Zur Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht.: Dissertationsschrift. Dissertationsschrift 9783428144846, 9783428544844, 9783428844845, 3428144848

Die dogmatisch-exegetisch ausgerichtete Arbeit sucht die Frage zu klären, ob der Erbe im klassischen römischen Recht mit

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German Pages 260 [261] Year 2014

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einführung
I. Problemaufriss
II. Gegenstand der Bearbeitung
III. Methode und Gang der Bearbeitung
B. Quellenexegese
I. Überblick
II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)
1. Einführung der Stelle
2. Auffälligkeiten
a) heredes instituti
b) nos
c) possessio . . . comprehensa
d) naturaliter
e) tamen
3. Exegese
a) Zusammenhang
b) Rechtsfrage
c) Erklärung der Auffälligkeiten
aa) heredes instituti
bb) nos
cc) possessio . . . comprehensa
dd) naturaliter
ee) tamen
4. Interpolationsverdacht; Rekonstruktion Solazzis
a) Darstellung
b) Ablehnung
5. Fazit
III. Ulp. D. 47, 4, 1, 15 (38 ed.)
1. Einführung der Stelle
2. Auffälligkeiten
a) Besitz als geschütztes Rechtsgut
b) Tempora-Verschiebung
c) possessio, sobald der Erbe besitzt
d) Bezugnahme Scaevolas
e) quae facti est et animi
f) hereditas als Rechtssubjekt?
3. Exegese
a) Zusammenhang
b) Rechtsfrage
c) Erklärung der Auffälligkeiten
aa) Besitz als geschütztes Rechtsgut
(1) Grundsatz
(2) rei hereditariae furtum non fit
(3) Ansatz von Coppola Bisazza
bb) Tempora-Verschiebung
cc) possessio, sobald der Erbe besitzt
dd) Bezugnahme Scaevolas
ee) quae facti est et animi
ff) hereditas als Rechtssubjekt?
4. Fazit
IV. Gaius 3, 201 und 2, 58
1. Gaius 3, 201
a) Einführung der Stelle
b) Auffälligkeiten
aa) Untechnische Darstellung
bb) Bedeutung des nisi-Satzes
cc) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede
dd) placuit
ee) necessarii
c) Exegese
aa) Zusammenhang
bb) Rechtsfrage
2. Einschub: Gaius 2, 52–58
a) Einführung der Stellen
b) Auffälligkeiten
aa) si modo ea res est, quae . . .
bb) alienam rem
cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58
dd) Textkritik: et necessario tamen
c) Konzept der usucapio pro herede
aa) Ursprüngliche Funktion
(1) Nach Gaius
(2) usus
(3) Ansicht von Pool
(4) Fazit
bb) Wandel
cc) Besitz als maßgebliches Kriterium
(1) Lösungsansatz von Lenel
(2) Lösungsansatz von Coppola Bisazza
(3) Lösungsansatz von Biondi
(4) Erklärung aus dem Regime der klassischen usucapio
(5) Erklärung aus dem Regime des furtum?
(6) Fazit
dd) Spätere Gestalt und Funktion
ee) D. 41, 5: Pro herede vel pro possessore
(1) testamenti factio
(2) nemo sibi causam possessionis mutare potest
ff) Ableitbare Schlüsse
d) Erklärung der Auffälligkeiten bei Gaius 2, 52–58
aa) si modo ea res est, quae . . .
bb) alienam rem
cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58
dd) Textkritik: et necessario tamen
3. Fortsetzung Gaius 3, 201: Erklärung der Auffälligkeiten
a) Untechnische Darstellung
b) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede
aa) Ansicht von Bonfante
bb) Gegenmodell
cc) Stellungnahme zum ursprünglichen Verhältnis
dd) Stellungnahme zur weiteren Entwicklung
ee) Folgefrage
c) Bedeutung des nisi-Satzes
d) placuit
e) necessarii
4. Fazit
V. Paul. D. 4, 6, 30 pr. (12 ed.)
1. Einführung der Stelle
2. Auffälligkeiten
a) miles
b) possessio . . . completur
c) rescindi
d) in usucapionem succedunt
e) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem
3. Exegese
a) Zusammenhang
b) Rechtsfrage
c) Erklärung der Auffälligkeiten
aa) miles
bb) possessio . . . completur
cc) rescindi
dd) in usucapionem succedunt
(1) Phänomen Ersitzungsfortsetzung
(2) Ausnahme hinsichtlich des Besitzerfordernisses
(3) Ausnahme hinsichtlich eines Besitzübergangs
(4) Werdendes Eigentum; erbrechtliche Perspektive
(5) Ersitzungsrechtliche Besonderheit; sachenrechtliche Perspektive
(6) Parallele zum ius postliminii
(7) Bezug zur usucapio pro herede
(8) Fazit
ee) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem
(1) Nachfolge in das Restitutionsrisiko
(2) Ergänzung zu iniuncta?
4. Fazit
VI. Paul. D. 41, 2, 30, 5 (15 ad Sab.)
1. Einführung der Stelle
2. Auffälligkeiten
a) per colonum possideo
b) retinere animo possessionem
c) pro emptore possideo
d) Keine Erwähnung einer aditio
3. Exegese
a) Zusammenhang
b) Rechtsfrage
c) Erklärung der Auffälligkeiten
aa) per colonum possideo
bb) retinere animo possessionem
cc) pro emptore possideo
dd) Keine Erwähnung einer aditio
4. Fazit
C. Begrifflichkeiten
I. Besitz
1. Wesen des Besitzes
2. Voraussetzungen des Besitzes
a) Objektives Element
b) Subjektives Element
c) Weitere Elemente
3. Arten des Besitzes
a) Romanistische Kategorisierung
b) Römische Kategorisierungen
c) Eigene Einschätzung
aa) Anwendungsfälle
(1) Iav. D. 41, 2, 23 pr.
(2) Ulp. D. 47, 4, 1, 15
(3) Gaius 3, 201; Gaius 2, 52–58
(4) Paul. D. 4, 6, 30 pr.
(5) Paul. D. 41, 2, 30, 5
bb) Folgerung
4. Fazit
II. sui heredes
1. Erbenkategorien
a) Nach Gaius
b) In der romanistischen Literatur
aa) Kaser
bb) Voci
2. Definition der sui heredes
3. Erbschaftserwerb der sui heredes
4. Fazit
III. Übergang
1. Übergang, Nachfolge, Fortsetzung
2. succedere
3. Identität und Kontinuität
4. Fazit
D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen
I. Bestandsaufnahme
II. interdictum quorum bonorum
1. Darstellung des Arguments
2. Kritik
a) Kaser
aa) Einordnung des interdictum quorum bonorum
bb) Verbleibende Anwendungsfälle
b) Talamanca
3. Pool
4. Bewertung
5. Fazit
III. Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi
1. Grundprinzip
2. Ausnahme vom Erfordernis eigenen Besitzes für den Erben?
3. Einordnung des Ergebnisses
4. Fazit
IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge
1. Arrogation
a) Pomp. D. 43, 26, 16 (32 ad Sab.)
b) Einordnung des Ergebnisses
2. Konzept der Gesamtrechtsnachfolge
3. Weitere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge
a) bonorum possessio
b) bonorum emptio
c) conventio in manum
4. Fazit
V. Schutzbedürftigkeit des Erben
1. Methodische Möglichkeit
a) Pragmatismus
b) Denkbare Anwendungsfälle
c) Bestandsaufnahme
2. Bestehen eines Schutzbedürfnisses?
a) hereditatis petitio
b) interdictum quam hereditatem
c) interdictum quorum bonorum
d) interdictum quod legatorum
e) Allgemeiner Interdiktenschutz des Erben
aa) Possessorische Interdikte
bb) interdictum quod vi aut clam
cc) Ab Besitzerlangung durch den Erben
f) „Vererbte“ Interdikte
g) Verbleibende Rechtsschutzlücken?
3. Fazit
VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz
1. Darstellung der Ansicht
a) Besitzübergang auf sui heredes
b) Besitzübergang auf alle necessarii heredes
2. Argumente
a) Textliche Stütze, Paul. D. 28, 2, 11 (2 ad Sab.)
aa) Darstellung des Arguments
bb) Kritik
b) Parallele zur traditio brevi manu
aa) Darstellung des Arguments
bb) Kritik
3. Gegenargumente
a) Fehlender Textbeleg
b) Erfordernis tatsächlicher Sachherrschaft
c) Besitzlage innerhalb der altrömischen Erbengemeinschaft
d) Vergleich mit der emancipatio
4. Fazit
E. Ergebnis
I. Zusammenfassung
II. Bewertung
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
I. Juristische Quellen
II. Nichtjuristische Quellen
Sachverzeichnis
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 9783428144846, 9783428544844, 9783428844845, 3428144848

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Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 71 Abt. A: Abhandlungen zum Römischen Recht und zur Antiken Rechtsgeschichte

Zur Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht Von Jörg Domisch

Duncker & Humblot · Berlin

JÖRG DOMISCH

Zur Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.

Neue Folge · Band 71 Abt. A: Abhandlungen zum Römischen Recht und zur Antiken Rechtsgeschichte

Zur Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht

Von Jörg Domisch

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buch.bücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 978-3-428-14484-6 (Print) ISBN 978-3-428-54484-4 (E-Book) ISBN 978-3-428-84484-5 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau im Sommersemester 2014 als Dissertation angenommen. Ich möchte an erster Stelle meinem verehrten Lehrer und Doktorvater Professor Dr. Wolfgang Kaiser ganz herzlich danken, der mich bei der Anfertigung der Arbeit auf vielfältige Weise unterstützt hat. Danken möchte ich ferner Herrn Professor Dr. Detlef Liebs, der das Zweitgutachten erstellt hat, für seine wertvollen Hinweise. Für das Korrekturlesen der Arbeit in verschiedenen Stadien danke ich meinem Freund Dr. Timo Schwarzwälder, meinem Vater Gerd Domisch sowie ganz besonders meinem Kollegen Andreas McDougall. Mein besonderer Dank gilt zudem der Freiburger Rechtshistorischen Gesellschaft, die durch einen großzügigen Beitrag den Druck dieser Arbeit unterstützt hat. Freiburg, im September 2014

Jörg Domisch

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenstand der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Methode und Gang der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 15 17 17

B. Quellenexegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung der Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) heredes instituti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) nos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) possessio . . . comprehensa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) naturaliter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) tamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erklärung der Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) heredes instituti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) nos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) possessio . . . comprehensa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) naturaliter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) tamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Interpolationsverdacht; Rekonstruktion Solazzis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ulp. D. 47, 4, 1, 15 (38 ed.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung der Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besitz als geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tempora-Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) possessio, sobald der Erbe besitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bezugnahme Scaevolas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis e) quae facti est et animi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) hereditas als Rechtssubjekt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erklärung der Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besitz als geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) rei hereditariae furtum non fit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ansatz von Coppola Bisazza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tempora-Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) possessio, sobald der Erbe besitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bezugnahme Scaevolas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) quae facti est et animi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) hereditas als Rechtssubjekt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gaius 3, 201 und 2, 58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gaius 3, 201 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung der Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Untechnische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung des nisi-Satzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) placuit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) necessarii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschub: Gaius 2, 52–58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung der Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) si modo ea res est, quae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) alienam rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Textkritik: et necessario tamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konzept der usucapio pro herede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ursprüngliche Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nach Gaius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) usus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 36 37 37 42 42 42 42 44 46 49 50 51 52 54 56 56 57 57 58 58 59 60 62 62 63 63 63 63 64 64 64 65 66 67 68 69 69 70

Inhaltsverzeichnis (3) Ansicht von Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Besitz als maßgebliches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Lösungsansatz von Lenel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Lösungsansatz von Coppola Bisazza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Lösungsansatz von Biondi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Erklärung aus dem Regime der klassischen usucapio . . . . . (5) Erklärung aus dem Regime des furtum? . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Spätere Gestalt und Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) D. 41, 5: Pro herede vel pro possessore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) testamenti factio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) nemo sibi causam possessionis mutare potest . . . . . . . . . . . . ff) Ableitbare Schlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erklärung der Auffälligkeiten bei Gaius 2, 52–58 . . . . . . . . . . . . . . . . aa) si modo ea res est, quae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) alienam rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Textkritik: et necessario tamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fortsetzung Gaius 3, 201: Erklärung der Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . a) Untechnische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ansicht von Bonfante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gegenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme zum ursprünglichen Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme zur weiteren Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Folgefrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bedeutung des nisi-Satzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) placuit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) necessarii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Paul. D. 4, 6, 30 pr. (12 ed.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung der Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) miles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) possessio . . . completur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) rescindi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) in usucapionem succedunt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 72 73 74 78 78 79 79 80 81 84 84 86 86 87 89 89 89 90 90 91 92 92 93 93 94 94 97 98 99 100 100 101 101 101 102 102 102 103 103

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Inhaltsverzeichnis e) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem . . . . . . . . . . . 3. Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erklärung der Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) miles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) possessio . . . completur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) rescindi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) in usucapionem succedunt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Phänomen Ersitzungsfortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahme hinsichtlich des Besitzerfordernisses . . . . . . . . . . (3) Ausnahme hinsichtlich eines Besitzübergangs . . . . . . . . . . . . (4) Werdendes Eigentum; erbrechtliche Perspektive . . . . . . . . . . (5) Ersitzungsrechtliche Besonderheit; sachenrechtliche Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Parallele zum ius postliminii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Bezug zur usucapio pro herede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem . . . . . . . (1) Nachfolge in das Restitutionsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ergänzung zu iniuncta? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Paul. D. 41, 2, 30, 5 (15 ad Sab.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung der Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) per colonum possideo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) retinere animo possessionem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) pro emptore possideo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine Erwähnung einer aditio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erklärung der Auffälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) per colonum possideo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) retinere animo possessionem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) pro emptore possideo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Keine Erwähnung einer aditio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104 105 105 106 108 108 109 111 112 112 115 119 120 123 126 129 129 130 130 133 134 135 135 135 135 136 137 137 137 137 139 140 140 143 148 149 150

C. Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Inhaltsverzeichnis

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1. Wesen des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arten des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Romanistische Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Römische Kategorisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eigene Einschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Iav. D. 41, 2, 23 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ulp. D. 47, 4, 1, 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gaius 3, 201; Gaius 2, 52–58 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Paul. D. 4, 6, 30 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Paul. D. 41, 2, 30, 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. sui heredes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erbenkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nach Gaius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In der romanistischen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Definition der sui heredes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erbschaftserwerb der sui heredes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übergang, Nachfolge, Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. succedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Identität und Kontinuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151 154 154 156 157 158 159 160 162 162 162 162 163 163 163 164 164 164 164 164 167 167 167 168 168 170 170 170 171 172 174

D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. interdictum quorum bonorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Arguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einordnung des interdictum quorum bonorum . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbleibende Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Talamanca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

175 175 176 176 177 178 178 180 181

12

Inhaltsverzeichnis

III.

IV.

V.

VI.

3. Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahme vom Erfordernis eigenen Besitzes für den Erben? . . . . . . . . . 3. Einordnung des Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pomp. D. 43, 26, 16 (32 ad Sab.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einordnung des Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konzept der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) bonorum possessio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) bonorum emptio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) conventio in manum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutzbedürftigkeit des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Methodische Möglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pragmatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Denkbare Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestehen eines Schutzbedürfnisses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) hereditatis petitio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) interdictum quam hereditatem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) interdictum quorum bonorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) interdictum quod legatorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Allgemeiner Interdiktenschutz des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Possessorische Interdikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) interdictum quod vi aut clam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ab Besitzerlangung durch den Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) „Vererbte“ Interdikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verbleibende Rechtsschutzlücken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufrücken der sui heredes in den Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besitzübergang auf sui heredes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besitzübergang auf alle necessarii heredes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

182 183 184 185 185 186 189 189 190 190 190 193 194 195 196 196 198 198 199 199 199 200 201 201 201 203 204 204 205 205 207 208 208 210 212 212 213 213 214 214

Inhaltsverzeichnis a) Textliche Stütze, Paul. D. 28, 2, 11 (2 ad Sab.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung des Arguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parallele zur traditio brevi manu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung des Arguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gegenargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlender Textbeleg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis tatsächlicher Sachherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besitzlage innerhalb der altrömischen Erbengemeinschaft . . . . . . . . . d) Vergleich mit der emancipatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 214 214 215 217 217 218 219 219 219 221 222 224

E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 I. Juristische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 II. Nichtjuristische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Abkürzungsverzeichnis AcP AHDE ANRW AUPA BIDR CRRS FIRA FS Handlexikon HLL IURA NRHD PS RE

RHD RIDA RIL SD s. v. SZ ThLL TR ZCP ZGR

Archiv für die civilistische Praxis Anuario de Historia del Derecho Espanol Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Annali del Seminario giuridico dell’ Università di Palermo Bullettino dell’Istituto di Diritto Romano Corpus der römischen Rechtsquellen zur antiken Sklaverei Fontes Iuris Romani Antejustiniani Festschrift, Festgabe Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 10. Auflage, Graz 1958 Handbuch der lateinischen Literatur der Antike Rivista internazionale di diritto romano e antico Nouvelle revue historique de droit Pauli Sententiae Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, neue Bearbeitung, begonnen von Georg Wissowa, unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen, herausgegeben von Wilhelm Kroll Revue historique de droit français et étranger Revue internationale des droits de l’antiquité Rendiconti Istituto Lombardo di Scienze e Lettere Studia et Documenta Historia Iuris sub voce Zeitschrift der Savignystiftung für Rechtgeschichte, Romanistische Abteilung Thesaurus Linguae Latinae Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis, Revue d’histoire du droit Zeitschrift für Civilrecht und Prozess Zeitschrift für geschichtlichte Rechtswissenschaft

A. Einführung I. Problemaufriss „Mit dem Tod geht der Besitz vermutlich wohl auf die sui heredes über, aber nicht auf die extranei.“ 1 Dies ist das knappe Fazit Kasers zur Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht.2 Eine solche Aussage lässt bereits vermuten, dass die romanistische Wissenschaft in diesem Punkt bis heute noch keine eindeutigen Erkenntnisse gewinnen konnte. Allein dieser Umstand spricht bereits für eine erneute und vertiefende Auseinandersetzung mit der Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben.3 Ein anderer Aspekt, der eine Auseinandersetzung mit der Fragestellung lohnenswert erscheinen lässt, ist die Vielzahl und Vielfältigkeit der Rechtsprobleme,

1 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 395. Auch in Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 20 Rn. 10 ist Ähnliches zu lesen: „Mit dem Tod des Besitzers geht der Besitz nicht auf die extranei (Iav. D. 41, 2, 23 pr.), aber vermutlich auf die sui heredes über.“ 2 Die Einschätzung Pools, SZ 131 (2014), S. 370, 384 Fn. 52: „Überhaupt ist die Behandlung der Besitzerlangung im römischen Erbrecht bei Kaser (/Knütel) in mehrerer Hinsicht ungenau und lückenhaft.“ erscheint insofern hinsichtlich einer Begründung und Darstellung der eingangs zitierten Auffassung nicht ganz unberechtigt. 3 Die bisherige Literatur zum Thema ist letztlich überschaubar, wenn man Stellungnahmen im Rahmen von Gesamtdarstellungen beiseite lässt. Eine neuere monographische Auseinandersetzung mit dem Thema, allerdings nicht begrenzt auf das römische Recht, lieferte 2013 Choi: Der Besitzerwerb des Erben. Ansonsten wird die Frage in Abhandlungen zu einzelnen Rechtsinstituten wie beispielsweise dem crimen expilatae hereditatis zumindest gestreift, hier sei beispielsweise auf Gnoli, Hereditatem expilare I (1984) oder auch Scacchetti, Il doloso depauperamento dell’eredità giacente (1994) verwiesen. An Aufsätzen sind neben Solazzi, Sul possesso del suus heres (1931), hier zitiert als Scritti III, S. 379–387, aus der jüngeren Vergangenheit vor allem die Arbeiten Pools zu nennen: Die Erbschaftsersitzung in Gai. 2, 54 und Theo Mayer-Malys Thesen zum Ursprung der usucapio, in: SZ 129 (2012), S. 113–160 sowie Due questioni di diritto ereditario, in: Studi in onore di Antonino Metro V (2010), S. 91–133. Weiterhin finden sich Ausführungen zum Besitzerwerb des Erben in der meist italienischsprachigen Literatur zum römischen Erbrecht, wie zum Beispiel bei Fadda, Biondi und vor allem bei Voci. Hier ist besonders interessant, dass Voci seine Meinung zu einem Besitzübergang auf den suus heres von der ersten Auflage (1960) seines Diritto ereditario romano I zur zweiten Auflage (1967) geändert hat. Während Voci zunächst einen Besitzübergang verneint, nimmt er einen solchen nunmehr an. In deutscher Sprache instruktiv ist von Lübtow, Die entwicklungsgeschichtlichen Grundlagen des römischen Erbrechts, Studi in onore di Pietro de Francisci I (1956), S. 407–516. Einen knappen Überblick zur Behandlung der Frage bei Glossatoren und Humanisten liefert Glück/ Mühlenbruch, Pandecten (1843), liber 29, 2–5, S. 79 Fn. 58; siehe hierzu auch Duncker, ZCP 12 (1839), S. 105, 114.

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A. Einführung

die an sie gekoppelt sind. Hier sind das Schicksal einer vom Erblasser begonnenen Ersitzung oder auch allgemein der Schutz des Erben gegen einen Zugriff durch Dritte auf die Sachen des Erblassers zu nennen. Die Frage nach einem Besitzübergang war für die Römer also keinesfalls von rein theoretischem Interesse. Besagte Vielfältigkeit wird auch bei der Suche nach dem Rechtsgebiet offenbar, in dem eine Antwort auf die Frage nach dem Besitzübergang auf den Erben zu finden ist. Im Sachenrecht? Im Erbrecht? Die Einschränkung Kasers, dass nur die sui heredes in den Besitz des Erblassers nachfolgen, lässt zudem personenrechtliche Bezüge möglich erscheinen. Vorschnell erschiene es jedenfalls, die Thematik allein im Erbrecht zu verorten. Deshalb soll hier auch ein möglicher Besitzübergang auf den Erben und nicht etwa die Vererblichkeit des Besitzes4 untersucht werden. Die Bezeichnung Vererblichkeit suggeriert einen Erwerb des Besitzes als Teil des Erbschaftserwerbs. Dies ist jedoch nicht die einzig mögliche Erklärung für eine Nachfolge des Erben in den Besitz. Prominent vertreten wird insbesondere ein Modell, das einen Besitzübergang auf den suus heres aus sachenrechtlichen und personenrechtlichen Grundsätzen ableitet.5 Eine klare Aussage wie beispielsweise § 857 6 des Bürgerlichen Gesetzbuches7 im Abschnitt 1 „Besitz“ des 3. Buches liefert das römische Recht jedenfalls nicht.

4 Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden zahlreiche Arbeiten, die sich zumindest auch mit dem römischen Recht befassten und die allein schon durch die Wahl des Titels eine gewisse Vorfestlegung erkennen lassen. Dies gilt zum Beispiel für die Arbeiten von Cosack, Die Vererblichkeit des Besitzes 1 (1877); Kaim, Die Vererblichkeit des Besitzes in der geschichtlichen Entwicklung (1904); Pappe, Die Vererblichkeit des Besitzes und ihre praktische Bedeutung (1906); Preiser, Die Vererblichkeit des Besitzes nach preussischem Recht (1892); Reinach, Die Vererblichkeit des Besitzes auf der Grundlage der geschichtlichen Entwicklung (1927); Stephan, Die Vererblichkeit des Besitzes unter besonderer Berücksichtigung des Falles der Nacherbfolge (1913); Wartensleben, Die Besitzvererbung (1899). 5 Für diese Ansicht seien hier beispielhaft Jhering, Besitzwille, S. 67 ff. und Voci, Diritto ereditario romano I, S. 216 f. genannt, auf den auch Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 20 Rn. 10 verweisen. 6 § 857 BGB: Der Besitz geht auf den Erben über. 7 Ähnliche Bestimmungen finden sich auch in anderen europäischen Gesetzbüchern. Ohne auf die vom deutschen Recht abweichenden Wirkungen im Detail einzugehen, sei vorliegend auf die folgenden Regelungen verwiesen: Art. 1146 Codice civile: Il Possesso continua nell’erede con effetto dall’apertura della successione. Art. 560 II ZGB: Mit Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen gehen die Forderungen, das Eigentum, die beschränkten dinglichen Rechte und der Besitz des Erblassers ohne weiteres auf sie über, und die Schulden des Erblassers werden zu persönlichen Schulden der Erben. Zu weiteren europäischen Rechtsordnungen siehe beispielsweise Pool, Studi Metro V, S. 91, 110.

III. Methode und Gang der Bearbeitung

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II. Gegenstand der Bearbeitung Die Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben soll für das klassische römische Recht untersucht werden. Das bedeutet eine Auseinandersetzung mit den Auffassungen der sogenannten klassischen Jurisprudenz, also der römischen Juristen von der frühen Kaiserzeit ab 27 vor Christus bis zum Ende der severischen Militärmonarchie 235 nach Christus.8 Der überkommene Begriff des klassischen römischen Rechts dient also in dieser Arbeit lediglich als zeitliche Grenze und wird keiner inhaltlichen Bewertung zugeführt. Eine solche Grenzziehung erscheint vor allem gegenüber früheren Zeiten erforderlich. Bereits die Zwölf Tafeln enthalten erbrechtliche Vorschriften und auch das Rechtsinstitut der usucapio pro herede ist jedenfalls älter als das erste Jahrhundert vor Christus. Die Begrenzung auf das klassische römische Recht darf jedoch nicht bedeuten, die Einflüsse älterer Rechtsinstitute zu ignorieren, wo diese tatsächlich auch in klassischer Zeit noch fortwirken.

III. Methode und Gang der Bearbeitung Um eine tragfähige Aussage über eine Besitznachfolge des Erben im klassischen römischen Recht treffen zu können, erscheint es zwingend, zunächst Antworten auf vorgelagerte Fragen zu suchen. Bei welchen Rechtsfragen wird der Besitz des Erben relevant? Gibt es hierbei eine einheitliche Bedeutung von Besitz? Welche Nachteile hat der Erbe, wenn er nicht unmittelbar mit dem Erwerb der Erbschaft auch Besitzer der einzelnen Erbschaftssachen wird? Werden diese Nachteile von der Rechtsordnung hingenommen? Welche rechtlichen Institute stehen zur Verfügung, um mögliche Nachteile auszugleichen? Diese Überlegungen verdeutlichen bereits, dass die vorliegende Arbeit nicht primär darauf abzielt, mittels theoretischer und dogmatischer Konstruktion einen Übergang des Besitzes auf den Erben zu belegen oder zu widerlegen.9 Die Antwort soll vielmehr aus den Lösungen der römischen Juristen für konkrete Rechtsfälle abgelesen werden und nur insoweit Systemerwägungen zu Grunde legen, wie diese auch von den römischen Juristen selbst angewendet wurden. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, behandelt die vorliegende Arbeit in ihrem Abschnitt B. zunächst fünf Quellen, die in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben immer 8 Wieacker, Über das Klassische in der römischen Jurisprudenz, S. 161; Kaiser/ McDougall, Examinatorium Rechtsgeschichte, S. 341 f. mit weiteren Nachweisen. 9 Als dogmatische Arbeit dieser Art sei nur auf Savigny, Recht des Besitzes verwiesen, der mit seiner Abhandlung das Bild vom Besitzrecht der Römer bis heute stark geprägt hat und der im Ergebnis einen Besitzübergang auf den Erben verneint. Zu anderen Ergebnissen gelangt hingegen die dogmatische Arbeit von Strohal, Succession in den Besitz nach römischem und heutigem Recht.

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A. Einführung

wieder herangezogen wurden. Diese Quellen haben gemeinsam, dass in ihnen ein unmittelbarer Bezug zum Besitz des Erben hergestellt wird. Es wird bewusst darauf verzichtet, dieser Exegese eine zu beweisende These voranzustellen. Zwar geht es letztlich darum, Erkenntnisse hinsichtlich der oben aufgeworfenen Fragestellung zu gewinnen, allerdings soll dies nicht leitender Gedanke bei der Auseinandersetzung mit diesen Stellen sein. Vielmehr geht es darum, die Quellen für sich genommen und im Zusammenhang mit dem eigentlich von dem jeweiligen Juristen behandelten Sachproblem darzustellen. Im Rahmen der Exegese werden daher zunächst erklärungsbedürfte Auffälligkeiten benannt, die dann kontextbezogen erläutert werden. Der Abschnitt C. nähert sich dann mit der Klärung von Begriffsbestimmungen der eigentlichen Fragestellung und ihrer Beantwortung an (C.I. Besitz; C.II. sui heredes; C.III. Übergang). Hierbei sollen nicht nur, aber gerade auch, die im vorigen Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse verwertet werden. Außerdem geht es darum, die Begriffe speziell in Hinblick auf einen möglichen Besitzübergang zu umschreiben. So erscheinen beispielsweise Kategorisierungen des Besitzes nur insoweit hilfreich, wie diese sich auch auf einen Besitzübergang auswirken könnten. Der Abschnitt D. unternimmt dann den Versuch, Quellen und Rechtsinstitute einzubeziehen, die lediglich einen mittelbaren Bezug zum Besitz des Erben aufweisen. In der bisherigen wissenschaftlichen Erörterung des Besitzübergangs auf den Erben haben die meisten dieser Aspekte eine eher untergeordnete Rolle eingenommen, beispielsweise, weil die Frage nach der praktischen Schutzbedürftigkeit des Erben durch Interdikte so nicht oder nur ganz am Rande gestellt wurde. Ein weiteres Problem ist in der unkritischen Verwendung moderner Rechtsbegriffe zu sehen, aus denen dann Folgerungen für das römische Recht gezogen wurden. Hierfür steht exemplarisch die Auseinandersetzung mit Fällen der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge außerhalb des Erbschaftserwerbs. Im Abschnitt D. findet sich jedoch auch die Auseinandersetzung mit einem verbreiteten Modell zur Begründung eines Besitzübergangs auf die sui heredes:10 Es komme zu einem Erstarken der Position, welche die sui heredes schon zu Lebzeiten des paterfamilias innehätten, zu Besitz im technischen Sinne.11 Auf dieser Grundlage soll dann im Abschnitt E. ein Ergebnis festgehalten werden, das im Idealfall das Wort „vermutlich“ aus einer Stellungnahme zur Frage nach dem Besitzübergang auf den Erben im klassischen römischen Recht streichen kann und stattdessen glaubhaft machen kann, ob und für welche Erben ein Besitzübergang von den römischen Juristen tatsächlich angenommen wurde.

10

Vgl. hierzu bereits die Nachweise in Fn. 5. Diese Ansicht wird erst im Abschnitt D. und nicht bereits im Rahmen der Exegese im Abschnitt B. behandelt, da sie sich nicht an einer Quelle konkret ablesen lässt. 11

B. Quellenexegese I. Überblick In dem anstehenden Abschnitt soll das Quellenmaterial untersucht werden, das sich explizit mit dem Besitzerwerb durch den Erben befasst und das daher im Zentrum der bisherigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Besitzübergang auf den Erben stand. Die Exegese der fünf ausgewählten Stellen soll jedoch nicht als Stütze einer vorgefertigten These instrumentalisiert werden, sondern unvoreingenommen die eigentlich behandelten Rechtsfragen und den Kontext der Quellen beleuchten. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollen dann den Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben darstellen. Die Stellen stammen überwiegend aus den Digesten.12 Zusätzlich werden mehrere im Zusammenhang zu sehende Paragraphen aus den Institutionen des Gaius untersucht.13 Ohne Ergebnisse vorwegzunehmen, lässt sich doch ein Aspekt bereits hervorheben, den frühere Autoren nicht immer hinreichend gewürdigt haben. Gemeint ist die Tatsache, dass die vier sogleich im Detail zu untersuchenden Digestenstellen aus drei verschiedenen Büchern der Digesten stammen und somit mutmaßlich in unterschiedlichen Zusammenhängen zu verorten sind. Was bereits in der Einleitung abstrakt angeklungen ist, dass das Problem einer möglichen Besitznachfolge des Erben nicht eindeutig einem Rechtsbereich zugeordnet werden kann, bestätigt sich nun auf exegetischer Ebene: Die fünf ausgewählten Stellen befassen sich nicht allein mit offensichtlich erbrechtlichen Aspekten wie der Zusammensetzung der Erbschaft14 und sachenrechtlichen wie den Anforderungen an eine Besitzbegründung.15 Behandelt werden auch das spezielle Rechtsinstitut der usucapio pro herede16 und der Anwendungsbereich des furtum an res hereditariae17 sowie die Auswirkungen einer vom Erblasser begonnenen Ersitzung, zum Beispiel pro emptore, auf den Erben.18 12 Alle Digestenstellen ohne nähere Angaben sind nach der Ausgabe von Mommsen/ Krüger, Corpus Iuris Civilis, Band 1, 16. Auflage, Berlin 1954 wiedergegeben. 13 Bei Wiedergabe der Quellen aus den Institutionen des Gaius ohne nähere Spezifizierung wird die Edition von Manthe, Gaius Institutionen, Darmstadt 2004 verwendet. 14 Iav. D. 41, 2, 23 pr.; Ulp. D. 47, 4, 1, 15. 15 Iav. D. 41, 2, 23 pr.; Ulp. D. 47, 4, 1, 15; Paul. D. 41, 2, 30, 5. 16 Gaius 3, 201; Gaius 2, 52–58. 17 Ulp. D. 47, 4, 1, 15; Gaius 3, 201. 18 Paul. D. 4, 6, 30 pr.; Paul. D. 41, 2, 30, 5.

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B. Quellenexegese

Die fünf ausgewählten Quellen stammen von vier verschiedenen Juristen. Neben Aussagen von Paulus und Ulpian werden auch Äußerungen von Iavolen und Gaius behandelt. Es besteht also eher nicht die Gefahr, die vereinzelte Meinung eines Juristen als insgesamt maßgeblich für das römische Recht einzuordnen. Gerade im Bereich des Besitzrechts ist dies kein unwichtiger Aspekt, da auf dem Gebiet des Besitzrechts auffällig viele Fragmente von Paulus Eingang in die Digesten gefunden haben.19

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum) 1. Einführung der Stelle Als erstes soll dasjenige Fragment einer Exegese unterzogen werden, das in jeder Behandlung des Themas Erwähnung findet und das die aufgeworfene Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben ausdrücklich thematisiert. Die Rede ist von D. 41, 2, 23 pr., das aus dem ersten Buch der epistulae des Iavolen entnommen und in den Digesten unter dem Titel De adquirenda vel amittenda possessione eingeordnet ist: Cum heredes instituti sumus, adita hereditate omnia quidem iura ad nos transeunt, possessio tamen nisi naturaliter comprehensa ad nos non pertinet.

Einer ersten unbefangenen Lesung nach steht den Erben der Besitz erst ab der tatsächlichen Ergreifung zu, während alle Rechte bereits mit dem Antritt der Erbschaft auf die Erben übergehen. Es ergibt sich also ein Gegensatz zwischen iura und possessio. Der Besitz geht ausweislich dieser Stelle nicht adita hereditate auf die Erben über. Wie bereits erwähnt, stammt das Fragment aus den epistulae des Iavolen, einem Respondierjuristen, der wohl 49 nach Christus geboren wurde.20 Die juristische Gattung der epistulae beschreibt eine Sammlung von Privatgutachten in Schriftform.21 Aber auch theoretische Erörterungen und angenommene Fallbeispiele sind üblicherweise Gegenstand von epistulae.22 Ob im Einzelfall tatsächliche Korrespondenz zu Grunde liegt, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Diese Beschreibung trifft auch auf die epistulae des Iavolen zu. Man muss demnach davon ausgehen, eher eine Einzelfallbeurteilung vorzufinden, als einen Lehrsatz oder eine grundsätzliche Stellungnahme. Dies gilt umso mehr für die 19 Konkret zum Vergleich mit den Ediktskommentaren des Ulpian vgl. Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 194. 20 Zur Person des Iavolenus Priscus siehe Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 15 ff. sowie Manthe, Libri ex Cassio, S. 16 ff. 21 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 33 Rn. 17. 22 Liebs, Römisches Recht, S. 52 f.; Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 33 Rn. 17.

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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Person des Iavolen, der selbst an anderer Stelle davor warnt, mit unumstößlichen Definitionen zu arbeiten.23 Zudem werden bei ihm immer wieder terminologische Auffälligkeiten festgestellt, die mitunter als „terminologische Unsicherheiten“ bezeichnet werden.24 Etwas vorsichtiger formuliert kann man festhalten, dass der Sprachgebrauch Iavolens nicht immer dem der anderen römischen Juristen entspricht. Dies wird sogleich anhand von Beispielen konkretisiert werden. Die innere Ordnung der epistulae des Iavolen und konkret die Einordnung der Stelle im ersten Buch der epistulae erlaubt nur bedingt Rückschlüsse für das Verständnis der einzelnen Stelle. Teils wird den epistulae jegliche systematische Gruppierung abgesprochen,25 teils eine lose Anknüpfung an die Ediktssystematik ausgemacht.26 Von Interesse ist jedoch an dieser Stelle bereits die Beobachtung, dass von Iavolen bei der Behandlung eines bestimmten Themas „assoziativ weitere Fälle angelagert werden.“ 27 Was dies konkret für D. 41, 2, 23 pr. bedeutet, wird im Folgenden noch aufzuzeigen sein. Zunächst soll jedoch durch die Benennung und Deutung gewisser Auffälligkeiten überprüft werden, ob der oben geäußerte erste Eindruck zutrifft oder ob dem Fragment insbesondere im Zusammenhang der lex 23 eine andere Bedeutung beizumessen ist. 2. Auffälligkeiten a) heredes instituti Von heredes instituti ist die Rede, die die Erbschaft antreten müssen, um einen Rechtsübergang auf sich herbeizuführen. Die Verknüpfung des Erbschaftsantritts mit der Gruppe der testamentarisch eingesetzten Erben überrascht.28 Nach allgemeinem Verständnis, das der Schilderung des Erbschaftserwerbs bei Gaius 2, 152–173 entspricht, ist die aditio Voraussetzung des Erbschaftserwerbs für alle extranei beziehungsweise alle voluntarii heredes, nicht hingegen für die necessarii heredes. Wer im Einzelnen in diese Erbenkategorien fällt, ist an dieser Stelle noch nicht von Relevanz.29 Es genügt die Feststellung, dass ein Antritt der Erb23

Iav. D. 50, 17, 202: Omnis definitio in iure civili periculosa est: parum est enim, ut non subverti posset. 24 Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 200. 25 Lenel, Palingenesia I, Sp. 285 Fn. 7: Certus rerum ordo in his libris nullus videtur fuisse. 26 Vgl. Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 227 ff. unter Verweis auf die Wiedergabe Laurias bei Wolf, Causa stipulationis, S. 22 Fn. 9. Dann ergibt sich laut Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 229 eine Zuordnung zum Ediktstitel Si hereditas petatur. 27 Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 228. 28 von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 469: „Das Wort instituti passt nicht.“ 29 Vgl. zur unterschiedlichen Terminologie und Einteilung der Erben ausführlich unter C.II.

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B. Quellenexegese

schaft eigentlich keine Anforderung speziell für die Gruppe der testamentarisch eingesetzten Erben darstellt. Nur die extranei beziehungsweise die voluntarii heredes müssen die Erbschaft antreten, um sie zu erwerben, und zwar unabhängig von der Berufung im Testament oder durch Intestaterbfolge. Ein solches Intestaterbrecht von Personen, die nicht zu den heres necessarii zählen, stellt das schon in den Zwölf Tafeln vorgesehene Erbrecht der Agnaten und der Gentilen dar.30 Die Erbfolge der Gentilen kommt jedoch spätestens in der frühklassischen Zeit außer Übung.31 Außerdem behandelt auch Gaius zu Beginn des dritten Buches seiner Institutionen das Intestaterbrecht nach ius civile32 und präzisiert und erläutert dort eben diese Bestimmungen.33 Die necessarii heredes hingegen erwerben die Erbschaft nach einhelliger Auffassung ipso iure. Eine testamentarische Einsetzung ist nichtsdestotrotz auch für die necessarii heredes und somit für alle Erbenkategorien möglich. Im Falle des servus cum libertate heres institutus34, der jedenfalls nicht zu den voluntarii heredes gehört und somit keiner aditio bedurfte, ist eine Einsetzung sogar zwingend. Gleiches gilt für die Einsetzung eines fremden Sklaven, der mangels rechtserheblicher verwandtschaftlicher Beziehungen nicht Intestaterbe sein kann, gleichwohl aber als Erbe in einem Testament eingesetzt werden konnte.35 Den Anfang der Stelle jedoch wegen der Verknüpfung der instituti heredes mit dem Erfordernis der aditio als „keinesfalls annehmbar“ 36 zu verwerfen, erscheint vorschnell.

30 Tabula 5, 4–5 wie auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit wiedergegeben nach Flach, Darmstadt 2004: SI INTESTATO MORITUR, CUI SUUS HERES NEC EST, ADGNATUS PROXIMUS FAMILIAM HABETO. 5: SI AGNATUS NESCIT, GENTILES FAMILIAM H[ABENTO]. 31 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 66 Rn. 9 32 In Abgrenzung zur bonorum possessio. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 66 Rn. 11 sprechen von einer prätorischen Ordnung der Intestaterbfolge. Vgl. hierzu auch die Darstellung des Interdikts quorum bonorum unter D.II., welches die Erteilung der bonorum possessio voraussetzt. 33 Gaius 3, 9: Si nullus sit suorum heredum, tunc hereditas pertinet ex eadem lege XII tabularum ad agnates; 3, 11: Non tamen omnibus simul agnatis dat lex XII tabularum hereditatem, sed his, qui tum, cum certum est aliquem intestatum decessisse, proximo gradu sunt. 34 Vgl. Gaius 2, 153: Necessarius heres est servus cum libertate heres institutus, ideo sic appellatus, quia sive velit sive nolit, omni modo post mortem testatoris protinus liber et heres est. 35 Vgl. zum Erwerb durch eine als Erbe eingesetzte Person in potestate Gaius 2, 87: . . . Et ideo, si heres institutus sit, nisi nostro iussu hereditatem adire non potest; et, si iubentibus nobis adierit, hereditas nobis adquiritur, proinde atque si nos ipsi heredes instituti essemus . . . . Letztlich kommt die Erbschaft also dem Herrn zu Gute, von dessen iussum ein wirksamer Erbschaftsantritt abhängt. Vgl. zu dieser Thematik Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, § 68 Rn. 14 sowie Buchwitz, Servus alienus heres, S. 11 ff. 36 Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 400.

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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b) nos Aus heutigem Blickwinkel auffällig ist der Gebrauch der ersten Person Plural für die Erben, heredes sumus, ad nos transeunt. Der Jurist bezieht sich in den Kreis derer ein, für die seine Ausführungen gelten. Das legt es nahe, den Stil des Iavolen näher zu untersuchen. Einen allgemeingültigen Lehrsatz oder auch eine Rechtsauskunft auf eine konkrete Anfrage hin, würde man in anderer Form erwarten. Ersteres wohl als Passivkonstruktion, letzteres unter Verwendung der zweiten Person Singular oder Plural. Außerdem lässt die bereits angesprochene Werkgattung der epistulae die Vermittlung allgemeiner Lehren als zweifelhaft erscheinen. Damit ist jedoch noch nicht geklärt, warum Iavolen sich der ersten Person Plural bedient. c) possessio . . . comprehensa Weiterhin ist ungewöhnlich, dass die Formulierung possessionem comprehendere37 benutzt wird. Nach heutigem Sprachgefühl würde man eher erwarten, dass res ergriffen werden und dies dazu führt, dass man dadurch Besitz erlangt. Besitz bezeichnet dann die Rechtsposition, die man im Anschluss an die Ergreifung von Sachen inne hat. So lässt sich auch das pertinet am Ende von Iav. D. 41, 2, 23 pr. verstehen. Der Besitz steht jemandem zu oder lässt sich zuordnen. Possessionem comprehendere hingegen müsste man wörtlich als „Besitz ergreifen“ übersetzen. Diese Wendung erscheint zwar nach modernem Empfinden auch nicht ungewöhnlich. Allerdings hat der Ausdruck dann bereits eine vom engen Wortsinn abweichende Bedeutung. Wenn zum Beispiel davon die Rede ist, dass von einem Stück Land Besitz ergriffen wird, so meint das gerade nicht ein konkretes und faktisches Ergreifen des Besitzobjekts. Gerade diese Bedeutung kommt hingegen comprehendere für gewöhnlich im Latein der römischen Juristen zu.38 d) naturaliter Erwähnenswert erscheint ferner der Gebrauch des Adverbs naturaliter. Wenn man bereits comprehendere als eine Beschreibung des faktischen Ergreifens auffasst, so erscheint naturaliter als überflüssiger Zusatz. Man fragt sich, ob es Iavolen um eine bloße Verstärkung des faktischen Ergreifens ging, ob er den Gegensatz zum Erwerb der iura darstellen wollte oder ob vielleicht eine Abgrenzung zu einem an dieser konkreten Stelle nicht erörterten Erwerb der possessio auf andere Weise vorgenommen werden soll. 37

Infinitiv Präsens Aktiv zu possessio comprehensa in der Quelle. Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. comprehendere, 3) „erfassen, ergreifen“ und die dort angeführten Beispiele ad comprehendum furem oder comprehendatur raptor in ipso delicto. Unter dieser Bedeutung wird auch Iav. D. 41, 2, 23 pr. als Beispiel angeführt. 38

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B. Quellenexegese

Auch die in der romanistischen Literatur in Erwägung gezogene Deutung, dass an dieser Stelle möglicherweise nur eine Aussage über eine bestimmte Art von Besitz, nämlich die naturalis possessio getroffen wird,39 lässt sich exegetisch noch am ehesten an naturaliter festmachen. e) tamen Die Anknüpfung possessio tamen könnte zum einen so zu verstehen sein, dass der Besitz trotz seiner Einordnung als ius nicht auf den Erben übergeht. Dann würde tamen eine Ausnahme innerhalb der iura bezeichnen.40 Allerdings ist auch eine Deutung möglich und auf den ersten Blick auch näher liegend, wonach tamen gerade den Gegensatz zu den Rechten markiert. Je nachdem sind also unter Umständen Rückschlüsse möglich, ob der Besitz von Iavolen als Faktum oder als Recht angesehen wird. Dies ist zwar für das Verständnis der Stelle als solcher nicht entscheidend, kann jedoch durchaus für eine Gesamtschau hinsichtlich der Beschaffenheit der possessio und ihrer Tauglichkeit als Gegenstand einer Nachfolge relevant werden.41 Sofern man eine Nachfolge allein hinsichtlich Rechtspositionen anerkennt, stellt eine Qualifizierung des Besitzes als Faktum, das keine Rechtsposition ist, ein starkes Argument gegen eine Nachfolge des Erben in den Besitz dar. 3. Exegese a) Zusammenhang Es gilt zunächst herauszuarbeiten, womit sich das Fragment im Kontext befasst. Da die Verortung innerhalb der epistulae als solche, wie gesehen, wenig aufschlussreich ist, gilt es in einem ersten Schritt die gesamte lex 23 in D. 41, 2 in Blick zu nehmen. Das zu erörternde Fragment ist somit im Zusammenhang mit den beiden folgenden Paragraphen zu lesen.42 39 Zum Begriff ausführlich unter C.I. Für eine Aussage allein zur possessio naturalis bereits Pfeiffer, Practische Ausführungen, S. 203; ferner Wartensleben, Besitzvererbung, S. 23 unter Verweis auf die Glossatoren; zumindest missverständlich Kaser, Eigentum und Besitz, S. 337 Fn. 30, der die Stelle als Beispiel dafür anführt, dass naturalis zur Bezeichnung des Besitzes verwendet werde. 40 Fadda, Diritto ereditario romano II, S. 212 f. mit Verweis auf die dementsprechende Wiedergabe in den Basiliken. So wohl auch Guarino, SZ 61 (1941), S. 58, 69 Fn. 37bis. Allerdings sieht Guarino in dieser fälschlichen Einordnung der possessio als ius gerade einen Hinweis auf eine Interpolation. Gegen ein solches Verständnis Wesener, FS Kaser, S. 159, 167. 41 Siehe zu den Begriffen Übergang, Nachfolge und Fortsetzung eingehend unter C.III.1. 42 Da die §§ 1 und 2 für die vorliegende Arbeit lediglich zur Darstellung des Kontexts hilfreich erscheinen, werden sie in der Folge übersetzt, aber keiner umfassenden Untersuchung unterzogen. Eine exegetische Behandlung unter Berücksichtigung von Textkritik findet sich bei Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 202 ff.

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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§ 1 In his, qui in hostium potestatem pervenerunt, in retinendo iura rerum suarum singulare ius est: corporaliter tamen possessionem amittunt: neque enim possunt videri aliquid possidere, cum ipsi ab alio possideantur: sequitur ergo, ut reversis his nova possessione opus sit, etiamsi nemo medio tempore res eorum possederit.43 § 2 Item quaero, si vinxero liberum hominem ita, ut eum possideam, an omnia, quae si possidebat, ego possideam per illum. respondit: si vinxeris hominem liberum, eum te possidere non puto: quod cum ita se habeat, multo minus per illum res eius a te possidebuntur: neque enim rerum natura recipit, ut per eum aliquid possidere possimus, quem civiliter in mea potestate non habeo.44

Allgemein geht es hier um Fälle des Besitzerwerbs und dessen Aufrechterhaltung. Zudem kann man aus dem item quaero in § 2 schließen, dass zumindest in einem der beiden vorhergehenden Fragmente ebenfalls eine quaestio enthalten war.45 Im Zusammenhang wird deutlich, dass Iavolen im Principium zunächst eine Besitzergreifung durch den Erben fordert. Sowohl dieser als auch der aus der Gefangenschaft Zurückkehrende müssen tatsächlich Besitz begründen, während die Rechte bereits durch aditio beziehungsweise durch das ius postliminii 46 der betreffenden Person zugeordnet sind.47 Der abschließende § 2 knüpft dann an

43 Übersetzung: Für die, die in die Gewalt der Feinde geraten sind, besteht eine Sonderregelung zur Wiedererlangung (wörtlich: Erhaltung) ihrer Rechte: den Besitz aber verlieren sie körperlich: weiterhin können sie nichts besitzen, wenn sie selbst von jemandem anderen besessen werden: daraus folgt also, dass sie nach der Rückkehr neuer Besitz begründet müssen, auch dann wenn niemand in der Zwischenzeit ihre Sachen besessen hat. 44 Übersetzung: Gleichermaßen frage ich, wenn ich einen Freien derart fesseln werde, dass ich ihn besitze, ob ich dann alles, was er besaß, mittels seiner Person besitze. Er antwortete: Ich meine, dass du den Freien, wenn du ihn gefesselt hast, nicht besitzt; und wenn es sich so verhält, werden noch viel weniger seine Sachen, per illum von dir besessen werden. Es entspricht nämlich nicht der Natur der Sache, dass wir mittels der Person etwas besitzen können, den ich nicht in meiner potestas habe. Civiliter bleibt hier unübersetzt, ist aber der Sache nach auf potestate zu beziehen und nicht, wie Reggi, Liber homo bona fide serviens, S. 200 meint, auf possessio. 45 Ebenso Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 203 Fn. 18. 46 Vgl. hierzu Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 290 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Guarino SZ 61 (1941), S. 58 ff. Die Funktionsweise des ius postliminii im Rahmen der successio in possessionem wird noch näher erläutert, siehe B.V.3.c)dd)(6). 47 Auffällig ist an der Stelle, dass Iavolen in § 1 von einem retinere der iura ausgeht. Dies erscheint nur bedingt mit der übrigen Quellenlage vereinbar, wonach ein Wiedereinrücken in die vorherigen Rechtspositionen die Folge des ius postliminii darstellt. Vgl. Gaius 1, 129: Quodsi ab hostibus captus fuerit parens . . . pendet ius liberorum propter ius postliminii, quod hi, qui ab hostibus capti sunt, si reverse fuerint, omnia pristina iura recipiunt . . . sowie Gai. D. 28, 5, 32, 1: Is qui apud hostes est recte heres instituitur, quia iure postliminii omnia iura civitatis in personam eius in suspenso retinentur . . . . Weitreichende interpolatorische Eingriffe in das Fragment werden sich jedoch kaum aus diesem abweichenden Sprachgebrauch ableiten lassen. Im Ergebnis dürfte für das ius postliminii ähnliches gelten wie für die in der Folge näher darzustellende successio in possessionem; nämlich dass es den römischen Juristen weniger um eine systematisch und terminologisch einwandfreie Konstruktion als um die Herbei-

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B. Quellenexegese

die Begründung zu § 1 an. Iavolen argumentiert, man könne nicht besitzen, wenn man selbst besessen werde. Im Stile der für die epistulae typischen Fortführung eines – möglicherweise fiktiven – Dialogs,48 schließt sich also in § 2 die Frage an, ob man, wenn man einen Freien festsetzt, dann auch dessen Güter automatisch besitzt. Die verneinende Antwort gründet sich darauf, dass kein Besitz oder potestas über den Freien begründet wird. Dieser wird durch das beschriebene Verhalten der Fesselung eben nicht einem Haussohn oder Sklaven gleichgestellt, die kraft ihrer personenrechtlichen Stellung als Werkzeuge hinsichtlich Besitzerwerb und Besitzausübung fungieren können.49 b) Rechtsfrage Die Rechtsfrage im Principium lässt sich also derart umreißen, dass Iavolen – vermutlich selbst – die Frage aufwirft, ob der Besitz schon durch die aditio dem Erben zugeordnet werden kann oder ob es einer tatsächlichen Ergreifung bedarf. Warum diese Frage in besitzrechtlicher Hinsicht von Interesse ist, ergibt sich aus dem Kontext nicht. Ohne besondere Anhaltspunkte und angesichts der allgemein gehaltenen Formulierung ist ein Bezug zum Ersitzungsrecht zumindest nicht naheliegend.50 Streng genommen bereits nicht mehr Teil der von Iavolen beantworteten Rechtsfrage, sondern Folgeüberlegung ist der Aspekt, der stattdessen von Teilen der Wissenschaft in diese Stelle hineingelesen wird: ob nämlich stets mit dem Erwerb der Erbschaft, also auch wenn es wie im Falle eines heres necessarius keiner aditio bedarf, ein Besitzerwerb des Erben beziehungsweise ein Besitzübergang auf den Erben einhergeht. Insofern ist auch Iavolens Antwort auf die konkrete Rechtsfrage allein als Ablehnung des Besitzerwerbs durch aditio zu ver-

führung als gerecht empfundener Ergebnisse ging. Insofern erscheint das retinere in D. 41, 2, 23, 1 eine bloße untechnische Beschreibung der Effekte des ius postliminii. Ähnlich wie hier auch Benöhr, Besitzerwerb S. 74 Fn. 10, im Ergebnis ebenso Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 203. Anders Guarino, SZ 61 (1941), S. 59 ff. und Gioffredi, SD 16 (1950), S. 13, 49 ff. Auch Gioffredi formuliert auf S. 44 trotz der angenommenen Interpolation in der Sache zutreffend: „. . . i classici hanno escogitato un regime pratico soddisfacente, ma sarebbe illusione attendersi una corrispondente costruzione giuridica teoricamente perfetta.“ 48 Vgl. zu Eigenart und Zweckbestimmung der epistulae des Iavolen, Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 111 ff. Konkret zu D. 41, 2, 23 siehe ebenda, S. 208. 49 Siehe vertiefend hierzu am Beispiel der Besitzausübung per colonum in Paul. D. 41, 2, 30, 5 unter B.VI.3.c)aa). 50 Anders Coppola Bisazza, Rivista 11 (2011), S. 1, 2 Fn. 14. Eine Einordnung im Ersitzungsrecht muss jedenfalls dann abgelehnt werden, wenn man davon ausgeht, dass bereits Iavolen die Parallele zwischen Erbfall im Principium und ius postliminii in § 1 bewusst zieht. Denn anders als ein Erbe durch die successio in possessionem in die Lage versetzt wird, die vom Erblasser begonnene Ersitzung zu vollenden, bricht die von einem captivus zuvor begonnene Ersitzung mit der Gefangennahme grundsätzlich ab. Siehe hierzu unten B.V.3.c)dd)(6).

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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stehen.51 Im Zusammenhang mit § 1 wird insofern aufgezeigt, dass die besonderen Rechtsfolgen, die sich an die aditio oder das ius postliminii anknüpfen, gerade nicht für den Besitz gelten.52 c) Erklärung der Auffälligkeiten aa) heredes instituti Die Unstimmigkeit, dass die Gruppe der testamentarisch eingesetzten Erben einer aditio bedürfe, um die Erbschaft zu erwerben, entsteht allein dann, wenn man in das Principium eine allgemeine Aussage hinsichtlich des Besitzübergangs auf die Erben hineinliest.53 Allerdings handelt es sich, wie soeben gezeigt, gerade nicht um eine systematische oder didaktische Darstellung des Erbrechts, für die man solche Maßstäbe anlegen dürfte. Stattdessen werden in D. 41, 2, 23 Fragestellungen aus dem Themenkreis der Besitzerlangung zusammengefasst. Wenn man also die Schilderung eines konkreten Sachverhalts zu Grunde legt, in dem testamentarisch eingesetzte Erben eine aditio vorzunehmen hatten, so entstehen keinerlei sachliche Brüche. Die Auslassung einer quaestio zwecks Komprimierung wäre kein überraschendes Phänomen.54 Ebenso ist denkbar, dass eine solche gar nicht ausgelassen werden musste, wie sich im Folgenden insbesondere im Zusammenhang mit der Verwendung der ersten Person Plural im Principium erklären lässt. Dann würde D. 41, 2, 23 pr. lediglich als veranschaulichendes Beispiel zur Iavolen eigentlich interessierenden Frage hinleiten: nämlich den in § 1 untersuchten Auswirkungen des ius postliminii auf den Besitz des Rückkehrers. bb) nos Der Gebrauch der ersten Person für die eingesetzten Erben wurde zwar als Auffälligkeit benannt, ist jedoch bei näherer Betrachtung keinesfalls ungewöhn51 In diesem Punkt ist die Aussage jedoch eindeutig und schließt die Konzeption eines Besitzerwerbs „anche se virtuale“ an allen Erbschaftsgegenständen mit Antritt der Erbschaft aus. Die Position Coppola Bisazzas, Rivista 11 (2011), S. 1, 3 erscheint daher nicht haltbar. 52 Zu diesem Fazit gelangt hinsichtlich § 1 auch Mayer-Maly, Putativtitelproblem, S. 74 f. 53 Die Paraphrase des Anonymus in den Basiliken verallgemeinert den Text noch weiter, siehe Bas. 50, 2, 22: ¢O klhronümoò tJ mÊn ålla dßkaia æxei, nomÌn dÊ Õte katÜsxÂh swmatikµò (BT 2336, 15–19); Übersetzung: „Der Erbe hat die übrigen Rechte, den Besitz aber dann, wenn er ihn körperlich ergreift“. Scholien zum 50. Buch der Basiliken, die das Verständnis von D. 41, 2, 23 pr. in justinianischer Zeit vermitteln könnten, haben sich nicht erhalten. 54 Eine solche Entnahme der Stelle aus einem größeren Zusammenhang, wo der Bezug zu einem konkreten Testamentserben hergestellt ist, vermuten unter anderem Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 201 und Gnoli, Studi Biscardi III, S. 205, 211 Fn. 19.

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B. Quellenexegese

lich bei Iavolen55 und überhaupt in den Texten der römischen Juristen.56 Gerade wenn eine quaestio wiedergegeben wird, kann hierbei die Frage eines ego wiedergegeben werden. Dennoch überrascht es, wenn sich der Antwortgeber selbst in den Kreis der Fragesteller einbezieht. Dies gilt umso mehr, als sich in § 2 auf die wiedergegebene quaestio, item quaero, die rechtliche Antwort zunächst direkt an den Fragesteller richtet, si vinxeris. Allerdings vermischen sich in der Folge erneut die Perspektiven. Zunächst tritt Iavolen erkennbar als Autor der Antwort auf, eum te possidere non puto, ehe er am Ende wieder auf die erste Person Plural und sogar die erste Person Singular zugreift, um eine Erklärung für seine Rechtsmeinung zu liefern, neque enim rerum natura recipit, ut per eum aliquid possidere possimus, quem civiliter in mea potestate non habeo. Diese Erklärung erscheint dann als allgemein geltender Grundsatz, aus dem sich konkret die Antwort für den Fragesteller in § 2 ableiten lässt.57 Dass angesichts der häufig abgekürzten Formen von posse ein bloßer Abschreibefehler vorliegt, der possim zu possimus werden ließ, erscheint möglich, wenn auch nicht zwingend.58 Das Phänomen der wechselnden Perspektive würde dadurch jedoch nicht geklärt. § 1 hingegen verwendet konsequent die dritte Person. Überträgt man diese Verwendung der Perspektiven in § 2 auch auf das Principium könnte man in der darin präsentierten Aussage eine vorangestellte rechtliche Gewissheit verstehen. Durch die Problemverortung und eine nachvollziehbare Lösung der vergleichbaren Rechtsfrage bezüglich eines Besitzerwerbs des Erben mittels aditio würde dann zu der Argumentation bei der komplexeren Folgefrage nach einem Besitzerwerb im Rahmen des ius postliminii hingeführt.59 Demnach läge dem Principium gar keine quaestio zu Grunde, sondern es würde 55 Vgl. zum Beispiel Iav. D. 41, 2, 21 pr.: Interdum eius possessionem, cuius ipsi non habemus, alii tradere possumus . . . . Siehe zu dieser Stelle im Detail unten D.IV.1.b). 56 Vgl. nur die unter B.VI. exegetisch behandelte Stelle Paul. D. 41, 2, 30, 5: Quod per colonum possideo, heres meus nisi ipse nactus possessionem non poterit possidere: retinere enim animo possessionem possumus, apisci non possumus . . . . 57 Dass der Besitzerwerb durch einen procurator letztlich anerkannt wurde, ändert nichts am Grundsatz, dass durch Personen, die nicht in potestate sind, kein Besitz begründet werden kann. Hierzu und zur Unterscheidung zwischen Besitzausübung und Besitzbegründung durch Freie, siehe unten B.VI.3.c)aa). Dass es in D. 41, 2, 23, 2 in der Sache um einen Besitzerwerb durch den festgesetzten Freien geht, ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Kontext. Daher könnte Iavolen sich auch bei seinem Vergleich mit dem Besitzmittler in potestate gerade auf den Besitzerwerb bezogen haben. 58 Dafür Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 207 f., der auf Beispiele für solche Siglen in Mommsens Erläuterungen zu dessen Apographum der Fragmenta Vaticana, Berlin 1859, S. 385–388 verweist. In Studemunds Apographum zu den Gaius-Institutionen, Leipzig 1874, finden sich Abkürzungen für Formen von posse auf S. 284 f. Wahrscheinlicher erscheint jedoch ein Abschreibefehler aufgrund der Annahme einer Abkürzung der Endung -mus, vgl. Studemund, S. 277 f. 59 Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 203 f. weist in den epistulae mehrfach „allgemein gefasste Einleitungsbemerkungen“ nach, ohne jedoch D. 41, 2, 23 pr. als eine solche in Erwägung zu ziehen.

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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dazu dienen, dem Fragesteller anhand einer bekannten Konstellation vor Augen zu führen, wie seiner konkreten quaestio zu begegnen ist. Freilich spricht diese Erklärung eher für eine allgemeine Aussage. Dann drängen sich jedoch wiederum Zweifel hinsichtlich der Formulierung cum heredes instituti sumus auf, die insbesondere von Eckardt, an und für sich stimmig, als konkrete Falllösung gedeutet wird. Diese Deutung braucht jedoch auch angesichts der in § 2 aufgezeigten Herangehensweise nicht aufgegeben zu werden. Zum einen lässt sich insgesamt kein von Iavolen konsequent durchgehaltenes Muster der Verwendung der Personen und Perspektiven nachweisen. Aber auch wenn man zumindest für die zusammenhängende Passage aus dem ersten Buch der epistulae eine solche Parallele annimmt, bleibt die vorgeschlagene Deutung von instituti haltbar. Es besteht ein Unterschied zwischen einer allgemein formulierten Lösung für eine bekannte und konkrete Konstellation und einer abstrahierenden Lösung für ein theoretisches Rechtsproblem. Konkret lässt sich das für D. 41, 2, 23 wie folgt zusammenfassen: Zur Veranschaulichung der Notwendigkeit einer faktischen Ergreifung der Sache zur Besitzbegründung genügt das konkrete Beispiel der aditio der eingesetzten Erben. Ein Besitzerwerb ist mit dem Erbschaftserwerb nicht verbunden. Diese rechtliche Gewissheit dient zur Veranschaulichung der eigentlich interessierenden Frage nach den Auswirkungen des ius postliminii auf den Besitz in § 1. Zu diesem Zweck bedarf es keiner rechtlich komplexen, allgemeinen Stellungnahme zur Frage eines Besitzerwerbs durch den Erben. Dargestellt wird von Iavolen lediglich ein Fall, in dem Rechtserwerb und Besitzerwerb ersichtlich auseinanderfallen, wie es bei einem Erbschaftserwerb mittels aditio der Fall ist. Eine allgemeine Aussage zum Besitzerwerb des Erben, oder gar speziell dem Besitzerwerb des suus heres, lässt sich hingegen weder in der einen noch in der anderen Richtung aus der Stelle ableiten. cc) possessio . . . comprehensa Überwiegend wird das Erlangen des Besitzes von den Juristen mit adipisci oder adquirere possessionem60 bezeichnet; auch nancisci 61 findet sich in den Quellen. Allerdings ist die sprachliche Gleichsetzung von Besitz und Besitzobjekt gerade bei Iavolen mehrfach feststellbar.62 Mit possessio comprehensa ist 60 Vgl. hierzu schon die Titelbezeichnung zu D. 41, 2 De adquirenda vel amittenda possessione, sowie exemplarisch Paul. D. 41, 2, 1, 2: Apiscimur autem possessionem per nosmet ipsos. Siehe weiterhin Paul. D. 41, 2, 1, 20: Per procuratorem tutorem curatoremve possessio nobis adquiritur . . . . 61 Zum Beispiel in Marcell. D. 41, 2, 19, 1: . . . ex alia causa possessionem nancisci velit oder auch in Paul. D. 4, 6, 31: . . . possessionem suae rei ab illo usucaptae nanctus sit . . . . 62 Vgl. Iav. D. 41, 3, 20: Possessio testatoris ita heredi procedit, si medio tempore a nullo possessa est und Iav. D. 46, 3, 79: . . . quod a nullo corporaliter eius rei possessio detinetur . . . . Auch in Paul. D. 41, 2, 1, 1 findet sich die vergleichbare Wendung possessionem adprehendere: . . . nam haec protinus eorum fiunt, qui primi possessionem eorum adprehenderint.

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B. Quellenexegese

also letztlich die tatsächliche Ergreifung der Sache gemeint, deren Besitz in Frage steht. Die Wendung spricht also nicht für einen interpolatorischen Eingriff an dieser Stelle.63 Sie ist eher ein Indiz für eine nicht streng durchgehaltene Besitzterminologie bei den klassischen Juristen. dd) naturaliter Naturaliter auf possessio zu beziehen, erscheint schon grammatikalisch kaum möglich. Sollte die possessio näher bezeichnet werden, so bedürfte es eines Adjektivattributs und gerade nicht eines Adverbs. Auch ist aus dem Kontext der Stelle nur schwer ersichtlich, warum eine Aussage allein zur naturalis possessio getroffen werden sollte. Dies könnte allenfalls in Erwägung gezogen werden, wenn man possessio anderer Art, zum Beispiel in einer Ausprägung als possessio ad usucapionem bereits in omnia iura mit umfasst sähe.64 Die konkrete Stelle gibt für eine solche Gegenüberstellung nichts her. Auch ist darin keine Selbstverständlichkeit zu erblicken, die der Jurist nicht auszuführen braucht, insbesondere wenn man die ausdrücklichen Gegenüberstellungen von possessio naturalis und civilis in den Digesten bedenkt.65 Wenn man naturaliter hingegen als eine Verstärkung des Gegensatzes zwischen einem transire der iura und der Faktizität des Besitzes versteht, so passt dies durchaus ins Bild. Gestützt wird dieses Verständnis durch die in etwa parallele Gestaltung in § 1. Auch hier wird dem retinere der Rechte das corporaliter66 amittere des Besitzes gegenübergestellt. Naturaliter und corporaliter bezeichnen in der Sache das Gleiche, nämlich das faktische Wesen des Besitzes. Die fraglichen Objekte müssen tatsächlich ergriffen werden beziehungsweise werden durch die tatsächliche Beendigung des Zugriffs nicht mehr

63 Vgl. zu den terminologischen Auffälligkeiten bei Iavolen und insbesondere dem Gebrauch von comprehendere in Beziehung mit possessio auch die Ausführungen bei Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 202. Ergänzend zu den hier genannten Stellen wird dort zusätzlich Iav. D. 50, 16, 115 genannt. Zu dieser Stelle siehe unten C.I.2.a) Fn. 656. 64 Zwar lässt sich aus der unter B.V. noch näher zu erörternden Stelle Paul. D. 4, 6, 30 pr. auf den ersten Blick ein solcher Besitzübergang folgern. Dass man den dann entstehenden Widerspruch durch eine Beschränkung der vorliegenden Stelle auf die naturalis possessio auflöst, wie Pfeiffer, Practische Ausführungen, S. 203 dies tut, würde jedoch den Kontext von D. 41, 2, 23 außer Acht lassen. 65 Iul. D. 41, 5, 2, 1: Quod vulgo respondetur causam possessionis neminem sibi mutare posse, sic accipiendum est, ut possessio non solum civilis, sed etiam naturalis intellegatur . . . . Ausführlich zu dieser Stelle im Rahmen der Darstellung der usucapio pro herede siehe unten B.IV.2.c)ee)(2); weiterhin Ulp. D. 45, 1, 38, 7 (49 ad Sab.): . . . sed quamvis civili iure servus non possideat, tamen ad possessionem naturalem hoc referendum est, et ideo dubitari non oportet, quin et servus recte ita stipuletur zur Frage der Verwendung der Stipulationsklausel possidere mihi licere spondes durch einen Sklaven. Zu beiden Stellen siehe insbesondere Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 40, 45 ff. 66 Vgl. zum von Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 85 f. geäußertem Interpolationsverdacht im Zusammenhang mit einer möglichen Besitzerhaltung animo und dessen zutreffender Ablehnung Benöhr, Besitzerwerb, S. 75.

II. Iav. D. 41, 2, 23 pr. (1 epistularum)

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besessen. Bei den Rechten hingegen zieht allein die aditio oder die Rückkehr aus der Gefangenschaft die jeweils beschriebenen Rechtsfolgen nach sich. ee) tamen Zunächst liegt das Verständnis nahe, dass tamen hinsichtlich der possessio einen Gegensatz zum Übergang der iura bezeichnet. Die Aussage ist dahingehend eindeutig, dass die possessio nicht bereits mit dem Antritt der Erbschaft übergeht. Der Gegensatz liegt insofern auf den unterschiedlichen Rechtsfolgen, die der Antritt hinsichtlich der Rechte und des Besitzes hat. Unterstrichen wird dies durch ein Verständnis, das omnia iura mit der Erbschaft und somit der Gesamtheit der Rechte gleichsetzt.67 Demnach geht es in der Sache nicht um eine allgemeinverbindliche Einordnung der possessio als ius oder factum. Iavolen bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Besitz durch tatsächlichen Zugriff und somit nicht durch den Antritt der Erbschaft erworben wird. Dass darüber hinaus auch auf Ebene der Kategorien ius und factum ein Gegensatz oder gerade eine Ausnahme herausgestellt werden soll, erscheint im Rahmen der konkreten Textstelle und zur Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht intendiert.68 Von der sprachlichen Konstruktion ausgehend kann vielmehr die bloße Gegenüberstellung der verschiedenen Rechtsfolgen als wahrscheinlich gelten. Ein weiterer Gegensatz zwischen possessio und den iura in D. 41, 2, 23 pr. wird teilweise insofern vermutet, als es sich bei der possessio um Sachen handele, die nicht im Eigentum des Erblassers standen.69 Allerdings zeigt gerade die Darstellung des Zusammenhangs der Textstelle, dass nicht nur das Fehlen sprachlicher Anhaltspunkte, sondern auch der Kontext gegen dieses Verständnis spricht. 4. Interpolationsverdacht; Rekonstruktion Solazzis Auch wenn die vorstehende Exegese ein stimmiges Gesamtbild liefert, so soll dennoch kurz Stellung genommen werden zu der konkreten Interpolationsvermutung, die Solazzi im Jahre 1931 hinsichtlich D. 41, 2, 23 pr. vorgebracht hat,70 und die in der Folge durchaus auch so akzeptiert wurde.71 67 In diese Richtung lässt sich die Deutung Guarinos, SZ 61 (1941), S. 58, 72 Fn. 40 weiter fortentwickeln, der omnia iura mit der „totalità dei diritti“ gleichsetzt. Von der Gesamtheit der Rechte erscheint der Weg zur Erbschaft als solcher, angesichts der gängigen Umschreibung der Erbfolge mit dem Bild des succedere in locum defuncti, nicht mehr weit, vgl. knapp zum Wesen der Erbfolge Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 65 Rn. 1 ff. Zum Begriff succedere siehe unter C.III.2. 68 So auch Bonfante, Corso III, S. 227 f., der zwar aus D. 41, 2, 23 pr. die Faktizität des Besitzes ableitet, allerdings mehr aus der Formulierung naturaliter comprehensa. 69 So Coppola, IURA 45 (1994), S. 176, 183 Fn. 20. 70 Solazzi, BIDR 39 (1931), S. 5–17; ebenfalls enthalten in Solazzi, Scritti III, S. 379–387, worauf sich die folgenden Zitierungen beziehen.

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a) Darstellung Solazzi hält es für wahrscheinlich, dass der Anfang des Fragments eigentlich cum heredes extranei sumus gelautet habe.72 Er versteht den überlieferten Wortlaut dahingehend, dass ein Übergang ohne materielle Ergreifung allein für den testamentarischen Erben verneint werde. Es werde also ein Gegensatz zwischen diesen und Intestaterben dargestellt, der so keinen Sinn mache. Zudem sei eine Limitierung des Antrittserfordernisses auf die eingesetzten Erben ebenso falsch wie die Aussage, dass alle Erben der aditio bedürften. Ferner müssten auch nicht testamentarisch eingesetzte extranei heredes die Erbschaft antreten, während der suus heres auch bei testamentarischer Einsetzung ipso iure die Erbschaft erwirbt. Die bis hierhin wiedergegebenen Argumente werden beispielsweise auch von Guarino akzeptiert. Allerdings sieht dieser darin lediglich den Nachweis für eine Interpolation, während er Solazzis Rekonstruktionsversuch ablehnt.73 Zudem geht Solazzi davon aus, dass im justinianischen Recht kein Erbe unmittelbar in den Besitz nachgefolgt sei, weshalb die Kompilatoren extranei tilgen mussten. Dass dann die Formulierung cum heredes sumus weniger fehlerhaft gewesen wäre, könne weder gegen eine Interpolation noch gegen die Wahrscheinlichkeit der von ihm dargelegten Rekonstruktion vorgebracht werden. Solazzi scheint bereits auf Kritik gefasst gewesen zu sein und macht auch keinen Hehl daraus, dass die von ihm vorgeschlagene Lesart ein „ottimo argomento“ zum Beleg seiner These sei, dass der suus bereits mit der Delation Besitzer der Erbschaftsgegenstände wird.74 b) Ablehnung In der Tat erweckt Solazzis Rekonstruktion vor allem den Eindruck, dass sie einen Weg ebnen soll, der eigenen These vom unmittelbaren Besitzübergang auf den suus heres vermeintlich widersprechende Quellen, als Interpolation abzutun. Der vorgeschlagene Wortlaut setzt dann bereits die eigentlich zu beweisende These als korrekt voraus und passt die Textstelle dahingehend an. Dies ist ein Zirkelschluss. Der Gegenschluss auf Intestaterben ist zudem nicht unbedingt naheliegend, geschweige denn zwingend.75 Auch die Voraussetzung, dass im jus71 Siehe zum Beispiel von Lübtow, Studi Grosso II, S. 585 Fn. 17; derselbe, Studi de Francisci I, S. 407, 469; Carcaterra, Possessio, S. 102. 72 Solazzi, Scritti III, S. 379, 380. 73 Guarino, SZ 61 (1941), S. 58, 69 Fn. 37bis. 74 So klingt es zumindest in Solazzi, Scritti III, S. 379, 380: „Ma non vogliamo proclamare che gli avversarii non possano eliminare dal dibattito il nostro frammento proponendone una diversa restituzione. Se sarà proposta, la discuteremo.“ Von einer „prova testuale“ ist hingegen in Solazzis Diritto ereditario romano II, S. 145 Fn. 2 die Rede. 75 Siehe nur Biondi, Diritto ereditario romano, S. 321; Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 201.

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tinianischen Recht kein Erbe den Besitz unmittelbar erlangt habe – man ergänze: die sui heredes zuvor jedoch schon –, ist tatsächlich bereits Teil seiner These.76 Gewiss hat Solazzi dahingehend Recht, dass eine Verallgemeinerung der implizit getätigten Aussagen, dass nämlich die testamentarischen Erben die Erbschaft antreten müssen, so nicht mit unserem quellengestützten Wissen übereinstimmt. Doch da erst seine eigene Verallgemeinerung der Aussage des Iavolen diese Unstimmigkeiten hervorruft, liefert Solazzi eigentlich überhaupt keine Argumente, die noch für eine Interpolation sprechen. Die übrigen eingangs genannten und auch ohne die Annahme einer Interpolation erklärbaren Auffälligkeiten finden bei ihm keine Erwähnung. 5. Fazit Somit darf die Stelle in ihrem oben zitierten Wortlaut als echt angenommen werden.77 Auch eine Kürzung ist letztlich nicht wahrscheinlich, wenn man das Principium lediglich als Hinführung zur eigentlichen Problematik versteht, den Auswirkungen des ius postliminii auf den Besitz des Rückkehrers.78 Für eine darüber hinausgehende Veränderung seitens der Kompilatoren gibt es keine Anhaltspunkte. Folglich bleibt es beim Inhalt der überlieferten Stellungnahme Iavolens. Sie besagt in ihrem konkreten Zusammenhang, dass die possessio erst mit der tatsächlichen Ergreifung und nicht bereits mit der aditio auf den Erben übergeht.

III. Ulp. D. 47, 4, 1, 15 (38 ed.) 1. Einführung der Stelle Ebenfalls als Zentralstelle für die aufgeworfene Problematik wird allgemein Ulp. D. 47, 4, 1, 15 erachtet: Scaevola ait possessionis furtum fieri: denique si nullus sit possessor, furtum negat fieri: idcirco autem hereditati furtum non fieri, quia possessionem hereditas non habet, quae facti est et animi. sed nec heredis est possessio, antequam possideat, quia hereditas in eum id tantum transfundit, quod est hereditatis, non autem fuit possessio hereditatis.

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Vgl. Tomulescu, Studi Grosso IV, S. 417, 446 Fn. 85. Kaser, Eigentum und Besitz, S. 326 Fn. 79. 78 Anders Gnoli, Studi Biscardi III, S. 211 Fn. 19, der davon ausgeht, dass der Sachverhalt um die testamentarisch eingesetzten Erben von Iavolen ursprünglich näher ausgeführt worden sei. Dies erscheint nicht ausgeschlossen, ist letztlich aber nicht mehr als eine Vermutung. 77

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Die Textstelle stammt aus dem 38. Buch des Ediktskommentars von Ulpian, der insgesamt 81 libri umfasst.79 Domitius Ulpian wurde etwa 170 nach Christus in Tyros geboren80 und war unter anderem unter Septimius Severus Leiter der Kanzlei a libellis sowie unter Alexander Severus Prätorianerpräfekt.81 Das Fragment besagt dem ersten Eindruck nach, dass auf den Erben nur das übergeht, was in der Erbschaft enthalten ist. Dazu zählt nicht der Besitz. Der Besitz ist jedoch laut Scaevola82 das durch die actio furti geschützte Rechtsgut. 2. Auffälligkeiten a) Besitz als geschütztes Rechtsgut Die Aussage Scaevolas, die actio furti sanktioniere eine Besitzverletzung, unterscheidet sich von anderen Umschreibungen des furtum und erscheint gerade deshalb deutungsbedürftig. Andere Zeugnisse aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts belegen, dass nicht allein der Eigentümer zur actio furti aktivlegitimiert ist, sondern ein an der Sache bestehendes Interesse ausreicht.83 Ein solches Interesse kann beispielsweise ein gutgläubiger Eigenbesitzer haben, der ein bloßes Retentionsinteresse hat84 oder – um ein geläufigeres Beispiel zu wählen – ein schuldrechtlich zur Herausgabe verpflichteter Detentor,85 der dem Eigentümer für custodia haftet und damit die Diebstahlsgefahr trägt.86 Das Eigentum wird praktisch 79 Liebs, HLL IV, S. 177 f.; Honoré, Ulpian, S. 159. Dort äußert sich Honoré auch zur Datierung der libri ad edictum. Zustimmend Liebs, HLL IV, S. 177 Fn. 2. 80 Liebs, Römisches Recht, S. 60; derselbe, HLL IV, S. 176 f. 81 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 34 Rn. 26; Honoré, Ulpian, S. 14; Liebs, HLL IV, S. 176 f. 82 Auf welches Werk Scaevolas sich Ulpian bezieht, ist nicht feststellbar, siehe Lenel, Palingenesia II, Sp. 321. 83 Vgl. hierzu Gaius 3, 203: Furti autem actio ei conpetit, cuius interest rem salvam esse, licet dominus non sit . . . . Iav. D. 47, 2, 72, 1: . . . quia furti agere potest is, cuius interest rem non subripi . . . . Ulp. D. 47, 2, 10: Cuius interfuit non subripi, is actionem furti habet. Zur Voraussetzung eines Interesses für die Aktivlegitimation siehe auch Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 105 (1988), S. 334, 346; Solazzi, Scritti III, S. 547, 550. 84 Siehe die Darstellung Manthes, Libri ex Cassio, S. 136 f. zu Iav. D. 47, 2, 75. Hier wurde einem gutgläubigen Käufer eine furtive Sklavin erneut gestohlen, die ihm zuvor ein Nichteigentümer verkauft hatte. Gegenüber dem Eigentümer hat der Käufer aber nur im Falle von Verwendungen ein Retentionsinteresse, dessen duplum dann mit der actio furti verlangt werden kann. 85 Zum Begriff der Detention näher unter C.I.2.a). Vorliegend soll der Hinweis genügen, dass es sich anders als zum Beispiel beim Mieter im heutigen deutschen Recht, nicht um einen Fremdbesitzer handelt, sondern um eine Person, die die Sache zwar innehat, jedoch nach römischem Recht nicht als Besitzer angesehen wird. 86 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 617 mit zahlreichen Nachweisen in Fn. 30. Das von Gaius 3, 206 gebrauchte Beispiel für diese Fallgruppe ist unter anderem der Entleiher (commodator), der dann ebenso wie der in 3, 205 genannte Walker (fullo) und

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die größte Relevanz entfalten. Ein furtum possessionis ist dem römischen Recht nicht unbekannt, wird jedoch in aller Regel mit einer speziellen Situation assoziiert: Der Wegnahme einer eigenen Sache aus fremdem Ersitzungs- oder Pfandbesitz.87 Dass possessio insofern nicht das allgemein von der actio furti geschützte Rechtsgut ist, zeigt sich gerade an Konstellationen, in denen die actio furti gewährt wird, ohne dass der Aktivlegitimierte possessor nach römischem Verständnis wäre oder ohne dass er zumindest die faktische Herrschaft über die Sache noch ausüben könnte.88 Es stellt sich demnach für D. 47, 4, 1, 15 die Frage, ob das Abstellen auf ein furtum possessionis einer besonderen Situation geschuldet ist und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. b) Tempora-Verschiebung Eine weitere Auffälligkeit ist die Tempora-Verschiebung im letzten Satz des Paragraphen. Hier heißt es zunächst im Präsens hereditas in eum id transfundit und anschließend im Perfekt non autem fuit possessio hereditatis. Zwischengeschaltet ist der im Präsens stehende Relativsatz, quod est hereditatis, in dem die Einschränkung vorgenommen wird, dass die Erbschaft nur das auf den Erben überträgt, was Teil der Erbschaft ist. Die Erbschaft überträgt also auf den Erben, was Teil der Erbschaft ist, der Besitz aber war nicht Teil der Erbschaft. Die Vorzeitigkeit von fuit scheint nicht zu der ansonsten allgemein gehaltenen Erklärung im Präsens zu passen. Hier würde man eher eine Formulierung wie non autem est possessio hereditatis erwarten. Es gilt insofern eine Erklärung für den punktuellen Gebrauch des Perfekts zu finden. c) possessio, sobald der Erbe besitzt Zudem erscheint die Aussage überflüssig, dass possessio des Erben erst gegeben sei, wenn er besitzt, possideat. Dass Besitz und Besitzen zeitlich zusammenSchneider (sarcinator) aktivlegitimiert ist: . . . ipsi furti actio conpetit, quia hoc casu ipsius interest rem salvam esse. Für weitere Beispiele und speziell zur Haftung post litem contestatam siehe Kaser, FS von Lübtow, S. 291, 296 ff. 87 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 615 mit weiteren Nachweisen in Fn. 17. Ausführlich hierzu Pampaloni, Scritti, S. 671, 674 ff. mit weiteren Beispielen. 88 Der bei Gaius 3, 206 genannte commodator als Nichtbesitzer nach römischem Verständnis wird konkret ebenfalls in Marcell. D. 47, 2, 69: Hereditariae rei furtum fieri Iulianus negabat, nisi forte pignori dederat defunctus aut commodaverat genannt, auch wenn diese Stelle bereits speziell das furtum an Erbschaftssachen thematisiert. Siehe weiterhin die Nachweise bei Bonfante, Scritti II, S. 683, 697 beispielsweise zum furtum an von Bord geworfener Ware, Gai. D. 41, 1, 9, 8 oder an Tieren, die ein Wolf von der Herde weggeschleppt hat, Ulp. D. 41, 1, 44.

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fallen müssen, klingt zunächst recht banal. Insbesondere das Verb possidere könnte daher in einer anderen als der üblichen Bedeutung gebraucht sein. d) Bezugnahme Scaevolas Weiterhin ist auffällig, dass Ulpian Scaevola89 zitiert. Die Bezugnahme auf andere Juristen ist als solche keineswegs ungewöhnlich, um Autoritäten zur Stützung der eigenen Ansicht heranzuziehen oder sich gezielt von den Positionen anderer abzusetzen.90 Die Tatsache jedoch, dass auch in § 10 auf Scaevola verwiesen wird, lässt die Frage aufkommen, ob nicht ein engerer Zusammenhang zwischen diesen beiden Paragraphen besteht, als die überkommene Überlieferung nahelegt. e) quae facti est et animi Der auf den Begriff possessio zu beziehende Einschub, quae facti est et animi, klingt wie ein explikativer Zusatz. Dies könnte möglicherweise für einen kompilatorischen Eingriff sprechen. f) hereditas als Rechtssubjekt? Die Erbschaft wird in D. 47, 4, 1, 15 gewissermaßen personifiziert. Sie habe keinen Besitz, possessionem hereditas non habet. Inwieweit die hereditas iacens91 einem Rechtssubjekt angenähert war, ist strittig.92 Die Reichweite und 89 Quintus Cervidius Scaevola und nicht etwa Quintus Mucius Scaevola, vgl. Lenel, Palingenesia II, Sp. 321, 215. Anders Sirks, TR 81 (2013), S. 465, 503 Fn. 135. Dessen Argument, dass die behandelte Frage thematisch nicht zu Cervidius Scaevola passe, überzeugt jedoch nicht. Schon die bei Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 34 Rn. 16 beschriebene Praxisausrichtung der Juristen zur Zeit des Scaevola spricht für eine Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich der actio furti. Auch die Inskription zu Scaev. D. 47, 2, 70, die auf das vierte Buch der Quaestionen verweist, bestätigt dies. Laut Lenel, Palingenesia II, Sp. 275 findet sich hierin der Titel De furtis. 90 Die Praxis die Ansicht eines anderen Juristen als Ausgangspunkt einer eigenen Stellungnahme zu nutzen, zeigt sich anschaulich in der Kommentarliteratur ad Quintum Mucium oder ad Sabinum, vgl. Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 33 Rn. 21. 91 Es handelt sich hierbei nicht um einen technischen Begriff der klassischen Juristen, siehe nur Orestano, IURA 33 (1982), S. 1, 3 sowie Stiegler, SZ 115 (1998), S. 574, 575 Fn. 10; anders jedoch Bonfante, Corso VI, S. 254. Korrekter erscheint jedenfalls die Formulierung hereditas nondum adita. Andererseits ist der Begriff hereditas iacens unproblematisch, wenn man mit ihm nicht bereits eine Aussage über die Rechtssubjektsqualität der Erbschaft verbindet. Zumal auch in den Quellen selbst von einem Ruhen der noch nicht angetretenen Erbschaft die Rede ist, vgl. hereditas iacebat in Ulp. D. 43, 24, 13, 5 oder auch hereditas iacuerit in Ulp. D. 36, 4, 5, 20. 92 Die Details und die Entwicklung im römischen Recht sind bis heute umstritten; von der Annahme eines Rechtssubjekts über eine Vermögenseinheit wird nahezu alles

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auch der Grund einer derartigen Personifizierung durch Ulpian oder sogar durch Scaevola bedürfen näherer Untersuchung. 3. Exegese a) Zusammenhang93 D. 47, 4, 1 enthält ein vergleichsweise langes Exzerpt, zu dem man wohl auch Ulp. D. 47, 4, 3 hinzuziehen muss.94 Dieses Fragment dürfte ebenfalls dem 38. Buch des Ediktskommentars des Ulpian entstammen, auch wenn die Inskription das 13. Buch nennt. Der inhaltliche Zusammenhang und das aus dem 13. Buch des Gaius zum Provinzialedikt entnommene Fragment D. 47, 4, 2 machen ein Versehen der Kompilatoren wahrscheinlich.95 D. 47, 4 ist überschrieben mit: Si is, qui testamento liber esse iussus erit, post mortem domini ante aditam hereditatem subripuisse aut corrupisse quid dicetur. Beschrieben werden also die Rechtsauffassungen für die Situation, dass ein Sklave testamentarisch freigelassen wird und vor Antritt der Erbschaft durch den Erben Sachen aus der Erbschaft entwendet oder beschädigt. Die Situation ist deshalb eine besondere, weil der Sklave erst mit dem Wirksamwerden des Testamens die Freiheit erlangt.96 Solange der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht antritt,97 entfaltet auch das Testament keine Wirkung und der Sklave bleibt ein solcher. Zum Zeitpunkt seiner Handlung ist der Sklave also kein Freier und die Erbschaftsgegenstände sind noch nicht dem Erben zugeordnet. vertreten. Die Einordnung als res incorporalis durch Gaius 2, 14 betrifft die Bedeutung der hereditas als Rechtsobjekt. Treffend und mit der Quellenlage vereinbar erscheint das Bild, dass die Erbschaft an die Stelle einer Person tritt, hereditas personae vice fungitur, vgl. Flor. D. 46, 1, 22: Mortuo reo promittendi et ante aditam hereditatem fideiussor accipi potest, quia hereditas personae vice fungitur, sicuti municipium et decuria et societas. Siehe hierzu Olivecrona, Essays, S. 5, 8 sowie von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 610 f., zahlreiche weitere Nachweise dort auf S. 624. Das bei Florentin angesprochene Konzept gilt jedoch offenbar nur in quibusdam, also in gewissen Situationen, vgl. Paul. D. 41, 3, 15 pr.: . . . nam herditatem in quibusdam vice personae fungi receptum est. Einen ersten Eindruck mit Quellenzitaten vermitteln von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581 ff. sowie Orestano, IURA 33 (1982), S. 1, 9 ff.; zuletzt Dovere, SD 70 (2004), S. 13 ff. Zu älterer Literatur siehe Bonfante, Corso VI, S. 256 ff. 93 Vgl. hierzu teils vertiefend die Ausführungen von Scacchetti, Depauperamento, S. 23 ff., welche D. 47, 4 im Ganzen exegetisch behandelt, während vorliegend gerade D. 47, 4, 1, 15 von Interesse ist. 94 Lenel, Palingenesia II, Sp. 680 Fn. 4. Lenel schlägt eine Einordnung zwischen § 3 und § 4 vor. Dies ist schlüssig. 95 Lenel, Edictum Perpetuum, S. 333 Fn. 2; Stiegler, SZ 115 (1998), S. 574, 577 Fn. 22. 96 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 16 Rn. 4; Scacchetti, Depauperamento, S. 19 Fn. 42. 97 Zur Erlangung der Freiheit genügt bereits die Antretung durch einen von mehreren Miterben, vgl. Ulp. D. 47, 4, 1, 8: Ante aditam hereditatem sic accipere debemus antequam vel ab uno adeatur hereditas . . . .

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Für diese Konstellation gewährt das prätorische Edikt dem Erben Rechtsschutz in Form einer actio utilis auf das duplum gegen den inzwischen Freigelassenen.98 Dafür gibt es zunächst ein Bedürfnis, weil ein dominus keine actio gegen seinen Sklaven haben kann,99 da dieser in der potestas des Herrn und nicht selbst rechtsfähig ist. Zudem erfolgt die maßgebliche Wegnahme, ehe der Sklave die Freiheit erlangt. Im Verhältnis zwischen dominus und servus steht allein die coercitio offen.100 Aber auch diese ist in der D. 47, 4 zu Grunde liegenden Situation nicht einschlägig, da es zwischen dem Tod des Erblassers und der aditio durch den Erben gerade an einem dominus fehlt, der die coercitio ausüben könnte. Der Erbe ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht dominus.101 Auch ein Vorgehen gegen den in der Folge Freien ist nach ius civile nicht möglich, wohl weil eine Erbschaftssache Gegenstand der Wegnahme ist.102 Es folgen Ausführungen zum 98 Ulp. D. 47, 4, 1 pr.: . . . in eum intra annum utilem dupli iudicium datur; siehe auch Lenel, Edictum perpetuum, S. 333. 99 Vgl. Ulp. D. 47, 2, 17 pr.: Servi et filii nostri furtum quidem nobis faciunt, ipsi autem furti non tenentur: neque enim qui potest in furem statuere, necesse habet adverses furem litigare: idcirco nec actio ei a veteribus prodita est. Obwohl der Tatbestand verwirklicht ist, steht keine actio offen. Ulpian gibt hier offenbar zunächst die Position von Sabinus wieder, vgl. Huvelin, Furtum, S. 692. 100 Voci, Diritto ereditario romano I, S. 552. 101 Stiegler, SZ 115 (1998), S. 574, 579; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 552 weist darauf hin, dass sich daran selbst dann nichts ändert, wenn man statt der Konstruktion einer hereditas domina, wie sie in D. 47, 4, 1, 1: . . . quia hereditati furtum fecit, hoc est dominae, dominus autem dominave non possunt habere furti actionem cum servo suo . . . anklingt, eine Retroaktivität des Erbschaftserwerbs befürwortet. Zu der Fallgruppe, in der die römischen Juristen auf eine solche Fiktion zurückgreifen, siehe die Quellennachweise bei Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 5. Vermeintlich allgemein wird dieses Erklärungsmodell in Flor. D. 29, 2, 54 erwähnt: Heres quandoque adeundo hereditatem iam tunc a morte successisse defuncto intellegitur. Die Palingenesie zeigt aber auch zu dieser Stelle aus dem achten Buch der Institutionen des Florentinus den Bezug zur Stipulation, vgl. Lenel, Palingenesia I, Sp. 174. Auch Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 43 ff. behandelt die Stellen letztlich in diesem Zusammenhang. 102 Ulp. D. 47, 4, 1, 1: . . . neque ut liberum damnari, quia hereditati furtum fecit . . . . Siehe zum Ausschluss einer Klage gegen den Freien auch Ankum/van Gessel-de Roo/ Pool, SZ 105 (1988), S. 334, 345 f. sowie Scacchetti, Depauperamento, S. 41 ff. zu den unterschiedlichen Begründungen, der in der Sache nicht in Zweifel gezogenen Aussage Ulpians. Scacchetti selbst, S. 42 f. zieht den Gegenschluss aus Pomp. D. 47, 2, 44, 2: Si servus hereditarius nondum adita hereditate furtum heredi fecerit, qui testamento domini manumissus est, furti actio adversus eum competit, quia nullo tempore heres dominus eius factus est. Weil auch die Wegnahme einer Sache des Erben durch den Erbschaftssklaven eine actio furti auslösen könne, kann der Sklavenstatus allein nicht die prätorische actio rechtfertigen. Auch Talamanca, BIDR 91 (1988), S. 745, 752 begründet den Ausschluss einer actio furti im Fall von D. 47, 4 mit der Regel rei hereditariae furtum non fit und nicht wie zum Beispiel Valditara, Superamento, S. 405 und 407 mit dem Sklavenstatus im Moment der Wegnahme. Dies ist jedoch kaum mit der Konzeption der Noxalhaftung vereinbar, wie sie in Gaius 4, 77 ausgeführt wird: Diese Haftung wandelt sich in eine actio directa gegen den Täter, wenn dieser sui iuris ist. Allerdings kann man hiergegen einwenden, dass gerade keine Noxalhaftung ausgelöst wird, wenn der Sklave Sachen ergreift, die seinem Herrn gehören oder zumindest in dessen Nach-

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Verschuldensmaßstab und zum zeitlichen Anwendungsbereich der actio; nämlich nach dem Tod des Erblassers aber vor Antritt der Erbschaft.103 Nicht zur Anwendung kommt die actio, wenn die Wegnahme nach Antritt der Erbschaft geschieht und der Sklave unter einer Bedingung eingesetzt wurde, die noch nicht eingetreten ist. Stattdessen bleibt es bei der Möglichkeit der coercitio.104 Jedoch nur, wenn nicht continuo105 nach Antritt durch Bedingungseintritt die Freiheit erlangt wird und somit faktisch keine Möglichkeit zur häuslichen Züchtigung besteht.106 Dann besteht wiederum ein Bedürfnis für das prätorische Rechtsmittel. Dass dies für den statuliber nur gegolten habe, wenn der Erbe, noch ehe der Sklave frei wird, Kenntnis von dessen Delikt erlangt habe, steht als Position des Gaius ebenfalls in diesem Kontext.107 Somit hängt die Anwendung der actio auf den statuliber laut Gaius also nicht allein von objektiven Voraussetzungen ab. Streng genommen wird insoweit eine andere Situation beschrieben als in der Überschrift vorgegeben.108 Im von Gaius behandelten Fall und in D. 47, 4, 1, 3 nimmt der Sklave die Handlung offenbar nach Antritt der Erbschaft vor.109 Demnach fällt auch ausnahmsweise die Wegnahme nach Antritt der Erbschaft in den Anwendungsbereich der actio. Die Rechtfertigung liegt dann in der zumindest faktisch nicht gegebenen Möglichkeit der coercitio. Ferner wirkt es sich auch nicht auf die Anwendbarkeit der Klage aus, wenn der mittels Vindikationslegat vermachte Sklave vor dem Erbschaftsantritt eine Erbschaftssache wegnimmt. Allerdings trifft die Klage nun keinen Freigelassenen,

lass fallen. Außerdem schließt auch Pomp. D. 47, 2, 44, 2 einen Vorrang der coercitio vor der actio furti gerade nicht aus. Letztlich dürften beide Gründe zur Schaffung der actio praetoria beigetragen haben. 103 Ulp. D. 47, 4, 1, 2. 104 Ulp. D. 47, 4, 1, 3: . . . ecce nondum liber est: sed ut servus potest coerceri . . . . 105 Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. continuo: sofort, sogleich. 106 Vgl. Ulp. D. 47, 4, 1, 4 sowie Ulp. D. 47, 4, 3 mit offensichtlichem Bezug zu den §§ 3 und 4, vgl. zudem Fn. 94. 107 Vgl. Gai. D. 47, 4, 2: . . . quamvis in pluribus aliis causis iusta ignorantia excusationem mereatur. 108 D. 47, 4: . . . ante aditam hereditatem . . . . 109 Denn es ist vom statuliber die Rede, was erst dann korrekt erscheint, wenn die Erbschaft angetreten ist und die Freilassung allein vom Bedingungseintritt abhängt, vgl. Gaius 2, 200: . . . Nostri praeceptores heredis esse putant exemplo statuliberi, id est eius servi, qui testamento sub aliqua condicione liber esse iussus est, quem constat interea heredis servum esse . . . . Siehe hierzu auch Donatuti, Statulibero, S. 95. Keinen expliziten Hinweis auf diese Einschränkung enthält Paul. D. 40, 7, 1 pr.: Statuliber est, qui statutam et destinatam in tempus vel condicionem libertatem habet, allerdings ergibt sich dies auch schon daraus, dass die testamentarische Freilassung unter einer Bedingung, als Unterfall der testamentarischen Freilassung, neben dem Bedingungseintritt selbst auch die Wirksamkeit der Bedingung und insofern des Testaments voraussetzt. Dies wiederum hängt davon ab, dass die Erbschaft tatsächlich vom eingesetzten Erben erworben wird; vgl. zu den Prämissen Indra, Status quaestio, S. 215; Watson, Law of persons, S. 201; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 68 Rn. 18.

