Zukünftiger Finanzbedarf für die Verkehrswege in Städten und Gemeinden unter besonderer Berücksichtigung von Ersatzinvestitionen [1 ed.] 9783428465682, 9783428065684


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Zukünftiger Finanzbedarf für die Verkehrswege in Städten und Gemeinden unter besonderer Berücksichtigung von Ersatzinvestitionen [1 ed.]
 9783428465682, 9783428065684

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DEUTSCHES

INSTITUT

FÜR WI R Τ S C H A FT S F Ο R S C H U Ν G

BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG

HEFT 109 · 1988

Heinz Enderlein, Hartmut Kuhfeld und Uwe Kunert

Zukünftiger Finanzbedarf für die Verkehrswege in Städten und Gemeinden unter besonderer Berücksichtigung von Ersatzinvestitionen

S Ä ι h-,moti' γ*

" siSK

DUNCKER & HUMBLOT · BERLIN

Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-1000 Berlin 33 Telefon (0 30) 82 99 10 — Telefax (0 30) 82 99 12 00 BTX-Systemnummer * 2 99 11 # Schriftleitung: Dr. Horst Seidler Verlag Duncker & Humblot GmbH, Dietrich-Schäfer-Weg 9, D-1000 Berlin 41. Alle Rechte vorbehalten. Druck: 1988 bei ZIPPEL-Druck, Oranienburger Str. 170, D-1000 Berlin 26. Printed in Germany. ISBN 3-428-06568-9

Inhaltsverzeichnis

Seite

1

Aufgabenstellung und Abgrenzung der Untersuchung

13

1.1

Aufgabenstellung

13

1.2

Sachliche, räumliche und zeitliche Abgrenzungen

15

1.2.1

Abgrenzung der Verkehrswege

15

1.2.2

Abgrenzung der drei Komponenten des Finanzbedarfs

16

1.2.2.1

Allgemeine Definition

16

1.2.2.2

Maßnahmenbezogene Abgrenzung

19

1.2.3

Räumliche und zeitliche Abgrenzungen

24

1.2.4

Zur Preisbasis

24

2

Grundlagen und Methode der Vorausschätzungen

26

2.1

Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern als Basis zeitlicher Verteilungsrechnungen für den Anlagenersatz

27

2.1.1

Vorbemerkung

27

2.1.2

Betriebswirtschaftliche

Konzepte

für

die

Berechnung

kalkulatorischer

Abschreibungen

28

2.1.2.1

Abschreibungsverfahren

28

2.1.2.2

Ziele und Wirkungen von Abschreibungsrechnungen

29 3

Seite

2.1.3

Kalkulatorische Abschreibungen in der Volkswirtschaftlichen

Gesamtrech-

nung

33

2.1.3.1

Aufgaben und Methode volkswirtschaftlicher Abschreibungen

33

2.1.3.2

Spezielle methodische Ansätze und Probleme

35

2.1.4

Die Abschreibungsrechnung für die Verkehrsinfrastruktur

38

2.2

Konzeption der Berechnung von Anlagevermögen und Abschreibungen für die Verkehrswege

2.2.1

41

Datenbasis - Ermittlung von Investitionszeitreihen für die Verkehrsbereiche, Struktur und Nutzungsdauer der Investitionen

41

2.2.2

Das Konzept zur Schätzung des Ersatzbedarfs

42

2.3

Die Eignung von Abschreibungs- und Abgangsrechnungen für Investitionsentscheidungen

49

3

Die Entwicklung des Finanzbedarfs

52

3.1

Kommunale Schienenverkehrswege

52

3.1.1

Ergebnisse der Unternehmensbefragung zur Entwicklung und Struktur der

3.1.2

3.1.3 4

Aufwendungen für die Erhaltung und laufende Unterhaltung

54

Exkurs: S-Bahn in Berlin (West)

66

Ergebnisse der DIW-Modellrechnung und die qualifizierte Substanzwertsicherung

67

Zukünftiger Finanzbedarf

72

Seite

3.1.3.1

Ersatzinvestitionsbedarf

72

3.1.3.2

Aufwendungen für die laufende Unterhaltung

77

3.1.3.3

Entwicklung des Finanzbedarfs insgesamt

78

3.2

Kommunale Straßen

80

3.2.1

Datenbasis zur Ermittlung des Finanzbedarfs

80

3.2.2

DIW-Modellrechnung

86

3.2.2.1

Investitionszeitreihen

86

3.2.2.2

Durchschnittliche und maximale Nutzungsdauern

88

3.2.3

Ergebnisse der DIW-Modellrechnung und die Bestimmung der qualifizierten Substanzwertsicherung

89

3.2.4

Zukünftiger Finanzbedarf

91

3.2.4.1

Ersatzinvestitionsbedarf

91

3.2.4.2

Aufwendungen für die laufende Unterhaltung

94

3.2.4.3

Entwicklung des Finanzbedarfs insgesamt

98

5

Seite

4

Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für investitionspolitische Entscheidungen im Kommunalen Verkehrswegebereich

99

Fußnoten

103

Tabellenteil

111

Anhang - Das Modell der Anlagevermögensrechnung

153

6

Verzeichnis der Übersichten

Übersicht

1

Abgrenzung von Unterhaltungs-, Ersatz- und Erweiterungsmaßnahmen bei den Kommunalen Schienenverkehrswegen

2

20-21

Abgrenzung von Unterhaltungs-, Ersatz- und Erweiterungsmaßnahmen bei den Kommunalen Straßen

3

Seite

22-23

Verschleißkurven und Verbrauchskurve für Anlagen mit abnehmendem Nutzungspotential

30

4

Abgangsfunktionen nach dem Modell der Gammaverteilung

37

5

Zusammenhang von Abgang und Abschreibung (Einzelfall)

43

6

Zusammenhang von Abgang und Abschreibung (Investitionsaggregat)

45

7

Abgänge und Abschreibungen bei unvollständiger Information

47

8

Berechnung von Abgängen und Abschreibungen im gleichen Zeitintervall

47

9

Entwicklung der Streckenlänge - Kommunale Schienenverkehrswege

53

10

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der Kommunalen Schienenverkehrswege - Befragungsergebnisse -1000 D M / k m

11

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der Straßenbahnunternehmen - Befragungsergebnisse -1000 D M / k m (Grafik)

12

57

58

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der U-Bahnunternehmen - Befragungsergebnisse -1000 D M / k m (Grafik)

59

7

Übersicht

13

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der U-Bahn- und Straßenbahnunternehmen - Befragungsergebnisse -1000 D M / k m (Grafik)

14

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der Kommunalen Schienenverkehrswege - Hochgerechnete Befragungsergebnisse für die Unternehmen insgesamt

15

Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung - Hochgerechnete Befragungsergebnisse für die U-Bahn-/Stadtbahn- und Straßenbahn - Unternehmen insgesamt (Grafik)

16

Vergleich der Investitionstätigkeit im Bereich der Kommunen (Grafik)

17

Ersatzbedarf für die Kommunalen Schienenverkehrswege - Ist-Aufwendungen der Unternehmen und Ergebnisse der Modellrechnung (Grafik)

18

Ergebnisse der DIW-Anlagevermögensrechnung - Kommunale Schienenverkehrswege

19

Nutzungsdauer der Brutto-Anlageinvestitionen - Kommunale Schienenverkehrswege

20

Investitionsstruktur - Kommunale Schienenverkehrswege

21

Entwicklung des Ersatzinvestitionsbedarfs der Kommunalen SchienenVerkehrswege für eine qualifizierte Substanzwertsicherung

22

Berechnung der voraussichtlichen Entwicklung der jährlichen Aufwendungen für die laufende Unterhaltung der Kommunalen Schienenverkehrswege

Übersicht

23

Seite

Entwicklung des Finanzbedarfs für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der Kommunalen Schienenverkehrswege

79

24

Entwicklung der Straßenlänge - Kommunale Straßen

81

25

Entwicklung der durchschnittlichen Fahrbahnbreite und der Fahrbahnfläche - Kommunale Straßen

26

82

Aufwendungen der Gemeinden für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung der Straßen in der Baulast der Gemeinden - nach

Gemeindegrößenklassen

85

27

Investitionsstruktur - Kommunale Straßen

87

28

Nutzungsdauer der Brutto-Anlageinvestitionen - Kommunale Straßen

90

29

Entwicklung des Ersatzinvestilionsbedarfs der Kommunalen Straßen für eine qualifizierte Substanzwertsicherung

92

30

Aufwendungen für die laufende Unterhaltung der Kommunalen Straßen

95

31

Berechnung der voraussichtlichen Entwicklung der jährlichen Aufwendungen für die laufende Unterhaltung der Kommunalen Straßen

32

Entwicklung des Finanzbedarfs für die Erhallung und die laufende Unterhaltung der Kommunalen Straßen

33

97

Anteil des Ersatzinvestitionsbedarfs an den Brutto-Anlageinvestitionen - Kommunale Schienenverkehrswege (Grafik)

34

96

101

Anteil des Ersatzinvestitionsbedarfs an den Brutto-Anlageinvestitionen - Kommunale Straßen (Grafik)

102

9

Verzeichnis der Tabellen im Tabellenteil

Tabelle

Seite

Entwicklung der Brutto-Anlageinvestitionen 1980 - 2020

1

Kommunale Schienenverkehrswege

113

2

Kommunale Straßen

114

Entwicklung des Brutto-Anlagevermögens 1980 - 2020

3

Kommunale Schienenverkehrswege

115

4

Kommunale Straßen

116

Entwicklung des Netto-Anlagevermögens 1980 - 2020

5

Kommunale Schienenverkehrswege

117

6

Kommunale Straßen

118

Entwicklung des Ersatzinvestitionsbedarfs nach der Abgangsrechnung 1980 - 2020 7

Kommunale Schienenverkehrswege

119

8

Kommunale Straßen

120

Entwicklung des Ersatzinvestitionsbedarfs nach der Abschreibungsrechnung 1980 - 2020

9 10

10

Kommunale Schienenverkehrswege

121

Kommunale Straßen

122

Tabelle

Seite

Altersstruktur des Anlagevermögens vom 31.12.1985 sowie der Abgänge und Abschreibungen im Jahr 1985

11

Kommunale Schienenverkehrswege - Erdbau

123

12

- Gleise

124

13

- Kunstbauten

125

14

- Ausrüstungen

126

15

- Alle Investitionsaggregate

127

- Erdbau

128

17

- Fahrbahn

129

18

- Kunstbauten

130

19

- Ausrüstungen

131

20

- Alle Investitionsaggregate

132

16

Kommunale Straßen

Altersstruktur des Anlagevermögens vom 31.12.2000 sowie der Abgänge und Abschreibungen im Jahr 2000

