Allgemeine Mineralogie [11., erw. Aufl. Reprint 2019] 9783111363912, 9783111006710


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German Pages 152 [192] Year 1963

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Allgemeine Mineralogie
I. Die Form der Mineralien
II. Der Feinbau der Kristalle
III. Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien
IV. Die chemischen Eigenschaften der Mineralien
V. Entstehung, Umbildung und Vorkommen der Mineralien
Literatur
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Allgemeine Mineralogie [11., erw. Aufl. Reprint 2019]
 9783111363912, 9783111006710

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S A M M L U N G

G Ö S C H E N

B A N D

29/29a

ALLGEMEINE MINERALOGIE Elfte, erweiterte Auflage der „Mineralogie"

P R O F . DR. H . B R A U N S f Neubearbeitet von

DR. K A R L F. C H U D O B A ord. Professor der Mineralogie und Petrographie der Universität Bonn

Mit 143 Textfiguren, 1 Tafel, 3 Tabellen

WALTER DE GRUYTER

& CO.

vormals G. J . Gösch en'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • K a r l J . Trübner • Veit & Comp.

B E R L I N 1963

Der Göschenband „Mineralogie" von Prof. Dr. R. Brauns erschien erstmalig 1893. Seit der 8. Auflage, 1943, wird die Darstellung von Prof. Dr. Karl F. Chudoba bearbeitet. 1955 erfolgte als 9. Auflage eine Teilung des Stoffes in zwei Bände: Allgemeine Mineralogie (Sammlung Göschen Band 29) und Spezielle Mineralogie (Sammlung Göschen Band 31). Mit der 11. Auflage erschien die Allgemeine Mineralogie, mit der 10. Auflage die Spezielle Mineralogie als Doppelband (29/29a bzw. 31/31 a).

Copyright 1963 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Gösehen'sche Verlagshandhrog — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin W 30, Genthiner Straße 13. Alle Rechte, einschließlich der Kechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. — Archiv-Nr. 779 0639. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 30 Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis Seite

Einleitung

Mineralien. — Aufgabe der Mineralogie Bedeutung der Mineralogie Geschichtliches

Allgemeine Mineralogie I. Die F o r m d e r M i n e r a l i e n

Bildung der Mineralien Kristall Wachsen eines Kristalls Ausbildung der Kristalle Kristallflächen Einfache Kristallform. — Kombinationen Winkel. — Goniometer Bedeutung der Winkel Symmetrie Zone. — Kopfbilder Stereographische Projektion Achsen Lage und Bezeichnung der Kristallflächen gegen die Achsen . . Gesetz der rationalen Achsenabschnitte. — Kristallsysteme und deren Achsenkreuze 1. Kubisches (reguläres) System 2. Hexagonales System 3. Trigonales (hexagonal-rhomboedrisches) System 4. Tetragonales (quadratisches) System 5. Rhombisches System 6. Monoklines System 7. Triklines System Tabelle: Die 32 Kristallklassen Gesetzmäßige Verwachsungen. — Zwillinge Gesetzmäßige Verwachsungen ungleichartiger Kristalle. — Aggregate Amorph. — Lösungsformen

II. D e r F e i n b a u d e r K r i s t a l l e Raumgitter Raumgruppen. — Symbole Deutung der Grundgesetze Itöntgenographische Verfahren Laue-Verfahren Debvc-Scherrer-Verfahrcn Drehkristall-Verfahren Röntgengoniometer-Verfahren Preccssion-Kamera Guinier-Verfahren Gittertypen. — Bausteine und deren Bindung Ideal- und Realkristall Mesophasen. — Deutung der Zwillingsbilduii¿ Deutung der Epitaxie

5 5 6 7

9 10

10 11 13 15 16 17 18 19 20 24 25 26 27

32 35 40 44 47 50 52 53 54 60 62 63

64 66 68 70 71 74 75 76 77 77 78 79 82 83 84

4

Inhalts verzeichni s

III. Die p h y s i k a l i s c h e n ralien

Eigenschaften

der

Mine-

84

Härte 84 Mikrohärte. — Spaltbarkeit 87 Bruch. — Mechanische Deformation 89 91 Glanz. — Durchsichtigkeit Kristalloptik 92 Grundbegriffe. — Einfache Lichtbrechung 92 Dispersion. — Totale Reflexion 94 Doppelbrechung. — Optisch einachsige Kristalle 95 Optisch zweiachsige Kristalle 99 Polarisationsmikroskop 101 Beobachtungen im parallelen polarisierten Licht 104 Interferenzfarben 106 Additions- und Subtraktionsfarben 108 Farben der Mineralien 108 Absorption. — Pleochroismus 110 Strich 112 Beobachtungen im konvergenten Licht 113 Optisch einachsige Kristalle 113 Optisch zweiachsige Kristalle 114 Optisches Drehungsvermögen 116 Optische Untersuchungen stark absorbierender Kristalle . . . 117 Fluoreszenz, Phosphoreszenz, Lumineszenz 117 Wärmeeigenschaft eil 118 Spezifisches Gewicht 119

IV. D i e c h e m i s c h e n E i g e n s c h a f t e n der M i n e r a l i e n Elemente und Atomgewichte Formel Bestimmung der Bestandteile Das Lötrohr Untersuchungen auf Kohle. — Untersuchungen in der Boraxperle Erhitzen im Glaskölbchen. — Flammenfärbung. — Verhalten gegen Salzsäure Schmelzpunkt Dimorphie Differentialthermoanalyse Isomorphie Isotypie. — Homöotypie. — Heterotypie. — Anomale Mischkristalle. — Entmischung

V. E n t s t e h u n g , Mineralien

Umbildung

und Vorkommen

Magmatische Bildungen Übersicht der wichtigsten Magmagestcinc Sedimentäre Bildungen Metamorphe Bildungen Paeudomorphosen. — Einschlüsse Vorkommen der Mineralien

der

122 122 123 124 124 125 126 127 127 128 130 133

134 134 137 138 140 141 143

Literatur

145

Register

146

Einleitung Mineralien. Der Bogriff „Mineral" wird allgemein auf das griechische Wort „mna" und auf das von diesem abgeleitete neulateinische „mina" = Schacht (minare = Bergbau treiben) zurückgeführt; diese Bezeichnung weist also darauf hin, daß die Mineraliendurch Graben gewonnene Bestandteile unserer Erdrinde sind. Während nun Tiere und Pflanzen Organe besitzen, die sie zu mannigfachen Lebensäußerungen befähigen, haben die Mineralien keine Organe; sie sind die anorganischen, leblosen Produkte der Natur, die unabhängig vom Lebensprozeß organischer Wesen durch chemische Vorgänge in der geheimnisvollen Werkstatt der Natur entstanden sind und auch heute noch, wenn auch kaum beobachtbar, entstehen. Im Laboratorium hergestellte, also synthetische Produkte, sind daher keine Mineralien. Ein reines Mineral ist in der Regel in allen seinen Teilen stofflich einheitlich beschaffen, homogen, und nach seiner chemischen Zusammensetzung entweder ein Element oder eine chemische Verbindung, im Gegensatz zu einem Gestein, das ungleichartig (,heterogen) ist und meist aus mehreren Mineralien — so Granit z. B. aus Feldspat, Quarz und Glimmer — besteht. Die Wissenschaft von den Mineralien wird Mineralogie genannt. Aufgabe der Mineralogie ist die Ermittlung aller Eigenschaften der Mineralien; es gilt, die Gesetze, die in ihnen herrschen und die ihre Formen sowie ihre physikalischen Eigenschaften bedingen, zu erschließen, die Stoffe, aus denen sie bestehen, zu bestimmen, ihr Vorkommen in der Natur zu ermitteln, ihr Werden und Vergehen zu verfolgen. Erst wenn man diese Erkenntnisse hat, kann man die Mineralien kennzeichnen und sie nach ihrer gegenseitigen Verwandtschaft ordnen. Einer beschreibenden Charakterisierung der Mineralien 2 ) geht daher zweckmäßig eine Darlegung ihrer allgemeinen Eigenschaften voraus. Eine solche kann sich in sehr verschiedenen Grenzen halten; mit Rücksicht auf den Kreis, für den dieses Bändchen bestimmt ist, werden hier in erster Linie ') Als eingedeutschtes" Wort die Mehrzahl Minerale. ') Vgl. B . B r a u n s - K . F. Chudoba: „Spezielle Mineralogie", Bd. 31/31» dieser Sammlung.

6

Einleitung

solche Eigenschaften berücksichtigt, die mit dem bloßen Auge, also phänomenologisch, wahrgenommen oder durch einfache Hilfsmittel bestimmt werden können, darüber hinaus aber — im Sinne einer modernen Mineralogie — auch solche Grundlagen gestreift, die die erschlossenen Gesetzmäßigkeiten des „inneren Aufbaues" der Mineralien zum Inhalt haben. Die Bedeutung der Mineralogie geht aus ihren vielseitigen und umfassenden Aufgaben innerhalb der verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen hervor. Die mineralogischen Kenntnisse und Erkenntnisse sind grundlegende Voraussetzung jeglicher wissenschaftlichen Betätigung in der Natur; sie sind unentbehrlich für jede lagerstättenkundliche, gesteinskundliche (petrographische), vulkanologische, bodenkundliche, geographische, vielfach auch biologische Arbeit. Ist doch das Auftreten bestimmter Pflanzenarten an besondere Böden und Gesteine gebunden und werden doch wertvolle sowie wichtige Aufschlüsse über die Struktur und Gliederung der Aufbauelemente der Pflanzen- und Tierwelt sehr häufig mit Hilfe mineraloptischer Methoden ermittelt. Im wesentlichen bleibt die Mineralogie eine wichtige Hilfswissenschaft der Petrographen, Geologen, Geographen, Chemiker, Physiker, Physikochemiker, Bauingenieure, Berg- und Hüttenleute, Technologen, Bodenkundler, Markscheider usw. Überall dort, wo mineralische Stoffe — darüber hinaus ganz allgemein Festkörper — zur Untersuchung, Prüfung und Bestimmung gelangen, sind diese Arbeiten nur im Kontakt mit Mineralogen oder mineralogisch geschulten Kräften zweckentsprechend zu gestalten und zielstrebig zu erreichen. Als Untersuchungsobjekte kommen daher u . a . in Frage: Erze, Schmuck- und Edelsteine, synthetische Steine und Produkte, Salze, Erden, IndustrieMineralien, Böden, Gesteine, Seifen, dann die Ausgangsprodukte und Fertigwaren der Glas-, Keramik-, Porzellan-, Ziegelei- u. a. Industrien, weiter die Endprodukte der Zementindustrie, Abfälle und Produkte der Hüttenwerke, Schlacken aller Art, Grundstoffe der Basenaustauscher in der Wasseraufbereitung, die Kristalle der Ultraschall- und Hochfrequenztechnik, kurz: fast alle Substanzen, die wir als fest zu bezeichnen pflegen. Auch die Medizin benötigt in einzelnen Fällen, wie bei Untersuchungen der Staublungen (Silikose), der Zähne, steinigen Absonderungen aller Art usw. die Unterstützung der Mineralogie bzw. die Anwendung mineralogischer Methoden (Biomineralogie, mit ihren Zweigen Biokristallographie und Biopetrographie). Ebenso erfreut sich die Bestimmung und Untersuchung früh- und vorgeschichtlicher Funde der Mitarbeit der Mineralogie.

Geschichtliches

7

Geschichtliches. Schon lange, ehe von einer Wissenschaft der Mineralogie die Rede war, wurden einzelne Mineralien wegen ihrer auffallenden Eigenschaften gesammelt und benutzt. Der harte Feuerstein, der leicht in scharfkantige Stücke zerschlagen werden kann und weit verbreitet ist, lieferte dem Urmenschen die ersten Werkzeuge und Waffen; Feuerstein mit Schwefelkies (gr. pyrites = Feuerstein) diente dem prähistorischen Menschen zum Feuerschlagen. Später kamen der seltenere zähe Nephrit und viele andere Mineralien sowie Gesteine hinzu, die durch ihre Eigenschaften als Werkzeuge Verwendung fanden (Steinzeit). Erst viel später, nachdem der Mensch das Feuer in seinen Dienst gezwungen hatte, lernte er Kupfer aus Erzen ausschmelzen, danach das Zinn; durch Zusammenschmelzen beider Metalle schuf er die Bronze, das Material für haltbare Waffen, Werkzeuge und Geräte (Bronzezeit). Der gesteigerte Bedarf an diesen Erzen führte zum Bergbau und weitausgedehnten Handel. Dazu gesellte sich das zu Schmuck und Zieraten begehrte Gold, das so, wie es in der Natur gefunden wurde, benutzt werden konnte. Silber und Silbererze, Antimon-, Zink- und Bleierze, vor allem aber die Eisenerze bekamen eine immer größere Bedeutung; uralt ist die Kunst, Eisen aus diesen zu gewinnen (Eisenzeit). Stark färbende Mineralien wurden bereits von den prähistorischen Menschen zum Zeichnen und Malen benutzt. Einer besonderen Wertschätzung erfreuten sich aber schon in frühester Zeit die auch heute noch wegen ihrer optischen Wirkung und Härte begehrten Schmuck- und Edelsteine; diese Mineralien wurden wie etwas Überirdisches verehrt und begehrt. Ihr Besitz galt höher als der von Gold und Silber; sollten sie doch die Eigenschaft besitzen, den Menschen vor schlimmer Krankheit zu bewahren und gegen böse Geister zu schützen. Auch heute noch knüpft sich mancher Aberglaube an die farbenprächtigen, unvergänglichen Edelsteine (Monatssteine, Tierkreissteine). Geschnittene Steine, Gemmen1), dienten schon zur Zeit der Babylonier in der Form von Zylindergemmen, auf Wachs abgerollt, zur Beurkundung; sie waren auch zu Siegelringen sehr begehrt und sie sind heute durch die Bildwerke, die sie darstellen, für die Altertumskunde von größter Bedeutung. Die Kenntnisse der Steine im frühen Altertum sind uns durch eine Schrift von Theophrast (372—287 v. Chr. Darstellung von Bleiweiß) überliefert. Zur Zeit Plinius d. Alt. (f 79 n. Chr. beim Untergang von Pompeji) waren die Eigenschaften vieler Mineralien schon recht gut bekannt; er erwähnt die Kristallform vom Quarz ') Vertieft geschnitten: Intaglien, erhaben geschnitten: Kameen.

8

Einleitung

und Beryll, die Spaltbarkeit bei Gips und Steinsalz, die hohe Härte von Diamant. Bekannt war der Silbergehalt des Goldes, zur Probe kam der Lydische Stein; Quecksilber diente zur Gewinnung des Goldes aus alten Gewändern, Kobalterze wurden zur Herstellung von blauem Glas benutzt. Bekannt war die Elektrizität des Bernsteins, beobachtet, daß ein Stein Eisen anzieht, daß das Eigengewicht der Mineralien verschieden ist, daß Glas sich warm, Edelsteine dagegen kalt anfühlen. Die Summe dessen, was man über die Mineralien wußte, war nicht klein, doch vermengt mit vielen Angaben über Eigenschaften, die man ihnen andichtete; kaum ein Mineral, das nicht als Arznei oder Zaubermittel gedient hätte. Auf diesem Stand blieben die Kenntnisse von den Mineralien während des ganzen Altertums, jedoch auch durch das Mittelalter bis etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Man lernte wohl noch dies und jenes für den Bergbau wichtige Mineral kennen oder verschiedene Einzelheiten, aber ohne eine systematische Grundlage; so hat z. B. der Inder Al-Beruni (973—1048) nach seinem „Steinbuch" als erster die Dichte von Edelsteinen (Saphir 3,97 !) mittels des Pyknometers bestimmt. Auch die eine oder andere auffallende Eigenschaft wurde entdeckt (z. B. die Doppelbrechung im Kalkspat 1670), aber eine genaue, das Wesentliche treffende Beschreibung konnte man nicht geben, weil man die Gesetze, die in den Mineralien herrschen, nicht kannte. Als erstes Hauptwerk zur Begründung der Mineralogie als deskriptive Wissenschaft sind die zehn Bücher „De natura fossilium" (1546) von Georg Agricola (Bauer) —• geb. 1494 zu Glauchau, gest. 1555 in Chemnitz — anzusprechen, in denen die „Mineralien" noch als Fossilien beschrieben und gekennzeichnet werden. — Eine der Ermittlung von Gesetzmäßigkeiten in der Kristall- und Mineralwelt zustrebende Wissenschaft auf rationaler und kausaler Grundlage beginnt jedoch erst Ende des 18. Jahrhunderts mit René Just Rauy (1743—1822) in Paris, Abraham Gottlob Werner (1750—1817) in Freiberg/Sachsen und Chr. S. Weiß (1780—1856) in Berlin. Hauy lehrte die Kristallformen entziffern, Werner die Mineralien beschreiben und ordnen, Weiß die Kristallflächen auf Achsen zu beziehen. Die seitdem gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse sind in den verschiedensten Lehrbüchern der Mineralogie niedergelegt, von denen einige auf S. 145 genannt werden.

Allgemeine Mineralogie

9

Allgemeine Mineralogie Die „allgemeine Mineralogie" h a t die Aufgabe, die für alle oder für eine größere Zahl von Mineralien gültigen Grundbegriffe, Erscheinungen, Gesetzmäßigkeiten u n d Beziehungen darzulegen; sie vermittelt auf diese Weise die notwendigen Grundlagen f ü r das sinnvolle Verständnis der einzigartigen Mineralwelt, die der Mensch so vielseitig u n d zweckgebunden zu nutzen weiß. Einzelne der allgemein gültigen Eigenschaften der Mineralien sind rein beschreibend wiederzugeben, andere mit Hilfe einfacher physikalischer Methoden zu erschließen u n d festzuhalten. Von besonderer Bedeutung aber ist die schon frühzeitig gewonnene Erkenntnis, daß die verschiedenen Gesetzmäßigkeiten der äußeren Form und der wesentlichen physikalischen Eigenschaften der Mineralien „ n u r " aus ihrem inneren Aufbau —• ihrer inneren Struktur •— gedeutet und verstanden werden können. So wurden die äußere Erscheinungsform und die verschiedenen physikalischen Eigenschaften initiativer Anstoß, sich Gedanken über den inneren Aufbau der Mineralien zu machen und diesen theoretisch abzuleiten, bis es im Verlaufe der wissenschaftlichen Entwicklung mit Hilfe der Röntgenstrahlen M. v. Laue (1912) gelungen ist, die hypothetischen Vorstellungen zu beweisen u n d die raumgitterartige Struktur der Mineralien 1 ) aufzuzeigen. Die Ergebnisse der „Strukturlehre" werden im vorliegenden Büchlein nur kurz behandelt, aber alle jene Erscheinungen und Gesetzmäßigkeiten bevorzugt angeführt, die zu einer zielklaren Ermittlung u n d Erkenntnis des inneren Aufbaues der Mineralien geführt haben. Diese z. T. rein phänomenologisch u n d damit deskriptiv ermittelten Grundlagen sind heute noch von gleichbleibender Bedeutung und nicht überholt oder veraltet, denn sie ermöglichen die verständnisvolle Erfassung der ursächlichen Wechselbeziehungen zwischen der äußeren Morphologie sowie den vielseitigen Eigenschaften der Kristalle u n d ihrer inneren Struktur. In diesem Büchlein werden daher nach Vermittlung der „Form der Mineralien" und dem „Feinbau der Kristalle" die wichtigsten physikalischen Eigenschaften, im Anschluß daran die wesentlichsten chemischen Eigenschaften der Mineralien zur Darstellung gebracht. Die „ E n t s t e h u n g " und das „Vorkommen" der Mineralien kommen in einem eigenen Abschnitt gleichfalls zur Behandlung. ') So sie nicht gestaltlos, amorph, sind.

I. D i e F o r m der M i n e r a l i e n Die Bildung der Mineralien erfolgt vorwiegend aus übersättigten Lösungen (Schmclzlösungen oder wässerigen Lösungen verschieden hoher Temperaturen), seltener aus Dämpfen oder Gasen. Jedes Lösungsmittel vermag nämlich bei einer bestimmten Temperatur nur eine bestimmte Menge einer oder mehrerer Substanzen in Lösung zu halten; bei einer höheren Temperatur in der Regel mehr als bei einer niederen. Jede Temperaturabnahme f ü h r t darum zwangsläufig zu einer Übersättigung und damit zum Ausfall der gelösten Substanzen. Diese einfachen und klaren Erkenntnisse stützen sich auf zahlreiche Versuche, die hierbei nicht nur zur künstlichen Herstellung (Synthese) verschiedener mineralischer Produkte führten, sondern auch zu begründeten Rückschlüssen über das Wachstum und die Bildung der Mineralien ,in der Natur. Bedeutsam ist hier z. B. die praktisch wichtige Laboratoriumssynthese von Quarz (Si0 2 ), die nicht nur das Dargelegte «assru? -Ai.' bestätigt, sondern auch beÄAUSCHC deutsame Wach stumshin weise ytaggOg iOÖ$Aifi). vermittelt. Am Boden einer Hochdruckbombe (eines Autoklavens) wird gekörnter natürlicher Bergkristall als Nährmaterial (Fig. 1) eingebracht, während im oberen Teil ein Bruchstück eines Bergkristalls als „Keim" in einem Stützrahmen frei Fig. 1. Schema einer Hochdruckbombo

für die Quarz-Synthese.

(Nach E. Buehler

und

A. c. Walker)

„ „ w « } ™ . ! hefpsti^t wird

Vor

scnweDena DeiesuDt wira. vor dem Verschließen

der

Hoch-

Kristall

11

druckbombe wird diese zu vier Fünftel mit einer wässerigen alkalischen Lösung (Wasser mit einigen Prozent Natriumkarbonat) gefüllt. Durch Aufstellung des Autoklavens auf eine Heizplatte liegt das Nährmaterial in einem Temperaturbereich von 400° C, während der Umgebung des Keimes nur eine solche von 380° 0 zukommt. Bei dieser Temperatur ist das Innere der Hochdruckbombe völlig gefüllt und durch einen Innendruck von etwa 1000 Atmosphären beherrscht. Durch Lösung des Nährmaterials in der alkalischen Lösung bildet sich nun eine stark mit Kieselsäure gesättigte Natriumsilikatlösung, die ständig von unten (400° C) nach oben (380° C) diffundiert und nach erfolgter Abkühlung den überschüssigen Teil der gelösten Kieselsäure in fester Form an den Quarzkeim zur Ablagerung bringt 1 ). Die Lösung selbst wandert dann wieder nach unten, wo sie nach Erwärmung auf 400° C wieder Kieselsäure zu lösen vermag, die sie dann beim anschließenden Aufsteigen nach oben wieder am Keim ablagert Das geringe Temperaturgefälle von 20° C zwischen dem Nährmaterial und dem Keim ist demnach ausreichend, um die Nährlösung ständig und außerdem sehr gleichmäßig umlaufen zu lassen. Dadurch wächst der Keim stetig unter Bildung charakteristischer Wachstumsformen, und er kann hierbei in etwa 20 Tagen so viel Kieselsäure anlagern, daß er ein Bergkristall von etwa 125 g Gewicht wird. Ganz allgemein wird nun beobachtet, daß den aus einer Lösung ausgeschiedenen festen Körpern vorwiegend eine ebenflächige u n d regelmäßige Gestalt zukommt; auch den in der N a t u r gebildeten Mineralien. Solche von ebenen, scharf ausgebildeten und glänzenden Flächen umschlossene Formen lernte man schon im Altertum an Bergkristallen kennen, die aus dem eisstarrenden Alpengebirge gebracht wurden; sie waren klar wie Eis und man bezeichnete sie deshalb mit dem griechischen Namen f ü r Eis, krystdllos. Diese Bezeichnung Kristall 2 ) blieb der allgemeine Ausdruck f ü r die natürliche, von ebenen Flächen regelmäßig umschlossene äußere ') T e m p e r a t u r g r a d i e n t m e t h o d e . : Das Korizentrationsgcfälle beruht auf der verschiedenen Löslichkeit des kristallisierten SiO a bei verschiedenen Temperaturen. Zum Unterschied die I s o t h e r m m e t h o d e , bei welcher ein Konzentrationsgefälle bei konstanter Temperatur im Keaktionsraum durch eine verschiedene Löslichkcit zwischen Impfkristall (Quarz) und Nährsubstanz (Kieselglas) erreicht wird. ! ) An sich richtiger „Krystall".