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sondern den Legatar im Wege der Noxalhaftung.110 Maßgeblich dürfte auch hier die nicht bestehende Möglichkeit einer coercitio sein, da der Legatar den Sklaven unmittelbar mit Wirksamwerden des Testamtens erwirbt.111 Anders wäre dies hingegen bei einem Damnationslegat.112 Zusammenfassend werden in der Folge noch einmal generaliter113 die drei bis dahin beschriebenen Anwendungsfälle der actio angeführt: Die actio ist einschlägig bei Eigentumswechsel wegen eines Vindikationslegats, Wegfall des Eigentums am Sklaven durch testamentarische Freilassung und wenn der Sklave die Freiheit durch Bedingungseintritt kurz nach der aditio erlangt. Im Anschluss bejaht Ulpian die Anwendbarkeit der actio auch für den Fall, dass der Erbe unverzüglich seiner Pflicht zur Freilassung des fideikommissarisch freigelassenen Sklaven, der ein Delikt gegen die Erbschaft verübt hat, nachgekommen ist.114 Der favor libertatis gebietet die sofortige Freilassung, Gerechtigkeitsaspekte ein Vorgehen gegen den nunmehr Freien. Im Falle einer Wegnahme durch den Sklaven, den der Erblasser im Testament für den pupillus testamentarisch freigelassen hatte,115 sei zu differenzieren: Wenn die Wegnahme zu Lebzeiten des Unmündigen geschieht, besteht die Möglichkeit einer coercitio domestica und die prätorische Klage findet keine Anwendung. Anderes gilt hingegen bei einer Wegnahme zwischen dem Tod des unmündigen Erben und dem Antritt des Nacherben. Wenn hier der Sklave auf res hereditariae aus der Erbmasse nach dem pupillus zugreift, so steht die actio offen.116 In der Folge wird der Anwendungsbereich der actio honoraria durch eine generelle Parallele zur actio furti erweitert:117 Überall dort, wo man mit der Diebstahlsklage vorgehen könnte, wenn der Sklave frei und das Tatobjekt keine Erbschaftssache wäre, soll das in D. 47, 4 kommentierte prätorische Rechtsmittel 110

Vgl. Ulp. D. 47, 4, 1, 5, hierzu Scacchetti, Depauperamento, S. 94 ff., 99. Vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 76 Rn. 4. 112 Vgl. Nicosia, Acquisto, S. 328 Fn. 71 113 Ulp. D. 47, 4, 1, 6. 114 Ulp. D. 47, 4, 1, 7. 115 Dies kann nur im Rahmen eines Testaments mit substitutio pupillaris geschehen sein. Der Erblasser setzt zunächst also einen unmündigen suus als seinen Erben ein. Für den Fall, dass dieser als Unmündiger sterben sollte, wird ein Ersatzerbe bestellt. Der Sklave soll nun dem pupillus dienen und die Freiheit erlangen, falls der Ersatzerbfall eintritt. Siehe Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 68 Rn. 10 sowie Voci, Diritto ereditario romano II 1, S. 150 f. speziell zur manumissio des Sklaven des pupillus. 116 Ulp. D. 47, 4, 1, 9. 117 Auf sämtliche Konstellationen, die die Aktivlegitimation zur actio furti verleihen, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Über die Ausführungen und Nachweise zu Beginn dieses Abschnitts hinaus sei auf die Nachweise bei Scacchetti, Depauperamento, S. 107 f. verwiesen. Auf die besonderen Voraussetzungen, wann eine actio furti im Zusammenhang mit Erbschaftssachen anwendbar ist, wird in der Folge noch im Detail einzugehen sein. 111

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greifen. Als Beispiele genannt werden Sachen, die der Erblasser als Pfand erhalten hat, gutgläubig besessene fremde Sachen und vom Erblasser entliehene Sachen. Dann gelte, dass ein hinreichendes Interesse des Erben bestehe.118 Man gelangt also zu einem weiten Begriff dessen, was in bonis119 des Erblassers war. Auch hinsichtlich Sachen, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht in die Erbmasse fallen, ist die Klage anwendbar, zum Beispiel bei der Wegnahme von Früchten oder eines partus, die anerkanntermaßen120 zur Erbschaft zählen.121 Dies ist naheliegend, bedarf aber der Erwähnung, da diese Sachen niemals in bonis122 des Erblassers waren. Es folgt eine Verknüpfung dieser Aussage über Zuwächse zur Erbschaft zum zuvor angesprochenen Fall des Pupillartestaments: Auch hinsichtlich Sachen, die der pupillus nach dem Erbfall erwirbt, in aller Regel durch seinen tutor, kann der Erbe, sofern der freigelassene Sklave sie vor dem Antritt der Erbschaft nach dem pupillus wegnimmt, mit der prätorischen Klage vorgehen.123 Überhaupt sei die Klage so weit zu verstehen, dass sie hinsichtlich aller Sachen Anwendung finde, bezüglich welcher der Erbe ein Interesse habe, dass diese nicht entwendet oder von dem testamentarisch freigelassenen Sklaven beschädigt werden.124 An dieser Stelle folgt das vorliegend interessierende Fragment D. 47, 4, 1, 15 mit seiner sogleich näher zu untersuchenden Aussage über den Anwendungsbereich der actio furti. Daran schließen sich noch vier weitere Paragraphen über die prozessualen Modalitäten der honorarrechtlichen Klage an (§§ 16–19). Deren Subsidiarität neben Schadensersatzklagen (§ 16) und parallele Anwendbarkeit neben der rei vindicatio (§ 17) werden ebenso thematisiert wie die Ausdehnung der Aktivlegitima118 Ulp. D. 47, 4, 1, 10: Haec actio locum habet non tantum in rebus, quae in bonis fuerunt testatoris, sed et si heredis interfuit dolum malum admissum non esse, quo minus ad se perveniret. 119 Speziell hierzu Ankum/Gessel-de Roo/Pool, SZ 105 (1988), S. 334, 346. Das in bonis esse in § 10 umfasst vorliegend also nicht nur im quiritischen oder bonitarischen Eigentum des Erblassers befindliche Sachen. 120 Vgl. Ulp. D. 5, 3, 20, 3: . . . fructus autem omnes augent hereditatem accesserint . . . sed et partus ancillarum sine dubio augent hereditatem. Siehe weiterhin Ulp. D. 5, 3, 25, 20: Augent hereditatem gregum et pecorum partus sowie Ulp. D. 5, 3, 27 pr.: Ancillarum etiam partus et partuum partus quamquam fructus esse non existimantur, quia non temere ancillae eius rei causa comparantur ut pariant, augent tamen hereditaem . . . . Die partus selbst zählen nicht zu den Früchten, weil die wirtschaftliche Bestimmung der Sklavin nicht darin liegt, Kinder zu haben, vgl. Dénoyez, Studi ArangioRuiz II, S. 287, 299 Fn. 38. 121 Ulp. D. 47, 4, 1, 11. 122 Vgl. den Wortlaut von Ulp. D. 47, 4, 1 pr.: . . . in bonis, quae eius fuerunt, qui eum liberum esse iusserit . . . . 123 Ulp. D. 47, 4, 1, 12; Scacchetti, Depauperamento, S. 111 ff. 124 Ulp. D. 47, 4, 1, 13/14.

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tion auf den Erben des Geschädigten (§ 18) und der Umstand, dass mit der Klage gegen jeden Mittäter in solidum vorgegangen werden kann, ohne dass die anderen frei würden (§ 19). b) Rechtsfrage Als zu Grunde liegende Rechtsfrage ergibt sich also aus dem Kontext, dass es nicht vorrangig um das Rechtsinstitut des Besitzes geht. Erörtert wird der Anwendungsbereich der actio furti. Wenn dieser für die Wegnahme einer Erbschaftssache durch einen Sklaven jedoch nicht eröffnet ist, tritt an die Stelle der actio furti laut Ulp. D. 47, 4, 1, 10 die actio honoraria. Konkret stellt sich die Frage, ob die actio furti bereits einschlägig ist, wenn der Erbe die Erbschaftssachen noch nicht ergriffen, die Erbschaft jedoch schon angetreten hat. Dass die aditio bereits erfolgt ist, ist zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, allerdings ergibt sich dies implizit aus der Überlegung, dass ein Übergang von der hereditas auf den Erben erwähnt wird.125 Die Anwendbarkeit der actio furti wird mit der Begründung verneint, dass maßgebliches Kriterium eine Besitzverletzung sei und ein Besitzübergang von der hereditas auf den Erben nicht stattfinde, weil die hereditas keinen Besitz habe. c) Erklärung der Auffälligkeiten aa) Besitz als geschütztes Rechtsgut (1) Grundsatz Dass furtum nach dem Verständnis des Sabinus generell ein Delikt gegen den Besitz gewesen sei,126 lässt sich angesichts zahlreicher Gegenbeispiele127 nicht als Position aufrecht erhalten.128 Eine allgemeine Definition des furtum liefert Paulus in D. 47, 2, 1, 3.129 Allerdings widmet sich diese nicht dem geschützten Rechtsgut, sondern umschreibt allgemein die Tatbestandsvoraussetzungen. 125 Ulp. D. 47, 4, 1, 15: . . . quia hereditas in eum id tantum transfundit, quod est hereditatis . . . . 126 Angedacht von Jolowicz, De furtis, S. XIX. Zustimmend wohl auch Huvelin, Furtum, S. 677, 681, der jedenfalls Sabinus die Regel furtum possessionis fit zuordnet und zwar nicht allein in Bezug auf Erbschaftssachen. Zu einem solchen Verständnis der Ausführungen Huvelins siehe auch Niederländer, SZ 67 (1950), S. 185, 246. 127 Vgl. zusätzlich zum bereits in Fn. 86 erwähnten Anwendungsfall des commodator die Nachweise bei Niederländer, SZ 67 (1950), S. 185, 247 Fn. 246 oder auch bei Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 11. 128 Schulz, Classical Roman Law, S. 578 f. äußert deshalb den Interpolationsverdacht, dass denique si nullus sit possessor, furtum negat fieri in Ulp. D. 47, 4, 1, 15 auf die Kompilatoren zurückgehe. Wie sich sogleich zeigen wird, gibt es jedoch keinen Grund diesen Satzteil anzuzweifeln. 129 Paul. D. 47, 2, 1, 3: Furtum est contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia vel ipsius rei vel etiam usus eius possessionisve . . . . Zu der Authentizität dieser Defini-

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Aus dem soeben ausführlich dargestellten Kontext ergibt sich, dass D. 47, 4, 1, 15 konkret eine actio furti im Anschluss an eine bereits erfolgte aditio thematisiert und gerade keine allgemeine Aussage trifft. Demnach wäre allein in der Konstellation, dass eine Erbschaft noch nicht oder soeben erst angetreten wurde, ein possessionis furtum130 das entscheidende Kriterium, ab wann die actio furti eröffnet ist. Konkretisiert wird insofern die Grenze der Regel rei hereditariae furtum non fit.131 Es handelt sich hingegen hierbei nicht um ein besonderes eigenständiges Delikt.132 Diese Aussage zur Maßgeblichkeit einer Besitzverletzung ist vor dem Hintergrund der noch im Detail zu untersuchenden Stelle Gaius 3, 201133 nicht so außergewöhnlich, als dass sich allein hieraus Interpolationsvermutungen ableiten ließen.134 Allerdings darf die Regel auch in dieser Ausprägung nicht als ausnahmslos angesehen werden. Insbesondere Iul. D. 41, 3, 35135 zeigt, dass – gerade wenn es um die Wegnahme von res hereditariae geht – andere Personen wie zum Beispiel der Nießbraucher aktivlegitimiert sein können, die nicht Besitzer sind.136 Auch die Stellen D. 47, 2, 69–71137 belegen, dass eine

tion siehe nur Zimmermann, Law of Obligations, S. 923. Zum mutmaßlichen Umgang der römischen Juristen mit dieser Definition siehe ebenda, S. 925 ff. 130 Typischerweise bezeichnet man mit furtum possessionis, wie erwähnt, den Fall der Wegnahme einer eigenen Sache aus fremdem Ersitzungs- oder Pfandbesitz, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 51 Rn. 1. Die Aussage Scaevolas beschränkt sich vorliegend also auf die Nennung der possessio als konkret betroffenem Rechtsgut und bezeichnet gerade keine technische Konstruktion. 131 So sinngemäß auch Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 498; Niederländer, SZ 67 (1950), S. 185, 245; Pool, Studi Metro V, S. 91, 106 Fn. 34. 132 So jedoch von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 585: „Es handelt sich um das besondere Delikt des furtum possessionis.“ 133 Gaius 3, 201: . . . nec creditur furtum fieri, velut res hereditarias, quarum heres non est nactus possessionem . . . . Siehe hierzu ausführlich unter B.IV. 134 Gegen eine Interpolation sprechen auch inhaltlich entsprechende Stellen wie zum Beispiel Ulp. D. 47, 19, 2, 1: . . . quo casu furti agi non potest, scilicet ante aditam hereditatem, vel post aditam antequam res ab herede possessae sunt . . . . Die Formulierung ebendieser Regel mit Bezug auf den Besitz auch außerhalb der Digesten, vermag dies noch zu bekräftigen: PS 2, 31, 11: Rei hereditariae, antequam ab herede possideatur, furtum fieri non potest. 135 Iul. D. 41, 3, 35: Si homo, cuius usus fructus legatus erat, ab herede numquam possessus subreptus fuisset, quaesitum est, quia heres furti actionem non haberet, an usucapi possit. Sabinus repsondit nullam eius rei usucapionem esse, cuius nomine furti agi possit, agere autem furti eum, qui frui deberet, posse . . . . Der Erbe hat also noch keinen Besitz, weshalb ihm die actio furti nicht zukommt. Der nicht besitzende Usufruktuar hingegen hat ein entsprechendes Interesse und somit ist er auch zur actio furti aktivlegitimiert. 136 Siehe nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 29 Rn. 7. 137 Marcell. D. 47, 2, 69: Hereditariae rei furtum fieri Iulianus negabat, nisi forte pignori dederat defunctus aut commodaverat: Scaev. D. 47, 2, 70: aut in qua usus fructus alienus est. Marcell. D. 47, 2, 71: His enim casibus putabat hereditariarum rerum fieri furtum et usucapionem impediri idcircoque heredi quoque actionem furti competere posse.

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Besitzverletzung nicht allein denkbarer Auslöser der actio furti an Erbschaftssachen ist. Sie erweitern die Beispiele auch auf die als Pfand gegebene Sache und die verliehene sowie auf die Sache, die mit einem Nießbrauch belastet ist. Somit erscheint die Folgerung zulässig, dass der Maßstab, wonach die actio furti eine Interessenverletzung voraussetzt, hinsichtlich res hereditariae modifiziert wird. Hier ist grundsätzlich eine Besitzverletzung gegenüber dem Erben maßgebliches Kriterium. Aber auch hiervon gibt es wiederum Ausnahmen, gerade wenn andere Personen neben dem Erben ein besonderes Interesse an der Sache haben.138 Da in Scaev. D. 47, 2, 70139 nur ein kleines Versatzstück von Scaevola verwendet wird, dessen Sinngehalt erst aus der kompilatorischen Einordnung resultiert, sollten aus dieser Stelle keine grundlegenden Schlüsse gezogen werden. Geht man jedoch von einer korrekten Verortung der Stelle aus,140 so zeigt sich, dass hinsichtlich der Bewertung der Generalität der Aussage zum possessionis furtum in D. 47, 4, 1, 15 Vorsicht geboten ist. Nähme man diese als alleinigen und unumstößlichen Maßstab, so würde sich Scaevola selbst widersprechen.141 (2) rei hereditariae furtum non fit Bereits Huvelin142 hat treffend darauf hingewiesen, dass die oben genannte Regel rei hereditariae furtum non fit einem Wandel unterworfen war. Zunächst143 galt als maßgebliche Begründung für den Ausschluss der actio furti an Erbschaftssachen, dass niemand dominus dieser Sachen war.144 Hierbei handelt es sich nicht um res nullius im Sinne herrenloser Sachen, sondern es liegt hin138 Liegt eine solche Situation vor, so wird sogar dem Erben ergänzend die Aktivlegitimation zur actio furti eingeräumt, vgl. Iul. D. 41, 3, 35 am Ende: . . . sed si utenti iam et fruenti abductus homo fuerit, non solum ipse, sed etiam heres furti agere poterit. Sowie Marcell. D. 47, 2, 71 am Ende: . . . idcircoque heredi quoque actionem furti competere posse. 139 Wiedergegeben in Fn. 137. 140 Immerhin behandelt laut Lenel, Palingenesia II, Sp. 275 das vierte Buch der quaestiones des Scaevola das furtum. Die Inskription legt also eine korrekte Einordnung durch die Kompilatoren nahe. 141 Darauf hinweisend auch Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 501. 142 Huvelin, Furtum, S. 323: „La théorie de la possession s’ébauchait à peine . . .“. 143 Huvelin, Furtum, S. 323 verbindet diese Ausprägung der Regel auf Grundlage der Zitierung in Ulp. D. 43, 24, 13, 5 zur Anwendbarkeit des interdictum quod vi aut clam mit Labeo: . . . ne illud quidem obstare Labeo ait, quod eo tempore nemo dominus fuerit . . . . 144 Für die Beschreibung dieses Gedankens werden bei den römischen Juristen unterschiedliche Formulierungen verwendet, die jedoch im Kern das Gleiche meinen. Ähnlich wie Labeo drückt sich Ulpian selbst aus in Ulp. D. 9, 2, 13, 2: Si servus hereditarius occidatur, quaeritur, quis Aquilia agat, cum dominus nullus sit huius servi . . . . Weitere Belege finden sich in Iav. D. 28, 5, 65: . . . servus hereditarius, priusquam adeatur hereditas, institui heres potest, quamvis is testamenti facti tempore nullius sit. und in Gai. D. 1, 8, 1 pr.: . . . nam res hereditariae, antequam aliquis heres existat, nullius in bonis sunt.

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sichtlich ihrer späteren Zuordnung zu einer Person eine gewisse Prädestinierung vor.145 Die Erbschaftssachen unterliegen aktuell niemandes Zugriff, sind viel mehr dazu bestimmt, wieder einem Eigentümer zugeordnet zu werden. Die Regel rei hereditariae furtum non fit dürfte relativ alt sein und ist in ihrer späteren Ausprägung auch im Zusammenhang mit der usucapio pro herede zu sehen.146 Jedenfalls war eine noch nicht angetretene Erbschaft ihr Ausgangspunkt, da nur hier die Erbschaftssachen tatsächlich nicht sofort dem necessarius heres zugeordnet sind. Dieser Bezug zu einem noch nicht erfolgten Antritt findet sich häufig sogar explizit in den Quellen.147 Die genaue Reichweite der Regel ergibt sich aus dieser allgemein angenommenen Begründung allerdings noch nicht. Es liegt zunächst nahe, dass eine res hereditaria definitionsgemäß nur vor dem Antritt der Erbschaft existieren kann. Danach scheint sie eine Sache des Erben und keine Erbschaftssache mehr zu sein, wenn man die Eigentumslage als maßgeblich ansieht. Dass jedoch nicht das Eigentum, sondern eher ein dogmatisch zunächst noch nicht durchgebildetes Beherrschungsverhältnis als Maßstab in Betracht kommt, zeigt sich auch an der Bezeichnung dieser Gegenstände als res nullius. Die res hereditariae sind niemandem zugordnet. Begriffe wie dominium und proprietas werden nicht verwendet. Auch die Formulierung von Paulus, der die Regel mit dem Vergleich der Erbschaftssachen mit herrenlosen Sachen erklärt,148 ohne sie näher zu begründen, vermag dieses Verständnis zu stützen. Paulus ist durchaus bewusst, dass die Sachen nicht herrenlos sind, aber dennoch liefert der Vergleich mit ihnen ein ihm treffender erscheinendes Bild als irgendeine Erklärung, warum dem so ist. Dass dieser nicht klar umrissene Maßstab bei der klassischen Jurisprudenz Klärungsbedarf hervorgerufen haben wird, erscheint nachvollziehbar. Offenbar war die aditio ab einem gewissen Zeitpunkt kein hinreichendes Kriterium mehr, das die Zuordnungsfrage zweifelsfrei klärte. Erst wenn die Zuordnungsfrage geklärt ist, erscheint sichergestellt, dass ein Zugriff auf die Sachen ein mit der actio furti zu sanktionierendes Verhalten darstellt. Bei Scaevola und Ulpian ist maßgebliches Kriterium, wie gesehen, der Besitz. Warum der Besitz als maßgeblich erachtet wurde, braucht an dieser Stelle noch nicht im Detail geklärt zu werden.149 Im Sabinus-Kommentar des Paulus wird bereits ohne nähere Erörterung auf den Besitz an den Erbschaftssachen abge145 Siehe Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 53; ähnlich Dulckeit, SZ 58 (1938), S. 321, 323. 146 Siehe hierzu ausführlich unter B.IV.3.b). Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Regel älter als die Zwölf Tafeln. 147 Vgl. nur die in Fn. 144 wiedergegebenen Formulierungen bei Iavolen und Gaius. 148 Paul. D. 47, 19, 6: . . . rei hereditariae furtum non fit sicut nec eius, quae sine domino est . . . . 149 Die hier vertretene Erklärung stützt sich auf eine Abhängigkeit des Besitzes, als konkretisierendes Merkmal im Rahmen der Regel rei hereditariae furtum non fit, von einem Wandel in der Funktionsweise der usucapio pro herede. Siehe hierzu ausführlich unter B.IV.2.c)cc).

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stellt.150 Gleiches gilt für die Institutionen des Gaius.151 Auch bei Julian kommt dieses Verständnis, wenn auch nicht explizit, zum Ausdruck.152 Besonders prominent wird der Besitz in den Paulus-Sentenzen dann als Teil einer feststehenden Regel präsentiert: Rei hereditariae antequam ab herede possideatur furtum fieri non potest.153 Auffällig ist hier, dass kein Bezug mehr zu einer ruhenden Erbschaft oder einer aditio zu bestehen scheint. Ob dies zu dem Schluss berechtigt, dass die Regel gegenüber allen Erben Anwendung findet, braucht hier nicht entschieden zu werden.154 Die Darstellung bei Marcellus in D. 47, 2, 69, in der Julian die Regel ohne Bezugnahme auf die Besitzergreifung wiedergibt, stellt kein Argument gegen die Anerkennung des Besitzes als Kriterium dar. Marcellus und Scaevola beschreiben an dieser Stelle Ausnahmen von der Regel in ihrer ursprünglichen Gestalt. Es handelt sich, wie gesehen, um Konstellationen, in denen ein furtum wegen der Verletzung der Interessen eines Dritten vorliegt.155 An dieser Stelle ist eine Bezugnahme auf eine Besitzergreifung durch den Erben nicht zu erwarten. (3) Ansatz von Coppola Bisazza Ein grundlegend anderes Verständnis tritt hinsichtlich der Maßgeblichkeit einer – unter Umständen auch nach der aditio liegenden – Besitzergreifung durch den Erben als Grenze des Ausschlusses des furtum in den Arbeiten von Coppola Bisazza156 zu Tage. Sie verneint, dass die Besitzergreifung durch den Erben nach dem Antritt der Erbschaft liegen könne. Vielmehr sei beides gleichzusetzen. Dies erscheint speziell vor dem Hintergrund von Ulp. D. 47, 19, 2, 1 problematisch. Dort stellt Ulpian bei Erörterung des crimen expilatae hereditatis, das offenbar Lücken schließen soll, die sich aus dem Ausschluss der actio furti hinsichtlich res hereditariae ergeben, fest: Apparet autem expilatae hereditatis crimen eo 150 Paul. D. 25, 2, 6, 6: Quod si mortuo viro amoverit, non facit furtum, quia rei hereditariae nondum possessae non fit furtum . . . . Die Stelle stammt aus der Erörterung der actio rerum amotarum, die zwischen Eheleuten die nicht einschlägige actio furti ersetzt, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 51 Rn. 8. 151 Gaius 3, 201: . . . nec creditur furtum fieri, veluti res hereditarias, quarum heres non est nactus possessionem . . . . 152 Iul. D. 41, 3, 35: Si homo, cuius usus fructus legatus erat, ab herede nunquam possessus subreptus fuisset, quaesitum est, quia heres furti actionem non haberet, an usucapi possit . . . . 153 PS 2, 31, 11. 154 Zur Anwendung der Regel auch in Anwesenheit von necessarii siehe unten im Rahmen der Darstellung des Verhältnisses von usucapio pro herede und furtum von res hereditariae, insbesondere unter B.IV.3.b)ee). 155 Vgl. hierzu auch die Wertung am Ende von Ulp. D. 47, 2, 14, 14: . . . licet enim hereditati furti actio non adquiratur, tamen alii, cuius interest, adquiritur. Siehe zu dieser Stelle auch Coppola Bisazza, IURA 60 (2012), S. 168, 173 Fn. 17. 156 Vgl. die Rezension zu Scacchetti, Coppola, IURA 45 (1994), S. 176 ff. Weiterhin Coppola Bisazza, Rivista 11 (2011), S. 1; dieselbe, IURA 60 (2012), S. 168 ff.

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casu intendi posse, quo casu furti agi non potest, scilicet ante aditam hereditatem, vel post aditam antequam res ab herede possessae sunt. nam in hunc casum furti actionem non competere palam est . . . . Es wird also insbesondere der Zeitraum erfasst, der zwischen aditio und tatsächlicher Besitzausübung durch den Erben liegt. Die aditio geht demnach nicht mit der Besitzergreifung einher. Das crimen expilatae hereditatis geht nach wohl herrschender Ansicht157 auf Mark Aurel zurück und soll Strafbarkeitslücken schließen, die sich aus der zu dieser Zeit geltenden Ausformung der Regel rei hereditariae furtum non fit ergeben haben.158 Obige Ulpianstelle ist jedoch in ihrer Authentizität nicht unumstritten.159 Sofern sie sich als interpoliert erweisen sollte, fehlt es in der Tat an expliziten160 Aussagen zur Anwendbarkeit der actio furti zwischen aditio und Besitzergreifung. Ein ernst zu nehmender Kritikpunkt an Ulp. D. 47, 19, 2, 1 liegt darin, dass insofern eine Inkongruenz vorliegen könnte, als zunächst zwei Fälle erörtert werden, nämlich die Konstellation vor Antritt der Erbschaft und die Konstellation nach Antritt der Erbschaft, im Folgenden aber der Singular, in hunc casum, verwendet wird.161 Demnach könnte in Konformität mit den bislang angeführten Stellen allein die Besitzergreifung als Kriterium genannt worden sein und die Hinweise, dass diese vor und nach der aditio erfolgen konnte, könnten von den Kompilatoren stammen.162 Die Frage nach dem Motiv für diese Interpolation stellte bereits Bonfante.163 Die Antwort, die Perozzi schuldig blieb, versucht nun 157 Teilweise anders Solazzi, Scritti III, S. 547, der eine Entstehung durch Gewohnheitsrecht und lediglich deren Bestätigung durch ein senatus consultum im Anschluss an die in Marci. D. 47, 19, 1 erwähnte oratio Mark Aurels vertritt. Ausführlich zu dieser Frage Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 9 ff. 158 Vgl. Liebs, Klagenkonkurrenz, S. 158. 159 Keine nähere Auseinandersetzung braucht an dieser Stelle mit der Interpolationsvermutung Solazzis, Scritti III, S. 547, 549 Fn. 5 und gleichlautend, Solazzi Scritti III, S. 379, 387 zu erfolgen: „Ulpian dovette scrivere scilicet necessario herede extante vel post aditam hereditatem, antequam res ab herede possessae sunt,“. Hierbei handelt es sich lediglich um eine aus Solazzis Sicht sinnvolle Ergänzung, wonach in Anwesenheit eines necessarius gleichermaßen die usucapio pro herede ausgeschlossen und die actio furti anwendbar sei. Die Beobachtung Solazzis spricht aber nicht für die Annahme einer Interpolation. Der von ihm beschriebene Fall lässt keine Rechtsschutzlücke offen und braucht daher von Ulpian, der gerade solche Lücken in Blick nimmt, gar nicht thematisiert zu werden. 160 Die vorliegende Exegese von Ulp. D. 47, 4, 1, 15 kommt zu dem Ergebnis, dass auch zwischen aditio und Besitzergreifung durch den Erben noch keine actio furti anwendbar ist. Explizit wird die aditio jedoch ebenso wenig genannt wie in Gaius 3, 201. 161 Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 10 f. Vor allem Perozzi, Scritti III, S. 263, 267 f., dies aufgreifend Coppola Bisazza, IURA 60 (2012), S. 168, 170 f.; dagegen Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 20 ff. 162 Perozzi, Scritti III, S. 263, 267. Ebenso Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 10. 163 Bonfante, Scritti II, S. 683, 703: „Ma quel motivo abrebbe avuto Giustiniano per l’interpolazione?“.

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Coppola Bisazza zu liefern. Sie begründet die von Perozzi vermutete Interpolation im Ergebnis mit der allgemeinen Tendenz zur Ausweitung der cognitio extra ordinem.164 Eine dermaßen kleinteilige Interpolation zur Umsetzung dieses sehr allgemein gehaltenen Ziels erscheint jedoch wenig wahrscheinlich. Ohnehin ergibt sich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des crimen expilatae hereditatis im Vergleich zur actio furti überhaupt nur dann, wenn man mit der Autorin davon ausgeht, dass aditio und Besitzerwerb in klassischer Zeit zwingend miteinander einhergehen und insofern stets ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Erbe existiert, also bei voluntarii ab aditio, bei necessarii ab dem Erbfall, die actio furti anwendbar ist.165 Diese Ansicht erscheint jedoch trotz mehrfacher Darstellung durch Coppola Bisazza nicht überzeugend. Entscheidender Schwachpunkt ist hierbei die von den Quellen losgelöste Konzeption eines virtuellen Besitzes, der bereits mit der aditio auf den Erben übergehe.166 Zu Recht weist Gnoli bezüglich der Gegenüberstellung der Phase vor und nach dem Antritt der Erbschaft auf Pomp.167 D. 41, 3, 31, 5168 hin.169 Pomponius stellt hier mit Bezug zur successio in possessionem170 dar, dass es eine Phase ohne tatsächliche Sachherrschaft vor und nach der aditio geben kann. Die von Perozzi aufgestellte Behauptung, dass allein in D. 47, 19, 2, 1 von noch nicht besessenen Erbschaftssachen nach dem Zeitpunkt der aditio die Rede sei, ist also unzutreffend.171 164 So muss man wohl die folgende Passage verstehen, Coppola Bisazza, IURA 60 (2012), S. 168, 178 f.: „L’inserimento dunque della frase ante aditam hereditam vel post aditam ha una sua ratio, volendo appunto i Compilatori estendere la portata del crimen expilatae hereditatis, da Ulpiano connesso alla ancora non avvenuta presa di possesso dei beni ereditari da parte dell’erede . . . .“ Ähnlich äußert sich die Autorin auch schon in IURA 54 (1994), S. 177, 185 sowie in Rivista 11 (2011), S. 1, 12. 165 Coppola Bisazza, IURA 60 (2012), S. 168, 179; dieselbe, Rivista 11 (2011), S. 1, 5. 166 Vgl. Coppola, IURA 54 (1994), S. 177, 184: „virtuale disponibilità materiale“ sowie noch deutlicher Rivista 11 (2011), S. 1, 3: „. . . l’herede che, accettata l’eredità, acquista di conseguenza il possesso, anche se virtuale, di tutte le res hereditariae.“ 167 Das Fragment ist, entgegen der Inskription im Codex Florentinus, Pomponius und nicht Paulus zuzuordnen, vgl. hierzu Lenel, Palingenesia II, Sp. 140 Fn. 3 sowie Palingensia I, Sp. 1293. Siehe auch Zanzucchi, Successio, S. 13 Fn. 2. 168 Pomp. D. 41, 3, 31, 5: Vacuum tempus, quod ante aditam hereditatem vel post aditam intercessit, ad usucapionem heredi procedit. 169 Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 23 f. 170 Siehe zu Pomp. D. 41, 3, 31, 5 und ausführlich zur als successio in possessionem bezeichneten Fortsetzung einer vom Erblasser begonnenen Ersitzung durch den Erben unter B.V.3.c)dd). 171 Gleiches gilt für die Ansicht Coppola Bisazzas zu dieser Pomponiusstelle, IURA 60 (2012), S. 168, 172 Fn. 11. Sie vertritt, dass die Paulusstelle, die die successio in usucapionem behandelt, nichts mit der Frage der Annahme der Erbschaft und dem Besitzerwerb zu tun habe. Trotz der zugegeben abweichenden Ausrichtung der Fragmente bleibt aber zu konstatieren, dass in beiden Fällen eine besitzlose Zeit im oben beschriebenen Sinne vor und nach der aditio liegen kann. Das Konzept der suc-

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Auch die sprachlichen Bedenken Perozzis erweisen sich bei genauerer Betrachtung als unbegründet. Die Formulierung Ulpians, in hunc casum furti actionem non competere palam est, erscheint unproblematisch, wenn man die beiden Konstellationen ante aditam und post aditam antequam res ab herede possessae sunt insgesamt als den Anwendungsbereich des Ausschlusses des furtum an res hereditariae betrachtet. Wenn also durch einen der beschriebenen Fälle der Anwendungsbereich eröffnet ist, so gilt in hunc casum, dass die actio furti keine Anwendung findet.172 Außerdem ist die Stelle in ihrer überlieferten Gestalt durchaus schlüssig und bildet ein Stück weit auch den im Grunde unstreitigen Wandel der Regel rei hereditariae furtum non fit ab. Während zunächst vor Antritt der Erbschaft die fehlende Zuordnung zu einer Person die actio furti stets ausschloss, setzt sich später der Besitz als entscheidendes Kriterium durch. Dass die Besitzergreifung durch den Erben auch nach der aditio liegen kann, erscheint angesichts der Existenz der cretio nicht bestreitbar.173 Gewiss mag die Besitzergreifung auch in zahlreichen Fällen mit der aditio zusammenfallen. Wäre jedoch die Existenz eines Erben als solche der maßgebliche Faktor für die Anwendbarkeit der actio furti, so ist nicht erklärbar, warum sich dies nicht in den Quellen niedergeschlagen hat. Insbesondere in Hinblick auf die dann mögliche Gleichbehandlung von voluntarii und necessarii in Fragen der usucapio pro herede wäre dies jedenfalls naheliegend gewesen. bb) Tempora-Verschiebung Zur Reichweite der Regel rei hereditariae furtum non fit hat die bereits angesprochene Anwendung des Perfekts am Ende der Textstelle keinen Bezug. Die Erbschaft verschafft dem Erben das, was zur Erbschaft gehört, aber der Besitz war nicht Teil der Erbschaft, non autem fuit possessio hereditatis. Aus Mangel an schlüssigen Deutungen, wurde in der Vergangenheit bisweilen eine Interpolation angenommen.174 Eine naheliegende Erklärung für die Verwendung des Perfekts kann darin gesehen werden, dass der Gedanke betont werden soll, dass es keinen Übergang auf den Erben geben kann, der außerhalb der erbrechtlichen Gesamtnachfolge steht. Die hereditas überträgt auf den Erben alles, was vor dem Antritt durch den Erben in ihr enthalten war. Dies sind die vom Erblasser hinterlassenen Sachen und cessio in usucapionem ermöglicht ja gerade die Fortsetzung der Ersitzung auch ohne die an und für sich zu fordernde Voraussetzung der possessio. 172 Ähnlich Solazzi, Scritti III, S. 387 Fn. 26 sowie Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 21. 173 Zu dieser Form der förmlichen Entscheidung, dass man die Erbschaft annimmt, siehe nur Gaius 2, 166: Et qui ita heres institutus est, si velit heres esse, debebit intra diem cretionis cernere, id est haec verba dicere . . . sowie Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 71 Rn. 6. 174 Solazzi, Scritti III, S. 379, 381.

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Rechte und eventuelle Zuwächse. Mit dem Antritt erwirbt der Erbe jedoch nichts, was zuvor nicht bereits Teil der Erbschaft gewesen ist. Um diesen Rückbezug zur noch nicht angetretenen Erbschaft zu betonen, bietet sich in der Tat der Gebrauch des Perfekts an.175 Die Verwendung von fuit statt est im letzten Teilsatz taugt demnach nicht als Hinweis für eine Interpolation. cc) possessio, sobald der Erbe besitzt Die redundant erscheinende Aussage, dass possessio erst vorliegt, wenn der Erbe possideat, hat ebenfalls ihre Berechtigung. Sie zeigt beispielhaft die später176 noch eingehend zu untersuchende Vielschichtigkeit der Begrifflichkeiten um possessio und possidere. Nur so viel sei so an dieser Stelle bereits vorweggenommen: Possidere kann je nach Kontext drei verschiedene Bedeutungen haben: Erstens kann es die technisch als possessio qualifizierte Innehabung einer Sache bezeichnen, zweitens die bloße Innehabung, im Sinne eines tenere, und drittens, wie das vorliegende Beispiel zeigt, auch die Ergreifung einer Sache.177 Die Verwendung von possidere im Sinne von tenere ist bei den römischen Juristen durchaus gebräuchlich. Ulpian stellt mit der Formulierung antequam possideat konkret auf ein faktisches Innehaben oder exakter wohl noch auf die Ergreifung der in der Erbschaft enthaltenen Sachen ab; sozusagen auf die Begründung der tatsächlichen Sachherrschaft. Der Gedankengang Ulpians bleibt jedoch der gleiche, wenn man antequam possideat im überkommenen Sinne übersetzt: ehe er die Sache tatsächlich besitzt. Entsprechend hätte Ulpian auch Formulierungen wie nancisci possessionem178 oder rem comprehendere179 verwenden können. Ähn-

175 Ähnlich Scacchetti, Depauperamento, S. 126, die betont, dass das Präsens die aktuelle Besitzlage nach der aditio thematisiert. Gerade deshalb mache der Gegensatz zur Beschaffenheit der hereditas in der Vergangenheit Sinn. 176 Siehe unter C.I.1. 177 So auch implizit Scacchetti, Depauperamento, S. 125, die ausführt: „. . . il possesso non è neppure dell’erede che non abbia ancora compiuto l’atto di apprensione delle cose ereditarie . . .“. Interessant ist, dass im Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch (1994), ein Verb possidere, possido mit der Bedeutung „Besitz ergreifen, ergreifen“ aufgenommen ist. Ein solches eigenständiges Verb oder die Nennung einer solchen Bedeutung bei possidere, possideo fehlt jedoch in Heumann-Seckel, Handlexikon sowie im Thesaurus Linguae Latinae. In der Textstelle einen Beleg für die Existenz eines Verbs der konsonantischen Konjugation zu sehen, ginge sicher zu weit. Insbesondere müsste dann vorliegend die Form possidat verwendet werden. Die Bedeutung „ergreifen“ ergibt sich vorliegend jedoch aus dem Kontext, wenn Besitz dort gefordert wird, wo er aktuell noch nicht gegeben ist. Zu possederit in Gaius 2, 61 als Perfekt von possido siehe Pool, SZ 131 (2014), S. 370, 374, der die Existenz eines solchen Verbs ohne Weiteres voraussetzt. 178 Vgl. die unter B.VI. detailliert behandelte Stelle Paul. D. 41, 2, 30, 5: Quod per colonum possideo, heres meus nisi ipse nactus possessionem non poterit possidere . . . . 179 Hierzu und speziell zur in Iav. D. 41, 2, 23 pr. gebrauchten Formulierung possessionem naturaliter comprehendere siehe bereits oben B.I.3.c)cc).

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lich wie in der eingangs ausgelegten Iavolen-Stelle lässt sich also auch bei Ulpian feststellen, dass eine nach heutigen Maßstäben korrekte Differenzierung zwischen Besitzobjekt, dessen faktischer Innehabung und der Innehabung der Rechtsposition des Besitzes von den römischen Juristen terminologisch nicht immer durchgehalten wird. dd) Bezugnahme Scaevolas Die Auffälligkeit, dass Scaevola in D. 47, 4, 1, 15 und in D. 47, 4, 1, 10 gleichermaßen in Bezug genommen wird, könnte für eine engere Verbindung dieser Textstellen sprechen, als ihre Stellung in der justinianischen Kompilation suggeriert.180 Wo die Grenze zwischen dem ursprünglich von Scaevola geäußerten Rechtsgedanken in § 15 und der daran anknüpfenden Erläuterung Ulpians zu ziehen ist, ist nicht eindeutig.181 Für die vorliegende Arbeit ist dies jedoch nicht entscheidend. In beiden Stellen, in denen Scaevola zitiert wird, geht es um den Anwendungsbereich der actio furti. Auch das bereits erwähnte Fragment Scaev. D. 47, 2, 70182 aus dem vierten Buch der quaestiones des Scaevola fügt sich insofern ins Bild. Dieses offenbar gekürzte Fragment, das eine Gegenausnahme zur Regel hereditariae rei furtum non fit liefert, vermag die These zu stützen, dass sich Scaevola sogar konkret mit dieser Regel und nicht nur allgemein mit dem furtum auseinandergesetzt hat. Albanese vertritt, dass es sich bei § 15 um eine falsch eingeordnete und textlich stark veränderte Glosse zu § 10 handele.183 Albanese meint hiermit nicht einen bewussten Eingriff durch die Kompilatoren, sondern einen Überlieferungsfehler. § 15 passe nicht in den Kontext der besonderen Ausprägungen der honorarrechtlichen Klage. Denn die Aussage, dass die actio furti nicht offenstehe, sei bereits in dem, wenn auch nach Ansicht Albaneses schwerwiegend veränderten, § 1 enthalten. Eine solche Wiederholung durch Ulpian mache keinen Sinn. Vielmehr gehe es in § 15 darum, an die in § 10 vorgetragene Erweiterung der prätorischen Klage anzuknüpfen. Dort wurde die Anwendbarkeit der actio praetoria auch für Fälle erörtert, in denen die weggenommenen Sachen nicht in bonis des Erblassers waren. Auch in § 15 werde wieder eine Parallele zur actio furti ge180 So fasst beispielsweise Lenel, Palingenesia II, Sp. 321 die beiden Fragmente unter Nr. 342 zu einer Einheit zusammen. Zur Ansicht Albaneses, der D. 47, 4, 1, 15 als mit dem Text verschmolzene Glosse zu § 10 ansieht, siehe sogleich. 181 So schreibt Perozzi den Text ab sed nec heredis Ulpian zu, Scritti III, S. 263, 267 Fn. 1. Ebenso Voci, Diritto ereditario romano I, S. 554. Denkbar erscheint aber auch nur einen kürzeren Teil der Stelle Scaevola zuzuordnen. 182 Scaev. D. 47, 2, 70: [Rei hereditariae furtum non fit, nisi . . .] aut in qua usus fructus alienus est. Klammerzusatz gem. Lenel, Palingenesia II, Sp. 275. 183 Albanese, Furtum II, S. 66 f.

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zogen hinsichtlich der Wegnahme solcher Sachen, die nicht Teil der Erbschaft waren. Berechtigt erscheint der Hinweis, dass § 15 auf den ersten Blick nicht dem Aufbau des Textes entspricht. Bereits früh wird erörtert, dass die prätorische Klage gerade Lücken schließen soll, die die Unanwendbarkeit der actio furti entstehen lässt. Warum also folgen dann an dieser Stelle Ausführungen zu den Einzelheiten der actio furti im Zusammenhang mit einer ruhenden oder vor kurzem angetretenen Erbschaft? Die Antwort liefert das Zusammenspiel mit § 10. Was bleibt, ist die an dieser Stelle etwas überraschende Rückkehr zum Anwendungsbereich der actio furti. In § 15 wird geklärt, dass die actio furti bei einer Wegnahme nach der Annahme der Erbschaft und Besitzergreifung durch den Erben einschlägig ist. Daher ist auch die Verortung innerhalb des Kapitels schlüssig: Die actio praetoria, die ausweislich der Überschrift und des Principiums ante aditam hereditatem gewährt wird, wird in den §§ 13 und 14 in einem abstrakt weiten Anwendungsbereich beschrieben. § 15 enthält hingegen eine Begrenzung. Dies wird angesichts der in § 10 thematisierten Substituierungsfunktion der actio honoraria deutlich, wonach diese offen stehen soll, wenn die actio furti wegen der Wegnahme von Erbschaftssachen durch einen Sklaven ausscheidet.184 Nach Antritt der Erbschaft ist die actio furti jedoch ab dem Zeitpunkt der Besitzergreifung durch den Erben anwendbar. Für die actio honoraria besteht dann kein Bedarf. Dieser Schluss wird aber erst durch Beiziehung des § 10 und die Einordnung nach den §§ 13 und 14 deutlich. Abgerundet wird das hier entworfene Bild durch Ulp. D. 47, 4, 1, 16. Das prätorische Rechtsmittel ist subsidiär und kommt dann nicht zur Anwendung, wenn eine andere Klage dem Erben das verschafft, was er bei einer Tat nach Statuswechsel des vormaligen Sklaven erhalten würde.185 Ab Besitzerlangung durch den Erben steht hierfür ausweislich D. 47, 4, 1, 15 die actio furti zur Verfügung. ee) quae facti est et animi In dem Relativsatz quae facti est et animi findet sich eine beiläufig mitgeteilte Information über das Wesen der possessio. Die Zweiteilung facti et animi deckt sich inhaltlich insbesondere mit den Ausführungen des Paulus zum Besitzerwerb.186 Dass das faktische Beherrschungsverhältnis possessio ein ausübendes Rechtssubjekt voraussetzt, als das die hereditas nicht anerkannt wurde, ist die 184 Ulp. D. 47, 4, 1, 10: . . . nam si in locum deficientis furti actionis propter servitutem hanc actionem substituit praetor, verisimile est in omnibus causis eum, in quibus furti agi potuit, substituisse . . . . 185 Vgl. zu diesem Maßstab Liebs, Klagenkonkurrenz, S. 157. 186 Paul. D. 41, 2, 3, 1: Et apiscimur possessionem corpore et animo, neque per se animo aut per se corpora. Eingehend zu den Elementen der possessio siehe C.I.1.

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letztlich entscheidende Aussage an dieser Stelle. Die rechtliche Würdigung steckt bereits in possessionem hereditas non habet. Deshalb wird quae facti est et animi teilweise als Glosse187 angesehen.188 Bis zur Aussage, dass die Erbschaft nicht besitze, sei die Stelle im Wesentlichen logisch und kohärent. Danach liege nur noch eine Wiederholung vor, die von didaktischem Gepräge sei, was eine Glossierung durch die Kompilatoren nahelege. Der Einwand der Wiederholung ist sachlich nur bedingt richtig. Denn hinsichtlich des Ausschlusses des Besitzes des Erben selbst wird im ersten Abschnitt des Paragraphen gerade noch keine Aussage getroffen. Erst bei der Darstellung, wie der Erbe Besitz erlangen könnte, wird darauf abgestellt, dass die Erbschaft nicht den Besitz enthalte. Ein eher erklärender Stil ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. Deshalb jedoch aus Stilgründen die Authentizität der Stelle in Abrede zu stellen, erscheint voreilig.189 Größeres Gewicht kommt hingegen der Argumentation Cannatas zu, der die auf corpus und animus als konstituierende Elemente gegründete Besitzlehre allein Paulus zuordnet und nicht Ulpian oder gar Scaevola. Diese Besitztheorie sei dann nachträglich auch in D. 47, 4, 1, 15 eingefügt worden.190 Diese Überlegung erscheint jedoch letztlich ebenfalls nicht überzeugend. Es ist durchaus glaubhaft, dass Scaevola oder Ulpian die Entscheidung, warum der Erbschaft kein Besitz zugeordnet werden kann, zumindest knapp begründen. Dass konkret die hereditas nicht den faktischen und subjektiven Anforderungen an den Besitz entsprechen kann, stellt eine durchaus schlüssige Erklärung dar, die keine durchgebildete Besitztheorie voraussetzt. Die grundsätzliche Faktizität des Besitzes kann ohnehin als einhellige Position bei den klassischen römischen Juristen verstanden werden.191 Dass zudem in Hinblick auf die Erbschaft zusätzlich noch der animus 187 Für eine Interpolation bereits Albertario, BIDR 40 (1932), S. 5, 38 Fn. 2; Longo, Delictum e crimen, S. 73; Cannata, SD 27 (1961), S. 46, 79 ff.; Zamorani, Possessio e animus, S. 14. Teilweise wird sogar der komplette Rest der Stelle ab quae facti est et animi für unecht gehalten. 188 Eine umfangreichere Zusammenstellung möglicher Interpolationen oder Textveränderungen findet sich bei Scacchetti, Depauperamento, S. 116 f. Dort werden auch zahlreiche Autoren genannt, die keine Textveränderungen annehmen. Allerdings erscheint die Einordnung der Autoren dort nicht immer zutreffend. Biondi, IURA 1 (1950), S. 150, 182 äußert sich beispielsweise nur zur Aussage Scaevolas in D. 47, 4, 1, 15. Dass er insofern die Textstelle ab sed nec heredis nicht wiedergibt, lässt sich schlicht damit erklären, dass er diesen Teil Ulpian zuordnet. Dass Biondi eine Glossierung annimmt, ergibt sich daraus nicht zwingend. 189 Dieses Argument gebraucht hingegen Scacchetti, Depauperamento, S. 124, die quae facti est et animi ebenfalls als Glossierung einordnet. 190 Cannata, SD 27 (1961), S. 46, 79 ff. 191 Wesener, FS Kaser, S. 159. Zu dieser Faktizität vgl. bereits die Ausführungen zu Iav. D. 41, 2, 23 sowie sogleich in Bezug auf die Funktion der hereditas in Ulp. D. 47, 4, 1, 15. Dass nach Aussage Kasers, Römisches Privatrecht I, S. 395 im Laufe der Zeit in bestimmten Fallgruppen „eine gewisse Loslösung des Besitzbegriffes von der tatsächlichen Herrschaft“ erfolgte, ändert an dieser grundsätzlichen Wertung nichts. Zu den hier angesprochenen Fallgruppen siehe im Rahmen der Erörterung des Prinzips possessionem animo retinere unter B.VI.3.c)bb).

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angeführt wird, als ein Merkmal, das die Erbschaft anders als ein gewöhnlicher Besitzer nicht vorzuweisen hat, erscheint zumindest plausibel. Von einer Glossierung ist demnach nicht auszugehen. ff) hereditas als Rechtssubjekt? Die Formulierung possessionem hereditas non habet kann bei unbefangener Lesung durchaus so verstanden werden, dass die hereditas ein Rechtssubjekt darstellt.192 Allerdings ist dies keine zwingende Folgerung. Ebenso lässt sich die fragliche Passage so deuten, dass hier lediglich die Funktionsweise der Regel veranschaulicht werden soll, dass Diebstahl an Erbschaftssachen nur im Falle einer Besitzverletzung möglich sei. Ohne Besitzer gibt es demnach kein furtum. Der verstorbene Erblasser scheidet zunächst augenscheinlich als Besitzer aus. Dies erscheint auch Ulpian nicht erklärungsbedürftig. Der Erbe besitzt jedenfalls noch nicht in Form der Ausübung tatsächlicher Herrschaft, selbst wenn er die Erbschaft als solche, zum Beispiel durch Vornahme der cretio, bereits angetreten hat. So bleibt nur die Möglichkeit zu erörtern, ob vor Antritt der Erbschaft eine Besitzverletzung begangen werden kann. Da offenbar Ulpian selbst gewisse Situationen anerkennt, in denen die Erbschaft die Person des Erblassers vertritt,193 erscheint dies auch für den Besitz nicht von vornherein ausgeschlossen. Dass sie faktisch Zuwächse und Verluste zu verzeichnen hatte, wie beispielsweise im Falle von Früchten,194 wird ebenfalls von Ulpian selbst ausgeführt. Hinsichtlich des faktischen Charakters des Besitzes, kann die hereditas vorliegend jedoch nicht Platzhalter195 sein. Insofern fügt sich die Stelle ins Bild der insoweit unbedenklichen Quellen mit der Aussage hereditas personae vice fungitur.196 Es gibt im römischen Recht jedoch offenbar kein allgemeines Prinzip, wonach die Erbschaft 192 Dies verleitete beispielsweise Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 10 f. dazu, die Stelle als nachträglich bearbeitet anzusehen. 193 Siehe nur Ulp. D. 41, 1, 33, 2: Quotiens servus hereditarius stipulatur vel per traditionem accipit, ex persona defuncti vires assumit . . . sowie insbesondere Ulp. D. 41, 1, 34: Hereditas enim non heredis personam, sed defuncti sustinet, ut multis argumentis iuris civilis comprobatum est. Dies deckt sich mit der Darstellung in Gai. D. 28, 5, 31, 1: Hereditarium servum ante aditam hereditatem ideo placuit heredem institui posse, quia creditum est hereditatem dominam esse defuncti locum optinere. 194 Siehe hierzu bereits die Nachweise in Fn. 120. 195 Diesen Begriff verwendet in diesem Zusammenhang auch von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 599 hinsichtlich der Gewährung von Deliktsklagen für den Erben bei Schädigungen während der hereditas iacens. Von einer Vertreterfunktion der ruhenden Erbschaft spricht Rützenhoff, Accessio temporis, S. 59. 196 Zu dieser Einschätzung Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 721 Fn. 14 mit Quellennachweisen. Außerdem exemplarisch zur Echtheit dieser Konstruktion Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 145 f. zu Iav. D. 41, 3, 22: Heres et hereditas tametsi duas appellationes recipiunt, unius personae tamen vice funguntur. Hierbei handelt es sich insofern um eine besondere Konstellation, da auch der Erbe an Stelle des Erblassers fungiert. Zu Flor. D. 46, 1, 22 siehe oben Fn. 92.

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in allen Belangen die Person des Erblassers oder die des Erben repräsentiert.197 Es handelt sich vielmehr um eine kasuistische Anwendung auf einzelne Rechtsfragen.198 Während der Erwerb von Früchten also durchaus möglich war, so war die Wirksamkeit einer Stipulation für den späteren Erben durch den servus hereditarius offenbar zunächst umstritten zwischen Prokulianern und Sabinianern.199 In anderen Fällen wie beim Erwerb eines usus fructus durch einen servus hereditarius200 oder beim Erwerb der Erbschaft eines Dritten durch den eingesetzten servus hereditarius201 wurde das Erfordernis eines Zurechnungssubjekts nicht hinreichend durch die Erbschaft erfüllt. In diesem Sinne ist auch die vermeintliche Personifizierung der Erbschaft durch Ulpian in der konkreten Stelle zu verstehen. Der Hinweis auf die Erbschaft, welche keinen Besitz hat, possessionem non habet, erklärt und ver197 Siehe hierzu vor allem Orestano, IURA 33 (1982), S. 1, 10 ff., der insbesondere die Entwicklung nachzeichnet, wann der Erbe und wann der Erblasser durch die Erbschaft repräsentiert wurden. Hierbei wird die Kasuistik deutlich. Den römischen Juristen ging es um die Lösung von Sachproblemen. Eine verbindliche Systematisierung fand gerade nicht statt. Siehe auch Paul. D. 41, 3, 15 pr.: . . . nam hereditatem in quibusdam vice personae fungi receptum est . . . sowie Herm. D. 41, 1, 61 pr.: Hereditas in multis partibus iuris pro domino habetur . . . . Auch die justinianischen Institutionen gehen nicht von einer allgemein verbindlichen Regel aus. Die Repräsentation des Erblassers durch die Erbschaft gelte nur in den meisten Fällen. Speziell zur Möglichkeit der zu dieser Zeit anerkannten Stipulation durch einen servus hereditarius siehe I 3, 17 pr.: . . . sed hereditas in plerisque personae defuncti vicem sustinet: ideoque quod servus hereditarius ante aditam hereditatem stipulator, adquirit hereditati ac per hoc etiam heredi postea facto adquiritur. 198 Dulckeit, SZ 58 (1938), S. 321, 325 formuliert: „Das klassische Recht ging von der praktischen Notwendigkeit aus, das Erbschaftsvermögen für seinen künftigen Herrn zu erhalten, und es hat diese Zwecke unbekümmert um rein theoretische Schwierigkeiten durch praktische Regeln sichergestellt.“ Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert auch die von Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 17 f. behandelte negotiorum gestio während einer ruhenden Erbschaft in Paul. D. 3, 5, 20, 1: Qui negotia hereditaria gerit, quodammodo sibi hereditatem seque ei obligat . . . . Demnach werde gewissermaßen die Erbschaft selbst berechtigt und verpflichtet und ermöglicht insofern eine spätere Inanspruchnahme des Erben. 199 Gai. D. 45, 3, 28, 4: Illud quaesitum est, an heredi futuro servus hereditarius stipulari possit. Proculus negavit, quia is eo tempore extraneus est. Cassius respondit posse, quia qui postea heres extiterit, videretur ex mortis tempore defunct successisse . . . . Vgl. auch Paul. D. 45, 3, 16: Servus hereditarius futuro heredi nominatim dari stipulatus nihil agit, quia stipulationis tempore heres dominus eius non fuit. Vor allem die Begründung des Paulus zeigt, dass ausschlaggebendes Argument für die Ablehnung einer wirksamen Stipulation gewesen sein dürfte, dass zum Zeitpunkt der Stipulation ein Zuordnungssubjekt fehlt. 200 Herm. D. 41, 1, 61, 1: Usus fructus, qui sine persona constituti non potest, hereditati per servum non adquiritur. 201 Herm. D. 41, 1, 61 pr.: . . . in his sane, in quibus factum personae operaeve substantia desideratur, nihil hereditati quaeri per servum potest. ac propterea quamvis servus hereditarius heres institui possit, tamen quia adire iubentis domini persona desideratur, heres exspectandus est. Siehe zu dieser Stelle auch Dovere, SD 70 (2004), S. 13, 29 ff.

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anschaulicht die Schlüssigkeit der Regel possessionis furtum fieri, ohne die Erbschaft zum Rechtssubjekt zu erheben. Nach diesem Verständnis ist eine Interpolationsannahme überflüssig. 4. Fazit Die Auseinandersetzung mit D. 47, 4, 1, 15 ergibt daher folgendes Bild: Es ist weder vor noch nach Antritt einer Erbschaft die actio furti einschlägig, wenn Erbschaftsgegenstände weggenommen werden, an denen der Erbe noch nicht selbst Besitz begründet hat. Zwar wird keine Unterscheidung zwischen necessarii und voluntarii heredes vorgenommen; allerdings macht es nur Sinn, den Besitz der hereditas zu thematisieren, sofern eine ruhende Erbschaft existiert. Da jedoch nur bei voluntarii heredes kein Erbschaftserwerb ipso iure stattfindet, kann man davon ausgehen, dass erneut wie bei Iav. D. 41, 2, 23 pr. nur für diese Art von Erben eine Aussage getroffen wird. Im vorliegenden Fall konkret zur Frage, wann die actio furti einschlägig ist und wann nicht. In diesem Sinne ist auch die Aussage Scaevolas einzuordnen. Es geht nicht um eine allgemeine Aussage zu den Voraussetzungen des furtum, sondern um das entscheidende Kriterium, ab wann ein heres voluntarius zur actio furti wegen der Wegnahme von res hereditariae aktivlegitimiert ist. Dies ist erst der Fall, wenn der Erbe die fragliche Sache ergriffen und somit Besitz an ihr erlangt hat.

IV. Gaius 3, 201 und 2, 58 Als 1803 Savignys Recht des Besitzes erschien, konnte das Veroneser GaiusPalimpsest, das Niebuhr erst 1816 entdeckte, darin noch keine Berücksichtigung finden.202 Dies erklärt, warum Savigny in seiner entschiedenen Ablehnung eines Besitzübergangs auf alle Erben, also auch hinsichtlich des suus heres,203 die Institutionen des Gaius nicht erwähnt. In der weiteren wissenschaftlichen Diskussion werden jedoch zwei Fragmente hieraus zu den Zentralstellen um die Debatte eines Besitzüberganges auf die Erben, insbesondere eines solchen auf die necessarii heredes. Gleichermaßen wie Ulp. D. 47, 4, 1, 15 ist Gaius 3, 201 in den Kontext der Regel rei hereditariae furtum non fit einzuordnen. Dort stellt Gaius allerdings auch den Zusammenhang mit der usucapio pro herede her, die er bereits im zweiten Buch in den §§ 52–58 behandelt. Insbesondere auf § 58, in dem die genannte Ersitzungsart bei Vorhandensein eines heres necessarius ausgeschlossen wird, nimmt Gaius 3, 201 Bezug. 202 Aus diesem Grund wird hier die posthum veröffentlichte siebte Auflage von 1865 verwendet. Die Kenntnis der Gaius-Stellen änderte jedoch nichts an der Position Savignys zur Vererblichkeit des Besitzes. 203 Savigny, Recht des Besitzes, S. 324.

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Da thematisch eine größere Nähe zum zuletzt dargestellten Anwendungsbereich der actio furti nach einem Erbfall besteht, soll zunächst Gaius 3, 201 näher behandelt werden.204 Allerdings ist eine Deutung von Gaius 3, 201 nicht ohne Rückgriff auf das Rechtsinstitut der usucapio pro herede möglich, so dass nach der Herausarbeitung der relevanten Fragen und Auffälligkeiten eine gezielte Auseinandersetzung mit Gaius 2, 52–58 unerlässlich ist. 1. Gaius 3, 201 a) Einführung der Stelle Zu den Institutionen des Gaius205 von 161206 bedarf es an dieser Stelle keiner weitgreifenden Ausführungen. Bekanntlich sind die Institutionum libri IV „eine auf Anfängerniveau reduzierte Darstellung des Privatrechts“.207 Im Rahmen dieser Darstellung behandelt Gaius auch den Anwendungsbereich des furtum und in 3, 201 konkret eine Ausnahme hiervon: Rursus ex diverso interdum alienas res occupare et usucapere concessum est nec creditur furtum fieri, velut res hereditarias, quarum heres non est nactus possessionem, nisi necessarius heres extet; nam necessario herede extante placuit nihil pro herede usucapi posse . . . .208

Gaius führt aus, dass es umgekehrt bisweilen gestattet wird, fremde Sachen zu ergreifen und zu ersitzen und dass dann kein furtum vorliege. Als Beispiel nennt er Erbschaftssachen, die der Erbe noch nicht in Besitz hat. Allerdings gelte dies nur in Abwesenheit von necessarii heredes. Denn wenn ein solcher notwendi-

204 Eine Aussage über das Verhältnis von usucapio pro herede und dem Ausschluss des furtum an rei hereditariae soll in dieser Anordnung jedoch nicht getroffen worden. Dies allein aus der Reihenfolge der Bearbeitung der Textstellen abzuleiten, wie Pool, Studi Metro V, S. 91, 119 Fn. 59 andeutungsweise Gnoli für dessen Hereditatem expilare I, unterstellt, erscheint wenig überzeugend. 205 Gaius ist der sabinianischen Rechtsschule zuzuordnen und gilt als bedeutendster Provinzialschriftsteller. Für Details zur Person, insbesondere den Streit zwischen Mommsen und Kunkel um die Lokalisierung des Gaius vgl. nur Liebs, ANRW II, 15, S. 288, 294 ff. sowie Honoré, Gaius, S. 70 ff. 206 Vgl. Liebs, HLL IV, S. 192; Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 34 Rn. 19. 207 Liebs, Römisches Recht, S. 67; näher ausgeführt bei Liebs, HLL IV, S. 191 f. 208 Die Fortsetzung Item debitor rem, quam fiduciae causa creditori mancipaverit aut in iure cesserit, dum ea, quae in superiore commentario rettulimus, sine furto possidere et usucapere potest ist für die vorliegende Untersuchung nicht weiter von Interesse. Hier wird ein weiterer Ausnahmefall zum furtum geschildert, konkret wird Bezug genommen auf Gaius 2, 59–61, wo die usureceptio erläutert wird, der Rückerwerb einer fiduciae causa übereigneten Sache durch den Sicherungs- beziehungsweise durch den Treugeber. Bemerkenswert erscheint jedoch der hier gleichermaßen wie hinsichtlich der usucapio pro herede auftretende Parallelismus zwischen Ersitzungsmöglichkeit und Ausschluss des furtum.

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ger209 Erbe vorhanden sei, habe man sich darauf geeinigt, placuit, dass eine Ersitzung pro herede ausgeschlossen sei. Rursus ist bei Gaius eine häufig verwendete Konjunktion, die eine bloße Verbindungswirkung hat.210 Umgekehrt, ex diverso, ist es laut Gaius bisweilen gestattet, fremde Sachen zu ergreifen. Es wird also eine Ausnahme dargestellt; konkret eine Ausnahme zur in Gaius 3, 195 präsentierten Regel, wann ein furtum vorliegt: Furtum fit . . . generaliter, cum qui rem alienam invito domino contrectat.211 b) Auffälligkeiten aa) Untechnische Darstellung Es fällt auf, dass sich gerade in einem systematischen Lehrbuch eine Darstellung findet, die nach unseren Kenntnissen rechtliche Unkorrektheiten zu enthalten scheint. Das von Gaius verwendete occupare setzt für eine Aneignung im technischen Sinne eigentlich eine herrenlose und keine fremde Sache voraus.212 Selbst wenn man aber vor dem Erwerb der Erbschaft davon ausginge, dass die res hereditariae ohne Eigentümer sind,213 so steht doch für den Eigentumserwerb an ihnen, soweit unsere Quellen zurückreichen, nicht die occupatio, sondern die usucapio pro herede offen. Gaius selbst spricht in diesem Zusammenhang nicht von herrenlosen Sachen, sondern er formuliert: . . . res hereditariae, antequam aliquis heres existat, nullius in bonis sunt.214 Daneben finden sich bei den Juris209 Wer zu dieser Erbenkategorie zählt und wie es zu dieser Bezeichnung kommt, wird unter C.II. erläutert. 210 Vgl. Gaius 1, 10: Rursus liberorum hominum alii ingenui sunt, alii libertini. Ebenso Gaius 1, 12: Rursus libertinorum . . . . Ferner Gaius 1, 49: Rursus earum personarum, quae alieno iuri subiectae sunt, aliae in potestate, aliae in manu, aliae in mancipio sunt. Vgl. auch die im weiteren Verlauf näher zu untersuchende Anknüpfung in Gaius 2, 52 Rursus ex contrario accidit . . . , die durch die Verknüpfung mit ex contrario jedoch wieder eine gegenüberstellende Bedeutung hat. 211 Zur Definition des Paulus in D. 47, 2, 1, 3, die ebenfalls eine contrectatio verlangt, siehe bereits oben Fn. 129. 212 Vgl. nur Gai. D. 41, 1, 3 pr.: Quod enim nullius est, id ratione naturali occupanti conceditur. Zur Andersartigkeit von res hereditariae, Gnoli, Testimonium amicitiae Pastori, S. 169, 178. Zur Sonderkonstellation bei res derelictae siehe Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 426. Eine aufschlussreiche Unterscheidung zwischen einem servus hereditarius und einem servus derelictus findet sich anlässlich einer Stipulation durch diese Sklaven beispielsweise auch bei Iav. D. 45, 3, 36: . . . inter hereditarium enim servum et eum, qui pro derelicto habetur, plurimum interest, quoniam alter hereditatis iure retinetur, nec potest relictus videri qui universo herediatis iure continetur, alter voluntate domini derelictus non potest videri ad usum eius pertinere, a quo relictus est. Siehe hierzu und zu möglichen Interpolationen, die jedoch nicht die Differenzierung zwischen servus hereditarius und servus derelictus betreffen, Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 144 ff. 213 Vgl. Ulp. D. 38, 9, 1: Successorium edictum idcirco propositum est, ne bona hereditaria vacua sine domino diutius iacerent . . . . 214 Gai. D. 1, 8, 1 pr.

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ten auch Aussagen, die die Erbschaftssachen mit solchen sine domino vergleichen.215 Dass dennoch die usucapio und nicht die occupatio einschlägig ist, lässt sich mit zwei Ansätzen begründen. Zum einen kann die Anwendung der usucapio damit erklären, dass ursprünglich Gegenstand der Ersitzung nicht eine Sache, sondern die Stellung des heres oder die hereditas als solche ist. Eine rechtliche Stellung, wie die des heres, ist ohne eine ihr zugeordnete Person inexistent und nicht herrenlos. Eine Sache hingegen bleibt auch ohne Eigentümer in ihrer Sachqualität unberührt. Dass das Wesen der hereditas Gegenstand von Meinungsstreitigkeiten ist, wurde bereits dargestellt.216 Im Rahmen der Exegese von Ulp. D. 47, 4, 1, 15 wurde ihre Funktion als Platzhalter mangels vorhandener Rechtssubjekte betont. Für den hier interessierenden Kontext könnte man sie verkürzt als Vermögenskomplex umschreiben.217 Jedenfalls lässt sich festhalten, dass auch für die hereditas die juristische Kategorie der Herrenlosigkeit nicht so recht passt. Aber auch wenn man die einzelne Erbschaftssache betrachtet, lässt sich der Unterschied zu herrenlosen Sachen zumindest nachvollziehen. Denn die in einer ruhenden Erbschaft befindliche Sache mag zwar aktuell keinen Eigentümer haben, ihr rechtliches Schicksal ist jedoch vorbestimmt.218 Sie soll eigentlich dem designierten Erben gehören und unterliegt somit einer gewissen Adressatenbindung. Sofern diese Bindung durchbrochen werden soll, bedarf es weiterer Voraussetzungen als der Ergreifung der Sache, die bei der occupatio bereits den Eigentumserwerb nach sich zieht. bb) Bedeutung des nisi-Satzes Die Aussage, dass maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines furtum sei, dass der Erbe den Besitz der Erbschaftssachen erlangt habe, deckt sich mit der Aussage Ulpians in D. 47, 4, 1, 15. Es stellt sich dann jedoch die Frage, wozu genau der mit nisi eingeleitete Nebensatz eine Ausnahme darstellt. Dieser hält 215 Paul. D. 47, 19, 6: . . . rei hereditariae furtum non fit sicut nec eius, quae sine domino est . . . . 216 Siehe oben Fn. 92. 217 Vgl. Gaius 2, 97–98: . . . Videamus itaque nunc, quibus modis per universitatem res nobis adquirantur. 98: Si cui heredes facti sumus . . . eius res ad nos transeunt. Dies korrespondiert auch mit der Definition bei Cicero, Topica 6, 29: Hereditas est pecunia quae morte alicuius ad quampiam pervenit iure . . . . Vgl. hierzu Watson, law of succession, S. 1. 218 Von einem „potential designated owner“ spricht Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 499; Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 720 und von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 621 gehen von einem subjektlosen Vermögen aus; in diese Richtung gehend offenbar auch Galgano, Limiti subiettivi dell’antica usucapio, S. 90, der jedoch mehr auf eine Zweckbindung der Erbschaftssachen zur Schuldentilgung und Pflege der sacra abstellt, als auf den Erben selbst.

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fest, dass etwas nur in Abwesenheit von heredes necessarii gilt. Als Prinzip, das hier eingeschränkt wird, kommt entweder die beschriebene Möglichkeit an sich, Erbschaftssachen ersitzen zu können, oder aber die Maßgeblichkeit des Besitzes in Betracht. Der sprachliche Duktus legt zunächst nahe, der Ausschluss der actio furti und parallel dazu die Zulässigkeit der usucapio beruhten auf dem Fehlen einer Besitzverletzung und in Anwesenheit eines necessarius sei gerade diese ausgeschlossen. Dann dann könne auch nichts pro herede ersessen werden. Sprachlich ließe sich der Nebensatz jedoch auch nur auf die Maßgeblichkeit des Kriteriums des Besitzerwerbs beziehen. Folglich würde Gaius argumentieren, dass die Besitzlage an den Erbschaftsgegenständen unerheblich ist, weil in Anwesenheit von necessarii niemals eine Ersitzung pro herede stattfinden könne. cc) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede Entscheidend für die Beantwortung der Frage nach dem Bezugspunkt des nisiSatzes ist insofern das Verhältnis zwischen Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede. Dass ein furtum an res hereditariae grundsätzlich219 erst möglich ist, wenn der Erbe Besitz an ihnen erlangt hat, wird in Anbetracht der Quellenlage in der ausgeführten Konstellation gegenüber einem freiwilligen Erben vorausgesetzt.220 Automatische Rückschlüsse auf die Verzahnung von usucapio pro herede und furtum ergeben sich daraus allein jedoch nicht. Außerdem wurde bislang auch noch keine Aussage bezüglich eines furtum zu Lasten eines heres necessarius getroffen, der für den Erbschaftserwerb keiner aditio bedarf. Gaius 3, 201 lässt sich zunächst lediglich entnehmen, dass ein gewisser Gleichlauf zwischen der usucapio pro herede und dem Ausschluss des furtum an res hereditariae besteht: Das Ergreifen einer Sache, die ersessen werden kann, stellt kein furtum dar.221 Für Rückschlüsse auf einen etwaigen Besitzübergang auf den Erben – und eine korrekte Verortung des nisi-Satzes – ist jedoch entscheidend, ob die Anwendbarkeit der usucapio pro herede den Ausschluss des

219 Hier sei an D. 47, 2, 69–71 erinnert, wiedergegeben in Fn. 137. Es handelt sich hierbei um Fälle, in denen zwar der Erbe noch nicht selbst besitzt, aber ein anderer Nichtbesitzer, wie zum Beispiel der Usufruktuar ein durch die actio furti geschütztes Interesse an der Nutzung der Sache hat. 220 Vgl. Ulp. D. 47, 4, 1, 15 sowie die dahingehend eindeutige Aussage in der vorliegenden Textstelle. Aber auch auf Ulp. D. 47, 19, 2, 1 zum crimen expilatae hereditatis sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen, wonach die actio furti nicht einschlägig ist ante aditam hereditatem, vel post aditam antequam res ab herede possessae sunt. 221 Der Text besagt hingegen nicht positiv, dass stets ein furtum vorliegt, wenn keine Ersitzung stattfindet.

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furtum nach sich zieht oder umgekehrt. Sofern man nämlich davon ausgeht, dass maßgebliches Kriterium für die Anwendbarkeit des furtum auf die Ergreifung von Erbschaftssachen für alle Erbenkategorien der Besitz des Erben ist und die Ersitzung ab diesem Zeitpunkt gerade an der Furtivität222 der Sache scheitert,223 so könnte aus dem Ausschluss der usucapio pro herede in Anwesenheit von necessarii heredes deren Besitz gefolgert werden.224 Diese Argumentation wird jedoch hinfällig, wenn die Beziehung zwischen Ausschluss des furtum und Anwendbarkeit der usucapio pro herede darauf beruht, dass die Ergreifung von Erbschaftssachen, die im Rahmen der usucapio erlaubt ist, nicht durch ein anderes Rechtsinstitut sanktioniert oder gar pönalisiert werden soll.225 Dann wäre es so, dass der Anwendungsbereich der usucapio pro herede vorgibt, wann kein furtum vorliegt. Die Ausnahme für die necessarii heredes fände ihre Ursache dann im Recht der usucapio pro herede und nicht im vermeintlichen Besitz, den die necessarii innehätten und dessen Verletzung dann das furtum nach sich zieht. Ob der necessarius heres die Erbschaftssachen tatsächlich besitzt, wäre bei einer Maßgeblichkeit des Rechts der usucapio pro herede irrelevant. Sprachlich erscheint dies von Gaius 3, 201 jedenfalls gedeckt. Dann stellt sich jedoch die Frage, warum der Besitz des Erben maßgebliche Grenze für die Anwendbarkeit der usucapio pro herede sein soll, quarum heres non est nactus possessionem. Wenn die usucapio pro herede anfangs dazu diente, einen Erben zu schaffen, so würde man eigentlich erwarten, dass bereits mit der aditio kein Bedarf mehr bestand, einen anderen zum Erben zu machen. Die Kontinuität durch die ipso iure-Nachfolge der necessarii heredes lässt dann streng genommen keinen Raum für eine usucapio pro herede.226 Warum sollte dann aber hinsichtlich der Ersitzung einzelner Erbschaftssachen auf den Besitz des Erben abgestellt werden? Fällt der Besitzerwerb unter Umständen doch mit dem Erbschaftserwerb zusammen oder vollzieht sich der Erbschaftserwerb zunächst gerade mittels Besitzergreifung? Lässt sich vielleicht für verschiedene Zeitabschnitte die Frage nach dem Verhältnis von usucapio pro herede und Ausschluss des furtum sogar unterschiedlich beantworten?

222 Vgl. zum Ausschluss der Ersitzung in diesem Fall, der bereits auf die Zwölf Tafeln zurückgehen soll nur Gaius 2, 49: Quod ergo vulgo dicitur furtivarum rerum et vi possessarum usucapionem per legem XII tabularum prohibitam esse . . . . 223 So die Konzeption Bonfantes, Scritti II, S. 683, 686. 224 So ausdrücklich Pernice, Labeo II 1, S. 441 Fn. 3; Solazzi, Scritti III, S. 379; Bonfante, Corso VI, S. 179; Talamanca, IURA 12 (1961), S. 349, 351; Scherillo, Scritti II.1, S. 178; Strohal, Succession in den Besitz, S. 227: „kaum abweisbarer“ Schluss. 225 MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293, 296; Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 47. 226 Galgano, Limiti subiettivi dell’antica usucapio, S. 90; Fadda, Diritto ereditario romano I, S. 333 f.

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dd) placuit Die Perfektform von placere kann insbesondere dafür stehen, dass sich eine Ansicht gegen eine andere durchgesetzt hat und inzwischen unbestritten ist.227 Ein solches Verständnis würde aber voraussetzen, dass der Ausschluss der usucapio pro herede in Anwesenheit von necessarii heredes vormals umstritten war. Es stellt sich dann die Folgefrage, welche Gegenpositionen vertreten wurden. Denkbar ist insofern, dass fraglich war, ob die Anwesenheit jeglicher necessarii heredes die usucapio ausschloss oder ob dies nur bei sui et necessarii heredes der Fall war. Es erscheint aber auch möglich, dass Uneinigkeit herrschte, ob die Existenz eines necessarius heres überhaupt ein Hindernis für die usucapio pro herede darstellte. Eine gänzlich andere Deutung des placuit liefert Gnoli,228 der vorschlägt, dass Gaius selbst nicht genau gewusst habe, warum in Anwesenheit von necessarii heredes die usucapio pro herede ausgeschlossen war, und sich deshalb auf das placuit als Begründung zurückzieht. Hätte er Kenntnis davon gehabt, dass dieser Ausschluss auf dem Besitz des necessarius beruhte, dann hätte Gaius dies laut Gnoli auch offengelegt. ee) necessarii Der Begriff necessarii heredes kann in verschiedenen Bedeutungen gebraucht werden. Im Detail braucht hierauf an dieser Stelle noch nicht eingegangen zu werden.229 Es genügt, sich bewusst zu machen, dass necessarii sowohl als Oberbegriff für alle diejenigen Erben gebraucht werden kann, für die der Erbschaftserwerb nicht von einem Willensentschluss abhängt,230 als auch lediglich für eine Untergruppe dieser Erben, die nicht zugleich sui heredes sind.231 Als necessarius tantum kann man insofern den servus cum libertate institutus ansehen.232 227 Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. placere. Eine andere Erklärung für das placuit liefert Collinet, Studi Riccobono IV, S. 131, 135, der darin ein Indiz für eine gewohnheitsrechtliche Entstehung der usucapio pro herede nach den Zwölf Tafeln erblickt. Dies aus der konkreten Stelle zur Darstellung des furtum zu folgern, scheint jedoch überspitzt. 228 Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 44. 229 Vgl. insofern die ausführliche Darstellung unter C.II. 230 Gaius 2, 157: . . . ,Necessarii‘ vero ideo dicuntur, quia omni modo, velint ab intestato quam ex testamento heredes fiunt. Auch wenn die konkrete Stelle eine Erläuterung des Bezeichnungsbestandteils necessarius bei sui et necessarii ist, so wird doch allgemein auf Grundlage dieser Stelle jeder Zwangserbe als necessarius bezeichnet. 231 Dies zeigt sich beispielhaft bei der Darstellung der in iure cessio hereditatis in Gaius 3, 87: Suus autem et necessarius heres an aliquid agat in iure cedendo, quaeritur. Neben dem suus wird auch der necessarius heres genannt, anstatt beide Kategorien unter dem Oberbegriff necessarii zusammenzufassen. Zur in iure cessio hereditatis und Gaius 3, 87 siehe von Lübtow, Studi Scherillo I, S. 327, 331 sowie Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 239 ff.

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c) Exegese aa) Zusammenhang Die konkrete Stelle Gaius 3, 201 ist Teil der Darstellung der obligationes, quae ex delicto nascuntur.233 Als ein Beispiel dieser Kategorie folgt die Erörterung des furtum. Als Grundfall dieses Delikts bezeichnet Gaius in 3, 195 ein contrectare rem alienam invito domino. Im Anschluss werden Sonderkonstellationen behandelt, in denen ein furtum bejaht wird, obwohl keine res234 weggenommen wird oder es an der Fremdheit235 der Sache fehlt. Hierauf folgt die vorliegende Stelle, die nun nicht eine Erweiterung, sondern eine Ausnahme von der Grundregel behandelt, nämlich die Möglichkeit, unter gewissen Umständen fremde Sachen ergreifen zu dürfen. Im Anschluss an das Fragment wird dann – wieder in Erweiterung der Grundregel – auch die Haftung des Teilnehmers236 als Anwendungsfall der actio furti dargestellt. bb) Rechtsfrage Die relevante Aussage an dieser Stelle liegt also im Recht des furtum. Ausnahmsweise stellt es kein furtum dar, wenn man fremde Sachen an sich nimmt. Ein Beispiel hierfür ist die Ergreifung von Erbschaftssachen, an denen der Erbe noch keinen Besitz erlangt hat. Vorausgesetzt der Erbe ist auch kein necessarius heres. Der folgende nam-Satz stellt an dieser Stelle eine Anknüpfung zu den bereits im zweiten Buch von Gaius behandelten Regelungen des Ersitzungsrechts dar. 2. Einschub: Gaius 2, 52–58 Die aufgeworfenen Fragen – vor allem zum Verhältnis von furtum und usucapio pro herede – lassen sich nicht beantworten, wenn man nicht die gaianische Erörterung dieser Ersitzungsart einbezieht.237 Diese findet sich im zweiten Buch in den §§ 52 bis 58, wobei für die Frage nach einem möglichen Besitzübergang 232 Gaius 2, 153: Necessarius heres est servus cum libertate heres institutus, . . . . Vor allem durch das Zusammenspiel mit Gaius 2, 152 wird deutlich, dass necessarius heres in Gaius 2, 153 eine Erbenkategorie bezeichnet wird: Heredes autem aut ,necessarii‘ dicuntur aut ,sui et necessarii‘ aut ,extranei‘. Die Bezeichnung necessarius tantum für diese Untergruppe ist allgemein verbreitet, vgl. nur Voci, Diritto ereditario romano I, S. 400; Gnoli, Studi Biscardi III, S. 205, 210. 233 Gaius 3, 182: Transeamus nunc ad obligationes, quae ex delicto nascuntur . . . . 234 Gaius 3, 199: . . . liberorum hominum furtum fit . . . . 235 Gaius 3, 200: . . . suae rei quisque furtum committit . . . . 236 Gaius 3, 202: . . . cuius ope consilio furtum factum est. 237 In den Digesten existiert zwar ein eigener Titel D. 41, 5 Pro herede vel pro possessore. Allerdings zeichnet allein Gaius die Entwicklung der usucapio pro herede in ihren verschiedenen Ausprägungen nach.

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und insbesondere für die besondere Stellung der necessarii heredes vor allem der erste und der letzte Paragraph von Interesse sind. Es gilt insofern, eine in sich schlüssige und mit der Quellenlage vereinbare Deutung für die Funktionsweise des „istituto più misterioso . . . del diritto romano“ 238 zu finden, insbesondere dessen Verhältnis zur Anwendbarkeit der actio furti in Hinblick auf res hereditariae betreffend. a) Einführung der Stellen In Gaius 2, 52 wird das Institut der usucapio pro herede erstmalig erwähnt und als Fall der usucapio dargestellt, in dem der Usukapient weiß, dass ihm die Sache nicht gehört. Diese Form der Ersitzung stehe offen, solange der Erbe noch nicht Besitzer der Erbschaftssache ist und wenn die Sache zur Ersitzung tauglich ist: Rursus ex contrario accidit, ut, qui sciat alienam rem se possidere, usucapiat, velut si rem hereditariam, cuius possessionem heres nondum nactus est, aliquis possederit; nam ei concessum capere, si modo ea res est, quae recipit usucapionem. Quae species possessionis et usucapionis ,pro herede‘ vocatur.

Es folgen Ausführungen zur einjährigen Ersitzungsfrist und deren (vermeintlicher) Grundlage im Zwölftafelrecht. Dann wird knapp der Wandel des Instituts von einer Ersitzung der Erbschaft239 über die Ersitzung einzelner Erbschaftssachen bis hin zur Einengung des Anwendungsbereichs durch die Durchbrechung einer usucapio lucrativa beschrieben. Als solche wurde offenbar die Ersitzung bezeichnet, bei der man wissentlich fremde Sachen ergriff und letztlich zu Eigentum erwarb. Abschließend folgt in Gaius 2, 58 die Einschränkung, dass bei Vorhandensein eines heres necessarius nichts pro herede ersessen werden könne. Et necessario tamen herede extante nihil ipso iure pro herede usucapi potest.

b) Auffälligkeiten aa) si modo ea res est, quae . . . Bei der einführenden Darstellung der Voraussetzungen der usucapio pro herede in Gaius 2, 52 findet sich die Einschränkung, dass die Sache der Ersitzung zugänglich sein muss, si modo ea res est, quae recipit usucapionem. Wenn man allgemein zur Ersitzungsfähigkeit auch zählt, dass die Sache nicht furtiv ist, so wäre das eine Stütze für die Position, dass die Zulassung der usucapio pro herede davon abhängt, dass kein furtum vorliegt.240 Da Gaius zuvor die Voraussetzungen

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Bonfante, Corso VI, S. 276. Gaius 2, 54: . . . olim rerum hereditariarum possessiones ut ipsae hereditates usucapi credebantur . . . . 240 Für eine solche Einordnung H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 89. 239

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der usucapio im Allgemeinen erörtert und dort auch erwähnt, dass die Sache nicht furtiv sein darf,241 erscheint dies nicht abwegig. Allerdings wird andererseits die usucapio pro herede auch als Sonderfall eingeführt, in dem die Sache trotz Wissens um deren Fremdheit ersessen werden kann. Dies ergibt sich aus der sprachlichen Konstruktion rursus ex contrario eingangs § 52. Dieser folgt auf § 51, in dem Gaius die Möglichkeit eines fundi furtum verneint. Dieser Paragraph endet damit, dass der gutgläubige Besitzer, der ein Grundstück übertragen bekommt, ersitzen könne, obwohl derjenige, der die Sache zunächst ergreift, deren Fremdheit kennt.242 In § 52 wird nun beschrieben, unter welchen Umständen auch derjenige selbst ersitzen kann, der nicht als bonae fidei possessor in Betracht kommt.243 Es wird also ausnahmsweise ein an sich als furtum zu deklarierendes Verhalten zugelassen. Insofern ist fraglich, ob die Furtivität überhaupt negatives Tatbestandsmerkmal der usucapio pro herede ist. Diese Frage wird im Folgenden im Zusammenhang mit dem zentralen Aspekt der Wechselwirkung zwischen Ausschluss des furtum an res hereditariae und usucapio pro herede erörtert. Wenn dem nicht so wäre, so stellt sich jedoch die Frage, worauf Gaius abstellt, wenn er verlangt, dass die Sache ersitzungstauglich ist, si modo ea res est, quae recipit usucapionem. bb) alienam rem Zwar ist auch bereits in Gaius 3, 201 die Rede davon, dass fremde Sachen ergriffen und ersessen werden können, alienas res occupare et usucapere concessum est. Allerdings scheint alienas res dort nicht als Auffälligkeit, da die Fremdheit hier durch die in 3, 195 gegebene Erläuterung des Tatbestands des furtum bereits vorgegeben ist. Fremd ist demnach die Sache, die im Eigentum eines anderen steht. Fraglich erscheint, ob dieses Verständnis auch im Rahmen von Gaius 2, 52 zutreffend ist. Dann müsste die Sache, die ersessen wird, bereits im Eigentum eines anderen, konkret im Eigentum des Erben stehen. Dies setzt voraus, dass bereits ein Erbe existiert, die Erbschaft also bereits durch aditio erworben wurde. Aus der Erwähnung eines heres allein lässt sich dieser Schluss noch nicht ziehen, weil bisweilen auch der lediglich zur Erbschaft Berufene als heres bezeichnet wird.244 Allerdings erscheint es dann widersprüchlich, von einer res aliena zu sprechen, da laut Gaius die Erbschaftssachen nullius in bonis sunt, ehe es einen Erben gibt.245 Erst nach Antritt der Erbschaft wird die konkrete Sache

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Gaius 2, 49, vgl. bereits Fn. 222. Gaius 2, 51: . . . Et quamvis ipse, qui vacantem possessionem nactus est, intellegat alienum esse fundum, tamen nihil hoc bonae fidei possessori ad usucapionem nocet . . . . 243 Siehe zu dieser Anknüpfung Gnoli, Studi Biscardi III, S. 205, 213. 244 Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. heres. Hierauf verweist auch H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 85 f. 245 Vgl. Gai. D. 1, 8, 1 pr., wiedergegeben in Fn. 144. 242

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eine res aliena im obigen Sinne. Es stellt sich insofern die Frage, ob die Ausführungen des Gaius in 2, 52 allein für den Zugriff auf res hereditariae nach Antritt der Erbschaft gelten. Weiterhin folgt aus den hier angestellten Überlegungen auch, dass die aditio in der Kaiserzeit für gewöhnlich nicht mit einer Besitzergreifung einhergeht,246 denn andernfalls hätte der Erbe bereits Besitz. cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58 Die Ausnahme in § 58 legt nahe, dass in Gaius 2, 52 gerade von den voluntarii heredes die Rede ist, also von solchen Erben, die die Erbschaft antreten müssen, um sie zu erwerben. Auch der Ausschluss der usucapio in Anwesenheit von necessarii heredes bereits ipso iure könnte als eine Anknüpfung zu § 52 zu verstehen sein. Während hiernach eine Ersitzung so lange möglich ist, bis der Erbe den Besitz an den Erbschaftssachen erlangt hat, so ist eine usucapio pro herede in § 58 bereits ipso iure ausgeschlossen. Hier mag sprachlich eine Deutung näher liegen, wonach es dann auf ein nancisci possessionem nicht mehr ankommt, wenn die possessio bereits ipso iure auf den Erben übergegangen ist. Die oben in Betracht gezogene Deutung, dass bei Vorhandensein eines necessarius heres die Besitzverletzung nicht maßgebliches Kriterium für die Anwendbarkeit der usucapio pro herede ist, lässt sich jedoch auch vor dem Hintergrund des § 58 aufrecht erhalten. Auch dann wäre ipso iure so zu verstehen, dass es auf eine tatsächliche Besitzergreifung nicht ankommt. Aber nicht deshalb, weil der Besitz bereits auf den Erben übergegangen ist, sondern weil in Anwesenheit von necessarii heredes ein anderes, gewissermaßen ein negatives, Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt ist.247 Ipso iure könnte insbesondere auch ein Gegenstück zum prozessualen Erfordernis in Gaius 2, 57 sein, wonach der wahre Erbe in den Fällen der sogenannten usucapio lucrativa248 seit Hadrian die hereditatis petitio249 bemühen kann, um die Erbschaftssachen heraus zu ver-

246 Stattdessen mittels cretio oder pro herede gestio vorgenommen werden kann, vgl. hierzu Gaius 2, 164: Extraneis heredibus solet cretio dari . . . und Gaius 2, 167: At is, qui sine cretione heres institutus sit . . . potest aut cernendo aut pro herede gerendo vel etiam nuda voluntate suscipiendae hereditatis heres fieri . . . . Siehe auch Avenarius, AUPA 55 (2012), S. 9, 12 ff. 247 Unter den „negative[n] Voraussetzungen“ nennt H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 81 das Erfordernis, dass der Erbe nicht necessarius sein darf. 248 Vgl. Gaius 2, 56: Haec autem species possessionis et usucapionis etiam ,lucrativa‘ vocatur; nam sciens quisque rem alienam lucri faciet. 249 In Gaius 2, 57 heißt es: . . . hereditatem petendo proinde eam ream consequi, atque si usucapta non esset. Hiermit wird nach allgemeiner Meinung die hereditatis petitio angesprochen. Albanese, Situazioni possessorie, S. 106 Fn. 389 weist zurecht darauf hin, dass diese erst durch eine fictio ermöglicht wird, da die Ersitzung ja tatsächlich wirksam war. Auch der Wortlaut stützt dieses Verständnis. Zur Funktion der hereditatis petitio sieh unten D.V.2.a).

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langen. Es ist dann zwar nicht so, dass eine usucapio pro herede ausgeschlossen wäre, durch seine Klage kann der wahre Erbe diese aber durchbrechen.250 dd) Textkritik: et necessario tamen Die Textstelle § 58 wurde zunächst in ihrer Lesart et necessario tamen nach Manthe wiedergegeben. Dabei weist auch Manthe daraufhin, dass et im Gaius Veronensis noch auf der vorhergehenden Seite steht und der Paragraph somit durch einen Seitenumbruch geteilt ist.251 Diese Textfassung ist nicht unumstritten. Ebenfalls vertreten werden Fassungen ohne et252 sowie die für die zu untersuchende Thematik interessante Lesung suo et.253 Dass Gaius 2, 58 ursprünglich nicht mit et eingeleitet worden sei, ließe sich so erklären, dass die beiden letzten Buchstaben des vorangehenden esset am Ende von 2, 57 durch eine Dittographie zu einem weiteren et im Codex Veronensis wurden. Diese paläographische Erklärung für das sprachlich und logisch entbehrliche et am Anfang des Fragments erscheint angesichts der mangelnden Sorgfalt, die den zwei Schreibern des Codex Veronensis unterstellt wird,254 durchaus tragfähig. Die Dittographie kann sich freilich auch schon in der Vorlage befunden haben. Die Lesung hingegen, die einen Ausschluss der usucapio pro herede ausschließlich in Anwesenheit eines suus et necessarius heres vermutet, kann auf eine entsprechende Parallele im Codex verweisen. In C. 7, 29, 2, einem Reskript Diokletians des Jahres 293 heißt es nämlich: Nihil pro herede posse usucapi suis existentibus heredibus obtinuit. Demnach wäre die Ersitzung nicht in Anwesenheit aller notwendigen Erben ausgeschlossen, sondern lediglich für die darin enthaltene Unterkategorie der sui heredes. Allerdings erscheint es fraglich, inwieweit man von einem Reskript im Einzelfall, das zudem nur in einem Ausschnitt überliefert ist, auf den Inhalt eines Institutionen-Werks mit dem Anspruch der systematischen Darstellung Rückschlüsse ziehen kann. Ergänzend wird jedoch insbesondere von Dubois255 auch konkret mit der Handschrift argumentiert, um diese Lesart zu stützen. Im Apographum Studemunds seien esset und et durch einen Punkt getrennt. Dieser Punkt sei kein Satzzeichen, sondern Platzhalter für

250 Vgl. Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 49; ebenso Huschke, ZGR 14 (1848), S. 145, 167 Fn. 26, auch wenn dieser hinsichtlich Gaius 2, 58 noch von einem Verständnis ausgeht, das die usucapio necessario herede extante gerade nicht ausschließt. 251 Vgl. Studemund, Apographum, S. 67 f. 252 David/Nelson, 2. Lieferung, Leiden 1960, S. 78; Krüger/Studemund, 7. Auflage, Berlin 1923, S. 55, jedoch wird im Apparat auf esset et im Codex Veronensis hingewiesen. 253 Seckel/Kübler, Stuttgart 1968, S. 66; auch Huschke, Iurisprudentiae anteiustinianae, 4. Auflage, Leipzig 1879, S. 231. 254 Manthe, Institutiones, S. 16. 255 Dubois, NRHD 4 (1880), S. 427, 437.

