Aktiengesetz: Band 3 §§ 76-94 [4. neu bearb. Aufl.] 9783110951653, 9783899495966


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German Pages 1070 [1072] Year 2009

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Verzeichnis späterer Normänderungen
Abkürzungsverzeichnis
ERSTES BUCH. AKTIENGESELLSCHAFT
Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft
Erster Abschnitt. Vorstand
Sachregister
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Aktiengesetz: Band 3 §§ 76-94 [4. neu bearb. Aufl.]
 9783110951653, 9783899495966

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Großkommentare der Praxis

w G_ DE

RECHT

Aktiengesetz Großkommentar

4., neubearbeitete Auflage herausgegeben von

Klaus J. Hopt, Herbert Wiedemann

Dritter Band «

76-94

Bearbeiter: §§ 76-77: Michael Kort §§ 7 8 - 8 3 : Mathias Habersack §§ 84-91: Michael Kort § 92: Mathias Habersack § 93: Klaus J. Hopt Nachtrag zu § 93: Klaus J. Hopt/Markus Roth § 94: Mathias Habersack Sachregister: Sebastian Mock

w DE

G

RECHT

De Gruyter Recht · Berlin

Erscheinungsdaten der Lieferungen: §§ 7 6 - 8 3

(19. Lieferung):

Februar 2 0 0 3

SS 8 4 - 9 1 ; N a c h t r a g zu § 9 3

( 2 6 . Lieferung):

Dezember 2 0 0 6

§S 9 2 - 9 4

(11. Lieferung):

Mai 1 9 9 9

Sachregister

(31. Lieferung):

Dezember 2 0 0 8

Zitiervorschlag z.B.: Michael Kort in Großkomm AktG, S 76 Rdn. 2 4

Verzeichnis späterer Normänderungen: Sven Sievert, Hamburg Sachregister: Dr. Sebastian M o c k , Hamburg

ISBN 9 7 8 - 3 - 8 9 9 4 9 - 5 9 6 - 6

Bibliografische

Information

der Deutschen

Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Copyright 2 0 0 8 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D - 1 0 7 8 5 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Datenkonvertierung/Satz: W E R K S A T Z Schmidt & Schulz G m b H , Gräfenhainichen D r u c k : Druckerei H . Heenemann G m b H , Berlin Bindearbeiten: Buchbinderei Bruno Helm, Berlin Printed in Germany

Verzeichnis der Bearbeiter der 4. Auflage Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL.M. (Univ. of Pennsylvania), Universitätsprofessor an der Universität Tübingen Dr. Harald Baum, Privatdozent, Wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg Dr. Gerold Bezzenberger, Rechtsanwalt in Berlin Dr. Tilman Bezzenberger, Universitätsprofessor an der Universität Potsdam Dr. Oliver C. Brändel, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Dr. Herbert Brönner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Berlin Dr. Christian E. Decher, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Ulrich Ehricke, LL.M. (London), M.A., Richter am Oberlandesgericht a.D., Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Dr. Holger Fleischer, Dipl.-Kfm., LL.M. (Univ. of Michigan), Universitätsprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Dr. Kaspar Frey, Universitätsprofessor an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) Dr. Markus Gehrlein, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Universität Mannheim Dr. Dr. Stefan Grundmann, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Mathias Habersack, Universitätsprofessor an der Eberhard Karls Universität Tübingen Dr. Kai Hasselbach, Rechtsanwalt in Köln Dr. Peter Hemeling, Rechtsanwalt in München Dr. Hartwig Henze, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Honorarprofessor an der Universität Konstanz Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Universität Hamburg Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus J. Hopt, em. Universitätsprofessor, Direktor des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, vormals Richter am Oberlandesgericht Stuttgart Dr. Peter M . Huber, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Michael Kort, Universitätsprofessor an der Universität Augsburg Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Univ. of Chicago), Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht (Abteilung II) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Dr. Peter O. Mülbert, Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Richard L. Notz, LL.M. (Univ. of Chicago), Rechtsanwalt in Düsseldorf, Lehrbeauftragter an der Universität Osnabrück Dr. Hartmut Oetker, Universitätsprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dr. Dr. h.c. Harro Otto, em. Universitätsprofessor an der Universität Bayreuth Dr. Hans-Joachim Priester, Notar, Honorarprofessor an der Universität Hamburg Dr. h.c. Volker Röhricht, Vors. Richter am Bundesgerichtshof a.D., Karlsruhe Dr. Markus Roth, Privatdozent, Wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg (V)

Verzeichnis der Bearbeiter der 4. Auflage Dr. Michael Schlitt, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt, em. Universitätsprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Präsident der Bucerius Law School Hamburg Dr. Rolf Sethe, LL.M. (London), Universitätsprofessor an der Universität Zürich Dr. Winfried Werner ( t ) , Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Herbert Wiedemann, em. Universitätsprofessor an der Universität zu Köln, vormals Richter am OLG Düsseldorf Dr. Christine Windbichler, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin

Inhaltsübersicht Verzeichnis späterer Normänderungen Abkürzungsverzeichnis

IX XVII

AKTIENGESETZ ERSTES BUCH AKTIENGESELLSCHAFT Vierter Teil Verfassung der Aktiengesellschaft Erster Abschnitt Sachregister

Vorstand

§§76-94

Verzeichnis späterer Normänderungen ERLÄUTERUNG In „Übersicht I" wird die aktuelle Fassung des Gesetzes der kommentierten gegenübergestellt. Unterstrichene N o r m p a s s a g e n markieren Erweiterungen des Gesetzeswortlautes gegenüber der kommentierten Fassung, durchgestrichene hingegen Streichungen des kommentierten Textes. Soweit der Wortlaut einzelner N o r m e n durch mehr als ein Änderungsgesetz gegenüber dem Stand der Kommentierung geändert w o r d e n ist, sind diese N o r m e n mit einem „ * " gekennzeichnet; in der „Übersicht Π" findet sich f ü r diese N o r m e n auch der jeweils zwischenzeitlich gültige Wortlaut mit entsprechender Kennzeichnung der Änderungen.

ÜBERSICHT I Aktueller Wortlaut

Wortlaut der K o m m e n t i e r u n g

§ 76 Leitung der Aktiengesellschaft

§ 76 Leitung der Aktiengesellschaft

(MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008]) (1), (2) unverändert

(EuroEG ν 9.6.1998, BGBl I 1242 [gültig vom 1.1.1999 bis zum 31.10.2008]) (1) ...

(3) Mitglied des Vorstands k a n n n u r eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Mitglied des Vorstands k a n n nicht sein, wer 1. als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (% 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliege 2. a u f g r u n d eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf. einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt. 3. wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten a) des Unterlassens der Stellung des Antrags auf E r ö f f n u n g des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung). b) nach den SÇ 2 8 3 bis 2 8 3 d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten).

(3) Mitglied des Vorstands k a n n nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Ein Betreuter, der bei dor Besorgung seiner Vormögenaangelegenhei ton gang oder teilweise einem Einwilli gungovorbchalt (§ 1903 dea Bürgerlichen Gcactebucha) unterliegt, k a n n nicht M i t glied doa Voratando aein. Wer wegen einer Straftat nach den SS 2 8 3 bis 2 8 3 d dea Strafgeaetebucha—verurteilt—worden— kann auf die Dauer von fünf Jahren aeit der Rechtakraft des Urteils nicht Mitglied dea Vorstands sein; in die Friat wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche A n o r d n u n g in einer Anatalt verwahrt w o r d e n ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollaichbaro Entacheidung einer—Verwaltungabchörde die Auaübung eines Berufa, Borufsgweigoa, Gewerbes oder GcwerbcEweigea untersagt w o r d e n ist, k a n n f ü r die Zeit, für welche daa Verbot wirksam ist, bei einer Geaell achaft,—deren—Untornohmcnagegonatand

(IX)

Sven Sievert

Verzeichnis späterer Normänderungen

c) der falschen Angaben nach § 399 dieses Gesetzes oder § 82 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, d) der unrichtigen Darstellung nach ^ 400 dieses GesetzesT § 331 des Handelsgesetzbuchs. ^ 313 des Umwandlungsgesetzes oder ^ 17 des Publizitätsgesetzes, e) nach den %% 263 bis 264a oder den %% 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist: dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

ganz oder teilwciac mit dem Gogenatand doo Verboto üboroinatimmt, nicht Mitglied dea Votatanda aein.

[§ 77 unverändert] § 78 Vertretung (MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008]) (1) Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Hat eine Gesellschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit). wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch den Aufsichtsrat vertreten. (2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied oder im Fall des Absatzes 1 Satz 2 gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied· An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen gegenüber der Gesellschaft abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt

§ 78 Vertretung (gültig vom 1.1.1966 bis zum

31.10.2008)

(1) Der Vorstand vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich.

(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied.

Stand: 1. 11. 2008

(X)

Verzeichnis späterer Normänderungen

werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 39 Abs. 1 Satz 2 erfolgen. (3), (4) unverändert

(3) ...

§ 79 [aufgehoben] (MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008])

§ 79 Zeichnung durch Vorstandsmitglieder (gültig vom 1.1.1966 bis zum 31.10.2008) Vorotandamitglieder Eoiehncn für dio Ge ocllaehaft, indem aie der Firma der Gcaell aohaft oder der Benennung dea Voratanda ihre Namcnaunterachrift hineufügcn.

§ 80 Angaben auf Geschäftsbriefen* (MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008])

§ 80 Angaben auf Geschäftsbriefen (StückAG ν 25.3.1998, BGBl I 590, [gültig vom 1.4.1998 bis zum 31.12.2006]) (1) Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden.

(1) Auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. (2), (3) unverändert (4) Auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland verwendet werden, müssen das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, und die Nummer des Registereintrags angegeben werden; im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 für die Angaben bezüglich der Haupt- und der Zweigniederlassung, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig

(XI)

(2) ...

(4) Auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland verwendet werden, müssen das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, und die Nummer des Registereintrags angegeben werden; im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht. Befindet sich die ausländische Gesellschaft in Abwicklung,

Sven Sievert

Verzeichnis späterer Normänderungen

macht. Befindet sich die ausländische Gesellschaft in Abwicklung, so sind auch diese Tatsache sowie alle Abwickler anzugeben.

so sind auch diese Tatsache sowie alle Abwickler anzugeben.

§ 81 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis seiner Mitglieder*

§ 81 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis seiner Mitglieder (BtG ν 12.9.1990, BGBl I 2002 [gültig vom 1.1.1992 bis zum 31.12.2006]) (1) ... (2) Der Anmeldung sind die Urkunden über die Änderung in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift für das Gc rieht dea SitEca dor Gcaellaohaft beizufügen. (3) Die neuen Vorstandsmitglieder haben in der Anmeldung zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 76 Aba. 3 Sate 3 und Ί entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 37 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden.

(MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008]) (1) unverändert (2) Der Anmeldung sind die Urkunden über die Änderung in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. (3) Die neuen Vorstandsmitglieder haben in der Anmeldung zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 37 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. (4)

(aufgehoben)

(Ί) Die neuen Voratandamitglicder haben ihre Namcnountorachrift sur Aufbowah rung beim Gericht eu zeichnen.

[§§ 82-91 unverändert]

(§ 86 aufgehoben)

§ 92 Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit (MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008]) (1) unverändert (2) Nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat, darf der Vorstand keine Zahlungen leisten. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Die gleiche Verpflichtung trifft den Vorstand für Zahlungen an Aktionäre, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in § 93 Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. (Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 2)

§ 92 Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit (EGInsO ν 5.10.1994, BGBl 1 2911 [gültig vom 1.1.1999 bis zum 31.10.2008]) (1)

...

(2) Wird die Geaellachnft aahlungounfä hig, ao hat der Voratand ohne aohuldhaftea Zögern, apätootona aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungaunfähiglcoit, die Eröff nung dea Inaolycneverfahrona eu beantra gen. Dica gilt ainngemaß, wenn aich eine Uborachuldung der Gcaellaehaft ergibt. (3) Nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat, darf der Vorstand keine Zahlungen leisten. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind.

Stand: 1. 11. 2008

(XII)

Verzeichnis späterer Normänderungen § 93 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder*

§ 93 Abs. 1 Satz 2 und 4 nF Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder

(MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 [gültig seit dem 1.11.2008]}

(UMAG ν 22.9.2005, BGBl I 2802 [gültig vom 1.11.2005 bis zum 31.12.2006])

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. Die Pflicht des Satzes 3 gilt nicht gegenüber einer nach § 342b des Handelsgesetzbuchs anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. Die Pflicht des SatEca 2 gilt nicht gegenüber einer nach § 342b des Handelsgesetzbuchs anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung. [§93 Abs. 1 Satz 2 und 4 nF nach kommentiert]

(2) unverändert (3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz 1.-5. unverändert 6. Zahlungen entgegen § 92 Abs. 2 geleistet werden.

(2)

7.-9. unverändert (4)-(6) unverändert [§94

(XIII)

...

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz 1. ... 6. Zahlungen gelciotot werden, nachdem die Zahlungounfähigkeit der Geacllachaft eingetreten iat oder sich ihre Uberochul dung ergeben hat, 7. ... (4) ...

unverändert]

Sven Sievert

Verzeichnis späterer Normänderungen

ÜBERSICHT II In „Übersicht Π" werden Normen mit mehreren Änderungen des Gesetzestextes gegenüber der kommentierten Fassung zusätzlich mit den jeweils zwischenzeitlich gültigen Fassungen dargestellt. Die Veranschaulichung der Änderungen der einzelnen Norm beginnt mit der kommentierten Fassung und endet mit dem aktuellen Gesetzeswortlaut. Unterstrichene Normpassagen markieren Erweiterungen des Gesetzeswortlautes gegenüber der vorherigen Fassung, durchgestrichene hingegen Streichungen des zuvor gültigen Gesetzestextes. § 80 Angaben auf Geschäftsbriefen StückAG ν 25.3.1998, BGBl I 590 (gültig vom 1.4.1998 bis zum

31.12.2006)

( 1 ) Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Falle das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. (2)-(4)... Geändert durch EHUG ν 10.11.2006, BGBl I 2553 (gültig vom 1.1.2007 bis zum 31.10.2008) (1) Auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Falle das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. (2)-(4) unverändert Geändert durch MoMiG ν 23.10.2008, BGBl I 2026 (gültig seit dem 1.11.2008) (l)-(3) unverändert, (1) idF des EHUG (4) Auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland verwendet werden, müssen das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, und die Nummer des Registereintrags angegeben werden; im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 für die Angaben bezüglich der Haupt- und der Zweigniederlassung, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht. Befindet sich die ausländische Gesellschaft in Abwicklung, so sind auch diese Tatsache sowie alle Abwickler anzugeben.

Stand: 1. 11. 2008

(XIV)

Verzeichnis späterer Normänderungen § 81 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis seiner Mitglieder BtG ν 12.9.1990, BGBl 12002 (gültig vom 1.1.1992 bis zum

31.12.2006)

d)-(3) ... (1) Die neuen Voratandamitglicdcf haben ihre Namonauntcroehrift gur Aufbowah rung beim Gericht eu Eciohncn. Geändert durch EHUG ν 10.11.2006, BGBl I 2553 (gültig vom 1.1.2007 bis zum 31.10.2008) (1), (2) unverändert (3) Die neuen Vorstandsmitglieder haben in der Anmeldung zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 76 Aba. 3 Sate 3 und 1 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 37 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. Geändert durch MoMiG ν 23.10.2008, BGBl 12026 (gültig seit dem 1.11.2008) (1), (2) unverändert (3) Die neuen Vorstandsmitglieder haben in der Anmeldung zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. § 37 Abs. 2 Satz 2 ist anzuwenden. § 93 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder UMAG ν 22.9.2005, BGBl 12802 (gültig vom 1.11.2005 bis zum

31.12.2006)

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. Die Pflicht des Satzea 2 gilt nicht gegenüber einer nach § 342b des Handelsgesetzbuchs anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung. (2)-(6)

...

Geändert durch EHUG ν 10.11.2006, BGBl I 2553 (gültig vom 1.1.2007 bis zum 31.10.2008) (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. Die Pflicht des Satzes 3 gilt nicht gegenüber einer nach § 342b des Handelsgesetzbuchs anerkannten Prüfstelle im Rahmen einer von dieser durchgeführten Prüfung. (2) unverändert

(XV)

Sven Sievert

Verzeichnis späterer Normänderungen

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz 1.-5. unverändert 6. Zahlungen gclciotct werden, nachdem die Zahlungunfähigkeit der Ceaollgchnft eingetreten ist oder aioh ihre Üborachuldung ergeben hat, 7.-9. unverändert (4)-(6) unverändert Geändert durch MoMiG ν 23.10.2008,

BGBl 12026 (gültig seit dem

1.11.2008)

(1), (2) unverändert, (1) idF des EHJJG (3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz 1.-5. unverändert 6. Zahlungen entgegen § 92 Abs. 2 geleistet werden. 7.-9. unverändert (4)-(6) unverändert

Stand: 1. 11. 2008

(XVI)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis einschließlich ausgewählter abgekürzt zitierter Literatur * aA aaO ABl AB1EG, AB1EU Abs AcP ADHGB ADS aE aF AG AG-S AGB AktG AktG 1937 AktR allg allgM Alt aM Amtl Begr AnSVG Anm AnwKomm

*

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, der Europäischen Union (Nummer, Seite, Datum) Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Band, Jahr, Seite) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Adler, Düring, Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage 1995 ff am Ende alte Fassung Amtsgericht; Aktiengesellschaft(en); Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen, Sonderheft (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz ν 6.9.1965 (BGBl 1 1089; BGBl III/FNA 4121-1) Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) ν 30.1.1937 (RGBl 1107), nunmehr AktG 1965 (AktG) Aktienrecht allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Amtliche Begründung Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz - AnSVG) ν 28.10.2004 (BGBl I 2630; BGBl III/FNA 4110-4-1) Anmerkung Anwaltkommentar Aktienrecht, hrsg ν Heidel, 1. Auflage 2003, 2. Auflage 2007, Nomoskommentar Aktienrecht und Kapitalmarktrecht (s auch Heidel)

Ergänzte und aktualisierte Kurzfassung des im ersten Band abgedruckten allgemeinen Abkürzungsverzeichnisses. Die abgekürzt zitierte Literatur wird in der aktuellen Auflage angegeben. Im Einzelfall kann in der Kommentierung auf Vorauflagen Bezug genommen worden sein. Insoweit wird auf die hochgestellte Ziffer hinter selbständigen Werken verwiesen, die die benutzte Auflage bezeichnet.

(XVII)

Stand: 1. 11. 2 0 0 8

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

AR

Aufsichtsrat Arbeitsgerichtsgesetz idF ν 2.7.1979 (BGBl I 853, ber 1036; BGBl III/FNA 320-1) Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, hrsg ν Semler, Volhard, 2. Auflage 2003 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, hrsg ν Semler, von Schenck, 2. Auflage 2004 (s auch Semler/Volhard) Artikel Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2006 Auflage Arbeit und Recht (Jahr, Seite)

ArbGG ArbHdbHV ARHdb Art Assmann/Schneider Aufl AuR BaFin BAG BAGE BAKred Bank-Betrieb Baumbach/Hopt Baumbach/Hueck Baumbach/Hueck Baums Baums/Thoma BAV BAWe BayObLG BayObLGZ BB Bd, Bde BeckBil-Komm BeckHdbAG Begr, begr Begr RegE Beil Bek Beschl

GmbHG

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, durch FinDAG ab 1.5.2002, zuvor BAKred, BAV und BAWe Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Band, Seite) Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, seit 1.5.2002 BaFin Bank-Betrieb, seit 1977 Die Bank (Jahr und Seite) Handelsgesetzbuch, 33. Auflage 2008 Aktiengesetz, 13. Auflage 1968 GmbH-Gesetz, 18. Auflage 2006 Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Loseblatt, 2004 ff Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, seit 1.5.2002 BaFin Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, seit 1.5.2002 BaFin Bayerisches Oberstes Landesgericht (aufgelöst seit 1.7.2006) Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen (Jahr, Seite) Betriebs-Berater (Jahr, Seite) Band, Bände Beck'scher Bilanz-Kommentar, hrsg ν Ellrott, 6. Auflage 2006 Beck'sches Handbuch der AG, hrsg ν Müller (Weif), Rödder, 2004 Begründung, begründet Begründung Regierungsentwurf Beilage Bekanntmachung Beschluss

Stand: 1. 11. 2 0 0 8

(XVIII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

BetrVG BFH BFHE BFuP BGB

BGBl I, II, III BGH BGHSt BGHVGrS BGHZ BilKoG

BilReG

BiRiLiG

BKR Böckli BörsG Bonner HdR BR BRD BRDrucks BReg Brodmann BSG BSGE Bsp BStBl BT BTDrucks BVerfG BVerfGE

(XIX)

Betriebsverfassungsgesetz idF ν 25.9.2001 (BGBl 12518; BGBl III/FNA 801-7) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Band, Seite) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch ν 18.8.1896 (RGBl 195) idF ν 2.1.2002 (BGBl I 42, ber 2909 und 2003 I 738; BGBl III/FNA 400-2) Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (Band, Seite) Bundesgerichtshof, Vereinigter Großer Senat Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Band, Seite) Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz - BilKoG) ν 15.12.2004 (BGBl I 3408) Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz BilReg) ν 4.12.2004 (BGBl I 3166) Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz - BiRiLiG) ν 19.12.1985 (BGBl I 2355) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Jahr, Seite) Schweizer Aktienrecht, 3. Auflage, Zürich 2004 Börsengesetz (BörsG) 16.7.2007 (BGBl 1330, 1351; BGBl III/FNA 4110-10) Bonner Handbuch der Rechnungslegung, hrsg ν Hofbauer, Kupsch, Scherrer, Grewe, Loseblatt, 1986 ff Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Aktienrecht, Kommentar, 1928 Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Beispiel Bundessteuerblatt (Band, Jahr, Seite) Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band, Seite)

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

BVerwG BVerwGE bzgl bzw ca CEO c.i.c. Combined Code

Company Law Action Plan

CorpGov Cozian/Viandier/Deboissy DAI DAX DB DBW DCGK ders dies Diss DJT DNotZ D&O-Versicherung Dörner/Menold/Pfitzer/Oser DoraltfNowotny/Kalss DrittelbG

DStR DVO DWiR, DZWir DZWIR

Ebenroth/Boujong/Joost

Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Band, Seite) bezüglich beziehungsweise circa chief executive officer culpa in contrahendo The Combined Code on Corporate Governance, July 2 0 0 3 (Financial Reporting Council, London; Combined Code June 2 0 0 6 im Konsultationsverfahren der FSA) Commission of the European Union, Modernising Company Law and Enhancing Corporate Governance in the European Union - A Plan to Move Forward, Brussels 21.5.2003, COM(2003) 284 final Corporate Governance Droit des sociétés, 20 i è m e éd, Paris 2 0 0 7 Deutsches Aktieninstitut Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Jahr, Seite) Die Betriebswirtschaft (Jahr, Seite) Deutscher Corporate Governance Kodex idF ν 6.6.2008, eBAnz AT93 2008 B l , Bek ν 8.8.2008 derselbe dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift, früher Zeitschrift des Deutschen Notarvereins (Jahr, Seite) directors &C officers liability insurance Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Auflage 2003 Kommentar zum Aktiengesetz, Wien 2003 Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz DrittelbG) ν 18.5.2004 (BGBl I 974; BGBl III/FNA 801-14) Deutsches Steuerrecht (Jahr, Seite) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (1991-1998), ab 1999 DZWIR, (Jahr, Seite) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Jahr, Seite), vor 1999 DZWir Entwurf Handelsgesetzbuch, Kommentar, 2001, Aktualisierungsband 2003 hrsg ν Boujong, Ebenroth, Joost,

Stand: 1. 11. 2008

(XX)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

evtl EWG

Band 1 in 2. Auflage 2 0 0 8 begr ν Boujong, Ebenroth, hrsg ν Joost, Strohn European Business Organization Law Review (Band, Jahr, Seite) European Company and Financial Law Review (Jahr, Seite) European Corporate Governance Institute, Brüssel editor(s); edition édition Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Aktiengesetz ν 6.9.1965 (BGBl 11185; BGBl III/FNA 4121-2) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch idF ν 21.9.1994 (BGBl I 2 4 9 4 , ber 1997 1 1061; BGBl III/FNA 400-1) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche ν 10.5.1897 (RGBl 437; BGBl III/FNA 4101-1) Kommission der Europäischen Gemeinschaften Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amsterdamer Fassung), geändert durch den Vertrag von Nizza ν 2 6 . 2 . 2 0 0 2 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kommentar, 2 0 0 3 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) ν 10.11.2006 (BGBl I 2 5 5 3 , BGBl III/FNA 4100-1) Einführung Einleitung endgültig Entscheidung entsprechend Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, begr ν Dieterich, Hanau, Schaub, hrsg ν Müller-Glöge, Preis, Schmidt (Ingrid), 9. Auflage 2 0 0 9 Ergänzungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 12. Auflage 2 0 0 8 et cetera Europäische Union; Vertrag über die Europäische Union ν 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EUV) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Gesetz zur Einführung des Euro (Euro-Einführungsgesetz - EuroEG) ν 9.6.1998 (BGBl I 1242) Vertrag über die Europäische Union ν 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EU) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

(XXI)

Stand: 1. 11. 2 0 0 8

EBOR ECFR ECGI ed(s) éd EG EGAktG EGBGB EGHGB EGKomm EGV

Ehricke/Ekkenga/Oechsler EHUG

Einf Einl end Entsch entspr ErfK

ErgG

Erman etc EU EuGH EuroEG EUV EuZW

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

EWiR EWTV f,ff FASB Feddersen/Hotnmelhoff/Schneider FG FGG

FinG Fitting/Wlotzke/Wißmann Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel FN FNA fragl FS Fuchs/Köstler Fußn G GBl GbR Geibel/Siißmann gem GenG

Ges GesR GesRÄG GesRZ Geßler

GG ggf GmbH GmbHG

GmbHR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende, fortfolgende Financial Accounting Standards Board Corporate Governance, 1996 Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ν 17.5.1898 (RGBl 189) idF ν 20.5.1898 (RGBl 771; BGBl III/FNA 315-1) Finanzgericht (s auch FG) Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 3. Auflage 2008 Schweizerisches Aktienrecht, 1996 Fachnachrichten, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Jahr, Seite) Fundstellennachweis A, Bundesrecht ohne völkerrechtliche Verträge (zuvor BGBl III) fraglich Festschrift Handbuch zur Aufsichtsratswahl, 4. Auflage 2008 Fußnote Gesetz Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts Wertpapiererwerbs- und Ubernahmegesetz, Kommentar, 2. Auflage 2008 gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) idF ν 19.8.1994 (BGBl I 2202; BGBl III/FNA 4125-1) Gesellschaft Gesellschaftsrecht Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (Österreich) Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschaftsrecht, Wien (Jahr, Seite) Aktiengesetz, Kommentar, hrsg ν Geßler (Ernst), Hefermehl, Eckardt, Kropff, 1973 ff, 2./3. Auflage s MünchKommAktG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ν 23.5.1949 (BGBl 11; BGBl III/FNA 100-1) gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ν 20.4.1892 (RGBl 477) idF ν 20.5.1898 (RGBl I 846; BGBl III/FNA 4123-1) GmbH-Rundschau, vorher Rundschau für die GmbH (Jahr, Seite)

Stand: 1. 11. 2008

(XXII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis (ν)

Godin/Wilhelmi

Gower/Davies grds Großkomm

GrS GRUR GS GVB1 hA Haarmann/Riehmer/Schiippen

Hachenburg Hanau/Ulmer Happ Hb, H d b HdbAG H d b börsennot AG HdR Heidel

HeidelbergKomm Hentt Heymann HFA HGB High Level Group

(XXIII)

Aktiengesetz, Kommentar, begr ν Freiherr von Godin, H. Wilhelmi, 4. Auflage 1971 Gower and Davies' Principles of Modern Company Law, 8 t h ed, London 2008 grundsätzlich Aktiengesetz, Großkommentar, begr ν Gadow, Heinichen, 1. Auflage 1939, 2. Auflage 1961/65, 3. Auflage 1970 ff, 4. Auflage hrsg ν Hopt, Wiedemann, 1992 ff Großer Senat Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr, Seite) Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt herrschende Ansicht Öffentliche Übernahmeangebote, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, 2. Auflage Frankfurter Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg ν Haarmann, Schuppen, 2005 GmbH-Gesetz, Großkommentar, hrsg ν Ulmer, 8. Auflage 1992-1997 Kommentar zum Mitbestimmungsgesetz, 1981, 2. Auflage Ulmer/Habersack/Henssler MitbestR Aktienrecht, 3. Auflage 2007 Handbuch Handbuch der Aktiengesellschaft, hrsg ν Nirk, Reuter, Bächle, Loseblatt, 1999 ff Handbuch börsennotierte AG, hrsg ν Marsch-Barner, Schäfer, 2005 Handbuch der Rechnungslegung, hrsg ν Küting, Weber, Loseblatt, 2002 ff Anwaltkommentar Aktienrecht, 1. Auflage 2003, 2. Auflage 2007, Nomoskommentar Aktienrecht und Kapitalmarktrecht (s auch AnwKomm) Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg ν Bürgers, Körber, 2008 Handbuch des Aktienrechts, 8. Auflage 2007 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 2. Auflage hrsg ν Horn, 1995 ff Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl 219; BGBl III/FNA 4100-1) High Level Group of Company Law Experts (Winter, chairman, Christensen, Garrido Garcia, Hopt, Rickford, Rossi, Simon), Report of the High Level Group of Company Law Experts on Issues Related to Takeover Bids (High Level I), European Commis-

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Hirte Kapitalgesellschaftsrecht hL hM Hoffmann/Lehmann/Weinmann Hoffmann/Preu Hommelhoff/Hopt/von Werder Hommelboff/Lutterl Schmidt/Schön/Ulmer Hopf Kapitalanlegerschutz

Hopt/Kanda/Roe/ Wymeersch/Prigge Hopt/Voigt Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch/Kanda/Baum HReg HRR

Hrsg, hrsg HRV

Hs Hucke/Ammann Hüffer HV IAS IASB IASC idF idR IDW IDWFG IDW FN

sion, Brussels, 10 January 2002; Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe (High Level II), European Commission, Brussels, 4 November 2 0 0 2 Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Auflage 2006 herrschende Lehre herrschende Meinung Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 1978 Der Aufsichtsrat, 5. Auflage 2003 Handbuch Corporate Governance, 2003 Corporate Governance. Gemeinschaftssymposium der Zeitschriften ZGR/ZHR, ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, Gesellschafts-, bank- und börsenrechtliche Anforderungen an das Beratungs- und Verwaltungsverhalten der Kreditinstitute, 1975 Comparative Corporate Governance, The State of the Art and Emerging Research, Oxford 1998 Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005 Comparative Corporate Governance, Berlin 1997 Capital Markets and Company Law, Oxford 2003 Corporate Governance in Context, Oxford 2005 Handelsregister Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928-1942, zitiert Jahr, Nummer), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber, herausgegeben Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverordnung HRV) ν 12.8.1937 (RMB1 515; DJ 1251; BGBl III/FNA 315-20) Halbsatz Der Deutsche Corporate Governance Kodex, 2003 Aktiengesetz, 8. Auflage 2008 Hauptversammlung International Accounting Standards (seit 1.4.2001 IFRS) International Accounting Standards Board (vor dem 1.4.2001 IASC) International Accounting Standards Committee (seit 1.4.2001 IASB) in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Fachgutachten des IDW IDW-Fachnachrichten

Stand: 1. 11. 2 0 0 8

(XXIV)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

IDW NA

IDW PS IDW RH IDW RS IDW S iE IFRS insb, insbes InsO InvG IPRax iÜ iVm ]abornegg/Strasser JB1 Jg jew JherJ

JR JuS JW JZ KAGG

Kallmeyer KfH Kfm KG KGaA KGJ

KK

KK-WpÜG

(XXV)

Stellungnahmen des Sonderausschusses Neues Aktienrecht und des Hauptfachausschusses des IDW zu Fragen des neuen Aktienrechts IDW Prüfungsstandard IDW Rechnungslegungshinweise IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW Standards im Ergebnis International Financial Reporting Standards (vor dem 1.4.2001 IAS) insbesondere Insolvenzordnung (InsO) ν 5.10.1994 (BGBl I 2866; BGBl III/FNA 311-13) Investmentgesetz (InvG) ν 15.12.2003 (BGBl I 2676; BGBl III/FNA 7612-2) Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr, Seite) im Übrigen in Verbindung mit Kommentar zum Aktiengesetz, begr ν Schiemer, 4. Auflage, Wien 2001-2006 Justizblatt, Juristische Blätter, Wien (Jahr, Seite) Jahrgang jeweils Jahrbücher für Dogmatik des römischen und deutschen Privatrechts, begr ν Jhering, Gerber, später Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des Bürgerlichen Rechts (Jahr, Seite) Juristische Rundschau (Jahr, Seite) Juristische Schulung (Jahr, Seite) Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) Juristenzeitung (Jahr, Seite) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) idF ν 9.9.1998 (BGBl I 2726; BGBl III/FNA 4120-4), aufgehoben durch InvG Umwandlungsgesetz, 3. Auflage 2006 Kammer für Handelssachen Kaufmann Kommanditgesellschaft, Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Band, Seite) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg ν Zöllner, 1. Auflage 1970 ff, 2. Auflage 1988 ff, 3. Auflage hrsg ν Zöllner, Noack, 2004 ff Kölner Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg ν Hirte, von Bülow, 2003

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Klausing

Köstler/Zachert/Müller Koller/Ro th/Morck KOM Komm KonTraG KostREuroUG Kraakman/Davies/Hansmann/ Hertig/Hopt/Kanda/Rock krit KropffhktG KTS Kühler!Assmann GesR KWG LAG LG Ii Sp Lit LS Lutter Lutter/Hommelhoff GmbHG Lutter Information Lutter/Krieger m maW MDR Merkt/Göthel MinG MitbestBeiG

Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) nebst Einführungsgesetz und „Amtlicher Begründung" (AktG 1937) Aufsichtsratspraxis, Handbuch für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 8. Auflage 2006 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 6. Auflage 2007 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Dokumente) Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) ν 27.4.1998 (BGBl I 786; BGBl III/FNA 4121) Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) ν 27.4.2001 (BGBl I 751) The Anatomy of Corporate Law. A Comparative and Functional Approach, Oxford 2004 kritisch Aktiengesetz vom 6.9.1965 und Einführungsgesetz zum Aktiengesetz mit Begründung des Regierungsentwurfs, 1965 Zeitschrift für Insolvenzrecht, Konkurs, Treuhand, Sanierung, (Jahr, Seite) Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, 5. Auflage Kühler, 1998 Gesetz über das Kreditwesen idF ν 9.9.1998 (BGBl I 2776; BGBl III/FNA 7610-1) Landesarbeitsgericht Landgericht linke Spalte Literatur Leitsatz Umwandlungsgesetz, Kommentar, 3. Auflage 2004 GmbH-Gesetz, Kommentar, 16. Auflage 2004 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Auflage 2006 Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Auflage 2008 mit mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2006 Ministergesetz Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von

Stand: 1. 11. 2 0 0 8

(XXVI)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

MitbestErgG

MitbestG

Mitt MoMiG

Montan-MitbestG

Miilbert Aktiengesellschaft

MünchAnwHdb Aktienrecht MünchHdbAG

MünchKommAktG

MünchKommBGB

MünchKommHGB

mwN MwSt mWv Nachw NASDAQ NaStraG

(XXVII)

Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen (Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz MitbestBeiG) ν 23.8.1994 (BGBl I 2228) Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie ν 7.8.1956 (BGBl I 707; BGBl III/FNA 801-3) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz - MitbestG) ν 4.5.1976 (BGBl 11153; BGBl III/FNA 801-8) Mitteilungen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ν 23.10.2008 (BGBl I 2026) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie ν 21.5.1951 (BGBl I 347; BGBl III/FNA 801-2) Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt. Die Aktionärsgruppe bei Bildung und Umbildung einer Unternehmensgruppe zwischen Verbands- und Anlegerschutzrecht, 2. Auflage 1996 Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, hrsg ν Schüppen, Schaub, 2005 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4: Aktiengesellschaft, hrsg ν HoffmannBecking, 3. Auflage 2007 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg ν Kropff, Semler, 2. Auflage 2000 ff, Bände 1 und 2 in 3. Auflage 2008, hrsg ν Goette, Habersack, 1. Auflage s Geßler Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg ν Rebmann, Säcker, Rixecker, 4. Auflage 2000 ff, Bände 1 - 3 und AGG in 5. Auflage 2006 ff Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 1. Auflage hrsg ν Κ. Schmidt, 1996 ff, 2. Auflage hrsg ν Κ. Schmidt 2005 ff mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuer mit Wirkung vom Nachweis National Association of Securities Dealers Automated Quotations (USA) Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz -

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

nF NJ NJW NJW-RR Nr(n) NYSE NZA NZG Obermüller/Werner/Windett OECD Österr OGH OFD OGH OGHZ

OHG OLG OLGZ

Palandt Peltzer Pfitzer/Oser PotthoffÍTrescher PublG

pW RabelsZ RAG Raiser Raiser Kapitalgesellschaften Raiser/Veil Kapitalgesellschaften

NaStraG) ν 18.1.2001 (BGBl 1123; BGBl III/FNA 4121-1) neue Fassung Neue Justiz (Jahr, Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Jahr, Seite) Nummer(n) New York Stock Exchange Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht, seit 1992 Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 4. Auflage 2001, bearb ν Butzke Organisation for Economic Cooperation and Development Österreichischer Oberster Gerichtshof Oberfinanzdirektion (Jahr, Seite) Oberster Gerichtshof für die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Zivilsachen (1949/50, zitiert Band, Seite) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008 Deutsche Corporate Governance, 2. Auflage 2004 Deutscher Corporate Governance Kodex, 2003, 2. Auflage 2005 hrsg ν Pfitzer, Oser, Orth Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Auflage 2003, bearb ν Theisen Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz PublG) ν 15.8.1969 (BGBl 11189, ber 1970 1 1113; BGBl III/FNA 4120-7) positive Vertragsverletzung Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Band, Jahr, Seite) Reichsarbeitsgericht, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts (Band, Seite) Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2002 Recht der Kapitalgesellschaften, 3. Auflage 2001, 4. Auflage Raiser/Veil Kapitalgesellschaften Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Auflage 2006, 3. Auflage Raiser Kapitalgesellschaften

Stand: 1. 11. 2008

(XXVIII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

RBegrG

Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) ν 12.8.2008 (BGBl 1 1666) Rdn Randnummer(n) (s auch Rn) RdA Recht der Arbeit (Jahr, Seite) RdW Recht der Wirtschaft, Wien (Jahr, Seite) Recht Das Recht (Jahr, Nummer der Entscheidung; bei Aufsätzen: Jahr, Seite) RefE Referentenentwurf RegE Regierungsentwurf re Sp rechte Spalte RG Reichsgericht (Band, Seite) Reichsgesetzblatt, von 1922-1945 Teil I und Teil II RGBl I, II (Jahr, Seite) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RGZ (Band, Seite) Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder Kodex, 3. Auflage 2008 Aktiengesetz, 2. Auflage 1939 Ritter Recht der internationalen Wirtschaft (Jahr, Seite) RIW RJA Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zusammengestellt vom Reichsjustizamt (Band, Seite) RL Richtlinie Rn Randnummer(n) (s auch Rdn) ROHG Reichsoberhandelsgericht ROHGE Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts (Band, Seite) Röhricht/Graf von Westphalen Handelsgesetzbuch, Kommentar, 3. Auflage 2008 Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Kommentar, 4. Auflage 2002 Markus Roth Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, Handlungsspielräume und Haftungsrisiken insbesondere in der unternehmerischen Krise, 2001 Roth/Altmeppen GmbHG, Kommentar, 5. Auflage 2005 Rspr Rechtsprechung s S Schlegelberger/Quassowski Κ. Schmidt GesR Scholz Schwark SE SEAG

(XXIX)

siehe Seite; Satz Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1939 Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002 Kommentar zum GmbH-Gesetz, 10. Auflage 2006 Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Auflage 2004 Societas Europaea, Europäische Aktiengesellschaft Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz - SEAG) ν 22.12.2004 (BGBl I 3675; BGBl III/FNA 4121-4)

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

SEBG

SEC SEEG Semler Semler/Volhard SeuffArch SE-VO

Slg Soergel sog SprAuG

Spark Staub Staudinger Steinmeyer/Häger StGB str st Rspr StückAG

SZW/RSDA

Teichmann/Koehler Theisen

TransPuG

Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz - SEBG) ν 22.12.2004 (BGBl I 3686; BGBl III/FNA 801-15) Securities and Exchange Commission (USA) Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft ν 22.12.2004 (BGBl I 3675) Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Auflage 19 96 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 2. Auflage 2004 (s auch ARHdb) Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte (Band, Nummer) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (AB1EG L 294/1 ν 10.11.2001) Sammlung Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Auflage 1999 ff sogenannte(r) Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung ν 20.12.1988 (BGBl I 2312; BGBl III/FNA 801-11) Die Sparkasse, Zeitschrift des deutschen Sparkassenund Giro Verbandes (Jahr, Seite) Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Auflage hrsg ν Canaris, Schilling, Ulmer, 1983-2005 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 1999 ff WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Auflage 2007 Strafgesetzbuch idF ν 13.11.1998 (BGBl I 3322; BGBl III/FNA 450-2) strittig, streitig ständige Rechtsprechung Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz - StückAG) ν 25.3.1998 (BGBl I 590; BGBl III/FNA 4121-1) Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Revue suisse de droit des affaires (früher SchweizAG, Jahr, Seite) Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1950 Grundsätze einer ordnungsmäßigen Information des Aufsichtsrats, 3. Auflage 2002, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Auflage 2008 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz-

Stand: 1. 11. 2008

(XXX)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

TUG

u ua überw Ulmer/Habersack/ Henssler MitbestR UMAG

UmwG unstr unzutr Urt USA US-GAAP

und Publizitätsgesetz) ν 19.7.2002 (BGBl I 2681; BGBl III/FNA 4121-1) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz - TUG) ν 5.1.2007 (BGBl 110) unten unter anderem; und andere überwiegend Mitbestimmungsrecht, Kommentierung des MitbestG, der DrittelbG und der § § 3 4 bis 38 SEBG, 2. Auflage 2006, 1. Auflage Hanau/Ulmer Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) ν 22.9.2005 (BGBl I 2802; BGBl III/FNA 4121-1) Umwandlungsgesetz idF ν 28.10.1994 (BGBl I 3210, ber 2005 I 428; BGBl III/FNA 4120-9-2) unstreitig unzutreffend Urteil United States of America United States Generally Accepted Accounting Principles und so weiter

usw ν VAG

VerfGH Verh VersR VfGH vgl VO(en) Voigt Voraufl Vorb, Vorbem VorstOG

(XXXI)

von; vom Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG) idF ν 17.12.1992 (BGBl 1993 I 2; BGBl III/FNA 7631-1) Verfassungsgerichtshof (s auch VfGH) Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Jahr, Seite) Verfassungsgerichtshof (s auch VerfGH) vergleiche Verordnung(en) Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, 2004 Vorauflage Vorbemerkung Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz VorstOG) ν 3.8.2005 (BGBl I 2267)

Stand: 1. 11. 2008

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

WiB Wiedemann Gesellschaftsrecht Widmann/Mayer wistra WM WP WPg WpHG

WPK WpÜG WuB

zB ZBB ZEuP ZfA ZfB ZfbF ZfRV ZGR ZHR ZIP ZRP ZVglRWiss

Wirtschaftsrechtliche Beratung (Jahr, Seite) Gesellschaftsrecht, Band 1 1980, Band II 2004 Umwandlungsrecht, Kommentar, hrsg ν Widmann, Mayer, Loseblatt, 3. Auflage 1995 ff Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Jahr, Seite) Wertpapier-Mitteilungen (Jahr, Seite) Das Wertpapier (Jahr, Seite) Die Wirtschaftsprüfung (Jahr, Seite) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz - WpHG) idF ν 9.9.1998 (BGBl I 2708; BGBl III/FNA 4110-4) Wirtschaftsprüferkammer Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ν 20.12.2001 (BGBl I 3822; BGBl III/FNA 4110-7) Entscheidungssammlung zum Wirtschaftsund Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr, Seite) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Band, Jahr, Seite) Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr, Seite) Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Zivilprozess (Band, Jahr, Seite)

ZZP

Stand: 1. 11. 2008

(XXXII)

Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Vor § 76 Übersicht Rdn I. Grundlagen 1. Grundsätzlich zwingender Charakter der Verfassung 2. Verwaltungsorgane (duales System; Two Tier-System) 3. Geschichtliche Entwicklung a) Bis 1937 b) AktG 1937 c) AktG 1965 aa) Allgemeines bb) Stellung des Vorstands . . . cc) Stellung der Hauptversammlung dd) Stellung des Aufsichtsrats . . ee) Abgrenzung und Verschränkung der Organkompetenzen II. Etablierung weiterer Gremien 1. Grenzen der Zulässigkeit 2. Unternehmensübergreifende Leitungsgremien III. Geschäftsführung und Vertretung . . . IV. Einfluss der Mitbestimmung 1. Anwendungsbereich der Mitbestimmungsregeln 2. Einfluss auf den Aufsichtsrat . . . . 3. Einfluss auf den Vorstand 4. Einfluss der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung V. Weitere Einflüsse auf die Verfassung 1. Unternehmensrecht 2. Kapitalmarktrecht VI. Corporate Governance 1. Allgemeines 2. Entwicklung in Deutschland . . . . 3. Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 und Deutscher Corporate Governance Kodex 2002 a) Allgemeines b) Rechtsgrundlage des Deutschen Corporate Governance Kodex . . c) Inhalt des Kodex im Einzelnen . d) Wertung 4. Transparenz- und Publizitätsgesetz VII. Einfluss des Konzernrechts 1. Gesetzliche Vorgaben 2. Einfluss auf den Tochter-Vorstand .

(1)

1 VIII 2-4 5 6 7 8-9 10-11 12

IX.

13-16 17-20 X. 21 22 XI. 23-25 26-27 28 29-30

XII.

31 32-34 35-37 38

39 40-41 42-44 45^6 47-48 49 50

Michael Kort

3. Qualifizierter faktischer Konzern . . 4. Einfluss auf den Tochter-Aufsichtsrat 5. Einfluss auf die Organe der Mutter Organstreit 1. Allgemeines 2. Abgrenzung 3. Verhältnis Vorstand - Aufsichtsrat a) Klagerecht des Aufsichtsrats . . b) Klagerechte einzelner Organmitglieder? c) Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen Aktionärsschutz 1. Allgemeines 2. Klagerechte der Aktionäre a) Allgemeines b) Prozessstandschaft c) Mitgliedschaftsklage Typendifferenzierung 1. Allgemeines 2. Grenzen der Auswirkung 3. Verschiedene Aktionärsinteressen . Satzungsstrenge 1. Von der Satzung abweichende Bestimmungen 2. Ergänzende Bestimmungen 3. Schuldrechtliche Nebenabreden . . Internationales, europäisches und ausländisches Recht 1. Internationales Recht a) IPR der Verfassung der AG . . . b) OECD-Grundsätze zur Corporate Governance 2. Europäisches Recht a) Richtlinien b) Europäische Aktiengesellschaft aa) Allgemeines bb) Rechtsquellen cc) Entstehung dd) Entscheidung für dualistisches oder monistisches System . ee) Regelungen der Verfassung der SE ff) Mitbestimmung gg) In-Kraft-Treten c) Europäische Corporate Governance 3. Ausländisches Recht

Rdn 51 52 53 54 55 56 57-58 59 60-61 62-63 64 65-66 67 68 69

70 71 72

73 74 75-76 77-78 79 80 81 82-84 85 86 87 88

Vor § 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Schrifttum 1. Allgemeines Schrifttum Bachmann Verwaltungsvollmacht und „Aktionärsdemokratie": Selbstregulative Ansätze für die Hauptversammlung, AG 2001, 635; Backhaus Ökonomik der partizipativen Unternehmung Bd 1 1979; Ballerstedt Was ist Unternehmensrecht in: FS Duden, 1977, S 15; Bauer Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, 1986; Baumann/Reiß Satzungsändernde Vereinbarungen - Nebenverträge im Gesellschaftsrecht, ZGR 1989, 157; Bayer Aktionärsklagen de lege lata und de lege ferenda, NJW 2000, 2609; ders Aktionärsrechte und Anlegerschutz - Kritische Betrachtung der lex late und Überlegungen de lege ferenda vor dem Hintergrund des Berichts der Regierungskommission Corporate Governance und des Entwurfs eines 4. Finanzmarktförderungsgesetzes - in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 137; ders Die Kontrollfunktion der aktienrechtlichen Anfechtungsklage - Rechtsdogmatische Grundlegung - in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, 2000, S 35; Bernhardt Vorstand und Aufsichtsrat (unter Einschluß des Verhältnisses zum Abschlußprüfer) in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 119; Biedenkopf Zur Diskussion über ein neues Unternehmensrecht in: FS Raiser, 1974, S 339; Binge Gesellschafterklagen gegen Maßnahmen der Geschäftsführer in der GmbH, 1994; Borgmann Der Organstreit in der Kapitalgesellschaft, 1996; Bork Materiell-rechtliche und prozeßrechtliche Probleme des Organstreits zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, ZGR 1989, 1; Boujong Rechtliche Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Vorstandskontrolle und -beratung - Konsequenzen aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGHZ 114, 127 und BGHZ 124, 111, AG 1995, 203; Brondics Die Aktionärsklage, 1988; Brücher Ist der Aufsichtsrat einer Gesellschaft befugt, gegen den Vorstand oder die Geschäftsführung zu klagen? AG 1989, 190; Cahn Ansprüche und Klagemöglichkeiten der Aktionäre wegen Pflichtverletzungen der Verwaltung beim genehmigten Kapital, ZHR 164 (2000) 113; Claussen Hauptversammlung und Internet, AG 2001, 161; Druey Verantwortlichkeit aus Leitung in: FS Zöllner, 1998, S 129; Drygala, Tim/Drygala, Anja Wer braucht ein Frühwarnsystem? Zur Ausstrahlungswirkung des § 91 Abs 2 AktG, ZIP 2000, 297; Ekkenga Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998; Endres Organisation der Unternehmensleitung aus der Sicht der Praxis, ZHR 163 (1999), 441; Feddersen Neue gesetzliche Anforderungen an den Aufsichtsrat, AG 2000, 385; Fleischer Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln? Kapitalmarktrechtliches Teilgutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, 2002; Flume Um ein neues Unternehmensrecht 1980; Frerk Praktische Gedanken zur Optimierung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats, AG 1995, 212; Friedewald Die personalistische Aktiengesellschaft, 1991; Frühauf Geschäftsleitung in der Unternehmenspraxis, ZGR 1998, 407; von Gerkan Die Gesellschafterklage, ZGR 1988, 441; Geßler Bedeutung und Auslegung des § 23 Abs 5 AktG in: FS Martin Luther, 1976, S 69; Götz Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats nach dem Transparenz- und Publizitätsgesetz, NZG 2002, 599; Großfeld Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, 1968; Habersack Die Mitgliedschaft subjektives und „sonstiges" Recht, 1996; Häsemeyer Der interne Rechtsschutz zwischen Organen, Organmitgliedern und Mitgliedern der Kapitalgesellschaft als Probleme der Prozeßführungsbefugnis, ZHR 144 (1980) 265; Hauswirth Befugnisse und Pflichten von Organen der Aktiengesellschaft als Gegenstand von Organstreitigkeiten vor den Zivilgerichten, 1997; Heermann Wie weit reicht die Pflicht des Aufsichtsrats zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Mitglieder des Vorstands?, AG 1998, 201; von Hein Vom Vorstandsvorsitzenden zum CEO? ZHR 166 (2002), 464; Hirte Die aktienrechtliche Satzungsstrenge: Kapitalmarkt und sonstige Legitimationen versus Gestaltungsfreiheit in: Lutter/Wiedemann (Hrsg) Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht ZGRSonderheft 13, 1998, S 61; Hoffmann-Becking Der Einfluß schuldrechtlicher Gesellschaftervereinbarungen auf die Rechtsbeziehungen in der Kapitalgesellschaft, ZGR 1994, 442; ders Zur rechtlichen Organisation der Zusammenarbeit im Vorstand der AG, ZGR 1998, 497; Hommelhoff Der aktienrechtliche Organstreit, Vorüberlegungen zu den Organkompetenzen und ihrer gerichtlichen Durchsetzbarkeit, ZHR 143 (1979) 288; Hopt Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, ZHR 166 (2002), 383; ders Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich in: FS Kübler 1997, S 435; ders Zur Funktion des Aufsichtsrats im Verhältnis von

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Industrie und Bankensystem in: Horn/Kocka (Hrsg) Recht und Entwicklung der Großunternehmen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, 1979, S 227; ders Das System der Unternehmensüberwachung in Deutschland in: IDW (Hrsg) Marktorientierte Unternehmensüberwachung, 2001, S 23; ders Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht in Europa, Generalbericht, in: Lutter/Wiedemann (Hrsg) Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht ZGR-Sonderheft 13, 1998, S 123; Horn Aktienrechtliche Unternehmensorganisation in der Hochindustrialisierung (I860 bis 1920) Deutschland, England, Frankreich und die USA im Vergleich in: Horn/Kocka (Hrsg) Recht und Entwicklung der Großunternehmen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, 1979, S 123; ders Die Haftung des Vorstands der AG nach § 93 AktG und die Pflichten des Aufsichtsrats - zugleich Besprechung der Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1997, ZIP 1997, 883 und des OLG Düsseldorf vom 28. November 1996, ZIP 1997, 27, im Fall ARAG/Garmenbeck, ZIP 1997, 1129; Hucke/Ammann Der Entwurf des Transparenz- und Publizitätsgesetzes - ein weiterer Schritt zur Modernisierung des Unternehmensrechts, DStR 2 0 0 2 , 689; Ihrig/Wagner Die Reform geht weiter: Das Transparenz- und Publizitätsgesetz kommt, Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 789; Jäger Die Beratung des Vorstands als Teil der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, DStR 1996, 671; Joost „Holzmüller 2 0 0 0 " vor dem Hintergrund des Umwandlungsgesetzes, Z H R 163 (1999) 164; Joussen Gesellschafterabsprachen neben Satzung und Gesellschaftsvertrag, 1995; Jürgenmeyer Das Unternehmerinteresse, 1984; Kau/Kukat Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bei Pflichtverletzungen nach dem Aktiengesetz, Betriebs-Berater 2 0 0 0 , 1045; Kindler Unternehmerisches Ermessen und Pflichtenbindung - Voraussetzungen und Geltendmachung der Vorstandshaftung in der Aktiengesellschaft, Z H R 162 (1998) 101; König Doppelsitz einer Kapitalgesellschaft - Gesetzliches Verbot oder zulässiges Mittel der Gestaltung einer Fusion?, AG 2 0 0 0 , 18; Kort Die Klagebefugnis der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der AG, AG 1987, 193; Krieger Aktionärsklage zur Kontrolle des Vorstandsund Aufsichtsratshandelns, Z H R 163 (1999) 343; Kuhl/Nickel Risikomanagement im Unternehmen - Stellt das KonTraG neue Anforderungen an die Unternehmen? Der Betrieb 1999, 133; Kiibler Unternehmenspolitik zwischen Sachverstand und Interessenpolitik, Z G R 1981, 377; Laux Die Lehre vom Unternehmen an sich, 1998; Lewerenz Leistungsklagen zwischen Organen und Organgliedern der Aktiengesellschaft, 1977; Luther § 23 Abs 5 AktG im Spannungsfeld von Gesetz, Satzung und Einzelentscheidung der Organe der Aktiengesellschaft in: FS Hengeler, 1972, S 167; Lutter/Kremer Die Beratung der Gesellschafter durch Aufsichtsratsmitglieder, Z G R 1992, 87; Lutter/Krieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 3. Aufl, 1993; Mertens Aufsichtsrat und Organhaftung in: AG-Sonderheft August 1997 „Die Aktienrechtsreform 1997", S 70; ders Organstreit in der Aktiengesellschaft? Eine rechtspolitische Kritik, Z H R 154 (1990) 24; ders Satzungs- und Organisationsautonomie im Aktien- und Konzernrecht, Z G R 1994, 426; Möllers Anlegerschutz durch Aktienund Kapitalmarktrecht, Z G R 1997, 334; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 2. Aufl, 1996; Mutter Unternehmerische Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft, 1994; von Nell-Breuning Unternehmesverfassung in: FS Kronstein, 1967, S 47; Netter Zur aktienrechtlichen Theorie des Unternehmens an sich in: FS Pinner, 1932, S 507; Noack Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, 1994; Nörr Aspekte des Referentenentwurfs von 1958 zum Aktiengesetz in: FS Zöllner, 1998, S 429; ders Neuerungen im Recht der Hauptversammlung durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz und den Deutschen Corporate Governance Kodex, Der Betrieb 2002, 620; ders Zur Entwicklung des Aktien- und Konzernrechts während der Weimarer Republik, Z H R 150 (1986) 155; Pahlke Risikomanagement nach KonTraGÜberwachungspflichten und Haftungsrisiken für den Aufsichtsrat, NJW 2 0 0 2 , 1680; Pflugradt Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft, 1990; PotthofffTrescher Das Aufsichtsratsmitglied, 4. Aufl, 1999; Raisch Unternehmensrecht, Bd 2, 1974; Raiser Die Zukunft des Unternehmensrechts in: FS Robert Fischer, 1979, S 561; ders Kenntnis und Kennenmüssen von Unternehmen in: FS für Gerold Bezzenberger, 2 0 0 0 , S 561; ders Klagebefugnisse einzelner Aufsichtsratsmitglieder, ZGR 1989, 44; ders Organklagen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand - Bemerkungen zum Opel-Urteil des BGH, AG 1989, 185; von Rechenberg Die Hauptversammlung als oberstes Organ der Aktiengesellschaft, 1986; Rehbinder Andere Organe der Unternehmensverfassung, Z G R 1989, 305; Reichert/Weller Haftung von Kontrollorganen - Die Reform der aktienrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Haftung, ZRP 2 0 0 2 , 50; Riechers Das „Unternehmen an sich", 1996; Rieckers Haftung des Vorstands für fehlerhafte Ad-hoc-Meldungen de lege lata und de lege ferende, Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1213; Rieger Gesetzeswortlaut und Rechtswirklich-

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Michael Kort

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

keit im Aktiengesetz in: FS Peltzer, 2001, S 339; Schanbacher Actio pro socio - zur Dogmatik der Gesellschafterklage, AG 1999, 21; Scharpf Risikomanagement und Überwachungssysteme im Finanzbereich in: Dörner/Menold/Pfitzner (Hrsg), Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und Prüfung, 1999, S 177 ff; von Schenck Die laufende Information des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand, N Z G 2002, 64; Schiessl, Die Kontrollfunktion der aktienrechtlichen Anfechtungsklage - Erwiderung aus der Praxis - in: VGR (Hrsg), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, 2 0 0 0 , S 57; Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg) Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl, 2001, § 107 (Insider-Probleme), bearbeitet von Hopt; U H Schneider Die Teilnahme von Vorstandsmitgliedern an Aufsichtsratssitzungen, ZIP 2 0 0 2 , 873; Schulze-Osterloh Unternehmensüberwachung und Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat, ZIP 1998, 2129; Schumann Die Entwicklung der inneren Organisation der Aktiengesellschaft im deutschen Recht bis zum Allgemeinen Deutschen Handels-Gesetzbuch, 1937; Schüppen Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung und Going Public von mittelständischen Unternehmen in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung, 2001, S 121; ders To comply or not to comply - that's the question! - „Existenzfragen" des Transparenz- und Publizitätsgesetzes im magischen Dreieck kapitalmarktorientierter Unternehmensführung, ZIP 2 0 0 2 , 1269; Seibert Das TransPuG, N Z G 2 0 0 2 , 608; Seibt Kapitalmarktrechtliche Überlagerungen im Aktienrecht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2 0 0 0 , 2001, S 37; Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999; ders Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Aufl, 1986; ders Rechtsvorgabe und Realität der Organzusammenarbeit in der Aktiengesellschaft in: FS Marcus Lutter, 2000, S 721; Servatius Ordnungsgemäße Vorstandskontrolle und vorbereitende Personalauswahl durch den Vorstandsvorsitzenden, AG 1995, 223; Spindler Deregulierung des Aktienrechts?, AG 1998, 53; Spindler/Hüther Das Internet als Medium der Aktionärsbeteiligung in den USA, RIW 2 0 0 0 , S 329; Stadler Die Beratung des Vorstands der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat, 1997; Steinbeck Überwachungspflicht und Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft, 1992; Steinmann Das Großunternehmen im Interessenkonflikt, 1969; Stodolkowitz Gerichtliche Durchsetzung von Organpflichten in der Aktiengesellschaft, ZHR 154 (1990) 23; Theisen Die Überwachungsberichterstattung des Aufsichtsrats, Betriebs-Berater 1988, 705; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung (GoÜ) - Problem, Systematik und erste inhaltliche Vorschläge in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA), ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 75 ff; Trescher Aufsichtsratshaftung zwischen Norm und Wirklichkeit, Der Betrieb 1995, 661; Ulmer Aktienrecht im Wandel - Entwicklungslinien und Diskussionsschwerpunkte - , AcP 202 (2002) S 143; ders Die Aktionärsklage als Instrument zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, Z H R 163 (1999) 290; ders Die Anpassung der Satzungen bestimmter Aktiengesellschaften an das MitbestG 1976, 1980; Vogel Aktienrecht und Aktienwirklichkeit, 1980; Vollmer Die Entwicklung partnerschaftlicher Unternehmensverfassungen 1976; Voormann Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl, 1990; von Werder Management: Mythos oder regelgeleitete Kunst des Möglichen? - Plädoyer für die Formulierung von grundsätzend ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoU), Der Betrieb 1995, 2177; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) - Zusammenhang, Grundlagen und Systemstruktur von Führungsgrundsätzen für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA), ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 1 ff; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU) - Bedeutung und erste Konkretisierung von Leitlinien für das Top-Management in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA), ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 27 ff; von Werder/Pohle/Wolff Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoU) im Urteil der Praxis - Ergebnisse einer Erhebung bei deutschen Top-Managern, Der Betrieb, 1998, 1193; Westermann Das Verhältnis von Satzung und Nebenordnungen in der Kapitalgesellschaft, 1994; Wiebe Vorstandsmacht statt Bankenmacht? Aktienrechtlicher Rahmen und strukturelle Auswirkungen der Einführung eines Verwaltungsstimmrechts ( S 134 Abs 3 S 3 AktG), Z H R 166 (2002) 182; Wiedemann Die Zukunft des Gesellschaftsrechts in: FS Robert Fischer, 1979, S 883; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht, 1961; Wilde Informationsrechte und Infor-

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

mationspflichten im Gefüge der Gesellschaftsorgane, Z G R 1998, 4 2 3 ; Zetzsche (Hrsg) Die virtuelle Hauptversammlung, 2 0 0 2 ; Zimmer Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, N J W 1998, 3521.

2. Schrifttum zur Corporate Governance Assmann Corporate Governance, Eine Vorbemerkung zu den Beiträgen von Edward Β Rock und Eddy Wymeersch, AG 1995, 2 8 9 ; Bassen Einflussnahme institutioneller Anleger auf Corporate Governance und Unternehmensführung - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung - , Z B B 2 0 0 2 , 4 3 0 ; Baums Aktienrecht für globalisierte Kapitalmärkte - Generalbericht - in: Hommelhoff/ Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 , S 13; ders (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001; Bayer Aktionärsrechte und Anlegerschutz - Kritische Betrachtung der lex late und Überlegungen de lege ferenda vor dem Hintergrund des Berichts der Regierungskommission Corporate Governance und des Entwurfs eines 4. Finanzmarktförderungsgesetzes - in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 , S 137; Behrens „Corporate Governance" in: FS Drobnig, 1998, S 491; Berg/Stöcker Anwendungs- und Haftungsfragen zum Deutschen Corporate Governance Kodex, W M 2 0 0 2 , 1569; Claussen/Bröcker Corporate-Governance-Grundsätze in Deutschland Nützliche Orientierungshilfe oder regulatorisches Übermaß? AG 2 0 0 0 , 481; dies Der Corporate Governance-Kodex aus der Perspektive der kleinen und mittleren Börsen-AG, Der Betrieb 2 0 0 2 , 1199; Berrar Die zustimmungspflichtigen Geschäfte nach § 111 Abs 4 AktG im Lichte der Corporate Governance-Diskussion, Der Betrieb 2001, 2181; Claussen/Korth Anforderungen an ein Risikomanagementsystem aus der Sicht des Aufsichtsrats, in: FS Marcus Lutter, 2 0 0 0 , S 327; Erhardt/ Nowak Die Durchsetzung von Corporate-Governance-Regeln, AG 2 0 0 2 , 336; Feddersen/Hommelhoff/Schneider Corporate Governance 1996; Fleischer Aktienrechtliche Sonderprüfung und Corporate Governance - Vergleichende Bestandsaufnahme zum deutschen und französischen Recht - , RIW 2 0 0 0 , 809; Frey Corporate Governance - Unternehmensüberwachung bei deutschen Aktiengesellschaften, DStR 1995, 1320; R Hoffmann Corporate Governance, 1998; Hommelhoff Die OECDPrinciples on Corporate Governance - ihre Chancen und Risiken aus dem Blickwinkel der deutschen corporate governance-Bewegung, Z G R 2001, 238; Hommelhoff/Mattheus Corporate Governance nach dem KonTraG AG, 1998, 2 4 9 ; Hopt Corporate Governance: Aufsichtsrat oder Markt? - Überlegungen zu einem internationalen und interdisziplinären Thema - in: Hommelhoff/ Rowedder/ Ulmer (Hrsg) Dritte M a x Harrenburg-Gedächtnisvorlesung, 1998, S 9; ders Corporate Governance in Europa: Neue Regelungsaufgaben und Soft Law, GesRZ 2 0 0 2 , Sonderheft Corporate Governance, S 4; ders Das System der Unternehmensüberwachung in Deutschland in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung, 2001, S 27; ders Gemeinsame Grundsätze der Corporate Governance in Europa? - Überlegungen zum Einfluß der Wertpapiermärkte auf Unternehmen und ihre Regulierung und zum Zusammenwachsen von common law und civil law im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Z G R 2 0 0 0 , 779; ders Unternehmensführung, Unternehmenskontrolle, Modernisierung des Aktienrechts - Zum Bericht der Regierungskommission Corporate Governance - in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 , S 27; Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance - The State of the Art and Emerging Research, 1998; Hütten Unternehmenseigner Corporate-Governance-Kodex - Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit in Zeiten von TransPuG und Deutschem Kodex, Betriebs-Berater 2002, 1740; Kallmeyer Kapitalmarktrechtliche Corporate Governance-Regeln, in: FS Peltzer, 2001, S 2 0 5 ; Knigge Änderungen des Aktienrechts durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz W M 2 0 0 2 , 1729; Lutter Der Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance" in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2 0 0 2 , S 47; ders Die Erklärung zum Corporate Governance Kodex gemäß S 161 AktG - Pflichtverstöße und Binnenhaftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, Z H R 166 (2002) 523; ders Vergleichende Corporate Governance - Die Deutsche Sicht, Z G R 2001, 2 2 4 ; Noack Neuerungen im Recht der Hauptversammlung durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz und den Deutschen Corporate Governance Kodex, Der Betrieb 2 0 0 2 , 6 2 0 ; Peltzer Corporate Governance Codices als zusätzliche Pflichtenbestimmung für den Aufsichtsrat, N Z G 2 0 0 2 , 10; ders Handlungsbedarf in Sachen Corporate Governance, N Z G 2 0 0 2 , 5 9 3 ; Peltzer/von Werder Der „German Code of Corporate Governance

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Michael Kort

Vor § 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

(GCCG)" des Berliner Initiativekreises, AG 2001, 1; Pfitzer/Oser/Wader Die Entsprechens-Erklärung nach § 161 AktG - Checkliste für Vorstände und Aufsichtsräte zur Einhaltung der Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, Der Betrieb 2002, 1120; Pluta in: IDW (Hrsg) Reformbedarf der Deutschen Corporate Governance im globalen Wettbewerb, WpG-Sonderheft 2001, S 114; Reichert Aktionärsrechte und Anlegerschutz - Stellungnahme zu den Vorschlägen der Corporate Governance Kommission - in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 165; Pohle/von Werder Die Einschätzung der Kernthesen des German Code of Corporate Governance (GCCG) durch die Praxis, Der Betrieb 2001, 1101; Rock America's Fascination with the German Corporate Governance, AG 1995, 291; Schiessl Deutsche Corporate Governance post Enron, AG 2002, 593; H Schmidt Corporate Governance in Germany, 1997; U H Schneider Kapitalmarktorientierte Corporate Governance-Grundsätze, Der Betrieb 2000, 2413; Schneider/Strenger Die „Corporate Governance-Grundsätze" der Grundsatzkommission Corporate Governance (German Panel on Corporate Governance) - Einführung, AG 2000, 106; Schuppen Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung und Going Public von mittelständischen Unternehmen in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung, 2001, S 121; Schwark Corporate Governance: Vorstand und Aufsichtsrat in: Hommelhoff/Lutter/ Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 75; Schwarz/Holland Enron, WorldCom... und die Corporate-Governance-Diskussion - Zu den strukturellen Defiziten eines kapitalmarktorientierten Corporate-Governance-Systems und zum US-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act, ZIP 2002, 1661; Seibert Aktienrechtsreform in Permanenz?, AG 2002, 417; ders Im Blickpunkt: Der Deutsche Corporate Governance Kodex ist da, Betriebs-Berater 2002, 581; Seibt Deutscher Corporate Governance Kodex und Entsprechens-Erklärung (§ 161 AktG-E), AG 2002, 249; Spindler Internet und Corporate Governance - ein neuer virtueller (T)Raum? - Zum Entwurf des NaStraG, ZGR 2000, 420; Strenger Corporate Governance: Entwicklung in Deutschland und internationale Konvergenz, DStR 2001, 2225; Siinner Effizienz von Unternehmensorganen als Grundsatz der Corporate Governance, AG 2000, 492; Ulmer Der Deutsche Corporate Governance Kodex - ein neues Regulierungsinstrument für börsennotierte Aktiengesellschaften, ZHR 166 (2002) 150; von Werder Der Deutsche Corporate Governance Kodex - Grundlagen und Einzelbestimmungen, Der Betrieb 2002, 801; Windbichler/Bachmann Corporate Governance und Mitbestimmung als „wirtschaftsrechtlicher order public" in: FS Bezzenberger, 2000, S 797; Wolf Corporate Governance, Der Import angelsächsischer „Self-Regulation" im Widerstreit zum deutschen Parlamentsvorbehalt, ZRP 2002, 59; Wymeersch Unternehmensführung in Westeuropa, Ein Beitrag zur Corporate Governance-Diskussion, AG 1995, 299. 3. Schrifttum zur Mitbestimmung Herfs-Röttgen Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft, NZA 2001, 424; Herfs-Röttge Probleme der Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft, NZA 2002, 358; Hopf Grundprobleme der Mitbestimmung in Europa, ZfA 1982, 207; ders Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat in: FS für Everling, 1995, S 475; Immenga Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1977, 249; Kleinsorge/Neye Europäische Aktiengesellschaft Durchbruch erreicht, Bundesarbeitsblatt 4/2001, S 5; Kort Reformbedarf bei der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung in Fällen von Strukturänderungen in Betrieb und Unternehmen? ZfA 2000, 329; Krieger Muß die Mitbestimmung der Arbeitnehmer das europäische Gesellschaftsrecht blockieren? in: FS Rittner, 1991, S 303; Paefgen Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG, 1981; Pluskat Die Arbeitnehmerbeteiligung in der geplanten Europäischen AG, DStR 2001, 1483; Westermann Tendenzen der Gegenwärtigen Mitbestimmungsdiskussion in der Europäischen Gemeinschaft, RabelsZ 48 (1984), 123; Windbichler/Bachmann Corporate Governance und Mitbestimmung als „wirtschaftsrechtlicher order public" in: FS Bezzenberger, 2000, S 797. 4 . Schrifttum zum Internationalen, Europäischen und Ausländischen Recht Berglöf/von Thadden The Changing Corporate Governance Paradigm: Implications for Developing and Transition Economies in: Cohen/Boyd (eds) Corporate Governance and Globalization 2000, S 275; Blanquet Das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea „SE") - Ein

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Gemeinschaftsinstrument für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Dienste der Unternehmen, Z G R , 2 0 0 2 , 20; Brandt Überlegungen zu einem SE-Ausführungsgesetz, N Z G 2 0 0 2 , 991; Butigert/Beier Die Europäische Aktiengesellschaft - Das Statut und seine Umsetzung in die Praxis, EWS 2 0 0 2 , 1; Davi Struktur der Unternehmensführung in Großbritannien und Deutschland: Konvergenz oder fortbestehende Divergenz? Z G R 2001, 268; Escher-Weingart Corporate GovernanceStrukturen - ein deutsch-u.s.-amerikanischer Rechtsvergleich, ZVglRWiss 99 (2000) 387; Fleischer Aktienrechtliche Sonderprüfung und Corporate Governance - Vergleichende Bestandsaufnahme zum deutschen und französischen Recht - , RIW 2 0 0 0 , 809; Forsthoff EuGH fördert Vielfalt im Gesellschaftsrecht - Traditionelle deutsche Sitztheorie verstößt gegen Niederlassungsfreiheit - , Der Betrieb 2 0 0 2 , 2471; Girnhuber Das US-amerikanische Audit Committee als Instrument zur Vermeidung von Defiziten bei der Überwachungstätigkeit der deutschen Aufsichtsräte, 1998, S 2 0 8 ff; Grundmann/Mülbert Corporate Governance - Europäische Perspektiven, Z G R 2001, 215; Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht, 1998; Heinze Die Europäische Aktiengesellschaft, Z G R 2 0 0 2 , 66; Henze Ausstrahlungen des europäischen Rechts auf die nationale Rechtsprechung im Gesellschaftsrecht in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof, 2 0 0 0 , S 143; Herfs-Röttgen Probleme der Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft, NZA 2 0 0 2 , 358; Hirte Die Europäische Aktiengesellschaft, N Z G 2 0 0 2 , 1; Hommelhoff Die OECDPrinciples on Corporate Governance - ihre Chancen und Risiken aus dem Blickwinkel der deutschen Corporate Governance-Bewegung, Z G R 2001, 238; ders Einige Bemerkungen zur Organisationsverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft, AG 2001, 279; Hopt Corporate Governance: Aufsichtsrat oder Markt? - Überlegungen zu einem internationalen und interdisziplinären Thema in: Hommelhoff/ Rowedder/Ulmer (Hrsg) Dritte Max Hachenburg-Gedächtnisvorlesung, 1998, S 9; ders Corporate Governance in Europa: Neue Regelungsaufgaben und Soft Law, GesRZ 2 0 0 2 , Sonderheft Corporate Governance, S 4; ders Gemeinsame Grundsätze der Corporate Governance in Europa? - Überlegungen zum Einfluß der Wertpapiermärkte auf Unternehmen und ihre Regulierung und zum Zusammenwachsen von common law und civil law im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, ZGR 2000, 779; Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance The State of the Art and Emerging Research, 1998; Hopt/Wymeersch (eds) Comparative Corporate Governance - Essays and Materials, 1997; Horn Verträge über internationale Zusammenschlüsse in: FS Marcus Lutter, 2 0 0 0 , S 1113; Kallmeyer Tragweite des „Überseering"-Urteils des EuGH vom 5 . 1 1 . 2 0 0 2 zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung, Der Betrieb 2 0 0 2 , 2521; Kessler Leitungskompetenz und Leitungsverantwortung im deutschen, US-amerikanischen und japanischen Aktienrecht, RIW 1998, 602; Kleinsorge/Neye Europäische Aktiengesellschaft - Durchbruch erreicht, Bundesarbeitsblatt 4/2001, S 5; Krieger Muß die Mitbestimmung der Arbeitnehmer das europäische Gesellschaftsrecht blockieren? in: FS Rittner, 1991, S 303; Kronke Konditionierung der Unternehmensverfassung von Publikumsgesellschaften durch „Soft Law" - Deutschland und Italien im Vergleich - in: FS Marcus Lutter, 2 0 0 0 , S 1449; Kühler Aufsichtsratsmitbestimmung im Gegenwind der Globalisierung in: Kübler/Scherer/Treeck (Hrsg) The International Lawyer, FS Döser 1999 S 237; La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer/Vishny Investor Protection and Corporate Governance, J. of Financial Economics 58 (2000) 3; La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer Corporate Ownership Around the World, J . of Finance 54 (1999) 471; Lutter Europäische Aktiengesellschaft - Rechtsfigur mit Zukunft? Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1; ders Konzepte, Erfolge und Zukunftsaufgaben Europäischer Gesellschaftsrechtsharmonisierung in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S 121; ders Vergleichende Corporate Governance Die Deutsche Sicht, ZBR 2001, 22419 Monti Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, W M 1997, 607; Mundheim/Lorne An Essay on Corporate Governance in: FS Kübler, 1997, S 458; Neye Kein neuer Stolperstein für die Europäische Aktiengesellschaft, Z G R 2 0 0 2 , 377; Pettet The Combined Code: A Firm Place for Self-Regulation in Corporate Governance, J.I.B.L. 1998, 13 (12) 394; Ranzinger/Blies Audit Committees im internationalen Kontext, AG 2001, 455; Schulz/Geismar Die Europäische Aktiengesellschaft - Eine kritische Bestandsaufnahme, DStR 2001, 1078; R H Schmidt/ Grohs Angleichung der Unternehmensverfassung in Europa aus ökonomischer Perspektive - ein Forschungsprogramm - in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2 0 0 0 , S 145; G C Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht, Handbuch, 2000; ders Zum Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, ZIP 2001, 1847; Schwarz/

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Holland Enron, WorldCom... und die Corporate-Governance-Diskussion - Zu den strukturellen Defiziten eines kapitalmarktorientierten Corporate-Governance-Systems und zum US-amerikanischen Sarbanes - Oxley Act, ZIP 2002, 1661; Seibert OECD Principles of Corporate GovernanceGrundsätze der Unternehmensführung und -kontrolle für die Welt, AG 1999, 337; Sbleifer/Vishny A Survey of Corporate Governance, J. of Finance 52 (1997) 73; Skog Corporate Governance und die Rolle des Gesetzgebers - Betrachtungen aus schwedischer Perspektive in: FS Marcus Lutter, 2000, S 1551; C Teichmann Die Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft - Grundlagen der Ergänzung des europäischen Statuts durch den deutschen Gesetzgeber, ZGR 2002, 383; ders Vorschläge für das deutsche Ausführungsgesetz zur Europäischen Aktiengesellschaft, ZIP 2002, 109; Thoma/Leuering Die Europäische Aktiengesellschaft - Societas Europaea, NJW 2002, 1449; Jens Wagner Die Bestimmung des auf die SE anwendbaren Rechts, NZG 2002, 985; Wiesner Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Unternehmensrecht, Betriebs-Berater, Beilage 8 zu Heft 44/2001; Wymeersch Gesellschaftsrecht im Wandel: Ursachen und Entwicklungslinien, ZGR 2001, 294.

5. Wirtschaftswissenschaftliches Schrifttum Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. Auswirkungen des KonTraG auf die Unternehmensüberwachung, Der Betrieb 2000, Beilage Nr 11 zu Heft 37; Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, 2000; BDI und PwC Deutsche Revision, Corporate Governance in Deutschland, 2001; Bleicher/Paul Das amerikanische Board-Modell im Vergleich zur deutschen Vorstands-AAufsichtsratsverfassung - Stand und Entwicklungstendenzen, DBW 46 (1986) 263; G Emmerich Risikomanagement in Industrieunternehmen - gesetzliche Anforderungen und Umsetzung nach dem KonTraG, zfbf 52 (2000) 1075; Girnhuber Das US-amerikanische Audit Committee als Instrument zur Vermeidung von Defiziten bei der Überwachungstätigkeit der deutschen Aufsichtsräte, 1998; Kuhl/Nickel Risikomanagement im Unternehmen - stellt das KonTraG neue Anforderungen an die Unternehmen? Der Betrieb 1999, 133; Peltzer/von Werder Der „German Code of Corporate Governance (GCCG) des Berliner Initiativkreises, AG 2001, 1; Pohle/ von Werder Die Einschätzung der Kernthesen des German Code of Corporate Governance (GCCG) durch die Praxis-Ergebnisse einer Befragung der DAX 100-Unternehmen - , Der Betrieb 2001, 1101; Potthoff/Theisen Organisationsrecht und Organisationswirklichkeit in der Aktiengesellschaft in: FS 40 Jahre Der Betrieb, 1988, S 53; Theisen Unternehmensführung und Überwachung in der Publikumsaktiengesellschaft in: FS Potthoff, 1989, S 132; R H Schmidt/Grohs Angleichung der Unternehmensverfassung in Europa aus ökonomischer Perspektive - ein Forschungsprogramm - in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, S 145; Theisen Die Überwachung der Unternehmensführung, 1987; von Werder Der Deutsche Corporate Governance Kodex - Grundlagen und Einzelbestimmungen, Der Betrieb 2002, 801.

I. Grundlagen 1. Grundsätzlich zwingender Charakter der Verfassung 1

Die Verfassung der Aktiengesellschaft als deren innere Ordnung oder Organisation ist im Vierten Teil des Ersten Buches des Aktiengesetzes ( § § 7 6 bis 147 AktG) weitgehend zwingend geregelt.1 Schon der Grundsatz der Satzungsstrenge nach § 23 Abs 5 AktG (Rdn 70 ff sowie ausführlich Großkomm AktG/Röhricht4 § 23 Rdn 167 ff) besagt, dass die Satzung von den Vorschriften des Aktiengesetzes nur in den ausdrücklich für solche Abweichungen vorgesehenen Fällen abrücken kann. Die Eröffnung der Möglichkeit zu

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KK/Mertens2 vor § 76 Rdn 1; Geßler/Hefermehl vor § 76 Rdn 1.

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

derartigen Abweichungen findet sich zwar in vielen Einzelvorschriften der § § 7 6 ff A k t G , im Übrigen gilt jedoch für die Verfassung der A G im Gegensatz zu derjenigen der Personenhandelsgesellschaft und auch - weitgehend - im Gegensatz zu derjenigen der G m b H , dass grundsätzlich keine Gestaltungsfreiheit herrscht.

2. Verwaltungsorgane (duales System; Two Tier-System) Die Aktiengesellschaft ist körperschaftlich organisiert. D a s Aktiengesetz 1 9 6 5 behielt die bereits im Aktiengesetz 1 9 3 7 vorgesehenen O r g a n e bei. Als O r g a n e der A G bestehen im deutschen Aktienrecht neben der Versammlung der A k t i o n ä r e (Hauptversammlung) zwei O r g a n e der Verwaltung, der Vorstand als Leitungs-, Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan und der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan. Vorstand und Aufsichtsrat unterliegen den Regeln ordnungsmäßiger Unternehmensleitung und - Ü b e r w a c h u n g (Corporate Governance, dazu unten R d n 3 5 ff). Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat k ö n n e n nur natürliche Personen sein, deren Wollen und Handeln der A G als eigenes Wollen und Handeln unmittelbar zugerechnet w i r d . 2 Hierin k o m m t der organschaftliche C h a r a k t e r von Vorstand und Aufsichtsrat zum Ausdruck. Vor allem durch die Zweiteilung der Verwaltungsorgane in ein Leitungsorgan (Vorstand) und ein davon getrenntes Überwachungsorgan (Aufsichtsrat), also ein T w o Tier-System, unterscheidet sich das deutsche Aktienrecht von dem vor allem in den USA und in G r o ß b r i t a n n i e n , aber ähnlich auch in der Schweiz und Frankreich vorzufindenden Board-System bzw Verwaltungsrats-System ( O n e T i e r - S y s t e m ) . 3 Dieses zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass die Gesellschaft neben der Gesellschafterversammlung lediglich ein weiteres (Haupt-) O r g a n anstelle von zwei getrennten O r g a n e n , wie Vorstand und Aufsichtsrat im deutschen R e c h t , hat. Eine vollständige personelle und funktionale Trennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat wie im deutschen R e c h t findet sich somit im Grundsatz im „ B o a r d " - S y s t e m nicht. O f t findet allerdings im board nach angloamerikanischem M o d e l l - ähnlich wie auch im Verwaltungsrat nach Schweizer R e c h t - nur n o c h die Leitung des Unternehmens statt (vergleichbar der Leitung iS von § 7 6 Abs 1 A k t G ) , nicht aber die laufende Geschäftsführung, die nach deutschem R e c h t auch dem Vorstand zugewiesen ist (§ 7 7 A k t G ) . Die laufende Geschäftsführung ist im angloamerikanischen R e c h t vielmehr regelmäßig Aufgabe angestellter Executives bzw O f f i c e r s . 4 Außerdem verstärken sich in jüngerer Z e i t Tendenzen im englischen und US-amerikanischen R e c h t , eine Art ZweiGruppen-Prinzip im b o a r d mit einer Gruppe leitender und ausführender b o a r d - M i t glieder (Executives) und einer anderen Gruppe eher K o n t r o l l f u n k t i o n e n wahrnehmender board-Mitglieder (Non-Executives) zu verfolgen. Insofern findet eine gewisse Annäherung an das deutsche System der Unterteilung in zwei Verwaltungsorgane statt. 5 Auch erfolgt eine Kontrolle der Geschäftsführung heute häufig nicht mehr durch den Board o f Directors, sondern durch davon personenverschiedene Ausschüsse (Audit C o m m i t t e e , N o m i n a t i n g and C o m p e n s a t i o n C o m m i t t e e , Investment C o m m i t t e e , Finance C o m mittee). 6 Einige europäische Rechtsordnungen (etwa Frankreich und Italien) lassen neuerdings - ebenso wie a u f europäischer Ebene das Statut einer Europäischen Aktien-

2 3

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Geßler/Hefermehl vor § 76 Rdn 1. Dazu rechtsvergleichend Kessler RIW 1998, 602, 603. MünchHdbAG/W/esner 2 § 19 Rdn 4. S etwa rechtsvergleichend Buxbaum in: Feddersen/Hommelhoff/Schneider (Hrsg) Corporate Governance 1996 S 65 ff; ferner

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Hopt ZGR 2000, 779, 783 ff sowie Lutter ZGR 2001, 224, 226; aus betriebswirtschaftlicher Sicht Bleicher/Paul DBW 46 (1986), 263, 277 ff; zweifelnd Davis ZGR 2001, 268 ff (unter Hervorhebung der Vorzüge des monistischen Systems). MünchHdbAG/Wiesner2 § 19 Rdn 4.

Michael Kort

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Vor § 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

gesellschaft (Societas Europaea, dazu Rdn 77 ff) die freie Wahl zwischen dem One TierSystem und dem Two Tier-System zu. 7 3

Das deutsche System hat gegenüber dem angloamerikanischen System den Vorzug, dass sich die Leitung durch den Vorstand und die Überwachung durch den Aufsichtsrat einigermaßen klar unterscheiden lassen.8 Allerdings verwischen die Konturen dieser Unterscheidung in jüngerer Zeit auch im deutschen Recht: So werden dem Vorstand gemäss § 90 AktG sehr weit reichende Informationspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat abverlangt, denen seitens des Aufsichtsrats entsprechend weite Informations- und Konsultationsrechte gegenüberstehen. 9 Damit wird aber kein echtes Co-Management der beiden Organe begründet. Insofern ist es nicht unproblematisch, den Aufsichtsrat als „unternehmerisch entscheidendem Organ der AG" zu bezeichnen. 10 Wohl aber enthält das in § 90 AktG angelegte System Elemente einer partiellen Mit-Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat 11 , insbesondere angesichts der Möglichkeit zur ex-ante-Kontrolle und -Beratung des Vorstands durch den Aufsichtsrat. 12 Bedenkt man überdies die Rückwirkungen des in den letzten Jahren zunehmend strenger angewandten Haftungsregimes des § 116 AktG, so wird deutlich, dass der Aufsichtsrat neben seiner Überwachungsaufgabe und seiner Personalkompetenz (Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder sowie die entsprechenden Konträrakte) de facto partiell auch Aufgaben wahrnimmt, die eigentlich zum Bereich der Geschäftsführung zu rechnen sind, sei es aufgrund enger kommunikativer Zusammenarbeit mit dem Vorstand, 13 sei es als eine Art Ersatzgeschäftsführungsorgan in Notsituationen. Dennoch bleibt es bei der gesetzlichen Grundwertung der Zweiteilung der Verwaltungsorgane sowie der Unterscheidung ihrer Aufgaben und Befugnisse, die rechtspolitisch summa summarum als positiv zu bewerten ist. 14

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Die Regierungskommission Corporate Governance (dazu näher Rdn 39 ff) führt in ihrem Bericht 2 0 0 1 1 5 aus, es fehle bislang an empirischen, ökonometrischen Nachweisen für eine Überlegenheit des One Tier-Systems. Gegen das Board-System spreche (theoretisch), dass niemand sich selbst überwachen könne, gegen das zweigliedrige System, dass man jemanden nur überwachen könne, wenn man an einer Tätigkeit intensiv teilhabe. Im Übrigen sei in der Praxis eine gewisse Konvergenz der beiden Systeme zu verzeichnen.

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Dazu Hopt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer (Hrsg), Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 S 28, 45; auch schon ders ZGR 2 0 0 0 , 779, 815 f. So zutreffend schon Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 95; ähnlich Baumbach/Hwecfe13 vor § 76 Rdn 7. Dazu grundlegend Lutter Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat 2 ; ferner LutterlKrieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats 3 Rdn 5 7 ff und Wilde ZGR 1998, 423, 4 4 2 ff. So aber Mutter Unternehmerische Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft 1994 S 4 ff. So bereits Immenga ZGR 1977, 249, 2 5 0 ff;

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s ferner Horn ZIP 1997, 1129, 1137; Servatius AG 1995, 223, 2 2 4 . Potthoff/Trescher Das Aufsichtsratsmitglied 4 1999 S 165 ff; Boujong AG 1995, 2 0 3 ; Lutterl Kremer ZGR 1992, 87, 88 ff; Jäger DStR 1996, 671, 6 7 3 f; einschränkend hinsichtlich der Beratungsfunktion aber Stadler Die Beratung des Vorstands der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat 1997 S 2 5 ff. Dazu etwa Frerk AG 1995, 212, 213 ff. Strittig, s Hopt in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung 2001 S 27, 2 9 f. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 18, 312.