21

Kommunale Schienenverkehrswege - Erdbau

133

22

- Gleise

134

23

- Kunstbauten

135

24

- Ausrüstungen

136

25

- Alle Investitionsaggregate

137

- Erdbau

138

27

- Fahrbahn

139

28

- Kunstbauten

140

29

- Ausrüstungen

141

30

- Alle Investitionsaggregate

142

26

Kommunale Straßen

11

Seite

Tabelle

Altersstruktur des Anlagevermögens vom 31.12.2020 sowie der Abgänge und Abschreibungen im Jahr 2020

31

Kommunale Schienenverkehrswege - Erdbau

143

32

- Gleise

144

33

- Kunstbauten

145

34

- Ausrüstungen

146

35

- Alle Investitionsaggregate

147

- Erdbau

148

37

- Fahrbahn

149

38

- Kunstbauten

150

39

- Ausrüstungen

151

40

- Alle Investitionsaggregate

152

36

12

Kommunale Straßen

1

Aufgabenstellung und Abgrenzung der Untersuchung

1.1

Aufgabenstellung

Ein leistungsfähiges Netz von Verkehrswegen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der Kommunen in einer arbeitsteiligen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Die Funktionsfähigkeit

eines solchen Wegenetzes kann nur gewahrt werden, wenn der

durch die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erreichte Anlagenwert und Qualitätsstandard durch fortlaufende Aufwendungen für die Erhaltung und die laufende Unterhaltung gesichert wird. Das Brutto-Anlagevermögen der kommunalen Verkehrswege belief sich 1986 auf rd. 320 Mrd. D M (zu Preisen von 1985). Das ist annähernd die Hälfte des Vermögenswertes des gesamten Verkehrswegenetzes in der Bundesrepublik Deutschland. Allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich der Bruttowert der kommunalen Verkehrswege nahezu verdreifacht.

Da mit wachsenden Anlagewerten zwangsläufig die zur

Substanzerhaltung

erforderlichen Ausgaben steigen, stellt sich in zunehmendem Maße das Problem der künftigen Aufteilung der für Investitionen in kommunale Verkehrswege zur Verfügung stehenden Mittel auf Nettoinvestitionen und Ersatzinvestitionen. Eine optimale Ressourcenallokation erfordert somit eine langfristige Vorausschätzung des zu erwartenden Ersatzinvestitionsbedarfs.

Für die Berechnung des zukünftigen Ersatzinvestitionsbedarfs wurde vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ( D I W ) ein makroökonomischer Modellansatz entwickelt, der mit Hilfe einer Abschreibungs- bzw. Abgangsrechnung unter Zugrundelegung des Anlagevermögens und der durchschnittlichen Lebensdauer der Anlagen Leitlinien für den zukünftigen Ersatzbedarf bestimmt. Dabei soll jener Aufwand ermittelt werden, der erforderlich ist, um Kapazität und Qualität der vorhandenen Verkehrswege in vollem Umfang zu erhalten. Vorbereitend galt es vor allem, folgende Zusammenhänge zu klären:

Abhängigkeit der Lebensdauer der Anlagen von laufenden Unterhaltungsmaßnahmen und periodisch wiederkehrenden Instandsetzungsarbeiten sowie von der Verkehrsbelastung;

Überschneidung von Ersatzinvestitionen und Erweiterungsinvestitionen unter Berücksichtigung der

qualitätsverbessernden

Teile von Ersatzinvestitionen

entsprechend

dem

jeweils modernsten Stand der Schienenverkehrs- und Straßenbautechnik;

13

Eignung des ökonomischen Abschreibungskonzeptes in Modellrechnungen zur Bestimmung des Ersatzbedarfs.

Grundlage der Vorausschätzung ist die im D I W aufgebaute Investitions- und Vermögensrechnung für den Verkehrssektor. Diese erscheint geeignet, zu diesem Fragenkomplex umfassende und hinreichend genaue Informationen zu liefern. Hierfür kann zudem auf methodische Ansätze

und

empirische

Forschungsaufträgen

Ermittlungen

zurückgegriffen

von früher

abgeschlossenen,

ähnlich

gelagerten

werden*. Die vorliegende Studie baut insbesondere

auf der 1985 veröffentlichten "Vorausschätzung des Ersatzinvestitionsbedarfs für die Bundesverkehrswege" auf.

Rechnet man den Aufwendungen für Ersatzinvestitionen noch diejenigen für die laufende Unterhaltung zu, so entsteht im Ergebnis der gesamte Finanzbedarf für die Erhaltung und Unterhaltung der Verkehrswege.

Ziel dieser Untersuchung ist die Vorausschätzung dieses gesamten Finanzbedarfs für die kommunalen Verkehrswege, unterteilt nach

Kommunalen Schienenverkehrswegen (U-Bahn, Stadtbahn, Straßenbahn und seit 1984 S-Bahn in Berlin (West)),

Kommunalen Straßen

(Straßen in der Baulast der Gemeinden, Stadt- und Landkreise, Stadtstaaten),

bis zum Jahr 2020.

14

1.2

Sachliche, räumliche und zeitliche Abgrenzungen

1.2.1

Abgrenzung der Verkehrswege

Gegenstand der Analyse sind die Kommunalen Schienenverkehrswege, d. h. die U-Bahnen, Hochbahnen (einschließlich Schwebebahn in Wuppertal), Stadtbahnen und Straßenbahnen sowie die seit 1984 von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) betriebenen S-Bahnstrecken in Berlin (West) und die sich in der Baulast von Gemeinden, Stadt- und Landkreisen sowie Stadtstaaten befindlichen Straßen, im wesentlichen also innerörtliche und außerörtliche Gemeindestraßen und Kreisstraßen. Z u einem geringen Anteil enthalten sind auch Bundesund Landesstraßen, soweit diese als Ortsdurchfahrten in der Baulast der Gemeinden liegen. Von ihrer Verkehrsfunktion her betrachtet dienen die Kommunalen Schienenverkehrswege ausschließlich dem Personennahverkehr im engeren Einzugsbereich der Städte und Gemeinden. Die Kommunalen Straßen erfüllen dagegen darüber hinaus auch Funktionen für den Wirtschafts- und Güterverkehr der Kommunen und stehen zum Teil gleichzeitig für den Fernverkehr zur Verfügung.

A n dieser Stelle soll auf die statistischen Probleme, die sich bei einer Erfassung der Verkehrswegeinvestitionen

- als Grundlage

für

die erforderliche

Anlagevermögensrech-

nung - ergeben, nicht näher eingegangen werden^. Erforderlich bleibt eine knappe definitorische Abgrenzung des Begriffs "Verkehrsweg" - also dessen, was dem Vermögen dieses Aggregates zugeordnet werden soll.

Die gemeinsame Grundformel für beide Wegebereiche lautet: Der für einen Verkehrsweg ermittelte Anlagevermögenswert umfaßt die gesamte bauliche Substanz des Weges selbst sowie alle ihm unmittelbar zuzuordnenden Nebenanlagen.

Für die Schienenverkehrswege bedeutet dies, daß neben den Wegeanlagen auch die Bahnsteige/Bahnhöfe, Stellwerke, Abstellgleise, Signal- und Fernsprechanlagen sowie die Anlagen für den Bahnstrom einzubeziehen sind. Verwaltungsgebäude sowie Anlagen zur Fahrzeuginstandhaltung werden dagegen nicht in die Berechnung einbezogen.

Bei den Straßen sind neben den Fahrbahnen (einschließlich Böschung) auch die Gehwege und Abstellflächen sowie die Einrichtungen zur Verkehrssicherung, Verkehrslenkung und die Bauhöfe der Gemeinden zu berücksichtigen. Nicht einbezogen werden die Anlagen der Straßenbeleuchtung.

15

Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß bei der wertmäßigen Erfassung von Verkehrswegen Zuordnungsprobleme

entstehen, die allein mit dem formulierten

Prinzip

für die Abgrenzung des Wegebereichs nicht lösbar sind. Dies betrifft sowohl Fragen der Datenverfügbarkeit als auch der diesen Daten zugrundeliegenden funktionalen Abgrenzungen. Beides führt

dazu, daß in den vorliegenden Datenreihen zum Teil relativ grobe

Zuordnungen unvermeidbar waren.

1.2.2

Abgrenzung der drei Komponenten des Finanzbedarfs

Grundlegend für die Ermittlung des Finanzbedarfs für die kommunalen Verkehrswege ist eine exakte, gleichzeitig aber auch möglichst praktikable Abgrenzung der Begriffe "Unterhaltung", "Ersatzinvestition" und "Netto- bzw. Erweiterungsinvestition". Es erschien sinnvoll, die für die Bundesverkehrswege vom D I W und der Bund/Länder-Arbeitsgruppe "Ermittlung des Erhaltungsbedarfs für Bundesfernstraßen" verwendeten Abgrenzungen analog auf die kommunalen Wegebereiche zu übertragen. Diese Definitionen genügen nicht nur theoretischwissenschaftlichen Kriterien, sondern ermöglichen es gleichzeitig, eine an den Erfordernissen der Praxis orientierte, verkehrszweigübergreifende Sprachregelung fortzuführen.

1.2.2.1

Allgemeine Definition

Unterhaltungsaufwendungen sind

Ausgaben für laufende Maßnahmen kleineren Umfanges, d. h. ohne eine nennenswerte Wiederanhebung des Gebrauchswertes - also ohne feststellbaren Ersatz verbrauchter Anlagenteile. Sie umfassen also den Betrieb und die Wartung der Verkehrswegeanlagen und deren bauliche Unterhaltung.

Ersatzinvestitionen sind

größere Instandsetzungen (in kürzeren Zeitabständen wiederkehrende Maßnahmen mit deutlicher Wiederanhebung des Gebrauchswertes), also Teilersatz verbrauchter Wegeanlagen, und

16

Erneuerungen (in längeren Zeitabständen wiederkehrende Maßnahmen mit Wiederherstellung des vollen Gebrauchswertes),

also völliger

Ersatz verbrauchter

Wegeanlagen

bzw. einzelner Teile daraus.

