthist. Museum. Bronze. Höhe: 0,11 m. Eher frühmittelalterlich als spätantik. Fundort: Altinum/Venetien. Foto d. Museums. 41a. Reiterstatue des M. Nonius Baibus, Vater. 41b. Reiterstatue des M. Nonius Baibus, Sohn. Neapel, Nat. Museum. Marmor. Höhe: 2,52 m (Vater), 2,56 m (Sohn). Neronisch. Köpfe der Reiter erneuert; Pferd des Sohnes restauriert. Standort: Herculaneum, von der Basilica. Foto Anderson, Alinari. 42. Reitertorso aus Herculaneum; Neapel, Nat. Museum. Vergoldete Bronze. Erhaltene Höhe: 1 , 1 3 m. Ende 1. Jahrh. n. Chr. Fundort: Herculaneum, Theater. Foto Alinari. 43. Pferdekopf aus Herculaneum; Neapel, Nat. Museum. Vergoldete Bronze. Erhaltene Höhe: 0,51 m. 2. Hälfte 1. Jahrh. n. Chr. Fundort: Herculaneum, Theater. Foto Alinari. 44. Fragment eines Pferdekopfes; Baltimore, Walters Art Gallery. Bronze. Erhaltene Länge: 0,5375 m - Erhalten nur rechte Seite d. Kopfes m. Hals u. Rumpfansatz. Wohl 2. Jahrh. n. Chr. Fundort: unbekannt. Foto d. Museums. 45. Reiterstatuen auf dem Forum von Pompeji. Zeichnung nach einem Wandgemälde aus Pompeji. Aus A. Mau, Pompeji in Leben und Kunst. 46. Reitertorso aus Auxerre; Auxerre, Museum. Stein. Erhaltene Höhe: 0,64 m. I. Jahrh. n. Chr. Fundort: Auxerre. Foto Pheliphot, Auxerre.
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47- Reitertorso aus Brive; Brive-la-Bsillarde, Museum. Domit. Erhaltene Höhe: 0,80 m. Wohl 1. Jahrh. n. Chr. Fundort: Saignes-Ydes, Auvergne. Foto Crouzette, Brive. 48. Reitertorso aus Waldmohr; Speyer, Hist. Museum der Pfalz. Stein. Erhaltene Höhe: 0,98 m. Fundort: Waldmohr/Pfalz. Foto d. Museums. 49. Reitertorso aus Melos; Athen, Nat. Museum. Marmor. Erhaltene Länge: 1,75 m. Mitte 2. Jahrh. n. Chr. Fundort Melos. Foto Scuola Arch. Italiana di Atene. 50. Reiterstatue eines Knaben; Rom, Thermenmuseum. Marmor und Alabaster. Höhe: 1,40 m. Mitte 1. Jahrh. n. Chr. Fundort: Rom, Borgo Aciüo an d.Via Ostiense. Foto Anderson.
Vorstehende Ausführungen sind einer längeren Arbeit entnommen, die eine Geschichte des antiken Reiterstandbildes gibt und einen vollständigen Katalog sämtlicher Fundstücke enthält. Sie soll in ihrer Gesamtheit an anderer Stelle veröffentlicht werden. Der Generaldirektion der Vaticanischen Museen, dem Museum für klassische Archäologie, Cambridge, dem Deutschen Archäologischen Institut, Athen, dem Britischen Museum, London, dem Landesmuseum für Kärnten, Klagenfurt, dem Museum des Louvre, Paris, dem Kestner-Museum, Hannover, dem Nationalmuseum, Stockholm, der Kunsthalle, Hamburg, dem Lothringischen Museum, Nancy, dem Städtischen Museum, Wiesbaden, dem Historischen Museum der Pfalz, Speyer, den Städtischen Kunstsammlungen, Augsburg, der Harvard University, U. S. A., dem Kunsthistorischen Museum, Wien, der Walters Art Gallery, Baltimore und der Scuola Arch. Italiana di Atene bin ich für die Übersendung von Photographien zu Dank verpflichtet. Für Angaben, Hinweise, Auskünfte und Publikationserlaubnis schulde ich folgenden Damen und Herren Dank: Dr. Giovanni Annibaldi, Ancona, Dr. Heinz Brauer, Berlin, Prof. Fritz Eichler, Wien, Prof. D. E. L . Haynes, London, Prof. Dorothy K . Hill, Baltimore, Prof. E. Homann-Wedeking, Hamburg, Prof. H. U. Instinsky, Mainz, Pater Dr. A. Jamme, Washington, Prof. Fritz Krischen (f), Prof. Jotbert Moro, Klagenfurt, Dr. L . de Nussac, Brive, Frl. Dr. Segall, Hamburg, Frl. Dr. Hermine Speyer, Rom, Prof. Sprater(f), und Dr. Schulz, Speyer, Herrn J. H. v. Scheffler-Knox, Hamburg, Dr. Schulz, Archäolog. Seminar, Hamburg, Sir Mortimer Wheeler, London und Frau Gerta WüstKrischen, Porrentruy/Schweiz. Dr. H. B. Jessen, Berlin bin ich für die zahllosen Beweise seiner steten Hilfsbereitschaft und seine Unterstützung bei der Beschaffung der Literatur besonders dankbar. Der Herr Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts, Berlin, Prof. E. Boehringer ermöglichte durch Gewährung einer großzügigen Spende die Drucklegung. Mein ganz besonderer Dank aber gilt meinem verehrten Lehrer, Prof. Eugen v. Mercklin, Hamburg, für die Anregung zu den vorstehenden Forschungen und seine nie versagende Bereitschaft, diese Arbeit mit Rat und Tat zu unterstützen. Trotz allem aber wäre es ohne die Tatkraft und die weitgehende Mitarbeit von Frl. Dr. Renate Scholz, Hamburg, nicht gelungen, diese Darlegungen zu beenden. Ihr gilt deshalb in erster Linie meine aufrichtige und herzliche Dankbarkeit.