Stand: 1. 12. 2002

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Vor § 7 6

Erster Abschnitt. Vorstand

3. Geschichtliche Entwicklung a) Bis 1937 Unter Geltung von Art 2 0 7 f f ADHGB (1861) 1 6 sowie von §§ 178 ff HGB (1897) war die Generalversammlung (als Vorgängerin der heutigen Hauptversammlung) das oberste Organ der Aktiengesellschaft, das ein Alleinentscheidungsrecht in allen Fragen der Leitung der Aktiengesellschaft hatte 1 7 . Der Vorstand führte zwar die laufenden Geschäfte, war aber von den Weisungen der Generalversammlung abhängig. 18 Es bestand somit noch nicht das sog „Führerprinzip", wie es erst das AktG 1937 einführte (dazu Rdn 6 sowie ausführlich Großkomm AktG/'Assmann4 Einl Rdn 153, 156f). Unter Geltung des ADHGB gab es ursprünglich noch keinen obligatorischen Aufsichtsrat bei der AG, sondern nur bei der KGaA. 19 Der Vorstand wurde erst seit der Aktienrechtsnovelle 1884 von dem von der Generalversammlung gewählten Aufsichtsrat überwacht. 20 Außerdem konnten dem Aufsichtsrat durch die Satzung auch Geschäftsführungskompetenzen zugewiesen werden 21 . Die Generalversammlung konnte zu jedem Zeitpunkt Geschäftsführungsangelegenheiten an sich ziehen und die personelle Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat ändern. 22 Da die meisten Aktiengesellschaften eine Vielzahl von Aktionären hatten, konnten die umfassenden Rechte der Generalversammlung allerdings nicht immer effektiv ausgeübt werden. In Umkehrung des gesetzlichen Konzepts von der Generalversammlung als oberstem Willensbildungsorgan der AG kam es daher häufig zu einer de-facto-Leitung durch den Vorstand oder den Aufsichtsrat, der entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsleitung hatte. 23 Bisweilen wurde die Aktiengesellschaft aber auch von Großaktionären oder einer Aktionärsgruppe beherrscht, die die Verwaltung zu Werkzeugen ihrer Partikularinteressen machten. 24

5

b) AktG 1937 Das Verhältnis der drei Organe zueinander wurde mit dem Aktiengesetz vom 3 0 . 1 . 1 9 3 7 grundlegend verändert, insbesondere wurde die Kompetenzabgrenzung zwischen den drei Organen weitgehend zwingend festgelegt.25 Die Stellung des Vorstands wurde im Sinne des „Führerprinzips" 26 (dazu ausführlich Großkomm Akt Gl Assmann4 Einl Rdn 153, 156 f) in erheblicher Weise aufgewertet, die Möglichkeit der Generalversammlung (seit dem Aktiengesetz 1937 als „Hauptversammlung" bezeichnet) zur Einflussnahme hingegen deutlich beschnitten. 27 Der Schwerpunkt der Leitung und

16

Z u r Verfassung der AG unter dem A D H G B Schumacher Die Entwicklung der inneren Organisation der Aktiengesellschaft im deutschen Recht bis zum Allgemeinen Deutschen Handels-Gesetzbuch 1 9 3 7 S 6 4 ff; Großkomm A k t G / A s s m a n n 4 Einl Rdn 6 8 ff.

21

Hopt in: H o r n / K o c k a (Hrsg) Recht wicklung der Großunternehmen im frühen 2 0 . Jahrhundert 1 9 7 9 S 2 2 7 , MünchHdbAG/Hoffmann-Becking2 Rdn 6.

22

Vorauflage/Meyer-Landrut vor § 7 6 .

17

Horn in: H o r n / K o c k a (Hrsg) Recht wicklung der Großunternehmen im frühen 2 0 . Jahrhundert 1 9 7 9 S 123, G e ß l e r / H e f e r m e h l vor § 7 6 Rdn 4 ; b a c h I H u e c k 1 3 vor § 7 6 Rdn 2 .

23

B a u m b a c h I H u e c k 1 3 vor § 7 6 Rdn 3.

24

Geßkt/Hefermehl Geßler/Hefermehl

18 19

20

und Ent19. und 140; Baum-

25 26

(11)

vor § 7 6 Rdn 4 . vor § 7 6 Rdn 5.

Dazu von Hein Z H R 166 ( 2 0 0 2 ) , 4 6 4 , 4 7 4 ff; Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1 9 7 4 S 3 3 f; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1 9 6 1 S 4 6 .

Geßler /Hefermehl vor § 7 6 Rdn 4 . Großkomm A k t G I A s s m a n n 4 Einl Rdn 7 4 ; Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1 9 7 4 S 2 2 . Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1 9 7 4 S 2 7 ; Kölner K o m m A k t G / Z ö l l n e r Einl Rdn 6 4 .

und Ent19. und 2 3 2 f; § 1

27

Vorauflag e/Meyer-Landrut vor § 7 6 ; Geßler/ Hefermehl vor § 7 6 Rdn 5; teilweise aA

Michael Kort

6

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Geschäftsführung der AG lag nunmehr beim Vorstand und nicht mehr länger bei der Generalversammlung. Der Vorstand wurde somit von einem Ausführungs- zu einem Lenkungsorgan. Die Hauptversammlung konnte gem § 103 Abs 2 AktG 1937 nur dann noch dem Vorstand mit bindender Wirkung Weisungen in Geschäftsführungsfragen erteilen, wenn ein entsprechendes Verlangen des Vorstands vorlag. 28 Der Vorstand war unter Geltung des AktG 1937 nunmehr auch für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständig (§ 125 AktG 1937). Dabei konnte er in großem Umfang stille und offene Rücklagen bilden und auf diese Weise Selbstfinanzierungen vornehmen, 29 was entsprechend das Dividendenrecht des Aktionärs schmälerte. Der Aufsichtsrat konnte unter dem Aktiengesetz 1937 nicht mehr mit Geschäftsführungsaufgaben betraut werden und verlor auch sein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand. 30 Umgekehrt war auch ein Weisungsrecht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat ausgeschlossen. Der Aufsichtsrat übte nunmehr nur noch eine reine Kontrollfunktion aus. Allerdings wurde dem Aufsichtsrat zwingend die Personalkompetenz in Hinblick auf die Zusammensetzung des Vorstands eingeräumt. 31 Das Aktiengesetz 1937 enthielt insgesamt gesehen eine schärfere Abgrenzung der Aufgaben und Befugnisse der drei Organe der Aktiengesellschaft als seine Vorgänger. 32 c) AktG 1965 aa) Allgemeines 7

Die Aufgaben der drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung wurden im Aktiengesetz vom 6 . 9 . 1 9 6 5 gegenüber dem Aktiengesetz 1937 weitgehend beibehalten. Der Vorstand leitet nach dem Aktiengesetz 1965 die AG unter eigener Verantwortung. Der Aufsichtsrat wählt und überwacht den Vorstand. Die Hauptversammlung beschließt über die grundsätzlichen Fragen der Gesellschaft und wählt den Aufsichtsrat. 33 Allerdings hat sich die Sicht der im Aktiengesetz 1965 angelegten, vom Vorgängergesetz 1937 im Wesentlichen übernommenen Dreiteilung der Aufgaben und Befugnisse insofern in jüngerer Zeit verändert, als dass das Problembewusstsein für das Bestehen ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten seit der „Holzmüller"-Entscheidung des B G H 3 4 aus dem Jahr 1982 geschärft worden ist (dazu § 76 Rdn 79 ff sowie Großkomm AktG Mülbert4 § 119 Rdn 18 ff). Bestanden nach herkömmlicher Auffassung Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, so zeigte sich mit dieser Entscheidung, dass es einen über das Aktienrecht hinausreichenden, für das gesamte Gesellschaftsrecht geltenden Grundsatz gibt, dass strukturrelevante Entscheidungen bei einer Gesellschaft deren Gesellschaftern vorbehalten bleiben müssen und nicht durch die Verwaltung der Gesellschaft (allein) getroffen werden dürfen, 35 so (keine wesentliche Schwächung der Rechte der Hauptversammlung) Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1 9 7 4 S 3 4 sowie Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1961 S 91. 28

29 30 31 32

Kölner K o m m AktG/Zöllner Einl Rdn 6 8 ; Geßltr/Hefermehl vor § 7 6 Rdn 5 ; Baumb a c h I H u e c k 1 3 vor § 7 6 Rdn 5. Geßler/Hefermehl vor § 7 6 Rdn 5. Baumbach/Hwecè 1 3 vor § 7 6 Rdn 5. Vorauflage/Meyer-Landrut vor § 7 6 . G e ß l e r / H e f e r m e h l vor S 7 6 Rdn 5.

33

Z u m Konzept der Aufgabenteilung der drei Organe s Begr RegE bei Kropff AktG 1 9 6 5 S 95.

34

B G H Z 83, 122 = N J W 1 9 8 2 , 1 7 0 3 ; dazu aus jüngerer Zeit Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1 9 9 6 S 3 8 8 ff; Joost Z H R 1 6 3 ( 1 9 9 9 ) , 164.

35

Zurückhaltend aber Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 6 3 . Deutschen Juristentag 2 0 0 0 Rdn F 4 0 ff.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(12)

Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

umstritten die Heranziehung von § 119 Abs 2 A k t G analog als Grundlage für diesen Rechtssatz im Aktiengesetz und die vom B G H daraus abgeleiteten Rechtsfolgen im Einzelnen auch sein mögen (s dazu näher § 7 6 R d n 81). bb) Stellung des Vorstands Trotz einer grundsätzlichen Beibehaltung der Stellung der O r g a n e zueinander im Aktiengesetz 1 9 6 5 gegenüber dem Aktiengesetz 1 9 3 7 gibt es im Einzelnen auch gesetz-

8

liche Aufgaben- und Kompetenzverschiebungen. So ist das A k t G 1 9 6 5 von der im A k t G 1 9 3 7 vorgesehenen starken Stellung des Vorstands teilweise abgerückt, 3 6 hat aber denn o c h die überragende Stellung des Vorstands nicht gänzlich aufgegeben. Abgesehen von dem (teilweise auch ideologisch geprägten) G e d a n k e n des „ F ü h r e r p r i n z i p s " , 3 7 der zwar keine überragende, aber auch keine gänzlich unbedeutende R o l l e bei der Konzeption der Stellung des Vorstands unter dem A k t G 1 9 3 7 spielte, war Anlass für die im A k t G 1 9 3 7 vorgesehene Stärkung der Stellung des Vorstands die Überlegung, dass die Geschicke eines großen, korporativ verfassten Unternehmens nur von wenigen fachkundigen Personen gelenkt werden k ö n n t e n . D e m folgt teilweise das A k t G 1 9 6 5 , indem es zwar das „Führerprinzip" für den Vorstand abgeschafft h a t , 3 8 aber den schon im A k t G 1 9 3 7 enthaltenen G e d a n k e n einer weisungsfreien Geschäftsführung allein durch den Vorstand beibehalten h a t . 3 9 Die gesetzliche Aufteilung der Organzuständigkeiten im deutschen Aktienrecht hat sich auch unter Geltung des A k t G 1 9 6 5 im Wesentlichen bewährt. Missstände, wie sie insbesondere in jüngerer Z e i t durch ein gesetz- oder satzungswidriges Verhalten von Organmitgliedern (mangelhafte Geschäftsführung durch den Vorstand bzw mangelhafte Überwachung durch den Aufsichtsrat) aufgetreten sind, konnten allerdings auch durch das im A k t G 1 9 6 5 angelegte System der „ C h e c k s and Balances o f P o w e r " der Verwaltungsorgane nicht durchgängig vermieden werden. Defiziten in der Leitung und Überwachung der A G versucht vor allem die seit den späten neunziger J a h r e n anhaltende C o r p o r a t e Governance-Diskussion (dazu untern R d n 3 5 ff) zu begegnen. So sind im Bericht der Regierungskommission C o r p o r a t e G o v e r n a n c e 2 0 0 1 sowie im Transparenzund Publizitätsgesetz (TransPuG) 2 0 0 2 ua verbesserte Regelungen über die Berichtspflicht des Vorstands (§ 9 0 A k t G ) , über ein erweitertes Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats, die Einführung von Risikosteuerungssystemen und eine stärkere Verzahnung von Leitung und Ü b e r w a c h u n g durch die Neuregelung von § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G vorgesehen. Das Erfordernis eines Z u s t i m m u n g s k a t a l o g s nach § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G nF ist in Hinblick auf die M i t b e s t i m m u n g des Aufsichtsrats nicht unproblem a t i s c h . 4 0 D e r Deutsche C o r p o r a t e G o v e r n a n c e K o d e x 2 0 0 2 (näher dazu R d n 3 9 ff) enthält ebenfalls Empfehlungen und Anregungen zur Leitung und Überwachung der A G sowie zur Etablierung und Pflege einer offenen Diskussionskultur in Vorstand und Aufsichtsrat. 4 1

36

Begr RegE bei Kropff AktG 1 9 6 5 S 95; Vor-

39

auflage/Meyer-Landrut vor § 76. 37

38

S auch Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1974 S 42.

Dazu Raisch Unternehmensrecht Bd 2 1974 S 3 3 f; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1 9 9 1 S 4 6 .

40

Bernhardt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer Corporate Governance Z H R Beiheft 71, 2 0 0 2 S 119, 122.

41

von Werder Der Betrieb 2 0 0 2 , 801, 8 0 4 .

B a u m b a c h / H a e d ; 1 3 vor § 7 6 Rdn 2.

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Michael Kort

9

Vor § 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

cc) Stellung der Hauptversammlung 10

Die Schwächung der starken Position des Vorstands, die § 7 0 AktG 1937 vorsah, im Aktiengesetz von 1965 zugunsten einer Stärkung der Befugnisse des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung hat sich bewährt. Allerdings ist es der Hauptversammlung auch unter Geltung des AktG 1965 verwehrt, über Alltagsfragen der Geschäftsführung zu entscheiden. 4 2 Eine solche Tätigkeit könnte sie angesichts ihrer Schwerfälligkeit aber auch gar nicht ausüben. Das gilt selbst unter Berücksichtigung neuer Möglichkeiten der erleichterten Durchführung von Hauptversammlungen mittels moderner Kommunikationsformen (Hauptversammlung als Internet-gestützte Präsenz-Hauptversammlung oder sogar als - gesetzlich noch nicht zulässige - rein „virtuelle" Hauptversammlung 4 3 ). Die Internet-gestützte oder sogar die rein „virtuelle" Hauptversammlung kann allerdings in Zukunft - je nach Realstruktur der AG - einer sachgerechten Corporate Governance (dazu allg unten Rdn 35 ff) entsprechen. 4 4 Die „alltägliche" Geschäftsführung hat nach wie vor der Vorstand (bei Bestehen der Möglichkeit der - zumindest partiellen Delegation auf nachgeordnete Ebenen) zu erledigen. Anders als die Gesellschafter bei Personengesellschaften und bei personalistisch ausgestalteten GmbH sind die Aktionäre weder willens noch in der Lage, Geschäftsführungsfragen unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden. 4 5 Die typische AG unterscheidet sich von der die Ausnahme bildenden Familiengesellschaft dadurch, dass sie Kapitalsammeifunktion hat (zur Stellung der AG als Kapitalmarktteilnehmer ausführlich Großkomm A k t G I A s s m a n n * Einl Rdn 4 0 0 ff) und nicht durch die persönliche Mitarbeit der Aktionäre geprägt ist, die regelmäßig einem anderen Hauptberuf nachgehen. Gerade die das Bild der AG zunehmend prägenden börsennotierten AG zeichnet sich dadurch aus, dass sich ihre Aktionäre in erster Linie als Anleger verstehen (dazu ausführlich Großkomm AktG/ Assmann4 Einl Rdn 4 6 0 ff).

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Auch (basis-) demokratische Überlegungen 4 6 vermögen nicht die Forderung nach einer Erstreckung von Hauptversammlungskompetenzen auf Geschäftsführungsangelegenheiten zu stützen. Öffentlichrechtliche (staatsrechtliche) Überlegungen, die für die Willensbildung von öffentlichrechtlich verfassten Gemeinwesen richtig sind, lassen sich nicht auf das Unternehmen der AG übertragen. Eine erwerbswirtschaftlich tätige Gesellschaft verfügt nicht über ein „Parlament" (als Gesellschafter- bzw Hauptversammlung) und eine „Regierung" (als Vorstand), sondern funktioniert nach völlig anderen Gesichtspunkten. 4 7 Allerdings hat sich die Erwartung an das Aktiengesetz 1965 nicht durchgängig erfüllt, dass die richtige Leitung der Gesellschaft durch wenige sachkundige Personen stets beim Vorstand in den besten Händen liegt. Den Vorstand trifft eine zunehmend strenger angewandte Haftung sowohl im Innenverhältnis zur Gesellschaft als auch im Außenverhältnis zu Dritten (Großkomm A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 4 9 2 ff). Auch ist der

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44

Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 95 f. Dazu allg Zetzsche (Hrsg) Die Virtuelle Hauptversammlung 2002; zur Rechtslage und zu praktischen Erfahrungen mit „virtuellen" Hauptversammlungen in den USA Spindler/Hüther RIW 2000, 329 ff; ferner Spindler ZGR 2000, 420, 440 ff. Dazu Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 111; Webe ZHR 166 (2002), 182, 203 ff; Claussen AG 2001, 161, 164; kritisch

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47

allerdings Rieger in: FS Peltzer 2001 S 339, 356 f. So schon Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 96. Dazu umfassend - auch rechtsvergleichend Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1961 S 77 ff. Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 96; Bachmann AG 2001, 635, 639 f.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Vorstand gem § 91 Abs 2 AktG, der durch Art 1 N r 9 KonTraG 1998 neu geschaffen wurde, zur Etablierung eines Überwachungssystems 48 verpflichtet. § 91 Abs 2 AktG verpflichtet allerdings nicht zur Etablierung eines umfassenden Risikomanagementsystems. 49 Ferner unterliegt der Vorstand der durch Änderungen von § 90 AktG im Zuge des KonTraG 1998 und des TransPuG 2002 inzwischen engmaschigeren Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Dennoch finden sich die vom Vorstand zu fordernde Beachtung der Interessen der Aktionäre (Stichwort: Shareholder Value, dazu § 76 Rdn 53 f) sowie die Beachtung der Interessen weiterer am Unternehmen beteiligter Gruppen, insbesondere der Arbeitnehmer, nicht immer in gehörigem Maße. Vielmehr gingen und gehen die Vorstände bisweilen mit den ihnen eingeräumten Befugnissen recht weitherzig um. Dennoch sollte es auch in Zukunft dabei bleiben, dass die Hauptversammlung nur dann über Geschäftsführungsfragen entscheiden darf, wenn der Vorstand das von ihr verlangt (S 119 Abs 2 AktG) oder es § 111 Abs 4 Satz 2 AktG idF des TransPuG 2002 vorsieht. Die Hauptversammlung hat hingegen gesetzlich vorgesehene Zuständigkeiten in bestimmten Strukturänderungsfragen, zB bei Kapitalmaßnahmen wie der Kapitalerhöhung und -herabsetzung oder beim Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, sowie ungeschriebene Zuständigkeiten in (weiteren) Strukturänderungsfragen, etwa beim Outsourcing wichtiger Unternehmensteile. Bei solchen Strukturänderungen handelt es sich aber im Kern nicht um Geschäftsführungsaufgaben. Daher unterfallen schon aus diesem Grund Strukturänderungen nicht der Kompetenz des Vorstands. dd) Stellung des Aufsichtsrats Das AktG 1965, das KonTraG 1998 5 0 sowie das TransPuG 2002 haben die Stellung des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand gestärkt. Nach § 90 AktG hat der Vorstand dem Aufsichtsrat nicht nur laufend zu berichten, 51 sondern der Aufsichtsrat kann auch beratend auf den Vorstand einwirken und auf diese Weise seiner Kontrollfunktion gerecht werden. Dass hiermit kein „Hineinregieren" im Sinne eines umfassenden CoManagements gemeint ist, wurde schon dargetan (Rdn 7 ff). 5 2 Der durch das KonTraG 1998 und durch das TransPuG 2002 neu gestaltete § 90 AktG gebietet eine präventive und zukunftsorientierte Überwachung. 53 Hierbei handelt es sich aber nicht um echte (Mit-) Geschäftsführung, denn § 111 Abs 4 Satz 1 AktG steht einer solchen echten Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat entgegen. Allerdings hat die Satzung oder der

48

49 so

Dazu Claussen/Korth in: FS für Lutter 2 0 0 0 S 327; Noack in: Entwicklungen im Aktienrecht 1999/2000, 1999 S 12; Kuhl/Nickel Der Betrieb 1999, 133; Ύ Dry gala/A Drygala ZIP 2 0 0 0 , 297, 2 9 8 f; aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch Arbeitskreis „Externe und Interne Überwachung der Unternehmung" der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. Beilage Nr 11/2000 zu Der Betrieb 2 0 0 0 Heft 37 Rdn 11 ff; Scharpf in: Dörner/Menold/Pfitzer (Hrsg) Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und Prüfung 1999 S 177; G Emmerich zfbf 51 (2000) 1075. Hüffer5 9; Pahlke NJW 2 0 0 2 , 1680 ff. Dazu AG-Sonderheft August 1997 „Die

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Aktienrechtsreform 1997", insbes die Stellungnahmen von Adams (S 9 ff), Baums (S 26 ff), Götz (S 38 ff), Hopt (S 4 2 ff), Kühler (S 48 ff), Lutter (S 52 ff) und Wenger (S 5 7 ff); ferner Mertens ebda S 7 0 ff; Feddersen AG 2 0 0 0 , 385; zur Stellung des Aufsichtsrats aus Sicht eines Praktikers auch Frühauf ZGR 1998, 407, 414 ff. 51

52 53

Hommelhoff/Mattheus AG 1998, 249, 2 5 3 f; von Schenck N Z W 2 0 0 2 , 64. S auch G e ß l e r / H e f e r m e h l vor § 76 Rdn 9. Hüffer5 § 9 0 Rdn 4; Schulze-Osterloh ZIP 1998, 2129, 2130 f; Hommelhoff/Mattheus AG 1998, 249, 253; Zimmer NJW 1998, 3521, 3524; Götz N Z G 2 0 0 2 , 599, 6 0 0 ff.

Michael Kort

12

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Aufsichtsrat die V o r n a h m e bestimmter Arten von Geschäften an die Z u s t i m m u n g des Aufsichtsrats zu binden (§ 111 A b s 4 Satz 2 A k t G nF). Auch darin liegt jedoch keine (Teil-)Übertragung von G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n an den Aufsichtsrat. § 111 A b s 4 Satz 2 A k t G dient auch in der durch das T r a n s P u G 2 0 0 2 geschaffenen neuen Fassung vielmehr nur dazu, dem Aufsichtsrat die Aufgabe der präventiven Überwachung des Vorstands zu e r l e i c h t e r n . 5 4 N a c h der Neufassung von § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G durch das T r a n s P u G ist es nicht mehr möglich, dass der Aufsichtsrat weitere Einzelgeschäfte, die nicht dem Katalog bestimmter Arten von zustimmungspflichtigen Geschäften iS von § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G n F unterfallen, von seiner Z u s t i m m u n g abhängig m a c h t . Es stellt sich daher nicht m e h r die nach altem R e c h t zu bejahende Frage, o b das R e c h t des Aufsichtsrats, eine G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e einem Z u s t i m m u n g s v o r b e h a l t zu unterwerfen, sich im Einzelfall zu einer Pflicht verdichten k a n n . 5 5 Im Übrigen, also außerhalb von Fällen des § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G , darf sich der Vorstand über die in Stellungnahmen manifestierte Ansicht des Aufsichtsrats hinwegsetzen. O b w o h l dem Aufsichtsrat nicht die Funktion eines „ C o - M a n a g e m e n t " - O r g a n s z u k o m m t , finden in der Praxis großer Unternehmen regelmäßige Diskussionen zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden über die Unternehmensstrategie statt, o h n e dass derartige Gespräche einem geordneten System der Geschäftsleitung durch den Vorstand und der Überwachung durch den Aufsichtsrat widersprechen, sie ergänzen es vielmehr. Die in der Betriebswirtschaft entwickelten „Grundsätze ordnungsgemäßer Ü b e r w a c h u n g " 5 6 lassen sich entgegen m a n cher S k e p s i s 5 7 heute schon als für Aufsichtsräte im Grundsatz rechtlich verbindlich ansehen. In der Praxis ist die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats nach deutschem R e c h t immer n o c h unzureichend. Hingegen ist es in anderen Ländern wie etwa G r o ß britannien durch entsprechende C o r p o r a t e G o v e r n a n c e - R e f o r m e n bereits gelungen, die Überwachung der Geschäftsleitung - unabhängig von den Unterschieden zwischen dem monistischen und dem dualistischen System - effektiver auszugestalten. 5 8 Die Einführung und Einhaltung von C o r p o r a t e G o v e r n a n c e - R e g e l n im deutschen R e c h t auf der Basis von § 161 A k t G idF des T r a n s P u G 2 0 0 2 (dazu näher unten R d n 3 9 ff) wird jedoch auch in Deutschland zu einer effektiveren Aufsichtsratsarbeit führen.

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So (zur alten Fassung) Hüffer5 § 111 Rdn 16. Boujong AG 1995, 203, 205 ff; Kau/Kukat Betriebs-Berater 2000, 1045, 1048 f. Theisen Die Überwachung der Unternehmensführung 1987; ders Betriebs-Berater 1988, 705; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung (GoÜ) - Problem, Systematik und erste inhaltliche Vorschläge in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbFSonderheft 36/1996 S 75 ff; von Werder Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) - Zusammenhang, Grundlagen und Systemstruktur von Führungsgrundsätzen für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und

Abschlußprüfung in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 1 ff; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU) Bedeutung und erste Konkretisierung von Leitlinien für das Top-Management in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 27 ff. 57

58

KKJMertens2 § 111 Rdn 29; Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft2 Rdn 86 ff; von Schenck NZG 2002, 64, 66. Davis ZGR 2001, 268, 2 8 2 ff, 292 f.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

ee) Abgrenzung und Verschränkung der Organkompetenzen Die Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen auf die drei Hauptorgane Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung im AktG 1965 findet zwar in der Weise statt, dass es - anders als unter Geltung der aktienrechtlichen Normen im H G B - kein „oberstes" Organ der AG gibt, 5 9 dennoch aber ist die Hauptversammlung Basisorgan. 6 0 So hat die Hauptversammlung über die im Gesetz genannten Befugnisse hinaus auch ungeschriebene Kompetenzen. Allerdings kann sie anders als die Generalversammlung nach dem Aktienrecht des H G B nicht mehr beliebige weitere Kompetenzen an sich ziehen. Ferner hat sie nach wie vor das Recht, die Anteilseigner im Aufsichtsrat zu bestimmen, jedoch nicht mehr die Möglichkeit, auch den Vorstand zu bestellen. 6 1 Die Kompetenz zur Bestellung der Vorstandsmitglieder liegt ausschließlich beim Aufsichtsrat. Dennoch hat die Hauptversammlung indirekt (über die Bestimmung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat) eine Personalkompetenz hinsichtlich der Zusammensetzung des Leitungs- und Geschäftsführungsorgans. Zwar ist es der Hauptversammlung - anders als der Generalversammlung nach den aktienrechtlichen Normen des H G B und anders als den Gesellschaftern einer G m b H - nicht mehr möglich, dem Geschäftsleitungsorgan (Vorstand) Weisungen zu erteilen. Jedoch hat sie oder der Aufsichtsrat die Vornahme bestimmter Arten von Geschäften nach § 111 Abs 4 Satz 2 AktG von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig zu machen.

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Auch der Aufsichtsrat unterliegt weder bei der Ausübung seiner Überwachungsbefugnisse noch bei der Bestimmung der Vorstandsmitglieder Weisungen oder einer sonstigen direkten Einflussnahme der Hauptversammlung. Wer die Mehrheit in der Hauptversammlung innehat, beherrscht daher unter Geltung des AktG 1965 - anders als unter Geltung des im H G B enthaltenen Aktienrechts bis 1937 - nicht mehr automatisch die Gesellschaft. 6 2 Allerdings übt die Hauptversammlung über die personelle Zusammensetzung der Anteilseignerseite im Aufsichtsrat, der seinerseits die personelle Zusammensetzung des Vorstands bestimmt, weiterhin indirekt eine starke Einflussnahme auf Entscheidungen des Vorstands aus. So kann die Abberufung der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat jederzeit, allerdings nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen in der Hauptversammlung, erfolgen (§ 103 Abs 1 AktG). Überdies pflegt ein Aufsichtsrat, der nicht mehr das Vertrauen der Hauptversammlung hat, im Allgemeinen schon vor einem formellen Vertrauensentzug durch Hauptversammlungsbeschluss sein Amt niederzulegen. 63

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Ferner kann auch der Widerruf der Bestellung der Vorstandsmitglieder u a aufgrund des Entzugs des Vertrauens der Hauptversammlung erfolgen. Damit kann die Hauptversammlung jede ihr nicht genehme Geschäftsführungsmaßnahme zum Anlass nehmen,

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BVerfG NJW 2000, 349, 350. AA Großkomm hVxGlMülbertA vor §§ 118 147 Rdn 43; ausführlich zum Verhältnis der Organe, insbesondere zur Stellung der Hauptversammlung als „Basisorgan", nicht aber als „oberstes Organ" im engeren Sinne von Reebenberg Die Hauptversammlung als oberstes Organ der Aktiengesellschaft 1986 S 31 ff, 158 ff. Dazu GeBledHefermehl § 84 Rdn 7; Baumbach/Hueck 13 vor § 76 Rdn 2; von Godin/ Wilhelmi § 84 Anm 2.

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Dazu Baumbach/Hueck 13 vor § 76 Rdn 2; zur Struktur der Hauptversammlung umfassend mit empirischen und wirtschaftswissenschaftlichen Befunden Frigge in: Hopt/ Kande/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance - The State of the Art and Emerging Research 1998 S 943, 968 ff. W Scholz in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999 Rdn L 30; Baumbach/H«ec&13 vor ξ 76 Rdn 6.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

dem Vorstand das Misstrauen auszusprechen und dadurch die Absetzung des Vorstands durch den Aufsichtsrat herbeizuführen. Zwar ist der Aufsichtsrat in einem solchen Fall nicht ohne weiteres verpflichtet, das betreffende Vorstandsmitglied abzuberufen. Da die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat aber ihrerseits von der Hauptversammlung bestimmt werden, sind sie indirekt von ihr abhängig und werden daher im Falle des Vertrauensentzugs dem Willen der Hauptversammlung durch Abberufung der betreffenden Vorstandsmitglieder Rechnung tragen. Allerdings wird dieser Einfluss der Hauptversammlung auf den Aufsichtsrat und damit indirekt auf den Vorstand durch die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf der Grundlage des MitbestG 1976 bzw auf der Grundlage der Montanmitbestimmungsgesetze eingeschränkt (dazu unten Rdn 2 3 ff). Auch ist die Hauptversammlung für die Entlastung der Vorstands- und der Aufsichtsratsmitglieder, die Bestellung der Abschlussprüfer und die Verwendung des Bilanzgewinns zuständig. Qua Satzungsgewalt ist sie ferner für alle Fragen zuständig, die die rechtlichen Grundlagen der AG und deren grundlegende wirtschaftliche Struktur betreffen, so etwa für Fragen des Unternehmensgegenstands, der Kapitalausstattung, der Desinvestition (einschließlich der Liquidation) sowie für sonstige grundsätzliche Strukturentscheidungen wie den Abschluss von Unternehmensverträgen und für die Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und den Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz. 64 In der Praxis finden sich gesetzlich zulässige Abweichungen vom gesetzlichen Modell des Verhältnisses von Vorstand und Aufsichtsrat. So kommen die Vorschläge für die Ernennung eines neuen Vorstandsmitglieds meistens vom Vorstand selbst, insbesondere vom Vorstandsvorsitzenden. Von diesen Vorschlägen weicht der Aufsichtsrat nur selten ab. 6 5 Etwas anderes gilt regelmäßig nur im Konzern, wo die Mutter die Besetzungspolitik im Vorstand der Tochter über den Tochter-Aufsichtsrat steuern kann. Auch die gesetzlich von der Hauptversammlung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder werden in der Praxis häufig vom Vorstand vorgeschlagen. 66 Etwas anderes gilt auch hier vor allem in Konzern, wo die Mutter regelmäßig die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Tochter benennt.

Π. Etablierung weiterer Gremien 1. Grenzen der Zulässigkeit 17

Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung sind als Organe der Aktiengesellschaft zwingend vorgeschrieben. Eine Etablierung weiterer Gremien (dazu näher § 7 6 Rdn 14 ff) widerspricht als solche zwar nicht dem Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 2 3 Abs 5 AktG). Jedoch ist bei der im Grundsatz zulässigen Bildung von Beiräten, Verwaltungsräten 6 7 etc zu beachten, dass die Etablierung dieser Gremien nicht die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung der zwingend vorgeschriebenen Organe verändern kann, 6 8 da insofern § 23 Abs 5 AktG zu beachten ist. Auch können die Zusammensetzung der obligatorischen Organe sowie ihre innere Organisation nicht abweichend vom Gesetz in der Satzung bestimmt werden. 6 9 Das gilt auch für die Quote der Beteiligung der Arbeit-

64 65 66 67

MünchHdbAG/Wies««»-2 § 19 Rdn 6. Semler in: FS Lutter S 721, 723. Semler in: FS Lutter S 721, 725. Dazu Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 190; Kölner Komm AktG/Kraft 2 § 23 Rdn 85; Kölner Komm AktG!Mertens2 vor

§ 76 Rdn 28; Hüffer5 § 23 Rdn 28; Luther in: FS Hengeler 1972 S 167, 179. 6 8 Hüffer5 § 23 Rdn 36, 38; Baumbach/ Hueck13 vor § 76 Rdn. 8. 6 9 Hüffer5$ 23 Rdn 36.

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nehmervertreter im Aufsichtsrat. Richtet die AG zusätzliche Organe ein, so steht deren Zusammensetzung und Aufgabenzuweisung zwar im Grundsatz im Belieben der AG, allerdings mit der genannten Maßgabe einer Beachtung der obligatorisch vorgesehenen Aufgaben- und Kompetenzbeibehaltung der obligatorisch vorgesehenen Organe der AG. 70 Aus dieser Einschränkung folgt im Ergebnis, dass derartigen fakultativen Zusatzorganen nur die Funktion zukommen kann, die obligatorischen Organe zu beraten und zu unterstützen sowie die Kommunikation zwischen den Organen zu fördern. 7 1 Allerdings ist es durchaus möglich, den Mitgliedern solcher Zusatzgremien gewisse Befugnisse und Rechte einzuräumen, zB ein Auskunftsrecht gegenüber dem Vorstand. 7 2 Die Einräumung von Informationsrechten darf allerdings weder rechtlich noch faktisch die Befugnisse des Aufsichtsrats aushöhlen. 7 3 Unbedenklich ist nach deutschem Recht etwa die Etablierung eines „Shareholder Committee" aus den Anteilseignervertretern im Aufsichtsrat, einigen weiteren (ehemaligen) Mitgliedern des Aufsichtsrats und den Vorstandsvorsitzenden (Modell DaimlerChrysler), wenn es nur beratende Funktion, aber keine Entscheidungskompetenzen hat. 7 4 Die Etablierung eines Audit Committee, das nicht als (Zusatz-) Organ, sondern als Aufsichtsratsausschuss eingesetzt wird, ist praktisch weit verbreitet und fraglos zulässig.75 Das Audit Committee sollte - um effizient zu arbeiten - turnusgemäß (mindestens vierteljährlich) zusammentreten, die Mitglieder des Committees sollten einen Vorsitzenden bestellen, es sollten regelmäßige Berichtspflichten etabliert werden und Anforderungen an die fachlichen Voraussetzungen der Committee-Mitglieder gestellt werden. 76 Das Audit Committee soll nach den Vorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance 2 0 0 1 7 7 (dazu Rdn 39 ff) weiterhin freiwillig zu etablierendes Gremium bleiben, und zwar in Form eines Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats, und nicht - etwa für Aufsichtsräte ab einer bestimmten Größe - gesetzlich zwingend zu etablieren sein. Der Deutsche Corporate Governance Kodex 2002 (dazu unten Rdn 42 ff) sieht hingegen unter Punkt 5.3.2 als Empfehlung (,,Soll"-Vorschrift) vor, dass der Aufsichtsrat börsennotierter AG einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einrichtet, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung und des Risikomanagements, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst. 78 Diese Soll-Bestimmung unterliegt der Comply-or-Explain-Regel des § 161 AktG nF (dazu Rdn 39, 4 7 f).

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Ein besonders wichtiges Beispiel für die Etablierung neuer Führungsstrukturen durch die Einsetzung von Committees weist die Deutsche Bank seit 2002 auf: Bei ihr bestehen neben „funktionalen" Committees (Finance Committee, Investment Committee, Risk Committee, Corporate Investments/Alternative Assets Committee, Asset/Liability Committee, Finance IT & Operations Committee, H u m a n Resources Committee und Compliance Committee) und Komitees auf Geschäftsleiterebene (Firmenkunden und Invest-

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Ähnlich Baumbach/Hueck 1 3 vor § 76 Rdn 8. IE ähnlich Voormann Der Beirat im Gesellschaftsrecht 2 1990 S 24 f, 61 ff. Baumbach/Haecè 1 3 vor S 76 Rdn 8. Immenga Z G R 1977, 249, 267. Dazu Endres Z H R 163 (1999), 441, 447 f. Zur praktischen Verbreitung Girnhuber Das US-amerikanische Audit Committee als Instrument zur Vermeidung von Defiziten bei

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der Überwachungstätigkeit der deutschen Aufsichtsräte 1998 S 208 ff; Ranzinger/Blies AG 2001, 455. Dazu im einzelnen Ranzinger/Blies AG 2001, 455, 460 f. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 314. Dazu Peltzer N Z G 2002, 593, 599.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

mentbankgeschäft, Corporate Investments, Privatkunden und Asset Management) auch ein Exekutiv-Komitee, bestehend aus Mitgliedern des Konzernvorstands (Sprecher, Controlling, Risikomanagement, Informationstechnologie und Geschäftsbetrieb sowie Personal und Verwaltung) und Geschäftsbereichsleitern (Global Markets, Global Equities, Transaction Banking, Global Investments, Asset Management und Privatkunden). 20

Mitglieder zusätzlicher Gremien können auch Personen sein, die bereits Mitglieder in einem obligatorischen Organ sind. Die Vergütung der Mitglieder der fakultativen Gremien bemisst sich nach § 113 AktG analog. Ihre Haftung richtet sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Normen und Überlegungen, nicht hingegen nach §§ 93, 116 AktG analog. 7 9 Die Etablierung freiwilliger zusätzlicher Gremien erfolgt in der Regel, aber nicht zwingend, in der Satzung. Widersprechen die Etablierung derartiger Gremien oder deren Aufgaben- und Kompetenzzuweisung den zwingenden Vorschriften über die Etablierung von Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung und deren zwingender Aufgabenund Kompetenzzuweisung, so sind solche Bestimmungen über zusätzlich zu etablierende Gremien nichtig. 8 0 2. Unternehmensübergreifende Leitungsgremien

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Insbesondere bei internationalen Konzernen und Unternehmensverbindungen finden sich häufig Leitungsgremien, die aus Organmitgliedern verschiedener Konzerngesellschaften zusammengesetzt sind und auf Konzernleitungsebene Entscheidungen für eine Konzernsparte oder eine Gruppe in- oder ausländischer Konzerntöchter treffen 8 1 . Soweit deutsches Aktienrecht Anwendung findet, ist die Etablierung solcher Gremien zwar rechtlich schwer einzuordnen, sie sind dennoch aber in der Regel zulässig. Das gilt insbesondere für „Mergers of Equals" wie etwa Daimler/Chrysler 1998 oder Hoechst/ Rhône-Poulenc (Aventis) 1999. Wenn der Zusammenschlussvertrag Daimler/Chrysler eine paritätische Besetzung des Vorstands vorsieht, so handelt es sich insofern allerdings lediglich um einen Programmsatz, der die zukünftige Richtung des Unternehmens angibt. Eine gesellschaftsrechtlich abgesicherte Bindung der zuständigen Organe erfolgt damit nicht. 8 2 Ferner ist als Beispiel für neue Führungsstrukturen die DaimlerChrysler AG zu nennen: Die DaimlerChrysler AG hatte nach dem „Zusammengehen" der Daimler Benz AG mit Chrysler einen Vorstand etabliert, der sich aus den ehemaligen Vorstands- und Board-Mitgliedern zusammensetzte und eine „Doppelspitze" der ehemaligen Vorstandsvorsitzenden aufwies. Die Vorstandssitzungen finden abwechselnd am Sitz in Deutschland und am Sitz in den USA statt. Aus deutscher Sicht ist die Leitung der DaimlerChrysler AG ausschließlich bei dieser (deutschen) Gesellschaft angesiedelt. Es handelt sich also beim DaimlerChrysler-„Board" um einen „normalen" Vorstand iS von § 76 AktG. Die Etablierung einer Doppelspitze ist nach deutschem Aktienrecht zulässig. Ebenfalls unbedenklich ist das Abhalten von Vorstandssitzungen an zwei verschiedenen Orten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen echten „Doppelsitz" iS von § 5 A k t G 8 3 handelt oder nicht.

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BaumbachIHueck 13 vor § 76 Rdn 8. Baumbach IHueck12· vor § 76 Rdn 8. Dazu Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, 511 f.

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Horn in: FS Lutter 2000 S 1113, 1128 f. Zur strittigen Frage der Zulässigkeit eines Doppelsitzes der AG König AG 2000, 18.

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III. Geschäftsführung und Vertretung Das Verhältnis der zwingend vorgesehenen Organe der AG prägt auch die Geschäftsfiihrungs- und Vertretungsregeln als Teil der Verfassung der AG. Hierbei geht auch das Aktiengesetz von der im Grundsatz deutlichen Unterscheidung zwischen der das Innenverhältnis betreffenden Geschäftsführung und der das Außenverhältnis betreffenden Vertretung aus. Allerdings haben viele Maßnahmen der Organe der Aktiengesellschaft Doppelcharakter: So kann eine Maßnahme des Vorstands im Innenverhältnis als Geschäftsführungsmaßnahme zu werten sein und zugleich im Außenverhältnis eine Vertretungsmaßnahme darstellen. Die Geschäftsführung (einschließlich der Leitung als deren Teilausschnitt, dazu § 76 Rdn 29) obliegt ausschließlich dem Vorstand (§§ 76, 7 7 AktG). Hieraus ergibt sich nicht nur eine Kompetenzeinräumung, sondern auch eine Kompetenzabgrenzung: Maßnahmen, die nicht mehr als Geschäftsführungsmaßnahmen zu betrachten sind, darf der Vorstand nicht ergreifen, insbesondere darf der Vorstand nicht die Satzung antasten oder (ansonsten) die Grundlagen der AG verändern. 84 Im Außenverhältnis vertritt der Vorstand die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 AktG). Seine Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und nach § 82 Abs 1 AktG auch unbeschränkbar. Neben der organschaftlichen Vertretung der AG durch den Vorstand ist allerdings auch eine rechtsgeschäftliche Vertretung durch Bevollmächtigte, etwa durch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte, möglich. Ein Teilausschnitt der Vertretung der Aktiengesellschaft ist ferner dem Aufsichtsrat zugewiesen: Dieser vertritt gern § 112 AktG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich gegenüber Vorstandsmitgliedern. § 112 AktG dient der Sicherstellung der unbefangenen Wahrung der Gesellschaftsbelange. 85 Allerdings ist § 112 AktG nicht abschließend; der Aufsichtsrat ist in einigen Fällen auch zur Vertretung der AG gegenüber Dritten befugt, so etwa bei Maßnahmen nach § 111 Abs 2 Satz 3 AktG und in den Fällen der §§ 2 4 6 Abs 2 Satz 2 und 249 Abs 1 Satz 1 AktG. 8 6

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IV. Einfluss der Mitbestimmung 1. Anwendungsbereich der Mitbestimmungsregeln Das Verhältnis der drei zwingend vorgesehenen Organe der Aktiengesellschaft zueinander wird nicht nur durch die ihrerseits angesichts des Grundsatzes der Satzungsstrenge (§ 2 3 Abs 5 AktG, dazu Rdn 70 ff sowie ausführlich Großkomm AktG/Röhricht4 § 23 Rdn 167 ff) zwingenden aktienrechtlichen Normen über die Verfassung der AG in § § 7 6 bis 147 bestimmt, sondern auch durch die Mitbestimmungsgesetze 87 (s ausführlich Großkomm A k t G / O e t k e r 4 MitbestG Vorbem Rdn I f f ) . Schon unter Geltung des Betriebsrätegesetzes 1920 war vorgesehen, dass ein oder zwei Betriebsratsmitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden waren, um Arbeitnehmerinteressen wahrzunehmen. Diese Entsendung war im Einzelnen in dem Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat von 1922 (dazu Großkomm A k t G / O e t k e r 4 MitbestG

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S auch B a u m b a c h / H u e c k ^ vor 76 Rdn 9. Hüffer5 S 112 Rdn 1. Hüffer5 § 112 Rdn 1. Dazu - auch rechtsvergleichend - Hopt in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung 2 0 0 1 S 29, 30 f;

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umfassend mit zahlreichen empirischen und wirtschaftswissenschaftlichen Nachweisen auch Frigge in: Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/ Prigge (eds) Comparative Corporate Governance - The State of the Art and Emerging Research 1998 S 943, 1004 ff.

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Vorbem Rdn 5) geregelt. 88 Bereits unter Geltung des AktG 1937 sahen das nach Inkrafttreten des AktG 1965 fortgeltende Montanmitbestimmungsgesetz ab 1951 und das für Holdings der Montanindustrie ebenfalls nach 1965 fortgeltende Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz ab 1956 eine paritätische Mitbestimmung der Anteilseignervertreter und der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zwingend vor. Außerdem ist für Unternehmen, die nicht der Montanindustrie angehören, in § 7 6 BetrVG 1952, der gem § 129 BetrVG 1972 auch nach Inkrafttreten des BetrVG 1972 fortgilt, eine drittelparitätische Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vorgesehen, soweit es sich nicht um Familiengesellschaften mit weniger als 5 0 0 Arbeitnehmern handelt. Vor allem aber hat das Mitbestimmungsgesetz 1976, dessen Konzeption zwar rechtspolitisch sehr umstritten war, dessen Verfassungsmäßigkeit aber das Bundesverfassungsgericht 1979 bestätigte, 89 die Struktur des Aufsichtsrats durch Schaffung einer quasiparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter ua in allen aktienrechtlichen Aufsichtsräten solcher Unternehmen erheblich verändert, die mehr als 2 0 0 0 Arbeitnehmer beschäftigen und nicht dem - vorrangigen - Anwendungsbereich der Montan-Mitbestimmungsregeln unterliegen. 24

Durch die quasiparitätische Mitbestimmung des MitbestG erfolgt ein nicht unbeträchtlicher Eingriff in die durch Art 14 G G geschützte mitgliedschaftliche Position der Aktionäre als Anteilseigner. Auch die Autonomie der Tarifpartner, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt (Art 9 Abs 3 GG), wird durch die quasiparitätische Mitbestimmung berührt. Auf europäischer Ebene hat die Mitbestimmung jahrzehntelang die Harmonisierung weiter Bereiche des Gesellschaftsrechts behindert. 5 0 Die Etablierung der Societas Europaea erfolgte unter weitgehender Sicherung der deutschen Regelung von Mitbestimmungsfragen. 91 Außerdem sind die Auswirkungen der deutschen Mitbestimmung in Hinblick auf den globalen Wettbewerbsdruck nicht unproblematisch. 9 2 Daher hat sich das deutsche System der Mitbestimmung im Aufsichtsrat nur teilweise bewährt. Dennoch wurde es von einigen anderen Mitgliedstaaten der E G - wenn auch lediglich zurückhaltend - partiell aufgegriffen. 93

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Im Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2 0 0 1 (dazu Rdn 39) werden Fragen der Unternehmensmitbestimmung aufgrund einer Abstimmung der Regierungskommission mit dem Bundeskanzleramt nicht angesprochen. 9 4 Diese Ausklammerung wurde vom Vorsitzenden der Regierungskommission Baums9s zurecht als „problematisch" bezeichnet. 9 6 Probleme bereiten im internationalen Bereich vor allem drei Aspekte: (1) Die mitbestimmten Aufsichtsräte sind zu groß. (2) Die Qualifikation mancher Aufsichtsratsmitglieder ist unzureichend.

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Geßler/Hefermebl vor § 76 Rdn 6. BVerfGE 50, 290. Dazu Krieger in: FS Rittner 1991 S 303. Dazu Hopt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002 S 28, 42. Kübler in: Kübler/Scherer/Treeck (Hrsg) The International Lawyer FS Döser 1999 S 237. Dazu Hopt ZfA 1982, 207; Kübler ZGR 1981, 377; Westermann RabelsZ 48 (1984), 123.

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Dazu Baums in: Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 S 6. Baums in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71 2002 S 13, 16. Gegen diese Ausklammerung auch Bernhardt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002 S 119, 121 f.

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Erster Abschnitt. Vorstand

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(3) Das Verhältnis des deutschen two tier-Systems zum one tier-Board (dazu Rdn 2) bleibt ungeklärt, insbesondere die Frage, ob nicht auch in Deutschland die Entscheidung für ein one tier-Board gesetzlich freigestellt werden sollte. 9 7 Ferner gehören zu den Nachteilen der Mitbestimmung die Verlängerung von Entscheidungsprozessen sowie Geheimhaltungsprobleme, bisweilen auch Probleme der Fraktionenbildung im Aufsichtsrat. 9 8 2. Einfluss auf den Aufsichtsrat Sämtliche Mitbestimmungsgesetze tasten die Existenz der drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung sowie deren Aufgaben- und Kompetenzzuweisung und damit deren Verhältnis zueinander im Grundsatz nicht an. Das deutsche Mitbestimmungsrecht ist somit von dem Prinzip einer Integration der Mitbestimmungsregeln in die etablierten Verfassungsstrukturen der AG geprägt. Die Mitbestimmungsgesetze schaffen keine grundsätzlich veränderten, neuen Strukturen der Unternehmensverfassung. Insofern ist es zumindest missverständlich, davon zu sprechen, dass der Aufsichtsrat, in dem aufgrund der Mitbestimmungsgesetze die Interessengruppen von Kapital und Arbeit vertreten sind, kein reines Gesellschaftsorgan mehr s e i . "

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Hingegen bewirken die fast durchgängig zwingenden Vorgaben der Mitbestimmungsgesetze, dass das Verhältnis der Organe der AG stets so bemessen sein muss, dass die ohnehin geringen Spielräume, die der Grundsatz der Satzungsstrenge für die Regelung des Verhältnisses der drei Organe zueinander überhaupt zulässt, nicht mehr dahingehend genutzt werden dürfen, die Personal- und Überwachungskompetenzen des Aufsichtsrats einzuengen. Jede, also auch eine bloß geringe, Funktionseinschränkung des Aufsichtsrats ist vielmehr daran zu messen, ob sie zu einer direkten oder indirekten Beeinträchtigung der zwingend vorgesehenen Mitbestimmung im Aufsichtsrat und deren effektiver Verwirklichung führen kann. Gerade angesichts des erheblichen Einflusses, den die Arbeitnehmervertreter jedenfalls in quasiparitätisch und vollparitätisch besetzten Aufsichtsräten haben, geht es allerdings umgekehrt auch nicht an, dem Aufsichtsrat Kompetenzen zu Lasten des Vorstands oder der Hauptversammlung in einer Weise einzuräumen, die die verfassungsrechtlich durch Art 14 G G abgesicherte Position der Anteilseigner beschneidet oder die Funktion des Vorstands als Treuhänder des Vermögens der Anteilseigner in Frage stellt. Mit anderen Worten verengt das Recht der Mitbestimmung die ohnehin schmalen Möglichkeiten zur autonomen Gestaltung des Verhältnisses der Organe der AG in beide Richtungen, insbesondere dürfen dem Aufsichtsrat weder Rechte genommen noch umgekehrt mehr Rechte in substantiellem Umfang eingeräumt werden, als sie das Gesetz vorsieht.

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3. Einfluss auf den Vorstand Auch der Vorstand als Organ bleibt nicht unbeeinflusst von den mitbestimmungsrechtlichen Normen: Bei Aktiengesellschaften, die der vollparitätischen oder der quasiparitätischen Mitbestimmung unterliegen, muss dem Vorstand ein Arbeitsdirektor angehören ( § 3 3 Abs 1 Satz 1 MitbestG, § 13 Abs 1 Montan-MitbestG, § 13 MontanMitbestErgG). Der Arbeitsdirektor ist jedoch auch mitbestimmungsrechtlich nicht als

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Zum Ganzen Hopt in: Hommelhoff/Lutter/ Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002 S 27, 44 ff.

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Hopt ZGR 2000, 779, 801. So aber GeßlerIHefermehl vor § 76 Rdn 6.

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Vertreter von Arbeitnehmerinteressen anzusehen, sondern als ein normales Vorstandsmitglied, dem allerdings zwingend der Bereich „Arbeit und Soziales" zugewiesen ist (dazu im Einzelnen § 77 Rdn 60 ff). 4. Einfluss der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung 29

Vom übrigen kollektiven Arbeitsrecht wird das Verhältnis der drei Organe der AG nicht beeinflusst, insbesondere auch nicht vom Betriebsverfassungsrecht. Zwar führen die zwingenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, vor allem diejenigen über die betriebliche Mitbestimmung in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten (§§ 87ff, 92ff und 111 ff BetrVG) rechtlich und faktisch zu einer Schmälerung des Aktionsradius des Vorstands in Geschäftsführungsangelegenheiten. Dadurch kann der Betriebsrat aber entgegen einigen Andeutungen im Zuge der Diskussion um die Novellierung des BetrVG 1972 nicht zu einer Art zweiten Geschäftsführungsorgan im Sinne eines „Co-Management" werden. 1 0 0 Eine solche aktive Rolle des Betriebsrats bei der Geschäftsführung verbietet sich schon angesichts des Grundsatzes der unternehmerischen Handlungsfreiheit. Dementsprechend ist es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des BetrVG im Jahr 2001 diesbezüglich nicht dahingehenden Vorschlägen von Gewerkschaftsseite gefolgt ist.

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Erst recht können dem Betriebsrat bei Maßnahmen, die Strukturveränderungen der Gesellschaft betreffen und daher aus gesellschaftsrechtlicher Sicht der Kompetenz der Hauptversammlung unterfallen, nicht in „Bündnissen für Arbeit", Rationalisierungsschutzabkommen etc, die die Geschäftsleitung mit dem Betriebsrat abschließt, substantielle Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden, die die unternehmerische Handlungsfreiheit der Aktionäre einengen. Ferner geht es weder de lege lata noch de lege ferenda an, aus den teilweise sehr umfangreichen Informations-, Beratungs- und sonstigen Mitwirkungsrechten des Betriebsrats eine allgemeine Überwachungsfunktion des Betriebsrats in Geschäftsführungsangelegenheiten zu destillieren und dem Betriebsrat damit die Funktion eines Co- oder Ersatz-Aufsichtsrats zuzuweisen. Eventuelle Modifizierungen des status quo der Betriebsverfassung in der Unternehmenspraxis (qua Vereinbarungen) oder durch den Gesetzgeber können und dürfen die aktiengesetzlich vorgesehene Verfassung der AG nicht beeinträchtigen. 101

V. Weitere Einflüsse auf die Verfassung 1. Unternehmensrecht 31

Wird somit die Verfassung der AG im Kern weder durch die Mitbestimmungsnormen noch durch betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften angetastet, so fragt es sich ferner, ob das gesellschaftsrechtlich geprägte Verhältnis der aktienrechtlichen Organe zueinander von Überlegungen unternehmensrechtlicher Natur, insbesondere von dem Gedanken des „Unternehmens an sich", 102 dem Gedanken des „Unternehmens als Veranstal100 101 102

Dazu Kort ZfA 2000, 329. Kort ZfA 2000, 329, 360 ff. Umfassende - auch historische - Darstellung bei Riechers Das „Unternehmen an sich" 1996 passim; ausführlich, insbesondere zur Rechtslage in der Weimarer Republik, auch Laux Die Lehre vom Unterneh-

men an sich 1998 passim; ferner schon Netter in: FS Pinner 1932 S 507; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1961 S 38 ff; auch Druey in: FS Zöllner 1998 S 129, 131 ff; ferner G e ß l e r / H e f e r · mehl vor § 76 Rdn 4; kritisch Paefgen

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tung" 103 oder des Gedankens einer „Unternehmensverfassung"104 (dazu auch - in Zusammenhang mit der Leitung des Unternehmens durch den Vorstand - § 76 Rdn 39 f) in einem nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch soziologischen Sinn des Unternehmensbegriffs beeinflusst wird.105 Das ist im Ergebnis nur in sehr begrenztem Ausmaß der Fall. Zwar entsprach es spätestens seit dem Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1937 (damals allerdings teilweise durch entsprechende NS-ideologische Vorstellungen geprägt) nahezu einhelliger Meinung, dass die insbesondere vom Vorstand zu verfolgenden Interessen nicht ausschließlich in der Bündelung der Partikularinteressen der Anteilseigner bestehen könnten, sondern dass das Unternehmensinteresse, an dem sich der Vorstand bei seinem Handeln auszurichten hat, auch von anderen internen Interessen (dem Gesellschaftsinteresse als solchen und den Arbeitnehmerinteressen) sowie von externen Interessen (der Gläubiger und der Allgemeinheit) geprägt ist. Obwohl im Einzelnen nach wie vor vieles streitig ist, lässt sich dennoch feststellen, dass die jahrzehntelangen Überlegungen zur Ausprägung eines „Unternehmensrechts",106 auch diejenigen, die sich im Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission aus dem Jahr 1980 1 0 7 niedergeschlagen haben, nicht grundlegend von der herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Sichtweise der Verfassung der AG abgerückt sind. Vielmehr ergibt sich ähnlich wie für den Bereich mitbestimmungsrechtlicher Überlegungen auch für den Bereich unternehmensrechtlicher Erwägungen, dass das Gesellschaftsrecht flexibel genug ist, solche neuen Ansätze, etwa Gedanken über die Bedeutung des „Unternehmens", aufzunehmen, ohne dass dem Gesellschaftsrecht damit eine völlig andere Struktur als die ursprünglich im AktG 1965 vorgesehene aufgezwängt würde. Eine von der Verfassung der AG zu unterscheidende, rechtlich normierte Unternehmensverfassung existiert demgemäß nicht. Auch die Mitbestimmung auf Unternehmensebene führt nicht zu einer Unternehmensverfassung, sondern bedeutet einen Eingriff in die Gesellschaftsverfassung.108 Dementsprechend lassen sich auch Unternehmensbeauftragte (dazu § 76 Rdn 48 ) nicht als Unternehmensverfassungsorgane ansehen.109 2. Kapitalmarktrecht Kapitalmarktrechtliche Gründe werden die bislang eher gesellschaftsrechtliche Sicht- 3 2 weise der Verfassung der AG in Zukunft stärker prägen110 (dazu ausführlich mwN Großkomm AktG/Assmann 4 Einl Rdn 343 ff). Hierfür spricht die internationale Ent-

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Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG 1982 S 65 ff. Dazu Raiser in: FS Robert Fischer 1979 S 561, 563 ff; Schilling in: FS Robert Fischer 1979 S 679, 682 f; kritisch aus historischer Perspektive Nörr in: FS Zöllner 1998 S 429, 437 ff. von Nell-Breuning in: FS Kronstein 1967 S 47; Raiser Das Unternehmen als Organisation 1969 S 157 ff; Steinmann Das Großunternehmen im Interessenkonflikt 1969; Biedenkopf in: FS Raiser 1974 S 339; Vollmer Die Entwicklung partnerschaftlicher Unternehmensverfassungen 1976; Flume Um ein neues Unternehmensrecht 1980; aus betriebswirtschaftlicher Perspektive Backhaus Ökonomik der partizipativen Unternehmung Bd 1 1979.

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Dazu grundlegend Jürgenmeier Das Unternehmensinteresse 1984 S 146 ff; ferner grundlegend auch schon Raiser Das Unternehmen als Organisation 1969 passim, insbes S 93 ff. Dazu etwa Wiedemann in: FS Robert Fischer 1979 S 883, 884 ff; auch Ballerstedt in: FS für Duden 1977 S 15. Hrsg vom Bundesministerium der Justiz Rdn 1733 ff. Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 17 vor § 35 Rdn 7 (entsprechend für die GmbH). So aber E Rehbinder ZGR 1989, 305; kritisch Zöllner in Baumbach/Hueck GmbHG 17 vor § 35 Rdn 7. Miilbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt2 1996 passim,

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

wicklung, die - jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften - den Einfluss der "Wertpapiermärkte auf die Verfassung der AG und anderer Gesellschaftsformen zeigt. 1 1 1 Kapitalmarktrechtliche Überlegungen sind auch in dem Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2 0 0 1 (dazu unten Rdn 39) geflossen. 1 1 2 Die Anwendung von Corporate Governance-Grundsätzen fördert eine auch kapitalmarktrechtlich geprägte Sicht der Verfassung der AG. Die deutsche Aktiengesellschaft war bis in die frühen neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts in eine Art „Dornröschenschlaf" gesunken, aus dem sie aber dank der gesetzgeberischen Aktivitäten seit den neunziger Jahren (Zweites, Drittes und Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, 1 1 3 KonTraG, WpÜG, TransPuG) wieder erwacht ist. Vor allem der kapitalmarktrechtliche Anlegerschutz 1 1 4 hat zunehmend Auswirkungen auch auf die Verfassung der AG, insbesondere in Hinblick auf die Haftung der Organe der AG. Zwar werden weder die bereits erfolgten Novellierungen noch weitere anstehende Neuregelungen des Kapitalmarktrechts und des Übernahmerechts die gesellschaftsrechtliche Verfassung der A G in ihren Grundzügen vollständig verändern. Dennoch ist es von Bedeutung, dass die AG seit geraumer Zeit stärker als früher auch als mehr oder weniger attraktive Anlageform, bisweilen auch als Spekulationsobjekt, angesehen wird und nicht mehr länger als bloße Veranstaltung eines nur selten einem schnellen Wechsel unterliegenden Kreises von Anteilseignern. Ende 2 0 0 1 gab es 13.598 Aktiengesellschaften in Deutschland. Damit war der bisherige Höchststand von 13.010 Aktiengesellschaften Ende 1 9 2 5 im damaligen Deutschen Reich übertroffen. Von diesen 13.598 AG waren 1 . 0 7 9 ( 7 , 9 % ) an einer deutschen Börse n o t i e r t 1 1 5 . Die Fokussierung auch auf den potentiellen zukünftigen Anleger 1 1 6 hat in nicht unbeträchtlichem Ausmaß Auswirkungen auf das Verhältnis der Organe der AG zueinander. Für den Vorstand bedeutet die Orientierung an kapitalmarktrechtlichen Überlegungen, dass er stärker als bis Anfang der neunziger Jahre die Interessen der Aktionäre, aber auch die der potentiellen Anleger, im Auge haben muss und die geeigneten Maßnahmen treffen muss, um die Attraktivität der AG als Anlageobjekt zu steigern. 1 1 7 Damit korrespondiert ein entsprechender Anlegerschutz. 1 1 8 So unterliegen Vorstand und Aufsichtsrat als Primärinsider den Vorschriften des W p H G zum Insiderhandeln und zur ad-hoc-Publizität (SS 12 ff W p H G ) . 1 1 9 § 15 a W p H G idF des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes erweitert die Verantwortlichkeit des Vorstands für ad-hoc-Mitteilungen. 1 2 0 Die Vor-

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insbes S 154 ff; Hopt in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung 2001 S 27 ff; Schüppen in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung 2001 S 121 ff; Seibt in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, 2001 S 37 ff. Dazu Wymeersch ZGR 2001, 294, 309 ff. Spindler in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2002 S 91. Zur Bedeutung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes für das Vorstandshandeln Reichert/Weller ZRP 2002, 50, 54 ff. Dazu Fleischer Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln? Kapitalmarktrechtliches Teil-

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gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag 2002 Rdn F 19 ff. AG-Report AG 2002, Heft 3, S R76. Dazu Ekkenga Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt 1998 S 15 ff. Dazu aus Sicht eines Praktikers Frühauf ZGR 1998, 407, 413 f. Dazu Möllers ZGR 1997, 334, 338 ff; Fleischer Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln? Kapitalmarktrechtliches Teilgutachten F für den 64. Deutschen Juristentag 2002 Rdn F 19 ff. Dazu Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg) Bankrechtshandbuch2 § 107 Rdn 8 ff. Dazu Rieckers Betriebs-Berater 2002, 1213, 1220.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

stände von Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind außerdem gemäß § 33 WpHG verpflichtet, für eine Unternehmensorganisation zu sorgen, die geeignet ist, Verstöße gegen das Verbot des Insiderhandelns zu verhindern (Compliance-Organisation). Ferner ist etwa im Vierten Finanzmarktförderungsgesetz eine aus Anlegerschutzgründen erforderliche verstärkte kapitalmarktrechtliche Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern vorgesehen. 121 Kapitalmarktrechtliche Überlegungen sind allerdings nicht durchgängig so neu, wie 3 3 sie bisweilen scheinen. So wird auch nach herkömmlicher gesellschaftsrechtlicher Sichtweise der Vorstand seit jeher als treuhänderischer Verwalter des Vermögens der Anteilseigner betrachtet. Allerdings gebietet die neue Sichtweise, die Leitungs- und Geschäftsführungsaufgabe des Vorstands trotz der ihm eingeräumten unternehmerischen Handlungsfreiheit und trotz des damit eingeräumten unternehmerischen Ermessens (im Sinne einer Anwendung der „Business Judgment Rule", dazu § 76 Rdn 51) stärker als bisher als eine den Anteilseignern dienende Funktion zu verstehen. Eigenmächtigkeiten des Vorstands schiebt das inzwischen ausdifferenzierte Haftungsregime insbesondere des § 93 AktG einen Riegel vor. Allerdings zeigt die Praxis, dass es der tatsächlichen Erfassung und Ahndung von Missständen immer noch an Effizienz mangelt. Solche Missstände beruhen oft auf einer unzulänglichen Wahrnehmung von Kontrollaufgaben durch den Aufsichtsrat 122 . Auch den Aufsichtsrat treffen indes Pflichten, deren Inhalt sich im Einzelnen in neuerer Zeit ebenfalls verändert hat. Mit der Zunahme des Einflusses kapitalmarktrechtlicher Überlegungen und der Berücksichtigung von Besonderheiten, die etwa in Übernahme- und Fusionssituationen bestehen, verändert sich der Überwachungsund Aktionsradius des Aufsichtsrats. Dem Aufsichtsrat kommt insofern in jüngerer Zeit eine bedeutsamere Rolle als früher zu. Allerdings ändert auch dieser Umstand nichts an der grundsätzlichen Überlegung, dass der Aufsichtsrat auf eine, wenn auch neuerdings zunehmend „aktivere", Überwachungsfunktion beschränkt bleibt. Was seine Ausrichtung auf das Unternehmensinteresse betrifft, so gelten ähnliche Überlegungen wie zum Vorstand: Die Gewichte mögen sich hierzu im Einzelnen etwas verschoben haben, ein Grund für ein generelles Abrücken von dem herkömmlichen Verständnis des Begriffs des Unternehmensinteresses besteht aber nicht. Angesichts der gestiegenen Bedeutung des Kapitalmarkts kommt dem Kapitalmarkt selbst - neben dem Aufsichtsrat - in der Praxis indirekt die Funktion der Unternehmensüberwachung zu. 1 2 3 Eine weitere Form der Überwachung des Vorstandshandelns erfolgt durch die Aktio- 3 4 näre selbst, und zwar nicht nur in der Hauptversammlung, sondern auch prozedural mittels des Instruments der aktienrechtlichen Beschlussmängelklage sowie der (sonstigen) Aktionärsklage 124 (dazu näher unten Rdn 62 ff). Die Entwicklung hierzu befindet sich im Fluss: Auf dem 63. Deutschen Juristentag 2000 wurden im Gutachten von Baums auf der einen Seite Erleichterungen der Anfechtungsklage 125 erwogen, auf der anderen Seite aber auch Einschränkungen, insbesondere in Hinblick auf die missbräuchliche Erhebung einer Anfechtungsklage 126 (dazu unten Rdn 62). 121 122

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Dazu Reichert/Weller ZRP 2002, 50, 54 ff. Dazu mit Fallbeschreibungen Girnbuber Das US-amerikanische Audit Committee als Instrument zur Vermeidung von Defiziten bei der Überwachungstätigkeit der' deutschen Aufsichtsräte 1998 S 87 ff. Semler in: FS Lutter 2000 S 721, 732 ff; teilweise kritisch zur Funktion des Kapitalmarkts Schwarz/Holland ZIP 2002, 1661.

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Dazu Ulmer AcP 202 (2002) 143, 160 ff. Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag 2000 Rdn F 40 ff. Baums ebda Rdn F 98 ff und F 144 ff.

Michael Kort

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

VI. Corporate Governance 1. Allgemeines 35

Kein grundsätzliches Abrücken vom deutschen dualistischen Modell der Verwaltung (dazu oben Rdn 2) erfolgt durch die auch auf internationaler Ebene (dazu unten Rdn 7 4 und 8 7 f ) geführte Diskussion um die sog. Corporate Governance. 1 2 7 Nach international durchgeführten Studien ist die Bedeutung der Corporate Governance insbesondere für institutionelle Investoren erheblich. 127 ® In vielen Rechtsordnungen finden sich bereits Corporate Govenance Kodizes. 1 2 8 Auch in Deutschland gehen große Unternehmen dazu über, sich Corporate Governance Kodizes zu geben, 1 2 8 a so etwa 2 0 0 2 die Metro AG. Der schillernde Begriff der Corporate Governance, 1 2 9 der sich mit einer verantwortlichen, auf langfristige Wertschöpfung angelegten Unternehmenssteuerung und -kontrolle 1 3 0 übersetzten lässt, betrifft nach deutschem Verständnis das Verhalten beider Verwaltungsorgane, also Vorstand und Aufsichtsrat. Es geht dabei darum, dass die Leitung des Unternehmens und ihre Überwachung optimal ausgestaltet werden im Sinne einer einerseits effektiven, andererseits die Interessen der Aktionäre, Gläubiger und der Allgemeinheit wahrenden Geschäftsführung. Die Idee der Corporate Governance hat Auswirkungen auf die Zusammensetzung, den Umfang und die Zuständigkeit der Organe der AG. Im Mittelpunkt stehen umfassende Organisationspflichten wie etwa die Etablierung von Informations- und Frühwarnsystemen. 1 3 1

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Der Einfluss der Corporate Governance auf den Gesamtertrag der jeweiligen Aktie ist strittig. 1 3 2 Die Praxis steht der Einführung von Corporate Governance-Prinzipien zwar grundsätzlich positiv gegenüber, soweit eine solche Fixierung von Verhaltensanforderungen an Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu „Haftungsfallen" führt. Ein wie auch immer gestaltetes fixes Regelwerk zur Unternehmensführung iS von Corporate Governance-

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Hopt Corporate Governance: Aufsichtsrat oder Markt? - Überlegungen zu einem internationalen und interdisziplinären Thema - in: Hommelhoff/Rowedder/Ulmer (Hrsg) 3. Max Harrenburg-Gedächtnisvorlesung 1998, 2000 S 9 ff; Schiessl AG 2002, 593; Seibert AG 2002, 417; Feddersen/ Hommelhoff/Schneider Corporate Governance 1996; Mundheim/Lorne in: FS Kübler 1997 S 458; Assmann AG 1995, 289; Rock AG 1995, 291; Wymeersch AG 1995, 299; Hartmut Schmidt ua Corporate Governance in Germany 1997; R Hoffmann ua Corporate Governance 1998; rechtsvergleichend Hopt/Wymeersch (eds) Comparative Corporate Governance Essays and Materials - 1997; Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance The state of the Art and Emerging Research 1998 (dazu Besprechungen von Cioffi AJCL 48 (2000) 501 und Marsch-Barner WM 2000, 1714; Hopt ZGR 2000, 779; Frey DStR 1995, 1320; aus der Perspektive

der ökonomischen Analyse des Rechts Behrens in: FS für Drobnig 1998 S 491; zu Auswirkungen des KonTraG auf die Corporate Governance Hommelhoff1 Mattheus AG 1998, 249; zum Internet und dessen Auswirkungen auf die Corporate Governance Spindler ZGR 2000, 420. 127a Ergebnisse einer nationalen Studie finden sich bei Bassen ZBB 2002, 430. 128 Dazu Hopt GesRZ 2002 Sonderheft Corporate Governance S 4, 8 ff. 1 2 8 a Dazu Hütten Betriebs-Berater 2002, 1740. 129 Kritisch Hüffer5 15 b („kein Bedarf für Kodex mit Corporate GovernanceRegeln") sowie Zöllner in: Baumbach/ Hueck GmbHG 17 vor S 35 Rdn 11 („modische Züge tragend", „mit viel Wasser gekocht"). 130 So Schneider/Strenger AG 2000, 106; ähnlich Hüffer5 15 a. 131 Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 17 vor § 35 Rdn 12. 132 Dazu Wymeersch ZGR 2001, 294, 314 mwN.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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Grundsätzen kann auch nach Auffassung der Praxis nicht von einer persönlichen Verantwortung der Agierenden iS einer Orientierung an auf den ersten Blick altertümlich anmutenden, aber angesichts jüngerer Finanzierungs- und Bilanzierungsskandale im Kern ganz aktuellen Werten wie dem des „ehrbaren Kaufmanns" entbinden. Der Fixierung von Corporate Governance-Regeln kommt mithin nicht die Rolle eines Geheimrezepts zur Unternehmensführung und -kontrolle zu. 1 3 3 Den Corporate Governance-Grundsätzen stehen die in der Betriebswirtschaftslehre entwickelten Grundsätze der ordnungsgemäßen Unternehmensführung (GoF) nahe, deren Untergruppen die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensleitung (GoU) und die Grundsätze ordnungsgemäßer Überwachung (GoÜ) bilden. Sie werden ergänzt durch die Grundsätze ordnungsgemäßer Abschlussprüfung (GoA) und die Grundsätze ordnungsgemäßer Datenverarbeitung (GoDV). 1 3 4 Bei den Corporate Governance-Grundsätzen handelt es sich somit in erster Linie um genuin betriebswirtschaftliche Fragestellungen, die aber in rechtliche Sollenssätze (Kodizes) münden können. Probleme bereitet die Abgrenzung von Corporate Governance-Grundsätzen von anderen, jedenfalls bislang auf die Betriebswirtschaftslehre beschränkten und daher noch nicht „verrechtlichten" Grundsätzen. 1 3 5 Die Corporate Governance-Grundsätze haben sich betriebswirtschaftlich gesehen als Lösung des Principal-Agent-Konflikts, dh des Konflikts zwischen den Interessen der Eigentümer als Träger des Risikos und den Interessen der Manager als Handelnder, entwickelt. 1 3 S Insgesamt betrachtet sind die Corporate Governance-Regeln letztlich zum Soft Law zu rechnen. 1 3 7 Die Corporate GovernanceGrundsätze lassen sich auch als wirtschaftsrechtlicher ordre public einordnen. 1 3 8 D a es in Deutschland - zeitweise anders als etwa in den USA - an einer effektiven Kontrolle der Unternehmensführung insbesondere durch den Kapitalmarkt und durch die institutionellen Anleger, wie vor allem durch die Fonds, fehlt, 1 3 9 ist die Ausbildung von Corporate Governance-Grundsätzen auch und gerade im deutschen Recht sinnvoll (dazu im Einzelnen Rdn 38ff).

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2. Entwicklung in Deutschland Auf deutscher Ebene kam es zunächst zur Vorlage von Grundsätzen über die Corporate Governance durch private Initiativen. So kam es im Jahr 2 0 0 0 zur Vorlage eines Frankfurter „Code of Best Practice" für börsennotierte Aktiengesellschaften 1 4 0 . Dieser Code sieht umfangreiche Informations- und Offenlegungspflichten des Vorstands vor und enthält Regelungen für Interessenkonflikte und Eigengeschäfte. Auch für den Aufsichtsrat sind detaillierte Regelungen vorgesehen, so etwa über den Umfang seiner Überwachungstätigkeit und über die Geschäfte, die seiner Zustimmung unterliegen. Auch

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Differenzierend - aber im Grundton skeptisch - Hüffer5 15 a ff. Dazu - teilweise auch kritisch - Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 17 S 43 Rdn 18; von Werder Der Betrieb 1995, 2127; von Werder/Pohle/WoIff Der Betrieb 1998, 1193; von Werder (Hrsg) zfbf Sonderheft 36/96 mit Beiträgen von Werder, Theisen, Rückle, Hommelhoff/Schtvab, Maly und Lörsch. Zurecht zurückhaltend zu der Frage einer haftungsrechtlichen Bedeutung solcher bloß

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betriebswirtschaftlicher Grundsätze Hüffer5 15 c. Dazu - auch rechtsvergleichend - EscherWeingart ZVglRWiss 99 (2000) 387 ff. Lutter ZGR 2001, 224, 225. Windbichler/Bacbmann in: FS Bezzenberger, 2000 S 797. Dazu - auch rechtsvergleichend - EscherWeingart ZVglRWiss 99 (2000) 387, 390 ff. Abgedruckt in AG 2000, 109; dazu Schneider/Strenger AG 2000, 106.

Michael Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

werden die Möglichkeit der Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats angesprochen und deren Aufgaben behandelt. Ferner legte eine Berliner Initiative ebenfalls im Jahr 2000 einen „German Code of Corporate Governance" (GCCG)141 vor. Dieser Berliner GCCG verfolgte eine betont betriebswirtschaftliche Perspektive. Neben einer Grundordnung der Corporate Governance behandelt er „Kernprozesse" der Corporate Governance wie etwa die personelle Besetzung des Vorstands oder die Informationsversorgung des Aufsichtsrats, ferner spezielle Governance-Standards für Vorstand und Aufsichtsrat, aber auch für Anteilseigner und Arbeitnehmer sowie Governance-Standards zur Transparenz und Prüfung sowie Ausführungen zur Corporate Governance im Konzern. Neben diesen privaten Initiativen zur Entwicklung von Corporate Governance-Grundsätzen kam es im Jahr 2000 auch zur Einsetzung einer „Regierungskommission Corporate Governance", in der Vertreter aus Unternehmen, Wissenschaft und Politik darüber berieten, wie das deutsche System der Unternehmensführung in Hinblick auf Transparenz und Kontrolle verbessert werden kann. 3. Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 und Deutscher Corporate Governance Kodex 2002 a) Allgemeines Die von der Regierung eingesetzte Corporate Governance-Kommission legte im Juli 2001 ihren Abschlussbericht vor. 142 Darin schlug die Regierungskommission die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung eines Code of Best Practice für die deutschen Unternehmen vor. Daraufhin wurde am 6.9.2001 von der Bundesjustizministerin die Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex (Kodex-Kommission) eingesetzt, dem kein Mitglied der Bundesregierung und kein Politiker angehörte. 143 Aus der Sicht des Gesetzgebers bestand ein Bedarf für einen solchen einheitlichen nationalen Kodex, da die verschiedenen „Vorgänge" privater Initiativen zu einer unübersichtlichen Lage geführt hatten. 144 Die Kodex-Kommission hat einen deutschen Corporate Governance Kodex in einer am 26.2.2002 veröffentlichen Fassung verabschiedet. 145 Die Regierungskommission deutscher Corporate Governance Kodex wird auch nach Verabschiedung und Veröffentlichung dieses Kodex bestehen bleiben und die Entwicklung der deutschen Corporate Governance in Gesetzgebung und Praxis verfolgen und regelmäßig prüfen, ob der Kodex angepasst werden soll. Der Kodex selbst wird durch die gesetzliche Regelung

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Abgedruckt in: Der Betrieb 2000, 1573 dazu von Werder (Hrsg) German Code of Corporate Governance (GCCG) Stuttgart 2000; Peltzer/von Werder AG 2001, 1; zur Einschätzung der Kernthesen des GCCG durch die Praxis Pohle/von Werder Der Betrieb 2001, 1101. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Covernance-Unternehmensführung Unternehmenskontrolle Modernisierung des Aktienrechts 2001; zusammenfassender Bericht über die Arbeit der Regierungskommission Corporate Governance bei Baums in: Hommelhoff/ Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002

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S 13 sowie bei Lutter in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2002 S 47; ausführliche Würdigung bei Hopt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002 S 27. Näher Seibert ZIP 2001, 2192. So Seibert Betriebs-Berater 2002, 581. Abgedruckt in: ZIP 2002, 452 und in N Z G 2002, 273; dazu im Überblick Berg/Stöcker W M 2002, 1569, 1570ff sowie von Werder Der Betrieb 2002, 801; kritisch aus der Perspektive kleiner und mittler Börsen-AG Claussen/Bröcker Der Betrieb 2002, 1199.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

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in § 161 T r a n s P u G (dazu R d n 47) flankiert, die Vorstand und Aufsichtsrat verpflichtet, jährlich zu erklären, o b sie dem K o d e x entsprechen wollen oder welche Abweichungen praktiziert werden sollen (Comply-or-Explain-Erklärung (entsprich oder erkläre)). b) Rechtsgrundlage des Deutschen C o r p o r a t e Governance K o d e x Unklar ist die Rechtsgrundlage, auf der der Deutsche C o r p o r a t e Governance K o d e x in seiner jeweils geltenden Fassung b e r u h t . 1 4 6 Eine der Grundlagen für die Rechtsverbindlichkeit des K o d e x ist jedenfalls das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG), das den äußeren R a h m e n für den K o d e x vorschreibt. Der K o d e x (in seiner 2 0 0 2 vorliegenden Fassung) beruht nach dem Selbstverständnis der Mitglieder der K o d e x - K o m mission auf einem „ A k t der Selbstorganisation", wie die Kommissionsmitglieder im Vorwort des K o d e x ausführen. Es handelt sich beim Inhalt des K o d e x letztlich u m Soft L a w , 1 4 7 dem aber über die in § 161 A k t G nF enthaltene, rechtlich zwingende „ C o m p l y or Explain"-Regel 1 4 8 insbesondere im Hinblick auf die haftungsrechtlichen K o n s e q u e n z e n 1 4 8 a Rechtsverbindlichkeit z u k o m m t . Letztlich bleibt aber unklar, welche Rechtswirkung die öffentlich erklärte „ C o m p l y or E x p l a i n " - E r k l ä r u n g durch die Gesellschaft h a t . 1 4 9 A u c h ist der K o d e x verfassungsrechtlich nicht unbedenklich, 1 5 0 da § 161 A k t G nur einen Rahmen vorgibt, der inhaltlich durch Rechtsregeln (die Kodex-Bestimmungen) gefüllt wird, die ein nicht demokratisch legitimiertes Gremium konzipiert (hat). Solange der Kodex davon A b s t a n d nimmt, seinerseits Regeln und Empfehlungen aufzustellen, die den Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen aktienrechtlichen Bestimmungen sprengen, dürfte er aber verfassungsgemäß sein. Er dient letztlich der Auslegung der lex lata des Aktiengesetzes und anderer wirtschaftsrechtlicher N o r m e n .

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Allerdings sind Wortwahl und Inhalt des K o d e x in einigen Teilen sehr unbestimmt. Das sollte bei Überarbeitungen des K o d e x geändert werden. So heißt es in der Präambel des K o d e x , er „stelle" die wesentlichen gesetzlichen Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) „ d a r " , ohne dass ersichtlich wird, w a s mit dem Begriff der „ D a r s t e l l u n g " gemeint ist (Wiedergabe? Auslegung? Erläuterung? Ergänzung?). A u c h wird nicht recht deutlich, w a s mit dem ebenfalls in der Präambel gemeinten Begriff des „ S y s t e m s " der deutschen C o r p o r a t e Governance gemeint ist, das der K o d e x „transparent und nachvollziehbar" machen soll. Die Nichtbefolgung der K o d e x - E m p f e h l u n g e n stellt einen Verstoß gegen § 161 A k t G dar, der einen Anfechtungsgrund gem § 2 4 3 A b s 1 A k t G bildet. Dasselbe gilt für eine unrichtige Entsprechenserklärung. 1 5 1 Verstöße gegen § 161 A k t G sind ferner haftungsrechtlich relevant. 1 5 2

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Ulmer AcP 202 (2002) 143, 168 f; ders ZHR 166 (2002), 150,158 ff; Seibt AG 2002, 249, 250 f; Hüffer5 15 c. Hüffer5 15c. Dazu Seibert Betriebs-Berater 2002, 581, 583 f; Claussen/Bröcker Der Betrieb 2002, 1199 f; Seibt AG 2002, 249, 251 ff. Dazu Lutter ZHR 166 (2002), 523, 527ff; Berg/Stöcker WM 2002, 1569, 1575 ff. So auch die insofern kritische Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des

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Deutschen Anwaltvereins e.V. zum Fragenkatalog der Regierungskommission Corporate Governance vom 7.11.2000 N Z G 2001, 181. M WolfZKP 2002, 59 f; weniger streng Schüppen ZIP 2002, 1269, 1276 („materiell bedenklich"). Ulmer ZHR 166 (2002) 150, 165 f. Ulmer ZHR 166 (2002) 150, 166 ff; Seibt AG 2002, 249, 254 ff.

Michael Kort

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

c) Inhalt des Kodex im Einzelnen 42

Inhaltlich ist der Kodex auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt, auch wenn laut seiner Präambel den nichtbörsennotierten Gesellschaften die Beachtung des Kodex „empfohlen" wird. Diese Begrenzung ist zu begrüßen. Sie setzt die auch kapitalmarktrechtlich bedingte Tendenz zur Binnendifferenzierung zwischen verschiedenen Formen von Aktiengesellschaften im deutschen Aktienrecht konsequent fort (dazu unten Rdn 6 7 f f ) . Die Präambel des Kodex stellt das deutsche duale System (dazu oben Rdn 2 f f ) nochmals vor und weist zutreffend darauf hin, dass sich monistisches und duales System aufeinander zubewegen und „gleichermaßen" erfolgreich sind.

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Wichtig und richtig ist die im Kodex vorgesehene Zweiteilung in Empfehlungen („Soll-Vorschriften"), von denen die Gesellschaften abweichen können, dann aber verpflichtet sind, die Abweichung jährlich iS von § 161 AktG offen zu legen, und in Anregungen („Kann"- oder „Sollte"-Bestimmungen), von denen ohne Offenlegung abgewichen werden k a n n 1 5 3 .

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Der Kodex enthält nach der Präambel den Abschnitt „Aktionäre und Hauptversammlung". In diesem Abschnitt wird das Prinzip „One Share-One Vote" betont. Für die Einladung zur Hauptversammlung enthält dieser Abschnitt verschiedene Empfehlungen, die ua elektronische Veröffentlichungen und eine möglichst umfassende Hauptversammlungspräsenz betreffen. Der nächste Abschnitt „Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat" 1 5 4 ist von dem Grundsatz geprägt, dass eine möglichst umfassende Kommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu erzielen ist, die eine über entsprechende Empfehlungen gesteuerte Informationsversorgung voraussetzt. Problematisch im Hinblick auf § 33 W p Ü G (dazu allg § 7 6 Rdn 9 2 ff) ist die Anregung, in „angezeigten Fällen" von Übernahmeversuchen eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen. Diese bloß als Anregung formulierte Regelung ist äußerst unbestimmt. Im nächsten Abschnitt behandelt der Kodex den Vorstand, den er auf eine Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswerts verpflichtet. Hierbei fließt der Gedanke einer Orientierung des Vorstands am Shareholder Value (dazu § 76 Rdn 53 f) in den Kodex ein. Ferner enthält der Kodex die Verpflichtung zur Etablierung eines in § 91 Abs 2 AktG nur teilweise angesprochenen Risikomanagements (dazu Rdn 11) und eines Risikocontrolling. Außerdem spricht der Kodex Empfehlungen dazu aus, dass der Vorstand aus mehreren Personen bestehen soll (dazu § 7 6 Rdn 194 ff) und die Vorstandsvergütung fixe und variable Bestandteile umfassen soll. Interessenkonflikte der Vorstandsmitglieder sind aufzudecken; wesentliche Geschäfte von Vorstandsmitgliedern bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Im nächsten Abschnitt „Aufsichtsrat" 1 5 5 finden sich Empfehlungen zur Zusammenarbeit mit dem Vorstand, insbesondere in Hinblick auf eine langfristige Nachfolgeplanung für die Vorstandsmitglieder. Der Aufsichtsrat soll ein Audit Committee einrichten (dazu oben Rdn 18); der Aufsichtsratsvorsitzende soll Vorsitzender der Ausschüsse sein, die die Vorstandsverträge behandeln und die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten, nicht aber Vorsitzender des Audit Committee. Der Aufsichtsrat soll die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen. Ferner enthält der Kodex Abschnitte über „Transparenz" und über „Rechnungslegung und Abschlussprüfung".

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Dazu U H Schneider ZIP 2002, 873, 875 f; von Werder Der Betrieb 2002, 801, 802 f. Dazu von Werder Der Betrieb 2002, 801, 805 f.

