Zur Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland: Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der australischen Rechtsentwicklung [1 ed.] 9783428528097, 9783428128099

In ihrer Arbeit untersucht Gerda Löhr, ob Stalking in Deutschland strafwürdig und strafbedürftig ist. Ausgangspunkt bild

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German Pages 513 Year 2008

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Zur Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland: Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der australischen Rechtsentwicklung [1 ed.]
 9783428528097, 9783428128099

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Schriften zum Internationalen Recht Band 174

Zur Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der australischen Rechtsentwicklung

Von

Gerda Löhr

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

GERDA LÖHR

Zur Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland

Schriften zum Internationalen Recht Band 174

Zur Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland Eine rechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der australischen Rechtsentwicklung

Von

Gerda Löhr

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-12809-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Das Manuskript dieser Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2007/08 als Dissertation angenommen. Das Promotionsverfahren wurde im Januar 2008 abgeschlossen. Die Literatur konnte bis zum Dezember 2007 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp, der mich bei der Themenfindung sowie bei der Anfertigung der Arbeit unterstützt hat. Er betreute mich umfassend während des gesamten Entstehungsprozesses der Abhandlung und erstattete das Erstgutachten. Daneben danke ich Herrn Professor Dr. Wilfried Küper für seine freundliche Bereitschaft, das Zweitgutachten zu erstellen. Dank schulde ich außerdem der Studienstiftung des deutschen Volkes, die diese Abhandlung durch ein Promotionsstipendium gefördert hat. Nicht unerwähnt bleiben dürfen insbesondere auch meine Eltern, Sofie und Herbert Löhr, die diese Dissertation durch ihre unermüdliche Unterstützung erst ermöglicht haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Mein Dank gilt zudem all denen, die diese Abhandlung durch ihren Rat und ihre Unterstützung in vielerlei Hinsicht bereichert und gefördert haben. Besonders hervorzuheben ist dabei Herr Associate Professor Ian LeaderElliott (University of Adelaide). Danken möchte ich abschließend den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg im Breisgau, der Law Library der University of Adelaide, der Law Library der University of Melbourne, der University of Sydney Library und der State Libraries of New South Wales, South Australia sowie Victoria. Heidelberg, im März 2008

Gerda Löhr

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktuelle Relevanz des Phänomens „Stalking“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Systematik der Dissertation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“ . . . I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definitorische Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entstehung der neuen Konnotierung des Stalking-Begriffs . . . . . . 3. Stalking als neue Erscheinung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausweitung des Stalking-Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Begriff „Stalking“ als Teil der Kultursprache . . . . . . . . . . . . . . 6. Gründe für die Entwicklung des Stalking-Begriffs . . . . . . . . . . . . . . 7. Aktuelle Ausweitung des Stalking-Verhaltens? . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“ . . . . . . . . . . . 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Signifikanz einer Stalking-Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschiedene Definitionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umgangssprachliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhaltenswissenschaftliche Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Juristische Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung des Stalking-Phänomens zu anderen Verhaltensweisen . . 1. Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Häusliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ähnliche Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Durchschnittliche Dauer des Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stalking und häusliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Cyberstalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stalking am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stalking durch Stellvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Star-Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Politiker-Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ärzte-Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Gleichgeschlechtliches Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 28 28 29 30 32 38 40 42 44 44 46 47 48 50 53 55 56 56 58 62 63 63 73 73 74 75 79 81 83 87 88 90

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Inhaltsverzeichnis 9. Stalking von Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kinder und Jugendliche als Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bisherige Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kinder und Jugendliche als Stalking-Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Universitäres Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Die Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Soziodemographische und psychiatrische Charakteristika . . . . . . . . 2. Modelle zur Kategorisierung von Stalkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Modell von Zona, Sharma und Lane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Modell von Kienlen, Birmingham, Solberg, O’Reagan und Meloy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Modell von Mullen, Pathé und Purcell . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der zurückgewiesene Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Intimität suchende Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der inkompetente Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der rachesuchende Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Der beutesuchende Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Modell von Sheridan und Boon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Ex-Partner-Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Stalker aus Verliebtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Stalker aus wahnhafter Fixierung . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der sadistische Stalker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis und Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Opfer von Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Forschungserkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Modelle zur Kategorisierung von Stalking-Opfern . . . . . . . . . . . . . . a) Das Modell von Zona, Sharma und Lane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Modell von Meloy und Gothard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Modell von Mullen, Pathé and Purcell . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Frühere Intimpartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Flüchtige Bekannte oder Freunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Freiberufliche Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kontakte am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Fremde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Prominente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Sekundäre Stalking-Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Männliche Stalking-Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Falsche Stalking-Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Auswirkungen des Stalking auf die Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Stalking und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Risikoanalyse in Stalking-Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 92 92 94 96 96 97 98 100 101 102 102 103 104 105 106 106 108 108 108 109 110 110 111 111 113 113 113 113 114 115 116 116 117 118 118 119 120 122 127 132

Inhaltsverzeichnis

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XII. Ausgewählte Statistiken zur Prävalenz des Stalking . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Zwischenergebnis: Das Phänomen „Stalking“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136 136 137 138 139 141 141

C. Die rechtliche Situation in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsquellen des Strafrechts in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorbemerkungen zum Strafrecht in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtshistorische Entwicklung der Anti-Stalking-Strafgesetzgebung in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen . . . . . . 1. Australian Capital Territory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tatbestandsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. New South Wales. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Northern Territory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Queensland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Tatbestandsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Schutzanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. South Australia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Tasmania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tatbestandsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

V.

VI.

7. Victoria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Schutzanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Western Australia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Struktur des westaustralischen Anti-Stalking-Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Der australische Model Criminal Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhaltensaufzählung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Häufigkeit des Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Qualifikationstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Actus reus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufzählung der Kernverhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Cyberstalking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Häufigkeit des Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mens rea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Strafandrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

162 162 163 164 165 165 165 165 166 167 168 169 169 170 170 170 171 171 172 172 172 174 175 176 178 178 181 183 184 185 185 185 186 191 193 200 203 208 210 211 212

Inhaltsverzeichnis D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtshistorische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der kalifornische Anti-Stalking-Straftatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . a) Glaubwürdige Drohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezifisches Absichtserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Model Antistalking Code 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhaltensaufzählung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Furchterfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Generelles Absichtserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausgestaltung als Verbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Model Stalking Code 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Tatbestand des Model Stalking Code 2007 . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung des Model Stalking Code 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verbotenes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verzicht auf ein Drohungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Furchterfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Emotionales Leid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Generelles Absichtserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Ausgestaltung als Verbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Struktur der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) England, Wales und Nordirland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Belästigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Versetzen von Menschen in Furcht vor Gewalt . . . . . . . . cc) Zivilrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriffliche Unbestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedenken im Hinblick auf die begriffliche Unbestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Marginalisierung des Stalking-Verhaltens . . . . . . . . . . (3) Niedrige Strafbarkeitsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Strafbarkeitsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 214 214 214 217 218 219 220 221 223 226 227 228 228 229 229 230 231 234 235 236 236 237 238 238 240 240 240 241 242 243 245 245 245 246 247 247 248 251 252 254

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Inhaltsverzeichnis III.

Irland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Struktur des Anti-Stalking-Straftatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung des Anti-Stalking-Straftatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Struktur des Anti-Stalking-Straftatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung des Anti-Stalking-Straftatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strafrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivil- und exekutionsrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verwendung des Terminus „Stalking“ als Oberbegriff . . . . . . . . . . . 2. Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhaltensbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Häufigkeit des Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Spezifische Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Antragsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die rechtliche Situation in Deutschland: Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgestaltung und Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes in § 238 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzgut und systematische Stellung im Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tathandlungen und Angriffsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Angriffsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

254 254 255 259 259 259 260 264 265 267 270 274 274 280 281 281 282 283 283 285 286 289 290 290 291 292 292 296 297 297 298 301 301 304 304 307 307 309 312

Inhaltsverzeichnis

3.

4.

5. 6.

7.

(4) § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gesetzgeberische Intention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot . . . . (aa) Das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Vereinbarkeit des § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. mit dem Bestimmtheitsgebot . . (a) Konkretisierung durch die Verhaltensvarianten aus § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Konkretisierung durch den tatbestandsmäßigen Oberbegriff . . . . . . . . (g) Konkretisierung durch die gesellschaftlichen Wertvorstellungen . . . . . . (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unbefugt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beharrlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Ausgestaltung von § 238 StGB Abs. 1 n. F. als Erfolgsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stalking als Tätigkeitsdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung von § 238 Abs. 1 StGB n. F. als Erfolgsdelikt . . . . . . . . . (a) Begriff der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anwendungsgleichheit und Missbrauchsanfälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lösungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnis: Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafandrohung und Qualifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grundtatbestand nach § 238 Abs. 1 StGB n. F. . . . . . . . . . aa) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Qualifikationstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 314 317 317 318 319 321

322 326 326 327 328 333 333 334 337 337 338 338 338 339 339 341 344 346 347 347 347 350 350 350 350 352

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Inhaltsverzeichnis aa)

III.

IV.

Die gesetzgeberische Konzeption der Qualifikation nach § 238 Abs. 2 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die gesetzgeberische Konzeption der Erfolgsqualifikation nach § 238 Abs. 3 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Auslegung der Qualifikationstatbestände . . . . . . . . . . . (2) Abgrenzungsschwierigkeiten im Hinblick auf §§ 226 f. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Einbeziehung psychischer Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Erfolgsqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Strafantragserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgestaltung und Auslegung der § 238 StGB n. F. flankierenden strafprozessualen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deeskalationshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgestaltung als Privatklagedelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eröffnung der Nebenklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kriterien für die Ermittlung der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von menschlichem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strafrecht als Rechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrecht als ultima ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Notwendigkeit des § 238 StGB n. F. für einen effektiven Rechtsgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das durch § 238 StGB n. F. geschützte Rechtsgut . . . . . . . . . . . b) Strafrechtliche Interventionsmöglichkeiten vor Einführung des § 238 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Körperverletzungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nötigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bedrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Freiheitsberaubung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

352 352 353 353 354 356 357 358 359 360 360 360 362 362 362 363 366 366 367 370 370 372 372 372 374 375 375 376 376 376 377 380 382 382

Inhaltsverzeichnis ee) ff) gg) hh) ii) jj) kk)

Ehrverletzungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hausfriedensbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachbeschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diebstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbreitung pornografischer Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . Sexuelle Nötigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ll) Computerdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Datenausspähung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abfangen von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorbereiten des Ausspähens oder Abfangens von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Datenveränderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Computersabotage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . mm) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Öffentlich-rechtliche Interventionsmöglichkeiten vor Einführung des § 238 StGB n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erhöhtes Schutzniveau durch § 238 StGB n. F.? . . . . . . . . . . . . aa) Erhöhtes Schutzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kritik an den öffentlich-rechtlichen Interventionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritik an den strafrechtlichen Interventionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein erhöhtes Schutzniveau durch § 238 StGB n. F. . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrecht als ultima ratio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliche Interventionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorgehensweisen nach dem GewSchG . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zivilrechtliche Vorgehensweise nach dem GewSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Strafrechtliche Vorgehensweise nach dem GewSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorgehensweise nach §§ 1004, 823 BGB analog . . . . . . . b) Schutzniveau im GewSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erwirkung einer Gewaltschutzanordnung . . . . . . . . . . . . . . bb) Durchsetzung einer Gewaltschutzanordnung . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorgehen nach § 4 GewSchG als milderes Mittel? . . . . . . . . . . aa) § 4 GewSchG als Strafbewehrung von Stalking? . . . . . . . bb) § 4 GewSchG als Kriminalisierung von bloßem Ordnungsunrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 384 385 386 386 386 387 388 389 389 390 391 391 392 393 394 395 395 396 397 401 407 408 409 409 410 413 414 415 415 420 426 426 427 428 435

18

Inhaltsverzeichnis

III. IV.

d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Symbolisches Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative Ansätze zur Verbesserung des Opferschutzes in Stalking-Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stärkung des GewSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbesserte Implementation der rechtlichen Interventionsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Therapierung von Stalkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit . . . . . . . . . .

436 436 444 444 445 445 454 455

G. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502

Abkürzungsverzeichnis Abs. A Crim R ACT a. E. a. F. AiB AJP All E.R. ARD Art. Aus$ BDZV BGB BGBl. BGH BGHSt BR-Drucksache BT-Drucksache BVerfG BVerfGE bzw. Ca ca. CDU Cr. App. R. CSU Cth d.h. dju/ver.di DJV DPolBl EMRK etc. f.

Absatz Australian Criminal Reports Australian Capital Territory am Ende alter Fassung Arbeitsrecht im Betrieb Aktuelle juristische Praxis All England Law Reports Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Artikel Australische Dollar Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger Bürgerliches Gesetzbuch 2002 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Canada circa Christlich Demokratische Union Deutschlands Criminal Appeal Reports Christlich Soziale Union Deutschlands Commonwealth das heißt Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di Deutscher Journalisten-Verband Deutsches Polizeiblatt Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1950) et cetera nachfolgende Seite respektive nachfolgender Artikel oder Paragraf

20 FamRZ FDP ff. FGG Fn. FPR FS GA GewO GewSchG

GG GKG GPS GVG Hrsg. HSOG IRL i. V. m. Ja JA JArbSchG JuS JZ K&R KrimJ KritV lit. MCCOC MschrKrim m. w. N. n. F. NJW NK Nr. NStZ

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Freie Demokratische Partei Deutschlands nachfolgende Seiten respektive nachfolgende Artikel oder Paragrafen Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 1898 Fußnote Familie, Partnerschaft, Recht Festschrift Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Gewerbeordnung 1999 Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung 2001 (Gewaltschutzgesetz) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland 1949 Gerichtskostengesetz 2004 Global Positioning System Gerichtsverfassungsgesetz 1975 Herausgeber Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung 1990 Irland in Verbindung mit Japan Juristische Arbeitsblätter Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend 1976 (Jugendarbeitsschutzgesetz) Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunikation & Recht Kriminologisches Journal Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Litera Model Criminal Code Officers Committee Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Kriminalpolitik Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht

Abkürzungsverzeichnis NSW NT NZA NZM o.Ä. öEO ÖJZ OLG öStGB PolG BW Qld Rn. RVG RZ s S. SA SchlHA SGB VIII SMS SPD ss StGB StGB-E StPO StraFo st. Rspr. StV Tas TMU u. a. UBG BW UK USA VDZ vgl. Vic VPRT WA z. B.

21

New South Wales Northern Territory Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht oder Ähnliches Exekutionsordnung 1896 (Österreich) Österreichische Juristen-Zeitung Oberlandesgericht Strafgesetzbuch 1974 (Österreich) Polizeigesetz Baden-Württemberg 1992 Queensland Randnummer Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte 2004 (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) Österreichische Richterzeitung section Seite South Australia Schleswig-Holsteinische Anzeigen Sozialgesetzbuch, Achtes Buch, Kinder und Jugendhilfe (1998) Short Message System Sozialdemokratische Partei Deutschlands sections Strafgesetzbuch 1998 Entwurf des Strafgesetzbuches Strafprozessordnung 1987 Strafverteidiger Forum Ständige Rechtsprechung Strafverteidiger Tasmania Threat Management Unit und andere Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker Baden-Württemberg 1991 (Unterbringungsgesetz) United Kingdom United States of America Verband Deutscher Zeitschriftenverleger vergleiche Victoria Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation Western Australia zum Beispiel

22 ZDF ZFE ZfS ZPO ZRP ZStW ZUM

Abkürzungsverzeichnis Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschrift für Familien- und Erbrecht Das Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Zivilprozessordnung 1950 Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

Alles kann Liebe: zürnen und zagen, leiden und wagen, demütig werben, töten, verderben, alles kann Liebe. Alles kann Liebe: lachend entbehren, weinend gewähren, heißes Verlangen nähren in bangen, in einsamen Tagen – alles kann Liebe – nur nicht entsagen! (Marie von Ebner-Eschenbach)

A. Einleitung I. Aktuelle Relevanz des Phänomens „Stalking“ Bereits der Terminus „Stalking“ als solcher ruft in jedem Menschen vielfältige und oft unterschiedliche Konnotationen hervor.1 Während sich einige unter einem Stalker2 eine dunkle Figur mit Trenchcoat und schwarzem Hut vorstellen, die an einer Straßenecke herumlungert und ihre Zielperson heimlich und verschlagen verfolgt,3 verbinden andere mit dem Begriff „Stalker“ einen Ex-Partner, der seine „große Liebe“ unentwegt anruft, unter Beobachtung hält und kontrolliert, um sie zu einer Wiederaufnahme der Beziehung zu bewegen. Tatsächlich repräsentieren die genannten Aktivitäten nur einen geringen Bruchteil potentiellen Stalking-Verhaltens. Beispielhaft und keineswegs abschließend lassen sich auch das Aufbauen vor dem Opfer, das unerwartete und unwillkommene Erscheinen im privaten Bereich sowie am Arbeitsplatz, das Verfolgen, unerwünschte Kommunizieren, das häufige und oft nächtliche Anrufen, das Schreiben von Briefen, E-Mails oder Notizen, das Schicken von Paketen mitsamt Geschenken und das Beschmieren des Hauses oder Autos mit Graffiti ebenso nennen wie das Schalten falscher Anzeigen 1

Sieverding, Kriminalistik 2004, S. 763 (763). Im Rahmen dieser Dissertation beinhaltet die männliche Form stets die weibliche und umgekehrt. 3 So auch Evans, (November 1994) Law Institute Journal, S. 1021 (1021). 2

24

A. Einleitung

in Zeitungen und dem Internet, das Verbreiten von Gerüchten über das Opfer und das Zusenden von Beerdigungskränzen. Etwas seltener, aber dennoch nicht vernachlässigbar sind das Initiieren unzähliger unbegründeter Gerichtsverfahren gegen das Opfer sowie das Zerstören von Eigentum und das Bedrohen sowie Attackieren als Manifestation von Stalking.4 Wie man sein Opfer am effektivsten stalkt, lässt sich mittlerweile sogar in dem Buch „Stalking – Kleiner Ratgeber für Täterinnen“5 nachlesen. Stalking-Verhalten kann in der Realität somit unzählige Erscheinungsformen annehmen, sodass kein Stalking-Fall dem anderen gleicht. Charakteristisch ist jedoch, dass der Stalker wiederholt und andauernd versucht, auf sehr unterschiedliche Weise mit seinem Opfer Kontakt aufzunehmen oder sich diesem physisch zu nähern,6 obwohl Letzteres ein solches Zusammentreffen unter keinen Umständen wünscht.7 Durch diese kontinuierlichen und aufdringlichen Kontaktaufnahmen, die teilweise werbend, teilweise aber auch bedrohlich sein können, gewinnt der Stalker erheblichen Einfluss auf die Lebensgestaltung seiner Zielperson. Infolge des durch diese Ausnahmesituation bedingten, anhaltenden Stresses erkranken viele Opfer körperlich oder seelisch. In Extremfällen kann es sogar zu einer Suizidgefährdung kommen.8 Aus diesem Grund wird Stalking vielfach als „Psychoterror“9 beschrieben, welcher bereits die Dimension einer „social menace“10, einer sozialen Bedrohung, erreicht habe. Am 30. November 2006 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen, welches am 31. März 2007 in Kraft trat. Seitdem kann Stalking-Verhalten gemäß § 238 StGB n. F. mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe sanktioniert werden. Durch diese Kriminalisierung von Stalking beendete der Gesetzgeber zahlreiche Diskussionen auf politischer, gesellschaftlicher und medialer Ebene, die seit dem Jahr 2000 mit unterschiedlicher Intensität auf der Agenda zu finden waren. Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Stalking-Phänomen war im Jahr 2000 durch die Veröffentlichung des Buches 4

Kamphuis/Emmelkamp, (2000) 176 British Journal of Psychiatry, S. 206 (206). Vgl. Aversano-Schreiber, Stalking, Kleiner Ratgeber für Täterinnen. 6 Nicol, Stalking, S. 17. 7 Urick/Urick, Women in Danger, S. 193. 8 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (16). 9 Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 6; Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (194); Pollähne, NK 2002, S. 56 (56); Börstinghaus, NZM 2004, S. 48 (52); Schwind, Kriminologie, § 20 Rn. 42. 10 Gallagher, Stories of Stalkers, S. 260. 5

I. Aktuelle Relevanz des Phänomens „Stalking“

25

„Liebeswahn“11 von Susanne Schumacher angestoßen worden, welcher ein kurzzeitiger „Stalking-Boom“ in Magazinen und Zeitschriften folgte,12 der Stalking einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte.13 Mit der Zeit wurde Stalking auch in Deutschland als gravierendes Problem mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen empfunden.14 Dies ging mit einem stetig steigenden öffentlichen Bewusstsein einher, dass Stalking-Aktivitäten bemerkenswerte Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben können.15 Trotz dieses langsam aufkeimenden Interesses an der Stalking-Problematik lag die Untersuchung ihrer rechtlichen Implikationen lange Zeit brach. Erst ab dem Jahr 2002 ist eine zunehmende Verdichtung der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Stalking-Phänomen feststellbar. Prinzipiell begegnet die strafrechtliche Behandlung von Stalking sowohl im Hinblick auf die Rechtsetzung als auch im Bereich der Rechtsanwendung nicht unerheblichen Schwierigkeiten. Das liegt an der paradoxen Natur des Stalking als Phänomen, welches sich in der Grauzone zwischen Kriminalität und Konformität bewegt.16 Hinzu kommt, dass auch nach knapp zwei Jahrzehnten intensiver Erforschung des Stalking viele Unsicherheiten bestehen geblieben sind. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber die Frage, ob ein spezifischer Anti-Stalking-Straftatbestand in Deutschland notwendig und geeignet ist, um Stalking-Opfer adäquat zu schützen, durch die Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes in § 238 StGB n. F. mit Ja beantwortet. Trotzdem ist diese Fragestellung noch von Bedeutung, entscheidet sie doch darüber, ob der neue Tatbestand weitreichende Anwendung finden und damit gewichtige soziale Veränderungen bewirken kann oder ob er in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielen wird. Da diese Frage bislang eher vereinzelt und punktuell thematisiert wurde, soll ihr im Rahmen dieser Untersuchung in besonderer Weise nachgegangen werden.

11

Vgl. Schumacher, Liebeswahn. Hoffmann, Psychologie heute 2000, S. 30 (31). 13 Knoller, Stalking, S. 23 f.; Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 1; Schumacher, Stalking, S. 9. 14 Borchert, FPR 2006, S. 212 (212). 15 Blaauw/Winkel/Sheridan/Malsch/Arensman, Stalking Victimisation, in: Boon/ Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 23 (23); Blaauw/Sheridan/Winkel, (2002) 9 Psychiatry, Psychology and Law, S. 136 (139); Blauuw/Winkel/Arensman/Sheridan/Freeve, (2002) 17 Journal of Interpersonal Violence, S. 50 (51). 16 Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 12. Ähnlich Ogilvie, Stalking, S. 2. 12

26

A. Einleitung

II. Systematik der Dissertation Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist somit zu eruieren, inwieweit die gerade erfolgte Schaffung des Nachstellungstatbestandes als Ausdruck der spezifischen Kriminalisierung von Stalking-Verhalten in Deutschland notwendig und wünschenswert ist, um auf der einen Seite den negativen Auswirkungen des Stalking auf die Opfer effektiv zu begegnen, ohne auf der anderen Seite die Interessen potentieller Stalking-Täter sowie die Grundprinzipien des Strafrechts aus den Augen zu verlieren. Da eine genaue Analyse der charakteristischen Eigenschaften, Entwicklungen und Auswirkungen sowie der Prävalenz des Stalking-Phänomens mit seinen spezifischen Implikationen für das Recht unerlässliche Grundlage jeder weiteren Diskussion ist, wird sich der erste Teil dieser Abhandlung mit den Erkenntnissen der Stalking-Forschung beschäftigen. Besonderes Augenmerk wird dabei sowohl auf die Entwicklung einer Arbeitsdefinition des Stalking-Begriffs gelegt als auch auf die Darlegung der Forschungsergebnisse, die unmittelbare Auswirkungen auf die strafrechtliche Erfassung von Stalking-Verhalten haben. Dabei wird auch auf empirische Studien zurückgegriffen, soweit dies für eine eingehende Analyse des Stalking-Phänomens notwendig ist. Um zu gewährleisten, dass die antizipierte Effektivität des neuen Nachstellungstatbestandes in seiner praktischen Anwendung ermittelt werden kann, ist es von Interesse zu erforschen, wie andere Länder, die schon vor dem deutschen Gesetzgeber den Versuch unternommen haben, Stalking strafrechtlich zu erfassen, hierbei verfahren sind. Das soll zunächst für Australien und anschließend für die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, das Vereinigte Königreich, Irland, Japan, die Niederlande, Belgien sowie Österreich berichtet und erläutert werden, bevor auf die Gestaltung des Nachstellungstatbestandes durch den deutschen Gesetzgeber näher eingegangen wird. Insbesondere die im Commonwealth of Australia gültigen Tatbestände eignen sich für eine Untersuchung der Frage, wie ein in der praktischen Anwendung umsetzbarer Anti-Stalking-Tatbestand aussehen muss. Schließlich mussten dort bereits kurz nach Verabschiedung der ersten Tatbestände etliche Tatbestandsmerkmale modifiziert werden, da sie sich in der praktischen Anwendung als untauglich erwiesen hatten.17 Ähnliches gilt für die Vereinigten Staaten von Amerika, wo im Jahr 1993 ein Modell-Tatbestand entwickelt wurde, um den bis dahin bestehenden Regelungen auf bundesstaatlicher Ebene eine einheitliche, verbesserte Richtschnur vorgeben zu können. 17

Urbas, Legislative Responses, S. 4; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 81.

II. Systematik der Dissertation

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Wie aktuell der Wunsch nach Entwicklung eines effektiven Stalking-Straftatbestandes ist, ergibt sich auch daraus, dass in den Vereinigten Staaten im Jahr 2007 ein neuer, überarbeiteter Modell-Tatbestand gegen Stalking geschaffen wurde, der die Schwächen seines Pendants von 1993 beheben soll. Im Anschluss an den Vergleich bestehender Anti-Stalking-Straftatbestände wendet sich die Dissertation der Regelung des § 238 StGB n. F. zu. Zunächst wird der Nachstellungstatbestand unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte sowie der gesetzgeberischen Konzeption ausgelegt und nach Maßgabe der Ergebnisse der rechtsvergleichenden Analyse bewertet. Danach wird geprüft, ob Stalking-Verhalten in Deutschland strafwürdig und strafbedürftig ist. Nach Darlegung der maßgeblichen Kriterien wird § 238 StGB n. F. daraufhin untersucht, ob er im Vergleich zu der vor seiner Verabschiedung bestehenden Rechtslage in straf- wie in öffentlich-rechtlicher Hinsicht ein höheres Schutzniveau für die Opfer von Stalking-Verhalten bietet. Anschließend beschäftigt sich die Dissertation mit der Frage, ob die zivilrechtlichen Interventionsmöglichkeiten – insbesondere die des GewSchG – eine Alternative zur Kriminalisierung von Stalking in Deutschland sind und wie sich dies auf die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking-Aktivitäten auswirkt.

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“ I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens 1. Definitorische Näherung Der englische Begriff „Stalking“ stammt ursprünglich aus der Jägersprache und bezeichnet übersetzt das Jagen und Verfolgen von Tieren,1 das Einkreisen der Beute2 sowie das Anschleichen und auf die Pirsch Gehen.3 Erst Ende der 1980er Jahre erhielt dieser Terminus eine zusätzliche übertragene Bedeutung, in deren Rahmen er auch das dauerhafte Verfolgen, Bedrohen und Belästigen von Hollywood-Berühmtheiten durch fanatische Fans erfasste.4 Eine der ersten und bis heute meist zitierten Definitionen des Begriffs „Stalking“ in seiner übertragenen Bedeutung stammt von Meloy und Gothard und beschreibt Stalking als das beabsichtigte, böswillige und wiederholte Verfolgen und Belästigen einer Person, das deren Sicherheit bedroht.5 Etwas genauer beschreiben Hoffmann und Wondrak Stalking als ein Verhaltensmuster, „welches durch wiederholte Kontaktversuche, physische Annäherungen, Belästigungen und manchmal sogar Gewalt charakterisiert ist, ohne dass die betroffene Person etwas dagegen unternehmen kann.“6 Ähn1 Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (77); Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/ Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 (9). 2 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (3); Gropp, NK 2002, S. 112 (112). 3 Langenscheidt/Collins, Großwörterbuch Englisch, S. 806; Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch I, S. 573; Gass, Stalking, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 5 (5); Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 (11); Hoffmann, Struktur des Verbrechens, in: Musolff/Hoffmann (Hrsg.), Täterprofile, S. 89 (103). 4 Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 (11); Mullen/ MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (51). 5 In der englischen Originalfassung heißt es „the willful, malicious, and repeated following and harassing of another person that threatens his or her safety“, vgl. Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (258); Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (2). 6 Hoffmann/Wondrak, Forum Kriminalprävention 2005, S. 6 (6).

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lich benutzt auch Pollähne den Terminus „Stalking“ als einen Ober- oder Sammelbegriff für eine „Belästigung, Verfolgung und sonstige Behelligung, die zumeist auf dem Begehren des Täters oder der Täterin beruht, das Opfer zu einer Beziehung zu bewegen oder dieses zu schikanieren, weil es sich weigert, dem Ansinnen des Täters/der Täterin zu folgen.“7 2. Entstehung der neuen Konnotierung des Stalking-Begriffs Auslöser für die Entwicklung dieser übertragenen Bedeutung sowie für die Kategorisierung der entsprechenden Aktivitäten unter dem Sammelbegriff „Stalking“ war die Tötung der US-amerikanischen Schauspielerin Rebecca Schaeffer durch Robert Bardo am 18. Juli 1989.8 Kaum eine Abhandlung über das Phänomen „Stalking“ kommt bislang ohne den Verweis auf dieses einschneidende Ereignis aus. Rebecca Schaeffer war als junge Schauspielerin der Star einer beliebten Fernsehserie und stand am Anfang einer erfolgversprechenden Hollywoodkarriere,9 bis sie vor ihrer Wohnung von dem Stalker Robert Bardo erschossen wurde. Bardo hatte ihr zu diesem Zeitpunkt bereits über zwei Jahre hinweg Briefe und Geschenke geschickt. Zuletzt hatte er den Drehort von Schaeffers Serie aufgesucht und einen Privatdetektiv engagiert, um ihre private Adresse in Erfahrung zu bringen. Nachdem ihm dies gelungen war, fuhr er durch die ganzen USA, um sie zu Hause bewaffnet aufzusuchen und zu erschießen.10 Durch die große Popularität von Rebecca Schaeffer erhielten ihre Tötung und die damit in Zusammenhang stehenden Umstände enorme öffentliche Aufmerksamkeit und verursachten ein gewaltiges Medienecho.11 Im Rahmen dieser medialen Berichterstattung wurde der Begriff „Stalking“ ins Leben gerufen, um dem Vortatverhalten von Robert Bardo einen griffigen Namen zu geben.12 Zwar hatten auch schon zu Beginn der 1980er Jahre etliche Fälle, in denen Frauen von ihren Ex-Partnern aus Liebeskummer verfolgt und gelegentlich auch belästigt worden waren, öffentliche Besorgnis hervorgerufen, doch wurde den Frauen zu dieser Zeit häufig eine gewisse Mitschuld an der 7

Pollähne, NK 2002, S. 56 (56). McCann, Stalking in Children, S. 4. 9 Vgl. Melton, Stalking, S. 3. 10 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 104. 11 National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. 3. 12 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10). 8

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Tat zugewiesen.13 Diese gesellschaftliche Einstellung änderte sich durch die Tötung von Rebecca Schaeffer schlagartig,14 sodass sich Stalking in der Folge zu einem verstärkt wahrgenommenen sozialen Problem auswachsen konnte, welches nach Meinung der Öffentlichkeit einer konsequenten Antwort von Politik und Justiz bedurfte.15 Diese ohnehin schon gewaltigen gesellschaftlichen Auswirkungen, die der Tod von Rebecca Schaeffer hatte, wurden durch die Tötung von vier weiteren Frauen in Orange County, Kalifornien, die vor ihrem Tod von ihren ehemaligen Lebens- oder Ehepartnern bedroht und belästigt worden waren, noch zusätzlich verstärkt.16 Damit wurden diese an sich singulären Ereignisse auch deshalb als so beängstigend wahrgenommen, da sie einen wachsenden nationalen Trend widerzuspiegeln schienen. Dennoch beschränkte sich das Verständnis des Phänomens Stalking zu dieser Zeit immer noch allein auf das Verfolgen und Belästigen berühmter HollywoodStars.17 3. Stalking als neue Erscheinung? Damit erhellte, wie Boyd es ausdrückt,18 der Tod von Rebecca Schaeffer die Dunkelheit, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit bis dahin das umgeben hatte, was Meloy19 ein altes Verhalten, aber ein neues Verbrechen nennt. Und tatsächlich, obwohl Stalking oft als das Verbrechen der 90er („Stalking: Crime of the Nineties“20) bezeichnet wurde und obgleich in Anbetracht der Medienberichterstattung tatsächlich der Eindruck gewonnen werden könnte, Stalking sei ein neuartiges Phänomen, finden sich schon in der 13 Melton, Stalking, S. 3; Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10). 14 Vgl. Melton, Stalking, S. 2 f. 15 Albrecht, Stalking, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 81 (83); Andrews/ Bonta, Criminal Conduct, S. 437. 16 Vgl. Guy, (1993) 46 Vanderbilt Law Review, S. 991 (991 f.); Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (244); Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (543 f.); Lemon, Stalking, S. 1 f. 17 Schaum/Parrish, Stalked, S. 10. 18 Boyd, Female Stalking Perpetrators, S. 3. 19 Meloy, (1999) 22 The Psychiatric Clinics of North America, S. 85 (85). Zustimmend Petherick, Serial Stalking, in: Petherick (Hrsg.), Serial Crime, S. 137 (156). 20 Goode, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 21 (21). Zustimmend McMahon/ Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (96); Fine, Being Stalked, S. 1; Devereaux, Law of Stalking, S. 22.

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Literatur der Antike Belege von Verhaltensweisen, die sich heute mühelos unter den Begriff des Stalking subsumieren ließen. So berichteten bereits Hippocrates, Galen und Plutarch über Fälle,21 die den im Jahr 1921 von dem französischen Psychiater Gatain de Clérambault beschriebenen Geschichten von sechs Patienten stark ähneln. Das dort beobachtete Verhalten wurde von de Clérambault als sogenannte „psychose passionnelle“ beschrieben, welche heute auch unter den Begriffen „de Clérambault Syndrom“ oder „Erotomanie“ firmiert und inzwischen ausführlich wissenschaftlich erforscht wurde.22 Die an dieser auch als Liebeswahn bezeichneten Krankheit leidenden Menschen, zumeist Frauen, sind wahnhaft davon überzeugt, dass ein im Regelfall erfolgreicher, älterer und sozial höher gestellter Mann sie liebe.23 Im Rahmen dieser Vorstellung treten häufig Belästigungen, Bedrohungen oder gar Attacken gegen den vermeintlichen Liebhaber auf.24 Dieses Verhalten würde heute als Stalking par excellence bezeichnet werden. Auch im fiktionalen Bereich lassen sich zahllose Beispiele von frühem Stalking-Verhalten oder, wie Dreßing und von Pechstaedt es ausdrücken, von dem „Archetyp“ des Stalking finden.25 Nicht nur die Mythologie der Antike, sondern auch die Werke der italienischen Dichter Petrarca und Dante aus dem 13. und 14. Jahrhundert26 sowie die „Dark Lady Sonnette“ von Shakespeare lassen sich als literarische Beispiele für Stalking-Verhalten anführen.27 Diese Werke zeichnen sich dadurch aus, dass eine Frau von einem Mann aus Liebe verfolgt wird, obwohl sie zu ihrem Verfolger nur wenig oder gar keinen tatsächlichen Kontakt gehabt hat. Hinzu kommt, dass 21 Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (194). 22 Vgl. Campbell, Stalking in Mississippi, S. 14. 23 Lloyd-Goldstein/Laskin, (2002) 47 Journal of Forensic Sciences, S. 852 (852). 24 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12); Lloyd-Goldstein/Laskin, (2002) 47 Journal of Forensic Sciences, S. 852 (852). Zur Erotomanie bei Frauen vgl. Fitzgerald/Seeman, Erotomania in Women, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 165 ff. Zu den Unterschieden zwischen Erotomanie bei Männern und Frauen vgl. Knecht, Kriminalistik 2003, S. 364 (365 f.). 25 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12). 26 So verfassten die beiden unzählige und sehr zudringliche Liebesgedichte an ihre idealisierten Geliebten, vgl. dazu Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (9); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12). 27 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 28 ff.; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12). Ausführlich dazu vgl. Skoler, Archetypes, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 85 (85 ff.).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

der Verliebte bei seinen Umwerbungsversuchen regelmäßig keinerlei Rücksicht auf die Gefühle der Frau oder auf die Realität nimmt.28 Besonders auffallend ist dabei, dass die Verfasser dieser literarischen Urform des Stalking nicht, wie es heute zumeist geschieht, von der Gesellschaft als potentielle Gewalttäter wahrgenommen wurden, sondern vielmehr als Objekte aufrichtiger Bewunderung.29 Grund dafür ist, dass zu dieser Zeit penetrantes Werbungsverhalten als Ausdruck einer vollendet romantischen, wenn auch autistischen Liebe zumindest akzeptiert, in der Regel aber verehrt wurde.30 Damit ist klar, dass der heutige Begriff des Stalking ein Verhalten beschreibt, das so alt ist wie menschliche Beziehungen selbst.31 Lediglich der Terminus entstand Ende der 1980er Jahre, um das schon bestehende, jedoch erst zu dieser Zeit als sozial-problematisch aufgefasste Verhalten umfassend zu beschreiben.32 4. Ausweitung des Stalking-Begriffs Es überrascht aus heutiger Sicht wenig, dass diese neue, von den amerikanischen Massenmedien erfundene Konnotierung des Begriffs „Stalking“33 zu Beginn der 1990er Jahre eine stetige Ausweitung erfuhr. Ein Blick in die Historie der modernen Stalking-Forschung verdeutlicht, mit welch rasanter Geschwindigkeit und stetiger Ausdauer die Erweiterung des Konzepts „Stalking“ vonstatten ging. So entwickelte es sich von einem raren und exotischen Problem einiger Hollywood-Berühmtheiten zu einer 28 Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (9); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 15. 29 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 15; Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (9). 30 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 15; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12). So auch Blackburn, Stalking Victimization, S. 19 ff. und Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 7, die davon auch heute noch Spuren entdecken. 31 Campbell, Stalking in Mississippi, S. 14. Ausführlich zur kulturellen und sozialen Entwicklung des Stalking in der westlichen Kultur vgl. Kamir, Stalking Narratives; Kamir, Stalking, S. 22 ff.; Nicol, Stalking, S. 81 ff. Zur evolutionspsychologischen Betrachtung des Stalking-Verhaltens vgl. Brüne, „Stalking“-Verhalten, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 105 ff.; Hoffmann, Stalking, S. 37, 123 ff. 32 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 27. Ähnlich Stocker/Nielssen, Apprehended Violence Orders, S. 2, 9. 33 Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 (11); Mullen/ MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (51).

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schwerwiegenden öffentlichen Erscheinung mit bislang unbekannter Medienaufmerksamkeit, gesetzgeberischer und polizeilicher Aktivität sowie zu einem komplexen Objekt zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen wie der Psychologie und Psychiatrie, der Sozial- und Rechtswissenschaften sowie der Kriminologie.34 Eine detaillierte Übersicht über die Entwicklungsgeschichte des Stalking findet sich in dem von Lowney und Best im Jahr 1995 erarbeiteten Phasenmodell.35 So analysierten Lowney und Best die Darstellung von Stalking als einem sozialen Phänomen in verschiedenen Bereichen der Medien, in wissenschaftlichen Publikationen sowie in Parlamentsdrucksachen,36 um so der öffentlichen Wahrnehmung von Stalking als einem strafrechtlich relevanten Verhalten auf die Spur zu kommen. In Auswertung dieser Quellen teilen Lowney und Best die Entwicklung des Stalking-Phänomens in der öffentlichen Wahrnehmung in drei Phasen ein. In der ersten Phase zwischen 1980 und 1988 wurde das heute als „Stalking“ bekannte Verhalten noch als sexuelle Belästigung („sexual harassment“), Obsession („obsession“) oder auch als psychische Vergewaltigung („psychological rape“) bezeichnet.37 In diesen Begriffen manifestierte sich insbesondere eine wachsende Sorge um das dauernde Verfolgen von Frauen durch ihre Ex-Partner, welches oft mit sexueller Belästigung einherging. Das in Rede stehende Verhalten wurde dabei keineswegs als gewalttätig, sondern vielmehr als anhaltend betrachtet. Die Opfer galten zudem als involviert und damit auch mitschuldig, obwohl sie durch das Verhalten beunruhigt und durch die sich zu ihren Lasten auswirkenden mangelnden rechtlichen Interventionsmöglichkeiten frustriert waren. Hinzu kam, dass der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit zu dieser Zeit noch nicht in der Öffentlichkeit lag.38 Die sich daran anschließende zweite Phase von 1989 bis 1991 zeichnete sich bereits durch den Gebrauch des Wortes „Star-Stalking“ aus, wobei klar war, dass sich dieser ausschließlich auf die Sphäre berühmter Menschen beschränkte. Das Phänomen Stalking war damit durch die Ermordung der Schauspielerin Rebecca Schaeffer durch ihren Fan Robert Bardo im Jahr 34 Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (210); Hoffmann, Psychologie heute 2000, S. 30 (34). 35 Ausführlich dazu vgl. Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 ff. 36 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (35 f.). 37 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (37). 38 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (37 ff.).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

1989 in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt worden. Infolgedessen zeichneten die Medien das Szenario eines Zufallsverbrechens, in dessen Rahmen ein zumeist psychisch gestörter Täter einen Prominenten verfolgt und unter Umständen sogar gewaltsam attackiert, wobei dem Opfer selbst keinerlei Schuld zugewiesen werden könne.39 Die dritte und letzte Phase des von Lowney und Best entwickelten Modells, die in den Jahren 1992 bis 1994 anzusiedeln ist, zeichnet sich durch eine Re-Definition des Phänomens „Stalking“ aus. Dieser Re-Definition zufolge wurde Stalking als ein Produkt fehlgeschlagener Beziehungen zwischen einem Mann und einer Frau begriffen, das sich zu einem höchst gewalttätigen Verbrechen entwickeln könne. Dabei galt Stalking als ein ausschließlich auf Frauen als Opfer bezogenes Verbrechen, welches in der Gesellschaft durchaus häufig anzutreffen sei.40 Bereits aus diesem Modell, welches im Jahr 1995 zu einer Zeit veröffentlicht wurde, als sowohl Erforschung wie Kriminalisierung des Stalking noch ganz am Anfang standen, lässt sich schon deutlich die stetige Ausweitung des Konzepts erkennen. Weitere zehn Jahre später ist zu konstatieren, dass die gesamte Entstehung, gesellschaftliche sowie wissenschaftliche Akzeptanz und die rechtliche Signifikanz des Phänomens Stalking von einer rapiden Erweiterung des Konzepts begleitet und geprägt ist oder, wie LloydGoldstein es zusammenfasst, „This Americanization of erotomania and stalking has taken us full circle, from the clinical esoterica of a bygone era (with vignettes of genteel modistes and old maids, enmeshed in their romantic fantasies with Kings and clergymen), to the thoroughly hip modern celebrity stalkers of Madonna and David Letterman, to the startling instances of violence that have prompted anti-stalking legislation in all American jurisdictions, and morst recently of all, to the vast new frontier of cyberstalking.“41 Eine genaue Betrachtung der Entwicklungsgeschichte des Stalking auf strafrechtlicher Ebene ergibt eine ebenso stetige Ausweitung des Konzepts, wie dies in gesellschaftlicher Hinsicht zu verzeichnen ist.42 Auch die strafrechtliche Relevanz des Phänomens Stalking begann mit der durch den Tod Rebecca Schaeffers ausgelösten Medienkampagne, die in der Forderung nach verstärkter politischer Aufmerksamkeit und der 39 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (39 ff.). 40 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (41 ff.). 41 Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (194). 42 Schneider/Kury/Obergfell-Fuchs, Kriminologie, S. 639.

I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens

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Schaffung effektiver Interventionsmöglichkeiten gegen Stalker, insbesondere in Form eines spezifischen Strafgesetzes gegen Stalking, kulminierte.43 Die zu dieser Zeit bereits weit fortgeschrittene begriffliche Prägung des Terminus „Stalking“ als ein einseitig auf Stars fixiertes Phänomen wurde in den Medien zunehmend mit dem Problemkreis der häuslichen Gewalt in Verbindung gebracht, eine Strategie, die auch durch die Arbeit von LobbyGruppen in diesem Bereich begünstigt wurde.44 So wurden mit zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit klassische Fälle aus dem Bereich des Star-Stalking mit bis dahin unbekannten Fällen in Verbindung gebracht, die nun im Lichte der neuen Popularität ebenfalls als Stalking bezeichnet und behandelt wurden.45 Dies erhöhte naturgemäß die Zahl der bekannten Stalking-Fälle. Hinzu kommt, dass die Fälle, in denen andauerndes Stalking-Verhalten in schwere Gewalt oder gar Tötungen gemündet hatte, wesentlich mehr Widerhall in der Presse fanden als Fälle leichten Stalking. Dadurch wurde Stalking zunehmend nicht mehr als eine bloß ärgerliche Lästigkeit betrachtet, sondern als ein gewalttätiges, gefährliches Verhalten, das sich zu einem schwerwiegenden sozialen Problem ausgewachsen hatte.46 Dies wiederum beförderte die wissenschaftliche Erforschung des Phänomens Stalking. So wurden sozialwissenschaftliche, medizinische und kriminologische Forschungsansätze entwickelt, die die gesamte Bandbreite dieser Erscheinung mit all ihren psychologischen und gesellschaftswissenschaftlichen Facetten, ihren multiplen Ursachen, Verlaufsformen und Interventionsmöglichkeiten, Gefahren und Folgewirkungen untersuchten.47 Auch in diesem Zusammenhang dienten die Medien als Vehikel, über das Stalking nicht nur den gesellschaftlichen, sondern auch den wissenschaftlichen Diskurs erreichte.48 Im Ergebnis galt damit auch das als eine Facette häuslicher und sexueller Gewalt betrachtete Belästigen und Verfolgen von Frauen durch ihre Männer als Stalking,49 wobei das Aufrechterhalten stetiger öffentlicher Aufmerksamkeit durch die immer noch bestehende Verbindung des Phänomens Stal43

Vgl. Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 143. Melton, Stalking, S. 4; Purcell/Pathé/Mullen, Classification of Stalkers, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 6-1 (6-8); Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10); Best, Random Violence, S. 53. 45 Vgl. Melton, Stalking, S. 3. 46 Vgl. Melton, Stalking, S. 3 f. 47 Vgl. Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 f. 48 Vgl. Blackburn, Stalking Victimization, S. 4. 49 Lowney/Best, Stalking Strangers and Lovers, in: Best (Hrsg.), Images of Issues, S. 33 (43, 44); Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 29. 44

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

king zu berühmten Persönlichkeiten garantiert wurde.50 Die durch das gesellschaftliche Interesse in Gang gebrachten wissenschaftlichen Untersuchungen förderten zu Tage, dass Stalking ein Phänomen ist, welches sich nicht auf bestimmte Gruppen von Menschen beschränken lässt, sondern vielmehr jeden treffen kann, egal ob Mann oder Frau, berühmt oder unbekannt, reich oder arm.51 Die Synthese der Phänomene Stalking auf der einen und häusliche Gewalt auf der anderen Seite sowie die infolge der Forschungsergebnisse entstandene Angst in der Bevölkerung, selbst Opfer eines Stalkers zu werden, generierten starken politischen Druck auf die Entscheidungsträger, effektive rechtliche Interventionsmöglichkeiten zu schaffen.52 Eine Reaktion der Politik und des Gesetzgebers war daher unvermeidbar, sodass es in Kalifornien im Jahr 1990 in einer Rekordzeit von weniger als einem Jahr zur Verabschiedung des ersten Anti-Stalking-Straftatbestandes kam.53 In diesem Zusammenhang ist die verblüffende Parallelität der Ereignisse in verschiedenen Ländern auffallend. So wurde auch in Kanada die Öffentlichkeit durch die Tötung dreier Frauen sowie durch den Selbstmord einer weiteren aufgeschreckt, welche sich innerhalb einer Woche im November 1992 in Winnipeg ereigneten.54 Infolgedessen vertraten die Medien hier ebenfalls die Meinung, der Canadian Criminal Code habe nicht die Fähigkeit, dem Problem des Stalking adäquat zu begegnen und die Opfer ausreichend zu schützen. Sich dem dadurch erzeugten öffentlichen Druck beugend, erließ die kanadische Zentralregierung im Jahr 1993 in einer beispiellosen Geschwindigkeit von sieben Monaten ein Anti-Stalking-Strafgesetz.55 Ganz ähnlich verhielt es sich auch in Japan. Nachdem das Phänomen Stalking hier trotz internationaler Kriminalisierungstendenzen jahrelang unbeachtet geblieben war, geriet das Thema im Oktober 1999 durch die Tötung einer 21-jährigen Studentin rapide in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Studentin hatte sich mehrfach an die Polizei gewandt, nachdem ihr Ex-Freund fortgesetztes Stalking-Verhalten an den Tag gelegt hatte, war von dieser jedoch nicht ernst genommen worden.56 Diese auf50 Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10); Albrecht, FPR 2006, S. 204 (204). 51 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 142; Flowers, Male Crime, S. 151; Petherick, Serial Stalking, in: Petherick (Hrsg.), Serial Crime, S. 137 (137). 52 Vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 29; Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10); Albrecht, FPR 2006, S. 204 (204). 53 Schumacher, Stalking, S. 196. 54 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 145. 55 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 146.

I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens

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sehenerregende Tötung hatte in Japan ebenso wie die Tötung Rebecca Schaeffers in den USA sowie die Tötungen der Frauen in Kanada eine katalysierende Wirkung auf die gesetzgeberischen Aktivitäten, sodass auch in Japan binnen eines Jahres nach dem Tod der jungen Frau am 24. November 2000 ein Anti-Stalking-Straftatbestand in Kraft trat.57 Diese Implementierung von Anti-Stalking-Straftatbeständen, die sich innerhalb von zehn Jahren ausgehend von Kalifornien über die einzelnen Bundesstaaten der USA bis nach Kanada, Australien, das Vereinigte Königreich, Irland, Belgien, Japan und die Niederlande ausweitete, verdeutlicht die stetig steigende strafrechtliche Signifikanz von Stalking.58 In Anknüpfung an die wachsende strafrechtliche Relevanz sowie an die generelle Ausweitung des Phänomens wurden auch die verabschiedeten Anti-Stalking-Tatbestände im Laufe ihrer Entwicklung häufig erweitert. Während beispielsweise das erste kalifornische Anti-Stalking-Gesetz noch ausschließlich prominente Menschen vor den Umtrieben ihrer vermeintlichen Fans schützte, wurde es später auf jeden Menschen als taugliches Tatopfer erstreckt. Im US-Bundesstaat Virginia sowie im australischen Bundesstaat New South Wales waren die ersten Stalking-Tatbestände in ihrem Anwendungsbereich noch auf Personen beschränkt, die vorher in einer häuslichen Gemeinschaft oder in einer intimen Beziehung gelebt hatten.59 Auch das wurde mittlerweile revidiert. Diese enge Anknüpfung des Phänomens Stalking an die Problematik der häuslichen Gewalt sowie die ausschließliche Beschränkung des Problems auf Frauen als Opfer, die zu Beginn der wachsenden Stalking-Popularität noch bestand und die sich mit der Zeit lockerte, findet sich zudem in der Ausrichtung der ersten groß angelegten Stalking-Studien. So erforschte im Jahr 1996 das Australian Bureau of Statistics60 die Erscheinungsformen und -häufigkeit von Stalking ausschließlich im Zusammenhang mit der Sicherheitslage von Frauen in Australien, womit eine potentielle Betroffenheit von männlichen Stalking-Opfern von vornherein außer Acht blieb. Dasselbe gilt für die USA, wo das Justizministerium die bislang einflussreichste Stalking-Studie unter der Überschrift „Häusliche Gewalt und Stalking“ 56

Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (107). 57 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (466). 58 Ausführlich zum großen Einfluss der US-amerikanischen Anti-Stalking-Gesetze als Vorbild für andere Länder, vgl. Finch, Criminalisation of Stalking, S. 98 f. 59 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (10); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 22. 60 Vgl. McLennan, Women’s Safety.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

(„Domestic Violence and Stalking“) erstellte und auch die entsprechende Berichterstattung im Kongress im Rahmen des Gesetzes gegen Gewalt gegen Frauen („Violence Against Women Act“)61 stattfand. Bemerkenswerterweise untersuchte die letztgenannte Studie dennoch die Betroffenheit von Männern durch Stalking, sodass sich auch hier schon eine graduelle Erweiterung des Konzepts erkennen lässt.62 Damit bleibt zu konstatieren, dass das, was einmal als Beschreibung eines Verhaltens gegenüber einer exklusiven Gruppe von Menschen, namentlich den Prominenten, begann, wenig später auf die Erscheinung der häuslichen Gewalt gegen Frauen übertragen wurde,63 bevor es heute, nicht ganz drei Jahrzehnte nach seiner Entdeckung, eine allen Menschen offen stehende Erfahrung darstellt.64 5. Der Begriff „Stalking“ als Teil der Kultursprache Der Terminus „Stalking“ wird somit heute vor allem als Sammelbegriff benutzt, der in den meisten Fällen die Verfolgung und Bedrohung ganz normaler, durchschnittlicher Menschen wie z. B. das Stalken von ehemaligen Lebens- oder Ehepartnern, Arbeitskollegen, Freunden oder Bekannten bezeichnet.65 Im Laufe der Zeit hat sich Stalking damit nicht nur als fester Teil der angelsächsischen Kultursprache etabliert,66 sondern sich auch in Deutschland als eigenständiger Terminus herausgebildet. So ist „Stalking“ vergleichbar mit „Mobbing“ zu einem Wort geworden, unter dem sich die meisten Menschen etwas vorstellen können.67 Auffallend ist dabei auch, dass der Neologismus „Stalking“ als vielfach so bezeichnetes „soziales Konstruktum“68 mit seinen spezifischen Konnota61 Vgl. Violence Against Women Grants Office (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence; Tjaden/Thoennes, Stalking in America. 62 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 22. 63 Insofern kann Stalking auch als ein Phänomen gesehen werden, welches durch seine Popularität dazu beigetragen hat, das Verständnis des Begriffs „Gewalt gegen Frauen“ weiter auszudehnen, vgl. Schneider, Battered Women, S. 48. 64 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 21. 65 Vgl. Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (11). 66 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 5. 67 Vgl. Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (4). 68 Vgl. James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (33).

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tionen ganz eigene und neue Implikationen hat.69 So bezeichnet der Begriff „Stalking“ eine eigenständige Kategorie, mit der Verhaltensweisen und Erfahrungen begrifflich zusammengefasst, beschrieben und verständlich gemacht werden können.70 Neben dieser rein kategorisierenden Funktion kommt dem Terminus zudem eine wertende Komponente zu. So ist das Verhalten, welches Stalking ausmacht, an sich keine neuartige Erscheinung, sondern wird lediglich mit einem neuen Begriff bezeichnet.71 Dieser neue Terminus ist aber nicht bloß als die Ersetzung eines Wortes durch ein anderes zu verstehen. Vielmehr sind das Stalken sowie das Gestalkt-Werden spezielle Gefüge mit ihnen innewohnenden Implikationen und Resonanzen, denn schon der bloße Gebrauch des Wortes „Stalking“ beinhaltet eine Warnung vor weiterer Gewalt. Insofern gilt Stalking plötzlich als eine Ursache für psychologische Schäden auf der Opferseite und beschreibt damit eine Form der Viktimisierung.72 Zwangsläufige Folge dieser Entwicklung ist, dass sich Menschen, die sich noch vor zwei Jahrzehnten bloß als genervt bezeichnet hätten, heute in derselben Situation als Stalking-Opfer fühlen.73 Die mittlerweile mit dem Begriff des „Stalking“ verbundenen düsteren und bedrohlichen Konnotationen führen zudem dazu, dass sich die Reaktionen, Bewertungen und Wahrnehmungen solchen Verhaltens in der Öffentlichkeit stark verändert haben.74 Sich selbst als Stalking-Opfer oder gar als Stalker zu bezeichnen, erhält eine ganz andere moralische Bewertung, als dies noch vor zwei Jahrzehnten der Fall gewesen wäre. Damit hat der Neologismus „Stalking“ auch und gerade dazu beigetragen, gewisse Verhaltensweisen auf der Basis kriminologischer, psychologischer und soziologischer Erkenntnisse in ihrem spezifischen Zusammenhang wahrzunehmen und sensibilisiert zu begreifen.75

69 Vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 28; Flowers, Victimization, S. 190; Matthias-Bleck, Stalking, S. 17 f.; Fritz, (1995) The Journal of Psychiatry and Law, S. 295 (295). 70 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (12); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 5. 71 Flowers, Victimization, S. 190; Proctor, Stop a Stalker, S. 259; Powers, Stalking, S. 4. 72 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 5. 73 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 5. 74 Ogilvie, Stalking, S. 2; Finch, Criminalisation of Stalking, S. 94; Wiener, Mental Harm, S. 2; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 1. 75 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (259).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

6. Gründe für die Entwicklung des Stalking-Begriffs In diesen Kontext muss auch die Tatsache eingeordnet werden, dass sich die gesellschaftlichen Erwartungen an Gesetzgeber, Strafverfolgungsbehörden und Justiz in Bezug auf die Entwicklung von Interventionsstrategien in Stalking-Fällen grundlegend verändert haben.76 Die Gründe für diese zunehmende Thematisierung und Problematisierung des Stalking sowie die damit einhergehende stetige Expansion des Begriffverständnisses haben viele Ursachen. Dabei besteht der wichtigste Faktor, vor dessen Hintergrund die aktuelle Stalking-Problematik gesehen werden muss, in dem tief greifenden Wandel der gesellschaftlichen Wert- und Moralvorstellungen, welcher die grundlegenden sozialen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte als Ausdruck einer strukturellen und kulturellen Veränderung der Lebens- und Beziehungsformen begleitete.77 Insbesondere die mit der Emanzipationsbewegung einhergehende Veränderung des Rollenverständnisses zwischen Mann und Frau zeigt im Bereich des Stalking vielschichtige, gravierende Auswirkungen.78 Das nunmehr partnerschaftliche Verhältnis zwischen Mann und Frau hat auch den Frauen den Weg eröffnet, eine Trennung der Beziehung bzw. Scheidung der Ehe in einer von der Gesellschaft akzeptierten Weise einseitig zu initiieren. Während in Zeiten der Unterordnung der Frau ein solcher Schritt noch undenkbar gewesen wäre und ein Mann, der in einer solchen Situation versucht hätte, seine Frau mit allen Mitteln zurück zu gewinnen, sich noch mit gesellschaftlichen Regeln konform verhalten hätte, gilt ein solches Verhalten heute als inakzeptabel, da auch der Frau ein selbständiges Entscheidungsrecht zugestanden wird.79 Die Neubewertung dieses Verhaltens spiegelt sich auch in der Entwicklung der rechtlichen und gesellschaftlichen Würdigung von häuslicher Gewalt wider. Wurde diese in den 1960er Jahren noch als reine Privatsache betrachtet, rückte sie die Emanzipation und der damit verbundene Wertewandel in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Im Rahmen dieses Umdenkprozesses seit Ende der 1970er wurden Vergewaltigung in der Ehe, häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen insgesamt mehr und mehr zu einem öffentlichen Problem, welches das Einschreiten des Staates und der Gesellschaft zum Schutz der Frauen verlangte.80 76

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 6. Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (274). 78 Kamir, Stalking, S. 386. 79 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12 f.). 77

I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens

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Diese Veränderung kultureller Muster und Bewertungen von Gewalt und Belästigungen, die in der Privatsphäre auftreten, senkte ebenfalls die bis dahin existierende Hemmschwelle, über intime Dinge in der Öffentlichkeit zu sprechen. Dies führte in der Folge zum einen zu einer zunehmenden Enttabuisierung und verstärkten öffentlichen Thematisierung von Delikten wie sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt und zum anderen zu einer deutlich spürbaren Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber derartigen Verhaltensweisen. Infolgedessen wandten sich die Opfer von Gewalt auch häufiger an die Polizei und holten damit die Gewalt aus dem privaten in den öffentlichen Bereich. Zeitgleich mit diesem normativen Wandel gewann die Integrität der Privat- und Intimsphäre des Einzelnen einen immer höheren Stellenwert. Dadurch wurden Handlungen, die in diese Intimsphäre einzudringen schienen oder tatsächlich eindrangen, zunehmend als inadäquate Belästigung empfunden, die nicht mehr tolerabel sei und folglich staatliches Einschreiten erforderlich mache.81 Einen weiteren Beitrag zur verstärkt wahrgenommenen Stalking-Problematik bildet auch die wachsende soziale Isolation der Menschen insbesondere im großstädtischen Bereich. Häufig wird bereits die generelle Anonymität der Umwelt als latent bedrohlich wahrgenommen.82 Durch diese zunehmende Sensibilisierung für Gefahr werden leichte Belästigungen oft schon als höchst bedrohlich empfunden. Hinzu kommt, dass bei wachsender Anonymität enge persönliche Beziehungen eine herausgehobene Bedeutung erlangen. Da jedoch heute Beziehungen mehr und mehr auf Zeit angelegt 80 Vgl. Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (274 f.); Barton, Verklagen?, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 11 (11); Kavemann, Gewalt in Ehe und Beziehungen, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 123 (125); Brückner, Grenzüberschreitungen, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 3 (3); Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 7; Borgwardt, Gewaltschutzgesetz, S. 6. Zu dieser Entwicklung in Australien vgl. Blazejowska, (1994) Law Society Journal, S. 41 ff.; Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (533 f.); Goldsmith, Police We Need; sowie zu dieser Entwicklung in den USA vgl. Melton, Stalking, S. 30 ff.; Siskin, in: Wang (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence, S. 19 (21); Valente/Hart/ Zeya/Malefyt, Violence Against Women Act, in: Renzetti/Edleson/Bergen (Hrsg.), Sourcebook Violence, S. 279 (279 ff.) und in Österreich vgl. Dearing/Haller/Liegl, öGewSchG, S. 20; Rangger, öGewSchG, S. 34 ff. 81 Bettermann, Stalking, in: Atzenweiler (Hrsg.), Kriminelle Gewalt, S. 173 (174). Als Beispiel für diese inzwischen höher bewertete Schutzbedürftigkeit der Privatsphäre kann in Deutschland auch die Einführung des § 201a StGB im Jahr 2004 angeführt werden, der den höchstpersönlichen Lebensbereich bezogen auf Abbildungen schützt, vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 3; Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 1. 82 Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (22); Hoffmann, Stalking, S. 13.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

sind und selbst intime Bindungen lockerer werden,83 geht mit dem Verlust der Partnerschaft auch die nahezu einzige Quelle an Vertrautheit verloren. Es ist dieses Scheitern von Beziehungen und die damit einhergehende Einbuße an Intimität, die einen Hauptrisikofaktor für Stalking darstellt. Diese sozialen Umwertungs- und Neudeutungsprozesse zusammenfassend, sehen Mullen, Pathé and Purcell Stalking in einer Lücke gedeihen, die durch die Spannung zwischen der abnehmenden Tradition einer lebenslangen Ehe sowie des Platzes der Frau in einer solchen Verbindung, und, alternativ, einer aufstrebenden Kollektion an Werten von Unabhängigkeit und Gerechtigkeit gebildet wird.84 Auf diesen Nährboden fallen die sich stetig weiterentwickelnden modernen technischen Möglichkeiten, die Stalking-Verhalten wesentlich erleichtern.85 So können Stalker heute andere Menschen mit weit verbreiteten Kommunikationsmitteln wie (Mobil-)Telefon, Fax und Computer gefahrlos und ohne das Risiko strafrechtlicher Sanktionen belästigen, unter Druck setzen und damit zu Opfern des sogenannten Cyberstalking machen. Neben diesem aktiven Einsatz neuer technischer Hilfsmittel, lassen sich auch unzählige Informationen über das Opfer durch die geschickte Nutzung des Internets gewinnen, die späteres Stalking wesentlich erleichtern.86 7. Aktuelle Ausweitung des Stalking-Verhaltens? Folglich ging die Entwicklung des Stalking-Phänomens zum sozialen Problem einher mit einer dramatischen Verbreiterung des Konzepts als solchem. Was als eine bloß journalistische Beschreibung von Verhalten begann, das ausschließlich auf Prominente gerichtet war, wurde rapide generalisiert, um ähnlich gelagertes Verhalten bezogen auf Normalbürger erfassen zu können. Damit wurde ein Konzept, welches schon aufgrund seiner Beschränkung auf einen exklusiven Personenkreis ungewöhnlich und selten war, in eine Erfahrung transformiert, die allen Menschen offen steht.87 Dass das Stalking in der Folge zum Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen wurde, ist nahezu zwangsläufig.88 83

Füllgrabe, Kriminalistik 2001, S. 163 (163); Völk, Stalking, S. 24. Ausführlich dazu vgl. Matthias-Bleck, Stalking, S. 20 ff. 84 Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (13); Bettermann, Stalking, in: Atzenweiler (Hrsg.), Kriminelle Gewalt, S. 173 (174). 85 Morewitz, Stalking and Violence, S. 11; Knoller, Stalking, S. 25. 86 Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (10). 87 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 21.

I. Historische Entwicklung des Stalking-Phänomens

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Dennoch wirft die zunehmende Expansion des Stalking-Konzepts, einhergehend mit stetig steigenden Prävalenzraten, die weltweit stark diskutierte Frage auf, ob strafbares Stalking tatsächlich zunimmt89 oder ob es sich lediglich um das Artefakt eines Verhaltens handelt, welches jetzt zwar als Stalking bezeichnet und infolge der verstärkt um sich greifenden Strafbewehrung auch deutlich als solches wahrgenommen wird, in der Realität aber schon immer in demselben Ausmaß vorhanden war.90 Letztlich lässt sich diese Frage aufgrund fehlenden Datenmaterials aus der Zeit vor der „Entdeckung“ des Stalking nicht mit Sicherheit beantworten. Auch wenn die größere Instabilität der Beziehungsformen, die soziale Komplexität sowie Anonymität und Isolation der heutigen Gesellschaft häufig als idealer Nährboden für Stalking gesehen werden,91 gibt es auch Indizien, die in eine andere Richtung weisen. Gerade die große Bedeutung sowie die signifikanten Folgen der gewandelten gesellschaftlichen Verhältnisse lassen darauf schließen, dass nicht die Zahl der Stalking-Fälle und -Verhaltensweisen an sich gestiegen sind, sondern vielmehr die sie begleitende öffentliche Aufmerksamkeit und Anzeigebereitschaft.92 Unabhängig davon, wie man diese bislang noch ungeklärte Frage beantwortet, wird überdeutlich, dass Stalking aus den Vereinigten Staaten von Amerika seinen Weg als soziale Problemstellung in die ganze Welt gefunden hat und sich von einem eng umrissenen Spezialdelikt zu einem die „Volksgesundheit“ betreffenden93 „Massenphänomen“ entwickelt hat.94 Auch wenn man diese Einschätzung bezüglich des Ausmaßes der Problematik nicht teilt, so kann nicht bestritten werden, dass Stalking als gesellschaftlich relevantes Verhalten seinen Platz in der öffentlichen Diskussion gefunden hat und daher eine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung erfordert. 88

Best, Random Violence, S. 52. So Pathé/Mullen/Purcell, (2001) 7 Advances in Psychiatric Treatment, S. 399 (399); Purcell/Pathé/Mullen, (2002) 36 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 114 (118). 90 Vgl. Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (115). 91 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (12). 92 So z. B. Matthias-Bleck, Stalking, S. 17 f.; Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (153). Auch der Zweite Sicherheitsbericht der Bundesregierung konstatiert einen deutlichen Anstieg der Anzeigequote im Bereich der Gewalt gegen Frauen, vgl. Bundesministerien des Innern und der Justiz (Hrsg.), Zweiter Sicherheitsbericht, S. 120 f. 93 Ähnlich Blaauw/Winkel/Arensman, Toll of Stalking, S. 3. 94 Hoffmann/Wondrak, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 173 (174); Hoffmann/Wondrak, Forum Kriminalprävention 2005, S. 6 (8). 89

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“ Jede weitere detaillierte Erörterung des Stalking-Phänomens bedarf zunächst der Erarbeitung einer tragfähigen Arbeitsdefinition. 1. Problemaufriss Wie bereits aus den obigen Ausführungen deutlich geworden ist, handelt es sich bei dem Phänomen Stalking um ein, wie Voß, Hoffmann und Wondrak es formulieren, „komplexes psychologisches und soziales Geschehen, hinter welchem sich eine Vielzahl von Motiven, Emotionen, Handlungen, Psychopathologien und Interaktionen“95 mit einer zeitlichen Struktur und einem oftmals hierarchischen Aufbau verbergen kann.96 Stalking ist ein überaus heterogenes, facettenreiches und vielschichtiges soziales Problem97 und wird in diesem Zusammenhang auch als ein hypothetisches,98 soziales,99 relationales100 sowie psychologisches101 Konstruktum bezeichnet. Es handele sich um ein „hypothetisches Konstruktum“, weil es kein Verhalten einer Person aufgrund von Persönlichkeitseigenschaften sei, sondern vielmehr aus beobachtbaren Tatsachen bestehe, die auf Stalking schließen ließen, ohne es als empirischen Sachverhalt jemals vollständig umschreiben zu können.102 Damit verbunden sei auch die Einordnung von Stalking als „soziales Konstrukt“, welches sich dadurch auszeichne, dass es 95 Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (57 f.). 96 Voß/Hoffmann/Wondrak, Belästigung – Bedrohung – Gefährdung, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 93 (93). 97 Purcell/Pathé/Mullen, Stalking Victimisation, S. 2. 98 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11); Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (21); Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (5); Voß, Psychologie des Stalking, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (44). 99 Vgl. James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (33). 100 Vgl. Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11); Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (21, 23). 101 Vgl. Voß, Psychologie des Stalking, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (37). 102 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11); Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (21); Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (5); Voß, Psychologie des Stalking, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (44).

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“

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keine fest konturierbare psychologische oder kriminologische Einheit darstelle, sondern vielmehr ein Konglomerat aus Verhalten und Motivationen.103 Zudem sei es ein „relationales Konstrukt“, da es originär auf eine besondere Beziehung zwischen dem Stalker und seinem Opfer als Zielperson verweise. Denn erst durch die Wahrnehmung der Zielperson könnten die Handlungen als unerwünscht, belästigend oder bedrohlich empfunden und damit als Stalking spezifiziert werden.104 Schließlich sei Stalking außerdem ein „psychologisches Konstrukt“, da durch das wiederholte Verfolgen oder Belästigen einer Person deren physische bzw. psychische Integrität und Sicherheit bedroht werde. Folglich seien die Stalking-Handlungen dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Schädigung der betroffenen Person zur Folge hätten und bei dieser in der Regel Angst, Sorge oder Panik erzeugten.105 Während mithin nicht nur die Stalker aus ganz verschiedenen Motivationen heraus und vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen handeln, sind auch die von ihnen anvisierten Personen sowohl in ihren sozialen und persönlichen Hintergründen als auch in ihren Reaktionen mannigfaltig. Hinzu kommt, dass die von den Stalkern an den Tag gelegten Verhaltensweisen unterschiedlicher kaum sein könnten. Obwohl Studien belegen, dass ein fester Kern von Tätigkeiten wie z. B. unerwünschte Telefonanrufe, Drohungen, In-der-Nähe-Herumtreiben, Auflauern und Verfolgen zum Repertoire von fast jedem Stalker zählt,106 kommen auch außergewöhnliche Aktivitäten wie das Töten von Haustieren, das Aufgeben einer Todesanzeige mit dem Namen des Opfers oder die Zusendung von Särgen durchaus vor.107 Da der Stalker-Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, ist es schier ausgeschlossen, eine umfassende Definition zu finden, die alle Stalking-Verhaltensweisen umfasst und gleichzeitig noch praktikabel ist. Das Stalking-Phänomen ist mithin von Natur aus unpräzise.108 Diese Schwierigkeiten, eine tragfähige Definition des Stalking zu erarbeiten, ergeben sich nicht nur im juristischen Bereich, in dessen Rahmen der 103 James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (33). 104 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11); Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (21). 105 Voß, Psychologie des Stalking, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (37); Voß/Hoffmann, Stalking, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Konferenzbericht, S. 18 (18). 106 Dreßing/Kühner/Gass, (2005) 187 British Journal of Psychiatry, S. 168 (170); Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (179). 107 Marneros, Intimizid, S. 221 f. 108 NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 248; NSW Law Reform Commission, Discussion Paper 45, S. 135.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Bestimmtheit von Definitionen eine herausgehobene Bedeutung zukommt, sondern sie stellen auch andere wissenschaftliche Disziplinen wie die Psychiatrie und Psychologie vor Probleme.109 2. Signifikanz einer Stalking-Definition Trotz dieser Definitionsschwierigkeiten, die sich für die internationale Stalking-Wissenschaft bislang als unüberwindbares Hindernis dargestellt haben,110 kommt der Erarbeitung einer einheitlichen und allgemein anerkannten Definition für den wissenschaftlichen Fortschritt der Stalking-Forschung gravierende Bedeutung zu.111 Zwar ist klar, dass sich die juristische Definition von der verhaltenswissenschaftlichen und diese wiederum von der psychiatrischen unterscheiden muss, doch fehlt eine einheitlich anerkannte Begriffsbestimmung bislang auf jedem einzelnen Fachgebiet.112 Das liegt nicht etwa an einem Mangel von Definitionsvorschlägen und -ansätzen, sondern ist darin begründet, dass bislang kein Vorschlag die notwendige Akzeptanz erlangen konnte.113 Dieser Umstand führt auf den verschiedenen Gebieten zu unterschiedlichen Problemen. Während im verhaltenswissenschaftlichen und psychiatrischen Bereich das Fehlen einer einheitlich-anerkannten Definition die Schwierigkeit verursacht, dass empirische und epidemiologische Studien nicht ohne Weiteres vergleichbar sind und sich folglich auch nicht zu länderübergreifenden, generalisierenden Ergebnissen vereinen lassen,114 entstehen im juristischen Bereich Probleme im Hinblick auf die Entstehung eines einheitlichen Begriffsverständnisses von Stalking in der Gesellschaft, welches mit der juristischen Definition korrespondiert und insoweit eine korrekte Parallelwertung in der Laiensphäre ermöglicht.115 109

Ross, Risk Assessment, S. 5. Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (177); Royakkers, (2000) 3 California Criminal Law Review, para. 10. 111 So fordert insbesondere Westrup die Erarbeitung eines Konsenses über die Definition von Stalking als notwendigen ersten Schritt zur Erreichung eines wissenschaftlichen Fortschritts auf diesem Gebiet, vgl. Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (275 f.). 112 Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (275, 277). 113 Roberts, (2002) 47 Journal of Forensic Sciences, S. 1070 (1070); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass, Stalking!, S. 11 (15). 114 Ross, Risk Assessment, S. 5. 115 Einer US-amerikanischen Studie zufolge bezeichnen sich wesentlich mehr Menschen als Stalking-Opfer, wenn sie eine selbst gewählte Definition zugrunde legen als wenn eine wissenschaftliche zugrunde gelegt wird (12,1% im Gegensatz zu 8,1% der Frauen und 6,2% im Gegensatz zu 2,2% der Männer), vgl. Tjaden, Preva110

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“

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Insgesamt erschwert die bestehende, sich um den Stalking-Begriff rankende definitorische Konfusion sowohl eine durchdachte und sinnvolle Interpretation der vorhandenen Literatur116 als auch eine fruchtbare Kommunikation zwischen Psychiatern, Psychologen, Juristen sowie der Öffentlichkeit.117 3. Verschiedene Definitionsansätze Im Folgenden soll daher eine Arbeitsdefinition von Stalking entwickelt werden, auf deren Grundlage die weiteren Erörterungen der vorliegenden Dissertation beruhen. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass es im Hinblick auf das Phänomen Stalking mehrere unterschiedliche Arten von Definitionen gibt, die je nach Schwerpunkt der wissenschaftlichen Disziplin andere Zwecke verfolgen.118 So zielen die verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Definitionen darauf ab, die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch empirische Untersuchungen zu mehren und den internationalen Diskurs sowie das klinische Verständnis von Stalking-Verhalten zu fördern.119 Diese Disziplinen heben oft hervor, dass sich die von ihnen gewählte Definition von dem umgangssprachlichen oder auch untechnischen Begriffsverständnis des Stalking unterscheidet, welches vor allem durch den Gebrauch des Begriffs in den Medien geprägt wird. Im Gegensatz dazu verfolgen die strafjuristischen Definitionen des Stalking vorrangig den Zweck, das als sozialschädlich identifizierte Verhalten durch eine möglichst genaue Definition zu beschreiben, um es so in verfassungskonformer Weise zu kriminalisieren und den Strafverfolgungsbehörden eine praktikable Definition an die Hand zu geben.120 Bei der Erarbeitung einer strafrechtlichen Definition ist es von besonderer Bedeutung zu beachten, dass das Strafrecht seiner Funktion und Auflence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-10); ähnlich Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 4. Allein daraus wird ersichtlich, wie stark das gesellschaftliche Verständnis von Stalking von dem wissenschaftlichen abweicht. 116 Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (275). 117 Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (275). 118 So auch Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (3). 119 Gentile, Stalking of Psychologists, S. 7. 120 Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (3); Boyd, Female Stalking Perpetrators, S. 6.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

gabe nach vorrangig darauf abzielt, Werte, Interessen und Rechtsgüter zu schützen, die in der Gesellschaft als fundamental angesehen werden.121 Da jedem Bürger das Ertragen eines gewissen Grades an Belästigung zuzumuten ist, ohne dass dadurch fundamentale Rechtsgüter gefährdet oder gar verletzt würden,122 muss eine gesetzliche Definition von Stalking vor allem dazu geeignet sein, lästiges, aber noch sozialadäquates123 Verhalten von unerlaubtem Stalking abzugrenzen.124 Mit dieser Fähigkeit geht die Aufgabe einer strafrechtlichen Definition einher, einen Fingerzeig für akzeptiertes Verhalten zu liefern und so im Wege der Generalprävention sowohl die Allgemein- als auch die Individualinteressen in der Gesellschaft zu schützen.125 D.h. auch, dass die Strafgesetze mit dem allgemeinen sozialen Verständnis übereinstimmen müssen und die vorhandenen Erfahrungen und Wertmuster nicht verwirren oder vernebeln dürfen.126 Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Funktionen werden im Folgenden umgangssprachliche, verhaltenswissenschaftliche sowie juristische Stalking-Definitionen erörtert, die im weiteren Verlauf als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Arbeitsdefinition dienen. a) Umgangssprachliches Begriffsverständnis Es ist naturgemäß schwierig, eine exakte umgangssprachliche Definition von Stalking zu finden. Grund dafür ist, dass angesichts der signifikanten Heterogenität und des großen Facettenreichtums dieses Phänomens nicht nur jede wissenschaftliche Publikation, sondern auch jeder Bürger mit einer anderen Vorstellung von Stalking aufwartet. Hinzu kommt, dass sich das soziale Verständnis von Stalking weder innerhalb einer Gesellschaft noch in Gesellschaften verschiedener Länder einheitlich herausbildet, sondern von vielen Faktoren beeinflusst wird, sodass sich auch daraus teils gravierende Unterschiede im Begriffsverständnis ergeben. In der Öffentlichkeit wird Stalking häufig als ein Verhalten verstanden, welches durch heimliches Annähern und Verfolgen gekennzeichnet ist und 121

Findlay/Odgers/Yeo, Criminal Justice, S. 1, 2. Finch, Criminalisation of Stalking, S. 229. 123 Zum Konzept der Sozialadäquanz vgl. LK/StGB/Jescheck, Vor § 13 Rn. 49; MüKo/StGB/Freund, Vor §§ 13 ff. Rn. 141 f. m. w. N. 124 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (3); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (149 f.); Winterer, FPR 2006, S. 199 (200). 125 Melton, (1992) 16 Law and Human Behavior, S. 381 (385). 126 Melton, (1992) 16 Law and Human Behavior, S. 381 (385, 387). 122

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von der Intention begleitet wird, das Stalking-Objekt zu verletzen oder es in seine Gewalt zu bringen.127 Dieses düstere Stalking-Bild entsteht vor allem durch den Fokus der Medien im Boulevardbereich, die sich auf diejenigen Stalking-Fälle konzentrieren, in denen es zu erheblicher oder gar tödlicher Gewalt gekommen ist.128 Dadurch wird Stalking in der Öffentlichkeit überwiegend als ein Vorbote schwerer Gewalt dargestellt129 und letztlich auf die Fälle reduziert, in denen der Täter sein Opfer für eine spätere Gewalttat ausspioniert und sein Stalking-Verhalten bloße Vorbereitungshandlung zu dieser anschließenden Straftat ist.130 Ein derartiges vorbereitendes Stalking ist in der Realität jedoch höchst selten.131 Abgesehen von dieser begrifflichen Ungenauigkeit im umgangssprachlichen Wortgebrauch, bezieht sich die weitaus häufigste Darstellung von Stalking in den Medien auf den Ex-Partner-Stalker, der nach dem Ende einer Beziehung zum Opfer damit beginnt, dieses zu verfolgen. Im weiteren Verlauf der Situation eskalieren diese Einschüchterungsversuche und es kommt zu erheblicher Gewaltanwendung. Auch hier liegt der Schwerpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und Wahrnehmung auf der finalen Eskalation des Stalking-Verhaltens. Dadurch erhält der Begriff „Stalking“ in der Öffentlichkeit eine unmittelbar gewalttätige Konnotation, sodass StalkingAktivitäten stets als höchst bedrohlich wahrgenommen werden. Die auf diese Weise ausgelösten Assoziationen rufen nicht nur die Entstehung eines bizarr-düsteren, sondern auch eines verschwommenen Bildes von Stalking in der Gesellschaft hervor, welches im Ergebnis Konfusion, 127

Vgl. McCann, Stalking in Children, S. 8 f. Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160; James/Farnham, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 432 (432). Generell zu selektiver Berichterstattung in den Medien vgl. Bundesministerien des Innern und der Justiz (Hrsg.), Zweiter Sicherheitsbericht, S. 61; Bock, Kriminologie, S. 429. 129 Best, Random Violence, S. 51; Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 134; Albrecht, FPR 2006, S. 204 (204); James/Farnham, Stalking und Gewalt, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 159 (159); Davis/Chipman, Stalkers, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 3 (4). 130 Vgl. z. B. die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zu einem Stalking-Fall in Bremen Friedrichsen, Der Spiegel 42/2005, S. 72 ff. Vgl. generell McCann, Stalking in Children, S. 9 ff. 131 Solches vorbereitendes Stalking wird z. B. von dem sogenannten beutesuchenden Stalker („preadatory stalker“) an den Tag gelegt. Dieser beobachtet sein Opfer oft unbemerkt, um später zu einer anderen zumeist sexuellen Straftat überzugehen. Diese Fälle sind empirischen Untersuchungen zufolge jedoch äußerst selten. So beträgt der Anteil der beutesuchenden Stalker unter allen Stalkern nur ca. 4%, vgl. dazu Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 98 ff. Ausführlich dazu auch B. VII. 2. c) ee). 128

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Misskommunikation und Missverständnissen Vorschub leistet.132 Es ist daher wenig überraschend, dass in der Bevölkerung erhebliche Verwirrung darüber besteht, was Stalking-Verhalten genau ausmacht.133 b) Verhaltenswissenschaftliche Definitionen Im Gegensatz zu diesen unklaren Vorstellungen haben sich auf den Gebieten der Verhaltenswissenschaften, der Psychologie und Psychiatrie schon weitgehend einander ähnliche Definitionsansätze herausgebildet. So begreifen Mullen und Pathé Stalking in deskriptiver Weise als eine Konstellation von Verhaltensweisen, in deren Rahmen ein Individuum ein anderes mit wiederholten, unerwünschten Zudringlichkeiten und Kommunikation überzieht. Dabei soll der Begriff „Zudringlichkeiten“ sowohl das Verfolgen und In-der-Nähe-Herumlungern als auch das Aufrechterhalten von Überwachung und das Unternehmen von Annäherungsversuchen enthalten. Der Terminus „Kommunikation“ erfasst jegliche Kontaktaufnahme durch Briefe, Telefon, elektronische Post, Graffiti oder Notizen. Mullen und Pathé betonen außerdem, dass auch Verhaltensweisen wie das Bestellen von Waren unter dem Namen des Opfers, das Beeinträchtigen von Eigentum des Opfers, das falsche Verdächtigen, das Ausstoßen von Drohungen sowie das Attackieren des Opfers als damit in Zusammenhang stehende Verhaltensweisen Stalking darstellen können, obwohl sie nicht zum Kern des Stalking-Verhaltens gehören.134 Diese Definition versucht somit, allein auf nach außen sicht- und erkennbare Aktivitäten als entscheidendes Kriterium abzustellen. Eine über die reine Deskription hinausgehende Einschränkung ist einzig und allein, dass das Opfer diese Handlungsweisen als unangenehm wahrnehmen muss.135 Bereits anhand dieser Definition wird deutlich, wie sehr sich die wissenschaftlichen Begriffsbestimmungen von den umgangssprachlichen unterscheiden. So werden die in der Öffentlichkeit überproportional vertretenen Fälle der physischen Attacke sowie der Drohung und Sachbeschädigung bei Mullen und Pathé gerade nicht als klassisches Stalking-Verhalten, sondern nur als damit in Zusammenhang stehende Aktivitäten aufgeführt. 132

Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1

(2-6). 133 So auch Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-5). 134 Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (12); Mullen/ Pathé/Purcell, Stalkers, S. 7. 135 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 7.

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“

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Um diese Diskrepanz zwischen dem, was umgangssprachlich unter Stalking verstanden wird, und dem, was die Wissenschaft als Stalking bezeichnet, zu verkleinern, entwickelte Westrup ihre Definition mit dem erklärten Ziel, den Terminus „Stalking“ als globale Beschreibung eines Verhaltens zu prägen, welche von Öffentlichkeit und Wissenschaft in gleicher Weise verstanden wird.136 In diesem Sinne definiert sie Stalking als eine oder mehrere Konstellationen von Verhaltensweisen, (a) die wiederholt auf ein spezifisches Individuum (das „Ziel“) gerichtet sind, (b) die vom Ziel als unwillkommen und zudringlich erfahren werden, und (c) von denen berichtet wird, dass sie Angst oder Sorge im Ziel verursachen.137 Ganz im Gegensatz zu der Intention Westrups, umgangssprachliche und wissenschaftliche Definitionen zusammenzuführen, verfolgt Meloy das Ziel, dies zu verhindern. Er sieht die spezifischen, mit dem Begriff „Stalking“ verbundenen umgangssprachlichen Konnotationen als hinderlich an, da sie den Gebrauch des Begriffs beschränkten und damit für unbefangene Forschungen unbrauchbar machten. Aus diesem Grund entwickelte er den Terminus des „obsessiven Verfolgens“ („obsessional following“), um ihn von dem umgangssprachlichen und sensationalistischen Gebrauch der Medien auf der einen, aber auch von der juristischen Benutzung auf der anderen Seite abzugrenzen.138 Meloy zufolge beschreibt obsessives Verfolgen die Aktivitäten einer Person, die aus einem abnormalen oder lange andauernden Verhaltensmuster aus Drohungen oder Belästigungen bestehen. Dieses Muster muss auf eine bestimmte Person gerichtet sein, aus mehr als einem offenkundigen Akt 136 Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (276 f.). 137 Westrup, Functional Analysis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 275 (276). 138 Meloy, Obsessional Follower, in: Schlesinger (Hrsg.), Criminal Psychopathology, S. 9 (9 f.); Meloy, (1997) 51 American Journal of Psychotherapy, S. 174 (174); Meloy/Rivers/Siegel/Gothard/Naimark/Nicolini, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 147 (147); Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (148). Dieser Begriff geht dabei zurück auf Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 ff., vgl. Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (148). Zu dem ebenfalls mit Stalking verwandten Phänomen der so genannten obsessive relational intrusion vgl. Spitzberg/Cupach, Paradoxes of Pursuit, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 97 ff.; Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 3, 9 ff.; Cupach/Spitzberg/Carson, Obsessive Relational Intrusion, in: Dindia/Duck (Hrsg.), Communication, S. 131 ff.; Cupach/Spitzberg, Obsessive Relational Intrusion, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.) Stalking, S. 138 ff. und zum sogenannten unwanted pursuit behavior vgl. Langhinrichsen-Rohling/Palarea/Cohen/Rohling, Pursuit Behaviours, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.) Stalking, S. 212 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

von unerwünschtem Verfolgen bestehen und von der Zielperson als belästigend empfunden werden.139 Im Bereich der deutschen Stalking-Forschung stellt Hoffmann auf insgesamt sechs Kriterien ab, anhand derer sich ein Verhalten als Stalking definieren lassen soll. Diese Merkmale beschreiben Stalking als wiederholte Handlungen der Kontaktaufnahme, des Annäherns oder Belästigens, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, dabei die impliziten Regeln sozialer Interaktion überschreiten, sich auf eine spezifische Person richten, von dieser Zielperson zumindest teilweise wahrgenommen werden und die von dieser nur eingeschränkt oder gar nicht beeinflussbar sind.140 Auffallend ist, dass dieser Definition zufolge das Stalking-Verhalten zwar von dem Opfer wahrgenommen werden muss, jedoch keine negativen Gefühle wie Angst oder Sorge auszulösen braucht. Allein diese vier Definitionen verdeutlichen, auf welch unterschiedliche Weise das Phänomen Stalking inhaltlich beschrieben und definiert werden kann. Dennoch ist zu konstatieren, dass sich trotz der großen Bandbreite im Detail grobe Leitlinien herausarbeiten lassen, über die allgemein Einigkeit besteht und die auch durch empirische Forschungen gestützt werden. Diesen Beobachtungen folgend, gibt es inzwischen Versuche, die bisherigen verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Definitionen zusammenzuführen. So unternehmen Voß und Hoffmann einen zusammenfassenden Definitionsversuch, demzufolge Stalking Verhaltenweisen einer Person beschreibt, die die folgenden Merkmale beinhalten: „(a) sie zielen auf die Beeinträchtigung des Verhaltens einer anderen Person (seltener einer Personengruppe oder einer Organisation) ab, indem sie deren Handlungsspielraum einschränken, begrenzen oder – im Einzelfall – vollständig ausschalten; (b) sie werden vom „Zielobjekt“ als unerwünscht oder belästigend wahrgenommen und (c) sie sind geeignet, beim Adressaten Angst, Sorge oder Panik auszulösen“.141 Während diese Zusammenführung ausschließlich auf unbestimmte Elemente wie die Intentionen des Stalkers sowie die Reaktionen des Opfers ab139 Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (259); Meloy, Obsessional Follower, in: Schlesinger (Hrsg.), Criminal Psychopathology, S. 9 (10); Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (2 f.); Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (148). Der Kern dieser Definition geht dabei zurück auf Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (896), vgl. Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (258). 140 Hoffmann, Stalking, S. 3; Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (50). 141 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (4 f.). Zustimmend Winterer, FPR 2006, S. 199 (200).

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“

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stellt, formulieren Mullen, Pathé, Purcell und Stuart in ihrer Synopse der bisherigen Definitionen die Verhaltensanforderungen wesentlich konkreter, während die Opferreaktionen ebenso unbestimmt bleiben wie bei Voß und Hoffmann. Der erarbeiteten und weitgehend akzeptierten Arbeitsdefinition von Mullen, Pathé, Purcell und Stuart zufolge machen wiederholte (mindestens zehn Mal) und andauernde (mindestens vier Wochen), unerwünschte Versuche, sich dem Opfer anzunähern oder mit ihm zu kommunizieren, Stalking-Verhalten aus.142 Dieses Verhalten muss dabei auf der Basis des Empfindens des Opfers als unerwünscht angesehen werden und nicht aufgrund von Behauptungen des Stalkers.143 Eine genauere Betrachtung dieser Definitionen macht deutlich, dass sie sich im Kern stark ähneln. Daher kann dazu übergegangen werden, Stalking als eine Bandbreite verschiedener Verhaltensweisen zu betrachten, durch welche wiederholt und länger andauernd versucht wird, mit dem Opfer zu kommunizieren und/oder Kontakt aufzunehmen. Dies muss von dem Stalking-Opfer, auch „Stalkee“ genannt, als unerwünscht, belästigend oder beängstigend wahrgenommen werden.144 c) Juristische Definitionen Weit stärker als die verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Stalking-Definitionen weichen die bislang vorhandenen strafjuristischen Begriffsbestimmungen voneinander ab. Selbst innerhalb eines Landes wie z. B. des Commonwealth of Australia oder der USA unterscheiden sich die Definitionen in den Anti-Stalking-Tatbeständen häufig erheblich. Auch hier liegt der Grund in der enormen Vielschichtigkeit sowie in dem erstaunlichen Facettenreichtum des Stalking-Phänomens, welches sich rechtlich nur schwer kategorisieren lässt.145 Dadurch, dass in der Realität jedes denkbare Verhalten potentiell dazu genutzt werden kann, eine andere Person zu stalken – und zwar unabhängig davon wie alltäglich, harmlos, banal oder bizarr es oberflächlich sein mag – scheint es diffizil, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der die Grundlage für eine normative Definition von Stalking-Verhalten bilden kann.146 Die Nähe von Stalking auf der einen 142 Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1245). 143 Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1245). 144 Ähnlich Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (51). 145 Borchert, FPR 2004, S. 239 (239).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

und romantischem Werbungsverhalten auf der anderen Seite erschwert zudem die Entwicklung theoretischer Kategorien, nach deren Maßgabe eine Grenzziehung zwischen akzeptablem Alltagsverhalten und obsessivem, intrusivem und damit kriminellem Stalking erfolgen könnte.147 Ogilvie beschreibt in diesem Zusammenhang zutreffend, „the difficulty in defining stalking as a concept lies in its paradoxical status as an act that is ambiguously located somewhere between crime and conformity“.148 Betrachtet man angesichts dieser Schwierigkeiten die bislang entwickelten rechtlichen Definitionen von Stalking, so lassen sich grob gesprochen drei Tendenzen ausmachen. Während einige Länder das verbotene Verhalten einzeln aufzählen und allein dieses mit Strafe bewehren, verlassen sich andere auf übergeordnete qualifizierende Begriffe wie beispielsweise Stalking, Belästigung („harassment“) oder In-Furcht-Versetzen („putting in fear of violence“), um Stalking-Verhalten zu kriminalisieren. Manchmal werden auch beide Techniken kombiniert, indem ein Oberbegriff wie z. B. Stalking gewählt wird, der im Anschluss durch eine Aufzählung von verschiedenen Verhaltensweisen genauer beschrieben wird.149 Ein Beispiel für die erstgenannte enge Technik sind die Stalking-Definitionen in den USA. Zwar unterscheiden sich die verschiedenen Stalking-Definitionen dort häufig von Staat zu Staat, doch haben die meisten drei Elemente gemeinsam: Zum einen ist ein Verhaltensmuster gefordert, welches unerwünschte Belästigungen einer anderen Person beinhaltet. Dieses Verhaltensmuster muss zum zweiten eine implizite oder explizite Drohung darstellen, sodass die bedrohte Person zum dritten als Resultat dieser Belästigungen vernünftige Furcht verspürt.150 Im Gegensatz dazu wurde im Vereinigten Königreich gar kein Versuch unternommen, das strafbewehrte Stalking-Verhalten zu definieren. Da es keine allgemein akzeptierte, geschweige denn -gültige Definition von Stalking gebe, handele es sich lediglich um eine Beschreibung bestimmter Manifestationen von verbotenem Verhalten und nicht um eine eigene rechtliche Kategorie.151 Daher verließ sich der britische Gesetzgeber auf die 146 147

Finch, Criminalisation of Stalking, S. 11. Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1

(2-6). 148

Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 12. Ähnlich Ogilvie, Stalking, S. 2. Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 3. 150 Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (2). 151 Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (463); Lacey/Wells, Criminal Law, S. 127; Finch, Criminalisation of Stalking, S. 1; Samuels, (1997) 18 Statute Law Review, S. 244 (246); Elliott/Quinn, Criminal Law, S. 156. 149

II. Entwicklung einer Definition des Phänomens „Stalking“

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weite Technik und verbot Verhalten, welches eine Belästigung („harassment“) darstellt. Dieser Begriff wird an keiner Stelle des Gesetzes definiert, sodass im Ergebnis nicht nur typische Stalking-Verhaltensweisen, sondern auch Nachbarschaftsstreitigkeiten, rassistische und sexuelle Übergriffe, Mobbing sowie Aktivitäten von Paparazzi unter diesen sehr breiten Begriff fallen.152 Den oben ebenfalls erwähnten Mittelweg gehen hingegen viele australische Bundesstaaten, indem sie entsprechende Verhaltensweisen zwar unter dem Oberbegriff „Stalking“ verbieten, in einem zweiten Schritt jedoch exakt diejenigen Verhaltensweisen aufzählen, die allein Stalking zu konstituieren vermögen und damit strafbewehrt sind. Neben diesen technischen Unterschieden sind in den verschiedenen Straftatbeständen der Welt auch Abweichungen hinsichtlich der genauen Benennung, der erforderlichen Häufigkeit des Stalking-Verhaltens sowie der notwendigen Opferreaktion festzustellen.153 Derartige Besonderheiten sind dabei vielfach Ausdruck und Manifestation lokaler Gegebenheiten, in deren Rahmen sich Stalking-Verhalten im konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang artikuliert hat.154 Trotz dieser mehr oder weniger erheblichen Unterschiede im Detail ist letztlich allen juristischen Stalking-Definitionen gemeinsam, dass sie ein Verhaltensmuster verlangen, in dessen Rahmen der Stalker einen anderen Menschen beobachtet, verfolgt, belästigt, bedroht und unter Umständen auch körperlich attackiert, wobei das Opfer durch exakt dieses Verhalten in Angst versetzt wird.155 4. Zwischenergebnis Aus einer Zusammenschau der oben dargestellten Definitionsmodelle ergibt sich, dass Stalking ein auf eine andere Person gerichtetes Verhaltensmuster darstellt, welches sich aus verschiedenen Aktivitäten zusammensetzt, sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und dabei das Ziel verfolgt, in irgendeiner Form mit dem Opfer in Kontakt zu treten. Dieses Verhalten muss von dem Opfer zudem als unerwünscht, belästigend oder beängstigend empfunden werden. 152 153

Lacey/Wells, Criminal Law, S. 128. Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(15). 154 So beschränkten sich z. B. die ersten Tatbestände häufig auf Prominente oder auf Stalking im häuslichen Nahbereich, vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 12. 155 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (16).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

III. Abgrenzung des Stalking-Phänomens zu anderen Verhaltensweisen Bereits die Entwicklung dieser noch wenig normativen Stalking-Arbeitsdefinition hat gezeigt, wie schwierig es ist, den Begriff Stalking sowie das zugehörige Verhalten trennscharf zu konturieren. Aus dieser Problematik ergibt sich zwangsläufig die Konsequenz, dass die noch unscharfe Arbeitsdefinition auch Verhaltensweisen erfasst oder zumindest an Verhaltensweisen erinnert, die anderen, dem Stalking verwandten Phänomenen unterfallen. So weist neben dem sogenannten Mobbing auch das Phänomen der häuslichen Gewalt deutliche Parallelen zum Stalking auf.156 Im Folgenden muss daher eine Abgrenzung dieser Erscheinungen vorgenommen werden. 1. Mobbing Aufgrund starker Ähnlichkeiten muss Stalking zuerst von dem Phänomen des „Mobbing“ abgeschichtet werden. Der Begriff „Mobbing“ leitet sich von dem englischen Verb „to mob“ ab, welches in seiner deutschen Übersetzung anpöbeln, angreifen und attackieren bzw. lärmend über jemanden herfallen bedeutet.157 Das im angloamerikanischen Rechts- und Sprachraum unter dem Begriff des „bullying“ bekannte Verhalten wird sowohl dort als auch in Deutschland mittlerweile immer stärker als soziales Problem wahrgenommen und in dieser Hinsicht in Öffentlichkeit und Rechtswissenschaft diskutiert.158 Wie beim Stalking gibt es bislang auch im Hinblick auf das MobbingPhänomen keine einheitlich akzeptierte Definition.159 Häufig wird es in der Wissenschaft beschrieben als ein schikanöses und feindseliges Verhalten einer oder mehrerer Personen, das gegen eine Einzelperson oder auch gegen eine Personengruppe gerichtet ist, über einen längeren Zeitraum wiederholt auftritt und die Absicht verfolgt, das Opfer und sein Ansehen zu schädigen sowie gegebenenfalls aus seiner beruflichen Position zu verdrängen.160 Ent156

Matthias-Bleck, Stalking, S. 7. Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch I, S. 380. 158 Pechstaedt, Stalking, S. 5. Ausführlich zu Ursprung und Entwicklung des Phänomens Mobbing vgl. Mühe, Mobbing, S. 26 ff. 159 Driessen-Reilly, (2003) 28 European Law Review, S. 493 (498); Mühe, Mobbing, S. 34. Zu den Schwierigkeiten, das Phänomen „Mobbing“ zu definieren vgl. Meschkutat/Stackelbeck/Langenhoff, Mobbing-Report, S. 18 ff. 160 Halfmann, Mobbing, S. 7; Pechstaedt, Stalking, S. 28 f. Ähnlich DriessenReilly, (2003) 28 European Law Review, S. 493 (498). Dabei kann Mobbing nicht nur in der Sphäre des Arbeitsplatzes, sondern auch als sogenanntes „Mietermobbing“ auftreten, vgl. Börstinghaus, NZM 2004, S. 48 (52). 157

III. Abgrenzung des Stalking-Phänomens zu anderen Verhaltensweisen

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scheidend ist dabei, dass das als Mobbing zu qualifizierende Verhalten systematisch und andauernd erfolgt.161 Beispiele für Mobbing-Aktivitäten sind vor allem persönliche Belästigungen, Verängstigungen und soziale Isolierung des Opfers, Diffamierungen, Kompromittierungen ebenso wie Nichtbeachtung oder ungerechtfertigtes Kritisieren.162 In gravierenderen Fällen können auch Erpressungen, Nötigungen, Bedrohungen, Vermögensschädigungen oder körperliches Attackieren vorkommen.163 Damit stellt sich „Mobbing“ als ein Sammelbegriff für eine Vielzahl drangsalierender Verhaltensweisen dar, von denen einige auch in typischen Stalking-Situationen auftreten können.164 Eine weitere Gemeinsamkeit von Mobbing auf der einen und Stalking auf der anderen Seite ist, dass die an den Tag gelegten Verhaltensweisen das Opfer beunruhigen, belästigen und häufig auch verängstigen und einschüchtern.165 Beide Phänomene sind zudem dadurch gekennzeichnet, dass in ihrem Rahmen eine Vielzahl durchaus unterschiedlicher Verhaltensweisen auftritt, die erst in der Zusammenschau durch ihre kumulative und systematische Wirkung geeignet sind, bei dem Opfer Besorgnis zu erregen.166 Doch obwohl sich beide Phänomene in vielerlei Hinsicht ähneln, gibt es auch signifikante Unterschiede, die eine genauere Abgrenzung ermöglichen. So ist Stalking zwar unter anderem auch am Arbeitsplatz anzutreffen,167 kommt in den allermeisten Fällen jedoch im Privatleben vor, während beim Mobbing ein Zusammenhang zwischen den schikanösen Verhaltensweisen und dem Berufsleben, dem Arbeitsplatz oder der Schule konstitutive Voraussetzung ist.168 Folglich sind die Mobbing-Opfer nahezu ausschließlich Kollegen des oder der Mobbenden bzw. unterstellte Mitarbeiter oder sogar 161 Mühe, Mobbing, S. 33; Schobel, Mobbing, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 8 (8); Wolmerath, Mobbing, S. 23; Wolmerath, Rechtshandbuch, S. 24 f.; Halfmann, Mobbing, S. 5. 162 Zwißler, GewSchG, S. 80; Kube, Kriminalistik 1999, S. 161 (162). Speziell zum Mobbing bei Kindern und Jugendlichen vgl. Struck, Gegen Gewalt, S. 73 ff. 163 Ausführlich zu potentiellem Mobbing-Verhalten vgl. Mühe, Mobbing, S. 45 ff. 164 Pechstaedt, Stalking, S. 5. 165 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (6); Pechstaedt, Stalking, S. 29. 166 Knoller, Stalking, S. 17; Mühe, Mobbing, S. 56; Pechstaedt, Stalking, S. 28; Meschkutat/Stackelbeck/Langenhoff, Mobbing-Report, S. 21 f. 167 Ausführlich dazu vgl. Turner/Gelles, Threat Assessment, S. 111 ff. 168 Bieszk/Sadtler, NJW 2007, S. 3382 (3386); Drawe/Oetken, Stalking, S. 20; Pechstaedt, Stalking, S. 5, 29; Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (6); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 71; Mühe, Mobbing, S. 56.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Vorgesetzte,169 während es sich bei den Stalkern in der überwiegenden Zahl der Fälle um Ex-Partner des Opfers handelt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Mobbing-Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum auftreten müssen, als dies beim Stalking der Fall ist.170 Während die meisten bekannten Anti-Stalking-Gesetze bereits ein zweimaliges StalkingVerhalten ausreichen lassen, erfordert die Klassifizierung eines Verhaltens als Mobbing in der Regel, dass über die Dauer von einem halben Jahr mindestens einmal pro Woche ein Mobbing-Verhalten an den Tag gelegt wird.171 Zu erwähnen ist außerdem, dass beim Mobbing die Begehung durch eine Vielzahl von Personen, z. B. durch eine Gruppe von Kollegen, nicht selten anzutreffen ist, während Stalking nur durch einen Einzeltäter begangen werden kann.172 Auch die Motivationen von Stalker und Mobbendem unterscheiden sich. Während die Stalker in der Regel die (Wieder-)Aufnahme einer Beziehung oder zumindest Kontakt mit dem Opfer erreichen wollen,173 geht es beim Mobbing darum, unliebsame Kollegen persönlich anzugreifen, ihre Karriere zu ruinieren und sie aus dem konkreten Arbeitsplatz zu vertreiben, meist um dann selbst diesen Arbeitsplatz einnehmen zu können.174 Infolgedessen endet das Mobbing-Verhalten in der Regel abrupt mit dem Wechsel des Arbeitsplatzes durch das Opfer, während sich Stalking zum Teil nicht einmal durch eine Änderung der Lebensumstände, des Wohn- oder Arbeitsplatzes beenden lässt.175 2. Häusliche Gewalt Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Klärung der Beziehung zwischen häuslicher Gewalt und Stalking.176 169

Pechstaedt, Stalking, S. 29. Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (6); Bieszk/Sadtler, NJW 2007, S. 3382 (3386). 171 Baumüller, Stalking, S. 13; Pechstaedt, Stalking, S. 29 f. 172 Anders verhält es sich nur in Bezug auf die Berichterstattung zu angeblichen Missständen bei dem Online-Portal StudiVZ, mit dessen Hilfe 700 Herrenclub-Mitglieder weibliche Teilnehmer des Portals vermeintlich gestalkt hätten, vgl. dazu Polier, Stalker. 173 Vgl. Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (7). 174 Reim, AiB 2006, S. 16 (17); Pechstaedt, Stalking, S. 30. 175 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (6). 176 Ausführlich zu diesem Themenkomplex vgl. Melton, Stalking, S. 1 ff.; Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (252 f.); Palarea, Risk Factor, S. 16 ff.; Hoffmann, Stalking, S. 185 ff.; Küken/Hoffmann/Voß, Stalking und häusliche Gewalt in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 177 ff.; Löb170

III. Abgrenzung des Stalking-Phänomens zu anderen Verhaltensweisen

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Häusliche Gewalt wird definiert als Gewalt im sozialen Nahraum,177 wobei sie unabhängig von dem Tatort auch ohne gemeinsamen Wohnsitz (Gewalt-)Straftaten zwischen Personen in einer partnerschaftlichen Beziehung umfasst, die noch besteht, sich in Auflösung befindet oder die bereits aufgelöst ist sowie (Gewalt-)Straftaten unter Personen, die in einem Angehörigkeitsverhältnis stehen, soweit es sich nicht um Straftaten gegen Kinder handelt.178 Zu dieser Form der Gewalt gehören alle Formen physischen, psychischen und sexuellen Missbrauchs sowie finanzielle und soziale Isolierung und Diskriminierung.179 Auffallend ist dabei, dass sich häusliche Gewalt ebenso wie Stalking nicht aus einem einzigen Akt der Gewalt, sondern aus einem ganzen Muster verschiedener Missbrauchshandlungen zusammensetzt, welches bei dem Opfer Angst erzeugt.180 Des Weiteren hat häusliche Gewalt ebenso wie Stalking eine psychische Komponente, die von den Opfern in den meisten Fällen sogar als gravierender empfunden wird als die rein physische. So fühlen sich Opfer von häuslicher Gewalt oft durch die fortgesetzten Beleidigungen, Abwertungen und Demütigungen stärker beeinträchtigt als durch die Akte physischer Gewalt.181 Auch die Tatsache, dass häusliche Gewalt speziell in Form von psychischem Missbrauch ebenso wie Stalking das Risiko in sich birgt, in körperlicher Gewalt zu eskalieren, verdeutlicht die Schnittstellen beider Phänomene.182 Bei häuslicher Gewalt handelt es sich außerdem in der Regel um Gewalt von Männern gegen Frauen, sodass sie ebenso wie Stalking in der Öffentlichkeit vielfach ausschließlich geschlechterspezifisch dargestellt wird.183 mann, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 198 ff.; Logan/Cole/Shannon/Walker, Partner Stalking, S. 16 ff. 177 Fiebig, Stalking, S. 13; Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/ Feenders, Stalking, S. 121 (123). 178 Laabes, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 68 (68). Ähnlich auch Baldry, Cycle of Violence, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 83 (85). 179 Schaum/Parrish, Stalked, S. 54; Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders, Stalking, S. 121 (123); Fiebig, Stalking, S. 14 f. 180 Logan/Cole/Shannon/Walker, Partner Stalking, S. 24; Walker/Meloy, Stalking and Domestic Violence, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 139 (158). 181 Löbmann, Stalking in Fällen häuslicher Gewalt, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 75 (75 f.). 182 Löbmann, Stalking in Fällen häuslicher Gewalt, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 75 (77). 183 Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders, Stalking, S. 121 (123).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Angesichts dieser Überschneidungen zwischen Stalking und häuslicher Gewalt haben sich in der Wissenschaft verschiedene Abgrenzungsansätze entwickelt. Mullen, Pathé und Purcell grenzen Stalking strikt von häuslicher Gewalt ab. Dabei stellen sie auf das Kriterium ab, ob die Beziehung zur Zeit des potentiellen Stalking-Verhaltens schon beendet war oder noch nicht.184 Nur wenn eine Beziehung schon beendet war, kann das Verhalten als Stalking erfasst werden, während es sich im Zuge einer noch bestehenden Beziehung als häusliche Gewalt darstellt. Folgt man dieser Auffassung, so kann es eine Überschneidung von Stalking und häuslicher Gewalt nicht geben. Der hinter dieser Entkoppelung stehende Gedanke ist, dass Opferschutzorganisationen, die im Bereich häuslicher Gewalt tätig sind, von einer Verquickung beider Phänomene profitierten könnten, indem sie die mediale Aufmerksamkeit, die Stalking erregt, für den Bereich der häuslichen Gewalt nutzbar machen. Genau dieser Strategie wollen Mullen, Pathé und Purcell durch eine strikte Trennung entgegen wirken, da eine gedankliche Verknüpfung einem öffentlichen Bild von Stalking Vorschub leisten würde, das der Bandbreite der Stalking-Problematik nicht gerecht werden könnte. Insbesondere die Geschlechterspezifik der häuslichen Gewalt würde so zu einer Marginalisierung sowohl von männlichen Stalking-Opfern als auch von Stalking-Verhalten durch Fremde führen.185 Im Gegensatz dazu halten andere Autoren das Auftreten von Stalking als einer Ausdrucksform häuslicher Gewalt auch in noch bestehenden Beziehungen für möglich.186 So wurden im einflussreichen National Violence Against Women Survey aus dem Jahr 1998 auch Daten von Stalking in noch bestehenden Beziehungen gesammelt.187 Dies lässt darauf schließen, dass hier von der Möglichkeit einer Überschneidung beider Phänomene sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht ausgegangen wurde. Diese Haltung teilen auch Walker und Meloy, wenn sie annehmen, dass Stalking-Verhalten schon in 184 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 46. Ähnlich grenzt auch Rupp die Phänomene Stalking und häusliche Gewalt danach ab, ob Täter und Opfer in einem Haushalt leben oder nicht, vgl. Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung, S. 231. 185 Purcell/Pathé/Mullen, Classification of Stalkers, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 6-1 (6-8). 186 So z. B. Baldry, Cycle of Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 83 (85); Winterer, FPR 2006, S. 199 (201); Logan/ Cole/Shannon/Walker, Partner Stalking, S. 7; Weiß, Stalking, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 6 (6). Wohl auch Stürmer, Paradigmenwechsel, in: Kury/Obergfell-Fuchs (Hrsg.), Gewalt in der Familie, S. 169 (179). 187 Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 8.

III. Abgrenzung des Stalking-Phänomens zu anderen Verhaltensweisen

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der Beziehung aufgenommen und nach deren Ende fortgesetzt werden kann, obwohl das Opfer, zumeist eine Frau, deutlich gemacht hat, dass sie keine weitere Beziehung wünscht.188 Auch Löbmann definiert Stalking im häuslichen Bereich als ein „Verhaltensmuster, dessen Kern Verfolgen/Belästigen und Bedrohen bilden, und das zudem viele weitere Spielarten psychischer und körperlicher Gewalt umfassen kann“.189 Dabei geht auch sie davon aus, dass Stalking zwar häufiger nach Ende einer Beziehung auftritt, grundsätzlich aber auch schon während einer solchen vorkommen kann.190 Für diesen Ansatz spricht, dass sich insbesondere in Fällen einer langjährigen gewalttätigen Beziehung das genaue Ende der Partnerschaft oft nur schwer feststellen und definieren lässt.191 Von einer solch unklaren Grenze sollte daher nicht die Qualifikation eines Verhaltens als Stalking abhängen. Die beiden Auffassungen bezüglich der Abgrenzung von häuslicher Gewalt und Stalking lassen sich somit wie folgt zusammenfassen und um die entsprechenden Motivationen des Täters erweitern. So betrachtet die erste Auffassung Stalking als kontrollierendes und verfolgendes Verhalten, welches sich ausschließlich nach Ende einer Beziehung abspielt und mit einem Motivationswechsel auf der Täterseite einhergeht. Der Grund für diese Veränderung in der Intention des Täters ist, dass nach Ende der Beziehung nicht mehr allein die Ausübung von Macht und Kontrolle der bestimmende Handlungsantrieb ist, sondern auch der Wunsch nach Wiederherstellung der Beziehung. Zu diesem Verlangen können bei Erfolglosigkeit auch noch Rachegefühle sowie die Motivation, Schaden zuzufügen, hinzutreten.192 Die gegensätzliche Ansicht betrachtet Stalking zwar auch als ein kontrollierendes und verfolgendes Verhalten, begreift es jedoch als eine Erscheinungsform häuslicher Gewalt, die auch über die Trennung hinaus fortgeführt wird. Dabei bleibt die ursprüngliche Intention des Täters, Macht und Kontrolle über das Opfer aufrechtzuerhalten, von dem Ende der Beziehung unbeeinflusst und ungebrochen.193 188 Walker/Meloy, Stalking and Domestic Violence, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 139 (158). 189 Löbmann, Stalking in Fällen häuslicher Gewalt, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 75 (77 f.). 190 Löbmann, Stalking in Fällen häuslicher Gewalt, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 75 (78). 191 Winterer, FPR 2006, S. 199 (201); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (150 f.). 192 So auch Dziegielewski/Roberts, Stalking Victims and Survivors, in: Roberts (Hrsg.), Crisis Intervention, S. 73 (78). 193 So auch Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 121 (124); ähnlich Rosenfeld, Restoring Liberty, in: MacKinnon/Siegel (Hrsg.), Sexual Harassment Law, S. 535 (543 ff.).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Diese theoretische Diskussion um die Abgrenzung zwischen Stalking und häuslicher Gewalt hat in der Praxis allerdings nur eine geringe Bedeutung.194 Da es in Deutschland keine speziellen Straftatbestände zum Schutz gegen häusliche Gewalt gibt und eine entsprechende Strafbarkeit ausschließlich an die Folgen von physischer und psychischer Gewalt, namentlich an körperliche Misshandlungen, Gesundheitsschädigungen sowie an die Beeinträchtigung der Willensentschließungs- und -betätigungsfreiheit, geknüpft ist, kommt es nicht entscheidend darauf an, beide Phänomene trennscharf voneinander abzugrenzen. Wichtig ist vielmehr, bei der rechtlichen Intervention die Interdependenz und Interaktion zwischen häuslicher Gewalt und Stalking nicht zu unterschätzen.195 Entscheidend ist dabei, die fließenden Übergänge zwischen beiden Phänomenen sowie die ihnen innewohnende Eskalationsgefahr zu erkennen und entsprechend zu gewichten.196 Mithin sollte im Grenzbereich zwischen häuslicher Gewalt und Stalking nicht vorrangig auf trennscharfe begriffliche Abgrenzungen Wert gelegt werden. Notwendig ist vielmehr eine gewissenhafte Analyse der involvierten Tätermotivationen, die letztlich der beste Indikator dafür sind, ob es sich noch um häusliche Gewalt oder schon um Stalking oder eventuell um beides handelt.197 3. Ähnliche Verhaltensweisen Abgesehen von Mobbing und häuslicher Gewalt werden zum Teil auch Verhaltensweisen, die im angloamerikanischen Sprachraum mit Begriffen wie „molestation“ ((sexuelle) Belästigung), „harassment“ (Belästigung, Schikanierung, Beunruhigung)198 oder „bullying“ (Tyrannisierung, Einschüchterung) beschrieben werden, von Stalking-Verhalten abgegrenzt.199 Die Durchführung einer solchen Abschichtung begegnet jedoch gleich mehreren Problemen. Zum einen sind die Übergänge dieser Begriffe sowohl 194 So auch Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (7). Zustimmend Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (151). 195 Viele sehen daher einen starken Zusammenhang zwischen dem Phänomen Stalking auf der einen und der Erscheinung der häuslichen Gewalt auf der anderen Seite, vgl. Sheridan/Davies/Boon, (2001) 40 The Howard Journal, S. 215 (232). 196 So auch Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (7). Zustimmend Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (151). 197 Zu Interdependenzen und Interventionsmöglichkeiten im Schnittbereich zwischen Stalking und häuslicher Gewalt vgl. Baldry, Cycle of Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 83 ff. 198 Vgl. bezüglich der ersten beiden Begriffe Pechstaedt, Stalking, S. 25 ff. 199 Vgl. dazu Haley/Stein, Abuse, S. 46.

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen

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in Abgrenzung zum Stalking als auch in Abgrenzung zueinander fließend. Selbst im angloamerikanischen Rechtskreis werden sie oft als Substitut für Stalking, als Beschreibung von Stalking oder generell synonym verwendet. Beispielhaft sei hier auf den Protection from Harassment Act 1997 (UK) des Vereinigten Königreichs verwiesen. Obwohl sich dieser der gesetzgeberischen Intention zufolge ausdrücklich gegen Stalking-Aktivitäten richtet, verbietet er an keiner Stelle das „stalking“, sondern vielmehr Verhalten, welches eine Belästigung („harassment“) darstellt. Diese selbst im Englischen bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten werden noch dadurch verstärkt, dass sich bei der Übersetzung der Begriffe „molestation“, „harassment“ und „bullying“200 ins Deutsche erhebliche Überschneidungen ergeben. Doch weil diese Begriffe im deutschen Sprachgebrauch eher unbekannt sind, macht es kaum Sinn, sie in aufwendiger Weise zuerst untereinander und anschließend von dem Phänomen Stalking abzugrenzen. 4. Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt, dass sich Stalking von dem Phänomen des Mobbing anhand der oben genannten Kriterien abgrenzen lässt und infolgedessen auch abgegrenzt werden sollte. Eine derartige Abschichtung ist jedoch im Hinblick auf Verhaltensweisen, die im angloamerikanischen Sprachgebrauch als molestation, bullying oder harassment bezeichnet werden, entbehrlich. Auch eine Abgrenzung zwischen Stalking und häuslicher Gewalt sollte weniger an abstrakten Begrifflichkeiten orientiert sein als vielmehr an einer tief greifenden Analyse der Gesamtsituation, um eine Verhinderung eventuell bevorstehender Gewalteskalationen zu ermöglichen.

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen Im Anschluss an die Begriffsbestimmung stellt sich im Hinblick auf eine mögliche Strafbewehrung von Stalking die Frage, welche Tätigkeiten für Stalking typisch sind und infolgedessen die Grundlage einer Verhaltensbeschreibung auf der Ebene des objektiven Straftatbestandes bilden könnten. Problematischerweise sind Stalking-Aktivitäten, wie bereits mehrfach betont, mannigfaltig und unbegrenzt.201 Bis auf ganz wenige Handlungsmuster 200 Ausführlich zur Abgrenzung von Stalking und bullying bei Heranwachsenden vgl. B. VI. 9. a) aa). 201 Ausführlich zu einer Aufzählung potentieller Verhaltensweisen mit Beispielen vgl. Proctor, Stop a Stalker, S. 113 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

wie z. B. das Verfolgen, das wiederholte telefonische oder schriftliche Kontaktieren sowie das Unternehmen verschiedentlicher Annäherungsversuche202 gibt es kaum Tätigkeiten, die in nahezu allen Stalking-Fällen auftreten und deshalb als stalkingtypisch bezeichnet werden könnten.203 Da Stalking-Verläufe in der Regel hochkomplex und der Fantasie der Stalker keinerlei Grenzen gesetzt sind,204 kann eine Qualifizierung von bestimmtem Verhalten als Stalking nicht nach Maßgabe der äußerlichen Aktivität als solcher erfolgen. Entscheidend sind vielmehr die Kumulation und Kontinuität205 des Verhaltens sowie die dadurch hervorgerufenen negativen Opferreaktionen. Letztere bestehen in den meisten Fällen in einem Gefühl des Verfolgt- sowie des dauernden Kontrolliert-Werdens, welches auf die stetige Wiederholung des Stalking-Verhaltens zurückzuführen ist.206 Da es somit keine stalkingtypischen Verhaltensweisen schlechthin gibt, muss stattdessen erörtert werden, welche Handlungsstrukturen Stalker der Erfahrung nach am häufigsten benutzen, um ihre Opfer einzuschüchtern, auf sich aufmerksam zu machen oder für sich zu gewinnen. Insgesamt ist die von Stalkern am meisten benutzte Strategie die direkte Kommunikation mit dem Opfer.207 Wegen der starken Verbreitung des Mediums Telefon ist innerhalb dieser Gruppe das Anrufen des Opfers via Telefon und Mobiltelefon das häufigste Mittel.208 So sind hunderte Anrufe am Tag keine Seltenheit. Dabei kommen sowohl sogenannte „stille“ Telefonanrufe vor, bei denen der Täter sich nicht meldet, als auch Liebesbeteuerungen, Obszönitäten, sexuelle Anspielungen, Beschimpfungen und Bedrohungen. Oft machen Stalker auch Andeutungen im Hinblick auf die aktuelle Lebens- oder Wohnsituation des Opfers, was ebenso wie der bei Stalkern beliebte nächtliche Telefonterror bewirkt, dass sich das Opfer aufgrund der scheinbaren oder tatsächlichen Macht und Kontrolle des Stalkers besonders verwundbar fühlt.209 202 Blaauw/Sheridan/Winkel, (2002) 9 Psychiatry, Psychology and Law, S. 136 (139, 144). 203 Vgl. Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (5). 204 Gass, Stalking-Opfer, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 65 (65); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (20). 205 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (252). 206 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (5). 207 Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (22). 208 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (16). 209 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (16).

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen

65

Weitere Mittel direkter Kommunikation mit dem Opfer, die oft von Stalkern genutzt werden, sind die Medien Brief, Fax, E-Mail sowie SMS. Während sich die möglichen Inhalte der schriftlichen Botschaften mit denen der Telefonate decken, kann diese Art der schriftlichen Kommunikation mannigfaltige Formen annehmen. So werden Briefe und Postkarten teilweise auf postalischem Weg versandt, oft aber auch am Auto oder an der Türmatte des Opfers befestigt, um dort von diesem aufgefunden zu werden. Gelegentlich werden derartige Schriftstücke auch an Kollegen oder Freunde des Opfers versandt und enthalten entweder intime Details oder kompromittierende Informationen. Oft handelt es sich dabei auch um Verleumdungen, die dazu dienen sollen, den Ruf des Opfers zu zerstören, um dadurch ein Gefühl von Scham und Angst zu provozieren oder zu intensivieren und das Opfer im Ergebnis sozial zu isolieren.210 Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets nimmt auch dessen Missbrauch durch Stalker zu.211 So werden Stalking-Botschaften nicht nur durch die herkömmlichen Medien wie Briefe oder Postkarten überbracht, sondern zunehmend durch das elektronische Medium Internet und hier speziell durch die E-Mail.212 Auf diese neuartige Form des Stalking, die mittlerweile unter der eigenständigen Bezeichnung „Cyberstalking“ firmiert, wird aufgrund ihrer stetig wachsenden Bedeutung später noch genauer eingegangen.213 In der Öffentlichkeit sind es jedoch weniger diese Strategien der Kommunikation als vielmehr die stetige Verfolgung und Beobachtung des Opfers durch den Stalker, die als klassisches Stalking-Verhalten wahrgenommen werden. Und tatsächlich lauern viele Stalker ihrem Opfer vor dessen Wohnung oder Arbeitsplatz auf, verfolgen es auf Schritt und Tritt zu Fuß, mit dem Auto oder dem Bus und halten es so unter ständiger Beobachtung.214 Mit der Observierung des Opfers geht in aller Regel ein sorgfältiges und detailliertes Ausspionieren der Lebensgewohnheiten einher.215 Einige Stalker wollen dabei von dem Opfer eindeutig wahrgenommen werden, um diesem so das Gefühl zu geben, unter ständiger Beobachtung zu stehen, halten aber dennoch immer einen gewissen Abstand zum Opfer ein. Andere 210

Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(17). 211 212

Hilgendorf, ZStW 118 (2006), S. 202 (202). Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(17). 213 214

Vgl. dazu B. VI. 2. Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(17). 215

(18).

Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Stalker versuchen hingegen, ihr Opfer bei der Verfolgung direkt anzusprechen, um ihm ihre Liebe zu beteuern, es um ein Treffen zu bitten oder ihm zu drohen.216 Eng mit diesen Verhaltensweisen verwandt, aber dennoch von einer anderen Intention getragen, ist das Aufrechterhalten einer ständigen demonstrativen Anwesenheit des Stalkers an allen Orten, die das Opfer aufsucht.217 Dabei geht es dem Stalker vor allem darum, das Opfer auf seine stetige Anwesenheit aufmerksam zu machen und es dadurch in seinem Gefühl der Freiheit zu beeinträchtigen. Schon weit weniger häufig kommt die Zusendung von Geschenken oder die Aufgabe von Bestellungen unter dem Namen des Opfers vor. In diesen Fällen lässt der Stalker seinem Opfer, besonders wenn es ihm um die Anbahnung einer Liebesbeziehung geht, Blumen, Süßigkeiten, Bücher oder Parfum zukommen. In selteneren Fällen treten auch ekelerregende Pakete wie die Zusendung von Exkrementen oder das makabre Schicken von Körperteilen toter Haustiere auf.218 Manche Täter tätigen auch Bestellungen bei Versandhäusern, schließen Zeitschriftenabonnements ab oder buchen Reisen für das Opfer und unter dessen Namen.219 Neben oder anstelle der vorgenannten Verhaltensweisen greifen wenige Stalker zu aggressiveren Formen des Stalking, welche durchaus klassische Straftatbestände des StGB verwirklichen können. So gehört beispielsweise die Eigentumsverletzung zum typischen Repertoire mancher Stalker. Häufig zu beobachten sind dabei das Zerstechen von Autoreifen des Opfers, das Zerkratzen oder Beschmieren des Autos oder auch das Besprühen des Hauses mit Graffiti.220 Einige dringen auch in das Haus oder die Wohnung des Opfers ein, um private Gegenstände wie Videos oder Unterwäsche zu stehlen.221 Neben diesem nur mittelbar und indirekt aggressiven Vorgehen gegen das Opfer sind auch Drohungen durchaus zu beobachten. Diese können sowohl eine explizite Form annehmen und z. B. eine Attacke oder gar die Tötung 216 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (17 f.). 217 Pechstaedt, Stalking, S. 33. 218 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18). 219 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18). Ausführlich zum sogenannten Stellvertreter-Stalking vgl. B. VI. 4. 220 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18). 221 Pechstaedt, Stalking, S. 43; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/ Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18).

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen

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des Opfers bzw. eines Freundes oder Verwandten beinhalten222 als auch konkludent wie beispielsweise durch das Zusenden einer halb zugezogenen Schlinge oder eines Beerdigungskranzes erfolgen.223 Zwar gehen letztendlich nur wenige Stalker zu handfest-gewalttätigem Verhalten über,224 doch sind im Rahmen mancher Stalking-Verläufe auch Körperverletzungen, Nötigungen, Freiheitsberaubungen, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigungen und sogar Tötungen zu verzeichnen.225 Um die Häufigkeit der beschriebenen Stalking-Verhaltensweisen detaillierter zu veranschaulichen, wird beispielhaft auf eine Studie der australischen Forscher Mullen, Pathé und Purcell Bezug genommen.226 Dieser Studie zufolge waren alle befragten Opfer unterschiedlichen Formen der Belästigung ausgesetzt. Insgesamt erhielten 78% unveranlasste und unerwünschte Telefonanrufe oft an ungünstigen Plätzen oder zu einer Zeit, zu der sie sich besonders verwundbar fühlten wie beispielsweise am frühen Morgen oder in der Nacht. Solch direkte Versuche der Kontaktaufnahme erfolgten in weiteren 62% der Fälle über unerbetene Briefe, von denen manche Opfer sogar mehrere am Tag erhielten. Zudem waren 80% ungewollten Annäherungsversuchen des Stalkers ausgesetzt, die meistens am Arbeitsplatz und/oder zu Hause stattfanden und in deren Rahmen der Verfolger dem Opfer seine Liebe gestand, um eine Versöhnung bat oder auch verbale Drohungen ausstieß. Weitere 71% wurden von dem Stalker beobachtet, wobei sich die meisten der Omnipräsenz des Stalkers auch stetig bewusst waren. Mit 50% wurden weit weniger Opfer mit unerwünschten Gegenständen von dem Stalker bedacht. Hierbei handelte es sich in der Regel um Geschenke wie Blumen, Parfum oder Schokolade. In einigen Fällen wurden aber auch Selbsthilfebücher oder (pornografische) Magazine zugestellt. Noch seltener kam es zum Versand misshandelter Tiere. In 36% der Fälle berichteten die Opfer von Sachbeschädigungen wie Vandalismus am Auto durch Graffiti, Kratzspuren und zerstochene Autoreifen sowie von Beeinträchtigungen des Hauses oder der Wohnung durch zerbrochene Fensterscheiben, umgekippte Briefkästen oder verwüstete Gärten. 222

Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(18). 223 Pechstaedt, Stalking, S. 36; Kamphuis/Emmelkamp, Psychological Distress, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 53 (54). 224 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (19). 225 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (19). 226 Im Rahmen dieser Studie wurden die Erfahrungen von 100 Stalking-Opfern berücksichtigt, vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 42 ff.; Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

58% der Opfer berichteten zudem von offenen Drohungen und damit von offenkundig beängstigendem Verhalten. Diese Drohungen richteten sich gegen das Opfer selbst oder wurden in Bezug auf Dritte wie die Familie, den aktuellen Lebenspartner oder auch Arbeitskollegen des Opfers ausgestoßen. Meistens bezogen sich diese Drohungen auf die „Zerstörung“ des Opfers, sofern es sich nicht den Wünschen des Stalkers entsprechend verhalte. In einigen Fällen kam es zu Morddrohungen, die entweder explizit oder implizit ausgedrückt wurden. Als Beispiele für Letzteres nennt die Studie die Zusendung von Karten mit Grabsteinen oder das Aufgeben falscher Todesanzeigen mit dem Namen des Opfers in der Tageszeitung. Andere Opfer wurden mit Vergewaltigung bedroht oder es wurde ihnen in Aussicht gestellt, ihren Kindern würde etwas angetan. Insgesamt 34% der Stalkees berichteten von gewalttätigen Übergriffen des Stalkers. Die Folge dieser physischen Attacken waren insbesondere Verletzungen wie Hämatome und Kratzspuren durch Schläge, Tritte oder Stöße, in seltenen Fällen wurde von Strangulationen oder sexuellen Belästigungen berichtet.227 Aus dieser Studie wird deutlich, dass nahezu alle Stalking-Opfer im Verlauf der Stalking-Episode mehreren verschiedenen Verhaltensweisen – Dreßing, Kühner und Gass zufolge sind es durchschnittlich fünf228 – ausgesetzt sind und damit unterschiedlichen Arten der Verfolgung, Bedrohung und Belästigung.229 Eine deutsche Studie, die sich auf eine Internetbefragung stützt, gelangte zu ähnlichen Ergebnissen. Dieser Untersuchung zufolge traten in 85% der Fälle Telefonanrufe auf, in 68% der Fälle trieben sich die Stalker in der Nähe des Opfers herum und in 65% der Fälle erfolgte eine Kontaktaufnahme über Dritte. Weitere 54% der Stalker stellten sich vor die Haustür ihres Zieles, während 50% Briefe und 47% SMS an das Opfer verschickten. Tätigkeiten wie dem Opfer Nachlaufen (44%), Geschenke Zustellen (43%) und wortloses Dastehen (39%) konnten in ungefähr gleicher Häufigkeit festgestellt werden. Mit 35% etwas weniger häufig waren dagegen Strategien wie das Hinterlassen von Nachrichten am Auto oder an der Haustür des Opfers, das Verschicken von E-Mails oder das Verfolgen des Opfers mit dem Auto zu verzeichnen. 227 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 43 f.; Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (13). 228 Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 27 (39); Dreßing/Kühner/Gass, (2005) 187 British Journal of Psychiatry, S. 168 (170). 229 So auch Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (20).

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen

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Im Vergleich dazu kam es weit weniger häufig zum Beschädigen von Eigentum (26%), zum Eindringen in die Wohnung des Opfers (18%) sowie zum Verschicken schockierender Dinge (13%). Auch eine Bestellung von Waren oder Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers war nur selten anzutreffen (10%).230 Extrem auffällig und nicht mit den Ergebnissen der australischen Studie kompatibel ist allerdings die festgestellte Auftretenshäufigkeit von schwerer Gewalt. So lag der Prozentsatz physischer Angriffe mit 43% enorm hoch. Dabei trat ein Anfassen oder ein Festhalten mit 84% am häufigsten auf, gefolgt von Schlägen mit der Hand (32%) sowie von Schlägen bzw. Angriffen mit Gegenständen (20%). Auch Würgen (7%), Treten (2%), der Einsatz von Waffengewalt (2%) und Mordversuche (1%) konnten konstatiert werden.231 Die ermittelte Quote sexueller Übergriffe ist in dieser Studie ebenfalls sehr hoch. So kam es in 15% der Fälle zu einer körperlich sexuellen Belästigung, wobei das „Grapschen“ mit 34% sowie vermeintlich zärtliche Versuche des Küssens, Anfassens und Streichelns mit 22% vorherrschend waren. Schwerwiegendere Fälle wie das Anfassen primärer Geschlechtsteile (20%), das erpresserische Erzwingen sexueller Handlungen (14%), das handgreifliche Nötigen zu Geschlechtsverkehr mittels Schlägen oder einer Waffe (5%) sowie die versuchte (9%) und gar vollzogene Vergewaltigung (9%) kamen zwar etwas seltener,232 im internationalen Vergleich allerdings noch recht häufig vor. Diese hohen Quoten von (sexueller) Gewalt sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sich die Opfer im Internet selbst zur Befragung entschlossen haben. Dies lässt darauf schließen, dass sich vor allem Opfer schwerer Stalking-Fälle die Zeit genommen haben, an der Untersuchung teilzunehmen. Hinzu kommt, dass diese Studie damit allein die individuellsubjektive Einschätzung und Sichtweise der Betroffenen wiedergibt, ohne dass dies einem objektiven Korrektiv unterlegen hätte.233 Gerade die mangelnde Kompatibilität dieser Ergebnisse mit internationalen Stalking-Studien legt nahe, dass diese Zahlen im Hinblick auf die Prävalenz von Gewalt im Rahmen von Stalking nicht ohne Weiteres generalisierbar sind. An dieser Stelle muss außerdem betont werden, dass diese beiden Studien sowie die oben aufgelisteten Verhaltensweisen die möglichen Erscheinungsformen des Stalking-Phänomens keineswegs erschöpfend beschreiben. Es handelt sich vielmehr um eine beispielhafte Enumeration der häufigsten 230 231 232 233

Wondrak, Wondrak, Wondrak, Wondrak,

Auswirkungen, Auswirkungen, Auswirkungen, Auswirkungen,

in: in: in: in:

Bettermann/Feenders, Bettermann/Feenders, Bettermann/Feenders, Bettermann/Feenders,

Stalking, Stalking, Stalking, Stalking,

S. S. S. S.

21 21 21 21

(27). (29). (28 f.). (29).

70

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

und signifikantesten Stalking-Strategien, die bislang von empirischen Untersuchungen aufgespürt werden konnten. Da der Fantasie und Kreativität von Stalkern jedoch keine Grenzen gesetzt sind, kommen jeden Tag neue, einzigartige Handlungsstrategien dazu, mit denen Stalker ihre Opfer zu drangsalieren versuchen.234 Um diese Mannigfaltigkeit des Phänomens zu illustrieren, werden im Folgenden einige Beispiele von Stalking-Verhalten genannt, die singulär auftraten und nicht die Regel sind. Dazu gehören das Schicken eines benutzten Handtuches oder das Zusenden von 500 Scheren,235 das Durchsehen oder Stehlen der Post oder des Mülls des Opfers, das Betreten des Hauses, um Möbelstücke zu verrücken, das Abhören von Telefonaten des Opfers, die Drohung mit dem Selbstmord des Stalkers,236 das Zerschneiden der Unterwäsche des Opfers,237 das Verbringen eines Vibrators in die Unterwäsche des Opfers,238 das Hinterlassen von Sperma auf dem Steuer des Autos sowie die Geiselnahme des Opfers zwecks Spielens von „Russisch Roulette“.239 Ein immer häufiger auftretendes Verhalten, welches mittlerweile von Studien in einem Bereich zwischen 8 und 13% der Fälle angesiedelt wird, ist das Bedrohen, Angreifen, Verletzen und Töten von Haustieren des Opfers.240 Angesichts dieser Verschiedenartigkeit potentieller Stalking-Verhaltensweisen überrascht es nicht, dass es bislang noch kaum Versuche gibt, die unterschiedlichen Handlungsmuster zu kategorisieren. Einen ersten Versuch unternahm Löbmann, indem sie das an den Tag gelegte Verhalten in „mildes Stalking“ und „schweres Stalking“ unterteilte.241 Die Kategorie des „milden Stalking“ wird dabei von Verhaltensweisen gebildet, durch die der Stalker eine unerwünschte Kommunikation mit dem Opfer wie z. B. durch Briefe, Telefon, E-Mails, dauerndes Beobachten, Verfolgen oder Auflauern sowie durch Schicken von obszönen oder pornogra234 So z. B. auch Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (20); Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (205). 235 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 10 f. 236 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (131). 237 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (132). 238 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (132 f.). 239 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (133). 240 James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (28). 241 Vgl. Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (25 f.).

IV. Potentielle Stalking-Verhaltensweisen

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fischen Sendungen etablieren will. Im Gegensatz dazu definiert sie das Gegenstück des „schweren Stalking“ als das An-den-Tag-Legen von Beschimpfungen und Gewaltandrohungen sowie das Auftreten von tatsächlichen körperlichen Über- und Angriffen sowie von sexuellen Belästigungen und Sachbeschädigungen.242 Einen Schritt über diesen rein deskriptiven Kategorisierungsansatz hinaus, der sowohl auf Zustimmung243 als auch aufgrund der mit ihm einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten auf Ablehnung gestoßen ist,244 haben Sheridan, Davies und Boon gemacht,245 als sie eine Klassifizierung der unterschiedlichen Stalking-Verhaltensweisen anhand des Kriteriums der tatsächlichen Opfer-Erfahrungen und -Reaktionen vornahmen. Dabei wurden die Erfahrungen von 384 Frauen berücksichtigt. Diese Beschränkung der Befragung auf Frauen lag darin begründet, dass Frauen zu der Bevölkerungsgruppe gehören, die am häufigsten von Stalking betroffen ist. Im Rahmen dieser Befragung sollten die Frauen anhand einer Liste von 42 als zudringlich bezeichneter Verhaltensweisen einordnen, welche Aktivitäten sie als Stalking bewerteten und welche ihrer Meinung nach noch sozialadäquat seien.246 Aus einer Zusammenschau der Antworten entwickelten Sheridan, Davies und Boon die folgenden drei Kategorien von Stalking-Verhalten. Zunächst beschrieben sie das „klassische Stalking“, welches beispielsweise das Herumstehen, das Nachspionieren und Beobachten, das sich in der Nachbarschaft Herumtreiben und das Anrufen des Opfers am Arbeitsplatz umfasst.247 Im Gegensatz dazu zeichnet sich das „bindungsorientierte Stalking“ dadurch aus, dass der Stalker dem Opfer Geschenke schickt, es unangemeldet besucht, leugnet, dass die einst bestehende Beziehung beendet ist, oder dass ein als zufällig getarntes, bewusst herbeigeführtes Zusammentreffen zwischen Stalker und Opfer arrangiert wird.248 Das „bedrohliche Stalking“ besteht hingegen aus anonymen Telefonanrufen mit zum Teil obszönem Inhalt sowie aus Vandalismus oder gar aus Todes- und Gewaltan242 Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (25 f.). Zustimmend Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (254). 243 Ebenso Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (254). 244 Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (151). 245 Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 ff. 246 Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (154 ff.). 247 Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (156 f.). 248 Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (157 f.).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

drohungen gegenüber dem Opfer sowie gegenüber dessen Angehörigen und Freunden.249 Von diesen Stalking-Kategorien grenzen Sheridan, Davies und Boon diejenigen Verhaltensweisen ab, die nicht als Stalking bezeichnet werden können, diesem jedoch verwandt sind. So soll ein „Werbungsverhalten“ wie z. B. der Telefonanruf nach dem ersten Rendezvous ebenso nicht als Stalking gelten wie das Hinterherpfeifen auf der Straße oder eine Einladung zum Kaffee.250 Gleiches gilt für sogenanntes „Belagerungsverhalten“, bei dem das Opfer von einem Fremden oder nur flüchtig Bekannten in unangemessener Weise in persönliche und intime Gespräche verwickelt wird, sich obszöne Kommentare gefallen lassen muss oder der Verfolger versucht, mit dessen Freunden gegen den Willen der Zielperson Kontakt aufzunehmen.251 Im Übrigen bestätigte diese Untersuchung, dass es nicht die Verhaltensweisen an sich sind, durch die sich die Frauen verfolgt fühlten, sondern vielmehr ihre stetige Wiederholung und Kumulierung.252 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass es die Versuche direkter Kommunikation mit dem Opfer z. B. mittels (stiller) Telefonanrufe, Briefe, E-Mails und SMS sind, die den ganz überwiegenden Teil der Stalking-Verhaltensweisen ausmachen. Auch das stetige Verfolgen und Beobachten des Opfers sowie die ständige demonstrative Anwesenheit in dessen Nähe sind im Gegensatz zu dem Ausstoßen von Drohungen oder dem physischen Attackieren häufig anzutreffen. Dabei muss betont werden, dass nicht die singulären Handlungen an sich auf das Opfer einschüchternd und beängstigend wirken, sondern vielmehr deren stetige Wiederholung, Kumulierung und Kombination.253

249

Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151

(157). 250

Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151

(158). 251

Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151

(158). 252 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (5). 253 Vgl. Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (22).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

73

V. Durchschnittliche Dauer des Stalking Wie die soeben getroffene Feststellung schon andeutet, handelt es sich beim Stalking um ein chronisches Phänomen, dessen Hauptcharakteristikum seine ausgesprochen lange Dauer ist.254 Die Dauer eines konkreten Stalking-Verlaufs unterscheidet sich jedoch von Fall zu Fall erheblich.255 So wurde in Australien ein Durchschnittszeitraum von 24 Monaten ermittelt,256 welcher mit der in Deutschland konstatierten durchschnittlichen Dauer von 28 Monaten257 vergleichbar ist. In den Niederlanden wurde allerdings ein doppelt so langer Durchschnittszeitraum bestimmt,258 während in den USA sogar von fünf Jahren ausgegangen wird.259 Auch einer Studie von Hall zufolge werden nur 17% der Betroffenen weniger als ein halbes Jahr und 23% zwischen einem halben und einem Jahr gestalkt. Die weitaus größere Zahl von 29% hingegen ist dem Stalking-Verhalten zwischen einem und drei Jahren ausgesetzt.260 Damit lässt sich übereinstimmend festhalten, dass Stalking-Verhalten regelmäßig länger als ein Jahr andauert.261

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten Wie sich anhand der oben beschriebenen potentiellen Stalking-Verhaltensweisen unschwer erkennen lässt, nimmt Stalking extrem unterschiedliche Formen an, ist Ausdruck verschiedenster Motivationen und manifestiert sich in einer Vielzahl von Beziehungskonstellationen zwischen dem Stalker und seiner Zielperson.262 Im Folgenden sollen die Situationen, in 254 Meloy, (1999) 22 The Psychiatric Clinics of North America, S. 85 (89); Blaauw/Sheridan/Winkel, (2002) 9 Psychiatry, Psychology and Law, S. 136 (138). 255 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (19). 256 Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (13). 257 Wondrak/Hoffmann/Voß, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 222 (222); Hoffmann/Wondrak, Forum Kriminalprävention 2005, S. 6 (7). 258 Blauuw/Winkel/Arensman/Sheridan/Freeve, (2002) 17 Journal of Interpersonal Violence, S. 50 (56). 259 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (120 f.). 260 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (120). 261 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (19). 262 So kann die Zielperson z. B. ein Ex-Partner, Nachbar, Bekannter, Freund, Arbeitskollege, Kunde oder Klient des Stalkers sein. Es kann sich aber auch um Stars

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

denen Stalking am häufigsten auftritt, mit ihren spezifischen Besonderheiten näher erläutert werden, um das Phänomen weiter einzugrenzen und verständlicher zu machen. 1. Stalking und häusliche Gewalt Wie bereits ausführlich dargelegt,263 gibt es einen spezifischen Zusammenhang zwischen Stalking und häuslicher Gewalt.264 Dies gilt unabhängig davon, ob man Stalking und häusliche Gewalt als sich überschneidende oder sich gegenseitig ausschließende Phänomene betrachtet.265 So bezeichnet Stalking im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt ein Verhalten, welches einer gewalttätigen Beziehung nachfolgt. Dabei darf der Begriff „nachfolgen“ angesichts der Abgrenzungsprobleme in diesem Bereich nicht zu eng verstanden werden. Er drückt das anhaltende Kontrollbedürfnis des Mannes als Reaktion auf die zunehmende Autonomie der Frau aus und zwar ungeachtet einer rein formalen Beendigung der Beziehung.266 Damit handelt es sich beim Stalking im Kontext häuslicher Gewalt um die Fortsetzung physischer Gewalt in Gestalt von Psychoterror, durch welchen in aller Regel der Mann versucht, den Kontakt zu seiner ehemaligen Partnerin aufrechtzuerhalten.267 Obwohl die Herstellung eines Konnexes zwischen einer gewalttätigen Partnerschaft im Vorfeld und dem Auftreten von Stalking-Verhalten im Anschluss an die Partnerschaft die Interdependenzen zwischen Stalking und Beendigung einer intimen Beziehung nicht erschöpfend beschreibt, darf nicht übersehen werden, dass sich das Vorhandensein von Gewalt in einer Beziehung als statistisch belegter Indikator für eine spätere Gewalteskalation beim Stalking erwiesen hat.268

oder Politiker und damit letztlich um einen Fremden handeln. Vgl. dazu Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (13); Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (144 f.). 263 Vgl. dazu B. III. 2. 264 Ausführlich dazu vgl. Walker/Meloy, Stalking and Domestic Violence, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 139 ff. 265 Vgl. zu dieser Diskussion B. III. 2. 266 Habermeyer, Forensisch-Psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (44); Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (31). 267 Walker/Meloy, Stalking and Domestic Violence, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 139 (142); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (56). 268 Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (56).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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2. Cyberstalking Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets als eines allgegenwärtigen, allgemein zugänglichen, nahezu unbeschränkbaren Informationsnetzwerks entstand auch sein Missbrauch als beliebtes und immer häufiger genutztes Vehikel für Stalking, welcher nun unter dem Begriff „Cyberstalking“ firmiert.269 Dieses Cyberstalking teilt zwar viele Eigenschaften mit dem klassischen Stalking,270 doch fühlen sich die Opfer von Ersterem vielfach noch verängstigter, da die Anonymität des Internets eine nicht zu unterschätzende Angst vor dem Unbekannten schürt.271 Mittlerweile werden drei verschiedene Hauptarten des Cyberstalking unterschieden, namentlich das E-Mail-Stalking, das Internet-Stalking sowie das Computer-Stalking.272 Das E-Mail-Stalking zeichnet sich dadurch aus, dass der Stalker ebenso wie beim klassischen Stalking eine direkte Verbindung zu seiner Zielperson herstellt. Per E-Mail verschickt werden beispielsweise unerwünschte Botschaften mit obszönem oder bedrohlichem Inhalt, Computerviren, großvolumige elektronische Junk-Mails, was auch als „spamming“ bezeichnet wird,273 sowie extrem lange E-Mail-Botschaften, die sich mit dem Computersystem des Opfers verbinden und dessen Speicherkapazitäten überfordern, kurz gesagt sogenanntes „mail bombing“.274 Bei der Durchführung 269

Barton, (1995) 70 Washington Law Review, S. 465 (465, 489); Mullen/Pathé/ Purcell, Stalkers, S. 183; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (17); Bocij, Cyberstalking, S. 91; Lucks, Electronic Crime, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 161 (170 f.); Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (193, 209). 270 So sind die wesentlichen Gemeinsamkeiten, dass auch beim Cyberstalking die meisten Opfer weiblich und die meisten Täter männlich sind und Letztere sich aus der Gruppe der ehemaligen Intimpartner rekrutieren. Zudem sind die meisten Stalker durch ein Kontrollbedürfnis gegenüber dem Opfer motiviert. Vgl. dazu Burgess/ Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (202); Flowers, Male Crime, S. 157. Zustimmend Bocij, Cyberstalking, S. 5. Ausführlich zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden vgl. auch Lucks, Crime in Cyberspace, S. 116 ff. 271 Schumacher, Stalking, S. 123; Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Flowers, Male Crime, S. 157 f. 272 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 273 Rusch, Stalking in Deutschland, S. 61; Gani, (2002) 14 Legaldate, S. 7 (7); Ogilvie, The Internet, S. 3; Ellison/Akdeniz, (1998) Criminal Law Review, S. 29 (30 f.). 274 Taylor/Caeti/Loper/Fritsch/Liederbach, Digital Crime, S. 179; Burgess/Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (207); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Morewitz, Stalking and Violence, S. 17; Ogilvie, Cyberstalking, S. 2.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

dieser Strategien benutzen viele Stalker Mechanismen, die es ihnen erlauben, ihre Identität zu verschleiern. So werden die E-Mails z. B. gegen Entgelt über spezielle Server bzw. Briefkästen im Ausland umgeleitet, oder es werden stets unterschiedliche Internet-Namen und -Adressen verwendet.275 Im Gegensatz zum privaten E-Mail-Stalking spielt sich das Internet-Stalking verstärkt in der Öffentlichkeit des Internets ab.276 Diese Technik macht sich vor allem die hohe Zahl von Internetsurfern zunutze und verwendet die Strategie, das Opfer zu verleumden.277 So gibt sich der Täter z. B. im Internet als das Opfer aus, enthüllt persönliche Details aus dessen Leben und provoziert so unerwünschte Aufmerksamkeit für das Opfer sowohl im Internet als auch im realen Leben. Dies erreicht der Stalker unter anderem durch das Veröffentlichen von aufrührerischen Kommentaren in Internet-Gästebüchern oder -Foren, die andere Internetnutzer motivieren, das Opfer als vermeintlichen Urheber mit beleidigenden Botschaften zu überschütten.278 Dieser Mechanismus ist auch unter der Bezeichnung „flaming“ bekannt.279 Eine andere Technik des Internet-Stalking besteht in der Gestaltung einer Internetseite, mit deren Hilfe der Stalker später das Opfer überwachen oder diffamieren kann.280 Insgesamt birgt das Internet-Stalking die größte Gefahr, von der virtuellen auf die aktuelle Realität überzuspringen.281 Die dritte Art des Cyberstalking ist das sogenannte Computer-Stalking. Hier nutzt der Stalker Schlupflöcher und Schwachstellen des Internets sowie des Betriebssystems oder schleust per E-Mail sogenannte „Trojaner“ ein, um unberechtigterweise die Kontrolle über den Rechner des Opfers zu erlangen und so sämtliche Aktivitäten des Opfers mitverfolgen zu können.282 Dabei wird eine direkte Verbindung zwischen den Computern von 275 Ellison, Cyberstalking, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 141 (146 f.); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 183; Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (10). 276 Ogilvie, Cyberstalking, S. 2. 277 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 278 Morewitz, Stalking and Violence, S. 16; Taylor/Caeti/Loper/Fritsch/Liederbach, Digital Crime, S. 179. 279 Barton, (1995) 70 Washington Law Review, S. 465 (467 f.); Burgess/Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (207); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 280 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 281 Ogilvie, Cyberstalking, S. 3; Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 282 Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (169); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 64; Sullivan, (2000) 48 Computers & Law, S. 6 (8). Vgl. zum Cyberstalking durch den Gebrauch von Cookies durch Internetserver unter anderem durch Yahoo! Inc. Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (11); Selby, (2000) 46 Computers & Law, S. 28 f.; Dixon, Privacy Rethink.