Wie der in Übersicht 1 dargestellten Abgrenzung der Begriffe zu entnehmen ist, stellt die "Erhaltung" den Oberbegriff für die Instandsetzungs- und Erneuerungsmaßnahmen dar. Die in der Erhaltung zusammengefaßten Maßnahmen und die laufende Unterhaltung sind in ihrem Umfang und der zeitlichen Abfolge nicht unabhängig voneinander. So verzögert die sorgfältige und rechtzeitige Ausführung laufender Unterhaltungsmaßnahmen den Zeitpunkt größerer Instandsetzungen. Eine optimierte Folge von Instandsetzungen wiederum schiebt den Erneuerungszeitpunkt hinaus. Umgekehrt gilt, daß die Vernachlässigung von Erneuerungen oder Instandsetzungen zu erhöhten Aufwendungen für die laufende Unterhaltung führt. Es ist

daher

erforderlich,

bei der

Ersatzinvestitionsberechnung

all

diese Maßnahmen

zu

berücksichtigen.

Die Ersatzinvestitionen im Wegebereich sind substanzerhaltende Maßnahmen, die "das zweck- und funktionsbestimmte Wesen einer Anlage in seinem zukünftigen Bestand zu sichern" helfend Folgt man dieser Auffassung, so sind Ersatzinvestitionen nicht allein auf die Aufrechterhaltung

der Kapazität eines Anlagenbestandes in seiner

"ursprünglichen"

Form ausgerichtet. Es ergäbe - bezogen auf die Produktionsprozesse in einer sich ständig fortentwickelnden Industriegesellschaft

- keinen Sinn, die Aufgabe des Ersatzbedarfs

an

der Vorstellung zu orientieren, die vorhandenen Anlagen mit den gleichen technischen Mitteln, wie sie zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme dieser Anlagen angewendet wurden, immer wieder zu erneuern. Einmal erwiese sich eine solche Vorstellung rasch als praxisfern und nicht erfüllbar, zum anderen erfüllte eine so wieder instandgesetzte Anlage häufig nicht die Anforderungen, die durch den jeweils erreichten Stand des Produktionsprozesses für alle Produktionsmittel gleichermaßen vorgegeben sind.

Das langfristige Ziel von Ersatzinvestitionsmaßnahmen ist also nicht die reine Kapazitätserhaltung, sondern vielmehr die qualifizierte Substanzwertsicherung in dem Sinne, daß die vorhandenen Anlagen im Gebrauchswert erhalten werden. Diese schließt eine Verbesserung bzw. Umgestaltung unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit sowie die laufende Anpassung an veränderte Verkehrsbedürfnisse

- nicht Verkehrsmenge - bzw. an neue Bautechniken

ein (vgl. hierzu etwa § 3 des Fernstraßengesetzes); allerdings ist hierbei nur derjenige Teil der Verbesserungsmaßnahmen angesprochen, der an sich noch keine Kapazitätssteigerung

17

bewirkt. Ein großer Teil der Anpassungsmaßnahmen ist auf eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit gerichtet und deshalb den Netto-Investitionen zuzurechnen.

Die Höhe der zukünftigen Ersatzinvestitionen ist generell von den bis zur Gegenwart geleisteten Brutto-Anlageinvestitionen abhängig: Die in der Vergangenheit über die Ersatzinvestitionen hinaus getätigten Nettoinvestitionen (Investitionen zur Erhöhung der Qualität und/oder der Erweiterung der Produktionsmittel) führen - soll der durch die Nettoinvestitionen jeweils erhöhte Gesamtwert der Sachanlagen im Zeitablauf erhalten werden künftig zu entsprechend höheren Ersatzinvestitionen.

Dabei werden Ersatzinvestitionen stets nach dem herrschenden Stand der Technik durchgeführt, enthalten insoweit eine Qualitätskomponente. "Nicht nur, daß die Technik von heute angewendet, Bauelemente modernster Fertigung eingebaut werden, die Gestaltung nach heute gültigen Vorschriften erfolgt: Das neue Bauwerk muß in Wesen und Funktion mit den Erwartungen und Vorstellungen übereinstimmen, die man heute mit ihm verbindet, kurz, es muß für die Produktion von heute geeignet sein"^. Wenn diese mit der Ersatzinvestition verbundene Qualitätskomponente unabweisbar ist, es sich ζ. B. um den Einbau einer Frostschutzschicht

bei dem Ersatz der Fahrbahndecke einer vorher

nicht

frostsicheren

Straße handelt bzw. beim Ersatz von Stellwerksanlagen statt der bisherigen elektromechanischen eine elektronische Steuerung eingebaut wird, dann sind diese Maßnahmen bzw. Mehrkosten der Erneuerung zuzurechnen. Dagegen stellt ζ. B. der Anbau einer Fahrspur oder eines zusätzlichen Gleises eine Kapazitätserweiterung dar, die zu den Nettoinvestitionen gehört.

Nettoinvestitionen sind bauliche Maßnahmen, die

eine Erhöhung der Qualität des Verkehrsweges zur Folge haben, die (aus der Sicht der Nutzer) verkehrsmäßig zu einem veränderten Verkehrsweg führt und/oder zu einer erweiterten Kapazität der Verkehrswege führen.

Die Brutto-Anlageinvestitionen ergeben sich als Summe der Ersatz- und der Nettoinvestitionen. Nach dem Konzept der DIW-Anlagevermögensrechnung werden die Kosten für den Grunderwerb nicht einbezogen. Grund und Boden kann nicht "verbraucht" werden und deshalb auch keine Ersatzmaßnahmen erforderlich werden lassen^.

18

1.2.2.2

Maßnahmenbezogene Abgrenzung

Die Abgrenzung der Ersatzinvestitionen zu den laufenden Unterhaltungsmaßnahmen einerseits, den Nettoinvestitionen andererseits läßt es als zweckmäßig erscheinen, im dritten Schritt für jeden Wegebereich eine detailliertere, letztlich nur beispielhaft darstellbare Zuordnung verschiedener Einzelmaßnahmen zu diesen drei Maßnahmebereichen vorzunehmen. Dabei sind Maßnahmen, die hier getrennt Ersatz- oder Nettoinvestitionen zugeordnet werden, tatsächlich sehr häufig Bestandteile eines einheitlich durchgeführten Bauprozesses.

I m folgenden wird für die Kommunalen Schienenverkehrswege und die Kommunalen Straßen auf ein Schema verwiesen, welches beispielhaft Einzelmaßnahmen den Maßnahme-Kategorien zuordnet (vgl. Übersichten 1 und 2).

19

Übersicht Abgrenzung von Unterhaltungs-, Ersatz- und Erweitungsmaßnahmen bei den Kommunalen Schienenverkehrswegen

Maßnahmen der laufenden Unterhaltung

Betrieb und Wartung:

-

Betrieb und Wartung der Weichen- und Wegekreuzungsanlagen, Winterdienst, Streckendienst; Betrieb, Wartung und laufende Kontrolle von Licht- und Bahnstromanlagen sowie Signalanlagen.

Bauliche Unterhaltung:

-

Kleinere Ausbesserungen an Bauwerken; planmäßige Unterhaltung von technischen Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zur Instandhaltung der Verkehrswege (regelmäßiger Austausch von Verschleißteilen mit

kurzfristiger

Nutzungsdauer).

Ersatzinvestitionen

Größere Instandsetzung:

-

Größere Instandsetzungen an Brücken, Tunneln, Stellwerken, Bahnsteigen/Bahnhöfen usw., die nur in größeren Zeitabständen durchgeführt werden und deren Nutzungsdauer sich über mehrere Jahre erstreckt; periodisch wiederkehrende Überarbeitung des Gleiskörpers; Teilersatz von technischen Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zur Instandhaltung der Verkehrswege.

Erneuerung:

-

Ersatz von Brücken, Tunneln, Stellwerken, Bahnsteigen/Bahnhöfen (bzw. einzelner Teile dieser Anlagen) sowie Ersatz von Gleisen, technischen Anlagen, Fahrzeugen und Geräten zur Instandhaltung der Verkehrswege, der in der Regel eine Wiederherstellung des vollen Gebrauchswertes der Einrichtung bedeutet.

20

noch Übersicht 1

Rationalisierungsmaßnahmen wie Verbesserungen im Signal- und Zugförderungsbereich sowie Geräte- und Werkstattbereich, Modernisierung von Stellwerken und Zugabfertigungsanlagen; Verbesserung der Streckenführung und der Bahnstromanlagen zur Erhöhung der Zuggeschwindigkeit.

Streckenneubau; Verlegung zusätzlicher Gleise an vorhandenen Fahrzeugabstellanlagen; Erweiterung und Neubau von Stellwerken.

21

Übersicht Abgrenzung von Unterhaltungs-, Ersatz- und Erweiterungsmaßnahmen bei den Kommunalen Straßen

Maßnahmen der laufenden Unterhaltung

Betrieb und Wartung:

-

Winterdienst, Rasenmähen, Freihalten der Sicht auf Verkehrszeichen; Kontrolle und Säuberung der Entwässerungsanlagen; Brückenlager und Ampelanlagen warten; Betrieb und Wartung der Fahrzeuge, Geräte und Anlagen von Straßenmeistereien und Bauhöfen.

Bauliche Unterhaltung:

-

Schlaglöcher beseitigen, Fugen vergießen; Brückengeländer,

Schallschutzbauwerke

und

Leitplanken

reparieren; Kleinere

Ausbesserungen

an

Entwässerungsbauwerken,

Stützmauern und Gebäuden.

Ersatzinvestitionen

Größere Instandsetzung:

-

Aufbringen bzw. Ersatz einer Fahrbahnschicht; Größere Instandsetzung an Brückenbauwerken, Stützmauern und sonstigen Bauwerken sowie an Fahrzeugen und Geräten der Straßenmeistereien und Bauhöfe; Teilersatz von Anlagen für die Verkehrslenkung und die Verkehrssicherheit.

Erneuerung:

-

Hoch- und Tiefeinbau mehrerer Fahrbahnschichten; Ersatz von Brücken (bzw. deren einzelner Bauteile), Stützmauern, Entwässerungsbauwerken und Gebäuden, der in der Regel zu einer Wiederherstellung des vollen Gebrauchswertes der Einrichtung führt; Ersatz von technischen Anlagen (Verkehrszeichen, Ampeln), Fahrzeugen und Geräten der Straßenmeistereien und Bauhöfe.

22

noch Übersicht

Verbesserung der Streckenführung u. a. zur Beseitigung von Unfallschwerpunkten und zur Verkehrsberuhigung; Anbau von Radwegen; Vorzeitiger Ersatz durch Brücken mit einer höheren Tragfähigkeit im Zuge steigender Belastungsanforderungen; Modernisierung der Anlagen für die Verkehrslenkung und die Verkehrssicherheit.