Die Form der Mineralien

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F o r m der Mineralien, die w e i t e s t g e h e n d d u r c h b e s t i m m t e G e s e t z m ä ß i g k e i t e n des inneren A u f b a u e s b e d i n g t u n d e n t wickelt w i r d . E i n S t ü c k Glas, d e m m a n d u r c h Schleifen die F o r m eines Kristalls — e t w a eines W ü r f e l s — g e g e b e n h a t , ist d e m n a c h kein Kristall, d e n n seine F o r m ist keine n a t ü r liche. E i n O k t a e d e r v o n A l a u n dagegen ist ein Kristall, d e n n diese F o r m ist eine n a t ü r l i c h e ; sie e n t s t e h t , w e n n sich A l a u n a u s einer ü b e r s ä t t i g t e n wässerigen L ö s u n g a u s s c h e i d e t . Die Mineralien in der Natur können also kristallisiert auftreten; eine Zusammenhäufung von Kristallen mit nur teilweiser oder ohne eigene Begrenzung führt zu „kristallinen" Aggregaten; die innere Struktur dieser Aggregate ist hierbei die gleiche wie die der chemisch analogen Kristalle, deren äußere Form jedoch nur Ausdruck einer der zahlreichen Gesetzmäßigkeiten ist, die die regelmäßige Anordnung der kleinsten Bausteine im Kristall bedingt. E i n Kristall ist d e m n a c h ein regelmäßig begrenzter, homogener Körper, der seine F o r m seinem Stoff bzw. d e n diesem i n n e w o h n e n d e n K r ä f t e n v e r d a n k t . W e l c h e r A r t diese K r ä f t e sind, wissen wir n o c h n i c h t , j e d e n f a l l s w i r k e n sie r i c h t e n d auf die k l e i n s t e n Teilchen, die den K r i s t a l l im I n n e r n a u f b a u e n . B e m e r k e n s w e r t ist a u c h , d a ß K r i s t a l l b r u c h s t ü c k e oder S p l i t t e r so w e i t e r w a c h s e n , d a ß sie i m n e u g e b i l d e t e n K r i s t a l l ebenso o r i e n t i e r t liegen wie im u r s p r ü n g l i c h e n K r i stall. D e m n a c h b e s i t z t jedes Teilchen eines K r i s t a l l s die E i g e n s c h a f t , gleichartigen Stoff a n z u z i e h e n u n d in derselben O r d n u n g a n z u l a g e r n , die i h m selbst eigen ist. Die E i g e n s c h a f t , K r i s t a l l f o r m a n z u n e h m e n , ist n i c h t n u r auf die Mineralien b e s c h r ä n k t , s o n d e r n k o m m t allen E l e m e n t e n u n d den m e i s t e n c h e m i s c h e n V e r b i n d u n g e n zu, die aus einer L ö s u n g , Schmelze oder a u s D a m p f in d e n f e s t e n Z u s t a n d ü b e r g e h e n ; der kristallisierte Z u s t a n d ist eine allgemeine E i g e n s c h a f t d e r a n o r g a n i s c h e n W e l t , wie es eine solche der o r g a n i s c h e n W e l t ist, ihre K ö r p e r a u s Zellen auf z u b a u e n . Die L e h r e v o n den K r i s t a l l f o r m e n h e i ß t Kristallographie1). ') Die Lehre von den Kristallformen ist in einem besonderen Bändchen

dieser Sammlung: „Kristallographie" von W. Bruhns — P. Tlamdohr zusammengefaßt (Band 210).

Wachsen der Kristalle

13

Das W a c h s e n eines Kristalls können wir verfolgen, seine Keimbildung aber u n d die ersten Wachstumserscheinungen jedoch nicht. Ein Kristall wächst, indem er den Stoff aus seiner nächsten Umgebung e n t n i m m t und ihn parallel zu den vorhandenen Flächen anlagert; er wächst also durch Anlagerung, Apposition, seines Stoffes, ein Lebewesen dagegen durch Zellteilung (Intussuszeption). Durch die Abgabe von Substanz an den wachsenden Kristall wird die Lösung rings um diesen verdünnter (Kristallisationshof) und leichter; sie steigt darum in die Höhe; die schwerere Lösung dringt nach. So wird ein auf dem Boden einer Schale wachsender Kristall von der Lösung umströmt, und weil die Strömung und die Stoffzufuhr an den Rändern stärker ist als auf der Oberseite, wächst er nach den Seiten schneller und wird tafelig nach der Auflagerungsfläche. Sorgt man dafür, daß der wachsende Kristall allseitig gleichmäßig von der Lösung umströmt wird, so wächst er auch gleichmäßig. Ein wachsender Kristall umgibt sich mit ebenen Flächen, die sich in Kanten u n d Ecken schneiden. Unter den jeweils gleichen Bildungsbedingungen (wie Temperatur, Druck, Konzentration, Lösungsgenossen usw.) entstehen aus einer Lösung bestimmter chemischer Zusammensetzung Kristalle gleicher Ausbildung, gleichartiger Kristallform; Änderungen der Bildungsbedingungen können Änderungen der Kristallform verursachen. Wesentlich ist, daß die gleichen Bildungsgrundlagen einer Kristallisation jeweils zu den gleichen Kristallgestalten und -formen führen. Die Konstanten des "Wachstums sind hierbei die durch den inneren A u f b a u der Kristalle bestimmten Wachstumsrichtungen der einzelnen Flächen, die vom Keimpunkt des Kristalls als die Normalen auf die einzelnen Flächen aufgefaßt werden können (Fig. 2); die Länge der Flächennormalen Fig. 2. K = Keimpunkt. Wachstumsrichtungen. entspricht der WachstumsgeWG = Wachstumsgeschwinschwindigkeit (WG).

Die Form der Mineralien

14

Den verschiedenen Flächen an einem Kristall kommen hierdurch auffallende Richtungsunterschiede des Wachstums zu; ein nach allen Richtungen gleichmäßiges, isotropes 1 ) Wachstum würde Kugeln und keine ebenflächigen Kristalle entstehen lassen. Bemerkenswert ist, daß vom Verhältnis der Wachstumsgeschwindigkeiten nicht allein die an einem Kristall auftretenden Flächen abhängen, sondern auch ihre Größe. So haben die untereinander parallelen Mächen mit der Wachstumsrichtung B in der Fig. 3 eine größere Wachstunisgeschwindigkeit (b) als die untereinander parC allelen Flächen mit den Wachstumsrichtungen A und C; die Flächenstücke der rascher wachsenden Fig. 3. Fläche werden in den aufeinanderfolgenden Wachstumsstadien immer kleiner und müssen schließlich für diese Wachstumsrichtung verschwinden. Ganz allgemein gilt, daß die an einem Kristall vorhandenen Flächen solchen mit relativ kleinen Wachstumsgeschwindigkciten entsprechen. Das charakteristische Merkmal der Kristalle ist also eine Wachstums-Anisotropie 2 ). Ein anisotropes Verhalten der Kristalle wird aber auch bei zahlreichen physikalischen Eigenschaften beobachtet. So ist die Härte bei Disthen, A l 2 [ 0 | S i 0 4 ] , ganz augenfällig richtunggebunden (in der Längsrichtung der Kristalle eine geringere Härte als senkrecht dazu). Auch die Spaltbarkeit, Wärmeleitfähigkeit und die optischen Eigenschaften der Kristalle stehen in ursächlicher Abhängigkeit von der Richtung, so daß zur Definition 2

gr. isos = gleich; tröpos — Richtung. ) gr. an — nicht, ohne; isos = gleich; tröpos = Richtung.

Ausbildung der Kristalle

15

kommen kann: Die Kristalle sind von ebenen Flächen begrenzte homogene, anisotrope Körper. Inhomogenitäten ergeben sich in einem Kristall durch polymorphe Umwandlungen eines Hochtemperaturminerals (s. S. 127), durch Entmischung von Mischkristallen (s. S. 133), aber auch durch Einschlüssefester, flüssiger und gasförmiger Fremdkörper (s. S. 141). Die Mischkristalle aller Art entsprechen auch in streng physikalisch-chemischem Sinn der Homogenitätsforderung.

Gleichmäßiges und ungestörtes Wachstum führt zu gleichmäßig gewachsenen Kristallen. Treten während des Wachstums aber Störungen ein, wie etwa Änderungen in der Zusammensetzung der Lösung, so können diese, z. B. bei Verschiedenfarbigkeit der Anlagerungsschichten, deutlich sichtbar werden (Schichtenbau). Die Apposition der Schichten wird auch durch die gelegentlich beobachtbaren Anwachspyramiden augenfällig. Indem der Kristall sich vergrößert, baut sich über jeder seiner Flächen eine Pyramide auf, die ihre Spitze im Koimpunkt besitzt. Die Anwachspyramiden treten meist erst in Durchschnitten (Andalusit) oder Dünnschliffen (z. B. die sog. Sanduhrformen bei Augit) auf. Die Ausbildung, auch Tracht 1 ) der Kristalle genannt, kann tafelig (planar), säulig bis nadelig (prismatisch bzw. axial) oder isometrisch, d. h. ganz gleichmäßig sein. Nach ihrer Tracht sind manche Mineralien leicht zu erkennen. Die Erkennung wird erschwert, wenn durch Wachstumsbehinderung oder durch betonte Wachstumsförderung bestimmter Flächen oder Richtungen die Kristalle verzerrt vorliegen (Fig. 5 und 6). Durch Aneinanderreihung kleiner, nicht parallel gestellter Kriställchen entstehen sattel- oder garbenförmige Individuen. Bei ganz schneller Kristallisation, z. B. aus stark unterkühlten oder stark übersättigten Lösungen, wachsen die Kristalle vorzugsweise nach den Ecken und Kanten; es entstehen sog. Kristallskelette. Sie zeigen den Umriß der Form, ihr Inneres aber ist nicht erfüllt. Durch das Vorherrschen eines solchen Wachstums entstehen baumförmige, moos-, draht- und haarförmife Kristallbildungen, ') Vgl. S. 17.

16

Die Form der Mineralien

Fig. 4.

Fig. 5.

Fig. 6.

die als Oitterkristalle angesprochen werden; sie sind bei Gold, Silber, Kupfer und anderen Mineralien nichts seltenes. Die Flächen, die die Kristalle begrenzen, haben verschiedene Beschaffenheit; sie sind oft eben und glänzend, oft aber auch rauh, matt, gestreift, bisweilen auch gekrümmt oder mit regelmäßigen Vertiefungen oder Erhabenheiten versehen. Die Flächen eines Kristalls sind nun untereinander nicht immer gleichwertig. Für den Kristall der Fig. 7 a sind

Fig. 7 a. Fig. 7 b. Kombination von Würfel und Oktaeder.

z. B. dreieckige und viereckige Flächenformen charakteristisch; die dreieckigen Flächen können nun jeweils durch Drehung um 90° um eine Achse, die im Mittelpunkt der viereckigen Fläche zu dieser senkrecht steht, zur Deckung gebracht werden. Aber auch durch Spiegelung an einer Ebene

Einfache Kristallform —• Kombinationen

17

Sj oder S 2 (Fig. 7b) können je zwei Dreiecksflächen ineinander übergeführt werden. In diesem Verhältnis zueinanderstehende Flächen gleicher Ausbildung und Beschaffenheit nennt man gleichwertige Flächen. Die Gleichwertigkeit der Flächen wird durch Gesetze des inneren Aufbaues und der von diesen abhängigen kristallographischen sowie physikalischen Erscheinungsformen bestimmt. So lassen sich oft physikalisch gleichwertige und ungleichwertige Flächen leicht erkennen. Eine physikalische Verschiedenheit äußert sich z. B. darin, daß ein Kristall nach gewissen Flächen leicht spaltbar ist, nach anderen nicht; die physikalische Gleichwertigkeit darin, daß sich ein Kristall nach mehreren Richtungen mit gleicher Leichtigkeit (Steinsalz nach den Würfelflächen) spalten läßt. Ein von glänzenden quadratischen und rauhen dreiseitigen Flächen begrenzter Flußspat (Fig. 7 a) läßt sich nach den rauhen Flächen leicht spalten, nach den glänzenden nicht; seine Flächen sind physikalisch verschieden.

Einfache Kristallform. Wenn alle an einem Kristall vorhandenen Flächen gleichwertig sind, so nennt man die Form eine einfache Kristallform. Eine solche ist z.B. der Würfel, aber auch das Oktaeder (z. B. von Magnetit, Alaun, Flußspat) oder Rhombendodekaeder (Granat) sowie das Rhomboeder (Kalkspat). Kombinationen. Eine Kristallform, die von ungleichwertigen Flächen begrenzt ist, nennt man eine Kombination; sie wird von Flächen begrenzt, die mehreren einfachen Kristallformen angehören. Fig. 7 a stellt eine Kombination dar, die an Flußspat häufig ist; die quadratischen Flächen würden für sich eine einfache Kristallform, den Würfel, die dreiseitigen das Oktaeder bilden. Die ganze Form ist eine Kombination von Würfel mit Oktaeder. Die „Flächenkombination" eines Kristalls wird nach der Terminologie von Tertsch u. a. als Habitus bezeichnet; die Tracht (S. 15) ist die „Ausbildungsweise" der Flächen. Doch wird auch eine umgekehrte Definition gegeben. Für Niggli u. a. ist die „ T r a c h t " durch die Formenkömbination bestimmt; der „Habitus" betrifft die Ausbildung, charakterisiert durch die Flächengröße. Für jeden Fall stellen Ha2

B r a u n s - C h u d o b a , .A 11g. Mineralogie

18

Die Form der Mineralien

bitus und Tracht einen augenfälligen Ausdruck der Reaktion des wachsenden Kristalls auf die seine Bildung begleitenden chemischen und physikalischen Umstände dar. Winkel. Zwei benachbarte Kristallflächen schneiden sich in einer Kante und schließen einen Winkel ein. Während sich die Größe der Kristalle ebenso wie die der Kristallflächen während des Wachsens ändert, bleiben die Winkel unverändert, weil sich auf den Flächen eines wachsenden Kristalls der Stoff in immer parallelen Schichten ablagert. So ist die Größe der Winkel, unter denen die Kristallflächen zusammenstoßen, eine wesentliche, mit den konstant bleibenden Wachstumsrichtungen im Zusammenhang stehende Eigenschaft. An allen Kristallen der chemisch gleichen Mineralart schneiden sich dieselben Flächen immer unter gleichen Winkeln. Diese grundlegende Winlcelbeständigkeit hat Nicolaus Steno im Jahre 1669 entdeckt (von Rome de VIsle 1783 als allgemein gültiges „Gesetz der Winkelkonstanz" aufgestellt) und aus Beobachtungen Uber das Wachsen der Kristalle abgeleitet. Die Fig. 4—6 stellen z. B. eine bei Quarz häufige Kombination' eine sechsseitige Säule (ein Prisma) mit Pyramidenflächen, darDie Prismenflächen sind, namentlich in Fig. 6, in Größe und Form sehr verschieden, aber trotzdem alle untereinander gleichwertig, was durch die gleichartige horizontale Streifung dieser Flächen augenfällig wird. Ihre Gleichwertigkeit wird auch in der Winkelkonstanz der Flächen untereinander bestätigt; der Prismenwinkel ist für alle beteiligten Flächen der gleiche, nämlich 120°. Zur Messung der Winkel bedarf man eines besonderen Instrumentes, des Goniometers'1); es ermöglicht, die Gesetze, nach denen die Kristallflächen angeordnet sind, zu ermitteln und die Kristallformen in einer ihrer Natur entsprechenden Weise zu ordnen. Goniometer. Das einfachste Goniometer ist das Anlegegoniometer (Fig. 8), so genannt, weil es bei der Messung an die Kristalle angelegt wird. Es besteht aus einem in Grade geteilten Halbkreis, dessen Enden durch eine feste Schiene verbunden sind. In der Mitte ') gr. gonia —- Winkel, rriitron = Maß.

Bedeutung der Winkel

19

dieser Schiene befindet sich ein fester Zapfen, um den sich ein Schenkel drehen läßt.Dieser Schenke] ist auf seiner oberen rechten Seite abgeschrägt und nur halb so breit als der untere Teil; seine rechte Kante würde verlängert genau durch den Mittelpunkt gehen. Soll nun ein Winkel gemessen werden, so legt man die Schiene links von dem Zapfen mit ihrer Unterseite auf die eine Fläche und ihr genau parallel, dreht mit dem Zeigefinger den beweglichen Schenkel, bis er der anderen Fläche genau parallel anliegt, und sieht zu, auf welcher Zahl die abgeschrägte obere (rechte) Kante dieses Schenkels steht. Dies ist der Winkel, den beide Flächen bilden (Genauigkeit bei guten und nicht zu kleinen Kristallen etwa 1I3°)Zur genauen Messung der Flächenwinkel dienen die Reflexionsgoniometer, Instrumente auf optischer Grundlage (unter Verwendung der Reflexion einfallender Lichtstrahlen auf eindeutig gegeneinander fixierte Lagen der Kristallflächen), die Winkel bis auf Sekunden genau zu ermitteln gestatten. Mit dem Anlegegoniometer mißt man den sichtbaren äußeren Winkel (oc) ; die Messung auf dem Reflexionsgoniometer erschließt jenen Winkel, den die Normalen zu den Flächen im Innern miteinander bilden (180—a der Fig. 9). Für das reguläre Oktaeder z. B. ist der erstere 109° 28' 16", der Normalenwinkel aber 70° 31' 44", der eine also das Supplement des andern. Da bei Berechnungen u n d Projektionen die Normalenwinkel einzusetzen sind, werden in den Hand- und Lehrbüchern nur diese angeführt. Bedeutung der Winkel. An einem Spaltungsstück von Kalkspat wird der Winkel, den zwei Flächen miteinander bilden, zu 105° 5' (bzw. 74° 55') gemessen. An jedem weiteren Spaltungs-

l' ig. 9. Flächenwinkel un i Normalenwinkel.

20

Die Form der Mineralien

stück dieses Minerals wird der gleiche Winkel ermittelt. Er ist für Kalkspat charakteristisch. Mit Kalkspat ist Dolomit zum Verwechseln ähnlich; er läßt sich ebenso wie dieser nach drei Richtungen spalten, aber zwei Spaltflächen schneiden sich unter 106° 25' (bzw. 73° 35'). So können die Winkel dazu dienen, Mineralien voneinander zu unterscheiden oder ein Mineral, das uns oft in verschiedener Gestalt entgegentritt, zu bestimmen. Aus gemessenen Winkeln werden das Achsenverhältnis eines Kristalls (S. 28) und die Indizes seiner Flächen (S. 29) berechnet. Die Winkelmessung bildet die Grundlage der rechnenden Kristallographie. Symmetrie. F ü r die an einem Kristall auftretenden F l ä chen ist nun wesentlich, daß sie eine gesetzmäßige Verteilung und Anordnung erkennen lassen. Diese Gesetzmäßigkeit äußert sich am klarsten in der regelmäßigen Wiederholung gleichwertiger Flächen eines Kristalls zu gewissen Ebenen oder Richtungen. Oft kann man einen Kristall durch eine Ebene in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften teilen. Eine solche Ebene wird Spiegel- oder Symmetrieebene genannt. So läßt sich beim Kristall der Fig. 1 0 a durch die vier Ecken E eine Spiegelebene legen; nach dieser ist die eine Hälfte des Kristalls das Spiegelbild der anderen (Fig. 10 b). Nur durch diese eine Ebene kann man den in Fig. 10 a dargestellten Kristall in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften teilen; er Fig. 10 a. Fig. 1 0 b . besitzt daher nur eine Spiegelebene.

\

Die einzelnen Kristalle gleichen einander und unterscheiden sich durch die jeweilige Zahl der Spiegelebenen, die durch sie hindurchgelcgt werden können. Durch manche Kristalle kann man überhaupt keine Spiegelebene legen (Fig. 92). durch andere nur eine (Fig. 10 a und 91), durch wieder andere drei (Fig. 82—89), fünf (Fig. 73—81), sieben (Fig. 5 4 - 6 3 ) oder gar neun (Fig. 22—37). Kristalle, durch

Symmetrie

21

die man mehr als neun Spiegelebenen legen konnte, gibt es nicht. Um die Zahl der an den Kristallen beobachtbaren Spiegelebenen, ihre Gesetzmäßigkeit und gegenseitige Lage zu erklären und zu verstehen, wurden bestimmte Vorstellungen über den inneren Aufbau der Kristalle notwendig und ausgelöst, weil nur dann die ermittelten phänomenologischen Tatsachen eine Deutung zuließen. Die Spiegelebenen gehen häufig Kristallflächen parallel; sind diese einander gleichwertig, so sind es auch die Spiegelebenen. I n einem Kristall — wie dem in Fig. I I a dargestellten — sind die den quadratischen Flächen parallelen Spiegelebenen einander gleichwertig. Ebenso sind die den sechseckigen Flächen parallelen Spiegelebenen, die durch die Diagonalen der quadratischen Flächen verlaufen, einander gleichwertig, aber von den ersteren verschieden; der Kristall beFig. I I a . sitzt 3 + 6 Spiegelebenen (Fig. I I b ) . Eine Symmetrieebene, die zu anderen — unter sich gleichen — senkrecht steht, wird Hauptsymmetrieebene genannt, die anderen Nebensyinmetrieebcnen. Der Kristall der Fig. 11 a besitzt 3 H a u p t und 6 NebenS.E. 1 ). Eine andere Art von Regelmäßigkeit in der Verteilung der Flächen wird daran erkannt, daß sich gleichwertige Flächen eines Kristalls nach Drehung u m eine Hbbestimmte Richtung im Kristall zur Deckung bringen lassen. Solche Richtungen werden als Declcachsen oder Symmetrieachsen2) bezeichnet. Manche Kristalle können bei einer vollen Umdrehung um 360° nur zweimal, andere drei-, vier- oder sechsmal ineinander übergeführt u n d zur Deckung gebracht werden (Fig. 12); die *) Abkürzung für Spiegelebene. ) Abkürzung: S.A.

8

Die Form der Mineralien

22

Deckachse ist zweizählig (I), dreizählig ( a ) , vierzählig ( • ) oder sechszählig ( • ) . Der B e t r a g der jeweils notwendigen Drehung bis zur Deckung b e n a c h b a r t e r gleichwertiger zu

4

Fig. 12. Zwei-, drei-, vier- und sechszähüge Symmetrieachsen.

Flächen entspricht hierbei 180°, 120°, 90° oder 60°. Mehr als sechszähüge Symmetrieachsen werden nicht beobachtet, aber auch keine fiinfzähligen. Die Ursache dieser B e o b a c h t u n g liegt gleichfalls im r a u m g i t t e r a r t i g e n A u f b a u der Kristalle, der n u r Drehungsbeträge obiger Winkel werte und d a m i t n u r Deckachsen der a n g e f ü h r t e n Zähligkeit zuläßt (vgl. S. 71). Ebenso ist das A u f t r e t e n mehrerer zweizähliger, aber auch anderszähliger Achsen untereinander an einem Kristall durch die innere S t r u k t u r derselben b e s t i m m t u n d ableitbar. Eine Deckachse, die zu zwei oder mehreren zweizähligen Symmetrieachsen senkrecht steht, wird als Hauptachse hervorgehoben. Die zweizähligen Achsen sind dann Nebenachsen (Fig. 13); diese sind u n t e r e i n a n d e r gleichwertig, wenn sie jeweils gleichwertigen kristallographischen Elementen parallel gehen. So k o m m e n einem quadratischen P r i s m a (Fig. 13) senkrecht zur vierzähligen H a u p t achse noch 4 zweizählige Deckachsen zu; von denen sind jedoch n u r je 2 gleichwertig. E i n m a l entsprechen sie R i c h t u n g e n durch die K a n t e n - , zum anderen durch die Fig. 13. Vierzähiige Hauptachse, 2 + 2 zweizahbge Symmetrieachsen.

Flächenmitten des quadratischen 1 „ . , . 0. P r i s m a s (vgl. Flg. 13).

Symmetrie

23

Noch eine weitere Symmetrie ist kurz anzuführen. An möglichst ringsum ausgebildeten Kristallen sieht man, daß zu jeder Fläche eine gleichwertige, parallele Gegenfläche auftritt (Fig. 22, 26, 57 u. a.), bei manchen aber auch nicht (Fig. 38). Von den ersteren sagt man, sie haben ein Symmetriezentrum1), bei den anderen fehlt dies. Neben diesen einfachen Deckoperationen (Symmetrien) ist noch eine zusammengesetzte erwähnenswert: Die Drehspiegelung. Bei ihr wird eine Deckung erst durch Drehung bei gleichzeitiger Spiegelung a.n einer auf ihr senkrecht stehenden Ebene erzielt; solche Achsen werden „Drehspiegelachsen" genannt. Bei einem Rhomboeder (Fig. 14) ist jeweils ein Drohwinkel von 60° um die c—c-Richtung erforderlich, damit eine Fläche spiegelbildlich in bezug auf eine senkrecht zu dieser Achse liegenden Ebene steht; die Drehspiegelachse ist sechszählig (O)- Als weitere Drehspiegelachse kommt noch eine vierzählige () zur Beobachtung, z. B. an doppelkeilälinlichen Flächenformen (Bisphenoiden). Der Drehwinkel beträgt bei ihr 90°. Jede vier- bzw. sechszählige Drehc spiegelachse ist für die einfache SymFig . 14. metrie gleichzeitig zwei bzw. dreizählig. Von grundlegender Bedeutung ist nun die Feststellung, daß die hier besprochenen Symmetrieelemente — nämlich die Symmetrieebenen, die verschiedenen Symmetrieachsen und das Symmetriezentrum — nur in ganz bestimmten, vom inneren Aufbau abhängigen, gesetzmäßigen Verbindungen untereinander auftreten. So gibt es Kristalle, die gar keines von den angeführten Symmetrieelementen besitzen, während andere durch die beobachtbare Höchstzahl von 9 Spiegelebenen, 13 Deckachsen und einem Symmetriezentrum ausgezeichnet sind; dazwischen stehen Kristalle mit anderen Symmetriekombinationen. ') Abkürzung: S.Z. (auch C.).

24

Die Form der Mineralien

In Abhängigkeit vom ermittelten gesetzmäßigen A u f b a u werden 32, durch ihre Symmetrieeigenschaften selbständige Kristallklassen unterschieden; ihre Symmetrieelemente u n d Bezeichnungen sind in der Tabelle der Seiten 54—59 zusammengestellt; auf eine nähere u n d ausführliche Kennzeichnung aller dieser Kristallklassen m u ß verzichtet werden. Wichtig ist, daß sich die Kristallklassen in sieben Gruppen, die sieben Kristallsysteme, ordnen lassen; ihre Besprechung (S. 32) kann aber erst nach Erklärung weiterer kristallographischer Begriffe erfolgen. Zone. An vielen Kristallen sind einander parallele K a n t e n vorhanden; so sehen wir in Fig. I I a auf S. 21, daß die aufrechten K a n t e n einander parallel sind, ebenso jene, die von links nach rechts, aber auch jene, die von vorn nach hinten verlaufen. Flächen, die sich in parallelen K a n t e n schneiden, liegen in einer Zone. Unter einer Zone versteht man also die Gesamtheit der Flächen, die untereinander parallele K a n t e n bilden. Die Flächen einer Zone liegen einer Zonenachse parallel, die, durch den Mittelpunkt des Kristalls gelegt, den K a n t e n einer Zone parallel geht. Diese häufig nach dem Augenmaß wahrzunehmende oder auf dem Reflexionsgoniometer zu ermittelnde Parallelität von Kristallkanten findet eine vorteilhafte Auswertung bei der graphischen Darstellung der Kristalle mit Hilfe der P a r allelperspektive. Bei dieser fallen die Strahlen parallel auf den abzubildenden Kristall ein; stehen sie außerdem noch senkrecht zur Bildebene, so ergibt sich die^Orthogonalprojektion, die f ü r die Anfertigung der Koptbilder (Fig. 15), aber auch für andere Ansichten von Kristallen, verwendet wird. Die Flächen der Zonen, die auf der Projektionsebene senkrecht stehen (wie m, l und b), erscheinen als gerade Linien und zugleich als Konturen des Kopfbildes. Zu beachten bleibt, daß Kanten, die am Kristall in zueinander parallelen Ebenen liegen, im Kopfbild parallel Fig. 15. Kopfbild von Topas.