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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Stalker und Stalkee hergestellt, durch die der Stalker unmittelbar mit dem Opfer kommunizieren kann, sobald sich dieses in irgendeiner Form in das Internet einwählt.283 Auch elektronischer Diebstahl von gespeicherten Daten ist möglich. Geschickte Stalker sind außerdem in der Lage, den Gebrauch des Computers durch das Opfer in Echtzeit zu überwachen.284 Eine genauere Betrachtung dieser Techniken des Cyberstalking zeigt, dass es für den Stalker im Vergleich zum klassischen Stalking viele Vorteile bietet.285 Die anonyme und dezentrale Natur der Internet-Nutzung vereinfacht nicht nur eine Verschleierung der eigenen Identität und erschwert damit eine potentielle Strafverfolgung, sondern sie verängstigt das Opfer noch zusätzlich und spielt so dem Stalker in die Hände.286 Zudem kann dieser völlig frei und unbehelligt von jeglicher gesellschaftlicher Konvention mit dem Opfer kommunizieren.287 Die geringen Kosten des Cyberstalking sind ein ebenso unschätzbarer Vorteil wie die omnipräsente Erreichbarkeit und die mangelnde Kontrollierbarkeit des Internets.288 So kann ein Stalker zu jeder Zeit und an jedem Ort Zugang zum Internet erhalten und das Opfer belästigen, verfolgen oder überwachen.289 Spezielle Mechanismen ermöglichen es ihm des Weiteren, Nachrichten zu beliebigen späteren Zeitpunkten oder in zufälligen Abständen zu versenden, ohne dass er persönlich zu dem späteren Zeitpunkt etwas tun müsste.290 Dadurch kann der Stalker sein Opfer über den Tag verteilt 283 Ogilvie, Cyberstalking, S. 3 f.; Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Ogilvie, The Internet, S. 4. 284 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Hoffmann, Stalking, S. 203. 285 Vgl. dazu auch Bocij, Cyberstalking, S. 36, welcher Cyberstalking als wesentlich einfacher und weitaus risikoloser als Offline-Stalking betrachtet. 286 Vgl. Zorza, Stalking Controversies, in: Brewster, Stalking, S. 5-1 (5-17, 5-18 f.); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Burgess/Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (202). 287 Die besondere Bedeutung dieses Umstandes liegt darin, dass sich in Abwesenheit von sensorischen Eindrücken auch die soziale Unsicherheit des Stalkers verflüchtigt und infolgedessen die Gewalt-Hemmschwelle sinkt. Zudem kann die Abwesenheit einer realen Person dazu führen, dass der Stalker seiner Fantasie freien Lauf lässt, was die Ausweitung seines Stalking-Verhaltens bewirkt, vgl. dazu Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (11); Ellison, Cyberstalking, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 141 (144); Mullen/ Pathé/Purcell, Stalkers, S. 184. 288 Burgess/Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (201); Bocij, Cyberstalking, S. 92; Gross, Surviving a Stalker, S. 111; Barton, (1995) 70 Washington Law Review, S. 465 (467); Merschman, (2001) 24 Harvard Women’s Law Journal, S. 255 (276). 289 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

mit Nachrichten überschütten und dennoch einer geregelten Beschäftigung nachgehen. Das Internet vereinfacht es außerdem, Nachrichten in enormer Geschwindigkeit an eine unbegrenzte Personenzahl zu schicken. Dadurch können beliebig viele unbeteiligte Personen mit Leichtigkeit und ohne dass sie darum wüssten, in eine Stalking-Kampagne miteinbezogen werden.291 Gleichzeitig bietet das Internet durch Einrichtungen wie Chatrooms oder Foren potentiellen Stalkern eine unerschöpfliche Auswahl in Frage kommender Opfer. Auch die uneingeschränkte Verfügbarkeit persönlicher Informationen im Internet spielt potentiellen Stalkern in die Hände.292 LloydGoldstein spricht sogar schon von dem Internet als einer „Goldmine der persönlichen Information“ und von dem „information superhighway“, dessen Missbrauchspotential nicht übertrieben werden könne.293 Denn gerade die unbeschränkte Verfügbarkeit persönlicher Informationen erhöht nicht nur die Gefahr, dass es zu Stalking-Verhalten kommt,294 sondern erleichtert außerdem das Verhalten als solches.295 Auch soziale Faktoren wie eine zunehmende Enthemmung infolge mangelnder Kontrolle oder geltender Konventionen, feststellbare Entindividualisierungstendenzen, eine zunehmende Dehumanisierung anderer Internetnutzer sowie die bestehende physische und emotionale Distanz im Internet begünstigen Auftreten und Verbreitung von Cyberstalking-Verhalten. Gleiches gilt für die erst durch das Internet geschaffenen Möglichkeiten, einen Wunsch nach Macht und Kontrolle auszuleben, ungehindert sozial auffällige Gruppen zu formieren und ganz generell ohne wirksame übergeordnete Kontrolle aktiv werden zu können.296 290

Davidson, (2000) Proctor, S. 31 (31); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 291 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). 292 Burgess/Baker, Cyberstalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 201 (217); Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8); Holzhauer, Der Kriminalist 2006, S. 174 ff.; Gani, (2002) 14 Legaldate, S. 7 (8); Pease, Crime Futures, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 18 (24). 293 Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (209). 294 Vgl. Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (17). 295 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 183; Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (10). 296 Ausführlich dazu vgl. Bocij, Cyberstalking, S. 96 ff.; Lucks, Electronic Crime, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 161 (188 ff.); Lucks, Crime in Cyberspace, S. 65; Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (11); Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (169 f.). Ausführlich zu dem Problem der Kontrolle des Internets vgl. Wall, Order and Law on the Internet, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 167 ff.; Lidsky, (2000) 49 Duke Law Journal, S. 855 (863).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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Folglich bietet das Internet völlig neue Möglichkeiten der Belästigung und Verfolgung, deren Durchführung für den Stalker nahezu risikolos ist.297 Im konkreten Einzelfall können derartige Techniken des Cyberstalking sowohl die einzigen Formen des Stalking sein, sie können aber auch in Ergänzung zu traditionellen Strategien auftreten.298 Die dezentrale und unüberschaubare Natur des Internets macht empirische Studien zur Prävalenz des Cyberstalking extrem schwierig. Daher gibt es noch keine repräsentativen Erhebungen oder umfassende Untersuchungen in diesem Bereich.299 Es liegt nur eine Schätzung des US-Justizministeriums aus dem Jahr 2000 vor, wonach ungefähr 60.000 Cyberstalker in den USA operieren sollen.300 Mit der stetig steigenden Verbreitung des Internets ist jedoch gleichzeitig eine Zunahme der Cyberstalking-Prävalenz zu erwarten.301 3. Stalking am Arbeitsplatz Bereits im Jahr 2000 bezeichneten Schell und Lanteigne Stalking am Arbeitsplatz als den „Fluch der 1990er Jahre“ für Wirtschaft und Betriebe und prophezeiten gleichzeitig, dieser werde zweifellos im neuen Jahrtausend anhalten.302 Die Autorinnen begründen diese Einschätzung mit dem starken Anstieg der arbeitsrechtlichen Prozesse, die sowohl in den USA als auch in Australien,303 Kanada und im Vereinigten Königreich wegen Stalking geführt werden, seitdem dieses Verhalten dort strafrechtlich verfolgt werden kann.304 Zusätzlich verweisen sie darauf, welche gravierenden Auswirkungen Stalking-Verhalten am Arbeitsplatz haben kann. 297

Pechstaedt, Stalking, S. 11. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 183. 299 Bocij, Cyberstalking, S. 63; Wall, Cybercrimes, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 1 (7); Taylor/Caeti/Loper/Fritsch/Liederbach, Digital Crime, S. 177; Flowers, Male Crime, S. 157. 300 Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8). Vgl. dazu auch Bocij, Cyberstalking, S. 40 ff. 301 So auch Zorza, Stalking Controversies, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 5-1 (5-16); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (17); Bocij, Cyberstalking, S. 46; Taylor/Caeti/Loper/Fritsch/Liederbach, Digital Crime, S. 175, 183. 302 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 3. Ausführlich zu StalkingVerhalten am Arbeitsplatz vgl. Turner/Gelles, Threat Assessment, S. 111 ff. 303 Auch in Australien wurde um die Jahrtausendwende ein Anstieg von StalkingVerhalten am Arbeitsplatz befürchtet, vgl. Mayhew, Client-Initiated Violence, S. 36. 304 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 9. 298

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Allgemein gesprochen manifestieren sich Stalking-Aktivitäten am Arbeitsplatz auf so vielfältige Weise, wie dies im Rahmen dieses Phänomens generell üblich ist. Im beruflichen Zusammenhang erscheinen Stalker vor allem wiederholt und unerwünscht oder zu unpassenden Gelegenheiten am Arbeitsplatz des Opfers, Warten vor dem Eingang oder dem Parkplatz. Oft verfolgen sie das Opfer auch auf dem Weg von und zur Arbeit, hinterlassen Notizen oder andere Objekte für das Opfer auf dessen Schreibtisch oder streuen Gerüchte über das Opfer im Kollegenkreis. Besonders beliebt ist zudem der Einsatz von Telefon, Fax sowie Cyberstalking-Techniken, da die meisten Arbeitsplätze stark auf moderne Kommunikationsmittel wie das Internet ausgerichtet sind.305 Der Arbeitsplatz-Stalker kann aus dem privaten Umfeld des Opfers kommen und das Stalking aus dem häuslichen Bereich in die berufliche Sphäre bringen.306 Er kann jedoch auch aus dem Kollegenkreis des Opfers stammen.307 In diesem Fall gestalten sich Interventionen zumeist sehr schwierig.308 Außerdem wird die oben angesprochene Abgrenzung des Stalking zum Mobbing309 virulent, die sich insbesondere danach vollzieht, ob das Interesse an dem Opfer auf Motiven beruht, die dem Privat- oder dem Berufsleben zurechenbar sind. Stalking am Arbeitsplatz kann selbst ohne gewalttätige Eskalationen schwerwiegende Folgen sowohl für das Opfer als auch für den Betrieb haben.310 Schließlich steht das Opfer wegen des Stalking unter hohem Stress, verspürt Furcht und ist dadurch oft in seiner Konzentration und Produktivität erheblich eingeschränkt.311 Beeinträchtigungen bei der Erledigung der Arbeit sind ebenso häufig die Folge von Stalking am Arbeitsplatz wie gesundheitliche Probleme und dadurch bedingte Fehlzeiten.312 305

Smock, Stalking at Work, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 13-1, 13-4. Petty/Kosch, Workplace Violence, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 459 (466); Logan/Cole/Shannon/Walker, Partner Stalking, S. 159. Ein Grund, der privat motivierte Stalker dazu bewegt, das Opfer an seinem Arbeitsplatz zu stalken, ist, dass das Opfer diesen nicht so schnell wechseln kann und der Täter mithin immer weiß, wann und wie er das Opfer zu den gewöhnlichen Arbeitszeiten erreichen kann, vgl. Heskett, Workplace Violence, S. 37. 307 Turner/Gelles, Threat Assessment, S. 114. 308 Zu den Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf den Umgang mit Stalking am Arbeitsplatz vgl. Göpfert/Siegrist, NZA 2007, S. 473 ff. 309 Ausführlich dazu vgl. B. III. 1. 310 Allgemein zu den zivilrechtlichen Implikationen von Stalking im Arbeitsverhältnis vgl. Reim, AiB 2006, S. 16 ff. 311 Petty/Kosch, Workplace Violence, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 459 (460). 306

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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Neben diesen individuell auf die Produktivität des Opfers bezogenen Konsequenzen behindern Schätzungen zufolge 45% aller Stalking-Fälle die Betriebsabläufe und haben einen negativen Effekt auf die Arbeitsatmosphäre313 sowie auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens im Ganzen.314 4. Stalking durch Stellvertreter Eine sehr interessante und gleichzeitig signifikante Stalking-Form ist das Stalking durch Stellvertreter, welches im Englischen „stalking by proxy“ genannt wird. Bei dieser Form des Stalking verfolgt oder belästigt der Stalker sein Opfer nicht selbst, sondern benutzt andere Menschen bzw. Einrichtungen, um mit dem Opfer in Kontakt zu treten, es ausfindig zu machen, es zu verängstigen oder das Stalking aufrechterhalten zu können.315 Die häufigste Art des Stellvertreter-Stalking ist das Bestellen von Waren oder Dienstleistungen für das Opfer oder unter dem Namen des Opfers. Dabei bestellt der Stalker beispielsweise bei Versandhäusern Waren unter dem Namen des Opfers, die dieses in sein Haus geliefert bekommt. Häufig erschöpfen sich diese Bestellungen nicht in der Verursachung von Warenlieferungen kleineren Umfangs, sondern der Täter bestellt entweder Unmengen unterschiedlicher Dinge oder er veranlasst die Lieferung größerer Gegenstände wie Kühlschränke, Möbel oder gar Autos. Gängig sind auch nächtliche Pizzabestellungen, Blumen oder Magazine mit pornografischem Inhalt.316 Das Opfer ist dabei nicht nur von den häufigen Störungen seelisch belastet, sondern muss auch die liefernden Firmen kräftezehrend davon überzeugen, dass es die Bestellungen selbst nicht getätigt hat.317 In manchen Fällen kündigen Stalker auch wichtige Dienstleistungen des Opfers wie z. B. den Strom- oder Telefonanschluss. Ist die Versorgung dann nachts nicht gewährleistet, fühlt sich das Opfer verwundbar und dem Täter hilflos ausgeliefert.318 Auch das Aufgeben von Zeitungsannoncen mit den 312 Smock, Stalking at Work, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 13-1 (13-4). Zustimmend für die Folgen von Gewalt am Arbeitsplatz im Allgemein Mayhew, Client-Initiated Violence, S. 6 f. 313 Smock, Stalking at Work, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 13-1 (13-3 f.). 314 Smock, Stalking at Work, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 13-1 (13-4). 315 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (5); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 173. 316 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 175. 317 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18). 318 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (5); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 175.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Kontaktdaten des Opfers, in denen sexuelle Dienste angeboten werden und die andere Menschen veranlassen sollen, das Opfer mit sexuellen Avancen zu kontaktieren, fallen in diese Kategorie.319 Das Bestellen eines Krankenwagens oder der Feuerwehr zum Haus der Zielperson kommt auch gelegentlich vor.320 Diese gängigen Formen, andere unwissende Menschen oder Unternehmen in eine Stalking-Kampagne einzubeziehen, werden von dem Einspannen von Familie und Freunden ergänzt. So benutzen Stalker manchmal ihnen gegenüber wohlgesonnene Menschen, um die eigenen Belästigungen auszudehnen. Dabei springen Familienangehörige oder Freunde in der Regel unwissentlich und ohne entsprechenden Vorsatz bei der Überwachung für den eigentlichen Stalker ein. Stalker wollen auf diese Weise häufig entweder eine zivilgerichtliche Schutzanordnung zugunsten des Opfers umgehen oder eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Opfers sicherstellen. In den meisten Fällen stellen sich die Stalker den Hilfspersonen gegenüber selbst als eigentliches Opfer des tatsächlich Verfolgten dar, um sie so zu der ungewöhnlichen Hilfe zu bewegen.321 In selteneren Fällen engagieren Stalker einen Privatdetektiv. Dies geschieht meist, um das inzwischen verzogene und sich vor dem Stalker versteckende Opfer zu lokalisieren oder um dieses mit ausgefeilten technischen Hilfsmitteln zu überwachen.322 Auch das Justizsystem wird von Stalkern häufig instrumentalisiert und manipuliert, um das Opfer zu lokalisieren und zu tyrannisieren.323 Durch Tricks wie die Erstattung falscher Strafanzeigen oder die Initiierung von Zivilprozessen versuchen die Stalker nicht nur, die Adressdaten des Opfers ausfindig zu machen, sondern auch Kontakt mit dem Opfer zu erzwingen.324 So werden die Stalkees häufig im Rahmen eines Prozesses gezwungen, sich kostenintensiv einzulassen325 sowie gegen den Stalker auszusagen, was wiederum eine Begegnung zwischen dem Stalker und seinem Ziel notwendig macht.326 Schon diese Begegnung stellt für den Stalker eine Belohnung dar, die ihn häufig noch in seinem Verhalten und in seinen angeb319

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 175. Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (180); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (18). 321 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 175 f. Vgl. dazu auch Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (19). 322 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 173. 323 Ausführlich dazu vgl. Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 ff. 324 Cannon, (2002) 11 Journal of Judicial Administration, S. 176 (176); Laird, (April 1997) Law Institute Journal, S. 9 (10). 325 Pechstaedt, Stalking, S. 43. 326 Laird, (April 1997) Law Institute Journal, S. 9 (10). 320

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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lichen Gefühlen dem Opfer gegenüber bestärkt.327 Dies gilt paradoxerweise sogar dann, wenn der Prozess die von dem Opfer empfundene kategorische Ablehnung gegenüber dem Stalker überdeutlich gemacht hat.328 Ähnlich wie das Justizsystem nutzen manche Stalker Dienstleister jeglicher Art wie beispielsweise Autovermieter, Arztpraxen, Überwachungsfirmen oder sogar Kirchen, um die Adresse des Opfers zu erlangen.329 Die vielfältigen Aktivitäten der Medien bieten ebenso einen reichhaltigen Fundus für Stalking. Zwar werden hier vor allem die Aktivitäten der Paparazzi, die im Zusammenhang mit Stalking sogar schon als „stalkerazzi“ bezeichnet wurden,330 betont, doch kann sich eine derartige Verfolgung im Einzelfall weniger als Stalking durch Stellvertreter als vielmehr als direktes oder, anders ausgedrückt, als klassisches Stalking darstellen. Anzumerken bleibt aber, dass die zunehmend uneingeschränkten Veröffentlichungen aus dem Privat- und Intimleben berühmter Menschen in der Presse und im Fernsehen den Rezipienten einen falschen Sinn von Intimität und Freundschaft mit dem Star vermitteln. Diese Situation befördert nicht nur Wahnvorstellungen und damit auch die Entstehung von Stalking, sondern stellt ebenso eine stetige Beobachtung der Stars durch die Medien als Stellvertreter dar.331 Ein weiteres, stetig an Einfluss gewinnendes Medium für Stalking-Aktivitäten durch Stellvertreter ist das Internet. Die enorme Bedeutung dieser Stalking-Form lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass sich schon die eigenständige Bezeichnung des Cyberstalking etablieren konnte. Insofern kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.332 5. Star-Stalking Zu Beginn der Entwicklung des Stalking-Phänomens wurde dieses sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der Wissenschaft ausschließlich auf die Erscheinung des Star-Stalking verengt. Angesichts der spektakulären Tötung von Rebecca Schaeffer galten Star-Stalker zudem als besonders gefährlich. Mittlerweile hat sich diese Sichtweise gewandelt und 327

Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (203). Vgl. dazu Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (108, 111); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 176 ff. 329 Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (5). 330 Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (1). Vgl. dazu auch Madere, (1999) 46 University of California Los Angeles Law Review, S. 1633 (1645 ff.). 331 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 182. 332 Vgl. B. VI. 2. 328

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

der Star-Stalker gilt nunmehr als nur noch ein Stalking-Typus unter anderen, obwohl er in den Klatschspalten der Boulevardmagazine und -zeitungen immer noch am häufigsten anzutreffen ist.333 Trotz der nicht zu unterschätzenden Bedeutung des Star-Stalking für die Entwicklung und Popularisierung des Phänomens Stalking insgesamt fehlen bislang umfangreiche und vor allem repräsentative Studien zur StalkingPrävalenz im Bereich prominenter Menschen.334 Daher kann hier nur auf eine Untersuchung der Arbeitsstelle für Forensische Psychologie der Universität Darmstadt verwiesen werden, in deren Rahmen neben Zuschriften von und Interviews mit „Stars“ auch 32 eigens an prominente Menschen versandte Fragebögen ausgewertet wurden. Aufgrund der geringen Zahl an Studienteilnehmern sowie angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Mehrzahl der Befragten um Fernsehmoderatoren und damit nur um einen kleinen Ausschnitt aus der Gruppe prominenter Menschen handelte, sind die Ergebnisse weder repräsentativ noch generalisierbar.335 Von diesen Befragten hatten nach eigener Aussage bereits 72% Erfahrungen mit obsessiven Fans gemacht, wobei die Verfolger durchschnittlich über eine Dauer von 21 Monaten Kontakt gesucht hatten.336 Zudem gaben 42% der Betroffenen an, der Stalker habe es schon einmal geschafft, sie persönlich zu treffen.337 Zu den Prominenten suchten die Stalker den Kontakt ebenfalls entweder über die Medien, über Briefe, das Telefon und neuerdings auch verstärkt über E-Mail,338 wobei die Botschaften inhaltlich erheblich variierten. So waren von Liebesschwüren über Beschimpfungen und religiösen bzw. politischen Meinungsäußerungen bis hin zu Erzählungen

333 Dabei ist in der Wissenschaft bislang noch ungeklärt, ob es sich bei dem Phänomen des Star-Stalking um eine bloße Fallgruppe des Stalking im Allgemeinen oder um ein davon zu differenzierendes Phänomen handelt. Ausführlich zum StarStalking vgl. auch Hoffmann, Stalking, S. 91 ff.; Schaum/Parrish, Stalked, S. 28 ff.; Holmes, Typologies of Stalkers, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 19 (23); Hilker, Stalking, S. 16 ff. Zu dem Phänomen der pathologischen Fixierung auf einen Prominenten vgl. Hoffmann, Personen des öffentlichen Lebens, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 129 ff. 334 Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (185); Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (104). 335 Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (104); Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (186). 336 Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (186); Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (104). 337 Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (105). 338 Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (104).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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über das Leben des Stalkers sowie Ungerechtigkeiten, die diesem widerfahren seien, alles vertreten.339 Aus dieser Studie ergab sich zudem, dass von dem Star-Stalker genauso wie von dem durchschnittlichen Stalker kein einheitliches empirisches Profil existiert, welches seine typischen Charakteristika wiedergeben könnte.340 Ganz im Gegenteil, bei der Darmstädter Studie fiel vielmehr die erhebliche Diversität der Star-Stalker auf,341 die ihre Einteilung in mehrere Kategorien ermöglichte.342 Diese Aufteilung erfolgte nach Maßgabe der Rolle, die der Stalker dem Star in seinem Leben zugewiesen hatte. Die erste Kategorie des Star-Stalking wird von den Stalkern gebildet, die sich vorstellen, eine Liebesbeziehung zu dem prominenten Menschen zu haben oder aber haben zu wollen. Diese Gruppe, bei der Erotomanie häufig eine Rolle spielt, gilt in der Öffentlichkeit als die Form des Star-Stalking par excellence.343 Im Gegensatz dazu ist die harmloseste und gleichzeitig unbekannteste Form des Star-Stalking die, in der der Star insbesondere von älteren Menschen als Mitglied der Familie gesehen wird.344 Wesentlich gefährlicher wird es bei den nun folgenden Star-Stalking-Arten. So gibt es Fälle, in denen der Prominente als Objekt von delinquenter Sexualität betrachtet wird. Der Star merkt in der Regel nichts von der Verfolgung durch den Stalker, welcher dieses Verfolgungsverhalten wiederum als einen ihn bereits erregenden Vorbereitungsakt zu sexuell motivierter Gewalt sieht.345 339

Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101

(105). 340 341

Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (188). Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101

(106). 342 Vgl. Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (114 ff.). 343 Vgl. ausführlich Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (115); Hoffmann, Stalking, S. 85. 344 Vgl. ausführlich Hoffmann, Stalking, S. 85 f.; Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (115 f.). 345 Vgl. ausführlich Hoffmann, Stalking, S. 86; Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (116 f.). Als Beispiel für diesen Fall des Stalking kann die Verfolgung und Ausspähung des Regisseurs Steven Spielberg angeführt werden. Jonathan Norman, Spielbergs Stalker, hatte bei seiner Festnahme Handschellen, Klebeband, Rasierklingen und ein Messer bei sich, womit er Spielberg vergewaltigen wollte, während dessen Frau gefesselt zusehen sollte. Zu dieser Art des Stalking vgl. auch die Ausführungen zum beutesuchenden Stalker („predatory stalker“) in B. VII. 2. c) ee).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Ein nicht minder gefährliches, wenn auch sehr seltenes Phänomen ist es, den Star als seinen Feind zu betrachten. In diesen Fällen wird der Prominente zur Projektionsfläche für den Hass oder die persönlichen Probleme des Stalkers. Infolgedessen handelt der Stalker in der Überzeugung, sein Verhalten sei ein gerechtfertigter Befreiungsschlag gegen den eigentlichen Übeltäter.346 Ganz ähnlich stellt sich auch die häufig mit Wahnvorstellungen des Stalkers einhergehende Form des Star-Stalking dar, in deren Rahmen der Prominente von dem Täter als Verschwörer identifiziert wird. Zumeist richtet sich die vermeintliche Verschwörung gegen den Stalker und es wird irgendeine Verknüpfung zwischen dem Leben des Stalkers, dem Leben des Prominenten und der Verschwörung gesehen. Diese Fälle weisen eine besondere Gefährlichkeit auf.347 Die letzte Gruppe im Bereich des Star-Stalking wird von den Stalkern gebildet, die den Star als ein Mittel zum Zweck auf ihrem ganz persönlichen Weg zum Ruhm begreifen. So wollen diese Stalker durch die Attackierung oder oft auch die Tötung des Stars selbst in die Schlagzeilen und damit zu zweifelhaftem Ruhm gelangen.348 Trotz dieser unterschiedlichen Motivationen im Bereich des Star-Stalking machte Hoffmann im Rahmen dieser Studie auch Elemente aus, die die meisten Star-Stalker verbinden. So handele es sich weitgehend um einsame und unglückliche Menschen, die ihren Mangel an zwischenmenschlichen Beziehungen durch eine Fantasiewelt zu kompensieren suchten, die sich um prominente Menschen drehe.349 Dabei sei die Omnipräsenz der Stars in den Medien ein großes Problem, da sie es erschwere, das Stalking-Verhalten einzustellen.350 Außerdem seien bei den Star-Stalkern häufig klinisch rele346 Vgl. ausführlich Hoffmann, Stalking, S. 87; Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (117); Hoffmann, Kriminalistik 2001, S. 34 (37); Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (200); Hoffmann, Psychologie heute 2000, S. 30 (32). Hier kann beispielhaft das Attentat auf Wolfgang Schäuble genannt werden, der von dem an halluzinatorisch paranoider Schizophrenie leidenden Täter angegriffen wurde, weil Letzterer glaubte, staatliche Sender quälten seinen Körper. 347 Vgl. ausführlich Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (117 f.). So wurde Wolfgang Schäuble von seinem Attentäter als Mitverschwörer gesehen. 348 Vgl. ausführlich Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (118 f.); Hoffmann, Star-Stalker, in: Ullrich/Schirdewahn (Hrsg.), Stars, S. 181 (201); Hoffmann, Stalking, S. 87 f.; Hoffmann, Psychologie heute 2000, S. 30 (31). Das wohl eindrücklichste Beispiel in diesem Bereich ist Marc Chapman, der John Lennon tötete und als Grund angab, ein Niemand gewesen zu sein, bis er den größten Jemand der Welt getötet habe. 349 Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (107, 114-5).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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vante Symptome wie ungewöhnlich dramatische, emotionale, antisoziale und launenhafte Charaktere anzutreffen, die z. B. auf narzisstische und Borderline-Persönlichkeitsstörungen sowie auf psychotische Erkrankungen hindeuteten.351 Alles in allem muss betont werden, dass die Prävalenzraten des Star-Stalking weit hinter den Vorstellungen der Öffentlichkeit zurückbleiben. Zwar entspricht es den Tatsachen, dass die meisten Prominenten mindestens einmal in ihrer Karriere zur Zielscheibe eines Stalkers werden, doch ist der Anteil berühmter Menschen gemessen an der Gesamtbevölkerung so gering, dass eine ausschließliche Beschränkung der Untersuchung auf diese Stalking-Fälle dem Stalking-Phänomen insgesamt nicht gerecht werden könnte. Damit kann festgehalten werden, dass zwar fast jeder Star einen Stalker hat, dass aber die wenigsten Stalker auch tatsächlich einen Star stalken. 6. Politiker-Stalking Das Stalking von Politikern könnte auch als eine Unterform des StarStalking betrachtet werden, da Politiker regelmäßig über Präsenz in den Medien und damit auch über eine gewisse Prominenz verfügen.352 Dennoch sollte nicht übersehen werden, dass Stalker, die Politiker anvisieren, häufig andere Motive verfolgen als dies bei den übrigen Star-Stalkern der Fall ist.353 Einer Studie des US-amerikanischen Secret Service zufolge konzentrieren viele Attentäter ihr Interesse weniger auf die das Amt bekleidende Person als vielmehr auf das Amt als solches.354 Eine Untersuchung von 83 Angreifern und Verfolgern stellte zudem fest, ihr Verhalten werde in den meisten Fällen aus einer Kombination von acht Motiven angetrieben, von denen die meisten persönlicher Natur seien.355 Diese Motive seien erstens das Erlangen von Ruhm, sei es auch nur von trauriger Berühmtheit, zweitens das Lenken der öffentlichen Aufmerksamkeit auf ein persönliches oder öffent350

Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101

(107). 351

Hoffmann, Star-Stalker, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 101 (107 f.); Hoffmann, Psychologie heute 2000, S. 30 (32). 352 Vgl. dazu Schaum/Parrish, Stalked, S. 38 ff. 353 Vgl. dazu auch Holmes, Typologies of Stalkers, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 19 (25 f.). 354 Fein/Vossekuil, Attacks on Public Officials, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 175 (177). 355 Fein/Vossekuil, Attacks on Public Officials, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 175 (185).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

liches Problem, drittens das Sich-Rächen-Wollen für angebliches Unrecht, viertens das Beenden eines persönlichen Schmerzes, das Erreichen eines Entfernt-Werdens aus der Gesellschaft oder der eigenen Tötung, fünftens das Retten der Welt, des Landes oder das Lösen eines Problems der Welt, sechstens das Entwickeln einer besonderen Beziehung mit der Zielperson, siebtens das Verdienen von Geld und achtens das Bewirken von politischer Veränderung.356 Diese Studie ermittelte außerdem, die Attentäter seien oft sehr intelligent sowie gut ausgebildet, hätten aber dennoch Erfahrungen mit Belästigungen sowie mit impulsivem, wütendem oder explosivem Verhalten. Auffällig sei auch, dass viele Stalker zwar Ressentiments gegenüber Politikern hegten, aber nur sehr wenige explizite Drohungen gegenüber ihrem Opfer oder gegenüber der Polizei ausgestoßen hätten.357 7. Ärzte-Stalking Neben Prominenten und Politikern gehören auch Ärzte sowie Psychologen und Psychotherapeuten zu einer besonders gefährdeten Risiko-Gruppe in Bezug auf Stalking-Verhalten.358 Diese Einschätzung bestätigen bislang drei Studien auf diesem Gebiet. So fand Miller359 bei einer Untersuchung zur Belästigung forensischer Psychiater heraus, dass insgesamt 42% der 408 Befragten schon einmal auf irgendeine Art belästigt worden waren. Dabei waren 17% mit physischem Schaden bedroht und 13% durch Drohungen mit nicht-gewalttätigem Verhalten belästigt worden. Ganze 12% waren sowohl mit Schädigungen bedroht als auch belästigt worden, während im Ergebnis 3% tatsächlich attackiert worden waren.360 356

Fein/Vossekuil, Attacks on Public Officials, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 175 (185 f.). 357 Fein/Vossekuil, Attacks on Public Officials, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 175 (190). 358 Marneros, Intimizid, S. 222. Ausführlich zu dieser Art des Stalking vgl. Lion/ Herschler, Stalking of Clinicians, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 163 ff.; Gentile, Stalking of Psychologists, S. 24 ff.; Borski/Nedopil, Mediziner im Visier von Stalkern, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 143 ff.; Sandberg/McNiel/Binder, (2002) 30 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 221 ff. Zu einem ausführlichen Erfahrungsbericht zu diesem Thema vgl. Baldini/Enter, Stalking, S. 2 ff. 359 Vgl. Miller, (1985) 13 Bulletin of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 337 ff. 360 Miller, (1985) 13 Bulletin of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 337 (338).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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Auch eine Befragung von 90 klinischen Ärzten durch Buckley und Rosnick ergab, dass 29% mittels visuellen oder physischen Kontakts gestalkt worden waren. In 27% der Fälle hatten Personen vor dem Wohnhaus oder der Praxis gewartet, während bei 14% das Haus, der Arbeitsplatz oder anderes Eigentum beeinträchtigt worden war. Zudem wies das Datenmaterial darauf hin, dass etliche Betroffene gleich mehrfach Stalking-Verhalten zum Opfer gefallen waren.361 Die erschreckendste und gleichzeitig aktuellste Studie in diesem Bereich von Sandberg, McNiel und Binder fand heraus, dass von 62 der befragten Mitarbeiter der psychiatrischen Kliniken 53% schon einmal einer Form von belästigendem bzw. bedrohlichem Stalking-Verhalten ausgesetzt waren. Dabei war Stalking und obsessives Verfolgen der Definition von Meloy und Gothard362 folgend als ein abnormales oder lange andauerndes Verhaltensmuster aus Drohungen oder Belästigungen beschrieben worden, das auf eine bestimmte Person gerichtet gewesen sein musste. Ein Muster aus Drohung oder Gewalt war dabei spezifiziert worden als aus mehr als einem offenkundigen Akt von unerwünschtem Verfolgen des Opfers bestehend, der von diesem als belästigend empfunden worden sein musste.363 Aus diesen Studien ergibt sich, dass die Stalking-Rate in der klinischen Praxis zwar durchaus hoch, die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Gewaltausbrüchen aber als vergleichsweise gering einzuschätzen ist.364 Neben diesen hohen Prävalenzraten sind bei Stalkern, die ihre Ärzte bzw. Psychologen belästigen, auch die sie motivierenden Handlungsantriebe auffällig. So lässt sich konstatieren, dass die stalkenden Patienten weniger der erotomanischen Gruppe zuzuordnen sind, sondern vielmehr von Wut oder Hass getrieben werden. In der Regel fühlen sich diese Stalker entweder falsch verstanden, schlecht behandelt oder sie glauben, ihnen sei Unrecht zugefügt worden.365 In diesem Zusammenhang kann auch auf Vorkommnisse 361 Buckley/Resnick wie zitiert in: Lion/Herschler, Stalking of Clinicians, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 163 (164). 362 Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (259); Meloy, Obsessional Follower, in: Schlesinger (Hrsg.), Criminal Psychopathology, S. 9 (10); Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (2 f.). Der Kern dieser Definition geht dabei zurück auf Zona/Sharma/ Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (896), vgl. Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (258). 363 Vgl. Sandberg/McNiel/Binder, (2002) 30 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 221 (222 f.). 364 Vgl. Miller, (1985) 13 Bulletin of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 337 (338), sowie Studie von Buckley und Resnick aus dem Jahr 1994 wie zitiert in: Lion/Herschler, Stalking of Clinicians, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 163 (164).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

in den USA hingewiesen werden, bei denen Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, zur Zielscheibe von teils gewalttätigem Stalking-Verhalten radikaler Abtreibungsgegner geworden sind.366 Im Bereich einer psychiatrischen oder psychologischen Betreuung des Patienten drückt das Stalking-Verhalten häufig einen Teil der Liebe-Hass-Ambivalenz aus, die der Patient zu bewältigen hat, während Stalking-Verhalten nach chirurgischen Behandlungen in den meisten Fällen das direkte Resultat einer den Stalker nicht zufrieden stellenden Behandlung oder einer nicht gelungenen Heilung ist.367 8. Gleichgeschlechtliches Stalking Auch das gleichgeschlechtliche Stalking hat sich mittlerweile als eine spezifische Art des Stalking herausgestellt,368 obwohl das Phänomen Stalking zu Beginn seiner Entwicklung als eine überwiegend heterosexuelle Erscheinung dargestellt wurde. Folgerichtig betrachteten frühe Schätzungen gleichgeschlechtliches Stalking als eine Rarität und siedelten die Prävalenzrate in diesem Bereich bei unter einem Prozent an.369 Aktuellere und weniger selektive Studien belegen jedoch, dass die tatsächliche Auftretenshäufigkeit wesentlich höher ist.370 So gaben in der bislang weltweit einflussreichsten Studie von Tjaden und Thoennes etwa 60% der männlichen Stalking-Opfer an, von einem Mann verfolgt worden zu sein, während lediglich 6% der weiblichen Opfer von einer ebenfalls weiblichen Stalkerin berichteten.371 Da die Stalking-Prävalenz außerdem bei denjenigen Männern beachtlich höher war, die schon einmal eine intime Beziehung mit einem anderen Mann gehabt hatten, folgerten Tjaden und Thoennes, dass homosexuelle Männer einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, von anderen Männern gestalkt zu werden.372 365 Lion/Herschler, Stalking of Clinicians, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 163 (163). 366 Vgl. dazu Dudley, Anti-Abortion Stalkers, in: Coston (Hrsg.), Victimizing Vulnerable Groups, S. 363 ff.; Rodriguez, (1996) 7 Hastings Women’s Law Journal, S. 151 ff.; Gershon, (1994) 26 Columbia Human Rights Law Review, S. 215 ff. 367 Lion/Herschler, Stalking of Clinicians, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 163 (163). 368 Vgl. zum lesbischen Stalking ausführlich Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 121 ff.; Card, Lesbian Choices, S. 117 ff.; Szenn, Stalking, S. 47 ff. 369 Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (156). 370 Vgl. z. B. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 157; Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1246); Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 5 f. 371 Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 5.

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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Eine Untersuchung von Pathé und Mullen373 bezifferte die Zahl der von gleichgeschlechtlichem Stalking Betroffenen mit 18% und bestätigte damit, dass es sich keineswegs um eine Ausnahmeerscheinung handelt.374 Zudem fiel ihnen auf, dass sich die Stalker im gleichgeschlechtlichen Bereich signifikant seltener aus der Gruppe der Ex-Partner (nur 14%) dafür aber häufiger aus der der Arbeitskollegen (24%) rekrutierten.375 Anzumerken ist außerdem, dass das Justizsystem in Fällen gleichgeschlechtlichen Stalking wesentlich zurückhaltender und langsamer einschreitet, als dies z. B. beim Stalking von Frauen durch Männer der Fall ist.376 Auch Gerichte sind viel eher geneigt, Schutzanordnungen gegen Männer als gegen Frauen zu verhängen, was weibliche Opfer von Stalking durch andere Frauen benachteiligt.377 Gleiches gilt für männliche StalkingOpfer, die sich aufgrund ihres Geschlechts von dem Justizsystem weit weniger ernst genommen fühlen,378 was nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen ist, dass Gewalt gegen Männer im Allgemeinen nicht als gesellschaftliches Problem anerkannt ist.379 Neben dieser Bagatellisierung und Marginalisierung von gleichgeschlechtlichem Stalking380 wird im Rahmen staatlichen Einschreitens häufig auch die Sexualität der Opfer zu beleuchten versucht, obwohl nur wenige Fälle in diesem Bereich ihren Ursprung in vorangegangenen intimen Beziehungen haben.381 372 Violence Against Women Grants Office (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence, S. 11 f.; Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 6. 373 Ausführlich zu dieser Studie vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 162 ff. 374 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 171. 375 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 164. 376 Zudem wirken sich sowohl bei Stalking als auch bei häuslicher Gewalt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften die gesellschaftlichen Vorurteile immer noch negativ auf die Möglichkeiten der Opfer aus, Hilfe zu erlangen, vgl. Condie, Domestic Violence on Children, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 149 (150). Ähnlich Card, Lesbian Choices, S. 117. 377 Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 121 (138). 378 Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 88; Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (277); Szenn, Stalking, S. 49 f. 379 Lenz, Männliche Opfer, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 273 (273). 380 So werde in der Gesellschaft die häusliche Gewalt in lesbischen Beziehungen und mit ihr Stalking-Gewalt gegen Frauen in bzw. nach lesbischen Beziehungen bagatellisiert, obwohl das geschätzte Ausmaß dem in heterosexuellen Beziehungen entspreche, vgl. Ohms, Stalking und häusliche Gewalt, in: Betterman/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 121 (123, 138). 381 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 169.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

9. Stalking von Kindern und Jugendlichen Auch Kinder und Jugendliche stellen eine spezifische Gruppe der Gesellschaft dar, die in vielerlei Hinsicht mit Stalking-Verhalten in Berührung kommt.382 So können Heranwachsende und selbst Kinder zum einen Urheber von Stalking-Verhalten sein, zum anderen ist es aber auch möglich, dass sie direkte oder indirekte Zielobjekte eines Stalkers werden. a) Kinder und Jugendliche als Stalker Betrachtet man die Fallgruppe der Kinder und Jugendlichen, die selbst Stalking-Verhalten an den Tag legen, so ist zwar sicher, dass es sie gibt und dass sie eventuell sogar ein signifikantes soziales Problem darstellt.383 Dennoch fehlen aufgrund mangelnder umfassender Studien verlässliche und generalisierbare Angaben zu Prävalenz und Natur des Stalking-Verhaltens unter Heranwachsenden.384 aa) Problemstellungen Neben der Problematik, überhaupt Datenmaterial in diesem Bereich zu erlangen, besteht eine weitere Schwierigkeit darin, relevantes Stalking-Verhalten bei Heranwachsenden von anderen entweder ähnlich gefährlichen oder aber ähnlich harmlosen Verhaltensweisen abzugrenzen. Bezüglich des ersten Problemkreises ist zu betonen, dass die gängigen Stalking-Definitionen starke Ähnlichkeit mit anderen länger andauernden, belästigenden Aktivitäten aufweisen, die unter Heranwachsenden oft beobachtet und beispielsweise als Schikanieren („bullying“385) oder als Gewalt im Rahmen von romantischen Treffen („dating violence“) bezeichnet werden.386 382

McCann, Stalking in Children, S. xviii. So McCann, Bullying and Stalking, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 301 (305). 384 Leitz/Theriot, Adolescent Stalking, in: Rapp-Paglicci (Hrsg.), Juvenile Offenders, S. 97 (101, 109 f.); Brewster, Children and Stalking, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-3); Del Ben, Empirical Typology, S. 29; McCann, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 195 (195 f.). 385 Ausführlich dazu vgl. Haley/Stein, Abuse, S. 46 ff.; McCann, Bullying and Stalking, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 301 (302 ff.). 386 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (181); McCann, Stalking in Children, S. 37 ff. 383

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

93

Das bullying teilt viele Eigenschaften mit dem Stalking.387 So kommen im Rahmen des bullying auch Aktivitäten wie Einschüchterungen, physische Verfolgungen oder verbale Drohungen zum Einsatz. Das in Rede stehende Verhalten muss zudem wiederholt auftreten und gegen eine bestimmte Person gerichtet sein, wobei sich Letztere infolge des Verhaltens bedroht oder verängstigt fühlen muss.388 Aufgrund dieser starken Parallelen wird das bullying sogar schon als Variation des Stalking unter Kindern und Jugendlichen betrachtet, was eine genaue Abgrenzung beider Phänomene im Ergebnis unmöglich macht.389 Es lassen sich jedoch auch einige Unterschiede feststellen. Während Stalking regelmäßig nur von einer Person als Täter begangen werden kann, kann bullying sowohl von einer Person als auch von einer Personengruppe betrieben werden. Auch die den beiden Verhaltensweisen zugrunde liegenden Motivationen sind verschieden. Während es beim Stalking vor allem um die Ausübung von Kontrolle, um romantische Obsessionen oder eine psychotische Fixierung geht, folgt das bullying dem aggressiven Drang, Kontrolle über das Opfer auszuüben, um so einen gewissen Status in der Clique zu erlangen und zu sichern. Schließlich treten im Verhalten gewisse Unterschiede auf. Zwar gibt es Aktivitäten, die sowohl im Rahmen von bullying als auch im Rahmen von Stalking an den Tag gelegt werden, doch sind auch Handlungen anzutreffen, die entweder für das eine oder für das andere Verhalten typisch sind. So können beim Stalking wiederholte, unerwünschte sexuelle Avancen gemacht werden, was beim bullying nicht vorkommt. Der Ausschluss aus der Clique als Unterminierung des sozialen Status ist hingegen für bullying typisch, kommt im Stalking-Kontext jedoch kaum vor. Im Hinblick auf Letzteres findet ein solches Verhalten vor allem nicht, wie beim bullying, durch die Gruppe, sondern allenfalls durch Versuche des Täters statt, das Opfer der Gruppe zu entfremden.390 387 Ausführlich zum Verhältnis von Stalking und bullying vgl. McCann, Stalking in Children, S. 122 ff. 388 Haley/Stein, Abuse, S. 46; McCann, Stalking in Children, S. 123 f.; McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (185). 389 Brewster, Children and Stalking, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-4). Zu beachten ist jedoch, dass der Begriff „bullying“ im angloamerikanischen Sprachgebrauch auch das Schikanieren durch eine Person bezeichnet, während das Schikanieren durch mehrere Personen als „mobbing“ bezeichnet wird, vgl. Oliver/Hoover/ Hazler, (1994) 72 Journal of Counseling & Development, S. 416 (416); McCann, Bullying and Stalking, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 301 (302). 390 Vgl. McCann, Stalking in Children, S. 124 f.

94

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Ebenso schwierig wie diese Abgrenzung zwischen bullying und Stalking ist die Unterscheidung zwischen Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen, die als Stalking eine Intervention erforderlich machen, und von Verhalten, welches Ausdruck eines ehrlichen und harmlosen, wenn auch noch unbeholfenen Liebeswerbens ist. Angesichts der Unerfahrenheit Heranwachsender im Hinblick auf romantische Beziehungen sowie deren Anbahnung ist die Gefahr von Fehlinterpretationen beträchtlich.391 bb) Bisherige Erkenntnisse Unter Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten fand McCann durch eine Auswertung von 13 dokumentierten Stalking-Fällen durch Minderjährige heraus, dass Stalking-Verhalten durch Heranwachsende erstaunliche Ähnlichkeit mit Stalking-Aktivitäten durch Erwachsene hat. Die meisten Stalking-Täter – egal ob heranwachsend oder erwachsen – waren männlich, während die meisten Opfer weiblichen Geschlechts waren. Die Stalking-Aktivitäten wiesen auch bei Kindern und Jugendlichen eine erhebliche Bandbreite auf, wobei wiederholtes Anrufen, Briefeschreiben und physische Annäherungen ebenso wie bei den erwachsenen Stalkern die beliebtesten Techniken waren.392 Knapp in der Hälfte der Fälle kam es zudem zu expliziten Drohungen und bei einem Drittel zu gewalttätigen Eskalationen, was ebenfalls den Raten beim Stalking durch Erwachsene entspricht.393 Abgesehen davon verfolgten die jugendlichen Stalker mit dem Wunsch nach sexuellem Kontakt sowie dem Ausleben von Ärger und Rache die gleichen Motive wie ihre erwachsenen Pendants.394 Daher überrascht es im Ergebnis wenig, dass selbst die für erwachsene Stalker entwickelten Typologien auf die minderjährigen Stalking-Täter übertragen werden können.395 Der einzige signifikante Unterschied, der zwischen erwachsenen und heranwachsenden Stalkern festgestellt werden konnte, ist die dem Täter-Opfer-Verhältnis zugrunde liegende Beziehung. Während sich die erwachsenen Stalker vorwiegend ehemalige Intimpartner als Opfer aussuchen, stalken Ju391 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (182). 392 McCann, Stalking in Children, S. 60 f.; McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (189). 393 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (183); McCann, Stalking in Children, S. 61; McCann, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 195 (198). 394 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (189). 395 Brewster, Stalking in Children, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-5).

VI. Stalking-Verhalten in verschiedenen Kontexten

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gendliche McCanns Untersuchung zufolge in 64% der Fälle Bekannte, in 21% der Fälle Fremde und nur in 14% der Fälle ehemalige Intimpartner.396 Damit ergibt sich im Vergleich zur Opferauswahl der erwachsenen Stalker ein genau umgekehrtes Bild. Interessant ist zudem, dass die von den heranwachsenden Stalkern anvisierten Opfer nur in ungefähr der Hälfte der Fälle gleichaltrig waren, während es sich in den restlichen Fällen um Erwachsene handelte, die damit älter als ihre minderjährigen Stalker waren.397 Dieser Unterschied lässt sich mit dem ungleichen sozialen und psychosexuellen Entwicklungsgrad jugendlicher Stalker erklären.398 Diese verfügen in aller Regel kaum über Erfahrungen weder in sexueller Hinsicht noch im Hinblick auf eine langfristige intime Beziehung. Der damit einhergehende Mangel an Sicherheit in diesen Situationen führt außerdem dazu, dass es einen größeren Drang gibt, Gefühle sexueller Natur auch gegenüber noch Unbekannten zu offenbaren.399 So handelt es sich bei den minderjährigen Stalkern in aller Regel um heranwachsende Männer, die gleichaltrigen oder erwachsenen Frauen unerwünschte sexuelle Avancen machen.400 Hinzu kommt auch, dass Jugendliche häufig noch keine Erfahrungen mit dem Ende einer intimen Beziehung haben und gleichzeitig aufgrund idealisierter Vorstellungen von der Liebe verletzlicher sind als Erwachsene, sodass sie auf ein Beziehungsende mit Stalking-Verhalten und manchmal auch mit Gewalt reagieren.401 Oft kommt es bei Heranwachsenden außerdem vor, dass sie sich zu einer öffentlichen Figur, einem Star oder Prominenten, hingezogen fühlen und infolgedessen eine übersteigerte Verehrung an den Tag legen, was auch in Stalking-Verhalten münden kann.402 396

McCann, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 195 (197); McCann, Stalking in Children, S. 62. 397 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (183). 398 McCann, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 195 (198); McCann, Bullying and Stalking, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 301 (306). 399 McCann, Stalking in Children, S. 62; Leitz/Theriot, Adolescent Stalking, in: Rapp-Paglicci (Hrsg.), Juvenile Offenders, S. 97 (104); McCann, Bullying and Stalking, in: Sparta/Koocher (Hrsg.), Forensic Mental Health Assessment, S. 301 (306). 400 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (189). 401 Brewster, Stalking in Children, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-8); Emer, Obsessive Behavior, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 33 (56). 402 McCann, Stalking in Children, in: Boon/Sheridan, Stalking and Psychosexual Obsession, S. 181 (190). Ausführlich dazu vgl. auch McCann, Stalking in Children, S. 63 ff.; Leitz/Theriot, Adolescent Stalking, in: Rapp-Paglicci (Hrsg.), Juvenile Offenders, S. 97 (99, 104).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

b) Kinder und Jugendliche als Stalking-Opfer Neben der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf der Täterseite sind Heranwachsende auch auf der Opferseite in Stalking-Aktivitäten verwickelt. In Stalking-Fällen, in denen der Stalker selbst noch ein Jugendlicher ist, sind Heranwachsende oft als direkte Opfer von Stalking-Verhalten betroffen.403 Im Gegensatz dazu werden Kinder und Jugendliche nicht selten auch indirekt Opfer von Stalking-Aktivitäten. Dabei handelt es sich zumeist um Fälle, in denen der Stalker sein eigentliches Opfer dadurch willfährig machen möchte, dass er das Kind des Opfers in das Stalking-Verhalten einbezieht.404 Das Opfer wird so unter Druck gesetzt, indem ihm Angst um die Sicherheit oder vielleicht sogar das Leben seines Kindes eingeflößt wird. Es kommt außerdem vor, dass der Stalker versucht, das Kind über das eigentliche Stalking-Opfer auszuforschen und so an wertvolle Informationen zu gelangen.405 Unabhängig von der Art der Betroffenheit ist es jedoch in aller Regel so, dass Stalking-Verhalten auf die beteiligten Kinder und Jugendlichen noch verheerendere Auswirkungen hat als auf erwachsene Opfer. Das liegt zum einen daran, dass Heranwachsende aufgrund ihrer noch nicht abgeschlossenen Entwicklung wesentlich unreifer, unsicherer und damit auch verletzlicher sind als Erwachsene, und ihnen zum anderen wesentlich weniger Handlungsoptionen zur Verfügung stehen. So sind sie in aller Regel nicht in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, die z. B. das Umziehen in eine andere Stadt oder das Wechseln der Schule zum Gegenstand haben, um so das Stalking-Verhalten beenden zu können.406 10. Universitäres Stalking Angesichts dieser Ergebnisse ist es nicht überraschend, dass sich das Stalking an der Universität im Rahmen empirischer Studien mittlerweile ebenfalls als eine eigene Fallgruppe herausgebildet hat.407 So haben Untersuchungen ergeben, dass die Stalking-Prävalenzraten an Universitäten im Vergleich zu denen in der Normalbevölkerung signifikant 403

Spence-Diehl, Stalking, A Handbook, S. 47 f. Brewster, Stalking in Children, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-12). 405 Zorza, Stalking Controversies, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 5-1 (5-6). 406 Brewster, Stalking in Children, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 9-1 (9-13). 407 Ausführlich dazu vgl. McCann, Stalking in Children, S. 32 ff.; Jones/Lipson, Campus Stalkers, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 239 ff.; Fisher, Stalking on College Campuses, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 207 ff. 404

VII. Die Stalker

97

erhöht sind.408 Fremouw, Westrup und Pennypacker ermittelten beispielsweise unter 593 Befragten eine Stalking-Häufigkeit von 27%, was im Vergleich zu einer geschätzten Durchschnittsprävalenzrate in der Normalbevölkerung von ungefähr 11% stark erhöht ist. Auch wenn diese Studie aufgrund ihrer begrenzten Daten und der selektiven Auswahl der Befragten nicht ohne Weiteres verallgemeinerbar ist, so legt sie doch den Schluss nahe, dass Stalking ein weit verbreitetes Problem unter Studenten ist.409 Andere Untersuchungen im universitären Bereich haben zudem ergeben, dass nur 40% der Stalking-Opfer an einer Hochschule ihren Stalker gekannt haben, während 53,5% von einem ihnen völlig unbekannten Menschen verfolgt und belästigt worden waren.410 Mithin finden sich die Erkenntnisse McCanns im Hinblick auf die Charakteristika von Stalking durch Heranwachsende in den Erfahrungen mit Stalking an der Universität wieder. Im universitären Bereich sind zudem Professoren in überdurchschnittlicher Weise von Stalking betroffen, da sie – wie bisherige Erkenntnisse nahe legen – zu einer Gruppe von Menschen gehören, die ein gewisses Sozialprestige aufweisen und die gegenüber ihren Studenten in unterstützender Weise tätig werden.411

VII. Die Stalker Seit Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen Stalking legt die Stalking-Forschung ein besonderes Augenmerk auf die Beschäftigung mit den Stalkern im Allgemeinen sowie auf die Erforschung ihrer Persönlichkeit, ihrer psychischen Situation sowie ihrer demographischen Charakteristika im Besonderen. Dabei werden die zahlreichen empirischen Studien, die in diesem Bereich bereits durchgeführt wurden,412 ergänzt von einer Vielzahl theoretischer Konzeptionsmodelle, die darauf an408 Blackburn, Stalking Victimization, S. 106; Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-14). 409 Vgl. Fremouw/Westrup/Pennypacker, (1997) 42 Journal of Forensic Sciences, S. 666 (667); Siegel, Criminology, S. 363. 410 McCreedy/Dennis, (1996) 12 Journal of Contemporary Criminal Justice, S. 69 (77); Bjerregaard, Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 112 (115). 411 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (38). 412 Vgl. z. B. Meloy/Rivers/Siegel/Gothard/Naimark/Nicolini, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 147 ff.; Silva/Derecho/Leong/Ferrari, (2000) 45 Journal of Forensic Sciences, S. 77 ff.; Lewis/Fremouw/Del Ben/Farr, (2001) 46 Journal of Forensic Sciences, S. 80 ff.; Meloy/Boyd, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 211 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

gelegt sind, die Stalker anhand der empirischen Erkenntnisse in verschiedene Kategorien zu unterteilen und Typologien zu entwickeln.413 1. Soziodemographische und psychiatrische Charakteristika Betrachtet man die empirischen Studien im Hinblick auf die feststellbaren soziodemographischen und psychiatrischen Charakteristika der Stalker,414 lassen sich einige Gemeinsamkeiten feststellen. So überwiegt der Anteil männlicher Stalker mit 80% den der weiblichen erheblich,415 während sich mit 50% der größte Teil der Stalker aus der Gruppe der Ex-Partner rekrutiert.416 Eine weitere Übereinstimmung liegt darin, dass bei den meisten Stalkern eine obsessive Fixierung auf das Opfer zu beobachten ist, die sich sowohl in einer gedanklichen als auch in einer emotionalen Besessenheit ausdrückt417 und häufig mit einer schwerwiegenden Realitätsverzerrung einhergeht.418 Zumeist ist in der Vorstellung des Täters das Opfer allein für die Situation verantwortlich.419 413 Vgl. z. B. Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894; Kienlen/Brimingham/Solberg/O’Regan/Meloy, (1997) 25 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 317; Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 65 ff.; Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 ff.; Harmon/Rosner/Owens, (1995) 40 Journal of Forensic Sciences, S. 188; Fremouw/Westrup/Pennypacker, (1997) 42 Journal of Forensic Sciences, S. 666; Emerson/Ferris/Gardner, (1998) 45 Social Problems, S. 289; Coleman, Characteristics of Stalkers; Del Ben, Empirical Typology. Ausführlich zu einer Zusammenschau der bekanntesten Stalker-Typologien vgl. Hoffmann, Stalking, S. 69 ff. 414 Ausführlich dazu vgl. Hoffmann/Voß/Wondrak, Stalker therapieren?, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 127 (128 ff.). 415 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (24). Ausführlich zu den weiblichen Stalkern vgl. Boyd, Female Stalking Perpetrators, S. 60 ff.; Meloy/Boyd, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 211 ff.; Purcell/Pathé/Mullen, (2001) 158 American Journal of Psychiatry, S. 2056 ff. 416 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (31 f.). 417 Hoffmann, Kriminalistik 2001, S. 34 (34); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53). 418 Meyers, Cultural Factors, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 213 (215); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53); Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160. 419 Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53).

VII. Die Stalker

99

Weniger als diese Gemeinsamkeiten fällt die ausgesprochene Heterogenität der Stalker mitsamt ihrer Charakteristika auf.420 Es sind nicht nur Vertreter aller sozialen Schichten und Altersgruppen zu finden,421 sondern auch die psychische Verfassung der Stalker variiert stark von Fall zu Fall. Dennoch kann festgehalten werden, dass die meisten Stalker in irgendeiner Form entweder sozial oder psychisch auffällig sind.422 Einer Studie von Mullen, Pathé, Purcell und Stuart zufolge,423 in deren Rahmen 145 Stalker untersucht worden waren, hatte mehr als die Hälfte noch nie eine dauerhafte Beziehung gehabt und 30% waren geschieden oder lebten getrennt.424 Bei 35% wurden Alkohol- und Drogenabhängigkeit festgestellt, während 25% an einer affektiven Erkrankung, 15% an einer Anpassungsstörung, 5% an Schizophrenie, 10% an wahnhaften Störungen und 5% an sexuellen Deviationen litten. Daneben erfüllten 75% der Untersuchten die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, wobei insbesondere narzisstische, dissoziale und Borderline-Persönlichkeitsstörungen anzutreffen waren.425 An dieser Stelle muss zudem betont werden, dass die wahnhafte Störung erotomanischen Subtyps, die zu Beginn der Stalking-Forschung bei vielen Stalkern vermutet wurde, in der Realität eher selten anzutreffen ist.426 420 Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (86); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (26). 421 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (24). 422 Zu den theoretischen Erklärungen von Stalking-Verhalten insbesondere im Hinblick auf bindungstheoretische Erwägungen vgl. Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 92 ff.; Drawe/Oetken, Stalking, S. 35 ff.; Gentile, Stalking of Psychologists, S. 17 ff.; Powers, Stalking; Kienlen, Antecedents of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 51 ff.; Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 18 ff.; Fiebig, Stalking, S. 41 ff.; Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (16 ff.); Hoffmann, Stalking, S. 33 ff.; Voß, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 183 ff. 423 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 ff. 424 Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1245). 425 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 ff. wie zitiert in: Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (25). 426 Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (4). Ausführlich zur psychiatrischen Diagnose von Stalkern vgl. Zona/Palarea/ Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (70 ff.). Ausführlich zu Erotomanie als Basis für Belästigungen, Verfolgungen und Gewalt vgl. Mullen/Pathé, (1994) 165 British Journal of Psychiatry, S. 614 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Diese Studie von Mullen, Pathé, Purcell und Stuart betrachtete zwar fast ausschließlich straffällig gewordene oder im Verlauf eines Strafverfahrens psychisch untersuchte Stalker,427 was darauf schließen lässt, dass es sich hierbei um schwerwiegende Fälle handelt, deren Untersuchung nicht ohne Weiteres verallgemeinerbar ist. Doch könnte man daraus auch den Schluss ziehen, dass die gefährlichen Stalker, die aufgrund ihrer erhöhten Gefährlichkeit in den Fokus der Justiz geraten sind, zumeist psychisch auffällig sind. Trotzdem ist es wichtig, psychische Auffälligkeit nicht mit Schuldunfähigkeit im strafrechtlichen Sinne zu verwechseln. So betonen insbesondere Habermeyer und Dreßing, die meisten Stalker seien zwar in irgendeiner Form psychisch auffällig, jedoch erreiche gleichzeitig nur ein kleiner Prozentsatz aus dieser Gruppe auch tatsächlich den Grad der strafrechtlichen Schuldunfähigkeit.428 Insgesamt indizieren die bislang vorhandenen empirischen Forschungserkenntnisse, dass es „den typischen Stalker“ schlichtweg nicht gibt.429 2. Modelle zur Kategorisierung von Stalkern Trotz der enormen Heterogenität der Stalker430 entwickelte die StalkingForschung mit der Zeit verschiedene Modelle, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Stalker typologisiert und kategorisiert werden sollen. Das primäre Ziel dieser Kategorisierungstendenzen war und ist dabei neben der Vereinfachung des wissenschaftlichen Diskurses vor allem die Ermöglichung von Vorhersagen über den weiteren Verlauf des Stalking-Verhaltens sowie von Aussagen über die potentielle Gefährlichkeit des Stalkers, um in der Folge die besten Interventionsmöglichkeiten für die spezielle StalkerGruppe empfehlen und erarbeiten zu können.431

427

Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1245). 428 Habermeyer, Forensich-psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (46 ff.); Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (198); Habermeyer/Norra, Gesundheitswesen 2004, S. 337 (337, 340); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (25). Zustimmend Hoffmann, Stalking, S. 8. 429 Ausführlich zu dieser Thematik mit dem Versuch, die Persönlichkeit des typischen Stalkers zu beschreiben, vgl. Voß/Küken, FPR 2006, S. 180 ff. 430 Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (86); Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (26). 431 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (26).

VII. Die Stalker

101

a) Das Modell von Zona, Sharma und Lane Das erste Modell zur Erforschung der Stalker stammt von Zona, Sharma und Lane. Sie untersuchten Stalker, die dem sogenannten „Threat Management Unit“ (TMU) in Los Angeles aufgefallen waren, und unterteilten die Stalker auf der Basis ihrer Untersuchungen in die drei Kategorien „erotomanisch“ („erotomanic“), „liebesbesessen“ („love obsessionals“) und „einfach-besessen“ („simple obsessionals“).432 Bei dieser Kategorisierung fällt insbesondere auf, dass die Autoren ihre Typologisierung anhand bereits bekannter medizinischer Kategorien durchführten. So stützt sich die Gruppe der Erotomanen vollständig auf die diesbezügliche medizinische Kategorie, während die verbleibenden beiden Gruppen eine Extension der medizinischen Vokabeln des obsessiven und des Zwangsverhaltens darstellen.433 Zona, Sharma und Lane zufolge gehören diejenigen Stalker zur erotomanischen Kategorie, die wahnhaft glauben, ihr Ziel liebe sie. Dabei werden selbst die deutlichsten Zeichen der Zurückweisung oder Abneigung von dem Stalker in Beweise der Liebe umgedeutet.434 Gemeinsam haben die erotomanischen Stalker mit den Stalkern aus der Gruppe der Liebesbesessenen, dass sie vorher keinerlei persönlichen Kontakt zu ihrem Ziel gehabt haben.435 Im Gegensatz zu den erotomanischen Menschen glauben die Liebesbesessenen aber nicht, dass ihr Opfer sie auch tatsächlich liebe.436 Vielmehr empfinden sie eine teils fanatische Liebe zu ihrem Ziel, welches ihnen meistens aus den Medien bekannt ist.437 Die Einfach-Besessenen kennen ihr Opfer hingegen oder hatten zumindest bereits flüchtigen persönlichen Kontakt mit diesem. Daher werden von den Stalkern dieser Gruppe vor allem ehemalige Intimpartner, flüchtige Bekannte, Nachbarn, Kollegen und Mitbewohner ins Visier genommen. Hier-

432 Vgl. Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (895 f.). 433 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 68. 434 Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (895). Zu Erotomanie und hier besonders zur Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Erotomanie vgl. Lloyd-Goldstein, De Clérambault On-Line, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 193 (195 ff.); Lloyd-Goldstein/Laskin, (2002) 47 Journal of Forensic Sciences, S. 852 ff. 435 Vgl. Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (77); Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (895 f.); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 67. 436 Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (78); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 67. 437 Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (77).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

her gehören aber auch Menschen, die sich z. B. für eine Falschbehandlung oder anderes vermeintliches Unrecht rächen wollen.438 Im Rahmen ihrer Kategorisierung konstatierten Zona, Sharma und Lane zudem, dass eine hohe Rate sowohl der Einfach-Besessenen (65%) als auch der erotomanischen Menschen (57%) ihre Opfer häufig bedrohe. Auffallend sei außerdem, dass diesen Drohungen keine Taten folgten. Trotzdem äußerten sich bei 20% der Einfach-Besessenen gewalttätige Aggressionen entweder durch Sachbeschädigungen (14%) oder durch Körperverletzungen (6%).439 b) Das Modell von Kienlen, Birmingham, Solberg, O’Reagan und Meloy Einen ähnlichen Ansatz entwickelten auch Kienlen, Birmingham, Solberg, O’Reagan und Meloy, als sie die Stalker in die beiden Gruppen „psychotisch“ und „nicht psychotisch“ unterteilten.440 Die Stalker der ersten Kategorie litten dabei während ihrer Stalking-Aktivitäten verstärkt unter Verfolgungs- sowie Größenwahn und nur gelegentlich unter Erotomanie.441 Interessanterweise stellten die Autoren unterschiedliche Verhaltensmuster der beiden Gruppen fest.442 So bedrohten die nicht psychotischen Stalker ihre Opfer häufiger verbal und waren eher geneigt, ihre Zielperson auch körperlich anzugreifen, wobei beträchtliche 50% sogar eine Waffe bei sich führten.443 c) Das Modell von Mullen, Pathé und Purcell Der detaillierteste und gleichzeitig facettenreichste Ansatz zur Kategorisierung von Stalkern stammt von Mullen, Pathé und Purcell und operiert mit einer multi-axialen Technik. Diese berücksichtigt auf der ersten Achse sowohl eine sich an den dominanten Motiven orientierende Typologie der 438 Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (896); Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (76 f.). 439 Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (900). 440 Vgl. Kienlen/Brimingham/Solberg/O’Regan/Meloy, (1997) 25 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 317 (319). 441 Kienlen/Brimingham/Solberg/O’Regan/Meloy, (1997) 25 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 317 (331). 442 Kienlen/Brimingham/Solberg/O’Regan/Meloy, (1997) 25 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 317 (333 f.). 443 Kienlen/Brimingham/Solberg/O’Regan/Meloy, (1997) 25 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 317 (333 f.).

VII. Die Stalker

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Stalker als auch den Kontext, in dem das Stalking-Verhalten entstanden ist. Ergänzt wird dies durch die zweite Achse, die die Natur der vorherigen Beziehung zwischen Stalker und Zielperson in den Blick nimmt, sowie durch die dritte Achse, die auf die psychiatrische Diagnose der Persönlichkeit des Stalkers abstellt.444 Dieses Modell geht zudem davon aus, dass sich die verschiedenen Stalker-Typen überschneiden können und dies in der Realität auch häufig tun, sodass sich die einzelnen Kategorien nicht gegenseitig ausschließen.445 Zu beachten ist außerdem, dass sich das auf der ersten Achse entscheidende Kriterium der vorherrschenden Motivation bei dem Stalker häufig mit der Zeit verschiebt. Während zu Beginn eines Stalking-Verlaufs noch Liebe und der Wunsch nach Aufrechterhaltung oder Initiierung einer Liebesbeziehung treibende Kräfte sind, gewinnen infolge stetiger Zurückweisung Gefühle wie Hass und Rache die Oberhand. Mithin unterscheidet sich oft das Motiv, mit dem Stalking zu beginnen, von dem Motiv, das Stalking aufrecht zu erhalten.446 Ausgehend von den beobachteten Motivationen unterteilen die Forscher die Stalker in die fünf Kategorien des „zurückgewiesenen Stalkers“ („rejected stalker“), des „Intimität suchenden Stalkers“ („intimacy seeker“), des „inkompetenten Stalkers“ („incompetent suitor“), des „rachesuchenden Stalkers“ („resentful stalker“) und des „beutesuchenden Stalkers“ („predatory stalker“).447 aa) Der zurückgewiesene Stalker Der zurückgewiesene Stalker448 beginnt das belästigende Verhalten in der Regel nach Beendigung einer engen persönlichen Beziehung mit dem Opfer. Zwar ist das Stalking nach Ende einer sexuell-intimen Beziehung die Form des Stalking, die am häufigsten vorkommt, doch lassen sich auch Menschen, die nach einem Streit zwischen Freunden, in der Familie oder zwischen Geschäftspartnern mit dem Stalking beginnen, in diese Kategorie einordnen.449 444

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 75; Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (11). 445 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56). 446 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56). 447 Vgl. dazu auch Purcell/Pathé/Mullen, Classification of Stalkers, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 6-1 (6-10 ff.); Pathé, Surviving Stalking, S. 19 ff. 448 Ausführlich dazu vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 79 ff.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Zu Beginn entspringt das belästigende Verhalten dem Wunsch des Stalkers, sich mit seiner Zielperson zu versöhnen oder aber sich an ihr zu rächen, wobei auch eine Mischung beider Motive nicht selten ist.450 Der Stalker dieser Kategorie ist im Vergleich zu den anderen Stalkern nicht nur besonders hartnäckig und zudringlich, sondern er benutzt auch die größte Bandbreite an Stalking-Verhalten wie z. B. Anrufen, Schreiben, Verfolgen und Beobachten.451 Zudem ergab eine Studie, dass sogar 70% aus dieser Gruppe Drohungen gegen den Betroffenen ausstoßen.452 Dazu passt, dass dieser Stalking-Typus mit der größten Wahrscheinlichkeit tatsächlich zu aggressiven Einschüchterungstaktiken und zum tätlichen Angriff übergeht.453 In Bezug auf die mentale Verfassung der mit 90% weit überwiegend männlichen Täter in dieser Kategorie ist festzuhalten, dass sie oft Anomalien wie dependente, narzisstische oder auch paranoide Persönlichkeitsstrukturen aufweisen. Schwere psychische Erkrankungen konnten allerdings nur bei einem kleinen Anteil diagnostiziert werden.454 bb) Der Intimität suchende Stalker Eine derartig schwere mentale Störung ist bei dem Intimität suchenden Stalker455 hingegen nicht selten anzutreffen. So weist diese Gruppe, die 30% der gesamten Stalker umfasst, die höchste Proportion an schweren psychischen Krankheiten auf.456 Die festgestellten geistigen Störungen reichen von schweren Erkrankungen wie Schizophrenie bis hin zu narzisstischen Persönlichkeitsstörungen und Wahnvorstellungen oft mit erotomanischen Zügen.457 Der Intimität suchende Stalker strebt dabei die Etablierung einer nicht notwendig sexuellen Beziehung mit einem Individuum an, welches seine Zuneigung besitzt, zu dem er vorher aber regelmäßig nur sehr wenig oder noch keinerlei Kontakt hatte.458 Dabei ist dieser Stalker-Typus immun gegen 449 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 75, 79. 450 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 75, 79. 451 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 79, 89. 452 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 89. 453 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 88. 454 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 80, 89 f. 455 Ausführlich zur Persönlichkeitsstruktur des Intimität suchenden Stalkers vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 117 ff. 456 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 119; Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1246). 457 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 118.

VII. Die Stalker

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jegliche Zurückweisung durch das Opfer, da er davon überzeugt ist, dass dieses seine Liebe und Zuneigung erwidert oder auf jeden Fall in Zukunft erwidern wird.459 In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass die Gruppe der Intimität suchenden Stalker zwar wie die der zurückgewiesenen Stalker durch besondere Hartnäckigkeit auffällt,460 aber regelmäßig weniger gravierende Formen der Belästigung benutzt. So manifestiert sich in den Aktivitäten der Intimität suchenden Stalker wie dem Schreiben von Briefen (75%), dem Anrufen (75%) oder dem Schicken unerwünschter Geschenke (57%) deren durchweg vorhandene Scheu und soziale Isolation.461 cc) Der inkompetente Stalker Die Gruppe der inkompetenten Stalker462 umfasst sozial und zwischenmenschlich ungeschickte Menschen, die ebenso wie die Intimität Suchenden den Aufbau einer Beziehung anstreben. Dabei sind die inkompetenten Stalker allerdings weniger an Intimität als mehr an einem sexuellen Erlebnis orientiert.463 Meist geht mit der sozialen Inkompetenz die Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen des Opfers einher.464 Gewöhnlich ernten diese Stalker keine positiven Antworten auf ihre ungeschickten und belästigenden Annäherungsversuche, sodass sie ihre fruchtlosen Verfolgungen oft nach ein paar Tagen aufgeben. Bezeichnend ist allerdings, dass dieser Stalker-Typus bereit und willens ist, das belästigende Verhalten bei einer neuen Zielperson wieder aufzunehmen.465 Daher handelt es sich bei den inkompetenten Stalkern zwar um die Gruppe mit der geringsten Stalking-Dauer gegenüber einem einzelnen Opfer, aber auch um die Gruppe mit der höchsten Rückfallquote.466

458 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55). 459 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55). 460 So beträgt die durchschnittliche Dauer eines Stalking-Verlaufs bei den Intimität suchenden Stalkern drei Jahre, vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 119 f. 461 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 120. 462 Ausführlich dazu vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 123 ff. 463 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55 f.); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 124. 464 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (55 f.); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 124. 465 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56). 466 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 123, 125.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

dd) Der rachesuchende Stalker Ganz andere Ziele verfolgt hingegen der rachesuchende Stalker.467 Er will Rache für eine tatsächliche oder vermeintliche Beleidigung oder Verletzung üben und hat infolgedessen den speziellen Vorsatz, das Opfer in größtmöglichem Maße einzuschüchtern und zu verängstigen.468 Kennzeichnend ist außerdem, dass sich der Stalker in seinem rachsüchtigen Verhalten vollkommen gerechtfertigt sieht, da er sich als das wahre Opfer betrachtet, welches gegen Ungerechtigkeiten kämpft.469 Das Opfer kann sowohl ein spezifisches Individuum sein, durch das sich der Stalker ungerecht behandelt fühlt, als auch eine ganze Organisation oder ein Individuum stellvertretend für eine Organisation, gegen die der Stalker einen Groll hegt.470 In mentaler Hinsicht weisen rachesuchende Stalker häufig Gemeinsamkeiten mit Querulanten und paranoiden Persönlichkeiten auf.471 Das Ziel des rachesuchenden Stalkers, Angst und Schrecken zu verbreiten, drückt sich in einer regelmäßig langen Kampagne der Belästigung und Verfolgung aus.472 Interessanterweise weist diese Gruppe zwar die höchste Bedrohungsrate unter allen Stalker-Kategorien auf, ist aber auch diejenige, in der eine physische Attacke am unwahrscheinlichsten ist. Grund dafür ist, dass der rachesuchende Stalker größtmögliche Angst bei dem Opfer bei gleichzeitig minimalem Strafverfolgungsrisiko für sich selbst erzeugen will.473 ee) Der beutesuchende Stalker Die gefährlichste Gruppe unter den Stalkern ist die der beutesuchenden Stalker.474 Sie benutzen das Stalking-Verhalten, um sexuelle Befriedigung zu erlangen und ihr Bedürfnis nach Kontrolle auszuleben.475 467 Ausführlich zu Charakter, Persönlichkeitsstruktur und psychischer Verfassung des rachesuchenden Stalkers vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 90 ff. 468 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 75 f., 90. 469 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 90. 470 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 96. 471 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 97. 472 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 92. 473 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 96. 474 Ausführlich zur Persönlichkeitsstruktur des beutesuchenden Stalkers vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 98 ff. 475 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 76.

VII. Die Stalker

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In dieser Hinsicht empfindet der Stalker das beobachtende Verhalten selbst sexuell erregend, es dient jedoch in der Regel auch dem Vorspiel zu einer weitergehenden geschlechtlichen Attacke.476 Damit erfüllt das Stalking bei dem beutesuchenden Stalker eine Doppelfunktion. Während auf der einen Seite das Auskundschaften des sowie das Informationen-Sammeln über das Opfer angestrebt werden, ermöglicht es dem Stalker zudem, über den geplanten Angriff zu fantasieren, ein Gefühl der Macht zu erlangen und schon aus den voyeuristischen Handlungen eine gewisse sexuelle Befriedigung zu erreichen.477 Typisch für diese Art des Stalking ist im Unterschied zu den vorgenannten Gruppen, dass der beutesuchende Stalker sein Opfer nur heimlich und von diesem unbemerkt verfolgt und beobachtet, um es nicht vor dem bevorstehenden Angriff, der oft in einer Vergewaltigung, ernsthaften Verletzung oder gar Tötung besteht, zu warnen.478 Eher selten sind Fälle, in denen die Stalker eine Befriedigung dadurch anstreben, dass sie das Opfer auf die eigenen Aktivitäten aufmerksam machen, ohne ihre Identität preiszugeben.479 Diese Gruppe der beutesuchenden Stalker macht mit lediglich 4% aller Stalker nur einen kleinen Anteil aus. Die Dauer des Stalking-Verhaltens ist erheblich kürzer als bei den anderen Stalking-Arten und die an den Tag gelegten Verhaltensweisen haben eine wesentlich geringere Bandbreite.480 Auffallend ist außerdem, dass die Gefahr eines körperlichen Angriffs auf die Opfer am höchsten ist, während es fast nie zu einer Vorwarnung kommt.481 Dieses charakteristische Beuteverhalten ist nicht ungewöhnlich für Täter sexueller Straftaten.482 So fielen bei den beutesuchenden Stalkern sexuelle Perversitäten, ein geringes Selbstbewusstsein sowie Defizite bei der Etablierung sozialer Beziehungen gerade auch in Bezug auf Sexualität und Intimität auf.483 Zudem ist der Typus des beutesuchenden Stalkers in der weit überwiegenden Zahl der Fälle männlichen Geschlechts.484 476 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 98 f. 477 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 98. 478 So auch Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 98; Zorza, Stalking Controversies, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 5-1 (5-8). 479 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56). 480 Mullen/Pathé/Purcell, S. 101. 481 Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1249); Mullen/Pathé/Purcell, S. 101. 482 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (56). 483 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 99.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

d) Das Modell von Sheridan und Boon Dieser Kategorisierung von Mullen, Pathé und Purcell sehr ähnlich ist die Einteilung von Sheridan und Boon,485 die ihre vier Gruppen als „ExPartner Stalking oder Belästigung“ („ex-partner stalking or harassment“), „Belästigung aus Verliebtheit“ („infatuation harassment“), „Stalking aus wahnhafter Fixierung“ („delusional fixation stalking“) und „sadistisches Stalking“ („sadistic stalking“) bezeichnen. Zu betonen ist an dieser Stelle außerdem, dass die Autoren diese Kategorisierung bewusst mit dem Ziel entwickelt haben, den Strafverfolgungsbehörden Kriterien für die Analyse und Beurteilung von realen Stalking-Fällen an die Hand zu geben.486 aa) Der Ex-Partner-Stalker Ebenso wie bei Mullen, Pathé und Purcell stellten die Ex-Partner mit 49% der Fälle auch die größte Gruppe bei der Untersuchung von Sheridan und Boon, in deren Rahmen 124 Stalking-Fälle ausgewertet wurden.487 Zudem ermittelten die Autoren in einer inzwischen beendeten Beziehung die überwiegende Motivation der Ex-Partner-Stalker für das Stalking. Auch konnte eine im Vergleich zu den anderen Gruppen erhöhte Quote offener Drohungen und physischer Gewalt festgestellt werden.488 bb) Der Stalker aus Verliebtheit Im Gegensatz dazu machten Sheridan und Boon den Stalker aus Verliebtheit als den am wenigsten gefährlichen Stalker-Typus aus. Die Gründe dafür sind zum einen seine fehlende Absicht, das Opfer zu verletzen, und zum anderen die Tatsache, dass seine Motivation und sein Verhalten eher dem eines verliebten Teenagers entsprechen als Konsequenz einer ernsthaf484

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 99. Ausführlich dazu vgl. Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 ff.; Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 ff.; Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 ff. 486 Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (69). 487 Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (16). 488 Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (17); Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (76). Vgl. außerdem Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (71 f.). 485

VII. Die Stalker

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ten psychischen Störung zu sein. Dabei verfolgt der verliebte Stalker die romantische, positive Fantasie und Hoffnung, eine Liebesbeziehung mit dem Opfer etablieren zu können. Die größte Schwierigkeit bei dieser Gruppe, deren Anteil bei 18,5% liegt, besteht darin, einen Stalker aus Verliebtheit von den Menschen zu unterscheiden, die tatsächlich eine funktionierende Beziehung mit einem anderen Menschen anstreben. Das liegt daran, dass der Stalker aus Liebe zu den gleichen Mitteln greift wie ein anderer Mensch mit amourösen Absichten.489 cc) Der Stalker aus wahnhafter Fixierung An einer zumeist schwerwiegenden psychischen Störung leiden hingegen die Stalker aus wahnhafter Fixierung, die insgesamt 15,3% der untersuchten Fälle ausmachten. Diese Gruppe wurde weiter unterteilt in gefährliche und ungefährliche Stalker.490 Die Belästigungsfälle eines gefährlichen Stalkers aus wahnhafter Fixierung bergen das hohe Risiko einer physischen bzw. sexuellen Attacke, wobei die große Gefahr auf eine schwere Geistesstörung und unzulängliches Sexualverhalten zurückzuführen ist. Meistens sind in diesen Fällen episodenhafte Schizophrenie gepaart mit einer Borderline-Persönlicheitsstörung anzutreffen, was zu inkohärenten Verhaltensmustern führt. Häufig ist auch eine Geschichte sexueller Probleme und Straftaten auf Seiten des Stalkers gegeben, die den Täter der Polizei schon im Vorfeld des Stalking bekannt gemacht haben.491 Im Gegensatz dazu sind die an Erotomanie erkrankten Stalker aus wahnhafter Fixierung kaum gefährlich, da sie der unzutreffenden Überzeugung sind, es gäbe eine Beziehung zwischen ihnen und ihrer Zielperson. Dies ist auch der Grund, warum Drohungen in diesem Bereich sehr selten sind.492 489 Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (72 f.); Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (18); Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (77 ff.). 490 Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (80); Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (19). 491 Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (19 f.). Vgl. dazu auch Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (74 f.); Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (80 f.). 492 Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (82); Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (20). Vgl. dazu auch Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (75 f.).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

dd) Der sadistische Stalker Eine in der Regel amorale, antisoziale, asoziale oder soziopathische Persönlichkeitsstörung weisen regelmäßig die sadistischen Stalker auf, die mit dem beutesuchenden Stalker aus dem Modell von Mullen, Pathé und Purcell vergleichbar sind und die mit 12,9% am seltensten vorkommen. Doch scheint diese Zahl etwas zu hoch gegriffen, da sich die Opfer der Studie selbst meldeten, was darauf schließen lässt, dass vor allem schwere Stalking-Fälle erfasst wurden. Zudem wird die Polizei in diesen gravierenden Fällen am häufigsten tätig, was ebenfalls auf eine Überrepräsentation schließen lässt. Aufgrund ihrer Persönlichkeit empfinden diese Stalker weder Empathie für das Opfer noch Schuld für ihre Taten. Ihr Ziel ist es, Kontrolle über das Leben des Opfers auszuüben, um es so schrittweise zu zermürben und sein Selbstvertrauen gezielt zu unterminieren. Mit dieser Intention geht der sadistische Stalker extrem kalt und berechnend vor und wählt mit Vorliebe subtile Methoden wie z. B. das Hinterlassen von Notizen im verschlossenen Auto des Opfers. Dadurch ist es nicht einfach, diesen Stalker ausfindig zu machen, da er kaum physische Beweise hinterlässt. Das als Beute betrachtete Opfer ist dem sadistischen Stalker häufig nur flüchtig bekannt.493 e) Ergebnis und Implikationen Allen diesen Kategorisierungsmodellen ist gemeinsam, dass sie auf Studien beruhen, deren Begrenztheit sowohl im Hinblick auf die Zahl der Teilnehmer als auch im Hinblick auf die mangelnde Zufälligkeit der Teilnehmerauswahl weitergehende Generalisierungen nicht zulässt. Zudem sind sie mangels Zugrundelegung einer einheitlichen Stalking-Definition nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Folglich können aus diesen Kategorisierungsansätzen keine verlässlichen Schlüsse in Bezug darauf gezogen werden, welche Stalker besonders gefährlich sind, wie häufig sie in einer Normalpopulation vorkommen und welche Stalking-Taktiken sie in aller Regel benutzen.494 Übereinstimmend festhalten lässt sich allenfalls, dass sich die meisten Stalker aus dem Bereich der männlichen Ex-Partner rekrutieren. Daraus folgt auch, dass die vorhandenen Konzepte aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit keine eindeutigen Implikationen für die Schaffung eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes zulassen. Denn obwohl die 493 Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (21 f.). Vgl. dazu auch Sheridan/Boon, Stalker Typologies, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 63 (76 ff.); Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (83 ff.). 494 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 52.

VIII. Die Opfer von Stalking

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meisten Modelle für den rechtlichen Umgang mit Stalkern sowie für die justizielle Intervention entwickelt wurden, ist die Zuordnung und Abgrenzung im Einzelfall sowie die damit einhergehende Einschätzung der Bedrohung für Nicht-Psychologen oder -Psychiater sehr schwierig. Zudem sind Typologien bereits naturgemäß reduktionistisch und können schwerlich alle Facetten eines Stalking-Verlaufs in ausreichendem Maße einbeziehen.495 Trotz dieser Einschränkungen lassen sich aus den entwickelten StalkingTypologien Rückschlüsse für die Strafverfolgung ziehen. So müssen sich die Strafverfolgungsbehörden darüber im Klaren sein, dass es Stalker gibt, die ihre Intentionen im Verlauf des Stalking offenkundig machen, während andere ausschließlich im Verborgenen agieren und die Sammlung von Beweisen unmöglich machen. Damit verbunden ist die Tatsache, dass manche Stalker ihr Verhalten nach Ansprache durch die Polizei unumwunden zugeben, während andere mehr oder weniger glaubhafte Gründe z. B. für ihre Anwesenheit an einem bestimmten Ort oder für merkwürdige Verhaltensweisen angeben können. Manche Stalker werden sich außerdem nicht durch die Präsenz der Polizei beeindrucken lassen, sondern ihr Verhalten dennoch fortsetzen oder gar verstärken.496 Folglich ist es wichtig, dass sich die Strafverfolgungsbehörden vor Augen führen, dass es verschiedene Arten von Stalkern gibt, die sich in Motivation, Verhalten und Persönlichkeit unterscheiden und deshalb unterschiedliche Interventionsstrategien erfordern.

VIII. Die Opfer von Stalking Auch auf Seite der Opfer hat die Stalking-Forschung versucht, durch Kategorisierungen und Typisierungen eine Vereinfachung des wissenschaftlichen Diskurses zu erreichen sowie Indikatoren für die richtige Strategie bei der Bewältigung und Intervention in Stalking-Fällen zu entwickeln. 1. Allgemeine Forschungserkenntnisse Zu Beginn lässt sich der allgemeine Konsens festhalten, dass die weit überwiegende Mehrheit der Stalking-Opfer Frauen sind.497 So fand Hall beispielsweise in ihrer Studie heraus, dass 83% der Stalking-Opfer weiblich und nur 17% männlich sind.498 495

Hoffmann, Stalking, S. 67. Vgl. dazu Sheridan/Blaauw, Stalker Typologies, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 15 (22); Sheridan/Blaauw, Stalkertypologien, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 73 (86 f.). 497 So z. B. Bjerregaard, Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 112 (115). 496

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Innerhalb dieser Kategorie rekrutiert sich der überwiegende Anteil der Stalker (57%) aus der Gruppe derjenigen, die zuvor eine intime Beziehung mit dem Opfer gehabt haben.499 Das korrespondiert mit der generellen Erkenntnis, dass die meisten Opfer ihren Stalker nicht nur bereits kennen, sondern sogar eine Partnerschaft mit diesem unterhalten haben, bevor das Stalking einsetzt.500 Innerhalb der von Hall ermittelten Gruppe der ehemaligen Intimpartner waren zudem 89% der Stalker männlich und verfolgten in 99% der Fälle ein weibliches Opfer.501 Nur 35% der Stalker entsprangen vorherigen Bekanntschaften, und in lediglich 6% der Fälle war der Stalker ein Unbekannter.502 Zwar stützt sich diese Studie von Hall nur auf die Aussage von Individuen, die sich selbst als Stalking-Opfer bezeichnet und gemeldet haben, sodass in Ermangelung einer zufälligen Auswahl der Befragten Generalisierungen nicht möglich sind.503 Doch werden die groben Gewichtungen der vorherigen Beziehung zwischen Stalker und Stalkee auch von der Darmstädter Studie bestätigt, derzufolge sich 48,5% der Stalker aus der Gruppe der Ex-Partner, 12,3% aus der der Bekannten und nur 9,3% aus der der Fremden rekrutierten.504 Des Weiteren bestätigen allgemeine Forschungserkenntnisse, dass Berufsgruppen, die eine hohe gesellschaftliche Reputation aufweisen, wie beispielsweise Ärzte, Psychologen, Professoren und Prominente, einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Stalking-Verhalten zu werden.505 Ebenso erwies sich, dass dependente und wenig selbstsichere Personen häufiger von Stalking betroffen sind, als dies bei selbständigen Persönlichkeiten der Fall ist.506 Dennoch sind auch auf der Opferseite die Charakteristika der betroffenen Personen höchst heterogen.507 498

Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113

(117). 499

Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (117, 118). 500 So z. B. Bjerregaard, Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 112 (115). 501 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (118). 502 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (117). 503 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (116). 504 Vgl. Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 63. 505 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (38).

VIII. Die Opfer von Stalking

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2. Modelle zur Kategorisierung von Stalking-Opfern Die Klassifizierungen, die bislang auf der Opferseite vorgenommen wurden, orientieren sich ausschließlich an der Beziehung, in der Täter und Opfer vor Beginn des Stalking gestanden haben. Mithin sind in nahezu allen Forschungsansätzen Kategorien wie früherer Intimpartner, Familienmitglied, Bekannter, Kollege oder Fremder vertreten. Lediglich die Anzahl der Kategorien sowie die Gewichtung der Kategorien untereinander unterscheiden sich. a) Das Modell von Zona, Sharma und Lane So unterteilen Zona, Sharma und Lane z. B. ausschließlich danach, ob zwischen Stalker und Stalkee vorher eine Beziehung bestanden hat oder nicht, wobei die erste Kategorie nochmals in Bekannte, Kunden, Nachbarn, berufliche Beziehungen, gemeinsames Ausgehen und Sexualpartner unterteilt ist.508 b) Das Modell von Meloy und Gothard Während sich auch Meloy und Gothard zunächst auf zwei Kategorien beschränkt hatten, von denen die eine aus fremden Stalkern, die andere aus früheren Sexualpartnern des Stalkees bestehen sollte,509 forderte Meloy ein Jahr später eine generelle Vereinfachung der Stalkee-Typologien. Dies sollte durch eine Einteilung der Stalkees in drei breite, sich aber gegenseitig ausschließende Kategorien erreicht werden. Die von ihm vorgeschlagenen Gruppierungen waren frühere Sexualpartner, frühere Bekannte und Fremde.510 c) Das Modell von Mullen, Pathé and Purcell Im Gegensatz dazu entwickelten Mullen, Pathé and Purcell eine wesentlich komplexere und detailliertere Typologie der Stalking-Opfer, die nicht 506

Dreßing/Kühner/Gass, (2005) 187 British Journal of Psychiatry, S. 168 (169); Gass, Stalking-Opfer, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 65 (66). 507 Pathé/Mullen/Purcell, (2001) 7 Advances in Psychiatric Treatment, S. 399 (399). 508 Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 ff. wie zitierrt in: Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45; Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behavior, S. 147 (156). 509 Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (259). 510 Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (156).

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

nur auf der vorherigen Beziehung zwischen Stalker und Stalkee, sondern auch auf den Kontext des Stalking-Verhaltens abstellt.511 Daraus ergeben sich die Kategorien der vorherigen Intimpartner („prior intimates“), der flüchtigen Bekannten und Freunde („casual acquaintances and friends“), der Kontakte im Umfeld der Tätigkeit eines Freiberuflers („professional contacts“), der Kontakte am Arbeitsplatz („workplace contacts“), der Fremden („strangers“), der Berühmten („famous“) sowie die der sekundären Stalking-Opfer („secondary victims“).512 Im Rahmen dieser Kategorisierung schließen sich die Gruppen nicht vollständig gegenseitig aus, sondern es wird vielmehr anerkannt, dass die Einordnung im Einzelfall eine Frage des Ermessens sein kann.513 Wegen der Mannigfaltigkeit der vorhandenen Typologien hat sich auch bei der Einordnung der Stalking-Opfer noch kein allgemein anerkanntes Modell herausbilden können.514 Dennoch soll im Folgenden die von Mullen, Pathé und Purcell entwickelte Kategorisierung beispielhaft näher erläutert werden, da sie exakt mit der ebenfalls von diesen Forschern entwickelten Kategorisierung der Stalker korrespondiert und zudem die verschiedenen Opfergruppen am detailliertesten herausarbeitet. aa) Frühere Intimpartner Die zahlenmäßig am stärksten vertretene Kategorie der Stalking-Opfer im Modell von Mullen, Pathé und Purcell ist die der früheren Intimpartner.515 511

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45. Vgl. Pathé, Surviving Stalking, S. 43 ff.; Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (54); Pathé/Mullen/Purcell, (2001) 7 Advances in Psychiatric Treatment, S. 399 (399 f.). 513 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45. 514 Neben den oben aufgeführten Kategorien unterteilen beispielsweise Harmon, Rosner und Owens die vorherigen Beziehungen in persönlich, beruflich, kollegial, medial, bekannt, keine oder unbekannt (personal, professional, employment, media, acquaintance, none), vgl. Harmon/Rosner/Owens, (1995) 40 Journal of Forensic Sciences, S. 188 (190). Im Gegensatz dazu unterteilen Fremouw, Westrup und Pennypacker in die Kategorien Freund, flüchtiges Treffen, ernsthaftes Treffen und Fremder, vgl. Fremouw/Westrup/Pennypacker, (1997) 42 Journal of Forensic Sciences, S. 666 (668). Emerson, Ferris und Gardner entwickelten die Begriffe des unbekannten Stalking („unacquainted stalking“), des pseudo-bekannten Stalking („pseudoacquainted stalking“), bei dem das Opfer eine berühmte Person ist, sowie des semi-bekannten Stalking („semi-acquainted stalking“), bei dem es zumindest einen gewissen tatsächlichen Kontakt zwischen Stalker und Stalkee gegeben hat, vgl. Emerson/Ferris/Gardner, (1998) 45 Social Problems, S. 289 (295). 515 Pathé/Mullen, Victim of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 1 (5); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45; Pathé, Surviving Stalking, S. 43. 512

VIII. Die Opfer von Stalking

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Dabei bezeichnet der von den Autoren gewählte Begriff „prior intimates“ nur die Fälle, in denen eine Ehe, eine Wohngemeinschaft zwischen Personen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts oder eine Beziehung zwischen Freund und Freundin bestanden hat, jedoch bereits von einer Person unmissverständlich beendet wurde.516 Innerhalb dieser Kategorie wird die zahlenmäßig größte Gruppe der Stalking-Opfer von Frauen gebildet, die eine Liebesbeziehung mit ihrem männlichen Stalker unterhalten haben.517 Auffallend ist dabei auch, dass zwischen 50 und 80% der Stalker ihr Opfer noch während der Beziehung mithilfe von Stalking-Verhaltensweisen überwacht und kontrolliert haben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Opfer dieser Kategorie der größten Bandbreite an Stalking-Verhalten ausgesetzt sind und dass sich dieses außerdem durch besondere Hartnäckigkeit auszeichnet.518 bb) Flüchtige Bekannte oder Freunde Ganz im Gegensatz dazu weist die Gruppe der flüchtigen Bekannten und Freunde im Vergleich zu den anderen Kategorien die meisten männlichen Opfer auf.519 Dabei beginnen die Stalker der Intimität suchenden sowie der inkompetenten Art ihr Stalking-Verhalten erst nach beiläufigen sozialen Kontakten mit dem Opfer. Der zurückgewiesene Stalker verfolgt sein Ziel in der Regel nach dem Ende einer Freundschaft oder der Entfremdung von einem Familienmitglied.520 Besonders renitent ist jedoch der rachesuchende Stalker, der zumeist im Bereich der Nachbarschaft auftritt. So kann ein Streit über die Höhe des Zauns oder über Lärmbelästigungen der Auslöser für rachebedingtes Stalking-Verhalten gegen einen Freund oder flüchtigen Bekannten sein. In dieser Kategorie treten insbesondere Verhaltensweisen wie Denunziationen bei der Polizei oder bei anderen Behörden, Sachbeschädigungen, Diebstähle, Überwachen des Opfers oder Malträtieren von Haustieren auf. Zudem sind in der Regel weitere Familienmitglieder auf beiden Seiten involviert.521 516 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45 f. Dabei weicht diese Definition von der von Tjaden und Thoennes gewählten ab. Letztere lassen auch noch anhaltende Beziehungen in diese Kategorie fallen, vgl. Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 6. 517 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 45. 518 Vgl. Pathé, Surviving Stalking, S. 43; Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 46. 519 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 47. 520 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 47. 521 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 47 f.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

cc) Freiberufliche Kontakte Die nächste Opfer-Kategorie der Freiberufler bezeichnet Menschen, die der Gefahr, Stalking-Opfer zu werden, in besonderer Weise ausgesetzt sind. Gerade Ärzte, Psychiater und Psychologen, aber auch Anwälte sind aufgrund ihrer engen Beziehung zu ihren Patienten bzw. Klienten gefährdet.522 Grund dafür ist, dass diese Berufsgruppen mit ihren Kunden über persönliche und intime Dinge sprechen und das besondere Vertrauen ihrer Patienten genießen. Zudem haben all diese Berufe ein helfendes Element gegenüber ihren Patienten und Klienten. Psychiater und Psychologen haben zudem naturgemäß häufige Kontakte mit mental instabilen Persönlichkeiten. Viele Stalker fühlen sich ihrem Arzt oder Anwalt auch persönlich nahe und sehen infolgedessen eine vermeintliche Fehlbehandlung oder ein Vor-den-KopfGestoßen-Werden als persönliche Attacke.523 Dies ist oft Auslöser für Stalking-Verhalten. dd) Kontakte am Arbeitsplatz Nicht nur im Bereich selbständiger Beschäftigung, sondern auch am Arbeitsplatz kann eine Viktimisierung stattfinden. Am Arbeitsplatz ist zumeist der rachelüsterne Stalker anzutreffen, der entweder einen Kollegen oder seinen Vorgesetzten verfolgt und bedroht, wobei in diesen Fällen darauf geachtet werden muss, ein mutmaßliches Stalking- von Mobbing-Verhalten abzugrenzen.524 Es ist allerdings auch möglich, dass eine ganze Organisation bzw. ein Unternehmen Opfer von Stalking-Verhalten wird. Derartiges Stalking ist meistens durch Unmut bzw. Verbitterung motiviert, welche durch Organisations- oder Disziplinarmaßnahmen entstanden ist und das Selbstwertgefühl des Stalkers unterminiert. Häufig glauben Stalker, entweder zugunsten eines belästigten Kollegen versetzt worden zu sein oder ihre Beschwerden würden nicht ernst genommen. Diese Beschreibung macht deutlich, dass die momentan an Popularität zunehmende Problematik des Stalking am Arbeitsplatz nahtlos an die in den letzten Jahren stetig gewachsene Aufmerksamkeit bezüglich des Phänomens Gewalt am Arbeitsplatz, d.h. namentlich an sexuelle Belästigung und Mobbing, anknüpft.525 522 Pathé/Mullen, Victim of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 1 (6); Pathé, Surviving Stalking, S. 45. 523 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 48 f. 524 Zur Abgrenzung von Mobbing und Stalking vgl. B. III. 1. 525 Vgl. Pathé/Mullen, Victim of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 1 (7); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 49.

VIII. Die Opfer von Stalking

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Nicht unerwähnt bleiben sollte zudem, dass Stalking am Arbeitsplatz auch ein Verhalten im Rahmen von Ex-Partner-Stalking umfassen kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der stalkende Ex-Partner sein Opfer bis zum Arbeitsplatz verfolgt und es dort belästigt. Daneben sind auch noch der Intimität suchende sowie der inkompetente Stalker am Arbeitsplatz aktiv. So suchen sich manche Menschen dieser Kategorie ihr Opfer aus dem Kreis ihrer Kollegen und konzentrieren ihre Stalking-Aktivitäten dann auf die gemeinsame Zeit bei der Arbeit.526

ee) Fremde Eine weitere komplexe Gruppe ist von Fremden gestalkt werden oder kennen. Dabei macht die Fremdheit dere Angst, weil sie den Grund für kennen.527

die Kategorie der Opfer, die entweder die die Identität ihres Stalkers nicht des Stalkers diesen Opfern oft besondie Verfolgung und Belästigung nicht

In dieser Situation sind es vor allem die Intimität suchenden sowie die inkompetenten Stalker, die sich ihr Opfer aus der Ferne aussuchen und es beobachten, bevor sie dazu übergehen, dem Opfer durch offenere Formen der Belästigung ihre Liebe zu zeigen.528 Neben diesen beiden Stalker-Formen ist hier auch der beutesuchende Stalker anzutreffen, der sich in der Regel Fremde als Opfer sucht. Dabei wählt dieser Typus zumeist erwachsene Frauen aus, doch auch das Anvisieren von Kindern oder Männern kann im Einzelfall vorkommen. Ein weiteres Charakteristikum ist, dass die Verfolgung nur über verhältnismäßig kurze Zeit anhält und der Vorbereitung eines anderen Deliktes wie z. B. einer Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung dient.529 Auch der rachesuchende Stalker kann einen Fremden stalken. Dies passiert jedoch lediglich in den seltenen Fällen, in denen sich der Stalker wahllos einen Menschen als Mitglied einer Gruppe oder Klasse aussucht, gegen die er einen Groll hegt. In diesem Fall wird das Opfer, beispielsweise ein wohlhabender Mensch, stellvertretend für die Gruppe belästigt.530

526 527 528 529 530

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 49 f. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 50. Ausführlich dazu vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 51 f. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 52 f. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 54.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

ff) Prominente Auch Prominente, die gestalkt werden, könnte man in die oben genannte Gruppe derer einordnen, die von einem Fremden belästigt werden. Aufgrund der spezifischen Besonderheiten sowie der historischen Bedeutung dieser Gruppe bildet sie jedoch in dem Modell von Mullen, Pathé und Purcell eine eigene Kategorie. Die Opfer in dieser Gruppe sind einer breiten Öffentlichkeit bekannt – sei es aus dem Fernsehen, dem Radio, dem Kino oder der Zeitung. Die Stalker sind zumeist der inkompetenten, rachelüsternen oder erotomanischen Gruppe zuzuordnen. Angesichts fehlender Intimität in ihrem eigenen Leben entwickeln viele Stalker dieser Kategorie die Wahnvorstellung, der entsprechende Prominente liebe sie und unterhalte eine intime Beziehung mit ihnen. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Prominente von dem Stalker nicht geliebt, sondern gehasst wird. Letztere Fälle sind besonders gefährlich für das Opfer, da sich die Aggressionen nicht selten in Gewalt entladen.531 gg) Sekundäre Stalking-Opfer Zu nennen ist des Weiteren die Gruppe der sekundären Stalking-Opfer. Diese umfasst Menschen, die in das primäre Stalking-Verhalten aufgrund ihrer tatsächlichen oder nur aufgrund einer vom Stalker angenommenen Beziehung zum Opfer verwickelt werden. Beispielhaft können hier Familienmitglieder, Freunde oder auch neue Intimpartner des Opfers aufgezählt werden. Diese Opfer können entweder vom Stalker unbeabsichtigt in das Stalking-Geschehen einbezogen werden oder der Stalker macht sie ganz bewusst zum Teil seiner Bedrohungs- und Belästigungskampagne. Ein Beispiel für den ersteren Fall ist die unmittelbare Betroffenheit der Familie durch Persönlichkeitsveränderungen infolge zunehmender Verängstigung des Opfers, während die zweite Gruppe von Fällen gebildet wird, in denen der Täter nichts ahnende Kinder des Opfers über das Opfer befragt oder gegenüber dem Opfer damit droht, ihnen etwas anzutun.532

531

Vgl. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 55 f. Vgl. Pathé/Mullen, Victim of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 1 (8 ff.). 532

VIII. Die Opfer von Stalking

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3. Männliche Stalking-Opfer Im Rahmen der Erläuterung der Opferseite muss zudem betont werden, dass es signifikante Unterschiede im Hinblick auf die Stalking-Betroffenheit bei den verschiedenen Geschlechtern gibt. Während einer Studie von Hall zufolge 64% der männlichen Opfer von früheren Bekannten und nur 28% von früheren Intimpartnern gestalkt werden,533 ist es bei den weiblichen Opfern genau umgekehrt. Hier liegt der Anteil der Bekannten bei lediglich 28% und der der ehemaligen Intimpartner bei 63%.534 Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass Frauen fast ausschließlich von Angehörigen des anderen Geschlechts gestalkt werden, während das Risiko eines Mannes, von einem Stalker des gleichen Geschlechts gestalkt zu werden, ebenso hoch liegt wie das Risiko, von einer Frau gestalkt zu werden.535 Darüber hinaus empfinden Männer eine potentielle Bedrohung durch Stalking weitgehend anders als Frauen.536 So bestätigte eine US-amerikanische Studie, dass sich Männer weit weniger häufig als Opfer von Stalking bezeichnen als dies bei Frauen der Fall ist, obwohl diese Männer theoretisch die rechtliche Definition eines Stalking-Opfers erfüllten.537 Diese größere Resistenz, die männliche Stalking-Opfer im Vergleich zu ihren weiblichen Pendants aufzuweisen scheinen, hat jedoch im Zusammenspiel mit tradierten gesellschaftlichen Vorstellungen und Wertungen gewichtige nachteilige Auswirkungen.538 So ist neben den eben genannten handfesten empirischen Unterschieden zudem zu beobachten, dass sich Männer als Stalking-Opfer aufgrund ihres Geschlechts von dem Justizsystem weit weniger ernst genommen fühlen, als dies auf ihre weiblichen Leidensgenossinnen zutrifft.539 533

Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113

(119). 534

Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113

(120). 535

Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113

(119). 536

Forell/Matthews, Reasonable Woman, S. 7. Tjaden/Thoennes/Allison, Comparing Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, 2002, S. 9 (21); Hills/Taplin, (1998) 5 Psychiatry, Psychology and Law, S. 139 (145). Bestätigend dazu Rosenfeld/Cling, Stalking, in: Cling (Hrsg.), Sexualized Violence, S. 98 (100 f.). 538 Ausführlich zu diesem Problemkreis vgl. Lenz, Männliche Opfer, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 273 ff. 539 Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 88; Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (277); Szenn, Stalking, S. 49 f. 537

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Insgesamt wird Gewalt gegen Männer im Allgemeinen und Stalking-Verhalten gegenüber Männern im Besonderen nicht als gesellschaftliches Problem anerkannt, sodass auch die diesbezügliche Datenlage völlig unzureichend ist.540 Folgerichtig betrachten männliche Stalking-Opfer ihr Geschlecht als Haupthinderungsgrund für eine effektive Intervention in Stalking-Fällen, da sie, insbesondere wenn sie von einer Frau gestalkt wurden, bisher kaum polizeiliche Hilfe erwarten konnten.541 4. Falsche Stalking-Opfer Mit der stetig wachsenden Popularität des Stalking-Phänomens stieg auch die Zahl der Menschen, die sich als Stalking-Opfer bezeichnen, ohne dies tatsächlich zu sein.542 Dieses sogenannte „False Victimization Syndrome“543 beschreibt dabei eine nur scheinbare oder bewusst vorgetäuschte Viktimisierung, die z. B. auf Wahnvorstellungen oder Geltungssucht der meist weiblichen „falschen Opfer“ zurückgeführt werden kann.544 Zwar wird die Prävalenzrate dieses Phänomens momentan noch zwischen 2 und 10% angesiedelt,545 was es als eher exotisch und rar erscheinen lässt. Doch erinnert diese Entwicklung stark an die explosionsartige Verbreitung der oftmals falschen Berichte über Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung, nachdem diese Phänomene ihren Weg in die öffentliche Diskussion gefunden hatten.546 Die Gründe, sich bewusst wahrheitswidrig als Stalking-Opfer auszugeben oder sich fälschlicherweise als Stalking-Opfer zu bezeichnen, sind vielfältig. 540

Lenz, Männliche Opfer, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 273

(273). 541 So Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (119); Rusch/Stadler/Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (174); Purcell/ Pathé/Mullen, (2001) 158 American Journal of Psychiatry, S. 2056 (2056). Diese Feststellung korrespondiert auch mit den Erfahrungen in Kanada. Dort fiel auf, dass männliche Stalker häufiger strafrechtlich verfolgt werden als weibliche, vgl. Hackett, Criminal Harassment, S. 11. 542 Ausführlich zu diesem Phänomen mit Typologie und Fallbeispielen vgl. Mohandie/Hatcher/Raymond, False Victimization Syndromes, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 225 (225 ff.). Vgl. außerdem Bettermann, Falsche Stalking-Opfer?; Hoffmann, Stalking, S. 191 ff. 543 Vgl. dazu auch Davis, Falsely Alleged Victim, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 375 ff. 544 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (37); Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (79). 545 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (37). 546 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 187.

VIII. Die Opfer von Stalking

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Gerade in Bezug auf die erste Gruppe überwiegen narzisstische Persönlichkeiten, die infolge von Scham oder Demütigung im Zuge der Beendigung einer intimen Beziehung Wut entwickeln und diese durch falsche Verdächtigungen und grundlose Prozesse gegen den ehemaligen Partner auszuleben versuchen.547 Auch intrapsychische Verteidigungsmechanismen und Projektionen gehören hierher, die dazu führen können, dass dem angeblichen Stalker die Schuld für das Scheitern zugeordnet wird.548 An dieser Stelle ist außerdem die Fallgruppe der Stalker zu nennen, die sich selbst wahrheitswidrig als Stalking-Opfer ausgeben und so behaupten, von ihrem eigentlichen Opfer gestalkt zu werden, um diesem dadurch zusätzliche Unannehmlichkeiten zu bereiten.549 Abgesehen von diesen bewusst falschen Anschuldigungen, die zudem oftmals dazu benutzt werden, sich zu rächen oder Aufmerksamkeit zu erregen,550 gibt es auch Menschen, die an Wahnvorstellungen leiden und sich absolut sicher sind, gestalkt zu werden, obwohl dies nicht der Realität entspricht. In diesem Bereich gehört die angebliche Stalking-Erfahrung zu einem wahnhaften System, das in der Regel dem paranoiden oder erotomanischen Typ zuzuordnen ist. Hier erscheint es zudem so, dass die öffentliche Berichterstattung über sowie die Thematisierung des Stalking derartige Wahnvorstellungen beflügeln, was sich auch dadurch erklärt, dass typische Stalking-Verhaltensweisen wie stetiges Beobachten und Verfolgen exakt den Symptomen von paranoiden Störungen entsprechen.551 Eine weitere Gruppe falscher Opfer rekrutiert sich aus früheren Opfern von tatsächlichem Stalking. Obwohl diese Individuen keinerlei Bewusstsein davon haben, andere Menschen fälschlicherweise des Stalking zu bezichtigen, sind sie aufgrund ihrer früheren stalking-bedingten Angstgefühle und Isolation hypersensitiv und -vorsichtig, sodass sie selbst alltägliche und harmlose Situationen als höchst bedrohlich empfinden.552 Ein weiteres Erklärungsmuster für das Phänomen der falschen Opfer ergibt sich aus dem Simulantentum. So simulieren einige Menschen bewusst anstelle von Krankheiten, Opfer von kriminellem oder sonstigem sozialschädlichen Verhalten geworden zu sein, weil sie diese Rolle genießen.553 547

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 191 f. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 192. 549 Vgl. dazu Zorza, Stalking Controversies, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 5-1 (5-12 f.). Hier wird diese Gruppe sogar als die größte unter den falschen Opfern bezeichnet. 550 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 187. 551 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 193. 552 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 194. 553 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 196. 548

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Andere versuchen hingegen entweder durch das komplette Erfinden oder durch das starke Übertreiben von Stalking-Situationen, weitergehende Ziele zu erreichen wie z. B. das Erlangen finanzieller Vorteile oder das Umgehen eigener Strafverfolgung.554 Trotz ihrer geringen Prävalenz kann die Gruppe der falschen StalkingOpfer gravierende Auswirkungen auf das Justizsystem sowie auf die öffentliche Wahrnehmung von Stalking haben. Es werden nicht nur unnötigerweise die Ressourcen von Polizei und Beratungseinrichtungen an der falschen Stelle in Anspruch genommen, sondern es kann auch vorkommen, dass unschuldige Menschen zu Unrecht beschuldigt und unter Umständen sogar einer Strafverfolgung ausgesetzt werden. Außerdem bewirken die falschen Fälle von Stalking, dass die richtigen Opfer nicht mehr ernst genommen und ihre Erfahrungen marginalisiert werden.555

IX. Auswirkungen des Stalking auf die Opfer Es sind nicht zuletzt die Studien und Berichte über die Auswirkungen des Stalking auf die Opfer gewesen, welche die Diskussion um die Schaffung eines eigenständigen Straftatbestandes initiiert haben. So belegen zahlreiche Untersuchungen die zum Teil schwerwiegenden Auswirkungen, die fortgesetztes Stalking-Verhalten auf die Zielperson haben kann.556 Neben weitreichenden psychischen und physischen Verletzungen empfinden viele Stalking-Opfer einen Zwang, die eigenen Lebensumstände und -gewohnheiten grundlegend zu verändern, um dem Stalking-Verhalten ein Ende zu bereiten.557 554

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 198. Ausführlich dazu vgl. Mohandie/Hatcher/Raymond, False Victimization Syndromes, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 225 (226 f.); Bettermann/ Nauck/Freudenberg, Grenzenlose Belästigung, S. 12. 556 Vgl. z. B. Pathé/Mullen, Victim of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 1 (10 ff.); Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 ff.; Blaauw/Winkel/Sheridan/Malsch/Arensman, Stalking Victimisation, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 23 ff.; Blauuw/Winkel/Arensman/Sheridan/Freeve, (2002) 17 Journal of Interpersonal Violence, S. 50 ff.; Blaauw/Winkel/Arensman, Toll of Stalking; Kühner, FPR 2006, S. 186 f.; Hoffmann, Stalking, S. 149 ff.; Wondrak/Hoffmann/Voß, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 222 (227 ff.); Kamphuis/Emmelkamp, (2001) 158 American Journal of Psychiatry, S. 795 ff.; Sheridan/Davies/Boon, (2001) 40 The Howard Journal, S. 215 (227 ff.). 557 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52); Mechanic, Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/ Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 31 (35 ff.); DeKeseredy/Schwartz, Definitional Issues, in: Renzetti/Edleson/Bergen (Hrsg.), Sourcebook Violence, S. 23 (30). 555

IX. Auswirkungen des Stalking auf die Opfer

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Besonders problematisch wirkt es sich beim Stalking aus, dass die Opfer einem wiederholten und dauerhaften Verhalten ausgesetzt sind, welches unzählige Formen der Belästigung und Verfolgung annehmen kann.558 Folglich ist der Stalkee nicht nur einem isolierten traumatischen Erlebnis ausgesetzt, wie dies bei den meisten Opfern von Straftaten der Fall ist, sondern er durchlebt eine chronische Stresssituation, die durch eine sich über längere Zeit erstreckende, latente Bedrohung erzeugt wird, in der Angst und Sorge omnipräsent sind.559 Das dadurch entstehende Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Verwundbarkeit auf Seiten des Opfers verursacht trotz Abwesenheit von physischer Gewalt oder Drohung schwerwiegende Konsequenzen.560 So mannigfaltig die Handlungen und Strategien von Stalkern sein können, so vielfältig sind auch die möglichen Auswirkungen auf die Opfer.561 Im Detail klagen die Betroffenen neben Depressionen, Angstzuständen und Panikattacken vor allem über ein ständiges Gefühl der Hilflosigkeit, des Kontrollverlustes sowie über Albträume und chronische Schlafstörungen.562 Nicht ungewöhnlich ist auch eine Zunahme des Medikamenten-, Nikotinoder Alkoholkonsums infolge des Stalking.563 Manche Opfer zeigen sogar Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung oder entwickeln Suizid- bzw. Mordgedanken.564 558

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 58. Vgl. Kühner/Weiß, Gesundheitliche Folgen, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 79 (79), Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 58 f.; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (33); Dreßing/MaulBacker/Gass, NStZ 2007, S. 253 (253). 560 Vgl. Collins/Wilkas, Stalking Trauma Syndrome, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 317 (326); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 59; Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (15); Wondrak/Hoffmann, Belastung von Stalking-Opfern, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 39 (40); Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52). 561 Wondrak, Auswirkungen, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 21 (21). 562 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 59, 61. Ausführlich zu den psychischen Auswirkungen des Stalking bei Opfern, die von ihren (ehemaligen) Intimpartnern gestalkt wurden, vgl. Logan/Cole/Shannon/Walker, Partner Stalking, S. 123 ff. 563 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 61; Wondrak/Hoffmann, Belastung von Stalking-Opfern, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 39 (42). 564 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52); Wondrak/Hoffmann/Voß, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 222 (231). 559

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Während Appetitstörungen, anhaltende Übelkeit, Verdauungsstörungen, Erschöpfungszustände und Kopfschmerzen die Folgen des Stalking auf physischer Ebene darstellen,565 manifestiert sich in einer häufig vorgenommenen Veränderung der Lebensumstände der verzweifelte Versuch des Opfers, dem Stalker zu entkommen.566 Zu diesem Zweck ändern viele Opfer ihre täglichen Gewohnheiten wie z. B. ihren Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen. Sie vermeiden es zudem, das Haus zu verlassen, geben dazu ihre Hobbys auf oder wechseln gar ihren Wohnort oder Arbeitsplatz.567 Manche versuchen auch ihr Aussehen zu verändern, um von ihrem Stalker nicht länger erkannt zu werden oder auf diesen nicht mehr attraktiv zu wirken.568 Viele Opfer treffen außerdem teure Schutzmaßnahmen wie den Einbau von Alarmanlagen oder die Beauftragung einer Wachfirma.569 Letztendlich verursachen all diese Veränderungen in der Persönlichkeit des Opfers570 die Entstehung eines Gefühls der emotionalen und sozialen Entfremdung von anderen Menschen571 sowie eine gesellschaftliche Isolation, die durch erhebliche finanzielle Belastungen infolge von Umzügen oder extensiven Schutzmaßnahmen als noch prekärer empfunden wird.572 Um die Auswirkungen auf die Opfer näher zu verdeutlichen, sollen im Folgenden beispielhaft drei Studien aus diesem Bereich wiedergegeben werden. So untersuchten Mullen und Pathé 100 Stalking-Opfer.573 Davon berichteten 74% über chronische Schlafstörungen, 55% über Müdig- und Antriebslosigkeit, 48% über Appetitstörungen, 47% über häufige Kopfschmer565 Kühner/Weiß, Gesundheitliche Folgen, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 79 (83); Kühner, FPR 2006, S. 186 (187). 566 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52). 567 Vgl. z. B. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), S. 51 (52); Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/ Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (22). 568 Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (134). 569 Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (22). 570 So gaben bei einer Studie von Hall sogar 83% der Betroffenen an, ihre Persönlichkeit verändert zu haben, wobei sich die einen als deutlich vorsichtiger, die anderen als erheblich aggressiver bezeichneten, vgl. Hall, Victims of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 113 (134). 571 Kühner/Weiß, Gesundheitliche Folgen, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 79 (84). 572 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 51 (52). 573 Vgl. Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 ff.

IX. Auswirkungen des Stalking auf die Opfer

125

zen, 30% über chronische Übelkeit und 83% über erhöhte Ängstlichkeit.574 Daneben litt mit 37% eine erstaunlich hohe Zahl an Opfern unter einer posttraumatischen Belastungsstörung575 und ebenso beunruhigend gab mit 24% fast ein Viertel der Befragten an, bereits ernsthafte Suizidgedanken gehabt oder gar diesbezügliche Versuche unternommen zu haben.576 Während diese Studie vor allem die physischen und psychischen Auswirkungen des Stalking auf die Opfer unterstreicht, legt die Studie von Kamphuis und Emmelkamp ihren Schwerpunkt auf die Untersuchung der Veränderung der Lebensumstände. Von den 201 befragten Frauen litten 97% an einem Gefühl der Furcht aufgrund des Stalking, während sich 88% zudem in ihrer persönlichen Sicherheit bedroht fühlten. Infolgedessen änderten 62% ihre Telefonnummer und ebenso viele ihre täglichen Wege, 17% wechselten sogar ihre Wohnung und 23% beendeten ihre Arbeit oder Ausbildung, um dort nicht mehr von dem Stalker belästigt zu werden. Daneben hatten sich 69% der Opfer rechtlich beraten lassen und 51% verstärkten die häuslichen Sicherheitsmaßnahmen.577 Alle Auswirkungen in den Blick nehmend, fand die Darmstädter Studie heraus,578 dass 67% der Opfer von panikartigen Angstgefühlen geplagt wurden, während lediglich 33% von nur leichter Beunruhigung berichteten. Während 90% eine Änderung ihres Verhaltens gegenüber Mitmenschen feststellten, berichteten 56% von einem gewandelten Freizeitverhalten und 20% von Veränderungen im Berufsleben. Im Bereich der physischen Konsequenzen waren mit 69% Schlafstörungen vor Magenproblemen (45%) und Kopfschmerzen (37%) am häufigsten vertreten. Auch die psychischen Auswirkungen wurden als nicht unerheblich geschildert. 82% berichteten von einem Gefühl innerer Unruhe, 72% von Nervosität bzw. Schreckhaftig574

Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (14). Eine posttraumatische Belastungsstörung entsteht in der Regel infolge von außergewöhnlich traumatischen Erlebnissen. Typische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung sind das wiederholte Durchleben der traumatischen Situation in sich aufdrängenden Erinnerungen oder Albträumen. Opfer versuchen daher Situationen zu vermeiden, die das Trauma wachrufen könnten. Beim Stalking könnte eine derartige Panikattacke beispielsweise durch das Klingeln des Telefons ausgelöst werden, vgl. dazu Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (33 f.). Ausführlich zur Entstehung einer posttraumatischen Belastungsstörung bei weiblichen Opfern vgl. Pilkington, Stalking and Posttraumatic Stress Disorder. 576 Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (14). 577 Vgl. dazu Kamphuis/Emmelkamp, Psychische Belastung, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 63 (65 ff.); Kamphuis/Emmelkamp, Psychological Distress, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 53 (55 f.). 578 Vgl. dazu Wondrak, Auswirkungen, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 21 (30 ff.). 575

126

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

keit und ebenso viele von Angst. Ein verstärktes Misstrauen gegenüber anderen war mit 69% fast genauso stark vertreten wie Wut, Reizbarkeit und Aggression mit 68%, während Depressionen (49%) und Panikattacken (33%) etwas seltener zu verzeichnen waren. Etwa 25% der Betroffenen erkrankten zudem häufiger arbeitsunfähig und eine hohe Zahl von 43% dieser Gruppe befand sich deswegen sogar in Behandlung eines Psychiaters, Psychologen oder Arztes. Trotz der Mannigfaltigkeit potentieller Opferreaktionen lässt sich aus diesen Untersuchungen der Schluss ziehen, dass Stalking erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Psyche als auch auf den Körper und die Lebensführung der Betroffenen haben kann und in vielen Fällen hat. Collins und Wilkas sprechen daher gar schon von dem Krankheitsbild eines „Stalking Trauma Syndroms“ („Stalking Trauma Syndrome“ oder kurz STS).579 In diesem Zusammenhang muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich die genannten Studien ausschließlich auf eine Befragung von StalkingOpfern beschränken, ohne eine Kontrollgruppe zu untersuchen. Folglich könnten die tatsächlichen Auswirkungen des Stalking im Vergleich zur übrigen Bevölkerung überbewertet sein, da beispielsweise Depressionen oder Schlafstörungen auch in der Normalbevölkerung nicht selten anzutreffen sind.580 Darüber hinaus wurden zumeist Opfer von straffällig gewordenen Stalkern befragt bzw. Opfer, die sich selbst für die Befragung gemeldet hatten, sodass der Schluss nahe liegt, dass es sich wohl um Fälle von schwerwiegenderem Stalking gehandelt hat, die in die Befragungen eingeflossen sind.581 Interessanterweise gaben bei einer Befragung aus dem Jahr 1984, die durchgeführt wurde, als sich der Begriff Stalking noch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert hatte, 48% der Befragten an, sie hätten keinerlei psychische oder physische Probleme infolge des in dieser Studie als „female harassment“582 bezeichneten Verhaltens. In einem weiteren Drittel der Fälle war weder eine Veränderung der Lebensumstände noch ein Ratsuchen bei Familie, Freunden oder professionellen Betreuern erfolgt.583 Diese ver579 Ausführlich dazu vgl. Collins/Wilkas, Stalking Trauma Syndrome, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 317 ff. 580 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (34). 581 So für die Darmstädter Studie, vgl. Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 159. Außerdem dazu vgl. Habermeyer, Forensisch-Psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (41); Voß, Stalking in Normalpopulation, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 60 (60 f.); Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (197). 582 Vgl. Jason/Reichler/Easton/Neal/Wilson, (1984) 6 Alternative Lifestyles, S. 259 (259).

X. Stalking und Gewalt

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gleichsweise leichten Auswirkungen, die infolge des belästigenden Verhaltens trotz dessen genereller Ähnlichkeit mit den heute als Stalking bekannten Aktivitäten zu verzeichnen waren, lässt sich mithin nur dadurch erklären, dass das zu dieser Zeit noch fehlende öffentliche Interesse und die mangelnde Aufmerksamkeit das Bewusstsein und die Reaktion der Opfer prägten. Erst die katalysierende Wirkung der aufsehenerregenden Fälle des Star-Stalking brachte die potentielle Gefährlichkeit des Stalking in den Blickpunkt der Öffentlichkeit und förderte damit auch eine zunehmende Sensibilität der Betroffenen, die zu einer stetigen Verschlimmerung der Auswirkungen des Stalking auf die Opfer beitrug.584 Festzuhalten ist damit, dass die Stalking-Opfer von heute in vielen Fällen unter schwerwiegenden gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen leiden. So kann den diesbezüglichen Studien übereinstimmend entnommen werden, dass mittlerweile kaum ein Stalkee von seinen Stalking-Erfahrungen unberührt bleibt. Dies gilt, obwohl die Auswirkungen des Stalking auf jeden einzelnen Menschen sehr stark variieren und insbesondere von peripheren Umständen wie z. B. der Widerstandskraft bzw. der Verletzlichkeit des Opfers oder der zur Verfügung stehenden Unterstützung durch Freunde und Familie abhängen.585

X. Stalking und Gewalt Zwar sind die geschilderten psychischen und sozialen Auswirkungen, die selbst nicht-gewalttätiges Stalking auf die Opfer haben kann und häufig hat, bereits als überaus schwerwiegend zu bewerten. Durch die Medien wird jedoch in der Öffentlichkeit verstärkt ein Bild von Stalking gezeichnet, bei dem Stalking-Verhalten als Vorbote schwerer Gewalt fungiert, d.h. früher oder später in einer tödlichen oder zumindest doch beinahe tödlichen Gewalteskalation endet.586 So sind es zumeist die Stalking-Fälle, in denen der 583

Jason/Reichler/Easton/Neal/Wilson, (1984) 6 Alternative Lifestyles, S. 259

(264). 584

So ähnlich Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 63 f. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 62. 586 Albrecht, FPR 2006, S. 204 (204); Sinclair/Hanson Frieze, Initial Courtship Behavior, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 186 (203); Finch, Criminalisation of Stalking, S. 114; Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160; Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 134; James/Farnham, Stalking und Gewalt, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 159 (159); Bettermann, Polizeiliche Intervention, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 235 (249); James/Farnham, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 432 (432); Best, Random Violence, S. 51. 585

128

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Täter sein Opfer letztlich tötet, die Eingang in die Berichterstattung der Medien finden.587 Angesichts dieser Darstellung und Wahrnehmung von Stalking in der Öffentlichkeit als profund sozialschädliches und höchst gefährliches, eine staatliche Reaktion notwendig machendes Verhalten muss die Frage gestellt werden, wie gefährlich Stalking wirklich ist und wie häufig Stalking-Verhalten in Gewaltausbrüchen eskaliert. Mittlerweile gibt es mehrere Studien, die das Auftreten von körperlicher Gewalt im Rahmen von Stalking-Fällen analysieren.588 Dabei ergab beispielsweise eine Untersuchung von Harmon, Rosner und Owens aus dem Jahr 1995, dass 21% der von ihnen untersuchten Stalker aggressiv gewalttätig wurden,589 während Meloy und Gothard die Häufigkeit von physischer Gewalt in demselben Jahr mit vergleichbaren 25% bezifferten.590 Die deutsche Stalking-Forschung um Dreßing stellte bei einer repräsentativen Befragung von Einwohnern der Stadt Mannheim fest, dass Stalker in 34,6% der Fälle ihre Opfer bedrohten und in 30,4% der Fälle diesen Drohungen auch tatsächliche Gewalthandlungen folgen ließen. Vertreten waren dabei insbesondere das Festhalten des Opfers mithilfe körperlicher Gewalt (24,4%) sowie Schlagen (11,5%) und Attackieren mit Gegenständen (9%).591 Zu noch alarmierenderen Ergebnissen kam die Darmstädter Stalking-Studie, derzufolge es in 15% der untersuchten Stalking-Fälle zu einer körperlich sexuellen Belästigung bzw. zu einem Übergriff gekommen war. Während im Rahmen dieser Zahl vor allem zärtliche Küss-, Annäherungs- oder Streichelversuche mit 22% sowie Versuche gewaltsamen Küssens und Herandrängelns mit 34% überwogen, kam es in beachtlichen 9% der Fälle zu einer versuchten und in weiteren 9% zu einer vollendeten Vergewaltigung. Darüber hinaus konnten in unglaublich anmutenden 43% der Fälle körper587 Vgl. z. B. die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zu einem Stalking-Fall, der sich in Bremen ereignet hatte, vgl. Friedrichsen, Der Spiegel 42/2005, S. 72 ff. Vgl. außerdem Grewe/Wittlich, Stalking, Focus 1/2006, S. 40 (40). 588 Zu den spezifischen Schwierigkeiten, die bei der Untersuchung der Korrelation zwischen Stalking und Gewalt auftreten, vgl. Rosenfeld, Stalking Risks, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 12-1 (12-2 f.). 589 Harmon/Rosner/Owens, (1995) 40 Journal of Forensic Sciences, S. 188 (192). 590 Meloy/Gothard, (1995) 152 American Journal of Psychiatry, S. 258 (262). So auch Meloy, Stalking and Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 105 (106). 591 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (24); Dreßing/Kühner/Gass, (2005) 187 British Journal of Psychiatry, S. 168 (169); Dreßing/Kühner/Gass, Psychiatrische Praxis 2005, S. 73 (75).

X. Stalking und Gewalt

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liche Attacken festgestellt werden. Am häufigsten waren hier das Anfassen oder Festhalten (84%), das Schlagen mit der Hand (32%) oder mit Gegenständen (20%) sowie das Würgen (7%) und Treten (2%) zu verzeichnen. In 2% der Fälle kam es sogar zu Waffengewalt sowie in 1% zu einem Mordversuch.592 Diese erschreckend hohe Auftretenshäufigkeit von schwerwiegender körperlicher Gewalt erinnert an die ersten Abhandlungen aus der Stalking-Forschung, die die Höhe der Tötungsrate in Stalking-Fällen sogar bei 2% ansiedelten.593 Alles in allem erscheinen diese Zahlen jedoch extrem hoch, wie selbst die Autoren dieser frühen Studien heute einräumen.594 Bereits aus einer Zusammenschau von Tötungs- und Stalking-Rate an der Gesamtbevölkerung ergibt sich, dass die Tötungsrate in Stalking-Fällen realistisch bei deutlich unter 2% liegen muss.595 In diesem Zusammenhang muss außerdem betont werden, dass die meisten Stalking-Studien auf der Untersuchung sehr selektiver Populationen beruhen, in denen die Betroffenheit von tatsächlichen physischen Verletzungen überrepräsentiert sein könnte, da regelmäßig die Opfer von schwerem Stalking zur Teilnahme an Studien gebeten werden.596 So untersuchte beispielsweise die oben genannte Darmstädter Studie allein Opfer, die auf eigene Initiative an einer Internet-Befragung teilnahmen. Bereits daraus leitet sich die Vermutung ab, dass an dieser Befragung verstärkt Opfer von schwerem Stalking teilgenommen haben und damit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überproportional vertreten sind.597 Aufgrund dessen wird in der aktuellen Stalking-Forschung überwiegend die Ansicht vertreten, das Auftreten von Gewalt sei im Zusammenhang mit Stalking selten anzutreffen.598 Diese Gewalt sei zudem regelmäßig Aus592 Vgl. Wondrak, Auswirkungen, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 21 (28 f.). 593 Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (147, 157); Meloy, (1997) 51 American Journal of Psychotherapy, S. 174 (182); Meloy, Psychology of Stalking, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 1 (16). 594 Meloy, Stalking and Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 105 (111). 595 Vgl. dazu Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S 216; Rosenfeld, in: Stalking Risks, Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 12-1 (12-2 f.); James/Farnham, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 432 (432). 596 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 20; Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 215, 220. 597 Wondrak/Meinhardt/Hoffmann/Voß, Opfer von Stalking, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 45 (60); Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 27 ff.; 159. 598 So auch Rosenfeld, Stalking Risks, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 12-1 (12-16); Hoffman/Baron, Stalking and Violence, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes,

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

druck einer spontan-impulsiven Reaktion auf ein singuläres Ereignis wie z. B. auf eine Zurückweisung oder auf eine als solche empfundene Beleidigung durch das Opfer.599 Schätzungen gehen davon aus, dass es in zwischen 3 und 36% der Stalking-Fälle zu tatsächlichen Gewalthandlungen und Körperverletzungen kommt,600 wobei aufgrund der Spontaneität ein Einsatz von Waffen selten ist.601 Zudem ist die im Rahmen von Stalking auftretende Gewalt in den allermeisten Fällen sogenannte „general violence“, d.h. Gewalt leichterer Natur wie Schubsen, Packen, Ohrfeigen, Schlagen oder Treten, aber auch Streicheln und Grabschen. Zumeist kommt es dadurch zu leichteren Verletzungen wie Hämatomen, Kratz- und Schnittwunden.602 Im Gegensatz dazu ist die Basisrate von schwerwiegender und ernsthafter Gewalt in der überwiegenden Zahl der Stalking-Untersuchungen so gering, dass sie es nicht erlaubt, spezifische statistische Untersuchungen zur Korrelation von Stalking und schwerwiegender Gewalt wie Tötungen oder gefährlichen Körperverletzungen durchzuführen.603 Mithin kann konstatiert werden, dass Stalking zu Beginn seiner Entwicklung durch spektakuläre Fälle wie die Tötung Rebecca Schaeffers als hoch gefährliches, möglicherweise gar einer tödlichen Gewalteskalation vorausS. 139 (150); Meloy, Obsessional Follower, in: Schlesinger (Hrsg.), Criminal Psychopathology, S. 9 (24); James/Farnham, Stalking und Gewalt, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 159 (160); Bettermann, Polizeiliche Intervention, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 235 (249); Meloy, (1996) 1 Aggression and Violent Behaviour, S. 147 (157); Andrews/Bonta, Criminal Conduct, S. 438. Ablehnend in Bezug auf Stalking im Kontext von Intimbeziehungen Conklin, Criminology, S. 57; Mechanic, Stalking Victimization, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 11-1 (11-8). Ausführlich dazu vgl. auch Concannon, Stalking and Violence. 599 Vgl. Meloy, Stalking and Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 105 (108); Meloy, (1999) 22 The Psychiatric Clinics of North America, S. 85 (91 f.); Farnham/James, Stalking and Serious Violence, S. 3. 600 Vgl. White/Cawood, Threat Management, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 295 (295 f.). 601 Meloy, Stalking and Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 105 (107); Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (59). 602 James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (29 f.); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 214; Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (59); Meloy, (1997) 51 American Journal of Psychotherapy, S. 174 (182); Meloy, (1999) 22 The Psychiatric Clinics of North America, S. 85 (91 f.). 603 James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (30); James/Farnham, Stalking und Gewalt, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 159 (167).

X. Stalking und Gewalt

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gehendes Verhalten wahrgenommen wurde. Mittlerweile belegt das zur Verfügung stehende Datenmaterial jedoch, dass eine derart schwerwiegende Eskalation realiter zwar vorkommen kann, in der weit überwiegenden Zahl der Fälle aber keine physischen Attacken oder Übergriffe zu verzeichnen sind. Selbst bei Gewaltanwendung im Rahmen von Stalking kommt es überwiegend zu Verletzungen geringfügiger Art, wie Hämatomen und Kratzern, während tödliche oder beinahe tödliche Gewalt höchst selten anzutreffen ist und in ersten Studien überschätzt wurde.604 Viel gravierender als physische Verletzungen infolge gewalttätiger Eskalationen sind die durch das Stalking verursachten psychischen und sozialen Schäden, die durch das Gefühl chronischer Angst und Hilflosigkeit hervorgerufen werden.605 Das gilt unabhängig davon, ob es zu physischen Übergriffen gekommen ist oder nicht.606 In diesem Zusammenhang muss auch an die große Zahl der Opfer erinnert werden, die aufgrund des StalkingVerhaltens Suizidgedanken entwickeln,607 zeigt dies doch, dass die bei Stalking anzutreffende Gewalt nicht unbedingt vom Stalker selbst ausgehen muss. Diese schädigende Wirkung, die Stalking-Verhalten auf die Psyche der Opfer hat, wird durch die stetige Betonung des angeblich dem Stalking immanenten Gewaltpotentials verstärkt. Das liegt zum einen daran, dass die Angst von Stalking-Opfern, Ziel einer physischen Attacke zu werden, die sie am Ende sogar das Leben kosten könnte, durch die große Medienpräsenz von tödlichen Stalking-Fällen naturgemäß noch intensiviert wird.608 Zum anderen birgt die stetige Konzentration auf tatsächliche körperliche Gewalt das zusätzliche Risiko, dass Strafverfolgungsbehörden und Opferhilfestellen das schon eingetretene signifikante Leiden der Opfer infolge der stetigen Angst, der Hilflosigkeit und der permanenten Erwartung eines physischen Übergriffes unterschätzen.609 604

So auch Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (24 ff.). 605 Vgl. Kühner/Weiß, Gesundheitliche Folgen, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 79 (79), Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 58 f.; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (33); Dreßing/MaulBacker/Gass, NStZ 2007, S. 253 (253). 606 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (52). So stellten auch Löbmann und Herbers im Rahmen einer Untersuchung in Niedersachsen fest, dass beim Stalking im Vergleich zu Fällen häuslicher Gewalt weit weniger Körperverletzungen zu verzeichnen waren, dafür aber weit mehr Bedrohungen, Nötigungen und Beleidigungen, vgl. Löbmann/Herbers, Häusliche Gewalt, S. 172. 607 Vgl. dazu B. IX. 608 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

XI. Risikoanalyse in Stalking-Fällen Angesichts der Feststellung, dass es in Fällen von Stalking grundsätzlich zu einer tödlichen Gewalteskalation kommen kann, auch wenn dies nur höchst selten der Fall ist, stellt sich fast zwangsläufig die Frage, ob und wie sich eine solche Eskalation vorhersagen lässt.610 Seit jeher liegt daher ein Schwerpunkt der verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Stalking-Forschung darauf, eine Bewertung und Vorhersage des Risikos zu treffen, um auf diese Weise eine spätere Eskalation wirksam verhindern zu können.611 Doch auch die Untersuchungen in diesem Bereich612 haben mit dem Problem der enormen Heterogenität des Stalking-Phänomens zu kämpfen.613 So wurde früh klar, dass die mannigfaltigen Formen des Stalking, die verschiedenen Motivationen der Stalker, die unterschiedliche Dauer und die vielfältigen Auswirkungen des Verhaltens auf die Opfer zwar entscheidende Faktoren für die Bewertung des mit dem Stalking verbundenen Risikos sind, in jedem individuellen Fall jedoch ganz spezifische Bedeutungen und Implikationen haben. Hinzu kommt, dass sich die Bewertungen sogar innerhalb eines einzigen Falles ändern können, wenn sich beispielsweise die Beziehung zwischen Stalker und Stalkee oder die dem Verhalten zugrunde liegende Motivation wandelt.614 Diese Feststellungen haben für die Risikobewertung in Stalking-Fällen mehrere Implikationen. Zum einen muss eine zuverlässige Risikoeinschätzung sowohl eine umfassende Analyse des Charakters und des Verhaltens von Stalker und Stalkee beinhalten als auch eine Berücksichtigung des sozialen und kulturellen Kontextes, in dem sich das Stalking-Verhalten abspielt. Da sich, wie oben beschrieben, das Risiko zudem stetig ändern kann, 609 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 205; Pathé/Mullen, (1997) 170 British Journal of Psychiatry, S. 12 (16); Hoffmann, Stalking, S. 169 f. 610 Miller, Stalking Investigation, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 387 (405 f.). 611 Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (52). 612 Ausführlich zu Methoden und Grenzen sowie Kriterien der Risikoanalyse und Vorhersage zukünftiger Gewalt vgl. Davis/Stewart/Siota, Prediction of Dangerousness, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 261 ff.; Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 120 ff.; Lipson/Mills, Tarasoff Case, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 257 (269 f.); Hart, (1998) 3 Legal and Criminological Psychology, S. 121 (122 ff.). 613 James/Farnham, (2003) 31 The Journal of the American Academy of Psychiatry and the Law, S. 432 (438). 614 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (51, 54).

XI. Risikoanalyse in Stalking-Fällen

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ist es außerdem von besonderer Bedeutung, die Einschätzung der Situation ständig zu aktualisieren und dabei jede Veränderung der Umstände sowie der Charaktere einzubeziehen.615 Zum anderen ist es wichtig zu berücksichtigen, dass sich aufgrund dieser vielfältigen und facettenreichen Interdependenzen bislang noch keine allgemeingültigen und vor allem verlässlichen Aussagen über die individuelle Gefährlichkeit eines Stalkers treffen lassen. Dies beruht auch darauf, dass sich die derzeit vorhandenen Studien vor allem auf die Untersuchung forensischer Populationen konzentrieren, bei denen regelmäßig eine erhöhte Gewaltbereitschaft sowie verstärkt psychopathologische Auffälligkeiten der Stalker anzutreffen sind, was die Ergebnisse der Studien verzerrt haben könnte.616 Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen werden zur Erstellung einer Risikoanalyse in der Stalking-Forschung aktuell folgende Faktoren in Erwägungen gezogen. White und Cawood identifizierten die Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht, das Ausstoßen direkter verbaler Drohungen oder Drohungen mit Suizid, Gefühle wie Ärger, Wut oder Größenwahn, eine wahrscheinliche Persönlichkeitsstörung, eine Dreiecksbeziehung mit dem Strafverfolgungsund Justizsystem, das Auftreten depressiver Symptome, Unterbeschäftigung, eine lang andauernde Beschäftigung mit dem Opfer, das An-den-Tag-Legen physischer Annäherungsversuche, ein ausdrückliches Gefühl der Verzweiflung mit dem Wunsch, die Situation „lösen“ zu wollen, sowie Kaufen, Verkaufen oder Tragen von Feuerwaffen als signifikante Risikofaktoren für einen Gewaltausbruch. Im Gegensatz dazu gelten die Abwesenheit von Gewalt in den zehn Jahren, in denen der Stalker sein Opfer gekannt hat, die Abwesenheit von bekannten psychotischen Wahnvorstellungen oder von einem akuten psychotischen Zustand sowie die Abwesenheit von bekanntem Alkohol- oder Stimulanzienmissbrauch als Faktoren, die das Risiko einer Gewalteskalation abmildern.617 615 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (54, 62). 616 Habermeyer, Forensisch-Psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (41); Voß, Stalking in Normalpopulation, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 60 (60 f.); Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (197). 617 White/Cawood, Threat Management, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 295 (306). Brewster entdeckte im Rahmen einer Studie, dass das Ausstoßen verbaler Drohungen sowie der Missbrauch von Alkohol und Betäubungsmitteln durch Stalker statistisch signifikante Faktoren für die Vorhersage zukünftiger Gewalt sind, während dies für die Penetranz des Verhaltens an sich gerade nicht gilt, vgl. Brewster, Predictors of Physical Violence, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 292 (304 f.). Im Gegensatz dazu fanden Farnham und James keinen Zusammenhang zwischen Gewalt und Betäubungsmittelmissbrauch, vgl. Farnham/ James, Stalking and Serious Violence, S. 2.

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Im Unterschied zu diesem rein deskriptiven Ansatz unterteilt Hoffmann die von ihm als sogennante Risiko-Variablen bezeichneten Faktoren in drei systematisierende Kategorien, um auf diese Weise das Risiko einer Gewalteskalation abschätzen zu können. Diese drei Gruppen, die als Indikatoren dienen, sind dabei „statische Risiko-Variablen“, „dynamische Risiko-Variablen“ und „situative Faktoren“. Die Kategorie der statischen Risiko-Variablen umfasst das Vorhandensein von Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Eifersuchtswahn ebenso wie eine Vorgeschichte von Gewalttätigkeit, Drogen- oder Alkoholmissbrauch sowie frühere und aktuelle Drohungen gegen das Opfer. Diese statischen Faktoren beschreiben dabei verhältnismäßig unveränderliche Rahmenbedingungen, die sich im Verlaufe des Stalking kaum verändern können, da sie zu einem großen Teil in der Vorgeschichte des Täters begründet sind. Im Gegensatz dazu sind die dynamischen Risiko-Variablen dadurch gekennzeichnet, dass sie sich im Zuge des Stalking-Verlaufs häufig ändern und dabei die aktuellen Einstellungen und Haltungen des Stalkers als Manifestation seiner subjektiven Realitätswahrnehmung sowie seiner handlungsleitenden Motivationen widerspiegeln. Als Beispiele für dynamische Risikofaktoren nennt Hoffmann das aktuelle Ausmaß der Fixierung auf das Opfer sowie eine gegenwärtige Feindseligkeit dem Opfer gegenüber.618 Ergänzt werden diese beiden Aspekte durch die sie umgebenden situativen Faktoren. Dazu gehört vor allem das situative Umfeld, in dem sich das Stalking-Verhalten abspielt. Beispielhaft sind an dieser Stelle die räumliche Entfernung zwischen Stalker und Opfer sowie verbindende soziale Berührungspunkte wie ein gemeinsames Kind, die gleiche Arbeitsstätte oder ein geteilter Freundeskreis zu nennen.619 Hoffmann betont zudem, dass bei der Bewertung des Eskalationsrisikos in einem konkreten Stalking-Fall neben der Berücksichtigung der genannten Faktoren der Aspekt der Dynamik nicht übersehen werden darf. Der Begriff der Dynamik bezeichnet vor allem potentielle Interaktionen zwischen Opfer und Stalker, die bei Letzterem zu einer Verhaltensänderung und damit am Ende zu einer Eskalation führen könnten. Solche Ereignisse, die Meloy auch als „dramatic moments“,620 als dramatische Momente, bezeichnet, können z. B. das Einreichen der Scheidung durch das Opfer, eine Verhandlung um das Sorgerecht des Kindes, die Beantragung einer Schutzanordnung oder das 618 Hoffmann, Risikoanalyse und Management, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 193 (198 f.); Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (38). 619 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (39); Hoffmann, Risikoanalyse und Management, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 193 (201). 620 Meloy, (1997) American Journal of Psychotherapy, S. 174 (183).