Verbreiterung der Fahrbahnen vorhandener Strecken; Neubau von Kommunalen Straßen; Erweiterung und Neubau von Straßenmeistereien und Bauhöfen.

23

1.2.3

Räumliche und zeitliche Abgrenzungen

Untersuchungsgebiet ist die Bundesrepublik Deutschland. In die Analysen und Vorausschätzungen zum Finanzbedarf werden Verkehrswegeanlagen auf diesem Gebiet einbezogen, die nach der Definition im Abschnitt 1 Verkehrsaufgaben in den Kommunen sowie in ihrem engeren Einzugsbereich erfüllen und sich unmittelbar in kommunaler Baulast befinden.

Die Erfassung der Brutto-Anlageinvestitionen für die Kommunalen Schienenverkehrswege Kommunalen Straßen reichte bis zum Jahre 1986. Für den Zeitraum 1987 bis 2020 wurde ein Entwicklungspfad des künftigen Investitionsvolumens festgelegt, der in den entsprechenden Gliederungsabschnitten näher erläutert wird.

1.2.4

Zur Preisbasis

Als einheitliche Preisbasis für die Brutto-Anlageinvestitionen und für die Aufwendungen zur laufenden Unterhaltung sowie für die Projektionsergebnisse wird das Jahr 1985 (Jahresdurchschnitt) festgesetzt.

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind damit nicht unmittelbar vergleichbar mit einer Berechnung des Ersatzinvestitionsbedarfs Preisbasis Jahresanfang

1983. Die

für

für die Bundesverkehrswege auf der

einen Vergleich beider

Untersuchungsergebnisse

anzuwendenden Umrechnungsfaktoren belaufen sich

bei einer Umstellung von der Preisbasis Jahresdurchschnitt 1985 auf die Preisbasis Jahresanfang 1983 für die Kommunalen Schienenverkehrswege auf 0,94 für die Kommunalen Straßen auf 0,98

24

bei einer Umstellung von der Preisbasis Jahresanfang 1983 auf die Preisbasis Jahresdurchschnitt 1985 für die Deutsche Bundesbahn auf 1,06 für die Bundesfernstraßen und Wasserstraßen auf 1,02 .

25

2

Grundlagen und Methode der Vorausschätzungen

U m den künftigen Finanzbedarf der Kommunen für die Erhaltung ihrer Verkehrswege zu bestimmen, wird das Modell der Anlagevermögensrechnung als wesentliches Instrument eingesetzt. Das Modell mit den benutzten Funktionen ist im Anhang ausführlich dargestellt. Im folgenden werden die Zusammenhänge zwischen Problemstellung, Realität und der Abbildung im Modell erläutert.

Das Modell der Anlagevermögensrechnung ist zunächst nicht zur Berechnung des Ersatzbedarfs entwickelt worden, sondern zur Messung des Werteverlustes von Wirtschaftsgütern, ausgedrückt in Abschreibungsbeträgen. Wertverlust und Ersatzbedarf sind nicht unmittelbar gleichzusetzen. U m die Überschneidungen und Unterschiede der Begriffe zu verdeutlichen, werden

in

den nächsten beiden Abschnitten

das betriebswirtschaftliche

Konzept

der

Abschreibung und das Verfahren in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kurz vorgestellt^, im anschließenden Abschnitt 2.2.2 wird das Vorgehen zur Schätzung des Ersatzbedarfs beschrieben.

26

2.1

Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern als Basis zeitlicher Verteilungsrechnungen für den Anlagenersatz

2.1.1

Vorbemerkung

Sowohl

aus betriebswirtschaftlicher

als

auch

aus volkswirtschaftlicher

Sicht

wird

die

Frage nach dem Anlagenverschleiß in der Weise behandelt, daß Modellrechnungen entwickelt werden, die bei den Herstellungskosten bzw. Wiederbeschaffungskosten der Wirtschaftsgüter ansetzen und eine zeitliche Verteilung dieses Wertes über die Nutzungsdauer vornehmen. Diese Verrechnung der Kosten über die Nutzungszeit wird als kalkulatorische Abschreibung bezeichnet.

Dabei kann der tatsächliche Wertverzehr zumeist nur teilweise statistisch erfaßt werden; häufig ergibt sich das Problem ungewisser Zurechnungsbeträge für die einzelnen Nutzungsperioden, und generell besteht eine Ungewißheit über die künftige Restnutzungszeit oder das verbleibende

Leistungspotential.

immer nur Erfahrungswerte

Schließlich können in derartige

Modellrechnungen

aus der Vergangenheit einfließen. Selbst wenn es sich um

Anlagen handelt, die relativ kontinuierlich und in wenig veränderter Technik ersetzt werden (technischer Fortschritt und sprunghafte Veränderungen der Leistungspotentiale also eine unbedeutende Rolle spielen), birgt die Extrapolation immer eine gewisse deterministische Willkür.

Als Basis wird eine möglichst genaue Beschreibung der zurückliegenden Investitionstätigkeit benötigt, wobei nicht nur der jährliche Gesamtwert, sondern vor allem zusätzliche strukturelle Gliederungen nach Art der Maßnahmen gefordert sind. Anders ausgedrückt: Wenn eine ausführliche, registerartige Aufzeichnung der einzelnen Bauwerke und -maßnahmen vorläge, könnte man - je detaillierter, desto besser - auch die entsprechenden wahrscheinlichen Nutzungsdauern

eingrenzen und dann aus diesem Schema eine

maßnahmenspezifische

Abschreibungsrechnung entwickeln.

Eine

derartige

buchmäßige

Erfassung

der

Investitionsstruktur

gibt

es allerdings

einmal für die jüngere Vergangenheit, geschweige denn für die fünfziger

nicht

und sechziger

Jahre oder gar für die lange zurückliegenden Investitionszyklen. Deshalb wurde ein Kompromiß gewählt, der in einer Zuordnung der baulichen Maßnahmen und der Käufe von Ausrüstungsgütern nach wenigen bestimmten Funktionsgruppen (Investitionsaggregate) besteht.

27

2.1.2

Betriebswirtschaftliche Konzepte für die Berechnung kalkulatorischer Abschreibungen

2.1.2.1

Abschreibungsverfahren

In der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung wird die Abschreibung als "kostenmäßige bzw. statistische Erfassung und Verrechnung betriebsbedingten Werteverzehrs mehrperiodig zu nutzender Wirtschaftsgüter" definiert^. Die Auswahl des Abschreibungsverfahrens - das ist die A r t der Verrechnung der Abschreibungssumme auf die Abschreibungszeit - ist generell freigestellt; es kann nur nach der Zweckmäßigkeit beurteilt werden, also danach, inwieweit es in der Lage ist, vorhersehbare Wertminderungen zu erfassen.

Grundsätzlich werden beim Abschreibungsverfahren vier Wege unterschieden, die sich aus zweierlei methodischen Kriterien ergeben:

Das erste Kriterium betrifft

die Art

und Weise, wie der Unvollkommenheit

der

Information Rechnung getragen wird. Wenn die Nutzungsdauer der Anlage als einwertige Erwartung vorgegeben wird, spricht man von einem deterministischen Ansatz (1); wenn hingegen alternative Annahmen über die Nutzungsdauer - gewichtet mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten - vorgegeben werden, spricht man von einem probabilistischen Ansatz (2).

Das zweite Kriterium betrifft die Art der periodenmäßigen Zurechnung des Verbrauchs. Dabei wird nach zeitabhängigen (a) und leistungsabhängigen (b) Verfahren unterschieden. Im ersten Fall wird nach einer mathematischen Regel verteilt, die ex ante als plausibel ausgewählt worden ist; zumeist wird ein linearer oder degressiver Verlauf angenommen. Im zweiten Fall wird die Wertminderung proportional zur leistungsmäßigen Auslastung der Anlage in den einzelnen Nutzungsperioden aufgeschlüsselt.

A m häufigsten wird der deterministische Ansatz mit zeitabhängiger Verrechnung gewählt. Dabei wird die Abschreibungssumme (in der Regel ist dies der Anschaffungswert der Anlage) über eine vorgegebene Nutzungsdauer verteilt. Die Nutzungsdauer wird nach inner- und außerbetrieblichen Erfahrungswerten festgelegt.

28

2.1.2.2

Ziele und Wirkungen von Abschreibungsrechnungen

Die Abschreibung zur Verteilung des Aufwandes im Rahmen der Kostenrechnung ist nur ein Aspekt der betriebswirtschaftlichen Betrachtung. Daneben tritt der bilanzielle Aspekt; hier wird die Abschreibung zunächst als Wertminderung zu Lasten eines aktiven Bestandskontos gesehen. Dabei bestehen für handelsrechtliche und steuerrechtliche Abschreibungen unterschiedliche Regeln und Ziele. Die handelsrechtlichen Vorschriften gehen dahin, daß langlebige Wirtschaftsgüter in der Bilanz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu führen sind, wobei der Wert jährlich um die planmäßigen Abschreibungen vermindert wird. Für die Ausgestaltung der Rechnung gilt prinzipiell, daß die Nutzungsdauern realistisch anzusetzen sind und daß die Abschreibungsbeträge möglichst den tatsächlichen Wertverzehr spiegeln sollen. Die steuerrechtliche Bilanzierung und Abschreibung weichen davon teilweise ab, da häufig geringere Nutzungszeiten vorgegeben sind und vielfach von der Möglichkeit degressiver Absetzungen Gebrauch gemacht wird.

Bei der Berechnung kalkulatorischer Abschreibungen sind im wesentlichen drei Fragen zu unterscheiden, denen bei der Wahl des Verfahrens in unterschiedlichem Maße Rechnung getragen werden kann; es sind dies:

1.

die ökonomische Wertminderung,

die sich beispielsweise aus dem Leistungs- und

Kostenvergleich der installierten Anlage mit moderneren Anlagen ergibt;

2.

der technische Verschleiß, auch als Substanzverlust bezeichnet, der sich durch die leistungsmäßige Beanspruchung und durch Alterung ergibt;

3.

die Leistungsminderung (bzw. Minderung der Nutzungsmöglichkeit) im Hinblick auf die technische Kapazität oder den ökonomischen Ertrag der installierten Anlagen.