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ein Wort, nämlich suo. Jedenfalls sei die Erklärung eines Abschreibfehlers insofern schwer haltbar, als nicht nur das et, sondern auch der Punkt für eine korrekte Lesung unterdrückt werden müssten. Solazzi spricht sich ebenfalls für suo et aus. Allerdings liest auch er lediglich esset et und glaubt dennoch an den Ausfall von suo.256 Dies versucht er mit dogmatischen Argumenten in seine bereits angeklungene Theorie vom sofortigen Besitzerwerb der sui heredes einzupassen. c) Konzept der usucapio pro herede Aus der gaianischen Darstellung ergibt sich somit zumindest hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen ein eindeutiges Bild von der usucapio pro herede. Man muss sich zunächst die Unterscheidung klar machen zwischen der Ersitzung einzelner Sachen und der zu Zeiten des Gaius nicht mehr möglichen Ersitzung einer Erbschaft als solchher, ipsae hereditates usucapi.257 Gaius erläutert in 2, 52 ausschließlich das Verfahren der Ersitzung einzelner res hereditariae. Diese Art der Ersitzung ist dann möglich, wenn der berufene freiwillige Erbe die Erbschaftssachen noch nicht in Besitz genommen hat. Sie verlangt lediglich eine einjährige Ersitzungsfrist und keine beispielsweise mit dem Kauf vergleichbare causa.258 Dies ist laut Gaius ein Relikt aus der inzwischen nicht mehr für zulässig erachteten Ersitzung der hereditas als cetera res.259 Allerdings habe sich auch die Ersitzung einzelner Erbschaftssachen mit der Zeit dahingehend gewandelt,260 dass die Ersitzung eines Usukapienten, der weiß, dass ihm die Sache nicht zustehe, vom Erben mittels hereditatis petitio durchbrochen werden konn-

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Solazzi, Scritti III, S. 379, 382. Gaius 2, 54: . . . quod olim rerum hereditariarum possessiones ut ipsae hereditates usucapi credebantur . . . . Terminologisch schlägt unter anderem MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293 vor, usucapio hereditatis und usucapio rerum hereditariarum zu unterscheiden und usucapio pro herede als Oberbegriff zu verwenden. Der Begriff usucapio hereditatis geht offenbar bereits auf Albanese zurück, vgl. Völkl, SZ 106 (1989), S. 665, 669. 258 Pool, TR 81 (2013), S. 527, 557 f. sieht die rechtliche Eigenart der Erbschaftssachen als causa adquirendi an und verwehrt sich gegen die Aussage, für die usucapio pro herede habe es überhaupt keiner causa bedurft. So jedoch Voci, Diritto ereditario romano I, S. 105. In der Sache ähnlich wie Pool auch schon Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 721. 259 Gaius 2, 54: . . . lex enim XII tabularum soli quidem res biennio usucapi iussit, ceteras vero anno . . . . 260 Was von Gaius 2, 57 auf ein senatus consultum ex auctoritate Hadriani zurückgeführt wird, das unter anderem von Bonfante, Corso II, 2, S. 256 Fn. 1 „senza dubbio“ als SC Iuventianum identifiziert wird. Diese Aussage wird jedoch überwiegend in Frage gestellt. Dagegen Collinet, Studi Riccobono IV, S. 131, 132. Vgl. überblicksartig Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 242 Fn. 77. Für die vorliegende Arbeit kann die Frage letztlich offen bleiben. 257

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te.261 Sie war für den bösgläubigen Ersitzenden somit nicht von vornherein ausgeschlossen, allerdings konnte er sich seiner erworbenen Rechtsposition nicht gewiss sein. Für den gutgläubigen Ersitzenden hingegen blieb das Institut weiterhin anwendbar.262 Der Zusammenhang zwischen dem Ausschluss des furtum an Erbschaftssachen und der usucapio pro herede wird von den Quellen nur zur Ersitzung von einzelnen Erbschaftssachen hergestellt.263 Interessant ist daher insbesondere der Wandel von der ursprünglichen Form zur Ersitzung von Einzelsachen. Erst wenn herausgearbeitet ist, wie die ältere usucapio pro herede funktionierte, lässt sich tragfähig argumentieren, ob Voraussetzungen der neueren Ausprägung bloße Überbleibsel eines in klassischer Zeit nicht mehr praktizierten Rechtsinstitut darstellen; oder ob aus dem Zusammenhang zwischen der späteren usucapio pro herede und dem Ausschluss des furtum Rückschlüsse auf einen möglichen Besitzübergang auf die Erben gezogen werden können. aa) Ursprüngliche Funktion (1) Nach Gaius Laut Gaius 2, 55 hatte die usucapio pro herede das Ziel, den designierten Erben zu einem schnelleren Antritt der Erbschaft zu bewegen. Andernfalls sei es gerechtfertigt, dass ein anderer Erbe werde, damit der Totenkult durchgeführt werde, sacra facere, und die Gläubiger einen persönlich haftenden Anspruchsgegner erhielten.264 An dieser Stelle stellt Gaius jedoch ausdrücklich nicht auf 261 Prozessual wird dies durch eine in integrum restitutio geschehen sein, vgl. Kaser, Studi Sanfilippo II, S. 215, 265 Fn. 203. Konkret mittels einer formula ficticia im Rahmen der bereits angesprochenen hereditatis petitio, vgl. Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 243; derselbe, Römisches Privatrecht I, S. 422 262 H. Krüger SZ 54 (1934), S. 80, 95. Siehe auch Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 340 Fn. 16 mit knapper Darstellung der in der Vergangenheit divergierenden Positionen zu dieser Frage. Ausschlaggebend dürfte der Kontext sein. Gaius selbst spricht in 2, 57 von der lucrativa usucapio. Überhaupt werden ab 2, 52 nur solche Ersitzungen dargestellt, die keiner bona fides bedürfen. Auf die Anforderungen an die Form der nicht als lucrativa eingestuften usucapio pro herede wird im weiteren Verlauf noch eingegangen. 263 Darauf hinweisend auch Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 494. Anders, jedoch ohne Rückbindung an die Quellen, Biondi, Diritto ereditario romano, S. 314, der als einzige Voraussetzung der alten Form der usucapio pro herede nennt, dass die Sachen nicht furtiv sein durften. 264 Diese Motive wurden in der Vergangenheit und werden auch heute noch teils vehement angezweifelt. Die Gegenentwürfe sind zahlreich und stellen zum Beispiel darauf ab, dass durch die usucapio pro herede dem adgnatus proximus die heres-Stellung eröffnet werden sollte (Solazzi, Diritto ereditario romano II, S. 144), dass Unwirksamkeiten der familiae mancipatio zu Gunsten des familiae emptor geheilt werden (Perozzi, Istituzioni II, S. 483) oder auch dass Mängel der cretio (Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II, S. 904) oder des Testaments (Gandolfi, BIDR 61 (1958), S. 271, 286) behoben werden. Castro Sáenz nennt zudem einen Kompensationseffekt innerhalb der Familie als Zweck und Funktion der usucapio pro herede, RIDA 45 (1998), S. 143, 165 und

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eine Besitzergreifung seitens des Erben, sondern auf die aditio ab.265 Ohnehin ist es angesichts der Konzeption, dass diese Form der usucapio den Titel eines heres verschaffte, kaum glaubhaft, dass hierfür noch Raum bleiben könnte, wenn bereits durch Antritt ein Erbe feststand. Entsprechend konnte eine solche usucapio pro herede auch nicht stattfinden, wenn bereits ipso iure notwendige Erben vorhanden waren. (2) usus Vorzugswürdig, wenn auch nicht durch die Quellen eindeutig belegt, ist eine Konzeption, wonach nicht die possessio an einzelnen oder allen in der Erbschaft enthaltenen Sachen, sondern vielmehr ein usus266 bezüglich der Position des S. 203, was jedoch mit dem Erwerb der Erbschaft beziehungsweise des Titels heres schwer vereinbar scheint. Dass durch die Einrichtung letzten Endes auch Unklarheiten über die Eigentumslage behoben werden, wie vor allem Collinet, Studi Riccobono IV, S. 131, 140 f. betont, versteht sich von selbst. Offenbar eine Anknüpfung an das Modell Karlowas ist der Ansatz von Coppola, die die usucapio hereditatis auf eingesetzte extranei beschränkt sieht, Pro herede gestio I, S. 131 f. Die Parallele zur manus, die auch nicht von jedermann, sondern nur vom Gatten mittels usus ersessen werden kann, ist ein zunächst gefälliger Gedanke. Letztlich überzeugt ein solcher Schluss aus Gaius 2, 55 jedoch nicht. Insgesamt erscheint die Darstellung des Gaius zu den Motiven durchaus stimmig. Zwar besagt sie direkt nur, dass der Erbe rascher antreten soll, um sacra und Schuldenhaftung zu übernehmen, wie Hausmaninger, SZ 84 (1967), S. 503, 507 zu Recht bemerkt. Das Zusammenspiel mit 2, 54 lässt jedoch die obige Deutung zu. 265 Gaius 2, 55: . . . illa ratio est, quod voluerunt veteres maturius hereditates adiri . . . . 266 Vgl. zu einer solchen Konzeption ausführlich Franciosi, Usucapio pro herede, S. 51 f., zuletzt auch derselbe, Studi Gallo I, S. 247, 257. Aber auch andere Autoren positionieren sich ähnlich, zum Beispiel Monier, Manuel I, S. 502; Gandolfi, BIDR 61 (1958), S. 271, 285; Talamanca, Legittimazione passiva, S. 66; von einem „equipollente del gerere pro herede“ spricht Betti, Studi Arangio-Ruiz IV, S. 81, 90; noch deutlicher Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 75: „Si sarà insomma trattato di un gerere se pro herede da parte di chi erede non era“; sinngemäß auch Vacca, Saggi, S. 131, 146: „colui, che si immetta nel possesso di un’eredità giacente e si comporti come heres“ sowie die Ausführungen dort in Fn. 25; Coppola, Pro herede gestio I S. 79 und als Coppola Bisazza, Rivista 11 (2011), S. 1 Fn. 1; ebenso Nicosia, Possesso, S. 71 sowie derselbe, Studi Martini II, S. 865, 866; Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 140, der jedoch als Objekt des usus nicht die hereditas, sondern zur Erbschaft gehörende Grundstücke ansieht; jüngst widersprüchlich Corbino, Diritto privato romano, S. 559, 366 zu usus tendierend, während auf S. 471 behauptet wird, die Ergreifung einer einzelnen Sache habe dazu geführt, dass man heres geworden sei; gegen das Konzept des Erwerbs der heresPosition siehe unter anderem Biondi, Scritti III, S. 451, 483: „Il possessore acquista per usucapione non il titolo di erede . . . ma la hereditas“. Gegen den Erwerb des Titel heres auch Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 76 f. Häufig wird dann die Erbschaft für diese Zeit als res corporalis aufgefasst, vgl. hierzu beispielsweise, Albanese, AUPA 20 (1949), S. 127, 406 ff.; Salomón, Adquisición, S. 170 Fn. 366. Einen Sonderweg beschreitet Mayer-Maly, SZ 77 (1960), S. 16, 40 ff., der die früheste Erscheinungsform der usucapio pro herede auf das Objekt des heredium bezieht. Einen usus hinsichtlich der heres-Position lehnt Mayer-Maly ebenda auf S. 44 ab.

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heres über ein Jahr hinweg267 Voraussetzung der Ersitzung war. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass die Römer diesen Erwerb des Titels heres und den Erwerb der hereditas in der Folge tatsächlich streng unterschieden haben.268 Die usus-Konzeption weist Parallelen zur Erlangung der manus269 über die Ehefrau auf und geht davon aus, dass mittels usus auch eine potestas erworben werden kann, während die klassische usucapio ausschließlich den Eigentumserwerb nach sich zog.270 Dies erscheint insofern relevant, als sich die alte usucapio pro herede nicht nur durch eine abweichende Ersitzungsfrist und den Verzicht auf bona fides sowie auf ein Kausalgeschäft als iusta causa von der klassischen usucapio unterscheidet, sondern auch die possessio in dieser Form gar nicht Tatbestandsvoraussetzung ist.271 Jemand der lediglich eine Erbschaftssache ergreift,272 bekundet dadurch noch nicht die Bereitschaft für sacra und Schulden einzustehen. Er geriert sich nicht als Erbe. Die Vorstellung der Jheringschen Mausefalle273 ist zwar bildhaft durchaus hübsch. Sie vermag jedoch als Konzept eines Rechtsinstituts nicht zu überzeugen. Andernfalls wären durch Ergreifung von Einzelsachen möglicherweise heterogene Erbengemeinschaften entstanden. Die mit der usucapio pro herede verfolgten Interessen wären dadurch ein Stück weit konterkariert worden. Gerade die Pflege der sacra und die Befriedigung der Gläubiger hätten von einem solchen Rechtsinstitut nicht profitiert. Die usucapio pro herede sollte die Zersplitterung des Vermögens des Erblassers zumindest nicht begüns-

267 Die Begründung für die Jahresfrist interessiert an dieser Stelle nicht näher. Durchaus schlüssig ist aber die sorgfältige Argumentation Mayer-Malys, SZ 77 (1960), S. 1 ff., besonders S. 37, wonach die usucapio pro herede bereits vor den Zwölf Tafeln existierte, die erst das abweichende biennium für fundi fixierten. Zustimmend Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 150 ff. 268 So ausdrücklich Franciosi, IURA 35 (1984), S. 194, 197 als der Autor, der maßgeblich die Theorie vom Erwerb der potestas mittels usus geprägt hat. Angedeutet auch bereits bei Albanese, AUPA 20 (1949), S. 127, 409. 269 Gaius 1, 111: Usu in manum conveniebat, quae anno continuo nupta perseverabat; nam velut annua possessione usucapiebatur . . . . Zu Zeiten des Gaius war die Ersitzung der manus jedoch, wie er selbst am Ende der Stelle ausführt, nicht mehr geltendes Recht. 270 Grundlegend hierzu Lauria, Studi Arangio-Ruiz IV, S. 493 ff., insbesondere S. 496; vgl. auch Franciosi, Studi Gallo I, S. 247, 257 sowie Nicosia, Possesso, S. 71, S. 82 Fn. 32 und von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 469. 271 Zu den Voraussetzungen des usus siehe Lauria, Studi Arangio-Ruiz IV, S. 493, 501 ff. 272 Die Theorie, dass durch die Ergreifung einer einzigen Nachlasssache die Erbschaft ersessen würde, siehe Solazzi, Diritto ereditario romano I, S. 57; Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 7; Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 239 taucht jedoch bis heute immer wieder und meist in Arbeiten auf, die sich nicht dezidiert mit dem Institut der usucapio pro herede befassen, siehe zum Beispiel Böhr, Verbot der Besitzumwandlung, S. 82. 273 Jedenfalls lesenswert, Jhering, Scherz und Ernst, S. 137 ff. insbesondere S. 159: „Die Erbschaftssachen bildeten den Speck, wer sie nahm, die Maus, der Satz, dass er Erbe ward, den Schnepper, der ihn festhielt.“

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tigen.274 Solchen Erbengemeinschaften hätte man zwar durch eine strikte Anwendung des Prioritätsprinzips oder auch durch die Forderung nach der Ergreifung aller Erbschaftssachen begegnen können. Doch beide Modelle erscheinen letztlich nicht praktikabel. (3) Ansicht von Pool Dass hingegen die Ergreifung eines Grundstücks aus der Erbmasse solche Wirkungen erzeugt haben könnte, erscheint zumindest erwägenswert.275 Gerade die Weiterbewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke dürfte in einer frühen Zeit der typische Fall der Ausübung des usus gewesen sein. Wer den Acker des Erblassers bewirtschaftet, weist nach, dass er die Erbschaft nutzen und die Wirtschaft fortführen will; wer den Pflug des Erblassers an sich nimmt und auf seinem eigenen Acker einsetzt, tut dies gerade nicht. Außerdem erscheint hier auch aus ökonomischen Gesichtspunkten ein schneller Erbschaftsantritt besonders wichtig, um ein Brachliegen von Wirtschaftsfläche möglichst zu vermeiden. Die Ersitzung von Grundstücken mit Pool als einzigen Fall der usucapio hereditatis anzusehen, überzeugt jedoch letztlich nicht. Die Argumente für die überlieferte Lesart possessiones in Gaius 2, 54 dürfen in sprachlicher Hinsicht weitgehend als widerlegt angesehen werden.276 Insbesondere verwendet Gaius soweit ersichtlich an keiner anderen Stelle possessio im Sinne von Grundstück.277 274 Siehe zu diesem Aspekt von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 471 f., der jedoch als Konsequenz die usucapio pro herede nur bei Inbesitznahme der ganzen Erbschaft für zulässig hält. 275 Vgl. den interessanten Ansatz von Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 138 ff. 276 Gegen die Lesart Pools von Gaius 2, 54 siehe insbesondere Platschek, SZ 130 (2013), S. 405, 408: „. . . keine tragfähige Alternative zur Annahme einer Textverderbnis possessione[s].“. Siehe auch die Reaktion Pools, SZ 131 (2014), S. 370 ff. mit einer Duplik von Platschek, SZ 131 (2014), S. 392 ff. Zur Emendation possessione siehe bereits Gallo, SD 32 (1966), S. 416, 420 Fn. 4. Im Ergebnis stimmt Gallo mit Platschek überein. Auch Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 58 ff. setzt sich mit der Lesart possessiones im Sinne von Grundstücke auseinander und spricht sich letztlich für possessione aus. Für possessiones hingegen Coppola, Pro herede gestio I, S. 75 f., die darin jedoch lediglich eine Erklärung für die abweichende Ersitzungsfrist in Gaius 2, 53 erblickt. Eine knappe Darstellung der Auseinandersetzung zwischen Pool und Platschek bis 2013 findet sich bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 72 Rn. 3. 277 Hinsichtlich der Lesart von Gaius 2, 61 ist gegen Pool ebenfalls Platschek, SZ 130 (2013), S. 405, 409 ff. zu folgen, wonach possessionem hier als possessione gelesen werden sollte, jedenfalls eher nicht im Sinne von Grundstück gebraucht wird. In den Digesten findet sich diese Flexibilität bei der Verwendung des Ausdrucks possessio durchaus. Beispielhaft sei auf Paul. D. 50, 16, 78: Interdum proprietatem quoque verbum ,possessionis‘ significat: sicut in eo, qui possessiones suas legasset, responsum est sowie auf Iav. D. 50, 16, 115 hingewiesen: Quaestio est, fundus a possessione vel agro vel praedio quid distet . . . possessio ergo usus, ager proprietas loci est . . . . In letzterer Stelle wird possessio also zunächst als Besitzobjekt und später als Bezeichnung für das Verhältnis zur Sache verwendet, vgl. auch Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 172 ff. Zahlreiche weitere Stellen sind bei Pool, SZ 131 (2014), S. 370, 372 f. angeführt. Der Gebrauch von possessiones für Grundstücke in Abgrenzung zum Singular ist

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Außerdem ist nicht begründbar, warum dann bei einer nur aus Mobilien bestehenden Erbschaft ein schlichter Eigentumserwerb stattgefunden haben soll, der die Pflege der sacra278 und die Nachlassschulden279 gänzlich außer Acht ließ. Außerdem ergeben sich gerade aus der Konstellation mehrerer von verschiedenen Personen ersessenen Grundstücke Folgefragen, die mit einer Ersitzung als separate Erbteile280 nicht schlüssig erklärt sind. Eine Erbengemeinschaft281 kraft usucapio hereditatis erscheint allenfalls dann denkbar, wenn mehrere Usukapienten gemeinsam den usus ausüben. (4) Fazit Als Gegenmodell zur Jheringschen Mausefalle und zu Pools Position erscheint letztlich eine Konzeption vorzugswürdig, wonach ursprünglich dem Erblasser wohlgesonnene Personen in Ermangelung von (antrittsbereiten) Erben sich des Nachlasses annahmen und durch die pontifikale Einführung der usucapio pro herede als Erben legitimiert und gleichermaßen verpflichtet wurden.282 Dass die uns überlieferte Form der älteren usucapio pro herede auf die pontifices zurückgehen dürfte, wird durch den Bericht des Gaius nahegelegt, der die Entstehung des Instituts auf die veteres und die Verpflichtung zu den sacra in 2, 55 zurückführt. Die veteres wären demnach die Pontifikal-Juristen, was auch mit deren Zuständigkeit für das Sakralrecht zusammenpasst. Die pontifices hätten dann auf eine zunehmend größere Zahl nicht angetretener Nachlasse reagiert und denjenigen, die sich faktisch der Erbschaft annahmen, den für eine Zuständigkeit für Schulden und sacra unentbehrlichen heres-Titel zugeordnet.283 allgemein bereits durch Festus (Lindsay 277) s. v. possessiones belegt: Possessiones appellantur agri late patentes publici privatique, quia non mancipatione, sed usu tenebantur, et ut quisque occupaverat, colidebat. Zu dieser Stelle und möglichen Emendationen von colidebat, siehe Nicosia, Possesso, S. 131 ff. Dort auch zur abweichenden Bedeutung für den Singular possessio bei Festus (Lindsay 260). 278 Das Argument von Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 144 dass die sacra als Hausgötterkult allein mit den Immobilien verbunden seien, erscheint nur auf den ersten Blick korrekt. Die Kulthandlungen überhaupt endeten in einer Familie jedoch nicht dadurch, dass sie kein Grundeigentum (mehr) besaß. Eingehend zu den sacra privata, die sich gerade nicht auf einen Hausgötterkult beschränken lassen, Geiger, RE I A, 2, Art. Sacra, Sp. 1656 ff. 279 Vor allem hier erscheint die Argumentation Pools angreifbar: Warum sollten dem Gläubiger eines Erblassers, der keinen Grundbesitz hatte, von vornherein die Vorteile durch das Institut der usucapio pro herede entzogen sein? 280 So jedoch Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 115 Fn. 6. 281 Hierzu liegen jedoch keinerlei Quellen vor. Zum consortium ercto non cito siehe unten D.VI.3.c). 282 Dénoyez, Le défendeur, S. 72; Pernice, Labeo II 1, S. 431. 283 Ein ähnliches Verständnis tritt auch bei Fadda, Diritto ereditario romano I, S. 337 sowie bei Mayer-Maly, Studi Betti III, S. 451, 490 f. zu Tage, der insbesondere darauf hinweist, dass eine solche Situation vor der Festlegung der Intestatordnung der Zwölf Tafeln häufig vorgekommen sein muss. Sehr skeptisch dahingehend gerade bei einer

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Bezüglich der Details der usucapio pro herede in Bezug auf die Stellung des heres lassen sich kaum Gewissheiten erzielen. Die hier befürwortete Konstruktion erscheint jedoch sowohl mit den spärlichen Quellen284 als auch der uns bekannten – oder zumindest der von der herrschenden Lehre akzeptierten – Systematik des alten Rechts kompatibel285 und soll insofern Grundlage der weiteren Ausführungen sein. Insbesondere für das Erfordernis eines usus bezüglich der Ersitzung der Stellung des heres ist damit eine Weichenstellung getroffen. Das hinreichende Erfordernis der possessio am Ersitzungsobjekt wird demnach als Neuerung der jüngeren usucapio verstanden. bb) Wandel Dass sich die soeben dargestellte usucapio pro herede zu einer Ersitzung von Einzelgegenständen wandelte, ist weitgehend unbestritten.286 Die zeitliche Verortung dieses Wandels wird hauptsächlich aus den bei Cicero287 wiedergegebenen Pontifikaldekreten288 bezüglich der Haftung für die sacra289 rekonstruiert.290 hereditas damnosa Coppola, Pro herede gestio I, S. 83. Die wohl überwiegende Ansicht sieht in dieser alten Form der usucapio pro herede hingegen eine pontifikale Interpretation des Zwölftafelrechts, vgl. hierzu Voci, Modi di acquisto, S. 201; Gandolfi, BIDR 61 (1958), S. 271, 275 und Albanese, AUPA 20 (1949), S. 127, 404 f. Für vordezemviralen Ursprung vor allem Mayer-Maly, Labeo 14 (1968), S. 209, 211 sowie ausführlich derselbe, Studi Betti III, S. 451, 490. Ihm zustimmend offenbar Kaser, SZ 105 (1988), S. 122, 126 f. 284 Der sprachliche Einwand von Gallo, SD 32 (1966), S. 416, 421, dass die Formulierung hereditates usucapere wegen des Gebrauchs des Plurals und die Gegenüberstellung der Ersitzung der hereditas und der einzelnen Sachen, gegen den Erwerb des Titels heres spräche, ist jedenfalls nicht zwingend. So auch Franciosi, IURA 35 (1984), S. 194–199. 285 Die systematischen Bedenken von Gallo, SD 32 (1966), S. 416, 419 f. dass sich in diese Konstruktion der Erwerb der Forderungen und Schulden nicht einpassen ließe, sind nicht aus der Luft gegriffen, überzeugen jedoch letztlich ebenfalls nicht. Gerade die persönliche Haftung des Erben spricht dafür, dass auch Schulden mit erfasst sind. Dass zu den Befugnissen des heres auch die Geltendmachung von Forderungen gegen Dritte zählte, ist ebenfalls durchaus naheliegend. Zwar ist dies für andere potestates nicht belegt, allerdings stellt sich Frage bei der potestas über den Haussohn auch von vornherein nicht. 286 In dem Sinne, dass später nur noch die Ersitzung einzelner Erbschaftsgegenstände möglich war, während zuvor auch der heres-Titel ersessen wurde. Dass es nun zu einer schlagartigen Ablösung des einen Instituts durch das andere kam, soll hiermit nicht gesagt werden. 287 Cicero, De legibus 2, 19, 48–20, 49. 288 Franciosi, Usucapio pro herede, S. 133 ff. äußert Zweifel an abstrakt-generellen Dekreten und geht von zahlreichen Einzelfallentscheidungen aus, zustimmend auch Watson, Law of property, S. 33. Ähnlich aber letztlich vorzugswürdig Hausmaninger, SZ 84 (1967), S. 503, 508: „Aufzeichnung einer sich nach und nach verdichtenden Respondierpraxis“. 289 Gemeint sind hier die sacra privata in ihrer Ausprägung pro familiis, vgl. Geiger, RE I A, 2; Art. Sacra, Sp. 1656, 1657. Verkürzt gesagt geht es hierbei um die Erbrin-

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Durch diese Dekrete legten die pontifices fest, wer für die Pflege der sacra privata für den Verstorbenen zuständig sein sollte. Im Grundsatz war dies der Erbe.291 Um jedoch gerade in Fällen von Legaten, anderer Verfügungen auf den Todesfall sowie bei Ersitzungen aus der Erbmasse heraus, eine angemessene Lösung zu finden, gab es hinsichtlich der sacra eine gestufte Berufung.292 In der neueren Fassung des Dekrets taucht hier die Gruppe derjenigen auf, die durch ihr Besitzen am meisten aus der Erbschaft ersessen haben. Allerdings ist diese Gruppe nur dann für die sacra verantwortlich, wenn es keinen Erben gibt, si nemo sit heres.293 Diese gesonderte Kategorie der Usukapienten einzelner Sachen fehlt im älteren Dekret. In diesem ist nicht eindeutig, ob der Erbschaftsusukapient schlicht als Erbe und somit in der ersten Gruppe294 oder in der zweiten Gruppe295 berufen war. Diese zweite Gruppe dürfte jedoch stattdessen vor allem Fälle der mancipatio familiae oder auch der donatio mortis causa erfassen.296 Capiat hätte dann keinen Bezug zu usucapere. Dies erscheint vor allem deshalb überzeugend, weil andernfalls capere von Cicero innerhalb desselben Satzes in zwei unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht würde;297 einmal als

gung von Opfern am Grab zur Verehrung der Vorfahren sowie um die Fortsetzung des Hausgötterkults, vgl. Bruck, Über römisches Recht, S. 25 ff. 290 Die genaue Datierung ist strittig beziehungsweise wird bewusst als ungewiss bezeichnet. Zunehmend wird von einem Prozess und nicht von einer punktuellen Reform ausgegangen. Siehe zum Beispiel von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 476 ff.; Coppola, Pro herede gestio I, S. 139 ff.; Gandolfi BIDR 61 (1958), S. 271, 275 Fn. 20, S. 290; Nelson/Manthe, Deliktsobligationen, S. 181 übereinstimmend mit Mayer-Maly, SZ 79 (1962), S. 86, 95 f. Für die vorliegende Arbeit sind jedoch die Gründe des Wandels und die daraus ableitbaren Schlüsse für die Auswirkungen des furtum auf die jüngere usucapio pro herede von Relevanz, die nicht von der exakten Datierung abhängen. Im Groben kann man mit Mayer-Maly von einem Wandel zwischen dem Wirken des Tiberius Coruncanius (Pontifex Maximus um 254 v. Chr.) und dem Wirken des Publius Mucius Scaevola (Konsul 133 v. Chr.) ausgehen. 291 Cicero, De legibus 2, 19, 48: Quaeruntur enim, qui adstringantur sacris. Heredum causa iustissima est . . . . 292 Im Wesentlichen wird hier dem Prinzip sacra cum pecunia entsprochen, das Cicero, De legibus 2, 20, 49 anspricht: pontifices cum pecunia sacra coniungi volunt . . . . 293 Cicero, De legibus, 2, 19, 48: Tertio loco, si nemo sit heres, is qui de bonis, quae eius fuerint, quom moritur, usu ceperit plurimum possidendo. Hier sei besonders die Formulierung possidendo hervorgehoben. 294 Dafür Franciosi, Synteleia Arangio Ruiz, S. 643; derselbe, Usucapio pro herede, S. 143, von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 476; Simonius, Donatio mortis causa, S. 37. 295 Cicero, De legibus 2, 20, 49: . . . aut si maiorem partem pecuniae capiat . . . . Dafür unter anderem Voci, Diritto ereditario romano I, S. 113; Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 151; Bruck, Über römisches Recht, S. 40 Fn. 51. 296 So Franciosi, Usucapio pro herede, S. 142, zustimmend Hausmaninger, SZ 84 (1967), S. 503, 508. 297 Cicero, De legibus 2, 20, 49: Tribus modis sacris adstringi, aut hereditate, aut si maiorem partem pecuniae capiat, aut, si maior pars pecuniae legata est, si inde quippiam ceperit.

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technisches usucapere bezüglich der Erbenstellung und einmal im Sinne von „erhalten“.298 Man kann aus der Gegenüberstellung der beiden Ordnungen folgern, dass erst zu Zeiten des neueren Dekrets die usucapio pro herede nicht mehr die Stellung eines heres, sondern das Eigentum an konkreten Sachen verschaffte. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass nach dem jüngeren Dekret offenbar verschiedene Usukapienten unabhängig voneinander Eigentum erwerben konnten. Nach der hier vertretenen Konzeption der usucapio pro herede in ihrer früheren Gestalt war allenfalls eine Erbengemeinschaft möglich, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den usus ausübten. Der Wandel muss sich also vor Erlass des jüngeren Pontifikaldekrets vollzogen haben. Auch für die Gründe dieses Wandels bietet die Literatur ein breites Meinungsspektrum, wobei zwangsläufig an die ursprüngliche Funktion der usucapio pro herede anzuknüpfen ist. Auch wenn die Schilderung des Gaius zu den ursprünglichen Motiven für die usucapio pro herede gebilligt wurde, so sind an der Darstellung der Ursache des Wandels durchaus Zweifel angebracht.299 Gaius führt aus, dass sich die Auffassung durchgesetzt habe, dass Erbschaften nicht ersessen werden könnten, postea creditum sit ipsas hereditates usucapi non posse.300 Dies klingt so, als würde einem dogmatischen Zwang und schlagartiger Erkenntnis nachgegeben. Da die hereditas keine res corporalis – man beachte: stattdessen laut Gaius eine res incorporalis301 und cetera res302 – ist, kann sie kein taugliches Ersitzungsobjekt sein.303 Die Stelle vermittelt eher den Eindruck, dass Gaius eine systematisch stimmige Erklärung für ein Phänomen sucht, ohne dessen tatsächliche Ursache zu kennen.304 Parallelen zur ursprünglich zugelassenen Ersitzung von Servituten 298

Hausmaninger, SZ 84 (1967), S. 503, 508. Mayer-Maly, SZ 79 (1962), S. 86, 92 nennt die Begründung des Gaius „historisch mehr als fragwürdig“. 300 Gaius 2, 54. 301 Gaius 2, 14: Incorporales sunt, quae tangi non possunt, qualia sunt ea, quae iure consistunt, sicut hereditas . . . . 302 Vgl. Fn. 259. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass mit cetera res nur der Gegensatz zu den res soli bezeichnet wird, für die die Zwölftafelregel laut Cicero, Topica 4, 23 das biennium vorsieht. Für übrige res, im Sinne von beweglichen Sachen und mittels usus erwerbbaren Rechtspositionen, gilt hingegen ursprünglich die Jahresfrist. Erst in klassischer Zeit, kommt es zur Maßgeblichkeit der Unterscheidung zwischen Mobilien und Immobilien, da res incorporales nicht mehr ersitzbar sind, vgl. Nicosia, Possesso, S. 55 f. sowie die folgende Fußnote. 303 Vgl. Gai. D. 41, 1, 43, 1: Incorporales res traditionem et usucapionem non recipere manifestum est. Siehe weiterhin Gaius 2, 14 (Text wiedergegeben in Fn. 301), wo die hereditas als Beispiel für die unkörperlichen Sachen aufgeführt ist. Auf Grund dieser Konstruktion wurde und wird vertreten, die hereditas sei früher tatsächlich als res corporalis aufgefasst worden oder habe zumindest ausschließlich aus solchen bestanden. Aus diesem Grund sei sie ersitzbar gewesen, siehe hierzu exemplarisch Albanese, AUPA 20 (1949), S. 127, 393 ff. Eine solche Konstruktion ist zur Erklärung der Ersitzbarkeit entbehrlich, wenn man die heres-Stellung, wie hier vertreten, als eine der manus vergleichbare potestas versteht. Gegen das Verständnis der herditas als res corporalis auch Betti, Studi Arangio Ruiz IV, S. 81, 90. 299

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und deren späterer Abschaffung durch die lex Scribonia sind insofern nicht von der Hand zu weisen.305 Auch hinsichtlich dieser Abschaffung ist die wahre Ursache wohl nicht in der fehlenden Sachqualität, genauer in ihrer Einordnung als res incorporales,306 sondern vielmehr in praktischen Bedürfnissen zu sehen.307 Dass in der Lehre von der Unersitzbarkeit der res incorporales eine Erklärung zu finden war, kann angesichts der Praxisorientierung der römischen Juristen kaum (allein) ausschlaggebend für den Wandel gewesen sein. Geht man von der Funktion der usucapio pro herede aus, einen Erben zu bestimmen, um den Gläubigern einen Schuldner zu verschaffen und die Pflege der sacra zu gewährleisten, so fiel hinsichtlich beider Aspekte im Laufe der Zeit das praktische Bedürfnis weg. Bereits bei Gaius wird deutlich, dass die sacra nicht mehr zu seiner Zeit, sondern illis temporibus308 höchste Aufmerksamkeit erfuhren. Auch zum Schutze der Gläubiger stand mittlerweile mit der bonorum venditio309 ein einfacheres Verfahren offen, um aus dem Nachlass Befriedigung zu suchen. Außerdem stellt die bonorum possessio ein unkomplizierteres Verfahren zur Verfügung, um – zumindest310 nach prätorischem Recht – am Nachlass berechtigt zu werden.311 Somit bestand faktisch kein Bedürfnis mehr, durch usucapio die Stellung eines heres zu verschaffen. Gerade die Entkoppelung der Haftung für die Schulden des Erblassers und der Pflege der sacra von der Person des heres unterstreicht dies.312 Dass im weiteren Verlauf die usucapio an einzelnen 304 Darin sieht Mayer-Maly, Studi Betti III, S. 450, 495 eine „von der Elementarliteratur vollzogene Rationalisierung zunächst ganz anders begründeter . . . Ersitzungsverbote“. 305 Auf diesen Zusammenhang weist auch Franciosi, Usucapio pro herede S. 166 hin, ebenso Mayer-Maly, SZ 77 (1960), S. 16, 36; derselbe, Studi Betti III, S. 450, 495. 306 Paul. D. 8, 1, 14 pr.: Servitutes praediorum rusticorum etiamsi corporibus accedunt, incorporales tamen sunt et ideo usu non capiuntur . . . . 307 Vgl. zur Funktion der lex Scribonia als Sicherung der Eigentumsfreiheit die Nachweise bei Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 445 Fn. 58, Kunkel/Mayer-Maly, Römisches Recht, § 66, S. 177 sowie ausführlich Capogrossi Colognesi, Ai margini della proprietà fondiaria, S. 97, 100 ff. 308 Gaius 2, 55: . . . sacra facerent, quorum illis temporibus summa observatio fuit . . . . 309 Sie wurde in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor Christus eingeführt, spätestens 118 stand sie in ihren Grundzügen fest, vgl. Voci, Diritto ereditario romano I, S. 111. Zu den Auswirkungen des Rechtsinstituts auf den Wandel der usucapio pro herede siehe auch Poilane, Usucapio pro herede, S. 48; Coppola, Pro herede gestio I, S. 145 f.; Franciosi, Usucapio pro herede, S. 189. 310 Dass die bonorum possessio durchaus erstrebenswert war und die Stellung des zivilen Erben an Bedeutung verlor, zeigt neben der bonorum possessio cum re auch die Schutzwirkung des quorum bonorum, siehe hierzu ausführlich D.II. sowie D.V.2.c). 311 Diesen Zusammenhang stellt auch Leist, Der römische Erbrechtsbesitz, S. 380 her, der davon spricht, dass die Sitte, bonorum possessio zu erbitten, das Institut der usucapio pro herede „unschädlich gemacht“ habe. Ausführlich zum Verhältnis von bonorum possessio und usucapio pro herede auch Dénoyez, Le défendeur, S. 82 ff. sowie Leonhard, RE III, 1, Art. Bonorum possessio, Sp. 708, 711. 312 Vgl. Coppola, Pro herede gestio I, S. 148.

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Erbschaftssachen stattfinden konnte, lässt sich gut mit der Rechtswirklichkeit erklären. Die römischen Juristen dürften den Zugriff auf Erbschaftssachen durch die Regel furtum rerum hereditariarum non fit abgesichert gesehen haben. Zudem mag zunächst auch eine Ersitzung in Folge einer Vernachlässigung der Erbschaft durch den berufenen Erben oder auch den Erben, der nach der aditio untätig bleibt, aus sakralrechtlichen Erwägungen heraus als gerechtfertigt empfunden worden sein.313 Dass dadurch zunächst noch die Erbschaft als solche erworben wurde, könnte in der Wahrnehmung der Usukapienten angesichts der faktisch nicht mehr über den Eigentumserwerb hinausgehenden Auswirkungen geradezu in Vergessenheit geraten sein.314 Insofern ist auch der Wandel des Instituts nicht auf eine einmalige legislatorische Intervention zurückzuführen, durch die die alte usucapio abgeschafft worden wäre. Lediglich ihre Relevanz in der Rechtswirklichkeit dürfte zunächst zurückgegangen sein. cc) Besitz als maßgebliches Kriterium Die Ersitzung einzelner res hereditariae war jedoch nicht nur bis zur aditio durch den berufenen Erben möglich, sondern bis zum Besitzerwerb durch denselben. Somit gerät ein Kriterium ins Blickfeld, dass nach der oben vorgestellten Konzeption der alten usucapio pro herede keine Rolle gespielt hat. Eine Erklärung für ein Abstellen auf den Besitz halten die Quellen nicht bereit. Mit dem Hinweis darauf, dass bei der Ersitzung einzelner Sachen der Erbschaftserwerb keine logische Grenze bildet, wie noch bei der Ersitzung der Stellung des heres,315 ist es nicht getan. Damit ist nicht gesagt, warum nun der Besitz entscheidendes Kriterium sein sollte. (1) Lösungsansatz von Lenel Einen Vorschlag unterbreitet Lenel.316 Zur Zeit des Wandels des Instituts habe es noch keine aditio nach klassischem Verständnis gegeben.317 Der heres extra313 Angesprochen bei von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 483. Immerhin resultierte aus der Ersitzung einzelner Erbschaftssachen nach dem jüngeren Pontifikaldekret noch eine Haftung für die sacra. Wenn man den Wandel der usucapio pro herede wie hier vor dem jüngeren Dekret datiert, so hat diese Erwägung durchaus ihre Berechtigung. 314 In diesem Sinne ließe sich auch die folgende Äußerung Senecas verstehen, De beneficiis 6, 5, 3: Iuris consultorum istae acutae ineptiae sunt, qui hereditatem negant usucapi posse, sed ea quae in hereditate sunt tamquam quicquam aliud sit hereditas, quam ea, quae in hereditate sunt. Siehe hierzu Nicosia, FS Martini II, S. 865, 885 ff. 315 So aber Voci, Diritto ereditario romano I, S. 110. 316 Lenel, SZ 37 (1916), S. 129, 130. 317 Zumindest für eine geringe Bedeutung der Unterscheidung zwischen aditio und Besitzergreifung spricht sich Voci, Diritto ereditario romano I, S. 107 Fn. 28 aus.

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neus habe vielmehr allein durch die Besitzergreifung sein Zugriffsrecht auf die Erbschaft ausgeübt.318 Auch der Begriff aditio kann durchaus als ein Indiz für einen materiellen Zugang zur Erbschaft gedeutet werden.319 Diese Besitzergreifung könnte sich dann auch als Grenze der neueren Form der usucapio pro herede fortgesetzt haben. Dann hätte durchweg ein besitzbasiertes System existiert. Lediglich ist mit der Besitzergreifung dann nicht mehr der Erbschaftserwerb verbunden, der auch schon früher vollzogen sein kann, sondern allein der Ausschluss der Erbschaftssachen von der Ersitzbarkeit durch Dritte.320 (2) Lösungsansatz von Coppola Bisazza Nach der Konzeption Coppola Bisazzas321 ist der Besitz letztlich nicht maßgebliches Kriterium, da er stets mit der aditio erworben wird. Eine usucapio pro herede habe es nach der aditio nie geben können.322 Diese Position ist angesichts von Gaius 3, 201 sowie Gaius 2, 52, die gerade auf den Besitz des Erben als Grenze der Anwendung der usucapio pro herede abstellen, nicht haltbar. (3) Lösungsansatz von Biondi Eine andere Lösung schlägt Biondi vor.323 Auch er sucht die Wurzel für das maßgebliche Kriterium des Besitzes in der alten Form der usucapio pro herede und beruft sich auf „ragioni tradizionali“. Seine Konstruktion, dass bereits der Usukapient der Erbenstellung einzelne Sachen nicht ersitzen konnte, sofern der wahre Erbe konkret an diesen bereits Besitz erlangt hatte, lässt sich allerdings textlich nicht stützen.324 Zudem ergeben sich hieraus nicht ohne Weiteres zu klärende Folgefragen. Zunächst müsste man unterstellen, dass ein Besitz des wahren 318 So auch Fadda, Diritto ereditario romano I, S. 336. Ebenso Dénoyez, Le défendeur, S. 69. 319 Vgl. Albanese, AUPA 20 (1949), S. 127, 396, der darin jedoch vor allem die Körperlichkeit der Erbschaft abgebildet sieht. 320 Vgl. Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 80 f. ohne Bezugnahme auf Lenel. 321 Eine Argumentation mit Maßgeblichkeit der aditio war zwar auch vor der grundlegenden Einordnung des Besitzes als entscheidendem Kriterium für die Anwendbarkeit der usucapio pro herede in der Literatur vertreten worden, galt jedoch seit den Arbeiten Bonfantes einhellig als widerlegt. Insofern wird an dieser Stelle nicht auf Fadda, Perozzi und Galgano Bezug genommen, sondern allein auf Coppola Bisazza. Nachweise zu den hier genannten Autoren und weiteren bei Bonfante, Corso VI, S. 285. 322 Coppola Bisazza, Rivista 11 (2011), S. 1, 4. 323 Biondi, Diritto ereditario romano, S. 322 f. 324 Auch nicht durch Pomp. D. 41, 3, 29: Cum solus heres essem, existimarem autem te quoque pro parte heredem esse, res hereditarias pro parte tibi tradidi. propius est, ut usu eas capere non possis, quia nec pro herede usucapi potest quod ab herede possessum est . . . . Hier sind konkrete Sachen Ersitzungsgegenstand, die der Erbe an den vermeintlichen Miterben herausgegeben hat. Eine Aussage zur früheren Form der usucapio pro herede wird hingegen nicht getroffen.

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Erben auch ohne Erwerb der Erbschaft möglich ist.325 Weiterhin ist nicht einleuchtend, dass selbst dann, wenn der designierte Erbe während der gesamten Ersitzungsfrist untätig bleibt, einzelne Sachen dem neuen heres vorenthalten bleiben sollten. (4) Erklärung aus dem Regime der klassischen usucapio Die Idee, dass man dann ersitzen kann, wenn man besitzt, lässt sich mit dem Regime der klassischen usucapio erklären, dem die neue Form der usucapio pro herede weitgehend angenähert ist.326 Dies erscheint, trotz der einheitlichen Ersitzungsfrist von einem Jahr bei der usucapio pro herede, nicht zweifelhaft. Anders als nach der ursprünglichen Konzeption der usucapio pro herede bedarf es jetzt nicht mehr eines usus im Sinne eines untechnischen pro herede gerere. Es genügt die possessio, verkürzt gesagt, die tatsächliche Sachherrschaft.327 An dieser Stelle braucht nicht näher auf das Wesen der possessio eingegangen zu werden. Es kann jedoch bereits festgehalten werden, dass die possessio im Gegensatz zum usus ein Minus darstellt und dass die possessio ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal der klassischen usucapio ist.328 Weitere Voraussetzungen wie bona fides oder ein titulus stehen daneben. Ebenso die von Gaius 2, 49 bereits auf die Zwölf Tafeln zurückgeführte Voraussetzung, dass die Sache nicht furtiv ist. Auf alle diese weiteren Voraussetzungen kommt es im Rahmen der usucapio pro herede jedoch laut Gaius 2, 52 gerade nicht an.329 Man muss sich bewusst machen, warum die Ersitzung einzelner Erbschaftssachen überhaupt noch möglich war. Dies lässt sich nur aus der ursprünglichen Zuordnungslosigkeit der Erbschaftssachen erklären. Wenn allgemein für eine Neuzuordnung der Sachen mittels klassischer usucapio an das Kriterium der pos325 Dies erscheint allenfalls in Sonderfällen denkbar, zum Beispiel, wenn der Erbe nicht weiß, dass er zum Erben berufen ist; auch Ulp. D. 29, 2, 21 pr. liegt eine mögliche Konstellation zu Grunde: Si quis extraneus rem hereditariam quasi subripiens vel expilans tenet, non pro herede gerit: nam admissum contrariam voluntatem declarat. 326 In diese Richtung argumentiert zunächst auch Biondi, der jedoch dann den oben beschriebenen Weg einschlägt. Ähnlich wie hier MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293, 301. 327 Zum Begriff der possessio siehe ausführlich unter C.I. 328 Vgl. an dieser Stelle nur den von Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 25 Rn. 7 zitierten Hexameter: res habilis, titulus, fides, possessio, tempus. Zu diesen Voraussetzungen und ihrem Aufkommen überblicksartig auch Vacca, Saggi, S. 131, 151 ff. Titulus ist gleichbedeutend mit iusta causa, in den Quellen ist iusta causa usucapionis häufiger, vgl. die Nachweise bei Albanese, Situazioni possessorie, S. 99. Sehr kritisch zu diesem „anachronistischen Ansatz des ius commune“ Pool, Fundamina 16/1 (2010), S. 314, 332. 329 Daher wäre es auch zu weit gedacht, wenn man die Entlehnung der possessio aus dem Recht der usucapio so deutet, dass nur der Besitz einer nicht furtiven Sache eine Ersitzung nach sich ziehen kann.

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sessio angeknüpft wurde, so erscheint es nahe liegend, dass auch für eine Zuordnung zum Erben dessen Besitz und nicht nur dessen Erbschaftserwerb gefordert wurde. Ein ersitzungstauglicher Besitz des Usukapienten setzt daher voraus, dass nicht der designierte Erbe bereits in den Besitz der Sache gelangt ist.330 (5) Erklärung aus dem Regime des furtum? Es wurde bereits ausgeführt, dass bei einer Abhängigkeit der usucapio pro herede vom Regime des furtum andere Schlüsse für eine Besitznachfolge der necessarii gezogen werden könnten, als wenn vielmehr die Anwendbarkeit des furtum hinsichtlich res hereditariae von der Konzeption der usucapio pro herede abhängt. Interessanterweise gibt es, soweit ersichtlich, keinen Begründungsansatz, der die nach heutigem Forschungsstand weitgehend331 unstreitige Maßgeblichkeit des Besitzes als Grenze der usucapio pro herede einzelner Erbschaftssachen und der Anwendbarkeit des furtum mit Argumenten aus dem Recht des furtum zu deuten vermag. Ein solcher müsste zwingend davon ausgehen, dass eine Ersitzung gerade wegen der Furtivität der Sache ausgeschlossen ist, sobald der Erbe Besitz an den Erbschaftssachen erlangt hat. Mit dem Nachweis, dass der Besitz hinsichtlich Erbschaftssachen auch maßgebliches Kriterium für die Anwendung des furtum ist,332 ist insofern nichts gewonnen. Die soeben untersuchte UlpianStelle D. 47, 4, 15 und auch Gaius 3, 201 belegen zwar diesen Zusammenhang. Eine Begründung für die Maßgeblichkeit des Besitzes lässt sich ihr jedoch nicht entnehmen. Wie bereits angeklungen, erscheint das Ausschlusskriterium der Furtivität der Sache für die usucapio pro herede nicht zwingend. Das taugliche Ersitzungsobjekt wird von Gaius in 2, 52 als aliena res und res hereditaria beschrieben. 330 Ein paralleler Eigenbesitz des Erben und des Usukapienten ist nach römischer Konzeption nicht möglich. Vergleiche zur Ausschließlichkeit des Alleinbesitzes Paul. D. 41, 2, 3, 5: . . . plures eandem rem in solidum possidere non possunt . . . . Zwar existieren durchaus Streitfälle zum doppelten Besitz, siehe die Nachweise bei Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 32 ff. Hierbei handelt es sich jedoch um spezielle Fallgruppen gerade hinsichtlich des Interdiktenschutzes für Prekaristen oder beim heimlichen Eindringen in ein Grundstück. Auch wenn Paulus in diesem Bereich nur eine Position einnimmt und allgemein für ein Besitzkonzept steht, das jünger sein dürfte als der Wandel der usucapio pro herede, ist an dieser Stelle von Ausschließlichkeit des Besitzes auszugehen. Nicht ausgeschlossen durch diese Aussage ist hingegen der Besitz, den Miteigentümer gemeinsam ausüben, vgl. Cannata, Corso I, S. 189 Fn. 31. 331 Dagegen lediglich Coppola Bisazza, vgl. Fn. 322. 332 Eine solche Argumentation findet sich bei von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 483. Da für das furtum eine Besitzentziehung verlangt werde und die Ersitzung zulässig ist, wo keine Furtivität gegeben ist, wird der Besitz zum Kriterium. Eine Besitzverletzung ist jedoch wie gesehen spezifisch für Erbschaftssachen Kriterium für ein furtum. Von einem Vorrang der allgemeinen Prinzipien des furtum, an dem sich die usucapio pro herede ausrichte, kann daher mit dieser Begründung nicht ausgegangen werden.

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Die Furtivität als Ausschluss wird jedenfalls nicht explizit erwähnt. Man könnte allenfalls in der Formulierung si modo ea res est, quae recipit usucapionem eine allgemeine Bezugnahme auf das furtum erblicken. Allerdings überzeugt die Einordnung der Furtivität als negatives Tatbestandsmerkmal der usucapio pro herede für die Ersitzung einzelner Sachen letztlich nicht.333 Das Ersitzungsobjekt ist bereits als res hereditaria hinreichend bestimmt.334 Anders als bei einer emptio venditio, wo die Kaufsache möglicherweise einem am Kauf unbeteiligten Dritten gehört, ist eine solche dritte Person, deren Interessen durch die usucapio pro herede bedroht wären, nicht auf einen Ausschluss der Ersitzung wegen Furtivität angewiesen. Die Erbschaftssache muss dem Erblasser gehört haben. War dieser nicht Eigentümer, so liegt schon keine res hereditaria vor.335 Sofern sich die Sache eines Dritten, die der Erblasser beispielsweise geliehen hatte, bei den Erbschaftsgegenständen befand, so war sie demnach jedenfalls von der Ersitzung pro herede ausgeschlossen und konnte prozessual mittels der rei vindicatio herausverlangt werden.336 Der Interessenkonflikt zwischen dem designierten, oder bereits in Form der Antretung aktiv gewordenen, Erben und dem Usukapienten wird hingegen gewissermaßen autonom aus dem Recht der usucapio pro herede ohne Rückgriff auf das Regime des furtum gelöst: Der Usukapient hat demnach 333 Ausdrücklich anders Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 399 und H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 89 f. Dass Iul. D. 41, 3, 35: . . . Sabinus respondit nullam eius rei usucapionem esse, cuius nomine furti agi possit . . . eine usucapio pro herede behandelt, lässt sich der Stelle jedoch nicht entnehmen. Näherliegend erscheint vielmehr der spätere Kauf des entwendeten Sklaven. Siehe zu dieser Stelle bereits oben B.III.3.c)aa)(1). Auch D. 47, 2, 69 und 71: Hereditariae rei furtum fieri Iulianus negabat, nisi forte pignori dederat defunctus aut commodaverat . . . . 71: His enim casibus putabat hereditariarum rerum fieri furtum et usucapionem impediri . . . sprechen lediglich von der Verhinderung einer usucapio, jedoch nicht zwangsläufig von einer usucapio pro herede. Im Ergebnis ebenso Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 492. 334 Siehe ergänzend zu den schon genannten Stellen bei Gaius auch Pomp. D. 41, 5, 1: Pro herede ex vivi bonis nihil usucapi potest, etiamsi possessor mortui rem fuisse existimaverit. Eingehend zu dieser Stelle siehe sogleich im Rahmen der Darstellung der späteren Gestalt der usucapio pro herede. 335 Vgl. Pool, Studi Metro V, S. 91, 126. Eingeschlossen seien jedoch solche Sachen, die der Erblasser begonnen hatte, zu ersitzen. Dies begründet Pool mit einer Parallele zur hereditatis petitio, die als Erbschaftsbestandteile auch solche Sachen erfasse. Vgl. Paul. D. 5, 3, 19 pr.: . . . ut et hereditatis petitione contineatur, sicut illae quarum nomine Publiciana competit. Allerdings scheint Paulus im Principium gerade eine Ausdehnung der hereditatis petitio auf Sachen, die keine res hereditariae im Sinne dieser Klage sind, vorzunehmen. Sachen, die der Erblasser im Begriff war zu ersitzen, als res hereditariae einzuordnen, erscheint dennoch allein wegen der rechtlichen Zuordnung zum Erblasser korrekt. Eine Parallelität zwischen hereditatis petitio und usucapio pro herede ist insofern nicht zwingend. 336 Zu den Auswirkungen der Konstellation, dass der Erblasser eine gestohlene Sache gekauft hatte und deshalb nicht ersitzen konnte, auf eine mögliche Ersitzung des Erben siehe unten die Ausführungen zu einer successio in vitia defuncti im Rahmen der Exegese von Paul. D. 4, 6, 30 pr. unter B.V.3.c)ee)(1). Bei einer etwaigen Ersitzung durch den Erben würde es sich jedoch nicht um eine usucapio pro herede, sondern allenfalls um die Fortsetzung einer vom Erblasser begonnenen usucapio pro emptore handeln.

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die Möglichkeit, Besitz an den noch nicht hinreichend zugeordneten Erbschaftssachen zu begründen, solange nicht der Besitz des Erblassers eine endgültige Zuordnung anzeigt. Unterstützt wird diese Wertung für das Verhältnis zwischen Erbe und Usukapient durch eine Parallele zur usucapio pro emptore. Für den möglichen Interessenkonflikt zwischen Käufer und Verkäufer spielt die Furtivität keine Rolle zum Schutz der Interessen des Verkäufers, sondern allein zum Schutze der Interessen, des tatsächlich vom Verkäufer verschiedenen Eigentümers. Gegenüber dem Dieb selbst ist nicht die Furtivität Ausschlusskriterium der Ersitzung, wie bereits Gaius in seinen Institutionen klarstellt. Hier fehlt es an der bona fides.337 Hierbei handelt es sich jedoch um eine für Gaius zeitgemäße Anwendung des allgemein so überlieferten Ersitzungsverbots furtiver Sachen und nicht um eine Wertung der Zwölf Tafeln selbst.338 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass das in den Zwölf Tafeln erwähnte usus auctoritas-Regime339 zunächst wohl nicht der Ersitzung diente,340 sondern ursprünglich als Verschweigungsrecht341 oder Gewährschaftsbegrenzung342 zu verstehen war. Wer eine res mancipi tradierte, der schuldete Gewährschaft, jedoch erfolgte gegenüber dem Dieb keinesfalls eine traditio.343 Gerade ob dieser Funktionen wird deutlich, dass die Furtivität erst dann eine Rolle spielt, wenn eine dritte Person neben ursprünglichem Eigentümer und dem Ergreifenden 337 Gaius 2, 49: . . . nam huic alia ratione usucapio non competit, quia scilicet mala fide possidet . . . . 338 Laut Mayer-Maly, Studi Betti III, S. 450, 484 ist die Einschränkung auf eine Drittwirkung deshalb für das frührömische Recht nicht korrekt, da damals bona fides noch gar nicht Tatbestandsvoraussetzung gewesen sei. 339 Vgl. Cicero, Pro Caecina 19, 54: Lex usum et auctoritatem fundi iubet esse biennium. at utimur eodem iure in aedibus, quae in lege non appellantur. Cicero, Topica 4, 23: Quoniam usus auctoritas fundi biennium est, sit etiam aedium. at in lege aedes non appellantur et sunt ceterarum rerum omnium, quarum annuus est usus. Siehe hierzu beispielhaft Mayer-Maly, SZ 78 (1961), S. 221, 225 ff. 340 Häufig ist zu lesen, auf Grundlage der Zwölf Tafeln sei bereits eine Ersitzung von Grundstücken binnen zwei Jahren und von übrigen Sachen binnen einen Jahres möglich gewesen, vgl. Voci, Modi di acquisto, S. 170. Dies legen gerade auch die Gaius-Stellen 2, 42 und 2, 54 sowie 2, 204 nahe, die die Jahresfrist oder das biennium allein mit der usucapio und nicht mit usus auctoritas verbinden. Auf dieser Grundlage argumentiert gegen das angesprochene Modell von Ersitzung und usus auctoritas vor allem De Visscher, SD 23 (1957), S. 26, 28 ff. 341 Siehe Kaser, Eigentum und Besitz, S. 87, S. 75 f. Gemeint ist hiermit, dass der Vindikationsbeklagte nicht mehr seinen Erwerbsgrund zu nennen braucht, wenn er sich auf ein- beziehungsweise zweijährigen Besitz berufen kann, vgl. Kaser, Detention, S. 1, 5. 342 Hierzu Mayer-Maly, SZ 78 (1961), S. 221, 223 f., 255. 343 Unter der Prämisse, dass diese dezemvirale usucapio ausschließlich auf den Erwerb tradierter res mancipi bezogen war, hält auch Mayer-Maly, Studi Betti III, S. 450, 486 einen besonderen Ausschluss von Dieben für „völlig sinnlos, da überhaupt nur jene Besitzer zur usucapio zugelassen werden, die einen Traditionserwerb nachweisen können.“ Er selbst hält aber den Anwendungsbereich für weiter.

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betroffen ist. Kaser verweist insofern auf die Funktion einer aeterna auctoritas, wobei die usus auctoritas-Regel bei der Sachverfolgung gegen den Dieb keinen Raum habe,344 sondern nur dem auferlegt werden konnte, der die gestohlene res mancipi vom Dieb erhalten hatte.345 Die Furtivität spielt allgemein nur in Dreipersonenkonstellationen eine Rolle, in denen durch sie die Interessen des am konkreten Geschäft nicht beteiligten, wahren Eigentümers geschützt werden. (6) Fazit Voraussetzung der Ersitzbarkeit pro herede ist in Bezug auf einzelne Erbschaftssachen, nach dem hier vorgeschlagenen Konzept und laut Gaius 2, 52, demnach lediglich die Erlangung des Besitzes an einer res hereditaria, cuius possessionem heres nondum nactus est, durch den Usukapienten Der Grund für die Einführung des Besitzes als maßgebliche Grenze der usucapio pro herede liegt nach der hier entwickelten Konzeption allein im Einfluss der klassischen usucapio auf die Vorstellung von der Zuordnungslosigkeit von res hereditariae.346 Bei der usucapio entlehnte man die possessio als Mindestvoraussetzung der Ersitzung. Dennoch bewahrte die usucapio pro herede zunächst ihre Eigenheiten, was sich zum einen in der einjährigen Ersitzungszeit, aber auch im Verzicht auf die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der usucapio ablesen lässt. Weder bona fides im Sinne von Vertrauen in die Veräußerungsbefugnis,347 noch ein auf ein Kausalgeschäft rückführbarer titulus sind für die Ersitzung von einzelnen res hereditariae erforderlich. Auch das negative Merkmal der Furtivität spielt letztlich keine Rolle. dd) Spätere Gestalt und Funktion Die Gestalt der usucapio pro herede, die ohne das Erfordernis der bona fides die Ersitzung einzelner Erbschaftsgegenstände ermöglicht, markiert nicht das Ende der Entwicklung. Durch das in Gaius 2, 57 erwähnte senatus consultum ex auctoritate Hadriani wird die als lucrativa verstandene usucapio mit der hereditatis petitio angreifbar. Nur eine usucapio pro herede in der Form, dass ein vermeintlicher Erbe in gutem Glauben tatsächliche Erbschaftssachen für ein Jahr in Besitz hat, zieht deren unangreifbaren Erwerb nach sich.348 Dem gleichgestellt 344 Anders noch Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 137, wonach der Zwölftafel-Satz die usus auctoritas-Regel nur gegen den Dieb selbst ausgeschlossen habe. 345 Kaser, SZ 105 (1988), S. 122, 138 f. 346 Im Ergebnis ebenso Dulckeit, SZ 58 (1938), S. 321, 324, der von einer „notwendigen Angleichung an das auf die Besitzverhältnisse abgestellte Ersitzungsrecht“ spricht. 347 Vgl. hierzu Söllner, SZ 122 (2005), S. 1 f., der zu Recht vor einem zu sehr an den heutigen gutgläubigen Eigentumserwerb nach BGB angelehnten Begriffsverständnis warnt. Für den hier aufgezeigten Kontext erscheint der verwendete Begriff jedoch korrekt. 348 So Nelson/Manthe, Deliktsobligationen, S. 182: „Usucapio war jetzt nur noch möglich, wenn derjenige, der die Erbschaft in Besitz nahm, gutgläubig annahm, er sei

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werden muss wohl auch die usucapio pro herede durch den bonorum possessor.349 Dieser weiß zwar, dass er nicht ziviler Erbe ist, sein Erwerb kann aber ob der prätorischen Zuweisung nicht als usucapio lucrativa bezeichnet werden.350 Die Konstellation hingegen, dass der wahre Erbe Sachen, die nicht dem Erblasser gehörten, gutgläubig für Erbschaftssachen hält, hat keine usucapio pro herede zur Folge.351 Hieraus kann sich jedoch eine Ersitzungsmöglichkeit für denjenigen ergeben, der vom Erben eine solche Sache erwirbt.352 Bereits in Gaius 2, 52 wird zum Erben berufen . . .“. Ebenso Gómez Royo, RIDA 39 (1992), S. 167, 173 und auch Pool, Fundamina 16/1 (2010), S. 314, 321 Fn. 24. Perozzi, Istituzioni II, S. 487 ordnet diese Kategorie hingegen ohne schlagende Argumente erst dem justinianischen Recht zu. 349 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 721 und derselbe, Studi Biscardi II, S. 221, 248 f. unter Verweis insbesondere auf Iul. D. 41, 3, 33, 1: . . . hoc amplius si iustam causam habuerit existimandi se heredem vel bonorum possessorem domino extitisse, fundum pro herede possidebit nec causam possessionis sibi mutare videbitur . . . . Siehe auch Nelson/Manthe, Deliktsobligationen, S. 181; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 112. 350 Eine spezielle Ausprägung der usucapio pro herede erblickt hierin hingegen Dénoyez, Le défendeur, S. 82 Fn. 24 unter Berufung auf Gaius 3, 80: Neque autem bonorum possessorum neque bonorum emptorum pleno iure fiunt, sed in bonis efficiuntur; ex iure Quiritium autem ita demum adquiruntur, si usuceperunt . . . . Diese Form der Ersitzung sei auch gegen den suus heres möglich gewesen und habe bei Immobilien eine zweijährige Ersitzungsfrist verlangt. Hierfür gibt es jedoch keinerlei Belege. Es erscheint daher angezeigt, den Fall des bonorum possessor als einen solchen anzusehen, in dem die Ersitzung von Einzelsachen nicht als improba beurteilt wurde. Zu Gaius 3, 80 und der Konstellation einer Ersitzung durch den bonorum possessor siehe auch ausführlich unten im Rahmen der Exegese von Paul. D. 4, 6, 30 pr. unter B.V.3.c)dd)(1). 351 Strittig. Wie hier zum Beispiel Harke, Eigentumserwerb, S. 74, der die Textstelle Pomp. D. 41, 5, 3: Plerique putaverunt, si heres sim et putem rem aliquam ex hereditate esse quae non sit, posse me usucapere auf die Rechtsnachfolge nach einem vermeintlichen Erwerber, nicht jedoch auf eine Ersitzung pro herede bezieht. Hinsichtlich der Ablehnung der usucapio pro herede, ebenso Voci, SD 15 (1949), S. 141, 176 Fn. 47 sowie Bauer, Ersitzung, S. 66 f. Vacca, Saggi, S. 131, 168 Fn. 66 ordnet die Stelle der usucapio pro suo zu, ebenso bereits Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 241. Hierfür spricht auch die Einordnung der Ersitzung vermeintlicher Erbschaftssachen in Pomp. D. 41, 10, 4, 1: . . . usucapio his procedet pro suo in his rebus, quae alienae in bonis patris inveniuntur. Die zunächst naheliegende Gegenansicht zu D. 41, 5, 3 wurde vor allem von Mayer-Maly, Putativtitelproblem, S. 25, konkret zu D. 41, 5, 3 siehe S. 71 f., geprägt. Allerdings geht Mayer-Maly wohl zu Recht davon aus, dass die Frage auch bei den römischen Juristen Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten gewesen ist, vgl. Putativtitelproblem, S. 30. Als einzigen Fall der späteren usucapio pro herede sieht hingegen Albanese, Situazioni possessorie, S. 106 den der vermeintlichen res hereditaria an. Die von ihm angeführten Stellen Gai. D. 41, 3, 36, 1 und Marcell. D. 41, 4, 2, 19 lassen sich jedoch kaum auf eine usucapio pro herede durch den Erben beziehen. In ersterer Stelle geht es um den Folgeerwerb vom Erben, in letzterer um die Fortsetzung einer vom Erblasser begonnenen Ersitzung. 352 Die Sache ist dann nicht furtiv. Außerdem ist guter Glaube in die Eigentümerstellung des Erben gegeben. Einen solchen Fall, der aber zu Recht nicht mit der usucapio pro herede in Verbindung gebracht wird, behandelt Gai. D. 41, 3, 36 pr.: Potest pluribus modis accidere, ut quis rem alienam aliquo errore deceptus tamquam suam vendat forte

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deutlich die Anforderung formuliert, dass es sich um eine Nachlasssache handeln muss. Dass auch der gute Glaube des Erben daran nichts zu ändern vermag, wird auch von Pomponius konstatiert;353 also von dem Juristen dessen Aussage in D. 41, 5, 3 gerade die Grundlage der Gegenansicht ist. Zugegebenermaßen könnte man D. 41, 5, 1 auch dahingehend auslegen, dass überhaupt kein Erbfall stattgefunden hat und deshalb keine usucapio pro herede stattfinden könne. Dennoch erscheint die strikte Beibehaltung des Erfordernisses einer Erbschaftssache insgesamt überzeugender. Dass die usucapio als lucrativa empfunden wurde, lässt sich schlüssig damit begründen, dass jemand wissentlich auf fremdes Gut zugreift. Allein dieser Missstand sollte durch das senatus consultum unter Hadrian behoben werden, nicht die grundsätzliche Eignung einer Sache zur Ersitzung modifiziert werden. ee) D. 41, 5: Pro herede vel pro possessore Die bislang geschilderte Entwicklung lässt zwei354 Einschränkungen der usucapio pro herede außer Acht, die der Digestentitel Pro herede vel pro possessore zu behandeln scheint. Auch wenn im Grundsatz die gaianische Darstellung als Argument für oder gegen einen Besitzübergang untersucht wird, bedarf es an dieser Stelle dennoch einer knappen Erläuterung, um das Bild von der aufgezeigten Entwicklung zu vervollständigen. Neben der Behandlung der Regel nemo sibi causam possessionis mutare potest ist hier auch das Erfordernis der testamenti factio zu nennen. (1) testamenti factio Von Paulus wird in D. 41, 5, 4355 die Aussage getroffen, dass pro herede ersessen werden könne, wenn die testamenti factio gegeben sei. Teilweise hat diese Stelle zur Annahme verleitet, dass die Fähigkeit, als Erbe eingesetzt zu werden, allgemeines Tatbestandsmerkmal der usucapio pro herede gewesen sei und zwar auch für die Ersitzung von Einzelsachen.356 Für die ursprüngliche Form, die den aut donet et ob id a bonae fidei possessore res usucapi possit: veluti si heres rem defuncto commodatam aut locatam vel apud eum depositam existimans hereditariam esse alienaverit. 353 Pomp. D. 41, 5, 1: Pro herede ex vivi bonis nihil usucapi potest, etiamsi possessor mortui rem fuisse existimaverit. 354 Als mögliche dritte Einschränkung könnte auch das crimen expilatae hereditatis verstanden werden. Dieses wird jedoch nicht in diesem Digestentitel erwähnt, sondern in Ulp. D. 47, 19, 2, 1. Siehe hierzu bereits oben B.III.3.c)aa)(3). 355 Paul. D. 41, 5, 4 (5 ad legem Iuliam et Papiam): Constat eum, qui testamenti factionem habet, pro herede usucapere posse. 356 So Marcusen, Hereditas jacens, S. 8; Biondi, Diritto ereditario romano, S. 324; Franciosi, Usucapio pro herede, S. 10; Nicosia, FS Martini II, S. 865, 883; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II, S. 899; von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 473; Bonfante, Corso VI, S. 296; Gandolfi, BIDR 61 (1958), S. 271, 278.

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Erwerb des heres-Status nach sich zog, erscheint dies nicht von vornherein abwegig. Bereits die Inskription zeigt jedoch, dass D. 41, 5, 4 aus der Kommentierung des Paulus zu den Augusteischen Ehegesetzen357 stammt. Es erscheint naheliegend, dass hier keine allgemeine Erörterung der Ersitzungsvoraussetzungen erfolgt, sondern kontextbezogen die Ehegesetze erläutert werden.358 Jedenfalls die nach den Ehegesetzen nicht von Sanktionen betroffenen Personen waren also nicht eingeschränkt, mittels usucapio pro herede zu erwerben. Aber auch ohne die systematische Erklärung erscheint der Umkehrschluss aus D. 41, 5, 4 nicht zwingend.359 Wenn feststeht, dass im Falle des Vorliegens der testamenti factio die usucapio pro herede möglich ist, bedeutet dies nicht, dass im Falle ihres Fehlens eine usucapio pro herede ausgeschlossen wäre. Letztlich braucht die testamenti factio also nicht als Merkmal der usucapio pro herede eingeordnet zu werden. Auch Paul. D. 41, 3, 4, 4360 trifft eine Aussage zu diesem Themenkreis. Allerdings ergibt sich auch hier lediglich der Ausschluss des Sklaven und nicht eine allgemeine Anforderung an alle Usukapienten. Die näheren Umstände des Sachverhalts sind unklar. Denkbar erscheint die Gegenüberstellung der möglichen Erbeinsetzung fremder Sklaven361 mit der ausgeschlossenen Ersitzung pro herede. (2) nemo sibi causam possessionis mutare potest Die in der Literatur362 ausführlich erörterte Rechtsregel nemo sibi causam possessionis mutare potest verdient Beachtung als mögliche Einschränkung der An357 Gemeint sind die lex Iulia de maritandis ordinibus von 18 v. Chr. und die lex Papia Poppaea von 9 n. Chr., Datierung nach Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 58 Rn. 25. 358 So Hausmaninger, SZ 84 (1967), S. 503, 504. Für einen Sonderfall im genannten Rahmen plädiert auch H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 92 unter Bezugnahme seiner Miszelle zur testamenti factio in SZ 53 (1933), S. 505, 508. Sich diesem anschließend Tomulescu, FS Grosso IV, S. 417, 452 Fn. 95. 359 So insbesondere Gallo, SD 32 (1966), S. 416, 424. 360 Paul. D. 41, 3, 4, 4: Servus pro herede possidere non potest. 361 Siehe hierzu bereits Fn. 35. Der fremde Sklave ist hierbei von der testamenti factio seines Herrn abhängig und kann laut Gaius 2, 189 auch nur iussu domini die Erbschaft antreten. Wie zu D. 47, 4, 1, 15 erläutert, kann auch der eigene Sklave testamentarisch freigelassen und zum Erben eingesetzt werden. Auch dieser kann vor Wirksamkeit des Testaments nichts aus der Erbmasse ersitzen, zu der er selbst gehört. 362 Vgl. zum Beispiel Voci, Modi di acquisto, S. 211 ff.; Hausmaninger, FS R. Schmidt, S. 399 ff., sowie konkret zum Verhältnis von D. 41, 5, 2, 1 zu D. 41, 3, 33, 1 derselbe, Bona fides, S. 57 ff. Abweichend hierzu MacCormack, BIDR 75 (1972), S. 71, 84. Die beiden Julian-Stellen scheinen sich insofern zu widersprechen, als einmal die nemo sibi-Regel auch für den Besitzmittler Anwendung finden soll, andernfalls gerade nicht, weil dieser gar nicht besitzt. Da entscheidender Gesichtspunkt jeweils der Gedanke ist, dass eine eigenmächtige Wandlung der causa ausgeschlossen wird, erscheint das Erklärungsmodell von MacCormack, das ohne Interpolationsan-

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wendungsfälle der usucapio pro herede.363 Sie besagt in Anwendung auf die hier erörterte Thematik, dass jemand, der die Sache zum Zeitpunkt des Erbfalls innehat, nicht eigenmächtig,364 solo animo,365 eine Ersitzung pro herede beginnen kann. Die Abweichung zum in Gaius 2, 52 geschilderten Grundfall liegt also darin, dass die Erbschaftssachen nicht erst nach dem Erbfall ergriffen werden, sondern sich schon zuvor beim potentiellen Usukapienten befinden. In dieser Konstellation ist die Ersitzung nur eingeschränkt möglich.366 Entscheidendes Kriterium ist insofern, dass ein rechtlich relevanter Vorgang stattfindet, der die Eigenmächtigkeit gerade ausschließt. Dies kann insbesondere in der zuletzt beschriebenen Gestalt der usucapio pro herede der Umstand sein, dass man beispielsweise auf Grund eines vermeintlich wirksamen Testaments glaubt, Erbe geworden zu sein.367 Dann vollzieht sich der Erwerb nicht auf Grundlage der letztlich unwirksamen aditio, sondern nur kraft usucapio pro herede. Parallelen bestehen insofern zum Besitzkonstitut368 und zur traditio brevi manu369, wo ebenfalls die nemo sibi-Regel Anwendung findet. Der Anwendungsbereich der Rechtsregel umfasst auch Fälle die keine possessio im Rechtssinne darstellen. Wenn also jemand durch einen Detentor corpore alieno besitzt,370 ist auch die Sachbeherrschung dieses Besitzmittlers, zum Beispiel eines colonus, eine solche,

nahme auskommt, wegen der auffällig parallelen Satzstruktur zwar nicht unangreifbar, aber doch vorzugswürdig. Demnach argumentiert Julian flexibel, je nachdem, ob er im konkreten Fall wie bei der usucapio pro herede die nemo sibi-Maxime anwenden will oder gerade nicht, vgl. MacCormack, BIDR 75 (1972), S. 71, 84. Ähnlich Böhr, Verbot, S. 199 f. 363 Siehe zu dieser Funktion ergänzend zu den soeben genannten auch Kaser, Detention, S. 1, 10. 364 Böhr, Verbot, S. 67; vgl. auch MacCormack, BIDR 75 (1972), S. 71, 83. Mit dem Begriff der Eigenmächtigkeit verbindet Nörr, SZ 89 (1972), S. 18, 65 den der Eigennützigkeit, konkret im Zusammenhang mit Iul. D. 41, 3, 33, 1: . . . lucri faciendi causa inciperet possidere . . . . 365 Hausmaninger, Bona fides, S. 61. 366 Dies lässt sich insbesondere dadurch rechtfertigen, dass dem Erben in dieser Situation die Durchsetzung seiner Rechte erheblich erschwert würde. Für ihn war nicht erkennbar, wann es zu einer Umwandlung der causa possessionis kam und wann er insofern die hereditatis petitio anstrengen musste, um die Ersitzung zu verhindern. Vgl. Böhr, Verbot, S. 128 ff. 367 Vgl. Iul. D. 41, 3, 33, 1: . . . hoc amplius si iustam causam habuerit existimandi se heredem vel bonorum possessorem domino extitisse, fundum pro herede possidebit nec causam possessionis sibi mutare videbitur . . . . 368 Vgl. Cels. D. 41, 2, 18 pr.: . . . nec enim muto mihi causam possessionis, sed desino possidere et alium possessorem ministerio meo facio . . . . 369 Siehe zur Konstruktion der traditio brevi manu unten D.VI.2.b). Mit Bezug zur nemo sibi-Regel vgl. Paul. D. 41, 2, 3, 20: Sed si is, qui apud me deposuit vel commodavit, eam rem vendiderit mihi vel donaverit, non videbor causam possessionis mihi mutare, qui ne possidebam quidem. 370 Zu dieser Figur siehe ausführlich unten B.VI.3.c)aa).

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die nicht eigenmächtig umgewandelt werden kann.371 Dem scheint zwar Paul. D. 41, 2, 3, 20372 zu widersprechen. Letztlich dürften die Unterschiede jedoch mehr auf der Begründungsebene373 als im Ergebnis liegen. Die Besitzumwandlung im Beispiel des Paulus ist jedenfalls nicht eigenmächtig. ff) Ableitbare Schlüsse Die Besitzverletzung als maßgebliches Kriterium für den Ausschluss der usucapio pro herede und die Anwendbarkeit der actio furti hinsichtlich Erbschaftssachen lassen sich aus dem Recht der usucapio pro herede in der Gestalt der Ersitzung einzelner Sachen erklären. Bei der alten Form der usucapio pro herede, die die Stellung eines heres verschaffte, war Grenze für den Zugriff hingegen die aditio. Die Furtivität ist keine negative Tatbestandsvoraussetzung bei der usucapio pro herede. d) Erklärung der Auffälligkeiten bei Gaius 2, 52–58 aa) si modo ea res est, quae . . . Man mag nun die Frage stellen, welche Einschränkung Gaius dann mit der Formulierung si modo ea res est, quae recipit usucapionem überhaupt noch im Blick gehabt hat, wenn die Furtivität gerade kein Kriterium für die Anwendbarkeit der usucapio pro herede gewesen sein soll. Hier ließe sich zunächst auf die in Gaius 2, 46–48 genannten, nicht ersitzbaren res rekurrieren. Diese sind provincialia praedia, res mulieris, quae in agnatorum tutela erat, freie Menschen und res sacra. Gewiss lässt sich hierauf entgegnen, dass all diese Sachen bereits keine res hereditariae sein können. Wenn man darüber hinaus noch furtive Sachen aus dem Kreis der nicht ersitzbaren Sachen herausnimmt, verbleibt kaum ein Anwendungsfall.374 Allerdings darf die Befürch371 Iul. D. 41, 5, 2, 1: Quod volgo respondetur causam possessionis neminem sibi mutare posse, sic accipiendum est, ut possessio non solum civilis, sed etiam naturalis intellegatur. et propterea responsum est neque colonum neque eum, apud quem res deposita aut cui commodata est, lucri faciendi causa pro herede usucapere posse. 372 Wiedergegeben in Fn. 369. 373 Zur unterschiedlichen Handhabung der Regel siehe auch MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47, 63. 374 Anders wenn man die Voraussetzung, dass kein heres necessarius existiert, hier als objektive Voraussetzung verortet, so Pool, Studi Metro V, S. 91, 129 f. und derselbe, Fundamina 16/1 (2010) S. 314, 326. Die Beobachtung, dass in dieser Situation die usucapio pro herede ausgeschlossen ist, trifft zweifelsohne zu. Dass Gaius, dies jedoch als Eigenschaft des konkreten Ersitzungsobjekts angesehen hatte, erscheint nicht überzeugend. Nicht jeder objektive Umstand definiert auch die res hereditaria. Anders wäre dies wohl, wenn man eine Sache mangels Existenz einer ruhenden Erbschaft gar nicht mehr als res hereditaria ansieht, weil ein heres necessarius existiert. Angesichts der Aussage des Paulus in D. 28, 2, 11 . . . nulla videatur hereditas fuisse . . . , hierzu aus-

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tung, die Einschränkung des Gaius als nahezu überflüssig einzuordnen, nicht dazu führen, die Augen vor der Singularität der usucapio pro herede zu verschließen. Diese stellt gerade einen Fall dar, in dem ein ansonsten nicht zulässiges Verhalten sogar den Eigentumserwerb nach sich zieht. bb) alienam rem Man wird aus der Formulierung alienam rem in Gaius 2, 52 nicht ableiten können, dass die usucapio pro herede in ihrer hier einschlägigen Funktion auf Fälle beschränkt ist, in denen die aditio bereits erfolgt ist. Vor dem Erbschaftserwerb durch den Erben erscheint die Zulässigkeit dieser Ersitzungsart umso berechtigter.375 Gerade vor dem Hintergrund, dass die usucapio einzelner Erbschaftssachen laut Gaius aus der alten usucapio pro herede bezüglich der Stellung eines heres hervorging, wäre schwer nachvollziehbar, dass für die neuere Form nur ein engerer zeitlicher Anwendungsbereich verbleiben sollte, der den Ausgangsfall der ruhenden Erbschaft ausklammert. Dass Gaius sich vorliegend auf die Ersitzung von Erbschaftssachen beschränkt, die bereits durch aditio ins Eigentum des Erben gelangt sind,376 erklärt sich mit seiner Intention und aus dem Zusammenhang. Der Jurist führt die usucapio pro herede im Rahmen seiner Behandlung der usucapio als Beispiel dafür an, dass bisweilen sogar wissentlich fremde Sachen ersessen werden können, und präsentiert sie somit als Ausnahme vom gewöhnlichen Ersitzungserfordernis der bona fides. cc) Zusammenhang von Gaius 2, 52 und 2, 58 Nach der hier vertretenen Entwicklung der usucapio pro herede erscheint eine Deutung von Gaius 2, 58 im folgenden Sinne vorzugswürdig: Der ipso iure-Ausschluss der usucapio pro herede in Anwesenheit von necessarii heredes wird der prozessualen Intervention durch den Erben mittels hereditatis petitio gegen eine usucapio lucrativa gegenübergestellt. Für die ursprüngliche Form der usucapio pro herede lässt sich dies leicht damit erklären, dass bei Vorhandensein eines Erben kein Erbe mehr mittels usucapio pro herede geschaffen werden muss. Das Ausschlusskriterium in Gaius 2, 58 gilt aber zumindest auch für die späteste Gestalt der Ersitzung von Einzelsachen. Es ist damit noch nicht geklärt, warum angesichts der Maßgeblichkeit des Besitzes im Rahmen der Ersitzung von einzelführlich unter B.VI.2.a), erscheint dies zumindest als Hypothese zunächst erwägenswert. Dies spricht für den suus Stintzing, Bona fides, S. 30 aus. Diesen Schritt will Pool jedoch nicht gehen. Dies lässt sich aus seinem Verständnis der Regel rei hereditariae furtum non fit ableiten, die gegenüber allen Arten von Erben gelten soll, vgl. Studi Metro V, S. 91, 117 ff. 375 Vgl. die Nachweise bei H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 86. Von einem „Erstrecht-Schluss“ spricht Pool, SZ 129 (2012), S. 113, 129. 376 So auch von Lübtow, FS de Francisci I, S. 407, 465.

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nen Erbschaftssachen nicht auch die Ersitzung von Sachen, die der heres necessarius nach dem Erbschaftserwerb noch nicht besessen hat, zugelassen wurde. Hierauf wird bei der Erklärung der in Gaius 3, 201 aufgezeigten Auffälligkeiten nochmals zurückzukommen sein. dd) Textkritik: et necessario tamen Zunächst ist jedoch zu klären, ob der Anfang von Gaius 2, 58 in der Lesart et necessario tamen beibehalten werden kann. Tatsächlich findet sich im Apographum Studemunds377 auf fol. 102r der Handschrift (Hs. Verona, Bibl. Cap. XIII (15)) (p. 67 Stud) am Ende folgende Zeichenfolge:

ehe auf f. 102v (p. 68 Stud)

folgt. Der von Dubois378 angesprochene Punkt vor et auf fol. 102r existiert und ist im Druck bei Studemund nur sehr schwach ausgeprägt, aber doch erkennbar.379 Der Vergleich mit dem unstreitig als solchen anzusehenden Abkürzungspunkt nach dem q mit Überstrich in derselben Zeile unmittelbar vor si usucapta für atque, macht wahrscheinlich, dass es sich um einen Abkürzungspunkt handelt und nicht um einen Platzhalter für ein ausgefallenes suo. Überzeugend erscheint daher, dass es am Ende von Gaius 2, 57 zu einer Dopplung des Endes des abgekürzten esset gekommen ist. Jeglicher Zweifel wird beseitigt, wenn man sich die Lesart von Gaius 3, 201380 auf fol. 45r (p. 180 Stud) vergegenwärtigt, wo der Ersitzungsausschluss gegenüber einem heres necessarius aus Gaius 2, 58 wieder aufgegriffen wird. Die Formulierung necessarius heres kommt hier sogar zweimal vor. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte für den Ausfall eines suo et. Wohl deshalb sieht sich Solazzi auch gezwungen, die entsprechenden Passagen in 3, 201 als nicht von Gaius stammend zu streichen. Sein Argument, Gaius selbst hätte hier suus et necessarius geschrieben,381 ist eine bloße Anpassung von Text377

Studemund, Leipzig 1874. Dubois, NRHD 4 (1880), S. 427, 437. 379 Der Punkt ist auch in der Faksimile-Ausgabe Briguglios, Florenz 2012, S. 265 deutlich erkennbar. 380 Der Übersichtlichkeit halber sei an dieser Stelle nochmals der hier interessierende Ausschnitt von Gaius 3, 201 nach Manthe wiedergegeben: . . . velut res hereditarias, quarum heres non est nactus possessionem, nisi necessarius heres extet; nam necessario herede extante placuit nihil pro herede usucapi posse. 381 Solazzi, Scritti III, S. 379, 385. 378

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stellen, die mit seiner Theorie von einem automatischen Besitzübergang auf den suus et necessarius heres nicht kompatibel sind. Das et erscheint daher letztlich entbehrlich. Es ist wahrscheinlich, dass es sich hierbei um einen Abschreibefehler handelt. Selbst wenn in 2, 58 das et jedoch als Konjunktion bewusst benutzt wurde, so zeigt vor allem die Parallele zu 3, 201, dass dies keine Auswirkungen auf den Inhalt der Stelle hat. 3. Fortsetzung Gaius 3, 201: Erklärung der Auffälligkeiten Bei der Deutung der Auffälligkeiten in Gaius 3, 201 können nun die aus der Exegese von Gaius 2, 52–58 gewonnenen Erkenntnisse verwendet werden. Die Einordnung des nisi-Satzes rückt hierbei hinter die Darstellung des Verhältnisses der uscapio pro herede zum Ausschluss des furtum an res hereditariae. a) Untechnische Darstellung Der Verdacht einer untechnischen Darstellung ergibt sich nur, wenn occupare als die auf den originären Eigentumserwerb gerichtete Aneignung herrenloser Sachen verstanden wird. Dann ergibt sich ein Widerspruch zur Fremdheit der Sache und zu der eigentlich in dieser Konstellation einschlägigen usucapio pro herede. Solche Probleme ergeben sich nicht, wenn das occupare vorliegend nichts weiter bedeutet als die faktische Ergreifung der Sache. Eine solche Verwendung ist auch anderweitig belegt382 und erscheint auch an dieser Stelle naheliegend. Occupare heißt im konkreten Fall nichts anderes als „ergreifen“.383 Insofern darf das Wortpaar occupare et usucapere nicht als Aufzählung zweier alternativ denkbarer Rechtsfolgen verstanden werden. Die Ersitzung der fremden Sache mittels usucapio setzt die tatsächliche Ergreifung voraus. Dass unter Umständen in frühester Zeit auch eine occupatio der Erbschaftssachen stattgefunden hat, weil diese als herrenlos angesehen wurden, findet in dieser Textstelle zumindest keine Stütze. Im Rahmen der Erörterung des furtum erscheint es vielmehr aus sich heraus schlüssig, dass der Aspekt der Ergreifung der Erbschaftssachen besonders betont und neben dem Effekt der usucapio genannt wird. 382 Vgl. konkret hinsichtlich Erbschaftssachen Pap. D. 5, 3, 49: Si bonae fidei possessor hereditatis velit cum debitoribus hereditariis aut qui res hereditarias occupaverint consistere, audietur . . . . Eine entsprechende Bedeutung ergibt sich für den mit occupare possessionem umschriebenen Zugriff auf ein Grundstück, vgl. Paul. D. 41, 3, 4, 27: Item si occupaveris vacuam possessionem, deinde venientem dominum prohibueris, non videberis vi possedisse. Ulp. D. 41, 2, 6, 1: Qui ad nundinas profectus neminem reliquerit et, dum ille a nundinis redit, aliquis occupaverit possessionem, videri eum clam possidere Labeo scribit . . . . 383 Zu diese Bedeutung siehe auch Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. occupare, 1) a), wo darüber hinaus auch die Bedeutung „sich bemächtigen“ genannt ist, die hinsichtlich der in der vorigen Fußnote erwähnten Grundstücke passender erscheint.

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b) Verhältnis Ausschluss des furtum und Zulässigkeit der usucapio pro herede Das Verhältnis von Zulässigkeit der usucapio pro herede und Ausschluss des furtum bezüglich Erbschaftssachen ist, wie ausgeführt, maßgeblich für die Tragfähigkeit der dargestellten Argumentation um den Besitzübergang auf die necessarii heredes. Zwar ist bei der Darstellung des Instituts der usucapio pro herede schon ein möglicher Ansatz angeklungen. Allerdings ging es dabei vor allem darum, eine Deutung für das Kriterium des Besitzes als Grenze der Anwendbarkeit für die Ersitzung einzelner Erbschaftssachen zu liefern. An dieser Stelle soll darüber hinaus unter Bezugnahme der umfangreichen Literatur gezielt das Verhältnis zum Ausschluss des furtum beleuchtet werden. Es geht insofern um eine plausible Erklärung, die sich in das vorhandene Bild von beiden Rechtsinstituten einpassen lässt und insbesondere deren Wechselwirkung berücksichtigt. Das Augenmerk muss hierbei auf der Ersitzung einzelner Sachen liegen. Nur zu dieser Ausprägung der usucapio pro herede lässt sich besagte Wechselwirkung aus Gaius 2, 52–58 und Gaius 3, 201 ableiten. Allerdings erscheint es geboten, auch hier die ursprüngliche Form der usucapio pro herede nicht außer Acht zu lassen, da sich, wie gesehen, Besonderheiten wie die für alle Erbschaftssachen geltende einjährige Ersitzungsfrist gerade aus der ursprünglichen Gestalt des Instituts erklären lassen. aa) Ansicht von Bonfante Die vor allem von Bonfante384 geprägte Argumentation,385 dass das Recht des furtum die Grenzen der usucapio pro herede markiere, hat zahlreiche namhafte Anhänger gefunden.386 Demnach ist die usucapio pro herede zulässig, solange und weil man kein furtum begeht.387 Dieser Argumentation liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Quellen hinreichend deutlich die Besitzverletzung und nicht den Erbschaftserwerb als entscheidendes Kriterium für die Anwendbarkeit der actio furti und den Ausschluss der usucapio pro herede darstellen. Die Gegenaus-

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Bonfante, Corso VI, S. 179. Wobei Bonfante nicht der erste war, der diese Auffassung vertrat. Seine Ausführungen waren nur überwiegend prägend für die folgenden Autoren. Bereits Stintzing, Bona fides, S. 26 formulierte 1852: „Die Grundsätze über das furtum sind das Prius, die usucapio pro herede ist nur ihre Consequenz“. 386 Solazzi, Scritti III, S. 379 ff.; ohne Bezugnahme auf Bonfante aber im Ergebnis ebenso von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 467; Talamanca, IURA 12 (1961), S. 349, 351; ausdrücklich auch Cossmann, Inproba usucapio pro herede, S. 40; wohl hinsichtlich des Verhältnisses von furtum und usucapio übereinstimmend Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 399 und auch Franciosi, IURA 35 (1984), S. 194, 197. 387 So ausdrücklich Bonfante, Scritti III, S. 684, 686. 385

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nahme in Anwesenheit von necessarii 388 lasse sich insofern nur mit deren Besitz erklären. Diesen Besitz hätten die necessarii beim Ableben des Familienhauptes nicht mehr „besonders“ erwerben müssen.389 bb) Gegenmodell Eine andere Konzeption ergibt sich, wenn sich die Grenzen des furtum an res hereditariae aus dem Recht der usucapio pro herede ergeben. Dann steht hinter der Verbindung lediglich der Gedanke, dass ein von der Rechtsordnung erlaubtes Verfahren zur Eigentumserlangung nicht durch ein anderes Institut sanktioniert werden darf.390 cc) Stellungnahme zum ursprünglichen Verhältnis Versucht man sich der Frage nach dem Verhältnis der beiden Rechtsinstitute chronologisch anzunähern, so muss Ausgangspunkt die Form der usucapio pro herede sein, durch die ein Erbe geschaffen wurde. Zwar ließe sich sehr formalistisch argumentieren, dass die Stellung des heres als Ersitzungsobjekt schon keine taugliche res für ein furtum sein könne.391 Dies dürfte jedoch kaum der Denkweise der römischen Juristen und auch nicht den praktischen Gegebenheiten entsprochen haben. Hinsichtlich der einzelnen Sachen stellt sich zwangsläufig die Frage, ob deren Ergreifung ein furtum darstellt oder nicht. Eine Übertragung des bezüglich Ulp. D. 47, 4, 1, 15 ermittelten Ergebnisses – der Maßgeblichkeit einer Besitzverletzung – auf diese frühe Form kann nicht überzeugen. Zu eindeutig ist der Bezug dort und auch in Gaius 3, 201 zur neueren Form der Ersitzung einzelner Sachen, die gerade nicht bereits mit der aditio des freiwilligen Erben ausgeschlossen ist. Allerdings stellt diese Maßgeblichkeit der Besitzverletzung, wie schon im Rahmen der Exegese von Ulp. D. 47, 4, 1, 15 ausgeführt, nur eine Konkretisierung der Regel rei hereditariae furtum non fit dar. Diese Regel ist also jedenfalls älter als ihre Konkretisierung. Aber ist sie auch älter als die ursprüngliche usucapio pro herede? Dass zu Zeiten der usucapio pro herede, die den Erwerb der Erbenstellung nach sich zog, in der Ergreifung von Erbschaftssachen kein furtum gesehen wurde, vermag durchaus Ausdruck der simplen wie kaum angreifbaren Über388 Auf Grundlage von Gaius 2, 58 ist im Folgenden von necessarii die Rede. Die Befürworter der hier vereinheitlicht dargestellten Ansicht unterscheiden sich im Detail darin, auf welche Erbenkategorien ein Besitzübergang ipso iure erfolgte. Siehe für die Anhänger eines Besitzübergangs allein auf den suus et necessarius heres Solazzi, Scritti III, S. 379 ff. 389 von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 467; Scherillo, Scritti II.1, S. 167, 178. 390 MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293, 296. 391 Immerhin stellten die Zwölf Tafeln laut Gaius 2, 45 auf die Unersitzbarkeit einer res furtiva ab.