XI. Risikoanalyse in Stalking-Fällen

135

Eingehen einer neuen Beziehung durch das Opfer sein. In derartigen Phasen, in denen sich der Stalker durch situative Einflüsse zurückgewiesen oder herabgesetzt fühlt, steigt das Gewaltpotential deutlich an.621 Abschließend kann noch auf das Modell zur Risikoanalyse von Mullen, Pathé, Purcell und Stuart verwiesen werden, welches das Risiko nach Maßgabe der von diesen Autoren entwickelten Stalker-Typologie bewertet.622 So ordnen Mullen, Pathé, Purcell und Stuart den einzelnen Stalker-Typen ein unterschiedlich hohes Risiko zu, gewalttätig zu werden. Während die zurückgewiesenen Stalker ihre Opfer mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 59% körperlich attackierten, lag die Rate mit rund 50% nur bei den beutesuchenden Stalkern vergleichbar hoch. Im Gegensatz dazu waren Gewalteskalationen bei den Intimität suchenden, den inkompetenten sowie bei den rachesuchenden Stalkern weit weniger häufig anzutreffen.623 Trotz der Entwicklung dieser zahlreichen Kriterien zur Risikoeinschätzung in Stalking-Fällen624 geben selbst Experten zu, dass es sich um eine unvollkommene Kunst („imperfect art“) handelt, die einerseits kostenintensiv und zeitaufwendig ist,625 andererseits aber keine ausreichend robusten und verlässlichen Erkenntnisse liefert, um mit Sicherheit diejenigen Stalker identifizieren zu können, die später gewalttätig werden.626 Es kann lediglich festgehalten werden, dass die verschiedenen Studien darauf hindeuten, dass in den meisten Stalking-Fällen das Risiko einer Gewalteskalation erhöht ist, wenn zwischen Täter und Opfer eine vorhergehende Intimbeziehung bestanden hat oder wenn der Stalker Drohungen gegen das Opfer ausgestoßen hat.627 621 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (39 f.); Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 119; Meloy, (1997) American Journal of Psychotherapy, S. 174 (183). 622 Vgl. dazu B. VII. 2. c). 623 Vgl. Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1249); Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (58). 624 Vgl. dazu außerdem Carll, Violence in Our Lives, S. 70 ff., die einer Risikoanalyse je nach Stalking-Konstellation verschiedene Faktoren zugrunde legt. 625 White/Cawood, Threat Management, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 295 (311). 626 Wells, Prosecuting Those Who Stalk, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 427 (442); James/Farnham, Stalking and Violence, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 26 (33). 627 Vgl. Rosenfeld, Stalking Risks, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 12-1 (12-16); Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (58); Zona/Sharma/Lane, (1993) 38 Journal of Forensic Sciences, S. 894 (902); Mullen/Pathé/Purcell/Stuart, (1999) 156 American Journal of Psychiatry, S. 1244 (1249); Schwartz-Watts/Morgan, (1998) 26 The Journal of the

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B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

XII. Ausgewählte Statistiken zur Prävalenz des Stalking Die folgende Darstellung ausgewählter Statistiken zur Prävalenz des Stalking soll einen Eindruck von dem groben Ausmaß des Stalking-Phänomens als soziale Problemkonstellation vermitteln.628 Zu beachten ist, dass die Prävalenzraten der einzelnen Länder nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar sind, da jede Untersuchung ihren Erhebungen eine andere Stalking-Definition zugrunde legt.629 Darüber hinaus unterscheiden sich die Statistiken erheblich hinsichtlich des Teilnehmerkreises, der Teilnehmerauswahl sowie der Befragungsmethodik. Nicht vergessen werden darf außerdem, dass es sich bei dem Stalking um eine Erscheinung mit einer vermutlich hohen Dunkelziffer handelt.630 1. Vereinigte Staaten von Amerika Die erste umfangreiche und insofern aussagekräftige Statistik631 auf dem Gebiet des Stalking wurde von Tjaden und Thoennes im Jahr 1998 in den USA erstellt. Diese bis heute noch einflussreiche und viel zitierte Studie basiert auf einer zufälligen Befragung von 8.000 Männern sowie 8.000 Frauen im Rahmen von Telefoninterviews.632 Dabei wurde eine verhaltensfokussierte Definition von Stalking zugrunde gelegt, die auf die Benutzung des Wortes „Stalking“ bei der Befragung bewusst verzichtete.633 Im Ergebnis gaben 8% der Frauen und 2% der Männer an, einmal in ihrem Leben Opfer von Stalking geworden zu sein.634 Dieser Prozentsatz beAmerican Academy of Psychiatry and the Law, S. 241 (244); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 217; Harmon/Rosner/Owens, (1998) 4 Psychology, Public Policy, and Law, S. 236 (247). Zur spezifischen Beziehung zwischen Gewaltanwendung und Drohung vgl. Rosenfeld, Stalking Risks, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 12-1 (12-3 ff.). Teilweise wird auch Substanzmittelmissbrauch als Indikator für Gewalt gewertet, vgl. Davis/Hanson Frieze, Research on Stalking, in: Davis/Hanson Frieze/ Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 353 (360 f.); Brewster, (2000) 15 Violence and Victims, S. 41 (49 f.). 628 Zum Stalking von Frauen im Iran vgl. Kordvani, Stalking in Iran. 629 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 1, 3. 630 Blackburn, Stalking Victimization, S. 16; Voß, Psychologie des Stalkings, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (37); Löbmann/Herbers, Häusliche Gewalt, S. 238 f. 631 Vgl. Tjaden/Thoennes, Stalking in America. 632 Violence Against Women Grants Office (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence, S. 5; Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 1. 633 Ausführlich zur verwendeten Definition vgl. Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 2 f. 634 Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 3.

XII. Ausgewählte Statistiken zur Prävalenz des Stalking

137

zog sich dabei nur auf schweres Stalking, d.h. auf solches Verhalten, welches bei dem Opfer ein Gefühl der Angst vor körperlicher Gefahr ausgelöst hatte. Hätte man bereits ein leichtes Gefühl der Beunruhigung ausreichen lassen, dann wären sogar 12% der Frauen und 4% der Männer der Studie zufolge schon einmal Opfer von Stalking-Verhalten geworden.635 Des Weiteren wurde festgestellt, dass 78% der Opfer von Stalking-Verhalten weiblichen Geschlechts waren, während 87% der Stalker dem männlichen Geschlecht zuzurechnen waren.636 2. Australien Eine umfassende Statistik wurde auch in Australien bereits im Jahr 1996 im Rahmen des National Violence Against Women Survey durch das australische Büro für Statistik durchgeführt.637 Bei dieser Studie handelte es sich um eine zufällige und repräsentative Befragung von 6.300 Frauen aus der australischen Bevölkerung, die mittels vertraulicher Interviews durchgeführt wurde. Dabei wurde den Teilnehmerinnen die Frage gestellt, ob sie schon einmal von einem Mann gestalkt worden seien.638 In Anlehnung an die zu dieser Zeit geltenden australischen Anti-StalkingTatbestände wurde Stalking definiert als Folgen, Beobachten, vor der Wohnung, dem Arbeitsplatz oder einem Ort Stehen, an dem Freizeitaktivitäten vorgenommen werden, Anrufen, Briefe-Schicken, Beleidigen, anstößiges oder beleidigendes Material Zukommen-Lassen oder Eigentum des Opfers Beschädigen. Dabei mussten entweder zwei verschiedene dieser Verhaltensweisen aufgetreten sein oder eine solche mehrfach. Zudem mussten die Frauen glauben, der Täter habe mit der Absicht gehandelt, das Opfer zu schädigen oder es zu verängstigen.639 Grundsätzlich ist somit zu beachten, dass die Studie von vornherein männliche Opfer und weibliche Täter ausschloss und außerdem eine sehr weite Definition von Stalking zugrunde legte, da das Opfer keinerlei Furcht oder Besorgnis infolge des Verhaltens verspürt haben musste.640 Auf der Basis dieser Studie wurde festgestellt, dass 15% der australischen Frauen schon einmal in ihrem Leben von einem Mann gestalkt worden waren.641 635 636 637 638 639 640

Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 4. Tjaden/Thoennes, Stalking in America, S. 5. Vgl. McLennan, Women’s Safety; McLennan, User Guide. McLennan, User Guide, S. 1, 4. McLennan, Women’s Safety, S. 62, 82. McLennan, Women’s Safety, S. 1, 62, 82; McLennan, User Guide, S. 1.

138

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Dieser relativ hohe Prozentsatz wurde in einer im Jahr 2000 von den australischen Forschern Mullen, Purcell und Pathé durchgeführten schriftlichen Befragung von 1.800 aus dem Wählerverzeichnis ausgesuchten Personen sogar noch übertroffen, obwohl Stalking in dieser Untersuchung einschränkend als ein Verhalten definiert wurde, welches aus mindestens zwei belästigenden Verhaltensweisen bestand und bei dem Opfer Angst ausgelöst hatte. So gaben 32% der Frauen und 13% der Männer an, auf der Basis dieser Definition schon einmal Opfer von Stalking geworden zu sein. Eine Ausweitung dieser Studie auf eine Befragung von 3.700 Menschen ergab, dass fast 25% der Befragten schon einmal leichtem Stalking-Verhalten ausgesetzt waren, d.h. belästigendem Verhalten bei zwei Gelegenheiten, welches bei ihnen Angst ausgelöst hatte. Immerhin noch 10% waren multiplen Formen der Belästigung ausgesetzt gewesen, die über eine Periode von mindestens einem Monat anhielten. Im Ergebnis waren Frauen zweimal so häufig von Stalking betroffen wie Männer.642 3. Vereinigtes Königreich 1998 untersuchten Budd und Mattinson643 im Rahmen des British Crime Survey die Prävalenz von Stalking in England und Wales. Dazu wurden 9.988 Personen auf zufälliger Basis ausgewählt und befragt, ob sie in ihrem Leben bereits Erfahrung mit andauernder und unerwünschter Aufmerksamkeit seitens einer anderen Person gemacht hätten. Ein Gefühl der Furcht mussten sie infolge dieser Aufmerksamkeit nicht notwendig empfunden haben, um sich im Rahmen der Befragung als betroffen bezeichnen zu können.644 Insgesamt ergab sich daraus, dass 11,8% der Bevölkerung schon einmal von Stalking betroffen waren. Geschlechterspezifisch betrachtet lag der Anteil betroffener Frauen bei 16,1% und der der betroffenen Männer bei 6,8%.645 Diese Befragung wurde im Jahr 2001 durch Walby und Allen646 erneut überprüft und damit aktualisiert. So untersuchten diese die Häufigkeit von interpersoneller Gewalt bestehend aus häuslicher Gewalt, sexuellen Über641

McLennan, Women’s Safety, S. 62. Vgl. Purcell/Pathé/Mullen, (2002) 36 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 114 (115 ff.); Purcell/Pathé/Mullen, Stalking Victimisation, S. 4. 643 Vgl. Budd/Mattinson, Home Office Research Study 210. 644 Budd/Mattinson, Home Office Research Study 210, S. v. 645 Budd/Mattinson, Home Office Research Study 210, S. v. 646 Vgl. Walby/Allen, Home Office Research Study 276. 642

XII. Ausgewählte Statistiken zur Prävalenz des Stalking

139

griffen und Stalking.647 Im Rahmen dieser repräsentativen Untersuchung wurden 22.463 Frauen und Männer, die auf zufälliger Basis aus den Mitgliedern privater Haushalte in England und Wales ausgewählt worden waren, mittels eines computerbasierten selbstauszufüllenden Fragebogens dazu befragt, ob sie bereits einmal in ihrem Leben und im vergangenen Jahr Opfer von häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen oder Stalking gewesen waren.648 Stalking wurde dabei definiert als ein Verhaltensmuster, welches zwei oder mehrere Gelegenheiten von Belästigungen umfasst, die Angst, Furcht oder Beunruhigung hervorrufen. Zudem mussten die Belästigungen den drei Kategorien Telefonanrufe oder Briefe, Vor-der-Wohnung- oder Vor-dem-Arbeitsplatz-Herumlungern und Sachbeschädigung zuzuordnen sein.649 Unter Zugrundelegung dieser Definition ergab sich, dass 18,9% der Frauen und 11,6% der Männer schon einmal in ihrem Leben Opfer von Stalking-Verhalten geworden waren.650 Damit ergibt sich im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 1998 bei den Frauen ein Anstieg um 2,8% und bei den Männern gar um 4,8%. Allerdings räumen Walby und Allen ein, dass dies nicht nur auf die verstärkte Sensibilisierung der Öffentlichkeit, sondern auch auf methodologische Unterschiede bei der Befragung zurückzuführen sein könnte.651 4. Deutschland Die bislang umfangreichste statistische Erhebung zur Stalking-Betroffenheit in Deutschland652 wurde von der Arbeitsgruppe Stalking des Instituts für Psychologie der Technischen Universität Darmstadt in Zusammenarbeit mit der Opferschutzorganisation Weißer Ring e.V. durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung füllten sowohl betroffene Stalkees als auch Stalker auf eigene Initiative 551 Online-Fragebögen aus.653 Diese Methodik der Internet-Befragung führt dazu, dass nur Angaben von Personen erfasst werden können, die sich selbst entweder als Opfer oder als Täter von Stalking bezeichnen. Damit sind keinerlei allgemeine 647

Walby/Allen, Home Office Research Study 276, S. i. Walby/Allen, Home Office Research Study 276, S. v, 117. 649 Walby/Allen, Home Office Research Study 276, S. 4 f. 650 Walby/Allen, Home Office Research Study 276, S. 14. 651 Walby/Allen, Home Office Research Study 276, S. 116. 652 Ausführlich zu dieser Untersuchung und ihren Ergebnisses vgl. Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger. 653 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 159. 648

140

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Angaben über den Verbreitungsgrad von Stalking in der Gesamtbevölkerung möglich.654 Zudem ist anzunehmen, dass diese Befragungsmethodik vor allem Opfer von schwerem Stalking anspricht, da die Opfer Zeit und Mühe auf sich nehmen müssen, den Fragebogen auszufüllen.655 Damit ist eine Verzerrung der Zahlen nicht auszuschließen. Die Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass 84,8% der Stalking-Opfer weiblich und 59,4% der Stalker männlich waren.656 Zudem schätzen die Autoren der Studie, dass die generelle Prävalenzrate von Stalking in Deutschland mit der in der ersten US-amerikanischen Studie ermittelten vergleichbar ist. Das würde bedeuten, dass 8% der Frauen und 2% der Männer in Deutschland einmal in ihrem Leben von Stalking betroffen wären.657 Eine weitere Studie in diesem Bereich wurde von Dreßing, Kühner und Gass658 auf repräsentativer Basis in der Stadt Mannheim durchgeführt, in deren Rahmen nach dem Zufallsprinzip ausgewählte 1.000 Männer und 1.000 Frauen angeschrieben wurden.659 Dabei wurde Stalking definiert als das An-den-Tag-Legen von mindestens zwei unerwünschten Kontaktaufnahmen mit multiplen, d.h. mindestens zwei verschiedenen, Verhaltensweisen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen, die bei dem Befragten Angst ausgelöst haben mussten.660 Im Ergebnis konnte eine Stalking-Betroffenheit von insgesamt 11,6% ermittelt werden. Dabei waren 17,3% der Frauen und 3,7% der Männer in ihrem Leben bereits einmal Opfer von Stalking geworden. In 85,5% der Fälle waren die Täter männlichen Geschlechts.661 654 Generell zur Problematik von Internetbefragungen vgl. Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking – Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 27 ff. 655 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 159. 656 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 33, 99. 657 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 159; Wondrak/Meinhardt/Hoffmann/Voß, Opfer von Stalking, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 45 (60). 658 Vgl. Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 27 ff.; Dreßing/Kühner/Gass, (2005) 187 British Journal of Psychiatry, S. 168 ff.; Dreßing/Kühner/Gass, Psychiatrische Praxis 2005, S. 73 ff. 659 Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 27 (27); Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 175 (175). 660 Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 175 (176); Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 27 (29).

XIII. Zwischenergebnis: Das Phänomen „Stalking“

141

5. Ergebnis Obwohl diese Studien aufgrund unterschiedlicher Definitionen und verschiedener Befragungsmethoden zu abweichenden Ergebnissen kommen,662 hat es inzwischen in der Stalking-Forschung mehrere Versuche gegeben, die statistischen Erhebungen zu vergleichen, um dadurch ein einheitliches Ergebnis zu ermitteln. Nach einem Vergleich der verschiedenen Arbeitsdefinitionen kommt Hoffmann zu dem Ergebnis, dass zwischen 5 und 7% der Menschen einmal in ihrem Leben von extremem Stalking-Verhalten betroffen sind und infolgedessen Angst um sich oder einen anderen Menschen verspüren. Etwas mehr als 10% machen dagegen Erfahrungen mit Stalking, wenn eine weite Definition zugrunde gelegt wird, die schon leichtes Stalking-Verhalten ausreichen lässt, aber dennoch das Auslösen von Furcht bei dem Opfer als konstitutives Element fordert. Geht man von sehr leichten Formen der Belästigung aus, so kann gar eine Betroffenheit von 25% verzeichnet werden.663 In geschlechterspezifischer Hinsicht folgert Dreßing unter Berücksichtigung aller epidemiologischen Studien, dass ungefähr 12 bis 16% der Frauen und ca. 4 bis 7% aller Männer einmal in ihrem Leben gestalkt werden.664

XIII. Zwischenergebnis: Das Phänomen „Stalking“ Zusammenfassend kann mit Meyer festgehalten werden: „Der Untersuchungsgegenstand umfasst mithin eine Vielzahl zum Teil stark heterogener Verhaltensweisen, die vor allem dadurch gekennzeichnet sind, dass sie eine gewisse Kontinuität und Häufigkeit aufweisen und durch ein inneres Band miteinander verknüpft sind, sodass von einem zwar vielgestaltigen, dennoch aber komplexen Täterverhalten gesprochen werden kann. Denn trotz der mitunter starken Abweichungen der Erscheinungsformen, die von den konkreten äußeren Umständen und den Persönlichkeiten von Täter und 661 Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 27 (38 f.); Dreßing/Kühner/Gass, Stalking in Deutschland, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 175 (176, 179). 662 Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (52). 663 Hoffmann, Stalking, S. 11 f. Zustimmend Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53). 664 Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (23).

142

B. Genese des Untersuchungsgegenstandes: Das Phänomen „Stalking“

Opfer abhängen können, ist ihnen in ihrer Gesamtheit stets das Handlungsziel gemein, dass der Täter einseitig bewusst, fortwährend und mit hoher Intensität den Kontakt zu seinem Opfer sucht.“665 Da derartiges Stalking-Verhalten für das Opfer eine kaum kontrollierbare, chronische Stresssituation erzeugt, ist das Auftreten schwerwiegender psychischer, sozialer und mitunter auch physischer Schädigungen keine Seltenheit.666 Zudem wird Stalking in der Öffentlichkeit häufig durch die spektakuläre Darstellung schwerwiegender Fälle in den Medien als ein besonders gefährliches Verhalten betrachtet, welches jederzeit in einen gewalttätigen Ausbruch des Stalkers mit schwerer Körperverletzung oder gar Tötung umschlagen kann.667 Aufgrund dessen überrascht es wenig, dass sich das Phänomen Stalking in den vergangenen Jahren auch in Deutschland auf der politischen Agenda als erörterungsbedürftiges, soziales Problem etablieren konnte. Insbesondere seit dem Jahr 2003 findet auf der politischen Ebene, aber auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum verstärkt ein Diskurs um eine spezifische Kriminalisierung von Stalking in Deutschland nach dem Vorbild anderer Länder wie beispielsweise der USA, Australiens, des Vereinigten Königreichs, Kanadas, Irlands, der Niederlande, Belgiens, Japans oder Österreichs statt, der durch die Implementierung eines Tatbestandes der „Nachstellung“ im Jahr 2007 eine gesetzgeberische Antwort gefunden hat.

665

Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (253). Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (21); Dreßing/Maul-Backer/Gass, NStZ 2007, S. 253 (253). 667 Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160. 666

C. Die rechtliche Situation in Australien I. Rechtsquellen des Strafrechts in Australien Das Commonwealth of Australia ist ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland ein Bundesstaat, in welchem die Gesetzgebungskompetenzen nach Maßgabe der Verfassung, des Commonwealth of Australia Constitution Act 1900 (Cth), zwischen dem Commonwealth auf Bundesebene und den sechs states auf Länderebene aufgeteilt sind. Das Australian Capital Territory sowie das Northern Territory verfügen durch ihren Status als Territorien nicht über originär verfassungsmäßige Gesetzgebungskompetenzen, sondern leiten die ihnen zustehenden Befugnisse allein aus der Übertragung dieser Rechte durch das Commonwealth ab. Ähnlich wie im deutschen Verfassungsrecht stehen sämtliche Gesetzgebungskompetenzen den states zu, es sei denn, sie sind gemäß s 51 Commonwealth of Australia Constitution Act 1900 (Cth) ausdrücklich dem Commonwealth zugewiesen. Da s 51 Commonwealth of Australia Constitution Act 1900 (Cth) keinerlei Regelungen hinsichtlich des Strafrechts trifft, steht die Gesetzgebungskompetenz bezüglich des Straf- und Strafprozessrechts den states zu.1 Ausnahmen gelten nur für Strafbestimmungen im Hinblick auf Materien, die ausschließlichen Bezug zum Commonwealth haben wie z. B. das Einführen von Drogen, der Sozialversicherungsbetrug oder Delikte gegen das Eigentum des Commonwealth.2 Folglich liegt die Kompetenz zur Verabschiedung eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Australien allein bei den Parlamenten der states und territories. Ergänzend zu dem nach Maßgabe der verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung erlassenen Gesetzesrecht gilt in Australien sowohl das australische common law als auch das common law von England und Wales, sofern es nicht ausdrücklich durch eine abweichende gesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt worden ist.3 Grund dafür ist, dass nach der Annektierung Australiens als sogenannte terra nullius durch das British Empire das common law of England and 1

Kenny, Criminal Law, S. 2. Goode, (2002) 26 Criminal Law Journal, S. 152 (152); Crofts/Barker, Criminal Law, S. 1. 3 Rush/Yeo, Criminal Law, S. 1; Findlay/Odgers/Yeo, Criminal Justice, S. 7. 2

144

C. Die rechtliche Situation in Australien

Wales als alleinig geltendes Recht in Australien eingeführt wurde.4 Im Bereich des Strafrechts bildet daher das englische common law immer noch die Hauptrechtsquelle in den Bundesstaaten New South Wales, South Australia und Victoria sowie im Australian Capital Territory.5 Obwohl das common law mittlerweile auch in diesen Rechtsordnungen durch den Gesetzgeber sowie durch die Rechtsprechung australischer Gerichte, die teilweise von der Rechtsprechung der britischen Gerichtsbarkeit abweicht, modifiziert wurde,6 müssen die Strafgesetze immer noch im Lichte des traditionellen common law ausgelegt werden, sofern ihr Wortlaut dem nicht ausdrücklich entgegensteht.7 Im Gegensatz dazu fand in den australischen Bundesstaaten Queensland und Western Australia eine Kodifikation des Strafrechts statt, welche das common law vollständig verdrängte.8 Mittlerweile hat Tasmanien ebenso wie das Northern Territory eine überarbeitete Version der beiden Criminal Code übernommen.9 Auch das Australian Capital Territory entwickelt sich langsam zu einem sogenannten code state.10

II. Vorbemerkungen zum Strafrecht in Australien Damit steht das Strafrecht Australiens in der britischen Tradition des common law, dessen Prinzip „actus non facit reum, nisi mens sit rea“ folglich auch elementarer Bestandteil des australischen Strafrechts ist.11 Dieser Maxime folgend ist Grundvoraussetzung jeglicher strafrechtlicher Verantwortlichkeit die freiwillige Vornahme einer Handlung oder das freiwillige Unterlassen einer Tätigkeit, zu deren Vornahme eine rechtliche Verpflichtung bestand, welche einen Schaden („social harm“) hervorgerufen hat. Diese Komponente wird als actus reus bezeichnet.12 4

Kenny, Criminal Law, S. 1; Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 16 f. Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 3; Waller/Williams, Criminal Law, S. 7; Crofts/Barker, Criminal Law, S. 2. 6 Waller/Williams, Criminal Law, S. 7; Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 3, 17. 7 Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 17. 8 Kenny, Criminal Law, S. 1. 9 Findlay/Odgers/Yeo, Criminal Justice, S. 7; Waller/Williams, Criminal Law, S. 7; Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 17. 10 Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 17. 11 Vgl. McSherry/Naylor, Australian Criminal Laws, S. 58; Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 330; Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 113; Crofts/Barker, Criminal Law, S. 14. 12 Siegel, Criminology, S. 20; Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (453). 5

III. Rechtshistorische Entwicklung der Anti-Stalking-Strafgesetzgebung

145

Das Handeln oder Unterlassen muss zudem von der sogenannten mens rea, also dem Vorsatz, umfasst sein und vor Gericht zweifelsfrei bewiesen werden, um bestraft werden zu können.13 Das mens rea-Element ist dabei Indikator für die moralische Schuld („moral blameworthiness“) des Täters,14 welche nur dann gegeben ist, wenn dieser auch tatsächlich einen auf eine Rechtsgutsverletzung gerichteten Vorsatz („guilty mind“) gebildet hat.15 Dieses über Jahrhunderte geltende Grundprinzip des common law, demzufolge der Beweis des Vorsatzes die Grundvoraussetzung jeglicher strafrechtlicher Verantwortlichkeit ist, kann im australischen Strafrecht jedoch durch ein Parlamentsgesetz für einzelne Delikte abbedungen werden.16

III. Rechtshistorische Entwicklung der Anti-Stalking-Strafgesetzgebung in Australien Die wachsende gesellschaftspolitische Relevanz des Phänomens Stalking,17 die aufgrund spektakulärer Fälle gleichsam zwangsläufig mit verstärkter öffentlicher Aufmerksamkeit einherging, erreichte Anfang der 1990er Jahre nach den Vereinigten Staaten auch Australien. Die dadurch in Gang gebrachte Diskussion um die Schaffung rechtlicher Interventionsinstrumente mündete bereits im Jahr 1993 in der Verabschiedung des ersten Anti-Stalking-Straftatbestandes im australischen Bundesstaat Queensland.18 Diesem Schritt folgten die fünf übrigen australischen Bundesstaaten sowie die beiden Territorien in den darauffolgenden zwei Jahren.19 Damit war Stalking in Australien bereits im Jahr 1995 flächendeckend strafbar.20 13 Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 113; Eburn/Hayes, Criminal Law, S. 14. 14 Waller/Williams, Criminal Law, S. 7. 15 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (453); Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 24; Crofts/Barker, Criminal Law, S. 21. 16 Gillies, Criminal Law, S. 46 f. 17 Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 57. 18 Vgl. Currie, Stalking and Domestic Violence, S. 2; Ogilvie, Stalking: Policing, S. 2. 19 Vgl. dazu hinsichtlich Tasmaniens Schurr, (1996) 20 Criminal Law Journal, S. 153 (155); hinsichtlich Queenslands Shanahan/Irwin/Smith, Queensland Criminal Law, S. 609 ff.; Kenny, Criminal Law, S. 266 ff.; hinsichtlich Südaustraliens Lunn, Criminal Law SA, Band 1, S. 4139 ff.; Schurr, (1994) 18 Criminal Law Journal, S. 337 (342 f.); hinsichtlich Westaustraliens Kenny, Criminal Law, S. 268 f.; hinsichtlich Victorias Waller/Williams, Criminal Law, S. 50. Vgl. dazu außerdem Bagaric/Arenson, Criminal Laws, S. 281; Clough/Mulhern, Criminal Law, S. 41; Ross, Crime, S. 963 f. 20 Kritisch zur rechtlichen Situation hinsichtlich des Stalking im benachbarten Neuseeland vgl. Mountfort, (2001) 32 Victoria University of Wellington Law Review, S. 999 ff.; Law Reform Commission of Hong Kong, Report, S. 91 ff.

146

C. Die rechtliche Situation in Australien

Begründet wurde dieser Schritt durchweg in allen australischen Bundesstaaten mit dem Argument, es müsse in mehrfacher Hinsicht eine Gesetzeslücke geschlossen werden.21 Zum einen klaffe im Bereich des Strafrechts eine Lücke, da einzelne Stalking-Handlungen nicht mit den herkömmlichen Tatbeständen erfasst werden könnten. Eine Strafbarkeit von Stalking als solchem sei im Übrigen nicht gegeben. Zum anderen ergebe sich eine unüberwindbare Kluft im Schnittbereich zwischen Straf- und Zivilrecht, weil zivilrechtliche Maßnahmen im außerfamiliären Bereich22 nur sehr schwer zu erstreiten seien. Diese zivilrechtliche Vorgehensweise erlege dem StalkingOpfer außerdem unverhältnismäßig hohe Anstrengungen auf. Der simultan herrschende Mangel an geeigneten strafrechtlichen Interventionsmöglichkeiten führe mithin zu einer Gesetzeslücke, die das Opfer faktisch schutzlos stelle.23 Zwar waren in Australien selbst vor der Einführung der spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestände vereinzelte Stalking-Aktivitäten wie beispielsweise das Belästigen, das gezielte Einschüchtern oder das böswillige Kommunizieren punktuell strafbar, doch war die tatsächliche Verurteilungsquote von Stalkern nach Maßgabe dieser historisch auf andere Fälle zugeschnittenen Tatbestände sehr gering. So richtete sich der in Südaustralien bis zum Jahr 1992 geltende Tatbestand aus s 264 Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA), der Praktiken der Einschüchterung verbot, ursprünglich gegen rechtswidriges Verhalten bei Arbeitskämpfen.24 Dennoch wäre es grundsätzlich möglich gewesen, gewisse Stalking-Handlungen wie z. B. das Einschüchtern, das hartnäckige Verfolgen oder das Beobachten eines Hauses sowie das Herumlungern vor einem Haus darunter zu subsumieren. Gleiches gilt für die inzwischen ebenfalls aufgehobene s 550 Criminal Code 1913 (WA). Doch obwohl beide Vorschriften semantisch in der Lage gewesen wären, vereinzelte StalkingPraktiken zu erfassen, ist es aufgrund ihres historischen Kontextes und wegen der vergleichsweise niedrigen Strafandrohung nie zu der Verurteilung eines Stalkers nach Maßgabe dieser Normen gekommen.25 21 Model Criminal Code Officers Committee of the Standing Committee of Attorneys-General, (1996) Commonwealth Law Bulletin, S. 888 (895); Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (43); Harbidge, (1996) 17 The Queensland Lawyer, S. 67 (67); Goode, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 21 (24); Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 53. 22 Zu den rechtlichen Interventionsmöglichkeiten in Fällen häuslicher Gewalt im Commonwealth of Australia vgl. Alexander, Domestic Violence, S. 24 ff.; Douglas/ Godden, (2003) 27 Criminal Law Journal, S. 32 ff.; Marshall/Castle, Restraining Orders, S. 4 ff.; Hayden, Stalking Legislation, S. 10 ff. Zum Umgang mit häuslicher Gewalt in Australien vgl. auch Henschel, Learning from Downunder. 23 Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (296). 24 Goode, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 21 (22).

III. Rechtshistorische Entwicklung der Anti-Stalking-Strafgesetzgebung

147

Eine andere mögliche Vorgehensweise gegen Stalker, die in Westaustralien etwas häufiger zum Zuge kam, bot s 43 (1) Police Act 1892 (WA). Dieser Vorschrift zufolge konnte ein Polizist eine Person auch ohne Haftbefehl festnehmen, sofern es einen gerechten Grund zu der Annahme gab, die Person hege eine böse Absicht („any evil designs“). Gleiches war möglich, wenn der Polizist eine Person betraf, die in einer Straße herumlungerte, ohne dafür ausreichende Gründe angeben zu können. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass aufgrund dieser Ermächtigung etliche Stalker festgenommen werden könnten, die sich z. B. vor der Wohnung des Opfers aufhalten, es verfolgen oder ständig beobachten. Trotz der enormen tatbestandlichen Weite dieser Vorschrift, die ein sofortiges polizeiliches Einschreiten ermöglicht, unterliegt sie auch Einschränkungen, die ihre Wirksamkeit in vielen Stalking-Fällen in Frage stellt. So muss der Polizist den Stalker bei seinen Stalking-Aktivitäten gleichsam auf frischer Tat betreffen. Zudem ist Voraussetzung, dass der Stalker keine ausreichenden Gründe für seine Anwesenheit angeben kann. Dabei ist es offenkundig, dass es für den Stalker ein Leichtes sein dürfte, sich vor Aufnahme der Stalking-Aktivitäten einen Grund für seine Anwesenheit in der entsprechenden Gegend auszudenken.26 Die erste Tatbestandsalternative der „bösen Absicht“ verlangt zudem ein moralisch vorwerfbares Verhalten, welches sich bei äußerlich neutralen Stalking-Techniken wie dem Auf-der-Straße-Stehen oder -Gehen nur schwer nachweisen lässt.27 Aus diesen Gründen erwies sich auch s 43 (1) Police Act 1892 (WA) als Grundlage einer effektiven Strafverfolgung in Stalking-Fällen trotz seiner bedenklichen Unbestimmtheit als nicht geeignet. Letztlich mussten daher in Australien vor Einführung der spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestände die aufkommenden Stalking-Fälle größtenteils nach Maßgabe der bestehenden Deliktstypen als Körperverletzung, Tötung, Eigentumsverletzung oder Bedrohung geahndet werden.28 Da jedoch keineswegs alle Stalking-Fälle anhand der klassischen Tatbestände verfolgt und insbesondere subtil-bedrohliches Verhalten nicht sanktioniert werden konnte, entschieden sich die australischen Gesetzgeber, dem US-amerikanischen Beispiel zu folgen und Stalking als eigenständiges Delikt mit Strafe zu bewehren.

25 Whitney, (1999) Stalking, S. 10. 26 Whitney, (1999) 27 Whitney, (1999) 28 Whitney, (1999)

28 Western Australian Law Review, S. 293 (295); Pechstaedt, 28 Western Australian Law Review, S. 293 (296). 28 Western Australian Law Review, S. 293 (296). 28 Western Australian Law Review, S. 293 (294).

148

C. Die rechtliche Situation in Australien

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen Eine Zusammenschau der in den australischen Bundesstaaten und Territorien geltenden Stalking-Vorschriften ergibt, dass sie zwar mit der Gewährleistung eines verstärkten Opferschutzes eine gemeinsame Stoßrichtung aufweisen, sich in ihrer detaillierten Ausgestaltung jedoch zum Teil erheblich unterscheiden. Im Folgenden wird daher ein Überblick über die verschiedenen Anti-Stalking-Straftatbestände der australischen Bundesstaaten und Territorien gegeben, bevor diese in einem weiteren Schritt verglichen und analysiert werden. 1. Australian Capital Territory a) Actus reus Auf der Ebene des actus reus verbietet der Anti-Stalking-Tatbestand des ACT in s 35 (1) Crimes Act 1900 (ACT) das Stalken einer anderen Person, der sogenannten gestalkten Person. Dabei wird Stalken im Bereich des objektiven Tatbestandes definiert als die Vornahme einer oder mehrerer der im Folgenden aufgezählten Handlungen an mindestens zwei Gelegenheiten.29 Die Aufzählung der potentiell unter den Begriff „Stalking“ subsumierbaren Handlungen enthält dabei das Verfolgen der oder das Sich-Annähern an die gestalkte Person;30 das Sich-Herumtreiben, Beobachten, Sich-Annähern oder Betreten eines Ortes, an dem die gestalkte Person wohnt, arbeitet oder den diese besucht;31 das Unter-Beobachtung-Halten der gestalkten Person;32 das Beeinträchtigen des Eigentums der gestalkten Person;33 das Geben oder Senden von beleidigendem bzw. anstößigem Material an die gestalkte Person oder das Liegenlassen von beleidigendem bzw. anstößigem Material an einer Stelle, an der es wahrscheinlich ist, dass es von der gestalkten Person gefunden, dieser gegeben oder dieser zur Kenntnis gebracht wird;34 das Telefonieren mit der, das Senden elektronischer Nachrichten an die oder das Kontaktieren der gestalkten Person auf jede andere Weise;35 das Senden elektronischer Nachrichten über die gestalkte Person an jemand 29 30 31 32 33 34 35

S S S S S S S

35 35 35 35 35 35 35

(2) (2) (2) (2) (2) (2) (2)

Crimes Act 1900 (ACT). (a) Crimes Act 1900 (ACT). (b) Crimes Act 1900 (ACT). (c) Crimes Act 1900 (ACT). (d) Crimes Act 1900 (ACT). (e) Crimes Act 1900 (ACT). (f) Crimes Act 1900 (ACT).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

149

anderen;36 das Zugänglichmachen elektronischer Nachrichten über die gestalkte Person für jemand anderen;37 das Vornehmen heimlicher Handlungen auf eine Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie bei der gestalkten Person Besorgnis oder Furcht erregt38 sowie das Anden-Tag-Legen von Verhalten, welches zur Einschüchterung, Schikanierung oder Belästigung der gestalkten Person führt.39 Betont werden muss außerdem, dass der Tatbestand ohne einen Taterfolg auskommt. So legt s 35 (5) Crimes Act 1900 (ACT) ausdrücklich fest, dass die Anklage weder beweisen muss, dass die gestalkte oder eine dritte Person tatsächlich Besorgnis oder Angst vor Schaden empfunden hat, noch, dass die gestalkte Person belästigt wurde. Es handelt sich mithin um ein reines Tätigkeitsdelikt. b) Mens rea Auf subjektiver Seite erfordert s 35 (1) Crimes Act 1900 (ACT) vorsätzliches Handeln des Täters. Dabei ist nicht jede Form von Vorsatz ausreichend. Vielmehr muss der Täter als überschießende Innentendenz entweder die Absicht haben, bei der gestalkten oder einer anderen Person Besorgnis oder Furcht vor einem Schaden hervorzurufen,40 oder er muss die Absicht haben, einen Schaden bei der gestalkten oder einer anderen Person herbeizuführen.41 Ausreichend ist zudem die Absicht, die gestalkte Person zu belästigen.42 Gemäß s 35 (4) Crimes Act 1900 (ACT) wird ein solcher Vorsatz jedoch als gegeben betrachtet, sofern der Täter weiß oder es für möglich hält, dass das Stalken der anderen Person bei dieser oder einer dritten Person wahrscheinlich Besorgnis oder Angst vor einem Schaden hervorruft oder die gestalkte Person belästigt. Eine weitere Ausdehnung erfährt der Vorsatzbegriff dadurch, dass der notwendige Vorsatz, bei der gestalkten Person einen Schaden oder Furcht vor einem solchen hervorzurufen, nicht auf den klassischen Begriff des Schadens begrenzt ist. Vielmehr ordnet die Legaldefinition in s 35 (6) Crimes Act 1900 (ACT) an, dass der Begriff „Schaden“ neben dem traditionel36 37 38 39 40 41 42

S S S S S S S

35 35 35 35 35 35 35

(2) (2) (2) (2) (1) (1) (1)

(g) Crimes Act 1900 (ACT). (h) Crimes Act 1900 (ACT). (i) Crimes Act 1900 (ACT). (j) Crimes Act 1900 (ACT). (a) Crimes Act 1900 (ACT). (b) Crimes Act 1900 (ACT). (c) Crimes Act 1900 (ACT).

150

C. Die rechtliche Situation in Australien

len physischen Schaden auch jeden Schaden an der mentalen Gesundheit erfasst. Der Begriff des „Schadens an der mentalen Gesundheit“ soll dabei auch psychologische Schäden umfassen. Damit wird deutlich, dass sich der Gesetzgeber des ACT bewusst dazu entschlossen hat, die psychischen Schäden, die häufig als Folge von Stalking-Verhalten auftreten und die der Täter gerade bezweckt, mit in den Anti-Stalking-Tatbestand einzubeziehen. c) Tatbestandsausschluss Da die Stalking-Tatbestände in aller Regel sehr weit sind und damit die Gefahr bergen, erlaubte Tätigkeiten bestimmter Berufsgruppen wie z. B. von Privatdetektiven, Vertretern oder auch von Journalisten und Fotografen zu kriminalisieren, enthalten viele australische Tatbestände explizite Tatbestandsausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgründe für derartige Tätigkeiten. Im Fall des ACT ist angemessenes Verhalten aus dem Geltungsbereich des Tatbestandes ausgeschlossen, welches von einer Person im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit an den Tag gelegt wird, sofern dieses zur Aufgabe der Person im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit gehört und nicht unter einem anderen Gesichtspunkt rechtswidrig ist, s 35 (3) Crimes Act 1900 (ACT). d) Strafandrohung Im Bereich der Strafandrohung verfügt das ACT über einen Grundtatbestand, in dessen Rahmen eine Höchststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe verhängt werden kann,43 sowie über einen Qualifikationstatbestand, der eine Höchstfreiheitsstrafe von fünf Jahren nach sich zieht.44 Die Qualifikation ist dann erfüllt, wenn der Täter durch die Tat gleichzeitig einer einstweiligen Verfügung oder einer anderen gerichtlichen Anordnung zuwiderhandelt.45 Gleiches gilt, wenn der Täter bei der Tatbegehung im Besitz einer Angriffswaffe ist.46

43 44 45 46

S S S S

35 35 35 35

(1) (1) (1) (1)

(b) Crimes Act 1900 (ACT). (a) Crimes Act 1900 (ACT). (a) (i) Crimes Act 1900 (ACT). (a) (ii) Crimes Act 1900 (ACT).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

151

2. New South Wales a) Actus reus Im Bundesstaat New South Wales ist die gesetzliche Definition des relevanten Stalking-Verhaltens wesentlich kürzer als in den meisten anderen australischen Bundesstaaten und Territorien. So stellt der relevante Tatbestand in s 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW) knapp fest, dass eine Person den objektiven Tatbestand des Stalking erfüllt, wenn sie eine andere Person stalkt oder einschüchtert. In s 562A (1) Crimes Act 1900 (NSW) wird Stalking dann legaldefiniert als das Verfolgen, das Beobachten, das Aufsuchen der Nähe einer Person, das Sich-Annähern an die Wohnung, den Arbeitsplatz oder an jeden anderen Ort, den die Person zum Zwecke sozialer oder freizeitgestaltender Aktivitäten frequentiert. In derselben Sektion wird zudem definiert, was unter dem Begriff des Einschüchterns subsumiert werden kann. So gilt ein Verhalten, welches eine Schikanierung oder Belästigung darstellt,47 ebenso als Einschüchtern wie das wiederholte Anrufen einer Person.48 Gleiches gilt für jegliches Verhalten, welches vernünftige Besorgnis um eine Verletzung der eigenen oder einer dritten Person, mit der die erste Person eine häusliche Beziehung hat, erzeugt,49 sowie für Aktivitäten, welche Besorgnis vor Gewalt oder Beschädigung gegen eine Person oder gegen Eigentum hervorrufen.50 Eine Hilfe für das Gericht im Rahmen der Beweiserhebung enthält zudem s 562A (2) Crimes Act 1900 (NSW). Dieser Vorschrift zufolge kann das Gericht zum Zwecke der tatsächlichen Feststellung, ob das Verhalten des Angeklagten für die Annahme einer Einschüchterung ausreicht, jedes Muster von Gewaltanwendung im Verhalten des Angeklagten berücksichtigen und zwar insbesondere die Gewalt, die auch eine Strafbarkeit wegen häuslicher Gewalt auslösen könnte. Diese Vorschrift lässt deutlich erkennen, dass der Gesetzgeber von New South Wales Stalking immer noch als ein stark mit häuslicher Gewalt verknüpftes Phänomen betrachtet. So war der erste Anti-Stalking-Tatbestand von New South Wales in seiner Anwendbarkeit ausschließlich auf die Fälle beschränkt, in denen Stalker und Stalkee durch eine – sei es auch nur ver47

S 562A (1) (a) Crimes Act 1900 (NSW). S 562A (1) (b) Crimes Act 1900 (NSW). 49 Zur Definition des Begriffs „häusliche Beziehung“ vgl. s 562A (3) Crimes Act 1900 (NSW). 50 S 562A (1) (c) Crimes Act 1900 (NSW). 48

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C. Die rechtliche Situation in Australien

gangene – häusliche Beziehung verbunden waren.51 Zwar wurde diese Beschränkung im Jahr 1994 durch eine Gesetzesänderung aufgehoben, um den empirischen Erkenntnissen der Stalking-Forschung Rechnung zu tragen,52 doch verdeutlicht die noch immer vorhandene Betonung der häuslichen Beziehungen in s 562A (1) (c), (2) Crimes Act 1900 (NSW), dass noch keine vollständige Abkehr von dem Verständnis des Stalking-Phänomens als Ausprägung häuslicher Gewalt stattgefunden hat. Auch der Tatbestand aus New South Wales verzichtet auf das Erfordernis eines tatbestandlichen Erfolges und stellt in s 562AB (4) Crimes Act 1900 (NSW) klar, dass es für eine Verurteilung wegen Stalking bzw. Einschüchterns nicht notwendig ist zu beweisen, dass die mutmaßlich gestalkte Person auch tatsächlich physischen oder mentalen Schaden befürchtet hat. b) Mens rea Auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes verlangt s 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW) die Absicht, bei der gestalkten Person Furcht vor physischem oder mentalem Schaden hervorzurufen. Diese Absicht kann sich gemäß s 562AB (2) Crimes Act 1900 (NSW) auch darauf beziehen, bei der gestalkten Person Furcht vor physischem oder mentalem Schaden einer anderen Person hervorzurufen, mit der diese in einer häuslichen Beziehung lebt. Dieses Absichtserfordernis ist gemäß s 562AB (3) Crimes Act 1900 (NSW) bereits dann erfüllt, wenn der Täter weiß, dass sein Verhalten voraussichtlich die entsprechende Furcht auslöst. Auch in diesem Zusammenhang muss betont werden, dass das mens reaElement im Jahr 1999 modifiziert wurde. Während der ursprüngliche Tatbestand noch die Absicht des Täters verlangte, bei der anderen Person eine körperliche Verletzung herbeizuführen, genügt nach der Novelle durch den Crimes (Apprehended Violence) Act 1999 (NSW) schon die Absicht, bei der anderen Person Furcht vor physischem oder mentalem Schaden hervorzurufen.53 Mit dieser Novelle reagierte der Gesetzgeber auf die Tatsache, dass viele Stalker das Opfer nicht notwendigerweise in Furcht vor körperlichen Schaden versetzen wollen, sondern es darauf anlegen, Kontrolle über den Ex-Partner auszuüben oder psychologischen Schaden anzurichten.54 51

Vgl. dazu auch Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 725; Leal/Robson, (1994) Law Society Journal, S. 30 (33). Selbiges galt in vielen USBundesstaaten hinsichtlich zivilrechtlicher Interventionsmöglichkeiten, vgl. dazu Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (236 f.). 52 Schurr, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 152 (156). 53 Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 725.

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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c) Strafandrohung Bei der Verwirklichung des Stalking-Tatbestandes droht in New South Wales eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von 50 Strafeinheiten oder beides.55 3. Northern Territory a) Actus reus Im Northern Territory verwirklicht gemäß s 189 (1) Criminal Code Act (NT) derjenige den objektiven Tatbestand des Stalking, der entweder wiederholt eine der dort aufgezählten Verhaltensweisen oder eine Kombination aus diesen an den Tag legt. Die in s 189 (1) Criminal Code Act (NT) genannten Verhaltensweisen sind dabei: das Verfolgen des Opfers oder einer anderen Person;56 das Telefonieren mit dem, das Senden elektronischer Botschaften an das oder das Kontaktieren des Opfers oder einer anderen Person in sonstiger Weise;57 das Betreten oder Herumlungern vor oder neben der Wohnung oder dem Geschäftsraum des Opfers oder einer anderen Person oder jedem anderen Ort, welcher von dem Opfer oder einer anderen Person frequentiert wird;58 das Beeinträchtigen von Eigentum, welches sich im Besitz des Opfers oder einer anderen Person befindet, gleichgültig, ob der Täter ein Interesse an dem Eigentum hat oder nicht;59 das Geben von anstößigem bzw. beleidigendem Material an das Opfer oder an eine andere Person oder das Liegenlassen von solchem Material an einem Ort, an dem es von dem Opfer oder von einer anderen Person gefunden wird, diesem gegeben oder zu seiner Kenntnis gebracht wird;60 das Unter-Beobachtung-Halten des Opfers oder einer anderen Person;61 sowie jedwedes Verhalten, von dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es bei dem Opfer Besorgnis oder Angst um seine eigene Sicherheit oder die einer anderen Person verursacht.62 54 Shaw, Crimes Amendment (Apprehended Violence) Bill, Hansard, Legislative Council NSW, 25. November 1999, S. 3676. Vgl. dazu auch NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 241. 55 S 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW). 56 S 189 (1) (a) Criminal Code Act (NT). 57 S 189 (1) (b) Criminal Code Act (NT). 58 S 189 (1) (c) Criminal Code Act (NT). 59 S 189 (1) (d) Criminal Code Act (NT). 60 S 189 (1) (e) Criminal Code Act (NT). 61 S 189 (1) (f) Criminal Code Act (NT). 62 S 189 (1) (g) Criminal Code Act (NT).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Daneben muss der Täter der Regelung aus s 189 (1) Criminal Code Act (NT) zufolge einen Taterfolg herbeiführen. Dieser kann darin bestehen, dass seine Verhaltensweise bei dem Opfer einen physischen oder mentalen Schaden verursacht. Ein ausreichender Taterfolg liegt zudem vor, wenn bei dem Opfer Besorgnis oder Furcht um die eigene Sicherheit oder um die einer anderen Person entstanden ist. Es handelt sich um einen subjektiven Test aus der Opferperspektive, d.h. es kommt darauf an, ob das konkrete Opfer tatsächlich Besorgnis oder Furcht empfunden hat.63 b) Mens rea Auf der subjektiven Tatbestandsseite verlangt s 189 (1) Criminal Code Act (NT) entweder die Absicht, bei dem Opfer physischen oder mentalen Schaden zu verursachen, oder die Absicht, bei dem Opfer Besorgnis oder Furcht um die eigene Sicherheit oder diejenige einer anderen Person hervorzurufen. Dieses Vorsatzerfordernis wird jedoch in s 189 (1A) Criminal Code Act (NT) erheblich abgeschwächt. So gilt die in s 189 (1) Criminal Code Act (NT) geforderte Absicht als gegeben, wenn entweder der Täter weiß oder sich eine vernünftige Person unter Berücksichtigung der besonderen Umständen bewusst gewesen wäre, dass das von dem Täter vorgenommene Verhalten voraussichtlich einen solchen Schaden verursacht oder Besorgnis oder Furcht auslöst. Diese Vorsatzvermutung gilt im Northern Territory erst seit einer Gesetzesnovelle. Die ursprüngliche Fassung des Anti-Stalking-Straftatbestandes hatte zumindest noch das tatsächliche Vorliegen der Absicht verlangt, bei dem Opfer Furcht oder Sorge zu verursachen. Dieses Element wurde nun vollständig entfernt, sodass selbst ein Stalker verurteilt werden kann, der aufrichtig daran glaubt, seine Handlungen seien Ausdruck seiner Liebe gegenüber dem Opfer, solange nur eine vernünftige Person anders darüber denken würde.64 c) Strafandrohung Die Verwirklichung des Grundtatbestandes zieht eine Höchststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe nach sich.65 Im Gegensatz dazu beträgt die Höchstfreiheitsstrafe der Qualifikation fünf Jahre.66 Qualifizierend wirken 63 64 65

Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 179. Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 179 f. S 189 (2) (a) Criminal Code Act (NT).

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dabei die Zuwiderhandlung gegen eine Kautionssauflage, gegen eine einstweilige Verfügung sowie gegen eine andere gerichtliche Anordnung.67 Auch der Besitz einer Angriffswaffe wirkt sich strafschärfend aus.68 4. Queensland a) Vorbemerkungen Wie dargelegt, war Queensland die erste australische Rechtsordnung, in der Stalking im Jahr 1993 spezifisch kriminalisiert wurde. Die ursprüngliche Vorschrift69 wurde aber schon bald als unnötig komplex und teilweise unklar kritisiert. Neben dieser generellen Kritik wurden auch einzelne Elemente des Tatbestandes beanstandet, wie beispielsweise die Notwendigkeit, das Opfer müsse glauben, wahrscheinlich stehe ein rechtswidriger Akt der Gewalt bevor. Auch weil der ursprüngliche Tatbestand trotz der Kritik in der Praxis sehr häufig Anwendung fand, galt er schon bald als reformbedürftig.70 Daher entschied sich der Gesetzgeber Queenslands im Jahr 1999, die AntiStalking-Vorschrift komplett zu reformieren und Stalking in einem eigenen Kapitel des Criminal Code Act 1899 (Qld) mit Strafe zu bewehren.71 b) Actus reus Der neu gestaltete Anti-Stalking-Tatbestand in Queensland definiert widerrechtliches Stalking auf der Ebene des objektiven Tatbestandes als ein Verhalten, welches aus einer oder mehrerer der folgenden Handlungen besteht:72 das Verfolgen, Sich-in-der-Nähe-Herumtreiben, Beobachten oder Sich-Annähern an eine Person;73 das Kontaktieren einer Person auf jedwede Weise einschließlich Telefon, Post, Fax, E-Mail oder des Gebrauchs jedweder Technologie;74 das Sich-in-der-Nähe-Herumtreiben, Beobachten, Annä66

S 189 (2) (b) Criminal Code Act (NT). S 189 (2) (b) (i) Criminal Code Act (NT). 68 S 189 (2) (b) (ii) Criminal Code Act (NT). 69 Ausführlich zu der alten Vorschrift in Queensland vgl. Swanwick, (1998) 19 The Queensland Lawyer, S. 67 ff.; Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 ff.; Harbidge, (1996) 17 The Queensland Lawyer, S. 67 ff. 70 Vgl. Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (144 ff.). 71 Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (144). 72 S 359B (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 73 S 359B (c) (i) Criminal Code Act 1899 (Qld). 74 S 359B (c) (ii) Criminal Code Act 1899 (Qld). 67

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hern oder Betreten eines Ortes, an dem die Person lebt, arbeitet oder den diese besucht;75 das Liegenlassen von anstößigem bzw. beleidigendem Material an einer Stelle, an der es von einer Person gefunden, zu dieser gebracht oder zu ihrer Kenntnis gebracht wird;76 das Geben von anstößigem oder beleidigendem Material an eine Person sei es direkt oder indirekt;77 das An-den-Tag-Legen von Verhalten, welches eine Person einschüchtert, belästigt oder bedroht und zwar unabhängig davon, ob es Gewalt oder Drohung mit Gewalt beinhaltet oder nicht;78 das Anwenden von Gewalt oder das Drohen mit Gewalt gegen eine Person oder gegen das Eigentum einer Person, wobei das Eigentum des Angeklagten eingeschlossen ist.79 Gemäß s 359B (c) Criminal Code Act 1899 (Qld) ist zudem jedes Verhalten verboten, welches den aufgezählten Aktivitäten ähnlich ist. Weitere Voraussetzung ist, dass der Täter eine oder mehrere dieser Verhaltensweisen entweder zweimal oder aber einmal über einen längeren Zeitraum an den Tag gelegt hat.80 Unbeachtlich ist dabei, ob das langwierige, einmalige Verhalten bzw. das Verhalten an jeder einzelnen der mindestens zweimaligen Gelegenheiten aus der gleichen oder aus unterschiedlichen Aktivitäten besteht.81 Als Taterfolg verlangt s 359B (d) (ii) Criminal Code Act 1899 (Qld), dass das Stalking-Verhalten einen Nachteil bei der gestalkten Person oder bei einer anderen Person verursacht hat, der vernünftigerweise aufgrund aller Umstände entstanden ist. Auch hier muss erwähnt werden, dass der Begriff des „Nachteils“ der Legaldefinition in s 359A Criminal Code Act 1899 (Qld) zufolge sehr weit gefasst ist. So umfasst er nicht nur Besorgnis oder Furcht vor Gewalt gegen eine Person oder gegen das Eigentum einer Person, sondern auch schwerwiegende mentale, psychologische oder emotionale Schäden. Zudem gilt es als Nachteil, wenn die Person dazu genötigt wird, eine Handlung vorzunehmen, zu deren Unterlassen sie berechtigt ist, bzw. eine Handlung zu unterlassen, zu deren Vornahme sie berechtigt ist. Als Beispiele für die beiden letzten Alternativen nennt das Gesetz ausdrücklich das Nichtverlassen des Hauses oder das Ändern der Fahrtroute von und zur Arbeit infolge des Stalking-Verhaltens. Alternativ als Taterfolg ausreichend ist gemäß s 359B (d) (i) Criminal Code Act 1899 (Qld) auch, dass das Stalking-Verhalten bei der gestalkten 75 76 77 78 79 80 81

S S S S S S S

359B 359B 359B 359B 359B 359B 359C

(c) (iii) Criminal Code Act 1899 (Qld). (c) (iv) Criminal Code Act 1899 (Qld). (c) (v) Criminal Code Act 1899 (Qld). (c) (vi) Criminal Code Act 1899 (Qld). (c) (vii) Criminal Code Act 1899 (Qld). Criminal Code Act 1899 (Qld). (3) Criminal Code Act 1899 (Qld).

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oder einer dritten Person vernünftigerweise aufgrund aller Umstände Besorgnis oder Furcht vor Gewalt um das eigene Wohl oder um Eigentum auslösen würde. Dabei muss auf Seiten des Opfers, wie s 359C (3) Criminal Code Act 1899 (Qld) bestätigt, eine solche Besorgnis oder Furcht nicht tatsächlich entstanden sein, damit der notwendige Taterfolg gegeben ist. Entscheidend ist vielmehr, ob sich für den Stalker aus den Umständen hätte ergeben müssen, dass das Stalking-Verhalten Besorgnis und Furcht bei der betroffenen Person auslösen würde. Der Begriff „Umstände“ wird in s 359A Criminal Code Act 1899 (Qld) genauer konkretisiert und erfasst demzufolge sowohl die Umstände des mutmaßlichen Stalkers als auch die Umstände der gestalkten Person, welche der Stalker kannte, vorhergesehen hat oder die diesem vernünftigerweise vorhersehbar gewesen wären. Auch die Umstände, die das widerrechtliche Stalking begleiten, sowie jede anderen relevanten Umstände sind hier zu berücksichtigen. Damit ergibt sich im Ergebnis, dass nach Maßgabe von s 359B (d) (i) Criminal Code Act 1899 (Qld) der Taterfolg nicht tatsächlich eingetreten sein muss, sondern es vielmehr ausreicht, wenn ein objektiver Test unter Berücksichtigung der erkennbaren Umstände mit Wahrscheinlichkeit nahe legt, dass sich bei dem Opfer infolge des Verhaltens Furcht oder Besorgnis einstellen könnte. Es handelt sich mithin nicht um ein klassisches Erfolgsdelikt, sondern um ein Eignungsdelikt. c) Mens rea Auf der Ebene des Vorsatzes lässt es der Gesetzgeber Queenslands ausreichen, dass der Stalker sein Verhalten vorsätzlich auf die gestalkte Person ausrichtet. Dabei ist es gemäß s 359C (1) (a) Criminal Code Act 1899 (Qld) unbeachtlich, ob der mutmaßliche Stalker beabsichtigt, dass sich die gestalkte Person bewusst ist, dass das Verhalten auf sie ausgerichtet ist. S 359C (1) (b) Criminal Code Act 1899 (Qld) legt außerdem fest, dass ein Irrtum des Täters über die Identität der Person, auf die seine Aktivitäten ausgerichtet sind, belanglos ist. Ein weitergehender Vorsatz als derjenige, das Verhalten auf eine bestimmte Person zu richten, ist nicht erforderlich. Ganz im Gegenteil ordnet s 359C (4) Criminal Code Act 1899 (Qld) sogar an, dass es hinsichtlich des Taterfolgs unbeachtlich ist, ob der Täter den Vorsatz hatte, Besorgnis oder Furcht bei der gestalkten Person bzw. den Eintritt eines Nachteils herbeizuführen.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

d) Tatbestandsausschluss Auch den Tatbestandsausschließungsgründen widmet der Gesetzgeber in Queensland eine ganze Sektion, derzufolge die dort aufgezählten Tätigkeiten kein widerrechtliches Stalking konstituieren. Von der Strafbarkeit ausgenommen sind dabei Tätigkeiten, die zur Ausführung eines Rechts, zur Verwaltung eines Gesetzes oder zu einem Zwecke vorgenommen werden, der durch ein Gesetz autorisiert wurde.82 Auch Aktivitäten, die zum Zwecke eines tatsächlichen Arbeitskampfes;83 eines tatsächlichen politischen oder anderen tatsächlichen öffentlichen Disputs ausgeführt werden und Streitigkeiten, die im öffentlichen Interesse geführt werden;84 sind von der Strafbarkeit ebenso ausgenommen wie angemessenes Verhalten einer Person, welchem diese im Rahmen ihres rechtmäßigen Handels, Gewerbes oder ihrer rechtmäßigen Beschäftigung nachgeht;85 sowie angemessenes Verhalten, welches eine Person vornimmt, um Informationen zu erhalten oder solche weiterzugeben, sofern sie daran ein legitimes Interesse hat.86 e) Strafandrohung Auch in Queensland findet sich im Bereich des Stalking ein Grundtatbestand mit einer Qualifikationsmöglichkeit. Während der Grundtatbestand eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht,87 schreibt die Qualifikation eine maximale Freiheitsstrafe von sieben Jahren vor.88 Die schärfere Strafe im Rahmen der Qualifikation kann dabei verhängt werden, wenn der Täter bei der Vornahme der Stalking-Handlung Gewalt gegen eine Person oder gegen fremdes Eigentum anwendet oder absichtlich droht, solche Gewalt anzuwenden.89 Auch der Besitz einer Waffe im Sinne des Weapons Act 1990 (Qld) bei Vornahme der Stalking-Handlung,90 das Zuwiderhandeln gegen eine einstweilige Verfügung oder gegen eine andere gerichtliche Anordnung sowie die absichtliche Drohung mit einer solchen Zuwiderhandlung erfüllen den Tatbestand der Qualifikation.91 82 83 84 85 86 87 88 89 90

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359D (a) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359D (b) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359D (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359D (d) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359D (e) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359E (2) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359E (3) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359E (3) (a) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359E (3) (b) Criminal Code Act 1899 (Qld).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

159

f) Schutzanordnung Neben diesen strafrechtlichen Sanktionen enthält s 359F Criminal Code Act 1899 (Qld) die Möglichkeit für den Strafrichter, ein zivilrechtliches Verfahren zu initiieren, in dessen Rahmen der Angeklagte mit einer Schutzanordnung belegt werden kann. Der Strafrichter kann dabei, wenn er es für sinnvoll hält, ein Gericht einberufen, welches darüber entscheidet, ob eine Schutzanordnung gegen den Betreffenden ergehen soll. Das gilt sogar unabhängig davon, ob der Angeklagte im Strafverfahren für schuldig oder unschuldig befunden wurde, und kann selbst dann erfolgen, wenn das Verfahren auf andere Weise wie z. B. durch eine Urteilsabsprache beendet wurde.92 Im Verlauf des durch den Strafrichter in Gang gesetzten Verfahrens, welches selbst keinen strafrechtlichen Charakter mehr hat,93 kann das Gericht gegen die betreffende Person eine Schutzanordnung erlassen. Diese kann sich auf jede Person oder jedes Eigentum beziehen, sofern dies unter Berücksichtigung der Beweise von dem Gericht als wünschenswert erachtet wird.94 Sollte der mutmaßliche Stalker einer solchen Schutzanordnung zuwiderhandeln, macht er sich strafbar und kann mit maximal 40 Strafeinheiten oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr belegt werden.95 5. South Australia a) Actus reus S 19AA (1) (a) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA) definiert auf objektiver Tatbestandsseite, dass eine Person eine andere stalkt, wenn sie zu wenigstens zwei separaten Gelegenheiten der anderen Person folgt;96 vor der Wohnung der anderen Person oder an anderen Orten, die von der anderen Person frequentiert werden, herumlungert;97 das sich im Besitz der anderen Person befindliche Eigentum betritt oder dieses beeinträchtigt;98 der anderen Person anstößiges bzw. beleidigendes Material gibt oder schickt oder es an einer Stelle zurücklässt, an der es von der anderen Person gefun91 92 93 94 95 96 97 98

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359E (3) (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359F (2) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359F (10) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359F (6) Criminal Code Act 1899 (Qld). 359E (8) Criminal Code Act 1899 (Qld). 19AA (1) (a) (i) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 19AA (1) (a) (ii) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 19AA (1) (a) (iii) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

den wird, dieser gegeben oder zu deren Kenntnis gebracht wird;99 anstößiges bzw. beleidigendes Material über das Internet oder durch andere Formen elektronischer Kommunikation auf eine Weise verbreitet oder übermittelt, die dazu führt, dass die andere Person das anstößige bzw. beleidigende Material findet oder es ihr zur Kenntnis gebracht wird;100 mit der anderen Person oder mit weiteren Personen über die andere Person kommuniziert und zwar über das Telefon einschließlich jeglicher damit zusammenhängender Technologie, im Wege der Faxübermittlung, über das Internet oder mittels anderer Formen elektronischer Kommunikation und auf eine Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis und Furcht in der anderen Person auslöst;101 die andere Person unter Beobachtung hält;102 oder Handlungen anderer Art vornimmt, von denen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie bei der anderen Person Besorgnis oder Furcht auslösen.103 b) Mens rea Im Bereich des subjektiven Tatbestandes verlangt s 19AA (1) (b) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA), dass der Täter entweder die Absicht haben muss, bei dem Opfer oder bei einer dritten Person schwerwiegenden physischen oder mentalen Schaden herbeizuführen104 oder ernsthafte Sorge oder Furcht auszulösen.105 c) Strafandrohung Die Strafbarkeit wegen Stalking zieht im Falle des Grundtatbestandes eine Höchststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe nach sich,106 während im Falle der Qualifikation bis zu fünf Jahre Haft drohen.107

99

S 19AA (1) (a) (iv) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). S 19AA (1) (a) (iva) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 101 S 19AA (1) (a) (ivb) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 102 S 19AA (1) (a) (v) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 103 S 19AA (1) (a) (vi) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 104 S 19AA (1) (b) (i) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 105 S 19AA (1) (b) (ii) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 106 S 19AA (2) (a) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 107 S 19AA (2) (b) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 100

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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6. Tasmania a) Actus reus S 192 (1) Criminal Code Act 1924 (Tas) sanktioniert ein Verhaltensmuster, welches aus einem oder mehreren der folgenden Handlungen besteht: Verfolgen einer anderen Person oder einer dritten Person;108 Unter-BeobachtungHalten der anderen Person oder einer dritten Person;109 Herumlungern vor der Wohnung oder dem Arbeitsplatz der anderen Person oder einer dritten Person;110 Herumlungern an einem Ort, den die andere Person oder die dritte Person frequentiert;111 Betreten oder Beeinträchtigen des Eigentums der anderen Person oder einer dritten Person;112 Zusenden von beleidigendem bzw. anstößigem Material an die andere oder eine dritte Person oder Liegenlassen dieses Materials an einem Ort, an dem es wahrscheinlich von der anderen oder einer dritten Person gefunden, zu ihr oder zu ihrer Kenntnis gebracht wird;113 Verbreiten oder Übermitteln von beleidigendem bzw. anstößigem Material mittels elektronischer oder jeglicher anderer Mittel und auf eine Weise, die es wahrscheinlich macht, dass die andere Person oder die dritte Person das Material findet oder dass es zu ihrer Kenntnis gebracht wird;114 Benutzen des Internets oder jede andere Form elektronischer Kommunikation auf eine Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie bei der anderen Person Besorgnis oder Furcht auslöst;115 Kontaktieren der anderen Person oder einer dritten Person mittels postalischer, telefonischer, elektronischer oder jeglicher anderer Kommunikationsmittel;116 oder Handeln in jeder anderen Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie die andere Person in Besorgnis und Furcht versetzt.117 Zudem legaldefiniert s 192 (2) (a) Criminal Code Act 1924 (Tas) das Verfolgen eines Verhaltensmusters als ein Verhalten, welches entweder von anhaltender Natur ist oder welches mehr als einmal an den Tag gelegt wird. Sollte das Verhalten mehr als einmal aufgetreten sein, so ist es unerheblich, ob bei den einzelnen Gelegenheiten gleiche oder unterschiedliche StalkingHandlungen vorgenommen wurden.118 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117

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192 192 192 192 192 192 192 192 192 192

(1) (1) (1) (1) (1) (1) (1) (1) (1) (1)

(a) Criminal Code Act 1924 (Tas). (b) Criminal Code Act 1924 (Tas). (c) Criminal Code Act 1924 (Tas). (d) Criminal Code Act 1924 (Tas). (e) Criminal Code Act 1924 (Tas). (f) Criminal Code Act 1924 (Tas). (g) Criminal Code Act 1924 (Tas). (h) Criminal Code Act 1924 (Tas). (i) Criminal Code Act 1924 (Tas). (j) Criminal Code Act 1924 (Tas).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

b) Mens rea Auf subjektiver Seite verlangt der tasmanische Tatbestand die Absicht des Täters, bei der anderen Person physischen oder mentalen Schaden herbeizuführen, oder die Absicht, die andere Person in Besorgnis oder Furcht zu versetzen.119 Gemäß s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas) wird diese Absicht jedoch vermutet, sofern bei der anderen Person tatsächlich physischer oder mentaler Schaden verursacht wurde bzw. wenn die andere Person tatsächlich besorgt oder furchterfüllt war. Weitere Voraussetzung ist, dass der mutmaßliche Täter wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Verhalten bei der anderen Person diese Folgen haben wird oder zumindest wahrscheinlich haben würde. c) Tatbestandsausschluss Zwar enthält s 192 Criminal Code Act 1924 (Tas) keine spezifischen Tatbestandsausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe, doch ordnet s 192 (4) Criminal Code Act 1924 (Tas) an, dass die soeben dargelegte Vorsatzvermutung aus s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas) in den noch näher zu bezeichnenden Fällen nicht anwendbar ist. So gilt diese nicht, wenn eine Person während der Erfüllung dienstlicher Pflichten zur Durchsetzung des Strafrechts, zur Verwaltung bzw. Durchsetzung eines Gesetzes, welches Geldstrafen auferlegt, zur Ausübung einer Befugnis oder zum Schutz des öffentlichen Einkommens gutgläubig stalkingrelevantes Verhalten an den Tag legt. Diese Fallgruppen sind durch die von dem tasmanischen Gesetzgeber gewählte Konstruktion zwar nicht von der Geltung des Stalking-Tatbestandes per se ausgenommen, doch bleiben sie in der Regel dennoch straffrei, da ihnen der sonst von dem Gesetz geforderte Vorsatz fehlt. 7. Victoria a) Actus reus Auch in Victoria ist das Stalken einer anderen Person gemäß s 21A (1) Crimes Act 1958 (Vic) strafbar. Im Bereich des objektiven Tatbestandes definiert s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic) das Stalken einer Person durch eine andere als die Verwirk118 119

S 192 (2) (b) Criminal Code Act 1924 (Tas). S 192 (1) Criminal Code Act 1924 (Tas).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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lichung eines Verhaltensmusters, welches eine der im Folgenden genannten Aktivitäten beinhaltet: das Verfolgen des Opfers oder einer anderen Person;120 das Kontaktieren des Opfers oder einer anderen Person via Post, Telefon, Fax, Textmitteilung, E-Mail oder durch andere elektronische Kommunikationsmittel oder jedes andere Mittel;121 das Verbreiten von einer Aussage oder von Material im Internet, durch E-Mail oder durch andere elektronische Kommunikationsmittel, welche sich auf das Opfer oder eine andere Person beziehen122 oder welche vorgeben, sie bezögen sich auf oder stammten von dem Opfer oder einer anderen Person;123 das Hervorrufen einer unautorisierten Computerfunktion in einem Computer, der dem Opfer oder einer anderen Person gehört oder von diesem oder dieser benutzt wird;124 das Nachverfolgen der Nutzung von Internet, E-Mails oder anderer Formen elektronischer Kommunikation durch das Opfer oder eine andere Person;125 das Betreten oder Herumlungern vor oder in der Nähe der Wohnung, des Arbeitsplatzes oder eines anderen Ortes, welcher von dem Opfer oder von einer anderen Person frequentiert wird;126 das Beeinträchtigen von Eigentum, welches sich im Besitz des Opfers oder einer anderen Person befindet, sei es, dass der Täter ein Interesse an diesem Eigentum hat oder nicht;127 das Geben von anstößigem oder beleidigendem Material an das Opfer oder an eine andere Person oder das Zurücklassen von solchem an einem Ort, an dem es von dem Opfer oder von einer anderen Person gefunden, diesem gegeben oder zu dessen Kenntnis gebracht wird;128 das UnterBeobachtung-Halten des Opfers oder einer anderen Person;129 oder das Handeln in jeder anderen Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis oder Furcht in dem Opfer um seine eigene Sicherheit oder die einer anderen Person erregt.130 b) Mens rea Neben diesen objektiven Kriterien verlangt s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic) auf subjektiver Ebene die Absicht, dem Opfer physischen oder menta120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130

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21A 21A 21A 21A 21A 21A 21A 21A 21A 21A 21A

(2) (2) (2) (2) (2) (2) (2) (2) (2) (2) (2)

(a) Crimes Act 1958 (Vic). (b) Crimes Act 1958 (Vic). (ba) (i) Crimes Act 1958 (Vic). (ba) (ii) Crimes Act 1958 (Vic). (bb) Crimes Act 1958 (Vic). (bc) Crimes Act 1958 (Vic). (c) Crimes Act 1958 (Vic). (d) Crimes Act 1958 (Vic). (e) Crimes Act 1958 (Vic). (f) Crimes Act 1958 (Vic). (g) Crimes Act 1958 (Vic).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

len Schaden zuzufügen oder bei diesem Besorgnis oder Furcht um die eigene Sicherheit oder die einer anderen Person hervorzurufen. Diese hohe subjektive Schwelle wird jedoch im Folgenden erheblich abgesenkt. So lässt es s 21A (3) (a) Crimes Act 1958 (Vic) für die Feststellung der eben genannten Absicht ausreichen, wenn der Täter wusste, dass die Vornahme eines Verhaltensmusters der in Rede stehenden Art voraussichtlich einen solchen Schaden, Besorgnis oder Furcht auslösen würde. Dieses Erfordernis noch weiter verwässernd, stellt s 21A (3) (b) Crimes Act 1958 (Vic) fest, dass die in s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic) geforderte Absicht sogar dann gegeben ist, wenn der Täter unter allen speziellen Umständen des Falles hätte verstehen müssen, dass die Vornahme eines Verhaltensmusters der in Rede stehenden Art voraussichtlich einen solchen Schaden, Besorgnis oder Furcht auslösen würde, sofern sein Verhalten auch tatsächlich dieses Ergebnis hervorgerufen hat. c) Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung Neben speziellen Tatbestandsausschließungsgründen enthält der AntiStalking-Tatbestand aus Victoria außerdem eine detaillierte Aufzählung von Rechtfertigungsgründen, die ein mutmaßlicher Stalker zu seiner Verteidigung ins Feld führen kann. Auf der Ebene des Tatbestandes nimmt s 21A (4) Crimes Act 1958 (Vic) bestimmte Fallgruppen aus der Anwendung des Anti-Stalking-Straftatbestandes aus. So findet dieser von vornherein keine Anwendung auf Personen, die in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten und mit der Absicht handeln, das Strafrecht durchzusetzen,131 ein Gesetz zu verwalten,132 ein Gesetz durchzusetzen, welches Geldstrafen auferlegt,133 eine Befugnis auszuüben134 oder das öffentliche Einkommen zu schützen.135 Ist keine dieser Fallgruppen einschlägig, so kann der Angeklagte zu seiner Verteidigung beweisen, dass das von ihm an den Tag gelegte Verhaltensmuster nicht arglistig war und einem speziell im Gesetz genannten Zweck diente. Gesetzlich anerkannte Zwecke sind in diesem Zusammenhang die Teilnahme an einem Arbeitskampf;136 die Teilnahme an politi131 132 133 134 135 136

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21A 21A 21A 21A 21A 21A

(4) (a) Crimes Act 1958 (Vic). (4) (b) Crimes Act 1958 (Vic). (4) (c) Crimes Act 1958 (Vic). (4) (d) Crimes Act 1958 (Vic). (4) (e) Crimes Act 1958 (Vic). (4A) (b) Crimes Act 1958 (Vic).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

165

schen Aktivitäten, Diskussionen oder das Kommunizieren von Meinungen zu öffentlichen Fragestellungen.137 Auch Aktivitäten im normalen Verlauf einer rechtmäßigen Gewerbs-, Berufs- oder unternehmerischen Tätigkeit, welche ausdrücklich die Tätigkeiten einer Person oder einer Körperschaft einschließen, deren Hauptaufgabe die Publikation oder die Vorbereitung der Publikation von Nachrichten und politischen Magazinen ist, wirken als Rechtfertigung.138 d) Strafandrohung Die Strafandrohung für Stalking liegt in Victoria bei einer Höchstfreiheitsstrafe von zehn Jahren,139 wobei es keine Unterteilung in Grundtatbestand und Qualifikation gibt. e) Schutzanordnung Der victorianische Anti-Stalking-Tatbestand erleichtert ebenso wie sein Pendant aus Queensland das Erwirken einer zivilrechtlichen Schutzanordnung gegen den Stalker. So sieht s 21A (5) Crimes Act 1958 (Vic) vor, dass eine Schutzanordnung nach Maßgabe des Crimes (Family Violence) Act 1987 (Vic) auch dann gegen den Stalker ergehen kann, wenn dieser kein Familienmitglied ist und somit die Anwendbarkeit des Crimes (Family Violence) Act 1987 (Vic) dem Wortlaut zufolge ausgeschlossen wäre. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter feststellt, dass der Angeklagte eine andere Person gestalkt hat und dies entweder mit Wahrscheinlichkeit fortsetzen oder damit von neuem beginnen wird, s 21A (5) Crimes Act 1958 (Vic).140 8. Western Australia a) Vorbemerkung In Westaustralien wurde der erste spezifische Anti-Stalking-Tatbestand im Jahr 1994 in den Criminal Code 1913 (WA) eingefügt.141 1998, also nur vier Jahre später, sah sich der westaustralische Gesetzgeber jedoch be137

S 21A (4A) (c) Crimes Act 1958 (Vic). S 21A (4A) (a) Crimes Act 1958 (Vic). 139 S 21A (1) Crimes Act 1958 (Vic). 140 Ausführlich dazu vgl. McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (102 ff.). 141 Vgl. zum alten Tatbestand ausführlich Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (297 ff.). 138

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C. Die rechtliche Situation in Australien

reits gezwungen, den geschaffenen Tatbestand zu überarbeiten und damit radikal umzugestalten.142 Diese weitgehende Reform war die Reaktion auf mehrere Fälle, in denen die angeklagten Stalker aufgrund der unzulänglichen Formulierung des Tatbestandes nicht verurteilt werden konnten. So fehlten z. B. viele klassische Stalking- Aktivitäten in der Aufzählung des verbotenen Verhaltens, während andere Begriffe mangels gesetzlicher Definition von den Gerichten nur zurückhaltend ausgelegt wurden. Zudem war eine weitgehende Verharmlosung von Stalking-Verhalten durch die Gerichte zu verzeichnen. Die daraus entstandenen Defizite in der praktischen Umsetzung und Anwendung fanden ein breites Medienecho und zwangen den Gesetzgeber zu einer umfassenden Reform.143 b) Allgemeine Struktur des westaustralischen Anti-Stalking-Tatbestandes Eine Analyse der aktuellen Anti-Stalking-Vorschriften Westaustraliens, die im Jahr 1998 in Kraft traten und einen eigenen Abschnitt im Criminal Code 1913 (WA) bilden, ergibt, dass dort zwei alternative Stalking-Tatbestände vorhanden sind. Dem schwereren Tatbestand in s 338E (1) Criminal Code 1913 (WA) zufolge macht sich eine Person strafbar, die einer anderen Person in der Absicht nachstellt, diese oder eine dritte Person einzuschüchtern. Tut sie dies unter Verwirklichung eines erschwerenden Umstandes, kann sie laut s 338E (1) (a) Criminal Code 1913 (WA) mit acht Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden, während in allen anderen Fällen ohne Hinzutreten erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren droht. Alternativ zu diesem Verbrechenstatbestand enthält s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA) einen Vergehenstatbestand, der eine Freiheitsstrafe von bis zu zwölf Monaten und eine Geldstrafe von Aus$ 12.000 vorsieht. Wegen dieses Tatbestands macht sich strafbar, wer einer anderen Person auf eine Weise nachstellt, die vernünftigerweise erwarten lässt, dass sie die andere Person oder eine dritte Person einschüchtert, und die die andere Person oder eine dritte Person auch tatsächlich einschüchtert. Die maßgeblichen Kriterien für die Abgrenzung dieser beiden Tatbestände sind mithin Taterfolg und Vorsatz. Während der Verbrechenstat142 Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (145); Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (293). 143 Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (293, 297, 303 f.).

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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bestand die Absicht fordert, das Opfer oder eine dritte Person einzuschüchtern, lässt es der Vergehenstatbestand ausreichen, wenn das Verfolgungsverhalten vernünftigerweise erwarten lässt, dass sich die betroffenen Personen eingeschüchtert fühlen. Bei Letzterem handelt es sich somit um eine rein objektive Prüfung, die den konkreten Vorsatz oder auch nur das Wissen des Täters um die möglichen Folgen seines Verhaltens komplett außer Acht lässt. Um dieses geringe Erfordernis auf subjektiver Seite zu kompensieren, muss der Täter in der Vergehensvariante jedoch tatsächlich den Taterfolg herbeiführen, d.h. er muss das Opfer oder eine dritte Person tatsächlich einschüchtern. c) Actus reus Die Tathandlung beider Tatbestände besteht darin, einer anderen Person nachzustellen.144 Der Begriff des „Nachstellens“ wird bereits in s 338D (1) Criminal Code 1913 (WA) definiert als das Verwirklichen einer der folgenden Verhaltensweisen: wiederholtes Kommunizieren mit der Person, sei es direkt oder indirekt, sei es mit Worten oder auf eine andere Weise;145 wiederholtes Verfolgen der Person;146 wiederholtes Veranlassen des Erhalts unangeforderter Gegenstände durch die Person;147 Beobachten oder Bedrängen eines Ortes, an dem die Person wohnt, arbeitet oder sich aufhält, Sich-Annähern an einen solchen Ort148 oder das Vornehmen einer dieser genannten Handlungen unter Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung oder Bewährungsauflage, sei es wiederholt oder nicht.149 Hinsichtlich der Feststellungen des Gerichtes in Bezug auf die Fälle des wiederholten Kommunizierens und Folgens sowie des Beobachtens, Bedrängens und Sich-Annäherns enthält s 338D (2) Criminal Code 1913 (WA) detaillierte Anweisungen. So wird gemäß s 338D (2) (a) Criminal Code 1913 (WA) der Angeklagte nicht als mit dem Opfer kommunizierend oder es verfolgend betrachtet, sofern bewiesen ist, dass er bei der in Rede stehenden Gelegenheit nicht den Vorsatz hatte, mit dem Opfer zu kommunizieren oder es zu verfolgen. Dieser gesetzlichen Konstruktion zufolge negiert also der mangelnde Vorsatz das Vorliegen der objektiv-tatbestandlichen Handlung selbst. Ähnlich 144 145 146 147 148 149

Vgl. s 338E (1), (2) Criminal Code 1913 (WA). S 338D (1) (a) Criminal Code 1913 (WA). S 338D (1) (b) Criminal Code 1913 (WA). S 338D (1) (c) Criminal Code 1913 (WA). S 338D (1) (d) Criminal Code 1913 (WA). S 338D (1) (e) Criminal Code 1913 (WA).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

wirkt auch s 338D (2) (b) Criminal Code 1913 (WA). Dieser Vorschrift folgend darf eine Handlung des Angeklagten für die Feststellung, ob er einen Ort, an dem das Opfer lebt, arbeitet oder den dieses besucht, beobachtet, bedrängt oder sich diesem genähert hat, nicht berücksichtigt werden, wenn er beweisen kann, dass er nicht gewusst hat, dass es sich um einen solchen besonderen Ort handelt. Folglich besteht sowohl die Tathandlung des schwereren Delikts gemäß s 338E (1) Criminal Code 1913 (WA) als auch die des leichteren Delikts laut s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA) darin, einer anderen Person nachzustellen. Doch während das schwerere Delikt auf das Erfordernis eines Taterfolgs komplett verzichtet, verlangt das alternative Delikt, dass die gestalkte oder eine dritte Person tatsächlich eingeschüchtert ist. d) Mens rea Auch auf der subjektiven Tatbestandsseite gibt es Unterschiede zwischen den beiden Deliktsstufen. So verlangt die schwerwiegendere Straftat aus s 338E (1) Criminal Code 1913 (WA) die Absicht des Täters, die andere Person oder eine dritte Person einzuschüchtern. Der Begriff des Einschüchterns umfasst dabei gemäß s 338D (1) Criminal Code 1913 (WA) das Verursachen von physischem oder mentalem Schaden sowie das Erzeugen von Besorgnis oder Furcht. Des Weiteren erfüllt auch das Abhalten einer Person von einer Handlung, zu deren Vornahme diese berechtigt ist, das Behindern einer Person bei einer solchen Handlung sowie das Zwingen einer Person zur Vornahme einer Handlung, zu deren Unterlassung diese berechtigt ist, den Begriff der Einschüchterung. Im Gegensatz dazu setzt die leichtere Straftat aus s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA) überhaupt kein subjektives Tatbestandselement voraus, sondern lässt es genügen, dass das an den Tag gelegte Verhalten eine Beschaffenheit aufweist, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie die andere Person einschüchtert. Mithin unterscheiden sich der schwerere Tatbestand und sein leichteres Gegenstück dadurch, dass Ersterer zwar eine gezielte Absicht des Täters verlangt, im Gegenzug jedoch auf den Eintritt eines Taterfolgs verzichtet, während Letzterer keinerlei subjektive Komponente des Täters verlangt. Das Fehlen einer subjektiven Beziehung des Täters zur Tat wird im leichteren Tatbestand allerdings dadurch kompensiert, dass das Verhalten nicht nur objektiv geeignet sein muss, eine andere Person einzuschüchtern, sondern es muss die andere Person auch tatsächlich eingeschüchtert haben. Der Eintritt des Taterfolgs ist hier somit zwingende Strafbarkeitsvoraussetzung.

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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e) Rechtfertigung Als spezieller Rechtfertigungsgrund fungiert s 338E (3) Criminal Code 1913 (WA), der ein Handeln im Rahmen rechtmäßiger Kompetenz ausdrücklich zulässt. f) Strafandrohung Die Strafandrohung unterscheidet sich danach, ob dem Täter die Erfüllung des schwereren Stalking-Tatbestandes nachgewiesen werden kann oder ob lediglich eine Verurteilung nach Maßgabe des alternativen Delikts in Betracht kommt. Der schwerere Tatbestand enthält zudem die Möglichkeit einer strafschärfenden Qualifikation. Während der schwerere Stalking-Tatbestand gemäß s 338E (1) (b) Criminal Code 1913 (WA) als Grundtatbestand eine Höchststrafe von drei Jahren nach sich zieht, beträgt die Höchstfreiheitsstrafe im Falle des Vorliegens erschwerender Umstände acht Jahre.150 Diese erschwerenden Umstände sind gemäß s 338D (1) (a), (b) Criminal Code 1913 (WA) dann gegeben, wenn der Täter unmittelbar vor, während oder unmittelbar nach Begehung der Tat mit einer gefährlichen Waffe oder mit einer Angriffswaffe bestückt ist oder vorgibt derartig bewaffnet zu sein. Daneben wirkt sich auch der Verstoß gegen eine Kautionsauflage qualifizierend aus. Sollten diese beiden Tatbestände im beschleunigten Verfahren abgeurteilt werden, so beträgt die Höchststrafe des qualifizierten Delikts Freiheitsstrafe von zwei Jahren und eine Geldstrafe in Höhe von Aus$ 24.000,151 während der Sanktionsrahmen des Grunddelikts bei einer Freiheitsstrafe von bis zu 18 Monaten und einer Geldstrafe von Aus$ 18.000 liegt.152 Im Falle einer alternativen Verurteilung wegen des leichteren Delikts gemäß s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA) beträgt die Höchststrafe Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und Geldstrafe in Höhe von Aus$ 12.000.

150 151 152

S 338E (1) (a) Criminal Code 1913 (WA). S 338E (1) (c) Criminal Code 1913 (WA). S 338E (1) (d) Criminal Code 1913 (WA).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

9. Der australische Model Criminal Code a) Vorbemerkung Aufgrund der wachsenden Bedeutung, die das Strafrecht auf der Ebene des Commonwealth insbesondere im Bereich der Drogenkriminalität einnimmt, kam es im Lauf der Zeit zu einer immer häufigeren Anwendung des bundesrechtlichen Strafrechts. Da dieses jedoch nicht zuletzt wegen der stark beschränkten Gesetzgebungskompetenz des Commonwealth hinsichtlich des Strafrechts viele Lücken aufwies, waren die Gerichte immer häufiger gezwungen, bei einem Verstoß gegen Strafvorschriften auf Bundesebene ergänzend die Strafvorschriften des jeweiligen states oder territories anzuwenden, in dem sich der Vorfall ereignet hatte. Die Tatsache, dass sich das materielle Strafrecht der einzelnen australischen states und territories zum Teil erheblich unterscheidet, führte in der Folge dazu, dass signifikante Unterschiede in der Strafbarkeit für dasselbe Verhalten innerhalb Australiens entstanden. Aus diesem Grund nahm seit Beginn der 1990er Jahre die Idee Gestalt an, die besten und praktikabelsten Strafvorschriften Australiens herauszuarbeiten und mit ihnen einen Model Criminal Code zu entwickeln. Dieser Model Criminal Code sollte insbesondere dem Commonwealth, aber auch den einzelnen states und territories als Vorlage dienen, nach deren Maßgabe die Strafgesetze umgestaltet werden könnten. Das Ziel des Prozesses war also eine freiwillige Angleichung der Strafgesetze in Australien.153 Im Rahmen dieses Prozesses entwickelte das mit der Ausarbeitung des Model Criminal Code betraute Model Criminal Code Officers Committee of the Standing Committee of Attorneys-General unter anderem auch einen Vorschlag für einen Modell-Anti-Stalking-Straftatbestand.154 b) Actus reus Dem australischen Model Criminal Code zufolge setzt der objektive Tatbestand des Stalking voraus, dass eine Person an mindestens zwei separaten Gelegenheiten einer anderen Person folgt;155 vor der Wohnung einer anderen Person oder vor einem sonstigen Ort herumlungert, der von der anderen 153 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte des australischen Model Criminal Codes vgl. Goode, (2002) 26 Criminal Law Journal, S. 152 (152 ff.). 154 Vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50 ff. 155 S 5.1.22 (2) (a) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52.

IV. Die australischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Einzelnen

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Person frequentiert wird;156 die andere Person anruft;157 Eigentum, welches sich im Besitz der anderen Person befindet, betritt oder beeinträchtigt;158 der anderen Person beleidigendes bzw. anstößiges Material gibt, schickt oder an einer Stelle liegen lässt, an der es von der anderen Person gefunden, dieser gegeben oder zu deren Kenntnis gebracht wird;159 eine andere Person unter Beobachtung hält;160 oder in einer anderen Weise handelt, von der erwartet werden kann, dass sie bei einer vernünftigen Person Furcht erregt.161 Neben der Vornahme dieser Handlungen ist ein weitergehender Taterfolg nicht notwendig, um die Strafbarkeit wegen Stalking zu begründen.162 c) Mens rea Zudem muss der Stalker entweder die Absicht haben, der anderen Person oder einer dritten Person durch das Stalken Schaden zuzufügen,163 oder er muss die Absicht haben, bei der anderen Person oder bei einer dritten Person durch das Stalken Furcht vor solchem Schaden zu erregen.164 d) Strafandrohung In Bezug auf die Strafandrohung sieht der australische Model Criminal Code eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe vor.165 156 S 5.1.22 (2) (b) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 157 S 5.1.22 (2) (c) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 158 S 5.1.22 (2) (d) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 159 S 5.1.22 (2) (e) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 160 S 5.1.22 (2) (f) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 161 S 5.1.22 (2) (g) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 162 Vgl. s 5.1.22 MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 163 S 5.1.22 (1) (a) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50. 164 S 5.1.22 (1) (b) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50. 165 S 5.1.22 (1) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

V. Vergleich Im Rahmen eines Vergleichs der einzelnen australischen Anti-StalkingStraftatbestände ergeben sich viele Unterschiede, vor allem aber auch signifikante Gemeinsamkeiten. 1. Actus reus Gerade im Bereich des actus reus lassen sich dabei große Schnittmengen feststellen. a) Verhaltensaufzählung So ist in den Tatbeständen aller australischen states und territories mit Ausnahme von New South Wales und teilweise auch von Westaustralien und Queensland eine Aufzählung zu finden, die einen Kernbestand an Stalking-Handlungen festlegt, der überall in Australien Stalking konstituiert. Dieser umfasst das Folgen, das Unter-Beobachtung-Halten, das Beeinträchtigen von Eigentum, das Herumlungern vor dem Haus oder Arbeitsplatz, das Zukommen-Lassen von anstößigem oder beleidigendem Material sowie das Kontaktieren via Post, Telefon oder im Wege anderer elektronischer Kommunikationsmittel. Neben diesem Kernbestand an Verhaltensweisen finden sich weitere Stalking-Techniken, die nur in einem oder zwei Bundesstaaten explizit in die gesetzliche Regelung aufgenommen sind und in den anderen fehlen. Als Beispiel dafür lässt sich die Regelung Westaustraliens nennen, derzufolge die Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung oder gegen eine Kautionsauflage eine sogenannte Nachstellung ist, welche den Tatbestand des Stalking erfüllt.166 Während eine solche Zuwiderhandlung in Westaustralien eine den objektiven Tatbestand verwirklichende Tathandlung darstellt, ist sie in allen anderen australischen Bundesstaaten, die sie im Zusammenhang mit Stalking berücksichtigen, Bestandteil der Qualifikation.167 Ein weiteres Beispiel ist Queensland, welches als einzige australische Rechtsordnung die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit Gewalt gegen Personen oder Sachen als eine unter den Begriff „Stalking“ zu subsumierende Handlung betrachtet.168 166

Vgl. ss 338D (1) (e), 338E (1), (2) Criminal Code 1913 (WA). Vgl. s 359E (3) (c) Criminal Code Act 1899 (Qld); s 189 (2) (b) (i) Criminal Code Act (NT); s 35 (1) (a) (i) Crimes Act 1900 (ACT). 168 Vgl. s 359B (c) (vii) Criminal Code Act 1899 (Qld). 167

V. Vergleich

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Lediglich der Gesetzgeber von New South Wales hat sich für eine sehr enge Stalking-Definition entschieden, sodass abgesehen von den Kernverhaltensweisen wie dem Verfolgen oder Beobachten einer Person sowie dem Aufsuchen ihrer Nähe oder dem Sich-Annähern an einen von der Person frequentierten Ort keinerlei weitergehende Stalking-Techniken erfasst sind.169 Interessanterweise gibt es nur drei australische Bundesstaaten bzw. Territorien, die sich in besonderer Weise mit der Strafverfolgung des Cyberstalking auseinandergesetzt haben. Während die Regelungen im Australian Capital Territory sehr eng gefasst sind und lediglich das Versenden elektronischer Nachrichten über die gestalkte Person an andere Personen170 sowie das Verfügbarmachen solcher Nachrichten171 strafbar stellen, gehen die Regelungen in Victoria seit einer Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2003 wesentlich weiter. Im Rahmen dieser Änderungen fügte der victorianische Gesetzgeber drei Unterabschnitte in den Tatbestand ein, deren ratio es war, die gesamte Bandbreite des Cyberstalking zu erfassen. Verboten sind daher nicht nur, wie in den meisten anderen australischen Anti-Stalking-Gesetzen das Kontaktieren des Opfers im Wege des Internets sowie mittels anderer Kommunikationsinstrumente wie E-Mail, Fax, Telefon oder SMS, sondern auch spezielle Cybertechniken aus dem Bereich des Computer- sowie des Internet-Stalking. Als Stalking geahndet wird daher in Victoria neben dem Verbreiten von Aussagen oder von Material im Wege elektronischer Kommunikation, welches sich auf das Opfer bezieht172 oder vorgibt dies zu tun,173 auch das Hervorrufen einer unautorisierten Computerfunktion in einem Computer des Opfers174 sowie das Nachverfolgen der Computer-, Internet- oder E-MailNutzung des Opfers.175 Mit dieser Gesetzgebung umfasst Victoria alle bislang bekannten Formen des Cyberstalking176 wie insbesondere die Echtzeitverfolgung und -überwachung des Opfers mittels des Computers sowie die Verbreitung diffamierender Botschaften über das Opfer. Das Veröffentlichen angeblich vom Opfer stammender Aussagen, welches andere Internetnutzer motiviert, mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen, um es zu beschimpfen 169 170 171 172 173 174 175 176

Vgl. s 562A (1) Crimes Act 1900 (NSW). Vgl. s 35 (2) (g) Crimes Act 1900 (ACT). Vgl. s 35 (2) (h) Crimes Act 1900 (ACT). S 21A (2) (ba) (i) Crimes Act 1958 (Vic). S 21A (2) (ba) (ii) Crimes Act 1958 (Vic). S 21A (2) (bb) Crimes Act 1958 (Vic). S 21A (2) (bc) Crimes Act 1958 (Vic). Vgl. dazu B. VI. 2.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

oder sexuell zu nötigen, ist ebenso erfasst wie die Sabotage des Computers mithilfe von E-Mail-Bomben. Genau wie Victoria verfolgt auch Tasmanien, als dritter australischer Gesetzgeber, der sich näher mit dem Cyberstalking auseinandergesetzt hat, das Ziel, möglichst viele verschiedene Cyberstalking-Techniken zu erfassen und strafbar zu stellen. Jedoch wählt er nicht wie Victoria den Weg einer ausführlichen Auflistung des verbotenen, bislang bekannten CyberstalkingVerhaltens, sondern bedient sich stattdessen einer Generalklausel. So kann gemäß s 192 (1) (h) Criminal Code Act 1924 (Tas) der Gebrauch des Internets sowie anderer Formen elektronischer Kommunikation auf eine Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie bei einer anderen Person Besorgnis oder Furcht auslöst, strafbares Stalking konstituieren. Damit wird letztlich jede Form des Cyberstalking erfasst, vorausgesetzt, sie erfolgt mithilfe des Internets, und vorausgesetzt, ihre Art und Weise lässt bei objektiv-vernünftiger Betrachtung Besorgnis oder Furcht des Opfers erwarten. b) Öffnungsklausel Ein Vergleich der australischen Tatbestände ergibt zudem, dass die Aufzählung der einzelnen Stalking-Verhaltensweisen in sechs der acht Bundesstaaten und Territorien sowie im Model Criminal Code durch eine Generalklausel ergänzt wird, derzufolge auch jedes andere Verhalten den objektiven Tatbestand des Stalking erfüllen kann, sofern es eine Beschaffenheit aufweist, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis oder Furcht auslöst.177 New South Wales verfügt zwar über eine ähnliche Generalklausel, derzufolge jedes Verhalten erfasst wird, welches eine Schikanierung oder Belästigung darstellt178 bzw. welches eine vernünftige Besorgnis um eine Verletzung hervorruft,179 doch firmiert diese Generalklausel nicht unter dem Begriff „Stalking“, sondern unter dem der „Einschüchterung“. Die Einschüchterung steht dem Stalking jedoch gemäß s 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW) als gleichberechtigte Tatbestandsalternative gegenüber. 177

Zu beachten ist, dass diese Fassung der Generalklausel am häufigsten vorkommt, vgl. s 192 (1) (j) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 21A (2) (g) Crimes Act 1958 (Vic); s 35 (2) (i) Crimes Act 1900 (ACT); s 19AA (1) (a) (vi) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA); s 189 (1) (g) Criminal Code Act (NT). In Queensland heißt es hingegen, dass auch Verhalten, welches den aufgezählten Verhaltensweisen ähnlich ist, ausreicht, vgl. s 359B (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 178 Vgl. s 562A (1) (a) Crimes Act 1900 (NSW). 179 Vgl. s 562A (1) (c) Crimes Act 1900 (NSW).

V. Vergleich

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c) Häufigkeit des Verhaltens Ein weiterer wichtiger Aspekt im Bereich der Strafbewehrung von Stalking auf Seiten des objektiven Tatbestandes ist die Frage, wie häufig ein Verhalten an den Tag gelegt werden muss, um als strafbares Stalking zu gelten. Die Bedeutung dieses Kriteriums kann nicht überschätzt werden, da genau an dieser Stelle zumeist die entscheidende Abgrenzung zwischen sozialschädlichem und damit strafbarem Stalking von sozialadäquatem und mithin erlaubtem Werbungs- oder Alltagsverhalten erfolgen muss. Dies gilt umso mehr, je neutraler und harmloser das Verhalten rein äußerlich ist. Das im tatsächlichen Bereich am leichtesten und objektivsten feststellbare Abgrenzungskriterium ist die Zweimaligkeit. Diesen Weg haben Südaustralien,180 das Australian Capital Territory181 sowie der Model Criminal Code182 eingeschlagen, deren Regelung zufolge das in Rede stehende Verhalten zweimal vorgekommen sein muss, um strafbares Stalking zu konstituieren. Südaustralien und der Model Criminal Code betonen zudem die Notwendigkeit, dass es sich um zwei separate Gelegenheiten handeln muss. Ganz im Gegensatz zu diesem sehr klaren Kriterium nennt der Tatbestand aus New South Wales183 überhaupt kein einschränkendes Erfordernis in zeitlicher Hinsicht, sodass grundsätzlich bereits ein einmaliges Verhalten vollkommen ausreichend wäre. In eine ähnliche Richtung stößt der Tatbestand aus Victoria, der zwar ein Verhaltensmuster („course of conduct“) verlangt,184 jedoch an keiner Stelle definiert, ob ein Verhaltensmuster schon bei einmaligem Verhalten angenommen werden kann oder ob es sich auch nur um eine einzige Gelegenheit handeln kann, die dann jedoch lange anhalten muss.185 Letztlich wurde in Gunes v Pearson and Tunc v Pearson186 entschieden, dass ein Verhaltensmuster ein Verhalten umfasst, welches entweder langanhaltend ist oder bei mehr als einer Gelegenheit vorkommt.187 Eine detaillierte Unterscheidung nimmt auch der westaustralische Gesetzgeber vor. Dieser fordert zwar grundsätzlich ein wiederholtes Verhalten, 180

Vgl. s 19AA (1) (a) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). Vgl. s 35 (2) Crimes Act 1900 (ACT). 182 Vgl. s 5.1.22 (2) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 183 Vgl. s 562AB Crimes Act 1900 (NSW). 184 Vgl. s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic). 185 Dussuyer, Stalking Legislation, S. 8, 15. 186 McDonald J in Gunes v Pearson and Tunc v Pearson (1996) 89 A Crim R 297 (306). 187 Vgl. dazu auch Ross, (2005) 10 Deakin Law Review, S. 283 (290); Nash, Criminal Law Victoria, Band 1, S. 3272 f.; Groves, (1997) 21 Criminal Law Journal, S. 238 (239 ff.). 181

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C. Die rechtliche Situation in Australien

verzichtet jedoch bei den Tathandlungen des Beobachtens, des Bedrängens sowie der Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung oder eine Kautionsauflage auf dieses einschränkende Kriterium.188 Auch das Northern Territory nimmt eine ungewöhnliche Unterscheidung vor. So muss das gleiche Verhalten wiederholt verwirklicht werden, um als Stalking gewertet werden zu können, während eine Kombination aus verschiedenen der aufgezählten Verhaltensweisen nur einmalig erfolgen muss.189 Die restlichen australischen Bundesstaaten und Territorien verlangen, dass das in Rede stehende Verhalten entweder von langanhaltender Natur ist oder mehr als einmal vorkommt. Es sind lediglich geringfügige Unterschiede hinsichtlich des Wortlautes festzustellen.190 d) Taterfolg Ein weiteres Element des objektiven Tatbestandes ist der notwendige Taterfolg. Eine Analyse der australischen Regelungen ergibt im Hinblick auf den Taterfolg, dass nur eine einzige Vorschrift ohne Einschränkungen einen Taterfolg für erforderlich hält. So verlangt s 189 (1) Criminal Code Act (NT), dass das Verhalten des Täters bei dem Opfer tatsächlich physischen oder mentalen Schaden, Besorgnis oder Furcht um die eigene Sicherheit oder die einer anderen Person hervorgerufen haben muss. Wesentlich häufiger ist in den australischen Anti-Stalking-Tatbeständen das Fehlen eines solchen Bedürfnisses zu konstatieren. So findet sich beispielsweise in den Tatbeständen von Südaustralien, dem Australian Capital Territory sowie dem Model Criminal Code keinerlei Hinweis auf einen Taterfolg, während s 562AB (4) Crimes Act 1900 (NSW) sogar ausdrücklich darauf hinweist, die Anklage müsse nicht beweisen, dass das Opfer tatsächlich Furcht vor Schaden empfunden habe. Damit stellt der Tatbestand selbst klar, dass der Eintritt eines tatbestandlichen Erfolges nicht gefordert ist. Ein Mittelweg findet sich im Anti-Stalking-Tatbestand von Queensland. Dieser sieht in seiner ersten Alternative ausdrücklich vor, dass es ausreicht, wenn das Stalking unter Berücksichtigung aller Umstände bei der gestalkten Person Besorgnis oder Furcht vor Gewalt gegen eine Person oder gegen eine Sache auslösen würde.191 Es muss also nicht tatsächlich ein tatbestandsmäßiger Erfolg eingetreten sein, sondern es genügt vielmehr, wenn 188

Vgl. s 338D (1) (a), (b), (c), (d), (e) Criminal Code 1913 (WA). Vgl. s 189 (1) Criminal Code Act (NT). 190 Vgl. s 359B (b) Criminal Code 1899 (Qld); s 192 (1), (2) Criminal Code Act 1924 (Tas). 191 Vgl. s 359B (d) (i) Criminal Code 1899 (Qld). 189

V. Vergleich

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eine vernünftige Person in der Lage des Opfers Besorgnis oder Furcht vor Gewalt empfinden würde. Alternativ ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn das Stalking-Verhalten bei der gestalkten oder einer anderen Person tatsächlich einen Nachteil verursacht hat, wenn also der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist. Dabei dürfen jedoch von vornherein nur solche Nachteile in Betracht gezogen werden, die sich vernünftigerweise unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles ergeben.192 Damit wird in dieser Alternative zwar ein Erfolg verlangt, dessen tatsächliches Vorliegen ist jedoch objektiv zu bewerten, d.h. es richtet sich nicht allein nach der Empfindung der gestalkten Person. Dies dient dazu, die ansonsten alleinentscheidende Bedeutung der subjektiv-individuellen Gefühle des Opfers zu relativieren und einem objektiv-verifizierbaren Maßstab zu unterwerfen. Die meisten australischen Anti-Stalking-Strafgesetze operieren hingegen mit einer anderen Technik. Sie implementieren das Erfordernis eines Taterfolgs, um durch dieses objektive Element einen fehlenden bzw. nicht nachweisbaren Vorsatz des Täters auf subjektiver Seite zu kompensieren. So verlangt beispielsweise der weniger schwer wiegende Stalking-Tatbestand aus Westaustralien, dass das Stalking-Verhalten von einer Beschaffenheit ist, die das Opfer auch tatsächlich einschüchtert.193 Dafür ist jedoch keinerlei subjektive Beziehung des Täters zu seiner Tat erforderlich, was darauf schließen lässt, dass der tatsächliche Eintritt des Taterfolgs auf objektiver Seite den fehlenden oder nicht beweisbaren Vorsatz des Täters auf subjektiver Seite kompensieren soll. Ein ähnlicher Mechanismus greift in Tasmanien Platz. So wird gemäß s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas) die notwendige Absicht als gegeben erachtet, sofern der Täter wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Verhalten bei einer anderen Person wahrscheinlich den dort beschriebenen einschüchternden Effekt erzielt. Dies gilt allerdings nur unter der Bedingung, dass das in Rede stehende Verhalten diesen Effekt auch tatsächlich hatte.194 Ganz ähnlich wird auch in Victoria bei Eintreten des Taterfolgs die notwendige Absicht des Täters als vorliegend betrachtet, wenn dieser hätte verstehen müssen, dass die Vornahme seiner Handlung voraussichtlich das entsprechende Resultat hervorbringen würde.195 Mithin wird auch in Tasmanien und Victoria der Erfolgseintritt als ein objektives Tatbestandselement betrachtet, welches es erlaubt, die hohe Absichtsschwelle auf subjektiver Seite erheblich abzusenken. 192 193 194 195

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s s s s

359B (d) (ii) Criminal Code 1899 (Qld). 338E (2) Criminal Code 1913 (WA). 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas). 21A (3) (b) Crimes Act 1958 (Vic).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

e) Zwischenergebnis Im Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass in Australien ein weitgehender Konsens darüber besteht, welches Kernverhalten als Stalking mit Strafe bewehrt sein soll. Dieser Kernbestand an verbotenem Stalking-Verhalten umfasst das Verfolgen der gestalkten oder einer dritten Person, das Unter-Beobachtung-Halten der gestalkten oder einer dritten Person, das Beeinträchtigen von Eigentum der gestalkten oder einer dritten Person, das Herumlungern vor dem Haus oder Arbeitsplatz der gestalkten oder einer dritten Person, das Zukommen-Lassen von anstößigem oder beleidigendem Material sowie das Kontaktieren der gestalkten oder einer dritten Person via Post, Telefon oder anderer elektronischer Kommunikationsmittel. Diese ausdrückliche Aufzählung des verbotenen Stalking-Verhaltens wird in allen australischen Bundesstaaten mit Ausnahme von Westaustralien durch eine Generalklausel ergänzt, welche es erlaubt, auch atypische Stalking-Handlungen strafrechtlich zu erfassen. Hinzu kommt, dass eine oder mehrere der genannten Verhaltensweisen entweder einmal langanhaltend oder aber mindestens zweimal vorgenommen werden müssen, um als Stalking gelten zu können. Im Gegensatz dazu ist der Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges im Regelfall nicht erforderlich, sofern der Vorsatz des Täters besteht und nachgewiesen werden kann. 2. Mens rea Eine Zusammenschau der australischen Regelungen auf Seiten des subjektiven Tatbestandes zeigt deutlich, dass im Bereich der Stalking-Strafbarkeit weitgehend auf ein strenges Vorsatzerfordernis verzichtet wird, welches sich aus einem kognitiven und einem voluntativen Element zusammensetzt. Stattdessen lassen die meisten Tatbestände bereits das Vorliegen eines bloß kognitiven Elements auf der Täterseite ausreichen. Diese Entscheidung ist direkte Folge einer in Australien vielfach geäußerten rechtspolitischen Auffassung, derzufolge ein klassisches mens rea-Erfordernis die Wirksamkeit der Stalking-Straftatbestände in erheblichem Maße mindern und dadurch zu nicht hinnehmbaren Defiziten bei der Strafverfolgung von Stalkern führen würde.196 Im Detail bedeutet dies, dass die meisten australischen Stalking-Tatbestände zwar grundsätzlich die Absicht des Täters voraussetzen, physischen oder mentalen Schaden, Besorgnis oder Furcht bei dem Opfer oder 196 Vgl. Willis/McMahon, Stalking, S. 4; Stocker/Nielssen, Apprehended Violence Orders, S. 7.

V. Vergleich

179

einer dritten Person hervorzurufen.197 Die durch dieses sehr schwer zu beweisende subjektive Tatbestandsmerkmal198 geschaffene hohe Strafbarkeitsschwelle wird jedoch, wie oben bereits dargelegt, mit Ausnahme von Südaustralien in allen australischen Bundesstaaten dadurch abgesenkt, dass das Vorliegen dieser Absicht unter gewissen Voraussetzungen als gegeben betrachtet, d.h. vermutet wird. Auch hier stimmen die meisten Tatbestände mit leichten Abweichungen darin überein, dass der Täter entweder wissen muss oder unter den gegebenen Umständen hätte wissen müssen, dass die Vornahme eines Verhaltens der in Rede stehenden Art bei der gestalkten Person wahrscheinlich Besorgnis oder Furcht hervorrufen würde.199 Manche Bundesstaaten verlangen ergänzend den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges. Durch dieses Erfordernis wird die ansonsten geforderte, jedoch im konkreten Fall nicht vorhandene oder nicht beweisbare Absicht des Täters kompensiert.200 Wesentlich strengere Vorsatzanforderungen gelten ausschließlich in Südaustralien sowie im Vorschlag des Model Criminal Code. Der südaustralische Gesetzgeber verlangt in s 19AA (1) (b) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA), dass der Täter die Absicht haben muss, dem Opfer oder einer dritten Person schwerwiegenden physischen oder mentalen Schaden zuzufügen. Ausreichend ist auch die Absicht, schwerwiegende Besorgnis oder Furcht hervorzurufen. Sollte es der Staatsanwaltschaft nicht gelingen, diese 197 Vgl. s 192 (1) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 189 (1) Criminal Code Act (NT); s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic). Ähnlich ausgestaltet sind s 35 (1) Crimes Act 1900 (ACT), der außerdem die Absicht, die andere Person zu belästigen, ausreichen lässt, sowie s 562AB Crimes Act 1900 (NSW), der die Absicht voraussetzt, bloße Furcht vor physischem oder mentalem Schaden hervorzurufen. 198 Dennison/Thomson, Is This Stalking?, S. 2. 199 Vgl. s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 21A (3) Crimes Act 1958 (Vic). So ähnlich auch s 35 (4) Crimes Act 1900 (ACT), der das bloße Wissen oder die bewusste Fahrlässigkeit bezüglich der wahrscheinlichen Verursachung von Furcht oder Besorgnis sowie von einem Gefühl der Belästigung beim Opfer ausreichen lässt, sowie s 562AB (3) Crimes Act 1900 (NSW), der nur das tatsächliche Wissen des Täters um die Wahrscheinlichkeit der Furchteinflößung beim Opfer als die erforderliche Absicht gelten lässt. Im Gegensatz dazu lässt es das Northern Territory neben dem Wissen des Täters um die Wirkung seiner Handlung außerdem genügen, dass sich eine vernünftige Person unter den spezifischen Umständen bewusst gewesen wäre, dass das Verhaltensmuster die entsprechenden Konsequenzen haben würde, vgl. s 189 (1A) Criminal Code Act (NT). 200 Vgl. s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas). Ähnlich ist die Regelung auch in Victoria, welches den Taterfolg allerdings nur im Rahmen der Variante des Hätte-Verstehen-Müssens verlangt, vgl. s 21A (3) (b) Crimes Act 1958 (Vic), sowie im Northern Territory, das den Eintritt des Taterfolgs immer als notwendig erachtet, vgl. s 189 (1) Criminal Code Act (NT). Das ACT hingegen verzichtet komplett auf einen Taterfolg, vgl. s 35 (4) Crimes Act 1900 (ACT).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Absicht zu beweisen, so muss der mutmaßliche Stalker freigesprochen werden. Ähnlich ist auch das Absichtsmerkmal des Model Criminal Code ausgestaltet. Insgesamt ist es allerdings etwas weniger voraussetzungsvoll, denn es verlangt nicht, dass der beabsichtigte Schaden bzw. die beabsichtigte Furcht oder Besorgnis schwerwiegend sein müssen.201 Ganz im Gegensatz zu dieser Haltung verzichtet Queensland nahezu vollständig auf ein subjektives Tatbestandselement im klassischen Sinne. So verlangt s 359B (a) Criminal Code Act 1899 (Qld) lediglich, dass das Verhalten des Stalkers absichtlich auf die gestalkte Person gerichtet sein muss. Zudem stellt s 359C (1) Criminal Code Act 1899 (Qld) ausdrücklich klar, es sei unbeachtlich, ob der Stalker wolle, dass das Opfer sich bewusst sei, dass das Stalking-Verhalten auf es gerichtet ist. Ebenso unbeachtlich ist es demgemäß, ob sich der Stalker in einem Irrtum über die Identität desjenigen befindet, auf den sein Verhalten gerichtet ist. Gemäß s 359C (4) Criminal Code Act 1899 (Qld) spielt es auch keine Rolle, ob der Täter die Absicht hatte, bei der gestalkten Person Furcht, Besorgnis oder einen tatsächlichen Nachteil hervorzurufen. Auch der Bundesstaat Victoria verfügt über ein ähnlich vages mens reaErfordernis. So ist es gemäß s 21A (3) (a), (b) Crimes Act 1958 (Vic) ausreichend, wenn der Täter wusste oder hätte verstehen müssen, dass sein Verhalten wahrscheinlich einen physischen oder mentalen Schaden, Besorgnis oder Furcht auslösen würde. Diese Konstruktion ist auch deshalb sehr unbestimmt, weil sie durch die Einführung der Kategorie des Hätte-Verstehen-Müssens mit den überkommenen Unterteilungen des common law im subjektiven Bereich bricht und den Rechtsanwender infolgedessen darüber im Unklaren lässt, welche Einstellung des Täters zu seinem Verhalten von dem Tatbestand gefordert ist.202 Dieser Uferlosigkeit versucht s 21A (3) (b) Crimes Act 1958 (Vic) dadurch entgegenzuwirken, dass neben dem HätteVerstehen-Müssen auch der tatsächliche Eintritt des Schadens bzw. der Besorgnis oder Furcht als Taterfolg zur Kompensation des fehlenden kognitiven und voluntativen Elements verlangt wird. Einen Mittelweg zwischen dem strengen Anforderungsprofil Südaustraliens sowie des Model Criminal Code und dem nahezu vollständigen Verzicht auf ein subjektives Tatbestandselement in Queensland und Victoria beschreitet der westaustralische Gesetzgeber durch die Schaffung zweier unterschiedlich schwerwiegender Anti-Stalking-Tatbestände. Während der 201 Vgl. s 5.1.22 (1) (a), (b) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50. 202 Bronitt/McSherry, Criminal Law, S. 538; McSherry/Naylor, Australian Criminal Laws, S. 175 f.; Wiener, (Januar 1995) Law Institute Journal, S. 30 (31); Wiener, Mental Harm, S. 3 f.; Wiener, Stalking, S. 4.

V. Vergleich

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Verbrechenstatbestand die durch nichts zu ersetzende Absicht des Täters verlangt, sein Opfer einzuschüchtern,203 erfordert der Vergehenstatbestand überhaupt keine subjektive Beziehung des Täters zu seiner Tat.204 Als Ausgleich dafür muss das verwirklichte Verhalten jedoch objektiv einschüchternd gewesen sein und es muss das Opfer auch tatsächlich eingeschüchtert haben.205 Damit gibt es zwar auch in Westaustralien die Möglichkeit, einen Stalker zu bestrafen, dem eine entsprechende Stalking-Absicht nicht nachgewiesen werden kann oder bei dem eine solche nicht vorliegt. Eine Verurteilung verlangt dann aber den tatsächlichen Eintritt des Taterfolgs und zieht eine geringere Strafe nach sich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nahezu überall in Australien die Möglichkeit besteht, das Fehlen oder die Nichterweislichkeit der an sich geforderten Absicht, eine andere Person durch Stalking-Verhalten zu schädigen oder einzuschüchtern, zu ersetzen. Notwendig ist dazu die Feststellung, dass der Täter um den wahrscheinlichen Eintritt dieser Folge wusste oder hätte wissen müssen.206 3. Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung Als Reaktion auf die große Gefahr, die darin besteht, durch einen sowohl objektiv als auch subjektiv weit gefassten Anti-Stalking-Straftatbestand Tätigkeiten zu erfassen, die nicht nur vollkommen rechtmäßig, sondern auch für die Durchsetzung von Recht und Gesetz oder für das Funktionieren einer lebendigen Demokratie notwendig sind, haben einige australische Gesetzgeber spezifische Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe geschaffen. Zwar verzichten mit Südaustralien, Neusüdwales und dem Nordterritorium gleich drei Staaten auf derartige spezifische Regelungen und auch der Model Criminal Code trifft keine Vorkehrungen, um rechtmäßige Tätigkeiten auszunehmen. Doch schaffen die restlichen vier Bundesstaaten sowie das ACT die Möglichkeit, Verhalten, das einem speziellen Zweck dient, entweder von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes auszunehmen oder es aufgrund einer spezifischen Rechtfertigung als nicht rechtswidrig gelten zu lassen. Während nur Westaustralien den Weg eines echten Rechtfertigungsgrundes geht, indem es knapp ein Handeln im Rahmen rechtmäßiger Kompetenz 203 204 205 206

Vgl. s 338E (1) Criminal Code 1913 (WA). Vgl. s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA). Vgl. s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA). Ähnlich Gani, (2002) 14 Legaldate, S. 7 (7).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

als Verteidigung gelten lässt,207 wählen Queensland und das ACT den Weg des Tatbestandsausschlusses. Queensland nimmt dabei nicht nur Tätigkeiten aus, die der Erfüllung staatlicher Aufgaben und Pflichten dienen,208 sondern auch Verhalten, welches einem Arbeits- oder einem öffentlichen Meinungskampf dient,209 sowie angemessenes Verhalten im Rahmen rechtmäßiger Berufs- oder Gewerbstätigkeit.210 Im Gegensatz dazu verfügt das ACT nur über einen engformulierten Tatbestandsausschluss, der lediglich solches Verhalten ausnimmt, welches im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit vorgenommen wird, sofern dieses zur Aufgabe der Person gehört und nicht unter einem anderen Gesichtspunkt rechtswidrig ist.211 Korrespondierend mit seinem sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht extrem weiten Tatbestand, stellt Victoria mithilfe einer Kombination aus Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründen das größte Spektrum an Aktivitäten straffrei. So findet der Stalking-Tatbestand von vornherein keine Anwendung auf Tätigkeiten, die der Erfüllung amtlicher Pflichten dienen.212 Darüber hinaus kann sich ein potentieller Täter verteidigen, indem er beweist, dass sein Verhalten nicht arglistig war und im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit erfolgte213 oder einem Arbeits- bzw. öffentlichen Meinungskampf diente.214 Als einziger australischer Bundesstaat schützt Victoria zudem ausdrücklich die Tätigkeiten der Presse, indem die Rechtfertigungsvorschrift aus s 21A (4A) (a) Crimes Act 1958 (Vic) explizit die Tätigkeit von Personen oder Körperschaften einschließt, deren Hauptbetätigungsfeld die Publikation oder die Vorbereitung der Publikation von Nachrichten und politischen Magazinen ist. Eine Besonderheit gibt es in diesem Zusammenhang auch im tasmanischen Anti-Stalking-Recht. So findet gemäß s 192 (4) Criminal Code Act 1924 (Tas) die Vorschrift, derzufolge eine nicht vorhandene oder eine nicht beweisbare Absicht des Täters auch bei bloßem Wissen oder Wissen-Müssen um die Wahrscheinlichkeit der eintretenden Folgen vermutet werden kann,215 keine Anwendung, wenn der mutmaßliche Täter gutgläubig und in Erfüllung seiner Amtspflichten gehandelt hat. Diese Vorschrift, die weder 207

Vgl. s 338E (3) Criminal Code 1913 (WA). So z. B. Tätigkeiten, die zur Ausführung des Rechts, zur Verwaltung eines Gesetzes oder zu einem Zwecke vorgenommen werden, der durch ein Gesetz autorisiert wurde, vgl. s 359D (a) Criminal Code Act 1899 (Qld). 209 Vgl. s 338D (b), (c) Criminal Code 1913 (WA). 210 Vgl. s 338D (d) Criminal Code 1913 (WA). 211 Vgl. s 35 (3) Crimes Act 1900 (ACT). 212 Vgl. s 21A (4) Crimes Act 1958 (Vic). 213 Vgl. s 21A (4A) (a) Crimes Act 1958 (Vic). 214 Vgl. s 21A (4A) (b), (c) Crimes Act 1958 (Vic). 215 Vgl. s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas). 208

V. Vergleich

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einen Tatbestandsausschließungs- noch einen Rechtfertigungsgrund darstellt, führt dennoch im Ergebnis zur Straflosigkeit der Amtsperson. Schließlich kann eine Amtsperson, die gutgläubig in Erfüllung ihrer Pflichten handelt, nicht gleichzeitig den Vorsatz haben, einen anderen zu schädigen oder einzuschüchtern. Die damit einzig verbleibende Möglichkeit der Vorsatzvermutung nach s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas) ist, wie dargelegt, jedoch nach s 192 (4) Criminal Code Act 1924 (Tas) gesperrt. Daraus ergibt sich, dass die meisten australischen Tatbestände spezifische Tatbestandsausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgründe in ihre Anti-Stalking-Straftatbestände aufgenommen haben, um harmlose und erlaubte Verhaltensweisen von der Strafbarkeit wegen Stalking auszunehmen. Derartige in Australien besonders geschützte Tätigkeiten sind insbesondere die Erfüllung von Amtspflichten, die erlaubte berufliche oder gewerbliche Tätigkeit sowie ein Handeln zum Zwecke eines Arbeits- oder öffentlichen Meinungskampfes. 4. Qualifikationstatbestände Wie bei der Darstellung der einzelnen Bundesstaaten und Territorien bereits angeklungen, verfügen etliche australische Rechtsordnungen über Qualifikationstatbestände, deren Verwirklichung sich strafschärfend auswirkt. Während Südaustralien ebenso wie der Model Criminal Code keinerlei Angaben über qualifizierende Tatbestandsmerkmale machen,216 gehen sowohl Queensland und Western Australia als auch das Northern sowie das Australian Capital Territory davon aus, dass der Besitz einer Angriffswaffe ein qualifizierender Tatumstand ist.217 Darüber hinaus betrachten sie die Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Anordnung, gegen eine einstweilige Verfügung sowie gegen eine Kautionsauflage als qualifizierende Tatbestandsmerkmale.218 Besonderheiten ergeben sich lediglich in Westaustralien, dessen Recht zufolge auch der Gebrauch einer Scheinwaffe eine Qualifikation darstellt,219 216

Vgl. s 19AA (2) (b) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). Vgl. s 359E (3) (b) Criminal Code Act 1899 (Qld); s 338D (1) (a) Criminal Code 1913 (WA); s 189 (2) (b) (ii) Criminal Code Act (NT); s 35 (1) (a) (ii) Crimes Act 1900 (ACT). 218 Dies gilt mit lediglich leichten begrifflichen Abweichungen. So erfasst Queensland auch die Drohung mit der Zuwiderhandlung gegen eine einstweilige Verfügung sowie gegen eine gerichtliche Anordnung als qualifizierenden Umstand, vgl. s 359E (3) (c) Criminal Code Act 1899 (Qld), während Westaustralien nur die Zuwiderhandlung gegen eine Kautionsbedingung zulässt, vgl. s 338D (1) (b) Criminal Code 1913 (WA). Im Northern und Australian Capital Territory sind hingegen Zuwiderhandlungen gegen jegliche gerichtliche Anordnungen eingeschlossen, vgl. s 189 (2) (b) (i) Criminal Code Act (NT); s 35 (1) (a) (i) Crimes Act 1900 (ACT). 217

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C. Die rechtliche Situation in Australien

sowie in Queensland, welches als einziger Bundesstaat die Anwendung von und die Drohung mit Gewalt gegen Personen und Sachen härter bestraft.220 5. Strafandrohung Die Strafandrohungen für Stalking-Handlungen sind in Australien sehr unterschiedlich. Während im oberen Bereich Victoria mit zehn Jahren Höchstfreiheitsstrafe die Begrenzung markiert,221 findet sich mit zwölf Monaten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von Aus$ 12.000 die geringste Höchststrafe in Westaustralien.222 Zu betonen ist jedoch, dass es sich bei Letzterem um ein Vergehen handelt, bei dem keinerlei subjektive Beziehung des Täters zu seiner Tat erforderlich ist. Ist eine Absicht gegeben, so ist auch in Westaustralien eine Höchstfreiheitsstrafe von drei Jahren, bei Hinzutreten qualifizierender Umstände sogar von acht Jahren möglich.223 Die meisten Gesetze sehen hingegen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei Verwirklichung des Grundtatbestandes sowie von fünf Jahren bei Erfüllung des Qualifikationstatbestandes vor.224 Im Gegensatz dazu kann in Queensland und New South Wales schon im Rahmen des Grundtatbestandes eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren verhängt werden.225 Während in New South Wales außerdem eine alternative Bestrafung mit 50 Strafeinheiten sowie eine Kombination von Strafeinheiten und Freiheitsstrafe in Betracht kommt,226 ist in Queensland eine darüber hinausgehende qualifizierte Begehung der Tat möglich, die eine Höchstfreiheitsstrafe von sieben Jahren nach sich ziehen kann.227 219

Vgl. s 338D (1) (a) Criminal Code 1913 (WA). Vgl. s 359E (3) (a) Criminal Code Act 1899 (Qld). 221 Vgl. s 21A (1) Crimes Act 1958 (Vic). 222 Vgl. s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA). 223 Vgl. s 338E (1) (b), (a) Criminal Code 1913 (WA). Sollte es zu einer Verurteilung im beschleunigten Verfahren kommen, so werden die Strafen jedoch im ersteren Fall auf 18 Monate und Aus$ 18.000 sowie im zweiten Fall auf zwei Jahre und Aus$ 24.000 reduziert, vgl. s 338E (1) (d), (c) Criminal Code 1913 (WA). 224 So s 189 (2) Criminal Code Act (NT); s 35 (1) (a), (b) Crimes Act 1900 (ACT). Ähnlich ist die Rechtslage auch in Südaustralien, in dessen Recht die Qualifikation ebenfalls mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, der Grundtatbestand jedoch mit höchstens drei Jahren bestraft wird, vgl. s 19AA (2) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 225 Vgl. s 359E (2) Criminal Code Act 1899 (Qld); s 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW). 226 Vgl. s 562AB (1) Crimes Act 1900 (NSW). 227 Vgl. s 359E (3) Criminal Code Act 1899 (Qld). 220

VI. Bewertung

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VI. Bewertung Im Anschluss an diesen Vergleich der australischen Tatbestände soll analysiert werden, welche Elemente sich im Bereich der Strafverfolgung von Stalking tatsächlich bewährt haben und welche in der praktischen Durchsetzung im Rahmen der Strafverfolgung eher als Hindernis in Erscheinung getreten sind. 1. Actus reus a) Aufzählung der Kernverhaltensweisen Bereits die Formulierung des objektiven Tatbestandes stellt ein Problem bei der Strafbewehrung von Stalking dar. Es gilt die Balance zu halten zwischen einem zu engen Tatbestand, dem es nicht gelingt, viele potentielle, wenn auch atypische Stalking-Verhaltensweisen zu erfassen, und einem zu weiten Tatbestand, der bedenklich vage ist und den Normadressaten nur schwerlich erkennen lässt, worin die Grenzen des verbotenen Verhaltens bestehen.228 Um dieses Gleichgewicht zu finden, bewehren alle australischen Tatbestände gewisse Stalking-Kernverhaltensweisen wie das Verfolgen, das Beobachten, das Kontaktieren, das Sich-Annähern sowie das Beschädigen von Eigentum explizit mit Strafe, während ungewöhnliche Stalking-Aktivitäten über eine diese Aufzählung ergänzende Generalklausel erfasst werden. Die explizite Aufzählung der Kernverhaltensweisen in den australischen Tatbeständen ist gelungen, da es sich bei den genannten Verhaltensweisen tatsächlich um diejenigen handelt, die von den meisten Stalkern an den Tag gelegt werden. So ergaben empirische Studien, dass die Opfer im weit überwiegenden Teil der untersuchten Stalking-Fälle übereinstimmend von Aktivitäten wie dem Verfolgen, dem wiederholten Kontaktieren, insbesondere telefonisch und schriftlich, sowie von verschiedentlichen Annäherungsversuchen berichteten.229 Damit entspricht die Verhaltensauswahl der australischen Gesetzgeber der in empirischen Untersuchungen festgestellten Häufigkeit des Stalking-Verhaltens.

228

So auch Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 72. Blaauw/Sheridan/Winkel, (2002) 9 Psychiatry, Psychology and Law, S. 136 (139, 144). 229

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C. Die rechtliche Situation in Australien

b) Cyberstalking Fraglich ist allerdings, ob die weitgehende Zurückhaltung der australischen Tatbestände230 im Bereich des Cyberstalking der genuinen Bedeutung dieses Phänomens gerecht wird. Zwar stellt sich in dieser Hinsicht zunächst die generelle Frage, ob klassische rechtliche Instrumente angesichts der Internationalität231 und mangelnden Kontrollmöglichkeiten im Bereich des Internets überhaupt erfolgversprechend sein können.232 Auf der anderen Seite könnten eben diese Eigenarten wie die Anonymität, das Zur-Verfügung-Stehen unzähliger technischer Stalking-Möglichkeiten sowie die damit einhergehenden verstärkten Angstreaktionen der Opfer Grund genug sein, Cyberstalking als so charakteristisch zu betrachten, dass die damit in Zusammenhang stehenden Techniken explizit in die Liste verbotenen Verhaltens in einem Anti-StalkingTatbestand aufgenommen werden müssten. Letzteres geschah beispielsweise in Victoria durch eine Gesetzesnovelle im Jahr 2003.233 Noch weitergehender wird vertreten, es sei nicht einmal ausreichend, Cyberstalking in einem spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestand ausdrücklich in die Aufzählung verbotener Verhaltensweisen aufzunehmen. Notwendig sei vielmehr die Schaffung eines eigenständigen Anti-Cyberstalking-Tatbestandes.234 Schließlich sei nur ein solcher in der Lage, die spezifischen Besonderheiten des Cyberstalking als einer charakteristischen Art sozialschädlichen Verhaltens widerzuspiegeln.235 Verbiete man Cyberstalking nur im Rahmen eines generellen Anti-Stalking-Tatbestandes, so werde eine Marginalisierung der gravierenden Bedeutung dieses Phänomens bewirkt. Das habe negative Konsequenzen für den Opferschutz. Zudem sei eine spezifische Strafbewehrung absolut notwendig, um die besonderen Pro230 Diese Zurückhaltung, Cyberstalking im Rahmen eines Anti-Stalking-Tatbestandes spezifisch zu erfassen, ist sehr häufig anzutreffen, vgl. Bocij, Cyberstalking, S. 171. 231 Ausführlich zu den erheblichen Umsetzungs- und Durchsetzungsproblemen in grenzüberschreitenden Fällen vgl. Ogilvie, Cyberstalking, S. 5; Bronitt/Gani, (2003) 27 Criminal Law Journal, S. 303 (309 ff.). 232 Ellison, Cyberstalking, in: Wall (Hrsg.), Crime and Internet, S. 141 (146). 233 Vgl. s 21A (2) (ba), (bb), (bc) Crimes Act 1958 (Vic). 234 Barton, (1995) 70 Washington Law Review, S. 465 (477); Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 4, S. 97. 235 So betont Ogilvie, dass die spezifischen Besonderheiten des Internets wie die Möglichkeit, Attribute der realen Welt zu vergrößern, zu verzerren und zu ignorieren, einer sofortigen spezialgesetzlichen Reaktion bedürften, da sie sich gerade nicht als bloß neue Ausdrucksformen realer Verbrechen darstellten, vgl. Ogilvie, The Internet, S. 6.

VI. Bewertung

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bleme, die das Internet als Medium in Stalking-Fällen aufwerfe, bewältigen zu können.236 Dieser Argumentation ist zuzugeben, dass die Verabschiedung eines spezifischen Anti-Cyberstalking-Tatbestandes zwar die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Phänomen lenken und eine spezielle Lösung dafür bereithalten könnte. Dennoch ist nicht ersichtlich, inwiefern Cyberstalking als soziale Erscheinung so speziell sein könnte, dass ihr sozialschädlicher Unrechtsgehalt nicht von einem Anti-Stalking-Tatbestand ausreichend erfasst wäre. Betrachtet man beispielsweise den Anti-Stalking-Tatbestand Victorias,237 der so weitgehend wie kein anderer Cyberstalking-Verhaltensweisen aufzählt und explizit in die Liste verbotenen Stalking-Verhaltens aufgenommen hat, so kann man feststellen, dass es keine bislang bekannte Cyberstalking-Technik gibt, die sich nicht darunter subsumieren ließe. Damit wird deutlich, dass es bei der Forderung nach der Schaffung eines spezifischen Cyberstalking-Straftatbestandes weniger darum geht, eine effektive Strafverfolgung von Cyberstalkern sicherzustellen, als vielmehr darum klarzustellen, dass eine Einbettung von Cyberstalking in einen allgemeinen Anti-Stalking-Tatbestand den typischen Besonderheiten des Cyberstalking nicht gerecht werden kann. Bei genauerer Untersuchung fällt es allerdings schwer, Charakteristika des Cyberstalking auszumachen, die so bedeutsam sind, dass sie die Schaffung eines eigenständigen Anti-Cyberstalking-Tatbestandes rechtfertigen könnten. Zwar ist zuzugeben, dass sich Stalking in der virtuellen Sphäre vom Stalking in der realen Welt durch die bereits angesprochene große Anonymität einhergehend mit den vielfältigen Stalking-Möglichkeiten, die nur das Internet bietet, unterscheidet. Letztlich ist Cyberstalking jedoch nichts anderes als Stalking über das Medium Internet.238 Während einige Stalker das Opfer körperlich verfolgen, überwachen und bedrohen, verfolgen, überwachen und bedrohen es andere mithilfe des Internets. Auch der Zweck, den Stalker mit ihrem Verhalten in der virtuellen wie in der realen Welt verfolgen, ist in der Regel der gleiche. Mithin ist Cyberstalking Stalking mit anderen, namentlich mit elektronischen Mitteln239 und hier insbesondere mit dem Mittel des Internets. Es unterscheidet sich daher vom realen Stalking nicht so gravierend, dass ein eigenständiger Anti-Cyberstalking-Tatbestand vonnöten wäre.240 236

Barton, (1995) 70 Washington Law Review, S. 465 (469 ff.). Vgl. s 21A Crimes Act 1958 (Vic). 238 Ähnlich Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 4, S. 99. 239 Ogilvie, Cyberstalking, S. 1; Taylor/Caeti/Loper/Fritsch/Liederbach, Digital Crime, S. 177. 240 So auch Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (8 f.); Gani, (2002) 14 Legaldate, S. 7 (8). 237

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Damit stellt sich die weitergehende Frage, ob typische CyberstalkingPraktiken explizit in einen Stalking-Tatbestand aufgenommen werden müssen, um sie effektiv strafrechtlich verfolgen zu können, oder ob eine Kriminalisierung der klassischen Stalking-Verhaltensweisen ausreichend ist.241 Die Möglichkeiten, wie sich die Aufnahme von Cyberstalking-Techniken in einen Stalking-Tatbestand gestalten ließe, sind dabei vielfältig. Wie bereits erwähnt, verfügt Victoria über einen eigenen Unterabschnitt, in dem potentielle Cyberstalking-Verhaltensweisen detailliert aufgelistet werden.242 Die beiden anderen australischen Bundesstaaten, die explizite Anti-Cyberstalking-Regelungen getroffen haben, gehen einen anderen Weg. Während das ACT lediglich das Versenden elektronischer Nachrichten über die gestalkte Person an andere Personen243 sowie das Verfügbarmachen solcher Nachrichten244 strafbar stellt und damit nur einen kleinen Ausschnitt von potentiellem Cyberstalking umfasst, bedient sich Tasmanien einer Anti-Cyberstalking-Generalklausel,245 die einen sehr weiten Anwendungsbereich hat. Im Gegensatz dazu gibt es in den states und territories, in denen derartige spezielle Regelungen fehlen, den Versuch, Cyberstalking-Verhaltensweisen unter Begriffe wie „Beobachten“, „Verfolgen“ oder „Herumlungern“ zu subsumieren.246 Begründet wird dies damit, dass das Opfer auch im Falle des Computer-Stalking überwacht und beobachtet werde, sei es auch nicht unmittelbar körperlich, sondern indirekt mithilfe von Computer und Internet. Somit sei es folgerichtig, Cyberstalking-Techniken nach Maßgabe der klassischen Stalking-Vorschriften zu ahnden, soweit die Tätigkeiten auch darunter subsumiert werden könnten. Gerade im Bereich des Strafrechts, in dem der Wortlaut die äußerste Grenze der Auslegung sein muss, erscheint es bedenklich, Begriffe wie „Beobachten“, „Verfolgen“ oder „Herumlungern“ auf Aktivitäten auszudehnen, die nur virtuell im Cyberspace stattfinden. Schließlich verlangen die genannten Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch eine körperliche Nähe oder doch zumindest eine körperliche Anwesenheit der Person selbst, wäh241

NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 245 f. Vgl. s 21A (2) (b) Crimes Act 1958 (Vic). 243 Vgl. s 35 (2) (g) Crimes Act 1900 (ACT). 244 Vgl. s 35 (2) (h) Crimes Act 1900 (ACT). 245 So kann gemäß s 192 (1) (h) Criminal Code Act 1924 (Tas) der Gebrauch des Internets sowie anderer Formen elektronischer Kommunikation auf eine Weise, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie bei einer anderen Person Besorgnis oder Furcht auslöst, strafbares Stalking konstituieren. 246 Merschman, (2001) 24 Harvard Women’s Law Journal, S. 255 (278); Ogilvie, Cyberstalking, S. 4 f. Allgemein zu dem Versuch, in den späten 1980ern, neuartige Computerstraftaten unter die herkömmlichen Delikte zu subsumieren, vgl. Bronitt/ Gani, (2003) 27 Criminal Law Journal, S. 303 (306). 242

VI. Bewertung

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rend jegliches Verhalten im Cyberspace durch Anonymität und Virtualität gekennzeichnet ist. Daher muss vor einer Ausdehnung des Verständnisses von herkömmlichen Stalking-Begrifflichkeiten auf Cyberstalking-Tätigkeiten im strafrechtlichen Bereich gewarnt werden.247 Selbst wenn man jedoch die Möglichkeit der Subsumtion von Cyberstalking-Verhalten unter die klassischerweise verbotenen Stalking-Aktivitäten ablehnt, ist damit noch nicht abschließend geklärt, ob Cyberstalking-Techniken ausdrücklich in die Aufzählung verbotenen Stalking-Verhaltens aufgenommen werden müssen oder ob dies entbehrlich ist. Für eine Entbehrlichkeit streitet, dass der überwiegende Teil der Aktivitäten, die als Cyberstalking bezeichnet werden, in Australien bereits umfassend mit Strafe bewehrt sind. So sind alle Fälle des E-Mail-Stalking, bei denen der Täter das Opfer über E-Mail kontaktiert, um ihm auf diesem Wege Nachrichten, großvolumige Junk-Mails, Computerviren oder E-MailBomben zukommen zu lassen, in allen australischen Stalking-Tatbeständen unter der Variante des Kontaktierens einer Person in irgendeiner Weise einschließlich Telefon, Post, Fax, E-Mail oder durch andere Mittel elektronischer Kommunikation erfasst. Im Bereich des Computer-Stalking ist das Eindringen in den Computer des Opfers und das damit einhergehende unbefugte Sich-Zugang-Verschaffen zu Computer und Daten des Opfers ebenso wie ein sich daran potentiell anschließender Diebstahl oder eine Löschung von Daten nach Maßgabe der klassischen Computerdelikte strafbar.248 Mit dem unerwünschten Veröffentlichen von wahren Informationen und Aussagen über das Opfer im Internet sowie dem Verlautbaren von Informationen und Aussagen im Internet, die den Anschein erwecken, als stammten sie vom Opfer, verbleiben nur wenige Cyberstalking-Techniken, die weder im Rahmen der Stalking-Tatbestände noch nach Maßgabe der klassischen (Computer-)Delikte erfasst werden können. Gleiches gilt für das Überwachen des Opfers in Echtzeit mithilfe von Computer und Internet. Infolgedessen könnte vertreten werden, eine spezifische Aufnahme von Cyberstalking-Methoden in einen Anti-Stalking-Straftatbestand sei entbehrlich, da der überwiegende Teil dieser Aktivitäten bereits mit Strafe bedroht sei. Eine zu erwartende Verbesserung des Opferschutzes sei daher nur minimal, während ein spezifischer Anti-Cyberstalking-Tatbestand zu nicht unerheblichen Überschneidungen und Abgrenzungsproblemen führen würde. Obwohl die meisten Cyberstalking-Verhaltensweisen in Australien auch bislang schon strafbar sind und obzwar das Entstehen von Abgrenzungs247

Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (10). Vgl. beispielsweise ss 247A ff. Crimes Act 1958 (Vic); ss 308 ff. Crimes Act 1900 (NSW). 248

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schwierigkeiten zu klassischen Computerdelikten nicht unwahrscheinlich ist, muss bedacht werden, dass ein ausschließliches Aburteilen typischer Cyberstalking-Handlungen nach Maßgabe der allgemeinen Computerdelikte den eigentlich sozialschädlichen Kern des Verhaltens, nämlich das Stalking, nicht erkennen lässt. Äußerlich wäre nur das allgemeine Computerdelikt als Straftat erkennbar, welches den spezifischen Kontext des Verhaltens ebenso wenig deutlich macht wie es dem Cyberstalker vor Augen führt, warum die Gesellschaft sein Verhalten konkret missbilligt. Mithin streitet nicht nur die klarstellende und damit potentiell abschreckende Wirkung auf die Gesellschaft im Allgemeinen sowie auf tatgeneigte Stalker im Besonderen für eine ausdrückliche Aufnahme von Cyberstalking-Verhalten in einen AntiStalking-Straftatbestand. Auch die Tatsache, dass dies den spezifischen Charakter sowie die eigenständige und stetig wachsende Bedeutung des Cyberstalking widerspiegeln würde, ist ein gewichtiges Argument für ein solches Vorgehen. Selbstredend würde außerdem gewährleistet, dass alle Formen des Cyberstalking umfassend mit Strafe bewehrt wären, was gleichzeitig das Niveau des Opferschutzes erhöhen würde. Folglich empfiehlt sich für die australischen Gesetzgeber, die Cyberstalking noch nicht ausdrücklich als besondere Begehungsform in ihre Stalking-Tatbestände aufgenommen haben, ein solcher Schritt, während von der Schaffung eines eigenständigen Anti-Cyberstalking-Tatbestandes abgesehen werden sollte. Bei der Umsetzung der ersten Empfehlung sollte bedacht werden, dass den genannten, durchaus gängigen Formen des Cyberstalking, die sich bislang noch in keinem australischen Tatbestand finden lassen, ebenfalls Beachtung gebührt. Das sind namentlich die Überwachung des Opfers mithilfe von Computer und Internet, die unerwünschte Veröffentlichung von wahren Informationen und Aussagen über das Opfer im Internet bzw. das Publizieren von Aussagen, die den Anschein erwecken, sie stammten von dem Opfer. Die Aufnahme dieser Cyberstalking-Methoden ist anzuraten, weil sie zum einen für Stalking typisch, zum anderen für die Opfer sehr gefährlich sind. Insbesondere die Strategie, Daten über das Opfer bzw. angeblich von dem Opfer stammende Kontaktaufforderungen mit sexuellem Inhalt im Internet zu veröffentlichen, kommt häufig vor. Dadurch beabsichtigt der Stalker, andere Menschen zu veranlassen, ihrerseits mit dem Opfer in Kontakt zu treten. Es handelt sich um eine Facette des Phänomens „stalking by proxy“, bei der sowohl menschliche als auch mechanische oder elektronische Stellvertreter für den Stalker agieren. Dieses Verhalten birgt für das Opfer ein sehr hohes Risiko, von fremden Menschen mit Stalking-Handlungen überzogen oder gar Opfer ganz realer sexueller Übergriffe zu werden. So können die Daten des Opfers beispielsweise auf einer Internetseite mit

VI. Bewertung

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Vergewaltigungsfantasien veröffentlicht werden und dadurch andere Menschen veranlassen, das Opfer zu kontaktieren, um es unter der Fehlvorstellung, das Opfer habe eingewilligt, „zu vergewaltigen“. Auch das Überwachen des Opfers mithilfe von Computer und Internet steht bislang weder in den australischen Stalking-Tatbeständen noch in den klassischen Delikten unter Strafe. Dennoch ist es für das Opfer ebenso beängstigend, fortdauernd über das Internet beobachtet und überwacht zu werden, wie es bei der real-körperlichen Beobachtung und Überwachung der Fall ist. Daher sollten die Aufzählungen des tatbestandsmäßigen Verhaltens in der Variante des Unter-Beobachtung-Haltens des Opfers ergänzt werden um die Begriffe „sei es körperlich oder unter Benutzung technischer oder elektronischer Hilfsmittel“. c) Öffnungsklausel Ergänzend zu der Aufzählung des verbotenen Stalking-Verhaltens verfügen alle australischen Tatbestände über eine Öffnungsklausel. Diese soll gewährleisten, dass auch atypisches Verhalten unter den Tatbestand subsumiert und damit strafrechtlich geahndet werden kann. Um dies sicherzustellen, kann den australischen Tatbeständen zufolge auch jedes nicht explizit aufgeführte Verhalten den objektiven Tatbestand des Stalking erfüllen, sofern es eine Beschaffenheit aufweist, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis oder Furcht auslöst.249 Die Vorteile einer solchen Generalklausel liegen auf der Hand. Die kaum zu überblickende Vielfalt an potentiellem Stalking-Verhalten macht es von vornherein unmöglich, einen Tatbestand zu formulieren, der alle belästigenden, einschüchternden und möglicherweise gefährlichen Handlungen erfasst. Hinzu kommt der technische Fortschritt, der ständig neue Stalking-Formen ermöglicht, die von dem Gesetzgeber bei Erlass des Tatbestandes noch nicht berücksichtigt werden konnten. Abgesehen davon, gibt es auch viele hochintelligente und kreative Stalker, die sich bewusst nur in den Grenzen des gerade noch Erlaubten bewegen, um dem Opfer ein noch stärkeres Gefühl der Hilflosigkeit zu vermitteln und um sich aus der Machtlosigkeit der Strafverfolgungsorgane Befriedigung zu verschaffen.250 249 Zu beachten ist, dass diese Fassung der Generalklausel am häufigsten vorkommt, vgl. s 192 (1) (j) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 21A (2) (g) Crimes Act 1958 (Vic); s 35 (2) (i) Crimes Act 1900 (ACT); s 19AA (1) (a) (vi) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA); s 189 (1) (g) Criminal Code Act (NT). In Queensland heißt es hingegen, dass auch Verhalten, welches den aufgezählten Verhaltensweisen ähnlich ist, ausreicht, vgl. s 359B (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 250 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 15.

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Eine Generalklausel erscheint in diesem Zusammenhang als das ideale Mittel, um diese Probleme zu lösen. Schließlich wird es durch eine solche Öffnungsklausel irrelevant, wie das von dem Stalker an den Tag gelegte Verhalten aussieht, wie atypisch oder hochmodern es ist, sofern es nur eine Beschaffenheit aufweist, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis oder Furcht auslöst. Damit scheinen die Generalklauseln in den australischen Gesetzen einen umfassenden Opferschutz vor objektiv angsteinflößendem Verhalten zu gewährleisten. Doch so weit diese durch die Generalklausel erzeugte tatbestandliche Anwendbarkeit auch anmuten mag, sie ist nicht uneingeschränkt. So werden der ejusdem generis-Regel des common law zufolge Bedeutung und Umfang einer Generalklausel aus den ihr vorangehenden Begriffen der Aufzählung bestimmt.251 Damit muss jedes potentielle Stalking-Verhalten, welches unter die Generalklausel subsumiert werden soll, eine gewisse Ähnlichkeit mit den vorher explizit aufgeführten Stalking-Verhaltensweisen haben. Bei einer konkreten Anwendung der ejusdem generis-Regel auf die Aufzählungen des verbotenen Verhaltens in den australischen Anti-Stalking-Tatbeständen fällt auf, dass es schwierig ist, ein tertium comparationis herauszuarbeiten, das als Richtschnur für die Bewertung der Ähnlichkeit des Verhaltens und damit als strafbarkeitsbegrenzendes Kriterium dienen könnte. Am meisten überzeugt es, das Kontaktieren des Opfers als verbindendes Element der Tätigkeiten Verfolgen, Unter-Beobachtung-Halten, Herumlungern, Zukommen-Lassen von beleidigendem bzw. anstößigem Material und Kontaktieren mittels Telefon, Internet oder anderen Mitteln zu werten. Betrachtet man das Kontaktieren des Opfers als verbindendes Element, so ist der Anwendungsbereich der Öffnungsklausel nicht unerheblich eingeschränkt. Insbesondere fällt auf, dass beispielsweise Stalker, die nur vor dem Haus des Opfers stehen oder dessen Nähe aufsuchen, ohne ihre Zielperson anzusprechen oder sie in sonstiger Weise auf sich aufmerksam zu machen, nicht in den Anwendungsbereich fallen. Auch in Fällen, in denen es ohne Hinzutreten weiterer Umstände lediglich zu einer Eigentumsbeeinträchtigung bei dem Opfer, z. B. durch Sprühen eines Graffitos, gekommen ist, dürfte es schwer sein, dies als eine Kontaktaufnahme zu werten. Aus diesen Beispielen ergibt sich, dass die ejusdem generis-Regel durchaus einschränkende Wirkung entfaltet. Tatbestandsbegrenzend wirkt in den australischen Tatbeständen zudem, dass das Stalking-Verhalten eine Beschaffenheit aufweisen muss, von der vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie Besorgnis oder Furcht auslöst.252 Damit unterliegt die entscheidende Beurteilung des Verhaltens dem 251

Finch, Criminalisation of Stalking, S. 16.