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Zur Pflichtenbestimmung für den Aufsichtsrat durch Corporate GovernanceGrundsätze Peltzer NZG 2002, 10.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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d) Wertung Die Existenz des Kodex und dessen wesentlicher Inhalt sind zu begrüßen. Hinsichtlieh der im Kodex geregelten Einzelheiten ist hingegen positiv hervorzuheben, dass sich die Bezüge von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern auch am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens orientieren sollen, der Aufsichtsrat häufiger in Ausschüssen tagen soll und dass neue Tatsachen, die Finanzanalysten mitgeteilt werden, auch die Anleger sofort erfahren sollen. Positiv zu werten ist ferner, dass der Kodex den Vorstand auf eine nachhaltige Steigerung des Unternehmenserfolges verpflichtet. 156

45

Bei einer zukünftigen Bearbeitung des Kodex sollte noch deutlicher zwischen einer 4 6 bloßen Wiedergabe der gesetzlichen Anforderungen 1 5 7 sowie den Anregungen und Empfehlungen unterschieden werden, um der naheliegenden Gefahr einer überbordenden Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern vorzubeugen. Auch sollte es in Hinblick auf die durch den Kodex gestiegenen Verhaltensanforderungen an Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder nicht zu einer zu weit gehenden Einräumung von Klagemöglichkeiten für einzelne Aktionäre kommen, damit nicht „räuberischen" Aktionären (dazu unten Rdn 62) mit dem Kodex ein neues Betätigungsfeld eröffnet wird. Inhaltlich ist es fraglich, ob es richtig ist, dass sich der Kodex auf die beiden Organe, an die sich nach allgemeiner Auffassung die Corporate Governance-Grundsätze richten, nämlich Vorstand und Aufsichtsrat, beschränkt, oder ob nicht eine Einbeziehung der Aktionäre oder der Hauptversammlung sinnvoll gewesen wäre, etwa in Hinblick auf die Disziplinierung „räuberischer" Aktionäre. Probleme bereitet ferner, wie die Compliance überprüft werden soll und in welchem Umfang eine Abweichungserklärung („explain") abzugeben ist 1 5 8 . Auch ist es nicht auszuschließen, dass der Kodex aufgrund seiner faktischen Verbindlichkeit zu einer Regelungsverfestigung führt und das angestrebte Ziel der Flexibilisierung aktienrechtlicher Regelungen gerade verfehlt. 159 Probleme wird ferner noch die verfahrensrechtliche Durchsetzung der Corporate Governance-Regeln bereiten. 160 4. Transparenz- und Publizitätsgesetz Die Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance 2001 mündeten fer- 4 7 ner in den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität" (TransPuG) vom 26.11.2001 1 6 1 . Das Bundeskabinett hat am 6.2.2002 diesen Entwurf mit kleinen Änderungen beschlossen. 162 Der Bundesrat hat das TransPuG am 21.6.2002 in dritter Lesung verabschiedet 163 . Für den hier interessierenden Bereich der Normen des AktG über den Vorstand enthält das TransPuG eine Reihe wichtiger Neuerungen: Der Corporate Governance Kodex selbst wird

156 157 158

159

160

161

(33)

Dazu Sünner AG 2 0 0 0 , 4 9 2 , 493. Kritisch dazu Hüffer5 15 c. Dazu Pluta in: IDW (Hrsg) Reformbedarf der Deutschen Corporate Governance im globalen Wettbewerb, WpG-Sonderheft 2001 S 114, 115. Schwark in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance Z H R Beiheft 71, 2 0 0 2 S 75, 83 f. Dazu ausführlich Erhardt/Nowak AG 2 0 0 2 , 336. Referentenentwurf abgedruckt in ZIP 2001, 2194 = N Z G 2 0 0 2 , 78; Stellungnahme des

Deutschen Anwaltverein e. V. hierzu in N Z G 2 0 0 2 , 115 und - teilabgedruckt - in ZIP 2 0 0 2 , 186; Einführung von Seibert ZIP 2001, 2192; zur Bedeutung des Corporate Governance Kodex und des TransPuG für das Recht der Hauptversammlung s ferner Noack Der Betrieb 2 0 0 2 , 620. 162

163

BR-Drucks 109/02 vom 8 . 2 . 2 0 0 2 S 1 ff; abgedruckt in N Z G 2 0 0 2 , 213; dazu Ihrig/Wagner Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 7 8 9 sowie Hucke/Ammann DStR 2 0 0 2 , 689. Abgedruckt in N Z G 2 0 0 2 , 613; zur Gesetzgebungsgeschichte Seibert N Z G 2 0 0 2 , 608.

Michael Kort

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

nicht gesetzlich festgeschrieben, um seine schnelle und flexible Anpassung an künftige Entwicklungen zu gewährleisten. N a c h § 161 A k t G nF müssen Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter AG jährlich erklären, dass den Verhaltensregeln der Kodex-Kommission zur Unternehmensleitung und -Überwachung entsprochen wurde und wird oder welche Verhaltensregeln nicht angewandt wurden oder werden (Entsprechens- oder ComplianceErklärung). 1 6 4 Das soll den börsennotierten AG ua ermöglichen, einen auf die unternehmensindividuellen Verhältnisse zugeschnitten eigenen „Code of Best Practice" zu entwickeln und dem Kapitalmarkt, der selbst die Gleichwertigkeit mit den Kodex-Regeln beurteilen soll, gegenüber offen zu legen. § 8 6 A k t G , der bestimmte, dass und wie den Vorstandsmitgliedern für ihre Tätigkeit eine Beteiligung am (Bilanz-) Gewinn gewährt werden könne, wird mit dem T r a n s P u G gestrichen. Die N o r m war teilweise unklar, teilweise von der Praxis überholt. So erfolgt heute zur Ermittlung der Bezüge der Vorstandsmitglieder regelmäßig nicht eine Anknüpfung an den Bilanzgewinn, sondern an andere Ergebnisgrößen, wie das E B I T D A (Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortization). Ferner wird in § 9 0 Abs 1 A k t G nF die Berichtspflicht des Vorstands dadurch ausgeweitet, dass bezüglich der Finanz-, Investitions- und Personalplanung auch auf Abweichungen von früher formulierten Zielen und Angabe von Gründen einzugehen ist. 1 6 5 N a c h § 9 0 Abs 3 Satz 2 A k t G nF kann der Vorstand einen Bericht, den ein einzelnes Mitglied des Aufsichtsrats an den Aufsichtsrat verlangt, nicht mehr ablehnen. Für Berichte an den Aufsichtsrat gilt nunmehr in der Regel das Textformerfordernis (§ 9 0 Abs 4 Satz 2 A k t G ) . § 1 0 7 Abs 3 A k t G wird durch das TransPuG um die Pflicht ergänzt, dem Aufsichtsrat regelmäßig über die Arbeit der Ausschüsse zu berichten. N a c h § 110 Abs 2 nF kann ein Aufsichtsratsmitglied allein den Aufsichtsrat einberufen, wenn der Vorstand seinem Verlangen nach Einberufung nicht n a c h k o m m t . § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G nF sieht vor, dass die Satzung bzw der Aufsichtsrat anders als früher bestimmen muss (nicht mehr bloß „bestimmen k a n n " ) , dass bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrates b e d ü r f e n 1 6 6 . D e r Gesetzgeber selbst gibt somit auch im TransPuG keinen Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte vor, sondern überlässt es dem Aufsichtsrat, welche Geschäfte er hierfür vorsieht. Die bloße Aufstellung eines „pro forma " - K a t a l o g s seltener Geschäfte (wie etwa der Errichtung von Zweigniederlassungen) entspricht nicht den neuen gesetzlichen Vorgaben des § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G n F . 1 6 7 § 116 A k t G nF stellt klar, dass die Aufsichtsratsmitglieder zur besonderen Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und den Inhalt vertraulicher Beratungen verpflichtet sind. 48

Von den gesetzlichen Neuregelungen ist insbesondere die „ C o m p l i a n c e " - R e g e l u n g in § 161 A k t G n F trotz verfassungsrechtlicher Bedenken (dazu o b e n R d n 4 0 ) im Grundsatz zu begrüßen. Die Verpflichtung zur A b g a b e der C o m p l i a n c e - E r k l ä r u n g ist sachgerecht. Sie entspricht dem von der Regierungskommission C o r p o r a t e G o v e r n a n c e 2 0 0 1 vorgeschlagenen Grundsatz des „ C o m p l y or E x p l a i n " (entsprich oder e r k l ä r e ) . 1 6 8 Ebenfalls zu begrüßen ist die n u n m e h r in § 9 0 Abs 1 A k t G vorgesehene „ F o l l o w ^ " - B e r i c h t erstattung. Dasselbe gilt für das n u n m e h r mögliche Berichtsverlangen einzelner Aufsichtsratsmitglieder sowie für das Textformerfordernis für Aufsichtsratsberichte. Proble-

164

165

166

Dazu im einzelnen Lutter ZHR 166 (2002), 523; Knigge WM 2002, 1729, 1734 f; Pfitzer/Oser/Wader Der Betrieb 2002, 1120; Peltzer NZG 2002, 593, 594 ff; Scbüppen ZIP 2002, 1269. Dazu Ihrig/Wagner Betriebs-Berater 2002, 789, 793. Dazu Knigge WM 2002, 1 7 2 9 , 1 7 3 3 sowie

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Schwark in: Hommelhoff/Lutter/ Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002, S 75, 91 ff. Ihrig/Wagner Betriebs-Berater 2002, 789, 794. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 8.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

matisch ist hingegen die Neufassung von § 111 Abs 4 Satz 2 A k t G . 1 6 9 So sehr es zu begrüßen ist, dass kein Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte gesetzlich fixiert wird, schießt doch selbst die Verpflichtung, die zustimmungsbedürftigen Geschäfte ex ante festlegen zu müssen, über das Ziel hinaus, da es nicht möglich ist, einen hinreichend bestimmten Zustimmungskatalog aufzustellen. Auch wird die Neuregelung zu vorsorglich eingerichteten, aber unsinnig langen Zustimmungskatalogen unter Einbeziehung sehr seltener Arten von Geschäften führen. 1 7 0

VII. Einfluss des Konzernrechts 1. Gesetzliche Vorgaben Die Verfassung der Aktiengesellschaft und damit auch das Verhältnis ihrer drei Organe zueinander kann durch eine Einbindung der AG in einen Konzernverbund beeinflusst werden. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Die AG kann abhängiges Unternehmen sein, also Konzerntochter, oder aber herrschendes Unternehmen, also Konzernmutter. Konzernverfassungsrechtliche Fragen behandelt das Aktiengesetz nicht in §§ 7 6 bis 147, sondern vielmehr getrennt hiervon in einer spezifischen Kodifizierung des Konzernrechts, und zwar als Definitionsnormen in §§ 15 ff AktG (dazu allg G r o ß k o m m AktG/Windbich 1er4) und als Normen über den Vertragskonzern in §§ 2 9 1 ff AktG und über den faktischen Konzern in §§ 311 ff AktG.

49

2. Einfluss auf den Tochter-Vorstand Die Einbindung der AG in einen Konzern hat Einfluss vor allem auf die rechtliche und faktische Stellung des Vorstands der Tochter. Der Vorstand einer Tochter ist der rechtmäßigen oder rechtswidrigen Einflussnahme durch die Mutter ausgesetzt, so dass die ihm ansonsten zukommende Stellung als weisungsunabhängiges Leitungs- und Geschäftsführungsorgan durch die Konzernierung in Frage gestellt wird (dazu im Einzelnen ξ 7 6 Rdn 139 ff). Rechtswirksam wird die Stellung des Vorstands zwar nur durch die unternehmensvertragsrechtliche Einräumung eines Weisungsrechts für die M u t t e r 1 7 1 (§ 3 0 8 A k t G , dazu näher § 76 Rdn 109) beschnitten, jedoch kommt faktisch auch ansonsten eine Einflussnahme auf den Vorstand, insbesondere bei Vorstands-Doppelmandaten (dazu näher § 7 6 Rdn 120 f) und bei sonstigen Formen der Personalunion in Betracht. Die für das G m b H - R e c h t typische Einflussnahme auf die Geschäftsleitung der faktisch konzernierten Tochter durch deren Gesellschafter, in concreto: durch die Mutter als Mehrheitsgesellschafterin, spielt hingegen bei der AG als Tochter keine entsprechend große Rolle, da der Vorstand der AG nicht von den Weisungen der Hauptversammlung abhängig ist und die Mutter daher nicht über die Hauptversammlung einen entsprechend großen Einfluss wie bei der G m b H ausüben kann. Indirekt kann die Mutter als Mehrheitsaktionärin allerdings durchaus ihren Einfluss auf die Entscheidungen des Vorstands durch die Bestimmung der Aufsichtsratsmitglieder (der Anteilseignerseite) geltend machen, da der Aufsichtsrat seinerseits die Personalkompetenz in Hinblick auf die Zusammensetzung des Vorstands hat.

169

Dazu in Hinblick auf die Corporate Governance-Diskussion Berrar Der Betrieb 2 0 0 1 , 2181.

170

(35)

171

So auch die Stellungnahme des Deutschen Anwaltverein e. V. zu § 111 Abs 4 Satz 2

AktG ZIP 2002, 186 f = NZG 2002, 115, 117. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 2001 § 308 AktG Rdn 36 ff; Hüffer5 § 308 Rdn 12.

Michael Kort

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

3. Qualifizierter faktischer Konzern 51

In gewisser Weise pervertiert werden die Verfassung der abhängigen AG und das gesetzlich bestimmte Verhältnis ihrer Organe zueinander dann, wenn die abhängige AG wie eine Betriebsabteilung der Mutter geführt wird und damit ein qualifizierter faktischer Konzern vorliegt. Die Figur des qualifizierten faktischen AG-Konzerns wird durch die Entscheidung des BGH in Sachen „Bremer Vulkan" 172 nicht in Frage gestellt, da sich diese Entscheidung nur auf das GmbH-Konzernrecht bezieht (dazu näher § 76 Rdn 151). Bei einem qualifizierten faktischen AG-Konzern funktioniert das in §§ 311 ff AktG vorgesehene System des Nachteilsausgleichs bei Erteilung einzelner nachteiliger Weisungen nicht mehr, da sich solche Weisungen nicht mehr isoliert ausmachen lassen. Demgemäß kann beim aktienrechtlichen qualifizierten faktischen Konzern keine Rede mehr davon sein, dass der Vorstand der Tochter-AG diese in eigener Verantwortung leitet und ihre Geschäfte weisungsunabhängig führt. 4. Einfluss auf den Tochter-Aufsichtsrat

52

Gerade im einfachen 1 7 3 und im qualifizierten faktischen Konzern ist der Aufsichtsrat der Tochter besonders gefordert, im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit darauf zu achten, dass der Vorstand der Tochter sein Handeln am Tochterinteresse und nicht (ausschließlich) am Mutterinteresse ausrichtet. Allerdings steht diese haftungsrechtlich (§116 AktG) bewehrte Pflicht des Aufsichtsrats der Tochter oft nur auf dem Papier, da die Mutter über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats wesentlich (mit-) entscheidet. 5. Einfluss auf die Organe der Mutter

53

Ist die AG herrschendes Unternehmen in einem Konzern, so ist deren Verfassung von der Konzerneinbindung weniger stark betroffen als die Verfassung der Tochter bei deren Konzerneinbindung. Fraglich ist, ob der Vorstand der Mutter-AG im Rahmen seiner Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben auch abhängige Töchter leiten kann. Eine solche Leitungsbefugnis oder gar Leitungspflicht besteht als echte Konzernleitungspflicht lediglich - und auch dort nur in beschränktem Maße - bei unternehmensvertraglich begründeter Konzernierung 174 (dazu im Einzelnen § 76 Rdn 139 ff). Auf die Hauptversammlung und den Aufsichtsrat der Mutter wirkt sich die Konzernierung nicht besonders stark aus. Der Aufsichtsrat hat im Rahmen seiner Überwachungspflicht zu beobachten, ob der Vorstand das Unternehmensinteresse der Mutter wahrt und nicht etwa den Tochterinteressen vorrangig Beachtung schenkt. Die Hauptversammlung der Mutter-AG ist ggf an der (ursprünglichen) Konzernierung der Tochter oder an Schritten, die diese Konzernierung erheblich verdichten, zu beteiligen (Gedanke der „Holzmüller"-Doktrin, dazu § 76 Rdn 79 ff). Hingegen ist nicht anzunehmen, dass die Hauptversammlung der Mutter bei besonders wichtigen Maßnahmen der bereits als solche bestehenden Tochter automatisch zu beteiligen ist. Ein derartiges „Durchschlagen" von Hauptversammlungszuständigkeiten der Tochter auf die Mutter kommt nur in solchen Ausnahmefällen in Frage, in denen ohnehin aufgrund ihrer Erheblichkeit auch aus der Sicht der Mutter-AG eine Grundlagenentscheidung vorliegt, die bei ihr eine entsprechende Hauptversammlungszuständigkeit begründet 1 7 5 (dazu näher § 76 Rdn 79 ff).

172 173

ZIP 2001, 1874. Habersack in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 2001 § 311 AktG Rdn 81.

174 175

Hüffer5 § 76 Rdn 17 und § 311 Rdn 8. Dazu Habersack in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 2001 vor S 311 AktG Rdn 11 ff.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Vm. Organstreit 1. Allgemeines Die Verfassung der AG als Verband mit Organen wirft die Frage nach den Rechten dieser Organe in ihrem Verhältnis zueinander und zur AG auf. Ferner stellt sich die weitere Frage nach der prozessualen Geltendmachung dieser Rechte. Gemeint ist damit das Problem des Organstreits 176 (dazu näher Großkomm AkG zu § 90). Neben dieser Frage, die das Verhältnis der Organe zueinander betrifft, stellt sich auf einer darunter liegenden Stufe zusätzlich die Frage nach dem Verhältnis der Rechte der einzelnen Mitglieder eines Organs in ihrem Verhältnis zu anderen Organ sowie schließlich in ihrem Verhältnis zu dem Organ, dessen Mitglied sie sind (Intraorganstreit). 177

54

2. Abgrenzung Außerhalb der gesetzlichen Regelungen über die Verfassung finden sich §§ 241 ff AktG, die die Klagemöglichkeiten ua von Organmitgliedern gegen Hauptversammlungsbeschlüsse betreffen. Diese Klagemöglichkeiten sind hier nicht zu behandeln, denn sie betreffen in erster Linie nicht den Komplex der Rechte und Pflichten von Organen und deren Mitgliedern in deren Verhältnis zueinander, sondern die Rechtmäßigkeitskontrolle von Entscheidungen der Gesellschafter und deren institutioneller Absicherung durch Klagemöglichkeiten. Ebenfalls nicht unter die Thematik des Organstreits fallen die unzweifelhaft gegen die AG selbst gerichteten Ansprüche der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat auf Vergütung und Auslagenersatz sowie deren klagweise Geltendmachung. 178

55

3. Verhältnis Vorstand - Aufsichtsrat a) Klagerecht des Aufsichtsrats Auf der Ebene des Verhältnisses der Organe zueinander ist vor allem das Verhältnis des Vorstands zum Aufsichtsrat von besonderem Belang. In § 90 AktG findet sich lediglich eine Teilnormierung der materiellrechtlichen Seite dieses Verhältnisses. Nach der „Opel"-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 198 8 1 7 9 dürfte feststehen, dass der Aufsichtsrat berechtigt und ggf sogar verpflichtet ist, die Erfüllung der Organpflichten des Vorstands klagweise geltend zu machen, und zwar im Weg des sog Interorganstreits durch Erhebung einer Klage des Aufsichtsrats gegen den Vorstand. 1 8 0 Es besteht auch ein 176

(37)

Dazu etwa K K / M e r t e n s 2 vor § 7 6 Rdn 3 ff; Bork Z G R 1 9 8 9 , 1; Raiser AG 1989, 185; Brücher AG 1 9 8 9 , 1 9 0 ; Bauer Organklagen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft 1 9 8 6 passim; von Gerkan Z G R 1 9 8 8 , 4 4 1 ; Häsemeyer Z H R 1 4 4 ( 1 9 8 0 ) 2 6 5 ; Hommelhoff Z H R 143 ( 1 9 7 9 ) 2 8 8 ; Lewerenz Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft 1 9 7 7 ; Mertens Z H R 154 ( 1 9 9 0 ) 2 4 ; Pflugradt Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft 1 9 9 0 ; Raiser Z G R 1989, 4 4 ; ders AG 1989, 185; Steinbeck Überwachungspflicht und Einwir-

kungsmöglichkeit des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft 1 9 9 2 ; Stodolkowitz Z H R 1 5 4 ( 1 9 9 0 ) 1; rechtsvergleichend Borgmann Der Organstreit in der Kapitalgesellschaft 1 9 9 6 passim. 177

Dazu Borgmann Der Organstreit in der Kapitalgesellschaft 1 9 9 6 S 2 1 9 ff.

178

Hüffer5 § 9 0 Rdn 16; MünchHdbAG/Ho/fmann- Becking2 § 3 3 Rdn 5 2 .

179

B G H Z 1 0 6 , 5 4 , 6 0 ff = N J W 189, 979. Dazu Bork Z G R 1989, 1, 4 ff; Steinbeck Überwachungspflicht und Einwirkungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft 1 9 9 2 S 171 ff; sehr skeptisch Hüffer5 $ 9 0 Rdn 18.

180

Michael Kort

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Vor § 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

praktisches Bedürfnis für die Zulassung der gerichtlichen Durchsetzung von Vorstandspflichten durch den Aufsichtsrat. 1 8 1 Der Aufsichtsrat ist Kontrollorgan. Effektive Kontrolle impliziert auch die Möglichkeit, das Vorstandshandeln gerichtlich überprüfen zu lassen. Die indirekte Kontrolle, die aus der Personalkompetenz des Aufsichtsrats folgt, reicht hierfür nicht aus. 1 8 2 b) Klagerechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder? 57

Ein Recht einzelner Mitglieder des Aufsichtsrats, Rechte des Gesamtorgans „Aufsichtsrat" gegenüber dem Vorstand geltend zu machen, etwa durch Erhebung einer Klage auf Erfüllung der Berichtspflicht aus § 9 0 AktG, besteht hingegen nur in ganz seltenen Ausnahmefällen. 1 8 3 Die einzelnen Organmitglieder haben nämlich weder aus eigenem Recht die Möglichkeit, ein anderes Organ zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten, noch lässt sich in umfassender Weise der Gedanke der actio pro socio anführen, um ein solches Recht des einzelnen Organmitglieds (etwa eines Aufsichtsratsmitglieds) bei Untätigbleiben des eigenen Organs (etwa des Aufsichtsrats) gegenüber dem anderen Organ (etwa dem Vorstand) zu begründen. Eine Pflicht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Klageerhebung besteht aber auch bei Untätigkeit des Aufsichtsrats nicht. 1 8 4 Klagen einzelner Organmitglieder gegen andere Organe der AG sind daher im Grundsatz nur möglich, wenn Individualrechte einzelner Organmitglieder ausnahmsweise gesetzlich vorgesehen sind, wie das etwa bei § 90 Abs 3 Satz 2 AktG der Fall ist. 1 8 5 Ansonsten ist eine Klage eines Organmitglieds gegen ein anderes Organ allenfalls in extremen Ausnahmesituationen denkbar, nämlich dann, wenn vorher erfolglos alles versucht worden ist, um das eigene Organ zur Rechtswahrung gegenüber dem anderen Organ anzuhalten. 1 8 6

58

In der „Opel"-Entscheidung 1 8 7 hat der B G H die Existenz eines Klagerechts des einzelnen Aufsichtsratsmitglied ausdrücklich offengelassen, jedoch jedenfalls für den Fall verneint, dass das Aufsichtsratsmitglied, das klagen will, gegen den Beschluss des Aufsichtsrats, mit dem die Mehrheit eine Klageerhebung abgelehnt hat, nichts unternommen hat. 1 8 8 Außer in solchen extremen Ausnahmefällen hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied auch nicht das individuelle Recht, sich etwa gegen (rechtswidrige) Konzernierungs- oder Ausgliederungsmaßnahmen zur Wehr zu setzen. 1 8 9 Ein Individualklagerecht einzelner Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich - außer in den genannten extremen Ausnahmefällen weder aus dem Gesichtspunkt der actio pro socio bzw acto pro societate (dazu näher unten Rdn 64) noch aus eigenem Recht. Dem einzelnen Mitglied stehen die Rechte des

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A A in Hinblick auf die Durchsetzung von Berichtspflichten Hüffer5 1 8 ; generell aA KKJMertens 52 vor § 7 6 Rdn 4 ff.

182

A A Hüffer5

183

Bork Z G R 1 9 8 9 , 1, 4 2 f; Raiser Z G R 1989, 4 4 ; Hauswirth Befugnisse und Pflichten von Organen der Aktiengesellschaft als Gegenstand von Organstreitigkeiten vor den Zivilgerichten 1 9 9 7 S 2 1 2 ff; ein Klagerecht weitgehend befürwortend Pflugradt Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft 1 9 9 0 S 1 4 2 f.

184

185

K K / M e r t e n s 2 vor § 7 6 Rdn 7.

186

Kort AG 1987, 1 9 3 , 1 9 7 ff, noch zurückhaltender K K ¡ M e r t e n s 2 vor § 7 6 Rdn 7 ; ganz zurückhaltend Lewerenz Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft 1 9 7 7 S 131 ff.

187

B G H Z 106, 5 4 .

188

B G H Z 1 0 6 , 5 4 , 6 6 f; auch O L G Celle N J W 1 9 9 0 , 5 8 2 , 5 8 3 (Pelikan).

189

Insofern ebenso K K ¡ M e r t e n s 2 vor § 7 6 Rdn 7.

18 aE.

Raiser Recht der Kapitalgesellschaften 3 § 16 Rdn 133.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

G e s a m t o r g a n s „ A u f s i c h t s r a t " nicht zu. Eine entsprechende Klage eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds ist nicht b l o ß als unbegründet abzuweisen, weil der Kläger zu Unrecht geltend m a c h t , ihm stehe ein R e c h t des Aufsichtsrats als eigenes R e c h t z u , 1 9 0 sondern als unzulässig. 1 9 1 c) Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen Z u m T h e m e n k r e i s der R e c h t e und Pflichten der O r g a n e der A G in ihrem Verhältnis zueinander gehörend stellte sich angesichts der „ A R A G " - E n t s c h e i d u n g des B G H aus

59

dem J a h r 1 9 9 7 1 9 2 die Frage, o b der Aufsichtsrat verpflichtet ist, Ersatzansprüche der A G gegen Vorstandsmitglieder gerichtlich geltend zu m a c h e n . 1 9 3 In dieser Entscheidung ging es allerdings nicht um Fragen eines Organstreits im engeren Sinn, da nicht eigene R e c h t e des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand und seinen Mitgliedern, sondern solche der A G (nämlich Ersatzansprüche wegen pflichtwidrigen Vorstandshandelns) in Rede standen. D e n n o c h betrifft die „ A R A G " - E n t s c h e i d u n g im weiteren Sinn den hier angesprochenen F r a g e n k o m p l e x , da sie sich mit der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „ Ü b e r w a c h u n g " des Vorstands durch den Aufsichtsrat befasst und insofern sehr w o h l ein G r u n d s a t z p r o b l e m des Verhältnisses der O r g a n e zueinander behandelt. Deutlich ist diese Entscheidung dadurch geprägt, dass dem Aufsichtsrat bei der W a h r n e h mung seiner Überwachungstätigkeit (und deren prozessualer Durchsetzung) im Gegensatz zum Vorstand bei der Leitung und Geschäftsführung kein unternehmerischer Handlungsspielraum z u k o m m t . 1 9 4 N i c h t unproblematisch ist es, dass der B G H hierfür nicht einmal einen Beurteilungsspielraum zulassen will.

IX. Aktionärsschutz 1. Allgemeines N e b e n Vorschriften über die drei zwingend vorgesehenen O r g a n e der A G enthalten die N o r m e n über die Verfassung der A G ( § § 7 6 bis 1 4 7 A k t G ) auch Bestimmungen, die nicht das Verhältnis der O r g a n e der A G zueinander, sondern primär den Schutz der Aktionäre betreffen. Insbesondere ist hierbei das in § 131 A k t G behandelte Auskunftsrecht des Aktionärs zu nennen, das allerdings - wie schon der W o r t l a u t dieser N o r m deutlich m a c h t - in Z u s a m m e n h a n g mit der funktionalen Bedeutung der Hauptversammlung als O r g a n steht. D e m Schutz der Aktionäre dienen ferner die Bestimmungen über die Bezüge der Vorstandsmitglieder (§ 8 7 A k t G ) und der Aufsichtsratsmitglieder (§ 113 A k t G ) . Eine Verstärkung der Kontrollfunktion der Aktionäre, die generell ihren Niederschlag in § 118 A b s 1 A k t G findet, stellt die durch das K o n T r a G 1 9 9 8 erfolgte Neuregelung des Bankenstimmrechts in § 135 A k t G dar. Diese N o r m verpflichtet die Kreditinstitute, in besonderer Weise die Eigeninteressen der Aktionäre w a h r z u n e h m e n . 1 9 5 Die Einführung von H ö c h s t s t i m m r e c h t e n ist gem § 1 3 4 A b s 1 Satz 2 A k t G seit 1 9 9 8 nur n o c h bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften möglich. D a s ist nicht nur Ausdruck

190 191

192

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So aber Bork ZGR 1989, 1, 37f. BGHZ 106, 54, 62 ff (Opel); OLG Celle NJW 1990, 582 (Pelikan); LG Köln AG 1976, 329 mit Anm Hommelhoff/Timm (Feiten & Guilleaume). BGHZ 135, 244 = NJW 1997, 1926.

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Dazu Horn ZIP 1997, 1129; Heermann AG 1998, 201; Kindler ZHR 162 (1998) 101. S die Analyse und Wertung der Entscheidung bei Hüffers § 111 Rdn 4 a und b. Hüffer5 § 135 Rdn 1.

Michael Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

des Aktionärsschutzes im Sinne eines „One Share-One Vote"-Prinzips, sondern zeigt zugleich die zunehmende Bedeutung der AG als Kapitalsammeistelle (dazu Großkomm AktGIAssmann 4 Einl Rdn 4 0 0 ff) und damit ihre Funktion für ein modernes Kapitalmarktrecht. 61

Von erheblicher Bedeutung für den Aktionärsschutz sind ferner die Vorschriften über die Sonderprüfung von Vorgängen bei der Gründung der AG und bei der Geschäftsführung (142 ff AktG) 1 9 6 sowie § 147 AktG, der die Möglichkeit der Geltendmachung bestimmter Ersatzansprüche der Aktiengesellschaft, insbesondere gegenüber ihren Organen, betrifft. 197 § 147 AktG dient der Durchsetzung von Ersatzansprüchen im Gesellschaftsinteresse. 198 In der Praxis würde ohne das Bestehen dieser Norm die Geltendmachung von derartigen Ersatzansprüchen oft unterlassen, weil die Vertretung der Gesellschaft gerade bei den Organen liegt, gegen die möglicherweise Ansprüche bestehen (§§ 78, 112 AktG). Nach den Empfehlungen der Regierungskommission Corporate Governance soll § 147 AktG neu gefasst werden. 199 Grundsätzlich soll damit erreicht werden, dass die Möglichkeit der Minderheit, das Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder zu erzwingen, verbessert wird. Der Gesetzgeber hat sich zu einer Änderung von § 147 AktG im TransPuG allerdings (noch) nicht entschlossen. 2. Klagerechte der Aktionäre a) Allgemeines

62

Die Aktionärsrechte werden vor allem in der Hauptversammlung wahrgenommen (§ 118 AktG). Mangelhafte Entscheidungen der Hauptversammlung kann ua der einzelne Aktionär im Klageweg, nämlich mittels Erhebung der Beschlussmängelklage (Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, §§ 241 ff AktG), 2 0 0 geltend machen. Reformvorschläge in Hinblick auf die Beschlussmängelklage finden sich im Gutachten von Baums für den 63. Deutschen Juristentag 2000. Diese beziehen sich auf mögliche Erleichterungen der Anfechtung, 201 aber auch auf Einschränkungen des Anfechtungsrechts 202 sowie auf die rechtliche Handhabung von dessen Missbrauch. 203 Hierbei handelt es sich nicht um Vorschläge für eine Totalrevision des Rechts der Beschlussmängelklage, sondern um Einzelvorschläge. Das Beschlussmängelrecht soll auch nach den Vorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance (dazu Rdn 39 ff) nicht grundlegend, sondern nur in Hinblick auf einzelne Aspekte (zB bei der Verletzung von Informationspflichten) reformiert werden. 204 Außerhalb von §§ 241 ff AktG finden sich verstreut über das 196

Dazu - auch rechtsvergleichend mit dem französischen Recht - Fleischer R I W 2 0 0 0 , 809.

197

Kritisch zur beschränkten Bedeutung von § 1 4 7 AktG Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 6 3 . Deutschen Juristentag 2 0 0 0 Rdn F 2 4 6 ff; Trescber Der Betrieb 1 9 9 5 , 6 6 1 , 6 6 2 ff.

198 199

Hüffers § 1 4 7 Rdn 1. Dazu im Einzelnen Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2 0 0 1 , 7 3 f.

200

Z u r Kontrollfunktion der aktienrechtlichen Anfechtungsklage Bayer in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2 0 0 0 S 35 und Schiessl ebda S 57.

201

Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 6 3 . Deutschen Juristentag 2 0 0 0 Rdn F 4 0 ff.

202

Baums ebda Rdn F 9 8 ff. Baums ebda Rdn F 144 ff.

203 204

Dazu ausführlich und diese Zurückhaltung befürwortend Reichert in: Hommelhoff/

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(40)

Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

Aktiengesetz verteilt weitere Klagebefugnisse für einzelne Aktionäre. Für den hier interessierenden Bereich der Verfassung der AG sind etwa die Rechte auf Einleitung einer gerichtlichen Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gem § 98 Abs 2 Nr 3 AktG, auf gerichtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds gern § 104 Abs 1 Satz 1 AktG und auf gerichtliche Entscheidung über das Auskunftsrecht in der Hauptversammlung (S 132 Abs 2 AktG) zu nennen. 2 0 5 Abwehr- und Schadenersatzklagen des Aktionärs sind theoretisch in folgenden Fallgruppen denkbar: (1) Die Verwaltung beeinträchtigt rechtswidrig die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs, (2) die AG wird durch pflichtwidrige Handlungen von Organmitgliedern geschädigt, (3) Dritte (oder Aktionäre) nehmen rechtswidrig Einfluss auf die Verwaltung, (4) Verwaltungsmitglieder verletzten Schutzgesetze zugunsten der Aktionäre, (5) die AG wird durch Dritte rechtswidrig geschädigt. 2 0 6 Abwehr- und Schadensersatzklagen des Aktionärs stehen ganz allgemein unter dem Vorbehalt, dass der Aktionär seine Rechtsposition nicht mehr mit der Beschlussmängelklage verteidigen k a n n . 2 0 7 Neben den individuellen Klagebefugnissen gibt es Klagemöglichkeiten, die als Minderheitsrechte 2 0 8 Aktionären zustehen, die einen gewissen Teil des Grundkapitals halten oder deren Beteiligung ansonsten einen gewissen Schwellenwert überschreitet. Das ist etwa bei dem Recht zur Bestellung von Sonderprüfern gem § 142 Abs 2 AktG der Fall.

63

b) Prozessstandschaft Die gesetzlich vorgesehenen und die ungeschriebenen Klagemöglichkeiten des Aktionärs lassen sich in solche unterteilen, bei denen der Aktionär Ansprüche der Gesellschaft (gegen andere Aktionäre, Organe oder Organmitglieder) geltend macht (Aktionärsklage im engeren S i n n ) 2 0 9 und solche, bei denen der Aktionär eigene Rechte geltend macht. Bei der Thematik der Aktionärsklage geht es letztlich darum, ob sich der bei anderen Gesellschaftsformen, insbesondere bei den Personengesellschaften, aber auch bei der GmbH, bestehende Grundsatz der actio pro socio 2 1 0 bzw der actio pro società te auf die Aktiengesellschaft übertragen lässt. 211 Prozessual kann die Geltendmachung eines fremden Anspruchs (des Anspruchs der AG) durch den Aktionär im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft vorliegen. 212 Ein Recht auf Erhebung einer solchen Aktionärsklage lässt sich nicht einfach bereits aus dem Gedanken heraus verneinen, dass der Gesetzgeber den Vorstand als (allein) zuständig für die Geltendmachung solcher Ansprüche ansieht, 213 denn bei der actio pro socio bzw bei der actio pro societate geht es stets um zusätzliche, ungeschriebene, wenn auch nachrangige Zuständigkeiten. Eine gesetzliche Prozessstand-

Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 S 165, 171 ff; s ferner ausführlich und teilweise kritisch Bayer in: Hommelhoff/ Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance ZHR-Beiheft 71 2 0 0 2 S 137, 141 ff.

209

Großfeld Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär 1 9 6 8 S 2 2 4 ff; M ü n c h H d b A G / W f e K e r 2 S 18 Rdn 4 ; Krieger Z H R 1 6 3 ( 1 9 9 9 ) 3 4 3 ; rechtsvergleichend auch Ulmer Z H R 1 6 3 (1999) 290.

210

Z u weiteren gesetzlichen Klagerechten des Aktionärs s M ü n c h H d b A G / W f e s n e r 2 § 18 Rdn 1.

Dazu grundlegend, teilweise auch kritisch Schanbacher AG 1 9 9 9 , 2 1 .

211

Skeptisch Brondics 1 9 8 8 S 77.

206

Bayer N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 0 ff.

212

MünchHdbAG/Wi'esner 2 § 18 Rdn 5.

207

Bayer N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 , 2 6 1 2 .

213

208

Eine tabellarische Übersicht über die Minderheitsrechte findet sich bei MünchH d b A G / S e m l e r 2 Tabelle 1 Anh § 4 2 .

Z u diesem Argument MünchHdbAG/ Wiesner2 § 18 Rdn 5.

205

(41)

Michael Kort

Die Aktionärsklage

64

Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Schaft des einzelnen Aktionärs ist etwa für den Fall anzuerkennen, dass ein Mitaktionär seine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gegenüber der AG verletzt 214 und die AG ihrerseits nichts gegen den treuwidrigen Aktionär unternimmt, etwa weil es sich um einen Großaktionär handelt. In der Treupflichtverletzung gegenüber der AG liegt nämlich zugleich auch eine Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts des Aktionärs, der eine Klage erheben will. Diese Beeinträchtigung seiner Mitgliedschaft führt zwar nicht zu einem eigenen einklagbaren subjektiven Recht, wohl aber dient sie als Basis für die entsprechende actio pro societate. 215 Für die in § 147 AktG geregelten Fälle ist das dort vorgesehene Verfahren hingegen abschließend, so dass in diesem Bereich eine zusätzlich bestehende Möglichkeit eines Vorgehens im Wege der Einzelklage des Aktionärs aus dem Gesichtspunkt der actio pro societate ausscheidet.216 Die Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance 2001 sehen zwar eine Umgestaltung des Verfolgungsrechts des § 147 AktG vor, 217 nicht aber eine Einzelklagebefugnis. Das vorgeschlagene Klagezulassungsverfahren soll der Vermeidung unnötiger, aussichtsloser oder erpresserischer Klagen dienen. Auch für den Bereich des Organstreits (dazu oben Rdn 54 ff) ist außerordentliche Zurückhaltung bei Einräumung der Möglichkeit für einzelne Organmitglieder, aus dem Gesichtspunkt der actio pro socio gegen ein anderes Organ vorzugehen, geboten 218 , zumal das Institut der actio pro socio nicht auf die Spezifika des Organstreits ausgerichtet ist. c) Mitgliedschaftsklage 65

Neben der Aktionärsklage als Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft ist auch an (ungeschriebene) Klagerechte des Aktionärs aus eigenem (Mitgliedschafts-) Recht zu denken (Mitgliedschaftsklage).219 Die individuelle Mitgliedschaftsklage ist als Feststellungsklage (Großkomm AktG!Hopt A § 93 Rdn 462), aber auch als Leistungsklage (Großkomm AktG/Hopf 4 § 93 Rdn 457 ff), denkbar. Sie findet ihre Grundlage in der „Holzmüller"-Entscheidung des B G H 2 2 0 (dazu ausführlich Großkomm AktG/Mülbert4 § 119 Rdn 21 ff). In diesem Urteil aus dem Jahr 1982, das materiellrechtlich die Frage ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten betraf (dazu oben Rdn 7 und § 76 Rdn 79 ff), ging es verfahrensrechtlich um die Anerkennung eines Rechts des einzelnen Aktionärs aus eigenem Recht auf Erhebung einer Feststellungsklage gegen die AG. Der BGH billigte dem einzelnen Aktionär ein solches Recht zu, wenn es um ein Rechtsverhältnis geht, das für die rechtlichen Beziehungen des Aktionärs zu der AG von Bedeutung ist, der klagende Aktionär an der alsbaldigen Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses ein rechtliches Interesse hat und das Aktiengesetz für die Austragung dieses Streits keine abschließende Regelung trifft. 221 Ferner steht die Erhebung einer solchen Klage unter den (weiteren) einschränkenden Voraussetzungen, dass sie nicht unangemessen verzögert oder missbräuchlich erhoben werden darf und dem Aktionär keine anderen geeigneten aktienrechtlichen Behelfe zur Wahrung seiner Rechte zur Verfügung stehen. 222 Die

214

215

216 217

So auch Großkomm AktG/Hopf 4 § 93 Rdn 4 6 0 sowie Hüffer5 § 5 3 a Rdn 19. Ähnlich MünchHdbAG/Wiesner 2 § 18 Rdn 5. Hüffers § 147 Rdn 5. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 72 f; dazu Ulmer AcP 2 0 2 (2002) 143, 165 f.

218 219

220 221

222

S auch Hüffer5 § 90 Rdn 19. Dazu Brondics Die Aktionärsklage 1988 S 79 ff. BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703. S auch MünchHdbAG/ Wiesner2 § 18 Rdn 8. MünchHdbAG/Wieswer 2 § 18 Rdn 11.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

(42)

Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

gesetzlichen Regelungen über die Beschlussmängelklage (§§ 2 4 1 ff A k t G ) schließen ein solches R e c h t zur Erhebung einer Feststellungsklage schon deshalb nicht aus, weil es häufig - so auch im Fall „ H o l z m ü l l e r " - an einem (materiellrechtlich erforderlichen) Hauptversammlungsbeschluss gerade fehlt. Ein Feststellungsinteresse besteht für derartige Mitgliedschaftsklagen oft schon deshalb, weil sie als Basis für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen dienen oder eine Grundlage für die Versagung der Entlastung des Vorstands durch die Hauptversammlung bilden k ö n n e n . N e b e n der M ö g l i c h k e i t der Erhebung einer Feststellungsklage räumte der B G H dem

66

einzelnen A k t i o n ä r in der „ H o l z m ü l l e r " - E n t s c h e i d u n g aber auch das R e c h t ein, eine Leistungsklage zu erheben. Voraussetzung für die Erhebung einer Mitgliedschaftsklage als „allgemeiner A k t i o n ä r s k l a g e " 2 2 3 ist es, dass der einzelne A k t i o n ä r in seiner mitgliedschaftlichen Position beeinträchtigt wird, etwa durch die Vorenthaltung von M i t wirkungsrechten (kein Hauptversammlungsbeschluss wie im Falle „ H o l z m ü l l e r " ) . Die Bejahung ungeschriebener Klagemöglichkeiten angesichts der Verletzung von Mitgliedschaftsrechten steht in engem Z u s a m m e n h a n g mit der Bejahung ungeschriebener H a u p t versammlungszuständigkeiten bei Grundlagenentscheidungen wie im Falle „Holzm ü l l e r " . Solche Klagemöglichkeiten bestehen mithin nur in „Holzmüller"-spezifischen Situationen wichtiger Entscheidungen, die an der H a u p t v e r s a m m l u n g vorbei getroffen werden, nicht hingegen schon dann, wenn lediglich einfache Geschäftsführungsmaßnahmen vorliegen. Es existiert schon angesichts der Weisungsunabhängigkeit des Vorstands kein Klagerecht des Aktionärs auf V o r n a h m e oder Unterlassung einfacher G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n . 2 2 4 Die Regierungskommission C o r p o r a t e G o v e r n a n c e 2 0 0 1 hat davon abgesehen, dem Gesetzgeber eine Regelung der Mitgliedschaftsklage zu e m p f e h l e n . 2 2 5 Insgesamt betrachtet treten Aktionärsklagen als Unterlassungs-, Feststellungs- und Schadenersatzklagen hinter die Beschlussmängelklage als primär dem A k t i o n ä r eingeräumter Klagemöglichkeit deutlich zurück. Das ist im System des Aktienrechts aber auch so a n g e l e g t . 2 2 6 Auch das W p Ü G räumt den einzelnen Aktionären kein Klagerecht in Ü b e r n a h m e s i t u a t i o n e n , etwa zum Schutz vor mangelhaften Ü b e r n a h m e angeboten, ein.

X.

Typendifferenzierung

1. Allgemeines D e m ua auch in den N o r m e n über die Verfassung der A G zum Ausdruck k o m m e n d e n besonderen Schutz der Aktionärsinteressen liegt allerdings kein einheitliches Konzept der „ t y p i s c h e n " A G und - damit verbunden - des „typischen" Aktionärs zugrunde. D a s Aktiengesetz 1 9 6 5 w a r in seiner ursprünglichen Fassung mehr oder weniger ausschließ-

223

224

(43)

Dazu MünchHdbAG/Wfes«er2 § 18 Rdn 11; Hopt in: FS Kübler, 1997 S 435, 440 f; ferner schon KK/Mertens 1 § 76 Rdn 15. OLG München Betriebs-Berater 1993, 2040, 2041; Habersack Die Mitgliedschaft - subjetives und „sonstiges" Recht 1996 S 285 ff; MünchHdbAG/Wiesner 1 § 18 Rdn 11; ähnlich für die GmbH Binge Gesellschafterklagen gegen Maßnahmen der Geschäftsführer in der GmbH 1994 S 118.

225

226

Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 82; zustimmend Bayer in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 137, 153. Ähnlich auch für den Fall des „Genehmigten Kapitals" Cahn ZHR 164 (2000) 113, 153 f.

Michael Kort

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

lieh vom Leitbild einer Publikumsgesellschaft geprägt, deren Aktien sich im Streubesitz einer Vielzahl von Aktionären befinden. 2 2 7 Dieses Leitbild entsprach und entspricht zwar nicht der tatsächlichen Struktur der meisten deutschen Aktiengesellschaften, deren Hauptversammlung von wenigen (Groß-) Aktionären oder zumindest von festen Mehrheitsgruppen dominiert wird, 2 2 8 lag jedoch der Konzeption des AktG 1965 zugrunde. Demgegenüber fand insbesondere in den neunziger Jahren eine Ausdifferenzierung der AG-Typen statt, die sich ua im Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. 8.1994 (BGBl I S 1961) niederschlug. So wurde dort etwa die Einpersonengründung ohne Strohpersonen vorgesehen (s jetzt § 2 AktG). Das KonTraG vom 27.4.1998 (BGBl I S 768) differenziert zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften 229 . § 3 Abs 2 AktG, der durch das KonTraG § 3 AktG aF angefügt wurde, beinhaltet nicht nur eine Definition börsennotierter Aktiengesellschaften, sondern zeigt zugleich durch seine exponierte Stellung im AktG, dass eine Binnendifferenzierung zwischen nicht börsennotierten und börsennotierten Aktiengesellschaften seitens des Gesetzgebers erfolgen sollte. Börsennotiert sind bis zur 2003 geplanten Neuordnung der Marktsegmente Aktiengesellschaften, deren Aktien zum amtlichen Markt (§ 36 ff BörsG) oder zum geregelten Markt (§§ 71 ff BörsG) zugelassen sind, ferner Aktien, die zum Handel am Neuen Markt zugelassen sind. Der Freiverkehr wird hingegen nicht erfasst. Die ausschließliche Zulassung an einer ausländischen Börse reicht aus. Der in § 3 Abs 2 AktG definierte Kreis börsennotierter Aktiengesellschaften stimmt mit demjenigen börsennotierter Gesellschaften im Sinne von § 21 Abs 2 W p H G überein. 2 3 0 Die aktienrechtliche Differenzierung in § 3 Abs 2 AktG wirkt sich bei der Rücklagenbildung durch Vorstand und Aufsichtsrat (§ 58 Abs 2 Satz 2 AktG), bei der Zahl der Aufsichtsratssitzungen (§ 110 Abs 3 AktG), bei den Vorschlägen zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 125 Abs 1 Satz 2 AktG), bei der Form der Niederschrift der Hauptversammlung (§ 130 Abs 1 Satz 3 AktG) und bei der Zulässigkeit von Höchststimmrechten (§ 134 Abs 1 Satz 2 AktG) aus. Auch international zeigt sich zunehmend, dass eine rechtlich verfasste Typendifferenzierung zwischen verschiedenen Arten von (Aktien-)Gesellschaften, insbesondere eine Unterscheidung zwischen börsennotierten und „geschlossenen" Gesellschaften, Vorteile hat. 2 3 1 Das TransPuG 2002 sieht zwar keine grundsätzliche Typendifferenzierung (etwa: Unterscheidung börsennotierter und nicht börsennotierter Gesellschaften) vor, 2 3 2 jedoch sieht der durch das TransPuG eingeführte § 161 AktG nF die Comply-or-Explain-Erklärung (dazu oben Rdn 39, 47 f ) nur für börsennotierte Aktiengesellschaften vor. Jedenfalls kann nicht von einer „Tendenzwende" weg von einer Typendifferenzierung die Rede sein. 233 2. Grenzen der Auswirkung 68

Die unterschiedliche Realstruktur der AG kann de facto die Stellung des einzelnen Aktionärs beeinflussen. De iure hingegen hat der Aktionär unabhängig von der Realstruktur der jeweiligen Gesellschaft im Grundsatz dieselben Rechte und Pflichten bei

227 228

Geßler/Hefermehl vor ξ 76 Rdn 2. Zur Struktur der Hauptversammlung umfassend mit empirischen und wirtschaftswissenschaftlichen Befunden Frigge in: Hopt/Kande/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance - The State of the Art and Emerging Research 1998 S 943, 968 ff.

229

230 231 232 233

Dazu Seibt in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000, 2001 S 37, 38 ff. Hüffer5 $ 22 Anh § 21 W p H G Rdn 13. Wymeersch ZGR 2001, 294, 304 f. Kritisch Schuppen ZIP 2002, 1269, 1278. So auch Schuppen aaO.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

jeder AG. Wirtschaftlich, wenn auch nicht rechtlich, ist ihm unabhängig von der Realstruktur der AG das Vermögen der AG zugeordnet. Als verfassungsrechtlich durch Art 14 G G 2 3 4 geschützte „wirtschaftliche Eigentümer" der AG haben die Aktionäre von Gesetzes wegen die Rechtsmacht, grundlegende wirtschaftliche Entscheidungen der AG selbst (und nicht durch den Vorstand) zu treffen, wenn es sich um Strukturänderungen der Gesellschaft handelt (dazu bereits oben Rdn 7). 3. Verschiedene Aktionärsinteressen Die Interessen der Aktionäre können de facto erheblich differieren. So unterscheiden sich die Interessen der Aktionäre einer personalistischen Aktiengesellschaft von denjenigen einer Publikums-AG. 235 Ferner ist das Interesse des Großaktionärs von dem Interesse des Kleinaktionärs zu unterscheiden. Zwar hat auch der Großaktionär nicht in jedem Fall ein Interesse daran, die Geschicke der Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Sein Anteilseignerinteresse wird sich, etwa als institutioneller Investor, aber schon angesichts des Volumens seiner Beteiligung nicht auf die bloße Portfolio-Verwaltung beschränken. Ein bloßes Interesse an der Portfolio-Verwaltung mag hingegen bei dem Kleinaktionär gegeben sein. Teilweise unabhängig von der Höhe der Beteiligung mögen die Interessen sich insofern unterscheiden, als ein Teil der Gesellschafter kurzfristige Spekulations- oder Gewinnmaximierungsinteressen verfolgt, andere Aktionäre hingegen eine langfristige Profitsteigerung im Auge haben oder aus sonstigen Motiven langfristige Investitionen bevorzugen. Angesichts des Umstands, dass es somit bei den meisten Aktiengesellschaften kein homogenes Aktionärsinteresse gibt, erscheint die gesetzliche Etablierung eines in Form der Fremdorganschaft konzipierten, mit der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft betrauten Vorstands sachgerecht gegenüber Tendenzen zur Verwirklichung einer wie auch immer gearteten Form von „direkter Aktionärsdemokratie" (dazu oben Rdn 11). Allerdings sind die Verwaltungsorgane der Gesellschaft und insbesondere der Vorstand als Treuhänder des wirtschaftlichen Eigentums der Aktionäre (des Gesellschaftsvermögens) kraft ihrer organschaftlichen Treuepflicht, die von der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Gesellschafter deutlich zu unterscheiden ist, gehalten, die Geschäfte der Gesellschaft im wohlverstandenen Interesse der Aktionäre auszuüben. Die (gebündelten) Aktionärsinteressen sind wesentliches Element des Unternehmensinteresses (dazu oben Rdn 31 und § 76 Rdn 3 9 f). Angesichts dieser Orientierung an den Aktionärsinteressen haben die Verwaltungsmitglieder in besonderem Maße das Shareholder Value-Konzept zu verfolgen (dazu § 76 Rdn 53 f). Das gilt für den Vorstand bei seiner Geschäftsführungstätigkeit, aber auch für den Aufsichtsrat bei der Ausübung seiner Überwachungsfunktion.

69

XI. Satzungsstrenge 1. Von der Satzung abweichende Bestimmungen Der Grundsatz der Satzungsstrenge (23 Abs 5 A k t G ) 2 3 6 hat Bedeutung nicht nur für die Existenz der drei Organe der AG und deren Verhältnis zueinander (dazu bereits oben Rdn 7 ff), sondern auch ansonsten für die gesamte Verfassung der AG iS der § § 7 6 bis 234 235

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BVerfG ZIP 1999, 1436, 1439 (DAT/ Altana). Dazu umfassend Friedewald Die personalistische Aktiengesellschaft 1991 S 8 ff.

236

Dazu allg Hirte Die aktienrechtliche Satzungsstrenge: Kapitalmarkt und sonstige Legitimationen versus Gestaltungsfreiheit in: Lutter/Wiedemann (Hrsg) Gestaltungs-

Michael Kort

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

147 AktG (dazu im Einzelnen Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 179f). Aus § 23 Abs 5 Satz 1 AktG ergibt sich zunächst, dass von den gesetzlichen Vorschriften nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Zulassung abgewichen werden darf. Zulässig sind demgemäß etwa andere Mehrheiten und weitere Erfordernisse für Hauptversammlungsbeschlüsse (§§ 52 Abs 5 Satz 3, 103 Abs 1 Satz 3, 133 Abs 1 und 2 AktG). Zwingend sind hingegen die Normen über die Zusammensetzung der Organe, ihre innere Organisation und ihre Zuständigkeitsbereiche. 237 Auch von den Regelungen der Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht der Organmitglieder kann nicht abgewichen werden. Ferner sind Minderheitsrechte abgesehen von § 122 Abs 1 Satz 2 AktG nicht abschwächbar. 238 Das Zustimmungsrecht der Vorzugsaktionäre gem § 141 Abs 1 AktG ist ebenfalls zwingend. 239 2. Ergänzende Bestimmungen 71

Im Gegensatz zu abweichenden Bestimmungen sind Bestimmungen, die die Satzung bloß ergänzen, gem § 23 Abs 5 Satz 2 AktG zulässig, es sei denn, dass das Aktiengesetz abschließende Bestimmungen enthält. Teilweise sieht das Aktiengesetz sogar ausdrücklich Ergänzungen vor, so im Bereich der Normen über die Verfassung der AG etwa in § 100 Abs 4, § 107 Abs 1 Satz 1, § 113 Abs 1 Satz 2, § 119 Abs 1, §121 Abs 1 und 2 und § 134 Abs 4 AktG. Auch im Übrigen sind ergänzende Satzungsregelungen im Rahmen der allgemeinen Gesetze und der zwingenden Normen des Aktienrechts frei gestaltbar möglich. § 23 Abs 5 Satz 2 AktG ist Ausdruck der Privatautonomie der Aktionäre und daher nicht in dem Sinn zu verstehen, dass diese Norm nur der Ausfüllung des aktiengesetzlich vorgegebenen Rahmens dient. 240 Eine Instrumentalisierung der Satzung zu Zwecken, die mit einer individualisierenden Regelung und Ausgestaltung von Fragen, die die Verfassung der AG und ihre Organe betreffen, nichts mehr zu tun haben, ist auch angesichts eines solchermaßen weiten Verständnisses der „ergänzenden Bestimmungen" nicht zu befürchten 241 (s auch Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 192), da es sich in diesen Fällen meistens um bloß formelle Satzungsbestimmungen nicht-korporativen Charakters handelt. Zulässig als Ergänzung ist es etwa, in der Satzung einen Ehrenvorsitzenden des Vorstands der Gesellschaft vorzusehen 242 oder auszuschließen 243 oder einer bestimmten Person den Vorsitz in der Hauptversammlung einzuräumen. 244 Auch kann die Satzung vorsehen, dass der Kreis möglicher Stimmrechtsvertreter gem § 134 Abs 3 AktG auf Aktionäre beschränkt wird. § 134 Abs 3 AktG hat insofern keinen abschließenden Charakter. 245 Zulässig ist ferner in bestimmtem Umfang, nämlich unter

freiheit im Gesellschaftsrecht ZGR-Sonderheft 13, 1 9 9 8 S 61; Hopt Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht in Europa, Generalbericht, in: Lutter/Wiedemann (Hrsg) Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht ZGR-Sonderheft 13, 1 9 9 8 S 1 2 3 ; Mertens Z G R 1 9 9 4 , 4 2 6 ; auch schon Geßler in: FS Luther 1 9 7 6 S 6 9 ; Luther in: FS Hengeler 1 9 7 2 S 1 6 7 ; aus rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht Spindler AG 1 9 9 8 , 5 3 , 5 8 ff. 237

MünchKommAktG/Pettfz § 2 3 Rdn 1 5 6 ; Hüffer5 § 2 3 Rdn 3 6 .

238

MünchKommAktG/Penfö § 2 3 Rdn 156. MünchKommAktG/Penfz § 2 3 Rdn 156; Hüffer5 § 2 3 Rdn 3 6 .

239

240

241

So aber K¥J Mertens1 vor § 7 6 Rdn 12; ähnlich wie hier hingegen M ü n c h K o m m AktG/Pentz § 2 3 Rdn 1 5 8 ; Hüffer5 § 2 3 Rdn 37; Geßler in: FS Luther 1 9 7 6 S 69, 76. So aber KKJMertens2

vor § 7 6 Rdn 12.

242

G r o ß k o m m AktG/Röhricht4 § 2 3 Rdn 1 9 0 ; MünchKommAktG/Peniz § 2 3 Rdn 161; K K / M e r t e n s 1 vor § 7 6 Rdn 29.

243

Lutter ZIP 1 9 8 4 , 3 8 3 , 4 0 5 ff.

244

Ulmer Die Anpassung der Satzungen bestimmter Aktiengesellschaften an das MitbestG 1 9 7 6 , 1 9 8 0 S 4 2 .

245

Hüffer5 $ 2 3 Rdn 38, § 134 Rdn 2 6 ; MiinchHdbAG/Wiesner 2 § 6 Rdn 11.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 76

Berücksichtigung des Auswahlermessens des Aufsichtsrats, die Aufstellung persönlicher Voraussetzungen für die Vorstandsmitglieder 246 (dazu näher § 76 Rdn 155 ff) sowie ferner die Aufstellung persönlicher Voraussetzungen für die von den Anteilseignern zu bestimmenden Aufsichtsratsmitglieder, zB deren Familienmitgliedschaft. 247 Auch kann das Auskunftsrecht der Aktionäre über § 131 AktG hinaus unter Wahrung von § 53 a AktG erweitert werden. 248 Außerdem sind auch Gerichtsstandsvereinbarungen in der Satzung möglich. 2 4 9 3. Schuldrechtliche Nebenabreden Auch außerhalb der Satzung ist es möglich, ergänzende Abreden über die Verfassung der AG zu treffen. Solche Vereinbarungen der Aktionäre untereinander sind unstreitig zulässig. 2 5 0 Sie haben allerdings stets bloß schuldrechtlichen Charakter. 251 Nach dem Trennungsprinzip 252 sind die Satzung und die schuldrechtlichen Vereinbarungen auch dann getrennt voneinander zu beurteilen, wenn alle Aktionäre an einer schuldrechtlichen Vereinbarung beteiligt sind. 2 5 3 Schon aus diesem Grund ist es nicht möglich, derartige Vereinbarungen zur Auslegung der Satzung heranzuziehen. 254 Auch können solche außerhalb der Satzung getroffenen Nebenabreden nicht den Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (mit-) bestimmen. 255 Fragen, die die Verfassung der AG betreffen und in schuldrechtlichen Nebenabreden behandelt werden können, sind etwa solche der Besetzung und Besoldung der Organe 2 5 6 sowie Abreden über deren Informationspflichten 2 5 7 und ferner Stimmrechtsbindungen (Stimmbindungsverträge). Schuldrechtliche Nebenabreden dürfen keine Fragen regeln, die notwendiger Satzungsinhalt sind 2 5 8 (dazu im Einzelnen Großkomm AktG/Röhricht4 § 23 Rdn 256ff).

72

ΧΠ. Internationales, europäisches und ausländisches Recht 1. Internationales Recht a) IPR der Verfassung der AG Das deutsche IPR der Verfassung der AG beurteilt sich nach der Anknüpfung des 7 3 Gesellschaftsstatuts (dazu Großkomm AktGIAssmann 4 Einl Rdn 532 ff). Nach deutscher Auffassung war bis vor kurzem der effektive Sitz für die Bestimmung des Gesellschafts246 247

248 249

250

251

252

253

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MünchKommAktG/Pewiz § 23 Rdn 161. Str, wie hier Hüffer5 § 23 Rdn 38 m w N ; aA Vorauñage/Meyer-Landrut § 100 Rdn 8. Hüffer5 § 23 Rdn 38. B G H Z 123, 347, 349 ff = N J W 1994, 51; auch Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 190. B G H Z 123, 15, 2 0 = N J W 1993, 2 2 4 6 ; B G H N J W 1987, 1890, 1891; Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 2 5 6 . Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 2 3 8 ; MünchKommAktG/Pente § 23 Rdn 190; Hüffer5 § 23 Rdn 45. Dazu Westermann Das Verhältnis von Satzung und Nebenordnungen der Kapitalgesellschaft 1994 S 32 ff. MiinchKommAktG/Peniz § 23 Rdn 192; MünchHdbAG/Wfesner 2 S 6 Rdn 14; aA

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157 258

Noack, Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften 1994 S 116 ff. Hüffer5 § 23 Rdn 47; M ü n c h H d b A G / Wiesner2 $ 6 Rdn 14. MünchKommAktG/Pente § 23 Rdn 191; Hüffer5 § 23 Rdn 4 7 ; aA Noack Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften 1994 S 80 ff und Baumann/Reiß Z G R 1989, 157, 214 f. Großkomm KktG/Röhricht4 % 23 Rdn 2 4 2 ff; Hoffmann-Becking Z G R 1994, 442, 444. Hüffer5 § 23 Rdn 45. Hüffer5 § 23 Rdn 45; weniger streng Joussen Gesellschafterabsprachen neben Satzung und Gesellschaftsvertrag 1995 S 134 ff.

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

statuts maßgeblich (Sitztheorie). 259 Der Sitztheorie steht die Gründungstheorie gegenüber, nach der sich das Gesellschaftsstatut allein nach dem Staat richtet, nach dessen Recht die Gesellschaft gegründet würde. Die neuere Rechtsprechung des EuGH, insbesondere die „Centros"-Entscheidung vom 9.3.199 9 2 6 0 sowie die „Überseering"-Entscheidung vom 5.11.2002 2 6 0 a , wirft die Frage auf, ob sich das deutsche IPR des Gesellschaftsstatuts in Richtung auf eine Anerkennung der Bedeutung des Gründungsorts der Gesellschaft ausrichten muss. 261 Da das Personalstatut der Gesellschaft (Gesellschaftsstatut) einheitlich für alle gesellschaftsrechtlichen Rechtspositionen und Rechtsverhältnisse der Gesellschaft gilt und somit auch für alle Fragen der Verfassung der AG, 261a hat die Diskussion um die Aufrechterhaltung der Sitztheorie im deutschen IPR auch Auswirkungen auf die internationalprivatrechtliche Frage, ob §§ 76 ff AktG zur Anwendung kommen. Die Entwicklung ist noch im Fluss, zwingend ist eine Abkehr von der Sitztheorie aber nicht. b) OECD-Grundsätze zur Corporate Governance 74

Ferner sind auf dem Gebiet des internationalen Rechts die OECD-Grundsätze zur Corporate Governance (zur deutschen Entwicklung von Corporate GovernanceGrundsätzen (s oben Rdn 38 ff) zu nennen. Die OECD hat 1999 „Principles of Corporate Governance" 2 6 2 vorgelegt. Die OECD-Grundsätze enthalten zunächst einen Katalog von Aktionärsrechten. Ferner enthalten sie die Forderung, dass Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder verpflichtet sein sollten, jedes wesentliche persönliche Interesse an Transaktionen oder Angelegenheiten, die das Unternehmen betreffen, offenzulegen. Von besonderer Bedeutung ist es, dass den sog „Stakeholders", also derjenigen Personen, die neben den Aktionären (Shareholders) ein Interesse am Unternehmen haben, Rechte zuerkannt werden sollen. Ferner sollen die Stakeholders an Verfahren zur Steigerung des Unternehmenserfolgs beteiligt werden. Insofern sind sie nach den Vorstellungen der OECD-Grundsätze ggf auch am Prozess der Unternehmensführung zu beteiligen (Principles III.). Die diesbezüglich sehr vage bleibenden Ausführungen zur Rolle der Stakeholder beziehen sich in erster Linie auf eine inhaltliche Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen, aber auch von Interessen der Investoren, der Gläubiger und der Zulieferer, 263 bei der Verfolgung des Unternehmensziels. Eine Forderung nach einer Institutionalisierung der Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen, etwa im Wege eines konkreten Mitbestimmungsmodells, ist hiermit nicht verbunden. Ferner enthalten die OECD-Principles einen sehr detaillierten Katalog an Rechten und Pflichten des Aufsichtsrats. Aus deutscher Sicht

259

260

260a 261

BGHZ 58, 318, 334 = NJW 1981, 522; BGHZ 97, 269, 271 = NJW 1986, 2194. Slg 1999-1, 1484, 1489 ff = NJW 1999, 2027. N j W 2002, 3614; ZIP 2002, 2037; dazu Kallmeyer Der Betrieb 2002, 2521. Dazu Raiser Recht der Kapitalgesellschaften 3 S 58 Rdn 7 ff; Hüffers § 1 Rdn 25 ff; für die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Sitztheorie auch nach der Centros-Entscheidung s die Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law zum Konsultationsdokument der High Level Group of

261a

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263

Experts on Corporate Law ZIP 2002, 1310, 1321; ferner Leíble in: Michalski (Hrsg) GmbHG, Systematische Darstellung 2 Rdn 31; einschränkend nach der „Überseering"-Entscheidung aber nunmehr Forsthoff Der Betrieb 2002, 2471. Entsprechend für die GmbH Leíble in: Michalski (Hrsg) GmbHG, Systematische Darstellung 2 Rdn 103. Abgedruckt in AG 1999, 340; dazu - auch rechtsvergleichend - Seibert AG 1999, 337. OECD-Bericht Teil 2 Anmerkungen AG 1999, 337, 346.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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sind die OECD-Grundsätze jedoch nur in sehr beschränktem Maß geeignet, gesetzgeberische Impulse, etwa in Hinblick auf eine Neugestaltung der Normen über die Verfassung der AG, zu geben. 2 6 4 2. Europäisches Recht a) Richtlinien Auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts 265 finden sich bis auf das 2001 geregelte Recht der SE (dazu unten Rdn 7 7 ff) nur vereinzelt Regelungen, die sich detailliert mit der Verfassung und dem Verhältnis der Organe von Aktiengesellschaften oder der deutschen AG vergleichbaren Gesellschaftsformen befassen. So sieht die Erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Publizitätsrichtlinie) in Art 9 Vorschriften über die Vertretungsmacht der Organe einer Gesellschaft vor. Die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Kapitalrichtlinie) beschäftigt sich in Art 25 und 30 mit der Zuständigkeit der Hauptversammlung für Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen). Zur Ersten und Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie hat eine von der Kommission berufene unabhängige Expertengruppe im Rahmen der SLIM-Initiative („Simpler Legislation in the Internal Market") 1999 Deregulierungsvorschläge unterbreitet, die sich ua darauf bezogen, dass die Hauptversammlung von börsennotierten Gesellschaften den Vorstand auf fünf Jahre ermächtigen können soll, zusätzliche Aktien ohne Bezugsrecht zum letzten Börsenkurs oder leicht darunter auszugeben. 266 Die Dritte gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Fusionsrichtlinie) sieht für die Verschmelzung die Zuständigkeit der Hauptversammlung in Art 7 vor. Entsprechend ist in Art 5 der Sechsten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Spaltungsrichtlinie) eine Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Spaltung bestimmt.

75

Von Bedeutung ist ferner der zuletzt 1991 geänderte Vorschlag einer Fünften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Strukturrichtlinie). 267 Nach diesem Richtlinienvorschlag können die Mitgliedstaaten für die Organisation der Verwaltung der Aktiengesellschaft und der Beteiligung der Arbeitnehmer zwischen dem dualistischen System (dazu näher oben Rdn 2), bei dem wie im deutschen Recht ein Leitungsorgan (Vorstand) und ein Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) existieren, und dem monistischen System (mit lediglich einem Verwaltungsorgan wie etwa in Großbritannien) wählen (Art 2 des Richtlinienvorschlags). Dafür stehen jeweils verschiedene Modelle der Beteiligung der Arbeitnehmer an der personellen Zusammensetzung der Verwaltungsorgane und an der Geschäftsführung zur Verfügung. In den neunziger Jahren hat die Kommission einen neuen Versuch unternommen, die Strukturrichtlinie zu verwirklichen. Hierfür hat sie eine Studie in Auftrag ge-

76

264

265

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Hommelhoff Z G R 2 0 0 1 , 2 3 8 ; noch eingeschränkter Seibert AG 1999, 337, 339. Zum Stand der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien Wiesner Betriebs-Berater Beilage 8 zu Heft 4 4 / 2 0 0 1 S 2 ff und S 11 ff; umfassend und grundlegend zu den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien m w N Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht 1998 Rdn 7 7 ff; ferner Lutter in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts 2 0 0 0 S 121, 123; zu den Ausstrahlungen des Europäischen Gesellschafts-Sekundär-

rechts auf die deutsche Rechtsprechung Heme in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) FS 5 0 Jahre BGH, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof 2 0 0 0 S 143. 266

267

Wiesner Betriebs-Berater Beilage 8 zu Heft 4 4 / 2 0 0 1 S 2. Dritte Änderung des Vorschlags für eine Fünfte Richtlinie (91/C 3 2 1 / 0 9 ) K O M (91) 3 7 2 end. - SYN 3; dazu Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht (Handbuch) 2 0 0 0 Rdn 7 0 5 ff.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

geben, die zu dem Ergebnis kommt, dass eine Vereinfachung und Harmonisierung auf europäischer Ebene auf folgenden Feldern wünschenswert ist: Verwaltung und Geschäftsführung, interne und externe Kontrolle, Rechte und Pflichten der Aktionäre, Stimmrechte und Verhältnis zwischen Stimmrecht und gezeichnetem Kapital, Schutz der Minderheitsaktionäre sowie Fragen der zivilrechtlichen Haftung der Geschäftsleiter. 2 6 8 Ein Harmonisierungswunsch ist somit auf verschiedenen Feldern der Verfassung der Aktiengesellschaft festzustellen. Eine Verabschiedung der Strukturrichtlinie würde im deutschen Recht wohl nur zu einem marginalem Anpassungsbedarf führen, was die Normen über die Verfassung der AG betrifft. Fraglich ist hierbei allerdings, ob nicht angesichts der intensivierten Corporate Governance-Diskussion (dazu allgemein Rdn 35 ff) in verschiedenen Mitgliedsstaaten feste EG-rechtliche Vorgaben in einer zukünftigen Fünften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie eher hinderlich für eine Rechtsangleichung auf europäischer Ebene durch einen Wettbewerb der nationalen Corporate GovernanceSysteme sind. 2 6 9 Bestimmungen über das Verhältnis der Organe zueinander und über die Frage, ob der Vorstand der Zielgesellschaft bei Übernahmen einem Neutralitätsgebot unterliegt, enthält der neue Vorschlag für eine Dreizehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 (dazu § 76 Rdn 119ff). Inzwischen liegen auch zwei Berichte der von der Europäischen Kommission eingesetzten High Level Group of Experts on Corporate Law vor. Am 2 6 . 9 . 2 0 0 2 wurde ein Bericht über die grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung vorgelegt, am 5 . 1 1 . 2 0 0 2 der Abschlussbericht, der Empfehlungen enthält, die ua eine stärkere Kontrolle der Vorstände durch die Anleger mittels Informationspflichten vorsehen. 2 7 0 Die Forderung nach einem einheitlichen europäischen Corporate Governance Kodex (zur Corporate Governance allgemein oben Rdn 35 ff) wurde hingegen vom Vorsitzenden der High Level Group Jaap Winter abgelehnt, da es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben müsse, wie sie ihre Regelwerke im Einzelnen ausgestalten wollen. b) Europäische Aktiengesellschaft aa) Allgemeines 77

Ähnlich wie die Strukturrichtlinie scheiterte die Konzeption einer Rahmenregelung für die Europäische Aktiengesellschaft 2 7 1 fast vier Jahrzehnte an den strittigen Fragen der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. 2 7 2 Nach dem politischen Durchbruch auf dem Gipfel von Nizza im Dezember 2 0 0 0 verabschiedete dann jedoch der Rat der Europäischen Union am 8 . 1 0 . 2 0 0 1 die Verordnung (EG) Nr 2 1 5 7 / 2 0 0 1 über das Statut der Europäischen Gesellschaft ( S E ) 2 7 3 sowie die - die Mitbestimmungsfrage regelnde Richtlinie 2 0 0 1 / 8 6 / E G zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer. 2 7 4 Hiermit entstand nach der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIF) eine zweite Europäische Gesellschaftsform in Gestalt der Europäischen Aktiengesellschaft oder „Societas Europaea" (SE). 2 7 5 268

269

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271

Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht (Handbuch) 2000 Rdn 710. Kritisch 'Wiesner Betriebs-Berater Beilage 8 zu Heft 44/2001 S 4. Hopt ZHR 166 (2002), 383, 429; zum Fragenkatalog der High Level Group s die Stellungnahme der Group of German Experts on Corporate Law ZIP 2002, 1310. Zur Geschichte des Konzepts einer europäischen Aktiengesellschaft (SE) Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht 1998

272 273 274

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Rdn 392 ff; Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht (Handbuch) 2000 Rdn 1189 ff; Blanquet ZGR 2002, 20, 21 ff; Heinze ZGR 2002, 66 ff. Dazu Hopt in: FS Everling 1995 S 475. AB1EG Nr L 294 vom 10.11.2001 S 1 ff. AB1EG Nr L 294 vom 10.11.2001 S 22 ff; zur Richtlinie Heinze ZGR 2002, 66, 80 ff sowie Herfs-Röttgen NZA 2002, 358. Dazu allg Blanquet ZGR 2002, 20; Heinze ZGR 2002, 66; Lutter Betriebs-Berater

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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Europarechtlich umstritten ist es, o b K o m m i s s i o n und Ministerrat beide Vorschläge

78

auf Art 3 0 8 E G stützen durften, so dass dem Europäischen Parlament nur ein Anhörungsrecht nach Art 2 5 1 E G , nicht aber ein Mitentscheidungsrecht z u s t a n d . 2 7 6 M i t der S E wird eine neue supranationale Rechtsform geschaffen, die teilweise in K o n k u r r e n z zu den ihrerseits durch Richtlinien harmonisierten nationalen R e c h t s f o r m e n tritt. O b das Ziel, für eine in erster Linie im Wesentlichen einheitliche Rechtsstruktur der S E in ganz E u r o p a zu s o r g e n , 2 7 7 allerdings erreicht werden k a n n , oder nicht vielmehr eine Vielzahl jeweils durch nationales R e c h t und Satzungsgestaltung unterschiedene S E - F o r m e n in der Praxis in Erscheinung treten werden, ist noch offen. Ebenfalls noch völlig offen ist die zukünftige praktische Bedeutung der S E . 2 7 8 Jedenfalls ist die SE auf G r o ß u n t e r n e h m e n z u g e s c h n i t t e n . 2 7 9 Die Einführung der S E soll zu innergemeinschaftlichen Kostenersparnissen von bis zu 3 0 M r d U S - D o l l a r jährlich f ü h r e n . 2 8 0 bb) Rechtsquellen Die S E unterliegt nach Art 9 Abs 1 a S E - V O zunächst den Bestimmungen der Verordnung selbst, sodann - soweit es die Verordnung zulässt - ihrer Satzung (Art 9 Abs 1 b SEV O ) . Soweit die Verordnung Bereiche nicht oder nur teilweise regelt, greifen zunächst die Rechtsvorschriften ein, die die Mitgliedsstaaten in Anwendung der speziell die S E betreffenden G e m e i n s c h a f t s m a ß n a h m e n erlassen h a b e n , dann die Rechtsvorschriften der M i t gliedsstaaten, die auf eine nach dem R e c h t des Sitzstaates der S E gegründete (sonstige) Aktiengesellschaft Anwendung finden würden und schließlich die Bestimmungen der Satzung der S E , wenn sie auch bei einer nach dem R e c h t des Sitzstaates der S E gegründeten Aktiengesellschaft eingreifen würden (Art 9 A b s l c S E - V O ) . 2 8 0 a Die speziell für die S E geschaffenen nationalen Rechtsvorschriften müssen mit den gesellschaftsrechtlichen E G Richtlinien des Anhangs I zur S E - V O in Einklang stehen (Art 9 Abs 2 SE-VO). Hierzu zählt auch das nationale R i c h t e r r e c h t . 2 8 1

79

cc) Entstehung Die S E entsteht als grenzüberschreitende Gesellschaftsform durch Verschmelzung zweier in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässiger A G (Verschmelzungs-SE), durch Gründung einer H o l d i n g - S E zweier in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässiger AG oder G m b H (Holding-SE), durch Gründung einer T o c h t e r - S E zweier in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässiger Gesellschaften (Tochter- oder Gemeinschafts-SE) oder durch formwechselnde U m w a n d l u n g einer A G , falls die formwechselnde A G seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedsstaat hat (UmwandlungsSE). D e r Grundsatz der Satzungsstrenge, der im deutschen R e c h t in § 2 3 Abs 5 A k t G verankert ist (dazu oben R d n 7 0 f f ) , gilt gem Art 9 A b s l c (iii) der S E - V O rigoros auch für die S E . 2 8 2

276

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2002, 1; Hirte NZG 2002, 1; Kleinsorgel Neye Bundesarbeitsblatt 4/2001 S 5; Schulz/Geismar DStR 2001, 1078; Thoma/ Leuernig NJW 2002, 1449; zu Mitbestimmungsfragen Herfs-Röttgen NZA 2001, 424; Pluskat DStR 2001, 1483. Dazu Neye ZGR 2002, 377; Blanquet ZGR 2002, 20, 61 ff; Hommelhoff AG 2001, 279 f; Schwarz ZIP 2001, 1847, 1848.

277 278

279 280 280a 281

282

So Hirte NZG 2002, 1, 2. Tendenziell skeptisch aus deutscher Sicht Bungert/Beier EWS 2002, 1, 12. C Teichmann ZGR 2002, 383, 388. Monti WM 1997, 607. Dazu Jens Wagner NZG 2002, 985, 986 ff. Hirte NZG 2002, 1, 2; zweifelnd Schulz/ Geismar DStR 2001, 1078, 1079. Hommelhoff KG 2001, 279, 287; Lutter Betriebs-Berater 2002, 1, 4.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

dd) Entscheidung für dualistisches oder monistisches System 81

In Hinblick auf die Entscheidung für die monistische oder dualistische Verwaltungsstruktur der SE (allgemein zur monistischen oder dualistischen Verwaltungsstruktur oben Rdn 2 sowie § 76 Rdn 21 ff) sollte es nach dem Ratsentwurf einer Verordnung für das SE-Statut aus dem Jahr 199 8 2 8 3 den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben, ob ein monistisches oder ein dualistisches System der Verwaltung eingerichtet werden soll. Hiervon rückt die verabschiedete SE-VO in Art 38 radikal ab: Jede SE - gleich mit welchem Sitz muss sich in ihrer Satzung für die monistische oder dualistische Verwaltungsstruktur entscheiden. 284 So können SE mit Sitz in Deutschland, in den Niederlanden oder in Österreich die Board-Verfassung (monistisches System) wählen und umgekehrt SE mit Sitz in Belgien, Großbritannien oder Irland das duale System. In praktischer Hinsicht dürfte das angesichts der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE (dazu unten Rdn 85) nicht dazu führen, dass eine SE mit Sitz in den Mitgliedsstaaten, die in ihrem jeweiligen nationalen Recht ein duales System kennen, nunmehr eine Board-Verfassung (unter Beteiligung der Arbeitnehmervertreter im Board) wählen wird, sondern umgekehrt dazu, dass die duale Verfassung für Mitgliedsstaaten interessant wird, in die eine deutsche mitbestimmte Gesellschaft nach den SE-VO-Regeln fusioniert hat. 2 8 5 Mit der Wahlmöglichkeit zwischen dem monistischen und dem dualistischen System übernimmt die SE-VO die entsprechenden Wahlmöglichkeiten des französischen Code de Commerce 2001. 2 8 6 ee) Regelungen der Verfassung der SE

82

Sowohl für das monistische als auch für das dualistische System sieht Art 46 Abs 1 SE-VO in Abweichung von § 84 Abs 1 Satz 1 AktG eine maximal sechsjährige Bestellungszeit für alle Organmitglieder vor. Organmitglied kann auch eine Gesellschaft oder eine andere juristische Person sein, allerdings nur, wenn das Sitzstaatrecht eine solche Regelung kennt (Art 4 7 Abs 1 Unterabsatz 1 SE-VO). Das ist in Deutschland bislang nicht der Fall (§ 76 Abs 3 Satz 1 AktG und § 100 Abs 1 Satz 1 AktG). Die Haftung der Verwaltungsmitglieder der SE bemisst sich nach dem Recht des Sitzstaats. SE-spezifische nationale Haftungsstandards sind nicht möglich. Nach Art 48 Abs 1 Unterabsatz 1 SEVO sind in der Satzung der SE die Geschäfte festzulegen, für die im dualistischen System der Aufsichtsrat dem Leitungsorgan zustimmen und im monistischen System das Verwaltungsorgan ausdrücklich Beschluss fassen muss (s entsprechend jetzt § 111 Abs 4 Satz 2 AktG idF des TransPuG). Die einzelnen Mitgliedsstaaten können erlauben, dass das Aufsichtsorgan selbst bestimmte Arten von Geschäften von seiner Zustimmung abhängig machen kann (Art 48 Abs 1 Unterabschnitt 2 SE-VO). Ferner können die einzelnen Mitgliedsstaaten nach Art 48 Abs 2 SE-VO selbst bestimmen, welche Arten von Geschäften auf jeden Fall als zustimmungsbedürftig in die Satzung der SE aufzunehmen sind. 2 8 7

83

Beim dualistischen System wird die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans (Vorstand) durch die Satzung der SE bestimmt (Art 39 Abs 4 Satz 1 SE-VO). Vorstands- und Aufsichtsratsamt sind grundsätzlich nicht kompatibel (Art 39 Abs 3 Satz 1 SE-VO). Das Leitungsorgan (Vorstand) wird grundsätzlich von Aufsichtsorganen bestellt und abberufen (Art 39 Abs 2 Unterabschnitt 1 SE-VO), es sei denn, das einzelstaatliche Recht sieht die Bestellung oder Abberufung durch die Hauptversammlung vor oder gestattet diese 283

284

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Dazu Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht (Handbuch) 2000 Rdn 1189 ff. Hommelboff AG 2001, 279, 282 ff; Schwarz ZIP 2001, 1847, 1854 ff. Lutter Betriebs-Berater 2002, 1, 4 f.

286

287

Dazu Hirte N Z G 2002, 1, 5; Hommelboff AG 2001, 279, 282; Hopt ZGR 2000, 779, 815. Dazu Hirte N Z G 2002, 1,6.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

Vor § 7 6

(Art 3 9 Abs 2 Unterabsatz 2 SE-VO). Das Leitungsorgan der SE führt wie im deutschen Recht (§ 76 Abs 1 AktG) die Geschäfte der SE in eigener Verantwortung (Art 3 9 Abs 1 Satz 1 SE-VO). Für die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans gelten dieselben Regeln wie für das Leitungsorgan (Art 4 0 Abs 3 SE-VO). Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden durch die Hauptversammlung gewählt (Art 4 0 Abs 2 SE-VO). Beim monistischen System hat das Verwaltungsorgan einen Vorsitzenden zu wählen (Art 4 5 Satz 1 SE-VO). Die Mitgliedsstaaten können im Übrigen vorsehen, dass ein oder mehrere Geschäftsführer die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung unter denselben Voraussetzungen führen, wie sie für AG nach jeweils nationalem Recht gelten (Art 4 3 Abs 1 Satz 2 SE-VO). 2 8 8 Das entspricht der Unterscheidung zwischen inside und outside directors. 2 8 9

84

ff) Mitbestimmung Mitbestimmungsrechtlich legt die Mitbestimmungs-Richtlinie für die SE 2001/86 in Anlehnung an die Richtlinie 94/45 EG über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats vom 2 2 . 9 . 1 9 9 4 2 9 0 die Entscheidung über Art und Umfang der Mitbestimmung in die Hände eines besonderen Verhandlungsgremiums der Arbeitnehmer einerseits und der Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften andererseits (Vereinbarungslösung). Hierbei kann es nur dann zu Mitbestimmungsverlusten der Arbeitnehmer eines der beteiligten Unternehmen kommen, wenn eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums der Arbeitnehmer eine solche Vereinbarung trägt (Prinzip des „Schutzes erworbener Rechte" der Arbeitnehmer). Nur wenn eine Einigung zwischen dem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer und den Vertretungsorganen der beteiligten Gesellschaften nicht zustande kommt, greift subsidiär die Auffangregelung des Art 7 und des Anhangs der Mitbestimmungs-Richtlinie ein: Hierdurch wird im Allgemeinen die weitest gehende Mitbestimmung einer der beteiligten Gesellschaften auf die SE übertragen, es sei denn, es liegt ein Fall der formwechselnden Umwandlung vor (dann: Beibehaltung des bisherigen Mitbestimmungsmodells). Das nunmehr in der Mitbestimmungs-Richtlinie vorgesehene Mitbestimmungsmodell dürfte zu Wettbewerbsnachteilen deutscher Unternehmen führen, da diese besonders weitgehend (dazu oben Rdn 2 3 ff) der (paritätischen) Mitbestimmung unterliegen. 291 Von einem fast frei aushandelbaren oder geringen Mitbestimmungsniveau der SE kann jedenfalls keine Rede sein. 2 9 2

85

gg) In-Kraft-Treten Die SE-VO tritt nach ihrem Art 7 0 am 8 . 1 0 . 2 0 0 4 in Kraft. Damit endet auch die Umsetzungsfrist für die Richtlinie. 2 9 3

86

c) Europäische Corporate Governance Wie auf deutscher Ebene (dazu oben Rdn 35 ff), wird auch auf europäischer Ebene eine Corporate Governance-Diskussion geführt, 2 9 4 in deren Mittelpunkt die Kontroll288

Kritisch zum Verzicht auf eine zwingende Vorgabe Hommelhoff AG 2 0 0 1 , 2 7 9 , 2 8 4 .

289

Hirte N Z G 2 0 0 2 , 1, 8. AB1EG N r L 2 5 4 vom 3 0 . 9 . 1 9 9 4 .

290 291

Lutter Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1, 6; Röttgen N Z A 2 0 0 1 , 4 2 4 , 4 2 9 .

292

So aber Pluskat DStR 2 0 0 1 , 1 4 8 3 , 1 4 8 9 f. Vorschläge für ein deutsches Ausführungs-

293

(53)

Herfs-

gesetz finden sich bei C Teichmann ZIP 2 0 0 2 , 1 1 0 9 ; ders Z G R 2 0 0 2 , 3 8 3 ; weitere Überlegungen zu einem SE-Ausführungsgesetz bei Brandt N Z G 2 0 0 2 , 991. 294

Dazu ausführlich Hommelhoff ZGR 2001, 2 3 8 , 2 6 2 ff; auch Hopt Z H R 166 ( 2 0 0 2 ) , 383, 429.

Michael Kort

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Vor § 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

funktion (Two Tier-System oder Board-System; dazu oben Rdn 2) steht, 2 9 5 aber auch Aktionärs-Mitverwaltungsrechte. 296 Corporate Governance-Regeln finden sich ferner in Europa bislang vielfach schon in selbstformulierten Corporate Govemance-Grundsätzen großer Unternehmen. So hatten nach der DWS Corporate Governance Survey 2001 mindestens 23 der 50 Euro-Stoxx-50-Unternehmen derartige selbstformulierte Grundsätze. Nicht auszuschließen ist auf europäischer Ebene eine Harmonisierungsrichtlinie zur Corporate Governance. 2 9 7 3. Ausländisches Recht Auf dem Gebiet des ausländischen Rechts ist insbesondere die in den letzten Jahren erfolgte Aufstellung von Corporate Governance-Grundsätzen zu nennen. Weltweit findet sich eine Behandlung von Corporate Governance-Fragen.298 So gibt es Corporate Governance Kodizes etwa in Großbritannien, 2 9 9 wo die Arbeiten der Cadbury-, der Greenbury- und der Hample-Kommission in den sog „Combined Code" mündeten 3 0 0 . Auch in Österreich wird an einem Corporate Governance-Kodex als freiwilligem Regelwerk gearbeitet, der auf eine engere Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat abzielen soll. Ferner bestehen in Italien mehrere Kodizes, so ua ein Codice di Autodisciplina delle Socièta Quotate für börsennotierte Unternehmen. 301 Auch in Schweden spielt die Corporate Governance eine zunehmend größere Rolle. 302 Corporate Governance Kodizes finden sich außerdem in vielen anderen europäischen Staaten, so etwa in Belgien, in Frankreich, 303 in Griechenland, in Irland, in den Niederlanden, in Portugal und in Spanien, ferner auch außerhalb von Europa in den USA, in Kanada, in Japan, in Hongkong, in Korea, in Malaysia, in Singapur, in Thailand, in Kirgistan, in Indien, in Australien, in Mexiko, in Brasilien und in Südafrika. 304 Neue Impulse bekam die Corporate Governance in den USA durch den Sarbanes-Oxley Act 2002. 3 0 5

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Grundmann/Mülbert ZGR 2001, 215, 221. Hommelhoff ZGR 2001, 238, 264. Strenger DStR 2001, 2225, 2228. Dazu La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer/ Vishny Investor Protection and Corporate Governance, J. of Financial Economics 58 (2000) 3; La Porta/Lopez-de Silanes/ Shleifer, Corporate Ownership Around the World, J. of Finance 54 (1999) 471; Shleifer/Vishny A Survey of Corporate Governance, J. of Finance 52 (1997) 73; teilweise kritisch Berglöf/von Thadden The Changing Corporate Governance Paradigm: Implications for Developing and Transition Economies, in: Cohen/Boyd (eds) Corporate Governance and Globalization 2000 S 275, 280. Dazu R H Schmidt/Grohs in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts 2000 S 145, 175 ff. The Combined Code: Principles of Good Corporate Governance and Code of Best

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Practice Derived by the Committee on Corporate Governance from the Committee's Final Report and from the Cadbury and Greenbury Reports, Juni 1998; dazu näher Pettet 1998 J. I. B. L. 394; - zur „Code of Conduct"-Bewegung allg Hopt Corporate Governance: Aufsichtsrat oder Markt? in: Hommelhoff/Rowedder/Ulmer (Hrsg) Dritte Max Hachenburg Gedächtnisvorlesung 1998 S 9, 20 ff; Uwe H Schneider Der Betrieb 2000, 2413, 2415 ff. Kronke in: FS Lutter 2000 S 1449, 1453 ff. Dazu Skog in: FS Lutter 2000 S 1551. Dazu R H Schmidt/Grohs in: Grundmann (Hrsg) Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts 2000 S 145, 175 ff. BDI und PwC Deutsche Revision, Corporate Governance in Deutschland, 2001, Anlage 3. Dazu Schiessl AG 2002, 593 sowie Schwarz/Holland ZIP 2002, 1661.