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legung zu sein, dass ein gewünschtes oder zumindest rechtlich akzeptiertes Verhalten nicht gleichzeitig sanktioniert werden darf. Wenn die usucapio pro herede die Stellung eines heres einräumt, kann in der Ausübung des usus und der damit typischerweise verbundenen Ergreifung der Erbschaftssachen durch den Usukapienten kein widerrechtliches Verhalten erblickt werden. Dies ist sicherlich richtig, trifft jedoch noch keine Aussage über den Rechtszustand vor der pontifikalen Einführung der usucapio pro herede.392 Die Begründung, dass die res hereditariae ohne dominus393 sind und deshalb kein furtum vorliegen könnte, ist auch ohne Bezüge zur usucapio stimmig. Es bedarf keines näheren Eingehens auf mögliche Schutzgüter des furtum, wenn die Erbschaftssachen ohnehin niemandem zugeordnet sind. Fraglich erscheint lediglich, ob diese Erklärung zumindest sinngemäß auch alt genug sein kann, dass sie bereits vor der Existenz der usucapio pro herede Recht darstellte. Gewiss hat der Einführung der usucapio pro herede der Gedanke zu Grunde gelegen, dass die vorhandene Erbschaft sich niemand zuordnen lässt, andernfalls hätte es schon keines Zuordnungsinstituts bedurft. Dies galt aber sowohl im Großen für die Erbschaft als solche, wie auch im Kleinen für die einzelnen Erbschaftssachen, und trägt insofern auch das Bild von den irgendwie den res nullius vergleichbaren Erbschaftssachen394 als vorgefundenem Rechtszustand. Es sei daher die folgende Hypothese aufgestellt: Bis zum Aufkommen der usucapio pro herede bestand bereits die Regel, dass es kein furtum an Erbschaftssachen gibt.395 Dann hätten diese Sachen von jedermann ergriffen werden können. Ob mit der Rechtsfolge der occupatio,396 einer auf Einzelsachen beschränkten frühen Form der usucapio397 oder gänzlich ohne rechtsverschaffende Wirkung, 392 Wann diese erfolgte ist ein bis heute strittiger Punkt. Siehe für nachdezemvirale Einführung bereits die Nachweise in Fn. 283. Überzeugend erscheint die maßgeblich von Mayer-Maly, beispielsweise in Studi Betti III, S. 450, 490 f., geprägte Konzeption eines vordezemviralen Ursprungs, was insbesondere eine Erklärung für die Jahresfrist liefern kann. Aber auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit, wegen der aufkommenden kriegerischen Aktivitäten der Römer im fünften und sechsten Jahrhundert vor Christus eine Regelung im Umgang mit häufiger ruhenden Erbschaften zu finden, stützt diese These, siehe hierzu zum Beispiel Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 47 ff. 393 Zur Formulierung nemo dominus fuerit von Labeo in Ulp. D. 43, 24, 13, 5 siehe oben Fn. 143. 394 Vgl. Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 499. 395 Die Ansicht von Huvelin, Furtum, S. 797, dass die Regel erst auf Julian zurückzuführen sei, ist nicht haltbar. Allein Marcell. D. 47, 2, 69 zeigt, dass von Marcellus lediglich Ausnahmen von dieser als bekannt vorausgesetzten Regel mit der Person des Julian verbunden werden. Möglich ist auch, erst die Erstreckung der Aktivlegitimation auf den Erben auf Julian zuzuordnen, so Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 494. 396 So wohl Perozzi, Istituzioni II, S. 484 Fn. 1; von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 482; Orestano, IURA 33 (1982), S. 1, 5. Vorsichtig befürwortend auch Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 7. 397 Dann würde die pontifikale Einführung der Ersitzung der Erbenstellung die zweite Entwicklungsstufe nach einer vorhergehenden Ersitzung von Einzelsachen mar-

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ist nicht seriös rekonstruierbar. Der Ausschluss des furtum an Erbschaftssachen ließe sich dann maßgeblich auf die Begründung stützen, die der Regel rei hereditariae furtum non fit ursprünglich zu Grunde gelegen haben wird und die erst später die in D. 47, 4, 1, 15 aufgezeigte Konkretisierung auf den Besitz erfährt: Wenn die Erbschaftssachen sine domino sind, entfällt das typische Interesse des Eigentümers, dessen Verletzung mit der actio furti üblicherweise sanktioniert wird. Die Bezeichnung sine domino mag vielleicht weniger auf die Eigentumslage bezogen gewesen sein, als sie heute verstanden werden könnte. Sie wird schlicht das Fehlen eines Herrn als Zuordnungssubjekt ausgedrückt haben. Die Ergreifung der einzelnen Sachen verletzt somit kein Interesse oder Rechtsgut eines anderen und ist zulässig. Allerdings erscheint diese rechtliche Einordnung nicht aus sich heraus zwingend. Denn dass durch eine solche Ergreifung von Erbschaftssachen durchaus Interessen des vielleicht faktisch an einer Antretung gehinderten Erben beeinträchtigt werden können, liegt auf der Hand. An dieser Stelle erscheint die Verankerung einer Rechtsregel hilfreich, um Rechtsklarheit zu schaffen. Dieses Konzept wird durch die Einführung der usucapio pro herede zunächst nicht berührt. Teilweise wird in der Einführung der usucapio pro herede sogar eine Bestätigung dieses Konzepts gesehen.398 Dies erscheint insofern schlüssig, als durch die pontifikale Reglementierung offenbar ein so nicht gewünschter Rechtszustand bereinigt werden sollte. Statt einer theoretisch denkbaren Sanktionierung der Ergreifung der Erbschaftssachen blieb deren Zuordnungslosigkeit bestehen und es wurde stattdessen die usucapio pro herede in ihrer bei Gaius als ursprünglich überlieferten Form eingeführt. Mag es zuvor zu einem Eigentumserwerb an den einzelnen Sachen gekommen sein, so kam es nun bei hinreichender Ausübung des usus gar zu einem Erwerb der Erbenstellung. Sofern die Ergreifung von Erbschaftssachen jedoch nicht den Anforderungen der usucapio pro herede genügte, ergibt sich aus der Maßgabe rei hereditariae furtum non fit, dass die Ergreifung der Sache jedenfalls nicht als furtum anzusehen ist. Eine rechtsverschaffende Wirkung der Ergreifung einzelner Erbschaftssachen parallel zu einem Erwerb der heres-Position durch einen anderen mittels usucapio pro herede erscheint hingegen nicht wahrscheinlich. Dies hätte den Zielen der usucapio pro herede widersprochen und stattdessen eine Zersplitterung des Nachlasses bewirkt. Dennoch ist es möglich, diese von den Quellen nicht näher erfasste Besitzergreifung als eigentlichen Vorläufer der usucapio pro herede einzelner Sachen anzusehen. Die Rechtslage an einzelnen Erbschaftssachen, die ein kieren, vgl. zum Beispiel die Darstellung bei Jhering, Scherz und Ernst, S. 153; deutlich aber vor allem von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 469 f. Auch Kaser, SZ 105 (1988), S. 122, 127 bezeichnet eine usus capio als Urform dessen, „was später als occupatio bezeichnet wird.“ und spricht diesbezüglich von der „rechtbildenden Kraft des Faktischen“. 398 Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 49: „Si affermò allora, con l’istituto dell’usucapio pro herede, il principio che la sottrazione die beni giacenti non costituiva furtum . . .“.

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anderer als der Usukapient der Erbenstellung ergriffen hatte, mag ein weiterer Grund des Wandels der usucapio pro herede darstellen: Die Ergreifung der Sachen war nicht sanktioniert, die Rechtsfolgen einer occupatio oder frühen Form der usucapio erschienen neben der usucapio pro herede hinsichtlich der Erbenstellung nicht (mehr) angemessen. So steht nach dem aufgezeigten Wegfall des Bedarfs mittels usucapio einen heres zu schaffen der Wandel der usucapio pro herede hin zur Ersitzung von Einzelsachen offen. Bezüglich der necessarii stellt sich die Problematik insofern nicht, als hier eine klare Zuordnung durch den unmittelbaren Erbschaftserwerb bereits getroffen ist. Zweifel hinsichtlich einer Interessenverletzung durch die Wegnahme von Erbschaftssachen dürften hier zu keiner Zeit aufgekommen sein. Jedenfalls für die alte usucapio pro herede ist somit von einer vorherigen Existenz des Ausschlusses des furtum auszugehen. Allerdings spielt zu dieser Zeit das Kriterium des Besitzes noch keine Rolle. Damit ist lediglich die Aussage getroffen, dass die Konzeption von Bonfante sich nicht auf die Anfänge der usucapio pro herede stützen lässt. Die Grundlage des Zusammenspiels von usucapio pro herede, dem Ausschluss des furtum und der Maßgeblichkeit einer Besitzverletzung ist somit auf einer späteren Entwicklungsstufe des Rechtsinstituts der usucapio pro herede zu suchen. dd) Stellungnahme zur weiteren Entwicklung Erforderlich ist insofern eine Auseinandersetzung mit dem Rechtszustand, in Bezug auf den Gaius allein die Verknüpfung von usucapio pro herede und furtum an Erbschaftssachen erwähnt, nämlich der Ersitzung einzelner Erbschaftssachen mittels usucapio pro herede. Hier kann maßgeblich auf die obigen Ausführungen zum Wandel der usucapio pro herede verwiesen werden. Die Besitzverletzung wird in Anlehnung an die klassische usucapio als Grenze festgelegt und weitet somit den Anwendungsbereich der rechtlich gebilligten Ersitzung über den Fall der ruhenden Erbschaft hinaus. Darauf zurückzuführen ist eine Konkretisierung der Regel furtum rei hereditariae non fit, die dann die Besitzergreifung durch den Erben als maßgeblich erachtet. Dieses Konzept lässt sich ferner durch die Beobachtung stützen, dass in Gaius 3, 201 bei der Erörterung des furtum eine Bezugnahme auf das Recht der usucapio pro herede erfolgt und nicht umgekehrt. Gewiss ließe sich das auch mit dem Umstand begründen, dass die usucapio bereits behandelt wurde. Allerdings spricht die Erwähnung der usucapio und deren Ausschlusses beim Vorhandensein von necessarii heredes vor allem in Verbindung mit der Formulierung concessum est gegen eine solche Zufälligkeit. Gerade die Erwähnung eines necessarius heres legt nahe, dass das maßgebliche System im Rahmen der beispielhaften Darstellung in Gaius 3, 201 das der usucapio ist. Bei der Erörterung des furtum ist eine Bezugnahme auf die notwendigen Erben nämlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Ersitzung die Grenzen des furtum fest-

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legt; wenn somit auch ein Fall Erwähnung finden muss, der nicht durch die Umschreibung, dass der Erbe noch keinen Besitz erlangt hat, bereits erfasst ist. Durch die Gestattung der usucapio bis zur Grenze der Besitzverletzung, ist die Ergreifung von Erbschaftssachen nicht sanktionierbar. Auch wenn sie bereits durch aditio ins Eigentum des Erben gelangt sind, sind sie dennoch rei hereditariae, auf welche die konkretisierte Rechtsregel vom Ausschluss des furtum Anwendung findet. Dieses Bild von den res hereditariae wird durch eine Stelle des Ulpian zur hereditas petitio gestützt. Auch in Ulp. D. 5, 3, 20, 3399 wird ausgeführt, dass die Erbschaft nach Antritt noch Zuwächse verzeichnen kann. Selbst nach Antritt wird also die Erbschaft nicht allein als Teil des Erbenvermögens angesehen, sondern die Qualität als res hereditariae wirkt noch fort. Auch die Möglichkeit, eine bereits angetretene Erbschaft noch mittels in iure cessio zu übertragen,400 unterstreicht, dass die hereditas nicht mit der aditio ihre rechtliche Bedeutung verliert.401 Dass diese Abtretung jedoch zunächst wohl nur den Außenerben zugestanden wird,402 bestätigt die bei dieser Erbenkategorie als nicht endgültig empfundene Zuordnung zum Vermögen des Erben. Insofern teilt die vorgeschlagene Hypothese die Vermutung MacCormacks,403 dass das Recht der usucapio maßgeblich für die Verschiebung der Grenzen des furtum an Erbschaftssachen gewesen sein muss. Allerdings gilt dies allein für die spätere Form, die auf die Ersitzung einzelner Gegenstände gerichtet ist. Eine allgemeine Regel rei hereditariae furtum non fit muss schon früher existiert haben. Nur so lässt sich schlüssig begründen, warum letzten Endes das Fehlen einer Besitzverletzung maßgebliches Kriterium für die Anwendbarkeit der usucapio pro herede und den Ausschluss des furtum von res hereditariae gewesen sein kann. ee) Folgefrage Nicht beantwortet ist damit die Folgefrage, ob die Besitzverletzung auch maßgebliches Kriterium für das furtum gegenüber dem necessarius heres war.404 Die 399 Ulp. D. 5, 3, 20, 3: . . . fructus autem omnes augent hereditatem, sive ante aditam sive post aditam hereditatem accesserint . . . . 400 Vgl. hierzu Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 722 f. sowie Gaius 2, 35: . . . Post obligationem vero si cesserit . . . . Dass mit obligatio vorliegend die Übernahme der Schulden des Erblassers und somit der Erbschaftsantritt gemeint ist, ergibt sich aus der Gegenüberstellung zum Eingangssatz der Stelle. 401 Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 241 formuliert „Der abstrakte Begriff ermöglicht es, auch das bereits übernommene Vermögen noch als selbständiges zu definieren.“. 402 Siehe Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 73 Rn. 6; von Lübtow, Studi Scherillo I, S. 327, 331. 403 MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293, 301.

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hier gelieferte Begründung, dass im Anwendungsbereich der usucapio pro herede lediglich nicht sanktioniert werden soll, was von der Rechtsordnung gestattet ist, spricht dagegen. In Anwesenheit eines necessarius heres dürfte es dagegen bei der Anwendung der allgemeinen Regeln zum furtum geblieben sein. Maßstab ist dann, wie von Gaius in 3, 195 benannt, cum qui rem alienam invito domino contrectat. Die besondere Regel zu res hereditariae greift dann nicht. Zusätzlich zur in Anwesenheit von necessarii heredes geklärten Zuordnungsfrage lässt sich mit Ulp. D. 47, 19, 2, 1405 auch ein weiterer Textbeleg dafür liefern, dass spezifisch bei der Anwendbarkeit der actio furti hinsichtlich Erbschaftssachen das Kriterium des Besitzes gerade nach Antritt der Erbschaft und somit allein bei voluntarii von Belang ist. Anderes scheint PS 2, 31, 11406 zu besagen, wonach der Besitzerwerb die Grenze des furtum für alle Erbenkategorien markiert. Letztlich ist es jedoch überzeugender, die Regel rei hereditariae furtum non fit allein auf voluntarii heredes anzuwenden. Wie gezeigt dürfte der Ausschluss des furtum ursprünglich für Sachen in einer noch nicht angetretenen Erbschaft gegolten haben. Die spätere Anpassung an die Grenzen der usucapio pro herede hinsichtlich einzelner Sachen betraf dann jedenfalls zunächst allein die Fälle, in denen kein necessarius heres vorhanden war. Eine Ausweitung der Regel gegenüber allen Erben ist theoretisch möglich, wird aber allein durch PS 2, 31, 11 nicht belegt. Möglich wäre auch deren bloß verkürzte Wiedergabe. Zwar erscheint es korrekt, auch in Anwesenheit von necessarii heredes von res hereditariae zu sprechen,407 allerdings zeigt vor allem das Ruhen der Erbschaft, dass eine res hereditaria durchaus eine andere rechtliche Beurteilung erfahren kann, je nachdem ob ein notwendiger Erbe vorhanden ist oder nicht. c) Bedeutung des nisi-Satzes Anhand des ermittelten Verhältnisses der usucapio pro herede zum Anwendungsbereich des furtum lässt sich nun auch die Frage nach der Aussage des nisiSatzes in 3, 201 beantworten. Gaius ist demnach so zu verstehen, dass so lange

404 Hierfür vor allem Pool, Studi Metro V, S. 91, 117 ff. unter Bezugnahme auf die 1. Auflage von Voci, Diritto ereditario romano I, S. 217. Exemplarisch für die Gegenansicht Gnoli, Hereditatem expilare I, S. 35, der die Existenz eines heres necessarius mit der Anwendbarkeit der actio furti gleichsetzt. 405 Wiedergegeben in Fn. 134, siehe zum crimen expilatae hereditate bereits B.III. 3.c)aa)(3). 406 PS 2, 31, 11: Rei hereditariae, antequam ab herede possideatur, furtum fieri non potest. 407 Gerade im Rahmen der hereditatis petitio ist zum Beispiel von res hereditariae die Rede, ohne dass eine Beschränkung nach der Art der Erben erkennbar wäre, vgl. nur zur Passivlegitimation Ulp. D. 5, 3, 9: Regulariter definiendum est eum demum teneri petitione hereditatis qui vel ius pro herede vel pro possessore possidet vel rem hereditariam.

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kein furtum vorliegt, als der heres voluntarius noch keinen Besitz erlangt hat. Anders sei dies zu beurteilen, wenn ein heres necessarius existiert. Dann kommt es auf den Besitz überhaupt nicht an. Folglich ist auch die usucapio pro herede ausgeschlossen und ein furtum nach allgemeinen Regeln zu beurteilen. Gaius schildert demnach in 3, 201 nicht mehr als einen Anwendungsfall eines erlaubten Zugriffs auf fremde Sachen und wählt dafür das konkrete Beispiel einer noch nicht besessenen res hereditariae nach der Antretung durch einen heres voluntarius. d) placuit Der aufgezeigte Wandel des Instituts der usucapio pro herede könnte auch eine tragfähige Erklärung für das placuit liefern, das, wie gezeigt, insbesondere eine inzwischen geklärte Kontroverse anzeigen kann. Im Rahmen der Rechtsfortbildung durch die Jurisprudenz, die die Ersitzung einzelner Erbschaftssachen erschloss, war maßgebliches Kriterium für die Zulässigkeit der usucapio pro herede nicht mehr die Vakanz der Erbenstellung, sondern die Freiheit von Besitz. Insofern hätte die Ersitzung im Wege einer Vereinheitlichung auch gegenüber dem heres necessarius theoretisch bis zu dessen Besitzergreifung zugelassen werden können. Entsprechend hätte dann auch die Regel vom Ausschluss des furtum an res hereditariae bis zum Besitz des Erben auch gegenüber dem necessarius heres gelten müssen. Dies wurde aber letztlich abgelehnt.408 Begründet wird diese Ablehnung überwiegend mit dem stark ausgeprägten Traditionalismus der Römer.409 Denn während sich hinsichtlich des heres voluntarius nur eine gewisse Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts ergab, wäre für den necessarius heres eine bislang überhaupt nicht gekannte Gefahr des Rechtsverlusts entstanden.410 e) necessarii Es bleibt noch festzuhalten, dass Gaius mit den necessarii heredes in der vorliegenden Textstelle umfassend den suus et necessarius wie auch den necessarius tantum erfasst sieht. Er verwendet das Wort als Oberbegriff für alle Erben, die keiner aditio bedürfen. Nach dem hier vorgeschlagenen Verständnis und der Maßgeblichkeit einer eindeutigen Zuordnung der Erbschaftssachen bleibt kein Raum für eine Unterscheidung innerhalb der notwendigen Erben. Insbesondere 408

H. Krüger, SZ 54 (1934), S. 80, 97. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 339; Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 255; Böhr, Verbot, S. 129 f.; Thomas, TR 36 (1968), S. 489, 499 spricht von „typical Roman conservatism“; MacCormack, RIDA 25 (1978), S. 293, 302 schlägt als Erklärung vor „. . . the jurists saw no need to alter the rules applied to the suus and the necessarius.“, ohne jedoch näher auf die Ursache für diesen fehlenden Bedarf einzugehen. 410 Franciosi, Usucapio pro herede, S. 15 spricht von einer „innovazione rivoluzionaria“. 409

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das letztlich auf eine Dittographie zurückzuführende et zu Beginn von Gaius 2, 58 kann nicht als Anhaltspunkt für eine Begrenzung des Ausschlusses der usucapio pro herede gegenüber einem suus et necessarius gesehen werden. 4. Fazit Der Ausschluss des furtum an Erbschaftssachen bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein heres voluntarius die Erbschaftssachen ergriffen hat, sowie der Ausschluss der usucapio pro herede gegenüber einem heres necessarius beruhen allein auf der Funktionsweise der usucapio pro herede in ihren verschiedenen Erscheinungsformen im Laufe der Zeit. Die usucapio pro herede scheitert gegenüber necessarii hingegen nicht an der Furtivität der Erbschaftssachen, die sich aus einer Besitzverletzung ab Erbschaftserwerb ergäbe. Aus Gaius 3, 201 sowie Gaius 2, 52–58 lässt sich daher kein Besitzübergang auf den necessarius heres folgern.

V. Paul. D. 4, 6, 30 pr. (12 ed.) 1. Einführung der Stelle Vorliegend soll die Stelle behandelt werden, von der Savigny schrieb, dass auf ihrer Missdeutung die inkonsequente Regelung neuer Gesetzgebungen beruhe, dass es einen Besitzübergang auf den Erben ohne Apprehension geben könne.411 Diese Aussage Savignys soll vorliegend nicht näher beleuchtet und bewertet werden. Von größerem Interesse als ihre Wirkungsgeschichte ist die Exegese der Stelle selbst. Das Exzerpt stammt aus dem zwölften von 78 Büchern412 des Ediktskommentars des Scaevola-Schülers Iulius Paulus.413 Die Literaturgattung ist typisch für diese Zeit414 und kommt im Falle des Paulus in ihrem Umfang einer Gesamtdarstellung des Rechts nahe.415 Der Aufbau zeichnet die hadrianische Ediktsfassung nach.

411

Savigny, Recht des Besitzes, S. 324. Bisweilen werden die zwei Bücher zum Edikt der kurulischen Ädilen hinzugerechnet, vgl. Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 34 Rn. 25. Tatsächlich handelt es sich hierbei jedoch um ein selbstständiges Werk, vgl. Liebs, Römisches Recht S. 60 sowie derselbe, HLL IV, S. 156 f. Siehe zur Frage auch Berger, RE X, 1, Art. Iulius (Paulus), Sp. 690, 705. 413 Zur Person vgl. Berger, RE X, 1, Art. Iulius (Paulus), Sp. 690 ff.; Liebs, HLL IV, S. 151. 414 Paulus wurde um 165 n. Chr. geboren und war 224 noch am Leben, vgl. Liebs, Römisches Recht, S. 60. Er war also zur Regierungszeit der Severer tätig (193–235). 415 Vgl. Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 33 Rn. 22. 412

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Paul. D. 4, 6, 30 pr. ist mit folgendem Wortlaut überliefert: Cum miles qui usucapiebat decesserit et heres impleverit usucapionem, aequum est rescindi quod postea usucaptum est, ut eadem in heredibus, qui in usucapionem succedunt, servanda sint: quia possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem et plerumque nondum hereditate adita completur.416

Vorliegend stirbt ein miles, ehe die Ersitzungszeit zu seinen Gunsten abgelaufen ist. Allerdings vollendet sein Erbe die Ersitzung. Dann sei es angemessen, diese Ersitzung aufzuheben und gegen die Erben Schutz zu gewähren, weil der Besitz, wie ihn der Erblasser innehatte, auf den Erben übergegangen sei und die Ersitzung meist sogar schon vor Erbschaftsantritt vollendet werde. Der angesprochene Schutz gegen die Erben kann dann nur demjenigen zukommen, der durch die Ersitzung einen Rechtsnachteil erlitten hat, vermutlich also dem Eigentümer der von den Erben des miles ersessenen Sache. 2. Auffälligkeiten a) miles Es fällt auf, dass vorliegend mit dem miles ein besonderer Erblasser vorhanden ist. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit der Textstelle allgemeine Aussagen zu entnehmen sind oder ob ein Sonderfall auf rechtlicher oder auf Sachverhaltsebene behandelt wird. b) possessio . . . completur Vor allem im letzten Teilsatz treten vermeintlich Unstimmigkeiten auf. Das Verb complere in seiner Bedeutung vollenden, erscheint ungewöhnlich in Verbindung mit dem Subjekt possessio. Gebräuchlicher dürfte die auch eingangs der Stelle von Paulus gewählte Konstruktion usucapionem implere sein. Complere

416 Da die Stelle auf den ersten Blick schwieriger zu überblicken ist als die bislang erörterten, wird hier zunächst ohne Wertung die Übersetzung nach Behrends/Knütel/ Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis II, Heidelberg 1995, S. 423 f. wiedergegeben: Wenn ein Soldat während des Laufs der Ersitzungsfrist verstorben ist und der Erbe die Ersitzung vollendet hat, so ist es richtig, dass die nachträglich vollendete Ersitzung aufgehoben wird, wie eben dies bei den Erben zu beachten ist, die in Bezug auf die Ersitzung nachrücken, weil der Ersitzungsbesitz des Verstorbenen, gleichsam mit der Erbschaft verbunden, auf die Erben übergeht und die Ersitzung meistens vollendet ist, bevor die Erbschaft angetreten ist. Interessanterweise wird in der italienischen Übersetzung a cura di Schipani, Mailand 2005, S. 349 die Passage quia possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem mit einem abweichenden Sinngehalt übersetzt, insbesondere hinsichtlich eines Bezugsworts von iniuncta: poiché passa all’erede il possesso del defunto come se fosse congiunto . Iniuncta wird demnach nicht auf die Erbschaft, sondern auf den Besitz des Erblassers bezogen. Hierauf wird in Kürze zurückzukommen sein.

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und implere sind vorliegend als Synonyme zu verstehen.417 Fraglich ist insofern, ob possessionem complere lediglich eine Vollendung der usucapio ausdrückt oder ob sich hieraus Schlüsse für einen Besitzübergang ziehen lassen, da es nach der Aussage des Paulus erst nach dem Tod des Erblassers heißt: possessio . . . completur. Zwingt die Konstruktion deshalb zur Annahme einer Interpolation? Konkret könnte nach dem et im letzten Teilsatz durchaus ein zweites Subjekt, namentlich usucapio, ausgefallen sein. c) rescindi Paulus benutzt den Begriff rescindi.418 Die zitierte deutsche Übersetzung gibt dies als eine Aufhebung der Ersitzung wieder. Diese Übersetzung von rescindi legt nahe, dass die Ersitzungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Paulus eigentlich vorlagen und dann nachträglich wieder aufgehoben werden. Eine Nichtigkeit der usucapio nach ius civile scheint damit nicht vereinbar. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass eine Ersitzungsvoraussetzung nicht erfüllt wäre. In der wiedergegebenen Übersetzung steckt jedoch bereits eine Interpretation, da rescindere nicht ausschließlich eine nachträgliche Aufhebung durch Rechtsmittel bedeutet. Dies lässt sich am Beispiel von Gaius 1, 46 verdeutlichen: . . . lex Fufia Caninia, quae in fraudem eius facta sint, rescindit. Die lex Fufia Caninia419 macht demnach ungültig, was zu ihrer Umgehung unternommen wird. Unter rescindere ist also nicht zwangsläufig eine nachträgliche prozessuale Aufhebung zu verstehen. Allerdings ist vorliegend kein Umstand ersichtlich, aus dem sich eine Nichtigkeit der Ersitzung kraft ius civile ergeben könnte. Auch wenn man von einer nachträglichen Aufhebung ausgeht, ergeben sich jedoch Folgefragen. Wie diese Aufhebung von Statten geht und auf welcher Grundlage sie erfolgen konnte, erscheint erklärungsbedürftig. Es stellt sich dann die Frage, mit welchen prozessualen Mitteln wem die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Sachen vom Erben zurückzuerlangen, und welche Gründe dafür sprachen. d) in usucapionem succedunt Wenn erstens usucapio stets Besitz voraussetzt, wie Licinius Rufinus es umschreibt (sine possessione usucapio contingere non potest420), und zweitens der Besitz nach Iav. D. 41, 2, 23 pr. nicht automatisch auf den Erben übergeht, ergibt 417 Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. complere sowie implere, 2). Ebenso ThLL III, s. v. compleo, Sp. 2090. 418 Infinitiv Präsens Passiv von rescindere. 419 Vgl. hierzu knapp Knaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 16 Rn. 11: Das Freilassungsgesetz des Augustus aus dem Jahre 2 v.Chr. bestimmt Quoten für die testamentarische Freilassung von Sklaven. Vgl. weiterhin Gaius 1, 42 ff. 420 Lic. D. 41, 3, 25. Zu einer knappen Einordnung dieser Stelle vgl. Biedermann, Licinius Rufinus, S. 56 ff.

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sich zwangsläufig ein Widerspruch. Denn Paulus bringt zum Ausdruck, dass die Ersitzung auch nach dem Tod des miles fortläuft. Dies erscheint ihm nicht weiter erklärungsbedürftig, sondern vielmehr der unstreitige rechtliche Hintergrund für die vorliegend eigentlich in Blick genommene Sachfrage. Bei der Möglichkeit der Fortsetzung der Ersitzung durch den Erben könnte es sich zum einen um eine Ausnahme hinsichtlich des Besitzerfordernisses für die Ersitzung handeln. Ob diese auf Billigkeitsaspekten beruht oder die konsequente Folge anderer rechtlicher Abläufe darstellt, ist dann eine naheliegende Folgefrage. Zum anderen könnte die Erklärung für die Fortsetzung der Ersitzung darin zu sehen sein, dass der Besitz, und sei es nur in einer gewissen Ausprägung, zum Beispiel als Ersitzungsvoraussetzung, entgegen der bisher in Blick genommenen Textstellen doch auf den Erben übergeht. e) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem Neben der soeben angesprochenen Nachfolge in die Ersitzung, in usucapionem succedunt, wird in D. 4, 6, 30 pr. scheinbar auch explizit ein Besitzübergang auf den Erben von Paulus erwähnt, possessio descendit quasi iniuncta ad heredem. Dies wirft die Frage auf, ob mit dem Besitzübergang lediglich auf andere Weise die Ersitzungsfortsetzung beschrieben wird oder ob hieraus konkretere Schlüsse auf deren Funktionsweise zu ziehen sind. Sprachlich fällt weiterhin auf, dass possessio iniuncta ein Bezugswort im Dativ zu fehlen scheint.421 Bei Ulpian422 bezeichnet possessio, quae morti fuit iniuncta, den bis zum Tode andauernden Besitz.423 Ein möglicher Bezugspunkt erscheint im konkreten Fall die Erbschaft. Dann ginge der Besitz verbunden mit der Erbschaft auf den Erben über.424 Allerdings erfolgt durch das quasi auch sofort wieder eine Einschränkung. Außerdem steht hereditati gerade nicht im Text. Alternativ ließe sich iniuncta auch auf den Besitz des Erben beziehen. Dann wäre, sofern man zwingend eine Ergänzung im Dativ verlangt, gedanklich nach iniuncta noch 421 So auch Zanzucchi, Successio, S. 27; Biondi, Diritto ereditario romano, S. 89; ThLL VII, 1, s. v. iniungo, Sp. 1665: alicui (rei) iungere. 422 Ulp. D. 41, 2, 13, 5: Non autem ea tantum possessio testatoris heredi procedit, quae morti fuit iniuncta, verum ea quoque, quae umquam testatoris fuit. Zu dieser Stelle siehe unten im Rahmen des interdictum utrubi D.III.1. 423 Entsprechende Übersetzung auch bei Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. iniungere. 424 Diesen Weg beschreitet der Übersetzungsvorschlag von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, siehe oben Fn. 416. Auch im ThLL VII, 1, Sp. 1666 findet sich hereditati als mögliche Ergänzung. Weiterhin geht auch die von Watson herausgegebene Übersetzung der editio maior der Digesten, Philadelphia 1985, konkret übersetzt wurde das vierte Buch von MacCormack, davon aus, dass eine Verbindung des Besitzes zur Erbschaft bestehe: „. . . the possession of the deceased descends to the heir as though joined to the inheritance . . .“. Der Apparat der editio maior, S. 145, 21–24 liefert jedoch keine Anhaltspunkte für den Ausfall von hereditati.

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possessioni heredis zu ergänzen.425 Damit würde eine Besitzkontinuität zum Ausdruck gebracht und letztlich das von Paulus verwendete descendere näher umschrieben. Das Problem eines fehlenden Bezugsworts würde dadurch jedoch nicht gelöst. Es erscheint daher fraglich, ob diese scheinbare Unvollständigkeit für eine Interpolation spricht. 3. Exegese a) Zusammenhang Die Stelle ist eingeordnet unter dem Titel Ex quibus causis maiores viginti quinque annis in integrum restituuntur. Es geht also um eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für Volljährige, wie sie das prätorische Edikt behandelt. Den Wortlaut der Ediktsformel gibt Ulp. D. 4, 6, 1, 1 wieder. Hier fällt insbesondere der weite Spielraum auf, der durch die Formel geschaffen wird, item si qua alia mihi iusta causa esse videbitur, in integrum restituam. Laut der Kommentierung dieser Passage in Ulp. D. 4, 6, 26, 9 soll immer dann, wenn es die aequitas gebietet, auf die Klausel zurückgegriffen werden können.426 Modestin bezeichnet in D. 4, 6, 33 pr. offenbar diesen Passus als clausula generalis. Mit der in integrum restitutio wird im Ausgangspunkt auf die Rechtsprobleme reagiert, die aus der Abwesenheit aus Furcht sowie im Dienst für das Gemeinwesen oder wegen sonstigen Zwangslagen entstehen. Dies kann sich sowohl zu Gunsten des Abwesenden als auch zu seinen Ungunsten auswirken.427 D. 4, 6 thematisiert dann die einzelnen erfassten Konstellationen. Insbesondere Exzerpte aus Ulpians zwölftem Buch zum Edikt sind zahlreich wiedergegeben. Ulpian definiert zunächst, wann Abwesenheit metus causa vorliegt.428 Außerdem erläutert er, wann der rei publicae causa Abwesende dolo malo handelt und insofern nicht schutzbedürftig ist. Nur eine tatsächlich erzwungene Abwesenheit zieht die in integrum restitutio nach sich.429 Immer wieder nimmt Ulpian auch auf den Wortlaut des Edikts Bezug, den er dann im Stile eines lemmatischen Kommentars näher erläutert.430 Als 425

Dem entspricht die bereits in Fn. 416 erwähnte Übersetzung bei Schipani. Ulp. D. 4, 6, 26, 9: . . . quotiens aequitas restitutionem suggerit, ad hanc clausulam erit descendendum . . . . 427 Vgl. Ulp. D. 4, 6, 1 pr.: . . . ne vel obsit vel prosit quod evenit; Ulp. D. 4, 6, 21 pr.: . . . succurrit supra scriptis personis, ne capiantur, ita et adversus ipsas succurrit, ne capiant; Paul. D. 4, 6, 22, 1: Sicut igitur damno eos adfici non vult, ita lucrum facere non patitur; Afric. D. 4, 6, 29: videlicet ne cui officium publicum vel damno vel compendio sit. Mit Benöhr, FS Hausmaninger, S. 41, 42 kann man von einer Dreiteilung des Edikts ausgehen: Hilfe für den Abwesenden, gegen diesen und Hilfe im Rahmen der Generalklausel. 428 Ulp. D. 4, 6, 3: Metus autem causa abesse videtur, qui . . . . 429 Vgl. Ulp. D. 4, 6, 5 pr. 430 Vgl. Ulp. D. 4, 6, 21 pr.: ,Item‘ ait praetor . . . oder auch Ulp. D. 4, 6, 15, 3: Sed quod simpliciter praetor edixit ,posteave‘ ita accipiendum est . . . . Ulp. D. 4, 6, 23 pr.: Ait praetor: ,inve vinculis esset, secumve agendi potestatem non faceret‘ . . . . 426

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einen typischen Anwendungsfall der in integrum restitutio hat offenbar schon der Prätor selbst die Fälle angesehen, in denen eine Ersitzungsfrist während der Abwesenheit einer involvierten Person endet.431 Im unmittelbaren Anschluss an die hier interessierende Stelle wird in D. 4, 6, 30, 1 eine restitutio gegen einen rei publicae causa Abwesenden, oder womöglich gegen den von diesem erwerbenden Dritten, thematisiert.432 Auch die maßgebliche Wertung hinter der Wiedereinsetzung wird nochmals deutlich. Es geht darum, ein unberechtigtes Profitieren von der eigenen Abwesenheit oder der eines anderen zu verhindern, lucro eius occurri oportet. Wie auch bei der usucapio lucrativa in Gaius 2, 56 ist lucrum in diesem Zusammenhang negativ konnotiert. Dass die restitutio in integrum einen recht weiten Anwendungsbereich hatte, zeigt sich ebenfalls beispielhaft in D. 4, 6, 30, 1. Paulus schließt damit, dass auch in allen übrigen Fällen, nicht allein bei der Ersitzung, die restitutio zu gewähren ist, und veranschaulicht dies mit dem Beispiel einer gegen den nun Abwesenden ergangenen pronuntiatio.433 b) Rechtsfrage Trotz der mehrfach betonten Weite der Formel geht es in der vorliegenden Textstelle um einen Fall, der an und für sich nicht unter den Anwendungsbereich der Ediktsformel zu fallen scheint. Man beachte, dass nichts über die Abwesenheit des Erben gesagt ist.434 Dieser wäre theoretisch für den ursprünglichen EiVgl. zur Ediktsfassung ergänzend zu Ulp. D. 4, 6, 1, 1 auch Lenel, Edictum perpetuum, S. 120 f. 431 Ulp. D. 4, 6, 1, 1: . . . si quid usu suum fecisset, aut quod non utendo amisit . . . . 432 Paul. D. 4, 6, 30, 1: Si is, qui rei publicae causa afuit, usucepit et post usucapionem alienaverit rem, restitutio facienda erit, et licet sine dolo afuerit et usuceperit, lucro eius occurri oportet . . . . Es ist strittig, ob die restitutio facienda tatsächlich auch den Dritterwerber traf, dafür Kaser, SZ 94 (1977), S. 101, 169 Fn. 260, dagegen Hartkamp, Daube noster, S. 131, 145. Zwar ergäbe sich bei einer Betroffenheit des Dritterwerbers eine gewisse Parallele zum Principium. Dann würde jeweils die restitutio gegen eine dritte Person gewährt, die selbst nicht den Restitutionsgrund ausgelöst hat, einmal jedoch gegen einen bloßen Einzelrechtsnachfolger, einmal gegen den in die Ersitzung nachfolgenden Erben. Die Konstruktion der Stelle und insbesondere die Begründung lucro occurri oportet sprechen jedoch eher für eine Wiedereinsetzung allein gegen den abwesenden Usukapienten und späteren Veräußerer. Abschließend geklärt werden kann die Frage in diesem Rahmen jedoch nicht. 433 Paul. D. 4, 6, 30, 1: . . . veluti si adversus eum pronuntiatum sit. Hierbei handelt es sich um einen feststellenden Zwischenbescheid bei der rei vindicatio im Formularprozess, durch den dem Beklagten aufgegeben wird, dem Kläger die Sache herauszugeben. Kommt der Beklagte dem nach, wird er im Endurteil freigesprochen. Vgl. Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, § 27 Rn. 17. 434 Darauf hinweisend auch Köppen, Erbschaft, S. 67; Fadda, Diritto ereditario romano II, S. 216 f. und von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 596: „Sein praesens heres vollendet die Ersitzung.“. Benöhr, FS Hausmaninger, S. 41, 55 ordnet sie hingegen als Anwendungsfall der Generalklausel ein.

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gentümer also durchaus als Prozessgegner greifbar. Die Wiedereinsetzung wird wegen der Abwesenheit des miles435 und somit letztlich gegen eine Person gewährt, die selbst keinen Restitutionsgrund liefert. Allerdings wird bereits im Ediktswortlaut in Ulp. D. 4, 6, 1, 1 durch consecutus436 die Phase unmittelbar nach Rückkehr des Abwesenden einbezogen. Die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung gegen den seit kurzem wieder Anwesenden selbst war also vom Edikt erfasst. Auch die Formulierung aequum est in Paul. D. 4, 6, 30 pr. zeigt deutlich, dass vorliegend eine Konstellation beurteilt wird, deren Lösung sich aus Billigkeitsgesichtspunkten und nicht mehr direkt aus dem Edikt ergibt.437 Aufgeworfen ist demnach die Frage, ob auch dann Wiedereinsetzung gewährt werden kann, wenn der abwesende eigentliche Gegner verstirbt und sein Erbe als nicht mehr abwesende Person letztlich die Ersitzung vollendet. Dies wird von Paulus bejaht. Der ursprüngliche Eigentümer438 müsse auch gegenüber den Erben, welche die Ersitzung fortsetzen können, geschützt werden. Die Interessenlage entspricht insofern den vom Edikt erfassten Konstellationen, als der ursprüngliche Eigentümer gerade nicht vor Ersitzungsvollendung prozessual tätig werden kann. Durch die Bezugnahme auf den Ablauf der Ersitzungszeit noch während des Ruhens der Erbschaft wird deutlich, welche Wertung ausschlaggebend ist für die Entscheidung des Paulus: Weil der Eigentümer gegenüber einer noch nicht angetretenen Erbschaft gleichsam keine Rechtsmittel ergreifen kann, wie gegen den abwesenden miles, ist er schutzbedürftig. Ob die Ersitzungszeit vor oder nach Antritt der Erbschaft durch den Erben endet, ist unerheblich. Jedenfalls steht nicht wie üblich ein ganzes Jahr439 zur Verfügung, um den Ersitzungserwerb zu verhindern. Die Tatsache, dass eine Ersitzung fortläuft und vollendet werden 435 Dieser war lediglich dienstlich abwesend, befand sich aber nicht in Kriegsgefangenschaft, denn andernfalls hätte er die Ersitzung nicht fortsetzen können. Zu den Auswirkungen einer Gefangenschaft und den Rechtswirkungen des ius postliminii insbesondere in Hinblick auf die Ersitzung siehe unter B.VI.3.c)dd)(6). 436 Hierauf scheint sich auch Ulp. D. 4, 6, 15, 3 zu beziehen, auch wenn hier von posteave die Rede ist. Ulpian führt aus, dass der Anwendungsbereich der Wiedereinsetzung nur intra modicum tempus nach der Rückkehr noch eröffnet sei, auch wenn die Ersitzung erst nach der Rückkehr des Eigentümers vollendet wird. 437 Aequum est bezieht sich auf rescindi und beinhaltet keine Aussage zur Fortsetzung der Ersitzung. So aber wohl Choi, Besitzerwerb, S. 21 f. 438 Eine Ersitzung könnte theoretisch nicht nur an eine traditio oder mancipatio durch einen Nichteigentümer anknüpfen, sondern auch an die traditio einer res mancipi durch den Eigentümer. Das Bedürfnis nach Rechtsschutz liegt jedoch für den wahren Eigentümer im ersten Fall näher. Gegen denjenigen, der von ihm auf Grundlage eines Kaufvertrags eine res mancipi tradiert erhalten hatte, würde er mit der rei vindicatio an der exceptio rei venditae et traditae scheitern. 439 Dies gilt für die Ersitzung von Mobilien. Bei Immobilien beträgt die Frist zwei Jahre. Vgl. nur Gaius 2, 42: Usucapio autem, mobilium quidem rerum anno completur, fundi vero et aedium biennio; et ita lege XII tabularum cautum est.

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kann, wenn die Erbschaft noch nicht angetreten ist, erscheint Paulus nicht weiter erklärungsbedürftig. Dass dem so ist, lässt sich jedoch im Ergebnis unstreitig aus mehren Stellen ablesen.440 Die Vergleichbarkeit mit den im Edikt geregelten Fällen scheint tatsächlich jedoch nur dann gegeben, wenn die Ersitzung so unmittelbar nach dem Antritt erfolgt, dass der ursprüngliche Eigentümer faktisch keine Möglichkeit mehr hat, den Erben prozessual zu belangen. Auch der Umstand, dass der Eigentümer keine Kenntnis vom Erbfall erlangt, stellt potentiell ein solches faktisches Hindernis dar. Dass allein aus der Tatsache, dass der miles auch nur für einen kurzen Zeitraum abwesend war, bereits stets die Wiedereinsetzung gegen den Erben folgt, ist zumindest denkbar. Auch hier ist die Zeit einen Prozess einzuleiten, kürzer als die Ersitzungszeit. Aus der Billigkeitsargumentation des Paulus lässt sich dies jedoch nicht zwangsläufig schließen. Außerdem erscheint dies vor dem Hintergrund von Ulp. D. 4, 6, 15, 3441 unwahrscheinlich. In dieser Stelle erläutert Ulpian das Wort posteave im prätorischen Edikt. Wertungsmäßig kann es daher nicht darum gehen, dem tatsächlichen Eigentümer ein Jahr Zeit zu verschaffen, die usucapio zu verhindern, sondern es geht lediglich darum, überhaupt ein prozessuales Vorgehen zu ermöglichen. Auch der Aspekt des Vertrauensschutzes, zu dem die in integrum restitutio gewissermaßen einen Ausnahmetatbestand darstellt, spricht für eine restriktive Interpretation. c) Erklärung der Auffälligkeiten aa) miles Die grundsätzlich erwägenswerte Überlegung, dass ein konkreter Fall entschieden wurde und dessen Protagonist ein Soldat war, greift im vorliegenden Fall zu kurz. Allein die Erörterung im angeklungenen Rahmen der in integrum restitutio lässt daran zweifeln. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass gerade die Rechtsschutzverheißung gegen Personen thematisiert wird, die im Dienste für das Gemeinwesen abwesend und für einen Prozess nicht greifbar sind. Musterbeispiel hierfür ist der miles. Bereits aus Ulp. D. 4, 6, 7 442 ergibt sich, dass der miles 440 Dies wird in der Folge näher ausgeführt, siehe an dieser Stelle bereits Ner. D. 41, 3, 40: Coeptam usucapionem a defuncto posse et ante aditam herditatem impleri constitutum est; Pomp. D. 41, 3, 31, 5: Vacuum tempus, quod ante aditam hereditatem vel post aditam intercessit, ad usucapionem heredi procedit; Pap. D. 41, 3, 44, 3: Nondum aditae hereditatis tempus usucapioni datum est, sive servus hereditarius aliquid comparat, sive defunctus usucapere coeperat: sed haec iure singulari recepta sunt. 441 Ulp. D. 4, 6, 15, 3: . . . restitutionis auxilium locum habeat non quandoque, sed ita demum, si intra modicum tempus quam rediit hoc contigit . . . nam eum, qui differt restitutionem, non esse audiendum Neratius scribit. Es steht also nur eine knapp bemessene Zeit zur Verfügung. Die Restitution darf schon laut Neraz nicht verzögert werden. 442 Ulp. D. 4, 6, 7: Milites plane, qui Romae militant, pro rei publicae causa absentibus habetur.

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sogar dann, wenn er in Rom seinen Dienst leistet,443 rei publicae causa abwesend ist.444 Auch aus Iav. D. 4, 6, 34 pr.445 lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass ein miles während seines Dienstes gerade rei publicae causa abwesend ist.446 Insofern ist die eigentliche Rechtsfrage nach dem Anwendungsbereich der in integrum restitutio nicht für alle Personen verallgemeinerungsfähig. Für die Wiedereinsetzung als solche ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass der Erblasser ein miles und nicht etwa metus causa verhindert ist, keine Besonderheit. bb) possessio . . . completur Eingangs wurde bemerkt, eine Konstruktion mit usucapionem complere oder implere sei geläufiger als die Formulierung possessionem complere. Diese sprachlich naheliegende Vermutung für die hier allein interessierenden Rechtstexte zu belegen, steht noch aus. Eine Vollendung der usucapio findet sich nicht nur eingangs der vorliegenden Textstelle,447 sondern mit entsprechender Terminologie beispielsweise schon bei Neraz im libro quinto regularum.448 Vollendet wird auch vom rechtlichen Ergebnis her betrachtet letztlich die Ersitzung mit der Folge des Eigentumserwerbs des Usukapienten. Aussagekräftig sind zur aufgeworfenen terminologischen Frage insbesondere die Institutionen des Gaius. Dort heißt es in Gaius 2, 41, dass das plenum ius an einer Sache, also das quiritische Eigentum, impleta usucapione, nach vollendeter Ersitzung, erworben wird.449 Auch bei Erörterung des Damnationslegats findet sich in Gaius 2, 204 im Fall der bloßen traditio einer res mancipi die Formulierung completur . . . usucapio. Dass auch mit possessio . . . completur in der vorliegenden Textstelle Paul. D. 4, 6, 30 pr. eine Ersitzungsvollendung umschrieben wird, dürfte allgemein als unstreitig angesehen werden. Es besteht ferner Einigkeit darüber, dass der Eigentumserwerb durch usucapio nach klassischem Recht voraussetzt, dass die possessio, neben den übrigen Voraussetzungen bona fides, iusta causa und res habilis,450 für die maßgebliche Zeitdauer dem Usukapienten 443 Dies liegt daran, dass er sich nicht von der Truppe entfernen darf. Vgl. Benöhr, FS Hausmaninger, S. 41, 42. 444 Paulus bestätigt und führt dies in D. 4, 6, 35, 4 auf Antoninus Pius zurück. 445 Iav. D. 4, 6, 34 pr.: Miles commeatu accepto si domo sua est, rei publicae causa abesse non videtur. Hier ist der Fall genehmigten Heimaturlaubs thematisiert. 446 Auch in Paul. D. 4, 6, 35, 9: Et dum eat in castra et redeat, rei publicae causa abest . . . wird deutlich, dass der Soldat im Dienst vom Edikt erfasst ist. 447 Paul. D. 4, 6, 30 pr.: . . . heres impleverit usucapionem . . . . 448 Ner. D. 41, 3, 40: Coeptam usucapionem a defuncto posse et ante aditam hereditatem impleri constitutum est. Ein weiteres Beispiel ist die später noch in Blick zu nehmende Stelle Paul. D. 41, 2, 1, 14 zur Ersitzungsvollendung hinsichtlich eines servus fugitivus: . . . sed utilitatis causa receptum est, ut impleatur usucapio . . . . 449 Siehe außerdem Gaius 2, 42 zur Ersitzungsfrist: Usucapio autem mobilium quidem rerum anno completur . . . . 450 Vgl. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 25 Rn. 7.

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zugeordnet ist. Entscheidendes Merkmal ist letztlich also für die Vollendung der Ersitzung das Erreichen der nötigen Besitzzeit. Man könnte auch von Besitzdauer sprechen. Ein weiteres anschauliches Beispiel für die Verwendung von possessio im Sinne von Besitzdauer, auf das im Rahmen dieser Arbeit noch zurückzukommen sein wird,451 ist das Verfahren beim interdictum utrubi. Hier obsiegt derjenige, dessen possessio über die des anderen hinausgeht.452 Man ist sich einig, dass dies so zu verstehen ist, dass derjenige die Sache erhält, der die längere Besitzzeit im fraglichen Zeitraum vorzuweisen hat. Weiterhin sei exemplarisch auf die Formulierungen in Ulp. D. 4, 6, 23, 1 nec coeptam possessionem poterit implere, dum est apud hostes und in Iul. D. 41, 4, 7 pr. Qui fundum pro emptore possidebat, antequam diutinam possessionem impleret, decessit verwiesen. Die erstgenannte Stelle beschreibt den Abbruch der Ersitzung im Falle der Gefangenschaft. Die zweite Stelle behandelt den Fortlauf der Ersitzung, obwohl die Sklaven nach dem Tod des Erblassers das Grundstück verlassen. In Iul. D. 41, 4, 7 pr. ist nicht von einer Interpolation auszugehen, wonach statt diutinam possessionem vielmehr usucapionem zu lesen wäre.453 In all diesen Fällen gebrauchen schon die Klassiker possessio im temporalen Sinn als Besitzdauer. Es handelt sich demnach bei possessio completur auch vorliegend um eine nicht ungewöhnliche Umschreibung der Ersitzungsvollendung. Somit hat die Vermutung, erst die Kompilatoren hätten in D. 4, 6, 30 pr. usucapionem in possessionem geändert oder es liege eine Verwechslung der Begriffe vor, wenig für sich.454 Zwar ist usucapio completur nach unserer heutigen Wahrnehmung die treffendere Umschreibung für eine Ersitzungsvollendung, dies kann jedoch nach dem soeben aufgezeigten Gebrauch von possessio nicht als Nachweis einer Interpolation dienen. Zudem wird im justinianischen Recht nur bei unbeweglichen Sachen usucapio durch longi temporis possessio beziehungsweise praescriptio ersetzt.455 Ein Bezug zu Immobilien ist aber aus der konkreten Stelle nicht ersichtlich, zumal auch ansonsten in D. 4, 6, 30 pr. der Begriff usucapio ersichtlich nicht vermieden wird. Außerdem wäre im Falle einer Ersetzung von possessionem durch usucapionem im letzten Teilsatz die Rede davon, dass die usucapio auf den Erben übergehe. Abgesehen davon, dass eine solche Kon451

Siehe hierzu ausführlich D.III.1. Gaius 4, 151: . . . si nostrae possessioni iuncta alterius iusta possessio exsuperat adversarii possessionem, nos eo interdicto vincimus. 453 So aber Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. diutinus. Für Echtheit, Möhler, SZ 77 (1980), S. 55, 80; Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 91. 454 So aber Kaim, Vererblichkeit, S. 17; Reinach, Vererblichkeit, S. 12. Zu dieser Interpolationsannahme siehe Zanzucchi, Successio S. 26 f., der einen Austausch ablehnt, jedoch den gesamten quia-Satz als didaktische Wiederholung streichen will. Siehe auch Fadda, Diritto ereditario romano II, S. 217. 455 Vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 25 Rn. 17; Zanzucchi, Successio, S. 26. 452

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struktion soweit ersichtlich nirgends sonst verwendet wird, hat die sogleich noch näher zu untersuchende Formulierung possessionem descendit ad heredem auch inhaltlich volle Berechtigung und stellt nicht lediglich eine Wiederholung der bereits im ersten Satzteil beschriebenen Ersitzungsvollendung durch den Erben dar. cc) rescindi Eine Nichtigkeit nach ius civile ist schon deshalb fraglich, weil kein Gesetz oder keine Regel ersichtlich ist, gegen die verstoßen worden sein könnte. Dies unterscheidet die Stelle von Gaius 1, 46, wo die lex Fufia Caninia die testamentarische Freilassung verhindert und rescindere insofern konsequent im Aktiv gebraucht wird. Vorliegend geben bereits die Einordnung der Stelle unter den Titel D. 4, 6 Ex quibus causis maiores viginti quinque annis in integrum restituuntur sowie die entsprechende Inskription Paulus libro duodecimo ad edictum darüber Aufschluss, dass es sich um eine prätorische Rechtsschutzverheißung im Edikt gehandelt haben wird, die das rescindi ermöglicht. Nur bei einer wirksamen Ersitzung nach ius civile bedarf es einer in integrum restitutio, wie sie die Inskription in den Digesten als Sachproblem eindeutig vorgibt. Wäre eine lediglich vermeintliche Ersitzung von vornherein und unabhängig von den Wirkungen des rescindi unwirksam, stände die Vindikation zur Verfügung.456 Mit einer solchen kann gegen den Erben des miles vorliegend jedoch keine Herausgabe erreicht werden. Auch an anderen Stellen des Digestentitels D. 4, 6 ist von einer rescissio usucapionis457 oder einer actio rescissoria458 die Rede. Hiermit wird also die in integrum restitutio prozessual umgesetzt. Dies vollzieht sich dergestalt, dass der Prätor im konkreten Fall eine formula rescissoria gewährt: Demnach wird fingiert, dass die usucapio gegen die der Prätor restituieren wollte, nicht stattgefunden habe.459 Der ursprüngliche Eigentümer kann somit mittels einer fiktizischen rei vindicatio die Sache herausverlangen, als ob diese nicht an den miles veräußert worden wäre.460 Dies führt im Ergebnis zu einem Gleichlauf mit der actio Publiciana. Allerdings wird hier eine eingetretene usucapio „wegfingiert“,461 während bei der actio Publiciana die nicht eingetretene hinzufingiert wird.462 456

Benöhr, FS Hausmaninger, S. 41, 45. Ulp. D. 4, 6, 26, 7: Thematisch geht es um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen feriae extra ordinem. Konkret zitiert Ulpian Julian dahingehend, dass nur für die Tage eine rescissio usucapionis vorzunehmen sei, an denen der Kläger gerade deswegen an der Klageerhebung gehindert war. 458 Ulp. D. 4, 6, 28, 6: Hier wird die Haftung für Früchte während der Abwesenheit eines miles thematisiert, wenn die actio rescissoria gegen ihn greift. 459 Lenel, Edictum Perpetuum, S. 121. 460 Vgl. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 426; Kaser SZ 94 (1977), S. 101, 168 f. unter Verweis auf S. 155 f. 461 Lenel, Edictum perpetuum, S. 123. 462 Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 426 Rn. 46. 457

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Der Kläger wird mittels Fiktion so gestellt, als wäre er quiritischer Eigentümer geblieben, und kann somit die Sache zurückerhalten. dd) in usucapionem succedunt Die Aussage des Licinius Rufinus in D. 41, 3, 25, dass usucapio stets possessio voraussetzt, wurde bereits vorgestellt. Im Kern spricht die vorliegende Stelle D. 4, 6, 30 pr. von einer Nachfolge in die usucapio. Ein Übergang der possessio wird aber durch die Formulierung possessio descendit zumindest nahegelegt. Eine solcher Besitzübergang ergibt sich auch als logische Schlussfolgerung, wenn man die Regel sine possessione usucapio contingere non potest mit dem von Paulus vorliegend als Begründung für die Anwendung der restitutio in integrum verwendeten succedere in usucapionem verknüpft.463 Ehe jedoch näher untersucht werden kann, inwieweit hieraus Rückschlüsse auf eine Besitzvererbung gezogen werden können, empfiehlt es sich, zu klären, von welchen Voraussetzungen Paulus selbst bei seiner Entscheidung in D. 4, 6, 30 pr. ausgeht. Zunächst gilt es also herauszuarbeiten, was im Rahmen der Ersitzungsfortsetzung tatsächlich und rechtlich geschieht und inwiefern dies von der üblichen Rechtslage abweicht. (1) Phänomen Ersitzungsfortsetzung Das grundlegende Prinzip der klassischen usucapio zur Eigentumserlangung vom Nichteigentümer ist bereits angeklungen. Der Erwerber wird dann Eigentümer, wenn er die ersitzungstaugliche Sache über den erforderlichen Zeitraum hinweg in Besitz hatte und zudem eine traditio ex iusta causa464 und bona fides in seiner Person vorliegen. Die usucapio umfasst jedoch auch noch in klassischer Zeit einen weiteren und vermutlich älteren Anwendungsfall: Der Käufer, der eine res mancipi lediglich tradiert bekommen hat, erlangt zwar nicht das quiritische Eigentum, aber dennoch eine Rechtsposition, die durch Zeitablauf, impleta usucapione, die Sache pleno iure dem Käufer zuordnet.465 Der Prätor gewährt ihm mittels der actio Publiciana einen der rei vindicatio nachgebildeten Schutz466

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Dieser Gedankengang findet sich schon bei Biondi, Diritto ereditario romano,

S. 87. 464 Dieses Erfordernis zeigt sich vor allem an den Voraussetzungen der actio Publiciana: Vgl. Gaius 4, 36: Datur autem haec actio ei, qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usucepit . . . . Außerdem Ulp. D. 6, 2, 1 pr.: Ait praetor: ,Si quis id quod traditur ex iusta causa non a domino et nondum usucaptum petet . . . . 465 Vgl. Gaius 2, 41. 466 Einziger Unterschied ist letztlich die intentio ficticia, wonach der Kläger wie ein quiritischer Eigentümer gestellt wird, vgl. Albanese, Situazioni possessorie, S. 117.

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gegenüber Dritten467 und mittels der exceptio rei venditae et traditae468 Schutz gegen eine Vindikation des quiritischen Eigentümers, der ihm die Sache zuvor verkauft und übergeben hat.469 Der sogenannte bonitarische Eigentümer470 genießt also einen absoluten Schutz, während der bonae fidei possessor lediglich durch die actio Publiciana gegen Dritte geschützt ist. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Personen, die dabei sind, eine Sache zu ersitzen und für die sich die Problematik einer Ersitzungsfortsetzung ergeben kann. Eine dritte Fallgruppe für eine durch den Erben fortsetzungsfähige Ersitzung nennt in Anknüpfung daran Albanese.471 Ausweislich Gaius 3, 80472 erwerben der bonorum possessor und der bonorum emptor zunächst kein ziviles Eigentum, können allerdings ersitzen.473 Fraglich ist, ob hier ein spezieller Fall der usucapio vorliegt. Ein Erwerb vom Nichteigentümer liegt insofern eigentlich nicht vor, als die Sache nicht tradiert wird, sondern durch prätorische Entscheidung im Fall der bonorum possessio beziehungsweise durch Zuschlag nach Versteigerung bei der venditio bonorum zugewiesen wird. Es stellt sich zudem die Frage nach einem einschlägigen Titel, der eine taugliche causa darstellen könnte. Bei der emptio bonorum dürfte der Titel pro emptore zur Anwendung gekommen sein.474 Bei

467 Vgl. erneut Gaius 4, 36: Datur autem haec actio ei, qui ex iusta causa traditam sibi rem nondum usucepit eamque amissa possessione petit; nam quia non potest EAM EX IURE QUIRITIUM SUAM ESSE intendere, fingitur rem usucepisse . . . . 468 Vgl. die Anwendungsfälle bei D. 21, 3, wobei Herm. D. 21, 3, 3 wohl am besten deren Zweck verdeutlicht, wenn die exceptio nicht nur dem Käufer, sondern auch dessen Rechtsnachfolger zugestanden wird, weil der Käufer auch hier ein Interesse, nämlich am Ausbleiben der Eviktion habe. 469 Dies fasst Mod. D. 41, 1, 52 wie folgt zusammen: Rem in bonis nostris habere intellegimur, quotiens possidentes exceptionem aut amittentes ad reciperandam eam actionem habemus. Auf diese Stelle verweist Wacke, FS Seidl, S. 179, 188 Fn. 32 zur Umschreibung einer technischen Bedeutung von in bonis habere als bonitarisches Eigentum. Dies entspricht wohl der überwiegenden Ansicht, vgl. auch Kaser, SZ 78 (1961), S. 173, 177 ff., 183 f. Anders jedoch Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 105 (1988), S. 334, 367 f., die in Ausprägung ihrer umfangreichen Abhandlung zu in bonis esse/habere von einer weiteren, auch das quiritische Eigentum umfassenden Bedeutung von in bonis habere an dieser Stelle ausgehen. 470 Gaius 2, 40–41 verwendet in bonis habere und in bonis esse. Der Ausdruck bonitarisches Eigentum geht vermutlich auf Theophilus zurück, vgl. beispielhaft Kaser, SZ 78 (1961), S. 173, 179. 471 Albanese, Situazioni possessorie, S. 119. Er verwendet als Oberbegriff die possessio ad usucapionem, die der bonitarische Eigentümer und der gutgläubige Besitzer gleichermaßen innehätten, wie auch die durch spezifische prätorische Rechtsmittel geschützten bonorum possessores und bonorum emptores. 472 Gaius 3, 80: Neque autem bonorum possessorum neque bonorum emptorum pleno iure fiunt, sed in bonis efficiuntur; ex iure Quiritium autem ita demum adquiruntur, si usuceperunt . . . . 473 Leist, Der römische Erbrechtsbesitz, S. 425 f.; Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 107 (1990), S. 155, 183. 474 So auch Solazzi, Concorso II, S. 132 Fn. 1.

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der bonorum possessio kommt es offenbar zur Ersitzung pro herede.475 Die Ersitzungszeit beginnt vermutlich allerdings erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Besitzergreifung zu laufen und nicht bereits mit der Erteilung der bonorum possessio durch prätorisches Dekret.476 Insofern unterscheidet sich die Ersitzung des bonorum emptor also nicht von der des Käufers vom Nichteigentümer. Der bonorum possessor steht jedoch besser als der gewöhnliche Usukapient pro herede, da ihm durch die später noch näher darzustellenden Rechtsbehelfe477 ein absoluter Schutz gegenüber jedermann zukommt. Albanese weist insofern zurecht auf eine leicht zu übersehende Konstellation hin, die gleichermaßen vom Phänomen der successio in possessionem erfasst gewesen sein dürfte, auch wenn es keine unmittelbaren Belege hierfür gibt. Der Erbe eines bonorum possessor profitiert somit von der Ersitzungslage pro herede seines Rechtsvorgängers, es kommt jedoch nicht zu einem Übergang der vom Prätor zugewiesenen bonorum possessio. Dass eine Ersitzung nicht vollendet wurde, weil der Usukapient die Sache vorher an einen anderen weitergab, kann als durchaus gebräuchlicher Vorgang gedacht werden, zum Beispiel, weil ihm der andere einen höheren Kaufpreis für den mittels traditio übergebenen Sklaven bot. Der neue Besitzer beginnt jedoch insofern eine neue Ersitzung, als für ihn ein neuer titulus aus einem anderen Kaufvertrag maßgeblich ist und insofern auch allein auf seine eigene bona fides bei Beginn der Ersitzung abgestellt wird. Die bereits bei seinem Vorgänger abgelaufene Besitzzeit kommt ihm im Rahmen der Ersitzung zunächst nicht zu Gute. Diese zweite Ersitzung wird als ein getrennter Vorgang bewertet. Eine Veränderung tritt wohl mit Reskripten von Septimius Severus und Caracalla dahingehend ein, dass auch der Käufer die Besitzzeit des Verkäufers angerechnet bekommt.478 Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Eintreten in die Ersitzung des Vorgängers. Der zweite Käufer muss alle übrigenVoraussetzungen einer Ersitzung selbst erfüllen.479 475 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 721 und derselbe, Studi Biscardi II, S. 221, 248 f. unter Verweis insbesondere auf Iul. D. 41, 3, 33, 1: . . . si a domino heres institutus fuerit vel bonorum eius possessionem acceperit, incipiet fundum pro herede possidere. Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 104 (1987), S. 238, 282; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 112. 476 Ein anderes Verständnis tritt wohl bei Albanese, Situazioni possessorie, S. 105 zu Tage, wenn er von einer „attribuzione del possidere“ spricht. Dass die Erteilung der bonorum possessio jedoch bereits die Ersitzungsvoraussetzungen schaffen würde, lässt sich insbesondere mit der Funktionsweise des Interdikts quorum bonorum kaum vereinbaren, siehe hierzu ausführlich D.II. 477 Siehe D.II. Zu den Rechtsbehelfen des bonorum emptors siehe hingegen Kaser/ Hackl, Zivilprozessrecht, S. 398 ff. 478 I. 2, 6, 13: Inter venditorem quoque et emptorem coiniungi tempora divus Severus et Antoninus rescripserunt. 479 Auch Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 45, 69 Fn. 2 spricht diesbezüglich von einer Anwendung der accessio temporis auf die usucapio, nicht etwa von einer successio in possessionem.

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Eine Zurechnung von Besitzzeit dieser Art existiert hingegen schon vor diesen Reskripten im Rahmen des interdictum utrubi.480 Hier wird die Zeit nicht fehlerhaften Besitzes des Vorbesitzers in bestimmten Fällen hinzugerechnet. Dies geschieht jedoch allein im Rahmen des prätorischen Rechtsbehelfs. Der nicht fehlerhafte Besitz ist nicht gleichzusetzen mit den Anforderungen an eine Ersitzung. Es geht also nicht um eine Nachfolge oder eine Fortsetzung, sondern eine schlichte Addition von Zeit aus zwei separaten Abschnitten. Anders stellt sich die Situation vorliegend dar.481 Das Phänomen, das Paulus beschreibt, meint die Fortsetzung einer bereits begonnenen Ersitzung. Was der Erblasser pro emptore besessen hat, kann der Erbe pro emptore auf Grundlage des vom Erblasser getätigten Kaufs durch bloßen Zeitablauf ersitzen.482 Ohne dessen historische und dogmatische Korrektheit zu bewerten, soll hierfür der Einfachheit halber der überkommene Begriff der successio in possessionem483 verwendet werden. Sprachlich lässt sich die Verschiedenheit der beiden Modelle mit der späteren Gegenüberstellung in den Institutionen484 verdeutlichen: tempora continuari für die hier von Paulus beschriebene successio in possessionem entsprechend dem klassischen Ersitzungsrecht, tempora coniungi für die bloße accessio temporis. In Fällen der successio in possessionem braucht der Erbe keine neue Ersitzung in Gang zu setzen. Er braucht laut Paulus im Ergebnis überhaupt nichts zu tun. Die Ersitzung kann durch bloßen Zeitablauf vollendet werden, während die Erbschaft noch ruht oder auch wenn bereits ein Erbe vorhanden ist. Dieses Ergebnis setzt Paulus also im konkreten Rechtsfall voraus. Inwiefern er oder überhaupt die römischen Juristen hierfür eine Erklärung liefern, bleibt im Folgenden zu klären. (2) Ausnahme hinsichtlich des Besitzerfordernisses Die von Licinius Rufinus präsentierte Regel vom Besitzerfordernis für die Ersitzung hält in ihrer Prägnanz einen Grundsatz fest. Sie stellt fest und erläutert diesen Grundsatz nicht näher. Auf mögliche Ausnahmen oder Sonderkonstella480

Siehe hierzu ausführlich D.III.1. In der romanistischen Literatur wurde bisweilen der Unterschied zwischen accessio temporis und successio in possessionem nicht erkannt, vgl. Voss, Accessio possessionis, S. 14 f. der Paul. D. 4, 6, 30 pr. als Beispiel einer klassischen accessio temporis bei der Ersitzung auffasst. 482 Die Kongruenz der Besitztitel von Erbe und Erblasser lässt sich in Paul. D. 41, 2, 3, 4 ablesen: . . . si ei, qui pro emptore possidebat, heres sim, eandem rem et pro emptore et pro herede possideo . . . . 483 Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 423: „Der Erbe kann die vom Erblasser begonnene Ersitzung fortsetzen (sog. successio in possessionem).“ Auch Kunkel/MayerMaly, Römisches Recht, § 66 S. 176 verwenden den Begriff, kennzeichnen ihn jedoch als gemeinrechtlich. Siehe auch Choi, Besitzerwerb, S. 23 ff. Zanzucchi, Successio, verwendet hingegen den Ausdruck successio possessionis. 484 I. 2, 6, 12–13. 481

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tionen geht Licinius Rufinus nicht ein. Ob in Paul. D. 4, 6, 30 pr. eine solche Ausnahme gesehen werden muss, ist oben als Frage aufgeworfen worden. Es geht also darum, ob auch ohne Besitzausübung eine Ersitzung vollendet werden kann.485 Dass dies für die römischen Juristen nicht von vornherein undenkbar war, belegt zunächst die Parallele zur Ersitzungsvollendung hinsichtlich des servus fugitivus.486 Auch hier kann die Ersitzung vollendet werden,487 obwohl zumindest nach Ansicht einiger Juristen der Sklave selbst nicht mehr besessen wird.488 Dennoch sei die Ersitzungsvollendung utilitatis causa anerkannt worden.489 Erst später wird die Besitzerhaltung am flüchtigen Sklaven mit unterschiedlichen Begründungen anerkannt, teilweise allein animo.490 Dass die Möglichkeit der Ersitzungsvollendung mit oder ohne tatsächlichen Besitz auch bei den römischen Juristen selbst bisweilen Folgefragen hervorrief, veranschaulicht 485 Als solche Ausnahme bei der Ersitzung sieht beispielsweise Wartensleben, Besitzvererbung, S. 18 f. das in D. 4, 6, 30 pr. angewendete Phänomen der successio in possessionem. 486 Die ebenfalls diskutierte Konstellation eines Besitzerwerbs mittels servus fugitivus bleibt an dieser Stelle außen vor. Siehe hierzu zum Beispiel, W. Krüger, Erwerbszurechnung, S. 35 ff. und Benöhr, Besitzerwerb, S. 128 ff. sowie Klingenberg, CRRS Teil X, 6, S. 5. 487 Paul. D. 41, 2, 1, 14: Per servum, qui in fuga sit, nihil posse nos possidere Nerva filius ait, licet respondeatur, quamdiu ab alio non possideatur, a nobis eum possideri ideoque interim etiam usucapi. sed utilitatis causa receptum est, ut impleatur usucapio, quamdiu nemo nactus sit eius possessionem . . . . 488 So deuten Zamorani, Possessio e animus, S. 94 f. und Nicosia, Acquisto, S. 407 die Aussage Nervas. Dies sei zwingend, weil Besitz, ausgeübt durch den Sklaven, Besitz des Gewalthabers am Sklaven voraussetze. Diesen Schluss hingegen hält Benöhr, Besitzerwerb, S. 41 Fn. 22 mit guter Darstellung des Meinungsspektrums zu Recht für gerade nicht zwingend. Nicosia, Acquisto, S. 411 f. führt unter Berufung auf Pomp. D. 41, 1, 54, 4: . . . sicuti ne per fugitivum quidem, quem non possidet neben Nerva auch Pomponius als Anhänger derer an, die den Besitz am fugitivus verneinten. Ein erster Überblick zum Besitz am servus fugitivus findet sich auch bei Buckland, Roman Law of Slavery, S. 269 f. 489 Zu diesem Verständnis der Aussage des Paulus, vgl. Liebs, Hermogenians Iuris Epitomae, S. 53 und Pringsheim, Studi Solazzi, S. 603, 610 ff.; Klinck, Erwerb, S. 119 f. Allgemeiner Überblick zum Besitz am servus fugitivus bei Klingenberg, CRRS Teil X, 6, S. 3, 129. 490 Mit eher praktisch geprägten Argumenten: Gai. D. 41, 2, 15: . . . et haec ratio est, quare videamur fugitivum possidere, quod is, quemadmodum aliarum rerum possessionem intervertere non potest, item ne suam quidem potest; Ulp. D. 41, 2, 13 pr.: . . . namque fugitivus idcirco a nobis possideri videtur, ne ipse nos privet possessione. Für eine Besitzerhaltung animo hingegen: Paul. D. 41, 2, 3, 10: . . . nihilo minus in possessione mea est et animo eum possideo; PS 4, 14, 3: fugitivi . . . quorum semper possessio animo retinetur . . . . Vgl. ferner die Nachweise und Überlegungen bei MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 131 Fn. 77. Nicht ganz berechtigt scheint der Hinweis von Ankum, FS David I, S. 1, 28, dass die retentio animo solo ihre Grundlage in der utilitas findet. Konkret für den fugitivus gilt zwar, dass das, was utilitatis causa zugelassen wurde, später mit der Anwendung der besagten Rechtsregel erklärt wurde. Dies erscheint jedoch nur bedingt verallgemeinerungsfähig. Ausführlich zur retentio animo solo und dem mutmaßlichen Ursprung dieser Rechtsregel, siehe unten B.VI.3.c)bb).

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Ulpian in D. 47, 2, 17, 3, wo die Frage aufgeworfen wird, ob eine actio furti gegen den gutgläubigen Besitzer eines flüchtigen Sklaven, der seinen Herrn bestohlen hat, besteht, wenn der Sklave von Rechts wegen immer noch von seinem Herrn besessen wird.491 Ulpian zitiert Julian, laut dem der fortdauernde Besitz allein die Ersitzung ermögliche, während nach Ansicht von Pomponius daraus folgt, dass die actio furti auch gegen den gutgläubigen Besitzer des Sklaven anwendbar sei. Die Stelle, die eigentlich die Inkompatibilität von Aktiv- und Passivlegitimation zur actio furti noxalis thematisiert,492 ist deshalb für die aufgeworfene Problematik relevant, weil der angenommene Besitz des Eigentümers am Sklaven nur mit videor possidere umschrieben wird. Dies bestätigt das Bild einer allein um des Ergebnisses willen anerkannten Ersitzungsfortsetzung, bei der man hinsichtlich des tatsächlichen Besitzerfordernisses zumindest Abstriche zu machen bereit war. Auf einen weiteren Ausnahmefall einer Ersitzung ohne possessio weist unter anderem Wieling493 hin, der die Zuordnung der possessio ad usucapionem auch ohne tatsächliche Sachgewalt an den Verpfänder494 als eine „auf praktischen Erwägungen beruhende Entscheidung“ bezeichnet.495 Die tatsächliche Sachherrschaft, die zudem als possessio die Aktivlegitimation zu Interdikten verleiht,496 lag in dieser Konstellation nach Hingabe der Pfandsache hingegen beim Pfand491 Ulp. D. 47, 2, 17, 3: Illud quaesitum est, si, cum in fuga esset servus, furtum domino fecisset, an aeque posset habere actionem adversus eum, qui in potestatem domini non regressum bona fide possidere coeperit. movet quaestionem, quod, quamvis possidere servum eo tempore, quo in fuga est, videor, attamen furti actione non teneor, quasi non sit in mea potestate: quod enim videor possidere, ad usucapionem tantum mihi proficere Iulianus scribit. dicit igitur Pomponius libro spetimo decimo ex Sabino competere furti actionem huic domino, cuius servus in fuga fuit. Klingenberg, CRRS Teil X, 6, S. 3, 129 betont in diesem Zusammenhang die Aussage Julians speziell zur Ermöglichung des Ersitzungsfortlaufs: . . . quod enim videor possidere, ad usucapionem tantum mihi proficere Iulianus scribit . . . . 492 Vgl. Klingenberg, CRRS Teil X, 6, S. 129 f. mit weiteren Nachweisen. 493 Wieling, Studi Sanfilippo I, S. 713, 718. Auch Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 231 Fn. 1 spricht insofern von einem Parallelfall zur Ersitzungsfortsetzung während der hereditas iacens. 494 Vgl. Iav. D. 41, 3, 16: . . . qui pignori dedit, ad usucapionem tantum possidet, quod ad reliquas omnes causas pertinet, qui accepit possidet . . . ; Paul. D. 41, 2, 1, 15: . . . ad unam enim tantum causam videri eum a debitore possideri, ad usucapionem . . . . 495 Wieling geht davon aus, dass dies durch die Zuschreibung fiktiver Sachgewalt geschehen sei, und sieht die Konstellation gerade nicht als Ausnahmefall einer Ersitzung auch ohne possessio an. Dieses Urteil erscheint allein auf Basis der in der vorangehenden Fußnote genannten Iavolen-Stelle nicht zwingend. 496 Streng genommen, gibt es nicht einen einheitlichen Tatbestand, der Anknüpfungspunkt für alle Interdikte wäre. Possessio ist nie die einzige Voraussetzung für deren Anwendbarkeit und in einigen Fällen wird auch Personen, die eine Herausgabepflicht anerkennen, Interdiktenschutz eingeräumt, vgl. für einen knappen Überblick Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 10 ff. Bei einer Grobbetrachtung ist jedoch durchaus die possessio Ansatzpunkt für den Interdiktenschutz.

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gläubiger. Für den Erben kann eine solche Konstruktion der Besitzerhaltung trotz Hingabe der Sache schwerlich bemüht werden, da dieser ja gerade keine tatsächliche Sachherrschaft vorweisen kann.497 Dennoch zeigt auch das Beispiel des Verpfänders die Möglichkeit einer Ersitzung ohne Besitz im Sinne tatsächlicher Sachherrschaft beziehungsweise sogar bei Besitz durch einen anderen. Dass Paulus in D. 4, 6, 30 pr. zunächst succedere in usucapionem und nicht etwa succedere in possessionem verwendet, könnte dafür sprechen, dass konkret von einer Ersitzung(svollendung) unter Verzicht auf das Besitzerfordernis die Rede ist. Auch Pap. D. 41, 3, 44, 3 scheint diesen Ausnahmecharakter zu stützen.498 Das Fragment besagt, dass auch vor Antritt der Erbschaft die vom Erblasser begonnene Ersitzung weiterläuft und dass die Ersitzung durch einen Erbschaftssklaven überhaupt erst in Gang gesetzt werden kann. Die Konstellation des Ersitzungsbeginns durch einen Sklaven für die noch nicht angetretene Erbschaft und die Frage, ob dies allein für das peculium möglich war,499 können hier jedoch außen vor bleiben, da jedenfalls in diesem Falle ein Besitzübergang vom Erblasser auf den Erben nicht eintreten kann. Für eine Ausnahme vom Besitzerfordernis spricht zunächst, dass die noch nicht angetretene Erbschaft nicht Besitzer sein kann.500 Dennoch findet ausdrücklich auch die Zeit vor dem Erbschaftserwerb durch den Erben Berücksichtigung im Rahmen der Ersitzung und nicht nur die Zeit, in welcher der Erbe selbst die Sache besitzt. Auf das Besitzerfordernis scheint daher, jedenfalls während der noch nicht angetretenen Erbschaft, verzichtet worden zu sein. Weiterhin unterstreicht die Formulierung iure singulari 501 den Ausnahmecharakter der getroffenen Aussage; sie ist auf beide von Papinian angesprochenen Konstellationen zu beziehen.502 Außerdem lässt 497

Darauf weist zu Recht auch Biondi, Scritti III, S. 451, 491 hin. Pap. D. 41, 3, 44, 3: Nondum aditae hereditatis tempus usucapioni datum est, sive servus hereditarius aliquid comparat, sive defunctus usucapere coeperat: sed haec iure singulari recepta sunt. 499 Vgl. hierzu nur die Nachweise bei Benöhr, Besitzerwerb, S. 105 sowie zuletzt Duplá Marín, Servus hereditarius, S. 123 ff. 500 Vgl. die bereits behandelte Stelle Ulp. D. 47, 4, 1, 15 . . . possessionem hereditas non habet . . . . 501 Anders als beispielsweise in Pap. D. 41, 2, 44, 1 wird die Ausnahme vorliegend nicht mit utilitatis causa iure singulari receptum umschrieben. Eine gewisse Parallele lässt sich jedoch insbesondere angesichts der Definition des Paulus in D. 1, 3, 16 nicht verneinen: Ius singulare est, quod contra tenorem rationis propter aliquam utilitatem auctoritate constituentium introductum est. Insofern liegt es nahe, dass Papinian die Ausnahme aus pragmatischen Gründen zugelassen hat. Vgl. allgemein zur Wendung utilitatis causa receptum den gleichnamigen Aufsatz von Ankum in FS David I, S. 1 ff.; zum Begriff ius singulare siehe Wubbe, FS Waldstein, S. 451 ff. 502 So auch von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 594; Wubbe, FS Waldstein, S. 451, 463; Fadda, Diritto ereditario romano II, S. 221. Die Gegenansicht um Nicosia, Acquisto, S. 191 f. will die Singularität allein darin erblicken, dass die Ersitzung durch den Erbschaftssklaven erst nach dem Erbfall begonnen werden kann. Hiergegen spricht allerdings maßgeblich der Plural recepta sunt. Die Überlegung, dass die Grundregel von 498

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die Umschreibung, dass die Zeit zur Ersitzung hinzugegeben wird, tempus usucapioni datum est,503 eine Ausnahme vom Besitzerfordernis als wahrscheinlich erscheinen. Tempus und nicht possessio wird als entscheidender Faktor dargestellt, wobei, wie bereits gesehen, auch possessio im Zusammenhang mit der Ersitzung häufig temporal zu verstehen ist. Der Vorrang des tempus gilt umso mehr, als die Äußerungen Papinians im 23. Buch seiner quaestiones und von Pomponius im 32. Buch seines Sabinuskommentars, im Digestentitel D. 41, 3 De usurpationibus et usucapionibus gewissermaßen in sede materiae erfolgen.504 Anderes gilt für die vorliegende Paulus-Stelle D. 4, 6, 30 pr. zur in integrum restitutio, die im weiteren Verlauf mit der Formulierung possessio descendit scheinbar das Gegenteil zum Ausdruck bringt. Pomponius bezeichnet in D. 41, 3, 31, 5505 auch die Zeit nach der aditio als vacuum tempus, die jedoch dem Erben gleichermaßen zu Gute kommt. Da zu diesem Zeitpunkt zumindest eine Eigentumszuordnung bereits wieder erfolgt ist, liegt es nahe, die durch vacuum ausgedrückte Zuordnungslosigkeit insofern auf eine Freiheit von Besitz zu beziehen. Auch die bereits zitierte Neraz-Stelle D. 41, 3, 40506 unterstreicht dieses Ausnahmeverhältnis zumindest für die Zeit der ruhenden Erbschaft durch die Formulierung constitutum est: Da die Erbschaft als solche nicht besitzen kann, mag es sich zunächst um einen Zweifelsfall gehandelt haben, der schon zu Zeiten des Neraz geklärt wurde. (3) Ausnahme hinsichtlich eines Besitzübergangs Ein tauglicher Erklärungsansatz für den Fortlauf der Ersitzung wäre es jedoch auch, eine Ausnahme zu Iav. D. 41, 2, 23 pr. anzunehmen.507 Dann läge die Ausnahme nicht in einer Ersitzung(svollendung) ohne possessio, sondern in einem Übergang der possessio auf den Erben und womöglich, entgegen der bislang ermittelten Ergebnisse, auch auf die noch nicht angetretene Erbschaft. Eine sprachder eine Ausnahme zugelassen wird, die Ersitzung durch Besitz ist, ist hingegen gerade die zu beweisende These und kein Argument. Zugegebenermaßen äußert sich Papinian jedoch allein zu der Situation, in der noch kein Erbe existiert, so dass die Stelle nicht zwingend aussagekräftig für die generelle Funktionsweise der successio in possessionem sein muss. 503 Ähnlich verwendet auch in Pomp. D. 41, 3, 31, 5: Vacuum tempus, quod ante aditam hereditatem vel post aditam intercessit, ad usucapionem heredi procedit. Maßgeblich ist auch hier das Profitieren von Zeit, nicht ein Übergang von Besitz. 504 Vgl. hierzu auch die Palingenesie Lenels. Das 23. Buch der quaestiones des Papinian ist mit de possessione et usucapione überschreiben, Palingenesia I, Sp. 862. Gleiches gilt für das 32. Buch des Pomponius ad Sabinum, Palingenesia II, Sp. 140. 505 Wiedergegeben in Fn. 503. 506 Ner. D. 41, 3, 40: Coeptam usucapionem a defuncto posse et ante aditam hereditatem impleri constitutum est. 507 Diese Ansicht geht offenbar bis auf Accursius zurück, vgl. zum Meinungsbild zu Paul. D. 4, 6, 30 pr. von den Glossatoren bis Savigny Duncker, ZCP 12 (1839), S. 105, 110 ff.

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liche Stütze hierfür könnte in Iav. D. 41, 3, 20 gesehen werden, Possessio testatoris ita heredi procedit . . . . Gerade die Fiktion eines Besitzübergangs erscheint dann vorstellbar.508 Häufiger wird in diesem Zusammenhang von einem Übergang der possessio ad usucapionem509 oder auch der possessio civilis510 gesprochen. Dieser Ersitzungsbesitz sei rechtlich aufgeladen durch die hinzutretenden Erfordernisse iusta causa und bona fides. Nichtsdestotrotz handele es sich hierbei um eine Ausprägung von possessio. Diese könne nun vererbt werden und insofern eine Ausnahme zu den bislang erörterten Fällen darstellen. (4) Werdendes Eigentum; erbrechtliche Perspektive An die Idee der Vererbung einer possessio ad usucapionem knüpft eine weitere Ansicht an, die sich bisweilen kaum hiervon abgrenzen lässt, im Kern jedoch nicht auf einen Besitzübergang rekurriert. Wenn man sich bei der Suche nach einer Erklärung für die Ersitzungsfortsetzung von der possessio als der scheinbar maßgeblichen Ersitzungsvoraussetzung löst und stattdessen auf die Summe der Ersitzungsvoraussetzungen abstellt, wird teilweise folgender Schluss gezogen: Das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzungen in der Person des Erblassers und die damit verknüpfte Erwerbschance bezeichnen einen Rechtszustand. Dieser Rechtszustand gehe mit dem Erbschaftserwerb auf den Erben über. Demnach würde letztlich von keinem der eingangs genannten Prinzipien eine Ausnahme gemacht, sondern es handele sich um einen schlichten Anwendungsfall der successio in ius.511 Das Phänomen der Ersitzungsnachfolge würde dann rein erbrechtlich erklärt. Die possessio im Sinne von Besitz spiele für den weiteren Verlauf der Ersitzungszeit keine Rolle mehr. Die possessio sei sozusagen in etwas anderem aufgegangen. Häufig ist insofern zu lesen, der Erbe erwerbe ipso iure nicht den faktisch zu qualifizierenden Besitz, sondern die rechtlich zu qualifizierende Ersitzungsvoraussetzung, eine „condicio usucapiendi“ 512 oder „werdendes Eigentum“.513 Dass eine solche Erklärung dem Verständnis der römischen Juristen entsprochen hätte, erscheint jedoch zweifelhaft. Dann hätte dieses Anwart508

Choi, Besitzerwerb, S. 21. Bonfante, Corso VI, S. 177 f., dessen Begründung, warum keine Fiktion vorliege, beschreibt jedoch eher den Ablauf einer accessio temporis. Vgl. auch Preiser, Vererblichkeit, S. 9, der davon ausgeht, „dass der Usucapionsbesitz vererblich war.“ Ebenso Seligsohn, Beiträge 26 (1882), S. 316, 336. 510 Choi, Besitzübergang, S. 21, 221. 511 So insbesondere Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 229. Ebenso Zanzucchi, Successio, S. 3. 512 Biondi, Diritto ereditario romano, S. 88; von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 595; Köppen, Erbschaft, S. 63: conditio usucapiendi. 513 Pernice, Labeo II 1, S. 440; Benöhr, Besitzerwerb, S. 106; weitere Nachweise älterer Literatur bei Zanzucchi, Successio, S. 16 Fn. 2. 509

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schaftsrecht514 als Teil der hereditas aufgefasst werden müssen. Hiergegen drängt sich zunächst der Einwand auf, dass nicht allein die im Zeitpunkt des Erbfalls bestehende Rechtssituation übergeht, sondern zudem auch die Zeit während der ruhenden Erbschaft dem Erben zu Gute kommt.515 Dies lässt sich vor dem Hintergrund, dass auch die noch nicht angetretene Erbschaft Zuwächse haben kann,516 nicht als Ausschlusskriterium betrachten. Der Zuwachs wäre insofern schlicht Zeit, wenn die Ersitzungsdauer mit Antritt der Erbschaft noch nicht erreicht ist. Die Erbschaft fungiert dann erneut als bloßer Platzhalter einer natürlichen Person und kann in dieser Rolle zwar Rechte, aber keine faktischen Gegebenheiten konservieren.517 Allerdings wäre zu erwarten, dass dann in den Quellen eine besondere Erklärung für den Fall geliefert wird, dass die Ersitzung bereits vor der aditio vollendet wird. Der Zuwachs der Erbschaft wäre dann nicht allein Zeit, sondern müsste zudem den Wandel von der bloßen Ersitzungsvoraussetzung in quiritisches Eigentum erklären. In der vorliegenden Paulus-Stelle hingegen präsentiert sich diese Konstellation als gewöhnlicher Anwendungsfall der successio in possessionem, der Ersitzungsnachfolge. Die Beurteilung Papinians, sed haec iure singulari recepta sunt, in D. 41, 3, 44, 3 zeigt deutlich hingegen den Ausnahmecharakter des Fortlaufs auch während der ruhenden Erbschaft an.518 Dies lässt sich jedoch nur dann argumentativ für eine Vererbung des „werdenden Eigentums“ als Rechtsposition fruchtbar machen, wenn man den Bezugspunkt der Ausnahme nicht in der Ersitzung als solcher, sondern noch fein-

514 Den Vergleich zum Anwartschaftsrecht, zum Beispiel dem des Vorbehaltskäufers, nach heutigem deutschem Recht zieht auch Söllner, SZ 122 (2005), S. 1, 33. Der Inhaber eines Anwartschaftsrechts erwirbt noch nicht das Vollrecht, hat es aber in der Hand, diesen Erwerb herbeizuführen. So erfolgt beispielsweise bei vereinbartem Eigentumsvorbehalt die für den Eigentumserwerb gem. § 929 S. 1 BGB neben der Übergabe erforderliche Einigung unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 I BGB) der vollständigen Kaufpreiszahlung, vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 3 Rn. 44, § 59 Rn. 32 ff. Dem Vorbehaltskäufer kommt ein Anwartschaftsrecht zu, das der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als wesensgleiches Minus zum Eigentum bezeichnet, siehe nur BGHZ 28, 16, 21. Diese Umschreibung kommt der Beschreibung der conditio usucapiendi bei Köppen, Erbschaft, S. 63 durchaus nahe: „Als ein durch dingliche Klage geschütztes Recht hatte sie eine nicht dem Besitz, sondern dem Eigentum analoge Natur . . .“. Im Falle der Ersitzungsfortsetzung im römischen Recht ist der Usukapient ebenfalls noch nicht Eigentümer nach quiritischem Recht, durch Zeitablauf wird es jedoch dazu kommen. 515 Choi, Besitzerwerb, S. 21 f. folgert hieraus und einem wohl falschen Verständnis von Gaius 3, 201, dass die Hauserben den von ihm so bezeichneten Ersitzungsbesitz mit dem Erbfall erwerben, während die extranei erst durch den Antritt in die mit einer Anwartschaft vergleichbare Ersitzungslage einrücken und ihnen die Ersitzungszeit dann kraft Fiktion zu Gute kommt. Ähnlich Rützenhoff, Accessio temporis, S. 58. 516 Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 120. 517 Siehe zu dieser Funktion der noch nicht angetretenen Erbschaft bereits oben unter B.III.3.c)ff). Konkret zur successio in possessionem Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 231. 518 Siehe Pernice, Labeo II 1, S. 440; Zanzucchi, Successio, S. 94 Fn. 1.

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gliedriger innerhalb der successio in possessionem verortet. Während die Ersitzungsvoraussetzung als solche vererbt wird, liegt im Fortlauf der Ersitzung vor Erbschaftsantritt das ius singulare. Ein echtes Argument für eine Vererbung der Ersitzungsvoraussetzungen als Anwendungsfall der successio in ius lässt sich hieraus nicht ableiten. Die These, dass letztlich eine erbrechtliche Nachfolge in einen über den bloßen Besitz hinaus gehenden Status oder die Vererbung eines „dem Eigentum analoge[n]“ 519 Rechts stattfindet, wird scheinbar durch das Prinzip mala fides superveniens non nocet gestützt.520 Dieses Prinzip besagt, dass nur bei Beginn der Ersitzung, also bei der Besitzergreifung, bona fides gefordert wird.521 Wenn also der Käufer im Zeitpunkt der Übergabe glaubt, dass der Verkäufer Eigentümer der Kaufsache ist, und der Käufer wenige Tage danach erfährt, dass die Sache im Eigentum eines Dritten steht, so kann er dennoch pro emptore ersitzen. Da die Ersitzung durch den Erben als Fortsetzung der vom Erblasser begonnenen Ersitzung verstanden wird,522 kann im Wechsel des Usukapienten kein neuer Beginn des Besitzes und der Ersitzung gesehen werden. Auch die Kenntnis des Erben, dass eine Sache tatsächlich nicht dem Veräußerer gehört, wird der späteren Kenntnis des lebenden Käufers selbst gleichgestellt.523 Sie ist unerheblich, weil nur auf die ursprüngliche Begründung einer Ersitzungslage abgestellt wird. Ein bloßer Besitzübergang würde noch nicht eine Nachfolge in die hiervon zu trennenden Ersitzungsvoraussetzungen der iusta causa und auch nicht der bona fides nach sich ziehen. Dies darf jedoch nicht zu dem Missverständnis verleiten, dass der Erbe neben dem Besitz auch in eine bona fides oder eine iusta causa nachfolge.524 Es ist vielmehr so, dass die zum Besitz hinzukommenden Ersitzungsvoraussetzungen wie die bona fides in der Person des Erben nicht mehr relevant sind. Was auf den Erben übergeht, ist nach dieser Ansicht ein aliud zum Besitz, eine Anwartschaft. Diese Beobachtungen veranschaulichen, dass die successio in possessionem den Erben für die konkrete Ersitzung an die Stelle des Erblassers 519 Köppen, Erbschaft, S. 63. Ausführlichere Wiedergabe des Zitats in Fn. 514. Von einer Vererblichkeit einer relativ-dinglichen Rechtsposition spricht in diesem Zusammenhang Apathy, Sodalitas II, S. 749, 758 Fn. 54. 520 Umschrieben in Ulp. D. 41, 3, 10 pr.: Si aliena res bona fide empta sit, quaeritur, ut usucapio currat, utrum emptionis initium ut bonam fidem habet exigimus, an traditionis. et optinuit Sabini et Cassii sententia traditionis initium spectandum. Vgl. außerdem Paul. D. 41, 1, 48, 1: In contrarium quaeritur, si eo tempore, quo mihi res traditur, putem vendentis esse, deinde cognovero alienam esse, quia perseverat per longum tempus capio, an fructus meos faciam. 521 Siehe Albanese, Situazioni possessorie, S. 98 mit weiteren Quellennachweisen; Rützenhoff, Accessio temporis, S. 60. 522 Dies ist soweit unstrittig, anschaulich Voci, Modi di acquisto, S. 170 f. 523 Paul. D. 41, 4, 2, 19: Si defunctus bona fide emerit, usucapietur res, quamvis heres scit alienam esse . . . . 524 Dies betont zu Recht auch Voci, Diritto ereditario romano I, S. 219; Zanzucchi, Successio, S. 11.