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Die v o r l i e g e n d e Untersuchung will k e i n e erschöpfende Darstellung der a n t i k e n B i l d h a u e r t e c h n i k geben, s o n d e r n versucht, aus e r h a l t e n e n unf e r t i g e n S k u l p t u r e n ein Bild von der A r b e i t s w e i s e d i e s e r B i l d h a u e r zu g e w i n n e n . Solche E r k e n n t n i s s e gewinnt der V e r f a s s e r nicht nur aus illus t r a t i v e n D a r s t e l l u n g e n der B i l d h a u e r a r b e i t (auf V a s e n oder a n d e r e n K u n s t w e r k e n ) im S i n n e des Handwerklichen, s o n d e r n er untersucht eine g r ö ß e r e Zahl von griechischen S t e i n b i l d w e r k e n , die aus i r g e n d e i n e m Grunde u n v o l l e n d e t g e b l i e b e n und d a h e r die A r t des f o r t s c h r e i t e n d e n A r b e i t e n s in b e s t i m m t e n S t a d i e n e r k e n n e n l a s s e n . A u f d i e s e m U m w e g ü b e r die B i l d h a u e r w e r k s t a t t erhält m a n einen b e s o n d e r s i n t e n s i v e n Eindruck v o m W e s e n griechischer Plastik. FRANK
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ADOLF
GREIFENHAGEN
Griechische Eroten Groß-Oktav. 89 Seiten mit 54 Abbildungen, größtenteils nach Neuaufn a h m e n , d a r u n t e r m e h r e r e bisher unveröffentlichte Eros-Darstellungen auf griechischen Vasen. 1957. Ganzleinen DM 14,— A u s d e m I n h a l t : Vielblumige E r o t e n — F l ü g e l d ä m o n e n — F r e u n d e der W e i s h e i t u n d Tugend — G ö t t e r b o t e n — Die Welt des männlichen Eros — B e m e r k u n g e n u n d H i n w e i s e — Schriftquellen — Verzeichnis der A b b i l d u n g e n — Nachwort. T h e m a des Buches ist ein kleines Teilgebiet aus d e m g r o ß e n Bereich der Malerei auf den griechischen'Vasen', d e r e n Gesamtbegriff je nach dem Zweck, T o n g e f ä ß e verschiedenster Form u m f a ß t . Untersucht w e r d e n Darstellungen geflügelter j ü n g l i n g s h a f t e r E r o t e n g e s t a l t e n auf mancherlei Gef ä ß e n des a u s g e h e n d e n 6. u n d e t w a der ersten H ä l f t e des 5. J a h r h u n d e r t s v. Chr., aus d e r spätarchaischen u n d b e g i n n e n d e n klassischen Periode der Kunst Attikas. LUDWIG
BUDDE
Die Entstehung des antiken Repräsentationsbildes Groß-Oktav. Mit 82 A b b i l d u n g e n und 66 Tafeln. 26 Seiten. 1957. Ganzleinen DM 1 2 , „. . . ein sehr i n s t r u k t i v e r Beitrag zur E n t s t e h u n g des a n t i k e n Repräsentationsbildes, das seine reifste A u s p r ä g u n g erst in der s p ä t a n t i k e n Kunst g e f u n d e n hat. Die Untersuchung beschränkt sich auf das Problem der hieratischen Frontalität im römischen Relief u n d in der römischen Malerei an der W e n d e vom z w e i t e n u n d dritten J a h r h u n d e r t n. C h r . . . . Durch h e r v o r r a g e n d a u s g e w ä h l t e Bilder w i r d das Dargelegte in einer sehr ü b e r z e u g e n d e n W e i s e verdeutlicht." Begegnung KARL ANTON
NEUGEBAUER
Antike ßronzestatuetten Groß-Oktav. Mit 8 Text- und 67 Tafelbildern. 132 Seiten. 1921. Ganzleinen DM 7,20 Die Entwicklung einer antiken Kunstgattung w i r d an einer A u s w a h l herv o r r a g e n d e r W e r k e dargestellt. AUGUST
DIEHL
Die Reiterschöpfungen der Phidiasichen Kunst Oktav. Mit 17 T a f e l n u n d 1 Titelbild. X, 131 Seiten. 1921. DM 7,50 Unser Auswahlverzeichnis GESCHICHTE (Vorgeschichte - Altertumskunde und Archäologie - Deutsche, europäische und außereuropäische Geschichte) - erhalten Sie kostenlos bei Ihrem Buchhändler. W A L T E R
D E
G R U Y T E R & C O .
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B E R L I N W 3 5
vormals G. J. Gösdien'sche V c r l a g s h a n d l u n g • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Karl J. T r ü b n e r • Veit & Comp.
• Georg Reimer