Den Änderungen der Kostenrelationen kann meist bereits durch den Bewertungsansatz zu Wiederbeschaffungspreisen entsprochen werden. Im engeren Sinne kann dabei jedoch nur die Teuerungsrate berücksichtigt werden, nicht aber ein Wertverlust durch Obsolenz; dies ist vor allem eine Frage des technischen Fortschritts. Beispielsweise werden die Kostensteigerungen für Bauten über einen Preisindex gemessen, der sich auf im Zeitverlauf identische Leistungskategorien bezieht. In der Regel werden sich der Wertanstieg bei vorhandenen Bauten bzw. der Anstieg der Kosten für einen entsprechenden Ersatz gleichermaßen über diesen Index messen lassen. Indes ist es bei Ausrüstungsgütern häufig der Fall, daß Anlagen

29

sehr

rasch

an Wert

verlieren,

weil

inzwischen gleichermaßen

leistungsfähige

Anlagen

entwickelt worden sind, die billiger angeboten werden können. Dann wäre die Frage genauer zu prüfen, inwieweit die verfügbaren Preisindices derartige partielle

Kostenminderungen

überhaupt einbeziehen; denn es gilt einerseits, eine Überbewertung der vorhandenen Anlagen bzw. der Ersatzkosten zu vermeiden, andererseits aber den eingetretenen

Wertverlust,

beispielsweise über einen degressiven Abschreibungsverlauf, zu erfassen.

Sieht man von derartigen Einflußfaktoren auf die Wiederbeschaffungskosten ab, so ergibt sich ein großer Teil der Wertminderung mittelbar oder unmittelbar aus dem technischen Verschleiß. Allerdings ist dieser nicht mit der Leistungsminderung gleichzusetzen. Vielmehr können die Verlaufsdiagramme für technischen Verschleiß und kalkulatorischen Werteverzehr einer Anlage erheblich voneinander abweichen; dies veranschaulicht die folgende Darstellung^.

Übersicht 3

Übernommen aus: W.R. Luke, Die Ermittlung kalkulatorischer Abschreibungen..., a.a.O.

Die Abbildung zeigt drei mögliche Verschleißkurven (a), (b) und (c) im Vergleich mit einer linearen Verbrauchskurve (b) des Werteverzehrs. Der bis zur Beendigung der Nutzungsdauer insgesamt erwartete technische Anlagenverschleiß beträgt bei der Kurve (a) nach einem Drittel der möglichen Leistungszeit bereits 80 vH, obwohl der kalkulatorische Wert erst um 33,3 v H gemindert wurde. Bei der Kurve (b) stimmen Substanzverschleiß und kalkulatorischer 30

Werteverzehr

überein. Die Verschleißkurve

(c) dagegen weicht

wieder

beträchtlich von der Verbrauchskurve ab. Der Verschleiß beträgt im Zeitpunkt tl>2 erst 20 vH, der Wert ist aber bereits zu 66,6 v H verbraucht. Die Verschleißkurven (a) und (c) stimmen lediglich am Ende mit der Verbrauchskurve überein, denn hundertprozentiger Anlagenverschleiß bedeutet zwangsweise, daß das Anlagenpotential restlos verbraucht ist.

In der Praxis wird der technische Verschleiß teilweise durch zwischenzeitliche Unterhaltungsaufwendungen aufgefangen. Selbst eine sehr intensive Unterhaltung führt indes kaum dazu, daß sich der Ersatzzeitpunkt unbegrenzt hinausschieben läßt. Allerdings wird die Verschleißkurve und darüber hinaus auch die des Nutzungspotentials verändert.

In der betriebswirtschaftlichen

Literatur wird der Zusammenhang zwischen Anlagenver-

schleiß und Leistungsfähigkeit zumeist modelltheoretisch zu erfassen gesucht. Dabei werden zwei typische Erscheinungsformen des Verschleißes oder der Verschleißwirkung unterschieden:

der kontinuierliche, allmählich fortschreitende Verschleiß und der plötzlich eintretende Verschleiß, der die Gebrauchsfähigkeit beseitigt;

hierauf gestützt werden Anlagen nach der Art ihrer Nutzungsbeeinträchtigung als

Anlagen mit abnehmender Leistungsfähigkeit (diminishing efficiency type) und Anlagen mit konstanter Leistungsfähigkeit (constant efficiency type)

klassifiziert. Gegen diese gängige Zweiteilung wird verschiedentlich eingewendet, daß sie den wirklichen Gegebenheiten nicht immer entspräche. Ζ. B. könne allmählicher Verschleiß mit einer konstanten Leistungsfähigkeit der Anlage kompatibel sein, bis zum Erreichen eines gewissen kritischen Stadiums, bei dem die Anlage plötzlich ausfällt. Umgekehrt kann ein kontinuierlicher Verschleißverlauf die Folge einer Vielzahl kleiner plötzlicher Veränderungen sein^. Tatsächlich ist die Typisierung "an der Entwicklung der mathematischen Ersatzmodelle ausgerichtet, die ... entweder nur kontinuierliche Verschleißwirkungen berücksichtigen (die von der Investitionstheorie entwickelten Modelle zur Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer) oder nur plötzlichen Ausfall zulassen (die in der Instandhaltungsliteratur aufgestellten Ersatzmodelle)" 1 ^

Als Anlagegüter vom "constant efficiency type" werden häufig nur einzelne Teilelemente von größeren Anlagen eingestuft, deren Ausfall und Ersatz als Instandhaltung angesehen werden. Wenn dies eher einer modelltheoretischen Sicht entspricht, wird sonst vor allem

31

nach technischen Aspekten geurteilt: Anlagegüter mit konstanter Leistungsfähigkeit

sind

aus betriebswirtschaftlicher Sicht relativ selten. "Es handelt sich vor allem um maschinelle Anlagen ohne bewegliche Teile" oder solche, "deren statische Widerstandsfähigkeit

im

Neuzustand die einwirkende Beanspruchung wesentlich übersteigt (ζ. B. Behälter, Rohre usw.)". Z u einer Nutzenminderung oder einem vollständigen Verlust der Leistungsfähigkeit kommt es in der Regel erst dann, "wenn die statische Widerstandsfähigkeit infolge des Verschleißes auf das Niveau der wirksamen statischen Beanspruchung gesunken ist"**.

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind vorwiegend belastete Bauwerke und technische Anlagen mit großteils statischen Konstruktionselementen. Vom Anlagentyp her und unter

Berücksichtigung der Tatsache, daß laufende Instandhaltungsmaßnahmen

in teils

beträchtlichem Ausmaß regelmäßig erfolgen, kann die Annahme einer relativ konstanten Leistungsfähigkeit aller Anlagen bis weit über die Mitte der spezifischen Nutzungsdauern als realitätsnah gelten. Da die Gesamtnutzungszeiten aber außerordentlich hoch sind, kommt es häufig dazu, daß sich die Leistungsanforderungen gegenüber der ursprünglichen Konzeption der Anlage wandeln, bevor ein Ersatz technisch notwendig oder wirtschaftlich sinnvoll ist; dann könnte in der späteren Phase der Nutzung durchaus auch die Annahme einer sinkenden Leistungsfähigkeit, gemessen an den veränderten Anforderungen, realistisch sein.

Insoweit für die überwiegende Nutzungsphase "constant efficiency" angenommen werden kann, ist die Frage nach der jährlich verfügbaren Anlagenkapazität fast vollständig von der nach der jährlichen Wertminderung dieser Anlagen zu trennen. Die Frage nach der Wertminderung verlagert sich also zunächst im wesentlichen auf Aspekte des Verschleißverlaufs. Dabei sind zwei Komponenten, nämlich der leistungsabhängige und der leistungsunabhängige Verschleiß zu untersuchen. Aller Erfahrung

nach ist der

leistungsunabhängige

Verschleiß durch natürliche Umwelteinflüsse (Frost, Unterspülungen, Hitze) und verkehrsbedingte Nebeneinflüsse (Tausalz etc.) als recht hoch zu veranschlagen, obwohl er - ebenso wie der leistungsabhängige Verschleiß - überwiegend erst nach einigen Jahren meßbar in Erscheinung tritt. Im weiteren Sinne wäre hier auch eine Nutzungsminderung

infolge

veränderter Anforderungen als "immaterieller Verbrauch"^ einzubeziehen, mit der aber, wie zuvor ausgeführt, bei Verkehrsanlagen zumeist erst nach längerer Zeit gerechnet zu werden braucht.

Was den methodischen Ansatz der Abschreibungsrechnung betrifft, kann der betriebswirtschaftlichen

Literatur

zufolge

als allgemeine

Einschätzung gelten, daß

kontinuierlicher

Verschleiß in deterministischen Modellen gut berücksichtigt werden kann, während ein 32

plötzlicher Ausfall sinnvollerweise mittels einer stochastischen Verteilung zu beschreiben wäre und somit einen probabilistischen Ansatz nahelegen w ü r d e t Diese Affinitäten zwischen Anlagentyp und methodischem Ansatz sind bei der Analyse relativ kurzfristiger Investitionsund Substitutionsvorgänge

sicherlich bedeutsam, indes verlieren sie an Gewicht, wenn

lange Nutzungsphasen betrachtet werden.

2.1.3

Kalkulatorische Abschreibungen in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

2.1.3.1

Aufgaben und Methode volkswirtschaftlicher Abschreibungen

Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung kann als Gegenstück und Erweiterung des betriebswirtschaftlichen

Rechnungswesens

aus

übergreifender

Sicht,

sozusagen

als

"nationale

Buchhaltung" verstanden w e r d e n d Dementsprechend soll die Berechnung von Abschreibungen auch in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zwei Aufgaben erfüllen:

1.

Einerseits besteht der bilanzielle Aspekt, demzufolge der Wert von Sachvermögensbeständen und Produktionsanlagen von Jahr zu Jahr fortgeschrieben werden soll.

2.

Andererseits kommt es darauf an, "den Wert der Nutzung, bzw. den Verzehr von aktivierten Produktionsanlagen, die in mehr oder minder unregelmäßigen Zeitabständen beschafft und über mehrere Jahre im Produktionsprozeß eingesetzt werden, periodengerecht als Auftvand zu erfassen"^. Unter diesem Aspekt haben die kalkulatorischen Abschreibungen eine zentrale Bedeutung für die Ermittlung des Unternehmensgewinns und für die gesamtwirtschaftlichen Einkommensrechnungen.

Die Abschreibungen werden in der Gesamtrechnung nicht direkt - als Summe alle Unternehmensangaben - sondern indirekt durch eine Art Simulationsrechnung ermittelt. Die direkte Methode kommt wegen der lückenhaften Informationen sowie wegen erheblicher Probleme der konzeptionellen Abgrenzung und erforderlicher Umbewertungen nicht zum Zuge; sie wird lediglich zur partiellen Prüfung herangezogen. Deshalb hat das Statistische Bundesamt das Gesamtrechnungsschema mit einer gesamtwirtschaftlichen Anlage- und Sachvermögensrechnung verzahnt. Sowohl vom methodischen Konzept her als auch in weiten Bereichen der Datenbasis ist diese Anlagevermögensrechnung an Berechnungen des D I W angelehnt worden*^. Dies gilt auch für die spätere weitere Differenzierung in der sektoralen Gliederung^.