VI. Bewertung

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objektiven Maßstab der Vernünftigkeit („reasonableness“). Die Generalklausel beantwortet – ähnlich wie der Tatbestand aus Queensland – die Frage nach der Strafbarkeit von potentiellem Stalking-Verhalten nicht anhand einer tatsächlichen, subjektiv-individuellen Reaktion des konkreten Stalking-Opfers, sondern legt einen objektivierbaren Maßstab an. Das ist zu begrüßen, weil infolgedessen nicht die individuellen und damit oft willkürlichen Empfindungen des Opfers über Strafbarkeit oder Straflosigkeit eines Stalkers entscheiden, sondern eine objektive Vernünftigkeitsprüfung. Der Terminus der Vernünftigkeit ist zwar ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt daher in besonderer Weise der richterlichen Würdigung im Einzelfall, er hat aber im englischen und damit auch im australischen Recht eine lange Tradition und ist in der Rechtsanwendung fest verankert, sodass von einem hinreichenden Konkretisierungsgrad ausgegangen werden kann.253 Somit bleibt zu konstatieren, dass die in Australien gebräuchlichen Öffnungsklauseln die Erfassung atypischer Stalking-Verhaltensweisen erlauben und damit häufig in der Lage sind, die Opfer effektiv zu schützen. Gleichzeitig kann die Missbrauchsgefahr durch eine konsequente Anwendung der ejusdem generis-Regel sowie durch das Anlegen des objektiv-generellen Maßstabs der Vernünftigkeit begrenzt werden. d) Häufigkeit des Verhaltens Mit der konkreten Abgrenzung zwischen alltäglichem und damit erlaubtem Verhalten auf der einen und sozialschädlichem Stalking auf der anderen Seite sind auch die Tatbestandsmerkmale des wiederholten bzw. lang andauernden Begehens befasst. 252 Diese Fassung der Generalklausel kommt insgesamt am häufigsten vor, vgl. s 192 (1) (j) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 21A (2) (g) Crimes Act 1958 (Vic); s 35 (2) (i) Crimes Act 1900 (ACT); s 19AA (1) (a) (vi) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA); s 189 (1) (g) Criminal Code Act (NT). In Queensland heißt es hingegen, dass auch ein den aufgezählten Verhaltensweisen ähnliches Verhalten ausreichend ist, vgl. s 359B (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 253 Zweifelnd Pechstaedt, Stalking, S. 107 f.; Smartt, (2001) 9 European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice, S. 209 (218); Rosenfeld/Cling, Stalking, in: Cling (Hrsg.), Sexualized Violence, S. 98 (103). Insbesondere auch zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden in diesem Bereich vgl. Forell/Matthews, Reasonable Woman, S. 123 ff.; Clancy, (1997) 78 The Parliamentarian, S. 140 (141); Pearce/Easteal, (1999) 24 Alternative Law Journal, S. 165 (169); Cupach/ Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 15; Hills/Taplin, (1998) 5 Psychiatry, Psychology and Law, S. 139 (145); Rosenfeld/Cling, Stalking, in: Cling (Hrsg.), Sexualized Violence, S. 98 (100 ff.); White/Kowalski/Lyndon/Valentine, Male Stalking, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 163 ff. Infolgedessen wird auch verlangt, weibliche Bewertungsmuster zugrunde zu legen, vgl. Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (278); Forell/Matthews, Reasonable Woman, S. 18.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Diese den objektiven Tatbestand in zeitlicher Hinsicht beschränkenden Elemente sind zu einer genauen Bestimmung des strafbaren Stalking-Verhaltens unabdingbar. Grund dafür ist, dass die Vornahme von Tätigkeiten wie Verfolgen, Vor-einem-Haus-Stehen, Beobachten oder telefonisches Kontaktieren ebenso gut Ausdruck von strafbarem Stalking wie Ausfluss alltäglicher Geschäftigkeit sein kann. Schließlich könnte sich jemand auch nur zufällig auf demselben Bürgersteig befinden wie das Opfer oder vor dem Haus auf einen Freund warten. Es ist also nicht möglich, allein aufgrund des äußerlichen Verhaltens als solchem, welches in den Tatbeständen kriminalisiert ist, eine strafbare Stalking-Handlung von einer straflosen alltäglichen Verhaltensweise abzugrenzen. Aus dieser Feststellung könnte nun gefolgert werden, dass allein der Vorsatz des Stalkers als innere Tatsache dazu geeignet sei, strafbares Stalking von harmlosem Alltagsverhalten abzugrenzen. Diese Einschätzung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Zum einen würde die Strafbewehrung von Stalking allein auf der Basis des Vorsatzes, dem Opfer Angst einzuflößen oder es zu verletzen, eine bloße Bestrafung der bösen Gesinnung darstellen, wenn sich das Verhalten des Stalkers im Übrigen in der Vornahme neutraler Alltagshandlungen erschöpft.254 Zum anderen entspricht die Behauptung, es sei immer der Vorsatz des Stalkers, der ansonsten harmloses Verhalten zu Stalking mache, nicht den Tatsachen. Insbesondere erotomanische sowie an Wahnvorstellungen leidende Stalker haben häufig keinerlei Vorsatz, das Opfer zu verletzen oder es zu ängstigen, da sie tatsächlich glauben, in das Opfer verliebt zu sein bzw. von dem Opfer geliebt zu werden. Folglich kann die Abgrenzung zwischen sozialadäquatem und sozialschädlichem Verhalten im Bereich des Stalking nicht auf der Basis des subjektiven Tatbestandes erfolgen, sondern muss, wie auch bei den klassischen Delikten, schon auf objektiver Ebene stattfinden. Um diese Abgrenzung auf objektiver Ebene gewährleisten zu können, verlangen die meisten australischen Tatbestände, dass das in Rede stehende Verhalten entweder wiederholt, d.h. mehr als einmal, verwirklicht wird oder von langanhaltender Natur ist. Die Wahl eines zeitlichen Kriteriums ist generell sinnvoll, da regelmäßig nicht die Tätigkeit an sich, sondern ihre stetige Wiederholung einschüchternde und beängstigende Wirkung auf das Opfer entfaltet. Insofern handelt es sich beim Stalking von Natur aus um ein anhaltendes Delikt, welches mehr als nur einen Akt voraussetzt, um als Straftat verfolgbar zu sein.255 Mithin muss dieses spezifische Charakteristikum in einem Anti-Stalking-Straftatbestand zum Ausdruck kommen, um den sozialethischen Unwertgehalt exakt zu umreißen.256 254 255

Vgl. dazu auch Rath, Gesinnungsstrafrecht, S. 47 f. Ross, (2005) 10 Deakin Law Review, S. 283 (283 f.).

VI. Bewertung

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Das Abstellen der australischen Tatbestände auf die beiden Kriterien der Wiederholtheit bzw. des Lange-Anhaltens spiegelt bereits die Erfahrungen der australischen Strafverfolgungsbehörden mit Kriterien dieser Art wider. Während der westaustralische Gesetzgeber vor der umfassenden Reform des Stalking-Tatbestandes im Jahr 1998 auf das nicht näher definierte Kriterium der Beharrlichkeit („persistence“) abstellte,257 verlangte das Delikt aus Queensland in seiner ursprünglichen, 1999 ebenfalls radikal umgestalteten Fassung, dass das Stalking-Verhalten zu mindestens zwei separaten Gelegenheiten aufgetreten sein musste.258 In Westaustralien entstand um das Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit ein großes Definitionsproblem, welches von den Gerichten nur sehr zögerlich angegangen wurde. Neben der Unbestimmtheit des Begriffs „Beharrlichkeit“ in zeitlicher Hinsicht führte auch die Tatsache, dass dieses Merkmal eine subjektive Komponente beinhaltet, zu großen Defiziten in der praktischen Umsetzung. So musste im Rahmen der Strafverfolgung nicht nur die bloße Wiederholung bzw. fortgesetzte Begehung eines entsprechenden Stalking-Verhaltens bewiesen werden, sondern auch eine korrespondierende innere Einstellung des Täters zu seiner Tat. Dieses subjektive Element auf der Täterseite, welches voraussetzte, dass der Stalker durch die stetige Wiederholung bzw. Aufrechterhaltung des Verhaltens auf sein Opfer einwirken wollte, stellte ein großes Verurteilungshindernis in Westaustralien dar. Mit ähnlichen Schwierigkeiten hatte auch Queensland zu kämpfen. So konnte dort eine Strafbarkeit wegen Stalking nur dann angenommen werden, wenn an mindestens zwei separaten Gelegenheiten stalkingrelevantes Verhalten an den Tag gelegt worden war. Damit waren all jene Handlungsverläufe von der Strafbarkeit ausgeschlossen, die zwar nur aus einer Episode bestanden, sich jedoch über einen beträchtlichen Zeitraum hinzogen. Dies warf bei besonders angsteinflößenden Stalking-Verläufen das Problem auf, dass ein Täter, der das Opfer über Tage hinweg ununterbrochen verfolgte und beobachtete, nicht strafrechtlich verfolgt werden konnte. Aufgrund dieser Erfahrungen in der Anwendungspraxis stellen aktuell fast alle australischen Tatbestände auf die Kriterien der Zweimaligkeit sowie des Lange-Andauerns ab.259 Trotz vieler Vorteile werfen auch diese Abgrenzungskriterien Fragen auf. 256

Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83). Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (304 f.). 258 Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (146). 259 Die Ausnahme bilden hier Südaustralien, das ACT sowie überraschenderweise auch der Model Criminal Code, da sie Verhalten an mindestens zwei separaten Gelegenheiten fordern, vgl. s 19AA (1) (a) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA); s 35 (2) Crimes Act 1900 (ACT); s 5.1.22 (2) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 52. 257

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C. Die rechtliche Situation in Australien

So scheint das Erfordernis eines bloß zweimaligen Verhaltens eine sehr niedrige Strafbarkeitsschwelle zu kreieren. Dies gilt umso mehr, als viele Staaten noch nicht einmal das zweimalige Vornehmen der gleichen Tätigkeit verlangen, sondern es genügen lassen, wenn zwei beliebige der aufgezählten Stalking-Verhaltensweisen vorgekommen sind. Im Ergebnis bedeutet das, dass eine Person, die zweimal versucht hat, eine andere Person anzurufen, ebenso den objektiven Tatbestand des Stalking erfüllt wie eine Person, die einmal versucht hat, eine andere anzurufen, und diese dann später vor ihrem Haus antrifft. In vielen australischen Bundesstaaten wäre bei einem solchen harmlosen Alltagsverhalten theoretisch bereits der objektive Tatbestand des Stalking erfüllt. Dieses zugegebenermaßen überspitzte Beispiel legt nahe, dass das Kriterium der Zweimaligkeit die Strafbarkeitsschwelle deutlich zu niedrig ansetzt und damit als entscheidendes Abgrenzungskriterium untauglich ist. Folgerichtig müsste gefordert werden, die Anzahl der notwendigen Stalking-Verhaltensweisen nach oben zu korrigieren, bevor eine Strafbarkeit angenommen werden könnte.260 Denn je niedriger die Häufigkeitsschwelle ist, desto mehr alltägliches und harmloses Verhalten wird erfasst. Selbst wenn man an weniger überzeichnete Beispiele wie an einen lästigen Verehrer denkt, der mehrmals am Tag anruft, Blumen und Briefe schickt oder gar persönliche Besuche abstattet, um die Intensität und Aufrichtigkeit seiner Liebe zu demonstrieren, wird deutlich, dass es beim Abstellen auf eine so niedrige Schwelle wie auf die der Zweimaligkeit keinen straffreien Raum mehr für zwar unerwünschtes und störendes, aber dennoch alltägliches und sozialadäquates Verhalten gibt. Eine dadurch bedingte Ausdehnung der Strafbarkeit leistet nicht zuletzt einem inflationären Gebrauch des Tatbestandes in Bagatellfällen und damit zugleich einer fortschreitenden Marginalisierung und Verharmlosung der Folgen von schwerem Stalking-Verhalten Vorschub.261 Auch ein gewisses Missbrauchspotential ist einem mit einer so niedrigen Strafbarkeitsschwelle ausgestalteten Tatbestand nicht abzusprechen. So könnten sowohl die Tätigkeiten von Journalisten, Privatdetektiven, Gerichtsvollziehern und Vertretern als auch die Aktivitäten von Demonstranten mühelos unter den objektiven Tatbestand subsumiert werden, obwohl es sich bei diesem Verhalten keineswegs um das eigentlich anvisierte Stalking-Unrecht handelt. Dass es sich dabei nicht bloß um eine theoretische Sorge handelt, verdeutlichen die Erfahrungen, die mit dem Stalking-Tatbestand in Victoria gemacht wurden. So wird der Tatbestand dort aufgrund seiner niedrigen Strafbarkeitsschwelle zunehmend im Zuge von Nachbarschaftsstreitigkeiten eingesetzt, was offen260 261

Dafür spricht sich auch Smischek aus, vgl. Smischek, Stalking, S. 322. Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (177).

VI. Bewertung

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sichtlich nicht der Vorstellung des Gesetzgebers von der Anwendung des Strafrechts im Allgemeinen sowie von der Anwendung eines Anti-StalkingStraftatbestandes im Besonderen entspricht.262 Des Weiteren lässt sich in Victoria beobachten, dass das Stalking-Delikt dort als sogenannte „loading charge“ benutzt wird. Das bedeutet, dass Sexualstraftäter neben den eigentlich von ihnen begangenen Taten noch zusätzlich wegen Stalking verurteilt und bestraft werden, ohne dass sie klassisches Stalking-Verhalten an den Tag gelegt hätten. Eine solche Praxis bietet sich insbesondere deshalb an, weil Stalking in Victoria mit einer sehr hohen Höchststrafe von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe belegt ist.263 Daher lohnt es sich für die Strafverfolgungsbehörden, Täter, die z. B. exhibitionistische oder voyeuristische Handlungen vorgenommen haben, zusätzlich wegen Stalking anzuklagen, da sie so wesentlich härter bestraft werden können, als dies nach den eigentlich von ihnen verwirklichten Spezialdelikten der Fall wäre. Dieses Vorgehen ist höchst problematisch, da es die eigentliche Natur der begangenen Straftat verschleiert und den Täter aus einem Delikt bestraft, das nicht den Kern des von ihm begangenen Unrechts widerspiegelt. Dieser Gebrauch des Stalking-Tatbestandes als „loading charge“ kommt bei einer derart niedrigen Strafbarkeitsschwelle schon immer dann in Betracht, wenn der Täter die räumliche Nähe zu seinem Opfer sucht und sein Verhalten mehr als einmal vorkommt. Trotz dieser bedenklichen Entwicklung sprechen auch gewichtige Argumente für die niedrige Schwelle der Zweimaligkeit. Nicht vergessen werden darf nämlich, dass ein Hauptargument für die Strafbewehrung von Stalking die Tatsache ist, dass Stalking-Verhalten als Vorbote von Gewalt schon frühzeitig erkannt und unterbunden werden sollte, um schwerwiegenderer Gewalt vorzubeugen.264 Dies impliziert die Notwendigkeit, den Strafverfolgungsbehörden ein möglichst frühzeitiges Eingreifen zu gestatten und diese nicht warten zu lassen, bis es eventuell zu spät sein könnte.265 Genau dieses Postulat spricht für eine Entscheidung zugunsten einer niedrigen Schwelle wie der der Zweimaligkeit. Das Abstellen auf eine höhere Schwelle wie z. B. auf ein fünf-, zehnoder 17maliges An-den-Tag-Legen von Stalking-Verhalten würde des Wei262 McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (107, 109, 112); Willis/ McMahon, Stalking, S. 12; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 97; Dennison/Thomson, (2000) 7 Psychiatry, Psychology and Law, S. 159 (160); Dussuyer, Stalking Legislation, S. 99. 263 So auch Wiener, (September 2001) Law Institute Journal, S. 67 (68). 264 Whitney/Flynn/Moyle, Criminal Codes, S. 139; Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (450 f.). 265 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 127; Wagner, FPR 2006, S. 208 (210).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

teren die Frage aufwerfen, warum gerade an dieser Stelle eine letztlich willkürliche, nicht begründbare Grenze gezogen wird.266 Außerdem entsteht eine potentielle Versuchsproblematik, sofern der Täter Stalking-Aktivitäten in nicht ausreichendem Umfang vorgenommen hat. Dies könnte zwar grundsätzlich als Versuch mit Strafe bewehrt werden, doch stellt sich dann erneut das Abgrenzungsproblem zwischen noch sozialadäquatem und schon strafbarem Stalking-Versuchsunrecht, obwohl diese Entscheidung ja durch die Festlegung der notwendigen Mindesthäufigkeit getroffen werden sollte, die bei einem Versuch noch nicht erreicht ist. Im Ergebnis ist es daher ratsam, auf ein zweimaliges Verhalten abzustellen, sofern der Tatbestand im Übrigen ausreichende begrenzende Elemente beinhaltet, die einem Missbrauch vorbeugen und eine zuverlässige Abgrenzung zwischen strafbarem Stalking und harmlosem Verhalten ermöglichen. Zu denken wäre hier etwa an einen Fortsetzungsvorsatz des Täters. Ein solcher könnte als einschränkendes Kriterium dienen und zweimaliges Verhalten nur dann als tatbestandsmäßig gelten lassen, wenn der Tatentschluss zur zweiten Handlung eine Fortsetzung des Vorsatzes zur vorangegangenen ersten Handlung darstellt. Zwischen den Einzelentschlüssen müsste somit eine fortlaufende psychische Linie bestehen,267 d.h. der Stalker müsste wissentlich und willentlich die beiden Handlungen als Teil einer einheitlichen Kampagne zur Einschüchterung und Belästigung des Opfers an den Tag legen. Für die Einbeziehung eines solchen Fortsetzungsvorsatzes streitet vor allem, dass dieser die durch das Zweimaligkeitskriterium etablierte, insgesamt sehr niedrige Strafbarkeitsschwelle deutlich erhöhen würde. Zudem würde gewährleistet, dass nur solches Verhalten tatbestandsmäßig ist, welches von dem Stalker bewusst dazu eingesetzt wird, das Opfer durch eine anhaltende Kampagne einzuschüchtern und zu verängstigen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Figur des Fortsetzungsvorsatzes in der Rechtslehre immer schon – insbesondere aufgrund der durch sie bedingten Ausdehnung der inzwischen nicht mehr anerkannten Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs – als kriminalpolitisch bedenklich angesehen wurde.268 Im Hinblick auf die konkrete Einbeziehung dieser Rechtsfigur im Bereich des Stalking ist zudem anzumerken, dass sie dieselben Probleme aufwerfen würde wie das Merkmal der Beharrlichkeit. Wie dargelegt, hat Westaustralien mit dem Merkmal der Beharrlichkeit sehr negative Erfahrungen in der Strafverfolgungspraxis gemacht. Diese waren in erster Linie darauf zurückzuführen, dass sich die innere Einstellung des Täters, namentlich eine die einzelnen 266 267 268

So auch Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (536 f.). Wessels/Beulke, Strafrecht, AT, Rn. 771. Wessels/Beulke, Strafrecht, AT, Rn. 771.

VI. Bewertung

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Handlungen verbindende Hartnäckigkeit, häufig nicht beweisen ließ. Da der Fortsetzungsvorsatz ebenfalls den Beweis einer fortlaufenden psychischen Linie zwischen den einzelnen Aktivitäten voraussetzt, wird dieser in der praktischen Anwendung ähnliche Probleme bergen und im Ergebnis die Strafverfolgung nicht unerheblich erschweren. Daher sollte von dem zusätzlichen Erfordernis eines Fortsetzungsvorsatzes abgesehen werden. Auch das zweite, in den australischen Stalking-Tatbeständen häufig verwendete Zeitkriterium des Lange-Andauerns ist nicht frei von Nachteilen. So besteht Unklarheit, ab wann ein Verhalten als lang andauernd bezeichnet werden kann bzw. werden muss. In Ermangelung einer entsprechenden Legaldefinition stellt sich die entscheidende Frage, ob die Grenze bei ein paar Stunden, bei einem ganzen Tag oder vielleicht sogar bei mehreren Tagen angesiedelt werden muss. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der unterschiedlichen Stalking-Fälle handelt es sich dabei um eine Wertungsfrage, die mangels aussagekräftiger einschränkender Kriterien im Wortlaut im konkreten Einzelfall allein durch eine richterliche Beweiswürdigung beurteilt werden kann. Dass einer solchen Entscheidung zwangsläufig ein beträchtliches Maß an tatbestandlicher Unbestimmtheit anhaftet, liegt auf der Hand. Auch wenn dies im Strafrecht nicht wünschenswert ist, korrespondiert das wenig voraussetzungsvolle Merkmal des Lange-Andauerns insoweit mit seinem Pendant, dem Kriterium der Zweimaligkeit, welches ebenfalls sehr schnell erfüllt ist. Ein vollständiger Verzicht auf das Kriterium des Lang-Anhaltens als Alternative zum Merkmal der Zweimaligkeit würde zudem verhindern, dass extrem einschüchterndes und potentiell gefährliches Verhalten erfasst werden könnte, welches fortdauernd über eine längere Zeit auftritt, ohne eine zeitliche Zäsur aufzuweisen. Insoweit kann auf die oben beschriebenen Erfahrungen Queenslands verwiesen werden. Damit ist zu konstatieren, dass das Kriterium der Zweimaligkeit eine sowohl für den Normadressaten als auch für die Strafverfolgungsbehörden eindeutig bestimmbare, wenn auch sehr niedrige Strafbarkeitsschwelle konstituiert. Der alternative Abgrenzungsmaßstab des Lange-Anhaltens ist im Hinblick auf eine möglichst umfassende Strafverfolgung von Stalkern zwar eine sinnvolle Ergänzung der Zweimaligkeit, lässt aber aufgrund seiner Unbestimmtheit nicht konkret erkennen, ab wann ein Verhalten zum strafbaren Stalking wird. Ohne weitere limitierende Kriterien bleibt die Abgrenzung von strafbarem Stalking zu straflosem Verhalten somit eine Wertungsfrage des Einzelfalles, die der richterlichen Würdigung überantwortet ist.

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e) Taterfolg Ein weiteres Tatbestandselement, welches auf objektiver Seite zur Begrenzung des deliktischen Anwendungsbereiches und damit zur näheren Konkretisierung des mit Strafe bedrohten Unrechts herangezogen werden könnte, ist der Eintritt eines Taterfolgs. Ein solcher Taterfolg könnte beim Stalking nur in dem Hervorrufen eines Schadens bzw. in der Erregung von Furcht oder Besorgnis bei dem Opfer bestehen. Grundsätzlich kommt das Erfordernis eines eigenständig neben dem Handlungsunwert bestehenden Erfolgsunwertes dem Täter entgegen, da die Strafverfolgungsbehörden neben der Vornahme der strafbewehrten Handlung selbst zusätzlich noch beweisen müssen, dass der Täter durch sein Verhalten den tatbestandsmäßigen Erfolg kausal herbeigeführt hat. Generell könnte daher gefordert werden, jeder Stalking-Täter müsse dem Opfer entweder einen spezifischen Schaden zufügen oder aber in diesem Besorgnis bzw. Furcht hervorrufen, um mit Strafe belegt werden zu können. Schließlich lasse sich nur auf diese Weise eine verlässliche Abgrenzung zwischen sozialadäquatem Verhalten und strafbarem Stalking erreichen. Für das Erfordernis eines Taterfolgs spräche zudem, dass ein Verhalten nur dann der Strafe bedürfe und mithin von dem Staat verboten werden könne, wenn es tatsächlich zu einer Verletzung des geschützten Rechtsguts geführt habe.269 Sei ein Unrechtserfolg nicht eingetreten, könne ansonsten alltägliches Verhalten nicht als Stalking bestraft werden. Interessanterweise ist jedoch, wie oben festgestellt,270 abgesehen von dem Northern Territory, der Eintritt eines Taterfolgs in keinem australischen Bundesstaat oder Territorium notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Stalking. Dies hat mehrere Gründe. Zuerst ist das Verursachen eines tatsächlichen physischen bzw. eines eindeutig diagnostizierbaren mentalen Schadens durch Stalking eher selten. Wenn überhaupt, so treten derartig schwerwiegende psychische Probleme erst in einem späten Stadium auf und folgen regelmäßig fortgesetzten Episoden von außergewöhnlich schwerem Stalking nach. Würden die australischen Tatbestände eine Stalking-Strafbarkeit mithin nur annehmen, wenn ein solcher Erfolg auch tatsächlich eingetreten wäre, so hätte der Tatbestand einen nur sehr kleinen Anwendungsbereich. Diese negativen Erfahrungen, die einige australische Bundesstaaten mit einem allzu strengen Erfolgserfordernis gemacht haben, lassen sich unter 269 So auch für Stalking Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (10); Madere, (1999) 46 University of California Los Angeles Law Review, S. 1633 (1646). 270 Vgl. C. V. 1. d).

VI. Bewertung

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anderem am Beispiel Queenslands veranschaulichen. Der ursprüngliche Tatbestand verlangte dort nämlich als Voraussetzung einer Stalking-Strafbarkeit, dass eine vernünftige Person in der Lage des Opfers aufgrund des Täter-Verhaltens glauben musste, ein unrechtmäßiger Akt der Gewalt („unlawful act of violence“) stehe wahrscheinlich bevor.271 Aufgrund dieses sehr engen, wenig an die Besonderheiten des Stalking angepassten Erfolgsmerkmals konnte in der Folge vor allem beleidigendes und beängstigendes Verhalten nicht erfasst werden, sofern es keinen konkreten Hinweis auf eine potentiell bevorstehende Gewaltanwendung beinhaltete.272 Auch wenn diese Darstellung den Schluss nahelegt, das Erfordernis eines Taterfolgs wirke sich im Rahmen eines Stalking-Tatbestandes stets zugunsten des Täters und zulasten des Opferschutzes aus, da es den Anwendungsbereich unverhältnismäßig stark einschränke, muss darauf hingewiesen werden, dass dem Merkmal eines Taterfolgs ebenso ein erheblich tatbestandserweiternder Effekt zukommen kann. So macht das Abstellen auf die Erregung von Besorgnis oder Furcht bei dem Opfer allein die subjektiv-individuelle Empfindung auf der Opferseite zur Richtschnur für den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges. Mithin vermag es selbst das An-den-Tag-Legen schwerster Stalking-Verhaltensweisen unter Umständen nicht, ein unerschrockenes, stoisches Opfer zu verunsichern und so den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen, während das Stalken eines sensiblen, schreckhaften Opfers die Erfolgsschwelle eventuell schon bei objektiv harmlosem Verhalten überschreitet. Folglich kann das Abstellen auf einen tatbestandsmäßigen Erfolg im Sinne einer individuellen Opferreaktion die Strafbarkeitsschwelle bei hypersensiblen Opfern erheblich absenken, anstatt sie zu erhöhen. Auch die dadurch entstehende mangelnde Vergleichbarkeit der einzelnen als Stalking strafbaren Verhaltensweisen stellt ein Problem dar. Denn während der eine Stalker, der ein schreckhaftes Opfer anvisiert, die Strafbarkeitsschwelle überschritten hat, kann der andere Stalker, der es mit einem stoischen Opfer zu tun hat, exakt die gleichen Handlungen vornehmen, ohne in den Anfangsverdacht einer Stalking-Strafbarkeit zu geraten. Bedenken im Hinblick auf die notwendige Rechtsanwendungsgleichheit sind somit vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass das ausschließliche Abstellen auf die Erregung von Besorgnis oder Furcht ein großes Missbrauchspotential in sich birgt. Letztlich kann nämlich nicht objektiv verifiziert werden, ob das Opfer tatsächlich Furcht empfunden hat oder dies nur vorgibt, um sich beispielsweise an seinem Ex-Partner zu rächen. 271 272

Vgl. s 359A Criminal Code 1899 (Qld) a. F. Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (147).

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Die vorstehende Analyse hat ein Dilemma zu Tage gefördert. Auf der einen Seite wirkt sich das Erfordernis eines den Handlungsunwert ergänzenden Erfolgsunwertes für den Täter grundsätzlich strafbarkeitsbegrenzend aus. Ein Abstellen auf den Eintritt einer physischen oder mentalen Verletzung auf der Opferseite schränkt den Stalking-Tatbestand jedoch derart stark ein, dass Verurteilungen nur in äußerst schwerwiegenden Fällen zu erwarten sind. Die gegenwärtig geltenden australischen Tatbestände, die aus diesem Grund bereits das Erzeugen von Besorgnis oder Furcht bei dem Opfer als Taterfolg ausreichen lassen, senken im Hinblick auf sensible Opfer die Strafbarkeitsschwelle allerdings unverhältnismäßig stark ab und führen außerdem zu willkürlichen und teilweise ungerechten Ergebnissen. Um diesen Bedenken zu begegnen, ohne die Strafverfolgung von Stalkern unnötig zu erschweren, entschied sich der Gesetzgeber von Queensland bei der Reform des Stalking-Tatbestandes für einen Mittelweg. Die neue Regelung verlangt zwar grundsätzlich den Eintritt von Besorgnis oder Furcht bei dem Opfer, lässt diesen aber nur gelten, wenn er vernünftigerweise aufgrund aller Umstände entstanden ist.273 Folglich ist der Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges notwendig, was tatbestandsbegrenzend wirkt, während der potentiell tatbestandserweiternde Effekt eines sehr sensiblen Opfers dadurch ausgeschlossen wird, dass Furcht oder Besorgnis des Opfers nur berücksichtigt werden, sofern sie vernünftigerweise unter Berücksichtigung aller Umstände entstanden sind. Damit wird die Verwirklichung des Taterfolgs einem objektiven Vernünftigkeitsmaßstab unterworfen. Alternativ dazu ist es ausreichend, wenn das Stalking-Verhalten vernünftigerweise aufgrund aller Umstände bei der gestalkten Person Besorgnis oder Furcht auslösen würde.274 Diese Variante erfasst mithin den Stalker eines furchtlosen Opfers, welches tatsächlich weder Besorgnis noch Furcht empfindet. Diese Reaktion wäre jedoch unter Berücksichtigung aller Umstände bei einem durchschnittlichen Opfer eingetreten. Im Ergebnis fingiert der Tatbestand aus Queensland einen Erfolg bei furchtlosen Opfern, was die Strafbarkeitsschwelle in diesen Fällen absenkt, während der tatsächliche Eintritt eines Erfolges im Falle übersensibler Opfer unberücksichtigt bleibt, wodurch die Strafbarkeitsschwelle steigt. Somit schafft der Gesetzgeber einen objektiven Maßstab für Feststellung und Bestimmung des tatbestandsmäßigen Erfolges. Dieser Mechanismus überzeugt auch deshalb, weil er sowohl in der Lage ist, die Stalking-Strafbarkeit wirksam zu begrenzen als auch die Strafbarkeitsschwelle für alle Fälle an der gleichen Stelle anzusiedeln. Zwar ist diese Bewertung an dem unbestimmten Rechtsbegriff der Vernünftigkeit orientiert, allerdings ist dieser, wie be273 274

Vgl. s 359B (d) (ii) Criminal Code Act 1899 (Qld). Vgl. s 359B (d) (i) Criminal Code Act 1899 (Qld).

VI. Bewertung

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reits dargelegt,275 im australischen Recht fest verankert und mithin hinreichend konkretisierbar. 2. Mens rea Neben dem objektiven Tatbestand ist es besonders auch die subjektive Tatbestandsseite, die einen Anti-Stalking-Tatbestand entscheidend prägt und letztlich die Weichen für Erfolg oder Misserfolg in der praktischen Anwendung stellt. Es überrascht daher wenig, dass sich in vielen Bereichen der Stalking-Forschung die Aussage findet, es sei die Motivation des Stalkers, die harmloses Alltags- von strafwürdigem Stalking-Verhalten unterscheide.276 Doch, wie bereits ausgeführt, ist es in der strafrechtlichen Sphäre wenig ratsam, diese Abgrenzung allein anhand des Vorhandenseins bzw. Nichtvorhandensein eines Stalking-Vorsatzes zu treffen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil innere Tatsachen wie Absichten und Motive des Täters äußerst schwer feststellbar und noch wesentlich schwerer zu beweisen sind. Dieser allgemeine Gesichtspunkt ist beim Stalking von gravierender Bedeutung, da die verbotenen Stalking-Handlungen äußerlich zumeist harmlos und sozialadäquat, zumindest jedoch neutral erscheinen.277 Mithin ist es kaum möglich, allein auf der Basis einer von dem Stalker vorgenommenen Handlung wie z. B. dem Auf-der-Straße-Stehen, dem Beobachten oder dem Anrufen auf einen etwaigen Vorsatz, das Opfer zu belästigen oder es einzuschüchtern, zu schließen. Zudem wird es den meisten Stalkern leicht fallen, einen plausiblen Grund dafür anzugeben, warum sie zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort waren oder warum sie das Opfer mehrfach zu kontaktieren versucht haben. Da der Nachweis eines solchen Stalking-Vorsatzes gerade zu Beginn einer Stalking-Episode somit äußerst schwer zu führen ist, kann sich ein zu strenges und voraussetzungsvolles Vorsatzerfordernis als Hemmschuh einer effektiven Strafverfolgung von Stalkern entpuppen.278 Auf der anderen Seite verlangen die Grundprinzipien des common law, dass der Gesetzgeber neben der Gewährleistung der praktischen Durchsetzbarkeit des Tatbestandes insbesondere auch darauf zu achten hat, dass nur 275

Vgl. dazu C. VI. 1. c). Goode, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 21 (28); Marshall, Stalking in SA, S. 2; Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (166). 277 Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (26). 278 Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (40); Law Reform Commission of Hong Kong, Report, S. 119; NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 251 f.; NSW Law Reform Commission, Discussion Paper 45, S. 139 f.; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 131. 276

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C. Die rechtliche Situation in Australien

derjenige, der einen Vorsatz, also ein „guilty mind“ hat, auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.279 Dieses Prinzip legt mithin nahe, dass auf ein strenges Vorsatzerfordernis auch im Rahmen eines Stalking-Delikts nicht verzichtet werden kann.280 In diesem Spannungsverhältnis zwischen Wahrung der Grundprinzipien des common law auf der einen und Gewährleistung von praktischer Durchsetzbarkeit und effektivem Opferschutz auf der anderen Seite ist es daher die Aufgabe der australischen Gesetzgeber, einen gangbaren Mittelweg zu finden. Gegenwärtig haben sich alle australischen Gesetzgeber mit Ausnahme von Queensland für Anti-Stalking-Tatbestände entschieden,281 die grundsätzlich auf der subjektiven Tatbestandsseite die Absicht des Täters verlangen, bei dem Opfer oder einer dritten Person physischen oder mentalen Schaden herbeizuführen bzw. Besorgnis oder Furcht hervorzurufen.282 Da abgesehen vom Nordterritorium alle Regelungen auf den tatsächlichen Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges verzichten, stellt die notwendige Absicht auf der Täterseite eine überschießende Innentendenz dar. Das bedeutet, dass sie nicht realisiert werden muss, um den Tatbestand zu verwirklichen. Unter Berücksichtigung der oben angestellten Erwägungen liegt damit die Schlussfolgerung nahe, dass dieses Vorsatzerfordernis in der Praxis nur äußerst schwer zu beweisen sein dürfte. Abgesehen von den nicht unerheblichen Problemen, innere Tatsachen überhaupt beweisen zu können,283 stellt sich im Bereich des Stalking-Vorsatzes die weitere Schwierigkeit, dass viele Stalker in dem Glauben handeln, ihr Opfer zu lieben. Infolgedessen haben sie in der Tat nicht die Absicht, ihre Zielperson zu verletzen oder zu verängstigen. Vor allem im Bereich der an Erotomanie und Wahnvorstellungen 279

Gillies, Criminal Law, S. 46; Wiener, (September) 2001 Law Institute Journal, S. 67 (68). 280 Gillies, Criminal Law, S. 46. 281 Bemerkenswerterweise verfügte bereits der erste Tatbestand in Queensland über ein mens rea-Element, welches vollständig auf den Beweis eines klassischen Vorsatzes verzichtete. Der Täter musste vielmehr gemäß s 359A (2) (b) Criminal Code Act 1899 (Qld) a. F. nur die Absicht haben, dass das Opfer darauf aufmerksam wird, dass das Verhalten des Täters auf es gerichtet ist, vgl. dazu auch Harbidge, (1996) 17 The Queensland Lawyer, S. 67 (69). 282 Vgl. s 192 (1) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 189 (1) Criminal Code Act (NT); s 21A (2) Crimes Act 1958 (Vic). Ähnlich ausgestaltet sind s 35 (1) Crimes Act 1900 (ACT), der zusätzlich noch die Absicht, eine andere Person zu belästigen, ausreichen lässt, sowie s 562AB Crimes Act 1900 (NSW), der allein die Absicht, bloße Furcht vor physischem oder mentalem Schaden hervorzurufen, fordert. 283 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 24.

VI. Bewertung

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leidenden Stalker ist häufig ein Fehlen der subjektiven Tatbestandskomponente festzustellen.284 Daher könnte man annehmen, dass das einst in fast allen australischen Regelungen anzutreffende, nicht ersetzbare subjektive Tatbestandsmerkmal der Absicht ein nahezu unüberwindliches Hindernis bei der Strafverfolgung von Stalkern darstellte.285 Und tatsächlich korrespondiert diese Einschätzung mit den Erfahrungen der australischen Strafverfolgungsbehörden, die die geringen Verurteilungsquoten zu Beginn der Strafverfolgung von Stalkern auf die hohen Voraussetzungen im subjektiven Bereich zurückführten. Genau aus diesem Grund wurden die meisten australischen Straftatbestände, die noch ein klassisches Vorsatzerfordernis gewählt hatten, bereits kurze Zeit nach ihrer Einführung modifiziert.286 Folgerichtig sieht derzeit mit Ausnahme des südaustralischen287 Tatbestandes sowie des Vorschlages im Model Criminal Code288 jeder AntiStalking-Tatbestand in Australien die Möglichkeit vor, die eigentlich erforderliche Absicht des Täters unter gewissen Umständen als gegeben anzusehen, auch wenn sie tatsächlich nicht vorhanden oder nicht beweisbar ist. Diese Lockerung der geforderten subjektiven Beziehung des Täters zu seiner Tat dient damit einzig und allein dem Zweck, leichter, schneller und häufiger eine Verurteilung potentieller Stalker erreichen zu können.289 Daher lassen es die meisten Tatbestände in Australien ausreichen, wenn der Täter weiß oder wissen müsste, dass sein Verhalten bei dem Opfer oder 284 Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 725; Sullivan, (2002) 48 Computers & Law, S. 6 (7); Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (451); Law Reform Commission of Hong Kong, Report, S. 119. 285 So auch Pearce/Easteal, (1999) 24 Alternative Law Journal, S. 165 (168). 286 So z. B. in NSW vgl. Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 725; NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 251 f.; im Nordterritorium vgl. Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 180; in Westaustralien vgl. Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (293, 302, 309); in Tasmanien vgl. Urbas, Legislative Responses, S. 6 sowie im ACT vgl. Ogilvie, Stalking, S. 7. 287 Vgl. s 19AA (1) (b) (i), (ii) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). Aufgrund dieser Schwierigkeiten hat die südaustralische Polizei eine Technik eingeführt, derzufolge potentielle Stalker von der Polizei nach Bekanntwerden von Stalking-Aktivitäten offiziell gewarnt und darauf hingewiesen werden, dass ihr Verhalten möglicherweise eine Strafbarkeit wegen Stalking nach sich ziehen könnte. Sollte der Stalker dennoch seine Aktivitäten fortsetzen, so kann er danach nicht mehr behaupten, er sei sich nicht darüber im Klaren gewesen, dass sein Verhalten das Opfer belästige, vgl. dazu Marshall, Stalking in SA, S. 3. 288 Vgl. s 5.1.22 (1) (a), (b) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50. 289 Willis/McMahon, Stalking, S. 4. Ähnlich auch Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 41.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

bei einer dritten Person einen Schaden oder Besorgnis respektive Furcht hervorrufen könnte. In der ersten Alternative genügt auf der Täterseite bereits das Vorhandensein einer rein kognitiven Komponente, um die eigentlich geforderte Absicht als gegeben betrachten zu können, während auf eine voluntative Einstellung des Täters zu seiner Tat bzw. zum Taterfolg vollständig verzichtet wird. Noch weniger voraussetzungsvoll ist die zweite Alternative, derzufolge das bloße Wissen-Müssen um den möglichen Eintritt der beschriebenen Folgen ausreicht, um den subjektiven Tatbestand zu erfüllen. Dieses Wissen-Müssen verlangt damit weder eine kognitive noch eine voluntative Komponente beim Täter.290 Diese Konstruktion entspricht damit der unbewussten Fahrlässigkeit im deutschen Recht. Folglich stellt das australische Recht zwar immer noch vorrangig auf eine spezifische Absicht des Täters ab, lässt es alternativ jedoch genügen, wenn der Stalker in Bezug auf die möglichen Folgen seiner Handlungen lediglich mit Wissen oder gar nur unbewusst fahrlässig gehandelt hat. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass eine derartige Ausgestaltung des subjektiven Tatbestandes die Verurteilung potentieller Stalker erheblich erleichtert, was genau der gesetzgeberischen Intention entspricht. Insbesondere ermöglicht es die Alternative des Wissen-Müssens, auch erotomanische sowie an Wahnvorstellungen leidende Stalker zu bestrafen, die im rechtlichen Sinne weder wissentlich noch willentlich Besorgnis oder Furcht bei dem Opfer hervorrufen. Dass ein derartiger Verzicht sowohl auf jede voluntative als auch auf jede kognitive Komponente hinsichtlich der Grundprinzipien des common law höchst problematisch ist, dürfte allerdings ebenso wenig überraschen.291 Dies gilt umso mehr, als der Ausspruch des mit einer strafrechtlichen Verurteilung einhergehenden sozialethischen Unwerturteils sowie der gesellschaftlichen Stigmatisierung in der Regel nur gerechtfertigt ist, wenn dem Täter auch in subjektiver Hinsicht ein Verstoß gegen die Rechtsordnung zur Last fällt.292 Kritisch anzumerken ist zudem, dass durch den Verzicht auf eine aktuelle subjektive Komponente eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr entsteht. So ermöglicht der Vermutungstatbestand nicht nur, dass auch erotomanische bzw. an Wahnvorstellungen leidende Stalker problemlos strafrechtlich be290

So für den Tatbestand des Nordterritoriums Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 179. 291 Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 180; Wiener, (Januar 1995) Law Institute Journal, S. 30 (30 f.); McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (104). 292 Brown/Farrier/Egger/McNamara/Steel, Criminal Laws, S. 725; Gray, Criminal Laws Northern Territory, S. 180; Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 61.

VI. Bewertung

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langt werden können. Auch andere Personen, die z. B. aufgrund ihres Berufes als Journalist, Privatdetektiv, Vertreter oder Gerichtsvollzieher als potentielle Stalker erscheinen könnten, geraten in die Gefahr einer Strafverfolgung.293 Vor allem Menschen, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit andere Menschen beobachten, verfolgen und möglicherweise auch über einen längeren Zeitraum zu kontaktieren versuchen, obwohl dies ihren Zielpersonen höchst unangenehm und unerwünscht ist, sind in hohem Maße gefährdet, sich des Stalking schuldig zu machen, wenn dazu bezogen auf einen möglichen Taterfolg weder eine voluntative noch eine kognitive Komponente vorliegen muss. Dies gilt umso mehr, als sich Journalisten, Gerichtsvollzieher oder Privatdetektive in der Regel darüber im Klaren sind, dass ihre Recherchen von der anvisierten Person missbilligt werden. Um der durch ein derart geringes Erfordernis auf der subjektiven Ebene entstehenden Missbrauchsgefahr vorzubeugen, verlangen alle australischen Tatbestände zwingend den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges, sofern sie im Übrigen auf den tatsächlichen Beweis bzw. das Vorliegen einer Absicht des Täters verzichten. Ob durch diese Konstruktion die Strafbarkeitsschwelle im Ergebnis tatsächlich angehoben wird, hängt von den Umständen jedes Einzelfalls ab. So kann, wie dargelegt, das Abstellen auf die Reaktion eines hypersensiblen Opfers die Strafbarkeitsschwelle in Wirklichkeit auch absenken, anstatt sie zu erhöhen. Mithin ist es in dieser Konstellation bereits ausreichend, wenn der Täter hätte wissen müssen, dass sein äußerlich sozialadäquates Verhalten das Opfer verängstigen könnte, sofern bei dem Opfer tatsächlich eine gewisse Besorgnis erregt wurde. Letzteres kann bei einer sensiblen Person vergleichsweise rasch der Fall sein, sodass im Zweifel auch ein solcher Stalking-Straftatbestand schnell verwirklicht ist. Dies ist insbesondere auch deshalb problematisch, weil eine Strafbarkeit wegen Stalking in den australischen Bundesstaaten vereinzelt erhebliche Strafen nach sich ziehen kann. In Victoria kann beispielsweise eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe verhängt werden, wenn der Täter das Opfer durch sein Verhalten in Besorgnis versetzt hat und wenn er hätte verstehen müssen, dass sein Verhalten wahrscheinlich diese Folge haben würde.294 Dies gilt uneingeschränkt sowohl in Bezug auf hypersensible als auch im Hinblick auf stoische Opfer. Auch in Queensland gilt der durchaus hohe Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, der bei Hinzutreten qualifizierender Merkmale noch um zwei weitere Jahre erhöht werden kann, obwohl es auf subjektiver 293 294

Wiener, (Januar 1995) Law Institute Journal, S. 30 (32). Vgl. s 21A (1), (2), (3) (b) Crimes Act 1958 (Vic).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Ebene bereits ausreichend ist, wenn der Täter sein Verhalten absichtlich auf eine andere Person gerichtet hat.295 Ein darüber hinausgehendes Wollen, Wissen oder auch nur Hätte-Wissen-Müssen um potentiell sozialschädliche Folgen ist nicht notwendig. Nicht nur diese verhältnismäßig hohe Strafandrohung selbst scheint in einem beträchtlichen Missverhältnis zu den geringen Voraussetzungen auf der subjektiven Tatbestandsseite zu stehen. Es fällt zudem auf, dass es abgesehen von Westaustralien296 in keinem australischen Bundesstaat einen Unterschied macht, ob der Täter mit voller Absicht, wissentlich oder bloß unbewusst fahrlässig gehandelt hat. In allen Fällen kann, dem Wortlaut der Vorschriften nach zu urteilen, dieselbe Strafe verhängt werden. Allenfalls bei der konkreten Strafzumessung kann auf die verschiedenen kognitiven Elemente Rücksicht genommen werden. Im Ergebnis muss damit konstatiert werden, dass der weitgehende Verzicht auf ein klassisches Vorsatzerfordernis im Rahmen der australischen Anti-Stalking-Vorschriften zu einer effektiveren Strafverfolgung von Stalkern führt. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch auch eine Abkehr von den klassischen Prinzipien des common law. Das führt dazu, dass die Strafbarkeitsschwelle im Bereich des Stalking bedenklich sinkt, während die Missbrauchsgefahr steigt. 3. Tatbestandsausschluss und Rechtfertigung Angesichts dieser erheblichen Ausdehnung der Strafbarkeit infolge der Kriminalisierung von Stalking, welche sowohl durch einen weiten objektiven wie auch durch einen wenig voraussetzungsvollen subjektiven Tatbestand bewirkt wird, ist die Schaffung spezifischer Ausschlusskriterien von besonderer Bedeutung, um einer exzessiven Anwendung des Tatbestandes vorzubeugen. Genau aus diesem Grund führten fünf der acht australischen Staaten und Territorien spezifische Mechanismen ein, die bestimmte Personengruppen vor einer ungerechtfertigten Strafverfolgung wegen Stalking schützen sollen. Am wirksamsten aus der Strafbarkeit ausgeklammert sind Tätigkeiten, die der Erfüllung von Amtspflichten und damit der Durchsetzung des Rechts dienen. Während diese in Victoria und Queensland bereits von der 295

Vgl. s 359B (a) Criminal Code Act 1899 (Qld). Hier ist bei Fehlen oder Nichterweislichkeit einer subjektiven Komponente und gegebenem Taterfolg nur eine Vergehensstrafbarkeit gegeben, die mit zwölf Monaten Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von Aus$ 12.000 geahndet werden kann, vgl. s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA). 296

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Anwendung des Tatbestandes ausgeschlossen sind,297 bewirken sie in Tasmanien das Nichteingreifen der Vorsatzvermutung.298 In Westaustralien bildet das Handeln im Rahmen rechtmäßiger Kompetenz einen Rechtfertigungsgrund.299 Im Gegensatz dazu findet sich der Schutz privater bzw. beruflicher und gewerblicher Aktivitäten in weit weniger australischen Anti-Stalking-Tatbeständen. Den Weg eines Tatbestandsausschlusses wählen Queensland und das Australian Capital Territory, um berufliche Tätigkeiten vor ungerechtfertiger Strafverfolgung zu schützen. Während Letzteres die Anwendbarkeit des Stalking-Tatbestandes nur im Rahmen von beruflichen Tätigkeiten ausschließt, die auch im Übrigen rechtmäßig sind,300 lässt Queensland neben beruflichen und gewerblichen Tätigkeiten auch solche Aktivitäten aus dem Tatbestand ausscheiden, die zum Zwecke eines Arbeits- oder politischen Meinungskampfes bzw. zur Weitergabe von Informationen vorgenommen werden.301 Im Hinblick auf die geschützten Aktivitäten selbst enthält nur der Tatbestand Victorias einen vergleichbar weitgehenden Schutz für (frei-)berufliche und gewerbliche Tätigkeiten sowie für Verhalten im Rahmen von Arbeits- und politischen Meinungskämpfen.302 Etwas deutlicher macht Victoria zudem, dass darin auch und gerade das Verhalten von Personen oder Körperschaften eingeschlossen ist, deren Hauptbetätigungsfeld die Publikation oder die Vorbereitung der Publikation von Nachrichten und politischen Magazinen ist.303 Dieser Ausschluss ist in Victoria als Rechtfertigung ausgestaltet, sodass der mutmaßliche Stalker selbst beweisen muss, dass die Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes vorliegen, um straflos zu bleiben.304 Damit kann konstatiert werden, dass die Gesetzgeber von Victoria und Queensland die umfassendsten Möglichkeiten bereitstellen, sozialadäquate Tätigkeiten – sei es im Rahmen von beruflichen und gewerblichen Aktivitäten oder im Rahmen von Arbeits- und Meinungskämpfen – aus der Stalking-Strafbarkeit auszusondern. Es sind allerdings auch exakt diese beiden 297

Vgl. s 21A (4) Crimes Act 1958 (Vic); s 359D (a) Criminal Code Act 1899

(Qld). 298 299 300 301 302 303 304

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s s s s s s s

192 (4) Criminal Code Act 1924 (Tas). 338E (3) Criminal Code 1913 (WA). 35 (3) Crimes Act 1900 (ACT). 359D (b), (c), (d), (e) Criminal Code Act 1899 (Qld). 21A (4A) (a), (b), (c) Crimes Act 1958 (Vic). 21A (4A) (a) Crimes Act 1958 (Vic). 21A (4A) Crimes Act 1958 (Vic).

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Bundesstaaten, die über die weitesten Anti-Stalking-Straftatbestände305 mit den höchsten Strafen in ganz Australien verfügen.306 4. Qualifikation Einige australische Tatbestände sehen die Möglichkeit einer qualifizierten Begehung vor. Als qualifizierende Tatumstände fungieren dabei vor allem das Beisichführen einer Angriffswaffe sowie die Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Anordnung. Diese beiden Varianten, die im überwiegenden Teil der australischen Qualifikationstatbestände vorkommen,307 sind überzeugend. So gilt das Beisichführen einer Angriffswaffe schon aufgrund der ihm innewohnenden Gefährlichkeit einleuchtenderweise als ein qualifizierendes Faktum. Dies ist auch nicht zuletzt deshalb sinnvoll, weil nach australischem Verständnis eine frühe Bestrafung von Stalking der Anwendung tatsächlicher schwerer Gewalt mit Waffen vorbeugen will. Hinter dem Qualifikationstatbestand des Zuwiderhandelns gegen eine gerichtliche Anordnung steht der Gedanke, dass der Täter in diesem Fall bereits eine Warnung durch ein Gericht erhalten hat und sich trotzdem nicht hat motivieren lassen, sich rechtskonform zu verhalten. Diese Tatsache drückt mithin nicht nur fortgesetzten Ungehorsam gegenüber einer staatlichen Verhaltensanweisung aus, was allein schon eine höhere Bestrafung rechtfertigen könnte, sondern es verdeutlicht auch, dass der Täter uneinsichtig ist. Da im Bereich des Stalking die Rückfallquoten erheblich sind, verfolgt die Qualifikation in diesem Bereich auch das Ziel, die Opfer besser vor potentiell gefährlichen und hartnäckigen Stalkern zu schützen.

305 So verfügen beide über Generalklauseln im Bereich des objektiven Tatbestandes sowie über äußerst niedrige Vorsatzerfordernisse auf subjektiver Ebene, vgl. s 21A (2) (g), (3) Crimes Act 1958 (Vic); s 359B (a), (c) Criminal Code Act 1899 (Qld). 306 In Victoria beträgt die Höchststrafe dabei sogar zehn Jahre Freiheitsstrafe, während Queensland mit einer Höchstfreiheitsstrafe von fünf Jahren beim Grunddelikt und sieben Jahren bei der Qualifikation nur noch im Bereich der Qualifikation von Westaustralien übertroffen wird, vgl. s 21A (1) Crimes Act 1958 (Vic); s 359E (2), (3) Criminal Code Act 1899 (Qld); s 338E (1) (a) Criminal Code 1913 (WA). Anzumerken bleibt allerdings, dass eine achtjährige Strafe in Westaustralien eine tatbestandsmäßige Absicht des Täters voraussetzt, s 338E (1) (a) Criminal Code 1913 (WA). 307 Vgl. beispielsweise s 338D (1) (a), (b) Criminal Code 1913 (WA); s 359E (3) (b), (c) Criminal Code Act 1899 (Qld); s 189 (2) (b) (i), (ii) Criminal Code Act (NT); s 35 (1) (a) (i), (ii) Crimes Act 1900 (ACT).

VI. Bewertung

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5. Strafandrohung Die Strafandrohung für Stalking erscheint mit einer durchschnittlichen Höchstfreiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren in den meisten australischen Rechtsordnungen – auch im Hinblick auf die teils niedrigen Strafbarkeitsvoraussetzungen – recht hoch. Teilweise muss weder ein tatbestandsmäßiger Erfolg noch eine subjektive Beziehung des Täters zur Tat vorliegen, um eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich zu ziehen.308 Dieser Umstand wird häufig auch dazu genutzt, Stalking als eine sogenannte „loading charge“ zu benutzen,309 um Täter, die eigentlich primär andere, speziellere Delikte verwirklicht haben, härter bestrafen zu können. Eine ähnliche Taktik verfolgen allerdings auch viele mutmaßliche Täter, die sich wegen Stalking schuldig bekennen, um dadurch einer Bestrafung wegen einer schwereren Straftat zu entgehen.310 Oft liefert dies zudem die Möglichkeit, sich eine günstigere Ausgangsposition für eine Urteilsabsprache zu sichern.311 Um derartige Vorgehensweisen sowohl auf der Seite der Strafverfolgungsbehörden als auch auf der Täterseite zu unterbinden und um sicherzustellen, dass der Stalking-Tatbestand tatsächlich nur dazu genutzt wird, vorher bestehende Gesetzeslücken zu schließen,312 fügte Südaustralien ausdrücklich eine Passage ein, die es verbietet, einen Täter aufgrund derselben tatsächlichen Umstände sowohl wegen Stalking als auch wegen eines anderen Delikts zu verurteilen, sofern beide Delikte ähnliche physische Elemente aufweisen.313 Trotz dieser einleuchtenden Bedenken im Hinblick auf die nach wie vor hohen australischen Strafandrohungen beim Stalking, blieben auch geringere Strafandrohungen, die zu Beginn der australischen Anti-Stalking-Gesetzgebung noch galten, nicht ohne Kritik. So wurden beispielsweise in Queensland und Südaustralien unter Geltung der geringeren Strafen oft nur kurze Gefängnisstrafen von wenigen Monaten verhängt, die insgesamt als ungeeignet empfunden wurden, Stalking-Opfer dauerhaft zu schützen.314 308 Vgl. ss 359E (1), (2), 359B Criminal Code Act 1899 (Qld). Allgemein zur Bestrafung von Stalkern in Australien vgl. Freckelton, (2001) 8 Journal of Law and Medicine, S. 233 ff.; Freckelton, Sentencing. 309 Goode, (1995) 19 Criminal Law Review, S. 21 (26). Vgl. dazu auch C. VI. 1. d). 310 Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (145). 311 Goode, (1995) 19 Criminal Law Review, S. 21 (26). 312 Marshall, Stalking in SA, S. 3; Goode, (1995) 19 Criminal Law Review, S. 21 (26). 313 S 19AA (4), (5) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA). 314 Vgl. Swanwick, (1998) 19 The Queensland Lawyer, S. 67 (71); Marshall/ Castle, Restraining Orders, S. 19.

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C. Die rechtliche Situation in Australien

Auch der westaustralische Tatbestand, welcher durch eine abgestufte Strafbarkeit die Möglichkeit schafft, unbewusst fahrlässige Stalker milder zu bestrafen, wird vielfach kritisiert. Dabei wird befürchtet, die Strafverfolgungsbehörden würden nur aufgrund der leichteren Straftat vorgehen, um sich den ansonsten entstehenden erheblichen Beweisproblemen im subjektiven Bereich zu entziehen.315 Schließlich wäre dies aufgrund der milderen Strafe nicht nur einem effektiven Opferschutz abträglich, sondern es würde auch den mit der Strafbewehrung von Stalking einhergehenden Abschreckungseffekt vermindern,316 da eine regelmäßige Bestrafung aus dem milderen Delikt geeignet sei, die gravierende Bedeutung von Stalking als sozialschädlichem Verhalten im gesellschaftlichen Verständnis zu unterminieren.317 6. Ergebnis Im Ergebnis kann damit festgehalten werden, dass die australischen AntiStalking-Tatbestände überwiegend eine geringe Strafbarkeitsschwelle schaffen, die verhältnismäßig hohen Höchstfreiheitsstrafen gegenübersteht. Dieser Zustand hat sich im Laufe der Rechtsentwicklung seit den frühen 1990er Jahren ergeben, da sich die klassische Gestaltung eines Straftatbestandes mit exakt umschriebenem objektiven Tatbestand und einem strengen Vorsatzerfordernis auf subjektiver Seite als zunehmend unfähig erwiesen hatte, dem Phänomen Stalking mit all seinen besonderen Charakteristika effektiv entgegenzutreten. So stellte auch das Model Criminal Code Officers Committee in seinem Bericht eine erhebliche Ausweitung der Strafbarkeit durch die Kriminalisierung von Stalking fest und kritisierte, dass offensichtlich viele Befürworter von Anti-Stalking-Gesetzen staatliche Sanktionen an jedes Verhalten binden wollten, welches sich in irgendeiner Form als Belästigung beschreiben lasse, und zwar unabhängig davon, ob es sich als konkret rechtsgutsverletzend herausgestellt habe oder vorsätzlich vorgenommen worden sei.318 Welche Probleme eine solch niedrige Strafbarkeitsschwelle bereiten kann, zeigt sich in Victoria. Dort wird offenkundig, dass der Anti-Stalking-Tatbestand, welcher auf der objektiven Seite mit einem geringen Erfolgserfor315 Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (154). Ähnlich auch Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (309 f.), die einen geringen Anwendungsbereich prophezeit. 316 Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (311). 317 Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (310); Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (154). 318 Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 57.

VI. Bewertung

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dernis sowie auf der subjektiven Seite mit dem niedrigen Maßstab der unbewussten Fahrlässigkeit operiert,319 verstärkt bei Nachbarschaftsstreitigkeiten und in anderen Bagatellfällen eingesetzt wird.320 Es ist nicht überraschend, dass eine erhebliche Ausweitung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches notwendige Folge dieser Entwicklung ist.321 Damit ist Victoria ein gutes Beispiel für ein sich im Bereich der Kriminalisierung von Stalking ergebendes Dilemma. Denn während es auf der einen Seite eines sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht weiten Tatbestandes bedarf, um effektiv gegen Stalker vorgehen zu können, ist die sich aus dieser Weite notwendigerweise ergebende tatbestandliche Unbestimmtheit auf der anderen Seite der erste Schritt zu einer immer uferloser werdenden Kriminalisierung von Verhalten im Grenzbereich zwischen Belästigung und alltäglichem, sozialadäquaten Verhalten.

319

McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (104). McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (107, 109, 112); Willis/ McMahon, Stalking, S. 12; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 97. 321 Dennison/Thomson, (2000) 7 Psychiatry, Psychology and Law, S. 159 (160); Dussuyer, Stalking Legislation, S. 99. 320

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern I. Vereinigte Staaten von Amerika 1. Rechtshistorische Erwägungen Ihren Anfang nahm die Geschichte der Strafbewehrung von Stalking in den Vereinigten Staaten von Amerika. Nachdem die populäre Schauspielerin Rebecca Schaeffer sowie vier weitere Frauen aus Orange County innerhalb eines Jahres nach Episoden der Belästigung und Bedrohung ermordet worden waren, verabschiedete Kalifornien im Jahr 1990 als erster US-amerikanischer Bundesstaat einen spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestand.1 Diese politische Entscheidung war vor allem auf den großen Druck der Öffentlichkeit zurückzuführen, der sich infolge extensiver Medienberichterstattung aufgebaut hatte. Durch die Schaffung eines eigenständigen Straftatbestandes entschied sich der kalifornische Gesetzgeber gegen die auch in der Gesellschaft unpopuläre Alternative, bereits bestehende Tatbestände gegen sexuelle Belästigung auszuweiten und den neuen Entwicklungen anzupassen.2 Dem Weg Kaliforniens folgten im unmittelbaren Anschluss in den Jahren 1990 bis 1993 alle anderen 50 US-Bundesstaaten und der District of Columbia sowie im Jahr 1996 der US-amerikanische Bundesgesetzgeber.3 Mit dieser frühzeitigen strafrechtlichen Reaktion auf das langsam um sich greifende Phänomen des Stalking übernahmen die USA zu Beginn der 1990er Jahre eine Vorreiterrolle in der ganzen Welt.4 Erst nach Abschluss dieser ersten Entwicklungsphase in den USA verfolgten auch Kanada und Australien diesen Ansatz, bevor in der zweiten Hälfte der 1990er europäische Länder wie das Vereinigte Königreich, Irland sowie die Niederlande und Belgien diesem Beispiel folgten. 1

Vgl. Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-2). Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 267. 3 Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (14); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (102). 4 Pechstaedt, Stalking, S. 15; Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/ Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (103). 2

I. Vereinigte Staaten von Amerika

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Die Einnahme dieser Vorreiterrolle, die nicht zuletzt auch daraus erwuchs, dass sämtliche 50 US-amerikanischen Bundesstaaten in einer Rekordzeit von weniger als drei Jahren Anti-Stalking-Straftatbestände verabschiedeten und damit den Eindruck erweckten, konsequent gegen Stalking vorzugehen, ging zwangsläufig mit einer großen Eile in den einzelnen Gesetzgebungsverfahren einher.5 Dieser insbesondere durch die öffentliche Aufmerksamkeit generierte Zeitdruck6 sowie die Tatsache, dass damals noch keinerlei Studien, Statistiken oder Untersuchungen existierten, die den Gesetzgebern Aufschluss über Charakter und Ausmaß des Phänomens Stalking gegeben hätten,7 führte dazu, dass viele der ursprünglichen Anti-Stalking-Gesetze schon nach kurzer Zeit nachgebessert werden mussten. Während einige dieser ursprünglichen Tatbestände zu eng gefasst waren, als dass sie Stalking-Verhalten effektiv hätten bekämpfen können, wiesen andere einen zu weiten Anwendungsbereich auf und begegneten dadurch verfassungsrechtlichen Bedenken8 oder waren schlichtweg in der Praxis nicht anwend- oder durchsetzbar.9 Angesichts dieser prekären rechtlichen Situation in vielen Bundesstaaten beschloss der amerikanische Kongress im Jahr 1992, also bereits zwei Jahre nach Verabschiedung des ersten Anti-Stalking-Tatbestandes in Kalifornien, das National Institute of Justice mit der Erarbeitung eines Modell-Anti-Stalking-Gesetzes zu beauftragen.10 Die Formulierung dieses Modell-Gesetzes sollte dabei auf der Basis von Erkenntnissen erfolgen, die im Rahmen einer Evaluation der bereits existierenden Anti-Stalking-Gesetze der einzelnen Bundesstaaten gewonnen werden konnten.11 Oberstes Ziel des zu entwickelnden Gesetzes sollte sowohl seine Anwendbarkeit in der Praxis als 5

Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-2). Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 266; Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-2). 7 Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (527 f.); Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-3); Guy, (1993) 46 Vanderbilt Law Review, S. 991 (995). 8 Ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der US-amerikanischen Anti-Stalking-Strafgesetze vgl. z. B. Boychuk, (1994) 88 Northwestern University Law Review, S. 769 ff.; Guy, (1993) 46 Vanderbilt Law Review, S. 991 (1010 ff.); Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2782 ff.); Wallace, Family Violence, S. 287 f.; Merschman, (2001) 24 Harvard Women’s Law Journal, S. 255 (271 ff.). 9 National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. 4; Smith, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 90 (90); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (102). Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-2). 10 Guy, (1993) 46 Vanderbilt Law Review, S. 991 (993). 11 Morewitz, Stalking and Violence, S. 58. 6

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

auch seine Verfassungskonformität sein.12 Das so erarbeitete Modell-AntiStalking-Gesetz sollte dann in einem zweiten Schritt den einzelnen Bundesstaaten als Vorlage für die Novellierung ihrer Anti-Stalking-Gesetze dienen. Ziel war es, einen homogenen Ansatz zur Bekämpfung von Stalking in den Vereinigten Staaten zu entwickeln.13 Tatsächlich modifizierten viele US-Bundesstaaten ihre Gesetze bereits kurze Zeit nach Entstehung des Modell-Gesetzes, des sogenannten Model Antistalking Code 1993. Namentlich erließen 17 US-Bundesstaaten innerhalb von drei Jahren, also bis 1996, Gesetzesnovellen.14 Die meisten Gesetzgeber übernahmen jedoch lediglich einzelne Elemente des Modells, die ihnen politisch opportun erschienen, und verzichteten damit auf eine ganzheitliche Umsetzung des Modell-Gesetzes.15 Infolgedessen konnte das Ziel, eine einheitliche Strafverfolgung in Fällen von Stalking in den ganzen USA zu gewährleisten, nicht erreicht werden,16 sodass das Modell-Gesetz letztlich nur als eine grobe Richtschnur im Rahmen der Entwicklung verfassungskonformer und wirksamer Anti-Stalking-Gesetze auf der Ebene der Bundesstaaten fungierte.17 Mittlerweile hat sich selbst der frühe Model Antistalking Code aus dem Jahr 1993 nach Ansicht des National Centers for Victims of Crime schon wieder überholt. Aufgrund des enormen technischen Fortschritts im Laufe des vergangenen Jahrzehnts sowie infolge der signifikant gestiegenen Verfügbarkeit sowohl von Daten als auch von wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Stalking-Phänomen18 erarbeitete das National Center for Victims of Crime Anfang 2007 eine aktualisierte Fassung des ursprünglichen Model Antistalking Code.19 Bereits der Titel des neuen Modell-Gesetzes, „The Model Stalking Code Revisited, Responding to the New Realities of Stalking“20, macht deutlich, dass mit diesem in erster Linie das Ziel verfolgt wurde, die neuen technischen Möglichkeiten in ausreichendem Maße zu berücksichtigen, die Stalkern derzeit zur Verfügung stehen, um ihre Opfer zu beobachten und zu be12 Tjaden, Prevalence, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 1-1 (1-2); National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. 4. 13 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 3. 14 Orion, Obsessive Love, S. 241. 15 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 266. 16 Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (257). 17 Tjaden/Thoennes/Allison, Comparing Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 9 (10). 18 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 12. 19 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited. 20 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited.

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lästigen.21 Weitere Intentionen zur Entwicklung des Model Code 2007 waren, den Begriff Stalking durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse exakter zu definieren, den aktuellen Erscheinungsformen besser entgegen zu wirken und die Opfer insgesamt wirkungsvoller zu schützen.22 Im Ergebnis soll der Model Code 2007 die einzelnen US-Bundesstaaten dabei unterstützen, ihre eigenen Anti-Stalking-Gesetze zu analysieren, Schwächen zu entdecken und in der Folge durch entsprechende Änderungen zu stärken.23 Damit wird deutlich, dass die Bekämpfung von Stalking auf strafrechtlicher Ebene auch in den USA, im Mutterland der Anti-Stalking-Gesetzgebung, immer noch ein aktuelles politisches und gesellschaftliches Thema ist, das umfassende Analysen und Diskussionen erfordert. Da es in den Vereinigten Staaten trotz dieser beiden Versuche, die AntiStalking-Strafgesetzgebung zu vereinheitlichen, immer noch wenig Homogenität in Definition, konkreter Ausgestaltung sowie Interventionsansätzen gibt24 und eine genaue Erörterung aller bestehenden 51 US-Tatbestände den Rahmen dieser Untersuchung sprengen würde, konzentriert sich die folgende Analyse der rechtlichen Situation in den USA darauf, die problematischsten Tatbestandsmerkmale des ersten Anti-Stalking-Gesetzes der Welt aus Kalifornien zu skizzieren, bevor die Ansätze der beiden Model Antistalking Code untersucht werden. 2. Der kalifornische Anti-Stalking-Straftatbestand Dem weltweit ersten Anti-Stalking-Straftatbestand zufolge, welcher im Jahr 1990 in Kalifornien verabschiedet wurde,25 machte sich wegen Stalking strafbar, wer eine andere Person beabsichtigt, böswillig und wiederholt verfolgte oder belästigte. Darüber hinaus musste der Täter eine glaubwürdige Drohung („credible threat“) in der Absicht ausgesprochen haben, das Opfer in begründete Furcht um seine Sicherheit oder um die seiner unmittelbaren Angehörigen zu versetzen.26 21 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 15 f. 22 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 9. 23 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 9. 24 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 3; National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 11. 25 Ausführlich zum kalifornischen Anti-Stalking-Gesetz vgl. Cornish/Murray/ Collins, Lawyers’ Guide, S. 32 ff. 26 Vgl. s 646.9 California Penal Code a. F.

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a) Glaubwürdige Drohung Dieses zwingende Erfordernis einer glaubwürdigen Drohung27 entpuppte sich schnell als das größte Problem im Rahmen einer effektiven Strafverfolgung von Stalkern. Grund dafür war, dass bereits der Wortlaut des Begriffs „credible threat“ nahe legte, dass dieses Tatbestandsmerkmal nur erfüllt sein konnte, wenn der Täter sein Opfer entweder explizit verbal oder wenigstens ausdrücklich in Schriftform bedrohte.28 Eine solche Voraussetzung geht in den meisten Stalking-Fällen jedoch an der Realität vorbei, da der überwiegende Teil der Stalker zwar bedrohliches Verhalten an den Tag legt, eine Drohung aber weder ausdrücklich verbal noch schriftlich ausstößt.29 Der das Opfer einschüchternde Charakter des Verhaltens ist diesem vielmehr immanent. Die fehlende Legaldefinition des Merkmals „glaubwürdige Drohung“ führte zudem dazu, dass viele Richter sich zu einer sehr restriktiven Auslegung des Begriffs „glaubwürdig“ veranlasst sahen.30 Damit wurde schnell klar, dass durch dieses einschränkende Erfordernis viele potentiell gefährliche Stalker nicht strafrechtlich verfolgt werden konnten.31 Bestätigt wurde diese Erkenntnis zudem in dem National Violence Against Women Survey, der herausfand, dass nur weniger als die Hälfte der weiblichen Stalking-Opfer explizit von ihrem Stalker bedroht worden waren.32 Mithin entschloss sich der kalifornische Gesetzgeber im Jahr 1994, das Anti-Stalking-Gesetz zu überarbeiten, auch und gerade um die ineffektiv hohe Schwelle der glaubwürdigen Drohung abzusenken.33 Als Alternative hatte sich der Ansatz herausgebildet, bereits eine konkludente Drohung 27 Dieses Kriterium galt neben Kalifornien auch in vielen anderen US-Bundesstaaten wie beispielsweise in Mississippi, vgl. dazu Campbell, Stalking in Mississippi, S. 23. 28 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (251); Saunders, Legal Perspective, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 25 (30). 29 Matthews (Hrsg.), Domestic Violence, S. 47; Dunn, Courting Disaster, S. 6; Siegel, Criminology, S. 363. 30 Saunders, Legal Perspective, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 25 (30). 31 Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 36; Matthews (Hrsg.), Domestic Violence, S. 47. 32 Dunn, Courting Disaster, S. 8. 33 Insgesamt sollten durch diese Gesetzesänderung die Möglichkeiten von Strafverfolgungsbehörden und Rechtsprechung gestärkt sowie ein frühzeitiges Einschreiten ermöglicht werden, vgl. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (102); Saunders, Legal Perspective, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 25 (28).

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(„implicit threat“) für die Annahme einer Strafbarkeit ausreichen zu lassen. Somit genügten in Kalifornien fortan neben explizit verbalen bzw. schriftlichen Drohungen auch solche, die in einem Verhaltensmuster oder in einer Kombination von verbalen oder geschriebenen Erklärungen oder Verhalten enthalten waren.34 Infolgedessen können in Kalifornien nun sowohl explizite als auch implizite Drohungen strafrechtlich verfolgt werden, solange sie sich aus dem Verhalten des Stalkers ergeben. Eine Drohung kann zudem selbst dann angenommen werden, wenn nur der Täter und das Opfer den Drohcharakter des Verhaltens erkennen. Unerheblich ist außerdem, ob der Täter überhaupt die Möglichkeit hatte, die Drohung in naher oder ferner Zukunft wahrzumachen.35 Dieses extrem breite Verständnis der Drohung haben inzwischen fast alle US-amerikanischen Bundesstaaten in ihre Anti-Stalking-Gesetze aufgenommen.36 b) Spezifisches Absichtserfordernis Eine weitere Schwierigkeit bei der Anwendung des ersten kalifornischen Anti-Stalking-Tatbestandes bestand in dem spezifischen Absichtserfordernis auf der subjektiven Tatbestandsebene. Dort wurde nämlich die Absicht des Täters verlangt, das Opfer in begründete Furcht um seine Sicherheit oder die Sicherheit eines unmittelbaren Familienangehörigen zu versetzen. Diese Absicht musste zusätzlich zu dem Vorsatz, die mutmaßlichen Stalking-Handlungen vornehmen zu wollen, zweifelsfrei bewiesen werden.37 An dieser Stelle greifen erneut die bereits im Zusammenhang mit den australischen Tatbeständen diskutierten Erwägungen hinsichtlich eines zu strengen Vorsatzerfordernisses ein. Schließlich tritt beim Stalking neben die Schwierigkeiten, innere Tatsachen überhaupt beweisen zu können,38 noch das Problem, dass viele Stalker behaupten, keine derartige Einschüchterungsabsicht gehabt zu haben, da sie das Opfer liebten. Manche Stalker verfügen auch tatsächlich nicht über eine derartige Absicht. 34

Saunders, Legal Perspective, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 25

(32). 35 Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-9). 36 Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-9). 37 Boychuk, (1994) 88 Northwestern University Law Review, S. 769 (779 f.); Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-12). 38 Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 24.

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Folgerichtig galt in den USA im Allgemeinen sowie in Kalifornien im Besonderen ein solches spezifisches Absichtserfordernis („specific intent element“) schnell als grundlegendes Hindernis auf dem Weg zu einer effektiven Strafverfolgung von Stalkern und damit auch als Hauptgrund dafür, dass zu Beginn der Anti-Stalking-Gesetzgebung nur wenige Menschen wegen Stalking verurteilt werden konnten.39 3. Der Model Antistalking Code 1993 Um diesen und ähnlichen Schwierigkeiten, die sich aus den ersten AntiStalking-Gesetzen ergeben hatten, entgegenzuwirken, erarbeitete das National Institute of Justice im Jahr 1993 den ersten Model Antistalking Code.40 Dieser schlug vor, als Stalking jedes absichtliche An-den-Tag-Legen eines Verhaltensmusters zu erfassen, welches auf eine Person gerichtet ist und bei einer vernünftigen Person Furcht vor ihrer eigenen körperlichen Verletzung oder ihrem Tod bzw. Furcht vor der körperlichen Verletzung oder dem Tod eines unmittelbaren Familienmitglieds verursachen würde. Eine solche Angst musste zudem auch tatsächlich hervorgerufen werden. Außerdem musste der Täter wissen oder er hätte wissen müssen, dass solche Furcht eine wahrscheinliche Folge seines Verhaltens ist.41 Im Einzelnen definierte der Model Antistalking Code 1993 ein tatbestandsmäßiges Verhaltensmuster als wiederholtes Aufrechterhalten von visueller oder physischer Nähe zu einer Person oder wiederholtes Übermitteln von verbalen oder schriftlichen bzw. von stillschweigend im Verhalten inbegriffenen Drohungen.42 Der Begriff „wiederholt“ bezeichnete dabei zwei oder mehrere Gelegenheiten,43 während der Terminus „unmittelbare Familie“ Ehepartner, Elternteile, Kinder, Geschwister oder jede andere Person umfassen sollte, die regelmäßig im Haushalt der Zielperson wohnt oder die in den vorangegangenen sechs Wochen regelmäßig im Haushalt gewohnt hat.44 39

Law Reform Commission of Hong Kong, Report, S. 120; Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-12); National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 32. 40 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1 ff. 41 Vgl. s 2 Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 42 Vgl. s 1 (a) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 43 Vgl. s 1 (b) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1.

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a) Verhaltensaufzählung Betrachtet man die Ausgestaltung dieses Tatbestandes, so fällt auf, dass der Model Antistalking Code 1993 nicht ausdrücklich spezifische StalkingAktivitäten auflistet, um diese so als strafwürdiges Verhalten zu kennzeichnen. Er stellt vielmehr darauf ab, ob ein potentieller Stalker durch sein Verhalten wiederholt eine visuelle oder physische Nähe zum Opfer aufrechterhält, wiederholt verbale oder schriftliche Drohungen ausstößt bzw. wiederholt Drohungen kommuniziert, die sich konkludent aus seinem Verhalten ergeben.45 Damit kann grundsätzlich jedes Verhalten den Tatbestand des Model Antistalking Code 1993 erfüllen, sofern es sich nur zu einer Drohung verdichtet oder in der Aufrechterhaltung von visueller oder physischer Nähe besteht. Grund für diesen Verzicht auf eine enumerative Umschreibung von Verhaltensweisen, wie sie von den meisten australischen Bundesstaaten und Territorien verwendet wird, war die Tatsache, dass viele US-amerikanische Gerichte solche Aufzählungen in einem Anti-Stalking-Tatbestand als abschließend begriffen und infolgedessen atypische, nicht darin enthaltene Stalking-Verhaltensweisen auch nicht als strafbares Stalking sanktionierten.46 Insgesamt kann festgestellt werden, dass dieser Verzicht auf eine genaue Verhaltensumschreibung den objektiven Tatbestand ausreichend weit gestaltet, um auch atypisches Verhalten umfassen zu können, indem der Schwerpunkt der Prüfung auf die Konsequenzen des Verhaltens gelegt wird und nicht auf das Verhalten selbst.47 Gleichzeitig kann der US-amerikanische Modell-Tatbestand aus dem Jahr 1993 damit auf eine Öffnungsklausel verzichten, wie sie von den meisten australischen Staaten zwecks Erfassung und Sanktionierung atypischen Verhaltens in Ergänzung zu der konkreten Verhaltensaufzählung als notwendig erachtet wird. Doch trotz dieser Vorteile weist diese Gesetzestechnik auch Defizite auf. Ganz allgemein wurde bereits kurz nach Erarbeitung des Model Antistalking Code 1993 kritisiert, durch den Verzicht auf eine ausdrückliche Aufzählung des verbotenen Verhaltens sei die Chance vertan worden, durch den Wortlaut des Tatbestandes selbst sowohl die Gesellschaft im Wege der General44 Vgl. s 1 (c) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 45 Vgl. ss 1 (a), 2 (a) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 46 National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. Ähnlich Wallace, Family Violence, S. 287. 47 Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-8).

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prävention als auch Strafverfolgungsbehörden und Gerichte darüber aufzuklären, welches Verhalten Stalking konkret ausmache und aus diesem Grund strafwürdig sei.48 Abgesehen von diesen allgemeinen Erwägungen muss mittlerweile konstatiert werden, dass sich die Wahl der Kategorien, nach deren Maßgabe Stalking im Modell-Tatbestand von 1993 strafbar ist, als unbrauchbar erwiesen hat. So ist nach der ersten Alternative ein Verhalten strafbar, durch das der Stalker wiederholt verbale oder schriftliche Drohungen ausstößt bzw. Drohungen kommuniziert, die sich konkludent aus seinem Verhalten ergeben. Wie oben bereits betont, entspricht es der Realität, dass die wenigsten Stalker ihre Opfer explizit bedrohen.49 Genau aus diesem Grund hatte sich das Tatbestandsmerkmal einer glaubwürdigen Drohung, wie geschildert, in Kalifornien als Hemmschuh einer effektiven Strafverfolgung von Stalkern entwickelt. Daher reicht es dem Model Antistalking Code 1993 zufolge nun aus, ein Verhalten vorzunehmen, welches in dem Kontext des spezifischen Einzelfalles bei einer vernünftigen Person Furcht erzeugen würde. Auf diese Weise können nun auch obskure Drohungs- bzw. Terrorisierungsmethoden erfasst werden, bei denen der Täter dem Opfer z. B. eine tote Ratte schickt, ohne im Übrigen explizit verbal zu drohen.50 Zwar stellt dieses Ausreichenlassen einer bloß immanenten Drohung einen zentralen Aspekt dar, der zu einer verbesserten Durchsetzbarkeit sowie zu einer Erhöhung der Verurteilungsrate führte.51 Doch ist es oft sehr schwierig, äußerlich alltäglichem Verhalten eine konkludente Drohung zu entnehmen. Mithin ist selbst die Erweiterung des Drohungselements auf implizite Drohungen nicht in der Lage, die Bandbreite der strafbaren Handlungen signifikant zu vergrößern. Im Gegensatz zu dieser von vornherein eingeschränkten Anwendbarkeit der Drohungsalternative erlebte das zweite Handlungskriterium aus dem Model Antistalking Code 1993, namentlich das Aufrechterhalten der visuellen und physischen Nähe zum Opfer, in den USA mittlerweile einen rapiden Bedeutungsverlust. Während zu Beginn der Popularisierung des Stalking-Phänomens auch in den USA die meisten Stalker die physische Nähe des Opfers aufsuchten, z. B. um dieses zu verfolgen, zu beobachten oder zu kontaktieren, bewirkten 48

Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (248). Siegel, Criminology, S. 363. 50 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (251). 51 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 49

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die technischen Neuentwicklungen seit Ende der 1990er Jahre einen signifikanten Wandel im Stalking-Verhalten. So nutzen inzwischen immer mehr Stalker die vielfältigen Möglichkeiten des Internets sowie satellitengestützter Systeme, um ihre Opfer zu belästigen und zu überwachen. Mithin muss ein Stalking-Täter heute nicht mehr die physische Nähe zu seinem Opfer aufsuchen bzw. aufrechterhalten, um es beobachten und überwachen zu können. Vielmehr ermöglichen das Computer-Stalking, die Nutzung des sogenannten Global Positioning Systems (GPS) sowie der Einsatz winziger Kameras (sogenannter „spycams“) dem Stalker eine komfortable Rund-umdie-Uhr-Überwachung des Opfers, ohne dass eine physische Nähe zwischen beiden erforderlich wäre.52 Es liegt auf der Hand, dass der Model Antistalking Code 1993, der ausschließlich auf die Aufrechterhaltung einer derartigen körperlichen Nähe zum Opfer abstellt, dieses neuartige Stalking-Verhalten nicht erfassen kann. Mithin kann festgehalten werden, dass die Technik des Model Antistalking Code 1993, das verbotene Verhalten nicht einzeln aufzulisten, sondern jegliche Aktivitäten ausreichen zu lassen, sofern es nur unter die beiden Kategorien der Drohung sowie der physischen Nähe fällt, durchaus Vorteile hatte. Dennoch hat sich die konkrete Ausgestaltung der Kategorien mittlerweile durch die technische Entwicklung überholt. b) Furchterfordernis Im Hinblick auf den notwendigen Taterfolg verlangt der Model Antistalking Code 1993, dass das Opfer tatsächliche Furcht vor körperlicher Verletzung oder Tod der eigenen Person oder eines unmittelbaren Familienmitglieds empfinden muss.53 Überraschenderweise verschärft das Modell-Gesetz im Vergleich zum ursprünglichen kalifornischen Tatbestand damit sogar die Anforderungen an den Taterfolg. So setzte Letzterer lediglich den Vorsatz des Täters voraus, das Opfer in Angst um die eigene Sicherheit oder um die seiner unmittelbaren Familienangehörigen zu versetzen. Während eine solche Angst um die Sicherheit ein ganz allgemeines Kriterium ist, welches viele verschiedene Bezugspunkte der Angst zulässt und dabei allein an der Vorstellung des Opfers orientiert ist, stellt das Abstellen auf die konkrete Angst vor körperlicher Verletzung oder vor dem Tod ein wesentlich engeres Merkmal dar. Schließlich werden nur solche Fälle erfasst, in denen das Opfer auch tatsächlich konkrete physische Übergriffe durch den Stalker fürchtete. 52

National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 15. Vgl. s 2 (c) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 53

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Dazu führt die Begründung des Model Antistalking Code 1993 aus, es werde ein so hohes Maß an Furcht verlangt, weil eine Abgrenzung zwischen ansonsten alltäglichem und damit legitimem Verhalten auf der einen und strafbarem Stalking auf der anderen Seite nur nach Maßgabe dieses Angstfaktors erfolgen könne. Schließlich sei Stalking nur deshalb strafwürdig, weil es in dem Opfer nicht unerhebliche Furcht auslöse. Folgerichtig müsse das im Tatbestand vorausgesetzte Niveau der Furcht entscheiden, ob ein Verhalten strafbar sei oder nicht.54 Da leichtere Formen der Furcht wie Verärgerung oder emotionale Aufgeregtheit schon nach Maßgabe anderer Tatbestände wie der Belästigung („harassment“) oder des Übergriffes auf die Person („trespassing“) geahndet werden könnten, müsse das als Verbrechen zu verfolgende Stalking ein besonders hohes Maß an Furcht bei dem Opfer hervorrufen. Dieser Argumentation zufolge ist die subjektiv-individuelle Opferreaktion auf das Stalking-Verhalten nicht nur ein notwendiger, sondern auch ein angemessener Standard, um strafwürdiges Stalking von sozialadäquaten Aktivitäten abzugrenzen.55 Diese Sichtweise, die den Stalking-Tatbestand auf die Fälle beschränkt, in denen auf der Opferseite tatsächlich ein hohes Maß an Furcht entstanden ist, ist angesichts der äußerlich oft harmlosen Natur vieler Stalking-Verhaltensweisen in rechtsstaatlicher Hinsicht zu begrüßen, da sie gewährleistet, dass nur schädigendes Verhalten bestraft wird. Gleichwohl ist es im Hinblick auf die Ausgestaltung der australischen Tatbestände, die fast ausnahmslos auf das Erfordernis eines tatsächlichen Erfolgseintrittes verzichten, überraschend, dass der Model Antistalking Code 1993 so vehement auf der Voraussetzung eines tatbestandsmäßigen Erfolges beharrt. Dies gilt umso mehr, als sich ein solch voraussetzungsvolles Erfolgserfordernis lähmend auf die Strafverfolgung im konkreten Fall auswirken kann. Denn während schon das tatsächliche Empfinden von Furcht bei den Opfern – speziell bei den Opfern männlichen Geschlechts – manchmal schon nicht gegeben ist, kommt eine konkrete Furcht vor körperlicher Verletzung oder Tod noch seltener vor. Ein Grund für Letzteres ist, dass das Opfer in Ermangelung expliziter Drohungen oft überhaupt keine Vorstellung davon hat, was der Stalker vorhaben könnte. Daher ist bei vielen Opfern keine konkrete Furcht vor körperlicher Gewalt oder Tod gegeben, sondern vielmehr ein Gefühl undefinierbarer, latenter Bedrohung.56 54 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-3. 55 Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-11). 56 Sheridan, What Is Stalking?, S. 2.

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Kritisiert wird außerdem, diese enge Definition der Furcht lasse etwaige Ängste des Opfers vor sexuellen Übergriffen komplett außer Acht.57 Gerade Letzteres werde in Fällen von Stalking jedoch häufig von den Opfern befürchtet, insbesondere wenn eine vorangegangene Intimbeziehung zwischen Täter und Opfer bestanden hat. Ein weiterer Kritikpunkt an dem voraussetzungsvollen Erfolgserfordernis ist, dass die Furcht des Opfers nur dann strafrechtlich relevant wird, wenn sie sich auf die unmittelbare Familie („immediate family“) bezieht. Dieser Personenkreis wird zudem im Model Antistalking Code 1993 sehr restriktiv definiert. Damit schließt das Modell-Gesetz von vornherein jegliche Angst um einen neuen Lebensgefährten oder Lebenspartner aus, obwohl das Eingehen einer neuen Beziehung durch den ehemaligen Intimpartner des Stalkers zu einer weiteren Verschärfung der Stalking-Situation beitragen kann.58 Im Ergebnis ist es somit nicht verwunderlich, dass ein derart enges und voraussetzungsvolles Erfolgserfordernis, wie es im Model Antistalking Code 1993 empfohlen wurde, in den US-Bundesstaaten, in denen es existiert, als großes Hindernis im Bereich der Strafverfolgung von Stalking betrachtet wird.59 Neben diesen Kritikpunkten wird im Hinblick auf das Furchterfordernis vielfach auch der Umstand gerügt, dass ein alleiniges Abstellen auf die Opferreaktion zur Bestimmung der Strafbarkeit einen höchst willkürlichen Beurteilungsmaßstab etabliert. Wie schon im Zusammenhang mit den australischen Tatbeständen thematisiert, reagieren manche Opfer hypersensibel und fühlen sich schon durch harmloses Werben schnell eingeschüchtert, während andere über starke Nerven verfügen und sich selbst durch vehemente Stalking-Aktivitäten nicht aus der Ruhe bringen lassen.60 Einer dadurch entstehenden mangelnden Vergleichbarkeit der StalkingFälle untereinander wirkt der US-amerikanische Modell-Tatbestand aus dem Jahr 1993 durch die Einfügung eines objektiven Tests entgegen. So müsste das in Rede stehende Verhaltensmuster auch bei einer vernünftigen Person Furcht vor körperlicher Verletzung oder Tod ihrer selbst oder eines Familienmitglieds auslösen.61 Diese objektive Wertungsebene, die neben das Erfordernis tatsächlicher Furcht auf der Opferseite tritt, war ursprünglich konzipiert worden, um das Verhalten auf objektive und geschlechtsneu57

Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (253). Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (252). 59 Sheridan, What Is Stalking?, S. 10. 60 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 26, 230; NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 252. 61 Vgl. s 2 (a) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 58

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trale Weise bewerten zu können. Dadurch sollte zum einen harmloses Verhalten von vornherein aus der Anwendung des Tatbestandes ausgesondert und zum anderen sollten vollkommen willkürliche Beurteilungsstandards vermieden werden.62 c) Generelles Absichtserfordernis Eine weitere gravierende Schwierigkeit, die sich bei der Durchsetzung der ersten US-amerikanischen Anti-Stalking-Gesetze gestellt hatte, war, wie schon angesprochen, das spezifische Absichtserfordernis. Ein solches Absichtserfordernis, welches neben dem Vorsatz bezüglich der Vornahme der Handlung als solcher zusätzlich die Absicht voraussetzt, eine konkrete Folge herbeizuführen,63 hatte im Bereich des Stalking zu erheblichen Problemen bei der Strafverfolgung geführt.64 Grund dafür ist, dass viele Stalker einen solchen, auf die Folgen bezogenen Vorsatz, namentlich das Opfer in Furcht zu versetzen, in der Tat nicht gebildet haben oder aufgrund der übrigen Sozialadäquanz ihres Verhaltens in der Lage sind, einen solchen wirkungsvoll zu bestreiten.65 Um diesen Problemen entgegenzuwirken, entschied sich der Model Antistalking Code 1993, auf ein spezifisches Absichtserfordernis zu verzichten und stattdessen allein auf ein generelles abzustellen.66 Im Rahmen eines solchen generellen Absichtserfordernisses („general intent element“) müssen die Strafverfolgungsbehörden dann nur noch beweisen, dass der Täter die von ihm verübten Tathandlungen als solche tatsächlich und freiwillig vornehmen wollte.67 Ein darüber hinausgehender Beweis der Absicht, in dem Opfer Furcht zu verursachen, ist nicht mehr erforderlich. Vielmehr kann eine solche Absicht vermutet werden, wenn die Jury davon überzeugt ist, dass der mutmaßliche Stalker wusste oder hätte wissen sollen, dass die von ihm gewollten Handlungen bei dem Opfer Angst, mentale Qualen oder Leid und Kummer verursachen würden.68 62 Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1 (2-11). 63 Boychuk, (1994) 88 Northwestern University Law Review, S. 769 (780). 64 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 34. 65 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-2 f. 66 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-2 f. 67 Boychuk, (1994) 88 Northwestern University Law Review, S. 769 (779); Rosenfeld/Cling, Stalking, in: Cling (Hrsg.), Sexualized Violence, S. 98 (103). 68 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 32.

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Im Ergebnis können nun auch solche Stalker erfasst werden, die an Wahnvorstellungen leiden, sofern sie nur hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten bei dem Opfer Furcht erzeugt.69 Zwar lässt mithin auch das National Institute of Justice im Rahmen des subjektiven Tatbestandes eine rein kognitive Komponente bzw. einen der unbewussten Fahrlässigkeit vergleichbaren Maßstab ausreichen, wie dies in den meisten australischen Tatbeständen der Fall ist. Im rechtswissenschaftlichen Diskurs der Vereinigten Staaten wird dieses generelle Absichtserfordernis jedoch auch vielfach als zu vage kritisiert. So sei die Kombination des bereits an sich unbestimmten objektiven Merkmals des Aufrechterhaltens der visuellen oder physischen Nähe sehr unbestimmt. Da diese schon an sich bedenkliche Unbestimmtheit durch das ebenfalls sehr unklare subjektive Element des Hätte-Wissen-Sollens noch verstärkt werde, sei insgesamt ein Grad erreicht, der Zweifel an der Verfassungskonformität aufkommen lasse.70 d) Ausgestaltung als Verbrechen Der Model Antistalking Code 1993 gestaltete im Unterschied zu vielen Tatbeständen auf der Ebene der Bundesstaaten Stalking als ein Verbrechen aus. Damit sollte der Öffentlichkeit nicht nur das Signal gegeben werden, dass es sich bei Stalking um ein ernstzunehmendes sozialschädliches Verhalten handelt, sondern es sollte auch sichergestellt werden, dass Stalker empfindlich bestraft und spiegelbildlich die Opfer effektiv geschützt werden.71 Doch trotz dieser Empfehlung im Model Antistalking Code 1993 blieb Stalking in den meisten US-Bundesstaaten ein Vergehen, sodass die verhängten Strafen selten länger als ein paar Tage Freiheitsentzug betragen. Daher wird vielfach kritisiert, dass die wenigsten Stalker lange in Haft bleiben. Schließlich halte dadurch der Schutz für die Opfer nur sehr kurz an und der Abschreckungseffekt sei minimal.72

69 Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-3. 70 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 267. 71 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 54. 72 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (257); Cavanagh/Teasley/Knowles, Stalking, in: Wang (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence, S. 11 (17); Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (465); Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (255 f.); Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2774).

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4. Der Model Stalking Code 2007 Der Anfang dieses Jahres veröffentlichte Model Stalking Code 2007 wollte nicht nur die erörterte Kritik an seinem Vorgänger, dem Model Antistalking Code 1993, aufgreifen, sondern darüber hinaus neue Erkenntnisse aus der Stalking-Forschung sowie die technischen Neuentwicklungen, mit denen Stalker heute im Unterschied zum Jahr 1993 operieren, berücksichtigen.73 Dieser letztgenannte Aspekt bildete dabei das Hauptaugenmerk, da die Strafverfolgungsbehörden in die Lage versetzt werden sollten, mit den modernen Techniken der Stalker Schritt halten zu können. a) Der Tatbestand des Model Stalking Code 2007 Dem Model Stalking Code 2007 zufolge macht sich des Stalking schuldig, wer absichtlich ein Verhaltensmuster an den Tag legt, das auf eine spezifische Person gerichtet ist und von dem er weiß oder wissen müsste, dass es in einer vernünftigen Person entweder Furcht um deren eigene Sicherheit bzw. um die einer dritten Person hervorrufen oder bei dieser emotionales Leiden verursachen würde.74 Dabei definiert der Model Stalking Code 2007 ein tatbestandsmäßiges Verhaltensmuster als zwei oder mehrere Handlungen, welche es umfassen, aber nicht darauf beschränkt sind, dass der Stalker durch sie eine Person direkt, indirekt oder durch dritte Beteiligte mithilfe jeder Handlung, jedes Verfahrens, jeder Vorrichtung oder jedes Mittels verfolgt, überwacht, beobachtet, bedroht, mit ihr oder über sie kommuniziert oder ihr Eigentum beeinträchtigt.75 Das emotionale Leid („emotional distress“), das eine vernünftige Person empfinden würde, wird im Folgenden definiert als signifikanter mentaler Kummer oder Schmerz, welcher eine medizinische oder andere professionelle Behandlung und Betreuung notwendig machen kann, aber nicht muss.76 Zudem wird klargestellt, dass bei der Bewertung der Situation aus objektiver Perspektive der Maßstab einer vernünftigen Person in den Umständen des Opfers zugrunde zu legen ist.77 73

National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 12 ff. Vgl. s 2 Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 75 Vgl. s 3 (a) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24 f. 76 Vgl. s 3 (b) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 25. 77 Vgl. s 3 (c) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 25. 74

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Der Model Stalking Code 2007 verwehrt es dem Angeklagten zudem, sich darauf zu berufen, dass er nicht von der Unerwünschtheit seines Verhaltens benachrichtigt worden ist. Unerheblich ist außerdem, dass er nicht die Absicht gehabt hat, das Opfer zu verängstigen oder ihm emotionales Leid zuzufügen.78 Auf der Rechtsfolgenseite ist der Tatbestand als ein Verbrechen ausgestaltet.79 b) Bewertung des Model Stalking Code 2007 aa) Verbotenes Verhalten Herzstück des Model Stalking Code 2007 ist die im Vergleich zum Model Antistalking Code 1993 modifizierte Erfassung des als Stalking verbotenen Verhaltens. Wie beschrieben, verzichtete der Model Antistalking Code 1993 auf eine explizite Aufzählung des als Stalking verbotenen Verhaltens und stellte stattdessen auf die Oberbegriffe der physischen Nähe sowie der Drohung ab. Dies geschah, um zu verhindern, dass Gerichte eine etwaige Verhaltensaufzählung als abschließend betrachteten und daher atypisches oder neuartiges Stalking-Verhalten nicht sanktionierten.80 Zwar verfolgt auch der Model Stalking Code 2007 dasselbe Ziel, doch geht er dazu einen anderen Weg, der im Ergebnis einer klassischen Aufzählung des verbotenen Verhaltens nahe kommt. So nennt er mit den Verben „Folgen“, „Überwachen“, „Beobachten“, „Bedrohen“, „Kommunizieren“ und „Sachen-Beeinträchtigen“ explizit mehrere Verhaltensweisen, die als verbotenes Stalking zu bewerten sind. In demselben Satz wird jedoch ausdrücklich klargestellt, dass diese Verhaltensaufzählung nicht abschließend ist.81 Auf diese Weise versucht der Model Stalking Code 2007, den Gerichten einerseits eine Leitlinie für die Bewertung von potentiellem StalkingVerhalten an die Hand zu geben, ihnen andererseits aber gleichzeitig zu verdeutlichen, dass sie auch atypische und neuartige Verhaltensweisen durchaus unter den Tatbestand subsumieren können und sollen, sofern eine 78 Vgl. s 5 Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 25. 79 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 25. 80 Vgl. ss 1 (a), 2 (a) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 81 Vgl. s 3 (a) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24.

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Vergleichbarkeit mit den aufgeführten Tätigkeiten besteht.82 Es ist unschwer erkennbar, dass diese Technik der genauen, wenn auch nicht abschließenden Aufzählung der häufigsten Stalking-Verhaltensweisen zudem die Aufgabe erfüllen soll, Strafverfolgungsbehörden und Justiz darüber aufzuklären und zu unterrichten, welches Verhalten regelmäßig als Stalking zu bewerten ist.83 Zu betonen ist außerdem, dass die Verhaltensaufzählung durch den Hinweis ergänzt wird, die verbotenen Tätigkeiten könnten mithilfe jeder Handlung, jedes Verfahrens, jeder Vorrichtung oder jedes Mittels verwirklicht werden. Durch die Erwähnung der Begriffe „jede Vorrichtung“ sowie „jedes Mittel“ bezweckt der Model Stalking Code 2007, alle derzeit bekannten und zukünftig entwickelten Cyberstalking-Methoden in den Anwendungsbereich des Anti-Stalking-Modell-Tatbestandes einzubeziehen. Im Ergebnis kommt es damit nur noch darauf an, dass das Opfer verfolgt, beobachtet oder bedroht wird bzw. dass mit ihm kommuniziert wird, ohne dass an die näheren Umstände spezielle Anforderungen geknüpft werden. Mithin wäre nicht mehr das Aufsuchen der räumlichen Nähe, das Auftreten einer Drohung oder Ähnliches notwendig, um eine Strafbarkeit wegen Stalking annehmen zu können. Eine ähnlich erweiternde Funktion erfüllt auch der neue Passus „direkt, indirekt oder durch dritte Personen“84. Dieser stellt nämlich klar, dass der Täter auch technische Hilfsmittel wie GPS, Computer oder Internet zum strafbaren Stalken einsetzen kann, ohne dass das Opfer dies bemerken müsste. Durch die Variante des Stalkens durch dritte Personen betont der Model Stalking Code 2007 zudem, dass auch das sogenannte Stalking durch Stellvertreter, das „stalking by proxy“, erfasst ist.85 bb) Verzicht auf ein Drohungselement Mit dieser neuen Ausrichtung im Bereich der Verhaltensumschreibung geht einher, dass der Model Stalking Code 2007 auf ein zwingendes Drohungserfordernis verzichtet. Zwar kommt das Merkmal der Drohung in der Aufzählung des verbotenen Verhaltens wie im Model Antistalking Code 1993 noch vor,86 es stellt dabei jedoch nur ein mögliches Stalking-Verhal82

National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 15. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 16. 84 Vgl. s 3 (a) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 85 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 16 ff. 86 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 83

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ten unter vielen dar und fungiert nicht mehr als Oberbegriff, der zwingend erfüllt sein müsste, um eine Strafbarkeit zu konstituieren. Mit dieser Modifikation reagiert der Model Stalking Code 2007 darauf, dass manche Bundesstaaten immer noch an dem Erfordernis einer glaubwürdigen Drohung festhalten, obwohl dieses Element von vielen anderen Bundesstaaten infolge fehlgeschlagener Strafverfahren gegen Stalker gestrichen wurde. Letzteres entspricht dabei der Erkenntnis, dass viele Stalker keine Drohungen ausstoßen und sich verhaltensimmanente Drohungen in der Praxis nur sehr schwer beweisen lassen.87 cc) Furchterfordernis Parallel zu dieser Eliminierung des Drohungselements lockert der Model Stalking Code 2007 auch das entsprechende Furchterfordernis auf Seiten des Taterfolgs. Verlangte der Model Antistalking Code 1993 noch einen dualen Standard, demzufolge nicht nur das Opfer tatsächlich Furcht vor einer Körperverletzung oder einer Tötung haben musste, sondern auch eine vernünftige Person durch das Verhalten in solche Furcht hätte versetzt werden müssen,88 lässt es der Model Stalking Code 2007 ausreichen, wenn eine vernünftige Person in den Umständen des Opfers Furcht um die eigene Sicherheit oder um die einer dritten Person haben würde.89 Folglich gilt ausschließlich der Standard einer vernünftigen Person anstelle des Kriteriums der tatsächlichen Furcht.90 Diese Entscheidung des Model Stalking Code 2007 beruhte auf mehreren Erwägungen. So hatten viele US-Bundesstaaten den dualen Standard auf Seiten des Taterfolgs in der Strafverfolgungspraxis als zu voraussetzungsvoll erlebt. Des Weiteren war oft kritisiert worden, es könne nicht das Anliegen des Gesetzgebers sein, nur erfolgreiche Stalker zu bestrafen, die es geschafft hätten, bei dem Opfer Furcht auszulösen. Es sei vielmehr angemessen, die Strafwürdigkeit an dem Verhalten selbst zu messen und zwar unabhängig von der verursachten Reaktion auf der Opferseite.91 Abgesehen davon verhindert das alleinige Abstellen auf die Reaktion einer objektiven dritten Person, dass ein willkürlicher Standard angelegt wird. Auf diese Weise kann nicht die Situation entstehen, in der der Stalker eines 87

National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 11. Vgl. s 2 (a), (c) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 89 Vgl. s 2 (a) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 90 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 34 f. 91 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 36. 88

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hypersensiblen Opfers infolge der gleichen Aktivitäten eher bestraft wird als derjenige, der sich ein robusteres Opfer ausgesucht hat. Da die Feststellung des Taterfolgs mithin zwar aus Sicht einer vernünftigen Person erfolgt, dabei aber die Umstände des Opfers berücksichtigen muss, ermöglicht es der Model Stalking Code 2007, auch die Fälle zu erfassen, in denen der Stalker sein konkretes Wissen um die Schwächen des Opfers, wie beispielsweise um eine spezifische Phobie, ausnutzt. Gerade in Fällen, in denen eine vorherige Intimbeziehung zwischen Stalker und Stalkee bestanden hat, ist es vorstellbar, dass der Stalker um spezifische Ängste des Opfers weiß und diese geschickt verwertet.92 Der Konstruktion des Model Stalking Code 2007 zufolge, kann mithin eine Handlung, die eine vernünftige Person – objektiv betrachtet – nicht ängstigen würde, dennoch von dem Stalking-Tatbestand erfasst sein, sofern diese vernünftige Person, befände sie sich in den spezifischen Umständen des Opfers, verängstigt sein würde.93 Diese Berücksichtigung der konkreten Opfersituation war in dem Model Antistalking Code 1993 nicht vorgesehen. Ein weiterer Vorteil dieses Abstellens auf den Standard einer vernünftigen Person zur Ermittlung des Taterfolgs ist, dass das Opfer von einer sehr belastenden und eventuell die psychischen Beeinträchtigungen noch verschlimmernden Aussage vor Gericht befreit wird. Dem Model Antistalking Code 1993 zufolge musste das Opfer dem Gericht zunächst seine eigene Angst darlegen, bevor das Gericht prüfen konnte, ob diese Angst des Opfers auch bei einer vernünftigen Person entstanden wäre und somit gleichsam berechtigterweise vom Opfer empfunden wurde.94 Nach der Regelung des Model Stalking Code 2007 ist es nun nicht mehr notwendig, das Entstehen tatsächlicher Angst beim Opfer zu ermitteln. Es genügt vielmehr, wenn eine vernünftige Person in der Lage des Opfers Furcht empfunden hätte. Dadurch muss künftig nicht mehr bewertet werden, ob die beim Opfer entstandene Furcht auch objektiv nachvollziehbar war. Abgesehen von diesem unterschiedlichen Bewertungsmaßstab im Model Antistalking Code 1993 auf der einen und im Model Stalking Code 2007 auf der anderen Seite lassen sich auch Abweichungen im Hinblick auf den notwendigen Grad der Furcht ausmachen. Während der Model Antistalking Code 1993 noch verlangte, dass das Opfer Angst vor körperlicher Verletzung oder Tötung seiner selbst oder eines unmittelbaren Familienmitglieds haben müsse,95 lässt es der Model Stalking Code 2007 ausreichen, wenn 92 Zur Bedeutung dieser Fähigkeit im Kontext von Stalking vgl. Gabel, Stellungnahme, S. 5; Lemon, Stalking, S. 5. 93 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 37. 94 Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (105); National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 36.

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das Opfer Angst um die persönliche Sicherheit oder um die einer anderen Person hat.96 Folglich gibt es zwei Unterschiede. Zum einen reicht nunmehr generelle Furcht um die Sicherheit aus und es muss nicht mehr konkrete Furcht vor Körperverletzung oder Tod verspürt werden. Zum anderen muss sich die empfundene Sorge nicht mehr notwendigerweise auf unmittelbare Familienmitglieder beziehen wie dies 1993 noch der Fall war. Die erste Änderung reagiert damit auf die vielfach am Model Antistalking Code 1993 geübte Kritik, der Konkretisierungsgrad der Furcht sei viel zu hoch, als dass sich damit viele Stalker wirksam verfolgen ließen. Die im Rahmen von Stalking erzeugte Bedrohungslage sowie die dadurch entstehende Angst auf der Opferseite seien viel zu unspezifisch, als dass sie sich in den meisten Fällen zu einer konkreten Furcht vor Körperverletzung oder Tod verdichteten. Die Ineffektivität dieses Tatbestandsmerkmals in der Praxis ergebe sich unter anderem aus der Tatsache, dass zwar einige Bundesstaaten dieses Furchterfordernis aus dem Model Antistalking Code 1993 übernommen hätten, damit im Großen und Ganzen jedoch die Ausnahme geblieben seien. Die meisten Bundesstaaten eliminierten vielmehr diese hohe Schwelle und ließen stattdessen eine allgemeine Angst um die eigene Sicherheit genügen.97 Ein weiterer Grund für diese Modifikation im Model Stalking Code 2007 ist, dass bei Stalking ein möglichst frühes Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden geboten ist, um weitere potentielle Gewalt verhindern zu können.98 Wird jedoch auf dem tatsächlichen Eintritt von Angst vor einer konkreten körperlichen Verletzung oder Tötung bestanden, befindet sich das Stalking schon in einem für das Opfer gefährlich späten Stadium. Das Abstellen auf ein generelles Furchterfordernis ermöglicht somit ein wesentlich früheres Einschreiten. Hinzu kommt, dass viele Stalker unberechenbar sind und die Opfer infolgedessen nicht vorhersagen können, was ihr Stalker als nächstes plant. Diese dauernde Angst vor dem Ungewissen hat noch wesentlich gravierendere Folgen auf die psychische Gesundheit des Opfers als die Furcht vor Körperverletzungen oder Tod. Aus diesem Grund wird vielfach bereits das Eintreten dieser abstrakten Furcht als strafwürdig erachtet.99 Die zweite Neuerung bezüglich des Furchterfordernisses im Model Stalking Code 2007 ist die wesentliche Erweiterung des relevanten Personen95 Vgl. s 2 (a), (c) Model Antistalking Code 1993, vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-1. 96 Vgl. s 2 (a) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 97 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 38. 98 Wagner, FPR 2006, S. 208 (210). 99 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 39 f.

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kreises. So muss eine vernünftige Person nicht mehr Angst um ein Mitglied der unmittelbaren Familie haben, sondern es reicht aus, wenn Angst um eine dritte Person verspürt wird. Auch diese Modifikation ist eine Reaktion auf die scharfe Kritik, die an dem eng gefassten Personenkreis des Model Antistalking Code 1993 geübt wurde.100 Damals wurde die Beschränkung des Modell-Tatbestandes auf einen eng umrissenen Personenkreis damit begründet, dass eine weitere Ausdehnung mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht in Einklang zu bringen sei. Problematisch ist bei dieser Argumentation, dass Stalking-Verhalten häufig im Zusammenhang mit intimen Beziehungen auftritt. Aus dieser engen Bindung ergibt sich zumeist ein detailliertes Wissen des Stalkers um die Personen, die dem Opfer wichtig sind. Da dies oft auch Personen sind, die formal nicht zum unmittelbaren Familienkreis zählen, wie z. B. enge Freunde des Opfers, vom Stalker aber dennoch für seine Kampagne missbraucht werden, wurde im Model Stalking Code 2007 eine Ausweitung des Personenkreises auf beliebige dritte Personen als überfällig erachtet. dd) Emotionales Leid Als alternatives Kriterium zum Furchterfordernis lässt der Model Stalking Code 2007 auf der Ebene des Taterfolgs außerdem das Hervorrufen von emotionalem Leid ausreichen.101 Auch diese Änderung wurde von vielen Rechtswissenschaftlern als dringend notwendig erachtet. Schließlich sei es charakteristisch für Stalking, dass es die Opfer in einen Zustand chronischer Angst versetze, welcher sich negativ auf die Psyche auswirke. Da trotz dieser zum Teil gravierenden psychischen Konsequenzen nicht immer der Grad einer lang andauernden, behandlungsbedürftigen körperlichen Erkrankung erreicht werde, seien vielfach nicht die Tatbestände der klassischen Delikte erfüllt.102 Im Ergebnis entstehe mithin eine Situation, in der die Stalking-Opfer auf psychischer Ebene zwar enorm litten, gleichzeitig jedoch weder konkrete Furcht vor Verletzung oder Tod verspürten noch physisch krank seien. Folglich könne ein Stalker auch weder nach Maßgabe des Stalking-Tatbestandes aus dem Model Antistalking Code 1993 noch nach Maßgabe der klassischen Delikte bestraft werden. 100

So auch Lemon, Stalking, S. 5 f. Vgl. s 2 (b) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 24. 102 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 18. 101

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Angesichts der Tatsache, dass auch das Hervorrufen von rein psychischem Leid für Stalking typisch ist und das Leben des Opfers infolgedessen gravierend beeinträchtigt wird, entschieden sich die Verfasser des Model Stalking Code 2007, dieses Niveau der psychischen Belästigung im Taterfolg ausreichen zu lassen. Erwähnt werden muss zudem, dass die Alternative des emotionalen Leids im Gleichklang mit der Furchtalternative bei dem Opfer nicht tatsächlich aufgetreten sein muss, sondern dass es vielmehr genügt, wenn eine vernünftige Person in den Lebensumständen des Opfers infolge des konkreten Stalking-Verhaltens emotionales Leid verspüren würde. ee) Generelles Absichtserfordernis In Übereinstimmung mit dem Model Antistalking Code 1993 verzichtet auch der Model Stalking Code 2007 auf ein spezifisches Absichtserfordernis und lässt ein generelles ausreichen. Damit wird bekräftigt, dass der Täter nur einen Vorsatz bezüglich der Vornahme der Handlung als solcher gebildet haben muss, während ein darüber hinausgehender Vorsatz hinsichtlich der Opferreaktion entbehrlich ist.103 Der Model Stalking Code 2007 geht zudem noch einen Schritt weiter als sein Vorgänger, indem er ausdrücklich klarstellt, der Täter könne sich nicht auf ein Fehlen der Absicht, in seinem Opfer Furcht oder emotionales Leid auszulösen, berufen.104 Der Begründung des Model Stalking Code 2007 ist ähnlich wie der des Jahres 1993 die Haltung zu entnehmen, ein spezifisches Vorsatzerfordernis belaste die Anklagevertretung zu stark und erschwere die Verurteilung von Stalkern aufgrund von Beweisschwierigkeiten in unangemessener Weise. Den entgegenstehenden Bedenken, der vorgeschlagene Modell-Tatbestand setzte die Strafbarkeitsschwelle auf subjektiver Seite zu niedrig an, entgegnet die Begründung des Model Stalking Code 2007, sonst werde das eigentliche Anliegen des Opferschutzes aus den Augen verloren und der Tatbestand entspräche nicht den Anforderungen, die die Realität an ihn stelle. Da der Tatbestand außerdem voraussetze, dass eine vernünftige Person durch das Verhalten Furcht oder emotionales Leid verspüren müsste, sei im Ergebnis sichergestellt, dass jedes Verhalten, welches objektiv diese schwerwiegende Folge auslöse und damit strafwürdig sei, auch tatsächlich sanktio103 Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 32 f.; National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-2 f. 104 Vgl. s 4 (b) Model Stalking Code 2007, vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 25.

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niert werden könnte.105 Zudem sei es nur so möglich, auch diejenigen Stalker zu erfassen, die keinen Vorsatz hinsichtlich einer negativen Opferreaktion gebildet hätten. ff) Ausgestaltung als Verbrechen In gleicher Weise wie der Model Antistalking Code 1993106 stuft auch der Model Stalking Code 2007 Stalking als Verbrechen ein. Damit soll zum einen gewährleistet werden, dass Stalking in der Öffentlichkeit als ein schwerwiegendes, in hohem Maße sozialschädliches Verhalten wahrgenommen wird. Zum anderen sollen die Opfer gestärkt werden, indem ihnen vor Augen geführt wird, dass der Gesetzgeber und die Strafverfolgungsbehörden Stalking-Aktivitäten ernst nehmen.107 Abgesehen von diesen bewusstseinsbildenden Wirkungen soll die Ausgestaltung von Stalking als Verbrechen nach dem Willen der Urheber des Model Stalking Code 2007 bewirken, dass verurteilte Stalker längere Zeit im Gefängnis verbringen müssen. Dadurch soll den Opfern wirksamerer Schutz zuteil werden, als es bislang in den US-Bundesstaaten der Fall ist, in denen Stalking nur als Vergehen eingestuft ist. Des Weiteren ermöglicht eine Bewertung als Verbrechen eine stärkere Überwachung und Kontrolle des Täters nach Verbüßen der Strafe, was ebenfalls zu einem verstärkten Opferschutz beitragen soll.108 Ergänzend zu dieser intensiveren Überwachung und Kontrolle sah bereits der Model Antistalking Code 1993 vor, verurteilten Stalkern als Teil ihrer Strafe psychische Untersuchungen und Behandlungen aufzuerlegen sowie dies als Voraussetzung für die Aussetzung der Untersuchungshaft, die Gewährung von Hafturlaub oder die Aussetzung der Strafe zur Bewährung auszugestalten.109 c) Zwischenergebnis Alles in allem schlägt der Model Stalking Code 2007 somit umfassende Änderungen der geltenden Anti-Stalking-Straftatbestände in den US-Bundesstaaten vor und revidiert zudem zahlreiche Empfehlungen des Model Antistalking Code 1993. 105

National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 34. Vgl. National Institute of Justice (Hrsg.), Report: Antistalking Legislation, S. B-2. 107 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 54. 108 National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited, S. 54 f. 109 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 267. 106

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Auf der Basis der Erfahrungen, die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte mit den bestehenden Regelungen gemacht haben, hält das National Center for Victims of Crime nach Erarbeitung des Model Stalking Code 2007 vor allem folgende Charakteristika eines Anti-Stalking-Tatbestandes für wichtig: So müsse der Tatbestand über eine nicht abschließende Liste von verbotenen Stalking-Verhaltensweisen verfügen, die insbesondere eine Erfassung neuer Stalking-Aktivitäten im Cyberspace sowie mittels GPS ermögliche. Gleichzeitig solle auf das Tatbestandsmerkmal einer (glaubwürdigen) Drohung ebenso verzichtet werden wie auf das Erfordernis eines tatsächlich eingetretenen Taterfolgs auf der Opferseite. Es sei vielmehr entscheidend, aus der Sicht eines vernünftigen Beobachters zu klären, ob dieser in den Umständen des Opfers aufgrund des an den Tag gelegten Verhaltensmusters Furcht um die eigene Sicherheit bzw. um die einer dritten Person oder emotionales Leiden verspüre. Hinzu komme, dass das Erfordernis einer spezifischen Absicht durch das einer generellen ersetzt werden müsse.110 5. Ergebnis Die Verabschiedung der ersten US-amerikanischen Anti-Stalking-Straftatbestände in den Jahren 1990 bis 1993 muss insgesamt sowohl als Initialzündung als auch als wichtiger erster Schritt in der Evolution von Anti-Stalking-Politik und -Gesetzgebung betrachtet werden. Doch so wichtig dieser erste Schritt auch gewesen sein mag, so wenig darf vernachlässigt werden, die Erfahrungen mit der Durchsetzung der ersten Tatbestände zu analysieren und zu bewerten. Aus diesem Grund muss der Model Stalking Code 2007 als eine notwendige Überarbeitung und Feinjustierung der ursprünglichen Gesetzeslage verstanden werden, die dazu dient, auf der Basis der Erfahrungswerte einen effektiven Opferschutz sowie ein Schritthalten mit technischen Neuentwicklungen zu gewährleisten.111

110

Vgl. National Center for Victims of Crime, Model Stalking Code Revisited,

S. 61. 111 Ähnlich auch Beatty, Stalking Legislation in the US, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 2-1, (2-22).

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

II. Vereinigtes Königreich 1. Gesetzgebungsgeschichte Im Vereinigten Königreich wurde die politische Diskussion um die Einführung eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes durch die Entwicklungen in den USA, in Australien und Kanada stimuliert.112 Nachdem die konservative Regierung die Einführung eines eigenständigen Tatbestandes noch im Jahr 1994 hatte verhindern können, nutzten Medien und Öffentlichkeit 1996 mehrere spektakuläre Fälle, von denen einer die Prinzessin von Wales betraf, aus, um erheblichen Druck auf die Parlamentarier auszuüben, gesetzgeberisch aktiv zu werden.113 Im Zuge der politischen Diskussion im Vorfeld der Verabschiedung wurde im Vereinigten Königreich eingehend geprüft, ob die bereits vorhandenen Gesetze nicht ausreichten, um dem Phänomen Stalking wirksam begegnen zu können.114 Als im Jahr 1996 dann eine Studie des Home Office jedoch zu dem Ergebnis kam, eine ausreichende Abdeckung sei nicht gegeben,115 war der Weg frei für die Verabschiedung und Entwicklung eines solchen spezifischen Tatbestandes.116 Schließlich wurde der Protection from Harassment Act 1997 (UK) am 1. September 1998 vollständig wirksam, nachdem er bereits am 16. Juni 1997 in England und Wales in Kraft getreten war. Somit galt er fortan in England, Wales, Schottland117 und Nordirland.118 112

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 273. Baldry, Cycle of Violence, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 83 (89); Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 149; Lawson-Cruttenden/Hussain, (1996) New Law Journal, S. 1326 (1326); Sheridan/ Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (151); Clarkson, Criminal Law, S. 177. 114 Zu den rechtlichen Handlungsinstrumenten vor Einführung eines spezifischen Anti-Stalking-Gesetzes und ihren Schwachstellen vgl. Finch, Criminalisation of Stalking, S. 119 ff.; Infield/Platford, Stalking and the Law, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 221 (222 ff.); Lawson-Cruttenden, (1996) Family Law, S. 755 (755 ff.); Lawson-Cruttenden, (1996) New Law Journal, S. 418 (418 ff.); Turl, (1994) New Law Journal, S. 632 f. 115 Vgl. Home Office, Stalking – The Solutions: A Consultation Paper, London 1996, wie zitiert in: Ellison/Akdeniz, (1998) Criminal Law Review, S. 29 (30 in Fn. 11). Zweifelnd Elliott/Quinn, Criminal Law, S. 156 f. Der schottische Gesetzgeber kam zu dem genau gegenteiligen Ergebnis, vgl. dazu Bonnington, (1996) New Law Journal, S. 1394 (1394). 116 Storey/Lidbury, Criminal Law, S. 141. 117 Infield/Platford, Stalking and the Law, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 221 (227); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, 113

II. Vereinigtes Königreich

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Angesichts der erläuterten Gesetzesentwicklung ist es wenig überraschend, dass der Gesetzgeber durch die Verabschiedung des Protection from Harassment Act 1997 (UK) die Intention hatte, Unzulänglichkeiten und Schutzlücken der bestehenden Gesetze im Hinblick auf Stalking-Verhalten zu beseitigen. Zwar konnten auch bereits vor Einführung dieses spezifischen Gesetzes einzelne Stalking-Verhaltensweisen119 wie die missbräuchliche Verwendung eines öffentlichen Telekommunikationssystems,120 das Schicken von obszönen Briefen oder Päckchen, die bedrohlichen Charakter hatten und das Ziel verfolgten, bei dem Opfer Angst und Bedrängnis zu verursachen,121 ebenso strafrechtlich verfolgt werden wie der absichtliche Gebrauch bedrohender, ausfallender, oder beleidigender Wörter und das An-den-Tag-Legen von Verhalten, welches bei dem Opfer fortwährende Belästigung, Angst oder Bedrängnis verursacht.122 Allerdings ist allen diesen Tatbeständen gemein, dass sie vollen Beweis hinsichtlich des Tätervorsatzes verlangen, was in Fällen von Stalking zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten führte. Trotzdem konnten nach Maßgabe dieser Vorschriften im Jahr 1995 mehrere hundert Stalker erfolgreich strafrechtlich verfolgt werden.123 Daneben bestand auch im Vereinigten Königreich die Möglichkeit, Stalking-Verhaltensweisen unter die klassischen Straftaten gegen die Person zu subsumieren.124 Dies galt insbesondere, seitdem die Gerichte auch das Hervorrufen von psychischen Verletzungen als ausreichende körperliche Verletzung im Sinne des Offences Against the Person Act 1861 (UK) bei Stalking-Verhalten zuließen.125 Trotz dieses erheblichen Fortschritts bestand jedoch weiterhin das Problem, dass neben den schwer zu beweisenden Tatbestandselementen wie Kausalität und Vorsatz nun auch ein anerkannter psychischer Schaden in Form einer verifizierbaren psychischen Krankheit in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (108); Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 274. 118 Zu beachten ist dabei, dass in Nordirland am 17. Juni 1997 die Protection from Harassment (Northern Ireland) Order 1997 in Kraft getreten ist. Diese trifft dieselben Regelungen wie der Protection from Harassment Act 1997 (UK), folgt aber einer abweichenden Nummerierung, vgl. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (109). 119 Ausführlich dazu vgl. Pechstaedt, Stalking, S. 69 ff. 120 Vgl. s 43 Telecommunications Act 1984 (UK). 121 Vgl. s 1 Malicious Communications Act 1988 (UK). 122 Vgl. s 4A Public Order Act 1986 (UK). 123 Pechstaedt, Stalking, S. 74. 124 So z. B. unter ss 18, 20, 47 Offences Against the Persons Act 1861 (UK). 125 Vgl. dazu insbesondere R v Ireland (1997) 4 All E.R. 225; R v Constanza (1997) 2 Cr. App. R. 492.

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

bewiesen werden musste. D.h. Furcht, Panik oder Schmerz waren auch weiterhin nicht ausreichend, da dies eine Überdehnung des natürlichen Wortsinns des Begriffs „Tätlichkeit“ („assault“) bedeutet hätte. Folgerichtig konnte auf diese Weise eine Vielzahl von Stalking-Fällen auch künftig nicht geahndet werden.126 Der Protection from Harassment Act 1997 (UK) verfolgte damit die ratio, bestehende Gesetzeslücken im Bereich des Stalking zu schließen, um ein polizeiliches Einschreiten sowie eine Bestrafung der Stalker zu ermöglichen. 2. Struktur der gesetzlichen Regelung a) England, Wales und Nordirland Der Protection from Harassment Act 1997 (UK) kreiert zwei verschiedene Anti-Stalking-Straftatbestände, von denen der eine schwerer und der andere leichter ist. aa) Belästigung Die leichtere Straftat der verbotenen Belästigung („offence of harassment“) verbietet es gemäß ss 2 (1), 1 Protection from Harassment Act 1997 (UK),127 ein Verhaltensmuster zu verfolgen, welches die Belästigung einer anderen Person darstellt. Dabei muss der Täter wissen oder hätte wissen müssen, dass sein Verhalten diese Beschaffenheit aufweist. Weiterhin stellt der Tatbestand klar, dass das Element des Wissen-Müssens erfüllt ist, wenn eine vernünftige Person, die dieselben Informationen wie der Täter besäße, denken würde, dass das Verhaltensmuster eine Belästigung der anderen Person darstellt.128 Der Begriff „Verhaltensmuster“ ist zudem legaldefiniert als die Vornahme einer Tätigkeit zu wenigstens zwei Gelegenheiten,129 wobei auch Äußerungen eine solche Tätigkeit darstellen können.130 Auffallend ist, dass im Gegensatz zu diesen exakten Begriffs126

Vgl. dazu auch Gardner, (1998) 114 The Law Quarterly Review, S. 33 ff.; Lawson-Cruttenden/Hussain, (1996) New Law Journal, S. 1326 (1326 f.); Finch, Criminalisation of Stalking, S. 191 f.; Fionda, Criminal Law, S. 33 f.; Clarkson, Criminal Law, S. 176 f. 127 Ausführlich dazu vgl. Infield/Platford, Law of Harassment and Stalking, S. 30 ff. 128 Vgl. s 1 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 129 Vgl. s 7 (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 130 Vgl. s 7 (4) Protection from Harassment Act 1997 (UK).

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bestimmungen der Terminus der Belästigung („harassment“), mit dem der Kern des verbotenen Verhaltens umschrieben wird, an keiner Stelle definiert ist. S 7 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK) beschränkt sich vielmehr darauf klarzustellen, dass Verweisungen des Gesetzes auf das Belästigen einer Person auch das Verängstigen („alarming“) sowie das Beunruhigen („causing distress“) dieser Person miteinschließen. Die Anwendbarkeit des Tatbestandes aus s 1 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK) ist gemäß s 1 (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK) ausgeschlossen, wenn der mutmaßliche Täter beweisen kann, dass es sich um ein Verhaltensmuster gehandelt hat, welches das Ziel verfolgte, ein Verbrechen zu verhindern oder aufzudecken;131 wenn das Verhaltensmuster nach Maßgabe einer Rechtsnorm vorgenommen wurde oder dem Zweck diente, eine Bedingung oder Voraussetzung zu erfüllen, welche eine Person gemäß einer Bestimmung erlassen hatte.132 Auch ein Verhaltensmuster, welches unter den speziellen Umständen vernünftig („reasonable“) war, schließt die Anwendung des Tatbestandes aus.133 Erfüllt ein Täter alle genannten Voraussetzungen und kann er sich nicht auf einen solchen Tatbestandsausschließungsgrund berufen, so hat er sich einer Belästigung schuldig gemacht.134 Im beschleunigten Verfahren kann dies gemäß s 2 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine Höchststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe, eine Geldstrafe oder beides nach sich ziehen. bb) Versetzen von Menschen in Furcht vor Gewalt Die schwerere Straftat, das Versetzen von Menschen in Furcht vor Gewalt („putting people in fear of violence“), ist in s 4 Protection from Harassment Act 1997 (UK) geregelt.135 Dieser Sektion zufolge macht sich derjenige strafbar, dessen Verhaltensmuster zu wenigstens zwei Gelegenheiten bei einer anderen Person Furcht vor Gewaltanwendung gegen diese Person verursacht.136 Weitere Voraussetzung auf subjektiver Tatbestandsseite ist, dass der Täter bei jeder einzelnen dieser Gelegenheiten weiß oder wissen müsste, dass sein Verhaltensmuster bei der anderen Person diese Furcht hervorrufen wird.137 Das subjektive Tatbestandserfordernis des Wissen-Müs131 132 133 134 135 136 137

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s 1 (3) (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). s 1 (3) (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). s 1 (3) (c) Protection from Harassment Act 1997 (UK). s 2 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK). dazu Infield/Platford, Law of Harassment and Stalking, S. 52 ff. s 4 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK). s 4 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK).

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sens ist erfüllt, wenn eine vernünftige Person, die dieselben Informationen wie der Täter besäße, denken würde, dass das Verhaltensmuster bei der anderen Person die näher bezeichnete Furcht hervorrufen würde.138 Bei dieser schwereren Straftat sieht s 4 (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK) spezifische Rechtfertigungsgründe vor. So kann der Täter als Rechtfertigung anführen, das Verhaltensmuster diene der Verhinderung oder Aufdeckung eines Verbrechens;139 es werde nach Maßgabe einer Bestimmung oder Rechtsnorm vorgenommen oder diene dem Zweck, eine Bedingung oder Voraussetzung zu erfüllen, welche eine Person gemäß einer Bestimmung erlassen habe.140 Rechtfertigend wirkt auch, wenn das Verfolgen des Verhaltensmusters zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung einer anderen Person bzw. deren Eigentum vernünftig („reasonable“) war.141 Im Falle dieser schwereren Straftat droht dem Täter bei einer Verurteilung im beschleunigten Verfahren zwar auch nur eine Höchstfreiheitsstrafe von sechs Monaten, eine Geldstrafe oder beides,142 doch kann der Täter im Falle eines üblichen Gerichtsverfahrens sogar mit einer Höchstfreiheitsstrafe von fünf Jahren, mit einer Geldstrafe oder mit beidem belegt werden.143 Sollte der Angeklagte im Rahmen einer Hauptverhandlung wegen der schwereren Straftat des Versetzens von Menschen in Furcht vor Gewalt angeklagt sein und befindet ihn die Jury dieser Straftat nicht für schuldig, so kann sie ihn dennoch wegen der leichteren Straftat der Belästigung nach s 2 Protection from Harassment Act 1997 (UK) für schuldig befinden.144 Damit sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die leichtere s 2 Protection from Harassment Act 1997 (UK) als ein Alternativtatbestand zur schwereren s 4 s 1 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK) genutzt werden kann, sofern die Voraussetzungen des schwereren Tatbestandes nicht vorliegen bzw. nicht bewiesen werden können. cc) Zivilrechtliche Regelungen Eine weitere Besonderheit des Protection from Harassment Act 1997 (UK) ist, dass er neben den strafrechtlichen auch genuin zivilrechtliche Vorschriften enthält. So legt s 3 Protection from Harassment Act 1997 (UK) fest, dass eine im Sinne von s 1 Protection from Harassment Act 1997 138 139 140 141 142 143 144

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s s s s s s s

4 4 4 4 4 4 4

(2) (3) (3) (3) (4) (4) (5)

Protection from Harassment Act 1997 (UK). (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (c) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). Protection from Harassment Act 1997 (UK).

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(UK) belästigte Person für erlittene Angst sowie finanziellen Schaden von dem Täter Unterlassung und Schadensersatz verlangen kann. Zudem kann das Gericht auch eine zivilrechtliche Anordnung gegen den Stalker erlassen, die bei einer Zuwiderhandlung ebenfalls eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, eine Geldstrafe oder beides nach sich ziehen kann.145 Während dieses Verfahren jedoch durch den Geschädigten initiiert werden muss und nur in Fällen von s 1 Protection from Harassment Act 1997 (UK) anwendbar ist,146 eröffnet s 5 Protection from Harassment Act 1997 (UK) dem Strafgericht die zusätzliche Möglichkeit, aus eigenem Antrieb gegen den Täter eine Schutzanordnung zu erlassen, sofern dieser wegen einer Straftat nach s 2 oder s 4 Protection from Harassment Act 1997 (UK) verurteilt worden ist. Auch die Zuwiderhandlung gegen eine solche Schutzanordnung ist mit Strafe bedroht,147 wobei die Höchststrafe in einem normalen Gerichtsverfahren fünf Jahre Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder beides und in einem beschleunigten Verfahren sechs Monate Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder beides beträgt.148 b) Schottland Im Gegensatz zu diesen in England, Wales und Nordirland geltenden Regelungen, finden in Schottland mit ss 8 ff. Protection from Harassment Act 1997 (UK) abweichende Normen Anwendung. Grund dafür ist, dass der schottische Gesetzgeber der Ansicht war, es sei vollkommen ausreichend, die Zuwiderhandlung gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung mit Strafe zu bewehren, sodass er folgerichtig auf die Schaffung eines spezifischen Anti-Stalking-Tatbestandes auf strafrechtlicher Ebene verzichtete.149 In diesem Zusammenhang verwies der Gesetzgeber zudem ausdrücklich darauf, in Schottland werde noch weitestgehend auf das schottische common law vertraut, welches alle Formen von Belästigung oder Stalking als einen Bruch des Friedens („breach of the peace“) bestrafen könne, sofern es nur Furcht, Angst oder Verärgerung auslöse. Neben dieser bereits bestehenden rechtlichen Interventionsmöglichkeit verfüge das common law außerdem über eine viel größere Flexibilität im Hinblick auf eine Bestrafung potentieller Täter.150 145

Vgl. s 3 (3), (6), (9) Protection from Harassment Act 1997 (UK). Vgl. s 3 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 147 Vgl. s 5 (5), (6) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 148 Vgl. s 5 (6) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 149 Smartt, (2001) 9 European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice, S. 209 (220); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (109). 146

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Somit muss ein Stalking-Opfer in Schottland eine zivilrechtliche Klage einreichen, die als sogenannte Belästigungsklage („action of harassment“) bezeichnet wird.151 Im Rahmen dieser Klage kann das Gericht dem Opfer entweder Schadensersatz zuerkennen152 oder eine Nicht-Belästigungs-Anordnung („non-harassment order“) erlassen, wenn es eine solche für notwendig hält, um das Opfer vor weiteren Belästigungen zu schützen.153 Voraussetzung für Letztere ist, dass eine Person ein Verhaltensmuster verfolgt, welches die Belästigung einer anderen Person darstellt.154 Dieses Verhaltensmuster muss entweder darauf bedacht sein, eine solche Belästigung darzustellen,155 oder es muss unter Umständen auftreten, unter denen es einer vernünftigen Person als Belästigung erscheinen würde.156 Wie auch im ersten Teil des Protection from Harassment Act 1997 (UK) umfasst ein Verhaltensmuster per Legaldefinition auch Äußerungen157 und muss bei mindestens zwei Gelegenheiten aufgetreten sein.158 Klargestellt wird des Weiteren, dass eine Belästigung auch das Erregen von Angst und Beunruhigung einschließt.159 Gegen eine solche Belästigungsklage stehen dem Klagegegner gemäß s 8 (4) Protection from Harassment Act 1997 (UK) spezielle Rechtfertigungsgründe zur Seite. Diese erfassen Fälle, in denen das Verhaltensmuster durch eine Bestimmung oder eine Rechtsnorm autorisiert war,160 in denen es zum Zwecke der Verhinderung oder Aufdeckung eines Verbrechens verfolgt wurde,161 oder in denen es unter den speziellen Umständen vernünftig („reasonable“) war.162 Jeder Verstoß gegen eine solche Nicht-Belästigungs-Anordnung ist in Schottland gemäß s 9 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine Straftat und kann im normalen Verfahren mit einer Höchststrafe von fünf Jahren, mit einer Geldstrafe oder mit beidem163 und im beschleunigten Ver150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163

Stalking Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 8 Vgl. s 9

Consultation Paper, Law in Scotland III. (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (5) (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (5) (a) (i), (ii) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (1) (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (1) (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (3) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (4) (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (4), (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (4), (c) Protection from Harassment Act 1997 (UK). (1) (a) Protection from Harassment Act 1997 (UK).

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fahren mit einer Höchststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe, mit einer Geldstrafe oder mit beidem bestraft werden.164 3. Bewertung a) Strafrechtliche Vorschriften Allein aus dieser Darstellung wird bereits deutlich, dass der Protection from Harassment Act 1997 (UK) im Vergleich zu den spezifischen AntiStalking-Regelungen in Australien und den USA einige Besonderheiten aufweist. aa) Begriffliche Unbestimmtheit Besonders bezeichnend ist dabei, dass der Protection from Harassment Act 1997 (UK) den Begriff „Stalking“ an keiner Stelle nennt. Vielmehr stellt er im Grundtatbestand auf das extrem weite Konzept der Belästigung („harassment“) und in der Qualifikation auf das Versetzen anderer Menschen in Furcht vor Gewalt ab. Damit wird im englischen und im walisischen Recht keine allgemein anwendbare Stalking-Definition als selbständige rechtliche Kategorie etabliert, sondern der Terminus Stalking stellt die bloße Beschreibung einer spezifischen Manifestation des als Belästigung strafbaren Verhaltens dar.165 Auch die Tatsache, dass sich der Protection from Harassment Act 1997 (UK) darauf beschränkt festzustellen, der Begriff „Belästigung“ („harassment“) umfasse das Verängstigen und Beunruhigen,166 verdeutlicht, dass der Kern des verbotenen Verhaltens im Gesetz nicht näher beschrieben ist. Damit stellt der Protection from Harassment Act 1997 (UK) einen fundamentalen Gegensatz zu den australischen Anti-Stalking-Tatbeständen dar, in denen die das Stalking-Verhalten konstituierenden Aktivitäten genau aufgelistet sind. Es ist jedoch diese tatbestandliche Weite,167 die der britische Gesetzgeber bei der Schaffung des Protection from Harassment Act 1997 (UK) beabsichtigt hatte. So sollte der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht auf 164

Vgl. s 9 (1) (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK). Finch, Criminalisation of Stalking, S. 1; Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (463); Lacey/Wells, Criminal Law, S. 127. 166 Vgl. s 7 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 167 Zu der erst seit den 1990ern erfolgenden Entwicklung des Bestimmtheitsgrundsatzes im englischen und walisischen Strafrecht vgl. Ashworth, Eser-FS, S. 49 ff. 165

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typische Stalking-Fälle beschränkt sein, sondern auch andere Formen der Belästigung erfassen und ahnden können.168 Als Beispiele für Letzteres sind vor allem Schikanierungen in der Schule („bullying“) und am Arbeitsplatz (Mobbing), Nachbarschaftsstreitigkeiten, voyeuristische Aktivitäten, militante Tierschutzaktionen, Probleme in der Endphase einer intimen Beziehung sowie das Bedrängen von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst anzuführen.169 Auch bei aufdringlichen Journalisten oder politischen Demonstrationen erscheint eine Anwendung des Gesetzes möglich.170 Damit stellt zwar jedes Stalking-Verhalten auch eine Belästigung im Sinne von s 1 Protection from Harassment Act 1997 (UK) dar, umgekehrt ist jedoch nicht jede Belästigung im Sinne dieses Gesetzes auch gleichzeitig als Stalking zu werten.171 bb) Bedenken im Hinblick auf die begriffliche Unbestimmtheit Bedenken hinsichtlich der Unbestimmtheit des Begriffs Belästigung („harassment“) begegnete der britische Gesetzgeber mit der Aussage, dieser Terminus müsse nicht eigens definiert werden, da er den Gerichten bereits bekannt sei und diese mit ihm vertraut seien.172 Allerdings ließ der Gesetzgeber auch verlautbaren, er habe bewusst dieses weite Konzept der Belästigung gewählt, um zu gewährleisten, dass atypische Stalking-Verhaltensweisen problemlos sanktioniert werden könnten. So sei es im Bereich des heterogenen Phänomens Stalking auf andere Weise nicht möglich, jedes potentiell strafwürdige Verhalten in einem Tatbestand zu erfassen.173 Damit ist die hinter der extrem weiten Fassung des Protection from Harassment Act 1997 (UK) stehende Intention klar. Der neue Tatbestand soll sicherstellen, dass alle potentiellen Stalking-Verhaltensweisen – seien sie noch so atypisch oder ungewöhnlich – strafrechtlich verfolgt werden können.174 Und es gibt nicht wenige, die aufgrund der äußerlichen Sozialadäquanz vieler Stalking-Verhaltensweisen eine solch vage Formulierung als 168

So auch White, (1999) 24 European Law Review, S. 55 (56). Finch, Criminalisation of Stalking, S. 2; Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (152). 170 Sheridan/Davies/Boon, (2001) 16 Journal of Interpersonal Violence, S. 151 (152); Sheridan, What Is Stalking?, S. 2; Hill/Fletcher-Rogers, Sexual Offences, S. 162. 171 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 2. 172 So war dieser Begriff schon immer Bestandteil des Public Order Act 1986 (UK) gewesen, vgl. Finch, Criminalisation of Stalking, S. 10, 227. 173 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 10. 174 Molan, Criminal Law, S. 165. 169

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geradezu unumgänglich betrachten, um dem Phänomen Stalking effektiv entgegenwirken zu können.175 (1) Missbrauchsgefahr Doch auch wenn diese Erwägungen durchaus nachvollziehbar erscheinen, sie belegen zugleich das erhebliche Missbrauchspotential, welches ein derart weiter und unbestimmter Tatbestand in sich birgt.176 Und tatsächlich zeigen die ersten Evaluationen des Protection from Harassment Act 1997 (UK), dass nur die wenigsten Fälle, in denen er bislang zur Anwendung gekommen ist, auch als „klassisches“ Stalking bezeichnet werden können. Wesentlich häufiger handelt es sich um leichte Fälle von Belästigungen im Rahmen von Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Auseinandersetzungen im häuslichen Bereich.177 Das erweckt den Eindruck, dass der Protection from Harassment Act 1997 (UK) eher in Randbereichen des Strafrechts zum Einsatz kommt, während er in dem ihm eigentlich zugedachten Anwendungsbereich, dem Stalking, kaum effektiv eingesetzt wird.178 Infolgedessen haben ihn Infield und Platford im Hinblick auf das Stalking schon als zahnlos bezeichnet.179 (2) Marginalisierung des Stalking-Verhaltens Diese ausufernde Anwendung des Tatbestandes auf stalkingfremde Verhaltensweisen ist unmittelbare Folge der Tatsache, dass der schon an sich weite Begriff der Belästigung („harassment“) nicht legaldefiniert wird. Hinzu kommt, dass er durch die Anmerkung, er erfasse auch das Verängstigen und Beunruhigen, eher noch erweitert anstatt eingeschränkt wird. Folglich konzentriert sich der Protection from Harasssment Act 1997 (UK) allein auf die Reaktion des Opfers zur Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten.180 Mithin kann jedes beliebige Verhalten den Tatbestand erfüllen, sofern es nur die im Gesetz beschriebene Folge, die Belästigung einer anderen Person, hervorruft. 175 Sheridan, What Is Stalking?, S. 11; Samuels, (1997) 18 Statute Law Review, S. 244 (245 f.). 176 Elliott/Quinn, Criminal Law, S. 157; Sheridan, What Is Stalking?, S. 2, 11. 177 Harris, Home Office Research Study 203, S. vi, 51. 178 Harris, Home Office Research Study 203, S. 51; Nadkarni/Grubin, (2000) 320 BMJ, S. 1486 (1486); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hsrg.), Stalking!, S. 101 (110). 179 Infield/Platford, Stalking and the Law, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 221 (230). 180 Molan, Criminal Law, S. 165.

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Abgesehen von der großen Missbrauchsgefahr, die diese vage Formulierung in sich birgt, könnte diese begriffliche Unbestimmtheit außerdem die Vorstellung in der Öffentlichkeit befördern, bei Stalking handele es sich ähnlich wie bei den anderen nach Maßgabe des Protection from Harassment Act 1997 (UK) verfolgten Straftaten wie Nachbarschaftsstreitigkeiten um ein wenig schwerwiegendes Vergehen. Ein solches Verständnis von Stalking führt auf lange Sicht dazu, dass Stalking-Verhalten sowie das damit in Zusammenhang stehende Leid der Opfer in der Gesellschaft marginalisiert und verharmlost werden.181 Des Weiteren führt die Vielzahl an Fällen, auf die der Protection from Harassment Act 1997 (UK) aufgrund seiner weiten Formulierung grundsätzlich anwendbar ist und auf die er in der Praxis auch tatsächlich angewendet wird, dazu, dass die Rezipienten nicht mehr erkennen können, welches Verhalten genau das spezifische Handlungsunrecht dieses Tatbestandes ausmacht.182 Die dadurch entstehende Konfusion ist sowohl Folge als auch Grund der überaus niedrigen Strafbarkeitsschwelle, die der Protection from Harassment Act 1997 (UK) konstituiert.183 Zudem hat der Gesetzgeber durch den Verzicht sowohl auf die ausdrückliche Nennung des Begriffs „Stalking“ als auch auf eine Legaldefinition der Belästigung die Chance vertan, die Signalwirkung des Strafrechts mitsamt ihrer bewusstseinsbildenden Kraft zu nutzen, um Stalking in Gesellschaft und Öffentlichkeit als strafwürdiges Verhalten zu stigmatisieren. Dies wird häufig als fundamentale Schwäche des Protection from Harassment Act 1997 (UK) bezeichnet.184 (3) Niedrige Strafbarkeitsschwelle Wie bereits angesprochen, schafft der Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine überaus niedrige Strafbarkeitsschwelle. Diese entsteht primär dadurch, dass der objektive Tatbestand kaum einschränkende Elemente enthält. Gefordert ist lediglich, dass das Verhalten bei mindestens zwei Gelegenheiten erfolgt sein muss185 und dass es das Opfer tatsächlich belästigt hat.186 In Bezug auf Letzteres muss aber fest181 Infield/Platford, Stalking and the Law, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 221 (231); Finch, Criminalisation of Stalking, S. 262; Harris, Home Office Research Study 203, S. 51. Allgemein dazu vgl. Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (177). 182 So auch Sheridan, What Is Stalking?, S. 2. 183 Lawson-Cruttenden, (1996) Family Law, S. 755 (757). 184 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 264. 185 Lawson-Cruttenden, (1996) Family Law, S. 755 (757).