25

Stereographische Projektion

erscheinen, auch dann, wenn sie am Kristall nicht untereinander gleichlaufend sind. Die Kopfbilder und andere parallelperspektivische Darstellungen kommen jedoch nur selten bei Küristallbeschreibungen zur Anwendung. Häufiger sind schematische Projektionen und unter diesen vor allem die stenographische Projektion, die auch eine praktische Grundlage für die zeichnerische Darstellung von Kristallen vermittelt. Nachdem die Ausbildung der Flächen nach Form und Größe gegenüber der grundlegenden Konstanz der Winkelbeziehungen am Kristall zurücktritt (vgl. S. 18), so ergibt sich für die projektiven Aufgaben ganz allgemein die Verwendung der Flächennormalen; bei der stereographischen Projektion dann im besonderen das Auffangen aller Normalenrichtungen auf der Oberfläche einer um den Kristall gelegten Kugelfläche (Fig. 16). Die Durch-

PE

•PE

Fig. 16. Prinzip der stereograpMschen Projektion (Vertikalschnitt).

stoßpunkte der Normalenrichtungen auf der Kugel (z. B. und Äk von Würfel und Rhombendodekaederflächen) ergeben zunächst die sog. Flächenpole. Sie werden durch die Verbindung mit dem Augpunkt (dem Südpol der Kugel) auf die Projektionsebene (PE) — die der Aequatorialebene entspricht — projiziert. Als Projektionspunkte ergeben sich z. B. Wp und Äp. Die stereographische Projektion einer Kombination von Würfel, Rhombendodekaeder und Oktaeder (vgl. Fig. I I a auf S. 21) erschließt die Fig. 17. Die Flächenpole einer Zone liegen jeweils auf einem Großkreis der Kugel, der sich in der Projektionsebene gleichfalls als Großkreis

Die Form der Mineralien

26

(oder als Gerade) darstellt. Der Äquator erscheint als Grundkreis. Wesentlich hierbei ist, daß sich die stereographische Projektion als winkeltreu erweist, d.h. die Winkel auf der Kugeloberfläche sind den äquivalenten Winkeln in der stereographischen Projektion f gleich. In der Fig. 17 entsprechen demnach die Winkel zwischen den verschiedenen Flächenformen w, r und o sowie bei den einfachen Flächenformen selbst Fig. 17. Stereographische den Normalenwinkeln in der dargestellten Projektion Kombination. von Würfel (w), Rhombendodekaeder (r) Ein praktisches Hilfsmittel für die Erund Oktaeder (o). leichterung vonArbeiten undAufgaben mit der stereographischen Projektion liegt im Wulff sehen Netz vor; es stellt die Projektion eines Gradnetzes aus Meridian- und Breitenkreisen von 2 zu 2° dar, soweit sie auf der oberen Halbkugel liegen. Die Anfertigung einer stereographischen Projektion erfolgt unter weitestgehender Ausnützung der beobachtbaren Zonenverbände und durch Eintragung der gemessenen Flächenpole mit Hilfe der Winkel

Vs- ganzzahlig gemacht durch 3 Multiplizieren mit I 1 ergibt 321. Ein anderes Beispiel: 2 a : 3 b : 4 c ; die reziproken Werte 1 / 2 , 1 / 3 , 1 / 4 ; nach Multiplikation mit 1 2 / t die Indizes 643. Die Buchstaben f ü r die Achsen bleiben fort, die drei Zahlen werden nebeneinander gestellt und als Symbol der Form in Klammern gesetzt, also: (321), (643). Hierbei h a t man darauf zu achten, daß sich die erste Zahl auf die Achse a, die zweite auf b, die dritte auf c bezieht. Ist die Ableitungszahl oo, so t r i t t als Nenner Null, da 1 /oo = 0. Demnach f ü r a : oob : ooc die Indizes (100), f ü r 2 a : b : ooc = (120). F ü r die auf S. 27 unterschiedenen und in Fig. 19 wiedergegebenen Flächentypen ergeben sich folgende Indizierungen: A a : b : c = l l l (Pyramidenfläche) B o o a : b : c = 011 (Längsprismenfläche) l prjsmen_ C a : o o b : c = 101 (Querprismenfläche) i flächen D a : b : o o c. = 110 (Vertikalprismenfläche) > E a : o o b : o o c = 100 (Querfläche) "i F o o a : b : o o c = 010 (Längsfläche) > Endflächen G o o a : o o b : c = 001 (Basis) > Die Millerschen Indizes haben den Vorzug der Kürze u n d den Vorteil, daß sie f ü r alle Systeme in der gleichen Weise gelten. I m m e r bleibt festzuhalten, daß die Indizes „reziproke" Werte sind. F ü r eine Fläche 234 bedeutet dies also, daß die a-Achse in 1 / 2 , die b-Achse in 1 / 3 , die c-Achse in 1 / 4 der Abschnittsei'n/ieii der a-, b- u n d c-Achse geschnitten werden. (Bei Achsenkreuzen mit 3 Nebenachsen t r i t t eine kleine Abweichung auf, die S. 40 besprochen wird.)

Die Form der Mineralien

30

Soll die Lage einer einzelnen Fläche in einem bestimmten Teil der durch die Achsen gebildeten 8 R a u m a b s c h n i t t e (Oktanten) angegeben werden (Fig. 20), so geschieht dies durch eine Bezugnahme auf die Halbachsen, die als + u n d — unterschieden werden, und durch die Angabe dieser Vorzeichen im Parameterverhältnis bzw. bei den Indizes. "Werden z. B. die Halbachsen im rechten oberen R a u m a b s c h n i t t als + bezeichnet (also als + a, + b u n d + c), so wird die Lage der vier nach vorn liegenden Mächen einer Pyramide (I, I I , I I I und IV in Fig. 20) wie folgt angegeben:

-c

Fig. 20. Lage der Flächen in verschiedenen ltaumabschnitten.

i. ^ a : + b a: - b i n . -i a : + b b IV. + a : ii.

+ c = Iii + c = m — c = ii! —c =

ii!

In den Indizes bleibt das -f-Zeichen f o r t u n d das — Zeichen wird über die Zahl gesetzt. Die Einklammerung der Indizes fällt fort, wenn sich diese auf eine einzelne Fläche beziehen. F ü r die Pyramidenflächen I. bis IV. ergeben sich also die Indizes: 111, 111, I i i u n d 111. 3. Indizesberechnung von Flächen aus dem Zonenverband. Sobald die Indizes von drei sich schneidenden Flächen bekannt sind, kann man die Indizes der Flächen ermitteln, die mit diesen im Zonenverband stehen. In Fig. 21 a mögen die Achsen den langen Kanten parallel gehen, dann haben die quadratischen Flächen folgende Indizes: a = 100, b = 010, c = 001; es sind die Fundamentalflächen (S. 28). Die Flächen d stumpfen die Kanten zwischen den Flächen a/b, alc und bjc gerade ab; ihre Indizes kann man berechnen nach dem Satz: Die Addition der Indizes von zwei gleichwertigen Flächen ergibt eindeutig die Indizes derjenigen Fläche, die die dazwischenliegende Kante gerade abstumpft; so für d': 100 -'- 010 = 110, für Fig. 2 i a . d": 100 -f 001 = 101, für d'"\ 010 + 001 = 011.

Bezeichnung der Kristallflächen

31

In Fig. 36 (Seite 37) sind die Indizes der rechten und oberen rhombischen Fläche 110 und 101; die Indizes der ihre Kante gerade abstumpfenden Fläche 1 1 0 + 101 = 211. Allgemein gilt der Satz: Die Addition der Indizes von zwei benachbarten Flächen ergibt die Indizes einer zwischenliegenden Fläche; also 110 + 001 = 111. Dies erscheint aber nicht eindeutig, weil die beiden Flächen nicht gleichwertig sind; in der gleichen Zone könnten daher u. a. liegen (vgl. Fig. 21b): 111 (o) + 110 (d') = 221 und 111 (o) + 001 (e) = 112; zwischen a und d': 1 0 0 + 1 1 0 = 210. Wesentlich aber ist, daß die Fläche o (Fig. 21b) zugleich zwei Zonen angehört; sie liegt mit a (100) und d'" (011) in einer Zone, dann aber auch mit 6 (010) und d" (101) in einer Zone. Sobald aber eine Fläche in zwei bekannten Zonen liegt, ist ihre Lage eindeutig bestimmt Fig. 21b. und man kann ihre Indizes errechnen. Man ermittelt zunächst aus den bekannten Indizes zweier Flächen die Indizes von deren Kante, d. h. die ihrer Zonenachse. Dasselbe geschieht für die zweite Zone. Aus den Indizes beider Zonen ergeben sich dann die Indizes der Fläche, deren Lage durch die beiden Zonenachsen fixiert ist. Zur Berechnung verfährt man nach einem einfachen Schema, indem man die Indizes der ersten Fläche zweimal nebeneinander setzt, die Indizes der zweiten ebenso darunter, das erste und letzte Glied streicht und die anderen kreuzweise multipliziert und subtrahiert ; z. B. Berechnung der Indizes für die Zone a (l00)/d"'(011). a 1 0 0 10 0 XXX d'" 0 1 1 0 1 1

W\

0 x 1 — 0 x 1 = 0 ; 0 x 0 — l x l = — l;l_x

1 — 0 x 0 = 1.

Die Indizes der Zone a/d'" sind demnach [Oll] 1 ). Nach gleicher Berechnung erhält man für die Zone b (010)[d" (101) die Indizes [101]. Aus den Indizes beider Zonen errechnet man dann nach dem gleichen Schema, unter Berücksichtigung der Vorzeichen, die Indizes der in beiden Zonen liegenden Fläche: a/d"' 0 11 01 1 b/d" 1 01 10 1 l x l

— 1 x 0 = 1 ;

l x l — 0 x 1 = 1; 0 x 0 — 1 x 1 = 1.

Die Indizes der Fläche o sind demnach eindeutig 111.

Die Indizes der Zonen werden in „cckige" Klammern gesetzt.

32

Die Form der Mineralien

Diese Art der Berechnung ist für alle Kristallflächen möglich, die miteinander im Zonenverband stehen, ohne Rücksicht auf das Kristallsystem; sie gestattet, ohne Winkelmessung die Indizes der Flächen zu bestimmen.

Gesetz der rationalen Achsenabschnitte. Eine Gesetzmäßigkeit besonderer Art, die eine unmittelbare Anregung zu hypothetischen Vorstellungen über den inneren Aufbau der Kristalle gab, liegt darin, daß die in einem Parameterverhältnis auftretenden Ableitungszahlen m und n immer einfache ganze Zahlen oder Brüche sind, z.B. 2, 3, 4, 1/4, 1J3, l J 2 , 3 / 2 usw.; d. h. wenn man nach den auf S. 26 angegebenen Grundsätzen die Achsen gewählt hat, so lassen sich alle an einem Kristall auftretenden Flächen durch einfache rationale Zahlen auf diese Grundform beziehen. In diesem wichtigen Gesetz, das als Oesetz der rationalen Achsenabschnitte bezeichnet wird, offenbart sich das innere Wesen der Kristalle; hierdurch unterscheiden sich ihre Formen von denen beliebig konstruierter geometrischer Körper. Die Gesamtheit der hiernach an einer Kristallart möglichen Flächen nennt man deren Formenreihe. Kristallsysteme und deren Achsenkreuze. Die großen Gesetzmäßigkeiten, die als Wesensmerkmale den Kristallen zukommen, finden ihren betonten Ausdruck im Gesetz der Winkelkonstanz und im Rationalitätsgesetz; sie sind aus dem raumgitterartigen Aufbau der Kristalle zu deuten, ebenso wie die an den Kristallen möglichen Symmetrieelemente und ihre bestimmten, untereinander begrenzten Kombinationen. Die Erfassung dieser Gesetzmäßigkeiten führte zur Ermittlung und Ableitung der 32 Kristallklassen (S. 24). Jeder Kristall, gleichgültig welcher Bildungsart, ist Träger solcher Symmetrieelemente, die eine Einordnung in eine dieser Klassen ermöglichen. Eine jeweils bestimmte Zahl von den 32 Kristallklassen läßt sich nun nach der Gleichartigkeit der Flächenformen und Zonensysteme auf gleiche Achsenkreuze beziehen und damit zu engeren Verbänden, die man Kristallsysteme nennt, zusammenfassen. Die Kristallklassen unterscheiden sich also durch ihren Symmetriegrad, die Kristallsysteme durch ihr Achsenkreuz.

Kristallsysteme und deren Achsenkreuze

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Für die verschiedenen Kristallsysteme gelten folgende Achsenkreuze: Kubisches System, drei gleiche, aufeinander senkrechte Hauptachsen, a, a, a (vgl. Fig. 22). Hexagonales System, drei gleiche Nebenachsen, die sich in einer Ebene unter 120° schneiden, und senkrecht dazu eine vierte, von jenen verschiedene Hauptachse, a, a, a, c (vgl. Fig. 54). Trigonales System, Achsenkreuz des hexagonalen; die Flächenformen werden aber durch eine dreizäMige H a u p t achse beherrscht. (Die Hauptachse des hexagonalen Kristallsystems ist secÄszählig.) (Fig. 64). Tetragonales System, zwei gleiche, aufeinander senkrechte Nebenachsen und senkrecht dazu eine dritte, von jenen verschiedene Hauptachse, a, a, c (vgl. Fig. 73 a). Rhombisches System, drei ungleiche, aufeinander senkrechte Achsen, a, b, c (vgl. Fig. 82). MonoUines System, drei ungleiche Achsen; zwei (a,c) schneiden sich unter schiefem Winkel, die dritte (b) steht auf beiden senkrecht (vgl. Fig. 90). Triklines System, drei ungleiche, unter schiefen Winkeln sich schneidende Achsen a, b, c (vgl. Fig. 92). Bei der Betrachtung stellt man die Kristalle zweckmäßig so, daß eine Achse (c) vertikal ist (Vertikalachse) und eine andere (b) quer von links nach rechts geht (Querachse); die Lage der dritten (a) ergibt sich dann von selbst (Längsachse). Innerhalb der verschiedenen Kristallsysteme kommen den einzelnen Kristallklassen verschiedene Stufen der Symmetrie zu. Die jeweils den höchsten Symmetriegrad kennzeichnende Klasse wird als vollflächige oder holoedrische1) bezeichnet; sie besitzt die Symmetrie des Achsenkreuzes. Unter den mindersymmetrischen Klassen spielen solche der Hemiedrie2), der Halbflächigkeit, eine besondere Rolle. ') gr. hölos = völlig, ganz, hddra = Fläche. •) gr. h i m l = halb, h i d r a = Flache. 3

Brauns-Chudoba, Allg. Mineralogie

34

Die Form der Mineralien

F ü r sie ist charakteristisch, daß z. B. an einem Oktaeder die eine H ä l f t e der Flächen glänzend, die andere m a t t ist (Fig. 40). Noch häufiger wird beobachtet, daß nur die eine H ä l f t e der Flächen a u f t r i t t , die andere H ä l f t e ganz fehlt; aus dem Oktaeder wird so das Tetraeder (Fig. 38); die a u f t r e t e n d e F o r m ist ein Halbflächner oder Hernieder des Vollflächners oder Holoeders. Wie leicht einzusehen, kann ein Vollflächner zwei Halbflächner liefern, je nachdem die eine oder die andere H ä l f t e seiner Flächen a u f t r i t t ; beide haben genau dieselbe F o r m , aber verschiedene physikalische Eigenschaften (z. B. verschiedenen Glanz) u n d an demselben Kristall eine verschiedene Lage. Das Tetraeder, das die Lage der weißen Flächen in Fig. 40 hat, bekäme die Indizes (111), das andere (111). Seltener t r i t t von einer F o r m nur der vierte Teil der Flächen auf, was man als Tetartoedrie1) bezeichnet (Fig. 71). Die ebenfalls im ganzen seltene Erscheinung, daß an einem E n d e einer Achse andere Flächen auftreten als am anderen, n e n n t m a n .Hemimorphie2). Die H a u p t a c h s e ist dann n u r polar u n d nicht mehr bipolar, was häufig durch verschiedene Flächenkombinationen an ihren beiden Achsenenden augenfällig wird (Fig. 70). Jede Hemiedrie ist nach ihrer Symmetrie eine Kristallklasse f ü r sich; die 32 Klassen bestehen aus 7 holoedrischen u n d 25 hemiedrischen (tetartoedrischen u n d hemimorphen) Klassen; immer ist es möglich, die hemiedrischen Klassen eines Systems von den holoedrischen abzuleiten. I m folgenden werden nur die wichtigsten holoedrischen u n d hemiedrischen F o r m e n besprochen. Bei ihrer Beschreibung wird angenommen, daß die F o r m e n ideal ausgebildet sind, d . h . die gleichwertigen Flächen eines Kristalls werden gleich groß dargestellt. Symmetriezentrum ist bei allen holoedrischen F o r m e n vorhanden. Eine Übersicht über die 32 Kristallklassen gibt die Tabelle der Seiten 54—59; in ihr sind neben den kennzeichnenden Symmetrieelementen auch ihre Bezeichnungen angeführt. ') gr. titartoa = ein Viertel, hödra = Fläche. 2 ) gr. iicrni = halb, morphe = Gestalt.

Kubisches (reguläres) S y s t e m

35

1. Kubisches (reguläres) System 1 ) (Drei gleichwertige, aufeinander senkrecht stehende Achsen) Einfache

holoedrische

Formen

[Symmetrieelemente: 9 Spiegelebenen, von denen 3 den Würfelflächen (HauptS.E.) und 6 den Flächen des Rhombendodekaeders (Neben-S.E.) parallel gehen; 3 vierzählige Deckachsen (mit den Kristallachsen zusammenfallend), 4 dreizählige ( Q ) Deckachscn (den Würfcldiagonalen entsprechend) und 6 zweizählige Deckachsen (die "Winkel zweier Kristallachsen halbierend); Symmetrie-Zentrum. ]

1. Oktaeder (Fig. 22), begrenzt v o n acht gleichseitigen Dreiecken. Die Achsen gehen v o n E c k e zu E c k e ; jede Fläche schneidet die drei Achsen in gleicher Länge. (111). 2. Pyramidenoktaeder (Fig. 23), auch Triakisoktaeder, begrenzt v o n 24 gleichschenkligen Dreiecken. Die Achsen gehen durch die ') In Österreich auch tesserales System; gr. tissares = t&iseres = vier. 3»

36

Die Form der Mineralien

Ecken E; jede Fläche schneidet zwei Achsen in gleicher, die dritte in größerer, am häufigsten der doppelten Länge. (221). 3. Ikositetraeder (Fig. 24), auch Leucitoeder, begrenzt von 24 Vierecken (Deltoiden), Die Achsen gehen durch die Ecken E; jede Fläche schneidet zwei Achsen in gleicher, die dritte in kürzerer Länge, z. B. (211). 4. Achtundvierzigflächner (Fig. 25), auch Hexakisoktaeder, begrenzt von 48 ungleichseitigen Dreiecken. Die Achsen gehen durch die Ecken E ; jede Fläche schneidet die 3 Achsen in verschiedener Länge, z. B. (321). 5. Rfiornbendodekaeder (Fig. 26), auch Granatoeder genannt, begrenzt von 12 rhombischen Flächen. Die Achsen gehen durch die Ecken E; jede Fläche geht einer Achse parallel und schneidet die beiden anderen in gleicher Länge. (110). 6. Pyramidenwürfel (Fig. 27), auch Tetrakishexaeder, begrenzt von 24 gleichschenkligen Dreiecken. Die Achsen gehen durch die Ecken E; jede Fläche geht einer Achse parallel und schneidet die beiden anderen in verschiedener Länge, z. B.(210). 7. Würfel (Fig. 28), auch Kubus, begrenzt von sechs aufeinander senkrechten, gleichwertigen Flächen.Die Achsen gehen durch die Mitte derFlächen, jede Fläche geht zwei Achsen parallel. (100). Kombinationen. Die genannten einfachen Formen treten vielfach zu Kombinationen zusammen; einige der häufigsten sind: Triger der Kombination

Die Ecken werden abgestumpft durch:

Die Kanten werden abgestumpft durch:

Die Kanten werden zugeschärft durch:

Oktaeder (111)

Würfel (111) • (100) Fig. 29

Würfel (100)

Oktaeder (100)-(111) Fig. 32

Rhombendodekaeder ( I I I ) - (110) Fig. 30 Rhombendodekaeder (100) • (110) Fig. 33

Pyramidenoktaeder ( I I I ) - (221) Fig. 31 Pyramidenwürfel (100) • (210) Fig. 34

Rhombendodekaeder (110)

Würfel und Oktaeder (110)- (100)- (111) Fig. 35

Ikositetraeder (110) • (211) Flg. 36

48-FlÄchner (110) • (321) Flg. 37

Beispiele: Gold, Silber, Kupfer, Steinsalz, Flußspat, Magneteisen, Spinell, Bleiglanz, Granat, Leucit, Analcim u. a.

Kubisches (reguläres) System

Fig. 29. Oktaeder mit Würfel.

Fig. 32. Würfel mit Oktaeder.

Fig. 36. Rhombendodekaeder mit Würfel und Oktaeder.

Fig. 30. Oktaeder mit "Rhombendodekaeder.

Fig. 33. Würfel mit Rhombendodekaeder.

Fig. 36. Rhombendodekaeder mit Ikositetraeder.

Halbflächige

37

Fig. 31. Oktaeder mit Pyramidenoktaeder.

Fig. 34. Würfel mit Pyramidenwürfel.

Fig. 37. Rhombendodekaeder mit Achtundvlerzigflächner.

Formen

Es gibt im kubischen System zwei wichtige Klassen von halbflächigen Formen, die tetraedrische und die pyritoedrische. Die erstere besitzt nur die sechs den Rhombendodekaederflächen parallelen Spiegelebenen (die Nebensymmetrieebenen), die letztere, die pyritoedrische, nur die drei den Würfelflächen parallelen Spiegelebenen (Hauptsymmetrieebenen). Den tetraedrischen Flächenformen fehlt das Symmetriezentrum, bei den pyritoedrischen ist es vorhanden; diese wurden daher auch parallelflächig hemiedrisch bezeichnet, die tetraedrischen geneigtflächig hemiedrisch. Die Symmetrieelemente dieser beiden Klassen sind auf Seite 64 wiedergegeben. Die wichtigsten Formen der

38

Die Form der Mineralien tetraedrischen

Hemiedrie:

Tetraeder (Fig. 38), begrenzt von vier gleichseitigen Dreiecken. Die Achsen gehen durch die Mitte der Kanten. Das Tetraeder ist der Halbflächner vom Oktaeder, das zwei in der Form gleiche, in der Lage am Kristall verschiedene Tetraeder liefert; ihre Zeichen sind (111) u n d (111) (Fig. 40).

Fig. 38. Tetraeder.

Fig. 39. Pyramidentetraeder.

Fig. 40. Tetraeder (111) w e i ß > ( 1 1 1 ) punktiert.

Pyramidentetraeder (Fig. 39), auch Triakistetraeder, begrenzt von zwölf gleichschenkligen Dreiecken. Die Achsen gehen durch die langen K a n t e n ; das Pyramidentetraeder ist der Halbflächner vom Ikositetraeder, seine Zeichen z. B. (211) und (211). Die anderen Formen, das Deltoiddodekaeder (gebildet von zwölf Deltoiden) u n d Hexakistetraeder (begrenzt von 24 ungleichseitigen Dreiecken) sind selten. Der Würfel, das Rhombendodekaeder und der Pyramidenwürfel bleiben in der Form unverändert; ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ist gelegentlich aus der Flächenzeichnung oder aus Ätzfiguren zu erschließen. Kombinationen. Die Kanten des Tetraeders werden abgestumpft durch den Würfel (Fig. 41); ist der Würfel Träger der Kombination, so s t u m p f t das Tetraeder abwechselnd die Ecken ab (Fig. 42). Die Ecken des Tetraeders werden abgestumpft durch das andere

39

Kubisches (reguläres) System

Tetraeder, das man Gegentetraeder nennt (Fig. 40 u. 43). Die Kanten des Tetraeders werden zugeschärft durch Pyramidentetraeder (Fig. 44), die Ecken des Tetraeders werden von den

flg. 44. Tetraeder mit Pyramidentetraeder.

Fig. 45. Tetraeder mit Rhombendodekaeder.

Fig. 46. Würfel mit Tetraeder und Rhombendodekaeder.

Flächen aus zugespitzt durch das Rhombendodekaeder (Fig. 45). Fig. 46 stellt eine Kombination von Würfel mit Tetraeder und Rhombendodekaeder dar. Beispiele: Fahlerz, Zinkblende, Boracit. Pentagonale

(pyritoedrische)

Hemiedrie:

Pentagondodekaeder oder Pyritoeder ) (Fig. 47), begrenzt von zwölf Fünfecken (Pentagonen), die vier gleiche und eine von diesen in der Länge abweichende Seite haben. Die Achsen gehen durch die Kanten, die in jedem Fünfeck nur einmal vorliegen. Das Pentagondodekaeder ist ein Halbflächner vom Pyramidenwürfel mit zwei verschiedenen Stellungen (hkO) bzw. (hOl); daher z. B. die Zeichen (210) und (201). 1

e

E Flg. 47.