33

Der indirekte Weg zur gleichzeitigen Berechnung des Anlagevermögens und der Abschreibungen führt über die sogenannte perpetual-inventory-Methode. Dabei werden Zeitreihen über die Investitionstätigkeit in möglichst tiefer Gütergliederung benötigt; je nach Nutzungsdauer der Anlagen müssen diese Investitionsreihen teilweise weit in die Vergangenheit zurückverfolgt werden. Bei vorgegebenem Abschreibungsverfahren lassen sich mit Hilfe dieser Daten die Abschreibungsbeträge für jedes Jahr fortlaufend ermitteln. Sie geben die Wertminderung aller Investitionsgüter an, wobei zur Fortschreibung der Anfangsbestand und die Zugänge des Berichtszeitraums benötigt werden.

Internationalen Konventionen folgend wird in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen grundsätzlich das lineare Abschreibungsverfahren angewandt*®. Dabei wird der Wert der Anlageinvestitionen mit jährlich gleichen Beträgen entsprechend der erwarteten Nutzungsdauer auf die Gesamtzeit der Nutzung verteilt; somit ist der jährliche Abschreibungssatz eines Investitionsgutes der Kehrwert seiner Nutzungsdauer. Die Anwendung der linearen Verteilungsrechnung wird auch damit b e g r ü n d e t d a ß

jedes andere Verfahren, angewandt auf eine Zeitreihe, zu nahezu identischen Periodenergebnissen führt, wenn die Investitionstätigkeit einigermaßen gleichmäßig erfolgt; unterschiedliche einzelwirtschaftliche Verfahren sich ebenfalls im Mittel ausgleichen; schließlich in der Gesamtrechnung anstelle einzelner Güter praktisch Gruppen abgeschrieben werden, so daß auch von daher bereits ein Mittelwerteffekt gegeben ist.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß die Nutzungsdauer der Anlagegüter

in gesamtwirtschaftlicher

in einzelwirtschaftlicher

Betrachtungsweise

regelmäßig höher veranschlagt

Betrachtung. Zwar wird, ebenso wie im

wird als

betriebswirtschaftlichen

Rechnungswesen, grundsätzlich nicht die technische, sondern die u. U. kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer zugrundegelegt; dabei ist aber in Rechnung zu stellen, daß viele Investoren Anlagegüter frühzeitig ausmüstern und eventuell an andere Betriebe weiterveräußern. In der Gesamtrechnung ist der Zeitraum bis zum endgültigen Ausscheiden aus dem Produktionsprozeß relevant. Deshalb wird die Restnutzungsdauer beim Zweitbenutzer eingeschlossen; ebenso zählen stillgelegte Anlagen, die aber noch für eine Nutzung bei Spitzenbedarf bereitgehalten werden, weiterhin zum Produktionspotential.

Schließlich sei hier auf den Zusammenhang zwischen Abschreibungen und Ersatzinvestitionen eingegangen. Die Unterscheidung zwischen Ersatz- und Neuinvestitionen ist auf betrieblicher 34

Ebene einfacher

als in gesamtwirtschaftlicher,

bzw. sektoraler

Betrachtung,

denn den Erweiterungsinvestitionen an der einen Stelle können an anderer Stelle unterlassene Reinvestitionen gegenüberstehen, so daß es hier eher darauf ankommt, den Gesamtüberschuß zu messen. A u f betrieblicher Ebene werden sich Abschreibungen und Ersatzinvestitionen zeitlich kaum decken, hingegen besteht in aggregierter Betrachtung ein engerer Zusammenhang. Da die normalen Abschreibungen zu Wiederbeschaffungspreisen

als Maß für die

jährliche "Wertminderung des reproduzierbaren Anlagevermögens durch Verschleiß und wirtschaftliches Veralten" angesehen werden, stellen sie insoweit auch eine Schätzgröße für die Ersatzinvestitionen dar. Diese Auffassung findet auch darin ihre Entsprechung, daß die Bruttoanlageinvestitionen nach Abzug dieser Abschreibungen als Nettoanlageinvestitionen bezeichnet werden^.

2.1.3.2

Spezielle methodische Ansätze und Probleme

Im Gegensatz zur Abschreibung auf betrieblicher Ebene werden in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung niemals einzelne Anlagen, sondern stets Gruppen von Investitionsgütern mit ähnlicher durchschnittlicher plikationen

für

Nutzungsdauer abgeschrieben. Daraus ergeben sich Im-

das Abschreibungsverfahren.

Anstelle

eines einzigen fest

vorgegebenen

Nutzungsdauer-Parameters wird eine Sreuung um den mittleren Wert in der Weise berücksichtigt, daß eine wahrscheinliche Verteilung für das Ausscheiden einzelner Anlagen einer Güterart in einem bestimmten Zeitintervall festgelegt wird. Sie gibt an, welcher prozentuale Anteil von Gütern - bzw. der Gesamtheit des Zugangs - in den einzelnen Jahren endgültig aus dem Bestand ausscheidet; als Obergrenze wird eine maximale Nutzungsdauer vorgegeben, bei der die letzten Güter dieses Investitionsjahrgangs ausscheiden. Diese Verteilung wird als Abgangsfunktion bezeichnet. Sie dient praktisch als Gewichtungsgrundlage der Abschreibungsrechnung. Das Abschreibungsverfahren wird damit durch die aggregierte Betrachtung von einem an sich deterministischen Ansatz in die Nähe eines probabilistischen Ansatzes gerückt.

Mit der Abgangsfunktion korrespondiert der Güter

die Überlebensfunktion, die jeweils den Anteil

eines Investitionsjahrgangs bezeichnet, der noch in der Produktion genutzt

wird. Extreme Ausprägungen wären hierbei die Rechteckverteilung - dann würden alle Anlagegüter zum vorgegebenen Zeitpunkt gleichzeitig ausscheiden - und die Dreiecksverteilung, die der Annahme entspräche, daß in jedem Jahr gleich viele Güter verschrottet werden^.

Alle

Erfahrungen

und Plausibilitätsüberlegungen

sprechen für

einen Verlauf

zwischen diesen Extremen, das heißt für eine Konzentration der Abgänge um die mittlere

35

Nutzungsdauer, wobei zumeist zusätzlich angenommen wird, daß sich der Abgang der dann verbliebenen längerlebigen Güter über einen etwas größeren Zeitraum verteilt. Ein derartiger Verlauf der Überlebensfunktion impliziert eine annähernd glockenförmige Abgangsfunktion mit einem nach rechts etwas abgeflachten Verlauf.

Zum Verhältnis von Abgängen und Abschreibungen sei hier noch angemerkt, daß unter Abgängen das endgültige physische Ausscheiden von Gütern aus dem Anlagenbestand im Sinne von Stillegung oder Verschrottung verstanden wird. Es wird ferner unterstellt, daß jedes Anlagegut bis zu seinem Ausscheiden in seiner Kapazität nahezu uneingeschränkt nutzbar b l e i b t ^ . Aus dieser Sicht wird auch das Brutto-Anlagevermögen als ein Maß für die Kapazität des Anlagenbestandes, bzw. für das Produktionspotential verstanden. Hingegen wird mit den Abschreibungen der Werteverzehr jedes Anlagegutes über dessen spezifische Nutzungsdauer verteilt, um auf diese Weise eine annähernde Bemessung für technischen Verschleiß und ökonomisches Veralten zu erzielen. Dementsprechend wird mit dem NettoAnlagevermögen der Zeitwert aller noch vorhandenen Anlagegüter gemessen.

36

Abgangsfunktionen nach dem Modell der Gammaverteilung (Dichtefunktion)

ABGAMGSFUNKTION FUR GÜTER MIT EINER DURCHSCHNITTLICHEM NUTZUNGSDAUER

VON 10 BZ* Ä JÄHREN

Abgange in vH eines Investitionsjahrganges

/ \ 10 Jahre

/

\ ^ 2 0 Jahre

\

1

Λ

1 1 J—

1/0

0

?

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\

?0 NuUiin\gsd.nief in J.ihtei

30

40

Korrespondierende Überlebensfunktionen

UBERLEBENSFUNKTION FÜR GÜTER MIT EINER DURCHSCHNITTLICHEN NUTZUNGSDAUER VON 10 BZ« A JAHREN Rest best and in ν H eines Invi s tit ions jahi g anges

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Bestand ausscheiden. Diese Anlagenteile wurden entsprechend vernachlässigt, Erhaltungsmaßnahmen unterbleiben, sofern nicht die Betriebssicherheit beeinträchtigt ist.

Der kompensatorische Effekt aus fallenden und konstanten bzw. steigenden streckenspezifischen Aufwendungen bewirkt die für die Straßenbahnbetriebe zu verzeichnende Konstanz dieser realen Ausgaben seit 1975. Die Daten der einzelnen Betriebe liefern dabei Hinweise darauf, daß bei der Verkürzung von Netzlängen der Straßenbahnen parallel zur Reduktion der Erhaltungsaufwendungen die streckenspezifischen Unterhaltungen gesteigert werden. Das bedeutet, daß die Vernachlässigung langfristig wirksamer Maßnahmen zur Substanzerhaltung relativ rasch zur Steigerung der Ausgaben für die laufende Unterhaltung führt.

Hohe Erhaltungsausgaben erklären sich bei einigen Betrieben aus den neben normalen Erhaltungsmaßnahmen durchgeführten Veränderungen der Qualität des Fahrweges. Hierzu gehören der Einbau von modernen Anlagen zur Betriebsüberwachung und -Steuerung, zur Erhöhung der Reisegeschwindigkeit der Fahrzeuge sowie die Anlegung von Trassen, die vom Individualverkehr getrennt verlaufen.

Da mit dem Ergebnis dieser Umfrage bei den Verkehrsunternehmen Daten für mehr als drei Viertel der gesamten Streckenlänge der kommunalen Schienenverkehrswege vorliegen, wurde daraus für U-Bahn- und Straßenbahnstrecken getrennt eine Hochrechnung auf den Streckenbestand insgesamt abgeleitet. Danach sind die gesamten Aufwendungen

(ohne

Neubau) für die kommunalen Schienenwege von annähernd 600 Mill. D M zu Preisen von 1985 pro Jahr zur Mitte der siebziger Jahre auf rd. 750 Mill. D M zehn Jahre später gestiegen (vgl. Übersichten 14 und 15). Infolge der unterschiedlichen Entwicklung der Streckenlängen erhöhte sich der Anteil für die U-Bahnen/Stadtbahnen von einem Viertel auf rd. die Hälfte der Gesamtausgaben.