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gehalten werden, dass es keinen objektiven Bewertungsstandard gibt, der den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges einer objektiven Prüfung unterziehen würde.187 Damit kann jedes andauernde und hartnäckige Verhalten tatbestandsmäßig sein, solange es sich nur auf der Opferseite zu einer Belästigung verdichtet. Dadurch ermöglicht der Tatbestand ein frühes Einschreiten der Polizei sowie das Einleiten gewalt-präventiver Maßnahmen.188 Trotz dieses deeskalierenden Potentials darf nicht vergessen werden, dass es schon ausreichend ist, wenn sich ein hypersensibles Opfer subjektiv-individuell belästigt fühlt, ohne dass diese Reaktion einer genaueren Überprüfung unterzogen werden müsste. Damit gilt hier ein willkürlicher und im Einzelfall sehr niedriger Maßstab, der polizeiliches Einschreiten selbst in Bagatellfällen gestattet.189 Parallel zu dieser sehr niedrig angesetzten Strafbarkeitsschwelle auf objektiver Seite ist auch das dazu gehörige subjektive Tatbestandselement nicht sehr voraussetzungsvoll. Schließlich kann ein Täter schon bestraft werden, wenn er nur weiß oder wissen müsste, dass sein Verhalten eine Belästigung darstellt. Damit genügt nicht nur das Vorliegen einer rein kognitiven Komponente, sondern es ist sogar ausreichend, wenn der Täter lediglich eine der unbewussten Fahrlässigkeit vergleichbare Einstellung aufweist. Dies ergibt sich aus der Definition aus s 1 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK), derzufolge der Täter über die notwendige subjektive Komponente des Wissen-Müssens verfügt, sofern eine vernünftige („reasonable“) Person, die dieselben Informationen wie der Täter hat, denken würde, dass das in Rede stehende Verhaltensmuster eine Belästigung der anderen Person darstellt. Dieses alleinige Abstellen auf den im englischen Recht häufig bemühten Standard der Vernünftigkeit soll dabei sicherstellen, dass auch psychisch kranke Stalker sowie solche, die ihr Opfer angeblich aus Liebe verfolgen, strafrechtlich belangt werden können.190 Dies ist jedoch in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen unterliegt der Begriff der Vernünftigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff der richterlichen Wertung im Einzelfall. Da letztlich jeder Mensch einen anderen Maßstab der Vernünftigkeit anlegt191 und diese zudem entscheidend von situativen Faktoren abhängt, bleibt der 186

Finch, Criminalisation of Stalking, S. 230. Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 275. 188 Sheridan, What Is Stalking?, S. 3; Wagner, FPR 2006, S. 208 (210). 189 NSW Law Reform Commission, Report 103, S. 252; Finch, Criminalisation of Stalking, S. 230, 261. 190 Molan/Bloy/Lanser, Criminal Law, S. 236; Finch, Criminalisation of Stalking, S. 259. 191 Vgl. Rosenfeld/Cling, Stalking, in: Cling (Hrsg.), Sexualized Violence, S. 98 (103). 187

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Bürger ohne klare Orientierung darüber, wann er sich konkret strafbar macht.192 Zum anderen birgt dieser Standard der Vernünftigkeit auch im Zusammenspiel mit der niedrigen Strafbarkeitsschwelle auf objektiver Ebene die Gefahr einer ausufernden Strafbarkeit. Der Kritik könnte entgegengehalten werden, diese geringe Strafbarkeitsschwelle korrespondiere mit der vergleichsweise niedrigen Höchststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe. Im Gegensatz zu dem Tatbestand der Belästigung sei das Missbrauchspotential bei dem mit fünf Jahren Freiheitsstrafe wesentlich schwereren Delikt des In-Furcht-Versetzens signifikant geringer. So verlange der objektive Tatbestand des In-Furcht-Versetzens ein Verhaltensmuster, welches bei einer anderen Person bei zwei Gelegenheiten konkrete Furcht vor Gewaltanwendung hervorruft. Folglich müsse das Opfer zu jeder einzelnen der mindestens zwei Gelegenheiten tatsächliche Furcht vor aktueller Gewalt empfunden haben, damit der Taterfolg gegeben und somit der Tatbestand verwirklicht ist. Dieser Taterfolg müsse zudem auf subjektiver Seite von dem Wissen bzw. Wissen-Müssen des Täters umfasst sein. Doch obwohl diese Voraussetzungen der schwereren Straftat des InFurcht-vor-Gewalt-Versetzens in der Tat wesentlich höher sind als die des bloßen Hervorrufens einer Belästigung, wird schnell klar, dass auch bei dem schwereren Delikt das strafbewehrte Verhalten selbst an keiner Stelle definiert ist. Ausreichend ist nämlich auch dort im Ergebnis jegliches Verhalten, sofern es nur den entsprechenden Taterfolg herbeiführt. Damit greifen sowohl in Bezug auf die mangelnde Verhaltensumschreibung als auch in Bezug auf das subjektive Tatbestandselement die gleichen Bedenken ein, die bereits bei der leichteren Straftat, der Belästigung, analysiert wurden. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die Verwirklichung der schwereren Straftat nicht mehr bloß eine Strafe von sechs Monaten nach sich zieht, sondern sogar mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Dieses bedenkliche Ergebnis wird teilweise durch die Möglichkeit des Gerichts kompensiert, den Erlass einer gerichtlichen Schutzanordnung zu einem Teil der Strafe oder zu einer Strafbedingung zu machen.193 Auf diese Weise kann das Strafgericht im Rahmen eines Verfahrens wegen Belästigung oder In-Furcht-Versetzens eine Schutzanordnung gegen den Stalker erlassen, in der festgelegt ist, dass jeder Verstoß gegen diese eine strafbare Handlung konstituiert, die mit einer empfindlichen Sanktion geahndet werden kann.194 192

So auch Smartt, (2001) 9 European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice, S. 209 (218); Pechstaedt, Stalking, S. 107 f. 193 Vgl. s 5 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK). 194 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 276.

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Dieses Vorgehen hat, auch gegenüber einem zivilrechtlichen Verfahren, den Vorteil, dass es ein frühes Einschreiten von Seiten der Polizei ermöglicht, auch wenn nach allgemeinen Maßstäben das Verhalten des Stalkers eine Bestrafung noch nicht rechtfertigen würde. Auf diese Weise kann der Stalker im Rahmen des Strafverfahrens vor weiterem, ähnlichem Verhalten gewarnt werden, ohne dass er zu diesem frühen Zeitpunkt schon mit einer Bestrafung rechnen muss. Gleichzeitig schafft dieses Verfahren jedoch die Möglichkeit, den mutmaßlichen Stalker nach einem erneuten Verstoß zu bestrafen, ohne dass dieser noch behaupten könnte, ihn überrasche die furchtsame Reaktion des Opfers. Hinzu kommt, dass diese Konstruktion über den unschätzbaren Vorzug verfügt, dass dem Opfer die ansonsten auf ihm liegende Verfahrenslast eines Zivilprozesses abgenommen wird.195 Da nämlich auch das erste Verfahren, in dessen Rahmen die Schutzanordnung erlassen wird, strafrechtlicher Natur ist, ist das Opfer sowohl von der Pflicht zur Initiierung des Verfahrens befreit als auch von der Notwendigkeit, die entsprechenden Beweise beizubringen. Trotz dieser Vorteile, die auch für den Stalker darin bestehen, dass er nicht unmittelbar im ersten Strafverfahren mit einer Sanktion belegt wird, ermittelte eine Studie, dass nur in 56% der Belästigungs-Fälle, die vor Gericht kommen, auch tatsächlich eine solche Schutzanordnung erlassen wird.196 (4) Strafbarkeitsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe Anzusprechen bleiben noch die in den Tatbeständen enthaltenen Tatbestandsausschließungs- sowie Rechtfertigungsgründe. Wie erwähnt, sehen beide Delikte vor, dass Verhalten zur Verhinderung sowie zur Aufdeckung eines Verbrechens bzw. Verhalten, welches mit Bestimmungen und gesetzlichen Regelungen in Einklang steht, im Ergebnis nicht strafbar sein soll. Doch während der Tatbestand der Belästigung in diesen Fällen gar nicht erst anwendbar ist, kann ein mutmaßlicher Stalker zu seiner Rechtfertigung bei der Straftat des In-Furcht-Versetzens das Vorliegen dieser Gründe beweisen. Ein weitergehender inhaltlicher Unterschied ist zudem, dass der Tatbestand der Belästigung keine Anwendung auf das Verfolgen eines Verhaltensmusters findet, welches unter den speziellen Umständen vernünftig („reasonable“) war. Im Gegensatz dazu ist es im Hinblick auf das InFurcht-Versetzen ein Rechtfertigungsgrund, wenn der potentielle Täter be195 196

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 276. Harris, Home Office Research Study 203, S. 37.

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weisen kann, dass das Verfolgen des in Rede stehenden Verhaltensmusters zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung einer anderen Person bzw. von Eigentum vernünftig („reasonable“) war. Damit wird deutlich, dass der weite und aus diesem Grund schnell verwirklichte Tatbestand der Belästigung über einen ebenso weiten Tatbestandsausschließungsgrund verfügt, in dessen Rahmen der mutmaßliche Täter nur zeigen muss, dass sein Verhalten generell vernünftig war. Im Unterschied dazu ist der entsprechende Rechtfertigungsgrund bei dem Tatbestand des In-Furcht-Versetzens wesentlich enger gefasst. Gerechtfertigt ist dort nämlich nur Verhalten, welches zur Verteidigung von Personen oder Eigentum vernünftig war. Diese Technik macht Sinn, da so dem Delikt der Belästigung mit seinem extrem weiten Anwendungsbereich auch ein entsprechend weiter Tatbestandsausschluss gegenübersteht, während die Verwirklichung des enger formulierten, schwerwiegenderen Tatbestands nur bei Vorliegen wesentlich detaillierterer Voraussetzungen gerechtfertigt ist. b) Zivilrechtliche Vorschriften Neben diesen strafrechtlichen Vorschriften enthält der Protection from Harassment Act 1997 (UK), wie angesprochen, auch genuin zivilrechtliche Regelungen. Diese Vermischung von Straf- und Zivilrecht innerhalb eines Gesetzes wurde von vielen Autoren scharf kritisiert.197 In zivilrechtlicher Hinsicht legt der Protection from Harassment Act 1997 (UK) beispielsweise selbst fest, dass das Opfer von dem potentiellen Täter Schadensersatz verlangen kann. In strafrechtlicher Hinsicht wesentlich entscheidender ist jedoch, dass der Protection from Harassment Act 1997 (UK) auch die Möglichkeit schafft, eine gerichtliche Verfügung gegen den Täter zu erwirken, bei deren Verstoß sich der Stalker ebenfalls strafbar macht. Es ist letzterer Weg, auf den sich der schottische Gesetzgeber bei der Bekämpfung von Stalking-Verhalten allein verlässt, nachdem er sich gegen eine explizite Strafbewehrung von Stalking entschieden hatte. So muss ein Stalking-Opfer in Schottland gemäß s 8 (2) Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine sogenannte Belästigungsklage („action of harassment“) einreichen. Sollte diese erfolgreich sein, so erlässt das Gericht laut s 8 (5) (b) Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine Nicht-Beläs197 Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (464); Samuels, (1997) 18 Statute Law Review, S. 244 (249).

II. Vereinigtes Königreich

253

tigungs-Anordnung („non-harassment order“), deren Zuwiderhandlung gemäß s 9 Protection from Harassment Act 1997 (UK) mit Strafe bewehrt ist. Dieser von Schottland gewählte Weg über das Zivilrecht hat Vor- und Nachteile. Der schwerwiegendste Nachteil ist dabei, dass im Rahmen des Zivilrechts die Hauptverfahrenslast bei dem Opfer liegt. Dieses muss das Verfahren gegen den Täter initiieren und selbst entsprechende Beweise beibringen. Auch die Einhaltung einer eventuell ergehenden gerichtlichen Anordnung muss in der Praxis von dem Opfer selbst überwacht werden. Des Weiteren muss dem Stalker ein doppelter Verstoß nachgewiesen werden.198 Zum einen muss ein Verstoß gegen die Belästigungsvorschrift aus s 8 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK) bewiesen werden, auf den der Erlass einer Schutzanordnung folgen kann. Ersteres gilt zum anderen für jede darüber hinausgehende Zuwiderhandlung, damit eine Bestrafung gemäß s 9 Protection from Harassment Act 1997 (UK) erfolgen kann.199 Auf der anderen Seite kann ein solches zivilrechtliches Verfahren signifikante Vorteile für sich verbuchen. Nicht zuletzt ist es weniger bedenklich, den Tatbestand einer zivilrechtlichen Verhaltensnorm vage und breit auszugestalten. Auch s 8 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK) lässt es nämlich ausreichen, wenn eine Person ein Verhaltensmuster verfolgt, welches die Belästigung einer anderen Person darstellt, sofern dies beabsichtigt war oder unter Umständen auftritt, unter denen eine vernünftige Person eine solche Belästigung als gegeben ansehen würde. Diese tatbestandliche Unbestimmtheit ist an dieser Stelle jedoch wenig bedenklich, da selbst bei einem Verstoß gegen diese weite Vorschrift lediglich der Erlass einer zivilrechtlichen Schutzanordnung und keine Kriminalstrafe als Rechtsfolge in Betracht kommt. Infolge der gerichtlichen Schutzanordnung ist der Stalker zudem für die Zukunft gewarnt und wird im Rahmen des Gerichtsverfahrens nachhaltig auf die potentiellen Folgen seines Verhaltens hingewiesen. Durch diese gerichtliche Konkretisierung des verbotenen Verhaltens bestehen bei einer späteren Bestrafung wegen Zuwiderhandelns gegen die gerichtliche Anordnung auch keine Bedenken in rechtsstaatlicher Hinsicht und dem Stalker ist die Schutzbehauptung, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sich das Opfer belästigt fühle, abgeschnitten. Dieser zivilrechtliche Weg schützt in Schottland allerdings nicht vor hohen Strafen. So kann die gerade erwähnte Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung („non-harassment order“) mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.200 Für ein Verhalten, welches sich im Grenz198

Allgemein dazu vgl. Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (254 f.); Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2774 f.). 199 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 275. 200 Vgl. s 9 (1) Protection from Harassment Act 1997 (UK).

254

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

bereich zwischen Zivil- und Strafrecht bewegt und letztlich allein auf den Verstoß gegen eine privatrechtliche Schutzanordnung zurückzuführen ist, handelt es sich um eine durchaus hohe Strafandrohung. 4. Ergebnis Damit bleibt festzuhalten, dass die spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestände im Protection from Harassment Act 1997 (UK) eine extreme tatbestandliche Weite aufweisen und dadurch eine bemerkenswert niedrige Strafbarkeitsschwelle etablieren. Während der schwerere Tatbestand des In-Furcht-vor-Gewalt-Versetzens als eine Qualifikation des leichteren Belästigungsdelikts anmutet und mit einer Höchstfreiheitsstrafe von fünf Jahren eine beträchtliche Strafe nach sich zieht, stellt der Tatbestand der Belästigung ob seines nahezu unbeschränkten Anwendungsbereiches einen allumfassenden Tatbestand dar, mit dem nahezu jedes Verhalten erfasst werden kann (sogenannte „catch all offence“). Letzterer soll damit in erster Linie sicherstellen, dass auch solche Täter bestraft werden können, bei denen eine Verurteilung aufgrund des schwereren Delikts mangels ausreichender Beweise nicht erreicht werden konnte.201 Es überrascht daher wenig, dass der Protection from Harassment Act 1997 (UK) aktuellen Studien zufolge angesichts seiner tatbestandlichen Weite mehr für Bagatelldelikte wie Nachbarschaftsstreitigkeiten eingesetzt wird als zur Bekämpfung gravierender Stalking-Fälle.

III. Irland Ebenfalls im Jahr 1997 fügte der irische Gesetzgeber mit s 10 Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) einen spezifischen Anti-Stalking-Tatbestand ein. Dieser ist dem englischen in vielerlei Hinsicht ähnlich, weist aber auch teils erhebliche Unterschiede auf. 1. Struktur des Anti-Stalking-Straftatbestandes Auf der Seite des objektiven Tatbestandes verlangt s 10 (1) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL), dass eine Person eine andere mithilfe beliebiger Mittel einschließlich des Telefons durch beharrliches Verfolgen, Beobachten, Plagen, Bedrängen sowie Kommunizieren belästigt. 201

Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 275.

III. Irland

255

Ein Verhalten gilt als Belästigen („harassment“), wenn der Täter durch seine Handlungen vorsätzlich oder fahrlässig den Frieden und die Privatsphäre des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt oder bei dem Opfer Verängstigung, Beunruhigung oder einen Schaden hervorruft.202 Dabei müssen die Handlungen eine solche Beschaffenheit aufweisen, dass eine vernünftige Person realisieren würde, dass diese Handlungen den Frieden und die Privatsphäre des Opfers schwerwiegend beeinträchtigen oder bei dem Opfer Verängstigung, Beunruhigung oder Schaden hervorrufen würden.203 Zudem enthält der Tatbestand die Einschränkung, dass nur solches Verhalten erfasst ist, welches ohne rechtmäßige Kompetenz oder ohne vernünftige Entschuldigung vorgenommen wird.204 Erfüllt der Täter diese Voraussetzungen, so hat er im summarischen Verfahren eine Geldstrafe von bis zu 1.500 Pfund, eine Freiheitsstrafe von bis zu zwölf Monaten oder beides zu erwarten,205 während im Rahmen eines förmlichen Gerichtsverfahrens eine Höchstfreiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren verhängt werden kann.206 Sollte der Täter wegen Belästigung schuldig gesprochen werden, so kann das Strafgericht gegen diesen entweder zusätzlich oder alternativ zur Strafe noch eine befristete richterliche Anordnung erlassen, die es ihm verbietet, mit dem Opfer auf welchem Wege auch immer zu kommunizieren oder sich bis auf eine festzulegende Entfernung der Wohnung oder dem Arbeitsplatz des Opfers zu nähern.207 Jede Zuwiderhandlung gegen eine solche Anordnung stellt dabei ebenfalls eine Straftat dar.208 Dieselbe Anordnung kann selbst dann erlassen werden, wenn nicht bewiesen werden konnte, dass der Stalker einer Belästigung schuldig ist. Voraussetzung dafür ist ein entsprechender Antrag sowie die Überzeugung des Gerichts, dass aufgrund der Beweislage eine solche Anordnung im Interesse der Gerechtigkeit liegt.209 2. Bewertung des Anti-Stalking-Straftatbestandes Wie bereits angedeutet, weist diese Vorschrift einige Parallelen zu dem englischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) auf. So stellen sowohl der irische als auch der britische Tatbestand auf den Begriff der Be202 203 204 205 206 207 208 209

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s s s s s s s s

10 10 10 10 10 10 10 10

(2) (2) (1) (6) (6) (3) (4) (5)

(a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (b) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (b) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL).

256

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

lästigung („harassment“) ab, während der Terminus „Stalking“ als eigentlich anvisiertes Verhalten keinerlei Erwähnung findet. Allerdings umschreibt die irische Regelung im Unterschied zu ihrem britischen Pendant detailliert, welches Verhalten in der Vorstellung des Gesetzgebers eine solche Belästigung konstituiert. Es ist demzufolge verboten, eine Person zu verfolgen, zu beobachten, zu plagen, zu bedrängen oder mit ihr zu kommunizieren. Diese Auflistung erinnert dabei stark an die australischen Vorschriften, die eine sehr ähnliche Bandbreite an Verhalten als Stalking qualifizieren. Allerdings beschränkt sich der irische Tatbestand in seiner Enumeration auf die absoluten Kernverhaltensweisen. Dabei fällt auf, dass er neben dem Verweis auf das Telefon als Stalking-Mittel z. B. keinerlei Bezug auf Cyberstalking-Techniken oder andere moderne Stalking-Taktiken nimmt. Ein Grund dafür ist, dass s 10 (1) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) ergänzend klarstellt, dass die Belästigung mithilfe beliebiger Mittel erfolgen kann. Damit können im Ergebnis auch Cyberstalking-Verhaltensweisen erfasst werden, sofern sie sich unter das Tatbestandsmerkmal des Kommunizierens mit dem Opfer subsumieren lassen. Mithin ist die Aufzählung des verbotenen Verhaltens durch die beschriebenen Verben sehr kurz gehalten, sie weist jedoch durch das Zulassen beliebiger Mittel eine große Flexibilität im Hinblick auf neue Stalking-Techniken auf. Ein das strafbare Verhalten auf objektiver Tatbestandsebene einschränkendes Kriterium ist das Merkmal der Beharrlichkeit. Dieses wird an keiner Stelle des irischen Gesetzes definiert und stellt damit einen starken Kontrast zum eindeutigen Erfordernis der Zweimaligkeit im britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) dar. Diese mangelnde Legaldefinition lässt befürchten, dass auch in Irland ähnliche Probleme wie in Westaustralien auftreten. Eine Hauptschwierigkeit neben der mangelnden begrifflichen Bestimmung ist dabei, dass zusätzlich zu dem Beweis eines häufigen oder länger andauernden Verhaltens gleicher Art auch noch eine entsprechende mentale Einstellung des Täters zu seinem Verhalten dargelegt werden muss. Als weitere Voraussetzung enthält s 10 (2) (a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) das Erfordernis eines Taterfolgs. Dieser besteht in einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Friedens und der Privatsphäre des Opfers oder in dem Hervorrufen einer Verängstigung, einer Beunruhigung oder eines Schadens bei dem Opfer. Auch dieser Taterfolg ist in seiner letzten Variante gut mit dem Protection from Harassment Act 1997 (UK) vergleichbar, welcher ebenfalls das Hervorrufen von Verängstigung und Beunruhigung bei dem Opfer ausreichen lässt. Wie bereits erörtert, kann diese Schwelle bei einem sehr sensiblen Opfer schnell erreicht sein. Daher lässt der irische Tatbestand nicht al-

III. Irland

257

lein das bloße Eintreten eines subjektiv-individuellen Gefühls der Verängstigung oder Beunruhigung ausreichen. S 10 (2) (b) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) verlangt vielmehr zusätzlich, dass die Tathandlungen eine solche Beschaffenheit aufweisen müssen, dass eine vernünftige Person realisieren würde, dass diese Handlungen den Frieden und die Privatsphäre des Opfers schwerwiegend beeinträchtigen oder bei dem Opfer Verängstigung, Beunruhigung oder Schaden hervorrufen würden. Dieser ergänzende objektive Test gilt dabei für alle Varianten des Taterfolgs und soll sicherstellen, dass die Strafbarkeitsschwelle auf objektiver Ebene bei sensiblen Opfern nicht zu stark abgesenkt wird. Wesentlich voraussetzungsvoller als die Verursachung von Verängstigung oder Beunruhigung ist die Zufügung eines Schadens, welche als Alternative ebenfalls einen ausreichenden Taterfolg begründet. Gemäß s 1 Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) umfasst der Begriff des Schadens sowohl physischen als auch psychischen Schaden, sodass auch die gravierenden seelischen Auswirkungen, die Stalking-Verhalten zumeist hat, ausreichen, um den Taterfolg als gegeben anzunehmen. Die ebenfalls den Taterfolg potentiell verwirklichende schwerwiegende Beeinträchtigung des Friedens und der Privatsphäre ist hingegen aufgrund ihrer Unbestimmtheit sowie aufgrund ihrer fehlenden objektiven Verifizierbarkeit wesentlich vager und dadurch schwerer zu beweisen als die beiden erstgenannten Varianten. Infolgedessen dürfte sie im Vergleich zu einer schnell erfüllten Verängstigung und Beunruhigung des Opfers im Rahmen der praktischen Strafverfolgung kaum ins Gewicht fallen. Neben diesen objektiven Tatbestandsmerkmalen lässt der Tatbestand auf subjektiver Seite sowohl vorsätzliches als auch fahrlässiges Handeln ausreichen.210 Damit stimmt er exakt mit dem britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) überein, welcher ebenfalls selbst unbewusst fahrlässiges Verhalten genügen lässt. Damit legt auch der irische Anti-Stalking-Tatbestand auf subjektiver Seite einen niedrigen Maßstab an. Im Bereich der Rechtfertigung fällt auf, dass der irische Tatbestand nur kurz feststellt, dass ein Verhalten mit rechtmäßiger Kompetenz oder vernünftiger Entschuldigung ausgenommen ist. Im Ergebnis scheint damit nur ein kleiner Ausschnitt von potentiell rechtmäßigem Verhalten von der Strafverfolgung befreit zu sein. Hinzu kommt, dass es sehr schwer ist, im Vorfeld zu entscheiden, welches Verhalten konkret nicht als strafbares Stalking gelten soll. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch auch, dass durch die Beschränkung des Tatbestandes auf die genannten Verhaltensweisen sowie durch das Erfordernis eines Taterfolgs der Anwendungsbereich des irischen 210

Vgl. s 10 (2) (a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL).

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

Belästigungstatbestandes von vornherein nicht so weit und uferlos ist, wie dies bei anderen Anti-Stalking-Tatbeständen der Fall ist. Folgerichtig besteht kein vergleichbar großes Bedürfnis nach einer Einschränkung der Strafbarkeit auf der Rechtfertigungsebene. Wendet man sich nun den zivilrechtlichen Regelungen im Rahmen des Straftatbestandes nach s 10 Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL) zu, so fällt auf, dass es auch hier weitgehende Parallelen zum britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) gibt. So kann das Strafgericht ebenso wie in England und Wales eine Anordnung erlassen, welche es dem Täter verbietet, mit dem Opfer zu kommunizieren oder sich bis auf eine bestimmte Entfernung dessen Wohnung oder Arbeitsplatz zu nähern.211 Diese Anordnung kann dabei sowohl anstelle als auch zusätzlich zu einer Strafe verhängt werden.212 Das Gericht ist selbst dann berechtigt, eine solche Anordnung zu erlassen, wenn der mutmaßliche Stalker einer Belästigung nicht für schuldig befunden wurde.213 Das Prinzip ist damit ebenso wie in England und Wales zu begrüßen, da es den Stalker auf zivilrechtlichem Wege auf sein Fehlverhalten aufmerksam macht und ihn dadurch eindringlich vor strafrechtlichen Konsequenzen warnt. Da der Erlass der Schutzanordnung auch in Irland im Rahmen eines Strafprozesses erfolgt, werden wie in England und Wales die sich bei einem rein zivilrechtlichen Verfahren für das Opfer ergebenden Schwierigkeiten und Hindernisse eliminiert. Im Gegensatz zum britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) ist der Spielraum des irischen Gerichts bei Erlass der Anordnung allerdings weitgehend eingeschränkt. So kann eine solche Anordnung nur befristet erlassen werden und darf ausschließlich das Kontaktieren des Opfers sowie Annäherungen an dessen Wohnung oder Arbeitsplatz verbieten.214 Diese Einschränkung ist gerade auch deshalb zu begrüßen, weil eine solche Anordnung selbst dann erlassen werden kann, wenn der Stalker im Rahmen eines Strafprozesses nicht für schuldig befunden werden konnte.215 Der Verstoß gegen eine derartige Anordnung stellt auch in Irland eine Straftat dar.216

211 212 213 214 215 216

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

s s s s s s

10 10 10 10 10 10

(3) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (3) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (5) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (3) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (5), (3) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). (4), (3), (5) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL).

IV. Kanada

259

3. Ergebnis Alles in allem verfügt Irland über eine Anti-Stalking-Vorschrift, die ebenso wie die britische auf den Begriff der Belästigung („harassment“) abstellt. Allerdings enthält der irische Tatbestand eine detaillierte Umschreibung des verbotenen Verhaltens und besteht auf dem Eintritt eines Taterfolgs, sodass die Strafbarkeitsschwelle in Irland im Vergleich zu der im Protection from Harassment Act 1997 (UK) etablierten wesentlich höher ist. Ebenso wie im englischen Recht verfügt auch ein irisches Strafgericht über die Möglichkeit, zusätzlich zu oder anstelle der Strafe eine zivilrechtliche Schutzanordnung zu erlassen, gegen die eine Zuwiderhandlung erneut mit Strafe bedroht ist.

IV. Kanada Wie oben bereits beschrieben, entschied sich der kanadische Gesetzgeber im Jahr 1993 auf Druck der Öffentlichkeit infolge spektakulärer StalkingFälle, einen spezifischen Anti-Stalking-Tatbestand zu erlassen.217 Die in beispielloser Geschwindigkeit erarbeitete s 264 Criminal Code 1985 (Ca) trat am 1. August 1993 in Kraft und bewehrte fortan die sogenannte „kriminelle Belästigung“ („criminal harassment“) mit Strafe.218 Dabei ähnelt diese Vorschrift in vielerlei Hinsicht ihrem Vorbild, den US-amerikanischen Regelungen.219 1. Struktur des Anti-Stalking-Straftatbestandes Im objektiven Tatbestand setzt s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca) die Vornahme eines Verhaltens voraus, welches unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise bei einer anderen Person Furcht um ihre eigene Sicherheit oder die Sicherheit einer ihr bekannten Person hervorruft. Das in Rede stehende Verhalten wird dabei genauer beschrieben als wiederholtes Verfolgen der anderen oder einer dieser bekannten Person von Ort zu Ort;220 als wiederholtes Kommunizieren mit der anderen oder einer dieser 217 Zu den vor der Einführung des spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für die Betroffenen vgl. Cornish/Murray/ Collins, Lawyers’ Guide, S. 19 ff.; Department of Justice Canada, A Handbook, S. 1. 218 Ausführlich zur kanadischen Regelung vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 95 ff. 219 Kropp/Hart/Lyon/LePard, Managing Stalkers, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 141 (141). 220 Vgl. s 264 (2) (a) Criminal Code 1985 (Ca).

260

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

bekannten Person, sei es direkt oder indirekt;221 als Bedrängen oder Beobachten des Wohnhauses oder eines Ortes, an dem die andere Person oder eine dieser bekannten Person wohnt, arbeitet, gewerblich tätig ist oder sich aufhält;222 oder als Vornehmen von bedrohlichem Verhalten, welches auf die andere Person oder eines ihrer Familienmitglieder gerichtet ist.223 Auf der subjektiven Tatbestandsseite verlangt die kriminelle Belästigung das Wissen des Täters um die Belästigung der anderen Person oder die unbewusste Fahrlässigkeit gegenüber dieser Möglichkeit.224 Ein Handeln im Rahmen rechtmäßiger Kompetenz225 kann von Seiten des Täters gemäß s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca) als ein die Strafbarkeit ausschließender Grund angeführt werden. Erfüllt der Täter die oben genannten Kriterien, kann er in einem förmlichen Gerichtsverfahren mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe belegt werden.226 Bei der Strafzumessung hat das Gericht zudem als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, ob der Täter gegen eine Schutzanordnung verstoßen hat.227 2. Bewertung des Anti-Stalking-Straftatbestandes Betrachtet man den kanadischen Anti-Stalking-Tatbestand genauer, so fällt auch hier ins Auge, dass er an keiner Stelle mit dem Begriff des Stalking operiert.228 Wie im Vereinigten Königreich hatte sich auch der kanadische Gesetzgeber entschieden, bei der Strafbewehrung von Stalking auf den neutraleren Begriff der Belästigung („harassment“) als einen den Tatbestand bezeichnenden Oberbegriff zu vertrauen.229 Auf objektiver Seite ist das Vornehmen eines detailliert aufgelisteten Verhaltens strafbewehrt. Im Allgemeinen ist diese Eingrenzung des Verhaltens durch eine genaue Aufzählung im Hinblick auf die tatbestandliche Be221

Vgl. s 264 (2) (b) Criminal Code 1985 (Ca). Vgl. s 264 (2) (c) Criminal Code 1985 (Ca). 223 Vgl. s 264 (2) (d) Criminal Code 1985 (Ca). 224 Vgl. s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca). 225 Zur Auslegung dieses Merkmals vgl. Department of Justice Canada, A Handbook, S. 34 f. 226 Vgl. s 264 (3) Criminal Code 1985 (Ca). 227 Vgl. s 264 (4) Criminal Code 1985 (Ca). S 264 (5) Criminal Code 1985 (Ca) legt dabei sogar fest, dass das Gericht eine Begründungspflicht trifft, sollte es das Vorliegen eines erschwerenden Umstands feststellen und diesen dennoch nicht bei der Strafzumessung berücksichtigen. 228 Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 19. 229 Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (41 f.). 222

IV. Kanada

261

stimmtheit sehr zu begrüßen. Doch auch im Besonderen kriminalisiert der kanadische Tatbestand mit dem Verfolgen, dem Kommunizieren und dem Bedrängen bzw. dem Beobachten typische Stalking-Verhaltensweisen, sodass das Stalking-Phänomen durch die Verhaltensbeschreibung im Tatbestand gut abgebildet wird. Es fällt jedoch ebenso wie bei dem irischen Tatbestand auf, dass die kanadische Deliktsbeschreibung keinerlei Bezug auf Stalking-Techniken wie das Telefonieren, das Schreiben von Briefen oder E-Mails bzw. ganz allgemein auf Formen des Cyberstalking nimmt. Dies ist umso überraschender, als eine Betonung dieser speziellen Kommunikationsformen als kennzeichnendem Ausdruck von Stalking-Verhalten in den australischen Tatbeständen sehr weit verbreitet ist. Doch wurde eine solche Betonung in Kanada nicht für nötig erachtet, da das ausdrückliche Erfassen von direkter und indirekter Kommunikation sämtliche Formen technischer und elektronischer Kommunikation beinhaltet, ohne diese genauer beschreiben und damit im Hinblick auf die sich stetig weiter entwickelnde Technik wohl auch limitieren zu müssen. So sind die meisten Formen des Cyberstalking im kanadischen Tatbestand erfasst.230 Da diese im Übrigen jedoch sehr genaue Auflistung des verbotenen und eine Belästigung ausmachenden Verhaltens naturgemäß Gefahr läuft, atypische Stalking-Aktivitäten auszuklammern und deren Zielpersonen schutzlos zu stellen, verfügt der kanadische Tatbestand abschließend über das Verbot, bedrohliches Verhalten an den Tag zu legen, welches auf die andere Person oder eines ihrer Familienmitglieder gerichtet ist. Dieser Teil der Aufzählung ist sehr offen und weit, sodass er aus diesem Grund als eine Generalklausel bezeichnet werden könnte. Schließlich umfasst er ausnahmslos jedes Verhalten, sofern es nur bedrohlich und auf die Zielperson oder eines ihrer Familienmitglieder gerichtet ist. Damit stellt diese Tatbestandsvariante einen Kompromiss zwischen effektiver Strafverfolgung auf der einen und notwendiger tatbestandlicher Bestimmtheit auf der anderen Seite dar. Durch die nicht erfolgte genauere Beschreibung des erfassten Verhaltens können auch atypische Techniken erfasst werden. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass das Verhalten bedrohlich ist und sich direkt an die anvisierte Person oder eines ihrer Familienmitglieder richtet. Eine weitere Beschränkung des Tatbestandes ergibt sich zudem daraus, dass die Varianten des Folgens sowie des Kommunizierens nur dann mit Strafe belegt werden können, wenn sie wiederholt („repeatedly“) an den Tag gelegt wurden. Diese Einschränkung gilt hingegen nicht für die Varianten des Bedrängens und des Beobachtens, die mithin schon bei ihrem 230

Etwas weitgehend dazu Bocij, Cyberstalking, S. 170 f.

262

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

erstmaligen Auftreten den Tatbestand verwirklichen können. Das Abstellen auf das einschränkende Kriterium der Wiederholtheit steht im Einklang mit vielen Anti-Stalking-Tatbeständen beispielsweise im Vereinigten Königreich, im US-Modell-Gesetz oder auch in den Tatbeständen Westaustraliens oder des Nordterritoriums. Dennoch gehört es in Kanada zu einem der umstrittensten Merkmale des gesamten Tatbestandes und wurde von den Gerichten dahingehend ausgelegt, dass es entweder mehr als einmal, mehr als zweimal oder viele Male zu einer Einwirkung auf das Opfer gekommen sein muss.231 Fraglich ist hingegen, warum der kanadische Tatbestand eine solche Wiederholung nur sehr differenziert bei den beiden ersten Varianten des Folgens und des Kommunizierens verlangt. Als Grund ließe sich vermuten, dass diese beiden Varianten sozialtypischem Alltagsverhalten so ähnlich sind, dass sie ein weiteres einschränkendes Kriterium erfordern, während die beiden anderen Verhaltensumschreibungen ihren sozialschädlichen Unwertgehalt bereits aus sich heraus ausreichend erkennen lassen. Zwar überzeugt diese Argumentation in Bezug auf die an sich neutralen Verhaltensweisen des Kommunizierens und Folgens, welche Wiederholtheit verlangen, und es leuchtet auch ein, dass das Bedrängen schon aus sich heraus sozialschädlich ist und keiner weiteren Einschränkung mehr bedarf. Doch stellt sich die Frage, warum das Beobachten eines Hauses, welches nicht notwendigerweise schon aus sich heraus strafwürdig erscheint, keiner weiteren Einschränkung bedarf. Dies gilt umso mehr, als ein Unterschied zwischen dem Folgen, welches einer Wiederholtheit bedarf, und dem Beobachten, welches eine solche nicht voraussetzt, schwerlich festzustellen ist. Auf objektiver Seite schließt zudem das Erfordernis eines tatbestandsmäßigen Erfolges eine allzu weite Anwendung des Delikts der kriminellen Belästigung aus. So verlangt s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca), dass das Verhalten unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise („reasonably“) bei einer anderen Person Furcht um ihre eigene Sicherheit oder um die Sicherheit einer ihr bekannten Person hervorgerufen hat. Damit setzt der Tatbestand das tatsächliche Auftreten von Furcht um die eigene Sicherheit oder um die eines Bekannten voraus. Dieses Erfordernis beschränkt somit die Anwendung des Tatbestandes auf die strafwürdigen Stalking-Fälle, in denen sich das Opfer in der Tat in erheblicher Weise bedrängt fühlt. Um jedoch die Willkürlichkeit des Maßstabes sowie die Entstehung einer zu niedrigen Strafbarkeitsschwelle bei sehr sensiblen Opfern zu verhindern, verlangt s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca) zudem, dass diese Furcht unter den gegebenen Umständen auch vernünftigerweise („reasonably“) bei einer 231

Ausführlich dazu vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 106 ff.

IV. Kanada

263

dritten Person hervorgerufen worden wäre. Damit entsteht ein dualer Prüfungsmaßstab, der auch im US-amerikanischen Model Antistalking Code 1993 zu finden ist. Das Opfer muss also subjektiv-individuell Furcht um die eigene Sicherheit empfunden haben. Kann dies bejaht werden, muss zusätzlich geprüft werden, ob das Entstehen dieser Furcht unter den in Rede stehenden Umständen objektiv vernünftig war und auch bei einer dritten Person vorgelegen hätte.232 Dieser Mittelweg verhindert ein zu starkes Absinken der Strafbarkeitsschwelle, indem ein tatsächliches Entstehen von Furcht gefordert wird. Ist dies nicht gegeben, so findet der Tatbestand keine Anwendung. Da diese Voraussetzung jedoch z. B. in Fällen eines hypersensiblen Opfers nicht immer ausreicht, um sozialschädliches Stalking treffsicher von sozialadäquatem Verhalten abzugrenzen, tritt noch der objektive Maßstab der Vernünftigkeit hinzu, um eine ansonsten ausufernde Stalking-Strafbarkeit zu verhindern. Trotz dieser positiven Aspekte konnte sich, wie dargelegt, der duale Maßstab beispielsweise in den Vereinigten Staaten nicht durchsetzen, sondern wurde als zu belastend für das Opfer empfunden. Schließlich ist dieses durch den dualen Standard vor Gericht gezwungen, die Entstehung von Angst zu rechtfertigen und seine Gefühle einem Maßstab der Vernünftigkeit zu unterwerfen. Abgesehen davon, entzündete sich in Kanada an einem anderen Aspekt dieses dualen Standards eine heftige Debatte. So befürchteten vor allem Frauen, die Gerichte könnten beim Abstellen auf die Reaktion einer vernünftigen Person einen ausschließlich männlichen Maßstab anlegen und z. B. das wiederholte Zusenden von Blumen als nicht bedrohlich erachten. Auf diese Weise würden die durch den Maßstab der Vernünftigkeit eröffneten Wertungsspielräume und die damit einhergehende Flexibilität der Gerichte einseitig zulasten der weiblichen Opfer ausgelegt.233 Um dieser Sorge entgegenzuwirken, muss gemäß der daraufhin erlassenen gesetzlichen Regelung die Beurteilung der Vernünftigkeit vor allem auch die Umstände des konkreten Einzelfalles berücksichtigen. Mithin finden auch die weibliche Perspektive oder eine spezifische Phobie des Opfers, von der der Stalker Kenntnis hat, Beachtung.234 Im Gegensatz zu dieser vergleichsweise hohen Strafbarkeitsschwelle auf objektiver Ebene reichen auf subjektiver Seite bereits das bloße Wissen sowie das fahrlässige Nichtwissen aus, um den Tatbestand zu verwirklichen. 232 233 234

Vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 74 f. So auch Pearce/Easteal, (1999) 24 Alternative Law Journal, S. 165 (169). Clancy, (1997) 78 The Parliamentarian, S. 140 (141).

264

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

Damit gewährleistet dieses extrem niedrige Erfordernis, dass keinerlei subjektive Beziehung des Täters zur Tat verlangt, dass auch erotomanische Täter sowie Täter, die aus Liebe und ohne Bewusstsein um den angsteinflößenden Charakter ihres Verhaltens handeln, strafrechtlich verfolgt werden können.235 Allerdings stehen diese geringen Voraussetzungen auf subjektiver Seite in einem krassen Gegensatz zu der extrem hohen Strafandrohung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass der kanadische Gesetzgeber diese Strafandrohung erst im Jahr 2002 durch eine Gesetzesänderung von fünf auf zehn Jahre erhöht hat.236 Eine vergleichbar hohe Freiheitsstrafe findet sich nur im australischen Bundesstaat Victoria, in welchem selbst unbewusst fahrlässiges Stalking im Höchstfalle mit zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Zwar verlassen sich auch andere Länder wie das Vereinigte Königreich, Irland, viele australische Bundesstaaten und das US-Modell-Gesetz auf eine unbewusste Fahrlässigkeit, doch sticht die Höhe der kanadischen Strafandrohung heraus. 3. Ergebnis Damit ergibt sich, dass der kanadische Gesetzgeber, vergleichbar mit dem irischen, den objektiven Tatbestand sowohl durch eine Umschreibung des verbotenen Verhaltens als auch durch das Erfordernis eines vernünftigerweise eingetretenen tatbestandsmäßigen Erfolges auf strafwürdiges Stalking-Verhalten begrenzt. Im Gegensatz dazu wird auf subjektiver Seite bereits die sehr geringe Schwelle der unbewussten Fahrlässigkeit als ausreichend erachtet. Betrachtet man die Durchsetzung des kanadischen Belästigungstatbestandes in der Praxis, so fällt auf, dass die Zahl der tatsächlich zur Anzeige gelangten Stalking-Fälle in den Jahren 1995 bis 1999 stetig angestiegen ist. Zwangsläufig erhöhte sich im gleichen Zeitraum die Zahl der zur Anklage gekommenen Fälle um 32%. In etwas mehr als der Hälfte der angeklagten Fälle kam es zu einer Verurteilung, wobei in nur 35% der Fälle eine Freiheitsstrafe, jedoch in 56% eine Bewährungsstrafe verhängt wurde.237

235

Vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 74. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (106). 237 Hackett, Criminal Harassment, S. 1, 3, 13. 236

V. Japan

265

V. Japan Im Anschluss an eine nur einjährige Vorbereitungszeit gilt auch in Japan seit dem 24. November 2000 mit dem sogenannten Gesetz zur Kontrolle von Stalking-Handlungen („Stalker Control Act“ (Ja)) eine spezifische Vorschrift gegen Stalking und sonstige verwandte Aktivitäten.238 Wie in vielen anderen Ländern wurde deren Einführung auch in Japan als notwendig erachtet, nachdem eine junge Frau im Oktober 1999 von ihrem Ex-Freund erstochen worden war, obwohl sie sich mehrfach erfolglos wegen StalkingVerhaltens an die Polizei gewandt hatte.239 Während das Phänomen des Stalking in der japanischen Öffentlichkeit vor Bekanntwerden dieses spektakulären Kriminalfalles noch völlig unbekannt war, konnte bereits in den ersten sechs Monaten des Jahres 2000 ein sprunghafter Anstieg in der Zahl der Anzeigen wegen Stalking festgestellt werden.240 Interessanterweise wurde der spezielle Anti-Stalking-Tatbestand nicht in das japanische Strafgesetzbuch aufgenommen, sondern findet sich vielmehr in einem separaten Verwaltungsgesetz, welches einige Strafbestimmungen für den Fall der Zuwiderhandlung bereithält.241 Außergewöhnlich ist zudem, dass sich der japanische Gesetzgeber dafür entschieden hat, den englischen Begriff des Stalking in seinem eigenständigen Anti-Stalking-Gesetz zu übernehmen. Die Entscheidung dafür beruhte auf der Tatsache, dass das Phänomen Stalking als soziale Erscheinung in der japanischen Gesellschaft vor dem oben erwähnten Fall wenig bekannt war und sich infolgedessen ein entsprechender japanischer Ausdruck noch nicht hatte bilden können. Auch die Übersetzung dieses Begriffs ins Japanische war aufgrund der Komplexität des Verhaltens nicht unproblematisch möglich, sodass der japanische Gesetzgeber diesen ungewöhnlichen Weg beschritten hat.242 Inhaltlich verbietet der japanische Anti-Stalking-Tatbestand in Art. 3 Stalker Control Act (Ja), einer anderen Person nachzustellen und dadurch Angst vor Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, des Hausfriedens, der Verletzung der Ehre oder vor einer erheblichen Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit zu erwecken. Bei einer Zuwiderhandlung gegen die238

Vgl. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (107). 239 Morewitz, Stalking and Violence, S. 59; Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (107). 240 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (466 f.); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (108). 241 Nishihara, Eser-FS, S. 577 (579). 242 Nishihara, Eser-FS, S. 577 (579).

266

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

ses Verbot kann der Täter gemäß Art. 13 Stalker Control Act (Ja) mit bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe belegt werden. Art. 2 Stalker Control Act (Ja) enthält eine Aufzählung der acht näher bezeichneten verbotenen Tathandlungen. Diese sind das Nachstellen, Auflauern, Sich-in-den-Weg-Stellen oder Wachestehen in der Umgebung der Wohnung, des Arbeitsplatzes, der Schule oder eines sonstigen Ortes, an dem sich die bestimmte Person gewöhnlich aufhält oder das Eindringen in diese Bereiche (Nr. 1); das Verkünden von Tatsachen, wodurch der Anschein erweckt wird, dass die betreffende Person bei ihrem Verhalten beobachtet wird, oder das Einbringen solcher Umstände in die Wahrnehmungssphäre (Nr. 2); das Fordern von persönlichen Treffen und sonstigem Kontakt, zu dem keine Verpflichtung besteht (Nr. 3); erhebliches grobes oder wildes Verhalten (Nr. 4); telefonische Belästigungen oder andauerndes Zusenden von Faxen trotz Weigerung der Empfangsperson (Nr. 5); das Zusenden von Dreck, Tierleichen oder sonstigen Sachen, die das Gefühl des Unbehagens oder des Ekels erregen, oder das Einbringen solcher Gegenstände in die Wahrnehmungssphäre (Nr. 6); das Verkünden einer die Ehre verletzenden Tatsache oder das Einbringen solcher Umstände in die Wahrnehmungssphäre (Nr. 7); das Verkünden einer das sexuelle Schamgefühl verletzenden Tatsache, das Einbringen solcher Umstände in die Wahrnehmungssphäre, das Zusenden von das sexuelle Schamgefühl verletzenden Schriften, Zeichnungen oder sonstigen Gegenständen oder das Einbringen solcher Gegenstände in die Wahrnehmungssphäre (Nr. 8). Bei dem Vollzug dieser Handlungen verlangt der Stalker Control Act (Ja) zudem in Art. 2 Abs. 1 Satz 1, dass diese Aktivitäten zum Zweck der Befriedigung von Liebes- oder Sympathiegefühlen für eine bestimmte Person oder aus Grollgefühlen aufgrund des Ausbleibens solcher Befriedigung gegenüber dieser Person, deren Ehegatten, Verwandten in gerader Linie, mitwohnenden sonstigen Verwandten oder anderen nahe stehenden Personen an den Tag gelegt werden.243 Bei der Betrachtung der Ausgestaltung des Tatbestandes fällt auf, dass der japanische Gesetzgeber eine detaillierte und umfassende Beschreibung des als Stalking verbotenen Verhaltens gewählt und auf eine ergänzende Öffnungsklausel im klassischen Sinne verzichtet hat. Dennoch könnte in der Praxis die Handlungsvariante des erheblich groben oder wilden Verhaltens angesichts ihrer Unbestimmtheit den Zweck erfüllen, in atypischen Situationen eine Bestrafung des Stalking-Verhaltens zu ermöglichen. Allein die hohen Anforderungen auf der subjektiven Tatbestandsseite, die den 243

Übersetzung des Tatbestandes nach Nishihara, Eser-FS, S. 577 (580 f.) und nach Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (467 f.).

VI. Belgien

267

Nachweis von Liebes- oder Grollgefühlen verlangen, lassen – nach den Erfahrungen anderer Länder zu schließen – erwarten, dass sich diese in der praktischen Strafverfolgung als Hindernis entpuppen könnten. Die Strafverfolgung eines Stalkers ist nach dem Stalker Control Act (Ja) nur auf Antrag der betroffenen Person möglich.244 Neben diesen strafrechtlichen Vorschriften für die Zuwiderhandlung trifft das japanische Anti-Stalking-Gesetz umfangreiche Vorkehrungen, die ein präventives Eingreifen der Polizei ermöglichen sollen.245 So können Opfer, die zwar keine strafrechtliche Verfolgung, aber dennoch ein Einschreiten der Polizei wünschen, diese bitten, den Stalker lediglich zu verwarnen.246 Bei Fortsetzung der Stalking-Aktivitäten trotz polizeilicher Warnung besteht dann für das Opfer die Möglichkeit, eine Schutzanordnung zu beantragen.247 Sollte der Stalker nach deren Erlass gegen diese verstoßen, so macht er sich strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden.248 Das Instrumentarium der Warnung hat sich in Japan als höchst wirksam erwiesen. So beendeten 96% der 453 Stalker, die von der Polizei in den ersten sechs Monaten nach Inkrafttreten des neuen Anti-Stalking-Gesetzes verwarnt worden waren, ihre Stalking-Aktivitäten.249 Zur Stärkung dieser präventiven Interventionsmöglichkeiten, die die Strafbewehrung von Stalking in Japan flankieren sollten, wurden im Jahr 2000 außerdem 40 Beamte der nationalen Polizeibehörde mit dem Auftrag betraut, Beschwerden wegen Stalking-Verhaltens zu untersuchen und eine nationale Stalker-Datenbank aufzubauen.250 Damit sollte ein hartes Durchgreifen gegen Stalker gewährleistet werden.

VI. Belgien Den europäischen Beispielen des Vereinigten Königreichs sowie Irlands folgend, führte auch Belgien im Jahr 1998 einen spezifischen Anti-StalkingTatbestand ein. Dieser trat nach einer sehr kurzen Entstehungsphase am 244

Nishihara, Eser-FS, S. 577 (580). Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (108). 246 Vgl. Art. 4 Stalker Control Act (Ja). 247 Vgl. Art. 6 Stalker Control Act (Ja). 248 Vgl. Art. 14 Stalker Control Act (Ja). 249 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (468). 250 Morewitz, Stalking and Violence, S. 59; Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (108). 245

268

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

27. Dezember 1998 in Kraft und bewehrte fortan als Art. 442bis des belgischen Strafgesetzbuches „belaging“ bzw. „harcèlement“ mit Strafe.251 Des Stalking schuldig macht sich danach, wer das Opfer belästigt, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass er durch sein Verhalten die Ruhe der anderen Person schwerwiegend beeinträchtigt. Die mögliche Freiheitsstrafe kann sich gemäß Art. 442bis Satz 1 des belgischen Strafgesetzbuches zwischen 15 Tagen und zwei Jahren bewegen. Eine Geldstrafe kommt ebenfalls in Betracht. Zudem kann das Delikt des Stalking nur auf Antrag des angeblich Betroffenen verfolgt werden.252 Damit fällt auf, dass auch das belgische Gesetz mit dem Begriff der Belästigung operiert und nicht auf den englischen Terminus des Stalking abstellt. Allerdings enthält das belgische ebenso wie das englische Anti-Stalking-Gesetz keinerlei Definition der Belästigung. Mithin ist unklar, welches Verhalten in Belgien an den Tag gelegt werden muss, um eine strafbare Belästigung darzustellen. Erstaunlich ist außerdem, dass der belgische Tatbestand keinen Hinweis auf die notwendige Häufigkeit oder Wiederholung des Verhaltens enthält, was bei allen anderen bislang untersuchten AntiStalking-Tatbeständen der Fall war. Folgerichtig kann schon das erstmalige Belästigen einer Person den Tatbestand verwirklichen. Obwohl dies im Hinblick auf die tatbestandliche Bestimmtheit bedenklich ist, erlaubt es der Verzicht auf eine genaue Verhaltensbeschreibung bzw. Definition des Begriffs Belästigung sowie auf ein einschränkendes zeitliches Merkmal, jegliches Verhalten zu bestrafen, sofern dieses nur den im Tatbestand vorgeschriebenen Erfolg herbeiführt. Dabei verlangt der belgische Tatbestand als notwendigen Taterfolg, dass durch die Belästigung die Ruhe einer anderen Person schwerwiegend beeinträchtigt ist. Auch hier bleibt im Ergebnis völlig unklar, wann dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. Legt man die Kriterien aus den bislang analysierten Tatbeständen zugrunde, so ist es wahrscheinlich, dass dieses Merkmal verwirklicht ist, wenn sich die andere Person verängstigt oder besorgt fühlt. Dafür spricht auch die Nähe der Ruhestörung zur mentalen Verfassung der Beunruhigung. Dieses Merkmal wird im belgischen Tatbestand noch dadurch qualifiziert, dass es sich um eine schwerwiegende Störung der Ruhe handeln muss, während nur leichte Befindlichkeitsstörungen nicht ausreichend sind. Obwohl dieses Merkmal einschränkenden Charakter hat, bleibt es letztlich allein der richterlichen Beweiswürdigung überlassen, ob das Opfer im kon251 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (111). 252 Vgl. Art. 442bis Satz 2 des belgischen Strafgesetzbuches.

VI. Belgien

269

kreten Einzelfall tatsächlich schwerwiegend in seiner Ruhe gestört wurde. Folglich kann sich, abgesehen von Extremfällen, im Einzelfall niemand darüber im Klaren sein, ob er den Tatbestand verwirklicht oder nicht. Hinzu kommt, dass auch der belgische Tatbestand keinen Vorsatz des Täters verlangt. Ausreichend ist vielmehr bereits das bloße Wissen oder Wissen-Müssen um den Eintritt des Taterfolgs. Damit ergibt sich auch insofern eine äußerst niedrige Strafbarkeitsschwelle. Folglich muss festgehalten werden, dass der äußerst knapp gehaltene belgische Anti-Stalking-Tatbestand keinerlei Definitionen oder auch nur genaue Beschreibungen enthält. Verlangt wird lediglich die Belästigung einer Person, durch die diese in ihrer Ruhe schwerwiegend beeinträchtigt wird. Damit kann praktisch jedes Verhalten erfasst werden, welches sich in irgendeiner nicht ganz unerheblichen Form negativ auf die Nerven der Zielperson auswirkt. Eine effektive Einschränkung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches wird dadurch nicht erreicht, sodass dieser im Ergebnis vergleichsweise weit gefasst ist. Damit können vor allem auch investigative Journalisten und Demonstranten ebenso wie Privatdetektive oder auch Streitigkeiten im sozialen Verkehr, unter Nachbarn, Arbeitskollegen oder Freunden problemlos unter den Tatbestand subsumiert werden. Dies gilt umso mehr, als dieser keinen spezifischen Vorsatz verlangt, sondern schon das bloße Wissen-Müssen um die Folgen auf das Opfer ausreichen lässt. Auch spezifische Tatbestandsausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe sind nicht enthalten. Zu begrüßen ist jedoch die Ausgestaltung des Tatbestandes als Antragsdelikt, da es damit in der Hand des Opfers liegt zu entscheiden, ob es das Verhalten als so schwerwiegend erachtet, dass eine strafrechtliche Verfolgung angemessen erscheint. Außerdem ist diese Entscheidungsfreiheit des Opfers beispielsweise wichtig, wenn es mit dem Täter durch eine ehemalige Intim-, Lebens- oder Ehepartnerschaft verbunden ist. Grund dafür ist, dass das Opfer in diesen Fällen häufig ambivalente Gefühle für den Stalker hegt253 und auch angesichts der Umstände, wie z. B. gemeinsamer Kinder, lieber auf eine Strafverfolgung verzichten möchte.254 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der belgische Stalking-Straftatbestand nicht nur durch den Verzicht auf eine detaillierte Beschreibung des verbotenen Verhaltens, sondern auch durch die fehlende Definition des Taterfolgs sowie durch das Genügenlassen eines Wissen-Müssens im subjektiven Bereich einen sehr weiten Anwendungsbereich mit einer äußerst 253 Morewitz, Stalking and Violence, S. 88; Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (94). 254 Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung, S. 305.

270

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

niedrigen Strafbarkeitsschwelle aufweist. Zudem ist ein völliges Fehlen geeigneter Tatbestandsausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe als Sicherungsmechanismen gegen eine etwaige missbräuchliche Anwendung des Tatbestandes zu konstatieren.

VII. Niederlande Knapp zwei Jahre später als in Belgien trat am 12. Juli 2000 auch in den Niederlanden ein spezifischer Anti-Stalking-Tatbestand in Kraft, der in Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches das sogenannte „belaging“ unter Strafe stellt.255 Die Verabschiedung dieses spezifischen Tatbestandes markierte das Ende erbitterter Debatten in den Niederlanden.256 So hatte sich zu Beginn der Diskussion im Jahr 1997 insbesondere das niederländische Justizministerium gegen ein solches Gesetz gestellt.257 Für diese ablehnende Haltung wurden unter anderem drei Hauptargumente ins Feld geführt. Erstens seien die Betroffenen ohnehin nicht gewillt, gegen den mutmaßlichen Stalker Anzeige zu erstatten, da sie in diesem Fall gezwungen wären, Details aus ihrem Privatleben zu schildern.258 Zweitens bestehe in Fällen des Stalking die Problematik, dass es auch mangels Zeugen kaum Beweise gegen den Stalker gebe, sodass eine Verurteilung in den meisten Fällen höchst unwahrscheinlich sei.259 Drittens seien die schwerwiegendsten Stalking-Fälle bereits durch das Unterbringungsrecht abgedeckt, demzufolge psychisch kranke Stalker auch gegen ihren Willen in ein Krankenhaus eingewiesen werden könnten.260 Trotz dieser Argumente konnte sich das Justizministerium nicht durchsetzen. 255 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (112). 256 Vgl. dazu auch Royakkers/Sarlemijn (Hrsg.), Stalking strafbaar gesteld; Malsch, Anti-Stalking Legislation, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Forschungsbericht, S. 35 (37); Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 47. 257 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (111); Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 4. 258 Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (204); Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 4; Malsch, Anti-Stalking Legislation, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Forschungsbericht, S. 35 (37); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (112). 259 Malsch, Anti-Stalking Legislation, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Forschungsbericht, S. 35 (37); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (112); Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 4; Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (204). 260 Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 4.

VII. Niederlande

271

Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches zufolge macht sich daher nun strafbar, wer widerrechtlich, systematisch und vorsätzlich in die Privatsphäre einer anderen Person mit der Absicht eindringt, diese Person zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung zu zwingen oder bei ihr Furcht hervorzurufen. Die Verwirklichung dieses Delikts kann eine Höchstfreiheitsstrafe von drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen261 und wird nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt.262 Mithin besteht die Tathandlung des niederländischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in einem systematischen Eindringen in die Privatsphäre einer anderen Person. Dieses Merkmal, welches starke Parallelen zum belgischen Tatbestand aufweist, löst seit dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aus. Grund dafür ist, dass die Formulierung dieses Gesetzes ebenso wie die des belgischen Tatbestandes jegliches Verhalten ohne Einschränkung oder genauere Umschreibung ausreichen lässt, sofern es nur systematisch auftritt und den Effekt hat, in die Privatsphäre einer anderen Person einzudringen. Damit soll gemäß der gesetzlichen Konstruktion das Eindringen in die Privatsphäre als Taterfolg sozialschädliches und damit strafbares Stalking von sozialadäquatem Verhalten abgrenzen. Diese Technik wird von vielen niederländischen Autoren als die einzige Möglichkeit begrüßt, auch atypische Stalking-Verhaltensweisen sanktionieren zu können, um so einen umfassenden Opferschutz zu gewährleisten. Die Verfechter dieser Ansicht bezeichnen zudem die vielfach in Australien, aber auch in Kanada und Irland verwendete Technik, das verbotene Verhalten aufzulisten, als verfehlt, da sie von vornherein dazu verurteilt sei, gewisse ungewöhnliche Verhaltensweisen nicht erfassen und die Opfer dadurch im Ergebnis nicht schützen zu können. Doch obwohl es zutrifft, dass eine Aufzählung von verbotenem Verhalten niemals alle potentiellen Stalking-Verhaltensweisen strafbar stellen kann, darf nicht übersehen werden, welche Gefahr mit einem derart weit gefassten Taterfolg wie dem Eindringen in die Privatsphäre bei gleichzeitigem Verzicht auf jegliche Beschreibung des objektiv verbotenen Verhaltens einhergeht. Der Terminus „Privatsphäre“ an sich verfügt bereits über eine beträchtliche Weite und Ungenauigkeit,263 die an keiner Stelle durch eine Definition oder auch nur durch eine detailliertere Beschreibung erläutert bzw. eingegrenzt wird. Zwar wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass der Begriff Privatsphäre die gleiche Bedeu261 262 263

Vgl. s 285b (1) des niederländischen Strafgesetzbuches. Vgl. s 285b (2) des niederländischen Strafgesetzbuches. Pechstaedt, Stalking, S. 144.

272

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

tung wie in Art. 10 der niederländischen Verfassung264 sowie in Art. 8 EMRK265 habe.266 Doch auch wenn dieser Verweis einige Anhaltspunkte für die inhaltliche Ausgestaltung des Privatsphäre-Begriffs gibt, ist er nicht geeignet, dem Bürger exakte Vorstellungen von dem verbotenen Verhalten zu vermitteln. Dies liegt insbesondere auch daran, dass Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches keine Definition des Stalking-Verhaltens enthält, die helfen könnte, die Privatsphäre als das den Taterfolg umschreibende Kriterium einzugrenzen.267 Diese Unbestimmtheit eröffnet dem Gericht einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum, welcher es praktisch unmöglich macht vorherzusagen, ob ein Strafverfahren zu einer Verurteilung führen wird oder nicht.268 Aus diesem Grund sowie aufgrund der Tatsache, dass die Verfasser des Gesetzes keinerlei Auskunft über den konkreten Umfang und die Reichweite des Merkmals Privatsphäre gegeben haben, handelt es sich um ein zu weites Konzept, welches im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot im Strafrecht als höchst bedenklich eingestuft werden muss.269 Zwar kommt dem Merkmal „systematisch“, welches dem Gesetzgeber zufolge der Einschränkung des Tatbestandes auf relevantes Verhalten dient und insofern nur solche Stalking-Aktivitäten erfassen soll, die von einer bestimmten Intensität, Dauer und Häufigkeit sind,270 eine gewisse tatbestandsbeschränkende Wirkung zu. Allerdings wirft auch der Begriff „systematisch“ selbst Schwierigkeiten auf. So wird er in keinem anderen Tatbestand benutzt, sodass auch er nicht über genaue Konturen verfügt. Damit bleibt es im Ergebnis allein der richterlichen Beweiswürdigung überlassen, welche Dauer, Intensität und Häufigkeit erforderlich ist, um strafbares Stalking zu konstituieren. Der dadurch entstehende Beurteilungsspielraum ist mithin weitgehend ungeeignet, den Anwendungsbereich des Stalking-Tatbestandes effektiv zu begrenzen. Selbst ein bestimmter und im Stalking-Bereich geläufiger Begriff wie „wiederholt“ wäre wohl kaum in der Lage, die beträchtliche Weite des Tatbestandsmerkmals „Eindringen in die Privatsphäre“ zu kompensieren. 264 Gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verfassung des Königreichs der Niederlande 2002 hat jeder das Recht auf Wahrung seiner Privatsphäre unbeschadet der Einschränkungen durch Gesetz oder kraft Gesetzes. 265 Art. 8 Abs. 1 EMRK lautet: „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.“ 266 Vgl. Royakkers, (2000) 3 California Criminal Law Review, para. 29. 267 Vgl. Royakkers, (2000) 3 California Criminal Law Review, para. 30. 268 Pechstaedt, Stalking, S. 147. 269 So auch Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 7. 270 Pechstaedt, Stalking, S. 142.

VII. Niederlande

273

Im Bereich des subjektiven Tatbestandes verlangt Art. 285b Abs. 1 des niederländischen Strafgesetzbuches ein vorsätzliches Verhalten, welches mit der Absicht ausgeführt wird, die andere Person zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung zu zwingen oder bei ihr Furcht hervorzurufen. Auf den ersten Blick enthält der niederländische Tatbestand mithin ein ungewöhnlich strenges Absichtserfordernis, welches auch nicht durch eine Vorsatzvermutung oder das Ausreichenlassen von Fahrlässigkeit abgeschwächt wird. Infolgedessen könnte man dieses hohe Absichtserfordernis als ein kompensierendes Element betrachten, mit dem die niedrige Strafbarkeitsschwelle im objektiven Bereich ausgeglichen werden soll. Zwar ist dies im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot ein begrüßenswertes Ergebnis, doch können aufgrund des Vorsatzerfordernisses psychisch kranke Stalker sowie Täter, die aus genuin empfundener Liebe handeln, nicht erfasst werden.271 Bei genauer Betrachtung der beiden erstgenannten Absichtsvarianten fällt jedoch auf, dass diese nur voraussetzen, dass der Täter die Absicht haben muss, eine andere Person entweder zur Vornahme oder zur Unterlassung einer Handlung zu zwingen.272 Damit können also auch solche Täter erfasst werden, die das Opfer unbedingt dazu bringen wollen, eine Beziehung mit ihnen einzugehen oder die Vornahme einer endgültigen Trennung zu unterlassen. Im Ergebnis ist es auf diese Weise möglich, auch die Täter strafrechtlich zu verfolgen, die zwar nicht die Absicht haben, das Opfer zu verängstigen, die es aber dennoch zu einem bestimmten Verhalten oder zu einer Unterlassung bewegen wollen. Mithin bleiben nur solche Stalker straflos, die der tatsächlichen Überzeugung sind, das Opfer liebe sie und werde aus diesem Grund freiwillig eine Beziehung mit ihnen eingehen. Abgesehen von diesen verhältnismäßig strengen Anforderungen im subjektiven Bereich enthält Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches noch die Einschränkung, dass das Verhalten widerrechtlich sein muss. Dabei umfasst das Tatbestandsmerkmal widerrechtlich jedes Handeln ohne eigenes, durch die geltenden Gesetze anerkanntes subjektives Recht.273 Die Strafandrohung orientiert sich mit maximal drei Jahren Freiheitsstrafe zwar grundsätzlich am unteren Bereich der analysierten Anti-Stalking-Tatbestände, doch erscheint sie im Hinblick auf den hohen Grad an tatbestandlicher Weite und Unbestimmtheit durchaus hoch. Die Ausgestaltung als An271

Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 7. Zu dem ähnlichen gestalteten subjektiven Tatbestandsmerkmal im alten Tatbestand Westaustraliens vgl. Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (300 f.). 273 Pechstaedt, Stalking, S. 142. 272

274

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

tragsdelikt ist, wie im Rahmen des belgischen Tatbestandes schon erörtert, zu begrüßen. Zusammenfassend ist zu festzustellen, dass die fehlende Auflistung und Beschreibung des verbotenen Verhaltens einhergehend mit dem unklaren Konzept des Eindringens in die Privatsphäre als gefordertem Taterfolg den niederländischen Tatbestand kennzeichnen. Die dadurch entstehende tatbestandliche Weite wird zwar teilweise durch ein erhöhtes Absichtserfordernis auf Seiten des subjektiven Tatbestandes ausgeglichen, insgesamt ähnelt sie aber der ebenfalls breiten Regelung des Protection from Harassment Act 1997 (UK).274 Folglich wird Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches wohl auch auf Tätigkeiten wie Paparazzi-Aktivitäten oder Nachbarschaftsstreitigkeiten Anwendung finden, obwohl diese kein klassisches Stalking-Verhalten darstellen.275

VIII. Österreich Auch in Österreich war Stalking ähnlich wie in Deutschland bis vor Kurzem noch ein wenig beachtetes Phänomen. Erst im Jahr 2003 erfolgte aufgrund spektakulärer Fälle eine zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit in diesem Bereich.276 Am 1. Juli 2006 trat in Österreich mit § 107a öStGB ein spezifischer Anti-Stalking-Straftatbestand in Kraft.277 Dieser war Teil eines ganzen Anti-Stalking-Pakets, welches sowohl straf- als auch zivilrechtliche Interventionsmöglichkeiten beinhaltete.278 1. Strafrechtliche Regelungen Der neue österreichische Anti-Stalking-Straftatbestand firmiert in § 107a öStGB unter dem Oberbegriff der beharrlichen Verfolgung und schützt das Rechtsgut der Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung als Ausschnitt der allgemeinen persönlichen Freiheit vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen.279 Konkret wird gemäß § 107a öStGB das widerrechtliche beharrliche 274

Pechstaedt, Stalking, S. 144. Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 7. 276 Vgl. dazu Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (476). 277 Zu den strafrechtlichen Tatbeständen, die vor der Einführung des spezifischen Anti-Stalking-Tatbestandes in Österreich verfügbar waren, vgl. Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (477 ff.); Seling, § 107a StGB, S. 27 ff. 278 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (186). 275

VIII. Österreich

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Verfolgen mit Strafe bewehrt, was vor allem eine Sanktionierung leichter Erscheinungsformen des Stalking ermöglichen soll, die nach Maßgabe der bis dahin existierenden Tatbestände des öStGB entweder gar nicht oder nicht unter Berücksichtigung ihres spezifischen Unrechtsgehalts erfasst werden konnten.280 Die Tathandlung des beharrlichen Verfolgens wird in § 107a Abs. 2 öStGB legaldefiniert. Demnach verfolgt derjenige eine Person beharrlich, der in einer Weise, die geeignet ist, die andere Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, über eine längere Zeit hindurch fortgesetzt ihre räumliche Nähe aufsucht,281 im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte Kontakt zu ihr herstellt,282 unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Waren oder Dienstleistungen für sie bestellt283 oder unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Dritte veranlasst, mit ihr Kontakt aufzunehmen.284 Betrachtet man diese Aufzählung des verbotenen Verhaltens, mit deren Hilfe das Tatbestandsmerkmal der beharrlichen Verfolgung definiert wird, so fällt zunächst auf, dass diese recht überschaubar ist. Dabei umfassen die ersten beiden Varianten des Aufsuchens der räumlichen Nähe285 sowie des Herstellens von Kontakt mittels jeglicher Kommunikationsmittel286 als unmittelbare bzw. mittelbare Formen der Kontaktaufnahme viele der klassischen Stalking-Verhaltensweisen wie das körperliche Verfolgen, Beobachten, die ständige demonstrative Anwesenheit und das Ansprechen des Opfers ebenso wie das Anrufen, das Schreiben von Faxen, Briefen und E-Mails und das sogenannte Stellvertreter-Stalking. Im Gegensatz dazu sind die beiden letzten Handlungsvarianten des österreichischen Tatbestandes in der Realität nicht so häufig anzutreffen, wie es ihre Aufnahme in die sehr kurzgehaltene Aufzählung des verbotenen Verhaltens vermuten ließe. 279 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (186); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 56. Ähnlich Seling, § 107a StGB, S. 43, der das Freisein von Furcht als Facette der persönlichen Freiheit als das zu schützende Rechtsgut ansieht. 280 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (479). 281 Vgl. § 107a Abs. 2 Nr. 1 öStGB. 282 Vgl. § 107a Abs. 2 Nr. 2 öStGB. 283 Vgl. § 107a Abs. 2 Nr. 3 öStGB. 284 Vgl. § 107a Abs. 2 Nr. 4 öStGB. 285 Ausführlich zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals vgl. Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (187 f.); Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (480 f.); Seling, § 107a StGB, S. 59 f.; Höpfel/Ratz/Schwaighofer, öStGB, § 107a Rn. 15 ff. 286 Ausführlich zur Auslegung dieses Merkmals vgl. Höpfel/Ratz/Schwaighofer, öStGB, § 107a Rn. 19 ff.; Seling, § 107a StGB, S. 60 ff.; Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 59.

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

So kommt das Bestellen von Waren oder Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers287 zwar durchaus vor, es kann jedoch nicht zu den klassischen und typischen Verhaltensweisen eines durchschnittlichen Stalkers gezählt werden. Auch die vierte Variante, die es verbietet, personenbezogene Daten zu verwenden, um dritte Personen zu veranlassen, mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen,288 kommt zwar im Rahmen des Cyberstalking vor, bewegt sich jedoch trotz steigender Tendenz aktuell im Randbereich des Stalking. Daraus wird auch ersichtlich, dass sich der österreichische Gesetzgeber entgegen etlichen anders lautenden Vorschlägen dafür entschieden hat, Cyberstalking-Techniken in den allgemeinen Stalking-Tatbestand zu integrieren und kein spezifisches Anti-Cyberstalking-Delikt zu schaffen.289 Aufgrund dieser Feststellungen zur empirisch ermittelten Auftretenshäufigkeit der aufgezählten Stalking-Verhaltensweisen ist zu erwarten, dass Stalker in Österreich vor allem nach Maßgabe von § 107a Abs. 2 Nr. 1, 2 öStGB strafrechtlich verfolgt werden müssen. Dies verengt den ohnehin schon schmalen Anwendungsbereich von § 107a öStGB noch zusätzlich. Hinzu kommt, dass die Auflistung des als Stalking verbotenen Verhaltens nicht wie in den meisten anderen Ländern durch eine Öffnungsklausel ergänzt wird, sondern abschließend ist. Insgesamt weist der österreichische Anti-Stalking-Tatbestand damit im Vergleich zu den Tatbeständen der anderen Länder einen eher kleinen Anwendungsbereich auf, der zudem nur sehr begrenzt in der Lage sein wird, atypisches oder neuartiges Stalking-Verhalten zu erfassen. Als Ausgleich für diese strikte Begrenzung des tatbestandlichen Anwendungsbereichs verzichtet der Tatbestand auf das Erfordernis eines Erfolgseintritts und lässt es ausreichen, wenn das Verhalten in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, die Lebensführung des Opfers unzumutbar zu beeinträchtigen.290 Diese Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten eines Eignungsdelikts stand im Gegensatz zu dem ursprünglichen Ministerialentwurf, der als Erfolgsdelikt konzipiert war. Der Grund für diese Entscheidung war, dass ein solches Erfolgserfordernis den Akzent von dem Verhalten des Täters auf die Reaktion des Opfers verlagert und die Strafbarkeit somit von der Sensibilität des einzelnen Opfers abhängig gemacht hätte.291 287 Ausführlich zur Auslegung dieses Merkmals vgl. Höpfel/Ratz/Schwaighofer, öStGB, § 107a Rn. 23 f.; Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 59 f. 288 Ausführlich zur Auslegung dieses Merkmals vgl. Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 59 f.; Höpfel/Ratz/Schwaighofer, öStGB, § 107a Rn. 25 f. 289 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188). 290 Vgl. § 107a Abs. 2 öStGB. 291 Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 61; Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188).

VIII. Österreich

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Damit handelt es sich im Ergebnis um ein potentielles Gefährdungsdelikt.292 Diese Konzeption ähnelt den Tatbeständen Australiens sowie der Regelung im Model Stalking Code 2007, die ebenfalls auf eine objektiv zu bewertende Verletzungseignung abstellen, anstatt einen subjektiv-individuellen Maßstab auf der Opferseite anzulegen. Dadurch wird nicht zuletzt auch ein früheres Einschreiten gegen den Stalker ermöglicht. Vergleichbar mit dem Element des Eindringens in die Privatsphäre, welches sich im Tatbestand der Niederlande findet, ist auch im österreichischen Tatbestand das Merkmal der Beeinträchtigung der Lebensführung sehr unbestimmt. Aufgrund der Charakteristika des Stalking-Verhaltens kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Kriminalisierung solcher Aktivitäten im Blick hatte, die das Opfer zur Änderung seiner täglichen Gewohnheiten und sozialen Kontakte bringen bzw. zwingen. Beispielhaft ist hier vor allem zu nennen, dass viele Opfer das Haus infolge des Stalking nur noch selten oder gar nicht mehr verlassen, keine Freizeitaktivitäten mehr unternehmen und keine sozialen Kontakte mehr pflegen.293 Obwohl das Abstellen auf dieses Kriterium im Hinblick auf diese typischen Opferreaktionen einleuchtet, wird es doch im Einzelfall sehr schwierig sein, allein anhand dieses Merkmals abstrakt-generell festzustellen, ob eine Tätigkeit geeignet ist, die Lebensführung einer anderen Person zu beeinträchtigen. Die sich daraus ergebende Unbestimmtheit wird zusätzlich noch dadurch verstärkt, dass die zu befürchtende Beeinträchtigung der Lebensführung unzumutbar sein muss. Dieses Element soll nach der gesetzgeberischen Intention dazu dienen, sozialadäquate Aktivitäten aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes auszuscheiden sowie alltägliche und damit hinzunehmende Belästigungen von strafbarem Stalking abzugrenzen.294 Diese Abschichtung soll im Rahmen des Merkmals unzumutbar im Wege einer objektiven Interessenabwägung durch eine Abgrenzung der Freiheitssphären zwischen Täter und Opfer erfolgen, wobei als Maßstab die durch die EMRK geschützten Persönlichkeitsrechte zu Rate gezogen werden können.295 Zwar ist die Einfügung einer solchen zusätzlichen Sicherung gegen ungerechtfertigte Strafverfolgung von harmlosem Verhalten generell zu begrüßen, bei dem Merkmal der Unzumutbarkeit handelt es sich aber um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der zudem eine im Ergebnis offene Interessenabwägung in den Tatbestand einfügt. Im Einzelfall ist es daher für den Bürger nur sehr 292

Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188). Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (189). 294 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (480). 295 Höpfel/Ratz/Schwaighofer, öStGB, § 107a Rn. 13; Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (189); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 61. 293

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

schwer festzustellen, wann er sich im Zusammenspiel der unbestimmten Begriffe der Beeinträchtigung der Lebensführung sowie der Unzumutbarkeit strafbar macht. Dies ist umso problematischer, als der Tatbestand ausschließlich sozialadäquate Verhaltensweisen aufzählt, die für sich genommen keine strafrechtliche Relevanz hätten.296 So gehören sowohl das Aufsuchen der räumlichen Nähe einer Person als auch die Herstellung von Kontakt zu einer Person zum alltäglichen gesellschaftlichen Leben und weisen daher selbst keinen strafwürdigen Charakter auf. Um das eigentlich strafwürdige Unrecht genau zu beschreiben, enthält der objektive Tatbestand des § 107a öStGB zudem die Maßgabe, dass das Verhalten eine längere Zeit hindurch fortgesetzt an den Tag gelegt werden muss. Dieses Merkmal soll somit das typische Stalking-Charakteristikum der dauernden Wiederholung bzw. der Kumulation widerspiegeln. Der österreichische Gesetzgeber hat sich somit nicht für das in den meisten anderen Tatbeständen gewählte Mindestkriterium der Zweimaligkeit entschieden, sondern hat auf das wesentlich unbestimmtere Merkmal der Fortgesetztheit abgestellt. Dies erinnert stark an viele australische Tatbestände, bei denen der Gesetzgeber betont hat, dass neben einem zweimaligen auch ein lange andauerndes Verhalten ausreichen müsse, um den Tatbestand des Stalking zu erfüllen. Grund dafür sei, dass es nicht auf eine rein formale Pause ankommen könne,297 wenn das Verhalten im Übrigen sehr lange anhalte und dadurch bedrohliche Züge annehme. Aus dieser Argumentation ergibt sich, dass diesem Kriterium im konkreten Einzelfall nicht zwingend eine tatbestandseinschränkende, sondern auch eine -erweiternde Funktion zukommen kann. Letzteres gilt insbesondere auch deshalb, weil es sich bei der Wendung über „eine längere Zeit hindurch fortgesetzt“ um ein äußerst unbestimmtes Zeitkriterium handelt, welches keinen verlässlichen Maßstab für eine abstrakt-generelle Abgrenzung bietet.298 Dies ergibt sich auch aus einer Ansicht im österreichischen Schrifttum, derzufolge sich die Bewertung des Verhaltens nach den Umständen jedes einzelnen Falles richten solle. Dabei könnten umso mehr Abstriche bei dem Erfordernis der Zeitdauer gemacht werden, je gravierender die konkreten Begleitumstände seien.299 296

Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (480). Criminal Code (Stalking) Amendment Bill 1999 (Qld), Explanatory Notes, S. 1; Kift, (1999) 11 BOND Law Review, S. 144 (151). 298 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 60. 299 Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 60; Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188). 297

VIII. Österreich

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Trotz dieser, für einen mutmaßlichen Täter nachteiligen, Unbestimmtheit kann sich das Merkmal „fortgesetzt“ auch für die Strafverfolgungsbehörden als hinderlich erweisen. So impliziert es, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Stalking-Verhaltensweisen notwendig ist, der zudem von einer entsprechenden subjektiven Einstellung des Täters begleitet sein muss. Da es sich bei beiden Elementen um schwer zu beweisende Tatsachen handelt, ist dieses Merkmal geeignet, die effektive Strafverfolgung von Stalking nicht unerheblich zu behindern. Gleiches gilt für das Merkmal „beharrlich“, welches sowohl in der Überschrift des Tatbestandes als auch in § 107a Abs. 1 öStGB als nähere Umschreibung der Tathandlung zu finden ist. Es verlangt eine entsprechende innere Einstellung des Täters zu seiner Tat, namentlich Hartnäckigkeit.300 Exakt das Erfordernis der Beharrlichkeit hat sich in Westaustralien als Hemmschuh wirksamer Strafverfolgung herausgestellt und wurde infolgedessen aus dem Tatbestand entfernt. Mithin ist auch in Österreich mit Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung zu rechnen. Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass die beharrliche Verfolgung widerrechtlich erfolgen muss, um strafbar zu sein. Bei diesem Merkmal soll es sich nicht um ein Tatbestandsmerkmal, sondern um einen Hinweis des Gesetzgebers handeln, der klarstellt, dass die Rechtswidrigkeit der potentiellen beharrlichen Verfolgung besonders sorgfältig zu prüfen ist.301 Ein solcher Hinweis war deshalb als notwendig erachtet worden, weil im Bereich des Stalking häufig Rechtfertigungsgründe anzutreffen seien.302 Zudem müssten erlaubte Aktivitäten wie z. B. die Tätigkeiten von Journalisten, Privatdetektiven, Gerichtsvollziehern oder Demonstranten besonders sorgfältig aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes ausgeschieden werden. Darauf weise das Merkmal der Widerrechtlichkeit hin und betone es in besonderer Weise.303 Auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes ist Eventualvorsatz gemäß § 7 Abs. 1 öStGB vorausgesetzt, aber auch ausreichend.304 Folglich muss sich der Vorsatz des Täters sowohl auf die Vornahme der Handlung als solcher als auch auf deren Eignung, die Lebensführung des Opfers unzumutbar zu beeinträchtigen, beziehen. Dies dürfte sich, wie schon oft betont, in der Rechtsanwendung als problematisch erweisen, da viele Stalker nicht über einen solchen Vorsatz verfügen oder einen solchen wirksam bestreiten. 300

Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (189). Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 62. 302 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (480). 303 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (190). 304 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (480); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 64. 301

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

Auf der Rechtsfolgenseite ist der Tatbestand der beharrlichen Verfolgung gemäß § 107a Abs. 1 öStGB als Vergehen ausgestaltet, welches eine Höchstfreiheitsstrafe von einem Jahr nach sich ziehen kann. Damit wählte der österreichische Gesetzgeber eine vergleichsweise geringe Strafandrohung. Qualifikationen sind nicht vorgesehen. Die Tat ist teilweise als Antragsdelikt ausgestaltet. So kann die beharrliche Verfolgung im Wege der Kontaktherstellung unter Verwendung von Kommunikationsmitteln nach § 107a Abs. 2 Nr. 2 öStGB nur auf Antrag der verfolgten Person strafrechtlich sanktioniert werden.305 Hinsichtlich der übrigen Angriffsformen handelt es sich jedoch um Offizialdelikte.306 2. Zivil- und exekutionsrechtliche Regelungen Die angesprochene Neuerung auf strafrechtlicher Ebene, die der Verbesserung des rechtlichen Schutzes von Stalking-Opfern dient, wurde im Jahr 2006 durch eine entsprechende Modifikation der österreichischen EO ergänzt.307 So sollte die in diesem Zuge erfolgte Neuregelung in § 382g öEO die bereits bestehenden Vorschriften hinsichtlich einstweiliger Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie gemäß §§ 382b öEO ff. vervollständigen. Dies war notwendig, da derartige Verfügungen nach der alten Rechtslage nur gegen nahe Angehörige erwirkt werden konnten. Außerdem war nur der Erlass eng umgrenzter Maßnahmen wie Wegweisungen, Kontaktaufnahme- und Aufenthaltsverbote möglich.308 Durch die Neuregelung der öEO wurden im Ergebnis zwar keine neuen materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen geschaffen,309 doch enthält § 382g öEO nun Sonderbestimmungen für einstweilige Verfügungen zur Sicherung des materiell-rechtlichen Anspruchs auf Unterlassung von Eingriffen in die Privatsphäre.310 Diese gemäß § 382g öEO möglichen Sicherungsmittel sind das Verbot, mit der betroffenen Person persönlichen Kontakt aufzunehmen sowie sie zu verfolgen;311 mit der Person brieflichen, 305

Vgl. § 107a Abs. 3 öStGB. Zur Kritik an dieser Differenzierung vgl. Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (188). 307 Ausführlich zu den zivil- und exekutionsrechtlichen Interventionsmöglichkeiten vgl. Seling, § 107a StGB, S. 83 ff.; Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (481 ff.); Deixler-Hübner/Mitgutsch, Rechtlicher Schutz, S. 72 ff. 308 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (481 f.). 309 Ausführlich zu den materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen vgl. Wolfrum/ Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (482 f.). 310 Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (482, 483). 311 Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 1 öEO. 306

IX. Vergleich

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telefonischen oder sonstigen Kontakt aufzunehmen;312 sich an bestimmten Orten aufzuhalten;313 persönliche Daten oder Lichtbilder der Person weiterzugeben;314 Waren oder Dienstleistungen für die betroffene Person unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestellen;315 sowie einen Dritten zur Aufnahme von Kontakt mit der betroffenen Person zu veranlassen.316 Ein weiterer Fortschritt ist, dass das Gericht nach der Neuregelung der öEO gemäß § 382g Abs. 2 Satz 1 öEO die Polizei damit betrauen kann, bei Verstößen gegen eine gerichtliche Verfügung, namentlich bei Missachtung eines Verbotes der persönlichen Kontaktaufnahme, des Verfolgens oder des Aufenthaltes an bestimmten Orten, einzuschreiten und das Verbot zu vollziehen. Dies ist eine beachtliche Neuerung, da die Sicherheitsbehörden in Fällen, in denen der Täter die räumliche Nähe zum Opfer sucht, umgehend einschreiten und die Situation beenden können.317 Das Opfer kann sich daher in einer Akutsituation zu jeder Tages- und Nachtzeit direkt an die Sicherheitsbehörden wenden, und diese können aufgrund der Neuregelung auch mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gegen den Stalker vorgehen.318 3. Ergebnis Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass es sich bei dem neu geschaffenen österreichischen Anti-Stalking-Tatbestand trotz einiger unbestimmter Tatbestandsmerkmale um ein Delikt mit einem auf objektiver Seite sehr engen Anwendungsbereich handelt, welches zudem vollen Beweis des Tätervorsatzes verlangt. Trotz dieser im internationalen Vergleich hohen Voraussetzungen weist es mit einer Höchstfreiheitsstrafe von einem Jahr einen sehr niedrigen Strafrahmen auf.

IX. Vergleich Im Anschluss an diese Analyse der Anti-Stalking-Strafgesetzgebung muss die Frage gestellt werden, welche Parallelen und Unterschiede diese verschiedenen Regelungen aufweisen. 312 313 314 315 316 317 318

Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 2 öEO. Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 3 öEO. Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 4 öEO. Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 5 öEO. Vgl. § 382g Abs. 1 Nr. 6 öEO. Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (484). Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (485).

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

1. Verwendung des Terminus „Stalking“ als Oberbegriff Der erste signifikante Unterschied, der sich aus einem Vergleich der verschiedenen Tatbestände ergibt, besteht darin, dass einige Länder den Begriff Stalking entweder als Oberbegriff des verbotenen Verhaltens oder als amtliche Überschrift ihrer Tatbestände gewählt haben, während andere Gesetzgeber auf die Verwendung dieses Terminus gänzlich verzichten. Die australischen Bundesstaaten und Territorien sowie der australische Model Criminal Code benutzen ebenso wie die US-amerikanischen Model Stalking Code allesamt den Begriff „Stalking“ in der amtlichen Überschrift, sodass sich dieser Terminus mittlerweile sowohl in der Rechtsanwendung als auch im allgemeinen Sprachgebrauch Australiens und der Vereinigten Staaten etablieren konnte.319 Der Einsatz dieses Begriffs im Rahmen eines Anti-Stalking-Tatbestandes hat den Vorteil, dass die bestehenden Vorstellungen der Öffentlichkeit von Stalking-Verhalten mit dem negativen Stigma der Strafbarkeit verknüpft werden. Dadurch nutzt eine solche gesetzgeberische Konzeption die Signalwirkung des Strafrechts aus, um in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Schädlichkeit von Stalking-Verhalten zu schaffen. Nicht zuletzt aus diesem Grund entschied sich selbst der japanische Gesetzgeber für den im nicht angloamerikanischen Sprachraum ungewöhnlichen Weg, auf den englischen Begriff des Stalking zurückzugreifen. Im Gegensatz dazu haben andere englischsprachige Rechtsordnungen wie beispielsweise das Vereinigte Königreich, Irland sowie Kanada bewusst von dem Gebrauch des Begriffs „Stalking“ abgesehen. Gerade der kanadische Gesetzgeber hat sich hartnäckig dagegen gewehrt, den Terminus Stalking in seinen Tatbestand aufzunehmen.320 Als dominierende Intention für einen solchen Verzicht wird regelmäßig angeführt, die Nennung des Wortes Stalking in einem Tatbestand sei irreführend. Sie fördere durch die mit ihr verbundenen Konnotationen die Vorstellung in der Bevölkerung, bei einem Stalker handele es sich um eine dunkle Figur in einem Trenchcoat mit schwarzem Hut, die an einer Straßenecke herumlungere.321 Mit diesem Bild gehe zwangsläufig die Vorstellung einher, Stalking beinhalte stets eine versteckte, unsichtbare Gefahr sowie eine latente Bedrohung für die Zielperson, obwohl dies der Realität nicht immer entsprechen müsse. Aus diesem Grund fungiert in den Ländern, die sich dieser Argumentation angeschlossen haben, der Begriff der Belästigung („harassment“) als tatbestandlicher Oberbegriff und als Ersatz für den Terminus Stalking. 319 320 321

Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (41 f.). Swanwick, (1996) 19 University of Queensland Law Journal, S. 26 (41 f.). So auch Evans, (November 1994) Law Institute Journal, S. 1021 (1021).

IX. Vergleich

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Mit Ausnahme von Japan haben sich auch die Gesetzgeber nicht-englischsprachiger Rechtsordnungen dazu entschlossen, den jeweiligen Begriff für Belästigung, wie z. B. „belaging“ bzw. „harcèlement“, als Substitut für den Begriff des Stalking zu wählen, während sich Österreich für den Terminus „Verfolgung“ entschieden hat. 2. Objektiver Tatbestand a) Verhaltensbeschreibung Eine Betrachtung der konkreten Beschreibung des verbotenen Verhaltens auf der Ebene des objektiven Tatbestandes lässt drei unterschiedliche Ansätze der einzelnen Länder erkennen. Während einige Gesetzgeber, insbesondere die der australischen Bundesstaaten, auf eine mehr oder weniger detaillierte Liste verbotenen Verhaltens zurückgreifen und diese durch eine Öffnungsklausel ergänzen, um auch atypische oder neuartige Stalking-Aktivitäten verfolgen zu können, greifen andere auf einen weiten, nicht legaldefinierten Oberbegriff zurück, unter den sich nicht nur jedwede StalkingStrategie, sondern auch anderes Verhalten subsumieren lässt. Der weit weniger verbreitete dritte Ansatz beschränkt sich darauf, das konkret mit Strafe bewehrte Verhalten abschließend aufzulisten.322 Die als zweites genannte Technik wurde zuerst im Vereinigten Königreich praktiziert. Dort kriminalisiert der Protection from Harassment Act 1997 (UK) jedes Verhalten, welches eine Belästigung („harassment“) darstellt. Nur die belgische Regelung folgt dem britischen Beispiel in einem vergleichbaren Umfang, indem sie ebenfalls die Belästigung („belaging“ bzw. „harcèlement“) pauschal und ohne weitere Definitionen unter Strafe stellt. Die alleinige Verwendung eines derart vagen und uferlosen Begriffs hat vor allem im Vereinigten Königreich dazu geführt, dass die eigentlich als Anti-Stalking-Tatbestand gedachte Regelung zu einem allumfassenden Delikt („catch all offence“) geworden ist, nach dessen Maßgabe weniger klassisches Stalking-Verhalten als vielmehr kleinere Streitigkeiten unter Nachbarn oder Kollegen dem Strafrecht unterworfen sind.323 Eine solch ausufernde Kriminalisierung von eigentlich nicht strafwürdigem Verhalten, die dem Tatbestand sowohl gesetzessystematisch als auch in seiner praktischen Anwendung jegliche Spezifität nimmt, ist daher selbst im Rahmen einer Strafbewehrung des heterogenen Stalking-Phänomens sehr selten. Ein weiterer Grund dafür ist auch die unter anderem in den USA 322 323

Ähnlich Malsch, Stalking in the Netherlands, S. 3. Vgl. dazu D. II. 3. a) bb) (1), 4.

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gemachte Erfahrung, dass allzu weite Tatbestände von den Gerichten sehr restriktiv ausgelegt werden und infolgedessen dem Ziel einer effektiven Strafverfolgung von Stalkern zuwiderlaufen. Daher verfolgen aktuell die meisten Tatbestände den eingangs als ersten Ansatz beschriebenen Weg. Dieser kombiniert eine Aufzählung genau beschriebener Stalking-Kernverhaltensweisen mit dem ergänzenden Einsatz einer Öffnungsklausel, über die atypisches und neuartiges Stalking-Verhalten in den Tatbestand einbezogen werden kann. Die je nach Tatbestand mehr oder weniger detaillierte Beschreibung des Kernverhaltens stellt dabei eine Leitlinie für die Bestimmung des nicht explizit genannten, aber dennoch nach Maßgabe der Öffnungsklausel verbotenen Verhaltens dar. Dieses Vorgehen unter Anwendung der ejusdem generis-Regel dient zum einen dem Schutz der Bürger vor willkürlicher Verfolgung und soll zum anderen Strafverfolgungsbehörden und Justiz über Erscheinungsformen und Manifestationen des Stalking aufklären und diesbezüglich sensibilisieren. Diesen Ansatz verfolgen derzeit fast alle australischen Bundesstaaten und Territorien, Irland sowie Kanada. Die aufgenommenen Verhaltensumschreibungen unterscheiden sich dabei zwar von Land zu Land, enthalten jedoch in der Regel mindestens die typischen Kernaktivitäten wie (Ver-)Folgen, Beobachten und Kontaktieren mittels (Tele-)Kommunikation. Ein dem Enumerationsprinzip folgender Tatbestand als dritter gesetzgeberischer Ansatz ist in Reinform nur im österreichischen Strafgesetzbuch umgesetzt worden. Dieses umschreibt das als beharrliche Verfolgung verbotene Verhalten in seiner Aufzählung als abschließend, ohne eine Öffnungsklausel für atypische Stalking-Aktivitäten bereitzuhalten. Damit ist der tatbestandliche Anwendungsbereich von vornherein stark eingeschränkt. Zwar entschied sich auch der japanische Gesetzgeber für eine sehr genaue und detaillierte sowie gleichzeitig abschließende Tätigkeitsbeschreibung. Diese umfasst allerdings neben vergleichsweise ungewöhnlichem Stalking-Verhalten wie dem Zusenden von Dreck oder Tierleichen auch jedes erheblich grobe oder wilde Verhalten. Diese Formulierung lässt einen sehr großen Spielraum für Interpretationen in der Gesetzesanwendung und ermöglicht es somit, auch bizarre Stalking-Aktivitäten zu ahnden. Einen Mittelweg gingen und gehen die Vereinigten Staaten. Enthielt der Model Antistalking Code 1993 noch keine Liste von explizit verbotenem Verhalten und stellte vielmehr Tätigkeiten unter Strafe, durch die die physische Nähe zu dem Opfer aufrechterhalten bzw. durch welche das Opfer implizit oder explizit bedroht wird, wählte man im überarbeiteten Model Stalking Code 2007 die Technik, das verbotene Verhalten mit den Begriffen Verfolgen, Überwachen, Beobachten, Bedrohen, Kommunizieren oder Beeinträchtigen von Eigentum genau und ausdrücklich aufzuzählen. Den Er-

IX. Vergleich

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fahrungen, dass die Fassung im Antistalking Code 1993 für eine effektive Strafverfolgung von Stalkern zu eng gewesen war, wurde dadurch Rechnung getragen, dass der Tatbestand im Model Stalking Code 2007 durch den Zusatz, das Verhalten könne direkt, indirekt oder durch dritte Beteiligte mithilfe jeder Handlung, jedes Verfahrens, jeder Vorrichtung oder jedes Mittels erfolgen, so ausgedehnt wurde, dass dies in seiner Wirkweise einer Öffnungsklausel gleicht. Im Ergebnis haben sich somit die meisten Gesetzgeber für die Technik entschieden, Kernverhaltensweisen von Stalking wie Verfolgen, Beobachten und Kontaktieren genau aufzulisten und diese durch eine Öffnungsklausel zu ergänzen. b) Häufigkeit des Verhaltens Neben der Auflistung des als Stalking verbotenen Verhaltens kommt in einem Anti-Stalking-Straftatbestand dem Erfordernis der Auftretenshäufigkeit eine große Bedeutung zu. Grund dafür ist, dass es die Penetranz und damit die stetige Wiederholung und Kumulation des Verhaltens ist, welche dem Phänomen Stalking seine spezifische Sozialschädlichkeit verleiht. Darüber hinaus kommt dem Zeitelement die Aufgabe zu, die Anwendung eines ansonsten ausufernden Stalking-Tatbestandes auf das tatsächlich strafwürdige Verhalten zu begrenzen und damit sozialadäquate Aktivitäten aus dessen Anwendungsbereich auszuscheiden. Nur Belgien verzichtet komplett auf ein einschränkendes Zeitmerkmal.324 Den genannten Intentionen folgend entscheiden sich die meisten StalkingTatbestände für ein Kriterium, welches festlegt, das in Rede stehende Verhalten müsse zweimalig oder öfter vorgekommen sein. So findet sich diese Formulierung in den Tatbeständen des US Model Stalking Code 2007 sowie des Protection from Harassment Act 1997 (UK). Kanada stellt auf das nicht näher definierte Merkmal der Wiederholtheit („repeatedly“) ab, welches ebenfalls ein mindestens zweimaliges Verhalten erfassen soll. Dieser Standard ist objektiv genau bestimmt und auch in der Praxis leicht bestimmbar. Des Weiteren wird verhindert, dass ein willkürlicher Maßstab angelegt wird, wie es z. B. bei einem Abstellen auf ein fünfmaliges An-den-Tag-Legen des Stalking-Verhaltens der Fall wäre. Obwohl die Kehrseite des Zweimaligkeitskriteriums darin besteht, dass es eine niedrige Strafbarkeitsschwelle etabliert, wird in Australien häufig betont, das Kriterium der Zweimaligkeit genüge allein nicht, um eine effek324 Vgl. dazu auch Malsch/Smeenk, Legislation on Stalking, in: Smeenk/Malsch (Hrsg.), Family Violence and Police Response, S. 223 (229).

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tive Strafverfolgung von Stalkern zu gewährleisten. Vielmehr müsse auch ein langanhaltendes Verhalten ausreichend sein, um Stalking zu konstituieren, da es nicht auf eine rein formale Unterbrechung des Verhaltens ankommen könne, wenn die Aktivitäten im Übrigen angsteinflößend seien. Folgerichtig gilt in Australien durchweg das Merkmal der Zweimaligkeit ergänzt um die Strafbarstellung von einmaligem, dafür aber langanhaltendem Verhalten. Festgestellt werden konnte außerdem, dass in den meisten untersuchten Tatbeständen ausschließlich auf ein objektives Zeitkriterium abgestellt wird, welches keinerlei diesbezügliche subjektive Einstellung des Täters verlangt. Dieser Fokus auf die objektive Seite geht darauf zurück, dass zu Beginn der Strafbewehrung von Stalking beispielsweise in Westaustralien schlechte Erfahrungen mit dem Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit („persistence“) gemacht wurden. So gelang es den Strafverfolgungsbehörden nur in den seltensten Fällen, die diesem Kriterium immanente subjektive Einstellung des Täters, namentlich seine Hartnäckigkeit, zu beweisen. Aufgrund dessen wurde dieses Merkmal in einer umfassenden Reform des ursprünglichen Anti-Stalking-Tatbestandes abgeschafft.325 Es ist daher umso erstaunlicher, dass das aus dem Jahr 1997 stammende irische Gesetz sowie der erst im Jahr 2006 verabschiedete österreichische Tatbestand genau dieses enge, problematische Kriterium wieder aufgenommen haben. c) Taterfolg Ein weiteres Deliktsmerkmal, welches in den einzelnen Delikten oft unterschiedlich ausgestaltet ist, ist der Taterfolg. Insbesondere die europäischen Staaten verlangen häufig zwingend die Feststellung, dass ein tatbestandsmäßiger Erfolg eingetreten ist. So lässt der Protection from Harassment Act 1997 (UK) nur ein Verhalten ausreichen, welches entweder eine Belästigung der Zielperson darstellt oder bei dieser Furcht vor Gewaltanwendung erzeugt. Im Gegensatz dazu muss das Verhalten in Belgien zu einer schweren Beeinträchtigung der Ruhe des Opfers, in den Niederlanden zu einem Eindringen in dessen Privatsphäre geführt haben. Betrachtet man in Ergänzung zu den aufgelisteten notwendigen Taterfolgen die Anforderungen, die die genannten Tatbestände an das verbotene Verhalten stellen, so fällt auf, dass die als Stalking unter Strafe stehenden Tätigkeiten dort entweder überhaupt nicht oder nur in Gestalt eines nicht näher definierten Begriffs beschrieben werden. Mithin dient das Erfor325 Prince, Criminal Law Amendment Bill (No 1), Hansard, Legislative Assembly WA, 25. Juni 1998, S. 4777.

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dernis des Taterfolgs dazu, das kriminalisierte Verhalten überhaupt erst zu konturieren und es von nicht strafwürdigen Aktivitäten abzugrenzen.326 Diese Abschichtung erfolgt sowohl im Vereinigten Königreich als auch in Belgien und in den Niederlanden ausschließlich anhand eines subjektivindividuellen Maßstabs. D.h. es ist ausreichend, wenn sich das konkrete Opfer belästigt bzw. in seiner Ruhe oder Privatsphäre gestört fühlt. In diesem Zusammenhang lässt sich außerdem eine neue Tendenz in der Wahl der Begriffe erkennen. Wurde zu Beginn des Stalking-Phänomens vor allem auf Termini wie Bedrohung oder Belästigung abgestellt, machen sich die neueren Tatbestände in Belgien, den Niederlanden und Irland zunehmend den Schutz von Ruhe, Privatheit und Intimsphäre zur Aufgabe.327 Eine wesentlich höhere Strafbarkeitsschwelle schaffen diejenigen Gesetzgeber, die einen dualen Standard zur Ermittlung des Taterfolgs anlegen. So verlangen Kanada und Irland nicht nur, dass bei dem Opfer subjektiv-individuell der geforderte Taterfolg eingetreten ist,328 sondern auch, dass dieser bei einer vernünftigen Person in den Umständen des Opfers hervorgerufen worden wäre.329 Damit setzen diese Tatbestände zum einen voraus, dass das Opfer auch faktisch die entsprechende Angst verspürt hat und somit der Taterfolg im konkreten Einzelfall tatsächlich eingetreten ist. Zum anderen enthalten sie durch den zusätzlichen objektiven Standard zugleich einen Sicherungsmechanismus zugunsten etwaiger Täter, der gewährleistet, dass eine Bestrafung nicht vollständig willkürlich von dem individuellen psychischen Zustand sowie von den subjektiven Empfindungen des Opfers abhängt und damit von Fall zu Fall variieren kann. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde dieser duale Standard allerdings wegen des Erfordernisses einer tatsächlichen Furchtreaktion bei dem Opfer im Rahmen der Überarbeitung des Model Antistalking Code 1993 als zu voraussetzungsvoll kritisiert. Schließlich werde auf diese Weise 326 Anders verhält es sich nur in Japan, welches eine detaillierte Beschreibung der verbotenen Stalking-Aktivitäten mit dem geforderten Taterfolg des Erweckens von Angst vor Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, des Hausfriedens oder der Handlungsfreiheit sowie der Verletzung der Ehre kombiniert, vgl. Art. 2 f. Stalker Control Act (Ja). 327 Fiedler, Stalking, S. 17 f. 328 In Kanada liegt dieser Taterfolg in der Verursachung von Furcht um die eigene Sicherheit oder um die einer anderen bekannten Person, vgl. s 264 (1) Criminal Code 1985 (Ca), während das Opfer in Irland in seinem Frieden und seiner Privatsphäre gestört sein, Verängstigung oder Beunruhigung empfinden oder einen Schaden erlitten haben muss, vgl. s 10 (2) (a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). 329 Zum kanadischen Recht vgl. Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 74 f.

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D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

ein rechtzeitiges Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden verhindert. Folgerichtig wurde im Model Stalking Code 2007 das Erfordernis tatsächlicher Furcht in das Erfordernis vernünftiger Furcht umgewandelt hat. Demzufolge ist es nach dem Model Stalking Code 2007 nun nicht mehr notwendig, dass das Opfer tatsächlich Furcht empfunden hat, sondern es ist ausreichend, wenn eine vernünftige Person in den Umständen des Opfers derartige Furcht empfinden würde. Dieser Verzicht auf den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges zugunsten eines Eignungsdelikts ist in den meisten Anti-Stalking-Straftatbeständen anzutreffen. Auch in Australien verlangt nur das Nordterritorium die tatsächliche Verwirklichung eines Taterfolgs, während alle übrigen Staaten auf ein solches Erfordernis verzichten, um eine Strafverfolgung von Stalkern zu erleichtern.330 Aus denselben Gründen hat sich auch der österreichische Gesetzgeber entschieden, es genügen zu lassen, wenn das Verhalten des Täters geeignet ist, das Opfer in seiner Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen. Ein weitergehender Erfolg ist nicht notwendig. Im Rahmen des Taterfolgs ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Tatbestände aller australischen Bundesstaaten und Territorien ebenso wie der US-amerikanische Model Stalking Code 2007 und die irische Vorschrift es ausdrücklich ausreichen lassen, wenn die Anklage beweisen kann, dass der Täter bei dem Opfer psychisches Leid oder mentale Schäden hervorgerufen hat bzw. dies durch seine Aktivitäten bei einer vernünftigen Person in den Umständen des Opfers verursachen würde. Dies ist deshalb erwähnenswert, weil derartige psychische Schäden im Strafrecht klassischerweise nicht genügen, um einen Taterfolg zu konstituieren. Grund dafür ist die besondere Schwierigkeit, objektiv und zweifelsfrei verifizieren zu können, ob psychische Leiden tatsächlich gegeben sind, und wenn ja, ob sie kausal auf der Tathandlung beruhen. Da jedoch im Rahmen des Stalking derartige mentale Schäden nicht nur die typische, sondern häufig auch die von dem Stalker intendierte Folge sind, und dem Stalking zudem seine spezifische Sozialschädlichkeit verleihen, gilt das Hervorrufen psychischer Leiden in vielen Tatbeständen als ausreichender Taterfolg.

330 In vielen australischen Bundesstaaten kann der Nachweis eines tatsächlich eingetretenen Erfolges jedoch dazu genutzt werden, einen fehlenden oder nicht nachweisbaren Vorsatz zu kompensieren, vgl. s 192 (3) Criminal Code Act 1924 (Tas); s 21A (3) Crimes Act 1958 (Vic); s 338E (2) Criminal Code 1913 (WA).

IX. Vergleich

289

3. Subjektiver Tatbestand Ein Vergleich der subjektiven Tatbestandsmerkmale in den unterschiedlichen Rechtsordnungen ergibt, dass die weit überwiegende Mehrheit der Delikte zwar Vorsatz im Hinblick auf die Vornahme der Stalking-Handlungen als solcher verlangt. Der volle Beweis eines Vorsatzes oder gar einer Absicht im Hinblick auf die in dem Opfer hervorgerufenen Furchtreaktionen wird jedoch in fast keinem Tatbestand vorausgesetzt. Als Beispiele können fast alle australischen Tatbestände angeführt werden. Auch wenn diese in einem ersten Schritt das Erfordernis einer vollumfänglichen Absicht festschreiben, stellen sie in einem zweiten Schritt klar, dass diese Absicht als gegeben anzusehen ist, sofern der Täter gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass sein Verhalten die entsprechenden Konsequenzen auf der Opferseite haben würde.331 Auch die Tatbestände aus Irland, Kanada und Belgien sehen diese Möglichkeit vor und lassen im Ergebnis selbst unbewusste Fahrlässigkeit im Hinblick auf einen potentiell eintretenden Taterfolg ausreichen. In den USA betonte schon der Model Antistalking Code 1993 die große Bedeutung, ein generelles Absichtserfordernis einem speziellen vorzuziehen, da ansonsten kaum Stalker verurteilt werden könnten. Diese Entscheidung wurde im Model Stalking Code 2007 bestätigt. Da jedoch ein solcher Verzicht auf eine tatsächliche subjektive Beziehung des Täters zu seiner Tat und hier insbesondere zu der Opferreaktion auf Seiten des Taterfolgs höchst problematisch und mit den Grundprinzipien des Strafrechts nur schwer in Einklang zu bringen ist, haben sich einige Rechtsordnungen wie die Westaustraliens oder die des Vereinigten Königreichs für einen Mittelweg entschieden. So wurden dort zwei Straftaten geschaffen, von denen die leichte, mit einer geringen Strafe bedrohte keinen Beweis des Vorsatzes verlangt, sondern bereits unbewusste Fahrlässigkeit ausreichen lässt. Im Gegensatz dazu muss die Anklagevertretung den Tätervorsatz vollumfänglich beweisen, wenn sie eine Verurteilung nach Maßgabe des mit einer härteren Strafe bedrohten Delikts erreichen will. Ebenfalls in dieses Mittelfeld eingeordnet werden kann die niederländische Regelung, derzufolge der Täter zwar absichtlich handeln muss, es jedoch ausreicht, wenn er seine Zielperson mit dieser Absicht zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung veranlassen wollte. Auch wenn grundsätzlich voller Beweis der Absicht erforderlich ist, verfügen selbst erotoma331 Ausnahmen davon sind nur in Südaustralien sowie im Model Criminal Code zu finden, vgl. s 19AA (1) (b) Criminal Law Consolidation Act 1935 (SA); s 5.1.22 (1) MCCOC, vgl. Model Criminal Code Officers Committee, Report, Chapter 5, S. 50.

290

D. Die rechtliche Situation in anderen Ländern

nische Stalker in der Regel über den Willen, das Opfer zur Aufnahme einer Beziehung, zur Etablierung von Kontakt oder zur Beendigung der derzeitigen Intimbeziehung zu veranlassen. Damit ist die Absicht, das Opfer zur Vornahme einer Handlung zu zwingen, in aller Regel wesentlich leichter zu beweisen als dies bei der Absicht, im Opfer Furcht zu erregen, der Fall ist. Damit ist festzuhalten, dass es bei der Strafbewehrung von Stalking in fast allen Rechtsordnungen zu einer Lockerung des klassischen Vorsatzerfordernisses gekommen ist, um die Strafverfolgung zu erleichtern, nicht allerdings z. B. in Österreich sowie in Südaustralien. 4. Spezifische Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe Spiegelbildlich zu dieser Lockerung des Vorsatzerfordernisses auf subjektiver Seite sowie zum Gebrauch einer tatbestandserweiternden Öffnungsklausel auf objektiver Tatbestandsebene sehen viele Gesetzgeber die Notwendigkeit, bestimmte erlaubte Tätigkeiten von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Stalking-Tatbestände auszunehmen oder für diese spezifische Rechtfertigungsmöglichkeiten zu schaffen, um eine ausufernde Strafbarkeit von alltäglichem Verhalten zu verhindern. Als besonders schützenswert und gleichzeitig als von einer potentiellen Stalking-Strafbarkeit besonders bedroht gelten dabei Verhaltensweisen, die der Ausführung oder Durchsetzung eines Gesetzes dienen bzw. mit rechtmäßiger Kompetenz durchgeführt werden. Beispielhaft kann hier das Handeln von Gerichtsvollziehern genannt werden, welches insbesondere in den australischen Tatbeständen ausdrücklich von einer Stalking-Strafbarkeit ausgenommen ist. Weniger häufig, wenn auch nicht unüblich, ist zudem die Exklusion von beruflichen oder gewerblichen Tätigkeiten, von Aktivitäten zu Demonstrations- oder meinungsbildenden Zwecken sowie von Verhalten im Rahmen von Arbeitskämpfen. 5. Antragsdelikt Eine mit Ausnahme von Japan weitgehend auf die Regelungen in Kontinentaleuropa beschränkte Erscheinung ist die Ausgestaltung des Anti-Stalking-Straftatbestandes als Antragsdelikt. Während Japan, die Niederlande und Belgien eine Strafverfolgung wegen Stalking vollkommen von dem Willen der betroffenen Person abhängig machen und es mithin als absolutes Antragsdelikt ausgestalten, differenziert Österreich nach Maßgabe des vorgenommenen Verhaltens. Das bedeutet,

X. Ergebnis

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dass in Österreich die Strafverfolgung wegen Herstellens von Kontakt im Wege von (Tele-)Kommunikationsmitteln von einem Strafantrag des Betroffenen abhängt. Im Übrigen handelt es sich um ein Offizialdelikt.

X. Ergebnis Im Ergebnis kann damit konstatiert werden, dass die Strafbewehrung von Stalking zumindest in der westlichen Welt eine durchaus verbreitete Erscheinung ist, die trotz unterschiedlicher Ausgestaltung in den Randbereichen im Großen und Ganzen ähnlichen Strukturelementen folgt. So ist in den meisten Rechtsordnungen nicht nur der objektive Tatbestand durch den Verzicht auf einen tatbestandsmäßigen Erfolg sowie durch den Gebrauch einer Öffnungsklausel, sondern auch der subjektive Tatbestand durch das Ausreichenlassen von unbewusster Fahrlässigkeit weit ausgestaltet, um möglichst viele Stalker aus der überaus heterogenen Gruppe potentieller Täter strafrechtlich verfolgen zu können. Die dadurch entstehende Expansion der Strafbarkeit auf generell erlaubte Tätigkeiten ist eine notwendige Folge, deren Eintritt in einigen Tatbeständen durch spezifische Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe verhindert werden soll. Sowohl diese strukturellen Gemeinsamkeiten der untersuchten Tatbestände als auch die Parallelität der praktischen Erfahrungen in der Strafverfolgung spiegeln insgesamt die Ähnlichkeit der Erscheinungsformen des Stalking in den einzelnen Ländern wider. Dennoch gibt es auch Gesetzgeber wie beispielsweise den französischen oder den schweizerischen,332 die ungeachtet des Auftretens von Stalking-Verhalten zumindest bislang von der Verabschiedung eines spezifischen Anti-Stalking-Tatbestandes im Strafrecht Abstand genommen haben.

332 Zu dem seit März 2006 verbesserten zivilrechtlichen Schutz für Stalking-Opfer in der Schweiz vgl. Fischbacher, AJP 2006, S. 808 ff.

E. Die rechtliche Situation in Deutschland: Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F. Zur Gruppe der Länder, die über keinen eigenständigen Anti-StalkingTatbestand verfügen, gehörte bis vor Kurzem auch die Bundesrepublik Deutschland. Am 30. November 2006 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (40. StrÄndG). Durch dessen Bestimmungen wurde ein neuer § 238 in das StGB eingefügt, der fortan Stalking-Verhalten als sogenannte „Nachstellung“ mit Strafe bedroht und damit zum Bestandteil des Kernstrafrechts macht. Im folgenden Kapitel wird im Anschluss an die Wiedergabe der verhältnismäßig kurzen Entstehungsgeschichte des § 238 StGB n. F. dessen Rechtsgut, systematische Stellung im Gesetz sowie dessen Normtext erläutert und analysiert. Bei dieser Untersuchung sollen unter Berücksichtigung der hinter der Regelung stehenden gesetzgeberischen Konzeption vor allem auch die Kriterien aus der Stalking-Forschung sowie aus der rechtsvergleichenden Analyse Beachtung finden. Die daraus zu gewinnenden Erkenntnisse dienen sodann als Grundlage für die sich anschließende Untersuchung der Frage nach der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland.

I. Gesetzgebungsgeschichte Das Inkrafttreten des Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen am 31. März 2007 bildet Schlusspunkt und Ergebnis der im Jahr 2003 virulent gewordenen Diskussion um die Schaffung eines spezifischen AntiStalking-Straftatbestandes in Deutschland. Zwar hatte die damalige Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin noch im Jahr 2000 erklärt, die Einführung eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes komme nicht in Frage, da ansonsten eine subjektiv empfundene Belästigung oder Bedrohung als objektive Absicht des Täters nachgewiesen werden müsse.1 Doch schrieb sich schon drei Jahre später das Bundesland Hessen die Belange der Stalking-Opfer auf die Fahne und entwickelte in der Folge rege Aktivität, Stalking-Verhalten strafbar zu stellen. 1

Spiegel Online, GewSchG.

I. Gesetzgebungsgeschichte

293

Im Zuge dieser Initiativen legte das Land Hessen im Juli 2004 den ersten Gesetzentwurf vor,2 durch den Stalking im Kernstrafrecht kriminalisiert und der Opferschutz verbessert werden sollte. Das hessische Konzept sah vor, einen neuen § 241a StGB-E einzuführen, nach dessen Maßgabe das unzumutbare Nachstellen oder Verfolgen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden sollte. Auf Tatbestandsebene sollte sich dabei strafbar machen, wer einem Menschen unbefugt gegen dessen ausdrücklich oder schlüssig erklärten Willen unzumutbar nachstellt oder ihn verfolgt, indem er fortwährend dessen körperliche Nähe sucht, unter Verwendung von Fern- oder sonstigen Kommunikationsmitteln Kontakt herzustellen versucht, ihn, einen Angehörigen oder eine andere ihm nahe stehende Person bedroht oder einen ähnlichen Eingriff vornimmt. Dadurch musste zudem bei dem Opfer die begründete Befürchtung einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut der eigenen Person, eines Angehörigen oder einer anderen dem Opfer nahe stehenden Person hervorgerufen werden. Eine erhöhte Strafe sollte gemäß § 241a Abs. 2 StGB-E in einem besonders schweren Fall verhängt werden können, der in der Regel vorliegen sollte, wenn ein Täter durch die Tat zugleich gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung verstößt. Dieser Gesetzentwurf erfuhr in der Folge scharfe Kritik, die sich insbesondere an der Handlungsumschreibung „oder einen ähnlichen Eingriff vornimmt“ entzündete. Diese Bestimmung wurde als im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG zu unbestimmt und mit den Grundprinzipien des Strafrechts unvereinbar gebranntmarkt. Als Reaktion auf die anhaltende, vehemente Kritik entschied sich die hessische Landesregierung, den ursprünglichen Gesetzentwurf zu überarbeiten, bevor sie im März 2005 die modifizierte Fassung in den Bundesrat einbrachte.3 Dem umgestalteten Entwurf zufolge sollte der Anti-Stalking-Straftatbestand in § 238 StGB-E eingefügt werden und fortan die „schwere Belästigung“ unter Strafe stellen. Strafbar sollte danach sein, wer unbefugt und in einer Weise, die geeignet ist, einen Menschen in seiner Lebensgestaltung erheblich zu beeinträchtigen, diesen nachhaltig belästigt. Eine solche nachhaltige Belästigung sollte gegeben sein, wenn der Täter dem Opfer fortgesetzt nachstellt, es unter Verwendung von Kommunikationsmitteln verfolgt, es, einen seiner Angehörigen oder eine andere ihm nahe stehende Person mit einem empfindlichen Übel bedroht oder andere, ebenso schwerwiegende Handlungen vornimmt. 2 Vgl. Gesetzesantrag des Landes Hessen zum Entwurf eines sogenannten „Stalking-Bekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/04 vom 5. Juli 2004. 3 Vgl. Gesetzesantrag des Landes Hessen zum Entwurf eines sogenannten „Stalking-Bekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/1/04 vom 4. März 2005.

294

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Damit wurde im Ergebnis an einer Öffnungsklausel in der Tathandlungsbeschreibung festgehalten. Sie wurde lediglich etwas bestimmter formuliert, indem nun „andere, ebenso schwerwiegende Handlungen“ verlangt wurden. Im Unterschied zum ersten Entwurf war der vorgeschlagene § 238 StGB-E als Eignungsdelikt ausgestaltet, d.h. er sollte bereits dann erfüllt sein, wenn der Täter eine der genannten Tathandlungen in einer Weise vornimmt, die geeignet ist, einen Menschen in seiner Lebensgestaltung erheblich zu beeinträchtigen. Neu war auch, dass das Regelbeispiel aus dem ersten Entwurf von drei Qualifikationstatbeständen abgelöst wurde. Auf prozessualer Ebene wartete der Gesetzentwurf erstmals mit der Idee einer sogenannten Deeskalationshaft auf.4 So wurde vorgeschlagen, § 238 StGB-E in § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO zu integrieren, um Stalker bei Wiederholungsgefahr in Haft nehmen zu können. An dieser durch die hessische Landesregierung angestoßenen Diskussion beteiligten sich in der Folge auch andere Bundesländer. So schloss sich das Bundesland Schleswig-Holstein5 weitgehend dem überarbeiteten hessischen Entwurf an. Es regte lediglich an, eine entsprechende Anwendung von § 193 StGB im Rahmen von § 238 Abs. 1 S. 2 StGB-E anzuordnen und auf die Deeskalationshaft zu verzichten.6 Auch Bayern legte einen in großen Teilen mit der überarbeiteten hessischen Fassung übereinstimmenden Entwurf vor,7 der sich von Letzterer nur dadurch unterschied, dass er eine empfindliche Beeinträchtigung der Freiheitssphäre des Opfers als tatbestandlichen Erfolg forderte. Einen komplett anderen Weg favorisierte Rheinland-Pfalz,8 indem es eine Ausweitung, Konkretisierung und Verschärfung des zivilrechtlichen Gewaltschutzgesetzes vorschlug, um Stalking zu bekämpfen. Im Ergebnis beschloss der Bundesrat am 18. März 2005 auf Vorschlag Baden-Württembergs und Hessens, den zweiten hessischen Gesetzesent4

Gesetzesantrag des Landes Hessen zum Entwurf eines sogenannten „StalkingBekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/1/04 vom 4. März 2005, S. 5 f. 5 Vgl. Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein zum Entwurf eines sogenannten „Stalking-Bekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/2/04 vom 17. März 2005. 6 Des Weiteren finden sich Abweichungen im Rahmen der Qualifikationstatbestände, vgl. Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein zum Entwurf eines sogenannten „Stalking-Bekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/2/04 vom 17. März 2005. 7 Vgl. Entwurf eines Stalking-Bekämpfungsgesetzes unter http://www.justiz. bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/ministerium/ministerium/gesetzgebung/ referentenentwurfstalking.pdf. 8 Vgl. Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2004 im Internet unter http://www. justiz.rlp.de (Stand vom 12. Juni 2007).

I. Gesetzgebungsgeschichte

295

wurf, demzufolge Stalking als sogenannte „schwere Belästigung“ in einem neuen § 238 StGB-E mit Strafe bewehrt werden sollte, in den Bundestag einzubringen.9 Parallel zu sowie als Antwort auf die gesetzgeberischen Aktivitäten in den Bundesländern sowie im Bundesrat entwickelte das Bundesjustizministerium einen eigenen Anti-Stalking-Gesetzentwurf,10 der dem Kabinett durch Bundesjustizministerin Zypries am 15. Mai 2005 vorgelegt und von der damals „rot-grünen“ Bundesregierung am 10. August 2005 beschlossen wurde. Dieser Vorlage zufolge sollte gemäß dem einzufügenden § 241b StGB-E die „unbefugte Nachstellung“ mit Strafe bedroht sein. Im Unterschied zum Gesetzentwurf des Bundesrates war keine Öffnungsklausel für atypische Stalking-Aktivitäten enthalten. Auf die Möglichkeit der Deeskalationshaft wurde ebenfalls verzichtet. Verlangt wurde jedoch in § 241b StGB-E eine schwerwiegende und unzumutbare Beeinträchtigung der Lebensgestaltung als tatbestandsmäßiger Erfolg. Nachdem dieser Entwurf noch am 23. September 2005 vom Bundesrat wegen des Fehlens von Öffnungsklausel und Deeskalationshaft als unzureichend abgelehnt worden war, einigten sich CDU/CSU und SPD nach der Bundestagswahl im Jahr 2005 in ihrer Koalitionsvereinbarung am 11. November 2005 darauf, Stalking als beharrliches Nachstellen künftig im Kernstrafrecht zu kriminalisieren. Diesem Ziel folgend, legte die Regierung der Großen Koalition am 8. Februar 2006 den Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen vor,11 der mit dem bereits am 10. August 2005 von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf identisch war. Diesen Vorstoß erneut als unzureichend bewertend, reagierte der Bundesrat am 10. Februar 2006 mit dem Beschluss, nochmals seinen eigenen Gesetzentwurf für ein StalkingBekämpfungsgesetz vom 18. März 2005 einzubringen.12 Am 11. Mai 2006 beriet der Bundestag in erster Lesung über die Gesetzesvorschläge von Bundesrat und Bundesregierung. Nachdem sich Bundesrat und Bundesregierung auf eine Modifikation des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen als Kompromisslinie geeinigt hatten, erfolgte am 30. November 2006 die zweite und 9 Vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates in BR-Drucksache 551/04 in der vom Bundesrat am 18. März 2005 beschlossenen Fassung. 10 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung in BR-Drucksache 617/05 vom 12. August 2005. 11 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung in BT-Drucksache 16/575 vom 8. Februar 2006. 12 Vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates in BT-Drucksache 16/1030 vom 23. März 2006.

296

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

dritte Lesung im Bundestag. Im Rahmen dieses Kompromisses konnte sich die Bundesregierung mit der Ausgestaltung des § 238 StGB n. F. als Erfolgsdelikt durchsetzen, während der Bundesrat seinem Verhandlungspartner Öffnungsklausel und Deeskalationshaft abrang. Am 30. November 2006 beschloss der Bundestag, das Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses13 anzunehmen. Nachdem der Bundesrat am 16. Februar 2007 auf die Einberufung des Vermittlungsausschusses verzichtet hatte, konnte das Gesetz nach Ausfertigung und Verkündung14 am 31. März 2007 in Kraft treten.

II. Ausgestaltung und Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes in § 238 StGB n. F. Auf materiell-rechtlicher Ebene stellt der neu eingefügte § 238 StGB n. F. das unter Stalking bekannte Verhalten als sogenannte „Nachstellung“ unter Strafe. Der neue Tatbestand wurde vom Gesetzgeber in § 238 StGB und damit in den 18. Abschnitt des StGB zu den Straftaten gegen die persönliche Freiheit eingefügt. Auf objektiver Seite macht sich nach dem Grundtatbestand des § 238 Abs. 1 StGB n. F. strafbar, wer einem Menschen unbefugt nachstellt,15 indem er beharrlich seine räumliche Nähe aufsucht;16 unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht;17 unter missbräuchlicher Verwendung von seinen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit ihm Kontakt aufzunehmen;18 ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht19 oder eine andere vergleichbare Handlung vornimmt.20 Spezifische subjektive Tatbestandsmerkmale sind nicht vorgesehen. § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. enthalten strafschärfende Qualifikationstatbestände. 13

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drucksache 16/3641 vom 29. November 2006. 14 Vgl. BGBl. Teil I Nr. 11 vom 30. März 2007, S. 354 f. 15 Vgl. § 238 Abs. 1 StGB n. F. 16 Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F. 17 Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. 18 Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. 19 Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. 20 Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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1. Schutzgut und systematische Stellung im Gesetz a) Gesetzgeberische Konzeption Der Begründung des letztlich verabschiedeten Regierungsentwurfes zufolge besteht der spezifische Unrechtsgehalt der nun kriminalisierten beharrlichen Nachstellung in der Beeinträchtigung der Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers, die vor Inkrafttreten des neuen Tatbestandes noch nicht ausreichend geschützt gewesen sei.21 Da die beharrliche Nachstellung durch einen Stalker somit regelmäßig einen nicht unerheblichen Eingriff in die Freiheitssphäre des Opfers bewirke und damit inhaltliche Bezüge zum Delikt der Bedrohung in § 241 StGB aufweise, sei der neue AntiStalking-Tatbestand im 18. Abschnitt des StGB bei den Straftaten gegen die persönliche Freiheit zu verorten gewesen.22 Diese Einschätzung stimmt mit der Begründung des Bundesrates überein, derzufolge Stalking typischerweise zu einer massiven Beeinträchtigung der Freiheitssphäre des Opfers führt, die in ihrem Schweregrad einer als Freiheitsberaubung in § 239 StGB strafbaren Einschränkung der Freiheit zur Ortsveränderung in nichts nachsteht. Stalking-Verhalten überbiete eine solche vielmehr häufig noch bei Weitem. Daher sei die Wahl des Standortes § 238 StGB n. F. in unmittelbarer Nähe zu § 239 StGB gerechtfertigt. Dies gelte nicht zuletzt auch, da eine Behinderung der Fortbewegungsfreiheit nicht selten eine Konsequenz von Stalking-Verhalten sei.23 Darüber hinausgehend führte die Bundesregierung aus, Stalking habe Auswirkungen auf die Psyche der Opfer. So seien Angstzustände, Schlaflosigkeit, Nervosität und Depressionen zu verzeichnen.24 Mit dieser Aussage deutet die Bundesregierung an, dass der neue Tatbestand auch die psychische sowie in gravierenden Fällen gar die körperliche Unversehrtheit als Rechtsgüter schützen könnte und sollte. Diese nicht ausdrückliche Einbeziehung der psychischen und physischen Gesundheit findet sich expressis verbis in den Ausführungen des Bundesrates, der feststellt, dass der neue Tatbestand zwar vor allem die Entschließungs- und Handlungsfreiheit des Opfers, letztlich aber auch die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens schützt.25 Im Ergebnis kommen dem Willen des Gesetzgebers zufolge die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers als konkrete Ausprägung der 21 22 23 24 25

BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache

16/575, S. 6. 16/575, S. 7. 16/1030, S. 6. 16/575, S. 6. 16/1030, S. 6.

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

persönlichen Freiheit sowie in einem geringeren Umfang die psychische und physische Unversehrtheit des Opfers als durch § 238 StGB n. F. geschützte Rechtsgüter in Betracht. b) Stellungnahme Trotz dieser Versuche des Gesetzgebers, das durch die neue Nachstellungsvorschrift geschützte Rechtsgut auf bewährte, im Grundgesetz abgesicherte Rechtspositionen wie die persönliche Freiheit und die körperliche Unversehrtheit zurückzuführen, hat das Abstellen auf die schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung als tatbestandlichen Erfolg dazu geführt, dass das Rechtsgut des Nachstellungstatbestandes in der Literatur wesentlich weitgehender definiert wird. So identifizieren Küpper26 die freie und Hettinger27 die persönliche Lebensgestaltung des Opfers selbst als das zu schützende Rechtsgut, während Krüger neben der Lebensgestaltung auch die Lebensführung als Schutzgut anerkennt.28 In Anlehnung an das Rechtsgut des neuen § 201a StGB stellt Smischek auf den persönlichen Lebensbereich als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab.29 Kinzig vertritt hingegen, das Freisein von Furcht sei das zu schützende Gut, da bei einem Abstellen auf die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers erhebliche Wertungswidersprüche zwischen dem neuen Nachstellungs- auf der einen und dem Bedrohungstatbestand auf der anderen Seite entstünden.30 Dem stimmt Timmermann im Ergebnis zu, wenn er den Begriff „Lebensgestaltung“ lediglich als eine Umschreibung für den individuellen Rechtsfrieden und damit für das Freisein von Furcht begreift.31 All diesen Rechtsgutsbestimmungen in der Literatur ist gemeinsam, dass sie nicht auf klassische Rechtsgüter zurückgreifen, sondern vielmehr auf übergreifende und damit letztlich schwer fassbare Konzepte abstellen. Diese Deutungen korrespondieren mit der auch international festzustellenden Entwicklung hin zu einer signifikanten Ausweitung des traditionellen Rechtsgüterschutzes, welcher ursprünglich primär an der Gewährleistung der kör26

Vgl. Küpper, Strafrecht, BT 1, § 3 Rn. 82. Wessels/Hettinger, Strafrecht, BT/1, Rn. 369a. 28 Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (85, 94). 29 Smischek, Stalking, S. 271. Ähnlich auch Jäger, Strafrecht BT, § 3 Rn. 97, sowie Kühl, der den individuellen Lebensbereich als das entscheidende Rechtsgut mit erforderlichem Freiheitsbezug und höchstpersönlichem Charakter erachtet, vgl. Kühl, Stellungnahme, S. 4; Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 1. 30 Kinzig, Richter ohne Robe 2007, S. 3 (8); Kinzig, ZRP 2006, S. 255 (257). 31 Timmermann, StraFo 2007, S. 358 (360). 27

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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perlichen Unversehrtheit orientiert war.32 Dieses sich entwickelnde weite Verständnis von persönlicher Integrität als zu schützendem Rechtsgut markiert insgesamt einen neuen Weg im Rahmen der Strafbewehrung von Verhalten,33 der auch in der Kriminalisierung von Stalking seinen Niederschlag gefunden hat. So zielen beispielsweise die Tatbestände aus Australien, den USA und Kanada auf die Sicherung der psychischen Gesundheit des Opfers ab,34 welche um den Schutz vor Furcht um die körperliche Unversehrtheit ergänzt wird. Der überwiegende Teil der europäischen Tatbestände geht von noch wesentlich weitreichenderen und unbestimmteren Rechtsgütern aus. So geht es im Vereinigten Königreich um den Schutz der persönlichen Sphäre sowie um die Privatheit.35 Ganz ähnlich sichert der niederländische Tatbestand erklärtermaßen die Privatsphäre des Betroffenen in Anlehnung an Art. 10 der niederländischen Verfassung.36 Belgien gewährleistet die Ruhe der betroffenen Person vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen.37 Der irische Gesetzgeber wählt eine Kombination aus diesen beiden Schutzgütern, indem er auf den Frieden und die Privatsphäre des Opfers abstellt.38 Ähnlich wie es auch in Deutschland vorgeschlagen wird, besteht das Schutzgut des neuen österreichischen Tatbestandes in der Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen als Ausschnitt der persönlichen Freiheit des Menschen.39 Die eingangs beschriebenen unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur bezüglich des von § 238 StGB n. F. geschützten Rechtsguts spiegeln somit die nicht unerheblichen Probleme wider, die die konkrete Rechtsgutbestimmung im Bereich des facettenreichen Phänomens Stalking bereitet.40 Da Stalking-Verhalten beträchtliche negative Auswirkungen sowohl auf die psychische Konstitution des Opfers als auch auf dessen körperliche Unversehrtheit haben kann und zudem regelmäßig umfangreiche Veränderungen sowie Einschränkungen im Rahmen des sozialen Verhaltens bewirkt,41 kommen in tatsächlicher Hinsicht alle genannten Rechtsgüter als Schutzgut des neuen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Betracht. 32

So auch Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 70. Ähnlich Pelikan, Psychoterror, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Konferenzbericht, S. 25 (32). 34 So auch Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 70. 35 Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 70. 36 Vgl. Art. 285b des niederländischen Strafgesetzbuches. 37 Vgl. Art. 442bis des belgischen Strafgesetzbuches. 38 Vgl. s 10 (2) (a) Non-Fatal Offences Against the Person Act 1997 (IRL). 39 Mitgutsch, RZ 2006, S. 186 (186). 40 Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1237). 41 Ausführlich dazu vgl. B. IX. 33

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Der Wortlaut des Nachstellungstatbestandes legt mit seinem Abstellen auf die Lebensgestaltung des Opfers nahe, eben diese als Schutzgut von § 238 StGB n. F. zu betrachten. Dies gilt umso mehr als der Gesetzgeber selbst einen möglichst umfassenden Schutz der individuellen Freiheitssphäre der Opfer gewährleisten wollte, was neben der Handlungs- und Entschließungsfreiheit auch die persönliche Lebensgestaltung einschließt. Gegen diese sehr weitreichende Definition des Rechtsguts wird oft eingewandt, die freie Lebensgestaltung sei als Rechtsgut völlig neu und könne auf keine Vorläufer im StGB zurückgreifen. Dies bewirke angesichts der dem Begriff der Lebensgestaltung immanenten Unbestimmtheit, dass ein konturenloses Konzept entstehe, dass einer verbindlichen Grenzziehung unzugänglich sei. Dem wird jedoch entgegengehalten, es sei durchaus möglich, den Begriff der Lebensgestaltung auszulegen. Dies gelte umso mehr als nach dem Gesetzeswortlaut nicht einmal jede Beeinträchtigung der Lebensgestaltung ausreiche, sondern nur eine solche, die schwerwiegend sei. Damit sei der Gesetzgeber selbst vom Schutzgut der Lebensgestaltung ausgegangen und habe der Gesetzesanwendung einen Hinweis auf die Auslegung an die Hand gegeben. Zwar kann nicht abgestritten werden, dass sich das Konzept der Lebensgestaltung in der Rechtsanwendung einschränkend auslegen lässt. Trotzdem erinnert dieser Begriff stark an den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der im Zivil- wie im öffentlichen Recht gewährleistet wird. Das Persönlichkeitsrecht wird im Strafrecht jedoch nicht umfassend, sondern nur punktuell und fragmentarisch geschützt. Im Rahmen des § 238 StGB n. F. auf die freie Lebensgestaltung als Rechtsgut abzustellen, hieße damit aber, wie Kinzig zu Recht betont, die bislang im Strafrecht herrschende Trennschärfe aufzugeben und sich dem zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz anzunähern.42 Aus diesem Grund, so argumentiert Kinzig weiter, sei in § 238 StGB n. F. im Ergebnis das Freisein von Furcht geschützt, denn auch die Handlungs- und Entschließungsfreiheit würden wie empirische Untersuchungen zeigten nicht primär durch Stalking verletzt.43 Dem muss jedoch widersprochen werden. Zwar entspricht es der Wahrheit, dass die meisten Opfer durch Stalking-Verhalten eingeschüchtert und verängstigt werden, sodass sie kein angstfreies Leben mehr führen können. Es stimmt aber ebenso, dass der weit überwiegende Teil der Stalker die Opfer zu einem bestimmten Verhalten wie z. B. zur Aufnahme von Kontakt motivieren will. Auch wenn die Opfer diesen Vorstellungen nur in den seltensten Fällen nachgeben, ändern sie dennoch zumeist ihre alltäglichen Lebensgewohnhei42 Kinzig, Richter ohne Robe 2007, S. 3 (8); Kinzig/Zander, JA 2007, S. 481 (482). 43 Kinzig, Richter ohne Robe 2007, S. 3 (8).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

301

ten und schränken ihre sozialen Kontakte ein. Damit ist typische Folge des Stalking eine auf psychische Beeinträchtigungen zurückzuführende Einschränkung der Handlungs- und Entschließungsfreiheit, die mithin ebenso wie das Freisein von Furcht taugliches Schutzgut von § 238 StGB n. F. ist. Diese Bestimmung des Rechtsguts überzeugt auch deshalb, weil die Tatbestände der §§ 240, 241 StGB, die ebenfalls die Handlungs- und Entschließungsfreiheit bzw. das Freisein von Furcht schützen, wie § 238 StGB n. F. im 18. Abschnitt bei den Delikten gegen die persönliche Freiheit verortet sind. Beantwortet werden muss zudem, ob in § 238 StGB n. F. auch die psychische Gesundheit geschützt ist. Für eine solche Auslegung würde der Blick ins Ausland sprechen. So wird in den Tatbeständen vieler Rechtsordnungen insbesondere in Australien, den USA und Kanada die psychische Unversehrtheit explizit geschützt. Auch die bereits angesprochenen Andeutungen in den Gesetzesbegründungen von Bundestag und Bundesrat legen eine solche Annahme nahe. Allerdings überzeugt es wenig, die psychische Gesundheit, die bislang im StGB nur mittelbar, d.h. in ihren somatischen Auswirkungen durch § 223 StGB, geschützt ist, als eigenes Schutzgut anzuerkennen. Grund dafür ist, dass sich der Gesetzgeber dazu nur vage geäußert hat. Hätte er eine derart weitreichende Neuerung im Strafrecht bewirken wollen, so hätte er sich dazu bewusst und ausdrücklich erklären müssen. Dies gilt umso mehr als der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen sein muss, dass sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit nicht das primär vom Nachstellungstatbestand geschützte Rechtsgut sein können. Dies lässt sich daran erkennen, dass § 238 StGB im 18. Abschnitt bei den Delikten zum Schutz der persönlichen Freiheit und nicht im 17. Abschnitt bei den Delikten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit eingeordnet wurde. Im Ergebnis schützt § 238 StGB n. F. damit die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers als Ausschnitt der individuellen Freiheitssphäre sowie die Freiheit des Opfers vor Furcht.

2. Tathandlungen und Angriffsformen a) Gesetzgeberische Konzeption Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, in § 238 StGB n. F. die sogenannte „Nachstellung“ als Tathandlung unter Strafe zu stellen. Dieser Begriff wird in § 238 Abs. 1 StGB n. F. durch das Adjektiv unbefugt näher beschrieben. Damit konnte die Bundesregierung ihren Vorschlag gegenüber

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

dem Vorhaben des Bundesrates durchsetzen, der die „schwere Belästigung“ mit Strafe bewehren wollte.44 Der gesetzgeberischen Konzeption zufolge ist das unbefugte Nachstellen als zentraler Oberbegriff des Tatbestandes zu verstehen, der den Kern der Tathandlung umschreibt. Dabei solle der Begriff der Nachstellung sinngemäß dem für das Phänomen ansonsten verwendeten Terminus „Stalking“ entsprechen. Zur näheren Erläuterung weist der Gesetzgeber darauf hin, dass der Begriff des Nachstellens auch bislang schon sowohl im GewSchG als auch in §§ 292 Abs. 1 Nr. 1, 329 Abs. 3 Nr. 6 StGB verwendet wird. In diesen Zusammenhängen umfasse er das Anschleichen, Heranpirschen, Auflauern, Aufsuchen, Verfolgen, Anlocken, Fallenstellen und das Treibenlassen durch Dritte. Damit bezeichne der Terminus der Nachstellung in § 238 Abs. 1 StGB n. F. alle Handlungen, die darauf ausgerichtet seien, durch unmittelbare oder mittelbare Annäherungen an das Opfer in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen.45 Das Adjektiv „unbefugt“, welches in § 238 Abs. 1 StGB n. F. der Tathandlung „nachstellt“ vorangestellt ist, ist nach Auffassung des Gesetzgebers als ein zum Tatbestand gehörender Umstand zu charakterisieren, der dessen Anwendungsbereich auf strafwürdige Fälle beschränkt. Zum einen seien dadurch die Fälle aus dem Tatbestand ausgeschieden, in denen ein ausdrückliches oder konkludentes Einverständnis des Opfers vorliege. Zum anderen sei der Tatbestand auch dann nicht erfüllt, wenn der Täter auf der Basis amtlicher oder privatautonom begründeter Befugnisse oder Erlaubnisse handele wie beispielsweise ein Gerichtsvollzieher.46 Im Folgenden zählt der objektive Tatbestand vier spezifische Angriffsformen auf, welche den Oberbegriff der Nachstellung konkretisieren. Die aufgeführten Angriffsformen hat der Gesetzgeber dabei nach eigener Aussage gewählt, da sie die nach derzeitigen Erkenntnissen häufigsten Nachstellungshandlungen darstellten.47 In Ergänzung zu dieser Auflistung enthält § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. eine Öffnungsklausel, durch die die Vornahme einer anderen vergleichbaren Handlung unter Strafe gestellt wird. Die erste Angriffsform in § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F., die das Aufsuchen der räumlichen Nähe pönalisiert, soll dem Gesetzentwurf zufolge physische Annäherungen an das Opfer wie z. B. das Auflauern, das Verfolgen oder das Vor-dem-Haus-Stehen erfassen. Voraussetzung sei dabei ein 44 45 46 47

BT-Drucksache 16/1030, S. 5, 6. Vgl. dazu BT-Drucksache 16/575, S. 7. BT-Drucksache 16/575, S. 7. BT-Drucksache 16/575, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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gezieltes Aufsuchen der räumlichen Nähe zum Opfer, während eine bloß zufällige gleichzeitige Anwesenheit von Täter und Opfer an einem Ort zu anderen Zwecken nicht genügen solle.48 § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. erfasst Versuche des Täters, unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dem Opfer herzustellen. Diese Variante solle dabei das Nachstellen mithilfe von unerwünschten Anrufen, E-Mails, SMS, Briefen, schriftlichen Botschaften an der Windschutzscheibe oder auf der Fußmatte des Opfers sowie jegliche mittelbare Kontaktaufnahme über dritte Personen wie z. B. Angehörige, Kollegen oder Freunde unterbinden.49 Auch § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. zielt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auf eine mittelbare Kontaktaufnahme durch den Stalker ab. Dieser Regelung zufolge ist nämlich die missbräuchliche Verwendung der personenbezogenen Daten des Opfers zur Bestellung von Waren oder Dienstleistungen sowie zur Veranlassung der Kontaktaufnahme durch Dritte mit dem Opfer untersagt. Erfasst werden solle mit dieser Variante unter anderem die Strategie, bei der der Täter nicht selbst Kontakt mit dem Betroffenen aufnimmt, sondern heimlich Einfluss auf dessen soziales Umfeld ausübt und andere Personen dazu veranlasst, sich dem Opfer gegenüber in einer bestimmten Weise zu verhalten.50 Als Beispiel nennt der Gesetzgeber das Schalten unrichtiger Anzeigen, in denen Name und Daten des Opfers veröffentlicht und beispielsweise ein neuer Lebenspartner gesucht oder sexuelle Dienstleistungen angeboten werden.51 Im Gegensatz dazu ist in § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. das unmittelbare Ausstoßen von Drohungen mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit des Betroffenen oder einer diesem nahe stehenden Person mit Strafe bewehrt. Abschließend hat in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. der vom Bundesrat für unabdingbar gehaltene Auffangtatbestand Eingang in das Delikt gefunden. Demzufolge sind nun auch andere, den in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. vergleichbare Handlungen mit Strafe bedroht. Dies sei nötig, da sich der von einem Stalker vollführte Terror einer abschließenden gesetzlichen Eingrenzung entziehe.52 Nur so sei es angesichts der Vielgestaltigkeit potentieller Stalking-Verhaltensformen und wegen der zu erwarten48 49 50 51 52

BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache BT-Drucksache

16/575, S. 7. 16/575, S. 7. 16/575, S. 7. 16/575, S. 7 f. 16/1030, S. 7.