Fig. 48. Diploeder.

Fig. 49. Würfel mit Pentagondodekaeder.

*) Genannt nach Pyrit (Schwefelkies), der In dieser Form häufig kristallisiert.

40

Die Form der Mineralien

Diploeder, auch Dyakisdodekaeder (Fig. 48), begrenzt von 24 ungleichseitigen Trapezflächen. Die Achsen gehen durch die Ecken E. Das Diploeder ist Halbflächner eines Achtundvierzigflächners mit zwei verschiedene^ Stellungen, nämlich (hkl) und (hlk); die Zeichen sind z. B. (321) und (312). In dieser Klasse bleiben die anderen Flächenformen in ihrer Gestalt unverändert; ihre Zugehörigkeit zu dieser Hemiedrie wird oft an der Streifung der Flächen erkannt (Fig. 52). Sie veranschaulicht, daß diese Klasse nur noch die drei Haupt-SE besitzt. Die Hauptachsen sind zweizählige Deckachsen.

Fig. 60. Oktaeder mit Pentagondodekaeder.

Fig. 61. Oktaeder und Pentagondodekaeder im Gleichgewicht.

Fig. 62. Gestreifter Pyritwürfel.

Kombinationen. Die beiden Hernieder vereinigen sich miteinander und mit Würfel und Oktaeder sowie den anderen Flächenformen der holoedrischen Klasse, aber nicht mit den Formen der tetraedrischen Klasse. Die Kanten des Würfels werden durch das Pentagondodekaeder schief abgestumpft (Fig. 49), die Ecken des Oktaeders werden vom Pentagondodekaeder zweiflächig zugespitzt (Fig. 50). Oktaeder und Pentagondodekaeder im Gleichgewicht bilden das sogenannte Ikosaeder (Fig. 51). Beispiele: Schwefelkies, Kobaltglanz. Außer diesen beiden Klassen ist noch eine weitere hemiedrische möglich, die gyroedrische Klasse, ohne jede Spiegelebene, aber mit allen Deckachsen (Sylvin, Salmiak), und eine tetartoedrische Klasse (NaC10„) (vgl. S. 54). 2. Hexagonales System (Außer der sechszähllgen Hauptachse c, drei gleiche — in einer Ebene unter 120° liegende — Nebenachsen a)

Die Indizierung der Flächen muß drei gleiche Nebenachsen (Fig. 53) berücksichtigen. Damit gleichwertige Flächen gleichartige Indizes erhalten, werden die voneinander 120° entfernt-

41

Hexagonales System

liegenden Halbachsen mit dem gleichen Vorzeichen versehen. Die Summe der drei auf die Nebenachsen bezüglichen Indizes ist alsdann unter Berücksichtigung ihres Vorzeichens immer gleich Null. Die Parameterverhältnisse und Indizes sind für Formen erster Stellung a ' : oo a " : — a ! " : c = 1011, : i/2c = 1012, : 2c = 2021, : o o e= 1010; Formen zweiter Stellung 2a': 2a": — a!": c = 1122, : 2c = 1121, : o o c = 1120; zwölfseitige Formen 3 / 2 a': 3 a " : — a'": 3c = 2131, : » c = 2130 Basis oo a': oo a": oo a'": c = 0001.

Fig. 53. Hexagonales Achsenkreuz.

Fig. 54. Hexagonale BIpyramide erster Stellung.

Fig. 55. Hexagonale Bipyramide zweiter Stellung.

Einjache holoedrische Formen (Symmetrieelemente: sechszählige Hauptachse, 3 + 3 + 1 S.E., 3 + 3 zwei zählige S.A., S.Z.)

1. Hexagonale Bipyramiden, begrenzt von zwölf (2 x 6) gleichschenkligen Dreiecken. Die Hauptachse geht durch die Pyramidenspitzen; die drei angenommenen Nebenachsen gehen durch die Ecken oder durch die Mitte der Seitenkanten, so daß die Flächen der äußerlich gleichen Formen zu den Nebenachsen verschieden liegen können. Man unterscheidet hiernach: l a . Bipyramiden erster Stellung (Fig. 54). Die Achsen gehen von Ecke zu Ecke, eine Fläche schneidet zwei Nebenachsen im Verhältnis a:a und geht der dritten parallel; die Hauptachse

42

Die Form der Mineralien

wird von den verschiedenen Pyramiden, die an den Kristallen einer Substanz auftreten können, in verschiedener Länge geschnitten. Aus allen wählt man eine als Grundpyramide mit (1011), die anderen sind dann steiler als diese oder stumpfer, z. B. (2021), (3031), (1012). I b . Bipyramiden zweiter Stellung (Fig. 55). Die Nebenachsen gehen durch die Mitte der Seitenkanten. Die Hauptachse wird von verschiedenen Pyramiden in verschiedener Länge geschnitten, z. B. (1123). 2. Dihexagonale Bipyramiden oder zwölf: seitige Pyramiden (Fig. 56), begrenzt von vierundzwanzig (2 x 12) ungleichseitigen Dreiecken. Die Indizes z. B. (2131). 3. Eexagonale Prismen sind begrenzt von sechs gleichwertigen Flächen, die der Hauptachse parallel gehen und sich unter 120° gonale Bipyramide. schneiden; sie können zu den Nebenachsen dieselbe verschiedene Lage haben wie die Flächen der hexagonalen Bipyramiden. Die äußerlich [gleichen Formen werden demnach unterschieden als: 3a. Prisma erster Stellung (Fig. 57). Die Nebenachsen gehen von Kante zu Kante. (1010). 3b. Prisma zweiter Stellung (Fig. 58). Die Nebenachsen gehen von Fläche zu Fläche. (1120). Die Formen beider Prismen sind vollkommen gleich, sie unterscheiden sich nur durch die Lage ihrer Flächen zu den Nebenachsen. Die Prismen sind gewissermaßen Pyramiden, deren Flächen die Hauptachse im Unendlichen schneiden. 4. Dihexagonale Prismen (Fig. 59) oder zwölfseitige Prismen sind begrenzt von zwölf der Hauptachse parallelen, gleichwertigen Flächen; die Winkel sind nur abwechselnd gleich. Indizes z. B. (2130). 5. Die Basis oder Endfläche geht den Nebenachsen parallel und besteht aus einer Fläche sowie der parallelen Gegenfläche (sog. Pinakoid). Sie bildet z. B. in den Figuren 57—59 die Endbegrenzung der Prismen. Die Kombinationen können von Formen gleicher oder verschiedener Stellung gebildet werden. Treten Formen gleicher Stellung zu Kombinationen zusammen, so kommen die Flächen

43

Hexagonales Systeru

der einen Form über oder unter die Flächen der anderen zu liegen, d. h. die Prismen- und Bipyramidenflächen gleicher Stellung liegen in einer Zone. So entspricht z. B. Fig. 60 einem Prisma und einer Bipyramide gleicher Stellung, Fig. 61 zwei Bipyramiden gleicher Stellung; beide sind als Formen erster Stellung gezeichnet, doch KT'

1 i

I

V

1

1 1

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-

-

1

Fig. 57. Hexagonales Prisma erster Stellung.

Fig. 60. Prisma und Bipyramide gleicher Stellung.

Fig. 58. Hexagonales Prisma zweiter Stellung.

Fig. 61. Zwei Bipyramiden gleicher Stellung.

¡Fig. 59. Dihexagonales Prisma.

Fig. 62. Prisma und Bipyramide verschiedener Stellung.

Fig. 63. Zwei Bipyramiden verschiedener Stellung.

könnten sie nach Drehung um 30° um die Hauptachse c auch als Formen zweiter Stellung aufgefaßt werden. Treten Formen von verschiedener Stellung zusammen, so liegen in der Kombination die Flächen der einen Form über oder unter den Kanten der anderen; so stellt Fig. 62 ein Prisma und eine Bipyramide verschiedener Stellung, Fig. 63 zwei Bipyramiden verschiedener Stellung vor. Fig. 62 ist als Prisma erster Stellung mit Bipyramide zweiter Stellung gezeichnet; die Form könnte aber auch — nach Drehung um 30° um die Hauptachse c — als Prisma zweiter Stellung mit Bipyramide erster Stellung aufgefaßt werden. Fig. 63 ist als Bipyramide erster Stellung mit untergeordneter Bipyramide

44

Die Form der Mineralien

zweiter Stellung gezeichnet; sie könnte auch — nach entsprechender Drehung um die Hauptachse c — als Bipyramide zweiter Stellung mit untergeordneter Bipyramide erster Stellung gelten. — Das Prisma erster Stellung s t u m p f t am Prisma zweiter Stellung die Kanten gerade ab u n d umgekehrt; alle Winkel sind gleich, die Flächen abwechselnd ungleichwertig. — Die Basis bildet die Endbegrenzung der Prismen (Fig. 57—59). Die dihexagonalen Bipyramiden u n d Prismen sind in den Kombinationen durch die Zahl und Lage ihrer Flächen leicht zu erkennen. Beispiel: Beryll. Hemiedrie. Im hexagonalen System sind hemiedrische Kristalle häufiger als vollflächige; der einen vollflächigen Klasse stehen elf weniger symmetrische gegenüber, denen einige der am häufigsten verbreiteten Mineralien, wie Kalkspat u n d Quarz, angehören. Wegen der großen Zahl der weniger symmetrischen Klassen werden die durch eine jJrazählige Hauptachse charakterisierten Kristalle in einem besonderen, dem trigonalen Kristallsystem zusammengefaßt. Diese Abtrennung stellt eine gewisse Willkür dar, denn man kann auch im hexagonalen System eine hexagonale Abteilung (mit H a s s e n , die sich auf einen hexagonalen Elementarkörper beziehen) von einer trigonalen Abteilung (mit Klassen, die sich auf einen rhomboedrischen Elementarkörper beziehen) unterscheiden. 3. Trigonales (hexagonal-rhomboedrisches) S y s t e m Dreizählige Hauptachse c und drei gleiche in einer Ebene unter 120° liegende Nebenachsen a.)

Einjache holoedrische Formen (Symmetrieelemente: 1 Q , drei vertikale S.B., 3 zwcizählige S.A., S.Z.)

Rhomboeder (Fig. 64 und 65), sind Halbflächner von hexagonalen Bipyramiden erster Stellung; sie bekommen die gleichen Indizes wie diese und können ebenso steil oder stumpf sein. Jedes Rhomboeder ist von sechs Rhombenflächen begrenzt; die Nebenachsen gelien durch die Mitte der auf- und absteigenden Seitenkanten. Aus jeder Bipyramide kann man zwei Rhomboeder ableiten, die man als positiv u n d negativ unterscheidet, je nach der Wahl der Aufstellung. Bei Mineralien, die wie z. B. Kalkspat eine Spaltbarkeit nach einem Rhomboeder besitzen, wird dieses als positives Grundrhomboeder (1011) gewählt (vgl. Fig. 69). Diejenigen Rhomboeder, deren Flächen nach denselben Seiten hin liegen wie die ..Spaltungsflächen, sind dann ebenfalls positiv, die anderen negativ (auch verwendet).

Trigonales (hexagonal-rhomboedrisehes) System

45

Skalenoeder (Fig. 66) sind die Halbflächner von dihexagonalen Bipyramiden und bekommen ebensolohe Indizes wie diese. Sie sind begrenzt von zwölf ungleichseitigen Dreiecken. Die Kanten, die in den beiden Bndecken zusammenstoßen, sind abwechselnd stumpfer und schärfer; die Nebenachsen gehen wieder durch die Mitte der auf- und absteigenden, untereinander gleich langen Seitenkanten. Die hexagonalen Prismen erster und zweiter Stellung und die Bipyramiden zweiter Stellung sowie das dihexagonale Prisma und die Basis, wie sie für das hexagonale System charakteristisch sind, liefern im trigonalen System keine neuen Formen; sie treten mit den hier genannten trigonalen Formen zusammen auf. Die Kombinationen rhomboedrischer Formen sind immer leicht zu bestimmen, wenn man daran denkt, daß sich die Rhomboeder nur von Bipyramiden erster Stellung, nicht auch von solchen zweiter Stellung ableiten. Stehen daher in einer Kombination von Rhomboeder und Prisma die Rhomboederflächenüber den Prismenflächen, so liegt das Prisma erster Stellung (1010) und ein verwendetes (negatives) Rhomboeder (0112) vor (Fig. 67); liegen aber die Rhomboederflächen über den Prismenkanten, so ist die Form eine Kombination des Prismas zweiter Stellung (1120) mit einem positiven Rhomboeder (1011) (Fig. 68). Treten nur positive (oder nur negative) Rhomboeder miteinander in Kombination, so liegen Fläche über Fläche; treten positive Rhomboeder mit negativen in Kombination, so liegen die Flächen des einen über oder unter den Kanten des anderen. In besonderen Fällen werden die Kanten des einen (etwa positiven) Rhomboeders durch die Flächen eines anderen (dann negativen) Rhomboeders gerade abgestumpft; man

46

Die Form der Mineralien fCX^

Fig. 67. Prisma erster Stellung mit Rhomboeder.

Fig. 68. Prisma zweiter Stellung mit Rhomboeder.

Fig. 69.

nennt letzteres das nächststumpfere Rhomboeder; z. B. ist (0112) das nächststumpfere zu (lOll) (Fig. 69); dieses das nächststumpfere zu (0221), dieses das nächststumpfere zu (4041). Beispiele: Kalkspat, Eisenglanz, Korund, Rotgültigerz. Wichtig ist im trigonalen System die Hemimorphie, in der z. B. Turmalin (Fig. 70) kristallisiert. In dieser Klasse treten als Symmetrieelemente nur eine dreizählige, polare Hauptachse und drei vertikale S. E. auf, die sich unter 60° schneiden. Kennzeichnend ist für beiderseits ausgebildete Kristalle die Verschiedenheit der Beendigungen auf der Ober- und der Unterseite (Fig. 70). Die Rhomboeder sind polar (in Fig. 70 je zwei Rhomboeder, die am oberen Ende steiler sind als am unteren), ebenso die Pyramiden und Skalenoeder. Neben dem sechsseitigen Prisma zweiter Stellung (Fig. 70) sind in dieser Klasse die beiden dreiseitigen Prismen (1010) und (0110) charakteristisch (letzteres Prisma in Fig. 70).

Fig. 71a. Linkes trigonales Trapezoeder.

Fig. 70.

Fig. 71b. Hechtes trigonales Trapezoeder.

Tetragonales (quadratisches) System

47

Wichtig ist die Tetartoeärie; sie wird in erster Linie bei Quarz beobachtet. Die Symmetrie dieser Klasse kennzeichnen eine dreizählige Hauptachse und drei polare Achsen, womit sich enantiomorphe1) Kristallformen ergeben; diese können nur spiegelbildlich zur Deckung gebracht werden, verhalten sich also wie rechte und linke Hand. Augenfällig erschließt dies das linke und rechte Trapegoeder (Fig. 71 a u n d b), die z. B. als x (6151) bzw. (5161) am Links- und Rechtsquarz der Fig. 72 a und b auftreten. Die Trapezoederflächen gehören einer dihexagonalen Bipyramide (Fig. 56) an, die aber nur mit dem vierten Teil ihrer 24 Flächen aufFig. 72a. Fig. 72 b. Rechtsquarz. t r i t t ; daher die Bezeichnung trape- Linksquarz. zoedrische Tetartoedrie. Weitere Flächenformen dieser Klasse sind u. a. das Prisma erster Stellung (p der Fig. 72), dann — wie die Trapezoeder — stellungsverschiedene Rhomboeder (r und r' der Fig. 72), dreiseitige Doppelpyramiden (z. B. s in Fig. 72) sowie dreiseitige Prismen.

4. Tetragonales (quadratisches) System (Außer der vierzähligen Hauptachse c zwei unter sich gleiche, von der Hauptachse verschiedene Nebenachsen a; die drei Achsen stehen aufeinander senkrecht.)

Einfache holoedrische Formen (Symmetrieelemente: Die Hauptachse ist eine vierzählige Deckachse; 2 + 2 + 1 S.E., 2 + 2 zweizählige S.A., S.Z.)

1. Quadratische Bipyramiden, begrenzt von 2 x 4 gleichschenkligen Dreiecken; die Nebenachsen können durch die Ecken oder durch die Mitten der Seitenkanten gehen (Fig. 73 a und b). Die Flächen äußerlich gleicher Formen können demnach gegen die Achsen verschieden liegen. Man unterscheidet: l a . Bipyramiden erster Stellung (Fig. 73 a). Die Achsen gehen von Ecke zu Ecke; die Nebenachsen werden im gleichen Verhältnis geschnitten. Grundpyramide (111), andere (112), (221). I b . Bipyramiden zweiter Stellung (Fig. 73b). Die Nebenachsen gehen durch die Mitte der Seitenkanten; eine Fläche geht je einer Nebenachse parallel, also (101) oder (102), (201) usw. •) enantfos = gegenüberstehend (entgegengesetzt), morphi = Gestalt.

48

Die Form der Mineralien

2. Ditetragonale Bipyramide, auch achtseitige Doppelpyramide genannt (Fig. 74), begrenzt von 2 x 8 ungleichseitigen Dreiecken; eine Fläche schneidet die drei Achsen in verschiedenem Verhältnis, z. B. (321). 3. Quadratische Prismen; sie sind begrenzt von vier gleichwertigen Flächen, die sich unter 90° schneiden, der Hauptachse parallel gehen und zu den Nebenachsen dieselbe verschiedene Lage haben können wie die Flächen der quadratischen Bipyramiden. Die äußerlich gleichen Formen werden demnach unterschieden als:

Fig. 73 a. Quadratische Bipyiamide erster Stellung,

Fig. 73 b. Quadratische Bipyramide zweiter Stellung.

H g . 74. Ditetragonale Bipyramide.

3 a. Prisma erster Stellung (Fig. 75 a). Die Nebenachsen gehen von Kante zu Kante und werden im gleichen Verhältnis geschnitten. (110). 3 b. Prisma zweiter Stellung (Fig. 75 b). Die Nebenachsen gehen durch die Mitte der Flächen; eine Fläche ist außer der Vertikalachse auch je einer Nebenachse parallel. (100). 4. Achtseitiges Prisma (Fig. 76), auch ditetragonales Prisma genannt, ist begrenzt von acht gleichwertigen Flächen, die unter

Flg. 76 a. Quadratisches Prisma erster Stellung.

Fig. 75 b. Quadratisches Prisma zweiter Stellung.

Fig. 76. Achtseitiges Prisma.

Tetragonales (quadratisches) System

49

abwechselnd gleichen Winkeln zusammentreffen, die Nebenachsen in verschiedenem Verhältnis schneiden und der Vertikalachse parallel gehen; z. B. (310). 5. Basis (Endfläche), geht den Nebenachsen parallel, (001). In den Figuren 75 und 76 bildet sie die Endbegrenzung der Prismen (als Pinakoid). Kombinationen. Fig. 77 stellt ein Prisma mit Bipyramide gleicher Stellung, Fig. 78 zwei Bipyramiden gleicher Stellung vor. Beide sind als Formen erster Stellung (abgekürzt: St.) gezeichnet,

Fig. 77. Prisma und Bipyramide gleicher Stellung.

Fig. 78. Zwei Bipyramiden gleicher Stellung.

Fig. 80. Prisma zweiter Stellung mit Bipyramide erster Stellung und Basis.

Fig. 79. Prisma und Bipyramide verschiedener Stellung.

Fig. 81. Prisma zweiter Stellung mit Bipyramide erster Stellung und einer achtseitigen Doppelpyramide.

könnten aber nach einer Drehung um 45° um die Hauptachse c auch als solche zweiter Stellung aufgefaßt werden. Fig. 79 stellt Prisma und Bipyramide verschiedener Stellung vor, gezeichnet als Prisma zweiter und Bipyramide erster Stellung. In Fig. 80 ist ein Prisma zweiter, eine Bipyramide erster Stellung und die Basis gezeichnet; in Fig. 81 ein Prisma zweiter Stellung mit einer Bipyramide erster Stellung und einer achtseitigen Doppelpyramide, also (100) • (111) • (311). Beispiele: Zirkon, Vesuvian, Apophyllit. Hernieder sind nicht häufig. Aus den Bipyramiden erster Stellung entstehen Bisphenoide, ähnlich den Tetraedern des regu4 Brauns-Chudoba, Allg. Mineralogie

50

Die Form der Mineralien

lären Systems, nur sind ihre Flächen nicht gleichseitige, sondern gleichschenklige Dreiecke. Kupferkies kristallisiert in dieser Hemiedrie. 5. Rhombisches System (Drei ungleiche, zueinander senkrechte Achsen. Irgendeine von den drei Achsen nimmt man zur Vertikalachse c, die längere der beiden anderen als Querachse b, die kürzere dann als Längsachse a.)

Einjache holoedrische Formen

(Symmetrieelemente: 3 ungleiche, zueinander senkrechte zweizählige S.A., 1 + 1 + 1 S.B. und S.Z.)

1. Rhombische Bipyramiden (Fig. 82), begrenzt von 2 x 4 ungleichseitigen Dreiecken; ihre Flächen schneiden alle drei Achsen,

Fig. 83. Vertikalprisma.

Fig. 84. Längsprisma mit Vertikalprisma.

Fig. 85. Querprisma mit Vertikalprisma.

die von Ecke zu Ecke gehen, Grundpyramide (111), andere (113), (221). 2. Rhombische Prismen, begrenzt von vier einer Achse parallelen Flächen, die sich unter schiefen Winkeln schneiden. Nach der Lage ihrer Flächen zu den Achsen unterscheidet man: 2 a. Vertikalprismen (Fig. 83). Die Flächen gehen der Vertikalachse parallel, z. B. (110), andere (210), (130). 2 b. Längsprismen (Fig. 84, die kleinen Flächen oben). Die Flächen gehen der Längsachse parallel. (011), andere (012), (031). 2 c. Querprismen (Fig. 85, die kleineren Flächen). Die Flächen gehen der Querachse parallel. (101), andere (102), (201). 3. Endflächen, jeweils Flächenpaare mit einem Symmetriezentrum, d.h. Fläche und parallele Gegenfläche (Pinakoide); sie gehen zwei Achsen parallel und stehen auf der dritten senkrecht. Die Endflächen haben demnach die Lage der drei Spiegelebenen; ihre Kanten sind die Achsenrichtungen.

51

Rhombisches System

3 a. Längspinakoid (die seitliche Fläche in Fig. 86 und ihre parallele Gegenfläche), geht der Längsachse (a) und der Vertikalachse (c) parallel. (010). 3b. Querpinakoid (die vordere Fläche in Fig. 86 und ihre parallele Gegenfläche), geht der Querachse (6) und der Vertikalachse (c) parallel. (100). 3 c. Basispinakoid (die obere Fläche in Fig. 86 und die ihr parallele Gegenfläche), geht der Längs(a) und Querachse (b) parallel. (001). ,

Die Kombinationen .

TT

finden verschiedene Deu- Kg-86. Die drei . . .

,



,

rhombischen

tung, je nachdem man die eine oder die andere Endflächen, der drei Achsen zur Vertikalachse wählt. Bei prismatischen Kristallen läßt man in der Regel die Vertikalachse den langen Prismenkanten parallel gehen. So ist der in Fig. 87 gezeichnete Kristall von zwei Vertikalprismen — (110) und (120) — und einer Bipyramide a:b: c = (111) begrenzt. Der in Fig. 88 gezeichnete Kristall wird umschlossen von einem Vertikalprisma (n = 110), einem Längsprisma (k = 021), einem

Fig. 87. Kombination v o n zwei rhombischen Vertikalpriamen mit einer Bipyramide.

Fig. 88. Siehe Text.

Fig. 89. Bipyramide mit einer stumpferen Bipyramide, der Basis und einem Läpgsprisma.

Querprisma (d = 101), einer Pyramide (e = 111) und den drei Endflächen: Längspinakiod ( T = 010), Querpinakoid (M = 100) und Basispinakoid (001). Der in Fig. 89 dargestellte Kristall ist von einer Bipyramide (111), einer stumpferen Bipyramide (113), der Basis (001) und einem Längsprisma (011) begrenzt. Beispiele: Schwefel, Arsenkies, Olivin, Topas, Andalusit, Staurolith, Aragonit, Schwerspat, Cölestin u. a. 4*

52

Die Form der Mineralien 6. Monoklines System

[Drei ungleiche Achsen, zwei davon (a, c) schneiden sich schiefwinklig, die dritte (b) steht senkrecht zu beiden.]

Einfache holoedrische Formen (Symmetrieelemente: S.E. mit darauf senkrechter zweizähliger S.A., S.Z.)

Die fläehenreichste einfache Form ist im ganzen von vier Flächen — zwei Flächen und den ihnen parallelen Gegenflächen — begrenzt. Für sich können daher einfache Formen nicht vorkommen, weil sie den Raum nicht umschließen. Alle monoklinen Kristalle

T vj

1

(

Fig. 90. Eomb. von Vertikalprisma, Querfläche, Längsfläche und Längsprisma.

Fig. 91. Komb, von Vertikalprisma (T), Längsfläche (M), Basis (P), zwei Querflächen (xt y) und einer Pyramide (o).

sind Kombinationen mehrerer Flächenformen. Die Deutung der Flächen hängt von der Wahl der Achsen ab; die beiden schiefwinkligen Achsen wählt man so, daß sie in der Spiegelebene liegen und Kristallkanten parallel gehen, die dritte ist senkrecht zur Spiegelebene und daher gegeben. Die eine der schiefwinkligen Achsen stellt man dann vertikal (c), die andere läßt man vom Beobachter nach hinten aufsteigen (a); sie ist also die Längsachse, während die dritte dann als Querachse (b) verläuft. Die Flächen, die am aufrecht gestellten Kristall oben vorne liegen, nennt man vordere, jene, die oben hinten liegen, hintere Flächen. Folgende Flächenformen werden unterschieden: 1. Pyramiden, eigentlich nur „Hemipyramiden"; sie schneiden alle drei Achsen; z. B. (111) (in Fig. 91 ist die mit o bezeichnete Fläche eine untere Pyramidenfläche 111 der parallelen oberen — aber hinteren — 111; in der Fig. nicht sichtbar).