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Erster Abschnitt. Vorstand

§ 76

§76

Leitung der Aktiengesellschaft (1) Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten. (2) Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Millionen Euro hat er aus mindestens zwei Personen zu bestehen, es sei denn, die Satzung bestimmt, dass er aus einer Person besteht. Die Vorschriften über die Bestellung eines Arbeitsdirektors bleiben unberührt. (3) Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Ein Betreuter, der bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt, kann nicht Mitglied des Vorstands sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Mitglied des Vorstands sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Mitglied des Vorstands sein.

Übersicht Rdn I. Grundlagen 1. Inhalt und Zweck der Norm; Gesetzesgeschichte a) Inhalt und Zweck . . . . b) Gesetzesgeschichte . . . . 2. Stellung des Vorstands in der Unternehmensverfassung a) Allgemeines b) Beziehung zur Hauptversamm lung c) Der Vorstand im Konzern d) Beziehung zum Aufsichtsrat e) Beziehung zu den Abschlussprüfern Π. Der Vorstand als Organ der Gesellschaft 1. Handeln der AG durch den Vorstand 2. Erforderlichkeit eines Vorstands 3. Bezeichnung als „Vorstand" . . . 4. Weitere Gremien mit Vorstandsqualität? 5. Ehrentitel 6. Fortfall des Vorstands 7. Organqualität der Vorstandsmitglieder? 8. Zurechnung von Kenntnissen, Handlungen, Besitz und Wissen . ΠΙ. Grundsatz der Aufgaben- und Kompetenztrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat 1. Allgemeines

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Rdn 2. Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats 3. „Board"-System als Alternative . IV. Leitung durch den Vorstand 1. Verhältnis von Leitung und Geschäftsführung 2. Auswirkung auf das Verhältnis zur Hauptversammlung 3. Auswirkung auf das Verhältnis zum Aufsichtsrat 4. Einheitlichkeit der Leitung . . . 5. Inhalt der Leitungsaufgaben . . 6. Leitung und betriebswirtschaftliche Erkenntnisse 7. Unternehmensbezug der Leitung 8. Interessenpluralität und Interessenhierarchie bei der Leitung a) Allgemeines b) Weisungsunabhängigkeit . . . c) Bindung an Unternehmensgegenstand und Unternehmensziele d) Keine Bestimmung des Unternehmensinteresses durch den Vorstand e) Bindung des Vorstands an Gesetz und Recht 9. Unternehmensbeauftragte . . . . 10. Grenzen der Delegation von Aufgaben und Kompetenzen a) Gesellschaftsinterne Delegation

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§ 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft Rdn

Rdn b) Gesellschaftsexterne Delegation; Outsourcing von Leitungsfunktionen 11. Leitungsermessen; Business Judgment Rule V. Interessenpluralität und Interessenhierarchie bei der Leitung 1. Rentabilität als oberstes Gebot . 2. Aktionärsinteressen und Shareholder Value 3. Anlegerinteressen a) Einfluss der Unternehmensmitbestimmung b) Einfluss der betrieblichen Mitbestimmung c) Weitere (ungeschriebene) Pflicht zur Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen . d) Soziale Kosten 4. Gemeinwohlinteressen a) Allgemeines b) Eigengesellschaften c) Bindung an (allgemeine) Wertordnung d) Berücksichtigung internationaler Gemeinwohlinteressen? . . . 5. Interessenabwägung 6. Einzelfälle a) Soziale Aktivitäten b) Partei- und andere Spenden . c) Grenzen des Einflusses „privater" Auffassungen des Vorstands d) Beteiligung an Entschädigungsfonds e) Schmiergeldzahlungen . . . . f) Vergleichs- und Abfindungszahlungen an opponierende Aktionäre VI. Abgrenzung der Leitung von Grundlagengeschäften 1. Allgemeines 2. „Holzmüller"-Entscheidung . . 3. Kritik an der „Holzmüller"Doktrin 4 . Einzelanalogiebildung 5. Abgrenzung bloß wichtiger Geschäfte von Grundlagengeschäften 6. Börsengang (Listing) 7. Delisting 8. Berichtspflichten 9. Vorab-Beschlüsse der Hauptversammlung VII. Vorstandpflichten bei Investitionen und Desinvestitionen sowie bei Übernahmeangeboten 1. Investitionen und Desinvestitionen 2. Übernahmeversuche und Übernahmen (Takeovers) a) Deutsches Übernahmerecht (WpÜG)

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aa) Allgemeines bb) Vereitelungsverbot . . . . cc) Ausnahmen vom Vereitelungsverbot . . . . dd) Zustimmung der Hauptversammlung ee) Deutscher Corporate Governance Kodex . . . b) Sonstige Beteiligung der Hauptversammlung c) Ausmaß der „Neutralitätspflicht" des Vorstands der Zielgesellschaft aa) Kein Recht des Vorstands zur Einwirkung auf den Aktionärskreis bb) Kein striktes Abwehrverbot d) Erwerb eigener Aktien und Genehmigtes Kapital e) Stellungnahme f) Werbung g) Erfolgszahlungen und ähnliche Geldleistungen an Vorstandsmitglieder h) Absicherung gegen das Scheitern von Unternehmenskäufen und von Übernahmeversuchen i) Durchführung der Übernahme i) Europäisches Übernahmerecht aa) Entwicklung bb) Verhältnis zum deutschen Recht cc) Wertung k) Ausländisches Übernahmerecht 3. Due Dilligence sowie Informations- und Geheimhaltungspflichten bei Unternehmenskäufen und Unternehmensübernahmen . V m . Konzernbildung und Konzernleitung 1. Allgemeines 2. Mitwirkung der Vorstände beim Zustandekommen vertraglicher Konzernierung 3. Mitwirkung der Vorstände bei der Bildung faktischer Konzerne, bei Ausgliederungen und bei umwandlungsrechtlichen Vorgängen 4. Konzernleitungsbefugnis und Konzernleitungspflicht a) Allgemeines b) Vertragskonzern c) Faktischer Konzern d) Qualifizierter faktischer Kon5. Weisungsfolgepflicht . . . 6. GmbH-Konzern 7. Gleichordnungskonzern . . IX. Art der Vorstandsorganisation 1. Allgemeines

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Erster Abschnitt. Vorstand Rdn 2. Funktionale Gliederung und Spartengliederung 3. Vorstandsorganisation und Leitungsfunktion X. Leitungsbefugnis und externe Bindung 1. Vollmacht 2. Vertragliche Bindungen 3. Betriebsführungsverträge a) Keine Konzernverbindung . . b) Konzernverbindung XI. Konsequenzen aus der Organfunktion 1. Wissenszurechnung a) Allgemeines b) Wissenszurechnung im Konzern c) Ausmaß der Wissenszurechnung d) Anfechtung 2. Haftung nach § 31 BGB 3. Haftung außerhalb von § 31 BGB 4. Privates Handeln 5. Haftung bei Delegation im Konzern a) Außenverhältnis b) Innenverhältnis c) Bankenvertreter im Aufsichtsrat XII. Vorstands-Doppelmandate 1. Zulässigkeit 2. Ausprägungen 3. Doppelmandatierung und faktische Konzernierung 4. Stimmverbote? 5. Recht zur Stimmenthaltung . . . 6. Gebot der Interessentrennung . . 7. Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit

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§ 7 6 Rdn

ΧΠΙ. Zahl der Vorstandsmitglieder (§ 76 Abs 2 Satz 1 und 2 AktG) 1. Satzungsbestimmungen 194—195 2. Entscheidung des Aufsichtsrats . 196 3. Grenzen der Vorstandsgröße . . 197 4. Rechtsfolgen einer verbotswidrigen Zusammensetzung des Vorstands a) Überbesetzung 198 b) Unterbesetzung 199-200 5. Grundkapital über 3 Mio Euro (§ 76 Abs 2 Satz 2 AktG) . . . . 201-202 XIV. Arbeitsdirektor 1. Zwang zur Einsetzung 203 2. MitbestG 204 3. Kein zusätzliches Mitglied . . . 205 4. BetrVG 1952 206 XV. Gesetzliche Anforderungen an das Vorstandsmitglied 1. Natürliche Person 207 2. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit 208 3. Inländerstatus 209-210 4. Einwilligungsvorbehalt 211 XVI. Gesetzliche Ausschlussgründe 1. Straftaten 212-213 2. Fünf-Jahres-Frist 214-215 3. Verfassungsrechtliche Bedenken . 216 4. Berufsverbote 217-218 5. Weitere Ausschlussgründe . . . . 219-220 6. Rechtsfolgen einer verbotswidrigen Bestellung 221 XVII. Vorgaben in der Satzung für die Bestellung als Vorstandsmitglied 1. Allgemeines 222-223 2. Auswahlrichtlinien für den Arbeitsdirektor? 224 3. Verbindlichkeit von Auswahlrichtlinien 225 4. Rechtsfolgen eines Verstoßes . . 226

190-192

Schrifttum 1. Allgemeines Schrifttum Abeltshauser Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998; Ahrens O E C D Convention o n C o m b a t i n g Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions ( „ O E C D C o n vention") - Will it level the playing field and clean up the game? in: FS Wulf H Döser, 1999, S 2 6 9 ; ders Die H a f t u n g des Managers im Konzern, 1998; Albacb Strategische Unternehmensplanung und Aufsichtsrat, Z G R 1997, 32; Baas Leitungsmacht und G e m e i n w o h l b i n d u n g der AG, 1976; Barz Die durch die Aktienrechtsreform 1965 veranlaßten Satzungsänderungen, AG 1 9 6 6 , 39; Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten v o n Aktionären? Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, 2 0 0 0 ; ders Der Geschäftsleitervertrag, 1987; Bayer Aktionärsklagen de lege lata und de lege ferenda, N J W 2 0 0 0 , 2 6 0 9 ; M Becker Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte, 1997; Behrens/Brauner (Hrsg) D u e Diligence bei Unternehmensaquisitionen, 2. Aufl, 1999; G Bezzenberger Die Geschäftsordnung der Hauptversammlung, Z G R 1 9 9 8 , 3 5 2 ; Binder Die Verfassung der Aktiengesellschaft, Diss. Basel 1988; Binz/Sorg Die G m b H &c C o . Kommanditgesellschaft auf Aktien - A u s w e g oder

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M i c h a e l Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Irrweg für börsenwillige Familienunternehmen? Betriebs-Berater 1988, 2041; Bison Mißbrauch der Anfechtungsklage durch den Aktionär, 1997; Boujong Rechtliche Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Vorstandskontrolle und -beratung - Konsequenzen aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGHZ 114, 127 und BGHZ 124, 111, AG 1995, 203; Brinkmann Unternehmensinteresse und Unternehmensrechtsstruktur, 1983; Brooks Die Bedeutung der OECD-Konvention gegen internationale Korruption für den Aufsichtsrat, Vorstand und Abschlußprüfer einer deutschen Aktiengesellschaft in: FS Martin Peltzer, 2001, S 27; Brüggemeier Organisationshaftung, AcP 191 (1991) 33; Buck Wissen und juristische Person - Wissenszurechnung und Herausbildung zivilrechtlicher Organisationspflichten, 2001; Bungert Die Liberalisierung des Bezugsrechtsausschlusses im Aktienrecht - Zum Siemens/Nold-Urteil des BGH, NJW 1998, 488; Bürger Ordnungsmäßige Besetzung des Vorstands bei einer Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital über 3 Mio DM, Der Betrieb 1966, 101; Davis Struktur der Unternehmensführung in Großbritannien und Deutschland: Konvergenz oder fortbestehende Divergenz? ZGR 2001, 268; Diekgräf Sonderzahlungen an opponierende Kleinaktionäre im Rahmen von Anfechtungs- und Spruchstellenverfahren, 1990; Diemer/Hasselbach Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, N Z G 2 0 0 0 , 824; Dlugos Das Unternehmensinteresse - kritische Analyse eines fragwürdigen Konstrukts in: FS Grochla, 1986, S 23; Dose Die Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl, 1975; Dreher Schutz Dritter nach § 15 HGB bei Geschäftsunfähigkeit eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds? - Zugleich Besprechung des Urteils des OLG München vom 6. 7.1990, DB 1990, 1959 f, Der Betrieb 1991, 533; ders Unternehmen und Politik - Die gesellschaftspolitische Kompetenz der Aktiengesellschaft, Z H R 155 (1991) 349; ders Unternehmensbeauftragte und Gesellschaftsrecht Der gesetzliche Bestellungszwang für Unternehmensbeauftragte, die gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit und die Zuständigkeits-, Informations- und Haftungsordnung der Gesellschaften in: FS Carsten Peter Claussen, 1997, S 69; ders Change of control-Klauseln bei Aktiengesellschaften, AG 2 0 0 2 , 214; Druey Verantwortlichkeit aus Leitung in: FS Wolfgang Zöllner, 1998, S 129; Duden Über Unternehmensziele in: FS Kunze 1969, S 127; ders Zur Methode der Entwicklung des Gesellschaftsrechts zum „Unternehmensrecht" in: FS Schilling, 1973, S 309; Ekkenga Das Organisationsrecht des genehmigten Kapitals, AG 2001, 567 und 615; ders Kurspflege und Kursmanipulation nach geltendem und künftigem Recht, W M 2 0 0 2 , 317; Endres Organisation der Unternehmensleitung aus der Sicht der Praxis, Z H R 163 (1999) 441; Erdmann Ausländische Staatsangehörige in Geschäftsführungen und Vorständen deutscher GmbHs und AGs, N Z G 2 0 0 2 , 503; Eversberg Doppelvorstände im Konzern, 1992; Feddersen Nochmals - Die Pflichten des Vorstands zur Unternehmensplanung, Z G R 1993, 114; Feltkamp Anfechtungsklage und Vergleich im Aktienrecht, 1991; Fleischer Informationspflichten der Geschäftsleiter beim Management Buyout im Schnittfeld von Vertrags-, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, AG 2 0 0 0 , 309; ders Unternehmensspenden und Leitungsermessen des Vorstands im Aktienrecht, AG 2001, 171; Flume Um ein neues Unternehmensrecht, 1989; ders Unternehmen und juristische Person in: FS Beitzke, 1979, S 343; Freís Die Geschäftsverteilung im Vorstand der Aktiengesellschaft, Z H R 122 (1959), 8; Gehrlein Strafbarkeit von Vorständen wegen leichtfertiger Vergabe von Unternehmensspenden, NZG 2002, 463; Gelhausen/ Hönsch Deutscher Corporate Governance Kodex und Abschlussprüfung, AG 2 0 0 2 , 529; Geßler Bedeutung und Auslegung des § 23 Abs 5 AktG in: FS Martin Luther, 1976, S 69; Goette Leitung, Aufsicht, Haftung - zur Rolle der Rechtsprechung bei der Sicherung einer modernen Unternehmensführung in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) Festschrift aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof 2 0 0 0 , 5 123; Heinrich Götz Die Überwachung der Aktiengesellschaft im Lichte jüngerer Unternehmenskrisen, AG 1995, 337; Jürgen Götz Gesamtverantwortung des Vorstands bei vorschriftswidriger Unterbesetzung - Zugleich Besprechung von BGH, Urt ν 1 2 . 1 1 . 2 0 0 1 - II Z R 225/99, ZIP 2 0 0 2 , 172, „Sachsenmilch III", ZIP 2 0 0 2 , 1745; Großmann Unternehmensziele im Aktienrecht, 1980; Heermann Unternehmerisches Ermessen, Organhaftung und Beweislastverteilung, ZIP 1998, 761; Heller Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle unter besonderer Berücksichtigung der Gesamtverantwortung des Vorstands, 1998; Hellwig/Bormann Die Abfindungsregeln beim Going Private - Der Gesetzgeber ist gefordert!, Z G R 2 0 0 2 , 465; Hennerkes/May Noch einmal: Die GmbH 6 Co KG auf Aktien als Rechtsform für börsenwillige Familienunternehmen? Betriebs-Berater 1988, 2393; Henze Entscheidungen und Kompetenzen der Organe in der AG: Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung, Betriebs-Berater 2001, 53; ders Leitungsverantwortung des Vorstands -

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Überwachungspflicht des Aufsichtsrats, Betriebs-Berater 2000, 209; ders Pünktlich zur Hauptversammlungssaison: Ein Rechtsprechungsüberblick zu Informations- und Auskunftsrechten, Betriebs-Berater 2002, 893; ders Sachsenmilch: Ordnungsgemäße Besetzung eines nach zwingender gesetzlicher Vorgabe zweigliedrigen Vorstands bei Wegfall eines Mitglieds - Anmerkung zu BGH, Urteil vom 12.11.2001 - II ZR 225/99, BB 2002, 165, und BHG, Urteil vom 17.12.2001 - II ZR 288/99, ZIP 20002, 216 - , Betriebs-Berater 2002, 847; ders Prüfungs- und Kontrollaufgaben des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft, NJW 1998, 3309; Hoffmann-Becking Zur rechtlichen Organisation der Zusammenarbeit im Vorstand der AG, ZGR 1998, 497; Hölters (Hrsg), Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, 3. Aufl, 1992; Holtmann Personelle Verflechtungen auf Konzernführungsebene, 1989; Hommelhoff Das Unternehmensrecht vor den Herausforderungen der Globalisierung, in: FS Marcus Lutter, 2000, S 95; ders Die neue Position des Abschlußprüfers im Kraftfeld der aktienrechtlichen Organisationsverfassung, Betriebs-Berater 1998, 2567 und 2625; ders Satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, Betriebs-Berater 1977, 322; Hopt Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz - börsen- und kapitalmarktrechtliche Überlegungen, in: FS Drobnig, 1998, S 525; ders Unternehmensführung, Unternehmenskontrolle, Modernisierung des Aktienrechts - Zum Bericht der Regierungskommission Corporate Governance - in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 27; ders Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991; Horn Die Haftung des Vorstands der AG nach § 93 AktG und die Pflichten des Aufsichtsrats, ZIP 1997, 1129; Hiiffer Aktienbezugsrechte als Bestandteil der Vergütung von Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitern - gesellschaftsrechtliche Analyse, ZHR 161 (1997) 214; ders Minderheitsbeteiligungen als Gegenstand aktienrechtlicher Auskunftsbegehren, ZIP 1996, 401; lmmenga Vertragliche Vinkulierung von Aktien? AG 1992, 79; Jäger Die Beratung des Vorstands als Teil der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, DStR 1996, 671; Junge Das Unternehmensinteresse in: FS Ernst von Caemmerer, 1978, S 547; Jürgenmeyer Das Unternehmensinteresse, 1984; Kallmeyer Pflichten des Vorstands der Aktiengesellschaft zur Unternehmensplanung, ZGR 1993, 104; Kellerhals/Rausch Die Liberalisierung von Aktienrückkäufen: Bundesdeutsche Erfahrungen, AG 2000, 222; Jürgen Kessler Leitungskompetenzen und Leitungsverantwortung im deutschen, US-amerikanischen und japanischen Aktienrecht, RIW 1998, 602; Kind Darf der Vorstand einer AG Spenden an politische Parteien vergeben? NZG 2000, 567-573; Kindler Unternehmerisches Ermessen und Pflichtenbindung Voraussetzungen und Geltendmachung der Vorstandshaftung in der Aktiengesellschaft, ZHR 162 (1998) 101; Kleppe Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse, 2002; Knur Das Aktiengesetz 1965 - Die Satzungsgestaltung nach dem neuen Recht, DNotZ 1966, 324; Kort Abkauf von Anfechtungsrechten und Rechtsanwaltshaftung, Der Betrieb 1992, 1765; ders Bekanntmachungs-, Berichts- und Informationspflichten bei „Holzmüller"-Beschlüssen der Mutter im Falle von Tochter-Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken, ZIP 2002, 685; ders Bezugsrechtsfragen und „Holzmüller"-Fragen einer Tochter-Kapitalerhöhung aus Sanierungsgründen, AG 2002, 369; Körte Der Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften mit den Mitteln des Strafrechts - Das „Zweite Protokoll", NJW 1998, 1464; Krieger Aktionärsklage zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999) 343; ders Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, 1981; Kropff Die Unternehmensplanung im Aufsichtsrat, NZG 1998, 613; Kunze Unternehmensverband und Unternehmensrecht in: FS Duden, 1977, S 201; ders Zum Stand der Entwicklung des Unternehmensrechts, ZHR 144 (1980) 100; ders Unternehmen und Gesellschaft, ZHR 147 (1983) 16; Laske Unternehmensinteresse und Mitbestimmung, ZGR 1979, 173; Laub Grenzen der Spendenkompetenz des Vorstands - Zugleich Besprechung von BGH ν 6.12.2001 - 1 StR 215/01, AG 2002, 308; Laux Die Lehre vom Unternehmen an sich, 1998; Leo Der Schutz der Aktionärsinteressen durch den Vorstand nach geltendem Aktienrecht, AG 1957, 152; Linker/Zinger Rechte und Pflichten der Organe einer Aktiengesellschaft bei der Weitergabe vertraulicher Unternehmensinformationen, NZG 2002, 497; Loos Zur Verantwortung des Vorstands der Aktiengesellschaft nach ξ 76 Abs 1 AktG 1965, Diss Kamburg 1977; Luippold Management Buy-Outs, Evaluation ihrer Einsatzmöglichkeiten in Deutschland, 1991; Lutter Unternehmensplanung und Aufsichtsrat, AG 1991, 249; ders Defizite für eine effiziente Aufsichtsratstätigkeit und gesetzliche Möglichkeiten der Verbesserung, ZHR 159 (1995) 287; Lutter/Wahlers Der Buyout: Amerikanische Fälle und die Regeln des deutschen Rechts, AG 1989, 1; Martens Allgemeine Grundsätze zur Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes, AG 1976, 113; ders Die Vergleichs- und Abfindungsbefugnis des Vor-

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Michael Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

stands gegenüber opponierenden Aktionären, AG 1988, 118; May Die Sicherung des Familieneinflusses auf die Führung der börsengehandelten Aktiengesellschaft, 1992; Meilicke Zuwendungen an politische Parteien aus Mitteln wirtschaftlicher Unternehmen, NJW 1959, 409; Meincke Geheimhaltungspflichten im Wirtschaftsrecht, WM 1998, 749; Merkt US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 1991; Mertens Der Vorstand darf zahlen - Zur Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft, „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", AG 2000, 157; ders Zur Auslegung und zum Verständnis von § 76 Abs 1 und § 58 AktG im Hinblick auf uneigennützige soziale Aktivitäten der Aktiengesellschaft in: FS Goerdeler 1987, S 349; Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, 1958; Mielke Die Leitung der unverbundenen Aktiengesellschaft, 1990; Möbring Das neue Aktiengesetz, NJW 1966, 1; Klaus J Müller Gestaltung der Due Diligence durch den Vorstand der Aktiengesellschaft, NJW 2000, 3452; Netter Zur aktienrechtlichen Theorie des „Unternehmens an sich" in: FS Pinner, 1932, S 507; Noack Entwicklungen im Aktienrecht 1999/2000, 1999; Nörr Aspekte des Referentenentwurfs von 1958 zum Aktiengesetz in: FS Wolfgang Zöllner, 1998, S 429; Oppenländer Grenzen der Auskunftserteilung durch Geschäftsführer und Gesellschafter beim Verkauf von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbHR 2000, 535; Overlack Der Einfluß der Gesellschafter auf die Geschäftsführung in der mitbestimmten GmbH, ZHR 141 (1977) 125; Paefgen Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG, 1982; ders Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung der Organe in der AG, 2002; Philipp Darf der Vorstand zahlen? Die Zwangsarbeiter und das Aktienrecht, AG 2000, 62; ders Entschädigung von Zwangsarbeitern im rechtsfreien Raum? AG 2000, 353; Raisch Zum Begriff und zur Bedeutung des Unternehmensinteresses als Verhaltensmaxime von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in: FS Wolfgang Hefermehl, 1976, S 347; Raiser Das Unternehmen als Organisation, 1969; ders Die Zukunft des Unternehmensrechts in: FS Robert Fischer, 1979, S 561; ders Kenntnis und Kennenmüssen von Unternehmen in: FS Bezzenberger, 2000, S 561; Reiner Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung, 1995; Eckard Rehbinder Umweltsichernde Unternehmensorganisation, ZHR 165 (2001) 1; Riechers Das „Unternehmen an sich", 1996; Rieger Gesetzeswortlaut und Rechtswirklichkeit im Aktienrecht: FS Martin Peltzer, 2001, S 339; Rittner Zur Verantwortung des Vorstands nach § 76 Abs 1 AktG 1965, AG 1973, 113; ders Zur Verantwortung des Vorstands nach § 76 Abs 1 AktG 1965 in: FS Ernst Gessler, 1971, S 139; Rittner Unternehmensspenden an politische Parteien in: FS Knur, 1972, S 205; Wulf-Henning Roth Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 6.7.1990 - 23 U 2079/90, J Z 1990, 1030; Markus Roth Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, 2001; Rottnauer Konstituierung der HV durch einen „unterbesetzten Vorstand" - Kommentar zu OLG Dresden, NZG 2000, 426 („Sachsenmilch"), NZG 2000, 414; Säcker Die Anpassung der Satzung an das Mitbestimmungsgesetz, Der Betrieb 1977, 1791; F A Schäfer Zulässigkeit und Grenzen der Kurspflege, WM, 1999, 1345; Schiessl Gesellschafts- und mitbestimmungsrechtliche Probleme der Spartenorganisation (Divisionalisierung), ZGR 1992, 64; Schilken Wissenszurechnung im Zivilrecht, 1983; Wolfgang Schilling Das Aktienunternehmen, ZHR 144 (1980) 136; ders Die Rechtstellung des Aufsichtsratsmitglieds in unternehmensrechtlicher Sicht in: FS Robert Fischer, 1979, S 679; Karsten Schmidt Deregulierung des Aktienrechts durch Denaturierung der Kommanditgesellschaft auf Aktien? Zum (aufhaltsamen) Aufstieg der „Kapitalgesellschaft & Co. KG aA", ZHR 160 (1996), 265; Schmidt-Leithoff Die Verantwortung der Unternehmensleitung, 1989; Uwe H Schneider, Gesellschaftsrechtliche und öffentlichrechtliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unternehmensorganisation - Zur Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch öffentlichrechtliche Verhaltenspflichten und öffentlichrechtliche Strukturnormen, Der Betrieb 1993, 1909; ders „Kapitalmindernde Darlehen" der GmbH an ihre Gesellschafter - Zugleich ein Beitrag zu den rechtlichen Grenzen der Finanzierung des Leveraged/ Management Buy out - in: FS Döllerer 1988 S 537; Schön Der Einfluß öffentlichrechtlicher Zielsetzungen auf das Statut privatrechtlicher Eigengesellschaften der öffentlichen Hand - Gesellschaftsrechtliche Analyse - , ZGR 1996, 429; Schönbrod Die Organstellung von Vorstand und Aufsichtsrat in der Spartenorganisation, 1987; Schulze-Osterloh Unternehmensüberwachung und Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat, ZIP 1998, 2129; Schwark Spartenorganisation in Großunternehmen und Unternehmensrecht, ZHR 142 (1978) 203; Seibert Aktienrechtsreform in Permanenz?, AG 2002, 417; Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Auf], 1996; ders Rechtsfragen der divisionalen Organisationsstruktur in der unabhängigen Aktiengesellschaft in: FS Döllerer, 1988, S 571; ders Grundsätze ordnungsgemäßer Überwachung? in: FS für Peltzer 2001, S 489;

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Slabschi Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage 1997; Spindler Unternehmensorganisationspflichten, 2001; Ursula Stein § 6 Abs 2 Satz 2 GmbHG, § 76 Abs 3 Satz 2 AktG: Verfassungswidrige Berufsverbote? AG 1987, 165; Steinmann/Gerum Reform der Unternehmensverfassung - Methodische und ökonomische Grundüberlegungen, 1978; Stoffels Grenzen der Informationsweitergabe durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer „Due Diligence", ZHR 165 (2001) 362; Strieder/Habel Zur Problematik einer Genossenschaft bzw einer Kapitalgesellschaft als einzigem persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommandit-Gesellschaft auf Aktien, Der Betrieb 1994, 1557; Theisen Die Überwachung der Unternehmensführung: betriebswirtschaftliche Ansätze zur Entwicklung erster Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung, 1987; ders Grundsätze einer ordnungsmäßigen Informationsversorgung des Aufsichtsrats, 2. Aufl, 1996; ders Vergabe und Konkretisierung des WP-Prüfungsauftrags durch den Aufsichtsrat, Der Betrieb 1999, 341; Teubner „Corporate responsibility" als Problem der Unternehmensverfassung, ZGR 1983, 34; Thümme Aufgaben und Haftungsrisiken des Managements in der Krise des Unternehmens, BetriebsBerater 2002, 1105; ders Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten, 1996; Tieves Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft, 1998; Treeck Die Offenbarung von Unternehmensgeheimnissen durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer Due Diligence in: FS Fikentscher, 1998, S 434; Trockels „Business Judgement Rule" und „Corporate Take-overs", AG 1990, 139; Tröger Neues zur Anfechtung bei Informationspflichtverletzungen - Die Entscheidung des BGH vom 13.11.2001 - Sachsenmilch, NZG 2002, 211; Ulmer Aktienrecht im Wandel Entwicklungslinien und Diskussionsschwerpunkte - , AcP 202 (2002) S 143; ders Gesellschafterpflicht zur Erhaltung des satzungsmäßigen Haftungsfonds der GmbH?, ZGR 1985, 598; Vogel Aktienrecht und Aktienwirklichkeit - Organisation und Aufgabenverteilung von Vorstand und Aufsichtsrat, 1980; ders Vorbereitung von Zustimmungsbeschlüssen bei Strukturmaßnahmen, ZIP 2001, 2029; Vollmer/Grupp Der Schutz der Aktionäre beim Börseneintritt und Börsenaustritt, ZGR 1995, 459; Wallenhorst Schranken der Anfechtungsbefugnis von Aktionären, 1996; Waltermann Zur Wissenszurechnung - am Beispiel der juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, AcP 192 (1992) 181; Wedderburn The Legal Development of Corporate Responsibility: For Whom Will Corporate Managers Be Trustees? in: Hopt/Teubner (eds) Corporate Governance and Directors' Liabilities, 1985, S 3; Weller Aktienrechtliches Anfechtungsrecht und Rechtsmißbrauch, 1996; Wendeling-Schröder Divisionalisierung, Mitbestimmung und Tarifvertrag, 1984; Westerman, Gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens als Gesellschaftsrechtsproblem, ZIP 1990, 773; Wiedemann Die Zukunft des Gesellschaftsrechts in: FS Robert Fischer, 1979, S 883; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht, 1961; Zetzsche (Hrsg) Die virtuelle Hauptversammlung, 2002; Wilde Informationsrechte und Informationspflichten im Gefüge der Gesellschaftsorgane, ZGR 1998, 423; Windbichler Mißbräuchliche Aktionärsklagen einschließlich Abfindungsregelungen in: Timm (Hrsg) Mißbräuchliches Aktionärsverhalten, 1990, S 35; Wirtz Die Aufsichtspflicht des Vorstandes nach OWiG und KonTraG, WuW 2001, 342; Ziemons Die Weitergabe von Unternehmensinterna an Dritte durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft, AG 1999, 492; Zieschang Das EU-Bestechungsgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung, NJW 1999, 105; Zöllner/Noac One share - one vote? Stimmrecht und Kapitalbeteiligung bei der Aktiengesellschaft, AG 1991, 117. 2 . Konzernrechtliches und „Holzmüller"-Schrifttum Altmeppen Abschied vom „qualifiziert faktischen" Konzern 1991; ders Ausgliederung zwecks Organschaftsbildung gegen die Sperrminorität? Der Betrieb 1998, 49; ders Die Haftung des Managers im Konzern, 1998; ders Grundlegend Neues zum „qualifiziert faktischen" Konzern und zum Gläubigerschutz in der Einmann-GmbH - Zugleich Besprechung des Urteils des BGH vom 17.9.2001 - II ZR 178/99 „Bremer Vulkan", ZIP 2001, 1874; ders Zur Entwicklung eines neuen Gläubigerschutzkonzepts in der GmbH - Zugleich Besprechung von BGH, Urt ν 24.6.2002 II ZR 300/00, ZIP 2002, 1578 - , ZIP 2002, 1553; ders Zur Vermögensbindung in der faktisch abhängigen AG, ZIP 1996, 693; Aschenbeck Personenidentität bei Vorständen in Konzerngesellschaften (Doppelmandat im Konzern), NZG 2000, 1015; Balz Einheit und Vielheit im Konzern in FS Raiser, 1974, S 287; ders Verbundene Unternehmen, AG 1992, 277; F Becker/Fett Börsengang im Konzern - Über ein „Zuteilungsprivileg" zum Schutze der Aktionärsinteressen - , WM 2001, 549;

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Binnewies Die Konzerneingangskontrolle in der abhängigen Gesellschaft, 1996; Burgard Kapitalmarktrechtliche Lehren aus der Übernahme Vodafone - Mannesmann - Zur Verletzung der Mitteilungspflicht nach § § 2 1 Abs 1, 22 Abs 1 Nr 6 WpHG und den sich daraus ergebenden Folgerungen für ein viertes Finanzmarktförderungsgesetz, W M 2000, 611; Busch/Groß Vorerwerbsrechte der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften über die Börse? AG 2000, 503; Canaris Hauptversammlungsbeschlüsse und Haftung der Verwaltungsmitglieder im Vertragskonzern, ZGR 1978, 207; Decher Information im Konzern und Auskunftsrecht der Aktionäre gem § 131 Abs 4 AktG, Z H R 158 (1994) 473; ders Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern, 1990; ders Die Zuständigkeit des qualifizierten faktischen Aktienkonzerns, Der Betrieb 1990, 2005; Dreher Personelle Verflechtungen zwischen den Leitungsorganen von (Versicherungs-) Unternehmen nach Gesellschafts-, Konzern- und Versicherungsaufsichtsrecht in: FS Egon Lorenz, 1994, S 175; Drexl Wissenszurechnung im Konzern, Z H R 161 (1997) 491; Ebenroth Die Kompetenzen des Vorstands und der Aktionärsschutz in der Konzernobergesellschaft, AG 1988, 1; ders Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle - Ein Beitrag zu den Kompetenzen von Vorstand und Hauptversammlung, 1987; Ebke/Geiger Personelle Verflechtungen von Kapitalgesellschaften, Unternehmenskonzentration und Wettbewerb, ZVglRWiss 93 (1994) 38; Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 2. Aufl, 2001; Emmerich/Sonnenschein/Habersack Konzernrecht, 7. Aufl, 2001; Eversberg Doppelvorstände im Konzern, 1992; Fleischer Börseneinführung von Tochtergesellschaften, ZHR 165 (2001) 513; Götz Die Sicherung der Rechte der Aktionäre der Konzernobergesellschaft bei Konzernbildung und Konzernleitung - Zugleich auch eine Besprechung der „Holzmüller"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs - , AG 1984, 845; ders Leitungssorgfalt und Kontrolle der Aktiengesellschaft hinsichtlich abhängiger Unternehmen, Z G R 1998, 524; Groß Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Erwerb und Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen, AG 1994, 266; Habersack „Holzmüller" und die schönen Töchter - zur Frage eines Vorerwerbsrechts der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften, W M 2001, 545; Halasz/Kloster Börsengang - eine Entscheidung der Hauptversammlung? - Zur einheitlichen Behandlung von Listing und Delisting, ZBB 2001, 474; Heinsius Organzuständigkeiten bei Bildung, Erweiterung und Umorganisation des Konzern, Z G R 1984, 383; Hoffmann-Becking Vorstands-Doppelmandate im Konzern, ZHR 150 (1986) 570; Hölters (Hrsg) Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, 3. Aufl, 1992; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, 1982; Hopt Insiderwissen und Interessenkonflikte im europäischen und deutschen Bankrecht in: FS Heinsius, 1991, S 289; Joost „Holzmüller 2 0 0 0 " vor dem Hintergrund des Umwandlungsgesetzes, Z H R 163 (1999) 164; Kort Bezugsrechtsfragen und „Holzmüller"-Fragen einer Tochter-Kapitalerhöhung aus Sanierungsgründen, AG 2002, 369; Kreher Konzernleitung im qualifizierten faktischen Konzern, 1996; KronsteinIHawkins Die Haftung der Organwalter und Gesellschafter von Tochtergesellschaften in den USA, RIW 1983, 249; KropffTLm Konzernleitungspflicht, Z G R 1984, 112; Lieb Abfindungsansprüche im (qualifizierten?) faktischen Konzern in FS Lutter, 2000, S 1151; Liebscher Konzernbildungskontrolle, 1995; Lindermann Doppelmandat gleich Haftungsdurchgriff? AG 1987, 225; Lüders/Wulff Rechte der Aktionäre der Muttergesellschaft beim Börsengang des Tochterunternehmens, Betriebs-Berater 2001, 1209; Lutter Bankenvertreter im Aufsichtsrat, Z H R 145 (1981) 224; ders Das Vor-Erwerbsrecht/Bezugsrecht der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften über die Börse, AG 2000, 342; ders Die Unwirksamkeit von Mehrfachmandaten in den Aufsichtsräten von Konkurrenzunternehmen in: FS Beusch, 1993, S 509; ders Due diligence des Erwerbers beim Kauf einer Beteiligung in: FS Schippel, 1996, S 455; ders Organzuständigkeiten im Konzern in: FS Stimpel, 1985, S 825; ders Stand und Entwicklung des Konzernrechts in Europa, Z G R 1987, 324; ders Zur Vorbereitung und Durchführung von Grundlagenbeschlüssen in Aktiengesellschaften in: FS Fleck, 1988, S 169; ders Noch einmal: Zum Vorerwerbsrecht der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften über die Börse, AG 2001, 349; ders Grenzen zulässiger Einflussnahme im faktischen Konzern - Nachbetrachtung zum Mannesmann/Vodafone Takeover in FS Peltzer, 2001, 241; Lutter/Leinekugel Der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung zu grundlegenden Strukturmaßnahmen - zulässige Kompetenzübertragung oder unzulässige Selbstentmachtung? ZIP 1998, 805; Luttermann Unternehmensfinanzierung, Geschäftsleiterpflicht und Haftkapital bei Kapitalgesellschaften - Rechtsfragen der Vermögensbetreuung und Liquiditätssicherung („business judgement rule") im Konzern („Bremer Vulkan") und ein umfassendes Finanzierungs- und Haftungskonzept, Betriebs-Berater 2001, 2433; Martens Der Aufsichtsrat im Konzern, Z H R 159 (1995) 567; ders Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die „Basis-

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demokratie" in der Aktiengesellschaft - Anmerkungen zu BGHZ 83, 122 („Holzmüller"), Z H R 147 (1983) 377; ders Die Organisation des Konzernvorstands in: FS Heinsius, 1991, S 523; Meiser Leitungsautonomie im divisionalisierten Konzern, 1984; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 2. Aufl, 1996; ders Rechtsprobleme des Delisting, Z H R 165 (2001) 104; Noack „Holzmüller" in der Eigenverwaltung - Zur Stellung von Vorstand und Hauptverwaltung im Insolvenzverfahren, ZIP 2 0 0 2 , 1873; Nüßleiti Konzernkonstituierende Leitung, 1998; von Planta Der Interessenkonflikt des Verwaltungsrats der abhängigen Konzerngesellschaft, 1988; Reuter Die Konzerndimension des KonTraG und ihre Umsetzung in Konzernobergesellschaften, Der Betrieb 1999, 2250; ders Die Personengesellschaft als abhängiges Unternehmen, Z H R 146 (1982) 1; Röhricht Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2 0 0 2 , S 3; ders Die GmbH im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Dispositionsfreiheit ihrer Gesellschafter und Gläubigerschutz in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) Festschrift aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof, 2000, S 83; Säcker Zur Problematik von Mehrfachfunktionen im Konzern, Z H R 151 (1987) 59; Scheffler Konzernleitung aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Betriebs-Berater 1985, 2005; Schlieper Leitungsintensität und Mehrfachfunktion im faktischen Konzern, 1996; Uwe H Schneider Informationsrechte der Aktionäre bei Beteiligungsveräußerungen - Besprechung des Urteils BGH vom 1 5 . 1 . 2 0 0 1 - II Z R 124/99 („Altana/Milupa"), Z H R 165 (2001) 593; ders Konzernleitung als Rechtsproblem, BetriebsBerater 1981, 249; Schockenhoff Informationsrechte der HV bei Veräußerung eines Tochterunternehmens - Zugleich Besprechung der Altana/Milupa-Entscheidung des BGH, N Z G 2001, 921; Schwark/Geiser Delisting, ZHR 161 (1997) 739; Seibt Kapitalmarktrechtliche Uberlagerungen im Aktienrecht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2 0 0 0 , VGR-Bd 3 (2001) S 37; Semler Doppelmandats-Verbund im Konzern - Sachgerechte Organisationsform oder rechtlich unzulässige Verflechtung? in: FS Stiefel, 1987, S 719; Seydel Konzernbildungskontrolle bei der Aktiengesellschaft, 1996; Sina Grenzen des Konzernweisungsrechts nach S 308 AktG, AG 1991, 1; Ursula Stein Konzernherrschaft durch EDV? - Gesellschaftsrechtliche und konzernrechtliche Probleme der EDV-Auslagerung auf ein konzernverbundenes Unternehmen, Z G R 1988, 163; Streyl Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten, 1992; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, 1977; Theisen Der Konzern Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernunternehmung - , 2. Aufl, 2000; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, 1980; ders Grundfragen des „qualifizierten" faktischen Konzerns im Aktienrecht - Bemerkungen zur „Bauning"-Entscheidung des OLG Hamm vom 3 . 1 1 . 1 9 8 6 , NJW 1987, 977; Trapp/Schick Die Rechtsstellung des Aktionärs der Obergesellschaft beim Börsengang von Tochtergesellschaften, AG 2001, 381; Tröger Treupflicht im Konzernrecht, 2000; Ulmer Der Gläubigerschutz im Faktischen GmbH-Konzern beim Fehlen von Minderheitsgesellschaftern, Z H R 148 (1984) 391; de Vries Delisting, Kapitalmarktrecht - Gesellschaftsrecht Umwandlungsrecht, 2002; Wackerbarth Aktionärsrechte beim Börsengang einer Tochter - obey the law if not the spirit, AG 2 0 0 2 , 14; ders Grenzen der Leitungsmacht in der internationalen Unternehmensgruppe, 2001; Wahlers Konzernbildungskontrolle durch die Hauptversammlung der Obergesellschaft, 1994; Wellkamp Der Gleichordnungskonzern - ein Konzern ohne Abhängigkeit? Der Betrieb 1993, 2517; Winfried Werner Zuständigkeitsverlagerungen in der Aktiengesellschaft durch Richterrecht? - Besprechung der Entscheidung BGHZ 83 S 122ff, ZHR 147 (1983) 429; Westermann Organzuständigkeit bei Bildung, Erweiterung und Umorganisation des Konzerns, Z G R 1984, 352; Wolf Konzerneingangsschutz bei Übernahmeangeboten - Neuere Entwicklungen zu Verteidigungsmaßnahmen im Spannungsfeld zum EU-Richtlinienvorschlag, AG 1998, 212; Zimmermann/ Pentz, „Holzmüller"-Ansatzpunkt, Klagefristen, Klageantrag in: FS Weif Müller, 2001, S 151; Zöllner Schutz der Aktionärsminderheit bei einfacher Konzernierung in: FS Kropff, 1997, S 333.

3. Übernahmerechtliches Schrifttum Adams Was spricht gegen eine ungehinderte Übertragbarkeit der in Unternehmen gebundenen Ressourcen durch ihre Eigentümer? AG 1990, 243; Altmeppen Neutralitätspflicht und Pflichtangebot nach dem neuen Übernahmerecht, ZIP 2001, 1073; Assmann Übernahmeangebote im Gefüge des Kapitalmarktrechts, insbesondere im Lichte des Insiderrechts, der Ad hoc-Publizität und

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

des Manipulationsverbots, ZGR 2002, 697; van Aubel Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten, 1995; Baudisch/Götz Nochmals: Neutralitätspflicht des Vorstands und Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung im Ubernahmerecht, AG 2001, 251 und 254; Baums/Thoma (eds) Takeover Laws in Europe, 2002 ff; Bayer Vorsorge- und präventive Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen, ZGR 2002, 588; ders Zulässige und unzulässige Einschränkungen der europäischen Grundfreiheiten im Gesellschaftsrecht - Anmerkung zu den Entscheidungen des EuGH ν 4 . 6 . 2 0 0 2 Rs C-483/99, C-367/98, C-503/99 („Goldene Aktien"), BB 2002, 1 2 8 2 f f - , Betriebs-Berater 2002, 2289; Beckmann Übernahmeangebote in Europa, 1995; Binz Das neue Übernahmegesetz: Enteignung der Aktionäre? Betriebs-Berater 2002, 1; Bungert Besprechung von Stefan Mutter, Unternehmerische Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft sowie von Ralf D Weisser, Feindliche Übernahmeangebote und Verhaltenspflichten der Leitungsorgane, ZHR 159 (1995) 261; Bydlinski/Winner Das neue Übernahmegesetz, ÖBA 1998, 913; Cabn/Senger Das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, Finanz Betrieb, 2002, 277; Daum Die unkoordinierte Übernahme einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, 1993, S 175 f; Dietz Die Ausgliederung nach dem UmwG und nach Holzmüller, 1999; Dedic/Buckova Übernahmerecht und Meldepflicht in Tschechien, RIW 1999, 193; Diemer/Hasselbach Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, NZG 2000, 824; Diemke/Heiser Neutralitätspflicht, Übernahmepflicht und Richtlinienvorschlag 2000, NZG 2001, 241; Dorait Überlegungen zur Gestaltung der Vorschriften über das Recht des Öffentlichen Übernahmeangebots in Österreich in: FS Kropff, 1997, S 55; ders Verschmelzung, Konzern und der City Code, GesRZ 2000, 197; Drygala Die neue deutsche Übernahmeskepsis und ihre Auswirkungen auf die Vorstandspflichten nach § 33 WpÜG, ZIP 2001, 1861; Ebenroth/Daum Die Kompetenzen des Vorstands einer Aktiengesellschaft bei der Durchführung und Abwehr unkoordinierter Übernahmen, Der Betrieb 1991, 1105 und 1157; Ebenroth/Rapp Abwehr von Unternehmensübernahmen, DWiR 1991, 2; Ekkenga/Hofschroer Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Teil I) DStR 2002, 724; Endres Organisation der Unternehmensleitung aus der Sicht der Praxis, ZHR 163 (1999) 441; Fleischer Konkurrenzangebote und Due Diligence - Vorüberlegungen zu einer übernahmerechtlichen Gleichbehandlung der Bieter, ZIP 2002, 651; Geibel/Süßmann (Hrsg) WpÜG, Kommentar, 2002; Grunewald Europäisierung des Übernahmerechts, AG 2001, 288; Götze Auskunftserteilung durch den GmbH-Geschäftsführer im Rahmen des Due Diligence beim Beteiligungserwerb, ZGR 1999, 202; Habersack/Mayer Der neue Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie - Überlegungen zur Umsetzung in das nationale Recht, ZIP 1997, 2141; Harbarth Abwehr feindlicher Übernahmen in den USA, ZVglRWiss 100 (2001) 275; Hirte Verteidigung gegen Übernahmeangebote und Rechtsschutz des Aktionärs gegen die Verteidigung, ZGR 2002, 623; Hirte (Hrsg) WpÜG, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz mit Übernahmekodex und City Code- Gesetzestexte, Quellen, Materialien, 2002; Hopt Aktionärskreis und Vorstandsneutralität, ZGR 1993, 534; ders Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz - Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie und Diskussionsentwurf des Übernahmegesetzes in: FS Koppensteiner, 2001, S 61; ders Auf dem Weg zum deutschen Übernahmegesetz - Überlegungen zum Richtlinienentwurf 1997, zum Übernahmekodex (1997) und zum SPD-Entwurf 1997 in: FS Zöllner, 1998, S 253; ders Europäisches und deutsches Übernahmerecht, ZHR 161 (1997) 368; ders Grundsatz- und Praxisprobleme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz ZHR 166 (2002), 383; ders Präventivmaßnahmen zur Abwehr von Übernahme- und Beteiligungsversuchen in: WM-Festgabe für Theodor Heinsius, WMSonderheft vom 25.9.1991, S 22; Übernahmen, Geheimhaltung und Interessenkonflikte: Probleme für Vorstände, Aufsichtsräte und Banken, ZGR 2002, 333; ders Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen zur aktien- und übernahmerechtlichen Rechtslage in Deutschland und Europa in FS Lutter, 2000, S 1361; Horn Internationale Unternehmenszusammenschlüsse, ZIP 2000, 473; Joussen Die Treuepflicht des Aktionärs bei feindlichen Übernahmen, Betriebs-Berater 1992, 1075; Kalss Das neue Übernahmegesetz als Teil des Kapitalmarktrechts in Österreich, NZG 1999, 421; Kiem Der Hauptversammlungsentscheid zur Legitimation von Abwehrmaßnahmen nach dem neuen Übernahmegesetz, ZIP 2000, 1509; Kirchner Managementpflichten bei „feindlichen Übernahmeangeboten, WM 2000 1821; ders Neutralitäts- und Stillhaltepflicht des Vorstands der Zielgesellschaft im Übernahmerecht, AG 1999, 481; ders Szenarien einer „feindlichen" Unternehmensübernahme: Alternative rechtliche Regelungen im Anwendungstest, BetriebsBerater 2000, 105; Kirchner/Ehricke Funktionsdefizite des Übernahmekodex der Börsensachverstän-

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digenkommission, AG 1999, 105; A Klein Abwehrmöglichkeiten gegen feindliche Übernahmen in Deutschland, NJW 1997, 2085; Körber Geschäftsleitung der Zielgesellschaft und due diligence bei Paketerwerb und Unternehmenskauf, N Z G 2002, 263; Körner Die Neuregelung der Übernahmekontrolle nach deutschem und europäischem Recht - insbesondere zur Neutralitätspflicht des Vorstands, Der Betrieb 2001, 367; Kort Rechte und Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen in: FS Lutter, 2000, S 1421; Krause Das deutsche Übernahmegesetz vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie, ZGR 2002, 500; Das neue Übernahmerecht, NJW 2002, 705; ders Der Kommissionsvorschlag für die Revitalisierung der EU-Übernahmerichtlinie, Betriebs-Berater 2002, 2341; ders Die Abwehr feindlicher Übernahmeangebote auf der Grundlage von Ermächtigungsbeschlüssen der Hauptversammlung, 2002, ders Prophylaxe gegen feindliche Übernahmeangebote, AG 2002, 133; ders Von „goldenen Aktien", dem VW-Gesetz und der Übernahmerichtlinie, NJW 2002, 2747; ders Zur „Pool- und Frontenbildung" im Übernahmekampf und zur Organzuständigkeit für Abwehrmaßnahmen gegen „feindliche" Übernahmeangebote - Überlegungen zu LG Düsseldorf vom 14.12.1999 - 10 O 495/99 Q - „Mannesmann", AG 2000, 217; Land Das neue deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz - Anmerkungen zum Regierungsentwurf - , Der Betrieb 2001, 1707; Land/Hasselbach Das neue deutsche Übernahmegesetz - Einführung und kritische Anmerkungen zum Diskussionsentwurf das BMF, Der Betrieb 2000, 1747; Lange Das Unternehmensinteresse der Zielgesellschaft und sein Einfluss auf die Rechtsstellung der die Übernahme fördernden Aufsichtsratsmitglieder, W M 2002, 1737; Lammers Verhaltenspflichten von Verwaltungsmitgliedern bei Übernahmeauseinandersetzungen, 1994; Lutter Grenzen zulässiger Einflußnahme im Konzern - Nachbetrachtung zum Mannesmann/Vodafone-Takeover in: FS Peltzer, 2001, S 241; ders Due Diligence des Erwerbers beim Kauf einer Beteiligung, ZIP 1997, 613; Maier-Reimer Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, Z H R 165 (2001) 258; Martens Der Einfluß von Vorstand und Aufsichtsrat auf Kompetenzen und Struktur der Aktionäre - Unternehmensverantwortung contra Neutralitätspflicht in: FS Beusch, 1993, 529; ders Der Grundsatz gemeinsamer Vorstandsverantwortung in FS Fleck, 1988, S 191; Merkt Verhaltenspflichten des Vorstands der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmen, Z H R 165 (2001) 224; ders Due Diligence und Gewährleistung beim Unternehmenskauf, Betriebs-Berater 1995, 1041; ders Rechtliche Bedeutung der Due Diligence beim Unternehmenskauf, WiB 1996, 145; Mertens Förderung von, Schutz vor, Zwang zu Übernahmeangeboten?, AG 1990, 252; Michalski Abwehrmechanismen gegen unfreundliche Übernahmeangebote („unfriendly takeovers") nach deutschem Recht, AG 1997, 152; Mühle Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Schnittfeld zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unter besonderer Berücksichtigung des ökonomischen Rahmenbezugs, 2002; Mülbert Die Zielgesellschaft im Vorschlag 1997 einer Takeover-Richtlinie - zwei folgenreiche Eingriffe in das deutsche Aktienrecht, IStR 1999, 83; Mülbert/Birke Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot - Die angemessene Rolle der Verwaltung einer Zielgesellschaft in einer feindlichen Übernahme - W M 2001, 705; Neye Die EU-Übernahmerichtlinie auf der Zielgeraden, ZIP 2001, 1120; ders Der gemeinsame Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie - ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Übernahmerecht, AG 2000, 289; Novotny Z u r Auslegung des Übernahmegesetzes, RdW 2000, 330; Nowotny/Stern Übernahmerecht und Gesellschaftsrecht - Ein Überblick, RdW 1998, 655; Thomas Christian Paefgen Kein Gift ohne Gegengift: Sortimentserweiterung in der Bereitschaftsapotheke gegen idiosynkratische Unternehmenskontrollwechsel - Statutarische Gestaltungsmöglichkeiten zur Herstellung der Waffengleichheit im Übernahmekampf, AG 1991, 189; Peltzer Hostile Takeovers in der Bundesrepublik Deutschland? Möglichkeiten und Hindernisse, ZIP 1989, 69; Pötzsch Das neue Übernahmerecht, Einführung Materialien - Texte, 2002; Pötzsch/Möller Das künftige Übernahmerecht, W M 2000, Sonderbeilage 2; Priester Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses bei unterbesetztem Vorstand in: FS Kropff, 1997, S 591; Riehmer/Schröder Der Entwurf des Übernahmegesetzes im Lichte von Vodafone/ Mannesmann, N Z G 2000, 820; Ruiz/Pèris/Esban/Quesada Rev. Der. Bancario y Bursátil 1997; Riimker Übernahmeangebote - Verhaltenspflichten des Vorstandes der Zielgesellschaft in: FS Heinsius, 1991, S 683; Schander Abwehrstrategien gegen feindliche Übernahmen und ihre Zulässigkeit im Lichte der Aktienrechtsreform, Betriebs-Berater 1997, 1801; Schander/Posten Zu den Organpflichten bei Unternehmensübernahmen, ZIP 1997, 1534; Schanz Feindliche Übernahmen und Strategien der Verteidigung, N Z G 2000, 337; Wolf Ulrich Schilling Takeover, Treupflicht & Shareholder Value Einige Anmerkungen zu dem Übernahmeversuch Krupp-Hoesch/Thyssen, Betriebs-Berater 1997,

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Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

1909; Τ Schmidt Öffentliche Übernahmeangebote in Italien, AG 1999, 402; Uwe Η Schneider Die Zielgesellschaft nach Abgabe eines Übernahme- oder Pflichtangebotes, AG 2002, 125; Schuster/ Rudolf Übernahmerecht in der Schweiz, in: von Rosen/Seifert (Hrsg) Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, DAI-Schriften zum Kapitalmarkt, Bd 2, 1999, S 41; Franz-Jörg Semler Die zweite Runde ist eröffnet: Neuer Kommissionsvorschlag für eine EU-Übernahmerichtlinie, Betriebs-Berater 2002, Heft 46, Seite I; Sieger/Hasselbach Break Fee-Vereinbarung bei Unternehmenskäufen - Im Blickpunkt: Zulässigkeit und Vertragsgestaltung nach deutschem Gesellschaftsrecht, Betriebs-Berater 2000, 625; Steding Das Take-over und Strategien zu seiner Abwehr im Aktienrecht, Jura 1999, 181; Steinmeyer/Häger WpÜG, Kommentar, 2002; Stockenhuber Takeovers nach österreichischem Übernahmerecht, RiW 1999, 751; Sünner Zur Abwehr feindlicher Unternehmensübernahmen in Deutschland in: FS Quack, 1991, S 457; Thoma Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Überblick, NZG 2002, 105; Thiimmel Haftungsrisiken von Vorständen und Aufsichtsräten bei der Abwehr von Übernahmeversuchen, Der Betrieb 2000, 461; Tröger Unternehmensübernahmen im deutschen Recht, DZWIR 2002, 353 und 397; Wackerbarth Von Golden Shares und poison pills: Waffengleichheit bei internationalen Übernameangeboten, WM 2001, 1741; Wägenbaur Der neue Übernahmekodex liegt vor, ZRP 2002, 494; Werne Haftungsrisiken bei Unternehmensakquisitionen: die Pflicht des Vorstands zur Due Diligence, ZIP 2000, 989; Wiesner Protektionismus oder Marktöffnung - Zur Übernahmerichtlinie zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab, ZIP 2002, 208; Winner/Gall Ein Jahr Übernahmegesetz - Die ersten Entscheidungen, wbl 2000, 1; Winter/Harbarth Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 1; Witte Diskussionsentwurf zur Regelung von Unternehmensübernahmen: Abwehrmöglichkeiten des Vorstands der Zielgesellschaft, Betriebs-Berater 2001, 2161; Wymeersch Übernahmeangebote und Pflichtangebote, ZGR 2002, 520; Zschocke Europapolitische Mission: Das neue Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Der Betrieb 2002, 79. 4. Betriebswirtschaftliches Schrifttum sowie Corporate Governanceund Shareholder Value-Fragen (s auch Schrifttum vor § 76) Ballwieser Wertorientierte Unternehmensführung: Grundlagen, zfbf 52 (2000) 160; Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären? Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, 2000; Behrens/Brauner (Hrsg) Due Diligence bei Unternehmensaquisitionen, 2. Aufl, 1999; Bischoff Das Shareholder Value-Konzept, 1994; Busse von Cölbe Was ist und was bedeutet Shareholder Value aus betriebswirtschaftlicher Sicht, ZGR 1997, 271; Clemm Zur Verantwortung der Unternehmensleitung gegenüber Aktionären („shareholder value"), Arbeitnehmern und Gemeinwohl („soziale Verantwortung") in: FS Ritter, 1997, S 675; Copeland/Koller/Murrin Valuation: Measuring and Managing the Value of the Compainies, 1995; Demsetz The Strukcture of Ownership and the Theory of the Firm, Journal of Law and Econimics 26 (1983), 375; Fama/Hensen Separation of Ownership and Conrtrol, Journal of Law and Economics 26 (1983) 201; Hopt Die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat - Zugleich ein Beitrag zur Corporate Governance-Debatte in: FS Mestmäcker, 1996, S 909; Keller Die Führung einer Holding, in: Marcus Lutter (Hrsg.), Holding-Handbuch, 3. Aufl, 1998, S 101 ff; H Manfred Kessler Interessen- und Kompetenzkonflikte in einer Aktiengesellschaft aus juristischer und betriebswirtschaftlicher Sicht, AG 1993, 252; ders Die Leitungsmacht des Vorstands einer Aktiengesellschaft, AG 1995, 61 und 121; Kless Beherrschung der Unternehmensrisiken: Aufgaben und Prozesse eines Risikomanagements, DStR 1998, 93; Kiibler Shareholder Value: Eine Herausforderung für das Deutsche Recht? in: FS Zöllner, 1998, S 321; Lange/Wall Risikomanagement nach dem KonTraG, 2001; Lutter Vergleichende Corporate Governance - die deutsche Sicht, ZGR 2001, 224; Madrian Interessengruppenorientierte Unternehmensführung - Eine organisationstheoretische Analyse am Beispiel großer Aktiengesellschaften, 1998; Mülbert Shareholder Value aus rechtlicher Sicht, ZGR 1997, 129; Ott Recht und Realität der Unternehmenskorporation, 1977; Pape Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung wertorientierter Unternehmensführung, Betriebs-Berater 2000, 711; Picot (Hrsg), Unternehmenskauf und Restrukturierung, 2. Aufl, 1998; Rappaport Creating Shareholder Value: The New Standard for Business Performance, 1986; Scheffler Betriebswirtschaftliche Überlegungen zur Entwicklung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat, AG 1995, 207; ders Konzernleitung aus

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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betriebswirtschaftlicher Sicht, Betriebs-Berater 1985, 2005; Wolf Ulrich Schilling Shareholder Value und Aktiengesetz, Betriebs-Berater 1997, 373; Schmidt/Spindler Shareholder-Value zwischen Ökonomie und Recht in: FS Kübler, 1997, S 515; Schreyögg Unternehmensstrategie. Grundfragen einer Theorie strategischer Unternehmensführung, 1984; Schruff Unternehmensüberwachung und Abschlußprüfer in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unternehmensüberwachung, 2001, S 149; Schwark Corporate Governance: Vorstand und Aufsichtsrat in: Hommelhoff/I.utter/Schmidt/SchönAJlmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2002, S 75; Seibert OECD Principles of Corporate GovernanceGrundsätze der Unternehmensführung und -kontrolle für die Welt, AG 1999, 337; Steinmann/ Gerum Reform der Unternehmensverfassung - Methodische und ökonomische Grundüberlegungen, 1978; Theisen, Der Konzern - Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernunternehmung - , 2. Aufl, 2000; ders Empirical Evidence and Economic Comments on Board Structure in Germany in: Hopt/Kanda/Roe/ Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance, 1998, S 259; ders Vergabe und Konkretisierung des WP-Prüfungsauftrags durch den Aufsichtsrat - Bedeutung, Funktion und Umsetzung des § 111 Abs 2 Satz 3 AktG idF 1998 - , Der Betrieb 1999, 341; Ulmer Der Deutsche Corporate Governance Kodex - ein neues Regulierungsinstrument für börsennotierte Aktiengesellschaften, Z H R 166 (2002) 150; Unzeitig/Köthner Shareholder Value Analyse 1995; ν on Werder Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU), ZfbF Sonderheft 36, 1996, S 27; ders Organisation der Unternehmensleitung und Haftung des Top-Managements, Der Betrieb 1987, 2265; ders Shareholder Value- Ansatz als (einzige) Richtschnur des Vorstandshandelns? Z G R 1998, 69; Windbichler/Bachmann Corporate Governance und Mitbestimmung als Wirtschaftsrechtlicher order public" in: FS Bezzenberger, 2000, S 797; Witte Die Unabhängigkeit des Vorstandes im Einflußsystem der Unternehmung ZfbF 1981, 273; Zimmermann/Wortmann Der Shareholder-Value-Ansatz als Institution zur Kontrolle der Führung von Publikumsgesellschaften, Der Betrieb 2001, 289.

I. Grundlagen 1. Inhalt u n d Z w e c k der N o r m ; Gesetzesgeschichte a) Inhalt und Z w e c k § 7 6 A b s 1 A k t G b e h a n d e l t k n a p p die A u f g a b e des V o r s t a n d s , die A G z u leiten, u n d m a c h t in h a f t u n g s r e c h t l i c h r e l e v a n t e r Weise (§ 9 3 A k t G ) d e u t l i c h , d a s s die Leitung d e r G e s e l l s c h a f t durch den Vorstand in eigener Verantwortung erfolgt. § 7 6 A b s 2 A k t G b e t r i f f t die z a h l e n m ä ß i g e Z u s a m m e n s e t z u n g des V o r s t a n d s . Bei k l e i n e n Aktiengesells c h a f t e n ist ein e i n k ö p f i g e r V o r s t a n d m ö g l i c h (§ 76 A b s 2 Satz 2 A k t G ) . F e r n e r m a c h t § 7 6 A b s 2 Satz 3 A k t G d e u t l i c h , d a s s die m i t b e s t i m m u n g s r e c h t l i c h e n B e s t i m m u n g e n ü b e r d e n A r b e i t s d i r e k t o r n e b e n die a r b e i t s r e c h t l i c h e n N o r m e n ü b e r d e n V o r s t a n d t r e t e n . § 7 6 A b s 3 A k t G e n t h ä l t - s o w o h l positiv als a u c h n e g a t i v f o r m u l i e r t - E i g n u n g s v o r a u s s e t z u n g e n ( A n f o r d e r u n g e n u n d A u s s c h l u s s g r ü n d e ) f ü r die B e k l e i d u n g des V o r s t a n d s a m t s .

1

§ 76 A k t G d i e n t d e m Z w e c k , die L e i t u n g d e r A G d e m V o r s t a n d , u n d z w a r als Kolleg i a l o r g a n , z u z u w e i s e n . 1 D a s b e t r i f f t a u c h d a s V e r h ä l t n i s des V o r s t a n d s zu d e n a n d e r e n O r g a n e n d e r A G ( A u f s i c h t s r a t , H a u p t v e r s a m m l u n g ) , die n i c h t l e i t u n g s b e f u g t u n d n i c h t w e i s u n g s b e f u g t sind. D e r A u f s i c h t s r a t ist d e m g e m ä ß k e i n L e i t u n g s o r g a n . 2 Die H a u p t v e r s a m m l u n g ist - a n d e r s als die G e s e l l s c h a f t e r d e r G m b H - n i c h t w e i s u n g s b e f u g t g e g e n ü b e r d e m V o r s t a n d . § 7 6 A k t G ist a b e r a u c h v o n B e d e u t u n g f ü r d a s V e r h ä l t n i s d e r V o r s t a n d s m i t g l i e d e r z u e i n a n d e r : D e r V o r s t a n d h a n d e l t bei d e r L e i t u n g d e r G e s e l l s c h a f t n i c h t d u r c h die einzelnen V o r s t a n d s m i t g l i e d e r , s o n d e r n als K o l l e g i a l o r g a n .

2

1

Hüffer5

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1.

2

Insofern aA Hüffer5

Michael Kort

2.

§ 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

b) Gesetzesgeschichte 3

§ 76 AktG 1965 weicht trotz der Einräumung eigenverantwortlicher Leitungskompetenz insofern von § 70 AktG 1937 ab, als dass § 70 AktG 1937 eine noch stärkere Stellung des Vorstands vorsah (dazu bereits oben vor § 76 Rdn 6). § 76 Abs 2 Satz 2 AktG ist durch Art 3 § 1 N r 4 EuroG vom 9. 6.1998 3 geändert worden. 2. Stellung des Vorstands in der Unternehmensverfassung a) Allgemeines

4

Der Vierte Teil des AktG befasst sich mit der Verfassung der Aktiengesellschaft. Die Verfassung der AG sieht obligatorisch die Einrichtung der drei Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung vor. Aus dem im Aktiengesetz angesichts von § 23 Abs 5 AktG weitgehend zwingend (dazu vor § 76 Rdn 70 ff) geregelten Verhältnis dieser drei O r g a n e 4 ergibt sich die Stellung des Vorstands: Er hat die Gesellschaft nach § 76 Abs 1 AktG eigenverantwortlich zu leiten. Seine Aufgabe ist damit qua Gesetz nicht unternehmensbezogen, sondern gesellschaftsbezogen. Dennoch spielen gerade im neueren Aktienrecht die Begriffe des Unternehmensgegenstands (dazu Rdn 39 f, 45) und des Unternehmensinteresses (dazu Rdn 40) eine große Rolle, auch wenn der Versuch einer Definition des Unternehmensbegriffs wegen des Fehlens gesetzlicher Regelungen dieses Terminus zwangsläufig von Unwägbarkeiten getragen ist. b) Beziehung zur Hauptversammlung

5

Die Statuierung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands bei der Leitung der Gesellschaft zeigt, dass der Vorstand abweichend von der Regelung des GmbH-Gesetzes, bei dem das Geschäftsführungsorgan von den Weisungen der Gesellschafter abhängig ist, grundsätzlich nicht den Weisungen der Gesellschafter, also der Hauptversammlung als weiterem Organ der Gesellschaft (zu deren grundsätzlicher Funktion im System des AktG vor § 76 Rdn 10f und ausführlich Großkomm AktG/Mülbert* vor §§ 118 bis 147 Rdn 18 ff), unterworfen ist. 5 Gleichwohl kann auch der Vorstand schon von Gesetzes wegen Bindungen an Entscheidungen anderer Organe unterliegen. So ergibt sich aus § 119 Abs 2 AktG, dass auch die Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung entscheiden kann, allerdings nur, wenn der Vorstand es verlangt (dazu schon vor § 76 Rdn 10). Im Übrigen ist allerdings § 119 Abs 2 AktG deutlicher als §§ 76 und 77 AktG zu entnehmen, dass die Geschäftsführung von Gesetzes wegen im Grundsatz Aufgabe (nur) des Vorstands ist. 6

6

Weitere Beschränkungen der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand ergeben sich daraus, dass die Hauptversammlung ihrerseits für Grundlagenentscheidungen bei der Aktiengesellschaft zuständig ist (dazu Rdn 79 ff). Das rechtsformunabhängige Prinzip des deutschen Gesellschaftsrechts, dass die Gesellschafter besonders wichtige Entscheidungen selbst treffen, gilt auch bei der Aktiengesellschaft: So zeigen etwa §§ 179 ff AktG, dass Satzungsänderungen eines Beschlusses der Hauptversammlung bedürfen. Dahinter steht der Gedanke, dass die Satzung als Grundordnung der Gesellschaft nicht vom Vorstand, sondern nur von der Hauptversammlung geändert

3 4

BGBl I S 1242. Zur Bindung der Gesellschaft, ihrer Organe und Gesellschafter an Gesetz und Satzung allg Geßler in: FS Martin Luther 1976 S 69, 81.

5 6

BaumbachIHueck 1 3 vor § 76 Rdn 5. ν Godin/Wilhelmi4 2; auch Kessler AG 1993, 252, 272 f.

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werden kann. Dieser Normkomplex ist seinerseits Ausdruck der Grundlagenkompetenz der Aktionäre in den sie als Gesellschaftern mitgliedschaftlich treffenden Angelegenheiten. Die Grundlagenkompetenz der Hauptversammlung in Abgrenzung zu der ihrerseits im Grundsatz nicht beschränkbaren Leitungskompetenz des Vorstands folgt im Übrigen auch aus den teilweise gesetzlich ausdrücklich geregelten Erfordernissen einer Mitwirkung der Hauptversammlung bei wichtigen Entscheidungen, wie etwa bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen, zB § 182 AktG (Kapitalerhöhung gegen Einlagen) oder § 2 9 3 Abs 1 AktG (Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen). Inwiefern über die gesetzlich genannten Fälle der Zuständigkeit der Hauptversammlung hinaus noch die Zuständigkeit des Vorstands weiteren, gesetzlich nicht geregelten Schranken unterliegt, ist strittig (dazu ausführlich unten Rdn 79 ff). Im Zuge der anhaltenden Diskussion um „ungeschriebene" Hauptversammlungskompetenzen angesichts der „Holzmüller"-Doktrin des B G H 7 fragt es sich, ob über die im Aktiengesetz genannten Grenzen hinaus die Systematik des Aktiengesetzes, insbesondere das Verhältnis der Organe zueinander, gebietet, die Kompetenzen des Vorstands zugunsten der Hauptversammlung zu beschneiden. Hierfür ist ua auch an den Begriff der „Leitung", wie er in § 76 Abs 1 AktG Verwendung findet, anzuknüpfen (dazu Rdn 28 ff).

7

c) Der Vorstand im Konzern Die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand und damit dessen originäre Organkompetenz wird nicht nur durch geschriebene und ungeschriebene Zuständigkeiten des Organs „Hauptversammlung" begrenzt, sondern auch durch konzernrechtliche Vorgaben (dazu ausführlich unten Rdn 131 ff und schon vor § 76 Rdn 4 9 ff). Für den aktienrechtlichen Vertragskonzern beschreibt § 3 0 8 AktG eine Einschränkung der Leitungsmacht des Vorstands der abhängigen Aktiengesellschaft, denn das herrschende Unternehmen ist gemäß § 3 0 8 Abs 1 Satz 1 AktG berechtigt, dem Vorstand der Tochter hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Hingegen ist die Existenz eines Weisungsrechts bei faktischen Unternehmensverbindungen, insbesondere im qualifizierten faktischen (aktienrechtlichen) Konzern, strittig. Auf der einen Seite findet sich die Auffassung, der qualifizierte faktische Konzern sei angesichts von § 311 AktG ein Unrechtstatbestand oder zumindest ein lediglich „geduldeter" Konzernierungszustand, der dem herrschenden Unternehmen keine rechtlich legitimierte Weisungsmacht in bezug auf die Leitung der Tochter durch deren eigenen Vorstand gebe. 8 Von anderer Seite wird nicht nur ein solches Weisungsrecht befürwortet, sondern sogar eine neben oder an die Stelle der Leitungsverantwortung des Tochtervorstands tretende Konzernleitungspflicht des Geschäftsführungsorgans der Obergesellschaft propagiert (dazu näher unten Rdn 139 ff).

8

d) Beziehung zum Aufsichtsrat Ferner ist die Stellung des Vorstands als Organ von derjenigen des in §§ 95 ff AktG angesprochenen Stellung des Aufsichtsrats als Organ abzugrenzen. Auf den ersten Blick scheint deren Verhältnis unproblematisch, bestimmt doch § 111 Abs 1 AktG lapidar, der Aufsichtsrat habe „die Geschäftsführung" (gemeint: den Vorstand bei der Erfüllung seiner Geschäftsführungsaufgaben) zu überwachen. Jedoch lassen sich in der Praxis bloße Uber-

7 8

BGH, BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703. So etwa Hüffer5 17; Martens in: FS Heinsius, 1991, S 523, 531; zur Unzulässigkeit fakti-

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scher Konzernierung jenseits der §§ 311 ff AktG Stein ZGR 1988, 163, 183 ff.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

wachungsaufgaben und -kompetenzen des Aufsichtsrats 9 von den Leitungsaufgaben und -kompetenzen des Vorstands nicht immer sauber abgrenzen. 1 0 Gerade angesichts der strikten Anforderungen, die an die Erfüllung der Überwachungsaufgaben durch den Aufsichtsrat zu stellen sind, wenn eine Haftung des Aufsichtsrats gemäß § 116 A k t G vermieden werden soll, ist eine Intensivierung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats in einer Weise denkbar, die an ein „Mitregieren" im Sinne einer teilweisen Übernahme von Leitungsaufgaben des Vorstands durch den Aufsichtsrat heranreicht. Das gesetzliche System der §§ 76 ff, 9 5 ff A k t G sieht jedoch eine Funktionenvermischung oder gar -vertauschung der beiden Organe „Vorstand" und „Aufsichtsrat" nicht vor, so dass im Grundsatz trotz der Verschärfung der Anforderungen an die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats eine deutliche Trennung zwischen Leitung der Gesellschaft und Überwachung der Geschäftsführung (und damit letztlich auch einer Überwachung der Leitung der Gesellschaft) weiterhin durchgängig erfolgen muss. M a g der Aufsichtsrat insbesondere angesichts eines neuerdings zunehmend geforderten und durch das K o n T r a G 1 9 9 8 sowie durch das TransPuG 2 0 0 2 forcierten Erfordernisses eines „Überwachungssystems" 1 1 zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben im Hinblick auf O r g a n i s a t i o n 1 2 und Verfahrensablauf seiner Tätigkeit in ähnlicher Weise fungieren wie der Vorstand, so bleiben doch die Aufgaben dieser beiden Organe grundverschieden. Bei der Statuierung des Erfordernisses eines „Überwachungssystems" handelt es sich zunächst bloß um ein vom Aufsichtsrat selbst etabliertes System zur Überwachung des Vorstands. Die Entwicklung eines solchen Überwachungssystems durch den Aufsichtsrat selbst kann zwar schon haftungsrechtlich (§ 116 A k t G ) geboten sein. Darüber hinaus muss aber nach § 91 Abs 2 A k t G auch der Vorstand ein Überwachungssystem etablieren. Dieses Überwachungssystem bezieht sich auf die Überwachung, die durch den Vorstand bei seiner Aufgabenerledigung erfolgt, ist also anders als das Überwachungssystem des Aufsichtsrats - kein Fremd-Überwachungssystem, sondern ein Eigen-Überwachungssystem. M i t der Änderung von § 317 Abs 4 H G B durch das T r a n s P u G wird die Empfehlung der Regierungskommission Corporate G o v e r n a n c e 1 3 umgesetzt, das Prüfungs- und Berichtserfordernis hinsichtlich des vom Vorstand einzurichtenden Risikoüberwachungssystems auf alle börsennotierten Aktiengesellschaften auszudehnen. Überwachungssysteme - wenn auch unterschiedlichen Charakters - haben somit sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand einzurichten. e) Beziehung zu den Abschlussprüfern 10

Als weiterer der für die Verfassung der A G relevanter Personenkreis sind die Abschlussprüfer zu n e n n e n . 1 4 Die Regelung ihrer ersten Bestellung in § 3 0 A k t G sowie 9

Dazu allg Semler in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999 Rdn A 56 ff; von Schenck ebda Rdn E 1 ff; ferner Albach ZGR 1997, 32; Kropff NZG 1998, 613; Semler Grundsätze ordnungsgemäßer Überwachung? in: FS Peltzer 2001 S 489; Lutter ZHR 159 (1995) 287; ders in: Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance 1998 S 267; Scheffler AG 1995, 207 f; Theisen, Die Überwachung der Unternehmensführung: betriebswirtschaftliche Ansätze zur Entwicklung erster Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung, 1987; ders Grundsätze einer ordnungsmäßigen Informationsversorgung

10 11 12

13

14

des Aufsichtsrats2 1996; ders Der Betrieb 1999, 341; ders in: Hopt/Kanda/Roe/ Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance 1998 S 259; von Werder ZfbF Sonderheft 36, 1996, S 27. Jäger DStR 1996, 671, 676. S etwa Boujong AG 1995, 203, 205. Zur Organisation der Aufsichtsratstätigkeit Scheffler AG 1995, 207, 210. Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 273. Zu deren Bedeutung für die Unternehmensüberwachung Schruff in: IDW (Hrsg) Kapitalmarktorientierte Unernehmensüber-

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ihrer Aufgabenbeschreibung in §§ 316 ff H G B gibt Aufschluss über die Abgrenzung ihrer Funktion zur Funktion des Vorstands: Die Abschlussprüfer haben vor allem die Aufgabe, den Jahresabschluss und den Lagebericht der AG zu prüfen. Sie haben damit unabhängige Prüfungsaufgaben, die von den Leitungsaufgaben des Vorstands und den Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats zu unterscheiden sind. Allerdings haben die Abschlussprüfer bei börsennotierten Aktiengesellschaften seit In-Kraft-Treten des K o n T r a G 1 9 9 8 1 5 auch zu beurteilen, ob der Vorstand ein geeignetes und funktionsfähiges Überwachungssystem mit Frühwarnfunktion nach § 91 Abs 2 A k t G eingerichtet hat. Das Ergebnis dieser Prüfung ist in einem gesonderten Teil ihres Prüfungsberichts darzustellen, ggf ist dabei auf Verbesserungsvorschläge einzugehen (§ 321 Abs 4 H G B ) . 1 6 Diese Aufgabe der Abschlussprüfer sowie weitere Neuerungen ihrer Stellung durch das K o n T r a G 1 9 9 8 1 7 und durch das TransPuG 2 0 0 2 (zB §§ 2 8 5 , 317 und 321 H G B nF) sowie der Einfluss des Deutschen Corporate Governance Kodex (dazu vor § 7 6 Rdn 3 9 ff) auf die Abschlussprüfung 1 7 3 machen deutlich, dass die Abschlussprüfer stärker als vor 1 9 9 8 in die Verfassung der AG und in die „Corporate Governance" (dazu vor § 7 6 Rdn 35 ff) einbezogen sind. Der Abschlussprüfer ist nicht Organ der AG, 1 8 da er trotz der Wahrnehmung wichtiger Aufgaben für die AG als Partner des Aufsichtsrats und damit Teil der Unternehmenskontrolle 1 9 nicht in das System der AG eingegliedert ist, sondern eine außenstehende Kontrollinstanz mit öffentlicher Funktion ist. Die Auswirkung von „Schieflagen" der Abschlussprüfung wie in jüngerer Zeit in den USA, aber auch in Deutschland, macht klar, welche große Bedeutung der Abschlussprüfung für die Unternehmensführung zukommt.

II. Der Vorstand als Organ der Gesellschaft 1. Handeln der AG durch den Vorstand Der Vorstand ist notwendiges Organ der Gesellschaft. Aus dem Begriff des „ O r g a n s " (griechisch „ o r g a n o n " = Werkzeug) ergibt sich, dass die Aktiengesellschaft „durch den Vorstand" handelt. Als juristische Person (§ 1 Abs 1 AktG) ist die AG nicht selbst handlungsfähig, sondern bedarf dazu ihrer Organe. 2 0 Dieser aus dem Vereinsrecht als Basis des Aktienrechts stammende Grundsatz besagt zum einen, dass die Aktiengesellschaft vom Bestand ihrer Mitglieder unabhängige Korporation ist. Sie kann angesichts des wechselnden Mitgliederbestands nicht durch die Mitglieder handeln, sondern nur durch vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängige, selbständige Organe. 2 1 Diese Fähigkeit des Handelns „durch" die Organe wirkt sich im Hinblick auf den Vorstand zum einen so aus, dass dieser im Innenverhältnis, also im Verhältnis zu den Gesellschaftern (Aktionären) und zu den anderen Organen, „für die Gesellschaft" handelt. Damit ist die Geschäftsführung bzw Leitung der Gesellschaft gemeint. 2 2 Z u m anderen ist mit dem

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wachung 2001 S 149; allg auch Götz AG 1995, 337, 340 ff. BGBl IS 786. Endres ZHR 163 (1999), 441, 451. Dazu im einzelnen Hommelhoff BetriebsBerater 1998, 2567 ff und 2625 ff; auch Schulze-Osterloh ZIP 1998, 2129, 2133 f. Dazu Gelhausen/Hönsch AG 2002, 529. BayObLG WM 1987, 1365; Hopt HGB 3 0

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§ 318 Rdn 2; aA noch BGHZ 16, 25; BGH WM 1980, 527. Hommelhoff, Betriebs-Berater 1998, 2568; Mattheus ZGR 1999, 682; Hopt HGB 3 0 § 317 Rdn 1. GeßkdHefermehl 4. ν Godm/Wühelmi4 2. Ge&er/Hefermehl 4.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Handeln für die Gesellschaft aber auch die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft, wie sie in § 78 Abs 1 AktG zum Ausdruck kommt, also das Außenverhältnis, angesprochen. Dabei tritt der Vorstand kraft Gesetzes anstelle der (handlungsunfähigen) Gesellschaft für diese auf. 2 3 2 . Erforderlichkeit eines Vorstands 12

Aus dem Organbegriff ergibt sich die Notwendigkeit des Organs „Vorstand". 2 4 Während der Zeit, zu der die AG (noch) keinen Vorstand hat, dürfen nicht etwa die anderen Organe oder Bevollmächtigte „ersatzweise" für den Vorstand tätig werden. 2 5 Die Notwendigkeit der Existenz eines Vorstands resultiert nicht nur aus allgemeinen Überlegungen, sondern zeigt sich bereits in den Gründungsvorschriften des Aktiengesetzes: So ist der Vorstand gem § 33 Abs 1 AktG neben dem Aufsichtsrat für die Prüfung der Gründung der Aktiengesellschaft verantwortlich. Schon § 33 Abs 1 AktG sieht also die Existenz eines Vorstands vor. Auch ist die Gesellschaft bei dem Registergericht nach § 36 Abs 1 AktG von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind gem § 37 Abs 4 Nr 3 AktG die Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats beizufügen. Auch bei der Eintragung der Gesellschaft sind nach § 39 Abs 1 Satz 1 AktG die Vorstandsmitglieder anzugeben. Wird nicht in dieser Weise vorgegangen, liegt etwa ein Verstoß gegen § 3 7 AktG vor, so besteht nach § 38 AktG ein Eintragungshindernis, der Registerrichter darf also nicht eintragen. 2 6 Somit setzt nicht erst § 76 AktG die Existenz des Vorstands als notwendiges Organ voraus, sondern diese ergibt sich bereits aus den Gründungsvorschriften. 2 7 Eine Entstehung der Aktiengesellschaft ohne Etablierung eines Vorstands ist also nicht möglich. Der vorläufige Fortfall des Vorstands hat hingegen keinen Einfluss auf den Bestand der AG (dazu näher unten Rdn 18). § 2 0 6 Abs 1 B G B gilt nicht zugunsten einer AG ohne Vorstand. 2 8 3. Bezeichnung als „Vorstand"

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Die Aktiengesellschaft muss genau einen Vorstand haben, 2 9 sie darf also weder keinen Vorstand noch mehrere Vorstände haben. Die Bezeichnung des Leitungs- und Geschäftsführungsorgans als „Vorstand" in der Satzung ist zwingend. Wird das Leitungsoder Geschäftsführungsorgan in der Satzung anders bezeichnet, liegt ein Errichtungsmangel vor, der zur Ablehnung der Eintragung der AG in das Handelsregister und für die Angabe auf Geschäftsbriefen gem § 80 Abs 1 Satz 2 AktG führt. 3 0 Die Angabe des Vorstands auf Geschäftsbriefen ist gem 80 AktG zwingend. Jedoch können die Mitglieder einer sog. „Geschäftsleitung", bestehend aus Vorstandsmitgliedern und einigen leitenden Angestellten, als solche, also als „Mitglied der Geschäftsleitung", auf Geschäftsbriefen bezeichnet werden, sofern nur die Vorstandsmitglieder ihrerseits besonders hervorgehoben werden. 3 1 Auch bei der Angabe auf Geschäftsbriefen darf sich der Vorstand ebenso wenig wie bei der Handelsregisteranmeldung, wie früher bisweilen üblich als „Verwaltungsrat" oder „Direktorium" bezeichnen. 3 2 Im Übrigen, nämlich sowohl im

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Geß\et/Hefermehl 5. Vorauflage/Meyer-Landrut 5; Hüffer5 5. Vorauflag e/Meyer-Landrut 5. Großkomm AktG/Röhricht 4 S 37 Rdn 62. ν Godin/Wilhelmi 4 3. RGZ 156, 291, 300 (entsprechend für Genossenschaft).

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KK/Mertens 1 58; ν Godin/Wilhelmi 4 3; Hüffer5 5. Hüffer5 5. MünchHdbAG/Wzesner 2 § 19 Rdn 27. Vor auñage/Meyer-Landrut 1; Geßlet/Hefermehl 4; Hüffer5 5; Baumbach/H«ecfe13 7.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

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internen Verkehr der Gesellschaftsorgane untereinander als auch im externen, allgemeinen Verkehr, darf sich der Vorstand aber bezeichnen, wie er will, soweit er nicht den Rechtsverkehr irreführt. N u r eine solche Irreführung kann zu einer Irrtumsanfechtung oder zu einer Rechtsscheinhaftung führen. Zulässig ist es auch, deutsche Vorstände bzw Vorstandsmitglieder als B o a r d o f Directors bzw Directors zu bezeichnen. Zulässig ist es fernen, einzelne Vorstandsmitglieder als „ D i r e k t o r " zu betiteln. 3 3 4 . Weitere Gremien mit Vorstandsqualität? W ä h r e n d die Etablierung zweier als solcher bezeichneter „Vorstände" mit identischem Aufgaben- und Kompetenzbereich eine eher theoretische Konstellation sein dürfte, ist die gleichzeitige Einsetzung eines Vorstands und einer Art „ N e b e n " - V o r s t a n d in F o r m eines Beirats, Direktoriums, „Steering C o m m i t t e e " oder eines G r e m i u m s mit ähnlicher Bezeichnung und Funktion durchaus in der Praxis, vor allem bei B a n k e n , Versicherungen und Energieversorgungsunternehmen, 3 4 anzutreffen. § 2 8 5 N r 9 H G B zeigt, dass der Gesetzgeber im Grundsatz von der Zulässigkeit derartiger Gremien ausgeht. 3 ^ D a b e i ist allerdings im Einzelfall zunächst einmal zu prüfen, inwiefern solchen Gremien überhaupt nach der Satzung, nach der Geschäftsordnung des Vorstands oder der Geschäftsordnung des zusätzlich eingesetzten G r e m i u m s Aufgaben und Befugnisse z u k o m m e n sollen, die originär, also von Gesetzes wegen, dem Vorstand zustehen. In der Praxis findet sich zum einen eine sich überschneidende Aufgaben- und Kompetenzzuweisung, also ein teilidentisches „ N e b e n e i n a n d e r " der Aufgaben und Befugnisse von Vorstand einerseits und Zusatzorgan andererseits, zum anderen aber auch ein die Aufgaben oder Kompetenzen des Vorstands ganz oder teilweise verdrängenden C h a r a k t e r einer Aufgaben- oder K o m p e tenzzuweisung an ein solches O r g a n . Es k o m m t ferner auch vor, dass ein derartiges G r e m i u m trotz einer vielleicht darauf hindeutenden Bezeichnung gar nicht originäre Vorstandsaufgaben wahrnehmen soll, sondern vielmehr Aufsichtsratsfunktionen ausüben soll, den Aufsichtsrat unterstützen soll oder die K o m m u n i k a t i o n zwischen Aufsichtsrat und Vorstand erleichtern soll. Außerdem sind Hilfsfunktionen für das Vorstandshandeln, etwa auch hinsichtlich der Beziehung zwischen Vorstand und Hauptversammlung, denkbar.

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W i e auch immer ein solches Gremium bezeichnet werden mag, ist einzelfallbezogen die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Zusatzorgans zu p r ü f e n . 3 6 Aus der Notwendigkeit der Etablierung eines O r g a n s „Vorstand" und aus dessen im Grundsatz nicht abdingbarer Aufgaben- und Kompetenzzuweisung in § § 7 6 ff A k t G folgt, dass die Bildung eines die Aufgaben und Kompetenzen eines gesetzlich vorgesehen O r g a n s übernehmenden oder einschränkenden G r e m i u m s aktienrechtlich unzulässig sein kann. Aber auch die Etablierung eines die O r g a n a u f g a b e n des Vorstands bloß unterstützenden Gremiums ist aktienrechtlich nicht durchgängig zulässig, da die Gefahr besteht, dass ein solches G r e m i u m über die bloße Unterstützung des Vorstands hinaus de f a c t o dessen Aufgaben und Befugnisse übernimmt, insbesondere die Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben entgegen § § 7 6 und 7 7 A k t G selbständig w a h r n i m m t . Selbst wenn ein solches G r e m i u m aber weder direkt noch indirekt an Leitungs- oder Geschäftsführungs-

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aufgaben beteiligt ist, k a n n die Organstellung des Vorstands dennoch betroffen sein.