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treten lässt und nicht lediglich der Besitz des Erblassers übergeht. Ob dieses Andie-Stelle-Treten jedoch einen gewöhnlichen Anwendungsfall des römischen Erbrechts525 oder eine ersitzungsrechtliche Sonderkonstellation darstellt, wird hiermit noch nicht entschieden. Eine weitere Argumentationslinie, die gleichsam an die Konstruktion des werdenden Eigentums anknüpft, stützt sich auf die Vererbung der durch die actio Publiciana geschützten Rechtsposition.526 Diesen Schutz gegenüber Dritten hatte, wie bereits ausgeführt, jeder Usukapient, in dessen Person in Bezug auf eine konkrete Sache die Voraussetzungen für eine Ersitzung bestanden. Der Erbe erhält ausweislich der Quellen ebenfalls den Schutz aus der actio Publiciana. Gemeint sein dürfte in Ulp. D. 6, 2, 7, 9527 jedoch lediglich die Konstellation, dass bereits zu Lebzeiten des Erblassers diesem die Sache entzogen wurde und erst der Erbe klagt.528 Ein Nachweis für die Vererbung einer Rechtsposition ist darin hingegen nicht zu sehen. Es stellt somit keinen Beweis für einen Übergang eines dinglichen Rechts dar, dass dem Erben die actio Publiciana offen steht. (5) Ersitzungsrechtliche Besonderheit; sachenrechtliche Perspektive Der Ansatz, die Ersitzungsfortsetzung als Vererbung einer Rechtsposition oder einer Anwartschaft aufzufassen, schafft es, eine weitgehend stimmige Deutung für die Fortsetzung der Ersitzung durch den Erben aus erbrechtlicher Sicht zu liefern. Hinsichtlich einer Vollendung der Ersitzung während einer noch nicht angetretenen Erbschaft bleibt sie jedoch eine schlüssige Erklärung schuldig. Außerdem spricht gerade das in den Quellen genannte Erfordernis der Freiheit vom Besitz Dritter für einen ersitzungsrechtlichen und nicht für einen erbrechtlichen Kontext.529 Die entscheidende ersitzungsrechtliche Wertung für diese Proble525 Dafür spricht zumindest auf den ersten Blick Pap. D. 44, 3, 11: Cum heres in ius omne defuncti succedit, ignoratione sua defuncti vitia non excludit . . . usucapere non poterit, quod defunctus non potuit . . . . Allerdings lässt sich die Stelle auch so verstehen, dass der cum-Satz lediglich den Erbschaftserwerb umschreibt und das eigentliche Sachproblem der Nachfolge in die Ersitzungsvoraussetzungen erst im Anschluss behandelt wird. 526 So wohl Pool, Studi Metro V, S. 91, 107 unter Berufung auf Stintzing, Bona fides, S. 51 f.; Biondi, Diritto ereditario romano, S. 88 sowie derselbe, Scritti III, S. 451, 490 f. 527 Ulp. D. 6, 2, 7, 9: Haec actio et heredi et honorariis successoribus competit. 528 Vgl. die Ausführungen zur Ausweitung der Aktivlegitimation im Rahmen von Rechtsbehelfen unter D.V.2.f), wo die Quellen entsprechende Formulierungen aufweisen. 529 Iav. D. 41, 3, 20: Possessio testatoris ita heredi procedit, si medio tempore a nullo possessa est. Ebenso Pomp. D. 41, 4, 6, 2: Post mortem eius, qui hominem emerit, expleto tempore, quod defuisset ad usucapionem, quamvis eum hominem heres possidere non coepisset, fiet tamen eius: sed ita hoc, si nemo eum possedisset. Parallel hierzu, allerdings nach Wegfall eines Besitzmittlers: Afric. D. 41, 2, 40, 1: . . . sed haec ita vera esse, si nemo extraneus eam rem interim possederit, sed semper in hereditate

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matik ist folgende: Würde man einen auch nur vorübergehenden Besitz eines Dritten als unschädlich für die Ersitzungsfortsetzung ansehen, so käme es zu einer Besserstellung des Erben im Vergleich zum Erblasser, der seinen Besitz an einen Dritten seinerseits verloren hätte.530 Es läge dann keine continuatio possessionis temporis lege definiti mehr vor.531 Ausgesprochen wird das Erfordernis der Freiheit vom Besitz Dritter nach dem Tode des Erblassers gerade von Iavolen in D. 41, 3, 20. Nur dann gelte: possessio testatoris heredi procedit. Eine Beschreibung der successio in possessionem findet sich also auch bei dem Juristen, der in D. 41, 2, 23 pr. so deutlich einen Besitzübergang auf den Erben abgelehnt hatte. Dies stellt dennoch keinen Widerspruch dar. Auch Iavolen verwendet possessio in D. 41, 3, 20 im oben bereits aufgezeigten temporalen Sinne. Mit dieser Bedeutung wird possessio gerade auch bei Umschreibungen der successio in possessionem gebraucht. Das von Iavolen benutzte Verb procedere verwendet Pomponius beispielsweise im Zusammenhang mit der Ersitzungsfortsetzung einmal für das tempus, das zur Ersitzung des Erben hinzukommt,532 an anderer Stelle direkt für die usucapio, die dem Erben zu Gute komme.533 Auch Julian verwendet tempus heredi procedere in diesem Sinne.534 Ohnehin scheint es zur Beschreibung der successio in possessionem keine feststehende Terminologie gegeben zu haben. Somit besteht kaum eine Berechtigung, aus solchen Formulierungen dogmatische Erwägungen abzuleiten. Ein Besitzübergang als solcher ist jedenfalls ob des temporalen Gebrauchs auch bei Iavolen nicht zu konstatieren.535 Allerdings fällt auf, dass sich in den genannten Stellen bei Julian und Pomponius ein Abstellen auf den Besitz als Erklärungsmodell weniger anbietet; sei es weil die Erbschaft ruht coloni manserit. In Paul. D. 4, 6, 30 pr. selbst wird dieses Kriterium entgegen Rützenhoff, Accessio temporis, S. 60 nicht angesprochen. Dass die Ersitzung nicht in allen Fällen schon vor dem Antritt vollendet wird, liegt schlicht an der noch nicht abgelaufenen Ersitzungszeit und nicht an einer Besitzbeendigung durch Dritte. 530 Auf diese Wertung weist auch Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 81 hin. Im Kern ebenfalls richtig, doch die hereditas iacens mit der Rechtslage des Erben in Bezug setzend Choi, Besitzerwerb, S. 24. 531 Vgl. die Definition der usucapio bei Mod. D. 41, 3, 3. 532 Pomp. D. 41, 3, 31, 5: Vacuum tempus, quod ante aditam hereditatem vel post aditam intercessit, ad usucapionem heredi procedit. 533 Pomp. D. 41, 3, 24, 1: Interdum etiamsi non fuerit inchoata usucapio a defuncto, procedit heredi eius: veluti si vitium, quod obstabat non ex persona, sed ex re, purgatum fuerit . . . . Umschrieben wird hier der spätere Wegfall eines Ersitzungshindernisses ex re. 534 Iul. D. 41, 4, 7 pr.: Qui fundum pro emptore possidebat, antequam diutinam possessionem impleret, decessit: servi, qui in possessionem relicti fuerant, discesserunt relinquendae eius gratia: quaesitum est, an nihilo minus heredi tempus longae possessionis procedere potest. respondit etiam discedentibus servis hoc tempus heredi procedere. 535 Ähnlich lässt sich auch die Darstellung bei Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 154 f. deuten, die das Phänomen der successio in possessionem problembewusst unter der Ersitzungsvoraussetzung tempus erläutern: „Durch den Tod erlischt zwar der Besitz des Verstorbenen, nicht jedoch die Ersitzung: Der Erbe tritt in die Ersitzungslage des Erblassers ein und setzt sie fort. Auf seine Gutgläubigkeit kommt es dabei nicht an.“

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oder der den Besitz mittelnde Sklave die faktische Herrschaft ersichtlich beendet hat. Hier betont man deshalb das Zugutekommen der Ersitzungszeit und erzielt ein entsprechendes Ergebnis. Letztlich erscheint die Wertung, dass durch den Tod eines Usukapienten pro emptore weder für den Verkäufer Vorteile noch für den Rechtsnachfolger des Käufers Nachteile entstehen sollen, maßgeblicher Hintergrund der zugelassenen successio in possessionem. Maßstab für Vorteile oder Nachteile ist hierbei die Rechtslage eines Käufers, der nicht verstirbt. Nicht von der Hand zu weisen ist die Beobachtung, dass die prinzipielle Fortsetzung der Ersitzung durchaus ein unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten schlüssiges Ergebnis liefert. Würde der Lauf der Ersitzung abgebrochen oder ließe man ihn vorübergehend ruhen, so hätte der Eigentümer der betroffenen Sache einen Vorteil, den er nicht gehabt hätte, wenn der Erblasser noch lebte.536 Gestützt wird dieser Eindruck durch eine weitere Iavolen-Stelle, nämlich D. 41, 3, 22.537 Letztlich fungieren Erbschaft und Erbe nur an Stelle des Erblassers. Im Fokus steht weniger deren Erwerb als die Fortsetzung der vom Erblasser eingeleiteten Ersitzungsvorgänge. Dass sich diese Stelle allein auf die Ersitzungsfortsetzung bezieht, wird durch ihre Einordnung unter den Digestentitel 41, 3 De usurpationibus et usucapionibus zumindest nahegelegt.538 Die Inskription hingegen erlaubt insoweit keine Rückschlüsse, da sich Iavolen im siebten Buch der epistulae mit allgemein erbrechtlichen und nicht spezifisch mit Fragen des Ersitzungsrechts auseinandersetzt.539 Die Formulierung personae vice fungitur ist für die Erbschaft zwar gebräuchlich;540 die gleichrangige Erwähnung des Erben selbst scheint aber gerade für die Ersitzungsfortsetzung treffend. Erbschaft und Erbe gleichermaßen ersetzen den Erblasser als Ersitzenden. Gewiss ist in dieser Darstellung Iavolens mehr ein Erklärungsansatz als eine strikte Systemanwendung zu sehen. Doch letztlich wird damit das hier vertretene Ergebnis gestärkt, dass es als rechtlich sinnvoll angesehen wurde, die Rechtslage so zu gestalten, als sei der Todesfall nicht eingetreten. Das geschah nicht automatisch durch die Anwendung erbrechtlicher Institute, sondern dank der spezifischen Anerkennung einer Ersitzungsfortsetzung im Rahmen der successio in possessionem. Der Erbe und die Erbschaft selbst können die Ersitzung unter den Bedingungen fortsetzen, zu denen sie der Erblasser begonnen hatte. Dies allein lässt sich aus den Quellen ablesen. Darüberhinausgehende konstruktivistische Erwägungen über einen erb536

Benöhr, Besitzerwerb, S. 105. Iav. D. 41, 3, 22: Heres et hereditas tametsi duas appellationes recipiunt, unius personae tamen vice funguntur. 538 So auch von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 602 f.; Köppen, Erbschaft, S. 66, 68. 539 Vgl. Lenel, Palingenesia I, Sp. 290 f. 540 Siehe oben Fn. 196. 537

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rechtlichen Erwerb eines Anwartschaftsrechts stellen lediglich ein Erklärungsmodell dar, das jedoch gerade die von Paulus angesprochene Konstellation der Ersitzungsvollendung vor dem Antritt der Erbschaft nicht hinreichend zu erklären vermag. Zudem spricht auch ein ersitzungssystematischer Gesichtspunkt entschieden gegen eine endgültige Zuordnung der Ersitzungsvoraussetzungen bereits durch den Erbschaftserwerb. Laut Pomp. D. 41, 3, 31, 5541 existiert nämlich auch nach der aditio ein vacuum tempus, das dem Erben zu Gute kommt. Für die Ersitzung bleibt also trotz Zuordnung der hereditas durch den Erbschaftserwerb der Besitz im Grundsatz maßgebliches Kriterium. Dies deckt sich auch mit der vom Ersitzungsrecht geprägten Konzeption der usucapio pro herede in Bezug auf einzelne Sachen. Auch hier kommt es erst mit der Besitzergreifung durch den heres voluntarius zum Ausschluss einer Ersitzungsmöglichkeit für Dritte. Erst ab diesem Zeitpunkt sind selbst ursprünglich im quiritischen Eigentum des Erblassers stehende Sachen keine ersitzungstauglichen res hereditariae mehr. Dies spricht erst recht dafür, dass auch die Sachen, die der Erblasser lediglich ersitzen konnte, erst durch die Besitzergreifung des Erben dessen eigener Ersitzung zugeordnet werden. Da der Ausschluss der usucapio pro herede gegenüber dem heres necessarius auf die spezifische Funktion der alten usucapio pro herede, einen Erben zu schaffen, zurückzuführen ist, müsste auch für die Ersitzungsfortsetzung durch einen heres necessarius letztlich die Besitzergreifung entscheidendes Merkmal für die Fortsetzung der Ersitzung in eigener Person darstellen. Zuvor läuft auch für ihn die Ersitzung lediglich deshalb weiter, weil und soweit kein Dritter den Besitz der konkreten Sachen erlangt.542 Die praktischen Auswirkungen dieser Erkenntnis erscheinen ob des procedere der vorangehenden Zeit und des mittels der actio Publiciana bestehenden Schutzes gering. Die Konstruktion der Vererbung des Ersitzungsbesitzes oder einer Ersitzungsanwartschaft ist vor diesem Hintergrund jedoch bloße Theorie. Die successio in possessionem wird daher im Folgenden als ersitzungsrechtlicher Vorgang eigener Art und nicht als Anwendungsfall einer successio in ius behandelt. (6) Parallele zum ius postliminii An dieser Stelle bietet es sich an, eine Parallele zu den Rechtswirkungen des ius postliminii aufzuzeigen.543 Diese Rechtsfigur ermöglicht es einem römischen 541 Pomp. D. 41, 3, 31, 5: Vacuum tempus, quod ante aditam hereditatem vel post aditam intercessit, ad usucapionem heredi procedit. 542 Anders beispielsweise Choi, Besitzerwerb, S. 24. Häufig wird diese Frage überhaupt nicht aufgeworfen. 543 Einen Zusammenhang stellt auch Iavolen anlässlich der Erörterung des Besitzverlusts und des Besitzerwerbs her, siehe bereits oben zu D. 41, 2, 23 pr.-1. Dort wird die

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Bürger, im Falle der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft rechtlich weitgehend so gestellt zu werden, als hätte er seine Rechte nicht verloren, als sei er nicht Sklave geworden.544 Wenn ein Kriegsgefangener dabei war, eine Sache zu ersitzen, dann wird diese Ersitzung jedenfalls mit der Gefangennahme unterbrochen, quia certum est eum possidere desisse.545 Obwohl durch das ius postliminii versucht wird, gewünschte Rechtswirkungen herzustellen, bleibt der Wegfall des Besitzes wegen dessen faktischen Gepräges von diesen Rechtswirkungen unberührt.546 Eine Ersitzung kann deshalb nicht fortgesetzt werden. Dies unterstreicht ein weiteres Mal den Ausnahmecharakter der successio in possessionem durch den Erben.547 Eine Erklärung für die Unterscheidung dieser beiden Fälle könnte darin zu sehen sein, dass mit dem Tod des Erblassers eine Nachfolge feststeht und in der noch nicht angetretenen Erbschaft ein tauglicher Platzhalter zumindest hinsichtlich der Ersitzung gesehen werden könnte. Dies ist bei der Gefangennahme grundsätzlich nicht der Fall, es sei denn, der Besitz an den fraglichen Sachen wird mittels Sklaven oder Hauskinder ausgeübt und lässt sich somit zumindest rein faktisch nach wie vor zuordnen.548 Wenn bestimmte Sachen durch den Sklaven weiterverwendet werden, besteht keine Ungewissheit über die tatsächliche Zuordnung und Nutzung der Sachen. Klammert man die Besitzerhaltung durch Sklaven aus, so sind der Todesfall und die Gefangennahme hinsichtFaktizität des Besitzes betont. Es gibt hier jedoch gerade keinen Bezug zu einer Ersitzung. 544 Vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 15 Rn. 17 und Gaius 1, 129: . . . quod hi, qui ab hostibus capti sunt, si reversi fuerint, omnia pristina iura recipiunt . . . . Zahlreiche Nachweise zur Konstruktion und zum Aufkommen des Instituts finden sich bei Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 290 f. 545 Tryph. D. 49, 15, 12, 2. Im weiteren Verlauf der Stelle wird aber die Besitzerhaltung durch gewaltunterworfene Personen als möglich angesehen. Diese Unterscheidung vertreten Tryphonin und Julian, Marcellus spricht sich gegen sie aus. Ob dieser jedoch die Ersitzung stets oder in keinem Fall zulassen will, erschließt sich aus der Stelle nicht. Eingehend zu dieser Problematik, Lohsse, FS Knütel, S. 667, 674 ff., der sich auf S. 677 wohl zu Recht für eine generelle Ablehnung der Ersitzung durch Marcellus ausspricht. Deutlich gegen die Möglichkeit der Ersitzungsfortsetzung Ulp. D. 4, 6, 23 1: Is autem, qui apud hostes est, nihil per usum sibi adquirere potest nec coeptam possessionem poterit implere, dum est apud hostes: hoc amplius nec postliminio reversus reciperabit per usum dominii adquisitionem. Außerdem Lab. D. 49, 15, 29: Si postliminio redisti, nihil, dum in hostium potestate fuisti, usucapere potuisti . . . . Zu dieser Stelle siehe auch Duplá Marín, Servus hereditarius, S. 119 ff. 546 Pap. D. 4, 6, 19: Denique si emptor priusquam per usum sibi adquireret, ab hostibus captus sit, placet interruptam possessionem postliminio non restitui, quia haec sine possessione con constitit, possessio autem plurimum facti habet: causa vero facti non continetur postliminio. 547 Anders Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 64, der auf Grundlage von abzulehnenden Interpolationsvermutungen zu einem Gleichlauf gelangt: Nur für Sachen, die ein Sklave vor Gefangennahme oder Erbfall bereits für den Erblasser inngehabt habe, sei eine Ersitzungsfortsetzung möglich gewesen. 548 Dies nimmt für die Besitzerhaltung durch Gewaltunterworfene im Rahmen des ius postliminii auch Lohsse, FS Knütel, S. 667, 675 an.

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lich des Endes der faktischen Beherrschung deckungsgleich. Allerdings kann man einen Unterschied darin erblicken, dass zumindest hinsichtlich der tatsächlich beim captivus befindlichen Sachen auch unmittelbar ein Dritter, nämlich der hostis, in den Besitz der Sachen gelangt. Auch die successio in possessionem ist bei Besitz eines Dritten gerade ausgeschlossen. Die durch einen Sklaven besessenen und somit faktisch dem hostis entzogenen Sachen als Ausnahme vom Regelfall im Anwendungsbereich des ius postliminii zu verorten, erscheint vor diesem Hintergrund zumindest nicht abwegig. Zudem fügt sich diese Erklärung, die perspektivisch den Besitzerwerb eines Dritten und nicht den Besitzverlust des bisherigen Besitzers betont, besser in das bisher entstandene Bild von der hereditas iacens. Diese stellt hinsichtlich des Besitzes als solchen gerade keinen tauglichen Platzhalter dar. Dass der Abbruch der Ersitzung jedoch dazu führte, dass ein Heimkehrer schlechter stand als dessen Erbe im Falle des Todes des captivus, ist die unbillig erscheinende Konsequenz des Abbruchs des Besitzes mit der Gefangennahme. Der Erbe wurde nämlich durch die erweiterte Auslegung der lex Cornelia de confirmandis testamentis549 so gestellt, als sei der Erblasser im letzten Moment vor seiner Gefangennahme verstorben.550 Dies führte dazu, dass eine vom Erblasser begonnene Ersitzung nicht abbrach, während der Heimkehrer eine neue Ersitzung in Gang setzen musste und insofern auch nicht vom ius postliminii profitierte. Mit dieser Problematik befasst sich die Kontroverse in Paul. D. 41, 3, 15 pr. Für eine Exegese dieser Stelle sei auf die Darstellungen Lohsses sowie Klincks verwiesen.551 Die schlüssige Deutung Lohsses, dass Paulus im Ergebnis die fictio legis Corneliae dahingehend beschränkt, dass der Lauf der Ersitzungsfrist zugunsten der ruhenden Erbschaft dem Erben nicht zu Gute kommen soll, wenn der Heimkehrer eine neue Ersitzung hätte beginnen müssen, ist hier jedoch hervorzuheben.552 Die damit parallel verlaufende Wertung, hinsichtlich der Ersitzung die gleichen Rechtsfolgen herbeizuführen, wie wenn der Erbfall nicht eingetreten wäre, wurde bereits als das zentrale Bestreben im Rahmen der successio in possessionem ausgemacht.

549 Ursprünglich hatte die lex Cornelia lediglich die Funktion die Testamente römischer Bürger, die in Kriegsgefangenschaft sterben, für rechtsgültig zu erklären, Klinck, Erwerb, S. 156. Zur Entstehungsgeschichte und der Entwicklung siehe ausführlich Lohsse, Facetten des römischen Erbrechts, S. 79 ff. 550 Siehe Ulp. D. 49, 15, 18: In omnibus partibus iuris is, qui reversus non est ab hostibus, quasi tunc decessisse videtur, cum captus est. Paul. D. 29, 1, 39: Si filius familias miles captus apud hostes decesserit, . . . non rumpi testamentum, quia ex eo tempore, quo captus est, videtur decessisse. Vgl. Lohsse, FS Knütel, S. 667, 668 f. 551 Klinck, Erwerb, S. 155; Lohsse, FS Knütel, S. 667, 701. 552 Dieser Maßstab ist auch ablesbar in Iul. D. 49, 15, 22, 1: Apparet ergo eadem omnia pertinere ad heredem eius, quae ipse, qui hostium potitus est, habiturus esset, si postliminio revertisset . . . .

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(7) Bezug zur usucapio pro herede Versucht man die hier ermittelten Ergebnisse mit der bereits dargestellten usucapio pro herede in Bezug zu setzen, so lässt sich, wie bereits angeklungen, eine kongruente Auswirkung des Besitzes konstatieren. Ein Usukapient pro herede hat in Abwesenheit von heredes necessarii so lange die rechtsverschaffende Zugriffsmöglichkeit, wie noch kein anderer die res hereditariae ergriffen hat, sei es der Erbe nach der aditio oder ein anderer Usukapient. Dies gilt gleichermaßen für Sachen, die im zivilen Eigentum des Erblassers standen, als auch für solche, hinsichtlich derer der Erblasser eine Ersitzung begonnen hatte. Beim Ablauf der Ersitzungszeit teilt die Sache das Schicksal des zivilen Eigentums des Erblassers. Wenn jedoch ein Dritter schon zuvor die Sachen aus einer laufenden Ersitzung in seinen Besitz brachte, so wurde die Zuordnung zum Verbund Erblasser, Erbschaft, Erbe durchbrochen und die Ersitzung abgebrochen. Sofern ein heres necessarius ipso iure Erbe wurde, kommt es gleichfalls zu einer successio in possessionem. Wenn die fragliche Sache jedoch vor Ablauf der Ersitzungszeit in den Besitz eines Dritten gelangte, so lief die Ersitzung nicht weiter. Der neue Besitzer konnte zwar nicht pro herede usukapieren, aber doch die Ersitzung unterbrechen. (8) Fazit Um gerechte Ergebnisse zu erzielen, waren die römischen Juristen durchaus auch bereit, zum Mittel der Fiktion zu greifen, wie die lex Cornelia beweist. Im Rahmen der successio in possessionem hingegen kam es gerade nicht zur Fiktion einer Besitzvererbung. Dies erscheint auch den konkreten Zwecken und der Interessenlage besser entsprochen zu haben. Auf Grund des ausnahmsweise zugelassenen Fortlaufs der Ersitzung ohne Besitz hatte der Tod des Erblassers keine Auswirkungen auf die Ersitzung. Dies erfolgt jedoch nicht durch die Vererbung des Besitzes und sei es auch in einer besonderen Ausprägung als condicio usucapiendi. Der Erbe wird lediglich in die Lage versetzt, die Ersitzung des Erblassers zu vollenden. Auch eine mögliche besitzfreie Phase, beispielsweise während einer noch nicht angetretenen Erbschaft, wirkt sich nicht auf den Fortlauf der Ersitzung aus. Wie gesehen wurde bei der Umschreibung der successio in possessionem sprachlich teils auf ein Zugutekommen der possessio, teils auf ein solches des tempus abgestellt. Eine gefestigte Terminologie oder Dogmatik zu dieser Frage bestand bei den römischen Juristen nicht. Allerdings fällt auf, dass jedenfalls in den genannten Stellen bei Julian553 und Pomponius554 ein Abstellen auf den Besitz schwer möglich wäre; sei es, weil die Erbschaft ruht, beziehungsweise die einzelnen Sachen noch nicht besessen werden, oder weil der den Besitz mit553 554

Iul. D. 41, 4, 7 pr., wiedergegeben in Fn. 534. Pomp. D. 41, 3, 31, 5, wiedergegeben in Fn. 541.

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telnde Sklave die faktische Herrschaft ersichtlich beendet hat. Hier betont man deshalb das Zugutekommen der Ersitzungszeit. Außerdem gilt es festzuhalten, dass das Prinzip der successio in possessionem gleichermaßen für alle Erbenkategorien Anwendung findet. Dafür dass die Ersitzungsfortsetzung in ihrer Person stattfindet, bedarf es für beide Kategorien der Besitzergreifung. Faktisch ergibt sich auch aus dem unmittelbaren Erbschaftserwerb der necessarii insofern kein Unterschied, da auch während der noch nicht angetretenen Erbschaft und in der Phase zwischen Erbschaftserwerb und Besitzergreifung die Ersitzung wegen der Freiheit vom Besitz Dritter weiterläuft und dem Erben zu Gute kommt. ee) possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem Was soeben allgemein für das Prinzip der successio in possessionem ausgeführt wurde, gilt auch für die konkrete Wendung in usucapionem succedere durch Paulus in D. 4, 6, 30 pr. Paulus hätte die Ersitzungsfortsetzung auch anders umschreiben können, beispielsweise durch ein procedere von tempus oder possessio. Nach dem bisher Ausgeführten könnte man sich daher auf den Punkt zurückziehen, dass die Konstruktion possessio descendit schlicht als weitere Kennzeichnung der successio in possessionem verwendet wurde. Es stellt sich dann jedoch die Frage, warum Paulus nicht wie zuvor von einer Vollendung und Nachfolge in die usucapio spricht, sondern plötzlich die Begründung für einen Schutz gegen die Erben lautet, quia possessio defuncti quasi iniuncta descendit ad heredem. Rein sprachliche Gründe, wonach eine Wiederholung vermieden werden sollte, können nicht Ausschlag gebend gewesen sein, weil zuvor dreimal im Principium usucapio oder usucapere verwendet werden. (1) Nachfolge in das Restitutionsrisiko Betont werden muss zunächst, dass es Paulus nötig erscheint, ein quasi einzuschalten. Die bislang präsentierten Umschreibungen der successio in possessionem verzichten auf dieses Vergleichswort, wenn eine temporal gebrauchte possessio dem Erben zu Gute kommt.555 Neben diesem rein zeitlichen Aspekt besagt die successio in possessionem aber auch, dass der Erbe ausschließlich davon abhängig ist, ob in der Person des Erblassers die Ersitzungsvoraussetzungen vorlagen. Fehlt ihm selbst beispielsweise die bona fides, schadet dies nicht, mala fides superveniens non nocet. Die Fortsetzung des Ersitzungslaufs in zeitlicher Hinsicht oder in Bezug auf die übrigen Voraussetzungen bringen die Juristen mit einem descendere oder auch procedere der possessio zum Ausdruck. Auch die Formu555 Vgl. erneut Iav. D. 41, 3, 20: Possessio testatoris ita heredi procedit, si medio tempore a nullo possessa est.

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lierung continuatio (possessionis) findet sich mit diesem Bedeutungsgehalt in den Quellen.556 Die Maßgeblichkeit der Umstände bei Beginn der Ersitzung durch den Erblasser zeigt sich punktuell auch am umgekehrten Fall, wenn nämlich in der Person des Erblassers die Ersitzungsvoraussetzungen nicht vorlagen. Dies wird letztlich zu allgemein dahingehend umschrieben, dass eine bona fides superveniens non prodest.557 Auch hieraus könnte man ableiten, dass die innere Einstellung des Erben unerheblich ist, da die Beziehung zum Ersitzungsobjekt bereits vom Erblasser geprägt wird; vorliegend allerdings nicht derart, einen Eigentumserwerb herbeizuführen. Der Erbe kann sich also nicht darauf berufen, allein den Besitz und den Titel des Erblassers für sich zu beanspruchen und die weitere Ersitzungsvoraussetzung der bona fides gewissermaßen selbst einzubringen oder vitia ex persona des Erblassers zu überwinden. Hierin kann man eine Bestätigung dafür erblicken, dass die Nachfolge in die Beziehung zum Ersitzungsgegenstand über den Erwerb des werdenden Eigentums oder der condicio usucapionis hinausgeht. Anders als eine Anwartschaft ist die Unfähigkeit, wegen Bösgläubigkeit ersitzen zu können, kaum als vererbliche Rechtsposition vorstellbar. Es geht dann keine Rechtsposition über, sondern die für den Erblasser maßgebliche Lage wird für den Erben als bindend erachtet. Der Hinweis allein, dass ein gutgläubiger Erbe, der nach dem Erbfall eine vermeintliche Ersitzung des Erblassers sozusagen zu aktivieren versucht, in eigener Person keine iusta causa vorweisen und allein deshalb nicht ersitzen kann, stellt die Problematik noch nicht hinreichend dar. Er 556 Pap. D. 41, 3, 43 pr.: Heres eius, qui bona fide rem emit, usu non capiet sciens alienum, si modo ipsi possessio tradita sit: continuatio vero non impedietur heredis scientia. 557 Zanzucchi, Successio, S. 98. Auf S. 12 formuliert Zanzucchi „la bona fides superveniens non giova“. Zu diesem Prinzip siehe auch Duncker, ZCP 12 (1839), S. 105, 113 f. Ein Nachweis für dieses Prinzip findet sich scheinbar in Pap. D. 44, 3, 11: Cum heres in ius omne defuncti succedit, ignoratione sua defuncti vitia non excludit . . . usucapere non poterit, quod defunctus non potuit. Vorzugswürdig erscheint jedoch, die Stelle konkret auf die usucapio pro herede in ihrer späteren Form zu beziehen, wonach der gutgläubige Erbe nicht pro herede ersitzen kann, wenn die Sachen tatsächlich einem Lebenden gehören, angedeutet bei Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 239. Dann läge die Besonderheit darin, dass letztlich für den Erben ein Ersitzungshindernis ex re besteht, eine Ersitzung des Erblassers hingegen scheiterte an dessen Bösgläubigkeit. Außerdem wäre der potentielle Ersitzungstitel des Erblassers ein anderer als der des Erben. Anders hingegen Kaser, SZ 89 (1972), S. 94, 131 f., der keinen Bezug zur usucapio pro herede herstellt. Jedenfalls in diesen Zusammenhang gehört Paul. D. 41, 3, 4, 15: Heres, qui in ius defuncti succedit, licet apud eum ignorantem ancillam furtivam esse conceperit ea et pepererit, non tamen usucapiet. Der Erbe des Diebes kann unabhängig von seinem guten Glauben das Sklavenkind nicht ersitzen, weil er in dieser konkreten Situation gem. Ulp. D. 6, 2, 11, 2 . . . vitiorum defuncti successor est. Ein gutgläubiger Käufer könnte das Kind hingegen ausweislich Ulp. D. 47, 2, 48, 5 ersitzen. Maßgebliches vitium ist jedoch nicht die Bösgläubigkeit, sondern dass der gutgläubige Erbe heres furi ist. Vgl. zu dieser Stelle zusammenfassend Voci, Diritto ereditario romano I, S. 168; Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 244 ff.

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genügt aber in den meisten Fällen als Erklärung. Anderes gilt für Pap. D. 44, 3, 11, wo sich nach der hier befürworteten Deutung die Unersitzbarkeit pro herede für den Erben tatsächlich aus den Umständen beim Erblasser ergibt.558 Vor allem Paul. D. 41, 3, 4, 15559 zeigt die Abhängigkeit des Erben von der Person des Erblassers hinsichtlich einer möglichen Ersitzung des Sklavenkinds deutlich. Erneut ist demnach maßgeblich, dass der Erbfall die Rechtsbeziehungen zwischen Käufer und Verkäufer beziehungsweise zwischen Eigentümer und Erblasser/Erbe für keine Seite unbillig verändern soll. Dieses Prinzip drückt Paulus vorliegend in D. 4, 6, 30 pr. mit der Formulierung possessio defuncti descendit . . . ad heredem aus, auch wenn es nicht um einen Ausschluss der Ersitzung, sondern konkret um ein Risiko geht, mit dem die Ersitzung belastet ist. Da in Fällen einer für den Erblasser ausgeschlossenen Ersitzung ein Übergang der usucapio sprachlich ausscheidet, erscheint es naheliegend, die für sich genommen vorliegende possessio als Anknüpfungspunkt aufzugreifen. Der Ausschluss einer Ersitzung durch den Erben wegen vitia in der Person des Erblassers ist seltener überliefert als die successio in possessionem. Zudem lassen sich die vorhandenen Beispiele Pap. D. 44, 3, 11 und Paul. D. 41, 3, 4, 15 nicht ohne Restzweifel deuten; insbesondere die Paulus-Stelle behandelt einen sehr speziellen Fall. Es erscheint daher zu weitgehend, in einer successio in vitia defuncti die Kehrseite der successio in possessionem zu erblicken.560 Gleiches gilt für eine generelle Nachfolge des Erben in die mala fides des Erblassers. Eine solche gab es ebenso wenig wie eine Nachfolge in die bona fides. Die Beobachtung, dass der Erbe bisweilen durch Ersitzungshindernisse in der Person des Erblassers oder durch die Umstände der Besitzbegründung durch den Erblasser an einer eigenen Ersitzung gehindert werden kann, ist hingegen zutreffend. In der Regel fehlt es jedoch schlicht an den Ersitzungsvoraussetzungen in der Person des Erblassers und ebenso in der Person des Erben. Nicht mit diesem Prinzip vermischt werden darf die Konstellation, dass wegen objektiver Ersitzungshindernisse ex re weder Erblasser noch Erbe ersitzen können.561 Hier ist bereits das Ersitzungsobjekt untauglich und auf die bona fides, 558

Siehe zur Wiedergabe und Darstellung die vorangehende Fußnote. Text und Deutung wiedergegeben in Fn. 557. 560 Suman, Rivista italiana 59 (1917), S. 225, 241 spricht hingegen von einer „regola della successio anche nei vizi del possesso.“ In den Quellen findet sich die Formulierung angedeutet in Ulp. D. 6, 2, 11, 2: . . . sed heres furis hanc actionem non habet, quia vitiorum defuncti successor est. Die Rede ist im konkreten Fragment von der Anwendbarkeit der actio Publiciana hinsichtlich eines partus ancillae furtivae. Siehe hierzu bereits Fn. 557. 561 Pomp. D. 41, 3, 24, 1: Interdum etiamsi non fuerit inchoata usucapio a defuncto, procedit heredi eius: veluti si vitium, quod obstabat non ex persona, sed ex re, purgatum fuerit, ut puta si fisci res esse desierit aut furtiva aut vi possessa. Vorliegend fällt jedoch das Ersitzungshindernis ex re in der Folge gerade weg, so dass doch eine Ersitzung offen steht. Der angesprochene Grundsatz ist dennoch aus der Stelle ablesbar. 559

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oder allgemeiner auf die vom Erblasser abhängigen Ersitzungsvoraussetzungen, kommt es gar nicht an. Hier könnte also der Erbe selbst bei einem von ihm abgeschlossenen neuen Kaufvertrag nicht ersitzen. Konkret für den geschilderten Fall deutet jedoch nichts darauf hin, dass der miles bösgläubig oder eine Ersitzung aus anderen Gründen nicht wirksam gewesen wäre. Stattdessen ist ausdrücklich davon die Rede, dass der Erbe die Ersitzung vollendet hat, heres impleverit usucapionem. Warum also betont Paulus, dass der Erbe nicht nur die Ersitzung fortsetzen kann, sondern auch die Ersitzungsvoraussetzungen, wie sie in dessen Person vorlagen, für den Erben maßgeblich sind? Die Antwort hierauf ergibt sich aus dem konkreten Sachverhalt, der in der bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitung der successio in possessionem kaum Beachtung findet. Benöhr erkennt die Notwendigkeit der Formulierung possessio descendit ad heredem zu Recht darin, dass der Erbe mit dem Restitutionsrisiko des miles belastet bleibt.562 Der Erbe soll im Ergebnis nicht besser stehen als der Erblasser. Er trägt das Restitutionsrisiko, das sich vorliegend aus der Abwesenheit des miles ergibt. Gegen den rückkehrenden miles wäre eine in integrum restitutio gewährt worden und der ursprüngliche Eigentümer hätte die Chance gehabt, im Prozess die Ersitzung abzuwenden. Dieses Risiko ist Teil der fortlaufenden Ersitzung und lässt sich sinnvoll in der Beschaffenheit des Besitzes des miles verorten. Dieses Erklärungsmuster ist gewissermaßen die Anwendung der oben angestellten Überlegungen auf den Einzelfall und erklärt, warum es Paulus notwendig erscheint, nach der Darstellung der Ersitzungsvollendung auch noch gesondert eine Aussage zur possessio zu treffen. Diese Deutung führt das beschriebene Sachproblem einer Lösung zu, ohne der modernen Dogmatik Konstruktionen entlehnen zu müssen. Sie verdient daher den Vorzug vor den Erklärungsversuchen, die possessio durch usucapio ersetzen wollen oder in der Passage eine bloße Wiederholung des Konzepts der successio in possessionem sehen. Außerdem belegt dieses Verständnis nochmals, dass das Prinzip der successio in possessionem schwerlich mit einem erbrechtlichen Erwerb von Anwartschaften oder Rechtspositionen zu erklären ist. In diesem Fall müsste diese Anwartschaft wiederum belastet sein mit dem Restitutionsrisiko. Eine solche Konstruktion erscheint vor allem aus heutigem Blickwinkel theoretisch denkbar. Dass die römischen Juristen sie jedoch dem Prinzip, dass der Erbe die Ersitzung zu den Bedingungen des Erblassers fortsetzen konnte, vorgezogen hätten, ist nicht wahrscheinlich. (2) Ergänzung zu iniuncta? Noch zu klären bleibt die oben als scheinbar unvollständig bezeichnete Formulierung possessio quasi iniuncta descendit ad heredem. Die Deutung, dass die 562

Benöhr, FS Hausmaninger, S. 41, 55.

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possessio des heres des Erblassers von Anfang an mit der des Erblassers selbst verbunden ist, dürfte unzweifelhaft sein.563 Die oben zitierte deutsche sowie die englische Übersetzung, die implizit eine Auslassung von hereditati unterstellen, liefern jedoch bereits eine Deutung für dieses Phänomen in Anlehnung an die erbrechtliche Nachfolge. Dies lässt sich jedoch nicht am Text selbst und auch nicht an der Funktionsweise der successio in possessionem festmachen. Mit dem bis dato entstandenen Bild von der successio in possessionem und konkret dem fortbestehenden Restitutionsrisiko erschiene dann eher eine Formulierung possessio defuncti iniuncta possessioni heredis descendit ad heredem erwägenswert. Dass der Text so gelautet haben könnte, ist jedoch ebenfalls nichts weiter als eine theoretische Option. Es drängt sich daher die Frage auf, ob nicht doch der überlieferte Wortlaut ohne ein Bezugswort im Dativ akzeptiert werden kann. Der Apparat der editio maior weist an interessanten Varianten zu iniuncta insbesondere die Adverbien iunctim oder coniunctim nach.564 Demnach ginge die possessio „verbunden“ auf den Erben über. Dies bedeutet nichts anderes als einen Übergang der possessio vom Erblasser auf den Erben ohne Unterbrechung. Die überlieferte Lesart iniuncta zwingt ebenfalls nicht zu einem anderen Verständnis. Bei einem prädikativen Gebrauch des Partizips wäre von einem Übergehen der possessio „als verbundener“ die Rede. Die Bedeutung im Vergleich zum Gebrauch eines Adverbs ändert sich dadurch aber nicht. Zum Ausdruck gebracht wird auch dann lediglich die Kontinuität und Maßgeblichkeit der beim Erblasser geschaffenen Ersitzungslage. Der überlieferte Wortlaut erweist sich somit als sprachlich und juristisch stimmig. Eine Interpolation ist aus dem vermeintlichen Fehlen eines Bezugsworts im Dativ nicht zu folgern. Letztlich ist daher der Übersetzung nach Schipani der Vorzug zu geben, die den als solchen unstreitigen Sinngehalt am besten wiedergibt und sich nicht auf eine rein hypothetische Ergänzung von hereditati stützt.565 4. Fazit Die successio in possessionem ermöglicht einem Erben die Fortsetzung einer vom Erblasser begonnenen Ersitzung. Aus Wertungsgesichtspunkten machte man eine Ausnahme vom Grundsatz, dass eine Ersitzung durchgängigen Besitz erfordert. Es handelt sich daher um ein spezielles ersitzungsrechtliches, nicht um ein erbrechtliches Phänomen. 563

Siehe von Lübtow, Studi Grosso II, S 581, 597 Fn. 76. Vgl. editio maior, S. 145, 24: quasi iunctim PUa, quasi coniunctim Ub. P bezeichnet die Handschrift Paris Bib. nat. lat. 4450, U steht für Padua, Bibl. univ. 941. Das hochgestellte a bezeichnet den Text von erster Hand, das hochgestellte b die Emendation von einer weiteren Hand. 565 Vgl. bereits oben Fn. 416. 564

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VI. Paul. D. 41, 2, 30, 5 (15 ad Sab.) 1. Einführung der Stelle Paul. D. 41, 2, 30, 5 hat zum einen die Besitzausübung durch andere zum Thema und stellt außerdem die Nachfolge in den Besitz als solchen der Ersitzungsfortsetzung gegenüber. Der Paragraph stammt aus dem Kommentar des Paulus zur systematischen Darstellung des Zivilrechts durch Masurius Sabinus, dessen Iuris civilis libri III. Das Werk des Paulus umfasste 16 Bücher.566 Die konkrete Stelle entstammt dem 15. Buch: Quod per colonum possideo, heres meus nisi ipse nactus possessionem non poterit possidere: retinere enim animo possessionem possumus, apisci non possumus. Sed quod pro emptore possideo per colonum etiam, usucapiet etiam heres meus.

Was der Erblasser mittels eines Kolonen besitzt, wird der Erbe erst besitzen, wenn er selbst Besitz erworben hat. Man könne sich zwar allein mittels animus im Besitz halten, aber auf diese Weise keinen Besitz erwerben. Was der Erblasser hingegen mit dem Titel pro emptore mittels eines Kolonen besitzt, wird auch der Erbe ersitzen. 2. Auffälligkeiten a) per colonum possideo Nachdem bereits im Rahmen der Darstellung von Iav. D. 41, 2, 23 pr. die erste Person Singular als gebräuchliche Darstellungsform eingeführt wurde, braucht hierauf an dieser Stelle nicht mehr ausführlich eingegangen zu werden. Paul. D. 41, 2, 30, 5 ist insofern nur ein weiteres Beispiel hierfür. Von größerem Interesse erscheint, dass der ego mittels einer anderen Person besitzt. Augenscheinlich wird vorliegend der Besitz mittels eines colonus, einem Landpächter,567 ausgeübt. Warum wählt Paulus gerade einen Kolonen als Beispiel? Welche besondere Rechtsbeziehung besteht zwischen jenem und der Person, die durch ihn besitzt? Anders als beispielsweise ein Sklave ist ein Kolone personenrechtlich frei und anders als ein Haussohn568 ist er in der Lage, eigenes Vermögen zu haben. Es erscheint insofern erklärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen 566 Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, § 34 Rn. 25; Liebs, HLL IV, S. 152. 567 Zur Entwicklung von den freien coloni hin zum Kolonat vgl. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 16 Rn. 18; Liebs, Römisches Recht, S. 78 f.; aus sozialgeschichtlichem Blickwinkel, Jones, Kolonat, S. 81 ff.; vgl. zu den sozialen Verhältnissen auch Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 99 ff. sowie Zamorani, Possessio e animus, S. 64 Rn. 10 mit weiteren Nachweisen. 568 Vgl. Gaius 2, 87: . . . qui in potestate nostra est, nihil suum habere potest . . . . Zur Ausnahme des peculium und der späteren Lockerung dieses Grundsatzes, Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 12 Rn. 12.

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und mit welchen Auswirkungen man den Besitz durch andere, insbesondere durch Freie, ausüben konnte. Dass dies jedenfalls möglich war, wird durch die Quellen belegt.569 Gaius nennt den colonus ausdrücklich als Fall eines Besitzmittlers,570 der nicht gewaltunterworfen ist.571 Laut Pomponius besteht hinsichtlich der Besitzerhaltung572 durch Kolonen oder Sklaven kein Unterschied.573 b) retinere animo possessionem Paulus führt aus, der Besitz könne animo aufrechterhalten werden. Angesichts der bereits erwähnten und ebenfalls von Paulus formulierten Regel, dass für den Besitzerwerb corpus und animus nötig seien,574 mag es überraschen, dass für die Fortdauer des Besitzes anderes gelten soll.575 Zwar ist die Besitzlehre des Paulus 569 Zum Beispiel Paul. D. 41, 2, 3, 8: . . . quod si servus vel colonus, per quos corpore possidebam . . . ; Paul. D. 41, 2, 3, 12: Ceterum animo nostro, corpore etiam alieno possidemus, sicut diximus, per colonum et servum . . . ; oder auch Pap. D. 41, 2, 44, 2: . . . quod servi vel etiam coloni corpore possidetur . . . . 570 Besitzmittlung wird hier für das römische Recht als Ausübung von Besitz mittels anderer Personen verstanden. Der Besitzmittler übt die tatsächliche Sachherrschaft nomine alieno aus, vgl. auch Gai. D. 41, 2, 9: Generaliter quisquis omnino nostro nomine sit in possessione, veluti procurator hospes amicus, nos possidere videmur. Diese von possessio im technischen Sinne abzugrenzende Sachherrschaft lässt sich mit Kaser, Detention, S. 1, 2 als Detention bezeichnen. Choi, Besitzerwerb, S. 14 verwendet für das römische Recht den Begriff Besitzhalter. Davon zu unterscheiden ist der Begriff des Besitzmittlers im heutigen deutschen Recht: Hierbei handelt es sich um einen unmittelbaren Fremdbesitzer, der selbst Besitzer ist, aber einen Herausgabeanspruch aus einem Besitzmittlungsverhältnis anerkennt, vgl. Bauer/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 34. Auch im römischen Recht sind beispielsweise der Mieter und der Verwahrer Besitzmittler, ohne aber Besitzer zu sein. Der Begriff des Besitzmittlers ist auch wegen der personenrechtlichen Besonderheiten weiter als heute: Er umfasst die Besitzausübung durch personenrechtlich Freie, die schuldrechtlich oder wie der amicus auch nur emotional gebunden sind, und durch gewaltunterworfene Personen. Siehe instruktiv Lauria, Possessiones, S. 101–125. Zur Terminologie des Besitzmittlers siehe auch Wieling, Studi Sanfilippo I, S. 713, 735 f. 571 Gaius 4, 153: Possidere autem videmur non solum, si ipsi possideamus, sed etiam, si nostro nomine aliquis in possessione sit, licet is nostro iuri subiectus non sit, qualis est colonus et inquilinus . . . . 572 Wobei die Betonung hier auf der Besitzerhaltung liegt. Zur Besitzbegründung beispielsweise wird gerade keine Aussage getroffen. 573 Pomp. D. 41, 2, 25, 1: . . . nec inter colonum et servum nostrum, per quem possessionem retinemus, quicquam interest. 574 Paul. D. 41, 2, 3, 1: Et apiscimur possessionem corpore et animo, neque per se animo aut per se corpora . . . . 575 Hier sei ferner auf Paul. D. 41, 2, 8 hingewiesen: Quemadmodum nulla possessio adquiri nisi animo et corpore potest, ita nulla amittitur, nisi in qua utrumque in contrarium actum est. Als lex geminata ist die Stelle zudem unter die Rechtsregeln in D. 50, 17, 153 eingeordnet, wird hier allerdings als längeres Exzerpt und mit anderer Einleitung wiedergegeben. Paulus verlangt offenbar für das Ende des Besitzes einen actus contrarius hinsichtlich corpus und animus. Jedenfalls muss die Stelle ungeachtet ihrer Einordnung in den Digesten in ihrem Zusammenhang als Kommentierung zum

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erst ein Zeugnis der Spätklassik, doch hinsichtlich des Prinzips possessionem animo retinere findet sich eine entsprechende Stelle auch bereits in den Institutionen des Gaius.576 c) pro emptore possideo Terminologisch ist auffällig, dass der Erblasser zwar pro emptore besitzt, der Erbe jedoch ersitzen wird. Ein Übergang der possessio wird nicht explizit benannt, auch nicht ein solcher der possessio pro emptore in einer vielfach so bezeichneten Ausprägung als Ersitzungsbesitz. Augenscheinlich stellt es für Paulus keinen Widerspruch dar, dass von dem Erben noch ein Besitzerwerb gefordert wird, er aber dennoch ersitzen kann. d) Keine Erwähnung einer aditio Ebenso wie in Paul. D. 4, 6, 30 pr. lässt sich auch vorliegend kein Bezug zu einer aditio herstellen.577 Die Aussage, dass Besitz die tatsächliche Ergreifung der Sache voraussetzt, die Ersitzungsfortsetzung jedoch nicht, scheint von einer aditio unabhängig. Man könnte also vorliegend eher noch als beispielsweise in Iav. D. 41, 2, 23 pr. oder in Ulp. D. 47, 4, 1, 15 eine allgemeingültige Aussage erwarten. Diese würde nicht nur die Rechtslage für die voluntarii heredes beschreiben, die erst mit dem Antritt die Erbschaft erwerben, sondern für alle Erben gelten. 3. Exegese a) Zusammenhang Dem fünfzehnten Buch ad Sabinum ist nicht nur D. 41, 2, 30 pr. bis § 6 entnommen, sondern ebenso Fragment 32. Daher ist bei einer Betrachtung im Zurestitutorischen Interdikt unde vi im 65. Buch des Ediktskommentars des Paulus gesehen werden, vgl. Lenel, Palingenesia I, Sp. 1082. Demnach wird laut Zamorani, Possessio e animus, S. 126 als Voraussetzung der deiectio festgehalten, dass nicht nur die tatsächliche Beherrschung der Sache, sondern auch ein animus revertendi nicht mehr bestehen darf. Eine ähnliche Erklärung wird auch von MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 135 Fn. 87 vorgeschlagen. Demnach geht der Besitz erst verloren, wenn der vormalige Besitzer sich nach einem Eindringen Dritter damit abfindet. Paul. D. 41, 2, 8 beinhaltet daher keine allgemeinverbindliche Aussage. Eine wenig überzeugende Deutung, wonach die Stelle lediglich die Untrennbarkeit der Elemente des Besitzes veranschaulichen sollte, findet sich bei Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 19. 576 Ausdrücklich Gaius 4, 153, wiedergegeben in Fn. 571, wo nach der Darstellung des Prinzips des possessionem animo retinere festgehalten ist, dass ein Besitzerwerb animo ausscheidet, nec ulla dubitatio est, quin animo possessionem apisci non possimus. 577 Zwar erwähnt Paulus in D. 4, 6, 30 pr., dass die Ersitzung noch vor Antretung der Erbschaft vollendet werden kann, allerdings ist das Phänomen der successio in possessionem davon, wie gezeigt, unabhängig.

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sammenhang auch dieser lediglich durch einen knappen Einschub abgetrennte Text einzubeziehen.578 Zunächst verneint Paulus, dass derjenige, der ein Gebäude besitzt, automatisch auch die darin befindlichen einzelnen Sachen besitzt. Danach wendet er sich thematisch dem Besitzverlust zu und stellt verschiedene Beispielsfälle dar. Unter anderem thematisiert er den Besitzverlust an einem Ort, an dem man einen Toten bestattet hat. Die Begründung hierfür deckt sich zunächst mit Zeugnissen von deren Unersitzbarkeit.579 Die Wirkungen einer Bestattung gehen jedoch so weit, dass der Ort gänzlich aus dem Privatrechtsverkehr ausscheidet und auf jegliche Weise unveräußerlich wird.580 Gleiches gilt laut Paulus hinsichtlich eines Freien. Hierbei könnte er neben der Ersitzung auch eine abzulehende erzwungene Besitzmittlung im Blick gehabt haben.581 Bei einer missio in possessionem durch den Prätor wegen unterbliebener cautio damni infecti 582 gehe ferner der Besitz gegen den Willen des Eigentümers verloren. Auch wenn ein Grundstück583 nicht in den Besitz eines anderen gelangt, sondern zum Beispiel im Meer untergeht, kommt es zu Besitzverlust. Ein weiteres Beispiel hierfür ist, dass der Besitzer Gewaltunterworfener eines anderen wird (in alterius potestatem pervenit).584 Als konkreter Anwendungsfall kommt hier insbesondere eine Arrogation oder das Eingehen einer manus-Ehe durch eine Frau sui iuris in Betracht.585 Dann wendet sich Paulus in § 4 vorübergehend dem Besitz an Mobilien zu. Für den gewillkürten Besitzverlust wird dann schlichtes nolle als Beispiel genannt, also die Aufgabe des Willens, Besitzer zu sein. Weiterhin nennt Paulus die Freilassung eines Sklaven oder auch allgemein die Überführung einer Sache in einen anderen Zustand, zum Beispiel bei der Verarbeitung von Wolle zu Kleidern. Es folgt dann der hier dargestellte § 5, der zunächst mit dem Tod des Besitzers auch einen Fall des Besitzverlusts beschreibt, ehe die Ersitzungsfortset-

578 Dies entspricht auch der Darstellung bei Lenel, Palingenesia I, Sp. 1288 f. der diese Textstellen zu Beginn des 15. Buches unter der Überschrift De possessione et usucapione nacheinander wiedergibt und D. 41, 2, 30, 5–D. 41, 2, 32, 1 sogar als Pal. 1871 zusammenfasst. 579 Vgl. Gaius 2, 48: Item liberos homines et res sacras et religiosas usucapi non posse manifestum est. 580 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 378. 581 Vgl. Iav. D. 41, 2, 23, 2: Item quaero, si vinxero liberum hominem ita, ut eum possideam, an omnia, quae si possidebat, ego possideam per illum. respondit: si vinxeris hominem liberum, eum te possidere non puto . . . . 582 Beim drohenden Einsturz eines Gebäudes musste dem Nachbarn, auf dessen Antrag und nach Anordnung durch den Prätor, Sicherheit für künftige Schäden geleistet werden. Blieb die Sicherheitsleistung aus, konnte der Prätor den Bedrohten in das Grundstück einweisen, siehe hierzu Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 23 Rn. 17 mit weiteren Nachweisen. 583 Dass es sich in § 3 nur um unbewegliche Sachen handelt, ergibt sich aus der folgenden Gegenüberstellung dessen, quod mobile est, in § 4. 584 Paul. D. 41, 2, 30, 3. 585 Siehe zu diesen Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge ausführlich unten D.IV.

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zung gegenübergestellt wird. Durch die gewählte Perspektive des Erblassers wird die Frage im Bereich der Besitzerhaltung verortet. Dies wird auch daran deutlich, dass in Paul. D. 41, 2, 30, 6 in der Folge betont wird, dass auch beim Verleihen einer Sache der Besitz keineswegs verloren geht, selbst wenn der andere glaubt, die Sache gehöre ihm. Das gelte entsprechend bei einer Untervermietung durch den Kolonen oder einer Weitergabe durch den Verwahrer. Nach der in den Digesten eingeschobenen Pomponius-Stelle D. 41, 2, 31 fährt Paulus mit der Besitzerhaltung des pupillus auch ohne tutor fort, thematisiert also auch hier letztlich die Frage des Besitzverlusts beziehungsweise der Besitzerhaltung. Auch in D. 41, 2, 32, 1 geht es um ein retinere des Besitzes. Erst zum Abschluss in § 2 wird dann der Besitzerwerb gegenübergestellt. b) Rechtsfrage Häufig diskutiert wurde von den römischen Juristen die Frage, ob durch den Tod eines Besitzmittlers oder dessen Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft der Besitz des Herrn verloren ging.586 Dies wurde ganz überwiegend587 ver-

586 Vgl. zum erstgenannten Fall zum Beispiel Paul. D. 41, 2, 3, 8: . . . quod si servus vel colonus, per quos corpore possidebam, decesserint discesserintve, animo retinebo possessionem. Noch deutlicher: Afric. D. 41, 2, 40, 1: Si forte colonus, per quem dominus possideret, decessisset, propter utilitatem receptum est, ut per colonum possessio et retineretur et contineretur . . . und Pomp. D. 41, 2, 25, 1: Et per colonos et inquilinos aut servos nostros possidemus: et si moriantur aut furere incipiant aut alii locent, intellegimur nos retinere possessionem . . . . Zum Fall der Aufgabe der Sachherrschaft siehe Proc. D. 4, 3, 31: Cum quis persuaserit familiae meae, ut de possessione decedat, possessio quidem non amittitur . . . und Pap. D. 41, 2, 44, 2: . . . eius vero, quod servi vel etiam coloni corpore possidetur, non aliter amitti possessionem, quam eam alius ingressus fuisset . . . . Wohl allein zur Fortsetzung der Ersitzung, so auch Castro Sáenz, RIDA 45 (1998), S. 143, 156 Fn. 18, und insofern von der Frage der Besitzerhaltung als solcher abzugrenzen: Iul. D. 41, 4, 7 pr.: . . . servi, qui in possessionem relicti fuerant, discesserunt relinquendae eius gratia: quaesitum est, an nihilo minus heredi tempus longae possessionis procedere potest. respondit etiam discedentibus servis hoc tempus heredi procedere. Die erstgenannten Fälle dürften zumindest auch einen interdiktenrechtlichen Hintergrund haben und insofern eine allgemeinere Aussage zur possessio im Sinne von Sachherrschaft treffen. 587 Im Detail gab es aber offenbar gerade bei willentlicher Aufgabe der Stellung als Besitzmittler auch abweichende Ansichten. Das klingt beispielsweise in Pomp. D. 41, 2, 31 an: Si colonus non deserendae possessionis causa exisset de fundo et eo redisset, eundem locatorem possidere placet. Hier liegt der Umkehrschluss nicht fern, dass eine gewollte Besitzaufgabe durch den Kolone als Besitzverlust des Vermieters aufgefasst wurde. Andererseits vertritt Pomp. in D. 41, 2, 25, 1 (siehe Fn. 586) ebenfalls ein retinere possessionem im Fall des Todes oder der Geisteskrankheit des Besitzmittlers. Deutlicher noch die Fortsetzung von Afric. D. 41, 2, 40, 1 (siehe Fn. 586): . . . aliud existimandum ait, si colonus sponte possessione discesserit . . . , der hier die Meinung von Julian referiert haben dürfte, ait. Für Meinungsunterschiede unter den Juristen im Detail sprechen sich auch Ankum, SZ 114 (1997), S. 402, 407 sowie Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 93 ff. aus.

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neint.588 Der Wegfall des Besitzmittlers wirkt sich also auf den Besitz nicht aus. Vorliegend geht es jedoch um eine anders gelagerte Konstellation. Die Frage ist angesichts des Zusammenhangs auch nicht, wie der Erbe in den Besitz der Erbschaftsgegenstände gelangen kann, wenn ein Besitzmittler vorhanden ist, dessen faktischer Zugriff gerade nicht endet.589 Genauer wird mit der Fragestellung umschrieben, ob der Besitz durch den Tod des Erblassers verloren geht beziehungsweise unterbrochen wird. Dies wird von Paulus dahingehend beantwortet, dass für die possessio als solche eine neue Ergreifung durch den Erben nötig ist und somit der Besitz des Erblassers erst einmal verloren gegangen ist. Soweit es jedoch um die Vollendung der Ersitzung geht, deren Voraussetzung formal betrachtet ebenfalls possessio ist, bedarf es hingegen keiner tatsächlichen Ergreifung. Die Ersitzung bricht nicht ab, sondern die bereits abgelaufene Ersitzungszeit kommt dem Erben zu Gute. Der heres wird die Sache ersitzen, formuliert Paulus. Entsprechend den bei Paul. D. 4, 6, 30 pr. gefundenen Ergebnissen setzt die successio in possessionem also allein voraus, dass im Zeitpunkt des Erbfalls noch eine Besitzausübung stattgefunden hat; genauer, eine Besitzausübung, der eine Besitzbegründung zu Grunde liegt, die den Anforderungen der usucapio entspricht. Spätere Geschehnisse berühren den Fortlauf der Ersitzungszeit hingegen nicht, so lange kein Dritter Besitzer wird.590 c) Erklärung der Auffälligkeiten aa) per colonum possideo Gaius 4, 153 beschreibt die Besitzausübung durch Freie als anerkanntes Phänomen. Es fällt dennoch auf, dass Gaius diese Konstellation erklärungsbedürftiger erscheint als die der Besitzmittlung durch den Gewaltunterworfenen, den nostro iuri subiectus. Der Fall des Gewaltunterworfenen dürfte der Ausgangspunkt einer Besitzausübung durch andere gewesen sein.591 Allgemein erscheint in diesen Fällen die potestas als Rechtfertigung für den möglichen Einsatz als „beleb588 Ob dies allein utilitatis causa geschah oder ob auch hier das Prinzip des possessionem animo retinere griff, erscheint für die weitere Untersuchung nicht entscheidend. Zur Thematik lesenswert Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 207 ff.; Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 86 ff. 589 Diese Folgefrage beantwortet Paulus beiläufig dahingehend, dass animo possessionem apisci non possumus. 590 So ist auch in Iul. D. 41, 4, 7 pr. (siehe Fn. 534) unerheblich, dass die Sklaven weggehen. Dies ändert nichts an der Zuordnung der Ersitzungsvoraussetzungen zur Erbschaft und später zum Erben, auch wenn wie bei der ruhenden Erbschaft keine Besitzausübung stattfinden kann. Hier fehlt es ohnehin schon an einem Besitzherrn; dass dann die rechtlich nicht mehr bedeutsame tatsächliche Sachherrschaft des mittelnden Sklaven zusätzlich wegfällt, ist unerheblich. 591 So auch Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 68 Fn. 36, der vermutet, dass die Entwicklung zunächst auf den colonus und dann auf die übrigen Fälle ausgedehnt wurde.

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tes Werkzeug“ 592 zum Besitzerwerb.593 Da nicht nur die Haussöhne, sondern auch die Sklaven in potestate594 waren, existiert im Grundsatz ein einheitliches Kriterium. Als Erklärungsmodell diente jedoch hinsichtlich der Sklaven in vielen Fällen konkreter noch der Besitz an eben diesen.595 Für Haussöhne scheidet der Besitz als Kriterium ob deren persönlicher Freiheit freilich aus. Weiterhin muss man sich hinsichtlich der vorliegenden Stelle bewusst machen, dass Paulus nicht den Besitzerwerb thematisiert. Zu den Anforderungen an den Besitzerwerb durch Gewaltunterworfene596 und den sehr restriktiv gehandhabten Besitzerwerb durch Freie597 brauchte sich Paulus vorliegend nicht zu äußern. Folglich wurde der Besitz zunächst durch den Erblasser begründet, der dann später den Kolonen als Mittler mit der tatsächlichen Sachherrschaft betraute. Auch die Formulierung in Paul. D. 41, 2, 30, 5, dass der Erbe selbst, ipse, den Besitz 592

Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 393. Paul. D. 41, 2, 1, 5: Item adquirimus possessionem per servum aut filium, qui in potestate est . . . . Gaius 2, 89: Non solum autem proprietas per eos, quos in potestate habemus, adquiritur nobis, sed etiam possessio . . . . Dies wird auch in der Antwort des Iavolen in D. 41, 2, 23, 2 angedeutet: . . . neque enim rerum natura recipit, ut per eum aliquid possidere possimus, quem civiliter in mea potestate non habeo. 594 Vgl. allgemein, ohne spezifischen Bezug zum Besitz, Gaius 1, 52: In potestate itaque sunt servi dominorum . . . et quodcumque per servum adquiritur, id domino adquiritur. Vom Zusammenhang zwischen potestas und Rechtserwerb spricht für den Besitzerwerb W. Krüger, Erwerbszurechnung, S. 24. 595 Benöhr, Besitzerwerb, S. 30, S. 134. Einen guten Überblick hierzu vermittelt auch Misera, SZ 91 (1974), S. 443 ff. Mittelbar lässt sich dies das Besitzkriterium auch an der bereits angesprochenen Stelle Iav. D. 41, 2, 23, 2 ablesen, wo der Fragesteller sich erkundigt, ob er dadurch, dass er einen Freien derart fesselt, ut eum possideam, auch die Sachen durch den Gefesselten besitzt, die jener besaß. Beispielhaft zeigt vor allem die bereits angesprochene Konstellation des servus fugitivus, dass die bloße potestas bisweilen nicht ausreicht, sondern der Besitz am Sklaven eine engere Voraussetzung darstellt. Der Flüchtige ist personenrechtlich in potestate, aber unter Umständen kein taugliches Werkzeug mehr zum Besitzerwerb. Vgl. Paulus D. 41, 2, 1, 14. Siehe hierzu bereits oben B.V.3.c)dd)(2) sowie die Darstellung des Meinungsstands unter den römischen Juristen bei Klingenberg, CRRS Teil X, 6, S. 5. 596 Hierzu grundlegend Benöhr, Besitzerwerb und Nicosia, Acquisto. Diskutiert wird insbesondere, ob der Erwerb für den Herrn stets Kenntnis vom Erwerbsvorgang voraussetzt, es sei denn er fällt ins peculium. Nicosia, Acquisto, S. 339 spricht sich zum Abschluss des exegetischen Teils seiner Arbeit für einen generellen Erwerb des Gewalthabers ohne weitere Voraussetzungen in klassischer Zeit aus. Dies erscheint ob der Quellenlage jedoch nicht überzeugend. Zum Meinungsbild siehe auch Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 392 Fn. 26. 597 Allgemein anerkannt wurde vermutlich allein der Besitzerwerb durch den procurator. Siehe hierzu PS 5, 2, 2: Per liberas personas, quae in potestate nostra non sunt, adquiri nobis nihil potest. Sed per procuratorem adquiri nobis possessionem posse utilitatis causa recpetum est . . . . Vgl. aus der romanistischen Literatur Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 68 sowie Ankum, FS David I, S. 1, 12 mit weiteren Nachweisen. Siehe auch Lambrini, Elemento soggettivo, S. 69, die von Paul. D. 41, 2, 1, 20: Per procuratorem tutorem curatoremve possessio nobis adquiritur . . . ausgehend eine Entwicklung zur allgemeinen Anerkennung eines Besitzerwerbs durch sämtliche Gewaltfreie schon für klassisch hält. 593

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erlangen müsse, bestätigt dies. Wenn überhaupt, kommt für den Erben eine Nachfolge in den Besitz des Erblassers in Betracht. Ein Besitzerwerb des Erben mittels Kolonen wird von Paulus offenbar nicht in Erwägung gezogen.598 Weiterhin fällt auf, dass die rechtliche Bindung allein, die zwischen Erblasser und Kolonen durch den Pachtvertrag besteht, dem Erben kein Einrücken in den Besitz ermöglicht. Der Erbe kann nicht die Besitzmittlung durch den Kolonen, gewissermaßen mit dem Pachtvertrag verbunden, erben. Es wird insofern deutlich, dass auch der gemittelte Besitz im römischen Recht noch sehr stark faktisch geprägt ist und nicht eine bloße Begleiterscheinung des mit dem Kolonen bestehenden Pachtvertrages darstellt. Man kann wohl dennoch davon ausgehen, dass der Pachtvertrag durch den Erbschaftserwerb nun zwischen Erbe und Kolone fortbesteht.599 Die Position des Verpächters ist jedoch nicht automatisch mit der des mittelbaren Besitzers verknüpft. Dies unterstreicht auch den Ausnahmecharakter der Ersitzungsfortsetzung, gerade in dieser Konstellation. Denn vorliegend übt ein Freier die tatsächliche Sachherrschaft aus, sei es auch nomine alieno. Durch den Wegfall der Person, für die der Kolone besitzt, wandelt sich seine Sachherrschaft nicht etwa in Eigenbesitz um. Dies entspricht der bereits im Rahmen der usucapio pro herede beleuchteten Regel nemo sibi causam possessionis mutare potest. Diese Regel scheint insofern auch die Funktion einzunehmen, die zuvor durch einen Besitzmittler besessene Sache sozusagen besitzlos zu halten. Wie gesehen ist maßgebliches Kriterium für eine Ersitzungsfortsetzung die Freiheit vom Besitz Dritter. Nur dann besteht eine hinreichende Kontinuität für eine Ersitzungsfortsetzung durch den Erben. Wertungsmäßig wird für Paulus ausschlaggebend ge-

598 Und wäre nach wohl allgemeiner Ansicht auch nicht möglich gewesen. Dies klingt für die konkrete Situation gerade bei Savigny, Recht des Besitzes, S. 313 an: „. . . muss irgend etwas gethan werden, wodurch der Pachter zugleich Repräsentant des Besitzes für diesen neuen Verpachter wird.“ Der Kolone kann also lediglich vorhandenen Besitz repräsentieren, wie sich Savigny ausdrückt, er kann jedoch nicht den Besitz für den Erben neu erwerben. Dies folgt aus seiner personenrechtlichen Freiheit. 599 Stirbt der Kolone, rückt dessen Erbe dagegen zunächst nicht in den Pachtvertrag ein: Lab. D. 19, 2, 60, 1: Heredem coloni, quamvis colonus non est, nihilo minus domino possidere existimo. Dies ändert jedoch letztlich nichts an dem Besitz des Verpächters. Später wurde die Frage nach dem Einrücken des Erben des Kolonen anders beurteilt, siehe hierzu die Codexstellen bei Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 69. Auch Ulp. D. 19, 2, 19, 8: Ex conducto actionem etiam ad heredem transire palam est thematisiert allein das Offenstehen der Klage auf Pächterseite. Dennoch wird trotz dünner Quellenlage für die klassische Zeit eine generelle Vererblichkeit der locatio conductio rei angenommen, Finkenauer, Vererblichkeit und Drittwirkungen, S. 36 Fn. 20. Lediglich zwei Stellen erlauben zumindest Rückschlüsse auf eine Fortsetzung des Pachtvertrages im Fall des Todes des Verpächters: Vgl. Paul. D. 19, 2, 24, 5: Qui in plures annos fundum locaverat, testamento suo damnavit heredem, ut conductorem liberaret . . . sowie Ulp. D. 19, 2, 9, 1: . . . si fructuarius locaverit fundum in quinquennium et decesserit, heredem eius non teneri, ut frui praestet, non magis quam insula exusta teneretur locator conductor . . . . Siehe hierzu du Plessis, Beyond Dogmatics, S. 139, 149 ff. In der Ulpian-Stelle tritt das Problem zu Tage, dass der Erbe unter Umständen gar nicht in der Lage ist, die Sache zu vermieten, weil er nicht deren Eigentümer ist.

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wesen sein, dass der Erbe nicht schlechter stehen darf, wenn der Erblasser den Besitz corpore alieno und nicht corpore suo ausgeübt hat. Dieses Ergebnis wäre jedoch dann schwer zu begründen gewesen, wenn der Kolone Besitzer geworden wäre. So hingegen ergibt sich kein Unterschied zu der Besitzausübung durch einen Erbschaftssklaven. Ebenso kommt es allein durch die Erbfolge nicht zu einem Austausch der Person, in deren Namen die Detention ausgeübt wird. Lediglich die Ersitzungsfortsetzung ist möglich. bb) retinere animo possessionem Dass an die Besitzerhaltung geringere Anforderungen gestellt werden als an die Besitzbegründung, lässt sich als Fazit aus einer ganzen Reihe von Textstellen in dieser Allgemeinheit festhalten.600 Dies wurde auch bereits im Zusammenhang mit der restriktiven Anerkennung eines Besitzerwerbs durch Freie aufgezeigt. Besitzerhaltung durch Freie ist hingegen ohne Weiteres möglich. Es stellt sich jedoch die Frage, ob animo retinere tatsächlich dergestalt gedeutet werden kann, dass das Tatbestandsmerkmal corpus entbehrlich und das Tatbestandsmerkmal animus hinreichend für die Besitzerhaltung sei. Bereits eine Scheidung in zwei separate Komponenten scheint für die römischen Juristen weniger strikt bestanden zu haben, als die Formulierung des Paulus nahe legt.601 Besitz erscheint den Römern in erster Linie als tatsächliche Beherrschung einer Sache. Ein bloßes tenere oder in possessione esse ist hierbei ein Minus im Vergleich zu possessio als Besitz im Sinne von in eigenem Interesse ausgeübter Sachherrschaft. Neben der Gewaltunterworfenheit kann auch die Unterordnung 600 Vgl. Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 62; Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 15; Wieacker, FS Lewald, S. 185, 189 f. Nachweise finden sich auch bei Benöhr, Besitzerwerb, S. 51. Anschaulich ist vor allem die bereits erwähnte Stelle Gaius 4, 153 (wiedergegeben in Fn. 571). Gerade zur Konstellation der Besitzerhaltung trotz Wegfall des colonus siehe Pomp. D. 41, 2, 25, 1 (wiedergegeben in Fn. 586). 601 In diesem Sinne auch bereits die grundlegende Arbeit Rotondis, BIDR 30 (1921), S. 1, 12: „inscindibile coordinazione“ und „irrelevanza pratica“. Aus jüngerer Zeit sehr anschaulich Lambrini, Elemento soggettivo, S. 23: „talmente inscindibile che solo grazie a un’astrazione se ne può parlare come di due elementi distinti.“ Siehe auch Gómez Royo, RIDA 39 (1992), S. 167, 175: „. . . possessio . . . als Verknüpfung zwischen den beiden Elementen, d.h. zwischen der bloßen Faktizität und der Willenskomponente, wobei der Wille, der als Bestandteil unentbehrlich war, ursprünglich keine Rolle spielte.“ Zu weitgehend Zamorani, der corpus und animus nicht als zwei Elemente der possessio auffasst, sondern in Possessio e animus, S. 12 sogar hinsichtlich der Paulus-Stelle D. 41, 2, 3, 1 (wiedergegeben in Fn. 574) die These aufstellt: „In Paolo corpore adquirere possessionem e animo adquirere possessionem . . . hanno in realtà diversi oggetti . . . .“ An anderen Stellen muss Zamorani dann Glossierungen oder Interpolationen annehmen, um seine Position zu verteidigen, so sei possessionem amitti vel animo vel etiam corpore in Pap. D. 41, 2, 44, 2 eine in den Text geratene Glosse, vgl. ebenda S. 83 f. Ferner sei Paul. D. 41, 2, 3, 8 mit dem Gegensatz per quos corpore possidebam . . . animo retinebo possessionem interpoliert, ebenda S. 87 ff. Ausführlich zu den Voraussetzungen der possessio siehe unten C.I.2.

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mittels Vertrag einem eigenen Besitz im Wege stehen. Besitz erfordert also neben der rein physischen Zugriffsmöglichkeit eine gewisse Art von Einstellung zur Sache, die diesen Zugriff als Besitz qualifiziert. Aus diesem Blickwinkel erhält die Aussage, dass die possessio animo erhalten werden könne, einen anderen Sinngehalt. Die Sachherrschaft ist in den Fällen des possessionem animo retinere insofern in Frage gestellt, als eine faktische Zugriffsmöglichkeit oder Beherrschung der Sache aktuell fehlt. Gerade bei den viel zitierten Winter- oder Sommerweiden602 wird dies beispielhaft deutlich.603 Dass in solchen Fällen der Besitz und der damit verbundene interdiktorische Schutz604 gegen Eindringlinge dennoch fortdauern sollten, überrascht von der Intention her nicht. Der Ursprung dieser Denkfigur im interdiktenrechtlichen Bereich wird zudem durch den palingenetischen Kontext wahrscheinlich gemacht, in dem beispielsweise Ulp. D. 43, 16, 1, 25 steht.605 Eine taugliche Begründung für das Fortbestehen des Besitzes auch ohne körperlichen Zugriff fanden die Römer in dem Prinzip des possessionem animo retinere.606 Voraussetzung war aber offen602 Pap. D. 41, 2, 44, 2: . . . nam saltus hibernos et aestivos, quorum possessio retinetur animo; Paul. D. 41, 2, 3, 11: Saltus hibernos aestivosque animo possidemus, quamvis certis temporibus eos relinquamus; Proc. D. 41, 2, 27: Si is, qui animo possessionem saltus retineret . . . . 603 Die saltus waren offenbar der Ausgangspunkt einer später auf alle Immobilien erstreckten Regel. So Wesener, FS Kaser, S. 159, 165, auch Burdese, Studi Biondi I, S. 517, 536 sowie derselbe, Studi Volterra I, S. 381, 386 f. Für eine solche Ausdehnung der auf Proculus zurückgeführten Regel sprechen sich auch Solidoro Maruotti, Abbandono, S. 179 f. und Ankum, SZ 114 (1997), S. 402, 417 aus. Dass es sich hierbei zumindest um einen Musterfall gehandelt hat, legt auch Ulp. D. 43, 16, 1, 25 nahe: Quod volgo dicitur aestivorum hibernorumque saltuum nos possessiones animo retinere, id exempli causa didici Proculum dicere: nam ex omnibus praediis, ex quibus non hac mente recedemus, ut omisisse possessionem vellemus, idem est. 604 Konkret das uti possidetis und das unde vi. Zu dieser Funktion des retinere animo possessionem siehe Lambrini, Elemento soggettivo, S. 116 f. 605 Hierauf weist zu Recht Ankum, SZ 114 (1997), S. 402, 416 hin. Die Stelle aus dem 69. Buch zum Edikt, deren Text in Fn. 603 wiedergegeben ist, nimmt auf die mutmaßliche Einführung durch Proculus Bezug und wird nicht nur in den Digesten, sondern auch von Lenel, Palingenesia II, Sp. 816 der Erörterung des interdictum unde vi zugeordnet. 606 Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 21 f.; Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 207; Lambrini, Elemento soggettivo, S. 98; Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 62 f.; MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 131 f. weist zudem auf die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit hin, dass manche ursprünglich auf Praktikabilität gestützte Lösung eines Sachproblems nachträglich mit dem Grundsatz des possessionem animo retinere gerechtfertigt wurde. Gerade in Bezug auf den Besitz am servus fugitivus deckt sich dies mit den oben erzielten Ergebnissen, siehe oben B.V.3.c)dd)(2). Cannata, SD 26 (1960), S. 71, 102 bezeichnet dieses animo retinere possessionem als „aspetto atecnico“ in Hinblick auf die Sommer- und Winterweiden. Diese Beschreibung deckt sich – ohne dass hiermit die Theorie Cannatas von der „evoluzione della dottrina dell’animo possidere“, SD 27 (1961), S. 46, 73 als Ganze bewertet werden soll – durchaus mit dem hier präsentierten Verständnis. Animus ist vorliegend nicht eines von zwei Tatbestandsmerkmalen, sondern ein bloßes Erklärungsmuster für das Fortbestehen der possessio. Dass spä-

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bar in Fällen des vorübergehenden Verlassens eines Grundstücks ein teilweise überspitzt als animus revertendi bezeichnetes Fortbestehen der Einstellung zum Grundstück.607 Ein Wille zurückzukehren, zur Sache und exakter noch zur tatsächlichen materiellen Sachherrschaft,608 wurde in dieser Konkretheit sicher nicht gefordert. Treffender erscheint eine Umschreibung dahingehend, dass sich nichts an der Beziehung des Besitzers zur Sache geändert hat, mit Ausnahme der tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit.609 Am konkreten Beispiel der saltus lässt sich dies nachvollziehbar veranschaulichen. Die Abwesenheit von einer Sommerweide während der Wintermonate610 stellt die Zuordnung derselben zum bisherigen Besitzer für die Römer nicht ernsthaft in Frage. Zweifel, ob sich die fragliche Weide noch im Besitz des gleichen Bauern befindet, kämen aber sicherlich auf, wenn er zur üblichen Weidezeit das Grundstück nicht nutzt. Heute würde man das gleiche Phänomen wohl mit gelockertem Gewahrsam611 oder sozialer Zuordnung612 umschreiben. Offenbar wählten die römischen Juristen jedoch eine andere Perspektive. Während man das Fortbestehen des Besitzes heute zumindest auch nach der Wahrnehmung eines objektiven Dritten oder der Verkehrsanschauung bestimmen würde, geht das Erklärungsmodell der Römer allein vom animus aus, der fortbestehe. Der Unterschied erscheint gering, wenn man danach fragt, ob sich der Besitzer nach wie vor wie ein solcher verhält.613 Hier wird dann ter zunehmend eine theoretische Durchdringung des animo retinere erfolgte, zeigen die zahlreichen anderen Textstellen, die die Besitzerhaltung animo als Ausgangspunkt zur Lösung von sonstigen Zweifelsfällen heranzogen: Sei es beim Eindringen Dritter in Grundstücke wie in Ulp. D. 43, 16, 1, 24: . . . ademisti enim ei possessionem, quam animo retinebat, etsi non corpore, sei es beim Auftreten von Geisteskrankheit des Besitzers wie in Proc. D. 41, 2, 27: Si is, qui animo possessionem saltus retineret, furere coepisset, non potest, dum fureret, eius saltus possessionem amittere, quia furiosus non potest desinere animo possidere. Dass Ausgangspunkt des animo retinere eine „spiritual control of the thing“ gewesen sei, wie Olivecrona, Essays, S. 52, 58 f. im Anschluss an Hägerström vermutet, „possessio animo, . . . must be taken to be what it was said to be, i. e. a possession exercised by the soul.“ nimmt animus hingegen zu wörtlich. Sachliche Kritik gegen dieses Konzept auch bei Kaden, SZ 70 (1953), S. 457, 463. 607 Siehe Gaius 4, 153: . . . si non relinquendae possessionis animo, sed postea reversuri inde discesserimus, retinere possessionem videamur . . . . 608 In diese Richtung gehend jedoch Zamorani, Possessio e animus, S. 47; Cannata, SD 26 (1960), S. 71, 74 ff., 103. 609 Vgl. Gómez Royo, RIDA 39 (1992), S. 167, 183. 610 Vgl. Ulp. D. 43, 20, 1, 3 gelegentlich der Erläuterung des interdictum de aqua cottidiana et aestiva: . . . aestiva autem ea est, qua aestate sola uti expedit, sicuti dicimus vestimenta aestiva, saltus aestivos, castra aestiva, quibus interdum etiam hieme, plerumque autem aestate utamur . . . . 611 Zum Begriff des Gewahrsams nach geltendem deutschen Recht in Abgrenzung zum Besitz siehe Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 10 ff. 612 Auch Wieacker, FS Lewald, S. 185, 191 f. betont unter Verweis auf Rotondi, dass „ein sozialer, kein psychologischer Befund Grund des Fortbesitzes ist“. Rotondi selbst spricht in BIDR 30 (1921), S. 1, 26 von einem „fenomeno sociale, non materiale“. 613 So formuliert auch Gómez Royo, RIDA 39 (1992), S. 167, 183, der jedoch daneben für ein Fortbestehen des Besitzes noch fordert, dass derjenige, der den Besitz de

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deutlich, dass die Perspektive der heutigen und der römischen Juristen so unterschiedlich gar nicht ist. Zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage wird von äußerlich Wahrnehmbarem auf die Einstellung des Besitzers zur Sache geschlossen. In vielen Quellen kommt dieses Prinzip der Besitzerhaltung implizit zur Anwendung,614 zum Beispiel wenn klargestellt wird, dass derjenige, der auf den Markt geht und niemanden als Besitzmittler zurücklässt, dennoch retinet possessionem.615 Gerade bei Paulus wird das Prinzip possessionem animo retinere jedoch auch explizit zur Anwendung gebracht, beispielsweise wenn der Besitzmittler wegfällt.616 Dass dieses Prinzip jedoch nur ein mögliches Erklärungsmuster darstellt, zeigt die parallele Begründung durch African, wonach der Besitzerhalt propter utilitatem receptum est.617 Angesichts dieser Lösung des Paulus für den Wegfall des Besitzmittlers drängt sich eine Erklärung auf, warum Paulus in der konkreten Textstelle das animo retinere noch einmal aufgreift, um dann zu betonen, dass vorliegend gerade eine Konstellation vorliegt, in welcher der Besitz nicht fortdauert. Auch Paulus scheint durchaus die Parallele zum von ihm selbst bereits auf Grundlage des animo possessionem retinere gelösten Fall zu ziehen.618 Die Ansicht Albertarios, dass animo durch per colonum ersetzt werden sollte,619 kann deshalb nicht überzeugen.620

facto nicht mehr hat, sich trotzdem als Besitzer fühlt. Diese innere Einstellung als Gegenstück zu einer willentlichen Besitzaufgabe muss wohl stets vorausgesetzt werden und ist allen Fällen des possessionem animo retinere immanent. 614 Darauf verweist Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 207, noch weitgehender Zamorani, Possessio e animus, S. 44. 615 Paul. D. 41, 2, 6, 1: Qui ad nundinas profectus neminem reliquerit . . . Labeo scribit: retinet ergo possessionem is, qui ad nundinas abit . . . . Dies gilt, gemäß des hier nicht wiedergegebenen Zwischenteils, auch dann, wenn ein anderer in der Zwischenzeit in das Grundstück eindringt. 616 MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 132 unter Verweis auf Paul. D. 41, 2, 3, 8: . . . quod si servus vel colonus, per quos corpore possidebam, decesserint discesserintve, animo retinebo possessionem. Zu den Abweichungen des Codex Florentinus im Vergleich zu anderen Handschriften an dieser Stelle, vgl. Burdese, Studi Volterra II, S. 381, 387 sowie D’Angelo, Perdita, S. 46 jeweils mit weiteren Nachweisen. Inhaltliche Zweifel erscheinen jedoch unbegründet, da die Abweichungen nicht das Prinzip des animo possessionem retinere betreffen. 617 Vgl. Afric. D. 41, 2, 40, 1: Si forte colonus, per quem dominus possideret, decessisset, propter utilitatem receptum est, ut per colonum possessio et retineretur et contineretur . . . . 618 Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 63 hingegen versteht die Erwähnung des retinere animo possessionem als Vergleich zur zuvor vom Erblasser praktizierten Besitzerhaltung mittels Kolone. Wie hier hingegen MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 131. 619 Albertario, RHD 10 (1931), S. 1, 9 Fn. 1. 620 Zwar ist durchaus richtig, dass auch per colonum kein Besitz erworben werden kann. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass und warum eine derartige Textveränderung stattgefunden haben könnte. Ebenso MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 130 Fn. 75.

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Eine weitere Problematik aus dem Themenkreis des possessionem animo retinere ist ebenfalls mit den saltus verknüpft. Die römischen Juristen sprachen sich dafür aus, dass die possessio beim Eindringen Dritter in die saltus erst dann endet, wenn der Erstbesitzer Kenntnis hiervon erlangt hat621 beziehungsweise sich damit abfindet.622 In dieser Konstellation wird tatsächlich maßgeblich auf einen animus revertendi abgestellt, um dem Besitzer gegen den Eindringling Selbsthilferechte und Interdiktenschutz zu erhalten.623 Ab Kenntnis vom Eindringen besteht die Möglichkeit, den animus revertendi zu betätigen und den Eindringling zurückzudrängen. Dieses spezielle Sachproblem kann jedoch nicht als Grundkonzept für das possessionem animo retinere herangezogen werden, das Paulus in D. 41, 2, 30, 5 voraussetzt. Dieses wird, wie ausgeführt, durch eine soziale Zuordnung treffender umschrieben. Außerdem ist auffällig, dass beim Eindringen Dritter meist nicht von einem retinere der possessio die Rede ist, sondern explizit die Frage nach einem amittere possessionem oder desinere possidere aufgeworfen wird. Die geschilderten Fälle bezeugen einen Gebrauch des Verbs retinere im Sinne von „den Besitz nicht verlieren“. Es handelt sich hierbei meist um die Frage, ob Besitz als Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Interdikten, insbesondere für das interdictum unde vi, noch gegeben ist. Auch die vorliegende Textstelle verwendet retinere in diesem sprachlich allgemeingültig erscheinenden Bezug zur possessio. Für die Fortsetzung der Ersitzung ist hingegen offenbar kein retinere des Besitzes erforderlich. Ein solches ist laut Paulus ausgeschlossen, wenn der 621 Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 209, 217 unter Bezugnahme von Pap. D. 41, 2, 46: quamvis saltus proposito possidendi fuerit alius ingressus, tamdiu priorem possidere dictum est, quamdiu possessionem ab alio occupatam ignoraret . . . . Anders hingegen die Hinleitung zu besagter Stelle bei Pap. D. 41, 2, 44, 2, wo jedoch zunächst nicht von saltus die Rede ist, sondern von der gewaltsamen Vertreibung des Besitzmittlers: . . . eius vero, quod servi el etiam coloni corpore possidetur, non aliter amitti possessionem, quam eam alius ingressus fuisset, eamque amitti nobis quoque ignorantibus. illa quoque possessionis amittendae separatio est. nam saltus hibernos et aestivos, quorum possessione retinetur animo. Zum nur vermeintlichen Widerspruch der Stellen und zu der unterschiedlichen Handhabe des possessio animo retinere bei Paulus und Papinian siehe Burdese, Studi Volterra II, S. 381, 388 ff. sowie Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 219. 622 Pomp. D. 41, 2, 25, 2: Quod autem solo animo possidemus, quaeritur, utrumne usque eo possideamus, donec alius corpore ingressus sit, ut potior sit illius corporalis possessio, an vero (quod quasi magis probatur) usque eo possideamus, donec revertentes nos aliquis repellat aut nos ita animo desinamus possidere, quod suspicemur repelli nos posse ab eo, qui ingressus sit in possessionem: et videtur utilius esse; Paul. D. 41, 2, 7: Sed et si nolit in fundum reverti, quod vim maiorem vereatur, amisisse possessionem videbitur: et ita Neratius quoque scribit. 623 Angesprochen bei Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 212 unter Hinweis auf Ulp. D. 43, 16, 1, 27: Vim vi repellere licere Cassius scribit . . . sowie Ulp. D. 43, 16, 1, 28: . . . qui per vim possessionem suam retinuerit, Labeo ait non vi possidere. Ebenso Wesener, FS Kaser, S. 159, 165. Siehe zum Selbsthilferecht weiterhin, Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 36 Rn. 11 f.

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B. Quellenexegese

Besitzer verstorben ist. Dies vermag auch die African-Stelle D. 41, 2, 40, 1624 zu veranschaulichen. Dort heißt es, dass trotz Todes des Kolonen der Besitz et retineretur et contineretur. Eine derartige Dopplung findet sich ansonsten soweit ersichtlich nicht, um allein zum Ausdruck zu bringen, dass der Besitz als solcher nicht verloren gehe. Stattdessen wurde im Rahmen der Erläuterung der successio in possessionem die Verwendung des Verbs continuare konkret zur Umschreibung des Phänomens der Ersitzungsfortsetzung nachgewiesen.625 Insofern sei festgehalten, dass possessionem (animo) retinere trotz tatsächlich gelockerter Sachherrschaft hier allein das rechtliche Fortbestehen der possessio626 und nicht die bisweilen gleichermaßen mit dem Begriff possessio umschriebene Ersitzungsfortsetzung bezeichnet.627 cc) pro emptore possideo Die von Paulus gewählte Formulierung entspricht der rechtlichen Konstruktion, dass der Ersitzungstitel aus Kauf mit Ablauf der vorgeschriebenen Besitzzeit zum Eigentumserwerb führt. Der Besitz ist dann als solcher pro emptore qualifiziert. Hierzu kommt es entweder dadurch, dass die Kaufsache, wenn es sich um eine res mancipi handelt, vom Eigentümer lediglich tradiert worden ist. Alternativ kann jedoch auch eine traditio durch den Nichteigentümer vorliegen. Hier ist dann unerheblich für die Ersitzungsmöglichkeit, ob es sich um eine res mancipi oder eine res nec manicipi gehandelt hat, der Käufer muss den Verkäufer jedoch für den Eigentümer gehalten haben.628 Dass eine Ersitzung auch durch den Erben vollendet werden kann, wurde im vorigen Abschnitt ausführlich beleuchtet. Dort wurde für eine rein ersitzungsrechtliche Ausnahme vom Besitzerfordernis und gegen einen Besitzübergang argumentiert. Vorliegend wirkt es fast so, als wolle Paulus eine Formulierung vermeiden, wonach der Erbe den als pro emptore zu qualifizierenden Besitz erwirbt. Immerhin wird vom Erben gefor624

Siehe bereits oben Fn. 586. Sowohl in der Form tempora continuari in I. 2, 6, 12–13 als auch als continuatio des Besitzes in Pap. D. 41, 3, 43 pr. bei der Darstellung des Prinzips mala fides superveniens non nocet. Auch nach der allgemeinen Definition des Modestin in D. 41, 3, 3 ist continuatio possessionis temporis lege definiti Voraussetzung der usucapio und somit dem Ersitzungsrecht zuzuordnen. 626 Ein weiteres, anschauliches Beispiel für die faktische Prägung von retinere ist die bereits in Fn. 623 als Beleg der Selbsthilfe angeführte Stelle Ulp. D. 43, 16, 1, 28: . . . qui per vim possessionem suam retinuerit, Labeo ait non vi possidere. 627 Möhler, SZ 77 (1960), S. 52, 70 f. bezieht die Stelle hingegen allein auf die Ersitzungsfortsetzung, was er terminologisch an der Verwendung von interpellari festmacht. Ähnlich Burdese, Studi Volterra II, S. 381, 399. Für Bezug allein zur Ersitzung auch schon Rabel, Studi Riccobono IV, S. 203, 209. Allerdings klärt dies nicht die parallele Verwendung von retineretur und contineretur. 628 Vgl. Gaius 2, 43: Ceterum etiam earum rerum usucapio nobis conpetit, quae non a domino nobis traditae fuerint, sive mancipi sint eae res sive nec mancipi, si modo eas bona fide acceperimus, cum crederemus eum, qui traderet, dominum esse. 625

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dert, dass er den Besitz erwerben müsse, um possidere zu können.629 Dass er nichtsdestotrotz unabhängig davon in der Lage ist zu ersitzen, stellt Paulus dem explizit gegenüber. Einen Widerspruch sieht er darin aber zu Recht nicht. Man kann die Stelle demnach als Bestätigung dafür verstehen, dass der Erbe die Ersitzung vollenden kann, ohne zu besitzen. Angesichts der bereits aufgezeigten uneinheitlichen Terminologie hinsichtlich der Ersitzungsvollendung taugt dieses Wortlautargument jedoch nicht als alleinige und eindeutige Entscheidungsgrundlage. Allerdings stellt die vorliegende Paulus-Stelle als einzige die Position des Erben bezüglich der possessio als solcher und der Ersitzung gegenüber. Die Möglichkeit die Ersitzung zu vollenden interessiert allein. Von einer Nachfolge in eine condicio usucapiendi oder einem Übergang der possessio ad usucapionem ist gerade nicht die Rede.630 Paulus beschränkt sich auf eine knappe Rekapitulation des entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkts. Es geht wohl zu weit, Paulus eine dogmatisch begründete Vermeidung der Begrifflichkeit des Besitzübergangs nachzusagen. Allerdings bietet sich gerade die von ihm vollzogene Gegenüberstellung dazu an, zwischen dem negierten Übergang des Besitzes auf den Erben und der Möglichkeit, dennoch, also ohne Besitz, die Ersitzung zu vollenden, zu unterscheiden. dd) Keine Erwähnung einer aditio Die Tatsache, dass Paulus lediglich auf die Notwendigkeit einer Besitzergreifung für den Besitzerwerb des Erben abstellt, ohne diese Ergreifung der aditio gegenüberzustellen, könnte dahingehend gedeutet werden, dass eine Aussage für alle Erbenkategorien getroffen wird. Allerdings erscheint es geboten, auch hier zu berücksichtigen, dass maßgebliche Perspektive der Textstelle der Besitzverlust durch den Tod des Erblassers ist. Deshalb kann es auf eine aditio als Kriterium ersichtlich nicht ankommen, da diese zwangsläufig zeitlich nach dem Tod des Erblassers liegen muss. Wenn aber ein Besitzübergang ipso iure mit dem Todesfall denkbar wäre, wie es für sui heredes oder alle necessarii heredes vertreten wird,631 wäre an dieser konkreten Stelle ein Hinweis darauf zu erwarten. Denn dann träte, ähnlich wie hinsichtlich der Ersitzungsvoraussetzungen, keine Unterbrechung ein. Dass jedoch der heres voluntarius als gängiges Beispiel und typischer Erbe angesehen wurde, erscheint kaum nachvollziehbar. Warum sollte ihm in der Rechtspraxis eine besondere Bedeutung zukommen, wenn abstrakte Nachfolgefragen thematisiert wurden? Gewiss ist in zahlreichen der bislang behandelten Stellen die aditio erwähnt. Allerdings erscheint es durchaus sinnvoll, die aditio als potentiell geeigneten Zeitpunkt eines Besitzerwerbs von der tatsächlichen 629 Paul. D. 41, 2, 30, 5: . . . heres meus nisi ipse nactus possessionem non poterit possidere . . . . 630 Sie zu den unterschiedlichen Erklärungsmodellen oben B.V.3.c)dd). 631 Ausführlich hierzu siehe unter D.VI.1.

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B. Quellenexegese

Ergreifung abzugrenzen. Wenn es wie hier um Fragen der Besitzerhaltung geht, bedurfte es einer solchen Abgrenzung aber nicht. Hier genügte es festzuhalten, dass der Erbe den Besitz erst erwerben muss. Dies vollzieht sich nach allgemeinen Regeln. Dass damit ein Besitzerwerb bereits durch den Erbschaftserwerb für einzelne Erben ausgeschlossen ist, wird durch die Stelle zwar nicht abschließend belegt; eine starke Indizwirkung kann ihr jedoch beigemessen werden. 4. Fazit Paul. D. 41, 2, 30, 5 bestätigt die hinsichtlich der successio in possessionem gefundene Deutung einer ersitzungsrechtlichen Ausnahme. Dies gilt umso mehr, als der Ersitzungsnachfolge der Nichtübergang der nicht näher spezifizierten possessio gegenübergestellt wird. Diesen Besitz hat der Erbe erst, wenn er die fragliche Sache tatsächlich ergreift.