Triklines System

53

2. Prismen: ihre Flächen gehen einer Achse parallel und schneiden die beiden anderen Achsen. 2 a. Vertikalprismen. Die Flächen gehen der Vertikalachse parallel; z. B. (110) (T in Fig. 91). 2b. Längsprismen. Die Flächen gehen der Längsachse parallel; z. B. (011) (Fig. 90 oben). 2 c. Querprismen bestehen nur aus einer Fläche und der parallelen Gegenfläche (Querprismenpaar), die der Querachse parallel gehen; z. B. (101) (in Fig. 91 die Flächen x = 101, y = 201). 3. Endflächen, zwei Flächen, die zwei Achsen parallel gehen: 3 a. Längsfläche: geht der Längsachse und der Vertikalachse parallel. (010) (M in Fig. 91). 3b. Querfläche: geht der Querachse und der Vertikalachse parallel. (100), in Fig. 90 die vordere sechsseitige Fläche. 3c. Endfläche oder Basis: geht der Längs- und Querachse parallel. (001) ( P in Fig. 91). Kombinationen. Die Deutung der Flächen hängt von der Wahl der Achsen ab. Bei dem in Fig. 90 gezeichneten Kristall geht die Vertikalachse (c) den langen Kanten, die Längsachse (a) der schief aufsteigenden Kante parallel. Als Flächen liegen vor: ein Vertikalprisma (110), die Querfläche (100), die Längsfläche (010) und ein Längsprisma (011). Bei dem in Fig. 91 gezeichneten Kristall soll die Vertikalachse den langen Kanten (der Zonenachse der Zone mit den Flächen T und M), die Längsachse der kurzen Kante zwischen P und M parallel gehen; es liegen dann vor: Vertikalprisma T = (110), die Längsfläche M = (010), die Basis P = (001), zwei Querflächen x = (101) und y = (201) und eine hintere Pyramide o = (111). (In der Fig. sind die unteren parallelen Gegenflächen von x, y und o sichtbar.) Beispiele: Kalifeldspat, Augit, Hornblende, Gips. 7. Triklines System (Drei ungleiche, zueinander schiefe Achsen.)

Einfache holoedrische Formen (Symmetrieelemente: Keine S . E . , keine S.A., nur S.Z.)

Jede einfache Form im triklinen System besteht nur aus einem Flächenpaar (aus einer Fläche und der ihr parallelen Gegenfläche);

54

Die F o r m der Mineralien Tab. 1 : Die 8 2 KristaUklassen

Nr.

System

Klasse ')

Symbole2)

i i S Pi S o o «Ì2

Symmetrie Ebenen Achsen

Zentrum

1

— holoedrische (hexakisoktaedrische) Kl.

Oh 4 — 2 3+6 m ® m

3 | 40 «»

+

-

2

Tetraedrisch-hemiedrische (hexakistetraedrische) Kl.

_Td 4 3 m

6

3 0> 4 A P

-



3

30 i •

+

-



+

3

Kubisch

4

Th Pentagonal-hemiedrische (disdodeka— 8 edrische) Kl. m Gyroedrische (penta0 gonikositetra4 3 2 edrische) Kl.



5

Tetartoedrische (tetraedrisch-pentagondodekaedrische) Kl.

6

— holoedrische (ditetragonal-bipyramidale) Kl.

Dih 1+2 4 2 2 + 2 m m m

7

— hemimorphe (ditetragonalpyramidale) Kl.

4

8 9

Tetragonal

T 2 3

Civ mm Cih

— pyramidal-hemiedrische (bipyrami- 4 dale) Kl. m Di — trapezoedrische (trapezoedrische) 4 2 2 Kl..

51 6»

3

+

4 AP



I B 2 + 2)

+



2+ 2

1 BP

-

-

1

I B

+

-



i B 2 + 2»



'

+

-

10

— hemimorph-hemiCi edrische (pyrami4 dale) Kl.

-

I I P



+

11

— sphenoidische (skalenoedrische) Kl.

2

21 • *



-



-

12

. — sphenoidisch-tetartoedrische (bisphenoidische) Kl.

Ihd(Vd) 4 2 m 4

S.

1

) In Klammern und bei *) nach P. Groth. ) Obere Reihe nach Schoenflies, untere Reihe nach Herrnami-Maufjuin. Abk. p = polar; I, II, I I I = erster, zweiter, dritter Stellung.

1 a

Die 32 Kristallklassen

55

Die 32 Kristallklassen Einfache Flächenformen hkl

MZ

PyraHexakis- midenoktaeder oktaeder Hexakis- Deltoiddodetetraeder kaeder Diploeder Pyra(Disdode- midenkaeder) oktaeder l'entaPyragonikosi- midentetraeder oktaeder Tetraediische DeltoidPentadodegondokaeder dekaeder Ml

Ditetragonale Bipyramide

hU

Ikositetraeder Pyramidentetraeder Ikositetraeder Ikositetraeder Pyramidentetraeder

hkO 111 110 iiliomPyramiden- Oktaeder bendodekaeder würfel iihniriPyramiden- Tetraeder bendodekaeder würfel PentaRhomgondode- Oktaeder bendodekaeder kaeder RhomPyramiden- Oktaeder bendodekaeder würfel

Würfel Würfel Würfel

Würfel

110

001

hOl

hkO

Tetrag. Bipyramide I

Tetrag. Bipyramide I I

Ditetrag. Prisma

•) Einzelfläche.

Würfel

PentaRhomgondode- Tetraeder bendodekaeder kaeder

hhl

Dltetrag. Tetrag. PyraPyramide I mide Tetrag. Tetrag. BipyraBipyramide mide I Tetrag. Tetrag. TrapeBipyrazoeder mide I Tetrag. Tetrag. PyraPyramiden III mide I Tetrag. Tetrag. SkaBilenoeder sphenoidl Tetrag. Tetrag. BlspheBisphenoid I I I noid I

100

100

Tetrag. BasisTetrag. Prisma I Prisma I I pinakoid

Tetrag. Ditetrag. Tetrag. PyraPrisma I Prisma mide I I Tetrag. Tetrag. Tetrag. Bipyra- Prisma I I I Prisma I mide I I Tetrag. Tetrag. Bipyra- Ditetrag. Prisma Prisma I mide I I Tetrag. Tetrag. Tetrag. Pyramide I I Prisma III Prisma I Tetrag. Tetrag. Bipyra- Ditetrag. Prisma I Prisma mide I I Tetrag. Tetrag. Tetrag. Bisphe- Prisma III Prisma I noid I I

Tetrag. Prisma I I

Basispedion 3 )

Tetrag. BasisPrisma I I pinakoid Tetrag. BasisPrisma I I pinakoid Tetrag. Prisma I I

Basispedion

Tetrag. BasisPrisma I I pinakoid BasisTetrag. Prisma I I pinakoid

56

Die Form der Mineralien

Elasse 1 )

Symbole»)

13

— holoedrische (dihexagonalbipyramidale) E l .

Deh 6 2 i2 Iii in lu

14

— hemimorphe (dihexagonalpyramidale) E l .

16

C3h — pyramidal-hemiedrlsche (hexagonal- 6 bipyramidale) E l . m

Nr. System

16

Hexagonal

— trapezoedrische (hexagonaltrapezoedrische) E l .

Cev 6 in m

— hemimorph-hemlCe edrische (hexagonalpyramidale) E l . 6

18

Dltrigonalbipyramidale E l . * )

19

Trigonalbipyramldale E l . * )

20

— holoedrische (dltrigonalskalenoedrische) El.

21

— hemimorphe (ditrigonal-pyramidale) E l . — hemiedrische (rhomboedrische) El.

D3h 6 m 2 Cah ~6 Dai "3

1 m Cav

3 m

23

— trapezoedrische (trigonaltrapezoedrische) E l .

3 2

24

— tetartoedrische (trigonal-pyramidale) E l .

3

¿•S S p,

S O

s©a

1 • 3+ 3»

+



3+ 3

1 « P





1

1

+

-

-

+



1 « —

3+ 3 •



1 « P



+

1+ 3

1 A 3 • p





1

i A



-

io

+



3

3 »

3

l i p

-





io

+



-

1 • 3 »P

-

+

-



-

+

Cai ~S

Zentrum

1+ 3 + 3

Da 6 2 2

17

Trigonal (hexa22 gonalrhomboedrisch)

Symmetrie Ebenen Achsen

Da

Ca

P

Die 32 Krístallklassen

57

Einfache Flächenformen Mici

hhZhl

hOhl

Dihexagonale Bipyramide

hikO

Hexag. Bipyramidell

Hexag. Bipyramide I

Dihexag. Hexag. Hexag. Prisma Prisma I I Prisma I

Dihexag. Pyramide

Hexag. Pyramiden

Hexag. Pyramide I

Dihexag. Hexag. Prisma Prisma I I

Hexag. Bipyramlde I I I

Hexag. Bipyramide I I

Hexag. Blpyramlde I

Hexag. Trapezoeder

Hexag. Bipyramide I I

Hexag. Bipyramide I

Hexag. Pyramlde I I I

Hexag. Pyramiden

Hexag. Pyramide I

Ditrigonale Bipyramide

Hexag. Bipyramide I I

Trigonale Bipyramide I

1120

1010

Hexag. Prisma I

0001 Hexag. Baslsplnakoid Hexag. Basispedion

Hexag. Hexag. Hexag. Prisma I I I Prisma I I Prisma I

Hexag. Baslspinakold

Hexag. Prisma I

Hexag. Baslspinakoid

Dihexag. Hexag. Prisma Prisma I I

Hexag. Hexag. Hexag. Prisma I I I Prisma I I Prisma I

Hexag. Basispedlon

TrigoHexag. nales Prisma I I Prisma I

Trigon. Basispinakoid

Trigonale Trigonale Trigonale TrigoTrigoTrigoBipyraBipyranales Bipyranales nales mide I Prisma I I I Prisma I I Prisma I mlde I I I mldell

Trigon. Basispinakoid

Trigonales Skalenoeder

Hexag. Bipyramide I I

Trigonales Rhomboeder

Hexag. Basispinakoid

Ditrigonale Pyramide

Hexag. Pyramide I I

Trigonale Pyramide I

TriTrigonales gonales BhomJihomboederlll boederII Trigonales Trapezoeder

Trigonale Blpyramide I I

Trigonales Rhomboeder Trigonales Ehomboeder

Ditrigonales Prisma

Hexag. Dihexag. Hexag. Prisma Prisma I I PriBma I Ditrigonales Prisma

TriHexag. gonales Prisma I I Prisma I Hexag. Prisma I

Hexag. Basispinakoid

TriHexag. gonales Prisma I Prisma I I

Hexag. Basispinakold

Hexag. Hexag. Prisma I I I Prisma I I Dltrigonales Prisma

Trigon. Baslspedion

TriTrigonale Trigonale Trigonale TriPyragonales PyraPyragonales mide I Prisma I I I Prisma I I mide I I I mide I I

Trigonales Prisma I

Trigon. Basispedion

58

Die Form der Mineralien

Nr. System

— holoedrische (bipyramidale) Kl.

25

26

Klasse1)

Rhombisch

— hemimorphe (pyramidale) Kl.

27

— hemiedr iache (bisphenoidische)

28

— holoedrische (prismatische) Kl.

29

Monoklin

— hemimorphe (sphenoidische) Kl.

30 31 Triklin 32

— hemiedrische (domatische) Kl.

Symbole')

Symmetrie Ebenen Achsen

I>2h(V2) 2 2 2 1+ 1 + 1 m mm 0 2V

mm 2

C2ft 2 m

Cs m

+

-

1+ 1

1 1 P







1+ 1 + 1»



+

1

1 •

+



1









HP



+

-



+









+

Ci 2

Ci

— holoedrische (pinakoidale) Kl.

1

Asymmetrische (pediale) Kl.

1

C,

g» l

1+ 1 + 1 •

D2(V) 2 2 2

Zentrum

O £ p.

daher ist jeder trikline Kristall eine Kombination von verschiedenen Flächenpaaren. Die Deutung und Benennung der Flächen ist von der Wahl der Achsen abhängig. Man wählt die Achsen so, daß sie drei Kristallkanten parallel gehen; eine Achse wird vertikal gestellt, von den beiden anderen läßt man die kürzere als Längsachse auf sich zugehen, die längere verläuft dann quer und schief. Man nennt dann die Flächen, die alle drei Achsen schneiden, Pyramiden, obwohl sie nur je aus einem Flächenpaar bestehen. Flächenpaare parallel der Vertikalachse sind Vertikalprismen, parallel der Längsachse Längsprismen, parallel der Querachse Querprismen. Die Fläche, die der Längs- und Vertikalachse parallel geht, nennt man Längsflciche, die, die der Querachse und Vertikalachse parallel geht, Querfläche, und die der Längs- und Querachse parallele Fläche Basis. An dem in Fig. 92 gezeichneten Kristall soll die Vertikalachse den langen Kanten (zwischen den

59

Die 32 Kristallklassen Einfache Flächenformen

hkl

MO

Ml

Rhomb. Bipyramide

Rhomb. Vertikalprisma

Rhomb. Querprisma

Rhomb. Pyramide

Rhomb. Vertikalprisma

Rhomb. Bisphenoid

0

kl

100

010

001

Rhomb. Längsprisma

Querpinakoid

Längspinakoid

Basispinakoid

Querdoma11)

Längsdoma

Querpinakoid

Längapinakoid

Basispedion

Rhomb. Vertikalprisma

Rhomb. Querprisma

Rhomb. Längsprisma

Querpinakoid

Längspinakoid

Basispinakoid

Hemipyramiden

Vertikalprisma

Querprismenpinakoid

Längsprisma

Querpinakoid

Längspinakoid

Basispinakoid

Pyramidendoma

Vertikaldoma

Querpedion

Längsdoma

Querpedion

Längspinakoid

Basispedion

Pyramidensphenoid

Vertikalsphenoid

Querprismenpaar

Längssphenoid

Querpinakoid

Längspedion

Basispinakoid

Alle Flächen sind der jeweiligen Schnittlage entsprechende

Pinakoide

Alle Flächen sind der jeweiligen Schnittlage entsprechende

Flächen T, l, M), die Längsachse der schief aufsteigenden Kante zwischen P und M, und die Querachse der oben von links nach rechts gehenden längeren Kante parallel gehen; es liegen dann vor: Vertikalprismen T = (110) und l = (110), Längsfläche M = (010), Basis P = (001), Querfläche x = (101) unten links, und Pyramide o = (111), unten rechts. An jedem triklinen Kristall stehen alle Flächen und alle Kanten schief zueinander; rechte Winkel kommen nicht vor. Beispiele: Albit, Axinit, Kupfervitriol.

Pedien

Fig. 92. Trikliner Kristall.

4 ) Dorna, gr. Dach = Flächenpaar, das aus zwei zu einer Spiegelebene geneigten spiegelbildlich gleichen Flächen besteht.

60

Die Form der Mineralien

Gesetzmäßige Verwachsungen Kristalle der gleichen chemischen Substanz können in verschiedener Weise miteinander verwachsen sein: entweder sind die Flächen des einen Kristalls den gleichwertigen Flächen des anderen parallel — Parallelverwachsungen —, oder die Flächen des einen liegen ganz unregelmäßig zu denen des anderen — Kristallgruppe. Darüber hinaus können zwei oder mehrere Einzelkristalle in einer gesetzmäßigen Orientierung miteinander auftreten, die als Zwillingsverwachsung bezeichnet wird; bei dieser sind die Einzelkristalle entweder durch eine Spiegelung nach einer Ebene oder durch eine lS0°-Drehung um eine Achse in Parallelstellung und damit zur Deckung zu bringen. Aber auch gesetzmäßige Verwachsungen ungleichartiger Kristalle sind vielfach bekannt und erwähnenswert (S. 62). Zwillinge sind also gesetzmäßige Verwachsungen zweier oder mehrerer gleichwertiger Kristalle, deren gegenseitige Orientierung kristallographisch durch eine Symmetrieebene (Zwillingsebene) oder Symmetrieachse (Zwillingsachse) angegeben werden kann, je nachdem ob die Teilkristalle durch eine Spiegelung oder Drehung ihre Zwillingsstellung (vgl. oben) deuten lassen. Man unterscheidet Berührungs- und Durchkreuzungszwillinge, je nachdem sich die Einzelkristalle in einer Ebene berühren (Fig. 93) oder durchkreuzen (Fig. 94). Die Zwillingsebene ist

Flg. 93. Berührungszwilling von zwei Oktaedern (Spinell).

Fig. 94. Durchkreuzungszwilling von zwei Würfeln (Flußspat).

immer eine Fläche mit einfachen Indizes, an regulären Kristallen am häufigsten eine Oktaederfläche (Fig. 93), an tetragonalen Kristallen z. B. eine Bipyramide zweiter Stellung (Fig. 95), an rhomboedrischen Kristallen oft die Basis (Fig. 96), an rhombischen Kristallen ein Prisma (Fig. 97), an monoklinen Kristallen

61

Zwillinge

nicht selten die Querfläche (Fig. 98), an triklinen Kristallen häufig die Längsfläche (Fig. 99). Fast an allen Zwillingen treten charakteristische, einspringende Winkel auf. Durch vielfach wiederholte Zwillingsbildung nach einer Fläche, der sog. polysynthetischen Verzwillingung, entsteht

S Flg. 95. Zwilling des Zinnsteina (Graupe) nach (101).

Fig. 66. KalkspatZwilling nach (0001).

Fig. 97. Aragonitzwilling nach (110).

Fig. 98. Augitzwilling nach (100).

oft eine kennzeichnende Streifung, z. B. auf der Spaltfläche (001) trikliner Feldspäte, die polysynthetisch nach der Längsfläche (010) verzwillingt sind. Bei Durchkreuzungszwillingen ist die Verwachsungsebene sehr häufig ganz unregelmäßig und durch die „Zwillingsnaht" (Fig. 100) erkennbar, an der unter anderem ein Absetzen einer Flächenstreifung, ein Zusammentreffen glänzender und matter Ebenen usw. vorliegt. Rhombische Kristalle mit einem Prismenwinkel von nahezu 120° können durch Zwillingsbildung nach verschiedenen Flächen der gleichen Kristallform eine hexagonale Ausbildung zeigen

Fig. 99. Albitzwilling nach (010).

Fig. 100. Zwillingsnähte bei Quarz (Dauphin6er-Zw.).

Fig. 101. Pvritzwiiling nach (110).

Die Form der Mineralien

62

(Wendezwillinge, z. B. als Drillinge der Aragonitgruppe). Solche Kristalle, die hierbei eine höhere Symmetrie nachahmen, nennt man auch mimetische Kristalle. Eine Spiegelebene ist niemals Zwillingsebene, weil durch eine symmetrische Verwachsung nach einer solchen nur eine Parallelverwachsung entsteht. In Berührungszwillingen wird die Zahl der Spiegelebenen durch die Zwillingsebene um eine vermehrt. Zwillingsverwachsungen mit parallelen Achsen sind bei hemiedrischen (Fig. 101, Durchkreuzung von zwei Pentagondodekaedern) und tetartoedrischen Formen möglich. Strukturelle Deutung der Zwillingsbildungen s. S. 83.

Gesetzmäßige Verwachsung ungleichartiger Kristalle (Epitaxie) Sie ist durch eine bestimmte gesetzmäßige Orientierung zweier miteinander verwachsener Kristalle (Gast und Trägermineral) gekennzeichnet, wobei beide mindestens eine Kristallfläche und eine Zonenrichtung gemeinsam haben. Sehr bekannt ist die Epitaxie 1 ) von Disthen mit Staurolith (Fig. 102, großer Kristall Disthen), bei der die Fläche (100) von Disthen mit der Fläche (010) vonStaurolith bei gemeinsamer c-Achse parallel liegen. Auf Orthoklas aufsitzende kleine Albitkriställchen(Fig. 103) haben die Zonen der a- und c-Achse parallel. Andere gesetzmäßige Verwachsungen wurden u. a. zwischen Eisenglanz und Rutil, Zinkblende und Kupferkies, aber auch an verschiedenen künstlichen Substanzen auf expeFig. 102. Fig. 103. rimenteller Basis beobachtet. über die Ursache der orientierten Verwachsungen s. S. 84.

Aggregat nennt man die H ä u f u n g von vielen dicht aneinander gedrängten Kristallindividuen, die keine Kristallflächen besitzen, weil der E a u m u n d Ort der E n t s t e h u n g die Ausbildung zu Kristallen hinderte (vgl. S. 12). E i n solches Aggregat ist z. B. der weiße Marmor, der aus dicht gedrängten Körnern von Kalkspat besteht. Die Aggregate nennt man l

) gr. öpitaxis = Anordnung.

Amorph — Lösungsformen

63

je nach der Beschaffenheit der einzelnen Individuen körnig, (grob-, mittel-, feinkörnig, dicht), faserig (parallel- und radialfaserig), stenglig, schuppig, schalig usw. Eine besondere Art der Aggregate heißt Glaskopf-, sie sind radialfaserig mit rundlicher, nierenförmiger, meist glänzender Oberfläche. Besonders gebräuchlich ist der Name für so beschaffenen Rot- und Brauneisenstein. Amorph (formlos) nennt man diejenigen festen Substanzen, denen die Kennzeichen des kristallisierten Zustandes fehlen. Sie sind niemals von ebenen Flächen begrenzt, aber auch niemals körnig oder faserig, sondern durch ihre ganze Masse hindurch chemisch und physikalisch vollkommen gleichmäßig beschaffen; niemals lassen sie auch nur eine Spur von Spaltbarkeit erkennen, vielmehr ist der Zusammenhang in allen Richtungen gleich. Die physikalischen Eigenschaften sind von der Richtung unabhängig, d.h. nach allen Richtungen gleich (isotrop). Die natürliche freie Oberfläche ist oft wie eine getropfte Masse kugelig gerundet. Der bekannteste amorphe Körper ist das Glas, das aber kein Mineral ist. Vulkanische Gläser der Natur sind häufig kristallin (entglast). Unter den amorphen Mineralien ist Opal am häufigsten. Manche Mineralien haben ein amorphes Aussehen, sie sind aber nur „dicht"; sie bestehen aus kleinen Körnchen, die allerdings manchmal mikroskopisch klein sind. So ist z. B. dichter Kalkstein nicht amorph, sondern feinkörnig, und er besteht aus lauter kleinen Körnchen, die dieselben Eigenschaften wie Kalkspat besitzen. Amorphe Körper können im Laufe der Zeit kristallinisch werden; aus Opal kann sich Chalcedon entwickeln. Amorph sind auch verschiedene Kolloide1), die ihrer Teilchengröße nach (10 -5 —10~ 7 cm Durchmesser) Übergangsglieder zu Molekülen und Ionen darstellen. Die Kolloide im Mineralreich sind aber fast immer kristallin. Brauner Glaskopf, Schalenblende u. a. sind z. B. gealterte Kolloide. Lösungsformen. Wie in den Wachstumsformen der Kristalle ihre Symmetrie zum Ausdruck kommt, so auch, und noch viel ') gr. kolla = Leim.

64

Der Feinbau der Kristalle

schärfer, in den Lösungsformen. Diese werden erhalten, wenn die Kristallflächen mit einem nicht zu heftig angreifenden Lösungsmittel behandelt werden. Besonders charakteristisch sind kleine, oft mikroskopisch kleine Vertiefungen auf den Flächen, die wegen ihres Zustandekommens durch Ätzung der Fläche mit einem Lösungsmittel Ätzfiguren genannt werden. Die Erfahrung hat gelehrt, daß Form und Lage der Ätzfiguren immer der Symmetrie der Flächen entspricht, auf der sie liegen. Aus diesem Grunde sind die Ätzfiguren das sicherste Mittel, die Symmetrie der Kristalle (Holoedrie, Hemiedrie, Hemimorphie usw.) auch dann zu erkennen, wenn sie durch Zahl und Lage der Kristallflächen nicht zum Ausdruck kommt. Die Fig. 104a und b. Unterschied der Ätzfiguren aus Brasilien kommenden bei Links- und üechtsquarz. a Linksquarz mit Alkalikarbonat, b Rechtsquarz mit Bergkristalle sind oft auf FiuGsäure geätzt. ihren Prismenflächen mit natürlichen, schief liegenden Ätzfiguren bedeckt, nach deren Richtung man rechte und linke Kristalle unterscheiden kann. Solche Ätzfiguren können bei Quarz auch künstlich durch Ätzalkali (Fig. 104 a) oder durch Flußsäure (Fig. 104b) hervorgeruf en werden; aus letzterer Figur ist noch ersichtlich, daß auch die benachbarten Flächen des Prismas unterschiedliche Ätzfiguren zeigen. Bisweilen ist ein ganzer Kristall teilweiser Auflösung unterworfen gewesen, und Lösungsflächen haben sich an ihm gebildet; zum Unterschied gegenüber den ursprünglichen Flächen sind diese meist gerundet (Gips, Diamant), und ihre Lage kann nicht durch einfache Ableitungszahlen (S. 32) ausgedrückt werden. Eine aus einem Kristall geschliffene Kugel nimmt, mit einem geeigneten Lösungsmittel behandelt, wieder Kristallform an, die man ihren Lösungskörper nennt.