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

den technischen Neuentwicklungen in der Zukunft möglich, Strafbarkeitslücken zu vermeiden.53 b) Stellungnahme aa) Tathandlung Bei der Beschreibung der Tathandlung verlässt sich der Gesetzgeber auf den Begriff der „Nachstellung“, der als deutsches Synonym für den englischen Terminus „Stalking“ fungiert. Diesem ist mithin die Aufgabe zugewiesen, den spezifischen Unrechtsgehalt des Stalking treffsicher zu umreißen und dem Normadressaten zu vermitteln. Da der Terminus des Nachstellens auch bereits in anderen Straftatbeständen wie z. B. in §§ 292 Abs. 1 Nr. 1, 329 Abs. 3 Nr. 6 StGB benutzt wird, ist zunächst zu untersuchen, ob sich das dort überkommene Begriffsverständnis auf den neuen Nachstellungstatbestand übertragen lässt. In den §§ 292 Abs. 1 Nr. 1, 329 Abs. 3 Nr. 6 StGB wird die Jagdwilderei bzw. die Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete mit Strafe bedroht, wobei es in concreto verboten ist, dem Wilde oder besonders geschützten Tieren nachzustellen. Nachstellen wird in diesem Zusammenhang definiert als Anschleichen, Heranpirschen, Auflauern und Verfolgen.54 Gerade die Tatsache, dass der Nachstellungsbegriff im StGB traditionell in Zusammenhang mit der Jagd steht, veranlasst Gazeas, die Wahl dieses Terminus im Rahmen eines Stalking-Tatbestandes abzulehnen. Er begründet dies damit, dass eine Übertragung der zu dem Begriff schon bestehenden Rechtsprechung und Literatur amüsant und im Ergebnis kaum brauchbar sei.55 Zwar mag es zutreffen, dass eine unkritische Übertragung der bestehenden Rechtsprechung und Literatur zum Nachstellungsbegriff auf menschliches Stalking-Verhalten nicht möglich ist. Doch ergibt sich aus der Tatsache, dass der Begriff des Nachstellens bereits in dem Tatbestand der Jagdwilderei zu finden ist, eine interessante Parallele zur Entwicklung des Stalking-Begriffs im angloamerikanischen Rechts- und Sprachraum. Auch dort stammt der Terminus Stalking ursprünglich aus der Jägersprache und 53 Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucksache 16/575, S. 9; BT-Drucksache 16/3641, S. 14. 54 Vgl. dazu Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT/2, Rn. 417; Rengier, Strafrecht, BT I, § 29 Rn. 3; NoKo/StGB/Wohlers, § 292 Rn. 42; NK/StGB/Wohlers, § 292 Rn. 23; LK/StGB/Schünemann, § 292 Rn. 46; MüKo/StGB/Zeng, § 292 Rn. 27; Tröndle/Fischer, StGB, § 292 Rn. 11. 55 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (254).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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bedeutet Jagen und Verfolgen von Tieren, Einkreisen der Beute sowie Anschleichen und auf die Pirsch Gehen.56 Erst im Rahmen sprachlicher Weiterentwicklung erhielt Stalking die neue Konnotation der andauernden Belästigung eines anderen Menschen, die mittlerweile für das Begriffsverständnis prägend geworden ist. Insofern kann der Begriff des Nachstellens als eine deutsche Transformation der englischen Sprachentwicklung gesehen werden.57 Für die Verwendung des Nachstellungsbegriffs spricht zudem, dass die in Rechtsprechung und Kommentarliteratur anerkannten Beispiele für Nachstellungs-Aktivitäten im Sinne von §§ 292 Abs. 1 Nr. 1, 329 Abs. 3 Nr. 6 StGB, wie Anschleichen, Heranpirschen, Auflauern und Verfolgen,58 durchaus mit der Beschreibung typischer Stalking-Handlungen korrespondieren. Darüber hinaus wird der Begriff der Nachstellung auch bereits in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG verwendet. Diese Norm fungierte bisher als einzige spezielle gesetzliche Interventionsmöglichkeit in StalkingFällen.59 Durch die Übernahme des dort verwendeten Terminus in die strafrechtliche Sphäre wird so ein für das Opfer wünschenswerter Gleichklang zwischen den zivil- und strafrechtlichen Handlungsinstrumenten geschaffen, der einen einheitlichen Bewertungsmaßstab auf allen Ebenen des Rechts schafft. Im Gesetzgebungsverfahren war neben dem Nachstellungsbegriff der Terminus „Belästigung“ im Gespräch, der namentlich vom Bundesrat favorisiert wurde. Rechtsvergleichend betrachtet, erinnert die Belästigung stark an den im britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) gewählten Oberbegriff „harassment“. Diese Parallele offenbart gleichzeitig die größte Schwäche dieser Wortwahl. So ist der Begriff der Belästigung nicht nur bereits aus sich heraus uferlos, sondern weist überdies keinerlei spezifische, aus dem Wortlaut heraus erkennbare Verbindung zu klassischem Stalking56 Langenscheidt/Collins, Großwörterbuch Englisch, S. 806; Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch I, S. 573. Vgl. dazu auch Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (77); Dreßing/Gass, Vorwort, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 9 (9, 11); Bettermann, Einleitung, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 3 (3); Gropp, NK 2002, S. 112 (112); Gass, Stalking, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 5 (5); Hoffmann, Struktur des Verbrechens, in: Musolff/ Hoffmann (Hrsg.), Täterprofile, S. 89 (103). 57 Ähnlich Wagner, Recht und Politik 2005, S. 21 (21). 58 Vgl. dazu Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT/2, Rn. 417; Rengier, Strafrecht, BT I, § 29 Rn. 3; NoKo/StGB/Wohlers, § 292 Rn. 42; LK/StGB/Schünemann, § 292 Rn. 46; MüKo/StGB/Zeng, § 292 Rn. 27; Tröndle/Fischer, StGB, § 292 Rn. 11; NK/StGB/Wohlers, § 292 Rn. 23. 59 Ausführlich zu den zivilrechtlichen Interventionsmöglichkeiten im Rahmen von Stalking vgl. F. II. 2. a).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Verhalten auf. Unter diesen Terminus kann vielmehr jedes Verhalten subsumiert werden, solange es von dem Betroffenen nur als negativ empfunden wird. Aus diesem Grund bezeichnet Kühl den Terminus der Belästigung sogar als „Gegenbegriff zur Rechtsgutsverletzung“.60 Hinzu kommt, dass die Anwendungspraxis des britischen Protection from Harassment Act 1997 (UK) gezeigt hat, dass die Verwendung eines derart vagen Begriffs im Rahmen eines Anti-Stalking-Straftatbestandes zu einer Situation führt, in der die Strafverfolgungspraxis keineswegs auf die Aburteilung von StalkingVerhalten beschränkt bleibt, sondern weit darüber hinausgeht.61 Als dritte Variante wäre ebenfalls in Betracht gekommen, den englischen Begriff „Stalking“ selbst als Oberbegriff in den neuen deutschen Tatbestand einzufügen. Schließlich hat dieser Begriff mittlerweile schon Einzug in den Duden gehalten62 und könnte insofern als Teil der deutschen Sprache angesehen werden, welche Rechts- und Gerichtssprache ist.63 Zwar ist dieser Idee zuzugeben, dass die Bevölkerung aufgrund der Medienberichterstattung wohl klarere Vorstellung davon hat, was „Stalking“ ist, als davon, was eine „Nachstellung“ ist.64 Auch der japanische Gesetzgeber hatte sich für die Übernahme des englischen Begriffs Stalking entschieden und damit einen ungewöhnlichen Weg beschritten.65 Deutschland wäre also nicht das einzige Land, in dem ein Anglizismus Einzug in das Strafrecht gehalten hätte. Gegen diesen Vorschlag muss dennoch eingewandt werden, dass die Verwendung eines englischen Begriffs im Rahmen des StGB einen Stilbruch darstellen würde, der sich durch das Abstellen auf den Terminus Nachstellung ohne Schwierigkeiten vermeiden lässt. Hinzu kommt, dass durch den bewussten Verzicht auf den Terminus Stalking, wie beispielsweise in Kanada geschehen,66 der Entstehung von Missverständnissen in der Bevölkerung vorgebeugt werden kann. Das stellt im Hinblick auf die strafrechtliche Funktion der Generalprävention ein nicht ungewichtiges Argument dar. Insgesamt ist es nicht nur im Hinblick auf das grundgesetzlich geschützte Bestimmtheitsgebot, sondern auch im Interesse einer einheitlichen Rechts60 Kühl, Stellungnahme, S. 4. Zustimmend Kinzig/Zander, JA 2007, S. 481 (483); Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (105). 61 Vgl. dazu D. II. 3. a) bb) (1). 62 Vgl. Duden, Deutsche Rechtschreibung, S. 961. 63 Bettermann, Falsche Stalking-Opfer?, S. 4. 64 Ähnlich Kühl, Stellungnahme, S. 5, der auch eine Aufnahme des englischen Begriffs „Stalking“ in die gesetzliche Überschrift erwägt. 65 Nishihara, Eser-FS, S. 577 (579). 66 Vgl. dazu D. IV. 2.; D. IX. 1.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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auslegung begrüßenswert, dass der Gesetzgeber sich für den im Recht verankerten Begriff der Nachstellung entschieden hat, der außerdem einen direkten Bezug zu klassischem Stalking-Verhalten hat und dadurch das tatbestandsmäßige Unrecht treffsicher zu beschreiben vermag. bb) Angriffsformen Zur näheren Konkretisierung der Tathandlung des Nachstellens enthält der Straftatbestand in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. eine Aufzählung von vier unterschiedlichen Angriffsformen, die ausgewählt wurden, weil sie nach Maßgabe empirischer Untersuchungen die derzeit am häufigsten anzutreffenden Stalking-Aktivitäten darstellen.67 Tatsächlich haben Studien im Hinblick auf deutsche Bevölkerungsstichproben ergeben, dass trotz der Vielfalt an potentiellen Stalking-Verhaltensweisen in den meisten Fällen ein verhältnismäßig einheitliches Grundmuster zum Einsatz kommt. Am häufigsten sind das Tätigen unerwünschter Telefonanrufe, das Ausstoßen von Drohungen, das In-der-Nähe-Herumtreiben sowie das Auflauern und Verfolgen anzutreffen.68 (1) § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F. Als erste Angriffsform pönalisiert der Tatbestand in § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F. das Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers, wobei sich diese Formulierung wortgleich als erste Angriffsform in § 107a Abs. 2 Nr. 1 öStGB findet. Das ist nicht verwunderlich, sollen durch dieses Merkmal doch die mit Abstand am häufigsten vorkommenden Stalking-Aktivitäten des In-derNähe-Herumtreibens, des Vor-dem-Haus- bzw. -Arbeitsplatz-Stehens, des Nachlaufens, Auflauerns und Verfolgens sowie des Beobachtens unter Strafe gestellt werden. Auch das Aufrechterhalten einer ständigen demonstrativen Anwesenheit in der Nähe des Opfers lässt sich problemlos unter dieses Tatbestandsmerkmal subsumieren.69 Dies gilt vor allem deshalb, weil es zu einem tatsächlichen persönlichen Kontakt ebenso wenig gekommen sein muss wie zu einer Berührung zwischen Täter und Opfer.70 Doch so klar diese grundsätzliche Zielrichtung der Vorschrift auch ist, so unklar bleibt ihre tatsächliche Reichweite.71 Zwar macht der Tatbestand 67 68

Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 2, 7. Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11

(20). 69 70

So auch BT-Drucksache 16/575, S. 7. Valerius, JuS 2007, S. 319 (321).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

durch das Merkmal „räumlich“ deutlich, dass es sich um physische Annäherungen an das Opfer handeln muss, während beispielsweise ein bloßes Verfolgen mithilfe von Computer, Internet oder anderen Überwachungsgerätschaften nicht ausreicht. Trotzdem bleibt es im Dunklen, wie nah der Täter an das Opfer herankommen muss, um das Tatbestandsmerkmal des Aufsuchens der räumlichen Nähe zu erfüllen. Die mögliche Spannbreite eines solchen Verhaltens umfasst neben dem Erreichen der bloßen Seh- bzw. Hörweite zum Opfer72 auch das Aufsuchen eines Standpunktes, von dem aus der Täter das Opfer tätlich angreifen könnte.73 Auch eine konkretisierende Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ist mangels weiterer gesetzlicher Hinweise im Hinblick auf den notwendigen Grad der räumlichen Nähe nicht möglich. Im Ergebnis wird die Beurteilung damit wohl von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängen.74 Des Weiteren ist ungeklärt, ob das Opfer es bemerken muss, dass der Täter seine Nähe aufgesucht hat oder ob ein solches Notiznehmen nicht erforderlich sein soll. Ein alleiniges Abstellen auf den Wortlaut der Vorschrift, welcher bereits das Aufsuchen der räumlichen Nähe mit Strafe bedroht, impliziert dabei, dass schon das bloße Erreichen der Sichtweite zum Opfer ausreichend sein müsste, ohne dass das Opfer den Täter in irgendeiner Form wahrzunehmen braucht.75 Eine Berücksichtigung der anderen Handlungsvarianten in § 238 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 StGB n. F. sowie der Stellung des § 238 StGB n. F. innerhalb des StGB legen hingegen einen anderen Schluss nahe. So ist allen in § 238 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 StGB n. F. aufgeführten Angriffsformen gemeinsam, dass sie eine, wenn auch nur versuchte, Kontaktherstellung zwischen Täter und Opfer zum Gegenstand haben. Eine solche setzt zwangsläufig voraus, dass das Opfer den Täter bemerkt haben muss bzw. dass ein solches Bemerktwerden vom Täter intendiert war. Auch die Stellung des § 238 StGB n. F. im 18. Abschnitt des StGB bei den Straftaten gegen die persönliche Freiheit deutet darauf hin, dass eine tatsächliche Einwirkung des Täters auf die Freiheit bzw. zumindestens auf das Freiheitsempfinden des Opfers notwendig ist, um den Tatbestand zu verwirklichen.76 Damit ergibt die systematische 71

So auch Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (256). So z. B. Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (256 f.), der für eine restriktive Auslegung plädiert und nur Verhalten erfassen möchte, bei dem das Opfer den Täter ohne Zuhilfenahme von Ferngläsern etc. optisch wahrnimmt. 73 Pöppelmann, Stellungnahme, S. 14. 74 Ähnlich Heintschel-Heinegg/Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 5. 75 So auch Pöppelmann, Stellungnahme, S. 15; Wessels/Hettinger, Strafrecht, BT/1, Rn. 369c. 76 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (257); Pöppelmann, Stellungnahme, S. 15. 72

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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Auslegung im Gegensatz zur grammatikalischen, dass das Opfer bemerkt oder zumindest gespürt haben muss, dass der Täter seine räumliche Nähe aufgesucht hat.77 Damit ist das Tatbestandsmerkmal des Aufsuchens der räumlichen Nähe des Opfers als eine unbestimmte Handlungsbeschreibung zu qualifizieren, die viele Auslegungsfragen offen lässt. Diese werden sich voraussichtlich weniger in eindeutigen Fällen auswirken, in denen der Täter das Opfer z. B. tagelang demonstrativ verfolgt und beobachtet, als vielmehr in Randbereichen des Stalking, in denen ein verliebter Täter das Opfer kaum merklich aus der Ferne bewundert. Gerade in letzteren Fällen, in denen der Abgrenzung zwischen hinzunehmender Belästigung und strafbarer Stalking-Handlung eine für die Strafbarkeit entscheidende Bedeutung zukommt, bietet das Tatbestandsmerkmal des Aufsuchens der räumlichen Nähe keine verlässliche Richtschnur. Daher wäre es vorzugswürdig gewesen, das eigentlich anvisierte Verhalten wie ständiges körperliches Verfolgen von einem Platz zum anderen, dauerndes Beobachten und Auflauern sowie demonstratives Vor-dem-Hausbzw. Vor-dem-Arbeitsplatz-Stehen als verbotenes Verhalten in die Aufzählung von § 238 StGB n. F. miteinzubeziehen. Schließlich handelt es sich dabei um klassisches Nachstellungsverhalten, welches den typischen Unrechtsgehalt von Stalking ausmacht. Hinzu kommt, dass die derzeit zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Opfers ermöglichen, ohne dass der Täter die räumliche Nähe des Opfers aufsuchen müsste. Daher wäre es geboten gewesen, auch solche Formen der Überwachung explizit als verbotene Stalking-Methode in den Tatbestand aufzunehmen. Dies gilt umso mehr als durch eine solche ausdrückliche Aufnahme potentieller Stalking-Verhaltensweisen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte auf Natur, Erscheinungsformen und Umfang von Stalking-Verhalten aufmerksam gemacht werden können. (2) § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. In seiner zweiten Variante verbietet § 238 Abs. 1 StGB n. F. das unbefugte Nachstellen dergestalt, dass es einem Menschen untersagt ist zu versuchen, durch Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu seinem Opfer herzustellen. 77 Im Ergebnis ebenso Valerius, JuS 2007, S. 319 (321); Heintschel-Heinegg/Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 5; Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1239); Neubacher/ Seher, JZ 2007, S. 1029 (1032); Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (113).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Diese Angriffsform wird mithin durch unzählige, ganz unterschiedliche Stalking-Verhaltensweisen erfüllt. Beispielsweise umfasst das Abstellen auf Kontaktherstellungsversuche mittels Telekommunikation alle bislang denkbaren Formen der elektronischen Kommunikation, d.h. alle CyberstalkingMethoden ebenso wie die sehr beliebten Techniken des Stalking via Telefon bzw. Mobiltelefon. Das Einbeziehen sonstiger Kommunikationsmittel gewährleistet zudem, dass auch die klassischen Formen der Kommunikation mittels Postzustellung durch Versenden von Paketen oder Briefen ebenso strafbewehrt sind wie die typischen Stalking-Formen des Hinterlassens von Nachrichten an der Windschutzscheibe, auf der Fußmatte oder an anderen Orten, an denen sie von dem Opfer gefunden werden. Neben diesen Formen der direkten Kontaktherstellung erfasst § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. außerdem jegliche Versuche, einen Kontakt über Dritte herzustellen. Damit hat auch das Stalking durch Stellvertreter, das sogenannte „stalking by proxy“, dessen Auftretenshäufigkeit von der Darmstädter Studie mit einem Prozentsatz von 61% als nicht zu vernachlässigende Stalking-Taktik beziffert wurde, ausdrücklich Eingang in den neuen Nachstellungstatbestand gefunden. Allein diese Aufzählung macht die enorme Weite des tatbestandlichen Anwendungsbereiches von § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. deutlich. Im Ergebnis kann nämlich jeder Kommunikationsversuch einer Person, der an eine andere Person gerichtet ist, diese Tatbestandsvariante erfüllen. Dies gilt sogar unabhängig davon, auf welche Weise die Kommunikation aufzunehmen versucht wird oder welchen Zweck sie verfolgt. Da die meisten Stalker intendieren, in irgendeiner Form mit dem Opfer in Kontakt zu treten, ist anzunehmen, dass diese Tatbestandsvariante in der Praxis sehr oft Anwendung finden und in den meisten Fällen auch verwirklicht sein wird. Dieser beträchtliche Anwendungsbereich des § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. kommt dabei naturgemäß sowohl den Opfern als auch den Strafverfolgungsbehörden zugute, da er gewährleistet, dass möglichst viele noch so heterogene Verhaltensweisen unproblematisch unter den Tatbestand subsumiert und damit strafrechtlich verfolgt werden können. Doch so vorteilhaft ein derart weiter Anwendungsbereich sowohl für den Opferschutz als auch für die Effektivität der Strafverfolgung von Stalkern ist, so bedenklich ist es auch, dass die mit Strafe bewehrten Tathandlungen selbst nicht detailliert beschrieben werden. Zwar macht die Gesetzesbegründung klar, dass „beharrliche Nachstellungen durch unerwünschte Anrufe, E-Mails, SMS, Briefe, schriftliche Botschaften an der Windschutzscheibe o.Ä.“78 erfasst sein sollen. Allerdings lassen sich nach Maßgabe des Wort78

BT-Drucksache 16/575, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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lauts auch alle Cyberstalking-Techniken problemlos unter § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. subsumieren, ohne dass dies für einen stalkingunkundigen Leser des Tatbestandes augenscheinlich würde. Folglich ergibt sich im Hinblick auf § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. die Situation, dass der Tatbestand zwar so weit ist, dass er alle Formen der Kommunikation und damit alle möglichen Stalking-Handlungen, die in irgendeiner Form eine Kontaktherstellung mit dem Opfer zum Ziel haben, erfasst, gleichzeitig jedoch nicht den Deskriptionsgrad erreicht, der die genau anvisierten und beim Stalking häufig vorkommenden Fallgruppen des Cyber- und Telefonstalking ausdrücklich erkennen lässt. Dies birgt zum einen die Gefahr, dass der Bürger im Unklaren darüber bleibt, ob ein Versuch der Kontaktaufnahme verboten ist oder nicht. Zum anderen verspielt diese vage Fassung des Tatbestandes die Chance, die Öffentlichkeit durch eine genaue Aufzählung über die konkreten Erscheinungsformen und Gefahren des Cyberstalking aufzuklären. Die tatbestandliche Weite wird noch weiter ausgedehnt. So gilt § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. bereits als vollendet, wenn der Täter nur versucht hat, zu dem Opfer Kontakt herzustellen. Diese Vorverlagerung des Vollendungsstadiums in Stalking-Fällen trägt dem Umstand Rechnung, dass es auf andere Weise nicht möglich ist, eine Strafbarkeit des Stalking-Täters aus vollendetem Delikt zu erreichen. Schließlich wünschen die meisten Opfer keinen Kontakt mit dem Täter und gehen daher auf die Versuche des Täters, derartigen Kontakt aufzubauen, nicht ein. Dies ist vergleichbar mit der Nötigungsstrafbarkeit eines Stalkers gemäß § 240 StGB. Auch dieses Delikt ist in der Regel deshalb nicht verwirklicht, weil sich das Opfer aufgrund des Stalking-Verhaltens nicht entsprechend den Wünschen des Täters verhält, sondern vielmehr Schutzvorkehrungen trifft, um jeglichen Kontakt zum Stalker zu vermeiden.79 Würde § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. einen solchen tatsächlichen Kontakt zwischen Täter und Opfer verlangen, so wäre auch der neue Nachstellungstatbestand in den seltensten Fällen erfüllt. Das Opfer wäre vielmehr gezwungen, mit dem Stalker Kontakt aufzunehmen, d.h. auf seine Avancen zumindest zum Schein einzugehen, um strafrechtlichen Schutz zu erlangen. Im Hinblick auf die Ergebnisse der Stalking-Forschung, die den Opfern eine strikte Vermeidung jeglichen Kontakts mit dem Stalker nahelegen, wäre eine solche Strategie kontraproduktiv und würde sogar eine Intensivierung des Verhaltens bewirken. Daher ist das Abhängigmachen der Strafbarkeit von einer bloß versuchten Kontaktaufnahme zwischen Täter und Opfer folgerichtig. 79

Ausführlich dazu vgl. F. II. 1. b) bb).

312

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Gleichwohl bewirkt diese gesetzgeberische Konstruktion, dass eine Strafbarkeit aus vollendetem Delikt in das Vorbereitungs- bzw. Versuchsstadium vorverlagert wird, da Stalking-Handlungen regelmäßig auf die Herstellung von Kontakt abzielen, ohne dies zu erreichen. Zwar könnte argumentiert werden, beim Stalking stellten bereits diese Versuche eine Belästigung des Opfers dar und seien deshalb als Vollendung zu werten. Problematisch ist aber, dass Versuche der Kontaktaufnahme sowie die Herstellung von Kontakt selbst einen notwendigen Bereich des alltäglichen Lebens darstellen, sodass der Tatbestand des § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. schnell erfüllt ist. Die Folgen dieser Vorverlagerung werden allerdings dadurch abgemildert, dass eine Strafbarkeit zusätzlich den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges, namentlich eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, verlangt.80 Folglich zielt § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. mit seiner Verhaltensbeschreibung vor allem auf die Erfassung von Cyber- und Telefonstalking ab. Obwohl die Strafbewehrung dieser Tätigkeiten aufgrund ihrer Auftretenshäufigkeit im Rahmen eines Anti-Stalking-Tatbestandes von wesentlicher Bedeutung ist, ist die tatsächliche Ausgestaltung dieser Angriffsform sowohl durch die Erfassung jeglicher Kommunikationsmittel als auch durch die Vorverlagerung der Vollendungsstrafbarkeit sehr weit geraten. (3) § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. umschreibt als verbotene Angriffsform das Aufgeben von Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für das Opfer oder das Veranlassen Dritter, Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen, sofern dies unter missbräuchlicher Verwendung der personenbezogenen Daten des Opfers erfolgt. Diese Handlungsumschreibung ist auch in § 107a Abs. 2 Nr. 3 öStGB enthalten, findet ansonsten jedoch weder Nachahmer noch Vorbilder. Laut Gesetzesbegründung soll damit vor allem jegliche Kommunikation des Täters unter dem Namen des betroffenen Opfers erfasst sein, die dazu dient, dem Opfer ohne oder gegen dessen Willen Waren oder Leistungen zukommen zu lassen.81 So veranlassen Stalker z. B., dass Blumen und Pizzen zum Haus des Opfers geliefert werden oder lassen Krankenwagen und Feuerwehr vorfahren. Eine weitere, sehr beliebte Strategie ist das Schalten falscher Annoncen in der Zeitung oder im Internet, durch welche andere Menschen veranlasst werden, an das Opfer heranzutreten. Häufig erregen 80 81

So auch Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1239). BT-Drucksache 16/575, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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Stalker auch den Anschein, das Opfer biete sexuelle Dienste an oder suche einen Partner. Dies motiviert unbekannte Dritte, sich ihrerseits bei dem arglosen Opfer mit sexuellen Avancen oder Heiratsambitionen zu melden. Diesen Handlungsvarianten aus § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. ist gemeinsam, dass der Stalker durch sie unter dem Namen des Opfers gutgläubige Dritte veranlasst, mit Ersterem Kontakt aufzunehmen und es dadurch – wenn auch ungewollt – zu belästigen. Dies kann dem „stalking by proxy“ zugerechnet werden. Eine nähere Betrachtung der Tatbestandsumschreibung dieser Angriffsform ergibt, dass sie sehr genau und detailliert formuliert ist. So muss der Täter erstens die personenbezogenen Daten des Opfers missbräuchlich verwenden, sich zweitens als das Opfer ausgeben und drittens in dieser Funktion Waren oder Dienstleistungen für das Opfer bestellen bzw. alternativ Dritte zur Kontaktaufnahme mit dem Opfer veranlassen. Diese Beschreibung macht sehr deutlich, welches Verhalten in § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. mit Strafe bedroht ist. Durch die Verwendung des Begriffs „missbräuchlich“, der die Tathandlung des Verwendens näher konkretisiert, kommt zudem zum Ausdruck, dass es sich auch äußerlich nicht um ein alltägliches und harmloses, sondern um ein schon aus sich heraus sozialschädliches Verhalten handelt.82 Schließlich erscheint es jedermann offenkundig, dass eine nicht gestattete Verwendung von Daten einer anderen Person zwecks manipulativer Bestellung oder Anzeigenaufgabe kein erlaubtes und von der Rechtsgemeinschaft akzeptiertes Verhalten darstellt. Damit steht § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. in auffallendem Gegensatz zu den anderen Angriffsformen der § 238 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB n. F., in denen das verbotene, aber insgesamt sozialadäquaten Tätigkeiten ähnelnde Verhalten in einer eher vagen Form umschrieben wird. Abgesehen davon ist es überraschend, dass allein der deutsche und der österreichische Gesetzgeber das Bestellen von Waren und Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers ausdrücklich unter Strafe stellen. Selbst im Gesetzentwurf des Bundesrates fand sich diese Stalking-Technik nicht. Grund für diese Zurückhaltung ist wahrscheinlich, dass diese Taktik zwar von manchen Stalkern benutzt wird, jedoch nicht so häufig anzutreffen ist wie andere Aktivitäten. So siedelte die Darmstädter Studie die Bestellung von Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers bei 10,9% an und ermittelte diese Technik damit nach der Versendung von Faxen als die am seltensten vorkommende Stalking-Aktivität.83 82

So auch Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 41; Voß, Stellungnahme, S. 2; Wondrak/Meinhardt/Hoffmann/Voß, Opfer von Stalking, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 45 (49). 83

314

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

(4) § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. Ähnlich wie die dritte Angriffsform ist auch die vierte wesentlich enger umschrieben als die ersten beiden Varianten des § 238 Abs. 1 StGB n. F. Gemäß § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. ist das Bedrohen des Opfers mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit84 seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person mit Strafe bewehrt. Durch die Aufnahme dieser Angriffsform erweitert der neue Nachstellungstatbestand den Kreis der bereits bislang strafbaren Drohungen in §§ 240 f. StGB. So verlangt § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. im Unterschied zur Nötigung gemäß § 240 StGB nicht den Eintritt eines vom Vorsatz umfassten Nötigungserfolges in Form einer erzwungenen Handlung, Duldung oder Unterlassung auf Seiten des Opfers, während im Gegensatz zur Bedrohung aus § 241 Abs. 1 StGB kein Verbrechen in Aussicht gestellt werden muss, sondern bereits die Drohung mit einem bloßen Vergehen wie z. B. mit einer Körperverletzung oder Freiheitsberaubung ausreicht. Zwar kommen ausdrückliche Drohungen beim Stalking nicht sehr häufig vor,85 doch gilt das Ausstoßen von Drohungen als ein relativ verlässlicher Indikator für eine bevorstehende Gewalteskalation.86 Daher ist die Aufnahme einer weitgefassten Drohungsvariante in den Nachstellungstatbestand als Maßnahme, die ein frühes Einschreiten gegen potentiell gefährliche Stalker ermöglicht, zu begrüßen. Problematisch ist jedoch zum einen, dass sich Wertungswidersprüche im Hinblick auf das Delikt der Bedrohung aus § 241 Abs. 1 StGB ergeben könnten. Zum anderen lassen die US-amerikanischen Erfahrungen mit dem Erfordernis einer glaubwürdigen Drohung („credible threat“)87 vermuten, dass es sich bei diesem erweiterten Bedrohungstatbestand um ein stumpfes Schwert im Kampf gegen Stalking handeln könnte. So wird der erste Einwand vor allem damit begründet, dass der Tatbestand der Bedrohung nur das Bedrohen mit der Begehung eines Verbrechens erfasst, während § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. diesen Kreis der rele84 Der Begriff der „Freiheit“ ist hier aufgrund eines Vergleiches mit den anderen genannten Rechtsgütern Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit eng auszulegen und meint mithin nur die körperliche Bewegungsfreiheit im Sinne von §§ 35, 239 StGB, so auch Valerius, JuS 2007, S. 319 (321 f.); Heintschel-Heinegg/ Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 8. 85 Vgl. dazu D. I. 2. a). 86 Vgl. dazu B. XI. 87 Vgl. dazu D. I. 2. a).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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vanten Bedrohungen ausdehnt, ohne auf die Entstehung einer problematischen Wechselwirkung bzw. auf etwaige Abgrenzungsprobleme Rücksicht zu nehmen. Dieser Argumentation ist zwar zuzugeben, dass der Gesetzgeber durch den in § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. erweiterten Kreis der strafrechtsrelevanten Drohungen tatsächlich eine von § 241 Abs. 1 StGB abweichende Regelung trifft. Diese unterschiedliche Beurteilung ist jedoch durch entsprechende sachliche Differenzen zwischen den beiden Tatbeständen gerechtfertigt. So verlangt der Tatbestand des § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. zusätzlich ein beharrliches und unbefugtes Vorgehen des Täters, welches zudem die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend beeinträchtigen muss. Mithin ist die Tathandlung des § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. einschränkender umschrieben als es bei § 241 Abs. 1 StGB der Fall ist und es muss bei § 238 StGB n. F. ein tatbestandsmäßiger Erfolg eingetreten sein. Aufgrund dieser Differenzen auf der Ebene des objektiven Tatbestandes ist eine unterschiedliche Bewertung im Hinblick auf den Bezugspunkt der Bedrohung möglich, ohne dass ein Wertungswiderspruch zwischen § 241 Abs. 1 StGB und § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. entsteht. Der zweite Einwand, ein die Drohung als Merkmal festschreibender Tatbestand sei im Kampf gegen Stalking ungeeignet, ist nicht so leicht zu entkräften. Schließlich äußern die wenigsten Stalker explizite Drohungen, während der weit überwiegende Teil durch sein Verhalten ein allgemeines Klima der Angst erzeugt und damit konkludent droht. Fraglich ist mithin, ob § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. nur explizite Drohungen erfasst bzw. wie ausdrücklich eine solche Drohung geäußert werden muss, um tatbestandsmäßig zu sein. Aus der Tatsache, dass die Beschreibung der Tathandlung durch das Verb „bedrohen“ in § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. exakt mit der Umschreibung aus § 241 Abs. 1 StGB übereinstimmt, könnte sich ergeben, dass sich die Auslegung der neuen Handlungsbeschreibung im Rahmen des Nachstellungstatbestandes an der bewährten Definition des Bedrohens aus § 241 Abs. 1 StGB orientiert. Für ein solches Verständnis spricht vor allem, dass in diesem Fall auf ein gebräuchliches und in der Rechtsanwendung fest verankertes Begriffsverständnis zurückgegriffen werden kann, welches der Angriffsform im neuen Nachstellungstatbestand von vornherein verlässliche Konturen verleiht. Durch eine solche an § 241 Abs. 1 StGB orientierte Auslegung wird zudem die vorstehend angesprochene Gefahr eines Wertungswiderspruches zwischen § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. und § 241 Abs. 1 StGB vermieden. Schließlich wäre sichergestellt, dass bei der Nachstellung lediglich die Bandbreite des Drohungsinhaltes erweitert ist, während die generelle Bewertung eines Verhaltens als Bedrohung in beiden Delikten übereinstimmt.

316

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Eine solche Auslegung ist auch deshalb überzeugend, weil bei der Diskussion im Vorfeld der Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes häufig auf die Unzulänglichkeit des Bedrohungstatbestandes, Drohungen mit bloßen Vergehen zu erfassen, hingewiesen wurde. Damit entzündete sich die Kritik nicht am Inhalt des Tatbestandsmerkmals „bedrohen“ selbst, sondern am Bezugspunkt der Drohung. Mithin ist der Begriff des Bedrohens in § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. ebenso auszulegen wie in § 241 Abs. 1 StGB. Im Rahmen des § 241 Abs. 1 StGB genügen grundsätzlich auch konkludente Drohungen,88 wohingegen allgemeine Verwünschungen den notwendigen Drohcharakter vermissen lassen.89 Somit reicht es nach § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. aus, wenn der Stalker durch sein Verhalten schemenhaft erkennen lässt, dass er gewillt ist, das Opfer oder eine diesem nahe stehende Person an Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit zu verletzen. Bloß fortwährende Belästigungen genügen nicht, um eine derartige bevorstehende Verletzung bestimmt genug zu beschreiben und damit konkret in Aussicht zu stellen. Es werden also vor allem explizite Drohungen sowie verhältnismäßig eindeutig aus dem Verhalten deduzierbare konkludente Drohungen wie beispielsweise das Zusenden einer zugezogenen Schlinge oder eines Beerdigungskranzes erfasst werden können. Ein äußerlich neutrales Verhalten wird allein aufgrund seines belästigenden Charakters infolge stetiger Wiederholung jedoch weder in der Lage sein, den Tatbestand des § 241 Abs. 1 StGB noch den des § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. zu verwirklichen. Somit wird es von jedem konkreten Einzelfall abhängen, ob dem Verhalten des Stalkers ein konkludenter Drohungsgehalt beigemessen werden kann oder nicht. Auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. im Hinblick auf den notwendigen Inhalt der Drohung im Vergleich zu § 241 Abs. 1 StGB erweitert wurden, wird das Erfordernis einer hinreichend konkret in Aussicht gestellten Verletzung in Stalking-Fällen, bei denen der Stalker nur ein allgemein belästigendes Verhalten an den Tag legt, schwerlich erfüllt sein.90

88 Lackner/Kühl, StGB, § 241 Rn. 2; Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 241 Rn. 4; SK/Horn/Wolters, StGB, § 241 Rn. 4. 89 Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 241 Rn. 4 f.; Küpper, Strafrecht, BT 1, § 3 Rn. 79; Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (263). 90 Im Ergebnis ebenso Mitsch, der für § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. aufgrund der Überschneidung mit §§ 240 f. StGB einen nur schmalen eigenständigen Anwendungsbereich prognostiziert, vgl. Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1239).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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(5) § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. Neben diesen vier konkret bezeichneten Angriffsformen in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. enthält der Nachstellungstatbestand zusätzlich eine Öffnungsklausel in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F., derzufolge auch die Vornahme einer anderen vergleichbaren Handlung den Tatbestand verwirklichen kann. Damit kann jegliches Verhalten gleich welcher Art den Nachstellungstatbestand erfüllen, sofern es nur mit den in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. explizit aufgeführten Tätigkeiten vergleichbar ist. (a) Gesetzgeberische Intention Diese Generalklausel war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten und gelangte erst über die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages in die letztlich verabschiedete Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen.91 Zur Begründung führt der Rechtsausschuss aus, dieser Auffangtatbestand vermeide Strafbarkeitslücken, die durch die typische Vielgestaltigkeit des Phänomens Stalking sowie durch neue technische Entwicklungen entstünden. Somit sei die Aufnahme einer Generalklausel neben den in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. aufgeführten häufigsten Stalking-Verhaltensweisen notwendig, um auf neue Verhaltensmuster angemessen reagieren zu können.92 Mit dieser Auffassung und Entscheidung folgte der Rechtsausschuss dem Vorschlag des Bundesrates, dessen Hauptanliegen es während des gesamten Gesetzgebungsprozesses gewesen war, die Aufnahme einer Öffnungsklausel in den Anti-Stalking-Tatbestand zu erreichen. So hatte der Bundesrat stets betont, dass der Verzicht auf eine Öffnungsklausel bei gleichzeitigem Festhalten an einem abschließenden Katalog der verbotenen Verhaltensweisen unzureichend sei.93 Schließlich entziehe sich der durch einen Stalker vollführte Terror einer abschließenden gesetzlichen Eingrenzung.94 In Übereinstimmung mit dieser Haltung beinhaltete der Gesetzentwurf des Bundesrates von vornherein in § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB-E das Verbot, andere, ebenso schwerwiegende Handlungen vorzunehmen.95 91

Vgl. BT- Drucksache 16/575, S. 5; BT-Drucksache 16/3641, S. 4, 14. Vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in BTDrucksache 16/3641, S. 14. 93 Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 9. Zustimmend Wagner, FPR 2006, S. 208 (211); Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328). 94 Gesetzentwurf des Bundesrates in BT-Drucksache 15/5410, S. 7. 95 BT-Drucksache 16/1030, S. 5; BR-Drucksache 551/04, S. 3. 92

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

(b) Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot Die Einfügung der Öffnungsklausel ist damit als Antwort des deutschen Gesetzgebers auf das im Rahmen des Stalking-Phänomens anzutreffende Dilemma zu betrachten, welches darin besteht, dass sowohl ein zu enger als auch ein zu weiter Tatbestand einem effektiven Opferschutz abträglich ist.96 Denn je detaillierter die Beschreibung des verbotenen Verhaltens ausfällt, desto weniger wird sie in der Lage sein, auch atypische, bizarre oder neuartige Stalking-Aktivitäten zu erfassen und damit alle Opfer von Stalking effektiv zu schützen. Gleichzeitig gilt jedoch auch, dass je vager die Umschreibung des kriminalisierten Stalking-Verhaltens ausfällt, desto vehementer ist sie im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt.97 Eine weite Fassung des Tatbestandes ist zudem nicht zwingend gleichbedeutend mit einer Verbesserung des Opferschutzes, da sprachlich ungenaue Formulierungen in einem Straftatbestand erfahrungsgemäß zu beträchtlichen praktischen Unsicherheiten bei der Strafverfolgung führen und mit erheblichen Umsetzungsdefiziten einhergehen.98 Allerdings hat die rechtsvergleichende Analyse ergeben,99 dass die Aufnahme einer Öffnungsklausel den Nachstellungstatbestand in einer Vielzahl verschiedener Fälle umfassend ein- und durchsetzbar macht. Ein solcher Auffangtatbestand, durch den ein Anti-Stalking-Delikt auf atypisches und neues Verhalten ausgeweitet werden kann, gleichzeitig jedoch mit einer Beschreibung der häufigsten Erscheinungsformen des Stalking aufwartet, entspricht daher auch dem Vorgehen in vielen anderen Anti-Stalking-Straftatbeständen. Insbesondere die australischen Bundesstaaten und Territorien haben damit gute Erfahrungen gemacht.100 Grund dafür ist, dass es nicht mehr darauf ankommt, dass der Täter das im Tatbestand genau festgeschriebene Verhalten verwirklicht, da auch jede andere vergleichbare Tätigkeit im Wege der Generalklausel eine Strafbarkeit des Stalkers auslösen kann. Gleichzeitig trägt die genaue Umschreibung der am häufigsten anzutreffenden Stalking-Verhaltensweisen dazu bei, dass Klarheit darüber besteht, an welchem Leitbild sich die Richter bei der Entscheidung zu orientieren haben, ob ein Verhalten als strafbewehrtes Stalking den Tatbestand erfüllt oder nicht. 96

Weber-Hassemer, ZRP 2006, S. 69 (70). Cornish/Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 31. 98 Ausführlich zur unzureichenden Versorgung von Gewaltopfern vgl. Seifert/ Franke/Heinemann/Püschel/Mudrack, Kompetenzzentrum für Gewaltopfer, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 235 ff. 99 Vgl. dazu D. IX. 2. a). 100 Vgl. dazu C. VI. 1. c). 97

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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Folglich hat der deutsche Gesetzgeber durch das Einfügen der Generalklausel in den neuen Nachstellungstatbestand die Erfahrungen anderer Länder mit der Strafverfolgung von Stalkern konsequent umgesetzt. Durch diese gesetzgeberische Konstruktion wird sich die Effektivität der Strafverfolgung in der Praxis ebenso erheblich erhöhen wie die zu erzielende Verurteilungsquote. Hinzu kommt, dass der Tatbestand nicht an sich wandelnde technische Gegebenheiten angepasst werden muss, sondern eine ausreichende Flexibilität besitzt, um in der Anwendung an technische Neuentwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen angeglichen werden zu können. Obwohl diese Konstruktion die Strafverfolgung von Stalkern somit erheblich erleichtert und zu einem verbesserten Opferschutz beiträgt, wirft sie gleichzeitig die Frage auf, ob der Einsatz eines solchen Auffangtatbestandes im Strafrecht mit dem verfassungsrechtlich garantierten Bestimmtheitsgebot vereinbar ist. Denn die Aufgabe des Gesetzgebers ist im Rahmen der Strafbewehrung von Stalking auch und gerade, die richtige Balance zwischen einem ausreichend bestimmten, verfassungskonformen Gesetz auf der einen und einem in der Praxis effektiv durchsetzbaren, die Opfer schützenden Gesetz auf der anderen Seite zu finden. Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob der Gesetzgeber durch die konkrete Fassung der Öffnungsklausel in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. dieses Gleichgewicht gefunden hat oder ob das Abstellen auf das Vornehmen einer anderen vergleichbaren Handlung das verbotene Verhalten in unzureichender Weise beschreibt, sodass der Normadressat im Ergebnis nicht erkennen kann, welches Verhalten exakt verboten ist und wo die Grenze zwischen strafbarem Stalking und straffreiem Alltagsverhalten verläuft. Letzteres verstieße gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG. (aa) Das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG Das grundgesetzlich geschützte Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG legt fest, dass eine Tat nur dann bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Diese Garantie, aus der auch das strafrechtliche Analogieverbot hergeleitet wird, verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit in den jeweiligen Tatbeständen so detailliert und präzise zu formulieren, dass sich Tragweite und Anwendungsbereich jedes Tatbestandes schon aus dem Gesetz selbst erkennen bzw. durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen.101 101 St Rspr BVerfG, vgl. BVerfGE 25, S. 269 (285); 75, S. 329 (341) m. w. N.; BVerfG NJW 2002, S. 1779 (1779); BVerfG NJW 2003, S. 1030 (1031) m. w. N.

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Dieses rechtsstaatliche Gebot dient dem Schutz des Bürgers vor willkürlicher und unvorhersehbarer staatlicher Sanktion.102 Der staatliche Strafanspruch als stärkst-möglicher Eingriff in die Freiheitssphäre des Bürgers ist gerechtfertigt, weil jeder Bürger in Rechtssicherheit eigenverantwortlich entscheiden kann, ob er sich normkonform verhält, da er um die ansonsten drohenden Konsequenzen seines Regelverstoßes weiß.103 Eine solche bewusste Entscheidung ist jedoch nur möglich, wenn der Bürger erkennen kann, was Inhalt der Norm ist.104 Des Weiteren soll durch das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot sichergestellt werden, dass es ausschließlich dem unmittelbar vom Volk gewählten Parlament als legislativer Gewalt obliegt, die Grundrechte des Bürgers durch Strafe einzuschränken.105 Wäre ein Terminus in einem Strafgesetz unbestimmt gefasst, so wäre es letztlich an der Judikative zu entscheiden, ob sich der Bürger in einem konkreten Fall strafbar gemacht hat oder nicht. Der Umfang der Strafbarkeit, welche unmittelbar in die Freiheitssphäre des Bürgers eingreift und mithin das schärfste Schwert staatlicher Steuerung ist, darf hingegen allein vom Gesetzgeber abstrakt-generell festgelegt werden und nicht der Entscheidung der Judikativen überlassen bleiben.106 Doch obwohl das Bestimmtheitsgebot aus diesen Gründen eine möglichst genaue, unzweifelhafte und eindeutige Formulierung aller Straftatbestände verlangt, ergibt sich aus der Vielgestaltigkeit und Komplexität des Lebens sowie aus der Tatsache, dass jede Rechtsnorm notwendigerweise generellabstrakt gefasst sein muss, die Einschränkung, dass der Gesetzgeber auch im Strafrecht nicht vollkommen auf auslegungsbedürftige Begriffe verzichten kann, welche im Einzelfall einer Deutung und Konkretisierung durch den Richter bedürfen.107 Daher kann es in einzelnen Konstellationen und hier insbesondere in Grenz- und Randbereichen einer Norm zweifelhaft sein, ob sich ein Verhalten noch unter den Straftatbestand subsumieren lässt oder nicht.108 Die durch das Bestimmtheitsgebot gezogene Grenze verläuft dort, wo der Bürger aus dem Wortlaut des Strafgesetzes nicht mehr erkennen kann, wel102

BVerfGE 64, S. 389 (393 f.); 85, S. 69 (73); 45, S. 346 (351) m. w. N. BVerfGE 85, S. 69 (73); BVerfG NJW 2002, S. 1779 (1779) m. w. N. 104 BVerfGE 26, S. 41 (42); 28, S. 175 (183); 37, S. 201 (207). 105 Ransiek, Gesetz und Lebenswirklichkeit, S. 40; Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 6; Krahl, Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht, S. 31; Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 210 f. 106 BVerfGE 75, S. 329 (341); 85, S. 69 (73); 95, S. 96 (131); BVerfG NJW 2002, S. 1779 (1780). 107 BVerfGE 4, S. 352 (358); 28, 175 (183); 37, S. 201 (208). 108 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 6. 103

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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che Tathandlung unter Strafe steht. Das bedeutet, dass der Adressat zumindest in der Lage sein muss, im Regelfall anhand der Norm voraussehen zu können, ob er sich durch die Vornahme einer Handlung strafbar macht oder nicht.109 Dabei muss die Norm selbst eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und ihre Anwendung bieten oder sich auf eine gefestigte Rechtsprechung stützen können.110 Die erforderliche Gesetzesbestimmtheit hängt dabei von den Besonderheiten des jeweiligen Straftatbestandes und von den Umständen ab, die zu der gesetzlichen Regelung geführt haben.111 (bb) Vereinbarkeit des § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. mit dem Bestimmtheitsgebot Überträgt man diese Grundsätze auf die Öffnungsklausel des neu geschaffenen Nachstellungstatbestandes in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F., so ist zweifelhaft, ob diese mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitserfordernis im Strafrecht aus Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist. Eine Berücksichtigung der hinter der konkreten Öffnungsklausel in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. stehenden Intention des Gesetzgebers, welche darin besteht, möglichst viele der überaus mannigfaltigen und heterogenen Stalking-Verhaltensweisen strafbar zu stellen, lässt erkennen, dass diese ratio nur mithilfe eines Auffangtatbestandes erreicht werden kann. Aufgrund der Vielgestaltigkeit und Heterogenität der in der Realität auftretenden StalkingVerhaltensweisen und -Verläufe wird der Gesetzgeber auf andere Weise nie in der Lage sein, eine bestimmte und eindeutige abstrakt-generelle Regelung zu treffen, die alle potentiellen Stalking-Aktivitäten umfasst.112 Abgesehen davon tragen die schier unerschöpfliche Kreativität der Stalker sowie die stetige Fortentwicklung technischer Möglichkeiten dazu bei, dass eine abschließende Aufzählung von Stalking-Aktivitäten niemals den gesamten Bereich gegebenenfalls strafwürdigen Verhaltens umfassen kann.113 Folglich wäre nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze infolge der Vielgestaltigkeit und Komplexität des Stalking-Phänomens die Benutzung eines auslegungsbedürftigen Begriffs auf der Tatbestandsebene auch im Strafrecht ausnahmsweise möglich und notwendig, solange die Grenzen des verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgebotes eingehalten wären. 109 BVerfGE 75, S. 329 (341); Müller-Dietz, Lenckner-FS, S. 179 (188); Wagner/ Freudenberg, Stellungnahme, S. 6. 110 BVerfGE 45, S. 363 (371 f.); BVerfG NJW 2003, S. 1030 (1030). 111 BVerfGE 26, S. 41 (43); 28, S. 175 (183). 112 Freudenberg, NK 2005, S. 84 (85). 113 Hecht, Stellungnahme, S. 9; Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (327, 328); Stalking Consultation Paper, Law in Scotland V.

322

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Daher muss nun der Frage nachgegangen werden, ob der Bürger bei gehöriger Gewissensanspannung erkennen und vorhersehen kann, welches Verhalten konkret in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. von der Rechtsordnung missbilligt und aufgrund dessen pönalisiert wird.114 (a) Konkretisierung durch die Verhaltensvarianten aus § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. Allein aus dem Wortlaut des in Rede stehenden Tatbestandes, welcher die Vornahme einer anderen vergleichbaren Handlung ausreichen lässt,115 ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, welche Tathandlung genau dazu geeignet sein soll, diesen zu erfüllen. Es ist zudem nicht einmal ersichtlich, welche Handlung nicht in der Lage wäre, den Tatbestand zu verwirklichen. Da § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. jedoch einschränkend ein Verhalten voraussetzt, welches den anderen in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. spezifizierten Tathandlungen vergleichbar ist, könnte sich die notwendige Bestimmbarkeit der Tathandlung aus einer gegenüberstellenden Analyse, d.h. aus der Erarbeitung eines tertium comparationis, ergeben. So ging beispielsweise das Bundesland Hessen bei erstmaliger Einbringung des Vorschlages, den Anti-Stalking-Tatbestand mit einer Öffnungsklausel zu versehen, davon aus, dass sich die inhaltliche Bestimmtheit einer solchen Generalklausel aus dem Zusammenhang mit den anderen, genau umschriebenen Begehungsvarianten ergibt.116 Grundsätzlich ist eine derartige Auslegung unbestimmter Öffnungsklauseln nach Maßgabe der mit diesen in Zusammenhang stehenden Begehungsvarianten dem System des StGB nicht fremd. So kann gemäß § 211 Abs. 2 StGB wegen Mordes bestraft werden, wer „sonst aus niedrigen Beweggründen“ gehandelt hat. In vergleichbarer Weise lassen die §§ 315 Abs. 1 Nr. 4, 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB einen „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff“ in den Straßenverkehr ausreichen, um den Tatbestand als gegeben betrachten zu können. Diese Konstruktionen werden im Allgemeinen trotz der dadurch erzeugten tatbestandlichen Unbestimmtheit als gerade noch verfassungskonform angesehen.117 Doch selbst wenn diese Einschätzung zuträfe, ergibt ein Vergleich der Öffnungsklausel aus §§ 315, 315b StGB – diese sei beispiel114

Vgl. BVerfG NJW 2002, S. 1779 (1779) m. w. N. Vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. 116 BR-Drucksache 551/04, S. 10. Zustimmend Lütkes, Stalking-Arbeitsgruppe, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 8 (10). 117 So beispielweise BGHSt 22, S. 365 (366 f.); LK/StGB/König, § 315 Rn. 41; Lackner/Kühl, StGB, § 315 Rn. 6; Schönke/Schröder/Cramer/Sternberg-Lieben, StGB, § 315b Rn. 9; Kühl, Stellungnahme, S. 8. Ablehnend NK/StGB/Herzog, § 315 Rn. 18; NoKo/StGB/Herzog, § 315 Rn. 18. Ausführlich dazu vgl. Fabricius, GA 1994, S. 164 (165 ff.). 115

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

323

haft herausgegriffen – einerseits und § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. andererseits gewichtige Unterschiede, die eine abweichende Beurteilung im Hinblick auf die Generalklausel des Nachstellungstatbestandes nahe legen könnten.118 Während sich bei §§ 315, 315b StGB die notwendigen Charakteristika eines tatbestandsmäßigen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs recht genau aus einer Interpretation der vorhergehenden Elemente der Aufzählung sowie aus der Konstruktion des Tatbestandes selbst ergeben, ist dies bei § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. nicht der Fall. So verlangen §§ 315, 315b StGB einen Eingriff in den Straßenverkehr, welcher verkehrsfremd sein und sich unmittelbar auf den Verkehrsvorgang auswirken muss. Diese Kriterien umreißen diejenigen Handlungen, welche geeignet sind, die tatbestandliche Öffnungsklausel zu erfüllen, sehr genau. Hinzu kommt, dass ein Verhalten, welches die Sicherheit des Straßen- sowie des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs durch einen Eingriff von außen beeinträchtigt, bereits rein äußerlich als sozialschädlich und aufgrund der dadurch entstehenden konkreten Gefährdung für Menschen, andere Verkehrsmittel bzw. fremde Sachen als strafwürdig erscheint. Diese Erwägungen, die dazu führen, dass die Öffnungsklauseln in §§ 315 Abs. 1 Nr. 4, 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gemeinhin als aus sich heraus konkretisierbar und damit als noch verfassungskonform angesehen werden, gelten bei § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. nicht in gleicher Weise. Bereits eine Betrachtung der in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. aufgezählten Verhaltensweisen mit dem Ziel, einen gemeinsamen Nenner zu finden, nach dessen Maßgabe das in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. verbotene Verhalten konkretisiert und von erlaubten Tätigkeiten abgegrenzt werden könnte, ergibt, dass dies nicht so leicht möglich ist wie bei §§ 315 Abs. 1 Nr. 4, 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Während § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB n. F. das Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers verbietet, stellt § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. Versuche der Kontaktherstellung mit dem Opfer unter Strafe, wobei als Angriffsformen die Nutzung aller (Tele-)Kommunikationsmittel sowie das Einspannen Dritter erfasst sind. Schließlich enthält § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. ein Verbot der missbräuchlichen Verwendung personenbezogener Daten zur Bestellung von Waren oder Dienstleistungen für das Opfer sowie zur Veranlassung Dritter, mit dem Opfer in Kontakt zu treten. Abgeschlossen wird diese Aufzählung in § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. durch die Strafbewehrung des Bedrohens mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Ge118 Ebenso Kühl, Stellungnahme, S. 8. Ablehnend Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328); Wagner, Recht und Politik 2005, S. 21 (24).

324

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

sundheit oder Freiheit des Opfers selbst oder einer diesem nahe stehenden Person. Nicht nur auf den ersten Blick fällt es sehr schwer, einen gemeinsamen Nenner dieser vier Handlungsvarianten zu ermitteln, anhand dessen bestimmt werden könnte, welche Aktivitäten vergleichbare Handlungen darstellen, die mithin nach § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. strafbewehrt sein könnten. Während einige Handlungsvarianten wie beispielsweise die missbräuchliche Verwendung personenbezogener Daten zu einem ganz bestimmten Zweck sowie das Ausstoßen von Drohungen mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit sehr speziell und eng umrissen sind, erscheinen die beiden anderen Varianten der Kontaktherstellung mittels (Tele-)Kommunikation sowie des Aufsuchens der räumlichen Nähe nahezu uferlos. Bereits diese unterschiedliche Reichweite des tatbestandlichen Anwendungsbereiches der genannten Handlungsvarianten macht es sehr schwierig, eine einheitliche Linie zu finden, mit der sich die durch die Öffnungsklausel erfassten Aktivitäten effektiv beschränken ließen. Auch die Suche nach einer inhaltlichen Richtschnur für das in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. erfasste Verhalten ist diffizil. Ausgehend von dem häufig anzutreffenden Motiv vieler Stalker, welches in dem Anstreben oder Aufnehmen von Kontakt mit dem Opfer besteht, könnte angenommen werden, dass ein solcher Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Opfer ein gemeinsames, die explizit aufgeführten Handlungsvarianten verbindendes Element sei, welches mithin auch einer anderen vergleichbaren Handlung aus Nr. 5 immanent sein müsste, um Letztere strafbar zu stellen. Ein genauer Blick auf die Formulierung der Angriffsformen aus § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. zeigt jedoch, dass diese Vermutung im Gesetz keine Stütze findet. Grund dafür ist, dass weder die erste noch die dritte Variante eine Kontaktaufnahme oder auch nur einen darauf bezogenen Versuch des Täters zwingend voraussetzt. So erfordert das bloße Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers nicht, dass das Opfer infolgedessen in irgendeiner Form Kontakt mit dem Täter aufnimmt bzw. aufnehmen möchte. Zudem beinhaltet dieser Tatbestand nicht, dass der Täter durch das Aufsuchen der räumlichen Nähe überhaupt Kontakt mit dem Opfer haben möchte. Ausreichend ist vielmehr eine rein physische Präsenz in der Nähe der Wohnung oder des Arbeitsplatzes des Opfers.119 Ein Täter der ersten Variante könnte das Opfer mithin auch schlichtweg aus der Ferne beobachten, ohne eine Kontaktanbahnung überhaupt im Auge zu haben. Ähnliches gilt für die dritte Angriffsform, derzufolge der Täter unter missbräuchlicher Verwendung der personenbezogenen Daten des Opfers Be119

So auch BT-Drucksache 16/575, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

325

stellungen von Waren oder Dienstleistungen für dieses und unter dessen Namen aufgibt bzw. Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen. Zwar beinhaltet § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. das Merkmal einer Kontaktaufnahme mit dem Opfer, da sowohl Warenlieferanten und Dienstleister als auch dritte Personen infolge der Tathandlung des Stalkers mit dem Opfer in Kontakt treten müssen. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch darin, dass durch diese Handlungsvariante keine Form des direkten Kontaktes zwischen Täter und Opfer etabliert wird. Die dadurch entstehende Dreiecksbeziehung könnte allenfalls als indirekte Kontaktaufnahme zwischen Stalker und Opfer gewertet werden. Eine solche Auslegung ist jedoch problematisch. Zum einen würde sie im Hinblick auf die in Rede stehende Auslegung der Öffnungsklausel aus § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. nicht weiterführen, da sie den Tatbestand durch das Zulassen einer indirekten Kontaktaufnahme nicht einschränken, sondern vielmehr noch unbestimmter und uferloser werden ließe. Zum anderen würde die Annahme einer solchen Zusatzvoraussetzung diejenigen Fälle aus dem tatbestandlichen Anwendungsbereich ausklammern, in denen der Stalker gar keinen und sei es auch nur indirekten Kontakt mit dem Opfer anstrebt. So gibt es einige Stalker, die unzählige Waren oder Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers bestellen, um sich an diesem zu rächen. Dabei wollen sie häufig anonym bleiben, um das Opfer noch stärker zu verängstigen. Würde man die Handlungsvariante aus § 238 Abs. 1 Nr. 3 StGB n. F. als indirekte Kontaktaufnahme zwischen Stalker und Opfer auslegen, was keinerlei Stütze im Gesetzeswortlaut findet, würde diese Fallgruppe aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes herausfallen. Das wäre auch deshalb unbefriedigend, weil dieses Verhalten unmittelbar auf eine Einschüchterung des Opfers angelegt und aus diesem Grund in besonderer Weise strafwürdig ist. Selbst die vierte Fallgruppe, die mit dem Verbot des Ausstoßens einer Drohung zwangsläufig als Zwischenschritt die Aufnahme von Kontakt zwischen Täter und Opfer verlangt, scheint in erster Linie nicht die Herstellung eines Kontakts als solches verbieten zu wollen. In diesem Fall wäre sie nämlich schon von dem generellen Verbot der Kontaktherstellung sowie darauf gerichteter Versuche aus § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. erfasst. Strafgrund der Bedrohungsvariante aus § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB n. F. ist daher in erster Linie der Inhalt des Kontaktes, sprich die Drohung, und nicht die versuchte Herstellung von Kontakt zu dem Opfer. Folglich kann das Merkmal der versuchten Kontaktaufnahme nicht als ein allen aufgezählten Handlungsvarianten immanentes und damit ein zur Konkretisierung der Öffnungsklausel geeignetes Merkmal betrachtet werden.

326

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Mangels weiterer die Varianten aus § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. verbindender Merkmale, mit deren Hilfe sich die Generalklausel verlässlich auslegen ließe, machen es die beträchtliche Verschiedenartigkeit der explizit aufgeführten Verhaltensweisen sowie ihre nicht unerhebliche Weite im Ergebnis unmöglich, ein tertium comparationis zu finden, nach dessen Maßgabe sich eine vergleichbare Handlung nach § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. effektiv konkretisieren und sich eine daraus ergebende Strafbarkeit wirksam einschränken ließe.120 (b) Konkretisierung durch den tatbestandsmäßigen Oberbegriff Eine weitere Möglichkeit, die Bandbreite des durch § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. strafbewehrten Verhaltens einzuschränken, besteht darin, die potentiell strafbaren Aktivitäten anhand des sie beschreibenden tatbestandlichen Oberbegriffs zu konkretisieren. So wird etwa in §§ 315 Abs. 1 Nr. 4, 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB das erfasste Verhalten schon dadurch eingeschränkt, dass es sich bei der Tathandlung zwingend um einen „Eingriff“, also um eine Verhaltensweise, handeln muss, die unmittelbar auf Verkehrsvorgänge einwirkt.121 Im Gegensatz dazu verlangt § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. nur ganz allgemein eine vergleichbare „Handlung“. Dieser Begriff „Handlung“ verfügt jedoch über keinerlei Fähigkeiten, den Anwendungsbereich der Öffnungsklausel in irgendeiner Form einzuschränken. Ganz im Gegenteil wird sich kaum ein allumfassenderer Terminus finden lassen.122 (g) Konkretisierung durch die gesellschaftlichen Wertvorstellungen Die Wahl eines derart universellen Begriffs ist im Rahmen einer AntiStalking-Generalklausel jedoch nicht verwunderlich, da den empirischen Erkenntnissen zufolge jedes noch so alltägliche, sozialadäquate, äußerlich harmlose Verhalten geeignet ist, Stalking-Verhalten zu konstituieren, solange es sich nur stetig wiederholt oder über einen längeren Zeitraum erfolgt. Mithin ist es nicht möglich, allein durch die Beschreibung des äußeren Verhaltens Aktivitäten zu umschreiben, die bei ihrer Vornahme in jedem Fall und unter allen Umständen ein für die Bürger erkennbares strafbares Stalking-Unrecht darstellen. Aufgrund der Mannigfaltigkeit der potentiellen Stalking-Aktivitäten sowie infolge der Verschiedenartigkeit der Stalking-Konstellationen kann sich der Gesetzgeber nicht darauf verlassen, dass es in der Bevölkerung ein ein120 So auch Kühl, Stellungnahme, S. 8; Vander, KritV 2006, S. 81 (89); Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (258); Nimtz, Kriminalistik 2007, S. 493 (496); Kinzig/ Zander, JA 2007, S. 481 (486). 121 BGHSt 10, S. 404 (405). 122 So auch Kühl, Stellungnahme, S. 8.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

327

heitliches, fest verwurzeltes Verständnis davon gibt, welche Handlungen genau strafwürdiges Nachstellungsverhalten ausmachen bzw. worin der konkret sozialethisch missbilligenswerte Kern des Stalking besteht. Ein solcher Grundkonsens in der Öffentlichkeit, der beispielsweise im Hinblick auf die Körperverletzungs- und Tötungstatbestände existiert, ist auch und gerade angesichts der noch jungen Entstehungsgeschichte des Stalking als strafwürdigem Verhalten in der Gesellschaft nicht vorhanden.123 Folglich kann sich der Gesetzgeber bei der Strafbewehrung von Stalking auch nicht darauf berufen, die Öffnungsklausel aus § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. sei bereits aufgrund des in der Öffentlichkeit tradierten Verständnisses von Nachstellungen bzw. von Stalking als sozialschädlichem Verhalten ausreichend bestimmt bzw. bestimmbar. (c) Ergebnis Zusammenfassend ergibt sich, dass die Öffnungsklausel infolge des noch fehlenden gesellschaftlichen Grundverständnisses von der konkreten Ausgestaltung strafbaren Stalking-Unrechts einhergehend mit der prinzipiellen Alltäglichkeit und Sozialadäquanz vieler Stalking-Verhaltensweisen nicht aus sich heraus bestimmt oder bestimmbar ist. Da sich eine Konkretisierung des strafbewehrten Verhaltens und damit auch eine Einschränkung der sehr weitgehenden Strafbarkeit zudem weder anhand einer Auslegung des Gesetzeswortlauts noch anhand einer vergleichenden Zusammenschau der übrigen Verhaltensvarianten vornehmen lässt, entsteht durch diese Generalklausel eine Situation, in der der Bürger als Normadressat durch die bloße Lektüre des Tatbestandes nicht in die Lage versetzt wird, den strafwürdigen Unrechtskern des verbotenen Verhaltens bzw. den genauen Anwendungsbereich der Strafnorm in ausreichender Eindeutigkeit zu erkennen. Schlussfolgernd bleibt mithin festzuhalten, dass die in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. enthaltene Öffnungsklausel begrifflich derart unbestimmt gefasst ist, dass sich weder ihr Inhalt noch ihr Anwendungsbereich oder ihre Grenzen durch Auslegung hinreichend ermitteln lassen. Damit verstößt sie gegen das in Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistete Bestimmtheitsgebot.124

123 Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (463); Dennison/Thomson, (2000) 7 Psychiatry, Psychology and Law, S. 159 (162). 124 So auch Freudenberg, NK 2005, S. 84 (85); Freudenberg, Stalking, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 28 (28); Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (258, 267); Vander, KritV 2006, S. 81 (91). Ablehnend Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328); Gerhold, NK 2007, S. 2 (2); Lackner/ Kühl, StGB, § 238 Rn. 5.

328

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

cc) Unbefugt Zur näheren Konkretisierung der Nachstellung als Tathandlung enthält § 238 Abs. 1 StGB n. F. das Adjektiv „unbefugt“. Dieses soll dem Willen des Gesetzgebers zufolge kein der Rechtfertigungsebene zuzuordnendes Merkmal sein, sondern ein dem Tatbestand zugewiesener Umstand, der dessen Anwendungsbereich auf die tatsächlich strafwürdigen Fälle beschränkt und diese von sozialadäquaten Verhaltensweisen abgrenzt.125 Insoweit als im Einklang mit der Gesetzesbegründung126 durch das Unbefugtheitsmerkmal Verhalten aus dem Anwendungsbereich des Nachstellungstatbestandes ausgeschieden werden soll, welches mit ausdrücklichem oder mutmaßlichem Einverständnis des Opfers erfolgt, ist die Verwendung dieses Merkmals durchaus überzeugend. So wird der Begriff „unbefugt“ in etlichen Tatbeständen des StGB wie z. B. in §§ 201 ff., 248b, 263a, 303 Abs. 2 StGB verwendet, um deutlich zu machen, dass nur ein Verhalten gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutsträgers strafwürdig ist. Vor diesem Hintergrund ist der Terminus unbefugt auch aus sich heraus bestimmt und bestimmbar, sodass sich diesbezügliche Unklarheiten eher im tatsächlichen Bereich, d.h. etwa im Hinblick darauf ergeben, ob ein tatbestandsausschließendes Einverständnis zum Tatzeitpunkt vorgelegen hat und ob der Täter dies wusste. Angesichts der häufig vorliegenden Motivation eines Stalkers, mit der Zielperson eine Beziehung einzugehen oder wiederherzustellen, macht es Sinn, die Unbefugtheit des Stalking-Verhaltens zur Einschränkung des Anwendungsbereiches auf Tatbestandebene zu verwenden. Schließlich könnte ein Werbungsverhalten, das bei einer Person Angst und Furcht auslöst, einer anderen Person durchaus schmeicheln und folglich erwünscht sein. Dies gilt umso mehr, als eine von Werbungsverhalten betroffene Person selbst den Wunsch haben könnte, eine Beziehung mit dem Werbenden einzugehen. Auch diese Fälle einer Strafbarkeit wegen Nachstellens zu unterwerfen, wäre augenscheinlich verfehlt, zumal Stalking-Aktivitäten, insbesondere wenn sie aus sozialtypischen Verhaltensweisen bestehen, ihren strafwürdigen Charakter erst dadurch erhalten, dass sie das Opfer einschüchtern und sich somit naturgemäß gegen dessen Willen ereignen.127 Abgesehen davon soll das Unbefugtheitskriterium nach dem Willen des Gesetzgebers solches Verhalten aus dem Tatbestand ausscheiden, welches durch eine amtliche bzw. privatautonom begründete Befug- oder Erlaubnis gedeckt ist. Als Beispiel führt die Gesetzesbegründung der Bundesregierung 125 126 127

BT-Drucksache 16/575, S. 7. BT-Drucksache 16/575, S. 7; BT-Drucksache 16/1030, S. 7. So auch Finch, Criminalisation of Stalking, S. 45.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

329

die Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers an.128 Noch weitergehend wollte der Bundesrat an dieser Stelle auch das Verhalten von Presseorganen, welches sich im Rahmen der grundrechtlich garantierten Pressefreiheit bewegt, aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes ausgenommen wissen.129 Diese Konzeption wirft zunächst die generelle Frage auf, ob die Berufung auf eine amtliche oder private Befugnis im Rahmen von § 238 StGB n. F. tatsächlich den Tatbestand auszuschließen vermag oder ob es sich vielmehr – entgegen der Einschätzung des Gesetzgebers – um einen Rechtfertigungsgrund handelt. Als Ausgangspunkt kann die Überlegung dienen, dass das Einverständnis des Rechtsgutsträgers bereits den Tatbestand ausschließen muss, da das Rechtsgut diesem selbst gegenüber nicht geschützt ist. Liegt jedoch ein Eingriff in die Rechtsgüter ihres Trägers gegen dessen Willen vor – sei er auch durch eine amtliche oder private Befugnis gedeckt – so erfolgt er trotzdem nicht mit, sondern gegen den Willen des Rechtsgutsträgers. Damit liegt ein tatbestandsmäßiger Eingriff vor, der durch die Befugnisnorm allenfalls gerechtfertigt werden kann, aber nicht schon den Tatbestand auszuschließen vermag.130 Folglich kann das Merkmal „unbefugt“ nur im Hinblick auf das Einverständnis des Rechtsgutsträgers den Tatbestand des § 238 StGB n. F. ausschließen, während es im Übrigen als ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtswidrigkeit verstanden werden muss.131 Auf Grundlage der gesetzgeberischen Intention, Handeln mit amtlicher oder privater Befugnis sowie die Tätigkeit von Journalisten aus dem Anwendungsbereich des § 238 StGB n. F. auszunehmen,132 muss – angesichts der Unbestimmtheit des objektiven Tatbestandes – die Frage beantwortet werden, ob das Merkmal der Unbefugtheit dazu geeignet ist, den ansonsten weiten Tatbestand wirksam auf die strafwürdigen Fälle zu beschränken. Die Ausscheidung von journalistischen Tätigkeiten, die trotz ihrer generellen Rechtmäßigkeit unter den Tatbestand der Nachstellung fallen könnten, ist von besonderer Wichtigkeit. Grund dafür ist, dass der verabschiedete Nachstellungstatbestand auf das im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung zunächst vorgesehene, zusätzlich einschränkende Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit verzichtet hat, obwohl die Bundes128 129

Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 7. Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 7. Zustimmend Wagner, FPR 2006, S. 208

(210). 130 Zum Parallelproblem bei § 303 Abs. 2 StGB vgl. Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT/2, Rn. 13c. 131 Ausführlich zur Doppelfunktion des Unbefugtheitsmerkmals bei § 238 StGB n. F. vgl. Mitsch, Jura 2007, S. 401 (401 ff.). 132 Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 7; BT-Drucksache 16/1030, S. 7.

330

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

regierung dadurch Journalisten vor der Anwendung des Nachstellungstatbestandes schützen wollte.133 Dieser Verzicht auf das den Taterfolg einschränkende Element der Unzumutbarkeit, in dessen Rahmen die Abgrenzung zwischen erlaubtem Verhalten und strafbarem Stalking der Bundesregierung zufolge stattfinden sollte, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass diese Aufgabe nun allein von dem Merkmal der Unbefugtheit übernommen werden soll. Dies entspräche der ursprünglichen Auslegung des Unbefugtheitsmerkmals durch den Bundesrat.134 Angesichts dieser Gesetzgebungsgeschichte stellt sich die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal der Unbefugtheit in der Lage ist, erlaubtes Verhalten aus dem Tatbestand auszuscheiden und damit die ihm zugewiesene Aufgabe zu erfüllen. Um das beantworten zu können, müssen die einzelnen Fallgruppen abgeschichtet werden. So dürfte das Merkmal unbefugt keinerlei Probleme bereiten, wenn die handelnde Person über eine gesetzliche Befugnis verfügt, die entsprechende Handlung vornehmen zu dürfen. Zu denken ist an einen Gerichtsvollzieher, der aufgrund der ihm im Rahmen der ZPO übertragenen Befugnisse handelt. Eine derartige amtliche Vollstreckungstätigkeit kann somit zweifelsohne nicht als „unbefugt“ im Sinne von § 238 Abs. 1 StGB n. F. verstanden werden und ist mithin gerechtfertigt. Wesentlich zweifelhafter ist hingegen schon, ob das Unbefugtheitsmerkmal auch geeignet ist, journalistische Tätigkeiten in verlässlicher Form aus dem Anwendungsbereich des § 238 StGB n. F. auszuscheiden und diese somit vor unberechtigter Strafverfolgung zu schützen. Vor allem im Rahmen von Recherchetätigkeiten nutzen Journalisten regelmäßig alle Formen der Kontaktaufnahme, was sowohl die Nutzung jeglicher (elektronischer) Kommunikationsmittel als auch Techniken wie das Aufsuchen der Zielperson zu Hause, am Arbeitsplatz oder auf der Straße einschließt. Sollte sich die Zielperson der Recherchen weigern, mit der Presse zu sprechen, so ist eine gewisse Hartnäckigkeit der journalistischen Arbeit immanent. Bereits daraus ist ersichtlich, wie leicht sich die Arbeit der Presse unter den Tatbestand des § 238 Abs. 1 StGB n. F. subsumieren lässt und damit der Gefahr der Strafverfolgung ausgesetzt ist. Im Hinblick auf diese Tätigkeiten der Presse wird das Kriterium der Unbefugtheit zwangsläufig zu einem unbestimmten, auslegungsbedürftigen Tatbestandsmerkmal. So können sich Journalisten bei ihrer Arbeit – insbesondere im Bereich des investigativen Journalismus – weder auf das Einverständnis des sich durch ihre Arbeit bedrängt fühlenden Opfers noch auf 133 134

Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 8; BT-Drucksache 16/3641, S. 4. Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

331

eine unmittelbar auf ihre Arbeit bezogene Befugnis berufen. Ganz im Gegenteil benötigt die Presse in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat keine Erlaubnis, um ihren Recherchetätigkeiten unbehelligt von Strafverfolgung oder ähnlichen staatlichen Maßnahmen nachgehen zu können. Sie ist vielmehr vom Staat unabhängig. Dies korrespondiert mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Insofern könnte man vertreten, im Rahmen der Prüfung des Unbefugtheitsmerkmals müsse die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG direkte Berücksichtigung finden. Dies entspräche der Auslegung des Unbefugtheitsmerkmals im Rahmen des ebenfalls kürzlich eingeführten Tatbestandes der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen aus § 201a StGB. Auch dort soll das Kriterium der Unbefugtheit die Arbeit der Presse vor unangemessener Strafverfolgung schützen.135 Zwar ist eine solche direkte Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit im Rahmen des Unbefugtheitsmerkmals bei § 238 Abs. 1 StGB n. F. zu befürworten, um die Tätigkeiten der Presse effektiv aus dem Tatbestand auszuscheiden. Dennoch hinkt ein direkter Vergleich mit § 201a StGB. Grund dafür ist, dass das Unbefugtheitsmerkmal in § 201a StGB ein allgemeines Rechtfertigungselement darstellt,136 während der Gesetzgeber die Unbefugtheit bei § 238 StGB n. F. als tatbestandsausschließenden Umstand verortet hat.137 Auch wenn diese Einschätzung im Ergebnis nicht geteilt werden kann, spricht es doch dafür, dass der Gesetzgeber von einer unterschiedlichen Auslegung des Unbefugtheitsmerkmals in § 201a StGB und § 238 StGB n. F. ausgegangen ist. Bei der Entwicklung des Nachstellungstatbestandes wurde vielfach vorgeschlagen, die Tätigkeiten der Presse zu schützen, indem der spezielle Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen aus § 193 StGB für den Nachstellungstatbestand anwendbar erklärt würde.138 Dieser Ansatz fand sich beispielsweise im Gesetzentwurf des Landes SchleswigHolstein139 und stünde auch im Einklang mit den Regelungen vieler Länder, insbesondere in den meisten australischen Bundesstaaten und Territorien, in denen für das ansonsten rechtmäßige Verhalten einzelner, besonders gefährdeter Personengruppen ein spezifischer Rechtfertigungsgrund zur Verfügung steht. 135 136 137 138

Vgl. Pöppelmann, Stellungnahme, S. 2. Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 16. Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 7; BT-Drucksache 16/575, S. 7. Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328 f.); Pöppelmann, Stellungnahme,

S. 2. 139

Vgl. Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein zum Entwurf eines sogenannten „Stalking-Bekämpfungsgesetzes“ in BR-Drucksache 551/2/04 vom 17. März 2005, S. 3.

332

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Die Anwendung von § 193 StGB auf die Nachstellung hätte nicht nur den Vorteil gehabt, dass der Tatbestand in wesentlich ausdrücklicherer Form darauf hingewiesen hätte, dass dieses Delikt eine große tatbestandliche Weite aufweist und daher in besonderer Weise der Einschränkung bedarf. Auch wäre durch den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine umfassende Abwägung zwischen den Interessen des Opfers auf der einen und den Interessen der Presse auf der anderen Seite möglich gewesen, deren Notwendigkeit sich aus dem Gesetz selbst ergeben hätte. Hinzu kommt, dass bei den Delikten der Beleidigung und der Nachstellung eine vergleichbare Konfliktlage besteht. So ist der besonders weite Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der Beleidigung notwendig, um die Anwendung des sehr weiten und in besonderer Weise mit den Belangen der Presse konfligierenden Tatbestandes auf die tatsächlich gravierenden, strafwürdigen Fälle zu beschränken. Gleiches gilt für die Nachstellung, da auch dieses Delikt eine große tatbestandliche Weite aufweist und dadurch Gefahr läuft, die Tätigkeiten der Presse unangemessen stark einzuschränken. Dass eine derartige sinngemäße Übertragung des Rechtfertigungsgrundes der Wahrnehmung berechtigter Interessen dem StGB nicht fremd ist, zeigt § 201 Abs. 1 Satz 3 StGB, der eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes dann als nicht rechtswidrig erachtet, wenn die öffentliche Mitteilung zum Zwecke der Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen geschieht. Im Ergebnis hat sich der Gesetzgeber gegen eine entsprechende Anwendung des § 193 StGB bzw. des § 201 Abs. 1 Satz 3 StGB im Rahmen der Nachstellung entschieden und sich allein auf das Unbefugtheitskriterium verlassen. Das ist auch problematisch, da § 238 StGB n. F. an keiner Stelle darauf hinweist, dass die Belange der Presse in besonderer Weise zu beachten sind. Somit obliegt es allein dem Richter in jedem konkreten Einzelfall, ob und inwieweit er diese bei der Auslegung des Unbefugtheitsmerkmals berücksichtigt. Damit sind in der praktischen Anwendung Auslegungsprobleme ebenso zu erwarten wie die Tatsache, dass der Tatbestand es ermöglichen wird, die Arbeit von Journalisten zu erschweren oder gar zu behindern. Infolgedessen erscheint das Tatbestandsmerkmal der Unbefugtheit als zu unspezifisch und zu unbestimmt, um der ihm vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgabe, strafwürdiges Stalking von erlaubten Tätigkeiten abzugrenzen, mit ausreichender Sicherheit gerecht werden zu können.140 Lediglich im Hinblick auf eindeutige Fallkonstellationen wie z. B. bei der Arbeit von 140

Ebenso Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328 f.).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

333

Menschen, die mit amtlicher Befugnis handeln, oder in Fällen, in denen ein tatbestandsausschließendes Einverständnis das Unrecht ausschließt, ist das Unbefugtheitsmerkmal geeignet, seine einschränkende Funktion zu erfüllen. 3. Beharrlichkeit a) Gesetzgeberische Konzeption Abgesehen davon, dass die Nachstellung unbefugt erfolgen muss, ist auch ein beharrliches Handeln Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes aus § 238 Abs. 1 StGB n. F. In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung wird das Merkmal „beharrlich“ in Anlehnung an die Verwendung eben dieses Begriffs in den §§ 56f Abs. 1 Nr. 2, 3; 67g Abs. 1 Nr. 2, 3; 70b Abs. 1 Nr. 2, 3; 184d StGB interpretiert als wiederholtes oder andauerndes Verhalten. Dabei solle jedoch eine bloße Wiederholung des Verhaltens nicht ausreichen. Vielmehr bezeichne der Begriff eine in der Tatbegehung zum Ausdruck kommende besondere Hartnäckigkeit sowie eine gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot, welche zugleich die Gefahr weiterer Begehungen indiziere. Erforderlich sei, dass aus Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers mit dem Willen gehandelt werde, sich auch in Zukunft immer wieder entsprechend zu verhalten. Die Beharrlichkeit ergebe sich dabei aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Aktivitäten, wobei sowohl der zeitliche Abstand zwischen den Einzeltaten als auch ihr innerer Zusammenhang zu berücksichtigen seien.141 Dabei soll dieses einschränkende Tatbestandsmerkmal dazu dienen, die Anwendung von § 238 StGB n. F. im Allgemeinen sowie die Anwendung der beiden Handlungsalternativen aus § 238 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB n. F. im Besonderen unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit auf die tatsächlich strafwürdigen Fälle zu beschränken.142 Als Beispiele für sozialadäquates Verhalten, welches mithilfe des Beharrlichkeitsmerkmals aus dem Anwendungsbereich des Nachstellungstatbestandes ausgeschieden werden soll, nennt die Gesetzesbegründung Elternteile, welche mit dem ehemaligen Partner Kontakt suchen, um Absprachen über das Umgangsrecht mit gemeinsamen Kindern zu treffen.143 141

BT-Drucksache 16/575, S. 7. BT-Drucksache 16/575, S. 7. 143 In diesen Situationen werden gemeinsame Kinder von dem stalkenden ExPartner auch häufig als Druckmittel gegen das Opfer eingesetzt, vgl. dazu Goebel/ Lapp, Kriminalistik 2003, S. 369 (374). 142

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Angeführt werden auch Gläubiger, die die Erfüllung fälliger Zahlungsverpflichtungen anmahnen, sowie Journalisten, die einen Betroffenen im Rahmen des presserechtlich Zulässigen zu einer Stellungnahme veranlassen wollen.144 b) Stellungnahme Allgemein betrachtet, ist ein einschränkendes zeitliches Kriterium in Anbetracht der beträchtlichen Weite des Nachstellungstatbestandes notwendig, um dem rein äußerlich oft sozialadäquaten Verhalten, welches zukünftig als Nachstellung strafbar sein soll, genaue Konturen zu verleihen, durch die im jeweiligen Einzelfall sein sozialschädlicher Charakter widergespiegelt wird. Zudem dient ein solches Zeitelement dazu, die typische Natur des Stalking als Verhalten mit stetiger Wiederholung und kumulativer Wirkung zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig soll es gewährleisten, dass der Aktionsradius des neuen Tatbestandes auf die tatsächlich strafwürdigen Fälle beschränkt ist und bleibt.145 Inhaltlich vereint das von der Bundesregierung vorgeschlagene und vom Bundestag letztlich verabschiedete Element der Beharrlichkeit sowohl objektive als auch subjektive Elemente. Im Hinblick auf die objektive Seite des Beharrlichkeitsmerkmals ist besonders zu begrüßen, dass sowohl ein wiederholtes als auch ein lang andauerndes Verhalten umfasst ist. Damit vermeidet der Gesetzgeber, dass eine Strafverfolgung im Bereich der Nachstellung davon abhängig ist, ob zwischen einzelnen Stalking-Handlungen eine rein formale Zäsur festzustellen ist oder nicht. So traten in Queensland anfänglich erhebliche Schwierigkeiten mit dem Tatbestandsmerkmal „wiederholt“ auf. Diese Probleme waren darauf zurückzuführen, dass durch die geforderte Wiederholung diejenigen Fälle aus dem Tatbestand ausgeschieden wurden, in denen extrem bedrohliches Verhalten über einen Zeitraum von mehreren Tagen kontinuierlich an den Tag gelegt worden war, ohne dass infolge einer Unterbrechung von einem wiederholten Verhalten gesprochen werden konnte.146 Insofern ist das Beharrlichkeitselement dem Kriterium des wiederholten Handelns vorzuziehen, welches beispielsweise von Kühl als Alternative vorgeschlagen wurde.147 Diese Flexibilität in zeitlicher Hinsicht birgt jedoch den Nachteil, dass weder dem Rechtsanwender noch dem Adressaten eine konkrete Richt144 145 146 147

BT-Drucksache 16/575, S. 7. So auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 16/575, S. 7. Vgl. dazu C. VI. 1. d). Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 3.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

335

schnur an die Hand gegeben wird, wie oft oder wie lang anhaltend eine Tätigkeit an den Tag gelegt werden muss, um das Merkmal beharrlich zu erfüllen.148 Diese Entscheidung ist vielmehr der richterlichen Würdigung in jedem Einzelfall überantwortet.149 Diese Unbestimmtheit wäre aber auch durch Verwendung des vom Bundesrat favorisierten Merkmals der Fortgesetztheit nicht vermieden worden. Laut Begründung des Bundesrates sollten in der Regel fünf Handlungen bzw. Handlungsbündel notwendig sein, um das Fortgesetztheitskriterium zu erfüllen, wobei die Interpretation im Einzelnen ausdrücklich der Rechtsprechung überlassen werden sollte.150 Dabei blieb unklar, warum ausgerechnet fünf Handlungen notwendig sein sollten, um das Verhalten strafwürdig zu stellen. Auch die Tatsache, dass der Begriff „Handlungsbündel“ in der Begründung nicht genauer umschrieben wird, sowie die Aussage, in der Regel seien fünf Handlungen oder Handlungsbündel erforderlich, verhindert die Herausarbeitung einer einigermaßen verlässlichen Grenzziehung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten. Dies gilt umso mehr, als sich das Merkmal fortgesetzt nicht wie das Beharrlichkeitskriterium auf einen etablierten Vorläufer im StGB berufen kann.151 Hinzu kommt, dass durch das Abstellen auf ein (in der Regel) fünfmaliges Handeln Probleme im Grenzbereich zwischen strafloser Vorbereitung, (bei § 238 StGB n. F. straflosem) Versuch und Tatvollendung vorprogrammiert gewesen wären.152 Das Beharrlichkeitsmerkmal hat hingegen den Nachteil, dass es ein Handeln unter Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers voraussetzt, dem zudem die Intention des Täters zugrunde liegen muss, sich auch in Zukunft wieder so zu verhalten.153 148 Als Indiz zur Bestimmung des Beharrlichkeitsmerkmals in zeitlicher Hinsicht will Valerius auf das vom Bundesrat vorgeschlagene Merkmal der Fortgesetztheit abstellen, welches die Vornahme von fünf Handlungen bzw. Handlungsbündel verlangt, vgl. Valerius, JuS 2007, S. 319 (322); Heintschel-Heinegg/Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 11. Ein stichhaltiger Grund für eine solche Übertragung ist jedoch gerade angesichts der Tatsache, dass dieses Tatbestandsmerkmal gerade nicht Gesetz geworden ist, nicht ersichtlich. 149 Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). 150 BT-Drucksache 16/1030, S. 7. 151 Ganz im Gegenteil erinnert es vielmehr an die Rechtsfigur der Fortsetzungstat, die mittlerweile vom Großen Senat des BGH praktisch abgeschafft wurde, vgl. BGHSt 40, S. 138 (165). Allein aus diesem Grund wären wahrscheinlich zusätzliche Diskussionen über den konkreten Aussagegehalt dieses Tatbestandsmerkmals zu erwarten gewesen, Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 5. 152 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 5. 153 BT-Drucksache 16/575, S. 7.

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Eine solche innere Einstellung des Täters zu seinen Handlungen ist jedoch äußerst schwer zu beweisen.154 Dies gilt umso mehr in Fällen des Stalking, in denen die Täter häufig unter einer verzerrten Wahrnehmung der Realität leiden. Wie problematisch diese Tatsache bei der Strafverfolgung ist, zeigte sich beispielsweise in Westaustralien. Dort verursachte der Gebrauch des Merkmals beharrlich („persistent“) erhebliche Schwierigkeiten in der Anwendung des Tatbestandes und entwickelte sich zu einem der größten Stolpersteine auf dem Weg zu einer effektiven Durchsetzung des Stalking-Tatbestandes. Infolge der darauf zurückzuführenden geringen Verurteilungsquote musste der Tatbestand dort sogar wenige Jahre nach seiner Einführung novelliert werden.155 Dass diese Beweisproblematik im Zusammenhang mit einem Beharrlichkeitsmerkmal auch dem deutschen Gesetzgeber nicht unbekannt sein dürfte,156 ergibt sich aus der Tatsache, dass in anderen Tatbeständen wie z. B. in § 184d StGB, § 148 Nr. 1 GewO, § 58 Abs. 5 Satz 2 JArbSchG, § 105 Nr. 2 SGB VIII, die ebenfalls ein beharrliches Handeln des Täters voraussetzen, häufig das Vorliegen einer vorangehenden Abmahnung oder eines Bußgeldbescheides gefordert wird, um den enormen Beweisproblemen hinsichtlich der Beharrlichkeit entgegenzuwirken.157 Abgesehen davon wird kritisiert, dass der Gesetzgeber das Merkmal der Beharrlichkeit benutzt, um das durch die Tat verwirklichte Unrecht näher zu konkretisieren. Dies ist im Rahmen des Nachstellungstatbestandes zwar erforderlich, doch lässt das Kriterium der Beharrlichkeit mit seinem Abstellen auf die innere Einstellung und auf eine bestimmte Haltung des Täters Zweifel an seiner Vereinbarkeit mit dem Tatstrafrecht aufkommen.158 Grund dafür ist, dass im geltenden Tatstrafrecht ausschließlich die objektiv vorgenommene Handlung als solche die Strafbarkeit begründen darf und keine wie auch immer geartete innere Haltung des Täters zu seiner Tat.159 Gazeas und Mitsch ordnen das Merkmal beharrlich gar als ein der Schuld zuzuweisendes Gesinnungsmerkmal ein.160 Folglich hat das Fortgesetztheitskriterium zwar den Vorzug, dass es die notwendige Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten allein auf objektiver Ebene vollzieht. Dadurch wird sowohl den aufkeimen154

Kinzig/Zander, JA 2007, S. 481 (484). Vgl. dazu C. VI. 1. d). 156 So auch Steinberg, JZ 2006, S. 30 (32). 157 Kühl, Stellungnahme, S. 9; Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 3. 158 So auch Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 3. 159 Kühl, Stellungnahme, S. 9. 160 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (255); Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). 155

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

337

den Beweisschwierigkeiten als auch dem geltenden Tatstrafrecht Rechnung getragen. Dennoch vermag es das Fortgesetztheitskriterium ebenso wenig wie das Beharrlichkeitsmerkmal in zeitlicher Hinsicht eine klare Grenzlinie zu etablieren, die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Vorbereitung, Versuch und Vollendung vermeiden könnte. Letzteres kann wohl nur durch das Abstellen auf ein wiederholtes, d.h. mindestens zweimaliges, Verhalten erreicht werden, wobei dann die Stalking-Fälle von vornherein aus dem Tatbestand ausgeschieden würden, in denen ein bedrohliches Verhalten anhaltend und ohne zeitliche Unterbrechung an den Tag gelegt wird. 4. Taterfolg a) Gesetzgeberische Konzeption Der Nachstellungstatbestand ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet und verlangt, dass der Stalker durch die Tathandlung die Lebensgestaltung seiner Zielperson schwerwiegend beeinträchtigt. Dies ist laut Gesetzesbegründung nur bei dem Eintritt einer objektivierbaren Beeinträchtigung auf Seiten des Opfers erfüllt.161 Als Beispiele für eine solche nennt der Gesetzentwurf Fälle, in denen das Opfer keine Telefonate, Briefe oder E-Mails mehr entgegennimmt und infolgedessen Telefonnummer und E-Mail-Adresse ändert. Zudem wird angeführt, viele Opfer würden ihre Wohnung nur noch unter Schutzvorkehrungen oder kaum noch verlassen, bestimmte Orte meiden, soziale Kontakte einschränken und in Extremfällen sogar Wohnung oder Arbeitsplatz wechseln.162 Insgesamt solle aber nicht schon irgendeine Beeinträchtigung der Lebensgestaltung ausreichend sein, um den Taterfolg herbeizuführen. Erforderlich sei vielmehr eine schwerwiegende Beeinträchtigung.163 Dieses einschränkende Tatbestandsmerkmal solle die Aufgabe erfüllen, weniger gewichtige Maßnahmen der Eigenvorsorge wie die Benutzung eines Anrufbeantworters oder die Einrichtung einer Fangschaltung aus dem Tatbestand auszuklammern, während weitergehende Schutzvorkehrungen wie das Verlassen der Wohnung ausschließlich in Begleitung eines anderen sowie ein Wohnungsbzw. Arbeitsplatzwechsel genügend schwerwiegend seien.164

161 162 163 164

BT-Drucksache 16/575, S. 8. BT-Drucksache 16/575, S. 8. Vgl. § 238 Abs. 1 StGB n. F. BT-Drucksache 16/575, S. 8.

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

b) Stellungnahme aa) Die Ausgestaltung von § 238 StGB Abs. 1 n. F. als Erfolgsdelikt Es ist überraschend, dass sich der deutsche Gesetzgeber für die Ausgestaltung des Nachstellungstatbestandes als Erfolgsdelikt entschieden hat,165 da dies weltweit äußerst selten anzutreffen ist. Lediglich der Tatbestand des australischen Nordterritoriums sowie die Tatbestände aus Kanada und Irland haben ähnlich hohe Voraussetzungen im Rahmen des Taterfolgs. Andere Länder wie das Vereinigte Königreich, die Niederlande oder Belgien verlangen zwar den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges. Dieser dient jedoch nur dazu, die verbotene Tätigkeit selbst zu beschreiben und zu konkretisieren. Die übrigen australischen Bundesstaaten und Österreich verzichten sogar ganz auf einen Taterfolg. Diese internationale Tendenz spiegelt vor allem die Erfahrung der Länder wider, deren ursprüngliche Tatbestände ein solches einschränkendes Erfolgserfordernis beinhalteten. So wurden im neuen US-Model Stalking Code 2007 die Anforderungen im Bereich des Taterfolgs erheblich abgesenkt, um in der praktischen Umsetzung mehr Stalking-Fälle erfassen und somit eine größere Zahl von Stalkern bestrafen zu können. Daher ist es wenig verwunderlich, dass im Gesetzentwurf des Bundesrates der Anti-Stalking-Tatbestand als Eignungsdelikt ausgestaltet war. Diesem Vorschlag zufolge sollte es ausreichend sein, wenn das Stalking-Verhalten auf eine Weise an den Tag gelegt wird, die geeignet ist, einen Menschen in seiner Lebensgestaltung erheblich zu beeinträchtigen.166 (1) Stalking als Tätigkeitsdelikt Diese Ausgestaltung als Eignungsdelikt korrespondiert mit einem wesentlichen Charakteristikum des Stalking, welches darin besteht, dass klassisches Stalking-Verhalten wie Herumstehen auf der Straße, Verfolgen, Beobachten oder Kontaktieren mittels Telefons stetig wiederholt und kumulativ eingesetzt wird. Erst diese Penetranz verwandelt das ansonsten sozialadäquate Verhalten in strafbares Stalking-Unrecht.167 Da diese Permanenz, Aufdringlichkeit und Unentziehbarkeit die spezifische Sozialschädlichkeit des Stalking ausmacht, ist Stalking schon von Natur aus als Tätigkeitsdelikt 165 166 167

So auch Timmermann, StraFo 2007, S. 358 (359). Vgl. § 238 Abs. 1 StGB-E, BT-Drucksache 16/1030, S. 5. Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 5.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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zu betrachten,168 welches einen über diese stetige Wiederholung des Verhaltens hinausgehenden Erfolg nicht erfordert.169 (2) Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung von § 238 Abs. 1 StGB n. F. als Erfolgsdelikt Abgesehen von der Natur des Stalking als Tätigkeitsdelikt treten bei der Ausgestaltung der Nachstellung als Erfolgsdelikt gewichtige konstruktive und praktische Schwierigkeiten auf. So ist der Eintritt einer negativen Opferreaktion als Taterfolg im Allgemeinen sowie eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung bei § 238 StGB n. F. im Besonderen sowohl schwer bestimm- und beweisbar als auch zum Teil missbrauchsanfällig. (a) Begriff der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung Bereits die Bestimmung der konkreten Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um den tatbestandlichen Erfolg von § 238 Abs. 1 StGB n. F. als gegeben ansehen zu können, ist nicht ohne Weiteres möglich. Unter dem Begriff „Lebensgestaltung“ will der Gesetzgeber nur objektivierbare Beeinträchtigungen auf der Opferseite verstanden wissen. Als Beispiele werden ein geändertes Benutzungsverhalten von Kommunikationsmitteln, ein Wechsel von Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sowie ein Umzug bzw. Arbeitsplatzwechsel genannt.170 Trotz dieser beispielhaften Aufzählung in der Gesetzesbegründung ergibt ein Blick auf den Terminus der Lebensgestaltung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Stalking-Forschung, dass er eine beträchtliche Weite aufweist, die sich selbst unter Zuhilfenahme der Gesetzesbegründung nur schwer konkretisieren lässt.171 Die dadurch entstehende weite Fassung des Taterfolgs scheint vom Gesetzgeber daher intendiert zu sein, erlaubt sie doch, dass die gesamte Lebensführung des Opfers mitsamt Gewohnheiten, Handlungsweisen und Gebräuchen in die Beurteilung des Taterfolgs miteinzubeziehen ist. Diese Konstruktion erinnert an den grundrechtlichen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit, welche als Auffangtatbestand fungiert und kaum konkretisierbare Formen aufweist.172 168 169 170 171 172

So auch Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 5. Ähnlich Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (536). BT-Drucksache 16/575, S. 8. So im Ergebnis auch Kühl, Stellungnahme, S. 7 f. So auch Steinberg, JZ 2006, S. 30 (32).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Um den durch die Verwendung des weiten Begriffs „Lebensgestaltung“ ausgedehnten Anwendungsbereich von § 238 Abs. 1 StGB n. F. im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot einzuschränken, legt der Gesetzgeber im Folgenden fest, dass nur schwerwiegende Beeinträchtigungen ausreichen, um den Taterfolg zu verwirklichen. Dabei ist augenscheinlich, dass die Bestimmung des vagen Begriffs „schwerwiegend“ ebenfalls eine diffizile Wertungsfrage darstellt. Wurde der offene Terminus „Lebensgestaltung“ bewusst benutzt, um bei der Gesamtwürdigung der Tat möglichst umfassend die gesamte Lebensführung des Opfers berücksichtigen zu können, so fällt es dem Merkmal „schwerwiegend“ zu, ausreichend gravierende Beeinträchtigungen auf der Opferseite von hinzunehmenden bloßen Belästigungen abzugrenzen. Dem Gesetzentwurf zufolge sollen weniger gewichtige Maßnahmen der Eigenvorsorge wie die Benutzung eines Anrufbeantworters oder die Einrichtung einer Fangschaltung aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes ausgesondert werden, während das ausschließliche Verlassen des Hauses in Begleitung für die Bejahung des Merkmals schwerwiegend ausreichen soll.173 Schon diese Beispiele zeigen, wie vage und unbestimmt das Merkmal schwerwiegend realiter ist. So soll das bloße Ändern der E-MailAdresse, welches heutzutage bei vielen Anbietern von E-Mail-Adressen eine einfache, kostenlose und ohne zeitlichen Aufwand mögliche Maßnahme ist, eine ausreichende Schwere aufweisen, während die wesentlich kompliziertere und mit einer viel größeren Hemmschwelle verbundene Einrichtung einer Fangschaltung als Taterfolg nicht genügen soll.174 Damit bleibt unklar, welche Beeinträchtigungen ausreichend schwerwiegend sein sollen, um den Taterfolg zu verwirklichen.175 Infolgedessen wird auch und gerade angesichts der Vielgestaltigkeit des potentiellen Täter- und Opferverhaltens in Stalking-Fällen die Bewertung des Taterfolgs vom Rechtsempfinden des Richters im Einzelfall abhängen.176 Das erlaubt es dem Normadressaten nicht, bereits vor der Vornahme einer Handlung erkennen zu können, ob er sich strafbar macht oder nicht. Schließlich kann er nicht mit abschließender Sicherheit beurteilen, ob eine als möglich einkalkulierte Opferreaktion auch als ausreichend „schwerwiegend“ beurteilt werden wird. Dies ist im Hinblick auf den verfassungsrechtlich geschützten Bestimmtheitsgrundsatz in Art. 103 Abs. 2 GG nicht unproblematisch. 173

BT-Drucksache 16/575, S. 8. Zu verschiedenen Fallgruppen und deren Beurteilung vgl. Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (174 ff.). 175 Weber-Hassemer, ZRP 2006, S. 69 (70); Kinzig/Zander, JA 2007, S. 481 (484). 176 Pöppelmann, Stellungnahme, S. 14; Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (258). 174

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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(b) Anwendungsgleichheit und Missbrauchsanfälligkeit Diese große Einzelfallabhängigkeit bei der Bestimmung des Taterfolgs gepaart mit der starken Konzentration auf die subjektiv-individuelle Opferreaktion könnte außerdem dazu führen, dass der Nachstellungstatbestand in der Praxis ungleich Anwendung finden und missbrauchsanfällig sein wird. Grund dafür ist, dass jeder Mensch – bedingt durch seine persönliche psychische Konstitution – naturgemäß anders auf bestimmte Situationen reagiert. Dabei ist das individuelle „Nervenkostüm“ immer auch von situativen Faktoren abhängig. Allein diese Umstände machen ein Abgrenzungskriterium wie die subjektive Opferreaktion von vornherein unsicher und unvorhersehbar.177 Besonders in ambivalenten Situationen, in denen der Stalker seiner Zielperson z. B. wiederholt Blumen schickt oder Liebesbriefe schreibt,178 kann er deshalb kaum absehen, wie sein Opfer reagieren wird, d.h. ob es sich freut, sich genervt, belästigt oder gar bedroht und eingeschüchtert fühlt. In dieser Verschiedenartigkeit der möglichen Opferreaktionen manifestiert sich, dass das Phänomen Stalking, wie Voß und Hoffmann es nennen, einem „initialen Schwellenproblem“ unterworfen ist.179 Schließlich entscheide das subjektive Erleben der Zielperson, ob ein intrusives Verhalten als bedrohlich und damit als sanktionswürdiges Stalking oder doch noch als zwar lästig, aber gesellschaftlich akzeptiert bewertet werden müsse.180 Diese Bedrohungsschwelle, die den qualitativen Sprung von der noch sozialadäquaten Lästigkeit zum strafwürdigen Stalking markiere, sei bei jedem Menschen an einer anderen Stelle angesiedelt.181 Während ein stoisches Opfer selbst auf das penetranteste Stalking-Verhalten ungewöhnlich gelassen und ohne Furcht reagiere, geriete ein schreckhaftes oder psychisch angeschlagenes Opfer bereits bei einem objektiv noch sozialadäquaten Werbungsverhalten in Panik.182 177 Vgl. dazu Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (15); Finch, Criminalisation of Stalking, S. 26. 178 Mahoney/Williams/West, Violence Against Women, in: Renzetti/Edleson/Bergen (Hrsg.), Sourcebook Violence, S. 143 (153). 179 Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11); Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 9 (22); Voß, Psychologie des Stalkings, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), S. 37 (45 f.). 180 Bettermann, KrimJ 2003, S. 267 (267); Kuhlmann, KrimJ 2003, S. 274 (275). 181 Vgl. Voß/Hoffmann, Phänomenologie und Psychologie, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 4 (11 f.); Voß, Psychologie des Stalkings, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 37 (46). 182 Mullen/Pathé/Purcell, (2001) 35 Australian and New Zealand Journal of Psychiatry, S. 9 (15); Vander, KritV 2006, S. 81 (94).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Besonders große Unterschiede im subjektiven Erleben sind im Hinblick auf die Geschlechter feststellbar.183 Während sich Männer regelmäßig nicht schnell bedroht fühlen, sind Frauen wesentlich schneller verängstigt.184 Bestätigt wird dies durch eine anerkannte Studie, derzufolge sich Männer weit seltener als Opfer von Stalking bezeichnen als Frauen, obwohl sie die rechtliche Definition eines Stalking-Opfers erfüllen.185 Wie stark die Beurteilung eines Verhaltens als sozialadäquat oder potentiell bedrohlich von subjektiven Empfindungen der Zielperson abhängt, wurde in dieser Studie dadurch deutlich, dass sich die Prävalenzrate von Stalking bei den weiblichen Teilnehmern verdoppelte und bei den männlichen Befragten gar verdreifachte, als ihnen gestattet wurde, statt der von der Studie vorgegebenen eine eigene Stalking-Definition zu wählen.186 Festgestellt wurde zudem, dass jüngere und gut ausgebildete Frauen bedrängendes Verhalten signifikant häufiger als inakzeptabel empfinden, als dies bei der Durchschnittsbevölkerung der Fall ist.187 Allein diese wenigen Beispiele zeigen, dass dasselbe Verhalten gegenüber einer Zielperson strafwürdiges Unrecht, gegenüber einer anderen harmloses Werbungsverhalten darstellen kann. Damit kann sich in Einzelfällen eine auffallende Diskrepanz in der Bewertung ein und desselben Verhaltens ergeben.188 Ein Abstellen auf die konkret-individuelle Opferreaktion führt mithin zu einer Situation, in der dasselbe Verhalten gegenüber dem einen (sensiblen) Opfer eine empfindliche Strafe nach sich ziehen kann, während es gegenüber dem anderen (stoischen) Opfer aufgrund der Straflosigkeit des Versuchs sanktionslos bleibt. Dies wirft Zweifel auf, ob es dieses an der individuellen Opferreaktion ausgerichtete Erfolgskriterium vermag, Anwendungsgleichheit und Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten. Diesen Bedenken könnte zwar entgegengehalten werden, die unterschiedliche Behandlung der genannten Fälle sei notwendig und gerecht, da erst die bei dem Opfer entstehende Sorge als tatbestandsmäßiger Erfolg dem Stalking-Verhalten seinen strafwürdigen Charakter verleihe. Somit sei nur Verhalten zu bestrafen, welches bei dem Opfer tatsächlich negative Auswir183 Vgl. dazu auch Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 15; Forell/Matthews, Reasonable Woman, S. 7. 184 Dunn, Courting Disaster, S. 6 f. 185 Tjaden/Thoennes/Allison, Comparing Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 9 (21). 186 Tjaden/Thoennes/Allison, Comparing Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 9 (9, 16 f.). 187 Tjaden/Thoennes/Allison, Comparing Stalking Victimization, in: Davis/Hanson Frieze/Maiuro (Hrsg.), Stalking, S. 9 (22). 188 Vgl. dazu auch Cupach/Spitzberg, Relationship Pursuit, S. 15; Clancy, (1997) 78 The Parliamentarian, S. 140 (141).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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kungen gezeitigt habe. Gegen diesen Ansatz streitet jedoch die gesetzgeberische Intention, derzufolge nur objektivierbare Beeinträchtigungen im Rahmen des Taterfolgs berücksichtigt werden sollen, während ausschließlich im Inneren des Opfers erfolgende Reaktionen wie Panikattacken oder Angst nicht ausreichend seien. Zudem soll auch bei der Beurteilung des Taterfolgs ein objektivierter Maßstab unter Zugrundelegung einer Gesamtschau der Auswirkungen des Stalking angelegt werden, sodass die Reaktionen hypersensibler Opfer von vornherein außer Betracht blieben.189 Dennoch bleibt das Risiko bestehen, dass bei einem sensiblen Opfer objektivierbare und durch Veränderung der Lebensgestaltung manifestierte Reaktionen wesentlich früher eintreten als bei einem widerstandsfähigeren Opfer. Problematisch ist außerdem, dass eine Strafbarkeit nach § 238 Abs. 1 StGB n. F. eine zweifelsfrei nachgewiesene Kausalität zwischen Tathandlung und -erfolg voraussetzt. Die Kausalität ist in Stalking-Fällen allerdings nur schwer nachweisbar, da es sich bei der Motivation des Opfers, seine Lebensgestaltung zu verändern, um eine kaum verifizierbare innere Tatsache handelt.190 Dieser Umstand macht den Nachstellungstatbestand missbrauchsanfällig. Insbesondere in der Nachtrennungsphase, in der Stalking häufig auftritt,191 sind Rachegefühle gegenüber dem ehemaligen Partner nicht selten. Sollte sich ein Partner mit der Trennung nicht abfinden und versuchen wollen, das mutmaßliche Opfer zurückzugewinnen, so könnte dieses vermeintliche Opfer Techniken wie einen bloßen Wechsel von Telefonnummer und E-Mail-Adresse bewusst einsetzen, um den Ex-Partner mit einem Strafverfahren wegen Stalking zu überziehen. Während dies eine Gefahr darstellt, die wegen Stalking potentiell Verdächtigen zum Nachteil gereichen könnte, kann sich die Notwendigkeit eines Kausalitätsnachweises ebenso zulasten des Opfers auswirken. Schließlich sind selbst vernünftige, genuin durch Stalking hervorgerufene Opferreaktionen nicht leicht objektivier- und beweisbar. Wie soll beispielsweise in einem Prozess dargelegt und bewiesen werden, dass das Opfer seit den StalkingEpisoden das Haus bzw. die Wohnung nicht mehr verlassen hat oder Panikattacken erleidet, wenn das Telefon klingelt? Viel schwerer wiegt außerdem, dass die Folgen, die typischerweise durch Stalking-Verhalten ausgelöst werden, wie Angst, Panikattacken, soziale Isolation und Verlust des Selbstvertrauens, hauptsächlich rein psychischer Natur sind, sodass sie sich einer 189 So Valerius, JuS 2007, S. 319 (323); Heintschel-Heinegg/Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 17. 190 Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (328); Freudenberg, NK 2005, S. 84 (85); Wagner, FPR 2006, S. 208 (209); Vander, KritV 2006, S. 81 (94 f.); Wagner, Recht und Politik 2005, S. 21 (23). 191 Hecht, Stellungnahme, S. 2. Ähnlich Lichy, Editorial, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 2 (2).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Mess- und Objektivierbarkeit entziehen.192 Dies gilt umso mehr, als § 238 Abs. 1 StGB n. F. nur die äußerlich manifestierten Folgen dieser psychischen Beeinträchtigungen wie den Wechsel von Wohnung oder Arbeitsplatz bzw. die Änderung von Telefonnummer und E-Mail-Adresse zulässt, sodass rein psychische Beeinträchtigungen von vornherein außer Betracht bleiben. Selbst wenn es gelungen sein sollte zu beweisen, dass äußerlich manifestierte Folgen der genannten Art beim Opfer aufgetreten sind, ist es oft dennoch eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit zu beweisen, dass diese Reaktionen kausal und zurechenbar auf den Tätigkeiten des Stalkers beruhen und nicht Folge anderer Umstände im Leben des Opfers sind. bb) Lösungswege Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, hatte der Bundesrat vorgeschlagen, den Anti-Stalking-Tatbestand als Eignungs- anstatt als Erfolgsdelikt auszugestalten. Diesem Entwurf zufolge sollte ein Verhalten tatbestandsmäßig sein, wenn es geeignet ist, einen Menschen in seiner Lebensgestaltung erheblich zu beeinträchtigen.193 Dadurch sollten Fallkonstellationen erfasst werden, die nach Maßgabe einer Beurteilung ex ante die Gefahr in sich bergen, dass das Opfer aufgrund des vom Stalker entfalteten Terrors im Hinblick auf wesentliche Belange nicht mehr so leben kann wie zuvor. Beispielhaft wurden Situationen angeführt, in denen das Opfer seine Wohnung nur noch unter Schutzvorkehrungen oder überhaupt nicht mehr verlässt oder sich zum Wechsel von Wohnung oder Arbeitsplatz gezwungen sieht.194 Durch diese Konstruktion eines Eignungsdelikts wäre den Strafverfolgungsbehörden nicht nur der Beweis vom Eintritt des Taterfolgs erspart geblieben, sondern auch der Nachweis von Kausalität zwischen Tathandlung und -erfolg. Damit wäre der deutsche Nachstellungstatbestand im Einklang mit der Mehrheit anderer Länder im Bereich der Stalking-Bekämpfung gewesen. Hinzu kommt, dass das Anlegen eines objektiv-generellen Maßstabes bei der Bewertung der Eignung die ansonsten entstehenden Schwierigkeiten im Hinblick auf die stark ausgeprägte Opferabhängigkeit des Erfolgseintritts vermieden sowie die bereits dargelegte Missbrauchsanfälligkeit weitgehend eliminiert hätte. Insgesamt wäre durch den Verzicht auf einen tatsächlichen Erfolgseintritt auch die Möglichkeit eines frühzeitigen Einschreitens eröffnet worden, sodass die Polizei nicht mehr hätte warten müssen, „bis etwas passiert ist“.195 192

Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 5; Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (537). 193 Vgl. § 238 Abs. 1 StGB-E, BT-Drucksache 16/1030, S. 5. 194 Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 7.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

345

Das letzte Argument verdeutlicht jedoch die Ambivalenz, die einer Ausgestaltung des Nachstellungstatbestandes als Eignungsdelikt innewohnt. Der vollkommene Verzicht auf das Erfordernis eines Taterfolgs hätte zwangsläufig die Konsequenz gehabt, dass bereits ein Verhalten pönalisiert worden wäre, welches ein Rechtsgut noch nicht beeinträchtigt.196 Ein klassisches Erfolgsdelikt ist daher grundsätzlich einem Eignungsdelikt als bloß abstraktem Gefährdungsdelikt vorzuziehen, da es im Einklang mit dem Tatstrafrecht den tatsächlichen Eintritt eines tatbestandsmäßigen und somit sozialschädlichen Erfolges fordert.197 Eine Ausgestaltung von § 238 StGB n. F. als Eignungsdelikt hätte die Tatvollendung somit in das Vorbereitungsstadium und die Stalking-Strafbarkeit insgesamt sehr weit nach vorne verlagert.198 Daher ist es zu begrüßen, dass der deutsche Gesetzgeber der Versuchung widerstanden hat, durch die Schaffung eines abstrakten Gefährdungsdelikts die Strafbarkeit weiter auszudehnen. Dennoch stellt sich die Frage, wie die angesprochenen Unwägbarkeiten im Bereich des Taterfolgs nivelliert werden können. Um sowohl den Schwierigkeiten im Bereich der Beweisbarkeit als auch den Problemen im Rahmen der Anwendungsgleichheit sowie der Missbrauchsanfälligkeit entgegenzuwirken, könnte erwogen werden, bei der Auslegung des Nachstellungstatbestandes das Vernunftskriterium des angloamerikanischen Rechts Berücksichtigung finden zu lassen. Auf diese Weise könnten unvernünftige und unverhältnismäßige Opferreaktionen bei der Feststellung des Taterfolgs außer Acht gelassen werden. Gleichzeitig würde sichergestellt, dass auch tatsächlich – wie vom Gesetzgeber gewollt – ein objektivierter Maßstab angelegt wird. Leider lässt sich ein solcher objektiver Test dem Wortlaut des Nachstellungstatbestandes nicht entnehmen. Möglich wäre jedoch, ein derartiges normatives Kriterium in Anlehnung an den Nötigungstatbestand nach § 240 StGB zu verlangen. So entfällt bei der Nötigung die Zwangseignung, d.h. die Eignung des angekündigten Übels, den Bedrohten im Sinne des Täterverhaltens zu motivieren, sofern von dem Bedrohten in seiner Lage erwartet werden kann und muss, dass er der Bedrohung in besonnener Selbstbehauptung standhält.199 Zwar ist diese Voraussetzung aufgrund ihrer Unbestimmt195

Wagner, Recht und Politik 2005, S. 21 (23 f.); Janovsky, Stellungnahme, S. 3. Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (253). 197 So auch Kühl, Stellungnahme, S. 6; Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (253). Im Hinblick auf den Nachstellungstatbestand ablehnend Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). 198 Kühl, Stellungnahme, S. 7. 199 BGHSt 31, S. 195 (201); BGHSt 32, S. 165 (174); Lackner/Kühl, StGB, § 240 Rn. 13; Wessels/Hettinger, Strafrecht, BT/1, Rn. 404. 196

346

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

heit nicht unumstritten,200 sie würde im Rahmen des Nachstellungstatbestandes jedoch nicht nur verhindern, dass die Strafbarkeitsschwelle im Hinblick auf sehr sensible Opfer zu stark absinkt, sondern auch dafür sorgen, dass eine gleichmäßige Anwendung von § 238 StGB n. F. gewährleistet werden kann. Gleichzeitig könnte sie den Kausalitätsnachweis erleichtern, da vieles dafür spricht, dass das Opfer die Veränderungen seiner Lebensgestaltung aufgrund des Stalking-Verhaltens vorgenommen hat, wenn auch eine vernünftige Person in dieser Weise agieren würde. 5. Zwischenergebnis: Objektiver Tatbestand Aus einer Zusammenschau dieser Erwägungen ergibt sich, dass der objektive Tatbestand der Nachstellung mit einer großen Zahl unbestimmter Rechtsbegriffe gespickt ist.201 So enthält nicht nur die Beschreibung der Angriffsformen aus § 238 Abs. 1 Nr. 1, 2 StGB n. F. teils erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf ihre tatsächliche Reichweite. Es bleibt auch im Übrigen vage, wie oft, langanhaltend oder kumulativ ein Stalking-Verhalten an den Tag gelegt werden muss, um den objektiven Teil des Merkmals beharrlich zu erfüllen. Zudem erweitert die in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB n. F. enthaltene Öffnungsklausel den tatbestandlichen Anwendungsbereich auf jedes andere, den vorhergehenden Angriffsformen vergleichbare Verhalten. Wie die Analyse dieser Generalklausel deutlich macht, ist es unmöglich, die Bandbreite des kriminalisierten Verhaltens wirksam einzugrenzen. Selbst die Umschreibung des notwendigen Taterfolgs, welcher als Tatbestandsvoraussetzung eine allzu ausufernde Anwendung des Nachstellungstatbestandes in der Praxis verhindern soll, enthält durch die Umschreibung, es müsse sich um eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung handeln, einen unbestimmten Rechtsbegriff, der ebenfalls der Auslegung bedarf und der die Beantwortung dieser Wertungsfrage – wie so vieles im Rahmen von § 238 StGB n. F. – den Gerichten überantwortet. Mithin sind auf der objektiven Seite des neuen Nachstellungstatbestandes mit den Merkmalen der Beharrlichkeit, des Aufsuchens der räumlichen Nähe, der Öffnungsklausel sowie der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung mindestens vier unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, von denen jeder für sich in erheblichem Umfang der Auslegung und Wertung bedarf. Die problematischen Implikationen dieser schon als über200 Kritisch z. B. Amelung, GA 1999, S. 182 (192); Lackner/Kühl, StGB, § 240 Rn. 13. 201 Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (537); Steinberg, JZ 2006, S. 30 (31, 32).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

347

mäßig zu bezeichnenden Häufung unbestimmter Rechtsbegriffe202 werden noch dadurch verschärft, dass die Verhaltensbeschreibungen in § 238 Abs. 1 StGB n. F. zu einem großen Teil alltägliches und sozialadäquates Verhalten wie das Anrufen, E-Mail-Schreiben oder Kontaktherstellen kriminalisieren. Dadurch entsteht eine Situation, in der der Bürger als Normadressat nicht mehr mit hinreichender Sicherheit in der Lage ist festzustellen, welches Verhalten als Nachstellung in § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit Strafe bewehrt ist und welches nicht. Folglich ist nicht nur das in Art. 103 Abs. 2 GG normierte Bestimmtheitsgebot verletzt, sondern es entsteht auch die große Gefahr, dass Berufsgruppen wie Journalisten und Privatdetektive ebenso wie andere gesellschaftliche Interessengruppen wie z. B. Demonstranten unberechtigterweise in den Anwendungsbereich des Nachstellungstatbestandes geraten und infolgedessen in unangemessener Weise kriminalisiert werden. 6. Subjektiver Tatbestand a) Gesetzgeberische Konzeption Der Tatbestand des § 238 StGB n. F. enthält keine besonderen subjektiven Tatbestandsmerkmale, sodass gemäß § 15 StGB der Grundsatz gilt, dass der Täter hinsichtlich aller objektiven Tatbestandselemente mit Vorsatz, d.h. mindestens mit dolus eventualis, gehandelt haben muss. b) Stellungnahme Kaum ein Tatbestandsmerkmal hat sich als so entscheidend für den Erfolg in der praktischen Umsetzung eines Anti-Stalking-Straftatbestandes erwiesen wie die geforderte subjektive Einstellung des Täters zu seinen Stalking-Aktivitäten. Grund dafür ist, dass die subjektiven Tatbestandsmerkmale zwangsläufig im Spannungsfeld zwischen den allgemeinen Strafrechtsprinzipien und den praktischen Zwängen einer effektiven Strafverfolgung im Bereich des Stalking stehen. Wie sowohl die psychologischen als auch die rechtsvergleichenden Erkenntnisse nahe legen, wird sich das Vorsatzerfordernis im Bereich der Strafverfolgung von Stalking in Deutschland als erhebliches Problem entpuppen, weil eine nicht zu vernachlässigende Zahl an Stalkern in der genuinen Vorstellung handelt, sie liebten ihr Opfer. Oft kommt dabei die Hoffnung hinzu, die anvisierten Personen liebten auch sie oder würden dies zu202

32).

Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (537); Steinberg, JZ 2006, S. 30 (31,

348

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

mindest zukünftig tun. In diesen Fällen fehlt den Stalkern jegliches Bewusstsein davon, dass das Verhalten dem Opfer unangenehm und lästig ist oder bei diesem gar Angst oder Sorge auslöst. Häufig können sich Stalker die Reaktion des Opfers selbst dann nicht erklären, wenn sie von der Polizei oder dem Opfer darauf aufmerksam gemacht werden. Das ist vielfach auf eine stark verzerrte Realitätswahrnehmung zurückzuführen.203 Mithin fehlt in diesen Fällen bereits jegliches Wissen und damit auch der nach §§ 238, 15 StGB n. F. notwendige Vorsatz bezüglich des Nachstellens sowie bezüglich einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers als notwendigen Taterfolg, sodass eine Strafverfolgung nach Maßgabe des Nachstellungstatbestandes scheitern muss. Abgesehen von den Konstellationen, in denen den Stalkern ein entsprechender Vorsatz gänzlich fehlt, wird es den Strafverfolgungsbehörden in einer Vielzahl der übrigen Stalking-Fälle sehr schwer fallen zu beweisen, dass der Täter mit dem entsprechenden Vorsatz gehandelt hat. So ist besonders das An-den-Tag-Legen alltäglicher Verhaltensweisen wie das bloße Sich-Aufhalten in der räumlichen Nähe des Opfers oder das Kontaktieren des Opfers mittels Telefon oder E-Mail äußerlich so harmlos, dass allein aus der Vornahme dieser Tätigkeiten nicht auf einen Stalking-Vorsatz des Täters geschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass es intelligenten Tätern ein Leichtes sein wird, mit einem plausiblen Grund für ihre Anwesenheit an einem Ort oder für Versuche der Kontaktaufnahme aufzuwarten. Eine solche Begründung müsste von den Strafverfolgungsbehörden erst zweifelsfrei widerlegt werden. Das dürfte in den meisten Fällen, in denen keine zusätzlichen, eindeutig auf weitere Stalking-Aktivitäten oder diesbezügliche Intentionen hindeutenden Indizien gefunden werden, kaum gelingen. Dem mutmaßlichen Täter muss des Weiteren nachgewiesen werden, dass der Eintritt des Taterfolgs von seinem Vorsatz umfasst war, d.h. dass er eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen hat. Ein solcher Beweis beinhaltet, dass es dem Täter als möglich erschienen sein muss, dass sich das Opfer durch die Aktivitäten so eingeschüchtert fühlt, dass es seine Lebensgewohnheiten grundlegend ändert. Auch in diesen Fällen könnten Stalker zum einen auf die Ausrede zurückgreifen, sie hätten es nicht einmal in Erwägung gezogen, dass sich das Opfer durch ihre „Liebesbeweise“ eingeschüchtert fühlen könnte. Schließlich hätten sie nur ihre aufrichtige Liebe zeigen wollen. Zum anderen ist es für einen Stalker nur sehr schwer vorhersehbar, wie 203 Meyers, Cultural Factors, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 213 (215); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53); Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

349

die Zielperson auf seine Avancen reagieren wird. Somit könnte die Bildung eines Nachstellungsvorsatzes auch an der fehlenden Vorsatzkonkretisierung scheitern. Es entspricht zwar der Realität, dass eine solche Argumentation in Fällen von schwerem Stalking von den Gerichten häufig (zu Recht) als Schutzbehauptung gewertet wird. Es ist jedoch ebenso nicht von der Hand zu weisen, dass es bei leichtem Stalking nicht einfach sein wird, eine solche Argumentation des Stalkers über jeden Zweifel erhaben zu entkräften. Deshalb verzichten nahezu alle untersuchten Anti-Stalking-Tatbestände auf ein (strenges) Vorsatzerfordernis. Dieses Vorgehen korrespondiert unmittelbar mit den Erfahrungen vieler Gesetzgeber, die erleben mussten, dass ein Tatbestand mit herkömmlichen Vorsatzanforderungen in der Praxis kaum durchsetzbar ist und nur sehr wenige Verurteilungen ermöglicht.204 In Australien wurde ein solches striktes Vorsatzerfordernis bereits kurze Zeit nach Verabschiedung der ersten Stalking-Tatbestände als Hemmschuh einer effektiven Strafverfolgung betrachtet. Infolgedessen modifizierten mit Ausnahme von Südaustralien alle australischen Bundesstaaten und Territorien ihre Tatbestände und verzichten fortan vollständig auf ein solches Vorsatzerfordernis. Ausreichend ist daher jetzt unbewusste Fahrlässigkeit. Ähnliches gilt in Irland, Kanada und Belgien sowie in den USA, wo bereits bei der Erarbeitung des Model Antistalking Code 1993 auf ein spezifisches Absichtserfordernis zugunsten eines weniger voraussetzungsvollen generellen Absichtskriteriums verzichtet wurde. Auch wenn ein Verzicht auf ein Vorsatzerfordernis einen Anti-StalkingTatbestand wesentlich leichter anwendbar macht und eine größere Zahl an Verurteilungen ermöglicht, ist dies in rechtsstaatlicher Hinsicht nicht unbedenklich. Schließlich wäre der Täter durch den Einsatz des Strafrechts dem einschneidendsten staatlichen Eingriff ausgesetzt und müsste mit der Verhängung einer nicht unerheblichen Freiheits- bzw. Geldstrafe rechnen, obwohl ihm keine diesbezügliche voluntative oder auch nur kognitive subjektive Einstellung zur Tat nachgewiesen werden konnte. Dies erscheint umso fragwürdiger, als allein aus der Vornahme einer äußerlich harmlosen Handlung, wie z. B. dem Auf-der-Straße-Stehen, dem Beobachten oder Anrufen, ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf einen derartigen Vorsatz geschlossen werden kann. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Erfordernis eines Vorsatzes im Rahmen des neuen Nachstellungstatbestandes in der Rechtsanwendungspraxis erhebliche Nachweisprobleme aufwerfen wird. Dennoch würde ein weitgehender Verzicht auf ein Vorsatzelement nach dem Vorbild vieler an204

Vgl. D. IX. 3.

350

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

derer Rechtsordnungen erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen,205 wäre doch unter Umständen die Verhängung einer Strafe wegen alltäglichen Verhaltens möglich, ohne dass dem Täter ein Stalking-Vorsatz nachgewiesen werden müsste. 7. Strafandrohung und Qualifikationen a) Der Grundtatbestand nach § 238 Abs. 1 StGB n. F. aa) Gesetzgeberische Konzeption Die Verwirklichung des Grundtatbestandes der Nachstellung kann gemäß § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Damit handelt es sich bei der Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 StGB n. F. i. V. m. § 12 Abs. 2 StGB um ein Vergehen. bb) Stellungnahme Bei einem Vergleich des Strafrahmens aus § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit denen der klassischen Delikte fällt zunächst auf, dass Ersterer hinter der Strafandrohung für die Delikte der Körperverletzung und Freiheitsberaubung zurückbleibt, die mit jeweils bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe im Grundtatbestand bedroht sind.206 Im Gegensatz dazu liegt die Strafandrohung für die Nachstellung über derjenigen, die sich in den Tatbeständen der Bedrohung und des Hausfriedensbruchs mit jeweils bis zu einem Jahr finden lässt.207 Da die genannten Delikte mit der Nachstellung zwar in einem engen Zusammenhang stehen, sich in mancherlei Hinsicht aber auch unterscheiden, ergibt eine Zusammenschau der Strafandrohungen, dass der vom Gesetzgeber für die Nachstellung gewählte Strafrahmen angemessen ist. Da Folge einer typischen Nachstellungshandlung regelmäßig noch keine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit, des Lebens oder der Freiheit ist, bewirkt sie auch keinen Eingriff in ein unveräußerliches Rechtsgut der Person wie das Leben, den Körper oder die Fortbewegungsfreiheit. Folglich ist im Vergleich zu den Delikten der Körperverletzung und der Freiheitsberaubung eine geringere Strafe angemessen. Allerdings wurde die Lebensgestaltung des Opfers als Ausdruck der Handlungs- und Entschließungsfreiheit bereits schwerwiegend beeinträchtigt. Da bei der Bedrohung kein sol205 206 207

Vgl. auch Hillenkamp, Beweisprobleme, in: ORA, Band 1, S. 221 (243). Vgl. §§ 223 Abs. 1, 239 Abs. 1 StGB. Vgl. §§ 241 Abs. 1, 123 Abs. 1 StGB.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

351

cher Erfolg notwendig ist und weil bei dem Hausfriedensbruch keine dauerhafte Einschränkung des engsten Lebens- und Intimbereiches stattfindet, ist die höhere Strafandrohung bei der Nachstellung im Vergleich zu der der Bedrohung und der des Hausfriedensbruchs gerechtfertigt. Letztendlich ist überzeugend, dass bei der Nachstellung der gleiche Strafrahmen wie bei der Nötigung Anwendung findet, da es sich bei der Nötigung ebenfalls um ein die Freiheit der Willensbildung und -betätigung schützendes Delikt handelt,208 welches wie die Nachstellung den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolges voraussetzt. Für diese Wahl des Strafrahmens streitet außerdem, dass die Strafandrohung von bis zu drei Jahren ausdrückt, dass es sich bei der Nachstellung nicht um ein Bagatell- oder Kavaliersdelikt, sondern um ein ernstzunehmendes Vergehen handelt. Diese Strafandrohung ist auch im Hinblick auf den Strafrahmen aus § 4 GewSchG,209 welcher mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe nur ein Drittel des Strafrahmens von § 238 Abs. 1 StGB n. F. zur Verfügung stellt, folgerichtig. Da § 4 GewSchG die Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Anordnung und nicht die schwerer wiegende Verletzung eines Individualrechtsguts mit Strafe bedroht, handelt es sich um eine Vorschrift zur Ahndung bloßen Ordnungsunrechts.210 Das rechtfertigt die Wahl eines geringen Strafrahmens. Im internationalen Vergleich ist die Strafandrohung in § 238 Abs. 1 StGB n. F. im Mittelfeld anzusiedeln. Während die meisten Tatbestände in Australien Stalking-Verhalten durchschnittlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bewehren und in Kanada nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2002 sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren verhängt werden kann, orientieren sich die kontinentaleuropäischen Staaten an einem Richtwert von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Doch auch hier gibt es Unterschiede. Während in Österreich nur eine Höchstfreiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden kann, ist in Belgien eine Sanktion von bis zu zwei und in den Niederlanden von bis zu drei Jahren Gefängnis möglich. Im Ergebnis ist der Strafrahmen des Grunddelikts aus § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit bis zu drei Jahren Freiheits- oder mit Geldstrafe sowohl auf der 208

Ausführlich zum Rechtsgut des neuen Nachstellungstatbestandes vgl. E. II. 1. Zum Schutzgut des § 240 StGB vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 240 Rn. 2; Lackner/ Kühl, StGB, § 240 Rn. 1. 209 Ausführlich zu einer Strafbarkeit nach § 4 GewSchG in Stalking-Fällen vgl. F. II. 2. a) aa) (2), c). 210 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (270); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (82); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (294); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78). Anders Frommel, ZRP 2001, S. 287 (291 in Fn. 36); Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 1. Ausführlich dazu vgl. F. II. 2. c) aa).

352

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Basis eines Vergleiches mit der Strafandrohung anderer Straftatbestände auf nationaler Ebene als auch unter Einbeziehung der Regelungen in anderen Rechtsordnungen nachvollziehbar und konsequent. b) Die Qualifikationstatbestände aa) Die gesetzgeberische Konzeption der Qualifikation nach § 238 Abs. 2 StGB n. F. Der neue Nachstellungstatbestand verfügt zudem über eine Qualifikation, die in § 238 Abs. 2 StGB n. F. angesiedelt ist. Danach wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. Diese erhöhte Strafe soll laut Gesetzesbegründung dem gesteigerten Unrechts- und Schuldgehalt der qualifizierten Tat angemessen Rechnung tragen.211 Inhaltlich solle der hier verwendete Terminus der „schweren Gesundheitsschädigung“ an den vielfachen Gebrauch dieses Begriffs im StGB anknüpfen, sodass zur Begriffsbestimmung auf Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden könne. Die Tatsache, dass gemäß § 238 Abs. 2 StGB n. F. auch Angehörige des Opfers sowie diesem nahe stehende Personen in den Schutzbereich des Qualifikationstatbestandes einbezogen sind, sei mit Blick auf die Typik des Stalking geboten. Grund dafür sei, dass viele Stalker vor Pressionen gegenüber dem Umfeld nicht zurückschreckten. Außerdem seien die Angehörigen des Opfers von zahlreichen StalkingHandlungen mitbetroffen, was für den Täter auch erkennbar sei und von diesem jedenfalls billigend in Kauf genommen werde.212 bb) Die gesetzgeberische Konzeption der Erfolgsqualifikation nach § 238 Abs. 3 StGB n. F. Eine noch weitergehende Strafschärfung enthält § 238 Abs. 3 StGB n. F., der als Erfolgsqualifikation eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren nach sich ziehen kann und mithin gemäß § 12 Abs. 1 StGB als Verbrechen einzuordnen ist. Diese Strafe kann verhängt werden, wenn ein Stalker durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Op211 212

Vgl. BT-Drucksache 16/3641, S. 14. BT-Drucksache 16/3641, S. 14.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

353

fer nahe stehenden Person verursacht. Diese Erfolgsqualifikation ist dabei – nach dem Willen des Gesetzgebers – vor allem auf die Fallkonstellationen zugeschnitten, in denen der Täter das Opfer in den Suizid treibt bzw. in denen das Opfer bei der Flucht vor dem Täter den Tod findet.213 cc) Stellungnahme (1) Auslegung der Qualifikationstatbestände Wie schon aus der Intention des Gesetzgebers hervorgeht, bereitet die Auslegung der Qualifikationstatbestände aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. keine Schwierigkeiten, da es für die Fassung beider Absätze Vorbilder im StGB gibt. So sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Qualifikation aus Abs. 2,214 namentlich das In-Gefahr-Bringen, an mehreren Stellen im StGB wie z. B. in §§ 225 Abs. 3 Nr. 1, 221 Abs. 1, 235 Abs. 4 Nr. 1 StGB anzutreffen. Bei ihrer Auslegung kann mithin auf eine gefestigte Rechtsprechung zurückgegriffen werden.215 Demzufolge bringt der Täter das Opfer in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung, wenn er eine konkrete Gefahrenlage heraufbeschwört oder steigert, in der das Umschlagen der Gefahr in einen tatsächlichen Schaden nur durch Zufall ausbleibt. Der Begriff der schweren Gesundheitsschädigung ist weiter als der der schweren Körperverletzung gemäß § 226 StGB und umfasst auch das Verfallen in eine ernste, langwierige Krankheit sowie die erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft.216 Bei der Anordnung dieser Strafschärfung im Zusammenhang mit der Nachstellung hatte der Gesetzgeber vor allem die Gefahren im Blick, die infolge panischer Reaktionen des Opfers entstehen können, wie dies vor allem bei Flucht- und Ausweichmanövern regelmäßig der Fall ist.217 Auch bei der Auslegung der Erfolgsqualifikation aus § 238 Abs. 3 StGB n. F. kann auf andere Vorschriften im StGB wie auf die §§ 227 Abs. 1, 235 Abs. 5, 239 Abs. 4 StGB zurückgegriffen werden. Voraussetzung ist demgemäß, dass der Täter durch die Tat den Tod des Opfers verursacht, wobei 213

BT-Drucksache 16/3641, S. 14. Valerius ordnet diese Vorschrift ebenfalls als eine Erfolgsqualifikation ein, vgl. Valerius, JuS 2007, S. 319 (323); Heintschel-Heinegg/Valerius, BeckOK StGB, § 238 Rn. 20. 215 Ähnlich Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (329). 216 Vgl. BT-Drucksache 16/3641, S. 14. 217 BT-Drucksache 16/3641, S. 14; Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). 214

354

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

sich im Todeserfolg eine der Verwirklichung des Grunddelikts innewohnende, spezifische Gefahr niedergeschlagen haben muss.218 Der einzige, gleichzeitig aber signifikante Unterschied, den § 238 Abs. 2 StGB n. F. ebenso wie § 238 Abs. 3 StGB n. F. im Vergleich zu den bekannten Qualifikationstatbeständen im StGB aufweisen, ist, dass nicht nur die Verursachung einer Gefahr für die Zielperson als unmittelbares Stalking-Opfer erfasst ist, sondern auch das In-Gefahr-Bringen einer dem Opfer verwandten oder diesem sonst nahe stehenden Person. Dieses Einbeziehen dritter Personen in den Qualifikationstatbestand berücksichtigt die Erkenntnisse der Stalking-Forschung, denenzufolge es eine beliebte Stalking-Technik darstellt, nahe stehende Personen oder Familienangehörige des Opfers in das Nachstellungsverhalten zu integrieren, um das Opfer aus Angst um deren Sicherheit zu dem angestrebten Verhalten zu bewegen. (2) Abgrenzungsschwierigkeiten im Hinblick auf §§ 226 f. StGB Obwohl somit im Großen und Ganzen eine begrüßenswerte Einigkeit im Hinblick auf die Auslegung der Qualifikationstatbestände besteht, sind auch kritische Stimmen zu vernehmen,219 die das Auftreten von Abgrenzungsschwierigkeiten prophezeien. So weist insbesondere Freudenberg auf zum Teil nicht unerhebliche Überschneidungen zwischen der Vorschrift aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. und den Delikten aus §§ 226 f. StGB hin.220 Gemäß §§ 226 f. StGB kann der Täter einer Körperverletzung härter bestraft werden, wenn er durch seine Tat eine schwere körperliche Folge bei dem Opfer hervorruft oder dessen Tod verursacht. Da sich nur schwerlich ein Stalking-Fall vorstellen ließe, in welchem der Täter das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder des Todes bringe, ohne dass als Durchgangsstadium der Grundtatbestand der Körperverletzung erfüllt wäre, sei die Einfügung der Qualifikationen im Rahmen von § 238 StGB n. F. überflüssig. Die Qualifikationen aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. seien vielmehr dann erfüllt, wenn der Täter das Opfer tätlich angreife oder es durch seine Aktionen so sehr verängstige, dass es aufgrund dessen zu diagnostizierbaren physischen Erkrankungen auf der Opferseite komme, sodass sowohl die §§ 226 f. StGB als auch die §§ 238 Abs. 1, 2, 3 StGB n. F. erfüllt seien. Infolgedessen seien nicht unerhebliche Abgrenzungsprobleme und Konfusionen vorprogrammiert. Hinzu komme, dass der Strafrahmen 218

Tröndle/Fischer, StGB, § 227 Rn. 2a. Sehr kritisch zu den Qualifikationstatbeständen auch Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (199 ff.). 220 Ähnlich Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (535). 219

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

355

der erfolgsqualifizierten Körperverletzungsdelikte gemäß §§ 226 f. StGB von einem Jahr bis zu zehn Jahren bzw. nicht unter drei Jahren Freiheitsstrafe betrage. Dieser Strafrahmen liege erheblich über dem der Nachstellungsqualifikationen, sodass die Nachstellungsqualifikationen ohnehin hinter die Körperverletzungsqualifikationen zurückträten. Damit seien Erstere überflüssig. Zudem sei dieses Ergebnis auf Konkurrenzebene problematisch, weil es bewirke, dass der Täter wegen der weniger speziellen qualifizierten Körperverletzung härter bestraft werde, obwohl der Gesetzgeber für diesen spezifischen Fall der qualifizierten Nachstellung eine geringere Strafe vorgesehen habe. Bei dieser Argumentation ist jedoch zu beachten, dass die Ausgangsthese keineswegs für alle Stalking-Konstellationen Gültigkeit beanspruchen kann. Es muss vielmehr festgehalten werden, dass die § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. sehr wohl einen gegenüber §§ 226 f. StGB eigenständigen Anwendungsbereich haben. So erfassen die Körperverletzungsdelikte aus §§ 226 f. StGB nur diejenigen Fälle, in denen der Täter das Opfer vorsätzlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. In vielen Stalking-Fällen scheitert jedoch bereits die Anwendung des objektiven Körperverletzungsgrundtatbestandes, da sich auf der Opferseite zwar schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen feststellen lassen. Diese erreichen häufig jedoch nicht den Grad einer für § 223 StGB allein relevanten somatischen Erkrankung. Hinzu kommt, dass die Qualifikation des § 238 Abs. 2 StGB n. F. auf objektiver Seite wesentlich schneller erfüllt ist als die Erfolgsqualifikation des § 226 StGB. Grund dafür ist, dass § 238 Abs. 2 StGB n. F. nur den Eintritt einer konkreten Gefahr der schweren Gesundheitsschädigung verlangt, während bei § 226 StGB eine schwere Folge bereits eingetreten sein muss. Zudem erfordert die schwere Folge bei der Gesundheitsschädigung in § 226 StGB wesentlich gravierendere Auswirkungen als die schwere Gesundheitsschädigung in § 238 Abs. 2 StGB n. F. Somit ist § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. auf objektiver Seite weit weniger voraussetzungsvoll als §§ 226 f. StGB. Auch auf subjektiver Seite müssen nicht zwangsläufig beide Delikte erfüllt sein. Während die §§ 226 f. StGB verlangen, dass der Täter wissentlich und willentlich einen von der körperlichen Normalkonstitution negativ abweichenden Zustand verursacht, erfordert § 238 StGB n. F. nur ein vorsätzliches Handeln im Hinblick auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers. Oft haben Stalker nur den Vorsatz, das Opfer zur Aufnahme einer Beziehung oder zur Herstellung von Kontakt zu bewegen, manchmal wollen sie das Opfer nur verängstigen, ohne zugleich mit schwerwiegenden körperlichen Folgen als Reaktion auf ihr Verhalten zu rechnen, geschweige denn solche zu billigen. In diesen Fällen könnte ein

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Stalker, sofern er eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen hat und bei dem Opfer durch sein Verhalten eine schwere Folge im Sinne von § 226 Abs. 1 StGB verursacht hat, die Qualifikation aus § 238 Abs. 2 StGB n. F. erfüllt haben, während mangels vorsätzlicher Verwirklichung des Grunddelikts aus § 223 Abs. 1 StGB die Erfolgsqualifikation aus § 226 StGB nicht eingreift. Eine weitere wichtige Erweiterung im Rahmen von § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. ist die Tatsache, dass die Herbeiführung einer Gefahr für bzw. die Verursachung des Todes von einem Angehörigen des Opfers oder einer diesem sonst nahe stehenden Person ausreicht, um den Tatbestand der (Erfolgs-)Qualifikation zu erfüllen. Diese Ausdehnung des Tatbestandes auf dritte Personen ist im StGB bislang einmalig. Eine Strafbarkeit des Stalkers wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Bezug auf einen Angehörigen des Opfers würde einen konkret auf diese dritte Person bezogenen Vorsatz voraussetzen, während es bei § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. ausreicht, dass der Täter Vorsatz im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Lebensgestaltung seiner Zielperson selbst hatte, auch wenn im Ergebnis nicht die Zielperson, sondern ein Angehöriger kausal und zurechenbar durch die Nachstellungshandlung gefährdet oder getötet wird. Einzige Einschränkung ist, dass es sich bei dieser dritten Person um einen Angehörigen oder um eine der Zielperson sonst nahe stehende Person handeln muss. Zudem muss sich im Erfolg die dem Grunddelikt spezifisch anhaftende Gefahr niedergeschlagen haben. Mithin weist § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. auch durch die Einbeziehung dritter Personen einen gegenüber §§ 226 f. StGB erweiterten Anwendungsbereich auf. Damit bleibt festzuhalten, dass die Anwendungsbereiche von §§ 226 f. StGB auf der einen und von § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. auf der anderen Seite keineswegs identisch sind. Die § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. verfügen vielmehr über einen weitreichenderen Aktionsradius. Dennoch kann es in Einzelfällen zu Überschneidungen und aufgrund der Unterschiede im Bereich der Strafandrohungen auch zu einer Verdrängung der § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. durch die §§ 226 f. StGB kommen. (3) Kausalität Trotz dieses in vielerlei Hinsicht weiten Anwendungsbereiches von § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. wird kritisiert, seine Qualifikationen seien zu eng geraten. Schließlich setzten sich im Rahmen der Prüfung des qualifizierten Nachstellungsdelikts die schon beim Erfolgserfordernis des Grundtatbestandes festgestellten Nachweisprobleme hinsichtlich der Kausalität fort oder wür-

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

357

den gar verstärkt.221 So sei es sehr schwierig zu beweisen, inwiefern ein Kausalzusammenhang zwischen der konkreten, zumeist äußerlich sozialadäquaten Nachstellungshandlung und der Gesundheits- oder Todesgefahr bestehe. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Gefahren, die § 238 Abs. 2 StGB n. F. im Blick habe, vor allem panische Ausweich- und Fluchtmanöver oder Selbstmorde des Opfers als Reaktion auf die Einschüchterungen des Stalkers seien.222 Da diese Opferreaktionen jedoch auf inneren Motivationszusammenhängen beruhten, die im Bereich der psychischen Gesundheit zu verorten seien und sich somit äußerlich nicht eindeutig verifizieren ließen, könne es unter Umständen sogar unmöglich sein, zweifelsfrei zu beweisen, dass die entstandene Gefahr kausal auf die Stalking-Handlungen zurückzuführen sei.223 (4) Einbeziehung psychischer Schäden Bemängelt wird des Weiteren, der neue Tatbestand sei im Rahmen der Qualifikation aus § 238 Abs. 2 StGB n. F. zu eng ausgestaltet, weil er zwar auf eine schwere Gesundheitsschädigung abstelle, im Übrigen aber nicht deutlich mache, inwiefern psychische Gesundheitsschädigungen einbezogen seien.224 Da schwerwiegende psychische Folgen typische Konsequenz eines Stalking-Verlaufes sind und in den meisten analysierten Anti-Stalking-Straftatbeständen eine rein psychische Beeinträchtigung ausdrücklich als Taterfolg anerkannt ist,225 könnte es gerechtfertigt sein, diese in den Schutzzweck der Qualifikation einzubeziehen. Dadurch könnten nicht nur die primär entstehenden negativen Folgen des Stalking auf die Opferpsyche erfasst werden, sondern es wäre auch möglich, einen weiteren eindeutig von § 226 StGB abgrenzbaren eigenständigen Anwendungsbereich der Qualifikation aus § 238 Abs. 2 StGB n. F. zu schaffen. Auch wenn eine solche Erweiterung auf psychische Verletzungen die Spezifität des Stalking-Tatbestandes noch deutlicher hervorheben und gleichzeitig die Opfer effektiver schützen würde, ist die Berücksichtigung rein psychischer Beeinträchtigungen weder vom Wortlaut des Qualifikationstatbestandes in § 238 Abs. 2 StGB n. F. erfasst noch entspricht ein solches Verständnis der gesetzgeberischen Intention. Damit ist auch zukünf221

Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (535). Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1240). 223 Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (535); Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 2 f. 224 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 2. 225 So auch Pelikan, Forschungsbericht Psychoterror, S. 70. 222

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

tig die psychische Konstitution der Opfer nicht unmittelbar strafrechtlich geschützt. (5) Erfolgsqualifikation Abgesehen von den erörterten Einwänden, die weitgehend für beide strafschärfenden Tatbestände aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. gelten, tun sich im Bereich der Erfolgsqualifikation weitere Fragestellungen auf. So kann die Ausgestaltung des § 238 Abs. 3 StGB n. F. als Verbrechen mit einer Strafandrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe in Einzelfällen zu einem enormen Sprung im Strafrahmen vom Grunddelikt zur Erfolgsqualifikation führen. Schließlich ist Erstere in § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Dieser Strafrahmensprung ist deshalb so bedenklich, weil seit dem 6. Strafrechtsreformgesetz die meisten todesqualifizierten Delikte226 wenigstens ein leichtfertiges Handeln des Täters verlangen.227 Leichtfertigkeit ist zu bejahen, wenn der Täter in einem gesteigerten Grad der Fahrlässigkeit handelt. Der Täter muss sich in besonders leichtsinniger oder gleichgültiger Weise über die Möglichkeit der Todesfolge hinweggesetzt haben.228 Da das Gesetz im Rahmen von § 238 Abs. 3 StGB n. F. eine solche Leichtfertigkeit nicht verlangt, reicht gemäß § 18 StGB Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Verursachung der schweren Folge aus. Dieser Verzicht auf das zusätzliche subjektive Erfordernis der Leichtfertigkeit ist zwar auch bei wenigen anderen Delikten im StGB anzutreffen,229 führt im Großen und Ganzen jedoch dazu, dass diese Erfolgsqualifikationen bereits erfüllt sind, wenn das Opfer infolge der Tat zu Tode gekommen ist.230 Im Rahmen des Nachstellungstatbestandes ist dieser Verzicht auf das Merkmal der Leichtfertigkeit besonders befremdlich, weil die Verwirklichung der schweren Folge zu einem massiven Sprung im Strafrahmen führt, welcher eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren um bis zu sieben weitere Jahre erhöhen kann.231 Gazeas sieht in der Regelung sogar einen Verstoß gegen das Übermaßverbot.232 226 Vgl. beispielhaft §§ 176b, 178, 179 Abs. 7 i. V. m. 178, 239a Abs. 3, 239b Abs. 2 i. V. m. 239a Abs. 3, 251, 306c, 307 Abs. 3, 308 Abs. 3, 309 Abs. 4, 313 Abs. 2 i. V. m. 308 Abs. 3, 314 Abs. 2 i. V. m. 308 Abs. 3, 316a Abs. 3, 316c Abs. 3 StGB. 227 Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (330). 228 Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 239a Rn. 31. 229 Vgl. beispielhaft §§ 221 Abs. 3, 227 Abs. 1, 235 Abs. 5, 239 Abs. 4, 312 Abs. 4, 318 Abs. 4, 330 Abs. 2 Nr. 2, 330a Abs. 2 StGB. 230 Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (329). 231 Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (330). 232 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (260).

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

359

Zur Abmilderung dieser Bedenken wird vorgeschlagen, den Qualifikationstatbestand aus § 238 Abs. 3 StGB n. F. zwar bestehen zu lassen, um so dem gesteigerten Unrechts- und Schuldgehalt einer erfolgsqualifizierten Nachstellung Rechnung tragen zu können. Gleichzeitig sollte jedoch, um Schuldangemessenheit sowie Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, der Strafrahmen des § 238 Abs. 3 StGB n. F. verringert und sein Verbrechensin einen Vergehenscharakter umgestaltet werden.233 Eine andere Empfehlung sieht vor, die Qualifikationstatbestände aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. in Regelbeispiele umzuwandeln, bei deren Verwirklichung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden könnte, sofern der Schweregrad der Tat diese höhere Strafe nahelegt. Auf diese Weise wäre eine flexiblere Strafzumessung bezogen auf den konkreten Einzelfall möglich, die gerechtere Ergebnisse liefern könnte. Für diesen Vorschlag wurde des Weiteren angeführt, die Qualifikationstatbestände seien ohnehin überflüssig, da in der Regel schwerere klassische Delikte mitverwirklicht seien.234 Im Rahmen der Erfolgsqualifikation wird zudem eine bereits bekannte Problematik erneut virulent. So ist der Versuch des Grunddelikts der Nachstellung aufgrund seines Vergehenscharakters gemäß § 238 Abs. 1 StGB n. F. i. V. m. §§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 2 StGB sowie in Ermangelung einer ausdrücklichen Anordnung nicht strafbar. Daraus ergibt sich das bislang nur (noch) im Rahmen von §§ 221 Abs. 2, 3, 235 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 StGB relevante Problem, ob ein sogenannter erfolgsqualifizierter Versuch auch dann strafbar sein kann, wenn das Grunddelikt selbst nicht mit Strafe bedroht ist.235 (6) Ergebnis Im Ergebnis entspricht die Schaffung der Qualifikation sowie der Erfolgsqualifikation aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. der gesetzgeberischen Intention, die Nachstellung nicht bloß als ein Bagatell- bzw. Kavaliersdelikt, sondern als einen ernst zu nehmenden und schwerwiegenden Tatbestand im StGB zu etablieren. Obwohl es überzeugende Argumente gibt, die Zweifel an der Notwendigkeit der Qualifikationen aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. aufkommen lassen, muss doch positiv hervorgehoben werden, dass diese Erschwerungsgründe einen eigenständigen, speziell auf Stalking-Verhalten abgestimmten Anwendungsbereich haben. Letzteres wird insbesondere dadurch 233

Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (330). Vander, KritV 2006, S. 81 (91). 235 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (260 f.); Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1241). Dazu auch Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 11. 234

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

gewährleistet, dass dritte Personen, die neben dem primären Opfer ebenfalls regelmäßig von Stalking-Verhalten betroffen und durch solches gefährdet sind, in den Schutzzweck der Norm einbezogen sind. Auch die Anknüpfung an bestehende und im Gesetz fest verankerte Qualifikationstatbestände, auf deren Auslegung zurückgegriffen werden kann, ist zu begrüßen. 8. Strafantragserfordernis a) Gesetzgeberische Konzeption Gemäß § 238 Abs. 4 StGB n. F. wird die Nachstellung in der Form des Grunddelikts nach § 238 Abs. 1 StGB n. F. nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für erforderlich hält. Damit ist der Grundtatbestand des Nachstellens als relatives Antragsdelikt ausgestaltet. Der Gesetzentwurf begründet dies damit, dass grundsätzlich nur der Betroffene Art, Umfang und Intensität der Stalking-Aktivität samt ihrer Auswirkung kennt und aufgrund dessen auch beurteilen kann, ob die Tat eine strafrechtliche Verfolgung notwendig macht oder nicht.236 Daher solle auch die endgültige Entscheidung über ein Aktivwerden der Strafverfolgungsbehörden dem Betroffenen selbst überlassen bleiben. Nur wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ex officio bestehe, solle ein Strafantrag entbehrlich sein. b) Stellungnahme Das Antragserfordernis im Rahmen von § 238 Abs. 1 StGB n. F. ist grundsätzlich zu begrüßen und findet sich auch in den Rechtsordnungen vieler europäischer Staaten wie z. B. in den Niederlanden, Belgien und partiell in Österreich. Der japanische Gesetzgeber hat sich ebenfalls dafür entschieden. Für eine Ausgestaltung als Antragsdelikt spricht insbesondere, dass die Strafwürdigkeit bei einem Anti-Stalking-Straftatbestand wie bei keinem anderen Delikt von den subjektiv-individuellen Empfindungen des Opfers abhängt. Aus diesem Grund sollte es auch an dem Opfer sein zu entscheiden, ob der durch den Stalker verursachte Grad der Belästigung ausreichend ist, um eine Strafverfolgung zu rechtfertigen.237 Des Weiteren wird dem Opfer 236 237

BT-Drucksache 16/575, S. 8. So auch BT-Drucksache 16/575, S. 8.