C. Begrifflichkeiten I. Besitz Angesichts der während der Exegese aufgetretenen Unterschiede hinsichtlich der Bedeutung von possidere und possessio erscheint es nötig, klarzustellen, an welches Begriffsverständnis die vorliegende Arbeit anknüpft und inwiefern hinsichtlich verschiedene Kategorien von Besitz zu unterscheiden sind. Dabei soll nicht mit Savigny,632 Riccobono633 oder Kunkel634 gewetteifert werden. Es geht nicht darum, eine neue Systematisierung des ganzen römischen Besitzrechts zu versuchen. Ebenso wenig sollen rechtsvergleichend die Unterschiede zwischen der römischen Konzeption und dem geltenden Besitzrecht des BGB herausgearbeitet werden. Auch die etymologischen Wurzeln des Begriffs der possessio interessieren an dieser Stelle nicht.635 1. Wesen des Besitzes Als Ausgangspunkt einer Annäherung an den Besitzbegriff sei zunächst an die Konzeption Savignys angeknüpft. Dessen Recht des Besitzes war für die wissenschaftliche Bearbeitung des römischen Besitzrechts lange Zeit prägend. Als Kernaussage bei Savigny lässt sich festhalten, dass possessio als „blosses Factum“ zu verstehen sei,636 an das jedoch durchaus Rechtsfolgen geknüpft sein können. Anders ausgedrückt umschreibt Factum also gewissermaßen die Tatbestandsseite, die von der Rechtsfolgenebene zu trennen ist.637 Dies darf nicht so verstanden werden, dass possessio nach Savigny ein rein objektiv geprägtes Phänomen gewesen sei.638 Diese Rolle kommt zumindest dem faktischen Moment in Ulpians 632

Savigny, Das Recht des Besitzes. Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321 ff. 634 Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 40–79, insbesondere unter Auseinandersetzung mit den Positionen von Perozzi und Haegerstroem. 635 Vgl. hierzu nur Leifer, RE XXII, 1, Art. Possessio, Sp. 831 ff. mit weiteren Nachweisen sowie Bonfante, Scritti III, S. 516 ff. Siehe auf dieser Linie auch Paul. D. 41, 2, 1 pr.: Possessio appellata est, ut et Labeo ait, a sedibus quasi positio, quia naturaliter tenetur ab eo qui ei insistit, quam Graeci katoxÌn dicunt. 636 Savigny, Recht des Besitzes, S. 30, S. 43, S. 47. 637 Zur possessio als rechtlich relevantem Tatbestand als vermeintliche Entwicklungsstufe des bloßen factum, vgl. Strohal, Succession in den Besitz, S. 36 f. 638 Savigny ging es bei seiner Darstellung nicht um eine Gegenüberstellung objektivsubjektiv, sondern der Gegenpart zum Factum ist vielmehr das ius. Auch in den Quellen 633

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C. Begrifflichkeiten

Umschreibung in Ulp. D. 47, 4, 1, 15 zu: quae facti est et animi. Das „Factum“ bei Savigny hingegen setzt zwei grundsätzlich kumulativ erforderliche Tatbestandsmerkmale voraus. Detention639 und animus possidendi.640 Dies erinnert an die Beschreibung des Besitzerwerbs durch Paulus in D. 41, 2, 3, 1: Et apiscimur possessionem corpore et animo, neque per se animo aut per se corpore. Von Besitz kann demnach nur ausgegangen werden, wenn neben dem körperlichen Element auch ein, hier mit animus umschriebenes, subjektives Element beim Erwerb gegeben war.641 Es kann nicht genug betont werden, dass sich diese Aussagen allein auf den Erwerb des Besitzes beziehen. Es handelt sich gerade nicht um eine allgemeinverbindliche Erläuterung des Wesens des Besitzes. Vielmehr beginnt unmittelbar nach der Besitzerlangung dessen Ausübung oder, in der Terminologie des römischen Rechts,642 die Erhaltung des Besitzes. Ein einmal erworbener Besitz muss sich also, wie bereits gesehen, nicht mehr zwingend an den Anforderungen messen lassen, die Paulus für den Erwerb verlangt. Ferner verdient die Bemerkung Savignys Aufmerksamkeit, dass sich an das Factum possessio Rechtsfolgen anschließen konnten. Bei genauer Betrachtung ist possessio jedoch sowohl Tatbestand als auch Rechtsfolge als auch Tatbestandsmerkmal. Diese Aussage bedarf der Erläuterung. Possessio im technischen Sinne ist stets eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen als Voraussetzung einer Rechtsfolge wie zum Beispiel der Ersitzung einer Sache. Possessio ist hingegen

ist diese Gegenüberstellung beispielhaft in Paul. D. 41, 2, 1, 3 ablesbar, wenn über die possessio ausgesagt wird: . . . eam enim rem facti, non iuris esse . . . . 639 Savigny, Recht des Besitzes, S. 26 betont neben der Möglichkeit der physischen Einwirkung die Verhinderung fremder Einwirkung. 640 Savigny, Recht des Besitzes S. 111 Fn. 1; ebenso S. 121. 641 Von einer solchen Definition ausgehend lassen sich auch Ansätze gerade in frühklassischer Zeit erklären, die einen Besitzerwerb animo zulassen wollen, wenn zuvor bereits tatsächliche Innehabung gegeben ist. Auch dann erscheint gleichermaßen ein faktisches und ein subjektives Element vorhanden, vgl. Paul. D. 41, 2, 3, 3: Neratius et Proculus et solo animo non posse nos adquirere possessionem, si non antecedat naturalis possessio . . . . Siehe auch Iav. D. 41, 2, 51: Quarundam rerum animo possessionem apisci nos ait Labeo: veluti si acervum lignorum emero et eum venditor tollere me iusserit . . . . Auch Ulpian scheint einzelne Fallkonstellationen mittels eines Besitzerwerbs animo gelöst zu haben: Ulp. D. 12, 1, 9, 9: Deposui apud te decem, postea permisi tibi uti: . . . animo enim coepit possidere. Der Verwahrer rückt also durch die Vereinbarung eines Darlehens zum Besitzer auf. Siehe ausführlich zu denkbaren Fallkonstellationen wie der traditio brevi manu MacCormack, SZ 86 (1969), S. 105, 112 ff. Zusammenstellung von sieben Stellen, die einen Besitzerwerb animo thematisieren bei Burdese, Studi Biondi I, S. 507, 531. Letztlich handelt es sich jedoch hierbei um Sonderkonstellationen, bei denen insbesondere eine traditio als Voraussetzung des Eigentumserwerbs begründet wird. Die Aussage des Gaius in 4, 153 hat also durchaus ihre Berechtigung: . . . nec ulla dubitatio est, quin animo possessionem apisci non possimus. 642 Vgl. das im Rahmen von Paul. D. 41, 2, 30, 5 geschilderte Prinzip des possessionem animo retinere.

I. Besitz

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soweit ersichtlich nie alleinige Voraussetzung einer Rechtsfolge.643 Voraussetzung einer possessio im technischen Sinne ist jedoch, dass deren Voraussetzungen auf tatbestandlicher Ebene erfüllt sind. Das Verhältnis von Tatbestand und Rechtsfolge im Bereich des Besitzes lässt sich insofern wohl am treffendsten wie folgt beschreiben: Durch das qualifizierte Innehaben einer Sache auf Tatbestandsebene wird possessio im technischen Sinne auf Rechtsfolgenseite hervorgerufen. Diese possessio wiederum ist dann neben weiteren Voraussetzungen Tatbestandsmerkmal für weitere Rechtsfolgen. Der Besitz als Gegenstand der Fragestellung dieser Arbeit muss im Rahmen dieser Einordnung sozusagen als abstrahiertes Tatbestandsmerkmal verstanden werden. Vor allem auf dieser mittleren Ebene ist er von Interesse. Es gilt zu klären, ob der Erbe bereits mit dem Erbfall in die Lage versetzt wird, dass Rechtsfolgen wie die Ersitzung oder die Geltendmachung von Interdikten nicht am Fehlen des Tatbestandsmerkmals der possessio scheitern. Zur Konstruktion eines automatischen Besitzerwerbs gibt es letztlich zwei mögliche Ansätze: Die erste Möglichkeit liegt in einem automatischen Vorliegen der tatbestandlichen Anforderungen an die possessio in der Person des Erben. Der Erbe verwirklicht dann unmittelbar mit dem Erbfall ein qualifiziertes Innehaben und erfüllt somit den Tatbestand der possessio. Die andere Möglichkeit liegt in einem davon losgelösten Übergang der Tatbestandsvoraussetzung possessio. Der vorgelagerte Tatbestand der possessio als solcher spielt demnach keine Rolle mehr, da bereits in der Person des Erblassers die Rechtsfolge possessio vorlag und diese auf den Erben übergeht. Dies ist gerade mittels einer Fiktion der Tatbestandsvoraussetzungen denkbar, die dem Erben die Rechtsfolge possessio zuordnet. Der Zweck einer solchen Konstruktion läge dann darin, dem Erben die an die possessio anknüpfenden Rechtsfolgen wie zum Beispiel interdiktorischen Schutz oder die Ersitzung zu ermöglichen. Beide Konstruktionen lassen sich letztlich in Erwägung ziehen und liegen den verschiedenen Ansätzen zur Begründung eines Besitzübergangs gerade auf die sui heredes mehr oder weniger erkennbar zu Grunde.644 Für das Wesen der pos643 Dies gilt nicht allein für die Ersitzung, sondern auch für die Interdikte, die zum Schutz der possessio dienen, als Auslöser jedoch stets weitere und durchaus unterschiedliche Voraussetzungen festlegen. Exemplarisch sei hier auf eine Besitzverletzung durch gewaltsames Eindringen in ein Grundstück im Rahmen des unde vi verwiesen. Der Besitz allein bewirkt gerade noch nicht die Aktivlegitimation. 644 In groben Zügen und unter Außerachtlassung von durchaus vorhandenen Tendenzen diese Ansätze zu verknüpfen gilt in etwa Folgendes: Die Ansicht, die ein Aufrücken des suus aus seiner Mitberechtigung in den Besitz annimmt, geht von einem automatischen Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der possessio aus. Zu dieser Ansicht siehe ausführlich unter D.VI.1. Der bereits unter B.IV.3.b)aa) näher erörterte Ansatz, der mit dem Zusammenspiel von furtum und usucapio pro herede argumentiert, lässt die Tatbestandsseite hingegen außer Acht und geht somit zumindest implizit von einem abstrakten Übergang der Rechtsfolge possessio aus.

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C. Begrifflichkeiten

sessio lässt sich daher festhalten, dass es sich um ein Tatbestandsmerkmal für weitere rechtliche Zusammenhänge handelt, das seinerseits von eigenen Tatbestandsvoraussetzungen abhängt. 2. Voraussetzungen des Besitzes Ein Erklärungsansatz für einen automatischen Besitzerwerb des Erben knüpft, wie gesehen, an ein sofortiges Vorliegen der Voraussetzungen des Besitzes in der Person des Erben an. Daher gilt es, diese Voraussetzungen im gebotenen Rahmen darzustellen. Hierfür soll die bereits angesprochene Zweigliedrigkeit des Besitzes, mit einem objektiven und einem subjektiven Element, als Ausgangspunkt dienen.645 Bereits im Rahmen der Exegese von Paul. D. 41, 2, 30, 5 wurde aufgezeigt, dass die Unterscheidung der beiden Komponenten für die Fälle, in denen possessio angenommen wurde, praktisch keine Relevanz besaß.646 Dennoch erscheint eine knappe Darstellung an dieser Stelle unentbehrlich, um beurteilen zu können, welche Mindestanforderungen erfüllt sein müssen, um von possessio des Erben ausgehen zu können. a) Objektives Element Savigny bezeichnete das objektive Element des Besitzes als Detention. Dieser Begriff ist inzwischen eher für eine nicht als possessio im technischen Sinne zu qualifizierende Innehabung geläufig.647 Ein bloßer Detentor erfüllt nur die objektiven Anforderungen an den Besitz und ist negativ vom Besitzer abgegrenzt. Für eine Beschreibung der objektiven Anforderungen als solcher erscheint der Begriff daher wenig aussagekräftig. In den Quellen selbst wird die objektive Komponente des Besitzes terminologisch durchaus unterschiedlich aus645 Es wurde und wird diskutiert, ob diese Zweigliedrigkeit, wie sie Paulus beschreibt, tatsächlich eine allgemeine klassische Rechtsauffassung beschreibt. Genannt werden muss hier insbesondere die von Cannata formulierte Theorie, wonach es für die frühe Klassik possessio animo vel corpore, aber noch nicht animo et corpore gegeben habe. Ausgeführt wird diese Theorie in SD 26 (1960), S. 71–140 und in SD 27 (1961), S. 46–92. Auch Zamorani, Possessio e animus, S. 12 äußert sich hinsichtlich des animus als Element des Besitzes durchaus skeptisch. Vielmehr habe es neben einem Besitzerwerb corpore alternativ einen Besitzerwerb animo gegeben. Dass das klassische Besitzverständnis ein faktisches und ein voluntatives Element hatte, erscheint jedoch durchaus richtig und mit allgemeinen Stellen auch schon früherer klassischer Juristen deckungsgleich, vgl. Barton, Essays Nicholas, S. 43, 57. Vielmehr bedarf die Subsumtion und Systematisierung im Rahmen dieser beiden Elemente durch die romanistische Wissenschaft einer kritischen Betrachtung. Dass Paulus als erster eine weitergehende theoretische Durchdringung dieser beiden Elemente vornimmt, erscheint durchaus möglich. Eine komplette Neukonzeption durch Paulus ist hingegen weniger wahrscheinlich. 646 Überzeugend insofern Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 12 sowie Lambrini, Elemento soggettivo, S. 23. 647 Siehe Kaser, Detention, S. 1, 2. Kritisch zu diesem überkommenen Begriff, aber ihn beibehaltend MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47 Fn. 2.

I. Besitz

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gedrückt.648 Tenere,649 detinere,650 habere,651 in fundo esse,652 in possessione esse653 oder auch possidere654 kommen vor. Dieses letzte Verb fällt gerade in Cels. D. 41, 2, 18 pr. auf, da hier eine Innehabung, die aus dem Kontext ersichtlich nicht als Ausübung einer technischen possessio verstanden werden kann, dennoch mit possidere ausgedrückt wird. Man kann dies als Bestätigung dafür ansehen, dass die römischen Quellen keineswegs eine voll technisierte klassische Rechtssprache enthalten.655 Jedenfalls zeigt sich terminologische Uneinheitlichkeit im Umgang mit den Begriffen possessio und possidere.656 Umschreibend 648 Dies gilt unabhängig davon, ob im konkreten Fall wie zumeist bloße Detention in Abgrenzung zur possessio thematisiert wird oder ob tatsächlich auf eine Voraussetzung der possessio abgestellt wird. 649 Paul. D. 41, 2, 1 pr.: Possessio appellata est . . . quia naturaliter tenetur ab eo qui ei insistit. Gegen die Interpolationsvermutungen Albertarios siehe MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47, 52 f. Weiterhin Ulp. D. 43, 16, 1, 22: Quod servus vel procurator vel colonus tenent, dominus videtur possidere . . . . 650 Ulp. D. 43, 5, 3, 2: Si tabulae testamenti apud aliquem depositae sunt a Titio, hoc interdicto agendum est et cum eo qui detinet et cum eo qui deposuit. Das interdictum de tabulis exhibendis steht also auch gegen denjenigen zu, bei dem das Testament hinterlegt ist, ohne dass er besitzen müsste. 651 Die Mehrdeutigkeit von habere veranschaulicht die Erörterung der Stipulationsklausel habere licere spondes in Ulp. D. 45, 1, 38, 9: ,Habere‘ dupliciter accipitur: nam et eum habere dicimus, qui rei dominus est et eum, qui dominus quidem non est, sed tenet: denique habere rem apud nos depositam solemus dicere. 652 Paul. D. 41, 2, 3, 6: . . . itaque si in fundo sis et tamen nolis eum possidere, protinus amittes possessionem. 653 Gaius 4, 153: Possidere autem videmur non solum, si ispi possideamus, sed etiam, si nostro nomine aliquis in possessione sit . . . . Gai. D. 41, 2, 9: Generaliter quisquis omnino nostro nomine sit in possessione, veluti procurator hospes amicus, nos possidere videmur. Ulp. D. 41, 2, 10, 1: Idem Pomponius bellissime temptat dicere, numquid qui conduxerit quidem praedium, precario autem rogavit non ut possideret, sed ut in possessione esset . . . . Durchaus gebräuchlich ist auch eine Umschreibung mit mehreren dieser Begriffe wie zum Beispiel bei überlieferten Stipulationsklauseln: Flor. D. 46, 4, 18, 1: . . . quodve tu meum habes tenes possides . . . . 654 Cels. D. 41, 2, 18 pr.: . . . nec idem est possidere et alieno nomine possidere: nam possidet, cuius nomine possidetur, procurator alienae possessioni praestat ministerium; Ulp. D. 45, 1, 38, 7: Haec quoque situplatio: ,possidere mihi licere spondes?‘ utilis est: quam stipulationem servus an possit utiliter in suam personam concipere, videamus. sed quamvis civili iure servus non possideat, tamen ad possessionem naturalem hoc referendum est, et ideo dubitari non oportet, quin et servus recte ita stipuletur. 655 So allgemein Kaser, Studi Biondi I, S. 95, 99, der sich damit gegen Tendenzen in der Pandektistik und eine radikale Interpolationenkritik wendet. 656 Ein weiteres Beispiel stellt Iav. D. 50, 16, 115 dar: Quaestio est, fundus a possessione vel agro vel praedio quid distet . . . possessio ergo usus, ager proprietas loci est . . . . Hierauf wurde bereits im Rahmen der Darstellung der usucapio pro herede hingewiesen. In derselben Stelle wird possessio also zunächst als Besitzobjekt und später als das Verhältnis zur Sache verwendet, vgl. auch Eckardt, Iavoleni epistulae, S. 172 ff. Außerdem wird bisweilen possessio auch im Plural gebraucht, wenn von mehreren Besitzobjekten die Rede ist, vgl. insofern Ulp. D. 43, 16, 1, 25: Quod volgo dicitur aestivorum hibernorumque saltuum nos possessiones animo retinere . . . . Zur Bedeutung von possessiones siehe ergänzend die Ausführungen im Rahmen der Exegese von Gaius 2,

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C. Begrifflichkeiten

wird die objektive Seite auch mit corporalis possessio657 oder naturalis possessio658 bezeichnet. Einig ist man sich insofern, dass hiermit die tatsächliche Innehabung659 umschrieben wird. Diese Bezeichnung erscheint für den vorliegenden Zweck vorzugswürdig. Der Begriff der Sachherrschaft hingegen erscheint für eine rein objektive Komponente missverständlich, da darin bereits zwingend eine Herrschaftsintention des potentiellen Besitzers unterstellt wird. Eine wörtliche Übersetzung der aufgeführten lateinischen Begriffe tenere, habere, in fundo esse für das objektive Element verdeutlicht diesen Gegensatz. b) Subjektives Element Das subjektive Element der possessio umfasst nicht nur die willentliche Beherrschung einer Sache, sondern auch, dass diese Beherrschung in eigenem Namen und auf Dauer660 geschieht. Wie bei der Besitzausübung durch den Kolonen im Rahmen von Paul. D. 41, 2, 30, 5 bereits dargestellt, wird die Sachherrschaft von dem Kolonen gerade nicht in eigenem Namen ausgeübt und führt lediglich dazu, dass der Verpächter corpore alieno besitzt. Da sie eine Herausgabepflicht an einen übergeordneten Besitzer anerkennen, wären demnach Erbpächter, Prekarist, Pfandgläubiger und Sequester keine Besitzer. Dennoch wird ihnen im Bereich des Interdiktenrechts possessio eingeräumt, um ihnen Besitzschutz zukommen zu lassen.661 Zentrale Bedeutung hat das subjektive Element in den Fällen, in denen für einen Außenstehenden die Detention nicht von der possessio zu unterscheiden ist. Das subjektive Element dient dann der Qualifizierung, wann eine vermeintliche Sachherrschaft Besitz im technischen Sinne darstellt. Exemplarisch kann dies Paul. D. 41, 2, 41662 veranschaulichen, denn hier werden die objektiven An-

54, insbesondere Fn. 277. Siehe weiterhin Lambrini, Elemento soggettivo, S. 25 mit Nachweisen in Fn. 79. 657 Siehe MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47; Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 325. 658 Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 325; Paul. D. 41, 2, 3, 3: Neratius et Proculus et solo animo non posse nos adquirere possessionem, si non antecedat naturalis possessio . . . . Zunächst liegt allein die objektive Seite des Besitzes vor, der dann zu possessio erstarkt. Siehe hierzu auch Albanese, Situazioni possessorie, S. 58 f. 659 MacCormack SZ 84 (1967), S. 47 spricht von „physical control“, Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 3 umschreiben dies mit „tatsächliche Gewalt über eine Sache“. 660 Vgl. Kaser, Detention, S. 1, 19: „. . . [nicht] nur zu einem vorübergehenden Zweck innehat . . .“. Ebenso Albertario, BIDR 40 (1932), S. 5, 23. 661 Vgl. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 12 ff.; Kunkel/MayerMaly, Römisches Recht, § 55 S. 135 f.; Kaser, Detention, S. 1, 13 ff. mit Begründung für die einzelnen Ausnahmetatbestände. 662 Paul. D. 41, 2, 41: Qui iure familiaritatis amici fundum ingreditur, non videtur possidere, quia non eo animo ingressus est, ut possideat, licet corpore in fundo sit.

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forderungen an den Besitz663 durch die Anwesenheit auf dem Grundstück erfüllt. Dem Betreffenden fehlt jedoch die subjektive Komponente im Sinne eines Eigenbesitzwillens, ut possideat.664 Das subjektive Element des Besitzes sollte zudem nicht unkritisch mit einem in den Quellen mehrfach verwendeten animus gleichgesetzt werden. Es fällt auf, dass ein animus zunächst nur in atypischen Fällen von Bedeutung zu sein scheint.665 Animus erscheint zumeist eher als mögliches Korrektiv in fraglichen Besitzkonstellationen, denn als feststehendes Kriterium. So hat beispielsweise das Fehlen des animus in Fällen bloß vermeintlicher Sachherrschaft Relevanz.666 Gleiches gilt als Gegenstück für die Rechtfertigung einer possessio, wo es aktuell an einer tatsächlichen Beherrschung fehlt und animus die Begründung für das Fortdauern des Besitzes liefert.667 Auch in Paul. D. 41, 2, 3, 1 ist mit animus, wie gesehen, der spezifische Besitzbegründungswille gemeint. Animus kann demnach kaum als Synonym für ein einheitliches subjektives Merkmal des Besitzes verwendet werden. Für die vorliegende Arbeit genügt an dieser Stelle folgende Positionierung: Das subjektive Element des Besitzes ist als Wille zu verstehen, eine Sache im eigenen Namen und auf Dauer zu beherrschen. Allein wenn die tatsächliche Innehabung sich auch subjektiv als Sachherrschaft darstellt, kann possessio im technischen Sinne vorliegen. Im Zusammenspiel dieser beiden Komponenten stellt sich possessio daher als tatsächliche Sachherrschaft dar. c) Weitere Elemente Eine weitere Voraussetzung, die sich nicht überzeugend in die Scheidung von objektivem und subjektivem Element einpassen lässt, ist die personenrechtliche Eignung, selbst Besitz und Vermögen zu haben.668 Diese fehlt dem Skla663 Konkret sind hier die Anforderungen an den Besitzerwerb gemeint, was sich insbesondere an der Form ingreditur ablesen lässt. 664 Ähnlich und ebenfalls mit Bezug zum Besitzerwerbswillen: Paul. D. 13, 7, 37: Si pignus mihi traditum locassem domino, per locationem retineo possessionem, quia antequam conduceret debitor, non fuerit eius possessio, cum et animus mihi retinendi sit et conducenti non sit animus possessionem apiscendi. 665 So bereits Rotondi, BIDR 30 (1921), S. 1, 12: „per trovare una giustificazione ai casi che offrivano qualche difficoltà“; bekräftigend Lambrini, Elemento soggettivo, S. 32, S. 94. 666 Siehe hierzu auch Lambrini, Elemento soggettivo, S. 60; als Beispiel kann Afric. D. 12, 1, 41 dienen: . . . quoniam tunc non possunt videri bonae fidei possessores esse, qui nec possidendi animum haberent . . . . 667 So beispielsweise in den Fällen des possessionem animo retinere, wie bereits zu Paul. D. 41, 2, 30, 5 erörtert, siehe oben B.VI.3.c)bb). 668 Vom subjektiven Element separate Einordnung auch bei Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 328 f. Dort auch zu den hier nicht näher interessierenden Voraussetzungen der Tauglichkeit des Objekts sowie der Selbstständigkeit des Objekts.

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ven669 und dem Haussohn,670 die lediglich die objektive Komponente des Besitzes des Gewalthabers erfüllen können, so dass dieser dann corpore alieno besitzt. Wie gesehen können auch personenrechtlich Freie einem anderen den Besitz mitteln.671 Diese haben dann nicht den Willen, in eigenem Namen zu besitzen. Anders gestaltet sich dies für die Gewaltunterworfenen. Hier scheitert ein eigener Besitzerwerb nicht an einem von ihnen beeinflussbaren subjektiven Element, sondern bereits vorgelagert an ihrer personenrechtlichen Stellung. Die Andersartigkeit der Gewaltunterworfenen kommt auch darin zum Ausdruck, dass der Gewalthaber durch sie, anders als durch Freie,672 auch Besitz erwirbt.673 Fraglich erscheint, ob darüber hinausgehende Faktoren ebenfalls relevant sind für eine Einordnung als Besitz. Häufig ist zu lesen, dass possessio nur dann gegeben sei, wenn die tatsächliche Inhaberschaft rechtlichen Schutz erfährt.674 Richtig ist sicherlich, dass nur dann von possessio im technischen Sinne ausgegangen werden kann, wenn die in Frage stehenden Rechtsfolgen nicht am Merkmal der possessio scheitern. Diese Erkenntnis erscheint jedoch letztlich nicht hilfreich für die Frage, ob die Voraussetzungen für Besitz in der Person des Erben vorliegen oder nicht. 3. Arten des Besitzes Die formulierte Fragestellung nach einem Übergang des Besitzes auf den Erben geht ebenso wie die Ausführungen zu Wesen und Merkmalen des Besitzes von einem einheitlichen Besitzbegriff aus. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in verschiedenen Rechtsbereichen, in denen der Besitz von Bedeutung ist, die Frage nach einem Besitzübergang unterschiedlich beantwortet wird. Die possessio könnte dann durch ihre Verknüpfung mit anderen Kriterien, wie zum Beispiel einer iusta causa, anders zu beurteilen sein als eine possessio, die keine solche Verknüpfung aufweist. Von der romanistischen Literatur und auch von den römischen Juristen selbst wurden verschiedene Kategorien von possessio unterschie-

669 Siehe exemplarisch Iav. D. 41, 2, 24: . . . quod servus civiliter quidem possidere non potest, sed naturaliter tenet . . . mit der Gegenüberstellung von possidere und tenere, wobei das civiliter kaum eine besondere Besitzkategorie, sondern schlicht als possessio zu qualifizierenden Besitz meinen dürfte. 670 Dies ergibt sich im Umkehrschluss auch aus Gaius 2, 89: Non solum autem proprietas per eos, quos in potestate habemus, adquiritur nobis, sed etiam possessio; cuius enim rei possessionem adepti fuerint, id nos possidere videmur. 671 Cels. D. 41, 2, 18 pr.: . . . nec idem est possidere et alieno nomine possidere: nam possidet, cuius nomine possidetur, procurator alienae possessioni praestat ministerium. Gaius 4, 153: Possidere autem videmur non solum, si ispi possideamus, sed etiam, si nostro nomine aliquis in possessione sit . . . . 672 Siehe zur Ausnahme für den procurator bereits oben Fn. 597. 673 Gaius 2, 89, wiedergegeben in Fn. 670. 674 Harke, Römisches Recht, § 13 Rn. 7; Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 336 f.

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den, die innerhalb des bereits ermittelten Besitzbegriffs näher differenzieren. Möglicherweise lassen sich auf dieser Grundlage für verschiedene Arten von possessio unterschiedliche Ergebnisse für einen Besitzübergang auf den Erben ermitteln. a) Romanistische Kategorisierung Während Savigny von einer Zweiteilung ausgeht, die possessio civilis als zur Ersitzung geeigneten Besitz jeglicher anderen possessio gegenüberstellt, sieht Riccobono eine weitere Art von Besitz. Seit Riccobono werden gemeinhin675 possessio civilis, possessio naturalis und possessio ad interdicta unterschieden. Possessio civilis bezeichne den Besitz ex iusta causa, der Ausgangspunkt des Erwerbs quiritischen Eigentums durch usucapio oder durch traditio ist. Riccobono fasst den Begriff der civilis possessio also weiter, als Savigny dies tat.676 Possessio naturalis sei weitgehend gleichbedeutend mit dem heutigen Begriff der Detention im Sinne von tatsächlicher Innehabung ohne Eigenbesitzwillen. Possessio ad interdicta sei eine Position, die an tatsächliche Innehabung und die Absicht zu besitzen anknüpft. Über diese Mindestanforderungen hinaus sei konstitutives Merkmal der prätorische Schutz.677 Ob eine solche Kategorisierung bereits den römischen Juristen zugeordnet werden darf, kann bezweifelt werden. So argumentiert insbesondere678 Kunkel679 schlüssig gegen eine eigenständige klassische Besitzkategorie der possessio ad interdicta. Zwar sei Riccobonos Definition der possessio civilis tragfähig, allerdings bezeichne allein possessio naturalis das Gegenstück hierzu, nämlich Besitz ohne zivilrechtliche Konsequenzen. Hierunter könne je nach Kontext gleichermaßen bloße Detention oder auch durch Interdikte geschützter Besitz wie zum Beispiel der des Pfandgläubigers fallen; entscheidend sei lediglich, dass die possessio naturalis keinen Eigentumserwerb nach sich zieht. Andererseits deckt sich interdiktisch geschützter Besitz in der Regel mit der possessio civilis, ein einheitlicher honorarrechtlicher Besitzbegriff habe nie existiert. Vielmehr seien die Anwendungsfälle für die einzelnen Rechtsbehelfe durchaus unterschiedlich erörtert worden. Kunkel weist ferner zu Recht darauf hin, dass die Interdikte nicht etwa der einzige Anwendungsfall der possessio im Bereich des prätorischen Edikts 675

Vgl. insofern nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 8, 10. Vgl. insbesondere Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 332. 677 Riccobono, SZ 31 (1910), S. 321, 336 f. 678 Kritik an der Systematisierung Riccobonos wurde bereits zuvor unter anderem von Perozzi (civilis possessio sei kein klassischer Begriff) oder auch Hägerström (Zweiteilung, Interdiktenbesitz als Form der possessio civilis) geäußert. Nachweise zu deren Schriften finden sich bei Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 40 f. Bei Kunkel erfolgt auch eine knappe, aber nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den dort ausgeführten Theorien. 679 Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 40–79; eine Darstellung seiner eigenen Ansicht präsentiert Kunkel auf S. 61. 676

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sind. Ein weiteres Beispiel war die possessio im Rahmen der actio ad exhibendum.680 Auch MacCormack hat Vorbehalte gegen die vielfach akzeptierte Dreiteilung. Zwar decken sich seine Ergebnisse im Wesentlichen mit denen von Kunkel. Allerdings geht MacCormack davon aus, dass das Klassifizierungsstreben der römischen Juristen weniger ausgeprägt war, als ihnen noch von Kunkel zugeschrieben wird. Häufig sei gerade die Gegenüberstellung zur possessio civilis oder überhaupt der Gebrauch von naturalis possessio ganz konkret auf die Anwendung einzelner Rechtsregeln zurückzuführen.681 Außerdem macht er an Beispielen deutlich, dass eine von den römischen Juristen strikt eingehaltene Terminologie hinsichtlich des Besitzes gerade nicht existiert.682 Insbesondere naturaliter tenere oder naturaliter possidere bedeute bisweilen keinen Gegensatz zur possessio civilis, sondern lediglich faktische Kontrolle oder eine Gegenüberstellung zu jeglichem Besitz.683 b) Römische Kategorisierungen Alle diese Systematisierungsversuche haben die Schwäche, dass sie in der von der romanistischen Literatur suggerierten Allgemeinverbindlichkeit nicht von den römischen Juristen selbst stammen. Bei diesen finden sich hingegen immer wieder Gegenüberstellungen verschiedener Qualifizierungen in unterschiedlichen Sachzusammenhängen, zum Beispiel die Begriffe iusta possessio684 oder auch possessio bonae fidei.685 Auch wenn tatsächlich einmal die von der Romanistik aufgegriffenen Bezeichnungen civilis und naturalis possessio gegenübergestellt 680 Kunkel, Symbolae Friburgenses, S. 40, 65. Außerdem wird dort auch das Edikt de utili communi dividundo iudicio erwähnt. 681 MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47, 67 f. Diese Erkenntnis lässt sich jedoch auch bereits Kunkel zuordnen, vgl. Symbolae Friburgenses, S. 40, 60. 682 „Imprecision of the classical terminology of possession“, MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47, 56. 683 MacCormack, SZ 84 (1967), S. 47, 58 zu Pap. D. 41, 2, 49 pr.: Possessio quoque per servum, cuius usus fructus meus est, ex re mea vel ex operis servi adquiritur mihi, cum et naturaliter a fructuario teneatur . . . oder ähnlich S. 61 zur Anwendbarkeit der actio communi dividundo in Ulp. D. 10, 3, 7, 11: Neque colonis neque eis qui depositum susceperunt hoc iudicium competit, quamvis naturaliter possideant. 684 Ausführlich hierzu MacCormack, TR 42 (1974), S. 71 ff., der auf die unterschiedlichen Anwendungsfälle zum Beispiel im Rahmen des interdictum unde vi oder auch im Zusammenhang mit dem precarium hinweist. Kurz gefasst ist iusta possessio der rechtskonform erworbene Besitz, der unter anderem nicht unter die exceptio vitiosae possessionis (nec vi nec clam nec precario) einiger Interdikte wie beispielsweise des uti possidetis oder des unde vi fällt, vgl. Kunkel/Selb, Römisches Recht, § 55 S. 134. 685 Paul. D. 41, 2, 3, 22: Vel etiam potest dividi possessionis genus in duas species, ut possideatur aut bona fide aut non bona fide. Konkret im Rahmen des Ersitzungsrechts bedarf es nach herrschender Meinung beim Besitzerwerb des Vertrauens auf die Verfügungsbefugnis des Geschäftsgegners, Söllner, SZ 122 (2005), S. 1 f.

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werden, geschieht dies nicht in allgemeiner Systematisierungsabsicht. Ein Beispiel hierfür ist Iul. D. 41, 5, 2, 1.686 Hier geht es konkret um die Reichweite der nemo-sibi-Regel im Falle der Besitzausübung durch andere. Dafür wird zugegebenermaßen auf bestehende Kategorien zurückgegriffen, allerdings nicht in dem Sinne, dass daraus strikte Systemvorgaben resultierten. Stattdessen dienen die Besitzkategorien lediglich als Erklärungsmuster für Einzelfälle.687 Ähnlich verhält es sich, wenn ein civiliter possidere und ein naturaliter tenere gegenübergestellt werden.688 Dann wird konkret abgegrenzt, ob es sich bei der fraglichen Sachherrschaft um Besitz oder eine rein faktische Beziehung handelt, die nicht die Anforderungen der possessio erfüllt. Es geht bei den Juristen also meist um Abgrenzungen von Besitzformen in konkreten Rechtsfragen, nicht um eine Darstellung, die abstrakt jegliche Erscheinungsform von Besitz erfasst. Eine scheinbar generelle Aussage trifft allerdings Paulus in D. 41, 2, 3, 21689. Die genera possessionum690 entsprechen hier den verschiedenen causae adquirendi. Hiermit werden jedoch nicht nur Ersitzungstitel bezeichnet, wie sich an den Beispielen ablesen lässt, die Paulus für den Besitz pro suo anführt.691 Hier bedarf es für den Eigentumserwerb gerade nicht des Ablaufs einer Ersitzungsfrist.692 Kategorisiert wird also tatsächlich die possessio, jedoch spezifisch im Zusammenhang mit Tatbeständen des Eigentumserwerbs.693 Innerhalb der genera verwendet Paulus dann die Kategorie der species, um anzuzeigen, ob der Besitzer mit bona fides oder ohne bona fides besitzt.694 Diese Unterscheidung lässt sich sinnvollerweise gerade auf die Voraussetzungen des Erwerbs des Eigentums beziehen und stellt somit ebenfalls keine allgemeine Klassifizierung des Besitzes dar.

686 Iul. D. 41, 5, 2, 1: Quod vulgo respondetur causam possessionis neminem sibi mutare posse, sic accipiendum est, ut possessio non solum civilis, sed etiam naturalis intellegatur . . . . 687 Dies ergibt sich insbesondere aus der hier vertretenen Auffassung zum Verhältnis der Stelle zu Iul. D. 41, 3, 33, 1, siehe hierzu bereits Fn. 362. 688 Iav. D. 41, 2, 24: . . . quod servus civiliter quidem possidere non posset, sed naturaliter tenet, dominus creditor possidere . . . . 689 Paul. D. 41, 2, 3, 21: Genera possessionum tot sunt, quot et causae adquirendi eius quod nostrum non sit, velut . . . et in summa magis unum genus est possidendi, species infinitae. Exegetisch behandelt wird dieses Fragment von Pool, TR 81 (2013), S. 527, 545 ff. 690 Offenbar werden diese bereits von Quintus Mucius Scaevola behandelt, vgl. Paul. D. 41, 2, 3, 23: Quod autem Quintus Mucius inter genera possessionum posuit . . . . 691 Paul. D. 41, 2, 3, 21: . . . pro suo, sicut in his, quae terra marique vel ex hostibus capimus vel quae ipsi, ut in rerum natura essent, fecimus. 692 Kaser, BIDR 64 (1961), S. 61, 82. 693 Entgegen Pool, TR 81 (2013), S. 527, 556 erscheint es daher zu weitgehend, „das unum genus possidendi [. . .] auf die Besitzkategorie ,rechtmäßiger Eigenbesitz‘ oder auf den Oberbegriff ,Interdiktenbesitz‘ “ zu beziehen. 694 Paul. D. 41, 2, 3, 22, wiedergegeben in Fn. 685.

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In Gaius 2, 52 hingegen findet sich die Formulierung species possessionis et usucapionis ,pro herede‘. Ein Bezug zur bona fides wird also nicht hergestellt, die species bei Gaius erinnert an das genus bei Paulus. Gerade beim Besitz pro herede wird wegen seiner Relevanz für die Passivlegitimation zur hereditatis petitio und zum interdictum quorum bonorum deutlich,695 dass die Besitztitel auch über den Eigentumserwerb hinaus Bedeutung haben.696 Im vorliegenden Rahmen ist jedoch allein von Interesse, dass offenbar keine allgemeine und gefestigte Einteilung des Besitzes in species oder genera durch die römischen Juristen erfolgt ist. c) Eigene Einschätzung Zunächst lässt sich festhalten, dass eine Kategorisierung des Besitzes durch die römischen Juristen selbst in der Frage nach einem Besitzübergang auf den Erben nicht erfolgt ist. Inwieweit die überkommenen Einteilungen in possessio civilis oder Besitz im interdiktenrechtlichen Bereich sinnvoll erscheint, vermag eine knappe Einordnung der im Rahmen der Exegese behandelten Anwendungsfälle zu veranschaulichen. aa) Anwendungsfälle (1) Iav. D. 41, 2, 23 pr. Die Iavolen-Stelle D. 41, 2, 23 pr. verlangt eine tatsächliche Besitzergreifung des Erben. Dass eine possessio civilis im Sinne einer Voraussetzung des Eigentumserwerbs mittels traditio oder usucapio gemeint sein soll, ist aus dem Kontext jedoch nicht ableitbar.697 Offenbar war der Erblasser Eigentümer der fraglichen Sachen und obwohl alle iura auf den Erben übergehen, trifft dies auf den Besitz nicht zu. Welche Gründe sollte es aber geben, zu fragen, ob eine nicht als possessio im technischen Sinne verstandene possessio naturalis bereits übergegangen sei? Somit erscheint nach dem Ausschlussprinzip auf Grundlage der oben genannten Kategorien eine Stellungnahme vor dem Hintergrund des Honorarrechts denkbar. Tatsächlich lässt sich aber keine weitergehende Aussage treffen, als dass ohne nähere Spezifizierung ein Übergang der possessio verneint wird. (2) Ulp. D. 47, 4, 1, 15 Die zweite behandelte Stelle Ulp. D. 47, 4, 1, 15 befasst sich mit den Voraussetzungen der actio furti. Spezifisches Tatbestandsmerkmal ist in Fällen rund um 695 Zur Passivlegitimation in diesen Fällen siehe ausführlich unten unter D.V.2.a) und c). 696 Siehe hierzu Pool, Fundamina 16/1 (2010), S. 314, 321 ff. 697 Das meint offenbar auch nicht Choi, Besitzerwerb, S. 221, der in seinem Fazit jedoch von einer possessio civilis im Sinne von Iav. D. 41, 2, 23 pr. spricht. Der Ausdruck possessio civilis erscheint jedoch wie gezeigt anderweitig besetzt.

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eine ruhende oder nicht mehr ruhende Erbschaft eine Besitzverletzung. Wie im ersten Teil erläutert, stammt das Kriterium der Besitzverletzung im Zusammenhang mit der actio furti hinsichtlich Erbschaftssachen aus dem Recht der usucapio pro herede. Da jedoch konkret Besitz des Erben vorliegen muss, der mit der aditio Eigentümer der Sache wird oder auch bereits geworden ist, hilft der Begriff der possessio civilis im oben beschriebenen Sinne nicht weiter. Die Besitzverletzung führt nicht zum Eigentumserwerb, ist wegen der Wirkungen der aditio diesem zeitlich nachgelagert. Es handelt sich also offenbar erneut schlicht um possessio. Dieser possessio kommt im konkreten Fall eine besondere Rolle als Tatbestandsmerkmal im Rahmen des furtum zu. Eine Einordnung in die oben genannten Kategorien erscheint jedoch nicht hilfreich. (3) Gaius 3, 201; Gaius 2, 52–58 Bei den in Blick genommenen Gaius-Stellen zeigt sich ein entsprechendes Bild. Erneut geht es um die Frage des Ausschlusses der actio furti und die Zulässigkeit der usucapio pro herede. Die possessio des Erben ist maßgebliches Kriterium konkret für dieses Rechtsproblem. (4) Paul. D. 4, 6, 30 pr. Anderes scheint hinsichtlich Paul. D. 4, 6, 30 pr. zu gelten. Hier geht auf den ersten Blick tatsächlich die possessio im Sinne der oben beschriebenen possessio civilis auf den Erben über, eine Tatbestandsvoraussetzung für einen Eigentumserwerb mittels usucapio. Im Rahmen der Exegese wurde jedoch aufgezeigt, dass es sich hierbei lediglich um eine Ausnahme handelt, die dem Erben die Fortsetzung der vom Erblasser begonnenen Ersitzung ohne eigenen Besitz ermöglicht. Außerdem erschiene es selbst bei Annahme eines Besitzübergangs im konkreten Fall allenfalls nach der inzwischen überholten Kategorisierung durch Savigny korrekt, von einem Übergang der possessio civilis698 zu sprechen.699 (5) Paul. D. 41, 2, 30, 5 Eine Gegenüberstellung von Ersitzungsfortsetzung und nicht näher spezifizierter possessio findet sich in Paul. D. 41, 2, 30, 5. Die Stelle bringt insofern für eine mögliche Kategorisierung keine weiteren Erkenntnisse. 698 Das weitere Verständnis, das seit Riccobono jeglichen Besitz ex iusta causa einbezieht, umfasst nämlich auch den Besitz, der Grundlage eines Eigentumsübertragung durch traditio ist, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 8. Der Erbe ist während des Ruhens der Erbschaft und auch vor der tatsächlichen Ergreifung der Sache nicht in der Lage die Sachen zu tradieren. 699 Dies scheint auch Choi, Besitzerwerb, S. 21, S. 221 anzuerkennen, der von einer Fiktion der possessio civilis, „allerdings nur für die Ersitzung“ ausgeht. Dann erscheint es jedoch nicht hilfreich, die Kategorie der possessio civilis überhaupt heranzuziehen.

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bb) Folgerung Somit zeigt sich, dass die überkommenen Kategorien für die konkrete Fragestellung nicht ergiebig sind. Die Ersitzungsfortsetzung ist, wie gesehen, etwas anderes als ein Übergang der possessio civilis oder einer im Vergleich dazu engeren possessio ad usucapionem. Im Übrigen wird possessio nicht näher spezifiziert, als dies bei der Darstellung des Wesens und der Merkmale des Besitzes herausgearbeitet wurde. Demnach ergibt sich, dass possessio im Rahmen der Quellen, die zur Beantwortung der Frage nach einem Besitzübergang üblicherweise herangezogen werden, einheitlich im Sinne von tatsächlicher Sachherrschaft gebraucht wird. Possessio als Tatbestandsmerkmal für weitere Rechtsfolgen liegt demnach erst mit der tatsächlichen Ergreifung der Sachen durch den Erben vor. 4. Fazit Ein Besitzübergang auf den Erben kann daran festgemacht werden, dass bestimmte Rechtsfolgen nicht am Fehlen der possessio scheitern. Dies ist der Fall, wenn die possessio dem Erben bereits zugeordnet ist. Für diese Zuordnung kommen zwei Modelle in Betracht: zum einen, dass unmittelbar in der Person des Erben die tatbestandlichen Voraussetzungen der possessio vorliegen; zum anderen, dass ihm possessio unter Verzicht auf diese Voraussetzungen zugestanden wird.

II. sui heredes Das eingangs präsentierte Fazit Kasers ging von einem vermutlichen Übergang des Besitzes auf die sui heredes aus. Im bisherigen Verlauf der Bearbeitung wurde darüber hinaus vor allem im Rahmen der Erörterung des Instituts der usucapio pro herede deutlich, dass es im römischen Recht verschiedene Kategorien von Erben gibt, insbesondere die sogenannten sui et necessarii heredes. An dieser Stelle sollen die verschiedenen Erbenkategorien voneinander abgegrenzt und vor allem die besondere Stellung der sui heredes näher beleuchtet werden. Zwar ist die Unterscheidung als solche unumstritten. Da jedoch terminologisch bisweilen durchaus unterschiedliche Kategorien und Obergruppierungen genannt werden, ist auch hier eine sorgfältige von den Quellen ausgehende Darstellung geboten. 1. Erbenkategorien a) Nach Gaius Maßgebliches Zeugnis für die vorhandenen Erbenkategorien sind die Institutionen des Gaius. Gaius nimmt in 2, 152 im Zuge der Erörterung der testamenta-

II. sui heredes

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rischen Erbfolge eine Dreiteilung vor. Demnach seien Erben entweder necessarii, sui et necessarii oder extranei. Der servus cum libertate heres institutus verkörpert die Kategorie der necessarii heredes.700 Die Bezeichnung erklärt sich laut Gaius aus dem Umstand, dass diese Erben keine Möglichkeit haben, die Erbschaft auszuschlagen.701 Sui et necessarii heredes sind zunächst diejenigen agnatischen Abkömmlinge,702 die mit dem Tod des Erblassers sui iuris werden,703 also die Erstberufenen bei der Intestaterbfolge.704 Ein solcher suus et necessarius kann auch durch Arrogation oder Adoption geschaffen werden. Dies ergibt sich aus Gaius 3, 2.705 Umgekehrt können jedoch auch einzelne Personen durch Emanzipation, Adoption durch einen Dritten oder auch durch Eingehen einer manus-Ehe, conventio in manum, zu Lebzeiten des paterfamlias aus der patria potestas ausscheiden. In den beiden letztgenannten Fällen unterfallen sie dann der patria potestas eines anderen Gewalthabers. Die emanzipierten Hauskinder werden sui iuris. In allen Konstellationen sind diese Personen dann keine sui heredes des paterfamilias mehr.706 Werden sie testamentarisch als Erben eingesetzt, sind sie demnach extranei heredes.707 Nicht ganz deutlich wird im Rahmen des zweiten Buchs der Institutionen, ob die uxor in manu, die mit dem Erbfall ebenfalls sui iuris wird, den sui nur gleichgestellt ist oder auch zu dieser Kategorie gehört. Dies ergibt sich jedoch aus der gaianischen Darstellung des Intestat700

Gaius 2, 153: Necessarius heres est servus cum libertate heres institutus . . . . Gaius 2, 153: . . . ideo sic appellatus, quia sive velit sive nolit, omni modo post mortem testatoris protinus liber et heres est. 702 Gaius 2, 156: Sui autem et necessarii heredes sunt velut filius filiave, nepos neptisve ex filio, deinceps ceteri, qui modo in potestate morientis fuerunt . . . . Entscheidend für das agnatische Verwandtschaftverhältnis ist die Formulierung ex filio. Erfasst sind also Söhne und Töchter des Sohnes des Erblassers, nicht jedoch die Kinder der Tochter, vgl. auch Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 66 Rn. 1. 703 Gaius 2, 156: . . . Sed uti nepos neptisve suus heres sit, non sufficit eum in potestate avi mortis tempore fuisse, sed opus est, ut pater quoque eius vivo patre suo desierit suus heres esse aut morte interceptus aut qualibet ratione liberatus potestate; tum enim nepos netpisve in locum sui patris succedunt. Enkelkinder nach den Söhnen des Erblassers zählen demnach nur zu den sui heredes, wenn sie nicht mit dem Erbfall lediglich in die Hausgewalt eines anderen paterfamilias fallen. Suus heres wäre dann allein ihr Vater und neuer Gewalthaber. 704 Dies entspricht bereits dem Recht der Zwölf Tafeln: Tab. 5, 4: SI INTESTATO MORITUR, CUI SUUS HERES NEC EST, ADGNATUS PROXIMUS FAMILIAM HABETO. 705 Gaius 3, 2: Sui autem heredes existimantur, ut supra quoque diximus, liberi, qui in potestate morientis fuerunt, veluti . . . . Nec interest, utrum naturales sint liberi an adoptivi . . . . Adoptivi dürfte hier als Oberbegriff für durch Arrogation oder Adoption angenommene Personen zu verstehen sein. Näher hierzu im Rahmen der Auswirkungen der Arrogation auf den Besitz des Arrogierten, siehe unten D.IV.1. 706 Siehe exemplarisch zu emanzipierten Hauskindern Gaius 2, 135: Emancipatos liberos iure civili neque heredes instituere neque exheredare necesse est, quia non sunt sui heredes . . . . 707 Gaius 2, 161: . . . Itaque liberi quoque nostri, qui in potestate nostra non sunt, heredes a nobis instituti sicut extranei videntur . . . . 701

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erbrechts nach ius civile, wonach auch die uxor in manu zu den sui heredes zählt.708 Gaius spricht jedoch in 2, 152 von sui et necessarii und nicht lediglich von sui. Die in Gaius 2, 157 709 enthaltene Erklärung für diese zweite Komponente entspricht derjenigen in Gaius 2, 153 für den servus cum libertate heres institutus. Diese Rechtswirkung wurde durch das Honorarrecht ein Stück weit abgemildert, indem der Prätor ihnen – und nicht den necessarii tantum – das sogenannte beneficium abstinendi gewährte.710 Die sui heredes hatten somit die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen, sofern sie jegliche Einmischung, immixtio, in das Nachlassvermögen unterließen.711 In diesem Zusammenhang wird das tempus ad deliberandum als vom Prätor gesetzte Überlegungsfrist relevant, ob tatsächlich von dem beneficium Gebrauch gemacht wird.712 Diese Frist konnte zur Prüfung genutzt werden, inwieweit eine überschuldete Erbschaft vorlag, deren Antritt nicht sinnvoll erschien. Diesen Kategorien stellt Gaius die extranei heredes gegenüber, die zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht in der Hausgewalt des Erblassers standen.713 Dies können, wie gesehen, durchaus auch Abkömmlinge sein. Auch der servus cum libertate heres institutus findet in Gaius 2, 161 wieder Erwähnung.714 In dieser Konstellation erlangte der Sklave jedoch nicht erst mit dem Wirksamwerden des Testaments die Freiheit. Der Erblasser hatte ihn stattdessen nach der Errichtung des Testaments aber vor dem Erbfall selbst freigelassen. Auch wenn diese Einteilung hier vor allem auf Gaius zurückgeführt wird, so ist doch bereits in den Zwölf Tafeln der suus heres genannt.715 Dass die sui heredes auch necessarii heredes sind, erscheint dann vielmehr eine bloß zusätzliche Beschreibung durch Gaius. Auch Gaius selbst gebraucht nicht durchgängig den Begriff suus et necessarius heres für die in der Folge lediglich als sui heredes bezeichnete Erbengruppe. Einen anschaulichen Beleg hierfür liefert Gaius 3, 26. Bei der Darstellung der bonorum possessio beschreibt Gaius, wer zur Klasse unde liberi gehört, und nennt unter den Nachkommen explizit die sui heredes, id est, qui in potestate patris fuerunt.716 Suus et necessarius ist insofern lediglich 708 Gaius 3, 3: Uxor quoque, quae in manu eius est, sua heres est, quia filiae loco est . . . . Vgl. auch Watson, Law of succession, S. 176. 709 Gaius 2, 157: . . . ,Necessarii‘ vero ideo dicuntur, quia omni modo, velint ab intestato quam ex testamento heredes fiunt. 710 Gaius 2, 158: Sed his praetor permittit abstinere se ab heredi, ut potius parentis bona veneant. Siehe hierzu Kunkel-Honsell, § 173 S. 469; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 578 ff. 711 Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 104 (1987), S. 238, 288. 712 Vgl. Ulp. D. 28, 8, 1, 1: Ait praetor: ,si tempus ad deliberandum petet, dabo‘. 713 Gaius 2, 161: Ceteri, qui testatoris iuri subiecti non sunt, ,extranei‘ heredes appellantur . . . . 714 Gaius 2, 161: . . . Servi quoque, qui cum libertate heredes instituti sunt et postea a domino manumissi, eodem numero habentur. 715 Tab. 5, 4, wiedergegeben in Fn. 704.

II. sui heredes

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eine kontextbezogene Unterscheidung zu den necessarii tantum. Gerade in Anknüpfung an die Zwölf Tafeln ist jedoch der Begriff des suus heres der eigentlich im römischen Recht verankerte. b) In der romanistischen Literatur Selbstverständlich orientiert sich auch die Kategorisierung durch die heutige Wissenschaft am gaianischen Muster. Teilweise werden aber andere Oberbegriffe betont oder andere Kategorien gegenübergestellt. aa) Kaser Kaser stellt als Oberbegriffe Hauserben717 (domestici heredes) und hausfremde Erben718 (extranei heredes) gegenüber.719 Die Hauserben hätten schon zu Lebzeiten dem Hausverband des Erblassers angehört. Die Hauserben lassen sich in die sui heredes720 und den mit gleichzeitiger Freilassung eingesetzten Sklaven des Erblassers unterteilen. bb) Voci Voci stellt als Oberkategorien necessarii und voluntarii heredes gegenüber.721 Die necessarii lassen sich dann in necessarii tantum und sui et necessarii unterteilen. Der Begriff necessarii tantum sei der Epitome Ulpiani entnommen.722 Voluntarii und extranei werden synonym verwendet. Lediglich die Betrachtungsweise ist hinsichtlich der Betonung der Hausgemeinschaft oder des Erbschaftserwerbs verschieden. Suus habe auch ohne den Zusatz heres eine feststehende Bedeutung.723 Gemeint seien hiermit alle Familienmitglieder unter der potestas des Vaters, also zum Beispiel auch der Enkel des Erblassers, der durch seinen 716 Gaius 3, 26: Nam liberos omnes, qui legitimo iure deficiuntur, vocat ad hereditatem, proinde ac si in potestate parentis mortis tempore fuissent, sive soli sint, sive etiam sui heredes, id est, qui in potestate patris fuerunt, concurrant. 717 Manthe verwendet diesen Begriff in seiner Gaius-Übersetzung allein für die sui heredes. 718 Harke, Römisches Recht, S. 312 spricht von „Außenerben“. 719 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 713 ff. Die lateinischen Begriffe werden bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 71 Rn. 1 verwendet. Im Römischen Privatrecht I, S. 714 Fn. 3 bezeichnet Kaser den auf Gaius 2, 157 zurückgehenden Begriff domestici heredes als untechnisch; entsprechend Kunkel/Honsell, § 173 S. 469 f. allerdings auch unter Erwähnung des Begriffs heredes voluntarii. 720 Harke, Römisches Recht, S. 300 bezeichnet sie als „Eigenerben.“ 721 Voci, Diritto ereditario romano I, S. 399 f. 722 Epitome Ulpiani 22, 24: . . . necessariis autem tantum heredibus abstinendi potestas non datur. Der Text wird hier wiedergegeben nach Avenarius, Liber singularis regularum, S. 48. 723 Voci, Diritto ereditario romano I, S. 400 mit Verweis auf Paul. D. 38, 10, 10, 3: Proximiores ex adgnatis sui dicuntur.

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C. Begrifflichkeiten

Vater von der Erbschaft ausgeschlossen wird und somit nicht suus heres sein kann. 2. Definition der sui heredes Suus ist eigentlich ein reflexives Possessivpronomen. Als Bezugspunkt erscheint der spätere Erblasser als Inhaber der patria potestas naheliegend, auch wenn dies letztlich nicht eindeutig zum Ausdruck kommt.724 Aus dem Bestehen der patria potestas ergibt sich, dass der suus nicht sui iuris ist. Mit sui heredes sind die sui et necessarii heredes nach der Einteilung des Gaius gemeint. Sui heredes sind also die Erben, die als personenrechtlich freie Mitglieder der familia des Erblassers mit dem Erbfall sui iuris werden.725 Aus der Voraussetzung, dass nur diejenigen sui als sui heredes in Betracht kommen, die durch den Erbfall sui iuris werden, ergibt sich im Umkehrschluss, dass auch sui existieren, die keine Erben werden. Hierzu zählen insbesondere die nepotes ex filio, deren Vater noch am Leben ist und der seinerseits Erbe wird.726 Außerdem können sui auch durch Enterbung im Testament von der Erbschaft ausgeschlossen werden.727 Es dürfte ferner in aller Regel nicht nur ein einziger suus heres vorhanden gewesen sein. Im altrömischen Recht führte dies zum consortium mit der Bezeichnung ercto non cito,728 einer ungeteilten Erbengemeinschaft.729 3. Erbschaftserwerb der sui heredes Ob die Berufung zur Erbschaft ab intestato oder kraft Testaments erfolgt, ist unerheblich für die Einordnung als sui heredes.730 Die Hauserben erwerben die 724 Vgl. den plausiblen Begründungsansatz von Kirk, SZ 58 (1938), S. 161, der auf den Zwölftafelsatz in Tab. 5, 4 Bezug nimmt und die Formulierung suus heres als Verselbstständigung dieser Formulierung auffasst. Ähnlich Senn, RHD 36 (1958), S. 59, Fn. 1. von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 416 geht hingegen von zwei Substantiven aus, die asyndetisch nebeneinandergestellt seien. Nach Karlowa, Römische Rechtsgeschichte II, S. 800 ist suus Substantiv, dem heres attributiv beigeordnet ist. Ein guter Literaturüberblick zum Begriff suus heres findet sich bei Lamberti, Postumi I, S. 86 Fn. 87. 725 Ähnlich Lamberti, Postumi I, S. 106 mit Nachweisen zu den hier nicht näher zu behandelnden Zweifeln, ob auch schon ursprünglich die uxor in manu zu den sui heredes zählte. Vgl. auch Manthe, Der Neue Pauly 11, Art. Sui heredes, Sp. 1091 f. 726 Lamberti, Postumi I, S. 108. 727 Dies erfordert jedoch eine ausdrückliche Enterbung. Bei Haussöhnen musste dies zudem namentlich geschehen. Vgl. Gaius 2, 127: Sed si quidem filius a patre exheredetur, nominatim exheredari debet . . . . Gaius 2, 128: Ceterae vero liberorum personae vel feminini sexus vel masculini satis inter ceteros exheredantur . . . . 728 Siehe Gaius 3, 154a: . . . Olim enim mortuo patre familias, inter suos heredes quaedam erat legitima simul et naturalis societas, quae appellabatur ,ercto non cito‘ . . . . 729 Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 157 S. 435. 730 Gaius 2, 157: . . . ,Necessarii‘ vero ideo dicuntur, quia omni modo, velint ab intestato quam ex testamento heredes fiunt.

II. sui heredes

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Erbenstellung und die vererblichen Rechte des Erblassers ipso iure, ohne dass es auf ihren Willen ankommt oder dass sie einer aditio bedürfen.731 Laut Kaser setzt sich hier die im alten Recht vorgebildete Anschauung fort, die Mitberechtigung732 der freien Hausgenossen habe bereits unter der Gewalt des paterfamilias latent bestanden und sei durch den Fortfall des Gewalthabers, der ihrer Rechtsausübung im Weg stand, nur freigesetzt worden.733 Diese Ansicht stützt sich im Wesentlichen734 auf Paul. D. 28, 2, 11735 und Gaius 2, 157 736. Diese beiden Quellen werden im weiteren Verlauf der Arbeit hinsichtlich ihrer Aussagekraft für den Besitzerwerb der sui noch näher beleuchtet. An dieser Stelle genügt es festzuhalten, dass die sui heredes die Erbschaft ipso iure erwerben und sich dies aus ihrer besonderen Stellung innerhalb des römischen Familienverbandes erklärt. Dieser unmittelbare Erbschaftserwerb hat die Konsequenz, dass es nicht zu einer ruhenden Erbschaft kommen kann. Auch die abweichende Beurteilung der in iure cessio hereditatis durch notwendige Erben und extranei heredes lässt sich, wie gesehen, vor diesem Hintergrund erklären.737 Somit bestätigt sich, dass nicht

731 Siehe Gai. D. 38, 16, 14: In suis heredibus aditio non est necessaria, quia statim ipso iure heredes existunt. 732 Hier im Detail abweichend Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 248: „Vor dem Erbfall verfügten die sui nur über eine Erwerbsaussicht, eine Anwartschaft.“ Ähnlich Rabel, SZ 50 (1930), S. 295, 327. 733 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 714. Deutlich zurückhaltender Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 210. Kritisch Lamberti, Postumi I, S. 92 ff. sowie die Nachweise S. 92 Fn. 107 ff. Teilweise wird die unmittelbare Nachfolge der sui heredes mit der Idee einer „solidarité familiale“ und somit eher soziologisch erklärt, hierzu Senn, RDH 36 (1958), S. 59, 60 mit weiteren Nachweisen. Ein Überblick über das vertretene Meinungsspektrum findet sich auch bei Lobrano, Pater et filius eadem persona, S. 38 ff., der auch einer Einordnung der in den Fußnoten 735 und 736 wiedergegebenen Stellen als postklassisch entgegentritt. Voci scheint die beiden Argumentationslinien insofern zu verknüpfen, als er eine ethisch-soziale Fortsetzung eines ursprünglichen Rechtszustands ausmacht, Diritto ereditario romano I, S. 36. 734 Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 245 verweist zudem auf Ulp. D. 38, 9, 1, 12: Dort rechtfertigt Ulpian die längere Frist für Eltern und Kinder hinsichtlich des Antrags auf Zuweisung der bonorum possessio damit, dass diese sozusagen ihr eigenes Vermögen erhielten: . . . quia artandi non erant, qui paene ad propria bona veniunt . . . . Avenarius sieht jedoch eine solche Mitberechtigung zu Recht nicht als im Prinzipat geltendes Recht an, deutlich vor allem ebenda, S. 246 f. 735 Paul. D. 28, 2, 11: In suis heredibus evidentius apparet continuationem dominii eo rem perducere, ut nulla videatur hereditas fuisse, quasi olim hi domini essent, qui etiam vivo patre quodammodo domini existimantur . . . itaque post mortem patris non hereditatem percipere videntur, sed magis liberam bonorum administrationem consequuntur. hac ex causa licet non sint heredes instituti, domini sunt: nec obstat, quod licet eos exheredare, quod et occidere licebat. 736 Gaius 2, 157: Sed ,sui‘ quidem heredes ideo appellantur, quia domestici heredes sunt et vivo quoque parente quodam modo domini existimantur; unde etiam, si quis intestatus mortuus sit, prima causa est in successione liberorum . . . . 737 Siehe bereits oben Fn. 231 zu Gaius 3, 87: Suus autem et necessarius heres an aliquid agat in iure cedendo, quaeritur. Nostri praeceptores nihil eos agere existimant;

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C. Begrifflichkeiten

zwangsläufig von gleichen Voraussetzungen für die verschiedenen Erbenkategorien ausgegangen werden kann, wenn von einer hereditas oder res hereditariae die Rede ist. 4. Fazit Sui heredes sind die personenrechtlich freien Mitglieder der familia, die unabhängig vom Berufungsgrund mit dem Erbfall sui iuris werden – also zuvor in der patria potestas des Erblassers standen – und die die Erbschaft ipso iure erwerben. Letzteres gilt auch für die necessarii tantum, konkret für den servus cum libertate institutus.

III. Übergang Nachdem die Begrifflichkeiten des Besitzes und der sui heredes geklärt sind, bleibt lediglich eine letzte Komponente der aufgeworfenen Fragestellung zu definieren, der Übergang (des Besitzes). 1. Übergang, Nachfolge, Fortsetzung Bereits in der Einleitung wurde der Begriff der Vererblichkeit des Besitzes verworfen, weil hiermit suggeriert wird, dass der Besitz allein auf erbrechtlichem Wege erworben werden könne. Eine gewisse Vorfestlegung scheint aber auch in Kasers Formulierung enthalten, dass der Besitz auf die sui heredes übergehe.738 Es erscheint nicht abwegig, dass Kaser sich hierbei terminologisch an § 857 BGB anlehnte, wonach der Besitz auf den Erben übergeht. Wie im Rahmen der Ausführungen zum Besitzbegriff bereits ermittelt, kann von Besitz des Erben dann ausgegangen werden, sobald Rechtsfolgen nicht mehr an der fehlenden possessio scheitern. Dort wurde auch ausgeführt, dass die Erlangung des Besitzes durch den Erben mit verschiedenen Modellen begründet werden kann. Der Begriff Übergang impliziert jedoch eine Ableitung vom Besitz des Erblassers. Besitz erscheint dann als Rechtsposition. Eine mögliche Alternative könnte im Begriff der Nachfolge gesehen werden.739 Der Begriff der Nachfolge dürfte dem römischen succedere eher entsprechen,740 das gerade im erbrechtlichen Kontext von den Juristen verwendet wird. Aber auch bei einer Nachfolge wird letztlich diversae scholae auctores idem eos agere putant, quod ceteri post aditam hereditatem . . . . 738 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 395. 739 So Rabel, SZ 50 (1930), S. 295, 299 insbesondere Fn. 8 gegen die Kritik Bonfantes, dass im Deutschen keine hinreichenden Übersetzungen für succedere zur Verfügung ständen. Nachfolge sei neutral gegenüber der Ableitung oder der Entstehung einer neuen Position. Die Ausführungen beziehen sich zwar auf die successio als solche, erscheinen jedoch auch für die Frage nach dem Besitz des Erben hilfreich. 740 Vgl. die Übersetzung bei Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. succedere.

III. Übergang

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der Besitz als Rechtsposition gedeutet und lediglich die Perspektive erscheint eine andere im Vergleich zu einem Übergang. Statt der Position, die übergeht, wird hier das innehabende Rechtssubjekt betont. Anknüpfend an die Erkenntnisse zur successio in possessionem ist auch die Bezeichnung Fortsetzung erwägenswert. Hiermit kann treffender zum Ausdruck gebracht werden, wenn Besitz im Sinne tatsächlicher Sachherrschaft in der Person des Erben vorliegt und unmittelbar den Besitz des Erblassers ablöst. Welcher Begriff vorzugswürdig ist, hängt somit von dem gewählten Begründungsmodell für den Besitzerwerb des Erben ab. Umso wichtiger erscheint es daher, heutiges Verständnis und Anforderungen an den klassischen römischen Rechtszustand auseinanderzuhalten. Es stellt sich somit konkret die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um unabhängig von der Bezeichnung des Vorgangs der Sache nach zu beschreiben, was Kaser als Übergang des Besitzes bezeichnet. Maßstab hierfür muss das römische Recht sein. Erst wenn feststeht, auf welchem Wege der Erbe den Besitz an den res hereditariae erlangt, kann auch die Frage nach einem passenden Begriff im Deutschen abschließend beantwortet werden. 2. succedere Das Wortfeld successio, succedere kann Ausgangspunkt einer an den klassischen Begrifflichkeiten ausgerichteten Untersuchung der Frage sein, was die Römer unter einer erbrechtlichen Nachfolge verstehen und was für Anforderungen an eine solche gestellt werden.741 Bereits erläutert wurden die Formulierungen succedere in usucapionem und succedere in possessionem. Beide bezeichnen die dem Erben zugestandene Fortsetzung einer bereits vom Erblasser begonnenen Ersitzung. Dies wurde als ersitzungsrechtliche Besonderheit erklärt. Allgemein wird die erbrechtliche Nachfolge742 von den römischen Juristen in klassischer Zeit mit succedere in locum defuncti 743 beziehungsweise succedere in 741 Kaser, Studi Biondi I, S. 95, 124 bezeichnet successio als feststehenden Begriff in der juristischen Terminologie der Römer für die „Nachfolge“ des Erben in die Stellung des Erblassers. 742 Nicht im Zentrum dieser Überlegungen steht die Definition der hereditas als Objekt des erbrechtlichen Erwerbs, in deren Rahmen die römischen Juristen ebenfalls auf die successio rekurrieren, vgl. Gai. D. 50, 16, 24: Nihil est aliud ,hereditas‘ quam successio in universum ius quod defunctus habuit; Iul. D. 50, 17, 62: Hereditas nihil aliud est, quam successio in universum ius quod defunctus habuerit. 743 Siehe vor allem Gaius 4, 34, wenn auch zur bonorum possessio: . . . cum enim praetorio iure et non legitimo succedat in locum defuncti . . . . Weitere Beispiele bei Voci, Diritto ereditario romano I, S. 165 f. Eine andere Bedeutung hat succedere hingegen entgegen Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 673 Fn. 4 in den folgenden Fällen: Gaius 2, 133: . . . incipit nepos neptisve in eius locum succedere . . . ; Gaius 2, 156:

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C. Begrifflichkeiten

ius defuncti 744 beschrieben: Hiermit wird ein Einrücken in bestehende, vererbliche745 Rechtspositionen zum Ausdruck gebracht.746 Diese werden durch den Erbschaftserwerb einem anderen Rechtssubjekt zugeordnet. Eigentum und Forderungen gehen auf einen neuen Rechtsträger über, konkret auf den Erben. Dass der Besitz als eine solche vererbliche Rechtsposition anerkannt wurde, die im Rahmen der hereditas erworben werden konnte, erscheint auf Grundlage der Exegese im Abschnitt B. ausgeschlossen. Dennoch könnte sich aus der erbrechtlichen Nachfolge der römischrechtliche Maßstab für den Vorgang ablesen lassen, den Kaser als Übergang des Besitzes bezeichnet. 3. Identität und Kontinuität Entscheidendes Merkmal des succedere nach römischem Verständnis ist die Identität der vererbten Rechtspositionen.747 Der Erbe erlangt dasselbe Eigentum, das der Erblasser hatte; er erwirbt die Forderung, die zuvor dem Erblasser zustand. Auf Grundlage des oben herausgearbeiteten Verständnisses des Tatbestandes des Besitzes als tatsächliche Sachherrschaft, erscheint eine solche Identität für den Besitz jedoch nicht konstruierbar. Eine tatsächliche Sachherrschaft ist gerade keine Rechtsposition, sondern beschreibt im Ausgangspunkt ein Verhalten. Zwar verlangen die römischen Juristen nach einer faktischen Begründung des Besitzes keineswegs eine ununterbrochene Ausübung der faktischen Sachherrschaft. Es genügte zu einer Fortdauer des Besitzes, wie insbesondere am Prinzip des possessionem animo retinere gezeigt wurde, das Ausbleiben besitzbeendender Ereignisse. Dies macht den Besitz jedoch noch nicht zu einer Rechtsposition, sondern allenfalls zu einem Zustand. Für Verhaltensweisen oder Zustände erscheint der Begriff der Identität aber unpassend. Eine Fortsetzung des Besitzes lässt sich . . . tum enim nepos neptisve in locum sui patris succedunt; Gaius 3, 7: . . . aequum enim videbatur nepotes neptesve in patris sui locum portionemque succedere . . . . Hier geht es um ein bloßes Nachrücken in die Erbenstellung durch gradfernere Erben, nicht um die Nachfolge in die Rechte des Verstorbenen. Zu Recht differenzierend, Voci, Diritto ereditario romano I, S. 163. 744 Pap. D. 44, 3, 11: Cum heres in ius omne defuncti succedit . . . ; Paul. D. 41, 3, 4, 15: Heres, qui in ius defuncti succedit . . . ; Pomp. D. 29, 2, 37: Heres in omne ius mortui, non tantum singularum rerum dominium succedit . . . . Vgl. weiterhin die bereits in Fn. 742 wiedergegebenen Definitionen der hereditas durch Julian und Gaius. 745 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 65 Rn. 2 f.: „Gegenstand der Erbfolge ist das Vermögen als Inbegriff der vererblichen Rechte.“ Als Beispiele werden Eigentum und Forderungsrechte genannt, nicht zur Erbschaft gehören hingegen Gebrauchsrechte, gewisse Pönalansprüche und Schulden, die jedoch schon früh mit der Erbfolge verbunden werden. 746 Noch exakter erscheint die italienische Formulierung successione nella situazione giuridica, vgl. Robbe, Successio, S. 4. 747 Vgl. Voci, Diritto ereditario romano I, S. 143 f.

III. Übergang

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stattdessen am Kriterium der Kontinuität festmachen. Das Bild der Besitzkontinuität wird von den römischen Juristen auch verwendet, um die usucapio zu definieren, als adiectio dominii per continuationem possessionis temporis lege definiti.748 Kontinuität ist gegeben, wenn ein Zustand ungeachtet eines zwischenzeitlichen Ereignisses unverändert fortdauert oder wenn er nach einem den früheren Zustand ändernden Ereignis ohne Unterbrechung anschließt.749 Da der Tod des Erblassers den früheren Zustand (Besitz des Erblassers) zumindest verändert, kommt für den Besitz allein die zweite Bedeutung in Frage. Von Kontinuität hinsichtlich des Besitzes von Erblasser und Erbe kann dann gesprochen werden, wenn der Tod des Erblassers lediglich bewirkt, dass nun ein anderer besitzt, nämlich der Erbe. Der Erbe muss also ipso iure mit dem Erbfall Besitzer werden. Veranschaulicht wird dieser weitere Kontinuitätsbegriff durch einen Vergleich der Ersitzungsfortsetzung mit der sogenannten accessio temporis. Bei der successio in possessionem hat der Tod des Erblassers rechtlich keine Auswirkung auf die Fortdauer der Ersitzung. Hier erscheint letztlich sogar der engere Kontinuitätsbegriff einschlägig. Die Addition später durch den Erben ergriffenen Besitzes zu dem des Erblassers im Rahmen des interdictum utrubi erfolgt hingegen nach einer Unterbrechung des Besitzes.750 Zieht man jedoch den Vergleich zwischen dem Erbschaftserwerb eines Außenerben und dem eines heres necessarius, so wird klar, dass der Begriff der Kontinuität strengere Anforderungen aufstellt, als der Begriff der Identität. Es ist nicht ersichtlich, dass der Erbschaftserwerb des heres voluntarius trotz des Erfordernisses einer Rechtshandlung751 nicht als ein succedere in ius defuncti aufgefasst worden wäre. Hinzu kommt, dass dem Erbschaftserwerb des Außenerben jedenfalls eine Unterbrechung vorausgeht. Die Erbschaft kann zwar als Platzhalter fungieren, allerdings ändert dies nichts daran, dass sie nach dem Erbfall ruht (iacet).752 Im Rahmen der Darstellung des Besitzbegriffs wurde jedoch bereits angesprochen, dass auch die Möglichkeit besteht, dass possessio von Rechts wegen zuge748

Mod. D. 41, 3, 3. Vgl. die Deutung von continuus beziehungsweise continuatio bei Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 236 f. unter Bezugnahme auf das Oxford Latin Dictionary, s. v. continuus. Siehe ferner ThLL IV, s. v. continuus, Sp. 725 f. 750 Vgl. insofern nur die bereits in Fn. 484 zitierte Gegenüberstellung in I. 2, 6, 12– 13. 751 Sei es nun durch Vornahme der cretio oder auch ein pro herede gerere, vgl. hierzu Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 716 ff. Jedenfalls liegt kein Erwerb ipso iure vor. 752 Dies erkennen auch die römischen Juristen und versuchen die Auswirkungen durch eine entsprechende Ausgestaltung des Platzhalter-Gedankens zu mildern. Hingewiesen sei beispielsweise auf den Ansatz von Cassius, den Erwerb des Erben auf die Todeszeit zurückzubeziehen, der jedoch nicht allgemeine Meinung wurde und zudem speziell die Frage nach der Wirksamkeit einer Stipulation durch den Erbschaftssklaven für den künftigen Erben betrifft. Vgl. Gai. D. 45, 3, 28, 4: Illud quaesitum est, an heredi futuro servus hereditarius stipulari possit . . . Cassius respondit posse, quia qui postea heres extiterit, videretur ex mortis tempore defuncto successisse . . . . 749

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C. Begrifflichkeiten

standen wird, ohne dass tatsächliche Sachherrschaft vorliegt. Als im Rahmen der Ersitzungsfortsetzung abgelehntes Erklärungsmodell wurde dieser Ansatz greifbar. Sofern die römischen Juristen diesen Weg beschritten haben sollten, wäre der Maßstab die Identität des Besitzes von Erblasser und Erbe. Von einem Übergang des Besitzes zu sprechen erschiene dann treffender als der Begriff der Fortsetzung. 4. Fazit Der Maßstab, an dem sich die Beurteilung eines Besitzübergangs, einer Besitznachfolge oder einer Besitzfortsetzung messen lassen muss, lässt sich wie folgt festhalten: Der Erbfall muss bewirken, dass statt des Erblassers automatisch der Erbe besitzt. Welcher Begriff dieses Phänomen dann am treffendsten beschreibt, hängt davon ab, wie die Römer den sofortigen Besitz des Erben begründen. Liegen in seiner Person ipso iure die Tatbestandsvoraussetzungen der possessio vor, erscheint der Begriff der Fortsetzung korrekt, geht es um eine Zuweisung der Tatbestandsvoraussetzung possessio, lässt sich dies als Übergang oder Nachfolge beschreiben.

D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen I. Bestandsaufnahme Zuletzt wurde aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen von einem Übergang des Besitzes auf den suus heres gesprochen werden kann und welche Modelle einen solchen Übergang theoretisch begründen könnten. Allerdings belegen die bislang behandelten Quellen einen solchen Besitzübergang gerade nicht. Teilweise verneinen sie ihn und verlangen stattdessen eine tatsächliche Besitzergreifung, mitunter speziell von einem heres voluntarius,753 mitunter ohne diese Einschränkung.754 Allein Paulus D. 4, 6, 30 pr. scheint zunächst einen Besitzübergang zumindest im Bereich der Ersitzung nahe zu legen. Hier handelt es sich jedoch letztlich um die Ausnahme einer Ersitzung(sfortsetzung) ohne Besitz. Eine rechtliche Zuordnung des Besitzes zum Erben erfolgt auch im Bereich der successio in possessionem nicht. Weiterhin hat auch die Erklärung des Zusammenspiels der usucapio pro herede und des Ausschlusses des furtum an res hereditariae ergeben,755 dass sich hieraus kein Besitzübergang auf den suus heres oder alle necessarii heredes ablesen lässt. Der vorliegende Abschnitt versucht das bisher entstandene Bild vom Besitzerwerb des Erben zu vervollständigen. Dies soll immer noch ergebnisoffen geschehen, also nicht den Beweis oder die Widerlegung einer bestimmten These zum Ziel haben. Hierbei werden vor allem weitere Quellen und Erklärungsmodelle bewertet, die in der Diskussion um einen Besitzübergang, insbesondere auf den suus heres, vorgetragen worden sind. Anders als in der Exegese im Abschnitt B. werden die Quellen jedoch speziell auf ihre Aussagekraft für die aufgeworfene Fragestellung nach einem Besitzübergang auf den Erben nach dem soeben ermittelten Maßstab untersucht. Konkret werden die Interdikte utrubi und quorum bonorum sowie die aus deren Funktionsweise erzielbaren Rückschlüsse dargestellt. Außerdem werden die Auswirkungen beleuchtet, die andere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge im römischen Recht auf den Besitz haben. Zudem soll die Frage geklärt werden, ob im römischen Recht zumindest in einzelnen Bereichen ein praktisches Bedürfnis für einen Besitzübergang bestand. Im Ersitzungsrecht wurde ein Bedürfnis festgestellt, dem Erben die Vollendung einer vom Erblasser begonnenen usucapio zu 753 754 755

Iav. D. 41, 2, 23 pr.; Ulp. D. 47, 4, 1, 15. Paul. D. 41, 2, 30, 5. Vgl. die Exegese von Gaius 3, 201 und Gaius 2, 52–58 unter B.IV.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

ermöglichen. Das gewünschte Ergebnis wurde jedoch auf anderem Wege herbeigeführt als durch die Konstruktion eines Besitzübergangs. Abschließend soll dann das Modell bewertet werden, das von der wohl bis heute noch herrschenden Meinung einem Besitzübergang auf den suus heres zugrundegelegt wird.

II. interdictum quorum bonorum Das Bild, das die Analyse der Quellen im Abschnitt B. ergeben hat, spricht dafür, dass ein Besitzübergang weder auf den suus heres noch auf eine andere Erbenkategorie stattgefunden hat. Versucht man jenseits dieser Zentralstellen aus weiteren Quellen Rückschlüsse zu ziehen, so ist zunächst eine Argumentationslinie zu erwähnen, die schon Voci756 in der Erstauflage des ersten Bandes seines Diritto ereditario romano im Jahre 1960 vorgebracht hat. Diese war jedoch in der Folge weitgehend unbeachtet geblieben, vor allem wohl deshalb, weil er selbst nach Kritik von Talamanca757 und Kaser758 in der zweiten Auflage davon abrückte. Zuletzt hat jedoch Pool759 ein Argument Vocis aufgegriffen, das zumindest eingehende Betrachtung verdient. 1. Darstellung des Arguments Voci argumentiert, dass der suus heres und auch der heres necessarius tantum beim Prätor die Erteilung der bonorum possessio beantragen können, die sie dann in die Lage versetzt, vom interdictum quorum bonorum Gebrauch zu machen. Dieses Interdikt sei ein solches adipiscendae possessionis. Wenn jedoch ein ipso iure-Erwerb des Besitzes stattfände, bedürften die sui heredes eines Interdikts retinendae possessionis. Für sie bliebe es dann bei einem Schutz durch die allgemeinen Besitzschutzinterdikte sowie durch die Institute des ius civile.760 Die Wiedergabe der Ansicht Vocis erfolgt hier nicht etwa in komprimierter Form. Der Autor selbst äußerte sich nicht weiter zu dieser Argumentation und führte auch keine Quellen als Belege an. Es erscheint deshalb hilfreich, die beschriebenen Abläufe etwas ausführlicher zu erklären. Der Prätor kann zwar keine Erben schaffen,761 aber eine spezifisch geschützte Rechtsposition am Nachlass verleihen. Er entscheidet durch Dekret über den als agnitio bezeichneten Antrag, der zwingende Voraussetzung einer Erteilung der bonorum possessio ist.762 Diese 756

Voci, Diritto ereditario romano I, 1. Auflage, S. 207. Talamanca, IURA 12 (1961), S. 349, 352. 758 Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 400. 759 Pool, Studi Metro V, S. 91, 97 ff. 760 Konkret dürften hiermit die hereditatis petitio und die rei vindicatio gemeint sein. 761 Gaius 3, 32: . . . nam praetor heredes facere non potest . . . . 762 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 71 Rn. 9. Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 174 S. 475. 757

II. interdictum quorum bonorum

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Erteilung erfolgt zunächst sine re, später auch cum re,763 so dass sich die prätorische Berechtigung am Nachlass sogar gegen das zivile Erbrecht durchzusetzen vermag und der bonorum possessor in seiner Stellung absolut geschützt ist.764 An diese Rechtsposition ist laut Gaius 4, 144765 das interdictum quorum bonorum geknüpft.766 Das Interdikt ist ein Beispiel für ein sogenanntes Interdikt adipiscendae possessionis:767 adipiscendae possessionis sunt interdicta, quae competunt his, qui ante non sunt nancti possessionem.768 Es soll also den erstmaligen Erwerb der possessio ermöglichen und verhilft laut Gaius nicht zur Wiedererlangung verlorenen Besitzes.769 Erworben werden kann aber nur, was man nicht ohnehin schon hat. Wer also ab dem Erbfall bereits im rechtlichen Sinne Besitz an den einzelnen Erbschaftssachen hat, könnte von dem Interdikt nicht profitieren, wenn ein Dritter diese vor der tatsächlichen Ergreifung durch den Erben an sich nimmt. Unterstellt man einen automatischen Besitzübergang auf den suus heres mit dem Erbfall, dürfte ein suus heres nicht selten in diese Lage geraten sein. Das interdictum quorum bonorum stünde ihm jedoch zur Wiedererlangung der Sachen nicht zur Verfügung. 2. Kritik Diesem Gedanken Vocis ließe sich zunächst entgegenhalten, dass sich aus der Möglichkeit der sui und der necessarii heredes, die bonorum possessio zu beantragen, kein Argument gegen einen Besitzübergang herleiten lässt, solange nicht auch tatsächlich die Anwendung des interdictum quorum bonorum durch diese Erben belegt ist. Erst dann ergibt sich ein Widerspruch zur These einer Nachfolge in den Besitz. Der Erbe, der automatisch in den Besitz nachfolgt und somit eines Interdikts zum erstmaligen Besitzerwerb nicht bedarf, könnte sich dann auf Interdikte zum Schutz des bestehenden Besitzes berufen. Konkret wäre dann an das interdictum utrubi zu denken, das wegen der accessio temporis,770 also der 763 Siehe zu dieser Unterscheidung Gaius 2, 35–37. Erläuternd Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 65 Rn. 19 f. 764 Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 104 (1987), S. 238, 281. 765 Gaius 4, 144: Adipiscendae possessionis causa interdictum accomodatur bonorum possessori, cuius principium est: QUORUM BONORUM . . . . 766 Siehe allgemein zum interdictum quorum bonorum Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1666 ff. 767 Vergleiche die Einteilung in Gaius 4, 143: Sequens in eo est divisio, quod vel adipiscendae possessionis causa conparata sunt vel retinendae vel reciperandae sowie die Zuordnung in Gaius 4, 144, siehe Fn. 765. 768 Paul. D. 43, 1, 2, 3. In der Folge wird auch hier das interdictum quorum bonorum als Beispiel angeführt. 769 Gaius 4, 144: . . . itaque, si quis adeptus possessionem amiserit, desinit ei id interdictum utile esse. 770 Vgl. Gaius 4, 151: Sed in UTRUBI interdicto non solum sua cuique possessio prodest, sed etiam alterius, quam iustum est ei accedere, velut eius, cui heres extiterit . . . . Siehe hierzu ausführlich unter D.III.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Zurechnung der Besitzzeit des Erblassers, durchaus auch für den erst seit kurzem besitzenden Erben hilfreich sein kann. In Rezensionen zur ersten Auflage von Vocis Drititto ereditario romano I wandten sich Talamanca und Kaser gegen die Argumentation Vocis, ohne jedoch den soeben vorgebrachten Einwand zu nennen. a) Kaser aa) Einordnung des interdictum quorum bonorum Kaser führt aus, dass das interdictum quorum bonorum jedem Erben nicht nur zur bloßen Besitzerhaltung, sondern gerade dann zustehe, wenn ein anderer den Besitz bereits ergriffen habe.771 Es diene nicht nur rekuperatorisch zur Wiedererlangung eines verlorenen Besitzes, sondern daneben auch zur erstmaligen Besitzverschaffung. Somit geht Kaser offenbar von einem weiteren Anwendungsbereich des interdictum quorum bonorum aus, als in Gaius 4, 144 beschrieben. Er ordnet das Interdikt nicht, wie es Voci tut, allein adipiscendae possessionis ein, sondern misst ihm ausdrücklich auch eine rekuperatorische Wirkung bei. In seinem Römischen Privatrecht wird deutlich, dass Kaser das interdictum quorum bonorum als restitutorisches Interdikt ansieht, konkret als ein solches, auf dessen Grundlage „von jedem Besitzer die Herausgabe verlangt werden kann, der sich nicht auf einen Einzelerwerbsgrund beruft, sondern entweder pro herede oder pro possessore besitzt“.772 Eine Einschränkung auf den erstmaligen Besitzerwerb wird nicht angesprochen. Die Einordnung als restitutorisch lässt sich auf Ulp. D. 43, 2, 1, 1 stützen, wo es heißt: hoc interdictum restitutorium est. Auch der in Ulp. D. 43, 2, 1 pr. wiedergegebene Wortlaut des Edikts entspricht dem, insbesondere die Formulierung restituas am Ende.773 Allerdings wird in § 1 auch eine Einordnung als apiscendae possessionis774 erwähnt.775 771

Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 400. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 740. 773 Ulp. D. 43, 2, 1 pr.: Ait praetor: ,Quorum bonorum ex edicto meo illi possessio data est, quod de his bonis pro herede aut pro possessore possides possideresve, si nihil usucaptum esset, quod quidem dolo malo fecisti, uti desineres possidere, id illi restituas.‘ . . . . Beachtung verdient insbesondere die Wirkung, dass eine usucapio durchbrochen werden kann. Dies könnte der Wirkung der hereditatis petitio gegen eine usucapio improba pro herede entsprechen, vgl. Gaius 2, 57. Abweichend Dénoyez, Le défendeur, S. 85 f., der ein Durchdringen des quorum bonorum gegen jegliche usucapio pro herede annimmt. Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 236 Fn. 57 spricht sich wegen der feststehenden Erteilungsfristen für die bonorum possessio für eine generelle Durchbrechung der usucapio pro herede aus. Dadurch habe es dazu kommen können, dass die bonorum possessio erst nach vollendeter Ersitzung erteilt wurde. 774 Ulpian verwendet apiscendae und nicht adipiscendae wie Gaius. Ein Bedeutungsunterschied ergibt sich daraus nicht. Die Formulierung ist sogar dem Infinitiv adipisci im Sinne von „erwerben“ noch näher. Dennoch wird in der Folge wie auch bei Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 2 ff. die Bezeichnung bei Gaius verwendet. 772

II. interdictum quorum bonorum

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Ein Widerspruch zwischen den Ausführungen Ulpians und denen des Gaius besteht jedoch letztlich nicht. Folgt man der gaianischen Einteilung der Interdikte, so wird in Gaius 4, 142 als gröbste Einteilung zunächst zwischen prohibitorischen, restitutorischen und exhibitorischen Interdikten unterschieden.776 Im folgenden Paragraph findet sich dann die Einteilung in Interdikte adipiscendae, retinendae und reciperandae possessionis.777 Für das Verständnis dieser Einteilung ist entscheidend, dass sich nur die Einteilung in Gaius 4, 143 tatsächlich ausschließlich auf Besitzinterdikte bezieht.778 Dies lässt sich zum einen am Genitiv possessionis ablesen, der in Gaius 4, 142 nicht vorkommt. Außerdem ist unter Verwendung der in Gaius 4, 142 genannten Kategorien bereits in Gaius 4, 140 von omnia interdicta die Rede. Hier gebraucht Gaius mit dem Ne quid in loco sacro fiat zudem ein Beispiel, das nicht als privates Besitzschutzinterdikt eingeordnet werden kann.779 Trotz des Präfixes re- bedeutet restitutorisch demnach lediglich, dass das Interdikt auf Herausgabe und nicht auf Vorlage oder Untersagung einer Einwirkung ausgerichtet ist. Interdikte, die die Rückgabe einer Sache anordnen, werden in der Rubrik reciperandae possessionis eingeordnet, solche die gegen Störungen des bestehenden Besitzes schützen, sind retinendae possessionis.780 Ein Interdikt, das besitzverschaffend wirkt, ist also in jedem Fall restitutorisch, da es im Ergebnis die Herausgabe der Sache befiehlt.781 Aber nicht jedes restitutorische Interdikt wirkt auch adipiscendae possessionis. Kaser lässt also bei seiner Darstellung außer Acht, dass das interdictum quorum bono775 Ulp. D. 43, 2, 1, 1: Hoc interdictum restitutorium est et ad universitatem bonorum, non ad singulas res pertinet . . . et est apiscendae possessionis universorum bonorum. Die Aussage, dass das Interdikt nicht ad singulas res einschlägig ist, darf hierbei nicht irritieren. Mit singulae res sind hier nicht einzelne Sachen, sondern vielmehr einzelne Rechtsverhältnisse gemeint, vgl. Leist, Der römische Erbrechtsbesitz, S. 407 Fn. 12. Ein Beispiel für ein solches Rechtsverhältnis wäre eine Forderung aus Kaufvertrag, zum Beispiel auf Verschaffung der Kaufsache oder auf Kaufpreiszahlung. 776 Gaius 4, 142: Principalis igitur divisio in eo est, quod aut prohibitoria sunt interdicta aut restitutoria aut exhibitoria. 777 Siehe die Wiedergabe von Gaius 4, 143 oben in Fn. 767. 778 So auch Nicosia, Possesso, S. 116; Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 411. Als parallele Belegstelle kann zudem Paul. D. 43, 1, 2, 3 heranzogen werden: Haec autem interdicta, quae ad rem familiarem spectant, aut apiscendae sunt possessionis aut reciperandae aut retinendae. Das interdictum quorum bonorum ist insofern ein Sonderfall, da es sich nicht um ein klassisches Besitzschutzinterdikt handelt. Auch wenn sogar die gesamte Erbschaft herausverlangt werden kann, so kommt es in Bezug auf Einzelsachen doch zu Wirkungen, die den klassischen Besitzschutzinterdikten entsprechen. Daher hat die Qualifizierung als adipiscendae possessionis durchaus ihre Berechtigung. 779 Gaius 4, 140: Vocantur . . . ,interdicta‘ vero, cum prohibet fieri, velut cum praecipit, ne sine vitio possidenti vis fiat neve in loco sacro aliquid fiat . . . . 780 Eine solche Funktion müsste laut Voci, Diritto ereditario romano I, 1. Auflage, S. 207, die Ansicht, die einen automatischen Besitzübergang bejaht, dem interdictum quorum bonorum eigentlich zuordnen. 781 Daher heißt es auch in Gaius 4, 144 . . . ei, cui bonorum possessio data est, restituatur.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

rum nach Gaius 4, 144 nur für die erstmalige Besitzerlangung dienlich ist.782 Er stützt sich auf die Einordnung des interdictum quorum bonorum durch Ulpian als restitutorisch und nimmt wohl auf dieser Grundlage parallel zum interdictum uti possidetis auch eine rekuperatorische Funktion an.783 Diese Funktionsbeschreibung des interdictum quorum bonorum bei Kaser überzeugt wegen der eindeutigen Stellungnahme in Gaius 4, 144 nicht.784 bb) Verbleibende Anwendungsfälle Als relevanten Anwendungsfall für den Hauserben785 nennt Kaser in der Folge das Beispiel, dass sich die bona zur Todeszeit in dritter Hand befunden hätten. Mit den hier angesprochenen Dritten müssten dann zunächst Personen gemeint sind, die bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls Besitzer der Sachen sind, welche mit dem Erbfall ins Eigentum des Erben übergehen. Für die Konstellation hingegen, dass die Sachen per colonum vom Erblasser besessen wurden, müsste bei konsequenter Unterstellung eines Besitzübergangs auf den suus heres eigentlich der Erbe ipso iure Besitzer per colonum sein. Dass dem nicht so ist, zeigt jedoch Paul. D. 41, 2, 30, 5, wo eine tatsächliche Besitzergreifung durch den Erben gefordert wird und keine Beschränkung auf einen heres voluntarius ersichtlich ist.786 Den Fall des colonus in besitzrechtlicher Hinsicht anders zu behandeln als beispielsweise ein commodatum durch den Erblasser, erscheint nicht angezeigt.787 Der Erbe erlangt demnach generell nicht automatisch Besitz an vom Erblasser mittels eines Freien besessenen Sachen. Das interdictum quorum bonorum ermöglicht dann die erstmalige Besitzverschaffung. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Kaser auch die Fälle der Besitzausübung durch einen anderen im Blick hatte, als er auf Erbschaftssachen in dritter Hand rekurrierte. Immerhin käme 782 Den Charakter adipiscendae possessionis betonen auch Dénoyez, Studi ArangioRuiz II, S. 287 und Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1666 f. 783 Siehe Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 3, Rn. 7. Das uti possidetis verbietet beiden Parteien eine Gewaltanwendung im Streit um ein Grundstück. Das Interdikt könne neben einer Funktion retinendae possessionis auch rekuperatorisch wirken, je nachdem, ob der aktuelle Besitzer fehlerfrei besitzt (dann retinendae possessionis) oder nicht. Im zweiten Fall muss der aktuelle Besitz daher das Grundstück herausgeben (dann recuperandae possessionis). 784 Auch die Wiedergabe der Ansicht Vocis erscheint bereits unpräzise: „Das Gegenargument des Verfassers [gegen den unmittelbaren Übergang des Besitzes auf die Hauserben], dass auch die Hauserben zur Erlangung der bonorum possessio nicht ein interdictum retinendae, sondern ein solches adipiscendae possessionis, nämlich das quorum bonorum, erhielten, schlägt nicht durch . . . .“ Das Interdikt setzt vielmehr die bonorum possessio voraus und dient dann der Erlangung des Besitzes. 785 Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 399 gebraucht den Begriff an dieser Stelle für alle necessarii heredes. 786 Siehe hierzu bereits unter B.VI. 787 Vgl. zu den Besitzverhältnissen beim commodatum Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 17. Nicht der Entleiher ist Besitzer, sondern allein der Verleiher.