II. Der Feinbau der Kristalle Die einzigartige und vielseitige Gesetzmäßigkeit im äußeren Bau der Kristalle hat schon sehr frühzeitig verschiedene Vorstellungen von ihrem inneren Aufbau angeregt. Diese Gedanken-

Der Feinbau Hexagonal J Kubisch "

Blickrichtung irgendeine Richtung nur die &-Achse a-, b- und c-Achse 1. c-Achse (Hauptachse) 2. a-Achse (Nebenachse) 3. die Halbierende zweier Nebenachsen 1 d.h. die N o r - i ™ 2. Flächen g ^ n d o 3. ä ] } malen der [dekaeder-

Symbole der Deckachsen sind: 1, 2, 3, 4 und 6. Symbole der Inversionsachsen (richtiger Drehinversionsachsen', sind: 1, m (die zweizählige Drehinversionsachse ist identisch mit der Spiegelebene m, Abk. von mirroir-Spiegel), 3, 4 und 6. Fällt die Normale einer Spiegelebene mit einer Achse zusammen, so wird die Achse im Zähler, die Spiegelebene im Nenner ge2 schrieben, z. B . — oder 2Im. ' m ' Die vollständigen Symbole der 32 Kristallklassen nach HermannMauguin sind in den Tabellen der S. 54—59 angeführt. — Die gekürzten Symbole sind dann möglich, wenn von zwei für die Symbolisierung verwendeten Symmetrieelementen nur eines für die 6 2 2

Erzeugung dieser Symmetrieklasse notwendig ist; statt erß 171 Wl m gibt sich Z.B. — rn m. ° M Bei der Bezeichnung der Raumgruppen bedeuten: P (primitives), A, B oder C (einseitig flächenzentriertes), F (allseitig flächenzentriertes), I (innenzentriertes Gitter), R rhomboedrisch, H hexagonal. a, b, c bezeichnen Gleitspiegelebenen in den drei Pinakoiden. Liegt eine Achse „ i n " der Spiegelebene, so wird ihre Zahl vor die Ebene gestellt; die Normale einer Spiegelebene, wenn sie mit einer Achse zusammenfällt, hat die oben dargelegte Bruchbezeichnung. Symmetrieelemente, die sich aus den angegebenen von selbst ergeben, können auch bei der Raumgruppen-Symbolisierung gekürzt werden; dies ist vor allem bei hochsymmetrischen Gruppen der Fall. Der kubisch flächenzentrierte Würfel (Abb. 1 auf Taf. I, S. 80) hat das Symbol P m 3 m, der innenzentrierte Würfel (Abb. 2 auf — 3 der Taf. 11) 1 — m m,' das Rhomboeder B B m usw.

70

Der Feinbau der Kristalle

Eine graphische Darstellung der 230 Raumgruppen ist u. a. in den „Internationalen Tabellen zur Kristallstrukturbestimmung" (Bd. I, Berlin 1933) und in ihrer Neuauflage, den „International Tables for X-Ray Crystallography" (Bd. 1, Birmingham 1952) gegeben. Die 230 Raumgruppensymbole sind in den meisten neueren Lehrbüchern zusammengestellt, auch in H. Strunz, Miner. Tab., 3. Aufl. 1957, S. 21—26. Deutung der Grundgesetze. Die dargelegte gesetzmäßige und raumgitterartige Struktur ermöglichte die „theoretische" Deutung der verschiedenen kristallographischen Grundgesetze (Parameter-, Symmetriegesetz u. a.), wobei ganz ungewiß war, ob sich jemals ein „experimenteller" Beweis für den diskontinuierlichen Aufbau der Kristalle und für die aus diesem abgeleiteten Vorstellungen erschließen würde. Hatte man doch die gegenseitigen Abstände der Schwerpunktlagen in den Gittern mit 10~8 cm, d. h.0,00000001 cm = 1 Angströmeinheit (A), errechnet, also in einer Größenordnung, die kleiner als die Wellenlänge der für uns sichtbaren Lichtarten ist; es bestand daher keine Möglichkeit, sie jemals optisch sichtbar zu erfassen. Zunächst ergab sich die Erkenntnis, daß die Flächen eines Kristalls Netzebenen des Gitters parallel laufen, d. h., es sind an einem Kristall nur solche Flächen möglich, die im Raumgitter Netzebenen entsprechen. Alle Flächenlagen, die nicht durch Gitterpunkte gehen, sondern an diesen vorbeiführen, sind also an einem Kristall ausgeschlossen, weil Flächen ohne Besetzung mit. Schwerpunktlagen nicht verwirklicht werden können. Weiter bleibt zu beachten, daß die an einem Kristall beobachteten Kanten und die ihnen parallel gewählten Achsen jeweils Punktreihen des Raumgitters sind. Die Kristallflächen als Netzebenen können daher auf solchen Achsen nur ganze Identitätsabstände abschneiden, womit sich zwangsläufig das rationale Verhältnis der Achsenabschnitte (Parameter) für alle an einem Kristall auftretenden Flächen gegenüber der Grundform ergibt (vgl. S. 32). Die Netzebenenabstände liegen demnach um Identitätsabstände auseinander. Eine Flächenlage ist hierbei um so wahrscheinlicher, je dichter in ihr Gitterpunkte auftreten; diese Grundlage liegt vor, je einfachere Zahlen das Parameterverhältnis einer Fläche wiedergeben. Die dichtest besetzten Netzebenen sind jene, die die einfachsten Abschnittsverhältnisse aufweisen. Einen augenfälligen Zusammenhang zwischen Millerschen Indizes und Besetzungsdichten einzelner Netzebenen (in „zweidimensionaler" Darstellung) erschließt die Fig. 109.

Röntgenographische Verfahren

71

Auch die Zähligkeit der Deckachsen und die mit diesen verbundenen Drehwinkel (vgl. S. 22) finden ihre Erklärung im Raumgitter. Der lückenlose Aufbau von Netzebenen ist nur durch Parallelogramme jeder Art (Quadrate, Rechtecke, Rhomben und Rhomboide) sowie durch gleichseitige Dreiecke und regelmäßige Sechsecke möglich, nicht aber durch regelmäßige Fünfecke, die als Vertreter der Fünfzähligkeit in Betracht kämen. Durch Aneinanderfügen von regelmäßigen Fünfecken bleiben stets spitzrhombische Lücken in den Netzebenen übrig. Auch eine höhere Zähligkeit als sechs ist mit regelmäßigen Punktanordnungen innerhalb der Netzebenen nicht vereinbar, so daß sich die an Kristallen beobachtete Zähligkeit der Deckachsen deutlich in Abhängigkeit vom Raumgitter Fig. 109. ableiten und belegen läßt. (aus Kleber) Doch auch die Zahl und Kombination der verschiedenartigen Symmetrieelemente an Kristallen konnte in einer ursächlichen und begründeten Abhängigkeit von der raumgitterartigen Struktur nachgewiesen werden, so daß diese mit der Zeit nicht nur als wahrscheinlich, sondern als tatsächlich vorliegend angesprochen wurde. Der experimentelle Nachweis für den Raumgitteraufbau der Kristalle gelang aber mit Hilfe der Röntgenstrahlen. Röntgenographische Verfahren. Die Natur der im Jahre 1895 von C. W. Röntgen entdeckten X-(später Röntgen-) Strahlen war lange Zeit unbekannt. Man vermutete, daß sie Wellenstrahlen seien, aber ein sicherer Beweis fehlte. Wellenstrahlen kennzeichnen Wellenbewegungen; diese können durch „Beugungserscheinungen" beim Durchgang durch enge Spalten (Gitter) nachgewiesen werden, wobei die wirkungsvollsten Beugungsgitter bei jeweils annähernd gleicher Spaltbreite und Wellenlänge entstehen. Um die Wellennatur der Röntgenstrahlen nachzuweisen, fehlte es aber an geeigneten Beugungsgittern, denn nach den Vermutungen der Physiker entsprach die Wellen-

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Der Feinbau der Kristalle

länge des Röntgenlichtes ungefähr einem Tausendstel oder Zehntausendstel der kleinsten Wellenlänge des sichtbaren (violetten) Lichtes. Erst als M. v. Laue (1912) den einzigartigen Gedanken hatte, die von den Mineralogen als „Raumgitter" angesehenen Kristalle als Beugungsgitter zu verwenden, wurde von ihm und seinen Mitarbeitern W. Friedrich und P. Knipping ein naturwissenschaftlicher Erfolg von allergrößter Bedeutung erzielt: Nicht nur die Wellennatur des Röntgenlichtes, sondern auch der Baumgitteraußau der Kristalle in der erwarteten Größenordnung wurden bewiesen! Von diesem Zeitpunkt ab war der vielfach erörterte „diskontinuierliche" Aufbau der Kristalle aus voneinander getrennten Bausteinen (Atomen, Ionen oder Atom- bzw. Ionengruppen) keine gedankliche Fiktion mehr, sondern eine Tatsache, die immer wieder messend und wägend ermittelt und bestätigt wird. Unter den entwickelten Röntgenverfahren haben die von Laue, Bragg, Debye-Scherrer u. a. eine vielseitig praktische Anwendung. Besonders übersichtlich und auch anschaulich ist die BraggMethode (Fig. 110). Bei diesem Verfahren wird ein Bündel paralleler Röntgenstrahlen gleicher Wellenlänge, also einfarbiges (monochromatisches) Röntgenlicht, verr wendet. Wenn dieses Fig. 110. Branche Keflexionsbedingung. u n t er einem von 0°abweichenden Winkel & auf dichtbesetzte Netzebenen (E, E', E") fällt, so wird ein Teil des eindringenden Röntgenlichtes von den einzelnen Netzebenen reflektiert; sie wirken gleichsam als Spiegel, und unter bestimmten Voraussetzungen können Interferenzen auftreten, wie sich diese auch bei der Reflexion gewöhnlichen Lichtes an dünnen Schichten ergeben. Für die Bedingungen der Reflexion und Interferenz der Röntgenstrahlen läßt sich ableiten: Der in A an der Ebene E (Fig. 110) reflektierte Strahl interferiert mit dem von 0 an der Ebene E' reflektierten Strahl, wenn der Wegunterschied ein ganzes Vielfaches der Wellenlänge ist. Der Wegunterschied entspricht der Länge GA—OD, wobei DA J_ GF. Da nun GA = GF, errechnet sich der Wegunterschied DF aus sin & mit 2d- sin ö; d gibt

Röntgenographische Verfahren

73

die Abstände der gleichbelasteten Netzebenen an. Ist nun 2 d• sin & = nX (X die Wellenlänge, n irgendeine ganze Zahl), so entsteht jeweils eine maximale Intensität der interferierenden Reflexionswellen (Braggsche Gleichung). Der zu den einzelnen Glanzwinkeln zugehörige Wert n = 1, 2, 3 . . . bezeichnet die Interferenzen 1., 2., 3. . . . Ordnung; sie sind durch einen charakteristischen Intensitätsabfall ausgezeichnet. # ist der sog. Glanzwinkel; er wird mit steigendem n größer. Mit Hilfe obiger Gleichung lassen sich nun bei bekanntem X die Netzebenenabstände (S) bestimmen und damit wichtige Strukturgrößen. Bei der praktischen Durchführung dieser Methode verändert man den Fig. III. Einfallswinkel des Röntgenstrahles (R in Fig. 111), der auf eine Kristallplatte Ii von genau bekannter Orientierung fällt; dies erfolgt durch Drehung der auf einem Goniometerkopf montierten Kristallplatte. Ein um die gleiche Goniometerachse sich drehender Arm trägt eine Ionisationskammer (Ii;), die einen schmalen, dem Kristall zugewandten Schlitz aufweist; wenn der reflektierte Röntgenstrahl in diese Kammer fällt, so wird ihr Gas-

Fig. 112a

74

Der Feinbau der Kristalle

inhalt je nach der Intensität der Reflexion verschieden stark ionisiert und damit leitend gemacht, was an einem mit der Ionisationskammer verbundenen Elektrometer zu erkennen ist. Der jeweils zugehörige Winkel BK Ik (Fig. 111) wird auf einem Goniometerkreis abgelesen; er entspricht 180°—2&. Die resultierenden Interferenzen kann man auch auf einem zylindrisch um das Goniometer gelegten photographischen Film auffangen und auswerten. Laue-Methode. Ein ausgeblendetes Bündel von „weißem" Röntgenlicht (das verschiedene Wellenlängen besitzt) wird durch eine Kristallplatte bekannter Orientierung hindurchgeschickt (Fig. 112 a). Die vom Gitter verursachten Abbeugungen bilden sich dann punktförmig (fleckenförmig) auf einer photographischen Platte (F—F) ab, die — ebenfalls senkrecht zur Richtung des Primärstrahles (P) — hinter dem Kristall steht. Charakteristisch und von Bedeutung ist die regelmäßige Verteilung der Schwärzungs(Interferenz-)flecke auf den „Lowe-Aufnahmen" (Fig. 112b), die ein Bild der Symmetrie des Kristalls in der Durchstrahlungsrichtung vermitteln, doch immer so, als ob ein Symmetriezentrum vorhanden wäre. Aus der Lage der Interferenzflecke auf der Platte läßt sich die Größe der Elementarzelle beFig. 112b. £awediagrAmm von Zinkbl^ndo rechnen, aus den Intenn a c h (100). (In der Mitte der Primärfleck sitätsverhältnissen der des Primäretrahls). verschiedenen Reflexe die Anordnung der Atome in der Zelle, d. h. die genaue Kiistallstruktur, ermitteln. Das Zustandekommen der Interferenzflecke hat v. Laue durch drei Gleichungen („Laue-Gleichungen") abgeleitet und verständlich gemacht. Einfacher ist die Erklärung der Latte-Aufnahmen durch die von Bragg dargelegte Reflexion an Netzebenen (vgl. S. 72). Nachdem der Kristall bei der Laue-Methode nicht gedreht wird, reflektieren aus dem Bündel der weißen Röntgenstrahlen

Röntgenographische Verfahren

75

nur jene Wellenlängen, für die das Braggsche Reflexionsgesetz (die ßraggsche Gleichung) erfüllt ist. Fig. 112a zeigt, wie durch eine Schar von Netzebenen N der Kristallplatte abgebeugte Reflexe R entstehen; eine andere Schar von Netzebenen (N') ruft den Nebenreflex R ' hervor. Die Richtung der abgebeugten Strahlen wird geometrisch so gefunden, als ob das einfallende Bündel der Röntgenstrahlen an der Netzebene reflektieren würde. In Wirklichkeit handelt es sich, wie auch bei der ßrajj-Methode, um eine Verstärkung der durch Zerstreuung an den einzelnen Gitterpunkten des Kristalls erregten Elementarwellen durch Interferenz. Die verschiedenen Netzebenen entsprechenden Reflexe lassen verschiedene Grade (Intensität) der Schwärzung erkennen; im allgemeinen werden die Gitterebenen, die am dichtesten mit Massenpunkten besetzt sind (Flächen mit einfachen Indizes, vgl. Fig. 109, S. 71), die kräftigsten Intensitäten hervorrufen. Ist die Distanz zwischen dem Kristall und der photographischen Platte bekannt, so lassen sich die Gitterebenen bestimmen, die die Reflexe geliefert haben. Eine Auswertung der iaue-Aufnahmen erfolgt aber jetzt selten; für die Ermittlung der Kristallsymmetrie haben sie noch Bedeutung, wenn andere Methoden versagen. Debye-Scherrer-V&ciahrm. Zur Durchstrahlung mit „einfarbigem" (homogenem) Röntgenlicht von einer bestimmten Wellenlänge kommt kein einheitlicher Kristall, sondern möglichst feines Kristallpulver (Fig. 113) in einem Röhrchen oder als Stäbchen (PulveraufnahO me!). Durch die regellose l Orientierung der zahlreichen Fig. 113. Herstellung von Pulver- und vollständigen Drehkristallaufnahmen. Pulverteilchen sind auch solche Lagen der Netzebenen verwirklicht, die nach der Bragg'sehen Gleichung (S. 73) eine Reflexion geben. Solche Reflexionsstellungen sind aber nach allen Seiten gegeben, so daß die Reflexionen derselben Ordnung einen Kegelmantel um den Primärstrahl als Achse bilden; die Kegelspitze liegt im durchstrahlten Kristallpulver. Gewöhnlich werden die abgebeugten Strahlen auf einem Filmzylinder (Fig. 113) aufgefangen. Die Schnittlinien der verschiedenen Kegelmäntel mit dem Film

7G

Der Feinbau der Kristalle

sind bogenförmige Kurven, in der Nähe des Primärstrahles fast kreisförmig (Fig. 114). Aus einer Pulveraufnahme können zunächst die Glanzwinkel (vgl. S. 73) und die Netzebenenabstände (d) errechnet werden. Die Auswertung der Pulverdiagramme ist jedoch schwieriger als beim Bragg-Verfahren: vor allem ist die Indizierung der Reflexe von niedriger symmetrischen Kristallen oft kompliziert. Die Pulvermethode ist aber für sehr genaue Messungen der Gitterkonstanten äußerst geeignet, wenn gewisse besondere Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden. Drehkristall-Verfahren. Diese bedienen sich eines Kristalls, der während der Aufnahme u m eine Zonenachse gedreht oder geschwenkt wird. Die Drehachse steht senkrecht zur einfallenden homogenen (monochromatischen) Röntgenstrahlung, der Aufnahmefilm ist zylindrisch um die Drehachse gelegt (Fig. 113 und 115). Wesentlich ist, daß nicht nur die in der gedrehten Zone des Kristalls gelegenen Netzebenen nach u n d nach unter dem Glanzwinkel getroffen werden und Reflexpunkte auf dem Film verursachen, sondern auch die zur Drehachse schräg liegenden Netzebenen. Die Interferenzen ordnen sich in „Schichtlinien" an und jede solche Linie entspricht Netzebenen, die einen bestimmten Index besitzen. Wenn z. B. ein Kristall um seine c-Achse gedreht wird, so ordnen sich die Reflexpunkte der (ÄfcO)-Netzebenen auf dem sog. Äquator (Fig. 115,0). Netzebenen, die um einen bestimmFig. 116. Schematische Darstellung ten Winkelbetrag gegen die einer Drehkristallaufnahme (nach c-Achse geneigt sind, wie z. B. C. W. Correns).

Rüntgengoniometer-Verfahren hkl, hk2 usw., fallen auf oder u n t e r den Äquator vom Äquator ermittelt ebenen in der Richtung nach den Formeln . i =

77

die erste, zweite usw. Schichtlinie über (Fig. 115, 1 u n d 2); aus ihrem Abstand man die Identitätsabstände der Netzder Drehachse. Die Berechnung erfolgt n X COS fl

e ; cot« — -r-. Ii

P = der gesuchte Identitätsabstand; n = Schichtlinienwinkel gegenüber dem Primärstrahl; e = Netzebenenabstand in mm; R = Kameraradius.

Dreht m a n nacheinander um die drei kristallographischen Achsen, so erhält m a n die Größen der Elementarzelle (vgl. S. 67). Von Bedeutung ist dieses, in seinen Grundlagen gekennzeichnete Dachkristall-Verfahren f ü r faserige Mineralien u n d künstliche Fasern, bei denen die Faserachse einer kristallographischen Achse parallel geht. Die Faserdiagramme ergeben ohne Drehung denselben E f f e k t wie ein u m die Achse gedrehter Einzelkristall der Bragg-Methode. Eine vorteilhafte Erweiterung der Drehkristall-Methode schließt das

er-

Röntgengoniometer-Verfahren nach Weissenberg, bei welchem man —• nach Ausblendung — die Reflexe einer einzigen Schichtlinie (vgl. S. 76) u m ungleiche Beträge auseinandergezogen auf einem Film erhält. Dieser E f f e k t wird durch eine Kopplung von Kristalldrehung (der Kristall sitzt auf einem Goniometerkopf) u n d Linearverschiebung des zylindrisch gerollten Films in Richtung der gemeinsamen Drehachse des Kristalls u n d der Achse des Films erreicht. (Der Kristalldrehung von 1° k a n n z. B. eine synchrone Filmbewegung von 1 m m entsprechen.) U m das Röntgeninterferenzbild noch übersichtlicher u n d damit leichter auswertbar zu machen, wurde von J. M. Buerger eine „Precession"-Kamera konstruiert, welche die einzelnen Reflexe in einem geradlinigen Koordinatensystem aufzeichnet (Fig. 116). Bei diesem Aufnahmeverfahren befindet sich der Kristall auf einem Goniometerkopf, der Film in einer ebenen Kassette. W ä h rend der A u f n a h m e im monochromatischen Röntgenlicht wird sowohl der Kristall als auch der Film bewegt, u n d zwar bewegt sich die Normale auf den Film u n d eine entsprechende Richtung im Kristall auf einem Kegelmantel (nach dieser ,,Präzessions"-Bewegung die Kamerabezeichnung).

78

Der F e i n b a u der Kristalle

B e m e r k e n s w e r t ist, d a ß in dem e r h a l t e n e n geradlinigen Koo r d i n a t e n s y s t e m der Reflexe die Indizierung gegenüber anderen A u f n a l i m e v e r f a h r e n erleichtert i s t ; in Fig. 116 sind die Indizes der

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Fig. 116. Aufnahme von Petalit (hkO-Reflexe)

mit der Preeession-Kaniera

(Aufnahme A. und J. Zernann).

reflektierenden Netzebenen (hkO) in einem Quadi'anten einget r a g e n . Weiter bleibt hervorzuheben, d a ß d e n R i c h t u n g e n kleiner P u n k t a b s t ä n d e auf der A u f n a h m e große I d e n t i t ä t s a b s t ä n d e (vgl. S. 66) im Kristallgitter entsprechen, d. h . es wird das reziproke Gitter dargestellt. I n diesem erscheint — in Analogie zu den „ F l ä c h e n p o l e n " der Kristallflächen in einer zweidimensionalen P r o j e k t i o n (vgl. S. 25) — jede Netzebenenschar v o n einem festgelegten N u l l p u n k t aus durch einen zu ihr senkrechten Vektorstrahl zu einem P u n k t reduziert. Die L ä n g e des Vektors entspricht hierbei dem reziproken Wert des N e t z e b e n e n a b s t a n d e s (d) — also -X"—. Die so ermittelten P u n k t e f ü r die verschiedenen Netzdhhl ebenenscharen geben also im reziproken Gitter n i c h t n u r die Lage der Netzebenen im K r i s t a l l r a u m wieder, sondern a u c h ihre d- Werte. Guinier-Methode. Eine weitere geeignete A u s w e r t u n g der Röntgeninterferenzen ermöglichen die fokussierenden Verfahren,

Bausteine und deren Bindung

79

bei welchen ein reflektiertes Röntgenstrahlbündel in einem Punkte konzentriert (fokussiert) wird, bevor es zur Rück- oder Durchstrahlung eines Pulverpräparates gelangt. Bei Anwendung dieses Prinzips, z. B. bei der Gmm'er-Methode, werden das Präparat und der Film kreisbogenförmig auf dem gleichen Zylindermantel angebracht; die Fokussierung erfolgt über einen Monochromator, der einen sehr schmalen Spektralbereich des divergierenden Primärbündels aussondert und dann in einer feinen Linie konvergiert. Eine scharfe Abbildung der Röntgeninterferenzen ergibt sich jeweils dann, wenn diese Linie und das Präparat auf dem durch den Filmzylinder gegebenen Fokussierungskreis liegen. Nach diesem Verfahren wird eine Erhöhung der Intensität und Schärfe der Inferenzlinien erreicht und damit eine größere Genauigkeit bei der Auswertung. Gittertypen. Die systematischen und umfassenden Bestimmungen des Feinbaus der Kristalle haben gezeigt, daß bestimmte einfache Gittertypen vorherrschen oder aber, daß sich komplizierte Strukturen in ihren Grundzügen auf diese beziehen lassen. , Für die Beschreibung eines Gitters ist die Kenntnis der Elementarzelle (vgl. S. 67) in ihren Größenordnungen a0, b0, c (Länge der Koordinaten auf den entsprechenden kristallographischen Achs in mit deren Winkelgrößen) bestimmend, sowie die Raumgruppe, der die Zelle angehört. Auch die „Parameter" sind kennzeichnend; sie geben die Orte aller in der Lage prinzipiell verschiedenen Gitterbausteine bezogen auf eine Ecke der Elementarzelle an. Mit ,,Z" wird die Zahl der chemischen Formeleinheiten je Elementarzelle vermittelt. Beispiele für einfache Gittertypen (Strukturen) zeigt die Tafel I (Seite 80(81). Bausteine und deren Bindung im Kristallgitter. Bausteine können sein: Ionen (durch Aufnahme oder Abgabe von Elektronen negativ oder positiv geladene Atome), Atome und Moleküle. Eine Analyse der Kräfte, die zwischen den Kristallbausteinen wirken und diese zusammenhalten, führt zur Erkenntnis verschiedener Bindungsarten. In vielen Fällen ist eine ionare oder heteropolare (gr. heteros = andersartig) Bindung nachweisbar. Bei dieser werden die Ionen als Punktladungen mit einem annähernd kugelförmigen elektrischen Feld angenommen, die sich bei entgegengesetzter Ladung (wie Na + und CF bei NaCl) nach dem Coulombschen Gesetz anziehen, d. h. die Anziehungskraft ist proportional dem Produkt der Ladungen und umgekehrt proportional dem Quadrat ihres Abstandes. Die

80

Der Feinbau der Kristalle Tafel

Abb. 1. Gold.

I

A b b . 2. W o l f r a m .

Abb. 3. Magnesium.

rt 0 ~

A b b . 4. Steinsalz.

Abb. 7. P y r i t .

A b b . 15. Zinkblende.

Abb. 8. K a l k s p a t .

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A b b . 6. F l u ß s p a t .

Abb. 9. Spineil.

Abb. 1. Gold ( K a n t e n l ä n g e des flächenzentrierten E l e m e n t a r w ü r f e l s a n = 4,070 A ) ; gleichzeitig Gitter von Aluminium (a« = 4,04 A), Nickel (a 0 = 3,51 A), K u p f e r (a 0 = 3,61 A), Silber (a„ = 4,078 A), P l a t i n (a„ = 3,903 A), Blei (a„ = 4,94 A) usw. A b b . 2. Wolfram (innenzentrierter E l e m e n t a r w ü r f e l m i t a 0 = 3,16 A ) ; im gleichen G i t t e r t y p u s kristallisieren L i t h i u m , N a t r i u m , K a l i u m , Chrom, Molybdän u. a.