Übersicht 16 zeigt den sprunghaften Verlauf der Erhaltungsaufwendungen gemeinsam mit der Entwicklung aller Bruttoinvestitionen der Gemeinden in

Indexdarstellung·^.

Es wird

deutlich, daß die Ausgaben für die Erhaltung und Modernisierung der Schienenwege der allgemeinen Investitionstätigkeit der Gemeinden folgen, seit 1980 jedoch weniger negativ verlaufen als diese. Durch die relativ hohen gesamten Ausgaben (Übertragungen, Staatsverbrauch, Bruttoinvestitionen)

der Gemeinden in den Jahren 1979 bis 1982 stiegen die

Finanzierungsdefizite an und mußten ausschließlich durch Rücknahme der Investitionstätigkeit schon ab 1981 (mit dem Auslaufen des Zukunfts-Investitions-Programms) reduziert werden.

61

Übersicht Aufwendungen fQr die Erhaltung und die laufende Unterhaltung Kommunale Schienenverkehrswege 1 Mill. DM - zu Preisen von 1985

Hochgerechnete Ergebnisse fQr die Unternehmen Insgesamt

Jahr

Aufwendungen insgesamt

Erhaltung 2

Laufende Unterhaltung 3

1975

592

314

278

1976

575

281

294

1977

602

288

314

1978

582

279

303

1979

614

315

298

1980

695

411

284

1981

684

374

310

1982

686

366

320

1983

693

379

315

1984

714

386

329

1985

745

397

348

1986

755

385

370

1

U-Bahn, Stadtbahn, Straßenbahn.

2

Einschließlich Modernisierung.

3

Betrieb und Wartung sowie bauliche Unterhaltung des Verkehrsweges (Maßnahmen mit kurzfristiger Nutzungsdauer, die nicht zu einer Wiederanhebung des Gebrauchswertes der Anlagen führen).

Quellen: Kommunale Verkehrsbetriebe, Berechnungen des DIW.

62

Übersicht

63

Übersicht

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M einstellen, dann aber unabhängig davon, welcher Verlauf für die Abgangs- bzw. Überlebensfunktion gewählt worden ist. Anders ausgedrückt: Die genannten Beziehungen gelten erst dann, wenn die Zeitreihe der Investitionen länger ist als die vorgegebene Spanne der

165

Nutzungsdauern für einen Investitionsjahrgang. Im Zeitraum t < M , der als Aulbauphase des Kapitalstockes bezeichnet worden ist, hängen die Relationen von Abgängen und Abschreibungen bzw. Brutto- und Netto-Anlagevermögen dagegen vom Verlauf der Abgangsfunktion ab. In jedem Fall gilt, daß sich in diesem Zeitraum die Abschreibungen zu höheren Beträgen summieren als die Abgänge - dies gilt auch unabhängig davon, ob für die Abgangsfunktion ein linkssteiler oder rechtssteiler Verlauf gewählt wird.

Bei einem langfristig stetigen Investitionswachstum, d. h. bei konstanter jährlicher Zuwachsrate, gelten ähnliche Tendenzaussagen®.

Es läßt sich zeigen, daß die Wachstumsraten von Brutto- und Netto-Anlagevermögen-wiederum nach Durchlaufen einer Aufbauphase, die der maximalen Nutzungsdauer entspricht-gleich denen der Investitionen sind. Dasselbe gilt darüber hinaus für die Entwicklung der Abgänge und Abschreibungen. Generell folgen also alle Größen der Zuwachsrate der Investitionen:

•t + i

A

=

t +1= (1+

K ^

w

UIK

)At

= (1+w) K

b

[

* ^t +1 = (1+

und K ™

w

)^t»

= (1+w) K

m i t

n

°

A

t

>

^t> sowie

mit K

b

[

K

n

*

Allerdings sind dabei die Abschreibungen im Niveau stets höher als die Abgänge. Umgekehrt gilt dies entsprechend für die Vermögenswerte: Das Brutto-Anlagevermögen wächst zwar mit der gleichen Rate wie das Netto-Anlagevermögen, bleibt aber stets höher. Beide Wertgrößen stehen in einer festen Proportion zum Investitionsniveau, die durch die Charakteristika der Abgangsfunktion

- insbesondere die Relation von mittlerer

Nutzungsdauer, letztlich also das Streuungsintervall - determiniert

zu maximaler

ist. Vereinfacht

läßt

sich das in der Form K

b

[ =

(m,M) . I t

und K n ® = c 2 ( m , M ) .

ausdrücken, wobei mit c^ und C2 konstante Faktoren gemeint sind, die sich aus der gewählten Abgangsfunktion bei einer vorgegebenen Wachstumsrate der Investitionen ableiten.

166

1.3.2

Zum Einfluß der Abgangsfunktion auf die Ergebnisse

Mit der Abgangsfunktion wird die Verweildauer von Elementen eines Investitionsjahrgangs beschrieben. Bei Anwendung auf eine Zeitreihe von Investitionen tritt ein Effekt ständiger sukzessiver Überlagerung der Ergebnisse für einzelne Jahrgänge ein, so daß bei langfristiger Betrachtung letztlich nur ein Parameter der Abgangsfunktion, nämlich die mittlere Lebensdauer, entscheidenden Einfluß auf das Ergebnis der Vermögensrechnung hat.

Eben deshalb sind die zuvor dargestellten Entwicklungstendenzen für Brutto-Anlagevermögen und Abgänge

bzw. Netto-Anlagevermögen

Investitionstätigkeit

für

Kapitalstockmodelle

und Abschreibungen allgemeingültig,

bei langfristig

stetiger

unabhängig davon,

welcher

Funktionstyp im Modell für den Abgangsverlauf gewählt wird.

Die Investitionstätigkeit war jedoch in der Realität starken Schwankungen ausgesetzt. Im Hinblick auf die vom perpetual-inventory-Ansatz her erforderlichen langen Zeitreihen sind neben den mittelfristig-konjunkturellen Zyklen vor allem auch die länger zurückliegenden Aufbauphasen,

deren Unterbrechungen

infolge von Kriegen und Wirtschaftskrisen

und

anschließende Phasen forcierten Nachholbedarfs in Erinnerung zu rufen. Im Bereich der Bauinvestitionen mit hohen Nutzungsdauern haben diese früher ausgeprägten Schwankungen noch einen erheblichen Einfluß auf die weitere Fortschreibung der Vermögensrechnungen. Deshalb ist in diesem Zusammenhang die Frage von Interesse, inwieweit die Fortschreibung zugleich von der Modellannahme über den Abgangsverlauf abhängt. Anders ausgedrückt: In welcher Form spiegelt sich der Investitionsrhythmus der Vergangenheit in den Ergebnisgrößen der Vermögensrechnung und welchen Einfluß hat dabei die Wahl der Abgangsfunktion?

Eine generelle Einschätzung geht dahin, daß die Wahl der Abgangsfunktion auch bei unregelmäßiger

Investitionstätigkeit,

wegen des Glättungseffekts

durch

Überlagerungen,

praktisch nur einen geringen Einfluß auf die jährlichen Vermögenswerte als Bestandsgrößen oder die Abgänge und Abschreibungen als Veränderungsgrößen hat. Unabhängig davon, ob die Abgangsfunktion

als symmetrische, links- oder rechtssteile Verteilung oder gar als

Rechteckfunktion vorgegeben wird, würden sich im Endeffekt auf das Brutto-Anlagevermögen nur die Setzungen bezüglich der mittleren Nutzungsdauer und des Streuungsintervalls um diesen Wert auswirken. Diese Einschätzung ist durch exemplarische Berechnungen mit 6 verschiedenen

Funktionstypen, angewandt auf fiktive

Umfang erhärtet

Investitionszeitreihen,

in gewissem

worden^. Ungerer folgert: "Nach diesen Ergebnissen scheint es nicht

wichtig zu sein, welche Überlebensfunktion

anstatt der Ein-Punkt-Verteilung verwendet

167

wird - wesentlich ist, daß überhaupt eine solche verwendet wird, die die Streuung der Abgänge um die mittlere Lebensdauer berücksichtigt."

Wenn es hinsichtlich der Ergebnisse in zeitlich-aggregierter Betrachtung insoweit tatsächlich nur auf die Setzung der mittleren Nutzungsdauer und der Streubreite für den Abgangsverlauf der Investitionen eines Jahrgangs ankäme, könnte man als Abgangsfunktionen im Grunde stets einfache lineare Näherungen, beispielsweise Rechteck-Intervalle, verwenden.

Diese Folgerung ist zunächst insofern plausibel, als sie eine wesentliche Annahme der Anlagevermögensrechnung auf ihren Kern reduziert: In der einfachsten Form von Kapitalstockmodellen, wie sie noch heute den Vermögensrechnungen einiger europäischer Länder zugrunde liegen^, wird nur die mittlere Nutzungsdauer der Investitionen berücksichtigt, so daß jede Investition nach Ablauf dieser Zeit in voller Höhe ausscheidet^. Dann bilden die jährlichen Abgänge unmittelbar und lediglich zeitversetzt die Investitionen der Vergangenheit ab; eine Unterscheidung zwischen Abgängen und Abschreibungen bzw. Brutto- und NettoAnlagevermögen entfällt dabei. Die Weiterung des perpetual-inventory-Konzepts lag gerade darin, die aus der Investitionsstruktur begründete Streuung der Abgänge zu berücksichtigen. Damit ergibt sich einerseits in der Abgangsrechnung ein gewisser Glättungseffekt gegenüber den Investitionszyklen, andererseits kann eine gesonderte Modellschätzung für den Abschreibungsverlauf vorgenommen werden. Diese beiden zeitlichen Verteilungsrechnungen sind naturgemäß durch das Streuungsintervall begrenzt.

Allerdings geht die Vermutung fehl, daß der Funktionstyp der Abgangsverteilung nur einen marginalen Einfluß auf die Fortschreibung hätte. In der zitierten Testrechnung von Ungerer sind a)

Funktionstypen gewählt worden, die sich im Verlauf sehr ähneln - extreme linksoder rechtssteile Ausprägungen kamen nicht vor;

b)

nur die Auswirkungen auf das Brutto-Anlagevermögen in einem Stichjahr dargestellt worden.