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MünchHdbAG/W/eswer 2 § 19 Rdn 27; aA VorauflagdMeyer-Landrut 1; GeßlerIHefermehl 4. Dazu MünchHdbAG/Hoffmann-Becking 2 § 29 Rdn 18 ff.

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MünchHdbAG/Wieswer2 § 19 Rdn 9. Zurückhaltend Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, 510 f.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

N i m m t das G r e m i u m etwa Überwachungs- oder Kontrollaufgaben neben oder anstelle des Aufsichtsrats wahr, so besteht ebenfalls die Gefahr, dass die O r g a n a u f g a b e n und -kompetenzen des Vorstands zu stark beschränkt werden, denn dessen Aufgabe der Leitung der Gesellschaft steht nur unter dem Vorbehalt der Grundlagenkompetenz der H a u p t v e r s a m m l u n g und der Ü b e r w a c h u n g s k o m p e t e n z des Aufsichtsrats, darf aber nicht von einer (weiteren) Kontrolle durch ein im A k t G nicht vorgesehenes (Zusatz-) O r g a n oder G r e m i u m abhängig gemacht werden. Z u s a m m e n f a s s e n d lässt sich somit festhalten, dass gegen ein die Aufgaben und Kompetenzen des Vorstands übernehmendes oder ein sie direkt oder indirekt beschneidendes G r e m i u m Bedenken bestehen. Angesichts von § 2 3 Abs 5 A k t G ist aus der Vorgabe, dass die Aktiengesellschaft genau einen Vorstand haben muss, abzuleiten, dass ein zweites, vorstandsähnliches oder die Vorstandsrechte beeinflussendes G r e m i u m in der Aktiengesellschaft nicht gebildet werden darf. 16

Zulässig ist hingegen eine Binnendifferenzierung im Vorstand. So k ö n n e n Vorstandausschüsse gebildet werden (dazu § 7 7 R d n 4 3 ff), die sich aus mehreren Vorstandsmitgliedern zusammensetzen. Innerhalb eines Ressorts (Geschäftsbereichs) k ö n n e n funktionale Teil-Ressorts gebildet und den einzelnen Ausschussmitgliedern zugewiesen werden. Die Bezeichnung eines Vorstandsausschusses zur Leitung eines Geschäftsbereichs als „Bereichsvorstand" ist unbedenklich, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens darf der Ausschuss nur mit Vorstandsmitgliedern besetzt sein und zweitens muss der Grundsatz der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder (dazu näher § 7 7 R d n 4 1 ) gewahrt b l e i b e n . 3 7 Die Mitgliedschaft leitender Angestellter in einem solchen als „Bereichs-Vorstand" gekennzeichneten G r e m i u m ist hingegen unzulässig. Eine regelmäßige Teilnahme des Aufsichtsratsvorsitzenden an Vorstandssitzungen ist aktienrechtlich unbedenklich, ferner ebenso die Bildung eines Steering C o m m i t t e e oder Executive C o m m i t t e e aus Vorstandsmitgliedern der Konzernmutter, die gleichzeitig Mitglieder im Aufsichtsrat der Tochter sind, und Tochter-Vorstandsmitgliedern für eine von der Tochter geführte Sparte (zur Spartenorganisation allg R d n 1 5 4 f sowie § 7 7 R d n 2 3 f), auch wenn dieses G r e m i u m alle wichtigen Entscheidungen trifft. Die Funktionstrennung von Vorstand und Aufsichtsrat (dazu o b e n R d n 9) ist damit noch nicht beseitigt. 3 8 5. Ehrentitel

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Die Verleihung eines Ehrentitels „Ehrenvorsitzender des V o r s t a n d s " oder einer sog „Ehrenmitgliedschaft" im Vorstand ist möglich, und zwar auch ohne dahingehende Satzungsbestimmung. Eine besondere Rechtsposition oder gar eine Mitgliedschaft im Vorstand ist damit nicht v e r b u n d e n . 3 9 Zuständig zur Verleihung eines solchen Titels bzw einer solchen Mitgliedschaft ist mangels Satzungsregelung der A u f s i c h t s r a t . 4 0 6 . Fortfall des Vorstands

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Die Aktiengesellschaft muss während der gesamten D a u e r ihres Bestehens stets einen Vorstand h a b e n . Die Existenz der A G endet mit dem Fortfall des Vorstands, etwa durch Abberufung aller Mitglieder des Vorstands allerdings nicht. 4 1 Vielmehr ist die Aktiengesellschaft allenfalls, soweit ihr Handeln eine Vorstandstätigkeit voraussetzt, handlungsunfähig. 4 2 In einer solchen Situation muss der Aufsichtsrat nach § 8 4 A k t G neue Vorstandsmitglieder bestellen (dazu im Einzelnen R d n 1 9 9 ) . Außerdem k o m m t in einem 37 38

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Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, 509 f. Zweifelnd Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, Sil. KK/Mertens 1 vor § 76 Rdn 29.

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AA KK/Mertens2 vor § 76 Rdn 29 (Vorstand und Aufsichtsrat zusammen). ν Godin/Wilhelmi 4 3. Hüffer5 5.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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solchen Fall eine gerichtliche Ersatzbestellung von Vorstandsmitgliedern sowie der Herstellung der Handlungs- und Prozessfähigkeit der Aktiengesellschaft nach § 85 AktG in Betracht. 43 7. Organqualität der Vorstandsmitglieder? § 76 Abs 1 AktG spricht „den Vorstand" an. Wie sich aus § 76 Abs 2 und 3 AktG ergibt, kann der Vorstand aus einer oder mehreren natürlichen, unbeschränkt geschäftsfähigen Personen bestehen. Die in §§ 76 ff AktG vorgesehene Kompetenzzuweisung richtet sich jedoch an den Vorstand als Organ. Weder dem Vorstand als Organ noch den einzelnen Vorstandsmitgliedern kommt eine Kaufmannseigenschaft iS des HGB zu. 44 Die einzelnen Vorstandsmitglieder sind keine Organe und nehmen daher auch keine Organfunktion wahr. Diese Sichtweise spielt vor allem bei dem so genannten „Organstreit" eine Rolle, also bei der Frage, ob Organe als Träger von Rechten und Pflichten mit anderen Organen in einem (Rechts-) Streit um ihre Kompetenzen treten können. Bei einem solchen Streit kann das einzelne Organmitglied, so etwa auch das einzelne Vorstandsmitglied, nicht als Organ und grundsätzlich auch nicht für das (Gesamt-) Organ auftreten (näher dazu vor § 76 Rdn 54 ff sowie Kommentierung zu § 90 AktG).

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8. Zurechnung von Kenntnissen, Handlungen, Besitz und Wissen Wenn in der Literatur von einer Organqualität auch der einzelnen Organmitglieder die Rede ist, 45 kann das nur insofern Bedeutung haben, als das Kenntnisse, Handlungen und Besitz des einzelnen Vorstandsmitglieds sowie sonstige tatsächliche Zustände, die beim einzelnen Vorstandsmitglied vorliegen, der Aktiengesellschaft zugerechnet werden 4 6 (insbesondere zur Wissenszurechnung s unten Rdn 162 ff sowie monographisch Buck Wissen und juristische Person 2001 passim), wenn gesetzlich für eine solche Zurechnung nicht eine Mehrzahl von Vorstandsmitgliedern gefordert wird. 47 Durch diese Zurechnung erlangt das einzelne Organmitglied aber nicht seinerseits Organqualität. 48 Vielmehr können Kenntnisse, Handlungen und tatsächliche Zustände wie etwa der Besitz an sich nur bei natürlichen Personen vorliegen. Daher erfolgt zunächst deren Zuordnung zu dem einzelnen Mitglied des Organs. Diese Zuordnung schließt es aber nicht aus, diese Kenntnisse, Handlungen und tatsächlichen Zustände (abstrakt) dem Gesamtorgan zuzurechnen und erst dann, auf einer zweiten Stufe, (abstrakt) der Gesellschaft. So gesehen besteht keine Notwendigkeit, die einzelnen Vorstandsmitglieder als „Organ" anzusehen.

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ΙΠ. Grundsatz der Aufgaben- und Kompetenztrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat 1. Allgemeines Sowohl § 76 Abs 1 AktG als auch § 111 Abs 1 und Abs 4 Satz 1 AktG zeigen, dass 21 das deutsche Aktiengesetz von getrennten Funktionen von Vorstand und Aufsichtsrat ausgeht (dazu schon oben Rdn 9). Der Vorstand führt die Geschäfte, wie sich aus § 77 43 44

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Baumbach/Hwecfe13 8. BGHZ 104, 98; BGHZ 133, 78; BGH NJW 1996, 1458; Hopt H G B 3 0 § 1 Rdn 31. S etwa Geßler/Hefermehl 5; offengelassen bei Baums Der Geschäftsleitervertrag 1987 S 3 f.

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Dazu Geßler/Hefermehl vor § 76 Rdn 1. Hüffers 6. AA wohl Geßler/Hefermehl 5.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

AktG, aber auch aus § 111 Abs 1 und Abs 4 Satz 1 AktG ergibt. Ferner steht positiv fest, dass der Aufsichtsrat den Vorstand bei Ausübung von dessen Geschäftsführung überwacht 4 9 und negativ, dass der Aufsichtsrat seinerseits vorbehaltlich von § 111 Abs 4 Satz 2 bis 4 AktG nicht zur Geschäftsführung befugt ist (§ 111 Abs 4 Satz 1 AktG). 5 0 22

§ 76 Abs 1 AktG spricht indessen anders als § 77 AktG nicht von der Geschäftsführung, sondern von der Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand. Problematisch ist es angesichts des Verhältnisses von Vorstand und Aufsichtsrat, beide Organe als „Leitungsorgane" zu bezeichnen. 51 Die Überwachung ist, auch wenn sie ihrerseits durchaus nicht bloß reagierend, sondern aktiv und systematisch sowie strategisch-planend durchgeführt wird, doch stets Beaufsichtigung fremder Aktivitäten, ohne eigene Aktivitäten an die Stelle fremden Handelns setzen zu können. 5 2 Aus dem System der Trennung zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsaufgaben und -kompetenzen ergibt sich, dass die Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat nicht so aneinander angenähert sind, dass von einem funktionellen Aneinanderrücken im Sinne zweier Leitungsorgane gesprochen werden könnte. Angesichts des Umstands, dass sich die Kontrolle der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat als unzureichend erwiesen hat, hat sich das Bewusstsein von der Bedeutung der Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats geschärft. 5 3 Dennoch hat der Aufsichtsrat keine Leitungsmacht, er ist kein Leitungsorgan. Der Vorstand unterscheidet sich vom Aufsichtsrat nicht nur dadurch, dass er auf eigene Initiative hin die Gesellschaft leitet, sondern auch dadurch, dass nur er überhaupt die Gesellschaft leitet. Angesichts des Gedankens der Funktionstrennung von Vorstand und Aufsichtsrat im deutschen Aktienrecht wäre die Verbindung von Vorstand und Aufsichtsrat in einem Quasi-Kollegialorgan bedenklich, das ähnlich wie ein Board of Directors oder wie ein Verwaltungsrat nach Schweizer Recht handelt 5 4 (dazu ausführlich vor § 76 Rdn 2f und unten Rdn 26). Auch die gesetzlichen Neuregelungen des KonTraG 1998 und des TransPuG 2002 haben die grundsätzliche Funktionstrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat nicht beseitigt, obwohl insbesondere durch die Novellierung von § 90 AktG 2002 erneut die Stellung des Aufsichtsrats gestärkt wurde. 2. Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats

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Auch unter Berücksichtigung des Trennungsprinzips ist es aber eine durchaus sinnvolle Begriffsbildung, den Vorstand und den Aufsichtsrat gemeinsam als Organe der „Verwaltung" der Aktiengesellschaft zu bezeichnen. 55 Der Begriff der Verwaltung erstreckt sich auf Organisation, Durchführung und Überwachung der Geschäftsführung der AG und damit auf die Tätigkeiten von Vorstand und Aufsichtsrat. 56 Er hat Beziehungen zu dem Begriff der „Corporate Governance" (dazu vor § 76 Rdn 35 ff). Für die Verwaltung gilt im deutschen Recht, wie dargestellt (vor § 76 Rdn 2 ff), das Trennungsprinzip: Vorstand und Aufsichtsrat sind nicht nur zwei verschiedene Organe, sondern haben auch getrennte Aufgaben und Befugnisse. Dieses das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bestimmende System der Trennung der Verwaltungsaufgaben hat die recht-

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B a u m b a c h / H u e c k 1 1 vor § 76 R d n 5. Semler in: FS Stiefel 1987 S 719, 725. So aber Hüffer5 2. GMer/Hefermehl vor § 76 R d n 9. Boujong AG 1995, 203; Henze N J W 1998, 3309; Kropff N Z G 1998, 613; Semler in: FS Peltzer 2001 S 489; ferner bereits Wiethölter Interessen und Organisation der Aktien-

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gesellschaft im deutschen und amerikanischen Recht 1961 S 270 ff; aus betriebswirtschaftlicher Sicht Scheffler AG 1995, 207. Hoffmann-Becking Z G R 1998, 497, 510. So etwa bei M ü n c h H d b A G / W i e s n i r 2 § 19 Rdn 2. G e ß l e r / H e f e r m e h l 10.

S t a n d : 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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lieh abgesicherte und faktisch durchführbare M ö g l i c h k e i t der Überwachung durch den Aufsichtsrat zur Voraussetzung. Diese Überwachungsmöglichkeit ist aus tatsächlichen Gründen nicht durchgängig gewährleistet. Bei großen Publikums-AG wird der Aufsichtsrat oft de facto letztlich v o m Vorstand bestimmt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere bei solchen, die nicht der M i t b e s t i m m u n g nach dem M i t b e s t i m mungsgesetz 1 9 7 6 unterliegen, bei denen also kein (quasi-) paritätisch mitbestimmter Aufsichtsrat besteht, und die regelmäßig auch nur wenige Aktionäre h a b e n , n i m m t der G r o ß a k t i o n ä r häufig a m Aufsichtsrat vorbei Einfluss auf den V o r s t a n d . 5 7 Die Einflussn a h m e des M e h r h e i t s a k t i o n ä r s bzw der Mehrheitsgruppe der Aktionäre auf den Aufsichtsrat ist bei solchen Aktiengesellschaften regelmäßig so groß, dass eine unabhängige Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat problematisch ist. 5 8 Hingegen gilt für kleine wie für große Aktiengesellschaften gleichermaßen, dass die Einflussnahme durch einen G r o ß a k t i o n ä r auf den Vorstand dann unbedenklich ist, wenn sie über das zuständige O r g a n , hier also den Aufsichtsrat als Überwachungsorgan, erfolgt. Sie entspricht dann dem Prinzip der Kontrolle des Managements durch die Eigentümer. Insgesamt betrachtet hat das deutsche Trennungssystem, das im Gegensatz zum angloamerikanischen „ B o a r d " - S y s t e m steht, nicht zu unterschätzende Vorteile gegenüber dem „ B o a r d " - S y s t e m 5 9 (dazu oben vor § 7 6 R d n 2 ff). So ist im deutschen System gewährleistet, dass nicht b l o ß eine K o n t r o l l e in eigener Sache stattfindet, sondern eine Kontrolle durch ein getrenntes und im Grundsatz v o m Vorstand und von der Hauptversammlung unabhängiges O r g a n , den Aufsichtsrat. Als Alternative k ä m e nur eine K o n trolle des Vorstands durch die Hauptversammlung in Betracht. Eine solche K o n t r o l l e wäre aber vor allem bei Publikums-Aktiengesellschaften aufgrund der Schwerfälligkeit der Hauptversammlung wenig effektiv. 6 0 Die Vorteile des Trennungssystems, die sich aus der personell wie funktional klaren Trennung in „ G e s c h ä f t s f ü h r u n g " und „Überw a c h u n g " ergeben, sind allerdings auch von Nachteilen überschattet. Gerade wegen der personellen und funktionalen Trennung ist es dem Aufsichtsrat oft nicht o h n e weiteres möglich, die Geschäftsführung effektiv zu überwachen. Die R e f o r m des Aufsichtsratsrechts im Z u g e des K o n T r a G 1 9 9 8 (§§ 9 0 , 1 0 0 , 1 1 0 ) und des T r a n s P u G 2 0 0 2 (§§ 9 0 , 107, 110, 11 A k t G ) hat zwar die Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sowie die Effizienz der Aufsichtsratstätigkeit verbessert, gewährleistet aber immer n o c h nicht in jedem Einzelfall, dass der Aufsichtsrat die M ö g l i c h k e i t hat und die Bereitschaft zeigt, die laufende Geschäftsführung durchgängig zu überwachen. Z w a r tragen das durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur verfeinerte System der Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat gem § 9 0 A k t G sowie die Verpflichtung der Bindung von bestimmten Arten von Geschäften bei der Geschäftsführung des Vorstands an

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die Z u s t i m m u n g der Hauptversammlung gem § 111 A b s 4 A k t G zu einem wirksamen System der Vorstandskontrolle bei, eine durchgängige Kontrolle ist jedoch immer n o c h nicht gewährleistet. Eine gewisse Effizienzsteigerung der K o n t r o l l e der Vorstandstätigkeit nach dem deutsehen Trennungsprinzip wird allerdings durch § 9 0 A b s 1 N r 1 A k t G n F erreicht. Z w a r

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Allg zur Ownership Structure der AG mit zahlreichen empirischen und wirtschaftswissenschaftlichen Befunden frigge in: Hopt/Kanda/Roe/Wymeersch/Prigge (eds) Comparative Corporate Governance 1998, S 943, 968 ff.

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MiinchHdbAG/W/eswer 2 § 19 Rdn 2.

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S auch Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 95 sowie Hopt in: Hopt/Wymeersch (eds) Comparative Corporate Governance 1997 S 3, 15 ff; zweifelnd Davis ZGR 2001, 268, 282 ff; differenzierend Lutter ZGR 2001, 224, 226. GtßitdHefermehl vor § 76 Rdn 2.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

sah schon das alte Recht vor In-Kraft-Treten des KonTraG und des TransPuG eine Erstreckung der Berichtspflicht des Vorstands auf die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftsführung vor (§ 90 Abs 1 Nr 1 AktG aF), es wird jedoch erst seit 1998 im Gesetzestext konkret beschrieben, was unter anderweitigen grundsätzlichen Fragen der künftigen Geschäftsführung zu verstehen ist, nämlich Fragen der beabsichtigten Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung, insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung. 61 Damit wird die zukunftsbezogene Berichtspflicht des Vorstands in deutlicher Weise präzisiert. Zwar kann und soll der Aufsichtsrat nicht jede Maßnahme des Vorstands kontrollieren, sondern nur dessen Leitungsmaßnahmen. 6 2 Dennoch sind Gegenstand der Überwachung nicht lediglich die eigentlichen Führungsaufgaben des Vorstands. Vielmehr sind damit auch sonstige wesentliche Einzelmaßnahmen des Vorstands gemeint. Eine regelmäßige Versendung von Vorstandsprotokollen an den Aufsichtsratsvorsitzenden ist dabei nicht zu beanstanden. 6 3 Bei der Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat handelt es sich nicht nur um eine Rechtmäßigkeitskontrolle, sondern auch um eine Zweckmäßigkeitskontrolle. 64 Das kann - je nach der Realstruktur der AG vielfach sogar auf eine ständige Diskussion mit dem Vorstand und eine laufende Beratung des Vorstands durch den Aufsichtsrat hinauslaufen. 6 5 3. „Board"-System als Alternative? 26

Das deutsche Trennungssystem und das US-amerikanische Board-System können sich im Einzelfall aneinander annähern (dazu ausführlich oben vor § 76 Rdn 2ff). So ist zwar im deutschen Recht die Leitung der Gesellschaft gem § 76 Abs 1 AktG und die Geschäftsführung der Gesellschaft gem § 77 AktG zwingend in die Hände der Vorstandsmitglieder gelegt, die hierbei letztlich, wie in § 76 Abs 1 AktG, aber auch in der Haftungsnorm des § 93 AktG zum Ausdruck kommt, in eigener Verantwortung handeln. Dennoch werden einfache Geschäftsführungsaufgaben auch im deutschen Recht an untere Führungsebenen delegiert, so dass auch im deutschen Recht eine gewisse funktionale Trennung zwischen Vorstandsmitgliedern mit eigentlichen Führungsaufgaben und der unmittelbar ihnen unterstellten Führungsebenen mit weiteren Geschäftsführungsaufgaben stattfindet, allerdings im Gegensatz zum US-amerikanischen Recht mit einer Letztverantwortung der Vorstandsmitglieder für alle Geschäftsführungsaufgaben. Umgekehrt findet in der US-amerikanischen Praxis eine Angleichung an das deutsche System insofern oft statt, als dass „Committees" (zB Audit Committees, 66 Finance Committees, Investment Committees) etabliert werden, denen teilweise ähnliche Kontroll- und Überwachungsaufgaben zukommen wie im deutschen Recht dem Aufsichtsrat. 67

27

Der Streit über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Gestaltung des oder der Verwaltungsorgane (Board-System oder Trennungssystem oder Mischformen) und - damit eng zusammenhängend - um die Beteiligung der Arbeitnehmer an unternehmenspolitischen Entscheidungen (im Board, im Aufsichtsrat wie im deutschen Recht oder in einem eigenständigen Mitbestimmungsorgan) hatte auf europäischer Ebene jahrzehntelang verhindert, dass die Europäische Aktiengesellschaft als supranationale Rechtsform ermöglicht wurde. Erst die Verordnung (EG) N r 2157/2001 über das Statut der Europäischen

61 62 63 64 65

S Scheffler AG 1995, 207, 211. Hüffer5 § 111 Rdn 3. Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, 511. So auch Scheffler AG 1995, 201, 208. M ü n c h H d b A G / W e s n e r 2 S 19 Rdn 2.

66

67

Dazu Siebet in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999 Rdn G 149; Freiling in: FS Otte 1992 S 17. MiinchHdbAG/Wesner 2 § 19 Rdn 4.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Gesellschaft (SE) und die Richtlinie 2 0 0 1 / 8 6 / E G (dazu ausführlich vor § 76 Rdn 7 7 ff) haben diesen Streit (im Sinne einer Wahlmöglichkeit der Unternehmen für das monistische oder für das dualistische System) beendet.

IV. Leitung durch den Vorstand 1. Verhältnis von Leitung und Geschäftsführung Der Begriff der Leitung 6 8 im Sinne von § 76 Abs 1 AktG wird unterschiedlich verstanden. So wird teilweise vertreten, die Begriffe der „Leitung" iS von $ 76 Abs 1 AktG und der „Geschäftsführung" iS von § 7 7 AktG seien (weitgehend) identisch. 69 Teilweise werden die Bereiche der „Leitung" und der „Geschäftsführung" im Sinne sich schneidender Kreise aufgefasst. 7 0 Nach herrschender Ansicht wird die Leitung als Teil der Geschäftsführung angesehen, 7 1 teilweise aber findet sich auch umgekehrt die Auffassung, die Leitung umfasse ihrerseits sogar noch mehr als die gesamte Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. 72

28

Gegen eine Gleichsetzung von Leitung und Geschäftsführung spricht schon, dass das Gesetz diese beiden Termini in unterschiedlichem Zusammenhang einführt und keinerlei Anhaltspunkte im Gesetz für eine Begriffsidentität zu finden sind. Auch nach allgemeinem Sprachverständnis ist unter Leitung etwas anderes zu verstehen als unter der Führung von Geschäften. Leitung hat zwar offenbar auch etwas mit Führung zu tun, aber nicht mit der allgemeinen Führung von Geschäften. Leitung ist vielmehr als Anführung, Anleitung oder Lenkung zu verstehen, hingegen meint Geschäftsführung eher generell ein Handeln, etwa im Sinne des weit gefassten Geschäftsbesorgungsbegriffs des allgemeinen Zivilrechts (ohne dass daraus allerdings prima facie eine Parallele zwischen der rechtlichen Bedeutung der Geschäftsführung und derjenigen der Geschäftsbesorgung herzuleiten ist). Bei der Leitung der Gesellschaft im Sinne von § 76 Abs 1 AktG geht es um die Führung der Gesellschaft, nämlich um die Festlegung der grundsätzlichen Richtung, in die die Gesellschaft zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks und unter Berücksichtigung des Unternehmensinteresses gehen soll. Leitung ist die Ausübung der Unternehmerfunktion in der AG kraft eigener Verantwortung in den Grenzen von Gesetz und Satzung. 7 3 Allerdings lässt sich die Leitung auch nicht als etwas grundsätzlich Anderes von der Geschäftsführung scharf abgrenzen. Gegen eine solche radikale Abgrenzung spricht schon der systematische Zusammenhang zwischen § 76 AktG und § 7 7 AktG. Auch zeigt die weite Fassung des Begriffs der Geschäftsführung, dass sie alle möglichen aktienrechtlich relevanten Handlungen erfasst, so auch die Leitung der Gesellschaft. Mit anderen Worten ist die Leitung ein herausgehobener Teilbereich der Geschäftsführung, 7 4 die Geschäftsführung beinhaltet, quasi als „Teilmenge", die Leitung der Gesellschaft. Geschäftsführung ist jede rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Tätigkeit für die AG, Leitung ist die Führung der Gesellschaft. 7 5

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Allgemein - auch fachübergreifend und rechtsvergleichend - zum Leitungsbegriff Druey in: FS Zöllner 1998 S 129. GeßlerIHefermehl 10; Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft2 1996 Rdn 3 ff. So wohl Henze Betriebs-Berater 2000, 209 f.

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So etwa K.YJ Mertens2 4; Hüffer5 7; Baumbach/Hueck 13 8 und vor S 76 Rdn 4; Schwark ZHR 142 (1978), 203, 215 f. Vorauflage/Meyer-Landrut 2 f. ¥XJMertens1 4. Hüffer5 7. Baumbach/Hweci13 8; MünchHdbAG/W/esner1 % 19 Rdn 12.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

2 . Auswirkung auf das Verhältnis zur Hauptversammlung 30

Die Unterscheidung zwischen der Leitung der Gesellschaft und der Geschäftsführung dient nicht b l o ß einer Begriffsklärung, sondern hat auch rechtliche Folgen, deren Ausm a ß allerdings strittig ist. So ist es denkbar, diese Unterscheidung für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen den O r g a n e n , also für die Definition der Stellung des Vorstands zum Aufsichtsrat einerseits, zur H a u p t v e r s a m m l u n g andererseits, heranzuz i e h e n . 7 6 Hierbei tun sich allerdings Schwierigkeiten auf: Z u m einen wurde bereits dargelegt, dass nicht nur die Leitung, sondern auch die Geschäftsführung insgesamt im Grundsatz ausschließlich dem Vorstand obliegt, so dass zur Abgrenzung der O r g a n k o m petenzen nicht der engere Begriff der Leitung, sondern nur der weitere Begriff der Geschäftsführung taugt. Die Geschäftsführung ist Sache des Vorstands, die Ü b e r w a c h u n g der Geschäftsführung Sache des Aufsichtsrats, Grundlagenentscheidungen sind Sache der Hauptversammlung. D e n n o c h spielt der Begriff der Leitung durch den Vorstand durchaus eine Rolle für die Kompetenzen der anderen O r g a n e . So bedarf es für die Abgrenzung von (ungeschriebenen) Hauptversammlungskompetenzen und M a ß n a h m e n , die in den (ausschließlichen) Zuständigkeitsbereich des Vorstands fallen, einer Beschäftigung mit dem Inhalt des Leitungsbegriffs im Sinne von § 7 6 Abs 1 A k t G und nicht nur einer Beschäftigung mit dem Geschäftsführungsbegriff.

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Die Schwierigkeit einer Bejahung ungeschriebener H a u p t v e r s a m m l u n g s k o m p e t e n z e n 7 7 besteht darin, dass angesichts der in § 7 6 Abs 1 A k t G erfolgenden Zuweisung von Leitungskompetenz nicht nur der Hauptversammlung, sondern auch dem Vorstand das R e c h t zusteht, die R i c h t u n g , in die sich die Gesellschaft bewegen soll, zu bestimmen. Eine sinnvolle Abgrenzung zwischen Hauptversammlungs- und Vorstandskompetenzen lässt sich nur v o r n e h m e n , wenn m a n a n n i m m t , dass dort, w o es lediglich um wirtschaftliche, und sei es unter Umständen sogar um „existentielle", Entscheidungen geht, eine (ausschließliche) K o m p e t e n z des Vorstands besteht, da dann „ L e i t u n g " vorliegt, w o h i n gegen dann, wenn der mitgliedschaftliche Bereich der Gesellschafter direkt oder indirekt betroffen ist, eine K o m p e t e n z der H a u p t v e r s a m m l u n g b e s t e h t 7 8 (dazu näher unten R d n 7 9 ff). In Hinblick auf § 7 6 A k t G lässt sich jedenfalls feststellen, dass für die O r g a n zuständigkeitsabgrenzung nicht nur auf den Begriff der Geschäftsführung, sondern auch auf den der Leitung abzustellen ist. 3 . Auswirkung auf das Verhältnis zum Aufsichtsrat

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Ferner ist der Begriff der Leitung auch noch für einen anderen Aspekt der O r g a n k o m petenzabgrenzung von Bedeutung, nämlich für das Verhältnis von Vorstand und Aufsichtsrat. Wenn es in § 111 Abs 1 A k t G heißt, der Aufsichtsrat habe „die Geschäftsf ü h r u n g " zu überwachen und in § 111 Abs 4 Satz 1 A k t G , M a ß n a h m e n „der G e s c h ä f t s f ü h r u n g " k ö n n t e n dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden, so handelt es sich trotz der Verwendung desselben Wortes in diesen N o r m e n um zwei nicht vollständig identische Begriffe. W ä h r e n d der Terminus „Geschäftsführung" im Sinne von § 111 Abs 4 Satz 1 A k t G einen weiten Begriff der Geschäftsführung, also einen solchen iS von § 7 7

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Ähnlich MünchHdbAG/W/esner 2 $ 19 Rdn 12. Dazu allg aus jüngerer Zeit Großkomm AktG/Mülbert 4 § 119 Rdn 17 ff; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1996 S 388 ff; Joost ZHR 163 (1999) 164.

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Tendenziell nis strenger schriebener keiten Joost

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

insofern ähnlich, aber im Ergebhinsichtlich der Annahme ungeHauptversammlungszuständigZHR 163 (1999) 164, 176 f.

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

AktG, meint, der jegliche tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit für die AG umfasst, ist der Begriff der „Geschäftsführung" im Sinne von § 111 Abs 1 AktG einschränkend und berichtigend dahingehend zu verstehen, dass sich die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats nur auf die Leitungsmaßnahmen und sonstige wesentliche, aber eben nicht alle Maßnahmen der Geschäftsführung bezieht, insbesondere nicht auf solche des Tagesgeschäfts. 79 4. Einheitlichkeit der Leitung Außerdem spielt der Begriff der Leitung in Abgrenzung zum Begriff der Geschäftsführung eine Rolle bei der Frage, welche Aufgaben dem Gesamtvorstand als (Kollegial-) O r g a n 8 0 im Verhältnis zu seinen einzelnen Mitgliedern zukommen (dazu auch § 77 Rdn 28). Zwar wurde bereits dargelegt (oben Rdn 11), dass lediglich dem Vorstand als Ganzem, nicht aber seinen Mitgliedern Organqualität zukommt. Hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass lediglich das Organ „Vorstand", nicht aber (auch) einzelne seiner Mitglieder Organfunktionen ausüben können. So kann etwa die Befugnis zur Geschäftsführung, die eine Organfunktion gem § 77 AktG ist, als Gesamtgeschäftsführungsbefugnis oder - bezogen auf einzelne Mitglieder - als Einzelgeschäftsführungsbefugnis ausgestaltet sein. Die Ausübung der Funktion der Leitung kommt hingegen nicht einzelnen Organmitgliedern (Vorstandsmitgliedern) zu, sondern - unabhängig von einer funktionalen oder Spartenuntergliederung der Unternehmensorganisation (dazu im Einzelnen Rdn 154 f und § 7 7 Rdn 2 3 f) - lediglich dem Gesamtvorstand als Organ.

33

Mit dieser Differenzierung hängt die Frage zusammen, inwiefern einzelne Aufgaben, die dem Vorstand bzw seinen Mitgliedern obliegen, auf nachgeordnete Dritte, also auf unter dem Vorstand liegende Führungsebenen, delegiert werden dürfen. 81 Die Leitungsaufgabe ist originäre Aufgabe des Gesamtvorstands und kann daher weder ganz noch in Teilen nachgeordneten Führungsebenen übertragen werden. 8 2 Hingegen können (einfache) Geschäftsführungsaufgaben auf nachgeordnete Führungsebenen delegiert oder dem Einflussbereich (außenstehender) Dritter unterworfen werden. 83 Das wird in der Regel auch in der Praxis so gehandhabt.

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5. Inhalt der Leitungsaufgaben Zur materiellen Bestimmung des Inhalts der Leitung im Einzelnen ist zunächst auf die positive Normierung im Aktiengesetz selbst abzustellen. 84 Leitungsaufgaben des Vorstands als Ganzem sind demgemäß die Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen sowie der Abschluss von Unternehmens- und umwandlungsrechtlichen Verträgen nach S 83 AktG, die Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat gem § 9 0 AktG, die Buchführungspflicht nach § 91 Abs 1 AktG, die Etablierung eines Überwachungssystems nach § 91 Abs 2 A k t G 8 5 (dazu ausführlich die Kommentierung zu § 91 AktG), die Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der

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Ähnlich Hüffer5 § 111 Rdn 3; s auch Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 96. Dazu etwa Schiessl ZGR 1992, 64, 6 7 f; Martens in: FS Fleck 1988 S 191, 197 f. Dazu ausführlich Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft 2 1996 Rdn 9 ff, 21 ff sowie Stein ZGR 1988, 163 168. MünchHdbAG/Wiestter 2 § 19 Rdn 12; Jäger

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83 84 85

DStR 1996, 671, 672; Scbeffler AG 1995, 2 0 7 f; Götz AG 1995, 337, 338. Hüffer5 Rdn 7. Geßler/Hefermehl 11; Hüffer5 11. Dazu Lange/Wall Risikomanagement nach dem KonTraG 2001; Endres ZHR 163 (1999) 441, 451 sowie aus betriebswirtschaftlicher Sicht Kless DStR 1998, 93.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

A G nach § 9 2 A k t G , die Pflicht zur Einberufung des Aufsichtsrats gem § 110 A b s 1 A k t G , die Teilnahme an Hauptversammlungen nach § 118 Abs 2 A k t G , die Pflicht zur Vorlage des Geschäftsabschlusses und des Lageberichts nach § 1 7 0 Abs 1 A k t G sowie die Anfechtungsbefugnis nach § 2 4 5 N r 4 A k t G . Ferner ist zu den Leitungsaufgaben, die den Gesamtvorstand treffen, die Verpflichtung zu rechnen, der Hauptversammlung nach § 1 2 4 Abs 3 Satz 1 A k t G zu den einzelnen Tagesordnungspunkten Vorschläge zur 36

Beschlussfassung zu unterbreiten. 8 6 D a r ü b e r hinaus bestehen ungeschriebene Leitungsaufgaben des Vorstands. Anleihen bei der Bestimmung dieser Leitungsaufgaben lassen sich zunächst im Bereich der Berichtspflicht des Vorstands m a c h e n . Die in § 9 0 Abs 1 N r 1 A k t G genannten Bereiche gehören zur Leitungsaufgabe des Vorstands, also die (beabsichtigte) Geschäftspolitik und ihre Unterteilung in die Finanz-, Investitions- und Personalplanung. Soweit die Finanz-, Investitions- und Personalplanung und die sonstige Geschäftspolitik Entscheidungen von einigem Gewicht erfordern, handelt es sich jedenfalls um Leitungsaufgaben im Sinne von § 7 6 Abs 1 A k t G . Außerdem sind in Anlehnung an betriebswirtschaftliche Überlegungen die U n t e r n e h m e n s k o o r d i n a t i o n und die Unternehmenskontrolle in personeller und sachlicher Hinsicht als Leitungsaufgaben zu n e n n e n . 8 7 M i t Henze lassen sich die Leitungsaufgaben des Vorstands unterteilen in M a ß n a h m e n der Unternehmensplanung 8 8 (Zielsetzung; mittel- und langfristige Festlegung der Unternehmenspolitik; Risikovorsorge), der Unternehmensstruktur (Festlegung der Grundzüge der M a r k t s - , Produkt-, Finanz-, Investitions- und Personalpolitik; Organisation und K o o r d i n a t i o n der mit Führungsaufgaben ausgestalteten Teilbereiche des Unternehmens), der Unternehmenskontrolle (laufende und nachträgliche Kontrolle von Durchführung und Erfolg delegierter Geschäftsführungsaufgaben), der Überwachung von Geschäfts- und Ergebnisentwicklung, ferner M a ß n a h m e n und Geschäfte von außergewöhnlicher Bedeutung und mit ungewöhnlich h o h e m R i s i k o und schließlich die Besetzung der oberen Führungspositionen. Z u s a m m e n gefasst gilt, dass die Festlegung der Unternehmenspolitik (als Zielvorgabe) eine Leitungsaufgabe i s t . 8 9 Die Festlegung der Unternehmenspolitik muss dabei allerdings stets die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks im Auge h a b e n . Eine Festlegung der Unternehmenspolitik im Sinne einer Neudefinition des Gesellschaftszwecks oder auch nur im Sinne einer Überschreitung des Gesellschaftszwecks oder des Unternehmensgegenstands ist nicht mehr von der Leitungskompetenz des Vorstands getragen, damit auch nicht m e h r „ L e i t u n g " im Sinne von § 7 6 Abs 1 A k t G , sondern stellt einen Satzungsverstoß dar. Als Leitungsaufgabe im Sinne von § 7 6 Abs 1 A k t G ist nicht nur die Festlegung der Unternehmenspolitik als solcher, sondern sind auch alle wesentlichen M a ß n a h m e n zur Erreichung dieses Ziels a n z u s e h e n . 9 0 Hierzu zählen auch bedeutende Verwaltungsaufgaben im Produktions-, Vertriebs- und Finanzierungsprozess, 9 1 nicht aber die (bloße) W a h r n e h m u n g des laufenden Tagesgeschäfts. 9 2 Letzteres gehört vielmehr dem Bereich der (einfachen) Geschäftsführung an, nicht aber dem der Leitung als dem gegenüber der Geschäftsführung engeren Bereich. Z u den Leitungsaufgaben des Vorstands gehören hingegen besondere M a ß n a h m e n , die er in der Krise der Gesellschaft treffen m u s s . 9 3 86 87

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BGH W M 2002, 179 = NZG 2 0 0 2 , 130. Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft 2 1996 S 10. S auch Lutter AG 1991, 249, 2 5 0 f; Kallmeyer Z G R 1993, 104; Feddersen Z G R 1993, 114; Götz AG 1995, 337, 338 f. Zu den auch auf die Unternehmenspolitik bezogenen Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats Scheffler AG 1995, 207.

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Geßler/Hefermehl 10. Henze Betriebs-Berater 2000, 209, 210. Insofern tendenziell wohl aA MünchHdbAG/ Wiesner2 § 19 Rdn 13. Dazu im Einzelnen Thümmel BetriebsBerater 2002, 1105.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Die E D V und die (sonstige) Informationstechnologie (IT) gehören bei einer AG, deren Unternehmensgegenstand sich nicht gerade explizit auf diese Bereiche bezieht, als solche

37

nicht zu den Gegenständen, auf die sich die Leitungsaufgabe des Vorstands erstreckt. D a h e r k a n n der Vorstand im Grundsatz Aufgaben der E D V und der I T sowohl unternehmensintern erledigen lassen als auch auf externe Dritte verlagern, o h n e gegen § 7 6 Abs 1 A k t G zu verstoßen 9 4 (zur Unzulässigkeit des Outsourcing von Leitungsaufgaben s unten R d n 5 0 ) . Voraussetzung für die R e c h t m ä ß i g k e i t der Auslagerung von EDV- und IT-Aufgaben, insbesondere durch Delegation an externe Dritte, aber auch an konzernangehörige Unternehmen, ist es aber, dass der Vorstand keine Einbuße seines Beurteilungs- und Entscheidungsfreiraums erleidet. 9 5 O b eine zulässige Delegation von E D V oder I T vorliegt oder aber eine Selbstentmündigung des Vorstands, lässt sich nur einzelfallbezogen entscheiden. 6 . Leitung und betriebswirtschaftliche Erkenntnisse Auch betriebswirtschaftliche Erkenntnisse dienen der Bestimmung des Begriffs der Leitung, denn die Gesellschaft ist nach den anerkannten betriebswirtschaftlichen Regeln zu l e i t e n 9 6 ( G r o ß k o m m A k t G / H o p t 4 § 9 3 R d n 8 8 ) . Die Bestimmung des Begriffs der Leitung k a n n jedoch nicht nur anhand rein typologischer M e r k m a l e erfolgen, die aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen hergeleitet w e r d e n . 9 7 Vielmehr wäre eine solche lediglich nach Bereichen erfolgende Begriffsbestimmung unzureichend. So k a n n die W a h r n e h m u n g einer F u n k t i o n im Bereich des Produktionsprozesses oder des Finanzierungsprozesses Leitungs- oder (bloße) Geschäftsführungsaufgabe sein. Eine Unterscheidung ist oft nur einzelfallbezogen möglich. D a b e i k o m m t es auf die Erheblichkeit einer M a ß n a h m e zur Verwirklichung der Ziele der Unternehmenspolitik an. J e gewichtiger eine M a ß n a h m e ist, u m so eher ist sie dem Bereich der Leitung zuzurechnen. Auch für die einzelnen Bereiche der Unternehmensleitung ist es strittig, inwiefern für die Bestimmung der Leitungsaufgaben en detail betriebswirtschaftliche Überlegungen im Wege einer „Verrechtlichung" dieser Überlegungen herangezogen werden k ö n n e n oder müssen. So ist es insbesondere bei der Unternehmensplanung offen, o b betriebswirtschaftliche Regeln verbindlich den Inhalt dieser Leitungsaufgabe b e s t i m m e n . 9 8 D a s ist

94 95 96

Stein ZGR 1988, 163, 166 ff. Stein ZGR 1988, 163, 171 ff. Tbeisen Die Überwachung der Unternehmensführung 1987; ders Betriebs-Berater 1988, 705; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Überwachung (GoÜ) - Problem, Systematik und erste inhaltliche Vorschläge in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbFSonderheft 36/1996 S 75 ff; von Werder Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) - Zusammenhang, Grundlagen und Systemstruktur von Führungsgrundsätzen für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unterneh-

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mensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 1 ff; ders Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensleitung (GoU) Bedeutung und erste Konkretisierung von Leitlinien für das Top-Management in: von Werder (Hrsg) Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensführung (GoF) für die Unternehmensleitung (GoU), Überwachung (GoÜ) und Abschlußprüfung (GoA) ZfbF-Sonderheft 36/1996 S 27 ff. 97

98

So zurecht Hüffer5 8; tendenziell aA Henze Betriebs-Berater 2000, 209, 210. Hierzu KK/Mertens 1 5; Lutter in: FS Albach 1991 S 350; Semler ZGR 1983, 3 ff; Feddersen ZGR 1993, 114 einerseits; Kallmeyer ZGR 1993, 104 andererseits.

Michael Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

§ 7 6

angesichts des unternehmerischen Ermessens des Vorstands (dazu unten Rdn 63) im Allgemeinen nicht der Fall. Eine gewisse Erweiterung des Einflusses betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse auf die Unternehmensleitung und eine damit einhergehende gewisse Beschränkung des Handlungsermessens des Vorstands erfolgt nunmehr auf Grund des Zusammenspiels des durch das TransPuG neu geschaffenen § 161 AktG („Compliance"Regelung; dazu ausführlich vor § 76 Rdn 39, 4 7 f) mit den jeweils von der Kodex-Kommission festgelegten Corporate Governance-Grundsätzen" (dazu ausführlich vor § 76 Rdn 39 ff), die ihrerseits in hohem Maße auf den jeweils neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Rechtssicherheitsbedenken verbieten es allerdings auch im Rahmen des neuen § 161 AktG, jegliche neue - ungesicherte - betriebswirtschaftliche Erkenntnis bereits als rechtlich verbindlichen Verhaltensmaßstab für die Unternehmensleitung anzusehen. Die Kodex-Kommission sollte sich insofern Zurückhaltung auferlegen. Betriebswirtschaftliche Erkenntnisse enthielten im Übrigen auch die im Jahr 2 0 0 0 erstellten Corporate Governance-Grundsätze der „Berliner Initiative zur Schaffung eines German Code of Corporate Governance" (dazu ausführlich vor § 76 Rdn 38). 7. Unternehmensbezug der Leitung 39

§ 76 Abs 1 AktG spricht von der Leitung „der Gesellschaft". Der Wortlaut legt somit nahe, dass die Leitungsaufgabe des Vorstands auf die Gesellschaft bezogen ist. Gegenstand der Leitung ist dementsprechend in erster Linie die Gesellschaft. 100 Die Ausrichtung der Leitung auf „das Unternehmen" oder eine Orientierung am „Unternehmensinteresse" 1 0 1 spiegeln sich somit an dieser Stelle des Gesetzes nicht wider. Dennoch ist die Leitung der Gesellschaft auch im Sinne der Leitung des Unternehmens zu verstehen. 1 0 2 Abzulehnen ist allerdings in diesem Zusammenhang ein Unternehmensrechtsverständnis, das hinsichtlich der Kompetenzen und der Pflichtbindung des Vorstands eine ausschließliche Orientierung am Unternehmen verlangt. 103 Ein solches Unternehmensrechtsverständnis, das an die Stelle der Gesellschaft als verfasster Korporation mit einer für die Gesellschaft, ihre Gesellschafter und Organe verbindlichen Verfassung einen diffusen Zustand des „Unternehmens an s i c h " 1 0 4 oder des „Unternehmens als Veranstaltung" 1 0 5 etc setzen will, begegnet Bedenken 1 0 6 (dazu bereits vor § 76 Rdn 31). Ein 99

Hopt in: Hommelhoff/Lutter/Schmidt/ Schön/Ulmer (Hrsg) Corporate Governance, ZHR-Beiheft 71, 2 0 0 2 , S 27, 51 ff; Ulmer AcP 2 0 2 ( 2 0 0 2 ) , 143, 1 6 6 ff; ders Z H R 1 6 6 ( 2 0 0 2 ) 1 5 0 , 152 ff.

100

Geßler/Hefermehl 22.

101

Dazu Brinkmann Unternehmensinteresse und Unternehmensrechtsstruktur 1 9 8 3 ; Jürgenmeyer Das Unternehmensinteresse 1 9 8 4 ; Raisch Begriff und Bedeutung des Unternehmensinteresses in: FS für Hefermehl 1 9 7 6 S 3 4 7 ; Raiser Das Unternehmensinteresse in: FS Reimer Schmidt 1 9 7 6 S 101.

102

BGH, B G H Z 6 4 , 3 2 5 , 3 2 9 = N J W 1975, 1412, 1413; s ferner Hüffer5 9.

103

Ebenso Mülbert

104

Umfassende - auch historische - Darstellung bei Riechers Das „Unternehmen an sich" 1 9 9 6 passim; ausführlich, insbesondere zur Rechtslage in der Weimarer Republik, auch Laux Die Lehre vom Unternehmen an sich 1 9 9 8 passim; ferner schon Netter in: FS Pinner 1 9 3 2 S 5 0 7 ; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht 1961 S 3 8 ff; auch Druey in: FS Zöllner, 1 9 9 8 S 129, 131 ff; ferner Geßler /Hefermehl vor § 7 6 Rdn 4 ; kritisch Paefgen Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG 1 9 8 2 S 65 ff.

105

Dazu Raiser in: FS Robert Fischer, 1 9 7 9 S 5 6 1 , 5 6 3 ff; Schilling in: FS Robert Fischer 1 9 7 9 S 6 7 9 , 6 8 2 f; kritisch aus historischer Perspektive Κ W Nörr in: FS Zöllner 1 9 9 8 S 4 2 9 , 4 3 7 ff.

106

Schmidt-Leithoff

Z G R 1997, 129, 1 4 0 ff;

s auch BVerfG, BVerfGE 5 0 , 2 9 0 , 3 7 4 ; vgl. ferner Schilling in: FS Robert Fischer 1 9 7 9 S 679, 682.

Stand: 1. 12. 2002

Die Verantwortung der

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Abweichen von den gesetzlichen Vorgaben für die Verfassung der Aktiengesellschaft ist weder direkt durch eine entsprechende Gestaltung der Satzung noch indirekt mittels einer die Ersetzung des Gesellschaftsbegriffs durch den Unternehmensbegriff möglich. Wenn somit unter „Leitung der Gesellschaft" im Sinne von § 76 Abs 1 AktG erweiternd die „Leitung des Unternehmens" verstanden werden muss, so heißt das nicht, dass damit das Recht der verfassten Aktiengesellschaft in ein Recht des Unternehmens umgemünzt werden kann. Abzulehnen ist auch eine bloß institutionenökonomische, organisationssoziologische oder systemtheoretische Bestimmung des Unternehmens, 1 0 7 die das Unternehmen weniger als rechtlich verfasste Einheit, sondern eher als soziale Organisationsund Wirkungseinheit versteht. 1 0 8 Mit „Unternehmen" im hier gemeinten Sinn ist nicht das Aktienunternehmen 1 0 9 als schwer zu definierende Bündelung von (Partikular-) Interessen der Anleger, der Arbeitnehmer, der Gläubiger und der Öffentlichkeit zu verstehen, sondern die rechtlich geordnete Verfassung der Aktiengesellschaft, die allerdings nicht nur an den Vorgaben des Aktiengesetzes, sondern auch an denjenigen des Mitbestimmungsrechts, des Kapitalmarktrechts, des Insolvenzrechts und des Wettbewerbsrechts orientiert ist. In diesem rechtlich fundierten Sinn ist das Recht der Aktiengesellschaft auch Unternehmensrecht und dementsprechend der Vorstand nach § 76 Abs 1 AktG berechtigt, aber auch verpflichtet, das Unternehmen, und nicht bloß die Gesellschaft, zu leiten. In aller Regel ist der Vorstand dabei verpflichtet, Konflikte zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Unternehmensinteresse 110 im Sinne einer Harmonisierung der beiden Interessen anzustreben. 1 1 1 Die Wahrnehmung der Leitungsaufgabe des Vorstands darf nicht auf eine ausschließliche Orientierung am Gesellschaftsinteresse als gebündelten Interessen der Aktionäre 1 1 2 (dazu unten Rdn 5 3 f) hinauslaufen. 1 1 3 Vielmehr hat der Vorstand zusätzlich - wenn auch nur im gesetzlich und satzungsmäßig ihm vorgegebenen Rahmen - die Interessen der Arbeitnehmer, der Gläubiger und der Öffentlichkeit zu beachten (dazu näher unten Rdn 5 6 ff). Eine solche interessengruppenorientierte (interessenpluralistische) Unternehmensführung ist auch betriebswirtschaftlich geboten. Sie ist im Übrigen durchaus mit dem Konzept einer langfristigen Shareholder Value-Politik durchaus vereinbar (dazu näher unten Rdn 53 f). 1 1 4 Ein Verstoß gegen das Gebot interessenpluralistischer Unternehmensführung kann zu einer Schadenersatzpflicht gem § 93 AktG führen. 1 1 5

107

108 109

110

(85)

Unternehmensleitung 1989 S 45 ff; Paefgen Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG 1982 S 65 ff. Dazu etwa Schanze Potential and Limits of Economic Analysis: The Constitution of the Firm, in: Daintith/Teubner (eds) Contract and Organization 1986 S 204; Teubner KritVZ 1987, 61 ff, 75 ff. Ähnlich KK/Mertens 2 8. Im Sinne von W. Schilling ZHR 144 (1980) 136; ähnlich Junge in: FS ν Caemmerer 1978 S 547, 549. Dazu monografisch Brinkmann Unternehmensinteresse und Unternehmensrechts-

111 112

113 114

115

struktur 1983 sowie Jürgenmeyer Das Unternehmensinteresse 1984; ferner Junge in FS von Caemmerer 1987 S 547; Raiscb in: FS Hefermehl 1976 S 347; Raiser in: FS Reimer Schmidt, 1976 S 101; kritisch Dlugos in: FS Grochla, 1986, S 23. Geß\er/Hefermehl 8. Sehr stark in diese Richtung tendierend aber Adams AG 1990, 243, 246 f. Hüffer5 12; Stein ZGR 1988, 163, 189 f. Madrian interessengruppenorientierte Unternehmensführung 1998, S 161 ff. S Begr RegE bei Κrop ff AktG 1965 S 97.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

8. Eigene Leitungsverantwortung des Vorstands a) Allgemeines 41

Wenn das Gesetz von der Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand „unter eigener Verantwortung" spricht, so sind darin verschiedene Aussagen enthalten. Zunächst geht es darum, dass die Unternehmensleitung nicht fremdverantwortlich erfolgen darf. Ferner kommt hiermit aber auch zum Ausdruck, dass der Vorstand bei der Leitung aktiv handeln muss, dabei allerdings auch unabhängig ist. Und schließlich beinhaltet die Statuierung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandshandelns, dass der Vorstand einen Ermessensspielraum nach Maßgabe der Business Judgment Rule (dazu ausführlich Großkomm AktG/Hopf 4 § 9 3 Rdn 81 ff) hat. 1 1 6 Der unternehmerische Handlungsspielraum erlaubt dem Vorstand, bewusst geschäftliche Risiken einzugehen und beinhaltet, dass der Vorstand Fehleinschätzungen trifft, die ihm aus ex-ante-Sicht nicht vorgeworfen werden können. Voraussetzung ist allerdings ein von Verantwortung getragenes Verhalten, ein ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes unternehmerisches Handeln und eine sorgfältige Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen, dh eine angemessene Informationsbeschaffung. 117 b) Weisungsunabhängigkeit

42

Eigenverantwortlichkeit der Unternehmensleitung bedeutet für den Vorstand, dass er die Gesellschaft selbständig leitet. Der Vorstand ist weder direkt noch indirekt an die Weisungen des Mehrheitsaktionärs, eines sonstigen Aktionärs, einer Aktionärsgruppe oder der Hauptversammlung gebunden, er ist vielmehr - anders als das Geschäftsführungsorgan der G m b H - weisungsunabhängig. 1 1 8 Auch besteht zwischen einzelnen Aktionären und dem Vorstand bzw zwischen der Hauptversammlung und dem Vorstand kein Auftrags- oder auftragsähnliches Verhältnis. 1 1 9 Daher hat der Vorstand gegenüber der Hauptversammlung auch keine (aus Auftragsrecht herleitbaren) Informationspflichten. 1 2 0

43

Auch der Aufsichtsrat kann dem Vorstand im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe keine Weisungen erteilen. Der Vorstand kann Empfehlungen des Aufsichtsrats, die dieser in Ausübung seiner Kontrolltätigkeit ausspricht, befolgen, um Weisungen handelt es sich hierbei aber nicht. Auch in Hinblick auf die Erfüllung der Berichtspflicht des Vorstands gem § 9 0 A k t G und unter Berücksichtigung des Einsichts- und Prüfungsrechts des Aufsichtsrats hat der Aufsichtsrat kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand. Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat gem § 111 Abs 4 Satz 1 AktG nicht übertragen werden. Wohl aber sind gem § 111 Abs 4 Satz 2 AktG idF des TransPuG 2 0 0 2 bestimmte Arten von Geschäften an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu binden. Einen Katalog zustimmungspflichtiger Arten von Geschäften sieht das Gesetz aber nicht vor. Selbst in den Fällen des § 111 Abs 4 Satz 2 AktG hat der Aufsichtsrat allerdings lediglich eine Art Vetorecht, nicht aber ein Recht, den Vorstand positiv zu bestimmten Leitungshandlungen zu veranlassen. 1 2 1 Auch § 111 Abs 4 Satz 2 AktG begründet mithin kein Leitungsrecht des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand. Durch die Einholung der 116

Z u r satzungsmäßigen Begrenzung der Entscheidungsfreiheit s Geßler in: FS Martin Luther 1 9 7 6 S 69, 7 0 .

117

B G H Z 135, 2 4 4 , 2 5 3 f; Henze Berater 2 0 0 1 , 5 3 , 57.

118

Einhellige Auffassung, s etwa Vorauflage/ Meyer-Landrut 7 ; Ge&er/Hefermebl 12; Hüffer5 2 ; B a u m b a c h / H w e d : 1 3 6.

119

B G H N J W 1967, 1 4 6 2 ; Hüffer 401, 404.

120

Hüffer ZIP 1 9 9 6 , 4 0 1 , 4 0 5 ; aA LG Detmold AG 1959, 1 4 0 ; wohl auch KG Berlin ZIP 1 9 9 5 , 1 5 9 0 .

121

B G H Z 1 2 4 , 111, 127 = N J W 1 9 9 4 , 5 2 0 ; Hüffers 11.

Betriebs-

S t a n d : 1. 1 2 . 2 0 0 2

ZIP 1 9 9 6 ,

(86)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Zustimmung des Aufsichtsrats wird der Vorstand haftungsrechtlich nicht entlastet (§ 93 Abs 4 Satz 2 AktG). Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Vorstand nicht an Weisungen der 4 4 Hauptversammlung gebunden ist, bildet § 119 Abs 2 AktG, denn die dort vorgesehene Entscheidung der Hauptversammlung qua Beschluss bindet den Vorstand wie eine Weisung. 122 Allerdings muss die Hauptversammlung nicht in weisungsgleicher, also bindender Weise entscheiden, sondern kann auch bloße Empfehlungen aussprechen. 123 Die Einholung der Zustimmung der Hauptversammlung wirkt gem § 93 Abs 4 Satz 1 AktG haftungsausschließend. 124 Die Satzung selbst kann nicht über § 119 Abs 2 AktG hinaus ein Weisungsrecht der Hauptversammlung begründen. 125 Auch § 83 AktG beinhaltet im eigentlichen Sinne kein Weisungsrecht der Hauptversammlung gegenüber dem Vorstand im Hinblick auf die Leitung der AG. 126 Vielmehr geht es bei § 83 AktG um originäre Kompetenzen der Hauptversammlung in Grundlagenangelegenheiten gem § 119 Abs 1 AktG. § 83 AktG betrifft (Vorbereitungs-)Handlungen des Vorstands bei Angelegenheiten, die gerade nicht in seinem, sondern in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung fallen. Auch ein Weisungsrecht von einzelnen Aktionären gegenüber dem Vorstand besteht nur in den gesetzlich geregelten Fällen von Weisungen der Mutter gegenüber der Tochter-AG bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags (§ 308 AktG) oder bei Weisungen der Hauptgesellschaft gegenüber einer in sie eingegliederten AG (§ 323 Abs 1 AktG). 127 Weder private noch öffentlichrechtliche Aktionäre haben ansonsten ein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand. c) Bindung an Unternehmensgegenstand und Unternehmensziele Eine gewisse Einschränkung der eigenverantwortlichen Leitungsbefugnis des Vor- 4 5 stands ergibt sich aus der Bestimmung des Unternehmensgegenstands der AG in der Satzung. Je enger der Unternehmensgegenstand gefasst ist, um so stärker ist die Leitungsund Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands beschränkt. 128 Bei der auf diese Weise auf die Leitungs- und Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands einwirkenden Unternehmensgegenstandsbestimmung handelt es sich aber unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ihrerseits um eine Geschäftsführungsmaßnahme, 129 sondern um eine Entscheidung der Hauptversammlung im Bereich ihrer Satzungskompetenz. Nicht nur durch die Bestimmung des Unternehmensgegenstands, sondern auch im Übrigen kann die Hauptversammlung, etwa durch Festlegung eines bestimmten Unternehmensziels, die Leitungsbefugnis des Vorstands begrenzen, 130 ohne dass es sich hierbei um eine unzulässige Beschneidung von dessen unveräußerlichen Leitungsbefugnissen handelt. d) Keine Bestimmung des Unternehmensinteresses durch den Vorstand Der Gesetzgeber hat mit der Einräumung der Leitungsbefugnis gem § 76 Abs 1 AktG 4 6 dem Vorstand nicht zugleich auch das Recht eingeräumt, die Ziele des Unternehmens unter Reduzierung der Organisationsautonomie der Hauptversammlung als satzungs122 123 124

125

126

(87)

Hüffer5 11 und § 119 Rdn 11 ff, 16 ff. Hüffer5 § 119 Rdn 15. Großkomm A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 306; Geßler/Hefermebl 15; Vorauflage/MeyerLandrut 8. Großkomm A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 65; Vorauflage/Meyer-Landrut 7. AA Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 96.

127 128 129

130

Hüffer5 η. Hüffer5 § 82 Rdn 9. So aber Tieves Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft 1998 S 140. Dazu näher Tieves Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft 1998 S 144 ff.

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§ 76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

gebender Gewalt auf ein Minimum weitgehend selbst zu bestimmen. 131 Das Unternehmensinteresse ist dem Vorstand vielmehr vorgegeben, er hat bei dessen Verfolgung lediglich einen Ermessensspielraum unter Heranziehung der Business Judgement Rule (dazu unten Rdn 51), kann aber über die ihm selbstverständlich im Rahmen seiner Leitungsbefugnis zukommende Aufgabe der Unternehmensplanung und Unternehmenskoordination hinaus nicht eigenständig das Unternehmensinteresse (neu) bestimmen. e) Bindung des Vorstands an Gesetz und Recht 47

Selbstverständlich bildet die Rechtsordnung (Gesetzes- und Richterrecht) eine weitere, äußere Grenze für das Vorstandshandeln. So muss sich der Vorstand nicht nur an zivil-, wirtschafts- und arbeitsrechtliche Normen halten, die sich an das Unternehmen als solches oder an ihn als Organ bzw Organmitglied richten, sondern er muss auch die für das Unternehmen oder für ihn als Organ bzw. Organmitglied geltenden Straf- und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen einhalten. Hieraus können wiederum Organisationsund Uberwachungspflichten resultieren, so zB in Hinblick auf die Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG, etwa bei Kartellordnungswidrigkeiten iSv § 30 OwiG. 1 3 2 9. Unternehmensbeauftragte

48

Die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in jüngerer Zeit zunehmend „Unternehmensbeauftragte" (zB Datenschutzbeauftragte, Gewässerschutzbeauftragte, Immissionsschutzbeauftragte, Störfallbeauftragte, Abfallbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte etc) aufgrund gesetzlicher Vorgaben in die Entscheidungsprozesse im Unternehmen eingeschaltet sind. Die rechtmäßige Beteiligung dieser Unternehmensbeauftragten enthebt den Vorstand nicht von seiner Aufgabe der eigenverantwortlichen Leitung (zu den Grenzen der Möglichkeit einer Delegation Rdn 4 9 f), umgekehrt führt die rechtswidrige Unterlassung der Einschaltung der Unternehmensbeauftragten nicht dazu, dass Maßnahmen des Vorstands im Innen- oder im Außenverhältnis unwirksam würden, 1 3 3 wohl aber können entsprechende Handlungen des Vorstands dann pflichtwidrig sein. Vor allem im Bereich des Umweltschutzes (Bundes-Immissionsschutzgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz, Strahlenschutzverordnung, Gentechnikgesetz) sind die Unternehmen zur Bestellung von verantwortlichen Personen als Repräsentanten des Unternehmens oder als Betriebsbeauftragte verpflichtet. Die Repräsentanten haben unmittelbare verwaltungsrechtliche Pflichten gegenüber den Behörden, die Betriebsbeauftragten hingegen nicht. Innerbetrieblich kommt den Repräsentanten eher die Stellung als Leitungs- und Aufsichtspersonen mit entsprechenden Entscheidungs- und Weisungsrechten zu, die Betriebsbeauftragten haben hingegen im Allgemeinen nur eine Beratungsfunktion, sie bereiten Entscheidungen der verantwortlichen Personen im Linienmanagement vor. 1 3 4 Organqualität haben weder Repräsentanten noch Betriebsbeauftragte. 135 Sind - etwa im Bereich des Umweltschutzes - Repräsentanten und Betriebsbeauftragte etabliert, so befreit deren Einsetzung den Vorstand nicht von der permanenten Pflicht zur umweltsichernden Betriebsorganisation, etwa durch Erfüllung von Mitteilungspflichten. 136 Die Durchführung eines standortbezogenen Umweltaudits (auf der Grundlage der Umwelt131

132 133 134

So aber Mertens NJW 1970, 1718, 1719; dagegen Schön ZGR 1996, 429, 4 3 7 ff. Wirtz WuW 2001, 3 4 2 . Dreher in: FS Claussen 1997 S 69, 82. E Rehbinder Z H R 165 (2001), 1, 11.

135

136

Insofern mißverständlich E. Rehbinder ZHR 165 (2001), 1, 10 („Binnenorgane"). Dazu E Rehbinder Z H R 165 (2001), 1, 19 ff.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

audit-VO Nr 1836/93 137 ) oder eines unternehmensbezogenen Umweltmanagements nach ISO 14001 1 3 8 sind hingegen als solche zwar freiwillig. Sie können aber iS einer „best practice" im Einzelfall geboten sein. 10. Grenzen der Delegation von Aufgaben und Kompetenzen a) Gesellschaftsinterne Delegation Die Eigenverantwortlichkeit des Vorstands bei Ausübung seiner Leitungsmacht hat ferner zur Folge, dass der Vorstand die Leitung nicht durch unternehmensinterne Dritte (Mitarbeiter) ausüben lassen darf (dazu bereits oben Rdn 34). Leitungsaufgaben hat der Gesamtvorstand wahrzunehmen, sie dürfen nicht auf Dritte verlagert werden. Aber auch Aufgaben, die zwar keine Leitungsaufgaben sind, aber ihrerseits für Leitungsaufgaben des Vorstands relevant sind und auf Führungsebenen unterhalb des Vorstands wahrgenommen werden, muss der Vorstand so organisieren und überwachen, dass seine Leitungskompetenz nicht durch Fehler auf diesen Ebenen gestört wird 1 3 9 (zu haftungsrechtlichen Konsequenzen der Delegation Großkomm AktGIHopt 4 § 93 Rdn 55 ff). Demgemäß gehört zur Leitung der Gesellschaft auch, dass der Vorstand in der Lage ist, delegierte Geschäftsführungsaufgaben wieder an sich zu ziehen. Jedenfalls die Festlegung unternehmenspolitischer Ziele, im Kern aber auch die wesentlichen Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele, müssen in der Hand des Vorstands selbst bleiben. Nur Geschäftsführungsmaßnahmen von weniger Gewicht können delegiert werden, allerdings nicht mittels unwiderruflicher, sondern nur mittels widerruflicher Vollmacht.

49

b) Gesellschaftsexterne Delegation; Outsourcing von Leitungsfunktionen Erst recht ist eine Übertragung originärer Leitungsaufgaben auf Fremdfirmen und sonstige Dritte, etwa im Wege einer Auslagerung von Leitungsfunktionen im Sinne eines „Outsourcing", nicht möglich (zur Abgrenzung bei EDV s oben Rdn 37). 1 4 0 Die Leitung der Gesellschaft selbst kann im Kern überhaupt nicht auf Dritte übertragen werden.

50

11. Leitungsermessen; Business Judgment Rule Dem Vorstand steht bei der Ausübung der Leitung in weiten Bereichen 141 ein Ermessen zu. 142 Die ordnungsgemäße Ermessensausübung des Vorstands setzt zunächst eine Analyse der betroffenen Interessen (dazu unten Rdn 52 ff) sowie deren Abwägung voraus. Erfolgt auf diese Weise nicht bereits eine Ermessensreduzierung, so kann dem 137 138

ABl 1 9 9 3 N r 1 6 8 / 1 . DIN-EN-ISO 1 4 0 0 1 - Umweltmanagementsysteme - Spezifikation mit Anleitung zur Anwendung, Oktober 1 9 9 6 .

139

Dazu umfassend m w N Spindler Unternehmensorganisationspflichten 2 0 0 1 S 5 9 9 ff; zur Divisonalisierung unterhalb der Vorstandsebene Schiessl Z G R 1 9 9 2 , 6 4 , 8 0 .

140

KXJ Mertens1 43. Z u Handlungspflichten ohne Ermessen Goette in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) FS 5 0 Jahre BGH, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim B G H 2 0 0 0 S 123, 1 3 0 ff.

141

142

(89)

135, 2 4 4 , 2 5 3 ; monografisch Paefgen Unternehmerische Entscheidungen und Rechtsbindung der Organe in der AG, 2 0 0 2 ; ausführlich G r o ß k o m m A k t G / H o p t 4 § 9 3 Rdn 81 ff m w N ; Goette a a O (Fn 141) S 133 ff; ferner K K M e r t e n s 1 10; G e ß l e r / H e f e r m e h l 14; Hü ff er5 12; M ü n c h H d b A G / W e s w e r 2 § 19 Rdn 3 3 ; Tbümmel Persönliche Haftung von M a n a gern und Aufsichtsräten 1 9 9 6 Rdn 133 ff; Horn ZIP 1997, 1129, 1133, 1 1 3 9 ; Kindler Z H R 1 6 2 ( 1 9 9 8 ) 101, 1 0 5 f, 118; Heermann ZIP 1 9 9 8 , 7 6 1 , 7 6 2 ff; Henze Betriebs-Berater 2 0 0 0 , 2 0 9 , 2 1 1 .

BGH, B G H Z 1 2 5 , 2 3 9 , 2 4 6 , 2 4 8 ; B G H Z

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51

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Vorstand ein Ermessen dahingehend zustehen, dass er frei zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen kann. Bei der Entscheidung der Wahl für eine dieser Möglichkeiten muss der Vorstand weder die wirtschaftlich „sicherste" Möglichkeit im Sinne des risikoärmsten Weges wählen noch umgekehrt die Maßnahme ergreifen, die möglicherweise extrem risikoreich ist, aber wirtschaftlich am gewinnträchtigsten erscheint. Vielmehr hat der Vorstand einen breiten Entscheidungsspielraum - ganz im Sinne der „Business Judgment Rule" des US-amerikanischen Rechts, 1 4 3 - der die Entscheidung für eine jede von mehreren Möglichkeiten als rechtmäßig erscheinen lassen kann. Nach der Business Judgment Rule ist es haftungsausschließend, wenn erstens sich die Vorstandsmitglieder über alle Entscheidungsgrundlagen ausreichend informiert haben (zur Pflicht zur Selbstinformation ausführlich Großkomm A k t G I H o p t 4 § 93 Rdn 84 f), zweitens sie annehmen können, ihre Entscheidung liege im besten Interesse der Gesellschaft und drittens keine Interessenkonflikte bestehen. Der im deutschen Recht dem Vorstand eingeräumte Ermessensspielraum entspricht dem unter Anwendung der Business Judgment Rule im US-amerikanischen Recht bestehenden weiten Ermessensspielraum. 1 4 4 Als „absolute" Grenzen des Vorstandsermessens sind ferner das Verbot der Existenzgefährdung der Gesellschaft und das Gebot zu nennen, dass die Leitungsverantwortung des Vorstands langfristig auf das Ziel einer dauerhaften Rentabilität ausgerichtet sein muss (dazu näher unten Rdn 52). Das Ermessen des Vorstands bei der eigenverantwortlichen Leitung findet eine weitere „absolute" Grenze außerdem selbstverständlich in dem Gebot der Einhaltung zwingender gesetzlicher und sonstiger Bestimmungen, so insbesondere aller öffentlichrechtlichen Anforderungen. 1 4 5 Auch muss der Vorstand bei der Ausübung seines Ermessens unter Verfolgung des Unternehmensinteresses stets mögliche Eigeninteressen hintanstellen, so etwa bei der Ermessensentscheidung über die Zustimmung zur Übertragung vinkulierter Aktien. 1 4 6 Der Vorstand darf die Organstellung nicht zu eigennützigen Zwecken ausnützen, sondern hat seine Ermessensentscheidung ausschließlich am Unternehmenswohl auszurichten. 1 4 7 Die Beurteilung, ob die Leitungsentscheidung des Vorstands noch im Rahmen des Ermessens liegt, hat dabei aus einer ex-ante-Sicht zu erfolgen, nicht aus einer ex-post-Perspektive.

V. Interessenpluralität u n d Interessenhierarchie bei der Leitung 1. Rentabilität als oberstes Gebot 52

Die Ausrichtung der Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand auf das Gesellschaftsinteresse verlangt, die Aktiengesellschaft dauerhaft rentabel zu halten. 1 4 8 Aus der Pflicht, die dauerhafte Rentabilität der AG zu gewährleisten, ergibt sich zugleich, dass Horn ZIP 1997, 1129, 1134; Trockels AG 1990, 139; auch Luttermann Betriebs-Berater 2001, 2433, 2436; Kronstein/Hawkins RIW 1983, 249, 251; Thümmel Persönliche Haftung von Managern und Aufsichtsräten 1998 Rdn 133 ff; ferner M Becker Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte 1997 S 263 ff; Abeltsbauser Leitungshaftung im Kapitalgesellschaftsrecht 1998 S 128 ff; Merkt US-amerikanisches Gesellschaftsrecht 1991 S 398 ff. Teilweise abweichend Großkomm AktG/ Hopt4 § 93 Rdn 83; Hopt in: FS Mest-

145 146 147 148

mäcker 1996 S 909, 919 ff; s auch Schwark in: Hommelhof/Lutter/Schmidt/Schön/ Ulmer Corporate Governance ZHR-Beiheft 71, 2002 S 75, 98 ff. U H Schneider Der Betrieb 1993, 1909. LG Aachen AG 1992, 410, 413. Kindler ZHR 162 (1998) 101, 106. S etwa OLG Hamm AG 1995, 512, 514; KK/Mertens2 10 und 22; MünchHdbAG/ Wiesner2 § 19 Rdn 19; Junge in: FS ν Caemmerer 1978 S 547, 554 ff; Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft2 1996 Rdn 40 ff; Clemm in:

Stand: 1. 12. 2002

(90)

Erster Abschnitt. Vorstand

§ 7 6

der Fortbestand der AG zwar im allgemeinen Ziel des Vorstandshandelns sein muss, der Vorstand aber nicht verpflichtet ist, den Bestand der Gesellschaft um jeden Preis zu erhalten. Die Aufrechterhaltung eines andauernd unrentablen Gesellschaft liegt nicht im Unternehmensinteresse. Aus dem Gesichtspunkt heraus, dass die Rentabilität dauerhaft gewährleistet sein muss, folgt ferner nicht, dass eine kurzfristige Orientierung auch an anderen Gesichtspunkten als nur an demjenigen der Rentabilität nicht auch möglich wäre. So kann etwa aus Investitionsgründen, aber auch aus Image- oder Marketinggründen, kurz- oder mittelfristig auf die Erreichung einer Rentabilität des Unternehmens verzichtet werden, gerade um diese langfristig dann doch wieder zu gewährleisten. Die Orientierung der Leitung der Gesellschaft an Rentabilitätsaspekten ist nicht nur eine betriebswirtschaftlich gebotene M a x i m e , sondern begründet auch eine Rechtspflicht des Vorstands zur Leitung der Gesellschaft in diesem Sinne. 1 4 9 Die zentrale Bedeutung der Orientierung der Unternehmensleitung an der dauerhaften Rentabilität der Gesellschaft führt dazu, dass der Streit über die Frage, inwiefern eine Hierarchie der verschiedenen Interessen, die bei der Leitung des Unternehmens zu berücksichtigen sind (dazu unten Rdn 6 4 ) , sich in fast allen Fällen zugunsten der Rentabilität des Unternehmens auswirkt und damit letztlich theoretisch bleibt. 2 . Aktionärsinteressen und Shareholder Value In jüngerer Zeit stellt sich im Umfeld der Frage nach der „richtigen" Unternehmenspolitik im Sinne von § 7 6 Abs 1 A k t G immer wieder das Problem, inwiefern die Leitung der Gesellschaft zu einer Steigerung des „Shareholder V a l u e " 1 5 0 führen muss. 1 5 1 Auch das Konzept der „wertorientierten Unternehmensführung" 1 5 2 spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Das Konzept des wertorientierten Managements bedeutet vor allem, dass die Unternehmensführung auf eine Steigerung der Ertragskraft des Unternehmens auszurichten ist. 1 5 3 Zur Klärung der Bedeutung des „Shareholder Value "-Konzepts für die Unternehmensleitung gem § 7 6 Abs 1 A k t G ist zunächst ein Blick auf die Beziehung

FS Ritter 1997 S 675, 685 ff;

1998, 69; Kübler in: FS Zöllner 1998 S 321; W U Schilling Betriebs-Berater 1997,

Jürgenmeyer

Das Unternehmensinteresse 1 9 9 4 S 1 0 3 ; 149 150

Martens in: FS Fleck 1988 S 191, 207. Hüffer5 13. Z u m Begriff des „Shareholder V a l u e " aus betriebswirtschaftlicher Sicht Rappaport Creating Shareholder Value: T h e N e w Standard for Business Performance 1 9 8 6 ; Copeland/Koller/Murrin Valuation: Measuring and M a n a g i n g the Value of the C o m painies, 1 9 9 5 ; Unzeitig/Köthner Shareholder Value Analyse 1 9 9 5 ; Bischoff Das Shareholder Value-Konzept, 1 9 9 4 ; Bühner W i S t 1 9 9 6 , 3 9 2 ; Bühner/Tuschke BFuP

1997, 499; Busse von Cölbe ZGR 1997, 271; Hachmeister DBW 57 (1997) 823; Kürsten ZfB 2000, 359; Pfaff BFuP 1998, 491; Wagner BFuP 1997, 473; Ζimmermann/Wortmann Der Betrieb 2001, 289, 2 9 3 ; ferner aus der rechtswissenschaftlichen Literatur grundlegend Mülbert Z G R

1997, 129; ferner R Η Schmidt/Spindler in: FS für Kübler 1997 S 515; ν Werder ZGR

(91)

3 7 3 ; Groh Der Betrieb 2 0 0 0 , 2 1 5 3 ; Hommelhoff in: FS Lutter 2 0 0 0 S 9 5 102 ff; zur Bedeutung des „Shareholder V a l u e " in Z u s a m m e n h a n g mit den O E C D Principles of Corporate Governance rechtsverglei-

chend Seibert AG 1999, 337, 338 f; zur Bedeutung des „Shareholder V a l u e " für

Aufsichtsratsmitglieder W U Schilling Betriebs-Berater 1997, 1 9 0 9 ; kritisch Seibert A G 2 0 0 2 , 417, 4 1 9 („heute zu R e c h t aus der M o d e g e k o m m e n " ) . 151

Dazu etwa Hüffer

Z H R 161 ( 1 9 9 7 ) 2 1 4 ,

217 f; Mülbert ZGR 1997, 129, 156 ff; Ulmer AcP 202 (2002) 143, 152 ff; von Werder ZGR 1998, 69, 77 ff. 152

Dazu aus betriebswirtschaftlicher Perspektive Ballwieser zfbf 5 2 ( 2 0 0 0 ) 1 6 0 sowie Pape Betriebs-Berater 2 0 0 0 , 711.

153

Zöllner in: Baumbach/Hueck G m b H G 1 7 § 4 3 R d n 17.

Michael Kort

§ 7 6

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

der AG zu ihren Aktionären als Gesellschaftern zu richten. Das Gesellschaftsinteresse ist keine von den gebündelten Interessen der Gesellschafter losgelöste, eigenständige Orientierungsgröße. Schon die Gleichsetzung von Gesellschaftsinteresse und Gesellschafterinteresse bei der Einpersonen-Kapitalgesellschaft 1 5 4 zeigt vielmehr, dass es kein von den Interessen der einzelnen Gesellschafter vollkommen losgelöstes Interesse der Gesellschaft als juristischer Person oder als Korporation geben k a n n . 1 5 5 Dementsprechend ist prima facie davon auszugehen, dass auch bei der Mehrpersonen-AG die (gebündelten) Interessen der Gesellschafter mit dem Interesse der Gesellschaft identisch sind. Allerdings gibt es selbstverständlich Interessenkonflikte zwischen Gruppen von Aktionären, von denen einige reine Kapitalanleger sein mögen, andere darüber hinausgehend in ihrer Aktionärseigenschaft sonstige wirtschaftliche, soziale oder ideelle Zwecke verfolgen w o l l e n . 1 5 6 Ferner ist der Unterschied zwischen den Interessen des Mehrheitsaktionärs und den schutzwerten Interessen der Minderheitsaktionäre von Bedeutung. Der Schutz der Minderheitsaktionäre erfolgt im Wesentlichen - neben den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen der Individual- und Minderheitsrechte - durch die beweglichen Schranken der Mitgliedschaft, namentlich den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53 a AktG) und die - ungeschriebene, aber in der Rechtsprechung 1 5 7 anerkannte - aktienrechtliche Treuepflicht. Hieraus folgt etwa - über § 131 Abs 4 AktG hinaus - eine Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei der Informationsversorgung. Trotz der Unterschiedlichkeit der Interessenausrichtung verschiedener Aktionärsgruppen ist das Gesellschaftsinteresse aber nicht von den Aktionärsinteressen wesensverschieden, sondern ist deren Summe, die allerdings aus Komponenten mit verschiedenen Vorzeichen zusammengesetzt sein kann. So verstanden ist ein Konflikt zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Interesse einzelner Gesellschafter (oder Gesellschaftergruppen) zugunsten des gemeinsamen Gesellschaftsinteresses zu lösen. Damit ist allerdings noch nicht die Frage nach der Beachtung des „Shareholder Value" bei der Leitung der AG beantwortet. Z w a r braucht es nicht zu jedem Zeitpunkt Ziel der Leitung des Unternehmens zu sein, den Aktionären eine Steigerung des Börsenkurses ihrer Aktien zu ermöglichen. 1 5 8 Da jedoch - wie gezeigt - die Orientierung am Gesellschaftsinteresse nicht wesensverschieden von der Orientierung an den gebündelten Gesellschafterinteressen ist, ist aber eine generelle Ausrichtung der Leitung der AG am Shareholder Value, also an einer Steigerung des inneren Werts des Anteils, g e b o t e n . 1 5 9 Während sich in der Vergangenheit die Vorstände gerade großer Publikums-Aktiengesell-

154

B G H Z 119, 2 6 1 f; B G H Z 12, 3 3 3 , 3 3 6 ; letztlich auch B G H ZIP 2 0 0 1 , 1 8 7 4 ; Zöllner in: Baumbach/Hueck G m b H G 1 7 Schlußanhang I GmbH-Konzernrecht Rdn 8 3 ; Altmeppen in: Roth/Altmeppen G m b H G 3 Anh § 13 Rdn 2 3 ; Röhricht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2 0 0 1 , 2 0 0 2 S 3, 13; stärker das Eigeninteresse der Einpersonengesellschaft betonend ders in: Geiß/Nehm/Brandner/Hagen (Hrsg) FS 5 0 Jahre BGH, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim B G H 2 0 0 0 , S 8 3 , 1 0 3 ff; aA Ulmer Z H R 1 4 8 ( 1 9 8 4 ) 3 9 1 , 4 1 8 ; ders Z G R 1985, 6 0 7 ; in jüngerer Zeit aber Hachenburg/ Ulmer8 Anh § 7 7 Rdn 83, 8 5 (jeweils für die GmbH).

155

S auch Zöllner in: Baumbach/Hueck G m b H G 1 7 Schlußanhang I G m b H - K o n zernrecht Rdn 8 3 (entsprechend für die GmbH).

156

Geßler/Hefermehl 2 2 und vor § 7 6 Rdn 2 .

157

B G H Z 103, 1 8 4 , 194 (Linotype); B G H Z 129, 136, 142 f (Girmes).

158

In diese Richtung weisend aber wohl B G H , B G H Z 15, 71, 7 8 ; dagegen K K / M e r t e n s 2

159

Z u der Frage, ob neben dem Vorstand noch weitere Organe ihr Handeln am Shareholder Value auszurichten haben W U Schilling Betriebs-Berater 1997, 3 7 3 , 3 7 6 .

22.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(92)

§76

Erster Abschnitt. Vorstand

Schäften oft über die Interessen ihrer Aktionäre (insbesondere bei Streubesitz) hinweggesetzt haben, prägt sich in jüngerer Zeit zunehmend das Verständnis für eine stärkere Beachtung der Interessen der Aktionäre. Dieses Aktionärsinteresse ist wiederum nicht bloß betriebswirtschaftlich motivierte Vorgabe, sondern Handlungsmaxime für die Leitung der AG durch den Vorstand. 1 6 0 Allerdings ist stets zu beachten, dass der Vorstand vorrangig nicht Sachwalter einzelner Aktionärsgruppen ist, sondern in erster Linie Sachwalter der Gesellschaft. 1 6 1 Die Orientierung der AG am Shareholder Value sowie das Interesse der Geschäftsleitung an einer Steigerung des Börsenkurses bzw an einer vorteilhaften Börsenkapitalisierung ist letztlich auch Wettbewerbsparameter für das Unternehmen, da diese Faktoren maßgeblich die Kosten für die Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital bestimmen. Auch aus diesem Grund ist eine Orientierung des Vorstands am Shareholder Value im Gesellschaftsinteresse geboten. 3. Anlegerinteressen Der Vorstand hat ferner die Interessen der künftigen potentiellen Aktionäre, also der Anleger, zu berücksichtigen. 1 6 2 Ein kapitalmarktrechtlich begründeter, aber auch aktienrechtlich insbesondere in Hinblick auf § 93 AktG relevanter Anlegerschutz wird insbesondere durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz 2 0 0 2 erreicht. Hierbei geht es um den Schutz vor falschen Aussagen in Pflichtveröffentlichungen, um den Schutz vor falschen ad-hoc-Mitteilungen, ferner um den Schutz vor Missbrauch von ad-hoc-Mitteilungen zu Werbezwecken und um die ua Vorständen auferlegte Pflicht, unverzüglich Eigengeschäfte in Aktien ihrer AG aufzudecken.

55

4 . Arbeitnehmerinteressen a) Einfluss der Unternehmensmitbestimmung Neben dem durch die Interessen der einzelnen Gesellschafter und das „Shareholder Value"-Konzept geprägten Gesellschaftsinteresse, das bei der Leitung der Gesellschaft vor allem zu beachten ist, hat der Vorstand auch die Interessen der Arbeitnehmer zu beachten. 1 6 3 Arbeitnehmerinteressen finden in vielfältiger Weise ohnehin aufgrund (speziai-) gesetzlicher Vorgaben Beachtung. Das gilt bereits für die Bestimmung der Vorstandsmitglieder. Der Aufsichtsrat bestellt gem § 84 AktG die Vorstandsmitglieder und beruft sie auch ab. Er schließt mit ihnen die Dienstverträge ab. Unterliegt die Aktiengesellschaft wie regelmäßig einem der Mitbestimmungsgesetze, so ist der Aufsichtsrat drittelparitätisch (nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1952), quasiparitätisch (nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976) oder sogar vollkommen paritätisch (nach dem Montanmitbestimmungsgesetz bzw dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz) mit Arbeitnehmervertretern besetzt. Angesichts der Personal- und Überwachungskompetenz des mitbestimmten Aufsichtsrats fließen bereits bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder und bei der Überwachung des Vorstands durch den mitbestimmten Aufsichtsrat faktisch Arbeitnehmerinteressen in die Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand ein, denn die

160

Adams AG 1990, 243, 246.

161

So zutreffend - in Zusammenhang mit Überlegungen zum aktienrechtlichen Auskunftsbegehren - Hüffer ZIP 1996, 401, 4 0 4 , 410 f.

162 163

(93)

So schon ν Godin/Wilhelmi4

Vorauñage/Meyer-Landrut

5.

Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 97;

Hueck13

12; Baumbach/

1; ν Godin/Wilhelmi'* 5; zu den

möglichen Arbeitnehmerinteressen s auch

Rittner AG 1973, 112, 120; zur Relevanz

der Arbeitnehmerinteressen für die „Corporate Governance" Windbichler/Bachmann in: FS Bezzenberger 2 0 0 0 S 797, 804,

Michael Kort

56

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Vorstandsmitglieder werden bei Erfüllung ihrer Leitungsaufgaben selbstverständlich - im Rahmen des rechtlich Zulässigen - auch Arbeitnehmerinteressen im Auge behalten, um nicht ihre Wiederbestellung zu gefährden. b) Einfluss der betrieblichen Mitbestimmung 57

Ferner fließen Arbeitnehmerinteressen durch die betriebliche Mitbestimmung, wie sie das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht, faktisch in die Leitung des Unternehmens durch den Vorstand ein. Da so gut wie alle Aktiengesellschaften betriebsratsfähig sind (§ 1 BetrVG: mindestens fünf ständig beschäftigte Arbeitnehmer) und der ganz überwiegende Anteil der Aktiengesellschaften auch tatsächlich einen Betriebsrat hat, spielt die Beachtung der Arbeitnehmerinteressen bei der Leitung durch den Vorstand auch auf diese Weise eine Rolle. Zwar findet de iure die Mitbestimmung des Betriebsrats nicht auf der gesellschaftsrechtlichen, sondern auf der davon getrennten betrieblichen Ebene statt, auch ist aus Gründen der Freiheit der unternehmerischen Entscheidung die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten sehr beschränkt, dennoch gibt es de facto eine betriebsverfassungsrechtlich bedingte Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen bei der Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand (zu deren Grenzen oben vor § 76 Rdn 2 9 f). c) Weitere (ungeschriebene) Pflicht zur Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen

58

Darüber hinaus besteht aber auch ansonsten ein Recht und sogar bisweilen eine Pflicht des Vorstands, Arbeitnehmerinteressen bei der Leitung zu berücksichtigen. Allerdings sind die Voraussetzungen für das Bestehen einer dahingehenden Pflicht eng, denn die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen ist nur dort möglich, wo sie nicht in Konflikt mit anderen und insofern vorrangigen Maximen kommt. 1 6 4 So besteht nicht nur eine Pflicht des Vorstands, für die dauerhafte Rentabilität des Unternehmens zu sorgen (dazu bereits oben Rdn 52), sondern - damit zusammenhängend - auch die Pflicht, den Bestand des Unternehmens sicherzustellen. Rentabilitäts- und Bestandsinteressen können für, aber auch gegen eine (zusätzliche) Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen sprechen. So ist es denkbar, dass die dauerhafte Rentabilität oder der Bestand des Unternehmens gerade durch die Pflege eines Stamms qualifizierter und erfahrener sowie entsprechend gut entlohnter Arbeitnehmer erhalten werden kann, es kann aber auch sein, dass eine dauerhafte Rentabilität oder der Bestand des Unternehmens nur durch Kündigungen, Kurzarbeit oder Lohnzurückhaltung verwirklicht werden können. Insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen sind im Rahmen der Leitung der Gesellschaft zulässig. Auch einzelne sonstige Vorstandsmaßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer wird man in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen 1 6 5 allenfalls dann für unzulässig wegen nicht gehöriger Beachtung des Unternehmensinteresses halten können, wenn sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Regelmäßig wird es allerdings bei einer Maßnahme, die offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, bereits an einer Ausrichtung auf das Gesellschaftsinteresse fehlen, so dass es gar nicht zu einem Konflikt zwischen dem Gesellschaftsinteresse und Arbeitnehmerinteressen kommen kann.