Bausteine u n d deren Bindung

81

Abb. 3. Magnesium (a 0 = 3,19, c 0 = 5,20 A); gleicher Gittertypus für Beryllium, Titan, Kobalt, Zink, Zirkon usw. Abb. 4. Steinsalz, NaCl (a 0 = 5,628 A ; kürzester Abstand zwischen Na und C1 2,82 A); gleicher Gittertypus für Sylvin (KCl), Bleiglanz (PbS) u. a. Abb. 6. Zinkblende, ZnS (a 0 = 5,42 A); gleicher Gittertypus für Diamant (C). Abb. 6. Flußspat., CaF 3 (a 0 = 5,45 A); gleicher Gittertypus für Uranpechblende. Abb. 7. Pyrit, FeS, (a 0 = 5,418Ä); gleicher Gittertypus für Hauerit (MnS a ). An Stelle der S — S-Komplexe („Hantel") As — S beim Kobaltglanz, CoAsS, Sb — S beim Antimonglanz, NiSbS. Abb. 8. Kalkspat, CaCOa (Elementarzelle entspricht nicht dem Spaltrhomboeder) und andere Karbonate. Abb. 9. Spinell, MgAlaOa (• = 0 , an den gemeinsamen Ecken von Würfel und Tetraeder, ° = AI, an den gemeinsamen Ecken zweier Würfel; Mg, nicht eingezeichnet, im Mittelpunkt der Tetraeder); Gittertyp auch für Magnetit, Fe 3 0 4 bzw. FeFejOj. Weitere charakteristische Gittertypen, vor allem der Silikate, in der .Spezielle Mineralogie" dieser Sammlung (Bd. 31).

notwendige Gleichgewichtseinstellung wird durch eine abstoßende K r a f t erreicht, die bei einer starken Annäherung der Ionen durch die Wechselwirkung der Elektronenhüllen der Ionen aktiviert wird. Auf diese Weise werden die Ionen in einem Kristallgitter bei einer bestimmten Koordination gegenüber den umgebenden Ionen in einem ermittelbaren A b s t a n d (der einem Z u s t a n d kleinster potentieller Energie entspricht) voneinander festgehalten. Im NaCl-Gitter (Fig. 117) b e t r ä g t z. B. der kleinste A b s t a n d der Ionen 2,82 Ä ; er ist gleich der Summe der sog. Wirkungsradien beider Ionen (in kugelförmiger Kraftwirkung). Der Wirkungs+ radius des Na-Ions (Na )] selbst wurde zu 0,98 A, des Cl-Ions ( C F ) zu 1,81 A errechnet. Aus röntgenographisch ermittelten Gitterabständen wurden die Wirkungsradien, die auch „scheinbare Ionenradien" genannt werden, f ü r die verschiedenen Elemente ermittelt; sie bewegen sich etwa zwischen 0,5 u n d 2,0 Ä. Ein weiteres Modell der Kugelpackungen in einem Kristallgitter zeigt die Fig. 118 f ü r den Spinell MgAl 2 0 4 (. Mg 2 + = 0,65 Ä, Al 3 + = 0,67 A, 0 2 ~ = 1,40 A). Wenn auch die Vorstellung der a n n ä h e r n d kugelförmigen Kraftwirkung der Ionen nicht der Wirklichkeit entspricht, weil die Deformation bzw. Polarisation der Elektronenhüllen durch benachbarte Ionen unberücksichtigt bleibt, so h a t sie doch f ü r die D e u t u n g verschiedener Erscheinungen (vgl. S. 131) eine Bedeutung. —• Im Gegensatz zur heteropolaren Bindung steht die homöopolare (gr. homoios, homos = gleich, gleichartig), auch als Atombindung bezeichnet. F ü r diese sind kennzeichnend: gleich6

Brauns-Chudoba, Allg. Mineralogie

82

Der Feinbau der Kristalle

Fig. 117. NaCl-Gitter. Kaumgruppe F m3m.

Fig. 118. Spinell-Gitter. Raumgruppe i d ä » ,

artige Bausteine (wie C bei Diamant), die elektrisch neutrale Gebilde (Atome) darstellen, und Verkettung durch ein Elektronenpaar, von denen je ein Elektron zwei benachbarten Atomen zugehört. Charakteristisch sind weiter gerichtete Bindungen. Als Sonderfall sind die Gitter mit metallischer Bindung anzusehen. Die Elektronen (Valenzelektronen) können keinem speziellen Atompaar zugeordnet werden, sondern sie sind — von den Metallatomen abgespalten — frei im Metallgitter als eine Art von „Elektronengas" beweglich. Hierdurch wird u. a. die gute elektrische und thermische Leitfähigkeit der Metalle hervorgerufen. Die Molekülgitter besitzen die van der TFaais-Bindung, die nicht Ionen oder Atome, sondern in sich abgesättigte Gruppen von solchen, vor allem Moleküle, verbindet. Ideal- und ReaLkristall. Die nach mathematischen Prinzipien abgeleiteten „idealen" Gitter erfahren in den seltensten Fällen ihre tatsächliche Verwirklichung. Der Aufbauprozeß eines Kristalls wird nämlich häufig durch verschiedene Faktoren des Wachstums, dann durch Einschlüsse von Gas, Mutterlauge oder durch andere Mineralien gestört, wodurch sich zwangsläufig auch Störungen im Gitter ergeben. Dadurch zeigen die gemessenen Werte verschiedener physikalischer Eigenschaften oft deutliche Abweichungen von denen für einen „Idealkristall" theoretisch geforderten. Der wirkliche Gitterbau weicht demnach von jenen der Idealvorstel-

Deutung der Zwillingsbildung

83

lungen ab, d. h. der Realkristall vom Idealkristall. Bei den Abweichungen zwischen diesen beiden Kristallarten wird nach C. W. Correns zweckmäßigerweise zwischen Fehlordnungen u n d Baufehlern unterschieden. ' Fehlordnungen können sowohl durch unvollständig besetzte Gitterplätze (Leerstellen), als auch durch einen Überschuß (auf Zwischengitterplätzen) bzw. Unterschuß an ionaren u n d atomaren Bauelementen hervorgerufen werden. Baufehler sind z. B. schon an der „ P a r k e t t i e r u n g " mancher Kristallflächen (wie bei Flußspat) erkennbar; sie ist der Ausdruck dafür, daß die Elementarzellen nicht parallel, sondern zueinander geneigt angeordnet, bzw. gegeneinander versetzt sind (sog. Mosaikstruktur). Einen Übergang der kristallinen Ordnung zur amorphen Unordnung lassen verschiedene metamikte1) Mineralien erkennen; bei einer äußerlichen kristallographischen Umgrenzung sind sie im Innern röntgenamorph. Nachdem diese Mineralien radioaktiv sind, wird wahrscheinlich gemacht, daß ihr Gitterzerfall durch ein B o m b a r d e m e n t von a-Teilchen verursacht worden ist. Bei Temperaturerhöhung k a n n die verlorengegangene Ordnung der Bausteine stufenweise wiederhergestellt werden (Retrokristallisation = Wiederkristallisation!), u n d zwar bei einer merklichen Dichtezunahme gegenüber der des m e t a m i k t e n Zustandes. Andere Übergänge von der amorphen Phase zum Kristall gehen über Mesophasen (gr. mesos = der mittlere), die verschiedene Anordnungen stäbchenförmiger Teilchen zum völlig ungeordneten Zustand bis zum geordneten des Kristalls zeigen. — Eine kristallinflüssige Zustandsart k o m m t den flüssigen Kristallen zu, die wahrscheinlich aus ein- oder zweidimensional-periodischen P u n k t a n o r d n u n g e n aufgebaut sind. Aus dem Bestreben, die phänomenologischen Erscheinungen und abgeleiteten Gesetzmäßigkeiten an den Kristallen auf der Grundlage ihrer S t r u k t u r zu verstehen, h a t m a n auch eine D e u t u n g der Zwillingsbildung (vgl. S. 60) versucht; sie umschließt bislang n u r wenige, meist rein geometrische Feststellungen über die gegenseitige Orientierung der Kristallgitter in den Zwillingsindividuen. So k a n n gezeigt werden, daß in einer großen Zahl von Fällen das Gitter f ü r die Zwillingsindividuen über die Zwillingsgrenze hinaus gemeinsam (homogen) bleibt, bei anderen n u r teilweise. Diese rein geometrischen Betrachtungen erklären jedoch ') gr. meta = hinterher, darauf; miktos = gemischt. 6'

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

weder die Ursache noch die Natur der Zwillingsbildung. Chemische Baufehler dürften bei der Zwillingsbildung eine Rolle spielen, d. h. die Anlagerung einer Zwillingsstellung scheint die Präexistenz von Baufehlern an der Oberfläche der Zwillingsgrenze vorauszusetzen. Zur Deutung der Epitaxie (vgl. S. 62): Die Ursache der orientierten Verwachsung liegt in der weitestgehenden Übereinstimmung bestimmter Gitterdimensionen der miteinander verwachsenen Kristalle; vorwiegend wird eine zweidimensionale Analogie im Gitterbau festgestellt.

III. Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien Die physikalischen Eigenschaften der Kristalle haben f ü r die Erkennung, Untersuchung u n d Bestimmung eines Minerals eine große u n d vielseitige B e d e u t u n g ; sie sind entweder von der Richtung abhängig oder unabhängig. Die richtungsgebundenen physikalischen Eigenschaften benötigen zu ihrer Kennzeichnung neben einem Zahlenwert noch die Angabe einer Richtung, wie etwa die H ä r t e , Spaltbarkeit, Leitfähigkeit, die verschiedenen optischen Eigenschaften usw.; sie sind vektorielle Eigenschaften. I m Gegensatz zu ihnen stehen die skalaren, f ü r die ein Zahlenwert ohne Richtungsangabe genügt, wie beim Volumen, dem spezifischen Gewicht usw. Härte. Unter H ä r t e verstehen wir z. B. den Widerstand, den ein Körper dem Ritzen entgegensetzt, also die Ritzhärte. Von zwei Körpern ist derjenige der härtere, der den anderen ritzt. Versucht man mit einem h a r t e n Gegenstand, z. B. einem Messer, verschiedene Mineralien zu ritzen, so wird man finden, daß die Spitze in manche leicht, in andere schwer und in wieder andere gar nicht eindringt, daß also die Mineralien verschieden hart sind. Um den Grad der H ä r t e ungefähr angeben zu können, h a t Mohs (1773—1839) folgende Reihe von Mineralien — die Härteskala — zusammengestellt, von denen das folgende immer härter ist als das vorhergehende: 1. Talk, 2. Steinsalz, 3. Kalkspat,

Härte

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4. Flußspat, 5. Apatit, 6. Feldspat, 7. Quarz, 8. Topas, 9. Korund, 10. Diamant. Hiermit kann man die Härte eines Minerals leicht bestimmen: gleich harte Mineralien ritzen sich gegenseitig nicht oder nur wenig, ein härteres ritzt immer das weichere. Ein Mineral hat entweder dieselbe Härte wie ein Glied der Skala (z. B. Turmalm 11 = 7), oder es ist weicher als das eine und härter als das andere (z. B. Bleiglanz H = 21/2). Mineralien bis Härte 2 werden vom Fingernagel leicht geritzt; statt Apatit kann man auch Fensterglas, das Härte 5 hat, nehmen. Mineralien, deren Härte unter 6 ist, werden vom Messer geritzt. Härte 7—10 ist Edelsteinhärte. Ein jeder, der Mineralien bestimmen will, sollte sich eine Härteskala anlegen; Diamant und Korund sind entbehrlich, die anderen Glieder sind alle leicht zu beschaffen. Zur Härtebestimmung bedient man sich zweckmäßig besonderer Härtestifte, die kleine zugespitzte Stücke der wichtigsten Härtegrade enthalten. Die sichere Bestimmung der Härte wird oft dadurch erschwert, daß bei leicht spaltbaren Mineralien die Härte nach verschiedenen Richtungen verschieden ist; sie ist bei Kalkspat (Fig. 121) auf der Rhomboederfläche in der Richtung von der stumpfen Endecke gegen den Pol des Rhomboeders geringer als auf derselben Linie in entgegengesetzter Richtung. Auch ist zu beachten, daß der Abstand der Härtegrade sehr ungleichmäßig ist: der zwischen 3, 4 und 5 ist sehr gering, der zwischen 9 und 10 sehr groß. In der technischen Praxis hat die Afoftssche Härteskala für härtere Substanzen folgende Erweiterung erfahren: 6. Feldspat (wie bisher), 7. Reines Quarzglas, 8. Quarz, 9. Topas, 10. Granat, 11. Geschmolzener Zirkon, 12. Korund, 13. Siliziumkarbid, 14. Borkarbid, 15. Diamant. So hart wie Diamant ist das Borazon, die künstliche kubische Modifikation von Bornitrit (BN) der General Electric Comp., Shenectady, USA. Dieses Hartmaterial ist 1957 unter den gleichen thermischen Bedingungen hergestellt worden wie der synthetische Diamant des gleichen Unternehmens (1955). Das Borazon hat als Hochdruckmodifikation eine Diamantstruktur (Dichte 3,45); es entsteht aus der graphitähnlichen Modifikation des Bornitrits. Eine zahlenmäßige, aber nur halbquantitative Erfassung der Ritzhärte ist mit dem Skierometer möglich; bei diesem Instrument wird meistens eine ebene Kristallplatte unter einer Spitze von Stahl (oder Diamant) hinweggezogen, die durch Gewichte belastet werden

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

kann. Die aufgelegten Gewichte, die für einen Kitz von bestimmter Tiefe und Breite notwendig sind, ergeben unmittelbar vergleichbare Härtezahlen. Diese erschließen und belegen die Härteanisotropie, vor allem augenfällig durch die Härtekurven; diese entstehen durch die Eintragung der auf einer Kristallfläche bestimmten Härtewerte in den entsprechenden kristallographischen Richtungen. Die Härtekurven geben die Symmetrie der betreffenden Flächen wieder, sie zeigen aber auch gleichzeitig die Abhängigkeit der Härteanisotropie von der Spaübarkeit (vgl. S. 87). Die Härtefigur bei Steinsalz (Fig. 119) ist auf der Spaltfläche vierlappig, die

Härtekurven bei Fig. 119. Steinsalz auf (100) u. (111); Spaltbarkeit // (100).

Fig. 120. Flußspat auf (100) u. (111); Spaltbarkeit // (111).

Fig. 121. Kalkspat auf (1011) u. (0001);_ Spaltbarkeit // (1011).

Maxima der Härte gehen den Diagonalen parallel; auf einer (angeschliffenen) Oktaederfläche ist die Härtekurve dieilappig. Bei Flußspat (Spaltbarkeit nach dem Oktaeder) erscheinen die Härtekurven auf den äquivalenten Flächen gegenüber Steinsalz um 45° gedreht (Fig. 120). Kalkspat (Fig. 121) zeigt die geringste Härte auf den Rhomboederflächen, wobei gleichzeitig verschiedene Härtegrade in Richtung und Gegenrichtung (vgl. oben) vorliegen. Halbquantitative Härtegrade vermitteln weiter die Schleif- und die Bohrhärte; ihre Zahlenwerte entsprechen den Widerständen, die ein Mineral dem Schleifen bzw. Bohren entgegensetzt. Praktisch wichtig ist auch die statische Methode der Eindruckhärte, wie etwa die Kugel- oder Kegeldruckhärte. Bei dieser wird die nach der Belastung einer Kugel (oder eines Kegels) erzeugte Eindruckfläche (Brinellhüxte) gemessen und ausgewertet. Auch kann der Widerstand gegen das Eindringen eines scharfkantigen, aber

Spaltbarkeit

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ganz flachpyramidalen Diamantdoppelkegels (geformt wie eine Schneide) in ein Mineral gemessen werden; die Härteberechnung erfolgt aus der L ä n g e der Seiten der E i n d r u c k p y r a m i d e n im untersuchten Mineral (u. d. M.) und aus dem angewendeten D r u c k (Fi'efcershärte). Von diesen makroskopischen Härteprüfungs-Methoden kommen einige für die mikroskopische Härteprüfung und -bestimmung in Betracht. Mit der Mikroll arte kann die Richtungsabhängigkeit (Anisotropie) bei Kristallen und kristallinen Stoffen festgestellt werden; auch kann man die Mikrohärte am gleichen Material im unbehandelten sowie im mechanisch oder thermisch behandelten Zustand vergleichen, wie auch das Verhalten verschiedener Zonen am gleichen Material. Unter den Methoden der Mikrohärtebestimmung erweist Bich die der Eindruckhärte als die genaueste; in der mikroskopischen Praxis kommen in erster Linie die Pyramidendruckmetkode und die Schneidendruckmethode zur Verwendung; die beiden dynamischen Methoden der Ititzund Schleifhärte finden hauptsächlich bei Härteprüfungen, also bei qualitativen Härteuntersuchungen, eine Anwendung. Verschiedene Mikrohärteprüfer, die als Zusatzgeräte zu mineralogischen Mikroskopen konstruiert wurden, stellen bei den Messungen der Mikrohärte einen wichtigen Bestimmungsbehclf dar. Die H ä r t e h ä n g t mit dem F e i n b a u der Kristalle eng zusammen, doch ist die Deutung nicht einfach. Zunächst wurde festgestellt, daß die H ä r t e von der Größe, Ladung bzw. Wertigkeit und von der Packungsdichte der Bausteine im Gitter abhängt und somit auch von der geometrischen Anordnung der Bausteine. Den verschiedenen Flächen eines Kristalls kann daher nicht die gleiche H ä r t e zukommen. Aber auch die Härteunterschiede auf ein u n d derselben Fläche eines Kristalls (vgl. Disthen, S. 14) haben im Feinbau ihre Erklärung. Bemerkenswert hierbei ist, daß die Härteanisotropie unter dem Einfluß der Spaltbarkeit steht, besonders bei weniger harten Mineralien.

Spaltbarkeit. Viele Mineralien lassen sich nach einer oder mehreren Richtungen leichter trennen als nach anderen; man nennt diese Eigenschaft Spaltbarkeit, wobei zwischen einer Druck-, Schlag- und Zugspaltung unterschieden werden kann. Die Trennungsfläche, die immer einer möglichen Kristalliläche parallel geht, heißt Spaltfläche, ein nur von Spaltflächen begrenztes Stück Spaltungsstück. Die Spaltflächen können mit sehr verschiedener Leichtigkeit hervorgerufen werden und gehen bald nur einer, bald mehreren Richtungen parallel. Vollkommene Spaltbarkeit nach nur einer Richtung besitzt Glimmer; die dünnsten Blättchen lassen sich davon abspalten. Steinsalz und Kalkspat spalten so deutlich nach drei Richtungen, daß sie beim Zerschlagen

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

immer in Spaltungsstücke zerspringen: Steinsalz in kleine Würfelchen, Kalkspat in Rhomboeder. Auch Flußspat und Zinkblende besitzen noch ziemlich deutliche Spaltbarkeit; jener nach den vier Richtungen des Oktaeders, diese nach den sechs Richtungen des Rhombendodekaeders. Ungleiche Spaltbarkeit nach verschiedenen Richtungen beobachtet man am Gips; nach einer Richtung besitzt er vollkommene Spaltbarkeit, nach zwei anderen Richtungen weniger vollkommene; die eine von diesen Spaltflächen ist faserig, die andere ist mit kleinen flachmuscheligen Vertiefungen bedeckt. Andere Mineralien haben eine weniger deutliche Spaltbarkeit, manchen, wie Quarz, fehlt sie ganz. Die Spaltbarkeit beobachtet man am besten an Bruchstellen; an ganzen Kristalle ist sie manchmal durch Risse angedeutet. Für die Erkennung, Bestimmung und Orientierung eines Minerals ist die Spaltbarkeit und der Grad ihrer Güte von vielseitiger Bedeutung. Die Spaltbarkeit steht immer mit der Symmetrie in enger Beziehung und offenbart die Kristalle als physikalisch anisotrope Körper: Kubische Kristalle spalten nach drei (Würfel: Steinsalz), vier (Oktaeder: Flußspat) oder sechs gleichen Richtungen (Dodekaeder: Zinkblende), aber nie nach nur einer Richtung; tetragonale nach zwei gleichen (Prisma: Rutil) oder einer Richtung (Basis: Apophyllit); rhomboedrische (Kalkspat) nach drei gleichen Richtungen (Rhomboeder), trikline nie nach zwei Richtungen mit gleicher Vollkommenheit. Die Spaltflächen sind immer Flächen mit einfachen Indizes: 111, 110, 001 usw. Zwischen Spaltbarkeit und Struktur lassen sich einige augenfällige Zusammenhänge nachweisen. An vielen Beispielen kann gezeigt werden, daß die Spaltebenen Netsebenen relativ dichter Belastungen mit Massenteilchen entsprechen, die in sicli durch kürzeste Gitterabstände zusammengehalten werden; die Bindungskräfte senkrecht zu diesen Netz-(Spaltungs-)ebenen sind dagegen durch größere Abstände kleiner. Die Spaltflächen gehen also im allgemeinen Netzebenen parallel, zwischen denen nur schwache Bindungskräfte vorliegen, d. h. nur wenige wirksame Bindungskräfte je Flächeneinheit. Die vollkommene Spaltbarkeit mancher Mineralien, wie Graphit (Fig. 122), Glimmer usw. läßt sich an deren

Mechanische Deformation

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Schichtengitter geradezu ablesen. Bei Graphit haben die Kohlenstoffatome innerhalb der hexagonalen Waben mit 1,42 A die kürzesten Abstände, während die einzelnen Schichten in einem Abstand von 3,35 Ä (vgl. Fig. 122) aufeinanderfolgen. Kristallgitter mit kettenartig gebauter Struktur sind durch eine Spaltbarkeit parallel zu solchen Ketten charakterisiert (Pyroxene und Amphibole). Bei Kristallen mit Ionengittern (Steinsalz, Flußspat usw.) steht die Deutung der Spaltbarkeit auf struktureller Grundlage noch in Diskussion. Weiter abgeleitete Beziehungen zwischen Fig. 122. Graphitgitter. Spaltbarkeit und Struktur der Kristalle vermittelt in erster Linie das Buch von H. 0. F. Winkler (siehe S. 145). Die Entstehung der Spaltflächen versuchte man u. a. auch durch Baufehler (vgl. 3.83) des Kristalls zu deuten und zu erklären. Bruch. Beim Zerschlagen von Mineralien entstehen oft unregelmäßige Bruchflächen, deren Beschaffenheit charakteristisch ist und je nach dem Aussehen als muscheliger (Feuerstein), unebener (Schwefelkies), ebener (Jaspis), splittriger (Hornstein), hakiger ^Silber), erdiger (Kreide) Bruch bezeichnet werden. Die Mineralien zeigen beim Versuch, sie zu zerschlagen, zu ritzen, zu zerschneiden oder zu biegen, ein verschiedenartiges Verhalten. Spröd nennt man Mineralien, wenn das beim Ritzen entstehende Pulver fortspringt; sie lassen sich leicht pulverisieren (Diamant, Quarz); mild, wenn das Pulver längs des Ritzes liegenbleibt (Speckstein); geschmeidig, wenn sich beim Ritzen kein Pulver bildet (Kupfer); dehnbar oder duktil, wenn sie sich zu dünnen Blättchen aushämmem lassen; dehnbare Körper können nicht pulverisiert werden (Gold, Silber). Biegsam heißen Mineralien, deren Blättchen, einmal umgebogen, gebogen bleiben (Chlorit); elastisch biegsam die, deren umgebogene Blättchen nach Aufhören des Druckes in ihre frühere Lage zurückschnellen (Glimmer). Mechanische Deformation. Durch mechanische Beanspruchungen (Druck, Zug, Biegung usw.) können Kristalle Verformungen

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

erfahren, die entweder reversibel1) (elastische Deformation) oder irreversibel (plastische Deformation) sind. Bei einer elastischen Verformung wird die ursprüngliche Form wieder angenommen, wenn die deformierende Kraft nicht mehr wirkt, bei einer plastischen Verformung aber nicht. In der Natur und speziell in der Technik hat die plastische Deformation eine große Bedeutung. Für diese sind Verschiebungen (Gleitungen) durch Druck nach bestimmten, vorwiegend niedrig indizierten Flächen (Gleitflächen) charakteristisch. Spezielle Erscheinungen der plastischen Verformung sind die mechanische Zwillingsbildung. Die mechanische Translation kennzeichnen Verschiebungen, bei denen der verschobene Teil mit seiner ursprünglichen Lage parallel und mit dem ganzen Kristall im Zusammenhang bleibt. So beobachtet man am Antimonit nicht selten Verbiegungen, bei denen die Längsfläche (010) — zugleich Spaltfläche —• parallel der a-Achse gekrümmt erscheint. Die Ebene der Gleitung wird Translationsfläche (T) genannt; in ihr liegt die Translationsrichtung (t); bei Antimonit in (010) die c-Achse, also [001]. Wesentlich ist, daß die Verformbarkeit der Metalle im kalten und warmen Zustand (Ausziehen zu Drähten, Walzen zu Blättchen und Folien) in der Hauptsache durch Translation bedingt ist. Für kubisch kristallisierende Metalle mit flächenzentrierter Elementarzelle (Au, Cu, Pt, Ag, AI usw., vgl. S. 80) ist T = (111), t =i [101] sowie [111]. Die Plastizität des Eises ist durch die Translationsfähigkeit nach T = (0001) (entsprechend der Decke von Eis) und t => [0001] verursacht. Weiter beruht das Aufdringen des Steinsalzes (NaCl) zu den geologisch wichtigen Salzdomen auf der leichten plastischen Def ormierbarkeit; T ist aber nicht nur (110), denn es kommt auf die Beanspruchungsrichtung an, ob bei NaCl (110) oder (100) Translationsfläche werden. Weitere Beispiele für Translation geben Gips, T = (010), t = Senkrechte auf (111); Disthen, T = (100), t = [001]; Anhydrit, T = (001), t = [010] u. a. Die Translationsflächen sind im allgemeinen relativ dicht besetzte Netzebenen, die Translationsrichtungen relativ dicht besetzte Gittergeraden. — Auch für die mechanische Zwillingsbildung sind Gleitungen kennzeichnend, doch erfolgen sie derart, daß die verschobenen Teile in eine Zwillingsstellung gelangen. An einem klaren Spaltungsstück von Kalkspat kann man in Wiederholung des Baumhauerschen Ver') lat. reversiö • Umkehr.