Die weitgehende Übereinstimmung der dort abgeleiteten Ergebnisse darf deshalb nicht überinterpretiert werden.

168

GRENZFÄLLE DER ABGANGSFUNKTIONEN

100

RechteckÜberlebensfunktion

9060-

1

'

Ein - Punkt-Abgangsfunktlon

\

706 0-

504 0· ^ l i n e a r e ÜberItbensfunktion

3 Ο-

\

\

ΣΟΙ 0-

\

\

Rechteck -Abgangsfu nktion 2)

Ο

\

\

"T"

15

10

20

25

1

* Α11 · Güter des Investitionsjfthrgengs haben die gleich· Nutzungsdauer. 21 Jährlich scheidet ein gleicher Anteil von 'nveiiitiontgutern eus , wobei eine Streuung um die mittlere Mutsungsdtuer vergegeben ist.

ABGANGSFUNKTIONEN GLEICHER MITTLERER NUTZUNGSDAUER SCHEMATISCH VEREINFACHT ALS DREIECKS- ODER RECHTECKS VERT EILUNGEN

/

/

/ τ

/ /





/

/

/

/

/

/

A ^symmetrische

Verteilung

\ \

\

\

\ Rechteckverteilung

S

/

\

ι

10

1

15

Ν \

\

\ >

20

ι

25

r

30

rechtssieile Verteilung

169

U m zu einer besseren Einschätzung zu kommen, ist deshalb ein Sensitivitäts-Test durchgeführt worden, bei dem tatsächlich sehr unterschiedliche Funktionsverläufe - die aber ebenfalls im Mittelwert

übereinstimmen

- auf ein und dieselbe Investitionszeitreihe

angewendet

worden sind.

Wie die grafische Darstellung vereinfachter Dreiecksverteilungen zeigt, ist es nicht möglich, Abgangsfunktionen

gleicher

mittlerer

Nutzungsdauer

(d. h. gleicher

Fläche zu beiden

Seiten dieses Wertes) stets auch im gleichen Streuungsintervall zu halten; bei asymmetrischem Verlauf verkürzt oder verlängert sich das Intervall, je nachdem, ob der Schwerpunkt links oder rechts von der Mitte liegt. Schon von daher müßten bei stark schwankenden Investitionen Unterschiede im Ergebnis begründet sein, weil sich der Stützbereich, aus dem sie abgeleitet sind, unterscheidet.

Bei den Funktionen, die hier für die Testrechnung herangezogen worden sind, unterscheiden sich die Nutzungsdauerintervalle in ähnlicher Weise. Die Obergrenzen variieren zwischen 37 und 75 Jahren (linkssteile und rechtssteile logistische Funktionen), wober aber der von den Gewichten her überhaupt relevante Bereich stets zwischen 5 und 45 Jahren gegeben ist; auch dabei haben die Randbereiche - mit Ausnahme der Gleichverteilung - natürlich eine marginale Dichte. Vom Typ her ähneln sich die rechtssteile logistische Funktion (c) und die Polynomfunktion (d) am stärksten; da letztere nur schwach rechtssteil ist, kann sie auch mit der symmetrischen Funktion (a) verglichen werden, die allerdings etwas flacher verläuft.

Als Testmaterial wurden die Autobahn-Investitionen für den Fahrbahnbereich herangezogen. Diese Zeitreihe reicht von 1934 bis 1983 und zeichnet sich durch den starken Einbruch von 1942 bis Mitte der fünfziger

Jahre und weitere zyklische Schwankungen aus. Die

Ergebnisse der Berechnung sind tabellarisch für die Stichjahre 1950, 1960, 1970 und 1980 zusammengestellt worden; dabei sind alle vier relevanten Aggregate der Vermögensrechnung ausgewiesen. Die Unterschiede der Resultate für die Jahre 1950 und 1960 sollten in diesem Zusammenhang nur bedingt gewertet werden, weil bis dahin die Investitionszeitreihe noch kürzer ist als der Stützbereich, den die Funktionen sonst stets überdecken. Bis dahin wirkt sich also naturgemäß allein der mehr oder weniger ansteigende linke Teilbereich der Abgangsfunktion auf die Ergebnisse aus. Deshalb fallen ζ. B. die Abgangsschätzungen über die Funktionen (b) und (e) für 1950 schon wesentlich höher, die Werte für das BruttoAnlagevermögen dagegen niedriger aus als bei den anderen Funktionstypen.

170

Bezieht man sich also in erster Linie auf die zeitlich aggregierten Größen für die Jahre 1970 und 1980, so wären an sich sehr viel geringere Unterschiede zu erwarten. Indes weisen die Ergebnisse für das Brutto-Anlagevermögen auch für diese beiden Jahre noch eine erhebliche Streubreite auf (siehe Tabelle): Im Jahre 1970 beträgt die Abweichung zwischen dem niedrigsten Wert, berechnet mit Funktion (c), und dem höchsten Wert, berechnet mit Funktion (e), mehr als 9 vH; nimmt man die Berechnung mittels der symmetrischen Funktion (a) als Bezugsbasis, so beläuft sich die Abweichung im Extremfall (c) immerhin noch auf fast 7 vH. Im Jahre 1980 beträgt das Gefälle zwischen den Ergebnisgrößen nach (c) und (e) knapp 6 vH, wobei sich allerdings diesmal im letzteren Falle (Rechteckverteilung) der niedrigste Wert ergibt. Klammert

man die Rechteckverteilung aus, so zeigen

sich doch auch zwischen den übrigen Ergebnissen noch Abweichungen bis 3 vH. Hervorzuheben ist ferner, daß die Rangfolge der Ergebnisse nach den verschiedenen Funktionstypen im Zeitablauf stets wechselt.

A l l diese Befunde deuten darauf hin, daß bei der Fortschreibung der Abgänge die Investitionsschwankungen

mit

unterschiedlicher

Verzögerung

und Intensität

nachwirken.

In

gewissem Maße - allerdings durchweg mit einem stärkeren Glättungseffekt - gilt dies auch für die Berechnungen von Abschreibungen und Netto-Anlagevermögen. Als Folgerung aus dieser Testrechnung muß also festgehalten werden, daß die Modellannahmen bezüglich der Abgangsfunktion alle Fortschreibungsergebnisse im zeitlichen Verlauf wesentlich beeinflussen.

Um dies zu verdeutlichen, sind die exemplarisch gewählten fünf Funktionstypen und deren Anwendung auf eine Investitions-Zeitreihe auch grafisch dargestellt worden. Die Diagramme zeigen, daß sich bei der Fortschreibung der Abgänge in dem Zeitraum von 1950 bis 1983 ein unterschiedlicher Anstieg bzw. - im Falle der rechtssteilen Funktionen - eine zyklische Schwankung ergibt.

Die Abschreibungen unterscheiden sich im Trendverlauf nicht so stark; dennoch treten auch hier bereits Niveauunterschiede zutage. Dies hängt allerdings auch vom Abschreibungsverfahren ab. Generell sind hier alle Teilelemente der Investitionen, entsprechend ihrer spezifischen

Nutzungsdauer,

in lineare Abschreibungsraten

aufgegliedert

worden;

deren

Zusammenfassung führt dann stets zu einem stetig fallenden Verlauf der Abschreibungsfunktion. Wie die Diagramme auf der linken Seite zeigen, unterscheiden sich die zu den Abgangsfunktionen jeweils korrespondierenden Abschreibungsfunktionen (kumulierte Beträge der Abschreibungsraten d (i)) wesentlich nur in der Länge des Intervalls, über das sie

171

TESTRECHNUNG MIT UNTERSCHIED!.. I CHEN ABGANGSFUNKT IONEN BEZOGEN AUF EINE INVESTITIONSZEITREIHE

UNTERSCHIEDLICHE MODELLE VON ABGANGSFUNKTIONEN BEI GLEICHER MITTLERER NUTZUNGSDAUER 1)

ERGEBNISGROESSEN DER VERMOEGENSRECHNLINR Kbr(t)

Kne

D b> c) d) e)

svmmetr i sehe q u a s i - 1 O Q . - F u n k t ι on 11nl· s s t e i l e " " " rechtssteile " " " r e c h t s B t e i l e Folvnom-Funltion Rechtec l·-Funkt ι on

4463 3932 4865 4616 4145

2022 1982 1993 2040 2103

Z e i t r e i he 1aenqer al s; r e ] e * a n t e s NutrunQsdauer-Inter val 1

1

ι 1970 a) b) c) d) e)

svmmet R Ι sehe quas I - 1 O Q . - F u n k t Ι on 1 ιnl· s s t e i l e " " " rechtsst ei l e " " " r e c h t s s t e i l e Folynom-Funl·11 on Rechteck-Funi13 on

ΒΓ32 8253 7683 8252 8465

5654 5630 5607 5691 55B5

209 157 250 242 204

321 340 298 313 357

235 337 164 2 Ci 2 433

708 743 700 701 730

1980 a) b> c ) d) e)

svmmet r ι sehe quasi - 1 OQ . -Funk 11 or» l i n i s s t ei 1 e rechtssteile " " " r e c h t s s t e i 1 e Polvnom-Funi 11 on R e c h t e c l · - F u n k t i on

17169 16993 17420 17189 16446

11353 10980 11507 11419 10829

1 ) A l l e F u n k t i o n e n wurden so q e w a e h l t . dass das a r i t h m e t i s c h e M i t t e l bei 25 Jahren l i e q t . 2) Parameter ι p = q = 0 . 5 ; M=50 , c=2.,2*M. : p = 0 . 7 , q = 0 . 3 ; M=75 , c = 2 . 2 * M . 3) 4) ι p * 0 . 3 , q « 0 . 7 ι M=37 , c«=2. 2*M. 5) Polynom 3 . G r a d e s , im I n t e r v a l l 5 b i s 40 J a h r e ( vql . Beschrei bunq an spaeterer Stelle). 6) Gl e i c h v e r t e i 1 u n q im I n t e r v a l l 5 b i s 46 J a h r e .

172

definiert sind. Dementsprechend basieren die Unterschiede bei der Fortschreibungsrechnung vor allem auf dem jeweiligen Stützbereich.

173

TESTRECHNUNG MIT UNTERSCHIEDLICHEN ABGANGSFUNK'TIONEN BEZOGEN AUF EINE INVESTITIONSZEITREIHE

INUESTITIONEN

[

36



42

44

46

48

50

54

NEPLrtUF UON ABCHNCS- UND fcBSCHREIBUNCSFUNKTIONEN

SYMMETRISCHE

OUASI-LOC.-FUNKTION

DQCI> \ H < I >

I m rH