164

GeßledHefermehl

165

BAG AP N r 1, 2 2 , 8 0 zu S 1 KSchG 1 9 6 9 Betriebsbedingte Kündigung.

26.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(94)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

d) Soziale Kosten Angesichts der Pflicht zur Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen bei der Lei- 5 9 tung der AG kann die Belastung der AG mit sozialen Kosten zulässig sein. So sind etwa die Schaffung von Sozialeinrichtungen für die Arbeitnehmer sowie direkte und indirekte Gehaltserhöhungen, zB in Form der Gewährung von Zulagen, Tantiemen, Gratifikationen etc oder in Form der Gewährung von Betriebsrenten, zulässig. 166 Gerade bei der Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung stößt der Vorstand allerdings vielfach auf die hierfür im Rahmen von § 76 Abs 1 AktG gesetzten Grenzen. Die Pflicht des Vorstands, für die dauerhafte Rentabilität der Gesellschaft zu sorgen, steht einer auf Dauer nicht bezahlbaren, ruinösen Gewährung einer Altersversorgung und Einräumung von Versorgungsanwartschaften entgegen. 4. Gemeinwohlinteressen a) Allgemeines Neben den Interessen der Gesellschaft, der Aktionäre und der Arbeitnehmer sind 6 0 auch die Interessen der Öffentlichkeit von Belang. 167 Zwar ist mit der Neuregelung des AktG 1965 die (nur teilweise im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie geprägte) Gemeinwohlklausel des AktG 1937 entfallen. 168 Diese Streichung soll aber nach der Regierungsbegründung zum AktG 1965 1 6 9 keine materielle Änderung der Gemeinwohlbindung der Leitung der AG beinhalten. Vielmehr ergebe sich die Bindung an die Interessen der Allgemeinheit bereits aus § 396 AktG. Materiell behält das AktG 1965 die Bindung an das Gemeinwohl bei. So heißt es im Ausschussbericht zum AktG 1965, die AG müsse sich in die Interessen der Gesamtwirtschaft und in die Interessen der Allgemeinheit einfügen. 170 Keineswegs ist anzunehmen, dass die „Gemeinwohlinteressen", soweit sie nicht in zwingenden gesetzlichen Vorgaben ihren Niederschlag gefunden haben (so etwa auf den Gebieten des Strafrechts, des Umweltrechts oder des Polizei- und Sicherheitsrechts), den Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer oder des Unternehmens vorgehen. 171 Die Begriffe des „Gemeinwohls" und des „Wohls der Allgemeinheit" sind ohnehin sehr diffus. Mit dem Eigeninteresse der Gesellschaft an dauerhafter Rentabilität der AG geht ein gleichlaufendes Interesse der Gesellschaft an der Vermeidung der Existenz dauerhaft unrentabel wirtschaftender Einheiten einher, insofern kann eine Parallelität zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Gemeinwohlinteresse bestehen. 172 Die Gemeinwohlbindung großer Unternehmen findet auch im europäischen Recht ihren Niederschlag, so insbesondere im „Grünbuch: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen" der Kommission. 173 Darin geht es um die Förderung von „Corporate Social Responsibility" (CSR).

166

167

168

169 170

(95)

G e ß l e r / H e f e r m e h l 26; Rittner in: FS Geßler 1971 S 139, 154. S Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 97; monografisch bereits Baas Leitungsmacht und Gemeinwohlbindung 1976. Zur Gesetzesgeschichte Vorauflage/MeyerLandrut Einleitung § 76; G e ß l e r / H e f e r m e h l 19 f. Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 97 f. Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 98;

171

172 173

s auch KK¡Mertens 1 16; Geßler/Hefermehl 19. BegrRegE und Ausschussbericht bei Kropff AktG 1965 S 97 f; Geßler/Hefermehl 20; Hüffer5 12; Rittner AG 1973, 112, 113 ff; ders in: FS Geßler 1971 S 139, 142; aA Vorauñage/Meyer-Landrut 9. Geßler/Hefermehl 25. KOM (2001) 366 endg.

M i c h a e l Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

b) Eigengesellschaften 61

Auch bei Eigengesellschaften der öffentlichen Hand in der Rechtsform einer AG besteht keine besondere, über das für andere Aktiengesellschaften geltende M a ß hinausgehende Bindung an das Gemeinwohl. Vielmehr spielt bei Eigengesellschaften das Gemeinwohl nur indirekt eine besondere Rolle, indem es in die Aktionärsinteressen der öffentlichen Hand einfließt. Ansonsten besteht aber keine aktienrechtliche Sonderbehandlung von Eigenunternehmen, wenn der Staat in Privatrechtsform handelt. Das Aktienrecht wird mithin nicht durch das öffentliche Recht überlagert. Eine besondere Gemeinwohlbindung ist allerdings bei entsprechender Bestimmung des Gesellschaftszwecks in der Satzung möglich. Allerdings führt auch bei solchen gesellschaftszweckgebundenen Unternehmen das häufige Versagen der Politik, eindeutige öffentliche Zielsetzungen zu formulieren, letztlich in der Praxis oft zu einer (ausschließlich) gewinnorientierten Unternehmensführung. 1 7 4 c) Bindung an (allgemeine) Wertordnung

62

Ferner mag in das „Gemeinwohl" die Bindung der Tätigkeit der AG an die im Grundgesetz zum Ausdruck kommende Wertordnung einfließen. 1 7 5 Allerdings ist es fraglich, inwiefern sich im Grundgesetz überhaupt eine Ausrichtung auf eine Wirtschaftsordnung (die soziale Marktwirtschaft) widerspiegelt oder das Grundgesetz nicht vielmehr zumindest partiell wirtschaftsordnungsoffen ist. Jedenfalls lässt sich aus der Wertordnung des Grundgesetzes allein kaum eine Maßgabe für die wirtschaftlich ausgerichtete Lenkung der AG herleiten. Ähnliches gilt für die wirtschaftliche Wertordnung, wie sie sich - über den Buchstaben der jeweiligen Gesetze hinaus - in den Wirtschaftsordnenden und -lenkenden Gesetzen widerspiegelt. Jedenfalls geht es nicht an, mittels der Gemeinwohlbindung dem Vorstand bei der Leitung der AG eine bestimmte wirtschaftspolitische Zielsetzung (zB im Sinne des Ordoliberalismus oder der Keynesschen Lehre) aufzuzwingen. Ferner ist es generell nicht möglich, auf der Grundlage der Gemeinwohlbindung eine volkswirtschaftlich (aber eben nicht betriebswirtschaftlich auf das einzelne Unternehmen bezogene) nützliche „Politik" der einzelnen AG zu fordern. 1 7 6 d) Berücksichtigung internationaler Gemeinwohlinteressen?

63

Für global oder international operierende Unternehmen stellt sich die Frage, ob der Vorstand über eine gewisse nationale Gemeinwohlbindung hinaus gehend auch einer internationalen Gemeinwohlbindung unterliegt. Einschlägig sind in diesem Zusammenhang die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen in der Neufassung 2 0 0 0 . 1 7 7 Hierbei handelt es sich allerdings bloß um Regeln, denen sich die Unternehmen freiwillig unterwerfen können. Feste, absolut bindende und insofern unmittelbar haftungsrechtlich relevante Vorgaben enthalten die OECD-Leitsätze nicht. Dennoch kann aus ihnen allerdings nur vorsichtig und zurückhaltend - allgemein die Ausbildung einer „best practice" multinationaler Unternehmen destilliert werden. Die OECD-Leitsätze enthalten neben allgemeinen Grundsätzen Vorkehrungen zur Offenlegung von Informationen, zur

174 175

176

Schön ZGR 1996, 429, 440. S etwa Rittner AG 1973, 113, 116 f und Heme Betriebs-Berater 2000, 209, 212; ferner Geßler/Hefermehl 21. So aber Vorauflage/Meyer-Landrut 9, der den Interessen der Allgemeinheit den Vor-

177

rang gegenüber den sonstigen Interessen einräumt; kritisch ν Godin/Wilhelmi4 6. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Dokumentation: Die OECDGrundsätze für multinationale Unternehmen Neufassung 2000.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Beschäftigung und zu den Beziehungen zwischen den Sozialpartnern, zur Umwelt, zur Bekämpfung der Korruption (dazu auch unten Rdn 76), zur Beachtung der Verbraucherinteressen, zur Wissenschaft und Technologie, zum Wettbewerb und zur Besteuerung. Die OECD-Leitsätze haben trotz der Freiwilligkeit der Unterwerfung und trotz ihres Charakters als Soft Law eine gewisse Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns international operierender Unternehmen. Allerdings ist bei dieser Beurteilung Zurückhaltung geboten, damit nicht die Freiwilligkeit der Unterwerfung unter die OECD-Leitsätze ausgehebelt wird. 5. Interessenabwägung Steht somit fest, dass bei der Leitung der AG verschiedene Interessen berücksichtigt 6 4 werden müssen, so stellt sich die Frage nach einer möglichen Hierarchie der Interessen bei der Leitung der AG. 178 Die Interessen, die bei der Leitung der AG zu beachten sind, stehen durchaus nicht unverbunden nebeneinander. Eine gewisse Systematisierung 179 ist möglich: Auf der einen Seite stehen die (Unternehmens-) internen Interessen, ihrerseits gegliedert in gesellschaftsrechtlich vermittelte Interessen (der Gesellschaft und der Gesellschafter) und in mitbestimmungs- und arbeitsrechtlich vermittelte Interessen (der Arbeitnehmer), auf der anderen Seite die externen Interessen, also die Gemeinwohlinteressen. Eine gewisse Stufung der Berücksichtigung der genannten Interessen ergibt sich rechtlich dadurch, dass das Aktiengesetz von der verfassten Korporation ausgeht und somit gesellschaftsrechtliche Interessen in den Vordergrund rückt. Die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen ist demgegenüber im Wesentlichen lediglich durch mitbestimmungsund arbeitsrechtliche Normen- und Rechtssprechungsvorgaben vermittelt, 180 die Berücksichtigung des Gemeinwohls findet bei der Interessenabwägung in noch schwächerem Maße Berücksichtigung. Eine Rangfolge der maßgeblichen Interessen besteht somit durchaus. 181 Divergierende Interessen sind im Sinne praktischer Konkordanz gegeneinander abzuwägen. Der von Böckenförde stammende verfassungsrechtliche Begriff der praktischen Konkordanz lässt sich auf die Interessenabwägung im Aktienrecht übertragen. 182 6. Einzelfälle a) Soziale Aktivitäten Zu einem Konflikt zwischen dem Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen einerseits, der Gemeinwohlbindung der Aktiengesellschaft andererseits kann es kommen, wenn der Vorstand der AG soziale Aktivitäten entfaltet. 1 8 3 Hierzu zählen Spenden an karitative und soziale Institutionen, Kunstspenden, die Etablierung von Stiftungen und die Beteiligung an ihnen, Spenden an wissenschaftliche Einrichtungen, die Beteiligung an

178

179

180 181

(97)

Dazu bereits (nach altem Aktienrecht) Leo AG 1957, 152; aus neuerer Zeit, vor allem aus betriebswirtschaftlicher Sicht Kessler AG 1993, 2 5 2 . Ein ökonomietheoretisches Konzept der Interessenabwägung findet sich bei Kessler AG 1995, 61. ν G o d i n / W i l h e l m i 4 § 76 Anm 7. Gegen eine bestimmte Rangfolge jedoch Hüffer5 12; Ge&tdHefermehl 29; ν Godin/

182

183

Wilhelmi4 6; Rittner in: FS Geßler 1971 S 139, 142; ders AG 1973, 113 ff. KKIMertens2 19; Hopt ZGR 1993, 5 3 4 , 536; Hüffer5 12. B G H Z 23, 150, 157; Großkomm AktG/ Hopt4 § 93 Rdn 120 f; KK/Mertens 2 Rdn 32 ff; Mertens in: FS Goerdeler 1987 S 349, 355; Scholz/Schneider G m b H G 9 § 4 3 Rdn 66 f (für GmbH).

M i c h a e l Kort

65

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

der Gründung kultureller oder wissenschaftlicher Einrichtungen (zB Business Schools oder L a w Schools) sowie das Sponsoring sozialer und kultureller Veranstaltungen und ä h n l i c h e s . 1 8 4 Ferner zählt hierzu auch die Filmförderung, die neben ein aktienrechtlich ebenfalls zulässiges, wettbewerbsrechtlich allerdings nur eingeschränkt mögliches Product Placement treten kann. 66

M i t dem 1. Senat des B G H in S t r a f s a c h e n 1 8 5 ist folgende Einteilung sozialer Aktivitäten möglich: (1) Klassisches Sponsoring durch Geld oder geldwerte Vorteile zum Doppelzweck einerseits der Förderung sportlicher, kultureller, wissenschaftlicher, kirchlicher oder ähnlich bedeutsamer gesellschaftspolitischer Ziele, andererseits aber auch zur Förderung der unternehmensbezogenen Ziele der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Beim Sponsoring geht es um Werbezwecke des Unternehmens, o h n e dass sich der wirtschaftliche Nutzen en detail feststellen lässt. Gerade große Unternehmen wie DaimlerChrysler, B M W , T e l e k o m etc nutzen Sportsponsoring zur Imagewerbung. Auch bei Fußballvereinen wird das Sponsoring genutzt, um Imagewerbung durch eine anhaltende Dauerverbindung herzustellen. Auch „verdecktes" Sponsoring k a n n den „public r e l a t i o n s " und damit der Verfolgung des Unternehmenszwecks d i e n e n . 1 8 6 (2) „ M ä z e n a t e n t u m " , das häufig nicht publik g e m a c h t wird. Das „ M ä z e n a t e n t u m " ist heute - ebenso wie das klassische Sponsoring - im Grundsatz durchaus zulässig, da der Vorstand insbesondere großer Aktiengesellschaften auf eine entsprechende Öffentlichkeitswirksamkeit bei der Verfolgung der Unternehmensziele angewiesen ist, insbesondere um eine „ G o o d Will "-Verfestigung des Unternehmens und eine Akzeptanz des Unternehmens als „ g o o d c o r p o r a t e c i t i z e n " zu erreichen. Hierbei ist dem Vorstand ein breiter Ermessensspielraum zuzubilligen. 1 8 7 J e loser die Verbindung zwischen den geförderten Aktivitäten und dem Unternehmensgegenstand ist, um so enger ist allerdings der Handlungsspielraum des Vorstands. D e r Vorstand muss sich fragen, was die durch das M ä z e n a t e n t u m erreichte soziale Akzeptanz dem Unternehmen bringt. D a s Volumen der entsprechenden Ausgaben des Vorstands bemisst sich nach der G r ö ß e n o r d n u n g der Gesellschaft und der finanziellen Situation des Unternehmens, insbesondere nach der E r t r a g s l a g e . 1 8 8 Auch in Krisenzeiten sind Sponsorings, Spenden und „ M ä z e n a t e n t u m " aber nicht generell ausgeschlossen, da gerade dann die „ C o r p o r a t e I d e n t i t y " von besonderer Bedeutung sein kann. D a s „ M ä z e n a t e n t u m " zeichnet sich oft dadurch aus, dass es nicht publik gemacht wird. D a s ist im Allgemeinen zulässig, es sei denn, es besteht die Gefahr, dass durch das M ä z e n a t e n t u m Einfluss auf politische Entscheidungen oder die öffentliche Meinungsbildung g e n o m m e n wird oder in Wirklichkeit verdeckte Schmiergeldzahlungen (allg unten R d n 7 6 f) vorliegen. (3) Spenden einschließlich Parteispenden (dazu im Einzelnen unten R d n 6 9 ff).

67

Sponsoring, M ä z e n a t e n t u m , Spenden und sonstige soziale Aktivitäten (und eine dahingehende Leitungsmacht des Vorstands der AG) lassen sich nicht einfach durch eine Berufung auf die Gemeinwohlbindung der A G rechtfertigen. Vielmehr ist eine Abwägung zwischen den Interessen der Gesellschaft, ihrer Gesellschafter und Arbeitnehmer auf der

184

Hüffer5

14; zu freiwilligen Sozialleistungen

187

s Rittner AG 1973, 112 120; ders in: FS Geßler 1971 S 139, 154 f; Westermann 1990, 771. 185 186

ZIP

Der Betrieb 2 0 0 2 , 6 2 6 . BGH (1. Senat in Strafsachen) Der Betrieb 2 0 0 2 , 6 2 6 , 627.

188

So zutreffend der 1. Senat des BGH in Strafsachen, Der Betrieb 2 0 0 2 , 6 2 6 , 6 2 7 ; zustimmend Gehrlein N Z G 2 0 0 2 , 4 6 3 f. BGH (1. Senat in Strafsachen) Der Betrieb

2002, 626, 628.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

einen Seite (dazu oben Rdn 6 4 ) und den Interessen der Allgemeinheit an derartigen Aktivitäten auf der anderen Seite vorzunehmen. 1 8 9 Probleme kann die - nur einzelfallbezogen mögliche - Feststellung des Zusammenhangs der Zuwendung mit der Verfolgung des Unternehmensinteresses bereiten. 1 9 0 Sollte ein durchaus denkbarer Gleichlauf der Interessen der Aktionäre und des Gemeinwohlinteresses bestehen, so zB, wenn ein Automobilunternehmen durch freiwillige Umweltschutzaktivitäten sein Image aufbessern will und dadurch gleichzeitig für eine Rentabilitätssteigerung sorgt, ist eine Interessenabwägung nicht erforderlich. Wenn hingegen eine AG eine Veranstaltung in großem Umfang sponsert, ohne dass ein erkennbarer Werbe- oder sonstiger Marketingeffekt ersichtlich ist, so muss eine Interessenabwägung erfolgen, die sich zunächst am oft sehr weit gefassten Unternehmensgegenstand im Sinne von § 2 3 Abs 3 N r 2 AktG und am Gesellschaftszweck zu orientieren hat. Dabei bezeichnet der Gesellschaftszweck den finalen Sinn des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses, in der Regel die Gewinnerzielung, der Unternehmensgegenstand hingegen das dafür eingesetzte Mittel. 1 9 1 Nur wenn sich die sozialen Aktivitäten der Gesellschaft in einem durch den Unternehmensgegenstand und den Gesellschaftszweck abgesteckten Rahmen halten, kann überhaupt gefragt werden, o b sie im Sinne einer praktischen Konkordanz zwischen den Interessen der Gesellschaft und ihrer Aktionäre einerseits, den Gemeinwohlinteressen andererseits (dazu allg Rdn 5 3 ) zulässig sind. Feste Grenzen lassen sich hierfür nicht ziehen, jedoch ist heute eine durchaus nicht nur unmittelbaren Werbezwecken dienende Entfaltung sozialer und kultureller Aktivitäten der Aktiengesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Gemeinwohlbindung in großem Ausmaß zulässig. Die Zulässigkeit von Ausgaben für soziale Zwecke hängt von der Größenordnung der AG a b . 1 9 2 Die finanzielle Unterstützung politischer und sozialer Gruppen und Institutionen muss stets in angemessenem wirtschaftlichen Verhältnis zur Größe des Unternehmens, zu seiner Bilanzsumme und seinem Ertrag stehen. Auch hierfür ist auf den Einzelfall und auf die Relation zwischen Bilanzsumme und Gewinn einerseits und den Ausgaben für soziale Kosten andererseits abzustellen. 1 9 3 Feste Größen lassen sich nicht bestimmen, 1 9 4 es kommt viel auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf den verfolgten Zweck und dessen Realisierbarkeit, an. Für eine kleinere AG mag die Förderung eines Fußballvereins oder die Organisation einer aufwendigen Kunstausstellung unangemessen sein, bei größeren Aktiengesellschaften gelten hingegen andere Maßstäbe. Ganz generell unterstehen Ausgaben des Vorstands für soziale Aktivitäten dem Gebot der effizienten Mittelverwendung in Hinblick auf den zu fördernden Z w e c k . 1 9 5 Es besteht in dem aufgezeigten Umfang, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verfolgung nachvollziehbarer Öffentlichkeitsarbeit, durchaus eine „Spendenkompetenz" des Vorstands. 1 9 6 Zur Gewährleistung der Sozialakzeptanz des Unternehmens ist es dem Vorstand erlaubt, eine bestimmte Politik des Unternehmens in sozialer oder allgemeiner gesellschaftspolitischer Hinsicht zu verfolgen. 1 9 7 Dementsprechend kann der Vorstand Standortfragen auch entgegen betriebswirtschaftlichen Optimierungsüberlegungen entschei-

6.

194

So aber Scholz/Schneider GmbHG9 § 43 Rdn 6 7 ( „ 2 % des Bilanzgewinns sind in der Regel unbedenklich.").

192

G r o ß k o m m AktG/Hopt4 ξ 9 3 Rdn 1 2 0 ; KK¡Mertens1 3 3 ; Mertens in: FS Goerdeler 1987 S 349, 360.

195

G r o ß k o m m A k t G I H o p t 4 § 9 3 Rdn 1 2 0 ; KKJMertens2 § 9 0 Rdn 5 0 .

196

193

Rittner AG 1 9 7 3 , 113, 1 2 0 f; Westermann ZIP 1 9 9 0 , 7 7 1 , 7 7 6 ; Fleischer AG 2 0 0 1 , 1 7 1 , 1 7 7 f.

197

Kessler AG 1995, 1 2 0 , 1 2 6 f. Geßler/Hefermehl 2 5 ; Dreher Z H R 1 5 5 ( 1 9 9 1 ) 3 4 9 , 3 5 7 ; auch Großmann Unternehmensziele im Aktienrecht 1 9 8 0 S 1 0 8 ff.

189

Geßler/Hefermehl 2 7 ; ν GodmJWÜhelm,4

190

Dazu Westermann ZIP 1 9 9 0 , 7 7 1 , 7 7 4 ff. Hüffer5 § 2 3 Rdn 2 2 .

191

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

den, zB eine Entscheidung für den Verbleib in einer strukturschwachen Region treffen. 1 9 8 Allerdings liegt ein solches soziales Engagement des Vorstands immer nur dann in den Grenzen seines pflichtgemäßen Ermessens, wenn die stets gebotene Berücksichtigung vorrangiger Interessen (Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen, Arbeitnehmerinteressen, (sonstige) Gemeinwohlbindung) nicht in den Hintergrund gerät. Ein Vorstand kann somit nicht allgemeine soziale und politische Zielsetzungen gegen die ausdrücklich artikulierten oder indirekt ableitbaren Interessen seines Unternehmens und der in ihm gebündelten Partikularinteressen verfolgen. 1 9 9 Die Verfolgung solcher unternehmensexterner Zielsetzungen kann sich weder aus dem in Artikel 14 Abs 2 G G enthaltenen Grundsatz der Sozialbindung des Eigentums noch aus sonstigen Überlegungen erg e b e n . 2 0 0 Das Verfolgen (allgemeiner) sozialer und politischer Zwecke ist somit nur im Rahmen der generell dem Vorstand obliegenden Interessenabwägung möglich. Auch die zur Leitung der Gesellschaft gehörende Entscheidung über eine bestimmte Geschäftspolitik ist dem Vorstand nur in diesen Grenzen zulässig. Stets ist zu beachten, dass dem Vorstand auch bei sozialen Entscheidungen lediglich eine Treuhänderstellung als Verwalter fremden Vermögens zukommt. b) Partei- und andere Spenden 69

Ein Rechtssatz, dass die AG als Unternehmen parteipolitisch neutral sein muss, existiert nicht. Strebt die AG selbst bereits angesichts ihres Gesellschaftszwecks oder ansonsten qua Satzungsregelung oder aufgrund entsprechender Beschlüsse der Hauptversammlung in eine bestimmte politische oder weltanschauliche Richtung, so besteht sogar eine Pflicht des Vorstands, diese Linie zu verfolgen. Komplizierter gestaltet sich die davon zu unterscheidende Lage, wenn das Unternehmen selbst (partei-) politisch neutral oder jedenfalls bislang unauffällig ist und der Vorstand nunmehr aus persönlichen (Partei-) Präferenzen plant, eine bestimmte politische Gruppierung zu unterstützen. Es besteht keine Pflicht des Vorstands zur parteipolitischen Neutralität. 2 0 1 Parteispenden sind vielmehr grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig. 2 0 2 Unzutreffend ist die Auffassung, es läge generell außerhalb der Kompetenz des Vorstands, politische Parteien mit Mitteln der Gesellschaft zu unterstützen. 2 0 3 Parteispenden stellen durchaus nicht durchgängig einen Verstoß gegen den auf Gewinnerzielung ausgerichteten Gesellschaftszweck dar (Großk o m m A k t G / H o p f 4 § 93 Rdn 121). Aktienrechtlich kann die Parteispende als Investition zur mittel- oder langfristigen Steigerung der Rentabilität des Unternehmens dienen. Parteispenden sind daher auch gesellschaftsrechtlich zulässig. 2 0 4 Weder das Shareholder Value-Konzept (dazu Rdn 5 3 f) noch der Gedanke der Treuhänderstellung des Vorstands noch zwingende Hauptversammlungszuständigkeiten stehen Spenden durch den Vorstand grundsätzlich entgegen. 2 0 5 Ein Rechtsvergleich zeigt, dass auch in Österreich, in der Schweiz, in den romanischen und in den angelsächsischen Systemen das Leitungsorgan der AG Unternehmensspenden veranlassen d a r f . 2 0 6

198 199 200

201

KKJMertens1 32. S auch Dreher Z H R 1 5 5 ( 1 9 9 1 ) 3 4 9 , 3 6 2 ff. Z u r Herleitung aus Art 14 Abs 2 GG Rittner AG 1 9 7 3 , 112, 116; s ferner ders in: FS Geßler 1971 S 139, 152 f; kritisch dazu Westermann ZIP 1 9 9 0 , 7 7 1 , 7 7 3 und Kessler AG 1 9 9 5 , 1 2 0 , 127. K K M e r t e n s 1 3 8 ; Fleischer AG 2 0 0 1 , 171, 1 7 9 ; einschränkend Rittner in: FS Knur 1972 S 205, 229.

202 203

BVerfG 2 0 , 5 6 , 1 0 5 ; K K / M e r t e n s 1 39. So aber Meilicke N J W 1959, 4 0 9 , 4 1 0 f; wie hier hingegen KKJMertens1 35 und Kind N Z G 2 0 0 0 , 567, 5 6 8 f.

204

Mertens in: FS Goerdeler 1 9 8 7 S 3 4 9 , 3 5 4 ; Rittner in: FS Knur 1 9 7 2 S 2 0 5 , 2 2 5 f.

205

Fleischer AG 2 0 0 1 , 171, 176 f. Dazu im einzelnen m w N Fleischer 2 0 0 1 , 171, 175 f.

206

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

AG

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Will der Vorstand eine Parteispende veranlassen, muss er allerdings deren Auswirkun- 7 0 gen auf das Image der Gesellschaft (im Sinne der Verfolgung des Unternehmenszwecks) beachten. So kann die Corporate Identity der AG insbesondere unter dem Verdacht leiden, die Gesellschaft betreibe (übermäßige) parteipolitische Einflussnahme. 2 0 7 Aus § 58 Abs 4 AktG lässt sich ein Verbot von Parteispenden nicht herleiten. Abgesehen davon, dass sich der dort vorgesehene Anspruch der Aktionäre nur auf den zur Verteilung bestimmten Teil des Bilanzgewinns bezieht, haben die Aktionäre generell keinen Anspruch auf Erzielung eines bestimmten Gewinns oder auf die Vermeidung von Gewinnschmälerungen. 2 0 8 Parteienfinanzierung kann trotz des Wegfalls der Möglichkeit, Parteispenden von Unternehmen in vollem Umfang abzusetzen, dem Gemeinwohl dienen. Die Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit von Parteispenden von Unternehmen spricht nicht gegen das Fehlen eines Gemeinwohlbezugs solcher Spenden, sondern beruht auf rein steuerrechtlichen Überlegungen. Dem Vorstand ist es allerdings selbstverständlich verwehrt, Parteispenden in einer dem Parteiengesetz zuwiderlaufenden Weise oder gar in strafrechtlich relevanter Weise zu erbringen, auch wenn in einem solchen Falle nicht die Vorstandsmitglieder, sondern lediglich der Empfänger der Parteispende rechtswidrig handeln oder sich strafbar machen sollte. Ratsam ist es, für bedeutende Spenden an eine Partei, etwa für solche, die im Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei ausgewiesen werden müssen, wegen deren möglicher Öffentlichkeitswirkung einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats gem § 111 Abs 4 S 2 AktG vorzusehen. 209 Abgesehen von der Möglichkeit zu Parteispenden steht es auch ansonsten im unter- 71 nehmerischen Ermessen des Vorstands, bestimmte Gruppierungen zu unterstützen. Spenden sind jedenfalls zulässig, wenn die Satzung eine entsprechende Gemeinwohlklausel enthält. 210 Aber auch bei Fehlen einer explizit in der Satzung festgeschriebenen Gemeinwohlbindung kann der Vorstand gesellschaftliche Gruppierungen unterstützen. (Partei-) Spenden fallen in die Leitungs- und Geschäftsführungskompetenz des Vorstands. Auch ungewöhnliche oder besondere hohe Spenden begründen keine Hauptversammlungskompetenz. 211 Besonderheiten gelten allerdings für Spenden, die staatseigene AG an Dritte leisten. Spenden durch solche Unternehmen sind nicht nur haushaltsrechtlich bedenklich, sondern können auch eine unzulässige Beeinflussung bzw Umgehung politischer Entscheidungsprozesse darstellen. Ferner ist eine unzulässige Einflussnahme auf den privaten Wettbewerb durch Spenden staatseigener AG an Dritte zu befürchten. 212 Daher sind Spenden staatseigener oder überwiegend vom Staat gehaltener AG nur in sehr engen, einzelfallbezogen festlegbaren Grenzen zulässig.

72

(Partei-)Spenden oder eine anderweitige Unterstützung gesellschaftlicher Gruppierun- 7 3 gen finden jedoch Grenze an den Schranken des Ermessens bei der Leitungsausübung, insbesondere am Vorrang anderer Interessen. So kann der mehr oder weniger aktive Einsatz eines Unternehmens für eine politische Partei oder weltanschauliche Gruppierung, zB in Wahlkampfzeiten, etwa durch besonders pointierte Zeitungsanzeigen, schnell Unmut über eine solche Parteinahme in der Bevölkerung im Allgemeinen und in Kundenkreisen im Besonderen auslösen, die dann dem Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse

207

208 209 210

(101)

KK¡Mertens 2 39; Westermann ZIP 1990 771, 777. KKJMertens2 36. Kind N Z G 2000, 567, 573. Fleischer AG 2001, 171, 173; zur Zulässigkeit solcher Gemeinwohlklauseln Groß-

211

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komm AktG Brändel4 § 3 Rdn 26; Großkomm AktG/Röhricht 4 § 23 Rdn 92. Fleischer AG 2001, 171, 180; Laub AG 2002, 308, 310. Gehrlein N Z G 2002, 463, 464.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

abträglich ist. Es ist es zu begrüßen, dass die Regierungskommission Corporate Governance 2001 empfiehlt, in den Corporate Governance Kodex eine Regelung aufzunehmen, wonach dem Aufsichtsrat einmal jährlich ein Bericht des Vorstands zur Vergabe von Spenden oberhalb eines vom Aufsichtsrat festzulegenden Betrags vorzulegen ist. 2 1 3 Damit wird eine größere Transparenz für Spenden erreicht, zumal über solche Spenden nach gesetzlichen Normen des Aktien- und Bilanzrecht nicht zu berichten ist. Fraglich ist allerdings, ob Spenden (abgesehen von den ohnehin offen zu legenden Parteispenden) nicht generell, zumindest aber ab einer relevanten Höhe, etwa ab 10.000 €, aus allgemeinen aktienrechtlichen Überlegungen publik zu machen sind. Konkrete aktienrechtliche Vorgaben fehlen. Doch dürfte eine umfangreichere anonyme Spende einen positiven Offentlichkeitseffekt für die Gesellschaft gerade verfehlen, damit nicht mehr im Interesse der Gesellschaft liegen und zumindest aus diesem Grund unzulässig sein. In jedem Fall muss der Vorstand dafür sorgen, dass die Spende bei der Gesellschaft ordnungsgemäß verbucht wird und sichergestellt wird, dass die Voraussetzungen für einen Steuerabzug gegeben sind. 214 c) Grenzen des Einflusses „privater" Auffassungen des Vorstands 74

Bei der Entfaltung sozialer oder politischer Aktivitäten ist es dem Vorstand insbesondere versagt, seine eigenen (privaten) Vorstellungen unter Missachtung des Unternehmenswohls an die Stelle des Unternehmenswohls zu setzen (s auch Großkomm AktG/Hopf 4 § 93 Rdn 120). 2 1 5 So geht es nicht an, dass der Vorstand die persönliche Präferenz einer politischen Partei oder einer Region oder eines Landes als Standort unter Hintansetzung des Unternehmensinteresses durchzusetzen versucht.216 Ist das Unternehmensinteresse hingegen gewahrt, so ist der Vorstand innerhalb der Grenzen des Unternehmensinteresses befugt, eigene soziale wie ethisch moralische Vorstellungen einzubringen. Dieser Auffassung ist auch der 1. Senat des BGH in Strafsachen in einem zu § 2 6 6 StGB ergangenen Urteil: Es sei zu erwarten, dass der Vorstand auch soziale Entscheidungen mit der Sorgfalt eines pflichtbewussten Unternehmers trifft und Vermögensopfer mit der Sorgfalt eines Treuhänders erbringt, der über Geld verfügt, das nicht ihm gehört, sondern der juristischen Person. Insbesondere dürfe der Vorstand privaten Präferenzen (pet charities) keinen unangemessenen Raum geben, sondern müsse seine Entscheidung jeweils in Abwägung der ihm obliegenden Verantwortung für den Unternehmenserfolg treffen. 217 Diese Umsetzung eigener Vorstellungen muss ihrerseits unter Rücksichtnahme auf die Wertordnung des Grundgesetzes und der sonstigen Bindungen an Menschen- und Bürgerrechte erfolgen. Daher geht es nicht an, dem Vorstand ein Ermessen dahingehend zu zubilligen, seinerseits aus persönlicher Überzeugung nicht dem Wesen einer rechtsstaatlichen und freiheitlichen Demokratie entsprechende Ziele zu verfolgen, insbesondere solche, die nicht in Einklang mit der Verfassung stehen. Auch kann der Vorstand auf die Zusammenarbeit mit und Investitionen in Ländern verzichten, deren ideologische Ausrichtung rassistisch oder menschenrechtsmissachtend ist. 2 1 8

213

214

215

Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 263. Großkomm AktG/Hopf 4 § 93 Rdn 120; Scho\zJSchneider GmbHG 9 § 4 3 Rdn 67 (für GmbH). KKMertens1 § 93 Rdn 50; Westermann ZIP 1990, 771, 774; Scholz¡Schneider GmbHG 9 § 4 3 Rdn 6 7 (für GmbH).

216

217

218

Westermann ZIP 1990, 771 775; Dreher Z H R 155 (1991) 349, 364. BGH, Der Betrieb 2 0 0 2 , 626, 627; zustimmend Wessing EWiR § 2 6 6 StGB 1/02, 305 f. KKJMertens1 32.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

d) Beteiligung an Entschädigungsfonds Im Z u s a m m e n h a n g mit der (freiwilligen) finanziellen Beteiligung deutscher Unternehmen an der Stiftungsinitiative „Erinnerung, Verantwortung und Z u k u n f t " zwecks Entschädigung von N S - Z w a n g s a r b e i t e r n stellt sich die Frage, o b der Vorstand einer A G

75

allein, also o h n e Beteiligung der Hauptversammlung, eine Entscheidung über eine Beteiligung an der Initiative und damit verbundenen Ausgleichszahlungen treffen darf. Diese Frage ist zu bejahen, und zwar unabhängig davon, wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich es ist, dass mögliche (Individual-) Ansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter oder ihrer Rechtsnachfolger gegen die A G effektiv durchsetzbar sind oder aus materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen nicht durchsetzbar sind. 2 1 9 Ebenfalls unerheblich in Hinblick auf die Vorstandskompetenz ist der G r a d der durch die Beteiligung an der Initiative erreichten Rechtssicherheit in Bezug a u f die Verhinderung einer zukünftigen individuellen Geltendmachung von Ansprüchen gegen die AG. Angesichts seiner Leitungsbefugnis ist der Vorstand berechtigt und verpflichtet, auf die sozialen, wirtschaftlichen und politischen R a h m e n b e d i n g u n g e n der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit seiner A G Einfluss zu nehmen, auch wenn diese Rahmenbedingungen nicht in unmittelbarem Z u s a m m e n h a n g mit der Tätigkeit des Unternehmens stehen. Abgesehen von den historischen, moralischen und politischen Implikationen besteht in vielen Fällen die M ö g l i c h k e i t eines sich auf Umsatz und Gewinn niederschlagenden Imageschadens bei Nichtbeteiligung an dem Ausgleichsfonds. D a h e r k a n n es im Unternehmensinteresse nicht nur erlaubt, sondern sogar für bestimmte Aktiengesellschaften geboten sein, sich an dem Ausgleichsfonds zu b e t e i l i g e n . 2 2 0 Eine Entscheidung über eine Beteiligung einer A G an der Stiftungsinitiative unterfällt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt (Änderung des Unternehmensgegenstands; anderweitige Gewinnverwendung; ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz) der K o m p e t e n z der H a u p t v e r s a m m l u n g . 2 2 1 e) Schmiergeldzahlungen Von im Grundsatz zulässigen Spenden und einer sonstigen zulässigen Unterstützung sind unzulässige Schmiergeldzahlungen zu unterscheiden (dazu auch G r o ß k o m m A k t G / H o p f 4 § 9 3 R d n 1 0 5 m w N ) . Schmiergeldzahlungen werden an in- und ausländische Politiker oder sonstige gesellschaftliche Entscheidungsträger, auch an Kunden oder Lieferanten, bezahlt, um wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen zu erreichen. A u f internationaler Ebene wird grenzüberschreitenden Bestechungen und Schmiergeldzahlungen durch das O E C D - U b e r e i n k o m m e n über die B e k ä m p f u n g der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr v o m 1 7 . 1 2 . 1 9 9 7 2 2 2 entgegengetreten. D i e Bedeutung des O E C D - Ü b e r e i n k o m m e n s besteht darin, dass alle 2 9 O E C D - M i t g l i e d e r sowie Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile und die Slowakische Republik sich verpflichteten, das A b k o m m e n in nationales R e c h t umzusetzen und eine gegenseitige Ü b e r w a c h u n g bezüglich der Implementierung und Durchführung des Übere i n k o m m e n s g e w ä h r l e i s t e n . 2 2 3 Die grenzüberschreitende Bestechung ausländischer Amtstrager ist gem Art 2 , § 1 E U B e s t G 2 2 4 bzw Art 2 , § 2 I n t B e s t G (Gesetz zu dem Über-

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221

Mertens AG 2000, 157, 158; Hüffer5 14; obiter auch der 1. Senat des BGH in Strafsachen, Der Betrieb 2002, 626. AA Philipp AG 2000, 62, 67 f; den AG 2000, 353, 357 f; gegen Philipp Hüffers 14. Dazu im einzelnen Mertens AG 2000, 157, 159 ff.

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223 224

BT-Drucks 13/10428; dazu Ahrens in: FS Döser 1999 S 269; Brooks in: FS Peltzer 2001 S 27; Zieschang NJW 1999, 105, 106; ferner Körte NJW 1998, 1464. Brooks in: FS Peltzer 2001 S 27, 29 f. BGBl II 1998 S 2340.

Michael Kort

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

einkommen vom 1 7 . 1 2 . 1 9 9 7 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr) 2 2 5 auch in Deutschland strafbewehrt. Der Kreis ausländischer öffentlicher Amtsträger ist sehr weit und umfasst auch Personen, die lediglich für ein ausländisches öffentliches Unternehmen Funktionen wahrnehmen. Schmiergeldzahlungen gegenüber deutschen Amtsträgern sind ferner im Rahmen von §§ 331 ff StGB strafbewehrt. Das IntBestG hat diesbezüglich zu einer Ausdehnung der deutschen Strafrechtsnormen auf ausländische Richter, Amtsträger, Soldaten und auch Personal, das für internationale Gerichte und Organisationen tätig ist, geführt. 2 2 6 Außerdem ist auch die Bestechung in- oder ausländischer Privatpersonen im geschäftlichen Verkehr nach § 2 9 9 StGB strafbar. Schmiergeldzahlungen können ferner nach anderen Normen wie § 2 6 6 StGB und § 12 U W G strafbewehrt sein. 77

Schon angesichts der nach deutschem Recht bestehenden Strafbarkeit von Schmiergeldzahlungen und ihrer internationalen Ächtung liegen Schmiergeldzahlungen im allgemeinen nicht im Unternehmensinteresse. Außerdem ist bei Schmiergeldzahlungen daran zu denken, dass diese zu nachteiligen Geldbußen, zu Nachteilen aufgrund der zivilrechtlichen Nichtigkeit von Geschäften, die auf der Basis von Schmiergeldzahlungen getätigt worden sind, und zu Imageschäden bei Bekanntwerden der Schmiergeldzahlungen führen können. Schmiergeldzahlungen sind außerdem nach § 4 Abs 5 Nr 10 EStG steuerlich nicht mehr absetzbar. Ferner entsprechen Schmiergeldzahlungen nicht mehr dem in jüngerer Zeitz immer stärker zum Tragen kommenden Gedanken einer internationalen wenn auch als Soft Law bislang nicht gesetzesgleich verbindlichen - Vereinheitlichung von Verhaltensanforderungen an den Vorstand im Sinne der Corporate Governance (dazu vor § 76 Rdn 35 f f ) . 2 2 7 Die in der 1997 von der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) verabschiedeten revidierten Leitlinie für die Privatwirtschaft zur Bekämpfung der Korruption 2 2 8 enthaltenen ICC Verhaltensrichtlinien sind als „best practice" anzusehen, die jedes Vorstandsmitglied beachten muss. 2 2 9 Selbst, wenn Zahlungen an ausländische Politiker, Parteien oder Private den Usancen des betreffenden Landes entsprechen, können Schmiergeldzahlungen nicht einmal ganz ausnahmsweise noch im Unternehmensinteresse liegen. 2 3 0 Vor allem bei gefährdeten Branchen wie der Erdöl-, Bau-, Maschinenbau-, Chemie- und Rüstungsbranche sollten vorsorglich detaillierte Maßnahmenkataloge erarbeitet werden, in denen typische Gefahren und Tarnversuche im Hinblick auf Korruption und Bestechung erläutert werden und Reaktionen hierauf vorgeschlagen werden. 2 3 1 f) Vergleichs- und Abfindungszahlungen an opponierende Aktionäre

78

Nur in sehr beschränktem Umfang darf der Vorstand Zahlungen an opponierende Aktionäre leisten, die mit Beschlussmängelklagen drohen oder diese erheben, nur um sich ihr Beschlussmängelklagerecht abkaufen zu lassen. Derlei „räuberische Aktion ä r e " 2 3 2 handeln regelmäßig rechtsmissbräuchlich. 2 3 3 Schon weil solche Zahlungen 225

BGBl II 1 9 9 8 S 2 3 2 7 .

230

A A Kessler AG 1995, 121, 129.

226

Brooks in: FS Peltzer 2 0 0 1 S 27, 31.

231

227

Brooks in: FS Peltzer 2 0 0 1 S 27, 3 3 . International Chamber of Commerce, Fighting Corruption, A corporate practices manual, Paris 1 9 9 7 ; deutsche überarbeitete Fassung: ICC Deutschland, I C C Verhaltensrichtlinien zur Bekämpfung der Korruption im Geschäftsverkehr, 1 9 9 8 .

232

Brooks in: FS Peltzer 2 0 0 1 S 27, 35. So Lutter in: FS 4 0 Jahre Der Betrieb 1 9 8 8 S 193.

228

229

Brooks in: FS Peltzer 2 0 0 1 S 27, 3 3 .

233

B G H N J W 1 9 9 2 , 2 1 8 1 ; Feltkamp Anfechtungsklage und Vergleich im Aktienrecht 1991 S 1 0 0 ff; Diekgräf Sonderzahlungen an opponierende Kleinaktionäre im Rahmen von Anfechtungs- und Spruchstellenverfahren 1 9 9 0 S 2 8 ff; Wallenhorst

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(104)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

gegen §§ 5 7 , 5 8 A k t G verstoßen k ö n n e n , 2 3 4 liegen sie in der Regel nicht im Unternehmensinteresse. Sie sind daher allenfalls dann zulässig, wenn sie der A b w e h r eines schweren, unmittelbar der A G drohenden Schadens dienen, der häufig in der Verhinderung der Eintragung einer Strukturänderung, etwa einer U m w a n d l u n g , b e s t e h t . 2 3 5 N a c h der Eintragung kann der Vorstand aber selbst dann, wenn die Z a h l u n g im Unternehmensinteresse lag, verpflichtet sein, einen RückZahlungsanspruch nach § 6 2 A k t G geltend zu m a c h e n . 2 3 6 Sogar Vergleichsabsprachen, die Geldleistungen nur bis zur H ö h e der Summe aus dem (nachgewiesenen) Eigenschaden des Aktionärs und dem Prozessaufw a n d umfassen, liegen nicht ohne weiteres im Ermessen des V o r s t a n d s . 2 3 7

VI. Abgrenzung der Leitung von Grundlagengeschäften 1. Allgemeines Die Leitungs- und sonstigen Geschäftsführungsakte des Vorstands sind von den Grundlagengeschäften, bei denen Hauptversammlungskompetenzen bestehen, auch begrifflich abzugrenzen. 2 3 8 Z w a r ist die Leitungs- und Geschäftsführungskompetenz des Vorstands umfassend, sie besteht jedoch dann nicht oder jedenfalls nicht ungeteilt, wenn anderen O r g a n e n Kompetenzen eingeräumt sind. Hierbei k a n n es sich um gesetzlich zugewiesene, aber auch u m „ungeschriebene" Kompetenzen handeln (dazu ausführlich m w N G r o ß k o m m kkxCIMülbert4 § 1 1 9 R d n 17 ff). Die umstrittene Verortung ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen in § 1 1 9 A b s 2 A k t G im Z u g e der „Holzm ü l l e r " - D o k t r i n des B G H 2 3 9 hat nicht zur Folge, dass es entbehrlich wäre, Geschäftsf ü h r u n g s m a ß n a h m e n von Grundlagengeschäften abzugrenzen. Es ist nämlich zum einen bereits fragwürdig, ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen in § 1 1 9 Abs 2 A k t G zu verorten (dazu näher unten R d n 8 1 ) . 2 4 0 Z u m anderen ist selbst dann, wenn

234

235 236

(105)

Schranken der Anfechtungsbefugnis von Aktionären 1996 S 81 ff; Weller Aktienrechtliches Anfechtungsrecht und Rechtsmißbrauch 1996 S 45 ff; Kort Der Betrieb 1992, 1765; rechtsvergleichend Bison Mißbrauch der Anfechtungsklage durch den Aktionär 1997 S 89 ff, 193 ff; sehr zurückhaltend zur Rechtsmißbräuchlichkeit

237

So aber Martens AG 1988, 122 ff; dagegen Kort Der Betrieb 1992, 1765, 1767; zu den sehr engen Voraussetzungen einer ausnahmsweise zulässigen Zahlung Diekgräf Sonderzahlungen an opponierende Kleinaktionäre im Rahmen von Anfechtungsund Spruchstellenverfahren 1990 S 150 ff, 339 f.

und angesichts der Auswirkungen der Anfechtungspraxis nicht überzeugend hingegen Slabschi Die sogenannte rechtsmißbräuchliche Anfechtungsklage 1997 S 96 ff; de lege ferenda zu Abfindungsvergleichen Baums Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären?, Gutachten F für den 63. Deutschen Juristentag, 2 0 0 0 , Rdn F 179 ff. Feltkamp Anfechtungsklage und Vergleich im Aktienrecht 1991 S 136 ff; Windbichler in: Timm (Hrsg) Mißbräuchliches Aktionärsverhalten 1990 S 35, 50. Martens AG 1988, 118, 119 f. Martens AG 1988, 118, 121 f.

238

AA zu unrecht MünchHdbAG/WfesKer 2 § 22 Rdn 1; insofern missverständlich auch KKJMertens2 § 77 Rdn 3 und Hüffer5 § 77 Rdn 4. BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703; dazu ua Lutter in: FS Stimpel 1985 S 825 ff und aus neuerer Zeit Großkomm AktG/ Mülbert4 S 119 Rdn 18 ff; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1996 S 388 ff; Joost Z H R 163 (1999) 164; Henze Betriebs-Berater 2000, 209, 211 f.

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Kritisch Joost Z H R 163 (1999) 164, 169 ff; Heinsius Z G R 1984, 383, 389 ff; Martens ZHR 147 (1983) 3778, 380 ff; Werner Z H T 147 (1983) 429, 4 3 7 ff; Westermann Z G R 1984, 352, 363 ff.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

m a n § 119 A b s 2 A k t G als sedes materiae für ungeschriebene H a u p t v e r s a m m l u n g s k o m petenzen ansehen würde, eine Abgrenzung zwischen G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n und Grundlagenentscheidungen erforderlich. 2 4 1 Diese Abgrenzung geht über § 119 Abs 2 A k t G hinaus, denn § 119 Abs 2 A k t G setzt e x definitione im Falle seiner direkten oder analogen Anwendung voraus, dass es sich um (wenn auch besonders bedeutsame) G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n handelt. 2. 80

„Holzmüller"-Entscheidung

Die dogmatische Herleitung ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen durch den B G H in der „ H o l z m ü l l e r " - E n t s c h e i d u n g geht w o h l in Unterstellung einer Art Schrumpfung des Ermessens des Vorstands, Fragen der Geschäftsführung der Hauptversammlung nach § 119 A b s 2 A k t G vorlegen zu k ö n n e n , davon aus, dass der Vorstand bei erheblichen S t r u k t u r m a ß n a h m e n gezwungen sei, die Hauptversammlung anzurufen, da er vernünftigerweise nicht a n n e h m e n k ö n n e , er dürfe solche M a ß n a h m e n in ausschließlich eigener Verantwortung o h n e Beteiligung der Hauptversammlung treffen. Allerdings ist auch nach Auffassung des B G H die pflichtwidrige M a ß n a h m e im Außenverhältnis von der Vertretungsmacht des Vorstands nach § 8 2 A b s 1 A k t G gedeckt. Die „Holzm ü l l e r " - G r u n d s ä t z e des B G H b e t r a f M a ß n a h m e n in der durch Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile entstandenen Tochter. Eine darüber hinausgehende Ausdehnung dieser Grundsätze findet sich weder in der „ H o l z m ü l l e r " - E n t s c h e i d u n g 2 4 2 n o c h in anderen Entscheidungen des B G H . Die „ H o l z m ü l l e r " - G r u n d s ä t z e lassen sich insbesondere nicht o h n e weiteres zur Begründung einer allgemeinen Beteiligung der Hauptversammlung an der Konzernbildung oder Konzernleitung h e r a n z i e h e n . 2 4 3 3 . Kritik an der „Holzmüller"-Doktrin

81

Dieser Auffassung des B G H ist im Ergebnis zu folgen, dh hinsichtlich der Forderung nach einer Beteiligung der Hauptversammlung an gesetzlich nicht geregelten Strukturm a ß n a h m e n , die für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter von erheblicher Bedeutung sind. Aus der im Aktiengesetz vorgesehenen Verteilung der Befugnisse auf die einzelnen O r g a n e ergibt sich, dass für wichtige S t r u k t u r m a ß n a h m e n die Hauptversammlung zuständig ist. Im Aktiengesetz sind neben § 119 A b s 1 und § 1 7 9 Abs 1 Satz 1 A k t G die Zustimmungserfordernisse im Konzernrecht ( § § 2 9 3 A b s 1 und Abs 2 , 2 9 5 Abs 1, 3 1 9 Abs 1 und 2 , 3 2 0 Abs 1 A k t G ) zu nennen, ferner sonstige gesetzlich geregelte Sonderfälle wie zB der Verzicht und der Vergleich über Ersatzansprüche ( § § 5 0 , 9 3 Abs 4 , 116 A k t G ) , die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 1 0 3 Abs 1 A k t G ) oder die Z u s t i m m u n g zu Geschäften im Sinne von § 111 Abs 4 A k t G auf Verlangen des V o r s t a n d s . 2 4 4 Die im Gesetz oder in der Satzung enthaltenen Hauptversammlungszuständigkeiten sind nicht abschließend. Vielmehr k a n n entgegen dem Anschein, den der Einleitungshalbsatz von § 119 Abs 1 A k t G erweckt, die Hauptversammlung auch außerhalb solcher gesondert angesprochener Kompetenzen zuständig sein. Ihre Zuständigkeit ergibt sich dann jedoch nicht aus § 119 A b s 2 A k t G , da diese N o r m die b l o ß freiwillige, im Ermessen des Vorstands liegende Entscheidung meint, der Hauptversammlung Fragen der

241 242

AA ¥XJMertens1 3 und § 76 Rdn 51 f. So zutreffend OLG Karlsruhe Der Betrieb 2 0 0 2 , 1 0 9 4 ; Busch/Groß AG 2000, 503, 505; insofern wie hier auch Habersack W M 2001, 545, 546; s ferner Kort AG 2002, 369, 373 f.

243

244

„Geschäfts-

Götz AG 1984, 85, 94; auch Busch/Groß AG 2000, 503, 506 f. Hüffer5 § 119 Rdn 9.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

führung" vorzulegen, also Fragen, die gerade nicht zu den Strukturmaßnahmen gehören. Strukturmaßnahmen berühren die Gesellschaft in ihren Grundlagen oder betreffen die Gesellschafter in ihren mitgliedschaftlichen Belangen in erheblicher Weise (also nicht bloß als Reflex wie zB beim Fallen des Kurswerts einer Aktie infolge einer falschen unternehmenspolitischen Entscheidung). Die vom BGH in der „Holzmüller"-Entscheidung vorgenommene Herleitung ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen aus § 119 Abs 2 AktG analog vermag aus dogmatischen Gründen nicht zu überzeugen (s auch Großkomm AktG/Mülbert 4 § 119 Rdn 23). Es geht nicht an, eine Norm, die die freiwillige Vorlage einer Geschäftsführungsmaßnahme betrifft, auf die unfreiwillige (weil zwingend gebotene) Vorlage einer Nichtgeschäftsführungsmaßnahme (nämlich einer Strukturmaßnahme) zu übertragen. 2 4 5 4. Einzelanalogiebildung Gegenüber einer Verortung ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten in 8 2 § 1 1 9 Abs 2 AktG ist es vorzugswürdig, im Einzelfall Hauptversammlungskompetenzen im Wege einer Analogiebildung zu den gesetzlichen Regelungen über Zuständigkeiten bei Strukturänderungen (etwa §§ 179, 179a, 186 Abs 3, 293, 319 Abs 2 AktG sowie die umwandlungsrechtlichen Normen über die Beteiligung der Hauptversammlung) zu begründen. Da im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einer Strukturänderungsmaßnahme und einer (noch) in die ausschließliche Kompetenz des Vorstands fallenden Maßnahme problematisch ist, 246 ist der Weg einer singulären Analogiebildung zu einzelnen Normen, etwa zu Normen des Umwandlungsrechts, insbesondere zu § 123 Abs 3 UmwG (dazu Großkomm AktGIMülbert 4 § 119 Rdn 27 f) zur Erfassung von Fällen von ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen eher gangbar als der Weg einer Gesamtanalogie zu den gesetzlichen Vorschriften über Grundlagengeschäfte. 2 4 7 5. Abgrenzung bloß wichtiger Geschäfte von Grundlagengeschäften Das eigentliche Problem ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten besteht 8 3 indessen nicht in der dogmatischen Herleitung zwingender Hauptversammlungszuständigkeiten, sondern in der praktischen Abgrenzung der bloßen Geschäftsführung (einschließlich der in § 76 Abs 1 AktG angesprochenen Leitung), für die der Vorstand zuständig ist, von dem Bereich der Maßnahmen, für die die Hauptversammlung zuständig ist. Für diese Abgrenzung sind die im Aktien- und Umwandlungsrecht gesetzlich geregelten Fälle der Beschlusskompetenz der Hauptversammlung (dazu bereits oben Rdn 81 f) unter vergleichender Wertung heranzuziehen. Eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz kommt allenfalls bei Maßnahmen in Betracht, die entweder inhaltlich den im Gesetz genannten Fällen entsprechen oder - bei Fehlen inhaltlicher Vergleichbarkeit - zumindest eben so schwer die Gesellschafter in ihrer mitgliedschaftlichen Position beeinträchtigen wie die im Gesetz genannten Fälle. Auch für die Gesellschaft

245

246

247

Ebenfalls kritisch Kropff ZGR 1984, 113, 123; ferner Ebenroth/Daum Der Betrieb 1991, 1105, 1108; H M Kessler AG 1995, 61, 70. Zutreffend Joost Z H R 163 (1999) 164, 173 ff. Ähnlich Joost Z H R 163 (1999) 164, 179 ff sowie Dietz Die Ausgliederung nach dem U m w G und nach Holzmüller 1999 S 241 ff;

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kritisch gegenüber einer Gesamtanalogie auch Zimmermann/Pentz in: FS Weif Müller 2 0 0 1 S 151, 164; gegen eine Gesamtanalogie (in Zusammenhang mit Informationspflichten) auch B G H Z 146, 2 8 8 , 295 f; tendenziell für Einzelanalogien auch Großkomm AktG/M«/fceri 4 § 119 Rdn 2 3 ff.

M i c h a e l Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

und die Aktionäre wirtschaftlich sehr bedeutende Entscheidungen der Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik begründen daher keine Hauptversammlungszuständigkeiten, sofern sie nicht zu einer Änderung des Unternehmensgegenstands führen oder (ansonsten) die mitgliedschaftliche Stellung der A k t i o n ä r e berühren. So bedürfen etwa Entscheidungen der Vorstände von Energieversorgungsunternehmen über den Z e i t p u n k t und die M o d a l i t ä t e n eines „Ausstiegs aus der Kernenergie" keiner M i t w i r k u n g der H a u p t versammlung der betroffenen Unternehmen. Ferner findet die „Holzmüller"-Rechtsprechung bei insolventen Aktiengesellschaften in Eigenverwaltung keine A n w e n d u n g . 2 4 7 3 6 . Börsengang (Listing) 84

Auch die Entscheidung über einen Börsengang der Aktiengesellschaft ist nicht durchgängig von so erheblicher Bedeutung für die Position des einzelnen A k t i o n ä r s , dass der Vorstand hierfür stets einen Beschluss der H a u p t v e r s a m m l u n g benötigen w ü r d e . 2 4 8 Vielmehr ist im Einzelfall darauf abzustellen, o b sich der C h a r a k t e r der jeweils betroffenen Aktiengesellschaft durch das Listing so stark ändert, dass ein Eingriff in die Aktionärsstruktur vorliegt. Das beurteilt sich nach der Realstruktur der A G . D e r Börsengang einer Tochter begründet als solcher erst recht keine Hauptversammlungszuständigkeit der M u t t e r , und zwar unabhängig davon, o b es sich u m eine hundertprozentige Tochter handelt oder n i c h t . 2 4 9 W o h l aber k ö n n e n mit dem Börsengang der Tochter gesellschaftsrechtliche M a ß n a h m e n einhergehen (zB Schaffung neuer Aktien durch eine Kapitalerhöhung bei der Tochter), die ihrerseits eine Hauptversammlungszuständigkeit der M u t t e r begründen k ö n n e n . 2 5 0 Auch k a n n der Börsengang der Tochter mit einer die R e c h t e der M u t t e r - A k t i o n ä r e einschränkenden Konzernbildung einhergehen, die ihrerseits zwar im Allgemeinen keine Hauptversammlungszuständigkeit der Muttergesellschafter zu Folge h a t 2 5 1 (dazu näher unten R d n 1 3 4 ff), aber in bestimmten Fällen besonders intensiver Konzernierung und Vermögensverlagerungen im Konzern nach den „ H o l z m ü l l e r " - G r u n d s ä t z e n ausnahmsweise eine Hauptversammlungszuständigkeit der M u t t e r zu begründen v e r m a g . 2 5 2 7. Delisting

85

Auch beim Börsenaustritt (echtes Delisting) ist zu differenzieren: D e r Antrag auf W i d e r r u f der Börsenzulassung bei einer Wertpapierbörse unter fortbestehender N o t i e rung der Aktie an einer anderen in- oder ausländischen Börse sowie der Antrag auf M a r k t s e g m e n t w e c h s e l oder Kündigung eines Qualitätssegments oder einer Handelsplattform ist eine reine Geschäftsführungsmaßnahme ohne Hauptversammlungszuständigkeit. Selbst der Totalrückzug einer A G von der Börse ist aber nicht durchgängig als eine S t r u k t u r m a ß n a h m e anzusehen, die eine Hauptversammlungszuständigkeit b e g r ü n d e t . 2 5 3 247a 248

249

Noack ZIP 202, 1 8 7 3 , 1 8 7 7 ff. So aber M ü n c h H d b A G m ' e w r 2 § 19 Rdn 8; Schwark/Geiser ZHR 161 (1997) 739, 758 ff; Vollmer/Gmpp ZGR 1995, 459; Seibt in: VGR (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2 0 0 0 VGR-Bd 3 (2001) S 37, 60 ff; aA Halacz/Kloster ZBB 2001, 474, 4 7 7 ; differenzierend Hopt in: FS Drobnig 1998 S 525, 536 f. AA Wackerbarth AG 2002, 14, 24 (Zustimmungserfordernis bei hundertprozentiger Tochter).

250 251

252 253

Dazu Fleischer ZHR 165 (2001) 513, 522 ff. So aber F Becker/Fett WM 2001, 549, 550 f; einschränkend hingegen Lüders/ Wulff Betriebs-Berater 2001, 1209, 1211 f; Trapp/Schick AG 2001, 381, 385 ff; einschränkend auch Lutter AG 2001, 349, 350 f; weiter noch ders, AG 2000, 342 ff. Ähnlich Hüffer5 18. So aber Seibt in: VGR (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2000 VGR-Bd 3 (2001) S 57, 62 ff; offengelassen von Hellwig/Bormann ZGR 2002, 465, 492 ff mwN.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Vielmehr ist auch beim (echten) Delisting zu fragen, o b das Going Private angesichts der Realstruktur der Gesellschaft eine Strukturänderung der A G herbeiführt oder nicht. Häufig ist das nicht der F a l l . 2 5 4 Dementsprechend ist für das Going Private oft der Vorstand allein zuständig. 2 5 5 Aus dem U m s t a n d , dass mit dem Delisting die Veräußerlichkeit der Aktie de facto erschwert werden k ö n n t e , ergibt sich ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch keine H a u p t v e r s a m m l u n g s z u s t ä n d i g k e i t . 2 5 6 O h n e h i n erfolgt in der Praxis das G o i n g Private meistens zweistufig: Z u n ä c h s t durch Herstellung eines möglichst geschlossenen Aktionärskreises, dann durch den Delisting-Antrag. 2 5 7 D a s Zustimmungserfordernis nützt dabei dem A k t i o n ä r w e n i g . 2 5 8 Auch ist der A k t i o n ä r häufig ausreichend durch § 4 3 Abs 4 nicht einfach durch Verzicht Abs 4 Satz 1 B ö r s G nach lassungsstelle auf Antrag des

B ö r s G geschützt. Börsenrechtlich ist der Rückzug nämlich auf die Börsenzulassung möglich, sondern erfolgt nach § 4 3 pflichtgemäßem W i d e r r u f der Zulassung durch die Z u Emittenten.259

8. Berichtspflichten Bestehen ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen, so bestehen zugleich ungeschriebene Informationspflichten des Vorstands gegenüber der Hauptversammlung, die den gesetzlichen Informationspflichten bei denjenigen gesetzlich geregelten Strukturänderungen entsprechen, denen die geplante Strukturänderung, bei der eine ungeschriebene H a u p t v e r s a m m l u n g s k o m p e t e n z besteht, nahe k o m m e n . 2 6 0 N e b e n B e k a n n t machungspflichten des Vorstands unter analoger Anwendung von § 1 2 4 Abs 2 Satz 2 A k t G 2 6 1 k o m m t nach Teilen der R e c h t s p r e c h u n g 2 6 2 und der L i t e r a t u r 2 6 3 eine Pflicht des Vorstands zur schriftlichen Erstattung eines „Holzmüller"-Berichts in Betracht. Eine solche Pflicht des Vorstands besteht jedoch allenfalls dann, wenn eine entsprechende Berichtspflicht auch bei der gesetzlich geregelten S t r u k t u r m a ß n a h m e besteht, der die „ H o l z m ü l l e r " - M a ß n a h m e nahe k o m m t . Eine solche Berichtspflicht lässt sich daher wenn überhaupt - nur durch Einzelanalogie zu einer gesetzlich geregelten Berichtspflicht herleiten.264

86

9. Vorab-Beschlüsse der Hauptversammlung Hauptversammlungszuständigkeiten erschweren wegen der Schwerfälligkeit des Entscheidungsverfahrens die Durchführung unternehmerischer Konzepte. Fraglich ist daher, o b Vorab-Beschlüsse der Hauptversammlung über zukünftige Strukturentscheidungen in F o r m von allgemeinen Ermächtigungsbeschlüssen hierfür eine Erleichterung schaffen

254

255 256

257 258 259 260

Groß ZHR 165 (2001) 141, 165 f; Mülbert ZHR 165 (2001) 104, 114 f und 137, 139 f; Wirth/Arnold ZIP 2000, 111, 115; aA de Vries Delisting 2002 S 84 ff sowie Kleppe Anlegerschutz beim Rückzug eines Unternehmens von der Börse 2002 S 99 ff. Halasz/Kloster ZBB 2001, 474, 482. AA OLG München ZIP 2001, 702, 703 = AG 2001, 364, 365 (Macroton). Mülbert ZHR 165 (2001) 104, 106. Wirth/Arnold ZIP 2000, 111, 115 f. Hopt HGB 3 0 (14) § 43 BörsG Rdn 3. BGHZ 146, 288, 294 = BGH NJW 2001, 1277 = ZIP 2001, 416 (Altana/Milupa); dazu Tröger ZHR 165 (2001) 593;

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Schockenhoff N2.G 2001, 921; ferner Lutter in: FS Fleck 1988 S 169, 175 f; Wilde ZGR 1998, 423, 447 ff; Kort ZIP 2002, 685; Tröger ZIP 2002, 20, 29. Dazu BGHZ 146, 288, 2 9 4 (Altana/ Milupa). OLG Frankfurt aM AG 1999, 378, 379; LG Frankfurt NZG 1998, 113, 115 f; LG Karlsruhe NZG 1998, 393, 395 f. MünchHdbAG/Kneger 2 § 93 Rdn 11; Groß AG 1996, 111, 116; Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 805, 814. Kort ZIP 2002, 685, 686 ff; noch restriktiver (keine ungeschriebenen Berichtspflichten) Hüffer5 § 119 Rdn 19.

Michael Kort

87

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

können. Bei gesetzlich für Strukturänderungen vorgesehenen Hauptversammlungszuständigkeiten ist eine solche Vorgehensweise schon deshalb ausgeschlossen, weil diese Zuständigkeiten der Hauptversammlung nach zwingendem Aktien- und Umwandlungsrecht eingeräumt sind und die Hauptversammlung nicht eine Entscheidung über die Strukturänderung qua Satzungsänderung oder durch besonderen Beschluss auf den Vorstand verlagern kann. 2 6 5 Dasselbe gilt aber auch für ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten. Auch bei ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten muss die grundlegende Entscheidung über die anstehende Strukturänderung bei der Hauptversammlung selbst verbleiben. In der Satzung enthalte Vor-Ordnungen für künftige Strukturänderungen schließen die Vorlagepflicht des Vorstands zum Zeitpunkt der konkret anstehenden Strukturänderung daher nicht aus. 2 6 6 Hingegen ist die Hauptversammlung bei geschriebenen und ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten adäquat beteiligt, wenn sie einen aufschiebend bedingten Beschluss über die geplante Strukturänderung fasst, der längstens bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung Gültigkeit hat, und der Vorstand dabei strikt auf die Funktion eines ausführenden Organs beschränkt bleibt, ihm also kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. 267 Bei ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten in Fällen von Strukturänderungen ist darüber hinaus auch ein Ermächtigungsbeschluss mit Wirksamkeit bis zur nächsten ordentlichen Hauptversammlung denkbar, der dem Vorstand einen gewissen Entscheidungsspielraum lässt. Voraussetzung hierfür ist es allerdings, dass die Strukturentscheidung im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung bereits in ihren Grundzügen feststeht. Vorratsermächtigungen oder eine Häufung von Ermächtigungsbeschlüssen sind ausgeschlossen. 268 Bei gesetzlich vorgesehenen Hauptversammlungszuständigkeiten in Strukturänderungsfragen steht hingegen auch einem solchermaßen beschränkten Ermächtigungsbeschluss der Grundsatz der Satzungsstrenge (dazu allg vor § 76 Rdn 70 ff) entgegen. 269 Angesichts dieser starken Einschränkungen für die Zulässigkeit aufschiebend bedingter Hauptversammlungsbeschlüsse und Ermächtigungsbeschlüsse im Fall von Strukturänderungen können sich Hauptversammlungszuständigkeiten bei Erwerb und Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen nicht in allgemeinen Satzungsklauseln (Konzernierungsklauseln) erschöpfen. 2 7 0 Bei Übernahmeangeboten findet sich eine weitere gesetzliche Grenze für Vorab-Beschlüsse der Hauptversammlung in § 33 Abs 2 WpÜG (dazu näher untern Rdn 96).

VII. Vorstandspflichten bei Investitionen und Desinvestitionen sowie bei Übernahmeangeboten 1. Investitionen und Desinvestitionen 88

Bei Entscheidungen über Investitionen und Desinvestitionen und vor allem in Übernahmesituationen (Takeovers 271 ) kann bei der Leitung der AG ein Konflikt verschiedener Interessen auftreten. 2 7 2 Investitions- oder Desinvestitionswünsche können von einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen geäußert werden. Solche Investitions- oder Des265 266 267 268 269 270

Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 805, 8 0 7 f. Lutterl Leinekugel ZIP 1998, 805, 808. Lutterl Leinekugel ZIP 1998, 805, 808 ff. Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 805, 811 ff. Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 805, 811. So aber - wenn auch differenzierend Groß AG 1994, 2 6 6 , 2 6 7 ff.

271

272

Zu Begriff und Motiven Peltzer ZIP 1989, 6 9 ff. Dazu ausführlich bereits Adams AG 1990, 2 4 3 ff sowie Hopt ZGR 1993, 534, 538 ff.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

(110)

Erster Abschnitt. Vorstand investitionswünsche

einzelner

Gesellschafter,

also das Verlangen n a c h

§76 dem

Erwerb

bedeutender Beteiligungen oder umgekehrt nach der Veräußerung bedeutsamer Teile des Gesellschaftsvermögens, darf bzw muss der Vorstand nur dann beachten, wenn sie sich in einem Hauptversammlungsbeschluss niedergeschlagen h a b e n , soweit eine diesbezügliche K o m p e t e n z der H a u p t v e r s a m m l u n g b e s t e h t . 2 7 3 Insbesondere in Folge der „ H o l z m ü l l e r " - D o k t r i n 2 7 4 (dazu oben R d n 8 0 ) sind in diesem Bereich ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten durchaus denkbar. N i c h t jede Investition oder Desinvestition führt aber zu ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten im Sinne der „ H o l z m ü l l e r " - D o k t r i n (dazu o b e n R d n 8 3 ) . Vielmehr k ö n n e n allenfalls bedeutende Investitionen und Desinvestitionen eine „ H o l z m ü l l e r " - Z u s t ä n d i g k e i t der H a u p t versammlung begründen und das auch nur dann, wenn sich - als kumulative Voraussetzung - eine wirtschaftlich bedeutende Investitions- oder Desinvestitionsentscheidung auf die mitgliedschaftliche Position der Aktionäre in ähnlicher Weise wie gesetzlich geregelte S t r u k t u r m a ß n a h m e n auswirkt. D e r Vorstand wird in aller Regel aus seiner eigenen Leitungsverantwortung heraus selten den Schritt einer Desinvestition gehen k ö n nen, denn die Veräußerung eines bedeutsamen Teils des Gesellschaftsvermögens wird in den meisten Fällen nicht v o m Gesellschaftszweck gedeckt sein und damit nicht im Gesellschaftsinteresse liegen. D e n n o c h k ö n n e n M a ß n a h m e n der Desinvestition je nach der wirtschaftlicher Lage der A G ausnahmsweise im Hinblick auf die Pflicht des Vorstands, den Bestand des Unternehmens zu erhalten bzw für seine dauerhafte Rentabilität zu sorgen, sogar geboten sein.· 2 7 5 Auch k ö n n e n Wettbewerbs- oder M a r k t a n p a s s u n g s ü b e r legungen eine Leitungsentscheidung zur Investitions- oder Desinvestition rechtfertigen. In vielen Fällen erfordern Investitions- oder Desinvestitionsentscheidungen als strukturändernde M a ß n a h m e n jedoch einen zustimmenden Beschluss der Hauptversammlung. So besteht eine Pflicht des Vorstands, die Hauptversammlung bei der Veräußerung des gesamten Vermögens der in eine H o l d i n g - A G eingegliederten einzigen Tochter zu beteilig e n . 2 7 6 Eine Hauptversammlungszuständigkeit besteht a u c h , wenn der einzig bedeutende Vermögensgegenstand der M u t t e r - A G in die Tochter eingebracht w i r d 2 7 7 oder alle wesentlichen Beteiligungen veräußert w e r d e n . 2 7 8 Hauptversammlungszuständigkeiten bei Beteiligungsveräußerungen oder Vermögensverlagerungen auf T ö c h t e r beurteilen sich im Allgemeinen nach der Erheblichkeit der Beteiligung sowie einer materialen Betrachtung a n h a n d wirtschaftlicher M a ß s t ä b e . 2 7 9 Auch bei der Tochter stattfindende Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen) erfordern keinesfalls durchgängig einen Zustimmungsbeschluss der A k t i o n ä r e der M u t t e r , und zwar unabhängig davon, o b es sich u m eine hundertprozentige Tochter handelt oder n i c h t , 2 8 0 sondern allenfalls bei Konstellationen, die dem „ H o l z m ü l l e r " - F a l l 2 8 1 e n t s p r e c h e n . 2 8 2 Die Herbeiführung eines Hauptversammlungsbeschlusses darf der Vorstand auch anregen, er muss es sogar, wenn die Investitions- oder Desinvestitionsmaßnahme eindeutig im Gesellschaftsinteresse liegt, weil sie unzweifelhaft für die Gesellschaft vorteilhaft ist. D e r „ U m b a u " eines K o n g l o m e r a t s (Mischkonzerns) durch den Vorstand des herrschenden Unternehmens beurteilt sich ebenfalls nach „ H o l z m ü l l e r " - K r i t e r i e n , bedarf also nur bei entsprechend erheblicher Auswirkung auf die mitgliedschaftliche Stellung der A k t i o n ä r e eines Zustimmungsbeschlusses von deren Hauptversammlung.

273 274 275 276

277

KXJMertens1 25. BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703. S auch Hopt ZGR 1993, 534, 538. OLG Celle, Betriebs-Berater 2001, 745 = NZG 2001, 409. OLG München, AG 1995, 233.

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278 279 280 281 282

LG Frankfurt, AG 2001, 431, 432. Fleischer ZHR 165 (2001) 513, 524 ff. AA Wackerbarth AG 2002, 14, 24. BGHZ 83, 122. Dazu näher Kort AG 2002, 369.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

2 . Übernahmeversuche und Übernahmen (Takeovers) a) Deutsches Übernahmerecht ( W p Ü G ) aa) Allgemeines 90

Bei Übernahmeversuchen (Takeovers 2 8 3 ) ist das Vorstandshandeln seit dem 1 . 1 . 2 0 0 2 durch Art 1 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen vom 2 0 . 1 2 . 2 0 0 1 , 2 8 4 dh durch das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz ( W p Ü G ) 2 8 5 auf eine neue normative Grundlage gestellt worden. Das W p Ü G schafft erstmals im deutschen Recht einen gesetzlichen Regelungsrahmen für öffentliche Übernahme- und Erwerbsangebote. Das W p Ü G trifft Regelungen sowohl für das Handeln des Vorstands der Bietergesellschaft als auch für das Handeln des Vorstands der zu übernehmenden Gesellschaft (Zielgesellschaft). Nach § 10 Abs 1 W p Ü G trifft den Bieter und damit dessen Vorstand die Pflicht, eine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich zu veröffentlichen.

91

Weitere Pflichten treffen den Bieter und damit deren Vorstand in Zusammenhang mit der Erstellung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage (§§ 11 ff W p Ü G ) . Ferner treffen den Bieter und damit dessen Vorstand Veröffentlichungspflichten auch nach Abgabe des Angebots (§ 2 3 W p Ü G ) . Von besonderem Interesse aber sind die Pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft. Nach Abgabe des Übernahmeangebots haben gem § 2 7 W p Ü G der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft eine begründete Stellungnahme zu dem Übernahmeangebot (dazu näher unten Rdn 106 ff) abzugeben. bb) Vereitelungsverbot

92

Von besonderer Bedeutung ist das in § 3 3 W p Ü G geregelte übernahmerechtliche Vereitelungsverbot für den Vorstand der Zielgesellschaft. 2 8 6 Während des Übernahmeangebots darf nach § 3 3 Abs 1 Satz 1 W p Ü G der Vorstand der Zielgesellschaft keine Handlungen vornehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte. Eine Vereitelungsabsicht des Vorstands ist hierfür nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, wenn das Verhalten des Vorstands der Zielgesellschaft objektiv geeignet ist, das Angebot zu verhindern. Als Vereitelungshandlungen kommen nach der BegrRegE zum W p Ü G 2 8 7 in Betracht: -

Die Ausgabe von Aktien wegen der Verteuerung der Übernahme.

-

Der Erwerb eigener Aktien in größerem Umfang wegen steigender Börsenkurse.

283

Dazu aus jüngerer Zeit, insbesondere auch zu feindlichen Übernahmeversuchen (Hostile Takeovers) Schanz N Z G 2 0 0 0 , 3 3 7 , 3 4 0 ff; rechtsvergleichend auch Kirchner Betriebs-Berater 2 0 0 0 , 1 0 5 und Bungert Z H R 1 5 9 ( 1 9 9 5 ) 2 6 1 ; allg zu Vor- und Nachteilen von Takeovers aus älterer Zeit Mertens AG 1 9 9 0 , 2 5 2 ; Peltzer ZIP 1989, 6 9 ; Joussen Betriebs-Berater 1 9 9 2 , 1 0 7 5 , 1 0 7 6 f; Steding Jura 1 9 9 9 , 181. 284 BGBl I, 3 8 2 2 . 285

Dazu im Überblick Cahn/Senger Finanz Betrieb 2 0 0 2 , 2 7 7 ; Pötzsch Das neue Übernahmerecht, Einführung - Materialien Texte, 2 0 0 2 ; Thoma N Z G 2 0 0 2 , 1 0 5 ; Kommentare zum W p Ü G : Asmann/

286

287

Pötzsch/Schneider (Hrsg) W p Ü G 2 0 0 2 ; Baums/Thoma (Hrsg) W p Ü G 2 0 0 2 ; Geibel/Süßmann (Hrsg) W p Ü G 2 0 0 2 ; Haarmann/Riehmer/Schiippen Öffentliche Übernahmeangebote 2 0 0 2 ; Hirte/von Biilow, Kölner Kommentar zum W p Ü G 2 0 0 2 ; Steinmeyr/Häger W p Ü G 2 0 0 2 ; zum Diskussionsentwurf vom 2 9 . 6 . 2 0 0 0 ferner Pötzsch/Möller W M 2 0 0 0 , Sonderbeilage 2 und Riehmer/Schröder N Z G 2000, 820. Dazu Bayer Z G R 2 0 0 2 , 5 8 8 , 6 0 5 f f ; Hirte Z G R 2 0 0 2 , 6 2 3 , 6 2 4 ff; Hopt Z H R 166 ( 2 0 0 2 ) 3 8 3 , 4 2 4 f f ; Winter/Harbarth ZIP 2 0 0 2 , 1, 3 ff. BT-Drucks 1 4 / 7 0 3 4 S 5 7 f.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

-

Der Verkauf von Vermögensteilen der Zielgesellschaft, die für den Bieter von erheblicher Bedeutung sind.

-

Die Erzeugung kartellrechtlicher oder ähnlicher Probleme. 2 8 8

Bei diesen Maßnahmen des Vorstands wird aber deren den Übernahmeversuch beeinträchtigende Wirkung nicht (widerlegbar oder gar unwiderlegbar) vermutet, sondern sie ist positiv festzustellen. Selbst wenn die Maßnahme demgemäß objektiv geeignet ist, den Übernahmeversuch zu beeinträchtigen, kann die Maßnahme des Vorstands dennoch aber iS von § 33 Abs 1 Satz 2 Fall 1 bis 3 oder § 33 Abs 2 WpÜG zulässig sein. 2 8 9 cc) Ausnahmen vom Vereitelungsverbot Von dem grundsätzlichen Vereitelungsverbot bestehen nach § 33 Abs 1 Satz 2 WpÜG drei Ausnahmen:

93

(1) nach § 33 Abs 1 Satz 2 1. Fall WpÜG gilt das Vereitelungsverbot nicht für Handlungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand einer AG, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen wäre, vorgenommen hätte. Hiermit verlangt das Gesetz eine nicht unproblematische Ausblendung der Existenz des Übernahmeangebots. Blendet man nämlich die Existenz des Übernahmeangebots aus, so besteht keine Möglichkeit, die Spezifika der Übernahmesituation für die Beantwortung der Frage, an wessen Interesse sich der Vorstand der Zielgesellschaft bei seinem Handeln zu orientieren hat, einzubeziehen. Pflichtmaßstab für den Vorstand ist dann eine fiktive, übernahmefreie Situation iS einer nicht durch die Übernahmesituation beeinflussten Business Judgment Rule. 2 9 0 Nach der Gesetzesbegründung 291 sollen unter § 33 Abs 1 Satz 2 1. Fall WpÜG nicht nur Handlungen fallen, die eine Fortführung des Tagesgeschäfts darstellen, sondern auch solche, die der Verfolgung einer bereits eingeschlagenen Unternehmensstrategie dienen, also auch Maßnahmen, die außergewöhnlich sind und sich in der Übernahmeangebotsphase als Abwehrmaßnahmen einsetzen lassen. 2 9 2 Allerdings ist § 33 Abs 1 Satz 2 1. Fall WpÜG nicht so zu verstehen, dass der Vorstand Abwehrmaßnahmen auch ohne Beteiligung der Hauptversammlung ergreifen darf, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die nach der „Holzmüller"-Doktrin (dazu oben Rdn 80) eine Beteiligung der Hauptversammlung erfordern. (2) Nach § 33 Abs 1 Satz 2 2. Fall WpÜG greift das übernahmerechtliche Vereitelungsverbot ferner nicht ein, wenn der Vorstand der Zielgesellschaft sich auf die Suche nach einem konkurrierenden Angebot begibt. 292 * Das ist zu befürworten: Die notwendigerweise schnelle Suche nach einem „White Knight" erfordert einen nicht durch Zustimmungsvorbehalte anderer Organe gebundenen Aktionsradius des Vorstands der Zielgesellschaft.

94

(3) § 33 Abs 1 Satz 2 3. Fall WpÜG sieht eine Ausnahme vom Verbot des übernahmerechtlichen Vereitelungsverbots für Handlungen des Vorstands der Zielgesellschaft vor, wenn der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft zugestimmt hat. Bei dieser ua vom BDI vorgeschlagenen Regelung 2 9 3 dürfte es sich um eine der problematischsten Normen des

95

288 Weitere Fälle erfolgsverhindernder Maßnahmen finden sich bei Harbarth ZVglRWiss 100 (2001) 275, 291 ff sowie Krieger in: RWS-Forum Bd 20, 2001 S 289, 3 0 9 ff. 289 290

Hüffers 15g. Hirte ZGR 2 0 0 2 , 623, 6 3 4 ff; kritisch Drygala ZIP 2001, 1861, 1867.

(113)

291

292

292a 293

Begr RegE zu § 33 Abs 1 Satz 2 WpÜG, BT-Drucksache 14/7034 S 58. Winter/Harbarth ZIP 2 0 0 2 , 1, 6; Thoma N Z G 2 0 0 2 , 105, 110. Dazu Hirte ZGR 2 0 0 2 , 623, 638 ff. Zustimmend Witte Betriebs-Berater 2 0 0 0 , 2161, 2165.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

WpÜG handeln. Die Norm erlaubt eine „unheilige Allianz" von Vorstand und Aufsichtsrat. 2 9 4 Trotz der personellen und funktionellen Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat ist in Ubernahmesituationen ein zu enges Zusammenwirken dieser beiden Organe - letztlich trotz der Bindung von Vorstand und Aufsichtsrat an das Unternehmensinteresse 2 9 4 a zum Schaden der Zielgesellschaft - zu befürchten, da eine effektive Zügelung des Vorstands durch den Aufsichtsrat auf der Basis dieser Norm nicht zu erwarten ist. Auch steht zu befürchten, dass zumindest die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, der in aller Regel (quasi-)paritätisch besetzt ist, ihre Entscheidung über die Zustimmung zum Vorstandhandeln ausschließlich vom (vermeintlichen) Wohl der Arbeitnehmer der Zielgesellschaft abhängig machen. Angesichts der Möglichkeit eines übergroßen Einflusses des Aufsichtsrats und hier wiederum insbesondere der Arbeitnehmerseite auf die für das Unternehmen grundlegende Entscheidung über die Reaktion auf einen Übernahmeversuch unter Missachtung der gebotenen Beteiligung der Aktionäre als Eigentümer wird § 33 Abs 1 Satz 2 3. Fall WpÜG zu Recht als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen. 295 Jedenfalls ist die Zustimmung des Aufsichtsrats als präventive Maßnahme stets vor Durchführung der Maßnahme einzuholen. Auch ersetzt die Zustimmung des Aufsichtsrats nicht eine aus allgemeinen aktienrechtlichen Grundsätzen häufig erforderliche Beteiligung der Hauptversammlung. 2 9 5 3 dd) Zustimmung der Hauptversammlung 96

§ 33 Abs 2 WpÜG betrifft Zuständigkeiten der Hauptversammlung der Zielgesellschaft in Zusammenhang mit Übernahmeangeboten. Letztlich sind danach Vereitelungsmaßnahmen des Vorstands im Hinblick auf Übernahmeversuche auch in den Fällen, die nicht bereits § 33 Abs 1 WpÜG unterfallen, möglich, wenn eine Zustimmung der Hauptversammlung in der in § 33 Abs 2 WpÜG vorgesehenen Weise vorliegt. Bei § 33 Abs 2 WpÜG handelt es sich um ein im Grundsatz konsequentes Fortschreiben der „Holzmüller"-Doktrin (dazu oben Rdn 80), nach der wichtige Grundlagenentscheidungen der AG einer Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Nach § 33 Abs 2 WpÜG darf die Hauptversammlung für höchstens 18 Monate einen Vorrats-Ermächtigungsbeschluss für Abwehrmaßnahmen des Vorstands gegen (feindliche) Übernahmeversuche fassen, allerdings müssen diese Handlungen in der Ermächtigung „der Art nach" bestimmt werden. Ein unkonkreter Vorrats-Beschluss ist somit nicht zulässig. Auch außerhalb des Übernahmerechts sind pauschale Vorrats-Ermächtigungsbeschlüsse bedenklich (dazu oben Rdn 87). Fraglich ist aber, ob es aktienrechtlich nicht generell bedenklich ist, dass das WpÜG (wenn auch „konkrete") Vorratsbeschlüsse erlaubt, denn die konkrete Übernahmesituation ist durch viele Spezifika geprägt, die nicht bereits bei einem Vorratsbeschluss vorausgesehen werden können. Die Hauptversammlung entäußert sich bei einem Vorratsbeschluss in der in § 33 Abs 2 WpÜG vorgesehenen Weise ihrer ansonsten bestehenden Kompetenz, da sie in der Übernahmesituation rechtlich nicht mehr die Gelegenheit hat, den einmal gefassten Vorratsbeschluss zu revozieren. 296 Die praktische Bedeutung von § 33 Abs 2 WpÜG dürfte angesichts der Eröffnung der einfacheren Möglichkeit des § 33 Abs 1 Satz 2 3. Fall WpÜG (Zustimmung des Aufsichtsrats) gering

294

294a

Hopt in: FS Koppensteiner 2 0 0 1 S 61, 86; Binz Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1; kritisch auch Ekkenga/Hofschroer DStR 2 0 0 2 , 7 2 4 , 7 3 3 f; aA U H Schneider AG 2 0 0 2 , 125, 129. Dazu Lange W M 2 0 0 2 , 1737, 1739 ff.

295

29Sa

296

Cahn/Senger Finanz Betrieb 2 0 0 2 , 277, 289; Ζ schocke Der Betrieb 2 0 0 2 , 79, 82 f; Winter/Harbarth ZIP 2 0 0 2 , 1, 8. Hirte Z G R 2 0 0 2 , 623, 641; Hopt Z H R 166 (2002) 383, 4 2 7 f. Drygala ZIP 2001, 861, 865.

Stand: 1. 12. 2002

(114)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

bleiben. 2 9 7 § 3 3 Abs 2 W p Ü G geht S 3 3 Abs 1 W p Ü G nicht vor. 2 9 8 Gegen eine erhebliche praktische Bedeutung von § 3 3 Abs 2 W p Ü G sprechen auch die Beschränkungen der Ermächtigung auf 18 M o n a t e und das qualifizierte Mehrheitserfordernis für den Ermächtigungsbeschluss. 2 9 9 Sollte der Vorschlag der Europäischen Kommission vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 (dazu unten Rdn 119) umgesetzt werden, werden Vorrats-Ermächtigungsbeschlüsse unzulässig. Ist kein Vorratsbeschluss gefasst worden und liegt keiner der Fälle des § 3 3 Abs 1 W p Ü G vor, so darf der Vorstand der Zielgesellschaft dennoch mit Zustimmung der Hauptversammlung Abwehrmaßnahmen gegen Übernahmeversuche u n t e r n e h m e n , 2 " 3 denn aus der Zulassung von Vorratsbeschlüssen in § 3 3 Abs 2 W p Ü G ergibt sich im Wege eines Erst-recht-Schlusses, dass der Vorstand der Zielgesellschaft bei einer erst in der Angebotsphase erfolgenden Zustimmung der Hauptversammlung erst recht Abwehrmaßnahmen ergreifen darf, da es sich dann eher um einen „informed consent" der Hauptversammlung handelt als bei Vorratsbeschlüssen.