II. Auslegung des verabschiedeten Nachstellungstatbestandes

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auf diese Weise die Wahl zugestanden, ob es dem Stalker vor Gericht begegnen möchte oder nicht. Wäre es allein an der Staatsanwaltschaft, über die Anklageerhebung zu befinden, so könnte das Opfer gezwungen sein, vor Gericht gegen den Stalker aussagen und unter Umständen mit diesem zusammentreffen zu müssen, obwohl eine solche Konfrontation ein belastendes Ereignis für das Opfer darstellt.238 Hinzu kommt, dass Täter und Opfer in Stalking-Fällen häufig eine vorherige intime Beziehung verbindet. Aus diesem Grund hegen viele Opfer ambivalente Gefühle gegenüber dem Täter und möchten lieber auf eine Strafverfolgung verzichten. Auch gemeinsame Kinder sind oft ein Faktor, der das Opfer vor einem öffentlichen Strafverfahren gegen den anderen Elternteil zurückschrecken lässt. Dennoch macht auch die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses im Rahmen des Nachstellungstatbestandes Sinn und ist durchaus zu begrüßen. Würde es sich bei der Nachstellung nur um ein absolutes, statt wie derzeit um ein relatives Antragsdelikt handeln, könnten selbst Opfer von extrem angsteinflößendem und belästigendem Stalking-Verhalten aus (falscher) Rücksichtnahme auf den ehemaligen Partner bzw. auf den anderen Elternteil der gemeinsamen Kinder oder infolge auf sie ausgeübten Drucks von Seiten der Familie von der Stellung eines Strafantrages absehen, ohne dass die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit hätte, aufgrund eigener Befugnis gegen den Stalker vorzugehen.239 Eine solche Zurückhaltung des Opfers ist nicht nur bei Stalking, sondern auch bei anderen Delikten im sozialen Nahbereich wie bei häuslicher Gewalt und Sexualdelikten häufig zu beobachten. Es gibt mithin gute Gründe, den Nachstellungsgrundtatbestand – wie vom Gesetzgeber geschehen – als relatives Antragsdelikt auszugestalten. Schließlich bleibt auf diese Weise die Entscheidung über die Strafverfolgung grundsätzlich dem Opfer überlassen, während die Staatsanwaltschaft in besonders schwerwiegenden Fällen auch von Amts wegen einschreiten kann, sofern dies im öffentlichen Interesse liegt. Diese Bewertung ändert sich nicht dadurch, dass im Unterschied zur Nachstellung die Zuwiderhandlung gegen eine zivilgerichtliche Anordnung in § 4 GewSchG als Offizialdelikt mit Strafe bewehrt ist. Zwar könnte man argumentieren, dass die Strafbarkeit aus § 4 GewSchG ebenso wie § 238 Abs. 1 StGB n. F. an eine Nachstellung als Verhalten anknüpft und daher ebenfalls Stalking-Verhalten bestrafen will und soll.240 Diese Einschätzung trifft jedoch nicht zu. Vielmehr liegt der Unterschied bei den Antragserfor238 239 240

Mitsch, NJW 2007, S. 1237 (1241). Knoller, Stalking, S. 158 f.; Janovsky, Stellungnahme, S. 4. Ausführlich dazu vgl. F. II. 2. c) aa).

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

dernissen in der unterschiedlichen Natur der beiden Delikte begründet.241 Während § 238 StGB n. F. ausschließlich ein Individualrechtsgut schützt,242 bedroht § 4 GewSchG nicht die Nachstellung als solche mit Strafe, sondern die Zuwiderhandlung gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung.243 Damit handelt es sich bei Letzterem um einen die Rechtspflege schützenden Tatbestand und nicht um ein Delikt, das sich gegen eine Person als Rechtsgutsträger richtet. Da mithin nicht das gestalkte Individuum selbst Träger des durch § 4 GewSchG geschützten Rechtsguts ist, ist es nur folgerichtig, dass es auch nicht darüber disponieren kann, ob die Straftat verfolgt werden soll oder nicht. Eine Ausgestaltung des § 4 GewSchG als Offizialdelikt ist somit zwingend, während bei § 238 Abs. 1 StGB n. F. die dargelegten gewichtigen Gründe für die Entscheidung zugunsten eines relativen Antragsdelikts sprechen. Mithin kann die Ausgestaltung des Nachstellungstatbestandes als relatives Antragsdelikt gemäß § 238 Abs. 1, 4 StGB n. F. auch im Hinblick auf § 4 GewSchG nicht beanstandet werden.

III. Ausgestaltung und Auslegung der § 238 StGB n. F. flankierenden strafprozessualen Regelungen Neben diesen materiell-rechtlichen Regelungen enthält das Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen auch Neuerungen in strafprozessualer Hinsicht. 1. Deeskalationshaft a) Gesetzgeberische Konzeption Die wohl wichtigste und für den Täter folgenschwerste Änderung im Strafprozessrecht erfolgte im Bereich des Haftrechtes. So sieht Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen vor, die qualifizierte und die erfolgsqualifizierte Nachstellung gemäß § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. in die Vorschrift des § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO aufzunehmen. Infolgedessen besteht in Stalking-Fällen ein Haftgrund auch dann, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, eine (erfolgs-)qualifizierte Nachstellungsstraftat gemäß § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. begangen zu haben und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass er vor rechts241

So auch Krüger, Stalking als Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 81 (195). 242 Ausführlich dazu vgl. E. II. 1. 243 Ausführlich dazu vgl. F. II. 2. c) aa).

III. Auslegung der flankierenden strafprozessualen Regelungen

363

kräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen wird. Zudem muss die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich sein. Die hinter dieser Aufnahme der (erfolgs-)qualifizierten Nachstellungstatbestände in den Katalog weiterer Haftgründe aus § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO stehende ratio besteht laut Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses darin, dass auf diese Weise die Möglichkeit eröffnet wird, in eskalierenden Fallkonstellationen besonders gefährliche Täter frühzeitig in Haft zu nehmen, um dadurch vorhersehbaren schwersten Straftaten gegen Leib und Leben vorzubeugen. Die Notwendigkeit eines solchen präventiven Vorgehens ergebe sich aus den Erfahrungen der Praxis, die zeigten, dass den Opfern in gravierenden Stalking-Fällen nur wirksam geholfen werden könne, indem eine bereits eingetretene Eskalation – gerade auch angesichts der bei Stalkern anzutreffenden hohen Wiederholungs- und Rückfallgefahr – durch die Untersuchungshaft unterbrochen werde.244 Eine explizite Aufnahme von § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. in den Katalog der Haftgründe aus § 112a Abs. 1 StPO sei dabei notwendig, da Stalker regelmäßig vorher noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien und somit nach den allgemeinen Regeln nicht festgenommen werden könnten. Eine zeitlich eng begrenzte Ingewahrsamnahme nach Polizeirecht biete ebenfalls keine effektive Handhabe zum Schutz der Opfer.245 b) Stellungnahme Die Aufnahme der qualifizierten Nachstellung in den Katalog weiterer Haftgründe war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten.246 Sie geht auf den Gesetzentwurf des Bundesrates zurück, der diese Maßnahme neben der generellen Aufnahme von § 238 StGB-E in das StGB sogar als ein „Kernstück“ seiner Gesetzesinitiative bezeichnet hat.247 Dabei wurde die als „Deeskalationshaft“ bezeichnete neue Inhaftierungsmöglichkeit von der Ländervertretung zum Zwecke der Gewährleistung effektiven Opferschutzes stets angemahnt und immer wieder als gravierendes Defizit des Regierungsentwurfes bezeichnet, als sie noch nicht Teil von Letzterem war.248 Begründet wurde dies mit der Aussage, in der Vergangenheit seien Fälle aufgetreten, in denen der in Freiheit befindliche 244

So auch Wagner, FPR 2006, S. 208 (210). BT-Drucksache 16/3641, S. 15. 246 Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 5. 247 BT-Drucksache 16/1030, S. 7. 248 Vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucksache 16/575, S. 9. Zustimmend Schumacher, Stellungnahme, S. 2 f. 245

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Stalker das Opfer während eines laufenden Strafverfahrens körperlich schwer geschädigt oder gar getötet habe. Derartigen Situationen solle durch die Erweiterung der Haftgründe vorgebeugt werden.249 Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses präzisiert diese Argumentation und führt an, gemäß der vor Einführung des weiteren Haftgrundes geltenden Rechtslage sei die Anordnung von Untersuchungshaft gegen einen Stalker erst dann möglich gewesen, wenn bereits schwerwiegende Verletzungshandlungen verwirklicht worden seien, während zukünftig bereits dann interveniert werden könne, wenn eine konkrete Gefahr eingetreten sei.250 Die Richtigkeit dieser Aussage muss stark bezweifelt werden. Realiter wird sich trotz der neuen Regelung aus § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO n. F. kein wirkungsvoller Opferschutz im Vorfeld einer Eskalation in Stalking-Fällen erreichen lassen. Grund dafür ist, dass auch der erweiterte Haftgrund aus § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO n. F. nur bei einer qualifizierten sowie bei einer erfolgsqualifizierten Nachstellung gemäß § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. eingreift und nicht bei der Verwirklichung des Grunddelikts. Das bedeutet, dass der Täter das Opfer oder eine diesem nahe stehende Person bereits in die konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht bzw. deren Tod verursacht haben muss, bevor er § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO n. F. zufolge in Haft genommen werden kann. Auch wenn das Verursachen einer konkreten Todes- bzw. Gesundheitsschädigungsgefahr keine tatsächlich eingetretene Rechtsgutsverletzung voraussetzt, so muss doch zumindest eine konkrete Gefahrenlage für Leib oder Leben entstanden sein. Da in einer solchen der Eintritt des Schadens nur noch vom Zufall abhängt und sich zudem das durch das Stalking-Verhalten geschaffene generelle Klima der Angst zu einer konkreten Gefahr für das Opfer verdichtet hat, kann zu diesem Zeitpunkt bereits von einer eingetretenen Eskalation gesprochen werden. Dass eine solche bei der tatsächlichen Verursachung des Todes gegeben ist, versteht sich von selbst. Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, inwiefern die Aufnahme einer (erfolgs-)qualifizierten Nachstellung in den Katalog weiterer Haftgründe überhaupt eine deeskalierende Wirkung entfalten kann. Nach den derzeitigen Erkenntnissen der Stalking-Forschung steht eine Eskalation, wie sie in § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. beschrieben wird, immer am Ende eines langen Stalking-Verlaufes, der mit der Zeit einer Eskalationsspirale gleicht. Erst am Ende dieser Spirale steht eine Rechtsgutsverletzung, bei deren Eintreten sich die dem Stalking innewohnende Gefahr realisiert. Das bedeutet, dass kaum ein Stalker im Vorfeld der finalen Eskalation die Voraussetzun249

BT-Drucksache 16/1030, S. 7. BT-Drucksache 16/3641, S. 15. Ähnlich auch Wyluda, Sonderdezernat, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Forschungsbericht, S. 47 (54). 250

III. Auslegung der flankierenden strafprozessualen Regelungen

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gen des § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. erfüllen wird und infolgedessen in Deeskalationshaft genommen werden könnte. Nach erfolgter Eskalation, welche die Voraussetzungen aus § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. erfüllt, ist ein polizeiliches Einschreiten im Wege der Deeskalationshaft jedoch bereits zu spät, da die Eskalation schon erfolgte und das zu schützende Rechtsgut schon beeinträchtigt bzw. konkret gefährdet wurde.251 Aus diesen Erwägungen wird deutlich, dass es auch nach der Neuregelung in Stalking-Fällen zu einer Eskalation gekommen sein muss, bevor die Strafverfolgungsbehörden den Stalker gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO n. F. i. V. m. § 238 Abs. 2, 3 StGB n. F. in Untersuchungshaft nehmen und somit wirksam intervenieren können. Im Ergebnis spiegelt die neue Möglichkeit einer angeblichen Deeskalationshaft den Opfern einen verbesserten Schutz lediglich vor.252 Ein effektiver Schutz wäre tatsächlich nur zu erreichen, wenn bereits die Verwirklichung des Grundtatbestandes ausreichend wäre, um eine Deeskalationshaft bei Wiederholungsgefahr zu verhängen. Ob ein solches Vorgehen mit der Unschuldsvermutung sowie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stünde, muss stark bezweifelt werden.253 Das gilt auch deshalb, weil bereits die bestehende Anordnung der Untersuchungshaft für die Fälle der (erfolgs-)qualifizierten Nachstellung bei Wiederholungsgefahr nicht unerheblichen Bedenken begegnet. Grund dafür ist, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr aus § 112a StPO als ein Fremdkörper im System der StPO betrachtet wird.254 Schließlich handelt es sich bei diesem nicht um ein Mittel der Verfahrenssicherung, sondern um eine in rechtsstaatlicher Hinsicht höchst fragwürdige Präventionsmaßnahme.255 So wird bei § 112a StPO eine Freiheitsentziehung allein aufgrund eines Verdachtes verhängt, während sowohl die begangene als auch die zu erwartenden Straftaten noch unbewiesen sind.256 Aufgrund dessen hat das BVerfG den Haftgrund der Wiederholungsgefahr nur in eng umrissenen Grenzen zugelassen257 und es zur Voraussetzung gemacht, dass eine Person einer Straftat dringend verdächtig sein muss, welche ihrer konkreten Gestalt zufolge, d.h. insbesondere nach Art und Ausmaß des angerichteten Schadens, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtsordnung darstellt. Außerdem muss im konkreten Einzelfall die Verhängung einer hohen Strafe zu erwarten sein.258 251

So auch Nack, Stellungnahme, S. 2. So auch Nack, Stellungnahme, S. 2. 253 Freudenberg, NK 2005, S. 84 (86). 254 So auch Breymann, ZRP 2006, S. 216 (219). 255 BVerfGE 19, S. 342 (349 f.). 256 Roxin, Strafverfahrensrecht, § 30 Rn. 14; Wolter, ZStW 93 (1981), S. 452 (453, 485). 257 Vgl. BVerfGE 19, S. 342 (347 ff.); 35, S. 185 (190 f.). 252

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E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

Betrachtet man die durchschnittlichen Stalking-Fälle, so erscheint es mehr als fragwürdig, ob diese eine ausreichende Schwere aufweisen, um nach den Grundsätzen des BVerfG Anlasstaten für die Anordnung der Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr darstellen zu können. Zumal wenn der Stalker, wie es sowohl vom Rechtsausschuss als auch vom Bundesrat als Regelfall angenommen wird,259 strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist, kann noch nicht von einer ausreichend schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtsordnung gesprochen werden. Gleichzeitig ist die Verhängung einer hohen Strafe bei einem Ersttäter sehr unwahrscheinlich.260 Daher erscheint die Anwendung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr aus § 112a Abs. 1 StPO auf Stalking-Fälle schon aufgrund der generellen Bedenken gegen diesen Haftgrund als nicht gerechtfertigt.261 Mithin muss die Einführung der sogenannten „Deeskalationshaft“ in Fällen des Stalking nicht nur aufgrund ihrer Unfähigkeit, überhaupt einen wirksamen Opferschutz zu gewährleisten, zurückgewiesen werden,262 sondern auch aufgrund ihrer dem System der StPO sowie der Unschuldsvermutung widersprechenden Struktur.263 2. Ausgestaltung als Privatklagedelikt a) Gesetzgeberische Konzeption Des Weiteren sieht Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen vor, den Grundtatbestand der Nachstellung aus § 238 Abs. 1 StGB n. F. in den Katalog der Privatklagedelikte aus § 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO aufzunehmen. Dabei hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Erhebung einer Privatklage wegen Nachstellens – wie bei den anderen Privatklagedelikten üblich – von der erfolglosen Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 Abs. 1 StPO abhängig zu machen. Damit bleibt den StalkingOpfern der Begründung des Gesetzgebers zufolge selbst bei Erhebung einer Privatklage eine Konfrontation mit dem mutmaßlichen Täter zunächst erspart.264 258

BVerfGE 35, S. 185 (192). Vgl. BT-Drucksache 16/1030, S. 7; BT-Drucksache 16/3641, S. 15. 260 Vander, KritV 2006, S. 81 (92). 261 Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (265); Vander, KritV 2006, S. 81 (92); Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (330). 262 So auch Nack, Stellungnahme, S. 2. 263 So auch Gazeas, Kritische Justiz 2006, S. 247 (264 f.); Vander, KritV 2006, S. 81 (92 f.); Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (330). 264 Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 8. 259

III. Auslegung der flankierenden strafprozessualen Regelungen

367

b) Stellungnahme Die Tatsache, dass der Nachstellungstatbestand in Übereinstimmung mit den Entwürfen von Bundesregierung und Bundesrat als Privatklagedelikt ausgestaltet ist,265 ist sehr verwunderlich und gleichzeitig befremdlich, steht diese Entscheidung doch in diametralem Gegensatz zu der gesetzgeberischen Intention, ein früheres Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, um so zu einem effizienteren Opferschutz beizutragen266 und den bis dahin nur eingeschränkten Schutz durch das Straf- und Strafverfahrensrecht zu verbessern.267 Dieser bis dato eingeschränkte Opferschutz resultierte vor allem daraus, dass die meisten klassischen Tatbestände wie beispielsweise §§ 123, 185 ff., 223 ff., 241, 303 StGB, nach deren Maßgabe Stalker strafrechtlich verfolgt werden konnten,268 gemäß § 374 Abs. 1 StPO auf den Privatklageweg verwiesen sind. Daher kann die Staatsanwaltschaft laut § 376 StPO die öffentliche Klage wegen dieser Delikte nur erheben, wenn es im öffentlichen Interesse liegt. Da ein solches öffentliches Interesse jedoch in der weit überwiegenden Zahl der Stalking-Fälle verneint wird bzw. wurde und weil die Opfer selbst nur vereinzelt ein Privatklageverfahren anstrengten,269 kam es nur selten zu einem Prozess.270 Die Zurückhaltung der Opfer bei der Beschreitung des Privatklageweges liegt darin begründet, dass die Betroffenen in der Regel nur rudimentäre Kenntnisse über Existenz, Ausgestaltung und Voraussetzungen eines Privatklageverfahrens haben.271 Hinzu kommt, dass die mit der Durchführung eines solchen Verfahrens verbundenen Belastungen Opfer häufig abschrecken. In finanzieller Hinsicht muss das Opfer nicht nur einen Kostenvorschuss für den eigenen Rechtsanwalt leisten, um fachkundige Unterstützung zu erlangen, sondern es ist außerdem gemäß § 379 StPO verpflichtet, eine Sicherheitsleistung für die Prozesskosten des Beschuldigten bereitzustellen. Neben dieser finanziellen Belastung besteht ein weiteres Problem darin, dass dem Opfer als Privatkläger keinerlei Ermittlungsbefugnisse bzw. -kom265

Vgl. BT-Drucksache 16/3641, S. 5; BT-Drucksache 16/1030, S. 5, 7. Vgl. BT-Drucksache 16/575, S. 2. 267 BT-Drucksache 16/1030, S. 1, 6. 268 Ausführlich dazu vgl. F. II. 1. b). 269 Pechstaedt, Stalking und das deutsche Recht, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 45 (51). 270 Endrass/Rossegger/Noll/Urbaniok, MschrKrim 2007, S. 1 (3); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (117). 271 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (117). 266

368

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

petenzen zustehen. Aus diesem Grund hat es regelmäßig keine Möglichkeit, die Urheberschaft von stillen Telefonanrufen oder E-Mails zu beweisen, da dies Auskünfte der Telefongesellschaft sowie des Internetanbieters voraussetzt, die ohne bzw. gegen den Willen des Stalkers nicht zu erlangen sind.272 Da in den für Stalking charakteristischen Eins-zu-eins-Situationen zumeist keine Zeugen zugegen sind,273 ist ein Beweis der Urheberschaft des Stalking-Verhaltens nur sehr schwer zu führen.274 Es ist folgerichtig, dass die Erfolgsaussichten einer Privatklage in Stalking-Fällen aufgrund der schwierigen Beweislage häufig zweifelhaft sind. Angesichts dieser Umstände ist es überraschend, dass die vor Schaffung des Nachstellungstatbestandes bestehende opferbelastende Situation durch die Ausgestaltung von § 238 Abs. 1 StGB n. F. als Privatklagedelikt nicht beseitigt, sondern perpetuiert wird. Das einzige Zugeständnis, welches der Gesetzgeber den Stalking-Opfern in diesem Zusammenhang gemacht hat, ist der Umstand, dass nicht noch ein gemäß § 380 Abs. 1 StPO erfolgloser Sühneversuch zwischen Täter und Opfer unternommen werden muss, bevor die Erhebung der Privatklage zulässig ist. Zumindest dieses Entgegenkommen ist zu begrüßen. Schließlich kann und hat ein solcher Sühneversuch für das Opfer oft weitreichende negative Konsequenzen. Neben der nervlichen Anspannung, Angst und Panik, die eine erzwungene Begegnung zwischen mutmaßlichem Stalker und Stalkee für Letzteren bedeutet, birgt ein solcher Sühneversuch eine Eskalationsgefahr. Selbst ein erzwungenes Treffen wird von Stalkern häufig als Belohnung ihres Verhaltens begriffen, da sie letztendlich infolge ihrer Aktivitäten einen Kontakt zu ihrer Zielperson aufbauen konnten.275 Dieses Belohnungsmuster spornt den Stalker an und kann sogar zu einer Verschlimmerung des Verhaltens führen.276 Abgesehen davon kann eine erneute, dieses Mal öf272

Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (117). 273 Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (194, 195); Schäfer, Kriminalistik 2000, S. 587 (587); Dussuyer, Stalking Legislation, S. 46. 274 Frommel, NK 2005, S. 86 (87); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 73. 275 Dieselben negativen Auswirkungen kann ein Täter-Opfer-Ausgleich haben, sofern ein solcher zur Schadenswiedergutmachung gemäß § 46a StGB verhängt wird. Schließlich setzt auch dieser eine Begegnung zwischen Täter und Opfer voraus, in deren Rahmen über das Geschehen gesprochen werden soll. Gerade Letzteres kann im Ergebnis eine obsessive Fixierung des Stalkers auf seine Zielperson noch verstärken und damit die Lage insgesamt verschlimmern, vgl. dazu Hoffmann/Voß/Wondrak, Stalker therapieren?, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 127 (139, 141); Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (108, 111). 276 Vgl. dazu Kühner, FPR 2006, S. 186 (188); Meloy, (1997) 51 American Journal of Psychotherapy, S. 174 (177 f.); Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (203).

III. Auslegung der flankierenden strafprozessualen Regelungen

369

fentliche Zurückweisung des Stalkers durch sein Opfer während des Sühneversuchs als eskalierender Impuls auf den Stalker wirken, der eine physische Gewaltausübung provoziert.277 In Anbetracht dieser Rechtslage wird die Staatsanwaltschaft wohl infolge unzureichender finanzieller und personeller Ausstattung auch in Zukunft Stalking-Fälle als nicht so schwerwiegend ansehen, dass wegen ihnen das öffentliche Interesse bejaht und öffentliche Klage erhoben werden müsste.278 Somit werden Stalking-Opfer trotz Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes auch weiterhin sowohl mit der Hauptverfahrenslast als auch mit dem Prozesskostenrisiko eines Privatklageverfahrens belastet sein.279 Diese gesetzgeberische Entscheidung, § 238 Abs. 1 StGB n. F. als Privatklagedelikt auszugestalten, muss damit als inkonsequent und fatal für einen effektiven Opferschutz bezeichnet werden.280 Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil sie das Verständnis befördert, Stalking-Gewalt sei reine Privatsache.281 Auf diese Weise wird der im Bereich häuslicher Gewalt vollzogene Paradigmenwechsel, der diese aus der privaten in die öffentliche Sphäre holte, durch die Ausgestaltung des Stalking-Tatbestandes als Privatklagedelikt konterkariert.282 Im Ergebnis bleibt es völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber stetig und unermüdlich das von Stalkern ausgehende Eskalationspotential sowie die damit einhergehenden verheerenden Auswirkungen auf die Opfer betont, mit § 238 StGB n. F. einen spezifischen Anti-Stalking-Straftat277 Allgemein dazu vgl. Hoffmann/Voß/Wondrak, Stalker therapieren?, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 127 (139, 141); Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (42); Campbell, Stalking in Mississippi, S. 28; Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (464). 278 Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (538); Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 9. 279 Vgl. Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 9. 280 So auch Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 8. 281 Gerade zu Beginn der Entwicklung des Stalking-Phänomens in Deutschland wurde dieses von der Polizei häufig noch als Privatsache betrachtet, vgl. Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (30); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78). Zur gleichen Situation in den USA vgl. Valente/Hart/Zeya/Malefyt, Violence Against Women Act, in: Renzetti/Edleson/Bergen (Hrsg.), Sourcebook Violence, S. 279 (279). 282 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 8; Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (538). Ähnlich Stürmer, Paradigmenwechsel, in: Kury/Obergfell-Fuchs (Hrsg.), Gewalt in der Familie, S. 169 (169); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (161 f.); Freudenberg, NK 2005, S. 84 (86). Zur Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft bei Privatklagedelikten im Bereich häuslicher Gewalt vgl. auch Schall/Schirrmacher, Gewalt gegen Frauen, S. 40 ff.

370

E. Der Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F.

bestand schafft, der Strafverfolgungsbehörden sogar erweiterte Möglichkeiten zur Inhaftierung von Stalking-Tätern gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 1 StPO an die Hand gibt, und ihn dennoch als Privatklagedelikt ausgestaltet. 3. Eröffnung der Nebenklage Den Opfern einer Nachstellung wird durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen zudem die Möglichkeit eröffnet, sich der erhobenen öffentlichen Klage mit einer Nebenklage anzuschließen. Aus diesem Grund wird § 238 StGB n. F. in den Katalog des § 395 Abs. 1 Nr. 1 lit. e StPO eingefügt und steht gleichberechtigt neben dem Verstoß gegen eine Schutzanordnung laut § 4 GewSchG. Das ist konsequent und aufgrund der persönlichen Betroffenheit der Individualrechtsgüter des Stalking-Opfers auch folgerichtig.

IV. Ergebnis Die Analyse des neuen Nachstellungstatbestand in § 238 StGB n. F. ergibt ein ambivalentes Bild. Positiv hervorgehoben werden muss zunächst, dass sowohl die Wahl des tatbestandlichen Oberbegriffs „Nachstellung“ als auch die Fassung des strafbewehrten Verhaltens gut gelungen sind. Durch die Beschreibung der spezifizierten Angriffsformen in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 StGB n. F. unter Ergänzung der Öffnungsklausel in § 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB ist der Tatbestand zudem ausreichend weit gestaltet, um auf objektiver Ebene möglichst viele heterogene ebenso wie innovative Stalking-Aktivitäten erfassen zu können. Dieser Vorteil ist jedoch nicht ohne Schwierigkeiten. So weist der Nachstellungstatbestand insgesamt eine im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG bedenkliche Unbestimmtheit auf. Dazu trägt nicht nur die angesprochene Öffnungsklausel bei, sondern auch die Umschreibung des Taterfolgs als schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung sowie die Verwendung des Tatbestandsmerkmals „beharrlich“. Des Weiteren muss kritisiert werden, dass das Kriterium der Beharrlichkeit, die Ausgestaltung von § 238 StGB n. F. als Erfolgsdelikt sowie das Erfordernis eines Tatbestandsvorsatzes nicht im Einklang mit den Ergebnissen der rechtsvergleichenden Analyse stehen. Den Erfahrungen der untersuchten Rechtsordnungen zufolge verhinderte das Merkmal der Beharrlichkeit mit der ihm immanenten subjektiven Komponente ebenso wie das Erfordernis eines zweifelsfreien Nachweises des Tätervorsatzes in vielen Fällen, dass Stalking-Verhalten strafrechtlich geahndet werden konnte. Gleiches gilt für die Notwendigkeit, einen tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen. Da

IV. Ergebnis

371

sich das Wissen um die belästigende und beängstigende Natur des Verhaltens bei Stalkern häufig ebenso wenig nachweisen lässt wie die Kausalität zwischen Verhalten und Erfolg, scheiterten in der Mehrzahl der untersuchten Tatbestände Verurteilungen von Stalkern aus diesen Gründen. Da dieser Umstand als so gravierend bewertet wurde, dass es in den meisten Ländern zu einer erweiternden Modifikation der Anti-Stalking-Tatbestände zur Erreichung höherer Verurteilungsraten kam, muss auch in Deutschland bei der Anwendung von § 238 StGB n. F. mit Schwierigkeiten gerechnet werden. In prozessualer Hinsicht ist festzuhalten, dass die Etablierung der sogenannten „Deeskalationshaft“ nicht nur systemfremd ist, sondern auch in der Praxis zu spät greift und damit nicht den erwünschten opferschützenden Erfolg zeitigen wird. Unverständlich und verfehlt ist die Einordnung von § 238 StGB n. F. als Privatklagedelikt, da Stalking-Opfer auf diese Weise nicht von der Initiativ-, Hauptverfahrens- und Kostenlast befreit werden.

F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland Die Analyse des Nachstellungstatbestandes unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Rechtsordnungen legt nahe, dass § 238 StGB n. F. in seiner bisherigen Form Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung und Umsetzung erwarten lässt. Diese Prognose wirft die Frage auf, ob § 238 StGB n. F. geeignet ist, die Opfer von Stalking-Verhalten effektiver zu schützen, als dies nach der dem Nachstellungstatbestand vorangehenden Rechtslage möglich war. Bei dieser Analyse muss auch geklärt werden, ob und inwieweit Stalking-Verhalten in Deutschland spezifisch strafwürdig und strafbedürftig ist. Um das zu beantworten, sollen im Folgenden zunächst die Kriterien für eine Strafwürdigkeit und -bedürftigkeit von menschlichem Verhalten erläutert werden, bevor darauf eingegangen wird, inwiefern § 238 StGB n. F. diese Merkmale zu erfüllen imstande ist. Im Rahmen dieser Erörterung wird ein Vergleich der Rechtslage vor und nach Verabschiedung des neuen Nachstellungstatbestandes erfolgen, dessen Augenmerk darauf gerichtet ist zu analysieren, ob und inwieweit § 238 StGB n. F. effektiveren Opferschutz ermöglicht.

I. Kriterien für die Ermittlung der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von menschlichem Verhalten 1. Strafrecht als Rechtsgüterschutz Im Allgemeinen bestimmt sich die Frage danach, welches Verhalten Gegenstand eines Straftatbestandes und mithin strafbewehrt sein soll und welches nicht, nach dem kriminalpolitischen Maßstab des materiellen Verbrechensbegriffs.1 Da das Strafrecht nach überwiegender Ansicht die gesamtgesellschaftliche Aufgabe hat, die wichtigsten Rechtsgüter als die sozial elementarsten Interessen zu schützen,2 um auf diese Weise ein freies und friedliches Zusammenleben der Bürger unter Gewährleistung der verfassungsrechtlich ge1 2

Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 1. Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 10.

I. Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von menschlichem Verhalten

373

schützten Grundrechte zu sichern,3 halten viele die Verwirklichung einer Rechtsgutsverletzung für das entscheidende Kriterium, nach dessen Maßgabe strafwürdiges von erlaubtem Verhalten abgegrenzt werden muss.4 Doch so überzeugend diese Aussage im Ergebnis auch sein mag, so umstritten sind sowohl Inhalt und Reichweite des Rechtsgutsbegriffs als auch die sich daraus ergebenden Implikationen für die Strafwürdigkeit menschlichen Verhaltens.5 Während der sogenannte systemimmanente oder auch methodische Rechtsgutsbegriff sich weitgehend als eine Auslegungshilfe für bestehende Tatbestände begreift, versteht sich der systemkritische Rechtsgutsbegriff als ein Instrument, welches den materiellen Verbrechensbegriff konkretisiert, indem er Inhalt und Grenzen des staatlichen Strafrechts umreißt und eine Antwort auf die Frage gibt, welche Rechtsgüter unter welchen Voraussetzungen strafrechtlich schutzwürdig sind.6 Da der Rechtsgutsbegriff in diesem Zusammenhang dazu dienen soll zu prüfen, ob die Einführung eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland notwendig war, führt an dieser Stelle nur der systemkritische Rechtsgutsbegriff weiter. Muss also analysiert werden, ob der Schutz der Rechtsgüter im Nachstellungstatbestand für die Gewährleistung eines freien und friedlichen Zusammenlebens nötig und möglich war, kann das Rechtsgut mit Roxin definiert werden als „alle Gegebenheiten oder Zwecksetzungen, die für die freie Entfaltung des Einzelnen, die Verwirklichung seiner Grundrechte und das Funktionieren eines auf dieser Zielvorstellung aufbauenden staatlichen Systems notwendig sind“.7 Aus dem Charakter der Strafe als einem in die Freiheitssphäre des Bürgers stark eingreifenden Zwangsmittel ergibt sich zudem, dass sich das Strafrecht nur auf den Schutz der wichtigsten Bereiche des sozialen Lebens sowie auf die Verhütung eines in besonderem Maße sozialschädlichen Verhaltens beschränken muss.8 Folglich können nur die elementarsten und eindeutig substantiierbaren Lebensinteressen des Einzelnen sowie der Gesellschaft als durch Strafe geschützte Rechtsgüter anerkannt werden.9 Als Kri3 Maunz/Dürig/Maunz, GG, Art. 74 Rn. 64; Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 7. 4 Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 10; Kühl, Stellungnahme, S. 3; Roxin, ZStW 116 (2004), S. 929 (929, 932, 944). 5 Vgl. dazu Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 2; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 7; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 9 ff. 6 Vgl. dazu Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 10; Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 2, 4; Rahmlow, Äußerungen im Strafrecht, S. 56 ff.; Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 31 ff. 7 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 7. 8 Vgl. Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 11; Schönke/Schröder/ Lenckner/Eisele, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 10.

374

F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

terium dafür, welche Werte als ausreichend hoch angesehen sind, kann auf die grundgesetzlichen Wertentscheidungen rekurriert werden.10 Allerdings ergeben sich auch aus dem GG nur grobe Anhaltspunkte für die Einschätzung verschiedener Rechtsgüter, die letztlich keine verlässlichen Auskünfte darüber zulassen, welches konkrete Verhalten tatsächlich mit Strafe bedroht werden soll und welches nicht.11 Insofern eröffnet das GG dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum, der diesem kaum Grenzen bei der Auswahl von Interessen setzt, die durch strafrechtliche Normen geschützt werden können bzw. sollen.12 2. Strafrecht als ultima ratio Dieser Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum wird durch das Subsidiaritätsprinzip eingeschränkt, welches insofern ein weiteres Kriterium der Strafwürdigkeitsprüfung darstellt. Diesem Subsidiaritätsprinzip zufolge ist es nicht nur die Aufgabe des Strafrechts, sondern der gesamten Rechtsordnung, ausreichenden Rechtsgüterschutz zu gewährleisten.13 Da das Strafrecht das Steuerungsinstrument ist, welches am stärksten in die Freiheitssphäre des Bürgers eingreift, darf es immer nur ultima ratio staatlichen Einschreitens sein. Das bedeutet, dass selbst nach Identifizierung eines hochwertigen und insofern schützenswerten Rechtsguts umfassend und kritisch geprüft werden muss, ob dieses tatsächlich strafbedürftig ist oder ob es nicht durch andere rechtliche Instrumente ebenso effektiv geschützt werden kann. Erst wenn diese Frage verneint werden muss, ist der Gesetzgeber berechtigt, das scharfe Schwert des Strafrechts einzusetzen.14 Im Ergebnis folgt aus diesen Grundsätzen der fragmentarische Charakter15 des Strafrechts. Dieses darf in einem liberalen Rechtsstaat nur die wichtigsten Bereiche des Soziallebens sichern16 und muss sich auf den Schutz ganz spezieller Rechtsgüter gegen ganz spezifische Angriffsformen beschränken.17 9

Vgl. Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 10. Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 12. 11 Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 10. 12 Lagony, Strafrecht, S. 511. Zustimmend Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 12. 13 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 97; Haffke, Roxin-FS, S. 955 (958 f.). 14 Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 19; Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 97; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 19. 15 Binding, Strafrecht, BT, Bd. I, S. 20. 16 Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 11. 17 Krahl, Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht, S. 28 f. 10

II. Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland

375

3. Verhältnismäßigkeitsprinzip Das vorstehend erläuterte Kriterium der Subsidiarität erinnert stark an den Prüfungsmaßstab, den das BVerfG bei der Beurteilung der Strafwürdigkeit menschlichen Verhaltens anlegt. Dabei vertraut das BVerfG nicht auf die Grenzen des Rechtsgutsbegriffs, sondern nutzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit18 als „verfassungsrechtliche Negativschranke“.19 Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zufolge muss das Strafgesetz geeignet sein, den intendierten Zweck zu erreichen. Es muss des Weiteren erforderlich sein, d.h. es darf kein gleich wirksames, aber milderes, das Grundrecht weniger stark einschränkendes Mittel vorhanden sein,20 und das Kriterium der Angemessenheit muss zu bejahen sein. Das BVerfG legt diese Maßstäbe sehr großzügig zugunsten eines erheblichen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums aus.21 So wird ein Gesetz nur dann als ungeeignet betrachtet, wenn es im Zeitpunkt des Erlasses eindeutig als zweckuntauglich bewertet werden muss.22 Da es letztlich dem Gesetzgeber überlassen bleibt, den Bereich strafbaren Handelns unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage im Einzelnen verbindlich festzulegen, kann die Angemessenheit ähnlich selten nur verneint werden, wenn das Gesetz schlechthin unangemessen ist.23 Des Weiteren ist festzustellen, dass die Erforderlichkeitsklausel in weiten Teilen mit dem Subsidiaritätsprinzip korrespondiert, welches dem Gesetzgeber ebenfalls weite Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume eröffnet.24 Roxin wertet es daher mehr als „ein kriminalpolitisches Postulat als eine bindende Regel“.25

II. Die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland Auf der Grundlage der dargelegten Kriterien muss analysiert werden, ob die Kriminalisierung von Stalking im Kernstrafrecht notwendig war, um Stalking-Opfer in angemessener Weise schützen zu können. Um diese Frage 18 Böllinger, Kritische Justiz 1994, S. 405 (407); Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 86. 19 Ausführlich dazu vgl. Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 83 ff. 20 BVerfGE 90, S. 145 (172) m. w. N. 21 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 87; Böllinger, Kritische Justiz 1994, S. 405 (408). 22 BVerfGE 39, S. 210 (230). 23 BVerfGE 90, S. 145 (173). 24 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 87, 101. 25 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 101.

376

F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

zu beantworten, muss zunächst untersucht werden, wie es um den Schutz der Rechtsgüter von Stalking-Opfern vor Einführung des Nachstellungstatbestandes bestellt war. Aus diesem Grund werden die herkömmlichen Interventionsinstrumente aus den Bereichen des Straf- und des öffentlichen Rechts untersucht und anschließend dem durch § 238 StGB n. F. zur Verfügung gestellten Schutz gegenübergestellt. In einem weiteren Schritt wird der Frage nachgegangen, ob die zivilrechtlichen Handlungsmöglichkeiten, insbesondere in Form des GewSchG, ein im Kampf gegen Stalking wirksames, im Vergleich zum Strafrecht aber milderes Mittel darstellen, sodass Stalking-Verhalten unter diesem Gesichtspunkt als nicht strafbedürftig erscheint. 1. Die Notwendigkeit des § 238 StGB n. F. für einen effektiven Rechtsgüterschutz a) Das durch § 238 StGB n. F. geschützte Rechtsgut Fraglich ist damit, ob die durch § 238 StGB n. F. geschützten Rechtsgüter der Stalking-Opfer, namentlich die Handlungs- und Entschließungsfreiheit sowie das Freisein von Furcht,26 durch den neuen Nachstellungstatbestand erheblich besser geschützt sind, als dies nach Maßgabe des zuvor geltenden Straf- und öffentlichen Rechts der Fall war. b) Strafrechtliche Interventionsmöglichkeiten vor Einführung des § 238 StGB n. F. Schließlich war es auch vor Inkrafttreten des eigenständigen Anti-Stalking-Straftatbestandes in § 238 StGB n. F. möglich, einzelne Stalking-Verhaltensweisen wie z. B. das Drohen, das Eindringen in das Haus des Opfers oder das Beschädigen von Gegenständen des Opfers nach Maßgabe des StGB strafrechtlich zu verfolgen. Zwar wird häufig angeführt, das Charakteristische an Stalking-Fällen sei, dass die einzelnen Handlungen vieler Stalker für sich genommen nicht in der Lage seien, die Strafbarkeitsschwelle klassischer Delikte zu überschreiten. Dem muss jedoch entgegengehalten werden, dass auch vor der Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes eine Kumulation oder stetige Wiederholung einzelner, unabhängig voneinander betrachtet harmloser Handlungen sanktioniert werden konnte, sofern sie in ihrer Zusammenschau 26

II. 1.

Zur Bestimmung des durch § 238 StGB n. F. geschützten Rechtsgut vgl. E.

II. Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland

377

ausreichend schwerwiegend waren und somit die Strafbarkeitsschwelle eines Strafgesetzes überschritten.27 Nachfolgend soll daher im Detail erörtert werden, welche Delikte Stalker nach alter Rechtslage durch ihre Aktivitäten verwirklichen konnten und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein mussten. Die bei den gängigen Stalking-Verhaltensweisen gewöhnlich in Betracht kommenden Straftatbestände waren die Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB), die Nötigung (§ 240 StGB), die Bedrohung (§ 241 StGB), die Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), die Beleidigung und Verleumdung (§§ 185 ff. StGB), der Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), die sexuelle Nötigung (§ 177 Abs. 1 StGB), die Verbreitung pornografischer Schriften (§ 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB) sowie die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB), die Sachbeschädigung (§ 303 StGB), die Ausspähung von Daten (§ 202a StGB), das Abfangen von Daten (§ 202b StGB), die Datenveränderung (§ 303a StGB) sowie die Computersabotage (§ 303b StGB). aa) Körperverletzungsdelikte Ein Tatbestand, der durch Stalking-Verhaltensweisen verwirklicht sein könnte, ist der der Körperverletzung. Gemäß § 223 Abs. 1 StGB macht sich derjenige strafbar, der eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Eine körperliche Misshandlung bezeichnet jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt werden.28 Soweit das Stalking-Verhalten eskaliert und sich in körperlichen Attacken äußert, namentlich durch Schläge, Stöße oder Tritte, ist es problemlos als eine üble und unangemessene Behandlung zu begreifen, die auch bei dem Auftreten leichter körperlicher Symptome wie Hämatomen, Kratz- oder Schürfwunden den Begriff der körperlichen Misshandlung und damit den objektiven Tatbestand der Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB erfüllt.29 Die üble, unangemessene Behandlung umfasst sogar mittelbare Einwirkungen auf den Körper des Opfers beispielsweise durch massive nächtliche Störanrufe, die in der Folge zu einer Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens führen.30 Mithin ist selbst das Anrufen als eine der häufigsten Stalking27

Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (260). Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn. 4. 29 So auch Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (105 f.). 28

378

F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

Handlungen bei entsprechenden somatischen Auswirkungen auf das Opfer von dem Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB erfasst. Beim Stalking stellt sich regelmäßig jedoch weniger das Problem der Strafverfolgung von handfester physischer Gewalt in Form von Schlägen, Tritten oder gravierenden direkten körperlichen Eingriffen, welche unstreitig eine körperliche Misshandlung darstellen können,31 als vielmehr die Schwierigkeit, dass es oft an den physischen Eingriffen in die Sphäre des Opfers fehlt. Tatsächlich ist es stalkingtypisch, dass die fortwährende Verfolgung durch für sich betrachtet sozialadäquate und nicht verbotene Verhaltensweisen trotz ihrer rein äußerlich betrachteten Harmlosigkeit erhebliche psychische und gesundheitliche Auswirkungen auf das Opfer hat, welche häufig von dem Stalker sogar intendiert sind.32 Somit ist fraglich, inwieweit sich derartige Handlungen nach § 223 Abs. 1 StGB sanktionieren lassen. Eine gemäß § 223 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbare Gesundheitsschädigung umfasst jedes Hervorrufen oder Steigern eines von dem normalen Zustand der körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden, pathologischen Zustands, gleichgültig auf welche Art und Weise er verursacht wird und ob das Opfer dabei Schmerz empfindet.33 Beeinträchtigungen des bloß seelischen Wohlbefindens infolge psychischer Einwirkungen werden jedoch von § 223 Abs. 1 StGB nicht erfasst.34 Mithin ist im Rahmen der zweiten Alternative des Körperverletzungstatbestandes die Art der Handlung selbst für die Strafbarkeit unerheblich, sodass ein mutmaßlicher Stalker § 223 Abs. 1 Alt. 2 StGB durch jede Tätigkeit verwirklichen kann, vorausgesetzt sie führt einen negativen pathologischen Zustand auf Seiten des Opfers kausal herbei. Damit erfüllen alle Stalking-Taktiken den Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB, sofern sie bei dem Opfer negative pathologische Zustände im Sinne eines medizinisch relevanten Krankheitszustandes in nicht unerheblichem Umfang hervorrufen.35 Insbesondere die beim schweren, lang andauernden Stalking somatisch feststellbaren Auswirkungen wie massive depressive Verstimmungen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Kopfschmerzen und Übelkeit stellen derartige verifizierbare körperliche Auswirkungen dar, die über das 30 Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn. 4. So im Ergebnis auch OLG Düsseldorf NJW 2002, S. 2118 (2118); Herzog, GA 1975, S. 257 (264). 31 Heinz, Die Polizei 2006, S. 362 (368). 32 Vgl. Pechstaedt, Stalking, S. 132; Finch, Criminalisation of Stalking, S. 283. 33 Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn. 5. 34 OLG Düsseldorf NJW 2002, S. 2118. Zustimmend Pollähne, StV 2003, S. 563 (564). So auch Tröndle/Fischer, StGB, § 223 Rn 6c. 35 OLG Düsseldorf NJW 2002, S. 2118.

II. Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking in Deutschland

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Maß der bloß seelischen Beeinträchtigung hinausgehen und damit von § 223 Abs. 1 Alt. 2 StGB erfasst werden.36 Im Ergebnis ist es dabei unerheblich, ob diese pathologischen Folgen durch lang anhaltendes bzw. wiederholtes, mildes Stalking-Verhalten hervorgerufen werden oder die Konsequenz aus einem einzigen Vorfall von schwerem Stalking sind. Entscheidend ist allein das bei dem Opfer auftretende Krankheitsbild.37 Bei leichteren Stalking-Verläufen, die bei dem Opfer zu allgemeinen Beeinträchtigungen des seelischen Wohlbefindens bzw. der Lebensqualität führen, kann hingegen noch nicht von einem ausreichend schwerwiegenden pathologischen Zustand gesprochen werden.38 Selbst wenn der Stalker durch seine Anwesenheit und seine Verfolgungen bei dem Opfer Schweißausbrüche, Durchfall, schnelles Herzklopfen oder gar Angst und Panik verursacht, muss das Überschreiten der strafrechtlichen Erheblichkeitsschwelle im Einzelfall kritisch überprüft und im Zweifel bei nur kurzzeitigem Auftreten verneint werden.39 Somit kann festgehalten werden, dass mehrere lediglich psychisch wirkende Einzelakte, die sich über Monate oder Jahre hinweg wiederholen, auch bislang in ihrer Kumulation den Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB erfüllen konnten, sofern sie nur erhebliche somatische Folgen bei dem Opfer verursacht haben.40 Mithin wurde schwerwiegendes Stalking-Verhalten, welches bei dem Opfer erhebliche pathologische Krankheitsbilder erzeugt, schon immer von dem Tatbestand der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB erfasst, vorausgesetzt Kausalität und Vorsatz waren gegeben und nachweisbar.41 Gleiches gilt für unmittelbare körperliche Attacken auf das Opfer, während leichtere Stalking-Verläufe, die sich nur auf das seelische Gleichgewicht sowie auf die Lebensqualität des Opfers auswirken, nicht nach § 223 Abs. 1 StGB strafbar sind.

36 Tröndle/Fischer, StGB, § 223 Rn 6c; OLG Köln NJW 1997, S. 2191 (2192); Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (261); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (106); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (292). 37 Heinz, ZfS 2005, S. 266 (268); Heinz, Die Polizei 2006, S. 362 (368). 38 Vgl. Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (261); Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn. 4. 39 Lackner/Kühl, StGB, § 223 Rn. 4. Vgl. dazu auch BGHSt 48, S. 34 (36); Kühl, JZ 2003, S. 637 (640); Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 223 Rn. 4a; OLG Köln NJW 1997, S. 2191 (2192); Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (261 f.); Heinz, ZfS 2005, S. 266 (268); Vander, KritV 2006, S. 81 (85). 40 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (261). 41 Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (151).

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bb) Nötigung Da die Motivation vieler Stalker darin besteht, das Opfer zur (Wieder-)Aufnahme einer Beziehung oder zumindest zur Aufnahme von Kontakt zu bewegen, könnte das Stalking-Verhalten auch den Tatbestand der Nötigung verwirklichen.42 Dazu müsste der Stalker sein Opfer gemäß § 240 Abs. 1 StGB mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen nötigen. In den meisten Stalking-Fällen fehlt es bereits an der Tathandlung. Nach dem derzeit gültigen physischen Gewaltbegriff bezeichnet Gewalt den Einsatz körperlicher Kraft zur Beseitigung eines wirklichen oder vermuteten Widerstandes.43 Nur die wenigsten Stalker gehen mit physischer Gewalt gegen ihre Opfer vor, während der für das Stalking charakteristische Psychoterror aus Belästigungen und Verfolgungen nicht den Anforderungen des streng physischen Gewaltbegriffs genügt.44 Es müsste sich schon um beispiellos schwere Stalking-Verläufe handeln, bei denen sich wiederholte Belästigungen und Verfolgungen derart kumulieren, dass von tatsächlicher Nötigungsgewalt gesprochen werden könnte.45 Dies dürfte in der Realität nur ausnahmsweise der Fall sein. Die alternative Nötigungstathandlung der Drohung wirft in Stalking-Fällen ähnliche Probleme auf. Eine Drohung im Sinne von § 240 Abs. 1 Alt. 2 StGB beschreibt das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss zu haben vorgibt und dessen Ausbleiben von der Reaktion des Opfers abhängig sein soll.46 Die meisten Stalking-Verläufe zeichnen sich neben der Abwesenheit von physischer Gewalt durch den Verzicht auf ausdrückliche Drohungen aus. Zwar erfasst § 240 Abs. 1 StGB auch konkludente Drohungen, doch muss der Täter das schlüssig in Aussicht gestellte Übel zumindest schemenhaft erkennen lassen. Die meisten Stalker beschränken sich jedoch darauf, ihr Opfer zu verfolgen, zu beobachten, ihm Geschenke oder obszöne Gegenstände zu hinterlassen, ihm Briefe zu schreiben oder es anzurufen. Auch wenn durch diese Rund-um-die-Uhr-Überwachung bei dem Opfer fast zwangsläufig ein Gefühl des Kontrollverlustes entsteht, welches die Situation mit der Zeit immer riskanter werden lässt, bleibt angesichts fehlender klarer Äußerungen und Hinweise in Bezug auf weitergehende beabsichtigte Handlungen des 42 Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (106). 43 Lackner/Kühl, StGB, § 240 Rn. 5. 44 Heinz, Die Polizei 2006, S. 362 (368); Vander, KritV 2006, S. 81 (85). 45 So auch Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (263). Zustimmend Heinz, ZfS 2005, S. 266 (268); Heinz, Die Polizei 2006, S. 362 (368). 46 Lackner/Kühl, StGB, § 240 Rn. 12.

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Stalkers das in Aussicht gestellte Übel zu abstrakt, als dass von einer schlüssigen Drohung gesprochen werden könnte. Ein weiteres Hindernis für die Annahme einer Nötigungsstrafbarkeit in Stalking-Fällen ergibt sich daraus, dass der Täter einen kausal auf Gewalt oder Drohung beruhenden Nötigungserfolg erzielen muss, um sich gemäß § 240 Abs. 1 StGB strafbar zu machen. Ein solcher Erfolg kann in einer Handlung, Duldung oder Unterlassung des Opfers bestehen. Zwar werden die meisten Stalking-Opfer durch das Stalking-Verhalten motiviert, gewisse Handlungen wie z. B. das Ändern der Route zur Arbeit oder nach Hause, das Einbauen von Alarmanlagen, das Verständigen der Polizei oder das Wechseln der Telefonnummer vorzunehmen und andere Tätigkeiten wie das Ausüben von Hobbys, das Ausgehen zu später Stunde oder das Abheben des Telefonhörers zu unterlassen. Dies genügt den tatbestandlichen Anforderungen an einen vom Vorsatz umfassten Nötigungserfolg jedoch nicht, da all diese Handlungen und Unterlassungen dem Wunsch und Willen des Stalkers zuwiderlaufen. Schließlich beabsichtigt dieser, Kontakt mit dem Opfer zu erzwingen, während das Opfer die oben geschilderten Handlungen vornimmt, um dem Stalker aus dem Weg zu gehen. Damit können die von dem Stalker ausgelösten Abwehrreaktionen auf Seiten des Opfers keineswegs als ein von seinem Vorsatz umfasster Nötigungserfolg begriffen werden.47 Mithin kommt als Nötigungserfolg nur noch eine erzwungene Duldung der Stalking-Handlungen durch das Opfer in Betracht. Allerdings kann die erzwungene Duldung der Zwangshandlung selbst nicht ausreichend sein. Notwendig ist vielmehr eine darüber hinausgehende Duldung.48 Wie beschrieben, sind die Stalking-Opfer in der Regel gezwungen, die StalkingHandlungen selbst zu erdulden, soweit sie sich nicht durch Ausweichen oder ähnliche Mechanismen verhindern lassen. Eine darüber hinausgehende Duldung ist in den meisten Fällen aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen aber nicht gegeben, sodass es auch hier an einem Nötigungserfolg fehlt.

47 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (262). Zustimmend Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (106); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (82); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (293); Wagner, Forum Kriminalprävention 2005, S. 3 (4). 48 Tröndle/Fischer, StGB, § 240 Rn. 6; Schroeder, Gössel-FS, S. 415 (420 f.); SK/Horn/Wolters, StGB, § 240 Rn. 5.

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cc) Bedrohung Eng mit der Nötigung verknüpft ist der Tatbestand der Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB, der ebenfalls bei manchem Stalking-Verhalten in Betracht kommen könnte. Er verbietet gemäß § 241 Abs. 1 StGB, einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder gegen eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechens zu bedrohen, und schützt damit das Gefühl der Rechtssicherheit des Einzelnen sowie dessen Vertrauen in den Fortbestand der Rechtsordnung.49 Bezüglich der Strafbarkeit des Stalking ergeben sich hier ähnliche Schwierigkeiten wie bei der Nötigung. Grund dafür ist, dass der Täter auch bei § 241 Abs. 1 StGB mit einem bestimmten, zukünftigen Verhalten drohen muss, welches im Sinne von § 12 Abs. 1 StGB als Verbrechen sowie als rechtswidrige Handlung zu werten ist.50 Dabei müssen die wesentlichen Merkmale des angedrohten Verbrechens aus der Äußerung oder aus der Bedrohungshandlung ersichtlich sein.51 Die meisten Stalker stoßen aber keine expliziten Drohungen aus. Zwar genügen bei § 241 Abs. 1 StGB wie im Rahmen von § 240 Abs. 1 StGB grundsätzlich auch konkludente Drohungen.52 Dennoch reicht ein vom Stalker geschaffenes allgemeines Klima der Angst ebenso wenig aus wie fortwährende Belästigungen, um ein Verbrechen bestimmt genug zu beschreiben und damit konkret in Aussicht zu stellen. Gleiches gilt für allgemeine Verwünschungen, da auch diese den notwendigen Drohcharakter vermissen lassen.53 Die Ausklammerung von Drohungen mit Vergehen aus dem Anwendungsbereich des § 241 Abs. 1 StGB schränkt diesen zusätzlich ein.54 Mithin ist der Tatbestand des § 241 Abs. 1 StGB in Fällen des Stalking fast nie einschlägig. dd) Freiheitsberaubung Ein weiterer beim Stalking in Betracht kommender Tatbestand ist die Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB. Dieser ist verwirklicht, wenn ein Mensch ohne seinen Willen der Freiheit beraubt wird, d.h. wenn 49

SK/Horn/Wolters, StGB, § 241 Rn. 2; Lackner/Kühl, StGB, § 241 Rn. 1. Tröndle/Fischer, StGB, § 241 Rn. 4. 51 Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 241 Rn. 5; SK/Horn/Wolters, StGB, § 241 Rn. 6. 52 Lackner/Kühl, StGB, § 241 Rn. 2; Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 241 Rn. 4; SK/Horn/Wolters, StGB, § 241 Rn. 4. 53 Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 241 Rn. 4 f.; Küpper, Strafrecht, BT 1, § 3 Rn. 79; Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (263). 54 Kinzig, ZRP 2006, S. 255 (256). 50

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es ihm – sei es auch nur vorübergehend – unmöglich gemacht wird, nach seinem freien Willen seinen Aufenthaltsort zu verändern.55 In Stalking-Fällen könnte man eine Freiheitsberaubung bereits als gegeben ansehen, wenn das Verhalten des Stalkers die Lebensgestaltung des Opfers so stark einschränkt, dass dieses in der Folge bestimmte Plätze meidet oder die eigene Wohnung nicht mehr verlässt, um ein Zusammentreffen mit dem Stalker zu verhindern. Allerdings wird das Opfer in diesen Fällen von dem Stalker keineswegs physisch daran gehindert, die entsprechenden Orte aufzusuchen oder die eigene Wohnung zu verlassen. Auch von einer vollständigen Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit allein aufgrund der physischen Anwesenheit des Stalkers kann keine Rede sein.56 Daher könnte eine Strafbarkeit in diesen Fällen nur auf einer Einschränkung der potentiellen Fortbewegungsfreiheit beruhen. Auch wenn die potentielle Fortbewegungsfreiheit generell als von dem Tatbestand der Freiheitsberaubung geschützt angesehen wird,57 gilt diese nur dann als im Sinne von § 239 Abs. 1 StGB aufgehoben, wenn das Opfer durch Gewalt, Drohung, List, Betäubung oder Nichtanhalten eines Fahrzeuges daran gehindert wird, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Die potentielle Fortbewegungsfreiheit muss also vollständig aufgehoben sein, damit der objektive Tatbestand des § 239 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Das bedeutet, dem Opfer muss durch das Verhalten des Täters das Verlassen eines bestimmten Ortes unmöglich gemacht oder zumindest so erschwert werden, dass nach den Umständen des Falles eine Verhaltensalternative aufgrund unzumutbarer Gefährlichkeit nicht in Betracht kommt.58 Zwar gibt es auch Stalking-Fälle, in denen der Täter das Opfer einschließt oder festhält und so seiner Freiheit beraubt. Wesentlich häufiger sind jedoch die Fallgestaltungen, in denen der Stalker sein Opfer durch ständige demonstrative Anwesenheit, Observation und Verfolgung veranlasst, seine alltäglichen Gewohnheiten und Aktivitäten zu beschränken sowie bestimmte Plätze und Routen zu meiden, um dem Stalker auszuweichen. Dabei handelt es sich um rein psychischen Druck von Seiten des Stalkers, der bewirkt, dass das Opfer seine eigene Freiheit beschränkt, während der Stalker selbst das Opfer nicht physisch daran hindert, bestimmte Orte aufzusuchen oder zu verlassen. 55

Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 239 Rn. 4. Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (264). 57 Wessels/Hettinger, Strafrecht, BT/1, Rn. 370; Schönke/Schröder/Eser, StGB, § 239 Rn. 1; Lackner/Kühl, StGB, § 239 Rn. 1. 58 Lackner/Kühl, StGB, § 239 Rn. 2; Wessels/Hettinger, Strafrecht, BT/1, Rn. 372. 56

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Folglich ist in den klassischen Stalking-Fällen, die sich durch dauerhafte Belästigung und Verfolgung auszeichnen und die regelmäßig zu erheblichen Veränderungen der Lebensgewohnheiten und -umstände des Opfers führen, eine Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB nicht gegeben. ee) Ehrverletzungsdelikte Auch die Ehrverletzungsdelikte gemäß §§ 185 ff. StGB können beim Stalking im Einzelfall einschlägig sein. So beleidigen und beschimpfen viele Stalker ihre Opfer in E-Mails oder Briefen sowie bei persönlichem Kontakt oder am Telefon. Abgesehen davon kommt es in Fällen des Internet-Stalking vor,59 dass falsche Tatsachen über das Opfer in das Internet gestellt werden. Oft werden auch negative Werturteile oder falsche ehrenrührige Tatsachen gegenüber anderen dem Opfer nahe stehenden oder diesem bekannten Personen wie z. B. gegenüber Familienmitgliedern, Freunden oder im Kollegenkreis geäußert. Während im Internet oder in der Zeitung hauptsächlich Anzeigen mit anzüglichem Inhalt veröffentlicht werden, kann es im persönlichen Umfeld des Opfers vorkommen, dass der Stalker wahrheitswidrig behauptet, das Opfer verfolge und bedrohe ihn. Alle diese nicht seltenen Strategien lassen sich durch die Tatbestände der Beleidigung nach § 185 StGB sowie der üblen Nachrede und Verleumdung gemäß §§ 186 f. StGB strafrechtlich ahnden. Sollten, wie im genannten Beispiel, unwissende Unternehmen wie Zeitungsredaktionen oder Internetprovider eingeschaltet sein, kommt eine Strafbarkeit über die Figur der mittelbaren Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB in Betracht. Problematischer sind hingegen die Fälle, in denen sich der Stalker auf die bloße Verfolgung des Opfers beschränkt, ohne explizit Beleidigungen oder Verleumdungen zu kommunizieren. Das bloße ständige Verfolgen und Belästigen gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Opfers stellt sich jedoch nicht als Herabwürdigung und Missachtung des personalen Geltungsanspruchs dar, sodass eine Beleidigung durch konkludentes Verhalten und folgerichtig eine Strafbarkeit gemäß § 185 StGB ausscheidet.60 Grund dafür ist, dass die meisten Stalker ihr Opfer verfolgen, weil sie es besonders schätzen und mit ihm in Kontakt treten wollen, sodass das Verfolgen des Opfers als Mittel zur Anbahnung einer Beziehung nicht als Herabwürdigung, sondern vielmehr als besondere Wertschätzung betrachtet werden muss.61 59

Vgl. dazu B. VI. 2. Ebenso Pechstaedt, Stalking, S. 120; Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (265); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (106). 60

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Auch aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts infolge ständiger Beobachtung und Belästigung kann eine Strafbarkeit aufgrund der Beleidigungstatbestände nicht hergeleitet werden, da diese keineswegs umfassend das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützen, sondern lediglich einen Teilbereich der Personenwürde, welche als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit diesem nicht identisch ist.62 Daraus ergibt sich, dass sich der Stalker zwar bei ausdrücklichen herabwürdigenden Werturteilen oder falschen Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Opfer oder Dritten nach §§ 185 ff. StGB strafbar machen kann. Vor dem bloßen An-den-Tag-Legen von typischem Stalking-Verhalten wie dem Verfolgen, Beobachten oder Kommunizieren bieten die Beleidigungsdelikte jedoch kaum Schutz. ff) Hausfriedensbruch Ein im Verlauf von Stalking-Fällen durchaus häufig anzutreffendes Delikt ist der Hausfriedensbruch. Gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist es verboten, in die Wohnung, in das befriedete Besitztum oder in abgeschlossene Räume einzudringen, d.h. diese ohne oder gegen den Willen des Hausrechtsinhabers zu betreten. Manche Stalker dringen z. B. in das Haus ihrer Zielperson ein, um Nachrichten zu hinterlassen, die diese einschüchtern und ihr durch das Verletzen der häuslichen Privatsphäre jegliches Gefühl der Sicherheit nehmen sollen. Auch das Verweilen auf dem Grundstück oder in der Wohnung des Opfers zum Zwecke des Ausspionierens, Einschüchterns oder Vorbereitens einer Attacke ist nicht auszuschließen. Oft werden dabei auch persönliche Gegenstände des Opfers wie z. B. Unterwäsche oder Fotos gestohlen. All diese Fälle haben gemeinsam, dass der Stalker das Haus bzw. die Wohnung oder das Grundstück des Opfers ohne oder gegen dessen Willen betritt, sodass der Tatbestand des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB erfüllt ist. Anders verhält es sich bei den wesentlich häufiger anzutreffenden Stalking-Strategien des Anrufens, Verfolgens sowie der stetigen demonstrativen Anwesenheit. Das bloße Herumlungern vor der Haustür des Opfers fällt ebenso wenig unter den Tatbestand des Hausfriedensbruchs, wie dies für Störanrufe oder das Hineingreifen in den Briefkasten der Fall ist.63 Grund 61

So auch Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (265). BGHSt 36, S. 145 (148); Lackner/Kühl, StGB, Vor § 185 Rn. 1. Ausführlich dazu vgl. Peglau, Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 56 ff. 63 So schon Herzog, GA 1975, S. 257 (263). Zustimmend Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (264). 62

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dafür ist, dass das Tatbestandsmerkmal des Eindringens voraussetzt, dass der Täter mindestens einen Teil seines Körpers in den Raum verbringt.64 Dies ist bei einem bloßen Stehen vor der Tür sowie bei einem Tätigen von Anrufen offensichtlich nicht der Fall. Auch das Hineingreifen in den Briefkasten reicht in der Regel nicht aus, da der Briefkasten nicht zum Betreten von Menschen bestimmt ist und damit nicht als Teil der Wohnung angesehen wird.65 Folglich ist auch eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Abs. 1 StGB in einzelnen Stalking-Fällen möglich, jedoch keine zwingende Begleiterscheinung von selbigem. gg) Sachbeschädigung Mit dem Hausfriedensbruch geht häufig eine Strafbarkeit des Stalkers wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1, 2 StGB einher. So können die nicht selten anzutreffenden Stalking-Fälle, in deren Rahmen der Täter die Autoreifen des Opfers zersticht, den Autolack zerkratzt oder gar ein Haustier des Opfers tötet als Substanzverletzungen gemäß § 303 Abs. 1 StGB geahndet werden. Die neuerlich eingeführte Strafbewehrung von Zustandsveränderungen gemäß § 303 Abs. 2 StGB66 ermöglicht es zudem, Farbschmierereien und Graffiti an den Wänden oder dem Auto des Opfers durch den Stalker zu sanktionieren. hh) Diebstahl In seltenen Fällen kann der Stalker auch nach § 242 Abs. 1 StGB wegen Diebstahls strafrechtlich verfolgt werden. Dies ist der Fall, wenn er z. B. Unterwäsche des Opfers stiehlt oder sich die Post des Opfers widerrechtlich zueignet, ohne sie diesem wieder zukommen lassen zu wollen. ii) Verbreitung pornografischer Schriften Viele Stalker hinterlassen Gegenstände an bestimmten Orten, an denen diese von der Zielperson aufgefunden werden. Während die meisten Stalker Geschenke wie Blumen, Pralinen oder Parfum verteilen, hinterlegen andere Zeitschriften und Magazine für das Opfer. Dabei ist es nicht unüblich, dass 64

Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123 Rn. 12; Lackner/ Kühl, StGB, § 123 Rn. 5. 65 Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben, StGB, § 123 Rn. 12. 66 Ausführlich dazu vgl. Hillenkamp, Schwind-FS, S. 927 ff.

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Letztere einen pornografischen Inhalt haben. In diesen Fällen kommt eine Strafbarkeit wegen Verbreitens pornografischer Schriften gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB in Betracht. Gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB ist es strafbar, pornografische Schriften bzw. laut § 11 Abs. 3 StGB gleichgestelltes Material an einen anderen gelangen zu lassen, ohne von diesem dazu aufgefordert worden zu sein. Dabei umfasst das Merkmal „Gelangen-Lassen“ jede Überführung der Schrift in den Machtbereich des Empfängers, namentlich auch das bloße Liegenlassen. Unerheblich ist zudem, ob der Empfänger von der Schrift Kenntnis nimmt, sofern er dies könnte, wenn er wollte.67 Im Ergebnis erfüllt das unerbetene Zurücklassen oder Zusenden eines pornografischen Magazins an ein Stalking-Opfer damit den Tatbestand des § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB. jj) Sexuelle Nötigung Wesentlich schwerwiegender als eine Strafbarkeit wegen Verbreitens pornografischer Schriften ist eine potentielle Strafbarkeit wegen sexueller Nötigung gemäß § 177 Abs. 1 StGB. Dieser Tatbestand setzt eine Nötigung des Opfers zu sexuellen Handlungen oder zur Erduldung sexueller Handlungen voraus. Das bedeutet, dass die von dem Stalker gewünschten Aktivitäten bzw. Erduldungen durch das Opfer ihrem Erscheinungsbild zufolge einen objektiven Sexualbezug aufweisen müssen.68 Zwar können derartige erzwungene sexuelle Handlungen vor allem bei einem beutesuchenden Stalker im Anschluss an die Vorbereitungsphase des Verfolgens und Auskundschaftens durchaus intendiert sein,69 doch sind die meisten Stalker vordringlich an dem Aufbau einer Beziehung mit dem Opfer interessiert, in deren Verlauf das Opfer nach Vorstellung des Stalkers freiwillig zum Geschlechtsverkehr bereit sein wird.70 Andere Stalker hingegen – beispielsweise aus der Rache oder Intimität suchenden Kategorie – streben gar keine sexuellen Handlungen mit dem Opfer an.71 In der überwiegenden Zahl der Fälle äußert sich Stalking-Verhalten nicht durch Aktivitäten, in deren Verlauf das Opfer in irgendeiner Form von dem Stalker physisch berührt oder angefasst wird.72 Das Beängstigende des Stal67 Lackner/Kühl, StGB, § 184 Rn. 6c; Schönke/Schröder/Lenckner/Perron/ Eisele, StGB, § 184 Rn. 36. 68 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (266). 69 Vgl. dazu B. VII. 2. c) ee). 70 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (266). 71 Vgl. dazu B. VII. 2. c) bb), dd). 72 Vgl. Pechstaedt, Stalking, S. 113.

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king liegt vielmehr in der stetigen Verfolgung und Beobachtung in Abwesenheit von physischem Kontakt. Nicht zuletzt aus diesem Grund scheiden die meisten Sexualstraftatbestände, die Körperkontakt voraussetzen, bei einer Strafverfolgung von Stalking aus.73 kk) Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen § 201a StGB, der seit 2004 den höchstpersönlichen Lebensbereich des Opfers vor gegenständlichen Abbildungen schützt,74 verbietet es, unbefugt Bildaufnahmen von anderen Personen, die sich in einer Wohnung oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden, herzustellen oder zu übertragen und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich zu verletzen. Dieser Tatbestand, der vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht und hier speziell das Recht auf informationelle Selbstbestimmung über Bildaufnahmen schützt,75 könnte im Bereich des Stalking vor allem auf diejenigen Täter Anwendung finden, die voyeuristisch veranlagt sind. In diese Kategorie fallen vor allem die beutesuchenden Stalker, die ihr Opfer minutiös auskundschaften, um eine weitergehende Attacke vorzubereiten, und dabei auch schon durch ihre heimlichen Beobachtungen im Vorfeld sexuelle Erregung erfahren.76 Abgesehen von dieser doch sehr seltenen Fallgruppe könnte § 201a StGB im Bereich des Star-Stalking Anwendung finden, dienen Bildaufnahmen doch in diesem Kontext häufig als Ersatz für tatsächlichen Kontakt mit dem Prominenten, da ein Annähern an Letzteren aufgrund von Sicherheitsvorkehrungen nur schwer möglich ist.77 Einen weiteren Anwendungsbereich könnte § 201a StGB im Bereich des Stalking in Zusammenhang mit dem Journalismus haben. So wurde bereits deutlich, dass journalistische Aktivitäten insbesondere durch Paparazzi bzw. durch investigative Journalisten häufig unproblematisch unter den Begriff „Stalking“ subsumiert werden können. In dieser Hinsicht will § 201a StGB Prominenten und Personen des öffentlichen Lebens einen Freiraum vor unerwünschter intimer Berichterstattung einräumen.78 73 Vgl. z. B. §§ 177 Abs. 2, 179 Abs. 1, 5 StGB. So auch Pechstaedt, Stalking, S. 24 f., 117 f. 74 Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 1, 3. 75 Lackner/Kühl, StGB, § 201a Rn. 1; Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 3. 76 Vgl. dazu B. VII. 2. c) ee). 77 Ausführlich zum Star-Stalking vgl. B. VI. 5. 78 Vgl. dazu auch Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 2.

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Allein diese Beispiele machen deutlich, dass die in § 201a StGB kriminalisierten Aktivitäten nicht zu dem Handlungsrepertoire eines durchschnittlichen Stalkers gehören, sondern allenfalls eine Randerscheinung des Stalking-Phänomens darstellen.79 ll) Computerdelikte Nach Maßgabe der klassischen Computerdelikte aus §§ 202a, 303a, 303b StGB kann auch das Cyberstalking strafrechtliche Relevanz erlangen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Deutsche Bundestag am 15. Juni 2007 das Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität beschlossen hat,80 welches am 11. August 2007 in Kraft getreten ist. Diesem Gesetz zufolge wurden die Computerdelikte aus §§ 202a, 303a, 303b StGB modifiziert. Zudem wurden ein neuer § 202b StGB sowie ein neuer § 202c StGB eingefügt, welche künftig das Abfangen von Daten sowie das Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten unter Strafe stellen. Insgesamt wurde durch die Gesetzesänderung die Strafbarkeit im Bereich der Computerkriminalität ausgeweitet. (1) Datenausspähung Der Tatbestand der Datenausspähung gemäß § 202a Abs. 1 StGB a. F. verbot das unbefugte Sich-Verschaffen von Daten, die nicht für den Täter bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert waren. Diese Vorschrift schützte mithin den persönlichen Lebens- und Geheimbereich des Opfers sowie dessen Interesse an der Geheimhaltung von Daten.81 Voraussetzung für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes war dabei, dass der Täter eigene Herrschaftsgewalt über die von dem Opfer gegen unberechtigten Zugang speziell gesicherten Daten herstellte, wobei bereits die Kenntnisnahme von den Daten ausreichend war. Lediglich das bloße Eindringen in den Datenspeicher oder den Übermittlungsvorgang eines anderen sollte nicht genügen, sofern eine weitergehende Verwendungsabsicht nicht gegeben war.82 79 Grund dafür ist, dass für eine Strafbarkeit nach § 201a StGB das bloße unbefugte Beobachten ohne Herstellung von Bildaufnahmen gerade nicht ausreicht, vgl. dazu Flechsig, ZUM 2004, S. 605 (607 f.). Anders Tröndle/Fischer, StGB, § 201a Rn. 1, die die Tathandlungen des § 201a StGB als typische Stalking-Verhaltensweisen betrachten. 80 Vgl. BT-Drucksache 389/07. 81 MüKo/StGB/Graf, § 202a Rn. 2; Lackner/Kühl, StGB, § 202a Rn. 1. 82 Lackner/Kühl, StGB, § 202a Rn. 5.

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Nach der Neufassung des § 202a StGB ist künftig das beschriebene SichVerschaffen der Daten im Sinne eines Ab- und Aufrufens zur Tatvollendung nicht mehr notwendig. Ausreichend ist vielmehr bereits das bloße Sich-Zugang-Verschaffen zu Daten, die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind. Durch diese Änderung soll fortan auch das sogenannte „hacking“ strafbar sein, bei welchem sich unbefugt Zugang zu einem Computer- oder Informationssystem verschafft wird.83 Im Ergebnis wird die Auswirkung dieser Modifikation dennoch als gering anzusehen sein, da das Sich-Verschaffen von Daten nach Maßgabe von § 202a StGB a. F. schon bislang sehr weit ausgelegt wurde.84 Jede Kenntnisnahme von Daten genügte.85 Im Bereich des Computer-Stalking86 versuchen viele Stalker, sich unberechtigterweise über eine Internetverbindung Zugang zum Datenspeicher des Opfers zu verschaffen, indem sie Schwächen des Betriebssystems ausnutzen. Mithilfe dieser Daten wollen die Stalker Informationen über das Opfer sammeln, um es weitergehend kontrollieren zu können oder um diese Informationen anderen Menschen, z. B. im Internet, zugänglich zu machen. Folglich ist ein derartiges unberechtigtes Eindringen in den Rechner des Opfers durch § 202a StGB strafbewehrt. (2) Abfangen von Daten Nach dem neu geschaffenen § 202b StGB n. F. ist strafbar, wer unbefugt sich oder einem anderen unter Anwendung von technischen Mitteln nicht für ihn bestimmte Daten aus einer nichtöffentlichen Datenübermittlung oder aus elektromagnetischer Abstrahlung einer Datenverarbeitungsanlage verschafft. Diese neue Vorschrift soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Pendant zum Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen darstellen, wobei alle Formen der elektronischen Datenübermittlung wie E-Mail, Fax und Telefon erfasst sein sollen. Taugliches Tatobjekt sind nur solche Daten, die sich zurzeit der Tat in einem Übertragungsvorgang befinden, während gespeicherte Daten, die zu einem früheren Zeitpunkt übermittelt wurden, nicht hierunter fallen.87 Im Bereich des Cyberstalking könnte dieser neue Tatbestand die Fälle erfassen, in denen sich der Stalker gezielt in die elektronische Kommunika83

BT-Drucksache 16/3656, S. 9. BT-Drucksache 16/3656, S. 9. 85 Tröndle/Fischer, StGB, § 202a Rn. 10; Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, § 202a Rn. 10. 86 Vgl. dazu B. VI. 2. 87 BT-Drucksache 16/3656, S. 11. 84

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tion seines Opfers zwischenschaltet und auf diese Weise Daten und Informationen über das Opfer abfängt. Diese Strategie dient zum einen der Informationsgewinnung über das Opfer und befriedigt zum anderen das Kontrollbedürfnis des Stalkers. Zu beachten ist hier jedoch, dass § 202b StGB n. F. durch die Beschränkung auf nichtöffentliche Datenübermittlungen nur einen Schutz gegenüber verschlüsselten Daten gewährt.88 Das bedeutet, dass das Stalking-Opfer beispielsweise im Bereich der E-Mail-Kommunikation nur dann geschützt ist, wenn es seine E-Mails verschlüsselt versendet. (3) Vorbereiten des Ausspähens oder Abfangens von Daten In § 202c StGB n. F. sind Handlungen kriminalisiert, die das Ausspähen oder Abfangen von Daten vorbereiten. So sind zukünftig auch solche Aktivitäten strafbar, mit denen sich der Stalker Passworte oder sonstige Sicherungscodes des Opfers verschafft bzw. Computerprogramme erstellt, die diesem Zweck dienen sollen. (4) Datenveränderung Einen weiteren Teilbereich des Cyberstalking deckt der Tatbestand der Datenveränderung nach § 303a Abs. 1 StGB ab. Diesem zufolge ist jede rechtswidrige Löschung, Unterdrückung, Unbrauchbar-Machung und Veränderung von Daten strafbar. Allgemein gesprochen ist somit jeder unberechtigte Eingriff in das eigentümerähnliche Verfügungsrecht über Daten verboten.89 Da § 303a StGB das Interesse des Opfers an der ungehinderten und unbeeinträchtigten Verwendbarkeit seiner Daten schützt, werden auch Daten ohne wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder ideellen Wert erfasst.90 Diese Vorschrift blieb von der Reform unangetastet. Die einzige Veränderung besteht darin, dass gemäß § 303a Abs. 3 i. V. m. 202c StGB n. F. nun auch Vorbereitungshandlungen zur Datenveränderung unter Strafe stehen. Gemäß § 303a Abs. 1 StGB ist mithin jede Veränderung oder Löschung von Daten auf dem Computer des Opfers als Teil des Computer-Stalking strafbar, sofern sie ohne oder gegen dessen Willen vorgenommen wird.

88

BT-Drucksache 16/3656, S. 11. Joecks, StGB, § 303a Rn. 1; Lackner/Kühl, StGB, § 303a Rn. 4. 90 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht, BT/2, Rn. 50; NK/StGB/Zaczyk, § 303a Rn. 2; Lackner/Kühl, StGB, § 303a Rn. 1. 89

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(5) Computersabotage Obwohl weniger wahrscheinlich, könnten sich Cyberstalker nach der Gesetzesänderung auch wegen Computersabotage gemäß § 303b Abs. 1 StGB strafbar machen. Nach seiner ursprünglichen Formulierung erfasste § 303b Abs. 1 StGB a. F. in seinen Tathandlungen zwar typische Verhaltensweisen eines Cyberstalkers wie z. B. das Stören einer Datenverarbeitung durch Datenveränderung oder durch Zerstörung, Beschädigung, Unbrauchbar-Machung, Beseitigung oder Veränderung einer Datenverarbeitungsanlage bzw. eines Datenträgers. Allerdings setzte der Tatbestand zusätzlich voraus, dass die Datenverarbeitung für einen Betrieb, ein Unternehmen oder eine Behörde von wesentlicher Bedeutung war. Da das Anvisieren eines Unternehmens oder einer Behörde als Stalking-Opfer sehr selten anzutreffen ist, weil sich die meisten Stalking-Fälle im privaten Bereich ereignen, war eine Strafbarkeit gemäß § 303b StGB a. F. fast nie gegeben. Hinzu kam, dass die Voraussetzungen an die wesentliche Bedeutung der Datenverarbeitung so hoch angesetzt wurden,91 dass selbst bei den wenigen rachesuchenden Stalkern, die ein ganzes Unternehmen oder eine komplette Behörde zu ihrem Zielobjekt erkoren hatten, eine Strafbarkeit gemäß § 303a Abs. 1 StGB nur höchst selten in Betracht zu ziehen war. Das Strafrechtsänderungsgesetz hat § 303b StGB in weiten Teilen umgestaltet. So setzt der Grundtatbestand der Computersabotage in § 303b Abs. 1 StGB n. F. fortan nicht mehr die Störung einer Datenverarbeitung bei einem Betrieb, Unternehmen oder einer Behörde voraus, sondern lässt die Störung der Datenverarbeitung eines anderen ausreichen, sofern diese Störung erheblich und die Datenverarbeitung für den anderen von wesentlicher Bedeutung ist. Damit schützt § 303b Abs. 1 StGB n. F. nicht mehr das Interesse von Wirtschaft und Verwaltung an der Funktionstüchtigkeit der Datenverarbeitung, sondern das Interesse der Betreiber und Nutzer von Datenverarbeitungen an deren ordnungsgemäßer Funktionsweise allgemein.92 Einschränkende Voraussetzung ist jedoch, dass die Datenverarbeitung von wesentlicher Bedeutung ist, was vor allem bei einer Nutzung zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken sowie im Rahmen von künstlerischer oder wissenschaftlicher Tätigkeit, nicht jedoch bei einer Kommunikation im privaten Bereich der Fall sein dürfte.93 91 So setzt dieses Tatbestandsmerkmal eine sehr komplexe Datenverarbeitung voraus, von deren störungsfreiem Ablauf die Funktionsfähigkeit der Einrichtung im Ganzen abhängt, vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 303b Rn. 2. 92 BT-Drucksache 16/3656, S. 13. 93 BT-Drucksache 16/3656, S. 13.

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Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Strafbarkeit wegen unbefugten und schwerwiegenden Behinderungen oder Störungen des Betriebes eines Computer- und Informationssystems erheblich erweitert wurde. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Computersabotage zukünftig nicht nur durch die schon bislang genannten Tathandlungen, sondern auch durch die Eingabe oder Übermittlung von Daten unter Nachteilszufügungsabsicht erfolgen kann, § 303b Abs. 1 Nr. 2 StGB n. F. Mithin sind auch neutrale Handlungen strafbewehrt, sofern sie erhebliche Störungen verursachen. Als Beispiel dafür nennt der Gesetzgeber sogenannte „Denial-of-Service“-Attacken, bei denen Dienste eines Servers durch eine Vielzahl von Anfragen derart überlastet werden, dass dessen Verarbeitungskapazität überschritten ist und dieser den Betrieb einstellen muss.94 Nach der Neufassung des § 303b Abs. 1 StGB n. F. ist es also möglich, Stalker zu bestrafen, die ihre Opfer durch E-Mail-Stalking95 belästigen. Vor allem Techniken wie das Versenden von Computerviren und großvolumigen elektronischen Junk-Mails sowie das sogenannte „mail bombing“ sind nun strafbar. Das ist eine wesentliche Erweiterung der Strafbarkeit im Hinblick auf die alte Fassung der Vorschrift. Eine nicht zu unterschätzende Einschränkung, die einer Bestrafung von Stalkern entgegenstehen kann, ist jedoch, dass die Datenverarbeitungsanlage für das Opfer von wesentlicher Bedeutung sein muss. Damit bleibt die rein private Nutzung von Computer und Internet zumindest nach § 303b StGB n. F. weiterhin ungeschützt.96 mm) Zwischenergebnis Insgesamt ergibt die Analyse der Strafbarkeit einzelner Stalking-Verhaltensweisen vor Einführung des Nachstellungstatbestandes, dass eine ganze Reihe von Delikten aus allen Bereichen des StGB schon bislang StalkingAktivitäten mit Strafe bewehrt haben und damit für eine Verurteilung von Stalkern herangezogen werden konnten. Auffallend ist, dass die Fälle von schwerem Stalking,97 bei denen es entweder zu schwerwiegenden körperlichen Auswirkungen auf Seiten des Opfers kommt oder die aufgrund gewisser Indizien wie expliziter Drohungen eine besondere Gefährlichkeit für das Opfer im Sinne einer Eskalations94

BT-Drucksache 16/3656, S. 13. Vgl. dazu B. VI. 2. 96 BT-Drucksache 16/3656, S. 13. 97 Diese Bezeichnung beruht auf der Differenzierung von Löbmann, derzufolge schweres Stalking vor allem explizite verbale Beschimpfungen und Gewaltandrohungen bis hin zu körperlichen und sexuellen Übergriffen sowie Eigentumsbeschädigungen umfasst, vgl. Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (25 f.). 95

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gefahr aufweisen, auch vor Einführung des Nachstellungstatbestandes strafrechtlich verfolgt werden konnten.98 Gleiches gilt für schon äußerlich sozialschädliches Verhalten wie beispielsweise das widerrechtliche Eindringen in fremde Wohnungen oder die Beschädigung von Sachen, die dem Opfer gehören. Selbst mildere Formen des Stalking konnten strafrechtlich relevant sein, sofern sie nur infolge ständiger Wiederholung und Kumulierung den entsprechenden Taterfolg herbeiführten.99 Eine besondere Penetranz des Verhaltens konnte zudem im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Diese grundsätzliche Erfassung einzelner Stalking-Verhaltensweisen durch das materielle Strafrecht wird durch die Regelung des § 244 Abs. 2 StPO im Strafprozessrecht flankiert. Diese Norm verpflichtet das Gericht, zur Erforschung der Wahrheit alle Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dazu gehört vor allem auch die Ermittlung des Geisteszustands des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Folglich musste das Gericht eine psychiatrische Begutachtung des mutmaßlichen Stalkers entweder von Amts wegen oder aufgrund eines Beweisantrages der Verteidigung veranlassen, sofern Hinweise auf eine Schuldunfähigkeit oder eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20 f. StGB bestanden. Durch diese prozessuale Regelung kann den Erkenntnissen der Stalking-Forschung Rechnung getragen werden, die bei Stalking-Tätern eine überdurchschnittliche Häufigkeit psychischer Anomalien diagnostiziert, welche sich unter Umständen auf die Strafbarkeit auswirken können.100 c) Öffentlich-rechtliche Interventionsmöglichkeiten vor Einführung des § 238 StGB n. F. Abgesehen von den Interventionsmöglichkeiten auf strafrechtlicher Ebene hielt und hält auch das öffentliche Recht einige Instrumentarien bereit, mit deren Hilfe Individualrechtsgüter von Stalkees geschützt werden können. 98

Im Ergebnis ebenso Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (266); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (107). So auch Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (153); Freudenberg, NK 2005, S. 84 (86); Kinzig, Richter ohne Robe 2007, S. 3 (5); Mitsch, Jura 2007, S. 401 (401). 99 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (266). 100 Royen, Strafgerichtliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 169 (172 f.). Kritisch gegenüber diesen Erkenntnissen der Stalking-Forschung Habermeyer, Forensich-psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (46 ff.); Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (198); Habermeyer/Norra, Gesundheitswesen 2004, S. 337 (337, 340); Hoffmann, Stalking, S. 8.

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Zu denken ist dabei insbesondere an das Polizeirecht als Recht der Gefahrenabwehr. So ermächtigt die polizeiliche Generalklausel aus §§ 1, 3 PolG BW101 den Polizeivollzugsdienst zum Einschreiten, falls eine Gefahr für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorliegt. Da auch die Individualrechtsgüter einer Einzelperson Schutzgut der öffentlichen Sicherheit sind, kann bei ihrer Gefährdung der Polizeivollzugsdienst unmittelbar einschreiten. Im Falle von Stalking-Verhalten kommt hier beispielsweise das Aussprechen eines Platzverweises gegen den Stalker als Störer gemäß §§ 1, 3 PolG BW in Betracht. Auch eine Ingewahrsamnahme ist gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW möglich, sofern eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, z. B. in Form einer Verletzung der Individualrechtsgüter des Stalkees, auf andere Weise nicht verhindert oder eine bereits eingetretene nicht beseitigt werden kann. d) Erhöhtes Schutzniveau durch § 238 StGB n. F.? Angesichts dieses schon vor Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes zur Verfügung stehenden Schutzes für Stalking-Opfer stellt sich die Frage, ob das jetzt durch § 238 StGB n. F. bereitgestellte Schutzniveau wesentlich darüber hinausreicht. aa) Erhöhtes Schutzniveau Die Befürworter des Nachstellungstatbestandes führen ins Feld, aufgrund der Unzulänglichkeiten der klassischen öffentlich-rechtlichen sowie der strafrechtlichen Interventionsmöglichkeiten im Bereich des Stalking sei allein eine Kriminalisierung von Stalking-Verhalten im Kernstrafrecht in der Lage, adäquaten Schutz für die Rechtsgüter von Stalking-Opfern zu gewährleisten.102 101 Vorliegend wird das Polizeirecht des Landes Baden-Württemberg beispielhaft für alle Bundesländer herangezogen. 102 Für die Verabschiedung eines eigenständigen Anti-Stalking-Straftatbestandes vgl. beispielsweise Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (198); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (82, 83); Rusch/Stadler/Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (175); Sommerfeld/ Voß, SchlHA 2005, S. 326 (331); Wagner, Forum Kriminalprävention 2005, S. 3 (4); Wagner, FPR 2006, S. 208 (209); Wagner, Recht und Politik 2005, S. 21 (22); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 79 f.; Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 30; Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (298, 302); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78); Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196); Smischek, Stalking, S. 350; Lichy, Editorial, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 2 (2); Janovsky, Stellungnahme, S. 6; Heinke, Der Kriminalist 2007, S. 187 (190).

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(1) Kritik an den öffentlich-rechtlichen Interventionsmöglichkeiten So sei es im öffentlichen Recht problematisch, dass der Schutz privater Rechte der Polizei nach dem PolG gemäß § 2 Abs. 2 PolG BW nur dann obliege, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen sei. Weitere Voraussetzung für ein Einschreiten sei, dass ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr bestehen müsse, dass die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Aufgrund dieser grundsätzlichen Subsidiarität des PolG zum Schutz privater Rechte ergebe sich in Stalking-Fällen nicht nur die Schwierigkeit, dass eine Abgrenzung zwischen einer bloßen Belästigung und einer ernsten Gefahr für die Verwirklichung von Individualrechten erfolgen müsse,103 sondern auch das Problem, dass in weniger gravierenden Fällen das Opfer zunächst auf den Privatrechtsweg verwiesen werden müsse, ohne dass ein Einschreiten der Polizei rechtlich erlaubt sei. Hinzu komme, dass es mit den Mitteln des Polizeirechts nicht möglich sei, ein Verhalten zu beenden, welches für den unmittelbar Betroffenen zwar höchst lästig und eventuell sogar bedrohlich sei, sich gegenüber dem Polizeivollzugsdienst jedoch als noch nicht unmittelbar gefahrträchtig für das Opfer und damit für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit darstelle.104 Neben diesen theoretischen Problemen bei der Anwendung des Polizeirechts in Stalking-Fällen gebe es zudem Schwierigkeiten in der Praxis. Denn obwohl das PolG in Stalking-Fällen häufig zur Anwendung komme,105 berge sein vorläufiger und rein sichernder Charakter106 Nachteile für das StalkingOpfer.107 So verfügten polizeiliche Maßnahmen wie Platzverweis oder Ingewahrsamnahme nur über eine begrenzte zeitliche Geltung, sodass sie das Opfer nicht auf Dauer vor dem Stalker schützen könnten.108 Dieser temporäre Charakter der Maßnahmen nach dem PolG sei daher wenig geeignet, Stalker zu beeindrucken und zu einer Verhaltensänderung zu motivieren.109 Zwar sei es insgesamt wichtig, dass die Polizei Belästigungen nicht tatenlos zusehe, sondern sich der Stalking-Situation konkret annehme,110 doch böten 103

Pechstaedt, Stalking, S. 137. Rusch, Stalking in Deutschland, S. 67; Pechstaedt, Stalking, S. 137 f. 105 Rusch, Stalking in Deutschland, S. 66. 106 Schmidt, Gefahrenabwehrmaßnahmen, S. 39. 107 Gropp, NK 2002, S. 112 (113). 108 Hermann, NJW 2002, S. 3062 (3063); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 66; Zwißler, GewSchG, S. 67. 109 Gropp, NK 2002, S. 112 (113). 110 Pechstaedt, Stalking und das deutsche Recht, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 45 (51). 104

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die vorhandenen öffentlich-rechtlichen Interventionsmöglichkeiten keine ausreichende Handhabe gegen Stalker. (2) Kritik an den strafrechtlichen Interventionsmöglichkeiten Im Strafrecht fällt die Kritik der Befürworter eines eigenständigen AntiStalking-Tatbestandes noch schärfer aus. So wird ausgeführt, ein bloßer Verweis auf die bestehenden Tatbestände vernachlässige die spezifischen Besonderheiten des Stalking als eigentlich sozialschädlichem Verhaltenskern und mindere dadurch nicht nur den Opferschutz, sondern verschleiere dem Normadressaten zudem, was das eigentlich verbotene Verhalten tatsächlich ausmache. So werde durch die Subsumtion von Stalking-Aktivitäten unter die klassischen Tatbestände allein auf einen handlungsneutralen Taterfolg abgestellt, während die diesen Erfolg kausal herbeiführenden Verhaltensweisen wie lang andauerndes und hartnäckiges Verfolgen, Überwachen und Belästigen keine Rolle spielten, obwohl sie den besonderen Charakter des Stalking ausmachten.111 Dieses Defizit der klassischen Tatbestände, den spezifischen Handlungsunwert des Stalking-Verhaltens widerzuspiegeln, werde noch dadurch verstärkt, dass bei einer Strafverfolgung wegen einzelner Tatbestände der innere Zusammenhang des Stalking-Verhaltens verloren gehe.112 Da Stalking aus einer Vielzahl heterogener Einzelhandlungen bestehe, die erst in ihrer Kumulation eine andere, negative Konnotation erlangten,113 lasse sich diese nicht in einer Strafverfolgung wegen einzelner, herkömmlicher Delikte ausdrücken.114 Außerdem sei es im Ergebnis unmöglich, die Schwere des gesamten Stalking-Verlaufs mit seinen spezifischen Auswirkungen auf das Opfer in Schuldspruch und Strafmaß widerzuspiegeln, falls die kleinen Delikte als bloße Einzeltaten gewertet würden.115 111

Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (110); Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (266); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (293); Löbmann, MschrKrim 2002, S. 25 (30); Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (195). 112 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (119, 123). 113 Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (110). 114 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (240); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (151). 115 Vgl. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (123); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (110).

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Das habe die weitere Implikation, dass in einem Strafverfahren gegen einen Stalker wegen leichterer Vergehen wie Hausfriedensbruch oder Bedrohung bei fehlender einschlägiger Vorstrafe eine sanktionslose Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen wahrscheinlich sei.116 Eine solche lasse das Opfer schutzlos zurück117 und vergebe die Chance, den Stalker auf seine psychische Gesundheit hin untersuchen zu lassen und falls nötig eine Therapie anzuordnen. Hinzu komme, dass eine Verfahrenseinstellung ebenso wie eine etwaige Verurteilung, die sich in ihrer Sanktionswirkung nur auf einen kleinen Ausschnitt des Stalking-Verhaltens beschränke, das Ziel verfehle, dem Stalker das spezifische Unrecht seines gesamten Verhaltensmusters vor Augen zu führen und ihn so von einer Wiederholung des Verhaltens abzuhalten.118 Als Lösung bleibe die Möglichkeit, dass das Gericht mehrere Einzeldelikte als einen Gesamt-Stalking-Verlauf wertet und die Wiederholung strafschärfend berücksichtigt. Allerdings fordere dieses Vorgehen Eigeninitiative vom Opfer, welche diesem nach den zermürbenden Aktionen des Stalkers häufig nicht zumutbar sei.119 Werde eine Kombination klassischer Straftatbestände genutzt, um ein spezifisches Verhalten unter Strafe zu stellen, welches an sich nicht ausdrücklich kriminalisiert sei, werde außerdem das verfassungsmäßige Bestimmtheitsgebot tangiert. Die Verabschiedung eines Anti-Stalking-Tatbestandes könne daher gewährleisten, dass Rechtssicherheit darüber besteht, welches Verhalten als Stalking strafbar ist und mit einem sozialethischen Unwerturteil versehen werden kann.120 Ein weiteres Argument für eine Strafbewehrung von Stalking sei, dass die Strafverfolgungsbehörden nur durch die Schaffung eines spezifischen Straftatbestandes in der Lage und gemäß § 160 Abs. 1 StPO dazu verpflichtet seien, bei Eingehen einer Strafanzeige wegen Stalking-Verhaltens von Amts wegen gegen den Stalker zu ermitteln, diesen bei hinreichendem Tatverdacht einem Strafverfahren zu unterziehen und einer Bestrafung zuzuführen.121 Dies habe zum einen den Vorteil, dass das Opfer, sofern kein Fall der Privatklage vorliege, von der Verpflichtung entbunden sei, selbst ein Ver116 Vgl. Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (176). 117 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (176). 118 Ähnlich Winterer, FPR 2006, S. 199 (199). 119 Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (142). 120 Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (140). 121 Allgemein dazu vgl. Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (541).

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fahren gegen den Stalker anzustrengen.122 Zum anderen würden der Polizei auf diese Weise Möglichkeiten frühen Einschreitens an die Hand gegeben.123 Dies sei auch deshalb notwendig, da in Fällen von Stalking nicht gewartet werden solle, bis der Täter eine explizite bzw. konkludente Drohung ausgestoßen habe oder es schon zu einer Eskalation gekommen sei. Durch die Kriminalisierung von Stalking könnten Polizei und Strafverfolgungsbehörden schon im Vorfeld einem Verhalten entgegenwirken, welches bedrohlich sei und das Opfer somit einschüchtere, schikaniere, verängstige und bedränge. Dies sei auch deswegen ratsam, weil die meisten StalkingTäter weder eine Drohung gegen das Opfer ausstießen noch das Opfer körperlich angriffen und so eine Eskalation gleichsam ankündigten.124 Gleichzeitig werde auf diese Weise eine Situation verhindert, in der die Opfer ein zweites Mal dadurch viktimisiert würden, dass Polizei und Strafverfolgungsbehörden trotz Rechtsgutsbeeinträchtigung und potentieller Gefahr für Leib und Leben nicht zugunsten der Stalkees intervenieren könnten.125 Auch einem dadurch bedingten Gefühl der Hilflosigkeit auf Seiten der Opfer, welches zu Problemen im Bereich der psychischen Gesundheit führe oder bereits vorhandene verschlimmere, könne so vorgebeugt werden.126 Des Weiteren könne die Etablierung einer solchen Strafverfolgungspflicht bei Stalking auch eine Entwicklung befördern, an deren Ende das Phänomen Stalking bei Strafverfolgungsbehörden und Justiz als sozialschädliches Verhalten wahr- und damit ernst genommen werde. Dies sei auch deshalb wichtig, weil bislang eine unzureichende Ernstnahme zu konstatieren sei, die darauf beruhe, dass dem Stalking-Verhalten häufig eine Beziehung – sei es intimer, freundschaftlicher oder auch nur kollegialer Art – zwischen Täter und Opfer vorausgehe.127 Diese Fehleinschätzung hinsichtlich der Ernsthaftigkeit der Situation erinnere stark an das Verhalten staatlicher Organe bei häuslicher Gewalt vor dem in diesem Bereich vollzogenen Paradigmenwechsel. So sei auch das Verhalten in einer häuslichen Gemeinschaft als reine Privatsache betrachtet worden, die den Staat und damit die Strafver122 Ausführlich zu den mit dem Privatklageweg verbundenen Schwierigkeiten vgl. E. III. 2. b). 123 Sohn, (1994) 30 Criminal Law Bulletin, S. 203 (207). 124 Ähnlich Cavanagh/Teasley/Knowles, Stalking, in: Wang (Hrsg.), Stalking and Domestic Violence, S. 11 (11 f.); Morewitz, Stalking and Violence, S. 60. 125 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (262). Ähnlich Malsch/Smeenk, Legislation on Stalking, in: Smeenk/Malsch (Hrsg.), Family Violence and Police Response, S. 223 (226). 126 Brewster, Response to Stalking, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 3-1 (3-9). 127 Brewster, Response to Stalking, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 3-1 (3-9); Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (262).

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folgungsbehörden nichts angehe.128 Dass sich dieser Ansatz im Bereich der häuslichen Gewalt inzwischen verändert habe, könne als Stimulus dafür betrachtet werden, Stalking-Verhalten durch eine Einbeziehung in das Kriminalstrafrecht aus der privaten in die öffentliche Sphäre zu holen. Schließlich müsse der Staat sein Gewaltmonopol auch im Bereich des Stalking zugunsten der Opfer durchsetzen.129 Dieser mit einer solchen Entwicklung verbundene Umdenkprozess könne, so ließe sich argumentieren, bei Strafverfolgungsbehörden und Justiz durch die Aufnahme des Stalking in das StGB in Gang gesetzt werden. Gleichzeitig könne auf diese Weise die Chance genutzt werden, Strafverfolgungsbehörden, Justiz und Bevölkerung über Erscheinungsformen und Auftreten von sowie Umgang mit sozialschädlichem Stalking-Verhalten aufzuklären.130 Und tatsächlich findet ein solches Plädoyer für die Ausnutzung des Strafrechts als treibende Kraft für eine gesellschaftliche Evolution eine Stütze im Beispiel der USA. So war in vielen US-Bundesstaaten nach Einführung spezifischer Anti-Stalking-Tatbestände ein signifikanter Anstieg bei den bekannt gewordenen Opferzahlen sowie eine verstärkte Inanspruchnahme polizeilicher sowie gerichtlicher Hilfe zu verzeichnen.131 Daraus könnte gefolgert werden, dass die Strafbewehrung eines Verhaltens im Allgemeinen sowohl die Anzeigebereitschaft als auch das Vertrauen der Opfer in das Rechtssystem stärkt.132 Im Ergebnis betonen die Befürworter eines Anti-Stalking-Straftatbestandes in Deutschland, dass durch einen solchen die Rechtsgüter der StalkingOpfer besser geschützt werden könnten. Neben dem intensivierten Schutz durch eine Verbesserung der Interventionsmöglichkeiten für Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz wird auf eine erhöhte Sensibilisierung von Behörden und Öffentlichkeit hingewiesen, welche durch die normbildende Kraft des Strafrecht bewirkt werden könne.133 Letzteres sei erforderlich, um den Opferschutz in der Praxis effektiv zu gewährleisten und den Opfern das Gefühl zu geben, sie seien nicht allein.134 128 Stürmer, FPR 2006, S. 190 (190); Stürmer, Paradigmenwechsel, in: Kury/ Obergfell-Fuchs (Hrsg.), Gewalt in der Familie, S. 169 (169); Menne, FPR 2005, S. 51 (51). Im Hinblick auf diese Situation in Australien vgl. Blazejowska, (1994) Law Society Journal, S. 41 (42) sowie in ganz Europa vgl. Malsch/Smeenk, Legislation on Stalking, in: Smeenk/Malsch (Hrsg.), Family Violence and Police Response, S. 223 (225). 129 Vgl. Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (161 f.). 130 Vgl. Morewitz, Stalking and Violence, S. 60. 131 Morewitz, Stalking and Violence, S. 74. 132 Pechstaedt, Stalking, S. 140. 133 Ähnlich auch Lackner/Kühl, StGB, § 238 Rn. 1.

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Diese Einschätzung, die von internationalen Beobachtern geteilt wird, erkennt dem Strafrecht eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Stalking zu. So stellen Mullen und MacKenzie fest, dass in Ländern, in denen Stalking-Opfern nur wenig Schutz zuteil wird, dies in der Regel auf einen Mangel an angemessener Gesetzgebung oder auf eine wenig motivierte Anwendung der vorhandenen rechtlichen Instrumentarien zurückzuführen ist. Insgesamt ziehen sie das Fazit, eine starke Anti-Stalking-Gesetzgebung sei unverzichtbare Grundlage für einen effektiven Opferschutz.135 Ähnlich betont auch Pelikan, dass in Ländern, in denen neue Anti-Stalking-Strafrechtsbestimmungen zu finden seien, diese durchweg und, ohne dass dies eine Diskussion erfordert hätte, als das angemessene Instrument zur Bekämpfung von Stalking und zum Schutz der Opfer gelten würden. Dies werde vordringlich durch eine Verbesserung der Zugriffs- und Kontrollmöglichkeiten für die Polizei erreicht.136 bb) Kein erhöhtes Schutzniveau durch § 238 StGB n. F. Trotz dieser optimistischen Einschätzungen und obwohl den vorgenannten Ausführungen, die die Unzulänglichkeiten der klassischen strafrechtlichen Interventionsinstrumente betonen, eine gewisse Überzeugungskraft nicht abgesprochen werden kann, muss kritisch hinterfragt werden, ob die dargelegten Schwächen des bisherigen Rechts durch den Nachstellungstatbestand tatsächlich behoben werden können. D.h. es muss untersucht werden, ob mithilfe des Nachstellungstatbestandes überhaupt eine erhöhte Zahl an Verurteilungen von Stalkern zu erwarten ist, die nicht auch nach Maßgabe der vorherigen Rechtslage hätte erreicht werden können. Dabei muss zunächst daran erinnert werden, dass die Fälle von schwerem Stalking, bei denen das Opfer erhebliche Beeinträchtigungen seiner physischen Gesundheit erleidet, auch vorher strafrechtlich verfolgt werden konnten.137 Wie dargelegt,138 kommt in diesen Fällen pathologisch feststellbarer, somatischer Schädigungen – und seien sie auch auf psychische Ursachen zurückzuführen – eine Verurteilung wegen Körperverletzung gemäß § 223 StGB in Betracht. Eine solche Strafverfolgung bietet den Opfern von Stal134

Vgl. dazu Morewitz, Stalking and Violence, S. 60; Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (159). 135 Vgl. Mullen/MacKenzie, Assessing and Managing Risk, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 51 (61). 136 Vgl. Pelikan, Psychoterror, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Konferenzbericht, S. 25 (30). 137 Neubacher, ZStW 118 (2006), S. 855 (865 f.). 138 Vgl. dazu F. II. 1. b) aa).

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king sogar mehr Schutz als ein Vorgehen nach Maßgabe des Nachstellungstatbestandes, da die Strafandrohung des Grundtatbestandes der Körperverletzung laut § 223 Abs. 1 StGB mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe um zwei Jahre über der des Nachstellungsgrundtatbestandes mit bis zu drei Jahren liegt. Folgerichtig gehören vor allem die Fälle von leichtem Stalking zum Anwendungsbereich des neuen Nachstellungstatbestandes. Dies sind namentlich die Geschehnisse, in denen das Stalking-Verhalten die psychische Unversehrtheit des Opfers beeinträchtigt, ohne dass dadurch die Schwelle zur somatischen Erkrankung überschritten würde. Diese Fälle waren bislang nicht von den Körperverletzungsdelikten erfasst und konnten auch sonst strafrechtlich nur bei Hinzutreten weiterer Umstände wie der gleichzeitigen Verletzung anderer geschützter Rechtsgüter geahndet werden. Zu bedenken ist jedoch, dass auch im Rahmen des Nachstellungstatbestandes die psychische Gesundheit nicht vorrangig geschützt ist. Zwar wird in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung betont, dass Stalking Auswirkungen auf die Psyche der Opfer hat und beispielsweise Angstzustände und Schlaflosigkeit verursachen kann.139 Dennoch stellt der Gesetzgeber primär auf den Schutz der Handlungs- und Entschließungsfreiheit ab und ordnet § 238 StGB n. F. konsequenterweise dem Bereich der Freiheitsdelikte zu, sodass der Schutz der psychischen Gesundheit auch im Nachstellungstatbestand ein bloßer Schutzreflex ist. Damit genügt es für die Vollendung des Nachstellungstatbestandes nicht, dass die psychische Unversehrtheit des Opfers verletzt ist. Notwendig ist vielmehr eine Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, die außerdem schwerwiegend sein muss. Mithin wird auch in Zukunft die Erfassung leichter, allein auf die Psyche der Opfer wirkender StalkingVerläufe schwierig sein. Unter Berücksichtigung der Analyse des Nachstellungstatbestandes sowie unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der rechtsvergleichenden Untersuchung muss zudem konstatiert werden, dass eine durchgreifende Strafverfolgung von Stalkern durch die konkrete Fassung des § 238 StGB n. F. nicht immer leicht sein dürfte. Sowohl die Ausgestaltung des Nachstellungstatbestandes als Erfolgsdelikt, welches den lückenlosen und zweifelsfreien Nachweis von tatbestandlichem Erfolg und Kausalität zwischen Tathandlung und -erfolg verlangt, als auch die Etablierung des Vorsatzerfordernisses auf der subjektiven Tatbestandsebene haben sich in den untersuchten Rechtsordnungen als Hemmnisse auf dem Weg zu einer erfolgreichen Strafverfolgung von Stalkern erwiesen. Da es keinen Grund zu der Annahme gibt, dies könnte sich in Deutschland anders entwickeln, muss damit ge139

BT-Drucksache 16/575, S. 6.

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rechnet werden, dass nur wenige Stalker wegen Nachstellens verurteilt werden können. Für den Beleg der Schlussfolgerung, dass der Nachstellungstatbestand das Schutzniveau für Stalking-Opfer kaum zu erhöhen vermag, kann außerdem angeführt werden, dass sich die meisten Stalker entweder auch durch den neuen Nachstellungstatbestand nicht von ihrem Verhalten abbringen lassen werden oder dass es eines solch einschneidenden Mittels gar nicht bedurft hätte, um diese Verhaltensänderung zu bewirken. In Fällen, in denen der Stalker an einer psychischen Störung wie z. B. an Erotomanie oder an einer sonstigen Persönlichkeitsstörung leidet, werden die Strafverfolgungsbehörden regelmäßig erhebliche Schwierigkeiten haben, dem Täter einen entsprechenden Stalking-Vorsatz nachzuweisen. Dies liegt darin begründet, dass bei den meisten Stalkern eine obsessive Fixierung auf das Opfer zu beobachten ist, die sich in einer sowohl gedanklichen wie auch emotionalen Besessenheit ausdrückt140 und häufig mit einer schwerwiegenden Realitätsverzerrung einhergeht.141 Aufgrund der entstellten Wahrnehmung fehlt diesen Stalkern jegliche Vorstellung davon, dass ihr Verhalten das Opfer einschüchtert und belästigt. Damit ist es insgesamt sehr schwierig, psychisch auffälligen Stalkern einen Vorsatz bezüglich ihres Verhaltens nachzuweisen, zumal sich dieser auch auf den herbeizuführenden Taterfolg, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers, beziehen muss. In die Gruppe psychisch auffälliger Stalker fallen auch diejenigen, die an einer derart schwerwiegenden seelischen Störung leiden, dass ihre Schuldfähigkeit gemäß § 20 StGB ausgeschlossen oder laut § 21 StGB vermindert ist.142 Obwohl sich Stimmen in der Wissenschaft finden, denen zufolge nur 140 Hoffmann, Kriminalistik 2001, S. 34 (34); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53). 141 Meyers, Cultural Factors, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 213 (215); Hoffmann/Wondrak, Grundlagen und Fallmanagement, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 49 (53); Voß/Hoffmann/Wondrak, Stalking, Aus Sicht der Betroffenen und Verfolger, S. 160. 142 Manche Autoren schätzen gar, dass 90% aller Stalker an einer mentalen Krankheit gleich welcher Form leiden, vgl. z. B. Campbell, Stalking in Mississippi, S. 14. Ähnlich Proctor, Stop a Stalker, S. 260. Zu beachten ist jedoch, dass ein bloßer Nachweis wiederholten Stalking-Verhaltens nicht dazu geeignet ist, die Schuldfähigkeit des Täters gemäß § 20 f. StGB in Zweifel zu ziehen. Vielmehr würde dies viele Täter unzulässigerweise privilegieren, vgl. dazu Habermeyer, Forensich-psychiatrische Aspekte, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 39 (46 ff.); Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (198), und zudem sachlich unbegründeten und wenig erfolgversprechenden Anordnungen freiheitsentziehender Maßnahmen Vorschub leisten, vgl. Habermeyer/Norra, Gesundheitswesen 2004, S. 337 (337, 340). Zustimmend Hoff-

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eine Minderheit aller Stalker eine schwere psychische Erkrankung aufweist,143 besteht doch Einigkeit darüber, dass die psychische Gesundheit des Stalkers in einem Strafprozess regelmäßig zumindest analysiert werden muss. Ist eine fehlende Schuldfähigkeit festgestellt, kann das Gericht eine Maßregel der Besserung und Sicherung verhängen,144 während bei einer nur eingeschränkten Schuldfähigkeit neben dieser Option an eine Strafmilderung zu denken ist.145 Zwar wäre das Stalking-Opfer auch durch die Verhängung einer Maßregel wie z. B. durch die Einweisung des Täters in ein psychiatrisches Krankenhaus geschützt, doch verbietet sich gemäß § 62 StGB die Anordnung einer solchen, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht. Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigten, dass zu befürchtende Gefahren auf der Seite des Opfers aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hingenommen werden müssen, wenn sie geringer einzustufen sind als die von der Maßregel ausgehende Freiheitseinbuße bei dem Stalker.146 Eine Übertragung dieser Erwägungen auf die Verurteilung psychisch kranker Stalker ergibt, dass die Verhängung einer Maßregel in der weit überwiegenden Zahl der Stalking-Fälle nicht in Betracht kommen dürfte. Zum einen handelt es sich bei § 238 Abs. 1 StGB n. F. um einen Vergehenstatbestand, der mit einer Höchstfreiheitsstrafe von drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist. Bereits diese moderate Strafandrohung indiziert, dass die Verhängung einer Maßregel unter Berücksichtigung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unwahrscheinlich sein dürfte. Zum anderen bestehen die Auswirkungen, die Stalking-Verhalten im Rahmen des § 238 Abs. 1 StGB n. F. auf die Opfer hat, regelmäßig in einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände. Betrachtet man im Gegensatz dazu die Verhängung einer Maßregel gegen den Stalker, die für diesen eine vollständige Freiheitsentziehung bedeutet, so wird in den meisten Fällen die durch die Maßregel verursachte Freiheitseinbuße bei dem betroffenen Stalker schwerer wiegen als die bei dem Opfer eingetretene Veränderung der Lebensumstände. Damit wird die Verhängung einer Maßregel gegen einen Stalker in der weit übermann, Stalking, S. 8. Zur Entwicklung einer multiaxialen Stalkertypologie zum Zweck der Schuldfähigkeitsbeurteilung bei Stalkern vgl. Dreßing/Kühner/Gass, FPR 2006, S. 176 (178 f.); Dreßing/Maul-Backer/Gass, NStZ 2007, S. 253 (254 f.). Allgemein zur strafrechtlichen Schuldfähigkeitsbeurteilung bei Stalkern vgl. Smischek, Stalking, S. 96 ff. 143 So z. B. Gass, Stalking, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 5 (5). 144 Vgl. §§ 63 i. V. m. 20 StGB. 145 Vgl. §§ 21 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB; §§ 63 i. V. m. 21 StGB. 146 Schönke/Schröder/Stree, StGB, § 62 Rn. 2.

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wiegenden Zahl der Fälle unverhältnismäßig sein und aus diesem Grund scheitern. Mithin ist es trotz Kriminalisierung des Stalking im Kernstrafrecht wenig wahrscheinlich, dass eine Strafverfolgung von psychisch kranken Stalkern erfolgreich sein wird. Hinzu kommt, dass die Verhängung einer Kriminalstrafe selbst in Fällen, in denen es gelingen sollte, einen psychisch auffälligen Stalker zu verurteilen und mit einer Sanktion zu belegen, höchstselten zu dem gewünschten Ergebnis führen wird. Das liegt zum einen in den hohen Rückfallquoten begründet, die beim Stalking durch psychisch auffällige Täter in verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen ermittelt wurden.147 Zum anderen indizieren Studien, dass eine Bestrafung nicht zu der angestrebten Beendigung des Stalking-Verhaltens führen wird, sondern dass ohne therapeutische und psychologische Behandlung vielmehr dessen Fortsetzung unmittelbar nach Vollstreckung der Strafe droht.148 Im Gegensatz zu den psychisch auffälligen Stalkern gibt es auch eine Gruppe von potentiellen Stalking-Tätern, die gut in die Gesellschaft eingebunden sind und deren Motivation, das Opfer zu stalken, aus einer Fehlinterpretation der Situation erwächst. In der Regel wollen diese Stalker eine Liebesbeziehung mit dem Opfer aufbauen oder wiederherstellen, sodass es sich bei ihrem Verhalten um aufrichtiges Liebeswerben handelt. Dabei fehlt diesen Menschen oft das Bewusstsein, dass ihr Verhalten unerwünscht, einschüchternd und belästigend auf die Zielperson wirkt. Daher ist es bei dieser Gruppe regelmäßig ausreichend, wenn das Opfer frühzeitig deutlich macht, dass es weder eine Beziehung noch eine andere Form von Kontakt wünscht. Sollte dies im Einzelfall nicht genügen, wird entweder ein deutlicher und konsequenter Hinweis verbunden mit einer Verwarnung durch die Polizei oder die Erwirkung einer zivilrechtlichen Schutzanordnung zu einer Beendigung des Stalking-Verhaltens führen.149 Im Hinblick auf diese Stalker ist mithin eine Kriminalisierung von Stalking nicht notwendig, da hier bereits Interventionen auf einer weniger eingriffsintensiven Ebene geeignet sind, das Verhalten nachhaltig zu beenden. Die dritte Stalker-Gruppe wird von den hochintelligenten und oft rachesuchenden Stalkern gebildet. Während diese im Gegensatz zur vorgenann147

Fiedler, Stalking, S. 167. Vgl. dazu ausführlich beispielsweise Rosenfeld, (2003) 27 Law and Human Behavior, S. 251 ff., der bei Stalkern eine allgemeine Rückfallquote von 50% ermittelte. 148 Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (207 f.). Die Wichtigkeit therapeutischer Maßnahmen betonend, Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (111); Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (312 f.). 149 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 282 f.

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ten Gruppe häufig einen Groll gegen das Opfer hegen und ihm bewusst Angst und Furcht einflößen wollen, um sich beispielsweise für eine Zurückweisung zu rächen,150 unterscheiden sie sich von der ersten Gruppe der psychisch auffälligen Stalker dadurch, dass sie die Realität sehr genau wahrnehmen. Diese Stalker entwickeln umfangreiche Strategien, durch deren Umsetzung sie sich unterhalb der Schwelle bewegen, die entweder aufgrund der Strafgesetze oder auf der Basis einer gegen sie erwirkten zivilrechtlichen Schutzanordnung151 staatliches Einschreiten ermöglichen würde. Grund für dieses Vorgehen ist, dass diese Stalker ihre soziale Stigmatisierung vermeiden wollen, die eine staatliche Sanktion bewirken würde. Außerdem genießen sie es, bei dem Opfer ein Gefühl absoluter Hilflosigkeit zu erzeugen oder zu verstärken. Ein solches entsteht dadurch, dass das Opfer mangels Verwirklichung der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen durch den Stalker auf keinerlei staatliche Intervention hoffen kann. Für einen diese Ziele verfolgenden Stalker ist es möglich, unterhalb der Strafbarkeitsschwelle des § 238 StGB n. F. zu agieren. So ist aufgrund der generellen Sozialadäquanz des durch § 238 StGB n. F. kriminalisierten Verhaltens sowie infolge der bestehenden Möglichkeit, sich im Vorfeld harmlose Gründe für seine Aktivitäten zurechtzulegen, ein erfolgversprechendes Bestreiten des notwendigen Vorsatzes – insbesondere im Hinblick auf die schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers als Taterfolg – immer denkbar. Im Ergebnis ist also zu festzustellen, dass der neue Nachstellungstatbestand mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben dürfte, sowohl psychisch auffällige als auch durchschnittliche und berechnende Stalker erfolgreich strafrechtlich verfolgen und bestrafen zu können. Des Weiteren besteht bei psychisch kranken Stalkern das Problem, dass das Nachstellungsverhalten in aller Regel nicht durch eine bloße Bestrafung anhaltend beendet werden kann. Ein anderer Nachteil eines strafrechtlichen Vorgehens ist die regelmäßig lange Dauer eines Strafverfahrens. So kann die Zeitspanne von der Erstattung der Strafanzeige bis hin zu einer rechtskräftigen Verurteilung im Durchschnitt bis zu ein Jahr betragen. In der Zwischenzeit steht das Opfer dem Nachstellungsverhalten ohne direkte staatliche Unterstützung fast schutzlos gegenüber, weil die Deeskalationshaft aus § 112a StPO, wie dargelegt,152 zu spät greift.153 Das ist für einen wirksamen Opferschutz besonders kontraproduktiv, weil in Stalking-Fällen ein schnelles und möglichst 150 151 152 153

Finch, Criminalisation of Stalking, S. 283. Ausführlich zu einem zivilrechtlichen Vorgehen vgl. F. II. 2. a). Vgl. dazu E. III. 1. b). Vander, KritV 2006, S. 81 (98 f.); Pollähne, NK 2002, S. 56 (58).

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frühes Eingreifen geboten ist. Damit wird bei der zeitintensiven Durchführung eines Strafverfahrens zum einen die Chance vertan, langfristig eine Eskalation zu verhüten. Zum anderen wird verhindert, dass eine Situation entsteht, in der der Stalker in das Stalking-Verhalten sowie in die Beziehung zum Opfer noch nicht zu viel emotional investiert hat und aus diesem Grund durch staatliche Intervention, z. B. seitens des Gerichts oder der Polizei, verhältnismäßig leicht zur Aufgabe bewegt werden kann.154 Mithin ist ein Strafverfahren aufgrund seiner beträchtlichen Dauer wenig geeignet, Stalking-Opfer nachdrücklich zu schützen.155 Auch das Argument, Polizei und Staatsanwaltschaft seien durch eine Strafbewehrung von Stalking verpflichtet, von Amts wegen gegen Stalker einzuschreiten und auf diese Weise die Opfer zu entlasten, greift nicht durch. Dadurch dass der Nachstellungsgrundtatbestand in den Katalog der Privatklagedelikte aus § 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO n. F. aufgenommen wurde, wird ein Stalking-Opfer trotz Existenz eines spezifischen Anti-StalkingStraftatbestandes auch zukünftig auf den Privatklageweg verwiesen werden und dementsprechend mit der Hauptverfahrenslast beladen sein.156 Folglich ist auch das Ziel, die Opfer von Stalking in prozessualer Hinsicht zu entlasten, durch die inkonsequente Ausgestaltung des neuen Nachstellungstatbestandes als Privatklagedelikt nicht erreicht worden. cc) Ergebnis Somit kann festgehalten werden, dass der Nachstellungstatbestand das Schutzniveau für die Opfer von Stalking kaum merklich erhöhen wird. Es bleibt allenfalls ein kleines Spektrum an Stalking-Fällen, in denen der neue Straftatbestand tatsächlich in der Lage sein wird, ein Verhalten staatlichen Sanktionen zu unterwerfen, welches nicht bereits vor dessen Einführung strafrechtlich relevant war oder auf einer weniger intensiven Eingriffsebene unterbunden werden konnte. Die regelmäßig lange Dauer eines Strafverfahrens sowie der Verweis des Opfers auf den Privatklageweg tun ihr Übriges, eine merkliche Erhöhung des Schutzniveaus für die Rechtsgüter der Stalking-Opfer zu verhindern.

154

De Becker, Gift of Fear, S. 205. Royen, Strafgerichtliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 169 (173); Pollähne, NK 2002, S. 56 (58). 156 Vgl. dazu E. III. 2. b). 155

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2. Strafrecht als ultima ratio Allein die Tatsache, dass der neu geschaffene Nachstellungstatbestand das Ziel, den Schutz elementarer Rechtsgüter erheblich zu verbessern, nicht in dem ihm zugedachten Umfang wird erreichen können, lässt bereits Zweifel an seiner Notwendigkeit aufkommen. Damit könnte eine Vorentscheidung im Hinblick auf die Beantwortung der nach Maßgabe des strafrechtlichen Subsidiaritätsprinzips zu stellenden Frage gefallen sein, ob die in Rede stehenden Rechtsgüter strafrechtlichen Schutz benötigen oder ob sie nicht durch andere rechtliche Instrumente ebenso effektiv geschützt werden können. Erst wenn Letzteres verneint werden muss, ist der Gesetzgeber berechtigt, das scharfe Schwert des Strafrechts einzusetzen, um sozial unschädliches Verhalten zu erzwingen.157 Das entspricht dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts.158 In ähnlicher Weise prüft das BVerfG im Rahmen der Erforderlichkeit, ob es nicht ein gleich wirksames, aber milderes, das Grundrecht weniger stark einschränkendes Mittel als das Strafrecht gibt, durch welches der erstrebte Zweck des Rechtsgüterschutzes erreicht werden könnte.159 Ein milderes Mittel im Kampf gegen Stalking könnte ein Vorgehen nach Maßgabe des zivilrechtlichen Gewaltschutzgesetzes sein. Auch vor Einführung des § 238 StGB n. F. stand Stalking-Opfern durch das Zivilrecht im Allgemeinen sowie durch das Gewaltschutzgesetz im Besonderen ein Instrumentarium zur Verfügung, mit dessen Hilfe sie gegen ihren Stalker vorgehen konnten, um Belästigungen zu unterbinden.160 Zu analysieren ist daher im Folgenden, ob die bestehenden Regelungen des GewSchG ausreichen, um Stalking-Opfer effektiv zu schützen, und ob sie im Vergleich zur spezifischen Strafbewehrung in § 238 StGB n. F. ein weniger einschneidendes Mittel darstellen.

157 Baumann/Weber/Mitsch, Strafrecht, AT, § 3 Rn. 19; Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 97; Haffke, Roxin-FS, S. 955 (968). 158 Binding, Strafrecht, BT, Bd. I, S. 20. 159 BVerfGE 90, S. 145 (172) m. w. N. 160 Ausführlich zu den bestehenden zivilrechtlichen Interventionsmöglichkeiten in Deutschland vgl. auch Smischek, Stalking, S. 131 ff. Zu den bestehenden zivilrechtlichen Möglichkeiten in den USA vgl. Kuennen, Civil Legal Options, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 4-1 ff.

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a) Zivilrechtliche Interventionsmöglichkeiten aa) Vorgehensweisen nach dem GewSchG Das wohl probateste zivilrechtliche Mittel im Kampf gegen Stalking ist das bereits angesprochene Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung. Dieses Gesetz, das auch kurz als „Gewaltschutzgesetz“ (GewSchG) bezeichnet wird, trat am 1. Januar 2002 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans „Gewalt gegen Frauen und Kinder“ aus dem Jahr 1999 in Kraft.161 Zwar nimmt das GewSchG vordringlich die Bekämpfung häuslicher Gewalt in den Blick, doch verfolgte der Gesetzgeber bei dessen Verabschiedung auch die Intention der Gewaltprävention im Allgemeinen. Daher wird im GewSchG ein weiter Gewaltbegriff verwendet, welcher in § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG ausdrücklich Belästigungen und Nachstellungen, also klassisches Stalking-Verhalten, erfasst.162 Da auch der Anwendungsbereich des GewSchG nicht auf familiäre Beziehungen oder persönliche Näheverhältnisse beschränkt ist, reicht sein Aktionsradius über den Bereich der häuslichen Gewalt hinaus und umfasst auch Stalking-Fälle.163 Die von dem GewSchG angestrebte Erhöhung des Schutzniveaus auf rechtlicher Ebene, die insbesondere Frauen als den typischen Opfern von häuslicher Gewalt zugutekommen soll,164 erfolgt auf zwei Ebenen. Zum einen soll der individuelle Schutz der Frau durch eine Verbesserung der zur Verfügung stehenden zivilrechtlichen Handlungsinstrumente gegen Gewalttaten erreicht werden.165 Zum anderen soll das GewSchG durch den verbes161 Vgl. BT-Drucksache 14/5429, S. 10; Bundesministerien des Innern und der Justiz (Hrsg.), Erster Sicherheitsbericht, S. 602; Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (107); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (154, 161); Winterer, FPR 2006, S. 199 (201); Hermann, NJW 2002, S. 3062 (3062); Pollähne, Probleme des GewSchG, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 133 (135). 162 Grziwotiz, NJW 2002, S. 872 (873); Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (170); Schwind, Kriminologie, § 20 Rn. 40; Palandt/Brudermüller, BGB, Ergänzungsband, GewSchG Einl Rn. 3. Ähnlich Kubink, Kriminalpolitische Trends, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 271 (280 f.). 163 Palandt/Brudermüller, BGB, § 1 GewSchG Rn. 1; Gottwald/Müller, MPFFamR, S. 580; Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, S. 52; Finke/Garbe/ Bearbeiter, Familienrecht, § 1 Rn. 342. 164 Bundesministerien des Innern und der Justiz (Hrsg.), Erster Sicherheitsbericht, S. 602.

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serten privatrechtlichen Schutz sowie durch eine über das Zivilrecht hinausgehende Strafvorschrift im Einzelfall eine generalpräventive Wirkung unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Interdependenzen im familiären Nahbereich entfalten.166 (1) Zivilrechtliche Vorgehensweise nach dem GewSchG Da diese beiden Ziele nur erreicht werden können, wenn die betroffene Person einfach, schnell und effektiv eine gerichtliche Schutzanordnung gegen den Gewalttäter erwirken kann,167 orientieren sich die gesetzlichen Vorschriften des GewSchG überwiegend an dieser Maxime. So regelt im zivilrechtlichen Bereich § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG, dass das Gericht bei einer vorsätzlichen und widerrechtlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person auf Antrag der verletzten Person die Maßnahmen zu treffen hat, die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlich sind. Materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ist dabei die deliktsrechtliche Norm aus § 823 BGB i. V. m. § 1004 BGB analog.168 Im Folgenden zählt § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG beispielhaft auf, welche Anordnungsinhalte im Rahmen eines solchen Vorgehens gegen den Gewalttäter möglich sind. Genannt werden Unterlassungsanordnungen, die es dem Täter untersagen, die Wohnung der verletzten Person zu betreten,169 sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,170 bestimmte Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,171 Verbindung zur verletzten Person auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen172 oder ein Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen.173 Zu beachten ist jedoch, dass die Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG, das Gericht könne insbesondere anordnen, darlegt, dass es sich bei den genannten Anord165 Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (646); Schumacher, NZM 2001, S. 572 (572, 576). 166 Palandt/Brudermüller, BGB, GewSchG Einl Rn. 1. 167 Palandt/Brudermüller, BGB, GewSchG Einl Rn. 1. 168 Löhnig, FamRZ 2007, S. 518 (519); Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, S. 51; Gottwald/Müller, MPFFamR, S. 580; Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/ Klein/Weinreich, Handbuch FA-FamR, 8. Kapitel Rn. 317; Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz, § 6 Rn. 8. 169 § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewSchG. 170 § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewSchG. 171 § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewSchG. 172 § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GewSchG. 173 § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GewSchG.

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nungsinhalten nur um eine beispielhafte Aufzählung von Vorschlägen, keineswegs aber um eine abschließende Enumeration handelt.174 Folglich kann das Gericht laut § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 GewSchG jede andere Unterlassungsbzw. Schutzanordnung treffen, sofern es diese als zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlich erachtet.175 Eine auf diesem Wege erlassene Schutzanordnung soll § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG zufolge befristet werden. Auf Antrag kann eine solche Frist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG a. E. verlängert werden, wobei das Gericht eine an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierte Bewertung aller Umstände des konkreten Einzelfalls und hier insbesondere des Grades der Gefährdung des Opfers vornehmen muss.176 Eine Subsumtion der typischen Stalking-Verhaltensweisen unter die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG, welche eine tatsächliche Verletzung der Rechtsgüter Körper, Gesundheit oder Freiheit verlangen, verdeutlicht, dass diese Anspruchsgrundlage in Fällen des Stalking neben dem klassischen Strafrecht wohl nur selten zum Zuge kommen dürfte. Grund dafür ist, dass in Fällen, in denen das Opfer eine Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit erlitten hat, regelmäßig das Strafrecht den Vorzug bei der Wahl der Interventionsmittel genießen dürfte, während das GewSchG mit seinen zivilrechtlichen Sanktionen bei Gewalt im sozialen Nahraum Vorrang vor dem Strafrecht haben dürfte. Im Hinblick auf die Opfer von Stalking-Verhalten stellt sich daher weniger die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG als vielmehr die des § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG als eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Interventionsmöglichkeit dar. So ordnet § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG eine entsprechende Geltung der Rechtsfolgen des § 1 Abs. 1 GewSchG an, wenn eine Person einer anderen mit der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich droht,177 widerrechtlich und 174 So auch Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (654); Pechstaedt, NJW 2007, S. 1233 (1234); Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/Weinreich, Handbuch FAFamR, 8. Kapitel Rn. 334; Viefhues, ZFE 2004, S. 103 (105). 175 So Palandt/Brudermüller, BGB, § 1 GewSchG Rn. 8; Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (107); Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (144). 176 Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (145); Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (655); Schumacher/Janzen, Gewaltschutz, S. 74. So auch Palandt/Brudermüller, BGB, § 1 GewSchG Rn. 7; Vogel, FPR 2005, S. 49 (49 f.). Allgemein zur Befristung im Rahmen des GewSchG vgl. OLG Naumburg FPR 2003, S. 376; OLG Köln FamRZ 2003, S. 1281 (1282).

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vorsätzlich in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt178 bzw. die andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass ihr gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachgestellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt wird.179 Damit wird klassisches Stalking-Verhalten umfasst. Zwar treten die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG genannten expliziten Drohungen ebenso wie das in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a GewSchG aufgeführte tatsächliche Eindringen in die Wohnung des Opfers beim Stalking eher selten auf, doch listet § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG viele typische Stalking-Verhaltensweisen auf. So lassen sich die ständige demonstrative Anwesenheit vor dem Haus oder der Arbeitsstelle des Opfers sowie das Verfolgen und Beobachten des Stalkers unter den Begriff des Nachstellens subsumieren. Durch die Einbeziehung der Verfolgung des Opfers unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG werden Kontaktaufnahmen via Telefon, E-Mail, SMS und Internet und damit ein großer Bereich des Cyberstalking erfasst. Der Erlass einer Schutzanordnung infolge dieser Verhaltensweisen steht lediglich unter dem Vorbehalt, dass sie das Opfer unzumutbar belästigen müssen, was bei einer gewissen Dauerhaftigkeit des Verhaltens regelmäßig gegeben sein dürfte. Zu beachten ist hier, dass eine unzumutbare Belästigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 GewSchG nicht vorliegt, wenn die in Rede stehenden Tätigkeiten der Wahrnehmung berechtigter Interessen dienen. Im Bereich häuslicher Gewalt, auf den das GewSchG in erster Linie zugeschnitten ist, kommen als berechtigte Interessen insbesondere elterliche Umgangsrechte mit ihren Kindern in Betracht.180 Im Bereich des Stalking nach § 1 Abs. 2 Satz 2 GewSchG könnten jedoch die verfassungsrechtlich geschützte Arbeit der Presse sowie Aktivitäten zu Demonstrationszwecken im Einzelfall ebenso wenig als unzumutbare Belästigung gelten wie Tätigkeiten von Gerichtsvollziehern, Polizeibeamten oder Behördenmitarbeitern in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten.181 Um den Tatbestand nicht uferlos werden zu lassen, verlangt § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG zudem, dass die belästigte Person dem Stalker 177

§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a GewSchG. 179 § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG. 180 Palandt/Brudermüller, BGB, § 1 GewSchG Rn. 8; Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (146); Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, S. 58. 181 Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (649); Schumacher/Janzen, Gewaltschutz, S. 69. 178

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ausdrücklich erklärt, sie wolle von ihm in Ruhe gelassen werden und er solle daher die Nachstellungen unterlassen. In prozessualer Hinsicht kann der Erlass einer solchen Schutz- bzw. Unterlassungsanordnung entweder im Wege der Unterlassungsklage oder mittels eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erwirkt werden.182 Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen von Wiederholungsgefahr, welche von der belästigten Person als Klägerin bzw. Anspruchstellerin als anspruchsbegründende Tatsache bewiesen werden muss.183 Im Rahmen des GewSchG kommen dem Kläger bzw. Antragsteller allerdings Beweiserleichterungen zugute. So indiziert das erstmalige Auftreten einer widerrechtlichen und vorsätzlichen Verletzung, Drohung bzw. Nachstellung als rechtswidriger Akt das Vorkommen weiterer Beeinträchtigungen durch den Stalker und damit das Vorliegen von Wiederholungsgefahr. Es findet mithin eine Beweislastumkehr zum Nachteil des Stalkers statt, der diese tatsächliche Vermutung widerlegen und beweisen muss, dass von ihm keine weiteren Gewalttaten oder Nachstellungen drohen.184 Ist es der belästigten Person gelungen, eine Schutzanordnung nach dem GewSchG zu erwirken, so erfolgt deren Vollstreckung nach Maßgabe der §§ 885, 890, 891, 892a ZPO gegebenenfalls in Verbindung mit § 64b Abs. 4 FGG. Dabei kann im Wege der Zwangsvollstreckung sowohl auf die klassischen Mittel des Ordnungsgeldes und der Ordnungshaft nach § 890 Abs. 1 ZPO als auch auf unmittelbaren Zwang gemäß § 892a ZPO zurückgegriffen werden. (2) Strafrechtliche Vorgehensweise nach dem GewSchG Neben diesen privatrechtlichen Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung bietet § 4 Satz 1 GewSchG die Option, strafrechtlich gegen denjenigen vorzugehen, der einer bestimmten vollstreckbaren Anordnung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 GewSchG auch i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG zuwiderhandelt. Bei einer solchen Zuwiderhandlung droht laut § 4 Satz 1 GewSchG 182 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (119 f.). 183 Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (653); Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz, § 6 Rn. 11. 184 BGH NJW 1987, S. 2225 (2227); Palandt/Brudermüller, BGB, § 1 GewSchG Rn. 6; Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (145); Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (129); Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (653); Schumacher/Janzen, Gewaltschutz, S. 66 f.; Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz, § 6 Rn. 11; Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, S. 57.

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eine Strafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Diese Strafvorschrift stellt die eigentliche Besonderheit des neuen GewSchG dar, durch die eine signifikante Erhöhung des Schutzniveaus für die Opfer von Gewalt erreicht werden sollte.185 Anzumerken bleibt, dass es sich bei § 4 Satz 1 GewSchG um ein Offizialdelikt handelt, welches auch ohne Strafantrag des Opfers verfolgt werden kann.186 Zudem ist in § 4 Satz 1 GewSchG keineswegs die Gewalt oder Nachstellung als solche Strafgrund, sondern vielmehr der Verstoß gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung. Sanktioniert wird somit der Ungehorsam gegenüber einer gerichtlichen Maßnahme.187 bb) Vorgehensweise nach §§ 1004, 823 BGB analog Vor Inkrafttreten des GewSchG bestand die Möglichkeit, nach Maßgabe des im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelten allgemeinen Unterlassungsanspruchs gemäß §§ 1004, 823 BGB analog gegen Stalker vorzugehen.188 Voraussetzung für ein solches zivilrechtliches Einschreiten gegen künftige Beeinträchtigungen ist, dass der Stalker absolute Rechte des Belästigten wie z. B. das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt.189 Notwendig ist zudem das Vorliegen von Wiederholungsgefahr,190 die in den meisten Stalking-Fällen bereits durch das dauerhafte und wiederholte Verhalten im Vorfeld der gerichtlichen Entscheidung indiziert wird.191 Dieser Anspruch kann ebenfalls so185

BT-Drucksache 14/5429, S. 32 f. Palandt/Brudermüller, BGB, § 4 GewSchG Rn. 1; Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (125); Grziwotz, NJW 2002, S. 872 (873); Hermann, NJW 2002, S. 3062 (3062). 187 So Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (270 f.); Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (164); Hilgendorf/Frank/ Valerius, Computerstrafrecht, Rn. 752; Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (294); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78); Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (108). Ablehnend Vander, KritV 2006, S. 81 (86); Pollähne, NK 2002, S. 56 (58); Frommel, ZRP 2001, S. 287 (291 in Fn. 36). Ausführlich dazu vgl. F. II. 2. c) aa). 188 Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (143). Ausführlich dazu vgl. Kaboth, ZUM 2003, S. 342 (343 ff.). 189 Palandt/Bassenge, BGB, § 1004 Rn. 4, 31 ff.; Palandt/Sprau, BGB, Einf v § 823 Rn. 18. 190 Palandt/Bassenge, BGB, § 1004 Rn. 32. 191 Reim, AiB 2006, S. 16 (18). 186

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wohl im Wege der einstweiligen Verfügung als auch durch eine allgemeine oder vorbeugende Unterlassungsklage durchgesetzt werden.192 b) Schutzniveau im GewSchG Im Anschluss an die Darstellung der zivilrechtlichen Interventionsmöglichkeiten muss untersucht werden, ob die Rechtsgüter der Stalking-Opfer durch das GewSchG und seine Verfahrensgestaltung ähnlich effektiv geschützt werden wie durch den Nachstellungstatbestand. aa) Erwirkung einer Gewaltschutzanordnung Die Befürworter eines eigenständigen Anti-Stalking-Straftatbestandes bezweifeln die Fähigkeit des GewSchG, in praktischer Hinsicht ausreichenden Opferschutz zu gewährleisten.193 Der bei einem Vorgehen nach dem GewSchG notwendige Weg über das Zivilrecht belaste die Opfer von Stalking in unzumutbarer Weise194 und zeige, dass diese vom Staat allein gelassen würden.195 Die Opfer als Kläger bzw. Antragsteller seien in einem zivilrechtlichen Verfahren ähnlich wie bei der Privatklage196 mit der Hauptverfahrenslast beladen. Das bedeute nicht nur, dass sie selbst initiativ werden und ein privatrechtliches Verfahren gegen den Stalker anstrengen müssten,197 sondern auch, dass ihnen gemäß § 91 ZPO das gesamte Kostenrisiko des Zivilprozesses auferlegt werde. Insbesondere die Pflicht, einen Vorschuss auf Gerichtskosten und Rechtsanwaltsvergütung zu leisten, stellten finanzielle Belastungen für das Opfer dar, die bereits vor Beginn des Prozesses entstünden und viele Opfer von der Wahrnehmung der zivilrechtlichen Interventionsmöglichkeiten abhielten. Dies gelte auch, weil das Opfer selbst im 192 Palandt/Sprau, BGB, Einf v § 823 Rn. 18. Zu der Frage, ob ein Stalking-Opfer Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen kann vgl. Keiser, NJW 2007, S. 3387 ff. 193 So Janovsky, Stellungnahme, S. 2. 194 Wagner, FPR 2006, S. 208 (209); Pechstaedt, Stalking und das deutsche Recht, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 45 (51); Hoffmann/Özsöz, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 269 (281 f.). 195 Vgl. dazu auch Campbell, Stalking in Mississippi, S. 27 ff., die identische Schwierigkeiten in den USA ausmacht. 196 Ausführlich zu den mit dem Privatklageweg verbundenen Schwierigkeiten vgl. E. III. 2. b). 197 Winterer, FPR 2006, S. 199 (201); Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (539); Gabel, Stellungnahme, S. 4; Müller, Stalking-Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 17 (66).

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Falle eines Obsiegens keinerlei Kostenerstattung von dem Stalker erlangen könne, sofern dieser mittellos sei und eine Vollstreckung aufgrund dessen scheitere.198 Neben dem finanziellen Risiko wirke es sich für das Opfer belastend aus, dass es als Kläger bzw. Antragsteller das dem Stalker zur Last gelegte Verhalten beweisen oder im einstweiligen Rechtsschutz zumindest glaubhaft machen müsse.199 Da ein solcher Beweis beim Stalking schwer zu führen sei,200 sehe sich das Opfer Beweisschwierigkeiten ausgesetzt.201 Abgesehen davon gebe es oft auch psychologische Hindernisse, die das Opfer von der Beschreitung des Zivilrechtsweges abhielten. So befänden sich Stalking-Opfer infolge der dauerhaften Belästigung oft in einem psychischen Ausnahmezustand, der von Angst und Depressionen geprägt sei.202 In dieser Extremsituation könnten viele Opfer die ihnen durch das GewSchG auferlegte Pflicht, durch die Anstrengung eines zivilrechtlichen Verfahrens gegen den Stalker initiativ zu werden, nicht bewältigen. Verkannt werde außerdem, dass es sich bei Stalking um ein Nachtrennungsphänomen handele.203 So schließe sich Stalking-Verhalten häufig an Beziehungen an, die schon vorher von einem Machtgefälle zwischen den Partnern geprägt gewesen seien. Dieses schon vorhandene Machtgefälle werde durch das Stalking-Verhalten weiter vertieft. Das Zivilprozessrecht gehe jedoch von einer Gleichrangigkeit der Parteien aus,204 welche in Nachtrennungsfällen infolge der relativen Ohnmacht einer Partei nicht ge198 Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (164); Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (122); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78). Zu vergleichbaren Problemen in den USA vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (236 ff.). 199 Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78); Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (164). 200 Frommel, NK 2005, S. 86 (87); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 73; Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (194, 195); Schäfer, Kriminalistik 2000, S. 587 (587); Müller, Stalking-Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 17 (65). 201 Ablehnend Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (129), die den Beweis als unproblematisch zu führen ansieht. 202 Vgl. dazu Kuennen, Civil Legal Options, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 4-1 (4-6); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (111); Wagner, FPR 2006, S. 208 (209); Hecht, FPR 2006, S. 213 (213). 203 Hecht, Stellungnahme, S. 2. Ähnlich Lichy, Editorial, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 2 (2). 204 Braeuer, FPR 2006, S. 380 (380).

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geben sei.205 Diese komplexe Situation werde von den Gerichten oft nur verkürzt wahrgenommen, sodass die vergleichsweise schwächere Partei benachteiligt sei. Keine unbedeutende Rolle spiele zudem, dass viele Stalking-Opfer aufgrund dieser vorangegangenen Nähebeziehung ambivalente Gefühle gegenüber dem Stalker empfänden, die sie von einer Klageeinreichung bzw. Antragstellung abschreckten.206 Viele Opfer seien auch zu verängstigt oder befürchteten eine Eskalation, sollten sie rechtlich gegen den Stalker vorgehen.207 Diesen Argumenten, die gegen ein ausschließliches Verweisen von Stalking-Opfern auf das zivilrechtliche GewSchG streiten, ist zwar zuzugeben, dass der Weg über das Zivilrecht dem Opfer in der Tat Eigeninitiative abverlangt. Dies gestaltet sich allerdings bei einem strafrechtlichen Vorgehen nach Maßgabe des § 238 StGB n. F. – insbesondere durch dessen Charakter als Privatklagedelikt – nicht wesentlich anders. Zwar kann das Opfer jetzt zielgerichtet eine Strafanzeige wegen Nachstellens erstatten und auf diese Weise polizeiliche Ermittlungen in Gang setzen, in deren Rahmen es zunächst selbst nicht weiter aktiv zu werden braucht. Die Staatsanwaltschaft wird jedoch in den meisten Fällen das öffentliche Interesse an einer Klageerhebung verneinen,208 sodass dem Opfer dann auch künftig nichts anderes übrig bleiben wird, als Privatklage zu erheben, wenn es den Stalker mit einer strafrechtlichen Sanktion belegt wissen will. Damit entstehen im Ergebnis dieselben Probleme wie bei einem zivilrechtlichen Vorgehen. Es ist vielmehr zu erwarten, dass strafrechtliche Maßnahmen mit noch größeren Kraftanstrengungen für das Opfer behaftet sein werden. Während in einem Zivilprozess die Anwesenheit der Parteien entbehrlich sein kann, muss das Opfer im Verlauf des Privatklageverfahrens als Privatkläger sogar regelmäßig selbst anwesend sein, um der Klage mit dem notwendigen Nachdruck zum Erfolg zu verhelfen. Infolgedessen wird und muss im Rah205 Vgl. Findlay, Problems for the Criminal Law, S. 228, 230; Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83). 206 Keiser, NJW 2007, S. 3387 (3388); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (160); Lemmey, Stalking of Battered Women, S. 25; Morewitz, Stalking and Violence, S. 88; Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (94); Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (539). 207 Kuennen, Civil Legal Options, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 4-1 (4-6); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83); Wagner, FPR 2006, S. 208 (209); Hecht, FPR 2006, S. 213 (213); Müller, Stalking-Straftatbestand, in: Krüger (Hrsg.), Stalking als Straftatbestand, S. 17 (64 f.). 208 So auch Freudenberg, Neue Justiz 2006, S. 535 (538); Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 9.

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men eines Strafverfahrens eine durchgängige, schädliche und gefährliche Begegnung zwischen Opfer und Täter mit allen bereits beschriebenen Konsequenzen stattfinden. In dieser Situation wird sich das Opfer erst recht von Polizei und Staatsanwaltschaft allein gelassen fühlen, da diese durch ihre Ermittlungen möglicherweise sogar festgestellt haben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 238 Abs. 1 StGB n. F. vorliegen (könnten), und das Opfer dennoch auf den Privatklageweg verweisen. Dies werden die Opfer als eine Bagatellisierung und Marginalisierung ihres Leidens empfinden. Die im Rahmen des zivilrechtlichen Vorgehens kritisierte Belastung des Opfers mit Beweislast und -problemen wirkt sich im Strafrecht noch gravierender aus. Die beim Stalking auftretenden Beweisschwierigkeiten stellen sich nämlich nicht nur für die Opfer im Rahmen eines Zivilprozesses, sondern auch für Polizei und Staatsanwaltschaft während eines Ermittlungsverfahrens. Steht nach Abschluss der Ermittlungen die Aussage des Stalkees gegen die Aussage des Stalkers,209 werden auch die Strafverfolgungsbehörden häufig nicht in der Lage sein, vollen Beweis der Schuld des Täters zu erbringen. Dies hat in einem Strafverfahren jedoch andere Konsequenzen als in einem Zivilprozess. Während der Strafrichter nach dem Grundsatz in dubio pro reo nur bei einem über jeden Zweifel erhabenen Beweis der Schuld verurteilen darf, sind in einem Zivilprozess die Anforderungen an die Überzeugung des Gerichts weniger streng. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren, welches zur Erwirkung einer Schutzanordnung nach dem GewSchG angestrengt werden kann, ist sogar eine bloße Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO ausreichend. Selbst wenn es anschließend zu einem Hauptsacheverfahren kommen sollte, in dem das Opfer die Beweispflicht trägt, eröffnet das Zivilprozessrecht mit dem Beweismittel der Parteivernehmung dem Stalkee gute Chancen, das Gericht vom eigenen Tatsachenvortrag zu überzeugen.210 Zudem kommen dem Opfer bei einem Verfahren nach dem GewSchG nicht unerhebliche Beweiserleichterungen wie die Vermutung der Wiederholungsgefahr zugute.211 209

Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 8; Dussuyer, Stalking Legislation, S. 46. Vgl. dazu auch Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (153), die auch darauf hinweist, dass dem Opfer in dieser Situation häufig unangenehme Nachfragen zu Privatleben und Sexualverhalten gestellt werden, was die Hauptverhandlung für das Opfer zu einer noch größeren Belastung werden lässt. 210 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 9 f.; Freudenberg, NK 2005, S. 84 (85); Freudenberg, Stalking, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 28 (29); Wagner, FPR 2006, S. 208 (210). 211 Weiß, Rechtsanwaltliche Hilfsmöglichkeiten, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 133 (145). Vgl. allgemein dazu auch BGH NJW 1987, S. 2225 (2227).