II. interdictum quorum bonorum

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dies zumindest der Einräumung einer Ausnahme vom Besitzübergang auf den suus heres gleich, wenn der Besitz durch andere Freie ausgeübt wird. Ein taugliches Beispiel für den Anwendungsbereich des interdictum quorum bonorum bei unterstelltem Besitzübergang bildet hingegen der Dieb, der den Erblasser bestohlen hat, oder jemand, der glaubt vom Erblasser eine Sache erworben zu haben, ohne dass die Veräußerung wirksam gewesen wäre. Hier hat der Erblasser schon zu Lebzeiten keinen Besitz und somit erwirbt ihn auch der Erbe nicht ipso iure. Kaser argumentiert also insofern zutreffend, dass für das interdictum quorum bonorum eines suus heres noch ein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibe. b) Talamanca Talamanca788 setzt Voci entgegen, man könne die bonorum possessio nicht auf die Aktivlegitimation zum interdictum quorum bonorum reduzieren. Dieses sei aber zugegebenermaßen ein Interdikt adipiscendae possessionis. Talamanca gibt also Voci insofern Recht, dass das Interdikt in seiner Funktion, den erstmaligen Besitzerwerb zu ermöglichen, für den suus heres eigentlich keine Bedeutung habe. Allerdings verblieben durchaus darüber hinaus positive Effekte aus der bonorum possessio. Welche dies konkret seien, führt Talamanca allerdings nicht aus. Als ein solcher könnte die Möglichkeit gelten, die vom Erblasser hinterlassenen Einzelansprüche mittels einer formula ficticia geltend zu machen.789 Ob die hereditatis petitio possessoria als Gesamtklage hingegen schon in klassischer Zeit anerkannt wurde, ist nicht gewiss, aber doch plausibel.790 Ein weiterer mit der bonorum possessio verbundener Vorteil könnte zudem im Interdikt quod legatorum erblickt werden. Wenn ein Legatar sich die vermachte Erbschaftssache eigenmächtig verschafft, so steht dem bonorum possessor nicht das interdictum quorum bonorum, sondern stattdessen das interdictum quod legatorum offen.791 788

Talamanca, IURA 12 (1961), S. 349, 351 f. Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 174 S. 476; Kunkel/Selb, Römisches Recht, Anhang S. 547; Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 740, sowie Gaius 4, 34: Habemus adhuc alterius generis fictiones in quibusdam formulis, velut cum is, qui ex edicto bonorum possessionem petit, ficto se herede agit . . . . 790 Zur hereditatis petitio possessoria vgl. auch D. 5, 5. Die Erbschaft konnte auch Rechte enthalten, das interdictum quorum bonorum nutzt dem bonorum possessor jedoch nur gegen den Besitzer körperlicher Sachen, vgl. Paulus D. 43, 2, 2: Interdicto quorum bonorum debitores hereditarii non tenentur, sed tantum corporum possessores. Für klassischen Ursprung grundlegend Quadrato, Hereditatis petitio possessoria, S. 1– 72, siehe auch Kaser, Römisches Privatrecht II, S. 549 und Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 29 Fn. 53. Dagegen Kunkel/Selb, Anhang S. 547 sowie Lenel, Edictum perpetuum, S. 180 ff. 791 Vgl. Ulp. D. 43, 3, 1, 2: Est autem et ipsum apiscendae possessionis et continet hanc causam, ut, quod quis legatorum nomine non ex voluntate heredis occupavit, id restituat heredi . . . . Es gilt als unwahrscheinlich, dass auch im klassischen Recht bereits der zivile Erbe das quod legatorum zur Verfügung hatte. Siehe insofern Ulp. 789

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Allerdings ist auch dieses Interdikt ein solches adipiscendae possessionis.792 Wenn also der Erbe bereits im Besitz der Erbschaftssachen war, ehe ein eigenmächtiger Zugriff durch den Legatar erfolgt, so kann er mittels der allgemeinen Besitzschutzinterdikte, aber nicht mehr mit dem interdictum quod legatorum vorgehen. Das Interdikt kann also nicht als potentielles Motiv eines unmittelbar in den Besitz nachfolgenden Erben angesehen werden, die Erteilung der bonorum possessio zu beantragen. Außerdem ist zu beachten, dass der suus heres als Erbe gerade nicht auf die fiktizischen Klagen angewiesen ist. Ihm stehen kraft seines zivilen Erbrechts ohne weiteres die hereditatis petitio und die sonstigen Einzelklagen offen. Auch dieser Vorteil der bonorum possessio scheint also tatsächlich nicht relevant. Lediglich dann, wenn der Nachweis der Erbenstellung schwieriger ist als der der erteilten bonorum possessio wird das Vorgehen aus der fiktizischen Klage praktisch relevant. Diese Konstellation ist durchaus vorstellbar, beispielsweise wenn ein Testament nicht mehr auffindbar ist, der Bedachte aber auch in die Klasse unde liberi im Sinne der bonorum possessio intestati fällt.793 Eine Entsprechung zu dieser „Zweispurigkeit“ 794 findet sich im Verhältnis der rei vindicatio zur actio Publiciana. Gerade wenn dem Erwerber auch nach Ablauf der Ersitzungszeit der Beweis des ununterbrochenen Besitzes während der erforderten Frist Probleme bereitete, konnte er die actio Publiciana beantragen.795 Dies müsste entsprechend auch für die Rechtsbehelfe gelten, die an die bonorum possessio anknüpfen. Voraussetzung ist hier jedoch anders als bei der actio Publiciana die Erteilung der bonorum possessio durch den Prätor. 3. Pool Die Kritik Kasers erscheint also nur bedingt zutreffend, die Anmerkungen Talamancas hingegen weisen zumindest auf mögliche positive Effekte der bonorum D. 43, 3, 1, 3: Hoc interdictum et heredem heredis bonorumque possessoris habere propter utilitatem huius dicendum est . . . , wo auch der Erbe als aktivlegitimiert bezeichnet wird. Dies dürfte jedoch auf einen kompilatorischen Eingriff zurückzuführen sein, vgl. Lenel, Edictum perpetuum, S. 453; Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 754 Fn. 27 sowie Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 181 S. 492. Zum Aspekt der Aktivlegitimation des Erben des bonorum possessor siehe unter D.V.2.f). 792 Vgl. Ulp. D. 43, 3, 1, 2: Est autem et ipsum apiscendae possessionis . . . . 793 Vgl. zu den vier Klassen nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 66 Rn. 13– 16. 794 Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 107 (1990), S. 155, 195. 795 Ankum/van Gessel-de Roo/Pool, SZ 107 (1990), S. 155, 196; ebenso Kaser SZ 78 (1961), S. 173, 185 und S. 195 zu Zweifeln am Eigentum des Veräußerers. Dagegen zum Beispiel Apathy, Studi Sanfilippo I, S. 21, 33 und Vacca, Saggi, S. 97, 107 unter Berufung auf Ulp. D. 6, 2, 1, 1. Allerdings lässt sich aus der darin enthaltenen Formulierung habet civilem actionem nec desiderat honorariam nicht der zwangsläufige Ausschluss der actio Publiciana folgern.

II. interdictum quorum bonorum

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possessio für den suus heres hin, die neben das interdictum quorum bonorum treten. Jedenfalls scheinen die Rezensionen eine gewisse Überzeugungskraft gehabt zu haben. Voci änderte seine Meinung und geht in der zweiten Auflage seines Diritto ereditario romano I von der automatischen Besitznachfolge von sui und necessarii heredes aus.796 Ob es letztlich die Argumente von Talamanca und Kaser waren, die ihn überzeugt haben, bleibt unausgesprochen. Der Gedanke zum interdictum quorum bonorum findet sich jedenfalls in der zweiten Auflage nicht mehr. Diesen hat etwa fünfzig Jahre später Pool aufgegriffen. Er versucht den Gedanken Vocis zu einem Nachweis gegen eine automatische Nachfolge in den Besitz auszubauen. Pool stützt sich hierbei maßgeblich auf das Zusammenspiel von Gaius 3, 34797 und Gaius 4, 144. Aus letzterer Stelle greift er die bereits erwähnte Einordnung des quorum bonorum als interdictum adipiscendae possessionis heraus. Bedeutender ist jedoch die Aussage in Gaius 3, 34: Für heredes sui und Agnaten, die bereits kraft Zivilrechts zur Erbschaft berufen sind, liege der Vorteil der bonorum possessio in der Möglichkeit, das quorum bonorum zu nutzen. Hier setzt Pool an798 und stellt die durchaus naheliegende Frage, worin denn dann noch das in Gaius 3, 34 genannte beneficium liege, wenn das quorum bonorum doch nur zur erstmaligen Besitzerlangung taugen soll.799 Denn wenn der Besitz bereits automatisch übergegangen sei, könne dieser allenfalls restituiert werden. 4. Bewertung Pool gelingt es durch die Verknüpfung von Gaius 4, 144 mit Gaius 3, 34 jedenfalls das Argument Vocis gegen eine Besitznachfolge des suus heres zu stärken. Gaius spricht immerhin davon, dass der Vorteil der Erteilung der bonorum possessio für den suus heres allein, solo, in der Geltendmachung des interdictum quorum bonorum bestehe. Die Aussage des Gaius darf sicher nicht dahingehend als unumstößlich angesehen werden, dass es nicht noch andere Vorteile für den suus heres gäbe, die Erteilung der bonorum possessio zu beantragen. Gerade am Beispiel der Aktivlegitimation zum interdictum quod legatorum wird dies deutlich. Auch dieses ist wie gesehen adipiscendae possessionis und stellt daher parallel zum interdictum 796

Voci, Diritto ereditario romano I, S. 217 ff. Gaius 3, 34: Item ab intestato heredes suos et agnatos ad bonorum possessionem vocat. Quibus casibus beneficium eius in eo solo videtur aliquam utilitatem habere, ut is, qui ita bonorum possessionem petit, interdicto, cuius principium est QUORUM BONORUM, uti possit. Cuius interdicti quae sit utilitas, suo loco proponemus; alioquin remota quoque bonorum possessione ad eos hereditas pertinent iure civili. 798 Pool, Studi Metro V, S. 91, 98. 799 Gaius 4, 144: . . . quia ei tantum utile est, qui nunc primum conatur adipisci rei possessionem . . . . 797

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

quorum bonorum einen Weg für den Erben dar, erstmalig in den Besitz der Erbschaftssachen zu gelangen.800 Die Äußerung von Gaius könnte vielmehr so zu verstehen sein, dass er den Gegensatz zu Personen betont, die ohne die bonorum possessio überhaupt keine Berechtigung am Nachlass haben. Veranschaulicht wird diese Wirkung in Gaius 3, 26, wonach auch die Nachkommen die bonorum possessio beantragen können, die nach ius civile keine Erben sind.801 Der suus heres hingegen ist bereits kraft Zivilrecht zur Erbschaft berufen. Für ihn ist mit der bonorum possessio demnach allein der Vorteil verbunden, die daran anknüpfenden spezifischen Rechtsbehelfe zur Verfügung zu haben. Für diese nennt Gaius exemplarisch das interdictum quorum bonorum.802 Das interdictum quod legatorum findet auch sonst in den Institutionen des Gaius keine Erwähnung, so dass die Beschränkung auf das quorum bonorum in Gaius 3, 34 nicht weiter überraschen kann. Für die Tragfähigkeit von Pools Argumentation ist jedoch nicht entscheidend, ob das interdictum quorum bonorum tatsächlich der einzige Vorteil ist, den der zivile Erbe bei Erteilung der bonorum possessio hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass Gaius 3, 34 positiv belegt, dass der suus heres mit dem interdictum quorum bonorum vorgehen kann. Als Einwand gegen die Argumentation von Voci und Pool verbleibt dann noch die Bemerkung Kasers, dass auch bei unmittelbarem Besitzerwerb des suus heres Anwendungsfälle für das interdictum quorum bonorum verbleiben, wenn sich die Sache im Besitz eines Dritten befindet. Dies hätte jedoch zur Folge, dass das Interdikt quorum bonorum für sui heredes einen nicht unerheblich anderen Gehalt hätte als für die voluntarii. Stellt man sich die Wegnahme einer Erbschaftssache zwischen Erbschaftserwerb und faktischer Besitzergreifung vor, so könnte hier allein der voluntarius heres vom interdictum quorum bonorum profitieren. Der suus heres müsste hingegen mit dem interdictum utrubi vorgehen. Dass ein solcher Unterschied in den Quellen überhaupt nicht angesprochen wird, ist kein zwingendes Argument, aber doch zu berücksichtigen. 5. Fazit Zwar ist Kaser zuzugeben, dass das interdictum quorum bonorum für einen unmittelbar in den Besitz nachfolgenden suus heres immer noch einen kleinen 800 In der Einschränkung in Gaius 3, 34, dass das interdictum quorum bonorum der einzige Vorteil der bonorum possessio sei, einen Beweis für eine Aktivlegitimation des zivilen Erben zum quod legatorum in klassischer Zeit zu sehen, ginge jedenfalls zu weit, siehe zu dieser Frage bereits oben Fn. 791. 801 Gaius 3, 26: Nam liberos omnes, qui legitimo iure deficiuntur, vocat ad hereditatem, proinde ac si in potestate parentis mortis tempore fuissent . . . . 802 In der Sache ebenso Ubbelohde, Die erbrechtlichen Interdikte, S. 2 Fn. 3, der es auf den elementaren Zweck der Gaius-Institutionen zurückführt, dass das interdictum quod legatorum in Gaius 3, 34 nicht erwähnt wird.

III. Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi

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Anwendungsbereich hätte. Dennoch kommt der Argumentation Pools einiges Gewicht zu. Gerade die Erwähnung des suus in Gaius 3, 34 ist ein – wenn auch mittelbares – Zeugnis gegen einen automatischen Besitzerwerb des suus heres.

III. Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi Das interdictum quorum bonorum dient dem bonorum possessor zur erstmaligen Besitzerlangung. Im vorigen Abschnitt wurde aufgezeigt, dass beim Verlust von vormals vorhandenem Besitz bei beweglichen Sachen das interdictum utrubi 803 einschlägig ist.804 Darüberhinaus fand das utrubi auch bereits im Rahmen der Ersitzungsfortsetzung Erwähnung, wo die sogenannte accessio temporis der successio in possessionem gegenübergestellt wurde. An dieser Stelle soll das Prinzip der accessio temporis und der Anwendungsbereich des interdictum utrubi für den Erben erläutert werden. Hierbei wird sich zeigen, dass es in diesem Bereich unter den römischen Juristen offenbar Streitfragen gab. Sofern dem Erben das interdictum utrubi bereits mit dem Erbfall zustünde, könnte hieraus unter Umständen ein Besitzübergang auf den Erben gefolgert werden. 1. Grundprinzip Das interdictum utrubi ist ein an beide Seiten gerichtetes, prohibitorisches Interdikt, also ein solches retinendae possessionis.805 Diejenige Partei obsiegt, die im Vergleich zur anderen den relativ besseren Besitz an einer beweglichen Sache nachweisen kann. Dafür genügt es, im vergangenen Jahr den nicht fehlerhaft erlangten Besitz806 über längere Zeit als die andere Partei ausgeübt zu haben.807 Der unterlegenen Partei wird die Einwirkung auf die Sache untersagt (vim fieri veto)808 und wenn sie Eigentümer zu sein behauptet, müsste sie in einem etwai-

803 Lenel, Edictum perpetuum, S. 488 ff. rekonstruiert anknüpfend an Ulp. D. 43, 31, 1 pr.-1: Utrubi vestrum hic homo, quo de agitur, nec vi nec clam nec precario ab altero fuit, apud quem maiore parte huiusce anni fuit, quo minus is eum ducat, vim fieri veto. Hieran sei zudem eine Klausel de accessione angefügt worden. 804 Gaius behandelt das Interdikt ausführlich von 4, 148–153. Der vorliegend vor allem interessierende Ausschnitt ist jedoch kleiner. 805 Gaius 4, 148: Retinendae possessionis causa solet interdictum reddi, cum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia est et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat. Cuius rei gratia comparata sunt UTI POSSIDETIS et UTRUBI. Siehe ergänzend Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 9. Außerdem vermittelt Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1684 f. einen guten Überblick. 806 Im Sinne von nec vi nec clam nec precario ab altero. Siehe hierzu sogleich. 807 Vgl. Magliocca, SD 33 (1967), S. 221, 228 f. auch zur Wirkung der accessio possessionis. 808 Vgl. die Formelrekonstruktion in Fn. 803.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

gen Vindikationsprozess gegen den Sieger klagen.809 Wenn sich die Sache bei der unterlegenen Partei befindet, kommt dem interdictum utrubi trotz der obigen Einordnung als retinendae possessionis rekuperatorische Funktion zu.810 Die Funktionsweise der accessio temporis beim interdictum utrubi beschreibt Gaius 4, 151: Sed in UTRUBI interdicto non solum sua cuique possessio prodest, sed etiam alterius, quam iustum est ei accedere, velut eius, cui heres extiterit, eiusque, a quo emerit vel ex donatione aut dotis nomine acceperit. Itaque si nostrae possessioni iuncta alterius iusta possessio exsuperat adversarii possessionem, nos eo interdicto vincimus . . . .

Gaius führt aus, dass im Rahmen des interdictum utrubi nicht nur eigene Besitzzeit, sondern auch die eines anderen berücksichtigt wird, wenn dies gerecht ist. Als Beispiele solcher Fälle der Anrechnung nennt er den Besitz des Erblassers,811 des Verkäufers, des Schenkers oder des Mitgiftgebers. Mit dem Interdikt dringt dann derjenige durch, der in der Summe mit dem Besitz dessen, von dem er den Besitz ableitet, mehr Besitzzeit vorzuweisen hat als die gegnerische Partei. Im weiteren, hier nicht wiedergegebenen Verlauf der Stelle nennt Gaius dann Fälle, in denen eine solche accessio temporis nicht gewährt wird. 2. Ausnahme vom Erfordernis eigenen Besitzes für den Erben? Die Anwendung des interdictum utrubi und die soeben beschriebene Funktionsweise der Zurechnung der Besitzzeit des Erblassers scheinen jedoch bei den römischen Juristen nicht unumstritten gewesen zu sein. Konkret finden sich in Ulp. D. 41, 2, 13, 4 unterschiedliche Ansichten zur Anwendbarkeit des interdictum utrubi für den Erben:812 Quaesitum est, si heres prius non possederat, an testatoris possessio ei accedat. et quidem in emptoribus possessio interrumpitur, sed non idem in heredibus plerique probant, quoniam plenius est ius successionis quam emptionis: sed suptilius est, quod in emptorem, et in heredem id quoque probari.

809 Zu dieser vorbereitenden Funktion in Hinblick auf einen Vindikationsprozess siehe Gaius 4, 148, wiedergegeben in Fn. 805. 810 Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 199; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 3. 811 Dies gilt auch, wenn der Erblasser nicht bis zu seinem Tod im Besitz der Sache war. Vgl. Ulp. D. 41, 2, 13, 5: Non autem ea tantum possessio testatoris heredi procedit, quae morti fuit iniuncta, verum ea quoque, quae umquam testatoris fuit. Die Zurechnung der Besitzzeit des Erblassers lässt sich auch in Ven. D. 44, 3, 15, 6 ablesen: Ei, cui heres rem hereditariam vendidit, et heredis tempus et defuncti debet accedere. 812 So ordnen im Ergebnis auch Biondi, Scritti III, S. 451, 489; Fadda, Diritto ereditario romano II, S. 220; Pappe, Vererblichkeit, S. 15 f.; Pernice, Labeo II 1, S. 440 Fn. 5; Zanzucchi, Successio, S. 115 f. und Seligsohn, Beiträge 26 (1882), S. 316, 337 die Stelle ein.

III. Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi

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Ulpian setzt sich mit der Frage auseinander, ob dem Erben der Besitz des Testators zukomme, ehe er selbst die fragliche Sache innehat. Zwar komme es im Verhältnis Verkäufer-Käufer zu einer Unterbrechung des Besitzes, aber im Erbfall sei dies nach der Mehrzahl (plerique) nicht dasselbe, da es zu einer weiterreichenden Nachfolge als beim Kauf komme. Ulpian hingegen spricht sich für eine Gleichbehandlung der beiden Konstellationen aus. Aus dem Standort in den Digesten lässt sich eine Auseinandersetzung mit dem interdictum utrubi nicht ablesen. Für eine thematische Verortung im Interdiktenrecht813 spricht jedoch zum einen, dass Ulpians Erörterung dem 72. Buchs seines Ediktskommentars entnommen ist, also im Rahmen der Darstellung des interdictum utrubi erfolgt,814 zum anderen der Wortlaut. Ulpian verwendet accedat, um zu beschreiben, ob der Besitz dem Erben zu Gute kommt. Auch Gaius gebraucht dieses Verb in 4, 151, quam iustum ei accedere. Bei der Umschreibung der successio in possessionem war von einem accedere hingegen nicht die Rede. Dieses Wortlautargument ist zwar nicht zwingend, stützt jedoch zumindest das palingenetische Ergebnis. Außerdem spricht vor allem der Kontext des gesamten Fragments Ulp. D. 41, 2, 13 für eine Behandlung der accessio temporis beim interdictum utrubi.815 Geht man deshalb davon aus, dass sich Ulpian vorliegend zur accessio temporis zu Gunsten des Erben im Rahmen des utrubi äußert, so ist für diese Arbeit vor allem von Interesse, welche Position diejenigen beziehen, denen Ulpian im Ergebnis widerspricht. Laut Bekker sind zwei unterschiedliche Deutungen möglich.816 Zum einen könnte man die Position der plerique so verstehen, dass der Erbe sich auch vor der eigenen tatsächlichen Besitzergreifung auf den Besitz des Erblassers stützen kann. Dann wäre von einer Anwendung des interdictum utrubi ohne vorhergehenden eigenen Besitz auszugehen. Zum anderen könnten sich die plerique tatsächlich für eine Fortsetzung des Besitzes des Erblassers durch den Erben ausgesprochen haben.817 813

Anders mit Bezug zur usucapio beispielsweise Duncker, ZCP 12 (1839), S. 105,

120. 814

Vgl. Lenel, Palingenesia II, Sp 848. § 1 behandelt die Voraussetzungen der Akzessionsklausel, §§ 6–11 deren Interpretation, vgl. Rützenhoff, Accessio temporis, S. 6, S. 11. Zudem wird in den §§ 11 ff. die Nähe zur Darstellung in Gaius 4, 151 deutlich. Dort findet sich das Anwendungsbeispiel der Schenkung sowie nochmals das Besitzerfordernis. Außerdem wird die accessio bei fehlerhaftem Besitz verneint. 816 Bekker, Recht des Besitzes, S. 294. Er selbst entscheidet sich letztlich nicht. Die weiteren Ausführungen Beckers beziehen sich dann auf § 5, nicht auf einen nicht existenten § 15, wie ein Druckfehler zunächst glauben lässt. Ähnlich Pappe, Vererblichkeit, S. 15. 817 So versteht offenbar Rützenhoff, Accessio temporis, S. 16 die Position der plerique. Er spricht gar von einer successio in possessionem des Erben in Bezug auf den Interdiktenbesitz. 815

188

D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Folgendes Verständnis scheint den Paragraphen am treffendsten zu erklären: Ulpian wirft die Frage nach der Anwendbarkeit des interdictum utrubi auf, ehe der Erbe tatsächlich die Sachen ergriffen und somit Besitz begründet hat. In diesem Sinn und nicht als technisches Besitzen wird possidere dann vorliegend gebraucht. Wäre der Erbe bereits Besitzer gewesen, so stände der Anwendbarkeit des Interdikts und auch einer Berücksichtigung der Besitzzeit des Erblassers nichts im Wege. Eine Anwendbarkeit erscheint vorliegend mangels eigenen Besitzes jedoch nur möglich, wenn der Erbe sich im Wege der accessio temporis auf den Besitz des Erblassers stützen kann. Es würde sich dann aus Sicht des Erben um eine accessio ohne eigenen Besitz handeln.818 Ulpian zieht dann die offenbar anerkannte Unterbrechung des Besitzes bei Käufern (in emptoribus) zum Vergleich heran, während dies bei Erben (in heredibus) von den meisten anders beurteilt werde. Freilich (quidem) sei für den Käufer eine acccessio temporis ohne eigenen Besitz ausgeschlossen. Diese Position zum Kauf deckt sich mit der Aussage in Ven. D. 44, 3, 15, 5.819 Dort heißt es, dass allein die Zeit bis zum Verkauf im Rahmen der accessio temporis angerechnet wird.820 Wenn danach die Sache nicht direkt in den Besitz des Käufers gelangt, kommt ihm dieser Zeitraum hingegen nicht zu Gute. Es kommt zu einer Unterbrechung. Die plerique lehnen eine solche Unterbrechung des Besitzes im Falle der Erbfolge ab und begründen ihre Position mit dem umfassenderen Recht des ius successionis (plenius est). Mit ius successionis dürfte hier der erbrechtliche Erwerbsvorgang als solcher gemeint sein.821 Eine Bezugnahme auf die Ersitzungsfortsetzung ist darin nicht zu sehen. Der Schlusssatz Ulpians, der sich für eine Gleichbehandlung der Fälle Kauf und Erbfolge ausspricht, bezieht sich dann auch auf die Unterbrechung des Besitzes des Erblassers. So wie es ab dem Kauf dann nur noch auf den eigenen Besitz des Käufers ankommt, so gilt dies ab dem Erbfall für den eigenen Besitz des Erben. Die ursprünglich aufgeworfene Frage wird somit nur mittelbar beantwortet: Wenn eine Unterbrechung des Besitzes vorliegt, fehlt es gegenwärtig an anrechenbarem Besitz des Erblassers. Der Erbe kann einen solchen demnach nicht in Anrechnung bringen, um mit dem interdictum utrubi vorzugehen.

818 Eine solche lehnt Paul. D. 44, 3, 16 grundsätzlich ab: Accessio sine nostro tempore nobis prodesse non potest. Vgl. auch Ulp. D. 41, 2, 13, 12: Accessionis in eorum persona locum habent, qui habent propriam possessionem: ceterum accessio nemini proficit, nisi ei qui ipse possedit. 819 Ven. D. 44, 3, 15, 5: Hae autem accessiones non tam late accipiendae sunt quam verba earum patent, ut etiam, si post venditionem traditionemque rei traditae apud venditorem res fuerit, proficiat id tempus emptori, sed illud solum quod ante fuit, licet venditionis tempore eam rem venditor non habuerat. 820 Auf diese Stelle verweist auch Kleiter, Entscheidungskorrekturen, S. 52. 821 Ebenso Biondi, Scritti III, S. 451, 490 und Kleiter, Entscheidungskorrekturen, S. 52.

III. Zurechnung von Besitzzeit beim interdictum utrubi

189

Somit ergibt sich für die Argumentation der plerique, dass diese im Wege der accessio temporis dem Erben das interdictum utrubi erschließen wollen, ohne dass der Erbe tatsächlich als Besitzer angesehen wird. Einen automatischen Besitzübergang nehmen die plerique gerade nicht an. Sonst müssten sie kaum mit der umfassenden Wirkung des ius successionis im Vergleich zum Kauf argumentieren. Auch die Eingangsformulierung prius non possederat, erscheint nicht stimmig, wenn der Erbe bereits Besitzer im rechtlichen Sinne wäre. 3. Einordnung des Ergebnisses Auf die durchaus nahe liegende Frage, warum die plerique versuchen, dem Erben mittels interdictum utrubi die erstmalige Besitzverschaffung zu ermöglichen und ob ein praktisches Bedürfnis dafür in dieser Situation bestanden haben könnte, wird in der Folge noch einzugehen sein.822 Jedenfalls ist erstaunlich, dass die vorliegende Textstelle und vor allem die Position der plerique in der Vergangenheit in der Diskussion um eine Nachfolge des Erben in den Besitz des Erblassers keine besondere Rolle spielte. Außerdem bestätigt Ulp. D. 41, 2, 13, 4 nochmals den Ausnahmecharakter der successio in possessionem. Jedenfalls laut der erhaltenen Fassung der Stelle scheinen nicht einmal die plerique für die Begründung ihrer Ansicht mit der Ersitzungsfortsetzung zu argumentieren. Dies hätte sich angeboten, wenn die successio in possessionem als Fall einer – wenn auch punktuellen – Besitznachfolge aufgefasst worden wäre. Letztlich fügt sich der Anwendungsbereich des interdictum utrubi für den Erben in das bislang entstandene Bild. Der Erbe muss nach allgemeinen Regeln Besitz an den Erbschaftssachen begründen. Es kommt nicht zu einer automatischen Besitznachfolge. Dem Erben steht jedoch nach erteilter bonorum possessio das quorum bonorum offen. Auch der Argumentationsansatz der plerique versucht die Folgen zu überwinden, die sich hieraus ergeben, und erkennt somit die Notwendigkeit eines tatsächlichen Besitzerwerbs durch den Erben an. Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Erbenkategorien lässt sich der Funktionsweise des interdictum utrubi nicht ablesen. 4. Fazit Aus Ulp. D. 41, 2, 13, 4 lässt sich nicht folgern, dass von einer Gruppe der klassischen römischen Juristen ein automatischer Besitzübergang vertreten worden wäre. Der Erbe kann das interdictum utrubi nicht nutzen, ehe er tatsächlich in den Besitz der Erbschaftssachen gelangt ist. 822

Vgl. D.V.2.g).

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge In der Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts und des beginnenden 20. Jahrhunderts wurde dem zuletzt behandelten Interdiktenrecht für die Frage nach einer Nachfolge in den Besitz keine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Stattdessen wurde von Befürworten eines Besitzübergangs auf den Erben eine Argumentationslinie vorgetragen, die in der Folge, soweit ersichtlich, nicht mehr aufgegriffen wurde. Ein Besitzübergang auf den Erben wurde unter anderem damit argumentativ gestützt oder zumindest als dogmatisch schlüssig dargestellt, dass es auch in anderen Fällen einer Gesamtrechtsnachfolge trotz des faktischen Charakters des Besitzes zu einer Nachfolge komme.823 Nach der oben vorgeschlagenen Einordnung824 würde es sich also um einen Übergang des Tatbestandsmerkmals Besitz handeln, losgelöst von dessen eigenen tatbestandlichen Voraussetzungen. Obwohl der Besitz offenbar nicht als Teil der hereditas auf den Erben überging, erscheint es dennoch aufschlussreich, mögliche Parallelkonstruktionen zu untersuchen. Wenn ein Besitzübergang typische Folge der Gesamtrechtsnachfolge wäre, so ließe sich auf diesem Wege möglicherweise auch ein Besitzübergang unabhängig von der hereditas begründen. 1. Arrogation a) Pomp. D. 43, 26, 16 (32 ad Sab.) Verwiesen wurde in der oben genannten Literatur insbesondere auf Pomp. D. 43, 26, 16: Si adoptavero eum, qui precario rogaverit, ego quoque precario possidebo.

Diese deutete man in etwa so: Wird ein Prekarist adoptiert, führt dies zum Besitz precario des Adoptierenden. Es komme zu einer Nachfolge in die rechtliche Stellung des Adoptierten, die auch den Besitz umfasse. Dieses Verständnis erscheint jedoch vorschnell. Dass der Prekarist selbst Besitzer im honorarrechtlichen Sinne ist, obwohl er einen Berechtigten über sich anerkennt,825 entspricht überkommener römischer Rechtsansicht.826 Er ist einer der vier – nach unserer heutigen Terminologie – Fremdbesitzer, denen der Besitz-

823 Strohal, Succession in den Besitz, S. 2 spricht von „Besitzerwerb ohne Apprehension“; Crull, Besitz des Erben, S. 8; deutlich vor allem Pappe, Vererblichkeit, S. 9; Stephan, Vererblichkeit, S. 8; Reinach, Vererblichkeit, S. 16; Cosack, Vererblichkeit I, S. 22; auch Bonfante, Corso VI, S. 294 zieht die Parallele zum Arrogierten. 824 Siehe oben, C.I.1. 825 Vgl. Dernburg, Juristischer Besitz, S. 63. 826 Vgl. nur Ulp. D. 43, 26, 4, 1: Meminisse autem nos oportet eum, qui precario habet, etiam possidere.

IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge

191

schutz aus Interdikten zugestanden wird,827 neben Erbpächter, Pfandgläubiger und Sequester.828 Ersitzen kann der Prekarist hingegen mangels hierfür tauglichen Besitzes nicht.829 Dies bestätigt das oben gezeichnete Bild von den verschiedenen Funktionen von possessio als Tatbestandsmerkmal und als tatsächliche Sachherrschaft: Obwohl die Voraussetzungen des Besitzes an und für sich nicht vorliegen, wird doch von den römischen Juristen Besitz des Prekaristen im Rahmen der Interdikte angenommen.830 Es wird also differenziert hinsichtlich der Rechtsfolgen, die an die zugestandene possessio anknüpfen können. Ob der Prekarist und der precarium dans beide gleichermaßen als Besitzer angesehen werden konnten, war offenbar umstritten, wobei dies laut Paulus letztlich verneint wurde.831 Diese Frage ist für Pomponius an der vorliegenden Stelle unerheblich. Ihm geht es um den Besitz des Prekaristen und was mit diesem Besitz geschieht, wenn der bisherige Besitzer seine Stellung sui iuris verliert. Relevant könnte dies deshalb sein, weil derjenige, der eine Sache precario hat, zum interdictum de precario passivlegitimiert ist.832 Von diesem kann also der precario dans die Rückgabe verlangen. Möglicherweise geht es Pomponius aber auch um den Interdiktenschutz für den Arrogierenden. Der Text sagt adoptavero. Mit adoptare wird eigentlich die Form der Adoption bezeichnet, die für die Annahme gewaltunterworfener Personen einschlägig ist.833 Für die Annahme gewaltfreier Personen an Kindes statt steht hingegen die

827 Konkret für das interdictum uti possidetis Pomp. D. 43, 26, 17: Qui precario fundum possidet, is interdicto uti possidetis adversus omnes praeter eum, quem rogavit, uti potest. 828 Vgl. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 12 ff.; Kunkel/MayerMaly, Römisches Recht, § 55 S. 135 f.; Kaser, Detention, S. 1, 13 ff. mit Erklärungen, wie die einzelnen Ausnahmen entstanden. 829 Pomp. D. 41, 4, 6 pr.: Qui, cum pro herede vel pro emptore usucaperet, precario rogavit, usucapere non potest . . . . Diese Stelle deckt sich von den Rechtsfolgen her mit der sogleich darzustellenden Iavolen-Stelle D. 41, 2, 21 pr. Auf diese Parallele weist auch Biavaschi, Precarium, S. 120 hin. 830 Eine denkbare historische Erklärung hierfür findet sich bei Kaser, Detention, S. 1, 15: Der Besitz des Klienten, der Land von der patrizischen gens auf freien Widerruf erhalten habe, ähnele dem des Besitzers am öffentlichen Boden. 831 Paul. D. 41, 2, 3, 5: Ex contrario plures eandem rem in solidum possidere non possunt: contra naturam quippe est, ut, cum ego aliquid teneam, tu quoque id tenere videaris. Sabinus tamen scribit eum qui precario dederit et ipsum possidere et eum qui precario acceperit . . . . 832 Vgl. zum precarium und der Durchsetzung dessen Widerrufs mittels interdictum de precario Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 19 Rn. 13; Lenel, Edictum Perpetuum, S. 486 f. 833 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 60 Rn. 32 ff.; vgl. zu diesem Gebrauch auch Gaius 1, 134 nach der bei Manthe vorgeschlagenen Ergänzung: Praeterea parentes eos liberos in potestate habere desinunt, quos aliis in adoptionem dederunt . . . .

192

D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

adrogatio offen.834 Sie erfolgte ursprünglich durch Beschluss der Kuriatskomitien und war auf den Mann sui iuris beschränkt.835 Im vorliegenden Fall muss vorausgesetzt werden, dass die an Kindes Statt angenommene Person sui iuris ist, weil der Prekarist andernfalls gar nicht für sich das precarium hätte empfangen können und folglich auch nicht Besitzer wäre.836 Die eingangs genannte Literatur geht insofern zutreffend aber ohne Erläuterung von einer Arrogation aus. Tatsächlich kann adoptare im weiteren Sinne auch „jemanden an Kindes statt annehmen“ bedeuten.837 In dem Oberbegriff ist dann die Annahme von gewaltfreien und von gewaltunterworfenen Personen umfasst. Dieses Verständnis tritt auch bei Gaius deutlich zu Tage.838 Dass Pomponius vorliegend nicht von einer adrogatio spricht, sondern schlicht adoptavero verwendet, ändert nichts daran, dass eine Person sui iuris an Kindes statt angenommen wird. Der Klarheit halber wird daher im Folgenden der Begriff der Arrogation verwendet. Bei unbefangener Lesart der Textstelle könnte man, wie bereits angeklungen, durchaus argumentieren, dass parallel mit dem Einrücken in die patria potestas des Arrogierenden auch der Besitz auf diesen übergeht. Die Textstelle besagt ausdrücklich, dass mit der Arrogation nicht mehr der Prekarist, sondern der Arrogierende precario besitzt. Dies scheint unabhängig von einer tatsächlichen Sachbeherrschung durch diesen und könnte insofern für einen von den Voraussetzungen der possessio losgelösten Besitzerwerb sprechen. Tatsächlich begibt sich der Arrogierte in die Position eines Haussohnes und ist somit nicht mehr in der Lage selbst zu besitzen oder außerhalb eines peculium Vermögen zu haben. Er ist jedoch noch tauglicher Besitzmittler. Der Arrogie-

834 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 60 Rn. 24 ff.; vgl. auch Gaius 1, 99: Populi auctoritate adoptamus eos, qui sui iuris sunt; quae species adoptionis dicitur ,adrogatio‘ . . . . Zur Funktion der Arrogation, durch Schaffung eines „künstlichen suus“ einen Erben zu bestimmen, siehe von Lübtow, Studi de Francisi I, S. 407, 424 ff. 835 Vgl. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 347; Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 149 S. 416 f. Dort wird auch die weitere Entwicklung der Arrogation dargestellt und diese zur adoptio im engeren Sinne abgegrenzt. 836 Anders Nicosia, Acquisto, S. 368, der für wahrscheinlich hält, dass der frühere Gewalthaber mit dem Haussohn auch das von diesem für den Gewalthaber erbetene precarium übertragen wolle. Das precarium ist jedoch allein dem Gewalthaber zugeordnet. Eine Übertragbarkeit durch Adoption des bloßen Besitzmittlers erscheint ungewiss, da ja beispielsweise auch der Tod eines Besitzmittlers den Besitz des Gewalthabers unberührt lässt. Eine Übertragbarkeit ist jedenfalls kein Automatismus. Das Hauptargument Nicosias hierfür, dass nämlich von einer Adoption und nicht von einer Arrogation die Rede sei, überzeugt, wie gezeigt, nicht. 837 Vgl. vor allem Heumann/Seckel, Handlexikon, s. v. adoptare, wo die Bedeutung im engeren oder weiteren Sinne anschaulich unterschieden wird. 838 Gaius 1, 98 f.: Adoptio autem duobus modis fit: aut populi auctoritate aut imperio magistratus vel praetoris. 99: Populi auctoritate adoptamus eos, qui sui iuris sunt; quae species adoptionis dicitur ,adrogatio‘ . . . .

IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge

193

rende kann mittels seines neuen Haussohns corpore alieno besitzen.839 Er wird dadurch Besitzer, dass er mittels einer gewaltunterworfenen Person die faktische Herrschaft auszuüben beginnt. Ob dies in der Form geschieht, dass der Sklave oder Haussohn eine Sache ergreift, oder dadurch, dass die aktuell besitzende Person zu einem Besitzmittler wird, ist offenbar rechtlich unerheblich. Die Aussage des Pomponius lässt sich also mit der Anwendung allgemeiner Besitzregeln erklären.840 Ein besonderer Besitzerwerb kraft Gesamtrechtsnachfolge findet in ihr keine Stütze. b) Einordnung des Ergebnisses Die Situation unterscheidet sich insofern von einem Erbfall, weil der Arrogierte nach wie vor als Person vorhanden ist. Lediglich seine rechtliche Stellung verändert sich, nicht seine faktische Beherrschung der Sache. Die Sachherrschaft bleibt anders als im Erbfall unverändert. Allerdings kann diese Sachherrschaft mangels Gewaltfreiheit und Rechtsfähigkeit nicht die possessio und den zum Beispiel damit verbundenen Interdiktenschutz für den nunmehr Arrogierten bedeuten. Seine Sachherrschaft ist aber Anknüpfungspunkt für den Besitz des Arrogierenden, der offenbar ohne weiteres Zutun possessor wird. Angesichts der fortbestehenden Sachherrschaft durch den Arrogierten, erscheint es letztlich kaum konstruierbar, dass dieser durch erneuten Zugriff für seinen neuen Gewalthaber Besitz begründet.841 Als Alternative für eine Besitzbegründung kommt eine eigenhändige Apprehension des Arrogierenden in Betracht. Doch es erscheint nicht sachgerecht, von dem Gewalthaber eine solche Mehrleistung zu verlangen. Zudem lässt sich ohne durchgreifende Bedenken in die bewusste Arrogation ein genereller Sacherwerbswillen als subjektives Element der Besitzbegründung hineinlesen. In dieser Konstellation liegt also tatsächlich eine Fortsetzung des Besitzes vor. Diese beruht jedoch letztlich nicht auf der Gesamtnachfolge, sondern vollzieht sich gewissermaßen parallel auf Grundlage der allgemeinen personenrechtlichen und sachenrechtlichen Prinzipien. Statt zur Erbschaft bestehen also vielmehr Parallelen zur von Iavolen in D. 41, 2, 21 pr.842 erörterten Konstellation. Hier übt jemand die Sachherrschaft pro herede aus. Er weiß jedoch zumindest zu einem späteren Zeitpunkt, dass tat839 Auch Albrecht, Besitz des Erben, S. 21, der in diesem Zusammenhang von notwendiger Stellvertretung spricht, erwägt diese Lösung, ohne jedoch dem Erklärungsmuster der Universalsukzession eine klare Absage zu erteilen. 840 Ebenso Nicosia, Acquisto, S. 368. 841 Dies betont auch Strohal, Succession in den Besitz, S. 221. Er weist zu Recht darauf hin, dass den Römern sinnlos erschienen sein dürfte, „neue Apprehensionsacte“ zu fordern, wenn der Arrogierte bereits Besitzer war. 842 Iav. D. 41, 2, 21 pr.: Interdum eius possessionem, cuius ipsi non habemus, alii tradere possumus, veluti cum is, qui pro herede rem possidebat, antequam dominus fieret, precario ab herede eam rogavit.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

sächlich ein anderer als Erbe berufen ist. Der Besitzer pro herede, der bislang als Eigenbesitzer die Sache innehatte, erkennt durch das Erbitten des precarium vom tatsächlichen Erben dessen bessere Berechtigung an und setzt sich der Rückforderung durch diesen mittels des interdictum de precario aus.843 Die tatsächliche Sachherrschaft bleibt unverändert beim jetzigen Prekaristen, sie ist allerdings mit anderen Rechtswirkungen ausgestattet. Nunmehr besteht nicht mehr die Möglichkeit, dass sich aus dem Besitz pro herede durch Zeitablauf im Rahmen der usucapio ein Eigentumserwerb vollzieht. Der Prekarist bleibt aber dennoch Besitzer im Sinne eines mittels Interdikten geschützten possessor.844 Hier wird also die unverändert fortbestehende Sachherrschaft nach wie vor terminologisch mit possessio umschrieben, während im Fall der Arrogation die Sachherrschaft nur noch als bloße Detention bezeichnet werden kann, da der Haussohn nicht (mehr) rechtsfähig ist. Insofern lässt sich festhalten, dass die Konstruktion der Arrogation auf rein sachenrechtlicher Ebene gelöst wird. Eine Besitzfortsetzung entsprechend dem Kriterium der Kontinuität erscheint durchaus gegeben. Allerdings fußt diese auf der Funktion des Arrogierten als Besitzmittler. Im Erbfall besteht hingegen keine generelle Möglichkeit einer solchen Anknüpfung. Rückschlüsse auf eine Besitznachfolge des Erben lassen sich also aus der konkreten Situation zunächst nicht ziehen. 2. Konzept der Gesamtrechtsnachfolge Pomp. D. 43, 26, 16 dient der eingangs genannten Ansicht, die einen Besitzübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge annimmt, lediglich als Beispiel. Auch wenn für die Arrogation und soweit ersichtlich auch im erbrechtlichen Bereich kein Besitzübergang im Sinne einer von den tatbestandlichen Voraussetzung des Besitzes unabhängigen Zuordnung der possessio zu verzeichnen ist, lohnt dennoch eine knappe Auseinandersetzung mit dieser Theorie. Bei der Darstellung des Begriffs des Übergangs wurde unter anderem auf Pap. D. 44, 3, 11 Bezug genommen, wo es heißt, heres in omne ius defuncti succedit. Diese Aussage entspricht im Grunde dem Verständnis von Gesamtrechts843 Es erscheint unter Umständen missverständlich, in diesem Zusammenhang von der Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zu sprechen, so aber Manthe, Libri ex Cassio, S. 202. Mit diesem Begriff würde man für das römische Recht eher die Fälle des Besitzes corpore alieno beschreiben: Der Gewaltunterworfene zum Beispiel ist bloßer Besitzmittler, kein Besitzer. Bei Iavolen hingegen bleibt der bisherige Usukapient nun als Prekarist Besitzer, es kommt nur zu einem Wandel in der causa possessionis. Ob er zugleich den Besitz für den precarium dans mittelt, hängt von der Streitfrage ab, ob Prekarist und precarium dans zugleich besitzen können. Diese Frage interessiert Iavolen an dieser Stelle jedoch ersichtlich nicht. 844 So auch Biavaschi, Precarium, S. 120, die diese Stelle insgesamt ab S. 117 ff. bespricht.

IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge

195

nachfolge, wie es heute mit § 1922 BGB845 verbunden ist. Es erscheint jedoch fraglich, ob ein solcher Begriff der Gesamtrechtsnachfolge eine passende Beschreibung für die Fälle darstellt, die Gaius 2, 97 f.846 zusammen mit dem Erbschaftserwerb als Fälle eines Erwerbs per universitatem behandelt. Die Gegenüberstellung zum Erwerb einzelner Sachen eingangs Gaius 2, 97 macht deutlich, dass bei Gaius der Aspekt des Eigentumserwerbs an einer Gesamtheit847 von Sachen entscheidend ist. Gerade die von Gaius angeführten Beispiele wie die conventio in manum oder die Arrogation unterscheiden sich jedoch insofern vom Erbfall, dass die bisherigen Eigentümer und Besitzer weiterhin vorhanden sind. Sie sind zwar nicht mehr sui iuris, üben unter Umständen aber noch die tatsächliche Sachherrschaft aus. Dies wirkt sich, wie am Beispiel der Arrogation gezeigt, durchaus auch auf die Besitzlage aus. Eine Parallelität hinsichtlich des Besitzerwerbs gerade wegen einer Gesamtrechtsnachfolge ist aus den genannten Gründen für die in Gaius 2, 98 aufgeführten Fälle unwahrscheinlich. 3. Weitere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge Dennoch soll an dieser Stelle geklärt werden, ob aus einer der neben der Arrogation genannten Konstellationen Rückschlüsse auf einen Besitzerwerb des Erben möglich sind. Gaius 2, 98 nennt als Beispiele eines Erwerbs per universitatem neben der Erbschaft die bonorum possessio, die bonorum emptio, die Arrogation848 und die manus-Ehe. Gaius geht es bei dieser Aufzählung nicht um die Auswirkungen dieser Institute auf den Besitz, sondern wie gezeigt um den Eigentumserwerb per universitatem. Zumindest auf den ersten Blick ergibt sich hinsichtlich des Besitzes jedoch für den bonorum possessor und den bonorum emptor eines Nachlasses ein mit der Erbschaft vergleichbares Bild, da der Vorbesitzer die Sachen auch rein faktisch nicht mehr innehat. Anders stellt sich dies bei der Arrogation und der manus-Ehe dar.

845 Bereits die amtliche Überschrift des Paragraphen lautet Gesamtrechtsnachfolge. Absatz 1 lautet: Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über. 846 Gaius 2, 97: Hactenus tantisper admonuisse sufficit, quem ad modum singulae res nobis adquirantur . . . . Videamus itaque nunc, quibus modis per universitatem res nobis adquirantur. 98: Si cui heredes facti sumus sive cuius bonorum possessionem petierimus sive cuius bona emerimus sive quem adoptaverimus sive quam in manum ut uxorem receperimus, eius res ad nos transeunt. 847 Zum Streit um den universitas-Begriff siehe Robbe, Successio, S. 11 Fn. 19. 848 Zwar benutzt Gaius das Verb adoptare, allerdings ergibt sich aus dem Schluss von Gaius 2, 98: . . . eius res ad nos transeunt, dass auch hier eine Person sui iuris adoptiert wird.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

a) bonorum possessio Mit bonorum possessio wird die auf Antrag vom Prätor verliehene Berechtigung am Nachlass bezeichnet.849 Textstellen, die dem bonorum possessor mit der Erteilung der bonorum possessio auch den Besitz zuweisen, existieren nicht. Dies widerspräche auch der Funktionsweise des dem bonorum possessor offenstehenden interdictum quorum bonorum, das ein solches adipiscendae possessionis ist und der erstmaligen Besitzverschaffung dient.850 Es ist daher allgemeine Meinung, dass die Erteilung der bonorum possessio lediglich die faktische Herbeiführung der Sachherrschaft legitimiert, diese aber nicht verschafft.851 Dass diese Berechtigung dennoch possessio bonorum heißt, wird geschichtlich erklärt.852 Zwar wurde im Bereich der successio in possessionem wohl schon in klassischer Zeit der bonorum possessor dem Erben gleichgestellt.853 Auch er setzte also eine bereits begonnene Ersitzung fort. Allerdings lässt sich hieraus, wie gesehen, gerade kein Besitzübergang ableiten. b) bonorum emptio Bei der bonorum emptio854 handelt es sich um den Abschluss der Vollstreckung in das Vermögen Lebender oder aber auch Verstorbener, dann also in ei849 Vgl. zur bonorum possessio bereits die Ausführungen im Rahmen der Darstellung des interdictum quorum bonorum unter D.II. 850 Hierzu und speziell zur Tragweite dieser Einordnung für den suus heres siehe eingehend unter D.II. 851 Missverständlich formuliert insofern Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 676: „Die bonorum possessio verschafft ihrem Inhaber eine faktische Gewalt über die Erbschaft und ihre Gegenstände . . . .“ Kritisch hierzu Pool, Studi Metro V S. 91, 103. Zutreffend Voci, Diritto ereditario romano I, S. 130. Siehe auch die Wiedergabe Labeos in Ulp. D. 37, 1, 3, 1: Hereditatis autem bonorumve possessio, ut Labeo scribit, non uti rerum possessio accipienda est: est enim iuris magis quam corporis possessio . . . . 852 Biondi, Diritto ereditario romano, S. 126; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 130; Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 157 S. 438 unter Berufung auf Fabricius, Ursprung und Entwicklung der bonorum possessio, 1837: So sei es vermutlich ursprünglich um die Verteilung der Parteirollen im Erbschaftsstreit gegangen. Der Besitzer des Streitobjekts sei im Formularverfahren in der bevorzugten Lage des Beklagten gewesen. 853 Paul. D. 41, 4, 2, 19: Si defunctus bona fide emerit, usucapietur res, quamvis heres scit alienam esse. hoc et in bonorum possessore et in fideicommissariis, quibus ex Trebelliano restituitur hereditas, ceterisque praetoriis successoribus observatum est. Zumindest für den bonorum possessor siehe für die Zeit Justinians zudem: I. 2, 6, 12: Diutina possessio, quae prodesse coeperat defuncto, et heredi et bonorum possessori contiunatur . . . et in usucapionibus observari constituit, ut tempora continuentur. 854 Siehe zum Verfahren ausführlich Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 388 ff., 394 ff. und Leonhard, RE III, 1, Art. Bonorum possessio, Sp. 705 ff. auf deren Ausführungen die hier gegebene Zusammenfassung im Wesentlichen beruht.

IV. Sonstige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge

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nen Nachlass.855 Diese Vermögensvollstreckung ist mit einem heutigen Insolvenzverfahren vergleichbar. Der bonorum emptor erwirbt das Schuldnervermögen und dessen Verpflichtungen kraft ius honorarium856 vom magister bonorum, den die Gläubiger zuvor mit Ermächtigung des Prätors aus ihrer Mitte gewählt haben. Dies geschieht regelmäßig im Wege öffentlicher Versteigerung. Den Quellen lässt sich nicht entnehmen, dass bereits mit der Versteigerung selbst der Besitz auf den bonorum emptor übergeht.857 Aufschlussreich für die Frage nach dem Besitz des bonorum emptor erscheint vor allem, dass dem bonorum emptor vom Prätor ein als possessorium bezeichnetes Interdikt erteilt wird, das es ihm ermöglicht, Sachen aus dem Schuldnervermögen von jedermann herauszuverlangen.858 Offenbar war es wie das interdictum quorum bonorum restitutorisch gefasst und adipiscendae possessionis.859 Ob der bonorum emptor den Nachlass oder das Vermögen erwirbt, ändert nichts an seiner besitzrechtlichen Position.860 Wenn er sich den Besitz erstmalig von Dritten verschaffen muss, kommt es mit dem Erwerbsvorgang als solchem gerade noch nicht zu einem Erwerb des Besitzes. Diesen Schluss kann man, wie bereits ausgeführt, aus der Einordnung des Interdikts als adipiscendae possessionis ziehen. Andernfalls müsste es retinendae possessionis sein. 855

Vgl. Gaius 3, 78: Bona autem veneunt aut vivorum aut mortuorum . . . . Er erlangt also nur bonitarisches und nicht quiritisches Eigentum und auch hinsichtlich der Schulden und Forderungen bedarf es actiones utiles, vgl. hierzu, Solazzi, Concorso II, S. 131 f. unter Bezugnahme auf Gaius 3, 80 f. 857 Auch die missio in bona desjenigen Gläubigers, der die Zwangsvollstreckung betreibt, modifiziert die Besitzlage an den Sachen im Schuldnervermögen nicht, vgl. Ulp. D. 43, 17, 3, 8: Creditores missos in possessionem rei servandae causa interdicto uti possidetis uti non posse, et merito, quia non possident . . . . Diese sichernde Beschlagnahme geht der Wahl des magister bonorum voraus und gilt für die Proskriptionsfrist, in der die Gläubiger ihre Forderungen anmelden können und während der der Schuldner die Verwertung noch durch Zahlung abwenden kann. 858 Gaius 4, 145: Bonorum quoque emptori similiter proponitur interdictum, quod quidam ,possessorium‘ vocant. Die Stelle schließt unmittelbar an die Erläuterung des quorum bonorum an. 859 Solazzi, Concorso II, S. 137; Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 398 Fn. 28, die außerdem auf die Parallele zum interdictum sectorium hinweisen, das im Rahmen der sectio bonorum gegen Staatsschuldner dem bonorum sector offen steht. Auch dieses Interdikt wirkt ausweislich Gaius 4, 146 adipiscendae possessionis: Item ei, qui publice bona emerit, eiusdem condicionis interdictum proponitur, quod apppellatur ,sectorium‘ . . . . Siehe hierzu auch Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1669 f. 860 Auch wenn prozessual vermutlich in Fällen des Konkurses über die bona viventis die actio Rutiliana und in Fällen des Konkurses über die bona mortui die actio Serviana einschlägig war, wenn der bonorum emptor die Rechte des Gemeinschuldners verwirklichte, vgl. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 399; Leonhard, RE III, 1, Art. Bonorum emptio, Sp. 705, 707. Siehe hierzu auch Solazzi, Concorso II, S. 139 ff. mit gleicher Tendenz. Die actio Serviana fingierte dann die Erbenstellung des bonorum emptor. Hierin kann durchaus eine Anknüpfung an das Institut der usucapio pro herede gesehen werden, mittels derer die Gläubiger vor Einführung der bonorum venditio durch Zugriff auf die Erbschaft Befriedigung suchten, vgl. hierzu auch Franciosi, Usucapio pro herede, S. 203. 856

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

c) conventio in manum Als letzten Fall eines Erwerbs per universitatem nennt Gaius die conventio in manum.861 Ähnlich wie für den Oberbegriff der Adoption ist auch hier zu differenzieren, ob die Ehefrau aus der Hausgewalt ihres bisherigen paterfamilias oder als emanzipierte Frau sui iuris in die manus des Ehemannes einrückt.862 Der letztere Fall dürfte in seinen Auswirkungen dem der Arrogation entsprochen haben, der erstere Fall dem der Adoption im engeren Sinne. Auch Gaius betont die Parallele zwischen Arrogation und der conventio in manum einer Frau sui iuris und stellt die Fälle in 3, 83 f. gemeinsam dar.863 In diesem Fall handelt es sich also hinsichtlich der Vermögenspositionen um einem Erwerb per universitatem, bei der Adoption im engeren Sinne oder der conventio in manum einer gewaltunterworfenen Frau fehlt es hingegen an einem eigenen Vermögen, in das nachgefolgt werden könnte. In Gaius 2, 98 ist daher allein die conventio in manum einer Frau sui iuris angesprochen. Ausdrückliche Aussagen zum Besitzerwerb durch den Ehemann in diesem Fall sind den Quellen nicht zu entnehmen. Es liegt daher nahe, parallel zur Arrogation die allgemeinen Grundsätze als Maßstab anzulegen: Die uxor in manu bleibt als Person existent. Sie steht, wie gesehen, filiae loco864 und wird hinsichtlich ihres bisherigen Besitzes gleichermaßen mittelndes Werkzeug wie der Arrogierte. Erneut liegt also für den Besitzerwerb des Ehemannes eine Erklärung auf personenrechtlicher Ebene nahe. 4. Fazit Es zeigt sich somit, dass weder aus Pomp. D. 43, 26, 16 noch aus den anderen bei Gaius 2, 98 genannten Fällen ein Besitzerwerb im Rahmen der Gesamt861 Zu den verschiedenen Arten die manus zu begründen, confarreatio, coemptio und usus, siehe Gaius 1, 110: Olim itaque tribus modis in manum conveniebant: usu, farreo, coëmptione. Vgl. ferner den Überblick bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 58 Rn. 34 f. 862 Gerade für den in Gaius 1, 115a beschriebenen Fall der coëmptio fiduciaria erscheint dies denkbar. Offenbar konnte die lediglich emanzipierte Frau zunächst nicht testieren, sondern musste sich zunächst in die manus begeben und von dort weitermanzipiert werden, ehe sie mit der anschließenden Freilassung auch testieren konnte. Siehe hierzu Benedek, Conventio in manum, S. 19. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 79 verweist zudem auf Gaius 4, 38 als Beleg dafür, dass auch die Frau sui iuris sich in die manus des Ehemannes begeben konnte. Dann erlöschen nach ius civile ihre Schulden, die sie in eigener Person hat: . . . mulier per coëmptionem, masculus per adrogationem, desinit iure civili debere nobis . . . . 863 Gaius 3, 83: Etenim cum pater familias se in adoptionem dedit mulierque in manum convenit, omnes eius res incorporales et corporales, quaeque ei debitae sunt, patri adoptivo coëmptionatorive adquiruntur . . . . 84: Ex diverso quod is debuit, qui se in adoptionem dedit quaeque in manum convenit, non transit ad coëmptionatorem aut ad patrem adoptivum . . . . Hieran knüpft Gaius 4, 38 an, siehe die vorhergehende Fußnote. 864 Gaius 3, 3: Uxor quoque, quae in manu eius est, sua heres est, quia filiae loco est . . . .

V. Schutzbedürftigkeit des Erben

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rechtsnachfolge gefolgert werden kann. Stattdessen lässt sich insbesondere die Pomponius-Stelle zur Arrogation durch Anwendung der bekannten Prinzipien zum Besitzerwerb durch Gewaltunterworfene erklären. Auch für die übrigen Fälle eines Erwerbs per universitatem lässt sich ein Besitzerwerb nach allgemeinen Grundsätzen durch Wertungen des Personenrechts oder des Interdiktenrechts stützen. Ein Besitzerwerb des Erben wird durch diese Erkenntnisse nicht zweifelsfrei widerlegt. Insbesondere der Vergleich zur bonorum emptio und zur bonorum possessio spricht jedoch gegen eine Besitznachfolge.

V. Schutzbedürftigkeit des Erben 1. Methodische Möglichkeit a) Pragmatismus Die beiden möglichen Konstruktionen für einen automatischen Besitzerwerb des Erben wurden bereits aufgezeigt: Entweder der Erbe verwirklicht ab dem Erbfall automatisch den Tatbestand der possessio oder ihm wird unter Verzicht auf das Vorliegen von dessen Voraussetzungen von Rechts wegen Besitz zugestanden. Diese zweite Möglichkeit kommt jedoch nur in Betracht, wenn eine rechtliche Zuordnung des Besitzes dazu dient, Rechtsprobleme einer gerechten Lösung zuzuführen.865 Diese Flexibilität gegenüber überkommenen Wertungen beschränkt sich nicht auf Einzelfallerscheinungen wie der bereits thematisierte Besitzerhalt am servus fugitivus866 beispielhaft veranschaulicht. Treffend erscheint daher das von Kaser867 umrissene „Bild von der Elastizität der römischen Rechtsbegriffe und von den mehr durch praktische als durch theoretische Leitvorstellungen bestimmten Versuchen zu ihrer Systematisierung“. Den römischen Juristen kann also ohne tiefergehende methodische Untersuchungen ein gewisser Pragmatismus zugestanden werden, mit dessen Hilfe ungerechte Ergebnisse überwunden werden konnten.

865 Vgl. zu dieser ergebnisorientierten Methodik bei den Römern unter anderem Ankum, FS David I, S. 1 f.: „Roman lawyers are principally casuistic, processualistic und practical.“ sowie die dort auf S. 3 Fn. 1 wiedergegebenen Zitate von Kaser, Methode, S. 62: „In der Tat zeigt ein Blick auf ihre Praxis, daß sie ihre Regel unbedenklich preisgegeben haben, wo sie von Fall zu Fall fanden, daß ihre Anwendung zu ungerechten Ergebnissen führen würde.“ und von Schwarz, AcP 152 (1952), S. 193, 203: „Im Widerstreit von Denkrichtigkeit und Lebensrichtigkeit haben sich die Römer immer wieder auf die Seite des Lebens gestellt.“ Kaser bezieht sich konkret auf den Umgang mit den sogenannten regulae iuris, die Stellungnahme von Schwarz ist allgemeiner zu verstehen. 866 Vgl. die Darstellung unter B.V.3.c)dd)(2). 867 Kaser, Studi Sanfilippo II, S. 215, 252 konkret zur Verwendung des Begriffs iuris possessio bei der hereditatis petitio.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

b) Denkbare Anwendungsfälle Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob im klassischen römischen Recht ein Bedürfnis bestand, dem Erben mit Erbschaftserwerb auch den Besitz zuzuordnen. Dies ist der Fall, wenn das Ausbleiben des Besitzerwerbs durch den Erben mangels Sachherrschaft als dessen allgemeiner Voraussetzung als ungerecht und nicht annehmbar empfunden wurde. Ein praktisches Bedürfnis erscheint in zwei Bereichen denkbar: zum einen bei der Ersitzung, wo die possessio Tatbestandsmerkmal ist und der Erbe ein möglicherweise schützenswertes Interesse hat, die Ersitzung des Erblassers fortzusetzen; zum anderen beim Besitzschutz, wie er im römischen Recht in der Regel durch die Interdikte gewährleistet wird. Wenn Erbschaftssachen von einem Dritten mit dem Ziel einer Ersitzung oder durch einen Dieb ergriffen werden, besteht ein Interesse des Erben, gegen diesen vorzugehen. Allerdings ist aus einem Schutzbedürfnis des Erben noch nicht zu folgern, dass diesem allein durch die sofortige Einräumung des Besitzes des Erblassers genügt werden kann. Auch durch die Schaffung spezieller Rechtsinstitute oder die Anpassung vorhandener Rechtsschutzmöglichkeiten kann einem Rechtsschutzbedürfnis entsprochen werden. Konkret im Bereich des Interdiktenrechts gewährte der Prätor interdicta utilia, wenn der Tatbestand eines Interdikts nicht erfüllt war, ein entsprechendes Schutzbedürfnis jedoch bestand.868 Aber auch Fiktionen sind der römischen Jurisprudenz nicht fremd.869 Die Aussage Kasers, „dass nicht einzusehen wäre, weshalb man den Interdiktenschutz, den der Erblasser genossen hatte, dem Hauserben, der sofort an seine Stelle tritt, vorenthalten haben sollte.“ 870 kann jedenfalls als Argument für ein Schutzbedürfnis des Erben nicht genügen. Sie trifft keine Aussage zu alternativen Rechtsbehelfen und wirft zudem die Frage auf, inwieweit die verschiedenen Erbenkategorien speziell im Anschluss an den Erbschaftserwerb ein unterschiedliches Besitzschutzbedürfnis haben könnten. Da der heres voluntarius zunächst die Erbschaft antreten muss, macht ihn das Ruhen der Erbschaft unter Umständen gar schutzbedürftiger gegen fremde Zugriffe als den von Kaser erwähnten Hauserben.

868 Vgl. Kaser/Hackl, Zivilprozessrecht, S. 412; zum Verfahren siehe Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1623 f. Wenger, Institutionen, S. 244 vergleicht das interdictum utile zu Recht mit der actio in factum. 869 Hier sei beispielhaft auf die bereits im Rahmen des ius postliminii erläuterte fictio legis Corneliae verwiesen, siehe B.V.3.c)dd)(7). Auch auf die fiktizischen Klagen, die den bonorum possessor oder den bonorum emptor eines Nachlasses wie einen Erben stellen, wurde bereits hingewiesen, siehe Fn. 860. Prominentestes Beispiel dürfte die Fiktion des Ablaufs der Ersitzungsfrist im Rahmen der actio Publiciana sein, vgl. hierzu nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 27 Rn. 29. 870 Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 400.

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c) Bestandsaufnahme Im Bereich der Ersitzung sahen die römischen Juristen ein praktisches Bedürfnis für eine Korrektur zu Gunsten des Erben. Entgegen dem bei Anwendung allgemeiner Grundsätze naheliegenden Ergebnis führt der Tod des Usukapienten nicht zum Abbruch einer Ersitzung. Der Erbe kann die vom Erblasser begonnene Ersitzung ohne die Begründung eigenen Besitzes fortsetzen; sogar die Zeit während der ruhenden Erbschaft kommt ihm zu Gute. Dies wurde im Rahmen der sogenannten successio in possessionem durch eine Ausnahme vom Besitzerfordernis erreicht. Auch im Bereich des Interdiktenschutzes wurden bereits Textstellen untersucht, insbesondere zum interdictum utrubi und zum interdictum quorum bonorum. Im Rahmen der Darstellung des interdictum utrubi wurde aufgezeigt, dass der Erbe sich nicht auf das Interdikt berufen kann, um erstmalig in den Besitz zu gelangen. Er muss wegen der prohibitorischen Wirkung des Interdikts und der Maßgeblichkeit der Besitzzeit im letzten Jahr bereits possessio erlangt haben, ehe ihm das Interdikt nutzt. Er kann auch nicht auf Grundlage des Besitzes des Erblassers mit dem interdictum utrubi vorgehen.871 2. Bestehen eines Schutzbedürfnisses? Es stellt sich daher die Frage, ob ohne einen Besitzübergang mit dem Erbschaftserwerb Rechtsschutzlücken für den Erben bestehen. Selbst bei Annahme eines automatischen Besitzerwerbs würde jedenfalls für die Phase der noch nicht angetretenen Erbschaft kein Besitzer geschaffen. Unabhängig von einem Ruhen der Erbschaft und der Art des Erben stellt sich die Frage, wie ein Erbe rechtlich agieren konnte, wenn in der Phase zwischen Erbschaftserwerb und faktischer Besitzbegründung Sachen weggenommen wurden. Von Interesse sind sowohl zivilrechtliche Klagen als auch der Schutz des Interdiktenrechts. In beiden Bereichen sind gleichermaßen spezifisch erbrechtliche Institute und allgemeine Rechtsschutzmöglichkeiten zu berücksichtigen. Wenn der Erbe ingesamt hinreichend gegen den Zugriff Dritter geschützt ist, besteht in der Konsequenz kein praktisches Bedürfnis, ihn als Besitzer anzusehen und ihm dadurch exakt den Interdiktenschutz des zuvor besitzenden Erblassers zu verschaffen. a) hereditatis petitio Die hereditatis petitio ermöglicht es dem Erben, die Erbschaft als solche oder einzelne Bestandteile von dem herauszuverlangen, der pro herede oder pro pos871 Vgl. hierzu nochmals Ulp. D. 41, 2, 13, 4. Ausführlich zu dieser Stelle bereits oben unter D.III.2.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

sessore besitzt (possidet).872 Ein solcher Bestandteil muss nicht zwingend ein körperlicher Gegenstand sein.873 Die Literatur befasst sich vor allem mit der auch hier interessierenden Passivlegitimation zu der Klage.874 Erst wenn geklärt ist, gegen wen dem Erben die hereditatis petitio hilft, lässt sich beurteilen, ob daneben noch Bedarf für einen besitzbasierten Rechtsbehelf besteht. Ein Besitzer pro herede beruft sich auf sein vermeintliches Erbrecht, ein solcher pro possessore tut dies nicht, sondern kann überhaupt keinen Grund für seinen Besitz geltend machen, also weder Besitz pro herede noch einen Einzelerwerbstitel oder ein Überlassungsverhältnis auf Zeit.875 Ein solcher Titel, auf den der Besitzer seine Sachberechtigung zurückführen kann, wäre zum Beispiel pro emptore.876 Wenn ein Besitzer behauptet, auf Grundlage eines Kaufvertrages eine bestimmte Erbschaftssache erworben zu haben, so steht nicht die hereditatis petitio, sondern die rei vindicatio offen.877 Der Beklagte kann jedoch offenbar nur durch eine fundierte Berufung auf einen Einzelerwerbsgrund eine Zulassung der Klage durch den Prätor abwenden.878 Bei mutmaßlichem Vorliegen eines Einzeltitels steht die hereditatis petitio daher nicht zur Verfügung. 872 Up. D. 5, 3, 9: Regulariter definiendum est eum demum teneri petitione hereditatis, qui vel ius pro herede vel pro possessore possidet vel rem hereditariam. 873 Siehe bereits die Erwähnung des ius in Ulp. D. 5, 3, 9, wiedergegeben in der vorigen Fußnote. Vgl. auch Schwarz, TR 24 (1956), S. 328, 333. 874 Die Passivlegitimation des pro possessore possidens ist vermutlich erst später zugelassen worden, Kaser, Studi Sanfilippo II, S. 215, 249; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 14; zu Unrecht erst für justinianischen Ursprung Di Paola, Saggi, S. 76 f. Für spätere Anerkennung spricht die Inkompatibilität mit dem Verfahren der legis actio sacramento. Überhaupt sind viele Detailfragen strittig, zum Beispiel die Abgrenzung der beiden Kategorien pro herede und pro possessore. Talamanca, Legittimazione passiva, S. 18 ff. geht von einer Kongruenz des pro herede-Besitzes mit der usucapio pro herede aus. Bis Hadrian seien gut- und bösgläubige Erbschaftsbesitzer für beide Rechtsinstitute pro herede eingeordnet worden. Hierin habe das maßgebliche materiellrechtliche Kriterium (criterio sostanziale) für die Abgrenzung bestanden. Kritisch gegenüber dem Verständnis Talamancas, Kaden, SZ 75 (1958), S. 426, 428 ff. Eine knappe Zusammenfassung der Auseinandersetzung findet sich bei Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 13 Fn. 40. 875 Vgl. Ulp. D. 5, 3, 11, 1-fr. 13 pr.: Pro possessore vero possidet praedo, 12: qui interrogatus cur possideat, responsurus sit ,quia possideo‘ nec contendet se heredem vel per mendacium, 13: nec ullam causam possessionis possit dicere: et ideo fur et raptor petitione hereditatis tenentur. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 11; Schwarz, TR 24 (1956), S. 279, 286. Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 225, 229. Zu beachten ist, dass § 12 aus dem 67. Buch zum Edikt stammt, in dem Ulpian das quorum bonorum und nicht die hereditatis petitio behandelt, vgl. Lenel, Palingenesia II, Sp. 497 zur Verortung der hereditatis petitio im 15. Buch sowie Sp. 800 zum 67. Buch. 876 Zur Unterscheidung zwischen der Berufung auf eine emptio oder auf Besitz pro emptore siehe Pool, Fundamina 16/1 (2010), S. 314, 329. 877 Wenn derjenige, der die Sache innehat, sich hingegen auf ein Überlassungsverhältnis wie die locatio conductio beruft, können auch aus diesem Verhältnis Klagen einschlägig sein. Vgl. insofern Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 229. 878 Müller-Ehlen, Hereditatis petitio, S. 14 und Schwarz, TR 24 (1954), S. 279, 292 f. berufen sich zur Begründung auf Ulp. D. 5, 3, 13, 1: Omnibus etiam titulis hic

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Den Quellen lässt sich nicht entnehmen, dass differenziert würde, ob der Zugriff durch einen vermeintlichen Erben oder einen praedo879 vor oder nach Erwerb der Erbschaft erfolgt. Dies verdeutlicht die Funktion der hereditatis petitio als speziell erbrechtliches Institut, das den Erben schützt und nicht an spezifische Rechtsgüter wie beispielsweise den Besitz anknüpft. Eine weitere Besonderheit der hereditatis petitio ist ihre Ausgestaltung als Gesamtklage.880 Von einem anderen Erbschaftsprätendenten kann der Erbe nicht nur einzelne Sachen, sondern auch die Herausgabe des gesamten Nachlasses fordern. Das Bild einer Vindikation der Erbschaft trifft daher zu.881 b) interdictum quam hereditatem Der Beklagte wird bei der Erbschaftsklage vom Prätor nur mittelbar gezwungen, sich auf die Klage einzulassen.882 Verweigert er jedoch die Einlassung, so steht der Kläger nicht schutzlos, sondern kann das restitutorische interdictum quam hereditatem nutzen.883 Der Beklagte wird, wenn er die Erbschaftsgegenstände nicht herausgibt, in die gleiche Summe verurteilt, wie wenn er in der hereditatis petitio unterlegen wäre.884 Allerdings ändert das nichts daran, dass das interdictum quam hereditatem allein als Folge einer Einlassungsverweigerung Anwendung findet. Grundsätzlich muss der Erbe im Rahmen der hereditatis petitio sein Erbrecht beweisen oder mittels vom Prätor erteilter bonorum possessio auf Grundlage des interdictum quorum bonorum vorgehen. Das interdictum quam hereditatem weist insofern eine größere Nähe zur actio ad exhibendum und vor allem zum interdictum quem fundum885 als zu Besitzschutzinterdikten wie dem interdictum utrubi auf. pro possessore haeret et quasi iniunctus est. denique et pro emptore titulo haeret: nam si a furioso emero sciens, pro possessore possideo. Item in titulo pro donato quaeritur, an quis pro possessore possideat, ut puta uxor vel maritus . . . . Demnach erscheint ein Rückgriff auf die Passivlegitimation pro possessore möglich, wenn der Einzelerwerbsgrund eindeutig nichtig ist. 879 Vgl. Ulp. D. 5, 3, 11, 1. Text wiedergegeben in Fn. 875. 880 Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 225. 881 Kaser, Studi Sanfilippo II, S. 215, 251. 882 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 75 Rn. 6; Kaser, Römisches Privatrecht, S. 737. 883 Dessen Existenz ist in den Digesten oder bei Gaius nicht belegt. Die Erwähnung bei Ulpian inst. fragm. Vindob. 4, FIRA II, S. 306: . . . adipiscendae quam reciperandae possessionis, qualia sunt interdicta QUEM FUNDUM et QUAM HEREDITATEM . . . wird jedoch allgemein als Nachweis anerkannt. Interessanterweise ist hier von einer Funktion adipiscendae possessionis die Rede, während beispielsweise in Ulp. D. 43, 2, 1, 1: Hoc interdictum restitutorium est et ad universitatem bonorum, non ad singulas res pertinet . . . et est apiscendae possessionis universorum bonorum. das quorum bonorum als apiscendae possessionis bezeichnet wird, vgl. hierzu Fn. 774. 884 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 75 Rn. 6. 885 Zu diesen beiden Rechtsbehelfen siehe in aller Kürze Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 27 Rn. 12 ff.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

c) interdictum quorum bonorum Das ebenfalls bereits erörterte interdictum quorum bonorum886 knüpft an die vom Prätor auf Antrag erteilte bonorum possessio an und ist insofern auch kein typischer Anwendungsfall des Besitzschutzes. Vielmehr lässt es sich den Interdikten zuordnen, die speziell dem Schutz von Erbschaftsgegenständen oder zur Regelung von erbrechtlichen Sachverhalten dienen.887 Faktisch stellt das interdictum quorum bonorum aber ein Schutzinstrument dar, das neben die klassischen Besitzschutzinterdikte tritt. Durch seine Struktur adipiscendae possessionis verschafft es dem Erben nachträgliche Abhilfe bei Zugriffen Dritter, die zeitlich vor der tatsächlichen Besitzausübung durch den Erben liegen. Die Passivlegitimation entspricht weitgehend der zur hereditatis petitio.888 Der Gegner muss also behaupten, pro herede oder pro possessore zu besitzen.889 Wenn er aus einem Einzelerwerbsgrund besitzt, ist das Interdikt nicht einschlägig.890 Insofern kommt dem quorum bonorum gerade auch eine Bedeutung bei der Zuweisung der Parteirollen für die hereditatis petitio zu: Der mit dem quorum bonorum siegreiche Prätendent hat die günstigere Beklagtenrolle bei der hereditatis petitio.891 d) interdictum quod legatorum Daneben tritt das interdictum quod legatorum, das den bonorum possessor gegen einen eigenmächtigen Zugriff durch den Legatar schützt, ehe er selbst die Erbschaftssachen ergriffen hat.892 Das quod legatorum ist weitgehend parallel zum quorum bonorum aufgebaut und ebenfalls ein Interdikt adipiscendae possessionis.893 Der Unterschied liegt lediglich darin, dass der aktuelle Besitzer nicht

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Siehe D.II. In diese Kategorie gehört zum Beispiel auch das interdictum de tabulis exhibendis, das den im Testament Bedachten ein Recht auf die Vorlegung von Testamentsurkunden gegen den Inhaber einräumt, vgl. D. 43, 5 sowie Lenel, Edictum perpetuum, S. 455 f. 888 Allerdings wird dort der für die Passivlegitimation nötige Besitz mit pro herede vel pro possessore angegeben und nicht mit aut verknüpft, wie in Ulp. D. 43, 2, 1 pr. für das interdictum quorum bonorum. Mit vel wird laut Kaser, Studi Biscardi II, S. 221, 225 Fn. 19 die nähere Beziehung im Gegensatz zu den Singulartiteln ausgedrückt. An der weitgehenden Parallelität ändert dies aber nichts. 889 Vgl. nur Gaius 4, 144: . . . Pro herede autem possidere videtur tam is, qui heres est, quam is, qui putat se heredem esse; pro possessore is possidet, qui sine causa aliquam rem hereditariam vel etiam totam hereditatem sciens ad se non pertinere possidet . . . . 890 Schwarz, TR 24 (1956), S. 279, 289 f. 891 Vgl. Dénoyez, Studi Arangio-Ruiz II, S. 287, 302 f. 892 Vgl. hierzu D.II.2.b). Dort auch bereits zur interpolierten Anwendbarkeit des Interdikts für den zivilen Erben. 893 Ulp. D. 43, 3, 1, 2: Est autem et ipsum apiscendae possessionis . . . . 887

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pro herede vel pro possessore besitzt, sondern seinen Besitz auf ein angebliches Legat stützt. e) Allgemeiner Interdiktenschutz des Erben Von einem allgemeinen Interdiktenschutz zu sprechen, erscheint nur bedingt korrekt, da die Interdikte eine Vielzahl einzelner Rechtsbehelfe umfassen. Es gibt keine gemeinsame tatbestandliche Voraussetzung, die für alle Interdikte erfüllt sein muss. Gemeint ist mit dieser Umschreibung die Anwendbarkeit von Interdikten, die anders als das interdictum quorum bonorum oder das interdictum quam hereditatem keinen spezifisch erbrechtlichen Bezug haben. Zeitlich ist vor allem die Phase interessant, in welcher der Erbe noch nicht durch eigenen Besitz aktivlegitimiert wird. aa) Possessorische Interdikte Für die Frage nach dem Schutzbedürfnis des Erben und dessen Auswirkungen auf einen Besitzübergang bietet es sich an, zunächst die Auswirkungen des Todes des Besitzers auf die Besitzschutzinterdikte zu untersuchen. Bei Zugriffen auf Erbschaftssachen vor der aditio ist nach den bisherigen Ausführungen lediglich das interdictum quorum bonorum nach erteilter bonorum possessio nützlich. Dabei handelt es sich jedoch, wie gesehen, um ein spezifisch erbrechtliches Interdikt. Als klassische894 possessorische Interdikte ordnet Schulz895das interdictum de vi armata, das interdictum de vi non armata, das interdictum uti possidetis sowie das interdictum utrubi ein. Aus einem Nachweis über deren Anwendbarkeit ab Erbschaftserwerb könnten sich Schlüsse auf einen Besitzübergang auf den Erben ziehen lassen. Das interdictum unde vi 896 oder auch das interdictum de vi armata setzen als typische Besitzschutztatbestände für Grundstücke eine gewaltsame Dejektion aus

894 Nicht thematisiert wird insofern ein interdictum de clandestina possessione, dessen Existenz und Nichtaufnahme ins Hadrianische Edikt zum Beispiel von Ankum, SZ 114 (1997), S. 402, 405 f. und Lenel, Edictum Perpetuum, S. 469 Fn. 13 aus Ulp. D. 10, 3, 7, 5: . . . nam de clandestina possessione competere interdictum inquit gefolgert wird. Diese Nichtaufnahme dürfte auf einen Wandel in den Ansichten zum Besitzverlust an einen heimlichen Eindringling in ein Grundstück zurückzuführen sein. 895 Schulz, Classical Roman Law, S. 444 f. 896 So die weit verbreitete Bezeichnung unter anderem bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 13. Korrekterweise handelt es sich jedoch wohl bei der Bezeichnung unde vi lediglich um eine Rubriküberschrift im Edikt, unter der dann die Interdikte de vi non armata und de vi armata behandelt wurden, vgl. Nicosia, Possesso, S. 161. Auch Lenel verwendet die Bezeichnung unde vi bereits für das Interdikt de vi non armata, Edictum perpetuum, S. 462. Zur Rekonstruktion bei Lenel, Edictum perpetuum, S. 465: Unde in hoc anno tu illum vi deiecisti aut familia tua deiecit, cum ille possideret, quod nec vi nec clam nec precario a te possideret, eo illum quaeque ille tunc ibi habuit restituas.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

dem Besitz voraus.897 Sie sind demnach bis zur tatsächlichen Besitzergreifung nicht einschlägig, da in dieser Phase kein Rechtssubjekt den Besitz ausübt und mit Gewalt vertrieben werden könnte. Auch wenn Kolonen oder Erbschaftssklaven auf einem Grundstück zurückbleiben und gewaltsam vertrieben werden,898 ändert dies nichts am fehlenden Besitz des späteren Erben.899 Die genannten Interdikte sind reciperandae possessionis.900 Sie ermöglichen also dem Dejizierten die Wiedererlangung des Besitzes. Quellenbelege, die dem Erben trotz der ausgeführten Funktionsweise noch vor eigener Besitzergreifung eines der beiden Interdikte gewähren, sind nicht ersichtlich.901 Das uti possidetis schützt gleichfalls den Besitz an Grundstücken. Es steht als prohibitorisches Interdikt demjenigen, der nec vi nec clam nec precario besitzt, gegen Gewaltwendung durch die andere Partei offen.902 Da es als interdictum duplex beiden Parteien gleichermaßen auferlegt, sich jeglicher Gewalt zu enthalten,903 kommt ihm entweder eine besitzerhaltende oder eine rekuperatorische Funktion zu.904 Ein weitgehend paralleles Bild ergibt sich für das bereits behan897 Die Voraussetzung des Besitzes zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung betont Ulp. D. 43, 16, 1, 23: Interdictum autem hoc nulli competit nisi ei, qui tunc cum deiceretur possidebat, nec alius deici visus est quam qui possidet. 898 Zur grundsätzlichen Anwendung des Interdikts für den Fall der Dejektion des Besitzmittlers siehe Ulp. D. 43, 16, 1, 22: Quod servus vel procurator vl colonus tenent, dominus videtur possidere, et ideo his deiectis ipse deici de possessione videtur . . . . Lab. D. 43, 16, 20: Si colonus tuus vi deiectus est, ages unde vi interdicto . . . . 899 Vgl. insofern auch das bei Paul. D. 41, 2, 30, 5 ermittelte Ergebnis, wonach der Erbe auch bei Anwesenheit von Kolonen nicht automatisch mit dem Erbschaftserwerb Besitzer wird. Eine Anwendung des Interdikts durch den Kolonen selbst scheidet ebenfalls aus, vgl. insofern Ulp. D. 43, 16, 1, 9–10: Deicitur is qui possidet, sive civiliter sive naturaliter possideat: nam et naturalis possessio ad hoc interdictum pertinet. 10: Denique et si maritus uxori donavit eaque deiecta sit, poterit interdicto uti: non tamen si colonus. 900 Paul. D. 43, 1, 2, 3: . . . reciperandae possessionis causa proponuntur sub rubrica unde vi: aliqua enim sub hoc titulo interdicta sunt. Gaius 4, 154: Reciperandae possessionis causa solet interdictum dari, si quis ex possessione vi deiectus sit; nam ei proponitur interdictum, cuius principium est: UNDE TU ILLUM VI DEIECISTI . . . . 901 Zu Ulp. D. 43, 16, 1, 44: Hoc interdictum et heredi et ceteris successoribus competit siehe sogleich. 902 Lenel, Edictum perpetuum, S. 469 ff.; Gaius 4, 150: Et, si quidem de fundo vel aedibus interdicitur, eum potiorem esse praetor iubet, qui eo tempore, quo interdictum redditur, nec vi nec clam nec precario ab adversario possideat . . . . Ulp. D. 43, 17, 1 pr.: Ait praetor: ,Uti eas aedes, quibus de agitur, nec vi nec clam nec precario alter ab altero possidetis, quo minus ita possideatis, vim fieri veto . . . .‘. Guter Überblick bei Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1682 ff. 903 Gaius 4, 160: Duplicia sunt velut UTI POSSIDETIS interdictum et UTRUBI. Ideo autem ,duplicia‘ vocantur, quod par utriusque litigatoris in his condicio est, nec quisquam praecipue reus vel actor intellegitur, sed unusquisque tam rei quam actoris partes sustinet, quippe praetor pari sermone cum utroque loquitur . . . . 904 Insbesondere zur rekuperatorischen Funktionsweise siehe Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 199; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 21 Rn. 7.

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delte interdictum utrubi, das offenbar nach dem Vorbild des interdictum uti possidetis einen prohibitorischen Schutz des Besitzes an Mobilien ermöglicht.905 Für beide Interdikte fehlt es an Belegen für die Aktivlegitimation des Erben wegen Geschehnissen zwischen dem Tode des Erblassers und seiner Besitzergreifung, welche die dargestellte Systematik durchbrechen würden.906 bb) interdictum quod vi aut clam Die Quellen belegen jedoch in einem Fall, dass auch bei Geschehnissen während des Ruhens der Erbschaft der Erbe nach Erwerb der Erbschaft mit einem nicht speziell erbrechtlichen Interdikt vorgehen kann. Das bezeugt für das interdictum quod vi aut clam907 Ulp. D. 43, 24, 13, 5.908 Mit Hilfe dieses Interdikts konnte der vorige Zustand nach vi oder clam vorgenommenen Arbeiten an einem Grundstück wieder hergestellt werden.909 Auffallend ist der restitutorische Charakter des Interdikts.910 Da es sich jedoch beim interdictum quod vi aut clam

905 Siehe zum interdictum utrubi bereits oben D.III. Zur parallelen Ausrichtung vgl. Gaius 4, 148: Retinendae possessionis causa solet interdictum reddi, cum ab utraque parte de proprietate alicuius rei controversia est et ante quaeritur, uter ex litigatoribus possidere et uter petere debeat. Cuius rei gratia comparata sunt UTI POSSIDETIS et UTRUBI. 906 Auch die bereits angesprochene Stelle Ulp. D. 41, 2, 13, 4, in der sich die plerique für eine Zurechnung des Besitzes des Erblassers noch vor Besitzausübung durch den Erben aussprechen, betrifft eine andere Konstellation, siehe hierzu sogleich. 907 Zu unterscheiden vom Interdikt unde vi, vgl. die unterschiedlichen Digestentitel D. 43, 16 und D. 43, 24 sowie die Darstellung bei Lenel Edictum Perpetuum, S. 461 und S. 482. 908 Ulp. D. 43, 24, 13, 5: Quaesitum est, si, cum praedium interim nullius esset, aliquid vi aut clam factum sit, an postea dominio ad aliquem devoluto interdicto locus sit: ut puta hereditas iacebat, postea adiit hereditatem Titius, an ei interdictum competat? et est apud Vivianum saepissime relatum heredi competere hoc interdictum eius, quod ante aditam hereditatem factum sit, nec referre Labeo ait, quod non scierit, qui heredes futuri essent: hoc enim posse quem causari etiam post aditam hereditatem. ne illud quidem obstare Labeo ait, quod eo tempore nemo dominus fuerit: nam et sepulchri nemo dominus fuit et tamen, si quid in eo fiat, experiri possum quod vi aut clam. accedit his, quod hereditas dominae locum optinet. et recte dicetur heredi quoque competere . . . . Siehe hierzu auch Scaduto, AUPA 8 (1921), S. 3, 21 ff., der jedoch S. 30 eine Interpolation des Satzes accedit his . . . annimmt. Außerdem von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 615 f.; Köppen, Erbschaft, S. 77 f.; Pappe, Vererblichkeit, S. 15; Wartensleben, Besitzvererbung, S. 17. Ubbelohde, Interdicte I, S. 60 nennt als Beispielsfall zu Ulp. D. 43, 24, 13, 5, dass der Erblasser zu Lebzeiten ein Verbot erlassen habe und nach seinem Tod dagegen verstoßen worden sei. 909 Vgl. den Überblick bei Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1662 ff. Erforderlich ist insbesondere, dass opera, quae in solo fiunt vorgenommen werden, also dass die Erdoberfläche verändert wird, vgl. Ulp. D. 43, 24, 1, 4: Hoc interdictum ad ea sola opera pertinet, quaecumque in solo vi aut clam fiunt. 910 Ulp. D. 43, 24, 1, 1: Hoc interdictum restitutorium est . . . .

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

nicht um ein Besitzschutzinterdikt handelt,911 sind aus Ulp. D. 43, 24, 13, 5 keine Folgerungen hinsichtlich des Besitzes möglich. Der restitutorische Charakter erklärt sich also aus der Pflicht zur Wiederherstellung des vorigen Zustands des Grundstücks und nicht etwa aus einer Besitzrestitution. Auch das Erklärungsmuster, dominae locum optinet, wodurch das Entstehen des Rechtsbehelfs als eines solchen der Erbschaft erklärt wird, der dann auf den Erben per hereditatem übergeht, kann durchaus Ulpian zugeordnet werden.912 Die Bezugnahme auf Labeo und die Formulierung recte dicetur sprechen allerdings dafür, dass die Anwendbarkeit des Interdikts auch schon früher befürwortet wurde. Maßgeblich dürften dann Billigkeitsaspekte gewesen sein.913 cc) Ab Besitzerlangung durch den Erben Sobald der Erbe tatsächlich in Besitz der Erbschaftssachen gelangt ist, ergeben sich auch hinsichtlich der Anwendbarkeit der possessorischen Interdikte keine Besonderheiten mehr. Hier ist allerdings zu beachten, dass der Erbe von der accessio temporis im Rahmen des utrubi profitieren kann.914 f) „Vererbte“ Interdikte Ergänzend stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage nach der Anwendbarkeit von Interdikten, deren Tatbestand noch zu Lebzeiten des Erblassers verwirklicht wurde. Dies wird bisweilen als eine Vererbung der Aktivlegitimation umschrieben.915 Eine solche Aussage erscheint jedoch in ihrer Generalität und 911 Paul. D. 43, 24, 16 pr.: Competit hoc interdictum etiam his qui non possident, si modo eorum interest. Ausdrücklich gegen eine Einordnung als Besitzschutzinterdikt auch Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1664. Siehe auch die Einteilung der Interdikte bei Lenel, Edictum Perpetuum, S. 45 f., wo das Interdikt anders als das uti possidetis nicht unter der Rubrik A. De praediis, sondern unter D. De operibus in solo factis eingeordnet ist. Vgl. zudem die Aufzählung der klassischen possessorischen Interdikte durch Schulz, siehe bereits Fn. 895. Zur Aktivlegitimation ausführlich Fargnoli, Legittimazione attiva, die S. 49 den Unterschied zu den Besitzschutzinterdikten betont, die Aktivlegitimation des Erben jedoch nicht thematisiert. 912 von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, S. 616. Dafür spricht zudem der Vergleich mit Ulp. D. 47, 4, 1, 15: Dort fiel dem Erben der Besitz deshalb nicht bereits mit dem Erbschaftserwerb zu, weil er nicht in der Erbschaft enthalten war. 913 Auch von Lübtow, Studi Grosso II, S. 581, 616 f. stellt für Labeo und dessen Zeitgenossen auf praktische Gründe und „sicheren juristischen Instinkt“ ab. 914 Siehe hierzu bereits oben D.III. Beispielhaft sei hier nochmals Gaius 4, 151 angeführt: Sed in UTRUBI interdicto non solum sua cuique possessio prodest, sed etiam alterius, quam iustum est ei accedere, velut eius, cui heres extiterit . . . . 915 Zu „active Vererblichkeit“ siehe Ubbelohde, Interdicte I, S. 59. Voci, Diritto ereditario romano I, S. 316 spricht von „trasmissibilità attiva“. Zu den Begriffen „transmisibilidad actica o passiva“ siehe Betancourt, AHDE 53 (1983), S. 45, 47 f., der stattdessen treffender von einer Ausdehnung der Aktivlegitimation auf den Erben ausgeht.

V. Schutzbedürftigkeit des Erben

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Begründung bedenklich.916 In diesem Rahmen soll lediglich insoweit auf das Phänomen eingegangen werden, als damit dem Erben eine Besitzverschaffung ermöglicht wird.917 Wenn bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein Dritter eine Mobilie oder ein Grundstück in seinen Besitz bringt, so erscheint für den Erben auch hier das interdictum quorum bonorum einschlägig, solange der Dritte pro possessore besitzt. Eine Anwendung des interdictum utrubi durch den Erben in Anknüpfung an die Geschehnisse zu Lebzeiten des Erblassers hat sich ausweislich Ulp. D. 41, 2, 13, 4 nicht durchgesetzt.918 Hinsichtlich des interdictum uti possidetis gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Geltendmachung durch den Erben.919 Anderes gilt für das Interdikt unde vi.920 Hierbei dürfte maßgeblich sein, dass derjenige, der den Erblasser dejizierte, durch den Tod des Erblassers nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden sollte.921 Deutlich wird diese Wertung gerade bei der Begründung der Anwendbarkeit eines interdictum utile für den Erben des Nießbrauchers.922 Dieses wird laut Ulpian allein zugelassen, um den Zugriff des Gewaltanwenders sanktionieren zu können.923 Aus der Gewährung des Interdikts für den Erben des Dejizierten lassen sich demnach gerade keine Rückschlüsse auf einen Besitzübergang ziehen, da an die Dejektion des damals noch besitzenden Erblassers angeknüpft wird.924

916 Differenzierend auch Voci, Diritto ereditario romano I, S. 316 ff.; Schmidt, Interdiktenverfahren, S. 136 ff. 917 Dadurch bleibt unter anderem die Anwendbarkeit der Interdikte zur Durchsetzung von Wasserservituten außen vor, siehe hierzu und zu weiteren Fällen, in denen für und gegen die Erben Interdikte erteilt werden, Betancourt, AHDE 53 (1983), S. 44, 52 ff. 918 Siehe hierzu bereits oben D.III.2. 919 Vgl. D. 43, 17. 920 Ulp. D. 43, 16, 1, 44: Hoc interdictum et heredi et ceteris successoribus competit. 921 Vgl. zu dieser Wertung allgemein im Rahmen des interdictum unde vi auch Ulp. D. 43, 16, 1, 1: . . . etenim fuit aequissimum vi deiecto subvenire: propter quod ad reciperandam possessionem interdictum hoc proponitur. 922 Ulp. D. 43, 16, 3, 17: . . . sed si quis, posteaquam prohibitus est, capite minutus sit vel mortuus, recte dicitur heredibus et successoribus competere hoc interdictum, non ut in futurum constituatur usus fructus, sed ut praeterita causa et damnum praeteritum sarciatur. Zur Einordnung als interdictum utile siehe die Darstellung bei Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609, 1681 f. Da der Nießbraucher kein Besitzer ist, wird hier nicht an ein deicere, sondern an ein prohibere angeknüpft. Da der Nießbrauch zudem mit dem Tode erlischt, vgl. die Nachweise bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 29 Rn. 13, bleibt an und für sich kein Raum für eine Anwendung auf den Erben. 923 Betancourt, AHDE 53 (1983), S. 45, 71 f. weist auf ein besonderes Bedürfnis für das interdictum unde vi mangels einschlägiger Strafklagen hin. 924 Vgl. zu diesem Verständnis auch Schmidt, Interdiktenverfahren, S. 151; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 318.