97

ee) Deutscher Corporate Governance Kodex Auch der deutsche Corporate Governance Kodex 2 0 0 2 (dazu vor § 7 6 Rdn 3 9 ff) geht unter III. 7. auf die Verhaltensanforderungen an den Vorstand der Zielgesellschaft bei einem Übernahmeversuch ein. Die Handlungsmöglichkeiten des Vorstands sollen demnach zurecht nicht über § 3 3 W p Ü G hinaus durch Soll-Vorschriften eingeschränkt werden. Unklar ist III. 7. Abs 3 des Kodex, der vorsieht, dass „in angezeigten Fällen" eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen ist. Ein Zwang zur Beteiligung der Hauptversammlung kann sich über § 3 3 W p Ü G hinaus zwar auf der Basis der Anwendung der „Holzmüller"-Doktrin (dazu oben Rdn 80) ergeben; die Regelung hierzu im Kodex ist aber völlig vage.

98

b) Sonstige Beteiligung der Hauptversammlung Ferner kann bei Übernahmen und Übernahmeversuchen auch aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Gründen eine Beteiligung der Hauptversammlung in Frage kommen, etwa nach § 71 Abs 1 Satz 1 Nr 8 AktG oder nach § 2 0 2 AktG (dazu näher unten Rdn 104 f). Eine erneute Zustimmung der Hauptversammlung nach § 3 3 Abs 2 W p Ü G in solchen Fällen ist in der Übernahmesituation nicht mehr erforderlich. 3 0 0 Abgesehen von gesetzlichen Hauptversammlungszuständigkeiten angesichts der „Holzmüller"-Doktrin können bei Übernahmen und Übernahmeversuchen aber auch ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten in Betracht k o m m e n . 3 0 1 O b eine Pflicht zur Beteiligung der Hauptversammlung bei Übernahmen und Übernahmeversuchen aus allgemeinen aktienrechtlichen Überlegungen außerhalb des Anwendungsbereichs des W p Ü G resultiert, hängt davon ab, inwiefern die Übernahme oder der Übernahmeversuch geeignet ist, die mitgliedschaftliche Position des Aktionärs der Zielgesellschaft zu verändern. Keineswegs existiert durchgängig bei jeglicher Form von Übernahmeversuchen außerhalb des W p Ü G ein Recht der Hauptversammlung, sich gegen diese (n) Übernahme(versuch)

Winter/Harbarth

297

ZIP 2002, 1, 12; Thoma

Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1 0 5 3 , 1 0 6 1 ;

298

Krause

299

Hüffer5 15 e. U H Schneider AG 2002, 125, 131. Hirte ZGR 2002, 623, 645 f; Tröger

299a

300 301

N Z G 2 0 0 2 , 105, 111.

Hüffer5 15g. Ebenroth/Daum

D Z W I R 2 0 0 2 , 397, 4 0 3 .

(115)

Der Betrieb 1991, 1105,

1 1 0 7 ff; Kort in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1 4 2 1 , 1 4 4 5 f.

Michael Kort

99

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

zu verteidigen. Ein derartig weites Recht der Hauptversammlung der Zielgesellschaft zur Übernahmekontrolle oder zur Konzerneingangskontrolle (dazu unten Rdn 135 f) gibt es nicht. 3 0 2 c) Ausmaß der „Neutralitätspflicht" des Vorstands der Zielgesellschaft aa) Kein Recht des Vorstands zur Einwirkung auf den Aktionärskreis 100

Ganz allgemein, also auch außerhalb der im WpÜG geregelten Übernahmesituationen, gehört es nicht zu den Leitungsentscheidungen des Vorstands, auf die Zusammensetzung des Kreises der Aktionäre einzuwirken. 3 0 3 Diese Grundsatzüberlegung ist für die Leitungsrechte und -pflichten des Vorstands ua bei Übernahmeangeboten relevant, denn die Leitungsrechte und -pflichten des Vorstands der Zielgesellschaft werden durch das WpÜG nur für die Angebotsphase und selbst für diese lediglich teilweise festgelegt. Bei Übernahmeversuchen, auch bei feindlichen Takeovers, besteht keine Vermutung für deren Schädlichkeit zu Lasten des zu übernehmenden Unternehmens. Aber auch außerhalb des übernahmerechtlich geregelten Bereichs, etwa im Vorfeld der Abgabe eines Übernahmeangebots, ist der Vorstand der Zielgesellschaft nicht etwa ohne weiteres zur Abwehr von Übernahmeversuchen qua Bindung an das Gesellschaftsinteresse berechtigt oder gar verpflichtet. 304 bb) Kein striktes Abwehrverbot

101

Den Vorstand der Zielgesellschaft trifft - jedenfalls vor Abgabe des Übernahmeangebots - umgekehrt aber auch keine strikte Neutralitätspflicht 305 (in diese Richtung tendierend aber Großkomm AktG/Hopt4 § 93 Rdn 122) in dem Sinn, dass er unter keinen Umständen und zu keinem Zeitpunkt den Versuch einer Unternehmensübernahme abwehren darf. 3 0 6 Die „Neutralitätspflicht" ist äußerst umstritten. Das betrifft bereits ihre dogmatische Grundlage (gesellschaftsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Über302

303

304 305

Hopt Z H R 166 (2002) 383, 421 ff; zurückhaltend auch Kiem ZIP 2000, 1509, 1512 f. Insofern wie hier KK/Mertens 2 26; Immenga AG 1992, 79, 81; weitgehend auch Hopt in: FS Lutter 2000 S 1361, 1379 ff; ders ZGR 1993, 534, 548 ff; Schänder Betriebs-Berater 1997, 1801, 1804; anders hingegen Martens in: FS Beusch 1993 S 529, 542 ff sowie Adams AG 1990, 243, 245 f; zurückhaltend auch LG Aachen AG 1992, 410, 413. Schander/Posten ZIP 1997, 1534, 1535 f. Für eine strikte Neutralitätspflicht Hopt in: FS Zöllner 1998 S 253, 256; Altmeppen ZIP 2001, 1073; Diemke/Heiser N Z G 2001, 241, 243 ff; Merkt Z H R 165 (2001) 224, 234 ff; Wackerbarth W M 2001, 1741, 1742 ff; weitgehend auch Lammers Verhaltenspflichten von Verwaltungsmitgliedern bei Ubernahmeauseinandersetzungen 1994 S 130 ff; Baudisch/Götz AG 2001, 251 u 254; weitgehend für eine Neutralitätspflicht auch Mülbert IStR 1999, 83, 87 ff sowie

Mülbert/Birke W M 2001, 705, 709 ff; ebenfalls Mühle Das Wertpapiererwerbs- und Ubernahmegesetz im Schnittfeld zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unter besonderer Berücksichtigung des ökonomischen Rahmenbezugs 2002 S 298 ff; rechtsvergleichend auch Rümker in: FS Heinsius 1991 S 683, 688 ff; kritisch gegenüber dem Postulat einer Neutralitätspflicht Hüffers 15d; Martens in: FS Beusch 1993 S 529; Thümmel Der Betrieb 2000, 461, 462 f; Witte Betriebs-Berater 2001, 2161, 2164 f; zurückhaltend auch Sünner in: FS Quack 1991 S 457, 467; Kirchner AG 1999, 481, 486 ff; ders W M 2000, 1821; Bungert NJW 1998, 488, 491 f; Horn ZIP 2000, 473, 481 ff; differenzierend KirchnerIVaintner European Business Organisation Law Review 1 (2000) 353, 357 ff. 306

Differenzierend Kort in: FS Lutter 2000 S 1421, 1426 ff; einschränkend auch Landl Hasselbach Der Betrieb 2000, 1747, 1752 sowie Land Der Betrieb 2001, 1707, 1711 f.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

(lié)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

legungen; 3 0 7 echte Organpflicht oder negative Kompetenznorm), ferner Art und Ausmaß der aus ihr abzuleitenden Gebote und Verbote sowie die Frage des Rechtsschutzes der Aktionäre. 3 0 8 Letztlich ist der Begriff „Neutralitätspflicht" insofern irreführend, als dass sie eher ein Verbot für den Vorstand enthält, den Erfolg des Übernahmeangebots zu vereiteln (Vereitelungsverbot), als ein Gebot, sich bei (feindlichen) Übernahmeversuchen neutral (positionslos) zu verhalten. 3 0 9 Eine umfassende und durchgängig bestehende Neutralitätspflicht lässt sich auch nicht aus dem Bestehen eines „Marktes für Unternehmensübernahmen" herleiten. 310 Ob ein solcher „Markt" angesichts des regelmäßigen Fehlens konkurrierender Angebote überhaupt existiert, ist gerade fraglich. Auch dienen Übernahmen keineswegs durchgängig dazu, schwach positionierte und schlecht geführte Unternehmen durch eine Ersetzung eines „schlechten" durch ein „gutes" Management neu zu ordnen. Ferner ist die wirtschaftliche Stärkung von Unternehmen durch Übernahmen alles andere als durchgängig zu verzeichnen. Vielfach kommt es durch Übernahmen sogar zu „Kollateralschäden" von Bieter- und Zielgesellschaft. 311 Auch führen nach neueren empirischen Erhebungen Übernahmen häufig nicht zu Aktienkurssteigerungen, sondern im Gegenteil zu anhaltenden Rückgängen der Aktienkurse. Davon, dass Übernahmen die soziale Wohlfahrt „in der Regel steigern", 3 1 2 kann angesichts jüngerer Erfahrungen und empirischer Untersuchungen (2001/2002) nicht die Rede sein. Der Vorstand der Zielgesellschaft muss, falls keine spezialgesetzlichen (Übernahmerechtlichen) Vorschriften einschlägig sind, im Interesse der Gesellschaft, der Aktionäre und der Arbeitnehmer 313 handeln. Eine streng verstandene Neutralitätspflicht des Vorstands außerhalb der im WpÜG behandelten Phase eines öffentlichen Übernahmeangebots gibt es nicht. Vielmehr bestehen außerhalb dieser Phase zahlreiche Prophylaxemöglichkeiten gegen feindliche Ubernahmeversuche, so - neben Kommunikationsmaßnahmen - der Rückkauf eigener Aktien zur Stabilisierung des Börsenkurses (dazu unten Rdn 104), die Umwandlung von Inhaberaktien in (nicht vinkulierte) Namensaktien, ferner Überkreuz- und Ringverflechtungen, stimmrechtslose Vorzugsaktien, qualifizierte Mehrheitserfordernisse für die vorzeitige Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern sowie gestaffelte Amtszeiten und die Aufstellung persönlicher Voraussetzungen für Organmitglieder und schließlich bestimmte Wahlregelungen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern. 314 Nur in Ausnahmefällen kann der Vorstand zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs verpflichtet sein. 315 Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die geplante Übernahme der AG rechtswidrigen Zielen dient, etwa eine Ausrichtung des Unternehmens auf verbotene Rüstungsproduktionsgeschäfte oder auf Geldwäschegeschäfte geplant ist. Außerdem hat der Vorstand dann ein Recht und eine Pflicht zur Abwehr, wenn die Stellung des Erwerbers die Marktstellung der Zielgesellschaft mit großer Wahrscheinlichkeit negativ beeinflussen würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein politisch exponierter Staat, der aus deutscher Sicht als undemokratisch oder sogar als dikta-

307 308

309

310

(117)

Hüffer3 15d. Dazu jeweils mwN Krause N J W 2 0 0 2 , 705, 711. Krause NJW 2 0 0 2 , 705, 711; ders AG 2 0 0 0 , 217, 219; Grunewald AG 2001, 288, 2 8 9 ; Maier-Reimer Z H R 165 (2001) 258, 2 5 9 ff. Dazu - auch rechtsvergleichend - Hopt ZGR 1993, 534, 5 4 0 ff; aus ökonomischer Perspektive Kirchner/Ehricke AG 1999, 105, 112 ff; ferner Krause AG 2 0 0 0 , 217,

311 312 313 314

315

218 f und Kübler Gesellschaftsrecht5 § 34 VII 1; kritisch Zöllner/Noack AG 1991, 117, 126 f und U H Schneider AG 2 0 0 2 , 125 f. U H Schneider AG 2 0 0 2 , 125 f. So Mülbert/Birke W M 2001, 705, 709. AA Wackerbarth W M 2001, 1741, 1744. Zur Prophylaxe im einzelnen Krause AG 2 0 0 2 , 133, 137 ff. Noch enger Hopt ZGR 1993, 534, 5 4 2 ff, 548 ff.

Michael Kort

102

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

torisch gilt, sich direkt oder indirekt einkaufen will. Dasselbe gilt für andere staatliche öffentliche Institutionen. Auch Private können ein derartig negatives Image haben, dass der Vorstand berechtigt und verpflichtet ist, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, zB wenn sich - ein eher theoretischer Fall - eine Mafia-Organisation oder eine (sonstige) terroristische Organisation an einem Unternehmen beteiligen will. 316 In solchen Fällen ist der Vorstand bereits in einer frühen Phase des Übernahmeversuchs berechtigt und im Allgemeinen sogar verpflichtet, aktiv Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Nicht erst durch die Abgabe des Übernahmeangebots selbst oder gar durch die Übernahme, sondern bereits in deren Vorfeld droht nämlich der AG die Gefahr eines Imageschadens, die der Vorstand abwenden muss. Allerdings muss der Vorstand sorgfältig abwägen, ob tatsächlich ein solcher Imageschaden in Betracht kommt. So ist nicht jede Beteiligung eines Staates mit Demokratiedefizit an einer deutschen AG per se imageschädigend, vielmehr ist es durchaus umgekehrt denkbar, dass die Abwehr entsprechender Übernahmeangebote als ausländer- oder auslandsfeindlich ausgelegt werden könnte und dementsprechend gerade durch die Abwehr ein Imageschaden entstehen kann. 3 1 7 103

Bei drohender Veränderung der Liquiditätslage beim Zielunternehmen kann der Vorstand berechtigt sein, ein Übernahmeangebot abzuwehren. Die Aktivierung stiller Reserven, das Ausnutzen von Liquiditätsreserven oder die Aktivierung eines „schlummernden" Synergiepotentials sind auch bei feindlichen Unternehmensübernahmen mögliche Folgen der Übernahme, die der Vorstand des zu übernehmenden Unternehmens bei seiner Entscheidung, ob er Abwehrmaßnahmen ergreifen will oder nicht, zu berücksichtigen hat. Der Vorstand unterliegt in solchen Fällen keinem Neutralitätsgebot. 3 1 8 d) Erwerb eigener Aktien und Genehmigtes Kapital

104

Ex-ante-Verteidigungen (Pre-Bid-Defenses) werden vom W p Ü G nicht erfasst 3 1 9 (dazu schon oben Rdn 102). Viele präventive Maßnahmen zur Abwehr von Übernahmeversuchen erfordern allerdings eine Beteiligung der Hauptversammlung. 3 2 0 Das gilt etwa für die durch das KonTraG 1998 geschaffene, wenn auch angesichts von § 71 Abs 2 Satz 1 AktG nicht sehr effektive Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien durch den Vorstand aufgrund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung (§ 71 Abs 1 Nr 8 AktG), 3 2 1 die neben die Möglichkeit tritt, eigene Aktien der AG zu erwerben, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden (§ 71 Abs 1 Nr 1 AktG). 3 2 2 Eine Maßnahme aufgrund von § 71 Abs 1 Nr 1 AktG erfordert hingegen keine Beteiligung der Hauptversammlung. Ein Übernahmeversuch ist allenfalls ganz ausnahmsweise als drohender Schaden iS von § 71 Abs 1 Nr 1 AktG anzusehen, 3 2 3 so vor allem dann, wenn der Erwerber die Übernahme plant, um die Zielgesellschaft

316

Y.K1Mertens2 2 6 ; van Aubel Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten 1 9 9 5 S 31.

317

νan Aubel Vorstandspflichten bei Übernahmeangeboten 1 9 9 5 S 4 4 .

318

Insofern aA K K / M e r t e n s 1 2 6 .

319

So bereits zum Diskussionsentwurf des W p Ü G Hopt in: FS Koppensteiner 2 0 0 1 S 61, 85; zum W p Ü G auch Bayer Z G R 2 0 0 2 , 5 8 8 , 618.

320

Dazu - auch rechtsvergleichend - bereits Τ C I'aefgen AG 1991, 189.

321

Dazu M Wolf AG 1 9 9 8 , 2 1 2 , 2 1 8 f und Kellerhals/Rausch AG 2 0 0 0 , 2 2 2 .

322

Z u r beschränkten Effektivität von § 71 Abs 1 N r 1 AktG A Klein N J W 1997, 2083, 2087.

323

Rümker in: FS für Heinsius 1 9 9 1 S 6 8 3 , 6 8 8 ; Beckmann Übernahmeangebote in Europa 1 9 9 5 S 8 8 ; Daum Die unkoordinierte Übernahme einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht 1 9 9 3 S 175 f; Michalski AG 1 9 9 7 , 1 5 2 , 155.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(118)

§76

Erster Abschnitt. Vorstand vom M a r k t

zu verdrängen

oder auszuplündern. 3 2 4

Nach

Abgabe

des

Übernahme-

angebots ist ein E r w e r b eigener Aktien nur unter den Bedingungen des W p Ü G mögl i c h . 3 2 5 Keinesfalls darf ein E r w e r b eigener Aktien durch eine N i c h t b a n k zur bloßen Kurspflege e r f o l g e n , 3 2 6 und zwar unabhängig davon, o b ein feindlicher Ü b e r n a h m e versuch vorliegt oder nicht. Aktienrechtlich ist § 71 A k t G keine Differenzierung danach zu entnehmen, dass etwa Kursbeeinflussungen „nach o b e n " zur A b w e h r drohender Ü b e r n a h m e n zulässig w ä r e n . 3 2 7 Das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz 2 0 0 2 sieht n u n m e h r ein grundsätzliches, kapitalmarktrechtlich geprägtes Verbot manipulativer Kursbeeinflussungen v o r . 3 2 8 Auch ein indirekter E r w e r b eigener Aktien nur unter den Bedingungen des durch ein mit der A G geschäftlich verbundenes Kreditinstitut zur Kurspflege zwecks A b w e h r von Übernahmeversuchen ist nicht von § 71 A b s 1 N r 1 A k t G gedeckt.329 Eine weitere M a ß n a h m e zur e x - a n t e - A b w e h r feindlicher Ü b e r n a h m e n vor A b g a b e des Angebots ist das Genehmigte Kapital, bei dem nach §§ 2 0 2 ff A k t G 3 3 0 dem Vorstand entweder in der ursprünglichen Satzung oder durch nachträgliche Satzungsänderung das R e c h t eingeräumt wird, das Grundkapital durch die Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen zu e r h ö h e n . 3 3 1 Die M ö g l i c h k e i t zur Ergreifung von A b w e h r m a ß n a h m e n wie dem Genehmigten Kapital besteht auch in der Angebotsphase. J e d o c h unterliegen A b w e h r m a ß n a h m e n in der Angebotsphase stets dem gegenüber den allgemeinen aktienrechtlichen N o r m e n vorrangigen § 3 3 W p Ü G mit der Folge, dass bei ihnen, zB beim Genehmigten Kapital, zusätzlich zu den aktienrechtlichen Erfordernissen die Voraussetzungen des § 3 3 W p Ü G erfüllt sein m ü s s e n . 3 3 2

105

e) Stellungnahme N a c h § 2 7 W p Ü G haben sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft eine begründete Stellungnahme zum Ü b e r n a h m e a n g e b o t a b z u g e b e n . 3 3 2 3 Diese muss nach § 2 7 A b s 1 W p Ü G nicht nur auf die Art und H ö h e der Gegenleistung, die voraussichtlichen Folgen für die Zielgesellschaft und ihre Beschäftigten sowie die v o m Bieter verfolgten Ziele eingehen, sondern auch darauf, o b Vorstandsmitglieder (und Aufsichtsratsmitglieder), so weit sie selbst A k t i o n ä r e der Zielgesellschaft sind, in ihrer Aktionärseigenschaft das A n g e b o t annehmen wollen oder nicht.

106

Die Regelung einer solchen Stellungnahmepflicht im W p Ü G ist zu begrüßen. Sie k o n kretisiert für das Ü b e r n a h m e a n g e b o t allerdings bloß die ohnehin schon aus allgemeinen

107

aktienrechtlichen Überlegungen resultierende Pflicht zur Stellungnahme, die sich auch auf Änderungen des Angebots und eventuell konkurrierende Ü b e r n a h m e a n g e b o t e erstrecken m u s s . 3 3 3

324

325 326

327 328 329 330

Hüffer5 § 71 Rdn 9; ähnlich Ebenroth/Rapp DWiR 1991, 2, 5; sehr zurückhaltend Hopt in: WM-Festgabe für Heinsius WM-Sonderheft 25. 9.1991 S 22, 27. Kort in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1421, 1428 f. S Begr RegE bei Kropff AktG 1965 S 91; Hüffers § 71 Rdn 10. AA Ekkenga WM 2002, 317, 319 f. Ekkenga W M 2002, 317, 318 f. AA F A Schäfer WM 1999, 1345, 1346 f. Dazu allg Ekkenga AG 2001, 567 ff und 615 ff.

(119)

331

332

332a 333

Dazu näher Hopt in: WM-Festgabe für Heinsius WM-Sonderheft 25. 9.1991 S 22, 26 f; Kort in: FS für Lutter 2000 S 1421, 1430 ff. Hirte ZGR 2002, 623, 647 ff; in diese Richtung gehend auch Zschocke Der Betrieb 2001, 79, 83. Dazu Hopt ZHR 166 (2002), 383, 418 ff. Hopt ZGR 1993, 534, 556; ders ZHR 161 (1997) 368, 411; ders in: FS Lutter 2000 S 1361, 1380; Kort in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1421, 1438; Krause AG 2000 217, 220.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

108

Die Stellungnahme kann die Einholung eines Sachverständigengutachten, etwa eines Wirtschaftsprüfers oder einer Investmentbank, erfordern. 3 3 4 Für die Stellungnahme zur Art und Höhe der Gegenleistung muss der Vorstand der Zielgesellschaft alle ihm verfügbaren Informationen bekannt machen, es sei denn, die Geheimhaltungspflichten stehen dem entgegen. 3 3 5

109

Der Pflicht zur Abgabe einer Stellungnahme nach § 2 7 W p Ü G steht nicht das Verbot der Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises entgegen, denn dieses allgemeine Verbot schließt nur eine direkte, aktive Beeinflussung des Aktionärskreises

f) Werbung 110

Die Werbung für oder gegen das Zustandekommen einer Übernahme wird im W p Ü G in dessen § 2 8 nur partiell geregelt: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kann bestimmte Arten der Werbung in Zusammenhang mit Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren nach Anhörung des Beirats (§ 5 WpÜG) untersagen, um Missständen zu begegnen. In Zusammenhang mit Übernahmeversuchen sind sowohl der Vorstand des Bieters als auch der Vorstand der Zielgesellschaft im Rahmen ihres unternehmerischen Ermessens berechtigt, Werbekampagnen durchzuführen. 3 3 7 Im Allgemeinen dürfen sowohl der Vorstand des Bieters als auch der Vorstand der Zielgesellschaft auch nach Abgabe des Übernahmeangebots Werbekampagnen für bzw gegen das Zustandekommen einer Übernahme ohne Beteiligung der jeweiligen Hauptversammlung durchführen. Diese Werbekampagnen müssen sich im Rahmen des jeweiligen Unternehmensinteresses halten. Ob die Kosten „positiver", also den Übernahmeversuch befürwortender, oder „negativer" (Abwehr-) Kampagnen der Bieter- bzw der Zielgesellschaft noch im Rahmen des jeweiligen Unternehmensinteresses liegen, beurteilt sich nicht nur nach den Umsatz- und Ertragszahlen der betroffenen Gesellschaft, sondern auch nach dem Volumen des Takeover selbst. Hierbei kann eine Rolle spielen, zu welchen Werbemaßnahmen die Gegenseite greift (Stichwort „Waffengleichheit", falls es sich um eine feindliche Übernahme handeln sollte), sowie ferner, ob Abwehrmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit einer Heraufsetzung des Angebots erhöhen. 3 3 8

111

Entscheidungen des Vorstands der Zielgesellschaft über Werbemaßnahmen und über die gezielte Information bestimmter Aktionärsgruppen („Road Shows") sowie die Einnahme bestimmter Positionen gegenüber dem Management des potentiellen Übernehmers sind in der Regel Leitungsaufgaben des Vorstands, 3 3 9 nicht aber Maßnahmen, die der Kompetenz der Hauptversammlung unterfallen. 3 4 0 Ein aus bürgerlich-rechtlichen Normen abgeleiteter oder aus actio pro socio (allgemeine Aktionärsklage, s dazu vor § 76 Rdn 64) resultierender Unterlassungsanspruch einzelner Aktionäre gegen solche Werbe- und Marketingmaßnahmen des Vorstands besteht daher im allgemeinen nicht. 3 4 1 334

Hopt in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1361, 1381.

335

Hopt in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1361, 1381. Kort in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1 4 2 1 , 1 4 3 9 ; Tröger D Z W I R 2 0 0 2 , 3 5 3 , 3 6 2 .

336

337

S etwa Hopt in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1361, 1 3 8 2 f; Horn ZIP 2 0 0 0 , 4 7 3 , 4 8 2 ; Kort in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1 4 2 1 , 1 4 3 9 ff; Krause AG 2 0 0 0 , 217, 2 1 9 f; Thümmel Der Betrieb 2 0 0 0 , 4 6 1 , 4 6 2 ; Winter/Harbarth ZIP 2 0 0 2 , 1, 16.

338

Horn ZIP 2 0 0 0 , 4 7 3 , 4 8 2 .

339

Insofern missverständlich LG Düsseldorf AG 2 0 0 0 , 2 3 3 , 2 3 4 , w o von „gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen" die Rede ist.

340

So zutreffend LG Düsseldorf AG 2 0 0 0 , 2 3 3 , 2 3 4 ; Krause AG 2 0 0 0 , 2 1 7 ; Körner Der Betrieb 2 0 0 1 , 367, 3 6 9 ; strenger Krieger Z H R 1 6 3 ( 1 9 9 9 ) 3 4 3 , 3 5 8 sowie Bayer N J W 2 0 0 0 , 2609, 2611.

341

LG Düsseldorf AG 2 0 0 0 , 2 3 3 , 2 3 4 .

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(120)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Auch Werbemaßnahmen können allerdings - obwohl im allgemeinen keine Beteiligung der Hauptversammlung geboten ist - ausnahmsweise der Zustimmung der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats nach § 33 WpÜG bedürfen, wenn sie entweder Abwehrmaßnahmen gegen ein bereits vorliegendes Übernahmeangebot darstellen und insofern übernahmerechtlich eine Beteiligung der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats erforderlich ist, oder wenn die Maßnahmen von so erheblichem Gewicht sind, dass eine Beteiligung der Hauptversammlung angesichts der „Holzmüller"-Doktrin (dazu oben Rdn 80) geboten ist. In „Holzmüller"-Fällen besteht ebenso wie in Fällen, in denen eine Verletzung der Mitgliedschaft des Aktionärs (zB gem § 53a AktG) vorliegt, ausnahmsweise ein Unterlassungsanspruch des einzelnen Aktionärs gegen Werbe- und Marketingmaßnahmen. 3 4 2 Die Bedeutung der Werbemaßnahmen und damit die Frage, ob die Hauptversammlung ausnahmsweise zu beteiligen ist, bemisst sich dabei nicht nur nach dem Umfang der Kosten für die Maßnahmen, sondern auch nach der potentiellen Auswirkung der Werbemaßnahme auf Erfolg oder Scheitern der Übernahme. g) Erfolgszahlungen und ähnliche Geldleistungen an Vorstandsmitglieder Einer besonders kritischen Beobachtung muss das Vorstandsverhalten bei Übernahmeversuchen unterliegen, wenn im Falle des Erfolgs der Übernahme hohe Erfolgszahlungen (bzw Abfindungszahlungen) an Vorstandsmitglieder der Bieter- und insbesondere der Zielgesellschaft zu erwarten sind. Auch hierzu enthält das WpÜG lediglich eine partielle Regelung in § 33 Abs 3 . 3 4 2 a Danach ist es dem Bieter und mit ihm gemeinsam handelnden Personen verboten, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft in Zusammenhang mit dem Angebot „ungerechtfertigte" Geldleistungen oder andere ungerechtfertigte geldwerte Vorteile zu gewähren oder in Aussicht zu stellen. In Erwartung von Geldleistungen ist es dem Vorstand der Zielgesellschaft im Übrigen aber nicht verwehrt, Maßnahmen zu ergreifen, die ein Zustandekommen der Übernahme wahrscheinlich machen. Es kann in einem solchen Fall nicht prima facie angenommen werden, dass die Förderung oder Herbeiführung des Erfolgs der Übernahme pflichtwidrig der Verfolgung eigener Belange (Abfindungszahlung), nicht aber dem Unternehmensinteresse dient. Derartige Abfindungszahlungen müssen sich jedoch an § 87 Abs 1 AktG messen lassen. Ferner kann die Zahlung der Abfindung durch den Bieter - je nach den Umständen des Einzelfalls - nicht nur gegen § 33 Abs 3 WpÜG verstoßen, sondern auch strafrechtlich relevant sein. 3 4 3

112

Gerechtfertigt sind hingegen Zusagen an den Vorstand der Zielgesellschaft aus sachlieh nachvollziehbaren Gründen, so etwa das Inaussichtstellen einer Weiterbeschäftigung. Zulässig in den durch § 87 AktG vorgesehenen Grenzen sind ferner solche „Change of Control"-Klauseln in den Anstellungsverträgen von Vorstandsmitgliedern, die für den Fall des Kontrollwechsels der Gesellschaft (etwa im Zuge einer Übernahme) finanzielle Leistungen an dem Vorstand der Zielgesellschaft - meistens, aber nicht stets, für den Verlust des Vorstandsamtes - vorsehen. Der Umfang des Leistungsversprechens in solchen „Change of Control "-Klauseln unterliegt einer Angemessenheitskontrolle anhand aller Umstände des Einzelfalls. 344

113

342

342a

(121)

Ähnlich Hopt in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1361, 13 98. Dazu Hopt Z H R 166 (2002) 383, 4 2 9 f.

343 344

Hierzu Burgard W M 2 0 0 0 , 611, 612. Dreher AG 2 0 0 2 , 214, 223.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

h) Absicherung gegen das Scheitern von Unternehmenskäufen und von Ubernahmeversuchen 114

Für den Fall des Scheiterns von Unternehmenskäufen oder Übernahmeversuchen werden in der angloamerikanischen Rechtspraxis oft Break Fees (auch Termination Fees, Inducement Fees, Broken Deal Fees) vereinbart, dh ein pauschalierter Ausgleich, der derjenigen Seite gewährt wird, die für das Scheitern der Transaktion nicht verantwortlich ist. Derartige Vereinbarungen sind auch nach deutschem Recht möglich, 345 so weit sie sich in Grenzen halten, also im Wesentlichen in einer Art pauschalierter Kostenerstattung bestehen. Gehen sie hingegen deutlich darüber hinaus, so legen sie den Vorstand faktisch fest 3 4 6 und sind unzulässig. Handelt es sich um Fees in einer solchen Höhe, dass die Fees zwar noch als eine Art Kostenerstattung anzusehen sind, aber dennoch beträchtlich (etwa im Verhältnis zu den gesamten Transaktionskosten) sind, so binden solche Vereinbarungen eine AG unabhängig davon, ob die Gesellschaft als Bieter oder als Zielgesellschaft fungiert, in einem so erheblichen Ausmaß, dass - unabhängig von übernahmerechtlichen Vorgaben (§§ 27, 33 WpÜG) - eine Beteiligung der Hauptversammlung an derartigen Vereinbarungen über Break Fees geboten ist. 347 Der Vorstand darf in solchen Fällen erheblicher Fees nicht allein handeln. i) Durchführung der Übernahme

115

Die Vorstände der beteiligten Unternehmen sind auch im Übrigen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das Übernahmeverfahren korrekt durchgeführt wird und die Vorgaben des Übernahmegesetzes eingehalten werden. Andernfalls können sie sich gem § 93 AktG schadensersatzpflichtig machen. j) Europäisches Übernahmerecht aa) Entwicklung

116

117

Auf europäischer Ebene sollen die Vorstandspflichten bei Übernahmeversuchen in einer dreizehnten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie aufgenommen werden. Das Projekt einer dreizehnten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie hat eine lange Geschichte, 348 die mit einem ersten Vorschlag, dem Pennington-Entwurf, bereits 1974 begann. 1989 wurde ein zweiter Entwurf, seinerseits revidiert 1990, vorgelegt. Im Jahr 1994 wurde eine angesichts des Subsidiaritätsprinzips nur noch als „Rahmenrichtlinie" konzipierte Version vorgelegt, die 1997 geändert wurde. Am 4.7.2001 scheiterte ein Vorschlag für eine dreizehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie über öffentliche Übernahmeangebote. Bereits am 13.12.2000 war der gemeinsame Standpunkt des Rates von Juni 20 0 0 3 4 9 vom Europäischen Parlament ua deshalb abgelehnt worden, weil der Parlamentsmehrheit die im Ratstext vorgesehene Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft zu weit ging. Im Vermittlungsverfahren konnte sich zwar die Ratsposition im Wesentlichen durchsetzen, der Vermittlungsvor-

345

346 347

348

Sieger/Hasselbach Betriebs-Berater 2000, 625; rechtsvergleichend Hopt Z G R 2002, 333, 361 ff. S auch Hopt ZGR 2002, 333, 363. Teilweise aA Sieger/Hasselbach BetriebsBerater 2000, 625, 627. Dazu Merkt Z H R 165 (2001),224, III ff; Krause ZGR 2002, 500 ff; Mühle Das

345

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Schnittfeld zwischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unter besonderer Berücksichtigung des ökonomischen Rahmenbezugs 2002, 530 ff. Gemeinsamer Standpunkt des Rates zur 13. Richtlinie, abgedruckt in AG 2000, 296; dazu Neye AG 2000, 289.

Stand: 1. 12. 2002

(122)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

schlag 3 5 0 fand aber am 4.7.2001 nicht die nötige Mehrheit. Für das Vorstandsverhalten sah der gescheiterte Kompromissvorschlag, insofern im Wesentlichen der Ratsposition im gemeinsamen Standpunkt von Juni 2000 entsprechend, eine ziemlich strikte Neutralitätspflicht des Vorstands der Zielgesellschaft vor: Während des Angebotszeitraums sollten Abwehrmaßnahmen außer der Suche nach einem konkurrierenden Angebot (White Knight) grundsätzlich nur mit Zustimmung der Hauptversammlung zulässig sein (Art 9 Abs l a ) . Ferner dürften nach dem Kompromissvorschlag die vor einem Angebot gefassten Organbeschlüsse durchgeführt werden, falls sie zum normalen Geschäftsbetrieb gehören und das Angebot nicht hinfällig ist (Art 9 Abs 1 b). Außerdem war vorgesehen, dass die Zielgesellschaft eine Stellungnahme zum Angebot veröffentlicht, die auch auf die Auswirkungen auf sämtliche Interessen der Gesellschaft einschließlich der Beschäftigten eingeht (Art 9 Abs 1 d) und auch auf die strategische Planung und die Folgewirkung auf Arbeitsplätze und Standorte. Es war ferner vorgesehen, dass die Arbeitnehmer von den Auswirkungen der Unternehmensübernahme zu unterrichten sind und deren etwaige eigene Stellungnahme der Stellungnahme der Zielgesellschaft beizufügen ist. Die Ablehnung dieses Kompromissvorschlags am 4. 7.2001 beruhte vor allem auf der deutschen Haltung. Deutschland hatte schon vor In-Kraft-Treten des WpÜG mit dem KonTraG 1998 die wirksamsten gesellschaftsrechtlichen Abwehrmittel der Zielgesellschaft bei Übernahmeversuchen abgeschafft und damit einen „Markt für Unternehmensübernahmen" geschaffen. Andere Mitgliedsstaaten, wie etwa Frankreich und Italien, sehen hingegen nach wie vor Abwehrmittel wie „Golden Shares" oder Höchstund Mehrfachstimmrechte in erheblichem Umfang vor. Deutschland befürchtete zwischenzeitlich, dass der Vermittlungsvorschlag vom Sommer 2001 trotz der Bindung des Vorstandshandelns der Zielgesellschaft an eine Hauptversammlungsentscheidung die Ungleichgewichtlage in Europa (Deutschland: weitgehende Einschränkung von Abwehrmitteln; andere Mitgliedsländer trotz des Eintretens für eine weitgehende Neutralität des Vorstands der Zielgesellschaft nach europäischem Recht: teilweise noch erhebliche Abwehrmittel zulässig) zementiert hätte. 351

118

Bereits kurz nach Scheitern des Vermittlungsvorschlags am 4. 7.2001 wurde eine unabhängige Expertengruppe von der Kommission eingesetzt, die Vorschläge für einheitliche Rahmenbedingungen für eine dreizehnte gesellschaftsrechtliche Richtlinie unterbreiten sollte. Nachdem die Expertengruppe Anfang 2002 Empfehlungen ausgesprochen hat, 3 5 2 hat die Kommission nach intensiver Diskussion mit den Regierungen der Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament am 2 . 1 0 . 2 0 0 2 einen erneuten Vorschlag einer dreizehnten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vorgelegt. 3523 Hauptstreitpunkt ist nach wie vor die Frage, ob bzw inwiefern der Vorstand der Zielgesellschaft in Übernahmesituationen zur Neutralität verpflichtet ist. 353 Probleme bereiten weiterhin die unterschiedlichen Standards in den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten, was Stimmrechtsbeschränkungen, Mehrfachstimmrechte und staatliche „Golden Shares" betrifft. Der neue Kommissions Vorschlag klammert allerdings die Regelung von „Golden Shares" (dazu unten Rdn 120) aus. Aus deutscher Sicht problematisch ist insbesondere, dass das

119

350

351

352

Abgedruckt in ZIP 2001, 1123; dazu Neye ZIP 2001, 1120. Wiesner in: Beilage 8 zu Betriebs-Berater Heft 44 2001 S 5. Report of the High Level Group of Company Law Experts on issues related to takeover bids, Brüssel 10.1.2002 (Home-

(123)

352a

353

page der Europäischen Kommission (GD Markt)). KOM (2002) 534; dazu Krause BetriebsBerater 2002, 2341 und Wägenbaur ZRP 2002, 494. Dazu Merkt Z H R 165 (2001) 224, 232 ff; Winter/Harbarth ZIP 2002, 1, 2 f.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

am 1 . 1 . 2 0 0 2 in Kraft getretene WpÜG in wichtigen Punkten den Vorschlägen der Expertengruppe sowie dem neuen Kommissionsvorschlag vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 entgegensteht. So hatte die Expertengruppe empfohlen, die im deutschen Gesetz erlaubte Möglichkeit, dass der Vorstand der Zielgesellschaft Abwehrmaßnahmen mit vorheriger Zustimmung von Hauptversammlung oder Aufsichtsrat ergreifen kann (§ 33WpÜG), in der Richtlinie nicht zuzulassen. So soll nach dem Vorschlag der Expertengruppe für den Fall, dass die Anteile des Bieters an der Zielgruppe eine bestimmte Schwelle, zB 75 % erreichen, eine „Durchbruchsregelung" für den Bieter dahingehend besteht, dass dieser alle Hürden für die Ausübung seiner Stimmrechte durchbrechen kann. Sollte demgemäß ein Bieter 75 % der Anteile erwerben, sollen nach den Vorschlägen der Expertengruppe „Golden Shares", Stimmrechtsbeschränkungen und ähnliche Sonderregeln zum Schutz vor feindlichen Übernahmeversuchen ausgesetzt werden. Solche Sonderregeln sieht aber zB das deutsche Volkswagen-Gesetz vor, dessen Europarechtskonformität sehr fragwürdig ist. 3 5 3 a Der neue Vorschlag der Kommission vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 enthält allerdings entgegen dem Vorschlag der Expertengruppe keine Suspendierung von Mehrstimmrechten. bb) Verhältnis zum deutschen Recht 120

Auch sollen nach den Vorschlägen der Expertengruppe sowie nach dem neuen Kommissionsvorschlag vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 (dazu Rdn 119) die nach § 33 Abs 2 WpÜG möglichen Vorratsbeschlüsse der Hauptversammlung der Zielgesellschaft zur Abwehr feindlicher Übernahmeversuche (dazu oben Rdn 96) entfallen. Sollte der Vorschlag der Kommission umgesetzt werden, hätte das deutsche WpÜG mithin einen schweren europapolitischen Geburtsfehler. 354 Unklar ist indessen der weitere Weg des europäischen Übernahmerechts, zumal angesichts von drei grundlegenden Entscheidungen des EuGH vom 4 . 6 . 2 0 0 2 zur Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit von „Golden Shares". 3543 „Golden Shares" als Abwehrmaßnahmen gegen Übernahmeversuche finden sich bei vielen Unternehmen der Bank-, Versicherungs-, Energie- und Verkehrsbranche, um die Interessen des jeweiligen Mitgliedsstaates an diesen Unternehmen zu schützen. In diesen drei Musterverfahren hatte die Kommission gegen Frankreich, Belgien und Portugal staatliche Sonderregeln zum Schutz vor Übernahmen als Verstoß gegen den freien Kapitalmarktverkehr moniert. Der Generalanwalt Colomer hatte in seinem Schlussantrag den Mitgliedsstaaten zwar ein Recht zu Übernahmebeschränkungen für Schlüsselbetriebe mit einem entsprechenden Staatsanteil oder für die Privatisierung ehemaliger Staatsunternehmen durch das Erfordernis von Regierungsgenehmigungen für den Verkauf größerer Aktienpakete zugestanden, solange damit keine Diskriminierung von Bietern aus anderen Mitgliedsstaaten verbunden sei. Der EuGH hat sich jedoch in der „Elf-Aquitaine"-Entscheidung vom 4 . 6 . 2 0 0 1 (Rs C-483/99) 355 gegen die Zulässigkeit von „Golden Shares" in privatisierten Unternehmen in Frankreich ausgesprochen. Ebenfalls für unzulässig hielt er „Golden Shares" in seiner Entscheidung vom 4. 6 . 2 0 0 2 in dem Verfahren gegen Portugal (Rs C-367/98). 3 5 6 In dem Verfahren gegen Belgien (Rs C-503/99) hat der EuGH in einer weiteren Entscheidung vom 4 . 6 . 2 0 0 2 3 5 7 hingegen „Golden Shares" zur Sicherung der Energieversorgung im Krisenfall für zulässig erachtet.

121

Insbesondere in Hinblick auf die in § 33 WpÜG im deutschen Recht eingeräumte Möglichkeit, dass der Vorstand Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmever353a

354 354a

Bayer Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 2289, 2291; Krause NJW 2 0 0 2 , 2747, 2 7 4 8 ff. Dazu Zschocke Der Betrieb 2 0 02, 79. Dazu Bayer Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 2 2 8 9 sowie Krause NJW 2 0 0 2 , 2747.

355 356 357

ZIP 2 0 0 2 , 1085. Betriebs-Berater 2 0 0 2 , 1282. ZIP 2 0 0 2 , 1090.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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suche mit bloßer Zustimmung des Aufsichtsrats (also ohne Zustimmung der Hauptversammlung) ergreifen kann, dürfte die deutsche Regelung der zu erwartenden Dreizehnten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie widersprechen. Dasselbe gilt für die nach deutschem Recht nach § 33 Abs 2 WpÜG eingeräumte Möglichkeit, Vorratsbeschlüsse zu fassen. 3 5 7 3 Gegen die Möglichkeit der Zulassung von Vorratsbeschlüssen spricht, dass Übernahmesituationen so individuell sind, dass erst dann, wenn ein Angebot konkret wird, eine Beurteilung durch die Aktionäre möglich ist. Ferner sollte nach zutreffender Auffassung der Expertenkommission in Zukunft in Europa für Übernahmeangebote das Gebot „One Share - One Vote" gelten, also „Golden Shares" oder Mehrfachstimmrechte sowie Stimmrechtsbeschränkungen ausgesetzt werden, dh Übernahmesituationen keine Rolle mehr spielen, wenn der Bieter 75 % des Kapitals der Zielgesellschaft erreicht hat. „Golden Shares" sollten allerdings auch nach Auffassung der Expertengruppe nicht generell unzulässig sein. Ausnahmen könnten etwa in der Rüstungsindustrie zugelassen werden. Nach dem Prinzip des „One Share - One Vote" könnten in Zukunft in Übernahmesituationen möglicherweise auch Genussrechtskapital oder stimmrechtslose Vorzugsaktien stimmberechtigt sein. Ferner wird sich im zukünftigen europäischen Richtlinienrecht die Frage stellen, ob der Bieter bei Überschreitung des Schwellenwerts von 75 % des Kapitals den nach deutschem Recht (§ 8 4 Abs 1 Satz 1 AktG) für fünf Jahre bestellbaren Vorstand vorzeitig abberufen kann. Abzuwarten bleibt das Schicksal nationaler Sondernormkomplexe wie dasjenige des deutschen Volkswagen-Gesetzes. Nach dem neuen Vorschlag der europäischen Kommission vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 sollen allerdings Mehrfachstimmrechte erhalten bleiben und das Schicksal der „Golden Shares" nicht in der Richtlinie angesprochen werden. cc) Wertung Der Vorschlag der Expertengruppe von Anfang 2 0 0 2 3 5 8 ist zu begrüßen, da er im Grundsatz die nationalen Sonderrechte unberührt lässt und damit den Versuch einer politisch (noch) nicht durchsetzbaren weitgehenden Rechtsangleichung vermeidet. Zuzustimmen ist der Expertengruppe, dass die Entscheidung über die Annahme oder die Abwehr des Übernahmeangebots bei den Anteilseignern liegen muss und nicht - wie im deutschen W p Ü G teilweise vorgesehen - beim Vorstand oder gar beim Aufsichtsrat. Dementsprechend sollten, wie nunmehr auch im neuen Vorschlag der europäischen Kommission vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 vorgesehen, Vorratsbeschlüsse unzulässig sein. Auch die Betonung des Prinzips „One Share - One Vote" im Vorschlag der Expertengruppe ist zu befürworten. Das betrifft insbesondere die Mitgliedstaaten, die - anders als Deutschland - noch in weitem Umfang Höchst- und Mehrstimmrechte zulassen. Auch ist es richtig, Kapitalanteile, die als Vorzugsaktien und Genussrechte ausgestaltet sind, dem Prinzip des „One Share - One Vote" zu unterwerfen und dementsprechend als stimmberechtigt anzusehen. Angesichts des erheblichen Widerstands, der von den entsprechenden Mitgliedstaaten zu erwarten ist, ist es auch richtig, der Empfehlung der Expertengruppe zu folgen, Sonderregeln einzelner Mitgliedsstaaten, die - wie das deutsche Recht im Volkswagen-Gesetz - „Golden Shares" vorsehen, nicht generell abzuschaffen, sondern nur für ihre Durchbrechung im Falle des Überschreitens der 75 %-Schwelle durch den Bieter zu sorgen. 3 5 9 Ferner ist es im Grundsatz richtig, dass der Bieter die Chance erhalten soll, dass Management der Zielgesellschaft fristlos ersetzen zu können, auch wenn dagegen an-

357a 358 359

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Krause Betriebs-Berater 2002, 2341 f. Dazu Wiesner ZIP 2002, 208. AA insofern Wiesner ZIP 2002, 208, 209 f

(Abschaffung der „Golden Shares" empfehlenswert).

Michael Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

gesichts der Bedeutung der Mitbestimmung für die Vorstandsbestellung und -abberufung von deutscher Seite ein erhebliches Widerstandspotenzial zu erwarten sein dürfte. Immerhin sieht der Vorschlag der Expertengruppe vor, dass Mitbestimmungsrechte unberührt bleiben sollten. Der neue Vorschlag der europäischen Kommission vom 2 . 1 0 . 2 0 0 2 berücksichtigt die Vorschläge der Expertengruppe von Anfang 2002 allerdings nur teilweise: So soll die „Durchbruchregelung", nach der bestimmte gesellschaftsrechtliche Übernahmehindernisse während des Übernahmeangebots suspendiert sein sollen, zwar für Stimmrechtsbeschränkungen (Höchststimmrechte) und Übertragungsbeschränkungen (Vinkulierungen) gelten, nicht aber für Mehrstimmrechte. 3 5 9 a k) Ausländisches Übernahmerecht 123

Viele europäische Rechtsordnungen kennen ein gesetzlich normiertes Übernahmerecht. 360 In Österreich existiert seit 1999 ein Übernahmegesetz. 361 Ferner finden sich Übernahmegesetzt oder Übernahmeverordnungen in Italien, 362 Frankreich, Spanien, 363 Belgien und der Tschechischen Republik. 3 6 4 Im Schweizer Recht finden sich in den Abschnitten 4 und 5 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) übernahmerechtliche Normen. 3 6 5 Das britische Recht wird durch den City Code on Takeovers and Mergers 3 6 6 geprägt, dem allerdings kein Rechtsnormcharakter zukommt, immerhin aber enthält er ein Durchsetzungsverfahren und Sanktionen. Die Rechtsordnungen der meisten Mitgliedsstaaten sehen ein Verbot der Frustrating Action vor. 367 Eine Art Neutralitätsgebot für den Vorstand in Übernahmesituationen findet sich in vielen ausländischen Rechtsordnungen, so in Österreich (§ 12 öst. ÜbernahmeG), in Belgien (Art 8, 14 und 15 des Arrêté Royal relatif aux offres publiques d'acquisition et aux modifications du contrôle des sociétés von 1989), in Italien (Art 104 Testo Unico Finanziario, legge no. 58/1998), in Spanien (Art 14 Real Decreto 1.197/1991 vom 26.7.1991), in Portugal, in Irland (Rule 21 der Irish Rules) und abgeschwächt in Frankreich (Art 3 Reglèment no 89-90 de la Commission des Opérations de Bourse vom 30.9.1989), in der Schweiz (Art 29 BEHG; A m 33 ff UEV-UEK 1997) und in Schweden. 368

359a 360

361

362

Kritisch Franz-Jörg Semler Betriebs-Berater 2002, Heft 46, Seite I. Eine Sammlung der nationalen Übernahmerechte der Mitgliedstaaten der EU und der Schweiz enthält Baums/Thoma (eds) Takeover Laws in Europe 2002 ff; rechtsvergleichend in Hinblick auf Pflichtangebote Wymeersch Z G R 2002, 520. ÖBGB11 1998 /127 idF ÖBGB11 1999/189; dazu S. Bydlinski/Winner ÖBA 1998, 913; Dorait in: FS für Kropff 1997 S 55; Kalss N Z G 1999, 421; Nowotny RdW 2000, 330; Nowotny/Stern RdW 1998, 655; Stockenhuber RIW 1999, 752; Winner/Gall wbl 2000, 1. Dazu Τ Schmidt AG 1999, 402; Diemer/ Hasselbach N Z G 2000, 824.

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364 365

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368

Ruiz/Pèris/Esban/Quesada Rev. Der. Bancario y Bursátil 1997, 399. Dazu Dedic/Buckova RIW 1999, 193. Dazu Schuster/Rudolf in: von Rosen/Seifert (Hrsg) Die Übernahme börsennotierter Unternehmen, DAI-Schriften zum Kapitalmarkt Bd 2 S 41, 55 f. Dazu Hopt in: FS Lutter 2000 S 1361, 1368 ff; Dorait GesRZ 2000, 197, 200 ff; Habersack/Mayer ZIP 1997, 2141, 2145; Drygala ZIP 2001, 1861, 1863. Dazu im einzelnen Hopt in: FS Lutter 2000 S 1361, 1368 ff. Dazu jeweils m w N Merkt Z H R 165 (2001) 224, 233.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§ 7 6

3. Due Diligence sowie Informations- und Geheimhaltungspflichten bei Unternehmenskäufen und Unternehmensübernahmen Bei von Unternehmenskäufen und Unternehmensübernahmen wird oft eine Prüfung der Zielgesellschaft durchgeführt, die so genannte „Due Diligence". 3 6 9 Bei Takeovers und anderen Formen der Unternehmensakquisition trifft den Vorstand des die Akquisition betreibenden Unternehmens regelmäßig eine Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence, und zwar sowohl im Vorfeld der Transaktion als auch bei ihrer Durchführung. Diese Pflicht kann entfallen, wenn das Management der Zielgesellschaft ihre Durchführung verweigert, 3 7 0 allerdings besteht dann oft auch eine Pflicht des Vorstands, von der Aquisition Abstand zu nehmen. Zeitmangel kann hingegen nur in ganz seltenen Ausnahmefällen die Verpflichtung zur Durchführung einer Due Diligence ganz entfallen lassen, 3 7 1 allerdings kann die Due Diligence in Eilfällen auf die Prüfung weniger Kernfragen beschränkt werden. Liegen Angebote unterschiedlicher Bieter vor, so hat der Vorstand der Zielgesellschaft, dessen Verhalten sich am Prinzip der Bietergleichbehandlung orientieren muss, dem konkurrierenden Bieter die Durchführung einer Due Diligence zu gestatten, falls er sie dem anderen Bieter gestattet. 3 7 2

124

Bei der Due Diligence geht es zum einen darum, dem potentiellen Erwerber den wirtschaftlichen Wert der Zielgesellschaft vor Augen zu führen und somit den Kaufpreis zu bestimmen, zum anderen - und in der Regel sogar in erster Linie - aber auch darum, die Zielgesellschaft als Kaufobjekt auf mögliche Sach- und Rechtsmängel zu untersuchen. Die Due Diligence hat somit, zumal ihre Ergebnisse oft Inhalt des Kaufvertrags werden, eine gewährleistungsrechtliche Funktion. Bei der Due Diligence werden dem potentiellen Käufer regelmäßig in einem Umfang Informationen zur Verfügung gestellt, dass er in vielen Fällen nach durchgeführter Due Diligence über die Zielgesellschaft genauso gut oder sogar besser informiert ist als deren eigenes Geschäftsführungsorgan.

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Hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen über die Zielgesellschaft (Grundstücke, Mietverträge, Altlasten, Umweltbeziehungen, Versicherungsverträge, Arbeitsund Dienstverträge, Verträge mit selbständigen Dritten, zB Franchisenehmern, Vertragshändlern etc) kann es einerseits zur Leitungsverantwortung des Vorstands der Zielgesellschaft gehören, über diese Vorgänge zu informieren, andererseits unterliegt der Vorstand hierbei regelmäßig verschiedenen arbeitsrechtlichen, datenschutzrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen, aktienrechtlichen und übernahmerechtlichen Geheimhaltungspflichten, die ihm im Rahmen seiner Leitungsaufgabe gerade eine Weitergabe von Unternehmensdaten an außenstehende Dritte, hier den potentiellen Erwerber, verbieten. 3 7 3 Bestehen keine ausdrücklichen, die Weitergabe von Informationen nicht mehr zulassenden Geheimhaltungspflichten, so hat der Vorstand der Zielgesellschaft die Risiken einer Informationserteilung für das Unternehmen (sowohl im Falle des Scheiterns des Unter-

126

369

Allg zur Due Diligence Behrens/Brauner (Hrsg) Due Diligence bei Unternehmensaquisitionen 2 1 9 9 9 passim; Merkt BetriebsBerater 1 9 9 5 , 1 0 4 1 ; ders W i B 1 9 9 6 , 1 4 5 ; ders Internationaler Unternehmenskauf 1 9 9 7 Rdn 6 0 2 ff; Stoffels Z H R 165 ( 2 0 0 1 ) 362.

370

Werner ZIP 2 0 0 0 , 9 8 9 , 9 9 6 .

371

Insofern anders als hier Werner ZIP 2 0 0 0 , 989, 994.

372

Fleischer ZIP 2 0 0 2 , 6 5 1 , 6 5 6 ; Hirte 2002, 623, 640.

(127)

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Dazu Großkomm A k t G / H o p t 4 § 9 3 Rdn 2 1 3 ; Hopt Z G R 2 0 0 2 , 3 3 3 ; Treeck in: FS Fikentscher 1 9 9 8 S 4 3 4 ; Lutter in: FS Schippel 1 9 9 6 S 4 5 5 , 4 6 2 ff; Meincke W M 1 9 9 8 , 749, 7 5 0 f; für die G m b H auch Götze, Z G R 1999, 2 0 2 ; eine „Durchbrechung" der Verschwiegenheitspflicht für möglich haltend Κ J Müller N J W 2 0 0 0 , 3 4 5 2 , 3 4 5 4 f.

ZGR

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

nehmenskaufs als auch im Falle der erfolgreichen Transaktion) gegen die Risiken einer Verweigerung der Erteilung von Informationen abzuwägen. 3 7 4 127

Bei der Entscheidung über die Zulassung der Due Diligence hat sich der Vorstand der Zielgesellschaft am Unternehmensinteresse, aus einer ex-ante-Sicht betrachtet, zu orientieren. 3 7 5 Für den Fall, dass ein Großaktionär einen Verkauf seines Aktienpakets anstrebt, lässt sich für die Pflichten des Vorstands zur Weitergabe vertraulicher Informationen an den potentiellen Käufer dieses Aktienpakets keine Regel dahingehend aufstellen, dass der Vorstand dann, wenn der Großaktionär kein herrschendes Unternehmen ist, nicht berechtigt ist, dem Großaktionär vertrauliche Informationen, die dieser seinerseits an den potentiellen Erwerber weitergeben kann, zur Verfügung zu stellen. 3 7 6 Derartige Differenzierungen lassen sich weder aus dem Gesetz noch aus allgemeinen Uberlegungen herleiten, vielmehr ist auf den Einzelfall abzustellen. Angesichts der Pflicht des Vorstands zur Gleichbehandlung aller Aktionäre gem § 5 3 a A k t G und angesichts des Telos von § 131 Abs 4 AktG spricht im Grundsatz nichts für eine unterschiedliche Behandlung einzelner Aktionäre bei der Informationsweitergabe im Rahmen von angestrebten Unternehmenskäufen oder Unternehmensübernahmen. Wegen der Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs 1 Satz 2 AktG, die nach § 4 0 4 Abs 1 N r 1 A k t G auch strafbewehrt ist, ist der Vorstand der Zielgesellschaft bei der Weitergabe von vertraulichen Informationen an den Bieter zu einem zurückhaltenden Verhalten verpflichtet. Außerdem hat der Vorstand bei der Erteilung von Auskünften die Insider-Bestimmungen von §§ 12 ff W p H G zu beachten. 3 7 7

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Die Offenlegung von Gesellschaftsgeheimnissen muss im Unternehmensinteresse liegen. 3 7 8 Ggf muss der Vorstand der Zielgesellschaft auf den Abschluss einer vertragsstrafebewehrten Vertraulichkeitsvereinbarung dringen und dem potentiellen Erwerber einen Letter of Intent hinsichtlich seiner Erwerbsabsichten abverlangen. 3 7 9 Das Unternehmensinteresse an der Geheimhaltung kann es ausnahmsweise gebieten, dass die Weitergabe von Informationen nicht an die Gegenseite, sondern nur an einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer erfolgt. 3 8 0 Die Möglichkeit zur direkten Weiterleitung von Informationen an den Bieter ohne Zwischenschaltung zur Berufsverschwiegenheit verpflichteter Personen ist aber der Regelfall und nicht nur auf besondere Situationen (Verschmelzungsvorbereitung; Existenzgefährdung der Gesellschaft 3 8 1 ) beschränkt. 3 8 2

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Besonderheiten ergeben sich bei der Due Diligence im Falle eines Merger of Equals, da dann kein bloßer Unternehmenskauf als vertragliches Austauschgeschäft mit Aufklärungs- und Auskunftspflichten nach allgemeinen Regeln vorliegt, sondern eine gesellschaftsrechtliche Transaktion mit entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsund Treuepflichten. 3 8 3 Auch außerhalb der Durchführung einer Due Diligence können 374 Stoffels ZHR 165 (2001) 362, 367 ff; ähn-

lich auch Κ J Müller NJW 2000, 3452, 3453 ff sowie Linker/Zinger NZG 2002, 497, 499 ff. 375 Körber NZG 2002, 263, 269. 376 So aber MünchHdbAG/W/eswer2 § 19 Rdn 22. Ausführlich dazu Hopt in: FS Lutter 2000 S 1361, 1394 ff; ders ZGR 2002, 333, 335 ff; MünchHdbAG/Wiesner2 § 19 Rdn 22; einschränkend Assmann ZGR 2002, 697, 706 ff sowie Stoffels ZHR 165 (2001) 362, 379 ff.

378 Stoffels ZHR 165 (2001) 362, 373 ff. 379 Ziemons AG 1999, 492, 500. 380 Stoffels ZHR 165 (2001) 362, 377; weiter-

gehend Ziemons AG 1999, 492, 497; kritisch Oppenländer GmbHR 2000, 535, 536 und Körber NZG 2002, 263, 271. 381 So aber Lutter ZIP 1997, 613, 617. 382 Ähnlich wie hier Großkomm AktG/Hopi 4 § 93 Rdn 213. 383 Hopt in: FS Lutter 2000 S 1361, 1384 ff.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

sich der Vorstand und der Aufsichtsrat in Übernahmesituationen in einem Konflikt zwischen kapitalmarktrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Offenlegungspflichten einerseits, Geheimhaltungspflichten andererseits befinden. 384 Auch beim Management Buyout 3 8 5 können die Vorstandsmitglieder besondere Informationspflichten gegenüber den Aktionären ihrer Gesellschaft treffen. Diese lassen sich eher aus (vor-) vertraglichen Verhaltenspflichten und damit letztlich aus culpa in contrahendo 3 8 6 herleiten als aus organschaftlichen (gesetzlichen) Verhaltenspflichten der Vorstandsmitglieder als Organmitglieder, da derartige organschaftliche Pflichten nur gegenüber der Gesellschaft bestehen, nicht aber auch qua „Drittwirkung" gegenüber den Aktionären.

130

VIII. Konzernbildung und Konzernleitung 1. Allgemeines Fragen der eigenverantwortlichen Leitung der AG durch den Vorstand stellen sich auch bei der AG im Konzernverbund 3 8 7 (dazu allg vor § 76 Rdn 49 ff sowie GroßKomm AktG/Windbichler 4 §§ 15 ff). Dabei stellen sich zum einen Probleme der Ausübung der Leitungsmacht bei der Konzernbildung (dazu Rdn 132 ff). Zum anderen geht es um die Leitung im bereits gebildeten Konzern. Dabei ist zwischen der Leitung der AG als herrschender Gesellschaft im Konzern 3 8 8 oder als Hauptgesellschaft im Falle der Eingliederung und der Leitung der abhängigen oder eingegliederten AG zu unterscheiden (dazu Rdn 139 ff). Ferner stellt sich die Problematik der Vorstandsdoppelmandate 389 (dazu Rdn 180 ff).

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2. Mitwirkung der Vorstände beim Zustandekommen vertraglicher Konzernierung Die Einbindung einer AG in einen Konzern kann auf verschiedene Weise erfolgen. Zum einen kann eine bislang unabhängige oder jedenfalls nicht unternehmensvertraglich gebundene AG einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag (oder in der Regel: einen kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag) gem § 291 Abs 1 AktG abschließen. Für den Abschluss eines solchen Vertrags sind zwar die Vorstände zuständig, 390 jedoch wird ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nach § 293 Abs 1 AktG nur mit Zustimmung der Hauptversammlung der abhängigen AG und mit

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386 387

Dazu umfassend - auch rechtsvergleichend - in Hinblick auf das WpÜG Hopt ZGR 2 0 0 2 , 333. Dazu Luippold Management Buy-Outs, Evaluation ihrer Einsatzmöglichkeiten in Deutschland 1991 passim; Picot in: Picot (Hrsg) Unternehmenskauf und Restrukturierung 2 1998 Rdn I 178 ff; Hölters in: Hölters (Hrsg) Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs3 1992 Rdn I 53 ff; rechtsvergleichend auch Lutter/Wablers AG 1989, 1 sowie U H Schneider in: FS Döllerer 1988 S 537. Fleischer AG 2 0 0 0 , 309, 320. Dazu aus jüngerer Zeit Heller Unterneh-

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mensführung und Unternehmenskontrolle unter besonderer Berücksichtigung der Gesamtverantwortung des Vorstands 1998 S 90 ff. Dazu Beispiele aus der Praxis bei Endres ZHR 163 (1999) 441, 4 4 4 ff; zur Konzernleitung auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht Nüßlein Konzernkonstituierende Leitung 1998 S 86 ff sowie Kreher Konzernleitung im qualifizierten faktischen Konzern 1996 S 129 ff. Hüffer5 16; Säcker Z H R 151 (1987) 59, 62 ff; Semler in: FS Stiefel 1987 S 719, 732 f. BGHZ 122, 211, 217 (SSI).

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Z u s t i m m u n g der Gesellschafter des herrschenden Unternehmens gern § 2 9 3 A b s 2 A k t G w i r k s a m . M i t h i n sind die Vorstände der abhängigen A G und der M u t t e r - A G (wenn ein reiner Aktienkonzern vorliegt) somit zwar im Außenverhältnis, also gegenüber dem jeweils anderen Unternehmensvertragspartner, für den Vertragsabschluss zuständig, denn zur Leitung der A G nach § 7 6 Abs 1 A k t G gehört auch der Abschluss von Unternehmensverträgen, jedoch sind die Z u s t i m m u n g e n der Hauptversammlungen der beteiligten Gesellschaften Wirksamkeitserfordernisse für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. 133

Für den Abschluss eines Gleichordnungsvertrags zur Bildung eines Gleichordnungskonzerns sind hingegen ausschließlich die Vorstände zuständig. 3 9 1 Sie dürfen einen solchen Vertrag nach eigenem Ermessen o h n e Z u s t i m m u n g der Hauptversammlungen abschließen, es sei denn, die angestrebte Regelung über die Bildung eines Gleichordnungskonzerns umfasst zugleich einen Unternehmensvertrag iS der § 2 9 1 f AktG, etwa einen Vertrag über eine Gewinngemeinschaft oder einen Betriebsüberlassungsvertrag. 3 9 2 3 . Mitwirkung der Vorstände bei der Bildung faktischer Konzerne, bei Ausgliederungen und bei umwandlungsrechtlichen Vorgängen

134

Schwieriger als Fragen der M i t w i r k u n g der jeweiligen Vorstände bei Abschluss konzernrechtlicher Verträge beurteilt sich die M i t w i r k u n g des Vorstands einer A G , wenn die Konzernierung dieser A G als Muttergesellschaft durch Ausgründung wichtiger Unternehmensteile e r f o l g t . 3 9 3 Vollzieht sich dieser Vorgang nach den Vorgaben des U m w a n d lungsgesetzes, so etwa als Abspaltung oder als Ausgliederung nach § 1 2 3 U m w G , so bedarf es stets einer M i t w i r k u n g der Hauptversammlung als Wirksamkeitserfordernis für eine solche umwandlungsrechtliche M a ß n a h m e , etwa gem § 1 2 5 U m w G in Verbindung mit § 13 U m w G . Im Bereich umwandlungsrechtlicher Vorgänge kann der Vorstand einer A G somit keinesfalls allein im R a h m e n seiner Leitungsmacht tätig werden, denn seine Leitungsbefugnis umfasst solche umwandlungsrechtlichen Strukturänderungsmaßnahmen nicht. Diese sind organisationsrechtlicher N a t u r und bedürfen daher zwingend der M i t wirkung der Gesellschafter.

135

Auch nach In-Kraft-Treten des U m w a n d l u n g s g e s e t z e s 3 9 4 a m 1 . 1 . 1 9 9 5 ist es aber weiterhin möglich, M a ß n a h m e n , die die Struktur der A G ändern, etwa solche, die eine Ausgliederung wichtiger Vermögensteile aus der A G bewirken, auf andere Weise durchzuführen als mittels der im Umwandlungsgesetz genannten Wege. So ist insbesondere eine Einzelübertragung von Vermögensgegenständen an eine zum E r w e r b dieser Vermögensgegenstände gegründete Tochtergesellschaft möglich. Solche gesetzlich nicht geregelten S t r u k t u r m a ß n a h m e n k ö n n e n allerdings nach der „ H o l z m ü l l e r " - D o k t r i n des B G H 3 9 5 ebenfalls eine M i t w i r k u n g der Hauptversammlung e r f o r d e r n 3 9 6 (dazu bereits o b e n R d n 7 9 ff), wenn sie deutlich die mitgliedschaftliche Stellung der A k t i o n ä r e der (zukünftigen) Obergesellschaft beeinträchtigen.

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AA Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 § 291 AktG Rdn 74. MünchHdbAG/Krceger2 § 68 Rdn 84 mwN; insofern wie hier auch Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbHKonzernrecht 2 § 18 AktG Rdn 34. Zur Auslagerung von Unternehmensteilen s Stein ZGR 1988, 163, 165 f.

394 395 39é

BGBl I 1994 S 3210. BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703. Zu den konzernrechtlichen Auswirkungen der „Holzmüller"-Doktrin s auch Habersack in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht2 vor § 311 AktG Rdn 13 ff sowie Emmerich/Sonnenschein/ Habersack Konzernrecht 7 S 102 ff.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Somit k ö n n e n auch K o n z e r n b i l d u n g s m a ß n a h m e n , die nicht den im Aktiengesetz oder im Umwandlungsgesetz genannten Fällen unterfallen, die aber ähnliche Auswirkungen

136

h a b e n wie die gesetzlich geregelten M a ß n a h m e n , eine Z u s t i m m u n g der H a u p t v e r s a m m lung der (zukünftigen) Obergesellschaft e r f o r d e r n . 3 9 7 So ist eine K o m p e t e n z der H a u p t versammlung in Fällen, bei denen nahezu das gesamte Vermögen der A G ausgelagert wird, zu bejahen, so etwa im Falle der Verlagerung von 8 0 % der Aktiva wie im „ H o l z m ü l l e r " - F a l l . 3 9 8 Eine H a u p t v e r s a m m l u n g s k o m p e t e n z kann ausnahmsweise selbst dann gegeben sein, wenn lediglich ein einziger, aber bedeutender Vermögensgegenstand (etwa das Grundeigentum) weggegeben w i r d . 3 9 9 I m Allgemeinen aber fällt eine K o n z e r n b i l d u n g s m a ß n a h m e aus der Sicht der M u t t e r - A G in den Bereich der Leitungskompetenz von deren Vorstand, wenn b l o ß ein einfacher (also kein qualifizierter) faktischer Konzern gebildet w i r d . 4 0 0 Erst recht unterfällt die Begründung einer bloßen Abhängigkeitslage (ohne Konzernierung im Sinne von § 18 A k t G ) nur ganz ausnahmsweise nicht m e h r der Leitungskompetenz des Vorstands der M u t t e r - A G . Bei der einfachen faktischen Konzernierung m a g allerdings auch dann, wenn ein Hauptversammlungsbeschluss nicht erforderlich ist, eine aus Treuepflicht herzuleitende Pflicht zur A b g a b e einer „Konzernierungserklärung" bestehen.401 Bei der Ausgliederung von Vermögensteilen ist es erforderlich, eine Grenzziehung zu b l o ß e n G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n vorzunehmen. Hierfür ist die Statuierung einer E r h e b l i c h k e i t s s c h w e l l e 4 0 2 zu befürworten, w o b e i allerdings die Schwelle nicht zu gering angesetzt werden darf. Die Auslagerung eines lediglich unerheblichen Teils des Vermögens fällt bei einem großen Unternehmen auch dann, wenn es zu einer Konzernbildung k o m m t , in die Leitungskompetenz von dessen Vorstand. N u r bei der Auslagerung von Beteiligungen, die einen erheblichen Anteil des Vermögens ausmachen, besteht keine ausschließliche Entscheidungskompetenz des Vorstands der Obergesellschaft, sondern die H a u p t v e r s a m m l u n g ist zu beteiligen. Dieselben Überlegungen gelten umgekehrt auch für den Beteiligungserwerb.

137

Pflichtwidrig k a n n es sein, wenn ein Vorstand die (spätere) Tochter-AG in die qualifizierte faktische Abhängigkeit f ü h r t , 4 0 3 die Bonität des herrschenden Unternehmens

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398 399

400

OLG Frankfurt AG 1998, 45; Liebscher Konzernbildungskontrolle 1995 S 37 ff; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze 1980 S 71 ff; Seydel Konzernbildungskontrolle bei der Aktiengesellschaft 1995 S 379 ff; Schlieper Leitungsintensität und Mehrfachfunktionen im faktischen Aktienkonzern 1996 S 230 ff; Wählers Konzernbildungskontrolle durch die Hauptversammlung der Obergesellschaft 1994 S 59 ff; Emmeriehl Sonnenschein! Habersack Konzernrecht 7 S 100 ff; abgeschwächt auch OLG Stuttgart AG 2000, 229, 231 f. BGHZ 83, 122. OLG Celle AG 2001, 357, 358; LG Hannover AG 2001, 150, 151; Hüffer5 § 119 Rdn 18. Habersack in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 vor

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§ 311 AktG Rdn 1; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1996 S 453; differenzierend Zöllner in: FS Kropff 1997 S 333, 344; zweifelnd U H Schneider AG 2002, 125, 127; sehr zurückhaltend für das (insofern vergleichbare) GmbH-Konzernrecht auch Zöllner in: Baumbach/ Hueck, GmbHG 1 7 Schlußanhang I Rdn 106. So Tröger Treupflicht im Konzernrecht 2 0 0 0 S 314 ff. Dazu Lutter in: FS Stimpel 1985 S 825, 850 (20 bis 25 % der Aktivseite); ders in: FS Fleck 1988 S 169, 179 f (10 % des Umsatzes bei Teilfusionen, 20 % der Aktiva bzw Ertragskraft im Konzern); auch LG Köln AG 1992, 238, 239; kritisch Groß AG 1994, 266, 272. OLG Hamm ZIP 1995, 1263, 1269; GroßkommAktG/Hopt 4 § 93 Rdn 116.

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

§ 7 6

nicht prüft oder bei vertraglicher Konzernierung Missbräuchen des Beherrschungsvertrags nicht durch eine Einwirkung auf die Gestaltung des Vertrags zu verhindern sucht.404 4 . Konzernleitungsbefugnis und Konzernleitungspflicht a) Allgemeines 139

Die Konzernverbundenheit einer herrschenden AG führt nicht ohne weiteres zu einer Konzernleitungsbefugnis oder gar zu einer Konzernleitungspflicht von deren Vorstand. 4 0 5 Im aktienrechtlichen Konzern (§ 18 AktG) besteht, da der Konzern kein polykorporatives Gebilde und erst recht kein einheitliches Unternehmen ist, keine den gesamten Konzern, also die Mutter und die Tochter, erfassende Leitungsbefugnis des Vorstands des herrschenden Unternehmens aus § 76 Abs 1 A k t G . 4 0 6 Beim nicht vertraglich geregelten Konzern folgt bereits aus dem Bestehen des Ausgleichssystems der §§ 311 ff AktG, dass der Vorstand der Mutter-AG in der Regel nicht berechtigt (und damit erst recht nicht verpflichtet) ist, die Mutter-AG auf das Interesse des K o n z e r n s 4 0 7 hin auszurichten, also das Konzerninteresse an die Stelle des Unternehmensinteresses oder auch nur über das Unternehmensinteresse zu setzen. 4 0 8 Ferner folgt daraus, dass der Vorstand der M u t ter-AG - wiederum jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer Umstände - weder berechtigt 4 0 9 noch gar verpflichtet ist, die Tochter-AG zu leiten, also seine Leitungsbefugnis an Stelle der Leitungsbefugnis des Vorstands der Tochter-AG zu setzen. Das gilt unabhängig davon, ob diese Einflussnahme mittels der Hauptversammlung der Tochter-AG erfolgt oder mittels deren Vorstand oder deren Aufsichtsrat. 4 1 0 Selbstverständlich ist es der M u t ter aber als Gesellschafterin der Tochter erlaubt, ihre legitimen Gesellschafterinteressen unter Wahrung der Treuepflicht und des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchzusetzen. Nur darf sie nicht darüber hinaus die Leitung der Tochter durch deren Vorstand beeinträchtigen. Auch die betriebswirtschaftlich gebotene Ausnutzung von Synergiepotentialen 4 1 1 berechtigt den Vorstand nicht ohne weiteres zur Konzernleitung.

140

Erlaubt ist es dem Vorstand der herrschenden AG nur, bei fortbestehender LeitungsGeschäftsführungsbefugnis des Tochter-Vorstands durch nicht nachteilige Weisungen auf 404

G r o ß k o m m A k t G / H o p f 4 § 9 3 Rdn 116; Canaris Z G R 1 9 7 8 , 2 0 9 , 2 1 4 , 217.

405

Stark in diese Richtung tendierend aber Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht 1 9 8 2 , passim, insbes S 4 3 ff, 165 ff, der grundsätzlich vom Bestehen einer Konzernleitungspflicht, und zwar sogar auch im faktischen Konzern, ausgeht; insofern ähnlich auch Timm N J W 1987, 9 8 0 ; weitgehend auch Lutter Z G R 1987, 3 2 4 , 3 4 9 ff (in rechtsvergleichendem Überblick); ferner auch MünchHdbAG/'Wiesner 1 § 19 Rdn 12; Lutter/Hommelhof GmbHG15 § 37 Rdn 6 (für G m b H als Konzernspitze); aus betriebswirtschaftlicher Sicht Keller in: Lutter (Hrsg) Holding-Handbuch 3. Aufl 1 9 9 8 Rdn C 21 ff; Kreher Konzernleitung im qualifizierten faktischen Konzern 1 9 9 6 S 1 2 9 ff; zurückhaltend und differenzierend Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern 1 9 9 8 S 31 ff; zurückhaltend auch

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Götz Z G R 1 9 9 8 , 5 2 4 , 5 2 6 ff; Ebenroth Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle 1 9 8 7 S 2 5 ff; Reuter Der Betrieb 1 9 9 9 , 2 2 5 0 f; ablehnend Kropff Z G R 1 9 8 4 , 112, 116 ff; Schiessl Z G R 1 9 9 2 , 6 4 , 8 3 . Hüffer5 17; Martens in: FS Heinsius 1991 S 5 2 3 , 5 3 1 ; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1 9 9 6 S 2 9 ff.

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Dazu - auch rechtsvergleichend - Reiner Unternehmerisches Gesellschaftsinteresse und Fremdsteuerung 1 9 9 5 S 13 ff.

408

Z u m Begriff des Konzerninteresses s Reiner a a O und Sina AG 1991, 1, 5; zur Bestimmung des Konzerninteresses s ferner Semler in: FS für Stiefel 1 9 8 7 S 719, 7 2 3 .

409

Altmeppen ZIP 1 9 9 6 , 6 9 3 , 6 9 4 . Groß AG 1 9 9 4 , 2 6 6 , 2 7 0 ; zu den Instrumenten zur Durchsetzung des Konzerninteresses s Säcker Z H R 151 ( 1 9 8 7 ) 5 9 .

410

411

Dazu Götz Z G R 1 9 9 8 , 5 2 4 , 5 2 8 ff.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

den Tochter-Vorstand einzuwirken. Z w a r ist der Tochter-Vorstand nicht verpflichtet, solchen nicht nachteiligen Weisungen zu folgen, sie werden jedoch de facto oft befolgt. Ihre Befolgung führt mangels Nachteiligkeit nicht zu einer H a f t u n g des Tochter-Vorstands gem § 9 3 A k t G (näher zum faktischen Konzern unten R d n 1 4 5 ff). Wenn der Vorstand der herrschenden A G auf das abhängige Unternehmen einwirkt, darf er das nur auf eine Weise tun, dass der wirtschaftliche Erfolg des herrschenden Unternehmens nicht gefährdet w i r d 4 1 2 und sein Verhalten der Gesamtstrategie des Konzern iS einer „ K o n z e r n k o o r dinierung" dient. 4 1 3 Bei der Konzernkoordinierung handelt es sich um eine Pflicht, die der Vorstand gegenüber seiner A G hat, nicht aber um konzerndimensional erweiterte Leitungsbefugnisse oder -pflichten. 4 1 4 So ist der Vorstand der Obergesellschaft verpflichtet, Mehrheitsbeteiligungen an T ö c h t e r n zu betreuen, denn solche Mehrheitsbeteiligungen gehören zu dem v o m Vorstand zu betreuenden Gesellschaftsvermögen. Diese K o n zernkoordinierungspflicht ist keine Konzernleitungspflicht. Im Einzelfall kann es nicht nur sinnvoll, sondern sogar geboten sein, die Tochter selbständig wirtschaften zu lass e n . 4 1 5 Allerdings darf der Vorstand der M u t t e r nicht ein völlig unkoordiniertes Verhalten dulden. 4 1 6 b) Vertragskonzern Im Vertragskonzern und bei der Eingliederung sind - wie auch beim faktischen K o n zern (dazu unten R d n 1 4 5 ff) - Konzernleitungsbefugnis und Konzernleitungspflicht zu unterscheiden. Eine Weisungsbefugnis des Vorstands der Obergesellschaft (bzw der Hauptgesellschaft bei der Eingliederung) gegenüber der Tochter besteht, wenn ein Beherrschungsvertrag zwischen der M u t t e r und der Tochter abgeschlossen wurde, also ein Unterordnungskonzern als Vertragskonzern vorliegt, oder wenn eine Eingliederung nach § 3 1 9 A k t G erfolgt ist. Aus § 3 0 8 Abs 1 und Abs 2 A k t G ergibt sich, dass bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags das herrschende Unternehmen dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft Weisungen, und zwar auch solche nachteiliger Art, erteilen darf, die die abhängige Gesellschaft zu befolgen h a t . 4 1 7 Entsprechendes gilt gem § 3 2 3 Abs 1 A k t G für die Eingliederung. Insofern findet § 7 6 Abs 1 A k t G auf den Vorstand der abhängigen oder eingegliederten A G nur in modifizierter F o r m A n w e n d u n g . 4 1 8 M i t Abschluss eines Beherrschungsvertrags wird der Unternehmensverbund auf das K o n z e r n interesse ausgerichtet, wie § 3 0 8 Abs 1 Satz 2 A k t G zeigt. 4 1 9 An die Stelle einer Ausrichtung auf das jeweils eigene Unternehmensinteresse tritt eine Ausrichtung von M u t t e r und Tochter auf das Konzerninteresse.

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Bei Weisungen gegenüber der abhängigen Gesellschaft wird das herrschende Unter-

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nehmen von dessen Vorstand vertreten (§ 7 8 A k t G ) . 4 2 0 D e r Vorstand der herrschenden 412

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GroßkommAktG/Hopf 4 S 93 Rdn 114; Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 530 f. GroßkommAktG/Hopf 4 § 93 Rdn 114; Semler Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft 2 1996 Rdn 273; aus betriebswirtschaftlicher Sicht umfassend zur Konzernführung Theisen Der Konzern Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernunternehmung 2 2 0 0 0 S 199 ff. Ähnlich Hüffer5 17a. GroßkommAktG/Hopt 4 ξ 93 Rdn 114; Götz Z G R 1998, 524, 525 ff; Martens in:

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FS Heinsius 1991 S 523, 531 f; Schefßer in: FS Goerdeler 1987 S 469, 473. Großkomm A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 114. S bereits Schwark Z H R 142 (1978) 203, 223 sowie Sina AG 1991, 1 f. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 § 308 AktG Rdn 54; Hüffer5 18; Sina AG 1991, 1, 8 f. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 § 308 AktG Rdn 49; Geßlez/Hefermehl 16. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 § 308 AktG Rdn 11; Hüffer5 § 308 Rdn 3.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

AG handelt hierbei in Ausübung seiner Leitungsbefugnis, die durch § 308 AktG zur Konzernleitungsbefugnis ausgedehnt wird. Bei der Ausübung seiner Leitungsbefugnis hat der Vorstand des herrschenden Unternehmens anstelle des Interesses des herrschenden Unternehmens das Konzerninteresse zu beachten. Unter Konzerninteresse ist dabei nicht eine bloße Bündelung der Interessen der konzernbeteiligten Unternehmen zu verstehen, sondern ein spezifisches Verbundinteresse, das nicht mit den Interessen des herrschenden Unternehmens identisch ist. Neben der Begründung des Rechts und der Pflicht, bei der Ausübung der Leitungsbefugnis anstelle der Interessen des herrschenden Unternehmens das Konzerninteresse zu befolgen, modifiziert der Abschluss eines Beherrschungsvertrags aber auch den Inhalt der Leitungsbefugnis des Vorstands des herrschenden Unternehmens insofern, als dass die Leitungsbefugnis des Vorstands des herrschenden Unternehmens nicht mehr nur die Leitung der eigenen Gesellschaft umfasst, sondern - qua Weisungsrecht - partiell auch die Leitung der abhängigen Gesellschaft. 421 Allerdings bleibt auch nach Abschluss eines Beherrschungsvertrags neben dieser partiellen Leitungsbefugnis der Mutter noch die Leitungsbefugnis des Vorstands der Tochter-AG bestehen, was zu Konflikten führen kann. Auch der Vorstand der abhängigen AG ist bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags zur Verfolgung des Konzerninteresses in dem Sinne verpflichtet, dass er sich bei Leitung der Tochter-AG „konzernfreundlich" verhalten muss, 4 2 2 denn die Tochter-AG hat sich durch den Beherrschungsvertrag entsprechend vertraglich gebunden. 143

Besteht bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags oder bei einer Eingliederung ein Recht zur Konzernleitung, so erstreckt sich die Konzernleitung auf die Konzernorganisation zur effizienten Nutzung der in der Unternehmensgruppe vorhandenen Potentiale, auf die Konzernplanung, die Konzernkoordination und die allgemeine Leitungskontrolle. 4 2 3 Letztere umfasst in der Regel die Etablierung eines Beteiligungs-Controlling. 424 144 Eine umfassende Pflicht zur Konzernleitung durch den Vorstand der herrschenden AG besteht hingegen auch im Vertragskonzern nicht. 4 2 5 So kann sich etwa selbst im Vertragskonzern das herrschende Unternehmen auf eine Mitwirkung an der sachgerechten Auswahl der die abhängige Gesellschaft kontrollierenden und leitenden Personen beschränken. 4 2 6 Aus der haftungsrechtlich relevanten Pflicht zur ordnungsgemäßen arbeitsteiligen Organisation im Unternehmen und im Konzern zum Zwecke der Wissenszurechnung (dazu unten Rdn 162 ff) lässt sich keine Konzernleitungspflicht ableiten. Ebenso wenig erwächst aus der Pflicht des Vorstands der herrschenden AG, die Unternehmensleitung der Tochtergesellschaft(en) zu kontrollieren (Leitungskontrollpflicht), 427 eine umfassende Konzernleitungspflicht iS einer haftungsrechtlich bedeutsamen Pflicht, die Geschicke des Konzerns durch „Hineinregieren" bei den Töchtern steuern zu müssen.

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K K / M e r t e n s 1 5 4 f; Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 535 f. Wie hier Hüffers S 308 Rdn 20; aA Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 § 308 AktG Rdn 54 (Tochter-Vorstand braucht keine Rücksicht auf das Konzerninteresse zu nehmen); MünchKommAktG/Altmeppen § 308 Rdn 154. Götz ZGR 1998, 5 2 4 , 5 3 0 ff. Decker Z H R 158 (1994) 4 7 3 , 4 7 6 ; Götz ZGR 1998, 5 2 4 , 536 ff.

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Zu den Befürwortern und Gegnern der hier vertretenen Auffassung s bereits oben Fn 4 0 5 . Entsprechend für das (insofern vergleichbare) GmbH-Konzernrecht Zöllner in: Baumbach/Hueck G m b H G 1 7 Schlußanhang I Rdn 106. Dazu Zöllner in: Baumbach/Hueck G m b H G 1 7 Schlußanhang I Rdn 107 (für das insofern vergleichbare GmbH-Konzernrecht).

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Die Satzung der Obergesellschaft oder die Aktionäre können den Vorstand ihrer AG schon angesichts von dessen Ermessen bei der Ausübung seiner Leitungs- und Geschäftsführungsbefugnisse nicht zur Konzernleitung verpflichten. 428 c) Faktischer Konzern Außerhalb der beherrschungsvertraglichen Konzernierung besteht keine Konzernleitungsbefugnis und daher erst recht keine Konzernleitungspflicht des Vorstands der herrschenden AG. 4 2 9 Für den einfachen faktischen Konzern, bei dem nachteilige Weisungen noch einzeln (isoliert) feststellbar sind und die Tochter nicht wie eine bloße Betriebsabteilung der Mutter geführt wird, sehen §§ 311 ff AktG vielmehr ein Ausgleichsystem bei der Erteilung nachteiliger Weisungen vor. Angesichts von §§ 311 ff AktG bestehen Grenzen für die zulässige Einflussnahme der Mutter auf die Tochter im faktischen Konzern. 4 3 0 Dem System der §§ 311 bis 318 AktG lässt sich allerdings nicht deutlich entnehmen, ob das Gesetz mit dieser Regelung des einfachen faktischen Konzerns lediglich ein Sanktionensystem bei rechtswidriger faktischer Konzernierung aufstellen oder aber den einfachen faktischen Konzern rechtlich gleichwertig neben den beherrschungsvertraglich vermittelten Vertragskonzern stellen will. 4 3 1 Eine mittlere Linie zwischen diesen beiden Positionen dürfte zutreffend sein: Da das Gesetz für die faktische Konzernierung ein Ausgleichssystem schafft, das eine Verhinderung der einfachen Konzernierung durch aktienkonzernrechtliche Mittel nicht vorsieht, sondern auf Ausgleich (im Sinne eines „dulde und liquidiere") ausgerichtet ist, können §§ 311 ff AktG nicht als bloße (Teil-) Regelung der Rechtsfolgen eines rechtswidrigen Zustande der einfachen faktischen Konzernierung angesehen werden. 4 3 2 Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gesetz den einfachen faktischen Konzern nicht als rechtswidrig betrachtet. 4 3 3 Jedoch genießt der einfache faktische Konzern nicht denselben Grad an rechtlich verfasster Akzeptanz wie der vertragliche Konzern. Insbesondere gilt § 308 AktG beim einfachen faktischen Konzern nicht, und zwar auch nicht analog. 4 3 4 Den Vorstand der Tochtergesellschaft trifft damit im Grundsatz dieselbe Verantwortung bei der Leitung und Geschäftsführung seiner Gesellschaft wie im Falle einer unabhängigen AG. Dementsprechend darf der Vorstand der Tochter Weisungen der Mutter nur Folge leisten, wenn der in § 311 AktG vorgesehene Einzelausgleich gewährleistet ist. Andernfalls kann der Vorstand der Tochter nach § 93 AktG haftbar sein. 4 3 5

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Da für den einfachen faktischen Konzern somit ein anderes Regelungsregime als für den Vertragskonzern besteht, lassen sich die oben (Rdn 141 ff) angestellten Überlegungen zur Konzernleitungsbefugnis und zur Konzernleitungspflicht im Vertragskonzern nicht auf den einfachen faktischen Konzern übertragen. Die Nichtanwendbarkeit von § 308 AktG im einfachen faktischen Konzern hat nämlich nicht nur zur Folge, dass der Vor-

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AA Götz ZGR 1998, 524, 5 2 6 ; auch Rieger in: FS Peltzer 2001 S 339, 346. Zutreffend die oben in Fn 4 0 5 genannten Gegner einer Konzernleitungspflicht. Dazu am Beispiel Mannesmann/Vodafone Lutter in: FS Peltzer 2001 S 241. Dazu Säcker Z H R 151(1987) 59, 61. So aber Bälz in: FS L Raiser 1974 S 287, 308 ff; ders AG 1992, 277, 3 0 3 f; Reuter Z H R 146 (1982) 1, 10; auch Lieb in: FS Lutter 2 0 0 0 S 1151, 1156 f, 1163 f.