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Dem GewSchG könnte allenfalls vorgeworfen werden, die Tatbestandsalternativen zum Erlass einer Schutzanordnung aus § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG erfassten nicht alle potentiellen Stalking-Aktivitäten. Während § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG die widerrechtliche Drohung, das widerrechtliche und vorsätzliche Eindringen in die Wohnung oder das befriedete Besitztum sowie das widerrechtliche und vorsätzliche, unzumutbare Belästigen durch Nachstellen bzw. durch Anwendung von Fernkommunikationsmitteln umfasst, fehlt der Hinweis auf Aktivitäten wie die Kontaktaufnahme mittels anderer Kommunikationsmittel beispielsweise durch Briefe, das Schalten unrichtiger Anzeigen, das Hinterlassen von Mitteilungen am Auto oder Briefkasten des Opfers, das Bestellen von Waren oder Dienstleistungen unter dem Namen des Opfers sowie das Veranlassen Dritter zur Kontaktaufnahme mit dem Opfer.212 Aus diesem Grund könnte erwogen werden, wie im Gesetzgebungsverfahren zum Erlass des Nachstellungstatbestandes von dem Deutschen Juristinnenbund, der Landesregierung von Rheinland-Pfalz sowie von der FDP-Bundestagsfraktion vorgeschlagen wurde,213 den Anwendungsbereich des GewSchG um diese Stalking-Verhaltensweisen zu ergänzen, um künftig Stalking-Fällen auf zivilrechtlicher Ebene noch effektiver begegnen zu können. Zwar ist § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b GewSchG durch die Tatbestandsvariante der unzumutbaren Belästigung durch wiederholtes Nachstellen gegen den ausdrücklich erklärten Willen der betroffenen Person ausreichend weit gestaltet, um die unterschiedlichsten Stalking-Aktivitäten erfassen zu können. Jedoch ist gegen eine Klarstellung, dass damit auch die genannten typischen Stalking-Aktivitäten umfasst sind, nichts einzuwenden. Mithin hat das Opfer bei schwieriger Beweislage in einem zivilrechtlichen Verfahren erheblich bessere Chancen zu obsiegen als es in einem Strafprozess eine Verurteilung erreichen könnte. Da auch im Rahmen eines strafrechtlichen Privatklageverfahrens Eigeninitiative und finanzielle Investitionen des Opfers vonnöten sind, ist nicht ersichtlich, inwiefern die Schwierigkeiten, die der Zivilrechtsweg für Stalking-Opfer birgt, durch § 238 StGB n. F. behoben werden.

212 Vgl. Stellungnahme der FDP-Bundestagsfraktion in BT-Drucksache 16/3641, S. 8; Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 10; Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2004 im Internet unter http://www.justiz.rlp.de (Stand vom 12. Juni 2007). 213 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 10; Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2004 im Internet unter http://www.justiz.rlp.de (Stand vom 12. Juni 2007); Stellungnahme der FDP-Bundestagsfraktion in BT-Drucksache 16/3641, S. 8.

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bb) Durchsetzung einer Gewaltschutzanordnung Des Weiteren wird ins Feld geführt, ein Problem bestehe für Stalking-Opfer darin, dass eine privatrechtliche Schutzanordnung in der Praxis nur schleppend oder nicht mit der nötigen Konsequenz durchgesetzt werden könne.214 Diese Umsetzungsdefizite ließen Zweifel an dem Entstehen einer wirkungsvollen Abschreckungskomponente im Allgemeinen sowie an der Wirksamkeit zivilrechtlicher Interventionsmöglichkeiten in Fällen des Stalking im Besonderen aufkommen.215 Dies liege – abgesehen von den Fällen der einstweiligen Verfügung – an der langen Dauer eines zivilrechtlichen Verfahrens, welche das Opfer in der Zwischenzeit schutzlos stelle.216 Auch nach Erlass einer Schutz- bzw. Unterlassungsanordnung verbessere sich der dem Opfer zur Verfügung stehende Schutz kaum. Vielmehr legten Studien den Schluss nahe, dass im Bereich des Stalking ca. 85 bis 90% der gerichtlichen Schutzanordnungen gebrochen würden.217 Diese Quote sei Grund und gleichzeitig Folge des Umstands, dass die Einhaltung von Schutzanordnungen nicht überwacht werde, sodass ein Stalker bei einem Verstoß keinerlei unmittelbare Konsequenzen zu befürchten habe. Vielmehr sei es bei einer Zuwiderhandlung an dem Opfer, diesen Verstoß den Behörden anzuzeigen, um ein Zwangsvollstreckungsverfahren zu initiieren. Auch die Durchführung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens vermöge das Opfer nur wenig zu schützen, erfolge sie doch gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegebenenfalls in Verbindung mit § 64b Abs. 4 FGG durch die Verurteilung zu Ordnungsgeld und ersatzweise zu Ordnungshaft. Dies setze gemäß § 890 Abs. 2 ZPO eine vorherige Androhung voraus und erfordere eine erneute Anhörung des Stalkers gemäß § 891 Satz 2 ZPO. Obwohl diese Schritte in der Regel schon im Zuge der Erstentscheidung er214 Ausführlich dazu vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (236 ff.); Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (463 f.); Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (541); Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (255); Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2774 f., 2777). 215 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (236 ff.); Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (463 f.); Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (541); Melton, (2000) 25 Criminal Justice Review, S. 246 (255); Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2774 f., 2777). 216 Bernstein, (1993) 15 Cardozo Law Review, S. 525 (537). 217 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (123); Löbmann/Herbers, Häusliche Gewalt, S. 239. Vgl. auch Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (42), der von bis zu 70% spricht, sowie Blackburn, Stalking Victimization, S. 69, die von 80% ausgeht.

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folgten, bedeuteten sie eine Verkomplizierung und Verlangsamung des Vollstreckungsverfahrens.218 Außerdem seien die Ordnungsgelder in der Regel zu gering bemessen, als dass sie eine ernsthafte Abschreckung für Stalker darstellen könnten.219 Nachteilig sei außerdem, dass das Ordnungsgeld von einem Gerichtsvollzieher beigetrieben werden müsse. Dies nehme einen großen Zeitraum in Anspruch und bewirke, dass zwischen der ursprünglichen Zuwiderhandlung und der Vollstreckung eine gewisse Zeitspanne liege. Dies wiederum erlaube es kaum, in dem Bewusstsein des Stalkers einen Konnex zwischen Zuwiderhandlung und Vollstreckung herzustellen.220 Zudem sei eine Beitreibung von Ordnungsgeld bei mittellosen Stalkern ausgeschlossen. Die alternative Ordnungshaft werde in der Praxis selten verhängt und sei mit Kosten für das Opfer verbunden.221 Diese Defizite würden auch durch die neu geschaffene Möglichkeit der Vollstreckung mittels unmittelbaren Zwangs gemäß § 892a ZPO nicht vollends kompensiert, obwohl diese Vorschrift vom Gesetzgeber eingefügt worden sei, um den geschilderten Schwächen des klassischen Vollstreckungsrechts im Bereich häuslicher Gewalt abzuhelfen.222 Gemäß § 892a Satz 1 ZPO kann der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher hinzuziehen, wenn der Schuldner einer Unterlassungsverpflichtung, die ihm in einer Anordnung gemäß § 1 GewSchG auferlegt worden ist, zuwiderhandelt. Der Gerichtsvollzieher ist dann laut § 892a Satz 2 i. V. m. § 758 Abs. 3 ZPO befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden, um einen etwaigen Widerstand mit Gewalt zu überwinden, wobei auch ein Hinzuziehen der Polizei möglich ist. Diese Übertragung der Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf den Gerichtsvollzieher wird mit der Begründung kritisiert, dieser sei nicht Tag und Nacht zu erreichen. Das verhindere ein sofortiges Einschreiten, sodass ein Tätigwerden nach § 892a ZPO erst mit zeitlicher Verzögerung zu erwarten sei. Hinzu komme, dass die Polizei nur zur Unterstützung herbeigezogen werden könne, der Gerichtsvollzieher allein bei hartnäckigen Stalkern aber nur wenig auszurichten vermöge.223 Da der Gesetzgeber da218

Borchert, FPR 2004, S. 239 (239). Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (123). 220 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (123). 221 Winterer, FPR 2006, S. 199 (203); Borchert, FPR 2004, S. 239 (239). 222 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (123 f.). 223 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (174 f.); Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (124). 219

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von abgesehen habe, die stets erreich- und verfügbare Polizei mit der Vollstreckung der Schutz- und Unterlassungsanordnungen nach § 1 GewSchG im Wege unmittelbaren Zwangs gemäß § 892a ZPO zu betrauen, sei trotz Verbesserungen in diesem Bereich immer noch keine optimale Durchsetzungsmöglichkeit geschaffen worden.2245 Betont wird auch vielfach, Erwirkung und Durchsetzung einer Gewaltschutzanordnung könne für das Opfer zu einem Bumerang werden, da eine solche Schutzanordnung eher geeignet sei, eine Eskalation der Situation herbeizuführen als eine Entschärfung.225 Grund dafür sei, dass sich viele Stalker nicht nur durch das zivilrechtliche Verfahren als solches, sondern auch durch jegliche, noch so halbherzige Versuche, die Schutzanordnung durchzusetzen, öffentlich gedemütigt und von dem Opfer endgültig zurückgewiesen fühlten.226 Infolgedessen könne es zu einem Wandel in der Gefühlswelt des Stalkers kommen, der nun statt Liebe Hass und Rache gegenüber dem Opfer empfinde. In dieser Situation seien gewalttätige Eskalationen möglich.227 Hinzu komme, dass eine Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung, die für den Stalker ohne direkte Konsequenzen geblieben sei, diesem ein Gefühl der Unverwundbarkeit vermitteln könne, in dessen Folge er sich als über dem Gesetz stehend begreife. In diesem Fall könne sich das StalkingVerhalten sogar noch intensivieren.228 Spiegelbildlich dazu bewirke die Verstärkung des Stalking auf der Opferseite die Entstehung von Gefühlen der Hilflosigkeit sowie des Kontrollverlustes, da sich die Situation trotz staatlicher Anordnung nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschlechtert habe. Insgesamt könne eine zivilrechtliche Schutzanordnung dem Opfer damit ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln.229 Dies gelte nicht zuletzt auch deshalb, weil selbst Schutzanordnungen mit der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung durch unmittelbaren Zwang nur gegen einen rational denkenden Menschen erfolgreich eingesetzt werden könnten, d.h. gegen eine Per224 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (124 f.). 225 Pechstaedt, NJW 2007, S. 1233 (1233). 226 Hoffmann, Risiko-Analyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (42). 227 Vgl. Campbell, Stalking in Mississippi, S. 28; Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (464); Pechstaedt, NJW 2007, S. 1233 (1233). 228 Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (108); Hoffmann, Kriminalistik 2001, S. 34 (37); Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 156; Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196). 229 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (464).

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son, die die aus einer Zuwiderhandlung folgenden negativen Konsequenzen mit den positiven durch das Stalking vermeintlich zu erreichenden Ergebnissen abwäge. Oft sei es aber so, dass die Stalker emotional schon zu viel investiert hätten, als dass sie sich durch eine Schutzanordnung noch abhalten ließen.230 Diese Argumentation übersieht jedoch die vom Gesetzgeber in § 4 Satz 1 GewSchG geschaffene Möglichkeit, den beschriebenen Vollstreckungsdefiziten im Zivilrecht entgegenzuwirken. So kann nach § 4 Satz 1 GewSchG eine Person, namentlich ein Stalker, der einer vollstreckbaren Anordnung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG zuwiderhandelt, mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Durch diese Konstruktion wollte der Gesetzgeber erreichen, dass eine zivilrechtliche Schutz- bzw. Unterlassungsanordnung nach dem GewSchG mit den Mitteln des Strafrechts durchgesetzt werden kann.231 Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, eine effektive Durchsetzung mit den Mitteln des Strafrechts sei geboten, da eine solche allein mit den Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO nicht gewährleistet werden könne.232 Somit ergibt sich aus der Strafbewehrung eines Schutzanordnungsverstoßes in § 4 Satz 1 GewSchG indirekt eine Vollstreckungsmöglichkeit des GewSchG durch die Polizei.233 Zwar wird diesbezüglich von den Befürwortern eines eigenständigen Anti-Stalking-Straftatbestandes anerkannt, dass durch § 4 Satz 1 GewSchG auch im Falle eines Verstoßes gegen eine zivilrechtliche Schutzanordnung das Strafrecht als repressives Instrument bereitstehe, um zugunsten des Opfers einzuschreiten und die Effektivität einer Gewaltschutzanordnung sicherzustellen.234 Dennoch überwiegt die Kritik, es sei zweifelhaft, ob sich ein Stalker von dieser Verhaltensnorm beeindrucken und abschrecken lasse, d.h. sein Verhalten ändere oder abstelle.235 230 De Becker, Gift of Fear, S. 205. Zu Verfahrensproblemen bei der Verhängung von Ordnungsmitteln gegen schuld- und prozessunfähige Stalker vgl. Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (121 f.); Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (166 f.). 231 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (125). 232 BT-Drucksache 14/5429, S. 32 f. 233 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (125). 234 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (173). 235 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (173).

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F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

Das liege insbesondere daran, dass die Strafandrohung mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe viel zu gering bemessen sei, als dass sie tatsächlich zur Erhebung einer Anklage oder gar zu einer Verurteilung führen könne.236 Eine derart niedrige Strafandrohung einhergehend mit der Tatsache, dass die meisten Stalker in einem Verfahren nach § 4 GewSchG strafrechtlich erstmalig in Erscheinung träten, führe regelmäßig dazu, dass ein Strafverfahren gemäß §§ 153, 153a StPO aus Opportunitätsgründen eingestellt werde.237 Dadurch bleibe das Opfer nicht nur schutzlos, sondern fühle sich auch von Strafverfolgungsbehörden und Staat im Stich gelassen. Gleichzeitig wirke eine solche Verfahrenseinstellung für den Täter als positive Verstärkung seines Verhaltens und könne zu einer Verschlimmerung der Situation führen.238 Ergebnis einer solchen Verfahrenseinstellung sei zudem, dass der Täter auch weiterhin als nicht vorbestraft gelte. Folglich sei auch bei einem neuerlichen Verfahren mangels einschlägiger Vorstrafe nicht mit einer Verurteilung, sondern vielmehr mit einer erneuten Einstellung zu rechnen. Auf diese Weise schaffe das GewSchG „künstliche Ersttäter“.239 Hinzu komme, dass eine Strafe – sollte sie ausnahmsweise einmal verhängt werden – nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ohnehin zur Bewährung ausgesetzt werde, wenn nicht gar auf eine Geldstrafe erkannt werde. Damit könne auch in diesem Fall von einem wirksamen Opferschutz keine Rede sein.240 Abgesehen davon, setze eine Verurteilung nach § 4 GewSchG zunächst die Durchführung eines zivilrechtlichen Verfahrens und dann zusätzlich eine strafrechtliche Hauptverhandlung voraus. Damit werde die psychische Belastung für das Opfer verdoppelt. Eine Analyse der dargelegten Kritikpunkte ergibt allerdings, dass diese Beanstandungen entweder von vornherein nicht durchgreifen oder auf ein Vorgehen nach Maßgabe des aktuell verabschiedeten Nachstellungstatbestandes aus § 238 StGB n. F. in ähnlicher Weise zutreffen. Auch die Nachstellung ist gemäß § 238 Abs. 1 StGB n. F. i. V. m. § 12 Abs. 2 StGB als Vergehen ausgestaltet, welches bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen kann. Angesichts dieser Strafandrohung wird bei leichteren Stalking-Verläu236 Pechstaedt, DPolBl 2003, S. 27 (28); Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (173). Allgemein zustimmend Campbell, Stalking in Mississippi, S. 10. 237 Freudenberg, NK 2005, S. 84 (86). Ähnlich auch Balloff, Praxis der Rechtspsychologie 2005, S. 286 (287). 238 Freudenberg, Stalking, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 28 (30). 239 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (174). 240 Pollähne, NK 2002, S. 56 (58).

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fen in der Praxis eine Einstellung des Strafverfahrens aus Opportunitätsgründen ebenso wie bei § 4 Satz 1 GewSchG nicht unwahrscheinlich sein.241 Des Weiteren ist nicht zu erwarten, dass ein Ersttäter bei einer Verurteilung wegen Nachstellens gemäß § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung belegt wird. Auch hier werden aufgrund des verfassungsrechtlich verankerten Verhältnismäßigkeitsprinzips Geldund Bewährungsstrafe den Vorrang genießen.242 Zwar liegt das Strafniveau des § 238 Abs. 1 StGB n. F. mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe immer noch deutlich über dem des § 4 Satz 1 GewSchG mit bis zu einem Jahr, doch wird dies in der Praxis aufgrund des Vorranges von Geld- und Bewährungsstrafen auch nicht zu einem unmittelbaren Opferschutz durch Wegsperren des Täters führen.243 Ob ein solcher tatsächlich das Ziel sein kann, sei zudem dahingestellt. Dem Vorwurf, § 4 Satz 1 GewSchG schaffe sogenannte „künstliche Ersttäter“,244 muss entgegengehalten werden, dass ein Stalker, gegen den eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen diese Strafvorschrift vorgelegen hat, im bundesweiten Zentralen Staatsanwaltlichen Verfahrensregister erscheint. Dies gilt selbst dann, wenn keine Anklage erhoben bzw. das Verfahren eingestellt wurde. Folglich werden Staatsanwaltschaft und Polizei bei einem erneuten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 4 Satz 1 GewSchG wissen, dass der mutmaßliche Stalker schon in der Vergangenheit wegen derartiger Aktivitäten aktenkundig geworden ist. Dieser Hinweis macht es höchst unwahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft in einem weiteren Fall von der Erhebung einer Anklage nach § 4 Satz 1 GewSchG aus Opportunitätsgründen absieht. 241 So auch Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (182). 242 Royen, Strafgerichtliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 169 (173); Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/ Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (34). Ähnlich Luxenburg, Die Kriminalpolizei 2001, S. 44 (46). 243 Diese Erwartung korrespondiert mit den niederländischen und kanadischen Erfahrungen bei der praktischen Anwendung der dort geltenden Anti-Stalking-Straftatbestände. So wird in den Niederlanden, wo Stalking, wie in § 238 Abs. 1 StGB n. F., mit bis zu drei Jahren Freiheits- oder mit Geldstrafe geahndet werden kann, in 57% der Fälle eine Bewährungsstrafe verhängt, vgl. dazu Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (206); Malsch, Anti-Stalking-Legislation in the Netherlands, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 32 (37). In Kanada lag die Zahl im Erhebungszeitraum zwischen 1998 und 1999 fast identisch bei 56%, vgl. Hackett, Criminal Harassment, S. 13. Im Jahr 2002 wurde die Höchststrafe für kriminelle Belästigung in Kanada daher von fünf auf zehn Jahre Freiheitsstrafe erhöht. 244 Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/ Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (174).

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Abgesehen davon hat § 4 Satz 1 GewSchG im Vergleich zu § 238 Abs. 1 StGB n. F. gewichtige Vorteile. So handelt es sich bei Ersterem nicht um ein Antragsdelikt, sodass die Anklageerhebung nicht von der Bejahung des öffentlichen Interesses durch die Staatsanwaltschaft abhängig ist. Wesentlich entscheidender ist aber, dass es sich bei § 4 Satz 1 GewSchG nicht um ein Privatklagedelikt handelt. Mithin ist es bei einem Verstoß gegen § 4 Satz 1 GewSchG nicht an dem Opfer, initiativ zu werden und gegen den Täter Privatklage zu erheben. Vielmehr ist die Staatsanwaltschaft aufgrund des Legalitätsprinzips nach § 170 Abs. 1 StPO dazu verpflichtet, bei einem sich aus den Ermittlungen ergebenden hinreichenden Tatverdacht Anklage gegen den Stalker zu erheben. Abschließend muss betont werden, dass ein Verstoß gegen § 4 Satz 1 GewSchG leichter zu beweisen ist als eine Zuwiderhandlung gegen § 238 StGB n. F., weil dem Opfer im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens zur Erwirkung einer Gewaltschutzanordnung gewisse Erleichterungen zugute kommen. Hat das Opfer eine solche Anordnung erwirkt, beschränkt sich die Beweispflicht nach § 4 Satz 1 GewSchG auf einen dagegen gerichteten, vorsätzlichen Verstoß des Täters, wobei im Gegensatz zu § 238 StGB n. F. bereits eine einmalige Zuwiderhandlung ausreichend ist. cc) Zwischenergebnis Somit kann festgehalten werden, dass durch den Nachstellungstatbestand im Vergleich zu der bislang schon zur Verfügung stehenden Interventionsmöglichkeit aus § 1 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 4 Satz 1 GewSchG weder ein für die Opfer wesentlich leichter durchsetzbarer noch ein in großem Maße verbesserter Schutzmechanismus geschaffen wurde. Damit sprechen gewichtige Tatsachen dafür, § 4 Satz 1 GewSchG als eine im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Opferschutzes ernstzunehmende Alternative zu § 238 StGB n. F. zu betrachten, die Zweifel an der Notwendigkeit des spezifischen Nachstellungstatbestandes aufwirft.

c) Vorgehen nach § 4 GewSchG als milderes Mittel? Unter dem Gesichtspunkt, dass das Strafrecht stets ultima ratio staatlichen Einschreitens zu sein hat, muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob das GewSchG mit seiner Regelung aus § 4 Satz 1 auch tatsächlich ein im Vergleich zum Nachstellungstatbestand milderes, in die Grundrechte des Bürgers weniger stark einschneidendes Mittel ist. Nur wenn diese Frage bejaht werden kann, ist die Notwendigkeit einer Verabschiedung des § 238 StGB n. F. zu verneinen.

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aa) § 4 GewSchG als Strafbewehrung von Stalking? Gegen die These, das GewSchG sei im Vergleich zu § 238 StGB n. F. als milderes Mittel zur Bekämpfung von Stalking zu bewerten, könnte angeführt werden, auch die Konstruktion aus § 1 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 4 Satz 1 GewSchG arbeite letztlich mit dem Einsatz des Strafrechts. Folglich könne kein Unterschied zur Strafbewehrung von Stalking im Kernstrafrecht festgestellt werden. Vereinzelt wird sogar vertreten, bei § 4 Satz 1 GewSchG handele es sich um nichts anderes als um eine Strafbewehrung von Stalking.245 Diese Lesart ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, die den gesetzgeberischen Handlungsbedarf nicht vorrangig auf mangelnde zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen zum Schutz vor Nachstellungen, sondern auf das Vorliegen von Strafbarkeitslücken zurückgeführt habe.246 Dieser Einordnung kann nicht zugestimmt werden. So macht bereits die Einführung des Nachstellungstatbestandes im Kernstrafrecht deutlich, dass der Gesetzgeber selbst die Vorschrift aus § 4 Satz 1 GewSchG zur Gewährleistung eines strafrechtsspezifischen Stalking-Schutzes für nicht ausreichend gehalten hat. Zudem stellt der Tatbestand des § 4 Satz 1 GewSchG nicht auf eine Belästigung, Nachstellung oder ähnliches Stalking-Verhalten als verbotene Tathandlung ab, sondern allein auf die Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach dem GewSchG. Folglich ist nicht das eigentliche Nachstellen mit Strafe bewehrt, sondern allein der Verstoß gegen eine formelle zivilgerichtliche Anordnung.247 Für diese Auslegung spricht zudem, dass § 4 GewSchG nicht ein als Privatklagedelikt ausgestaltetes Offizialdelikt ist.248 Dadurch wird deutlich, dass das Schutzgut dieses Tatbestandes nicht Individualrechtsgüter der durch Stalking belästigten Person sind, welches es dieser erlauben würde, durch Strafantrag zu entscheiden, ob eine Strafverfolgung angemessen ist oder nicht. § 4 GewSchG sanktioniert vielmehr den Ungehorsam gegenüber 245 So z. B. Vander, KritV 2006, S. 81 (86); Pollähne, NK 2002, S. 56 (58); Frommel, ZRP 2001, S. 287 (291 in Fn. 36). Ähnlich Borchert, FPR 2004, S. 239 (240). 246 Vgl. BT-Drucksache 14/5429, S. 11, 32 f. 247 So z. B. Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (464); Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (270 f.); Pechstaedt, Strafrechtlicher Schutz, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 147 (164); Hilgendorf/Frank/ Valerius, Computerstrafrecht, Rn. 752; Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (294); Kerbein/Pröbsting, ZRP 2002, S. 76 (78); Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196). 248 Grziwotz, NJW 2002, S. 872 (873). Zustimmend Hermann, NJW 2002, S. 3062 (3062).

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zivilgerichtlichen und damit staatlichen Anordnungen und schützt infolgedessen allein die Rechtsordnung.249 Mithin kann weder die Entscheidung über eine Strafverfolgung des Täters noch die Strafverfolgung selbst im Wege der Privatklage einem Bürger überlassen sein.250 Damit handelt es sich bei § 4 Satz 1 GewSchG nicht um eine Kriminalisierung von Stalking, sodass die Interventionsmöglichkeiten aus § 4 Satz 1 GewSchG auf der einen sowie aus § 238 StGB n. F. auf der anderen Seite nicht als äquivalent bezeichnet werden können. Gleichwohl konnte der Einwand, die Norm des § 4 GewSchG setze ebenso wie § 238 StGB n. F. das scharfe Schwert des Strafrechts ein, noch nicht widerlegt werden. bb) § 4 GewSchG als Kriminalisierung von bloßem Ordnungsunrecht? Dieser Einwand erhält vielmehr noch zusätzliches Gewicht durch die Bedenken, bei der Vorschrift aus § 4 GewSchG handele sich um nichts anderes als um eine Kriminalisierung von bloßem Ordnungsunrecht. Diese Einordnung ließe – wäre sie denn richtig – den Einsatz des Strafrechts noch fragwürdiger erscheinen.251 Zur Untermauerung der Aussage, bei § 4 GewSchG handele es sich um bloßes Ordnungsunrecht, wird angeführt, in dieser Norm werde äußerlich betrachtet bürgerlicher Ungehorsam in Gestalt der Zuwiderhandlung gegen eine Schutzanordnung pönalisiert. Dadurch erfolge eine rechtliche Bewertung des im Kern unerwünschten Verhaltens, namentlich der Nachstellung, allein auf der Ebene des Zivilrechts, während sich die später erfolgende strafrechtliche Sanktionierung als ein intensiveres Zwangsmittel zur Durchsetzung der Unterlassungsanordnung darstelle.252 Rein systematisch gesehen stelle ein solcher Verstoß gegen eine zivilgerichtliche Anordnung klassisches Ordnungsunrecht dar.253 Wird § 4 GewSchG in diesem Sinne als eine Kriminalisierung von bloßem Ordnungsunrecht bewertet, so könnte sich der Einsatz des Strafrechts 249

Hilgendorf/Frank/Valerius, Computerstrafrecht, Rn. 752. So auch Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (173). 251 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (271 ff.). 252 Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (108). 253 Um der Verwirklichung bloßen Ordnungsunrechtes adäquat zu begegnen, wird jedoch im Unterschied zum Kriminalstrafrecht regelmäßig eine Geldbuße als staatliche Reaktion für angemessen erachtet. Dabei beinhaltet eine solche Geldbuße kein sozialethisches Unwerturteil über den Betroffenen und ist infolgedessen aus dem Sanktionensystem des Kriminalstrafrechts ausgesondert, vgl. dazu Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (271). 250

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als ein umso größerer Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip bzw. die ultima ratio-Funktion des Strafrechts darstellen,254 als dies für den Nachstellungstatbestand aus § 238 StGB n. F. gelten könnte. Schließlich hat § 238 StGB n. F. mit seinem Schutz der angeführten Rechtsgüter255 einen direkten Bezug zu besonders schützenswerten Individualrechtsgütern, während § 4 GewSchG nur das abstrakte Allgemeingut der Rechtspflege sichert, welches lediglich als Reflex auch das Individualrechtsgut schützt, das durch den ursprünglichen Erlass der zivilgerichtlichen Anordnung geschützt werden sollte. Insofern legt die Tatsache, dass der Gesetzgeber den bloßen Verstoß gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung im Rahmen des GewSchG mit einer Kriminalstrafe belegt hat, den Schluss nahe, dass es ihm im Grunde weniger auf eine Kriminalisierung derartiger den bürgerlichen Ungehorsam ahndender Zuwiderhandlungen, als vielmehr auf eine Sanktionierung des Nachstellungsverhaltens als solches ankam. In diesem Fall wäre durch die Schaffung von § 4 GewSchG auch beabsichtigt gewesen, neben der repressiven Sanktionierung eines Verstoßes gegen eine zivilrechtliche Anordnung gleichzeitig die Befolgung einer solchen zu erzwingen. Damit bewegt sich das durch § 4 GewSchG etablierte Interventionsrecht zwischen präventivem Zivilrecht auf der einen und einem repressiv ausgerichteten Strafverfahren auf der anderen Seite. Beide Rechtsgebiete verfolgen spezialpräventive Zwecke und wollen vor allem Rückfälle von Stalkern vermeiden. Diese Ziele sollen im zivilrechtlichen Bereich des GewSchG durch zukunftsorientierte Schutzanordnungen erreicht werden, während das Strafrecht von Natur aus spezialpräventiv ausgerichtet ist.256 Mit dieser Konstruktion geht der Gesetzgeber völlig neue Wege,257 was in mehrfacher Hinsicht kritisiert wird.258 Insbesondere wird beanstandet, dass die Verortung einer Strafvorschrift wie § 4 GewSchG in einem dem Privatrecht zuzuordnenden Gesetz wie dem GewSchG sowohl den punitiven Charakter der Norm verschleiere259 254

Vgl. dazu auch Kubink, Kriminalpolitische Trends, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 271 (282), der die durch § 4 GewSchG erfolgte Pönalisierung von zivil- und ordnungsrechtlichem Unrecht als eine die Grenzen des liberal-rechtsstaatlichen Rechtsgutsverständnisses sprengende Vorfeldverlagerung von Kriminalisierung betrachtet. 255 Zur Bestimmung des durch § 238 StGB n. F. geschützten Rechtsguts vgl. E. II. 1. 256 Frommel, ZRP 2001, S. 287 (288). 257 Voßkuhle, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 118 (125). 258 Ausführlich zu den Problemen, die das GewSchG auf strafrechtlicher Ebene aufwirft vgl. Pollähne, Probleme des GewSchG, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 133 ff.

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als auch die sich daraus ergebende Strafwürdigkeit des zugrunde liegenden Verhaltens. Dies sei nicht nur in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich, sondern auch aus generalpräventiver Sicht unbedacht, da eine solche Strafnorm ihre Warnfunktion gegenüber dem Bürger nur schwerlich erfüllen könne, wenn sie nicht für jedermann sofort sichtbar im Kernstrafrecht des StGB, sondern an unerwarteter Stelle in einem Zivilgesetz zu finden sei. Gleichzeitig fehle dadurch jeglicher Abschreckungseffekt.260 Indem der Gesetzgeber den Weg über das Zivilrecht wähle, mit dessen Hilfe im Kern das Stalking als sozialschädliches Verhalten bestraft werden solle und nicht die bloße Zuwiderhandlung gegen eine zivilgerichtliche Anordnung, entziehe er sich zugleich seiner Aufgabe und Verpflichtung, wichtige gesellschaftliche Wertentscheidungen in eindeutiger Weise zu treffen261 und dem Bürger durch diese einen Maßstab für sein Verhalten an die Hand zu geben.262 Zwar stellt diese Gesetzeskonstruktion der Strafbewehrung über das Zivilrecht angesichts der Schwierigkeiten, Stalking-Verhalten umfassend mit Strafe zu bewehren, einen für den Gesetzgeber gangbaren Weg dar. Allerdings könnte genau dies als eine Umgehung verfassungsmäßiger Grundprinzipien des Strafrechts, namentlich des Bestimmtheitsgebotes aus Art. 103 Abs. 2 GG, kritisiert werden. Dies ließe sich damit begründen, dass der Tatbestand aus § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 i. V. m. § 4 Satz 1 GewSchG wesentlich vager und uferloser ist, als dies bei einem klassischen Straftatbestand des StGB in den Grenzen des Bestimmtheitsgebotes zulässig wäre.263 Hinzu komme, dass letztlich allein der Zivilrichter im konkreten Verfahren die Grenzen der Strafbarkeit festlege, indem er durch die individuelle Ausgestaltung der Schutzanordnung bestimme, welches Verhalten später bei gleichzeitigem Verstoß gegen diese Anordnung eine Strafbarkeit nach § 4 Satz 1 GewSchG auszulösen vermöge. Dies könnte als ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung bewertet werden, da in einem demokratischen Rechtsstaat allein der Gesetzgeber die Grenzen der Strafbarkeit abstrakt-generell festzuschreiben hat. 259

Dieser wird ihm unter anderem von Frommel beigemessen und begrüßt, vgl. Frommel, ZRP 2001, S. 287 (288); Frommel, Prävention bei Partnerschaftskonflikten, in: Schöch/Jehle (Hrsg.), Angewandte Kriminologie, S. 299 (321); Frommel, Kritische Justiz 2000, S. 447 (448). 260 Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196). 261 So muss die gesetzgeberische Wertentscheidung im Gesetz klar zum Ausdruck kommen und darf aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips nicht dem Richter überlassen bleiben, vgl. Jahn, Bestimmtheitsgebot des GG, S. 49; Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 210 f. 262 So Smischek, Stalking, S. 283; 348. 263 So Pollähne, Probleme des GewSchG, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 133 (152 ff.); Pollähne, StraFo 2006, S. 398 (400 f.), der die Strafgerichte in der Pflicht sieht, die Einhaltung des Bestimmtheitsgebotes zu überwachen.

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Des Weiteren wird angeführt, diese Gesetzgebungstechnik führe zu einer Aushöhlung des Strengbeweises im Strafprozessrecht.264 So prüfe das Strafgericht in einem Verfahren nach § 4 Satz 1 GewSchG lediglich, ob eine bestimmte und vollstreckbare zivilgerichtliche Anordnung gegen den Täter ergangen sei, gegen die ein vorsätzlicher Verstoß vorliege. Eine weitergehende Prüfung dahingehend, ob die Voraussetzungen für die ursprüngliche zivilrechtliche Schutzanordnung selbst vorlagen, nehme das Strafgericht hingegen nicht vor. Somit werde zu keinem Zeitpunkt des Strafprozesses verifiziert, ob dem Täter vor dem Zivilgericht tatsächlich ein Nachstellungsverhalten nachgewiesen werden konnte.265 Dies sei umso bedenklicher als im Rahmen eines Zivilprozesses eine Schutzanordnung sogar als einstweilige Verfügung in einem summarischen Verfahren ergehen könne. Dabei reiche im Regelfall eine bloße eidesstattliche Versicherung als Beweismittel aus. Nicht einmal eine Anhörung des Antragsgegners sei erforderlich.266 Der Stalker werde somit im Strafprozess verurteilt, ohne dass der Strafrichter durch Anwendung des eigentlich für den Schuldspruch notwendigen strafprozessualen Strengbeweises die Voraussetzungen der Strafbarkeit in Gestalt der Rechtmäßigkeit der Schutzanordnung habe überprüfen können.267 Zusammenfassend könnte man daher folgern, die vom Gesetzgeber in § 4 GewSchG gewählte Technik führe zu einem bedenklichen Verschwimmen der Grenzen zwischen Zivil- und Strafrecht,268 durch welches die strafprozessualen Rechte des Angeklagten verkürzt würden.269 Damit handele es sich bei § 4 GewSchG nicht um ein im Vergleich zu § 238 StGB n. F. milderes, die Grundrechte weniger stark einschneidendes Mittel, sondern um ein schärferes Interventionsinstrument. Dieser Argumentation ist zwar zuzugeben, dass das GewSchG tatsächlich im Grenzbereich zwischen Straf- und Zivilrecht operiert und dabei in mancher Hinsicht bestehende Grenzen verwischt sowie dogmatisch zum Teil ungenau arbeitet. Dennoch muss betont werden, dass es für den betroffenen Bürger wesentliche Vorteile hat, nach Maßgabe des GewSchG strafrechtlich verfolgt zu werden als nach Maßgabe des neuen Nachstellungstatbestandes. 264

Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (273). Wagner, FPR 2006, S. 208 (210); Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (273). 266 Kubink, Kriminalpolitische Trends, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 271 (282). 267 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (273). 268 Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (270). Zustimmend Smischek, Stalking, S. 136. 269 So auch Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 (273). 265

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Dabei muss hervorgehoben werden, dass das wesentliche Argument, das GewSchG verschleiere sowohl seinen punitiven Charakter270 als auch den eigentlichen Kern des verbotenen Verhaltens und umgehe unzulässigerweise das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot, nicht verfängt. Es ist vielmehr nicht schwer einzusehen, dass dem betroffenen Bürger im Rahmen eines Verfahrens nach dem GewSchG mithilfe der Schutzanordnung eindeutig, konkretindividuell und unmissverständlich vor Augen geführt wird, welches Verhalten genau von der Rechtsordnung missbilligt wird und dass eine Fortsetzung dieser Aktivitäten strafrechtliche Konsequenzen haben wird.271 So muss das Gericht bei Erlass einer Schutzanordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 GewSchG das dem Stalker in Zukunft untersagte Verhalten, welches die Voraussetzung für eine Strafbarkeit gemäß § 4 Satz 1 GewSchG bildet, detailliert auflisten. Damit ist überdeutlich, dass die zivilgerichtlich erfolgende Konkretisierung des verbotenen Verhaltens im individuellen Fall die Grenzen der Strafbarkeit konkreter und somit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG bestimmter umreißt, als dies ein abstrakt-genereller Straftatbestand je könnte.272 Auch von einer fehlenden Warnfunktion oder von einem ungenügenden Abschreckungseffekt kann daher nicht gesprochen werden. Es ließe sich allenfalls ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip begründen. Schließlich sei es der konkrete Zivilrichter und nicht der Gesetzgeber, der durch die Formulierung der Schutzanordnung die Grenzen der Strafbarkeit festlege. Dagegen muss allerdings eingewendet werden, dass sich der Richter bei Erlass der Schutzanordnung nach § 1 GewSchG nur innerhalb der engen, vom Gesetzgeber selbst gesteckten Grenzen bewegen kann, sodass letzten Endes doch der Gesetzgeber selbst die äußersten Grenzen der Strafbarkeit verbindlich abgesteckt hat.273 Hinzu kommt, dass die Befürchtung in der Praxis kaum real sein dürfte, die Strafbarkeitskonstruktion über § 1 Abs. 1 Satz 1, 3 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 4 Satz 1 GewSchG führe zu einer ausufernden Strafbarkeit. Grund dafür ist, dass das Gericht bei Erlass einer solchen die Strafbarkeit begründenden Schutzanordnung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden ist. Die Schutzanordnung darf nicht weitergehen, als es zur Abwendung weiterer oder drohender Verletzungen erforderlich ist.274 Eine gesetz270 Dieser wird ihm unter anderem von Frommel beigemessen, vgl. Frommel, ZRP 2001, S. 287 (288); Frommel, Prävention bei Partnerschaftskonflikten, in: Schöch/Jehle (Hrsg.), Angewandte Kriminologie, S. 299 (321). 271 Freudenberg, Stalking, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 28 (29). 272 Neubacher, ZStW 118 (2006), S. 855 (870); Freudenberg, NK 2005, S. 84 (85). 273 Kühl, Stellungnahme, S. 5 f.

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lich normierte Ausformung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist die Verpflichtung des Gerichts in § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG, erlassene Schutzanordnungen zu befristen.275 Darüber hinaus wurde der Richterschaft bei Verfahren nach dem GewSchG bislang nicht vorgeworfen, sie leiste einer ausufernden Strafbarkeit Vorschub, sondern es wurde vielmehr kritisiert, sie verhalte sich zu zurückhaltend und erlasse Schutzanordnungen viel zu restriktiv. Das laufe einem effektiven Opferschutz zuwider.276 Insgesamt sind die Grenzen der Strafbarkeit im Rahmen von § 4 Satz 1 GewSchG wesentlich enger gesteckt, als dies bei § 238 StGB n. F. der Fall ist. Mit diesem größeren Maß an Bestimmtheit geht gleichzeitig ein geringeres Missbrauchspotential einher. So sind die Voraussetzungen, unter denen ein Ermittlungsverfahren aufgrund bewusst falscher Angaben des Opfers eingeleitet werden kann, wesentlich enger gezogen, da für einen begründeten Anfangsverdacht eine schon erfolgte zivilgerichtliche Anordnung vonnöten ist, deren Vorliegen sich im Einzelfall schnell überprüfen lässt. Auch die Bedenken, durch das Vorgehen nach § 4 Satz 1 GewSchG würden der Strengbeweis ausgehöhlt und die prozessualen Rechte des Betroffenen beschnitten, verfangen nicht. Zwar entspricht es den Tatsachen, dass das Strafprozessrecht im Vergleich zu seinem zivilrechtlichen Pendant wesentlich strenger bei der Zulassung von Beweismitteln ist, der Antragsgegner kann aber selbst in einem Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Zivilgericht eine mündliche Verhandlung erzwingen.277 In dieser muss der Antragsteller, also das vermeintliche Opfer, vollen Beweis für das Vorliegen einer Nachstellung erbringen, wobei der Stalker als Antragsgegner das Recht zum Gegenbeweis hat. Eine Aushöhlung des Strengbeweises ist auch schon deshalb nicht zu befürchten, weil das Strafgericht 274 Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/Weinreich, Handbuch FA-FamR, 8. Kapitel Rn. 335; Gottwald/Müller, MPFFamR, S. 583; Ebert, Einstweiliger Rechtsschutz, § 6 Rn. 27; Löhnig, Zivilrechtlicher Gewaltschutz, S. 58; Weinreich/Klein/ Weinreich, KK/FamR, § 1 GewSchG Rn. 12. 275 Gottwald/Müller, MPFFamR, S. 583. 276 So z. B. Laabes, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 68 (75); Pechstaedt, Stalking und das deutsche Recht, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 45 (50). 277 Ergeht die einstweilige Verfügung durch Urteil, so setzt sie gemäß §§ 936 i. V. m. 922 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO ohnehin eine mündliche Verhandlung voraus. Sollte eine einstweilige Verfügung jedoch gemäß §§ 936 i. V. m. 922 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO durch Beschluss ergehen, so kann der Antragsgegner diesem widersprechen, vgl. §§ 936 i. V. m. 924 Abs. 1 ZPO. Über diesen Widerspruch wird durch Urteil entschieden, welches seinerseits eine mündliche Verhandlung voraussetzt, vgl. §§ 936 i. V. m. 925 Abs. 1 ZPO. Anzumerken bleibt, dass gemäß § 937 Abs. 2 ZPO der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss nur ausnahmsweise bei besonderer Dringlichkeit erfolgen soll.

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bei einem Strafverfahren wegen § 4 Satz 1 GewSchG entgegen der oben dargelegten Ansicht sehr wohl das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die zugrunde liegende zivilrechtliche Schutzanordnung zu überprüfen hat.278 Stellt sich im Rahmen dieser dem Strengbeweis unterliegenden Beweisaufnahme heraus, dass die ursprüngliche zivilrechtliche Anordnung nicht rechtmäßig war, so ist der Tatbestand des § 4 Satz 1 GewSchG nicht erfüllt.279 Damit können Zivil- und Strafgericht durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Zwar hatte der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die gegenteilige Ansicht vertreten und kritisiert, eine erneute Überprüfung der Anordnung durch das Strafgericht sei nicht praktikabel und erschwere das Vorgehen der Polizei.280 Die Bundesregierung zog jedoch eine Parallele zu der Rechtsprechung des BVerfG,281 derzufolge eine staatliche Sanktion nicht ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Verwaltungsverfügung verhängt werden dürfe.282 Zudem hob die Bundesregierung hervor, dass das Verfahren der ZPO, z. B. im Hinblick auf die Möglichkeit eines Versäumnisurteils, keine Gewähr für die materielle Richtigkeit der letztendlichen Entscheidung biete, sodass auch aus diesem Grund eine zusätzliche strafgerichtliche Überprüfung zu erfolgen habe.283 Mithin erfordert eine Verurteilung nach Maßgabe des Tatbestandes aus § 4 Satz 1 GewSchG neben der formellen auch die materielle Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden zivilgerichtlichen Schutzanordnung, welche im Rahmen des Strafverfahrens zu überprüfen ist. Es besteht insoweit keine Bindung des Strafgerichts an die rechtskräftige Entscheidung des Zivilgerichts.284 278

Rinio, Kriminalistik 2002, S. 531 (533); Meyer-Großner, StPO, § 262 Rn. 2; Palandt/Brudermüller, BGB, § 4 GewSchG Rn. 1; Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (655); Schumacher/Janzen, Gewaltschutz, S. 75; Neubacher, ZStW 118 (2006), S. 855 (868); Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/Weinreich, Handbuch FAFamR, 8. Kapitel Rn. 370; Sering, NJW-Spezial 2007, S. 375 (375). 279 BT-Drucksache 14/5429, S. 32. 280 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucksache 14/5429, S. 39. Der Bundesrat argumentierte zudem, es sei dem Betroffenen zumutbar, gegen eine aus seiner Sicht falsche zivilgerichtliche Entscheidung vorzugehen und damit einer Strafbarkeit nach § 4 Satz 1 GewSchG die Grundlage zu entziehen. 281 Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucksache 14/5429, S. 42. 282 Vgl. BVerfGE 87, S. 399 (408 ff.). 283 Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucksache 14/5429, S. 42. 284 So auch Rinio, Kriminalistik 2002, S. 531 (533); Meyer-Großner, StPO, § 262 Rn. 2; Palandt/Brudermüller, BGB, § 4 GewSchG Rn. 1; Schumacher, FamRZ 2002, S. 645 (655); Schumacher/Janzen, Gewaltschutz, S. 75; Neubacher, ZStW 118 (2006), S. 855 (868); Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/Weinreich, Handbuch FA-FamR, 8. Kapitel Rn. 370; Sering, NJW-Spezial 2007, S. 375 (375).

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Folglich kann ein mutmaßlicher Stalker nur wegen eines Verstoßes gegen § 4 Satz 1 GewSchG verurteilt werden, wenn das Strafgericht im Rahmen einer Hauptverhandlung zu der zweifelsfreien Überzeugung gelangt ist, dass er gegen eine formell und materiell rechtmäßig ergangene Schutzanordnung verstoßen hat. Damit kommt es nicht zu einer Aushöhlung des strafprozessualen Strengbeweises. In Bezug auf die Rechte des Betroffenen ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Richter in einem Verfahren nach dem GewSchG im Hinblick auf Umfang und Ausgestaltung der Schutzanordnung im Allgemeinen sehr zurückhaltend sind. Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird das Gericht die Schutzanordnung so weit wie möglich in einer Art und Weise ausgestalten, die es dem Beklagten erlaubt, seinen notwendigen alltäglichen Geschäften und Verrichtungen ohne Einschränkung nachzugehen. Sollte es in der Folge dennoch zu einer Zuwiderhandlung kommen, erscheint diese als bewusster und gewollter Verstoß gegen eine staatliche Anordnung sowie gegen den Willen des Opfers und ihre Sanktionierung weniger als ausufernde Kriminalisierung erlaubten Verhaltens als vielmehr als angemessene Reaktion auf vorsätzliche Rechtsverletzungen. Letztlich bedeutet die dem Stalker auferlegte Pflicht, von einer solchen Rechtsverletzung Abstand zu nehmen, keine wesentliche Beschränkung seiner Freiheit, da er nur eine Kontaktaufnahme mit dem Opfer unterlassen soll, die dieses ohnehin nicht wünscht.285 Abschließend wirkt es sich für die von der Strafverfolgung Betroffenen zudem positiv aus, dass der Straftatbestand aus § 4 Satz 1 GewSchG mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe eine geringere Strafandrohung aufweist als § 238 StGB n. F. cc) Zwischenergebnis Damit ist festzustellen, dass die Strafvorschrift in § 4 Satz 1 GewSchG weder eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verschleierung der Strafbarkeit Eine vermittelnde Position nimmt Pollähne ein, der dem Strafgericht zwar nicht zugesteht, eigene Erwägungen bezüglich der Erforderlichkeit der Anordnung oder bezüglich ihrer Befristung anzustellen, der es diesem aber auch nicht verwehrt, neue Erkenntsnisse oder veränderte tatsächliche Umstände, die später bekannt geworden sind, außer Acht zu lassen, vgl. Pollähne, Probleme des GewSchG, in: Barton (Hrsg.), Beziehungsgewalt, S. 133 (145). 285 In Österreich toleriert es der Gesetzgeber aus diesem Grund sogar, wenn derartige Verbote selbst dann aufrechterhalten werden, wenn die im Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung als gegeben betrachteten Voraussetzungen in Wirklichkeit nicht vorliegen, sofern der Gegner keine negative Feststellungklage erhebt, vgl. Wolfrum/Dimmel, ÖJZ 2006, S. 475 (485).

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bewirkt noch einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot oder das Gewaltenteilungsprinzip darstellt. Auch die Behauptung, eine Aushöhlung des strafprozessualen Strengbeweises sei die Folge, ist nicht haltbar. Vielmehr wirken sich die auf den konkreten Einzelfall detailliert zugeschnittene Bestimmung des verbotenen Verhaltens durch den Zivilrichter sowie die damit einhergehende reduzierte Missbrauchsgefahr und die im Vergleich zu § 238 StGB n. F. auf ein Drittel reduzierte Strafandrohung positiv für den nach Maßgabe des GewSchG strafrechtlich Verfolgten aus, sodass nicht von einer Verkürzung seiner Rechte gesprochen werden kann. d) Ergebnis Insgesamt stellt § 4 Satz 1 GewSchG eine im Kontrast zu § 238 StGB n. F. äquivalente Interventionsmöglichkeit für Stalking-Opfer dar, die gleichzeitig Vorteile für einen mutmaßlichen Stalker bietet. So unterliegt schon die Ausgestaltung der Schutzanordnung als Tatbestandsvoraussetzung in besonderer Weise dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sie warnt den Täter konkret-individuell vor genau bezeichneten, weiteren Verstößen und weist zudem eine geringere Strafandrohung auf. Damit stellt diese gleichsam mittelbare bzw. indirekte Strafbewehrung von Stalking sowohl ein wirksames als auch ein für den betroffenen Bürger milderes Interventionsinstrument dar. 3. Symbolisches Strafrecht Vermag der Nachstellungstatbestand das Niveau des Opferschutzes im Vergleich zum GewSchG kaum merklich zu erhöhen, verbleibt als Argument zur Befürwortung eines eigenständigen Nachstellungstatbestandes nur die Annahme, durch einen solchen könne Stalking-Verhalten in der Gesellschaft als strafwürdig geächtet werden.286 Dies wird vor allem damit begründet, dass das Strafrecht als einziges Rechtsgebiet über eine normbildende Kraft im gesellschaftlichen Wertesystem verfügt,287 die es erlaubt, Umdenkprozesse in der Gesellschaft anzustoßen und auf lange Sicht auch zu bewirken. So spreche das Strafrecht anders als das Zivilrecht ein sozialethisches Unwerturteil aus.288 Mithin könne – 286 So z. B. Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (159); Morewitz, Stalking and Violence, S. 60; Strikis, (1993) 81 The Georgetown Law Journal, S. 2771 (2780 f.). 287 Ebenso Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (298); Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83); Smischek, Stalking, S. 281; Baer-Henney, Sterbehilfe, S. 93. 288 Kühl, Stellungnahme, S. 2.

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so wird behauptet – allein eine Kriminalisierung von Stalking-Verhalten im Kernstrafrecht die notwendige symbolische Ausstrahlungs- sowie abschreckende Signalwirkung erzeugen,289 die die erforderliche deutliche Positionierung des Staates gegen Stalking ausdrücke und dadurch gleichzeitig die Opfer stärke. Auf diese Weise komme das Strafrecht seiner generalpräventiven Funktion nach und mache deutlich, dass Nachstellungsverhalten sozialschädlich sei und nicht geduldet werde.290 Eine solch eindeutige Stigmatisierung von Stalking könne zudem bewirken, dass sich die Durchsetzungsprioritäten von Strafverfolgungsbehörden und Justiz veränderten. Werde Stalking sowohl in der Gesellschaft als auch in Kreisen von Strafverfolgungsbehörden und Justiz derzeit noch als ein Kavaliersdelikt betrachtet, so sei es möglich, dass infolge der durch die Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes angestoßenen Umdenkprozesse in Stalking-Fällen fortan konsequent ermittelt und verstärkt gegen die Täter vorgegangen werde. Dadurch fühlten sich Stalking-Opfer ernst genommen und von der Gesellschaft unterstützt. Dies wiederum bewirke eine Steigerung der Anzeigebereitschaft sowie eine Stärkung des Vertrauens der Opfer in das Rechtssystem.291 Diese Argumentation verdeutlicht, in welchem Maße dem Strafrecht mittlerweile eine verhaltenslenkende Funktion beigemessen wird, die sich zusehends von der ursprünglichen Aufgabe der Repression292 unterscheidet.293 Zwar lässt sich kaum bestreiten, dass eine Kriminalisierung von Verhalten, wie vorliegend von Stalking-Aktivitäten, großen Einfluss auf die gesellschaftliche Bewertung, namentlich in Form der öffentlichen Stigmatisierung, hat294 und damit naturgemäß positive Rückwirkungen auf die psychische Konstitution der Opfer entfaltet. Die entscheidende Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob ein Straftatbestand, der ausschließlich ein Bedürfnis nach öffentlicher Sensibilisierung befriedigt, wünschenswert ist oder ob für die soziale Ächtung von Verhalten durch Kriminalisierung nicht ein zu hoher Preis gezahlt wird. 289 Sommerfeld/Voß, SchlHA 2005, S. 326 (331); Smischek, Stalking, S. 280; Gerhold, NK 2007, S. 2 (3). Zustimmend Fünfsinn, NK 2005, S. 82 (83); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (298). 290 So Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (112); Winterer, Stalking und häusliche Gewalt, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 149 (159). 291 Pechstaedt, Stalking, S. 140. 292 Schmidt, Gefahrenabwehrmaßnahmen, S. 27. 293 Vgl. dazu Albrecht, Kriminologie, S. 61. 294 Hassemer, Roxin-FS, S. 1001 (1016); Jäger, Symbolisches Strafrecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt am Main (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung, S. 49 (51).

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Wie festgestellt,295 erhöht der neu geschaffene Nachstellungstatbestand das schon durch § 4 Satz 1 GewSchG sowie durch die traditionellen Delikte des StGB vorhandene Schutzniveau für die Opfer kaum merklich. Das einzig verbleibende Argument, welches für die Notwendigkeit eines spezifischen Anti-Stalking-Straftatbestandes streitet, ist somit die bereits erwähnte psychische Unterstützung der Opfer durch Initiation sozialer Sensibilisierungs- und Umdeutungsprozesse. Damit stellt sich die Frage, ob es sich bei der Kriminalisierung von Stalking im neuen § 238 StGB n. F. um rein symbolisches Strafrecht handelt.296 Ein symbolischer Straftatbestand ist eine Norm, die vorrangig nicht auf die Entfaltung konkreten Schutzes für den Bürger angelegt ist, sondern durch das Bekenntnis zu bestimmten Schutzgütern oder durch die soziale Ächtung spezifischer Verhaltensweisen der Förderung eines politischen oder weltanschaulichen Selbstverständnisses dient.297 Häufig wird durch eine solche symbolische Norm die Beschwichtigung der Öffentlichkeit bezweckt, indem der Eindruck erweckt wird, es werde durch die Verabschiedung von neuen Straftatbeständen gegen sozialschädliches und gefährliches Verhalten vorgegangen, obwohl die Gesetze realiter wenig effektiv und kaum durchsetzbar sind.298 Derartige Handlungsweisen des Gesetzgebers treten insbesondere dann auf, wenn Angst und Empörung in der Gesellschaft vorherrschen und der dadurch bedingte Wunsch nach konkreten Maßnahmen Druck auf den Gesetzgeber ausübt, tätig zu werden.299 Zwar stellt es grundsätzlich eine legitime Motivation des Gesetzgebers dar, durch die Strafbewehrung bestimmter Verhaltensweisen nicht nur die Möglichkeit zu schaffen, diese Aktivitäten strafrechtlich zu verfolgen, sondern auch im Wege positiver Generalprävention auf das allgemeine Rechtsbewusstsein der Bevölkerung einzuwirken.300 Dennoch ist eine Maßnahme mit rein bewusstseinsbildendem Charakter im Strafrecht als bedenklich einzustufen.301 Die Grenze ist überschritten, wenn eine Norm neben ihrem bewusstseinsbildenden Charakter und der Demonstration von Werthaltungen 295

Vgl. dazu F. II. 2. b). Ebenso Albrecht, FPR 2006, S. 204 (208); Kinzig, Richter ohne Robe 2007, S. 3 (9). 297 Hassemer, NStZ 1989, S. 553 (559); Díez Ripollés, ZStW 113 (2001), S. 516 (519). 298 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 37; Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 180; Voß, Symbolische Gesetzgebung, S. 31 f.; Díez Ripollés, ZStW 113 (2001), S. 516 (531). 299 Voß, Symbolische Gesetzgebung, S. 32. 300 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 38; Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (464). 301 Albrecht, Kriminologie, S. 69, 365. 296

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nicht mehr dem realen Schutz eines friedlichen Zusammenlebens dient bzw. zur Erreichung dieses Ziels nicht erforderlich ist.302 Regelungen mit vorrangig symbolischem Charakter präsentieren sich mithin als Ausformung des aktuellen Präventionsstrafrechts, welches insbesondere vorbeugungsorientierte Zielbestimmungen der Strafe wie die positive Generalprävention anstrebt.303 Dadurch erscheint das Strafrecht zunehmend als ein beliebiges Mittel unter vielen anderen Maßnahmen der Gesellschaftspolitik304 sowie als ein Vehikel, mit dessen Hilfe sich sozialer Wandel erreichen lässt.305 Dies ist jedoch in besonderer Weise problematisch, da das Strafrecht für einen solchen politischen, präventiv-verhaltenssteuernden Einsatz generell ungeeignet ist.306 Eine Bestrafung darf in einem rechtsstaatlich-liberalen Verständnis ausschließlich an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten anknüpfen und mithin erst dann eingreifen, wenn eine Rechtsgutsverletzung tatsächlich erfolgt ist.307 Es ist lediglich ultima ratio des Rechtsgüterschutzes, d.h. es darf nicht als ein beliebiges Mittel verhaltenslenkender Politik eingesetzt werden und Ziele verfolgen, die weit über den konkreten Rechtsgüterschutz hinausgehen.308 Eine Analyse des Nachstellungstatbestandes aus § 238 StGB n. F. im Lichte dieser Erwägungen lässt Zweifel an der Legitimität der Kriminalisierung von Stalking im Kernstrafrecht aufkommen. Wie erörtert,309 ist es unwahrscheinlich, dass viele Stalker nach Maßgabe der aktuellen Fassung von § 238 StGB n. F. verurteilt werden können, die nicht bereits vorher entweder gemäß den klassischen Straftatbeständen des StGB oder in Einklang mit den Möglichkeiten des GewSchG verfolgbar gewesen wären. Aufgrund dessen sowie infolge der Tatsache, dass § 238 Abs. 1 StGB n. F. als Privatklagedelikt ausgestaltet ist,310 werden die durch Stalking gefährdeten Rechtsgüter der Stalkees kaum erhöhten Schutz durch 302 Roxin, Strafrecht, AT, Band I, § 2 Rn. 39. Ähnlich Jäger, Symbolisches Strafrecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt am Main (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung, S. 49 (54 f.). 303 Allgemein dazu vgl. Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 175. 304 Wohlers, Präventionsstrafrecht, S. 36; Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (171); Hassemer, Produktverantwortung, S. 9; Albrecht, Kriminologie, S. 365. 305 Wells, (1997) Criminal Law Review, S. 463 (464). 306 Wohlers, Präventionsstrafrecht, S. 45 f. 307 Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 185 f. 308 Hassemer, Produktverantwortung, S. 5 f.; Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (171). 309 Vgl. dazu F. II. 1. d) bb). 310 Vgl. dazu E. III. 2. b).

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den neuen Tatbestand erfahren. Daraus muss gefolgert werden, dass sowohl die symbolische Funktion als auch die verhaltenslenkenden Elemente des neuen Anti-Stalking-Tatbestandes den durch ihn konkret bewirkten Rechtsgüterschutz überwiegen oder, um mit Hassemer zu sprechen, die latenten Funktionen der Norm überwiegen ihre manifesten Funktionen.311 Konstatiert man infolgedessen, dass die Schaffung des Nachstellungstatbestandes in erster Linie ein Akt symbolischer Gesetzgebung ist,312 der die Wertentscheidung des Gesetzgebers zugunsten eines erhöhten Schutzes für Stalking-Opfer deutlich macht sowie der Bevölkerung die Befriedigung eines bestehenden Handlungsbedarfes gegen Stalking-Aktivitäten suggerieren soll, so wird klar, dass diese Strategie im Bereich des Stalking nicht nur in Deutschland anzutreffen ist. So halten Willis und McMahon im Hinblick auf den australischen Kontinent fest: „The popularity of this type of legislation and the speed with which it has been enacted in the various jurisdictions suggest that a crisis in the legal regulation of violence and harassment was identified, that political opportunism was high and that high profile cases of disastrous outcomes of stalking created a moral panic in which antistalking legislation could be introduced with high levels of popular support and (almost) universal political endorsement.“313 Tatsächlich lassen sich auch in Deutschland vergleichbare Kriminalitätsängste sowie damit einhergehende Überbietungswettbewerbe politischer Akteure314 diagnostizieren. So stellt der Ende vergangenen Jahres von der Bundesregierung herausgegebene Zweite Periodische Sicherheitsbericht fest, dass die durch die Einführung des Privatfernsehens immer facettenreicher gewordene selektive Berichterstattung der Medien über Verbrechen und Kriminalität in der Bevölkerung zu einer teils enormen Überschätzung sowohl von Größenordnung als auch von Risiken, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, geführt hat.315 Damit wirkt sich der gegenwärtig erhebliche Einfluss der Massenmedien auf die Verbreitung und Verfestigung von moralischen Bewertungsmustern der Bevölkerung aus.316 Weitere Folge 311 Hassemer, NStZ 1989, S. 553 (556); Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S. 179; Hassemer, Roxin-FS, S. 1001 (1017). 312 So auch Frommel, NK 2005, S. 86 (88); Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (172). 313 Willis/McMahon, Stalking, S. 2. 314 Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (16). 315 Bundesministerien des Innern und der Justiz (Hrsg.), Zweiter Sicherheitsbericht, S. 61. So auch Kaiser, Kriminologie, § 47 Rn. 23. Ähnlich auch Göppinger/Bock, Kriminologie, § 28 Rn. 38. 316 Bock, Kriminologie, S. 431; Göppinger/Bock, Kriminologie, § 28 Rn. 42 f.; Díez Ripollés, ZStW 113 (2001), S. 516 (516).

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ist die Entstehung erhöhter Kriminalitätsängste in der Bevölkerung. Diese Ängste werden medial wie politisch ausgebeutet und oft durch politische Bestrebungen, neue sicherheitspolitische und strategische Ausrichtungen zu legitimieren,317 verstärkt. Dass infolge dieser Prozesse ein zunehmender Druck auf die Politik entsteht, neue Strafgesetze zu schaffen oder bestehende zu verschärfen, ist ebenso wenig überraschend.318 Daher droht das Strafrecht, wie Müller-Dietz es ausdrückt, insgesamt „von der ultima ratio zur sola ratio zu werden, indem immer wieder die jeweils gebotene Prüfung, ob andere Regelungs- oder Steuerungsmöglichkeiten realiter besser funktionieren, den Vorzug verdienen, entweder vorschnell abgebrochen oder gar nicht ernsthaft unternommen wird.“319 Die Popularisierung des Stalking-Phänomens und seine Kriminalisierung in Deutschland, aber auch in anderen Ländern stellt ein Musterbeispiel für diese Prozesse dar. So ist durch den Fokus der Medienberichterstattung auf spektakuläre Stalking-Fälle mit zumeist gewalttätigem oder gar tödlichem Ausgang eine damit korrespondierende Angst vor Stalking-Gewalt sowie ein sensibilisiertes Bewusstsein für Stalking in der Bevölkerung entstanden. Dies verursachte eine erhöhte Auftretenshäufigkeit von Stalking. Der sich daraus ergebende öffentliche Druck auf den Gesetzgeber, zum Schutz der Opfer tätig zu werden, oft bestärkt durch Opferschutzorganisationen und Medien, bewirkte die Schaffung des neuen Nachstellungstatbestandes. In der praktischen Umsetzung ist jedoch kaum zu erwarten, dass sich durch ihn ein greifbar verbesserter Opferschutz wird erreichen lassen. Selbstredend ist es im Grundsatz für die Opfer von Stalking-Verhalten wünschenswert, dass sich der Gesetzgeber durch präventiv-verhaltenslenkende Wertentscheidungen in Gestalt eines Nachstellungstatbestandes auf ihre Seite gestellt hat und bereits das Entstehen von Stalking-Verhalten frühzeitig zu verhindern sucht. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass ein solcher Gebrauch symbolischen Strafrechts neben den allgemeinen, damit in Zusammenhang stehenden Bedenken auch Missbrauchspotentiale birgt.320 Dieses Missbrauchspotential darf im Bereich des Stalking nicht unterschätzt werden. Da der Terminus Stalking ein Verhalten bezeichnet, wel317

Breymann, ZRP 2006, S. 216 (216). Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 20; Jäger, Symbolisches Strafrecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt am Main (Hrsg.), Irrwege der Strafgesetzgebung, S. 49 (63, 66); Stächelin, Strafgesetzgebung, S. 270 f., 274 f. 319 Müller-Dietz, Lenckner-FS, S. 179 (183). So auch Neubacher, ZStW 118 (2006), S. 855 (859); Hassemer, Produktverantwortung, S. 8; Hassemer, Roxin-FS, S. 1001 (1007). Zustimmend Hong, Flexibilisierungstendenzen, S. 74. 320 Hilgendorf/Hong, K & R 2003, S. 168 (171). 318

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ches äußerlich häufig alltäglich und sozialadäquat ist, ist es überaus schwierig, die Grenze zwischen noch erlaubtem und schon verbotenem Verhalten zu ziehen. Die relevanten Unterscheidungskriterien wie der Schädigungsvorsatz auf der Stalkerseite,321 die negativen, psychischen und sozialen Folgen auf der Opferseite sowie der zugrunde liegende Zusammenhang und die Fortgesetztheit des Verhaltens sind nahezu ausschließlich Faktoren, die dem inneren Bereich des Menschen zuzuordnen sind und sich äußerlich kaum verifizieren lassen.322 So könnte ein mutmaßliches Opfer beispielsweise wahrheitswidrig behaupten, es verspüre große Angst und Besorgnis infolge mehrerer Kontaktversuche des vermeintlichen Stalkers. Ein solcher Missbrauch ist insbesondere nach Beendigung einer langjährigen Beziehung aus Rache denkbar. Dass es sich dabei nicht um eine rein theoretische Konstellation handelt, ergibt sich schon daraus, dass die Stalking-Forschung, wie dargelegt,323 eine eigene Kategorie für die sogenannten falschen Stalking-Opfer entwickelt hat. Daneben ist aus den Beispielen Victorias sowie des Vereinigten Königreichs hinlänglich bekannt, dass selbst in Fällen von Nachbarschaftsstreitigkeiten entgegen der gesetzgeberischen Intention zunehmend von den Möglichkeiten eines Anti-Stalking-Straftatbestandes Gebrauch gemacht wird.324 Mithin handelt es sich bei den dargelegten Bedenken nicht nur um rein theoretisch vorstellbare Fallkonstellationen, sondern um eine in der Realität zu erwartende Problemstellung. Auch die Tatsache, dass die psychische Konstitution eines jeden individuellen Opfers bei der Bewertung des Schweregrades von Stalking-Aktivitäten eine große Rolle spielt, verhindert insgesamt die verbindliche Festschreibung einer abstrakt-generellen Strafbarkeitsschwelle. Somit steht zu befürchten, dass die Anwendung des Nachstellungstatbestandes von dem vagen, einem Vergleich kaum zugänglichen Maßstab der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers abhängt. Dieser dürfte sich in der Praxis schwerlich objektiv überprüfen lassen, sodass ihm schon deswegen ein Missbrauchspotential immanent ist. Gerade im Strafrecht, dessen Anwendung für den Betroffenen den gravierendsten staatlichen Eingriff in die Freiheitsrechte bedeutet, wird durch die Regelung des § 238 StGB n. F. somit in Kauf genommen, dass nicht für alle Täter gleiche 321

So z. B. Dennison/Thomson, Is This Stalking?, S. 2. Vgl. Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht AT I, § 2 Rn. 24. 323 Vgl. dazu B. VIII. 4. 324 Zu dieser Situation in Victoria vgl. McMahon/Willis, (2003) Law in Context, S. 95 (107, 109, 112); Willis/McMahon, Stalking, S. 12; Ogilvie, Prosecution Patterns, S. 97; Dennison/Thomson, (2000) 7 Psychiatry, Psychology and Law, S. 159 (160); Dussuyer, Stalking Legislation, S. 99. Bezüglich des Vereinigten Königreichs vgl. Harris, Home Office Research Study 203, S. vi, 51. 322

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Strafbarkeitsschwellen gelten und eine Rechtsanwendungsungleichheit entsteht.325 Neben der aus der privaten Sphäre herrührenden Missbrauchsgefahr birgt § 238 StGB n. F. außerdem Potential für staatlichen Missbrauch sowie für Anwendungsfehler. So können auch Aktivitäten von Berufsgruppen wie Journalisten, Privatdetektiven, Handelsvertretern und Gerichtsvollziehern denkbarerweise unter den Nachstellungstatbestand subsumiert werden. Beispielhaft seien hier nur das Folgen, das Beobachten sowie das permanente Kontaktieren gegen den Willen der Zielperson genannt, was beispielsweise im journalistischen Bereich zum alltäglichen Handwerk gehört. Selbiges gilt für politische Demonstranten, die durch hartnäckige Kampagnen wie z. B. Massenfax- oder -E-Mail-Aktionen auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen wollen. Trotz der Verwendung vieler unbestimmter Rechtsbegriffe lässt der Nachstellungstatbestand ausdrückliche Tatbestandsausschließungs- und Rechtfertigungsgründe, mit deren Hilfe sich die genannten Fallgruppen mit der nötigen Rechtssicherheit von der Strafbarkeit ausnehmen ließen, vermissen. Es ist zwar zuzugeben, dass es bei der praktischen Anwendung in den geschilderten Fällen selten zu einer Verurteilung nach Maßgabe des § 238 StGB n. F. kommen dürfte. Allerdings genügt bezüglich der besonders gefährdeten Kreise von Journalisten und Demonstrationsteilnehmern zumeist schon eine vorübergehende Ver- bzw. Behinderung ihrer Tätigkeiten, um gravierende Einschränkungen ihrer Grundrechtsausübung, namentlich der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit gemäß Art. 5, 8 GG, zu bewirken. Im privaten Bereich reicht häufig – beispielsweise nach erfolgter Trennung – bereits die Erstattung einer Strafanzeige samt sich anschließendem, polizeilichem Ermittlungsverfahren aus, um dem Beschuldigten erhebliche Unannehmlichkeiten zu bereiten und seinen Ruf im Familien- und Bekanntenkreis nachhaltig zu beschädigen. Die aufgeworfenen Bedenken erhalten zusätzliches Gewicht durch die Rechtsentwicklung in anderen Ländern. So wurden die ersten Anti-StalkingStraftatbestände in den meisten Rechtsordnungen wie z. B. in den USA, in Australien oder in Kanada im Laufe ihrer Geltung durch den Gesetzgeber dauernd modifiziert, was eine stetige Ausweitung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches sowie ein kontinuierliches Absenken der Strafbarkeitsschwelle zur Folge hatte.326 Aus diesen Entwicklungstendenzen, die gleichförmig und ausnahmslos in Richtung einer Erweiterung verliefen, kann nur gefolgert werden, dass zukünftig auch in Deutschland eher mit einer Aus325 326

Allgemein dazu vgl. Albrecht, Kriminologie, S. 69. Für Australien ebenso Kirby, (2001) 25 Criminal Law Journal, S. 181 (181).

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weitung des Nachstellungstatbestandes als mit einer Einschränkung zu rechnen ist. Insgesamt muss konstatiert werden, dass sich die Verabschiedung des Nachstellungstatbestandes primär als ein Akt symbolischer Gesetzgebung darstellt, mit dessen Hilfe der Bevölkerung sowohl die Wertentscheidung des Gesetzgebers zugunsten eines erhöhten Schutzes für Stalking-Opfer verdeutlicht als auch suggeriert werden sollte, der diesbezügliche gesetzgeberische Handlungsbedarf sei erfüllt worden. Zwar ist das Ziel, die Opfer von Stalking-Verhalten zu unterstützen, indem sie gesellschaftliche Anerkennung ihres Leides erfahren, grundsätzlich positiv zu bewerten und keineswegs vernachlässigbar. Dennoch vermag es weder das dem neuen Nachstellungstatbestand immanente Missbrauchspotential zu kompensieren noch ist es in der Lage, der Funktion des Strafrechts als ultima ratio staatlichen Einschreitens gerecht zu werden.

III. Ergebnis Damit ergibt sich als Zwischenfazit, dass der Nachstellungstatbestand nicht die Fähigkeit aufweist, die von Stalking-Verhalten potentiell beeinträchtigten Rechtsgüter der Handlungs- und Entschließungsfreiheit bzw. des Freiseins von Furcht in signifikant höherem Maße zu schützen, als dies vorher – etwa durch ein Vorgehen nach Maßgabe des GewSchG – möglich war. Der einzig messbare Effekt besteht in der durch die Kriminalisierung erfolgten Ächtung von Stalking-Verhalten und somit in der Ausnutzung der symbolischen Ausstrahlungswirkung des Strafrechts zum Zweck der Generalprävention, welcher allein die Schaffung des Nachstellungstatbestandes als Strafnorm nicht zu rechtfertigen vermag.

IV. Alternative Ansätze zur Verbesserung des Opferschutzes in Stalking-Fällen Da ein hinreichender Opferschutz vor Erlass des Nachstellungstatbestandes nicht aufgrund fehlender Schutzansprüche oder mangelnder rechtlicher Interventionsinstrumente gescheitert ist, sondern allenfalls an deren unzureichender Geltendmachung, Vollstreckung und Durchsetzung in der Praxis,327 327 So auch Gropp/Pechstaedt, Reaktionsmöglichkeiten der Zivilgerichte, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 169 (179); Frommel, NK 2005, S. 86 (87); Vander, KritV 2006, S. 81 (97); Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung, S. 311. Diese Feststellung korrespondiert mit den Erkenntnissen der Stalking-Forschung. Dort herrscht Einigkeit darüber, dass nicht die Schaffung der rechtlichen Interventionsstrategien an sich, sondern vielmehr ihre Durchsetzung und Umsetzung in der

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muss die Frage beantwortet werden, wie die Implementation der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten verbessert werden kann, um Stalking-Opfer effektiver zu schützen.328 a) Stärkung des GewSchG Zunächst könnte – wie bereits angesprochen329 – erwogen werden, dem Anwendungsbereich des GewSchG weitere typische Stalking-Verhaltensweisen beizufügen, wie dies von dem Deutschen Juristinnenbund, der Landesregierung von Rheinland-Pfalz sowie der FDP-Bundestagsfraktion vorgeschlagen wurde.330 Durch eine solche Ergänzung würde klargestellt, dass das GewSchG vom Gesetzgeber als ein wirkungsvolles rechtliches Instrument zum Schutz gegen Stalking-Aktivitäten betrachtet wird. Zudem könnte eine solche Klarstellung dem GewSchG auch in der Vorstellung von Strafverfolgungsbehörden, Justiz und Bevölkerung zu einer prominenteren Rolle verhelfen und so bewirken, dass das GewSchG verstärkt als Interventionswerkzeug in Stalking-Fällen zum Einsatz kommt. b) Verbesserte Implementation der rechtlichen Interventionsstrategien Im Hinblick auf das Ziel, die Implementation der rechtlichen Instrumente zu verbessern, herrscht in der Stalking-Forschung zudem Einigkeit darüber, dass die Erarbeitung wirksamer Umsetzungsstrategien nur durch einen interdisziplinären Ansatz gewährleistet werden kann, dessen oberstes Ziel die Entwicklung eines Gesamtkonzepts für jeden einzelnen Stalking-Verlauf sein muss.331 Praxis entscheidend dafür sind, dass Stalking-Verhalten dauerhaft beendet werden kann, vgl. dazu Goode, (1995) 19 Criminal Law Journal, S. 21 (30); Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (260); Evans, (November 1994) Law Institute Journal, S. 1021 (1023); Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (476 f.); Hecht, FPR 2006, S. 213 (213); Gouda, Criminal Justice Responses, S. 9. 328 Zu Möglichkeiten und Problemen einer effektiven Intervention vgl. Cornish/ Murray/Collins, Lawyers’ Guide, S. 79 ff. 329 Vgl. dazu auch F. II. 2. b) aa). 330 Wagner/Freudenberg, Stellungnahme, S. 10; Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2004 im Internet unter http://www.justiz.rlp.de (Stand vom 12. Juni 2007); Stellungnahme der FDP-Bundestagsfraktion in BT-Drucksache 16/3641, S. 8. 331 So z. B. Maxey, Stalking the Stalker, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 351 (352); Davis/Chipman, Stalkers, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 3 (4); Wondrak/Hoffmann, Belastung von Stalking-Opfern, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 39 (44); Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal

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Im Rahmen der Intervention kommt der Polizei eine Schlüsselrolle zu.332 Grund dafür ist, dass die Polizei für Stalking-Opfer regelmäßig die erste Anlaufstelle bildet, da sie immer und jederzeit erreichbar ist.333 Zudem verfügt die Polizei über die unschätzbar wichtige Möglichkeit und Fähigkeit, bereits in den frühen Stadien eines Stalking-Falles effektiv intervenieren zu können. So kann sie das Opfer sowohl über rechtliche Handlungsoptionen informieren als auch über andere soziale Strategien beraten wie beispielsweise über das Benachrichtigen des Umfelds von den Stalking-Aktivitäten oder das Ergreifen von Maßnahmen zur Eigensicherung.334 Die Polizei kann das Opfer außerdem ermutigen, frühzeitig gegen das Stalking aktiv zu werden. Dies ist von besonderer Bedeutung, da in den meisten Fällen eine Intervention umso wirkungsvoller ist, je eher sie vorgenommen wird. Dies liegt darin begründet, dass der Täter zu dieser Zeit erst wenig Emotion und Energie investiert hat und ihm eine Beendigung des Stalking dadurch leichter fällt.335 Folglich kommt in einer frühen Phase des Stalking der Polizei die entscheidende Aufgabe zu, dem Stalker Grenzen aufzuzeigen und ihm zu verdeutlichen, dass sein Verhalten das Opfer beeinträchtigt und nicht toleriert wird. Häufig gelingt es so auch, den Konflikt von dem Opfer auf die Polizei zu lenken.336 Aufgrund der Heterogenität der Stalking-Fälle, welche vor allem durch die Art des Stalkers sowie die zugrunde liegende Beziehung zwischen ihm und dem Opfer gekennzeichnet sind, ist es außerdem wichtig, jeden einzelnen Fall einer individuellen und umfassenden Analyse zu unterziehen. Dabei sind Aspekte wie eine die Beteiligten verbindende Beziehung, eine etwaige Vorgeschichte häuslicher Gewalt oder die psychische Belastbarkeit und der aktuelle Belastungsgrad des Opfers zu bedenken. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass jeder Stalking-Fall anders ist und infolgedessen einer spezifischen Interventionsstrategie bedarf.337 of Law and Medicine, S. 103 (111); Groß, Forum Kriminalprävention 2005, S. 9 (11). Ausführlich dazu vgl. Brewster, Response to Stalking, in: Brewster (Hrsg.), Stalking, S. 3-1 (3-16 ff.); Meloy, (1997) American Journal of Psychotherapy, S. 174 (175). Zu einem Beispielprojekt der belgischen Polizei mit multidisziplinärer Ausrichtung vgl. Groenen/Vervacke, Ein Stalking-Forschungsprojekt, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 271 (281 ff.). 332 Hoffmann, Stalking, S. 157; Hoffmann/Voß/Wondrak, Stalker therapieren?, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 127 (141). 333 Copson/Marshall, Police Care, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 49 (61). 334 Ritter-Witsch, Falldarstellungen, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 187 (197 f.). 335 De Becker, Gift of Fear, S. 205. 336 Hoffmann/Voß/Wondrak, Stalker therapieren?, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 127 (141).

IV. Ansätze zur Verbesserung des Opferschutzes in Stalking-Fällen

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Grundsätzlich gibt es zwei sich konträr gegenüberstehende Handlungsoptionen in Stalking-Fällen. Zum einen kann eine offensive Strategie angewendet werden, die mit direkten Maßnahmen gegen den Stalker operiert. Derartige Aktionen sind z. B. der Einsatz polizeilicher oder juristischer Handlungsinstrumente, die dem Stalker gegenüber offenkundig sind und das Ziel verfolgen, das Stalking-Verhalten zu beenden. Im Gegensatz dazu gibt es auch defensive Techniken, die dem Stalker in der Regel nicht bewusst sind. Diese beinhalten die Installation einer Alarmanlage oder eines Warnsystems sowie die Aufklärung von Verwandten und anderen dem Opfer nahe stehenden Personen über die aktuelle Gefahrenlage. In der Praxis ist es in den meisten Fällen zwar ausreichend, wenn ein Polizeibeamter einen Stalker früh offensiv anspricht und diesem klar und bestimmt vor Augen führt, dass sein Verhalten nicht geduldet und eine Wiederholung bzw. Fortführung ernsthafte Konsequenzen haben wird. Diese Strategie kann bei einem Stalker mit narzisstischen Persönlichkeitszügen allerdings auch eine bestärkende oder gar eskalierende Wirkung entfalten.338 Bereits dieses Beispiel macht deutlich, dass bei der Intervention in Stalking-Fällen Vorsicht geboten ist. Folgerichtig ist eine umfassende Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten erforderlich, damit den Opfern wirkungsvoll geholfen werden kann.339 Oft bietet es sich an, einen kleinen Kreis von Polizisten zu Stalking-Experten auszubilden, die dann in Stalking-Fällen einschreiten können. Dadurch erhalten diese die Möglichkeit, den Stand von Wissenschaft und Forschung im Bereich des Stalking aufzuarbeiten sowie Kontakte zu Psychiatern und Psychologen, Frauen- und Opferberatungsstellen, Selbsthilfegruppen sowie Rechtsanwälten zu knüpfen, um den Opfern schnell und effektiv helfen zu können.340 Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Opfer einen konkreten Ansprechpartner haben, der bereits mit ihrer Geschichte vertraut ist.341 337 Fiedler, Stalking, S. 135; Endrass/Rossegger/Noll/Urbaniok, MschrKrim 2007, S. 1 (8). Zum Krisenmanagement in Stalking-Fällen vgl. Hoffmann, RisikoAnalyse und Management, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 35 (40 ff.); Hoffmann, Risikoanalyse und Management, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 193 (194 ff.); Fiedler, Stalking, S. 135 ff.; Kühner, FPR 2006, S. 188 f.; Stürmer, FPR 2006, S. 190 (192); Meloy, (1997) 51 American Journal of Psychotherapy, S. 174 (175 ff.); Hoffmann, Stalking, S. 161 ff. 338 Vgl. Hestermann, Deutsche Polizei 2005, S. 19 (20); Pathé/Mullen/Purcell, (2001) 7 Advances in Psychiatric Treatment, S. 399 (402). 339 Vgl. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (264). Vgl. dazu auch Rubler Jones, Program Design, S. 28 ff.; Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 89. 340 Hoffmann, Kriminalistik 2003, S. 726 (730). 341 Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 89.

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Neben der Ausbildung ist auch eine Verknüpfung und Kommunikation der Polizei mit anderen Institutionen wie z. B. mit psychologischen Experten notwendig, damit in jedem individuellen Fall unter sachkundiger Analyse der Stalker-Persönlichkeit die passende Handlungsstrategie entwickelt werden kann.342 Zudem ist eine Vernetzung der Polizeibehörden untereinander erforderlich, damit bei länderübergreifenden Fällen schnelle Hilfe geleistet werden kann.343 Mittlerweile gibt es in Deutschland mehrere Beispiele für die Entwicklung polizeilicher Strukturen zur Intervention in Stalking-Fällen.344 So ist beispielsweise ein einheitliches bundesweites Merkblatt vorhanden, welches konkrete Verhaltenstipps für Stalking-Fälle bereithält.345 Die Erarbeitung der ersten umfassenden Anti-Stalking-Strategie bei Polizei und Staatsanwaltschaft erfolgte im Januar 2001 im Bundesland Bremen.346 Das in diesem Zuge entwickelte Bremer Anti-Stalking-Projekt347 stellte die staatliche Reaktion auf einen aufsehenerregenden Fall von Stalking dar, der seinerzeit die Öffentlichkeit aufgeschreckt hatte.348 Eine Frau war von einer anderen Frau monatelang verfolgt worden, und die Polizei hatte aufgrund mangelnder Handlungsmöglichkeiten solange nicht einschreiten können, bis die Stalkerin ihr Opfer schwer verletzte.349 Infolgedessen wurde in jeder Bremer Polizeiinspektion ein Stalking-Beauftragter ernannt, der direkter Ansprechpartner für die Opfer sein und den Stalking-Fall auch innerhalb der Polizei vertreten sollte. Es wurden zudem Handlungshinweise für die Opfernachsorge entwickelt, die die empfohlene 342

Maxey, Stalking the Stalker, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 351 (356). Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 88. 344 Zu Projekten, die Stalking-Opfern neben der Polizei Hilfe anbieten, vgl. Tholen, Coaching für die Opfer, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 209 ff.; Pilath, Stalkingforum, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 219 ff. 345 Stürmer, Einschreiten der Polizei, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 96 (100). 346 Rusch/Stadler/Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (171). 347 Ausführlich zu Ausgestaltung und Wirksamkeit dieses Vorreiter-Projektes in Deutschland vgl. Bettermann, Evaluationsbericht; Bettermann, Polizeiliche Intervention, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 235 (237 ff.); Oehmke, Das Stalking-Projekt der Polizei Bremen, in: Bettermann/Feenders (Hrsg.), Stalking, S. 201 ff.; Oehmke, Polizeiliches Handlungskonzept, in: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion (Hrsg.), Stalking, S. 15 ff.; Lapsien, Stalking, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 80 ff.; Rusch, Stalking in Deutschland, S. 81 ff.; Wyluda, Sonderdezernat, in: MA 57 (Hrsg.), Psychoterror, Forschungsbericht, S. 47 ff.; Szenn, Stalking, S. 55 ff. 348 Hoffmann, Kriminalistik 2003, S. 726 (727). 349 Rusch, in: Drawe/Oetken, Stalking, S. 104 f. 343

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Verfahrensweise bei Stalking darlegten. Außerdem wurde bei der Staatsanwaltschaft eine Sonderzuständigkeit „Stalking“ im Dezernat „Gewalt gegen Frauen“ eingerichtet. Mit diesen Maßnahmen wurde das Ziel verfolgt, einzelne, kleinere Vorkommnisse nicht mehr nur getrennt zu würdigen und damit unter Umständen einer Fehleinschätzung aufzusitzen, sondern sie als einen übergeordneten Fall von Stalking begreifen und so die gesamte Tragweite erfassen zu können.350 Auch andere Bundesländer351 unternahmen später Schritte, um die Polizei effektiv auf Stalking-Fälle vorzubereiten. Ähnlich wie in Bremen wurden auch in Nordrhein-Westfalen sogenannte Opferschutz-Beauftragte ernannt, die speziell im Hinblick auf Fälle geschult wurden, in denen das GewSchG berührt ist, also auch bei Stalking. Die sich daran anschließende Beratung und Unterstützung der Stalking-Opfer orientiert sich an einer für den konkreten Fall erarbeiteten Gefährdungsanalyse.352 In Hessen wurde die Einführung des GewSchG im Jahr 2004 durch eine entsprechende Änderung des HSOG flankiert, welche eine spezielle Rechtsgrundlage für die polizeiliche Wegweisung schuf. So kann die Polizei eine bis zu 14-tägige Wegweisung samt einem Betretungsverbot aussprechen, welches wiederum um 14 Tage verlängert werden kann, wenn eine richterliche Entscheidung bis dahin nicht erfolgt ist. Ergänzt wurden diese gesetzlichen Bestimmungen durch die Erarbeitung der sogenannten „Polizeilichen Handlungsleitlinien zur Bekämpfung häuslicher Gewalt“ durch das hessische Landeskriminalamt.353 Im Gegensatz zu dieser stark an häuslicher Gewalt und weniger an Stalking orientierten Strategie entwickelte Baden-Württemberg ein umfassendes Konzept, welches konkret auf die Charakteristika des Stalking-Phänomens abgestimmt ist.354 Ergänzend entwickelten einzelne Polizeidienststellen wie die Polizeipräsidien in Mannheim und Waiblingen Anti-Stalking-Interventionskonzepte.355 350 Bettermann, KrimJ 2003, S. 267 (271); Hoffmann, Kriminalistik 2003, S. 726 (727); Drawe/Oetken, Stalking, S. 56 f. Ausführlich dazu vgl. auch Rusch, in: Drawe/Oetken, Stalking, S. 107 ff.; Rusch/Stadler/Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (171 ff.). 351 Zum polizeilichen Umgang mit Stalking in den übrigen, hier nicht aufgeführten Bundesländern vgl. Rusch, Stalking in Deutschland, S. 95 ff. 352 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (118); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 94 f. 353 Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 105 (108); Fünfsinn, Stalking-Bekämpfungsgesetz?, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 291 (294 f.). 354 Ausführlich dazu vgl. Stürmer, FPR 2006, S. 190 ff. 355 Stürmer, FPR 2006, S. 190 (192).

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Neben einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit, die das Phänomen in der Gesellschaft enttabuisieren und die Betroffenen dazu ermutigen sollte, sich frühzeitig an die Polizei zu wenden, fand eine umfassende Fortbildung der Polizeibeamten statt.356 Melden sich nun Stalking-Opfer bei der Polizei, so erhalten sie konkrete Verhaltensempfehlungen wie z. B. die Aufforderung, die Kontakte mit dem Stalker zu dokumentieren und wenn möglich zu vermeiden, und werden auf andere Handlungsoptionen wie auf das Besuchen von Beratungseinrichtungen, Selbsthilfegruppen, Selbstverteidigungskursen oder ein Vorgehen nach dem GewSchG aufmerksam gemacht.357 In akuten Situationen nutzt die baden-württembergische Polizei zudem das Instrumentarium des Platzverweises, um das Stalking-Opfer sofort und direkt zu schützen.358 Als wesentlich wirkungsvoller hat sich das Mittel der Gefährderansprache entwickelt.359 Bei dieser Gefährderansprache stellt die Polizei einen Kontakt mit dem potentiellen Stalker auf freiwilliger Basis her, wenn nach Zusammentragen aller Informationen und Erkenntnisse im Rahmen einer Gefahrenprognose von einer konkreten Gefahr für das Opfer ausgegangen werden muss. Bei diesem Gespräch wird der mutmaßliche Stalker mit den polizeilichen Erkenntnissen konfrontiert, und es werden ihm die möglicherweise drohenden rechtlichen Konsequenzen aufgezeigt. Durch diese Gefährderansprache wird dem Stalker verdeutlicht, dass er unter Beobachtung steht bzw. die Aufmerksamkeit der Polizei erregt hat und unmittelbar mit weiteren Maßnahmen rechnen muss, wenn er sein Verhalten fortführt.360 Diese Gefährderansprache wird auch als ein „normverdeutlichendes Gespräch“ und als „Gefahrerforschungseingriff“ bezeichnet.361 Die Wirksamkeit dieser unmittelbaren und sehr frühen Interventionsstrategie seitens der Polizei deckt sich mit den positiven Erfahrungen der japa356 Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (93); Stürmer, FPR 2006, S. 190 (192 f.). 357 Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (92). Ausführlich zu den Verhaltensempfehlungen im Einzelnen vgl. Stürmer, FPR 2006, S. 190 (194 ff.). 358 Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (92). Ausführlich dazu vgl. Stürmer, FPR 2006, S. 190 (192). 359 Schumacher spricht sogar davon, eine solche Gefährderansprache führe in 80% der Fälle zu einer Beendigung des Stalking, vgl. Schumacher, Stellungnahme, S. 2. 360 Amann, Polizeiliche Intervention, in: Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 91 (93); Winterer, FPR 2006, S. 199 (200); Rusch/Stadler/ Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (173); Stürmer, Polizei, in: Sozialministerium BW (Hrsg.), Frauen Aktiv, Nr. 28, S. 10 (10). 361 Rusch, Stalking in Deutschland, S. 87.

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nischen Polizei mit dem Instrument der Warnung. So hat das Aussprechen einer Warnung durch die Polizei gegenüber dem Stalker auf Wunsch des Opfers in den ersten sechs Monaten nach Inkrafttreten des japanischen Anti-Stalking-Gesetzes in 96% der Fälle zu einer Beendigung des StalkingVerhaltens geführt.362 Ergänzend zur Gefährderansprache nutzt die baden-württembergische Polizei verstärkt die Möglichkeiten, umfassende Informationen über den Stalker aus dessen Umfeld einzuholen.363 Zudem werden Stalking-Fälle in den überregionalen Computersystemen der Polizei vermerkt, um auch Kollegen an anderen Orten Zugriff auf die Informationen zu ermöglichen. So wurde Stalking ab dem 1. Oktober 2004 als besondere Tatbegehungsweise in das Polizeiliche Anzeigensystem (POLAS) aufgenommen.364 Auf diese Weise ist es erstmals möglich, Ausmaß und Umfang eines Stalking-Falles vollständig zu erfassen und darzustellen. Diese in Baden-Württemberg vorangetriebene Vernetzung sowie die Zugänglichmachung der Informationen über einen Stalking-Fall in einem zentralen System erinnert an das sogenannte „First Contact Scheme“ (ErstKontakt-Modell), welches in der Flintshire Region im Norden von Wales entwickelt wurde. Kernstück dieses Systems ist ein Merkblatt für Beamte, welches die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach Maßgabe des Protection from Harassment Act 1997 (UK) auflistet. Sollte ein Beamter aufgrund dessen der Meinung sein, dass ein angezeigtes Verhalten diese Voraussetzungen erfüllt, muss er ein Formblatt ausfüllen. Dieses Formular, welches an den mutmaßlichen Stalker versandt wird, enthält den Namen des potentiellen Täters, das angezeigte Ereignis sowie die Kontaktdaten des Polizeibeamten. Dieses Schriftstück hat die Aufgabe, den mutmaßlichen Stalker formell darauf aufmerksam zu machen, dass sein näher bezeichnetes Verhalten als Belästigung aufgefasst wird und dass jede Wiederholung zu Festnahme und Strafverfolgung führen wird.365 Dieses System erfüllt mehrere Aufgaben. Zum einen ist der Täter formal gewarnt und kann bei einer Wiederholung nicht mehr behaupten, ihm fehle der Vorsatz, das Opfer zu belästigen. Schließlich wurde ihm ausreichend deutlich gemacht, dass sein Verhalten inakzeptabel und potentiell strafbar ist. Gleichzeitig erhält das Opfer durch dieses Einschreiten der Polizei das Gefühl, diese nehme seinen Fall ernst und unternehme etwas gegen den Belästiger. 362 Tran, (2003) 26 Hastings International & Comparative Law Review, S. 445 (468). Zu Japan vgl. D. V. 363 Stürmer, FPR 2006, S. 190 (194). 364 Rusch, Stalking in Deutschland, S. 98. 365 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 274 f.

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F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

Zum anderen ist es sowohl für die Polizei als auch für das Opfer von großem Vorteil, dass bei der Polizei nur eine Stelle für die Bearbeitung des Stalking-Falles zuständig ist, ohne dass dies immer notwendig an einen speziellen Beamten geknüpft wäre. Um das zu gewährleisten, werden alle Stalking-Fälle in einer gesonderten Datei verwaltet, und jedes Opfer erhält eine Referenznummer, die es bei der Meldung neuer Vorfälle angeben muss. So braucht der diensthabende Polizeibeamte nur nach der Referenznummer zu suchen und die Akte anzuschauen, um über den gesamten Stalking-Verlauf des spezifischen Falles im Bilde zu sein. Das erlaubt ein effektiveres Fallmanagement durch die Vermeidung von Duplikationen. Zudem kann sich das Opfer Tag und Nacht an jemanden wenden, ohne bei jedem weiteren Vorfall seine gesamte Geschichte erneut erzählen zu müssen.366 Weniger auf einen derartigen rein polizeilichen als vielmehr auf einen verstärkt interdisziplinären Ansatz bei der Intervention in Stalking-Fällen setzt das sogenannte „Threat Management Unit“ (TMU) des Los Angeles Police Departments (Bedrohungs-Management-Einheit).367 Diese im Jahr 1989 gegründete und bis dahin auf der Welt einmalige Sondereinheit der Polizei wurde als Reaktion auf den Tod der Schauspielerin Rebecca Schaeffer ins Leben gerufen.368 Bei seiner Arbeit kombiniert das TMU die Fähigkeiten von Polizisten, Juristen, Psychiatern und Psychologen in einem System, dessen Hauptaufgabe in der Verhinderung potentieller, zukünftiger Gewalt besteht.369 Dazu wird für jeden individuellen Stalking-Fall eine Gefahrenprognose erstellt, die eine Prüfung der antizipierten Wirksamkeit möglicher Interventionsmaßnahmen erlaubt.370 Dadurch soll dem Opfer bei der Entscheidung geholfen werden, wie es gegen den Stalker vorgehen kann. Ergänzend soll dem Stalker, ähnlich wie bei der Gefährderansprache, frühzeitig deutlich gemacht werden, dass er im Fokus der polizeilichen Aufmerksamkeit steht.371 Durch dieses Vorgehen betonte das TMU als erste Polizeieinheit der Welt die Notwendigkeit, in lang andauernden und abnormalen Fällen von Bedrohung und Belästigung präventiv gegen den Stalker vorzugehen. Dies galt und gilt selbst dann, wenn sich die366

Finch, Criminalisation of Stalking, S. 274 f. Ausführlich dazu vgl. Boles, Establishing a TMU, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 337 ff. 368 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (104); Pechstaedt, Stalking, S. 12. 369 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 24. 370 Pechstaedt, Stalking, S. 13; Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (104). 371 Pechstaedt, Spezifischer Rechtsschutz, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 101 (104); Pechstaedt, Stalking, S. 13. 367

IV. Ansätze zur Verbesserung des Opferschutzes in Stalking-Fällen

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ser noch nicht strafbar gemacht, sondern nur ein für das Opfer bedrohliches und potentiell gefährliches Klima der Angst geschaffen hatte.372 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Polizei eine Schlüsselrolle bei der wirksamen Intervention in Stalking-Fällen spielen kann und muss. Wichtig ist insbesondere, die Arbeit der Polizei in ein interdisziplinäres Gesamtkonzept einzubetten, welches es erlaubt, alle Facetten eines Stalking-Falles in die Handlungsstrategie einzubeziehen.373 Daneben ist eine Vernetzung der einzelnen Polizeibehörden aus verschiedenen Bundesländern notwendig, damit als Stalker bekannte Gefährder bei einem polizeilichen In-Erscheinung-Treten in einem anderen Bundesland als solche erkannt und entsprechend behandelt werden können.374 Auch den Gerichten und Staatsanwaltschaften kommt bei der Intervention in Stalking-Fällen eine entscheidende Rolle zu. Daher darf die diesbezügliche Aus- und Fortbildung von Richter- und Staatsanwaltschaft nicht vernachlässigt werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei, über die spezifischen Charakteristika des Stalking-Phänomens aufzuklären, damit in einem Verfahren wegen Stalking entsprechend gehandelt und geurteilt werden kann. So ist es wichtig, dass Richter und Staatsanwälte mutmaßliche Stalking-Fälle ernst nehmen und die notwendigen Maßnahmen der Polizei durch entsprechende gerichtliche Anordnungen bzw. Verfügungen unterstützen, selbst wenn der Stalker noch nicht einschlägig vorbestraft sein sollte.375 Zudem muss das Gericht dem Stalker entschlossen und unmissverständlich vor Augen führen, dass sein Verhalten von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird. Insgesamt erfordert ein effektives Einschreiten eine individuelle Beurteilung jedes einzelnen Stalking-Falles samt seiner Vorgeschichte sowie der zugrunde liegenden Beziehung zwischen Stalker und Stalkee. Aus diesen Komponenten muss eine Gefährdungsprognose erstellt werden, aus der hervorgeht, wie wahrscheinlich eine Gewalteskalation ist. Diese Prognose muss stetig aktualisiert werden, um jede Veränderung der Stalking-Aktivitäten an sich, den sich darum rankenden Kontext sowie einen eventuellen Wandel in der Qualität des Verhaltens berücksichtigen zu können. Bei der Erstellung einer solchen Prognose sind auch Psychologen und Psychiater einzubeziehen, die die Persönlichkeitsstruktur des Stalkers fachkundig analysieren und bewerten können.376 372 Zona/Palarea/Lane, Psychiatric Diagnosis, in: Meloy (Hrsg.), Psychology of Stalking, S. 69 (75); Badcock, Treatment of Stalking, in: Boon/Sheridan (Hrsg.), Stalking and Psychosexual Obsession, S. 125 (132). 373 Maxey, Stalking the Stalker, in: Davis (Hrsg.), Stalking Crimes, S. 351 (352). 374 Rusch/Stadler/Heubrock, Kriminalistik 2006, S. 171 (173). 375 Schell/Lanteigne, Stalking in the Workplace, S. 155.

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F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

Nach Maßgabe dieser Prognose muss das Opfer schließlich beraten werden. Eine solche Beratung sollte konkrete Verhaltensratschläge, Präventionstipps und Möglichkeiten beinhalten, auf juristischem Wege gegen den Täter vorzugehen. Die Sphäre des Täters betreffend, sollte die Gefahrenprognose genutzt werden, um in Zusammenarbeit mit Psychologen und Psychiatern eine passende Strategie zu erarbeiten. Bei psychisch kranken Stalkern muss die Polizei zudem die Möglichkeit einer zwangsweisen Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung gemäß den Unterbringungsgesetzen der Länder erwägen, die ebenfalls mit einer entsprechenden Therapie einhergehen muss.377 c) Therapierung von Stalkern Dem Aspekt der adäquaten Therapierung von Stalkern gebührt die größte Aufmerksamkeit, wenn es um das Aufzeigen wirksamer Lösungsstrategien in Stalking-Fällen geht. Diese Erkenntnis steht zwar im Gegensatz zu der aktuellen Tendenz in der Öffentlichkeit, Stalker zu dämonisieren, doch herrscht in der Wissenschaft fast einhellig Konsens darüber, dass den Opfern nur durch eine erfolgreiche Therapie der Stalker nachhaltig geholfen werden kann.378 Diese Beurteilung beruht auf der Tatsache, dass die meisten Stalker psychisch krank oder zumindest auffällig sind,379 sodass eine dadurch bedingte hohe Rückfallrate zu verzeichnen ist.380 Bereits aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass nicht eine Gefängnisstrafe zu einer endgültigen Beendigung des Stalking-Verhaltens führen wird, sondern dass allein eine psychiatrische und psychologische Behandlung des Stalkers als Maßnahme der Rückfallprävention und damit des effektiven Opferschutzes dieses Ergebnis herbeizuführen vermag.381 376 Ausführlich dazu vgl. Hoffmann, Risikoanalyse und Management, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 193 ff. 377 So auch Albrecht, Wissenschaftliche Perspektiven, Weiß/Winterer (Hrsg.), Stalking und häusliche Gewalt, S. 12 (34 f.). Eine zwangsweise Unterbringung setzt dabei z. B. gemäß § 1 Abs. 4 UBG BW voraus, dass der Betroffene psychisch krank ist. Zudem muss er infolge seiner Krankheit sein Leben oder seine Gesundheit erheblich gefährden oder eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für Rechtgsgüter anderer darstellen. Diese Gefährdung bzw. Gefahr darf außerdem nicht auf andere Weise abwendbar sein. Allgemein dazu vgl. Rusch, Stalking in Deutschland, S. 67 ff.; Bode, Freiheitsenziehende Unterbringung, S. 44 ff. 378 Freckelton, (2001) 8 Journal of Law and Medicine, S. 233 (239). 379 Vgl. Fritz, (1995) The Journal of Psychiatry and Law, S. 295 (295 f.); Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (258 f.). 380 Fiedler, Stalking, S. 167. Vgl. dazu ausführlich beispielsweise Rosenfeld, (2003) 27 Law and Human Behavior, S. 251 ff., der bei Stalkern eine allgemeine Rückfallquote von 50% ermittelte.

IV. Ansätze zur Verbesserung des Opferschutzes in Stalking-Fällen

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Zwar wird vielfach die praktische Durchsetzbarkeit dieser Zielvorgabe bezweifelt, entweder weil eine generelle Skepsis gegenüber der Wirksamkeit einer zwangsweise auferlegten Therapie herrscht oder weil negative Prognosen im Hinblick auf die tatsächliche Verhängung derartiger Zwangsmaßnahmen in der Praxis gestellt werden.382 Diese Schwierigkeiten haben aber keinen Einfluss auf die generelle Richtigkeit der getroffenen Aussage. Dieser starken Betonung der Notwendigkeit, Stalking-Täter zu therapieren, könnte allenfalls entgegengehalten werden, dass sich das Strafverfolgungssystem in diesem Fall allein auf den Täter und seine Bedürfnisse konzentriere, während das Opfer und seine Nöte aus den Augen verloren würden. Das korrespondiert mit der vielfach kritisierten Ausrichtung des klassischen Strafrechts, welches kaum an den Interessen des Opfers interessiert ist, sondern sie zugunsten einer emotionsfreien Strafverfolgung neutralisieren will.383 Es sei verfehlt, auch beim Stalking das Behandlungsbedürfnis des Täters in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen. Gegen diese Kritik streiten jedoch die erklärten Interessen der Opfer. Die meisten Opfer wünschen keine strafrechtliche Verfolgung des Stalkers um jeden Preis. Ihr einziges Begehren besteht darin, eine dauerhafte Beendigung des Stalking-Verhaltens herbeizuführen.384 Daher entspricht es den ureigensten Interessen der Opfer, die Stalker dauerhaft und nachhaltig zu therapieren und dadurch Strategien zu entwickeln, die diesen helfen, das Stalking-Verhalten in der Zukunft abzustellen.385 Diese Strategie der Therapierung setzt an der Wurzel des Übels an und wird daher auf lange Sicht allein in der Lage sein, Stalking-Verhalten wirksam zu beenden.386 d) Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit Neben diesen beiden Lösungsstrategien der verbesserten Implementation sowie der Therapierung von Stalkern darf nicht vergessen werden, eine wei381 So z. B. Bradfield, (1998) 21 Harvard Women’s Law Journal, S. 229 (258 f.); Pathé/MacKenzie/Mullen, (2004) 12 Journal of Law and Medicine, S. 103 (111); Fiedler, Stalking, S. 167; Whitney, (1999) 28 Western Australian Law Review, S. 293 (312 f.); Fritz, (1995) The Journal of Psychiatry and Law, S. 295 (296, 310); Malsch, (2007) 9 Punishment & Society, S. 201 (207). 382 So Pechstaedt, Stalking und das deutsche Recht, in: Lorei (Hrsg.), Themenheft Stalking, S. 45 (51); Rusch, Stalking in Deutschland, S. 69. 383 Frommel, ZRP 2001, S. 287 (288). 384 Fiedler, Stalking, S. 6; Tschan, Behandlung von Stalkern, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 213 (229). 385 Habermeyer, FPR 2006, S. 196 (198); Tschan, Behandlung von Stalkern, in: Hoffmann/Voß (Hrsg.), Psychologie des Stalking, S. 213 (229). 386 Finch, Criminalisation of Stalking, S. 285.

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F. Zur Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit von Stalking

tergehende Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung in den Blick zu nehmen. Das bedeutet, dass die Öffentlichkeit über die genauen Erscheinungs- und Verlaufsformen des Stalking-Phänomens aufgeklärt werden muss, um entsprechende Warnsignale frühzeitig erkennen und genuine Stalking-Opfer angemessen unterstützen zu können. Auch dadurch wird sich schließlich eine Verbesserung des Anzeigeverhaltens387 sowie eine Erhöhung des Schutzniveaus für die Opfer durch möglichst frühzeitiges und entschlossenes Eingreifen388 einstellen, ohne dass dies notwendigerweise ausschließlich durch eine Kriminalisierung von Stalking im Kernstrafrecht erreicht werden könne.

387 Stange/Rilinger, StraFo 2003, S. 194 (196); Hoffmann/Özsöz/Voß, Polizei & Wissenschaft 2004, S. 41 (51). 388 Stadler, Viktimologie des Stalking, S. 86.

G. Schlussbetrachtung Die Entwicklung des Phänomens Stalking ist sowohl in sozialer als auch in strafrechtlicher Hinsicht durch eine stetige Ausweitung des Konzepts geprägt. Wurde ein heute als Stalking klassifiziertes Werbungsverhalten noch vor 100 Jahren als gesellschaftlich akzeptabel betrachtet,1 ist aktuell in der öffentlichen Wahrnehmung eine zunehmende Dämonisierung von Stalkern zu verzeichnen.2 Dieses durch die Medien gezeichnete Bild des Stalking als höchst gefährliches, oft tödliches Verhalten, dem jeder Mensch zu jeder Zeit und unter beliebigen Umständen zum Opfer fallen kann, erzeugte naturgemäß Ängste in der Bevölkerung, die wiederum Druck auf den Gesetzgeber ausübten, entschlossen zum Schutz der Opfer aktiv zu werden. Das Ergebnis dieses Prozesses ist mit § 238 StGB n. F. ein Straftatbestand, der, so hat die rechtsvergleichende Analyse ergeben, aufgrund seiner konkreten Fassung nicht unerhebliche Probleme in der praktischen Umsetzung verursachen wird. Aus einer Gegenüberstellung des Nachstellungstatbestandes mit der auch bislang im GewSchG vorhandenen Möglichkeit der gemischt zivil/strafrechtlichen Intervention gegen Stalking-Verhalten konnte zudem festgestellt werden, dass der Nachstellungstatbestand kaum eine merkliche Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer bewirken wird. Da § 4 GewSchG überdies eine für Stalking-Täter geringere Eingriffsintensität aufweist als § 238 StGB n. F., ergibt sich der im Hinblick auf die ultima ratio-Funktion des Strafrechts kritische Befund, dass der Nachstellungstatbestand primär dazu dient, eine soziale Stigmatisierung der Stalker und eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Leid der Opfer herbeizuführen sowie die gesetzgeberische Entschlossenheit im Kampf gegen Stalking zu demonstrieren. Damit handelt es sich im Wesentlichen um einen Akt symbolischer Gesetzgebung, der für die Opfer eine bloße Scheinsicherheit schafft und der infolgedessen als nicht notwendig bezeichnet werden muss. Obwohl die Motivation des Gesetzgebers, Stalking-Opfer angesichts ihres oft schwerwiegenden Leides durch den Einsatz des Strafrechts zu unterstützen, anerkennenswert ist, ist eine symbolische Strafnorm abzulehnen. Das gilt in Bezug auf § 238 StGB n. F. insbesondere auch deshalb, weil dieser 1 Mullen/Pathé/Purcell, Stalkers, S. 15; Dreßing, Aktueller Forschungsstand, in: Dreßing/Gass (Hrsg.), Stalking!, S. 11 (12). 2 Freckelton, (2001) 8 Journal of Law and Medicine, S. 233 (239).

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G. Schlussbetrachtung

Tatbestand durch seine unbestimmte Fassung Potential für privaten wie staatlichen Missbrauch birgt. Eine Aufhebung des erst im März 2007 in Kraft getretenen Nachstellungstatbestandes ist gleichwohl sehr unwahrscheinlich. Daher sollte der Rechtsanwender bemüht sein, das Missbrauchspotential durch eine restriktive Auslegung der Tatbestandsmerkmale gering zu halten. Auch wenn mit einer restriktiven Auslegung naturgemäß eine Verringerung des durch die Norm gewährleisteten Opferschutzes einhergeht, soll das gravierende Schicksal von Stalking-Opfern weder bagatellisiert noch marginalisiert werden. Schließlich kann nicht bestritten werden, dass Stalking-Opfer mit schwerwiegenden Auswirkungen auf ihre Physis und auf ihre Psyche zu kämpfen haben und weitreichende Einschränkungen ihrer Lebensqualität und -gestaltung hinnehmen müssen. Daher kann es auch keinen Zweifel daran geben, dass Stalking-Opfer effektiver und entschlossener staatlicher Hilfe und Unterstützung bedürfen. Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, die zivilrechtlichen Interventionsinstrumente des GewSchG zu aktivieren und in der Praxis fruchtbar zu machen.

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Stichwortverzeichnis Abschreckung 212, 227, 367, 420–421, 423, 430, 432 Absicht 56, 108, 137, 147, 149, 152, 154, 158, 160, 162–164, 166–168, 171, 177–182, 184, 204–208, 210, 217, 219–220, 226–229, 235, 237, 271, 273–274, 289, 292, 349 action of harassment 244, 252 actus reus 144, 148, 172 Analogieverbot 319 andauernd 24, 28, 32–33, 35, 51, 53, 57, 70, 73, 89, 92, 99, 123, 133, 138, 175, 178, 191, 193, 195, 199, 211, 233–234, 249, 256, 266, 278, 305, 309, 333–334, 346, 351, 378, 384, 397, 412, 414, 416, 445, 452, 455 Angehörige 59, 72, 82, 119, 217, 219, 223, 280, 293, 303, 352, 354, 356 Angst 36, 45, 51–52, 55, 59, 65, 75, 96, 106, 117, 123, 126, 131, 137–141, 149, 153, 192, 194–195, 220, 223, 225–226, 232–234, 239, 243–244, 263–265, 286–287, 297, 315, 328, 343, 348, 354, 361, 364, 368, 379, 382, 402, 406, 416, 438, 441–442, 453 Anonymität 41, 43, 71, 75, 77, 186–187, 189, 325 Antrag 255, 267–268, 271, 280, 360, 362, 410–411, 413 Antragsdelikt 269, 274, 280, 290, 360–362, 426 Anzeigebereitschaft 43, 400, 437 Arbeitsgruppe Stalking 139 Arbeitskampf 158, 164 Arbeitsplatz 23, 56–58, 65, 67, 71, 79–81, 89, 114, 116–117, 124, 137,

151, 161, 163, 172, 178, 246, 255, 258, 266, 309, 324, 330, 337, 344 Arzt 88–89, 112, 116, 126 assault 240 Attacke 31, 34, 50, 55–56, 66, 68, 88, 106–107, 109, 116, 129, 131, 377, 379, 385, 388 Auffangtatbestand 303, 317–319, 321, 339 Aufklärung 222, 230, 284, 311, 400, 447, 453, 455–456 Aufzählung 54–55, 63, 148, 164, 166, 172, 174, 178, 185–187, 189, 191–192, 221, 229–230, 256, 260–261, 266, 271, 275, 278, 284, 307, 309–311, 321, 323, 339, 411 Australian Capital Territory 143–144, 148–150, 172–176, 179, 181–184, 188, 191, 193, 195, 204–205, 209–210 Australien 26, 37, 41, 53, 55, 67, 69, 73, 79, 137–138, 142–148, 150–151, 155, 159, 165, 170–174, 176–178, 181–186, 188–196, 199–200, 202–212, 214, 219, 221, 224–225, 227, 238, 245, 256, 261, 264, 271, 277–278, 282–285, 288–290, 299, 301, 318, 331, 338, 349, 351, 400, 440, 443 Baden-Württemberg 294, 395, 449–451 Bayern 294 Bedrohung 24, 31, 38, 44, 57, 64, 68, 111, 119, 123, 131, 147, 214, 224, 282, 287, 292, 297, 314–315, 345, 350, 377, 382, 398, 452 Beharrlichkeit 24, 195, 198, 254, 256, 274–275, 279–280, 284, 286, 292,

Stichwortverzeichnis 295–297, 310, 315, 317, 333–337, 346, 362, 366, 370 Belagerungsverhalten 72 belaging 268, 270, 283 Belästigung 29–31, 33, 41–42, 44, 48, 51, 54–55, 57, 62–63, 67–69, 77, 79, 81–82, 88–89, 97, 99, 105–106, 108, 116–118, 122–123, 125–126, 128, 138–139, 141, 149, 151, 156, 174, 179, 198, 203–204, 212–214, 217, 223–224, 235, 239–256, 258–262, 266, 268–269, 277, 282–283, 286–287, 292–293, 295, 302, 305, 309, 312–313, 316, 340–341, 360, 380, 382, 384–385, 393, 396, 403, 408–409, 412, 416, 419, 425, 427, 440, 451–452 Belastungsstörung 123, 125 Beleidigung 59, 106, 130–131, 332, 377, 384–385 Belgien 26, 37, 142, 214, 267–271, 274, 283, 285–287, 289–290, 299, 338, 349, 351, 360, 446 Berühmtheit 28, 30, 32–33, 36, 83, 87, 114 Besorgnis 29, 57, 137, 149, 151, 153–154, 156–157, 160–164, 168, 174, 176, 178–180, 188, 191–192, 200–202, 204, 206–207, 268, 442 Bestellen von Waren 50, 69, 81, 276, 303, 313, 323, 419 Bestimmtheit 46, 261, 268, 321–322, 433 Bestimmtheitsgebot 234, 245, 272–273, 306, 318–321, 327, 340, 347, 374, 398, 430, 432, 436 Beurteilungsspielraum 272 Beute 28, 85, 103, 110, 305 Bewährung 236, 264, 424–425 Bewährungsauflage 167 Beweiswürdigung 199, 268, 272 Bremen 49, 128, 448–449 Bremer Anti-Stalking-Projekt 448 British Crime Survey 138 Bruch des Friedens 243

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bullying 56, 62–63, 92–94, 246 Bundesjustizministerium 292, 295 Bundesrat 293–295, 297, 301–305, 313, 317, 329–330, 335, 338, 344, 363, 366–367, 434 Bundesstaat 26, 37, 55, 143–146, 148, 151–152, 172–174, 176, 178–184, 188, 196, 200, 207–208, 210, 214–219, 221, 225, 227, 231, 233, 236, 264, 282–284, 288, 318, 331, 338, 349, 400 Bundestag 24, 292, 295, 301, 317, 334, 389 catch all offence 254, 283 Clérambault Syndrom 31 code state 144 common law 143–145, 180, 192, 203–204, 206, 208, 243 Commonwealth 26, 53, 143, 146, 170 Commonwealth of Australia Constitution Act 143 Computer 42, 75–79, 163, 173, 187–191, 200, 205, 230, 308, 390–391, 393 Computerdelikt 189–190, 389 Computerkriminalität 389 Computersabotage 377, 392–393 Computer-Stalking 75–76, 188–189, 223, 390–391 Computerviren 75, 189, 393 Crimes (Apprehended Violence) Act 152 Crimes (Family Violence) Act 165 Crimes Act 148–153, 162–165, 172–177, 179–180, 182–184, 186–189, 191, 193, 195, 204, 207, 209–210, 288 Criminal Code 36, 144–146, 153–159, 161–162, 165–172, 174–177, 179–184, 186–188, 191, 193, 195, 197, 201–202, 204–206, 208–212, 259–260, 262, 278, 282, 287–289 Criminal Code Act 153–159, 161–162, 172, 174, 176–177,

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Stichwortverzeichnis

179–180, 182–184, 188, 191, 193, 202, 204, 208–211, 288 Criminal Law Consolidation Act 146, 159–160, 174–175, 179, 183–184, 191, 193, 195, 205, 211, 289 Cyberspace 75, 78, 188, 237 cyberstalking 34, 42, 65, 75–80, 83, 173–174, 186–190, 256, 261, 276, 311, 389–391, 412 Daten 60, 77, 97, 189–190, 216, 275–276, 281, 296, 303, 312–313, 323–324, 377, 389–391, 393 Datenausspähung 389 Datenveränderung 377, 391–392 dating violence 92 Dauer 58, 73, 84, 105, 107, 132, 272, 396, 406–407, 420 Deeskalationshaft 294–296, 362–363, 365–366, 371, 406 Demonstrant 196, 269, 279, 347, 443 Demonstration 246, 290, 412, 438 Deutschland 24–27, 38, 41, 52, 56, 62–63, 68, 73, 75–76, 139–143, 206, 274, 292, 299, 304, 306, 317–318, 336, 347, 368–369, 371–373, 375, 389, 395–396, 400, 402, 408, 416, 419, 440–441, 443, 445, 447–451, 454–455 Diebstahl 77, 115, 189, 386 Dienstleistung 69, 81, 83, 275–276, 281, 296, 303, 312–313, 323, 325, 419 distress 228, 241 dramatic moments 134 Drohung 45, 50–51, 54, 66–68, 70, 72, 88–89, 93–94, 102, 104, 108–109, 118, 123, 128, 133–136, 153, 156, 158, 160, 166, 172, 183–184, 217–224, 229–231, 237, 242, 303, 307, 314–316, 324–325, 380–383, 393, 399, 405, 411–413, 419, 441

Eigentumsverletzung 66, 147 Eigenvorsorge 337, 340 Eignungsdelikt 157, 276, 288, 294, 338, 344–345 Eindringen 69, 189, 266, 271–272, 274, 277, 286, 376, 386, 389–390, 394, 412, 419 Einschreiten 40–41, 91, 147, 218, 233, 240, 249, 251, 267, 277, 281, 314, 344, 360–361, 365, 367, 374, 395–396, 399, 406, 414, 421, 426, 444, 447–448, 451, 453 Einschüchterung 49, 57, 62, 72, 93, 104, 146, 149, 151–152, 156, 166–168, 174, 177, 181, 191, 194, 198–199, 218, 325, 328, 357, 385, 403, 405 Einstellung 30, 134, 180, 195, 198, 206, 249, 256, 279, 286, 336, 347, 349, 398, 424–425 einstweilige Verfügung 150, 155, 158, 183, 280, 413, 415, 420, 431, 433, 435 Einverständnis 302, 328–330, 333 ejusdem generis 192–193, 284 E-Mail 23, 65, 68, 70, 72, 75–76, 84, 155, 163, 173, 189, 261, 275, 303, 310, 337, 339–340, 343–344, 348, 368, 384, 390–391, 412 E-Mail-Stalking 75–76, 189, 393 Entschließungsfreiheit 62, 297–298, 300–302, 350, 376, 402, 444 Erfolgsdelikt 157, 276, 296, 337–339, 344–345, 370, 402 Erfolgsunwert 200, 202 Erotomanie 31, 34, 85, 89, 99, 101–102, 104, 109, 118, 121, 194, 204, 206, 264, 290, 403 Eskalation 49, 59, 62–63, 74, 80, 94, 127–128, 131–135, 249, 314, 363–365, 368–369, 377, 394, 399, 407, 417, 422, 447, 453 Ex-Partner 23, 29, 33, 49, 58, 73, 91, 98, 108, 110, 112, 117, 152, 201, 333, 343

Stichwortverzeichnis Fahrlässigkeit 179, 206, 208, 212–213, 227, 249, 255, 257, 260, 263–264, 273, 289, 291, 349, 358 False Victimization Syndrome 120, 122 Familienangehörige 59, 72, 82, 119, 217, 219, 223, 280, 293, 303, 352, 354, 356 Fan 28, 33, 37, 84 Fax 42, 65, 80, 155, 160, 163, 173, 189, 266, 275, 313, 390, 443 First Contact Scheme 451 flaming 76 flüchtiger Bekannter 72, 101, 110, 114–115 Forschung 447 Fortbewegungsfreiheit 297, 350, 383 Fortdauern 191, 199 Fortgesetztheit 61, 275, 278–279, 293, 335–336, 442 Fortsetzungsvorsatz 198–199 fragmentarisch 300, 374, 408 Freiberufler 114, 116 Freiheitsberaubung 67, 297, 314, 350, 377, 382–384 Freiheitssphäre 277, 294, 297, 300–301, 320, 373–374 Fremder 60, 72, 74, 95, 112–114, 117–118, 190, 323, 394 Freund 36, 38, 48, 65, 67, 72–73, 82–83, 103, 114–115, 118, 126–127, 134, 194, 234, 265, 269, 303, 384 Frieden 243, 255–257, 287, 299 Furcht 54, 80, 125, 137–139, 141, 149, 152, 154, 156–157, 160–164, 168, 171, 174, 176, 178–180, 188, 191–192, 200–202, 204, 206, 217, 219–220, 222–228, 231–235, 237, 240–243, 245, 250, 259, 262–263, 271, 273, 275, 286–288, 290, 298–301, 328, 341, 376, 406, 444 Gefährderansprache 450–452 Gefährdungsdelikt 277, 345

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Gefahrenabwehr 395 Gefahrerforschungseingriff 450 general intent element 226 Generalklausel 174, 178, 185, 188, 191–193, 210, 261, 317–319, 322–323, 326–327, 346, 395 Generalprävention 48, 222, 306, 410, 430, 437–439, 444 Gerichtsverfahren 24, 242–243, 253, 255, 260 Gerichtsvollzieher 196, 207, 279, 290, 302, 329–330, 412, 421, 443 Geschlechtsspezifität 59 Gewalt 28, 32–44, 48–49, 52, 56–64, 68–69, 72, 74, 80–81, 85, 89–92, 94–95, 98–99, 102, 108, 116, 118, 120, 123–124, 127–136, 138, 140–142, 146, 151, 155–158, 172, 176, 184, 197, 201, 210, 214, 224, 233, 241–242, 245, 250, 269, 280, 286, 294, 314, 320, 348, 361, 369, 377–381, 383–384, 394, 397–401, 403, 407–414, 416–418, 420–423, 425, 428–429, 433, 436–437, 440–441, 445–446, 448–450, 452–454 Gewaltenteilung 430, 432, 436 Gewalteskalation 63, 74, 127, 130, 132–135, 314, 453 Gewaltschutzanordnung 82, 91, 134, 159, 165, 167, 172, 176, 243, 250–251, 253, 258–260, 267, 293, 362, 370, 405–406, 410–415, 418–420, 422–423, 426, 428–432, 434–436 Gewaltschutzgesetz 27, 41, 57, 292, 294, 302, 305, 351, 361, 370, 376, 396, 408–419, 421–436, 438–439, 444–445, 449–450, 457–458 glaubwürdig 217–218, 222, 231, 237, 314 Global Positioning System 223, 230, 237 Graffiti 23, 50, 66–67, 192, 386

506

Stichwortverzeichnis

Grundrechte 320, 329, 333, 339, 373, 375, 408, 426, 431, 443 guilty mind 145, 204 hacking 390 Handlungsbündel 335 Handlungsfreiheit 265, 287, 297–298, 300–302, 333, 339, 350, 376, 402, 444 Handlungsunwert 200, 202, 397 harcèlement 268, 283 Hartnäckigkeit 104–105, 115, 146, 199, 210, 249, 279, 282, 286, 330, 333, 397, 421, 443 Hauptverfahrenslast 253, 369, 371, 407, 415 Hausfriedensbruch 350–351, 377, 385–386, 398 häusliche Gewalt 35–38, 40–41, 44, 48, 52, 56, 58–64, 72, 74, 90–91, 98, 123–124, 131, 136, 138, 140–141, 146, 151, 214, 269, 348, 361, 369, 377, 379–381, 384, 394, 397–401, 403, 407, 409, 411–414, 416–418, 420–423, 425, 428–429, 433, 436–437, 440, 445–446, 448–450, 454 Heranwachsende 63, 92, 94–97 Hessen 292–294, 322, 449 Home Office 138–139, 238, 247–248, 251, 442 Interessenabwägung 277, 332 Internet 24, 42, 65, 69, 75–80, 83, 160–161, 163, 173–174, 186–192, 223, 230, 294, 308, 312, 384, 390, 393, 412, 419, 445 Internet-Stalking 75–76, 173, 384 Intervention 27, 33, 35–36, 40, 61–62, 80, 94, 100, 111, 120, 127, 130, 145–146, 152, 243, 267, 269, 274, 280, 305, 364–365, 376, 394–397, 399–401, 405–409, 411, 415, 417, 420, 425–426, 428, 431, 436, 444–450, 452–453, 457–458

Interventionsmöglichkeit 243, 305, 411, 426, 436 Interventionsstrategie 446, 450 Intimbeziehung 37, 74, 90–91, 95, 112, 118, 121, 135, 225, 232, 234, 246, 290, 361 Intimität 41–42, 65, 72, 83, 90, 95, 103–105, 107, 112, 115–118, 135, 361, 387–388, 399 Intimpartner 75, 94, 101, 112–114, 118–119, 123, 225, 269 Intimsphäre 41, 83, 287 Irland 26, 37, 142, 214, 254–259, 261, 264, 267, 271, 282, 284, 286–289, 299, 338, 349 Isolation 41, 43, 57, 59, 65, 105, 121, 124, 343 Japan 26, 36–37, 265–267, 282–284, 287, 290, 306, 360, 451 Journalist 42, 150, 196, 207, 246, 269, 279, 329–330, 332, 334, 347, 388, 443 Justiz 30, 40, 43, 49, 82, 91, 100, 119, 122, 133, 198, 230, 284, 294, 304, 308, 326–327, 336, 339–340, 344–347, 354, 357–359, 366, 369, 375, 399–400, 409, 417, 419, 430, 437, 440, 445 Kalifornien 30, 36–37, 214–215, 217–220, 222–223 Kanada 26, 36–37, 79, 120, 142, 214, 238, 259–264, 271, 282, 284–285, 287, 289, 299, 301, 306, 338, 349, 351, 425, 443 Kausalität 200, 239, 288, 343–344, 346, 356, 371, 378–379, 381, 397, 402 Kautionsauflage 169, 172, 176, 183 Kollege 38, 57–58, 65, 68, 73, 80, 91, 101, 113, 116–117, 269, 283, 303, 384, 399, 451 Kommunikationsmittel 42, 80, 161, 163, 172, 178, 275, 280, 291, 293,

Stichwortverzeichnis 310, 312, 323, 330, 339, 410, 412, 419 Kompromisslinie 261, 295 Konnotation 23, 39, 49, 51, 282, 305, 397 Kontaktaufnahme 24, 50, 52, 67–68, 140, 192, 275, 280–281, 303, 311–313, 324–325, 330, 348, 412, 419, 435 Kontrolle 23, 61, 64, 76, 78, 93, 106, 110, 115, 152, 236, 265, 390 Körperverletzung 67, 102, 130–131, 142, 147, 231, 233, 314, 327, 350, 353–356, 377–379, 401–402 Kumulation 57, 64, 72, 278, 285, 334, 338, 346, 376, 379–380, 394, 397 Lange-Andauern 24, 28, 32–33, 35, 51, 53, 57, 70, 73, 89, 92, 99, 123, 133, 138, 175, 178, 191, 193, 195, 199, 211, 233–234, 249, 256, 266, 278, 305, 309, 333–334, 346, 351, 378, 384, 397, 412, 414, 416, 445, 452, 455 Lebensführung 126, 275–277, 279, 288, 298, 339–340 Lebensgestaltung 24, 274, 293–295, 298–300, 312, 315, 337–340, 343–344, 346, 348, 350, 355–356, 370, 383, 402–403, 406, 442 Leichtfertigkeit 358 Liebesbeweise 348 loading charge 197, 211 Macht 61, 64, 78, 107 mail bombing 75, 393 Marginalisierung 60, 91, 122, 186, 196, 247–248, 418, 458 Massenmedien 32, 440 Maßregel 404 Medien 24, 29–30, 33–36, 47, 49, 51, 60, 65, 83–84, 86–87, 101, 114, 127, 131, 142, 166, 214, 238, 306, 440–441, 457 mens rea 145, 152, 178, 180, 204

507

Missbrauch 41, 59, 65, 75, 78, 120, 133, 193, 196, 198, 201, 206–208, 247–248, 250, 313, 339, 341, 343–345, 433, 436, 441–444, 458 Misshandlung 355, 377–378 Mobbing 38, 55–58, 62–63, 80, 93, 116, 246 Model Antistalking Code 220–221, 223, 225, 229, 231, 233 Model Antistalking Code 1993 216–217, 220–236, 263, 284, 287, 289, 349 Model Code 2007 217 Model Criminal Code 145–146, 170–171, 174–176, 179–181, 183, 186–187, 195, 205–206, 212, 282, 289 molestation 62–63 Motivation 45, 58, 61–62, 73, 86, 93, 103, 108, 111, 132, 134, 203, 328, 343, 357, 380, 405, 438, 457 Nachbarschaft 55, 71, 101, 113, 115, 196, 213, 246–248, 254, 269, 274, 283, 442 Nachrichten 68, 77, 148, 165, 173, 182, 188–189, 209, 310, 385 Nachstellung 24, 142, 166–167, 172, 266, 292–293, 295–297, 301–307, 309–310, 315, 317, 327–329, 332–334, 339, 346–351, 353, 355–357, 359–366, 370, 403, 407, 409, 412–414, 417, 419, 424, 427–428, 433 Nachstellungsbegriff 304–305 Nachstellungstatbestand 25–27, 292, 296, 298, 300–301, 304, 310–311, 314–319, 321, 323, 328–329, 331, 333–334, 336–338, 341, 343–349, 351–352, 358, 361–363, 367–370, 372–373, 376, 393–395, 401–403, 406–408, 415, 419, 424, 426–427, 429, 431, 436–444, 457–458 Nachstellungsverhalten 309, 327, 354, 406, 429, 431, 437 Nachtrennungsphänomen 343, 416

508

Stichwortverzeichnis

Nachtrennungsphase 343 Nähe 53, 68, 72, 151, 163, 173, 188, 192, 197, 220–223, 227, 229–230, 268, 275, 278, 281, 284, 293, 296–297, 302, 307–309, 323–324, 346, 348 Nähebeziehung 417 National Institute of Justice 29, 215–216, 220–227, 229, 231, 233, 235–236 National Violence Against Women Survey 60, 137, 218 New South Wales 37, 144, 151–153, 172–175, 181, 184 Niederlande 26, 37, 73, 142, 214, 270–274, 277, 286–287, 289–290, 299, 338, 351, 360, 425 Non-Fatal Offences Against the Person Act 254–258, 287, 299 non-harassment order 244, 253 Nordirland 238–240, 243 Northern Territory 143–144, 153–154, 176, 179, 181, 200, 204–206, 262, 288, 338 Nötigung 57, 67, 117, 131, 311, 314, 345, 351, 377, 380–382, 387 Obsession 25, 31, 59–60, 62, 75–78, 92–95, 98, 108–110, 114, 116, 118, 122, 128–130, 238, 247–248, 259, 446, 453 Obsessionen 51, 54, 84, 89, 93, 101 Offences Against the Person Act 239, 254–258, 287, 299 Offizialdelikt 280, 291, 361, 414, 427 Öffnungsklausel 174, 191–193, 221, 266, 276, 283–285, 290–291, 294–296, 302, 317–319, 321–327, 346, 370 Opferreaktion 53, 55, 64, 126, 201, 224–225, 235–236, 277, 289, 339–343, 345, 357 Opferschutz 60, 139, 148, 186, 189–190, 192, 201, 204, 212, 235–237, 271, 293, 310, 318–319,

363–364, 366–367, 369, 371–372, 397, 400–401, 406, 415, 424–426, 433, 436, 441, 444, 449, 454, 458 Ordnungsunrecht 351, 428 Österreich 26, 41, 274–281, 283–284, 286, 288, 290, 299, 313, 338, 351, 360, 435 Panik 45, 52, 123, 125, 240, 341, 343, 368, 379 Paparazzi 55, 83, 274, 388 Paradigmenwechsel 60, 369, 399–400 Parteivernehmung 418 persistent 24, 195, 198, 254, 256, 274–275, 279–280, 284, 286, 292, 295–297, 310, 315, 317, 333–337, 346, 362, 366, 370 Persönlichkeitsrecht 277, 298, 300, 385, 388, 414 Persönlichkeitsstörung 99, 104, 110, 133–134, 403 Phänomen 25, 28–30, 33, 35–36, 38, 44, 47, 51–52, 56, 62–63, 73–74, 84, 86, 90, 97, 120–121, 141–142, 151, 187, 212, 214, 238, 247, 265, 274, 285, 302, 341, 399, 450 Platzverweis 395–396, 450 Police Act 147 Politiker 74, 87–88 Polizei 33, 36, 41, 88, 109–111, 115, 120, 122, 147, 205, 240, 249, 251, 265, 267, 281, 344, 348, 365, 369, 378–381, 395–396, 399–401, 405, 407, 412, 417–418, 421, 423, 425, 434, 443, 446–454, 456 Polizeirecht 363, 395–396 pornografische Schriften 67, 71, 81, 377, 386–387 Prävalenz 26, 69, 79, 84, 90, 92, 122, 129, 136, 138, 276, 285, 310, 312, 441 Prävalenzrate 43, 87, 89–90, 96, 120, 136, 140, 342 Prävention 267, 363, 365, 409, 429–430, 432, 439, 441, 452, 454

Stichwortverzeichnis Präventionsstrafrecht 439 Presse 35, 83, 182, 329–332, 334, 412, 443 Privatdetektiv 29, 82, 150, 196, 207, 269, 279, 347, 443 Privatheit 287, 299 Privatklage 366, 368, 398, 415, 417, 426, 428 Privatklagedelikt 366–371, 407, 417, 426–427, 439 Privatkläger 367, 417 Privatklageweg 367, 369, 399, 407, 415, 418–419 Privatsache 40, 369, 399 Privatsphäre 41, 255–257, 271–272, 274, 277, 280, 286–287, 299, 385 Prominente 34, 37–38, 42, 55, 84–88, 95, 112, 118, 388 Protection from Harassment Act 63, 238–250, 252–259, 274, 283, 285–286, 305, 451 Psychiater 31, 47, 88, 116, 126, 447, 452–454 Psychologe 47, 88–89, 111–112, 116, 126, 447, 452–454 Psychoterror 24, 41, 45, 74, 205, 270, 299, 357, 364, 380, 401, 448 psychotisch 87, 93, 102, 133 Qualifikation 61, 150, 154, 158, 160, 165, 169, 172, 183–184, 210, 245, 254, 280, 294, 296, 350, 352–359 Queensland 144–146, 155, 157–158, 165, 172, 174, 176, 180, 182–184, 191, 193, 195, 199, 201–204, 207–211, 260, 282, 334 Rache 61, 94, 102–104, 106, 115–118, 121, 135, 201, 325, 343, 387, 392, 406, 422, 442 Realitätsverzerrung 98, 336, 403 reasonableness 54, 149, 151, 153–154, 156–157, 160–161, 163, 166–168, 171, 174, 177, 179, 188, 191–193, 201–202, 220, 222, 225,

509

228, 231–232, 234–235, 237, 240–242, 244, 249, 251–253, 255, 257, 259, 262–264, 287–288, 343, 346 Rechtfertigungsgrund 150, 162, 164–165, 169, 181–183, 208–209, 242, 244, 251–252, 257, 269–270, 279, 290–291, 328–329, 331–332, 443 Rechtsausschuss 296, 317, 363–364, 366 Rechtsgut 48, 145, 200, 212, 274–275, 292–293, 297–301, 306, 314, 329, 345, 350–351, 362, 364, 370, 372–376, 394–395, 399–400, 402, 407–408, 411, 415, 427, 429, 439, 444 Rechtssicherheit 320, 382, 398, 443 Regelbeispiel 294, 359 repeatedly 261, 285 Rheinland-Pfalz 294, 419, 445 Richterschaft 159, 165, 193, 199, 218, 249, 255, 268, 272, 298, 300, 318, 320, 332, 335, 340, 394, 414, 418, 430–433, 435–436, 438, 449, 453 Rückfallquote 105, 210, 405, 454 Ruhe 225, 268–269, 286–287, 299, 413 Ruhm 86–87 Sachbeschädigung 50, 67, 71, 102, 115, 139, 377, 386 Sammelbegriff 29, 38, 57 Schleswig-Holstein 294, 331 Schottland 238, 243–244, 252–253 Schuldfähigkeit 394, 403 Schuldunfähigkeit 100, 394 Schutzanordnung 82, 91, 134, 150, 155, 158–159, 165, 167, 172, 176, 183, 210, 243, 250–251, 253, 258–260, 267, 293, 351, 362, 370, 405–406, 410–415, 418–420, 422–423, 426–436, 453 Schutzvorkehrung 311, 337, 344, 381 Secret Service 87

510

Stichwortverzeichnis

sexuelle Nötigung 377, 387 sexuelle Übergriffe 33, 35, 41, 55, 59, 67–69, 71, 116–117, 120, 128, 139, 190, 214, 225, 377, 387, 393 Signalwirkung 248, 282, 437 SMS 65, 68, 72, 173, 303, 310, 412 South Australia 144–146, 159, 175–176, 179–181, 183–184, 195, 205, 211, 289–290, 349 spamming 75 specific intent element 220 Spezialprävention 429 spycam 223 Staatsanwaltschaft 179, 361, 367, 369, 400, 407, 417–418, 425–426, 448–449, 453 Stalkee 53, 68, 77, 82, 112–114, 123, 127, 132, 139, 151, 232, 368, 394–395, 399, 418, 439, 453 Stalker Control Act 265–267, 287 stalking by proxy 66, 81, 83, 190, 230, 275, 310, 313 Stalking Trauma Syndrome 123, 126 Stalking-Forschung 26, 32, 46, 52, 97, 99–100, 111, 128–129, 132–133, 141, 152, 203, 228, 292, 311, 339, 354, 364, 394, 442, 444–445 Star 29–30, 35, 73, 83–87, 95 Star-Stalking 33, 35, 83–87, 127, 388 Stars 73, 84–86 Stellvertreter 66, 81, 83, 190, 230, 275, 310, 313 Stigmatisierung 206, 248, 282, 406, 437, 457 Strafandrohung 146, 150, 153–154, 158, 160, 165, 169, 171, 184, 208, 211, 254, 264, 273, 280, 350–352, 356, 358, 402, 404, 424, 435–436 Strafantrag 291, 360–361, 414, 427 Strafbedürftigkeit 27, 292, 372, 374–376 Strafbewehrung 43, 54–55, 63, 175, 185–186, 194, 197, 200, 212, 214, 250, 252, 260, 267, 283, 286, 290–291, 299, 310, 312, 318–319,

323–324, 326–327, 370, 372, 386, 390, 393, 398, 400, 407–408, 423, 427, 430, 436, 438 Strafrahmensprung 358 Strafverfolgungsbehörde 40, 47, 108, 111, 131, 195, 197, 199–200, 205, 211–212, 218, 222, 226, 228, 230, 233, 236–237, 279, 284, 286, 288, 309–310, 344, 348, 360, 365, 367, 370, 398–400, 403, 418, 424, 437, 445 Strafwürdigkeit 27, 203, 221–222, 224, 231, 233, 235, 246, 248, 262, 264, 278, 283, 285, 287, 292, 302, 321, 323, 325, 327–329, 332–335, 341–342, 360, 372–373, 375, 430, 436 Strengbeweis 431, 433, 435–436 Subsidiarität 375, 396 Subsidiaritätsprinzip 374–375, 396, 429 Sühneversuch 366, 368 Suizid 24, 36, 70, 123, 125, 131, 133, 353, 357 summarisches Verfahren 255, 431 Symbolisches Strafrecht 436–441, 444, 457 Tasmania 144, 161–162, 174, 177, 182, 188, 205, 209 Tatbestandsausschließungsgrund 150, 158, 162, 164, 181–182, 208–209, 241, 252, 328, 331, 333 Taterfolg 149, 154, 156–157, 166, 168, 171, 176–177, 179–181, 200–202, 206–208, 223, 231–232, 234–235, 237, 250, 256–257, 259, 268–269, 271–272, 274, 286–289, 330, 337–341, 343–346, 348, 357, 370, 394, 397, 403, 406 Tätigkeitsdelikt 149, 338–339 Telefonanruf 23, 45, 64, 67–68, 71–72, 94, 104–105, 137, 139, 151, 171, 196, 203, 275, 303, 307, 310, 337, 340, 347, 349, 368, 377, 386

Stichwortverzeichnis Territorien 143–145, 148, 151, 153–154, 170, 172–176, 179, 183, 188, 200, 205–206, 208–209, 221, 282, 284, 288, 318, 331, 349 tertium comparationis 192, 322, 326 Therapierung 98, 368–369, 398, 405, 446, 454–455 Threat Management Unit 101, 452 Tötung 29–30, 35–36, 66–67, 83, 86, 88, 107, 129–130, 142, 147, 231–233, 356, 364 Trennung 40, 60–61, 273, 343, 409, 443 trespassing 224 Trojaner 76 Typisierung 102, 107, 111, 113, 117, 120 Überwachung 50, 76–77, 82–83, 115, 173, 187–191, 223, 228–229, 236, 253, 284, 309, 380, 397, 420, 430 ultima ratio 374, 408, 426, 429, 439, 441, 444, 457 unbefugt 189, 293, 295–296, 301–302, 309, 315, 328–333, 388–390, 393 Unbestimmtheit 53, 147, 180, 195, 199, 213, 227, 245–246, 248, 253, 257, 266, 272–273, 277, 279, 293, 300, 320, 322, 327, 329, 332, 335, 340, 346, 370 Universität 84, 96–97, 139 Unterlassungsanordnung 410, 413, 420, 422–423, 428 Unterlassungsklage 413, 415 Unwertgehalt 194, 262 Unwerturteil 206, 398, 428, 436 Unzumutbarkeit 275–277, 279, 288, 293, 295, 329, 383, 412, 415, 419 Verbrechen 28, 30, 34, 166–167, 181, 186, 224, 227, 229, 236, 241–242, 244, 251, 305, 314, 352, 358–359, 382, 440

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Vereinigte Staaten von Amerika 26, 43, 136, 145, 214, 216–217, 227, 263, 282, 284, 287 Vereinigtes Königreich 26, 37, 54, 63, 79, 138–139, 142–143, 214, 238–240, 243, 258, 260, 262, 264, 267, 272, 282–283, 287, 289, 299, 338, 442 Verfahrenseinstellung 398, 424–425 Verfahrenslast 251, 253, 369, 407, 415 Verfolgen 23, 28, 30, 33, 35, 38, 45, 47–51, 61, 64–65, 68, 70, 72, 77, 79–80, 83, 85, 87, 89, 104, 106, 117, 121, 123, 146–148, 151, 153, 155, 161, 163, 167, 173, 178, 185, 187–188, 192, 194, 207, 211, 222, 224, 233, 240, 242, 249, 251, 254, 256, 259, 261, 267, 269, 273–275, 279–281, 283–285, 291, 293, 302, 304–305, 307–309, 338, 360, 376, 378, 380, 383–385, 387–388, 397, 406, 412, 429, 438–439, 447, 455 Vergehen 166–167, 181, 184, 227, 236, 248, 280, 314, 316, 350–351, 359, 382, 398, 404, 424 Vergewaltigung 33, 40, 67–69, 85, 107, 117, 120, 128, 191 Verhaltensmuster 28, 51, 54–55, 61, 89, 102, 109, 139, 161, 163–164, 175, 179, 219–220, 225, 228, 237, 240–242, 244, 249–251, 253, 317, 398 Verhaltensweise 31, 39, 41, 45, 50–51, 53–57, 62–64, 66, 68–72, 92–93, 107, 111, 115, 137–138, 140–141, 153–154, 156, 167, 172, 174, 176, 178, 183, 185–186, 191, 193–194, 201, 221, 229, 247, 257, 262, 271, 276, 278, 290, 310, 317, 323, 326, 328, 348, 378, 392, 397, 412, 438 Verhältnismäßigkeit 117, 134, 208, 212, 273, 292, 307, 316, 359, 365, 375, 404, 407, 411, 424–425, 432, 435–436

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Stichwortverzeichnis

Verleumdung 65, 76, 377, 384 Verliebtheit 108 Vernünftigkeit 54, 149, 151, 153–154, 156–157, 160–161, 163, 166–168, 171, 174, 177, 179, 188, 191–193, 201–202, 220, 222, 225, 228, 231–232, 234–235, 237, 240–242, 244, 249, 251–253, 255, 257, 259, 262–264, 287–288, 343, 346 Verurteilungsquote 146, 205, 222, 319, 336, 371 Verwarnung 267, 405 Victoria 144–145, 162, 164–165, 173–175, 177, 179–180, 182, 184, 186–188, 196–197, 207–210, 212–213, 264, 442 Viktimisierung 39, 116, 120, 399 Virginia 37 Virtualität 76, 187–188 Vollstreckung 330, 405, 413, 416, 421–423, 431, 444 Vorsatz 82, 106, 145, 149, 154, 157, 162, 166–167, 177–178, 183, 194, 198, 203–205, 208–209, 212, 219, 223, 226, 235–236, 239, 255, 257, 269, 271, 273, 279, 281, 288–290, 314, 347–349, 355–356, 370, 379, 381, 402–403, 406, 410, 412–413, 426, 431, 442, 451 Vorwarnung 107 Voyeur 107, 197, 246, 388 Waffe 69, 102, 129–130, 133, 150, 155, 158, 169, 183, 210

Wahnvorstellung 83, 86, 104, 118, 120–121, 133, 194, 204, 206, 227 Wahrnehmung 33, 39, 45, 49–50, 83, 122, 128, 134, 266, 331–332, 336, 348, 403, 406, 412, 415, 457 Wales 37, 138–139, 143–144, 151–153, 172–175, 184, 238, 240, 243, 245, 258, 451 Warnfunktion 430, 432 Warnung 39, 107, 210, 258, 267, 436, 451 Weapons Act 158 Werbungsverhalten 32, 54, 72, 328, 341–342, 457 Western Australia 144–147, 165–166, 172, 175, 177–178, 180–181, 183–184, 195, 198, 205, 208–210, 212, 256, 262, 273, 279, 286, 289, 336, 405, 455 Wiederholtheit 24, 28, 45, 50–53, 56, 64, 72, 80, 93–94, 123, 125, 151, 153, 167, 175, 185, 193–195, 217, 220–222, 259, 261–263, 268, 272, 278, 285, 316, 326, 333–334, 337–338, 341, 376, 379–380, 394, 403, 412, 414, 419 Wiederholung 398, 447, 451 Zivilprozess 82, 251, 415, 417–418, 431 Zurückweisung 101, 103, 105, 130, 135, 366, 369, 406, 422 Zweimaligkeit 58, 138, 156, 175, 178, 195–199, 256, 262, 278, 285, 337