Glanz —• Durchsichtigkeit

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suches durch Aufsetzen einer Messerschneide senkrecht auf eine stumpfe Polkante und leichten Druck Zwillinge nach (0112) erhalten (Fig. 123). Polysynthetische Lamellen, die auf Spaltstücken mancher Kalkspäte beobachtbar sind, dürften auf analoge Gleitungen zurückzuführen sein; nach Reusch ergeben sich derartige Lamellen durch orientierte Pressung eines Kalkspatrhomboeders. Andere Beispiele dieser Druckzwillingsbildung, die auch einfache Kristallschiebung genannt wird, geben: Eisen (Zw. E. 211), Eisenglanz (1011) u. a. Im allgemeinen kann eine einfache Schiebung erfolgen, wenn die Wege der Schwerpunkte der Massenteilchen hierbei geradlinig und ihre von Kalkspat-Zwillingen Längen proportional Fig. 123. Erzeugung durch Druck. der Entfernung von der Gleitebene sind. Bei Kalkspat gilt dies nur für die Schwerpunkte der C0 3 -Gruppen; die O-Atome bewegen sich in einer Schraubenlinie. Auch die Schlag- und Druckfiguren, die für verschiedene Mineralien (Glimmer, Kalkspat usw.) charakteristisch sind, gehen auf Translationen zurück. Der Glanz der Mineralien ist der Art und dem Grade nach verschieden; zur Bezeichnung vergleicht man ihn mit dem Glanz bekannter Körper: Metallglanz ist verbunden mit Undurchsichtigkeit (Bleiglanz, Schwefelkies); die durchsichtigen oder durchscheinenden haben Glasglanz (Bergkristall), Diamantglanz (geschliffener Diamant), Perlmutterglanz (Glimmer), Seidenglanz (faseriger Gips), Fettglanz (Eläolith). Dem Grade nach wird unterschieden: stark glänzend, schimmernd, matt. Die Durchsichtigkeit in Mineralien ist in allen Graden vertreten ; vollkommen durchscheinend sind z. B. Bergkristall, Diamant; andere Mineralien sind trüb durchsichtig (Schwerspat), durchscheinend (Chalcedon) oder nur kantendurchscheinend, d. h. bloß an den scharfen Kanten dünner Splitter durchscheinend (Feuerstein, Hämatit), viele selbst in dünnsten Schichten vollkommen undurchsichtig, opak1). lat. opacus = dunkel.

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

Von großer Wichtigkeit u n d vielseitiger praktischer Bedeutung zugleich sind die gesetzmäßigen Zusammenhänge zwischen den optischen Eigenschaften u n d den kristallographischen, weil sie beziehungsvolle Rückschlüsse auf den stofflichen Bestand der Mineralien und damit ihre Bestimmung sowie Identifikation erlauben. Diese

Kristalloptik behandelt die Erscheinungen der Lichtausbreitung in Kristallen; sie wird ausführlich von E. Buchwald1) in der „ E i n f ü h r u n g in die Kristalloptik" vermittelt, aber auch von W. BruhnslP. Ramdohr2) in der „Kristallographie" behandelt. I m folgenden finden daher nur diejenigen Grundlagen der Kristalloptik eine kurze Charakterisierung, die zum „begründeten Verständnis der ein Material kennzeichnenden optischen K o n s t a n t e n " notwendig sind. Grundbegriffe. Zur Deutung der phänomenologischen Erscheinungen der Kristalloptik wird hier das Licht nicht als eine Schwingung im elektromagnetischen Feld betrachtet, sondern im Anschluß an mechanische Vorstellungen als eine Wellenbewegung von Teilchen eines hypothetischen Stoffes, des Lichtäthers. Eine Welle selbst ist der kleinste Teil der Schwingung, der alle ihre Bewegungszustände (einfach harmonische Sinusschwingungen) umfaßt; die Wellenlänge (?.) entspricht der Entfernung zweier Punkte gleichen Schwingungszustandes längs des Lichtstrahls. Dieser aber ist die geradlinige Fortpflanzungsrichtung der Wellen und zugleich die Senkrechte auf die Wellenfront (die Tangentenfläche an die einzelnen Wellen). Die Schwingung der Lichtwellen ist transversal, d. h. die Schwingung steht senkrecht auf der Fortpflanzungsrichtung und sie erfolgt in allen Richtungen. Im sichtbaren Licht liegen die Wellenlängen zwischen 3800 und 7800 Ä. Monochromatisches Licht ist das Licht einer Wellenlänge (oder nur ganz wenig voneinander verschiedenen Wellenlängen), wie z. B. das Licht einer Na-Flamme mit X = 5893 Ä. Einfache Lichtbrechung. Ein Bündel weißen Lichtes, das auf ein vertikales Glasprisma fällt, erfährt sowohl beim Ein*) Sammlung Göschen, Bd. Nr. 619. ') Sammlung Göschen, Bd. Nr. 210.

Einfache Lichtbrechung

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tritt in dieses (senkrechter Einfall ausgenommen) als auch beim Austritt aus diesem eine Ablenkung; diese einfache Brechung eines Lichtstrahles an der Grenze zweier Medien — mit dem Einfalls-(lnzidenz-)Winkel i und dem Brechungs-( Refraktions-) W i n M r zum Einfallslot L (Fig. 124) — wird durch die unterschiedliche Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in diesen beiden Medien F i g . 124. B r e c h u n g und Oispersinn in einem Glasprisnia. verursacht. Die Größe der Lichtbrechung drückt der Brechungsindex n (auch Brechungsquotient, Brechungszahl und Brechzahl genannt) aus; er gibt das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit in Luft (v) zu der im angrenzenden optisch dichteren Medium (vj) wieder, d. h.

F ü r ein und dasselbe Medium ist dieses Verhältnis konstant (wie auch das für ^

%

) . Der Brechungsindex stellt da-

mit eine charakteristische optische Eigenschaft dar, deren genaue Kenntnis ein wichtiges Bestimmungsmerkmal liefert. Wird die Lichtgeschwindigkeit in Luft = 1 gesetzt, so resultiert 1 n = —: der Brechungsindex ist also der reziproke Wert der Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Beispiel: Im Wasser beträgt die Lichtgeschwindigkeit bloß % von derjenigen in Luft: n ist demnach für Wasser nach dem reziproken Wert 4 /i = 1,333.

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

Reguläre Kristalle (sowie Glas, Flüssigkeiten) besitzen in allen Richtungen den gleichen Brechungsindex; sie sind optisch isotrop. Die Fortpflanzung des Lichtes erfolgt hierbei in Kugelwellen. — Die Größe des Brechungsindex ist aber von der verwendeten Lichtart abhängig, denn bei der Brechung erscheint das auf einem Schirm (S in Fig. 124) aufgefangene Licht des abgelenkten Lichtstrahls nicht mehr weiß, sondern als ein kontinuierliches Farbband (Spektrum; lat spectrum = Bild) mit den Hauptfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett. Das weiße Licht stellt demnach eine Mischung von Spektralfarben dar. Bei Verwendung monochromatischen Lichtes erkennt man nun, daß die Größe der Brechung für verschiedene Farben verschieden groß ist, d. h. jede Farbe hat ihren eigenen, von den anderen Farben verschiedenen Weg im Prisma zurückzulegen (vgl. Fig. 124). Dadurch ergibt sich für verschiedene Farben ein verschiedener Brechungsindex n. Die beobachtete Farbenzerstreuung, die sog. Dispersion 1 ) des weißen Lichtes, ist daher gleichbedeutend mit einer Trennung der für die einzelnen Farben charakteristischen Wellenlängen „A". Jeder Farbe entspricht hierbei in Luft eine bestimmte Wellenlänge (von Rot mit etwa 7800 Ä bis Violett mit etwa 3800 A). Unter den regulären Kristallen hat Diamant eine besonders starke Dispersion; sie bestimmt im wesentlichen das „Feuer" dieses Edelsteins. X (A) 7628 6708 5893 5351 4861 3969 n 2,4030 2,4084 2.41T5 2,4254 2,4554 2,4650 Die Dispersion anderer regulärer Mineralien, wie z. B. v o n Granat (Almandin) ist gering. A (A) 6708 (Li) 5893 (Na) 5351 (Tl) n 1,7763 1,1815 1,7862 (Die Zahlen für Na-Licht sind fettgedruckt)

Totale Reflexion. Beim Übergang vom optisch dünneren Medium (mit Brechungsindex n) ins optisch dichtere (mit Brechungsindex N) wird ein Lichtstrahl zum Einfallslot L (Fig. 124) gebrochen, d. h. i > r; fällt dagegen ein Lichtstrahl aus einem dichteren Medium in ein dünneres, so erfolgt die Brechung vom Einfallslot L' weg und r > i. Wird bei einem bestimmten Einfallswinkel r = 90°, dann pflanzt sich der Lichtstrahl in der Grenzebene zwischen beiden Medien fort; bei einem noch größeren Einfallswinkel werden aber alle auf die Grenzschicht auffallenden Lichtstrahlen in das optisch dichtere Medium zurückreflektiert ') lat. dispergere = zerstreuen.

Doppelbrechung — Optisch einachsige Kristalle

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und damit erfolgt eine totale Reflexion. Der Grenzvririkel der totalen Reflexion t hängt mit den Brechungsindizes zusammen und man findet sin t =

N

oder n = N • sin t.

Auf d i e t o t a l e R e f l e x i o n k ö n n e n v i e l e o p t i s e h e L i e l i t e f f e k t e g e s c h l i f f e n e r Edelsteine — vor allem bei D i a m a n t — z u r ü c k g e f ü h r t werden.

Doppelbrechung. Manche durchsichtigen Mineralien lassen heim Hindurchblicken auf eine unterlegte Schrift diese doppelt erscheinen; am deutlichsten zeigt dies klarer Kalkspat, der sog. Doppelspat. Man nennt diese Erscheinung Doppelbrechung, im Gegensatz zur einfachen Brechung (S. 92). Alle Kristalle, mit Ausnahme der regulären, besitzen die Eigenschaft der Doppelbrechung, doch kann man sie in der Kegel nicht ohne besondere Hilfsmittel oder Instrumente wahrnehmen. Optisch einachsige Kristalle. Aufschlußreichist die Doppelbrechung an Kalkspatprismen zu verfolgen; für bestimmte

ebene).

Orientierungen treten zwei Strahlen auf der anderen Seite des Prismas aus (Fig. 125) und man beobachtet zugleich zwei Spektren. Wird das Brechungsverhältnis für den stärker abgelenkten Strahl gemessen, so findet man — wie immer auch das Prisma aus dem Kalkspat herausgeschnitten ist — denselben Wert n = 1,6584 (Na-Licht). Für den weniger abgelenkten Strahl schwankt dagegen » von 1,4864 — wenn der Lichtstrahl im Prisma senkrecht

96

Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

zur kristallographischen c-Achse geht — bis 1,6584, wenn der Lichtstrahl im Prisma parallel zur kristallographischen c-Achse verläuft. Weil der erstere Strahl im Prisma den gewöhnlichen Brechungsgesetzen folgt, heißt er ordentlicher Strahl (lat. Ordinarius, abgek. ,,o" oder ,,co"), der andere hingegen der außerordentliche (lat. extra-ordinarius, abgek. ,,e" oder ,,e"). Dieses verschiedenartige Verhalten des ordentlichen und außerordentlichen Lichtstrahls in doppelbrechenden Mineralien kann u. a. nach der Lichtausbreitungstheorie von Huyghens (1629—1693) gedeutet werden. Nach dieser erfolgt die Lichtauslreitung — wie z. B. im Kalkspat — in einer doppelschaligen Strahlengeschwindigheitsfläche (Fig. 126): Eine Kugel (charakteristisch für die Lichtausbreitung in einfach brechenden Kristallen) wird von einem konzentrisch umschriebenen Drehellipsoid umhüllt, und zwar so, daß sich beide in den Durchstoßpunkten der kristallographischen c-Achse berühren. In dieser Richtung haben die ordentliche (kugelige) und Fig. 1 2 « . strahlendie außerordentliche (ellipsoide) Strahlengeschwindigkeitsfiachc geschwindigkeitsfläche (kurz Strahlenbei Kalkspat. ^ Fortpflanzungsgefläche) gleiche schwindigkeit im Kristall und so den gleichen Brechungsindex (n = 1,6584). Damit herrscht in dieser als optische Achse bezeichneten Richtung EinfacJibrechung; demnach ist die optische Achse eine Achse der Isotropie. Eine Doppelbrechung resultiert erst für Lichtstrahlen, die geneigt zur optischen Achse einfallen, wobei die Doppelbrechung mit zunehmender Neigung zur optischen Achse wächst. Das Maximum der Doppelbrechung wird in der Richtung senkrecht zur optischen Achse erreicht und es entspricht der Differenz der Geschwindigkeiten für den e- und o-Strahl bzw. der Differenz der Brechungsindizes nc—nm. Die einzige bei solchen doppelbrechenden Kristallen — wie bei Kalkspat — beobachtete optische Achse ist Ursache, diese Kristalle als optisch einachsig zu bezeichnen. Die Richt u n g der optischen Achse ist hierbei identisch mit der Richt u n g der kristallographischen H a u p t a c h s e c. Optisch einachsig sind alle Kristalle des trigonalen, tetragonalen und hexagonalen Kristallsystems.

Optisch einachsige Kristalle

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Der Charakter der optisch einachsigen Doppelbrechung kann aber ein zweifacher sein: Er ist optisch negativ — wie bei Kalkspat —; wenn die rotationsellipsoide Strahlenfläche des e-Lichtstrahls die kugelige des o-Lichtstrahls umgibt (Fig. 127); die Stärke der Doppelbrechung nc—na ist hierbei negativ (bei Kalkspat ne = 1,4864—n m = 1,6584 = —0,1720).

Fig. 127. Strahlenfläche eines optisch einachsigen, negativen Kristalls.

Fig. 128. Strahlenfläche eines optisch einachsigen, positiven Kristalls.

+ 0,0091), so wird die Doppelbrechung als positiv ^angesprochen; die Strahlenoberfläche des e-Lichtstrahls ^wird dann von der des o-Lichtstrahls umschlossen (Fig. 128). Die erhaltenen Zahlenwerte aus der Differenz von ne—nm geben ein Maß für die Größe der Doppelbrechung, die bei Kalkspat — mit 0,1720 •— sehr hoch ist, bei Quarz — mit 0,0091 — dagegen niedrig. Diese jeweilige maximale Doppelbrechung bei optisch einachsigen Mineralien stellt eine weitere charakteristische und grundlegende Konstante für die Erkennung und Bestimmung von Mineralien auf der Grundlage ihrer optischen Eigenschaften dar.

Von besonderer Wichtigkeit aber ist, daß bei einer jeden Doppelbrechung der e- und der o-Lichtstrahl senkrecht aufeinander polarisiert sind, d.h. im Gegensatz zum gewöhnlichen (unpolarisierten) Licht schwingt das Licht dieser Strahlen in einer (bzw. nahezu einer) Ebene; es ist linear polarisiert. In Fig. 125 schwingt der polarisierte o-Strahl in der Zeichenebene (durch Striche angedeutet), der polarisierte e-Strahl senkrecht dazu 7

Brauns-Chudoba, Allg. Mineralogie

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

(durch Punkte angedeutet). In einem Spaltungsstüek von Kalkspat liegt die Schwingungsrichtung des o-Strahles demnach parallel zur langen Diagonale der Spaltfläche, die des e-Strahles dagegen parallel zur kurzen Diagonale. Ganz allgemein aber: In optisch einachsigen Kristallen schwingt die Welle des o-Lichtstrahls senkrecht zum Hauptschnitt, die Welle des e-Lichtstrahls parallel zum Hauptschnitt, wobei als Hauptschnitt die Ebene durch das Einfallslot und die Richtung der kristallographischen Haupt-(c-)Achse verstanden wird. In Richtung der optischen Achse herrscht Isotropie; eine Polarisation des Lichtes fehlt somit. Vorteilhaften und zweckmäßigen Aufschluß über den Polaiisationszustand, die Schwingungsrichtung und die Größe der Brechungsindizes in einem optisch einachsigen Kristall erschließt eine Hilfsfläche, die in ihrer konstruktiven Darstellung die Brechungsindizes als Grundlage verwendet und deshalb Indexfläche oder Indikatrix genannt wird. — Eine Indikatrix entsteht dadurch, daß man von einem Punkte aus in jeder Richtung eine Strecke gleich dem Brechungsindex aufträgt, der den in dieser Richtung fortschreitenden Lichtwellen zukommt, und hierauf die Endpunkte dieser Strecken untereinander verbindet. Für optisch einachsige Kristalle ergibt sich hierbei ein Rotationsellipsoid, dessen Rotationsachse als „optische Achse" bezeichnet wird; auf ihr erscheint die Länge des Brechungsindex ne aufgetragen, senkrecht zu ihr — im Kreisschnitt durch den Mittelpunkt der Indikatrix — na (Fig. 129). Durch diese Koordination erscheint in jedem ellip-

0

e Fig. 129. Indikatrix (Rotationsellipsoid) für nega tive opt. einachsige Kristalle.

Fig. 130. Indikatrix mit Wellennormale und Schnittellipse.

Optisch zweiachsige Kristalle

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tischen Diametralschnitt ein Radius stets gleich n 0 , während der andere eine Länge zwischen na und nE besitzt. Die Analogie zu den optischen Erscheinungen eines optisch einachsigen Kristalls ist augenfällig: Fällt die Fortpflanzungsrichtung einer Wellennormalen1) in die Richtung M—L (Fig. 130), so steht diese senkrecht auf einer Ellipse, deren Durchmesser (o—o und e'—e') die Schwingungsrichtungen der durch die Doppelbrechung entstehenden Wellen angeben, d. h. parallel zu o—o liegt die Schwingungsrichtung der o-, parallel e'—e' diejenige der e-Welle. Die Länge der Halbmesser ist hierbei gleich den Brechungsindizes der beiden Wellen, nämlich na und ne. Wenn M—L mit der Rotationsachse zusammenfällt, so wird die Schnittellipse zu einem Kreis; es gibt keine bevorzugten Schwingungsrichtungen, die Doppelbrechung verschwindet, die Lichtwelle ist nicht polarisiert und bewegt sich mit der Geschwindigkeit der o-Welle entsprechend dem Brechungsindex na; alles Merkmale der Fortpflanzung des Lichtes in Richtung einer optischen Achse bzw. in einem optisch isotropen Medium. — Bei einem Einfall senkrecht zur Rotationsachse erschließt sich in der dazu senkrechten Schnittellipse die größte Differenz zwischen ne und na und damit die stärkste Doppelbrechung. Die Indikatrix für negative optisch einachsige Kristalle hat die Gestalt eines abgeplatteten Rotationsellipsoids (Fig. 129) mit ne < na>> für positive ein gestrecktes mit n > n . e m Optisch z w e i a c h s i g e K r i s t a l l e . Von besonderer Art ist nun die Doppelbrechung, die rhombische, monokline und trikline Kristalle zeigen und die man z. B. bei Aragonit und Schwefel (beide rhombisch) in Analogie zu Kalkspat direkt beobachten kann. F ü r diese doppelbrechenden Kristalle sind drei verschiedene Brechungsindizes kennzeichnend, die mit zunehmender Größe als nx (der kleinste), riß (der mittlere) und nY (der größte) bezeichnet werden, und die im Kristall drei aufeinander senkrecht stehenden Richtungen der F o r t pflanzung der Lichtwellen (analog einem Achsenkreuz: Fig. 18) entsprechen. Um nun die optischen Verhältnisse für diese Art der Doppelbrechung zu veranschaulichen, ist es zweckmäßig, nicht auf eine Strahlengeschwindigkeitsfläche zurückzugreifen, sondern auf eine Indikatrix. Sie ist in diesem Falle ein dreiachsiges Ellipsoid, das d. h. der Senkrechten auf die Wellenfront, wobei beachtet werden muß, daß bei ellipsoiden Elementarwellen die Wellenfront und der zugehörige Lichtstrahl nicht mehr in allen Fällen aufeinander senkrecht stehen.

T

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien

durch drei zueinander senkrechte Achsen von ungleicher Länge ausgezeichnet ist (Fig. 131). Werden auf die drei Halbachsen des Ellipsoids — X, Y, Z — die Brechungsindizes na, riß und ny entsprechend ihrer Größenordnung aufgetragen, so kann leicht gezeigt werden, daß die Kristalle des rhombischen, monoklinen und triklinen Systems optisch zweiachsige Kristalle darstellen.

z

v

Fig. 131. Indikatrix eines optisch zweiachsigen Kristalls.

Normalerweise schneiden die durch X gehenden Diametralschnitte die Indikatrix in Ellipsen, deren einer Radius stets riß (Fig. 131) ist, während der andere im Hauptschnitt 1 ) Y-—Z jeweils eine Größe zwischen n„ und ny besitzt; innerhalb dieser Änderung wird auch die Größe des mittleren Brechungsindex riß erreicht und dann resultiert ein Kreisschnitt. Durch jedes dreiachsige Ellipsoid lassen sich nun zwei — zum Hauptschnitt X—Z symmetrisch liegende •— Kreisschnitte legen; auf diese senkrecht einfallende Lichtwellen (Richtungen A—A und A'—A' in Fig. 131) erfahren weder eine Doppelbrechung noch eine Polarisation. Durch dieses optische Verhalten ergeben sich für diese beiden Richtungen Ähnlichkeiten mit einer optischen Achse bei einachsigen Kristallen; auf der Grundlage dieser Analogie wird daher von optisch zweiachsigen Kristallen gesprochen. Die optischen Achsen (A und A' in Fig. 131) liegen im Hauptschnitt Y—Z, der „Ebene der optischen Achsen" (auch optische Hier IIauplscknitte:~idurch zwei Halbmesser (bzw. Durchmesser) des Elilpsoids bestimmte Ebenen, die zugleich Spiegelebenen sind.

101

Polarisationsmikroskop

Achsenebene = A.E.). nx und ny halbieren hierbei den Winkel der optischen Achsen; sie werden Mittellinien oder Bisektrizes (Halbierende) genannt. Eine weitere wichtige Unterscheidung: Als spitze Bisektrix (auch I. Mittellinie) wird die Halbierende des spitzen Winkels der optischen Achsen genannt (in Fig. 131 ny), die Halbierende des stumpfen Winkels dagegen stumpfe Bisektrix (auch II. Mittellinie) (in Fig. 131 nx). Auch bei den optisch zweiachsigen Kristallen lassen sich unterscheiden : optisch negative mit na als spitze Bisektrix (riß und ny unterscheiden sich wenig voneinander; wird = ny, ergibt sich das abgeplattete Rotationsellipsoid der negativen, optisch einachsigen Kristalle; Fig. 127) und optisch positive mit ny als spitze Bisektrix (riß und ny unterscheiden sich erheblich voneinander; wird nß = n„, ergibt sich das gestreckte Rotationsellipsoid der positiven, optisch einachsigen Kristalle; Fig. 128). Den augenfälligen Z u s a m m e n h a n g zwischen der Größe der Brechungsindizes u n d dem Achsenwinkel k a n n m a n zur Berechnung des Achsenwinkeii V aus den Brechungsindizes riß u n d ny verwenden. Nach G. Bartalini ergibt sich f ü r den Winkel V (Winkel zwischen einer optischen Achse u n d ny) die Formel : t a n s tp ß x cos V = , wo cos q> = — u n d cos 1 - — . tang V y y F ü r den optischen Achsenwinkel zweiachsiger Kristalle ist zu beachten, d a ß der wahre AcMenwinkel 2 V ( V von véritable — wahr, wirklich) v o m scheinbaren 2 E ( E von évident = augenscheinlich) abweicht (Fig. 132). Nachdem jede Achse beim A u s t r i t t in L u f t eine der L i c h t b r e c h u n g no entsprechende Ablenkung e r f ä h r t , ist der scheinbare optische Achsenwinkel größer als der w s h r e ; zwischen den beiden Achsenwinkeln b e s t e h t folgende Beziehung :

Als Beispiele optisch zweiachsiger Kristalle seien a n g e f ü h r t Aragonit Schwefel

na 1,530 1,960

Kß 1,882 2.040

ny Opt,. Char. 1,682 — 2,248 +

27 18° 11' 69° 5'

Opt. Orientierung AE (100), na // c A B (010), ny // c

Polarisationsmikroskop. Die bisher dargelegten optischen Eigenschaften der Isotropie und Anisotropie erlauben — wie dies folgende Tabelle 2 zeigt — die Zugehörigkeit eines Kristalls innerhalb von drei Gruppen der Kristallsysteme festzulegen.

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Die physikalischen Eigenschaften der Mineralien Eine weitere Aufgliederung und Unterteilung durchsichtiger bis durchscheinender Kristalle auf optisch-kristallographischer Grundlage erfordert zusätzliche Beobachtungen und Erkenntnisse, die vor allem charakteristische optische Erscheinungen im polarisierten Licht umschließen. Solche Beobachtungen werden deshalb zweckmäßig mit Hilfe eines

Fig. 132. Beziehung zwischen 2 V u n d 2E.

'We/Je

Fig. 133. Konstruktion des Nicolschen Prismas.

Fig. 134. Wellenverlauf in einem Nicolschen Prisma.

Tab. 2 Opt.

Kristallsystem

Lichtbrechung

Auslöschung

isotrop

kubisch

n

alle Schnitte isotrop //(0001) ]

trigonal

e. o

¿3 m

Ö cá

¿H O OS 'S

hexagonal

tetragonal

M

rhombisch

M od

monoklin

ifN

triklin



n

ct

ß

a

Pleochroismus



[010]-, -à

//