210

D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Eine weitere Stelle, die üblicherweise925 als Beleg für eine Nachfolge in Interdikte angeführt wird, ist Ulp. D. 43, 3, 1, 3.926 Hiernach steht auch dem Erben des bonorum possessor das interdictum quod legatorum zu. Gemeint ist hier wohl vor allem der Fall, dass der Legatar bereits während ruhender Erbschaft nach dem Erblasser oder zu Lebzeiten des bonorum possessor die fragliche Sache an sich genommen hat.927 Diese kann auch der Erbe des bonorum possessor herausverlangen. Besitzverschaffende Wirkung außerhalb des possessorischen Besitzschutzes bedeutet auch die Anwendung des interdictum de precario für den Erben des precario dans.928 Diesem wird die privilegierte Rückforderung der Sache aus der vom Erblasser gewährten Bittleihe ermöglicht. Von einer Vererblichkeit der Interdikte als solcher kann letztlich nicht gesprochen werden. Die einzelnen belegten Fälle, in denen auch der Erbe als aktivlegitimiert angesehen wird, runden das bisherige Bild von den Rechtsbehelfen des Erben ab. Es lässt sich die Tendenz ausmachen, in Einzelfällen, bei denen es sachgerecht erscheint, die Interdikte auch dem Erben zur Verfügung zu stellen. Eine generelle Zuordnung des Besitzes an den Erben, um somit das utrubi oder das uti possidetis zu eröffnen, fand hingegen nicht statt. g) Verbleibende Rechtsschutzlücken? An dieser Stelle ist noch einmal auf Ulp. D. 41, 2, 13, 4 zurückzukommen. Im Rahmen der Ausführungen zum interdictum quorum bonorum wurde die Ansicht der plerique dargestellt, die versuchten, dem Erben mittels accessio temporis das Interdikt zu erschließen. Offengelassen wurde bislang die Frage, warum die plerique dafür ein Bedürfnis gesehen haben könnten. Das interdictum quorum bonorum ermöglicht, wie gezeigt, das Vorgehen gegen den gegenwärtigen Besitzer nur dann, wenn dieser pro possessore oder pro 925 Betancourt, AHDE 53 (1983), S. 45, 72 f. Wohl auch Voci, Diritto ereditario romano I, S. 317, der jedoch vermutlich in Folge eines Druckfehlers Ulp. D. 44, 3, 1, 3 zitiert. 926 Ulp. D. 43, 3, 1, 3: Hoc interdictum et heredem heredis bonorumque possessoris habere propter utilitatem huius dicendum est, nec non ceteros quoque successores. Zur mutmaßlich interpolierten Aktivlegitimation des Erben siehe bereits oben Fn. 791. 927 Schmidt, Interdiktenverfahren, S. 137 und Ubbelohde, Interdicte I, S. 59 wollen hier auch den Fall eingeschlossen sehen, dass die Ergreifung erst nach dem Tod des Erben beziehungsweise des bonorum possessor erfolgt. Dies erscheint möglich, wäre dann jedoch eine zusätzliche Weitung des Anwendungsbereichs. Die Parallelität zu den anderen Stellen macht jedenfalls als Ausgangspunkt den Zugriff zu Lebzeiten des bonoroum possessor wahrscheinlich. 928 Siehe Cels. D. 43, 26, 12, 1: Precario rogatio et ad heredem eius qui concessit transit: ad heredem autem eius qui precario rogavit non transit, quippe ipsi dumtaxat, non etiam heredi concessa possessio est. Vgl. auch Ulp. D. 43, 26, 8, 1: Quod a Titio precario quis rogavit, id etiam ab herede eius precario habere videtur . . . .

V. Schutzbedürftigkeit des Erben

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herede besitzt. Eine Rechtsschutzlücke könnte demnach im folgenden Fall bestehen: Ein Sklave des Erblassers ist zunächst gestohlen worden und wird in der Folge von einem gutgläubigen Dritten gekauft. Eine Ersitzung scheitert jedoch an der Furtivität des Sklaven.929 Anschließend stirbt der Erblasser. Der Erbe erlangt Kenntnis vom Verbleib des Sklaven und versucht nun, diesen herauszuverlangen. Das interdictum quorum bonorum ist nicht einschlägig, da der Erwerber pro emptore besitzt. Das interdictum utrubi scheitert mangels jemals vorhandenen Besitzes des Erben. Das interdictum unde vi, das eine Anknüpfung an Geschehnisse vor dem Erbfall ermöglicht, gilt nur für die mit Gewalt erfolgte Vertreibung von einem Grundstück. Dem Erben steht zwar die rei vindicatio offen,930 allerdings ist auf interdiktenrechtlicher Ebene kein Schutz ersichtlich. Die Lösungsmöglichkeit der plerique ist die Gewährung des interdictum utrubi auf Grundlage der Anrechnung der Besitzzeit des Erblassers. Den Weg einer generellen Anerkennung von Besitz für den Erben beschreiten aber auch sie nicht. Der Erbe hätte nach der Lösung der plerique mit dem interdictum utrubi obsiegt, wenn der Erblasser die meiste Zeit des letzten Jahres im Besitz des Sklaven gewesen war. In einem anschließenden Vindikationsprozess gegen den Käufer hätte der Erbe dann die beweisgünstigere Beklagtenposition inne gehabt. Das Beispiel veranschaulicht insofern tatsächlich das Bestehen einer Lücke im Rechtsschutz durch Interdikte, wenn das interdictum quorum bonorum wegen der Berufung auf einen Singulartitel nicht anwendbar ist. Diese wurde offenbar von den römischen Juristen teils durch eine accessio temporis des Besitzes des Erblassers überwunden, teils als systemimmanent hingenommen, wie die verschiedenen Positionen in Ulp. D. 41, 2, 13, 4 zeigen. Aus dem Fehlen eines einschlägigen Interdikts jedoch eine Rechtsschutzlücke oder ein bestehendes Schutzbedürfnis des Erben zu folgern, ist nicht angezeigt. Immerhin steht ihm die rei vindicatio zur Verfügung. Die Interdikte haben nicht die Funktion, sämtlichen Klagen nach ius civile einen einstweiligen Rechtsschutz nach ius honorarium an die Seite zu stellen. Sie normieren vielmehr für einzelne Bereiche wie den Schutz von Besitz sowie von Servituten gegen eigenmächtige Störung ein spezifisches Verfahren, durch das zunächst der bestehende „Stand der Dinge“ geschützt werden soll.931 929 Gaius 2, 45: Sed aliquando, etiamsi maxime quis bona fide alienam rem possideat, non tamen illi usucapio procedit, velut si qui rem furtivam aut vi possessam possideat; nam furtivam lex XII tabularum usucapi prohibet, vi possessam lex Iulia et Plautia. 930 Die condictio ex causa furtiva hingegen greift allein gegen den Dieb, vgl. Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, § 51 Rn. 7; Zimmermann, Law of Obligations, S. 942. Gaius 4, 4 f.: . . . Plane odio furum, quo magis pluribus actionibus teneantur, receptum est, ut extra poenam dupli aut quadrupli rei recipiendae nomine fures ex hac actione teneantur: SI PARET EOS DARE OPORTERE, quamvis sit etiam adversus eos haec actio, qua rem NOSTRAM ESSE petimus. 5: Appellantur autem in rem quidem actiones ,vindicationes‘, in personam vero actiones, quibus DARI FIERIVE OPORTERE intendimus, ,condictiones‘. 931 Berger, RE IX, 2, Art. Interdictum, Sp. 1609 f.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Das Erfordernis, die bonorum possessio zu beantragen, um das interdictum quorum bonorum überhaupt nutzen zu können, dürfte von den klassischen römischen Juristen hingegen nicht als Rechtsnachteil empfunden worden sein. Dies ist vielmehr Ausdruck des überkommenen Nebeneinanders von ius civile und ius praetorium.932 Erst durch die Gleichschaltung des prätorischen und des zivilen Erbrechts unter Justinian steht dann das quorum bonorum auch dem heres zu.933 3. Fazit Letztlich existiert für den Erben ein ausbalanciertes Schutzsystem, in dem die hereditatis petitio und das interdictum quorum bonorum eine zentrale Rolle einnehmen. Zudem besteht durch die mögliche Erteilung von interdicta utilia ein hinreichendes Instrumentarium, um auf als unbillig empfundene Ergebnisse reagieren zu können. Ein praktisches Bedürfnis für eine Anerkennung eines Besitzübergangs auf den Erben besteht daher auch im interdiktenrechtlichen Bereich nicht.

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz An dieser Stelle wird versucht, die von zahlreichen namhaften Autoren vertretene Auffassung darzustellen, wonach hinsichtlich der sui heredes ausnahmsweise doch ein Besitzübergang stattfindet.934 Es komme gleichermaßen zum automatischen Erwerb der Erbschaft wie des Besitzes. Diese Ansicht geht offenbar bereits auf die Glossa ordinaria des Accursiucs zurück.935 Es mag überraschen, dass 932

Siehe hierzu Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 205 ff. Vgl. insofern auch die mutmaßliche Interpolation in Ulp. D. 43, 3, 1, 3, siehe oben Fn. 791, wonach dem Erben das quod legatorum offen stehe, vgl. Lenel, Edictum perpetuum, S. 453 sowie Voci, Diritto ereditario romano I, S. 317. 934 Genannt seien ohne Anspruch auf Vollständigkeit Solazzi, Scritti III, S. 379 sowie derselbe, Diritto ereditario romano I, S. 169 ff. und II, S. 145, dessen weitreichende Interpolationsvermutungen bereits im Rahmen der Exegese abgelehnt wurden; Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 399 f.; derselbe, SZ 62 (1942), S. 1, 81 und dessen bereits in der Einleitung als Ausgangspunkt benanntes Fazit in Römisches Privatrecht I, S. 395, dass mit dem Tod des Besitzers der Besitz nicht auf die extranei, aber vermutlich wohl auf die sui heredes übergehe; Voci, Diritto ereditario romano I, S. 216 f.; Bonfante, Corso VI, S. 179, S. 294; wohl auch Rabel, SZ 50 (1930), S. 295, 328; Pernice, Labeo II 1, S. 441; Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 213; Lohsse, FS Knütel, S. 667, 684; Marrone, Istituzioni, S. 810; Salomón, Adquisición, S. 171 f. Grundlegend für diese Auffassung Jhering, Besitzwille, vor allem S. 67 ff. Die zahlreichen Behandlungen des Themas um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zum damals geltenden Recht befassen sich in aller Regel auch knapp mit dem römischen Recht. Sie greifen einen Besitzübergang auf den suus heres häufig auf, ohne ihn detailliert zu untersuchen, siehe Stephan, Vererblichkeit des Besitzes, S. 8; Pappe, Vererblichkeit des Besitzes, S. 11 f.; Wartensleben, Besitzvererbung, S. 17 f.; Reinach, Vererblichkeit des Besitzes, S. 14 f., der zudem Parallelen zum altattischen Recht zieht. 935 Duncker, ZCP 12 (1839), S. 105, 114. Glück/Mühlenbruch, Pandecten, liber 29, 2–5, S. 79 Fn. 58; siehe die Glosse quodammodo zu D. 28, 2, 11: etiam & possessio933

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

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diese Position im bisherigen Gang der Bearbeitung und vor allem im Rahmen der Exegese im Abschnitt B. noch keine prominente Erwähnung gefunden hat. Dieser Umstand zeigt jedoch bereits das große Manko dieser Ansicht auf: Es fehlt letztlich an eindeutigen Textbelegen. Ehe jedoch eine Beurteilung stattfinden kann, soll herausgearbeitet werden, welche Argumente für einen Besitzübergang gerade auf die sui heredes sprechen und ob sich eine solche Ausnahme ins bisher ermittelte Bild einpassen lässt. 1. Darstellung der Ansicht a) Besitzübergang auf sui heredes Die zitierten Autoren argumentieren trotz Unterschieden im Detail letztlich dahingehend, dass sich die besitzrechtliche Position936 des suus zu Lebzeiten des Erblassers mit dessen Wegfall in possessio verwandelt. Diese possessio sei nicht von einer Ergreifung der Erbschaftsgegenstände abhängig, sondern gehe vom Erblasser automatisch auf den Erben über. Ausgangspunkt ist hierbei die Idee, dass die Hauserben bereits zu Lebzeiten des Erblassers im gemeinsamen Haushalt als Besitzmittler937 oder eine Art von Mitbesitzer die Sachherrschaft über die Erbschaftsgegenstände für ihren Gewalthaber ausübten. Zwar war possessor der paterfamilias, aber dies allein auf Grund der fehlenden Vermögensfähigkeit der gewaltunterworfenen sui. Mit dem Wegfall des Gewalthabers stand dann „nichts mehr im Wege“, um das Detentionsverhältnis zum juristischen Besitz zu erheben.938 Insbesondere bedurfte es keiner Willensbetätigung der sui. Teilweise wird dieser Wegfall des Gewalthabers aber auch mit einem „cambiamento di animus“ in der Person des suus verknüpft, das mit dem Erbschaftserwerb einhernem habere (zitiert nach Corpus Iuris Civilis Iustinianei II, Infortiatum, Lyon 1627, Sp. 403). Ferner existiert eine anonyme Note zu der Glosse: Possessio parentis continuatur quodammodo in liberos. Diese Bemerkung ist jedenfalls nicht mehr mittelalterlich. Zudem wird in einer weiteren Note auf eine abweichende Ansicht von Bartolus verwiesen. Ein Besitzübergang auf die sui heredes war demnach bereits zu Zeiten der Kommentatoren umstritten. In der Ausgabe von Gothofredus, Lyon 1583 hingegen findet sich an dieser Stelle ein Verweis auf D. 4, 6, 30 pr., was ebenfalls als Indiz für die Annahme eines Besitzübergangs gedeutet werden kann. Einen Bezug zur Kritik durch Giphanius (Hubert van Giffen) im frühen 17. Jahrhundert an der von Accursius, Alciat und anderen vertretenen Meinung stellt Pool her, Studi Metro V, S. 91, 111 Fn. 47. 936 Diese Position wird mit Detention (Wartensleben, Besitzvererbung, S. 18), possedere nomine alieno (Bonfante, Corso VI, S. 294), naturalis possessio oder auch Mitbesitz (Jhering, Besitzwille, S. 68, entsprechend copossession bei Dubois, NRHD 4 (1880), S. 427, 441) umschrieben. Diese Formulierungen sind geeignet, ein unzutreffendes Bild zu vermitteln, da sie insoweit konsequent den von den Autoren vertretenen Ansatz bereits in die Bezeichnung der Besitzposition hineinlesen. 937 Im Sinne des römischen Rechts. Zum abweichenden Verständnis entsprechend dem geltenden deutschen Recht siehe oben Fn. 570. 938 So ausdrücklich Wartensleben, Besitzvererbung, S. 18.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

gehe.939 Die subjektive Einstellung zur Sache, die bis dato auf die Ausübung der Sachherrschaft für den Gewalthaber gerichtet sei, wandle sich dadurch in einen für die possessio erforderlichen Eigenbesitzwillen. b) Besitzübergang auf alle necessarii heredes Teilweise wird ein Besitzübergang nicht auf die sui heredes beschränkt, sondern mit entsprechender Begründung für alle necessarii heredes, also auch für den testamentarisch freigelassenen und zum Erben eingesetzten Sklaven befürwortet.940 2. Argumente a) Textliche Stütze, Paul. D. 28, 2, 11 (2 ad Sab.) aa) Darstellung des Arguments Sofern eine textliche Stütze für einen unmittelbaren Besitzübergang auf den Erben überhaupt angeführt wird,941 handelt es sich dabei meist um Paul. D. 28, 2, 11:942 In suis heredibus evidentius apparet continuationem dominii eo rem perducere, ut nulla videatur hereditas fuisse, quasi olim hi domini essent, qui etiam vivo patre quodammodo domini existimantur . . . itaque post mortem patris non hereditatem percipere videntur, sed magis liberam bonorum administrationem consequuntur. hac ex causa licet non sint heredes instituti, domini sunt: nec obstat, quod licet eos exheredare, quod et occidere licebat.

Laut Paulus sind die sui heredes einst schon zu Lebzeiten des paterfamilias gewissermaßen als (Mit-)Eigentümer der Erbschaftsgegenstände angesehen wor939

So wohl Voci, Diritto ereditario romano I, S. 217. So offenbar von Voci, der den necessarius tantum ebenso wie den Haussohn als Detentor und Familienmitglied ansieht, Diritto ereditario romano I, S. 216 f. Ebenso Talamanca, Istituzioni, S. 697 f., und derselbe, IURA 12 (1961), S. 349, 351 in seiner Rezension zur ersten Auflage des Diritto ereditario romano I von Voci, in dem dieser noch einen automatischen Besitzerwerb des necessarius heres ablehnte. Siehe außerdem Scherillo, Testamento, S. 117, S. 119. 941 Jhering, Besitzwille, S. 70 unter Verweis auf Geist des römischen Rechts II. 1, S. 211 Fn. 324; Dubois, NRHD 4 (1880), S. 427, 440 f.; Pappe, Vererblichkeit, des Besitzes S. 12. 942 Dazu instruktiv Kaser, SZ 59 (1939), S. 31 ff. Dessen Ansatz, dass die Hauskinder Eigentümer waren, ihr Eigentum jedoch ruhte, solange die Gewalt des Hausvater ihre Herrschaft verdrängte, nimmt jedoch die Ausführungen des Paulus zur Mitberechtigung der sui zu wörtlich. Ähnliches gilt für Wieacker, Hausgenossenschaft, S. 11 ff., der die Stelle als Beleg für seine Theorie von der familia als Hausgenossenschaft ansieht. Zu möglichen Textveränderungen, die im Ergebnis insbesondere wegen des Gleichlaufs mit der Darstellung des Gaius in 2, 157 zu verneinen sind, siehe Robbe, Successio, S. 138 ff. mit Bezugnahme auf Solazzi und Albanese insbesondere in Fn. 160. 940

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

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den,943 vivo patre quodammodo domini existimantur. Daher scheint es in dieser Konstellation keine hereditas zu geben,944 also keine Vermögensgesamtheit, die Gegenstand eines erbrechtlichen Erwerbsvorgangs wäre. Vielmehr komme es lediglich zu einer Nachfolge der sui heredes in die freie Verwaltung der Güter, liberam bonorum administrationem consequuntur. An dieser Stelle versucht nun die oben genannte Ansicht einen Anknüpfungspunkt für einen Besitzübergang auf die sui heredes zu finden. Wenn man in den sui heredes Miteigentümer gesehen habe, sei es konsequent, sie auch als Mitbesitzer anzusehen.945 Dem scheint bisweilen implizit das Verständnis zu Grunde zu liegen, dass zu der von Paulus in Bezug genommenen früheren Zeit, olim, keine klare Scheidung von Eigentum und Besitz zu konstatieren sei.946 bb) Kritik Die Stelle stammt aus dem zweiten Buch des Sabinus-Kommentars des Paulus und ist unter den Digestentitel über Erbeinsetzung und Enterbung von liberi und postumi eingeordnet. Im zweiten Buch ad Sabinum hat Paulus hauptsächlich den Erbschaftserwerb thematisiert.947 Die Ausführungen in D. 28, 2, 11 sind angesichts des palingenetischen Kontexts und der Einordnung in D. 28, 2 als Erklärung dafür zu verstehen, dass die sui auch ohne testamentarische Einsetzung erben.948 Ein Bezug zum Recht des Besitzes lässt sich hierbei nicht herstellen. Ein solcher wird jedoch auch von den Befürwortern der oben wiedergegebenen Ansicht nicht in die Stelle selbst hineingelesen. Dennoch wird der Besitzerwerb des suus heres offenbar parallel zum Erbschaftserwerb nach Maßgabe von Paul. D. 28, 2, 11 und Gaius 2, 157 949 verstanden. Ein größerer Begründungsaufwand scheint häufig nicht für nötig erachtet worden zu sein.950 943 Die heute wohl herrschende Ansicht geht für die klassische Zeit von einem „latent vorhandenen Anrecht“ aus, so Kunkel/Honsell, Römisches Recht, § 157 S. 435; Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 96, S. 64 Fn. 35. Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 212 spricht von einer „bloß latenten Mitberechtigung“. 944 So auch Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 211; Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 232. 945 Pappe, Vererblichkeit, S. 13; Jhering, Besitzwille, S. 70. 946 Vgl. von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 447: „Es fehlt der Begriff des Eigentums als eines abstrakten, unsichtbaren Rechts. Entscheidend ist das unmittelbare Gewaltverhältnis einer Person zu einer Sache.“ Nachweise zu den theoretischen Ansätzen hierzu bei Kaser, Eigentum und Besitz, S. 10 f. Zumindest angedeutet auch bei Choi, Besitzerwerb, S. 12. Pappe, Vererblichkeit, S. 13. 947 Vgl. Lenel, Palingenesia I, Sp. 1252 ff. 948 Daneben nennt Sanguinetti, SD 59 (1993), S. 159, 277 auch das Motiv die Einordnung als necessarii zu begründen. Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 210 sieht als Hauptzweck die Rechtfertigung des formellen Noterbrechts der Hauserben, also des Bedürfnisses einer ausdrücklichen Enterbung. 949 Gaius 2, 157: Sed ,sui‘ quidem heredes ideo appellantur, quia domestici heredes sunt et vivo quoque parente quodam modo domini existimantur . . . . Solazzi, SD 19

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

Man muss sich allerdings bewusst machen, dass Paulus lediglich Vergleiche zieht, evidentius apparet, quodammodo,951 quasi domini, und keinen Rechtszustand beschreibt.952 Zudem fällt auf, dass Paulus formuliert, nulla videatur hereditas fuisse.953 Er beschreibt also an dieser Stelle keinen klassischen, sondern allenfalls einen vorzeitigen Zustand.954 Paulus sucht also selbst lediglich eine Erklärung für den ipso iure-Erwerb der Erbschaft, anstatt von zu seiner Zeit geltendem Recht zu berichten. Unabhängig von der Vorzeitigkeit erscheint es auch wegen der lediglich vergleichenden Darstellung des Paulus zu weitgehend, in der Stelle einen rechtlichen Beleg für eine Mitberechtigung der sui zu Lebzeiten des Erblassers zur Zeit der Zwölf Tafeln zu erblicken.955 Vor allem die Einbeziehung der necessarii tantum in dieses Erklärungsmodell ist problematisch. Teilweise wird auch für den testamentarisch Freigelassenen eine entsprechende Zugehörigkeit zum Familienverband und ein entsprechender automatischer Besitzerwerb bejaht.956 Zwar mag der Sklave in seiner Funktion als Erwerbswerkzeug dem Haussohn entsprechen.957 Allerdings ist seine Position innerhalb der Familie eine andere als die des Haussohns.958 Gerade die Parallele (1953), S. 104, 123 ff. hält ut vivo quoque parente . . . für nicht klassisch. Dass die beiden Stellen jedoch auf einen gemeinsamen Ansatz bei Sabinus zurückgehen, erscheint ob ihrer Parallelität nicht zweifelhaft. 950 Vgl. beispielhaft Wacke, SZ 123 (206), S. 197, 210 ff., wo der Besitzerwerb beiläufig im Zuge der Darstellung von Paul. D. 28, 2, 11 erwähnt wird. Vgl. ferner die in Fn. 941 genannten. 951 Erwähnung gefunden hat quodammodo in dieser Arbeit bereits hinsichtlich der Auswirkungen einer während der ruhenden Erbschaft durchgeführten negotiorum gestio. Hier wurde laut Paul. D. 3, 5, 20, 1 quodammodo die Erbschaft verpflichtet, siehe oben Fn. 198. 952 Dies betont auch Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 249: „. . . Wortwahl quodammodo bzw. quasi . . . : Die sui sind nicht domini, sondern nur quodammodo domini“. Paulus, Postmortale Persönlichkeit, S. 78 f. sieht darin eine Wiedergabe der „Laienvorstellungen“ und „umgangssprachlichen Vorstellung[en]“. Mit existimantur könnten nicht die römischen Juristen gemeint sein. Die Annahme eines Vergleichs durch die Juristen erscheint demgegenüber vorzugswürdig. Ein Bild von der Umgangssprache im antiken Rom lässt sich kaum seriös nachzeichnen. 953 Auf das fuisse hinweisend auch von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 429. 954 Rabel, SZ 50 (1930), S. 295, 327 spricht in diesem Zusammenhang von einer historischen Erklärung für die noch geltende Rechtsstellung der sui heredes. Wacke, SZ 123 (2006), S. 197, 214 meldet nicht unberechtigte Zweifel an, ob das Erklärungsmodell der Mitberechtigung insbesondere für Töchter tatsächlich dem frühen römischen Verständnis entsprochen haben könnte. 955 Anders Voci, Diritto ereditario romano I, S. 36, der zwar bei Paulus eine eher soziologische als rechtliche Umschreibung der klassischen Zustände ausmacht, diese jedoch mit dem rechtlichen Rahmen zur Zeit der Zwölf Tafeln gleichsetzt. 956 So vor allem Voci, Diritto ereditario romano I, S. 216 f. 957 Gaius 2, 86: Adquiritur autem nobis non solum per nosmet ipsos, sed etiam per eos, quos in potestate, manu mancipiove habemus . . . . 958 Vgl. Scherillo, Scritti II.1, S. 167, 179: „. . . in un certo senso anche gli schiavi facevano parte, sia pure in posizione deteriore, del gruppo familiare . . .“. Scherillo be-

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

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zwischen der continuatio dominii in Paul. D. 28, 2, 11 und einer Nachfolge in den Besitz passt für den servus nicht. Der Sklave war niemals Mitberechtigter.959 Daran ändert auch die postulierte „grundsätzliche[n] Gleichartigkeit der Hausgewalt über freie und unfreie Hausgenossen im älteren weltlichen Recht“ nichts, so sie denn jemals bestanden hat.960 Zwar kann der Sklave zum Erben ipso iure werden, allerdings nur auf Grundlage einer testamentarischen Freilassung und nicht wegen einer bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestehenden Mitberechtigung. Eine Gleichschaltung von Erbschaftserwerb und Besitzerwerb wird daher durch D. 28, 2, 11 nicht belegt. b) Parallele zur traditio brevi manu aa) Darstellung des Arguments Den Ansatz einer dogmatischen Begründung für die parallele Anwendung des in Paul. D. 28, 2, 11 angesprochenen Erbschaftserwerbs auf den Besitz präsentieren diejenigen, die mit dem Tod des Erblassers von einem Erstarken der Detention der sui zu possessio ausgehen.961 Dass dieses Konstrukt des Aufrückens vom Detentor zum possessor stimmig sei, wird zudem mit dem Verweis auf die traditio brevi manu962 gestützt.963 Bei dieser Form der traditio bedarf es für die Erlangung des Besitzes keiner tatsächlichen Besitzergreifung. Wenn bereits naturalis possessio gegeben sei, so könne ausnahmsweise solo animo Besitz erworben werden.964 Naturalis possessio ist in diesem Zusammenhang als objektive Voraussettont in der Folge, dass diese Zugehörigkeit zum Hausverband in früher Zeit stärker ausgeprägt gewesen sei als zur Zeit der klassischen Juristen. 959 Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 714. 960 Kaser, SZ 59 (1939), S. 31, 33. 961 Deutlich vor allem Voci, Diritto ereditario romano I, S. 217. 962 Allgemeiner Überblick hierzu bei Gordon, Studies, S. 36–43. 963 Jhering, Besitzwille, S. 69; Wartensleben, Besitzvererbung, S. 18; Bonfante, Corso VI, S. 179. 964 Paul. D. 41, 2, 3, 3: Neratius et Proculus et solo animo non posse nos adquirere possessionem, si non antecedat naturalis possessio . . . . Hier wird letztlich kein Fall der traditio brevi manu behandelt, sondern Paulus thematisiert in der Folge den Besitzerwerb beim Schatzfund. Offenbar wird jedoch der Neraz und Proculus zugeschriebene Grundsatz als bestehender Maßstab zur Lösung des konkreten Rechtsproblems herangezogen. Fälle der traditio brevi manu sind hingegen: Gai. D. 41, 1, 9, 5: Interdum etiam sine traditione nuda voluntas domini sufficit ad rem transferendam, veluti si rem, quam commodavi aut locavi tibi aut apud te deposui, vendidero tibi . . .; Ulp. D. 12, 1, 9, 9: Deposui apud te decem, postea permisi tibi uti: Nerva Proculus etiam antequam moveantur, condicere quasi mutua tibi haec posse aiunt, et est verum, ut et Marcello videtur: animo enim coepit possidere. ergo transit periculum ad eum, qui mutuam rogavit et poterit ei condici. Diese Stelle ist im Darlehensrecht zu verorten. Das mutuum setzt die Übereignung des Gelds voraus, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 39 Rn. 3.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

zung des Besitzerwerbs zu verstehen. Da die sui zu Lebzeiten des Erblassers nicht selbst besitzen können, weil sie in potestate965 sind, kann ihre Sachherrschaft, wie im Rahmen der Darstellung des Besitzbegriffs ausgeführt,966 als Detention oder naturalis possessio bezeichnet werden. Besitzer ist ihr Gewalthaber, der dann per filium besitzt. Mit dem Erbfall erlangt der suus heres die Fähigkeit, selbst Besitzer zu sein, so dass seine Beziehung zur Sache letztlich als possessio angesehen werden kann. Der Erbfall ersetze insofern das Rechtsgeschäft, das der traditio brevi manu zu Grunde liegt, wie zum Beispiel den Darlehensvertrag zwischen Verwahrer und Hinterleger.967 Insofern bestehe auch hier kein Konflikt mit der bereits vorgestellten nemo sibi-Regel,968 da die Besitzerlangung nicht eigenmächtig erfolge. bb) Kritik Der Vergleich zwischen traditio brevi manu und einem Erstarken der Mitberechtigung der sui zu possessio ist auf den ersten Blick plausibel. Bei genauerer Betrachtung werden jedoch Unstimmigkeiten sichtbar. Die traditio brevi manu ist ein Anwendungsfall eines Besitzerwerbs durch Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der possessio; apiscimur possessionem corpore et animo.969 Nach dem unter C.III. dargelegten Begriffsverständnis wäre demnach von einer Besitzfortsetzung und nicht von einem Besitzübergang auszugehen. Eine Besitzfortsetzung liegt vor, wenn automatisch mit dem Erbfall alle Tatbestandsvoraussetzungen der possessio in der Person des Erben erfüllt sind. Dies ist gerade bei vorausgehender Detention denkbar. Ein alle Erbschaftssachen umfassender Besitzübergang, wie ihn die oben dargestellte Ansicht in Anlehnung an den Erbschaftserwerb zu begründen versucht, wird hingegen durch eine Parallele zur traditio brevi manu eher in Frage gestellt. Eine Parallele zur traditio brevi manu besteht nur dann, wenn man die sui hinsichtlich aller Erbschaftssachen auch auf besitzrechtlicher Ebene als mitberechtigt ansieht. Ein solches Verständnis lässt sich jedoch weder Paul. D. 28, 2, 11 noch anderen Quellenzeugnissen entnehmen. Soweit ersichtlich unterscheiden die Befürworter der hier dargestellten Ansicht nicht zwischen Besitzfortsetzung auf Tatbestandsebene und einem davon losgelösten Besitzübergang.

965 Gaius 2, 87: Igitur liberi nostri, quos in potestate habemus . . . adquirunt, id nos adquiritur. Gaius 2, 89: . . . Non solum autem proprietas per eos, quos in potestate habemus, adquiritur nobis, sed etiam possessio; cuius enim rei possessionem adepti fuerint, id nos possidere videmur . . . . 966 Vgl. C.I.2. 967 Vgl. Ulp. D. 12, 1, 9, 9, wiedergegeben in Fn. 964. 968 Siehe im Rahmen der usucapio pro herede, B.IV.2.c)ee)(2). 969 Paul. D. 41, 2, 3, 1.

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

219

3. Gegenargumente Über die bereits vorgetragene Kritik an den konkreten Argumenten hinaus lassen sich auch Gründe benennen, die in Abrundung des bislang entstandenen Bildes einen Besitzübergang auf den suus heres widerlegen. a) Fehlender Textbeleg Bereits in der Einführung zur These eines Aufrückens der mitberechtigten sui in den Besitz wurde angesprochen, dass es keine Quellenbelege für eine spezielle Ausgestaltung des Besitzerwerbs der sui heredes gibt. Kaser räumt dies ein und zieht daraus den Schluss, dass man insofern „für den Besitzerwerb des necessarius heres [. . .] auf Vermutungen angewiesen“ sei.970 Das ist jedoch nicht der Fall, denn es existieren durchaus Quellen-Belege über den Besitzerwerb des Erben, die nicht lediglich für den heres voluntarius eine Aussage treffen. Vor allem Paul. D. 41, 2, 30, 5 ist hier zu nennen.971 Aber auch die Funktionsweise des interdictum quorum bonorum und konkret dessen durch Gaius 3, 34 belegte Anwendung auf den suus heres spricht gegen dessen automatischen Besitzerwerb. Dass sich umgekehrt eine abweichende Regel des Besitzerwerbs für die sui heredes nicht in den Quellen niedergeschlagen hätte, hält auch Schulz für unglaubhaft.972 b) Erfordernis tatsächlicher Sachherrschaft Der in der Sache schlichte Einwand, dass auch der suus heres im Zeitpunkt des Todesfalls meist nicht alle Gegenstände tatsächlich inne hat,973 wird auch von manchen Befürwortern eines Besitzübergangs auf die sui heredes anerkannt. Wenn ein Besitzerwerb in Anlehnung an die traditio brevi manu konstruiert wird, erscheint das Erfordernis der Detention – durch den suus zu Lebzeiten des Erblassers – aber unausweichlich. Andererseits wird der automatische Besitzerwerb von den soeben zitierten Autoren wenig konsequent auf die „im Haus anwesenden sui“ beschränkt.974 Für diese wird offenbar eine hinreichende Mitberechtigung an der Gesamtheit der Erblassersachen unterstellt. Eine konsequente Anwendung der Funktionsweise der traditio brevi manu ist darin, wie gezeigt, nicht zu sehen. Vielmehr dürfte ein Besitzerwerb nur hinsichtlich solcher Sachen ange970

Kaser, SD 26 (1960), S. 390, 399. Vgl. B.VI. 972 Schulz, Classical Roman Law, S. 437. 973 So zum Beispiel von Rabel, SZ 50 (1930), S. 295, 328 Fn. 3; vgl. auch Avenarius, Studii Labruna I, S. 231, 249 Fn. 65: „Die sui heredes leben aber nicht notwendig tatsächlich im Haus. Sie befinden sich lediglich in der rechtlichen Hausgemeinschaft.“ 974 Wartensleben, Besitzvererbung, S. 18; von Lübtow, Studi de Francisci I, S. 407, 467 ff. 971

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

nommen werden, die der konkrete suus zu Lebzeiten des Erblassers tatsächlich innehatte. Doch erstrecken die Anhänger der hier dargestellten Ansicht, soweit ersichtlich, den Besitzerwerb stets auf alle res hereditariae. Lediglich innerhalb der erwerbenden sui heredes differenzieren sie, unterstellen eine Berechtigung des im Haus anwesenden suus auch an Sachen, die seinem Zugriff tatsächlich entzogen sind. Diese Unterscheidung zwischen anwesenden und abwesenden Hauserben wird offenbar nicht auf den servus cum libertate heres institutus übertragen. Auch ein Sklave konnte jedoch zu Zeiten des Prinzipats, wenn er mit einem peculium975 ausgestattet war, selbstständig wirtschaften976 und gehörte dann in der Regel gerade nicht zur tatsächlichen Hausgemeinschaft, auch wenn er eine besondere Vertrauensstellung einnahm. Zwar ist theoretisch denkbar, dass von einem einst regelmäßig eintretenden, sofortigen Besitzerwerb der sui heredes ausgehend eine allgemeine Regel formuliert wurde.977 Die Annahme, dass in Zeiten bäuerlicher Wirtschaft der suus heres zeitnah nach dem Erbfall auch Besitzer der Erbschaftssachen wurde, ist berechtigt. Allerdings lässt sich dies auch mit einer zügigen Ergreifung der Erbschaftssachen oder bereits bestehender tatsächlicher Sachherrschaft durch den ohnehin im gleichen Haushalt lebenden Erben erklären. Für die Begründung des automatischen Erbschaftserwerbs der sui heredes erscheint eine Konstruktion, wie Paulus sie in D. 28, 2, 11 präsentiert, eine hilfreiche Legitimation. Wer Besitzer der Erbschaftssachen ist, lässt sich hingegen anders als die Erbenstellung ohne Weiteres an den tatsächlichen Umständen ablesen. Ein automatischer Besitzerwerb der sui heredes würde sogar in zweierlei Hinsicht eine Abstraktion von den tatsächlichen Gegebenheiten voraussetzen. Zum einen, dass alle Erbschaftssachen in den Besitz des suus heres gelangen, und zum anderen, dass sie stets in den Besitz aller sui heredes gelangen, auch in den eines abwesenden. Für diese Abstraktionsschritte fehlt es jedoch an Anhaltspunkten und, wie für die klassische Zeit gezeigt, auch an einem praktischen Bedürfnis. Gerade dieses fehlende Bedürfnis spricht letztlich gegen die rechtliche Herbeiführung eines sofortigen Besitzerwerbs. Anders als bei Rechtfertigung des Ausschlusses der usucapio pro herede an Einzelsachen gegenüber dem heres necessarius lässt sich ein Besitzübergang auf den suus heres auch nicht unabhängig davon mit einem 975 Beim peculium handelt es sich um ein Sondergut, das Sklaven und Haussöhnen eine gewisse wirtschaftliche Selbstständigkeit verschafft, rechtlich jedoch beim Herrn verbleibt, siehe nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 15 Rn. 7. 976 Vgl. Buckland, Roman Law of Slavery, S. 187 ff.; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 15 Rn. 2 zeichnen die Entwicklung vom bäuerlichen Zeitalter zu den bei Buckland beschriebenen Verhältnissen nach. 977 In diese Richtung geht der Versuch Jherings diesen Einwand zu entkräften, Besitzwille, S. 71 f. Voci, Diritto ereditario romano I, S. 217 meint letztlich wohl dasselbe mit dem Verweis auf eine „concezione . . . giudicata artificiosa“.

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

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angeblichen römischen Traditionalismus erklären.978 Während der Ausschluss der ursprünglichen usucapio pro herede gegen einen heres necessarius rechtlich zwingend erscheint, um diesen nicht neuen Risiken auszusetzen, kann für einen automatischen und alle Erbschaftssachen umfassenden Besitzerwerb der sui heredes kein rechtspraktischer Grund angeführt werden. c) Besitzlage innerhalb der altrömischen Erbengemeinschaft Für die Bewertung der Konstruktion eines automatischen Besitzübergangs auf die sui heredes kann auch die Funktionsweise der ungeteilten Erbengemeinschaft, des consortium ercto non cito, herangezogen werden. Wenn diese tatsächlich einst regelmäßig Konsequenz des Erbschaftserwerbs durch mehrere sui war,979 so hätten sich bei konsequenter Anwendung eines automatischen Besitzerwerbs der sui heredes für die Besitzverhältnisse innerhalb der Erbengemeinschaft Folgefragen ergeben. Der einzelne Miterbe war in der Lage, wirksam über einzelne Erbschaftssachen zu verfügen.980 Gaius 3, 154b981 nennt beispielhaft die Freilassung eines Sklaven durch den Einzelnen und die Manzipation einer res communis. Bedeutet die Verfügungsmöglichkeit des einzelnen suus heres zugleich, dass er auch Alleinbesitzer aller Sachen ist? Sind die Miterben nicht vielmehr Mitbesitzer?982 Ein Besitz des consortium als solchem dürfte wohl ausscheiden. Schon Gaius 3, 154b veranschaulicht, dass die Beurteilung der Besitzlage in der Erbengemeinschaft nicht zu den drängenden Problemen für die römischen Juristen gehört haben dürfte. Für die angesprochenen Geschäfte, wie die manci978 Vgl. zur Begrenzung der usucapio pro herede auf den heres voluntarius die Ausführungen unter B.IV.3.d). 979 Gaius 3, 154a: . . . Olim enim mortuo patre familias, inter suos heredes quaedam erat legitima simul et naturalis societas . . . . Es sind also gerade die sui heredes, die das consortium bilden. Siehe zu diesem Rechtsinstitut Anselmo, AUPA 46 (2000), S. 77, 97 und Calzada, IURA 59 (2011), S. 151, 162. Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 99, nennt das consortium „das regelmäßige Schicksal der Familie nach dem Tod des Hausvaters“. Für die Wahrscheinlichkeit der Intestaterbfolge durch mehrere sui, die ein consortium bilden, sprechen die zunächst hohen praktischen Anforderungen ein Testament zu errichten. Laut Gaius 2, 101 gab es zunächst allein die Testamentsformen des testamentum calatis comitiis und in procinctu: Testamentorum autem genera initio duo fuerunt . . . . Hinzu kommt die rein soziale Gegebenheit, dass selten nur ein einzelner suus vorhanden gewesen sein dürfte. 980 Siehe hierzu Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 142. 981 Gaius 3, 154b: . . . quod vel unus ex sociis communem servum manumittendo liberum faciebat et omnibus libertum adquirebat; item unus rem communem mancipando eius faciebat, qui mancipio accipiebat. 982 Vgl. für das klassische Recht Ulp. D. 43, 17, 1, 7: pro indiviso possidere. Üblicherweise wird diese Form des Mitbesitzes jedoch mit der communio pro indiviso und nicht mit dem consortium in Verbindung gebracht, vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 23 Rn. 21 f.

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

patio und auch die manumissio eines Sklaven, ist der Besitz als solcher kein rechtliches Kriterium. Dies lässt sich allgemein für die altrömischen Formalgeschäfte festhalten.983 Insbesondere wenn man für diese frühe Periode mit der wohl herrschenden Meinung eine Scheidung und Relevanz der Kategorien Eigentum und Besitz im klassischen Sinne ablehnt,984 wird eine dogmatische Durchdringung der oben gestellten besitzrechtlichen Fragen nicht den damaligen Verhältnissen entsprochen haben. Vor diesem Hintergrund erscheint wiederum wenig wahrscheinlich, dass ein von den tatsächlichen Gegebenheiten losgelöster Besitzübergang auf die sui heredes angenommen worden wäre. d) Vergleich mit der emancipatio Die Rechtslage bei den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge nach Gaius 2, 97 f. wurde bereits als möglicher Ausgangspunkt für Rückschlüsse auf den Besitzerwerb des Erben dargestellt, vor allem am Beispiel des Besitzerwerbs des Arrogierenden.985 Er wurde mit allgemeinen personen- und sachenrechtlichen Prinzipien erklärt. Rückt man vor diesem Hintergrund die Auswirkungen der neu erlangten Vermögensfähigkeit in den Mittelpunkt, könnte das dargestellte Modell des Aufrückens mitberechtigter sui in den Besitz Parallelen zur emancipatio986 eines Haussohns aufweisen. In beiden Fällen kann der Haussohn bereits vor Erlangung der Vermögensfähigkeit die tatsächliche Sachherrschaft an einzelnen Sachen für den paterfamilias ausüben. Mit Erlangung der Vermögensfähigkeit stellt sich zugleich die Frage nach einem möglichen Besitzerwerb an den zuvor innegehabten Sachen. Zwar wurde, soweit ersichtlich, eine mögliche Vergleichbarkeit der Emanzipation mit dem automatischen Besitzerwerb der sui heredes in der bisherigen Literatur nicht thematisiert. Wenn die Quellen für den Fall der Emanzipation das automatische Erstarken der Detention zu Besitz belegen würden, erscheint dies jedoch durchaus auf den suus heres übertragbar. Quellenbelege konkret für die Besitzlage im Anschluss an eine emancipatio sind nicht ersichtlich. Allerdings findet sich in Fragment 260 der Fragmenta Vaticana ein Abschnitt aus dem zwölften Buch der Responsen des Papinian zur lex

983 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 7 Rn. 1 ff. zählen hierzu neben den Libralakten, wie der mancipatio, die in iure cessio und die stipulatio. 984 Exemplarisch Kaser, Eigentum und Besitz, § 2 und S. 6 ff.; angedeutet auch bei Choi, Besitzerwerb, S. 12; Pappe, Vererblichkeit, S. 13. 985 Siehe oben D.IV.1. 986 Zum Verfahren der manumissio vindicta und dem Erfordernis dreier Manzipationen für Söhne siehe Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 60 Rn. 37 sowie Leonhard, RE V, 2, Art. Emancipatio, Sp. 2476 ff. Ausführlich beschrieben wird das Verfahren auch in Gaius 1, 132.

VI. Aufrücken der sui heredes in den Besitz

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Cincia987, das sich mit dem Schicksal des peculium im Falle der Emanzipation befasst.988 Demnach kann der emanzipierte Haussohn die Sachen pro donato ersitzen, die der Gewalthaber nicht zuvor zurückfordert.989 Bei Verzicht auf die Rückforderung des peculium konnte der Emanzipierte somit, als Ausgleich für den Verlust seines Erbrechts nach ius civile, finanziell ausgestattet werden.990 In Fragm. vat. 261 wird ausgeführt, dass eine solche Schenkungsvermutung auch für die Freilassung eines Sklaven unter Lebenden gilt, jedoch nicht für die testamentarische Freilassung.991 Hier sei nicht von einer tacita liberalitas auszugehen.992 In Bezug auf den Besitz liegt dann folgende Deutung nahe: Die vorherige Detention des Haussohns am Pekuliargut wandelt sich mit der Emanzipation in ersitzungstauglichen Besitz. Im Fall der testamentarischen Freilassung eines Sklaven hingegen, wo eine Schenkung nicht vermutet wird, verliert der libertus das peculium und erlangt keine iusta causa possidendi. Die Argumentation Papinians bezüglich der causa des Besitzes lässt deshalb den Schluss zu, dass es dann auch nicht an der possessio als solcher fehlt. Ein an die Erlangung der Rechtsfähigkeit gekoppelter Automatismus des Besitzerwerbs im Anschluss an vorherige Detention ist dann zumindest für das als Sondervermögen ausgewiesene peculium wahrscheinlich. Jedenfalls dann liegt Besitz des emanzipierten Haussohns näher als die Annahme einer Besitzmittlung durch den nunmehr gewaltfreien Sohn. Ob dies jedoch für alle beim suus befindlichen Sachen gilt, also auch für solche, die nicht Teil des peculium sind, ist damit noch nicht gesagt.993 Für den Fall des Todes des Erblassers hingegen ist eine Freigebigkeit 987 Zur lex Cincia de donis et muneribus, die Schenkungen reglementiert, siehe nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 48 Rn. 7. 988 Fragm. vat. 260: Papinianus libro XII responsorum: Filius emancipatus, cui pater peculium non ademit, res quidem pro donato . . . usu capit . . . . Hier zitiert nach FIRA 2, S. 519. 989 Zur Schenkungswirkung in diesem Fall siehe auch Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 350; Bonfante, Corso I, S. 63. 990 Zur Ausstattung des Emanzipierten siehe auch Liebs, Römisches Recht, S. 122. 991 Hier ist nicht von einer gleichzeitigen Erbeinsetzung des freigelassenen Sklaven die Rede, sondern von einer bloßen testamentarischen Freilassung. 992 Fragm. vat. 261: Papinianus libro XII responsorum: Peculium vindicta manumisso vel inter amicos si non adimatur, donari videtur. Quae ratio facit, ut ex iusta causa possidens usucapere rem posit. Aliud in his placuit, qui testamento libertatem acceperunt vel testamento parentis potestate solvuntur; quos amittere peculium, si non sit legatum, constitit, neque enim tacita liberalitas defuncti permittentis retinere peculium potuit intellegi. Hier zitiert nach FIRA 2, S. 519. 993 Denkbar erscheint hier zum Beispiel die vorübergehende Nutzung eines Karrens des Gewalthabers durch den Haussohn. Wenn sich der Karren bei der emancipatio noch beim Haussohn befand, dürfte ein Fortdauern des Besitzes des Gewalthabers anzunehmen sein. Hierfür spricht die weitgehende Bereitschaft der römischen Juristen eine Fortdauer des Besitzes auch ohne tatsächliche Sachherrschaft anzunehmen. Neben dem allgemeinen Prinzip des possessionem animo retinere ist insbesondere auch an den Fall in D. 19, 2, 60, 1 (siehe Fn. 599) zu denken, wo gewissermaßen ein automatisches Einrücken in ein Besitzmittlungsverhältnisses unterstellt wird. Da auch im hier gebildeten

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D. Rückschlüsse aus mittelbaren Zeugnissen

gegenüber dem suus nicht erforderlich, da dieser als Erbe die zuvor im peculium befindlichen Sachen erwirbt. Es erscheint insofern plausibel, dass seine Detention über diese Sachen auch bereits mit dem Erbfall als Besitz angesehen werden kann. Das zum Besitz an Pekuliarsachen gezeichnete Bild erscheint hinsichtlich des Besitzerwerbs an solchen Sachen verallgemeinerungsfähig, die der Haussohn bereits zu Lebzeiten des Erblassers innehatte. Mit dem Erbfall scheidet eine Fortdauer des Besitzes des Gewalthabers aus. Die tatsächliche Sachherrschaft durch den Erben erfüllt daher alle Anforderungen an den Erwerb eigenen Besitzes. Gerade wenn man das subjektive Element des Besitzes als Korrektiv für Fälle heranzieht, in denen die Sachherrschaft nur vermeintlich Besitz darstellt,994 wird dies deutlich. Der Erbe, der die tatsächliche Sachherrschaft ausübt, braucht nach diesem Verständnis auch nicht zu wissen, dass sein Gewalthaber verstorben ist, oder einen konkreten Entschluss zu fassen, Eigenbesitzer zu sein. Dass die römischen Juristen einen Besitzerwerb hiervon abhängig gemacht haben sollten, erscheint kaum vorstellbar. Es kommt insofern tatsächlich zu einem automatischen Besitzerwerb, soweit der spätere Erbe die Sachen bereits zu Lebzeiten des Erblassers innehatte. Dieser automatische Besitzerwerb fußt jedoch auf der Anwendung allgemeiner sachenrechtlicher Prinzipien und gerade nicht auf einer erbrechtlichen Nachfolge in den Besitz. Es kommt nicht zu einem umfassenden Besitzübergang vom Erblasser auf den suus heres. 4. Fazit Die prominent vertretene Ansicht, dass jeglicher Besitz des Erblassers automatisch auf den suus heres übergehe, ist letztlich ein theoretisches Konstrukt. Sie taucht von der Glosse bis heute tralatizisch in den Darstellungen auf, ohne dass es hierfür Quellenbelege gäbe oder zumindest schlüssige Systemerwägungen einen solchen Besitzübergang nahelegten. Allein an den Sachen, die der spätere Erbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers innehatte, erwirbt der Erbe auch automatisch den Besitz. Es handelt sich dann nach der hier vertretenen Auffassung um eine Fortsetzung des Besitzes durch den Erben.

Beispiel funktional eine bloße Gebrauchsüberlassung vorliegt, spricht vieles für das Fortbestehen des Besitzes des paterfamilias, solange sich nicht der Sohn als Eigenbesitzer geriert. 994 Siehe zu diesem Verständnis oben C.I.2.b).

E. Ergebnis Die Auseinandersetzung mit der Fragestellung nach einem Besitzübergang auf den Erben im klassischen römischen Recht ergibt ein eindeutiges Bild. Alle Erben müssen nach allgemeinen Maßgaben Besitz an den einzelnen Sachen begründen. Eine Ausnahme für die sui heredes wurde hiervon nicht gemacht. Nicht einnmal für einzelne Rechtsbereiche kommt es zu einem automatischen Besitzübergang.

I. Zusammenfassung Dies ergibt sich zunächst aus der Zusammenschau der im Rahmen der Exegese im Abschnitt B. behandelten Quellen. Gegen die eindeutige Aussage in Iav. D. 41, 2, 23 pr., wonach vom Erben eine tatsächliche Besitzergreifung gefordert wird, ließe sich noch einwenden, dass ein Fall behandelt werde, in dem eine aditio erfolgt. Der Erbe, der erst noch Besitz erlangen muss, sei also ein heres voluntarius. Auch in Ulp. D. 47, 4, 1, 15 wird ein automatischer Besitzerwerb im Anschluss an eine ruhende Erbschaft ausgeschlossen. Es zeigte sich in der Folge jedoch auch, dass aus dem Zusammenhang zwischen der usucapio pro herede und einem Ausschluss des furtum an rei hereditariae kein automatischer Besitzerwerb der heredes necessarii gefolgert werden kann. Der Ausschluss der usucapio pro herede gegenüber dieser Erbenkategorie lässt sich vielmehr mit der ursprünglichen Funktion des Instituts erklären, einen Erben zu schaffen. Die spätere Maßgeblichkeit des Besitzes für die Ersitzung von Einzelsachen folgt dann aus einer Angleichung an die klassische usucapio. Die vermeintliche Ausnahme eines Besitzübergangs übrigens auf jegliche Erben, soweit es um die Fortsetzung einer Ersitzung geht, wurde im Rahmen der Exegese von Paul. D. 4, 6, 30 pr. widerlegt. Bei dieser successio in possessionem handelt es sich um eine ersitzungsrechtliche Besonderheit, die in einem Verzicht auf das Erfordernis des Besitzes begründet liegt und nicht in einem Besitzübergang. Besondere Aussagekraft kam im Abschnitt B. der Exegese von Paul. D. 41, 2, 30, 5 zu. Hier werden successio in possessionem und Besitzerwerb aber gegenübergestellt. Das Erfordernis einer tatsächlichen Besitzbegründung besteht hier anders, als in Iav. D. 41, 2, 23 pr., ohne erkennbare Beschränkung auf einen heres voluntarius. Im Anschluss wurde in Abschnitt C. herausgearbeitet, dass ein automatischer Besitzerwerb des suus heres auf zweierlei Weisen konstruierbar wäre. Zum einen

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E. Ergebnis

durch das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der possessio in der Person des Erben mit dem Erbfall (Besitzfortsetzung), zum anderen durch einen von den sonstigen Voraussetzungen des Besitzerwerbs abstrahierten Besitzübergang. Als Tatbestandsvoraussetzung wurde die Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft erkannt, die nicht aus spezifischen Gründen als bloße Detention einzustufen ist. Solche Gründe sind fehlende Vermögensfähigkeit der Person, die die Sachherrschaft ausübt, und Besitzmittlung durch einen Freien für einen anderen. Zudem wurden die sui heredes als diejenigen Hauskinder definiert, die mit dem Erbfall sui iuris werden und die Erbschaft ipso iure erwerben. Im Abschnitt D. wurde zunächst untersucht, ob die Funktionsweise der Interdikte utrubi und quorum bonorum Aufschluss darüber geben können, ob es zu einem Besitzübergang auf den Erben oder auch nur auf den suus heres kommt. Hier ergab sich ein starkes Argument gegen jeden Besitzübergang, weil das interdictum quorum bonorum nur zur erstmaligen Besitzverschaffung dient und doch auch für den suus heres belegt ist. Der in Ulp. D. 41, 2, 13, 4 erwähnte Ansatz, das interdictum utrubi durch Zurechnung der Besitzzeit des Erblassers zur erstmaligen Besitzverschaffung zu nutzen, bekräftigte das Bild, dass der Erbe nicht automatisch den Besitz des Erblassers erwirbt. Die Funktionsweise anderer Fälle der Gesamtrechtsnachfolge veranschaulichte dann, dass eine mit der rechtlichen Nachfolge einhergehende Änderung der Besitzlage nicht auf einem Besitzübergang, sondern einer Besitzfortsetzung beruhe, weil die Voraussetzungen des Besitzes in der Person des neuen Besitzers vorlagen. Im Anschluss galt es die Frage zu klären, ob ein praktisches Bedürfnis bestand, dem Erben ab dem Erbschaftserwerb den Besitz zuzugestehen. Da hinsichtlich der Ersitzung bereits im Rahmen der Exegese ein verneinendes Ergebnis gefunden wurde, wurde im Abschnitt D. gerade der Bereich des Besitzschutzes dargestellt. Hierbei zeigte sich, dass angesichts besonderer erbrechtlicher Rechtsbehelfe wie dem interdictum quorum bonorum oder der hereditatis petitio kein Bedarf für einen Besitzübergang besteht. Abschließend wurde die bis heute weit verbreitete Ansicht, die einen Besitzübergang auf den suus heres annimmt, erneut einer kritischen Prüfung unterzogen. Es stellte sich heraus, dass die vorgetragenen Argumente lediglich eine punktuelle Besitzfortsetzung tragen, nämlich einen automatischen Besitzerwerb in den Fällen, in denen der suus bereits zu Lebzeiten des Erblassers die tatsächliche Sachherrschaft ausübte.

II. Bewertung Die Frage eines Besitzübergangs auf den Erben ist für eine Vielzahl von Rechtsproblemen relevant. Für alle Bereiche – sei es nun die Ersitzungsfortset-

II. Bewertung

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zung, der Interdiktenschutz oder der Anwendungsbereich der usucapio pro herede – ergibt sich jedoch letztlich das gleiche Bild. Das klassische römische Recht kennt keine § 857 BGB vergleichbare automatische Besitzzuweisung an den Erben. Einer solchen bedurfte es auch nicht. Für alle behandelten Konstellationen ergibt sich eine interessengerechte Lösung im römischen Recht, die dem Umstand Rechnung trägt, dass der Erbe mit dem Erwerb der Erbschaft nicht auch den Besitz an den Erbschaftssachen erwirbt. Zu einem automatischen Besitzerwerb mit dem Erbfall kommt es allein dann, wenn ein necessarius heres, der ipso iure die Erbschaft erwirbt, die fragliche Sache bereits zu Lebzeiten des Erblassers innehatte. Nur in diesem Fall findet eine Besitzfortsetzung hinsichtlich der konkreten Sache durch den Erben statt. Die vorliegende Arbeit kommt also zu dem Schluss, dass das eingangs aufgegriffene Fazit Kasers „Mit dem Tod geht der Besitz vermutlich wohl auf die sui heredes über, aber nicht auf die extranei“ 995 nicht zutrifft. Ein Ergebnis auf die Frage eines Besitzübergangs auf den Erben im klassischen römischen Recht lässt sich stattdessen auch ohne Einschränkungen wie „vermutlich“ festhalten: Im klassischen römischen Recht kam es nicht zu einem Übergang des Besitzes auf den Erben.

995

Kaser, Römisches Privatrecht I, S. 395.

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Quellenverzeichnis I. Juristische Quellen Die hochgestellten Zahlen verweisen auf Fußnoten; Kursivdruck kennzeichnet Hauptfundstellen.

1. leges lex Cincia de donis et muneribus

222 f.

lex Cornelia de confirmandis testamentis 128 f. lex Fufia Caninia

103, 111

lex Iulia de maritandis ordinibus

87357

lex Papia Poppaea

87357

lex Scribonia

77, 77307

lex XII tabularum 5, 4–5 5, 4

2230 165704, 166715, 168724

2. Juristenschriften Fragmenta Vaticana 260 261

222 223

Gai Institutiones 1, 10 1, 12 1, 42 ff. 1, 46 1, 49 1, 52 1, 98 f. 1, 99 1, 110

58210 58210 103419 103, 111 58210 141594 192838 192834 198861

242 1, 111 1, 115a 1, 129 1, 132 1, 134 2, 14 2, 35–37 2, 35 2, 40–41 2, 41 2, 42 2, 43 2, 45 2, 46–48 2, 48 2, 49 2, 51 2, 52–58 2, 52 2, 53 2, 54 2, 55 2, 56 2, 57 2, 58 2, 59–61 2, 61 2, 86 2, 87 2, 89 2, 97 f. 2, 97 2, 98 2, 101 2, 127 2, 128 2, 133 2, 135 2, 152–173 2, 152 2, 153

Quellenverzeichnis 71269 198862 2547, 127544 222986 191833 3692, 76301, 303 177763 98400 113470 109, 112465 83340, 107439, 109449 148628 94391, 211929 89 138579 61222, 65241, 80, 83337 65, 65242 1916, 56 f., 63 ff., 88, 89 ff., 163, 175755 58210, 60 ff., 79, 80 f., 85, 90, 162 72276 64239, 68257, 259, 69264, 72, 76300, 83340, 155656 69, 70265, 73, 77308 66248, 106 66 f., 68260, 69262, 84, 91, 178773 56, 66 ff., 90 ff., 101 57208 50177, 72277 216957 2235, 135568, 218965 141593, 158670, 673, 218965 59217, 195, 222 195 195, 198 221979 168727 168727 171743 165706 21 63232, 164, 166 2234, 63232, 165700 f., 166

I. Juristische Quellen 2, 156 2, 157 2, 158 2, 161 2, 164 2, 166 2, 167 2, 189 2, 200 2, 204 3, 2 3,3 3, 7 3, 9 3, 11 3, 26 3, 32 3, 34 3, 78 3, 80 3, 80 f. 3, 83 f. 3, 87 3, 154a 3, 154b 3, 182 3, 195 3, 199 3, 200 3, 201 3, 202 3, 203 3, 205 3, 206 4, 4 f. 4, 34 4, 36 4, 38 4, 77 4, 140 4, 142

243

165702 f., 171743 62230, 166, 167719, 168730, 169, 214942, 215 166710 165707, 166 66246 49173 66246 87361 39109 83340, 109 165 166708, 198864 171743 2233 2233 166, 184 176761 183 ff., 219 197855 85350, 113 197856 198 62231, 169737 168728, 221979 221 63233 58, 63, 65, 99 63234 63235 1916 f., 43, 46151, 47160, 56 ff., 79, 81, 91, 92 ff., 121515, 163, 175755 63236 3483 3486 3486, 3588 211930 171743, 181789 112464, 113467 198862 f. 38102 179 179

244

Quellenverzeichnis

4, 154 4, 160

177767, 179 177, 177767, 769, 178, 179781, 180, 183, 204889 197858 197859 185804 185805, 186809, 207905 206902 110452, 177770, 186 f., 187815, 208914 136571, 137576, 140, 143600, 145607, 152641, 155653, 158671 206900 206903

Pauli Sententiae 2, 31, 11 4, 14, 3 5, 2, 2

43134, 46, 99 116490 141597

Ulpiani Inst. Fragm. Vindob. 4

203883

Ulpiani Epitome 22, 24

167722

4, 143 4, 144 4, 145 4, 146 4, 148–153 4, 148 4, 150 4, 151 4, 153

3. Corpus Iuris Civilis Codex 7, 29, 2

67

Institutiones 2, 6, 12–13 2, 6, 12 2, 6, 13 3, 17 pr.

115, 148625, 173750 196853 114478 55197

Digesta 1, 3, 16 1, 8, 1, pr 3, 5, 20, 1 4, 3, 31 4, 6 4, 6, 1 pr. 4, 6, 1, 1

118501 44144, 58214, 65245 55198, 216951 139586 105, 111 105427 105, 105430, 106431, 107

I. Juristische Quellen 4, 6, 3 4, 6, 5 pr. 4, 6, 7 4, 6, 15, 3 4, 6, 19 4, 6, 21 pr. 4, 6, 22, 1 4, 6, 23 pr. 4, 6, 23, 1 4, 6, 26, 7 4, 6, 26, 9 4, 6, 28, 6 4, 6, 29 4, 6, 30 pr. 4, 6, 30, 1 4, 6, 31 4, 6, 33 pr. 4, 6, 34 pr. 4, 6, 35, 4 4, 6, 35, 9 5, 3, 9 5, 3, 11, 1–13 pr. 5, 3, 11, 1 5, 3, 12 5, 3, 13, 1 5, 3, 19 pr. 5, 3, 20, 3 5, 3, 25, 20 5, 3, 27 pr. 5, 3, 49 5, 5 6, 2, 1 pr. 6, 2, 1, 1 6, 2, 7, 9 6, 2, 11, 2 8, 1, 14 pr. 9, 2, 13, 2 10, 3, 7, 5 10, 3, 7, 11 12, 1, 9, 9 12, 1, 41 13, 7, 37

105428 105429 108 105430, 107436, 108 127546 105427, 430 105427 105430 110, 127545 111457 105 111458 105427 1918, 101 ff., 163, 175, 212935, 225 106 2961 105 109 109444 109446 99407, 202872 f. 202875 203879 202875 202878 82335 41120, 98 41120 41120 92382 181790 112464 182795 123 131557, 132560 77306 44144 205894 160683 152641, 217964, 218967 157666 157664

245

246 19, 2, 9, 1 19, 2, 19, 8 19, 2, 24, 5 19, 2, 60, 1 21, 3 21, 3, 3 25, 2, 6, 6 28, 2 28, 2, 11 28, 5, 31, 1 28, 5, 32, 1 28, 5, 65 28, 8, 1, 1 29, 1, 39 29, 2, 21 pr. 29, 2, 37 29, 2, 54 36, 4, 5, 20 37, 1, 3, 1 38, 9, 1 38, 9, 1, 12 38, 10, 10, 3 38, 16, 14 40, 7, 1, pr. 41, 1, 3 pr. 41, 1, 9, 5 41, 1, 9, 8 41, 1, 33, 2 41, 1, 34 41, 1, 43, 1 41, 1, 44 41, 1, 48, 1 41, 1, 52 41, 1, 54, 4 41, 1, 61 pr. 41, 1, 61, 1 41, 2, 1 pr. 41, 2, 1, 1 41, 2, 1, 2 41, 2, 1, 3 41, 2, 1, 5 41, 2, 1, 14

Quellenverzeichnis 142599 142599 142599 142599, 223993 113468 113468 46150 215 89374, 169, 212935, 214 ff. 54193 2547 44144 166712 128550 80325 172744 38101 3691 196851 58213 169734 167723 169731 39109 58212 217964 3588 54193 54193 76303 3588 122520 113469 116488 55197, 55201 55200 151635, 155649 2962 2960 151638 141593 109448, 116487, 141595

I. Juristische Quellen 41, 2, 1, 15 41, 2, 1, 20 41, 2, 3, 1 41, 2, 3, 3 41, 2, 3, 4 41, 2, 3, 5 41, 2, 3, 6 41, 2, 3, 8 41, 2, 3, 10 41, 2, 3, 11 41, 2, 3, 12 41, 2, 3, 20 41, 2, 3, 21 41, 2, 3, 22 41, 2, 3, 23 41, 2, 6, 1 41, 2, 7 41, 2, 8 41, 2, 9 41, 2, 10, 1 41, 2, 13 41, 2, 13 pr. 41, 2, 13, 1 41, 2, 13, 4 41, 2, 13, 5 41, 2, 13, 6–11 41, 2, 13, 11 ff. 41, 2, 13, 12 41, 2, 15 41, 2, 18 pr. 41, 2, 19, 1 41, 2, 21 pr. 41, 2, 23 41, 2, 23 pr.–1 41, 2, 23, pr. 41, 2, 23, 1 41, 2, 23, 2 41, 2, 24 41, 2, 25, 1 41, 2, 25, 2 41, 2, 27

247

117494 2960, 141597 52186, 136574, 143601, 152, 157, 218969 152641, 156658, 217964 115482 81330, 191831 155652 136569, 139586, 143601, 146616 116490 144602 136569 88369, 89 161, 161691 160685, 161694 161690 92382, 146615 147622 136575 136570, 155653 155653 187 116490 187815 186, 189, 201871, 207906, 209 ff., 226 104422, 186811, 187816 187815 187815 188818 116490 88368, 155, 158671 2961 2855, 191829, 193 53191 126543 151, 1914f., 20 ff., 50179, 56, 103, 119, 124, 135, 137, 162, 175753, 225 25 ff. 25 ff., 138581, 141593, 595 158669, 161688 136573, 139586 f., 143600 147622 144602, 144606

248 41, 2, 30 pr.–6 41, 2, 30, 3 41, 2, 30, 4 41, 2, 30, 5–41, 2, 32, 1 41, 2, 30, 5 41, 2, 30, 6 41, 2, 31 41, 2, 32 41, 2, 32, 1 41, 2, 32, 2 41, 2, 40, 1 41, 2, 41 41, 2, 44, 1 41, 2, 44, 2 41, 2, 46 41, 2, 49 pr. 41, 2, 51 41, 3 41, 3, 3 41, 3, 4, 4 41, 3, 4, 15 41, 3, 4, 27 41, 3, 10 pr. 41, 3, 15 pr. 41, 3, 16 41, 3, 20 41, 3, 22 41, 3, 24, 1 41, 3, 25 41, 3, 29 41, 3, 31, 5 41, 3, 33, 1 41, 3, 35 41, 3, 36 pr. 41, 3, 36, 1 41, 3, 40 41, 3, 43 pr. 41, 3, 44, 3 41, 4, 2, 19 41, 4, 6 pr. 41, 4, 6, 2

Quellenverzeichnis 137 138583 f. 138, 138583 138578 1915, 19, 50178, 135 ff., 152642, 154, 156, 157667, 163, 175754, 180, 206899, 219, 225 139 139, 139587 137 139 139 123529, 139586 f., 146617, 148 156 118501 136569, 139586, 143601, 144602, 147621 147621 160683 152641 119 124531, 148625, 173748 87 131557, 132, 172744 92382 122520 3692, 55197, 128 117494 2962, 120, 123529, 124, 130555 54196, 125 124533, 132561 103420, 112 79324 48, 108440, 119, 119503, 124532, 126, 129554 85349, 87362, 88364, 367, 114475, 161687 43, 44138, 46152, 82333 85352 85351 108440, 109448, 119 131556, 148625 108440, 118, 121 85351, 122523, 196853 191829 123529

I. Juristische Quellen 41, 4, 7 pr. 41, 5 41, 5, 1 41, 5, 2, 1 41, 5, 3 41, 5, 4 41, 10, 4, 1 43, 1, 2, 3 43, 2, 1 pr. 43, 2, 1, 1 43, 2, 2 43, 3, 1, 2 43, 3, 1, 3 43, 5 43, 5, 3, 2 43, 16 43, 16, 1, 1 43, 16, 1, 9–10 43, 16, 1, 22 43, 16, 1, 23 43, 16, 1, 24 43, 16, 1, 25 43, 16, 1, 27 43, 16, 1, 28 43, 16, 1, 44 43, 16, 3, 17 43, 16, 20 43, 17 43, 17, 1 pr. 43, 17, 1, 1 43, 17, 3, 8 43, 20, 1, 3 43, 24 43, 24, 1, 1 43, 24, 1, 4 43, 24, 13, 5 43, 24, 16 pr. 43, 26, 4, 1 43, 26, 8, 1 43, 26, 12, 1 43, 26, 16 43, 26, 17

110, 124534, 129553, 139586, 140590 63237, 86 ff. 82334, 86, 87362 3065, 87362, 89371, 161 85351, 86 86 f. 85351 177768, 179778, 206900 178, 204888 178, 179775, 203883 181790 181791, 182792, 204893 181791, 210, 212933 204887 155650 207907 209921 206899 155649, 206898 206897 144606 144, 144603, 155656 147623 147623, 148626 206901, 209920 209922 206898 209919 206902 221979 197857 145610 207907 207910 207909 3691, 44143, 95393, 207 f. 208911 190826 210928 210928 190, 192, 198 191827

249

250 43, 31, 1 pr.–1 44, 3, 11 44, 3, 15, 5 44, 3, 15, 6 44, 3, 16 45, 1, 38, 7 45, 1, 38, 9 45, 3, 16 45, 3, 28, 4 45, 3, 36 46, 1, 22 46, 3, 79 46, 4, 18, 1 47, 2, 1, 3 47, 2, 10 47, 2, 14, 14 47, 2, 17 pr. 47, 2, 17, 3 47, 2, 44, 2 47, 2, 48, 5 47, 2, 69–71 47, 2, 69 47, 2, 70 47, 2, 71 47, 2, 72, 1 47, 2, 75 47, 4 47, 4, 1 47, 4, 1 pr. 47, 4, 1, 1 47, 4, 1, 2 47, 4, 1, 3 47, 4, 1, 4 47, 4, 1, 5 47, 4, 1, 6 47, 4, 1, 7 47, 4, 1, 8 47, 4, 1, 9 47, 4, 1, 10 47, 4, 1, 11 47, 4, 1, 12 47, 4, 1, 13/14

Quellenverzeichnis 185803 123525, 131557, 132, 172744, 194 188 186811 188818 3065, 155654 155651 55199 55199, 173752 58212 3692 2962 155653 42, 58211 3483 46155 3899 117 38102 131557 43, 60219 3588, 46, 82333, 95395 3689, 44, 51 44138, 82333 3483 3484 37 ff. 37 3898, 41122 38101 f., 51 39103 3794, 39, 39104, 106 3794, 39106 40110 40113 40114 3797 40116 36, 41118 f., 51 f. 41121 41123 41124, 52

I. Juristische Quellen

251

1914 f., 17, 33 ff., 56, 59, 60220, 81, 87361, 96, 118500, 137, 151, 162, 175753, 208912, 225 52 41 37, 39107 37, 39106 47157 43134, 46 ff., 60220, 99 45148, 59215 137545 128550 128552 127545 171742 72277 3063, 72277, 155656 171742 2123 136575

47, 4, 1, 15 47, 4, 1, 16 47, 4, 1, 16–19 47, 4, 2 47, 4, 3 47, 19, 1 47, 19, 2, 1 47, 19, 6 49, 15, 12, 2 49, 15, 18 49, 15, 22, 1 49, 15, 29 50, 16, 24 50, 16, 78 50, 16, 115 50, 17, 62 50, 17, 202 50, 17, 153

4. Byzantinische Quellen Basiliken 50, 2, 22

2753

5. Juristenschriften des Mittelalters Accursius, Glossa ordinaria Gl. quodammodo zu D. 28, 2, 11

212935

6. Geltendes Recht BGB § 158 I § 857 § 929 S. 1 § 1922

121514 16, 170, 227 121514 195

Codice civile italiano Art. 1146

167

Schweizerisches Zivilgesetzbuch Art. 560

167

252

Quellenverzeichnis

II. Nichtjuristische Quellen Cicero De legibus 2, 19, 48–20, 49 2, 19, 48 2, 20, 49

74287 75291, 293 75292, 295, 297

Pro Caecina 19, 54

83339

Topica 4, 23 6, 29

76302, 83339 59217

Festus (ed. Lindsay) De verborum significatu s.v. possessio s.v. possessiones

72277 72277

Seneca De beneficiis 6, 5, 3

78314

Sachverzeichnis Die hochgestellten Zahlen verweisen auf Fußnoten; Kursivdruck kennzeichnet Hauptfundstellen. accessio temporis/possessionis 114479, 115, 115184, 120509, 173, 177, 185 ff., 208, 210 f. actio 38 – ad exhibendum 160, 203 – communi dividundo 160683 – directa 38102 – furti 34 f., 3689, 38102, 40 ff., 57, 60, 63 f., 89, 93, 96, 98404, 99, 117, 162 f. – furti noxalis 117 – honoraria siehe actio praetoria – in factum 200868 – praetoria (gem. D. 47, 4, 1) 38102, 39 ff. – Publiciana 111 ff., 112464, 123, 126, 132560, 182, 200869 – rerum amotarum 46150 – rescissoria 111 – Rutiliana 197860 – Serviana 197860 – utilis 38, 197856 aditio 20 ff., 25 ff, 37 ff., 40 ff., 45 ff., 60 f., 65 f., 69 f., 72, 78 f., 88 ff., 94, 98 ff., 102, 107 f., 118 f., 121 f., 121515, 123529, 126, 129, 137, 149, 163, 166, 169, 205, 225 Adoption, adoptare 165, 190 ff., 195848, 198 adrogatio siehe Arrogation Agnaten, agnatisch 22, 165, 183 – adgnatus proximus 69264 agnitio 176 Aktivlegitimation 34 f., 40117, 41, 43, 44138, 56, 95395, 117, 123528, 153643, 181, 181791, 183, 184800, 205, 207 f., 208911, 210, 210926

animus 36, 52 f., 88, 136, 137576, 140589, 143, 144606, 145, 152, 154645, 157, 213, 217 – animus possidendi 152 – animus revertendi 136575, 145, 147 Antritt der Erbschaft siehe aditio Arrogation 138, 165, 190 ff., 195, 198 f., 222 Anwartschaft(srecht) 120 ff., 121515, 126, 131, 133, 169732 Augusteische Ehegesetze 87 Außenerben 98, 167718, 173 beneficium abstinendi 166 Besitz – Besitzaufgabe 139587, 145613 – Besitzausübung 26, 2649, 2857, 47, 116, 135, 136570, 140, 140590, 143, 152, 156, 161, 180, 204, 206, 207906 – Besitzbeendigung 123529, 172 – Besitzbegriff 53191, 151, 158 f., 170, 173, 218 – Besitzbegründung 19, 2857, 29, 132, 136572, 140, 143, 172, 193, 201, 225 – Besitzdauer 110 – Besitzentziehung 81332 – Besitzerfordernis 104, 115, 117 ff., 148, 187815, 201 – Besitzerlangung 152, 27, 52, 152, 180, 183, 185, 208, 218 – Besitzergreifung 25, 46 f., 49, 52, 61, 66, 70, 78317, 79, 96 f., 100, 114, 122, 126, 130, 149, 162, 175, 180, 184, 187, 206 f., 217, 225

254

Sachverzeichnis

– Besitzerhaltung 3066, 116, 118, 127, 136, 139, 139586, 143, 144606, 146, 146618, 150, 152, 178, 199 – Besitzerwerb 153, 19, 25 f., 2751, 28 f., 2857, 48, 48171, 52, 60 f., 68, 78, 99, 116486, 126543, 128, 136 f., 137576, 139, 141 ff., 149 f., 152 ff., 157663, 158, 160685, 169 ff., 175, 177 f., 181, 184 f., 189, 190823, 192 f., 195, 198 f., 201, 214940, 215 ff., 222 ff. – Besitzfortsetzung 174, 194, 218, 226 f. – Besitzhalter 136570 – Besitzinterdikte 179, 182, 203 ff., 208 – Besitzkategorie 158669, 159, 161 ff. – Besitzkonstitut 88 – Besitzkontinuität 105, 173 – Besitzkonzept 81330 – Besitzlage 50175, 60, 195, 197857, 221 f., 226 – Besitzlehre 53, 136 – Besitzmittler/-mittlung 2857, 87362, 88, 123529, 129 f., 136, 138 ff., 142, 146, 147621, 158, 192 ff., 192836, 194, 198, 206898, 213, 223, 226 – Besitznachfolge 17, 19, 81, 174, 183, 189, 194, 199 – Besitzobjekt 23, 29, 51, 72277, 155656, 157668 – Besitzrecht 179, 20, 26, 151, 180, 197, 213, 218, 222 – Besitzrestitution 208 – Besitzschutz 156, 176, 179, 182, 190 f., 200, 203 ff., 207 f., 210 f., 226 – Besitztitel 115482, 162 – Besitzübergang 15 ff., 19 f., 26 f., 3064, 32, 42, 56, 60, 63, 69, 86, 92 f., 94388, 101, 103 f., 112, 118, 120, 122, 124, 148 f., 153, 158 f., 162 ff., 174 ff., 179780, 180 f., 185, 189 f., 194, 196, 201, 205, 209, 212 ff., 218 ff., 224 ff. – Besitzumwandlung 89 – Besitzvererbung 16, 112, 129, 170 – Besitzverhältnisse 84346, 180787, 221

– Besitzverletzung 34, 42 ff., 54, 60, 66, 81332, 89, 93 f., 97 f., 101, 153643, 163 – Besitzverlust 126543, 128, 138 f., 149, 205894 – Besitzverschaffung 178 ff., 189, 196, 209 f., 226 – Besitzwille 157 – Besitzzeit 110, 114 f., 148, 178, 186, 188, 201, 211, 226 – Besitzzuweisung 227 – Besitz pro emptore 137, 202, 202876, 211 – Besitz pro herede 162, 178, 194, 201 f., 202874, 204 f., 210 f. – Besitz pro possessore 178, 201 f., 202874, 878, 204 f., 209 f. – Mitbesitz(er) 213, 213936, 215, 221 – Pfandbesitz 35, 43130 – virtueller Besitz 2751, 48 Billigkeit 104, 107 f., 208 bona fides 69262, 71, 80, 83 f.,83338, 90, 109, 112, 114, 120, 122, 130 ff., 161 f. – bonae fidei possessor 65, 113, 113471, 117, 160 – bona fides superveniens non prodest 131 bonitarisches Eigentum 41119, 113, 113469 ff., 197856 bonorum emptio/emptor 77, 113 f., 113471, 114477, 195 ff., 199, 200869 bonorum possessio/possessor 2232, 77, 85, 85350, 113 f., 113471, 166, 169734, 171743, 176 f., 178773, 180784, 181 ff., 185, 189, 195 f., 199, 200869, 203 ff., 210, 212 bonorum venditio siehe bonorum emptio captivus 2650, 128 cautio damni infecti 138 coercitio 38 ff. cognitio extra ordinem 48 colonus siehe Kolone commodatum 3486, 3588, 42127, 180 condictio ex causa furtiva 211930

Sachverzeichnis consortium ercto non cito 73281, 168, 221 conventio in manum 165, 195, 198 cretio 49, 54, 66246, 69264, 173751 crimen expilatae hereditatis 153, 46 ff., 60220, 86354, 99405 deiectio 136575, 205 f., 206898, 209, 209922 Delation 32 Detentor/Detention 34, 88, 136570, 143, 152, 154, 155648, 156, 159, 194, 213, 213936, 214940, 217 ff., 222 ff., 226 Dittographie 67, 101 donatio mortis causa 75 Edikt 2019, 21, 34, 37 f., 101, 105 ff., 111, 136575, 144605, 159, 160680, 178, 187, 202875, 205894, 896 Eigenerben 167720 emancipatio 165, 198862, 222 f. Emendation 72276 f., 134564 emptio bonorum siehe bonorum emptio emptio venditio 82, 202876 Enterbung 168, 215, 215948 epistulae 20 f., 23 f., 26, 29, 125 Erbe siehe heres Erbeinsetzung 22, 87, 215, 223990 Erbengemeinschaft 71 ff., 76, 168, 221 Erbenkategorie 21 f., 58209, 61, 62231 f., 67, 94388, 98 f., 130, 149, 164 ff., 176, 189, 200, 225 Erbpächter 156, 191 Erbschaftsbesitzer 202874 Erbschaftserwerb 16, 18, 21, 29, 38101, 56, 60 ff., 78 f., 81, 90 ff., 97, 101, 118, 120, 123525, 126, 130, 142, 150, 167, 169, 172 f., 184, 195, 200 f., 205, 206899, 208912, 213, 215, 217 f., 220 f., 226 Erbschaftssachen siehe res hereditaria Erbschaftssklave siehe servus hereditarius

255

Ergreifung von Sachen 20, 23, 26, 29 f., 32 f., 50, 59 ff., 63, 70266, 71 f., 71272, 92, 94 ff., 137, 140, 149 f., 163698, 164, 177, 210927, 213, 220 Ersitzung 16, 19, 48170 f., 59, 60221, 61, 63 ff., 66 ff., 102 ff., 138 ff., 148 f., 152 f., 159, 163, 163699, 173, 175, 178773, 200 f., 211, 223, 225 f. – Ersitzungsbeginn 118 – Ersitzungsbesitz 35, 43130, 102416, 120, 121515, 126, 137 – Ersitzungsfrist 64, 68, 71, 72276, 80, 85350, 93, 106, 102416, 106, 107439, 109449, 128, 161, 200869 – Ersitzungsfortsetzung 2547, 2650, 48, 104, 107, 107437, 112 ff., 135, 137 ff., 142 f., 147 f., 150, 163 f., 171, 173 ff., 185, 187 ff., 196, 201, 225 ff. – Ersitzungshindernis 124533, 131557, 132 – Ersitzungsobjekt 74, 76, 81 f., 89374, 94, 131 f. – Ersitzungsrecht 26, 63, 84346, 115, 123, 125 f., 134, 148, 150, 160685, 171, 175, 225 – Ersitzungstitel 131557, 148, 161 – Ersitzungsverbot 76304, 83 – Ersitzungsvollendung 107, 109 ff., 116, 118 f., 126, 133, 137577, 148 f. – Ersitzungsvoraussetzung 103 f., 114476, 120 ff., 123525, 124535, 126, 130 ff., 140590, 149 – Ersitzungszeit 84, 102, 107 f., 114, 120, 121515, 123529, 125, 129 f., 140, 182 Erwerb per universitatem 195, 198 f. exceptio – rei venditae et traditae 107438, 113 – vitiosae possessionis 160684 Faktizität 30, 3168, 53, 126543, 143601 Faktum/factum 24, 31, 151 f. familiae emptor 69264 favor libertatis 40 fictio legis Corneliae 128, 200869

256

Sachverzeichnis

Fiktion/fiktiv/ficticius 26, 38101, 68249, 69261, 111 f., 112466, 117495, 120, 120509, 121515, 129, 153, 163699, 181 f., 197860, 200 Freilassung 40, 138, 221 ff. – fideikommissarische 40 – testamentarische 37, 39109, 40, 87361, 103419, 111, 167, 216 f., 223 Fremdbesitzer 3485, 136570, 190 Früchte 41, 54 f., 111458 Furtivität, furtiv 61, 64 f., 69263, 80 ff., 132560, 211 furtum 34, 3588, 42, 46, 51, 57 f., 57208, 63, 65, 81 f., 92 f., 97, 99 f. – hinsichtlich res hereditariae 19, 3588, 46, 49, 54, 56 f., 59, 60 ff., 89, 92 ff., 153644, 163, 175, 225 – possessionis 35, 43 f., 43132, 56 Gentilen 22 genus possessionis 161 f. Gesamtklage 181, 203 Gesamt(rechts)nachfolge 18, 49, 138585, 175, 190, 193 ff., 198, 222, 226 Gewahrsam 145 Gewalthaber 116488, 141596, 158, 165, 165703, 169, 192836, 193, 213 f., 218, 223 f., 223993 gewaltunterworfen 127545, 548, 136, 136570, 138, 140 f., 143, 158, 191 ff., 194843, 198 f., 213 Glossatoren 153, 2439, 119507 Glosse, Glossierung 51, 53 f., 53189, 143601 Grundstück 65, 70266, 72 f., 72276, 81330, 83340, 92382 f., 110, 138, 144606, 145, 146615, 153643, 157, 180783, 205 ff., 205894 Hauserbe 121515, 167 f., 180,180784, 200, 213, 215948, 220 Hausgenossen(schaft) 169, 214942, 217 Hausgewalt siehe patria potestas Haussohn/Hauskinder 26, 74285, 127, 135, 141, 158, 165, 165706, 168727,

192 ff., 192836, 214940, 942, 216, 220975, 222 ff., 226 hereditas iacens 36, 45 f., 50, 52, 54, 55198, 56, 59, 89374, 90, 95392, 97, 99, 107, 115, 117493, 118 f., 121, 123 f., 124530, 127 ff., 140590, 163, 169, 173, 200 f., 207, 210, 216951, 225 heredium 70266 heres – domesticus 167 – extraneus 15, 21 f., 32, 69264, 121515, 165 ff., 212934, 227 – necessarius 21 f., 26, 45, 46154, 47159, 48 f., 56 f., 60 ff., 81, 89374, 90 f., 93 f., 97 ff., 126, 129 f., 149, 165 ff., 173, 175, 177, 180785, 183, 214, 215948, 219 ff., 225, 227 – necessarius tantum 62, 63232, 100, 166 f., 170, 176, 214940, 216 – suus (et necessarius) 15 f., 18, 29, 32 f., 56, 62, 67 f., 85350, 89374, 91 f., 94388, 100 f., 149, 153, 164 ff., 175 ff., 180 ff., 196850, 212 ff., 225 ff. – voluntarius 21 f., 48 f., 56, 66, 99 ff., 126, 137, 149, 167, 173, 175, 180, 184, 200, 219, 221978, 225 hereditatis petitio 66, 68, 69261, 82335, 84, 88366, 90, 98, 99407, 162, 176760, 178773, 182, 199867, 201 ff., 212, 226 – possessoria 181 herrenlose Sachen 44 f., 58 f., 92 hostis 128 Identität 172 ff. in bonis (esse/habere) 41, 51, 113469 f. in integrum restitutio 69261, 105 f., 108 f., 111 f., 119, 133 in iure cessio 222983 – hereditatis 62231, 98, 169 Innehabung von Sachen 3485, 50 f., 88, 152641, 153 ff.,159, 187, 194 f., 202877, 219 f., 222, 224 interdictum – adipiscendae possessionis 176 ff., 196 f., 203883, 204

Sachverzeichnis – apiscendae possessionis 178, 178774, 203883 – de clandestina possessione 205894 – de precario 191, 194, 210 – de tabulis exhibendis 155650, 204887 – de vi armata 205, 205896 – de vi non armata siehe interdictum unde vi – duplex 206 – ne quid in loco sacro fiat 179 – possessorium 197 – quam hereditatem 203, 205 – quem fundum 203 – quod legatorum 181 ff., 204, 210, 212933 – quod vi aut clam 44143, 207 – quorum bonorum 2232, 77310, 114476, 162, 175, 176 ff., 185, 189, 196 f., 201, 202875, 203 ff., 209 ff., 219, 226 – reciperandae possessionis 179, 206 – retinendae possessionis 176, 179, 180783 f., 185 f., 197 – sectorium 197859 – unde vi 136575, 144604 f., 147, 153643, 160684, 205, 207907, 209, 209921, 923, 211 – uti possidetis 144604, 160684, 180, 191827, 205 ff., 208911, 209 f. – utile 200, 209, 212 – utrubi 110, 115, 173, 175, 177, 184, 185 ff., 201, 203, 205, 207 ff., 226 Interdiktenschutz 81330, 117496, 147, 153, 191, 193, 200 f., 205, 227 Interpolation 2440, 2547, 30, 3066, 31 ff., 42128, 43, 47 ff., 47159, 53187 f., 56, 58212, 87362, 103, 105, 110, 110454, 127547, 134, 143601, 155649, 655, 204892, 207908, 210926, 212933 f. Intestaterben/-erbfolge 22, 32, 73283, 165 f., 168, 221979 ius 24, 31, 109, 151638, 202873 – civile 22, 38, 103, 111, 166, 176, 184, 198862, 211 f., 223 – commune 80328

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– honorarium/praetorium 197, 211 f. – postliminii 25, 2650, 27 ff., 33, 107435, 126 ff., 200869 – singulare 118501, 122 – successionis 188 f. iusta causa 71, 80, 109, 120, 122, 131, 158 f., 163698, 223 klassische/römische Juristen 17 f., 20 f., 23, 2547, 28 ff., 36, 3689 ff., 38101, 42129, 44144, 45, 50 f., 53, 55197, 77 f., 85351, 94, 100409, 110, 115 f., 120, 129 f., 133, 139, 139587, 141595, 143, 145 ff., 154645, 158 ff., 170 ff., 173752, 185 f., 189, 191, 199 ff., 211 f., 216952, 216958, 221, 223993, 224 Kolone 88, 135 f., 139, 140591, 141 ff., 143600, 146, 146618, 148, 156, 180, 206 Kommentatoren 212935 Kompilatoren/kompilatorisch 32 f., 36 f., 42128, 44, 47, 51, 53, 110, 181791 Kontinuität 61, 134, 142, 172 f., 194 Legat/Legatar 40, 75, 181 f., 204 f., 210 – Damnationslegat 40, 109 – Vindikationslegat 39 f. legis actio sacramento 202874 locatio conductio 142599, 202877 longi temporis praescriptio 110 magister bonorum 197 mala fides superveniens non nocet 122, 130, 148625 mancipatio 107438, 198862, 221 f., 222983, 986 mancipatio familiae 69264, 75 manumissio siehe Freilassung manus 69264, 71, 76303, 198 – Ehe 138, 165, 195 Mausefalle 71, 73 Methode 17, 199 miles 102, 104, 107 ff., 111, 133 missio in bona 197857 missio in possessionem 138

258

Sachverzeichnis

Mitberechtigung 153644, 169, 169734, 214942, 215943, 216 ff., 222 Miteigentümer 81330, 214 f. Miterbe 3797, 79324, 221 Nachfolge 16, 24, 61, 104, 112, 115, 122, 123525, 127, 130 ff., 134 f., 142, 149, 169733, 170 ff., 177, 183, 187, 189 f., 210, 215, 217, 224, 226 nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest 86 ff., 142, 161, 218 Nießbrauch 43 f., 55, 60219, 209 Notwendige Erben siehe heres necessarius Noxalhaftung 38102, 40, 117 occupatio 58 f., 92, 95, 95397, 97 partus 41, 132560 Passivlegitimation 99407, 117, 162, 191, 202, 202878, 204 paterfamilias 18, 165, 165703, 166, 169, 198, 213 f., 217, 222, 223993 peculium 118, 135568, 141596, 192, 220, 223 f. Pfand(gläubiger)/Verpfänder 41, 44, 117 f., 156, 159, 191 Platzhalter (dogmatisch) 54, 59, 121, 127 f., 173 Platzhalter (Handschrift) 67, 91 Pontifices/pontifikal 73, 75, 95 f., 95397 – Pontifikaldekret 74 ff., 78313 possessio 20, 23 f., 2544, 30 f., 33, 35 f., 43130, 48171, 50, 52, 66, 70 ff., 74, 80, 80329, 84, 88, 88366, 102 ff., 109 ff., 117 ff., 124, 129 ff., 137, 138578, 139586, 140, 143, 144606, 147 ff., 151 ff., 170, 173 f., 177, 179, 191 ff., 199 ff., 213 f., 217 f., 223, 226 – ad interdicta 159, 159678, 161693, 162, 187817 – ad usucapionem 30, 113471, 117, 120, 149, 164 – bonae fidei siehe bonae fidei possessor – civilis 30, 120, 159 f., 162 ff., 162697, 163699

– corporalis 156 – iusta 160 – naturalis 24, 30, 3064, 156, 159 f., 162, 213936, 217 f. – possessionem animo retinere 53191, 116, 136 ff., 140588, 143 ff., 152642, 157667, 172, 223993 – precario 190, 192 – pro emptore siehe Besitz pro emptore Postliminium siehe ius postliminii potestas 2235, 2544, 26, 2857, 38, 71, 71268, 74285, 76303, 140 f., 141595, 167, 218 – patria potestas 165 ff., 168, 170, 192, 198, 217 praedo 203 precarium, Prekarist 81330, 156, 160684, 190 ff., 194, 210 pro herede gestio/gerere 66246, 70266, 80, 173751 procurator 2857, 141597, 158672 prohibitorische Wirkung 179, 185, 201, 206 f. pronuntiatio 106 pupillus 40 f., 139 quiritisches/ziviles Eigentum 41119, 109, 112, 112466, 113, 121, 121514, 126, 129, 159, 197856 Rechtsbehelf 114 f., 123528, 159, 182, 184, 200, 202, 203885, 205, 208, 226 Rechtsschutzlücke 47159, 201, 210 f. rekuperatorische Wirkung 178, 180, 186, 206 rei hereditariae furtum non fit 38102, 42126, 43 ff., 49, 51, 56, 78, 89374, 94 ff. rei vindicatio 41, 82, 83341, 106433, 107438, 111 ff., 176760, 182, 186, 202 f., 211 res – communis 221 – derelicta 58212

Sachverzeichnis – incorporalis 3692, 76 f. – hereditaria 17, 38 ff., 42 ff., 48, 57 ff., 58212, 64 ff., 68 f., 71 f., 78 ff., 84 ff., 88 ff., 89374, 94 ff., 126, 129, 170 f., 177, 180 ff., 184, 189, 200, 202, 204 f., 208, 218, 220 f., 227 – mancipi 83 f., 107438, 109, 112, 148 – nullius (in bonis) 44 f., 58, 65, 95 Restitutionsrisiko 130, 133 f. restitutorische Wirkung 136575, 178 ff., 197, 203, 207 f. ruhende Erbschaft siehe hereditas iacens Sachherrschaft 48, 50, 80, 117 f., 125, 130, 136570, 575, 139, 140590, 141 ff., 148, 156 f., 161, 164, 171 f., 174, 191 ff., 200, 213 f., 218 ff., 222, 223993, 224, 226 sacra 59218, 69, 71, 73 ff., 77, 78313 saltus 144 f., 147 Schulden 167, 59218, 69264, 71, 73, 74285, 77, 98400, 166, 172745, 197856, 198862 Schutzbedürfnis 18, 105, 107, 200 f., 205, 211 sectio bonorum 197859 senatus consultum 47157, 68260, 84, 86 – Iuventianum 68260 Sequester 156, 191 Servituten 76, 209917, 211 servus 22, 26, 3065, 3484, 37 ff., 52, 58212, 82333, 87, 103419, 110, 114, 116 ff., 125, 127 f., 130, 131557, 132, 135 f., 138, 140590, 141, 157 f., 166 f., 193, 211, 216 f., 220 ff. – cum libertate heres institutus 22, 62, 87361, 165 ff., 170, 214, 220 – fugitivus 109448, 116 f., 116488, 141595, 144606, 199 – hereditarius 38102, 55, 58212, 118, 143, 173752, 206 Sklave siehe servus species possessionis 161 f. statuliber 39, 39109 Stipulation 3065, 38101, 55, 55197, 58212, 155651, 653, 173752, 222983

259

successio – in ius (defuncti) 120, 122, 126, 171 ff., 194 – in possessionem siehe Ersitzungsfortsetzung – in vitia defuncti 82336, 132 sui iuris 38102, 138, 165, 168, 170, 191 f., 195, 195848, 198, 226 suus 40115, 153644, 167 f., 169732, 185, 192834, 213 ff., 226 suus heres siehe heres suus (et necessarius) tempus ad deliberandum 166 Terminologie, terminologisch 21, 2547, 30, 51, 68257, 109, 124, 129, 136570, 137, 148627, 149, 152, 154 f. 160, 164, 170, 171741, 190, 194 testamentarisch eingesetzte Erben 21 f., 27, 29, 32, 3378, 37, 39, 39109, 55, 69264, 87361, 164 f., 168, 187, 215 testamenti factio 86 f. titulus 80, 80328, 84, 114 traditio 83, 107438, 109, 112 ff., 148, 152641, 159, 162, 163698, 217 – brevi manu 88, 152641, 217 ff. – ex iusta causa 112 Traditionalismus 100, 221 tutor 41, 139 Übergang 31, 42, 49, 114, 123, 132, 170 ff., 175, 194 unde liberi 166, 182 Universalsukzession siehe Gesamt(rechts)nachfolge usucapio 65, 71, 80, 80329, 82333, 83340, 343, 84, 95, 97, 102 ff., 138578, 140 ff., 159, 162 f., 173, 175, 178773, 187813, 225 – hereditatis siehe usucapio pro herede – improba 178773 – lucrativa 64, 66, 69262, 84 ff., 90, 106 – pro donato 223

260

Sachverzeichnis

– pro emptore 82336, 83, 113, 115, 122, 125, 135, 137 – pro herede 19, 45, 45149, 47159, 49, 56 ff., 60 ff., 114, 126, 129, 131557, 132, 142, 153644, 155656, 162 ff., 175, 178773, 194, 197860, 202874, 220 f., 225, 227 – pro suo 85351 usureceptio 57208 usus 69264, 70 ff., 76, 80, 95 f., 198861

usus auctoritas 83 f. usus fructus siehe Nießbrauch utilitas 116, 116490, 118501, 140588, 146 uxor in manu 165 f., 168725, 198 Vindikation siehe rei vindicatio werdendes Eigentum 120 f., 123, 131 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand siehe in integrum restitutio