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OLG Hamm NJW 1987, 1030; LG Mannheim W M 1990, 760, 764; Habersack in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbHKonzernrecht 2 § 311 Rdn 8; Emmerich/ Sonnenschein/Habersack Konzernrecht 7 S 3 9 3 f. Emmerich/Sonnenschein/Habersack Konzernrecht 7 S 401 f. OLG Hamm AG 1995, 512, 516; MünchHdbAktG/Krieger 1 § 6 9 Rdn 24; Altmeppen ZIP 1996, 693, 694.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

stand der Mutter der Tochter nachteilige Weisungen im Konzerninteresse nicht erteilen darf, sondern spricht prima facie dafür, dass der Konzern überhaupt nicht als Ziel einer Interessenausrichtung (also auch nicht bei nicht nachteiligen Weisungen) angesehen werden darf. Die Tochter ist grundsätzlich nur auf ihr eigenes Unternehmensinteresse ausgerichtet, nicht aber auf das Konzerninteresse. Eine Konzernleitungsbefugnis des Vorstands des herrschenden Unternehmens in dem Sinne, dass der Vorstand berechtigt wäre, der Tochter Weisungen im Konzerninteresse zu erteilen, besteht dementsprechend nicht. Allerdings kann aus der Leitungsbefugnis des Vorstands der Mutter-AG eine Pflicht folgen, in bestimmter Weise Einfluss auf die Tochter zu nehmen (zur Konzernkoordinierungspflicht bereits oben Rdn 140). Hierbei handelt der Vorstand der Mutter-AG aber nicht im Interesse des (Gesamt-) Konzerns, sondern im Interesse des herrschenden Unternehmens. Dieses Unternehmensinteresse der Mutter-AG kann das Interesse an einer bestimmten Konzernpolitik umfassen. Nur in diesem Sinne kann eine Konzernkoordinierungspflicht des Vorstands des herrschenden Unternehmens bestehen, die aber nicht auf das Konzerninteresse, sondern ausschließlich auf das Interesse des herrschenden Unternehmens ausgerichtet ist. 147

Eine darüber hinausgehende spezifische Pflicht, im Konzerninteresse den (Gesamt-) Konzern in bestimmter Weise zu organisieren und zu lenken, könnte bei einfacher faktischer Konzernierung nur dann bestehen, wenn das abhängige Unternehmen spiegelbildlich eine Folgepflicht treffen würde. Eine solche Folgepflicht besteht aber bei bloß faktischer Konzernierung nicht. Für den Bereich nachteiliger Weisungen entspricht es ganz herrschender Auffassung, dass der Vorstand der abhängigen AG solche nachteiligen Weisung nicht befolgen muss. 4 3 6 Eine solche Folgepflicht besteht darüber hinaus aber auch nicht bei nicht nachteiligen Weisungen. Dennoch werden nicht nachteilige Weisungen häufig befolgt (dazu schon oben Rdn 140), so dass es auf diese Weise zu einer de-factoKonzernleitung kommt, die allerdings rechtlich nicht durch eine Konzernleitungsbefugnis oder eine Konzernleitungspflicht abgesichert ist. d) Qualifizierter faktischer Konzern

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Eine umfassende Konzernleitungsbefugnis oder gar eine Konzernleitungspflicht besteht erst recht nicht im qualifizierten faktischen Konzern. Für das Aktienkonzernrecht ist auch nach der Entscheidung „Bremer Vulkan" des B G H 4 3 7 - anders als für das GmbH-Konzernrecht (dazu unten Rdn 151) - weiterhin sowohl begrifflich als auch in Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen von einer Zweiteilung in den einfachen faktischen Konzern und in den qualifizierten faktischen Konzern auszugehen, da sich der BGH in der Entscheidung „Bremer Vulkan" ersichtlich nur zum GmbH-Konzernrecht geäußert hat. Ist die Konzernierung im faktischen Aktienkonzern so intensiv, dass das Regelungsmodell der §§ 311 ff AktG nicht mehr greift, weil einzelne nachteilige Weisungen nicht mehr isoliert feststellbar sind, so liegt eine Konzernierungsform vor, die wegen ihrer Rechtswidrigkeit zur Anwendung des allgemeinen Sanktionssystems (Schadensersatz, Unterlassung) führt. 4 3 8 Allerdings ist dieses Sanktionssystem gerade wegen der Intensität

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Habersack in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 § 311 AktG Rdn 78; Emmerich/Sonnenschein/ Habersack Konzernrecht 7 S 413; Hüffer5 § 311 Rdn 48. ZIP 2001, 1874. Emmerich/Sonnenschein/Habersack Kon-

zernrecht 7 S 439 f; Hüffer5 19; OLG Hamm AG 1995, 512, 514; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt 2 1996 S 489 ff; auch schon Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern 1977 S 98 ff; am Beispiel „Mannesmann/Vodafone"

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

der Konzernierung regelmäßig nicht sehr effektiv. Daher ist zusätzlich eine Verlustübernahmepflicht gern § 302 AktG analog im qualifizierten faktischen Konzern geboten. De facto existiert in aller Regel im qualifizierten faktischen Konzern eine Konzernleitung, denn im Allgemeinen führt erst diese Konzernleitung den Zustand qualifizierter faktischer Konzernierung herbei. De iure besteht aber kein Recht und damit erst recht keine Pflicht des Vorstands des herrschenden Unternehmens, abhängige Unternehmen auf das Konzerninteresse auszurichten und wie Betriebsabteilungen der Mutter zu führen. Der Vorstand der herrschenden AG ist also keinesfalls gezwungen im Sinne einer gegenüber seiner eigenen Gesellschaft bestehenden Pflicht, das abhängige Unternehmen in besonders intensiver Weise zu leiten. Vielmehr besteht diesbezüglich das auch ansonsten gegebene Ermessen des Vorstands bei Erledigung seiner Leitungsaufgaben. Auch im qualifizierten faktischen Konzern unterliegt der Vorstand der Tochter-AG nicht den Weisungen der Mutter-AG, sondern hat in eigener Entscheidungsbefugnis seine Leitungsaufgaben, orientiert nur am Interesse des eigenen Unternehmens, zu erledigen. Lässt sich demgemäß das Ziel der qualifizierten faktischen Konzernierung, eine möglichst einheitliche, straffe Konzernleitung zu gewährleisten, nicht erreichen oder aus Rechtsgründen nicht aufrecht erhalten, so bleibt dem herrschenden Unternehmen nur der Weg des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags, der Eingliederung oder der Umwandlung der abhängigen AG in eine abhängige GmbH. Auch nach einem solchen Formwechsel in eine GmbH ist der Zustand qualifizierter faktischer Konzernierung zwar weiterhin rechtlich fragwürdig (dazu unten Rdn 151), das Ziel einer straffen Konzernführung lässt sich faktisch wegen der Weisungsabhängigkeit der Geschäftsleitung der GmbH von den Gesellschaftern aber eher als bei der AG verwirklichen. 439

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5. Weisungsfolgepflicht Aus der Sicht der Tochter-AG besteht bei bloß faktischer Konzernierung ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Pflicht des Vorstands, Weisungen der Mutter zu folgen. 4 4 0 Im Gegenteil handelt der Vorstand der Tochter-AG, der solche Weisungen befolgt, regelmäßig pflichtwidrig. Ebenso wie aus der Sicht der Muttergesellschaft ist auch aus der Sicht der Tochtergesellschaft eine Ausrichtung auf das Konzerninteresse bei bloß faktischer Konzernierung rechtlich nicht zulässig, sondern nur bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags. Ist ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, so ist allerdings der Vorstand der Tochter-AG gem § 308 Abs 2 Satz 1 AktG weisungsgebunden (dazu schon oben Rdn 141). Jedoch hat auch § 308 AktG nicht zur Folge, dass die Tochter-AG durch die vertragliche Konzernierung zur willenslosen „Befehlsempfängerin" wird. Vielmehr hat der Vorstand der Tochter-AG zu prüfen, ob das herrschende Unternehmen die unternehmensvertraglichen und gesetzlichen Grenzen seines Weisungsrechts beachtet hat. 4 4 1 Zu den gesetzlichen Grenzen sind aktienrechtliche Normen (zB §§ 66, 71 ff, 113 ff AktG) ebenso zu rechnen wie bilanzrechtliche Normen des HGB (zB §§ 246 ff, 252 ff, 279 ff HGB). Auch muss der Vorstand der abhängigen Gesellschaft prüfen, ob die betreffende Weisung überhaupt einen Gegenstand in seinem Leitungsbereich betrifft oder nicht vielmehr unzulässigerweise Angelegenheiten betrifft, für die der Aufsichtsrat oder die

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orientiert ferner Lutter in: FS für Peltzer 2001 S 241, 255 ff; aA Decher Der Betrieb 1990, 2005, 2006 f. Hiiffer5 19; s auch Zöllner in: Baumbach/ Hueck G m b H G 1 7 Schlußanhang I GmbHKonzernrecht Rdn 35, 50.

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KK/Koppensteiner2 § 311 Rdn 90; Geßler/ Hefermehl 16; Hüffer5 17a; Semler in: FS Stiefel 1987 S 719, 753. Emmerich/Sonnenschein/Habersack Konzernrecht 7 S 372; Hüffer5 § 308 Rdn 20.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Hauptversammlung der abhängigen AG zuständig sind. 4 4 2 Außerdem bewirkt der Beherrschungsvertrag, dass der Vorstand der abhängigen AG seine Leitungsbefugnis ebenfalls am Konzerninteresse auszurichten hat. Hieraus folgt zwar im Hinblick auf die Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens keine Pflicht der abhängigen Gesellschaft zum „vorauseilenden Gehorsam" in dem Sinne, dass der Tochter-Vorstand mögliche Weisungen der Mutter antizipierend vor ihrer Erteilung ausführen muss, wohl aber eine Pflicht, wichtige Angelegenheiten dem herrschenden Unternehmen so zu unterbreiten, dass dessen Vorstand entscheiden kann, ob und wie eine Weisung erteilt wird. 4 4 3 6. GmbH-Konzern 151

Die oben (Rdn 139 ff) dargestellten Modifizierungen der Leitungsaufgaben und -befugnisse des Mutter- und Tochter-Geschäftsführungsorgans im aktienrechtlichen Konzern gelten im Grundsatz auch im GmbH-Konzern. Für den hier zu behandelnden Bereich ist dabei nicht der reine GmbH-Konzern von Interesse, sondern der Konzern, bei dem eine AG Mutter einer Tochter-GmbH ist. Hinsichtlich der Rechte und Pflichten des Vorstands der Mutter-AG in einem solchen GmbH-Konzern bestehen keine Besonderheiten gegenüber den Vorstandsrechten und -pflichten der Mutter-AG in einem aktienrechtlichen Konzern. Hinsichtlich der Tochter gibt es hingegen einige vom Aktienkonzernrecht abweichende Besonderheiten, die mit der Weisungsgebundenheit des Geschäftsleitungsorgans bei der GmbH gegenüber deren Gesellschaftern zusammenhängen. Eine Einflussnahme des Vorstands der Mutter auf die Geschäftsleitung der Tochter-GmbH wird in der Regel ohne Abschluss eines Beherrschungsvertrags möglich sein. 4 4 4 Allerdings legitimiert auch im GmbH-Konzernrecht erst der Abschluss eines Beherrschungsvertrags nachteilige Weisungen im Sinne von § 308 Abs 1 Satz 2 AktG. 4 4 5 § 308 Abs 1 Satz 2 AktG findet im GmbH-Konzernrecht entsprechende Anwendung. 446 Die Geschäftsleitung der abhängigen GmbH ist bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht schon aufgrund der GmbH-rechtlichen Folgepflicht gegenüber Weisungen der Gesellschafter, sondern erst aufgrund der konzernrechtlichen Folgepflicht gem § 308 AktG analog gegenüber dem Vorstand der Mutter-AG zur Befolgung auch nachteiliger Weisungen verpflichtet. 447 Für den sog qualifizierten faktischen GmbH-Konzern hat der BGH in seiner Grundsatzentscheidung „Bremer Vulkan" aus dem Jahr 2 0 0 1 4 4 8 festgestellt, dass der Schutz der abhängigen GmbH jedenfalls bei einer Tochter im Alleinbesitz nicht dem Haftungssystem des Aktienrechts (§§ 291 ff, 311 ff AktG) folge, sondern auf die Erhaltung des Stammkapitals der abhängigen GmbH und auf die Gewährleistung von deren Bestandschutz beschränkt sei. Die Figur einer eigentlich konzernrechtlich typischen Haftung im sog qualifizierten faktischen GmbH-Konzern wurde damit vom BGH abgelehnt. 4 4 8 3 Hierbei handelt es sich letztlich um einen „Abschied" vom qualifizierten faktischen Konzern im Bereich des GmbH-Konzernrechts. 4 4 9 442 443 444

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Hüffer5 17a. KKJMertens2 56. Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 1 7 Schlußanhang I Rdn 35, 50; Lutter/Hommelhoff GmbHG 1 5 Anh § 13 Rdn 9. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 § 291 AktG Rdn 42. Insofern aA Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 1 7 Schlußanhang I Rdn 50. OLG Nürnberg AG 2 0 0 0 , 228, 229.

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ZIP 2001, 1874; dazu Altmeppen ZIP 2001, 1837; Luttermann Betriebs-Berater 2001, 2 4 3 3 ; Röhricht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2 0 0 2 , 3, 10 ff. Zur Entwicklung eines neuen Gläubigerschutzkonzepts in der GmbH durch die Rechtsprechung des BGH Altmeppen ZIP 2 0 0 2 , 1553. So die Einschätzung von Röhricht aaO (Fn 448).

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

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7. Gleichordnungskonzern Beim Gleichordnungskonzern, bei dem es zu einer einheitlichen Leitung mehrerer Unternehmen ohne Beherrschung und Abhängigkeit kommt, sind die Vorstände der beteiligten Unternehmen unabhängig davon, ob der Gleichordnungskonzern auf vertraglicher oder lediglich auf faktischer Basis beruht, stets zur Verfolgung bloß des eigenen Unternehmensinteresses verpflichtet. Nachteilige Weisungen dürfen mithin selbst im Gleichordnungs-Vertragskonzern nicht erteilt werden, sondern führen zur Haftung. 450 Hingegen besteht eine Folgepflicht der Vorstände der beteiligten Unternehmen bei neutralen oder sich positiv auswirkenden Weisungen.451

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IX. Art der Vorstandsorganisation 1. Allgemeines Für die Leitungsaufgabe nach § 76 Abs 1 AktG spielt auch die Art der Vorstands- 1 5 3 organisation eine Rolle (dazu auch Großkomm AktG/Hopt 4 § 93 Rdn 89 ff, 107 ff mwN). Weder § 76 AktG noch § 77 AktG schreiben eine besondere Vorstandsorganisation vor. Sie sehen vielmehr lediglich Voraussetzungen für die Vorstandsmitgliedschaft (§ 76 Abs 3 AktG) sowie für die Größe des Vorstands (§76 Abs 2 AktG) vor und beinhalten die formellen Regeln, wie die Geschäftsführung zu erfolgen hat (§ 77 AktG). Wie Leitungsaufgaben und Geschäftsführung inhaltlich-materiell im mehrköpfigen Vorstand verteilt werden können, wird in §§ 76 und 77 AktG hingegen nicht angesprochen. Lediglich aus § 76 Abs 2 Satz 3 AktG und aus den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften über den Arbeitsdirektor (§ 13 Abs 1 Montan-MitbestG, § 13 MitbestErgG und § 33 Abs 1 Satz 1 MitbestG, dazu näher Rdn 203 ff) ergibt sich - und auch das lediglich indirekt - , dass ein Vorstandsmitglied, nämlich der Arbeitsdirektor, wenn ein solcher nach den genannten Vorschriften zu bestellen ist, den Unternehmensbereich „Arbeit und Soziales" führen muss 452 (näher § 77 Rdn 60 ff). Im Übrigen aber ist die inhaltliche Verteilung der Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben im mehrköpfigen Vorstand im Gesetz nicht angesprochen. 2. Funktionale Gliederung und Spartengliederung Herkömmlicherweise erfolgt vielfach eine Aufteilung nach so genannten funktionalen Kriterien. Dementsprechend sind im Vorstand einzelne Mitglieder für Einkauf, Produktion, Absatz, Finanzen etc zuständig. Das Prinzip einer solchen funktional gegliederten Unternehmensorganisation spiegelt sich in § 77 AktG nicht wider, 453 vielmehr ist diese Vorschrift, die nur die äußere Seite der Organisation der Geschäftsführung des Vorstands regelt, hinsichtlich der Art der inhaltlichen Aufgabenaufteilung neutral.

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In jüngerer Zeit findet sich zunehmend an Stelle der funktionalen Gliederung der Vorstandsaufgaben und deren Verteilung auf einzelne Vorstandsmitglieder eine Spartenorganisation (Divisionalisierung)454 (dazu auch § 77 AktG Rdn 23 f). Die Sparten-

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d o MiinchHdbAG/Kneger 2 § 68 Rdn 86. 451 Str; dazu ausführlich und kritisch Wellkamp Der Betrieb 1993, 2517, 2519 f. 452 Dazu schon Martens AG 1976, 116, 117; Overlack Z H R 141 (1977) 125, 135. 453 So aber Hiiffer5 3. 454 Grundlegend zur Spartenorganisation

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Schönbrod Die Organstellung von Vorstand und Aufsichtsrat in der Spartenorganisation 1987 insbes S 154 ff; Wendeling-Schröder Divisionalisierung, Mitbestimmung und Tarifvertrag 1984 S 9 ff; Mielke Die Leitung der unverbundenen Aktiengesellschaft 1990 S 14 ff; Schwark Z H R 142 (1978)

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

organisation ist heute als gängige Art der Vorstandsorganisation anerkannt. 4 5 5 Bei der Spartenorganisation wird einzelnen Vorstandsmitgliedern die Verantwortung für einzelne Produkt- bzw Dienstleistungsgruppen des Unternehmens zugeordnet. Innerhalb eines solchen Produkt- oder Dienstleistungsbereichs (zB „Nutzfahrzeuge" beim Automobilunternehmen) sind sämtliche Funktionen (Einkauf, Produktion, Absatz, Finanzen etc) zusammengefasst. Im Grundsatz ist dann ein Vorstandsmitglied als Spartenleiter für sämtliche Funktionen verantwortlich, die in seiner Sparte anfallen. Das traditionelle Prinzip der funktionalen Gliederung und das in jüngerer Zeit wichtige Prinzip der Spartenunterteilung lassen sich auch in verschiedener Weise miteinander verbinden. So ist es zum einen möglich, dass verschiedene besonders wichtige Bereiche, also zentrale Aufgaben wie etwa Personal, Forschung und Entwicklung oder Finanzen, weiterhin nach dem Schema funktionaler Gliederung auf einzelne Vorstandsmitglieder aufgeteilt werden und zusätzlich eine Spartenaufteilung nach Produkt- oder Dienstleistungsgruppen oder auch eine regionale Aufteilung stattfindet. Bei vielköpfigen Vorständen ist es darüber hinaus denkbar, zunächst funktional aufzugliedern und innerhalb der einzelnen durch den Funktionsbezug bestimmten Gruppen von Vorstandsmitgliedern die Aufgaben nach Sparten zu verteilen. Kombinationen der funktionalen Aufgliederung und der Spartenorganisation finden sich in der Praxis bei größeren Unternehmen häufig. 4 5 6 3. Vorstandsorganisation und Leitungsfunktion 156

Die Aufteilung nach funktionalen Kriterien oder im Sinne einer Spartenorganisation hat Bedeutung nicht nur für die Geschäftsführung und die Geschäftsverteilung im Vorstand (dazu näher § 7 7 Rdn 4 6 ff), sondern auch für die Leitung der AG durch den Vorstand. 4 5 7 Mit der eigenverantwortlichen Leitung im Sinne von § 76 Abs 1 AktG ist die Verantwortung des Gesamtvorstands für die Leitung der Gesellschaft gemeint. 4 5 8 § 76 Abs 1 AktG grenzt nicht nur die Leitungsfunktion des Vorstands von den Zuständigkeiten der anderen Organe a b 4 5 9 (zum Verhältnis zu den anderen Organen auch Großkomm A k t G / H o p t 4 § 93 Rdn 137 ff), sondern enthält auch den Gedanken einer Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder. Weder durch eine funktionale Gliederung noch durch eine Spartenorganisation noch durch eine Kombination beider darf der Grundsatz der Gesamtverantwortung für die Leitung der Gesellschaft untergraben werden. Daher haben alle anderen Vorstandsmitglieder das Vorstandsmitglied, das eine Leitungsaufgabe in seinem Funktionsbereich bzw in der ihm zugewiesenen Sparte wahrnimmt, zu überwachen und zu kontrollieren. 4 6 0 Sie sind im Rahmen ihrer eigenen Leitungsaufgabe berechtigt, der Leitungsmaßnahme eines anderen Vorstandsmitglieds zu widersprechen. Erfolgt ein solcher Widerspruch, so muss die Maßnahme unterbleiben oder es muss eine Entscheidung des Gesamtvorstands herbeigeführt werden. Bei Vorliegen von Anhalts-

455

456

203; Schiessl ZGR 1992, 64 ff; MünchHdbAG/Wiesner § 22 Rdn 13; Τ Bezzenberger ZGR 1996, 661, 664; zum Spartenkonzern ferner Theisen Der Konzern Betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen der Konzernunternehmung 2 2000 S 169 ff. S etwa Semler in: FS Döllerer 1988 S 571; Schiessl ZGR 1992, 64, 67. Zu den Besonderheiten der Vorstandsorganisation bei einer Konzernholding s Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 531 ff.

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Schwark ZHR 142 (1978) 203, 208, 214 f. Zu den Bereichen, die zwingend der Entscheidungskompetenz des Gesamtvorstands unterfallen Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 531 ff. So aber Hoffmann-Becking ZGR 1998, 497, 506 f. GeßledHefermehl 9; Martens in: FS Fleck 1988 S 191, 196; Schiessl ZGR 1992, 64, 78.

Stand: 1. 12. 2002

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

punkten dafür, dass Leitungsaufgaben nicht ordnungsgemäß wahrgenommen werden, besteht eine Verpflichtung der anderen Vorstandsmitglieder zum Eingreifen. 461 Ferner muss der Gesamtvorstand entscheiden, wenn von der Maßnahme eines Vorstandsmitglieds auch andere Vorstandsmitglieder betroffen sind und zwischen diesen Vorstandsmitgliedern eine Einigung nicht zu erzielen ist. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die (einfache) Geschäftsführung nach § 77 AktG, sondern auch für die Leitung der AG gem § 76 Abs 1 AktG. Aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung der Vorstandsmitglieder für die Leitung folgt auch, dass die Unternehmensleitung im Vorstand nicht nach einem Hierarchieprinzip organisiert werden darf. 4 6 2

X. Leitungsbefugnis und externe Bindung 1. Vollmacht Aus der Eigenverantwortlichkeit für die Leitung des Unternehmens folgt ua, dass sich der Vorstand nicht durch Erteilung einer unwiderruflichen Generalvollmacht 4 6 3 seiner Leitungsmacht entäußern darf. Aber auch eine widerrufliche Generalvollmacht darf sich nicht auf solche Maßnahmen beziehen, die den eigentlichen Bereich der Leitung des Unternehmens betreffen. Mithin ist es auch nicht mittels widerruflicher Generalvollmacht möglich, grundlegende Personal-, Finanz-, Produktions- und Planungsentscheidungen anderen Personen als den Vorstandsmitgliedern zu übertragen.

157

2. Vertragliche Bindungen Außerhalb des Bereichs einer zulässigen Bindung durch Unternehmensverträge gem §§ 291 ff AktG, an deren Zustandekommen der Vorstand nicht maßgeblich beteiligt ist, weil er bei primärer Zuständigkeit der Hauptversammlung (Erforderlichkeit eines Zustimmungsbeschlusses für diese Verträge) bloßes Vertragsabschluss- und Ausführungsorgan ist (dazu oben Rdn 132), ist es fraglich, inwiefern vertragliche Bindungen an außenstehende Dritte, die die Leitungskompetenz des Vorstands einschränken, zulässig sind. Im Grundsatz darf sich die AG selbst nicht ihrer Handlungsmöglichkeiten entäußern. Gesellschaftsrechtlich wirksame Bindungen durch Vereinbarungen mit Dritten sind nur in bestimmten Grenzen zulässig. Jedoch zeigen die Beispiele der Beteiligung der AG an Konsortien und an Gemeinschaftsunternehmen sowie sonstige Formen langfristiger Kooperation und ferner das Eingehen dauerhafter Wettbewerbsverbote, dass eine schuldrechtliche Bindung der AG auch Auswirkungen auf die Leitungsfunktion des Vorstands im Sinne zulässiger Beschränkung haben kann. Allerdings schränkt das Verbot, die gesellschaftsrechtliche Organisations- und Handlungsautonomie des Vorstands nicht vollständig durch schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber Dritten auszuhöhlen, die Möglichkeit des Vorstands ein, seine Leitungsmacht durch schuldrechtliche Bindungen zu beschränken. Der Vorstand kann daher die Unternehmensplanung und die Geschäftspolitik langfristig von den Entscheidungen anderer nur insoweit abhängig machen, als es nicht um deren direkte Einflussnahme auf die Unternehmensplanung und die Geschäftspolitik geht (zum Sonderproblem der Break Fees bei Übernahmeversuchen oben Rdn 114). Selbstverständlich ist eine bloß indirekte Einflussnahme auch auf die langfristige Unternehmenspolitik hiervon nicht betroffen, so etwa die Ausrichtung eines

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Götz AG 1995, 337, 339. von Werder Der Betrieb 1987, 2265, 2268.

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Dazu BGHZ 36, 295; BGH NJW 1977, 199.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Unternehmens auf ein auf D a u e r angelegtes G r o ß p r o j e k t , etwa einen Flughafenbau. Die Einflussnahme des Dritten darf sich keinesfalls auf die Festlegung der gesellschaftsrechtlichen Organisationsstruktur oder auf personelle Entscheidungen bei der A G oder eine nicht durch den Inhalt des eigentlichen Geschäfts geprägte (direkte) Einflussnahme auf die Unternehmensleitung e r s t r e c k e n . 4 6 4 3.

Betriebsführungsverträge

a) Keine Konzernverbindung 159

Ein Betriebsführungsvertrag zwischen zwei Unternehmen liegt vor, wenn der andere Vertragsteil Betriebe der vertragschließenden Gesellschaft für deren R e c h n u n g und regelm ä ß i g , wenn auch nicht zwingend, in deren N a m e n f ü h r t . 4 6 5 Besteht zwischen der A G und der Betriebsführungsgesellschaft keine Konzernverbindung, stellt sich deutlich die Frage eines Verstoßes gegen § 7 6 Abs 1 A k t G bei Abschluss des Betriebsführungsvertrags. Bei solchen konzernexternen Betriebsführungsverträgen ist allerdings durchaus nicht stets ein derartiger Verstoß zu bejahen. Vielmehr k o m m t es auf die k o n k r e t e Ausgestaltung des Betriebsführungsvertrags an, insbesondere darauf, welche Leitungsfunktionen sich die A G in eigener Verantwortung v o r b e h ä l t . 4 6 6 Werden die Zentralbereiche der zukünftigen Unternehmenspolitik der A G vorbehalten, liegt keine unzulässige Ubertragung von Leitungsfunktionen an den Betriebsführer vor. Wenn die Betriebsführungsgesellschaft in zentralen Bereichen der Planung und Entwicklung verbindlich auf die Vorgaben der A G festgelegt wird, ist ein entsprechender Betriebsführungsvertrag zulässig. Entscheidend für die Zulässigkeit des Betriebsführungsvertrags ist allerdings nicht nur, inwieweit solche Vorbehalte zugunsten eigener Entscheidungsbefugnisse der A G im Betriebsführungsvertrag enthalten sind, sondern auch, welche sonstige Bedingungen für eine Bindung der A G aus dem Betriebsführungsvertrag resultieren. So k ö n n e n die M ö g lichkeit der Kündigung des Betriebsführungsvertrags sowie die Art und Weise, wie die Erfüllung und die Ansprüche aus der Nichterfüllung von Pflichten aus dem Betriebsführungsvertrag geregelt sind, Kriterien dafür sein, o b die Bindung aufgrund eines solchen Betriebsführungsvertrags bereits einen Verstoß gegen § 7 6 Abs 1 A k t G darstellt oder nicht.

160

Jedenfalls muss der Betriebsführungsvertrag stets so ausgestaltet sein, dass der Vorstand der A G n o c h in der Lage ist, sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen, um eigenverantwortlich Leitungsentscheidungen zu treffen. Es muss mithin gewährleistet bleiben, dass der Vorstand das Z e n t r u m der unternehmerischen Aktivität bleibt. D a h e r ist es erforderlich, dass sich der Betriebsführer der Unternehmenspolitik der A G unterordnet. Das ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn eine dem Betriebsführer erteilte Generalvollmacht jederzeit widerruflich ist, sondern erst dann, wenn der A G gegenüber dem Betriebsführer ein Weisungsrecht eingeräumt w i r d . 4 6 7 Werden diese Grenzen bei einem konzernextern abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag nicht eingehalten, ist zu unterscheiden: Entweder handelt es sich dann u m eine schon wegen Verstoßes gegen § 7 6 A b s 1 A k t G unzulässige Einschränkung der Leitungsbefugnis des Vorstands der A G oder

464 465

KK/Mertens2 45. RFHE 40, 185; BGH NJW 1982, 1817 = WM 1982, 894; MünchKommAktGM/imeppett § 292 Rdn 143; Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktien- und GmbHKonzernrecht 2 § 2 9 2 AktG Rdn 55;

466

467

Emmerich/Sonnenschein/Habersack Konzernrecht 7 S 206; Hüffer5 $ 292 Rdn 20. Emmerich in: Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 2 § 292 AktG Rdn 57. KK/Mertens2 47.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

aber in Wirklichkeit um schungsvertrag im Kleide wenn der Abschluss des terien an den Abschluss gehungsproblematik). 468

§76

einen Beherrschungsvertrag iS von § 291 AktG. Der Beherrdes Betriebsführungsvertrags ist aber seinerseits nur wirksam, Betriebsführungsvertrags den formellen und inhaltlichen Krieines Beherrschungsvertrags genügt (Gesichtspunkt der Um-

b) Konzernverbindung Aber auch, wenn eine Konzernverbindung zwischen der AG und dem Betriebsführer vor Abschluss des Betriebsführungsvertrags bereits in der Weise besteht, dass die AG vom zukünftigen Betriebsführer schon abhängig ist, kann der Abschluss eines Betriebsführungsvertrags bei der abhängigen AG zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der eigenverantwortlichen Leistungsbefugnis von deren Vorstand (§ 76 Abs 1 AktG) führen, wenn dem herrschenden Unternehmen nicht bloß die laufende Geschäftsführung überlassen wird. Die Leitungsbefugnis des Vorstands kann rechtlich wirksam nämlich nur durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags eingeschränkt werden (§ 308 AktG, dazu oben Rdn 141 ) . 4 6 9 Ist umgekehrt das herrschende Unternehmen eine AG, die mit ihren abhängigen Unternehmen als Betriebsführern Betriebsführungsverträge schließt, so liegt aus Sicht des herrschenden Unternehmens ein Verstoß gegen § 76 Abs 1 AktG selbst dann nicht vor, wenn die Muttergesellschaft damit sämtliche Betriebsführungsfunktionen an Töchter überträgt. Qua konzernrechtlich begründeter (vertraglicher oder faktischer) Abhängigkeit der Töchter von der Mutter hat es der Vorstand der Mutter nämlich stets in der Hand, die Leitung der Mutter trotz Bestehens der Betriebsführungsverträge eigenverantwortlich auszuüben. Daher handelt es sich in einem solchen Fall um einen Zustand, der aus Sicht der Konzernmutter dem der zulässigen Divisionalisierung von Leitung und Geschäftsführung ähnelt. 4 7 0

161

X I . Konsequenzen aus der Organfunktion 1. Wissenszurechnung a) Allgemeines Nach älterer Auffassung 4 7 1 resultierte aus der Organstellung des Vorstands automatisch eine Wissenszurechnung (absolute Wissenszurechnung 472 ). Das Wissen oder das Wissenmüssen (im Sinne fahrlässiger Unkenntnis) eines Vorstandsmitglieds war demgemäß der Gesellschaft zuzurechnen. Diese automatische Wissenszurechnung aufgrund der Organstellung wurde jedoch schon in der „Gemeinde"-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1 9 8 9 4 7 3 modifiziert: Die Wissenszurechnung ist nach dieser Entscheidung von einer „wertenden Betrachtung" abhängig zu machen 4 7 4 (s auch Großkomm AktG/ Habersack4 § 78 Rdn 24). Im „Altlasten"-Urteil aus dem Jahr 1 9 9 6 4 7 5 wurde dann die 468

469 470 471

Dazu ausführlich Emmerich in: Emmerich/ Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 2 § 2 9 2 AktG Rdn 60 ff; Emmerich/ Sonnenschein/Habersack Konzernrecht 7 S 2 0 8 ff. Sina AG 1991, 1, 8 f. YiYUMertens1 47. S etwa Geßler/Hefermehl 5 und vor § 76 Rdn 1; auch BGHZ 41, 287.

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Buck Wissen und juristische Person 2001 S 2 0 8 ff. 473 BGHZ 109, 327, 331 = NJW 1990, 975; dazu Buck Wissen und juristische Person 2001 S 2 2 8 f. 474 V g l Waltermann AcP 192 (1992), 181, 216 ff; Scholz/Schneider GmbHG 9 § 35 Rdn 83 (entsprechend für GmbH).

472

475

BGHZ 132, 30 = NJW 1996, 1339; ferner

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

automatische Wissenszurechnung endgültig aufgegeben: Maßgeblicher Grund für die Wissenszurechnung sei vielmehr die Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation der Kommunikation, die ähnlich wie eine Verkehrspflicht auf der Eröffnung eines selbsteröffneten Verkehrsbereichs beruhe. 4 7 6 Die Wissenszurechnung basiert dementsprechend nicht auf der Stellung als Vorstandsmitglied oder einer vergleichbaren Stellung, sondern auf dem Verkehrsschutzgedanken und der daraus entwickelten Pflicht zur Organisation unternehmensinterner Kommunikation. Diese Pflicht besteht aus einer Informationsweiterleitungspflicht und einer Informationsabfragepflicht im Rahmen des Zumutbaren. 4 7 7 Im Zusammenhang mit der Wissenszurechnung stellt sich die Frage nach einer Anwendung von § 166 BGB auf den Vorstand der AG bei der Zurechnung von Willenserklärungen. 4 7 8 § 166 BGB kann bei der Zurechnung von Willenserklärungen nicht auf Organe einer juristischen Person erstreckt werden (s auch Großkomm AktG/Habersack4 § 78 Rdn 14, 23). Vielmehr geht die durch die Organstellung bedingte, wenn auch nicht „automatische", Wissenszurechnung bei Willenserklärungen über § 166 BGB hinaus. Daher geht es nicht an, unter Bezugnahme auf § 166 BGB eine Wissenszurechnung oder fahrlässige Unkenntnis bei Willenserklärungen allein schon deshalb zu verneinen, weil ein Vorstandsmitglied nicht an der Vertretung der Gesellschaft im betreffenden Fall beteiligt w a r 4 7 9 (s im Einzelnen Großkomm AktG/Habersack 4 § 78 Rdn 26). b) Wissenszurechnung im Konzern 163

Die Zurechnung des Wissens des Vorstands der Mutter bei der Tochter und umgekehrt die Zurechnung des Wissens des Vorstands der Tochter bei der Mutter ist denkbar, wenn die Möglichkeit im Konzern gegeben ist, auf Daten des jeweils anderen Unternehmens Zugriff zu nehmen. 4 8 0 Bei Vorstands-Doppelmandaten (dazu unten Rdn 178 ff) ist eine Wissenszurechnung besonders nahe liegend. Bei vollständig identischen Vorständen von Mutter und Tochter ist stets eine Wissenszurechnung vorzunehmen. Ansonsten kann die Beantwortung der Frage, ob eine Wissenszurechnung im Konzern erfolgt, nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Konzernunternehmen gegenüber Dritten als Einheit auftreten. 4 8 1 Vielmehr kommt es darauf an, ob die rechtlich abgesicherte Möglichkeit zum Zugriff auf die Daten des konzernverbundenen Unternehmens besteht. 4 8 2 c) Ausmaß der Wissenszurechnung

164

Die Wissenszurechnung sowohl bei der Beurteilung der rechtlichen Folgen von Willenserklärungen als auch außerhalb dieses Bereichs erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, ob das Vorstandsmitglied das Wissen in der amtlichen oder in der privaten Sphäre erlangt hat bzw hätte erlangen können. 4 8 3 Das gilt allerdings dann nicht, wenn das Vorstandsmitglied nicht verpflichtet gewesen wäre, seine Kenntnisse amtlich nutzbar zu machen. 4 8 4 Die Zurechnung des Wissens oder des Wissenmüssens bleibt auch dann

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BGH NJW 2001, 359 = BGH LM Nr 43 zu

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KYJMertens2 54.

§ 166 BGB mit Anra Grigoleit.

480

Dazu Raiser in: FS Bezzenberger 2 0 0 0 S 561, 563 ff; s ferner auch schon BGHZ 117, 104, 108 und aus neuerer Zeit BGH NJW 1999, 2 8 4 . Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 1 7 § 35 Rdn 86 (entsprechend für GmbH). Dazu ausführlich Buck Wissen und juristische Person 2001 S 265 ff.

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BGHZ 123, 224. So aber Drexl ZHR 161 (1997) 491, 507. Ähnlich (für die GmbH) Scholz /Schneider GmbHG 9 ξ 35 Rdn 88. Buck Wissen und juristische Person 2001 S 166 ff.

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KKJMertens2

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

67.

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Erster Abschnitt. Vorstand

bestehen, wenn das Vorstandsmitglied später ausscheidet (dazu näher AktG/Habersack 4 § 78 Rdn 27).

§76 Großkomm

d) Anfechtung Für die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Willensmängeln ist es nicht erforderlich, dass alle an der Abgabe einer Willenserklärung beteiligten Vorstandsmitglieder einem Irrtum unterliegen. Es reicht vielmehr aus, dass lediglich ein zur Gesamtvertretung der AG berechtigtes Vorstandsmitglied einem solchen Willensmangel unterliegt (dazu näher Großkomm AktG/Habersack 4 § 78 Rdn 26, 33).

165

2. Haftung nach § 31 BGB Aus der Organfunktion des Vorstands ergibt sich ferner, dass die AG für das Handeln 1 6 6 der Vorstandsmitglieder nach § 31 BGB haften muss. 4 8 5 Eine Haftung gem § 31 BGB trifft bereits die Vorgesellschaft. 486 Ansprüche gegen die Vor-AG gehen mit der Eintragung der Gesellschaft in entsprechender Anwendung der für das GmbH-Recht entwickelten Grundsätze über den Fortfall des Verbots der Vorbelastungshaftung auf die eingetragene AG über. 4 8 7 Nach § 31 BGB wird das Verschulden der Vorstandsmitglieder der AG zugerechnet. § 278 BGB kommt daneben nicht zur Anwendung 4 8 8 (s Großkomm AktG/Habersack 4 § 78 Rdn 23) und somit auch nicht § 278 Satz 2 BGB. 489 § 831 BGB wird durch ξ 31 BGB verdrängt, so dass die AG keine Möglichkeit zur Führung eines Entlastungsbeweises bei deliktischem Handeln von Vorstandsmitgliedern hat. Die AG haftet gem § 31 BGB für jegliche Art von Pflichtverstoß, sei es aus VertragsVerletzung, aus culpa in contrahendo, aus unerlaubter Handlung oder aus Gefährdungshaftung. 4 9 0 § 31 BGB rechnet die Pflichtverletzung des Organwalters dem Organträger wie eine eigene Pflichtverletzung bzw wie ein eigenes Delikt zu. 4 9 1 Die Haftung der AG nach § 31 BGB besteht nicht für solche Pflichtverstöße des Vorstandsmitglieds gegenüber der Gesellschaft, die zu einem die interne Haftung des § 93 AktG auslösenden Schaden führen. 4 9 2 Eine Haftung nach § 31 BGB besteht selbst dann nicht, wenn die Pflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber der AG iS von § 93 AktG zugleich im Interesse Dritter besteht und diese einen Anspruch nach § 823 Abs 2 BGB gegen das Vorstandsmitglied haben können. 4 9 3 Ferner kann aus Gründen des Kapitalschutzes der AG eine Haftung aus § 31 BGB ausnahmsweise ausgeschlossen sein. 494

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Ausreichend für die Begründung einer Haftung der AG nach § 31 BGB ist eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vorstandmitglieds. Eine solche schuldhafte Pflicht-

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(145)

RG JW 1930, 2967 mit Anm Hoeniger; auch RGZ 91, 72, 75; 163, 21 (für GmbH); KK/Mertens1 72; für die GmbH auch Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 1 7 § 35 Rdn 89 und Lutter/Hommelhoff GmbHG 1 5 § 36 Rdn 10. Hiiffer5 § 78 Rdn 23. BGHZ 80, 129, 137, 140; BGH NJW 1982, 932; KK/Mertens2 72; Kölner Komm AktG/Kraft % 41 Rdn 66, 68 ff; MünchKommAktG/Penfó § 41 Rdn 107 Hüffer5 § 41 Rdn 16. AA Hüffer5 § 78 Rdn 23. BGH NJW 1973, 457; Zöllner in: Baum-

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bach/Hueck GmbHG 1 7 § 35 Rdn 89; Lutter/Hommelhoff GmbHG 1 J § 35 Rdn 10 (jeweils für GmbH). KK/Mertens2 74; entsprechend für die GmbH auch Hachenburg/Mertens* § 35 Rdn 128; Zöllner in: Baumbach/Hueck GmbHG 1 7 § 35 Rdn 89. Brüggemeier AcP 191 (1991) 33, 65. KKJMertens2 74; Geßler/Hefermehl 13. KKJMertens1 74. RGZ 54, 128, 132; 62, 29, 31; 72, 291, 293 f; Martens ZGH 1971, 254, 283 ff; KKJMertens1 75.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Verletzung des Organwalters nimmt der B G H bereits an, wenn die AG eine Verkehrssicherungspflicht trifft, denn nach Auffassung des B G H korrespondiert mit der Verkehrssicherungspflicht der juristischen Person stets eine entsprechend Verkehrspflicht des Organwalters. 4 9 5 169

Sogar vorsätzliche unerlaubte Handlungen eines Vorstandsmitglieds sind nach § 31 B G B der AG zurechenbar. 4 9 6

170

Eine Haftung nach § 31 B G B besteht nicht, wenn die Handlung des Vorstandsmitglieds erkennbar aus dem dienstlichen Bereich herausfällt. Hierfür reicht eine Geschäftsführungskompetenzüberschreitung nicht aus, wenn sie noch Bezug zum dienstlichen Bereich aufweist. Eine Handlung gehört auch dann noch zum Wirkungskreis des Vorstands, wenn sie bloß den Anschein eines Sachzusammenhangs mit den Dienstaufgaben des Vorstands erweckt. 4 9 7 Ferner gehört eine Handlung auch dann noch dem dienstlichen Bereich des Vorstandshandelns an, wenn das Vorstandsmitglied zwar schon zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung aus dem Amt ausgeschieden ist, jedoch die Handlung noch während seiner Amtszeit vorbereitet wurde und diese Vorbereitung noch als adäquat kausal für den Schadenserfolg angesehen werden k a n n . 4 9 8 Eine Zugehörigkeit des Handelns zum dienstlichen Bereich besteht etwa dann, wenn das Vorstandsmitglied eine Vertretungsmacht für eine Bürgschaftserklärung der AG zugunsten eines Dritten in betrügerischer Weise vorspiegelt. 4 9 9 Eine Zugehörigkeit des Handelns zum privaten Bereich ist hingegen bei einer privaten Reise im Anschluss an eine Dienstreise anzunehmen, 5 0 0 nicht aber bei bloßen Umwegen. 5 0 1

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§ 31 B G B ist auf solche Personen entsprechend anzuwenden, die unternehmensorganisatorisch verselbständigte Teilbereiche weitgehend eigenverantwortlich leiten. 5 0 2 Durch die analoge Anwendung von § 31 BGB wird der für die Aktiengesellschaft ohnehin angesichts der Organstellung des Vorstands nicht gangbare, 5 0 3 aber auch für andere Gesellschaftsformen gekünstelte Weg einer Bestellung aller verantwortlich tätigen Personen zu „besonderen" Vertretern gem § 3 0 B G B vermieden. 5 0 4 3. Haftung außerhalb von § 31 BGB

172

Aus der Organfunktion des Vorstands folgt ferner, dass die AG auch außerhalb von § 31 BGB für ein Handeln von Vorstandsmitgliedern einstehen muss. Das gilt etwa, wenn die AG aus einem Versicherungsvertrag Obliegenheiten hat und ein Vorstandsmitglied diesen Obliegenheiten zuwider handelt. In einem solchen Fall kann die AG den Anspruch auf die Versicherungssumme verlieren. 5 0 5 Ferner kann die Befangenheit eines Vorstandsmitglieds unabhängig davon, ob das Mitglied persönlich an einem Geschäft mitwirkt, die Befangenheit der Gesellschaft, etwa diejenige einer Prüfungsgesellschaft bei einem Prüfungsauftrag, bewirken. 5 0 6

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496 497 498 499 500 501 502

BGHZ 109, 297 = NJW 1990, 976; dazu MünchKommBGB/Reafer4 § 31 Rdn 30. BGHZ 98, 148, 152. KKJ Mertens 2 77. KK/Mertens 1 77; aA BGHZ 99, 298, 301. RG Recht 1916 Nr 1452. RGZ 128, 229, 233. OLG Schleswig SchlHA 1957, 302. KG Der Betrieb 1996, 2381.

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KKJ Mertens1 vor § 76 Rdn 27; MiinchHàbkGlWesner1 § 19 Rdn 11; aA ν Godm/Wilhelmt4 13. KK]Mertens1 87. RGZ 66, 181, 185; RG Bolze XVI Nr 231; KKJMertens1 89. BayObLG Der Betrieb 1987, 2400, 2401; KKJMertens 2 89.

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

4 . Privates Handeln Bei rein privater Tätigkeit des Vorstandsmitglieds entfällt eine Z u r e c h n u n g seines

173

Handelns gern § 31 B G B (dazu bereits o b e n R d n 1 7 0 ) oder eine Z u r e c h n u n g nach anderen Ü b e r l e g u n g e n . 5 0 7 Eine Vermutung dafür, dass ein Vorstandsmitglied dienstlich handelt, etwa im Sinne einer analogen Anwendung von § 3 4 4 A b s 1 H G B , 5 0 8 besteht nicht. J e d o c h k a n n ein ausnahmsweise auch rein privates Handeln des Vorstandsmitglieds rechtlich Auswirkungen im Sinne eines Einstehenmüssens haben. So k a n n etwa ein sexuell geprägtes Verhältnis eines Vorstandsmitglieds mit der Ehefrau eines Angestellten oder eines Handelsvertreters des Geschäftspartners diesem Geschäftspartner ein R e c h t zur Beendigung des Geschäftsverhältnisses g e b e n . 5 0 9 5. Haftung bei Delegation im Konzern a) Außenverhältnis Probleme bereitet die Anwendung von § 31 B G B bei der Delegation eines Vorstandsmitglieds in das O r g a n (etwa den Aufsichtsrat) einer anderen Gesellschaft. Basis für eine solche Delegation k a n n die Ausübung eines Entsenderechts gem § 101 A k t G oder eine sonstige, etwa aufgrund einer Konzernverbindung bestehende rechtliche oder faktische M ö g l i c h k e i t der Einflussnahme sein. H a n d e l t das Vorstandsmitglied in seiner Eigenschaft als Organmitglied der aufnehmenden Gesellschaft gegenüber Dritten, so besteht im Außenverhältnis keine Haftung der delegierenden Gesellschaft nach § 31 B G B , sondern lediglich eine Haftung der aufnehmenden Gesellschaft gegenüber den Dritten. Eine H a f tung der delegierenden Gesellschaft scheidet schon deshalb aus, weil prima facie das Vorstandsmitglied im Interesse der aufnehmenden Gesellschaft handelt. Allerdings k a n n es zu einer gemeinsamen, gesamtschuldnerischen Haftung der delegierenden und der aufnehmenden Gesellschaft k o m m e n , wenn das Vorstandsmitglied ausnahmsweise sowohl im Interesse der aufnehmenden als auch der delegierenden Gesellschaft handelt, etwa wenn sich ein Unfall auf einer im Interesse bei der Gesellschaft liegenden Dienstfahrt ereignet. 5 1 0

174

b) Innenverhältnis Bei Schädigung der aufnehmenden Gesellschaft durch das delegierte Organmitglied haftet die delegierende Gesellschaft in aller Regel nicht. Vielmehr haftet das delegierte Organmitglied seinerseits gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft, zB gem §§ 9 3 , 116 A k t G oder gem § 4 3 G m b H G . 5 1 1 Eine zusätzliche H a f t u n g der delegierenden Gesellschaft nach § 31 B G B gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft ist selbst dann zu verneinen, wenn die H a n d l u n g des Vorstandsmitglieds in einer gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft pflichtwidrigen Verfolgung von Interessen der delegierenden Gesellschaft besteht. Eine O r g a n h a f t u n g der abordnenden Gesellschaft ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn ein solches Handeln des abgeordneten Vorstandsmitglieds in Verfolgung von Interessen der abordnenden Gesellschaft nachgewiesen werden k a n n . 5 1 2 Eine Haftungszurechnung der delegierenden Gesellschaft gem § 31 B G B k o m m t schon deshalb nicht in Betracht, weil eine solche H a f t u n g für den Bereich des Entsenderechts gem

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Dazu MünchKommBGB/ReKier 4 § 31 Rdn 32 f. Zurecht eine analoge Anwendung von § 344 Abs 1 HGB verneinend RG LZ 1931 Sp 324.

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509

510 511 512

OLG Düsseldorf NJW 1964, 1963; KK/ Mertens 2 89. KK¡Mertens 2 82. BGHZ 90, 381, 397 f. AA KKJ Mertens2 85.

Michael Kort

175

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

§ 101 AktG 1965 bzw § 88 AktG 1937 erwogen, aber nicht in das Gesetz aufgenommen wurde. Wenn sogar im Bereich des Entsenderechts der gesetzgeberische Wille gegen eine generelle Haftung des Entsenders spricht, gilt das erst recht bei einer Delegation aufgrund anderer Einflussmöglichkeiten. 513 176

Ferner spielt eine Rolle, dass die Haftung der entsendenden Gesellschaft unvereinbar mit der Wahrnehmung insbesondere eines Aufsichtsratsamts in der Gesellschaft wäre, in die das Organmitglied entsandt wird. Selbst wenn das entsandte Mitglied pflichtwidrig die Interessen des entsendenden Unternehmens verfolgt, begeht es die Pflichtverletzung in Ausführung seiner Organstellung beim Unternehmen, in das es entsandt worden ist, nicht aber als Vorstandsmitglied der entsendenden Gesellschaft. 514 Es ist daher nicht möglich, das pflichtwidrige Verhalten der begünstigten Gesellschaft zuzurechnen. Vielmehr kommt allenfalls eine konzernrechtliche Haftung, etwa aus §§ 311, 317 AktG, in Betracht, falls die besonderen konzernrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. c) Banken Vertreter im Aufsichtsrat

177

Interessenkonflikte können insbesondere bei der Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten durch Bankenvertreter entstehen, und zwar unabhängig davon, ob ein Entsenderecht iS von § 101 Abs 2 AktG besteht oder nicht. Bankenvertreter unterliegen im Falle von Interessenkollisionen besonderen Pflichtbindungen. 515 Ein pflichtwidriges Verhalten der Bankenvertreter als Aufsichtsratsmitglieder ist den Banken nicht nach allgemeinen Zurechnungsnormen (etwa § 31 BGB) zuzurechnen, sondern nur nach speziellen Zurechnungsnormen (also insbesondere bei Konzerntatbeständen).

XI.

Vorstands-Doppelmandate

1. Zulässigkeit 178

Weder § 76 Abs 1 AktG noch andere Vorschriften des Aktiengesetzes noch konzernrechtliche Überlegungen stehen der Schaffung von Vorstands-Doppelmandaten entgegen. 516 Bei Vorstands-Doppelmandaten ist dieselbe Person Mitglied des Vorstands verschiedener Aktiengesellschaften. Häufig anzutreffen sind solche Vorstands-Doppelmandate insbesondere bei konzernverbundenen Aktiengesellschaften, bei denen eine Mitgliedschaft im Vorstand der Muttergesellschaft und im Vorstand der Tochtergesellschaft besteht. 5 1 7 Bei der Mutter handelt es sich oft um eine reine Holding, deren Vorstand außer den Leitern der Bereichsgesellschaften regelmäßig weitere Vorstandsmitglieder angehören, die nicht in einer der Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig sind. Jedoch sind auch bei Unternehmensverbindungen, bei denen die Mutter sowohl konzernleitend als auch unmittelbar als Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen tätig ist, die Vorstandsvorsitzenden der wichtigsten Töchter oft zugleich Vorstandsmitglieder der Mutter. 5 1 8 Bei Vorstands-Doppelmandaten gibt es keine Inkompatibilitäten. Allerdings ist § 88 Abs 1 Satz 2 AktG mit der Maßgabe anzuwenden, dass sowohl bei Vorstands-

513

Insofern wie hier K K ¡ M e r t e n s 2 8 4 .

514

B G H Z 3 6 , 2 9 6 , 3 0 9 ff; 9 0 , 3 8 1 , 3 9 8 . Dazu Lutter Z H R 145 ( 1 9 8 1 ) 2 2 4 , 2 2 6 ff; speziell zum Insiderwissen auch Hopt in: FS Heinsius 1991 S 2 8 9 .

515

516

KKJ Mertens2

112; Säcker Z H R 151 ( 1 9 8 7 )

59, 6 0 ; Semler in: FS Stiefel 1 9 8 7 S 719, 7 3 4 ; Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 5 7 0 , 5 7 4 ; LG Köln AG 1 9 9 2 , 2 3 8 , 2 4 0 . 517

518

Eversberg Doppelvorstände im Konzern 1 9 9 2 S 2 5 ff; Aschenbeck N Z G 2 0 0 0 , 1015. Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 5 7 0 .

Stand: 1. 12. 2002

(148)

Erster Abschnitt. Vorstand

§ 7 6

Doppelmandaten außerhalb als auch bei solchen innerhalb von Konzernverbindungen die Aufsichtsräte der beteiligten Aktiengesellschaften der Doppeltätigkeit zustimmen müssen. 2. Ausprägungen Bei Vorstands-Doppelmandaten im Konzern handelt es sich meistens um eine Ausdehnung des Prinzips der Spartenorganisation (Divisionalisierung; dazu oben Rdn 155) in den Konzern hinein. 519 So ist die Konstellation typisch, bei der die Obergesellschaft lediglich Holding ist und deren Vorstandsmitglieder Vorstandsvorsitzende einer der mit dem operativen Geschäft betrauten Sparten-Tochtergesellschaften sind. 5 2 0 Derartige Vorstands-Doppelmandate finden sich vor allem bei Versicherungskonzernen, da im deutschen Versicherungswesen trotz europarechtlicher Beschneidung des Spartenprinzips dieses Prinzip weitgehend immer noch herrscht. 5 2 1 Vorstands-Doppelmandate im Konzern sind jedoch auch denkbar, wenn die Mutter nicht als reine Holding fungiert, sondern ihrerseits auch operative Geschäfte betreibt, und zwar unabhängig davon, ob der Mutter-Vorstand nach dem Prinzip der funktional gegliederten Unternehmensorganisation oder nach dem Spartenprinzip organisiert ist.

179

3. Doppelmandatierung und faktische Konzernierung Vorstands-Doppelmandate im Konzern sind selbst dann zulässig, wenn die Doppelmandatierung zu einem faktischen Konzern führt. 5 2 2 Zur Klärung des Verhältnisses zwischen Doppelmandat und faktischem Konzern ist zunächst festzuhalten, dass die Doppelmandatierung die einfache faktische, aber auch die qualifizierte faktische Konzernierung herbeiführen kann, aber nicht muss. 5 2 3 In aller Regel wird allerdings bei Doppelmandatierung auch dann, wenn die Vorstände der Töchter aus mehreren Mitgliedern bestehen und somit häufig nur eine personelle Teilidentität von Mutter- und Tochter-Vorstand vorliegt, zumindest ein einfacher faktischer Konzern, oft aber auch ein qualifizierter faktischer Konzern, vorliegen. Eine automatische (per se-) Qualifizierung einer Unternehmensverbindung, bei der Vorstands-Doppelmandate existieren, als qualifizierter faktischer Konzern ist aber abzulehnen. 524 Die bloß personelle (Teil-)Identität führt nicht zwingend zu einem Zustand, bei dem die Töchter nur noch wie Betriebsabteilungen der Mutter geführt werden. Selbst wenn der Tochter-Vorstand nur aus einer Person besteht, 519

Hüffer5

2 0 ; Martens

in: FS Heinsius 1991

S 5 2 3 ; auch Streyl Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten 1 9 9 2 S 118 ff. Hüffer5

2 0 ; Martens

in: FS Heinsius 1991

S 5 2 3 , 5 3 0 ff. 521 MünchHdbAG/Wieswer 2 S 2 0 Rdn 10. 522 K K / M e r t e n s 1 112; Hüffer5 2 1 ; Altmeppen Abschied vom „qualifiziert faktischen" Konzern 1991 S 11 ff; Lutter Z H R 1 4 5 ( 1 9 8 1 ) 2 2 4 , 2 3 0 ff; Hoffmann-Becking Z H R 1 5 0 ( 1 9 8 6 ) 5 7 0 , 5 7 4 ; Dreher in: FS für E Lorenz 1 9 9 4 S 175, 1 8 3 ff; Semler in: FS Stiefel 1 9 8 7 S 719, 7 3 4 ; LG Köln AG 1 9 9 2 , 2 3 8 , 2 4 0 ; aA Säcker Z H R 151 ( 1 9 8 7 ) 59, 6 5 ff. 523 KKJ Mertens2 112 f; Hüffer5 2 1 ; Streyl Z u r

stands-Doppelmandaten 1 9 9 2 S 110 ff; Binnewies Die Konzerneingangskontrolle in der abhängigen Gesellschaft 1996 S 3 7 3 ff; Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 570, 5 7 1 ff; Lindermann AG 1987, 2 2 5 , 2 3 9 ; zurückhaltend Decher Personelle Verflechtungen im Aktienkonzern 1 9 9 0 S 6 3 ; aA Säcker Z H R 151 ( 1 9 8 7 ) 5 9 : stets Herbeiführung eines qualifizierten faktischen Konzerns. In diese Richtung gehend aber Säcker Z H R 151 ( 1 9 8 7 ) 59, 65 ff; wie hier hingegen Lindermann AG 1987, 2 2 5 , 2 3 4 ; Timm N J W 1987, 977, 9 8 2 ; Dreher in: FS Egon Lorenz 1 9 9 4 S 175, 1 9 3 ff; Semler in: FS Stiefel 1 9 8 7 S 719, 7 5 5 ; Aschenbeck N Z G 2 0 0 0 , 1015, 1019.

konzernrechtlichen Problematik von Vor-

(149)

Michael Kort

180

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

muss durch das Doppelmandat nicht automatisch ein qualifizierter faktischer Konzern entstehen. 5 2 5 181

Da Vorstands-Doppelmandate andererseits aber durchaus zur qualifizierten faktischen Konzernierung führen können, steht ihre Zulässigkeit insofern, also spezifisch konzernrechtlich, zur Diskussion. Allerdings lässt sich nur dann, wenn man den qualifizierten faktischen Konzern als Unrechtstatbestand ansieht, den das Gesetz grundsätzlich unterbinden will, überhaupt die Überlegung anstellen, ob Vorstands-Doppelmandate, die eine qualifizierte faktische Konzernierung zur Folge haben, unzulässig sind. Hierbei ist außerdem zu beachten, dass in der Regel nicht die Etablierung des Vorstands-Doppelmandats als solche schon den qualifizierten faktischen Konzern herbeiführt, sondern erst die intensive Form von Leitung aufgrund des Vorstands-Doppelmandats. Daher ist auch aus konzernrechtlichen Erwägungen heraus ein Vorstands-Doppelmandat selbst dann nicht unzulässig (mit der Folge einer Nichtigkeit der zweiten, zeitlich nachfolgenden Bestellung als Vorstandsmitglied), wenn das Vorstands-Doppelmandat letztlich in eine qualifizierte faktische Konzernierung mündet. 5 2 6

182

Bei Vorstands-Doppelmandaten kann es zu einer Kollision der Interessen der Mutter und der Tochter kommen. So kann etwa die Strategie der Mutter darauf abzielen, in einem anderen Bereich des Konzerns als demjenigen der Tochter zu expandieren und hierfür Finanzmittel der Tochter zu verwenden, oder eine Zuführung von Finanzmitteln gegenüber der Tochter zu unterlassen, so dass von der Tochter geplante Investitionen unterbleiben müssen. 5 2 7 Derartige Interessenkonflikte können unter Beachtung von zwei Grundsätzen gelöst werden: Zum einen lässt sich der „Schaffgotsch"-Entscheidung des B G H aus dem Jahr 1 9 8 0 5 2 8 der Grundsatz entnehmen, dass bei Doppelmandaten die Pflichterfüllung gegenüber der einen Gesellschaft niemals eine Pflichtverletzung gegenüber der anderen Gesellschaft rechtfertigen k a n n . 5 2 9 Nachteilige Maßnahmen bei der Tochter, die nicht ausgeglichen werden (können), lassen sich daher nicht mit einem entsprechenden Interesse der Obergesellschaft an der Durchführung solcher Maßnahmen rechtfertigen. Der zweite Grundsatz bei Interessenkollisionen im Falle von VorstandsDoppelmandaten besagt, dass eine pflichtwidrige Bevorzugung der Interessen des einen Unternehmens bei der Tätigkeit für das andere Unternehmen nicht zu einer Haftung des erstgenannten Unternehmens (nach § 31 BGB), sondern nur zu einer Haftung des Vorstandsmitglieds führt. 5 3 0 4. Stimmverbote?

183

Problematisch ist, inwiefern § 2 8 Abs 1 BGB in Verbindung mit § 3 4 B G B (dazu allg § 7 7 Rdn 14 f) bei Vorstands-Doppelmandaten eine analoge Anwendung findet. Eine entsprechende Anwendung dieser Normen, 5 3 1 die an sich den Ausschluss des Stimmrechts bei einer vereinsrechtlichen Beschlussfassung betreffen, ist zum einen dann denkbar, wenn der Vorstand der Mutter-AG über die Wiederbestellung des doppelten Vorstandsmitglieds im Vorstand der Tochter-AG einen Beschluss fasst und zum anderen dann, wenn der Vorstand der Mutter-AG einen Beschluss über konzernleitende Weisungen

525

AA für den Einpersonen-Doppelvorstand

526

K K M e r t e n s 1 113. K K ¡ M e r t e n s 1 113.

527 528 529

Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 570, 5 7 5 f. BGH N J W 1980, 1629. Hopt Die Verantwortlichkeit der Banken

bei Emissionen 1991 Rdn 1 0 3 ff; Hoffmann-Becking Z H R 151 ( 1 9 8 6 ) , 5 7 0 , 5 7 6 f; 530

531

Aschenbeck N Z G 2 0 0 0 , 1015, 1021. Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 570, 577. Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 570, 580.

Stand: 1. 1 2 . 2 0 0 2

(150)

Erster Abschnitt. Vorstand

§76

fasst, insbesondere dann, wenn es sich um für die Tochter nachteilige Weisungen handelt. Dabei stellt sich das zusätzliche Problem, ob ein etwa bestehendes Stimmverbot nur im Vorstand des herrschenden Unternehmens gelten soll oder nur im Vorstand des abhängigen Unternehmens oder aber in beiden Vorständen. 5 3 2 Ein Stimmverbot bei der Entscheidung in der Obergesellschaft würde das doppelte Vorstandsmitglied vor dem Haftungsrisiko wegen pflichtwidriger Stimmabgabe bewahren, weil sich das Vorstandsmitglied dann ganz auf die Interessen der Tochter konzentrieren könnte. 5 3 3 Gegen ein umfassendes Stimmverbot in Anlehnung an § 34 BGB spricht, dass es im deutschen Gesellschaftsrecht kein allgemeines Stimmverbot im Fall der Interessenkollision gibt. 5 3 4 Die Stimmverbote des § 47 Abs 4 G m b H G und des § 136 AktG zeigen vielmehr, dass nur in ganz besonderen Konstellationen der Interessenkollision ein Stimmverbot bestehen soll. 5 3 5 Es geht daher nicht an, aus diesen Einzelnormen oder aus der ebenfalls auf einen Spezialfall zugeschnittenen vereinsrechtlichen Vorschrift des § 28 Abs 1 BGB in Verbindung mit § 34 BGB auf ein generelles Stimmverbot im Fall von Interessenkollisionen bei der Beschlussfassung in Organen einer Gesellschaft zu schließen.

184

Bei konzernleitenden Maßnahmen ist ferner zu berücksichtigen, dass zwar im faktisehen Konzern, und zwar auch im qualifizierten faktischen Konzern, der Interessengegensatz zwischen dem Interesse der Mutter und demjenigen der Tochter nicht durch die Ausrichtung auf ein (gemeinsames) Konzerninteresse überwunden werden kann, aber eine Personalunion als Vorstandsmitglied von Mutter und Tochter auch nicht zwingend zu unüberwindbaren Interessenkollisionen in der Person des doppelten Vorstandsmitglieds führen muss. Vielmehr hat das doppelte Vorstandsmitglied im Sinne praktischer Konkordanz sowohl die Interessen der Mutter als auch diejenigen der Tochter zu vertreten. Bei Befürwortung eines Stimmverbots würde außerdem die bei Doppelmandaten durchaus bestehende, wünschenswerte Möglichkeit des Einflusses der Tochter auf die Mutter zurückgedrängt. 5 3 6 Ziel der Doppelmandatierung ist es oft gerade, dass die Vorstandsbeschlüsse der Mutter von den betroffenen Bereichsvorständen (also den Tochtervorständen) getragen und verantwortet werden. Dieses Ziel würde durch weitgehende Stimmverbote konterkariert. Ausnahmsweise besteht allerdings eine Pflicht zur Stimmenthaltung bei Leitungsmaßnahmen im Konzern, wenn eine praktische Konkordanz der Interessen zwischen Mutter und Tochter nicht herstellbar ist und eine Entscheidung des doppelt mandatierten Vorstandsmitglieds für eine Seite zu einer Schädigung der anderen Seite führen würde. 5 3 7

185

Weder bei konzernleitenden noch bei personellen Maßnahmen besteht ein Stimmverbot gem § 28 Abs 1 BGB in Verbindung mit § 34 BGB analog. Über die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds der Tochter-AG hat der Vorstand der Mutter ohnehin nicht abschließend zu entscheiden, vielmehr liegt die Entscheidungskompetenz letztlich beim Aufsichtsrat der Tochter-AG. Abgesehen davon gilt der Grundsatz, dass Organmitglieder durchaus über ihre Bestellung in ein anderes Organ mitbestimmen dürfen. 5 3 8 Gegen die Befürwortung eines umfassenden Stimmverbots spricht ferner das Prinzip der Gesamtverantwortung des Vorstands. Dieses Prinzip steht angesichts des Grundsatzes

186

532

533

534 535

(151)

Dazu ausführlich Ebke/Geiger ZVglRWiss 93 (1994) 38, 62 ff. Hoffmann-Becking Z H R 150 (1986) 570, 583. Aschenbeck N Z G 2 0 0 0 , 1015, 1022. Hüffer5^ 77Rdn8.

536

537

538

KK¡Mertens1 § 77 Rdn 31; HoffmannBecking Z H R 150 (1986) 5 7 0 , 583. KKJMertens1 § 77 Rdn 35; Semler in: FS Stiefel 1987, 719, 735. KKJMertens2 § 7 7 Rdn 32.

Michael Kort

§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

der Satzungsstrenge (§ 2 3 Abs 5 A k t G ) auch der Etablierung eines umfassenden Stimm187

verbots in der Satzung e n t g e g e n . 5 3 9 Ist somit eine Anwendung von § 2 8 A b s 1 B G B in Verbindung mit § 3 4 B G B analog nicht der richtige Weg, Interessenkonflikten bei Vorstands-Doppelmandaten zu begegn e n , 5 4 0 so fragt es sich, o b nicht engere, spezifisch kapitalgesellschaftsrechtliche Stimmverbote entsprechende Anwendung finden k ö n n e n . In B e t r a c h t k o m m e n hierfür § 136 A k t G bzw § 4 7 Abs 4 G m b H G , die Stimmverbote der Gesellschafter bei ihrer Entlastung oder bei ihrer Befreiung von einer Verbindlichkeit vorsehen, sowie im Aktienrecht Stimmverbote bei Beschlüssen darüber, o b gegen einen A k t i o n ä r ein Anspruch geltend gemacht wird, und im G m b H - R e c h t Stimmverbote bei Beschlüssen, die die V o r n a h m e eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits einem Gesellschafter gegenüber betreffen. Diesen N o r m e n liegen verschiedene Überlegungen zugrunde: Z u m einen geht es um das Verbot des Richtens in eigener Sache, zum anderen darum, dass derjenige nicht auf Rechtsgeschäfte Einfluss nehmen soll, der daran selbst als Partei beteiligt ist. 5 4 1 Diese Überlegungen gelten nicht spezifisch nur für die Beschlussfassung der Gesellschafter, sondern auch für die Beschlussfassung in anderen O r g a n e n der Gesellschaft, also auch im Vorstand. D e m g e m ä ß greift ein Stimmverbot ein, wenn der Vorstand der M u t t e r - A G über die S t i m m a b g a b e zur Entlastung des Vorstandsmitglieds, das ein D o p p e l m a n d a t innehat, in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft b e s c h l i e ß t . 5 4 2 Selbst solche Stimmverbote in Angelegenheiten, die mit der Person des Vorstandsmitglieds zusammenhängen, bestehen aber dann nicht, wenn sie zur H a n d lungsunfähigkeit des Vorstands führen würden. D a s kann beim einköpfigen Vorstand der M u t t e r - A G oder der Tochter-AG der Fall s e i n . 5 4 3 Dasselbe gilt, wenn eines der Unternehmen eine G m b H mit nur einem Geschäftsführer ist. 5. Recht zur Stimmenthaltung

188

Besteht somit ein Stimmverbot bei Vorstands-Doppelmandaten nur in Ausnahmefällen, so ist umgekehrt ein Recht des doppelten Vorstandsmitglieds, sich der Stimme in Fällen der Interessenkollision zu enthalten, nicht ausgeschlossen. 5 4 4 Allerdings muss das Vorstandsmitglied bei der Ausübung dieses R e c h t s seine sonstigen Pflichten berücksichtigen. Insbesondere darf es von seinem R e c h t auf Stimmenthaltung dann nicht G e b r a u c h m a c h e n , wenn ein Funktionieren des Vorstands als O r g a n nicht m e h r gewährleistet

6 . Gebot der Interessentrennung 189

Bei Vorstands-Doppelmandaten hat sich das Vorstandsmitglied bei der Tätigkeit für die M u t t e r ausschließlich an deren Interessen auszurichten, bei der Tätigkeit für die Tochter hingegen ausschließlich an den T o c h t e r i n t e r e s s e n . 5 4 6 Dieses G e b o t einer strikten Interessentrennung (im Sinne des „Chinese W a l l " - P r i n z i p s 5 4 7 ) lässt sich zwar in der

539

540

541 542

Dazu Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986) 570, 584. Ebenso Hüffer5 § 77 Rdn 8; MünchHàbKGlWesner2 § 19 Rdn 23; auch Ebke/ Geiger ZvglRWiss 93 (1994) 38, 66. Hüffer s § 136 Rdn 3. LG Köln Der Betrieb 1998, 614; KK/ Mertens2 § 77 Rdn 33; MünchHdbAG/ Wiesner2 § 20 Rdn 11.

543 544

545 546

547

KYJ Mertens2 § 77 Rdn 34. Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986) 570, 583. KK¡Mertens 2 § 77 Rdn 35. Ähnlich Streyl Zur konzernrechtlichen Problematik von Vorstands-Doppelmandaten 1992 S 177 f. Dazu Hopt ZGR 2002, 333, 367 ff; ders in: FS Heinsius 1991 S 289, 319 f.

Stand: 1. 12. 2 0 0 2

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Erster Abschnitt. Vorstand

§76

Praxis nicht durchgängig einhalten, zumindest aber muss das Vorstandsmitglied bestrebt sein, bei seiner Tätigkeit die Interessen der beiden Gesellschaften auseinander zu halten, es sei denn, es besteht ein Zustand legaler Konzernierung, insbesondere aufgrund eines Beherrschungsvertrags, der eine Berücksichtigung von Konzerninteressen (und damit eine Einbeziehung von Tochterinteressen) seitens des Vorstands der Mutter erlaubt oder sogar gebietet (dazu oben Rdn 141 ff). In Fällen andauernder und intensiver Interessenkonflikte muss allerdings das Doppelmandat aufgegeben werden, da dann weder theoretisch noch praktisch eine Einhaltung des „Chinese Wall "-Prinzips möglich ist. 7. Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit Doppelmandate bestehen nicht nur als Vorstands-Doppelmandate, sondern häufig auch in der Weise, dass ein Mitglied des Vorstands der Mutter-AG zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Tochter-AG ist. 548 § 100 Abs 2 Nr 2 AktG findet auf diesen Fall mangels Vergleichbarkeit keine Anwendung. 5 4 9 Auch liegt keine Überkreuzverflechtung iS von § 100 Abs 2 N r 3 AktG vor, eine analoge Anwendung scheitert wiederum mangels Vergleichbarkeit. 550 § 105 AktG steht solchen Konstellationen ebenfalls nicht entgegen, denn diese N o r m sieht nur gesellschaftsweit, nicht aber konzernweit unter Berücksichtigung der Funktionentrennung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat eine Inkompatibilität der Mitgliedschaft im Vorstand und im Aufsichtsrat vor. Aus Gründen der Pflicht zur konzernweiten Kontrolle (nicht: zur Konzernleitung, dazu oben Rdn 139ff) kann eine Präsenz in den Aufsichtsräten der Töchter sogar geboten sein. 551

190

Bei der Wahrnehmung eines Doppelmandats im Konzern als Vorstandsmitglied der 191 Mutter und Aufsichtsratsmitglied der Tochter kann es zu Interessenkonflikten kommen. Als Vorstandsmitglied des herrschenden Unternehmens besteht eine Verpflichtung zur Verfolgung des Interesses des herrschenden Unternehmens, als Aufsichtsratsmitglied einer Tochter eine Pflicht zur Verfolgung des Tochterinteresses. Nur im Vertragskonzern können die Verfolgung der Interessen des herrschenden Unternehmens als Vorstandsmitglied im herrschenden Unternehmen, das zugleich Aufsichtsratsmitglied bei der Tochter ist, und die Verfolgung der Tochterinteressen beide auf dasselbe, nämlich auf das Konzerninteresse, hinauslaufen. Selbst bei vertraglicher Konzernierung bestehen aber Probleme, wenn das Eigeninteresse der Mutter vom Konzerninteresse verschieden ist. Erst recht können solche Konflikte im faktischen Konzern sowie immer dann entstehen, wenn das Vorstandsmitglied, Aufsichtsratsmitglied in Unternehmen ist, die entweder dem Unternehmen, in dem es Vorstandsmitglied ist, Konkurrenz machen, oder - bei Aufsichtsratstätigkeit des Vorstandsmitglieds in mehreren Unternehmen - untereinander in Wettbewerb stehen. Das Vorstandsmitglied ist dann zu strenger Einhaltung der Verschwiegenheit 552 unter Beachtung des „Chinese Wall "-Prinzips verpflichtet. Zwar lässt sich die Funktionentrennung ein und derselben Person in der Praxis nur schwer verwirklichen. Dennoch ist die mehrfache Aufsichtsratsstellung eines Vorstandsmitglieds in konkurrierenden (Tochter-(Unternehmen zulässig. 553 Das KonTraG 1998 hat eine Doppel- oder Mehrfachmitgliedschaft in konkurrierenden Unternehmen weiterhin zugelassen und hat bloß - überdies nur für die Anteilseigner 548

549

550

Dazu Marsch-Barner in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999 Rdn J 131 ff. Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 528 f; ders Z H R 159 (1995 ) 567, 573. Martens in: FS Heinsius 1991 S 523, 529; ders Z H R 159 (1995) 567, 573.

(153)

551 552

553

Martens Z H R 159 (1995) 567, 570. Marsch-Barner in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder Rdn J 139. So auch RGZ 165, 68, 82 f (entsprechend für die GmbH).

M i c h a e l Kort

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Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

im Aufsichtsrat - mit § 125 Abs 1 Satz 3 AktG ein Transparenzmodell eingeführt. Auch die Regierungskommission Corporate Governance hat sich 2001 gegen ein gesetzliches Verbot von Mehrfachmandaten in (Tochter-)Aufsichtsräten solcher Unternehmen, die in Wettbewerb stehen, ausgesprochen, aber empfohlen, im Corporate Governance-Kodex vorzusehen, dass Aufsichtsratsmitglieder keine Mandate in Konkurrenzunternehmen wahrnehmen dürfen. 5 5 4 Gerade in Konzernunternehmen ist angesichts des Koordinierungsbedarfs ein generelles Verbot der Mehrfachmandatierung in Aufsichtsräten aber abzulehnen, 555 auch wenn die Konzernunternehmen im (konzerninternen) Wettbewerb zueinander stehen. In Fällen dauernder Interessenkollision, die nicht automatisch bei Konkurrenzunternehmen gegeben ist, ist eine Mehrfachmandatierung in verschiedenen Aufsichtsräten jedoch ebenso unzulässig wie in Fällen dauernder Interessenkollision bei sonstigen Doppelmandaten, zB als Vorstandsmitglied bei der Mutter und bei der Tochter im Konzern (dazu oben Rdn 178 ff).

XII. Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktion 193

Kraft seiner Stellung als Organ übt der Vorstand für die AG auch Arbeitgeberfunktionen aus. Demgemäß zählt die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen zu den Leitungs- bzw Geschäftsführungsaufgaben des Vorstands nach § § 7 6 Abs 1, 77 AktG. Im Außenverhältnis vertritt der Vorstand die AG als Arbeitgeberin, dabei kann Dritten Vollmacht erteilt werden, etwa dem Personalchef oder der Personalabteilung. 556 Die Möglichkeit zur Delegation von Befugnissen besteht hingegen nur eingeschränkt bei der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Arbeitgeberfunktionen wie der Teilnahme an Betriebsversammlungen oder an Sitzungen des Wirtschaftsausschusses. Auch hierbei ist zwar eine Vertretung möglich. Der betriebsverfassungsrechtliche Vertreter des Arbeitgebers muss jedoch in eigener Person Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen und denselben Überblick über Betrieb und Unternehmen haben wie der Arbeitgeber. 557 Eine Vertretung durch betriebsfremde Dritte kommt daher nicht in Frage. Vorstandsmitglieder als Personen, die Arbeitgeberfunktion ausüben, können zu ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Arbeitgeber bei den Arbeits- und Sozialgerichten berufen werden (§ 22 Abs 2 Nr 1, § 37 Abs 2, § 43 Abs 3 ArbGG; § 16 Abs 4 Nr 2, § 47 Abs 2 SGG).

XIII. Zahl der Vorstandsmitglieder (§ 76 Abs 2 Satz 1 und 2 AktG) 1. Satzungsbestimmungen 194

§ 76 Abs 2 Satz 1 AktG sieht vor, dass der Vorstand aus einer oder mehreren Personen bestehen kann. Etwa 25 % der kleineren Aktiengesellschaften bis 500 Arbeitnehmer haben einköpfige Vorstände. 558 Großunternehmen haben oft Vorstände mit mehr als zehn Mitgliedern, allerdings lässt sich in jüngerer Zeit eine Tendenz zur Verkleinerung der Vorstände aus Effizienzgründen erkennen. 559 Gemäß § 76 Abs 2 Satz 2 554

555

556

Baums (Hrsg) Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rdn 54. Dazu im einzelnen Marscb-Barner in: Semler (Hrsg) Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder 1999 Rdn J 144 ff. MünchHdbAG/W¿es«£r 2 § 19 Rdn 34.

557

Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21 § 43 Rdn 28 und ähnlich auch ξ 108 Rdn 154. 558 v0gel Aktienrecht und Aktienwirklichkeit 1980 S 91 f. 559 MünchHdbAG/W/eswer 2 § 19 Rdn 28.

Stand: 1. 12. 2002

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§76

Erster Abschnitt. Vorstand

AktG 5 6 0 muss der Vorstand bei Gesellschaften, die ein Grundkapital von mehr als 3 Mio Euro haben, aus mindestens zwei Personen bestehen, falls die Satzung nicht bestimmt, dass der Vorstand einköpfig ist. Ausreichend hierfür ist es, dass die Satzung bestimmt, dass der Vorstand aus einer oder mehreren Personen bestehen muss. 561 Nach § 76 Abs 2 Satz 3 AktG bleiben die Vorschriften über den Arbeitsdirektor (§ 13 Abs 1 Montan-MitbestG, § 13 Montan-MitbestErgG, § 33 Abs 1 Satz 1 MitbestG) unberührt (zur Stellung des Arbeitsdirektors allg Großkomm AktGlOetker 4 § 33 MitbestG Rdn 10 ff), dh eine den genannten Mitbestimmungsgesetzen unterfallende AG kann nicht einen bloß einköpfigen Vorstand haben (näher unten Rdn 203 ff). § 76 Abs 2 Satz 1 AktG lässt - vorbehaltlich von Satz 2 - somit einen ein- oder mehrköpfigen Vorstand zu. Gem § 23 Abs 3 Nr 6 AktG müssen in der Satzung entweder die Zahl der Vorstandsmitglieder oder die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird, enthalten sein. Damit stehen folgende Möglichkeiten offen: Die Satzung kann eine ganz bestimmte Anzahl an Vorstandsmitgliedern vorsehen. Ausreichend ist aber auch die Vorgabe eines konkreten Korridors, also die Vorgabe einer Mindest- und einer Höchstzahl an Vorstandsmitgliedern. 562 Auch die bloße Angabe einer Mindestzahl (ohne Höchstzahl) ist zulässig. 563 Ferner ist es auch als ausreichend anzusehen, wenn die Satzung bestimmt, dass die konkrete Anzahl der Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat festgelegt wird. 564 Ferner kann die Satzung auch vorsehen, dass die genaue Anzahl der Vorstandsmitglieder durch Beschluss der Hauptversammlung bestimmt wird. 565 Dabei sind jeweils gem § 94 AktG stellvertretende Vorstandsmitglieder einzubeziehen. 566 Enthält die Satzung keine Bestimmung über die Zahl der Vorstandsmitglieder oder wiederholt sie lediglich den Gesetzeswortlaut, so bestimmt der Aufsichtsrat die Anzahl der Vorstandsmitglieder.567

195

2. Entscheidung des Aufsichtsrats Enthält die Satzung eine Ermächtigung für den Aufsichtsrat oder für die HauptverSammlung, die Anzahl der Vorstandsmitglieder festzulegen, so entscheidet der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit. Auch beim mitbestimmten Aufsichtsrat reicht eine solche einfache Mehrheit nach § 29 Abs 1 MitbestG aus (zur Abstimmung im Aufsichtsrat Großkomm AktG/Oei&er4 § 29 MitbestG Rdn 2f). Das gilt auch, wenn die Satzung eine Mindest- und eine Höchstzahl an Vorstandsmitgliedern festlegt, denn auch dann entscheidet der Aufsichtsrat über die konkrete Anzahl der Vorstandsmitglieder.568 Eine Übertragung der dem Aufsichtsrat erteilten Ermächtigung, die konkrete Anzahl der Vorstandsmitglieder festzulegen, vom Aufsichtsrat auf einen Aufsichtsratsausschuss ist nicht möglich, denn die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Vorstands betrifft den Kern der Geschäftsordnung des Vorstands. Da sich aber die Kompetenz zum Erlass der Geschäftsordnung für den Vorstand gem § 107 Abs 3 AktG in

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(155)

§ 76 Abs 2 Satz 2 AktG wurde durch Art 3 S 1 Nr 4 EuroEG vom 9 . 6 . 1 9 9 8 (BGBl I S 1242) neu gefasst. Vorauñage/Meyer-Landrut 13; Geßler/ Hefermehl 29; Hüffer5 22; Baumbach/ Hueck13 10; ν Godin/Wilhelmi 4 10; Knur DNotZ 1966, 324, 3 4 0 f; LG Köln AG 1999, 137; aA Barz AG 1966, 39, 41. Vorauflage/Meyer-Landrut 13; Geßler/ Hefermehl 28; Hüffer5 22; Baumbach/ Hueck13 10; God i n/Wilhelmi4 1; Möhring

563 564

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NJW 1966, 1, 5; Knur DNotZ 1966, 324, 340; aA Barz AG 1966, 39, 41. Geßiet/Hefermehl 28. LG Köln AG 1999, 137, 138; Rottnauer N Z G 2 0 0 0 , 414, 415. YJ^J Mertens2 91. Vorauflag e/Meyer-Landrut 13; Geßler Hefermehl 28; Bürger Der Betrieb 1966,

101.

567 568

Vorauflag e/Meyer-Landrut Hüffer5 21.

Michael Kort

13.

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§76

Vierter Teil. Verfassung der Aktiengesellschaft

Verbindung mit § 77 Abs 2 Satz 1 AktG nicht auf den Aufsichtsratsausschuss übertragen lässt (dazu § 77 Rdn 67), ist im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses auch anzunehmen, dass die Kompetenz zur Festlegung der Anzahl an Vorstandsmitgliedern trotz Nichterwähnung in § 107 Abs 3 AktG nicht auf einen Aufsichtsratsausschuss übertragen werden kann. 5 6 9 3. Grenzen der Vorstandsgröße 197

Zwar sieht das Gesetz in § 76 Abs 2 AktG keine Höchstzahl von Vorstandsmitgliedern vor. Dennoch darf daraus nicht geschlossen werden, dass eine beliebig hohe Anzahl an Vorstandsmitgliedern bestellt werden kann. Praktische Schwierigkeiten der Zusammenarbeit der Vorstandsmitglieder in einem aus sehr vielen Personen zusammengesetzten Vorstand haben im Hinblick auf § 76 AktG auch rechtliche Konsequenzen: § 76 Abs 1 AktG statuiert den Grundsatz der einheitlichen Leitung der AG durch den Vorstand. Eine solche einheitliche Leitung setzt die rechtliche, aber auch die tatsächliche Schaffung von Rahmenbedingungen für eine auf gegenseitige Unterrichtung, Abstimmung von Aktivitäten und gemeinsame Unternehmensplanung ausgerichtete Kooperation und Koordinierung der einzelnen Vorstandsmitglieder voraus. Einheitliche Leitung unter gleichberechtigter Mitarbeit aller Vorstandsmitglieder ist aber ab einer bestimmten Vorstandsgröße nicht mehr gewährleistet. Bei sehr großen Vorständen liegt vielmehr die Gefahr nahe, dass sich innerhalb des Vorstands Gruppen bilden oder gekocht die Gleichberechtigung der Vorstandsmitglieder nicht mehr gewährleistet ist, also „Klassen" von Vorstandsmitgliedern entstehen. 5 7 0 Daher sind der Größe eines Vorstands nicht nur praktische, sondern auch rechtliche, allerdings nicht auf eine bestimmte Zahlengröße fixierbare Grenzen gesetzt. 4. Rechtsfolgen einer verbotswidrigen Zusammensetzung des Vorstands a) Überbesetzung

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Die Rechtsfolgen einer verbotswidrigen Zusammensetzung des Vorstands sind im Gesetz nicht angesprochen. Die Überbesetzung des Vorstands, also eine Überschreitung der in der Satzung vorgesehenen Höchstzahl an Vorstandsmitgliedern, ist selten praktisch relevant. 571 Eine solche Überbesetzung kann etwa dann vorliegen, wenn ein Vorstandsmitglied abberufen wird, aber die Nichtigkeit der Abberufung nicht erkannt wird und ein neues, zusätzliches Mitglied scheinbar an seiner Stelle in den Vorstand berufen wird. Rechtshandlungen der AG gegenüber Dritten werden durch eine solche Überbesetzung nicht in Frage gestellt, die AG wird vielmehr auch durch einen überbesetzten Vorstand im Sinne von § 78 AktG wirksam vertreten. 5 7 2 Die Überbesetzung kann und muss nicht in jedem Fall sofort beendet werden. Der in der Überschreitung der Höchstzahl an Vorstandsmitgliedern liegende Satzungsverstoß bewirkt nicht die Unwirksamkeit der Bestellung des überzähligen Vorstandsmitglieds. 573 Der Aufsichtsrat ist bei einer Überbesetzung in der Regel, aber nicht stets, verpflichtet, für die Beseitigung der Überbesetzung durch Widerruf der Bestellung des überzähligen Vorstandsmitglieds Sorge zu tragen. Selbst seine Abberufung aus wichtigem Grund (§ 84 Abs 3 Satz 1 AktG) kommt aber durchaus nicht in allen Fällen in Betracht. Die Beendigung der Stellung als überzähliges Vorstandsmitglied muss nämlich nicht immer den Interessen der Gesellschaft ent-

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YXJMertens2 KYJMertens2 Hüffer5 23.

91. 92.

572 573

Hüffer5 Ii. KKJMertens2 94; MünchHdbAG/W/